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Die Bayerische Presse.
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Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533.

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Nr. 210.
Würzburg, Montag den 2. September. 1850.

Amtliche Nachrichten.

München, 31. August. Se. Maj. der König haben allergnädigst geruht den Appellationsgerichts - rath Philipp Then zu Aschaffenburg wegen seiner durch physische Gebrechlichkeit herbeigefuhrten Dienst - unfähigkeit nach § 22 lit D der Beilage IX zur Verfassungs = Urkunde auf die Dauer von zwei Jahren mit Belassung seines Gesammtgehalts, Titels und Funktionszeichens in den Ruhestand zu versetzen und demselben hiebei die allerhöchste besondere Zufriedenheit mit seinen bisher treu und eifrig geleisteten Diensten zu bezeigen.

München, 1. Sept. Se. Maj. der König haben Sich bewogen gefunden, die Wahl des or - dentlichen Professors des Kriminalrechts und Kri - minalprozesses, dann des Polizeirechtes und der Polizeiwissenschaft Dr. Karl Edel in Würzburg, zum Rektor der Universität daselbst für das Stu - dienjahr 1850 / 51; dann die Wahl des ordentli - chen Professors Dr. Deppisch von der theologi - schen Fakultät, des ordentlichen Professors Dr. Albrecht von der juridischen, des ordentlichen Pro - fessors Dr. Scherer von der medizinischen, und des ordentlichen Professors Dr. Hoffmann von der philosophischen Fakultät zu Senatoren für die Studienjahre 1850 / 51 zu genehmigen.

Oesterreichs und Preußens Stellung.

Wenn zwei Menschen lange Zeit in einem Wortstreite begriffen sind, so ist es beinahe un - vermeidlich, daß allmählig die Behauptungen von einer und der andern Seite einen schrofferen Cha - rakter annehmen. Man faßt bald diesen, bald je - nen Nebenpunkt, bald diese, bald jene Schwäche in den Behauptungen des Gegners auf, und so geschieht es leicht, daß am Ende die Streitenden auf ganz andere Sätze gerathen sind, als diejeni - gen, die anfangs den Gegenstand der Discussion ausmachten. Jn Welthändeln ist das auch der Fall, und die alte Lehre, daß man unaufhörlich sich wieder an den Punkt zurückwenden soll, von dem man ausgegangen war, darf nie vergessen werden. So wird es denn auch nicht ohne Nu - tzen sein, in der Discussion, die gegenwärtig zwi - schen Oesterreich und Preußen geführt wird, die Ausgangspunkte wieder aufzusuchen und von da ab den weiteren Weg zu verfolgen. Der Streit hat sich hier eigenthümlich genug gewandt und die Behauptungen sind oft genug verschoben, um davon eine Lehre zu nehmen. Leider liegt der Anfang im Dunkeln. Er fällt in den December und Januar 1848 und 1849. Die öffentlichen Nachrichten haben wenig davon mitgetheilt; erst Jürgens hat in seinem Buche zur Geschichte des dentschen Verfassungswerks II. p. 457 ec. den Versuch gemacht, Licht in dieses Dunkel zu brin - gen. Oesterreich und Preußen waren damals beide mit Mühe wieder Herr ihrer Hauptstädte gewor - gen; noch standen die Gewitter am Horizonte, noch war Deutschland in stürmischer Bewegung, beherrscht von Clubbs, Märzvereinen, demokrati - schen, vaterländischen Vereinen, und wie sie hei - ßen, die alle mehr galten und mehr vermochten, als die Regierungen. Jn Frankfurt braute man das Rattengift der Grundrechte , um den Re -gierungen das Vereinbaren auszutreiben. Da fühlte man in Wien und Berlin, daß man nicht sicher sei, so lange dieser Zustand Deutschlands daure. Man wollte sich einigen über die Grund - sätze der Verfassung, und ohne Zweifel hätte eine Einigung die Stimmen aller Fürsten für sich ge - wonnen. Einer solchen Kraft hätte sich Frankfurt nicht entziehen können, und Deutschland wären die schmählichsten Erscheinungen vom 12. März bis 18. Juni erspart. Gesandte gingen zwischen Ber - lin und Olmütz hin und her. Man glaubte an Einigung. Oesterreich hatte eine Kreiseinrichtung vorgeschlagen, Preußen war darauf eingegangen; man hatte über die Frage, ob sechs oder sieben Kreise, verhandelt. Am 19. December 1848 hatte Preußen Vorschläge gemacht; am 7. Januar 1849 Oesterreich erwidert; am 11. war Graf Brühl in Olmütz. Man war ziemlich einig. Die österrei - chische Note vom 17. Januar wiederholte die Punkte, und beantragte die Aufstellung von 40,000 Mann in der Nähe von Frankfurt. Allein am 10. Januar war Bunsen nach Berlin gekommen; und Mecklenburg, Darmstadt, Gotha, Meiningen, Altenburg, Braunschweig, erklärten nach der Reihe ihre Unterwerfung unter Preußen. Da erschien die Note vom 23. Januar 1849, in der Preußen sich von Oesterreich lossagte, einen engern Bund in dem weitern Bunde nach Gagern = Bunsen'schem System aufstelle und der Frankfurter Versamm - lung das Compliment machte, nicht auf Verein - barung zu bestehen, sondern sich mit Verständigung zu begnügen. Oesterreich, beleidigt, erklärte sich am 4. Februar gegen diesen engern Bundesstaat, suchte sich auch Frankfurt zu nähern; aber es for - derte Vereinbarung. Das war nicht der Weg, Preußen den Rang abzugewinnen, zumal Camp - hausen damals nach biegsamen Jnstruktionen in voller Verständigung begriffen war. Am 27. Februar proponirte Oesterreich nochmals ein Di - rectorium von neun Stimmen. Preußen schien in der Note vom 10. März auch darauf einzugehen. Allein nun kam am 12. der tolle Welkersche An - trag, und Alles fiel über einander. Auch in der Berliner Nationalversammlung erregte jene Note vom 10. März einen Sturm; die Kaiserwahl mit ihren Verwirrungen kam dazu; man schien Oe - sterreich ganz zu vergessen. Aber die Berliner Nationalversammlung mußte aufgelöst werden; man kam auf das Gebiet der Einigung mit allen Regierungen, namentlich mit Oesterreich zurück; allein vorab, ehe man sich darüber mit irgend Jemand verständigt, machte man Oesterreich den Vorschlag zu der Union , denn es hieß da - mals der Bund Deutschlangs mit Oesterreich den Hr. v. Radowitz aus dem Gagern = Bunsen'schen Projekte gemacht hatte, gegenüber dem deutschen Bundesstaate . Oesterreich wies dieses Ansinnen zurück, und am 25. Mai erklärte nun Preußen: Wir glaubten darin nicht eine Störung, sondern nur eine naturgemäße und den Umständen ange - messene Entwickelung des heilig gehaltenen alten Bundes zu sehen. -- Sollte die k. k. Regierung nicht geneigt sein, Vorschläge zu machen, so wird alsdann noch immer der einfache und verbürgte Rechtsboden des Bundes von 1815 übrig bleiben, auf welchem wir uns mit Oesterreich die Hand reichen würden. Wir sind eben so verpflichtet alsberechtigt, die durch die Bundesakte bezeichneten Theile der österreichischen Monarchie als die in - tegrirenden Theile dieses Bundes anzusehen, und wir zweifeln nicht, daß die k. k. Regierung von demselben Gesichtspunkte ausgehe. Jhr gegenüber werden wir mit unverbrüchlicher Treue an dem alten Bundesverhältnisse festhalten und alle dar - aus entspringenden Verpflichtungen im vollsten Umfange erfüllen. -- Wir sind willig -- in Be - ziehung auf Oesterreich wie auf jeden anderen Staat -- nur an dem Bundesverhältniß von 1815 festzuhalten. Wir haben hiermit unsere Stellung klar bezeichnet. Während wir bereit sind, mit der k. k. Regierung, über eine mögliche Basis der Zukunft zu unterhandeln, stehen wir vorerst für uns selbst und mit den uns angeschlossenen Regierungen, oder dem aus diesen gebildeten Bun - desstaate auf dem Boden des Bundes von 1815. Das war deutlich gesprochen, das stimmte mit dem Vertrage, den man am folgenden Tage in Gemäßheit des Art. 11 der Bundesakte schloß; die hannoversche Denkschrift vom 1. Juni com - mentirte das noch weiter und bewies, daß der Durchführung der Verfassung nothwendig die Zu - stimmung des Bundes, also Oesterreichs, vorher - gehen müsse, namentlich sollte das aus der Ab - stimmungsordnung folgen. Die Denkschrift vom 11. Juni dagegen enthielt die bekannte geschraubte Stelle, aus der die Hrn. Radowitz, Vollpracht u. s. w. die Verpflichtung Hannovers und Sachsens deducirten, in einem Bund mit Wenigen zu bleiben. Jm Uebrigen wiederholte man die Ti - rade von Oesterreichs Verpflichtung. Man glaubte damals aber nicht, daß Oesterreich den alten Bund wolle; man klagte, daß es -- im Kampf um die Existenz begriffen -- die Bundespflichten nicht erfülle; man wollte eben durch das Bestehen auf dem alten Bunde ihm eine Concession abdringen. Oesterreich wollte auch wirklich den alten Bund nicht, sondern irgend ein Directorium in anderer Form. So ging die Sache; man verfeindete sich, wies am 24. Juli im Vewaltungsrath alle wei - tere Verhandlung von sich; aber nun siegte Oe - sterreich in Ungarn, und man schloß am 30. Sep - tember das Jnterim, das die Bundesgeschäfte be - sorgen sollte, der bestehenden Bundesgesetzgebung und insbesondere der Bundeskriegsverfassung ge - mäß (§. 6) und zwar innerhalb der Competenz des engern Bundesraths (§. 5). Aber Herr Vollpracht hatte schon am 30. August beantragt, den Erfurter Reichstag zu berufen, und am 25. August hatte Herr v. Radowitz den Bundesstaat mit Wenigen proclamirt; im Verwaltungsrath kam's zur Contestation und am 17. Okt. fing Hr. v. Bodelschwingh an zu distinguiren. Nun war die Bundesverfassung untergegangen, aber die Rechte und Pflichten bestanden noch; nur diese hatte man zu erfüllen gelobt u. s. w.; damit wurde Hannover und Sachsen aus dem Verwal - tungsrath glücklich hinaus deducirt. Die Beru - fung des Erfurter Reichstags wurde beschlossen (hatte aber freilich noch Zeit bis zum April). Oesterreich aber, das inzwischen mit dem Mün - chener Projekte auch gescheitert war, kam nun seinerseits auf den Standpunkt des alten Bundes zurück. Es berief das Plenum. Preußen argu - mentirte mit Recht aus der Bundesverfassung (dieHr. v. Bodelschwingh nicht mehr gelten ließ), dasselbe könne nicht deliberiren. Man hat den engern Rath berufen; und nun droht Preußen, wenn derselbe die Verwaltung führe, wozu es ihm die Competenz am 30. September zugestan - den. Und da ist nun auch die Geschichte mit den Militärverträgen dazwischen gekommen. Da diese dem Art. 5 der Bundeskriegsverfassung wi - dersprechen, und Oesterreich auf dieses im § 6 des Vertrags vom 30. September 1849 aner - kannte Bundesgesetz hält, ist das gar ein casus belli; der Bund gilt zwar, aber nicht das Bun - desrecht; -- so sagt man. Also der Bund gilt; aber ohne Verfassung und ohne Recht. Was gilt denn? wo bleiben die Rechte und Pflichten, die Herr v. Bodelschwingh am 17. Oktober v. J. doch anerkannte? Es kommt uns vor, als ob in diesem Federkriege ein Mannöver stattgefun - den hätte, wie es in wirklichen Kriegen wohl einmal begegnet, daß die Heere mit dem Ge - sichte gegen das Land gekehrt sind, das sie ver - theidigen. Das ist selten gut. Es gemahnt uns auch, daß es doch ein weiser Satz des Civilrechts sei, daß jeder Theilhaber einer Societät oder Gemeinschaft das Recht habe, die Auflösung zu verlangen, wenn dabei nur ein Staatsrecht, in Deutschland zumal, bestehen könnte. Allein wir fürchten, eine Politik, die sich auf diesen Boden stellt, ist keine gute. Wir schreiben dies am Jahrestag der Rede, in welcher Herr v. Rado - witz den Bund mit Allen, mit Vielen, oder mit Wemgen in Aussicht stellte. Hat nun Preußens Stellung seitdem gewonnen? -- Möchten wir es doch alle erkennen, daß in dialectischen Formen und Argumentationen kein Heil ist, daß sie nim - mermehr zum Rechte, zur Eintracht führen; und daß doch Recht und Eintracht allein Heil brin - gen. Das Allereinfachste ist das Politischste und das Wahrste. Friede ernährt, Unfriede verzehrt.

Deutschland.

München, 30. August. Eingetroffenen Nach - richten im griechischen Gesandtschaftshotel zufolge ist König Otto von Griechenland gestern Abends in Jnnsbruck und heute Nachmittag in Hohen - schwangau eingetroffen. -- Fürst Gortschakoff, General = Gouverneur der Provinz Warschau, ist heute, von mehreren russischen Notabilitäten er - wartet, hier angekommen. -- Die Offiziere des in Tyrol und Vorarlberg stehenden österreichischen Armeekorps machen häufige Ausflüge in die Um - gebung und selbst hierher. Glaubwürdigen Nach - richten zufolge sind nun diese Beurlaubungen vor - läufig eingestellt worden.

München, 31. August. Der kgl. Staatsmi - nister des Jnnern für Kirchen = und Schulangele - genheiten, Hr. Dr. v. Ringelmann, ist aus sei - nem Urlaub zurück hier wieder eingetroffen. -- Der kgl. Ministerialrath im Handelsministerium Hr. v. Kleinschrod ist von hier nach Mainz abge - reist, um als Bevollmächtigter Bayerns an den Anfang September daselbst wieder beginnenden Verhandlungen der Central = Rheinschifffahrtskom - mission Theil zu nehmen.

München, 31. Aug. Der Kommandant des I. Armeekorps, Generallieutenant Graf v. Ysen - burg, und der Kommandant der I. Kavallerie - Division Se. Hoh. Prinz Eduard von Sachsen - Altenburg inspizirten heute das hiesige Kuirassier - Regiment und begeben sich zu gleichem Zwecke morgen nach Augsburg und Dillingen. Bei die - sen Jnspektionen wird zum ersten Male mit den neuen Feldkesseln ausgerückt, welche auf der rech - ten Seite des Pferdes angebracht sind. -- Nach der Allg. Ztg. führt das gedachte Armeekorps den Titel: Bayerisches Beobachtungskorps am Main , unter Kommando des Generalmajors Grafen Guiot du Ponteil, welchem der Hauptmann vom General = Quartiermeisterstabe Max Graf v. Bodner beigegeben ist. Wie man vernimmt, geschieht diese Aufstellung auf Requisition des Bundes und in Folge der Lage der Dinge in Churhessen.

Zweibrücken, 29. August. Der Redakteur der Speyerer Zeitung , ehemaliges Parlaments - mitglied und Landtagsdeputirte Kolb stand heute wegen Preußvergehen vor den Assisen. Die Ver - handlungen dauerten bis Nachts 12 Uhr. Das Auditorium war äußerst zahlreich. Nach langer Berathung sprachen die Geschworenen das Schul - dig aus und das Assisengericht verurtheilte den Angeklagten zu 1 Monat Gefängniß und 100 fl. Geldstrafe.

Schleswig = holsteinische Ange - legenheiten.

Schleswig = Holstein. Der Alt. Merk. ent - hält folgenden Aufruf an alle waffenfähigen Mann - schaften des Landes: Das Vaterland bedarf der Vertheidigung aller ihm zu Gebote stehenden Kräfte. Es ergeht demnach hiermit, im Auf - trage der Statthalterschaft, die Aufforderung an alle waffenfähige Männer und Jünglinge des Lan - des, die bisher nicht der Armee angehören, sich ungesäumt in Rendsburg in dem zu ihrer An - nahme errichteten Enrollirungsbureau für frei - willige Landessöhne zu melden. Es wird bei deren Annahme nicht auf das Alter Rücksicht ge - nommen werden, sondern wird nur ihr Gesund - heitszustand und ihre körperliche Tüchtigkeit allein über dieselben entscheiden. Rendsburg, den 25. August 1850. Das Departement des Kriegs. Krohn. Jensen.

Paris, 27. August. Der Corresponden des National aus den Herzogthümern berichtet heute: Nach glaubwürdigen Quellen hat der französi - sche Gesandte in Kopenhagen ein Prememoria über bie Lösung der Frage der Herzogthümer überreicht. Er stellt einerseits den Grundsatz der vollständi - den Trennung der Herzogthümer von Deutschland und andererseits eine breite Concession an diesel - ben, namentlich ihre Union, als maßgebend auf. Hingegen würden sie für immer unter einer Dy - nastie mit Dänemark verbunden werden, jedoch mit eigener Verfassung, Verwaltung und Finanz - leitung. Allein die Armee und die auswärtige Repräsentation wären beiden Theilen des neuen Dänemarks gemeinschaftlich. Wenn ich gut un - terricht bin, hat die Gesandschaft diesen Vorschlag auch der Staathalterschaft überreicht und ist man übereingekommen, vor Abgabe einer Antwort auf diese Depesche die Feindseligkeiten nicht wieder zu beginnen. Rußland erwartet jetzt in Ruhe zwei Dinge: 1) daß der franz. Vorschlag gegen - über den Schwierigkeiten, über welche das franz. Cabinet zu unterrichten nicht für gut befunden, ohne Erfolg bleibt; 2) daß im Falle der beinahe unausbleiblichen Nichtannahme von Seite der Her - zogthümer die französische Diplomatie bei Seite geschoben werde und diese aus Verdruß über den fehlgeschlagenen Vergleichsversuch die Vermittler - rolle aufgebe, um der russischen Politik beizutre - ten. -- Der Correspondent schließt mit der Be - merkung: Zum ersten Male wird sich Frankreich in den nordischen Angelegenheiten unmittelbar aus - sprechen. Die von ihm gewählte Position wird einen entscheidenden Einfluß nicht blos auf unsere Zukunft, sondern auch auf die des ganzen nörd - lichen Europa's ausüben. -- Daß ein französi - sches Memoire von dem oben angegebenen Jn - halte in Kopenhagen und an die Statthalterschaft überreicht wurde, ist gewiß. Es scheint, daß man sich in Kopenhagen in großer Verlegenheit befin - det und nicht mehr weiß, welchen einheimischen und fremden Rathgebern man folgen und vertrauen darf. Man hat daselbst seit dem Londoner Pro - tokolle alle Selbstständigkeit verloren und sieht bereits hell, daß man auf einer russischen Mine wandelt.

Rendsburg, 27. Aug. Die Cholera ist hier nicht unbedeutend und hat namentlich auch einen Angriff auf unser Hauptquartier gemacht. V. d. Tann und der Prinz von Augustenburg haben Anfälle der Krankheit gehabt, sind aber, Gott sei Dank, wieder vollständig auf dem Wege der Besserung. Leider wird der gestrige, regnerisch stürmische Tag den Gesundheitszustand insbeson -dere bei den im Bivouak liegenden Truppen nicht verbessert haben. Die feindliche Armee soll von typhösen Krankheiten sehr hart mitgenommen wer - den. -- Außer dem bereits gemeldeten Vorposten - gefechte bei Altenhof, bei dem übrigens nicht das 2., sondern das 5. Jägercorps engagirt war, hat es in der Nacht von vorgestern zu gestern noch ein Scharmützel bei Süderstapel gegeben, bei dem sich der bekannte Haus v. Raumer ausgezeichnet hat. -- Buchhändler Schwetschke von Halle, der humoristische Verfasser der neuesten Epistolae obscurorum virorum, ist auf Besuch hier an - gekommen. -- Der Zufluß von Freiwilligen dauert fort, man wünscht aber sehr noch eine größere Anzahl von Offizieren eintreten zu sehen, deren man wohl noch gegen 100 würde gebrauchen können.

Altona, 28. Aug. Mit dem Abendbahnzuge kommt die Nachricht, der dänische General de Meza sei in Folge der in dem Gefecht bei Du - venstedt erhaltenen Verwundung auf dem Prinzen Palais in Schleswig verstorben.

Rendsburg, 29. August. Es heißt in einer von einem schwedischen Offizier, der im vorjähri - gen Feldzuge als Freiwilliger in der dänischen Armee gedient hat, kürzlich herausgegebenen, vor uns liegenden Schrift: Die skandinavischen Sym - pathien waren im Jahre 1848 derjenige Hebel, welcher die schwedische Nation zu einer schwärme - rischen Theilnahme für das Schicksal des Nach - barreichs bewog. Der Schluß des Feldzuges im Jahre 1849 hatte dagegen bei den meisten Schwe - den, die während einer längeren Zeit in der - nischen Armee gedient hatten, Ansichten hinterlas - sen, denjenigen durchaus entgegengesetzt, mit wel - chen sie den dänischen Boden betreten hatten, und es erkalteten die Gefühle für ein Volk, mit dem sie die Gefahren des Kampfes getheilt hatten. Obiger Ausspruch, motivirt durch die Schilderun - gen, die der Verfasser von den dänischen Zustän - den und der Gesinnungslosigkeit des dänischen Volks entwirft, erhält eben dadurch, daß in diesen Tagen ein schwedischer Offizier in unsere Armee eingetreten ist, um so mehr Gewicht. Seiner Aus - sage nach würden ohne Zweifel manche seiner Landsleute seinem Beispiele folgen, falls es ihnen von ihrer Regierung gestattet würde. Uebrigens soll die schwedische Regierung andererseits keinen Urlaub zum Eintritt in die dänische Armee er - theilen und somit wäre denn auch das Gerücht, als ob eine Menge Schweden und Norweger in dänische Dienste getreten seien, widerlegt.

Wiesbaden, 31. August. Heute Morgen um 6 Uhr ist der Graf von Chambord von hier ab - gereist. Er nahm seinen Weg über Frankfurt. Hr. Barande wurde durch Unwohlsein verhindert, den Grafen zu begleiten. Gestern um 4 Uhr Nachmittags empfing der Graf v. Chambord noch die Abschiedsbesuche der hier anwesenden Legitimi - sten. Er entließ dieselben mit folgenden Worten: Meine Freunde! Jch biete Euch, die Jhr Euern Herd, Eure Familien meinetwegen verlassen habt, meine letzten Grüße. Jch danke Euch für die mir kundgegebenen Gefühle. Jhr kennt die Männer, die mein Vertrauen besitzen; unser Weg ist uns vorgezeichnet, wir wollen diesen Weg mit Strenge und mit Versöhnlichkeit verfolgen. (Ja! Ja! ) Wenn Frankreich, die gesellschaftliche Ordnung be - droht wird und eines Tages jenes Mannes be - darf, den Jhr Euren König nennt, und der Euer Aller Freund ist (Es lebe der König! ), sollen sie uns, Euch wie mich bereit finden. Lebt wohl, meine Freunde! Lebt wohl!

Kassel, 29. August. Jn der heutigen Sitzung der Ständeversammlung wurde der folgende wei - tere Entwurf einer Adresse an den Landesherrn einstimmig angenommen: Königliche Hoheit! Durch den mit der Eröffnung des Landtags beauftragten Kommissär haben Ew. kgl. Hoheit die zuversicht - liche Hoffnung aussprechen lassen, daß unsere Thä - tigkeit eine segenbringende sein werde. Auch wir hegen die Hoffnung und wünschen nichts sehnli - cher, als der Staatsregierung die Unterstützunggewähren zu können, welche die Möglichkeit eines gemeinschaftlichen gedeihlichen Wirkens auf der Bahn der Verfassung und der regelmäßigen Ord - nung bedingt. Wir können und dürfen aber nicht verhehlen, daß das unmöglich ist, so lange Ew. kgl. Hoheit von Männern berathen sind, welche des allgemeinen Vertrauens entbehren. Es ist unsere heiligste Pflicht, Ew. kgl. Hoheit im Na - men des Volks, das wir vertreten, offen zu er - klären, daß dasselbe in der Berufung des gegen - wärtigen Ministeriums eine Erfüllung der Zusage vom 11. März 1840 nicht erblickt, einer Zusage, durch welche das Volk die längst ersehnte Been - digung der seit 1832 zwischen Regierung und Ständeversammlung vorgekommenen Verwickelun - gen herbeigeführt glaubte. Wir wiederholen daher das von der vorigen Ständeversammlung gegen das jetzige Ministerium ausgesprochene Mißtrau - ensvotum, und billigen, was der bleibende Aus - schuß Ew. k. Hoheit darüber vorgestellt hat. Wäre über das Urtheil des Landes nach den Aussprü - chen der vorigen aufgelösten Ständeversammlung irgend ein zweifel geblieben, so wird und muß derselbe im Hinblick auf die dermalige Stände - versammlung, in welcher sich nicht eine Stimme für das jetzige Ministerium erhebt, geschwunden sein. Das Volk sieht in der Beibehaltung des dermaligen Ministeriums die Rückkehr zu einer Regierungsweise, die weit hinter seinem Wünschen und Wollen liegt, und es wird in dieser Ansicht noch dadurch bestärkt, daß das Ministerium eine Wiederherstellung des Bundestags anstrebt. Wir protestiren feierlich gegen die Herstellung des vom deutschen Volk verworfenen und rechtsgiltig aufge - hobenen Bundestags, sowie gegen alle darauf ge - richteten Bestrebungen. Wir beklagen die große Verwickelung der Finanzlage des Landes, aber wenn wir mit Vermeidung jeder Selbsttäuschung nach dem Grund derselben forschen, so finden wir diesen eben in dem Bestehen des dermaligen Mi - nisteriums Ew. k. Hoheit und dessen Handlungs - weise gegen die vorige Ständeversammlung. Den Gesetzentwurf über die einstweilige Forterhebung der Steuern bis zum 30. Sept. dieses Jahres werden wir einer gewissenhaften Prüfung unter - werfen und je nach dem Ergebniß derselben un - sere Zustimmung ertheilen oder versagen. Die Schwierigkeiten und Gefahren, welche die gegen - wärtige Lage des Staates nach Außen und nach Jnnen darbietet, sind auch uns nicht entgangen. Wir hegen indessen die feste Ueberzeugung, daß sie zum großen Theile erst durch das gegenwär - tige Ministerium geschaffen sind und halten sie nur dann für überwindlich, wenn sich Ew. k. Ho - heit mit Männern umgeben, die das Vertrauen des Volkes genießen. Möge der Allmächtige Ew. k. Hoheit die Stimme des Volkes nicht überhören lassen! Ehrerbietungsvoll verharret Ew. k. Hoheit treugehorsamste Ständeversammlung. Namens der - selben: deren Präsident. Kassel, am ... August 1850.

Die preußischen Blätter schreibt der Lloyd, sind in der Kunst, die ungeheuersten Combinatio - nen in der Politik zu erfinden, wahrhaft bewun - derungswürdig. Einem Pröbchen dieser Journal - Athletik begegnen wir einer Berliner = Correspon - denz der Schles. Ztg. die mit der wichtigsten Miene von der Welt Nachstehendes verkündet: Vom Grafen v. Bernstorff sind wichtige Andeu - tungen aus Wien hier eingetroffen. Nach diesen Andeutungen des preußischen Gesandten in Wien scheint es dem österreichischen Cabinet um eine Verständigung mit Preußen mehr Ernst zu sein, als man im Allgemeinen bisher annahm. Den Auslassungen der halbofficiellen österreich. Blätter dürfte in Bezug auf ihren hochfahrenden Ton kein Werth beizulegen sein, da die Wendung der Dinge sich erst in den letzten Tagen vorbereitet hat. Oe - sterreich wird Preußen das Recht der Gründung der Union einräumen. Ueber die Form, in wel - cher dies Zugeständniß Oesterreichs gemacht wer - den soll, sind noch genauere Feststellungen vorbe - halten. Wir glauben dieser allerneuesten Combi - nation der Schlesischen keinen Commentar an - fügen zu müssen.

England.

London, 24. August. Die eigentliche Bedeu - tung des Londoner Protokolles scheint in Deutsch - land vielfach mißverstanden zu werden; auch kann man sich darüber eben nicht wundern, weil dabei allerlei Absichten hinter den Coulissen spielen, wo - von das Protokoll selber Nichts sagt. Vor Al - lem mögen Jhre Landsleute überzeugt sein, daß eine Jncorporation Holsteins in Danemark von keiner Seite beabsichtigt wird, auch nicht von Seiten der gegenwärtigen dänischen Staatsregie - rung. Ueberhaupt bezieht sich dieses Protokoll durchaus nicht auf die rechtliche Stellung der Her - zogthümer zu Dänemark; mit dieser Frage befaßt sich die Conferenz nicht. Wenn in dem Proto - kolle von der Jntegrität der dänischen Monar - chie die Rede ist, so ist dieser Ausdruck in sofern nicht glücklich gewählt, als er eben zu jenem Miß - verständnisse Veranlassung geben konnte. Das ganze Protokoll bezieht sich nur auf die Regelung der Erbfolge, und es drückt den Wunsch aus, daß diese durch gegenseitiges freies Einverständ - niß sämmtlicher Betheiligten dahin geordnet wer - den möge, daß bei Aussterben der jetzigen regie - renden Linie sämmtliche Länder wie bisher unter einem Oberhaupte bleiben möchten. Man würde irren, wenn man diesem Wortlaute des Protokolls gegenüber noch besondere arriére pensées unter - schieben wollte, die damit nicht im Einklang ste - hen. Daß aber dieser Erwähnung der Erbfolge bereits ein bestimmter Wunsch zu Grunde liegt, und daß die unterzeichnenden Mächte sich bereits über die Art und Weise der Regelung der Erb - folge ziemlich verständigt haben, mag nicht in Abrede gestellt werden. Diese ganze diplomatische Verhandlung ist auf Beseitigung der Erbfolge der Augustenburg'schen Linie in den Herzogthümern gerichtet. Wenn der Herzog von Augustenburg sich nicht in gar zu feindlichen Gegensatz bei die - sen Kämpfen gestellt, wenn er sich für Danemark nicht geradezu unmöglich gemacht hätte, so würde man wahrscheinlich auf das früher vorgeschlagene Auskunftsmittel zurückgekommen sein, die Däne - mark gültige weibliche Erbfolge umzuändern, und auf den Mannesstamm zu übertragen, um auf diese Weise das gemeinschaftliche Oberhaupt für beide Länder in der Person des Herzogs von Au - gustenburg zu erlangen. Da Letzterer aber, wie man wohl ohne alle Eingenommenheit zugestehen kann, sich diese Chancen auf den dänischen Thron selbst versperrt hat, so will man jetzt die Einheit des Oberhauptes auf entgegengesetzte Weise durch Ausschluß des Herzogs von Augustenburg von der Nachfolge in den Herzogthümern erreichen. Diesen Plan scheinen Jhre Landsleute auch rich - tig errathen zu haben; in der Person des für beide Länder bestimmten Nachfolgers irren sie sich aber gänzlich, wenn sie den Prinzen Peter von Oldenburg als solchen bezeichnen. Sobald der jetzige König von Dänemark die Krone niederlegt, was er lieber heute, als morgen thun würde, sobald man nun erst die Frage über die Erbfolge in Ordnung gebracht, ist nicht der Prinz Peter, sondern der jetzige Großherzog von Ol - denburg, und falls dieser nicht annehmen sollte, sein Sohn, der Erbprinz von Oldenburg, zum - nige von Dänemark und zum Herzog von Schles - wig und Holstein bestimmt. Dänischerseits ist man damit einverstanden, eben so von Seiten des Großherzogs und des Erbprinzeu von Oldenburg. Der dänische Gesandte Hr. v. Bülow, war un - längst in Oldenburg und hat die Einwilligung beider hohen Personen in bester Form erhalten. Es fehlt also nur noch an der Einwilligung von zwei Betheiligten, an der Einwilligung der Au - gustenburger und der der Herzogthümer, und hier scheint mir allerdings einige Gefahr für das Recht vorhanden zu sein. Jn dem Protokolle steht frei - lich nichts davon, aber ich fürchte, daß man die Augustenburger, wenn sie nicht freiwillig nachge - ben und mit gewissen Entschädigungen nicht zu - frieden sind, zuletzt wenig fragen wird; ob man die Herzogthümer überhaupt fragt und deren nicht vorhandene Stände, möchte noch zweifelhafter sein. Was Jhre Landsleute aber noch weniger wissenwerden, und was nach dem öffentlichen Verhalten des preuß. Gesandten in London freilich fast un - glaublich erscheinen würde, ist der Umstand, daß Niemand das Zustandekommen dieses Arrangements lebhafter wünscht und in Stille auch lebhafter be - treibt, als Preußen. Der Grund davon liegt ein - fach in der Hoffnung, daß auf solche Weise Ol - denburg vacant werden könnte, und daß Preußen alsdann Aussicht hätte, sich durch den Zuwachs dieses Großherzogthums zu arrondiren. Nach dem bekannten Briefe des Königs von Preußen an den Herzog von Augustenburg sollte man freilich glau - ben, daß Preußen sich verpflichtet fühlen würde, die agnatischen Rechte dieser Linie bis auf's Aeu - ßerste zu verfechten; diese Richtung ist aber längst aufgegeben, und wenn der Herzog von Augusten - burg nicht in Oesterreich und den übrigen Staa - ten des deutschen Bundes eine kräftige Stütze für seine unzweifelhaften Ansprüche findet, so möchte er so ziemlich von aller Welt verlassen dastehen. Auf Preußen kann er nicht rechnen.

London, 28. August. Heute früh wurden die sterblichen Reste des Königs Ludwig Philipp in Gegenwart der ganzen kgl. Familie, des Abbe Guele und anderer Personen in einen bleiernen Sarg gelegt und dieser dann hermetisch verschlos - sen. Diesen Sarg wird ein anderer mit rothem Atlas überzogener umschließen und die Beisetzung soll Samstag in der Frühe erfolgen.

Folgendes ist nach der Times der Text des am 23. August von den Bevollmächtigten Oesterreichs, Dänemarks, Frankreichs, Großbritanniens, Ruß - lands und Schwedens und Norwegens im Foreign - Office unterzeichneten Protokolls: Der Geschäfts - träger Oesterreichs hat angekündigt, daß er von seinem Hofe ermächtigt ist, im Namen desselben den im Eingange und im Art. 1 des Protocolls vom 2. August 1850 ausgesprochenen Grundsätzen so wie den in Art. 2 und 4 enthaltenen Erklä - rungen beizupflichten, jedoch mit dem Vorbehalt daß durch die Stipulationen des erwähnten Pro - tokolls die Rechte des deutschen Bundes nicht be - einträchtigt werden sollen. Der Minister Däne - marks, während er mit Befriedigung diese von dem Hofe von Oesterreich dem Protocolle vom 2. August gegebene Zustimmung annimmt, halt es für seine Pflicht, daran zu erinnern, daß von der bestimmten Voraussetzung ausgegangen wird, daß die erwähnten Bundesrechte Deutschlands sich nur auf das Herzogthum Holstein und das Her - zogthum Lauenburg als Theile des deutschen Bun - des beziehen können. Die Vertreter Frankreichs, Großbritanniens, Rußlands und Schwedens und Norwegens, während sie einstimmig den Gesin - nungen Gerechtigkeit angedeihen lassen, welche den Hof von Oesterreich bewogen haben, den im all - gemeinen Jnteresse des Friedens und des europäi - schen Gleichgewichts durch das Protokoll vom 22. August aufgestellten Grundsätzen beizutreten, ha - ben von den vorstehenden Erklärungen Note ge - nommen. Koller. D. Reventlow. E. Drouyn de Lhuys. Palmerston. Brunnow. J. T. Re - hausen.

Jtalien.

Die Hauptangelegenheit, welche in diesem Au - genblick die Presse von Piemont beschäftigt, ist die Sendung des Ritters Pinelli nach Rom. Die Demagogen von Turin hatten vor, bei dieser Ge - legenheit gegen das Ministerium zu demonstriren; die Anführer der Partei hielten einen solchen Akt für compromittirend und empfehlen Ruhe und Ord - nung (!?). Man sucht Siccardi's Sache bestmög - lichst zu heben, weil man einsieht, daß sein An - sehen zu schwinden anfängt. Das Risorgimento bemerkt, daß die Mission des Hrn. Pinelli ein Concordat zum Zwecke habe. Jn diesem Falle würde die sardinische Regierung endlich das thun, was sie Anfangs hätte thun sollen; aber besser spät, als niemals. Dem sardinischen Parlament, sagt das halboffizielle Blatt, werden nächstens Gesetzesentwürfe in Betreff der Ehen und ihrer Beziehungen zur bürgerlichen Gesetzgebung vorge - legt werden. Die Sendung des Ritters Pinelli dürfte sich auf diese Fragen, welche ihrer Naturnach leicht zu neuen Verwickelungen mit Rom her - beiführen könnten, beziehen. Sollte diese Mission nun auch nicht glücken, jedenfalls kann sie nicht schaden. Wenn das Ministerium ein Concordat beabsichtigt, welches alle vernünftigen Reformen und Maßregeln, die die römische Regierung auch andern kath. Regierungen zugestanden hat, zusam - menfaßt, so zollen wir der Klugheit und den Rück - sichten, womit unser Ministerium verfährt, allen Beifall. Der Cattolico von Genua enthält eine Korrespondenz aus Turin vom 20. August, welche auch durch andere Nachrichten bestätigt wird. Hiernach scheint es dem piemontesischen Ministe - rium immer schwieriger, wenn nicht unmöglich zu werden, gegen Msgr. Fransoni irgend welche ge - gründete Anklagepunkte zu finden. Jn der Angst habe es daher zu Unterhandlungen seine Zuflucht genommen, um auf diesem Wege die Demission des hochw. Erzbischofs zu erlangen. Sollte dem wirklich so sein, welches wohl kaum bezweifelt werden kann, so würden sich Azeglio und seine Collegen sehr täuschen. Hören wir den Catto - lico : Unsere Gerichte sind verlegen. Es war ihnen der Auftrag geworden, gegen Msgr. Fran - soni die Anklage einzuleiten, und ihm den Prozeß zu machen. Nach den angestellten Untersuchungen hat sich aber kein einziger Anhaltspunkt gefunden. Denn denjenigen, die an dem Gesetze Siccardi thätig theilgenommen haben, im Falle sie nicht widerrufen, die Sakramente verweigern, weil sie excommunicirt sind, ist kein im Gesetzbuche vor - hergesehenes Verbrechen. Der Magistrat hat deß - halb, wie man aus guten Quellen versichert, an das Ministerium berichtet: Non invenio eo causam. Das Ministerium schickt nun, um aus der Verlegenheit herauszukommen, die Herren Pi - nelli und Tonelli nach Rom, um u. A. vom Papste die Abdankung des Herrn Erzbischofs zu erlan - gen, mit dem Versprechen, unter dieser Beding - ung dem Prälaten alle begangene Verbrechen zu verzeihen, und die Anklage fallen zu lassen. Allerdings würde man sich vorbehalten, das Ab - stehen von dem gerichtlichen Verfahren gegen den Herrn Erzbischof hintendrein bei der Bevölkerung als eine dem h. Stuhle gewährte Gnade auszu - geben. Das Ministerium denkt somit seine über - eilten, ungesetzlichen und verfassungswidrigen Maß - regeln mit dem Mantel der Güte, der Verzeih - ung und der Barmherzigkeit zu bedecken. Wir werden nun sehen, ob sich Rom von den mini - steriellen Spitzfindigkeiten täuschen läßt.

Neuestes.

* Würzburg, 2. September. Gestern kam Graf Chambord nebst Gefolge von Wiesbaden kommend hier an.

Bamberg, 31. August. Von der heute früh abmarschirten Division des 6. Chev. = Regiments ist eine Abtheilung auf eine heute früh eingetrof - fene Ordre wieder zurückgekehrt.

Kirchheimbolanden, 29. August. Durch den inn Nr. 117 der Pfälzer Zeitung erschienenen, aus dem Würzburger Stadt = und Landboten entnommenen Aufsatz Merkwürdige Schicksale , welcher nur zu sehr das Gepräge freiherrlich v. Münchhausen'scher Wahrheitsliebe an sich trägt, hat sich das hiesige K. Landkommissariat veran - laßt gefunden, über die persönlichen Verhältnisse des abenteuerlichen Peter Wilhelm von Rupperts - ecken beim Bürgermeisteramt Marienthal Erkun - digungen einzuziehen. Die Antwort des Letzteren lautet nun dahin, daß ein gewisser Peter Wil - helm aus Ruppertsecken allerdings existire. Der - selbe sei vor langer Zeit als Metzgerbursche in die Fremde gewandert, jetzt etwa 50 Jahre alt, aber sein dermaliger Aufenthalt dem betreffenden Bürgermeisteramt unbekannt, welches nur so viel zu berichten wisse, daß er schon mehrmals wegen Bettels und Vagabundirens bestraft worden, je - doch niemals in Militärdiensten gestanden und ebensowenig in Spanien oder Algier gewesen sei, demnach die im Würzburger Stadt und Land -boten und in Nr. 117 der Pfalzer Zeitung geschilderten Schicksale nicht erlebt haben könne. Es stehe jedoch zu vermuthen, daß besagter Aben - teurer jenen Artikel sich irgendwo habe schmieden lassen, seinen Bettelzweck durch Anregung des öf - fentlichen Mitleids wirksamer zu erreichen, wobei ihm der Umstand trefflich zu Statten kommen mußte, daß sein Körper wirklich die in jenem Bittgesuche beschriebenen Narben und Gebrechen an sich trage. Es wäre sonach eine weitere Un - tersuchung gegen diesen Menschen einzuleiten, ob, wo und welchen Gebrauch er von bewußtem Auf - satze gemacht habe.

Heidelberg, 29. August. Heibeler, gewese - ner verantwortlicher Redakteur des früher hier er - schienenen Schmutzblattes Republik , wurde heute früh auf 5 Jahre nach Bruchsal ins Zuchthaus abgeliefert.

Kassel, 30. Aug. Am Schlusse der heutigen Sitzung zeigte der Landtagskommissär der Ver - sammlung an, daß Se. k. Hoheit der Kurfürst die Deputation zur Ueberreichung der Adresse nicht empfangen könne, worauf die öffentliche Sitzung in eine vertrauliche sich verwandelte.

Wien, 26. Aug. Anfangs künftigen Mo - nats erscheint hier unter der Redaktion des Prof. Stubenrauch eine Allgemeine österreichische Ge - richtszeitung mit der Tendenz, im Volke Gesetz - kenntniß zu verbreiten, verbunden mit einer fort - laufenden Darstellung der wichtigern Gerichtsver - handlungen aus allen Kronländern.

C Paris, 29. August. Der Präsident der Republik ist gestern Abend um 8 Uhr von seiner Reise hierher zurückgekehrt. Am Bahnhofe waren die Mitglieder der Gesellschaft des Dir Decem - bre aufgestellt. Die Straßen der Vorstädte St. Denies und St. Martin waren mit Truppen be - setzt und abgesperrt. Die Boulevards dagegen mit Menschen überfüllt. Ungeachtet der Bemüh - ungen der genannten Gesellschaft konnte das Vive Napoleon nicht durchdringen und wurde von einem massenhaften, ununterbrochenen Hoch die Republik überstürmt.

Triest, 25. August. Jm Gefolge des - nigs von Griechenland befinden sich die Herren: Generaladjutant Mavromichalis, die Ordonanz - offiziere Miaoulis und Drakos und der Biblio - thekar Professor Philoppos.

Ludwigsburg, 27. Aug. s (Schluß der Ver - handlung des Schwurgerichtshofs gegen den Buch - drucker Güldig von Heilbronn wegen Herabwür - digung der Religion. Die Geschwor'nen in - lingen, bemerkt der Staatsanwalt, welche den Re - dakteur der Volkswehr wegen desselben Artikels abzuurtheilen hatten, haben einstimmig ausgespro - chen, es liege in dem angeschuldigten Artikel eine Herabwürdigung der Religion. Der Staatsan - walt schließt mit der Ermahnung an die Ge - schwornen, sie möchten, als Vertreter des Volks, dessen größter Theil an solchen Religionsspötte - reien keine Freude habe, und das noch nicht so weit gekommen sei, um eine Herabwürdigung der Religion ohne Strafe lassen zu wollen, ein Schul - dig aussprechen. Die Vertheidigung beginnt da - mit, daß sich der Herr Vertheidiger zur allgemei - nen Ueberraschung des turnenden und nicht tur - nenden Publikums gegen die Consequenz verwahrt, die aus den Schlußworten des Staatsanwalts ge - zogen werden könnte, als müßte den, welcher eine Herabwüreigung der Religion vertheidige, religiös gesunken sein. Sodann geht er zur subjectiven Vertheidigllng über, die sich namentlich auf das Lügen vor Gericht bezieht, welches er dadurch zu entschuldigen sucht, daß der Angeklagte schon gar zu viele unangenehme Bekanntschaften mit den württembergischen Gerichten gemacht habe, wes - halb es ihm nicht sehr übel zu nehmen sei, daß er sich aus den Klauen des Gerichts auf diese Weise befreien wollte. Zur objectiven Seite über - gehend gibt die Vertheidigung zu, daß der Artikel das religiöse Gefühl des Einen oder des Andernverletzen könne; aber es gebe auch Leute, welche sehr viele Religion haben, freilich nicht gerade die christliche, oder eine positive, und deren reli - giöses Gefühl durch den angeklagten Artikel nicht verletzt worden sei. Sodann wird der oft er - wähnte Sailer, den Hr. Georgii zum Propst stem - pelt, angeführt und Hr. Georgii zeigt sich als meisterhafter Vorleser im schwäbischen Dialekt. Der Herr Präsident macht den Vertheidiger da - rauf aufmerksam, daß Sailer, den Schoder sogar mit dem berühmten Bischof verwechselt habe, we - der Bischof noch Probst, sondern einfacher Conven - tual des Klosters Marchthal gewesen sei. Der Vertheidiger meinte hierauf: Ob Sailer Bischof, ob er Probst gewesen, sei am Ende gleichgiltig, jedenfalls habe er existirt. Nach Sailer muß un - begreiflicher Weise auch Göthes Faust noch her - halten und auch hier beweist sich der turnende Vertheidiger wieder als trefflicher Vorleser des Prologs im Himmel. Hierauf belehrt der Herr Vertheidiger die Geschwornen, was der Teufel sei. Conclusio: Wenn Göthe Gott in menschlicher Weise darstellt, wie er dem Teufel erlaubt, eine Menschenseele zu verführen, so muß auch der an - geklagte Artikel berechtigt sein, in seiner Weise die Lächerlichkeit der hohen Herrschaften zu geißeln. Der Angeklagte vertheidigt sich sofort noch selbst und zwar besser, als der Vertheidiger. Das Hauptmoment seiner Vertheidigung bildet den Um - stand, daß der komische Volkskalender, aus wel - chem der Artikel entlehnt worden, in Württem - berg nicht verboten, sondern so gut als die Bibel in jeder Buchhandlung zu haben sei. So lange man aber den Volkskalender selbst nicht verbiete, müsse es auch gestattet sein, einzelne Aufsätze aus demselben beliebig abzudrucken. Auch beschwert sich der Angeklagte, daß der Staatsanwalt fort - während seine Angriffe gegen ihn richte. Der Staatsanwalt replicirt, er sei dazu da, um anzu - greifen, vertheidigen könne er den Angeklagten nicht, er glaube auch, daß nichts an ihm zu ver - theidigen sei. Freilich sei er gar oft in den Fall gewesen, die Redakteure des Neckardampfschiffs an - greifen zu müssen, aber das sei nicht seine Schuld, sondern die Schuld dieser Leute. Ueberdieß ha - ben die Geschworenen in allen Processen gegen das Neckardampfschiff ein Schuldig ausgesprochen. Ad vocem Sailer, bemerkt der Herr Staats - anwalt, dieser Sailer, von dem nun endlich zur Anerkennung gekommen sei, daß er kein Bischof war, habe mit seinen Werken die Erzählungen der Bibel nicht lächerlich gemacht, sondern blos sie in ein populäres Gewand gekleidet, um sie dem Volke verständlich zu machen. (Der Bericht - erstatter des D. Vlksbl. drückt bei dieser Gele - genheit dem Herrn Vertheidiger seine Verwunde - rung darüber aus, daß er nicht auch die Passi - onsspiele im Oberammergau in seine Vertheidi - gung hereingezogen hat. ) Der Hr. Vertheidiger fühlt sich durch die Replik des Staatsanwalts so deprimirt, daß er ein gewaltiges pater pec - cavi anstimmt und am Ende gar sich selbst mit dem Angeklagten verwechselt, so daß er den Ge - schwornen zuruft: Wie auch Jhr Wahrspruch aus - fallen mag, ich muß ihn mir gefallen lassen, und auch die Presse wird Jhren Ausspruch achten. (Hierüber erlauben wir uns einige bescheidene Zweifel, denn kurz nach dem Prozeß gegen den Eulenspiegel, in welchem Schoder erklärte, die Presse werde sich in Zukunft in Acht nehmen, das religiöse Gefühl des Volkes zu verletzen, und unmit - telbar nach den vielen Kundgebungen des verletz - ten religiösen Gefühls gegen die Freisprechung des Eulenspiegels erschien der incriminirte Artikel im Neckardampfschiff, wie zum Hohne gegen jene religiösen Kundgebungen. ) Die Geschwornen er - klärten den Angeklagten nach kurzer Berathung für Schuldig. Der Gerichtshof erkannte demge - mäß eine auf der Festung zu erstehende Kreis - gefängstrafe von acht Wochen. Der Staatsanwalt hatte2 1 / 2 Monat beantragt.

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

Druck von Joseph Steib in Würzburg.

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TextDie Bayerische Presse
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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