PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Freitag
Nr. 129.
8 Mai 1840.

Spanien.

Bekanntlich hat die Königin-Regentin in diesen Tagen dem General Espartero eine petaca (Cigarrenbüchse) von Gold mit ihrem Porträt etc. und 6 Cigarren zum Geschenk gemacht, mit dem Ausdruck, I. Maj. hoffe, er werde sie an der Bresche von Morella anzünden. Dagegen hat O'Donnell seine Dimission eingegeben, man weiß nicht warum; es ist möglich, daß Espartero mit der Langsamkeit der Operationen der Centralarmee nicht zufrieden ist, wodurch die Belagerung von Morella verspätet wird, aber es ist auch wahr, daß diese letztere Armee nicht so reich an Hülfsmitteln ist, wie die unmittelbar von Espartero befehligte. O'Donnell gehört zur Moderantistenpartei, hat sich aber bisher wenig in politische Angelegenheiten gemischt. Man hat keine Nachricht von weitern Bewegungen seit dem Falle von Aliaga. Die Truppen Espartero's haben Forcall und Cintorres besetzt, und also Morella von Cantavieja abgeschnitten. Auf der andern Seite gegen Norden und Osten breiten sich die Truppen über die Defileen von Beceite aus, von welch letzterm Orte die Carlisten am 20 mit einem Verluste von 160 Todten, 140 Gefangenen und 2 Kanonen vertrieben worden sind. Auch wird die Desertion immer stärker unter ihnen. Aber weder die Linie verschanzter Orte auf der Nordgränze von Valencia (Ayodar, Montan, Begis, Collado etc.), noch die in Cuenca, Guadalaxara, eine Fortsetzung der erstern, ist angegriffen worden, und obgleich die Colonne von Molina unter dem braven Rodriguez, vormals Commandant der Gebirge von Burgos, die von Balmaseda angefangene Befestigung des Schlosses la Atalaya bei San Pedro de Cobeta am Tajo zerstört hat, wurde dieses Werk doch nach seinem Abzuge (er ist fast immer mit Transport-Begleitungen beschäftigt) mit verdoppelter Plage für die Ortschaften von neuem unternommen.

(Moniteur.) Ein Insurrectionsversuch fand auf mehreren Punkten der Nordprovinzen Spaniens statt. Dieser Versuch wurde schon seit einiger Zeit vorausgesehen, und die französische Regierung, benachrichtigt von dem Antheil, den mehrere auf unser Gebiet geflüchtete Spanier daran nehmen sollten, hatte Maaßregeln ergriffen, jene Flüchtlinge an einer Rückkehr in die Provinzen zu hindern. Die thätigste Wachsamkeit wurde auf der Gränze geübt; die Individuen, welche als Führer der künftigen Insurrection bezeichnet waren, wurden verhaftet. Trotz dieser Vorsichtsmaaßregeln fand der vorausgesehene Insurrectionsversuch statt; aber allem Anschein nach werden Banden ohne Organisation, der Mitwirkung einflußreicher Anführer, die sie erwarteten, beraubt, die Ruhe der Provinzen weder lange noch ernstlich stören. Die Bewegung begann am 26 April, an welchem Tage mehrere Banden in Navarra und Guipuscoa sich zeigten. In letzterer Provinz stellte sich ein Priester, Namens Amalibia, an die Spitze von etwa 20 Carlisten, und durchzog die Umgegend von Zaria, die dortige Bevölkerung zum Aufstand ermunternd. Es heißt, die Factionsmänner hätten die Casse des Steuereinnehmers in Zaria selbst weggenommen und sich darauf ins Gebirg geworfen. Einige Guerillas zeigten sich auch bei Goizueta, in derselben Provinz. In Navarra hatten ähnliche Vorgänge statt; die Amescoas, Zugarramurdy, Estella und einige andere Punkte werden als Hauptschauplatz der Versuche der Carlistischen Banden genannt. In Biscaya, wie in den übrigen Provinzen brach, mit Ausnahme einiger isolirten Versuche, keine ernste und beunruhigende Bewegung aus. Die spanische Militärbehörde hat energische Maaßregeln ergriffen. Die Truppen verfolgen die Rebellen. General Alcala stand am 28 in der Umgegend von Andoain, an der Spitze einiger Bataillone. Der Vicekönig von Navarra schickte aus Pamplona einige Compagnien nach dem Bastanthale ab. Die Energie der spanischen Behörden wird, glaubt man, jene strafwürdigen Versuche in ihrer Geburt ersticken. Die Insurrection, deren Anstifter nur Carlistische Officiere ohne Ressourcen und Mönche, erbittert über den Verlust ihrer Privilegien, sind, findet unter den Massen keinen Anklang. Die Einwohner schließen sich vielmehr sämmtlich den Truppen zur Verfolgung der Rebellen an. Diesen fehlt es an Geld, an Waffen und Munition; allem Anschein nach werden sie, auf ihre eigenen Kräfte beschränkt, ihr verzweifeltes Unternehmen bald aufgeben.

(Commerce.) Die Gränzjournale vom 30 April enthalten über die Bewegung der Carlisten in den baskischen Provinzen nur ungenaue Angaben. In Catalonien wurde am 25 ein bedeutendes Gefecht geliefert. Die catalonische Faction wurde von Vanhalens Truppen geschlagen, die Christinos sollen den General Aspiroz verloren haben. Das Fort Montan im Königreich Valencia ergab sich am 22 an die Truppen1026 der Königin. Espartero hat sein Hauptquartier seit dem 25 April in Monroyo. In Morella soll fortwährend die größte Verwirrung herrschen.

Großbritannien.

Oberhaussitzung vom 1 Mai. Lord Lyndhurst, von seiner Krankheit ganz wieder hergestellt, nimmt seinen Platz ein, und empfängt die Glückwünsche seiner Freunde, die ihm die Hand drücken. Er übergibt einige auf die irische Corporationenreform bezügliche Papiere, und wendet sich dann an Lord Melbourne mit den Worten: Ich möchte den edlen Viscount jetzt bitten, uns zu erklären, ob er entgegen sey, den von Hrn. Mac Gregor und dem neapolitanischen Minister des Auswärtigen am Ende vorigen Jahrs gezeichneten Vertrag, der am 1 Jan. 1840 ratificirt werden sollte, auf den Tisch des Hauses niederzulegen. Wie der edle Viscount sich erinnern wird, hat er bei einer früheren Gelegenheit mir in der Ansicht beigepflichtet, die Bestimmungen dieses Vertrags wären allen bei dem Handel mit Neapel und Sicilien Betheiligten vollkommen bekannt, und sie alle wären damit zufrieden und wünschten die Ratification. Wie der edle Viscount sich erinnern wird, pflichtete er bei einer früheren Gelegenheit mir in der Ansicht bei, daß der Handelsvertrag von Seite der neapolitanischen Regierung verletzt worden, und kündigte nun an, daß darüber ernste Remonstrationen nach Neapel gerichtet seyen. Diese Schritte waren, wie bekannt, vergeblich. Wenn man damals den edlen Viscount hörte, so wollte die neapolitanische Regierung das Monopol nur noch ein halbes Jahr bestehen lassen; ich protestirte gegen die Gestattung eines solchen Aufschubs, und bemerkte, die Anwesenheit einiger brittischen Kriegsschiffe an der neapolitanischen Küste würde die Lösung der Frage gar wunderbar beschleunigen. Jetzt hat man allerdings Kriegsschiffe hingesendet, darum wünsche ich aber nicht, daß man glauben möge, die ministeriellen Handlungen in dieser Sache hätten meinen unbedingten Beifall. Die nähere Entwicklung meiner Meinung muß ich mir indeß auf ein andermal versparen. Lord Melbourne: Die Regierung hat die Absicht, dem Parlament die Einsicht aller diese Angelegenheit betreffenden Actenstücke zu verschaffen. Nach einigen weiteren unerheblichen Verhandlungen vertagt sich das Haus.

〈…〉〈…〉Sitzung des Hauses der Gemeinen am 1 Mai. Hr. Hume zeigt an, er werde am 5 Mai vorschlagen, die Königin in einer Adresse zu bitten, daß Ihre Maj. die Vorlegung des Berichts von Dr. Bowring über die Handelslage von Aegypten und Syrien befehlen möge. Zugleich wolle er an den Hrn. Staatssecretär des Auswärtigen wenn er anders so glücklich seyn werde, denselben im Hause zu sehen (Gelächter) ein paar Fragen über Englands Intervention gegen Mehemed Ali in der türkisch-ägyptischen Frage richten, denn es verlange ihn sehr zu wissen, ob Ihrer Maj. Minister zu Repressalien gegen Mehemed Ali ermächtigt haben, ob es wahr sey, daß zwei ägyptische Schiffe weggenommen worden, und ob die Minister oder Lord Ponsonby Verhaltungsbefehle zur Regelung der ägyptischen Angelegenheiten gegeben. Auf eine Frage Lord Mahons in Bezug auf Neapel antwortet Lord Palmerston: Ich habe gestern eine Depesche d. d. 17 April erhalten. Sie meldet, daß die Repressalien begonnen haben (hört!) und das Dampfboot Hydra dermalen im Golf von Neapel stationirt ist. Eine Frage von Hrn. Hume erwiedert Lord J. Russell mit folgenden Details über den Gränzstreit: Die Sache ist eine verwickelte; sie umfaßt die aus dem Vertrage von 1783 und aus dem Genter Vertrag entspringenden Gränzfragen und zugleich die aus der Convention von 1839 herrührende Besitzfrage. Der Bericht der an Ort und Stelle abgefertigten englischen Commissarien ist uns so eben erst zugekommen; er wird einem Vorschlage zur Basis dienen, welchen die Regierung Ihrer Maj. an die Regierung der Vereinigten Staaten als Antwort auf deren Ultimatum richten wird, über welches man sich bis jetzt nicht hat verständigen können. Die größten Schwierigkeiten haften an der Convention von 1839. Kraft derselben sollte Neu-Braunschweig den oberen St. John und der Staat Maine das Thal des Aroostook besetzen. Ueber diesen doppelten Punkt kann man sich nicht vereinbaren. Gleichwohl fahren beide Theile fort ihre Stellungen zu behaupten, und ein Zusammenstoß zwischen ihnen ist nicht wahrscheinlich. (Hört!) Ich erachtete mich verpflichtet, dem Generalstatthalter des brittischen Nordamerika's und dem Befehlshaber unserer dortigen Truppen, zur Verhinderung jeder möglichen Collision, die Anfertigung der genauesten topographischen Karte von dem streitigen Gränzgebiet anzuempfehlen, welche dann zur Grundlage einer neuen Uebereinkunft hinsichtlich der Possessionsfrage dienen soll. Es ist wahr, es haben sich unangenehme Schwierigkeiten zwischen England und den Vereinigten Staaten in dieser Frage ergeben; da jedoch beide Länder bei der Erhaltung des Friedens interessirt sind (hört! und Beifall), und Angesichts der großen Verantwortlichkeit, welche auf diejenige der beiden Nationen fallen würde, die ohne Noth zu Feindseligkeiten schritte, hege ich die zuversichtliche Hoffnung, daß der Friede zwischen England und Amerika keine Unterbrechung erleiden und alle obschwebenden Differenzen auf freundschaftlichem Wege sich zur beiderseitigen Zufriedenheit ausgleichen werden. (Lauter Beifallsruf.) Das Haus vertagt sich bis zum 4 Mai.

Dem Sun zufolge hat O'Connell den Versuch gemacht, zur Verstärkung seiner Agitation sich mit den englischen Chartisten auszusöhnen.

Am 24 April eröffneten die Jünger Owens ihre neue geräumige Wissenschaftshalle in Liverpool. Hr. Finch begann die Feier mit einer Socialistenhymne, und las dann eine Stelle aus Owens Werken zum Lobe der Tugend, worauf abermals ein moralisch Lied folgte. Alsdann redete Hr. Robert Owen selbst zur Versammlung. Die Eröffnung dieses Saales, sagte er, sey ein sicheres Zeichen, daß eine große Veränderung über die Welt gekommen. Er bekämpfte die gegen seine Lehre im Parlament erhobenen Anschuldigungen; denn weit entfernt, Gotteslästerung, Unglauben und Unzucht zu lehren und zu begünstigen, suche dieselbe diese Sünden und Laster, von denen die Welt voll sey, vielmehr zu verbannen. Owen schloß eine Erörterung seiner Grundsätze mit der Versicherung, daß er auf einer öffentlichen Prüfung seiner Lehre bestehen werde. Nachmittags hielt eine Socialistin, Mistreß Chappelsmith, eine Vorlesung über die Rechte der Frauen. Sie seyen, führte sie aus, zu derselben Geistesbildung wie die Männer und zu einem gleichen Antheil an der Staatsverwaltung berechtigt. Nach der Vorlesung nahm Owen die Namengebung bei einem Kinde vor, und hielt noch einen Vortrag.

Meine Voraussagung hinsichtlich Palmers Motion gegen den Krieg mit China hat sich gestern Abends bestätigt. Man hat sich des unbequemen Gegenstandes auf die bequemste Weise, welche dem Hause für solche Gelegenheiten zu Gebote steht, entledigt, indem die Mitglieder von beiden Seiten wegblieben, so daß die erforderliche Anzahl von 40 nicht zugegen war, und der Sprecher die Versammlung vertagen mußte. Hiermit fielen natürlich auch alle Tagesordnungen zu Boden, und wenn es Hrn. Palmer oder einem andern Freund des Mittelreichs gelüsten sollte, die Sache dennoch vors Unterhaus zu bringen, so muß er aufs neue seinen Vorschlag1027 ankündigen. Sollte sich inzwischen die schreckliche Nachricht bestätigen, welche die Singaporer Zeitung meldet, so müßte es zwischen uns und China zu einem furchtbaren Krieg kommen, wobei jener ursprüngliche Grund (wenn überhaupt das gewaltsame Verfahren, wodurch die Chinesen sich des brittischen Opiums bemächtigten, nicht schon auf einem tiefern Grund ruht) bald in Vergessenheit gerathen würde. Es heißt dort nämlich, der Kaiser habe, sobald ihm die Zerstörung seiner Flotille durch zwei englische Schiffe kund geworden, die Ermordung aller Engländer befohlen, welcher man habhaft werden könne, und es seyen hierauf wirklich deren 200 ermordet worden. Ein solches Verfahren wäre bei den bekannten Grundsätzen der Gerechtigkeit, welche die Mandschu gegen Ausländer hegen, zwar nicht unmöglich; aber was die ganze Erzählung zweifelhaft macht, ist der Zusatz, daß der Generalgouverneur von Indien auf die Nachricht eine Verstärkung von 40,000 Mann abgeschickt habe, mit dem Befehl, keinem Chinesen Quartier zu geben ein Beschluß, wozu dieser Beamte durchaus keine Ermächtigung haben konnte, wie er es auch nicht auf sich nehmen würde, mit einer verhältnißmäßig so geringen Mannschaft und ehe die ganze Flotte versammelt wäre, gegen ein so stark bevölkertes Land einen Rachezug zu unternehmen. Auch melden die letzten Nachrichten von Bombay, wo man, dem Datum nach, es hätte wissen müssen, nichts von der Sache. Es läßt sich indessen beinahe mit Gewißheit annehmen, daß die Chinesen, in ihrer Bitterkeit, sich Manches werden zu Schulden kommen lassen, was zu bedeutenden Resultaten führen muß. Sonst wüßte ich Ihnen nur noch mitzutheilen, daß die Tiraden, welche sich nicht nur radicale, sondern auch manche angesehene Toryjournale gegen die Einführung einer regelmäßigen Polizei auf dem Lande erlauben, in einem Städtchen Namens Cole, in Lanceshire, bittre Frucht getragen. Die Polizei wurde nämlich vom Pöbel angegriffen und mehrere Mann derselben schwer verwundet. Bei der Gelegenheit bewährte sich aber auch wieder die Macht des Rechts über gesetzlose Tollheit, indem es nach einem hartnäckigen Kampfe 16 Polizeidienern gelang, ein Gesindel, dessen Zahl man auf Tausende anschlug, auseinander zu treiben und die Straßen von demselben zu reinigen. In Irland dauern die Versammlungen gegen Stanley's Maaßregel fort; besonders hat eine sehr wichtige stattgefunden, wobei ein Ponsonby den Vorsitz führte. Die Tories zu Belfast haben dagegen eine Versammlung zu Gunsten der Bill berufen.

Frankreich.

(Moniteur.) Die Resultate des glänzenden Treffens, das in der Gegend von Selsous von dem Scheik El Arab Ben Ganah gegen Ben Azus, den Lieutenant Abd-El-Kader's, der in die Provinz Constantine eingedrungen war, geliefert wurde, sind bekannt. Die den Truppen des Emirs durch unsern unerschrockenen Verbündeten abgenommenen Fahnen, worunter sich auch die des gänzlich aufgeriebenen regelmäßigen Bataillons befindet, wurden von dem Ordonnanzofficier des Generallieutenants Galbois, Hrn. v. Vallabrègue, nach Paris gebracht, und von dem Minister bei dem allgemeinen Empfang am 1 Mai präsentirt.

Von den gestern erwähnten Anreden der beiden Kammerpräsidenten tragen wir folgende Stellen nach: Baron Pasquier begann mit den Glückwünschen zu der Vermählung des Herzogs von Nemours. Die Abwesenden wie die Anwesenden, Alles zeigt uns hier, wie sehr von Ihnen und um Sie die Pflichten des Vaters und des Königs, die der Kinder und der Prinzen erkannt werden. In der Zeit, worin wir leben, mußten die Söhne des Königs der Franzosen in jeder Beziehung mit dem schönen, durch so große Erinnerungen geweihten Namen der Söhne Frankreichs begrüßt werden können. Unsere Glückwünsche, Sire, gelten zugleich jenem hochherzigen, großen Gedanken, der Sie bewog an die Vermählung Ihres zweiten Sohnes die Vervollständigung jenes Actes zu knüpfen, wodurch die Verbindung des Herzogs von Orleans bezeichnet wurde, jenes Acts, welcher immer in der Geschichte Ihrer Regierung als einer Ihrer schönsten Ansprüche auf Ruhm feststehen wird, denn Milde und Gnade sind das schönste Attribut der mit Gerechtigkeit verbundenen Gewalt. Wir wiederholen mit Freude, daß sie die Regierung, die bei gehörigem Anlaß eine wohlthätige Anwendung davon zu machen weiß, ehren ohne sie zu schwächen. Der König antwortete unter Anderm: Die edle Art, womit die Pairskammer ihre peinlichen Pflichten erfüllte, hat mächtig dazu beigetragen, mir das Glück zu verschaffen, die zwei Amnestien zu erlassen. Es war für mich ein süßes Gefühl, diese aus meinem Herzen hervorgegangenen und durch eine weise Politik empfohlenen Acte an die beiden Verbindungen zu knüpfen, welche den Trost und das Glück meiner Familie ausmachen. ... Ich bin nicht minder gerührt von dem gerechten Zoll der Anerkennung, welchen die Pairskammer der Hingebung meiner Kinder darbringt. Frankreich wird jedesmal, wenn es ihres Arms zur Aufrechthaltung des Ruhms unserer Waffen, oder im Innern zur Vertheidigung unserer Institutionen bedürfen sollte, sie bereit finden, ihm ihr Leben zu weihen.

Die Rede des Präsidenten der Deputirtenkammer, Hrn. Sauzet, hatte dieselben Hauptpunkte, wie die des Präsidenten der Pairskammer zum Gegenstand. Das Vaterland, sagte er unter Anderm, ist stolz auf Ihre Söhne, wie auf jene junge Armee, die durch ihre Heldenthaten neue Namen an die Seite der schönsten Namen ihrer Geschichte eingegraben hat. Diese Erinnerungen ergreifen alle Herzen; sie bezeugen die unzerstörbare Macht unseres Gefühls für Nationalwürde. Dieses Gefühl ist die Seele des Landes. Es ist die Rettung in schwierigen Tagen, während es in ruhigen Zeiten, wenn andere Bande lockerer werden, großherzige Gemüther mit wohlthätiger Energie an einander schließt, und dem Frieden den Charakter der Größe und der Dauer leiht. Frankreich, Sire, hängt mit heißem Verlangen an jenem der ganzen Welt so theuren Frieden. Es will ihn, um allen Kräften seiner Thätigkeit, aller Macht seiner Intelligenz ihre natürliche Springkraft zu geben. Es wünscht ihn, um jene bildungverbreitende Bewegung zu befruchten, die Alles beseelt, ohne etwas zu verwirren, die das Land bereichert, ohne es zu entkräften. Während es aber mit Vertrauen die Leitung jener friedlichen Arbeiten der Weisheit des Königs und der Kammern überläßt, wendet es auch die Augen auf seine Kinder, die für das Vaterland kämpfen, und wiederholt sich mit Stolz, daß keine seiner Kräfte schlummert, und daß die Zeit ihm keine Art seines Ruhms entzogen hat. Der König antwortete: Ich höre mit Vergnügen, wie Sie den Eifer meiner Kinder für den Dienst des Vaterlandes würdigen. Von der reinsten und uneigennützigsten Hingebung beseelt, werden sie immer bereit seyn, ihr Blut für Frankreich zu vergießen, in den Reihen unserer tapfern Armee zu kämpfen, um die Ehre unserer Fahnen zu unterstützen und jene Institutionen aufrecht zu erhalten, welche die Ordnung wie die Freiheit verbürgen .... Ich fühle mich glücklich, daß ich durch einen neuen Gnadenact das Vergessen der Vergangenheit besiegeln konnte. Möge er den Haß erlöschen, und jene Leidenschaften dämpfen, die vielleicht die einzige Gefahr bilden, die wir noch zu fürchten haben! Es ist ein glückliches Gefühl für mich, die letzten Spuren jener1028 Schmerzenstage, die, wie ich hoffe, bei uns nicht wiederkehren werden, verwischt zu haben. Ich wiederhole Ihnen, daß mich kein anderer Ehrgeiz, als das Glück von Frankreich beseelt, und daß mir kein Opfer, keine Hingebung für dasselbe zu theuer seyn werden. Diese mit tiefem Gefühl ausgesprochenen Worte wurden mit allgemeinem Rufe: Es lebe der König! begrüßt.

In der Antwort auf die von Hrn. Huyot im Namen des Instituts am 1 Mai gehaltene Anrede sagte der König: Durch Berichtigung, durch Vervollkommnung der alten Methoden gelangt man zu dem Zwecke, den wir uns alle vorsetzen, nämlich den Künsten den größten Glanz zu ertheilen, und den Werken derer, welche sie cultiviren, einen dauerhaften Beifall zu sichern. Denn wir wollen nie vergessen, daß der der Neuheit, der Seltsamkeit gezollte Beifall gerechtem Tadel Platz macht, der den ephemeren Ruf derer zerstört, deren Name vielleicht hohen Glanz gewonnen haben würde, wenn sie eine bessere Bahn eingeschlagen hätten.

Auf die Anrede des Hrn. Cousin, Ministers des öffentlichen Unterrichts, antwortete der König unter Anderm: In meinen Augen liegt ein wirklich gegründeter Ruhm darin, das große, von Franz I begonnene Werk fortsetzen zu können, das diesem den Titel des Vaters der Litteratur verschafft hat. Fahren Sie fort, der Erziehung jene weise Richtung zu geben, die vor Sophistereien und jenen unseligen Theorien bewahrt, mittelst deren man die Jugend in Abwege hineinzieht, deren Vertilgung bis auf die letzten Spuren zu Stande gebracht zu haben, ich mich glücklich preise; ich sage die letzten Spuren, weil man jetzt hoffen darf, daß wir nicht mehr genöthigt werden dürften, die Strenge der Gesetze zu entwickeln, und daß Frankreich alle ihm von der Vorsehung vergönnten Vortheile im Frieden genießen wird.

In der Deputirtenkammersitzung vom 2 Mai kam nichts Erhebliches vor. Zwei Gesetzesentwürfe wurden mit großer Mehrheit angenommen; der erste beantragte eine Nationalbelohnung von 30,000 Fr. zu Gunsten des ehemaligen Schiffscapitäns Crevel, welcher 400 Mann der am gelben Fieber leidenden französischen Expeditionsarmee auf St. Domingo von Port-au-Prince nach der Stadt Cap français transportirte, und dadurch den Repressalien der Schwarzen entzog. Sein Schiff wurde unmittelbar darauf von den englischen Kreuzern genommen. Der zweite Gesetzesentwurf beantragte die Bewilligung einer lebenslänglichen Pension von 500 Franken für die Wittwe eines holländischen Matrosen, welcher seinen Untergang fand im Augenblick, als er einigen französischen Schiffbrüchigen zu Hülfe kommen wollte. Die Pairskammer beschäftigte sich an demselben Tage mit dem von der Regierung verlangten Credit von 3,600,000 Fr. zur Einführung der Percussionsflintenschlösser in der ganzen Armee. Der Marschall Soult glaubt, man dürfe mit der Annahme dieser Verbesserung der Bewaffnung nicht länger zögern, weil sonst die fremden Armeen dadurch ein militärisches Uebergewicht über die französische Armee erhielten. Die Kammer nahm den Gesetzesentwurf mit 79 Stimmen gegen 30 an.

Die Deputirten versammelten sich am 2 Mai in den Bureaux, wo über den Remilly'schen Antrag berathen und die Commission zur Berichterstattung über denselben ernannt wurde. Die Mehrheit dieser Commission, fünf Mitglieder, erklärten sich mehr oder minder für den Antrag; es sind die HH. Maurat-Ballange von der eigentlichen Linken, Albert, Ganneron, Mornay und Havin von der ministeriellen Linken; vier Mitglieder sind entschiedene Gegner des Antrags: die HH. Dupin, Duchatel, Passy und Lefebvre. Alle Minister waren anwesend. Graf Jaubert, Minister der öffentlichen Arbeiten, sprach im fünften Bureau für das Verwerfen des Antrags und nannte ihn eben so unzeitig, als schlecht. Hr. Thiers erklärte, daß er dem Antrag keine große Wichtigkeit beilege, aber er werde sich damit beschäftigen, wenn man wolle. Offen werde er jeden Antrag verwerfen, der ihm unpassend oder gefährlich dünke, was auch die Motive seyen, aus denen er hervorgegangen. Er tadelte die Ausschließung der Beamten aus der Kammer als eine absurde Idee, und einer Ausschließung käme es in der That gleich, wenn man zu den Beamten sagen würde: ihr könnt Theil an der Kammer nehmen, jedoch unter der Bedingung, daß ihr eurer Deputirtenstellung jede, auch die gerechteste Beförderung opfert. Er sey zwar gleichfalls für beschränkende Bedingungen, doch in einem ganz andern Sinne, als der vorliegende Antrag. Er erklärte sich endlich für eine Vertagung der Discussion auf eine andere Session, da ohnehin jede weitere Beschränkung eine Auflösung der Kammer nach sich ziehen müßte. Im neunten Bureau verlas Hr. Drault ein vertrauliches Schreiben, welches Graf Jaubert, Minister der öffentlichen Arbeiten, an mehrere Mitglieder dieses Bureau adressirt hatte. Dieses Schreiben lautete, wie folgt: Mein Herr und lieber College! Sie wollen zweifelsohne gleich uns den Antrag des Hrn. Remilly in dem Schooß der Commission zu Grabe legen. In diesem Sinne fordere ich Sie auf, den ehrenwerthen Hrn. Quinette zu wählen. (Unterz.) Graf Jaubert. Der Lesung dieses Circulars folgte große Aufregung. Hr. Lefebvre erklärte, daß die Commission jetzt um so mehr den Antrag zur Discussion vor die Kammer bringen und eine Verwerfung desselben, als eine Beleidigung der Kammer, beantragen müsse, weil der Minister der öffentlichen Arbeiten denselben in der Commission begraben zu sehen wünsche. Hr. Quinette protestirte gegen die Meinung, die ihm in jenem Schreiben unterschoben sey; er wünsche im Gegentheil, daß man den Antrag des Hrn. Remilly berücksichtigen möge.

Hr. Turpin, Mitglied der Akademie der Wissenschaften in der Section des Ackerbaues, ist am 1 Mai an einer Brustentzündung gestorben. Dieß ist seit acht Tagen der dritte Verlust, den die Akademie erlitt.

Dem Commerce zufolge hat Hr. Dupont (de l'Eure) den ihm von Hrn. Thiers angetragenen Sitz bei dem Cassationshof entschieden abgelehnt.

Der Presse zufolge wird der Messager jetzt auf Rechnung des Ministeriums publicirt, das ihn für 120,000 Fr. in monatlichen Zahlungen von 6000 Fr. gekauft habe.

(Outre-Mer.) Unsere Briefe aus Toulon melden mit Bestimmtheit, daß Spanien, auf Anstiften Englands, die Erlaubniß, welche es Frankreich gegeben, auf einer kleinen Insel bei Mahon ein Hospital für die Verwundeten und Kranken der Algierer Armee zu bauen, zurückgenommen hat. Wem bekannt ist, von welch 'geringer Wichtigkeit dieses Inselchen als Besitzung ist, dem mag es begreiflich seyn, daß Frankreich so leicht nachgegeben hat; schwerer zu begreifen aber ist, wie die Eifersucht der Engländer so weit gehen konnte.

Niederlande.

Die Centralsection der zweiten Kammer der Generalstaaten conferirte heute wieder mit dem interimistischen Finanzminister, Hrn. van Gennep, über die Budgets. Se. Maj. der König hat die Generalmajore L. J. George, Oberbefehlshaber der Festung Herzogenbusch, und C. A. de Favange zu Generallieutenants ernannt. Eine große Anzahl Stabsofficiere wurde dagegen pensionirt oder auf Nonactivität gestellt.

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Italien.

In einem Schreiben der Gazette de France aus Cività Vecchia vom 22 April heißt es: Wenn der Streit zwischen England und Neapel nicht bald ein Ende nimmt, wird der König von Neapel Caperbriefe ausgeben. Dem englischen Handel werden die sicilischen Caperschiffe den größten Schaden zufügen, denn keine Nation der Welt ist zu einem solchen Handwerk besser geeignet. Das Sonderbarste bei all' diesen Dingen ist, daß der Krieg ausgebrochen ist und dennoch Hr. Temple sich fortwährend in Neapel befindet; ja von seinem Gesandtschaftspalast aus ertheilt er sogar dem Admiral Stopford Befehl, die neapolitanischen Schiffe wegzunehmen. So etwas hat man seiner Lebtage noch nicht gesehen.

Seit den letzten Nachrichten (vom 25), welche die Lage der Dinge in einem sehr düstern Lichte, wie sie es auch wirklich waren, schilderten, hat sich hier Alles plötzlich verändert. Wie es scheint, hat das französische Cabinet die Wichtigkeit dieser englisch-neapolitanischen Streitigkeiten und die durch sie dem europäischen Frieden drohende Gefahr in ihrem ganzen Umfang erkannt, und die Nothwendigkeit eingesehen, einer nahestehenden Krisis durch ein rasches und ernstes Einschreiten zuvorzukommen, was schon aus der schnell auf einander folgenden Ankunft dreier französischen Kriegsdampfschiffe mit Depeschen an die französische Legation und an Se. Maj. den König hervorgeht. Ueber die Art und Weise der Beilegung dieser Angelegenheit ist noch nichts Näheres bekannt; man hat im Publicum darüber bis jetzt nur Muthmaßungen, deren wahrscheinlichste die ist, daß Frankreich die Vermittelung übernehmen will in Betreff der Entschädigungen, die sowohl die englische Regierung als die Compagnie Taix, mit der der Schwefelcontract aufgelöst ist, ansprechen. Der König fand, als er Sonnabend Nachts von Gaeta zurückkam, obige Depeschen, und Sonntag Mittag war die Sache abgemacht, worauf noch am selbigen Tage Abends 8 Uhr das neapolitanische Dampfschiff Marie Christine mit französischer Flagge, den französischen Consul Hrn. v. Montigny so wie den englischen Gesandtschaftssecretär an Bord, auslief, um die Friedensbotschaft dem Commandanten des Bellerophon zu überbringen, den es auch nach zehnstündigem Suchen fand. Dieser fertigte sogleich ein Dampfschiff an Admiral Stopford nach Malta ab mit der Weisung des Gesandten, die Feindseligkeiten einzustellen und die genommenen Schiffe, deren man in den neapolitanischen Gewässern neun zählte, freizugeben, während das englische Dampfschiff Hydra sich sogleich hierher auf den Weg machte, und beim Ankerwerfen vor der Stadt mit 21 Schüssen salutirte. Heute folgte ihm auch der Bellerophon, der ein Gleiches that. Ebenso wurden gleich am Montag früh die sequestrirten englischen Schiffe wieder freigegeben. Mittags fand man folgende Ministerialnotification an der Börse angeschlagen: Ministerium des Kriegs und der Marine. Da die Streitigkeiten zwischen der königlichen Regierung und der von Großbritannien ausgeglichen sind (appianate), und demzufolge alle Feindseligkeiten von Seite der englischen Regierung gegen die neapolitanische Flagge aufhören, so will Se. M., daß auch die laut k. Rescripts vom 24 angeordnete Beschlagnahme aller in den Häfen des Königreichs liegenden Schiffe zurückgenommen werde. Im Namen des Königs theile ich dieß der Handelskammer mit, um es öffentlich bekannt zu machen. Der Departementschef Brochetti. Diese günstige Wendung hat allgemeine Freude erregt, namentlich auch bei den englischen Häusern, denen es anfing, etwas bange zu werden, da sie sich nicht vorgestellt hatten, daß die Sache so ernstlich werden würde. Sie wandten sich deßhalb an ihren Gesandten, um ihn zu bewegen, nicht zu weit zu gehen.

Der Streit zwischen England und Neapel ist so weit beigelegt, daß beiderseits alle feindseligen Maaßregeln aufgehört haben. England wird demnach wohl seinen Zweck erreicht und das Schwefelmonopol beseitigt haben. Ob es dabei in seinem Rechte war, bleibt sehr zweifelhaft. Die allgemeine Meinung in Italien ist in dieser Sache gegen England. Man findet sein Betragen gewaltthätig und durchaus unwürdig. So mag es auf einer Seite gewonnen, auf der andern aber wieder verloren haben, denn wer vermag zu sagen, wie wichtig die allgemeine Meinung bei einer heute oder morgen ausbrechenden Katastrophe seyn dürfte? Seit einigen Tagen ist großer Begehr nach Actien zur Eisenbahn zwischen Livorno und Florenz eingetreten. Sie standen vor 12 Tagen auf 99, heute sind zu 106 keine Verkäufer. Binnen einigen Tagen erwartet man die definitive Bewilligung der Regierung, und dann wird gleich Hand ans Werk gelegt werden. Zuerst wird man die Bahn zwischen Livorno und Pisa vollenden.

Beschluß der päpstlichen Allocution. Rühmlich leuchtete dann das Bekenntniß des eingebornen Priesters Bernard Duê, eines ehrwürdigen Greises von dreiundachtzig Jahren, welcher, nach so vielen bestandenen Arbeiten und Mühsalen zum Heile der Seelen, von Alter und Krankheit verzehrt kaum mehr gehen konnte, und dennoch, als über seine Religion und seinen Priesterstand wiederholtes Geschrei erhoben wurde, sich aus einem besondern Antrieb der göttlichen Gnade, wie es Uns scheint, freiwillig den Soldaten auslieferte. Obgleich er nun, von diesen gefangen und sofort durch vielfache Quälerei zum Abfall vom Glauben umsonst versucht, nach den Staatsgesetzen jenes Reichs wegen überschrittenen Alters von achtzig Jahren nicht mehr mit der Todesstrafe belegt werden konnte, so geschah es dennoch durch Aufhebung dieses Vorrechts in seinem Falle, daß er im Anfange des Monats Augusts den glorreichen Tod für Christum mittelst Enthauptung erleiden durfte. Mit derselben Todesart wurde gleichzeitig ein anderer eingeborner Priester vom Prädicantenorden, Namens Dominicus Diêu-Hanh hingeschlachtet, welcher ebenfalls in früherer Zeit eifrigst für das Heil der Seelen gewirkt und kurz vor seinem Tode nicht wenige andere Martern für Christi Liebe muthig ertragen hatte. Nur einige Tage später starb freudig eines ähnlichen Todes für das Bekenntniß des Glaubens ein anderer Christusstreiter (Christi Athleta), Joseph Viên, auch dieser ein eingeborner Priester, der zuvor in den Pflichten des heiligen Amtes sechzig Jahre gearbeitet. Diesen folgte im Monat September ein anderer Priester jener Gegend, Petrus Tu vom Prädicantenorden, welcher, ehe er durch Abschlagung des Hauptes getödtet wurde, nicht nur inmitten der Folterqualen selbst auf das standhafteste im Glauben verharrt war, sondern auch die andern mit ihm gefesselten Christen furchtlos in Gegenwart der Richter zur Ausdauer ermahnt hatte. Sein Gefährte im Martyrtode war Joseph Kanh, ein Mann vorgerückten Alters vom Orden des h. Dominicus, auch er ein unter den Gläubigen seines Bezirks höchst angesehener, um die wahre Religion höchlich verdienter Geistlicher. Endlich im Monat November erlag der Priester Peter Dumoulin Borie, und mit ihm zwei eingeborne Priester, für Christi Liebe muthig dem Henkerbeil. Dieß, wie wir gesagt haben, ereignete sich im Jahre 1838. Neuerlich aber haben die Länder Cochinchina und Tonkin drei Helden Christi mit neuem Glanze der Tugend verherrlicht. Da sie, die im vorhergehenden Jahre wegen ihres Glaubensbekenntnisses in Tonkin in den Kerker geworfen worden, der Vorsteher der Provinz weder durch Schmeicheleien, noch durch Drohungen, noch auch durch Folterqualen von der Liebe Christi hatte losreißen können,1030 ließ er sie zuletzt durch einen trüglich beigebrachten betäubenden Trank in einen Zustand der Besinnungslosigkeit versetzen und die also Betäubten auf das Bildniß des heiligsten Erlösers stellen, worauf er an den König schrieb, dieselben hätten dadurch, daß sie das Kreuz mit Füßen getreten, die christliche Religion abgeläugnet. Aber die frommen Gottesstreiter, die unterdessen mit einer Geldgabe aus dem Kerker entlassen worden waren, gingen, als sie von der Sache Kunde erhielten, ohne Verzug in das Gerichtshaus, warfen dort das ihnen hinterlistig gegebene Geld öffentlich vor der Obrigkeit von sich weg, und bekannten vor dem erwähnten Statthalter wiederholt unsern Glauben, betheuernd, daß sie von der Heiligkeit desselben niemals abgewichen, so wie sie gleicherweise in alle Zukunft treufest an ihm halten würden. Nach dieser so rühmlichen und öffentlichen Zurückweisung des ihnen angedichteten Verbrechens verfügten sich zwei derselben Gottesstreiter, mit Namen Nikolaus und Augustinus, überdieß nach der weitentlegenen Hauptstadt von Cochinchina, und setzten den König selbst von dem Vorgefallenen und von der Beständigkeit ihrer Knechtschaft gegen Christum schriftlich in Kenntniß. Dann auf Befehl des Fürsten noch einmal zur Abtrünnigkeit vom Glauben vergebens gedrängt, gelangten sie endlich im Monat Junius des nächsten Jahres glücklich zur Palme des Martyrthums, und ihre Leiber wurden, nach Abschlagung der Häupter, geviertheilt und in die Tiefe des Meers versenkt. So habt Ihr denn, ehrwürdige Brüder! in dieser Unsrer Rede eine kurze Lobpreisung derjenigen, die aus allen Reihen des katholischen Clerus und Volks in jenen fast entlegensten Theilen des Morgenlandes den wahren Christusglauben nicht nur durch Erduldung von mancherlei Leiden und Qualen, sondern auch durch Vergießung ihres Bluts verherrlichten. Gebe Gott, daß fortan nicht die Gelegenheit fehle, diese ganze Sache gebührend zu erforschen, damit dieser heilige Stuhl gemäß der Norm der päpstlichen Heiligsprechungen über den Triumph so vieler neuen Märtyrer und deren Empfehlung an die Verehrung der Gläubigen sein Urtheil fällen könne. Unterdessen getrösten Wir Uns der festen Hoffnung, daß der Urheber und Vollender des Glaubens, Christus der Herr, durch dessen hülfreiche Gnade jene stark geblieben im Kampfe, auf seine Braut die vom neuvergossenen Blut ihrer Söhne strahlende Kirche mit Hulden herabblicke und sie den Trübsalen, von denen sie bedrängt ist, gnädig entreiße, insbesondere aber in den von jenem Blute getränkten Landen die Früchte der Gerechtigkeit durch eine vervielfältigte Zahl der Gläubigen vermehre.

Deutschland.

Se. k. Hoh. der Großherzog von Baden hat auch den heutigen Vormittag mit Besichtigung der hiesigen Merkwürdigkeiten, und mit aufmerksamer Würdigung unsere Kunstsammlungen und Baudenkmale hingebracht. Abends ist am königlichen Hofe ein Kammerconcert zu Ehren des hohen Gastes veranstaltet, der diesen Mittag an der Tafel Ihrer k. Hoh. der Herzogin von Leuchtenberg speist. I. k. Hoh. die Prinzessin Amalie von Sachsen ist unter dem Namen einer Gräfin von Plauen vorgestern aus Italien hier angekommen, und hat nach einem Aufenthalt von 24 Stunden ihre Reise nach Dresden fortgesetzt. Zu den Kunsterzeugnissen, die in neuester Zeit hier ein vorzüglich lebhaftes Interesse erregt haben, gehören zwei Bilder von Albrecht Adam, wovon eines den Abzug der Franzosen aus Moskau, das andere die Schlacht bei Regensburg darstellt. Beide bethätigen ihres Meisters reichbegabtes Kunsttalent, das namentlich in solchen Scenen, wo es sich um zweckmäßige Anordnung der Gruppen, charakteristische Darstellung der einzelnen Personen, vollendete Zeichnung der Pferde und überhaupt naturgemäße Durchbildung aller Theile sowohl in Form als Farbengebung handelt, stets siegreich hervortritt. Wie wir hören, werden diese beiden trefflichen Gemälde von ihrem Besitzer, Hrn. Bolgiano, demnächst nach St. Petersburg gesendet.

Berathung der zweiten Kammer über den Tit. XXXIX. von der Brandstiftung. Der Entwurf macht vier Classen von Gegenständen der Brandstiftung: 1) Wohnhäuser etc. (§. 499), 2) Kirchen, Theater, Fabriken etc., die nicht zur Wohnung, wohl aber zur Versammlung oder zeitlichem Aufenthalt einer größern Zahl Menschen bestimmt sind (§. 500), 3) Waldungen, Torfmoore etc. (§. 501), 4) andere als die unter §. 499 und 500 aufgeführten Gebäude, so wie große Vorräthe von Holz, Torf, Steinkohlen, Heu oder ähnlichen Gegenständen (§. 502). Bei der letzten Classe von Gegenständen wird gefordert, daß Feuerlärm entstanden sey, sonst wird die vorsätzliche Zerstörung derselben durch Feuer, so wie bei den, in den vier Classen nicht aufgeführten kleineren Gegenständen nicht als Brandstiftung, sondern nur als Beschädigung von Sachen, wovon der XLI. Titel handelt, bestraft. Bei den Gegenständen der ersten Classe ist die Brandstiftung mit Zuchthaus von 10 bis 20 Jahren, bei den Gegenständen der zweiten Classe, wenn sich gerade Menschen im Gebäude befanden und der Thäter dieß vermuthen konnte, ebenfalls mit 10 bis 12 J., sonst mit 3 bis 16 J. Zuchthaus, bei den Gegenständen der dritten Classe mit Zuchthaus von 3 bis 10 J. und bei der vierten Classe mit Arbeitshaus von 1 J. bis 6 J. Zuchthaus. Nach Schinzingers Vorschlag wurden im §. 500 die Bibliotheken, Archive, Registraturen und Kunstsammlungen noch in die zweite Classe aufgenommen. Bei §. 502 schlug Itzstein vor, auf das Entstehen eines Feuerlärms keine Rücksicht zu nehmen, da der Schaden und die Bosheit des Thäters dieselbe sey, ob Feuerlärm entstand oder nicht. Christ und v. Rotteck unterstützten diesen Antrag, welcher von Staatsrath Jolly, Duttlinger und Bekk, so wie von Trefurt und Sander bekämpft wurde, da der durch den Feuerlärm entstehende allgemeine Schrecken und das viele Unglück, das bei dem Zusammenlauf der Menschen und beim Löschen entsteht, das einzige Charakteristische sey, was das Abbrennen der Gegenstände des §. 502, wo durch den Brand an und für sich kein Menschenleben in Gefahr gesetzt sey, zur Brandstiftung erhebe. Itzsteins Antrag ward verworfen, dagegen der vom Berichterstatter Litschgi gemachte Antrag angenommen, daß die Anzündung dieser Gegenstände, wenn sie einem Gegenstand der §§. 499 bis 501 nahe liegen, so daß sich das Feuer auf diese leicht fortpflanzen könnte, als Brandstiftung gestraft werde, wenn gleich in diesem Falle kein Feuerlärm entstanden ist. Die §§. 504 und 505 enthalten mehrere Erschwerungsgründe, welche höhere Strafen begründen. Nach §. 506 kann da, wo der Gegenstand der Brandstiftung einem andern Gegenstand, hinsichtlich dessen die Brandstiftung mit höherer Strafe bedroht ist, so nahe liegt, daß sich das Feuer auf diesen leicht fortpflanzen kann, die Strafe bis zu demjenigen Maaße erhöht werden, welches eintreten müßte, wenn der Thäter den letztern Gegenstand selbst in Brand gesteckt hätte. Sander bekämpfte den Artikel, da weder die Absicht noch der Erfolg den letzten Gegenstand erfaßte. v. Rotteck: Die dem Thäter bekannte Gefährlichkeit für den nahe gelegenen wichtigeren Gegenstand, wenn gleich dieser im einzelnen Falle vom Feuer nicht ergriffen werde, sey der Grund der Straferhöhung. Ebenso werde die Brandstiftung an Wohnhäusern wegen der Gefahr für Menschenleben mit der höchsten Strafe belegt, wenn gleich im einzelnen Falle kein Mensch das Leben verloren habe. Der Artikel wurde angenommen. Nach §. 509 soll der Brandstifter mit dem Tode bestraft werden, wenn bei dem Brande ein Mensch das Leben verlor und dieser Erfolg von ihm als wahrscheinlich vorhergesehen werden konnte. Sander, Welcker, Merk, Zenter und Kunzer bekämpften diesen Artikel, der jedoch von Staatsrath Jolly, Christ, Geheimrath Duttlinger und v. Rotteck vertheidigt, sofort angenommen wurde, obschon sonst in keinem Falle wegen Tödtung eines Menschen, wo nicht wenigstens der unbestimmte Vorsatz auf den Tod gerichtet ist, die Todesstrafe gedroht ist. Der §. 513, welcher die fahrlässige Erregung eines Brands bedroht, wurde von Schaaff bekämpft, da es hier an einer bloß polizeilichen Strafe genüge. Bekk schlug vor, wenigstens für die Fälle,1031 wo großer Schaden entstand, und der Brand als die wahrscheinliche Folge der fahrlässigen Handlung vorauszusehen war, die Strafe des Entwurfs mit Kreisgefängniß oder Arbeitshaus bis 2 J. beizubehalten. Angenommen.

Der Hr. Graf v. Münch-Bellinghausen wird erst in der nächsten Woche erwartet.

General Pudberg überbrachte als kaiserlicher Courier heute 10 Uhr die Segenswünsche der kaiserlichen Majestäten zur Verlobung des Großfürsten-Thronfolgers mit der Prinzessin Marie von Hessen. Nachmittags zwischen 1 und 2 Uhr verkündigten 101 Kanonenschüsse officiell dieses frohe Ereigniß. Fürst Bariatinsky hatte die Botschaft des Thronfolgers von hier in der kurzen Zeit von sieben Tagen gebracht, und so auch General Pudberg die Antwort; allein dem Kaiser war sie schon sechs Stunden früher auf telegraphischem Wege zugeeilt. Der Großfürst-Thronfolger hatte fast die ganze Nacht von Sonnabend auf Ostersonntag mit Schreiben zugebracht (regelmäßig begibt er sich erst nach Mitternacht zur Ruhe), und der Fürst Bariatinsky hatte erst Ostersonntag Morgens 4 Uhr Darmstadt verlassen können. Unpäßlichkeit hat seine Rückreise hierher um einige Tage verzögert. Der Großherzog speist heute im engeren Familienkreise mit seinem kaiserlichen Schwiegersohn auf dem reizenden zwischen Darmstadt und Langen im Wald gelegenen Jagdschlosse Wolfsgarten. Die eben verkündete Stiftung eines neuen hessischen Verdienstordens zu Ehren Philipps des Großmüthigen, welcher unter den Beförderern und Beschützern der Reformation in erster Linie glorreich dasteht, und durch seine Energie und Ausdauer der Landgrafschaft Hessen ein so entscheidendes Gewicht in der Wagschale der damaligen europäischen Angelegenheiten verschaffte, zeigt die Geneigtheit des hiesigen Hofes, den alten historischen Ruhm zur Verherrlichung des neuesten glücklichen Ereignisses in dem zweiten Hauptzweig des hessischen Hauses, welcher durch den dritten und jüngsten Sohn Philipps, den frommen Georg, gegründet wurde, mitwirken zu lassen. Wir haben schon einen Verdienstorden, den Ludwigs-Orden, und es ist noch unbekannt, welcher Unterschied bei der künftigen Verleihung der beiden Orden gemacht, und welche Tendenz dem neuen Philipps-Orden eigentlich zugetheilt wird. Der neue Orden hat wie der Ludwigs-Orden Großkreuze und zwei Classen, Comthure und Ritter. Der Herzog Adolph von Nassau hält sich seit zwei Tagen hier auf, und nimmt an den Festlichkeiten, welche in der großh. Familie gefeiert werden, Antheil. Er ist ein eben so vertrauter Freund des Thronfolgers, wie sein Vater sich der Freundschaft des Kaiser Nikolaus zu erfreuen hatte. Er fährt auch hier mit seinem schönen Gespann und russischen Kutscher, den der Kaiser dem verstorbenen Herzog zum Geschenk verehrt hatte. Der Großherzog hat den Grafen Ernst Casimir von Isenburg-Büdingen mit seinen Descendenten in den Fürstenstand erhoben, dem schon früher das Haus Isenburg-Birstein angehörte. Außer diesen beiden Isenburgischen Linien haben auch noch die drei andern Häuser Isenburg Meerholz, Wächtersbach und Philippseich Besitzungen im Großherzogthum Hessen, und als Standesherren Sitz in der ersten Kammer der Landstände des Großherzogthums.

Der bekannt gemachte Abschluß der vorjährigen Staatsrechnung ist glänzend, und bestätigt zugleich, daß sich die Ablösungen die Kammergutseinnahmen nicht vermindert, sondern vermehrt haben, weil das Einkommen, namentlich von den Zehnten, weniger als von ihren Ablösungsgeldern betragen hat, und weil die Erlasse von allen Gefällen, die abgelöst worden, wegfallen. Die Steuern haben einen bedeutenden Mehrbetrag ergeben fast allein mit Ausnahme der Einkommensteuer, bei welcher eine strengere Controlle sich nicht ohne große andere Nachtheile ausüben läßt. Die Vermehrung der Branntweinsteuer beweist nicht die einheimische Vermehrung des Branntweintrinkens, sondern die lebhafte Ausfuhr von Weingeist, der besonders aus Kartoffeln gewonnen wird. Ueberdieß wird noch täglich preußischer Branntwein durch das Land nach den Hansestädten verfahren. Die Gesammteinnahme, ohne die Weggelder, beträgt 6,560,000 Thlr., und die Ausgabe, woran gegen das Vorjahr 130,000 erspart, 5,580,000, so daß ein Ueberschuß von 980,000 verblieben, welcher mit ständischer Zustimmung zur Schuldentilgung verwandt wird. In dem so bestellten Staatshaushalt liegen die Mittel bereits vor Augen, um mit den Eisenbahnen zum Werk zu schreiten, welche zur Vertheidigung von Deutschland noch nothwendiger als für den hiesigen Verkehr nützlich erscheinen. Es schwebt dabei vor Allem die Eisenbahn von Magdeburg nach Köln vor, die auf ihrem Zuge durch das hiesige Land von seiner natürlichen Beschaffenheit hoch begünstigt wird, und auf ihrem Zuge von Minden nach der Wupper und Elberfeld höchstens ein halbstündiges Hinderniß findet. Ihr Bau kostet jedenfalls weniger Zeit als der Bau einer Eisenbahn von der Elbe über Kassel nach dem Rhein, und die Zeit könnte unter den obwaltenden und noch mehr unter leicht denkbaren Umständen viel wichtiger seyn, als ein Kostenbeitrag von 30,000 Rthlrn. jährlich auf sechs Jahr, wozu sich die preußische Postverwaltung erboten haben soll. Hier dürfte gelten, das eine thun, und das andere, das auch mehr als für Preußen und die Vereinsstaaten allein zählt, nicht lassen.

Oesterreich.

Aus Mailand erfährt man, daß die Monza-Eisenbahn bereits so sehr im Bau vorgeschritten ist, daß sie bis Ende Jul. d. J. eröffnet werden kann. Man gedenkt, ihr eine Ausdehnung von Monza nach Bergamo zu geben. Es ist sehr zweifelhaft, ob die Wien-Raaberbahn, in der Strecke von Wien über Baden bis Neustadt, dieses Jahr noch zur Benützung gebracht werden kann; man glaubt vielmehr, daß die Eröffnung derselben im Mai 1841 geschehen werde, doch kommt es noch diesen Sommer zu Probefahrten zwischen Baden und Neustadt. Die ungarischen Reichsstände haben Sr. Maj. einen Gesetzartikel über den Donau-Theiß-Canal unterbreitet, für dessen Herstellung sich eine Actiengesellschaft gebildet hat. Dieser für Communication und Handel in Ungarn äußerst wichtige, die Mitte des Landes durchschneidende Canal wird bei Pesth einmünden, und bei Csongrad in die Theiß gehen. Nebstdem werden einige Donau-Arme dazu benützt. Da er nach Art eines sogenanten Naviglio eingerichtet werden wird, nämlich so, daß das Wasser beständig im Flusse erhalten wird, so ist der Versumpfung gehörig vorgebeugt; auch wird er in Breite und Tiefe nach Maaß der Beschiffung mit den größten Donauschiffen angelegt werden. Ungarische Landesproducte, welche bisher wegen Mangel an Verbindungsstraßen mit Pesth und Wien aus den ferne gelegenen Theilen nicht zugeführt werden konnten, bekommen dadurch eine Communicationseröffnung, deren Erweiterung selbst noch durch Benützung kleinerer schiffbarer in die Theiß mündenden Flüsse möglich gemacht ist. Dem erwähnten Gesetzartikel wegen des Donau-Theiß-Canals haben die Stände auch die Bitte beigefügt, Se. Maj. wolle bei allergnädigster Bestätigung desselben zugleich geruhen, gemessene Befehle zu ertheilen, daß Baron Sina, welcher bereits das Privilegium zum Baue einer Eisenbahn am rechten Donau-Ufer besitzt, die in Oesterreich bereits begonnene Eisenbahn (die Wien-Raaber) auf nähere und einträglichere Stationen beschränke, und dieselbe zugleich, in Folge seiner1032 Eingabe, von Oesterreichs Gränzen bis Ofen und Pesth baldigst zur Ausführung bringe. Diese Bitte wird durch die Angabe motivirt, daß der Donau-Theiß-Canal hauptsächlich dadurch an Gemeinnützigkeit gewänne, daß die auf demselben verführten Naturproducte dem Westen und Süden mittelst der Eisenbahn am rechten Ufer zugeführt werden können. In der Wiener Correspondenz der Leipziger Allg. Zeitung, deren wir unterm 29 April erwähnten, findet sich die Angabe, daß Graf Kankrin sich hieher begeben werde, um mit Oesterreich einen Handelsvertrag abzuschließen. Diese Angabe ist sammt allen Nebenbemerkungen falsch. Man weiß weder von einer Reise des Grafen Kankrin, noch von einem Handelsvertrage etwas, der zwischen Oesterreich und Rußland abgeschlossen werden soll. Da überdieß derlei Verträge durch Vermittlung der betreffenden Gesandtschaften geschlossen werden, so hätte den Berichterstatter doch der Zweifel kommen sollen, wie wenig es wahrscheinlich sey, daß der Finanzminister Graf Kankrin wegen Abschluß eines Handelsvertrags mit Oesterreich seinen Posten verlassen und nach Wien reisen werde, wo eine kais. russische Botschaft besteht. Der Streit über Guttenberg und dessen böhmische Abkunft ist in letzterer Zeit in hiesigen und Provinzblättern fortgesetzt worden.

1025

George Sands Cosima.

Gestern Abend, nach langem Erwarten, von Tag zu Tag, nach einem fast zweimonatlichen Hinzögern, wodurch die Neugier, aber auch die Geduld des Publicums überreizt wurde endlich gestern Abend ward das Drama von George Sand im Théàtre français aufgeführt. Das Gedränge und die Hitze war unerträglich. Man hat keinen Begriff davon, wie seit einigen Wochen alle Notabilitäten der Hauptstadt, alles, was hier hervorragt durch Rang, Geburt, Talent, Laster, Reichthum, kurz durch Auszeichnung jeder Art, sich Mühe gab, dieser Vorstellung beiwohnen zu können. Der Ruhm des Autors ist so groß, daß die Schaulust aufs höchste gespannt war; aber nicht bloß die Schaulust, sondern noch ganz andere Interessen und Leidenschaften kamen ins Spiel. Man kannte im voraus die Cabalen, die Intriguen, die Böswilligkeiten, die sich gegen das Stück verschworen und mit dem niedrigsten Metierneid gemeinschaftliche Sache machten. Der kühne Autor, der durch seine Romane bei der Aristokratie und bei dem Bürgerstand gleich großes Mißfallen erregte, sollte für seine irreligiösen und immoralischen Grundsätze bei Gelegenheit eines dramatischen Debuts öffentlich büßen; denn, wie ich Ihnen dieser Tage schrieb, die französische Noblesse betrachtet die Religion als eine Abwehr gegen die herandrohenden Schrecknisse des Republicanismus und protegirt sie, um ihr Ansehen zu befördern und ihre Köpfe zu schützen, während die Bourgeoisie durch die antimatrimonialen Doctrinen eines George Sand ebenfalls ihre Köpfe bedroht sieht, nämlich bedroht durch einen gewissen Hornschmuck, den ein verheiratheter Bürgergardist eben so gern entbehrt, wie er gern mit dem Kreuze der Ehrenlegion geziert zu werden wünscht.

Der Autor hatte sehr gut seine mißliche Stellung begriffen, und in seinem Stück alles vermieden, was die adeligen Ritter der Religion und die bürgerlichen Schildknappen der Moral, die Legitimisten der Politik und der Ehe, in Harnisch bringen konnte; und der Vorfechter der socialen Revolution, der in seinen Schriften das Wildeste wagte, hatte sich auf der Bühne die zahmsten Schranken gesetzt, und sein nächster Zweck war, nicht auf dem Theater seine Principien zu proclamiren, sondern vom Theater Besitz zu nehmen. Daß ihm dieß gelingen könne, erregte aber eine große Furcht unter gewissen kleinen Leuten, denen die angedeuteten religiösen, politischen und moralischen Differenzen ganz fremd sind, und die nur den gemeinsten Handwerksinteressen huldigen. Das sind die sogenannten Bühnendichter, die in Frankreich ebenso wie bei uns in Deutschland eine ganz abgesonderte Classe bilden, und wie mit der eigentlichen Litteratur selbst, so auch mit den ausgezeichneten Schriftstellern, deren die Nation sich rühmt, nichts gemein haben. Letztere, mit wenigen Ausnahmen, stehen dem Theater ganz fern; nur daß bei uns die großen Schriftsteller mit vornehmer Geringschätzung sich eigenwillig von der Bretterwelt abwenden, während sie in Frankreich sich herzlich gern darauf produciren möchten, aber durch die Machinationen der erwähnten Bühnendichter von diesem Terrain zurückgetrieben werden. Und im Grunde kann man es den kleinen Leuten nicht verdenken, daß sie sich gegen die Invasion der Großen so viel als möglich wehren. Was wollt ihr bei uns, rufen sie, bleibt in eurer Litteratur und drängt euch nicht zu unsern Suppentöpfen! Für euch der Ruhm, für uns das Geld! Für euch die langen Artikel der Bewunderung, die Anerkenntniß der Geister, die höhere Kritik, die uns arme Schelme ganz ignorirt! Für euch der Lorbeer, für uns der Braten! Für euch der Rausch der Poesie, für uns der Schaum des Champagners, den wir vergnüglich schlürfen in Gesellschaft des Chefs der Claqueure und der anständigsten Damen. Wir essen, trinken, werden applaudirt, ausgepfiffen und vergessen, während ihr in den Revuen beider Welten gefeiert werdet und der erhabensten Unsterblichkeit entgegenhungert!

In der That, das Theater gewährt jenen Bühnendichtern den glänzendsten Wohlstand; die meisten von ihnen werden reich, leben in Hülle und Fülle, statt daß die größten Schriftsteller Frankreichs, ruinirt durch den belgischen Nachdruck und den bankerotten Zustand des Buchhandels, in trostloser Armuth dahindarben. Was ist natürlicher, als daß sie manchmal nach den goldenen Früchten schmachten, die hinter den Lampen der Bretterwelt reifen, und die Hand danach ausstrecken, wie jüngst Balzac that, dem solches Gelüst so schlecht bekam! Herrscht schon in Deutschland ein geheimes Schutz - und Trutzbündniß zwischen den Mittelmäßigkeiten, die das Theater ausbeuten, so ist das in noch weit schnöderer Weise der Fall zu Paris, wo all diese Misere centralisirt ist. Und dabei sind hier die kleinen Leute so activ, so geschickt, so unermüdlich in ihrem Kampf gegen die Großen, und gar besonders in ihrem Kampf gegen das Genie, das immer isolirt steht, auch etwas ungeschickt und, im Vertrauen gesagt, auch gar zu träumerisch träge ist.

Welche Aufnahme fand nun das Drama von George Sand, des größten Schriftstellers, den das neue Frankreich hervorgebracht, des unheimlich einsamen Genie's, das auch bei uns in Deutschland gewürdigt worden? War die Aufnahme eine entschieden schlechte oder eine zweifelhaft gute? Ehrlich gestanden, ich kann diese Fragen nicht mit bestimmter Bejahung oder Verneinung beantworten, obgleich ich von Anfang bis zu Ende dem Schauspiel beiwohnte. Die Achtung vor dem großen Namen lähmte vielleicht manches böse Vorhaben, und die Vorstellung ward nicht unterbrochen durch jene Tumulte, die bei der Aufführung der Stücke von Victor Hugo stattzufinden pflegen. Ich erwartete das Schlimmste. Alle Antagonisten des Autors hatten sich ein Rendez-vous gegeben in dem ungeheuren Saale des Théâtre français, der über zweitausend Personen faßt. Etwa 140 Billete hatte die Administration zur Verfügung des Autors gestellt, um sie an die Freunde zu vertheilen; ich glaube aber, verzettelt durch weibliche Laune, sind davon nur wenige in die rechten, applaudirenden Hände gerathen. Von einer organisirten Claque war gar nicht die Rede; der gewöhnliche Chef derselben hatte seine Dienste angeboten, fand aber kein Gehör bei dem stolzen Verfasser der Lelia. Die sogenannten Römer, die in der Mitte des Parterre's unter dem großen Leuchter so tapfer zu applaudiren pflegen, wenn ein Stück von Scribe oder Ancelot aufgeführt wird, waren gestern im Théàtre français nicht sichtbar. Die Beifallsbezeugungen, die dennoch häufig und hinlänglich geräuschvoll stattfanden, waren um so ehrenwerther. Während des fünften Acts hörte man einige Meucheltöne, und doch enthielt dieser Act weit mehr dramatische und poetische Schönheiten als die vorhergehenden, worin das Bestreben, alles Anstößige zu vermeiden, fast in eine unerfreuliche Zagniß ausartete.

Ueber den Werth des Stücks überhaupt will ich mir hier kein Urtheil gestatten. Genug, der Verfasser ist George Sand und das gedruckte Werk wird in einigen Tagen der Kritik von1026 ganz Europa überliefert werden. Das ist ein Vortheil, den die großen Reputationen genießen: sie werden von einer Jury gerichtet, welche sich nicht irre machen läßt von einigen litterarischen Eunuchen, die aus dem Winkel eines Parterre's oder eines Journals ihre pfeifenden Stimmchen vernehmen lassen.

Ueber die Darstellung des bestrittenen Drama's kann ich leider nur das Schlimmste berichten. Außer der berühmten Dorval, die gestern nicht schlechter, aber auch nicht besser wie gewöhnlich spielte, trugen alle Acteure ihre monotone Mittelmäßigkeit zur Schau. Der Hauptheld des Stücks, ein Monsieur Bauvallet, spielte, um biblisch zu reden, wie ein Schwein mit einem goldenen Nasenring. George Sand scheint vorausgesehen zu haben, wie wenig sein Drama trotz aller Zugeständnisse, die er den Capricen der Schauspieler machte, von den mimischen Leistungen derselben zu erwarten hatte, und im Gespräch mit einem deutschen Freunde sagte er scherzhaft: Sehen Sie, die Franzosen sind alle geborne Komödianten, und jeder spielt in der Welt mehr oder minder brillant seine Rolle; diejenigen aber unter meinen Landsleuten, die am wenigsten Talent für die edle Schauspielkunst besitzen, widmen sich dem Theater und werden Acteure.

Der neue Theorienkampf in der Schweiz.

Im April. Seit einer Reihe von Jahren überzeugen wir uns mit Bedauern, daß von der bildsamen Einwirkung, die man Ihrem Blatte allenthalben zugesteht, nur ein ganz geringes Maß auf die Schweiz trifft. Man sucht die Berichte über das Ausland mit Begier, und überschlägt jene das Vaterland berührenden mit mißtrauischer Eilfertigkeit; man bewundert die Ausdehnung, welche der Wissenschaft gegönnt wird in den Beilagen, während fast jedes Wörtchen, das die Kantone bespricht um es mild auszudrücken entbehrlich scheint. Es sey fern von uns, mit derlei Andeutungen den vielen würdigen Männern in den Weg treten zu wollen, die in einem so weit reichenden Organ sich über die verwickelte Lage unserer verschiedenartigen Staatshaushalte aufklärend vernehmen lassen; wohl aber meinen wir solche, die sich der einzelnen Wahrheit und des Wissens nicht um seiner selbst willen bedienen, sondern es bloß für ihren Eigensinn verbrauchen, um, wenn sie doch endlich den Strom der Vergessenheit hinabschwimmen müssen, noch aus dem Wasser heraus, wie jener Hartnäckige im Mährchen, ihre Rechthaberei zu betheuern jene meinen wir, denen das hingenommene System, wie dem Knaben der Reiterstiefel um die Beine schlottert, und die jede Thatsache, jede Regung entweder abenteuerlich emporschrauben, oder tragikomisch verdammen und mit kumäischem Pathos dem Untergange weihen möchten; die das höchste Gut des Vaterlandes, die große Einfachheit seiner Entwickelung, diesen in aller wahren Volksgeschichte rührendsten Zug, so oft mißbrauchen und verletzen, so oft sie ihre Feder ansetzen. Wie sie selbst nur überredet werden müssen, weil ihnen abgeht die schöne menschliche Gabe, überzeugt werden zu können: so können sie auch selber nie überzeugen, und führen deßhalb in einheimischen wie in auswärtigen Blättern den bodenlosen Traum ihrer antinationellen Phantasmagorien oder den kleinen Krieg ihrer dürftig angelernten Sophistik fort ärgerlich und betrübend für die Zeitgenossen, nutzlos und lächerlich für die Folgezeit, unerquicklich und irreführend für das Ausland, reizend und provocirend für die Einheimischen. Auf solche Weise mußte eine leidenschaftliche Stimmung der Schweiz gegen deutsches Zeitungsurtheil nothwendig entstehen. Alles Volk ist lauter Reciprocität. Nichts in der Welt hält der Republicaner für wichtiger als sich selbst; man hat ihm sein Leben genommen, wenn man es absichtlich zu bloßen Parteizwecken entstellt. Auch eine solche Volksleidenschaft, wie sie sich lange schon gegen deutsches Wesen bei uns ausdrückt, hat noch eine Vernünftigkeit in sich; sie wendet sich aber nur nicht gegen die einzelnen Ursachen, sondern verdammt in wenig analysirender Raschheit gleich das Ganze.

Die Schweiz ist, vermöge ihrer Einrichtungen, der freieste Tummelplatz für Meinungskämpfe und Parteibestrebungen aller Art. Und während auf der einen Seite die Ursachen der Bewegung nicht auf Grundsätze, sondern auf Persönlichkeiten und ihre nächsten Zwecke sich zurückleiten lassen, während hier zur Vertheidigung des Glaubens und der Sitte gegen zersetzenden Radicalismus, dort für Volksfreiheit und Fortschritt gegen reactionäre und ultramontane Umtriebe das Feldgeschrei erschallt, läßt sich dennoch hinter den Leidenschaften und Vorwänden ein wissenschaftliches Element nicht verkennen. Es lebt in den Köpfen der Männer aller Parteien, die sich bei Savigny oder Hegel auf deutschen Universitäten ein System geholt haben. Allein, wie in der Republik überhaupt, und in dem Charakter der Schweizer insbesondere, die praktische Richtung vorherrscht, so muß die Wissenschaft, wie die Religionsgefahr ein Mittel abgeben zum Zweck. Wir, von jeher die Musterkarte aller Zeitmöglichkeiten zu einer und derselben Zeit; wir, die minutiosen historischen Antiquare und zugleich die Vertheidiger der Volkssouveränetät; wir, in kantonaler Zerrissenheit das oft ausgesprochene Streben nach Einheit, mit nordamerikanischen Detentionsanstalten und feudalistischem Blutbann, mit neuen Gemeindeordnungen und Zehntablösungen neben uralten Ortszöllen und Grundlasten wir erröthen nicht, aus dem Orte und Brennpunkte der neuesten Regierungshandstreiche heraus, und mit derselben Hand, die noch von oder vor der geschwungenen Revolutionswaffe zittert, von dem historischen Rechte zu berichten, dem sich die Schweiz zuwende. Aus Savigny's Kategorien-Scheu suchen wir Anklagen gegen uns selbst und wie lächerlich klingend vor Deutschland zusammenzunieten, das ein hundertjähriges Schlachtfeld gewesen; das sich in die undeutschen Erbfolgekriege hineinreißen lassen; das genug gesunkene Größen in stumme Gräber verschloß; das den Rheinbund gesehen, das ich sage nicht mehr, an die Stelle des historischen Rechtes die Reformation zu setzen vermochte. Und nun dieses historische Recht gar noch auf die Schweiz angewendet! angewendet, wie ein Vexiersatz, der, wenn er just nicht hier paßt, doch wieder einmal dort halbwahr ist, der sich bei allen Gelegenheiten bequem wiederholen läßt wie die alte Leyer, womit sich Johann, der muntere Seifensieder, den Schrecken über seine neuen Glücksfälle vom Halse sang. Aber es ist gewiß nur ein morscher Stecken, herausgezogen aus der Paragraphenhecke des infalliblen Compendiums, dieser hierseits schülerhaft nachgesprochene und deßhalb nur carikirte Lehrsatz des historischen Rechts. Und wir sagen es nicht etwa demjenigen, der nun eben damit gleißet; wir reden es für die nächste Zukunft des Landes: weder Savigny's historisches Recht noch der reine Begriff Hegels sind die Zielpunkte des schweizerischen Volkslebens. Es ist gewiß nicht der wurzelschlagende Stab Jakobs und seiner Söhne gewesen, mit dem das Züricher Landvolk neulich in die Stadt zog. Es war höchstens jener irgendwo beliebig ausgezogene Hagstecken zum dreinschlagen.

Daß dieß, wie jede Wahrheit, öfter als einmal wahr ist, dieß beweisen jetzt schon alle weiteren Erfolge. Man verkennt es nur noch, oder bemüht sich wenigstens, es noch länger verkennen zu dürfen. Trieb man in Zürich eine Richtung bis in ihre pure Abstractheit und sank damit, weil man sie dem Volk1027 aufnöthigte, so wird auch die nun darauf gefolgte Abstraction zu Grabe gehen müssen, sobald sie sich genugsam am Volke, auf das in unserm kleinen Staatsleben Alles übergehen muß, abgestoßen hat. Hier zu Lande bleibt der Instinct Sieger und allein am Ruder; was mittelst der aus dem Hexenbuche der Theorie herausbeschwornen Zukunft regieren will, stürzt; das Volk läßt seine Kathederhelden plötzlich im Stich. Als daher jener sogenannte Zürichputsch oder Straußenkrieg losbrach, und das Volk gegen eine neue Kirche loszuziehen meinte, so war es nicht die Regierung, welche gestürzt wurde dieß beweist der damalige und jetzige Bürgermeister Heß nicht ein Clerus von verpönter Geistesrichtung, denn kein Pfarrer, wenn auch der neuen Messiasidee zugethan, hat bisher seine Stelle verloren nicht die Verfassung war es, die man beseitigte, nein, so burlesk es auch noch klingen mag, es bleibt: eine deutsche Schulgrammatik ist es gewesen, gegen welche der Uebersetzer der Sakuntala und Wikra Wormasi (Pfarrer Hirzel) mehrere tausend Bauern in schöner Bewegung einführte; Scherrs deutsche Sprachlehre ist mit tausend Knütteln aus dem Kanton geschlagen worden. Es hatte sich nämlich Beckers bekannter Sprachorganismus unter der Hand des Züricher Seminardirectors zu solcher logischen Abstraction und Schulmeisterei verflüchtigt; die vielen schülerhaften Versuche, die Beckerische Sprachtheorie zu popularisiren oder zu hypertheoretisiren, hatten als obligatorische Lehrmittel so sehr das Land überschwemmt, daß sich hier das Kind zuerst in seinem Sprachgefühle verletzt sehen, und ein bildungsloser aber zärtlicher Vater dieß für eine Verletzung des Wahrheitsgefühls und des religiösen Sinnes ansehen mußte. Gewiß hatte das Volk hierin nicht Unrecht. Trat nun zufälligerweise eine nach anderm Extreme hinlaufende Richtung der gleichen logischen Schule hinzu; versuchte ein Religionslehrer die Popularisirung der Straußischen Idee so imperatorisch, wie Scherr die Beckerische; war auf diese Weise Kirche und Schule nun plötzlich bedroht, die Schattenhaftigkeit einer Hegel'schen Encyklopädie zu werden, so hatte das Extrem sein Maaß erreicht. Der Familienvater, in seinem Kinde verletzt, schlug gegen Bücher los; der Seminardirector wanderte aus und das historische Recht ein. Ein Extrem hat das andere zur Folge. Wir können es wohl abwarten, wie lange nun das Volk das Mißverständniß der entgegengesetzten und nur obenhin abgeschöpften Theorie ertragen wird.

Belgien.

Die Vandersmissen'sche Angelegenheit, die der Anlaß zu einer Aenderung des Ministeriums geworden, hat ihre Rolle hiemit nicht ausgespielt, sondern fordert vielmehr gerade deßhalb eine Lösung anderer Art, als diejenige, die dem früheren Ministerium zu dessen eigenem Nachtheil mißlungen ist. Das neue Cabinet hat diese Lösung auf folgende Weise eingeleitet. Es hat in der Sitzung der Repräsentantenkammer vom 22 d. M. ein Amnestiegesetz vorgeschlagen, da die Frage, ob der 20ste Artikel des Friedenstractats auf Belgien anwendbar sey, durch die Verhandlungen der Kammer in Zweifel gestellt worden und es doch nöthig sey, die Vergangenheit abzuschließen. Durch dieses Gesetz sollen alle Proceduren wegen vor dem 19 April 1839 (dem Datum des Friedensvertrags) begangener politischer Vergehen abolirt und untersagt werden. Bekanntlich hatte Hr. Vandersmissen bei seinem Erscheinen in Belgien im Jahr 1839 auf Wiederaufnahme seines Processes angetragen, wozu ihn seine Stellung als Contumazverurtheilter berechtigte. Diese Wiederaufnahme würde nun kraft des neuen Gesetzes unmöglich. Durch Vandersmissens Wiedererscheinen in Belgien und seine Bereitwilligkeit, sich den Gerichten zu stellen, war zugleich das früher gegen ihn gesprochene Urtheil weggefallen; er war General wie vorher, und konnte diesen Rang nach den Bestimmungen des 124sten Artikels der Verfassung nicht anders als auf gesetzlichem Wege wieder verlieren. Diesen gesetzlichen Weg erblickte das frühere Ministerium nur in einem neuen richterlichen Urtheil, dem aber, nach seiner Ansicht, der 20ste Artikel des Friedensvertrags entgegenstand, daher es sich begnügte, den General außer Dienst zu setzen. Das jetzige Ministerium dagegen hebt durch einen neuen königlichen Beschluß den früheren vom 15 Julius 1839 auf, erklärt die Anwendung jenes 124sten Artikels auf Vandersmissen als einen Irrthum und behauptet, derselbe habe schon dadurch seinen Generalsrang verwirkt, daß er nicht innerhalb der durch das Gesetz vom 20 Julius 1831 bestimmten Frist den Eid der Treue gegen die neue Ordnung abgelegt. So wäre also Vandersmissen nicht mehr General, und fände sich auch in der Unmöglichkeit, seine Sache vor die Gerichte zu bringen. Die Amnestie verlöre hienach für ihn den Charakter einer Wohlthat, auch werden seine Anhänger nicht ermangeln, sie eine Ungerechtigkeit zu nennen, da sie ihm den Weg Rechtens versperrt. Eine Freisprechung auf diesem Wege zu erlangen, konnte er sich übrigens nicht versprechen; sein einziger Zweck konnte nur seyn, durch Darstellung der Verhältnisse von 1831 zu beweisen, daß er damals nichts Anderes gewollt, als was Viele gewollt, die noch jetzt in angesehenen Aemtern stehen. Den Anfang hiezu hat er bereits in einem Schreiben an beide Kammern gemacht. (S. Allgem. Ztg. vom 6 Mai.)

Dieses Schreiben ist vom 25 d. M., mithin drei Tage später als der Vorschlag des Amnestiegesetzes in der Kammer, und als der neue königliche Beschluß; auch nimmt H. Vandersmissen in der Unterschrift noch immer den Generalstitel an, was zu der Vermuthung berechtigt, daß er sich mit den Maaßregeln des Ministeriums nicht zufrieden zu geben gedenkt. Man spricht von einer Vertheidigungsschrift, mit deren Herausgabe er schon früher gedroht. Schickte er diese wirklich ins Publicum, so würden die unangenehmen Folgen, denen man durch Untersagung des Processes vorzubeugen hofft, nichtsdestoweniger eintreten. Auf der andern Seite steht auch das gegenwärtig ergriffene Auskunftsmittel hinter der Art, wie das frühere Ministerium diesen Fall behandelt, sowohl in Beziehung auf großmüthige Handhabung der königlichen Prärogative, als in Hinsicht der Achtung vor der Verfassung und dem Rechte zurück. Ueber den Einwurf wegen des nicht innerhalb der erforderlichen Zeit geleisteten Eides hatten sich die vorigen Minister in der Kammer dahin erklärt, daß sie denselben für unhaltbar und unbillig gefunden, da Vandersmissen nicht in der Lage war, den Eid leisten zu können, und man ihn auch sogar von ihm nicht würde angenommen haben. Gelingt es nun nicht, den Vandersmissen auf irgend eine Weise zum Schweigen zu vermögen, so werden seine Revelutionen, obgleich ihnen kein unbedingtes Zutrauen zu schenken ist, zur Aufregung der Gemüther nicht wenig beitragen. Was er über den verstorbenen Regenten sagt, war den besser Unterrichteten längst kein Geheimniß mehr. Von der Theilnahme Lord Ponsonby's sprach ich schon in einem früheren Briefe. Ihn klagen die Orangisten in dieser ganzen Sache am meisten an, weil sie ihm die Absicht beimessen, das Complot zu Gunsten des Prinzen von Oranien nur darum eine Zeitlang begünstigt zu haben, weil er Frankreich mit den Gefahren einer Restauration in Belgien erschrecken, und dadurch dessen Zustimmung zur gleich nachher eingeleiteten Wahl des Prinzen Leopold erlangen wollte.

1028

Rußland nach der Darstellung der Chinesen.

Es haben sich während der jüngsten Zeiten in England und auf dem Continente mehrere Stimmen erhoben, welche behaupteten, Rußland habe durch schlaue Diplomatenkünste die Chinesen gegen die Engländer aufgereizt; es hätten die Slaven im Geheimen diesen Krieg zwischen den beiden größten Reichen der Erde herbeigeführt und ihnen müsse demnach die Schuld aller dieser Wirren zugeschrieben werden. Unter diesen Umständen ist es wichtig, nicht bloß die Beziehungen Rußlands zu China dem Leser ins Gedächtniß zurückzurufen, wie dieß bereits in einem frühern Artikel unseres Blattes geschehen ist, sondern auch die Angaben und Nachrichten kennen zu lernen, welche sich in den officiellen Werken des Mittelreichs über Rußland, über seine Regierung und Macht vorfinden. Man wird daraus am sichersten ermessen können, ob Rußland wirklich am Hofe zu Peking eines solchen Ansehens sich erfreut, daß dieser Staat nach Willkür den Arm des erhabenen Himmelssohnes lenken und den Britten den Zutritt zum Mittelreiche versperren könnte.

Rußland so lesen wir in der neuesten Ausgabe der officiellen Beschreibung des chinesischen Reiches und in der auf Befehl Kien longs begonnenen Geographie, deren Druck im Jahr 1804 vollendet wurde Rußland liegt nördlich der Chalka-Mongolen. Es beginnt bei dem Flusse Tschikoi und zieht sich hin bis zu dem äußersten Norden der Erde. Von Osten nach Westen erstreckt es sich auf zwanzigtausend, und von Süden nach Norden auf dreitausend chinesische Meilen (wovon zweihundert auf einen geographischen Grad gehen). Im Nordosten gränzt dieses Reich an das Meer, im Westen an Europa, im Süden an das Mittelreich, im Südosten an das nördliche Ufer des Gerbitsi, im Südwesten an die Torgot und im Nordwesten an Stämme der Dschongaren. Wenn die, dem Tractate von 1728 gemäß neben dem Anführer aus zehn Personen bestehende Gesandtschaft der Russen ihren Tribut nach dem Mittelreiche bringt, so kommt sie über Kiachta, zieht durch das Land der Chalka hin nach dem Paß Tschang kia an der großen Mauer (48°, 51 ', 35' 'nördl. Br.) von den Russen Chalgan oder die Pforte genannt, und dann von hier aus nach der Hauptstadt. Der Anführer der Gesandtschaft erhält täglich ein Schaf, ein Gefäß Weines, ein Pfund Thee, einen Hafen Milch, zwei Unzen Butter, zwei Fische, zwei Becher Oels für die Lampen, ein Pfund eingemachten Gemüses, vier Unzen Soza, vier Unzen Weinessig und eine Unze Salz. Jeden neunten Tag seines Aufenthalts in der Hauptstadt empfängt er, als ein Zeichen besonderer Gnade, vier Gerichte vom kaiserlichen Tisch und zehn Kessel voll Thees, nach der Weise der Mandschu zubereitet. Die zehn neuen Mitglieder der Mission bleiben zurück, um im kaiserlichen Collegium in der Sprache der Chinesen, Mongolen und Mandschu Unterricht zu erhalten; ihrerseits sollen sie einigen Chinesen und Mandschu die russische und lateinische Sprache lehren.

Wie es vor Alters mit diesem Lande ausgesehen habe, ist schwer zu sagen. Zu den Zeiten der Tsin und Han stand Rußland unter der Herrschaft der Hunnen; es führte damals, wie in den folgenden Jahrhunderten, allerlei Namen. Während der Mongolendynastie wohnten hier die Oroß und die Kirgisen; zu den Zeiten der Ming ward aber jede Verbindung mit diesem Reiche abgebrochen. Gegen den Anfang der Periode Schun tschi (1644) des jetzt in China regierenden Hauses der Mandschu haben sich die Lo tscha oder Russen heimlicherweise des Landes Jaksa am schwarzen Drachenflusse (Amur) bemächtigt und dort eine mit Festungswerken versehene Stadt errichtet. Es ist dieß die von den Russen sogenannte Veste Albasin (nach chinesischen Angaben 52° 55 'nördlicher Breite gelegen). Von hier aus suchten sie nun die Ssolon und Dauern, Völker tungusischer Abstammung, zu beunruhigen und zu unterwerfen. In dem fünfzehnten Jahre der Periode Kang hi (1676) sandte der weiße Chan (dieß ist der Name des Czars bei den Mongolen und Tungesen) zum erstenmal einen Gesandten, um den Tribut darzubringen. (Doch ist dieß nicht gegründet. Wie wir aus Fischers Geschichte von Sibirien wissen, ging bereits im Jahr 1656 auf Befehl des Czars Alexei Michailowitsch ein gewisser Baikow von Tomsk aus mit einer Escorte von hundert Kosaken hin nach Peking. Baikow hat einen Bericht über seine Reise hinterlassen. Diese Thatsache ward höchst wahrscheinlich unter den Wirren, die damals noch im chinesischen Reiche stattfanden, von den in diesen Dingen sonst so genauen chinesischen Historiographen übersehen.) Der ganze Süden gehörte nämlich Parteigängern, welche theils in ihrem Namen, theils in dem der Ming die Fahne des Aufruhrs erhoben hatten, um ihr Vaterland vor der drückenden Fremdenherrschaft zu wahren. Kang hi befahl diesen Gesandten des weißen Chans, strenge Maaßregeln zu ergreifen, damit seine Landsleute künftig nicht mehr die Gränzen beunruhigten. Da dieß aber nichts half, so gab der Kaiser Befehl, daß man die Russen mit Waffengewalt aus Jaksa vertreibe, was dann auch im Jahre 1685 geschah. Hierauf schickte der weiße Chan eine Gesandtschaft nach der Hauptstadt, um sich seiner Verbrechen wegen zu entschuldigen, und bat zugleich unterthänigst, daß man die Gränzen seiner Länder bestimmen möchte. Dieß geschah durch den Friedensschluß zu Nipschuh oder Nertschinsk im Jahr 1689. Nertschinsk (57°, 56' nördlichen Br.), bei der Mündung der Nertscha in den Amur gelegen, wovon es den Namen erhalten hat, ward von demselben Baikow, welcher als Gesandter nach Peking gegangen war, im Jahr 1658 angelegt, verblieb den Russen im Friedensschluß und war bald ein mächtiger Ort, die Hauptstadt eines ganzen Kreises. Die Gränzlinie zog sich längs des Laufes des Flüßchens Gerbitsi und des nördlichen Abhangs der Hing ngan Kette. Alle südlich dieser Linie gelegenen Plätze und Landstriche, wie Jaksa, verblieben dem Mittelreiche. Es ward den Russen überdieß erlaubt, sowohl des Handels wegen als auch um den Tribut darzubringen, jährlich zweimal nach der Hauptstadt zu kommen. Seit dieser Zeit erlitt das gute Vernehmen mit diesem tributpflichtigen Reiche keine wesentliche Störung. Die Russen, so heißt es in der officiellen Statistik des chinesischen Reiches, sind uns treu und gehorsam. Als Kaldan, der kräftige Fürst der Dschongaren, gegen den Anfang des siebzehnten Jahrhunderts, von unsern Truppen in die Enge getrieben, sich an den Czar wendete, so würdigte man ihn nicht einmal einer Antwort. Dessenungeachtet läßt auch das Betragen der Russen viel zu wünschen übrig. Wie häufig haben sie nicht die Zurückgabe der Ueberläufer an der Gränze verweigert! Dieß ward ihnen auch während der Periode Kien long streng verwiesen. Es führten nämlich die Russen zu dieser Zeit Klage über die Aufnahme der Torgoten, welche sich im Jahr 1771 von den Gegenden der Wolga und des kaspischen Meeres nach China hin geflüchtet hatten, wo ihnen neue Wohnsitze in ihrer ehemaligen Heimath, im alten Lande der Dschongaren, angewiesen wurden. Auf Befehl des Himmelssohnes ward ihnen durch das Ministerium der Colonien eine Antwort, aus der wir nur Folgendes ausheben:*)Zwischen Rußland und China findet kein unmittelbarer diplomatischer1029 Verkehr statt; es geschehen alle Verhandlungen vermittelst der Gränzbeamten, und dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, der dem Herkommen gemäß im Namen des Senats schreibt. Ihm antwortet von chinesischer Seite das Ministerium der Colonien im Namen des Kaisers. Ich habe die an mich abgesandte Zuschrift des russischen Senats erhalten. Es heißt in derselben, daß mehrere Eleuren, welche sich in den Gränzen des russischen Reichs aufgehalten, nachdem sie einige Orte verwüstet, aus dem Lande gegangen wären .... Ihr in unserem Ministerium schreibet dem russischen Statthalter, daß die gedachten Eleuten, welche aus verschiedenen Geschlechtern und Stämmen bestehen und einige zehntausend Köpfe ausmachen, von den Russen in so leere Gegenden geführt und durch Arbeit und Elend so entkräftet worden, daß sie ihre Zuflucht hieher aus keiner andern Ursache genommen haben, als weil die Russen sie nicht ernähren konnten und sie Hunger leiden ließen. Ich bin der große und allgemeine Beherrscher dieses unermeßlichen Reichs, und nehme Alle, welche sich mir ergeben und meine Gnade anflehen, vornehmlich aber diejenigen Eleuten zu meinen Unterthanen auf, welche an aller Nothdurft Mangel leiden, äußerst entkräftet sind, und deren Elend aufs höchste gestiegen ist. Wie könnte ich ein so hartes Herz haben, daß ich sie, die vor Kälte und Hunger umkommen müßten, nicht ernähren und ihren Fürsten nicht vor meine Augen zu kommen erlauben sollte? Ich habe deßhalb Sorge getragen, daß ihnen die besten Weideplätze angewiesen werden, wo sie sich dann Wohnungen bauen und ruhig und bequem leben können. Ich habe ihnen auch Unterhalt, Geld und Schafe geben lassen. In Betreff der Fürsten und Großen, die unter ihnen sind, habe ich befohlen, daß alle an meinen Hof geführt werden sollen, damit sie den Glanz meiner Majestät sehen, die Speisen meines Tisches genießen, vergnügt seyn und durch meine Wohlthaten reich werden mögen. Hiedurch werde ich sie rühren, und wenn sie ihre Pflichten beobachten, mit Ehrenstellen, königlichen Würden und Titeln geschmückt, entlassen, damit jeder seine Unterthanen regieren und sein Leben mit ihnen in Ruhe und Frieden zubringen könne. Ich will nicht entscheiden, ob es sich guten Regenten geziemt, diejenigen, welche sich ihnen gutwillig und mit aller Aufrichtigkeit ergeben, auszuliefern, um gestraft zu werden. Was aber insbesondere die Eleuten anbelangt, so hätten die Russen, als der Friede in Dschongarien hergestellt ward, die während der Unruhen zu ihnen entlaufenen Eleuten uns zurückgeben sollen .... Im 36sten Jahre am 13ten Tage des 7ten Monats (September 1771) der Periode Kien long.

Die Bewohner des russischen Reichs, fährt unser chinesischer Berichterstatter fort, haben eingefallene Augen, eine hohe Nase; der Augapfel ist grün; die Bart - und Kopfhaare sind hellblau und roth. Das männliche wie das weibliche Geschlecht lassen die Haare wachsen. Die Männer befeuchten die Haare mit Leimwasser, damit sie sich locken, und die Weiber kämmen die ihrigen und binden sie dann auf dem Kopf in einen Büschel zusammen. Das männliche Geschlecht hat enge, am ganzen Körper anliegende Kleider; die Frauenzimmer hingegen tragen Röcke, lange Hemden und Pelzmäntel, denen der Chinesen gleich; sie reichen aber nicht, wie dieß bei uns der Fall ist, über die Füße hinab. Unterkleider tragen sie nicht, weßhalb ihre Röcke lang und von beiden Seiten geschlossen sind. Ihre Münze besteht aus Silber, worauf das Porträt ihres Chans sich befindet. In der Eintheilung der Jahreszeiten und Monate folgen sie der europäischen Zeitrechnung; sie beobachten die Tag - und Nachtgleiche und die Sonnenhöhe. Sie verstehen sich darauf, die Sonnen - und Mondsfinsternisse ganz genau auszurechnen. Sie lieben hohe Häuser .... In den Zimmern haben die Russen Sophas, Tische, Stühle, Bänke, gleichwie die Bewohner der südlichen Kreise unseres Reichs. Weder die Frauenzimmer noch die Mannsleute verstehen zu sitzen, wenn sie die Füße unter sich schlagen. Täglich waschen sie sich zweimal. Bei der Begrüßung der Verwandten, Freunde und Gäste biegen sie die Knie, bewegen den Körper und verbeugen sich mit dem Kopfe; auch halten sie es für schicklich, sich gegenseitig zu küssen. Sie lieben den Thee und trinken ihn mit Zucker. *)Die Chinesen trinken bekanntlich den Thee ohne Zucker, der auch in der That, so lange der Thee frisch und noch sein ganzes Aroma hat, nicht nothwendig befunden wird.Die Residenz ist prächtig und hat einige zehn Li im Umfange. Von drei Personen wird eine, von fünf zwei zum Militär genommen; der Kriegsdienst beginnt mit sechzehn Jahren, wo dann Jeder ein Pferd erhält und Waffen; es ist nicht erlaubt, nach Hause zurückzukehren und zu heirathen. Mit fünfzig Jahren werden die Soldaten entlassen. Die Gesetze der Russen sind sehr streng. Diebstahl, Ehebruch, Mordthaten, sey es mit oder ohne Vorsatz, so auch Entlaufen in ein fremdes Reich werden sämmtlich mit dem Tode bestraft. Die Verbrecher werden vermittelst der Beile in Stücke zerhauen. Die Russen stehen unter den Dschongaren; ihr Regent ist ihnen schon seit langer Zeit unterthan und zahlt regelmäßig Tribut. In dem zwanzigsten Jahre der Periode Kien long (1755) wollte der weiße Chan an die Dschongaren keinen Tribut mehr zahlen. Er vertraute auf die Macht und Größe seines Reichs, griff zu dem Schwert und verwüstete die Gränzen des Reichs seines obersten Lehnsherrn. Der Krieg zwischen den Vasallen und Gebietern dauerte mehrere Jahre, und die Russen haben gar viele Schlachten verloren; es wurden ihnen mehr denn 200,000 Soldaten getödtet. Hiedurch entkräftet, konnte der Chan nicht länger widerstehen und trat wiederum in das alte Vasallenverhältniß zurück. Er mußte aber jetzt, über den gewöhnlichen Tribut, sich noch dazu verstehen, jährlich 500 Knaben und 500 Mädchen auszuliefern. Auf diese Weise ward der Krieg beendigt. Die Russen sind gar sehr ihrem Herrscher ergeben. Selbst wenn ihr Chan einige Mängel hätte, würden sie es doch nicht wagen, sich gegen ihn zu erheben. Aus diesem Grunde fand bei ihnen noch nie ein Aufruhr statt oder Wechsel der Dynastie. Man weiß nicht, wie viele tausend Jahre das russische Regentenhaus schon ungestört regierte, während in den übrigen Reichen viele Veränderungen in der Herrscherfamilie vorgefallen sind. Die Russen lieben übrigens saure und scharfe Sachen und sind leidenschaftlich dem Branntwein ergeben.

Es finden sich in der officiellen Beschreibung des chinesischen Reichs und der umliegenden Lande überdieß mehrere Angaben in Betreff der Gebirge, der Flüsse und der Eintheilung des russischen Gebiets, welche nicht minder fehlerhaft sind. Wir übergehen sie hier, wo es uns bloß darum zu thun war, die in politischer Beziehung mangelhafte Kenntniß der Chinesen nachzuweisen. Die Russen, welche im kaiserlichen Collegium zu Peking Unterricht erhalten, werden auf Befehl des Himmelssohnes einigemal im Jahre von einer eigens hiezu ernannten Commission geprüft. Die Resultate dieser Prüfungen werden regelmäßig in der Staatszeitung zu Peking bekannt gemacht. Im Jahr 1830 wurden der Präsident des Kriegsministeriums, Se. Excellenz (Taschin) Song und Pavschang zu Prüfungscommissären ernannt. Der Kaiser selbst hatte das Thema angegeben,1030 das die Studenten bearbeiten sollten. Von fünfzehn Aufsätzen erhielten zehn die erste und fünf die zweite Note, die Arbeiten der Zöglinge wurden alsdann dem Kaiser selbst vorgelegt, und Se. Maj. bestätigte das Urtheil der Commissäre. Zugleich erhielten auch zwei chinesische Gelehrte, die es in dem Russischen so weit gebracht hatten, daß sie einige öffentliche Documente aus dieser Sprache in das Chinesische übersetzen konnten, reichliche Belohnungen.

[1715]

Wien, den 30 April. Wir können nicht umhin, die deutschen Seidenfabriken auf eine neue Erscheinung im Gebiete der Seide aufmerksam zu machen. Jedem Seidenhändler und Seidenweber ist bekannt, daß dieser Artikel wegen der veränderlichen und vielfach unbekannten Längenmaaße der Strähne bisher einer mangelhaften und unzuverlässigen Titrirung und eben darum Veruntreuungen aller Art unterworfen war. Nun hat ein gewisser Dr. A. Stossella dalla Croce zu Roveredo in Tyrol seit zwei Jahren ein Erziehungs -, Beschäftigungs - und Versorgungs-Haus für arme verwais'te Tyroler-Mädchen errichtet, in welchem sich außer andern weiblichen Verrichtungen 2-360 meist mit Seidenarbeit beschäftigen. In dieser Fabrik, welche wöchentlich 8 bis 12 Centner Seidengespinnst von allen Gattnngen liefern soll, wird der gröbste wie der feinste gezwirnte und ungezwirnte Seidenfaden möglichst gereinigt, dann in Strähnen von 1600 Pariser Aunen lang gemessen, jede Strähne nach Titel oder Nummer abgesondert, dann, nachdem sie copulirt und locker unterbunden zum Färben bereitet ist, in Päckchen von 200 Strähnen eingerichtet, und endlich auf jedem Päckchen die Seidengattung, die Qualität, der Titel und das Gewicht des Päckchens bemerkt. Der außerordentliche Beifall, den diese bis jetzt für unausführbar gehaltene neue Zubereitungsart der Seide gewann, hat den Wiener Gewerb-Verein veranlaßt, in seiner Versammlung vom 9 März d. J. fünf Prämien für diejenigen auszusetzen, welche das größte Quantum von dieser nach erwähnter Methode zubereiteten Seide liefern werden. Man ersieht daraus, wie in Oesterreich das Gute schnell aufgefaßt und befördert wird, und ist daher dem Wiener Gewerbe-Verein für die Aufmunterung und Verbreitung so nützlicher Erfindungen zu warmem Dank verpflichtet, so wie auch der erste Erfinder und Einführer sich dadurch, daß er auf ein ausschließendes Privilegium von freien Stücken verzichtete und sein Privatinteresse dem öffentlichen Interesse rühmlich hintansetzte, um diesen Industriezweig sehr verdient gemacht hat.

[1646]

Edictal-Ladung.

Peter Schweinler, Stadtgarde-Soldatenssohn von hier, welcher seit vielen Jahren abwesend ist, ohne bis jetzt Nachricht von seinem Leben und Aufenthalt zu geben, oder dessen allenfallsige Descendenten werden aufgefordert, binnen sechs Monaten bei diesseitigem Gerichte um so gewisser sich zu melden, widrigenfalls dessen in 68 fl. 28 kr. bestehendes Vermögen an den k. Fiskus ausgeantwortet werden wird.

Augsburg, am 28 April 1840.

Königl. Kreis - und Stadtgericht.

Lic. Kellerer, Dir.

Vorbrugg.

[1689]

Bekanntmachung.

Bei einem unterm 27 October v. J. zu Arrest gekommenen Individuum, welches sich am 19 September v. J. aus Nürnberg geflüchtet hatte, und sich in Ober -, Mittel - und Unterfranken, dann in der Oberpfalz und Regensburg so wie in den angränzenden Ländern herumgetrieben, fanden sich die nachstehend verdächtigen Münzen, Pretiosen und Effecten vor, über deren Erwerb sich der Arrestat genügend nicht ausweisen kann. Sollten bei einer Behörde Diebstahlsanzeigen und Acten vorliegen, die über fragliche Gegenstände nähern Aufschluß enthalten, so sind die treffenden Behörden requirirt, die einschlägigen Acten unverzüglich hieher mitzutheilen.

I. Münzen.

5 sogenannte Doppellouisd'or à 10 Thaler, und zwar: 1 dänischer von 1827; 2 britannisch-hannover'sche von 1827 und 1833; ein hannover'scher von 1839; 1 braunschweig-lüneburger von 1834.

4 sogenannte einfache Louisd'or à 5 Thaler, nämlich: 1 preußischer von 1833, in welchem der Adler auf einer Kanone steht; 1 britannisch-braunschweig'scher vom Jahre 1813; 1 franz. 20 Fr. Stük mit den 3 Lilien von 1815; 1 20 Fr. St. vom Jahre XII der Republik Bonaparte's Consulat.

20 Ducaten verschiedenen Gepräges, nämlich: 2 österr. von 1790 und 1798; 2 Marien-Theresien-Ducaten von 1744 und 1750; 11 Holländer von den Jahren 1760, 1815, 1828, 1829, 1831, 1832, 1833, 1835, mit der Inschrift Belgiens im Quadrat, und rückwärts mit dem geharnischten Ritter; 1 Mannsfelder mit dem Ritter Georg zu Pferd ohne Jahrzahl; 1 Erzbischof Salburg'scher von 1757; 1 Warschauer von 1812; 1 Braunschweiger von 1782; 1 päpstlicher, auf der einen Seite das Christusbild oder ein Heiligenbild zwischen Sternchen eingefaßt, auf der andern Seite 2 Figuren, wovon die größere der kleinern das Abendmahl reicht. Die Umschriften sind fast unleserlich.

181 Kronenthaler verschiedenen Gepräges, nämlich: 141 österreichische; 32 bayerische, worunter 2 Ludwigsthaler von 1826 und 1828, und 30 Max Joseph Thaler mit dem Scepter und Schwerte sich befinden, ein Nassauer von 1817; 4 Würtemberger vom Jahre 1825, 1830 und 1831; 1 würtemb. Handelsvereins-Kronenthaler, auf welchem der sitzende Neptun, der stehende Mercur und ein aufrechtstehendes Füllhorn geprägt ist, mit der Umschrift Handelsfreiheit durch Eintracht ; 1 franz. Thaler mit 3 Lilien von 1760; 1 hessischer von 1833.

2 würtemb. Guldenstücke von 1828; 1 franz. Silberfrank vom Jahre XII der Republik Napoli consuli; 1 dergleichen von Ludwig Philipp; 2 dergleichen von Napoleon 1808 und 1809; 1 viereckige Silbermünze und rückwärts die Aufschrift: Prosit Neu-Jahr; 1 franz. Thaler auf die Vermählung Napoleons mit Maria Louisa mit den Portraits derselben, rückwärts mit 2 Figuren vor dem Altare stehend; 1 Luzerner 5 Batzenstück; 8 Sechser; 4 Groschen.

II. Pretiosen.

Ein goldener Siegelring mit viereckigen Plättchen, worin ein ovalförmiges polirtes Plättchen ist, links und rechts mit gekippertem Rand umgeben, daran reihen sich gepreßte Blumen und 1 polirtes Stück des Ringes 1 / 2 Zoll lang.

Ein goldener fein gearbeiteter Fingerring mit einem zerbrochenen Kranze, kleinen Rubinchen, die einen größern Stein umgeben. Das Kränzchen ist links und rechts von gabelartigen Trägern gehalten.

Eine silberne Springuhr mit ciseliertem Gehäuse, auf welchem die Radien in gerader Linie dem Rande zulaufen, und mit Cirkellinien eng durchwebt sind.

Auf dem Deckel ist ein polirtes Plättchen von der Größe eines Silberkreuzers. Der Deckel hat einen kleinen Einbug, und schließt sich von unten nach oben.

Der Bügel ist wie eine runde Erbse, durch die ein Silberdraht läuft, das Zifferblatt von Porzellan, die Ziffern arabisch, die Zeiger von schwarzem Stahl. Das Gehäuse fällt von der Rechten zur Linken zu, innen ist die Silberprobe V. 4. 5554.

III. Effecten.

Ein schwarzlederner Fingerhandschuh, ein grünseidener langer Geldbeutel, links und rechts mit rothen Blumen von Wolle eingesteppt, daran 2 weiße Ringe, eine gelblederne Geldgurte mit gelber Schnalle und ledernem Deckel. Die Gurt wird mit 2 Riemchen geschlossen, der eine Riemen ist mit grünen Riemchen angenäht.

Ein dunkelgrautuchener Mantel mit Kragen und weißlich abgetragenem Sammtkragen.

Nürnberg, den 22 April 1840.

Königliches Kreis - und Stadtgericht Nürnberg.

v. Kohlhagen.

v. Grundherr.

[1642-44]

Scheid-Brief.

Auf erhobene Ehescheidungsklage der Christian Nuber'schen Ehefrau von Spranthal gegen ihren Ehemann Christian Nuber, wegen Verschollenheit und die hierauf gepflogenen Verhandlungen wird die Christian Nuber'sche Ehefrau des Ehebandes mit ihrem Ehemann Christian Nuber für entbunden erklärt, mit dem Beifügen, daß derselben jedoch nicht anders, als nach vorgelegter kirchlicher, der landesherrlichen Eheordnung gemäß gesuchter und erlangter Vergönnung sich anderweit zu verheirathen erlaubt sey.

Dieser Scheidbrief wird jedoch nicht ergangen angesehen, und ist wirkungslos, wenn nicht die klagende Ehefrau binnen zwei Monaten, vom Tage der Rechtskraft desselben bei dem Pfarramte sich einfinden, den Gegentheil vorrufen, und diese Scheidungserlaubniß in das Kirchenbuch eintragen lassen wird.

Dessen zur Urkunde ist gegenwärtiger Scheidbrief von Oberpolizeiwegen ausgefertigt, und mit dem größern Gerichtsinsiegel versehen worden.

Verordnet Rastadt, den 7 August 1837.

Bei großh. bad. Hofgerichts des Mittel-Rhein-Kreises.

v. Beust. (L. S.) Haas.

Aus großh. bad. Hofgerichts-Verordnung.

Schachlaiter.

Vorstehender Scheidbrief wird hiermit öffentlich verkündet, weil der beklagte Ehemann für verschollen erklärt ist, und dessen Aufenthaltsort inzwischen nicht hat ausgemittelt werden können.

Bretten, den 16 April 1840.

Großherzoglich badisches Bezirksamt.

Dietz.

Heinsheimer.

[106]

In der Unterzeichneten sind so eben erschienen und an alle Buchhandlungen versandt worden: Gedichte von F. v. Pechlin.

In drei Abtheilungen.

8. in Umschl. geh. Preis 2 fl. 38 kr. oder 1 Rthlr. 15 gr.

Wir halten dafür, daß Gedichte, wie diese, ohne alle Anpreisung sich selbst ihre Geltung verschaffen müssen und werden. Nur so viel glauben wir äußern zu sollen, daß diese Gedichtsammlung, die der Hr. Verfasser (k. dänischer Gesandter am Bundestag) in drei Abtheilungen Christliches, Weltliches und Heidnisches gibt, die Erwartung, wozu die aus derselben Quelle geflossene so treffliche Uebersetzung der Lalla-Ruth schon berechtigte, in hohem Grade rechtfertigt.

Stuttgart und Tübingen, im April 1840.

J. G. Cotta'sche Buchhandlung.

1031

[1537]

Zur Verbreitung deutscher Litteratur in Italien und der italienischen in Deutschland haben die Unterzeichneten eine deutsche und italienische Buchhandlung in Mailand, Galleria de Christoforis Nr. 49 errichtet und empfehlen dieselbe der geneigten Beachtung aller Litteratur-Freunde. Ausgewählte Vorräthe der vorzüglichsten neueren und neuesten litterarischen Erscheinungen beider Länder setzen uns in den Stand, die uns zu Theil werdenden geehrten Aufträge mit der größten Pünktlichkeit zu effectuiren, und mittelst regelmäßiger Versendungen, die wir in verschiedenen Richtungen, sowohl von Mailand als von Wien aus, mit Deutschland unterhalten, wird das Gewünschte jeder Zeit auf den kürzesten Wegen in die Hände der HH. Besteller gelangen. Wir unterziehen uns gleichfalls der Besorgung antiquarischer und seltener in Italien gedruckter Werke, indem wir durch besonders günstige Verbindungen Schnelligkeit und größtmögliche Billigkeit verheißen können.

Ueber die neuesten Erscheinungen werden periodische Bulletins unentgeltlich ausgegeben.

Im April 1840.

Tendler & Schaefer, Buchhändler in Wien und Mailand.

[1360]

In meinem Verlage ist so eben erschienen: Ersch (Joh. Sam.), LITTERATUR DER SCHÖNEN KÜNSTE seit der Mitte des 18ten Jhrahunderts bis auf die neueste Zeit; systematisch bearbeitet und mit den nöthigen Registern versehen.

Neue, bis zum Jahre 1830 fortgesetzte Ausgabe von J. K. A. Rese und Ch. Ant. Geissler.

(Aus der neuen Ausgabe des Handbuchs der deutschen Litteratur besonders abgedruckt.)

Gr. 8. 1840. 3 Thlr. 12 gr.

Mit dieser Abtheilung ist die neue Ausgabe von Erschs Handbuch der deutschen Litteratur vollständig. Das ganze Werk besteht aus vier Bänden in 3 Abtheilungen und kostet 12 Thlr. Um aber die Anschaffung zu erleichtern, habe ich mich entschlossen, den Preis bedeutend zu ermässigen und erlasse das Ex. auf Druckp. für 6 Thlr., auf Schreibp. für 8 Thlr., auf Schreibp. in 4. für 12 Thlr.

Von frühern Abtheilungen, jede von einem in seinem Fache ausgezeichneten Manne bis auf die Zeit des Erscheinens fortgesetzt, werden die nachstehenden ebenfalls zu den bemerkten ermässigten Preisen erlassen: Philologie, Philosophie und Pädagogik, von E. G. A. Böckel. 1822. (1 Thlr. 16 gr.) Jetzt 16 gr.

Theologie, von E. G. A. Böckel. 1822. (1 Thlr. 16 gr.) Jetzt 16 gr.

Jurisprudenz und Politik, von J. Ch. Koppe. 1823. (1 Thlr. 18 gr.) Jetzt 20 gr.

Medicin, von F. A. B. Puchelt. 1822. (1 Thlr. 20 gr.) Jetzt 20 gr.

Mathematik, Natur - und Gewerbskunde, von Fr. W. Schweigger-Seidel. 1828.

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Geschichte und Hülfswissenschaften. 1827. (3 Thlr. 8 gr.) Jetzt 1 Thlr. 8 gr.

Die Litteratur der vermischten Schriften, von Ch. Ant. Geissler (1837), kostet 20 gr.

Leipzig, im März 1840.

F. A. Brockhaus.

[1542]

So eben erschien im Verlage von Alexander Duncker in Berlin und ist durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Denkschriften und Briefe zur Charakteristik der Welt und Litteratur.

IV. Bd. 8. elegant geh. 1 3 / 4 Thlr.

(Mit vollständigem Namen-Register über Band I-IV.)

Diese Sammlung bis jetzt ungedruckter Briefe und Actenstücke, gleich interessant und bedeutend durch die Personen der Verfasser als durch den Inhalt, hat sich in den früheren drei Bänden bereits eine so allgemeine Theilnahme zu erwerben gewußt, daß es beim Erscheinen dieses vierten und letzten Bandes nur der Hervorhebung einiger Namen und Angaben aus dem Inhaltsverzeichnisse bedarf, um das lesende Publicum zu überzeugen, daß der Inhalt desselben an Reichthum und Mannichfaltigkeit nicht hinter den früheren zurücksteht. Von Staatsmännern, welche zu diesem Bande durch Briefe oder Denkschriften beigetragen haben, sollen nur Ludwig von Baden, Stanislaus II, Heinrich IV von Frankreich, Ancillion (über die französische Colonie in Berlin), Beyme, Haugwitz (Anklage gegen die Freimaurergesellschaften) und Geniz genannt werden; von Gelehrten haben V. Cousin, Hegel, Humboldt, Bentham (gegen die französische Rechtsschule) Briefe hergegeben; von Künstlern Goethe, Spontini, Seydelmann, Auguste Crelinger; so wie auch bedeutende Frauen in diesem Bande nicht vermißt werden, als Dorothea v. Schlegel (Tochter von Moses Mendelssohn), Me. Recamier etc. etc.

[107]

In Unterzeichnetem sind so eben erschienen und in allen Buchhandlungen zu kaufen: Gedichte von Karl Mayer.

Zweite, sehr vermehrte Ausgabe.

8. Velinpapier. Preis 3 fl. oder 1 Rthlr. 20 gr.

Die Verlagshandlung hat die Genugthuung, dem Publicum hiemit die zweite Auflage einer Sammlung von Gedichten darzubieten, welche sich durch ihre gehaltvolle Eigenthümlichkeit sofort viele stille Gunst und Liebe, wie auch mehrfach laut ausgesprochenen Beifall erworben haben. Ihr Hauptcharakter innige Sympathie mit der Natur, welche sich bald in glücklich und sinnvoll aufgefaßten, in poetischer, farbenreicher Sprache ausgeprägten, künstlerisch umgränzten und eingerahmten Bildern, bald in der mannichfaltigsten Verlebendigung, Beselung und Vergeistigung der Natur, in der Deutung ihrer Geheimnisse, Räthsel, Stimmen und Formen ausspricht darf als bekannt vorausgesetzt werden. Daneben aber finden sich auch viele Lieder, worin die menschliche Empfindung in mannichfachen Tönen des Glücks und der Trauer, der Freude und der Wehmuth, doch immer rein und einfach, mild und liebevoll sich offenbart.

Diese Auflage hat nicht nur an Umfang, sondern hauptsächlich auch an Mannichfaltigkeit gewonnen, indem mehrere Lieder wegblieben, dagegen eine ansehnliche Auswahl neuerer dazu kamen. Einzelne Lieder und zusammengehörende Gruppen wechseln in diesem Buch aufs anmuthigste ab; ein überraschender Reichthum von Anschauungen, Bildern, Gefühlen, Gedanken kommt dem Leser entgegen, der mit empfänglicher Seele in diesen poetischen Park und Lustgarten tritt; und gewiß wird Niemand, der in diesem Bändchen ein Mittel sucht, den Genuß der Gegenwart zu erhöhen, oder Erinnerungen zu beleben und aufzufrischen, darin die Einheit im Zerstreuten, des Dichters ganz Gemüth vermissen.

Stuttgart und Tübingen, im April 1840.

J. G. Cotta'scher Verlag.

[1558]

Bei Fr. Volckmar in Leipzig ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu finden: Die Normalgaben der Arzneimittel, zum Gebrauche für praktische Aerzte und Kliniker übersichtlich dargestellt von Dr. M. Schreber. Kl. 8. brosch. 16 gr.

Die bei den verschiedenen medicinischen Autoritäten oft zu unbestimmt und abweichend angegebenen Arzneigaben hat der Verfasser1032 in obiger Schrift auf feste Normalverhältnisse basirt (die allgemeine und specielle Gabenlehre in der Norm bestimmt), und damit dem medicinischen Publicum, insbesondere aber den angehenden Praktikern, ein wesentliches Erleichterungsmittel geboten.

Durch des Verfassers gewissenhafte Zusammenstellung der besten Autoritäten, mit gleichzeitiger Benutzung der neuesten hierher gehörigen Erfahrungen, so wie durch die zweckmäßigste, die Uebersicht erleichternde Druckeinrichtung, sind wir überzeugt, daß, was Bequemlichkeit und Brauchbarkeit anlangt, obige Schrift durchaus ihrem Zweck entspricht.

Außer dem oben Angeführten findet man darin eine vergleichende Uebersicht der Arzneigewichte und Maaße in den verschiedenen Ländern Europa's und in dem leicht überschaulich geordneten speciellen Theil auch die nöthigen pharmaceutischen Bemerkungen nebst Angabe der Arzneitaxe, so wie überhaupt alle Notizen, die bei der Gabenbestimmung mehr oder weniger in Betracht kommen.

[1707]

In Karl Gerolds Buchhandlung in Wien ist so eben erschienen, und daselbst, so wie in allen Buchhandlungen Deutschlands zu haben: Ueber die Freundschaft.

Von M. Enk.

12. Wien 1840.

Preis: auf Velinpap. carton. 20 gr. sächs.

Preis: auf Druckpap. brosch. 14 gr. sächs.

Inhalt: Begriff und Ursprung der Freundschaft. Werth der Freundschaft. Welche Menschen nicht zur Freundschaft taugen. Pflichten der Freundschaft. Zerwürfnisse unter Freunden. Die Freundschaft aus dem pädagogischen Gesichtspunkte. Wiedersehen der Freunde nach dem Tode.

Die Verlagshandlung bemerkt bloß, daß diese Schrift sich ganz vorzüglich zu einem Geschenke der Freundschaft eignet.

[1712-14]

Verkauf von Wassergefällen!

Zu Triberg auf dem industriösen Schwarzwald an der Hauptstraße, welche von Mannheim, Karlsruhe und von Straßburg her den Rhein mit dem Bodensee verbindet, sind Wiesen mit drei verschiedenen großen Wassergefällen zu verkaufen. Das größte Gefäll gibt bei dem mittlern Wasserstand 226 rohe Pferdekräfte (zu 75 Kilogramm 1 Meter hoch), und das daran gränzende, nöthigenfalls damit zu verbindende, Gefäll gibt weitere 153 solcher Pferdekräfte. Auch das dritte davon entfernte Gefäll gibt deren mehr als 80.

Kaufsliebhaber wollen sich zur Erlangung näherer Notizen an Verwalter Proß in Triberg wenden.

[1648-49]

Verkaufs-Anzeige.

Eingetretener Familienverhältnisse wegen wünscht sich der Besitzer eines der schönsten und ältesten Etablissement de Café der Schweiz zurückzuziehen, und bietet dasselbe daher aus freier Hand zum Verkauf an. Die vortheilhafte Lage des geräumigen, massiv gebauten, mit großen guten gewölbten Kellern, mit Hofraum, eigenem laufendem Brunnen, Stallung, doppeltem Ausgang versehenen Gebäudes macht dieses Etablissement zum Betrieb eines jeden Industriezweiges besonders empfehlenswerth.

Auswärtige Kaufsliebhaber werden ersucht, sich wegen der Bedingnisse und der näheren Beschreibung der Realitäten in portofreien Briefen zu wenden an St. Gallen, im Mai 1840.

Joseph Pollone.

[1556]

In J. Scheible's Buchhandlung in Stuttgart ist erschienen und kann durch alle Buchhandlungen bezogen werden: KARLSBAD, seine Gesundbrunnen und Mineralbäder in geschichtlicher, topographischer, naturhistorischer und medicinischer Hinsicht dargestellt von Leopold Fleckles, praktischem Arzt etc. etc. in Karlsbad.

374 Seiten in gr. 8. broschirt. Mit 1 Stahlstich.

Preis 3 fl. rhein.

Zwei der geachtetsten deutschen Organe der Heilkunde sprechen sich über dieses neueste Werk des bekannten Brunnenarztes auf folgende Weise aus: Das Hufelandische Journal sagt: Seit David Bechers vortrefflichem und rühmlichst bekanntem Werke, welches in verschiedenen Ausgaben erschienen, besitzen wir zahlreiche größere und kleinere Abhandlungen, aber wenig umfassende Monographien, so erscheint das Unternehmen von dem Verfasser, in vorliegender Schrift eine möglichst gründliche und umfassende Monographie zu liefern, sehr dankenswerth. Wir glauben diese Schrift als die beste jetzt vorhandene über Karlsbads Heilquellen mit vollem Recht anempfehlen zu können.

Der Recensent in den medicinischen Jahrbüchern des k. k. österreichischen Staates sagt: Es gewährt uns ein Vergnügen, die Anzeige von einem Werke zu machen, welches unter allen seit 40 Jahren über Karlsbad erschienenen unstreitig das vollständigste und brauchbarste ist.

[1577-78]

So eben hat die Presse verlassen und ist im Verlage bei Franz Wimmer, Buchhändler in Wien, Dorotheergasse Nr. 1107, zu haben: Historia vitae Sanctorum Thomae a Villanova, Thomae Aquinatis et Laurentii Justiniani in usum Cleri proposita ab Ignatio Feigerle, SS. Theologiae Doctore, caes. reg. Capellano aul. Theologiae past. in caes. reg. scientiarum Universitate Vindob. Professore p. o. etc. 8maj. 1839.

30 Bogen stark, ungeb. 2 fl., brosch. 2 fl. 6 kr. C. M.

Dieses Werk verdankt sein Entstehen den Conferenzreden, welche der Hr. Verf. als Spiritual-Director im hierortigen höhern Priesterbildungsinstitute zum heiligen Augustin vor einigen Jahren gehalten, und dem von mehreren Seiten ihm kundgegebenen Wunsche, daß dieselben im Druck erscheinen mögen.

Ohne dem Urtheile sachverständiger Leser vorgreifen zu wollen, glaubt die Verlagshandlung vorläufig bemerken zu müssen, daß das angekündigte, in der Sprache der Kirche abgefaßte, und somit jedem katholischen Seelenhirten zugängliche Werk schon durch die sehr gut gewählte historische Basis für die eingewobenen, bald kürzern, bald längern, immer aber anziehenden, weil wahr und tief gedachten Reflexionen über die mannichfaltigsten Situationen im Priesterleben, dann durch den das Ganze durchdringenden, streng kirchlichen, vom Laxismus und Rigorismus gleich weit entfernten, ernsten und doch milden Geist allgemein sich empfehle und von der hochwürdigen Geistlichkeit als eine praktische Anleitung zur Lesung des Lebens heiliger Bischöfe und Priester, als ein Leitfaden zur Privaterbauung in den Stunden der Contemplation, als ein Lesebuch während der geistlichen Exercitien und wohl auch als ein Hülfsmittel bei Abfassung geistlicher Vorträge in den bischöflichen Clerical-Seminarien angesehen und benützt werden könnte.

Es möge auch nicht übersehen werden, daß Se. fürstlichen Gnaden, der hochwürdigste Hr Fürsterzbischof der Wiener Erzdiöcese, Vincenz Eduard Milde, die Dedication dieses Werkes huldreichst anzunehmen geruht haben, und daß der reine Ertrag desselben dem hierortigen Priesterdeficienten - und Krankeninstitute gewidmet ist.

Vorräthig in Augsburg in der K. Kollmann'schen Buchhandlung.

[1664]

Bei L. Fernbach jun. in Berlin ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Das kalte Wasser für immer.

Zweite Auflage 12 gr.

Eine Abhandlung mit besonderer Berücksichtigung für höhere und hohe Behörden als Beschützer, Gebieter und Beförderer öffentlicher Heil-Anstalten und Sanitätsmaaßregeln, so wie für Gönner der Wasserheilkunde, und alle diejenigen, denen das eigene Wohl und das ihrer Mitmenschen am Herzen liegt.

Von Dr. Nathanael Weigersheim.

Der Verfasser dieser Schrift, schon außerdem als Arzt vortheilhaft bekannt, hat, wie die Vorrede darthut, das Verdienst, von allen Aerzten Europa's der erste zu seyn, der mit der neueren Wasserheilkunde öffentlich hervortrat, welche er mit glücklichem Erfolge ausübt.

Welchen Werth man seinen Worten beilegt, geht daraus hervor, daß die erste Auflage obiger Schrift schon in sechs Wochen vergriffen war. Beifällige Beurtheilung und Erwähnung in verschiedenen geschätzten Zeitblättern haben das gleich anfangs gezeigte Zutrauen des Publicums gerechtfertigt. Daher darf auch dieses Werk, ohne weitere Anpreisung, den Freunden der Wasserheilkunde empfohlen werden.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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ShelfmarkDWB 1996/32
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