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Die Bayerische Presse.
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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

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Nr. 163.
Würzburg, Dinstag den 9. Juli. 1850.

Das Uebel der Zeit. (Schluß.)

Aber dieser angebliche Tyrann, der allgemeine Urheber der Dinge, wer weiß, vielleicht habt Jhr ihn nicht begriffen. Dieser Schmerz, den er Al - len auferlegt hat, vielleicht ist er eine Prüfung, eine unvermeidliche, nothwendige, und auf andere Weise hinreichend belohnte Prüfung. Verweilen wir einen Augenblick bei ihm, und wir werden vielleicht gerechter gegen ihn sein, wie wir gerech - ter sind gegen die sociale Ordnung, nachdem wir sie geprüft und begriffen haben. Zum Dreieck gehören drei Winkel; dieses ist eben so nothwen - dig, als daß der Raum Ausdehnung habe. Die - ser Gott dürfte, scheint mir, weder ohnmächtig noch grausam sein, wenn er diese Bedingungen der Natur der Dinge geschaffen oder zugelassen hat. Wenn für ihn zweimal zwei vier ist, ist er darum weniger mächtig, weniger gut? Wäre es d'rum nicht möglich, daß der Schmerz für die menschliche Seele eine ähnliche Bedingung wäre? Was ist denn das Wesen der Empfindung? Ver - halten wir uns so gleichgültig, wie bei dem wech - selnden Spiele der Farben, welches dem An - schauenden weder Schmerz noch Vergnügen erregt? Jn diesem Falle würde ich ungerührt, würde ich unthätig bleiben. Jch fange erst dann an, wirk - lich zu empfinden, wenn ich angenehm oder unan - genehm berührt werde; hier stellt sich der Schmerz ein, aber auch das Vergnügen; dem Schmerz suche ich zu entgehen, das Vergnügen zu errei - chen; hier ist Thätigkeit, hier ist Leben. Wäre es besser, nicht zu sein oder weniger zu sein und z. B. von dem Viel empfindenden Menschen zu der Biene herabzusteigen, die nur empfindet nach Maßgabe der zu ihrem Leben nothwendigen Be - dingung, von der Biene zu Polypen, zur Pflanze, zum Stein, zum Nichts? Man könnte Dieß, aber es wäre Selbstmord. Oder vielmehr werdet ihr sagen, daß man, anstatt herabzusteigen, sich bis dahin emporheben muß, wo man das Uebel nicht mehr fühlt, wo man im Schooße der Gottheit schmerzenlos ruht. Auch Dieß gebe ich zu. Trotz - dem werde ich euch sagen, daß es zu frühe ist. Die Religion, welche weiter geht, als die Philo - sophie, welche für die Bedürfnisse der menschlichen Seele eine erhabene Achtung schöpft, die ein Wunsch ist für Denjenigen, der nicht den vollen Glauben hat, eine Gewißheit für Denjenigen, der ihn hat; die Religion sagt euch: Duldet mit De - muth, Geduld und Hoffnung, indem ihr auf Gott blickt, der euer harret und euch belohnen wird. So macht sie aus jedem Schmerz eine Ueber - gangsstufe der langen Reise, welche uns zur ewi - gen Glückselichkeit führen soll. Und davon ist der Schmerz nur eine der Mühseligkeiten dieser un - vermeidlichen Reise, und wenn er Leiden verur - sacht, so folgt ihm unmittelbar die tröstende Hoffnung.

Auch übt diese mächtige Religion, welche man Christenthum nennt, über die Welt eine ewige Herrschaft aus, und sie verdankt dieselbe unter Anderem einem Vortheil, den sie vor allen andern Religionen voraus hat. Wißt Jhr, welches die - ser Vortheil ist? Es ist der, daß sie allein dem Schmerz eine Bedeutung gegeben hat. Der mensch - liche Geist hat mehr als einmal ihre Dogmenbeanstandet, niemals ihre Moral und soweit es ihr Verständniß des menschlichen Herzens betrifft. Das Heidenthum konnte dem ersten Blick eines Sokrates oder eines Cicero nicht widerstehen; denn diese Religion, bestehend in fabelhaften Mähr - chen, viel mehr anmuthige Poesie als Religion, Geschichte der Leidenschaften, der Liebeshändel, der Freuden und der Schmerzen der Götter, war nur eine in den Himmel versetzte Geschichte von - nigen. Als Geschichte war sie nur eine fabelhafte Chronik, als Moral ein Aergerniß. Aber dieje - nige, welche kam und sagte: Es ist nur ein Gott, er hat selbst gelitten, gelitten für Euch; diejenige, welche ihn am Kreuze zeigte, war es, die die Menschen sich unterwarf, indem sie ihrer Vernunft entsprach durch die Jdee der Einheit Gottes, in - dem sie ihr Herz rührte durch die Verklärung des Schmerzes. Und wie wunderbar, dieser leidende, den Menschen in den Qualen des Kreuzestodes gezeigte Gott ist tausendmal mehr von den Men - schen angebetet worden, als der Jupiter des Phi - dias in seiner ruhigen Heiterkeit, in seiner maje - stätischen Schönheit. Die Künste haben ihm eine Erhabenheit verliehen, weit über alle Erhabenheit des Jupiters der Alten. Und dieses ist das ganze Geheimniß des Unterschieds zwischen der alten und der neuen Kunst: die erste überlegen durch die Form, die zweite durch das Gefühl; die eine be - gabt mit einem Körper, die andere mit einer Seele. So dauert denn auch, während das Hei - denthum keinen Augenblick die Prüfung der mensch - lichen Vernunft aushalten konnte, das Christen - thum fort, auch nachdem Descartes die Grund - lage der Gewißheit gelegt hat, auch nachdem Gal - liläi die Bewegung der Erde entdeckt, Newton die Kraft der Anziehung entdeckt, Voltaire und Rous - seau die Throne gestürtzt haben. Und alle weisen Staatsmänner, ohne über die Dogmen zu richten, die nur einen Richter -- den Glauben -- haben, wünschen, daß es fortdaure. Sprecht also zu dem Volke, wie die Religion. Ohne in ihm das ge - rechte Gefühl seiner Rechte zu schwächen, ohne der Trägheit oder dem bösen Willen der Gewaltha - ber zu schmeicheln, saget ihm bei All' dem, daß es für Alle unvermeidliche Schmerzen gibt, die in dem Wesen der menschlichen Seele selbst begrün - det sind, welche nicht der Reiche ihm verursacht hat, welche Gott allein in seine Seele legte, um es aus der Unthätigkeit in die Thätigkeit, welche das Leben ist, zu versetzen. Saget ihm dieses, wenn ihr nicht seinen Schmerz verdoppeln und in eine ruchlose Wuth verwandeln wollt, welche sich gegen es selbst wenden wird, wie eine Wasse in ungeschickter Hand sowohl Diejenigen vernichtet, welche sie trifft, als Diejenigen, die sie führen. Nicht die Gleichgültigkeit gegen die Leiden des Volks rufe ich an, sondern die gerechte Würdi - gung dieser Leiden und die Erkenntniß, die An - wendung der wahren Heilmittel. Thiers.

Landtagsverhandlungen.

München, 5. Juli. (CXLVI. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) Die Gallerien sind schwach besetzt. Am Ministertische: v. d. Pfordten, v. Ringelmann und mehrere Ministe - rialräthe. Der I. Präsident eröffnet um halb 5Uhr die Sitzung. Nach Verlesung des letzten Sitzungsprotokolls betritt Staatsminister v. d. Pfordten die Rednerbühne und macht der Kam - mer folgende Eröffnung: Da die hohe Kammer nicht sehr lange Zeit noch versammelt sein werde und durch die lange Berathungszeit schon erschöpft sein möchte, so sehe sich das Ministerium veran - laßt, einen Gesetzentwurf einzubringen, nach wel - chem die Ausschüsse ermächtigt sein sollen, folgende Gesetze endgültig zu berathen: 1) Strafprozeß - ordnung beim Heere; 2) Notariatsordnung; 3) Gesetzentwurf für kaufmännische Anweisungen; (die 3 Gesetze durch die Gesetzgebungsausschüsse) 4) Notariats = Tax = Wesen; 5) Forstwesensentwürfe (diese letzteren durch den Finanzausschuß). Zu diesem Behufe sollten die Ausschüsse mit 3 Mit - gliedern verstärkt werden. -- Protokolle und Be - schlüsse seien durch Druck zu veröffentlichen. -- Folgende beide Gesetzentwürfe müßten jedoch noch vor Schluß des Landtages erledigt werden: Ge - setzentwurf, die Moratorien betr., und zweitens Gesetzentwurf, die Bestrafung des Jagdfrevels betr. Es wird hierauf zur Berathung des Etats der Landbauten geschritten. -- Der Ausschuß be - antragt a) für das Staatsministerium des Jnnern 59,000 fl., b) für Erziehung und Bildung 94,297 fl., c) für Cultus 110,320 fl., d) für Sicher - heit u. resp. Gefängnißbauten 126,150 fl., in Sum - me 389,767 fl. Ferner wurden vom Ausschusse noch für den Reservefond 10,233 fl. bewilligt, demnach für den ganzen Neubauetat eine Verwen - dungssumme von 200,000 fl. für ein Jahr der VI. Finanzperiode bestimmt wurde. -- Wie - denhofer beantragt weitere 10,000 fl. für Neu - bauten des Kreises Oberpfalz. -- Neuffer be - antragt 10,000 fl. zum Wiederaufbau des Thea - ters in Regensburg. -- Rudhart wünscht im Falle der Nichtannahme des Neuffer'schen Antra - ges: es sei der Stadt Regensburg zum Zwecke des Wiederaufbaues der Bauplatz und das Brand - Affekuranzkapitals zu überlassen. Nach einer, sehr Erheiterung erregenden Erzählung des Pfarrers Kronberger, seine ruinösen Pfarrgebäude betr., nachdem ferner noch mehrere andere Redner Be - merkungen gemacht hatten, vertritt Staatsminister v. d. Pfordten nochmals die von der Regie - rung verlangten hoheren Postulate. -- Lerchen - feld spricht wie auch Staatsminister v. d. Pford - ten für den Antrag Rudhart's, ja sogar glaubt derselbe, daß der Staat keine bessere Spekulation machen könnte, als alle derartigen Staatsgebäude herzuschenken, denn die Baulasten derselben mach - ten beiweitem größere Auslagen, als die Zinsen des Werthkapitals betrügen. Nach den letzten Bemerkungen des Referenten wird zur Abstim - mung geschritten. Es wurde dem Antrage des Ausschusses hinsichtlich der Postulate, dem Antrage Rudhart's und nachfolgenden beiden Anträgen des Ausschusses: die Herstellung und Unterhaltung von Gebäuden des Cultus und Unterrichts, dann der Communen, bei denen dem Staate die Bau - pflicht ganz oder theilweise obliegt, sei im Wege des Vertrages auf diese zu übertragen und sich hiedurch nach und nach der Baulast zu erledigen. Die kgl. Staatsregierung möge sich insbesondere allenthalben, wo nicht besondere Verhältnisse eine Ausnahme erheischten, der Beamten = Wohnungenganz entledigen, und zwar in den Fällen eines bereits erworbenen Rechtes durch Verabreichung einer Entschädigung in Geld, bei neuen Anstellun - gen aber durch Unterlassen der Zusicherung freier Wohnungen (sofern nöthig unter Gehaltsaufbesse - rungen, resp. Geldentschädigung für den Entgang dieser Wohnungen). Ebenso wolle aber auch die kgl. Staatsregierung den Gemeinden, wo dieselben (wie in der Pfalz bezüglich der Landkommissäre) zur Stellung von Beamtenwohnungen verpflichtet sind, die gleiche Befreiung gewähren oder möglich machen, unbeschadet des unabgeänderten Fortbestan - des der Verpflichtung zur Stellung von Amtslo - kalitäten und natürlich ebenso unbeschadet aller von den jetzigen Beamten bereits erworbenen Rechte; beigestimmt, ferner der Reservefond ohne Debatte auf 1,300,000 fl. festgestellt, hierauf die Sitzung um halb 8 Uhr geschlossen. (Montag Berathung des Einnahmenbudgets.)

München, 6. Juli. Heute hielt die Kammer der Reichsräthe ihre 56. Sitzung und hat folgende von der Kammer der Abgeordneten bereits bera - thene Gesetzentwürfe und Anträge, größtentheils nach den Beschlüssen der Schwesterkammer ange - nommen: 1) den Gesetzentwurf über die definitive Häusersteuer; 2) die Anträge und Petitionen in Bezug auf das Ablösungsgesetz; 3) die Anträge bezüglich der Verbesserung der Dienstverhältnisse der Gymnasialprofessoren und Studienlehrer, und endlich 4) die Anträge um Wiederherstellung ei - ner freien Conkurrenz nicht bayerischer Versiche - rungsgesellschaften.

Deutschland.

Der Pfälzer Zeitung wird aus München vom 3. Juli geschrieben: Dem Hrn. Abgeordne - ten Reinhard, welcher durch seine ungemessene Sprache schon öfter Scandal in der Kammer ver - ursacht hat, steht eine unangenehme Ueberraschung bevor. Jn einer früheren Sitzung hatte er den königl. Landrichter Welsch der Abfassung falscher Protokolle beschuldigt. Nach Art. 107 der Ge - schäftsordnung ist jeder Abgeordnete, welcher in der öffentlichen Versammlung einzelne durch die Strafgesetze verbotene Amtshandlungen der Staats - diener anführt, für die Wahrheit seiner Angabe der Kammer verantwortlich, welche, wenn die an - gegebene Thatsache falsch befunden wird, den Ur - heber der Angabe mit Mißbilligung zur Ord - nung verweiset, oder ihm die Wortführung auf einige Zeit untersagt, oder seine Ausschlietzung auf bestimmte Zeit verfügt. Auf jene öffentliche Anschuldigung hin, wofür Hr. Reinhard die an - gebliche Beweisstücke auf den Tisch der Kammer niederlegte, wurde gegen den Landrichter Welsch eine strenge Untersuchung eingeleitet, welche dem Vernehmen nach dessen völlige Unschuld dargethan hat. Die Kammer wird nun wohl in wenigen Tagen gegen den Ankläger ihr Recht üben. Wie man hört ist übrigens Hr. Reinhard schon einmal wegen falscher Denunciation und einigen anderen Anschuldigungen in Untersuchung gewesen und hat früher auch in Folge eines Urtheils vor dem Bildnisse Sr. Maj. Abbitte geleistet.

München, 7. Juli. Das Gesammtstaatsmi - nisterium hat sich schon einigemal über die aus Berlin eingetroffenen Noten, bezüglich des Frie - densschlusses zwischen Preußen und Dänemark be - rathen. Man hört, daß sich dasselbe entschieden für die Rechte der Herzogthümer ausgesprochen hat. -- Das stark verbreitete Gerücht, daß die Debatte über das Militärbudget eine Differenz zwischen dem Kriegsminister und Ministerpräsident herbeigeführt habe, bestätigt sich, wie man aus guter Quelle vernimmt, nicht. Das Gesammt - staatsministerium hat sich schon vor obiger Debatte dahin schlüssig gemacht, sich im äußersten Falle mit den Ausschußanträgen noch einverstanden, aber sich entschieden gegen jede weitere Reduktion der Budgetposition zu erklären. -- Der Redakteur des Gradaus ist vor die nächste Schwurgerichts - sitzung wegen eines Artikels in Nr. 100 des ge - nannten Blattes verwiesen.

Speyer, 1. Juli. Dieser Tage verläßt uns Se. Durchlaucht Herr Fürst v. Thurn u. Taxis, nachdem er als Commandirender des pfälzischen Truppenkorps etwas über ein Jahr in unserer Mitte verweilt hat. Durch sein streng rechtliches, mit der größten Freundlichkeit und Humanität ge - paartes Auftreten, das er auch bis zum Schlusse seiner Mission bewahrte und bewies, erwarb er sich die Herzen aller Parteien der Pfalz, und wem Gelegenheit wurde, ihn und seine lieben An - gehörigen näher kennen zu lernen, den schmerzt wahrhaftig sein und der Seinigen Scheiden. -- Die Armen werden dies vorzüglich empfinden. -- Die Bürger der Kreishauptstadt hatten kaum ver - nommen, daß der Kriegszustand aufgehoben sei, als sie auch schon am nämlichen Abende, in be - deutender Zahl, dem würdigsten Machtträger Sr. Majestät einen solennen Fackelzug brachten. Wie der Gefeierte diese Anerkennung aufnahm, bewei - set die an ein Mitglied des Stadtrathes gerichtete Zuschrift, welche bereits eine Stelle in dem Frank - furter Journal gefunden hat. -- Die Mehrzahl der Bürger, hocherfreut über die Beseitigung des, wenn auch kaum fühlbaren Ausnahmezustandes, erfreut namentlich deßhalb, weil sie darin das wiedergekehrte Vertrauen ihres Königes zu den Bewohnern der Pfalz erblickte, beschloß, als Be - weis wie sie dies erkenne, sowohl dem Herrn Fürsten wie dem Herrn Regierungs = Präsidenten ein Festessen zu geben, und es zeichnete eine be - deutende Anzahl der achtbarsten Bürger. Die Königl. Beamten und Herren Offiziere betheilig - ten sich auf die an Sie ergangene freundliche Ein - ladung, und es kann mit Fug und Recht gesagt werden, daß in Speyer noch kein Mahl stattfand welches durch größere Herzlichkeit und Frohsinn gewürzet worden wäre. -- Der erste Toast wurde vom Adjunkten der Stadt auf Se. Majestät den König in folgenden Worten ausgebracht: Meine Herren! Seine Königliche Majestät, unser Aller - gnädigster König und Herr, Maximilian II. Er lebe hoch! Den zweiten brachte ein Bür - ger dem Fürsten wie folgt: Meine Herren! Seine Durchlaucht der Hr. Fürst von Thurn und Taxis!

Was er beim Eintritt in die Pfalz versprochen,Wie Er's begonnen,So hat Er's gehalten,So zu Ende geführt! Gerecht und milde,Streng und human! Ein Mann der That, der Pflicht! Ein Mann der Treue, der Liebe! Möge Er uns nicht vergessen, wie Er fort undfort leben wird im Herzen der Pfalz! Er lebe hoch!

Die Erwiderung des Fürsten war etwa fol - gende: Sie haben mich durch ihre gütige Einla - dung sehr erfreut, daß Sie mir hiedurch Gele - genheit verschafften, mich nochmals öffentlich aus - sprechen zu können. Die alten Römer schlossen den Friedenstempel, wenn der Krieg begann; wir machen es umgekehrt: wir schließen den Kriegszu - stand, indem wir den Frieden eröffnen mit diesem Freudenmahle. Jndem er nun noch in schönen Worten auf die begünstigte Stellung der Pfalz und ihrer Bewohner, sowie auf die Vorzüge ih - rer eigenthümlichen Gesetzgebung hinwies, schloß er mit einem begeisterten Hoch auf die schöne grüne Pfalz. Hierauf richtete ein Bürger fol - gende Worte an den Regierungs = Präsidenten: Meine Herren! Der Herr Regierungs = Präsident von Hohe!

Gesetz und Recht! Damit hat er die Pfalz betreten! Damit wird er unter uns heimisch werden! Dafür bürgt der Ruf, der ihm vorausgegangen!

Möge er sich bald überzeugen, daß die Aner - kennung der Bürger von Speyer ihm schon wurde, und daß die überwiegende Mehrheit der Pfälzer Hand in Hand mit ihm gehen wird!

Jn Gesetz und Recht! Er lebe hoch!

und es entgegnete Dieser:

Gesetz und Recht haben Sie mir zugerufen.

Wohl meine Herren, Gesetz und Recht sei fortan unser Wahlspruch; aus ihm erblühe die Freiheit! Wohlverstanden, die wahre Freiheit, nicht die Freiheit des Raubgesindels, die Felder und Fluren vernichtet, sondern die Freiheit, die Jhren Wohlstand fördert, die Freiheit und Ge - setzmäßigkeit, deren Panierträger unser allergnä - digster Monarch ist, der will, daß die Pfalz glück - lich sei, daß Erwerb und Gewerbe blühen und gedeihen. Meine Herren! Gewohnt, mich stets auszusprechen, wie ich's eben denk 'und fühle, kann ich Jhnen nicht verhehlen, daß, ob ich gleich nicht bin ein Freund von Zweckessen und Osten - tationen, wie sie heutzutage üblich, mich Jhre Einladung angenehm überrascht hat, weil ich da - rin den Ausdruck eines Gefühls erkannte, das ich hoch verehre, den Ausdruck des Dankes für die Gnade Sr. Maj. des Königs, die leuchtet wie die Sonne über Gute und Böse. Blicke ich um mich und sehe ich so viele tüchtige Männer in Einigkeit beisammen, so erfüllt sich mir das Herz mit frohen Hoffnungen, ja mit der Ueberzeugung, daß Sie an Qualität und Quantität stark genug sind, die Metropole dieser bayerischen Provinz, die Kreishauptstadt Speyer würdig zu vertreten, andern Städten der Pfalz in Wort und That würdig voranzuleuchten, wenn Sie nur immer ei - nig sind. Darum einig, meine Herren, und ver - trauen Sie mir, daß ich's ehrlich und gut mit Jhnen meine, und zum Zeichen dessen gestatten Sie mir, Jhnen einen Trinkspruch zu bringen nach meiner Weise, aber nicht in fremdem Brausewein, sondern in ächtem deutschen Landesgewächs:

(mit erhobenem Glase) Was ist dies für ein Wein? (nach Prüfung) Geistreich und fein! (nach wiederholter Prüfung) Feurig und mild, So ist des braven Pfälzers Bild; Gibt Muth und Kraft Dieser Rebensaft; Drum Pfälzer Wein, Muß dies sein! O schöne Pfalz, Gott erhalt's Treu und wahr, Jmmerdar Rein Wie ihr Wein Muß der Pfälzer Treue zum Haus Wittelsbach sein, Dann ist ihr Geschick Jmmer nur Glück!

Dem Pfalzgrafen, der Pfalz und den Pfälzern, insbesondere aber allen gutgesinnten Bürgern der kgl. Kreishauptstadt Speyer ein

dreimaliges Lebehoch!

Mancher Trinkspruch wurde noch ausgebracht, und je schlichter der Redner, eine desto freund - lichere Aufnahme fand er bei den Gefeierten. -- Auf die besagte Art entstand der Fackelzug, ent - stand und verlief das Festessen, und was anders von hirr aus dem Frankfurter Journal berichtet wurde, ist Unwahrheit und hat speziell der Arti - kel d. d. Speyer, 27. Juni, 2. Beilage zu Nr. 155 des Journals, gelinde gesagt, seinen Ent - stehungsgrund in gekränkter Eitelkeit und Gall - sucht. Eine Wahrheit enthält der Artikel: Die sogenannten Weißen und Farblosen suchten und suchen Versöhnung aller Parteien zum Wohle ih - rer Stadt und der gesammten Pfalz und halten sich, um dies zu erzielen, zunächst für verpflichtet, dem Kgl. Regierungs = Präsidenten und der ge - sammten Kgl. Regierung mit Vertrauen entgegen - zukommen, und werden sich, weder durch unzeiki - ges Wirthshausgeschrei, noch durch beißensollende Zeitungsartikel, von diesem ihrem Streben abhal - ten lassen.

Landau, 6. Juli. Heute Nacht ist es dem bekanntlich schon zum Tode verurtheilten Junker Fach gelungen, aus seinem Gefängniß in der Kaserne zu entfliehen. Als man ihm heute mor - gen das Frühstück bringen wollte, fand man die Stube geleert und das Gitter des Fensters durch -gefeilt. -- Diesen morgen ist Hr. Oberstlieute - nant v. Eisenhofer am Schlagflusse gestorben. -- Der General Frhr. v. Jeetze wurde von einer Militärkommission, welche sein Verhalten als Commandant der hiesigen Festung während des pfälzischen Aufstandes zu untersuchen hatte, ein - stimmig freigesprochen.

Aus Thüringen, 4. Juli. Großer Aerger ist unter unsern Demokraten über den Koburger Ab - geordneten Neubert, der wegen eines politischen Vergehens verurtheilt, den Herzog um Gnade an - gegangen; sie nennen dies eine gänzliche Lossa - gung von der Partei. -- Ein Anderer jener Par - tei, der Redakteur des im Jahre 1848 bestande - nen Freien deutschen Volksblattes, hat jetzt, wie das Koburger Tagblatt berichtet, der Mei - ninger Regierung das Anerbieten gemacht, gegen ein gewisses Honorar alle Personen anzugeben, welche zur Zeit seines Aufenthalts in Hildburg - hausen mit ihm in politischer Verbindung ge - standen.

Der Br. Ztg. wird aus Dresden von einem Vorfall berichtet, der sich unmittelbar vor der Auslieferung Bakunins an Oesterreich ereignet haben und theilweise als Erklärung derselben gel - ten soll: Als der in zwei Jnstanzen zum Tode verurtheilte und dann im Gnadenwege mit lebens - länglicher Zuchthausstrafe belegte k. Musikdirektor Röckel von dem Königstein nach Waldheim abge - führt worden war, machte er bei seiner Ankunft in Waldheim dem Direktor des Zuchthauses das Anerbieten, er wolle für den Fall, daß er ihn von der lästigen Arbeit des Wollekrämpelns be - freie, der Untersuchungsbehörde ein wichtiges Ge - heimniß mittheilen. Da der Direktor des Zucht - hauses es für angemessen hielt, von diesem Aner - bieten Gebrauch zu machen, so hat Hr. Röckel spezielle Aufschlüsse über einen Bakunin angehöri - gen Koffer mit Briefschaften und Papieren aller Art gegeben, welcher an einem bestimmten Orte in der Antonstadt = Dresden vergraben worden sei. Diese Angabe hat sich bewahrheitet und die Po - lizeibehörde hat bei einer in nächtlicher Weile veranstalteten Nachgrabung diesen Koffer wirklich aufgefunden. Ueber den Stand des von öster - reichischer Seite gegen Bakunin anhängig gemach - ten Prozesses erfährt man, daß derselbe allerdings für den czechischen Aufstand lebhaft thätig gewe - sen, indeß nicht so schwer gravirt zu sein scheine, als man nach den früheren Aussagen vieler Be - lastungszeugen, die ihn wahrscheinlich für einen unter allen Umständen verlorenen Mann gehalten und demnach alle Schuld auf ihn gewälzt haben, anzunehmen geneigt war. Sollte die österreichi - sche Behörde nicht in dem Falle sein, ein gleich hohes Strafmaß, wie das in Sachsen ausgespro - chene, gegen ihn zu erkennen, so hegt man keinen Zweifel, daß den bestehenden Verträgen gemäß eine Rücksendung des Verbrechers nach Sachsen, keinen - falls aber eine Auslieferung an Rußland statt - finden werde.

Hannover, 5. Juli. Jn der heutigen Sitzung der 2. Kammer stellte der Abgeordnete Lang II. folgende Jnterpellation in Betreff des dänischen Friedens: Seit 3 Tagen ist durch die öffentli - chen Blätter die Kunde von einem Frieden ver - breitet, den Preußen im Namen von Deutschland mit Dänemark abzuschließen sich für befugt gehal - ten hat, und welchem beizutreten die deutschen Regierungen aufgefordert sein sollen. Jch frage nicht, ob unsere Regierung von dem Jnhalte die - ses Friedensschlusses Kenntniß erhalten hat, denn es kann der Regierung nicht unbekannt sein, was in allen öffentlichen Blättern steht, daß nämlich, trotz den Bundesbeschlüssen Schleswig Preis ge - geben und auch die Beruhigung Holstein's, eines deutschen Landes, nach einigen Formalitäten dem Könige von Dänemark überlassen werden soll. Auch kann Deutschland das Urtheil über die frie - denstiftende preußische Regierung gern und mit Vertrauen dem Ehrgefühle des preußischen Volkes überlassen. An die Hrn. aus der Regierung, und zwar speziell an den Hrn. Vorstand des Mini - sterii des Jnnern erlaube ich mir aber eine Frage zu stellen: Hat die preußische Regierung unse -rer Regierung wirklich zugemuthet, einen solchen Frieden im Namen des Königreichs Hannover, im Namen unseres im ganzen Vaterlande hochgeach - teten Königs zu genehmigen? Sollte die Frage bejaht werden, dann bedarf es für mich keiner weiteren Frage, denn ich bezweifle keinen Augen - blick, daß das Land, dessen Kräfte ich weder über - schätze noch zu gering schätze, mit Vertrauen seine Ehre in die Hand der Regierung legen kann, die es sicher keinen Augenblick verkennen wird, daß Hannover bei dem zu fassenden Entschlusse an den Marken des Ruhmes oder der tiefsten Erniedri - gung steht. -- Stüve erklärt hierauf, daß bis zu diesem Augenblicke noch keine offizielle Mitthei - lung eingelaufen sei, worauf sich Lang vorbehielt, auf diesen Gegenstand später wieder zurückzu - kommen.

Wien, 3. Juli. Die Ostdeutsche Post ent - hält in ihrer Numer vom 2. d. eine Korrespon - denz, wonach die Gendarmerie bei dem Landvolke verhaßt sein soll, wobei als Beweis angeführt wird, daß so eben zwei Gendarmen ermordet ge - funden, und die Thäter bereits eingezogen worden seien. Auf telegraphische Anfrage hierüber langte auf demselben Wege so eben die Nachricht ein, daß jene Nachricht über den Todtschlag zweier Gendarmen in der Umgebung von Grätz sich als eine Lüge darstellt. Uebrigens ist ebenso unrich - tig, wie das Factum, auch die Notitz über die hierorts wohlbekannte Stimmung des Landvolks. Ueberall wird die Gendarmerie, welche Straßen und Gehöfte vor Vagabunden und bedenklichen Personen bewahrt, und eine bisher nicht gekannte Sicherheit der Personen und des Eigenthums herausstellt, gerade von dem Landvolk als eine wahre Wohlthat anerkannt.

Aus österreichisch Schlesien, Ende Juni. Der Fürstbischof von Breslau, Melchior v. Die - peubrock wird in dem zu seinem Sprengel gehö - rigen österreichischen Antheile des Fürstenthums Neiße die Firmelung vornehmen. Da dieser kirch - liche Actus hier schon seit undenklichen Zeiten von keinem Bischofe selbst ausgeübt wurde, so soll derselbe mit ungewöhnlicher Pracht gefeiert werden. Meilenweit wird sich die Geistlichkeit an der Spitze von Processionen mit fliegenden Fah - nen nach dem hoch im Wald gelegenen Wall - fahrtsort Mariahilf in Bewegung setzen, wo das Sacrament gespendet werden soll. Auch von Seite der Regierung wird der Kirchenfürst mit einer besondern Aufmerksamkeit empfangen werden; der Statthalter wird ihn persönlich an der Grenze begrüßen. Nach beendigter Feier geht Herr v. Diepenbrock nach seinem herrlichen Sommersitze Schloß Johannisberg.

Wir entnehmen aus einem Korrespondenz = Ar - tikel des Lloyd, Berlin, 2. Juli, folgende Mit - theilung: Die von dem k. k. Kabinet in Wien gemachten Vorschläge sind in diesem Augenblicke fast ausschließlich der Gegenstand aller Berathun - gen. Wenn in ihnen auch der Antrag einer au - genblicklichen Suspension der Union liegt, so ist eine solche, insoweit sie sich auf die Geschäfte in den äusseren Angelegenheiten derselben bezieht, be - reits von selbst eingetreten; in den innern Ange - legenheiten aber ist überall der provisor. Zustand unumwunden ausgesprochen worden, da man bei jeder Gelegenheit unwillkürlich auf die von vorn an anerkannte Thatsache zurückkommt, daß sich die Geschicke Deutschlands durchaus nicht definitiv, ohne eine Vereinigung der beiden Großmächte, gestalten lassen. Unter solchen Umständen bezwei - felt man hier, besonders in den diplomatischen Kreisen, es durchaus nicht, daß die erwähnten Propositionen des österr. Kabinets -- wenn auch mit gewissen Verwahrungen -- angenommen wer - den dürften, ja ein Theil derselben dürfte bereits nach der gestern hier in Berlin stattgefundenen Ministerial = Conferenz schon angenommen sein. Hr. v. Radowitz soll in Folge der näheren Rück - sprache mit dem König vollständig das Seinige dazu beigetragen haben, die Berathungen in den richtigen Weg wieder einzulenken. Jn jenen Vor - schlägen der österr. Regierung liegt übrigens auch eine vollständige Entfernung jener Punkte desStreites über die Frankfurter Versammlung und die Präsidial = Angelegenheit, welche hier von den Leuten, die einen Akt des Patriotismus in der Opposition gegen Oesterreich erblicken, sehr san - guinisch als ein Casus belli verkündet wurden, obgleich die Besonnenen die Sache niemals von einer so ernsten Sache betrachtet haben.

Breslau, 4. Juli. Auf das Verlangen eines Studenten jüdischer Konfession, zum Examen für das juristische Doktorat zugelassen zu werden, wandte sich die betreffende Fakultät mit der An - frage an das Kultusministerium, ob sie diesem Verlangen nachkommen dürfe. Sie erhielt die Antwort, daß nach der Verfassung allerdings die staatsrechtliche Gleichstellung aller Konfessionen hergestellt sei, daß in diesem Falle es aber darauf ankomme, ob es mit den Statuten der Universität vereinbar sei, einen Juden zum Doktor zu pro - moviren. Jn der darauf von der Juristenfakul - tät gehaltenen Berathung stimmte nur Professor Wilda unbedingt dafür, die HH. Abegg und Gaupp nur insoweit, als ein Jude Dr. juris civilis, nicht aber utriusque werden könnte; die HH. Gitzler (eifrig katholisch) und Huschke (alt - lutherisch) fanden die Ertheilung der juristischen Doktorwürde an einen Nichtchristen an und für sich mit den Grundlagen des Staats und der Universität für unvereinbar, welche Ansicht als das Resultat der Berathung die Oberhand ge - wann.

England.

Einer Correspondenz der Jndependance belge aus London vom 3. Juli entheben wir über den Tod Sir Robert Peels Folgendes: Sir Rob. Peel starb gestern Abend um 11 Uhr 9 Minuten; die den Tag über ausgebenen Bulletins bereite - ten das Publikum auf dies betrübende Ereigniß vor. Eine große Volksmenge drängte sich um die Wohnung des Sterbenden und vermehrte sich fortwährend; ein Constabler war aufgestellt, um die Erkundigungen der Menge zu beantworten, da die Annäherung an das Gebäude untersagt war; nur Familienmitgliedern war der Eintritt in das Haus gestattet. Um6 1 / 2 Uhr Abends wurde folgendes Bulletin bekannt gemacht: Sir Robert Peel ist sehr erschöpft und seine Lage weniger günstig als am Morgen. Es wurde endlich nur noch der Bischof von Gibraltar ein - gelassen, welchen Sir Robert Peel verlangt hatte, um die Sterbsacramente aus seinen Händen zu empfangen. Der Bischof kam gegen 8 Uhr Abends, und blieb ungefähr eine Stunde. Gegen 9 Uhr wurde die ganze Familie eingeführt, um Abschied zu nehmen. Lady Peel war so ange - griffen, daß man es nicht für gut hielt, sie von der Wahrheit zu unterrichten. Der durch innige Freundschaft mit Sir Robert Peel verbun - dene Vicomte Hardinge verließ ihn keinen Augen - blick. Sir James Graham, sein politischer Freund, wurde ebenfalls gerufen, und hatte noch eine letzte lange Unterredung mit dem Sterbenden, welcher bis wenige Augenblicke vor seinem Tode im vollen Gebrauch seiner Sinne blieb. Einige Minuten vor 10 Uhr schnitt das folgende Bulletin alle Höffnung ab: Der Zustand Sir Robert Peels hat sich seit 7 Uhr sehr rasch verschlimmert. Um 11 Uhr 9 Minuten hauchte der große Staats - mann, in Gegenwart der meisten Mitglieder sei - ner Familie, von welchen er in der rührendsten Weise Abschied genommen, seine Seele aus. Er starb in dem Speisesaal seines Hauses, in welchen er nach seinem unglücklichen Fall gebracht worden war. Die Nachricht von diesem traurigen Er - eigniß wurde sogleich durch einen Eilboten nach dem Buckinghampalast und durch den Telegraphen den in der Provinz wohnenden Mitgliedern der Familie des Verstorbenen mitgetheilt.

Belgien.

Brüssel, 30. Juni. Die Debatte über den mittlern Unterricht, verbunden mit dem Ausgang der letzten Wahlen und der bekannten Stelle in der päpstlichen Allocution, mußte nothwendig ei - nen Conflikt der Parteien hervorrufen, wie er seitlanger Zeit nicht vorgekommen war. Wichtig ist daher ein Brief aus Rom, dem das Pariser Univers seine Spalten geöffnet hat. Der Corre - spondent legt darin dem beligischen Kabinet, dessen Haupttendenz die Vernichtung des Katholicismus sei, mehrere weitaussehende Plane unter, wovon die Säcularisation des Unterrichts und der öffent - lichen Mildthätigkeit nur die Vorläufer seien. Als Gegenstände dieser Bestrebungen werden ge - nannt: 1) die Einmischung der Regierung in der Eintheilung der Diocesen; 2) die Aufhebung des Brügger Bisthums als eines unrechtlich consticuir - ten; 3) Ausdehnung des bürgerlichen Einflusses auf die Bildung der Domcapitel und die Verwaltung des Seminarienfonds; 4) die Unwiderruflichkeit der niedern Geistlichkeit; 5) indirekte Betheiligung der Regierung an der Ernennung der Bischöfe. Zwar, sagt der Briefsteller, seien hierüber noch keine förmlichen Vorschläge gemacht worden, indeß habe Minister d'Hoffschmidt den Boden untersuchen lassen. Es war Zeit , schließt der Brief, daß Pius IX. die Katholiken über die Gefahren der Religion in diesem Lande aufklarte; Gefahren, die sich in ihrem vollen Lichte nur denen haben erschließen können, die mit dem System, welches das belgische Ministerium ins Werk zu setzen ge - sonnen ist, genauere Bekanntschaft gemacht haben.

Neuestes.

* Würzburg, 8. Juli. (Kiliansfeier. ) Schon am Sonntag Abend, als am östlichen Himmel ein drohendes Gewitter hinzog, waren Besorgnisse laut geworden, die auf heute beabsichtigte solenne Pro - zession möchte durch die Witterung eine Störung erfahren. Da nun heute Morgen wirklich Regen - wetter eintrat, so war das Bedauern, die Feier - lichkeit dadurch gehindert zu sehen, allgemein. Gleichwohl zog die Prozession um8 1 / 2 Uhr aus dem Portale des Doms, und nicht anders, als ob der Himmel selbst der schönen Feier seine Weihe sichtbar aufdrücken wollte, zerstreuten sich plötzlich die Wolken, das Firmament klärte in seinem azur - nen Blau freundlich sich auf, und das Gewitter und der vorausgegangene Regen hatten nur dazu gedient, die drückende Hitze, die gestern geherrscht hatte, zu kühlen und den Staub zu löschen, der von der zusammengeströmten ungeheuern Menschen - masse nothwendig hätte aufgeregt werden müssen. Die Prozession, feierlich und in schönster Ordnung sich hinziehend, begab sich zunächst in die Kilians - gruft in der Neumünsterkirche, wo nach Absingung eines Hymnus der h. Segen ertheilt wurde. Von da bewegte sich der unabsehbare Zug die Straßen entlang, wie wir sie bereits in unserem Blatte vom letzten Samstag bezeichnet haben. Eröffnet war derselbe von der männlichen Schuljugend des Doms, welcher die Schulseminaristen mit ihrem Musikchor folgten. An diese schloßen sich die ver - schiedenen geistlichen Bündnisse, ihre geistl. Vor - stände an der Spitze, mit ihren Fahnen und Aus - zeichnungen an. An sie reihte der Regular = Cle - rus, das Alumnat und die Säculargeistlichkeit sich an. Nun folgte der Baldachin mit den drei - sten, die drei h. Häupter enthaltend und getragen von vier Alumnen im Levitenkleide. Unmittelbar darnach schritt das hohe Domkapitel und nun kam unter dem gewöhnlichen Traghimmel, geleitet von einer Abtheilung der Landwehr, das Allerheiligste, getragen von dem hochw. Hrn. Bischof. Unter dem hierauf nachziehenden, fast endlosen Gefolge von Andächtigen beiderlei Geschlechts verdient vor - züglich die lange Reihe von weißgekleideten Jung - frauen noch Erwähnung, die, geschmückt mit Myr - thenkränzen und weiße Lilien in den Händen tra - gend, ein von vier ihrer Gefährtinnen getragenes Marienbild, das erhabene Symbol jungfräulicher Reinigkeit, geleiteten. Alle Straßen, durch welche die Prozession sich bewegte, waren dicht gedrängt von Menschenmassen, durch die jene sich öfter nur mit Mühe durchwand. Die weiten Räume der Cathedrale faßte die Menge der Andächtigen lange nicht, die sich herbeigedrängt hatten, dem Pontifi -cal = Amte beizuwohnen. Am Schlusse desselben er - theilte der hochw. Bischof den Anwesenden ver - möge eigener, vom apostol. Stuhle ihm verliehe - nen Vollmacht, wie alljährlich an diesem Feste, den päbstl. Segen. Jn dem Augenblicke, wo wir dieses niederschreiben, ziehen viele Landgemeinden mit Musik und unter Absingung geistlicher Lieder wieder ihrer Heimath zu; Tausende aber wogen noch im Dome aus und ein, um das Heiligthum in nahen Augenschein zu nehmen, das daselbst acht Tage lang der Beschauung ausgesetzt sein wird.

Frankfurt, 8. Juli. Nach einem uns vor - liegenden Schreiben aus Mannheim vom gestrigen Datum soll es nun keinem Zweifel mehr unter - liegen, daß die badischen Truppen nicht aus - marschiren. Das Großherzogs königl. Hoh. habe sich selbst gegen die Verlegung entschieden, das Ministerium hierauf seine Entlassung gefordert, dieselbe sei aber bis jetzt noch nicht angenom - men. Uebrigens spreche man bereits in gewissen Kreisen von einem Ministerium Blittersdorf.

Heidelberg, 6. Juli. Dem geheimen Rathe und Professor Dr. Chelius u. dessen Sohne, dem praktischen Arzte Dr. Chelius, ist von dem Groß - herzoge von Hessen der Ludwigs = Orden verliehen worden, und zwar ersterem das Commandeurkreuz zweiter Klasse, letzterem das Ritterkreuz erster Klasse. -- Dem vormaligen Privatdocenten Dr. Friedländer ist seine Bitte, nach Amerika auswan - dern zu dürfen, höchsten Ortes abgeschlagen und er bereits schon nach Bruchsal gebracht worden, um die ihm zuerkannte Strafe zu erstehen.

Die heutige Nummer der Nassauischen Allg. Zeitung veröffentlicht unter der Ueberschrift: Nassau und die Union einen Artikel, der nicht nur vortrefflich geschrieben ist, sondern in welchem sich auch eine höchst ehrenwerthe politische Gesin - nung ausspricht. Es wird darin unwiderleglich dargethan, daß, falls auch Nassau von der Union zurücktreten sollte, dies nur eine nothwendige Folge des Rücktritts der das Herzogthum umgebenden Staaten von der Union und des Verfahrens des preußischen Cabinets sei, welches der Art erscheine, daß in der bisher eingehaltenen Richtung wenig Aussicht für das Zustandekommen der Union vor - handen sei, weßhalb der Satz feststehe, nicht Nassau sei für die Union, sondern vielmehr die Union sei für Nassau verloren.

Kassel, 6. Juli. Die Sitzungen der Kasseler Generalzollkonferenz haben heute am 6. Juli be - gonnen. Dieselben sind im Staatsministerialge - bäude. Die betreffenden Vereinsstaaten werden wie folgt vertreten: 1) Preußen: Geh. Regie - rungsrath Delbrück. 2) Bayern: Oberzollrath〈…〉〈…〉 Meirner. 3) Württemberg: Oberzollinspektor Her - zog. 4) Sachsen: Zoll = und Steuerdirektor von Zahn. 5) Baden: Ministerialrath Hauk. 6) Kur - hessen: Geh. Oberfinanzrath Duysing. (Mit der Protokollführung bei der Generalkonferenz beauf - tragt: Oberfinanzassessor v. Wille. ) 7) Großher - zogthum Hessen: Geh. Oberfinanzrath Biersack. 8) Die Staaten des thüringischen Zoll = u. Han - delsvereins: großh. sächs. Geh. Staatsrath Thon. 9) Braunschweig: Finanzdirektor v. Thielau. 10) Nassau: Obersteuerrath Scholz. 11) Die freie Stadt Frankfurt: Senator Cöster. Außerdem wohnt noch der bei der Oberzolldirektion dahier accreditirte Zollvereinsbevollmächtigte, kgl. preuß. Geh. Regierungsrath Burdach, den Sitzungen bei. Den Vorsitz bei den Versammlungen und die Lei - tung des Geschäftsgangs führt der genannte kur - hessische Bevollmächtigte.

Wien, 5. Juli. Wir vernehmen, daß alle flüchtig gewordenen und nicht sehr compromittir - ten Ungarn, welche sich gegenwärtig im Auslande befinden, Pässe zur Heimkehr erhalten, wenn die - selben darum nachsuchen.

Berlin, 6. Juli. Durch den Abschluß des Friedens mit Dänemark hat unsere Regierung nicht allein mit der Demokratie gebrochen, auch die Männer der sogenannten deutschen Partei ,die Gothaer, fangen an ihr untreu zu werden, ja offnen Krieg zu erklären.

T. D. Berlin, 6. Juli. Das den Friedens - Vertrag begleitende Protokoll, durch welches die bisherige Waffenstillstands = Convention aufgehoben wird, ist bereits von Preußen und Dänemark ra - tifizirt. -- Jn fünf Tagen beginnen die Preu - ßen ihren Abmarsch aus den Herzogthümern. Zu - folge eingelaufener Nachrichten von dort rücken alsbald die schleswig = holsteinischen Truppen in Schleswig ein.

London, 5. Juli. Lady Peel ist gefähr - lich krank. -- Der berühmte Diamant Kohi Noor ist vom Präsidenten und Vizepräsidenten der ostindischen Kompagnie der Königin Victoria überreicht worden.

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

Mittelpreise hiesiger Schranne vom 6. Juli.

Weizen 12 fl. 21 kr. Korn 7 fl. 16 kr. Gerste -- fl. -- kr. Haber 4 fl. 32 kr.

Kassel, 1. Juli. Bei der heute hier stattge - habten 10. Gewinnziehung der kurhessischen Rthlr. 40 Loose sind auf nachstehende Nummern die bei - gesetzten Hauptpreise gefallen: Nr. 141,318 Rthlr. 32,000; Nr. 83,674 Rthlr. 8000; Nr. 186,147 Rthlr. 4000; 150,425 Rthlr. 2000; Nr. 132,338 und 150,002 jede Rthlr. 1500; Nr. 113,102, 132,008, 150,009 u. 21,948 jede Rthlr. 1000; Nr. 132,023, 141,315, 141,317 und 150,018 jede Rthlr. 400.

Handels = Berichte.

Mainz, 5. Juli. Mit Getraide blieb es im Laufe dieser Woche und an heutigem Markte im Großhandel bei schwachem Geschäfte unverändert, dagegen wurden in der Halle wegen schwacher Zufuhr etwas bessere Preise bewillige; effectiver Nass. Rothweizen fl. 8 1 / 3; effect. Roggen fl. 5 1 / 8; Gerste effectiv. fl. 5 1 / 4 per nettto 100 Kilig. Rüböl wird auf Rthlr. 37 1 / 2 per 280 Pfd. l. G. gehalten. Mit dem Schneiden des Repses wird man dieser Tage allgemein beginnen und steht bei der günstigen Witterung eine gute und trockene Qualität zu erwarten. -- Möhnöl geht immer mehr im Preise zurück und wird à fl. 24 1 / 2 per 50 Kil. vielfach angeboten. -- Von Leinöl erhielten wir in der letzten Zeit mehrere Zufuhren, welche à Rthlr. 40 1 / 4 -- 1 / 2 per 280 Pfd. l. G. m. F. verkauft werden.

Frankfurter Cours. Den 8. Juli 1850.
Geld.Papier.
Oesterreich Bankaktien ......11261131
5% Metallique ....79 5 / 879 7 / 8
4%....61 1 / 262
3%....46 3 / 447 1 / 4
2 1 / 2 %....43 1 / 243 3 / 4
4 1 / 2 % Vethmann...76 1 / 876 5 / 8
4%...66 3 / 4--
fl. 250 Loose v. J. 1839.93 1 / 294
5001834.148 1 / 4148 3 / 4
Preußen3 1 / 2 % St. Schuld Scheine.86 3 / 887 1 / 4
Tthl. 50 Prämien Scheine.103--
Bayern3 1 / 2 % Obligationen...8383 1 / 2
4%....88 1 / 289
5%....100 5 / 8101 1 / 8
Württemberg3 1 / 4 % ....8484 1 / 2
4 1 / 2....97 1 / 497 3 / 4
Baden3 1 / 2 %....81 1 / 881 5 / 8
fl. 35 Loose......31 3 / 432
50......53 1 / 254
Nassau fl. 25 ......24 7 / 825 1 / 8
Hessen Darmst. fl. 50 Loose...74 1 / 874 5 / 8
25...27 3 / 827 5 / 8
Polen fl. 300...132--
Sardinien Fcs. 36 ...32 3 / 433 1 / 4

Druck von Joseph Steib in Würzburg.

About this transcription

TextDie Bayerische Presse
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Extent4 images; 6156 tokens; 2579 types; 43680 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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