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Die Bayerische Presse.
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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr Nr. 533.

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Nr. 243.
Würzburg, Donnerstag den 10. Oktober. 1850.

Die neue Taktik der Demokraten.

Schluß. Statt sich auf's Neue mit Gut und Blut für eine Sache zu verschreiben, bei welcher man nur Gut und Wohlleben suchte, statt den Rechtsboden mit muthwilligem Spiel fort und fort zu durchlöchern und gegen das bestehende Recht mit Wort und That loszuziehen, fängt man an, das Recht, diese Schutzmauer aller Bedräng - ten, anzurufen; statt einem illegalen Vernichtungs - krieg hat man die Stellung eines s. g. legalen Widerstandes, einer passiven Widersetzlichkeit ein - genommen. Hätte die alte von dieser Partei aus - gesäete Begriffsverwirrung über das, was Recht ist, nicht ihre bitteren Früchte getragen, so könnte man über diese Resignation der Partei sich nur freuen, und die Regierungen würden gewiß das Jhrige thun, den Verirrten einen so wenig als möglich beschämenden und demüthigenden Rückzug anzubahnen. So lange aber diese Parteiführer es so offen zur Schau tragen, daß sie nicht Frieden sondern nur Waffenstillstand begehren, daß sie auf ihre Forderungen, wenn sie sich gleich als unmög - lich bewiesen, nicht verzichtet, sondern dieselben blos auf gelegenere Zeit vertagt haben, so lange man für den Radikalismus zwar die Gegenwart, aber nicht die Zukunft verloren gibt, und die Jdealrepublikaner nicht das Soll, aber das Muß vor der Hand aufgegeben haben, können die Re - gierungen im Jnteresse des Volkes, das am leich - testen mit Hilfe seiner fünf Sinne zur Besinnung und Einsicht kommt, die schmähliche und heillose Niederlage, welche jenes Treiben der Volkspartei erlitten hat, nicht mit dem Schleier mitleidiger Liebe zudecken, sondern müssen wünschen, daß die Geschichte der beiden letzten Jahre eine warnende Lehrmeisterin für die künftigen Zeiten abgebe, in - dem die schädlichen Früchte jenes souveränen Schwindelhafers offen zu Tag gelegt und ihre unzeitigen Geburten vor dem vernünftigen Volks - willen an den Pranger gestellt werden. Die letzte Waare, mit welcher die Demokratie Ge - schäfte machen will, ist das angebliche Recht der Steuerverweigerung. Die Rollen der Advokaten, welche dieses Recht zu vertreten haben, sollen in den süddeutschen Ländern bereits ausgetheilt sein. Jn der That, die Demokraten beuten den Satz, daß das Geld die Welt regiere, nach allen Richtungen hin möglichst gut aus: da es ihnen bis jetzt an der geistigen Macht zur Regierung fehlt, suchen sie sich wenigstens die materielle Macht in die Hände zu spielen! Sie deklamiren gegen die stehenden Heere, als Blutegel am Beu - tel der Steuerpflichtigen, und maßen sich in un - beschränkter Weise das Recht der Steuerverwei - gerung an. Wir können es uns erklären, wie man diese neue Lehre, welche Sein und Nichtsein des Staates in die Hände der Volksvertreter ein - seitig niederlegt, als eine nothwendige Consequenz aus den Grundsätzen der Volkssouveränetät ab - leitet. Anfangs wurde das Steuerverweigerungs - recht nur auf einzelne Steueransätze angewendet, um die Minister fügsam zu machen: sei den ruhm - würdigen Märztagen hat man die letzten Conse - quenzen aus dieser heillosen Lehre gezogen, und eine Steuerverweigerung en bloc -- für direkte und indirekte Steuern -- ist das moderne Miß - trauensvotum, welches die Kammern einem ihnenmißliebigen Ministerium in jedem Augenblick und aus den unbedeutendsten und grundlosesten Ver - anlassungen und Voraussetzungen hinzuschleudern nicht nur bereit sind, sondern sich für berechtigt oder gar verpflichtet halten. Die Steuerverwei - gerung möchte sich in unseren Tagen gerne als das souveräne Mittel herausstellen, die Regierung zur Einhaltung der Verfassung im Sinne der Demokraten zu nöthigen und eine legale Re - volution zu bewirken! Wir begreifen recht wohl, daß dieses Mittel eines gesetzlichen Widerstandes mit vieler Klugheit und Schlauheit gewählt ist, und in den Augen mancher Steuerpflichtigen als eine sehr populäre Maßregel erscheinen mag, denn Wessen geistiger Horizont nicht über die Grenzen seines unmittelbaren augenblicklichen Vortheils hin - ausgeht, wird diese Steuerverweigerung sehr be - quem und vortrefflich finden, und in dieser Hin - sicht möchte der üble Eindruck, welchen die Diä - tenabstimmung bei Manchen zurückließ, durch die - sen Akt, welcher die Steuern nicht blos herabsetzt, sondern ganz annullirt, verwischt werden. Freilich wäre auch diese Freude, wie die Popularität de - rer, die sie bereitet haben, eine schnell vorüberge - hende, denn an eine solche Maßnahme der Stände müßten sich Maßregeln der Regierung anreihen, welche die Steuern nur vermehren und das Jn - stitut der Landstände als ein immer kostspieligeres und fruchtloseres herausstellen würden: aber die Demokratie lebt vom Augenblick, von der Hand in den Mund, sie ergreift die Gelegenheit am Schopf, und vertraut auf die Zukunft immer aufs Neue, da sie weiß, daß alle Eventualitäten ihre zwei Seiten haben, und es ihren Advokaten nicht schwer werden wird, immer diejenige hervorzukeh - ren, welche in ihren Kram paßt! Sie schreckt vor den Gefahren, welche dem Konstitutionalis - mus überhaupt durch ihre Handlungen drohen, nicht zurück; im Gegentheil heißt sie dieselben willkommen, denn der Konstitutionalismus selbst ist ein Dorn in den Augen dieser Jdealrepubli - kaner, weil er nach ihrer Ansicht den Hemmschuh bildet, um den Wagen des Staats in das breite Fahrgeleise der goldenen Republik überzulenken! Die konstitutionelle Monarchie hat keine gefährli - cheren geheimen Feinde als die Radikalen und Demokraten! Darüber, daß jede Verweigerung unentbehrlicher Abgaben von Seiten der Landstände ebenso unvernünftig als gewissenlos ist, und sich nur mit dem Zweck radikalen Umsturzes alles Bestehenden vertraget, wollen wir kein Wort ver - lieren. Gäbe man den Ständen das unbedingte Recht, durch Verweigerung der Steuern die Krone zu zwingen, so wäre das so viel als die Erklä - rung, daß die Regierung in Allem den Ständen gehorchen müsse, d. h. man würde die Monarchie vernichten. Einem s. g. konstitutionellen Systeme, welches eine jede Regierung ohne Weiteres un - möglich macht, die nicht geradezu den Ständen gehorcht, wird mit Recht vorgeworfen, daß es eine Lüge sei. Wie denn freilich so Viele das mo - narchisch = konstitutionelle System auch nur als eine Abschlagszahlung á conto der im Stillen erstreb - ten Republik betrachten, und sich in diesem Sinne als Konstituionelle brüsten. Die neueste Taktik unserer Demokraten ist der Scheinkonstitutionalismus!

Deutschland.

München, 8. Okt. Se. Maj. der König hat dem Generallieutenant im Generalquartiermeister - Stab und Referenten im Kriegsministerium, Karl Frhr. v. Heideck genannt Heidegger, für die zu - rückgelegte treugeleistete 50jährige Dienstzeit das Ehrenkreuz des Ludwigsordens verliehen und dem Generallieutenant Prinzen Eduard von Sachsen - Altenburg mit dem Vollzug der feierlichen Deko - ration beauftrag, wozu eine vollständige Brigade auszurücken hat. -- Das Observationskorps bei Aschaffenburg wird sobald noch nicht aufgelöst werden und erhält die Mannschuft 3 kr. Zulage per Tag, welche unter der Rubrik: Kantonirungs - Zulage verrechnet wird. Uebrigens ist auch von einer Vermehrung des genannten Korps vorläufig noch nichts bekannt. (A. Abz.)

Die Ereignisse in Kurhessen

Kassel, 8. Okt. Heute früh wurden durch den Generalstaabslieutenant Caub, gegenwärtig Adjutant des Generals v. Haynau, sämmtliche hier befindliche Pressen versiegelt und mit starken Wachen besetzt. -- Nachschrift. Soeben, 11 Uhr Vormittags, erfährt man, daß das Generalaudi - toriat suspendirt ist.

Kassel, 8. Okt. Die trotz des Belagerungs - zustandes in irgend einem verborgenen Winkel fort erscheinende Neuhessische Zeitung klatscht in ihrer gestrigen Nummer aus, daß zwei Appella - tionsräthe einflußreichen Personen verfassungswi - drigen Rath ertheilten, und droht, solche dem öffentlichen Hasse zu denunziren. Es ist dies ein deutliches Symptom des, von dem neuhessischen Lese = Museum und der von da aus inspirirten Büreaukratie geübten, wahrhaft scheußlichen Des - potismus. Während die Beschlüsse der Behörde mit schnöder Hintansetzung des Dienstgeheimnisses sofort in den Theegesellschaften, in den Sudel - blättern und auf den Gassen nacherzählt werden, soll die Minorität nichts Geringeres, als selbst dem gewohnten freundschaftlichen Umgange ent - sagen. -- Denn von etwas Weiterem ist hier und kann nichts die Rede sein. -- Der ver - haftete Oetker hat von den Civilkammern des Obergerichts ein unbedingtes Entlassungs = Mandat ausgewirkt, wogegen aber dem Staatsanwalt, wel - cher um Jnstruktion nach Wilhelmsbad berichtet, die Appellation offen stehet. -- Oetker hat die Erlaubniß erhalten, täglich eine Stunde im Ka - stel spazieren zu gehen, jedoch darf er die Wälle nicht betreten.

Hanau, 8. Okt. Meinem gestrigen Berichte über den Empfang der Deputation des Oberap - pellationsgerichts und über die von Se. Königl. Hoheit dem Kurfürsten dabei gesprochenen Worte kann ich noch nachtragen, daß Se. Königl. Hoh. bemerkte, die Competenz der Gerichte solle durch - aus nicht weiter beschränkt werden, als es der Kriegszustand mit sich bringe, diese Beschränkung leite sich aber aus den auf Grund des §. 95 ge - gebenen Gesetzen von selbst her. Die Staatsge - walt könne keine doppelte sein und die Gerichte könnten nicht die Befugniß in Anspruch nehmen, über die Erlasse der landesherrlichen Gewalt Ent -scheidungen zu geben, durch welche diese Erlasse für unwirksam erklärt würden. Was den Oberst - lieutenant Hillebrand betrifft, so kann ich trotz aller gegentheiligen Behauptungen versichern, daß er nur mit Erlaubniß des Oberkommandanten von Kassel nach Wilhelmsbad kam, und blos deshalb, um sich von der Sachlage genau zu unterrichten; wäre er ohne Urlaub gekommen, so würde er ohne Zweifel sofort verhaftet worden sein.

Wilhelmsbad, 9. Okt. Der Commandant Gerland ist, wie man aus Kassel erfährt, zurück - getreten. Auf eine Aufforderung des Generals v. Haynau, die Commandantur zu übernehmen, und sich seinen Befehlen zu fügen, haben fast alle Stabsoffiziere ablehnend geantwortet. Einstweilen hat sich jedoch der Major v. Bardeleben von Kurfürst = Husaren dazu bereit gefunden. Der Ge - neral v. Urff hat seinen Abschied eingereicht. Al - ler Wahrscheinlichkeit nach wird die Mehrzahl der höhern Offiziere dasselbe thun.

Schleswig = holsteinische Ange - legenheiten.

Kiel, 5. Okt. Jn der heutigen Sitzung der Landesversammlung hat in Folge deßfalligen Be - schlusses der Versammlung der Präsident folgende in den geheimen Sitzungen gefaßte Beschlüsse pu - blicirt: Die schleswig = holsteinische Landesversamm - lung hat in ihrer 27. und 28., sowie 30. und 31. geheimen Sitzungen vom 2. und 3. Okt. d. J. in Betreff der Finanzvorlage und des ihr vorge - legten Kriegsbudgets für die beiden letzten Quar - tale 1850, sowie des Nachtrags zu demselben fol - gende Beschlüsse gefaßt: I. 1) Daß die Verwen - dung der überschießenden Einnahmebewilligung für die ersten sechs Monate des Jahres 1850 auf die Ausgaben des Kriegsbudgets für das zweite halbe Jahr 1850 nachträglich genehmigt werde. 2) Die Zustimmung zur Verwendung der von Deutschland und anderen Ländern eingegangenen und noch ferner eingehenden freiwilligen Beiträge nach dem Zwecke der Geber zur Kriegführung. 3) Daß die für Lazarethe und Verpflegung und sonstige besondere Zwecke als Gaben eingegange - nen 43,673 Mark nicht mit zum disponiblen Kassenbehalt zu rechnen seien. II. 1) Die Statt - halterschaft aufzufordern: das Kriegsheer über die gegenwärtige Etatsstärke zu vermehren und diese Vermehrung schnellmöglichst zu beschaffen. 2) Die von dem Departement des Krieges beantragte Ausgabesumme für das Kriegsbudget, für das zweite halbe Jahr 1850 von der Versammlung festgesetzt auf 11,261,890 Mark, zu bewilligen, so wie ferner 3) für die Vermehrung des Heeres über die Etatsstärke 3,292,687 Mark zu bewilli - gen. 4) Dem Departement des Kriegswesens die discretionäre Verwendung der für den Kriegszweck bewilligten Fonds, mit Ausnahme der für die außerordentliche Verstärkung über die Etatsstärke bewilligten Summe von 3,292,687 Mark, zu gestatten. III. 1) Daß die Summe von 1,250,000 Mark in Kassenscheinen zu2 1 / 2 Mark emittirt und der Kassenscheinausschuß zur Vornahme des deßhalb Erforderlichen autorisirt werde, sowie daß die betreffenden Paragraphen der Verordnung vom 31. Juli 1848, die Emittirung der Kassenscheine betreffend, auch auf diese neu zu emittirenden Kassenscheine Anwendung leiden. IV. 1) Daß die zur Deckung der genehmigten Mehrausgabe er - forderlichen Summen durch eine Zwangsanleihe nach Maßgabe des Vermögens und des Einkom - mens aufgebracht werden, und zwar in Gemäß - heit der beiden angeschlossenen Gesetzentwürfe An - lagen A und B nebst Anhängen. 2) Daß die Statthalterschaft zu autorisiren sei, ein weiteres halbes Procent als Anleihe vom Vermögen und als dritten Termin auszuschreiben, falls sich zei - gen sollte, daß der Betrag der andern beschlosse - nen außerordentlichen Ausschreibungen nicht zum Zweck des festgestellten Kriegsbedürfnisses hinrei - chen würde. Die Versammlung wurde darauf bis zum 25. November vertagt.

Kiel, 5. Okt. Jn der gestrigen Sitzung der Landesversammlung wurde der Antrag der Mino - rität des Ausschusses auf Amnestirung aller poli - tischen Verbrecher mit Ausnahme der Landesver - räther mit 38 gegen 36 Stimmen angenommen.

Vor Rendsburg, 5. Okt. Wir haben die - sesmal eine der entschiedensten Niederlagen der schleswig = holsteinischen Armee zu melden, die wohl nur stattfinden kann, der Sturm auf Friedrichstadt ist von den Dänen mit Bravour abgeschlagen, wobei dieselben nur einen geringen, die Schles - wig = Holsteiner dagegen einen sehr bedeutenden Ver - lust haben, und abermals müssen wir den Verlust vieler tüchtiger Männer beklagen. Die Details sind etwa folgende: Bis gegen Abend des ge - strigen Tages wurde das Bombardement auf die feindlichen Schanzen fortgesetzt und mehrere auch theils vernichtet, theils nur beschädigt, so daß man eben glaubte, den größten Theil derselben un - schädlich gemacht zu haben. Um 5 Uhr Abends wurde die Jnfanterie, welche außer dem 1. Jäger - korps und 6. Bataillon durch das 3, 12 und 15. Bataillon verstärkt worden war, zur Formir - ung der Sturm = Colonnen herangezogen, und um 6 Uhr begann der Sturmangriff längs der Chaus - see und auf den wenigen passirbaren Dämmen. Die ersten Schanzen wurden nach einem 1stün - digen Kampfe genommen, doch alsdann ging es sehr schlecht, die Wege waren durch Gräben und Kanäle durchstochen, so daß erst diese von den Pionieren und Pontonieren ausgefüllt werden muß - ten. Während dessen eröffnete der Feind aus maskirten Batterieen und Schanzwerken, auf die man gar nicht gerechnet hatte, ein mörderisches Kartätschenfeuer, welches die heranstürmenden Glie - der in Massen darniederstreckte. Das 6te Ba - taillon drang nach großem Verlust bis dicht vor Friedrichstadt vor, wurde von dort aus jedoch mit so lebhaftem Feuer empfangen, daß es sich trotz der Verstärkung durch das 15. Bataillon zurückziehen mußte. Gegen 10 Uhr befanden sich die Truppen auf der Retirade, von der feindlichen Jnfanterie, die aus der Stadt debouchirte, ver - folgt, die Batterie Christiansen deckte bis gegen das Eiderufer den Rückzug, bis wohin die feind - liche Jnfanterie vorgedrungen war, die Truppen wurden darauf bis nach Süderstapel zurückgezogen, wo sie die Nacht bivouakirten. Der Verlust ist ein sehr bedeutender und wird auf 400 bis 500 Mann, worunter 30 bis 40 Offiziere, zu veran - schlagen sein, das 3. Bataillon hat durch das Brechen eines Pontons einen Zug verloren, die sämmtlichen Leute dieses Zuges sind ertrunken. Das 6. Bataillon hat seine sämmtlichen Offiziere verloren, genug, der Rückzug war ein äußerst kläglicher und der von dem General v. Willisen erlassene Armeebericht, der wieder mit Phrasen Alles vertuschen will, konnte dennnoch den tiefen Eindruck, den diese Expedition gemacht, nicht ver - wischen.

Von der Eider, 5. Okt. Gestern Abend Punkt 6 Uhr hat der Sturm auf Friedrichstadt von allen Seiten begonnen. -- Den ganzen Tag war die lebhafteste Kanonade gegen die feindlichen Werke unterhalten; vom Milder Deich, der See - ther Chaussee, dem Drager Deich, den Kanonen - böten, der diesseitigen starkbesetzten Schanze bei der Fähre vernahm man einen mit wenigen Un - terbrechungen anhaltenden Geschützdonner. Endlich 5 1 / 4 Uhr, als der Beschluß zum Stürmen bereits gefaßt sein mochte, überstieg das Dröhnen und Krachen alles Bisherige, die Erde erbebte. Plötz - lich hörte man von allen Seiten die Signale der Hörner, der Trommeln, das Hurrah = Rufen un - serer stürmenden tapferen Krieger. Der Feind hatte den Tag über, wie bisher, nur vereinzelt das diesseitige Feuer erwidert, er war kaum ir - gendwo zu erblicken gewesen. Es ruhte eine un - heimliche Stille über der Stadt. Jetzt mit ein - mal, als unsere Colonnen von Seeth her im Sturmschritte anrücken gegen die Schanzen und das Blockhaus am Greve〈…〉〈…〉 'schen Hofe, sieht man überall in den Gärten, den Verschanzungen und Verhauen den Feind sichtbar werden, Tausende stehen, wie aus der Erde gewachsen, plötzlich da,um den Sturm abzuschlagen. Es begann ein un - aufhaltliches Gewehrfeuer, dazwischen das Pfeifen der Espignol = Batterie, das Krachen von Minen, das Pfeifen von Granaten. Ein furchtbarer Kampf entspann sich, man hörte deutlich herüber das Hurrah, das Schreien und Rufen und da - zwischen das Singen unseres Nationalliedes. Jm - mer wilder entbrannte der Kampf, beleuchtet von dem Feuer der Stadt, deren Brand, sich selbst überlassen, mehr und mehr um sich griff. Bald war die Stadt ein Feuermeer, die reformirte Kirche und ganze Quarre der regelmäßig gebauten Stadt sah man von den Flammen ergriffen. Zwischen dem Krachen der Kanonen, dem Zischen und Pfei - fen der Kugeln hörte man das Hurrah unserer Soldaten, aber auch schon die Jammertöne der Verwundeten. Dieses wilde Wogen und Toben währte von 6 Uhr bis gegen 11 Uhr, fast 5 Stunden, und immer schien sich der Kampf mei - stens auf einem Punkte zu halten. Jm ersten Anlaufen gingen die Unsrigen weit vor, mußten jedoch wieder zurück, später hörte man 3, 4 Mal die Signale zum Avanciren, ununterbrochen dau - erte das Schießen unserer Krieger, die mit To - desverachtung sich gegen die Schanzen warfen, dort aber auch eine tapfere und kräftige Gegen - wehr fanden. Endlich gegen 11 Uhr ertönten die Signale zum Zurückziehen; der Feind war zu stark, dabei gedeckt in seinen Schanzen in den Gärten und äußern Häusern, er konnte noch nicht zum Weichen gebracht werden. Einige Schanzen sind von den Unsrigen genommen; sie haben in der Nacht die bisherige Stellung behauptet. Unser Verlust ist groß gewesen. Mit dem Einstellen des Stürmens trat plötzliche Stille an die Stelle des furchtbaren Getöses, alles schien gerne die Ruhe zu suchen, die Gluth der flammenden Stadt fachte sich von selbst noch immer mehr an.

Rendsburg, 6. Okt. Nachdem wir die nicht unerheblichen Hindernisse, die das Terrain der Marschgegend, vom Feinde obendrein aufs stärkste verschanzt, bot, überwunden zu haben glaub - ten, stürzten in der Nacht vom 4. zum 5. die Unsrigen sich nach Friedrichstadt hinein, fan - den aber auch hier wieder neue Schanzen und wurden vom Feinde aus den Fenstern beschossen; brennende Balken stürzten auf sie herab. Die Nachstürmenden wurden fortwährend vom Feinde beschossen, so daß sich keine hinreichende Anzahl in die Stadt hineinwerfen konnte, um den sie hier erwartenden Widerstand überwältigen zu können. Eine von uns über einen breiten Deichgraben so eben geschlagene Brücke ward in dem Augenblick, als die Unsrigen sie passirten, so gewaltsam von einer feindlichen Granate getroffen, daß sie zer - brach und eine ganze Section der Unsrigen ins Wasser stürzte und hier ihren Tod fand. Da wir die Stadt nur von der einen zugänglich ge - machten Seite einnehmen konnten und jener Un - fall einen fortgesetzten Sturm unmöglich machte, sahen wir uns genöthigt, vom Sturm abzulassen und uns mit unseren früheren Positionen vor Friedrichstadt zu begnügen. Der Verlust auf feind - licher Seite, wie der unsererseits, ist nicht uner - heblich. Etwas mehr als 30 unserer Offiziere sind theils verwundet, theils gefallen, darunter 16 vom 6., 7 vom 11., 4 vom 15. Bataillon und 5 vom 1. Jägercorps. Von der übrigen Mannschaft mögen zwischen 3 -- 400 kampfunfähig gemacht worden sein; man rechnet gegen hundert Todte. -- Friedrichstadt bietet ein schreckliches Bild der Verwüstung dar; mehr als die Hälfte desselben ist entweden eingeäschert oder zertrüm - mert, und was noch steht, ist der völligen Zerstö - rung gewärtig; denn wir können und dürfen un - sere Absicht, den Feind von dort zu vertreiben, nicht aufgeben; ist dies nicht auf die eine Weise gelungen, so muß es auf eine andere Art geschehen. Heute Morgen hat man es wieder nach jener Richtung hin schießen hören; ein Be - weis, daß, wenn auch der Sturm, so doch nicht der Kampf im Allgemeinen dort eingestellt worden ist.

Karlsruhe, 7. Okt. Achtzehnte öffentliche Sitzung der Ersten Kammer. Die Tagesordnung führt zur Berathung des von Hofrath Zöpfl er - statteten Kommissionsberichts über den Gesetzent - wurf, die Aufhebung der befreiten Gerichtsstände betreffend. Der Berichterstatter, Hofrath Zöpfl: Die Haupteinwendung, welche gegen den Gesetz - entwurf gemacht worden sei, bestehe darin, daß das Recht des befreiten Gerichtsstandes ein ver - tragsmäßiges sei. Solche Rechte persönlicher Natur (d. s. g. Statusrechte) wurzeln aber in nationalen Ansichten, und müssen sich mit der Entwickelung dieser auch verändern können; sie gehören vom juristischen Standpunkte aus nicht zu den jura quaesita. Der Redner erinnert die grundherrlichen HH. Abgeordneten daran, daß sie nicht als Vertreter ihrer Standesgenossen, sondern als Mitglieder eines legislativen Körpers in diesem Saale sitzen. Was den Vorwurf einer ungleichen Behandlung der Standes = und Grund - herren anbelange, so sei nur Etwas den Stan - desherrn gelassen, was die Grundherren nie ge - habt haben. Denn im Art. 14 der Bundesakte seien rücksichtlich der Grundherren die beschränken - den Worte enthalten: nach Maßgabe der Lan - desgesetzgebungen , während Dies hinsichtlich der Standesherren nicht gesagt sei. Das Zweckmä - ßige und Wünschenswerthe einer allgemeinen Re - gulirung der Verhältnisse und Rechte der Grund - herren erkennt der Redner an, macht aber zu - gleich darauf aufmerksam, daß der Grundsatz der Nothwendigkeit der Aufhebung der befreiten Ge - richtsstände im Jahr 1849 von den Ständen be - reits ausgesprochen worden sei. Bei der nament - lichen Abstimmung über den Gesetzentwurf im Ganzen erhält derselbe, da sich abermals Stim - mengleichheit ergibt, durch die entscheidende Stimme des Vorsitzenden, der sein Votum ausführlicher motivirt, die Zustimmung der Kammer.

Stuttgart, 7. Okt. Jn der dritten Sitzung der verfassungrevidirenden Landesversammlung rich - tete Fürst Waldburg = Zeil an den Minister der auswärtigen Angelegenheiten die Jnterpellation, ob es wahr sei, daß die württembergische Regierung den dänischen Friedensvertrag ratificirt habe und was die rechtliche Basis sei, von welcher aus die Regierung diese Ratification vollziehen zu müssen glaubte. -- Frhr. v. Linden: Jch könnte fragen, was der zweite Satz dieser Jnterpellation für ei - nen Sinn habe, ich will mich indeß an die Haupt - sache halten. Die württembergische Regierung hat diesen Frieden ratificirt unter Vorbehalt aller Rechte des deutschen Bundes. Die Ratification selbst wird seiner Zeit zur Kenntniß der Kammer gebracht werden. -- Sofort begründete A. See - ger seinen Antrag wegen Ausbezahlung der Ver - pflegungsgelder an Schleswig = Holstein. Wir ver - schonen das Publikum mit den bis zum Eckel wiederholten Tiraden über den Bruderkampf in Schleswig = Holstein und mit den historischen De - ductionen, die Hr. Seeger als bekannt hätte vor - aussetzen und darum weglassen können. Des Pu - dels Kern, in einen Bombast märzerrungener Phrasen eingehüllt, ist der: Es ist die Pflicht jeder Volksvertretung, laut zu protestiren gegen das Preisgeben deutscher Ehre, und da unsere Regierung nicht im Widerspruch mit andern grö - ßern deutschen Regierungen handeln kann, so ist das Wichtigste, was wir thun können, daß wir Schleswig = Holstein durch die Ausbezahlung der Kosten für den Transport und die Verpflegung der württembergischen Truppen eine Unterstützung gewähren. Die Kosten werden die Summe von 30,000 fl. nicht übersteigen. -- Frhr. v. Linden: Es kann nicht Sache eines Ministeriums sein, in derselben Weise und von denselben Motiven sich bestimmen zu lassen, wenn es sich von einer Be - lastung der Steuerpflichtigen handelt, welche hier mit so großer Begeisterung vorgebracht worden sind. Der Rechtspunkt ist gar nicht beachtet wor - den, Württemberg ist rechtlich gar nicht verpflichtet zur Bezahlung dieser Summe, es ist von Seiten der württembergischen Regierung ein sehr bedeu - tender Vorschuß zur Verpflegung der Truppen ge - leistet worden, bis diese an die Herzogthümer ka -men; dort angekommen, mußten die Herzogthümer sie verpflegen. Jch muß auch dagegen protestiren, als hätten die deutschen Regierungen die deutsche Ehre preisgegeben, das ist keineswegs geschehen, die Rechte Deutschlands sind gewahrt worden, man hat sich an das strenge Recht gehalten; man hat sich an das Recht gehalten, meine Herren, und das ist der beste Weg, die Ehre zu wahren. Wäre man früher schon mehr auf dem Rechtsbo - den geblieben, dann hätte die Ehre weniger Ge - fahr gelitten. -- Römer: Jch schweige von der Bewunderung über den Widerstand, welchen Schles - wig = Holstein nicht blos dem kleinen Dänemark, sondern der vereinigten Diplomatie von Europa entgegensetzt. Mit diesem Widerstand müssen auch wir uns vereinigen, nicht mit den Waffen in der Hand zwar und auch nicht in der Ueberzeugung, daß wir die Gegenwart für uns haben, sondern in der Hoffnung, daß die Zukunft unser ist. Die Summe von 37,000 fl., um die es sich hier han - delt, ist gewiß für ein Königreich nicht von dem Belang, daß es sie nicht entbehren könnte. -- A. Seeger als Berichterstatter perorirt heftig dage - gen, daß man sich der Ausgabe dieser kleinen Summe weigere, während man da und dort Re - gimenter hinspazieren lasse. Die Versammlung werde sich aber das merken und bei der Bera - thung des Kriegsbudgets fragen, wozu man diese Millionen für diese Armeen ausgegeben habe. Verwahren wir uns feierlich gegen die Preisge - bung Schleswig = Holsteins, rief der Redner zum Schlusse aus, rufen wir den Regierungen zu: Verlasset das Volk, gebt seine Rechte auf, das Volk wird nicht untergehen, aber wir werden un - tergehen. -- Der Antrag wird mit allen gegen zwei Stimmen (v. Linden, Sattler) angenommen. -- Sofort Uebergang zum zweiten Gegenstand der Tagesordnung, zu dem dringlichen Antrage Süskind's: die Versammlung wolle dem Volk und den Ständen in Kurhessen ihre Sympathieen aussprechen. Hr. Süskind bringt zum Anfang der Begründung seines Antrags die durchaus unbe - gründete Behauptung vor, das hessische Ministe - rium habe von den Ständen die Bewilligung zum Fortbezug der Steuern ohne Erfüllung der ver - fassungsmäßigen Bedingungen verlangt, um dann nach erfolgter Verweigerung der Steuern einen plausibelen Vorwand zum gänzlichen Umsturze der Verfassung zu finden, hält es aber natürlich für gänzlich überflüssig, diese seine Behauptung auch zu beweisen. Sodann folgt natürlich eine Phi - lippica gegen den Bundestag, welchen Hr. Süs - kind den sogenannten thatsächlichen Bundestag nennt. Darauf folgen einige unverständliche Flos - keln von nationaler Erhebung der Nation und von Deutschland als geographischer Begriff. -- Mack: Der Antrag Süskind's zerfällt sehr be - stimmt in zwei Theile, in die kurhessische und in die deutsche Frage. Soweit der Antrag die kur - hessische Frage betrifft, bin ich ganz für denselben. Die Verweigerung aller Vorlagen und das ganze Verhalten von Seite der kurhessischen Minister ist nicht gerechtfertigt und ich spreche dem Verhalten des kurhessischen Volkes meine volle Anerkennung aus. Hinsichtlich der deutschen Frage aber ist zu bemerken: Wir haben thatsächlich zwei Unionen in Deutschland, die Erfurter und die Frankfurter; wenn man sich in dieser kurhessischen Frage nun gegen die eine, für die andere Union sich erklärt, so erklärt man sich überhaupt für eine der beiden Unionen. Das sollte vermieden werden, wie man auch in Nassau und in Baden das vermieden hat. Jndeß erkläre ich mich selbst keineswegs für eine der beiden dieser Unionen, ich müßte mit meiner eigenen Vergangenheit brechen, wollte ich der Frank - furter Union Befugnisse einräumen, welche der frühere Bund hatte. Jch stelle daher den Antrag, daß statt des zweiten Theils des Süskind'schen Antrags zu Protokoll erklärt werde, daß man ge - gen die württembergische Regierung die Erwar - tung ausspreche, sie werde den Eingriffen in das Verfassungsrecht des kurhessischen Volks nicht bei - treten. Süskind formulirt seinen Antrag in die - sem Sinne, indem er noch beifügt: oder wenn der Beitritt bereits erfolgt sein sollte, daß sieihren Rücktritt erkläre. Der Antrag Süskind's in seinem ersten Theile wird mit 48 gegen 8 Stimmen angenommen. Der Antrag Mack's zum zweiten Theil wurde mit 42 gegen 14 Stimmen und der Antrag Süskind's wurde auch in seinem zweiten Theile mit 44 gegen 12 Stimmen ange - nommen.

Höchst, 6. Okt. Endlich ist gegen die Theil - nehmer an der Mißhandlung und lebensgefähr - lichen Bedrohung des ehemaligen Reichsministers Heckscher, welche so viel Aufsehen gemacht hat, ein Straferkenntniß ergangen. Sieben hiesige Einwohner, worunter ein schon früher mehrfach wegen gemeiner Verbrechen peinlich bestrafter Uhr - macher und ein Maurer, als die am meisten Gra - virten, sind zu Correktionshausstrafen von2 1 / 2 Jahr bis zu vier Monat verurtheilt.

Wien, 1. Okt. Die Bankdirektion erließ fol - gende Bekanntmachung: Da im Januar 1851 der letzte Zinsen = Coupon der österreichischen Bank - aktien fällig wird, so hat die Direktion der pr. österr. Nationalbank beschlossen zur Hinausgabe neuer Couponsbogen zu schreiten. Diese Coupons werden auf einem halben Bogen, bis Ende 1860, ausgefertigt -- somit zwanzig an der Zahl sein -- jeder derselben enthält die Namen des Kassen - direktors, J. C. v. Weittenhiller, und des Kas - siers der Aktienkasse, v. Decret, und jeder der - selben wird mit einer Stampiglie, das Siegel der österr. Nationalbank enthaltend, und mit einer geschriebenen Zahl versehen werden. Zur Erleich - terung der HH. Aktionäre im Ausland wird die Beilegung neuer Couponsbögen auch in Augsburg und München, Frankfurt a. M., Leipzig, Mann - heim, Amsterdam, durch die gefällige Vermittlung der geehrten Handlungshäuser Joh. Lor. Schäzler, M. A. v. Rothschild u. Söhne, Frege u. Comp., H. L. Hohenemser u. Söhne und des k. k. österr. Generalconsuls in Amsterdam, Hrn. Philipp J. Krieger, im Namen der priv. österr. National - bank gütigst und unentgeltlich besorgt werden.

Der Fr. S. = Ztg. wird aus Wien, 3. Okt. geschrieben: Jch bin in der Lage, Jhnen eine wichtige kaiserliche Entschließung mitzutheilen; sie betrifft die neue Organisirung des Kriegsministe - riums. Dasselbe wird auf einen geringen Theil seiner bisherigen selbständigen Wirksamkeit zusam - menschmelzen, und die eigentliche Oberleitung der Armee Se. Maj. der Kaiser, oder respective die unmittelbar unter ihm stehende Armee = Central - kanzlei übernehmen. Nur die sogenannte Militia stabilis bleibt unter dem Kriegsministerium, das heißt, z. B. die administrativen Zweige des Ver - pflegs -, Berechnungs = und Sanitätswesens. Alles, was zur mobilen Armee gehört, auch das Forti - fikationswesen wird ausgeschieden. Se. Majestät behält sich alle Avancements vom Lieutenant auf - wärts, soweit sie nicht der Befugniß der Regi - mentsinhaber ausnahmsweise zustehen, vor. Jn - dessen wird eine ständige höchste Militärconferenz gebildet, deren Mitglied auch der jeweilige Kriegs - minister ist, um, wie es in der Allerhöchsten Ent - schließung lautet, seine Verantwortlichkeit zu er - leichtern. Noch einige andere wichtige Beschlüsse in Bezug auf das Militärwesen werden erwartet.

Wien, 4. Okt. Die Ernennung des Herrn v. Radowitz wird seit acht Tagen von allen Zei - tungen lebhaft besprochen. Die Oesterreichische Correspondenz sagt von ihr: Erhabene Naturen fühlen in sich mitunter den Drang, selbst das treulose Glück sich unterthänig zu machen. Diesen Versuch scheint Herr v. Radowitz machen zu wol - len. Wird doch bei diesem Spiele nur die Ruhe Deutschlands, vielleicht auch Europa's ein klein wenig eingesetzt. Der göttliche Preis sind so und so viel Mediatisirungen, so und so viel Quadrat - meilen Landes und etliche Milionen unionistischer Bevölkerung mit einem Anhange passender Mili - tär = Conventionen, und was sonst dazu gehört. -- Eines ist aber jetzt schon leider! nur zu gewiß. Die Union tritt jetzt nicht mehr blos propagan - distisch, sie tritt gewaltsam, erobernd auf. Der Kurfürst von Hessen widerstrebt der Union, der Widerstand des Volkes und der Behörden ver - scheucht ihn vom Sitze der Regierung, Preußennimmt die Partei der Bevölkerung, um sie sammt dem Regenten in die Union hinein zu zwingen. Beispiele sind verführerisch, und wer weiß, ob es nicht im Jnteresse liegt, das kurhessische Drama auch anderwärts in Scene zu setzen, etwa in Darmstadt und Württemberg, wo auch demokra - tische Kammermehrheiten die vorübergehende Un - terstützung monarchischer Kräfte recht passend und angenehm finden können.

Preßburg, 1. Okt. Von Steinamanger, ddo. 27. Sept., wird der Preßb. Ztg. berichtet. Das einsame Wirthshaus (Csárda) an der Herpenye, an der Straße von Sàrvár nach Klein = Zell, war in der Nacht vom 26. auf den 27. d. M. der Schauplatz einer tragisch endenden Räubergeschichte. Gegen Mitternacht, als die Bewohner derselben schon im tiefem Schlafe lagen, pochte ein in den Hof gedrungener Fremder an das Fenster eines Hofzimmers, worin die Dienstmagd schlief. Er - wacht, wieß diese sein Begehren um Branntwein zurück, und als er das Haus in Brand zu stecken drohte, entspann sich zwischen beiden ein Wortwechsel, welcher die Wirthin aus dem Schlafe weckte. Um die Ursache desselben zu erforschen, öffnete diese die gleichfalls in den Hof mündende Küchenthüre, an der bereits vier fremde Männer standen, welche sogleich durch die Küche ins Schank - zimmer traten. Sie verlangten Wein, und als die Wirthin Licht machte, bedeckte der Eine sein Gesicht, verlöschte das Licht, und verließ das Zim - mer, in dem er auch nicht mehr erschien, die An - deren tranken mehrere Flaschen Wein, bezahlten den Preis dafür und erhoben sich endlich unter Entschuldigung der verursachten Störung, um die Schenke zu verlassen. Der Eine aber drang unter dem Vorwande, sich bei dem Wirthe gleichfalls entschuldigen zu wollen, trotz der Abwehr der Wirthin, in das halbgeöffnete Schlafzimmer des Wirthes, welcher zwar erwacht, doch immer ruhig im Bette geblieben war. Als auch der Zweite in dasselbe Zimmer getreten war, wurde der Wir - thin bange, sie ging nach, erhielt aber bei dem Eintritt in das Zimmer einen Faustschlag ins Genicke; betäubt davon zusammengesunken, wurde sie sogleich unter das〈…〉〈…〉 geschoben. Nun erst erhob sich der Wirth, erhielt im Ringen mit den Räubern mehrere Streiche, war aber so glücklich, sich ihrer entwinden und in ein zweites Nebenzimmer entkommen zu können, ein ihm gel - tender Hackenhieb fuhr mit großer Gewalt in den Thürstock. Als diese Thür gesprengt wurde, eilte er in das dritte Zimmer, wo sich sein geladenes Doppelgewehr befand; kaum damit zur Gegenwehr gerüstet, sprang auch hier die Thure, und der Erste von den Eingedrungen schlug eine Pistole auf den Wirth an, welcher aber so viel Geistes - gegenwart besaß, mit der einen Hand die Pi - stole zu pariren, die im selben Augenblick sich entladend, ihm Hand und Hemdeärmel verbrannte, ohne ihn zu verwunden. -- Das Werk des - selben Augenblicks von Seite des Wirthes war das Abdrücken seines Doppelgewehres, von dem getroffen der eine Räuber todt, der andere tödtlich verwundet zu Boden stürzte. Der dritte und der im Hofe wachende vierte Räuber entflohen. Die Aussagen des Verwundeten, der im Laufe des nächsten Tages an den Folgen seiner Wunde ver - schied, und Nebenumstände führten die Behörde sogleich auf die Spur der Entflohenen, die noch am nämlichen Tage eingezogen und der That ge - ständig waren. Die vier Räuber waren ein Schmiedegselle und drei Ochsenknechte eines vier Stunden vom Raubplatze entfernten Dorfes.

Schweiz.

Bern, 27. Sept. Die Radikalen schließen ihre Reihen dichter und ihre über das ganze Land verbreiteten Vereine erwachen zu erneuter Thätig - keit. Von Bedeutung in solcher Beziehung ist die beschlossene enge Verbrüderung, in welche sie mit dem Jura treten wollen. Vor einigen Ta - gen wurde eine patriotische Versammlung unter der Leitung Stockmar's in Münster gehalten, zuwelcher die radikalen Ausschüsse des Jura Abge - ordnete geschickt hatten. Auf die Aufforderung des Präsidenten statteten die Delegirten Bericht ab über den öffentlichen Geist in ihren Bezirken, der dahin ging, daß die Regierung durch ihre Maßregeln überall an Boden verliere und daß mit wenigen Ausnahmen die liberale Meinung überall im Wachsen begriffen sei. Einstimmig wurde hierauf die Gründung eines Vereins aller freisinnigen Demokraten im Jura beschlossen, dessen Zweck sein solle, der Reaktion entgegenzutreten. Für den ganzen Jura soll ein Centralkomite die Angelegenheit leiten, die einzelnen Ausschüsse stehen fortwährend unter einander und besonders mit dem alten Kantonstheil in Verbindung. Der Ra - dikalismus im Großen Rath ist noch gleich stark wie anfangs und rechnet die Zahl seiner Anhän - ger auf 106, während die Conservativen 120 stark sind. Dieses Verhältniß ergibt sich aus der heute vorgenommenen Wahl von 5 Oberrichtern und einem Zuchthausverwalter, welche nebst den Suppleanten des Obergerichts, mit Beseitigung der bisherigen radikalen Oberrichter, aus der Re - gierungspartei genommen wurden. -- Laut amt - lichen Mittheilungen ist durch Erlaß des preußi - schen Truppenkommandanten in Säckingen den Einwohnern der aargauischen Gemeinden Mumpf und Stein das Betreten des badischen Staatsge - biets bis auf Weiteres untersagt.

Neuestes.

Landau, 6. Okt. Hr. v. Blittersdorf hat gestern das benachbarte Bad Glesweiler verlassen und ist nach Frankfurt abgereist.

Aus Baden, 7. Okt. Das neueste b. Regierungsblatt enthält eine landesherrliche Ver - ordnung wornach die direkten und indirekten Steu - ern für die Monate Oktober und November wie bisher zu erheben sind.

Aus Baden, 8. Okt. Von Seite des Gr. Kriminalamts in Karlsruhe wird unterm 5. d. M. ein Steckbrief gegen den Dr. Jur. J. B. Oppenheim aus Frankfurt am M. erlassen, wel - cher zur Zeit der badischen Revolution in seiner Eigenschaft als Redakteur der Karlsruher Zeitung verschiedene Preßvergehen sich zu Schulden machte, und in einer Reihe von Leitartikeln zur Theil - nahme an der badischen Revolution aufforderte. -- Die Großherzogin Wittwe Stephanie von Baden ist nach Meran abgereist. -- Bei der letzten Abendtafel bei Hofe nahm wie die B. L. Z. versichert, ein Ausspruch aus hohem Munde die Aufmerksamkeit sehr in Anspruch, der dahin geht, daß die Abberufung K. K. Oesterreichischen Landeskommissare von Frankfurt als eine Kriegs - erklärung zu betrachten und nun, da Preußens Geduld erschöpft sei, das Schwert zwischen ihm und Oesterreich entscheiden müsse.

Karlsruhe, 7. Okt. Se. Großh. Hoheit der Prinz Friedrich, zweiter Sohn des Großherzogs, hat sich gestern nach Constanz begeben, um Se. Maj. den Kaiser von Oesterreich sobald derselbe in Bregenz ankommt, im Namen seines erlauch - ten Vaters zu begrüßen.

Mannheim, 7. Okt. Gestern gegen Morgen starb hier nach längerem Leiden Baron von Her - ding, Bruder des hier wohnenden Fürsten von Ysenburg.

Hannover, 5. Okt. Daß Legationsrath Det - mold, der noch immer hier ist, gestern das Rit - terkreuz des Guelphen = Ordens (vierte Klasse) empfangen und zur königl. Tasel geladen wurde, ist ein Beweis, daß er seine Abstimmung in der〈…〉〈…〉 hessischen Frage vollständig gerechtfertigt hat.

Wien, 4. Okt. Der große Andrang liederli - chen Dirnen hat die k. k. Stadthauptmannschaft veranlaßt, energische Maßregeln zu ergreifen, die dem verderblichen Lebenswandel dieser Geschöpfe ein Ziel setzen, und gleich nach erfolgter Reor - ganisation der stadthauptmannschaftlichen Bezirkein Wirksamkeit treten werden. Nebst Einführung der Dienstbotenbücher werden auch Arbeitsbücher für die sogenannten weiblichen Handarbeiterinnen vorgeschrieben, und unter strenste Kontrolle gestellt werden. Jede Weibsperson, welches nur ein ein - ziges Mal gegen diese polizeilichen Vorschriften verstößt, wird für beständig von Wien ausgewie - sen. Unterschleifgeber treffen empfindliche Strafen.

Berlin, 7. Okt. Die vorgestrige 34. Sitzung des provisorischen Fürstencollegiums begann, wie die Const. Cor. berichtet, mit der Verlesung einer Note des kaiserl. österr. Kabinets über die kurhessische Angelegenheit, sowie der diesseits dar - auf ergangenen Antwort. Jene Note beruft sich vornehmlich darauf, daß preußischer Seits die Rechtsverbindlichkeit der Beschlüsse des Bundes - tages für diejenigen Regierungen, welche sich die - sen Beschlüssen freiwillig unterwerfen würden, nicht bestritten worden, die Unterwerfung der kurhessi - schen Regierung aber eine freiwillige sei. Die diesseitige Antwort entgegnet hierauf, daß es sich gar nicht um die Frage der Anerkennung des Bundesbeschlusses vom 22. v. M., sondern um dessen Ausführung handle, diese aber eine solche sei, welche die allgemeine Ruhe und den Frieden Deutschlands, sowie die Jnteressen Preußens und seiner Verbündeten, erheblich gefährde, und der sich zu widersetzen Preußen daher das begründetste Recht habe.

Paris, 4. Okt. Ein bekannter Demokrat wollte vor einigen Tagen seinen Sohn in das Collège Charlemagne bringen. Der Direktor sagte ihm: verbieten Sie Jhrem Sohn zu ver - rathen, daß Sie roth sind! Sie kennen den na - türlichen Oppositionsgeist der Jugend, da ich und die Lehrer roth sind, so sind die Jungen's im höchsten Grade monarchisch und reactionair gesinnt.

C Paris, 7. Okt. Louis Napoleon empfing ge - stern die Jnsignien des goldenen Vließes nebst einem eigenhändigen Schreiben der Königin von Spanien. Die ihm übersandten Jnsignien sind dieselben, welche Karl V. trug.

** Aus der Schweiz, 7. Okt. Oberrichter Müller von Murk ist in Luzern eingetroffen, um den Landesverrathsprozeß fortzuführen. -- Aus Schaffhausen geht uns die Nachricht zu, daß mit Württemberg und Bayern ein neuer Salzliefe - rungsvertrag abgeschlossen wurde, da die Anerbie - tungen der Saline Rheinfelden weniger vortheil - haft waren. -- Jn vielen Orten des Kantons Schaffhausen hat die Weinlese bereits begonnen und ist zur rechten Zufriedenheit ausgefallen.

** Aus der Schweiz, 8. Okt. Gestern ist der große Rath von Zürich zusammengetreten. -- Jn Bern tagt gegenwärtig ein schweizerischer Frei - maurer Kongreß. -- Der Züricher Postwagen ist in vorletzter Nacht zwischen Wintherthur und Js - lihon angepackt und beraubt worden.

§ Bern, 6. Okt. Der badische politische Flüchtling Karl Hippeler ist des Asyls für un - würdig befunden, und aus der Schweiz ausge - wiesen worden.

Rom, 24. Sept. Eine französische Freischule ist in Rom nach der Jnstitution des hl. Ludwigs der Franzosen gegründet worden. Dieselbe steht unter der Direktion der Brüder der christlichen Lehre. Der Oberbefehlshaber der französischen Armee in Rom, General Gemeau, hat angeord - net, daß die Kinder der Militärs diese Schule besuchen.

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

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Samstag 12 Oktober.

Zum allerhöchsten Namensfeste Se. Maj. des Königs Maximilian II. Oberon, König der Elfen. Große romant. Feen = Oper in 3 Aufzügen mit Ballet, Musik von C. M. v. Weber.

Druck von Joseph Steib in Würzburg.

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TextDie Bayerische Presse
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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