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Die Bayerische Presse.
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Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533.

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Nr. 174.
Würzburg Montag den 22. Juli. 1850.

Landtagsverhandlungen.

München, 18. Juli. (Fortsetzung der CLVI. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) Am Ministertische: v. Kleinschrod und mehrere Ministerialräthe. Der 2. Präsident eröffnet um 5 1 / 2 Uhr die Sitzung und geht sogleich zur Be - rathung der Rückäußerung der Kammer der Reichs - räthe über den Gesetzesentwurf, die Gerichtsorga - nisation betr., über. Von den noch obwaltenden 5 Differenzen werden durch heutigen Kammerbe - schluß 4 beseitigt und die 5. in eine neue Fassung gebracht. Der Präsident ersucht sodann die Kam - mermitglieder, die aus dem Archiv in den Hän - den derselben besindlichen Bücher und Akten -- da die Thätigkeit des Landtags doch ihrem nächsten Ende entgegengehe -- nach ihrem Bestimmungs - Ort zurückzuführen. Hierauf schließt derselbe die Sitzung um6 1 / 4 Uhr.

München, 19. Juli. (CLVII. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) Der Minister - tisch unbesetzt. Der erste Präsident eröffnet um 10 1 / 2 Uhr die Sitzung. Nach Bekanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls und nach Verlesung der Gesammtbeschlüsse a) über den Gesetzesentwurf: die Maxima der Kreisumlagen betr. ; b) über die Rechnungsergebnisse der Verwaltung der Aerarial - Bergwerke in der Pfalz pro 18 45 / 47 betreffend; c) über die Zolltarifbestimmungen ec., dann die Postulate bezüglich der Zollverhältnisse in der Zu - kunft betr. ; d) über die zwischen dem deutschen Zoll = und Handelsverein und andern Staaten ab - geschlossenen Staatsverträge erstattet Rebenack, als Referent im 2. Ausschusse, Vortrag über die Gesuche um Aufbesserung der dienstlichen Verhält - nisse des Unteraufschläger = Personals, welche nach Beschluß der Kammer dem Ministerium überwie - sen werden. Die Kammer der Reichsräthe blieb gestern auf ihrem Beschlusse, die im Budget ste - henden Ansätze, das Militär betr., stehen. Der Ausschuß schlägt daher vor: 1) auf eine Erhö - hung nicht einzugehen; 2) weil in der höheren Summe die niedere ohnehin enthalten sei, Ge - sammtbeschluß über die niedere Summe bestehen zu lassen; 3) eine feierliche Verwahrung gegen eine Uebertretung der Etatsansätze nach den Be - stimmungen der Verfassung als Verletzung dersel - ben einzulegen. Diesen Beschlüssen trat die Kam - mer bei und zwar dem ersten mit Allen gegen Eine Stimme (Laussaulx), dem zweiten und drit - ten einstimmig. Es wird nun der Gesammt - beschluß sofort verlesen. -- Ueber den Högg'schen Antrag wird die letzte Rückäußerung der Kammer der Reichsräthe berathen und dem Antrag dersel - ben zugestimmt. -- Zum ständischen Schulden - tilgungs = Commissär wurde der Abg. v. Steins - dorf, 2r Bürgermeister von München, gewählt. Zu seinem Ersatzmann bestimmte die Kammer den Abg. Sedlmayr, Bierbrauer von München. Der Präsident schließt hierauf um11 1 / 2 Uhr die Sitzung und beraumt die letzte dieses Landtags auf morgen 12 Uhr an.

München, 20. Juli. (CLVIII. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) Die Gallerien sind gedrängt voll. Am Ministertische: Staats - minister v. d. Pfordten, v. Ringelmann, v. Aschen - brenner und mehrere Ministerialräthe. -- Der I. Präsident eröffnet nach 12 Uhr die Sitzung. NachVerlesung des letzten Sitzungsprotokolls und meh - rerer Gesammtbeschlüsse und nach einem kurzen Vortrage des Petitionsausschuß = Sekret. spricht Fürst v. Wallerstein in einer kurzen Anrede die Sym - pathie seiner Freunde für Schleswig aus; hierauf dankt Thinnes als Alterspräsident dem Präsi - dium für seinen rastlosen Eifer, seine Unpartei - lichkeit, seine große Umsicht bei Leitung der oft schwierigen, oft langweiligen Debatte. -- Zur Bestätigung dieses erheben sich sämmtliche Ab - geordnete. -- Hegnenberg = Dux spricht seinen feierlichsten Dank hiefür aus und belobt in einem ausgezeichneten Vortrage die Bereitwilligkeit der Kammer, das konstitutionellste aller Ministerien in seinem Wirken zu unterstützen. -- Nach weni - gen Tagen werden sich für diese Kammer die Thü - ren dieses Hauses schließen. -- Der Dank für die Lösung der großen Aufgabe dieses Landtages aber bleibe den Mitbürgern, der Zukunft vorbe - halten. Keinen Dank ernte die Kammer von sol - chen, die jeden Fortschritt in der Revolution su - chen, und von solchen, denen jeder Fortschritt Revolution sei. Denn jenen sei die Kammer zu wenig, diesen zu viel vorwärts geschritten. -- Nachdem der Präsident sich über die Schwierigkeit, über die Größe, über die Undankbarkeit der Auf - gabe dieses Landtages verbreitet hatte, wirft der - selbe einen Rückblick auf die Lage Deutschlands und gibt sich der festen Ueberzeugung hin, daß für das deutsche Vaterland noch nicht die letzte Stunde geschlagen. -- Den besten Beweis der Kräftigung Deutschlands gebe Schleswig das sich mit Macht erhebe und nicht nur seine -- nein! des deutschen Vaterlandes Ehre schirme und sich dafür in die Schanze werfe. -- Auf die Auf - forderung des Präsidenten zum Beweise der Theilnahme an Schleswig erheben sich alle Mitglieder der Kammer mit Aus - nahme von Döllinger und v. Hermann. Den Schluß der Anrede bildet ein Hoch dem - nig Max II., in welches sämmtliche Mitglieder der Kammer stürmisch einfallen. Worauf der Prä - sident um 1 Uhr die Sitzung schließt. -- Die Kammer der Reichsräthe wählte den Graf Rei - gersberg zum ständischen Schuldentilgungskom - missar und v. Niethammer zu dessen Ersatzmann.

Deutschland.

München, 14. Juli. Der Kriegsminister hat die Offiziere, welche nach Schleswig = Holstein wol - len, mit ihren Urlaubsgesuchen direkt an den - nig verwiesen.

München, 19. Juli. Das Kriegsministerium hat die Weisung an alle Garnisonen erlassen, Aus - weise einzusenden, wie viel Mannschaft täglich in Dienst gegeben wird. Man vermuthet deßhalb, daß auch bei der Jnfanterie, die immer noch ei - nen Präsentstand von 50 Mann per Compagnie hält, eine Reduction desselben durch Beurlaubung eintreten wird. -- Morgen Vormittag wird dem charakterisirten Generalmajor und Vorstand des Armeemontur = Depots, Hrn. K. Bedall, vor versammelter Parade das Ritterkreuz des St. Mi - chaelordens feierlich angehängt.

Schleswig = holsteinische Ange - legenheiten.

Rendsburg, 16. Juli. Von dem hiesigen Gou - vernement ist heute eine Bekanntmachung erschie - nen, wonach Rendsburg in Belagerungszustand versetzt ist.

Schleswig, 16. Juli. Hier ist folgende Be - kanntmachung erschienen: Jn Gemäßheit Auftrags der Statthalterschaft der Herzogthümer Schleswig - Holstein hat die schleswig = holsteinische Re - gierung am heutigen Tage ihren ordnungsmäßi - gen Sitz auf dem Schlosse Gottorff wieder ein - genommen, welches hierdurch zur öffentlichen Kunde gebracht wird. Gottorff, den 16. Juli 1850. Schleswig = Holsteinische Regierung.

Kiel, 17. Juli. Das Finanz = Departement hat nachfolgende Bekanntmachung erlassen: Von mehreren Seiten sind dem Finanz = Departement Geldsendungen für die Staatscasse zugegangen, theils als freiwillige Gabe, theils als frei - williges unverzinsliches Darlehn. Bei Einsend - ung einer Summe von 6000 Mark ist hinzuge - fügt: das feste Auftreten der Statthalterschaft u. Regierung habe das Vertrauen gehoben, mache es aber auch allen Patrioten zur Pflicht, zusam - menzuhalten und nach Kräften das Jhrige zur Unterstützung der Regierung zu leisten. Das Finanz = Departement hat den patriotischen Einsen - dern hierdurch öffentlich danken wollen.

Kiel, 18. Juli. Gestern ist hier folgendes Rundschreiben an sämmtliche Behörden an den Küsten und Häfen der Herzogthümer Schleswig - Holstein erschienen: Amtlicher Anzeige zufolge sind am gestrigen Tage mehrere schleswig = holsteinische Schiffe von den vor dem Kieler Hafen stationir - ten dänischen Kriegsschiffen angehalten und auf - bracht. Jn dieser Veranlassung werden zufolge Beschlusses der Statthalterschaft sämmtliche Be - hörden in den Herzogthümern beauftragt, die in den Häfen und an den Küsten der Herzogthümer sich befindenden dänischen Schiffe, und deren als dänisches Eigenthum sich ausweisende Ladun - gen sofort anzuhalten und an sichern Orten unter Beschlag zu legen. Jede derartige Anhalt - ung ist unverzüglich hierher zu berichten. Kiel, den 17. Juli 1850. Schleswig = Holsteinische Departements des Jnnern, der Finanzen und des Krieges. Boysen, Francke, Krohn, S. A. Ja - cobsen.

Kiel, 17. Juli. Jn der Nacht vom 15. und 16. sind dänische Matrosen, etwa 20 an der Zahl unter Anführung eines Lieutenants nach Hoyer eingedrungen und haben die Zollassistenten von Krogh und Jannssen weggeschleppt. Sie se - hen. das System des Menschenraubes beginnt von Neuem.

Kopenhagen, 17. Juli. Man hat hier jetzt Nachricht vom Ueberschreiten der schleswig - schen Grenze von beiden Seiten. Die - nen sind in Sundewitt und vom Norden einge - rückt, man meinte sogar (in den Neuesten Post - nachrichten ), daß die beiden Corps sich nicht vor Freitag werden vereinigt haben können und das Alsener also noch vorher mit Willisen's gesammter Stärke zu thun bekommen könne. -- Nach denletzten Nachrichten aus Flensburg lagen zwei dänische Kriegsfahrzeuge bei Holnis, die Befehl hatten, sich vor die Stadt zu legen, sofern es für die Einwohner von Nutzen sein könnte.

Schleswig, 17. Juli. Nachrichten zufolge, die gestern vom Norden anlangten, war ein - nisches Corps von 10,000 Mann im Anmarsch auf Flensburg, von Atzbüll her, ohne Zweifel zu dem Zwecke, die heute von den Schweden u. Nor - wegern zu verlassenden Positionen wieder einzuneh - men.

Schleswig, 17. Juli. Flensburg ist von der dänischen Armee besetzt, die in langsamen Tagemärschen von Jütland und Alsen vorgerückt ist. Damit die schleswig = holsteinische Armee ihr darin nicht zuvorkam, blieben die Schweden bis zur äußersten Frist, den 17., in Flensburg stehen, von wo sie sich wahrscheinlich zur Rückreise ein - geschifft haben. Ein dänischer Marineoffi - zier mit 10 Mann ist in Steinberg = Haf in An - geln am Lande gewesen, um sich Kunde über den diesseitigen Stand der Dinge zu verschaffen, zu - gleich auch, um einen Einwohner fortzuschleppen, der sich aber glücklicherweise schon nach Süden entfernt hatte.

Hamburg, 19. Juli, Nachmittags 3 Uhr. Jn Flensburg sind 2000 Dänen eingerückt. Vor - posten scharmutziren.

Altona, 18. Juli. Am 17. Juli, Morgens 5 1 / 2 Uhr, hat die dänische Marine, unter - stützt von 150 -- 200 Mann Landungstruppen, die schleswigsche Jnsel Fehmarn (von 2 Seiten) besetzt. Zwei Dampfschiffe mit acht Kanonenbö - ten sind dabei aktiv gewesen. Der Abg. der Lan - desversammlung, Hr. v. Leesen, hat sich und die Kasse mittelst eines Bootes gerettet. Ein däni - scher Marineoffizier hat die diesseitige Fähre von Fehmarnsunde mit 2 Dampfschiffen genommen, indeß versprochen, in erforderlichen Fällen die Ver - bindung mit dem Festlande eintreten lassen zu wollen. Die Zuverlässigkeit dieser Nachricht wird verbürgt.

Aus Angeln, 16. Juli, Abends. Heute sind die Schweden in Flensburg durch Norweger ab - gelöst; erstere werden sofort eingeschifft, letztere bleiben bis morgen, um von Dänen abgelöst zu werden; einem ziemlich sicheren Gerüchte zufolge sind die Dänen bis Gravenstein und Rinkenis vor - gegangen. -- Etwas später. Die Dänen schiff - ten von Brunsnis nach Holnis über, doch nur mit einem kleinen Dampfboote. Es scheint, daß es nur Jnfanterie ist.

Hamburg, 18. Juli. Auf zuverlässigem Wege erfahren wir, daß die an der Ostküste Holsteins stationirte russische Flotte keinen Mann Landungs - truppen an Bord hat und also die betreffende Nachricht der dänischen Blätter vollkommen unbe - gründet ist.

Altona, 18. Juli. Neben v. d. Tann ist jetzt auch dessen Waffengefährte, der rühmlichst bekannte Hauptmann Aldosser, hier eingetroffen. Mit dem heutigen Nachmittagszuge ward derselbe nach Rends - burg befördert. -- Die Armee leidet noch immer Mangel an Aerzten; die Kriegs = Medizinal = Behörde hat eine betreffende Aufforderung erlassen. (H. N.)

Cuxhafen, 18. Juli, Morgens halb 12 Uhr. Seit einer Stunde schon hört man von hier, bei N. O. = Wind, schweres Geschützfeuer, anscheinend aus nordwestlicher Richtung.

Hamburg, 18. Juli. Die heutigen Zeitun - gen enthalten den ersten Armeebericht des Ober - commandeurs, aus dem wir die folgenden über die Stellung der Truppen Aufschluß gebenden Sätze mittheilen: Die Armee concentrirte in den Tagen vom 13. u. 14. d. sich mit einer Brigade bei Kiel, mit dem Gros bei Rendsburg. Zunächst schien es nöthig, die seit Jahr und Tag entwaff - neten und verlassenen Werke zu Eckernförde wie - der zu besetzen. Zu dem Ende wurde der ganze dazu nöthige Artilleriepark am 13. d. früh von Rendsburg aus in Bewegung gesetzt. Zugleich rückte die Avantgarde der Brigade von Kiel am 13. d. bis Gettorff vor. Bei völliger Windstille wäre es den dänischen Schiffen. auch wenn sie ge -wollt hätten, nicht möglich gewesen, in das Jn - nere des Hafens zu kommen, um sich etwa vor die unbewaffneten Batterien zu legen und so ihre Armirung unmöglich zu machen, die nun unter diesen günstigen Umständen binnen 24 Stunden völlig vollendet wurde. Es ist durch diese Be - wegung zu gleicher Zeit die im innern Hafen lie - gende Fregatte Gefion vollständig gesichert. -- Am 14. d. M. ist die Avantgarde bis auf den halben Weg gegen Schleswig vorgeschoben, Eckern - förde vollständig besetzt, bei Missunde eine Brücke geschlagen und Spitzen nach allen Richtungen, nach Schwansen und Angeln vorgeschoben worden. Eckernförde wurde am 14. d., Morgens 6 Uhr, von den preußischen Truppen geräumt. Morgen am 15. d. wird die Armee ihre Bewegung nach Schleswig und Missunde hinaus fortsetzen und den starken Abschnitt von Jestädt und Wedel - spang mit ihren Spitzen erreichen.

Koblenz, 17. Juli. Am verflossenen Sonn - tag traf hier ein werthvolles Geschenk ein, welches die Königin Victoria dem Prinzen von Preußen bei dessen jüngster Anwesenheit in London gemacht. Es besteht in 2 schönen Vollblutpferden aus dem Lieblingsgespanne der Königin, welche in dem hie - sigen Marstalle des Prinzen untergebracht sind.

Dresden, 18. Juli. Wir entnehmen der Frei - müthigen Sachsen = Ztg. folgende Mittheilungen, die wie bekannt bei ihr sämmtlich aus guter Quelle fließen: Wie uns soeben aus guter Quelle mit - getheilt wird, sind gestern bei vielen unserer her - vorragendsten Demokraten die Papiere mit Be - schlag belegt worden. Jn der Expedition der Dresdner Ztg., bei Hrn. Woldemar Schmidt, bei Fräulein Scheibe, Präsidentin des demokratischen Frauenvereins, und bei einer demokratischen Dame in der Badergasse soll die Expedition recht frucht - bar ausgefallen sein. -- Jn Meißen war am 17. Juli ein Polizeibeamter von Dresden und nahm die sämmtlichen Papiere der Fräulein Luise Otto in Beschlag.

Dresden, 18. Juli. Die 2. Kammer hat heute Vormittag die erste Präliminarsitzung ge - halten und ihre vier Candidaten für die Stellen des Präsidenten und Vicepräsidenten aufgestellt. Gegen Abend wurde bekannt, daß Dr. Haase zum Präsidenten und v. Criegern zum Vicepräsi - denten der 2. Kammer, sowie der Bürgermeister Gottschald aus Plauen zum Vicepräsidenten der 1. Kammer Allerhöchsten Orts ernannt worden sind. An der neulich stattgehabten 1. Prälimi - narsitzurg der 1. Kammer hat auch S. k. H. der Prinz Johann Theil genommen.

Dresden, 19. Juli, Mittags 12. Uhr. Jn beiden Kammern hat heut die Vereidigung der Mitglieder und die Wahl der Sekretäre stattge - funden. Die Kammern sind demnach constituirt. Die Eröffnung des Landtags findet nächsten Mon - tag statt.

Wien, 16. Juli. Das Neuigkeits = Bureau sagt: Seit einigen Tagen hat sich das Gerücht verbreitet, F. = M. Radetzky habe in Folge der Dienstenthebung des F. = Z. = M. Haynau seine Pen - sionirung eingereicht. Wir sind in der Lage ver - sichern zu können, daß der F. = M. schon vor bei - läufig zwei Monaten Sr. Maj. dem Kaiser eine Eingabe überreichte, in welcher er mit Hinweisung auf sein hohes Alter bittet, den Commandostab in die Hände des Kaisers niederlegen zu dürfen, um die letzten Tage seines Lebens im Familienkreise seiner Tochter beschließen zu können. Ueber das Gesuch wurde noch nicht entschieden, so viel aber ist sicher, daß dasselbe mit der Enthebung Hay - nau 's nicht im entferntesten Zusammenhange steht.

Wien, 17. Juli. Es ist nicht ohne Bangen, daß wir dieser Tage unsere telegraphischen De - peschen eröffnen werden. Wir schwärmen nicht für Schleswig und Holstein, aber wir fühlen für die unglückliche Lage dieser Länder. Diejenigen, wel - che sich in der Zeit, da der Rausch an der Ta - gesordnung war, nicht übernommen haben, sind ihrer Nüchternheit wegen oft unpatriotisch, eigen - nützig, engherzig, genannt worden. Es war aberdas Schelten derjenigen, die sich ihres gesunden Menschenverstandes entäußert haben, oder die sich der großen Gesellschaft zu Liebe, mit der sie ver - kehrten, so anstellten, als hätten sie es gethan. Der Uebermuth ohne Muth, der Leichtsinn ohne Sinn, mit dem ein Theil des deutschen Volkes sich in eine Frage verrannte, die vor allen andern der kühlsten Ueberlegung, der ruhigsten Besonnen - heit, des vorsichtigsten, dann aber des kräftigsten, des festesten Einschreitens bedurfte, hat zu der unvermeidlichen Consequenz geführt -- zu einem schmählichen Rückzuge. Die Verantwortung für das Blut, welches, wenn der Kampf entbrennt, wohl fruchtlos wird vergossen werden, sie fällt zum großen Theile auf jene Maulhelden, die große Worte und sonst nichts für die Sache Schleswigs und Holsteins eingesetzt haben. -- Bei der jüngsten großen Debatte im englischen Oberhause verkündete der Marquis von Lans - downe, daß England in der schleswid = holsteinischen Frage Hand in Hand mit Rußland gehen werde. Es ist ebenso gewiß, daß Frankreich mit jenen beiden Großmächten einverstanden ist. Das Stre - ben der drei Mächte geht vornehmlich dahin, die Jntegrität Dänemarks zu erhalten, selbst wenn es auf Kosten der Herzogthümer geschehen müßte. Der Zufall mag es wollen, daß die Mächte ge - recht gegen die Herzogthümer sein werden, wir zweifeln aber daran, daß ihre vornehmste Absicht dahin geht, bloß nach strengem Rechte zu entschei - den. Preußen hat sich selbst in eine Stellung ge - bracht, in der es den Widerstand gegen diejenigen, welche den Herzogthümern vielleicht Unrecht thun wollen, nicht leiten kann. Oesterreich mit seinen deutschen Verbündeten ist aber in der Lage, sich der Sache der Herzogthümer mit der größten Aus - sicht auf Erfolg anzunehmen. Freilich nicht ein solcher Erfolg, wie ihn die deutsche Nationalver - sammlung anstrebte, als sie den Abgeordneten von Schleswig Sitze in ihrer Mitte einräumte, um mit ihren Stimmen die Majorität bei der vorgenom - menen Kaiserwahl möglich zu machen. Oesterreich kann keine Argumente brauchen, um Schleswig zu Deutschland herüberzuziehen, welche bloß um - gekehrt zu werden brauchen, um Holstein in - nemark zu incorporiren. Oesterreich kann nicht sagen, daß ein Land, blos weil in demselben die deutsche Sprache die herrschende ist, zu Deutsch - land gehören müsse. Solche Beweise, welche in dem Munde gewisser Frankfurter Parlamentsred - ner die Gallerien zu rauschendem Beifall enthu - siasmirt haben, wären nicht geziemend in dem Munde von Männern, die ihrem Lande und Eu - ropa gegenüber eine Stellung von hoher Verant - wortlichkeit einnehmen. Aber Oesterreich mit sei - nen deutschen Verbündeten kann, wenn auch nicht ungerechte Ansprüche für Deutschland geltend ma - chen, doch verhindern, daß irgend eine andere Macht Deutschland eine Ungerechtigkeit zufüge. Es kann sich jeder Entscheidung der drei Groß - mächte entgegenstellen, welche nicht mit seinen ei - genen Ansichten von Recht und Billigkeit überein - stimmen. Wir sind weit davon entfernt, zu wün - schen, daß Oesterreich die jetzige Stimmung des deutschen Volks benütze, um sich durch seine Be - strebungen für die Sache der Herzogthümer bei einer gewissen Klasse von Personen Popularität zu erwerben. Das traurige Beispiel steht uns vor Augen, wohin Anstrengungen führen können, welche aus solchen Motiven von einem Staat un - ternommen werden. Oesterreich speculire nicht auf den Beifall der Massen und suche keinem Rivalen durch seine Bemühungen in einer guten Sache den Rang abzulaufen. Wir erwarten nur von dem Ministerium Schwarzenberg, daß es den ganzen Einfluß dieses Landes in die Wagschale werfe, um unnützes Blutvergießen zu verhindern und um eine ehrenvolle, gerechte, wie den Jnteressen Deutsch - lands zusagende Beilegung des Zwistes zwischen Dänemark und den Herzogthümern herbeizuführen. Das wissen wir, daß Oesterreichs Vorgehen in der schleswig = holsteinischen Frage einen wichtigen Ausschlag geben muß. Tritt es auf die Seite der drei nichtdeutschen Großmächte, so wird ihr gemeinsamer Ausspruch zum Gesetz für Dänemark,für die Herzogthümer und für Europa. Verwei - gert es seine Zustimmung jeder andern, als einer gerechten Beilegung jenes Streites, so wird er nicht auf eine ungerechte Weise beendet werden. Daß dies Letztere der Fall sein wird, daran he - gen wir auch nicht den leisesten Zweifel.

Berlin, 14. Juli. Jn einem gestern aus Paris eingelaufenen Schreiben von einem dies - seitigen Diplomaten heißt es: Es wird hohe Zeit, daß sich die deutschen Regierungen unter einander vertragen und einigen, ehe der Zwiespalt von mächtigen Nachbarn nicht auf eine Weise ausgebeutet wird, die zu sehr ernsten Händeln Ver - anlassungen geben können, und die durch den au - genblicklichen Zwiespalt verzögerte Vereinigung Deutschlands in ungewisse und ungemessene Fernen hinausschieben könnten.

Berlin, 16. Juli. Hinsichtlich der Verkäufe von Staats = und Kirchengut im Fürstenthum Neuen - burg haben des Königs Majestät unter dem 13. d. M. das nachstehende Patent erlassen: Wir Friederich Wilhelm IV., von Gottes Gnaden - nig von Preußen, souveräner Fürst von Neuen - burg und Valendis ec. ec. Nachdem Wir davon unterrichtet worden, daß, ungeachtet der von Un - serem Minister der auswärtigen Angelegenheiten am 30. Mai d. J. erlassenen Bekanntmachung, im Fürstenthum Neuenburg zu unbefugter Ver - äußerung von fürstl. Domanial = und Kirchengut geschritten wird, bringen Wir durch dieses Patent Unseren neuenburgischen Unterthanen diejenigen Ver - wahrungen in Erinnerung, die seit dem 1. März 1848 verschiedentlich gegen die revolutionären Vor - gänge in Neuenburg eingelegt worden sind, und erklären hiermit jede ohne Unsere Zustimmung vorgenommene oder ferner vorzunehmende Ver - äußerung für null und nichtig, welche Gegenstände betrifft, die entweder zu Unserem fürstl. Staats - gute gehören oder -- wie das Kirchengut -- nicht ohne Dazwischenkunft der rechtmäßigen Obrigkeit veräußert werden dürfen. --

Dänemark.

Schloß Frederiksborg, 14. Juli. Heute er - schien ein königl. Manifest. Jn demselben wird die Unterwerfung Schleswigs gefordert, und dann eine allgemeine Amnestie versprochen. Die Be - stätigung der Beamten soll erfolgen, nur diejeni - gen sollen ausgenommen sein, welche der Wieder - eintritt der rechtmäßigen Landesherrschaft nothwen - dig erfordert. Die deutsche Nationalität Schles - wigs wird der dänischen gleichgestellt. Eine Jn - corporation Schleswigs soll nicht stattfinden. Wenn keine von Holstein aus unternommene Feindselig - keit hindernd entgegentritt, soll unverweilt eine Zusammenberufung achtbarer Männer stattfinden. Dieselben sollen aus, Holstein Dänemark und Schleswig berufen werden, und zwar derartig, daß die Zahl der Schleswiger, die der Dänen und Holsteiner übersteigt, während Dänemark und Holstein durch gleiche Zahl vertreten wird. Lauen - burger sollen besonders berufen werden. Dem Gutachten dieser Männer soll Rechnung getragen werden, soweit dies mit dem Wohl der Monarchie vereinbar ist.

England.

London, 16. Juli. Heute Morgen um 6 Uhr wurde die Leiche des verstorbenen Herzogs von Cambridge von Cambridgehouse in London abgeholt, um in der Kirche zu Kew beigesetzt zu werden. Der Zug wurde zum größten Theil von Mitgliedern des Haushalts des Verstorbenen ge - bildet; außer dem nunmehrigen Herzog von Cam - bridge befanden sich nur zwei fürstliche Personen bei demselben, nämlich Prinz Albert und der Erb - großherzog von Mecklenburg = Strelitz.

Frankreich.

C Paris, 18. Juli. Die heutige Sitzung der gesetzgebenden Versammlung war zur Be -handlung der Anklage des Pouvoix bestimmt. Sie wird um12 1 / 2 Uhr eröffnet und der ange - klagte Geschäftsführer des obengenannten Blattes, Hr. Lamartiniere, mit 275 gegen 119 Stimmen zu einer Geldstrafe von 5000 Fr. vorurtheilt.

Jtalien.

Rom, 2. Juli. Se. E. Kardinal Orioli, Prä - fekt der Congregation der Bischöfe und der Or - densgeistlichen hat auf Befehl des hl. Vaters un - ter dem Heutigen an alle Bischöfe der Welt Rund - schreiben erlassen, durch welches Letztere autorisirt werden, im Laufe dieses Jahres ein Jubiläum mit vollkommenen Ablaß auszuschreiben. Da die göttliche Vorsehung , so beginnt das Circular, den heiligen Vater auf seinen Sitz zurückgeführt und die fürchterlichen Strafen, die die Schuldigen bedrohten, abgewendet hat, so ist das Herz Sr. Heiligkeit um so mehr von Gefühlen der frömm - sten Erkenntlichkeit gegen den Herrn erfüllt, der in den Zeiten der Trübsal mit seiner allmächtigen Hülfe herbeizueilen sich gewürdigt hat. Se. Hei - ligkeit hört darum nicht auf, dem Geber alles Guten demüthig zu danken, und ihm inbrün - stige Gebete darzubringen, damit er doch den Sturm beschwichtigen und seiner Kirche den Frieden wiedergeben, damit er den Eifer des Clerus vermehren, den Glauben des christ - lichen Volkes neu beleben, damit er die Gu - ten stärken, die Verirrten auf den rechten Weg zurückführen und in den Herzen Aller die Flamme der ewigen Liebe entzünden wolle. -- Der heil. Vater wünscht deßhalb, daß die geheiligten Hir - ten von einem heiligen Eifer für das Seelenheil entflammt, die Gläubigen nicht bloß in den Kir - chen versammeln, um öffentliche Gebete zu ver - richten, sondern ganz besonders ihnen heilsame Lehren geben, im Geiste u. in der Wahrheit zu beten, und durch das Sakrament der Buße ihre Seelen von den Sünden zu reinigen: denn unsere Sün - den sind die wahre Ursache des wahren göttlichen Zornes über uns. -- Jn einer Kapelle der Ka - puzinerkirche in Rom ist eine Tochter des prote - stantischen Geistlichen Friedrich Pauli in den Schooß der katholischen Kirche aufgenommen worden.

Turin, 10. Juli. Die Parlamentssession hat in einer Weise geendet, welche die Opposition, die doch dem Ministerium so oft ihr unterstützendes Votum gab, verdrießlich oder wohl gar zornig machte. Die Linke bereut jetzt ihre Freigebigkeit gegen die Staatsgewalt, gegen das Kabinet Azeg - lio = Siccardi, welches ihr jetzt für ihre Unterstü - tzung, für ihre 119 Voten mit einer Perfidie dankt. Die Opposition hat dem Ministerium in einem Jahre 275 Mill. Lire votirt Die Zin - senlast der öffentlichen Schuld wurde für das Jahr 1847 mit dem Betrag von 8,683,000 angege - ben. Jetzt muß man für dieselbe öffentliche Schuld 31,333,000 Jnteressen zahlen. Auf diese Weise hat die so unverständige und verschwenderische Un - terstützung der Linken und der ganzen Opposition die öffentlichen Lasten um 23 Mill. Jnteressen er - schwert. Und was hat sie dafür erhalten? Die Abschaffung der Kirchenfreiheiten und des alten Zehentensystems auf der Jnsel Sardinien. Die Opposition hat aber mehr erwartet: ein Admini - strativsystem, das sich so viel als möglich dem französischen nähere; die Reform der Zölle, deren Bedürfniß sich im Handel wie in der Agricultur so fühlbar macht; die Organisation der Kriegs - marine, welche in ihrer Unthätigkeit zu Genua zu Grunde geht, und ein spezielles Ministerium in diesem Hafen erheischt; und endlich die Beendi - gung der wichtigen Eisenbahn von Genua nach Turin, deren Arbeiten beinahe gänzlich unterbro - chen wurden, da nur ungefähr 15 Arbeiter in der Vorstadt San Pier d'Arena zu Genua dabei be - schäftigt sind. Aber nicht diese getäuschten Hoff - nungen haben die Opposition in Entrüstung ge - bracht, sondern ein allzu macchiavellistischer Schritt des Ministeriums. Die Demokratie, welche im Parlament sitzt, wollte die Oeffentlichkeit der Mu - nicipalsitzungen in den Provinzen, sie wollte die Nationalgarde von Genua reorganisiren und dieArtillerie = Compagnien ausrüsten. Durch diese Con - cessionen wäre man sicher und unwiderstehlich zur Demagogie hingezogen worden. Dennoch hat das Ministerium Alles versprochen, da es sich darum handelte, die 105 Millionen votirt zu erhalten. Hierauf -- in einem Moment, wo man sich des - sen am Wenigsten gewärtig war -- lud das Mi - nisterium seine Freunde durch Billets zu einer Abendsitzung in der Devutirtenkammer ein, und ließ durch Jacquemont den Vorschlag zur Proro - gation der Kammer machen, welche von allen an - wesenden Ministeriellen votirt wurde. Den an - dern Tag erfuhr die Opposition, daß sie zur Ernte heimkehren könne, ohne aber den Municipalbera - thungen ihrer Dörfer beiwohnen zu dürfen; oder daß sie nach Genua gehen können, um dort die Seebäder zu nehmen, ohne aber die Kanonen der Nationalgarde defiliren zu sehen.

Neuestes.

* Würzburg, 21. Juli. Heute Vormittag 10 Uhr war, wie wir bereits meldeten, eine Volksversammlung im Platz'schen Garten. Der Vorsitzende des zur Unterstützung Schleswig = Hol - steins gebildeten Comites, Dr. Eisenmann, hielt eine hierauf bezügliche Rede; forderte dann die Versammlung auf, sich zu erklären, ob man das Comite belassen oder ein neues bilden wolle. Da kein Einwand dagegen erhoben wurde, blieb das bisherige Comite und wurde der Zutritt hiezu Jedem offen gelassen. Am Schlusse sprach ein Hr. Neuberger aus Heidingsfeld und nochmals Dr. Eisenmann, welcher auch der Begeisterung im bay. Heere für Schleswig = Holstein hiebei rühmend ge - dachte, da mehrere Offiziere ihre bedeutende Ge - halte aufopferten und nach Schleswig gingen. Dies wurde von der Versammlung mit lauter Bravo begrüßt. Die Versammlung belief sich auf ungefähr 1500 Personen. Eine Collecte wurde sogleich vorgenommen und sollen über 90 Gulden gefallen sein. Nicht die geringste Störung fand statt.

München, 20. Juli. Die mitgetheilte Nach - richt, als habe Sachsen bereits den dänischen Frie - den ratificirt, können wir aus guter Quelle als eine Unwahrheit erklären.

T. D. Berlin, 18. Juli. Oesterreichs Erklärung über den dänischen Frieden spricht sich anerkennend und billigend über den materiellen Jnhalt aus. Die formelle Ratification soll nur im Plenum geschehen können. Hannovers Erklärung ist weder für noch gegen die Ratification. Preußen soll gar kein Mandat mehr zur Friedensverhandlung gehabt haben seit dem Erlöschen der Central - Commission. Nur der Bund, das Bundesplenum könne verhandeln.

Stettin, 17. Juli. Gestern hier aus Peters - burg mit dem Wladimir eingetroffene Reisende berichten, daß eine zweite Abtheilung der russi - schen Ostseeflotte mit circa 10,000 Mann Lan - dungstruppen an Bord, im Absegeln begriffen war.

Marienwerder, im Juli. Das Centralcomit é zu einer Nationalsubscription für die Hinterblie - benen Auerswald's hat dieser Tage öffentlich Re - chenschaft abgelegt über das Ergebniß der Samm - lung. Die eingegangenen Beiträge belaufen sich auf die Summe von 21,340 Rthlr. 10 Sgr. 9 Pf.

Triest, 16. Juli. Mit dem gestern Abend aus der Levante eingetroffenen Dampfschiff ist auch der General Jochmus sammt Sohn hier an - gelangt.

Rom, 9. Juli. Vorgestern Abend ist der Pater Tomaso Gracento Cipolletti, Commissar des h. Offiziums und Generalvikar des Prediger - Ordens, plötzlich gestorben.

Neapel, 11. Juli. Gestern morgen ist die Vermählung des Grafen Montemolin mit der Schwester des Königs von Neapel in aller Stille vollzogen worden. Noch an demselben Tage ging, seiner Jnstruktion gemäß, der spanische Botschaf - ter auf einem bereit gehaltenen Dampfschiff nach Spanien ab.

Mittheilung der Gründe, welche die verfügte Auflösung der in Sachsen bestehenden Arbeitervereine veranlaßt haben.

(Fortsetzung.)

17) Das Bezirkscomit é in Hamburg (Leo - pold Heckscher, Schriftführer) schreibt unterm 14. Dezbr. 1849:

Vor einigen Wochen haben wir 6 Thlr. vom Bezirkscomit é und 6 Thlr. von den Tischlerge - sellen durch die Buchhandlung von Meißner und Schirges -- für die schweizerischen Flüchtlinge -- Hrn. Robert Binder, nach erhaltener Quit - tung, zur Beförderung überliefert. Soviel uns bekannt, ist Robert Binder verhaftet, und wir bitten, Erkundigung einzuziehen, ob das Geld an seine Bestimmung gelangte.

Ueberhaupt liegen Korrespondenzen mit dem Centralcomit é vor von den Arbeitervereinen zu Altona, Brand bei Freiberg, Annaberg, Augustus - burg, Conradsdorf, Glauchau, Chemnitz, Darm - stadt, Glückstadt, Göppingen, Halle, Berlin, Al - tenburg, Bremen, Himmelmühle, Heidelberg, Hal - berstadt, Hamm, Gera, Hildesheim, Bernau, Bres - lan, Glogau, Hamburg, Hannover, Ellefeld, De - litzsch, Essen, Fürth, Frankenthal, Eisenberg, El - berfeld, Bielefeld, Eilenburg, Freiberg, Celle, Coepnick, Karlsruhe, Großenhain, Mainz, Vecker - hagen, Kempten, Zerbst, Lichtenstein, Waldenburg, Kleinwaltersdorf, Meerane, Wismar, Lübeck, Ver - den, Plauen, Würzburg, Pölzig, Magdeburg, Lin - den, Königsberg, Meißen, Passau, Wien, Kiel, Werdau, München, Wurzen, Bernburg, Braun - schweig, Hanau, Pirna, Osnabrück, Osterrode, Offenbach a. M., Neustadt a. d. H., Naumburg, Nürnberg, Regensburg, Rendsburg, Ronneburg, Rostock, Schwabach, Stuttgart, Scharfenstein bei Zschopau, Schwerin (Bezirkscomit é), Ulm, New - York, Tannenberg bei Annaberg.

  • II.
    • 1) Ein Schreiben des Centralcomite zu Leip - zig (unterzeichnet: Schwenniger, Kick, Born) an den Bergarbeiterverein in Conradsdorf bei Frei - berg, d. d. 6. März 1849, sagt:

      Oesterreich ist fast das einzige deutsche Land, das in keinem Zusammenhang mit uns steht. Der Wiener Arbeiterverein, der sich uns ange - schlossen hatte, existirt nicht mehr. Mit einem neuen Siege des Wiener Volks aber wird auch die Grenze fallen, die in diesem Augen - blicke uns von unsern Brüdern in Oesterreich scheidet ec. Wenn heute irgend ein politischer Flüchtling zu Euch kommt, so sammelt Jhr in Euren Vereinen, das ist ein erfreuliches Zeug - niß, daß kein noch so armer Arbeiter zu arm ist, um nicht einige Pfennige auf den Altar der Partei legen zu können, und Derjenige gehört nicht zur Partei, und den müssen wir ausstoßen, der uns so geringes Opfer nicht leisten will ec. Wir stellen aber an Euch das dringende Ver - langen, daß Jhr uns für Verwendung zu all - gemeinen Arbeiter = Jnteressen, die wir hier nicht mittheilen dürfen, als einen außerordentlichen Beitrag umgehend mindestens die Summe von 3 Thlrn. einsendet.

    • 2) Das Centraleomite zu Leipzig erließ in einer Beilage zu Nr. 26 der Verbrüderung un - term 28. März 1850 folgende Warnung:

      Das Gedeihen der Arbeiter = Verbrüderung in Deutschland, deren Wirksamkeit in Bezug auf gegenseitige Unterstützung und immer all - gemeiner werdende Bildung im Arbeiterstande, hat namentlich in neuerer Zeit die Aufmerk - samkeit Solcher rege gemacht, die, falsch wie immer, unter dem Scheine der Zutraulichkeit und zuvorkommender Freundschaftlichkeit sich in den schönen Bund deutscher Arbeiter einzunisten suchen, um ihn zu verderben, oder für ihre Zwecke auszubeuten. So circuliren gegenwär - tig gedruckte Einladungen behufs der Verfas - sung von Arbeiter = Reisebüchern; diese Einlad -ungen verrathen ihren eigentlichen Zweck leicht, wenn man die darin enthaltene Beleuchtung des Strebens der Arbeiter, sowie die auf der Rückseite befindlichen Fragen scharf ins Auge faßt. Es ist die Pflicht aller der Verbrüder - ung angehörigen Vereine, die schöne Jdee der Verbrüderung durchzuführen und zu erhalten, und sie können dies nur, wenn die Arbeiter möglichst selbstständig sind und jeden fremden Einfluß zurückweisen. Wir warnen unsere Brüder daher freundschaftlich vor derlei Ein - dringlingen, seien es Personen oder Zuschriften, und machen darauf aufmerksam, daß sie Nie - mandem über ihre Verhältnisse Aufschluß zu geben haben, als ihren Bezirks = und Haupt - Vereinen, Vororten, Centralbüreaus und dem Central = Comite. Ebenso ist es nothwendig, daß wir auch den an einigen Orten auftauchen - den Unterstützungsvereinen außer der Verbrü - derung Aufmerksamkeit und Ueberwachung schen - ken. Die Reaktionspartei sucht mit religiösen, tröstenden und versprecherischen Vorspiegelungen den guthmüthigen Arbeiter mit einigen Groschen zu gewinnen, damit ihm und dem ganzen Ar - beiterstande die in den jüngsten Jahren müh - sam errungene Selbstkräftigkeit wieder geraubt werde. Also: Wachet, auf daß ihr nicht in Versuchung fallet! Leipzig, den 28. März 1850. Das Central = Comite der deutschen Arbeiter = Verbrüderung.

  • III. Den Arbeiterverein zu Leipzig betreffend.
    • 1) Dieser Verein schrieb unterm 5. August 1848 an den Arbeiterverein zu Wien Folgendes:

      Wir werden durch entschlossenes Handeln den Namen der Arbeiter zu Ehren bringen, selbst hineingreifen in die Gesetzgebung, um es den Parteien unmöglich zu machen, noch ferner die Völker zu knechten und verbluten zu lassen. Lassen Sie uns die Hände reichen, die Grenz - pfähle niederwerfen, die den Deutschen vom Deutschen trennten und der Willkür einzelner Machthaber als Mittel dienen mußten, die cy - nische Macht zu verstärken ec. Jn dieser Stille veranstaltete Professor Bayerhofer in Marburg einen Congreß in Frankfurt a. M., zog alle Gelehrten neuerer Schule, die der Demokratie huldigen, in diesen Kreis; auch Wien ließ sich durch Dr. K. Schütte vertreten; sein Mandat dafür erhielt er von Wiener Studenten, welche in Eisenach versammelt waren. Da alle Turn - und Arbeitervereine eingeladen, beschickte den - selben auch Leipzig, um sich einzuweihen in die Tiefe der Politik dieser radicalen Partei. Der Zweck war rein politischer Natur und zweifach: die Nationalversammlung fortzudrängen, die Einheit Deutschlands zu schaffen um jeden Preis; und wenn dieß von dieser Seite scheitern sollte, die Revolution permanent zu erklären, die Zügel derselben in die Hände zu nehmen. Die soziale Frage, um den Arbeitern noch et - was gerecht zu werden, wurde nur theilweise berührt, um wenigstens durch ihre Arme verstärkt ein Rückhalt zu haben. Das aufgestellte Grund - prinzip heißt: die einzige haltbare Verfassung ist die demokratische Republik, d. h. eine Ver - fassung, worin die Gesammtheit die Garantie für die Freiheit und Wohlfahrt des Einzelnen übernimmt. -- Tiefer einzugehen in die Ver - hältnisse der Arbeiter fand man nicht für rath - sam, denn man hätte jetzt keine Macht, die Arbeiter sollten die politische Macht erkämpfen helfen, dann wolle man auch uns helfen, wir würden es dann frei haben, unsere Angelegen - heiten nach Belieben zu ordnen.

    • 2) Jn einem Protokolle vom 18. Februar 1850 ist von geheimen Sitzungen des Vereins die Rede.
    • 3) Jn einem Protokolle über die Sitzung vom 26. desselben Monats ist bemerkt, daß sich der Volksturnverein dem Arbeitervereine ange - schlossen habe, oder vielmehr in demselben aufge - gangen sei.
  • IV. Jn einem Schreiben aus Bielefeld anden Vorstand der Cigarrenarbeiter = Associ - ation in Leipzig, d. d. 18. März 1850 ist Fol - gendes gesagt:

    Wieder ist ein Jahr dahin gerollt in das Meer der Ewigkeit seit den denkwürdigen Ta - gen, wo das Volk von Berlin den Sieg gegen den Absolutismus in den Händen hatte, noch einen Schritt und der Würfel war gefallen. Leider kam es nicht so; unbewußt seiner Stärke und unkundig den rechten Weg einzuschlagen, ließ es sich mit leeren Phrasen abspeisen, bis es am Ende mit gnädigen und allergnädigen Fußtritten zufrieden sein mußte. Unbildung, Uneinigkeit war es, daß es so kam, und es wird noch besser werden. Dasselbe ist auch bei unserer Association der Fall; denn bevor nicht alle recht fest im Kopfe sitzen haben, was das eigentliche Streben aller Arbeiter sein muß, werden wir uns nimmer zu einem großen Gan - zen vereinigen ec.

  • V.
    • 1) Nach einem Protokolle des Bergarbeiter - vereins zu Brand vom 15. April 1849 war in der ersten Zusammenkunft dieses Vereins durch Sammlung ein Beitrag von 5 Thlr. 3 Ngr. 1 Pf. zur Unterstützung politischer Flüchtlinge erlangt und angeblich an das Centralcomite zu Leipzig eingesendet worden. Jn demselben Protokolle ist von heimlichen Diskussionen der 25iger Aus - schußmitglieder Traupold und Schönberg noch die Rede.
    • 2) Jn dem Schreiben eines früheren Mitglie - des des Bergarbeitervereins zu Brand an diesen letzteren d. d. Leipzig 17. Mai 1849 heißt es:

      Mitbrüder! Dresden ist also gefallen und damit viele unserer Mitbürger; ist aber mit diesem Falle der Socialismus für Deutschland gefallen, -- ich sage nein; daß Dresden fal - len mußte, war klar daraus zu ersehen, weil die Revolution zu lange dauerte, denn eine solche muß nach meiner Ansicht kurz sein; aber ganz Deutschland wird sich erheben und die Fesseln lösen und man wird eher oder später einen offenen Kampf erleben. Was würden wir gewonnen haben, wenn Dresden gesiegt? ich sage wiederum nichts, denn was Sachsen, wenn die andern Staaten fehlen?

    • 3) Jn einem Protokolle über die von dem Bergarbeitervereine zu Brand am 10. Juni 1849 abgehaltene Versammlung heißt es:

      Ferner trug das V. M. Zimmermann darauf an, den in hiesiger Gemeinde zusammengebrach - ten Beitrag, welcher gesammelt wurde zur Un - terstützung für diejenigen, welche sich an dem Kampf in Dresden betheiligten, und sich noch in den Händen der hiesigen Gemeindevertreter befinde, zu diesem Zweck zu verwenden, woge - gen Obmann Pilz, auf eine Ministerialverord - nung sich berufend, es in das Gebiet der Un - möglichkeit stellte. Butze ergriff hierauf das Wort, zu diesem Zwecke sich an keine Behörde erst bettelnd zu wenden, sondern es bloß der alleinigen Gutwilligkeit des Vereins anheim zu stellen, worauf ihm Bravo gezollt wurde.

    • 4) Jn einer Versammlung desselben Vereins vom 4. Dezember 1849 wurde nach Jnhalt des darüber vorliegenden Protokolls, die Liebe, Treue und das Wirken der Maiangeklagten von dem Referenten Unger gerühmt und durch ein Gedicht gefeiert. Uebrigens kam hier noch ein unterstütz - ter Antrag des Obmann Pilz wegen eines zu be - schließenden Gesuchs um Amnestirung dieser An - geklagten zur Sprache, während man sich außer - dem mit ständischen Wahlangelegenheiten beschäf - tigte und A. M. Preißler 2 Aufsätze aus dem Reibeisen vortrug, der Obmann Pilz Gustav Struve's und der Revolution in Baden gedachte, auch Referent Unger auf Hecker hinwies, und ebenfalls einen Aufsatz aus dem Reibeisen mit - theilte.

(Forts. folgt.)

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

Druck von Joseph Steib in Würzburg.

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TextDie Bayerische Presse
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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