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Die Bayerische Presse.
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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr Nr. 533.

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Nr. 260.
Würzburg, Mittwoch den 30. Oktober. 1850.

Amtliche Nachrichten.

München, 29. Okt. Se. Maj. der König haben Sich unterm 22. Okt. allergnädigst bewo - gen gefunden den geprüften Rechtspraktikanten Franz Barthelme aus Königshofen zum zweiten Assessor des Landgerichts Marktheidenfeld zu er - nennen; dem Landgerichte Alzenau einen Aktuar extra statum beizugeben und diese Stelle dem geprüften Rechtspraktikanten Max Bauer aus Bai - hingen, dermalen in Aschaffenburg zu verleihen.

Würzburg, 30. Okt. Das erledigte Land - gerichtsphysikat Bischofsheim wurde dem prakt. Arzte Dr. Franz Bauer in Lohr verliehen, und die Resignation des Priesters Mathäus Stäblein auf die katholische Pfarrkuratie Homburg, Ldgs. Marktheidenfeld, genehmigt.

Communismus.

Kaum wird man es glauben, wenn man es liest, wie weit schon in der ersten Revolution die communistische Theorie gediehen war. Man leug - nete ohne Bedenken alle Resultate der früheren Geschichte, ja das Bedürfniß einer solchen Ge - schichte selbst. Die Menschheit ist urkräftig, sie vermag ohne Schwierigkeiten durch eigenes inneres Leben alle jene Entwickelungen und Errungenschaf - ten zu ersetzen, die wir in schwachsinnigem Glau - ben für nothwendig halten, weil wir nicht wagen, eine andere Gestalt der Gesellschaft uns wahrhaft auszudenken. Daher keine Regierung, kein Staat, keine Wissenschaft, kein Eigenthum mehr; die Städte müssen zerstört, die Kunste verlassen, die höhere Bildung unmöglich gemacht, die Schrift - stellerei abgeschafft, die besondere Erziehung auf - gehoben werden. Stände, Beamte, Künstler, Ge - lehrte, Besitzer, -- Alles wird nivellirt. Die Mitglieder des Comite, sagt Buonarotti, über - zeugt, daß nichts einer Nation unwichtiger ist, als zu glänzen und von sich reden zu machen, wollten der falschen Wissenschaft allen Vorwand nehmen, sich der gemeinschaftlichen Pflichten zu entziehen und dem individuellen Trieb ein anderes Glück zu bereiten, als das der Gesellschaft. Sie waren sehr entschieden, alle theologischen Diskussionen von vorn herein zu vernichten, und begriffen, daß das Aufhören der Gehalte uns bald befreit haben würde von der Manie, Schöngeisterei zu zeigen und Bücher zu machen. Da die Landwirth - schaft und die nothwendigsten Fertigkeiten die wah - ren Ernährerinen der Gesellschaft sind, fährt er an einer andern Stelle fort, so sind die Men - schen nach dem Gesetze der Natur berufen, sie zu üben. Das Dasein der großen Städte ist ein Zeichen der Krankheit des öffentlichen Lebens; je bevölkerter eine Stadt ist, desto größere Anzahl sieht man von Bedienten, sittenlosen Frauen, ver - hungerten Schriftstellern, Dichtern, Musikern, Ma - lern, Schöngeistern, Schauspielern, Tänzern, Prie - stern, Dieben und Bänkelsängern aller Art. Es versteht sich von selbst, daß man über die Ge - meinsamkeit der Güter vollkommen einig war; dennoch sagte der Rest gesunden Menschenverstan - des diesem Comite, daß auch durch die absoluteste Gütergemeinschaft zwar materieller Communismus, aber nicht geistige Gleichheit geschaffen würde. Deshalb standen jene Verkünder der Freiheit und Gleichheit keinen Augenblick an, an die heiligsten, unantastbarsten Rechte, ja, an die absolute Be - dingung des Daseins der Menschen Hand zu le - gen; es soll keine durch Kenntniß oder Bildung ausgezeichneten Männer mehr geben, keine Wis - senschaft, kein geistiges Leben; und damit diese wahrhaft fürchterliche Gleichheit thatsächlich werde, soll allen Kindern eine gleiche Erziehung gegeben werden, in der Keiner mehr lernen soll, als lesen, schreiben, rechnen, die Geschichte und die Gesetze der Republik, etwas Ortskunde von derselben, ihre Statistik und ihre natürlichen Erzeugnisse; ja, sie erklären nach Rousseau's Vorgange, daß die Ver - vollkommnisse der Wissenschaften und Künste selber an sich ein Uebel sein!

Deutschland.

München, 27. Okt. Hr. Vecchioni er - zählt über den viel besprochenen Vorfall: Vergangenen Freitag wurde ich zu dem Polizei - direktor Graf Reigersberg gerufen, der mir wört - lich Folgendes sagte: Jch habe Sie vorgeladen, um Sie zu warnen; Sie erklärten sich in jeder Nummer Jhres Blattes Gradaus für die so - ziale Demokratie, Sie allein regen die Arbeiter beständig auf, Sie sind Mitglied der Abeiter - vereine und der allgemeinen deutschen Arbeiterver - brüderung; es ist meine Pflicht und mein Wille und steht in meiner Machtvollkommenheit, nach einer Verordnung vom Jahr 1815 Jeden, der den Frieden der Gemeinde oder den Frieden einer Familie stört, auszuweisen oder in ein Zwangs - arbeitshaus schaffen zu lassen, und ich werde Sie nächstens ganz unvermuthet in ein Zwangsarbeits - haus schaffen lassen, wenn Sie so fortfahren, wie bisher, durch die Zeitung, in Wirthshäusern, in Vereinen und Versammlungen Jhre Meinung zu verbreiten. Sie wissen, daß ich der Mann hiezu bin. Jch wollte hierauf etwas erwidern, doch er ließ mich nicht zu Worte kommen und sagte: Jch lasse mich mit Jhnen in kein Disputat ein. Sie haben nun meine Meinung gehört, es wird nächster Zeit über Sie kommen. Jch verlangte die Warnung schriftlich, er verweigerte mir Dieß mit den Worten: Jch gebe Jhnen nichts schrift - lich, statt schriftlich werde ich Sie holen lassen. (Die genannte Verordnung, die jedoch im Jahr 1816, nicht 1815, erschienen ist, spricht von Bettlern, heimathlosen Menschen ohne Erwerb, Gesindel, liederlichen Dirnen, Personen, die we - gen Mangel an Beweisen von der Jnstanz ent - lassen sind ec. ) Jch verlangte sofort Audienz bei dem Minister Zwehl, zu dessen Kenntniß ich den Vorfall brachte; er erwiderte mir: Wenden Sie sich zuerst an die Regierung. Jch sagte, daß ich Dieß nicht könne, da ich nichts Schriftliches in Händen habe. Dann warten Sie ab, bis die Polizei es thut; die Polizei ist übrigens zu Drohungen berechtigt. Vecchioni beabsichtigt, den Vorfall sowohl der Kreisregierung als dem Magistrat zur Kenntniß zu bringen.

Bamberg, 28. Okt. Der seit mehreren Ta - gen dahier vermißte General v. P. wurde gestern Morgens bei Burgebrach von Bauern in einem Sumpfe steckend aufgefunden, wohin sich derselbein einem Anfalle von Geistesabwesenheit verirrt haben mag. Derselbe war noch lebend, jedoch von den nöthigsten Kleidungsstücken entblößt, und nur der zufälligen Erkennung durch einen Durch - reisenden war es zu verdanken, daß Hr. v. P., der sich nicht zu legitimiren vermochte und durch seine Reden seinen getrübten Geisteszustand fort - während verrieth, nicht auf die bei solchen Auf - findlingen herkömmliche Weise hieher transportirt wurde.

Die Ereignisse in Kurhessen.

Kassel, 27. Okt. Gestern Abend sind 52 Abschiede von Wilhelmsbad hier angekommen für diejenigen Offiziere, welche man zuerst entfernen wollte. Die übrigen wollte man noch im Dienst festhalten.

Kassel, 28. Okt. Nachrichten aus Eisenach besagen, daß das in Wetzlar gestandene preußische Corps auf Thüringischem Boden angekommen sei, und sich dort mit dem aus Erfurt gekommenen vereinigt habe. Die Stimmung der kurhesssschen Soldaten ist eine gedrückte, aber rühmend muß erwähnt werden, daß die Disciplin in musterhaf - terhafter Weise aufrecht erhalten wurde. Ein Theil unserer Behörden hat die Wahlen für den nächsten Landtag ausgeschrieben, und hie und da werden sie auch vorgenommen, trotzdem, daß die Landesregierung hierüber nichts verfügt hat. Man sieht daraus, daß die Widerspänstigkeit unserer Beamtenoligarchie noch die alte ist, und daß sie jetzt förmlich Republikchen spielt.

Fulda, 28. Okt. Zufolge gestern Abend ein - getroffener Ordre von Wilhelmsbad ist so eben 12 Uhr unser Regiment, begleitet von den Offi - zieren der Bürgergarde und einer großen Volks - menge, welche ihm am Thore der Stadt ein Le - bewohl und Hoch zurief, abgezogen. Der Marsch - befehl lautet nach Gelnhausen, allwo das Wei - tere erwartet werden soll. Das Regiment muß sämmtliche Effekten mitnehmen, nur das Kaser - neninventar bleibt zurück. -- Unsere Bürgergarde hat seit heute des Morgens die Wachen der Stadt bezogen.

Bockenheim, 29. Okt. Heute Morgen um 5 Uhr ist, in Folge einer Nachts um 1 Uhr ein - getroffenen Stafette, Generalmarsch geschlagen worden. Nachdem die hier in Besatzung stehen - den kurfürstlichen Truppen sich alsbald versammelt hatten, ist denselben verkündet worden, daß Be - urlaubungen bis zu 30 Mann per Compagnie eintreten sollten. Die zum Cadre bestimmten 30 Mann sind sofort abgezählt und der Ueberrest der Mannschaft auf Urlaub entlassen worden.

Schleswig = holsteinische Ange - legenheiten.

Schleswig = Holstein. Die amtliche Verlustliste der schleswig = holsteinischen Armee in den Gefechten bei Friedrichstadt und Tönning theilt, die Namen folgender Bayern mit: Friedrich Lay aus Nürn - berg Schuß durch die Wade; Oberjäger Ferdi - nand Roppelt aus Bamberg vermißt (muthmaß - lich todt); Unteroffizier Ludwig Adam aus Nürn -erg, Schuß durch die Brust; Peter Hersinger aus Baireuth, vermißt; Martin Höfelein aus Kitzingen, vermißt. Der Oberjäger Wilhelm Henke ist seiner Tapferkeit wegen zum Fähndrig befördert worden.

Vonder Niederelbe, 24. Okt. Obgleich die Friedensratificationen zwischen Preußen (nebst den Unionsstaaten) und Dänemark bereits seit mehreren Wochen ausgetauscht sind, ist doch noch eine ganze Reihe von Streitpunkten zwischen Berlin und Ko - penhagen zu erledigen. Zum Zwecke dieser Er - ledigung befindet sich nun Freiherr von Pechlin seit einigen Tagen in Berlin. Jn erster Reihe wird unter seinen Forderungen die stehen, daß die preußische Regierung die angeblichen Werbungen für das schleswig = holsteinische Heer inhibire und die noch dienstpflichtigen Freiwilligen, die in das - selbe eingetreten, bei Androhung der für Deser - teure festgesetzten Strafe zurückberufe. Nächstdem dürfte es sich um Rücknahme des preußischen Pro - testes gegen die im Namen des deutschen Bundes von der Bundesversammlung erfolgte Ratifikation des Friedens vom 2. Juli handeln.

Kiel, 25. Okt. Ueber die Verhandlungen und Resultate der gestrigen geheimen Sitzung der Rit - terschaft und Gutsbesitzer, welche noch Abends spät wieder fortgesetzt wurde, ist bis jetzt wenig im Publikum bekannt geworden. Die Convoca - tion war von dem Grafen Magnus von Moltke von Grünholz in feiner Eigenschaft als Verbitter, mithin amtlich Vorsitzendem erlassen worden, und gestellt auf die Wahl einer Revisionscommission für die Ansetzung zur Vermögenssteuer, sowie Be - rathung über die etwaige Möglichkeit, einen Frie - den anzubahnen. Es waren im Ganzen 25, nach andern Angaben 29 Personen gegenwärtig, und diese scheinen nach einer heftigen Debatte mit 16 gegen 13 oder 13 gegen 12 Stimmen zu dem Beschluß gekommen zu sein, eine Friedensadresse zu erlassen, entweder für sich allein, oder in Ver - bindung mit den Städten, welche zur Mitbethei - ligung aufzufordern.

* Aus Baden, 25. Okt. (Kammer. Fort - setzung. ) Der Abg. Zittel: Jch brauche keine Rede mehr zu halten doch will ich bemerken, daß man nicht aus Mitleid, sondern aus Klugheit Amnestie gibt. Jch möchte daß in dem Antrag das Wort minder gestrichen werde. Wir den - ken jetzt schon ganz anders von den Verbrechern: früher war die Entrüstung, jetzt ist das Mitleid größer. Die Ungleichheit liegt auch in der Be - handlung von Staatsbeamten und Bürgern; der Beamte wird sich selbst, wenn er auch betheiligt war, wohl zu schützen suchen und wird den Ci - vilkommissär einstecken, aber nicht sich, der die Verfügungen desselben mit unterschrieb. Jch selbst habe Soldaten klagen und weinen hören, daß ihre Offiziere sie verlassen hatten und daß sie nun der Revolution überlassen wären. Viele Offiziere blie - ben in der Hoffnung, eine Gegenrevolution zu machen. Damals hat man die entwichenen Offi - ziere härter getadelt, als man nun die gebliebe - nen tadelt. Wären die Offiziere geblieben, statt zu entweichen, so hätte man einen Umschlag be - wirken können, aber man hatte dazu keine Män - ner. (Bravo! ) Viele Familien sind an den Bet - telstab gekommen, weil sie ein unbedachtes Wort gesprochen. Viele Familien hätten lieber das Zuchthaus vorgezogen, -- wegen nichts -- als an den Bettelstab sich gebracht zu wissen. Es wäre eine Thorheit, wenn man die Feinde der Verfassung amnestiren wollte; allein nicht alle wa - ren Feinde der Verfassung: Viele kamen aus Schwachheit, aber viele auch aus Jrrthum in den Streit. (-- Bravo!!! --) Der Abg. Zentner: Es gibt noch weitere Kategorien, als die im Be - richt genannten, z. B. diejenigen, welche schon in den Strafanstalten sind. Auch von diesen gehör - ten Viele der Gnade empfohlen. Viele, welche weniger gravirt sind, stehen noch in Unterhand - lung bei den Hofgerichten und doch will der Com - missionsbericht blos die bereits zurückgelegten Pro - zesse für aufgehoben erklären. Jch glaube man muß etwas weiter gehen und nicht blos die zu -rückgelegten Prozesse für aufgehoben erklären. Man muß auch diejenigen, welche noch in Untersuchung sind, oder hineinkommen, der Gnade empfehlen. Jch wünsche die Regierung möge in diesem Sinne handeln. -- Minister der Justiz: Schon vor einem Jahre, wo noch jeder gegen eine Amnestie aufgebracht war hat man die Aemter und Ge - richtshöfe angewiesen, nur die wichtigern Unter - suchungen aufzunehmen. Man wollte nur die Lei - ter und Anstifter greifen, namentlich solche welche Stellen bekleideten. -- Der Abg. Blanken - horn: Jch theile die Ansichten der Abg. Weller und Zittel. Man muß gerecht sein und nicht die Großen laufen lassen und die Kleinen hängen: ein hochstehender Richter der sich ins Ausland ge - flüchtet, lebte bequem dort, kam, um der provi - sorischen Regierung zu huldigen und ging dann wieder in das Ausland. Dieser Beamte ist noch in Ehren und Würden. Jch bin kein Freund der Freischärler, aber man muß gerecht gegen Alle sein. -- Der Abg. Stöffer: Man hätte Rück - sicht nehmen sollen auf die minder betheiligten Flüchtigen. -- Herr Ministerpräsident Freiherr von Marschall: Die Kommission hält dafür, daß der einzelne Fall sich hier nicht unter eine Formel bringen lasse. Maaß halten ist nöthig, allein zu milde darf man auch nicht verfahren, sonst würde dieß abermals zu Begriffs = Verwir - rungen führen. Viele haben viel gelitten, die nicht viel zu leiden verdienten; die Staatsbeam - ten sind aber nicht milder behandelt worden, als die Bürger. Jn diese Sache habe ich genau ge - blickt. Ob man da bleiben oder gehen solle, ist eine schwierige Frage; es sollte hier Niemand ei - nen Stein auf den Andern werfen. -- Der Abg. Zell weist die Behauptung, die ein Redner ge - macht, daß die Ultramontanen, die Schuld an der ganzen Revolution hätten entschieden zurück. Man hat sich -- sagt er sodann -- Jdeale über Verfassungen gebildet, und diese Jdeale wollten Manche durch die Massen verwirklichen; allein das ist nicht durchzuführen. Das hat man zuerst in Frankreich erlebt und erfahren. Bürger und Bauer wollen Ordnung und Friede, -- keine Jdeale! -- (Allgemeines Bravo!)

(Schluß folgt.)

* Aus Baden, 28. Okt. Bald nach der ge - heimen Sitzung der ersten Kammer vom 25. d. M. fand ein Ministerrath statt, der mehre Stun - den dauerte. Prinz Friedrich wohnte demselben bei. Bei Tagesanbruch empfing der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Frhr. v. Klüber, seine Entlassung und wurde an dessen Stelle Frhr. v. Rüdt ernannt. Rüdt ist ein entfchiedener Anhänger der großdeutschen Partei und somit durch seine Ernennung zum Minister der auswär - tigen Angelegenheiten ein Systemwechsel eingetre - ten, der von höchst wichtigen Folgen sein wird. Jn der Nacht vom 26. auf den 27. d. herrschte im Hotel des Ministeriums der auswärtigen An - gelegenheiten große Thätigkeit. Prinz Friedrich fuhr um 4 Uhr Morgens daselbst vor und ver - weilte bis 5 Uhr, um welche Zeit zwei Couriere abgesandt wurden. Der eine nach Wien, der an - dere nach Berlin. Wichtige Ereignisse stehen be - vor. Der Minister des Jnnern, Frhr. v. Mar - schall soll heute Nacht seine Entlassung eingereicht haben; sie wurde jedoch vom Großherzog nicht angenommen. -- Nachschrift. So eben geht mir durch besondere Gelegenheit die Nachricht zu, die in Bregenz liegenden k. k. österr. Truppen hätten Marschbefehl erhalten.

Karlsruhe, 28. Okt. Ueber die geheime Sitzung unserer ersten Kammer, welche den Rück - tritt v. Klübers entschied, bin ich in der Lage, folgende Einzelheiten mittheilen zu können. Herr Klüber trat sowohl dem Mehrheits = als Minder - heitsantrage der ersten Kammer entgegen, indem er behauptete: er müsse bei der bisherigen Po - litik verharren, auch wenn ihn der Fluch des Landes treffen sollte. Mehrere Mitglieder der Kammer, welche sich durch ihr muthvolles Auf - treten in dieser zur Lebensfrage unseres so arg heimgesuchten Landes den tiefsten Dank des badischen Volkes erworben haben, darunternamentlich der Frhr. v. Ringk, und die Hrn. v. Hirscher und Lauer traten dem Minister Klü - ber lebhaft entgegen, und wiesen nach, wie bei längerer Fortdauer der gegenwärtigen Verhältnisse Baden nicht nur dem bereits eingetretenen mate - riellen Ruine vollständig verfallen, sondern auch der badische Staat von Grund aus gefährdet werde. -- So wenig wir von der gegenwärtigen fast ganz aus Gothaern zusammengesetzten zwei - ten Kammer erwarten dürfen, daß sie der be - schlossenen Adresse vollständig beitreten werde, so hat die Entschiedenheit der ersten Kammer doch die so folgenreiche Krisis herbeigeführt, und uns von einem Ministerium befreit, dessen Ergeben - heit an Preußen und Aufopferung aller unserer Jnteressen, bereits das Unglaubliche in Baden voll - bracht hat. -- Hr. v. Rüdt gehört der groß - deutschen Richtung an und wir hoffen, er werde energisch alle die vielen Ouellen unseres Elendes zu verschließen trachten und Baden seine natür - liche Stellung in Deutschland wieder geben. Wir hoffen vor Allem, daß er die unzähligen in die Staatsverwaltung blos ihrer Klüberschen Gesin - nung wegen gezogenen Elemente zu beseitigen und jenen Männern Genugthuung zu verschaffen wissen werde, welche auf allen Wegen verfolgt worden sind, weil sie ihrer bessern Ueberzeugung, der gro - ßen deutschen Richtung treu geblieben sind. --

Berlin, 26. Okt. Heute Morgens um 10 Uhr fand eine Plenarsitzung des Staatsministe - riums statt. Neu angekommene Depeschen aus Warschau sollen den Grund der Berathung ge - bildet haben. Gut unterrichtete Personen sind ver - sicher, daß die Warschauer Depeschen keineswegs angenehmen Jnhalts seien, vielmehr sollen fast sämmtliche Anträge des Grafen von Brandenburg durchaus keine günstige Erledigung gefunden ha - ben. Man bezeichnet heute Abends die freien Conferenzen als abgelehnt, und soll jeder Bo - den der Unterhandlung auf die Allianzverträge zurückgewiesen sein. -- Der dem Grafen v. d. Gröben ertheilte Befehl, die Bayern, sobald sie den kurhessischen Boden betreten, zurückzuwerfen, ist aber in Kraft getreten.

England.

* London, 25. Okt. Der ministerielle Globe bespricht in einem Leitartikel die traurigen Zu - stände in Schleswig = Holstein, welche auf eine so bedauerungswürdige Weise die falsche Politik Preußens herbeigeführt habe, und bis auf den heutigen Tag noch mehr zu verwickeln suche, in - dem er unter Anderem sagt: Kann behauptet werden, daß Preußen mittlerweile sein Möglichstes oder überhaupt etwas gethan habe, den abgeschlos - senen Vertrag auszuführen? General Willisen, der Befehlshaber des Jnsurgentenheeres, ist ein Preuße. Nicht ein Tag vergeht, daß man nicht ein paar hundert preußische Soldaten in voller Uniform die Grenze überschreiten sieht, um sich in die holsteinische Armee einreihen zu lassen. Von sechszehn Offizieren eines einzigen Re - giments, welche bei dem Angriff auf Friedrichstadt gefallen sind, waren nicht weniger als eilf in preußischen Diensten. Jn diesem Augenblick ist in Berliu unter den Augen des preußischen Kabinets für die Einzeich - nung von Freiwilligen für Schleswig = Holstein ein Bureau eröffnet. Alles dieses, sagen wir, muß so großes Mißtrauen zu einer Macht erwecken, die sich zu dem Versuch, den Frieden zwischen Dänemark und den Herzogthümern wieder herzu - stellen, verpflichtet hat, daß wir uns nicht wun - dern dürfen, wenn andere Regierungen sich einen so schwachen Standpunkt zum Angriff ausersehen. Frankreich und Rußland halten sich durch die Ver - träge des vorigen Jahrhunderts für verpflichtet, Schleswig dem König von Dänemark zu garan - tiren, und Operationen für die Aufrechthaltung dieser Garantie können sicherlich nicht für Ver - letzungen des Volkerrechts gelten. Tief bedauern wir, daß die preußische Regierung übersehen hat, wie ihre Connivenz gegenüber dem fortgesetzten Krieg in Holstein die englischen Sympathieen ihrgar sehr entfremden muß. Preußen kann über - zeugt sein, daß die öffentliche Meinung in Eng - land längst der deutschen Jnvasion in den Her - zogthümern entgegen gewesen ist; es kann auch überzeugt sein, daß die englische Regierung sich niemals bei der Verringerung Dänemarks zu einem so unbedeutenden Umfang beruhigen würde, die dasselbe von der russischen Oberhoheit abhängig machte. England hat seinem constitutionellen und protestantischen Verbündeten seinen Willen schon hinlänglich bewiesen. Dies haben wir gethan, in - dem wir dem König von Dänemark von dem Versuch seiner militärischen Bezwingung Holsteins abriethen. Dies haben wir zum zweitenmal ge - than, indem wir an die Stelle der von Frankreich und Rußland empfohlenen Maßnahmen friedliche Gegenvorstellungen treten ließen. Aber Preußen möge erwägen, daß dieser gute Wille unsererseits nicht immer im Stande sein wird, die gerechten Klagen anderer Mächte zum Schweigen zu brin - gen. Sein Beharren bei einer irgendwie andern als graden und ehrlichen Politik kann nur damit enden, daß es von Seiten Frankreichs und Ruß - lands einem so sehr unannehmlichen Zwang un - terworfen wird, den zu verhindern das englische Kabinet bei allen seinen günstigen Dispositionen weder den Willen noch die Macht haben kann.

Jtalien.

Die piemontesische Regierung schreitet in ih - ren Feindseligkeiten gegen die Kirche immer weiter vor. Vor einigen Tagen meldeten wir, daß man zu Oneille einen armen Kapuziner vor's Gericht geschleppt hat, weil er die Gläubigen von der Kanzel aufgefordert, für den Erzbischof von Turin zu beten. Heute berichtet die Fratellanza von Cuneo, daß zu Dornero ein Missionär, Namens D. Piola, verhaftet und ins Gefängniß abgeführt worden ist, weil es einigen Demokraten gefallen hat, in seinen Predigten aufrührerische Worte zu finden. Die Campana von Turin berichtet serner folgenden Vorfall: Der Domkapitular Rostagni ist vor das Tribunal erster Jnstanz ge - laden worden. Er zeigte den von der kirchlichen Autorität vorgeschriebenen Protest vor, sowie auch den Akt, wodurch seine Obern ihm diese Prote - station erlaubt hatten. Das Tribunal schritt nun sowohl gegen den Hrn. Rostagni, als gegen den Generalvikar ein, der jenem erlaubt hatte, Protest einzulegen. Da dieser jedoch den Befehl von sei - nem Bischofe empfangen hatte, so mußte das Ge - richt folgerichtig auch gegen den Bischof verfahren. Doch auch der Bischof hat nur nach den vom hl. Vater allen sardinischen Bischöfen gegebenen Jnstruktionen gehandelt, mithin bliebe wohl nichts Anderes übrig, als dem Papste den Prozeß zu machen. Dem Echo di Mont = Blanc zufolge trifft die Regierung in Savoyen bereits die An - stalten, um die Kirchen = und Klostergüter allmä - lig zu konfisciren, was den Cattolico von Ge - nua zu folgender Bemerkung veranlaßt, worin er die Pläne der jetzt in Piemont regierenden Par - tei zusammenfaßt: Die katholische Regierung wird bald aufhören, die Religion des Staates zu sein, dagegen werden die Güter der Kirche Staats - güter werden. Die Regierung geht in ihren Usurpationsgelüsten jedoch noch viel weiter. Wie es scheint, will sie den Bischöfen sogar die Lei - tung und Ueberwachung des theologischen Unter - richts nehmen und sich selbst zueignen. Wenn wir wohl unterrichtet sind, sagt das Echo di Mont = Blanc, so hat der höhere Untersuchungs - rath in Sardinien unlängst die Professoren der Theologie der verschiedenen Diöcesen aufgefordert, ein vollständiges und detaillirtes Programm ein - zureichen über das, was sie lehren und nicht leh - ren, über die Fragen, die sie stellen, über die Autoren, denen sie folgen, und über ihre ganze Lehrmethode. Die Tragweite dieser neuen Usur - pationsgelüste ist wohl kaum zu ermessen. Der Universitätsrath hat durchaus kein Recht, ein Pro - gramm des theologischen Lehrkursus zu verlangen, und man wird gerne zugeben, daß die Professoren der Theologie in Piemont sich dem Ansinnen der Regierung nicht fügen können. Denn nur dieBischöfe haben die Mission empfangen, zu lehren und das depositum fidei unverletzt zu bewah - ren. Nur ihnen steht es zu, in ihren respektiven Diöcesen den theologischen und religiösen Unter - richt zu leiten und zu überwachen, so wie auch Geistliche heranzubilden, um sie in den Arbeiten des Apostolats zu unterstützen. Hieraus geht noth - wendig hervor, daß die Professoren, selbst die von der Universität ernannten, ihre eigentliche Mission die dogmatischen und moralischen Wahrheiten der katholischen Kirche amtlich zu lehren, nothwendig von ihren respektiven Bischöfen empfangen, und sich durchaus ihrer Leitung unterwerfen müssen. Der Rechtspunkt kann somit keine Schwierigkeiten darbieten. Das Ansinnen der Regierung ist aber höchst unheilbringend in seinen Folgen. Durch die vom Universitätsrathe geforderte Maßregel wird die Anarchie in die Kirche geführt werden, da da - durch Leute mit dem religiösen Unterrichte betraut würden, die außerhalb der Autorität und der Lei - tung des Bischofs stehen. Diese Maßregel hieße in der That nichts Anderes, als dem Universitäts - rathe das Recht zuerkennen, den theologischen Un - terricht zu leiten, zu überwachen und zu regeln, was mit andern Worten ebensoviel ist, als den Universitätsrath über die Bischöfe zu stellen, welche doch allein beauftragt sind, das Glaubensvermächt - niß zu bewahren und die Kirche zu regieren; es hieße die Allgewalt des Staates über rein geist - liche Angelegenheiten ausdehnen, Laien zu Rich - tern des Glaubens, der katholischen Lehre und der Orthodorie des theologischen Cursus bestellen. Das hieße aber wiederum; die von Gott festge - setzte Ordnung umstürzen. Diese wenigen Be - merkungen mögen für heute genügen. Wir wer - den bei Gelegenheit auf diesen Gegenstand zu - rückkommen.

Rom, 17. Okt. Jn Erwägung der fortwäh - rend in rascher Zunahme begriffenen Fortschritte der katholischen Religion und der stets wachsen - den Zahl ihrer Bekenner hat nun Se. Heiligkeit Papst Pius IX., nach Anrufung des hl. Geistes und eingeholtem Gutachten der Kardinäle, welche die Kongregation de propaganda fide bilden, nach dem Wunsch der apostolischen Vikare von England und vieler dortiger angesehenen Geistli - chen und Laien beschlossen, die Hierarchie der ka - tholischen Bischöfe in England wieder herzustellen, die ihren Namen von den Sitzen, die durch das gegenwärtige apostolische Schreiben errichtet werden, führen sollen. Um , heißt es in dem apostoli - schen Schreiben, mit dem Distrikte von London zu beginnen, so wird derselbe in zwei Bischofssitze eingetheilt, den von Westminster, den wir zum Erzbisthum erheben, und den von Southwark, den wir ihm, so wie die übrigen, die wir gleich nennen werden, als Suffragan = Bisthümer unter - ordnen; die Diöcese von Westminster umfaßt den Theil des besagten Distrikts, der sich nördlich von der Themse erstreckt, und begreift die Grafschaften Middleser, Esser und Hertfort; der von South - wark, südlich von der Themse, umfaßt die Graf - schaften Barks, Southampton, Surrey, Sussex und Kent, nebst den Jnseln Wight, Jersey, Guernsey und andern nahe gelegenen Jnseln. -- Jm Di - strikt des Nordens besteht nur ein Bischofssitz, der seinen Namen von der Stadt Hagulsted führt, und diesen ganzen Distrikt umfaßt. -- Auch der Distrikt von York wird nur eine Diöcese bilden, deren Bischaf seinen Sitz in Beverley haben wird. -- Jm Distrikte von Lancaster werden zwei Bi - schöfe sein, der eine, der von Liverpol, nebst der Jnsel Mona, die Distrikte Holausdale, Amoun - derneß und West Derby zur Diöcese haben wird; der andere, dessen Sitz in Salford ist, wird seine Jurisdiktion über Salford, Blackburn und Ley - land erstrecken. Die Grafschaft Chester, obschon sie zu diesem Distrikte gehört, vereinigt er mit einer andern Diöcese. -- Jm Distrikte von Wa - les werden zwei Bischofssitze errichtet, nämlich der von Shrop und der von Menerith und Newport vereinigt. Die Diöcese von Shrop umfaßt im nördlichen Theile des Distrikts die Grafschaften Anglesey, Caernarrom, Denbigh, Flint, Merioneth und Montgomery, zu welchem wir die GraftschaftChester, die vom Distrikte von Lancaster getrennt wird, und die Grafschaft Shroph vom Distrikt des Zentrum schlagen. Wir weisen dem Bischofe der vereinigten Sitze von Menerith und Newport die südlichen Grafschaften des Distriktes Brecknock, Clamorgan, Caermarthen, Pembroke und Radnow, so wie die englischen Grafschften von Monmouth und Hereford, als Diöcese an. -- Jm Distrikte des Westens errichten wir zwei Bischofssitze Elif - ton und Plymouth, ersterer umfaßt die Grafschaf - ten Gloucester, Somerset und Wilts; letzterer die Grafschaften Devon, Dorset und Cornwall. -- Der Distrikt des Zentrums, von dem wir bereits die Grafschaft Shrop getrennt haben, erhält zwei Bischosssitze, Rottingham und Birmingham; dem ersteren weisen wir die Grafschaften Roktingham, Derby und Leicester, und die von Lincoln und und Rutland, die wir von dem Distrikte des Ostens trennen, als Diöcese an, dem letzteren die Grafschaften Stafford, Warwick, Buckingham und Oxford -- Jm Distrikte des Ostens wird schließlich nur ein Bischofssitz errichtet, der seinen Namen von der Stadt Nordhampton nimmt, und die gegenwärtige Grenze des Distrikts, mit Aus - nahme der Grafschaften Lincoln und Rutland, die wir der Diöcese Rottingham zugewiesen haben, umfaßt.

Türkei.

Konstantinopel, 12. Okt. Die heil. Orte im Morgenland kamen bekanntlich in Folge der Kreuzzüge in den Besitz der abendländischen Chri - sten. Jm Verlaufe der Zeit geriethen aber die an diesen heiligen Orten befindlichen Gebäude, Kir - chen ec. zum Theil in Verfall; die lateinischen Mönche, welche die Sorge für deren Unterhalt übernommen, hatten nicht immer die zum Neubau oder zur Ausbesserung nöthigen Mittel, die Un - terstützung aus dem Abendlande blieb auch oft längere Zeit aus, und so kam es daß die latei - nischen Mönche mehrmals die ihnen in solchen Fällen von den Griechen angebotenen Geldbei - trage annahmen, und diesen dann dafür den Be - sitz der mit ihrem Gelde neu aufgebauten oder ausgebesserten Theile der heiligen Gebäude über - ließen. So gehört z. B. ein Theil der Aufer - stehungskirche in Jerusalem den Griechen, weil sie einmal eine eingefallene Kuppel der Kirche wieder aufbauten. Die lateinischen Mönche ver - suchten nun zwar später, wenn sie in bessern Umständen waren, öfter das an die Griechen ab - getretene Kircheneigenthnm gegen Zurückzahlung ihrer früher geleisteten Beiträge wieder an sich zu bringen. Die Griechen aber gingen nie dar - auf ein, und wenn auch die Mönche, was mehr - mals der Fall war, von der Pforte Fermane er - hielten, die sie in ihr früheres Eigenthum wieder einsetzten, so wußten die Griechen doch jedesmal nachher -- für Geld war ja von jeher den tür - kischen Machthabern alles feil -- von dersel - ben Pforte wieder Gegenbefehle zu erwirken, und so blieb's stets beim Alten. Jn neuester Zeit hat nun Frankreich -- Hr. v. Botta war beson - ders in dieser Angelegenheit thätig -- die Sache wieder in die Hand genommen und bei der Pforte es durchzusetzen gesucht, daß die lateinische Kirche wieder in den alleinigen Besitz der hl. Orte ein - gesetzt werde.

Vermischte Nachrichten.

Die Direktion des Luftballons ist nun erfun - den, und zwar zu Madrid von einem Herrn von Modemayor. Die erste Expedition des Luftschiffers war von Madrid nach Landon projektirt und hat nun wirklich stattgefundan. Dem Jndependant von Tonlouse wird unter dem 18. Okt geschrieben: Wir haben verflossenen Sonnabend zwischen 4 und 5 Uhr Nachmittags das Luftschiff über uns schweben gesehen. Alle Bewohner von Villalier und Villegly batten ihre Blicke nach der Luftregion gerichtet, welche der Ballon in etwas östlicher Richtung gegen Paris zu verfolgte. Alle Augen - zeugen äußerten den lebhaften Wunsch, das groß - artige Unternehmen möge gelingen. Ein Briefaus Madrid enthält folgendes über den Ballon oder vielmehr das Luftschiff L'Eolo des Hrn. v. Montemayor: Das Luftfahrzeug ist von einer kolossalen Ausdehnung und überbietet hierin Alles, was man bisher in dieser Art gesehen haben mag. Dieser ungeheure Ballon nimmt über 2 Millionen Litres Gas ein, hat 16 Metres im Umfang und trägt leicht 15 Personen. Der Apparat, welcher ihm, unbekümmert um den Zug der Winde, jede beliebige Richtung gibt, ist eben so genial erdacht, als eingerichtet. Er besteht in mehreren großen Flügeln, die sich wie die der Vögel bewegen, mit denen sie auch große Aehnlichkeit haben. An dem Vordertheile des Luftschiffes ist eine kolossale Röhre angebracht, die mittelst eines inneren Mechanis - mus eine große Masse Luft einsaugt, die wieder von einer anderen, am Hintertheile des Schiffes angebrachten Röhre, mit großer Kraft gegen den Ballon getrieben, das Fahrzeug in eine außeror - dentlich schnelle Bewegang versetzt, welche man bei ruhiger Luft auf 60 Lieues pr. Stunde an - nehmen kann, das durch das Einsaugen der Luft und durch die Bewegung der Flügel verursagte Geräusch läß sich auf weite Ferne hören, und man glaubt, eine Fregatte mit vollen Segeln und vollem Dampf durch die Lufte steuern zu sehen. (Wir sind auf die nächsten Nachrichten darüber gespannt.)

Der National veröffentlicht eine Ansprache des Jtalienischen National = Comites an die Jta - liener, in welcher dieselben von der Existenz einer obersten Central = Behörde zur Einleitung einer neuen Revolution in Kenntniß gesetzt und zur voll - sten Eintracht unter einander, so wie mit den Pa - trioten der anderen Länder ermahnt werden. Die - ses Dokument ist aus London vom 8. September datirt und im Namen des Comites von Joseph Mazzini, Aurelio Saffii, Aurelio Saliceti, Joseph Sirtori, Mathias Montecchi und C. Agostini (von Letzterem als Sekretär) unterzeichnet. Das Comite leitet seine legale Existenz aus einem am 4. Juli 1849 von mehreren Mitgliedern der - mischen Constituirenden unterzeichneten Beschlusse ab, durch den Mazzini, Saffi und Montecchi zu Mitgliedern eines italienischen National = Comites, mit der Befugniß, noch zwei andere Mitglieder hinzuzuziehen, ernannt wurden. Das lange und schwülstige Manifest enthält folgende Stelle: Eine Periode neuen Lebens beginnt für die europäische Demokratie, für die gerechte Sache der Völker. Ein Bündniß ist abgeschlossen wordeu zwischen den Männern des Gedankens und des Handelns der verschiedenen Nationen, die für die Wahrheit und das ewige Recht gegen die Lüge und die Willkür kämpfen. Die italienische Nationalpartei muß jetzt eine ihren Kräften und ihrer Sendung entsprechende Haltung annehmen. Das Wort, welches das vervollstandigte und förmlich consti - tuirte Nationalcomite heute an seine Brüder rich - tet, ist nur der Vorläufer einer Reihe von Akten, die bestimmt sind, den Triumph der Nationalidee wirksam anzubahnen. Die Grundsätze, die unsere Handlungen leiten werden, sind bekannt. Sie sind in unserem Mandate festgestellt und durch wieder - holte große Kundgebungen des Nationalwillens bekräftigt worden. Unabhängigkeit, Freiheit, Einheit! als Ziel der Krieg und die italie - nische Constituirende! als Mittel.

Neuestes.

* Würzburg, 30. Okt. Heute Vormittag wurde dem Heinrich Schuhmann von Hosstetten das allerhöchsten Orts bestättigte Todesurtheil publizirt, welches derselbe mit vieler Fassung ver - nahm, mit der Bitte, man möge die ihm zu - stehende Frist von 3 Tagen zur Vollziehung des Urtheils gewähren, und sohin wird die öffentliche Hinrichtung am Samstag erfolgen.

* Würzburg, 30. Okt. Gestern Vormittag wurden die Redakteure und Verleger der hier er - scheinenden Zeitungen vor das kgl. Stadtkommis -sariat geladen, und denselben ein Ministerialreskript eröffnet, nach welchem sie moralische Verpflichtung hätten, während des jetzt bewaffneten Friedens keinerlei Nachrichten über die Stärke, den Stand und die Ausstellung der bayerischen und der übri - gen Bundestruppen aufzunehmen. Die Redaktio - nen der Bayerischen Presse, des Abendblattes, des Stadt = und Landboten wie des Punsch er - kannten diese Verpflichtung an, insofern dieselbe von den übrigen Redaktionen der bayerischen Blät - ter beobachtet würde.

Der N. M. Z. wird aus Würzburg folgender Vorfall berichtet: Der Gendarmerie - Stationskommandant Konrad Stock zu Tann wollte am 24. d. M. mit den Sachsen = Weimar 'schen Gendarmen zu Geisa im Orte Schleida, Weimar'schen Gebiets, das jeden Monat übliche dienstliche Zusammentreffen abhalten. Da Schleida jedoch, was Stock vorher nicht wußte, bereits von königl. preußischen Truppen besetzt war, so wurde Stock vor den kommandirenden General geführt, welcher ihn um den Zweck seiner Dahin - kunft befragte und ihn unter der Erwiderung, daß der Gendarmerie = Grenzverkehr nunmehr aufgehört habe, mittelst Militärbegleitung über die Grenze zurückbringen ließ.

München, 27. Okt. Gegen Abend ist der kgl. preußische Gesandte, Hr. v. Bockelberg nach langerer Abwesenheit von Berlin hier wieder ein - getroffen.

Ueber die Verhaftung eines bayr. Grafen in Salzburg wegen eines Verbrechens bringt die Landbötin nun folgendes Nähere: Eine viel - fach variirte Nachricht von der Verhaftung des Grafen Arco = Stepperg in Salzburg wegen eines an einem unmündigen Kinde begangenen entehren - den Verbrechens hat folgenden wahrheitsgetreuen Grund: der Genannte, wegen seiner zügellosen Leidenschaften längst berüchtigt, wußte die 14 bis 15jährige Tochter eines dortigen Malers mit Hülfe einer ebenfalls verhaften schlechten Person in ein öffentliches Haus zu locken, wo er ihr Gewalt anthat, in deren Folge sie erkrankte. Der Vater der Mißhandelten suchte alsbald den Schutz der Behörden nach, in Folge dessen der genannte Graf durch 24 Gendarmen auf seinem Schlosse Anif abgeholt und in die Frohnveste nach Salzburg abgeliefert wurde, woselbst er noch ge - genwärtig festsitzt. Die Mißhandelte ist nicht nur nicht gestorben, sondern wurde bereits am dritten Tage nach der That wieder auf der Straße gesehen. Dem Spruch des Gesetzes wird entgegengesehen.

Aus Baden, 27. Okt. Die gestrige Nummer der offiziellen Karlsruher Zeitung ent - hält einen, allem Anschein nach aus ministerieller Feder geflossenen Artikel an der Spitze des Blat - tes, worin es am Schlusse wörtlich heißt: daß die großherzogl. badische Regierung, in Zukunft, wie auch bisher in der deutschen Frage kein an - deres Ziel im Auge haben wird, als die Eini - gung und nicht die Spaltung Deutschlands.

Mannheim, 28. Okt. Die preußischen Offi - ziere haben ihre Wohnungen größtentheils gekün - digt, ob aus eigener Vorsicht oder in Folge höh - erer Weisung, darüber verlautet noch nichts.

Dresden, 25. Okt. Die zweite Kammer hat sich heute bis zum 5. November vertagt. Die Deputationen bleiben indessen in unausgesetzter Thatigkeit und die erste Kammer tagt fort.

Aus Thüringen, 27. Okt. Zu dem an der kurhessischen Grenze aufgestellten Armeekorps wird heute auch das in Wetzlar gelegene stoßen, wo - durch die ganze preußische Truppenwasse auf 20,000 Mann gebracht wird.

Koblenz, 28. Okt. Gestern Abend soll an die hiesige landräthliche Behörde der Befehl zur Einberufung der Kriegsreserve sowie der dem Al - ter nach jungsten Landwehrleute ersten Aufgebots ergangen sein.

Das Kieler Korrespondenzblatt meldet aus Kiel vom 25. Okt. die am vorigen Tage erfolgte Ankunft des Generals Hahn und des Statthal - ters Beseler. Auch der Statthalter Graf Revent - low ist dort anwesend.

Vreslau, 25. Okt. Wie wir so eben ver - nehmen, wird die feierliche Uebergabe der Jn - signien des Cardinalats an unsern Herrn Fürst - bischof am Montag, 4. November, in hiesiger Kathedralkirche stattfinden.

Schkeuditz, 27. Okt. Den heute hier ver - sammelten Landwehrmännern wurde eine Ordre aus dem Kriegsministerium vorgelesen, nach wel - cher jeder, welcher dem ergangenen Aufrufe Folge leistet und in die schleswig = holstein. Armee ein - tritt, als Deserteur betrachtet werden soll.

Paris, 26. Okt. Die Vorgänge, welche dem Rücktritt d'Hautpoul's herbeigeführt haben, fangen an, sich aufzuklären. Noch den Tag vorher hatte d'Hautpoul eine Conferenz mit L. Napoleon, nach welcher er sich nichts weniger als beunruhigt we - gen seiner Stellung zeigte. Was aber beschlossen ward, kann Niemand angeben, aber Jedermann wird es mit Zuversicht aus den weiteren Ereignissen er - rathen. Am folgenden Tage begab sich d' Haut - poul in den Ministerrath und kündigte seinen Col - legen zu ihrem Erstaunen ein Projekt an, daß er auf L. Napoleon's eigenes Verlangen ausgearbei - tet habe. Er las daranf den bekannten Plan zur Zerstückelung des Comandö's von Changarnier vor und kündigte an, daß die Generalr Carrelet,〈…〉〈…〉 Randot, und Gueswiller bereits durch den Telegraphen nach Paris beschieden seien, um mit Changarnier die Commando's der vier neu gebildeten Divisionen zu theilen. Sechs unter Changarnier stehende und mit ihm sehr vertraute Generale sollen gleich aus Paris entfernt und Changarnier selbst aufgefordert werden, die Tuilerieen sofort zu räumen und das Hotel des Divisions = Commando's auf dem Platze Vendome zu beziehen. Die Minister hörten die - ses Project mit Erstaunen an; Lahitte ergriff zu - erst das Wort und drohte mit seinem augenblick - lichen Rücktritte, wenn dasselbe nur ernstlich dis - cutirt werden sollte. Die Minister Baroche, Rou - her, Romain Desfosses und selbst Fould folgten seinem Beispiele; nur Dumas schien d'Hauptpoul unterstützen zu wollen. Von seinen Collegen fast einstimmig im Stiche gelassen, begab sich dieser sofort zu L. Napoleon und reichte seine Entlassung ein, die zwar ungern, jedoch ohne Zaudern ange - nommen wurde. Den Generalen Carrelet, Ran - don und Gnesviller wurde sofort durch den Te - legrapfen Gegenbefehl zugeschickt; allein nur die beiden letzteren erhielten ihn noch in rechter Zeit; Carrelet, der Marsaile schon verlassen hatte, ist in Paris eingetroffen, nachdem er unterwegs gar kein Hehl daraus gemacht, daß er zur Uebernahme eines Divisions - Commando 's nach Paris beschieden sei. Die Um - gebung des Präsidenten äußert ganz unverholen ihr Mißvergnügen über das Mißlingen des in aller Stille angelegten Projektes, den General Changarnier, der durch sein Schweigen weit un - bequemer ist, als Andere durch ihr Sprechen, über Bord zu werfen. Dagegen soll L. Napoleon selbst, getreu seiner vorsichtigen und ausweichenden Poli - tik, ganz zufrieden sein, sich d'Hautpoul, der ihn mit der Nationalversammlung ganz unvermeidlich in Handel verwickelt hätte, auf gute Art vom Halse geschafft zu haben, besonders da er in dem neuen Kriegsminister ein viel besseres Gegenge - wicht gegen Changarnier gefunden zu haben glaubt.

** Aus der Schweiz, 27. Okt. Der Erz - bischof Fransoni hat Genf wieder verlassen und ist nach Lyon gereist. Der Zweck seiner Anwe - senheit in Genf war eine Zusammenkunft mit dem Bischof Marilley. Wie man versichert, wird Bischof Marilley Genf nun doch verlassen müssen.

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

Druck von Joseph Steib in Würzburg. Hiezu das Ergänzungsblatt Nr. 87.

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TextDie Bayerische Presse
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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