PRIMS Full-text transcription (HTML)
Die Bayerische Presse.
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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr Nr. 533.

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Nr. 131.
Würzburg, Samstag den 1. Juni. 1850.

Amtliche Nachrichten.

Ein Reskript des Staatsministeriums des Jn - nern vom 9. d. Ms. macht die geprüften Rechts - praktikanten auf die allerhöchste Verordnung vom 6. März 1830 aufmerksam, der gemäß jeder Kan - didat nach erstandener zweiter Prüfung seine wei - tere Ausbildung bei den k. Stellen und Behörden, und nur in soferne er sich der Advokatie (aus - schließlich) widmen will, bei einem rezipirten Rechts - anwalt fortzusetzen hat. Wenn gleich die Mehr - zahl der Rechtskandidaten ihre Anstellung in ei - nem Justiz = oder im gemischten landgerichtlichen Dienste nachsucht, so widmet sich dessenohnge - achtet ein großer Theil desselben der Praxis bei recipirten Advokaten, weßhalb die Vorstände der k. Landgerichte, Gerichts = und Polizeibehörden auf - merksam gemacht werden, diejenigen geprüften Rechtspraktikanten, die sich auf Aufforderung wei - gern sollten, bei denselben gegen angemessenes Honorar einzutreten, der k. Regierung anzuzeigen, um sie zur Erklärung zu veranlassen, ob sie sich der Advokatie widmen wollen. Es wird sodann in den Qualifikationsbüchern Vormerkung gemacht und bei Vorschlägen zur Anstellung im gemischten Dienste auf andere geprüfte Rechtskandidaten Be - dacht genommen werden.

Aus dem Hirtenbrief des hochw. Herrn Fürstbischofs von Seckau Joseph Othmar.

Als die zu Wien versammelten Bischöfe am 17. Juni vorigen Jahres an die treuen Gehilfen ihres Hirtenamtes ein Wort des Trostes und der Ermunterung richteten, sprachen sie die Hoffnung aus, daß es ihnen bald werde vergönnt sein, den Kindern der katholischen Kirche das freudige Er - gebniß ihrer Bemühungen freudig mitzutheilen. Das Vertrauen, welches sie auf Gottes huldrei - chen Schutz und die Weisheit und Gerechtigkeit der kaiserlichen Regierung setzten, hat sich nun gerechtfertigt. Ein großer Theil der Fragen, für welche die Bischöfe als Vertreter der Kirche ihre Stimmen erhoben, hat die ersehnte Lösung gefun - den, und es zählen darunter eben jene, von deren Entscheidung es vorzugsweise abhing, ob die ka - tholische Kirche in Oesterreich den Tag ihrer Er - neuerung feiern solle. -- Mit Freude und Dank - barkeit begrüßen wir diese Handlung der Gerech - tigkeit. Sie ist eine großartige Maßregel; denn sie zerreißt das Netz der kleinlichen Rücksichten u. Besorgnisse, von welchen man die mißtrauische Bewachung der Kirche für den Kern der Staats - klugheit hielt; sie bricht mit einer verfälschten Le - bensauffassung, welche die edelsten Kräfte lähmte, und indem sie den heiligsten Jnteressen der Mensch - heit ihr Recht werden läßt, sorgt sie zugleich für die innersten Bedürfnisse der bürgerlichen Gesell - schaft. Aber das Großartige darf nicht darauf rechnen, wenn es unter die Menschen heraustritt, sogleich allgemein verstanden und nach Verdienst gewürdigt zu werden, und mächtig wie niemals bewährt in unsern Tagen sich das prophetische Wort, daß der Herr Jesus ein Zeichen ist, wel - chem man widersprechen wird. Jene, welche das Licht des Christenthums hassen, weil ihre WerkeFinsterniß sind, Jene, welche durch sinnliche Ver - irrungen abgestumpft die Empfänglichkeit für das Höhere verloren haben, Jene, deren Hoffnung die Revolution und deren Gewerbe die Aufstachelung aller bösen Begierden ist, sind sich vielleicht in ihren sonstigen Bestrebungen sehr unähnlich; doch sämmtlich vereinigen sie sich darin, daß sie jede kraftvolle Regung christlichen Lebens verabscheuen, und jede Anerkennung kirchlicher Rechte für einen Hochverrath an der Zeit und ihren Forderungen erklären. Wir sind die Lehrer, welche Gott der christlichen Gemeinde bestellt hat; wir sind beru - fen, jedem Vorurtheile zu begegnen, dessen Un - kraut das goldene Korn der Wahrheit ersticken könnte. Um so mehr geziemt es uns jetzt, die Sache der Kirche, die Sache Gottes und der Menschheit zu führen, und wofern in unserem Bereiche Verläumdungen oder Jrrthümer und Mißverständnisse auftauchen, ihnen die Leuchte der Wahrheit ernst und mild entgegenzuhalten. -- Großes ist geschehen, Großes fur die Kirche, Großes für die menschliche Gesellschaft. Sollte Jemand daran zweifeln, so verweiset ihn auf das Musterland, welchem Europa bis zum März 1848 auf allen seinen Jrrsälen mit wunderbarer Erge - benheit nachgefolgt ist, verweiset ihn auf Frank - reich! Frankreich war von allen katholischen Län - dern das erste, welches die Staatskirche zur Welt brachte. Sechzig Jahre, nachdem der letzte Schritt geschehen war, stand jene Philosophie, welche mit dem Thoren spricht: Es ist kein Gott, schon in aller Blüthe: noch fünfzig Jahre und die Freiheit der rothen Mütze hielt ihre Bluthochzeit. Nach abermals 60 Jahren wird von einer kleinen Schaar, welche am Morgen noch nicht weiß, was sie am Abend thun werde, den fünf und dreißig Millionen freier Franzosen die Republik aufge - zwungen. Die Rothen verschlingen schon mit gierigen Blicken die Beute, welche sie sich auser - sehen haben; die Nachfolger des Marat und Ro - bespierre harren ungeduldig des Augenblickes, um hervorzutreten. Jn dieser äußersten Noth erkennt Frankreich -- etwas spät allerdings -- wo all - ein Rettung zu suchen sei. Jünger einer Staats - klugheit, welche zu leicht gefunden wurde, blickt doch auf einen Mann von großem Geiste und großem Namen! Als er am Altare der unächten Freisinnigkeit opferte und die Macht seiner Rede wider Christenthum und Kirche wandte, habt ihr ihm mit Behagen Beifall zugewinkt. Aber im Angesichte des Jahres 1848 hat er sich schnell bekehrt; der März hatte noch kaum begonnen, als er schon bekannte, daß die katholische Kirche die letzte Zuflucht der zerfallenen Gesellschaft sei. Wollt ihr ihm nicht endlich nachfolgen? Auch wir haben gefühlt was der Vulkan ver - möge! Habt ihr noch nicht genug Trümmer gesehen? Doch genügt euch das Einzelne nicht, so tretet in Frankreichs gesetzgebende Versammlung ein! Jn wie vieler Herzen die christliche Ueber - zeugung ihre siegreiche Kraft erprobt hatte, das weiß der Erforscher der Herzen! Aber dies ist ge - wiß, Frankreichs Staatsmänner haben, was nicht oft vorkömmt, von der Geschichte etwas gelernt. Jhre Erfahrung ist eine theuer erkaufte und noch haben sie den Preis nicht vollständig bezahlt. Jm Jahre 1789 schamte der Edelmann, dem nochbessere Erinnerungen geblieben waren, sich zu ge - stehen, daß er an Gott glaube, und wollte er an der Feier der heiligen Geheimnisse theilnehmen, so schlich er so still und vorsichtig als möglich in die Kirche. Die schreckliche Lehre der ersten Revolu - tion ist an dem französischen Adel nicht spurlos vorübergegangen; aber inzwischen war der reiche Bürger längst in seine Fußtapfen getreten. Der reiche Bürger möchte〈…〉〈…〉 herzlich gern Christ wer - den, wofern man das Messer des Rothen ihm von der Kehle nähme. Aber nun steht der Klein - bürger von Paris dort, wo vor sechs Jahren die entarteten Enkel edler Väter standen, und setzt seine Ehre darein, an keinen Gott zu glauben; aber nun ist das Verderben in die untersten Schich - ten des Volkes gedrungen und ergreift sogar die Landleute, welchen die rothe Presse im Namen der Freiheit täglich ihr Gift credenzt. Jhr habt uns unseren Gott genommen, rufen sie; Geld und Gut, Sinnengenuß und Bequemlichkeit, das ist unser Antheil! Gebt es uns oder sterbt! Jrret euch nicht, der Herr läßt seiner nicht spotten! Sollen auch wir dahin kommen? Frankreich hat die heilige Kraft des Christenthums nicht verge - bens angerufen; es wird gerettet werden, wenn auch nicht ohne schwere Kämpfe. Wollen wir die Nachahmung seiner Jrrfahrten fortsetzen, während das bewunderte Vorbild schon voll Sehnsucht in den Hafen einzulaufen strebt? Dies wäre nicht nur ein Unglück, es wäre auch eine Schmach, wel - che uns das Brandmal des Lächerlichen aufdrücken würde. (Forts. folgt.)

Französische Zustände. Von Freiherrn v. Eckstein.

Es kocht. Alle bösen und scharfen Säfte der Gesellschaft gähren durcheinander. Zwei Haupt - parteien stehen einander gegenüber gelagert: die Koriphäen des Orleanismus zu Paris und die Demagogen. Beide hetzen zur Schlacht, die ei - nen wollen eine Revanche der Ueberrumpelung des Februars 1848, die andern wollen den politischen Untergang und die endliche sociale Aufhebung al - ler gebildeten Klassen der Nation. An der Spitze des Orleanismus (man verstehe mich recht, nicht des dynastischen Orleanismus gerade, aber der gebildeten Bürgerschaft mit Einverleibung des ihr zugefallenen Theiles der alten Adelsaristokratie) sind die Haupttreiber der hitzige Piscatory, Leon Faucher und hintennach folgen Mol é u. Broglie; Thiers und Berryer sind die Vernünftigen, die Moderirten, die Zügelnden, die Einsichtigen dieser Klasse erhitzter Männer, die nach einer Revanche für ihre gestürzte Macht geizen. Der Polizeiprä - fect Carlier, die Journale l'Assemblee nationale und la Patrie, zum Theile le Messager de la Semaine, arbeiten in diesem Sinne. Changar - nier horcht und schweigt, nimmt sich fest zusam - men. Eigentlich ist weder die Majorität der Kammer, noch das Ministerium selber in diesem heftigen Sinne; aber da es keinen Lenker, kein Oberauge, keinen klar umfassenden Willen gibt, wird Alles mehr oder minder durch Erhitzung ge - trieben. -- Gegenüber diesem Parteigeiste spielen die Demagogen ihr höchstes und letztes Spiel. Jn der Assemblee will die Montagne nicht anbei - ßen, sie fürchtet Changarnier und das Heer; aber Caussidière und Louis Blanc drängen von Lon - don aus, die Delegirten der Clubs, oder wie man sie genannt hat, die Männer des Conclave, welche die Ernennungen der HH. E. Sue betrie - ben, sind wüthend, befehlen den Häuptern der Montagne zu gehorchen. Flotte hat bei dieser Gelegenheit einen kecken Muth bewiesen. Er ist im Hauptelub aufgetreten, hat den Conclavisten erklärt, sie hätten der Montagne zu gehorchen und sie sollten ihr nicht das Spiel verderben; wenn man losschlagen müsse, werde er der erste sein, aber keiner solle sich unterfangen loszuschla - gen ohne ihn. Er hat für den Augenblick, heißt es, imponirt, aber das ist nichts, die Bursche sind zu wüthend, werden zu sehr gestachelt, gehetzt, als daß man ihnen eine langwierige Geduld zutrauen dürfte. Vergebens warnt Girardin in der Presse; seine Rache kocht ihr einsames Gift aus. Er möchte für sich allein eine ganze Revolution, ein ganzes Frankreich sein, aber die Demagogen wol - len nicht viel wissen von diesem Demagogen, dem sie keinen Volksenthusiasmus irgend einer Art zu - trauen. Der National befindet sich in einer ver - zweifelten Lage. Er befürchtet einen Ausbruch, und doch ist er gezwungen parat zu sein, seine Charras und andere Manner, die nach einer gro - ßen Rolle lechzen, vorzuschieben. Er steckt eigent - lich zwischen zwei Feuern; auf der einen Seite der Volksschlund gähnender Demagogik, in dessen Rachen er von Zeit zu Zeit appetitliche Kuchen hineinwirft: Nun, nun Cerberus, still! still! Aber dieser Cerberus ist doch gar zu grauslich. Auf der anderen Seite seine Haupt = und Tod - feinde, diejenigen, welche Marrast während der ganzen Regierung Ludwig Philipps stets verhöhnt hatte, die ihm brennenden unauslöschlichen Haß mit gleichem Hasse vergelten. Cavaignae steht sehr einsam, ist sehr vertieft. Aber Changarnier, ah! da steckt der Haken. Changarnier hat ein Rundschreiben ergehen lassen an alle Generale im Bezirke seiner Macht, indem er ihnen zusagt, daß er Alles auf sein Haupt nehme, was sie zu thun sich veranlaßt finden würden, im Falle des Aus - bruches des Bürgerkrieges; dadurch flößt er Allen Zuversicht ein. Hier zu Paris hat er die Ober - sten und das Offizierkorps versammelt; unter sei - nen Worten hat man die bemerkt: Gehorcht keinem Befehle, woher er komme, als der direkt von mir ausgeht; wenn es heißt, ich sei todt, so sagt dreist: es ist eine Lüge. Wenn ich aber wirklich fallen sollte, habt keine Besorgniß, alle Maßregeln sind genommen, ich lebe in meinem Nachfolger fort. Jn das tiefste Detail ist er darauf eingegangen in allem Dem was einem Jeden als Verhalten obliege. Bis jetzt ist das Heer der vernünftigste Theil der Nation; das macht die Disciplin und der Begriff der Ehre. Was die Legitimisten und zum Theil auch die Bonapartisten betrifft, so sind sie in diesem Au - genblicke gesetzter, weniger heftig, weniger gereizt als die Orleanisten. Aber die Leidenschaften sind zu sehr gespannt. Vielleicht, daß die imponirende Stellung des Heeres zu Paris alle Ausbrüche hindert. Es geschieht dieses auf Kosten der Zeit; denn das Werk des Angriffes gegen die Dema - gogie durch die Gesetzgebung setzt sich nothgedrun - gen fort.

Landtagsverhandlungen.

München, 28. Mai. (CXX. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) (Schluß. ) Am Ministertische v. Kleinschrod und Ministerialrath v. Kiliani. -- Gegenstand der Berathung sind die von der Kammer der Reichsräthe vorgetragenen Schlußanträge, die der erste Präsident einzeln zu berathen räth. Der 1. Antrag lautet: Die hohe Staatsregierung wolle bei dem Vollzug der Ge - richtsorganisation allen Bedacht darauf nehmen, daß die Sitze der Kreisgerichte in die Mitte der Kreise und wo möglich in die größern Städte verlegt werden. -- I. Sekr. Nar spricht sich ge - gen diesen Wunsch aus. Viele Städte hätten oftgroße Opfer gebracht, einen Gerichtssitz in ihrer Mitte zu haben, nun wären diese Opfer ganz umsonst, da sie ihre Gerichte wieder verlören. -- Wallerstein gleichfalls dagegen. -- Breiten - bach bemerkt, sich schon im Ausschusse gegen diese Wünsche erklärt zu haben. -- Kirchgeßner ver - theidigt den Antrag der Kammer der Reichsräthe. Als Schnitzlein sprechen wollte, wurde allge - mein Schluß gerufen. Nur zwei Worte wurden ihm erlaubt, derselbe sprach sich gegen den Wunsch aus, in dem die Verlegung der Gerichtssitze mehr Ko - sten machen als Vortheile bringen würde. -- Thinnes (zur thatsächlichen Erklärung): Herr Justizminister habe im Ausschüsse eine kleine Zu - sammenstellung der Kosten gemacht, die so groß ausgefallen, daß er diese Wünsche bis zur Vor - lage dieser Kosten vertagt wünschte. Es wird so - fort zur Abstimmung geschritten und derselbe fast einstimmig verworfen. Ebenso geschah es dem zweiten Antrag der Kammer der Reichsräthe, der dahin ging, daß die Staatsregierung für den Fall, daß sich der gleichzeitigen Einführung des vor - stehenden Gesetzes Schwierigkeiten entgegenstellen sollten, dieselbe successive in den verschiedenen Krei - sen des Königreiches bewerkstelligen möge. -- Der 3. Antrag lauter: Die Staatsregierung möge bei Bildung der Gerichtsbezirke, insbesondere der Stadt = und Landgerichte, dann aber auch bei Bil - dung der Verwaltungsbezirke, welche mit der er - stern im engsten Zusammenhange steht, Fürsorge treffen, daß den Staatseinwohnern eine möglichst nahe Justizpflege und Verwaltung gesichert und die Formation zu großer Gerichts = und Verwal - tungsbezirke vermieden werde. -- Lerchenfeld räth zur Ablehnung dieses Wunsches, Hopf und Schnitzlein aber glauben die Annahme dessen bevorworten zu müssen. Dieser wurde ebenfalls verworfen. Die in dem Betreffe der Gerichtsor - ganisation eingelaufenen Eingaben werden auf An - trag des zweiten Präsidenten dem Justizministe - rium im Original überschickt. Es war bisher in der Kammer〈…〉〈…〉 Usns die Eingaben abgeschrieben, die Abschrift an das Ministertum gelangen und die Originale im Archive hinterlegen zu lassen. Da dieses sehr viele Kosten bereite, so fand es Weiß für gut, gleich die Originalien an das Ministerium zu überschicken. -- Lerchenfeld stellte zwei Anträge auf Vereinfachung des Ge - schäftsganges bei den Stadt = und Landgerichten und Weglassung der vielen unnützen Formalitäten. Diese werden angenommen. Der Präsident ver - liest hierauf eine Erklärung, welche die 23 Ab - geordneten, die gegen das Gesetz stimmten, auf den Präsidententisch niedergelegt hatten. Der Prä - sident schließt hierauf die Sitzung um 1 / 2 6 Uhr.

München, 28. Mai. Heute fand die 47ste Sitzung der Kammer der Reichsräthe Statt. Am Beginn derselben, Vormittags 10 Uhr, erhielt S. k. H. der Herzog Max einen sechswöchentli - chen Urlaub zum Gebrauch des Bades Kissingen, da voraussichtlich der Landtag am 10. Juni noch nicht vertagt wird. Der Einlauf enthielt ein Schreiben des Finanzministers, Hrn. Dr. Aschen - brenner, worin der Kammer eröffnet wird, daß die Staatsregierung demnächst einen Gesetzesent - wurf, das Streu = und Weiderecht betr., vorle - gen werde; hiermit ist die in diesem Betreff kürz - lich gestellte Jnterpellation des Grafen K. v. Seins - heim zugleich beantwortet. -- Die Kammer geht hierauf zur Berathung der zweiten Rückäußerung der Kammer der Abgeordneten, bezüglich des Ge - setzes = Entwurfs: den Geschäftsgang des Land - tags betr., über, und beschließt nach einer Dis - cussion gegen sechs Stimmen, daß unbedingt auf dem früheren Beschlusse zu beharren sei, wonach die Regierungsvorlagen auf Verlangen der Mini - ster oder Regierungs = Commissare zuerst in Bear - beitung und Berathung genommen werden müssen. -- Der Gesetzes = Entwurf: den Ersatz des Wild - schadens betr., wird angenommen; nur wurde hier der von der 2. Kammer als instructiv be - trachtete und deßhalb gänzlich gestrichene Art. 8 des Entwurfs wieder aufgenommen und einge - schaltet. Derselbe lautet: Bei der von den Be - theiligten beantragten oder von Richteramtswegenangeordneten Abschätzung des Wildschadens haben die hiezu vorgeschlagenen Schätzmänner auch darauf Rücksicht zu nehmen, in wie weit der Wildscha - den nach den Grundsätzen einer ordentlichen Be - wirthschaftung durch Wiederanbau ausgeglichen werden könne. Die Annahme des Gesammtge - setzes erfolgte mit allen gegen zwei (Gumppen - berg und Aretin) Stimmen. Der Reihe der Ta - gesordnung nach kam nun der unlängst der Kam - mer vorgelegte Gesetzes = Entwurf: den Art. 4 des Gesetzes über die Ablösung des Lehenverbandes vom 4. Juni 1848 betr., zur Berathung, und wird derselbe nach einigen Erläuterungen einstim - mig in der vorgelegten Fassung angenommen. Nachdem hierauf Graf Arco = Valley noch Namens des 6. Ausschusses angezeigt hatte, daß sämmtliche Anträge auf Verbesserung der Lage der Lyceal - professoren, so wie auch jener Antrag: die Gleich - stellung der nach dem älteren Pensionsregulativ pensionirten Offiziere und Militärbeamten mit den nach den neueren Regulativs Pensionirten betr., vollkommen geeignet und zulässig befunden wur - den, schließt der Präsident die Sitzung, indem er die nächste auf Sonnabend anberaumt, um1 1 / 2 Uhr.

Deutschland.

München, 29. Mai. Gestern Abend hatte im königl. Hoftheater das Publikum einen großen Schrecken zu bestehen. Jn der Vorstellung: eine verhängnißvolle Wette, ging plötzlich ein Kessel mit brennendem Spiritus entzwei, so daß eine un - endliche Flamme den Tisch, auf welchem der Kes - sel stund, bedeckte. Die gerade beschäftigte Künst - lerin, Fräulein Dencker, hatte Geistesgegenwart genug, sofort einen Diener herbeizurufen. Da dieser aber den Tisch wegtragen wollte, schlug die Flamme hoch empor und breitete sich erst recht auf den Brettern aus. Das Publikum lief er - schreckt durcheinander, und schon verließ ein Theil rasch das Haus, als der eiserne Vorhang herab - gelassen wurde. Kaum hatten sich die Zurückge - bliebenen vom ersten Schrecken erholt, da öffnete sich der Vorhang wieder und die Gefahr war glücklich beseitigt. Mittlerweile hatte sich jedoch das Theater wohl zur Hälfte geleert.

Aus der bayerischen Pfalz, 25. Mai. Das Mainzer Journal theilt über die Exzesse in Groß - bockenheim folgenden ausführlichen Bericht mit: Sonntag den 12. Mai waren nämlich in Gesell - schaft vagabundirender Schauspieler zwölf Demo - kraten aus dem Hessischen nach besagtem Orte gekommen, um allda ihr sogenanntes Schauspiel Wilhelm Tell aufzuführen, wozu ihnen in Als - heim die Erlaubniß von der hessischen Behörde verweigert worden war. Von Mittag bis Abend brachte man mit dem Herrüsten der Bühne zu und verzögerte den Anfang der Komödie bis auf 10 Uhr, wo die ordentlichen Bürger schon schlie - fen, oder sich zurückgezogen hatten. Um diese Zeit ging eben die Komödie los, und dauerte bis zwei Uhr Morgens, mit Jubeln und Frei - heitsrufen, Heckerliedern und ähnlichem Spectackel. Auf gemachte Anzeige kam am folgenden Mittwoch Aktuar Ottmann von Frankenthal zur Untersu - chung; Freitags darauf die Truppen. Am ersten Tage waren dieselben nach der Steuerliste ver - theilt; Samstag erschien aber der Aktuar wieder - holt und dictirte sie den Demokraten zu. Vorne an bekam der große Freiheitsprediger Jsraels, der im vorletzten Winter sich um das Demokra - tenwesen schon so unsterbliche Verdienste in G. gesammelt, Bürger Levi, 15 Mann; andere 7 Mann, oder 6, oder 3 Mann. Zu den 60 er - sten Soldaten kamen später noch einige hinzu; so daß heute, am 26. Mai noch 79 im Orte liegen. Der Soldat erhält täglich 15 kr., der Unteroffi - zier 24 kr., der Lieutenant 3 fl. Executionsgebühr von dem Quartiergeber ausbezahlt, nebst freier Verköstigung. Wie ich auf meiner kleinen Reise zu hören Gelegenheit hatte, sind unsere Demo - kraten trotz allem Grimme der Meinung: jetzt müsse man sich noch ruhig halten und noch nichtlosschlagen; bald käme bessere Zeit hierfür. Die Trauben sind sauer; sie hängen zu hoch!

Dem Vogesenboten wird aus Zweibrücken vom 27. Mai geschrieben: Gestern fielen hier arge Soldatenexcesse vor. Auf dem Tivoli sollte ein Bürgerball stattfinden. Um Reibungen zu vermeiden, namentlich auch um zu verhindern, daß die weibliche Gesellschaft zu gemischt und dadurch dem beabsichtigten Feste ein falscher Chrakter auf - gedrückt werde, hatte man beschlossen, keine Sol - daten zuzulassen. Den Offizieren der Garnison war dies, so viel man hörte, selbst lieb. Gegen 9 Uhr Abends nun kamen die Chevauxlegers in großen Trupps in das Tanzlokal gezogen, und ohne daß ihnen die geringste Veranlassung zum Streite gegeben worden wäre, begannen sie als - bald die Gläser, Tische und Bänke zu zertrüm - mern und die Gäste zu verfolgen. Diese suchten sich durch rasche Flucht zu retten; leider fielen jedoch einige bedeutende Verwundungen vor. Die Bemühungen der Offiziere, namentlich des kom - mandirenden Oberstlieutenants, zur Herstellung der Ordnung hatte bei den rasenden Tumultanten nicht den geringsten Erfolg. Später drangen diese wüthend in die von dem Tanzlokale entfern - tern Bierzimmer, in welchen sich viele angesehene Bürger und Beamten befanden und vor Mißhand - lungen sich gleichfalls nur durch schleunige Flucht retten konnten. Wir zweifeln nicht, daß eine rasche und strenge Bestrafung die schuldigen Soldaten ereilen und den in Eigenthum und Leben betroh - ten Bürgern, wie dem verletzten Gesetz und Ord - nung die gebührende Sühne werde.

Darmstadt, 29. Mai. Die Führer der Go - thaer haben in alle Theile unsers Landes Befehle ausgesendet, Adressen an die Regierung zu schicken. Dasselbe war schon von Erfurt aus geschehen, es bedurfte jedoch persönlicher Anwesenheit, um das Wenige zu Stande zu bringen. Der Plan eines Theiles, der Aufgebrachtesten, geht jetzt dahin, einstweilen die Wühlerei zu befördern, damit dann durch das Gefühl der Schwäche und Lebensun - fähigkeit Hessen der Gothaer Politik definitiv in die Arme geworfen werde. Die Demokratie hat zwar offen die angebotene Hand mit Hohn zurück - gewiesen, wie es einem solchen sich selbst ausge - stellten Armuthszeugnisse gegenüber nicht anders geschehen konnte, dabei aber sehen die Radicalen gewiß jede Unterstützung ihres Auflösungs = und Zersetzungswerks recht gern und lachen mit Recht über die selbstgefällige Einbildungskraft, die wähnt, nach Gutdünken wieder den Sturm beschwören u. die Gewässer bannen zu können. Die Stellung unserer Regierung ist übrigens, wird die Aufgabe begriffen, keineswegs schwierig. Eine feste Poli - tik, die kleine Mittel verschmäht und große mit eiserner Consequenz durchführt, würde bald zeigen, wohin die Masse der Unentschiedenen, die aus Zweifel ohne Furcht hin und her getrieben wer - den, oder aus Gewohnheit gewisse Schlagwörter nachsprechen, sich wendet: der Kern des Volkes ist noch gesund und wird es bleiben, wenn man den Muth hat, entschlossen die Hand an die fau - len Stellen zu legen. Ein anderer Theil der Gothaer calculirt wie folgt: der Frankfurter Con - greß werde durch Preußens Widerstand zur völli - gen Auflösung des deutschen Gesammtverbands führen; Deutschland zerfalle dann in fünf oder sechs Staatengruppen und das Bedürfniß des Schutzes nach Außen werde, wo Deutschland als nicht mehr bestehend keinen Schutz mehr bie - ten könne, zum Aufgehen der kleineren Staaten in irgend einem größeren nöthigen. Ohne alle Aussicht auf Erfolg ist leider dieses Raisonnement nicht, traurig interessant bleibt aber doch immer, daß man sich nicht scheut, den krankhaftesten Er - scheinungen den Namen deutsch = nationaler Ge - sinnung zu geben.

Leipzig, 28. Mai. Vorgestern und gestern haben wir auf einem benachbarten Dorfe blutige Exzesse zwischen Schützen und Civilisten gehabt. Seit dem Mai vorigen Jahrs kamen an verschie - denen Orten in Leipzig und der Umgegend häu - fig Reibungen zwischen den hiesigen Schützen und den sogenannten demokratischen Turnern vor, de -ren Veranlassung bald dem einen, bald dem an - dern Theile Schuld gegeben wurde und die ge - wöhnlich in sehr heftigen Schlägereien sich kund gaben, in denen bald diese, bald jene Partei siegte. Hiedurch wuchs die Erbitterung auf beiden Sei - ten in einer Weise, daß ein tödtlicher Haß dar - aus entstand und die demokratischen Turner sich veranlaßt fühlten, mit Waffen die Tanzplätze zu besuchen. Vorgestern fanden sich fünf Schützen im Gasthause zu den drei Mohren in den Kohl - gärten ein und bezeigten dadurch ihre friedliche Gesinnung, daß sie ihre Seitengewehre an der Wand aufhängten und sich zum Theil unter die Tänzer mischten. Demohngeachtet kam es sehr bald zu Händeln; einer von den ruhig sitzenden Schützen wurde von hinten angefallen und mit einer Stoßwaffe durch den Rücken bis in die Lunge gestochen, so daß er eine Stunde darauf starb. Die übrigen wurden ebenfalls mehr oder minder schwer verwundet und liegen im Hospitale. Gestern gegen Abend strömten nun viele Schützen und Neugierige hinaus, und es kam wieder zu einer Schlägerei, in welcher starke Verwundungen vorkamen, die dießmal hauptsächlich die Turner tra - fen. Der eine ist sehr bedenklich am Kopfe ver - wundet. Militärpatrouillen, welche sodann hin - beordert wurden, stellten die Ruhe her und nah - men Verhaftungen vor. Die Drei, welche den Schützen erstochen haben, sowie viele Andere sind eingefangen worden, und man hofft endlich die Ruhe herstellen zu können. Man bedauert den Erstochenen um so mehr, als er allgemein für einen friedliebenden Mann galt.

Wien, 26. Mai. Daß man bei den Confe - renzen in Warschau zunächst an Frankreich denke, darauf deuten manche Symptome. So sagt die neueste Oesterr. Corresp. : Es gilt in Frank - reich nicht bloß Frankreich, sondern Moral, Reli - gion, Eigenthum, Familie und Bildung, mit ei - nem Wort die heiligsten Güter der Gesellschaft zu retten. Die Umstimmung der Gemüther, die Erwärmung und Erfüllung derselben mit der re - ligiös = politischen Jdee des anti = revolutionären Fortschritts muß hinzutreten, damit der dort be - gonnene Prozeß sich glücklich vollende. Das Re - sultat wird sich für Europa in jedem Fall höchst folgereich gestalten. Endet er friedlich, so kommen dem Welttheil die Folgen der natürlichen Rück - wirkung der damit verbundenen Belehrung zu gute. Verläuft er sich in einem verheerenden Bürgerkrieg, oder glückt es sogar der sozialisti - schen Partei, einen vorübergehenden Sieg zu er - streiten, nun, denn geht die Pflicht Frankreich zu retten unzweifelhaft von Frankreich auf Europa über.

Frankreich.

Paris, 28. Mai. Der Messager de la Semaine erzählt: Am vorigen Mittwoch kam ein als besonders excentrisch bekanntes Mitglied des Berges sehr aufgeregt in der Nationalver - sammlung an. Bald darauf begegnete er einem Minister auf dem Corridor, redete ihn vertraulich, jedoch in sichtbar ärgerlicher Stimmung an und unterhielt ihn von der Geduld, Ruhe und edlen Haltung des Volkes, das den Aufhetzern zum Bürgerkriege mißtraue. Der Minister entgegnete: Nichts desto weniger scheinen Sie selbst sich mit dem Bürgerkriege zu beschäftigen. -- Was mei - nen Sie? fragte der Montagnard. -- Allerdings thun Sie es; woher kommen Sie jetzt? -- Von meinem Platze, sagte ziemlich verlegen der Mon - tagnard. -- Sie waren dort, aber noch nicht lange, denn vor zwei Stunden waren Sie in einer Weinschenke zu Belleville, wo Sie Solda - ten zum Trinken aufforderten, um Sie ihrer Pflicht untreu zu machen. Es gelang Jhnen nicht und dies scheint Sie verdrossen zu haben. -- Zum Teufel! rief der Montagnard aus, woher wissen Sie das? -- Hier ist ein Bericht an mich, sagte der Minister, ein Papier aus der Tasche ziehend; hüten Sie Sich, daß Sie dort nicht nochmals ertappt werden. Der Montagnard ging fort, ohne weiter ein Wort hervorzubringen.

C Paris, 29. Mai. Die Gerüchte einer Aussöhnung ja Verbindung Cavaignac = Girardin gewinnen täglich am Bestand. Nicht ohne Be - deutung ist daneben des Generals Lamoriciere leidenschaftliches Auftreten in der gestrigen Sitz - ung. Wie sehr diese Stellung des verschlossenen Afrikaners, dem vielleicht Godefroy's Bild wieder vor die Seele getreten ist, die Partei der Ordnung beunruhigt, beweist die Haltung ihrer Journale. Man fühlt wohl, welch 'glühender Haß seit dem December 1848 in der Brust dieses ehrgeizigen Mannes und jedenfalls tüchtigen Soldaten wüthet. Der Constitutionnel, als Senior der Ordnungs - partei enthält heute sogar einen sehr langen Ar - tikel unter der Ueberschrift: General Cavaignac. Wir entnehmen ihm folgende Stellen: Des Generals Cavaignacs Rolle ist weder eine ge - wöhnliche, noch eine gleichgültige. Der Mann, welcher 6 Monate lang Frankreichs souveräner Dictator war, der keineswegs allen Ansprüchen, aller Zukunft entsagt hat, der Mann verdient es, daß man ihn studire, begreife oder erkläre. Viele große Talente und Helden haben ein bescheidenes, unscheinbares Leben mit dem Abwarten Eines Tages, Einer Gelegenheit aufgezehrt. Dem Ge - neral C. sind deren zwei zu Theil geworden. Die erste hat er rühmlich benutzt, die zweite aber ver - fehlt. Am 23. Juni 1848 bekämpfte er die Anarchie der Straße, am 21. Mai 1850 ver - schmähte er es, die Anarchie des Gesetzes zu be - kampfen. C. hatte am 23. Juni eine große Stel - lung für seine frühere bescheidene und drückende Stellung eingetauscht. Mehr die Pietät, als der Verstand ließen ihn das Andenken eines terroristischen Vaters, eines communistischen Bruders, complotti - render Freunde auf seine Schultern laden. Am 23. Juni entriß er sich dieser verdächtigen Um - gebung, er ward der Mann der Ordnung, des Gesetzes, des Landes. Dadurch gewann er alle Manner, welche die Republik mehr dulden, als annehmen, welche glücklich und sicher waren, für jedes Ereigniß einen Demokraten bereit zu haben, der zwar ein Hitzkopf, aber kein Demagoge war, der niemals aus schwarzgalligem und abgeschmacktem Fanatismus der Demokratie Ordnung, Vaterland und Gesellschaft opfern würde. Der 21. Mai trennt dieses Band, der Anspruch vom 23. Juni ist verwirkt, der Mann der Ordnung ist gewesen und General Cavaig - nac wird wieder der Freund des National, der Bruder des Communisten, der Gegner des Terro - risten ..... Eines Tages wird er sich selbst wie - derholen, was wir ihm heute sagen: Aus eige - ner Schuld verloren Sie das Zutrauen der von Jhnen Geretteten nie erringen Sie jenes der von Jhnen mit Kartätschen Begrüßten. -- Die Union ruft besorgt: Die Chefs der Demagogie wollen pfiffig werden, sie bedrohen die Gesellschaft nicht mehr durch die Gewalt, sondern durch die List. Die Demagogie will uns überrumpeln. -- Man kann das Gesetz als angenommen betrachten. Die Freunde desselben haben nur noch das Amende - ment Vezier zu überwinden. Gelingt äuch dieß, so ist das Gesetz ohne wesentliche Modifikation angenommen. Die Nebenbestimmungen sind dann rasch erledigt. Das diplomatische Corps hat be - reits das gestrige Votum als entscheidend betrach - tet und Couriere nach allen Richtungen abgesen - det. -- Der neue sächsische Gesandte, Graf Hohenthal hat dem Präsidenten der Republik seine Creditive überreicht.

Jtalien.

Turin, 23. Mai. Diese Gewaltmaßregeln unserer Regierung haben fast unter der ganzen Bevölkerung, (natürlich mit Ausnahme der, die zur rothen Partei gehört) die größte Entrüstung hervorgerufen. Man begreift das Auftreten einer Regierung nicht, die von jeher sich durch ihre Anhänglichkeit an den römischen Stuhl ausgezeich - net hat. Besonders ist bei allen diesen Umtrie - ben der der Kirche feindlich gesinnten Partei das Betragen des Königs ein wahres Räthsel. Jst es die Constitution, die den Königen die Hände bindet, oder der rothe Lord Palmerston, der seineHand im Spiele hat? so fragen sich die Besser - gesinnten. Der englische Premierminister scheint den wachsenden Einfluß Oesterreichs nicht ver - schmerzen zu können, und benutzt daher die von Carl Albert auf den jetzigen König übergangene Schwäche, König von Oberitalien und vielleicht auch ganz Jtalien zu werden, um durch seine Agenten in Piemont nach Belieben zu schalten und zu walten. Das Turiner Kabinet unter - nimmt nichts mehr, ohne die Rathschläge des eng - lischen Gesandten entgegengenommen zu haben. Den Organen der Rothen könnte nichts erwünsch - ter sein. Jn Folge dessen haben sie ihre An - griffe auf den König eingestellt, ihre Spalten mit Lobhudeleien angefüllt und können nicht genug von dem glänzenden Empfang sprechen, der dem König in Chambery und auf seiner Reise durch Savoyen zu Theil geworden wäre. Es lebe der König! es lebe das Gesetz Siccardi, soll man gerufen haben. -- Wenn ersteres auch theil - weise, so kann letzteres nur von einem sehr klei - nen Theile der Bevölkerung gesagt werden, wie zuverlässige Nachrichten aus Chambery melden.

Vermischte Nachrichten.

Nach der Elberfelder Zeitung ist der jetzige österreichische Handelsminister von Bruck, in Elberfeld in der Schönengasse geboren, der Sohn eines Buchbinders. Er trat in der Büschler'schen Verlagsbuchhandlung in die Lehre und siedelte nach Bonn über, als Herr Büschler dort ein Haus etablirte. Von da kam er nach manchen Hin = und Herzügen nach Triest in die Dienste der bekannten Handelsgesellschaft des Lloyd, wo er von Stufe zu Stufe stieg, bis er in das Ministerium berufen wurde. So ist Elberfeld die Vaterstadt von drei gegenwärtig am Ruder stehenden Mini - stern; indem außer v. Bruck auch die preußischen Minister des Handels und der Justiz, Herr v. d. Heidt und Herr Simons, dort geboren sind.

Neuestes.

München, 30. Mai. Heute Vormittag fand dahier, begünstigt vom schönsten Wetter, die Frohn - leichnamsprozession feierlichst statt. Das Sanc - tissimum wurde vom Hrn. Erzbischof getragen, diesem unmittelbar unter dem Traghimmel folgte König Mar, die k. Prinzen Luipold und Adalbert, Herzog Maximilian, der große Cortège, die höch - sten Staatsstellen und die ihnen untergeordneten Branchen und der Stadtmagistrat mit dem Colle - gium der Gemeindebevollmächtigten.

Frankfurt, 29. Mai. Die fürstl. thurn = und taxis'sche Generalpost = Direktion läßt vom 1. Juni an auf ihrem Postgebiete eine Ermäßigung des Briefporto eintreten.

Frankfurt, 31. Mai. Morgen früh um fünf Uhr rückt die gesammte hiesige Besatzung, das k. preuß. Militär mit inbegriffen, zu einem ge - meinschaftlichen Manövre aus. Die Truppen marschiren über Bornheim, Seckbach nach Bergen und manövriren von dort nach Vilbel zu, wo ein Theil des Frankfurter Bataillons den Feind vor - stellt. Da es wohl spät Nachmittag werden wird, bis die Truppen wieder zurückkehren, so nehmen sie Mundvorrath mit. Die österr. Kavallerie und das Jägerbataillon bilden die Avantgarde, die bayer. Jäger, die österr. und preuß. Artiklerie, die beiden Compagnien Erzherzog Rainer und ein preuß. Bataillon das Gros, die preuß. Kürassiere und ein Bataillon preuß. Jnfanterie das Hinter - treffen.

Karlsruhe, 30. Mai. Das so eben ausge - gebene Regierungsblatt bringt die abermalige Ver - längerung des Kriegszustandes und des Stand - rechts auf weitere 4 Wochen.

Koblenz, 29. Mai. So eben ist der Befehl eingegangen, sofort die dritte hiesige Abtheilung des 8. Artillerie = Regiments, nebst zwei Munitions - Colonnen, mobil zu machen. Dieselben brechen nach dem Hunsrücken auf. Die Kriegsreservender Gardejäger sind nach Wetzlar zusammenbe - rufen.

Berlin, 29. Mai. Die Befehle zur Mobil - machung des Garde = Corps sind heute ausgefertigt worden.

Berlin, 29. Mai. Jch beeile mich, Jhnen eine Aeusserung, die der Prinz unmittelbar vor seiner Abreise vor einem Kreise von Männern that, mitzutheilen: Jch gehe nach Warschau, sagte er, um den Versuch zu machen, die Politik des Kaisers von Rußland, die bisher der unseri - gen diametral entgegenlief, umzustimmen und den preuß. Absichten in der deutschen Frage conform zu gestalten. Sollte aber dies nicht der Fall sein, so wird Preußen mit aller Consequenz auf dem eingeschlagenen Weg weiter gehen, unbekümmert um alle entgegenstehenden Ansichten. Jch autori - sire sie, meine Herren, diesen meinen Worten eine weitere Verbreitung zu geben!

Breslau, 27. Mai. Gestern Abend ist der Prinz von Preußen hier eingetroffen. Er äusserte sich über die ihm erwiesene Aufmerksamkeit beim Empfang in einigen freundlichen Worten. Seine Stimmung wurde indeß bald eine sehr ernste, als er in Bezug auf die von dem Bürgermeister Bartsch ausgesprochene Condolenz über das At - tentat der Stimmung und der Leiden des Königs gedachte. Er ehre, sagte er, die Gesinnung, die er hier finde. Se. Maj. hätten vielen Schmerz zu leiden. Gern würden sie aber diesen Schmerz ertragen, könnten sie dadurch die Schmach von Preußen abwender. Ja, mit der Gesinnung wäre es jetzt nicht abgethan. Thaten müßten jetzt ge - zeigt werden. Es komme eine Zeit schwerer Prü - fung. Dinge würden offenbar werden, von denen man sich keine Vorstellung gemacht habe. Darum müsse jetzt gehandelt werden, und man werde handeln.

Münster, 29. Mai. So eben erhielt die hiesige Artillerie die Ordre zur Mobilmachung.

C Paris, 29. Mai. Der 3te Artikel, der wichtigste des Gesetzes, wurde mit 410 gegen 178 Stimmen angenommen.

C Paris, 29. Mai. Der Stand der Diffe - renz mit England ist, wie wir aus bester Quelle wissen, ein solcher, daß demnächst eine neue An - nahme der Londoner Convention von Seite Pal - merstons zu erwarten ist. England wird erklären, daß es das Wyse'sche. Arrangement als ungültig betrachte, auf die in London angenommenen Ver - gleichspunkte wieder zurückkomme und Griechen - land die Wahl überlasse, welche der beiden - sungen es vorziehe.

Paris, 29. Mai. Man behauptet, daß L. Napoleon gleich nach Beendigung der Wahlreform - Debatte eine Botschaft an die Nationalversamm - lung richten und darin den Entschluß ankündigen werde, stets mit der Majorität Hand in Hand zu gehen. -- Die Besorgnisse vor einem Auf - stande der Rothen in gewissen Departements ha - ben noch nicht aufgehört, und die Vorsichtsmaß - regeln der Behörden dauern daher fort. Zu Lyon ist ein Kaffeehaus, wo die Ultra = Demagogen zu - sammen kamen, auf Befehl des Präfekten ge - schlossen worden. Ebendaselbst hat man zwei Theilnehmer an den neulichen sozialistischen Exces - sen verhaftet eingebracht. -- Der Präfect des Departements Saone u. Loire hat alle politischen Versammlungen und Bankette im ganzen Depar - tement verboten. -- Auf Anstehen unserer Re - gierung haben die belgischen Behörden dieser Tage die zwei vom 13. Juni her flüchtigen Repräsen - tanten Considerant und Cantagrel aus Bouillon an unserer Grenze in das Jnnere von Belgien verwiesen.

Schwurgerichtsverhandlung. VIII.

Verhandlungen über den Orber Tumult. (Fortsetzung.)

Grätz wird vom Präsidenten ermahnt die Wahrheit auszusagen, indem er sich in Wider -sprüche verwickelte; er will Schließmann weit von Orb gesehen haben. -- M. Ehmer, Dienstmagd viele Jahre bei Heßberger, am 1. März sei Heßberger krank zu Hause gelegen. -- Scheide - mantel, er habe den Hofacker, Mack, und Heß - berger auf dem Markt gesehen. -- Brukbräu er - klärt auf Ansuchen eines Assisen, wer zuerst ge - schossen habe, daß er ganz nahe gestanden wäre, und müsse erklären, daß die Orber nicht zuerst geschossen hätten. -- Oberlieutenant v. Helling - rath: Auf ihn selbst sei der erste Schuß gefallen, und ein Soldat sei vor dem Feuer des Militärs von hinten verwundet worden. Es wird noch die hieher bezügliche Jnstruktion verlesen, die dem Mi - litär, wenn es mit Stöcken, Steinen u. dgl. an - gegriffen wird, allerdingst erlaubt, unter Umstän - den selbst ohne vorausgehende Warnung Feuer zu geben. Hierauf wird das Verhör der Entlastungs - zeugen fortgesetzt. -- Weißbecker: A. Metzler sei beim Sturmläuten nach Hause gegangen. -- Her - denzen: Acker habe einen Säbel angehabt. -- Stock und Wolf, Engel und die beiden Metzler wären den ganzen Tag im Wirthshause gewesen. -- Vom Angeklagten Welzenbacher sagen zwei Zeugen aus, daß er vor dem Sturmläuten nicht aus seiner Werkstätte gekommen wäre. Welzen - bacher gibt Dies zu und behauptet, er sei auf die Wache gegangen, um Unruhe zu verhüten. Den Anton Metzler hat ein Zeuge beim Sturmläuten ohne Waffe im Roßwirthshaus getroffen: sie beide seien mit einander nach Hause gegangen. Ueber den Angeklagten Johann Heim kann der von die - sem beigebrachte Entlastungszeuge nur so viel sa - gen, daß er vor dem Stürmen nicht aus seiner Werkstätte gekommen, daß er dann mit ihm (Zeu - gen) an's Rathhaus gegangen sei. Dort habe er ihn aus den Augen verloren. Vom Angeklag - ten Adam Acker sagen die Zeugen Schreiber und Wolff nochmals auf das Bestimmteste aus, daß er damals nicht die von den Soldaten beschrie - bene Kleidung (grüner Hut und grüner Spenser), sondern eine Kappe und ein blaues Wamms ge - tragen habe. Hierauf wurde zur Verlesung der Leumunds = und Vermögenszeugnisse geschritten. Die Meisten der Angeklagten haben nur einige hundert Gulden Vermögen. Das Leumundzeugniß von vielen ist sehr getrübt; die beiden Mack waren schon früher 5 Jahre in Plassenburg. -- Ph. Häußer, Hofmann und Hofacker werden als Wilderer und Feldfrevler geschildert. -- Heßber - ger wird als der gefährlichste genannt, denn er war schon wegen Mordes, Mordversuchs und Raubes in Untersuchung, die aber kein Resultat lieferte.

(Fortsetzung folgt.)

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

Frankfurter Cours. Den 31. Mai 1850.
Geld.Papier.
Oesterreich Bankaktien ......10641069
5% Metallique ....77 1 / 877 3 / 8
4%....59 1 / 260
3%....45 1 / 845 5 / 8
2 1 / 2 %....41 1 / 441 1 / 2
4 1 / 2 % Bethmann ...7374
4%...--68 1 / 2
fl. 250 Loose v. J. 1839.91 1 / 292
500 1834.146 1 / 2147
Preußen3 1 / 2 % St. Schuld Scheine.86 1 / 486 3 / 4
Tthl. 50 Prämien Scheine.102 1 / 2--
Bayern3 1 / 2 % Obligationen ...82 1 / 283
4%....87 3 / 488 1 / 4
5%....100 3 / 4101 1 / 4
Württemberg3 1 / 4 % ....81 3 / 482 1 / 4
4 1 / 2....95 1 / 895 3 / 8
Baden3 1 / 2 %....78 1 / 878 5 / 8
fl. 35 Loose ......31 1 / 431 1 / 2
50......51 1 / 252
Nassau fl. 25 ......23 5 / 823 7 / 8
Hessen Darmst. fl. 50 Loose ...7272 1 / 2
25 ...25 5 / 825 3 / 4
Polen fl. 300...126 1 / 2--
Sardinien Fcs. 36 ...31 3 / 432 1 / 4
Druck von Joseph Steib in Würzburg. Hiezu das Ergänzungsblatt Nr. 43.

About this transcription

TextDie Bayerische Presse
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Extent4 images; 6280 tokens; 2651 types; 44184 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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