PRIMS Full-text transcription (HTML)
0457
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Donnerstag
Nr. 58.
27 Februar 1840

Spanien.

(Moniteur.) Telegraphische Depesche. I. Bayonne, 20 Febr. Die Königin hat am 18 Febr. persönlich die Kammern eröffnet. Die Königin Isabelle wohnte dieser Cerimonie bei, die ganz gut vorüber ging. Madrid ist vollkommen ruhig. II. Der französische Botschafter an den Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Madrid, 18 Febr. Die Königin-Regentin, in Begleitung der Königin Isabelle, hat heute die Session der Cortes eröffnet. JJ. MM. wurden in der Versammlung mit dem größten Enthusiasmus empfangen. Das Volk legte auf ihrem Wege dieselben Freudenbezeugungen an den Tag. Die Thronrede hatte einen wahren Erfolg (succés). Das Aussehen Madrids war in jeder Beziehung befriedigend.

Großbritannien.

Bei dem Lever Ihrer Maj. am 19 Febr. im St. James-Palaste war Prinz Albert, der im Thronsaal seinen Stand zur Linken der Königin nahm, von folgenden Herren seiner Hofhaltung umgeben: Viscount Boringdon, General Sir G. Anson, Obrist Wylde als Stallmeister Sr. k. Hoh., und Hrn. Seymour. Von Prinzen des königlichen Hauses waren die Herzoge von Sussex und Cambridge und Prinz Georg von Cambridge anwesend. Deßgleichen der regierende Herzog und der Erbprinz von Sachsen-Coburg-Gotha mit den Herren ihres Gefolgs. Der k. würtembergische Gesandte überreichte vor dem Lever ein Schreiben seines Souveräns. Unter den eingeführten fremden Herren werden genannt: Graf Georg von Esterhazy; Hr. M. Mosquera, Geschäftsträger von Neu-Grenada; Hr. v. Kondruffsky, Attaché der russischen Gesandtschaft; Hr. v. Palm, k. bayer. Kammerjunker (vermuthlich ein interessanter junger Augsburger dieses Namens, durch Tischbeinische Studien bekannt), Baron v. Heeringen, Kammerherr des Herzogs von Sachsen-Coburg u. s. w. Die hierauf folgende Einführung englischer Herren war ungemein zahlreich und glänzend.

Das M. Chronicle gibt eine Antwort auf die gestern erwähnte Beschwerde der Toryzeitungen, namentlich der M. Post, daß der Hof sich nicht nach dem Befinden des Herzogs v. Wellington habe erkundigen lassen: Mag die Sache wahr oder nicht wahr seyn, so hat sie jedenfalls nichts auf sich. Sollte die seit vier Tagen vermählte Königin von England etwa die Krankenpflegerin eines alten Herzogs machen, der sich durch einen Spazierritt mit vollem Magen eine Indigestion zugezogen? Wenn je ein Souverän von England gebührende Rücksichten auf Andere gern und mit huldvoller Anmuth beobachtet hat, so thut es die jetzige Königin; zum Dank dafür aber ist gegen keinen englischen Monarchen die ihm gebührende Ehrfurcht je so schnöd und insolent verletzt worden, wie gegen sie. Wir wollen davon schweigen, daß der Herzog v. Wellington sich zweimal zu einer factiosen Beleidigung in Bezug auf die königliche Vermählung hergab, einmal bei dem gleißnerischen Unsinn über den Protestantismus des Prinzen Albert, und dann bei der Naturalisationsbill; bei der ernstlichen Erkrankung eines so berühmten Kriegshelden würde man das vergessen haben, aber jene torystischen Scribler, die sich so frech zu Richtern über das Benehmen Ihrer Maj. aufwerfen, hätten sich dieser Vorgänge erinnern sollen, ehe sie es wagten, Ihre Maj. mit der Rache ihrer siegreichen Partei zu bedrohen. Durch solche Mittel wird die Partei ihren Triumph schwerlich beschleunigen, wohl aber verräth sie damit die Bitterkeit ihrer getäuschten Hoffnungen und die Tiefe ihrer Verzweiflung. Trotz dieser Replik kommen die Toryblätter neuerdings auf ihre Klagen zurück. Der Courier will wissen, am 18 Abends habe sich endlich ein Hofbedienter in der Livrei in Apsley-House eingestellt, um sich nach dem Befinden des hohen Patienten zu erkundigen, und fragt, ob sich dazu kein schicklicherer Bote gefunden habe, als ein Livreibedienter, ob denn kein Kammerherr, Stallmeister, Page da gewesen sey, den die Hofdamenclique hätte absenden können. Dann wird darüber argumentirt, wie viel leichter es sey, Monarchen fortzupflanzen, als Monarchien, und wie zur Hervorbringung eines Wellington die Geburtswehen eines Jahrhunderts kaum hingereicht haben. Natura il fece e poi ruppe la forma. Der M. Herald hebt als Gegensatz heraus, wie angelegentlich die Königin-Wittwe sich jeden Tag im Apsley-House habe erkundigen lassen, bemerkt jedoch dazu, daß auch die Herzogin von Kent den Obristen Cowper dahin abgeschickt habe. Der Herzog ist übrigens in der Genesung so fortgeschritten, daß keine Bulletins mehr ausgegeben werden.

In der Unterhaussitzung vom 19 Febr. beantragte Hr. Sergeant Talfourd die zweite Lesung seiner Bill zum besseren Schutze des litterarischen Eigenthums. Der Radicale0458 Hr. Warburton warf ein, die Bill sey lediglich eine Maaßregel zu Gunsten der Autoren, und ihr Ergebniß würde seyn, die ganze brittische Litteratur der Reihe nach vor die Gerichtshöfe zu bringen, denn der Streitigkeiten zwischen den Herausgebern und Verlegern würde dann kein Ende seyn. Es entspann sich nun eine Discussion, deren Argumente für und wider wesentlich mit den Debatten der letzten und vorletzten Session über diese Frage zusammentrafen. (Die Allg. Zeitung hat sie damals ausführlich wiedergegeben.) Das Für bei diesem Thema ist von der Art, daß die rhetorischen Blumen sich wie von selbst darbieten, und in diesem Sinne benützte es der junge conservative Lord Mahon. Er verglich die mäßigen Erträgnisse schriftstellerischer Arbeiten mit den reichen Belohnungen mechanischer Erfindungen, die ärmlichen Honorare, die noch im vorigen Jahrhundert große Dichter und Geschichtschreiber selbst in England erhielten, mit dem Goldregen, womit Sänger und Ballettänzerinnen überschüttet werden. Er erinnerte an das Schicksal der Familie Milton, deren letzte Abkömmlingin in der Mitte des vorigen Jahrhunderts als eine arme Kerzenverkäuferin gestorben sey, während die Buchhändler sich mit den Werken ihres großen Ahnherrn bereicherten. Hiernach fand der Redner den Termin von 60 Jahren, bis auf welchen die vorliegende Bill das litterarische Eigenthumsrecht der Familie eines Autors nach dessen Tod schützen will, eher noch zu kurz. Schließlich gedachte Lord Mahon dessen, was in andern Staaten, besonders in Preußen, neuerlich in dieser Hinsicht geschehen sey. Sir R. Inglis fügte die Bemerkung an, wenn früher ein Schutz des litterarischen Eigenthums bestanden, so würden die Nachkommen Shakspeare's jetzt an Rang und Vermögen der herzoglichen Familie Marlborough gleich stehen können. Der Haupteinwand gegen die Bill war, daß sie die Bücher vertheuern werde. Hr. Ch. Buller meinte, durch eine Clausel sollte gegen die Unterdrückung litterarischer Werke vorgesehen werden; wäre z. B. das Verlagsrecht eines Werks, wie die römische Geschichte von Gibbon, in der Hand eines religiös ängstlichen Erben, so könnte dieser auf den Gedanken verfallen, dasselbe dem Publicum zu entziehen. Die zweite Lesung der Bill erfolgte mit 59 gegen 29 Stimmen.

In der Oberhaussitzung am 20 Febr. gab, auf eine Frage des Herzogs von Buckingham, Lord Minto die Erklärung, daß in Folge des Ablebens Sir Frederick Maitlands der Admiral Elliot mit dem Oberbefehl der Station in den indischen Gewässern betraut worden sey. Das Haus der Gemeinen hielt keine Sitzung, da die erforderliche Anzahl von 40 Mitgliedern fehlte.

Am 18 Febr. starb in Leamington, 63 Jahre alt, der Graf v. Mansfield. Seine Pairswürde erbt sein ältester Sohn Viscount Stormont (Tory), durch dessen Eintritt ins Oberhaus eine neue Wahl ins Unterhaus für die schottische Grafschaft Perth nöthig wird. An demselben Tage starb in London der Architekt Sir Jeffrey Wyattville, Mitglied der königlichen Akademie, 74 Jahre alt.

Der durch Admiral Maitlands Tod erledigte Oberbefehl der Station in den indischen Gewässern, und dem chinesischen Meer einschließlich, wird Admiral Elliot, den Bruder des Grafen v. Minto, übertragen. (S. oben.) Diese whiggische Beförderung ist den Tories wieder ein großes Aergerniß. So soll demnach, sagt der Courier, ein Elliot abgeschickt werden, um die Mißgriffe eines andern Elliot wieder gut zu machen, nach dem homöopathischen Grundsatz: similia similibus ! Von den Großthaten des tapfern Admirals Elliot wissen wir zwar so wenig, wie von jenen des Admirals Fleming, indeß wenn er sich im Seegefecht als so ein tapferer Feueresser zeigt, wie im parlamentarischen Wahlkampf, so mögen der große Commissär des himmlischen Reichs Lin und der chinesische Admiral Kwan, der directe Abkömmling von dem chinesischen Kriegsgott, wie er sich nennt, mit 300 Kriegsdschunken und 10,000 Matrosen in Unterröcken, immerhin vor seiner Ankunft zittern.

Die gleichzeitige Anwesenheit mehrerer Glieder der Napoleonischen Familie in London erregt einiges Aufsehen in den Journalen. (Wir verweisen übrigens auf unser heutiges Schreiben aus Frankfurt

〈…〉〈…〉

.) Am 18 Febr. hatte Prinz Louis Napoleon in den Carlton-Gardens seine beiden Oheime, Joseph und Hieronymus, und seinen Vetter Prinz Lucian Murat, nebst einer Anzahl ausgezeichneter Officiere des vordem kaiserlichen Heers bei sich zur Tafel.

Zu Derry in Irland wurde am Abend des Vermählungsfestes die Ruhe gestört. Etwa hundert Katholiken trugen eine Fahne mit dem Bilde der Himmelskönigin auf der einen und dem O'Connells auf der andern Seite, zogen durch die Straßen und brachten vor den Häusern der Protestanten Katzenmusiken. Das Ende der Sache war, daß die Lehrjungen ausrückten, die Fahne eroberten und die Katzenmusikanten in die Flucht schlugen. Es wurde Militär zur Herstellung der Ordnung aufgeboten; die Ruhe ward aber nicht weiter gestört, und die Beleuchtung war glänzend.

In den Journalen findet sich mit Anerkennung erwähnt, daß die preußische Regierung die Capelle in dem vormaligen kurfürstlichen Palast in Coblenz den am Rhein sich so zahlreich aufhaltenden Engländern zum anglicanischen Gottesdienst eingeräumt hat. Die verwittibte Königin Adelheid hat zur Einrichtung der Capelle ein Geschenk von 25 Pf. St. beigesteuert.

Frankreich.

Die Journale stimmen darin überein, daß man noch nichts Neueres über die Wendung wisse, welche die Abdankung der Minister nehmen möchte.

〈…〉〈…〉In der Sitzung der Deputirtenkammer am 22 Febr. drückte Hr. Chasseloupe-Laubat die Ansicht aus, man solle die zur Tagesordnung vorliegende Frage der erblichen Notariate etc. verschieben, da sie nicht wohl vor einem Ministerium verhandelt werden könne, für welches die Verantwortlichkeit nur noch eine Fiction sey. Hr. Teste wünscht, daß man bei der Tagesordnung bleibe. Es handle sich hier von Petitionen, welche die Kammer anhören müsse. Es sey immer eine Staatsgewalt vorhanden, um die Principien zu vertheidigen. Die Verantwortlichkeit sterbe nicht mit den Ministern. (Allgemeine Beistimmung.) Hr. Dugabé erstattete hierauf Bericht über die Petition eines Advocaten, die Zahl der Richter bei den Bezirkstribunalen zu vermehren. Sie ward an den Siegelbewahrer verwiesen. Hr. Jaubert legt eine Petition über Eisenbahnen vor, und wünscht am Montag darüber gehört zu werden, weil er Interpellationen an die Minister zu richten habe. Dieß wird zugestanden. Hr. Carl berichtet über mehrere Petitionen, die Officen der Notare betreffend, was Hrn. Teste zu einer umständlichen Erklärung veranlaßt, worauf wir zurückkommen werden.

Die Unterschriften zu einer Medaille für Hrn. v. Cormenin, zu welcher die Subscribenten im Durchschnitt nicht mehr als 3 Fr beitragen, belaufen sich in der zweiten Liste auf die Summe von 612 Fr. Der National hat 100, das Charivari 60 Fr. dazu beigesteuert.

Am 20 Febr. begab sich eine Deputation der Schulen zu Hrn. v. Cormenin, und dankte ihm im Namen der Jugend der Schulen ... Hr. v. Cormenin antwortete, daß ihn kein Zeugniß der Sympathie lebhafter bewegen könne, als das der Jugend der Schulen,0459 da dieser unabhängigen und reinen Jugend die Zukunft gehöre; sie hätte ganz richtig eingesehen, daß es sich bei dieser ganzen Sache weit mehr von einer Frage hoher Moralität als von einer Geldfrage handle u. s. w.

(Journal des Débats.) Die Beweggründe der Verwerfung der Dotation lassen sich in drei Worten zusammenfassen: Haß, Ehrgeiz, Furcht. Der Haß gegen das Königthum hat ein Drittel, die Ehrsucht nach der Gewalt und die Furcht vor der Presse die zwei andern Drittel ausgemacht. In der That gebührt der republicanischen Partei die Ehre des Siegs. Die Ehrsüchtigen und die Furchtsamen haben nur ihren Befehlen gehorcht und in ihrem Gefolge gestritten. Die republicanische Partei hat zuerst dem Dotationsentwurfe den Krieg erklärt; sie hat den Feldzugsplan entworfen; sie hat die Feindseligkeiten begonnen, und sie mit unaussprechlicher Erbitterung bis zur Entwickelung verfolgt. Die radicale Partei hat sonach Alles gethan. Die Leute, welche sich aus Ehrgeiz oder aus Schwäche ihrer Sache angeschlossen haben, und einwilligten, sich unter ihre Fahne zu reihen, haben nur ein stillschweigendes Votum gewagt. Sie werden vielleicht den Gewinn des Siegs erringen, sie haben aber nicht das Recht, die Ehre davon in Anspruch zu nehmen. Sie haben wie jene Horden von Stummen des Serails gekämpft, welche die Sultane in kritischen Augenblicken im Gefolge ihrer Janitscharen einreihten. Die republicanische Partei kündigt heute eine Nationalsubscription zu einer Medaille für den Hrn. Vicomte v. Cormenin an. Die Republicaner haben Recht. In dem Gewühl feindseliger Leidenschaften, die vor einem Monat den Feldzug gegen das Königthum angefangen haben, gebührt der republicanischen Partei der erste Rang; der Vicomte v. Cormenin ist aber der erste in der republicanischen Partei, so daß es am Ende der Hr. Vicomte v. Cormenin ist, der die Kammer trotz der Minister, trotz der Commission, trotz der Conservativen, trotz aller Welt angeführt hat; es ist der Hr. Vicomte v. Cormenin, der erklärte Feind des Julius-Königthums und der Julius-Charte, der die Stimmen eines Parlaments hingerissen hat, das zur Erhaltung des Königthums und zur Vertheidigung der Charte gewählt ward ein denkwürdiger Sieg, der wohl verdient, in das Erz einer Ehrenmedaille eingegraben zu werden! Wir hoffen indessen, daß man nicht vergessen wird, neben den eben jetzt von Hrn. v. Cormenin gepflückten Lorbeern das Vicomte's Krönlein anzubringen, das er in früherer Zeit (zur Zeit der Restauration) nachsuchte, und von der Dankbarkeit des Hrn. v. Peyronnet erhielt. ... Niemand kann bestreiten, daß bei Vorlegung des Dotationsentwurfs vor sechs Wochen, derselbe mit einem fast allgemeinen Wohlwollen aufgenommen ward. Der Beweis liegt darin, daß, als einige Tage später die Bureaux eine Commission zu ernennen hatten, fast durchaus nur Anhänger des Entwurfs gewählt wurden. In einem Bureau hielt sogar einer der hervorragenden Chefs der Linken (Odilon-Barrot) eine Rede, die für einen Beitritt gelten konnte; so sehr hatte sich der Redner bemüht, allen Meinungen zu schmeicheln, alle Empfindlichkeiten zu schonen. Allerdings soll er sich später klarer ausgedrückt haben, aber da fing schon der Wind an umzuschlagen. Er wehte nicht mehr von der Kammer, sondern von der Presse ...

Wie die Opposition urtheilt, davon mögen folgende kurze Stellen eine schwache Probe geben. Das Land sagt der National verdankt dem gesunden Sinn und der Tugend der Massen, dem von den Bittstellern so rasch und energisch ausgesprochenen Wunsch, der Presse und Hrn. Cormenin insbesondere diesen Sieg der öffentlichen Moral über die Habgierde der Höflinge und die klägliche Schwäche der Minister vom 12 Mai. Es ist die große Stimme des Volks, welche, über schamlose Debatten sich erhebend, die Tribune zum Schweigen brachte, und das stillschweigende Verdict eines Monopolparlaments dictirte. Zweihundertsechsundzwanzig schwarze Kugeln gegen die Dotation, und nicht eine Rede dafür oder dagegen, dieß sind die Resultate der moralischen Intervention des Landes! Jetzt wäre es das größte Unglück, wenn die Nation bei diesem ersten Sieg ausruhen wollte. Noch einige Anstrengungen mehr, und bald wird für die Erfüllung der Versprechungen zweier Revolutionen nur noch die nöthige Wachsamkeit erforderlich seyn, um zu hindern, daß die freisinnigsten Institutionen das Werkzeug einer Classe oder einer Partei werden. Die Gazette de France, die vor zehn Jahren unter ähnlichen Umständen wohl eine andere Sprache geführt haben würde, sagt: Die Folgen dieser Maaßregel sind unermeßlich. Die Kammer hat der öffentlichen Meinung nachgegeben. Das Ministerium wird unter diesem Schlag erliegen, und die Wahlreform neue Fortschritte machen. Wenn die öffentliche Meinung bei einem Punkt Genugthuung erlangt hat, wird sie dieselbe auch bei andern Fragen erlangen; der Hof hat durch seine ewigen Geldfragen Alles compromittirt. Man sieht, daß jede Leidenschaft ihr Moskau findet.

Unter den Anhängern des Hofes herrscht großer Kummer. Man grämt sich nicht sowohl über die Verwerfung des Dotationsantrags, als über die Art und Weise wie er verworfen worden. Man kann sich nicht verhehlen, daß eine abschlägige Antwort in dieser Form der Regierung in der öffentlichen Meinung unermeßlichen Schaden bringen muß, und mehr als je haben Zweifel und Besorgniß über den Bestand der Dinge Platz gegriffen. Von der entgegengesetzten Seite wird der Sieg nach Möglichkeit ausgebeutet, insbesondere von den Legitimisten. Sie setzen allerlei Histörchen in Umlauf, zum Theil offenbar erfundene. So soll der Herzog von Nemours, als er durch die Zeitungen von der öffentlichen Stimmung Kenntniß bekommen, den Conseilpräsidenten ersucht haben, einer hohen Person zu erklären, daß er seinerseits von dem Antrag abzustehen wünsche, worauf dieselbe erklärt habe, es komme nicht darauf an, was der Herzog von Nemours wünsche oder nicht wünsche, es handle sich von Behauptung königlicher Prärogative. Man sehe behaupten die Legitimisten dem Herzog von Orleans den Schmerz an über die Politik, die nur dazu beitragen könne, seine künftige Lage zu erschweren. Die Republicaner rechnen darauf, daß es jetzt wieder an ein Pourparliren über die Minister-Composition gehen werde, daß darüber Monate verfließen würden, daß inzwischen in allen den großen Fragen, deren Lösung so dringend sey, nichts geschehen könne, daß alsdann gegen das Ende der Session hin plötzlich ein neues Ministerium zum Vorschein kommen werde, wo möglich noch unbedeutender und abhängiger als das abgetretene, und daß die noch übrige Zeit kaum noch zureichen werde, das Budget in aller Eile zu votiren. Ja sie hegen sogar geheime Hoffnung, daß das Dotationsgesetz nächstes Jahr wieder zum Vorschein komme. Ein Anzeichen davon sey der Umstand, daß man die Vermählung suspendire, denn an ein Aufgeben derselben sey wohl nicht zu denken. Dieses Verfahren, meinen sie, liege ganz im Geist des Systems. Auf diese Weise, hoffen sie, könne doch am Ende noch ihr Weizen zur Blüthe kommen. Verständige Politiker sehen ernst vor sich hin und in die Zukunft. Daß der Herzog von Broglie sich bei bewandten Umständen mit Ministerialaffairen befassen sollte, hält man für unwahrscheinlich; dazu sey er zu klug. Und im Fall auch er oder irgend Jemand anderer an die Spitze des Ministeriums träte, wie sollte ohne Auflösung der Kammer eine Majorität zu Stande kommen? und welche Bürgschaft hätte man für das günstige Ergebniß der Wahlen? 0460Daß auf Hrn. Thiers die Wahl falle, glauben diejenigen, welche die Beharrlichkeit des Systems kennen, jetzt weniger als je. Selbst in diesem Fall könnte aber ein neues Ministerium nur vermittelst einer neuen Kammer Bestand gewinnen. Und wie ist zu erwarten, daß das System zu Erwählung einer Majorität im Sinne der linken Seite je die Hand bieten werde?

Niederlande.

Das Gerücht, daß die holländisch-belgische Finanzcommission in Utrecht ihre Arbeiten bald wieder aufnehmen und die Liquidation des belgischen Schuldantheils bald zu Stande kommen werde, bestätigt sich. Der Generallieutenant Graf v. Stirum ist in seiner Function als Director im Kriegsministerium durch den Generalmajor de Hart ersetzt worden. Der Generallieutenant Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar wird im Frühjahr seine Residenz wieder in Utrecht, wo sich sein Hauptquartier befindet, nehmen. Täglich werden neue Anordnungen zur Einschränkung in unserm Militärwesen getroffen. Die Grenadiere und Jäger der Aushebung von 1839 sind gestern mit unbestimmtem Urlaub in ihre Heimathsorte zurückgekehrt. Dagegen werden von andern Regimentern Soldaten dem Grenadierregiment einverleibt.

Italien.

Seit Beginn des Carnevals war hier bei ungemeine schöner Witterung zweimal Corso in Toledo, wobei Se. Maj. sich das erstemal in einem reich vergoldeten großen Wagen, jedoch ohne Charaktermaske zeigte, das zweitemal auf einem der Balcons des Ministerialgebäudes mit Werfen von Confetti unterhielt. Die Königin befand sich wie immer an der Seite ihres Gemahls, nahm aber keinen Antheil an den Belustigungen des Carnevals. Das Maskiren ist hier jetzt ganz außer Mode gekommen; selbst der Adel, der sich in frühern Jahren an den König anschloß, scheint diese Ausgaben vermeiden zu wollen. Dieses Sparsystem ist sogar in der geringen Qualität der Confetti, die allenthalben umherfliegen, bemerkbar, so daß auch die Wuth der Gassenjungen, solche unter den Pferden und Wagen zusammenzuraffen, abgenommen hat. Beidemal bemerkte man eine außerordentliche Menge Fremder, die sich während dieses Winters hier aufhalten. Der König hat alle Privilegien, deren das Theater San Carlo bisher genoß, zurückgenommen, wodurch sich der bisherige Impresario, Hr. Barbaja, veranlaßt sah, den am Ende des Carnevals erloschenen Contract mit der Regierung nicht zu erneuern. Eine Gesellschaft hiesiger Adeligen hat an seiner Statt die Direction übernommen, welche, wie früher Barbaja, von der Regierung einen Zuschuß von 60,000 Duc. bekommen. Die Restauration des hiesigen Residenzschlosses nähert sich ihrem Ende, und man darf nun mit Recht sagen, daß Neapel eines der schönsten Schlösser in Europa besitzt, ohne das von Caserta, drei Stunden von hier, zu erwähnen, das vielleicht unter allen hinsichtlich der Ausdehnung den ersten Rang behauptet. Vorige Woche starb hier Madame Falconet, geborne Heberle, die in frühern Zeiten in Deutschland und Italien als Tänzerin eine bedeutende Rolle spielte. Wegen ihrer vielen guten Eigenschaften wird sie von allen, die sie näher kannten, betrauert. Ihr erspartes Vermögen verschaffte ihrem Gemahl, nach dem vor vier Jahren stattgehabten Falle des colossalen Hauses Falconet und Comp. eine unabhängige Lage.

Schweiz.

Der Beobachter der östlichen Schweiz erzählt, daß nach erst bezweifelten Gerüchten, die sich aber jetzt zu bestätigen scheinen, im Kanton Schaffhausen Petitionen mit Hunderten von Unterschriften im Umlauf sind, worin nichts weniger als förmliche Trennung von der Schweiz und Anschluß an Baden verlangt werde, um an den Vortheilen des deutschen Zollvereins Theil zu nehmen.

Deutschland.

Unser Kunstverein hat am 16 d. seinen 16ten Geburtstag gefeiert, und erfreut sich fortwährend in vieler Beziehung eines erfreulichen Wachsthums. Die Zahl der Mitglieder hat sich im Laufe des verflossenen Jahrs von 2167 auf die Zahl von 2365 vermehrt; unter diesen befinden sich 33 gekrönte Häupter und 14 Kunstvereine, unter letztern sogar der von Christiania in Norwegen. Die Gesammteinnahme betrug 28,782 fl., die Ausgabe 27,001 fl., wovon für das Vereinsgeschenk 3000 fl. und 18,908 fl. für den Ankauf von Verloosungsgegenständen verwendet worden. Zur Ausstellung kamen im Laufe des Jahrs 740 Kunstgegenstände, darunter 481 Oelgemälde. Von diesen kamen am 16 Febr. zur Verloosung 90 Oel -, 4 Aquarell - und 1 enkaustisches Gemälde, dazu 6 Sculpturen. Außerdem wurden 91 Nachgewinnste an Kupferstichen, Lithographien und Medaillen verloost, so daß im Ganzen 193 Gewinnste gezogen worden sind, 45 mehr als im verflossenen Jahre. Das Gemälde des Hrn. W. Gail, Port Mahon auf der Insel Minorca, kam in die Hände des Hrn. Registrators Progel; der Pöllatfall bei Hohenschwangau von Heinlein in die des Grafen v. Thun-Hohnstein in Prag; die große Landschaft aus Wälsch-Tyrol von Alb. Zimmermann gewann Hr. Wachsbildner März; die büßende Magdalena von Hanson Hr. Prof. Bayer; die italienische Landschaft von Ferd. v. Olivier der k. griechische Major Maierhofer in Triest; Bürkels Steinbrüche aus der Campagna von Rom die Gräfin Maria A. v. Lerchenfeld-Köfering; die vergoldeten Erzstatuetten Otto's des Erlauchten, und Albrechts V von Schwanthaler und Stiglmaier gewannen die HH. Secretär Kraus und Sensal Werthheimer. Unter den zur Verloosung gekommenen Kupferstichen befand sich das schöne Blatt Amslers nach Josephs Traumdeutung von Cornelius, und die h. Genofeva von Felsing nach Steinbrück. Von den 101 zur Verloosung angekauften Gegenständen kamen dießmal 13 an Künstler, 1 an ein gekröntes Haupt, nämlich an Ihre Maj. die Königin von Sachsen, und 1 an einen Kunstverein, nämlich an den von Augsburg.

Der, wie es heißt, in nächster Woche stattfindenden Berathung über den Gesetzesentwurf, die Sicherstellung des litterarischen Eigenthums betreffend, sieht ein nicht unbedeutender Theil des Publicums mit Spannung entgegen. Letzten Freitag wurde auf hiesigem Hoftheater zum erstenmal die Oper Guido und Ginevra von Halevy aufgeführt, und erhielt großen Beifall, den sie übrigens weniger der Musik, so schöne und effectvolle Nummern diese auch enthält, als vielmehr der trefflichen Darstellung und der reichen Ausstattung verdankt, die ihr die Intendanz werden ließ. Die Decorationen und Costume dieser Oper reihen sich an das Schönste, was man in dieser Art hier je gesehen hat.

Von den Verhandlungen der Kammer der Reichsräthe sind nunmehr die zwei ersten Bogen ausgegeben, und durch den Buchhandel beziehbar. Ihnen zufolge zählt diese Kammer gegenwärtig 51 sitzfähige Mitglieder, nämlich 4 Prinzen des k. Hauses, 3 Kronwürdenträger, 3 Würdenträger der katholischen Kirche, den Präsidenten des protestantischen Oberconsistoriums, 28 erbliche (worunter 16 standesherrl. ) und 12 lebenslängliche Reichsräthe. Erschienen waren am Eröffnungstage sämmtliche k. Prinzen (Se. k. Hoh. der Kronprinz, JJ. kk. HH. die Prinzen Luitpold und Karl Theodor und Se. H.0461 der Herzog Maximilian in Bayern), 1 Kronwürdenträger, 2 Würdenträger der katholischen Kirche, der protestantische Oberconsistorialpräsident, 11 erbliche und 11 lebenslängliche Reichsräthe. Einige vorläufige Zusammentritte waren der Einweisung des ersten Präsidenten Frhrn. v. Schrenk (welcher von der Rednerbühne aus sein Reichsrathsdecret vorlegte, und nach anerkannter Legitimation den Präsidentenstuhl bestieg) und innern Angelegenheiten gewidmet. In der ersten Sitzung fand die (früher schon in diesen Blättern berichtete) Wahl der Ausschüsse, dann jene der beiden Commissionen für die Dankadresse und für den Druck der Verhandlungen statt, bestehend erstere neben dem Gesammtdirectorium aus den Reichsräthen Fürsten Ludwig von Oettingen-Wallerstein, Bischof von Augsburg und Grafen v. Reigersberg, letztere neben dem ersten Secretär v. Schenk, aus den Reichsräthen Fürsten Ludwig von Oettingen-Wallerstein und v. Niethammer. In der zweiten wurden nach berathener Dankadresse durch den Minister des Innern zwei Novellen zum Heerergänzungsgesetz eingebracht, und die eingelangten Entschuldigungen beschieden.

Aus der sichersten Quelle kann dem in der Allg. Zeitung vom 23 d. M. enthaltenen Artikel, d. d. London vom 14 Febr., betreffend einen angeblichen Bonapartistischen Congreß, widersprochen werden, der von aller Wahrheit entblößt ist. Sowohl der Graf Survilliers, als der Fürst von Montfort, denken an nichts weniger als an solche extravagante Plane, wie sie in jenem Artikel angegeben sind. Der Zweck der Reise des Fürsten von Montfort nach England ist dem französischen Gouvernement schon vor deren Ausführung bekannt gewesen, wie wir ganz bestimmt wissen, und dasselbe hat ihr nicht nur kein Hinderniß entgegengestellt, sondern nur den Wunsch geäußert, der Fürst möchte seinen Weg nicht durch Belgien nehmen, welchem Verlangen auch entsprochen worden ist. Die Zusammenkunft der beiden Brüder Joseph und Jerome Napoleon bezweckt durchaus nichts Anderes, als eine Verabredung über die Auseinandersetzung der Schwierigkeiten, welche bis jetzt dem Vollzuge des Testaments ihres Oheims, des Cardinals Fesch, hindernd im Wege standen, und insbesondere auch hinsichtlich des Verkaufes der von dem Cardinal hinterlassenen bedeutenden Gemäldegalerie. Eben so unbegründet und völlig aus der Luft gegriffen ist die Nachricht von einer Verbindung des Prinzen Louis Napoleon mit der Tochter des Fürsten von Montfort, welche Verbindung auch niemals zu Stande kommen wird. Im Gegentheil ist in der neuesten Zeit von einer anderen Verbindung die Rede gewesen, welche die Prinzessin Mathilde von Montfort eingehen soll.

Es war in diesen Tagen ein Promemoria des Ausschusses des vereinigten Taunus-Eisenbahn-Comité's ausgegeben, woraus erhellt, daß die der Eröffnung der Bahn in ihrer ganzen Ausdehnung von Seite der fürstlich Thurn - und Taxis'schen Postbehörde im Wege stehenden Hindernisse noch keineswegs, wie man seither glaubte, beseitigt sind. Vielmehr ist der Weg zu einem Abkommen mit dieser Behörde kaum angebahnt, indem die von ihr erhobenen Ansprüche der Art sind, daß aus ihrer Genehmigung die wesentlichsten Nachtheile für die Gesellschaft erwachsen würden. Endlich aber vernimmt man durch das Promemoria, daß die Regierungen von Nassau und Hessen-Darmstadt, insbesondere die letztere, auf der in der Concessionsurkunde enthaltenen Bestimmung beharren, daß ein Abkommen mit erwähnter Postbehörde getroffen seyn müsse, bevor die Taunusbahn dem öffentlichen Gebrauch übergeben werden dürfe. (Schw. M.)

Der k. preußische geheime Rath Baron v. Bülow, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister am k. großbritannischen Hofe, ist auf der Reise nach London von Berlin hier angekommen. Durch den starken Eisgang mußte die Schiffbrücke bei Mainz wiederum abgefahren werden. Hr. Bergrath Rußegger ist wie es heißt, auf der Reise nach Holland und England vorgestern aus Stuttgart hier angekommen. Aus Homburg wird gemeldet, daß der Hr. Landgraf von Hessen-Homburg sich nun vollkommener Gesundheit erfreue, und im Mai auf einige Zeit nach Mainz gehen werde.

Wir haben gestern gemeldet, daß die zweite Kammer in ihrer Sitzung am 20 Febr. alle Anträge ihrer betreffenden Deputation in Bezug auf die hannover'sche Verfassungsfrage einstimmig angenommen habe. Dieselben bestanden in Folgendem: es möge die zweite gemeinschaftlich mit der ersten Kammer in einer ständischen Schrift bei der hohen Staatsregierung darauf antragen, daß dieselbe 1) den ihr zu Gebote stehenden Einfluß zur Wiederherstellung des durch die einseitige Aufhebung des Staatsgrundgesetzes vom 26 Sept. 1833 gestörten Rechtszustandes des Königreichs Hannover auch fernerhin kräftigst verwenden, und 2) bei der hohen Bundesversammlung beantragen wolle: a) eine authentische Erklärung der durch Proclamation vom 10 Sept. 1839 von der hannover'schen Regierung bekannt gemachten Entscheidung des Bundestags, namentlich des darin gebrauchten Ausdrucks: dermalige Stände ; b) die Wiederherstellung der durch den Bundesbeschluß vom 14 Nov. 1816 genehmigten Geschäftsordnung der Bundesversammlung, durch welche die Bekanntmachung der Bundestagsverhandlungen durch den Druck als Regel festgesetzt war, und c) die Einsetzung eines, die Stelle der ehemaligen deutschen Reichsgerichte vertretenden unparteiischen und Vertrauen erweckenden Bundesstaatsgerichtshofes, welcher nach dem Inhalte des Art. 53 der Wiener Schlußacte befugt wäre, nicht nur von Ständeversammlungen, sondern auch von allen andern Betheiligten Beschwerden über Aufhebung der Landesverfassung und über Justizverweigerung anzunehmen und rechtskräftig darüber zu entscheiden. Schließlich erklärte sich die Deputation gegen die Petition des Hrn. v. Ziegler und Klipphausen: daß unsere Verfassung unter die Garantie des deutschen Bundes gestellt werde , mit wenigen Worten und der Betheuerung des Vertrauens und der Liebe zu unserm König und dem königl. Hause; dasselbe Schicksal theilte die gleichlautende Petition des Hrn. v. Heldreich. (Leipz. Z.)

Wie verlautet, haben die hiesigen Buchhändler in corpore die sächsische Regierung um Rücknahme des Entwurfs zu einem neuen Preßgesetz angegangen, indem sie durch Gründe die Ansicht unterstützt haben, daß letzteres ihnen weit weniger, als die bisherige Gesetzgebung förderlich seyn würde. (Preuß. St. Z.)

Das eben ausgegebene Hof - und Staatshandbuch für das Königreich Hannover zählt unter den Mitgliedern der allgemeinen Ständeversammlung nach dem Bestande vom 29 Jun. 1839 41 Deputirte zur zweiten Kammer von den Stiften, Consistorien, Städten und Districten auf, darunter sämmtliche Minoritätswahlen. Die Rubrik Vicepräsident (Lang jun.) und Vice-Generalsyndicus (Christiani) sind mit vacat bezeichnet; letzterer hat bekanntlich noch nicht resignirt, ist aber durch Cabinetsbefehl ausgeschlossen. Folgendes sind die Corporationen, Städte und Districte, von welchen die Wahl der Deputirten nach der Wortfassung des Hof - und Staatshandbuchs zur Zeit noch unbekannt ist: Universität Göttingen, Residenzstadt Hannover, Städte Göttingen, Hameln, Münden, Lüneburg, Uelzen, Celle, Harburg, Stade, Buxtehude, Osnabrück, Fürstenau, Hildesheim, Emden,0462 Norden, Leer, Schüttdorf, die Diepholz'schen Flecken, die Fürstenthümer Calenberg, Göttingen und Grubenhagen I, Fürstenthum Lüneburg I, die bremischen Marschdistricte, Fürstenthum Osnabrück, Land Hadeln mit Einschluß der Stadt Ottendorf, und die Flecken und Freien der Grafschaft Bentheim. Bei den angeführten Bestimmungen über die Einrichtung und die Befugnisse der allgemeinen Ständeversammlung ist auf das Patent vom 7 Dec. 1819, auf die Proclamation vom 13 Jan. 1832, auf die Verordnung vom 22 Febr. c. a. und auf die Proclamation vom 7 Jan. 1838 verwiesen. Das Hof - und Staatshandbuch enthält auch die erste officielle Mittheilung über den am 23 April v. J. gestifteten St. Georgsorden. Man ersieht daraus, daß Se. Maj. der König Großmeister dieses Ordens ist, und derselbe bis jetzt folgende Mitglieder zählt: den Kronprinzen, die Herzoge von Sussex und von Cambridge, und Prinz George von Cambridge, den Herzog Wilhelm von Braunschweig, den König, den Kronprinzen und den Prinzen Friedrich von Preußen, den Großherzog von Mecklenburg-Strelitz, die Prinzen August und Karl von Preußen und den Kriegsminister. Grafen v. Alten. Die Statuten dieses Ordens sind noch nicht abgefaßt. (Hamb. C.)

Unserm Stüve ist von einer Zahl von Freunden und Verehrern aus der Provinz Bremen und dem Lande Hadeln ein kostbarer, schöner Ehrenpocal eingesandt worden. Auf der Vorderseite stehen die Worte: Dem Freunde des Volkes und des Rechtes, dem Bürgermeister Dr. jur. Stüve in Osnabrück, die Provinz Bremen und das Land Hadeln (darunter die Wappen dieser beiden Landestheile); weiter unten: Gerechtigkeit erhöhet ein Volk. (Spr. Sal. 14, 34.); und am Fuße: 1840 Die Kehrseite zeigt das Stüve'sche Wappen; darunter: Das Gedächtniß des Gerechten bleibet im Segen. Spr. Salom. 10, 7; und am Fuße: den 26 Sept. 1833. Die denselben begleitende Adresse ist sehr interessant, da sie ein getreues Bild von Stüve's bisheriger Thätigkeit und seinen Bemühungen um die Wohlfahrt von Stadt und Land gibt. Sie lautet im Wesentlichen: Sie haben sich, seit Sie in das öffentliche Leben eingetreten, als Freund des Volkes und, was Ihnen, so wie auch uns, noch mehr gilt, als Freund des Rechts bewährt. Sie haben den Grundbesitz von den Fesseln, welche seit Jahrhunderten auf demselben schwer gelastet und jeden Fortschritt unmöglich machten, zu befreien gesucht. In einer Stadt geboren, und umgeben von so manchen großartigen Erinnerungen der Vorzeit, haben Sie eine heilige Schuld abzutragen sich bestrebt, den Städten eine selbstständigere Verwaltung und Verfassung zurückzugeben, hier kräftigen Bürgersinn und wahrhafte Bürgerehre zu beleben gesucht. Aus der Geschichte, welche Sie immer als die treueste Lehrmeisterin hochgeachtet, hatten Sie gelernt, daß Deutschland seine Wissenschaft und Kunst, sein Recht und seine Kraft vornehmlich der Blüthezeit der Städte, in welcher ihre Freiheiten als ein unverletzbares Heiligthum angesehen wurden, verdanke. Weiter hatten Sie von ihr vernommen, daß nur auf verständige Freiheit das Glück der Staaten wie der Völker dauernd zu gründen sey. Wie Sie daher der Feindin des Rechts, der Willkür, mit festem und stets gleichem Sinn entgegengetreten, so haben Sie auch nie dem unklaren, schrankenlosen Drange, das Bestehende zu zerstören, und auf dessen Trümmern das eigene Luftgebäude künstlich zu zimmern, gehuldigt. Bei Ihren historischen Forschungen, bei Ihren Bestrebungen für die sogenannten materiellen Interessen des Volks haben Sie Ihren Blick unverwandt nach oben gerichtet, den Glauben an die heilbringende Kraft des Christenthums fest, und die Ansicht einer nüchternen Tagespolitik des Auslandes, daß ohne Gott der Weg wohl weiter zu finden sey, fern gehalten. Auf dem ewigen Boden des Christenthums wurzelt der Bürger und der Staaten Glück und Segen das war Ihre Ueberzeugung, dadurch ist Ihr politisches Glaubensbekenntniß verklärt worden, und hat seine eigentliche Weihe, dadurch haben Sie selbst die Kraft und den Muth erhalten, daß Sie nicht gewankt und gezagt in den Wechselfällen des Lebens, daß Sie nicht gedient dem Beifall der Menge und der Gunst der Hohen, daß Sie mit Mäßigung, aber auch mit Ernst und Nachdruck den Kampf für Wahrheit, Freiheit und Recht beginnen und fortsetzen konnten. Ein würdiger Nachfolger Ihres großen Landsmannes sind Sie geworden, und keiner hat richtiger, wie Sie, seinen Geist, seine Liebe zum Volke, seine tiefe Einsicht in dessen Bedürfnisse, in Deutschlande und des nächsten Vaterlandes Freiheiten und Rechte erkannt. Die Geschichte wird einst ohne Vorurtheil über Ihre Thaten richten. Sie finden schon jetzt den Lohn in dem innern Bewußtseyn, in der Achtung Ihrer Mitbürger, welche in Wahrheit und mit Stolz Sie ihren Meister nennen. Möge Gott Sie noch lange Ihren Verwandten und Freunden, Ihre Einsicht und Kraft der Vaterstadt, dem Vaterlande erhalten der Gott, von dem ein alter Sänger singt: Er sitzt im Regimente und führet Alles wohl. Sie werden stets in unserer Erinnerung leben und Ihren Namen wollen wir forttragen auf unsere Kinder und Enkel. Das Gedächtniß des Gerechten bleibet im Segen, und die Gerechtigkeit erhöhet ein Volk! Stade, am 28 Jan. 1840 Dr. Freudentheil. Central-Procurator Holtermann. J. E. U. Wyneken, Dr. jur. Für sich und Namens vieler Gleichgesinnten aus der Provinz Bremen und dem Lande Hadeln. (Preußische u. Frankf. Bl.)

Preußen.

Noch immer wird Professor Schönlein vergeblich hier erwartet. Doch sind die Gerüchte, daß er seinen Plan ganz geändert habe und gar nicht hieher kommen werde, wohl durchaus unbegründet, da bereits seine Naturaliensammlungen hier eingetroffen sind. Der Chef unseres Medicinalwesens, Präsident Dr. Rust, ist so leidend, daß er bei seinen Functionen in der Charité, wie bei andern Krankenbesuchen, sich tragen lassen muß. Dennoch setzt er seine Thätigkeit mit einer eben so verehrungs - als erstaunungswürdigen Energie fort. Bei allen seinen großen Fehlern wird er doch äußerst schwer in seiner praktischen Vielseitigkeit als Arzt wie als Geschäftsmann zu ersetzen seyn. Ein von hier aus verbreitetes Gerücht, als habe der Justizminister, Hr. Mühler, seine Entlassung gefordert, scheint ganz ungegründet. Seit einiger Zeit sind hier so viele räuberische Anfälle, kecke Diebstähle u. dgl. vorgekommen, daß sich doch einige Besorgnisse im Publicum zeigen. Daher macht ein Vorfall eigener Art großes Aufsehen. Ein Mann in seinen besten Jahren, früher Doctor der Medicin, der von seinen Renten lebte, die geordnetste und gleichmäßigste Lebensweise führte, ist vor acht Tagen, nachdem er seine Wohnung ganz in gewöhnlicher Kleidung verlassen, um, wie man glaubte, ins Schauspiel zu gehen, spurlos verschwunden. Da nicht die mindeste Ursache zur Annahme eines Selbstmordes vorhanden ist, und sich auch nicht die leisesten Spuren von ihm auffinden lassen, fängt man an, die Vermuthung zu hegen, daß ein sehr geheim combinirtes Verbrechen im Spiel sey. Das Benehmen einer Frau, mit der er früher in nähern Verhältnissen gestanden, ist auffallend geworden. Doch ist seltsamerweise bis jetzt Namen und Wohnung derselben nicht zu ermitteln gewesen, obwohl mehrere Personen sie von Ansehen kennen.

0463

Schweden.

Im Augenblick ist ein Stillstand oder vielmehr eine gewisse Unsicherheit eingetreten, die indeß nicht lange anhalten kann. Die Gerüchte wegen Ministerveränderungen dauern fort, und dem 82jährigen Grafen Rosenblad wurde eine Abschiedsrede nachgesandt, die gewiß dem System eben so wohl und vielleicht noch mehr als der Person galt, denn man warf ihm großen Nepotismus vor. Man will wissen, mehrere andere Minister seyen zu Statthaltern einzelner Läne bestimmt, doch möchte dieß vorerst höchstens von Graf Brahe und Hrn. Nermann wahr seyn. Seit zwei Tagen sind die Propositionen der Regierung hinsichtlich der Ausgaben bekannt, haben aber keinen sehr günstigen Eindruck gemacht. Nicht nur würde diesen Propositionen zufolge das Ausgabebudget eine halbe Million Thaler jährlich mehr betragen, sondern auch die Ueberschüsse von den vorigen Jahren, somit circa 4 Millionen, sollen zur Verfügung der Regierung stehen. Dieß würde also auf die nächsten fünf Jahre bis zum folgenden Reichstag 6 1 / 2 Millionen ausmachen. Erwägt man nun, daß Graf Anckarswärd auf eine jährliche Verminderung der Ausgaben von einer Million Thaler antrug, so ergibt sich, daß beide Theile für die nächste Finanzperiode um 11 1 / 2 Millionen Thaler oder jährlich 2 1 / 4 Millionen auseinander sind. An Streit wird es also nicht fehlen. Eine Art vorläufiger Einrede kam dieser Tage im Bürgerstand vor, wo Hr. Petré die Noth in Dalekarlien und Wermeland schilderte. Hr. Wärn bemerkte dabei unter Anderm: Der Pauperismus in unsern westlichen Gegenden nimmt fortwährend zu, nicht daß die Natur hier stiefmütterlicher wäre, als in dem benachbarten Norwegen, sondern weil die Institutionen anders sind. Meine Herren, ich nehme keinen Anstand zu behaupten, der Grund liegt in unserer veralteten, für die große Mehrzahl, namentlich für den Landmann drückenden Verfassung. Wer von Schweden nach Norwegen reist, überzeugt sich schnell davon. Statt der dürftigen Hütten (Kojor) trifft man dort bequeme Häuser, so wie einen augenfälligen Wohlstand und viele Selbstständigkeit darin; aber der norwegische Bauer behält auch die Frucht seiner Arbeit für sich, und liebt darum sein Land und dessen Institutionen mit einer Wärme, von der man sich kaum einen Begriff machen kann. Diese Worte sind nicht leichthin gesprochen: sie bezeichnen die Richtung der gegenwärtigen Bewegung in Schweden.

Der zum Justizminister ernannte Graf Trolle-Wachtmeister hat durch ein heute angekommenes an den König gerichtetes Schreiben das ihm angebotene Portefeuille der Justiz mit Dank abgelehnt, indem er sich auf sein Alter von beinahe 60 Jahren, auf seine wankende Gesundheit und die lange Zeit von mehr als 22 Jahren beruft, während welcher er von den öffentlichen Angelegenheiten entfernt gelebt. Man kann noch keine Muthmaßung aufstellen, wer nun zum Justizminister ernannt werden möge. Der Constitutionsausschuß der Reichsstände, dessen Wortführer, wie bekannt, Graf Anckarswärd ist, war bis jetzt in Verlegenheit, einen Secretär zu finden, welcher der Denkart der Majorität des Ausschusses entspräche. Der Häradshöfding Richert, ein ausgezeichneter Rechtsgelehrter, in Westgothland wohnhaft, war durch ein officielles Schreiben ersucht, diese Stelle zu übernehmen, gab aber eine verneinende Antwort. Man hat nun den Professor Bergfalk in Upsala zum Secretär erwählt, und er soll geneigt seyn, das Anerbieten anzunehmen. Der bekannte Journalist Johanson, so wie ein anderer Journalist, Namens Theorell, waren mit in Vorschlag.

Rußland.

Die Zeitung von Nowgorod berichtet über eine kirchliche Feier, welche mit Bezug auf die Wiedervereinigung der griechisch-unirten mit der morgenländischen Kirche am 30 v. M. dort stattfand. Nachdem dazu die Erlaubniß erfolgt war, fand sich der Bischof Antonius aus Brzesc-Litewski am 29 Jan. in Nowgorod ein und vollzog am folgenden Morgen, gemeinschaftlich mit der Stadtgeistlichkeit, in der St. Sophienkathedrale die Liturgie und Messe ganz im Ritus der herrschenden Kirche, zu welcher Feier sich die ersten Militär - und Civilautoritäten Nowgorods und eine gedrängte Schaar aus allen Classen der Bevölkerung in derselben versammelt hatten. Noch am Abende desselben Tages setzte Bischof Antonius seine weitere Reise fort, um auch in anderen Eparchien des Reichs die Wiedervereinigung beider Kirchen zu feiern. Der Soldat Wassili Dudoroff, vom Astrachan'schen Carabiniersregiment, ein Bauerssohn, desertirte von seinem Regimente und erschien bei seinem Vater, dem verabschiedeten Soldaten Antip Dudoroff, der ihn jedoch noch an demselben Tage seiner Behörde ablieferte, ohne dem Sohne auch nur ein Nachtlager in seinem Hause zu gestatten. Se. Maj. der Kaiser haben dem verabschiedeten Soldaten Antip Dudoroff eine silberne Medaille mit der Inschrift: Für Pflichttreue nebst einem Geschenk von 100 Silberrubeln verliehen, und das Benehmen des Dudoroff bekannt machen lassen. (Preuß. Staatsz.)

Griechenland.

Der in Malta erscheinende Mediterraneo enthält ein Schreiben aus Athen vom 27 Jan., worin gemeldet wird, daß der König dem brittischen Geschäftsträger, Sir Edmund Lyons, eine Audienz ertheilt und ihm eröffnet habe, daß es sein persönlicher Wunsch sey, die freundschaftlichen Verbindungen mit England ganz auf den alten Fuß wiederhergestellt zu sehen.

Aegypten.

Der Oesterreichische Beobachter schreibt: Die neuesten Nachrichten aus Alexandria vom 26 Jan. melden: Die außerordentlichen Maaßregeln, welche der Pascha vor einiger Zeit in Bezug auf die Einverleibung der großherrlichen Flotte und auf die allgemeine Bewaffnung eingeleitet hatte, sind zum Theil wieder rückgängig geworden. Was die Flotte anlangt, so scheint es, daß ihm von Konstantinopel bedeutet worden ist, daß die Vereinigung der großherrlichen Flotte mit der ägyptischen dort allgemein sehr übel aufgenommen wurde, und daß als eine Gegenmaaßregel ein neuer Kapudan Pascha ernannt werden würde. Auch wurde er gewahr, daß die Türken über die ägyptischen Abrichter sehr erzürnt waren und Miene machten, sich ihren Belehrungen zu widersetzen. Besonders war dieß auf dem Linienschiffe Nro. 3 der Fall, wo die dahin gesendeten arabischen Officiere zurückgewiesen wurden und die türkischen sich geweigert haben, auf das ägyptische Linienschiff Nro. 5 überzugehen. Mehemed Ali hat demnach klugen Rath befolgt und sich beeilt, das alte Verhältniß, wenigstens zum Theil, wieder herzustellen. In Bezug auf die Uniformirung ist aber bis jetzt keine Veränderung eingetreten; die Kleidungen werden bis zum Kurban-Bairam fertig. Es heißt, der Patrona-Beg (zweite Admiral der Flotte), dem die ägyptische Uniform gesendet wurde, habe sich geweigert, sie anzunehmen. Hinsichtlich der allgemeinen Bewaffnung hat Mehemed Ali bald eingesehen, daß es an Leuten und gutem Willen dazu fehlt. Die Stadt Alexandria, welche 8000 Mann hätte stellen sollen, hat deren kaum 1600 angezeigt, und diese suchen sich loszumachen. Aus den benachbarten Provinzen aber sind dießfalls so allarmirende Berichte eingegangen, daß um das Landvolk, welches den Feldbau verlassen und in Masse auszuwandern drohte, zu beruhigen, unlängst die Erklärung gemacht wurde, daß diese Maaßregel nur in Alexandria zur Ausübung kommen solle. So0464 hat nun Mehemed Ali die Ueberzeugung erlangt, daß Alles seine Gränzen hat, und daß die beabsichtigte Gewaltmaaßregel nicht ausführbar sey. Auch wurde ihm vorgestellt, daß wenn er unter das Volk, sey es in Aegypten, oder in Syrien, Waffen und Munition vertheile, diese zuerst gegen die Steuereinnehmer und Zehntenagenten gebraucht werden würden. Uebrigens sollen Aeußerungen gehört worden seyn, welche zeigen, daß das Volk vorziehen würde, sich lieber selbst einer christlichen Regierung zu unterwerfen, als sich unter das ohnehin lästige Joch noch mehr zu beugen. Die Finanzen des Pascha's befinden sich in einem kläglichen Zustande; die Beamten aller Classen haben seit dreizehn Monaten keinen Gehalt erhalten, und sich genöthigt gesehen, ihre Gehaltsanweisungen gegen ein Drittel Abschlag zu escomptiren.

Lahore und brittisch Indien.

Die Nachrichten aus Lahore lauten schlecht, und es scheint sich einer Krisis zu nähern. Die hauptsächlichsten Sirdars, mit der Ausnahme der unmittelbaren Anhänger von Nu Nihal Singh und Dheian Singh verlassen nach und nach den Hof und ziehen sich in ihre Schlösser zurück, welche sie seit der Abnahme der Gesundheit von Rundschit Singh befestigt und mit Garnisonen versehen haben, so daß in einem Augenblick der ganze Verband der Nation der Sikhs wieder in eine Masse unabhängiger Feudalherrschaften zerfallen kann, wie sie vor Rundschit bestand. Die Armee scheint an Nu Nihal zu hängen, und ihre europäische Organisation gibt ihr ein Gewicht, welches den Staat zusammen halten könnte, wenn sich beim ersten Ausbruch findet, daß die Truppen mehr an ihren Regimentern als an dem erblichen Einfluß der Chefs ihrer Clane halten, was man nicht voraus wissen kann. Der Generalgouverneur zieht Truppen in Ludiana zusammen, um nach Befinden der Umstände handeln zu können. Es ist die größte Wahrscheinlichkeit, daß Lahore in kürzerer oder längerer, aber nicht in sehr langer Zeit in englische Hände fallen, und zum Centralpunkt der englischen Macht auf der Westgränze des Reichs werden wird, und diese Eroberung ist im Grund die einzige, welche zur Consolidation von Indien nöthig ist, und von ganz anderer Wichtigkeit als der Besitz von allem, was westwärts vom Indus liegt. Der Generalgouverneur hat eine Proclamation erlassen, nach der er der Armee am Indus sechsmonatlichen Sold und Batta (Feldzulage) schenkt, aber die Armee hatte einen jährlichen Sold gewünscht, und die meisten Officiere werden durch das, was sie erhalten, nicht für den Verlust an Gepäk, an Pferden und Kamelen und ihre großen Geldauslagen für Subsistenz in Afghanistan entschädigt.

China.

Das Laden von Opium für die Küste von China nimmt eher zu als ab. Die Ernte in Malwa war ungewöhnlich ergiebig, und die Preise an der Ostküste von China sind auf eine unerhörte Höhe gestiegen. Es wird in kleinen bewaffneten Brigantinen, genannt Clippers, verschifft, welche mehr wie Caperschiffe aussehen als wie Handelsschiffe. Denn da Opium wenig Raum erfordert, so nimmt man die feinstgebauten Schiffe, lang und schmal, niedrig im Verdeck und mit ungewöhnlich hohen Masten. Die Kiste Opium stand nach den letzten Berichten in Manilla auf 900, an der Küste von China auf 2000 bis 2600 Rupien, und der Unterschied zwischen diesen Preisen gibt den Maaßstab der Gier, mit der es von den Chinesen aufgekauft wurde, und des Risico's, dem sie dabei unterworfen sind. Was aus der unermeßlichen Unordnung, die im chinesischen Handel herrscht, werden soll, ist noch gar nicht abzusehen. Der kriegerische Theil des Publicums träumt eine Eroberung von Canton und vielleicht von Peking, der vernünftige die Besetzung mehrerer Inseln an der Küste von China als englischer Emporien. Elliot, dessen Lage in Hong-Kong, der Rhede an der Bocca Tigris, schwierig genug ist, erlaubt den Opiumschiffen nicht mehr dort mit dem Rest der Flotte zu stationiren, sie haben sich daher an der ganzen Westküste zwischen Canton und der Gränze von Cochinchina verbreitet, und werden, wenn diese Umstände lange dauern, in eigentliche Seeräuber ausarten. Die Demoralisation der öffentlichen Meinung in Hinsicht auf den Opiumhandel nimmt zu. Anfangs waren alle, die nicht dabei interessirt waren, dagegen, aber nach und nach und mit Hülfe ungeheurer Lügen hat man sie gegen die Chinesen gestimmt. Das Hauptargument gegen diese ist, daß sie beim Verbot des Handels nicht die Moralität, sondern das Verhindern der Ausführung von Silber im Auge hätten. Opium werde in sechs chinesischen Provinzen öffentlich cultivirt. Dieß ist so wenig wahr, daß vor einigen Jahren der Hopu von Canton dem Kaiser vorschlug, die Cultur des Opiums zu erlauben, um dem Schmuggeln ein Ende zu machen, und dafür vom Kaiser cassirt wurde; es braucht ohnehin keinen andern Beweis, als den hohen Preis des Opiums an der Gränze, um sich zu überzeugen, daß, wenn Opium in China cultivirt wird, es nur im Geheimen und sehr im Kleinen geschehen kann. Denn da der Arbeitslohn in China wohlfeiler ist als in Indien, und die Chinesen im Garten - und Ackerbau den Hindus unendlich überlegen sind, so würden sie, wenn die Cultur erlaubt wäre, Opium in Calcutta einführen, anstatt es dort zu kaufen. Die ganze Argumentation ist nichts als eine unverschämte Verleumdung, um dem Publicum in England Staub in die Augen zu streuen, aber es ist möglich, daß man die chinesische Regierung so weit treibt, daß sie die Cultur erlaubt, um sich an England zu rächen, und dem unerträglichen Uebel der bewaffneten Contrebande zu entgehen.

0457

Geologische Briefe.

II. Historische Orientirung.

(Fortsetzung.)

Wir sehen in der uns umgebenden Natur die organischen Geschöpfe streng an gewisse Lebensbedingungen geknüpft. Die einen können nur auf dem Lande, die andern nur im Meere leben; manche hausen nur im brackichten Wasser der Flußmündungen, andere kommen nur im süßen Gewässer fort, noch andere wechseln zwischen Land und Wasser. Gleicherweise zeigen sich die Organismen nach unsern jetzigen Klimaten vertheilt: es gibt Polarthiere und Polarpflanzen; es gibt welche, die auf die heiße Zone, andere, die auf die gemäßigten Landstriche beschränkt sind. Ja, die Verbreitung sehr vieler hängt daneben noch in jedem Klima von den Verhältnissen der Feuchtigkeit oder Trockenheit und von der Erhebung über dem Niveau des Meeres ab. Wenn wir nicht den ganzen Begriff vom ewigen Naturzusammenhang aufgeben wollen, so sind wir zu dem Schluß genöthigt, daß in frühern Perioden die Vertheilung der Geschöpfe und ihre ganze Oekonomie eine analoge gewesen seyn werde. Die den jetzigen, wo nicht gleichen, doch in allen wesentlichen Punkten der Organisation mit ihnen übereinstimmenden fossilen Thiere müssen einst eine analoge Rolle im Haushalt der Natur gespielt haben. Der fossile Nautilus oder die fossile Auster muß einst im Ocean, das unserm Elephanten fast ganz entsprechende Thier muß auf dem Lande, und zwar in reicher Pflanzenumgebung gelebt haben; die fossile Eidechse mit Rudern, statt der Extremitäten mit geschiedenen Zehen, kann höchstens gelegentlich und mühsam ein Bewohner des Landes gewesen seyn u. s. w. Der Ueberblick der fossilen Organismen zeigt uns nun aber die auffallendsten Abweichungen von diesem Schema der Vertheilung. Wir sehen die Reste von Geschöpfen, welche ihrem ganzen Bau nach ächte Seethiere waren, überall in den Gebirgsschichten auf dem Festlande zerstreut, und zwar in allen Höhen, vom Spiegel des jetzigen Meeres bis zu den Gipfeln der höchsten Berge. Muschelbänke, in den allgemeinen Verhältnissen denen des heutigen Meeres völlig gleich, verbreiten sich tief im Lande über ganze Provinzen. Auf den Schweizer Alpen, in der Höhe von 12,000 Fuß über dem Meer, liegen Schichten voll Konchylien oft ganz wagerecht, als wären sie hier noch genau am Ort, wo die Thiere einst gelebt. In der Kette der Himalayas findet man dergleichen Zeugen alter Meere noch in der Höhe von 14,000 Fuß. Andrerseits sehen wir Landpflanzen, wie Palmen und baumartige Farrenkräuter, in ältern Gebirgsschichten tief unter Meeresbildungen begraben; ja, manche Steinkohlengruben sind bis zu 1000 und 1200 Fuß unter der jetzigen Meeresfläche ausgebeutet worden, und setzen wohl noch viel weiter in die Tiefe fort. In den Kohlenschichten stehen noch Stämme auf ihren Wurzeln aufrecht, Blätter und Früchte sind oft in ihrer zartesten Organisation vollkommen erhalten. Schon dieß, neben andern entscheidenden Umständen, beweist, daß sie nicht etwa zusammengeschwemmt worden, sondern daß sie wirklich auf dem Boden stehen, dem sie einst entwachsen. Aber diese jetzt so tief verschütteten Vegetabilien können einst nicht anders als an Luft und Licht gelebt haben. Aus diesen allgemeinen Thatsachen ergibt sich mit Nothwendigkeit, daß im Laufe der Erdbildungen das verticale Verhältniß zwischen Meer und Land verschiedenemal ein anderes geworden ist, sey es nun, daß das Meer wiederholt gestiegen und gefallen, oder daß das Land diese Bewegung gemacht hat. Dieses Resultat, das durch die ganz allgemeine Betrachtung der in den großen Flötzformationen eingeschlossenen Organismen erhalten wird, findet sich im Localen und Kleinen vollends auffallend bestätigt. An vielen Orten, und zwar meist in verhältnißmäßig sehr neuen Erdbildungen, sieht man mehrfältig Schichten, welche Meeresproducte enthalten, mit solchen abwechseln, welche nur Pflanzen und Thiere des festen Landes oder des süßen Wassers führen. Dieß beweist streng, daß in einzelnen Theilen der Erdrinde dieselben Striche mehrmals abwechselnd Meeresboden und festes Land gewesen sind; und zwar mußte der beiderseitige Zustand jedesmal so lange andauern, daß sich die Land - und Wassergeschöpfe in zahlreichen Generationen entwickelt hatten, bevor die Veränderung eintrat, die ihre Reste begrub.

Aber die allgemeine Uebersicht der fossilen Organismen beweist nicht nur, daß das Höhenverhältniß zwischen Land und Meer im Laufe der Erdbildung, im Großen wie im Kleinen, mehrfach geschwankt hat; sie leitet auch zu wichtigen Schlüssen über das Horizontalverhältniß zwischen diesen beiden Elementen und über die allmähliche Entwicklung des Festlandes im Großen. In den ältesten Gebirgen, welche überhaupt noch Versteinerungen führen, kommen lediglich nur Meeresbewohner, Zoophyten, Muschel - und Krustenthiere vor, und die ganze Constitution dieser Schichten weist überhaupt auf eine noch fast allgemeine Meeresbedeckung des Planeten hin. Bald aber treten in den ältesten Steinkohlengebirgen Zeugen dafür auf, daß bereits in diesen frühen Epochen einzelne Landstriche, wahrscheinlich insularisch, sich aus dem Wasser erhoben und eine üppige Pflanzenwelt ernährten. Das Wesen der frühesten Landthiere, die man bis jetzt entdeckt, entspricht ganz der Vorstellung, daß das Festland, zerschlagen und zerstreut, noch lange keine Selbstständigkeit erhalten habe: denn jene Thiere sind Amphibien, noch mit der größern Hälfte ihrer Organisation und ihrer Triebe an das Wasser gefesselt, kaltblütige, eierlegende Vierfüßer, die sich am Land nur schwerfällig bewegten. Von Säugethieren, von vollkommenen Luft - und Landthieren, zeigen sich in der ganzen Reihe der sogenannten secundären Gebirge kaum einzelne und zweifelhafte Spuren; die Verbreitung und die Natur der fossilen Pflanzenreste weist übrigens auf ein immer wachsendes Verhältniß des festen Landes hin. Aber erst in den tertiären, verhältnißmäßig sehr modernen, Bildungen tritt nun auf einmal eine ganze fossile Säugethierwelt auf, als Zeuge der definitiven Ausbildung der Festländer.

Zu gleich merkwürdigen Ergebnissen führt es, wenn man die jetzt lebenden Thiere und Pflanzen in Hinsicht auf ihre jetzige klimatische Vertheilung mit den ihnen am nächsten stehenden fossilen Organismen vergleicht. Es zeigt sich, daß die Temperaturverhältnisse einst, und zwar sehr weit herauf in der Geschichte der Erdbildung, ganz andere gewesen seyn müssen als jetzt, daß die gegenwärtige Abstufung der Klimate von einer eisigen zu einer glühenden Zone nicht bestand, daß die Temperatur der Atmosphäre nicht nur weit gleichförmiger, sondern auch absolut höher war als in der heutigen Periode. In allen bekannten Ländern schließen die Flötze gleichmäßig Thier - und Pflanzenformen ein, welche den jetzt in den tropischen Meeren bestehenden analog sind, vermischt mit den Verwandten solcher, welche wir gegenwärtig auf mittlere und höhere Breiten beschränkt0458 sehen. Man hat in neuester Zeit im höchsten Norden Steinkohlenlager entdeckt, welche Reste von Palmen, Baumfarren, riesenhaften Schachtelhalmen und dergl. enthalten. In Deutschland, England, Frankreich finden sich die Grüfte gigantischer Eidechsen in Begleitung von tropischen Gewächsen. In den Kalkhöhlen, den Lehmlagern und alten Torfmooren Europa's, des nördlichsten Asiens und Amerika's liegen jetzt so ziemlich alle Geschlechter großer Landthiere beisammen, welche in der heutigen Natur meist über gewisse Breitengrade nicht hinauf oder hinunter gehen: große Katzen und Hunde, Hyänen, Bären, Ochsen, Pferde, Elephanten, Hirsche, Nashörner, Hippopotamus. Ganz Sibirien bis an die Küsten des Polarmeers ist voll von den Gebeinen des alten Elephanten, unter Umständen, welche keinen Zweifel lassen, daß dieses Thier mit seinen Verwandten einst den Boden bewohnte, auf dem die Natur dasselbe jetzt nimmermehr erhalten könnte. Die Schichten gehören schon zu den modernsten, deren Thier - und Pflanzenreste auf eine, der gegenwärtigen nahe kommende Vertheilung der Meer - und Landbewohner, und damit auf eine analoge Constitution der Klimate hinweisen.

Dieß sind die allgemeinsten Facta, die der Verstand bei Musterung der bis jetzt aufgeschlossenen Erdrinde festhält, gleichsam der grobe provisorische Canevas, in den die Geologie Zug für Zug ihre Copie der Natur einzutragen, das Gerippe, das sie mit dem Organismus ihrer Inductionen zu bekleiden hat. Sie muß durch unmittelbare Beobachtung und Vergleichung im kleinsten den Gang der Natur bei Bildung der Erdrinde rückwärts verfolgen, sie muß die jeden Augenblick abreißenden Fäden des wunderbar verworrenen Gewebes vorsichtig zusammen knüpfen, und indem sie auf immer mehr und mehr Punkten der Erde die Thatsachen des Gebildeten erhebt, den allgemeinen Begriff, wie Alles in der Zeit so geworden, bald zurücknehmend und einschränkend, bald erweiternd und ausgreifend, mehr und mehr ausbilden: eine Aufgabe für eine ganze Reihe von Jahrhunderten. Wie oben bemerkt, bedurfte es einer gewissen Entwicklung zahlreicher Zweige der Naturwissenschaft, bevor diese Aufgabe in neuerer Zeit klar und scharf gestellt werden konnte. Aber das Räthsel der Erdbildung hat den Menschen seit den ältesten Zeiten beschäftigt; es hat immer unter allen Völkern nicht nur Kosmologen gegeben, welche divinatorisch die Genesis der Erde zugleich mit der des Himmels in den Ring eines Begriffs einschlossen; es hat auch Geologen gegeben, welche sich nach den an der Oberfläche zu Tag liegenden Erscheinungen vom Hergang der Bildung Rechenschaft zu geben suchten.

Die eben zusammengestellten allgemeinen Thatsachen waren früher freilich weder in diesem Umfang, noch in solcher Schärfe bekannt; aber auch die oberflächlichste Kunde mußte von jeher bei den Beobachtern die Vorstellung von gewaltsamen Veränderungen wecken, welche wiederholt mit der Erdrinde vorgegangen. Die ganze Verfassung unseres Geistes trieb damit unmittelbar zum Versuch, die Ursachen aufzufinden, durch welche die Erdoberfläche in verschiedenen Zeiten in so verschiedene Zustände gekommen. Der Gedankengang, den dabei die Natur selbst an die Hand gab, war aber, daß man sich in der gegenwärtigen Natur nach analogen Bewegungen umsah, daß man vom Bekannten aufs Unbekannte zurückschloß und sich so ein Bild von den Ursachen und Wirkungen entwarf, welche in Zeiten, zu welchen nirgends die Erinnerung des Menschengeschlechts hinaufreicht, die Erdoberfläche umgestaltet. Bei Betrachtung der vielfach zerrissenen und verworfenen Erdschichten, beim Anblick der sichtbar aus Trümmern bestehenden Gebirgsmassen, lag die Frage nahe, ob nicht noch gegenwärtig unter gewissen Umständen Erdschichten gehoben, zerrissen und zerstückt und Gebirgsmassen zertrümmert werden. Augenscheinlich waren viele Striche des Festlandes einst Meeresboden gewesen, umgekehrt lagen ehemalige Stücke des Festlandes jetzt unter dem Spiegel des Meeres: man mußte sich nach den Momenten umsehen, wodurch auch noch jetzt Meeresgrund in Festland und dieses in Meeresgrund verwandelt wird. Bei diesem Ideengang kam man nothwendig immer wieder auf zwei große Naturkräfte zurück, welche man noch jetzt den zu erklärenden analoge Erscheinungen hervorbringen sah. Durch die Wirkung der Vulcane werden vor den Augen des Menschen Stücke des Meeresbodens über den Wasserspiegel emporgehoben; zugleich entstehen durch die mit den Vulcanen ursachlich verknüpften Erschütterungen Auftreibungen auf dem Festlande, neue Hügel und Erdspalten, welche unmittelbar an den unterbrochenen Zusammenhang der Schichten in den Gebirgen erinnern; endlich treiben die Vulcane noch jetzt geschmolzene Massen auf, die erstarrt auffallend Felsarten gleichen, welche sehr häufig in die ältern Gebirgsglieder eingeschoben sind. Andrerseits hatte der Mensch täglich die Zerstörungen und Bildungen eines andern mächtigen Elements vor Augen, des Wassers. Die großen Trümmermassen in der Erdrinde gleichen in allen natürlichen Verhältnissen vollkommen den Aufschwemmungen, welche sich gegenwärtig an den Mündungen der Flüsse und auf dem Boden ihrer Betten bilden; auch in der heutigen Natur ist das Werk der Zerstörung stehender Gebirgsmassen durch Verwitterung und Schwemmung in vollem Gang, und auf dem Boden von Landseen und Meeren sehen wir fortwährend Schichten von Kalkstein, Thon - und Sandlager entstehen, welche in ihrem ganzen Gefüge mit analogen ältern, höher aufgehobenen oder tiefer einschießenden Gebilden zu viel Aehnlichkeit haben, als daß man vernünftigerweise an ihrem Ursprung durch gleiche Naturwirkungen zweifeln könnte.

Es liegt daher in der Natur der Sache, daß alle geologischen Constructionen seit den ältesten Zeiten sich vorzugsweise auf die Wirksamkeit dieser beiden großen Naturpotenzen, des Wassers und des Feuers, stützten. Es ist eben so natürlich, daß in den Theorien immer bald auf die eine, bald auf die andere das entscheidende Gewicht gelegt wurde, je nachdem der Landstrich, den der Beobachter unmittelbar vor sich hatte, augenfälliger die Wirkungen des Wassers oder die des Feuers verkündete, und so ist das Schisma zwischen neptunistischen und vulcanistischen Ansichten ein ganz ursprüngliches. Die feste Grundlage, welche die Geologie in der neuesten Zeit gewonnen, besteht eben darin, daß dieser Zwiespalt in der Auffassung im Großen versöhnt ist, daß man beide Gewalten bei Constituirung der Erdrinde als gleich wirksam und entscheidend anerkennt. Aber bei einer Masse einzelner, oft sehr bedeutender und ausgebreiteter Erscheinungen dauert der alte Competenzstreit zwischen Neptunismus und Vulcanismus fort.

(Fortsetzung folgt.)

Der Carneval in Paris.

Der Carneval ist sehr lebhaft in diesem Jahr, und trägt überall seinen lärmenden Rausch und seine tolle Freude, seinen schamlosen Muthwillen und seine wilde Liebe hin. Bunte Verkleidung begegnet allwärts dem Auge, bald in lebendigen Gestalten, bald in reinlicher Nachahmung an jenen Bilderläden, welche die Kunstsammlungen des Volks sind. In der großen Oper summt die Intrigue und flüstert0459 der Witz; in diesen Räumen, die an die tragische Leidenschaft der Hugenotten und die ernsten Chöre Wilhelm Tells gewohnt sind, schürzen und entwirren sich jetzt hundert Komödien der hohen und niedern Welt; hier aus dem Seitengange taucht spähend ein weiblicher, strengverschlossener Domino hervor, den Beobachter in Ungewißheit lassend, ob Absichten boshafter Neckerei oder Gefühle verbotener Zärtlichkeit der vermummten Dame Herz erfüllen; dort spürt ein Jäger galanter Abenteuer nach einem Wilde, das gerade nicht im Revier ist, jagt herüber, jagt hinüber, suchend, was er nicht finden kann, als wär 'er ein Philosoph. Die tanzende Gruppe ist völlig leichtes Volk, das hier jedoch weniger Freiheit der Bewegungen, als anderswo hat; die Symbolik der Stellungen und Gebärden, obgleich immer noch ausdrucksvoll, muß sich doch einigen Rückhalt auferlegen und ihre Bravour mehr in andeutender Schelmerei, als plastischer Entwicklung zeigen. Man will nicht, daß der heimathliche Tempel der Vestalin durch eine allzu freie Entfaltung priapischer Ausgelassenheit entweiht werde, vergißt aber, daß ihn schlechte Musik und abscheulicher Gesang schon oft fast noch ärger beleidigten. In der Renaissance dagegen, wo sich während des ganzen Jahres die Poesie selbst nur an die sinnlicheren Regungen des Menschen wendet, überläßt auch der Tanz sich der ganzen Fülle seiner Sinnlichkeit. Und dennoch brachte neulich gerade hieher, durch eine der Launen, die ihr eigen sind, die beste Gesellschaft zur Linderung höchst achtbaren Unglücks ihre Geschenke und ihre Anmuth, ihren gewählteu Glanz und ihren anständigen Rückhalt hier hatte vor einigen Wochen der Ball für die Pensionäre der ehemaligen Civilliste statt. Aus Parteisinn tanzte man und unterhielt sich königlich aus Mitleid. Wir leben wirklich in einer tanzenden Epoche: mit Tanzen wird Alles aus - und abgemacht; man tanzt für und wider, hält republicanische und monarchische, constitutionelle und absolute, Polen - und Russen-Bälle. Maria Taglioni ist die Löwin des größten Kaiserreichs, und unter den großen Männern unserer Tage wird die Nachwelt einen Strauß und Lanner mit lächelnder Verwunderung entdecken.

Für den Erforscher und Maler menschlicher Thorheiten mag das Studium des hiesigen Carnevals in höherem Sinne ein Gewinn seyn; doch ist es unterrichtend auch für den, der ein belehrendes Vergnügen daran findet, die verschiedenen Volkstrachten Europa's in dem Rahmen einer Stadt, wie in einem Skizzenbuche vereint zu finden. Von selbst versteht es sich, daß all diese Trachten eine theatralische Verfeinerung erhielten, und so kommt es oft hier durch ein drolliges Spiel der Dinge, daß der Mensch, während er sich selbst gemein macht, die Maske, die er wählt, veredelt. Und wie der Volksputz verschiedener Länder kommen auch die Anzüge verschiedener Epochen zum Vorschein, und so kann man durch die leichteste Vergleichung sehen, wie sehr die Frauenmoden des Augenblick denen des Mitelalters sich nähern. Sie scheinen demselben Triebe der Zeit zu folgen, der auch der Baukunst die sinnvolle Feinheit ihrer gothischen Formen zurückgab, den schriftlichen Nachlaß jener Jahrhunderte, die lange für eine Aera christlicher Barbarei galten, mit Eifer durchgeht, und alle Denkmale der Bildung, die sie besaßen, die aber der vulcanische Ausbruch neuer Ideen verschüttet und auf lange dem Auge der Welt verborgen hatte, wie ein anderes Pompeji mit forschender Gerechtigkeit wieder an das Licht zieht. Die Mode ging übrigens immer mit der Bewegung ihrer Zeit. Als im vorigen Jahrhundert die Philosophie den freien Strom des Lebens in die engen Canäle prosaischer Nützlichkeit eindämmen wollte, waltete eben nicht Sinn für dichterische Schönheit in den Anordnungen der Toilette, und unter dem Kaiserreich theilte ihr das Commandowort der Caserne die allgemeine Steifheit mit, die der blinden Unterwerfung unter die Willkür eines Einzigen entsprechen mußte; jetzt, da der duldsame Geist des Geschlechts jeden gehen läßt, wohin es ihn zu gehen beliebt, rechts oder links, vor oder zurück, und keine stärkere Macht sie fortzieht, hat die Mode freies Spiel und kann sich wenden, wohin die Grazie, ihre beste Rathgeberin, ihr vorschlägt sich zu wenden. Die Grazie aber ist aus Frankreich nie entflohen, nicht die Unthaten politischer Erbitterung, nicht die Frevel romantischer Verirrung haben sie verscheucht. Hier verdrängt, taucht dort sie auf; trieb sie jacobinischer Wahnsinn aus Senat und Salon, so lehrte sie muthigen und erhabenen Frauen mit auf das Schaffott jene edle Scham bringen, die der antike Dichter an der sterbenden Polyxena uns rühmt; nahm das rohe Drama ihr die Bühne, so steigt sie, Rang und Stolz vergessend, herab in die Sphäre der Caricatur, und gibt den Verzerrungen des Spottes ungewohnte Feinheit und Vollendung. Die stärksten Gewalten sind dem Orkan erlegen; das zarte zerbrechliche Kind, die Grazie, hat glücklich sich gerettet. Fortwährend bewacht und reinigt sie die Gesetze des Umgangs, regiert die Sprache, denn was hier Styl, was Esprit heißt, was ist es anders, als jene schickliche und feine Art des Ausdrucks, welche die Grazie nur umgibt? Sie stellt tausend nette Kleinigkeiten in der gefälligsten Verwirrung zusammen, herrscht in der Werkstätte der Modistin, wirft die zierliche Mantille mit kunstvoller Nachlässigkeit um die Schultern schöner Frauen, und tritt endlich durch die Aristokratie der gebildeten Sitte, deren Patronin sie ist, dem Despotismus der allmächtigen Gleichheit entgegen.

Als einen ihrer vorzüglichen Lieblinge nennt die öffentliche Stimmung ohne Widerspruch den Grafen Molé. Die selbst, die als Staatsmann mit so hartnäckiger Bitterkeit ihn verfolgten, erkennen die Eleganz seines Geistes und seiner geselligen Formen an. Er ist für die Sache des Bestehenden, was etwa Lafayette für die seinige, Martignac für die der zurückgekehrten Bourbone war ihr liebenswürdigster Verfechter. Darum fand auch seine Bewerbung um den akademischen Sitz des Hrn. von Quelen so wenig Widerstand, nicht sowohl um der musterhaften Charakteristik willen, die er von Mathieu Molé, seinem Ahnherrn entwarf, als weil man Niemand außer ihm Tact und Würde genug zutraut, den verstorbenen Prälaten mit Anstand und Wahrheit zu loben, und die Schwierigkeiten des Thema's ohne Zwang zu überwinden. Der Sitz des Hrn. von Quelen wurde bisher fast ohne Unterbrechung von Fürsten der Kirche eingenommen; jetzt endlich gab ihm der Umschwung der Ereignisse einen anderen Besitzer. Die Kirche verliert ihre weltlichen Ehren, eine nach der andern; allein sie verliert sie in einer Zeit, da diese Ehren selbst an Rang und Bedeutung täglich mehr einbüßen. Was sie Unzerstörbares hat, mag ihr unbenommen bleiben, und wie in den Tagen ihres Entstehens kann sie ein Vorbild der Aufopferung, eine Leuchte der Seelen, die Zuflucht der Betrübten und die Wärterin des Unglücks seyn. Den Dichter der Herbstblätter und Dämmerliede hat die Akademie abermals zurückgewiesen. Sie wollte Classikern und Romantikern zu gleicher Zeit nicht huldigen, wollte nicht, daß man von ihr sage, sie hätte, unvermögend alle Erfordernisse des Genie's in einem Geiste und vereint zu finden, die wilde Kraft in Hugo's Wahl, den zähmenden Geschmack in der des Grafen sich angeeignet, wie man sich an den Fragmenten zweier antiken Statuen freut, wenn man Eine vollendete nicht finden kann.

0460

Der Socialismus in England.

(Beschluß.)

So verwerflich und schal zugleich die bar negativen Religionsansichten des Socialismus, welche an das berüchtigte Systême des Baron de Hollbach oder die sogenannte französische Friseur-Philosophie erinnern, ohne Zweifel nun auch sind, so ist es doch nicht zu verwundern, daß Owen in der liberalen Presse eine Vertheidigerin, oder wenigstens der Bischof von Exeter eine Gegnerin gefunden hat. Einmal zählt Owen ein persönlich ehrenhafter und, wie es scheint, auch einnehmender Mann aus früherer Zeit ber manche Gönner und Freunde, die das Anstößigste in den ihm beigelegten Lehren für Uebertreibungen seiner Schüler halten, und dabei die philanthropischen Zwecke in dem praktischen Theil seines Systems ihm hoch anrechnen; dann kommt zweitens die Eifersucht der Liberalen gegen die englische Staatskirche mit ins Spiel, welche Kirche, wie nicht zu verkennen ist, als leidige Folge ihrer Organisation sich etwas zu sehr mit den guten Dingen dieser Welt und den Händeln des Säculums befaßt. So trifft sie der Verdacht unlauterer Parteimotive selbst da, wo sie vielleicht aufrichtig nur die Sache der Religion verficht, zumal wenn ein Dr. Philpotts, der nun einmal als torystisch-anglicanischer Zelot verschrieen ist, als Vorkämpfer auftritt. Am gewichtigsten erscheint der Vorwurf, daß nachdem die hochkirchliche Geistlichkeit bei ihren überreichen Mitteln den Unterricht der ärmeren Classen so schreiend vernachlässigt, ja sogar den Bemühungen weltlicher Behörden und Privaten für das Volkserziehungswesen Hindernisse mancher Art in den Weg gelegt habe, sie nun, wenn Meinungen wie die des Socialismus im Lande zum Vorschein kommen, alle Schuld auf die Regierung werfen wolle. In diesem Sinn ist nachstehender Artikel des Sun geschrieben, welchem ähnliche im M. Chronicle, Globe u. s. w. vorangingen und folgten: Was man wünscht, glaubt man gern ist ein Sprüchwort, ein Axiom. Daraus folgt, daß unser Glauben oder Nicht-Glauben in allen Fällen weit mehr von dem Vergnügen oder Mißvergnügen, das uns irgend eine Theorie oder Lehre bereitet, abhängt, als von ihrer absoluten Wahrheit oder Falschheit. Das ist ein wichtiger Satz, der in den meisten Discussionen über die Verdienste der Kirche und der Regierung von denjenigen, welche ausschließlich deren Vortheile genießen, nur allzu oft übersehen wird. Der Erzbischof von Canterbury z. B. hat circa 18,000 gute Gründe jährlich, zu glauben, daß die Lehren der Staatskirche vollkommene Wahrheit sind. Demgemäß bezweifelt er sie niemals. Der Bischof von London hat ungefähr 14,000, und der Bischof von Exeter 6000 solche gute Gründe, an demselben Glauben festzuhalten wie ihr hochwürdigster Bruder, der Primas des Reichs, und zu diesen klingenden guten Gründen kommen dann noch alle die Freuden eines beträchtlichen Patronats, eines großen weltlichen Ansehens, und überhaupt alle Genüsse, die diese Welt bieten kann. Das hält den Magen warm und die Orthodoxie ebenfalls. Nicht uns kommt es zu, zu sagen, ob der Glaube dieser Herren Prälaten recht oder unrecht, wahr oder falsch ist; aber das dürfen wir wohl sagen, daß die große Masse der Bevölkerung nicht die Bestechungen eines großen Einkommens und einer angesehenen Stellung vor sich hat, um denselben feurigen Glauben an die Lehren der Staatskirche zu unterhalten, der von der Geistlichkeit bekannt und eingeprägt wird. Nun gehört die übergroße Mehrzahl der Socialisten, über deren Anwachs die Bischofsbank solche Jeremiaden angestimmt hat, den ärmeren Classen an, und die ganze Secte besteht aus Menschen, die weder von der Regierung noch von der Kirche unmittelbare Vortheile ziehen. Kein Bischof, Dechant, Präbendar, Oberpfarrer oder mäßigbesoldeter Unterpfarrer, kein Edelmann oder Bankier hat seine Kirchenpfründe oder seinen Reichthum aufgegeben und ist unter die Socialisten gegangen. Eine kurze Erörterung möge dazu dienen, Owens System vor der Welt ins rechte Licht zu setzen. Wir sind dafür, daß allen Menschen, und so auch den Socialisten Gerechtigkeit widerfahre, nicht aber daß sie geschmäht und verleumdet werden.

Hrn. Owens System, wie wir es begreifen, besteht aus zwei klargeschiedenen Theilen: einer eigenthümlichen gesellschaftlichen Organisation und einem eigenthümlichen Religionsglauben. Die erstere betrifft diese Welt allein, der letztere bezieht sich auf jene letzten Gründe, die trotz aller Offenbarung und wissenschaftlichen Forschung noch immer in tiefes Dunkel gehüllt sind. Es ist bekannt, daß erstere die Quelle des letztern war, d. h. daß erst Owens staatsökonomisches System ihn darauf führte, den religiösen Volksglauben zu bekämpfen. Owen war im Besitz eines großen, durch Benützung der Maschinen erworbenen Vermögens, und er glaubte und glaubt daher an die Macht der Maschinen, das ganze Aussehen der Gesellschaft zu verändern, ebenso feurig, wie die Bischöfe an die Doctrinen der Staatskirche. Zu gleicher Zeit sieht er die große Masse der Gesellschaft der Armuth und der Entblößung preisgegeben, und empört und fieberhaft aufgeregt durch den schneidenden Gegensatz zwischen ihrer eigenen physischen Noth und der Lebensbehaglichkeit und den Genüssen einiger vergleichsweise Wenigen, die zugleich reich sind und müßig gehen. So die beiden Ideen mit einander verbindend: des Menschen unbeschränkte Fähigkeit, mit Hülfe der Maschinen Wohlstand zu schaffen und seine Bedürfnisse zu befriedigen, auf der einen, und das factische Elend der Massen auf der andern Seite, ward Owen auf die Schlußfolgerung geleitet, daß die Verfassung unserer bürgerlichen Gesellschaft an irgend einem Grundübel leide. Owen nahm an, ein falscher Grundsatz menschlicher Handlungsweise sey die Concurrenz (competition) in Arbeit und Erwerb, und er stellte dagegen den Satz auf, Alles müsse gut gehen, wenn die Menschen, statt der Rivalität und Concurrenz, zusammenwirken und einander unterstützen würden; er verlangte Cooperation und Union. Auf dieser Grundlage entwarf er seinen Plan einer gesellschaftlichen Einrichtung, und seit beinahe dreißig Jahren ist er rastlos bemüht, die öffentliche Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Lange Zeit machte er geringen oder gar keinen Fortschritt. Er bot sein System den Reichen an, und da er selbst ein reicher Mann war, liehen sie ihm zwar ein geneigtes Ohr, stießen aber einen Plan zurück, der darauf abzweckte, ihrem ausschließlichen Besitz gewisser Vortheile ein Ende zu machen. Nun wendete er sich mit seiner Lehre an die Armen. Lange verstanden sie solche nicht, noch hatten sie die Mittel zu deren Ausführung. Wie kam es nun, daß sie ihm endlich doch in beträchtlichen Haufen zufielen? Er wandelte unter ihnen herum, und ließ Andere unter ihnen herumwandeln, um ihnen die Vortheile seines Systems auseinander zu setzen. In einem oder zwei Fällen machte er praktische Versuche, und glaubte, daß sie ihm gelungen seyen. Er maßte sich nicht an, den Leuten den Weg zum Himmel zu zeigen er predigte Glückseligkeit auf Erden. In glühenden Farben schilderte er die großen Vorzüge des Cooperationssystems vor dem Concurrenzsystem der Gesellschaft. Unter dem erstern, verkündigte er, könnten alle Menschen sich ein behagliches, genußreiches Leben verschaffen ähnlich dem der englischen Bischöfe. Die socialistischen Tractätchen sind beredt in Schilderungen eines Lebens in Ruhe, Fülle, Zufriedenheit und häuslichem Glück, das allen Gliedern der cooperativen Gemeinde0461 versprochen wird. Manchen hat in dieses Land der Verheißung die Hoffnung verlockt, fortan leben zu können wie ein geistlicher oder weltlicher Pair. Der Socialismus ist demnach ganz und gar ein System für diese Welt, und Tausende der ärmeren Volksclassen haben sich jetzt um Owens Fahne gesammelt, unter der sie aus ihrer Noth und Kümmerniß zum Genuß eines irdischen Wohlergehens zu gelangen meinen.

Owens religiöse Meinungen wollen wir nur in Bezug auf ihren Ursprung berühren. In der Ausbildung seines Cooperationssystems drängte sich ihm bald die Bemerkung auf, daß das Eigenthumsrecht demselben im Wege stehe und vielmehr dem Concurrenzprincip, das er zu bekämpfen unternommen hatte, zu Grunde liege. Nun haben Geistliche und Staatsrechtslehrer das Eigenthumsrecht mit der Religion in Verbindung zu bringen gesucht, dasselbe unter die Sanction göttlicher Offenbarung gestellt; ja sie sind noch weiter gegangen, indem sie bestehenden politischen Rechtsungleichheiten einen göttlichen Ursprung beilegten, nicht anders als sey die brittische Pairie bereits auf dem Sinai eingesetzt und der Hosenbandorden vorbildlich schon in dem Bauriß für die Arche Noah mit decretirt worden. Darin erblickte Owen die Quelle vieler Uebel, und so gerieth er allmählich darauf, zuerst das Erb - und Eigenthumsrecht, und dann auch die positiven Religionsbekenntnisse anzufechten, weil sie auf eine, nach seiner Ansicht ungebührliche Weise in die Anordnung rein weltlicher und staatlicher Dinge sich einmischen. So wuchs Owens Gesellschaftsform nicht, wie jene des mittelalterlichen Mönchsthums oder die der Rappiten, aus seiner Religionsansicht, sondern umgekehrt diese aus jener hervor. Diese Eigenthümlichkeit seines Systems sollte es, meinen wir, zum Gegenstand ernsten Nachdenkens für Staatsmänner machen, die sich den Pauperismus im Volk und die Hebung desselben zur Aufgabe gesetzt haben; die Geistlichen hingegen, als die Prediger und Hüter einer bestimmten Religionssatzung, die nur mittelbar in die bürgerlichen Weltverhältnisse eingreift, haben mit jenem System nichts zu schaffen. Unsere Klerisei denkt indessen anders, und der Bischof von Exeter hat, von einigen seiner bigotten Jünger unter den Tories flankirt, zur Verfolgung der Socialisten aufgerufen, nicht etwa weil sie eine neue dem Christenthum widerstreitende Offenbarung verkünden, sondern weil gewisse Grundsätze derselben in weltlichen Dingen sie dahin geführt haben, die Doctrinen einer Kirche zu läugnen oder zu bezweifeln, die ihre Priesterschaft mit einem so unchristlichen Mammon und Flitterstaat dotirt. Vor einiger Zeit verfolgte Dr. Phillpots in seinem Sprengel die bibelstrengen Methodisten und andere Dissenter. Ueberhaupt war die ganze hochkirchliche Partei seit Menschengedenken gegen die Dissenter ebenso leidenschaftlich unduldsam, wie sie sich in neuerer Zeit artig gegen sie benommen, nämlich um mit ihrer Hülfe die Katholiken niederzudrücken. In letzter Zeit waren die Katholiken die Zielscheibe von Dr. Phillpots odium theologicum; nun aber die Katholiken zu mächtig geworden sind, um ungestraft und mit Erfolg angegriffen werden zu können, fällt er mit seiner streitenden Kirche über die Socialisten her, wo er sich einen leichtern Triumph verspricht. Im Interesse allgemeiner Duldung hoffen wir jedoch, daß die Klerisei den Kürzern ziehen wird, denn dränge sie erst hier durch, wo würde sie aufhören? Wenn der Atheismus ein Verbrechen ist, so ist der Theismus, in den Augen des Bischofs, auch eines; verdammen ja doch die hochkirchlichen Blätter die Socinianer als noch schlimmer denn die Atheisten. Können aber die Socinianer gestraft werden, warum nicht auch die Katholiken, die Methodisten, die Baptisten, die Puseyiten u. s. w.? Gewiß, das lieblose, wesentlich unchristliche Treiben dieser Zionswächter und Monopolisten der Rechtgläubigkeit kann nicht stark und allgemein genug gerügt und zurückgewiesen werden.

Großbritannien.

Der Herzog v. Wellington hat abermals einen starken Krankheitsanfall gehabt, wovon er sich jedoch wieder schnell erholt zu haben scheint, indessen darf er noch nicht ausgehen. Er war bekanntlich der einzige von der Torypartei, welcher zur königlichen Trauung, aber auch nur zu dieser, weder zum Frühstücke noch zum Diner, welche an jenem Tage bei Hof gegeben wurden, eingeladen war. Selbst die Einladung zur Trauung erfolgte erst am Freitag Abend vor dem Trauungstage, der bekanntlich ein Montag war, und zwar, wie man versichert, auf die dringendsten Vorstellungen Lord Melbourne's. Die Tories versichern, die Königin habe die ganze Partei für rebellische Unterthanen erklärt, und habe selbst den edlen Herzog von dieser, man müßte gestehen, etwas leidenschaftlichen Beschuldigung nicht ausnehmen wollen. Der greise Held soll, als man ihm jene Worte hinterbracht, gesagt haben, er werde darum die nächste Nacht nicht schlechter schlafen. Es ist indessen sehr möglich, daß es mit dem Anekdötchen dieselbe Bewandtniß hat, wie mit den so weit verbreiteten sonstigen falschen Gerüchten ...; aber solches Geschwätz zeigt, wessen sich die Partei von der Monarchin versieht, und wie man ihrem Mißfallen Trotz bieten möchte. Freilich ist alles dieses nur, so zu sagen, exoterisch, denn im Parlament stellt sich die Partei ganz anders an, wie man aus dem Benehmen der Häupter in beiden Häusern bei dem Vorschlage der Glückwunschadressen abnehmen kann, wo die Herren kaum Worte genug finden konnten, ihre Liebe und Treue gegen die Monarchin, so wie ihre Freude über die glückliche Verbindung an den Tag zu legen. Auch ließen es an dem Vermählungstage viele Tories nicht an Freudenbezeugungen fehlen. Besonders war im Carlton-Clubhaus ein großes Essen, wobei Peel selbst den Vorsitz führte und die loyalsten Reden gehalten wurden; doch war es merkwürdig, daß nur etwa 70, die Auserwählten der Partei, sich zu Tische setzten, und man es unterlassen hatte, die gesammten Mitglieder von dem beabsichtigten Banket in Kenntniß zu setzen. Ob dieß nun aus Furcht vor den unbescheidenen, weinerhitzten Zungen der Bradshaws und Robys oder aus irgend einem andern Grunde geschah die Vernachlässigung hat zu großem Verdruß Anlaß gegeben, so daß man von einem Austritt vieler Mitglieder aus dem Club spricht. Was die Partei in bessere Laune versetzt, ist der Sieg, den sie mit Hülfe mehrerer radicalen Sparsamkeitsmänner vorige Woche im Unterhause davon getragen hat. Zwar steht es mit den Finanzen bei weitem nicht so schlimm, als Hr. Herries bei der Gelegenheit sie darstellte, und es ist nicht im geringsten zu bezweifeln, daß das Parlament eine oder mehrere neue Steuern bewilligen wird, theils um die entstandenen Ausfälle, theils um die vermehrten Ausgaben zu decken; eben so wenig ist zu zweifeln, daß die Nation Kraft genug hat, solche, wie sie auch seyn mögen, zu entrichten. Aber diese Weise, sowohl innere als äußere Verhältnisse zu betrachten, hat sich jede Partei als Opposition zu allen Zeiten erlaubt. Die Nation ist daran gewöhnt, und weiß meistentheils, welche Abzüge sie von dergleichen Uebertreibungen zu machen hat. Man hat immer den Vortheil, daß die Regierung in Athem erhalten wird, und auf ihrem Posten nicht einschlummert. Auch konnte das Haus billig verlangen, was oft von Finanzministern freiwillig geschehen ist, eine Uebersicht über die im laufenden Jahre zu erwartenden Einkünfte gleich im Anfange der Session vorgelegt zu0462 erhalten. In früheren Zeiten, d. h. vor der Reformbill, wo die Stimme der Nation so zu sagen nur mittelbar vernommen wurde, würde eine Erklärung des Schatzministers, wie die des Hrn. Baring, daß ihm das Verlangte unbequem falle, hinreichend gewesen seyn, ihn bei seiner Weigerung zu beschützen, oder das Ministerium hätte sich genöthigt gesehen, abzudanken. Jetzt aber befinden sich unter jeder Partei unabhängige Mitglieder genug, welche über diesen oder jenen Punkt anders denken als die Minister, und ohne dieselben darum im Ganzen zu verlassen, so oft sie es für gut finden, wider dieselqen, selbst mit ihren gewöhnlichen Gegnern zu stimmen. Wenn darum ein Ministerium jedesmal abdanken wollte, so würde man alle vier Wochen einen Ministerwechsel haben müssen. So sehr also auch die Toryjournale darüber spötteln, daß die Whigs, nach Schlappen, wie sie sie sowohl bei dieser als bei Gelegenheit der Apanage des Prinzen Albert erhalten haben, nicht zurückgetreten sind, so weiß hier doch jeder Denkende, daß dieß nur den Pöbel täuschen soll. So lange es nicht eine Lebensfrage ist, worüber die Gegenpartei ins Amt treten könnte, braucht ein Ministerium nicht auszutreten. Die Tories aber dienen allzeit ihrer Partei, wenn sie sich das Ansehen zu geben wissen, als seyen die Tories bessere Financiers oder Diplomaten als ihre Gegner, als würde unter ihrer Leitung der Staatscredit besser, das Gewerbe thätiger und unsre Interessen im Auslande geschützter seyn; dabei haben die Tories wenigstens das für sich, daß sie darum keine Verfolgungssucht und anders böse Leidenschaften aufzuregen brauchen. Auch scheinen sie selbst nach diesem guten Grundsatz handeln zu wollen, indem sie sich jetzt so eifrig zeigen, die so sehr mit Religionsstreit vermischte irische Corporationsreformfrage zu beseitigen, daß Sir Robert Inglis in seiner Opposition gegen das zweite Verlesen der dießjährigen Bill über diesen Gegenstand nur 15 Mitglieder fand, die mit ihm stimmten. Ja die Art, wie die Debatten über Bullers Vorschlag geführt wurden, zeigte schon, daß man die Gefahr erkannt, den Streit der Parteien auf die Verschiedenheit des Glaubens und der Nationalitäten zu gründen, und entschlossen ist, davon abzustehen. Bedeutender für das endliche Schicksal der Minister scheint mir daher die Gleichgültigkeit, womit Russell von dem Verlangen der Dissenter die Kirchensteuer abgeschafft zu sehen, und besonders von der Gefangenschaft des bekannten Thorgood sprach, wenn er auch im Ganzen Recht hatte, indem er sagte, mit allen Versuchen, die er zur Abschaffung der Steuer gemacht, seyen bald die Dissenter selbst, bald die Kirchlichen unzufrieden gewesen; Thorogood habe sich sein Schicksal selbst zugezogen, indem er sich geweigert, einer gesetzlichen Vorladung zu gehorchen. Was er nun noch thun könne, sey höchstens, daß er einen Vorschlag unterstütze, wodurch die Eintreibung dieser Art von Steuer den geistlichen Gerichten entzogen, und die Proceduren gegen das Eigenthum und nicht gegen die Personen der Steuerpflichtigen gerichtet würden.

[626]

Bekanntmachung.

Indem wir uns auf die in unserm Ersten Bericht enthaltene allgemeine Einladung zur Theilnahme an der sich in Leipzig vorbereitenden vierten Secularfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst beziehen, richten wir dieselbe hiermit noch ganz besonders an alle unsere werthen auswärtigen Kunst - und Geschäftsgenossen.

0463

Bei dem großen Interesse, welches unsere Mitbürger für diese Feier gezeigt, dem uns zu größtem Dauke verpflichtenden Wohlwollen und der Munificenz, welche unsere verehrten Behörden bei Gestattung und Dotation unseres Festes an den Tag gelegt, glauben wir versichern zu dürfen, daß dasselbe ein wahrhaft würdiges, großartiges werden, und seinen Theilnehmern für den Augenblick ächte wahre Freude, für die Zukunft die bleibendste und erhebendste Erinnerung bereiten werde.

Gern werden wir bei den einzelnen Festlichkeiten, beim Kirchgang und Festzuge, bei Disposition der uns für Diner und Ball zu Gebote stehenden Räumlichkeiten, bei der Musikaufführung u. s. w. besondere Rücksicht auf unsere Kunst - und Geschäftsgenossen nehmen; doch sind wir dieß nur dann im Stande, wenn unsere hiermit freundlichst ausgesprochene Bitte: daß diejenigen unserer auswärtigen Collegen, welche persönlich an unserm Feste Theil nehmen wollen, sich recht zeitig bei uns melden mögen, geneigte Berücksichtigung findet.

Das unterzeichnete Comité ist mit Vergnügen bereit, schon jetzt deßfallsige Anmeldungen entgegen zu nehmen, und auf Verlangen noch nähere Auskunft zu ertheilen, so wie es durch ein besonderes Bureau gern für diejenigen, welche es wünschen und sich deßhalb in Zeiten schriftlich melden, gern die Besorgung passender Logis für die Zeit des Festes übernehmen wird.

Leipzig, am 10 Februar 1840

Das Comité zur Feier der Erfindung der Buchdruckerkunst.

[357-59]

Kundmachung des Wiener allgemeinen Wittwen - und Waisen-Pensions-Institutes mit der Einladung zum Beitritt in dasselbe.

Ueber die vom Ausschuß des Wiener allgemeinen Wittwen - und Waisen-Pensions-Institutes mit Kundmachung vom 18 Februar 1838, Z. 20, bekannt gegebenen und laut fernerer Kundmachung vom 10 Julius 1838, Z. 216, zum Gesellschaftsbeschluß erhobenen Anträge zur definitiven Regulirung desselben ist nunmehr unterm 12 December 1839 die allerhöchste Entschließung Sr. k. k. Majestät vom 23 November 1839 des Inhaltes herabgelangt, daß Se. k. k. Majestät auf die etwaigen Ansprüche der bisherigen Instituts-Interessenten keinen mandativen Einfluß nehmen wollen, unter diesem Vorbehalt aber dem Institute gestatten, daß es auf der Grundlage der vorgelegten neuen Statuten sich seine Fortdauer zu sichern versuche, und anordnen, daß längstens nach dem Verlaufe von drei Jahren das Resultat gutächtlich an allerhöchst Se. Majestät vorgelegt werde.

Eine Kundmachung des Ausschusses des Wiener allgemeinen Wittwen - und Waisen-Pensions-Instituts vom heutigen Tage, Nr. E. 310, welche den Intelligenzblättern der k. k. privilegirten Wiener Zeitung, Samstag den 4 Januar und sofort jeden Samstag in den Monaten Januar, Februar und März 1840eingeschaltet seyn wird, gibt nach Mittheilung eben dieser allerhöchsten Entschließung eine kurze Nachweisung von den überaus günstigen Ergebnissen, deren sich die Anstalt durch die Erfahrungen der mit letztem October 1839 zu Ende gegangenen drei Jahre erfreut, welche seit der letzten vom 1 November 1837 an berechneten Bilanz des Instituts abgelaufen sind, und setzt zugleich die überaus wichtigen Vortheile auseinander, welche dieses unentgeltlich verwaltete Institut, das nunmehr bereits mit Ende Octobers 1839 als bewährteste Grundlage seiner Fortdauer ein Stammvermögen von beinahe eilfmalhunderttausend Gulden Conv. Münze ausweiset, und bei welchem durch dieselbe (Eine) Einlage der Pensions-Anspruch für die Gattin und zugleich für die mit ihr erzeugten, so wie für alle in das Institut mitgebrachten ehelichen Kinder des Mitgliedes erworben wird, seinen neuen Theilnehmern darbietet, mit der Einladung zum Beitritt in dasselbe, so wie mit der Bemerkung, daß fortan Aufnahmsgesuche in der Instituts-Kanzlei in Wien (am neuen Markt Nr. 1054) angenommen werden, und daß ebendaselbst, gleichwie auch bei den verschiedenen HH. Instituts-Agenten in den k. k. Provinzen sowohl die Statuten, Jahresausweise, Formularien zu Aufnahmsgesuchen, die obige vollständige sammt allen übrigen Kundmachungen des Instituts zu haben sind.

Wien, den 1 Januar 1840

Von der Direction des Wiener allgemeinen Wittwen - und Waisen-Pensions-Instituts.

[666]

Oeffentliche Danksagung.

In der Mitte des Octobers v. J. hatte ich das Unglück, an einer chronischen Lungenentzundung zu erkranken. Zwei Monate litt ich bedeutend und trotz der Bemühungen unserer ausgezeichnetsten Aerzte blieben alle Mittel fruchtlos, wurde mein Zustand von Tag zu Tag bedenklicher. Nur wer unter ähnlichen Verhältnissen, im kräftigsten Mannesalter krank und erschöpft auf seinem Lager nach Rettung geschmachtet, wird den Eindruck zu begreifen vermögen, welchen das zuletzt von den berühmten Aerzten über mich ausgesprochene incurable auf mein Gemüth ausübte. In diesem für rettungslos erklärten Zustande wandte ich mich endlich an den hiesigen praktischen Arzt Dr. med. et chirurg., Hrn. Zaiaczkowski, und wie stets hinter dem trüben Gewirr irdischer Schicksale die leitende Hand einer göttlichen Vorsehung verborgen, so erschien auch mir der Recurs an diesen Mann in jenem Augenblicke. In weniger als acht Tagen brachte er mich durch eine eben so humane als einfache Behandlungsweise auf den Weg der Reconvalescenz, und nach dem Ablauf von kaum drei Wochen war ich völlig wieder hergestellt. Ich wage nicht zu beurtheilen, welchen Einfluß hiebei die Heilbestrebungen meines Organismus gehabt, allein ich hege die positive Ueberzeugung, daß ich lediglich der Hülfe des Hrn. Dr. Zaiaczkowski die Erhaltung meines Lebens verdanke. Einem solchen Resultate gebührt die tiefgefühlteste Anerkennung, die ich denn meinem Erretter hiermit im gleichseitigen Interesse der leidenden Menschheit öffentlich abstatte.

Zürich, den 1 Februar 1840

G. A. Mahl im Hotel Baur.

[652-54]

Bekanntmachung.

Zur gänzlichen Vollendung der fast zur Hälfte des Weges schon im Fahrbetriebe befindlichen und zur andern Hälfte großentheils fertigen Eisenbahn von München nach Augsburg ist eine Vermehrung des Capitals von 1,100,000 fl. erforderlich, zu deren Aufbringung das Directorium mit Zustimmung des Verwaltungsrathes der Gesellschaft, die Negocirung eines Anlehens beschlossen und hiezu auch die statutengemäß nachgesuchte höchste Regierungs-Genehmigung bereits erhalten hat.

Um die ungestörte Fortsetzung des Bahnbaues, dessen Vollendung bei den dermaligen günstigen Witterungsverhältnissen in diesem Jahre noch mit Zuversicht erwartet werden kann, für alle Fälle sicher zu stellen, haben die Mitglieder der beiden Verwaltungs-Organe der Gesellschaft sich durch Subscription zur al pari Uebernahme des ganzen Anlehens vereinigt, sich aber gleichzeitig verbindlich erklärt, die Hälfte der von ihnen unterzeichneten Summen zu Gunsten jener übrigen Actionnäre der Gesellschaft zu überlassen, welche sich bei diesem nach 4 vom Hundert verzinslichen Anlehen zu betheiligen wünschen und sich dazu0464 bis längstens den 10 März d. J. bei dem unterzeichneten Directorium, Promenadeplatz Nr. 18 dahier, oder bei dem Wechselhause der HH. Erzberger & Schmid in Augsburg, an welchen beiden Plätzen bereits Subscriptions-Listen aufliegen, gemeldet haben werden.

Sollten die Unterzeichnungen die zur Verfügung gestellte Summe übersteigen, so erfolgt die Vertheilung im Verhältniß der gezeichneten Beträge.

Dieses Anlehen wird in 2200 Stück Partial-Obligationen au porteur à 500 fl. per Stück eingetheilt, welche mit jährlich à 4 Proc. zahlbaren Coupons versehen sind.

Die Einzahlung wird in fünf gleichen Raten und zwar: am 16 März, 1 April, 1 Mai, 1 Junius und 1 Julius h. J. jedesmal mit ein Füuftel geleistet; die Zinsen der Obligationen aber kommen, ohne Rücksicht auf die spätern Einzahlungstermine, vom 1 März h. J. an, den Subscribenten und resp. Einzahlern zu gute.

Ueber die den Darleihern durch das Gesellschafts-Vermögen und die Rente gegebene Sicherheit so wie über die Rückzahlungstermine und endlich über die Zeit und Art der Verabfolgung der Obligationen kann an den bezeichneten Subscriptions-Orten das Nähere eingesehen werden. München, den 24 Februar 1840

Das Directorium der München-Augsburger-Eisenbahn-Gesellschaft.

Der stellvertretende Vorstand: J. v. Mayer.

Maillinger, Geschäftsführer.

[441-43]

Bekanntmachung.

Alle diejenigen, welche aus was immer für einem Titel Ansprüche auf den Rücklaß des am 31 Januar d. J. verlebten k. bayer. Geh. Raths etc. Joseph v. Utzschneider machen wollen, werden hiemit aufgefordert, binnen neunzig Tagen a dato solche um so gewisser hierorts anzumelden, als sonst bei Auseinandersetzung dessen Verlassenschaftssache hierauf keine Rücksicht genommen werden würde.

Den 4 Februar 1840

Königliches Kreis - und Stadtgericht München.

Graf v. Lerchenfeld, Dir.

[438-40]

Bekanntmachung.

Johann Fleischmann, Bauernsohn von Feldkirchen, marschirte im Jahre 1812 als Soldat des vormaligen 5ten Linien-Infanterie-Regiments, als dieses Regiment von Nürnberg ausrückte, mit nach Rußland, und hat seit dieser Zeit über sein Leben und Aufenthalt keine Nachricht mehr in seine Heimath gelangen lassen.

Derselbe wird daher aufgefordert, sich innerhalb drei Monaten bei dem unterfertigten Gerichte zu melden, und sein in 1100 fl. bestehendes Vermögen in Empfang zu nehmen, widrigenfalls solches nach Verlauf dieser Zeit an seine nächsten Verwandten gegen Caution ausgeantwortet wird.

Mallersdorf, den 3 Februar 1840

Königliches Landgericht Pfaffenberg.

Yberle, Landrichter.

[485-87]

Ravensburg.

Verkauf einer Fabrik.

Vermög oberamtsgerichtlichen Auftrags vom 31 Januar d. J. in der Debitsache des W. G. Wagner und Comp. werden folgende Liegenschaften und Fabrikeinrichtungen zum Verkauf ausgesetzt.

Die zum Betrieb einer Seidenspinnerei eingerichtete Fabrik im Oelschwang, hiesiger Gemeinde, eine Viertelstunde von der Stadt entfernt, an dem sogenannten Flattbach gelegen, und bestehend aus: einem zweistöckigen Wohnhaus, gemauert, mit gewölbtem Keller im BVA. 1200 fl.; einem ganz neuen zweistöckigen Fabrikgebäude, unten gemauert, oben geriezelt mit französischem Dachstuhl. BVA, 10,000 fl.; dem gehenden Werke Geisbett, 2 eisernen Wellbäumen; 7 eisernen Kammrädern; 1 hölzernen Tambour und aufrechtem eisernem Wellbaum. BVA. 1900 fl; 3 / 8 M. 11, 7 Rth. Garten beim Haus.

Zur Seidenspinnerei gehören und werden verkauft: Maschinen: 1 großer Wolf; 1 kleiner detto; 2 Streichmaschinen, cylinderartig; 2 Vorkamm-Maschinen an einem Getrieb; 3 Streich - und 1 Lockmaschinen; 1 Drehstuhl sammt Werkzeug; 1 Schneidmesser; 1 Feinspinnmaschine mit 176 Spindeln; 1 detto mit 144; 1 detto zu Flachs - und Seiden brauchbar mit 64 Spindeln; 1 detto noch nicht zusammengesetzt; 1 Vorspinnmaschine mit 144 Spindeln; 1 detto mit 88 Spindeln; 1 Feinspinnmaschine mit 176 Spindeln; 1 Kratztisch; 1 Bandmaschine mit 5 Aufsätzen; 1 Spulmaschine mit 12 Spulen; 1 Auflegtisch mit Zugmaschinen; 1 Stuhl mit 2 Zugmaschinen; 1 detto; 1 Scheer - und Bürstenmaschine; 3 Häspel; 1 Zettelrahm; 2 Webstühle; 2 detto.

Auf den Gebäuden und Gütern haften außer den Steuern keine erheblichen Beschwerden.

Da das Fabrikgebäude mit einer ansehlichen Wasserkraft versehen ist, so würde es sich auch zu einem andern Fabrikbetrieb eignen, wie denn auch ehedem in demselben die Papierfabrication betrieben wurde.

Die Verkaufsverhandlung wird Donnerstag den 5 März, Nachmittags 2 Uhr, auf dem hiesigen Rathhause vorgenommen werden.

Auswärtige, der Verkaufsbehörde unbekannte Kaufslustige haben sich über ihr Prädicat und Vermögen durch obrigkeitliche Zeugnisse auszuweisen.

Den 8 Februar 1840

Stadtrath.

Stadtschultheiß v. Zwerger.

[502-3]

Stuttgart.

Badeanstalt - und Gastwirthschafts-Verkauf.

Durch anderweite Berufsgeschäfte allzusehr in Anspruch genommen, sieht der Besitzer einer Badanstalt und Gastwirthschaft, welche sich in einer kleinen süddeutschen fürstlichen Residenzstadt befinden, jene zu verkaufen sich veranlaßt. Was die Quelle betrifft, so gehört diese zu den reichhaltigsten Schwefelwassern, und ihre wohlthätige Wirkung auf Menschen und Thiere hat die Erfahrung schon zur Genüge bewährt; die Badeinrichtung aber ist neu, nicht minder solid als bequem, und der ebenfalls neue Gasthof, gelegen an einer sehr belebten Hauptstraße, behauptet den ersten Rang in der fraglichen Stadt. Gefordert werden für das Ganze, einschließlich eines einen Morgen haltenden, zum Nutzen und Vergnügen angelegten Gartens, so wie des Wirthschaftsinventariums, 36,000 fl. unter Bewilligung der billigsten Zahlungsbedingungen.

Liebhabern, welche ihre Befähigung zu Eingehung eines solchen Vertrags außer Zweifel setzen, werden wir mit Vergnügen nähere Mittheilungen machen, vorläufig glauben wir übrigens versichern zu müssen, daß nach unserm Dafürhalten ein der Sache gewachsener, dabei thätiger Mann, nicht leicht eine vortheilhaftere Erwerbung, als durch die in Rede stehenden Realitäten machen könnte.

Dibolds öffentliches Bureau.

[596-97]

〈…〉〈…〉Anzeige für Kupferdrucker.

Aus Liebe zur Kunst und durch Erfahrungen belehrt, finde ich mich gegen meine HH. Collegen zur öffentlichen Erklärung veranlaßt, daß die Schwärze aus Baldenecker'scher Fabrik Lit. C. Nr. II. in Frankfurt a. M. im Verhältniß zu andern Fabricaten nicht allein feiner, von schwererem Körper, die Farbe bei den Abdrücken von anhaltender Dauer, sondern auch viel schwärzer gefunden habe.

Frankfurt a. M., August 1839.

Jos. Back, Kupferdrucker.

Nachdem in unserm Beiseyn Abdrücke von Baldenecker'scher Schwärze, so wie auch aus andern Fabriken gemacht worden sind, haben wir uns überzeugt, daß die Baldenecker'sche Fabrik den Vorzug vor allen andern verdient.

C. Müller, Kupferstecher.

C. Gerhardt, Kupferstecher.

[392-94]

Offerte.

Ein Reisender sucht neben seinem Geschäfte sich für alle in die Buchbinderei einschlägigen Artikel zu verwenden; als: Leder, gefärbt oder gepreßt, deßgleichen Papier, Firniß, Fileten, Stempel, Pergament, Capitalbänder u. s. w. Da derselbe die meisten Abnehmer persönlich kennt, so kann er solide und gute Geschäfte versprechen. Anfragen unter der Adresse M. D. frankirt besorgt die Expedition der Allg. Zeitung.

[424-29]

Guts - Verkauf.

Eines der schönsten Güter von circa 800 bayer. Morgen Feld, Wald und Wiesen, ganz arrondirt, in Oberbayern gelegen, ist um 150,000 fl. zu verkaufen.

Die Gründe stehen in höchster Cultur, Schloß - und Oekonomiegebäude etc. lassen nichts zu wünschen übrig. Die Lage ist die anmuthigste, und eignet sich das Ganze vorzüglich zu einer Fideicommiß-Besitzung und zum angenehmen Aufenthalt zu jeder Jahreszeit.

Kaufsliebhaber bittet man, sich ohne Unterhändler in frankirten Briefen an Hrn. Raimund Veit, königl. Professor an der Kreis-Landwirthschafts - und Gewerbsschule in Augsburg zu wenden, der nähere Auskunft geben wird.

[619]

Dienstes-Aufnahme.

Ein Gerichtsdieners-Gehülfe, welcher sich über seine Fähigkeit durch gerichtliche Zeugnisse auszuweisen vermag, kann sogleich in Dienste eintreten.

Wo, sagt die Expedition dieses Blatts.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
Author[unknown]
Extent16 images; 15546 tokens; 5313 types; 109403 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 58. 27. Februar 1840 . Augsburg1840.

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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