PRIMS Full-text transcription (HTML)
0577
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Freitag
Nr. 73.
13 März 1840.

Großbritannien.

In der Oberhaussitzung am 5 März wurden nicht weniger als 203 Petitionen zu Gunsten der bestehenden Korngesetze aus Warwickshire übergeben, zur großen Freude, wie der Sun bemerkt, des Herzogs v. Richmond und anderer die Korngesetze begünstigenden Lords, denen solche Petitionen höchlich willkommen sind, sollten sie auch von ihren eigenen Vasallen (Pächtern) nach ihrer Vorschrift eingeschickt werden. Die Unterhaussitzung begann mit der Uebergabe von Petitionen und mancherlei Ankündigungen. Hr. Fitzroy fragte, wie es komme, daß ein einfacher Brief von Dover nach Calais, oder von Calais nach Dover, 10 Pence (30 kr. ) koste, da doch das Porto von London nach Dover nur 1 Penny betrage. Der Schatzkanzler antwortete, die Regulirung des Briefporto's zwischen den beiden Hafenstädten beruhe auf einem Vertrag mit Frankreich; indeß sey die Angelegenheit der Postverbindung mit dem Ausland, namentlich mit Frankreich, dem Augenmerk der Regierung nicht entgangen, und wenn erst die französische und andere auswärtige Regierungen sich geneigt zeigen würden, das Briefporto ihrer Staaten in Bezug auf England zu ermäßigen, sey Ihrer Maj. Regierung zu entsprechenden Schritten mit Vergnügen bereit. Ihr neuliches Glück in der Frage wegen Hrn. Newports Pension scheint den Tories Muth gegeben zu haben, noch mehr solche Triumphe über das Ministerium zu erkämpfen, und sich dem Lande in dem neuen Lichte von Sparsamkeitsmännern darzustellen. Lord Granville Somerset rügte es nämlich, daß die Minister Hrn. Stevenson der, bei Repartirung der den Sklavenbesitzern in den Colonien unter der Emancipationsacte zuerkannten Entschädigungssumme, als sogenannter Arbitrationscommissär mit 1000 Pf. St. Salar angestellt war, zum Accisecommissär mit 1200 Pf. Gehalt ernannt und ihm dabei das Einkommen jenes Amtes noch über ein volles Jahr belassen haben. Das edle Mitglied beantragte die Vorlegung von Papieren zur Elucidirung dieses abermaligen Whig-Kniffs (job). Hr. Baring gestand die Thatsache zu, bemerkte aber, das Salar jener Arbitrationscommissarien habe von dem Abschluß ihrer Arbeiten abgehangen; Hr. Stevenson habe, als er das Acciseamt bekam, sich erboten, ersteres Commissionsgeschäft unentgeltlich zu vollenden, die Regierung habe ihn aber wegen seines Fleißes und der Tüchtigkeit seiner Leistungen würdig gefunden, jenen Gehalt mit fortzubeziehen. Zugleich erinnerte der Finanzminister an mehrere unter Tory-Administrationen vorgekommene Fälle, wo Accisecommissarien nebenbei noch andere lucrative Stellen bekleideten. Hr. Goulbourn entgegnete, diese Recrimination, daß die Tories Aehnliches gethan, sey keine Rechtfertigung für die Whigs; ein Unrecht entschuldige das andere nicht. Auch Hr. Hume fand dieses Iliacos intra muros peccatur et extra nicht genügend, und schloß sich dem Antrag auf Vorlegung der betreffenden Papiere an. Zugleich war er der Meinung, daß von den jetzigen Accisecommissären vier, von den Mauthcommissären sechs überflüssig seyen. Auch seyen diese Schreiber viel zu hoch besoldet, hohe Gehalte aber für geringe Amtspflichten hätten in der Regel nur die Folge, daß gar nichts dafür gethan werde. Nachdem Lord J. Russell den Mauth - und Accisebeamten bezeugt, daß sie in übergroßem Amtseifer nicht selten ihre Gesundheit aufs Spiel setzten ein Zeugniß, das einiges ungläubige Lachen erregte wurde die Mittheilung der verlangten Documente zugesagt. Hr. Ewart entwickelte nun in einer gewandten Rede seine Motion auf gänzliche Abschaffung der Todesstrafe. Er führte die bekannten Argumente für diese humane Ansicht an, besonders, vom Standpunkte der Abschreckungstheorie ausgehend, den Satz, daß, wie die Erfahrung lehre, die Hinrichtung eines Verbrechers die Verübung des Verbrechens, für das derselbe mit dem Leben büßte, nicht verhindere oder wie Hr. Ewart sich etwas stark ausdrückte, daß die Begehung eines Verbrechens von Seite des Staats den Verbrechen der Staatsindividuen nicht vorbaue, daß vielmehr der Justizmord mittelst des Galgens in seinen Folgen gerade so unheilvoll sey, wie irgend eine andere Art von Mord. Er wies darauf hin, daß in England die Verbrechen sich wirklich in dem Maße vermindert, als die Criminalstrafen gemildert und namentlich die Capitalstrafen auf wenigere Fälle beschränkt worden seyen, und schloß mit Beantragung der Resolution, es sey rathsam, die Todesstrafe ganz und gar aufzuheben. Lord J. Russell bestritt den Vorschlag, zunächst wegen der Form, worin er gemacht worden; Hr. Ewart, meinte er, hätte lieber auf Ermächtigung zur Einbringung einer Bill antragen sollen, dann hätte die Frage sich freier discutiren lassen. Zugleich argumentirte der Minister gegen das Princip der Motion. Wenn, bemerkte er unter Anderm, wenn die Aufhebung der Todesstrafe für Schafdiebstahl0578 zur Verminderung dieses Verbrechens beigetragen habe, so folge daraus noch nicht, daß dieselbe Maaßregel beim Verbrechen des Mords die gleiche Wirkung haben würde. Hier bethätige sich vielmehr die Todesstrafe als ein wirksames Abschreckungsmittel, und empöre bei einer so gräßlichen Unthat, wie z. B. Greenacre's vor einigen Jahren, das öffentliche Gefühl keineswegs. Sir Stephan Lushington, der angesehene whiggische Rechtsgelehrte, trat auf die Seite des Antragstellers, und rieth Hrn. Ewart, zur Beseitigung des technischen Anstands möge er seine jetzige Motion zurücknehmen, um dann auf die Erlaubniß zur Einbringung einer Bill anzutragen. Nach längerer Debatte, in welcher namentlich Hr. O'Connell mit Wärme für, der hochkirchlich strenge Sir R. Inglis, vom biblischen Standpunkt, gegen die Motion sprach, wurde diese mit 161 gegen 90 Stimmen verworfen, so daß also, bemerkt ein Blatt mit Anspielung auf eine Stelle des Tristram Shandy, die Engländer ihre Langweile noch länger weg hängen (hang away) dürfen. Schließlich erörterte Lord J. Russell Plan und Tendenz seiner angekündigten Bill, welche den Druckern parlamentarischer Papiere summarischen Schutz verschaffen soll. Der Hauptpunkt derselben ist: bei jeder Publication, die das Parlament anordnet, soll im Oberhaus der Lordkanzler, im Unterhaus der Sprecher dem Drucker ein eigenes Certificat ausstellen, daß die betreffende Veröffentlichung auf Befehl und Autorität des Hauses erfolgt sey; die Vorzeigung dieses Certificats soll dann in jedem Gerichtshof genügen, eine etwaige Libellklage gegen den Drucker sogleich zu sistiren. Dabei soll dann allerdings, ohne das Recht der Publication zu beschränken, darüber gewacht werden, daß in die zu druckenden Parlamentspapiere so wenig als möglich libellischer Stoff, d. h. für Individuen Verletzendes mit einfließe. Die Verhandlungen über diese Bill kamen am 5 März nicht zu Ende, und wurden am 6 fortgesetzt. Bemerkenswerth ist, daß, während Lord Stanley die Maaßregel unterstützte, der neue Solicitor-General, Sir Thomas Wilde, aus juristischen Gründen sich entschieden gegen dieselbe erklärte.

Die Mäßigkeitsvereine in Irland, unter Leitung des Dominicanermönchs Mathew, nehmen einen so erstaunlichen Fortgang, daß man bloß in dem Bezirk von Cork im letzten Vierteljahr durch die Minderconsumtion von geistigen Getränken einen Acciseausfall von 23,000 Pf. St. verspürte. In Kendal (Westmoreland) hat sich eine Gesellschaft gänzlicher Enthaltsamkeit vom Schnupf - und Rauchtabak gebildet.

Am 2 März hielten die Actionnäre des Themse-Tunnels ihre jährliche Versammlung, in welcher über den Fortgang und die Kosten des riesenhaften Werkes Bericht erstattet wurde. Der Bau wurde vor fünfzehn Jahren begonnen, und die bisherigen Kosten betragen 363,000 Pf. St. Der Ingenieur, Hr. Brunel, versichert, das ganze Werk werde bei seiner, wohl im Laufe des Jahrs 1841 zu erwartenden Vollendung, unter 500,000 Pf. zu stehen kommen, während z. B. die Waterloo-Brücke beinahe 1,200,000 Pf. gekostet hat. Im Jahre 1836 wurden an dem Schacht 117, im Jahr 1837 nur 28, im Jahr 1838 80, im vorigen Jahr 194, und seit Anfang dieses Jahrs bereits 76 Fuß fertig. Im Jahr 1839 haben den Tunnel 34,000 Personen besucht, was 1572 Pf. St. eintrug. Im vorigen Jahr wurde die Gesellschaft aus der Staatscasse durch ein Darlehen von 40,000 Pf. St. unterstützt. Hrn. Brunel wurden die schmeichelhaftesten Aeußerungen des Vertrauens zu Theil.

Frankreich.

(Sonntag.)

Die Presse erhebt gegen Hrn. Thiers die Beschuldigung, daß er das schwarze Cabinet hergestellt habe.

Die Commission der Deputirtenkammer für die Zuckerfrage hat sich schon seit mehrern Tagen nicht mehr versammelt. Sie erwartet Erklärungen von Seite des Ministeriums, wozu aber dieses noch nicht bereit seyn soll.

In der Sitzung der Deputirtenkammer am 7 März brachte der Justizminister einen Entwurf zu einem Zuschußcredit von 650,000 Fr. für Militärpensionen ein. Hierauf erhielt Hr. Dugabé das Wort für seine Interpellation wegen der Unruhen in der Arriége. Er bezog sich auf das eben gefällte Urtheil der Justizbehörde in dieser Sache, und hält es für angemessen, daß das Land von der Tribune aus erfahre, auf wen die Verantwortlichkeit jener bedauernswerthen Ereignisse zurückfalle. Er wolle ohne Leidenschaft in die Prüfung der Thatsache eingehen (Murren), und sich gemäßigt zeigen (stärkeres Murren. Unterbrechung). Er müsse sich wundern, daß seine Mäßigung Murren erwecke. (Gelächter. Sprechen Sie!) Er werde um so gemäßigter seyn, je weniger sich die Behörde gemäßigt gezeigt habe. Die Unordnungen seyen allgemein bekannt. Man habe den Bauern des Departements der Arriége eine Abgabe aufgelegt. (Murren, Reclamationen.) Eine Stimme: Sagen Sie auf das Vieh! Hr. Dugabé: Man habe gesagt, die Bevölkerung sey zuvor davon in Kenntniß gesetzt worden; er wolle dieß glauben, inzwischen habe die erste Erhebung eine heftige Collision hervorgebracht ... Der Minister des Innern verlangt das Wort. Hr. Dugabé fährt in Erzählung der bekannten Vorfälle fort, und sucht dann zu beweisen, daß die Behörde sich in ihrem Betragen höchst unklug gezeigt habe. Er wundert sich, wie das Ministerium in den Journalen dem Präfecten hätte Lob spenden können. Dieß sey ein schlechtes Beispiel. Bei näherer Untersuchung sey dessen Betragen indirect getadelt worden. Die ihm ertheilten Lobsprüche seyen unmoralisch, ungerecht, unüberlegt gewesen etc. Der Minister des Innern (Remusat) antwortet, die Verwaltung habe kein Interesse, die Erörterung zu vermeiden. Die Regierung habe der Ordnung Achtung zu verschaffen. Leider beschuldige man die Regierung in neuerer Zeit, wenn sie in dieser Pflicht scheitere, der Schwäche; wenn sie sich fest und energisch zeige, so nenne man dieß übertriebene Strenge. Er wolle nicht Alles rechtfertigen; die Verwaltung sage ihren Beamten ihre ganze Ansicht, aber er werde von der Tribune aus keinen Tadel vernehmen lassen, da einmal die Gesetze in ihrer Vollziehung gehemmt gewesen seyen. Der Minister geht sodann in die Details ein, wobei er öfters durch Beifallsäußerungen der Kammer unterbrochen wird. Hr. Duchatel, vormaliger Minister, vertheidigt die Verwaltung gegen die ihr aufgebürdeten Anschuldigungen. Die Vertheidigung des Präfecten sey gesetzmäßig gewesen. Ob er denn, nachdem er verwundet worden, hätte zuwarten sollen, bis er auf den Boden niedergesunken wäre? So lange nicht das Gegentheil bewiesen sey, müsse die Präsumtion für die Behörde bleiben, vorzüglich wenn sie auf dem Boden des Gesetzes stehe. (Ja! Ja!) Nach einiger Unterbrechung der Sitzung besteigt Hr. Garnier Pagès die Tribune. Der Minister des Innern, sagt er, scheint die Politik andeuten zu wollen, die das Cabinet zu befolgen gedenkt. Ich will das Princip der Regierung, mit Festigkeit zu handeln, nicht tadeln, aber die Festigkeit muß den Umständen angemessen seyn; auch in der Kraftanwendung muß Mäßigung liegen. Die Vorfälle in der Sarthe sind tadelnswürdiger gewesen, als die in der Arriége; die Assisen haben die erstern verurtheilt. Inzwischen ward der Präfect, der Blut vergossen, gelobt, derjenige aber, der es geschont, abgesetzt. Dieses Betragen ist befremdlich, und ich mache die Kammer darauf aufmerksam, weil es die Folge der Regierungsmaximen einer andern Zeit ist. Man scheint0579 nun wiederholt proclamiren zu wollen, daß keine Regierung ohne Mißbrauch der Gewalt existiren könne. (Heftiges Murren. Zur Abstimmung!) Hr. Teste erhebt sich mit großem Aufwand von Beredsamkeit gegen Lehren, die man ihm zuschieben wolle; er erhält dabei vielfache Aeußerungen des Beifalls von Seite der Kammer. Eine blutige bloß örtliche Repression, sagt er, ist besser als die Einführung der Anarchie in die Gesellschaft. (Sehr gut!) Diese Erläuterungen mögen um so mehr genügen, als der Einfluß der Justiz nicht wenig zur Herstellung der Ruhe im Departement der Sarthe beigetragen hat. Hr. Dugabé wollte repliciren, die Unruhe der Kammer und das Geschrei des Centrums ließ ihn aber nicht mehr zum Wort kommen. Er kehrte auf seinen Platz mit der Erklärung zurück, er habe dieß erwartet; man sehe aber jetzt, wenn man Unglückliche vertheidigen wolle .... Neuer Lärm und Ruf zur Ordnung. Hr. Dupin suchte ihm noch einmal das Wort zu verschaffen. Hr. Dugabé gab darauf noch eine kurze Erklärung dahin, wenn eine Bevölkerung sich beklage, so müsse man fest und würdig zugleich sprechen, so daß die Gemüther dadurch versöhnt würden. Dieß sey nicht geschehen, und ihm könne es genügen, der Kammer und dem Lande die Thatsachen vorgelegt zu haben. Marschall Clauzel fragt, ob alle Verwundeten oder Getödeten von Foix an der Insurrection gegen den Präfecten Theil genommen hätten. Hr. Thiers erklärt, daß sich unmöglich darauf antworten lasse, da selbst die Justiz keine hinreichenden Anzeigen habe ausfinden können. Er und der Minister des Innern hätten die Sache mit um so größerer Unbefangenheit untersucht, als die Thatsachen sich an die vorherige Administration knüpften. In dem Augenblick, wo sich die Behörde der Emeute gegenüber gesehen, habe sie nicht bewaffnete Macht genug gehabt, den Ausbruch und den Zusammenstoß zu verhindern. Nachdem aber dieser Zusammenstoß einmal erfolgt gewesen, habe der Präfect nicht nachgeben können, und das Ministerium dürfe nicht auf der Tribune einen Beamten tadeln, der bis aufs Aeußerste das Gesetz aufrecht erhalten habe. Marschall Clauzel bemerkt, es bleibe in jedem Fall wahr, daß Greise und Kinder getroffen worden seyen. Hr. Dupin erwiedert, dieß sey allerdings ein großes Unglück, aber es sey unvermeidlich. Es habe eine Emeute stattgefunden, das Gesetz sey vollzogen worden, und man habe wohl daran gethan. Darauf ward von der Kammer fast mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, zur Tagesordnung überzugehen.

Von den Journalurtheilen über die obige Kammersitzung ist das des Courrier français bemerkenswerth: Wir bedauern, sagt dieses Blatt, daß Hr. Dugabé, der die Debatte mit einer sehr gemäßigten Darstellung der Vorgänge in Foix begonnen, nicht eingesehen hat, daß man nach der Rede des Hrn. v. Remusat die Sache nicht weiter treiben dürfe, denn man hatte Alles erlangt, was das Ministerium, wenn es seine Pflicht berücksichtigte, zugestehen konnte. Zum erstenmal seit drei Jahren hat das Ministerium die Wahrheit gesagt, und nur an das Rechtsgefühl der Kammer sich gewendet. Die Kälte, mit welcher die Worte der HH. Thiers und Remusat vom Centrum aufgenommen worden, mag zum Beweis dienen, wie sehr dieser Theil der Kammer das Gefühl dessen, was gerecht und gut ist, verloren hat.

Die Gazette de France bemerkt zu dieser Schutznahme des Ministeriums von Seite des Courrier: Wenn auch der Courrier nicht ganz ministeriell der Theorie nach ist, so gleicht sein praktischer Ministerialismus doch dem, welchen das Journal des Débats in seinen schönsten Tagen gezeigt hat. Wenn man dem Courrier glauben darf, so war es seit drei Jahren das erstemal, daß die Regierung Recht hatte, das heißt so viel, als es war das erstemal, daß die Linke ihr Recht gab.

(Temps.) Das letzte Paketboot der Levante hat uns Nachrichten von unserm Botschafter in Persien bis zum 10 Jan. gebracht. Graf v. Sercey befand sich damals in Bajazid, und sollte in einigen Tagen das persische Gebiet betreten. Große Schwierigkeiten mußte er überwinden, um die letzten Gebirge zu übersteigen, die ihn noch von Persien trennten; es gelang ihm dieß ohne Unfall. Während seiner Reise durch das Paschalik von Erzerum wurden ihm von Seite der türkischen Regierung alle möglichen Aufmerksamkeiten erwiesen. Hafis Pascha nahm die Gesandtschaft mit wahrhaft fürstlicher Gastlichkeit auf, und unsre Landsleute können nicht Worte genug finden, die Freundlichkeit und den Edelmuth des Pascha's zu loben. Eine starke persische Escorte erwartete den Grafen v. Sercey an der Gränze. Man hat allen Grund zu hoffen, daß die Gesandtschaft ohne weitere Unfälle ihr Ziel erreichen werde.

Der achtbare, jetzt zum Minister gewordene Hr. Jaubert hat vor 14 Tagen in der Kammer einen Gegenstand zur Sprache gebracht, der einen auffallenden Beweis liefert, wie sehr man über den Kammerstreitigkeiten die besten Interessen des Landes vergißt. Frankreich hat seit den Jahren 1820 ein ganzes Canalsystem hergestellt, das aber zur Zeit einen dem Aufwand (6 bis 700 Millionen) nur wenig entsprechenden Nutzen gewährt, weil die Canäle noch nicht beendigt, oder weil die Canalzölle zu hoch angesetzt sind, oder wegen mangelhafter Einrichtung bei den Schleußen etc. Im J. 1838 ward eine Commission niedergesetzt, welche Vorschläge machen sollte, wie diesen Uebelständen abzuhelfen sey. Die Commission hat seit jener Zeit Sitzungen gehalten, ist aber noch nicht zur Berichterstattung gekommen, und durch die Ministerialveränderung sind nun ihre Arbeiten aufs neue unterbrochen worden. Canäle, welche nach Verfluß von acht Jahren nach dem Beginn des Baues hätten fertig seyn sollen, befinden sich nach siebzehn Jahren noch in einem unbrauchbaren Zustand, wie z. B. der Canal von Berry. Im Ganzen ist die Administration immer um acht bis zehn Jahre mit ihren Versprechungen im Rückstand geblieben. Man schätzt die Gesammtlänge der bereits zum Gebrauch eröffneten Canäle auf 600 Lieues. Davon haben aber viele nicht die Hälfte oder den dritten Theil des erforderlichen Wassers. Bei andern fehlen noch die Ziehpferde oder die Communicationsmittel mit den Flößen und Städten, die sie in Verbindung setzen sollen. Die Canalzolltarife sind über alles Verhältniß hoch, und bei den verschiedenen Zollsätzen sind die gemeinsten Rücksichten der Klugheit und der Finanz außer Acht gelassen worden; insbesondere sind Steinkohlen, Salz, Bau - und Brennholz so unvernünftig hoch taxirt, daß es zum Theil unmöglich ist, diese Artikel darauf zu transportiren. Bekanntlich fallen in den ersten Zeiten nach Erbauung eines Canals häufig Reparaturen vor; das Werk gewinnt erst mit der Zeit Festigkeit. Nun sind aber der Förmlichkeiten bei der Staatsadministration so viele und der Geschäftsgang ist so schleppend, daß man die Durchbrüche erst recht groß werden läßt, bevor man dazu kommt, ihnen Einhalt zu thun. Die Einrichtung bei den Schleußen ist unter aller Kritik schlecht; die Durchgänge, welche nach der Berechnung in fünf Minuten statt haben sollten, nehmen in der Regel Stunden, ja wenn mehrere Fahrzeuge zusammen kommen, ganze Tage in Anspruch. Man scheint in Frankreich noch gar nicht zu wissen, daß in England und Nordamerika der Durchgang bei den Schleußen auch in der Nachtzeit fortgesetzt wird. Der Plan des Hrn. Jaubert geht nun dahin, die Cenäle auf 68 Jahre zu verpachten. Der Staat sollte die zu ihrer Vollendung erforderlichen0580 Fonds denjenigen Compagnien, welche die Canäle pachten, vorschießen, und diese sollten die Verpflichtung übernehmen, die Werke im Lauf von zwei Jahren in vollkommen brauchbaren Stand zu setzen.

Wie der Carneval, so sein Ende ungezähmter Muthwillen, reges Durcheinander, greller Jubel, aber ohne Volkshumor im Großen, ohne jenen Abglanz von Seele, der das Kennzeichen ächten Frohsinns ist. Wohl spielt der Carneval hier noch stark in die Fastenzeit hinein, aber der Charakter des Lebens wird stiller und gewöhnlicher, die Feste vereinzeln, zerstreuen sich, und die Masse der Bevölkerung gewinnt ihre arbeitsame Ruhe wieder. Je näher daher Fastnacht kömmt, desto stärker wird Taumel und Getümmel, desto verzerrter bilden sich die Larven, desto mehr häufen sich die Bälle, desto ermüdeter sehen vornehme, desto zerstörter gemeine Frauen aus. Vom Sonntag an wird die Trunkenheit allgemein: ganz Paris fliegt zu müßigem Schwärmen aus; einige Stadttheile sind natürlich daher verödet, in andern wogt ohne Unterlaß der Strom; Paris, sonst bald nach Mitternacht so stumm, so einsam und unheimlich, ist von Kutschengerassel und geschwätzigem Volk fort und fort belebt, bis am Morgen das alltägliche Geräusch von neuem beginnt. Der Haupttag aber ist der mardi gras. Von der Mitte des Morgens an sind in den Straßen, durch die der gefeierte Fastnachtochs, der Löwe des Festes, ziehen soll, Gehege von wartenden Zuschauern entstanden. Masken zu Fuß, Masken zu Pferd, Banden von Masken in großen Wagen, erscheinen allenthalben; barbarische Musik, so regellos wie das Schauspiel selber, dem sie dient, belästigt da und dort das Ohr; verkleidete Kinder ahmen das Treiben der Erwachsenen nach; denn nicht genug, daß uns die Natur schon den Affen so ähnlich macht, erzieht man uns noch dazu. Der Gamin endlich, der nirgends fehlt, ist auch hier allgegenwärtig. Seine scheckige Toilette dient ihm als Maske, als Larve sein durchtriebenes Gesicht. Er mustert Alles mit geübtem Auge, und verfolgt jede Thorheit mit behendem Witz. Die Könige haben ihre Narren noch, denn König ist hier das Volk, und der Gamin ist sein Narr. Diese verschiedenen Phänomene fließen nun auf den Boulevards mit der zahllosen Menschenmenge in ein fluthendes Chaos zusammen, in dessen Mitte die hohe Welt spazieren fährt, und bald eine bleichgetanzte Schönheit, bald eine Truppe festentsprechend geputzter Kinder, den Tausenden, die da gaffen, zur Schau stellt. Von einem Höhepunkte der langen Allee betrachtet, gewährt das unübersehbare Gewühl einen eben so großartigen als beruhigenden Anblick; alle Stände, jedes Alter, Männer und Frauen, zwei - und vierbeinige Geschöpfe bewegen sich hier in dichtestem Gewirre, und Alles geht so friedlich, so in Ordnung ab, kein ungehöriger Vorfall stört die allgemeine Freude. Die Franzosen sind doch kein so unlenksames Volk! Weniger gesittet, als auf den Boulevard geht es an der Courtille her; tugendsame Seufzer wären hier jedoch am unrechten Orte; der Pöbel will Pöbel seyn, das muß man ihm nicht verargen, er hält auf Consequenz; gemein, wie seine Arbeit, will er seine Genüsse haben. Schwer läßt sich ihm befehlen, seine Tänze sollen edler seyn, als der dicke, dunkle, herbe Wein, der ihn berauscht. Die Fabrikstube ist sein Salon, die Lieder der Barrière sind seine Classiker. Wie also soll er wohlerzogen seyn in Sprache und Manieren? Er gibt ja nur das Leben wieder, das er führt, und folgt der Natur, die er ißt und trinkt. Warum daher zürnen und zettern, wenn er in seiner Begeisterung einem Stuhl das Bein bricht, und mit revolutionärer Hand den gefüllten Tisch umstößt? Ein Vergnügen löst das andere ab: nach dem Carneval daher die Kunst. Schon stimmen allwärts die Concerte ihre Instrumente, und seit gestern steht der Salon dem neugierigen Pilger offen. Eine Musterung der ausgestellten Gemälde am Eröffnungstage, in einem Gedränge, das jedes gehörige Anschauen verhindert, kann bei der größten Achtsamkeit weder vollständig, noch im Einzelnen gewissenhaft, noch ruhig genug seyn, um ein Urtheil zu erlauben. Dem ersten, flüchtigen Eindrucke nach macht sich völlig Schlechtes eben so wenig als Ausgezeichnetes sehr bemerkbar. Vor zwei Jahren herrschte das Häßliche und Abstoßende stark vor, im vorigen Jahre bat das Uebergewicht des Vortrefflichen für das Geringere mit Erfolg um Gnade; der dießjährige Salon trägt, wenn uns die erste Uebersicht nicht trügt, das Gepräge des Mittelmäßigen. Die Zeichnungen und Stiche nehmen einen großen Raum ein; im Genrefach ward, namentlich von Deutschen und flämischen Künstlern, manches Ansprechende gebracht. Der berühmte Seemaler Isabei gab eine höchst getreue Copie des Hafens von Marseille; an lobenswerthen Landschaften fehlt es nicht, und die Annalen des Kaiserreichs wurden von Schlachtenmalern nicht sehr zum Frommen der Kunst, doch zur großen Zufriedenheit des patriotischen Publicums fleißig ausgebeutet.

Italien.

Se. Maj. der König scheint seine Reise nach Wien auf unbestimmte Zeit verschoben zu haben; es heißt jetzt, daß er vorher noch nach Sicilien gehe. Die Ursache, warum der Prinz von Capua nicht zurückkehrt, ist, weil Se. Maj. der Gemahlin des Prinzen den Zutritt bei Hofe nicht gestatten will, in welchem Punkt der Prinz nicht nachzugehen gesonnen scheint. Die hier anwesenden sowohl zahlreichen als reichen Engländer, worunter unter Andern auch Lord Manchester, gaben neulich Sr. Maj. und der königlichen Familie in dem Palast Acton ein glänzendes Ballfest, zu welchem das diplomatische Corps so wie der hohe Adel geladen waren. Im Allgemeinen aber ist der Carneval wenig belebt; die Zahl der Masken auf dem Corso nimmt mit jedem Jahre ab, und bei der seit acht Tagen hier herrschenden, für diesen Himmelsstrich sehr kalten Witterung (der Thermometer fällt zuweilen bis auf einen Grad unter Null) haben sich auch bedeutend weniger Fußgänger, Wagen und Zuschauer auf den Balconen eingestellt. Charaktermasken sind ganz verschwunden, und selbst die Festini in San Carlo sind nichts Anderes als bals parés, auf denen Niemand tanzt; mit Ausnahme des letzten waren sie auch nur wenig besucht. Se. Maj. ging in Begleitung eines Kammerherrn mehrere Stunden lang im Saale umher, und unterhielt sich viel theils mit Fremden, theils mit Neapolitanern, für die es etwas Seltenes ist, mit ihrem Monarchen in so genaue Berührung zu kommen, da die spanische Etiquette nicht erlaubt, daß der König z. B. zu Fuß durch die Straßen geht. Die königlichen Prinzen fangen jedoch bei ihrem ohnehin sehr einfachen und leutseligen Wesen an, diese Sitte nicht mehr zu beobachten, was dem Volke sehr gefällt.

Sie wissen bereits, daß der Herzog von Bordeaux durch Vermittlung des hiesigen russischen Gesandten an den Kaiser Nikolaus die Bitte gelangen ließ, seinen künftigen Aufenthalt in den russischen Staaten nehmen zu dürfen. Die darauf erfolgte Antwort des Kaisers war in sehr gnädigen Ausdrücken abgefaßt, und dem Herzog darin die Erlaubniß ertheilt, sich jeden beliebigen Ort in dem russischen Kaiserstaat zu wählen, mit einziger Ausnahme St. Petersburgs, welches als Hauptstadt für den bleibenden Aufenthalt des Herzogs sich nicht eignen könne. Durch diese Communicationen und hauptsächlich durch die zuvorkommende Behandlung,0581 die dem Herzog von Seite Rußlands und der hiesigen russischen Gesandtschaft zu Theil ward, glaubte sich Graf Latour-Maubourg als Repräsentant Frankreichs verletzt, und es entstand daraus ein mehr als gespanntes Verhältniß zwischen ihm und Hrn. v. Potemkin. Als aber das Benehmen des französischen Botschafters hinsichtlich des Herzogs von Bordeaux von der Regierung zu Paris in seinem ganzen Umfange mißbilligt wurde, glaubte Hr. v. Latour-Maubourg sich dem russischen Repräsentanten wieder nähern und die frühern Beziehungen wieder herstellen zu müssen. Hr. v. Potemkin leistete den Wünschen des Grafen bereitwillige Folge, und erschien auch auf dem letzten Ball des französischen Gesandten mit allen Personen seiner Gesandtschaft.

Deutschland.

Die Kammer der Abgeordneten hat heute die von der Regierung vorgelegten Nachweisungen über den Stand der Staatsschuld in Berathung genommen. Hr. Bestelmeyer, Hauptreferent über die Verwaltungsnachweise der Staatsschuldentilgungsanstalt, hatte in seinem Vortrage bereits begutachtet, daß den vorgelegten Rechnungen für die Jahre 1835 / 38 die Anerkennung zu ertheilen sey. Die Kammer trat diesem Vorschlag *)*)Inclusive des Vorschlags von Seite des Specialreferenten, Hrn. Frhrn. v. Fraunhofen, auf Anerkennung der erfolgten neuen Einweisungen an der Staatsschuld aus ältern Rechtstiteln in dieser Periode. ohne besondere Debatte bei. Ueber diese Rechnungen hatte Hr. v. Maffei als ständischer Commissär bei der Staatsschuldentilgungsanstalt unterm 10 Januar d. J. der Kammer den Rechenschaftsbericht vorgelegt. Aus diesem Bericht ergibt sich mit Beziehung auf den ministeriellen Vortrag in demselben Betreff Folgendes: Diese Anstalt zerfällt in drei, resp. vier Branchen, nämlich 1) in die Zins - und Tilgungscasse; 2) in die Pensionsamortisations - und 3) in die Festungsbaudotationscasse. Zu 1. a) Zinscasse: diese hatte budgetmäßig in den Jahren 1835 / 38 zu empfangen: 13,411,631 fl. 20 1 / 2 kr. Der Bedarf dieser Casse während dieser Periode war jedoch nur 13,093,643 fl. 24 1 / 4 kr., während der wirkliche Anfall aus den dieser Casse zugewiesenen Malzaufschlagsgefällen 15,857,557 fl. 4 1 / 2 kr. betrug, so daß sich am Ende der Periode 1835 / 38 ein Ueberschuß von 2,763,913 fl. 40 1 / 4 kr. ergab, wovon 2,695,127 fl. 48 1 / 4 kr. dem Tilgungsfonds zugewiesen wurden. Während die Zinsenschuldigkeit auf das Jahr 1835 / 36 mit 4,927,799 fl. 37 3 / 8 kr. übergegangen war, betrug sie am Schlusse des Jahres 1837 / 38 nur noch 4,791,487 fl. 29 kr., und war sonach theils durch Tilgung, theils durch Zinsenreduction um 136,312 fl. 8 3 / 8 kr. abgemindert. b) Tilgungscasse. Dem oben bemerkten Tilgungsfonds wurden für das Jahr 1835 / 36 von der Staatscasse aus den Stempelgefällen 94,653 fl. 37 kr. und überdieß der Activrest der Zinscasse vom Jahr 1836 / 37 von 68,785 fl. 51 3 / 4 kr. zugeschlagen, so daß sich hiernach ein Tilgungsfonds von 2,858,567 fl. 17 kr. entziffert. Mit diesem wurde die am 1 Oct. 1835 bestehende Staatsschuld von 130,860,547 fl. 17 5 / 8 kr. um 2,863,822 fl. 49 5 / 8 kr. vermindert, welche Verminderung noch um 39,305 fl. 42 kr. größer seyn würde, wenn nicht im Verlauf dieser Periode neue Schuldeinweisungen um den angegebenen Betrag stattgefunden hätten. Zu 2. Pensionsamortisationscasse. Dem Bestreben, den laufenden Dienst (fährt v. Maffei in seinem Bericht fort) fester zu regeln und bestimmte Ordnung im Staatshaushalt zu erzielen, verdankte dieses Institut im Jahr 1819 sein Entstehen. Man erkannte das Zweckgemäße solcher Absonderung älterer Verbindlichkeits-Reichnisse von dem ordentlichen Bedarf der einzelnen Finanzcassen, und schied eine bestimmte Summe aus; sie entzifferte sich in den Jahren 1825 und 1831 auf 5,584,862 fl. 4 1 / 2 kr. Sie verminderte sich in der Zwischenzeit so, daß die Casse am Ende des Jahres 1835 / 36 an Pensionen noch 2,686,546 fl. 38 kr., am Jahresende 1836 / 37 noch 2,460,081 fl. 54 1 / 2 kr., und 1837 / 38 nur noch 2,302,251 fl. 45 1 / 4 kr. zu entrichten hatte. Der Heimfall gegen die ursprünglich überwiesene Summe zeigt hiernach den Betrag von 3,282,610 fl. 19 1 / 4 kr. Zu 3. Festungsbaudotationscasse. Nach dem Gesetz von 1834 in diesem Betreff wurde bis zum Maximalbetrage von 18,310,000 fl. eine jährliche Dotation von 800,000 fl. für die Wiederherstellung der Festung Ingolstadt zur Disposition gestellt. Diese Casse hatte zwar in den ersten Jahren die zugewiesene Summe nicht verausgabt, indeß bestehen seit 1837 keine Ueberschüsse mehr, indem der Festungsbau sofort die ganze Einnahme sammt dem seit 1835 erwachsenen Activrest und einem unverzinslichen Staatsvorlehen von 474,797 fl. 47 5 / 8 kr. im Gesammtbetrage zu 3,771,848 fl. absorbirte. Nach dieser übersichtlichen Darstellung zeigte Hr. v. Maffei am Schlusse seines Berichtes der Kammer an, daß die im Jahr 1837 durch gemeinschaftlichen Beschluß beider Kammern beanstandete Abschreibung der als uneinbringlich angesehenen Activforderungen des Staats von Seite der k. Regierung zurückgenommen wurde, und die Einstellung in der frühern Weise und geeigneten Orts abermals erfolgte. Weiter bemerkt er: dagegen hatte sich ein anderer Gesammtbeschluß der Stände bezüglich der unverzinslichen Ueberlassung der französischen Defensionsgelder nicht gleich günstiger Berücksichtigung zu erfreuen, indem jene Gelder abermals mit 4 Procent Verzinsung in der Rechnung vorgetragen wurden. Die ständischen Commissäre erachteten sich deßhalb für verpflichtet, Verwahrung hiegegen einzulegen. Der vierte Ausschuß legte auf Gutachten seines Specialreferenten über diesen Bericht, Abg. Fischer, der Kammer folgenden Antrag vor: der im Jahr 1837 von beiden Kammern beanstandeten Verzinsung der Defensionsgelder, wogegen durch den Landtagsabschied vom 17 Nov. 1837 Verwahrung eingelegt wurde, soll zur Sicherung der ständischen Rechte nach §. 11 Tit. VII der Verfassungsurkunde nachträglich die Zustimmung ertheilt werden, jedoch unter Verwahrung gegen jede ähnliche Uebernahme von Zinsen oder Capitalszinsen für die Zukunft, ohne vorhergegangene ständische Zustimmung. Hiezu übergab heute Graf v. Buttler die Modification, daß nach den Worten die Zustimmung der Stände nachträglich beigesetzt werde unter der bestimmten Voraussetzung, daß an die Defensionsgelder überhaupt ganz und gar keine Verbindlichkeiten, noch auch Haftungsverpflichtungen für die in den Bereich der ständischen Wirksamkeit fallenden k. Staatscassen sich knüpften. Die Kammer erklärte sich für den Antrag des Ausschusses mit dieser Modification. Gleichmäßig nahm sie den von dem Specialreferenten Frhrn. v. Schäzler begutachteten und vom vierten Ausschuß sich angeeigneten Antrag an, welcher dahin geht: den Einweisungen an der Staatsschuld a) wegen Entschädigung für eingelöste gutsherrliche Gerichtsbarkeiten, b) wegen Einweisung früher ungeeignet geschehener Abschreibungen, und c) wegen Nachholung und Rechnungsberichtigungen sey die Zustimmung zu ertheilen. Der weitere Antrag, dem ständischen Commissär Hrn. v. Maffei für seine Mitwirkungen, und für die mit großer Gewissenhaftigkeit so wie Aufopferung an Zeit und Kräften geleisteten ausgezeichneten Dienste den Dank der Kammer durch Niederlegung ins Protokoll zu erkennen zu geben , wurde mit Acclamation angenommen. Endlich stimmte die Kammer auch dem Wunsche des Specialreferenten Frhrn. v. Schäzler, den sich der vierte Ausschuß gleichfalls angeeignet0582 hatte, bei; dieser lautet: Es möge Se. Majestät der König ehrerbietigst gebeten werden, zu befehlen, daß jede Specialcasse die Umwandlung der ihr vorgelegten Obligationen, wenn selbige auch auf eine andere Casse lauten, zu besorgen gehalten sey.

Während heute der Eisenbahnverein für Allgäu und Bodensee Generalversammlung der Interessenten in Wangen hält, bildet dieser Gegenstand im Allgemeinen bei uns das Tagsgespräch, und es mangelt nicht an Stimmen, welche sich gegen das Unternehmen aussprechen. Des Terrains kundige Techniker versichern, daß die Ausführung einer Eisenbahn von Langenargen am Bodensee durch das Argen - und Illerthal nach Ulm bedeutenderen Schwierigkeiten unterliege, als es den Anschein habe. Bei der vorgezeichneten Richtung der Bahn würden überdieß die beträchtlichern Städte Oberschwabens, Ravensburg und Biberach, umgangen. Die projectirte Bahn würde, die Iller überschreitend, auf bayerisches Gebiet sich wenden und daselbst bis zu ihrem Ende bei Ulm gleichfalls auf bayerischem Gebiet in Neu-Ulm auslaufen. Der vorgelegte Plan ignorirt auffallend die aus Auftrag der würtembergischen Regierung ausgeführten vollständigen technischen Vorarbeiten für eine Eisenbahn sowohl als für einen Canal von Ulm an den Bodensee. Diese Untersuchungen ergaben, daß auf dieser Strecke die Anlegung eines Canals räthlicher erscheine, und es muß der Weisheit unserer Staatsregierung vorbehalten bleiben, auf die beste Weise das Interesse des Landes zu wahren. Darüber scheint aber kein Zweifel zu seyn, daß sie auf dem Standpunkt angelangt ist, die Anlage der Staatscommunicationsmittel, sie mögen Heerstraßen, Canäle oder Eisenbahnen heißen, auch für Staatspflicht zu erkennen, und man darf vielleicht die Verwendung eines Theils unserer bedeutenden Finanzersparnisse zu diesem Zweck mit Grund erhoffen. Ob der Anschluß gegen Baden, oder gegen Bayern oder gegen den Bodensee zuerst geschehe, wird die nächste Zukunft lehren. Die der höchsten Stelle vorliegenden Vermessungen sind durch das ganze Land mit Gründlichkeit gemacht. Es ist anzunehmen, daß eine Eisenbahn nicht für Locomotive, sondern zur Befahrung mit Pferden bestimmt wird, welche in der Anlage und Benützung weit billiger, unserm Terrain weit angemessener und bei dem in Anschlag gebrachten Verkehr weit zweckmäßiger erscheint. Als Resultat der Voruntersuchung darf nicht übergangen werden, daß da, wo die meisten Hindernisse vermuthet wurden, wie z. B. über die Alp, diese sich nicht bestätigten. Nicht minder aufmerksam als auf das, was bei uns vorgeht, wenden wir unser Auge auf die Bauten der Nachbarn, wie wir denn namentlich durch Vollendung des Ludwig-Donau-Main-Canals eine Abzugsstraße für unser Rohmaterial und unsere Producte eröffnet zu sehen hoffen, und die Zeit nicht für fern halten, daß dem Handel mittelst jenes Canals, der obern Donau und einer von da mit dem Bodensee herzustellenden Verbindung ein ganz neues und höchst nützliches Communicationsmittel gegeben werde.

Die seit dem 20 Jul. v. J. beurlaubten Stände haben sich zur Fortsetzung ihrer Arbeiten wieder versammelt, und beide Kammern hatten heute die erste Sitzung. Die der zweiten Kammer wurde unter dem Vorsitz des Präsidenten Mittermaier eröffnet. Nachdem der Präsident angezeigt, daß die Arbeiten der zur Prüfung des Strafgesetzbuches erwählten Commission, welche während der Beurlaubung der Kammer thätig gewesen, vollendet seyen, so daß, da die gedruckten Berichte derselben sich seit längerer Zeit bereits in den Händen der Abgeordneten befänden, die Discussion darüber sofort beginnen könne; nachdem hiernächst eine Reihe Petitionen übergeben worden, verlas Staatsrath v. Rüdt ein höchstes Rescript, wornach der geheime Referendär Eichrodt für die Dauer des Landtages zum ständigen Regierungscommissär für alle das Ministerium des Innern betreffenden Gegenstände in beiden Kammern ernannt worden, eröffnete sodann: daß der Abg. Prof. Buß seine Entlassung genommen und die neue Wahl in diesem Bezirke angeordnet sey, und übergab ferner die Acten über die in der Residenzstadt Karlsruhe stattgehabte Ersatzwahl für den abgetretenen Abgeordneten geheimen Rath Stösser. Ueber die Gültigkeit dieser Wahl entspann sich eine vierstündige lebhafte Discussion. Bei der Abstimmung wurde der Antrag der Commission wornach die Ersatzwahl der Residenz, mit 37 Stimmen gegen 12 auf Oberamtmann Schrickel in Müllheim gefallen, als gültig anerkannt wird mit großer Majorität angenommen. (Karlsr. Z.)

Dem Bevollmächtigten der hannover'schen Beschwerdeführer bei dem deutschen Bundestage, Consistorialrath Dr. Hessenberg zu Frankfurt a. M., ist nunmehr ebenfalls ein Ehrengeschenk in Anerkennung seiner Bemühungen um die Aufrechthaltung des Staatsgrundgesetzes von 1833 zugesendet worden. Dasselbe besteht in einem schön gearbeiteten silbernen und inwendig vergoldeten Pokal, der etwa einen Schuh hoch, von unverhältnißmäßiger Weite und mit verschiedenen Inschriften versehen ist. (Schwäb. M.)

Zu den vielen bereits im Gange befindlichen Untersuchungen ist nun noch eine neue gekommen. Wie wir hören, ist nämlich wegen des Bechers, den eine Anzahl Anhänger des Staatsgrundgesetzes in der Provinz Bremen und dem Lande Hadeln dem Bürgermeister Stüve zum Geschenk gemacht haben, eine Untersuchung eingeleitet, und zwar zunächst, weil auf diesem Becher unbefugter Weise das Wappen der Provinz Bremen, als welches nur die Provincial-Landschaft zu führen berechtigt sey, angebracht gewesen. (Hamburger C.)

In Folge der Aufforderung des Cabinets an unsere Stadt, zur Wahl eines Abgeordneten zur allgemeinen Ständeversammlung zu schreiten, ist heute das Wahlcollegium, bestehend aus 27 Wählern, zusammenberufen worden. Nach ausführlichem Vortrage über die Lage der Verfassungsangelegenheit und vielseitigen Erörterungen ergab sich als Resultat die Ueberzeugung: Daß von der dermaligen zweiten Kammer in ihrer hinsichtlich des Legitimationspunktes so manchem Bedenken unterworfenen gegenwärtigen Zusammensetzung zu einem gültigen dauernden Friedenswerke unmöglich beigetragen werden könnte; daß etwaige Beschlüsse über die Verfassungsfrage in der Ständeversammlung ohne vorhergegangene Auflösung und allgemeine Wahlen, so wie sie überhaupt aller rechtsgültigen Grundlage ermangeln, auch niemals im Lande Vertrauen finden und Bestand haben, vielmehr fortwährenden Zweifeln ausgesetzt seyn würden und nur zu bald neue und vermehrte Wirren hervorrufen möchten, zu denen mitzuwirken sich jeder Vaterlandsfreund wohl vorzusehen habe. Man müsse, war die allgemeine Ansicht, am Rechte festhalten; so werde, was auch die Vorsehung in ihrem Rathe beschlossen habe, der Stadt die Ehre gerettet, dem Einzelnen, der mitgewirkt, das Bewußtseyn und Nachkommen der gute Name. Man faßte dann (wie die Allgem. Zeit. schon neulich berichtete) einstimmig den Beschluß, die Wahl abzulehnen, bei einer etwa zu Stande kommenden Versammlung aber Protest einzulegen gegen alle Beschlußnahmen, durch die über die Rechte des Landes zu verfügen versucht werden möchte und endlich: alle sonst erforderlichen Schritte zur Wahrung der Rechte von Stadt und Land dem Magistrate und den Alterleuten anheim zu geben. (Hbg. C.)

0583

Oesterreich.

Der Herzog von Bordeaux ist, wie Sie wissen, nach einer Abwesenheit von einem halben Jahre in den Schooß seiner Familie wieder zurückgekehrt. Er hatte sich, wenn ich nicht irre, zu Ende August in Gesellschaft des Hrn. v. Levis, um den Herbstmanöuvres der daselbst concentrirten Truppen beizuwohnen, nach Verona begeben, und nach Beendigung derselben, ohne Wissen der österreichischen Behörden, über die Gränze heimlich entfernt. Der Herzog hatte schon früher in Wien um die Erlaubniß, einen Ausflug nach den römischen Staaten machen zu dürfen, angesucht. Es wurden ihm indessen entweder die Pässe dazu nicht verwilligt, oder Hr. v. Altieri, römischer Nuncius in der österreichischen Hauptstadt, der durch die vom heil. Stuhle erhaltenen Instructionen angewiesen worden war, gegen einen solchen Besuch zu protestiren, versagte den etwa erhaltenen Pässen sein Visa. Daher kommt es, daß man in Rom durch die Ankunft des Herzogs eben so sehr überrascht war, als in Wien bei der Kunde seines Verschwindens von Verona. Nirgends hatte man ihn eines so eigenmächtigen Schrittes für fähig gehalten. Seine Reise wurde daher von allen Seiten getadelt und man war bald überzeugt, daß Hr. v. Levis der Urheber und die Seele des Unternehmens gewesen seyn müsse. Daß damit, zwar nicht von dem verführten jungen Herzog, wohl aber von dem Hrn. Levis politische Zwecke in Verbindung gebracht wurden, scheint ausgemacht, und insofern dürfte die Reise dem jungen Manne eher genützt als geschadet haben, da sie ihn in den Stand gesetzt hat, gewisse Ideen über die Verhältnisse in Frankreich und über den Geist, die Fähigkeiten und politischen Aussichten seiner Anhänger zu berichtigen. Die Cavalcade von Rom nach Civitàvecchia, so wie die Begleitung von Civitàvecchia gegen Florenz hin, sind schwerlich geeignet gewesen, ein richtiges Urtheil darüber wankend zu machen. Diese Episode dürfte nichts Erhebliches zur Folge haben, außer daß Graf Latour-Maubourg eine andere Bestimmung erhalten wird. Der Herzog von Angoulème, der das Geschehene heftig tadelt, empfing den Enkel Karls X etwas unfreundlich und sandte sogleich Hrn. v. Montbel nach Wien, um über die Rückkunft des Flüchtlings zu berichten. Die Rechtfertigungen des Hrn. v. Levis wurden von dem Herzog von Angoulème nicht angehört, und Hr. v. Levis wird wahrscheinlich für immer von der Person des jungen Herzogs entfernt werden, da man ihm schwerlich verzeihen wird, die Stellung des letztern so arg compromittirt zu haben. Man schreibt ihm auch den, dem Herzog ertheilten Rath zu, für die Folge in Rußland seinen Aufenthalt zu nehmen, so wie das deßhalb an den Kaiser Nikolaus gerichtete Gesuch. Ob die ganze Geschichte irgend einen Einfluß auf die Verhältnisse der innern Oekonomie in der königl. französischen Familie zu Görz ausüben soll, scheint von den Bestimmungen des Wiener Cabinets, die man durch Hrn. v. Montbel in diesen Tagen zu erhalten hoffte, abzuhängen.

Gestern wurde bei der Magnatentafel wieder das Religions-Gravamen berathen, und, wie es scheint, definitiv abgemacht. Die Stände dürften zufrieden seyn mit der Nachgiebigkeit und Liberalität der obern Tafel, die sich ihnen nun in den meisten noch divergirenden Punkten angeschlossen. Auch jener wichtigste Theil des ständischen Verlangens ging nach einem schweren Kampfe durch, daß nämlich vollkommene Reciprocität zwischen Katholiken und Protestanten in Hinsicht der religiösen Erziehung der Kinder aus gemischten Ehen eintreten, und diese jedesmal der Religion des Vaters folgen sollen. Unter den geistlichen Rednern zeichnete sich die edle Milde des Fürsten Primas und der hochgebildete duldsame Sinn des Bischofs Lonowics aus, dessen Vortrag unter die glänzendsten Zierden religiös-parlamentarischer Reden gerechnet werden kann und einstimmige Theilnahme fand. (Deutsche Blätter.)

In Betreff der ungarischen Eisenbahn am linken Ufer der Donau hat die Ständetafel in der Reichstagssitzung vom 28 Febr. durch Stimmenmehrheit entschieden: die Eisenbahnanlage habe auf dem linken Donau-Ufer, doch unter der Bedingung zu geschehen, daß der Bau der ganzen Strecke von Pesth aufwärts bis Preßburg zuerst müsse vorgenommen und ganz vollendet werden, bevor mit dem Bau auf der Strecke von Gänserndorf bis Preßburg ans Werk geschritten werde. Da nun die letztere Anlage bis an die Gränze auf österreichischem Gebiet gelegen ist, so sey Se. Maj. der Kaiser und König in einer unterzubreitenden Repräsentation zu bitten, daß Se. Maj. die Bauführung der Bahn von Gänserndorf bis an die Gränze früher nicht gestatten möge, bis die Herstellung derselben auf der größern Strecke von Pesth bis Preßburg erfolgt sey. Dieser angenommene Antrag ward durch das Bedenken motivirt, daß, wenn zuerst der Bau des Gänserndorf-Preßburger Flügels zugestanden würde, die Weiterführung nach Pesth und Debreczin möglichenfalls unterlassen werden könnte, daher es nöthig sey, durch die erwähnte Bedingniß für den Bau auf der letztern Strecke eine wünschenswerthe Garantie zu erwerben. In Betreff der Religionsangelegenheiten entschied die Magnatentafel in der Sitzung des 26 Febr. durch Mehrheit der Stimmen: die Reversalen für die Zukunft abzuschaffen, jedoch für die Vergangenheit beizubehalten, und im Punkte der Kindererziehung bei gemischten Ehen, daß die Kinder beider Geschlechter in der Folge der Religion des Vaters folgen sollen. Gegen letztern Antrag hatten der Primas, der Tavernikus, die Bischöfe von Csanad, von Agram, Waitzen u. A., die Obergespane der Gömörer und Torontaler Comitate, der Gouverneur von Fiume, der ungarische Hofsecretär Ladislaus Perenyi, Baron Orczy, Graf Joh. Majlath (der Schriftsteller) und Graf Lamotte gestimmt. Auch im hiesigen Publicum hat die früher und neuerdings in Ihren Blättern gegen Lamartine's und Thiers 'Aeußerungen für Deutschlands Integrität am Rheine erhobene Stimme Anklang, und das mannhaft gesprochene Wort volle Anerkennung gefunden. Nicht unpassend scheint es zu seyn dieses Umstandes zu erwähnen, weil es erfreulich ist zu bemerken, daß, wie dort und anderwärts, so auch im äußersten Südosten Deutschlands für Wahrung der gemeinsamen Interessen gleiche Gesinnung sich kund gibt. Diese Thatsache berührt zugleich den in einigen deutschen Blättern und Schriften neuerlich mehrmals erklungenen Ton: Oesterreich schließe, dem übrigen Deutschland gegenüber, sich mehr und mehr in sich ab, den gemeinsamen deutschen Interessen sich entfremdend. Die Geschichte der neuesten Zeit liefert den schlagendsten Gegenbeweis. Freilich, wer vergessen haben sollte, was Oesterreich für Deutschlands Selbstständigkeit in dem langen Kampf gegen Napoleon mit der äußersten Anstrengung und durch keine Verluste gebeugt gethan, dem wird es auch schwer werden, die Stellung zu erkennen, welche diese Macht, die Hüterin der Donau, die Schutzmacht des deutschen Verkehrs mit dem Orient, in den orientalischen Wirren einnimmt, ungeachtet diese Stellung durch die jüngsten Handelsverträge mit Großbritannien und der Türkei klar genug angedeutet ward. Wenn sich aber fügt, daß von Oesterreich her weniger Stimmen als anderwärts in den deutschen Angelegenheiten laut werden, weil des Oesterreichers Sache es überhaupt nicht ist, viele Worte zu machen, kann man deßwegen, mit den Handlungen der Gegenwart und den historischen Thatsachen sich berathend,0584 Anstand nehmen, das mitverbundene deutsche Ostland gleichzustellen in der Theilnahme für Wohl und Weh, Ehre und Kraft des gesammten Vaterlandes und Vertrauen um Vertrauen zu wechseln? Ohne Zweifel kömmt noch die Zeit, und schon treffen alle Anzeichen zusammen, daß sie naht, welche Oesterreichs Stellung zu Deutschland für dieses in das rechte Licht und in diejenige Meinung setzt, welche den deutschen Interessen die förderlichste seyn wird.

Griechenland.

Das M. Chronicle enthält in einer seiner letzten Nummern einen Brief aus Athen d. d. 30 Jan., der in beträchtlich milderm Tone gehalten ist, als englische Correspondenzen aus Griechenland seit langem zu seyn pflegten. Der Correspondent prophezeit in Folge der Entdeckung der letzten Verschwörung ein baldiges Ueberwiegen des englischen Einflusses über den russischen in den Conseils des jungen Königreichs. Am 11 Jan., schreibt er unter Anderm, fand Sir Edmund Lyons sich veranlaßt, hinsichtlich der vom Lord Obercommissär der jonischen Inseln erlassenen Proclamation, durch welche aller Verkehr mit dem Königreich Griechenland in jenen Staaten verboten worden, bei Sr. Maj. eine Audienz zu erbitten. Bei dieser Gelegenheit scheint es zu beiderseitigen vollständigen Erörterungen gekommen zu seyn. König Otto entdeckte zu seinem Erstaunen, daß England, weit entfernt seiner Regierung übel zu wollen, unter gewissen Voraussetzungen ganz bereit sey, ihn gegen seine wirklichen Feinde zu unterstützen. Dem Sir Ed. Lyons seinerseits ward ein Einblick in das Gewebe von Intriguen gestattet, womit eine bekannte Partei die griechische Regierung umsponnen hatte, um ihr Argwohn gegen England einzuflößen. Behaupten wollen (fügt der Briefsteller bei), daß ich mit den Einzelpunkten dieser mehrstündigen Unterredung zwischen König Otto und unserm Gesandten vertraut sey, hieße hier schwarz auf weiß bescheinigen, daß ich ein Esel sey (would be to write myself down an ass); aber in den bestunterrichteten Kreisen glaubt man allgemein, daß es zwischen Sr. Maj. und dem Gesandten zu einem sehr klaren Verständniß gekommen sey, und von der griechischen Regierung nunmehr durchgreifendere Maaßregeln zu erwarten seyn werden. Nachdem der Correspondent geklagt, daß trotz dieser für England erfreulichen Auspicien Paikos noch immer Justizminister und interimistischer Staatssecretär des Auswärtigen, Regny noch immer allmächtig im Finanzdepartement sey, und überhaupt so viele Anhänger Rußlands in höheren und niederen Aemtern angestellt blieben, setzt er hinzu: Auch sind noch keine Schritte geschehen, um die bedenklichen Einwirkungen einer großen nordischen Macht auf die griechische Kirche zu hemmen, und der Präsident der Synode, gegen den bewiesen ist, daß er der Geistlichkeit befohlen, das Kirchengebet für einen häretischen Fürsten einzustellen, und dessen Ordre auch bei manchem Priester im letzten halben Jahr Gehorsam fand, füllt noch immer seinen wichtigen Posten. Der von der theologischen Unduldsamkeit verfolgte gelehrte Kairis liegt annoch auf Skiathos im Kerker, und der jüngere Kolokotronis und Zavellas, die Häupter der vereitelten Conspiration, speisen an der Hoftafel ... Katakasi hat von der griechischen Regierung seine Pässe nicht zugeschickt erhalten, aber da er in seiner hiesigen Mission so unglücklich war, so wird ihn seine Regierung ohne Zweifel abberufen. Das griechische Volk hat sich durch Spott gerächt, indem es alle Mauern des russischen Gesandtschaftshotels mit der prophetischen Jahrzahl 1840 bekreidete, mit welcher man bekanntlich auf den religiösen Fanatismus der Griechen zu wirken gesucht hatte. Mittlerweile setzen die Napisten ihre gewöhnliche Taktik in Bewegung, und es fehlt nicht an Versuchen, in den Provinzen Unruhen zu erregen, die ohne Zweifel gelungen seyn würden, wenn Glarakis nicht seine Entlassung erhalten hätte. In der Nähe Athens hat man einen Haufen Banditen festgenommen, welche, das ist erwiesen, mit den Verschwörern in Verbindung standen; einige derselben sind bekannte Anhänger des Napistenchefs Mansouri.

Berichtigung.

In der gestrigen Nummer S. 570 Sp. 1 Z. 5 lese man Newastle st. Monmouth.

0577

Ein Tag in Athen.

(Beschluß.) Da heute Festtag ist, begeben wir uns Nachmittags vor das Thor der Aeolosstraße. Alle Welt strömt schon hinaus: eine Menge Herren, früher in albanesischer Tracht, die wir jetzt nicht wieder erkennen, weil sie mit europäischer Cultur auch europäische Kleider angezogen haben, junge Herren zumal, Studenten und Gymnasiasten, die dem Beispiel der Tzavellas, Rhizos und Anderer folgen, nicht zu reden von jenen zahlreichen, die in Deutschland oder Frankreich ihre Studien gemacht haben, und von denen sich von selbst versteht, daß sie in sogenannter fränkischer Tracht erscheinen. Auch die Damen europäisiren mehr und mehr ihr Costume; bei manchen ist nur noch das hohe rothe Feßi auf dem reizenden Köpfchen geblieben, aber es sitzt schon so verwegen auf dem einen Ohr, daß es sicherlich nächstens herunterburzelt. Wären die Griechen da, um gemalt zu werden, da wär 'es freilich Schade. Aber es geht halt nicht zusammen: europäische Cultur und Feßi und Fustanella. Außerhalb der Aeolosstraße ist die gewöhnliche Promenade der Athener. Der Blick auf die Ebene, auf den Olivenwald, auf den schluchtenreichen Parnes mit seinen blauen Schatten ist sehr schön. Doch heute, am Festtage, stellen wir uns alle im Kreise um das Musikcorps der Besatzung von Athen, welches hier einige größere Stücke ausführt. Equipagen mit eleganten Damen und kecke Reiter kommen heran. Alle thun, als wär' es die Musik, welche sie herbeigezogen. Doch ist's nicht so. Von Zeit zu Zeit richten sich die erwartenden Blicke nach der Stadt. Wen denn erwarten wir noch? Siehe, auf stattlichen Rossen kommen daher der König und die Königin. Keiner, welche Stellung er auch zur Regierung einnehmen mag, gehöre er zur Opposition oder zu den Ministeriellen, keiner erwehrt sich der Freude beim Anblick des königlichen Paares, keiner mag den Genuß entbehren, am Sonntag den König und die Königin gesehen zu haben, und ich glaube, der Platz würde verödet seyn, wenn das Volk sich verurtheilt sähe, allein den heitern Tag des Festes zu feiern. Es ist hier schon anders als anderswo, und ist Vieles noch nicht so entwickelt, als in dem alten Europa, so ist dagegen Vieles hier noch in schöner Jugendlichkeit und Frische.

Es ist noch Zeit, vor Sonnenuntergang einen Spaziergang zu machen. Gehen wir auf die Akropolis hinauf, die an Sonn - und Festtagen Jedem offen ist. Entschuldigen Sie, daß ich Sie bei dem Thurm der Winde vorbeiführe. Die Archäologie hat hier die Erde mitten in der Straße so aufgewühlt, und dann alles in einem Zustande liegen lassen, daß man Niemanden, mit dem man es gut meint, der Gefahr aussetzen sollte, hier Hals und Beine zu brechen. Doch kennen Sie schon seit langer Zeit durch einen französischen Archäologen die Gefahr, und haben sich also mit Alpenschuhen und Stab versehen. Was wird jener Reisende sagen, wenn er erfährt, daß hier noch nichts geändert ist? Die Sache hat indessen auch ihr Gutes, zumal für künftige Reisende. Denn nichts hindert, daß man sich vorstelle, das Ding sehe gerade so aus, wie zur Zeit der alten Pelasger und Kyklopen. Ich weiß nicht, ob Sie annehmen, daß die Pelasger oder daß die Kyklopen älter waren. Glauben Sie, daß die Kyklopen überhaupt nur Ein Auge hatten, so waren nach dem natürlichen Gang der Entwicklung diese älter als die Pelasger; glauben Sie dagegen, daß die Kyklopen außer den üblichen zwei Augen noch ein drittes hatten (vergl. Schellers großes lateinisches Lexikon sub voce), so waren die Pelasger älter als die Kyklopen; sind Sie dagegen über diese Frage noch nicht ganz im Reinen, so waren Pelasger und Kyklopen gleichzeitig. Jedenfalls ist es ein Glück, daß so unsymmetrische Menschen wieder aus der Welt heraus sind. Was die Pelasger betrifft, vor denen jeder Bessere eine gewisse Hochachtung hegt, so sagen die alten Schriftsteller freilich nicht ausdrücklich, daß sie zwei Augen gehabt, indessen wäre es nicht nur das Bestreben, etwas Neues zu sagen, welches wir an einigen Jüngeren bemerken, zu weit getrieben, sondern auch höchst unbillig und unmoralisch, wegen jenes Schweigens zu behaupten, sie hätten, wie die blinden Maulwürfe, in der Erde herumgewühlt. Die Sonne sinkt. Eilen wir hinauf! Hier sehen Sie das Universitätsgebäude. Doch heute nichts über die Universität. Ich habe Ihnen schon davon erzählt, und thue es vielleicht ein andermal wieder. Eilen wir, die Sonne sinkt; die Universität ist erst im Aufgehen. Ihre Morgenröthe verheißt einen schönen, lichtvollen, langen Tag. Ein verrückter Phaëthon unter dem Namen eines Cultusministers drohte zwar Verderben und Nacht. Aber eine mächtigere Hand entriß ihm die Zügel und gab sie einem treueren Lenker. Dort links oben ist das Aglaurion, das Heiligthum der schönen und schönnamigen Aglauros, bei der die junge Mannschaft einst dem Vaterlande Treue schwur. Es hat zwar neulich einer jener neuerungssüchtigen Jüngeren behauptet, diese Göttin sey kein menschliches Weib gewesen, sondern eine Göttin; und, hat er gesagt, sie sey nicht die Göttin einer Quelle, noch die Göttin der Erde, noch, hat er gesagt, die Göttin des Mondes, sondern die Göttin des Thau's. Wir unsrerseits kümmern uns nicht um alte Mythologie und Religion, aber so viel sehen wir mit einem halben Auge, daß man auf diese Weise alle wahre Geschichte in Wasser auflöst. Wir bleiben dabei und die besonnenen Forscher mit uns: die Aglauros war eine uralte, d. h. in uralter Zeit eine Athenische Dame oder Frauensperson, die in ihrer Jugend eine ganz artige junge Person war, in die sich ein Militär verliebte, ein großer Capitän oder General ihres Vaters, des alten Kekrops, ägyptischen Andenkens, so daß nichts natürlicher ist, als daß nachher, in Nachahmung dieses Hauptmanns, alle Athenischen Krieger bei der Aglauros schwuren. Doch eilen wir. Hier war einst das sogenannte Pelasgikon. Nehmen Sie gefälligst den Hut ab. Doch wo es eigentlich war, ist schwer zu sagen. Dort oben sehen sie die Felsgrotte des Pan, noch en place. Dieser Gott hat überhaupt am besten gewußt, seine Heiligthümer zu wählen. Sie sind fast alle erhalten. Bekanntlich war er eine Mißgeburt der Penelope, und kam vermuthlich durch den Einfluß und die Intriguen seiner Frau Mutter zu so großem Ansehen in Hellas. So oft ich mich den Propyläen nähere, danke ich unserm Roß, daß er während seiner Amtsführung als Ephor der Alterthümer Griechenlands den kleinen Tempel der ungeflügelten Siegesgöttin zur Rechten der Propyläen wieder aufgebaut. Dieser Tempel, dessen Säulen und Quadern nebst einigen schönen Basreliefs in einer türkischen oder fränkischen Bastion vergraben waren, ist dem deutschen Publicum durch die HH. Roß, Schaubert und Hansen in einem künstlerisch und wissenschaftlich trefflich ausgeführten und schön ausgestatteten Werke dargestellt, welches zugleich eine Zierde der Bibliothek und des Salons bildet. Auch die Propyläen sind durch die Thätigkeit des Hrn. Pittakis von dem spätern Gemäuer gereinigt. Wie es sich aber mit dem Aufgange zu den Propyläen verhalten, ist0578 durch die neuesten Ausgrabungen und durch die Wegräumung des Schutts bis auf den natürlichen Felsen und einige Stufen und Platten an Ort und Stelle eher dunkler geworden, als aufgeklärt. So viel indessen läßt sich mit Gewißheit sagen, daß keine theoretische Symmetrie im Stande seyn wird, durch ein dem großen Piedestal entsprechendes zweites an der rechten Seite den Aufgang zur Akropolis zu versperren. Zu den interessantesten Entdeckungen der neuesten Zeit gehört gleich innerhalb der Propyläen rechts vor einer Säule die an ihrem Platz stehende Basis der Bildsäule der Athena Hygieia mit Inschrift, und ein großer platter Stein, auf dem einst ein betrunkener Genosse des Bacchus ausruhte. Er hieß Akratos, wenn wir nicht irren, und wollte sich vermuthlich durch den ärztlichen Beistand der Göttin der Weisheit vernüchtern. Dieser Akratos hatte eine große Aehnlichkeit mit Monsieur Lamartine. Er hatte eine spirituelle Reise in den Orient gemacht und daselbst, vermuthlich vom Hafis, gelernt, den Mond und andere Dinge zu verschenken, die ihm nicht gehörten. Bei dem Wort Wein, ging's ihm gerade so, wie Hrn. Lamartine beim Wort Rhein; er erkannte darin die natürlichen Gränzen. Die Erscheinung dieses Akratos war, da es bei Einem blieb, sehr spaßhaft; aber wenn ein ganzes Land, wie der poetische Redner versicherte, voll ist von Lamartines, so hat eine solche Landplage, zumal im Jahr 1840, für die Nachbarn auch ihre ernste Seite. Selbst im Auslande begegnet man ihnen bei jedem Schritt.

Blicken Sie jetzt von der Halle des Parthenon um sich. Wohin Sie Ihre Schritte richten, Sie finden in der Welt keinen Punkt, der Ihnen solche Mannichfaltigkeit der Anschauung und Erinnerung vor die Seele führte. Schon dem Knaben floß das Blut schneller durch die Adern, wenn Salamis genannt wurde, wenn er die Perserflotte um Sunion heranfahren sah und die gewaltige Schlacht sich nahte. Auch er durfte den beiden Feldherren Athens Beifall zurufen, als sie Parteigeist vergaßen und sich die Hand der Versöhnung reichten, um gemeinschaftlich das Vaterland zu retten. Dort saß auf seinem Throne Xerxes. Dort lag in der Bucht die Flotte der Athener. Schon ist sie umzingelt. Wenn's nun nicht gelänge; wenn nun der Herrscher Asiens durch die Schlacht von Salamis die Geschichte von Hellas schließt! Wer hätte nicht gezittert, wie um das eigene geistige Daseyn? Wer hätte nicht wie mit rückwirkender Kraft mitgekämpft und mitgesiegt!

Dort an der andern Seite des Piräeus liegt Aegina, das Vaterland des Aeakidenstammes, dessen Helden einst Homere begeisterten. Jenseits der dunkeln stillen Meeresfluth die Terrassen der Berge zwischen Epidauros und Argos, welche Mykene verbergen. Aber Akrokorinth zeigt sich an dem klaren Horizont, und der Kyllene, Geburtsstätte von Göttern, und der Helikon und der Kithäron, und der Parnes, und der Brilessos, der quellreiche, und zuletzt im letzten Sonnenstrahl das besungene Veilchenblau des Hymettos. Und unmittelbar zu Ihren Füßen: Sie haben sie schon oft betreten, die felsige Rednerbühne der Pnyr, von der Demosthenes den Heiligen nannte ihn Niebuhr die gewaltigen Worte zum Volke sprach; Sie sind schon oft in jenen Halbkreis getreten, wenn Alles um Sie her stille war, und haben den Chorgesängen des Aeschylos und Sophokles gehorcht, und dem Aristophanes, dem Verkannten, und waren Zeuge von mehr als einer großen That in Worten. Und wie befreit fühlen Sie sich im Geist, wenn Sie dort in den Gängen des Lyceums der Spur jenes Philosophen folgten, den die Nachwelt so hoch verehrt und so wenig versteht. Vergebliches Bemühen, auch nur das Bedeutendste hervorzuheben! Was Sie hier oben auf der Burg umgibt, diese unübertroffenen, unübertreffbaren Werke der Kunst, wie leicht ist es, sie bewundern, und wie schwer, sie nach ihrer Entwicklung und Vollendung begreifen! Und diese beiden Tempel waren der erhabenen, jungfräulichen, stadtschirmenden Göttin geweiht. Hunderte und Tausende bestaunen den Marmor und den Meißel, und fragen nicht nach dem religiösen Glauben, der die Künstler und das Volk beseelte, und wenn sie sich fragen, lautet die Antwort, diese Göttin sey in Wirklichkeit ein leeres Nichts gewesen. Genügt das zur Erklärung einer Religion, die in That und Wort so Göttliches gewirkt? Oder waren nicht jene geistigen Wesen, die dem Hellenen in der Welt, in der Natur erschienen und sich offenbarten, waren sie nicht auch wirklich, nicht auch wahrhaftige Offenbarungen der Einen Weltseele, welche hellenische Anschauung in einem damals nicht ketzerischen Pantheismus mit der Mannichfaltigkeit göttlicher Individualitäten eben so leicht vereinigte, als ihr die Mannichfaltigkeit der körperlicher Natur innerhalb der Einen Welt existent war?

Wer vor zwanzig Jahren hier stand und diesen Gedanken nachging, wie trostlos mußte er aus jener großen reichen Vergangenheit in die Gegenwart zurückkehren! Alles war gewesen, war nun nichtig. Ja selbst die unendliche Schönheit der Natur, vergeblich schien sie hier ins Daseyn gerufen. Und jetzt? Hellas ist wieder schön, seine Schönheit ist seine Jugend, es ist ein Kind des Geistes. Der Geist Europa's hat ihm das Daseyn verliehen. Deutschland, dem im Bestreben geistiger Reproduction des Alterthums altgewordenen, welches mit seiner Kunde so oft, statt zu lernen, verneint, so oft wider den eigenen Willen das Studierzimmer als die Welt ansieht, so gern wie das Alter Fragen des Wissens in die Beurtheilung der Moral zieht, und im Glauben des Besserseyns die Hoffnung auf Gedanken durch edelmögende Ermahnung täuscht, ihm möge Hellas für sein Alterthum, das es ihm bewahrt hat, ein wenig von dem zurückgeben, woran es so reich ist, von seinem Jugendthum, von seiner jugendlichen Frische, von jener goldenen Freiheit, der Plateus Choros den schönen Gesang singt.

Das Morning Chronicle über Frankreich und die orientalische Frage.

Das M. Chronicle, das jetzt in England für das bevorzugte Organ Lord Palmerstons gilt, enthält in seiner Nummer vom 4 März folgenden größeren Artikel über die orientalische Frage in Bezug auf den Ministerwechsel in Frankreich: Hrn. Thiers 'allgemeine Ansichten über die orientalischen Angelegenheiten sind uns nicht unbekannt. Er hat sie voll und frei ausgesprochen. Er hat uns gesagt, was er gethan haben würde, wäre er im Mai, Junius und Julius verflossenen Jahres Minister gewesen. Doch dieß ist Alles. Es übrigt ihm zu sagen, was er mit der orientalischen Frage thun will, nicht wie sie am 24 Jun. oder am 28 Jul. war, sondern was er mit ihr, wie er sie bei seinem Amtsantritt am 1 März vorfindet, zu thun gedenkt. Durch die Collectivnote vom Julius haben sich die fünf Mächte der Pforte gegenüber verbindlich gemacht die Integrität der Türkei aufrecht zu halten. Wäre Hr. Thiers im Julius Minister gewesen, so würde er an dieser Note keinen Theil genommen haben. Von dem Augenblick an aber, wo Frankreich an dieser Note Theil nahm, stand es ihm nicht mehr frei, eine entgegengesetzte Bahn der Politik zu verfolgen. Dieß schien Hr. Thiers in seiner Rede in der That beinahe zuzugestehen. Er räumt ein, daß Frankreichs spätere Politik die übrigen Mächte (besonders England) in Erstaunen0579 gesetzt haben müsse daß sie nach Doppelzüngigkeit schmeckte. Daß sie England in Erstaunen setzte, ist gewiß. All die Sicherheit, die bei diplomatischen Verpflichtungen möglich ist, scheint unsere Regierung gehabt zu haben; sie konnte daher nicht zweifeln, daß Frankreich die von England angerathene Politik gutheiße. Nun ist es für die brittische Regierung rein unmöglich, von der politischen Richtung abzuweichen, die sie von Anfang an mit Bedacht eingeschlagen. Wenn die französische Regierung es für passend hält, ihre frühern Ansichten zu ändern, so kann dieß ein Gegenstand des Bedauerns für England, aber kein Grund seyn, dem Beispiele zu folgen. Hr. Thiers findet also die brittische Regierung, im Einverständniß mit Rußland, Oesterreich und Preußen, entschlossen auch fürder die Bahn der Politik zu verfolgen, deren ersten Schritten die Regierung Frankreichs sich beigesellt hatte. Liegt etwas in der Tendenz dieser Politik, das Hrn. Thiers hindern sollte, seine Mitwirkung vorzuenthalten? Wie kann die Herstellung der Autorität des Sultans in Syrien in Conflict gerathen mit dem gesetzmäßigen Einfluß Frankreichs im Orient? Mit welcher Absicht beharrt Frankreich unter allen an der Beilegung dieser Frage betheiligten Mächten allein auf dem Begehren der Vergrößerung Mehemed Ali's? Frankreich versichert, es habe kein anderes Interesse an der orientalischen Frage, als das des europäischen Friedens und der künftigen Stabilität der Türkei, alles Andere seyen ungerechte Beschuldigungen. Allein würde der Friede Europa's mit der Politik des letzten französischen Cabinets auch nur für sechs Monate erhalten werden? Gesetzt, Frankreich und England vereint würden der Pforte rathen, den Forderungen Mehemed Ali's beizutreten, glaubt wohl Jemand, dieser Rath würde von Erfolg begleitet seyn? Rußland würde sich verbindlich machen nur zu gern verbindlich machen die Autorität des Sultans in Syrien aufrecht zu erhalten; und, vier Tage nach erfolgter Bitte um Schutz, würdet ihr ein russisches Heer in Kleinasien haben. Auch könnten wir den Sultan, der sich von England und Frankreich preisgegeben sähe, nicht tadeln, wenn er sich diesen Schutz zu Nutze machte. Was anders als Spott wäre es, ihm zu sagen, dieser russische Schutz werde seiner Unabhängigkeit zum Verderben gereichen? Würde er seiner Unabhängigkeit verderblicher seyn, als die durch die Theilung seines eigenen Reichs bewerkstelligte Gründung eines Staats, in dem er unter der Herrschaft eines ehrgeizigen Militärhäuptlings stets einen Nebenbuhler sehen müßte? Kein von russischem Schutz zu erwartendes Uebel wäre schlimmer, als dieses positive Uebel einer Theilung, das nicht einmal den Vortheil der Sicherheit für das Uebrige böte. Wir können daher nicht zweifeln, daß sich der Sultan, wie er es müßte, den russischen Schutz zu Nutze machen würde. Viele behaupten indeß, daß, Angesichts der vereinigten Flotten von England und Frankreich, Rußland die Erfüllung der Stipulationen seines eigenen Vertrags von Hunkiar-Skelessi nicht zu erfüllen wagen würde. Wir schenken einer solchen Hoffnung keinen Glauben. Wir hegen nicht nur die Ueberzeugung, es werde jene Stipulationen erfüllen, sondern zweifeln auch sehr an der Möglichkeit, es an der Erfüllung derselben zu hindern. Es könnte in kürzerer Zeit sein Heer nach Kleinasien und seine Flotte in den Bosporus versetzen, als erforderlich wäre, um Verhaltungsbefehle von Marseille an die Seestation in der Levante gelangen zu lassen, und höchst wahrscheinlich würden wir durch dieselben Zeitungen Kunde von dem Ansuchen des Sultans wie von der Erfüllung von Seite Rußlands erhalten. Sonach wäre es, wenn der Friede Europa's einer der Zwecke der französischen Politik ist, nicht sehr wahrscheinlich, daß Frankreich auf seiner jetzigen Bahn, falls England sich ihr anschlösse, ihn auch nur für den Augenblick erhalten könnte. Doch zugegeben, dem wäre so. Nehmen wir an, Rußland würde völlig eingeschüchtert, und der Sultan ertheilte den Forderungen Mehemed Ali's mit Widerstreben seine Zustimmung. Wie lange würde diese Anordnung den Frieden Europa's sichern? Um Syrien zu regieren, ist die Anwesenheit einer furchtbaren Armee nothwendig. Unaufhörlich werden Empörungen ausbrechen, entweder als Folge der an dem Volke verübten Grausamkeiten oder als Deckmantel für die ehrgeizigen Absichten seines Herrschers. Die Erfahrung der letzten acht Jahre beweist dieß zur Genüge. Die Anwesenheit einer ägyptischen Armee unter Ibrahim aber würde den Sultan nöthigen, ebenfalls eine Armee zu unterhalten. Welche von beiden die angreifende wäre, ist nur von geringem Belang; gewiß ist, daß unter dem Einfluß ihrer eigenen tief wurzelnden Feindschaft und bei dem großen Interesse Anderer an ihrer Feindseligkeit eine davon zum Angriff übergehen würde. So stünde es um die Sicherheit für den Frieden Europa's; so um die Sicherheit, für welche Frankreich uns beharrlich empfänglich zu machen sucht! Diese Erwägungen ungefähr sind es, welche auf den Entschluß der brittischen Regierung Einfluß geübt haben mögen, und die sie ohne Zweifel bestimmen werden, ihm treu zu bleiben. Was kann nun die französische Regierung gewinnen, wenn sie in einem Zustande bewaffneter Neutralität , wie man ihr vorgeschlagen, verharrt? Als die fünf Mächte einstimmig die Integrität der Türkei gewährleisteten, erhob Frankreich keine Einwendung dagegen, sondern nahm selbst an der Verpflichtung Theil. Hr. Thiers betrachtet dieß, nach seinen Ansichten über diese Frage, ohne Zweifel als einen ernsten Fehler. Wir sind weit entfernt, es als einen Fehler zu betrachten; jedenfalls aber haben dieß einmal seine Vorgänger gethan, oder vielmehr unterlassen. Was auch Hr. Thiers von dem Eindruck denken mag, den die Vorstellungen Frankreichs gemacht hätten, wenn sie gleich anfänglich gemacht worden wären, immerhin muß er fühlen, daß aller kürzlich gegen die brittische Regierung erhobene Tadel seinen Grund einzig darin hatte, daß sich England weigerte, dem letzten französischen Cabinet auf einer Bahn zu folgen, die, wie er selbst geneigt ist einzuräumen, nicht ganz dem Vorwurf der Doppelzüngigkeit entgeht. Auch kann er nicht erwarten, daß das brittische Ministerium jetzt seinen Entschluß modificiren werde. In wie weit er es den Interessen Frankreichs für vortheilhaft erachtet, bei der Politik des frühern Cabinets zu verharren, wissen wir nicht. Er mag fühlen, daß irgend eine andere Ausgleichung als die vorgeschlagene wünschenswerth wäre, allein er ist nicht verantwortlich dafür, daß man zu der einzigen Zeit, wo die entfernteste Aussicht eines theilweisen Erfolgs dafür hätte vorhanden seyn können, diese Ausgleichung nicht zu sichern suchte. So ist also die Mitwirkung mit den andern Mächten wenn er sie auch als ein Uebel betrachtet ein Schritt, den ihm großentheils das Benehmen des frühern Cabinets auferlegt, und der gewiß der Alternative vorzuziehen ist, an die Stelle der liberalen Allianz des westlichen Europa's einen neuen Quadrupelvertrag gesetzt zu sehen.

Die Handelsverhältnisse in Aegypten.

Seit einigen Tagen wird in unserer Stadt fast von nichts als von der Handelsfreiheit gesprochen, welche der Vicekönig vor kurzem in einer Unterredung mit dem französischen Generalconsul, Hrn. Cochelet, versprochen haben soll. Diese Handelsfreiheit, heißt es, werde im künftigen Monat März ins Leben treten, die Douane sey an Hrn.0580 Michel Tossizza, vom Hause Gebrüder Tossizza, gegen die Summe von einer Million Talari, in Betracht der neuen Zölle, welche dem zu Konstantinopel im August 1838 geschlossenen Vertrag gemäß zu erheben sind, verpachtet worden. An all diesem Gerede ist aber nichts wahr, als daß Mehemed Ali mit Hrn. Cochelet von seinen Absichten zu Gunsten des Ackerbaues und Handels gesprochen, die ins Leben treten würden, sobald er sich damit ernstlich beschäftigen könne, das heißt, sobald man seine Rechte anerkennen und die Erblichkeit ihm zugestehen würde. Was den Handelstractat anbelangt, so weiß der Vicekönig, daß derselbe in der Türkei nicht in Kraft ist, und daß die Mukakas dieses Jahr, wie früher, verkauft worden sind. Mehemed Ali kümmert sich übrigens nicht um das, was in der Türkei vorgeht, sondern verfolgt sein Werk der Civilisation, indem er durch den Handel, also durch das gegenseitige Interesse die Völker Afrika's mit den europäischen Völkern in Berührung zu bringen sucht. Sein System war nie, plötzliche Neuerungen einzuführen, immer ging er nur langsam vorwärts. Die Handelsfrage ist für Aegypten eine Finanz - und Lebensfrage. Es ist nicht unmöglich, sagt man, die cultivirten Ländereien mit stärkern Abgaben zu belegen, als sie gegenwärtig bezahlen, um das Deficit zu decken, welches trotz der höhern Zölle der Schatz zu tragen hätte. Dieses Raisonnement ist sehr richtig, aber bei dem gegenwärtigen Stande der Dinge nicht genügend, wie man aus Folgendem ersehen wird.

Die ägyptische Regierung, welche der Agricultur einen so großen Impuls geben mußte, damit dieselbe die Fortschritte mache, wie wir solche in wenigen Jahren gesehen, hat Canäle graben, Dämme aufwerfen lassen, deren Kosten dem Schatz zur Last fielen, und für welche die Regierung keine außerordentliche Abgabe von den Steuerpflichtigen verlangte; sie überwachte auch die Leitung der Arbeiten und nöthigte die faulen Fellahs, zu säen und zu pflanzen. Sie machte Vorschüsse an Sämereien, Vieh und Ackerwerkzeugen, und die Fellahs sind demnach ihre Schuldner für Vorschüsse und rückständige Steuern geworden. Niemand darf es daher tadeln, wenn die Regierung nur den nicht verschuldeten Dörfern gestattet, ihre Producte zu verkaufen, bis zur Zeit, wo alle Rückstände bezahlt sind. Dieß ist, wie wir glauben, die Absicht der ägyptischen Regierung, deren Folge ein Wetteifer unter den Dörfern seyn wird, sich baldmöglichst schuldenfrei zu machen.

Da die Regierung die Grundsteuern erheben muß, ehe sie den schuldenfreien Dörfern den Verkauf ihrer Producte gestattet, so folgt hieraus, daß die Käufer nur um abgabenfreie Waaren handeln können. Es wäre unklug, den Fellahs Vorschüsse zu leisten, denn diese würden sich kein Gewissen machen, zu gleicher Zeit von mehreren Seiten Vorschüsse zu nehmen, und vor der Ernte zu entfliehen. Da die Fellahs nichts besitzen, hätte man kein Mittel, sich für Vorschüsse Deckung zu verschaffen. Die Grundstücke (wenn sie deren haben) sind keine hinreichende Garantie, erstens weil die Ansprüche des Fiscus vor Allem gehen; zweitens weil die Ausländer in der Türkei kein Grundeigenthum besitzen dürfen und aus dem Verkauf der Ländereien demnach kein nur irgend erheblicher Preis zu ziehen wäre. Daher versichert man, die Regierung werde zu gehöriger Zeit erklären, daß sie wegen Vorschüssen keine Reclamationen berücksichtigen könne, weil kein Mittel vorhanden, die Gläubiger zu befriedigen, und man die Fellahs, welche das Vertrauen der Europäer mißbrauchen würden, wegen ihrer großen Anzahl nicht bestrafen könne.

Die Prinzen von der Familie des Vicekönigs besitzen liegende Güter als Apanage, auch die bedeutendsten Beamten sind Grundeigenthümer. Da es Niemanden conveniren kann, wenn die Preise der Producte herabgedrückt würden, werden jene großen Eigenthümer vorziehen, die Erzeugnisse ihrer Ländereien der Concurrenz zu entziehen und der Regierung zu überlassen, welche ihnen dafür einen festen Mittelpreis bezahlen wird. Da das öffentliche und das geistliche Eigenthum unter der Verwaltung der Regierung steht, so wird immerhin eine starke Masse von Producten unter ihren Händen bleiben. Die freie Ausfuhr des Getreides kann auf keinen Fall zugestanden werden, denn dieser Gegenstand berührt die Existenz des ganzen Volks, und die Regierung muß jederzeit zwei Dinge vor Augen haben: erstens das Land durch Getreidemangel keiner Hungersnoth auszusetzen, zweitens das Getreide nie zu einem allzu tiefen Preis herabsinken zu lassen. Wenn man die Ausfuhr in den fruchtbaren Jahren ganz hindert, schadet man den Bauern, die dann auf einen andern Culturzweig sich legen würden, worauf im folgenden Jahr eine Hungersnoth entstehen müßte.

Wenn man die freie Ausfuhr gegen einen geringen Zoll bewilligt, werden in Folge der Concurrenz der Käufer die Preise der Producte im Innern steigen; einige Speculanten oder Eigenthümer werden gewinnen, aber die ärmere Classe der Bevölkerung wird die hohen Preise der zu ihren Bedürfnissen nöthigen Artikel nicht mehr erschwingen können, und Hunger leiden inmitten des allgemeinen Ueberflusses. Ja vielleicht würde die freie Ausfuhr dem Lande sogar das zu seiner Consumtion unumgänglich Nothwendige entziehen, denn die Geldgierde denkt nicht an die Zukunft. Bei dem Getreidehandel muß die ägyptische Regierung daher erst der neuen Ernte sicher seyn, ehe sie die des vorhergehenden Jahres ausführen läßt, wie es bis jetzt geschehen; sie muß auch Vorräthe für die Truppen und die hauptsächlichsten Punkte der Consumtion aufhäufen, sie muß einen Zoll fordern, der stark genug ist, die hohen Getreidepreise im Ausland mit den niedern Preisen in Aegypten im Gleichgewicht zu halten. Dann werden die Eingebornen nicht leiden, die Speculanten werden etwas weniger gewinnen, und der Schatz wird seinen Vortheil dabei finden, ohne Jemanden zu drücken. Dieß erklärt, warum dieses Jahr Ausfuhren gestattet wurden gegen einen Zoll, den Manche für übertrieben halten, der aber das oben erwähnte Gleichgewicht herstellt; der Bauer nährt sich mit wenig Kosten, und das Ausland findet es doch noch vortheilhaft, von Aegypten Getreide zu beziehen.

Es gibt im Reiche des Vicekönigs Länder, wo die Abgaben nicht in Baarem geleistet werden können. Sennaar und Kordofan sind in diesem Fall. Sie erzeugen Gummi, den man sehr unpassend Gummi arabicum nennt; sie können nur in dieser Waare bezahlen. Die ägyptische Regierung ist demnach genöthigt, denselben als Tribut anzunehmen, und die Producte nicht verkaufen zu lassen, ehe die Abgaben vollständig entrichtet sind. Ich zweifle, ob die Speculanten je davon starke Partien aus dem Sennaar beziehen, und solche ohne viel bedeutendere Kosten als die Regierung nach einem Seehafen bringen können. Sie können demnach nicht die gleichen Vortheile haben, obwohl sie sich dieselben, ohne darüber nachzudenken, versprechen. Die Handelsfreiheit würde, wenn auch augenblicklich in ihrem ganzen Umfang zugestanden, der Idee, welche sich die Utopisten in Europa davon machen, keineswegs entsprechen. Wenn aber der Uebergang zu ihr nicht so plötzlich ist, wird die künftige Handelsfreiheit um so besser und dauerhafter seyn. Würden die Völker Europa's den Ursprung der Handelscapitulationen und Verträge mit der Türkei untersuchen, so müßten sie finden, daß das, was sie jetzt als Rechte und Privilegien fordern, nur Concessionen der Gunst waren, daß kein gegenseitiger Contract dabei stattfand, und daß es ein Unrecht ist,0581 die Schwäche der Türkei zu benützen, um ihr lästige Handelsverträge aufzudringen, oder, richtiger gesagt, um sich gegen eine winzige Abgabe ihres ganzen äußern und innern Handels zu bemächtigen. *) *)Die obige Vertheidigung des viceköniglichen Systems in Behandlung der Fellahs, Aufrechthaltung des Eigenthums - und Handelsmonopols etc. wollte die Redaction, so viel sich auch vom europäischen Standpunkt dagegen einwenden läßt, nicht ausschließen, da die Mittheilung aus einer Quelle kommt, welche verbürgt, daß die darin entwickelten Ansichten im Wesentlichen die des Pascha's selbst sind. Man erkennt daraus wenigstens, wie eitel die Hoffnungen auf freien Handel, Aenderungen seines Systems etc. sind.

Chiwa.

Der Hamburger Correspondent schreibt aus St. Petersburg: Vor einigen Tagen ging hier von der Akademie der Wissenschaften der Beginn eines neuen, für die Freunde der Völker - und Länderkunde gewiß eben so wichtigen, als interessanten litterarischen Unternehmens, mit Erscheinung der ersten drei Bände ins Leben. Das Werk führt den Titel: Beiträge zur Kenntniß des russischen Reichs und der angränzenden Länder Asiens, wird auf Kosten der Akademie vom Akademiker v. Baer und Hrn. v. Helmersen herausgegeben und in Folge der Zeit, nach dem sich den Herausgebern darbietenden Stoffe, fortgesetzt werden. Von besonderem Interesse für den gegenwärtigen Augenblick ist der zweite Band, der die Darstellung des Chanats Chiwa und seiner Bewohner enthält. Referent entlehnt über den Charakter und die Lebensweise des jetzt regierenden Chans Folgendes: Allah Kuli, gegenwärtiger Chan von Chiwa, ist gutmüthig, friedfertig, mag weder jagen, rauben, noch morden, und wird daher von den Turkomanen und Usbeken gehaßt. Sein Vater wollte ihn von der Erbfolge ausschließen und ernannte vor seinem Tode den zweiten Sohn, Rahman Kuli, zum Nachfolger; auf den Rath des weisen Schir Rös Atalyk wurde sein Wille aber nicht vollzogen. Rahman Kuli lebt jetzt in Hesarab, treibt in der Umgegend Abgaben ein, bezeigt dem Bruder nicht die geringste Achtung, und wird von den Usbeken und Turkomanen sehr verehrt. In jüngern Jahren soll der Chan von russischen Sklaven das Branntweintrinken gelernt und heimlich im Stall oft ausgeübt haben. Auch später soll er sich diesem Genuß in der Gesellschaft des Chodschesch Mechrem (Steuereinnehmers) bis zur Sinnlosigkeit ergeben haben. Uebrigens hält er auf Ordnung, hat nur zwei Frauen und bestraft Diebstahl und Raub sehr streng, was den Haß der Usbeken und Turkomanen gegen ihn vermehrt. Was seine Kenntnisse anbetrifft, so heißt es, daß er russisch sprechen, lesen und schreiben kann, und hierin von einem gefangenen Astrachan'schen Bürger, Namens Thomas, unterrichtet worden. Mohammed Rahim, sein Vorgänger, hinterließ außer den gedachten beiden Söhnen noch zwei, einen achtjährigen Knaben von der Tochter des Kirgisen-Sultans Schirgasi Kaipoff, und einen sechsjährigen von der Tochter eines Chodscha. Am Tage verläßt er seinen Palast nie, mit Ausnahme des Freitags, wo er die Moschee besucht; Nachts aber reitet er in seinen Gärten und in der Stadt herum. Die Aksakale (Weißbärte) machen ihm jeden Morgen ihre Aufwartung oder kommen zum Salam, wie man sich auszudrücken pflegt, wobei allerlei Fragen, Mittheilungen und einige Geschäfte abgemacht werden. Die Frauen des Chans dürfen den Tag über das Zimmer nicht verlassen, nur Abends besuchen sie bisweilen ihre Verwandten und lassen sich dabei auf einem Karren fahren. Die Staatsgefangenen werden gewöhnlich auf Befehl des Chans von russischen Sklaven erdrosselt. (Besagter zweiter Band kam den Herausgebern durch die Sammlung von Notizen zu, welche der General Gens, Präsident der asiatischen Gränzcommission in Orenburg, nach den mündlichen Berichten aufgezeichnet hat, die hm einer unserer Gefangenen in Chiwa, der Bürger Kowyrsini aus Astrachan, welcher im Jahr 1826 aus Chiwa nach Orenburg entfloh, mitgetheilt hat.)

[820-23]

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Expedition für Passagiere von Hamburg nach Nordamerika per Dampfschiff über England.

Seit längerer Zeit in diesem Geschäfte gearbeitet, bin ich mit jedem Verhältnisse dieses wichtigen Geschäftszweiges vertraut geworden, und ist mir nicht entgangen, daß diese Expeditionsweise gewiß zu empfehlen, dabei aber strenge Gewissenhaftigkeit und Reellität, so wie die nöthigen Mittel zu einer guten Betre bung dieses Geschäfts Erfordernisse sind.

Hierauf nun in jeder Hinsicht gestützt, habe ich ein Etablissement in dieser Art begründet, und werde ich meine größte Ehre darin suchen, das Vertrauen derjenigen, welche sich an mich wenden, zu verdienen.

Der Preis für diese Fahrt ist von hier bis Amerika per Erwachsenen 7 1 / 2 Stück Louisd'or, Kinder unter 14 Jahren 4 1 / 4 Stück Louisd'or incl. Beköstigung und Commutationsgeld; Säuglinge zahlen nur Commutationsgeld.

Meine gedruckten Berichte besagen alles Nähere in Bezug auf diese Reise, und können diejenigen, welche beabsichtigen, sich meiner Vermittelung zu bedienen, solche prompt von mir erhalten.

Hamburg, im Januar 1840.

J. H. A. Hintze, Hohebrücke Nr. 3.

[806]

Edictal-Ladung.

Anton Michael Mayer, Chirurgensohn von Oberhausen, ist im Jahre 1815 zu Peggau in der kais. k. österr. Monarchie kinderlos mit Tod abgegangen.

Sein bei der Gemeinde Oberhausen anliegendes Vermögen besteht in Capitals - und Zinsrückständen beiläufig in 245 fl.

Auf den Antrag seiner hierorts bekannten Seitenverwandten Cölestin Mayer in Bayreuth, Jakob Mayer in Wien, und Joseph Aufheimer in Pfersee werden hiemit: 1) Johann Mayer, 2) Anton Anselm Ignaz Mayer, 3) Maria Anna Friederika Mayer, und 4) Firmus Ignaz Anton Mayer, welche in den Pfarrmatrikeln zwar ebenfalls als Geschwisterte des Anton Michael Mayer bezeichnet sind, über welche aber jede nähere Auskunft mangelt, so daß an ihrer bezeichneten Eigenschaft billig gezweifelt werden kann, öffentlich aufgefordert, sich binnen 6 Monaten von heute an gerechnet um so gewisser bei dem unterfertigten Landgerichte zu melden und zu legitimiren, als außerdem 1) angenommen werden soll, sie seyen ohne rechtmäßige Kinder mit Tod abgegangen, und als sofort 2) das Vermögen des Anton Michael Mayer an Edlestin Mayer, Jakob Mayer und Joseph Aufheimer ohne Caution hinausgegeben werden wird.

Göggingen, den 22 Februar 1840.

Königlich bayer. Landgericht Göggingen.

Reiber, Landrichter.

Max Fischer.

[588-90]

Edictal-Ladung, das Schuldenwesen des Jos. Zitter von Großenbrach betreffend.

Joseph Zitter, Bauer von Großenbrach d. G., ist seit einem halben Jahr abwesend, ohne Nachricht von seinem Aufenthalte zu geben.

Auf Antrag seiner Ehefrau Apollonia, geb. Hain, soll gegen den Abwesenden das Prodigalitätsverfahren eingeleitet, und zugleich ein Theil von seinem und der Ehefrau Grundvermögen zu Tilgung der vorhandenen Schulden veräußert werden.

Der Genannte hat sich binnen drei Monaten von heute an vor unterzeichnetem Amte über obige Anträge zu erklären, widrigenfalls man denselben mit seinen Einwendungen ausschließen0582 und unter Aufstellung eines Curators in Sachen w iter fortfahren wird.

Kissingen, am 8 Februar 1840.

Königlich bayer. Landgericht.

Frhr. v. Rotenhan.

Müllmerstadt ..

[677-79]

Bekanntmachung.

Johann Ratschmaier, Söldnerssohn von Weichshofen, welcher im Jahre 1813 als Gemeiner in dem vormaligen 5ten Linien-Infanterie-Regiment zu Nürnberg mit ausmarschirt ist, hat bisher über sein Leben und Aufenthalt keine Nachricht gegeben. Auf Antrag der nächsten Anverwandten wird derselbe aufgefordert, sich innerhalb 3 Monaten bei dem unterfertigten Gerichte zu melden, und sein in 110 fl. bestehendes elterliches Vermögen in Empfang zu nehmen, widrigenfalls solches nach Ablauf dieser Zeit an seine nächsten Anverwandten gegen Caution ausgeantwortet werden wird.

Mallersdorf, am 19 Februar 1840.

Königliches Landgericht Pfaffenberg.

Yberle, Landrichter.

[855-57]

Aufforderung.

Auf den Antrag der Intestaterben des dahier verstorbenen Oberkellners Georg Emmendörfer von Anspach wird der angebliche Privatsecretär des Hrn. Fürsten Pückler-Muskau, Karl Jäger, dessen gegenwärtiger Aufenthaltsort hier unbekannt ist, und der Angabe jener Erben zufolge nicht zu ermitteln war, in Gemäßheit des heute erlassenen Resoluts aufgefordert, binnen einer Frist von sechs Wochen an das k. Schöffengericht dahier, welches mit der Einziehung der zu dem Nachlasse des etc. Emmendörfer gehörigen Ausstände beauftragt ist, das unterm 20 September 1836 von dem Erblasser empfangene Darlehen von 187 Rthlr. 29 Sgr. nebst Kosten so gewiß zu erstatten, als nach deren fruchtlosem Verlaufe auf den Antrag der Erben die öffentliche Versteigerung des dermalen zu 90 Rthlr. gerichtlich taxirten Faustpfandes, bestehend: 1) in einer goldenen Cylinderuhr mit Emaille, 2) einer goldenen Kette mit Schlüssel, 3) einem goldenen Uhrkrampen, und 4) einem versilberten Necessair, verfügt, und aus dessen Erlös die gedachten Erben, so weit zureichend, befriedigt werden sollen.

Etwaige Einreden hiergegen sind in der Tagfahrt vom 15 April d. J., Vormittags 9 Uhr, in Person, oder durch einen gehörig Bevollmächtigten unter Strafe des Verlustes dahier vorzubringen.

Ehrenbreitstein, den 5 März 1840.

Königl. preuß. Justiz-Amt.

Neumann.

[824]

Verschollenheits-Erklärung der Joseph Hoffmann'schen Eheleute zu Stollhofen betreffend.

Joseph Hoffmann, gewesener Bürger und Bauer zu Stollhofen, geboren am 28 März 1763, und dessen Ehefrau Elisabeth Leppert, geboren am 2 Mai 1786, welche mit ihren Kindern Charitas und Lorenz im Jahre 1798 von Stollhofen weggezogen sind, und bisher keine Kunde von sich gegeben, werden aufgefordert, sich binnen Jahresfrist dahier zu melden, und die der Joseph Hoffmann'schen Ehefrau aus dem Nachlaß ihrer verstorbenen Schwester Maria Anna Leppert, gewesenen Ehefrau des Benedict Fritsch in Schifftung angefallene Erbschaft im Betrage von 303 fl. 46 kr. in Empfang zu nehmen, um so gewisser, als sie ansonst für verschollen erklärt, und deren bekannte nächste Verwandte in den fürsorglichen Besitz der Erbschaft eingesetzt werden würden.

Diese Aufforderung gilt auch den abwesenden Erben oder sonstigen Rechtsnachfolgern der Hoffmann'schen Ehefrau.

Rastatt, den 15 Februar 1840.

Großherzogliches Oberamt.

Schaaff.

vdt. Azone.

[775-77]

Bau-Ausschreibung.

Die Regierung des Kantons St. Gallen hat die Ausführung nachstehender neuen Straßenstrecken beschlossen, als von Riedern bis Rorschach, 18,902 Fuß lang, zu 58,000 fl. veranschlagt, mit Inbegriff einer großen gewölbten Brücke, dann von Rorschach bis Staad, 8163 Fuß lang, zu 20,000 fl. veranschlagt.

Alle diejenigen, welche Lust haben, diese beiden Straßenstrecken in Accord zu übernehmen, werden somit eingeladen, das Local zu besuchen und beim Straßen - und Wasserbau-Inspector zu St. Gallen die Plane und Bauvorschriften einzusehen.

Uebernahmsangebote haben schriftlich und verschlossen bis längstens Ende März d. J. bei dem unterzeichneten Departement zu geschehen.

St. Gallen, den 29 Februar 1840.

Das Baudepartement.

[720-22]

Offene Lehrerstellen.

Für das Gymnasium und die Gewerbschule zu Yverdon sind Ende des Monats März folgende Stellen zu besetzen, und werden hiemit ausgeschrieben: 1) die Stelle eines Lehrers der französischen Sprache und Litteratur, der Staatswirthschaft, der bürgerlichen Verwaltung und der alten Geschichte. Auch könnte der Unterricht der Geographie und der Elemente der Astronomie mit dieser Stelle verbunden werden; 2) die Stelle eines Lehrers der Arithmetik, Buchhaltung, Geometrie, Algebra, Trigonometrie, der umschreibenden Geometrie und der Mechanik; 3) eines Lehrers für Naturgeschichte, Physik, Chemie und Technologie.

Jeder dieser drei Lehrer ist verbunden, höchstens 28 Stunden wöchentlich zu geben. Er bekommt einen festen Gehalt von jährlich 1300 Franken und überdieß seinen Antheil an dem von den Schülern zu entrichtenden Schulgelde. Es wird jedem der drei Lehrer zugesichert, daß das gesammte Einkommen nicht weniger als 1450 Schweizerfranken betragen soll; 4) die Stelle eines Lehrers für Zeichnen, Schreiben, Geographie und die Elemente der Astronomie. Er hat ein festes Einkommen von 1000 Schweizerfranken, und bekommt seinen Antheil am Schulgelde. Er ist zu einem Maximum von 28 Stunden wöchentlich verbunden; 5) die Lehrerstelle für griechische und deutsche Sprache. Dieser Lehrer gibt wöchentlich 30 Stunden, und erhält eine Besoldung von 1450 Schweizerfranken jährlich; 6) die Lehrstelle für lateinische Sprache, neue Geschichte und Religion. Dieser Lehrer gibt wöchentlich 30 Stunden, und bezieht einen jährlichen Gehalt von 1450 Schweizerfranken; 7) die Stelle eines Lehrers für französische Sprache, Arithmetik, Geographie, die Elemente der Astronomie, das Lesen und den Gesang. Auch kann ihm der Unterricht der alten Geschichte und die bürgerliche Verwaltungslehre aufgetragen werden. Er ist zu höchstens 30 Stunden wöchentlich verbunden, und bekommt einen festen Gehalt von jährlich 900 Schweizerfranken.

Derjenige Lehrer der Anstalt, welcher zum Director derselben ernannt wird, ist nur zu wöchentlich 14 Stunden verbunden. Es wird ihm versichert, daß seine Besoldung mit Einschluß seines Antheils an dem von den Schülern zu erhebenden Schulgeld auf 1800 Schweizerfranken jährlich sich beträgt. Außerdem hat er seine Wohnung in der Anstalt und die Benutzung eines Gartens.

Ein Lehrer der Gymnastik erhält für wöchentlich 10 Stunden eine Besoldung von 200 Schweizerfranken und bezieht noch außerdem eine Vergütung von den Schülern.

Die Tage der Prüfungen werden später angezeigt werden.

Diejenigen Personen, welche auf obige Stellen Rücksicht nehmen wollen, haben sich bis zum 20 März schriftlich bei dem Unterzeichneten anzumelden.

Yverdon, den 14 Februar 1840.

Der Präsident der Schulcommission: Warnery.

[664-65]

Bei Th. Pergay in Aschaffenburg ist so eben erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen, in Augsburg durch die K. Kollmann'sche Buchhandlung: W. Cobbets Geschichte der protestantischen Reform in England und Irland. Aus dem Englischen übers. 3te verb. und verm. Aufl. 2 Bde. geh. 1 1 / 2 Rthlr. od. 2 fl. 42 kr. rhn.

Daß große Umwandlungen in dem Leben der Völker erst nach dem Verlauf eines größeren Zeitraumes recht gewürdigt werden können, weiß oder begreift Jedermann. So ist dieß auch mit der Reformation der Fall. Und wenn diese in ihren Folgen so große und wunderbare Begebenheit jemals das Nachdenken der Menschen beschäftigen konnte und mußte, so ist dieß gewiß heute der Fall, und wenn je ein Schriftsteller die Ereignisse, ihre Ursachen und Wirkungen in einem klaren Zusammenhange darzustellen wußte, so ist dieß der berühmte Volksredner William Cobbet. Wenige Werke haben auch eine so schnelle und allgemeine Verbreitung gewonnen, es wurde in England nicht bloß in kurzer Zeit zehnmal aufgelegt, sondern auch in die neuesten europäischen Sprachen übersetzt. Man braucht übrigens das mit so großer Unbefangenheit als Gründlichkeit geschriebene Buch nur zu durchblättern, um zu begreifen, daß es überall verschlungen werden mußte, wohin es drang, weil es die dick gesponnenen Netze von Lug und Trug mit Einemmale zerreißt. Es ist dem Gegenstand und der Behandlung nach ein wahres Volksbuch.

[56]

In der Unterzeichneten ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Gerichtsärztliche Arbeiten von Karl Friedrich Burdach, k. preuß. Geh. Medicinalrathe, Dirigenten des Medicinal-Collegiums und Prof. zu Königsberg.

Erster Band.

Gr. 8. Preis 3 fl. od. 1 Rthlr. 20 gr.

Die cameral stische Zeitung für die k. preuß. Staaten äußert sich über diese Schrift, wie folgt: Die doppelte Stellung als Dirigent des Medicinal-Collegiums und öffentlicher Lehrer der gerichtlichen Arzneiwissenschaft, legte dem Hrn. Verfasser die besondere Verpflichtung auf, gleich seinen berühmten Vorgängern Metzger und Büttner den litterarischen Beweis seiner rühmlichen Thätigkeit auch in diesem Fache zu führen, und wir verdanken diesem löblichen Drange das Entstehen dieser Arbeit, deren Inhalt, gleich den übrigen Schriften des Hrn. Verfassers, an Gründlichkeit der Untersuchung, Klarheit und Bestimmtheit des Urtheils, gediegener Auffassung sich auszeichnet, und bei dem Festhalten an ältern geprüften Wahrheiten alle der neuesten Zeit anheimfallenden Bereicherungen der Wissenschaft berücksichtigt. Das Materiale dieser Schrift umfaßt theils vom Medicinal-Collegium zu Königsberg eingeholte Superarbitria über einzelne bei den Gerichten verhandelte Verbrechen, theils freie Aufsätze über Gegenstand der gerichtlichen Arzneikunde, deren sorgfältige Erörterung eine zeitgemäße Aufgabe bilden, und in welchen der Hr. Verfasser auf die in der neuesten Zeit laut gewordenen Abweichungen aufmerksam macht, und insofern er diese als aus Mangel fester Begriffsbestimmung hervorgegangen betrachtet, die genau zu befolgende Bahn vorschreibt, und zur Nacheiferung auffordert. Insbesondere eifert er gegen die falsche Humanität, deren Einfluß auf das Urtheil der Aerzte sich in der jüngsten Zeit mit Hintansetzung der bekannten wissenschaftlichen Lehrsätze und mit Uebung dialektischer Fertigkeit auf eine Weise geltend zu machen gesucht, die den ganzen ärztlichen Stand in Mißcredit setzen, und alle seine Gutachten verdächtigen muß. Diesen wichtigen Gegenstand erörtert er, von allen Seiten beleuchtend, auf interessante Weise mit der ihm zu Gebote stehenden Beredsamkeit und Gründlichkeit0583 in dem ersten Aufsatze über die Advocatur der Aerzte.

Der zweite Aufsatz über den Beweis der Vergiftung soll uns darthun, daß wenn vollkommen überzeugende Gründe vorhanden sind, die eine hinreichende Gewißheit einer Vergiftung constatiren, die sinnliche Anschauung der äußern Thatsache, d. h. die Gewißheit der Beibringung des Giftes unnöthig ist. Die vier hier mitgetheilten Fälle sind sehr instructiv, namentlich zeichnet sich das erste Gutachten durch Gründlichkeit und Vollständigkeit aus. Um die Frage zu erörtern, ob Mord oder Selbstmord an einem Tode schuld sind, sind drei gut erzählte Fälle mitgetheilt. Am ausführlichsten wird zuletzt die Untersuchung der nähern Bestimmung der Tödtlichkeit einer Verletzung abgehandelt, und der Hr. Verfasser sucht das bisherige Chaos, welches in dieser Hinsicht fast in allen Handbüchern der gerichtlichen Arzneikunde über dieses Capitel herrscht, durch genaue Eintheilung und deutsche Ordnung zu lichten. Folgendes Schema stellt er für die methodische Untersuchung der Tödtlichkeit der Verletzungen auf, und belegt jede einzelne Abtheilung mit interessanten Datis: A. Tödtliche Verletzungen. I. Nothwendige Tödtlichkeit: 1) unbedingt nothwendige Tödtlichkeit, 2) bedingt; a) überhaupt bedingt, b) durch Individualität bedingt. II. Zufällige Tödtlichkeit: 1) negativ zufällige Tödtlichkeit, 2) positiv zufällige Tödtlichkeit. B. Nicht tödtliche Verletzungen.

Nach dem, was vorstehend über diese Schrift mitgetheilt, glaubt Ref. die Begier zur näheren Kenntniß derselben bei den Medicinalbeamten angeregt zu haben, und hofft, daß keiner die Anerkennung, welche das Werk gefunden, ungerecht finden wird.

Stuttgart und Tübingen, im Januar 1840.

J. G. Cotta'sche Buchhandlung.

[766]

C. A. Jenni, Sohn, in Luzern, hat aus Auftrag zu verkaufen und bittet um baldige frankirte Einsendung der Angebote: Deductionen und Staatsacten in Reichs -, Kreis - und Wahl -, auch Kriegs - und Friedenssachen des deutschen Reichs, aus dem 16ten und 17ten Jahrhundert. 41 Bände in Folio, 14 Bde. in Quart und 2 Bde. in Octav.

Diese Sammlung enthält gegen 700 gedruckte Actenstücke über die wichtigsten Verhandlungen des deutschen Reichstages.

Köhlers, die histor. Münzbelustigungen mit vielen Kpfrn. 22 Bände, nebst 2 Bänden Register. Nürnberg, Weigelt 1729-1750. Rück und Eck Pergament

Joachim, neu eröffnetes Münzcabinet von vielen seltenen, nirgends gesehenen Münzen. 4 Bände, mit vielen Kupfern. 1773, Halbfzbd.

Lochner, Sammlung merkwürdiger Medaillen. 8 Bde. mit vielen Kupfern. Nürnberg, 1737-1744. Rück und Eck Pergament.

Verzeichniß und Abbildung der Münzsorten, welche in den sächs. Kreisen gangbar oder verboten sind, item Taxa der Goldstücke mit vielen Holzschnitten. Leipzig, 1572, Pergament.

Sämmtliche Werke sind im besten Zustande.

[703]

Bei Friedr. Schulthess in Zürich ist so eben erschienen und durch alle soliden Buchhandlungen zu beziehen: CONFESSIO HELVETICA POSTERIOR.

Recognovit atque cum integra lectionis varietate autographi Turicensis, prolegomenis indicibusque edidit O. F. Fritzsche.

8. 12 gr. oder 48 kr.

[761-63]

In der Karl Haas'schen Buchhandlung in Wien, Tuchlauben Nr. 561 ist erschienen und daselbst, so wie durch alle Buchhandlungen zu erhalten: Die k. k. Bilder-Galerie im Belvedere zu Wien.

Nach den Zeichnungen des k. k. Hofmalers und Galerie-Custos Sigmund v. Perger, in Kupfer gestochen von verschiedenen berühmten Künstlern.

Nebst Erklärungen, in historischer und artistischer Hinsicht, in deutscher und französischer Sprache.

4 Bände in 60 Heften, das Heft in 4 Blättern (also 240 Kupfer) 90 fl. Conv-M.

Kauflustigen, welche sich directe an uns wenden, bewilligen wir noch besondere Vortheile; auch kann zur Erleichterung der Anschaffung dieses Prachtwerk lieferungsweise im Pränumerationspreis abgenommen werden.

Ein ausführliches Inhalts-Verzeichniß wird gratis ausgegeben.

0584

[699-700]

Im Verlage des Bibliographischen Instituts ist erschienen: HEILIGE FAMILIE, gemalt von F. Overbeck und nach Overbecks eigener Zeichnung in Kupfer gestochen von Jacob Felsing.

Elisabeth hält den kleinen, auf einem Lamme sitzenden Christusknaben, welcher sich, das Auge von Liebe strahlend, an Maria anschmiegt. Der kleine Johannes kniet zur Linken vor ihm.

Format: Imperial-Folio.

Preis: Im Probedruck vor aller Schrift 100 Rthlr. Av. l. l. chin. Pap. 40 Rthlr.; weiß Pap. 30 Rthlr. Offene Schrift 20 Rthlr. Schöne, erste Abdrücke mit voller Schrift 15 Rthlr. sächs. *) *)Auf denselben ist mit von des Druckers Hand eingerissener Schrift unten ganz klein zu lesen: Diesen Druck vom ersten Abzug macht 'ich im Lenz 1839 ein Zeugniß, wodurch dem Besitzer die Qualität und Aechtheit eines frühern Druckes bewährt wird.

Alle ein Kunsturtheil habenden Journale Englands, Frankreichs und Deutschlands haben obiges Werk einstimmig als ein solches gepriesen, dem die Bewunderung aller Zeiten gesichert sey. A JEWEL OF SURPASSING BEAUTY urtheilt das ATHENAEUM; und das Kunstblatt sagt darüber (Nr. 68, 1839): Overbeck's heilige Familie, eine der anmuthigsten Compositionen im Raphael'schen Charakter, ist hier durch Felsings glänzenden Grabstichel und vollendete Ausführung in einem der schönsten Blätter vervielfältigt worden, welche die Kupferstecherkunst in unsern Tagen hervorgebracht hat. Auch Druck und Papier zeigen sich in seltener Vollkommenheit.

[544-46]

So eben erschienen: Hungary and Transylvania their condition social, political and economical, by John Paget. Esq. 2 Vols. 8. mit 88 Abbildungen theils in Holzschnitt in den Text gedruckt, theils Stahlstiche und Karten.

Preis 10 Rthlr.. 12 gr. London bei John Murray.

Austria, by Peter Evan Turnbull Esq. F. R. S.. F. S. A. 2 Vols. 8.

Vol. I. Narrative of Travel.

Vol. II. Its social and Political condition.

Preis 8 Rthlr. 10 gr.

London.

John Murray.

Für Deutschland bei Black & Armstrong in London und Leipzig. Zu beziehen durch alle solide Buchhandlungen.

[842]

Vom 1 Januar 1840 ab erscheint im Verlage des Unterzeichneten: Allgemeine Preß-Zeitung.

Blätter für Preß-Gesetzgebung und Rechtspflege, litterarischen Verkehr und Bücherkunde.

Redigirt unter der Leitung von Dr. Julius Eduard Hitzig, der Zeit Vorsitzendem in dem litterarischen Sachverständigen-Verein für die preußischen Staaten in Berlin.

Preis für jährlich 104 Nummern hoch 4. 4 Thlr.

Leipzig, im Februar 1840.

J. J. Weber.

[858]

Album Caricature.

Aventures du Vicomte de la Linotière.

Lion féroce ou séjour à Paris d'un jeune provincial.

Zu beziehen in Paris bei Susse, place de la Bourse, 31; Gihaut, Boulevard des Italiens, 15; Martinet, rue du Coq St. Honoré, 15; Aubert, Galerie Véro-Dodat; Chaulin, papetier rue St. Honoré, und bei allen Bilder - und Kunsthändlern.

Preis 12 Fr. schwarz. 25 Fr. colorirt.

[692-94]

Bei J. G. Ritter v. Mösle's Wittwe und Braumüller in Wien ist erschienen: Darstellung der Finanzverfassung Oesterreichs, dann des österr. Gewerbs - und Cameralbeamtenwesens; ein Handbuch zunächst für k. k. österr. Cameralbeamte herausgegeben von Dr. August v. Malinkovski. 3 Theile in 2 Bänden.

5 fl. C. M.

[807-9]

Haus-Verkauf.

In der schönsten und belebtesten Straße der Stadt Zürich, in der unmittelbarsten Nähe des besuchtesten Gasthofes und der Post, kann ein solid gebautes Haus, mit 4 bequemen Wohngemächern, geräumigem Pleinpied und Kellern, käuflich übernommen werden. Es bietet diese Localität überdieß noch den großen Vortheil dar, daß ein daranstoßender Bauplatz damit verbunden ist, durch dessen Benutzung noch ein Gebäude mit beliebiger Einrichtung unmittelbar an jene Straße hingestellt werden kann. Zugleich könnte die schon seit mehreren Jahren in diesem Hause vertriebene öffentliche Apotheke mit allen dazu gehörigen Geräthschaften in den Kauf eingeschlossen werden, wenn ein Käufer sich fände, der dasselbe Gewerbe, wozu Lage und Einrichtung sich vorzüglich eignet, daselbst betreiben wollte. Wer nähere Auskunft wünscht, beliebe sich mittelst frankirter Briefe nunmehr nur an den Eigenthümer in der Apotheke Nr. 34 auf dem Münsterhof selbst zu wenden.

[719-21]

Anzeige.

Die auf der Herrschaft Eichhorn bei Brünn im Jahre 1838 erbaute Runkelrüben-Zuckerfabrik verarbeitet in 24 Stunden 700 bis 800 Centner Rüben mittelst einer Dampfmaschine von 10 Pferdekraft und 4 hydraulischen Pressen, welche in der Maschinenfabrik der HH. Breitfeld und A. Gottschalt und Comp. in Prag, unter der Leitung des Mechanikers Hrn. Evans, sammt allem gangbaren Zeug verfertigt wurden. Da die Betreibung hydraulischer Pumpen mittelst Dampfkraft bei uns noch ungewöhnlich, die ganze mechanische Einrichtung in meiner Fabrik aber vorzüglich gelungen, und seit Anfang October v. J. ununterbrochen Tag und Nacht in Thätigkeit ist, sich in jeder Hinsicht zweckmäßig und solid bewährt hat, so gereicht es mir zum Vergnügen, dieses hier öffentlich auszusprechen.

Wien, am 23 Januar 1840.

E. D. Satzger, Inhaber der Eichhorner Zuckerfabrik.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
Author[unknown]
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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ShelfmarkDWB 1996/32
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