PRIMS Full-text transcription (HTML)
Die Bayerische Presse.
Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr.
Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe - titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei.

Nr. 268.
Würzburg, Freitag den 8. November. 1850.

Amtliche Nachrichten.

Würzburg, 8. Nov. Durch allerhöchste Ent - schließung vom 5. Nov. wurde der Dozent an der k. Universität zu Prag, Dr. Friedrich Sean - zoni, zum ordentlichen Professor der Geburtshilfe an der medizinischen Fakultät an der Universität Würzburg und zum Vorstande der Hebammenschule und der Entbindungsanstalt zu Würzburg er - nannt.

Die bayerische Armee.

Die norddeutsche Presse hat sich seit längerer Zeit daran gewöhnt, Bayern zum allgemeinen whipping-boy (Prügeljungen) zu machen. Wenn im einzelnen partikularen Lande die Zustände un - erfreulich sind, so muß Bayern meistens herhalten, um als Sack zu dienen -- experientia fit in vili corpore. Jst doch blos schon seine Existenz eine seiner Hauptsünden! Napoleonisches König - reich .... Nieder = Vertrag , das sind jetzt die Worte, die täglich in gewissen Blättern wie - derkehren, ohne daß der Norden irgend zu der Einsicht gekommen wäre, was er an diesen Rei - chen Deutschlands besitzt, oder sich die Frage be - antwortet hätte, wer denn eigentlich Herr sein soll, wenn der Berliner Arm positiv nicht so weit reicht, und Oesterreich nicht mehr zu Deutschland zu zäh - len ist? So lange nicht etwa die Main = Linie oder das gothaische Vaterland ( nicht so weit als die deutsche Zunge klingt ) zur Verwirklichung kommt, so lange wird im Südwesten ein staat - liches Drittes liegen -- mag dasselbe nun in Baden, Würtemberg und Bayern zerfallen, oder in Eins zusammengeschmolzen werden. Wer sich einbildet, daß diese drei Staaten wirklich Nichts als französische Schöpfungen sind, der pflegt sich eine Politik zurecht, welche Alles, nur nicht ge - fährlich ist. Ohne irgend wie den Vertheidiger Bayerns oder seiner Politik abgeben zu wollen, glaube ich Sie doch versichern zu dürfen, daß das aus Hormayers Fragmente bekannte Wort Friedrich Wilhelm des Dritten über seine Schwä - gerin, die spätere Friederike von Hannover: Nicht schlechter sein, als alle Andern, die Andern um Nichts besser sein, hier vollständig Platz greift. Namentlich aber ist es ein großer Jrrthum, so - bald man sich einbildet, das bayerische Heer mit wohlfeilen Witzen vernichten zu können. Es mag immerhin wahr sein, daß beim Losbruch der März - Revolution das Kriegsmaterial in Baiern sich nicht in dem Zustand befand, wie ihn ein augen - blickliches nachdrückliches Auftreten erforderte; die - sem Uebelstand ist binnen der zwei letzten Jahre abgeholfen; man mag gleichfalls darin Recht ha - ben, daß das bayerische Parade = Execitium dem preußischen nachsteht, allein der bayerische Soldat hat sich auf dem Schlachtfelde noch stets mit dem größten Muthe geschlagen, und auf den Märschen eine Ausdauer gezeigt, die sich mit jeder Truppe zu messen im Stande ist. Die Neue preuß. Zeitung meinte vor einigen Tagen in Bezug auf die bayerischen Rüstungen: man solle Bier - fässer nicht für Pulverfässer ansehen, wenn Sie jedoch einen Vergleich ziehen zwischen demhiesigen kräftigen Menschenschlage vom Ge - birge an bis nach Franken hinein, und dem Rheinlander, dem Schlesier, dem Pommer, der nur die Ebene kennt, so werden Sie, abgesehen von aller geschichtlichen Erfahrung, schon von vornherein dem Bayer als Soldaten den Vorzug geben. Zu dieser körperlichen Kraft gesellt sich dann ferner einmal eine echt deutsche bekannte Lust, zu raufen, und eine durchgehende Sicherheit im Gebrauche der Schießwaffe, wie Sie dieselbe nur in Tirol und der Schweiz antreffen. Das Scheibenschießen bildet eine der ersten Vergnü - gungsarten der Süddeutschen; Privatmann oder Soldat, ein Jeder versteht vortrefflich, mit der Büchse umzugehen, und Sie finden hier in jedem Stande, Alt und Jung, sehr viele Leute, welche für persönliche Ausgleichungen sehr unangenehm geübte Pistolenschützen sind. Diese durchgehende Lust an der Waffe kennt der Norden nicht. Je weiter Sie nach der Küste hinaus sehen, um so seltener werden Sie im Volke den Einzelnen mit dem Gewehre vertraut finden. Der norddeutsche Soldat muß meistens als Rekrut das Schießen erst lernen; der Süddeutsche tritt mit dem sicheren Auge und der geübten Hand in der Regel ein. Wollen Sie außerdem die ihm oft vom Norden aus zum Vorwurf gemachte größere Bedürfniß - losigkeit und Unempfindlichkeit gegen den feineren Comfort bei dem Bayer in Anschlag bringen, welche doch im Felde jedenfalls eine Tugend nur mehr, so kommen Sie gewiß zu dem Resultate, daß der Kern der bayerischen Armee so vortreff - lich ist, als er nur sein kann. Allein die höhere Bildung der Preußen, der Kinder aus dem Staate der Jntelligenz .... Ja freilich, wenn die Schulkenntnisse der gemeinen Soldaten im Kriege auch ein Gewicht in die Schale werfen, so dür - fen die Russen gar keinen Anspruch darauf ma - chen, ein brauchbares Heer zu haben. Wir wol - len es zwar anerkennen, daß das preußische Of - fizierkorps theoretisch vielleicht das bestgebildete ist, welches Europa aufzuweisen hat, und in ihm ein Corps = Geist herrscht, der kein persönliches Schwan - ken des Einzelnen im Augenblicke der Gefahr aufkommen läßt. Allein es fehlt ihm an Erfah - rungen, ohne welche alle Theorie sehr leicht zu einem äußerst gefährlichen Doktrinarismus umzu - schlagen droht. Die preußische Armee befindet sich in vieler Hinsicht in derselben Lage, wie am Anfange unseres Jahrhunderts -- lange Unthä - tigkeit, Garnison = Dienst, auf die Spitze getriebe - nes Theoretisiren. Wie aber im Beamtenthum kein eigentlich schöpferischer Staatsmann, so wächst auch unter solchen Verhältnissen kein eigentlich ge - nialer Feldherr auf. Der Umstand, daß eine unbedeutende Anzahl bayerischer Offiziere seiner Zeit in Griechenland war, darf dagegen freilich in strategischer Beziehung nicht hoch angeschlagen werden; aber rücksichtlich des Sich anerkennen, wie man hier sagt, auf dem Marsche und über - haupt im Kriegsleben, mag diese Excursion denn doch immer ihre guten Früchte getragen haben, und was an mathematischer Präcision vielleicht abgeht, ersetzt individuelle Tüchtigkeit. Ob Preußen ge - genwärtig noch Haudegen wie Blücher besitzt, ist die Frage; die bayerische Natur ist zu solchen Persönlichkeiten recht eigentlich angelegt, und ichsollte denken, auch heut zu Tag liefere man mit Maschinen noch keine Schlachten.

Die Ereignisse in Kurhessen.

Kassel, 5. Nov. Die Preußen behaupten sich hier mit großer Gemächlichkeit. Sie halten auf dem Friedrichsplatze täglich Parade mit Musik, beziehen die gewöhnlichen Wachen und stellen so - gar vor die kurfürstl. Gebäude, vor das Museum, Ministerium ec. Posten hin. Hier und in einigen Dörfern bei Kassel mogen wohl 7000 Mann ein - quartiert sein. Es gibt Hausbesitzer, welche 20 Mann im Quartier haben. Für die Meisten ist es eine drückende Last, da Viele, namentlich in jetzigen Zeiten, kaum für sich Nahrung zu beschaf - fen vermögen. Von einem Abmarsche der Trup - pen verlautet nichts, wohl aber von einer Verstär - kung derselben, sodaß man ernstlich beabsichtigt, auch den Miethern Einquartierung zu geben. Man ist hier über die nächste Gestaltung der Verhält - nisse in gänzlicher Ungewißheit. Daß es die Neu - hessen am Aussprengen lügenhafter Gerüchte nicht fehlen lassen, kann sich Jeder denken, der diese Sorte kennt. Widerwärtig ist es, mit anzusehen, wie sie darauf ausgehen, die Preußen für sich ein - zunehmen, ihnen wohlreden und dabei im Herzens - grunde doch nicht trauen. -- Seit gestern sind die Namen von achtzehn Offizieren, die den Ab - schied erhalten haben sollen, in Vieler Munde.

Kassel, 6. Nov. Die Verfügung des Kurfür - sten, den Einmarsch der Bundestruppen betreffend, steht seit heute früh an den Straßenecken ange - schlagen. Gegen 7 Uhr Uhr Morgens wurde Generalmarsch geschlagen. Von der preußischen Jnfanterie, welche sich sehr schnell auf dem Fried - richsplatze versammelt hatte, rückten sofort 2 Ba - taillone Füßeliere zur Eisenbahn, um auf dersel - ben bis Bebra zu fahren und dann sofort den Marsch nach Hünfeld fortzusetzen. Die Nachrich - ten. daß die Bayern vorschreiten, daß Radowitz abgetreten ist, daß 10 Offiziere entlassen sind, haben die Gesichter der Neuhessen zu einer fabel - haften Länge ausgedehnt.

Hanau, 6. Nov. Die beiden hiesigen Ju - stizämter 1 und 2 verwenden bereits wieder den bisher notirten Stempel, das hiesige Obergericht dagegen fährt in seiner Renitenz gegen die An - ordnungen der Bundesbehörde fort. Der Redak - teur der Hanauer Zeitung , F. A. Kittsteiner, ist dem Hauptquartier der bayerischen Truppen ins Fuldaische nachgereist, um von dem Bundes - commissär die Entsiegelung seiner Pressen und die Erlaubniß zum Wiederscheinen seine Zeitung zu erwirken. Kommandant in hiesiger Stadt ist der bayerische Oberst von Pfetten vom Regiment König.

Nachschrift. Nach glaubwürdigen, wie - wohl noch nicht verbürgten Nachrichten, welche soeben von Fulda eintreffen, sind die Bayern ge - stern, nachdem die Preußen sich zurückgezogen, daselbst eingerückt und haben namentlich die Vor - stadt Löherstraße besetzt. Gewiß ist jedenfalls, daß die beiden Bundesdivisionen von Neuhof wie von Motten her sich gestern früh um 8 Uhr ge -gen Fulda in Bewegung gesetzt haben und den Befehl hatten, den Eintritt in die Stadt nöthi - genfalls mit Gewalt zu erzwingen. Den Tag vorher schien es bei den Vorposten fast zum Kampfe kommen zu wollen; auf preußischer Seite fiel ein Schuß, ob absichtlich oder aus Versehen, worauf die bayerschen Reiter, welche diesseits die Vorhut bildeten, auf die preußische Linie ein - sprengten; es kam indeß zu keinem Zusammen - stoß, da die Preußen sogleich rückwärts gingen. Bei Fulda hatten die Letztern Verschanzungen aufgeworfen und sich in dem Kapuzinerkloster, dem Spitale, auf dem Petersberge, an den Brü - cken über die Fulda und in der Gretzmühle fest - gesetzt.

Fulda, 6. Nov. Nach einer regnerisch stür - mischen Nacht, welche die Einwohner jedoch ruhig und unbeirrt vom Kriegstrubel hingebracht haben, wird soeben, halb 12 Uhr Vormittags, allarmirt. Dem Vernehmen nach sollen die Bayern einen Salzwagen, der den auswärtigen Cantonnementen zugeführt worden wäre (wo, weiß man nicht), weggenommen haben. Wir bemerken, daß die k. preuß. Truppen ihre volle Verpflegung aus den hier errichteten Magazinen empfangen. Nach ei - nem andern Gerüchte hätte der diesseitige Vorpo - stenkommandeur in den Cantonnementen der Bay - ern Generalmarsch schlagen hören und hätte darü - ber hierher Meldung gemacht. -- Allem Anscheine nach wird man den hiesigen Ort mit allen zu Gebote stehenden Kräften vertheidigen, indem die ernstesten Vorkehrungen zu diesem Zwecke getroffen werden. -- Außer den früher genannten Genera - len sind jetzt noch v. Bonin, v. Wenzel und v. Katte bei den Truppen. Heute Nachmittag sollen die sich gegenüberstehenden Commandeure v. Thurn u. Taxis und von der Gröben eine Unterredung pflegen; man ist gespannt, welches Resultat diese Besprechung herbeiführen wird. Der Prinz von Preußen ist schon gestern Abend angemeldet und man sieht stündlich der Ankunft desselben entgegen. -- 4 Uhr Nachmittags. Die ausgerückten Trup - pen kehren von ihren Aufstellungen eben wieder zurück und beziehen ihre bisherigen Quartiere oder Bivonaks. -- Der Prinz von Preußen ist zur Zeit noch nicht eingetroffen. Alle Gerüchte über einen blutigen Conflict, der zwischen den sich gegenüberstehenden Heeresmassen erfolgt sein soll, sind erdichtet und scheinen nur ersonnen zu sein, um ängstliche Gemüther zu beunruhigen. -- Nachmittags 4 Uhr. Die Preußen stehen bei Löschenrodt,4 1 / 2 Stunde von hier an der Frankfurter Straße, bayerischen und österreichi - schen Truppen gegenuber; die Bayern sind jedoch schon über die Löschenrodter Brücke herzu: -- 5 1 / 2 Uhr. Die Sachen stehen auf der Spitze; unsere Stadt gleicht einem Lager. Soeben sind wieder große Truppenmassen als im Anmarsch angesagt.

Von der Rhein = Weser = Wasserscheite, zwischen Schlüchtern und Neuhof, 6. Nov. Der gestrige Rasttag war den Bundestruppen auf ihre an - strengenden Märsche bei dem nassen Wetter, das alle Wege grundlos gemacht hatte, nöthig. Lei - der ist das Wetter heute noch übeler. Es regnet nun auch am Tage, während bisher nur Nachts. Und gerade der heutige Tag ist zum weitern Vor - rücken der Truppen auf der Straße nach Fulda bestimmt. Der commandirende General und der Bundescommissär werden um 9 Uhr Vormittags aus dem Hauptquartier Flieden aufbrechen. Jhr Vormarsch ist unterstützt und gedeckt in der rech - ten Flanke von der über Brückenau vorrückenden Divission Mar. ist äußerst gespannnt, was von Seiten der Preußen geschehen wird. Ohne ihr Eindringen würde die Sache ohne Zweifel sich rasch und zur Zufriedenheit aller wahren Freunde Deutschlands und der gesetzmäßigen Freiheit er - ledigt haben.

Deutschland.

Frankfurt, 3. Nov. Es ist allerdings wahr, daß Lord Cowley nicht accreditirter Gesandter Englands bei der deutschen Bundesversammlungist, und daß er daher auch als solcher das Pro - tokoll bei Auswechselung der Friedensratifikationen zwischen Dänemark und dem deutschen Bund nicht unterzeichnet hat. Die Bundesversammlung hat nemlich die Reaktivirung den Großmächten noch nicht offiziell angezeigt, und darin liegt die Ur - sache, daß diese bis jetzt auch noch keine Gesand - ten bei ihr accreditiren konnten. Der Grund, weshalb die Bundesversammlung diesen Schritt noch nicht gethan, ist einzig und allein in der Schonung zu suchen, die man gegen Preußen be - obachten zu müssen glaubte. Sobald die Bundes - versammlung bei den Großmächten offizielle An - zeige von ihrer Reaktivirung gemacht, und diese durch Accreditirung von Gesandten ihre erneuerte Anerkennung ausgesprochen hatten, blieb für Preu - ßen keine andere Wahl, die Bundesversammlung unbedingt anzuerkennen, oder einen Krieg mit ganz Europa zu beginnen. Um Preußen nicht in diese schlimme Alternative zu versetzen, hat man die provisorische Centralcommission als Vertreterin des deutschen Bundes, dem Auslande gegenüber noch fortbestehen lassen. So gewiß man auch seiner Sache war, daß die Großmächte nach einmal er - folgter offizieller Anzeige von der Reaktivirung der Bundesversammlung nicht anstehen würden und nicht anstehen könnten, ihre Gesandten von der alsdann erloschenen Bundescentralgewalt abzuru - fen und sie statt dessen bei der Bundesversamm - lung zu accreditiren, so hat man es doch bis jetzt, in der Hoffnung einer Verständigung mit Preußen, unterlassen, des Verhältniß auf diese letzte, entscheidende Spitze zu treiben. Jetzt wird man genöthigt sein, auch diese letzte Schonung ge - gen Preußen fallen zu lassen. Der beste Beweis, daß England die Bundesversammlung anerkennen wird, sobald es nur in die Lage versetzt ist, einen solchen offiziellen Schritt thun zu können, liegt eben in der offiziösen Betheiligung Lord Cow - ley 's bei dem Ratifikationsprotokolle, in welchem Graf Thun nicht im Namen Oesterreichs und nicht im Namen einzelner deutscher Staaten, son - dern ausdrücklich im Namen des deutschen Bun - des auftritt. Dieses eben auseinandergesetzte Ver - hältniß ist auch die einzige Ursache, weshalb der hier verweilende russische Gesandte, Fürst Gort - schakoff, seine Accreditirung bei der Bundesver - sammlung noch nicht hat überreichen können. Eben - so ist es keinem Zweifel unterworfen, daß die französische Regierung keinen Augenblick anstehen wird, ihren Gesandten bei der Bundesversamm - lung zu accreditiren, sobald sie offiziell die Ver - tretung Deutschlands wieder übernommen hat. Den preußischen Blättern kann dieser Stand der Sache nicht unbekannt sein; dennoch fahren sie fort, dem Publikum vorzuspiegeln, daß die Nicht - accreditirung der fremden Gesandten in einer Ab - neigung der Kabinette gegen die Bundesversamm - lung läge, während die Ursache doch einzig und allein in dem Wunsche der Bundesversammlung zu suchen war, Preußen so wenig wie möglich zu compromittiren, und ihm die Lage so lange wie möglich offen zu erhalten, mit allen Dehors des freien Entschlusses sich der Bundesverfassung zu unterwerfen. Die falsche Maxime der preußischen Blätter, die Unkunde des Publikums auszubeuten, um es in falschen Erwartungen und Spannungen ein paar Tage länger zu erhalten, ist noch jedes - mal zum Nachtheile Preußens ausgefallen. Nicht nur wird die Enttäuschung später um desto grö - ßer, sondern die Bundesversammlung wird auf diese Weise gewissermaßen moralisch gezwungen, den Schleier früher zu lüften, den sie aus milden Anstandsrücksichten gegen eine in diesem Augen - blicke diplomatisch sehr ungünstig gestellte Macht zu deren Gunsten noch gern einige Zeit über diese Verhältnisse gebreitet hätte. Es kann der Bun - desversammlung nichts daran liegen, Preußen vor der öffentlichen Meinung Demüthigung zu berei - ten. Die hiesigen Staatsmänner sind zu weise, um der preußischen Regierung ihre ohnehin so schwierige Lage auch für die Zukunft noch mehr zu erschweren. So weit es unbeschadet des Rech - tes möglich ist, das Ansehen der preußischen Re - gierung zu stärken, wird man von keiner Seiteaus freudiger die Hand bieten, wie von hier aus. Aber die preußischen Blätter scheinen es so recht con amore darauf anzulegen, alle Rücksichten unmöglich zu machen, welche die Bundesversamm - lung zu gewähren gedachte. Nie war eine Regie - rung mehr in der Lage, auszurufen: Gott be - wahre mich vor meinen Freunden!, als eben die preußische. Ohne die geschäftige Dazwischenkunft der preußischen Zeitungen, wovon man leider die ministerielle Deutsche Reform selbst nicht aus - nehmen darf, würde Preußen gewiß noch immer in einer relativ günstigeren Lage sich befinden, wie jetzt. Es ist nichts gefährlicher, als sich durch nur halbunterrichtete und nur halbgebildete Fe - dern vor der Oeffentlichkeit vertreten zu lassen. (Möchte dieser Uebelstand doch bald eine gründ - liche Abhilfe finden!)

Karlsruhe, 6. Nov. Jn der gestrigen Sitzung der ersten Kammer erschien der neue Minister des Auswärtigen, Freiherr v. Rüdt, zum erstenmal in seiner jetzigen Eigenschaft. Er richtete folgende Worte an die Kammer: D. H. H.! Durch die Gnade und das besondere Vertrauen Se. königl. Hoh. des Großherzogs berufen, habe ich heute zum erstenmale die Ehre, an dieser Stelle in diesem Saale zu erscheinen, in welchem ich vor Jahren schon, aus Jhrer Mitte, gemeinschaftlich mit Jhnen nach demselben Ziele gestrebt, welches die Regierung des Großherzogs unverrückt mit Festigkeit verfolgen wird: das Heil unseres Für - sten, unseres Landes. Sie werden, D. H. H., nicht erwarten, daß ich im gegenwärtigen Augen - blick irgend eine spezielle Frage der Politik auch nur entfernt berühre. Nur das Eine lassen Sie mich hervorheben, daß unser Volk, ein integriren - der Theil eines großen Ganzen, durch die man - nigfachsten festbegründeten Jnteressen, tiefwurzelnde Sympathien verschiedener Art mit unserm Ge - sammtvaterlande nach den verschiedensten Seiten hin enge verknüpft ist; auch darum fordert das wohlverstandene Jnteresse Badens zunächst eine Einigung aller deutschen Staaten. Jn einer ern - sten, bedeutungsvollen Zeit, wie die gegenwärtige, ist mehr als je ein offenes, vertrauensvolles Zu - sammenwirken derer nöthig, die berufen sind, durch Rath und That die wahren Jnteressen des Lan - des zu fördern. Auf Jhre Unterstützung, D. H. H., dürfen wir zählen; Sie haben sie, selbst mit Opfern, nie versagt, wo es sich um das Wohl des Landes handelte.

Stuttgart, 6. Nov. Nachdem in der heutigen Sitzung der Landesversammlung, in Betreff der von der Regierung zum Zweck der Rüstungen geforderten 300,000 fl., der dieselbe verweigernde Commissionsantrag in allen Punkten angenommen war, wurde die Versammlung durch den Minister des Jnnern im Namen des Königs für aufgelöst erklärt. Das Auflösungsdekret setzte hinzu, daß nicht mehr nach dem Wahlgesetz vom 1. Juli ge - wählt werden könne, und deshalb für die Funk - tionen des Ausschusses der Ausschuß der am 10. August v. Jrs. aufgelösten Kammer zurückgerufen werde. Ueber die Arbeiten der Verfassungsrevi - sion behalte sich Se. Maj. der König weitere Beschlüsse vor. -- Präsident Schoder schloß nach Verlesung der Auflösungsverordnung die Sitzung nicht, sondern sagte: Jch, als Präfident dieser Versammlung, weise das Verfassungswidrige des Verbots, einen Ausschuß zu wählen, zurück und fordere die Mitglieder zur Wahl eines Ausschus - ses in Gemäßheit des §. 192 auf. Frhr. von Linden warnte vor einer Uebertretung der k. Ver - ordnung und forderte die Versammlung auf, sich zu fügen, worauf sich die Mitglieder der äußer - sten Rechten, unmittelbar nach dem Abtreten des Ministeriums entfernten. 48 Mitglieder blieben und wählten den Ausschuß in Eile, nämlich: a) engeren: Stockmayer, Rödinger, Schnitzer, Mohl, Seeger; b) den weiteren: Reyscher, Mack, Tafel, Fetzer, Schweickhardt, Phäler. Beim Namens - aufruf fehlten nur: Geigle, Kuhn, v. Linden, Roth, Scheffold, v. Steffelin, Walther und Wul - len (letzterer von der Linken). Schließlich ver - sicherte Schoder, der Auschuß werde die verletzte Verfassung nach Kräften vertheidigen und stellte〈…〉〈…〉e unter den Schutz des Höchsten. Schnitzer aber hatte noch in Anwesenheit der Minister gerufen: Die Verfassung ist gebrochen! -- Der Aus - schuß versammelte sich sogleich, das Publikum aber entfernte sich still und ruhig.

Hamburg, 4. Nov. Es ist factisch, daß der hier stehenden preußischen Truppenabtheilung, von circa 3500 Mann, seit gestern Ordre ertheilt wurde, sich marschbereit zu halten. Uebrigens ist in Betreff der Richtung, wohin die preußischen Truppen abmarschiren sollen, bis jetzt nicht ein - mal den Offizieren Näheres bekannt geworden. Man vermuthet natürlich, nach der hessischen Grenze, in Bezug auf die dortigen Conflicte, wobei an - derweitig die Muthmaßung laut wird, Preußen wolle seine Truppen nicht ferner znm Schutze Holsteins (da die Statthalterschaft die Waffen - stillstandsvorschläge abgelehnt) an der Grenze stehen lassen.

Hannover, 5. Nov. Die heute durch die Gesetzsammlung veröffentlichte Bekanntmachung des königl. Gesammt = Ministeriums, die Unter - stützung des schleswig = holsteinschen Krieges betref - fend, lautet: Nachdem der zwischen den deutschen Staaten und dem Königreich Dänemark abge - schlossene Frieden auch von der hiesigen königl. Regierung genehmigt und somit nach der am 26. v. M. erfolgten Auswechselung der Ratificationen auch für das hiesige Königreich verbindlich ge - worden ist, finden Wir Uns veranlaßt, solches zur öffentlichen Kunde zu bringen, und hierdurch warnend darauf aufmerksam zu machen:

daß gegenwärtig alle Schritte diesseitiger Un - terthanen zur Unterstützung des Krieges der Schleswig = Holsteiner wider das Königreich - nemark als mit den Grundsätzen des Völker - rechts unvereinbar zu betrachten sind, und den Umständen nach den Bestimmungen des Cri - minalgesetzbuches unterworfen sein werden, welche derartige die Staatssicherheit gefährdende Hand - lungen mit Strafe bedrohen.

Wir weisen namentlich darauf hin, daß nach dem Art. 130. 2 und 3 des ebengedachten Ge - setzes mit Arbeitshaus Derjenige bestraft werden soll, welcher die mit anderen Mächten errichte - ten, die Aufrechthaltung des äußeren Friedens unmittelbar bezielenden Staatsverträge oder die bestehenden Neutralitäts = Verhältnisse absichtlich verletzt , so wie Derjenige, welcher als Wer - ber hiesige Unterthanen zum auswärtigen Kriegs - dienst verleitet. Zuwiderhandlungen, -- zu wel - chen Unterstützungen der Verwundeten und Noth - leidenden in Schleswig = Holstein und nur dazu bestimmte Sammlungen nicht zu zählen sein wer - den, -- würden die Obrigkeiten und Gerichte in die Nothwendigkeit versetzen, den erwähnten Ge - setzen Geltung zu verschaffen. Wir vertrauen aber gern zu dem bewährten Rechtssinn der hie - sigen Unterthanen, daß sie alle Schritte vermei - den werden, durch welche unter Nichtachtung der bestehenden Gesetze Unserem ernsten Bestreben, in Gemeinschaft mit den verbündeten Regierungen dem Fortgange des Krieges in einer die Rechte und Jnteressen des gemeinsamen Vaterlandes wah - renden Weise Einhalt zu thun, nur größere Schwierigkeiten würden bereitet werden.

Berlin, 5. Nov. Jn der Spenerschen Ztg. findet sich folgende Berichtigung: Zu der durch - aus leeren Erfindung gehört, wie wir aus zuver - lässiger Quelle wissen, auch die Nachricht eines gestrigen Abendblatts, daß die von dem Minister v. Manteuffel abgesandte Note erkläre, Preußen habe die Union und ihre Verfassung aufgegeben, und werde das gewaltsame Einschreiten der oster. Coalition in Hessen und den Herzogthümern vor sich gehen lassen. Die Note erklärt, daß Preußen gegen die Union nichts ausführen werde, und spricht die Hoffnung aus, daß man sich in Bezug auf Hessen und die schleswig = holsteinische Angelegen - heit verständigen werde. Die Note verlangt fer - ner kathegorisch die Einstellung der Rüstungen von Seiten Oesterreichs und Sachsens, und erklärt sich bereit zur sofortigen Beschickung der freien Con - ferenz.

Berlin, 5. Nov. Jn einigen Kreisen der hie - sigen Bevölkerung herrscht Mißstimmung über die jüngsten politischen Entscheidungen der Regierung, und in dem Schooße mehrerer conservativen Ver - eine werden Demonstrationen vorbereitet, um so - wohl Sr. Maj. dem Könige als dem Ministerium Kenntniß von dieser Mißstimmung zu geben. Bei dem Herrn Minister v. Manteuffel ist sogar schon eine Deputation erschienen, welche Klagen und Bedenken über die Nachgiebigkeit Preußens , über die Opferung seiner Machtstellung ausge - sprochen und auf die Nothwendigkeit eines ener - gischen Auftretens, sollte auch der Krieg darüber ausbrechen, hingewiesen hat. Der ganze Schritt der Deputation scheint durch eine entschiedene Ver - kennung der wahren Sachlage hervorgerufen. Es handelte sich bei den Differenzen des Ministerraths in den letzten Tagen gar nicht um die Frage: Krieg oder nicht Krieg, sondern um die Frage: Demonstration oder nicht Demonstration. -- Nicht dem Kriege, wohl aber der nutzlosen, kostspieligen und bedenklichen Demonstration einer unentschlosse - nen, thatlosen Politik ist die Mehrheit des Mini - sterraths entgegengetreten. Dieselbe Seite des Cabinets, welche die umfassenden Mobilmachungen verlangte, hatte es nicht sowohl auf den durch solche Maßregel sicherlich in nächste Aussicht ge - brachten Kampf, als auf die moralische Wir - kung des Auftretens selbst abgesehen. Das mußte bedenklich erscheinen, nicht blos Angesichts des enormen Kostenpunktes, sondern hauptsächlich um des Eindrucks auf das Heer willen, wenn etwa 200,000 Mann Landwehren zu einer De - monstration aufgeboten werden sollten, um vielleicht in 8 Tagen wieder entlassen zu werden. Dem Kriege selbst, wo er durch Preußens Recht, seine Ehre und sein Jnteresse geboten ist, waren Herr von Manteufel und die ihm gleichgesinnten Colegen niemals abgeneigt, wie sie denn überhaupt den phantastischen Plänen gegenüber der Politik das Wort redeten, welche das ganz ist, was sie sein will, und auch durch die That bewährt, was sie zu thun entschlossen ist. Das ist auch noch heute, wie wir überzeugt sind, die Gesinnung des Mini - steriums, und gewiß wird weniger als je der Krieg gefürchtet, und wird weniger wie je Anstand ge - nommen werden, ihn zu beginnen: wenn Unter - drückungsgelüsten und fremden Anmaßungen ge - genüber die Wahrung der Rechte und der Macht Preußens es fordert. Was aber die Demonstra - tionen der conservativen Vereine betrifft, so kön - nen wir hier nur wiederholen, was wir so vielen Erscheinungen des Deputationswesens gegenüber schon mehrmals aussprechen mußten; daß solche Einmischungen in allgemeine politische Angelegen - heiten nur Verwirrung erzeugen und nicht zum Segen der vaterländischen Politik gereichen können.

Berlin, 5. Nov. Die Demissionsgesuche der HH. Minister v. Ladenberg und v. d. Heydt sind von des Königs Majestät nicht angenommen wor - den. Hr. v. Ladenberg hat sich in dem gestrigen ersten Ministerrathe überzeugen lassen, daß er, wenn auch seiner in der bekannten Sonnabendsitz - ung dargelegten Ansicht getreu, dennoch im No - vember = Ministerium verbleiben könne. Daß Hr. v. d. Heydt weiter auf seine Entlassung dringen werde, steht nicht zu erwarten.

-- Auch der Kriegsminister, Hr. v. Stockhau - sen, Excellenz, hat ein Entlassungsgesuch einge - reicht, natürlich nicht in Folge der Beschlüsse vom Sonnabend, sondern aus besondern persönlichen Gründen.

-- Wenngleich heute aus Fulda berichtet wird, daß die preußischen und bayerischen Truppen in dortiger Gegend sich ganz nahe gegenüberstehen, so fürchtet man hier noch nicht, daß Hessen eine Veranlassung zum Kriege geben wird. Krieg oder Frieden hängt allein von der Antwort aus Wien auf die letzte Note der diesseitigen Regierung ab. Die Politik des Vertrauens hat keine langere Dauer, als bis diese Antwort eingetroffen sein wird. Würdigt Oesterreich die preußischen Bemüh - ungen, den Frieden zu bewahren, nicht nach ihrem wahren Werthe, so wird das gegenwärtige Mini -sterium eine Mobilmachung der gesammten Armee in dem Sinne beantragen, in welchem sich die Majorität des Ministeriums in der Sonnabend - sitzung ausgesprochen hat, d. h. nicht des Demon - strirens willen.

Schweiz.

Bern, 5. Nov. Der Gesetzentwurf über die gemischten Ehen veranlaßt in der katholischen Kirche im gegenwärtigen Augenblick bemerkenswerthe Be - wegung. Außer der Zuschrift des Bischofs von Solothurn wurde in der heutigen Sitzung des Nationalraths auch eine Verwahrung des Bischofs von St. Gallen mitgetheilt und an die betreffende Commission gewiesen. Eine Vorstellung des Bi - schofs Marilley in der gleichen Angelegenheit wurde entgegen der Ansicht des Präsidenten und mehrerer Nationalräthe, welche auch diese Zuschrift der Com - mission überweisen wollten, einfach ad acta ge - legt. Die große Mehrheit des Nationalraths ging nemlich von der Ansicht aus, daß Marilley nicht mehr Bischof von Lausanne sei, und in dieser Ei - genschaft sich nicht an den Nationalrath wenden könne. Eine Petition aus Freiburg verlangt Jn - tervention des Bundes in diesem unglücklichen Kanton; wegen ihrer ungeziemenden Ausdrücke wird sie aber ad acta gelegt. Der Ständerath begann die Verhandlung über die eidgenössische Staatsrechnung des Jahres 1849.

Niederlande.

Der Jndependance Belge wird aus dem Haag geschrieben: Das (bereits erwähnte) Vo - tum der Luxemburgischen Kammer in Bezug auf die Absendung eines Vertreters beim Bundestage zu Frankfurt hat hier in den ministeriellen Regi - onen großes Aufsehen gemacht. Der Minister des Auswartigen hat über diesen Gegenstand eine lange Conserenz mit dem Könige gehalten, der nicht nachgeben zu wollen scheint. Da er Hrn. v. Scherff sein volles Vertrauen schenkt, so will er ihn nicht ersetzen lassen, und zwar um so we - niger, da es jetzt den Schein trüge, als ob die Kammer ihn dazu gezwungen hätte. Ein Zer - würfniß ist unvermeidlich, wenn die Kammer auf ihrem Wunsche besteht, da man vom Könige kein Zngeständ - niß zu gewärtigen hat. Wie verlautet, ist bereits durch Courier an den Prinzen Heinrich die Weisung er - gangen, den Luxemburgischen Ständen mitzuthei - len, daß der König durchaus keinen Grund zu er - kennen vermöge, dem jetzigen Gesandten in Frank - furt sein Vertrauen zu entziehen und der Kammer unter Hinweisung auf den Artikel der Verfassung, welcher vom Könige die Ernennung seiner Vertre - ter bei fremden Mächten ohne irgend welche Con - trole anheimstellt, das Bedauern Sr. Majestät darüber auszudrücken, daß sie eines der Vorrechte der Krone angreifen zu müssen geglaubt habe.

Neuestes.

Aus der Pfalz, 5. Nov. Sämmtliche Rhein - übergänge gegen Baden sind dem Vernehmen nach von bayerischen Truppen besetzt worden.

Freiburg. Hr. Altstaatsrath Thorin ist den 31. Okt. wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Der Staatsrath hat überhaupt, vor definitiver Aufnahme der Hochverrathsprocedur durch den Untersuchungsrichter alle jene Verhaftete proviso - risch entlassen, deren Geständniß vollständig und deren Schuldbarkeit nicht besonders groß erscheint. Die Zahl dieser provisorisch Entlassenen steigt auf 60.

Ein Heilbronner Blatt erzählt: Als Fürst Zeil zum Thore des Aspergs hereingefahren sei, hatte ein donnerndes Hoch auf den Fürsten der Demokratie ihn aus den vergitterten Fenstern em - pfangen. Es scheint, daß also die Reaktion selbst unter diesen politischen Gefangenen sich eingeschli - chen hat, indem sie einen Fürsten unter sich aner - kennen. Ominös ist der Ruf jedenfalls, und würde ganz anders lauten, wenn sie den demo - kratischen Fürsten hätten leben lassen.

Wiesbaden, 6. Nov. Die Freie Z. sagt: Es wird allgemein mit Bestimmtheit behauptet,daß die Beschickung des Bundestags in einem be - reits vorgestern stattgehabten Ministerrath beschlos - sen worden sei.

Aus Memmingen wird berichtet, daß dort am 3. und 4. Nov. die erste Einquartierung von öster. Reiterei war.

* Die Deutsche Zeitung Nr. 310 bespricht in einer Correspondenz aus Berlin vom 3. Nov. die jetzige Stellung Preußens, und zeigt deutlich, in welcher Raserei die Gothaer Partei sich befin - det; der Wortlaut ist folgender: Jn Gift möchte ich die Feder tauchen, da sie Zeugniß ewiger Schande ablegen soll, in das stärkste Gift, daß der Leser es nicht weiter verbreiten dürfte, was ein beklagenswerther Berichterstatter von Preußens Erniedrigung melden muß. Man hat das Vater - land geopfert, ohne Schwertstreich Preußen den Feinden unter die Füße geworfen, -- o, daß die Heldenkönige aus ihren Gräbern aufständen und sich lossagten von einem Geschlechte, dem der Name eine Last geworden, für welchen die Väter ge - stritten, geblutet und gestorben! Dahin hat man uns gebracht, daß sich alle Begriffe von Recht und Ehre zum Knäuel verwirren, daß Niemand mehr weiß, wo Freund oder Feind, seitdem die Furcht regiert und der Polizeiblick politische Bah - nen ausmessen will. Jch eile zur Sache und über diese hinauszukommen. Sie wissen, was geschehen, nur über das Wie? denke ich Jhnen aus bester Quelle Aufschlüsse ertheilen zu können. Hr. v. Radowitz war durch die zwingende Gewalt jenes Polizeiblicks dahin gedrängt worden, vor etwa 14 Tagen dem Wiener Cabinet die Concession zu machen: man stehe für den Augenblick davon ab, die Maiverfassung als ausführbar anzusehen. Oesterreich, durch solche Nachgiebigkeit zur äußer - sten Anmaßung angestachelt, stellte darauf ein dreifaches Verlangen an Preußen. Fürs Erste solle der Verfassung vom 26. Mai definitiv ent - sagt werden, was gleichbedeutend mit Entfernung aller Verbündeten und mit Verlust jeglicher Sym - pathie in Deutschland war. Sodann hätte sich Preußen in der kurhessischen Sache den Beschlüs - sen der sogenannten Bundesversammlung in Frank - furt zu fügen und für deren Ausführung seine Truppen gemeinschaftlich mit denjenigen Oester - reichs und Baierns im Kurstaate einschreiten zu lassen. Drittens sollte Preußen dazu mitwirken, die Statthalterschaft in Holstein zum Vollzug des vom sogenannten Bundestag erlassenen Jnhibito - riums mit gewaffneter Hand zu zwingen. Enteh - renderes, als diese Forderungen, konnte Nichts gedacht werden. Es handelte sich jetzt um deren Annahme oder Verwerfung. Hr. v. Radowitz nannte die Anträge einen Schimpf ohne Gleichen und widersetzte sich denselben mit aller Kraft tief - ster Entrüstung, indem er eine Haltung Oester - reich gegenüber verlangte, wie sie, auch bei Un - terstützung und Bestellung des Ansinnens durch Ruß - land, Preußens Ehre gebiete. Die Mobilmachung der gesammten preuß. Armee sollte als entsprechende Ant - wort auf solch schmachvolles Verlangen dienen, um gleichzeitig die Mittel zur Hand zu haben, der diplomatischen Abwehr den etwa erforderlichen mi - litärischen Nachdruck zu geben. Das para bel - lum, si vis pacem galt hier sicher für geboten, handelte es sich doch nicht mehr um Spiegelfechte - rei! Die der preußischen Ehre angemessene Zurück - weisung jener Forderungen unterstützteu Hr. v. La - denberg und Hr. v. d. Heydt; Hr. v. Manteuffel dagegen erklärte, daß er auf alle Anträge ohne Ausnahme eingehen werde, um nur zur Verstän - digung mit Rußland und Oesterreich zu gelangen, da ihm diese um keinen Preis zu theuer sei. Jhm stimmten Graf Brandenhurg, den die Wucht mos - kowitischer Drohung niedergedrückt hatte und Hr. v. Stockhausen bei, während der König früher schon seine Stimme der sich herausstellenden Mehr - heit unterordnen wollte. Die Majorität entschied endlich gegen Hrn. v. Radowitz und Hrn. v. La - denberg. Die Folge davon war ihre Entlassung und Preußens Sturz in den tiefsten Abgrund einer von allen Parteien mit dem Schrei des Entsetzenserkannten, nur von den socialen Demokraten und ihren gesinnungslosen Antipoden nicht empfundenen Schmach.

Luzern. Der prachtvolle Kirchenschatz von St. Urban ist nach dem Luzerner = Boten um 60,000 Fr. an einen Jsraeliten aus Frankfurt und einen Pariser Silberhändler verkauft worden.

Mailänder Briefe vom 2. Nov. melden, daß der Feldmarschall Graf Radetzky zum Chef der deutschen Bundesarmee und Graf Giulai zum Nachfolger desselben ernannt worden sei.

Turin, 30. Oktbr. Laut Correspondenz des Commune italieno hätte der Papst den König, die Minister und die bei den Siccardischen Ge - setzen betheiligten Parlamentsmitglieder erkommu - nizirt. Die neuesten Turiner Blätter schweigen noch zu dem Ereigniß. Hr. Barrot ist, nachdem er dem Ministerpräsidenten d'Azeglio eine scharfe Note der französischen Regierung übergeben, nach Paris abgereist. Dem Vernehmen nach will der Unterrichtsminster abtreten, und soll durch Herrn Gioja oder den Marquis Alfierie ersetzt werden.

Jn Californien ist durch das Fällissement mehrerer großer Banquier = und Handelshäuser eine finanzielle Krisis veranlaßt. Jn San Fran - cisco werden die abgebrannten Stadttheile wieder aufgebaut, zum Theil schöne vierstöckige Häuser. -- Auch an den Flüssen Klamath und Umpqua hat man reiche Minen entdeckt. -- Jn den Vereinig - ten Staaten dauert die Aufregung über die Sklaven = Bill noch immer fort. Die Blätter sind mit Berichten von Proceduren gegen flüchtige Skla - ven gefüllt. -- Aus Porte = au = Prince auf Haiti wird gemeldet, daß wahrscheinlich ein Vertilgungskrieg zwischen den Haitianern und Dominganern aus - brechen wird. -- Jn der Republik Neu = Granada fürchtet man den Ausbruch einer Revolution un - ter General Flores.

T. D.

  • 1) Hamburg, 6. Nov. Oberst v. d. Tann hat sich auf Urlaub nach Hause begeben. Aldosser ist entlassen worden; beide sind hier durch - gereist. -- Dem Vernehmen nach marschirt die kgl. preuß. Jnfanterie hier ab. Eine Executions - armee, von 25,000 Mann k. k. öster. Truppen mit 60 Geschützen, soll angeblich durch Sachsen nach Holstein warschiren. Die Statthalterschaft werde, sagt man, nur der Gewalt nachgeben.
  • 2) Berlin, 6. Nov. Graf Brandenburg ist gestorben.
  • 3) Berlin, 6. Nov. Nach der Deutschen Reform wurde in der heutigen Berathung des Ministeriums, bei welcher Se. Maj. der König den Vorsitz führte, die Mobilmachung des ge - sammten Heeres, mit Einschluß der Landwehr be - schlossen.

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

Gold = und Silber = Sorten.
fl.kr.
Neue Louisd'or .........115
Friedrichsd'or .........941 1 / 2
Dukaten ...........536
20 Frank = Stücke ........927
Holländische 10 fl. Stücke .....947 1 / 2
Preußische Thaler ........145
5 Frank = Thaler ........221
Bekanntmachungen. Eichenstamm = Nutz = u. Brennholz - Versteigerung im Spessart.
  • Das unterfertigte Forstamt versteigert Mittwoch den 20. d. Mts. Vormittags 10 Uhr anfangend im Gasthause zur Rose dahier.
    I. Aus dem Revier Lohrerstraß
    • Abtheilungen Kohlstocke, Lichtenauerweg u. Bomig:
      • 50 Eichen = Commerzial = u. starke Nutzholzstämmeauf dem Stocke;in den Abtheilungen Kurzergrund und Maths -büttenrein:
      • 50 Eichenabschnitte zu Commerzial =, Bau = undNutzholz geeignet,
      • 3 1 / 2 Klftr. 6schuhiges Eichen = Pfahlmüsselholz
      • 2 Muffelholz 1. Klasse
      • 232.
      • 75Brennholz bestehend in Buchenknorz =,
      • Prügel = und Astholz, Eichenknorz = Scheit 2rund 3r Klasse und Astholz.
    II. Aus dem Reviere Lohr
    • Abtheilungen Wildpretsscheuer, Herrnbrunnsrain,Herrnbrunn und Küchengraben:
      • 44Eichenbau = und Nutzholzabschnitte,
      • 1 3 / 4 Klftr. 6schuhiges Eichenmüsselholz 1. Klasse
      • 132.
      • 31Brennholz, bestehend in Eichenknorz -
      • Scheit 2r und 3r Klasse und Astholz.
    III. Aus dem Reviere Frammersbach
    • in den Abtheilungen Fürstenweg, Vollersweg undHartmannsruh:
      • 67Eichen =, Bau = und Nutzholzabschnitte
      • 6 1 / 2 Klftr. Eichenmüsselholz 3r Klasse und
      • 10Eichenknorzholz.

Das Eichenstamm = und Müsselholz, sowie das Buchenprügel = und Buchen = und Eichenknorzholz wird in freier Konkurrenz, das übrige Brennholz hingegen für den Lokalbedarf mit Ausschluß der Händler versteigert.

Die Eichen auf dem Stocke kommen sammt dem Astholze zur Versteigerung.

Sämmtliches Materiale ist numerirt, dasselbe kann daher täglich eingesehen werden und die be - treffenden k. Revierförster sind angewiesen, solches den Strichslustigen auf Verlangen vorzeigen zu lassen.

Bekanntmachung.

Die zum Nachlaß der verlebten ledigen Mar - garetha Zang von Aschaffenburg gehörigen Effek - ten als Betten, Leibwäsche und Kleidungsstücke werden

Montag, den 11. Nov. l. Js. Nachmittags 2 Uhr

im diesgerichtl. Sekretariat dem öffentlichen Ver - kauf ausgesetzt.

Strichslustige erhalten hiervon Nachricht.

Jn der Paul Halm 'schen Buchhandlung (an der Universität) ist eingetroffen und für 12 Kreuzer zu haben:

Kalender für Zeit und Ewigkeit für 1851. Einsiedler = Kalender für 1851.

Theater = Anzeige.

Zum Erstenmale: mit erhöhten Eingangspreisen Der Prophet. Große Oper in 5 Akten von Meyerbeer. Mit neuen Dekorationen, neuer Garderobe, Ballet und Schlittschuhfahrt. Preise der Plätze:

Erster Rang 1 fl. 45 kr., Sperrsitz u. zwei - ter Rang 1 fl. 12 kr., Parterre 48 kr., Amphi - theater 30 kr., Gallerie 18 kr.

Der außergewöhnliche Kostenaufwand, welche diese Oper erfordert, macht es unmöglich, sie zu den gewöhnlichen Preisen oder im Abonnement zu geben.

Druck von Joseph Steib in Würzburg.

About this transcription

TextDie Bayerische Presse
Author[unknown]
Extent4 images; 5912 tokens; 2428 types; 42948 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDie Bayerische Presse Eine constitutionell-monarchische Zeitung. . Würzburg (Bayern)1850.

Identification

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz1

Editorial statement

Editorial principles

Siehe Dokumentation

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T10:55:19Z
Identifiers
Availability

Dieses Werk steht unter der "Creative Commons Namensnennung - Nicht kommerziell 3.0 Deutschland Lizenz" (CC BY-NC).

Holding Library
Shelfmark
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.