PRIMS Full-text transcription (HTML)
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Donnerstag
Nr. 156.
3 Junius 1840.

Oesterreich.

Der Herzog von Bordeaux, dessen Ankunft hier heute oder morgen erfolgen soll, beabsichtiget einen kurzen Aufenthalt von wenigen Tagen in Wien zu machen.

Ueber eine zu Püspök-Ladàny unweit Tokay am 27 v. M. entstandene Feuersbrunst geht der betrübende Bericht ein, daß tausend und einige hundert Häuser dabei zu Grunde gingen. In O-Becse, Vaskó, Bihács und Oervend in Ungarn hat es gleichfalls gebrannt, eben so in Urwegen in Siebenbürgen, woselbst 20 Häuser durch die Flamme verzehrt wurden. Möchte doch die einflußreichste Autorität der Landgemeinden, die Stimme der Seelsorger, sich allenthalben nachdrücklich gegen die Fahrläßigkeit der Feuerbehandlung erheben und der Kanzelvortrag benützt werden, um der Gedankenlosigkeit und dem schlechten Gewohnheitsverfahren zu steuern, durch welche ganze Gemeinden an den Bettelstab gebracht werden. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Impuls kirchlicher Exhortation, der so mächtig und oft ausschließlich aller andern Vorkehrung auf die Willensbestimmung des Volkes wirkt, noch viel zu wenig benützt wird.

1241

Südamerika.

(Globe.) In Valparaiso sind nach Nachrichten von dort bis zum 15 Febr. Unruhen ausgebrochen, und die Regierung hat die ganze Provinz San Jago bis zum 1 Jun. in Belagerungszustand erklärt. Eine gerichtliche Untersuchung über fortdauernde politische Ausschweifungen der Presse in Valparaiso war der Grund zu jenen Unruhen.

Die Staatsgläubiger von Chili haben, wie es scheint, trotz des blühenden Zustandes der Chili'schen Finanzen auf eine Anerkennung ihrer Forderungen wenig Aussicht. Die Antwort, die ihnen der Finanzminister gab, als sie vorschlugen, den klaren Ueberschuß der Einkünfte zu einem theilweisen Abtrag der Fremdenschuld zu benützen, war folgende: O nein, das geht nicht, mit diesem Ueberschuß müssen wir unsre Beamten bezahlen.

Nachrichten aus den Antillen über Kingston versichern, daß in Bogota Anarchie herrsche, der Gouverneur habe resignirt und sich ins Innere zurückgezogen.

Mexico.

Die Daily Times von Houston enthält unterm 4 April den Auszug eines Briefs, der an den Major Thomas G. Western aus Bejar vom 1 April 1840 geschrieben ist, und Folgendes enthält: Der Augenblick der Krisis nähert sich, die Föderalisten haben eben wieder bei Morelos, einer kleinen Stadt ungefähr 15 Lieues vom Presidio de Rio-Grande, eine Niederlage vom General Arista erlitten. Canales und 150 Mann, die entkommen sind, marschiren auf diese Stadt zu. Der Bote, der uns diese Nachricht brachte, hat sie zu Leona gelassen. Vor drei Tagen erhielt ich auch einen Brief von San-Fernando, der von dem Einfall in Texas, wie von einer ausgemachten Sache spricht. Man ist eigentlich schon in Texas eingedrungen, denn der General Ampudia hat mit 5 - 600 Reitern den Rio-Grande, 20 bis 30 Lieues unterhalb Loredo überschritten. Wenn wir also nicht mit der äußersten Schnelligkeit handeln, indem wir eine Armee nach Westen schicken, so werden wir bald unsre Städte zur Beute von wilden Horden werden sehen, die noch barbarischer sind, als die Cumanchen Cherokesen. Dreihundert cherokesische Krieger in San Fernando werden sich wahrscheinlich den mexicanischen Centralisten anschließen.

Ein anderer Brief vom 5 April sagt, daß sichere Nachrichten von Mexicanern, die von Rio-Grande kamen, die Kunde bringen, daß 2000 Mann mexicanischer Truppen mit 8 Stücken Geschütz auf das Gebiet von Texas getreten sind. Beim Abgang des Dampfbootes Columbia, das diese Nachrichten brachte, wurden in ganz Texas Truppen geworben.

Spanien.

In Catalonien scheinen sich die Christinos auf bloße Beobachtung der Carlisten zu beschränken, die übrigens nicht stark genug sind, um ernste Besorgnisse einzuflößen. Dagegen leidet das Land unsäglich unter ihren Raubzügen. Der Bandenchef Boquica hatte sich am 19 oder 20, 8 bis 900 Mann stark, beim Col de Toras gezeigt; alle Dörfer auf seinem Wege wurden geplündert. Zu Cervera und Tarrega wurde eine Million Rationen für die constitutionellen Truppen vorbereitet. Der Ebro warf dieser Tage unweit Tortosa mehr als 50 furchtbar verstümmelte Leichname ans Ufer. Man erkannte in ihnen die unglücklichen Gefangenen des Forts von Mirabel, welche die dortige Carlistische Besatzung grausam erwürgt hatte. Einige halten Cabrera, der beim Einrücken Zurbano's zu Flix und Mora sich einen Augenblick nach Mirabel geflüchtet hatte, für den Urheber dieser neuen Gräuelthat. Espartero hatte am 19 eine Bewegung gegen La Pobleta, unterhalb Morella, unternommen, wurde aber durch das Austreten der angeschwollenen Gewässer genöthigt, seine Truppen, in Erwartung günstigerer Witterung, zwischen der Einsiedelei von San Marcos und La Pobleta lagern zu lassen.

Ich sprach Ihnen gestern von der Bewegung Espartero's auf La Pobleta, Morella zu. Heute das Nähere. Am 18 früh (nicht den 19) trat endlich die Armee ihren Marsch an; aber schon nach einigen Minuten brach ein solches Unwetter los, daß es schien, es hätten alle Elemente sich gegen sie verschworen. Regengüsse und Schneegestöber, die ein eisiger Wind den Soldaten ins Gesicht peitschte, machten bald alles weitere Vorrücken unmöglich. Gezelte wurden in Eile aufgeschlagen, aber der in Strömen niederfallende Regen machte auch diese in kurzem unnütz. Die Nacht war fürchterlich. Die steigende Kälte verwandelte den Regen in Schnee, der am 19 Morgens die Erde anderthalb Schuh hoch bedeckte. Eine nahmhafte Zahl Soldaten, ungefähr 50 Pferde und mehrere Vorspannsbauern, waren der Kälte und der Wuth der Elemente erlegen. Das Unwetter dauerte am 19 ununterbrochen1242 fort; der 20 war rauh und stürmisch, wiewohl es endlich zu regnen aufhörte. Den 21 immer noch empfindliche Kälte und eisige Winde mit Schneegestöber. Die Armee hoffte den folgenden Tag ihren Marsch fortsetzen zu können, was jedoch bei den grundlos gewordenen Straßen noch zweifelhaft schien. Während dieser drei Tage war das Hauptquartier zu Masada de Masnon; dort standen auch das Belagerungsgeschütz, ein Regiment Provincialgarden und das Husarenregiment Prinzessin. Der Graf v. Belascoain mit der Gardedivision lagerte bei der Einsiedelei von San Marcos, im Angesicht von Morella und etwa anderthalb Stunden vom Hauptquartier. General Ayerbe stand mit der dritten Division zu Chiva, die vierte Division war zu Horcajo. Die Resignation der Soldaten mitten in dieser peinlichen Lage wird als musterhaft geschildert. Espartero soll die Leiden seiner Krieger redlich getheilt und ihnen durch Festigkeit vorgeleuchtet haben. O'Donnell war, wie gestern berührt, nach der Besitznahme von Cantavieja über Ares und Cati auf San Matheo marschirt, wo sich ein bedeutendes Corps Insurgenten und Cabrera selbst befinden soll. Es war am 4 Mai, daß Cabrera sich zu Morella gezeigt. Von einem Balcon herab, wo vor den auf den Knien liegenden Soldaten und Einwohnern ein Mönch die Messe las, verkündigte Cabrera den Anwesenden unter andern Lügen auch die Einnahme von Tortosa durch seine Truppen. Der Zauber seiner Person that auch dießmal seine Wirkung. Die Desertion hörte auf, und die frisch fanatisirten Rotten überlieferten sich neuen Gräueln. Nicht allein die Häuser der Stadt, deren Eigenthümer sich geflüchtet hatten, sondern auch mehrere Maiereien der Umgegend wurden von Grund aus geplündert und, was darin lebte, erwürgt. Ein Theil der Einwohner arbeitet seitdem an Barricadirung der Stadt, wozu man mehrere hundert Bäume herbeigeschleppt hat. Die Hauptkirche dient als Magazin. Die Colonne Zurbano's, welche die Linie von Algas bewacht, ist neuerlich durch die zu den Constitutionellen übergegangenen Banden des Talanques und El Mochuelo verstärkt worden. Zurbano war am 18 Nachts von Valderobles aufgebrochen, um den Bischof von Orihuela und mehrere Mitglieder der Carlistischen Junta zu Benifasa aufzuheben. Zum Unglück hatte sich die ganze Gesellschaft bei Annäherung der Avantgarde O'Donnells, die zu gleicher Zeit zu La Cenia einrückte, bereits aus dem Staube gemacht. Zehn Bataillone Insurgenten und 800 Reiter stehen zu Bot, Mora und Mirabet, von wo sie, wenn Morella fällt, sich nach Catalonien wenden wollen. Marconnel, nachdem er Cantavieja völlig niedergebrannt, hat mit dem 2ten, 4ten und 3ten aragonischen Bataillon, in Allem 1300 Mann, sich nach Mosqueruela gezogen, in der Absicht, wie man glaubt, um in Vereinigung mit den Banden Balmaseda's, der sich in den Gebirgen von Albarracin herumtreibt, das Land auszubeuten. General Carbo und der Insurgentenchef Sourile schlugen sich am 20 oder 21 unweit Ripoll (Ober-Catalonien). Souvila soll den Kürzern gezogen und in Folge dieses Gefechts auch die Bande, die um Oliana streift, auf Berga zurück seyn. Die Rotte des Felip ward bei San Mori von der mobilen Colonne des Districts Figueras geworfen, wobei ihm die mitgeschleppten Geiseln wieder abgenommen wurden. Die Gesammtzahl der bewaffneten Insurgenten von Ober-Catalonien mag mit Inbegriff von 200 Chefs und Officieren noch etwa 2000 Mann betragen, die seit Monaten ohne Sold nur von Plünderung leben und ihren Unmuth nicht verhehlen. Aus Guipuscoa erfährt man, daß der bekannte Legorburu im Lande herumschleicht und mit Hülfe Gleichgestimmter die ehemaligen Soldaten der Armee von Navarra zu neuem Aufstande vorzubereiten sucht.

Großbritannien.

Haus der Lords vom 26 Mai. Der aus Frankreich zurückgekehrte Lord Brougham, der, wie gewöhnlich, mit einem Haufen Bittschriften unter beiden Armen im Hause erscheint, wird von allen Anwesenden herzlich begrüßt. Er sieht gesund und munter aus, nur wegen seiner kurz geschnittenen Haare ein wenig dünner. Die Petitionen, die Lord Brougham der Reihe nach einreicht, betrafen Abschaffung der Korngesetze, Abschaffung der Kirchensteuern, Nichtannahme der Kirchenvermehrungsbill, Aufhebung der Verbindung zwischen Kirche und Staat, Reform des Medicinalwesens, Verminderung der Salzsteuer, und endlich Abbrechung des Opiumkriegs. Zur Unterstützung dieser letzten Petition bemerkt der edle Lord, daß, da der allgemeine Wunsch des Volks dagegen wäre, für das verlorne Opium einen Schadenersatz zu verlangen, auch die Regierung vermeiden solle, den bevorstehenden Krieg als einen Krieg aus Eigennutz zu führen, um nicht dereinst denselben mit denen Heinrichs VII vergleichen zu hören, von denen man sagte, sie glichen einem Schacht mit Eisen oben und Gold unten. Der Erzbischof von Dublin brachte eine Petition, von 60 Personen, darunter 30 aus dem Clerus, unterzeichnet, um Revidirung und zeitgemäße Umgestaltung der Artikel und der Liturgie der englischen Kirche, und nahm dieselbe zur Gelegenheit, das Haus von neuem (er that so zuerst 1836) an den Mangel einer kirchengesetzlichen Behörde in England zu erinnern, indem die beiden Kammern doch nicht tauglich wären, über geistliche Gegenstände Gesetze zu entwerfen. Dabei vertheidigt er sich angelegentlich gegen den Vorwurf der Neuerung, indem er bemerkt, daß der einzige Weg, auf dem man die nothwendigen Neuerungen, welche die Zeit mit sich bringt, zum besten wenden könne, darin bestehe, ihnen freiwillig entgegenzukommen. Er schlägt also die Wiedereinsetzung eines Concils (convocation) vor, wie selbes bereits hundert Jahre lang in England bestand. Der Bischof von Lincoln und der Erzbischof von Canterbury behaupten dagegen, daß der größte Theil des Clerus und der Gemeinden eine jede Neuerung in Auslegung des Dogma und in Abfassung der Liturgie mit dem entschiedensten Mißfallen aufnehmen werde. Der Bischof von Norwich spricht wieder für Umänderung, namentlich für eine gewisse Erweiterung des Glaubenssystems, und behauptet, daß er bis jetzt noch keinen Geistlichen gekannt, der mit allen von ihm unterschriebenen Glaubensartikeln unbedingt übereingestimmt hätte. Auch sey der Antrag auf Revision schon 1689 von den Würdenträgern der Kirche angenommen, und nur durch die gemeinsten Intriguen wieder rückgängig gemacht worden. Das so oft von der Masse wiederholte Geschrei: nolumus leges Angliae mutari halte er der Meder und Perser für würdiger als des englischen Volks. Er sey überzeugt, daß die Zeit, wo jene Aenderungen sich nicht mehr abweisen lassen, binnen kurzem kommen müsse, und dann würde man bedauern, sie nicht früher selbst eingeführt zu haben. Der Bischof von London hält Umänderungen für unnöthig, und Ernennung eines Concils gegenwärtig für unthunlich. Er beruft sich dabei auf eine Rede E. Burkes, gehalten 1772 bei Gelegenheit einer ähnlichen Petition als die vorliegende, und in welcher der große Staatsmann die Nothwendigkeit eines allgemein bindenden Glaubensgrundgesetzes ähnlich dem Staatsgrundgesetze zu beweisen sucht. Die Bittschrift bleibt auf der Tafel (wird einstweilen angenommen) und das Haus vertagt sich bis Montag.

Haus der Gemeinen. Sitzung vom 27 Mai. Unter den Petitionen ist eine unterzeichnet von dem Radicalclub von1243 Reading und eingereicht von Sergeant Talfourd, um minder strenge Behandlung des Chartisten Vincent, der von Monmouth nach dem Correctionshaus gebracht worden ist, und eine andere, eingereicht von Hrn. J. Duncombe, in der aufs neue darum nachgesucht wird, den Chartisten O'Connor in York-Castle von der Seite der Verbrecher nach der der Schuldner zu setzen. O'Connell unterstützt diese Motion, worauf Hr. S. Talfourd berichtet, daß er sich deßhalb an den Marquis von Normanby gewandt, und daß dieser auch bereits nach York geschrieben und eine Veränderung des Gefängnisses so wie Milderung der Behandlung überhaupt verordnet habe. Das Haus trat dann in Ausschuß über Sir E. Wilmots Jugendliche-Verbrecher-Bill (bezweckend Autorisation summarischer Ueberführung der jugendlichen Verbrecher in gewissen Fällen des Diebstahls u. s. w., und Errichtung kleiner Friedensgerichte) und verwarf die von General Johnstone vorgeschlagene Vertagung mit 35 gegen 22 Stimmen. Doch war das Haus vor Abschluß der Verhandlungen, schon nach acht, nicht mehr in Anzahl.

Im Haymarket-Theater ist am 23 ein neues Trauerspiel Glencoe oder das Schicksal der Macdonalds mit allgemeinem Beifall aufgenommen worden. Es hat zum Gegenstand die bekannte von Wilhelm III verordnete Ermordung der Macdonalds von Glencoe (1689), eine historische Thatsache, in deren Vordergrund jedoch hier die erdichtete Geschichte der Leidenschaft zweier Brüder Macdonald zu ein und demselben Mädchen, Helene Campbell, gestellt ist. Der eigentliche Held des Stücks ist der ältere Bruder, Halbert, und während dieser den großmüthigen Entschluß in sich ausbildet, seine Geliebte dem jüngern Bruder, Heinrich, der ihr lieber ist, abzutreten, hat dieser, englischer Officier, von Rache und Eifersucht getrieben, dem König eine verrätherische Anzeige gemacht, und damit das Verderben über seinen Clan herbeigerufen. Das vortreffliche Spiel des Hrn. Macready (Halbert) und der Miß Faucit (Helene) soll viel zum Beifall des Stücks beigetragen haben; der ungenannte Dichter wurde, nachdem ihn Macready genannt hatte, mit Enthusiasmus gerufen, und eben so bei seinem Vortreten begrüßt: es ist das bekannte Unterhausmitglied Sergeant Talfourd.

Frankreich.

In der Sitzung der Pairskammer vom 29 Mai erklärte Hr. d'Argout, wie wir schon gestern kurz erwähnt, daß er das Recht zur Conversion anerkenne, und daß er als Anhänger dieses Rechts, zugleich als Anhänger der Tilgung für das Gesetz votiren würde, wenn durch ein Amendement die Verfügungen beseitigt würden, wodurch eine Lähmung der Wirkung der Tilgung erzeugt sey. Hr. d'Audiffret folgte Hrn. d'Argout, gab ebenfalls das Recht der Heimzahlung der Rente mit allen seinen Folgen zu, verwarf aber die von der Deputirtenkammer angenommene Vollziehungsweise und erklärte sich für den ursprünglichen Regierungsentwurf. Die Sitzung ward dann aufgehoben, nachdem noch Hr. Thiers sich für den folgenden Tag das Wort ausgebeten hatte.

〈…〉〈…〉In der Sitzung der Pairskammer am 30 Mai ward zuerst von dem Minister des Innern das von der Deputirtenkammer angenommene Gesetz über die Abholung der sterblichen Reste Napoleons eingebracht. Hr. Odier erhielt sodann in Erörterung des Entwurfs der Rentenconversion das Wort. Er spricht für eine Modification des von der Deputirtenkammer angenommenen Entwurfs. Ihm folgte Hr. Thiers. Ich habe, sagte er, eine undankbare Aufgabe, denn ich weiß, daß die edle Kammer gegen die Conversion ist; es wäre aber gegen meine Pflicht, wenn ich nicht die volle Wahrheit sagte. Ich muß den Regierungsentwurf vertheidigen und vor dem Ernst der Lage warnen, die täglich bedenklicher wird. Ich habe nicht verdient, daß man mich einen maaßlosen Anhänger der Maaßregel nenne; man mußte aber bei dem Punkt, zu dem die Sachen gelangt sind, einen Entschluß fassen. Läßt man das Recht der Regierung zur Conversion zweifelhaft, so gestattet man ein Steigen der Fonds, und da früher oder später etwas geschehen muß, so will ich Ihnen nur zeigen, daß Sie dadurch den Rentenbesitzern Schaden bringen werden. Der Zustand des Schuldners ist ein solcher Zustand der Abhängigkeit, daß man suchen muß, sich davon frei zu machen. Jede Rente ist in gewisser Zeit rückkaufbar; dieß ist gemeines Recht, das Recht aller Länder. Man sagt, dieß lasse sich nicht auf den Staat anwenden. Warum nicht? Der Staat bietet hier nur zwei Gesichtspunkte dar: entweder als Souverän, und dann verfügt er über Alles, oder als bloßes Individuum, das wie andere den Tribunalen unterworfen ist und das gemeine Recht für sich in Anspruch nehmen kann. Sagt man das Gegentheil, so heißt dieß sagen, daß er souverän sey, und alsdann kann er alle Contracte lösen. Man behauptet, die Form des mit den Rentenbesitzern eingegangenen Contracts befreie sie von dem gemeinen Recht; es ist aber unmöglich, daß ein Contract dieß vorschreibe, und es existirt auch kein solcher. Man sagt, Cambon habe für den Staat auf das Recht der Heimzahlung verzichtet. Hr. Thiers führte hier aus einer spätern, als der von Hrn. Roy in seinem Bericht citirten Urkunde, folgende förmliche Aeußerung Cambons an: Die Nation wird immer die consolidirte Schuld heimzahlen können, wenn sie dieß für angemessen halten sollte. Auch bemerkte er, daß Cambon, der in Finanzsachen etwas besser unterrichtet gewesen, als die Männer seiner Zeit, in der Sache so habe verfahren wollen, wie es in England Sitte ist, nämlich die Rente auf dem Platze nach dem Tagescurs zurückzukaufen, und dabei habe Cambon gesagt, daß im Fall dieser Operation der Rentier Herr seiner Rente bleibe. Dieß sind, fuhr er fort, die Worte Cambons; es fiel ihm aber nicht ein, und er hatte durchaus nicht die Absicht, auf die Heimzahlung für den Staat zu verzichten. Kurz, das gemeine Recht ist unbestreitbar, außer man müßte das souveräne Recht zugestehen. Das Capital ist aber in alle Gesetze jener Zeit und in den Bericht Cambons eingeschrieben. Das Recht kann also nie ernstlich bestritten werden. Ich erkläre, daß die Regierung auf ihrem Recht besteht und nicht darauf verzichtet, und bin für meinen Theil überzeugt, daß sich unmöglich ein anderes Mittel finden läßt. Ich sage den Rentenbesitzern, es gibt keine Regierung, die auf dieses Recht verzichtet. (Abgang der Post.)

Die französische Akademie hat in ihrer letzten Sitzung zum Preis der Beredsamkeit, den sie 1842 vertheilen wird, den Eloge de Pascal vorgeschlagen.

Das Journal des Débats spricht sich also über die Einnahme von Medeah und den Rückzug der französischen Armee nach Muzaia aus: Nachdem die Armee drei Tage daselbst (Medeah) verweilt hatte, die dazu verwendet worden, die Stadt zu befestigen, setzte sie sich am 20 wieder in Marsch, um über den Atlas zurückzugehen. Die letzte Depesche sagt, daß man die ganze Armee Abd-El-Kaders, die auf dem südlichen Abhang des Atlas gegen Medeah zu in Schlachtordnung aufgestellt war, angreifen und werfen mußte, und daß die ganze arabische Cavallerie Befehl hatte, abzusteigen, um die schroffen Höhen zu besetzen. Also verliert der Emir den Muth nicht. Nachdem er vor Teniah geschlagen worden, wagt er noch einmal der Armee den Weg zu verlegen. Von unserer Seite soll der Verlust 200 Mann betragen, auf Seite des Feindes aber bedeutender seyn. Es scheint, das Gefecht war sehr heftig. 1244Unsere Soldaten haben sich, sagt die Depesche, wie immer, bewundernswürdig gezeigt. Seit diesem Gefecht ist die Armee unangefochten am 22 in die Lager von Muzaia und Blidah eingerückt. Am 23 traf der Marschall mit den Prinzen, die nach Frankreich sich einschiffen werden, in Algier ein. Wenn wir auf die Operationen seit dem 27 April, dem Tag des Abgangs von Blidah zurückblicken, so sieht man, daß die Armee die ersten 14 Tage lang in der Metidscha und am Fuß des Atlas, zwischen Blidah und Ued-Jer, zwischen Muzaia und Scherschel manöuvrirt hat. Der Marschall wollte, wie man glauben darf, damals den Feind in die Ebene herablocken, ihm durch seine Demonstration gegen Ued-Jer glauben machen, daß er die Absicht habe, auf Miliana geradezu loszugehen, und die Engpässe des Atlas so frei machen. Während dieser Zeit hat er ein festes Lager in Muzaia errichtet, eine Position, deren Behauptung wichtig ist; er hat Scherschel entsetzt, nach Algier Verstärkungen geschickt, und die an sich gezogen, die er von Oran verlangt hatte. Der Marschall scheint Bedenken getragen zu haben, durch einen Sturm auf die Verschanzung von Teniah unsere Tapfern aufzuopfern, gewiß ein sehr lobenswürdiges Bedenken. Er hoffte, daß eine Verzögerung von 14 Tagen die Araber ermüden, und ein Theil von ihnen nach Hause zurückkehren würde, da sie schon seit acht Tagen im Felde standen, und ihre Gewohnheit nicht ist, länger als 20 Tage im Felde fern von ihrer Heimath zu bleiben. Aber Abd-El-Kader hat eine fürchterliche Disciplin eingeführt, er zwingt die Kampfunfähigen und die Weiber der Stämme, jede Woche den Kriegern Lebensmittel zu bringen. Also mußte man kühn die Verschanzungen des Atlas angreifen und sie mit dem Bajonnette nehmen. Glücklicherweise ist unser Verlust weit geringer als ein solcher Kampf es fürchten ließ. Man hat eine Straße errichtet, die von nun an unsern Kanonen und Zufuhren einen leichten Zugang verschaffen wird; man hat Medeah besetzt, und eine Garnison unter den Befehlen eines der fähigsten und ausgezeichnetsten Officiere daselbst gelassen; endlich hat man die Armee des Emir, die uns den Weg versperren wollte, noch einmal und zwar vollständiger als das erstemal geschlagen. Also sind diese 26 Tage des Feldzugs wohl angewandt. Eine zweite Expedition wird unsere Festsetzung in der Provinz Titteri vollenden und uns nach Miliana und in das Thal des Chleif führen. Unterdeß muß die moralische Wirkung auf die Araber groß seyn. Abd-El-Kader hat nirgends unsern Marsch aufhalten können, seine Schanzen sind forcirt, seine Armee zweimal geworfen worden, eine wichtige Stadt, die wir nicht mehr aufgeben dürfen, gehört uns. Fahren wir so fort, und der Emir, durch so viele Unglücksfälle entmuthigt, seines Ruhmes beraubt, wird die Araber, eines endlosen Krieges müde, endlich das tyrannische Joch abwerfen sehen, mit dem er sie ohne Erbarmen zu Boden drückt.

Hr. Thiers ist eben mit dem Entwurf eines neuen Pacificationsplans für den Orient fertig geworden und beabsichtigt ihn binnen kurzem den Großmächten vorzulegen. Hr. Thiers schmeichelt sich mit der Hoffnung, daß der von ihm entworfene Plan sich der günstigsten Aufnahme erfreuen werde.

Also eine Subscription zu Gunsten Napoleons, um die zu seinem Begräbniß erforderliche Summe von zwei Millionen zu decken! Eine Souscription nationale, wie man sie nennt, in vollem Gang und Schwang und Redensarten die Menge! Warum nicht? wie wir uns die Freiheit genommen haben, die Abstimmung der Kammer, dem Grunde der Sache nach und abgesehen von den unlautern Motiven, die dabei gewirkt haben mögen, zu billigen, so mag den Anhängern und Vertheidigern des Commissionsberichts unbenommen seyn, auf populärem Wege zu ergänzen, was ihnen das Parlament verweigert hat. Wird die Subscription gehörigen Fortgang haben? Wird die ganze Summe zusammengebracht werden? Die allgemeine Gleichgültigkeit der gegenwärtigen Stimmung für solche Verhandlungen könnte einigen Zweifel erregen, dagegen liegt in der ungeschickten Freude der sogenannten conservativen Blätter und in ihren Folgerungen, aus dem Siege über das Ministerium etwas so albern Boshaftes und das nationale Schicklichkeitsgefühl Verletzendes, daß hieraus vielleicht für die Subscription eine Gewähr entspringt, die ihr sonst gemangelt hätte. Wie dem auch sey, der Siècle gibt heute eine dritte Liste mit einem Gesammtbetrag von über 7000 Franken. Man kann die Unterschriften auf diesen Listen nicht ohne Rührung lesen. Was von der weltberühmten Kaisergarde noch irgend Leben und Bewegung hat, kriecht aus seinem ruhigen, müden Verstecke hervor, und bringt sein Scherflein mit gehöriger, genauer Angabe des Namens, Charakters und des Regiments und des Bataillons und der Compagnie, welchen jeder anzugehören einst die Ehre hatte. Die Chasseurs, die Grenadiere, die Artilleristen der alten und jungen Garde drängen sich in Schaaren herbei; hier ein Verwundeter von Montebello und Wagram mit dem Rufe vive l'Empereur! dort ein leichter Jäger von der ägyptischen Armee, weiter ein Verstümmelter von Waterloo, da ein einfacher Trommler mit dem Officierskreuze der Ehrenlegion; mitten drinnen Mde. ..., der Name ist mir entfallen, gewesene Säugamme des gewesenen Königs von Rom! Sie transit gloria mundi! Und wie die Lavine im Rollen wächst, so wird die Phrase die Phrase erzeugen, und in wenigen Tagen werden wir eine buntscheckige, wenn auch nicht vollständige Schlachtengeschichte des Kaiserthums bekommen, alles in Form von Namensangaben, Mottos und Huldigungen und unter dem Vorwande zum Mausoleum des Kaisers zu unterzeichnen. So mag es denn wahr werden, daß der kürzeste Weg oft der längste ist, und daß es besser gewesen wäre, dem Ministerium gleich die zwei Millionen voll zu geben, anstatt daß wir jetzt mit verstümmelten Kriegsbulletins auf das grausamste werden gemartert werden, und von St. Helena nach dem Invalidendom nur auf dem kleinen Umweg von Italien, Deutschland, Aegypten, Spanien, Oesterreich, Rußland etc. gelangen können.

Die Deputirtenkammer beschäftigt sich heute mit dem Entwurf über die Arbeiten von Kindern in den Fabriken. Da die französischen Fabricanten, besonders die im Elsaß, selbst den Wunsch danach geäußert haben, so ist die Annahme des Entwurfs, in seinen Hauptzügen wenigstens, unbezweifelt, obwohl mehrere Deputirte die Befugniß des Gesetzgebers bestreiten, die Länge der täglichen Arbeitszeit zu bestimmen. Sobald, sagen sie, eine solche Intervention in die Privatverhältnisse zugelassen wird, sind keine Gränzen mehr abzustecken, wo sie aufhören müsse, und man wird auch noch die Nahrung und Kleidung der jungen Fabrikarbeiter behufs der Bewahrung ihrer Gesundheit durch ein Gesetz bestimmen müssen; auch wird die Verminderung der Arbeitsstunden eine Verminderung des Lohns nach sich ziehen, und so den nöthigen Unterhalt der Kinder und ihrer Eltern beschränken. Die Pairskammer debattirt den Entwurf über die Conversion der Renten; bei der bekannten vorgefaßten Meinung der Mehrheit scheint die Verwerfung des Entwurfs gewiß, und die auf heute angekündigte Rede des Hrn. Thiers wird wenig Wirkung hervorbringen, wenn es ihm auch ernstlich um die Vertheidigung1245 der Conversion zu thun ist, woran ziemlich allgemein gezweifelt wird; er durfte jedoch diese Vertheidigung nicht unterlassen, aus Furcht, es mit der Mehrheit der Deputirtenkammer zu verderben.

Deutschland.

Seit langen Jahren hat die Eröffnung hiesigen Curorts Wiesen und Wälder nicht in so hohem Schmucke gefunden wie heute; das volle Frühjahr der Alpengegenden prangt vor dem Auge des Beschauers, und läßt die so ausgezeichnete Güte und Würze der Ziegenmolken und Pflanzensäfte dieser Zeit begreifen. Eine große Anzahl von Bestellungen verspricht auch für diesen Sommer reichlichen und hohen Besuch. Die Uebernahme der Küche auf eigene Regie der hohen Eigenthümerin, Ihrer Maj. der Königin Caroline, läßt das sichtliche Bemühen erkennen, diese so schwierige Angelegenheit der Speculation zu entziehen, um hiedurch sicherer den Klagen der letzten Jahre entgegen treten zu können. Es steht überhaupt für die Traiterie der Anstalt, so wie für das äußere Badeleben durch die neuere Einrichtung der Poststraße von München über Tegernsee, Bad Kreuth und Achenthal nach Innsbruck dem kürzesten und interessantesten Wege zwischen beiden Hauptstädten eine günstige Erweiterung zu erwarten, indem sich hierdurch die Dauer und die Mannichfaltigkeit des Besuches im Bade erhöht, und fortwährender Verkehr mit dem Innthale erzeugt wird. Die neue Verbindungsstraße vom Bade rückwärts herab zur Achenthaler Landstraße ist mit dem heutigen ebenfalls vollendet, so wie von heute an Bad Kreuth zugleich als Poststation mit allen den daraus hervorgehenden Vortheilen für den Reisenden wie für den Durchpaß erscheint. So wie man den Wünschen der Gäste durch Vermehrung der Tagesblätter entgegengekommen ist, so ist auch von wesentlichem Werthe für dieselbe als Curort, daß sich fortan ein Depot der namhaftesten Mineralwasser jeder Gattung daselbst befindet.

Heute verkündete der Staatsrath v. Rüdt in der zweiten Kammer, daß Se. k. Hoh. der Großherzog beabsichtige, im Anfang des Monats Julius diesen Landtag zu schließen, indem bis dahin die Geschäfte, welche die zweite Kammer noch vor sich habe, nach der Raschheit, womit die Kammern dieselben bisher beförderten, in beiden Kammern zur Erledigung kommen können. v. Itzstein fragt, wie es mit der Erledigung des, gegenwärtig in der ersten Kammer liegenden, Strafgesetzesentwurfs stehe? Staatsrath v. Rüdt: die Berathung desselben müsse am nächsten Landtag fortgesetzt werden, da es nicht mehr möglich sey, sie jetzt zu vollenden. Bader beklagt, daß man so leicht über die Erledigung des Strafgesetzes hinausgehe; er sehe in dem angekündigten Schluß des Landtags eine halbe oder eine ganze Zurücknahme des so dringend nothwendigen Gesetzes. Es sey ein ungeheurer Zeit - und Kraftaufwand und Kostenaufwand verloren. Auf die Motive dieses Schrittes der Regierung wolle er zur Zeit gar nicht eingehen, sondern nur den Antrag stellen, daß die Kammer die Frage in die Abtheilungen verweise, welche Maaßregeln zu ergreifen seyen, um die Berathung des Strafgesetzesentwurfs für den nächsten Landtag auf dem Standpunkt zu erhalten, auf dem sie sich gegenwärtig befinde. Staatsrath v. Rüdt: Die Regierung werde schon ein verfassungsmäßiges Mittel finden, um das, was jetzt geschehen sey, für den und den nächsten Landtag zu erhalten. Er sey aber zur Zeit nicht ermächtigt, einen bestimmten Weg dießfalls schon jetzt zu bezeichnen. Die Erledigung des Strafgesetzesentwurfs am gegenwärtigen Landtag wäre übrigens jedenfalls nicht mehr möglich gewesen. Gegen das Spätjahr hin seyen viele Mitglieder der ersten Kammer durch einen andern Beruf (wie man sagt, wegen der Manöuvres des achten Armeecorps) abgehalten, der Landtag müßte also lange Zeit unterbrochen werden, und so käme das Strafgesetz bis Ende December nicht zu Ende, wo doch die Kammer um ein Viertel erneuert werden müsse. Die Kammer beschloß: 1) den Wunsch auszudrücken, daß die Regierungscommission in den nächsten Tagen eine Mittheilung mache, wie die Berathung des Entwurfs in ihrem jetzigen Stande für den nächsten Landtag erhalten werden könne, daß dieselbe nicht von vornen beginnen müsse; 2) sodann, wenn keine solche Mittheilung erfolge, den Vorschlag des Abg. Bader wieder aufzunehmen, wonach diese Frage in die Abtheilungen zu verweisen sey.

Bekanntlich hatte ein Theil der katholischen Geistlichen des Landes sich zu einer Petition um Abhaltung einer Diöcesansynode vereinigt, und solche dem hiesigen Hrn. Erzbischof übersandt. Auf dieselbe ist nun eine amtliche Antwort erfolgt, aus der wir Folgendes ausheben: Auch wir mißkennen nicht das hohe Alter, das Ansehen und die Nutzlichkeit der Synoden in der katholischen Kirche, vielmehr wünschen wir aufrichtig, mit den weisesten Lehrern und Vorstehern der Kirche, daß dieselben, da sie durch die Ungunst der Zeitverhältnisse allzu lange unterblieben sind, wieder hergestellt werden möchten. Darin aber, liebste Brüder, daß ihr die Zusammenberufung einer Synode für unsere Erzdiöcese in unserer gegenwärtigen Zeit für wünschenswerth haltet, und daher uns ersucht habt, eine solche alsbald zu versammeln, müssen wir einer entgegengesetzten Ansicht folgen. Nach eurem Dafürhalten sind es hauptsächlich zwei Punkte, welche die Nothwendigkeit einer Synode darthun sollen: nämlich der gedrückte Zustand der Kirche und die gemischten Ehen. Wenn aber die Sache einer genauern Betrachtung unterworfen wird, so kann es keinem von euch entgehen, daß dieses Fragen sind, welche nicht das Großherzogthum Baden allein berühren, sondern ganz Deutschland; und dieselben daher nicht auf einer Diöcesansynode, nicht einmal auf einer Provincial -, sondern nur auf einer Nationalsynode ihre Erledigung finden können. Dabei ist sehr zu befürchten, daß die kirchlichen Wirren, welche dermalen in Deutschland obwalten, durch eine Diöcesansynode noch vergrößert werden möchten. Indem wir daher eure Bitte um Abhaltung einer Diöcesansynode ablehnen, hegen wir den sehnlichsten Wunsch nach einer deutschen Nationalsynode und haben das zuversichtliche Vertrauen, daß auf einer solchen die Beschwerden der katholischen Kirche einer gerechten Würdigung werden unterworfen und gehoben werden. Aber, geliebteste Brüder! ihr habt auch noch andere Gründe vorgetragen, aus welchen wir uns von der Nothwendigkeit einer Diöcesansynode überzeugen sollen: ihr weiset hin auf die immer mehr einreißende Irreligiosität, den zunehmenden Verfall der Sittlichkeit, auf die immer größer werdende Herabwürdigung des geistlichen Standes und der priesterlichen Würde. Indem man nun auf der einen Seite es für gerecht anerkennen muß, daß ihr ernstlich darauf bedacht seyd, wie so großen und schweren Uebelständen gründlich möge gesteuert werden, so kann es auf der andern Seite euch doch auch nicht entgehen, daß jene Wunden über welche ihr klagt, von der Art sind, daß sie eher von jedem Einzelnen für sich, als durch eine Diöcesansynode geheilt werden können und sollen. Wir haben Gottes Gebote in der heiligen Schrift, wir haben die Decrete und Kanonen der Concilien und der obersten Vorsteher der Kirche, welche alle ganz1246 besonders darauf hinzielen, daß das christliche Volk im Glauben befestigt, daß die Reinheit der Sitten befördert, daß die Würde und das Ansehen des geistlichen Standes aufrecht erhalten werde. Wozu sollte es also nützen, jene Decrete und Canonen aufs neue einzuschärfen oder gar den alten neue beizufügen, wenn nicht ein jeder von unsern Mitbrüdern aus eigenem Antriebe in der ihm anvertrauten Heerde seinem Amte mit möglichstem Eifer vorstehen will? Wahrlich, das Heil der Kirche, das Wohl unserer Diöcese kann auf keinem andern Wege erzielt werden, als wenn ein jeder von uns mit brennendem Seeleneifer in dem ihm angewiesenen Kreise wirksam ist.

Während man am 24 Jun. in der Runde der Residenz das Fest der vierhundertjährigen Feier der Buchdruckerkunst, namentlich in den Städten Mainz, Frankfurt und Gernsheim feiern wird, sehen wir uns hier, in der Hauptstadt, auf die passive Rolle von bloßen Zuschauern beschränkt. In dem nur vier Stunden von hier entfernten Gernsheim am Rhein, der Vaterstadt des berühmten Peter Schöffer, dem man im Jahr 1838 daselbst mit großem Pomp eine Statue setzte, ist man vorigen Sonntag übereingekommen, das Säcularfest der Buchdruckerkunst würdig zu feiern. Bemerkt zu werden verdient hierbei, daß die Einwohner dieser kleinen Rheinuferstadt die Statue ihres gefeierten Landsmannes aus eigenen Mitteln errichteten, und von außen her weder einen Beitrag erwarteten noch verlangten. (Köln. Z.)

Vor einigen Tagen ist endlich eine sehr umfassende und gründliche Erklärung des Advocaten Schaumann zu Hannover an das hiesige Wahlcollegium eingelaufen, welche die Resignation desselben motivirt. Schaumann führt unter den Gründen, welche ihn bewogen, die Wahl abzulehnen, seine Anhänglichkeit an die Verfassung von 1833, die reglementswidrige etc. Zusammensetzung der gegenwärtig versammelten zweiten Kammer, die außerdem, wie die Abstimmungen über Minoritätswahlen und das Zustimmungsrecht der Stände zu der Gesetzgebung bewiesen, keine Hoffnung übrig lasse, daß selbst materielle Rechte gewahrt würden, so wie hauptsächlich die (vom Magistratsdirector Ebell gegen die Absicht der Wahlcorporation) in seine Vollmacht eingeschobene Clausel an, daß er vorbehaltlich seiner Vermögensqualification erwählt sey, wodurch er von seiner Wahlcorporation der Kammer gegenüber gänzlich schutzlos gestellt werde. Der Magistratsdirector theilt in einem Circular vom heutigen Tage dem Wahlcollegium diese Erklärung mit, und hat auf Freitag den 29 d. M. Termin zu einer neuen Wahl anberaumt, auch schlägt er auf das dringendste abermals den Dr. jur. Mejer in Clausthal als Candidaten vor. Es hat sich hier ein Comité zur Feier des Buchdruckerjubiläums gebildet, und auch vom Ministerium die Erlaubniß zu einer öffentlichen Feierlichkeit erhalten. Die Universität ist von diesem Comité zur Theilnahme an den Festlichkeiten eingeladen. Auch die 25ste Jahresfeier der Schlacht bei Waterloo wird feierlichst begangen werden. Die Polizei hat die neuesten Nummern der Hallischen Jahrbücher, welche eine Anzeige des hannover'schen Portfolio enthalten, aus den hiesigen Leseanstalten und Buchhandlungen, wie es heißt, vorläufig zu sich genommen.

Die gestrigen Wahlverhandlungen wurden vom Dirigenten Magistratsdirector Ebell mit allgemeinen Bemerkungen über die erforderliche Vermögensqualification eines zu erwählenden Deputirten eröffnet, was zu lebhaften Debatten Anlaß gab, ob und wie sich das Wahlcollegium von der Qualification des zu Erwählenden überzeugen könne, wobei namentlich dem vom Hrn. Magistratsdirector vorgeschlagenen Dr. Mejer in Clausthal der Besitz eines nach dem Wahlreglement von 1819 erforderlichen Vermögens abgesprochen wurde. Die gegenseitigen Erörterungen zeigten die große Schwierigkeit einer auf juristischen Beweis gestützten Ueberzeugung des Wahlcollegiums und da, wie von einer Seite bemerkt wurde, die gegenwärtige Versammlung in Hannover es mit der Vermögensqualification der Deputirten ohnehin nicht so genau nehme, die übrigen Wahlcorporationen nach dem Vorgange der Stifter häufig aber noch weniger genau, so beschloß man, statt des gebräuchlichen: die Wahlcorporation habe sich von der Qualification des Gewählten überzeugt, in die Vollmacht zu setzen: man habe angenommen, daß der Deputirte qualificirt sey. Hierauf schritt man zur Wahl. Es erhielt der Pastor Sander in Geismar bei Göttingen 21 Stimmen, der Dr. jur. Mejer in Clausthal 10 St., Magistratsdirector Ebell 1 St. und Senator Berg 1 Stimme. Der Pastor Sander ist ein eifriger Anhänger des Staatsgrundgesetzes; seine schriftstellerische Thätigkeit für dasselbe hat ihm schon eine Untersuchung zugezogen. Ob das Consistorium ihm Urlaub ertheilen wird, steht dahin. Die hiesige Liedertafel ist heute zu dem Musikfeste nach Hildesheim abgefahren, da die Schwierigkeiten, welche der Feier desselben auf den Sonntag entgegenstanden, gehoben sind.

Preußen.

Se. k. H. der Kronprinz ist seit einigen Tagen mit der Unterzeichnung der allerhöchsten Erlasse beauftragt, und die im Namen des Monarchen ausgefertigten Cabinetsordres tragen jetzt die Unterschrift: Auf Befehl Sr. Maj. des Königs. Friedrich Wilhelm, Kronprinz.

Fortdauernd wird die allgemein Theilnahme von dem leidenden Zustande des Königs in Anspruch genommen. Sind auch nicht officiell in den Kirchen Gebete für die Wiederherstellung des Monarchen angeordnet, so senden doch viele treue Herzen unaufgefordert ihre Bitten zum Himmel empor, denn der König wird von seinem Volk wie der Vater einer Familie geliebt, dessen Wirksamkeit und dessen Wohlthaten gerade in solchen Tagen Allen recht lebhaft vor die Seele treten. Darf man bangen Gerüchten trauen, so ist der Zustand des hohen Kranken seit gestern sehr bedenklich geworden; die Liebe gibt sich jedoch nur zu leicht den ängstlichsten Gedanken hin; hoffen wir, daß die Besorgniß sich auch dießmal, wie es bereits in der vorigen Woche der Fall war, als unbegründet erweisen werde. Ueberaus rührend ist es, daß der König, seiner Krankheit ungeachtet, sich doch nicht hat zurückhalten lassen, das Programm der Feierlichkeiten bei der Grundsteinlegung des Friedrichs-Denkmals selbst anzuordnen, obwohl alle andern Regierungsgeschäfte dem Kronprinzen von Sr. Maj. übertragen sind. Die Vorbereitungen zu dieser Feier haben darum auch ihren unausgesetzten Fortgang. Das Volk, das Land nimmt daran mit vollem Bewußtseyn Theil, denn es glaubt, durch Gründung jenes Denkmals eine alte Schuld abzutragen eine größere Schuld, als die französische Nation abträgt, indem sie die Ueberreste ihres Kaisers von der Felseninsel über den Ocean sich holt; denn wer weiß, ob hundert Jahre nach der Thronbesteigung Napoleons dieser noch eben so, wie jetzt Friedrich, in den Herzen eines dankbaren Volkes fortleben wird. Es hat, wie Hr. v. Varnhagen in den Berliner Jahrbüchern sehr richtig bemerkt, die frische Belebung, die des großen Königs Gedächtniß besonders in den letzten zehn Jahren erfuhr, nicht wenig dazu beigetragen, das Königthum überhaupt zu stärken und1247 ihm selbst unter den extremen Geistern, welche die Zeit der Revolutionen gebar, neue Anhänger zu gewinnen.

Heute starb hier, wo er seit geraumer Zeit in stiller Zurückgezogenheit gelebt hatte, der herzogl. sachsen-gothaische Hofrath, Karl v. Reinhard, geboren 1769, der sich in der litterarischen Welt durch seine eigenen Gedichte und andere schönwissenschaftliche Schriften (man sehe Hitzigs gelehrtes Berlin S. 210), insbesondere aber durch Herausgabe der Schriften seines Freundes I. A. Bürger bekannt gemacht hat. Er war der letzte kaiserliche gekrönte Dichter; auch möchten außer ihm keine Ritter des weltlichen St. Joachim-Stifts-Ritter - und Mitglieder des pegnesischen Blumenordens zu Nürnberg, in welchem er den Namen Lyndor führte, mehr existirt haben. (Letztere Vermuthung ist ungegründet, da der pegnesische Blumenorden sich bis zur Stunde einer thätigen Fortdauer erfreut, und mehrere talentvolle Dichter und Schriftsteller unter seinen Mitgliedern zählt.) (Pr. St. -Z.)

Dänemark.

Unterm gestrigen Datum hat eine große Ordensverleihung und Beförderung stattgefunden. Unter den Ritterkreuzen des Elephantenordens bemerkt man die Professoren Steinheil in München, Steffens in Berlin, Molitor in Frankfurt und Dahl in Dresden. (K. C. Bl.)

Die Berling'sche Zeitung publicirt eine königliche Verordnung, durch welche in Uebereinstimmung mit der Petition der Schleswigschen Provincialstände die deutsche Sprache als Kirchen - und Gerichtssprache im nördlichen Theil von Schleswig, woselbst der gemeine Mann größtentheils dänisch spricht, abgeschafft und die dänische Sprache an ihrer Statt eingeführt wird. Zugleich untersagt die Verordnung den Gebrauch lateinischer Redensarten in gerichtlichen Documenten. In Betreff der Behandlung, Freilassung und Freikaufung der Sklaven in Westindien sind umfassende Gesetze erlassen. Nach der Thronbesteigung Christians VIII reichten bekanntlich die hiesigen Studenten zwei ziemlich verschiedene Adressen, und demnächst noch eine Erklärung ein. Debatten unter den Studenten und der Beschluß einen Verein zu stiften, in dem künftig Alles verabredet werden sollte, was die Studenten betreffe, waren hievon die Folge. Der Verein trat trotz manches Widerspruchs von Seite des Consistoriums ins Leben, erhielt aber vor kurzem von jenem ein Schreiben, welches halb im bittenden, halb im befehlenden Ton verlangte, stets davon benachrichtigt zu werden, wann und wo man eine Versammlung halten wolle, welche Fragen discutirt werden sollten, und welche Beschlüsse man gefaßt habe. Die Repräsentanten der Studenten antworteten auf diese Bitte , sie publicirten die fraglichen Punkte, wären aber gern erbötig, dem Consistorium immer eine specielle Nachricht darüber zugehen zu lassen. Eine demnächst berufene Generalversammlung cassirte diesen Beschluß mit Rücksicht auf die Zukunft, und behauptete ihre gänzliche Unabhängigkeit vom Consistorium, welches nun dem Gerücht nach alle Mitglieder des Vereins von sämmtlichen akademischen Beneficien ausschließen, und, wenn dieß nicht hilft, nach königlichem Befehl den Verein aufheben will. Dieser Vorfall hat zu vielem Gerede und einer Steigerung der Spannungen Anlaß gegeben. In Betreff der Eisenbahnfrage hat die Regierung eine Commission niedergesetzt, welcher Plane in dieser Beziehung vorzulegen sind. Man wird freie Concurrenz gewähren, und die Eisenbahn ins Leben treten lassen, welche die meisten Actionnäre zählt. Diesen Vortheil dürfte die Kiel-Hamburger Bahn haben, und der dänische Handelsstand, welcher darin seinen offenbaren Ruin sieht, auch eine abermalige Begünstigung Hamburgs fürchtet, gibt sich den lebhaftesten Besorgnissen hin.

Hier Näheres über die Auftritte von gestern Abend. Die Stimmung gleich einer Gewitterwolke. Prinzessin Karoline wurde, als sie nach dem Theater fuhr, mit großer Ehrfurcht und hie und da mit dem Ruf: Es lebe die Tochter unseres alten Königs! begrüßt. Vor dem Hotel des Barons Thotts flammten Pechfackeln. Dieß wollte der dort versammelte Pöbel nicht leiden; die Fenster im untern Geschosse und die Straßenlaternen wurden zerschlagen und die Pechfackeln zweimal umgerissen, so daß dort Alles dunkel war, als der König kam. Eine große Anzahl Husaren füllte den Markt und wurde mit Bonmots empfangen; der alte König, meinte man, habe 10 bis 12 Mann zur Aufrechthaltung der Ordnung verwendet; jetzt sehe man ganze Escadronen. Endlich, gegen 11 Uhr, kam der Zug. Alles war lautlos und still, bis der Pöbel bei Thotts Palais ein Geheul erhob. Auf der Amalienburg hatte sich der loyale Theil der Bürgermasse versammelt, und begrüßte den König mit einem Hurrah, welches Andere mit Pfeifen beantworteten; dadurch entstand großer Lärm. Der König neigte sich aus dem Wagen und dankte; aber dieß beschwichtigte den Lärm nicht, der noch fortdauerte, als er schon im Schloß war. Des Königs Adjutant, Ewod, kam heraus, ging mitten unter die Masse und redete den Leuten zu, sich nach Hause zu begeben. Man wollte nicht. Er brachte ein Hurrah aus, worin man einstimmte; ja man geleitete ihn zu Hause und begrüßte ihn mit einem Lebehoch. Indessen waren andere Haufen nach dem Norden der Stadt geeilt, um den Studenten und dem Advocaten Christensen ein Lebehoch zu bringen und die Fenster der Judenkirche einzuschlagen. Die Polizei schritt ein; der Pöbel bewaffnete sich mit Pflastersteinen. Die Bewohner dieses Stadtviertels fürchteten jeden Augenblick die Wirbel des Generalmarsches zu hören, indessen ging doch Alles noch gnädig ab. Der Aufwand des Hofes, die Rede - und Preßprocesse, die Affaire mit den Studenten, die Eisenbahnangelegenheiten, die Beschränkung der Gratialien, ganz besonders aber die stolze Nichtachtung der öffentlichen Stimme, das Schweigen über alle Angelegenheiten, die das Publicum interessiren, steigern jeden Augenblick den Unmuth des Volks. Fadrelandet erklärt geradezu: die Stimmung ist nie der Regierung so feindselig gewesen. Die Polizei scheint Befehl zu haben, nur im äußersten Nothfall mit Thätlichkeiten vorzugehen, die auch sicher nicht ohne ernstliche Repressalien ablaufen würden.

Unterm 23 d. M. hat der akademische Senat ein wohlgefaßtes begütigendes Schreiben an die dänischen Studenten erlassen, in welchem er die nützliche und gute Seite der Discussion akademischer Gegenstände im Studentenverein anerkennt und diesem Gedeihen wünscht, so lange selbiger sich in diesen Schranken halte, auf der andern Seite aber mit einem Hinblick auf die deutschen Universitäten und ihre Umtriebe vor allen politischen Tendenzen warnt. Der Senat besteht auf seiner Forderung von der Zeit der Versammlungen, ihrer Absicht und ihren Beschlüssen unterrichtet zu werden, er spricht die Hoffnung aus, daß der Verein sich hiezu bequemen werde, und warnt vor den sonst zu erwartenden Folgen, nämlich der Ausschießung der Theilnehmer von akademischen Beneficien und der Aufhebung des Vereins. Gestern ward das Schreiben den Studirenden zugestellt und in der Berling'schen Zeitung abgedruckt. Einige1248 scheinen geneigt sich zu fügen, und eine Generalversammlung wird gehalten werden. Die Kjobenhavnspost ist wiederum mit Beschlag belegt. Heute Morgen war ein vom 24 datirtes Polizeiplacat angeschlagen, welches in Folge der vorgefallenen Excesse allen Bürgern befiehlt, ihre Dienstboten, Lehrlinge u. s. w. zu Hause zu halten, alle Aufzüge und Versammlungen auf Markt und Gassen, öffentliche Aeußerungen von Mißfallen und Beifall gegen Einzelne verbietet und mit Anwendung der öffentlichen Macht und Bestrafung der Schuldigen droht. Die Regierung scheint aus dieser kleinen Emeute Vortheil zu ziehen. Alle Parteien sind darüber einig, daß es zu nichts führen kann, Fenster einzuschlagen und zwecklose Prügeleien mit der Polizei anzufangen, wovor die liberale Presse selbst dringend warnt. Indessen sind Viele doch eifrig bemüht, der Presse die Schuld dieser Unordnungen zuzuschieben; sie werfen ihr überhaupt vor, daß sie Gesetzlosigkeit, Eigenmächtigkeit und Gewalt predige. Alle Unwahrheiten, Uebertreibungen und Verdrehungen, deren sich die Zeitungen schuldig gemacht haben, werden der Presse vorgehalten, und meine alte Behauptung, daß die Liberalen durch solche Waffen ihrer eigenen Sache schaden, bethätigt sich jetzt. Ein gemäßigt liberaler Bürger fordert in einem langen Artikel in der Adreßzeitung jeden auf, sich der Regierung anzuschließen, gegen Tumulte aufzutreten, die rücksichtslose Presse durch die Presse selbst zu bekämpfen und in Ruhe abzuwarten, daß die Regierung selbst liberale Concessionen ertheile, d. h. die Geduld von 1660 zu verlängern. Der Bürger erklärt es zugleich für unwürdig sich in die Privatverhältnisse des Königs zu mischen, ihm seine silberne Hochzeit zu vergällen und seine Ausgaben nachzurechnen. Der geheime Staatsminister v. Mösting ist zum Oberkammerherrn, der Hofmarschall Graf Harthausen zum Oberhofmarschall ernannt, und Professor Oehlenschläger hat das Ehrenzeichen der Danebrogsmänner erhalten.

Rußland.

Die Nachrichten aus Warschau enthalten meistens Schilderungen von den großen Vorbereitungen, die zur Aufnahme des Herrscherpaars getroffen werden. Man hofft, daß der Kaiser eine volle Woche in der Hauptstadt verweilen werde. Die Nachrichten vom schwarzen Meere widersprechen den von andern Seiten herkommenden Berichten, daß die ganze kaukasische Küste wieder in die Gewalt der Bergvölker gerathen sey; weder die Forts Sudschuk-Kaleh und Nicolaus sind in ihren Händen, noch streifen sie gar bis Anapa. In Odessa und Sebastopol waren Truppen eingeschifft, doch kannte man deren Bestimmung nicht genau. Nach umlaufenden Gerüchten zieht sich ein beträchtlicher Theil der russischen Südarmee an die Donau, und namentlich in die Gegenden der Sulina-Mündung. Nicht unwahrscheinlich ist es, daß die gegenwärtig in Adrianopel und auf andern Punkten des türkischen Reichs herrschende, mißliche Stimmung des Volks den Anlaß zu dieser Bewegung gegeben hat. An der neuen Eisenbahn von Libau nach Georgenburg wird mit unausgesetztem Eifer und außerordentlichen Kräften gearbeitet; ganze Regimenter sind zu den Erdarbeiten commandirt. In Polen hat man Aussicht auf eine gute Ernte; auch sind die Getreidepreise für den Landwirth zufriedenstellend, und dürften es vor der Hand bleiben, da in Rußland die letzte Ernte großentheils sehr unergiebig ausgefallen ist. Die Wollschur hat ein sehr befriedigendes Resultat geliefert; leider aber stehen die Preise um 20 bis 25 Procent niedriger als im vorigen Sommer.

1241

Frankreich.

Es könnte, wie in Frankreich, auch im Ausland einige Personen geben, die der Verwerfung der zweiten Million, welche die Commission zur Herüberschaffung der Gebeine Napoleons von St. Helena und zur Aufrichtung eines würdigen Denkmals beantragt hatte, eine kleinliche ökononische Absicht unterlegten; dieser Meinung gegenüber muß man ohne Umschweife erklären, daß nichts in der Welt das vorgestrige Votum mehr entstellen würde, als eine solche Annahme. Als neulich die conservative Partei den Abzug des zehnten Theils von der geforderten Summe der geheimen Gelder in Vorschlag brachte, hatte sie es bekanntlich auf keine Ersparung, sondern auf einen andern Zweck abgesehen, den Jedermann kennt; dieselbe Taktik hat sich vorgestern siegreich wiederholt. Man hatte dem Bonapartismus eine tüchtige Schlappe zugedacht, und die hat er, und die spürt er, man merkt es an seinem verdutzten Aussehen und kleinlauten Wesen. Die Lehre war hart, und um so härter, je unvorgesehener sie war, denn das hatten sich die Herren nicht eingebildet, daß sich ein Mann fände, der ihren Charakter der öffentlichen Meinung, wenn auch nicht in nackten Ausdrücken anzeigen, doch in so deutlichen Umrissen zeichnen würde, daß sich Niemand über die Sache einer Täuschung hingeben könnte. Dieser Mann war von jeher ein unversöhnlicher Gegner jeder Tyrannei des Schwertes; das Disjunctionsgesetz hieß er namentlich als ein treffliches Mittel gegen das Aufkommen einer Soldatenherrschaft gut, und es war daher in seiner Natur, daß er sich gegen diesen Bonapartistischen Unfug, der jeden Tag lauter und zudringlicher ward, mit aller Macht seines Talents auflehnte. Unfug sage ich, denn in der That keine Partei wühlt mit weniger Recht und Verdienst die Leidenschaften und Vorurtheile des Volkes um, als diese unseligen Hausirer der Napoleonischen Ideen. Es gibt hier Republikaner, die keinen Heller werth sind, und auf den ersten Wink des Glücks sich um den parodirten Adler des Prinzen Louis Bonaparte schaaren würden. Man hat über die schmutzige Wirthschaft Girardins in diesen Blättern und anderswo viel geschrieben, aber in den Bureaux des Hrn. Altaroche liegt der Schmutz wenigstens eben so tief, als in denen des Hrn. v. Girardin, und es ist eine eigens neckische Ironie, daß gerade Hr. Cormenin und das Charivari auserlesen seyn müssen, die Geldliebe der Civilliste mit Spott oder Ernst zu brandmarken. Es ist ganz die Geschichte von Vidocq und Consorten. Doch die ächten Republicaner, wie Garnier-Pagès, Trelat, Louis Blanc haben etwas Edleres, etwas Besseres vor Augen; sie denken ohne Zweifel aufrichtig an eine Begründung nicht von Wohlleben, sondern nur von mäßigem Wohlstand für die unteren arbeitenden Classen wie an eine sittlichere Ordnung der Gesellschaft überhaupt. Es mag eine bedeutende Masse Utopienholz in ihren Ideen stecken, ihre Waffen mögen häufig in Gift getaucht, ihr ganzes Verfahren gegen den Widersacher oft unritterlich und gehässig seyn, allein Ziel und Triebfedern lassen sich doch ohne Schande gestehen. Die Legitimisten rücken im Sonnenglanze ihres tausendjährigen Rechts vor, aber der Sonnenglanz hat sie so geblendet, daß sie nichts mehr, oder nichts mehr recht sehen; sie entdecken in der Geschichte ihrer alten Könige viel zu viel Segen und Ruhm, so wie viel zu wenig Blut und Fehler; sie haben sich eine Art Utopien der Vergangenheit gebildet, allein, die Plänkler der Gazette ausgenommen, was Absicht und Auftreten angeht, stets ehrenhaft und würdevoll sich gezeigt. Gehen wir nun zu den Leuten des Bestehenden, unter die ich Hrn. Thiers wegen seiner Beweglichkeit nicht entschieden zu rechnen wage, so treffen wir allerdings eine Unsumme Eigennutz und Nichtswürdigkeit auszumisten, doch wir begegnen auch Männern von so viel Charakter als bei jeder andern Partei, und von mehr Einsicht, als bei irgend einer sonst. Studium der Plagen, an denen die Menschheit leidet, besonders Augenmerk auf die Lage des gemeinen Volks, Sinn für Unterricht und eine gewisse Weisheit in nicht polititischen Dingen entdeckt man in diesem Kreise; dann im Ganzen richtige, hie und da etwas zu schüchterne Abschätzung der Kräfte Frankreichs dem Auslande gegenüber, eine beständige Fürsorge das Gefährliche zu vermeiden, und das zu Grelle abzuwenden, dabei aber oft Mangel an Tact in staatsmännischen Verhältnissen, und weder Trieb noch Weihe zu großen Thaten. Das Monopol dieser Eigenschaften behaupten nun die Bonapartisten zu besitzen; mit dem Rufe an den Rhein, an den Rhein, meinen sie, sey Alles abgemacht, als wenn die Festungen und Waffen des ganzen Europa vor diesem Geschrei zusammen fallen würden, wie die Mauern Jericho's bei dem Erdröhnen der Trompete. Ihr System ist auf Raub und Gewalt gebaut, und würde logisch durchgeführt nur die Knute in Frankreich und eine große Metzelei in ganz Europa zur Folge haben. Der Säbel ist für diese Leute das einzige Werkzeug der Civilisation. Was sie nun in der letzten Zeit so toll und frech machte, daß sie ihr Denken und Gelüste in Schrift und lebender Rede fast ohne allen Rückhalt offenbarten, war Remusats dreimal absurdes Wort: der legitime Kaiser und König der Franzosen. Darauf pochten sie, damit schmückten sie als mit einem Wahlspruche sich. Remusat mochte der Meinung seyn, die er aussprach; aussprechen durfte er sie nicht: denn ein Staatsmann muß mindestens eben so sehr die Wirkung, als die Wahrheit seiner Worte bedenken.

Italien.

Overbecks großes Gemälde, welches für das Städel'sche Institut in Frankfurt bestimmt ist, ist seit einigen Tagen in dem Studium des Künstlers ausgestellt. Der Zudrang der Menge ist unglaublich stark. Aus allen Ständen kommen Zuschauer herbeigeeilt. Man bemerkt in einer Ecke eine Tafel ausgestellt, auf welcher in italienischer Sprache einige Worte aufgezeichnet stehen, die das richtige Verständniß des Hauptgedankens zu leiten geeignet sind. Diese nennen das Gemälde den Triumph der Religion in den schönen Künsten und bezeichnen es als ein allegorisches Gemälde. In dem untern Theile desselben, heißt es ferner, sieht man die berühmtesten Künstler vereinigt beisammen, welche in den drei Hauptkunstzweigen, nämlich in der Malerei, der Bildhauerei und der Baukunst, ihre Werke dem Dienst der Religion geweiht haben, unter dem Schutz der beiden Mächte, der Kirche und des Staats; und im oberen Raum die heiligen Gegenstände, welche durch sie gefeiert worden sind, nämlich die heilige Jungfrau mit ihrem göttlichen Sohne, umgeben von denjenigen Heiligen beider Testamente, welche ihre Phantasie vorzugsweise begeistert haben. Der Antiquar Finck aus Berlin hat in diesen Tagen erhebliche Ankäufe von alten Drucken in der Vaticana bewerkstelligt. In der Nekropole des alten Tarquinii bei Corneto ist seit Jahr und Tag eine neue Grabkammer mit Wandgemälden aufgedeckt worden, ohne daß irgend Jemand der vielen Reisenden, die diesen Ort besuchten, Kunde davon genommen hat. Angeblich1242 sollen die Darstellungen den früher entdeckten ähnlich seyn, und überdieß oben ein Fries mit Quadrigen herumlaufen. Die artistische Commission, welche in diesen Tagen jene Orte bereist hat, will Sorge tragen, daß die Erhaltung dieser Alterthümer gesichert werde. In Vulci werden die Ausgrabungen fortwährend mit ausreichendem Erfolg fortgesetzt. Nicht bloß der Prinz von Canino füllt seine Vorrathskammern aufs neue, sondern auch der Marchese Melchiorri hat auf dem andern Ufer des Flüßchens Fiora ähnliche nicht unergiebige Versuche eingeleitet. Bei Cori ist einer jener ungewölbten Spitzbögen entdeckt worden, auf welche die Gelehrten seit einiger Zeit ein wachsames Auge haben, und deren man sich am schnellsten bei Erwähnung der alten Wasserleitung bei Tusculum erinnert. Derselbe wurde bei der Anlegung der neuen Straße aufgefunden.

Deutschland.

(Beschluß der Verhandlungen über die hannover'sche Verfassungsangelegenheit. ) v. Rotteck: Mit leiser Stimme, weil durch ein zeitliches Brustleiden gedrückt, aber mit inniger Empfindung und aus voller Seele unterstütze ich den Antrag des Abg. v. Itzstein. Ueber das Thatsächliche und Rechtliche der hannover'schen Sache jedoch brauche ich nichts zu sagen. Alle Denkenden und Fühlenden in Deutschland, die nicht durch ganz besondere Interessen oder Verhältnisse des unbefangenen Urtheils beraubt sind, sind über diese Sache im Klaren; die lange Reihe von Rechtsverhöhnungen, die das hannover'sche Volk hat erdulden müssen, und die Fruchtlosigkeit aller von ihm gethanen gesetzlichen Schritte zur Wahrung seines heiligsten und evidentesten Rechtes liegen der Nation vor Augen, und leichter wird Einer uns beweisen, daß Tag Nacht und Nacht Tag, daß gerade krumm und krumm gerade, als daß der hannover'sche Verfassungsumsturz, und was damit in Verbindung steht, nicht eine Aufhebung des öffentlichen Rechtszustandes in Deutschland sey. Der Schlag, welcher jüngst von Frankfurt aus auf alles Verfassungsrecht in Deutschland, also auch auf unsere eigene Verfassung gefallen, muß selbst die Schläfrigsten aufregen. Wir wissen jetzt, daß zur Aufhebung einer in hohen Kreisen mißfalligen Verfassung genügt, die bestehende legitime Ständeversammlung aufzulösen, worauf alsdann Niemand im Volke mehr berechtigt seyn soll, das alte, feierlichst gewährte und verbriefte Recht zu reclamiren. Wir wissen auch aus dem von der hannover'schen Regierung entworfenen dem aus Minoritätswahlen hervorgegangenen Rumpf oder Zerrbild einer Ständeversammlung vorgelegten, nach seinem Inhalte das Repräsentativsystem wahrhaft verhöhnenden neuen Verfassungsproject, welches der Typus derjenigen Constitutionen ist, die man den edlen deutschen Völkern, welche mit ihrem Herzblute die ihnen feierlichst gemachten Freiheitsverheißungen bezahlt haben, für die Zukunft zudenkt. Freilich haben wir für uns noch die sichernde Bürgschaft des königlichen Wortes, und Niemand zweifelt an dessen Heiligkeit und Unverbrüchlichkeit. Wenn aber in Frankfurt bald unter dem Titel der Competenz, wie beim badischen Preßgesetze, bald unter jenem der Incompetenz (wie jetzt in der hannover'schen Sache) das Urtheil über Verfassungsangelegenheiten durch Stimmenmenmehr gesprochen wird: kann nicht auch, so wie heute das verfassungstreue Volk, so morgen ein verfassungstreuer Fürst einem höhern, weil mächtigern Willen sich zu fügen aufgefordert werden? Kann die Aufforderung nicht wenigstens dahin ergehen, daß ein die Verfassung tödtender Gesetzesentwurf den treu gehorsamen Ständen zur Zustimmung vorgelegt werde? Und dann ist überhaupt die persönliche Gnade allein keine hinreichende, keine dem Rechtsstolze mündiger Völker genügende, auch keine auf die Nachkommen zu vererbende Grundlage eines würdigen Rechtszustandes. Lassen Sie uns treue Hüter der Verfassung seyn, so lange wir noch auf ihrem geheiligten Boden stehen! Lassen Sie uns die Regierung auffordern und beschwören, der für alle deutschen Verfassungsrechte bedeutsamen, ja entscheidenden Sache des hannover'schen Volkes ihre treue und b harrliche Verwendung angedeihen zu lassen. Indem ich mit allen Wohldenkenden in Deutschland dem edeln, standhaften, der Täuschung, Verführung und Bestechung so wie der Einschüchterung unzugänglichen, in seiner entschiedensten Majorität eine männliche, patriotische Gesinnung offenbarenden, und dadurch, trotz seiner bis zum Erstaunen gehenden Mäßigung und Ruhe, der Gewalt imponirenden, hannover'schen Volke den Tribut meiner innigsten Hochachtung und hoffnungsreichen Bewunderung zolle, sey mir nur noch ein Ausruf des Schmerzes erlaubt über die Motive, aus welchen nach Inhalt der wenigstens theilweise bekannt gewordenen Protokolle der hohen Behörde, welche jüngst ihren Ausspruch in der hannover'schen Sache that, solcher in Sinn und Zweck mir vollkommen deutliche und ganz und gar keinen Zweifel übrig lassende Ausspruch erfolgt ist. Wir lesen nämlich in dem Votum einer sehr hohen Gesandtschaft als den wichtigsten politischen Grund für die Nichteinmischung in den hannover'schen Verfassungsstreit die Erwägung ausgeführt, daß durch eine Entscheidung des Bundes für die fortdauernde formelle Gültigkeit des gewaltsam aufgehobenen Grundgesetzes von 1833 die revolutionäre Faction in Deutschland und außer Deutschland ermuntert, und das monarchische Princip dergestalt würde gefährdet werden. In demselben Votum stehen gleichwohl die schönen Worte, daß das Recht der einzig wahrhaft unwandelbare Ausgangspunkt in jeder Angelegenheit ist, die zu gutem Erfolge geführt werden soll ... Wie kann denn nun, da das Recht doch parteilos seyn muß, die Besorgniß, einer oder der andern Partei durch den Rechtsausspruch Freude oder Betrübniß zu verursachen, auf den Inhalt solchen Ausspruchs von Einfluß seyn? Und wie kann bei solchergestalt erklarter Richtung der Bundespolitik, die wohl mit Unrecht hier sogenannte revolutionäre Faction, welche nämlich keine andere ist als die Recht, Freiheit und Ordnung verlangende und darum über den gewaltsamen Umsturz der, nach geschriebenem und ungeschriebenem Rechte, vollgültigen hannover'schen Verfassung seufzende Partei, d. h. also diejenige, welche die Besten und Edelsten der Nation und die unermeßliche Mehrzahl aller ihrer Glieder in sich faßt wie kann, sage ich, diese rechtliche, patriotische, den Gesetzen treue Partei noch länger das Vertrauen bewahren, zu welchem doch die Regierungen fortwährend ihre Völker auffordern, und ohne welches auch wirklich kein Segen für beide Theile zu hoffen ist? Aber noch mehr! wie kann man es für einen Act der Klugheit halten, die verfassungstreue Partei, welche eben durch solche Gesinnung sich als die festeste Stütze der auf dem Boden der Verfassung ruhenden Regierungen darstellt, zu betrüben, zu entmuthigen, sich zu entfremden? Hat man es aber nicht so gemeint, hatte man, als man so dachte und sprach, wirklich eine wahrhaft revolutionäre Faction im Auge, oder, wenn man will, die Partei der Radicalen oder Exaltirten, mit Einschluß etwa derer, welche, obschon an und für sich gemäßigter und friedliebender Gesinnung, dennoch, weil bei dem jetzigen Gange der Dinge an der Möglichkeit einer ruhigen Wendung zum Bessern verzweifelnd, endlich den Radicalen sich ergeben haben, hatte man, sage, eine wirklich revolutionäre Faction im Auge, alsdann war die Berechnung zwiefach falsch und der Irrthum zwiefach beklagenswerth. Wahrlich! dieser revolutionären, überhaupt der exaltirten oder radicalen Partei war der jüngste Bundesbeschluß kein Gegenstand der Betrübniß oder der Niedergeschlagenheit, vielmehr einer der Freude und der kräftigsten Ermunterung. Er galt und gilt ihr für eine gewonnene Hauptschlacht; sie knüpft an solche, die Guten betrübende Dinge, ihre stolzesten Hoffnungen; ja es sind wie jüngst ein geistvoller Beobachter in der Allgemeinen Zeitung sich ausdrückte solche Kränkungen des Nationalgefühls und des als Palladium aller andern Rechte geachteten Verfassungsrechts in ihren Wirkungen zu vergleichen einer für den auswärtigen Feind erbauten Brücke oder eröffneten, breiten, trefflichen Heerstraße, worauf er bei guter Gelegenheit bis ins Herz des Reiches dringen mag.

Staatsminister Frhr. v. Blittersdorff entgegnete: Der Hr. Abg. v. Rotteck hat die dringende Aufforderung an die Regierung gerichtet, das Ihrige zu thun, um den nach seiner Meinung gestörten Rechtszustand in Hannover wiederherzustellen. Er hat geglaubt, durch den einstimmigen Ausspruch der Kammer werde ein sehr kraftiges und neues Motiv für die Regierung geschaffen, auf der von ihm bezeichneten Bahn handelnd zu Werke zu gehen. Ich kann dießfalls nur wiederholen, daß die Regierung einer solchen Aufforderung nicht bedarf. Sie ist sich ihrer Pflicht jederzeit bewußt gewesen, und wird es auch ferner seyn. Sie wird nach ihrer Ueberzeugung und nach Erwägung aller Umstände handeln, und, wie es einer Regierung besonders ziemt, sich vor jedem unvorsichtigen1243 und gewagten Schritte zu hüten haben. Der Hr. Abg. v. Rotteck hat sich sodann auch gegen einige Stellen des Votums einer Regierung erhoben, das bei der Bundesversammlung abgegeben worden ist. Ich will nicht untersuchen, ob er diese Kenntniß auch aus französischen und englischen Zeitungen geschöpft oder anderswoher erhalten hat; allein es scheint mir doch, als ob er jenem Votum nicht die volle Gerechtigkeit habe widerfahren lassen. Jenes Votum dürfte sich ohne Zweifel vollständig rechtfertigen lassen, wenn eine solche Rechtfertigung hier an ihrer Stelle wäre ... Die revolutionäre Tendenz erhalt allerdings Nahrung durch jedes Ereigniß, wodurch der Zustand im Innern eines Landes gestört wird, und insofern ist die Betrachtung auch vollkommen richtig, daß durch die Ereignisse in Hannover die revolutionäre Tendenz Nahrung erhalten hat. Es ist aber unrichtig und gewagt, zu behaupten, daß der Bundesbeschluß diese Nahrung der revolutionären Tendenz erst gab, denn dessen darf der Hr. Abg. v. Rotteck gewiß seyn, daß, wenn auch der Bundesbeschluß gerade in entgegengesetztem Sinne gelautet hätte, die revolutionäre Tendenz sich gleichwohl darauf geworfen und in anderm Sinne dieses Thema ausgebeutet haben würde. Der Hr. Abg. v. Rotteck würde gewiß nicht erwartet haben, daß durch einen solchen Bundesbeschluß wie durch einen Zauberschlag die Verhältnisse in Hannover würden geordnet worden seyn. Die Zerwürfnisse, insofern sie bestehen, würden fortgedauert haben, und diese wären das Feld gewesen, worauf sich die revolutionäre Tendenz herumgetummelt hätte. Gerade vor solchen revolutionären Tendenzen habe ich Sie gewarnt, und es scheint, daß diese Warnung nicht ganz nutzlos war, wiewohl der Hr. Abg. v. Rotteck sie für überflüssig erklärt hat. Uebrigens würde es mir leid thun, wenn Sie sich noch längere Zeit auf diesem Felde bewegten, weil ich nicht dafür stehen könnte, ob nicht zuletzt doch die Gränzen einer ordnungsgemäßen Berathung überschritten würden.

Welcker: Ich ergreife das Wort in dieser Sache mit tiefem Schmerz. Deutschland war einst die erste Nation Europa's, freiheitsstolz und kräftig gegenüber den Völkern der gebildeten Erde: selbst noch als unglückliche Ereignisse, als Mangel einer wahrhaft thätigen Nationalgesinnung, als große Mißgriffe in dem Senate des Reichs, als Geringschätzung und ein wahres Vergessen der Nation von Seite eines großen Theils der Fürsten die deutsche Verfassung wesentlich gelähmt hatten, selbst da noch hatte dieselbe für den aufmerksamen Beobachter sehr viel Ehrwürdiges und Gutes; bis auf den letzten Augenblick, bis zur Zertrümmerung des deutschen Reichs durfte kein Fürst das wagen, was der König von Hannover wagte. Ein Mandatum sine clausula wäre auf der Stelle von dem Reichsgericht gekommen, wie in vielen ähnlichen Angelegenheiten deutscher Länder ein solch schnelles und unbedingtes Schutzmittel für den rechtmäßigen Besitzstand die angegriffenen Rechte rettete. Diese Verfassung ist jetzt zerstört, Fürsten und Völker haben für ihre Sünden schwer gebüßt. Viele Schmach und Erniedrigung, Demoralisation, auswärtige Unterjochung und blutige Bürgerkriege, ein schwarzes Register von Elend und Unrecht jeder Art liegt zwischen der Auflösung des Reichs und der Wiederherstellung eines neuen Rechtszustandes. Wie aber wurde dieser neue Rechtszustand herbeigeführt? Die Regierungen und die Völker sprachen einstimmig von einem heiligen, von einem deutschen und von einem Freiheitskriege. Mit der feierlichen Verkündung der Wiederherstellung einer moralischen Ordnung der Dinge, eines heiligen Bandes wechselseitiger Treue zwischen Fürst und Volk, mit dem Fürstenworte, daß Deutschland eins und frei seyn solle, mit so hohen und herrlichen Worten eröffneten die Fürsten den Kampf, und auf diese Bedingungen hin und unter diesem Feldzeichen haben sie Hunderttausende unter die Waffen gebracht. Großherzig haben die Völker geblutet, und treu haben sie ihrerseits ihre Versprechungen, ihre Pflichten erfüllt, treu ausgeharrt bis auf den heutigen Tag. Was aber wurde nun aus jenem ihnen verheißenen Rechtszustande? Nachdem in Hannover ein ehrwürdiger Fürst treu den Versprechungen, die alle Fürsten bei Eröffnung des Kampfes gegeben haben, einen Rechtszustand in dem Lande dieses jetzt unglücklichen Brudervolkes hergestellt hatte, und nachdem durch die Heiligkeit des Eides dieser Rechtszustand in dem ganzen Lande verbürgt war, kommt der neue Fürst, und nun werden die heiligen Eide zerrissen, das Recht zertrümmert und alle Mittel zur Vertheidigung des Rechts bis zum passiven moralischen Widerstande zerstört .... Ich erwarte nicht, daß eine günstige neue Entscheidung oder eine Interpretation des neuern Bundesbeschlusses zu Gunsten des hannover'schen Volks erfolge. Ich theile hierin ganz die Ansicht des Abg. v. Rotteck, und kann sagen, daß auch mir der Sinn dieses Beschlusses nicht zweifelhaft gewesen ist. So bleibt denn also im jetzigen Falle die Hoffnung auf die Möglichkeit eines Rechtsschutzes durch unsere Bitte wirklich sehr gering. Man weiß ja, daß selbst die Stimme deutscher Fürsten, die kräftige Anträge machten, nicht durchdringen konnte. Selbst durch die öffentliche Meinung sollen wir nicht auf den deutschen Bund wirken. Der Hr. Minister der auswärtigen Angelegenheiten ist nämlich davon ausgegangen, wir hätten gar nicht das Recht, auf den Bund zu wirken, und zwar sollen wir nicht einmal mit der öffentlichen Meinung auf ihn einwirken, wie ich ihn wenigstens verstanden habe. Darum werden, wie er sagte, auch die ursprünglich öffentlich mitgetheilten Verhandlungen geheim gehalten, damit die öffentliche Meinung der Nation keinen Einfluß auf den Bundestag gewinne. Muthen Sie mir nicht zu, dasjenige zu sagen, was ich bei diesem Gedanken empfinde. Nur das will ich sagen, daß es das Außerordentlichste ist, was je in einer Gesellschaft, wo der Gedanke an einen Rechtszustand herrschte, gesagt wurde, daß nämlich die öffentliche Meinung der Nation nicht auf die Beschlüsse ihrer höchsten Autorität einwirken solle. Als die Fürsten die Völker aufriefen, als sie in Wien versammelt waren, um den neuen Bund zu gründen, ja da lautete die Stimme ganz anders, da appellirte man laut an die öffentliche Meinung und erklärte, daß der neue Rechtszustand durch ein Zusammenwirken des Volks und der Fürsten gegründet werden solle. Man erklärte die öffentliche Meinung als die Königin der Könige, und als der Bund in Wirksamkeit trat, setzte man ausdrücklich fest, daß von allen Seiten Petitionen an den Bund in allen öffentlichen Angelegenheiten ergehen können, daß der Bund Kenntniß von der Stimmung und den Wünschen des Volkes nehmen, und daß er in Uebereinstimmung mit den Wünschen und der Stimmung der Nation handeln werde. Groß, schön und edel wurde damals von der Unmöglichkeit gesprochen, daß ein Rechtszustand sich halten könne, wenn nicht die öffentliche Nationalstimme ihn in dieser Weise belebe, kräftig unterstütze .... Eine Regierung, die, gesondert von der Volksstimme und der öffentlichen Meinung, herrschen wollte, würde bei dem ersten Kanonenschusse mit Schrecken inne werden, welches Wagspiel sie spielte. So hoffnungslos aber auch in Beziehung auf alle rechtlichen Schutzmittel unser Rechtszustand ist, so kann ich doch mit freudigem Vertrauen den gestellten Antrag unterstützen. Die göttliche Kraft in dem Leben eines großen und edlen Volkes, die göttliche Kraft für das Wahre und Rechte im Volk ist es, die in Hannover herrscht, die in den gesellschaftlichen Kreisen der deutschen Nation allmählich sich verbreitet und Energie gewinnt. Auf diese moralische Kraft vertraue ich. Blicken Sie auf die Hannoveraner selbst, und Sie sehen dort eine moralische Kraft, inwohnend einem schwer gedrückten Volke, die moralische Kraft eines allgemein gesetzlichen Widerstandes gegen die übermächtige Gewalt, wie sie sich bisher noch in keinem deutschen Volksstamme zeigte. Jene heiligen deutschen Freiheitskämpfe, die mit Gott für Freiheit und Vaterland gekämpft wurden, haben ihre Früchte getragen. Die deutsche Nation hat, zersplittert und zerrissen wie sie war, und ohne jenen staatsrechtlich schützenden und erhaltenden Einigungspunkt, den wir hatten und hergestellt zu sehen hofften, sich mehr als je moralisch geeinigt. Sie hat die gemeinschaftliche Idee des deutschen Rechtszustandes, der Einheit aller deutschen Brüderstämme und der Pflicht eines jeden deutschen Volksstammes, die Rechte des andern zu vertheidigen, in sich belebt. Diese moralischen Kräfte, sie sind erwacht, sie sind im Wachsen und werden belebt selbst durch das Unrecht und Unglück in der hannover'schen Sache und durch jeden würdigen Schritt zu Gunsten des Rechts. Keine Macht wird sie niederdrücken. Auch unsere deutschen Fürsten fangen an, diese neuen Erscheinungen zu berücksichtigen. Daß eine so bedeutende Minorität der Stimmen am deutschen Bunde das hannover'sche Recht mit Aufrichtigkeit vertheidigte, ist ein gutes Zeichen. Diese Regierungen sind von der Wahrheit erleuchtet, daß es gefährlich für die Fürsten ist, der öffentlichen Meinung der Völker sich zu entschlagen oder sie verletzen zu wollen. Sie bedenken die Lage, die das arme Deutschland seinen östlichen und westlichen Nachbarn gegenüber hat .... Wenn diese Gesinnungen sich Bahn gebrochen haben in den Herzen vieler deutschen Fürsten und in einer unendlich großen Zahl von deutschen Bürgern, so lassen Sie uns bauen auf diese Grundlage,1244 auf die Gesinnung für Freiheit, Recht und Nationalehre. Ist einmal die Empörung gegen das Unrecht in allen deutschen Herzen hinlänglich gewachsen, dann wird kein Gott mehr das Unrecht in dem Lande festhalten können. Auf diese Gesinnungen, auf das deutsche Vaterland und auf das deutsche Recht, auf Gott und die gerechte Sache baue ich. Sie sind mächtiger als alle Bundesbeschlüsse.

Staatsminister Frhr. v. Blittersdorf: Der Hr. Redner hat mir etwas in den Mund gelegt, was ich durchaus nicht im Sinne haben konnte, denn hätte ich mich in solcher Weise ausgedrückt, so würde ich nichts Anderes als eine Absurdität gesagt haben. Im Traum ist es mir nicht eingefallen, zu sagen, daß der erleuchtete Rath der Fürsten Deutschlands auf die öffentliche Meinung keine Rücksicht nehme; allein wiederholen muß ich, daß es in Deutschland kein anderes Organ der öffentlichen Meinung in Beziehung auf Bundesangelegenheiten gibt als die Bundesversammlung, in der die deutschen Fürsten allein vertreten sind. Wollten Sie andere politische Organe dieser öffentlichen Meinung schaffen, so müßte nothwendigerweise eine Verwirrung der Gewalten entstehen, die nur von den nachtheiligsten Folgen für ganz Deutschland und zunächst auch für Sie seyn würde. Das Grundprinzip des Bundes ist die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der deutschen Bundesstaaten. Ich bitte Sie, dieß nie zu vergessen. Die Einmischung in die innern Angelegenheiten eines Landes ist eine sehr streng zu begränzende Ausnahme. Machen Sie diese Ausnahme zur Regel, erheben Sie sich gar zu Richtern über diese Einmischung auf den Grund der öffentlichen Meinung, als deren Organ Sie sich geriren, so schlagen Sie die Bahn der Willkür ein, und würde dieser nicht gesteuert, so müßte unausbleibliche Anarchie über ganz Deutschland hereinbrechen. Gerade die Beispiele von Sachsen, Hessen und Braunschweig hätten Sie am leichtesten belehren können, wie sehr der Bundestag die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit der einzelnen Bundesstaaten in ihren innern Angelegenheiten achtet, und wie wenig er geneigt ist, durch seine Einschreitung Widerwärtiges und Unangenehmes zu entfernen, insofern nur die allgemeine Ruhe und Ordnung von Deutschland nicht bedroht erscheint. Vergessen Sie nicht, was dadurch erhalten worden ist, und legen Sie dieß in die andere Waagschale.

Sander bemerkt im Verfolg einer größern Rede: Ich bin kein Freund von Gewalt, allein wenn ich auf den Weg blicke, den man in Hannover seit der Aufhebung der Verfassung betrat, wenn ich bedenke, wie man das einfachste Recht auf jede Art gebeugt und gedreht, wie man zu guter Letzt noch den Grundsatz der Gültigkeit von Minoritätswahlen aufgestellt hat, so muß ich sagen, obschon kein Freund von Gewalt, es wäre mir Gewalt und wieder Gewalt lieber als der Scheinweg Rechtens, den man dort betreten hat. Darum ist es mir auch klar, daß auf demjenigen Wege, worauf die hannover'sche Regierung jetzt steht, es nie und nimmermehr zu einer wahrhaften Vereinbarung kommen wird und kann, denn die Erfahrung hat bis jetzt gezeigt, daß man sich in Hannover immer mehr und mehr im Unrechte verwickelt. Wohl weiß ich, und der Hr. Minister der auswärtigen Angelegenheiten hat es uns auch gesagt, daß unser Beschluß keinen unmittelbaren Erfolg haben wird. Es mag dieß seyn; hätten wir eine größere Kraft der ausführenden Gewalt, wie wir nur des Wortes mächtig sind, hätten wir Hände, wie wir nur Zungen haben, so möchte wohl Manches anders seyn, als es gegenwärtig ist. Nichtsdestoweniger sind unsere bloßen Beschlüsse doch eine Macht, denn mit uns und hinter uns steht die öffentliche Meinung von ganz Deutschland.

Staatsminister Frhr. v. Blittersdorff: Ich muß, so ungern ich es thue, eine Aeußerung des Hrn. Abgeordneten releviren, welche dahin ging: wenn wir Hände hätten, wie Zungen, so würde Manches anders seyn. Ich denke nicht, daß er mit unserm Zustand in Baden und Deutschland so unzufrieden ist, daß er, der das Recht sicher stellen will, die Gewalt an seine Stelle setzen möchte. Ich bitte übrigens den Hrn. Abgeordneten, zu erklären, ob seine Worte so oder in einem andern Sinne zu verstehen waren.

Sander: Meine Worte hatten keinen andern Sinn als den, den der Hr. Minister selbst ausgedrückt hat, daß nämlich, wenn wir mehr in die Verhältnisse, wie sie sind, eingreifen könnten, wir vielleicht eher die Hoffnung hätten, zu sehen, daß es anders ginge. Daß wir mit Gewalt eingreifen wollten, liegt nicht darin, sondern es sollte bloß so viel damit gesagt seyn, daß, wenn wir mit einer größern parlamentarischen Macht ausgestattet wären, auch in mancher Beziehung ein anderer Zustand eingetreten wäre, als er jetzt ist.

Staatsminister Frhr. v. Blittersdorff: Die Hände werden sonst gleichbedeutend mit Fäusten genommen, und sind wohl kein parlamentarisches Mittel.

Sander: Die Hände sind hier bloß ein bildlicher Gegensatz von den Zungen, und weiter nichts. Die Hände braucht man übrigens auch zum Schreiben und zum Drucken, und darin sind sie uns nur zu sehr gebunden.

Knapp, Bader und Bekk unterstützen den Antrag gleich allen übrigen Rednern der Kammer. Der letztere sagt: Gerade die gemäßigten und ruhigen Bürger sind es, denen die Vorgänge in Hannover als ein großes Unglück erscheinen. Die Radicalgesinnten, die mit Umstoßung alles Bestehenden ihre Ideen von Freiheit im Sturmschritte verwirklichen wollen, können sich in der That über die Vorgänge in Hannover nur freuen, und ich weiß es auch, daß sie sich wirklich darüber freuen. Aber die ruhigen Bürger, die einen allmählichen, geschichtlichen, aber sichern Gang der Entwicklung mit steter Aufrechthaltung der Ordnung wünschen, sind darüber betrübt. Die Radicalen finden in den hannover'schen Vorgängen einen Zündstoff für die Zukunft, der viel mächtiger wirkt, als sie mit allen ihren Agitationen zu wirken vermöchten. Im Interesse der Monarchie selbst, im Interesse einer ruhigen constitutionellen Entwickelung liegt es, daß die Störung der Rechtsordnung in Hannover wieder beseitigt, das öffentliche Vertrauen auf den Bestand einer solchen Ordnung wieder hergestellt, und eben dadurch die Ordnung auch gegen Störungen in einer entgegengesetzten Richtung gesichert werde.

Die Abg. Mördes und Mohr sprechen sich gleichfalls im Sinne des Itzsteinschen Antrages aus, der letztere unter specieller Anrufung und Entwicklung der betreffenden Paragraphen der Wiener Schlußacte. Der Abg. Gerbel sagt unter Anderm: Ich habe von dem Hrn. Minister der auswärtigen Angelegenheiten die Aeußerung gehört, daß der Beschluß des Bundes nur in concreto, d. h. nur in Beziehung auf die Verfassungsfrage von Hannover zu interpretiren sey. Diese Aeußerung finde ich aber nicht gan in Uebereinstimmung mit einer von ihm vorher aufgestellten Behauptung, wonach dieser Bundesbeschluß formelles Recht sey. Ich glaube, daß die allgemeine Meinung mit dem ersten ausgesprochenen Satze ganz im Widerspruch ist. Es ist hier nicht bloß eine Frage entschieden, die Hannover, sondern die ganz Deutschland betrifft. Es ist von dem deutschen Bund ausgesprochen worden, daß er sich für incompetent erkläre in Streitigkeiten zwischen Völkern und Fürsten, die Verfassungsangelegenheite betreffen, und dadurch ist allen deutschen Verfassungen der Boden und die Grundlage genommen. Es besteht bloß noch ein tolerirter Zustand, so lange Fürst und Volk mit einander übereinstimmen.

Staatsminister Frhr. v. Blittersdorff: Der Hr. Abgeordnete hat mich eines Widerspruchs gezeiht, den ich jedoch nicht finden kann. Ich habe gesagt, daß hier nur über einen speciellen Fall entschieden sey, und daß diese Entscheidung ein formelles Recht bilde. Ich glaube nicht, daß er wird bestreiten wollen, daß es auch für einen speciellen Fall formelles Recht geben könne.

Gerbel: Ich habe gesagt, es sey eine allgemeine Vorschrift gegeben, während der Hr. Minister es nur auf einen speciellen Fall bezog.

Staatsminister Frhr. v. Blittersdorff: Wenn ich bloß dieß gesagt hätte, so wäre allerdings ein Widerspruch vorhanden; allein ich habe gesagt, es liege eine Entscheidung vor für einen speciellen Fall unter Bezugnahme auf die obwaltenden Verhältnisse in Hannover, und damit fällt das Raisonnement des Hrn. Abgeordneten über den Haufen.

Gerbel: Der Hr. Minister hat erklärt, hier sey über die hannover'sche Verfassungsfrage entschieden und daraus könne man keine Folgerung für ganz Deutschland ziehen. Es ist aber nach einer andern Aeußerung von ihm eine allgemeine Frage entschieden worden, und darin liegt der Widerspruch.

Martin: Der Abg. Posselt hat bereits bemerkt, daß nicht nur der gebildete Theil des Volkes sich warm für diese Sache interessire, sondern daß auch jeder schlichte Bürger mit einer ungewöhnlichen Theilnahme sich dafür ausspreche. Da ich als Gewählter von einem Landbezirke die Stimmung des Landvolks kenne, so spreche ich pflichtmäßig aus, daß die Ansichten, die hier in diesem Saal über die hannover'sche Sache laut geworden sind,1245 überall im Lande bei dem Landvolk Anklang und bis im letzten Weiler Theilnahme finden werden.

Rindeschwender drückt den Wunsch aus: Es möge die Kammer durch Acclamation ihre Anerkennung des festen, verfassungstreuen, hochachtbaren, würdigen und muthvollen Benehmens des hannover'schen Volks auszusprechen. (Viele Mitglieder erheben sich von ihren Sitzen und sprechen hiedurch und durch Zuruf ihre Anerkennung aus.)

Staatsminister Frhr. v. Blittersdorff: Die Kammer hat keine andere Form, ihre Beistimmung zu erkennen zu geben, als die Form des Beschlusses. Rindeschwender: Der Hr. Minister hat das Recht nicht, sich der so eben gewählten Form entgegenzusetzen. Staatsminister Frhr. v. Blittersdorff: Ueber das Recht können Sie nicht aburtheilen. Das Recht der Regierung auf Aufrechthaltung der Verfassung steht fester als Ihre Worte.

Der Präsident schloß nunmehr die Discussion und brachte den Antrag des Abg. v. Itzstein zur Abstimmung. Der Antrag ward einstimmig angenommen. Nachdem der Präsident solches verkündigt hatte, ertönte von der gefüllten großen Galerie vielstimmiger Beifallsruf und Händeklatschen.

Staatsminister Frhr. v. Blittersdorff bemerkte, daß dieß eine Störung der Ordnung sey, die eine Rüge verdiene. Er fordere den Hrn. Präsidenten auf, die Galerie sofort räumen zu lassen. Schaaff: Die Tribunen haben allerdings weder einen Beifall noch ein Mißfallen auszudrücken. Präsident: Ich muß allerdings auf die Bestimmung der Geschäftsordnung aufmerksam machen, wonach jedes Zeichen des Beifalls und des Mißfallens verboten ist, und ich kann daher nicht anders, als meine Mißbilligung über das Geschehene aussprechen. Knapp: Wessen Herz voll ist, dessen Mund geht über, kann man hier sagen. Schaaff: Der Abg. Knapp kann doch etwas Ungesetzliches nicht vertheidigen. Damit wurde die Sitzung geschlossen.

Ein im Hamburger Correspondenten enthaltenes Schreiben aus dem Hannover'schen Ende Aprils bemüht sich, den Antrag v. Itzsteins in der badischen Kammer und dessen Beweisführung zu bekämpfen und zu entkräften. Man bemerkt darin folgende Stellen: Die Beschuldigungen gegen die jetzige Ständeversammlung, welche v. Itzstein macht, haben wir, die wir uns nicht bloß von freisinnigen Wünschen nähren, etwas zu leidenschaftlich ausgemalt gefunden. Das hannover'sche Volk protestire gegen sie? Es ist freilich Ein Mundaufthun, ob man sagt, Volk oder die Opposition; Volk hat aber einen angenehmern Klang. Es haben einige Corporationen protestirt, in diesen jedoch nur die Wahlcollegien, in den Wahlcollegien wiederum bloß Einzelne, wenn auch die Majorität, und diese am Ende durch oppositionelle Führer verleitet. Addiren wir die Personen zusammen, die in den protestirenden Collegien protestirten, so erhalten wir ein sehr kleines Häuflein Männer, die nicht einmal zum Protestiren befugt waren, und sollte man bei so offenbaren Mißhandlungen unserer Verhältnisse nicht auf den Gedanken kommen, daß im Auslande die hiesige Frage dazu dient, das oppositionelle Feuer an der fremden Sache verpuffen zu lassen, um für die innern Angelegenheiten Ruhe zu gewinnen, oder andrerseits, an unserer Verfassungssache Redeübungen im liberalen Styl zu halten, damit diese Sprache nicht verloren geht? Endlich: Die Verhältnisse in Baden und überhaupt im südlichen Deutschland sind wesentlich von den unsrigen verschieden. Wir haben noch nicht die Verwaltungsstadien durchgegangen, die andere Staaten bereits vor langer Zeit durchlaufen. Der staatsrechtliche Boden und die privatrechtlichen Verhältnisse sind nicht so nivellirt als anderwärts, und die Neigung des Volks ruht noch sehr auf den Einrichtungen, die verflossenen Zeiten ihre Entstehung verdanken und höchstens zeitgemäßer Fortbildung bedürfen. Als man uns mit dem Grundgesetz von 1833 eine Verfassung gab, die den Constitutionen der Länder nachgebildet war, wo der frühere rechtliche Baustoff längst zerbröckelt ist, versuchte man damit das Kunststück, einem dürren, magern Menschen den Rock auszuziehen und einem starken als bequeme Kleidung anzubieten. Es gibt keinen Rock, der für alle Männer gleich gut paßt, und eine Verfassung, die für alle Länder gleich gut seyn soll, ist eben so viel werth als ein medicinisches Universalmittel.

Oesterreich.

In der letzten Zeit waren österreichische Blätter wiederholt auf die Behauptung zurückgekommen, daß der Erfinder der Buchdruckerkunst ein Böhme sey. Joseph Dobrowsky, eine Autorität ersten Ranges, äußerte sich nun darüber schon im Jahr 1782 im fünften Bande der Abhandlungen der böhmischen Akademie der Wissenschaften wie folgt: Peter Kodizill von Tulechow, Thomas Mitis von Limburg, beide Professoren der Prager Universität des 16ten Jahrhunderts, und der Jesuit Krugerius haben gemuthmaßt, nicht behauptet, daß die Böhmen sogar auf die Erfindung der Buchdruckerkunst einen Anspruch machen könnten. Thomas Mitis hat dieß von Martin Kuthen, welcher in der ersten Hälfte des 16ten Jahrhunderts lebte, gehört, und Kuthen scheint es zur Ehre seiner Vaterstadt Kuttenberg, ohne hinlängliche Gründe, geglaubt zu haben. Die ganze Sage gründet sich auf die vorgefaßte Meinung, zu Kuttenberg habe man zuerst Bücher in böhmischer Sprache gedruckt. Der Jesuit Korjnek dringt den Böhmen überhaupt in seinen alten Kuttenberger Denkwürdigkeiten (Prag 1675) diese Muthmaßung auf, als wenn es ihre ernste Meinung wäre. Die Böhmen, sagt er, halten dafür, Johann Faust sey von Kuttenberg geboren und zufälligerweise nach Straßburg gekommen. Dort habe er diese nützliche Kunst erfunden, zu Mainz aber ans Licht gebracht. Um seinem Vaterland Ehre zu verschaffen, habe er sich nicht mehr Johann Faust, sondern Johann Kuttenberger, d. i. von Kuttenberg, genannt und geschrieben. Wer sieht nicht das Ungereimte und Widersprechende in der ganzen Erzählung! Korjnek hat seine Nation, indem er für ihre Ehre zu besorgt war, dadurch beleidigt, daß er den Böhmen ohne Ausnahme eine so ungegründete Meinung zumuthete. Der erleuchtete Theil der Nation urtheilt hiervon ganz anders. Man sehe Bohuslaw Hassensteins Gedicht: De propriis inventis Germanorum, ferner Daniel Adam v. Weleslawins historischen Kalender beim 2 Mai und Andere mehr, welche die Ehre der Erfindung den Deutschen, denen sie gebührt, dankbar zueignen. Wir wollen uns mit der Ehre begnügen, diese Kunst früh in Böhmen aufgenommen und verbreitet zu haben. Einige unserer Landsleute glaubten und behaupteten es in ihren Schriften öffentlich, daß wir uns mit gedruckten Werken rühmen könnten, die bis auf die Zeiten Guttenbergs und Fausts hinaufreichen. Ohne zu befürchten, von einsichtsvollen Lesern ausgelacht zu werden, geben sie das Jahr 1468 als das Druckjahr eines böhmischen Buches an.

[2137]

Kaltwasser-Heilanstalt in Kennenburg bei Eßlingen im Königreich Würtemberg.

Im Laufe des Monats Julius wird die durch eine Actien-Gesellschaft von Freunden der Wasserheilkunde neu errichtete Kaltwasserheilanstalt in Kennenburg bei Eßlingen eröffnet.

Das von dem Harmbache durchwässerte Thal, welches sich von dem Abhange der Eßlinger Filialberge (Ausläufer des Schurwalds) nach Ober-Eßlingen hinzieht, ist durch seine, wenn gleich nicht in großem Style hervortretenden Naturschönheiten dennoch durch eine Fülle von Abwechslung, Fruchtbarkeit, Anmuth und freundliche Stille schon längst den Liebhabern ländlicher Natur bekannt. Nahe am Ende dieses Thälchens entspringen aus einer den Berg hinauf sich ziehenden Felsenkluft mehrere bisher unbenützte Quellen, welche behufs der neuen Anstalt gefaßt wurden und ihr ausgezeichnet reines, gutes, frisches Trinkwasser in das nur einige hundert Schritte vom Ursprung entfernte neu errichtete Curhaus liefern. Dieses ist auf einem kleinen, etwa 200 Fuß höher als der 710 Fuß über dem1246 Meere erhabene Neckar gelegenen Bergvorsprunge, auf welchem durch Abgraben eine geräumige Ebene hergestellt wurde, erbaut. Es ist ganz gegen Süden gelegen, steht von allen Seiten frei und hat die Aussicht auf die benachbarten Weiler und Dörfer, welche durch die höhern Punkte der schwäbischen Alp überragt werden, deren volle, prächtige Ansicht wenige Schritte am Berge hinauf dem Auge sich entfaltet. Der Curort ist nur eine kleine halbe Stunde von Eßlingen entfernt, und mit der Stadt durch eine bis auf die Höhe des Curhauses führende Fahrstraße verbunden Vom Remsthale ist er durch einen mit Wald bewachsenen Bergrücken getrennt, und von dem hier liegenden berühmten Erziehungs-Institut Stetten, so wie von dem, die herrliche weite Aussicht in das mittlere Neckarthal gewährenden Rothenberg (mit dem schönen Grabmal der Königin Katharina) entfernt.

Das Curhaus ist zur Aufnahme von etwa 40 Gästen eingerichtet. In demselben, so wie in den Räumen, welche durch eine, die unmittelbar vor demselben befindliche Terrasse in einem großen Halbkreise stützende Mauer gewonnen wurden, sind alle für eine Wasser-Heilanstalt nothwendigen Vorrichtungen zu Bädern und Douchen aller Art angebracht, während die weitern Quellen und Brunnen des Thals zu größern Douchen benutzt sind.

Die ärztliche Leitung des Instituts wird unter beständiger und unmittelbarer Theilnahme des Oberamtsarztes von Eßlingen dessen Sohn Dr. Hellmuth Steudel übernehmen, welcher das Studium der Wasserheilkunde sich zur besondern Aufgabe nahm, sich längere Zeit in Gräfenberg mit der Methode von Priesnitz vertraut gemacht und außerdem mehrere andere von Aerzten geleitete Wasserheilanstalten besucht hat.

Die Krankheitsformen, in welchen die reine Wasserheilmethode vorzüglich angezeigt ist, sind jetzt jedem Arzte von Bildung bekannt; es ist daher überflüssig, dieselben hier aufzuführen. Uebrigens werden die Aerzte des Instituts stets bereit seyn, denjenigen, welche in die hiesige Anstalt zu treten geneigt seyn sollten, die gewünschten Aufschlüsse zu geben, während Anmeldungen, welche wir uns bald erbitten, bei jedem der Unterzeichneten des Ausschusses der Gesellschaft gemacht werden können.

Eßlingen, im Mai 1840.

Oberamtsarzt Dr. Steudel. Oberjustiz-Procurator Georgii. Stadtschultheiß Weinland. C. Deffner. C. Brodhag. W. Wagner. J. Merkel. Med. Dr. Hellmuth Steudel.

[2175-77]

Einladung zur Pacht der neuen Theater-Anstalt zu Breslau.

Die hieselbst von dem Theater Actien-Verein neu errichtete, allerhöchst privilegirte, ungefähr 1500 Zuschauer fassende Theater-Anstalt soll am 1 April 1841 bis zum 30 September 1851 öffentlich verpachtet werden, wozu wir im hiesigen Börsen-Gebäude einen Termin auf den 14 September d. J., Nachmittags 3 Uhr, anberaumt haben.

Auf portofreie, an das unterzeichnete Directorium gerichtete, Ersuche werden die bereits für die Pacht-Entreprise festgesetzten Bedingungen, so wie eine Beschreibung der Localität zugesandt werden.

Breslau, den 22 Mai 1840.

Die Direction des Theater-Actien-Vereins.

[2183-85]

Anzeige.

K. K. priv. österr. Lloyd in Triest.

Zweite Section. Dampfschifffahrts-Gesellschaft.

Die Dampfschifffahrts-Gesellschaft des k. k. privilegirten österreichischen Lloyd bringt hiermit zur Kenntniß, daß ihre vierte Generalversammlung am 21 Mai abgehalten worden ist.

Das betreffende Protokoll wurde bereits den HH. Mitgliedern zugesandt, auf deren Namen die Actien eingeschrieben sind; diejenigen Herren aber, deren Actien auf den Ueberbringer lauten, können ein Exemplar in Triest, im Bureau des Verwaltungsraths, und in Wien bei den Generalagenten der Gesellschaft, Hrn. M. H. Weikersheim & Comp. in Empfang nehmen, wenn sie ihren Anspruch darauf erweisen. Triest, 27 Mai 1840.

[2138-44]

Donau-Dampfschifffahrt.

Da die Schifffahrt auf der obern Donau durch Brücken - und Strom-Correctionen für einige Zeit unterbrochen ist, so müssen die Fahrten der Dampfschiffe zwischen Regensburg und Donauwörth bis auf weitere Ankündigung ausgesetzt werden, und diese einstweilen auf die Strecke zwischen Regensburg und Linz beschränkt bleiben.

1247

Die Schiffe fahren demnach:

von Regensburg nach Linz am 6, 8, 11, 13, 16, 18, 21, 23, 26, 28 Junius, von Linz nach Regensburg am 5, 8, 10, 13, 15, 18, 20, 23, 25, 28, 30 Junius.

Regensburg, den 28 Mai 1840.

Die Verwaltung.

[1879-81]

In Karl Gerolds Buchhandlung in Wien ist so eben erschienen und daselbst, so wie in allen Buchhandlungen Deutschlands zu haben:

Curt Sprengels Versuch einer pragmatischen Geschichte der Arzneikunde.

Fortgesetzt von Dr. Burkard Eble, k. k. Regimentsfeldarzt und Bibliothekar der medicinisch-chirurgischen Josephs-Akademie etc. etc.

Sechsten Theiles zweite Abtheilung, enthaltend: Geschichte der praktischen Arzneikunde (Systeme, Epidemien, Heilmittel, Bäder) vom Jahre 1800-1825.

Gr. 8. Wien 1840. Preis: 3 Rthlr. 8 gr.

Wir übergeben hiermit dem Publicum die zweite Abtheilung dieses die Medicin in ihrer ganzen Ausdehnung umfassenden Geschichtswerkes, das ein für jeden wissenschaftlichen Arzt zum Lesen und Nachschlagen, für den ärztlichen Schriftsteller zur Grundlage für jede künftige Arbeit in diesem Feld unentbehrliches Handbuch darstellt. Es enthält dieser Band die für den Heilkünstler interessantesten Partien: die Geschichte der neuern praktischen Systeme, der nosologischen Versuche, der Volksseuchen, der neuern Erfahrungen über bekannte, und der Beobachtung bisher unbekannter Krankheiten, der neu eingeführten Arzneimittel und der Gesundbrunnen und Bäder, mit Einschluss der modernen, in diesem Zeitraum entstandenen Wasserheilkunde. Er wurde vom Verfasser mit vorzüglicher Liebe bearbeitet, und nach dessen Tode hat Dr. Frhr. v. Feuchtersleben die sorgfältige Durchsicht und Ergänzung des Nachlasses übernommen; und so wird diesem zweiten Bande gewiss die Anerkennung werden, die dem ersten nicht nur in Deutschland, sondern auch in England, Italien und Frankreich so reichlich geworden ist.

Der Plan des Verfassers, auch die Geschichte der Chirurgie, Augenheilkunde, Staatsarzneikunde u. s. w. in diesem Sinne zu behandeln, sieht seiner weitern Ausführung und Vollendung entgegen.

[2014]

In der evangelischen Missionsanstalt in Basel ist zu haben:

Magazin für die neueste Geschichte der evangel. Missions - und Bibel-Gesellschaften. Jahrgang 2-5 und 7-24 (1817-1820 und 1822-1839) in dem herabgesetzten Preis von 1 fl. netto für den Jahrgang.

Diese Jahrgänge (à 40 Bogen mit Karten und Kupfern) enthalten nicht bloß vollständige Uebersichten über sämmtliche Missionsarbeiten der evangelischen Kirchen, sondern auch die interessanten Lebensbeschreibungen von Martyn, Mill, Coke, Buchanan, Fisk, Carey, Zeisberger nebst einer großen Anzahl wichtiger Reisebeschreibungen. Von einigen Jahrgängen sind die Vorräthe nur klein, man bittet daher die Bestellungen in Bälde zu machen. Auch ist noch zu haben eine Karte des Kaukasus, der transkaukasischen und armenischen Länder zu 18 kr. netto.

Man wendet sich an die Evangelische Missions-Anstalt.

[2059]

Erschienen:

Rudelbach & Guerike, Zeitschrift für die gesammte lutherische Theologie und Kirche.

Zweites Heft. gr. 8. brosch. 20 gr.

Bernh. Tauchnitz jun. in Leipzig.

[2128-30]

Einladung zur Subscription.

In unserm Verlag erscheint binnen kurzem in sehr eleganter Ausstattung und kann durch jede Buchhandlung bezogen werden:

IMMERGRÜN.

Eine Festgabe zur vierten Jubelfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst.

Enthält:

Gutenbergs Tod, geschichtliches Lebensgemälde von F. Dingelstedt, nebst Novellen von Julius Krebs, Ludw. Storch, Bernd v. Gusek und lyrische Beiträge von Nikolaus Lenau, L. A. Frankl, R. v. Leitner, L. Storch, J. G. Seidl, J. U. Vogl, E. Duller, Fitzinger u. a. m.

Mit 7 prachtvollen Stahlstichen nach Original emälden.

(Als Titelkupfer Amerlings berühmte Morgenländer n.)

Taschenformat, circa 24 Bogen auf milchweißem Velinpapier elegant gedruckt. Ausgabe in fein gepreßtem Pariserband mit reich vergoldeten Decken und Goldschnitt 4 fl. C. M. oder 2 Rthlr. 20 gr. Prachtausgabe in Seide 5 fl. C. M. oder 3 Rthlr. 12 gr.

So weit die deutsche Zunge reicht, verkünden Prachtausgaben die Feier des großen Nationalfestes der Erfindung der Buchdruckerkunst!

Ja die hundertjährigen Festhallen sind im Jahre Eintausend achthundert und vierzig wiederum geöffnet, um den Manen des großen Deutschen, Johannes Gutenberg, Kränze zu winden; und so ein denkwürdiges Fest muß jeden deutschen Buchdrucker und Buchhä dler, jeden Litteraturfreund und Jeden, der Sinn für geistiges Streben hat, zur freudigsten Theilnahme anregen.

Auch Oesterr ichs Typographen werden n cht theilnahmlos dabei erscheinen, da es sich die unterz*ichnete Buchhandlung zur Aufgabe machte, seine Pressen durch obiges Werkchen bei Deutschlands Jubelfesten zu repräsentiren.

In g schmackvoll r, würdiger Ausstattung, aber ohne großen Prunk, dem Namen entsprechend, den das Buch an der Stirne trägt, tritt dieses Unternehmen auf, wird aber, dessen sind wir gewiß,1248 freundliche Aufnahme und Anerkennung finden; denn fremde und heimische Dichter bieten des Schönen so viel, daß Jeder, nach Durchlesung befriedigt, diese Festspende als Denkbuch gern aufbewahren wird, zumal da sie durch die artistische Beigabe: 7 treffliche Copien berühmter Originalgemälde, auch für den Kunstfreund bleibenden Werth hat.

Daß außer Dingelstedts meisterhaftem Lebensbild und den Gutenberg-Liedern auch andere, nicht auf das Fest bezügliche Poesien zu unserm Album gewählt wurden, wird jeder Leser durch den Werth der Beiträge und durch die angenehme Abwechslung derselben gerechtfertigt finden.

Wien, im Mai 1840. Karl Haas'sche Buchhandlung.

[128]

In der Unterzeichneten ist erschienen und durch alle Buchhandlungen Deutschlands zu beziehen:

Vierundzwanzig Bücher Allgemeiner Geschichten, besonders der europäischen Menschheit, von Johannes v. Müller.

Neue Ausgabe in Einem Bande.

Mit dem Bildniß des Verfassers in Stahlstich.

Der Subscriptionspreis von 4 fl. 24 kr. hat mit Ende 1839 aufgehört und dagegen ist der Ladenpreis von 5 fl. 24 eingetreten.

Diese neue Ausgabe des anerkannt ausgezeichnetsten Geschichtswerks deutscher Zunge, welcher wir die beliebte Einrichtung der Ausgabe in Einem Bande gegeben haben, und die sich in Format, Schrift und Papier ganz der Ausgabe von Menzels Geschichte der Deutschen anreiht, ist durch ein ihren Werth gar sehr erhöhendes Register bereichert worden.

Stuttgart und Tübingen, im April 1840. J. G. Cotta'sche Buchhandlung.

[2069-71]

Bei J. J. Weber in Leipzig ist erschienen:

F. W. Eichhoff, Doctor der Philosophie, Mitglied der asiatischen Gesellschaft, Bibliothekar I. M. der Königin der Franzosen.

Vergleichung der Sprachen von Europa und Indien, oder Untersuchung der wichtigsten romanischen, germanischen, slavischen und celtischen Sprachen, durch Vergleichung derselben unter sich und mit der Sanscrit-Sprache, nebst einem Versuch einer allgemeinen Umschreibung der Sprachen.

Aus dem Französischen mit alphabetischen Verzeichnissen der verglichenen lateinischen und griechischen Wörter begleitet und durch einige die deutsche Sprache betreffende etymologische Angaben vermehrt von Dr. J. H. Kaltschmidt.

Hoch-Quart. Preis: 4 Thlr. 12 gr.

[2131-32]

Verkaufs-Anzeige.

Die Eigenthümer sämmtlicher Liegenschaften des aufgehobenen Klosters Paradies bieten hiemit ihre Besitzungen, bestehend in einem arrondirten, sehr schön am Rhein in der Nähe von Schaffhausen gelegenen Gute aus freier Hand zum Verkauf an. Dasselbe enthält:

Die bedeutenden Kloster - und Oekonomie-Gebäude, Mehl -, Säg - und Oelmühle, Schmiede, Ziegelbrennerei, Wirthshaus und Bleiche.

Ferner 608 Jucharten Acker -, Matt - und Rebland, und 654 Jucharten wohlbestandene Waldung.

Die ganze Besitzung ist beschwerdefrei.

Die nähern Aufschlüsse, so wie Plane und Prospecte ertheilt auf Verlangen die Expedition der Allg. Zeitung, so wie der Miteigenthümer Melchior Wegelin in Dießenhofen. (Schweiz.)

[2064]

In allen Buchhandlungen sind zu haben:

G. E. Leibnitz deutsche Schriften.

Herausgegeben von G. E. Guhrauer.

Zweiter Band. 2 3 / 4 Rthlr.

Die deutschen Schriften von Leibnitz liegen nunmehr in einer vollständigen Sammlung vor, die das unbestreitbare Verdienst hat, den größten Deutschen des 17ten Jahrhunderts zuerst in die deutsche Nationallitteratur eingeführt zu haben. Von besonderm Interesse für unsere Zeit dürften die Gedanken über die Union zwischen Protestanten und Katholiken seyn, die Leibnitz in dem Briefwechsel mit Jablonski entwickelt. Berlin, April 1840.

Veit & Comp.

[2053]

Im Verlag von Friedrich Perthes ist erschienen:

F. Lundblads und Bolmeers Geschichte Karl des Zwölften, Königs von Schweden.

2ter Theil, berichtigt und erweitert von G. F. v. Jenssen, königl. dänischem Major.

Von dieser umfassenden Lebensgeschichte eines Heldenkönigs, dessen bloßer Name ganze Heere und Nationen erschreckte, dessen Thaten die Hälfte von Europa alarmirte, und der durch seine politischen Mißgriffe den Grund zu Rußlands Größe legte, während er das eigene Land auf den Standpunkt politischer Unbedeutsamkeit herabführte, von dem es sich seitdem nicht wieder erholen konnte, ist nun der zweite Band vom dänischen Major v. Jenssen erschienen. Wir glauben nicht zu viel von diesem Werke zu sagen, wenn wir die Meinung eines Dänen in jeder Beziehung unterschreiben: daß die historische Litteratur durch dieses gediegene Werk wahrhaft bereichert worden, indem dasselbe nicht bloß alles enthält, was man bisher in vielen Schriften zerstreut fand, sondern daneben sehr interessante authentische Angaben über den Krieg im nördlichen Deutschland und Scandinavien, über die politischen Verwicklungen aller nordischen Höfe und endlich über den Tod des Königs. Karl XII war gewiß kein großer König und eben so wenig ein großer General; allein er war der Tapferste unter den Tapfern und daneben ein äußerst wohldenkender und liebenswürdiger Fürst und Mensch. Darum empört denn auch die ruchlose Todesart von hohen Händen, die man bisher nur vermuthete, aber nirgends als geschichtliche Wahrheit auszusprechen wagte, welche nun durch dieses Werk der Welt klar und nur zu wahr, nach der im delagaroischen Archive gefundenen Beichte des Generals Cronstedt, vor Augen gelegt wird. Damit die hier zum Erstaunen und Entsetzen der Welt mitgetheilten Nachrichten über Karls XII Todesart noch an Interesse gewinnen möchten, ist dem zweiten Bande das von der Kopenhagner Kunstakademie gelieferte Todesbild des gemordeten Heldenkönigs mit der verhängn ßvollen Wunde an der Stirn beigegeben und überdieß eine Skizze der Belagerung von Frederikshald in Norwegen; auch ferner 18 merkwürdige Faesimiles außer den originellen Beilagen aus dem dänischen Geheimarchive. Der deutsche Verfasser, dessen Schrift eine andere ist, als die gleichzeitige schwedische, hat Nordbergs schiefen Urtheilen und Parteilichkeiten überall zu begegnen gesucht und behauptet, daß deutsche Schriftsteller diesem Autor noch immer zu viel Ehre erweisen, indem sie ihn einen gewissenhaften Historiker nennen.

[2087-89]

Stelle-Gesuch.

Ein gebildetes schon älteres Frauenzimmer, welches deutsch und französisch spricht, wünscht eine Stelle als Haushälterin oder lieber Gesellschafterin zu bekleiden. Durch ihr liebreiches und gemüthvolles Benehmen wird sie die Achtung und das Zutrauen ihrer Herrschaft sicher zu gewinnen wissen. Darauf gefällig Reflectirende werden höflichst ersucht, sich an die Expedition der Allg. Zeitung zu wenden.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
Author[unknown]
Extent16 images; 15632 tokens; 5110 types; 110150 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 156. 4. Juni 1840 . Augsburg1840.

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Bibliothek der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften DWB 1996/32

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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Editorial principles

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;

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ShelfmarkDWB 1996/32
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