PRIMS Full-text transcription (HTML)
1385
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Montag
Nr. 174.
22 Juni 1840.

Da mit diesem Monat das halbjährige Abonnement auf die Allgemeine Zeitung zu Ende geht, so ersuchen wir um dessen baldige Erneuerung, und wiederholen zugleich die Bitte, die Pränumeration auch in der That zu leisten, da die Exemplare nur gegen baare Einsendung der Pränumerationsgelder an die löblichen Postämter etc. spedirt werden können. Die auswärtigen Abonnenten belieben sich mit ihren Bestellungen an die zunächst gelegenen Postämter und Zeitungs-Expeditionen etc. zu wenden, da an die Redaction und Expedition der Allg. Zeitung gerichtete Bestellungen nicht berücksichtigt werden können, und dieselben möglichst frühzeitig zu machen, damit nicht für die zu spät sich Meldenden unvollständige Exemplare geboten werden müssen, wie dieß leider abermals im vorigen Semester für eine Anzahl Exemplare der Fall gewesen, ungeachtet die Auflage sehr bedeutend vergrößert worden war.

Mexico.

Privatbriefe aus Veracruz vom 2 Mai (von der Times mitgetheilt) melden, daß die Föderalisten unter Canales, und zwar dießmal in Gemeinschaft mit den Texanern, eine zweite große Niederlage durch die Centralisten am Rio Norte erlitten haben. Der Untergeneral Zapata ward gefangen und auf Befehl des Generals Arista erschossen. Der Obergeneral Canales selbst entkam nur mit wenigen Leuten. Die Republik war mit Ausnahme der Provinz Yucatan, die man aber auch ohne Waffengewalt zum Gehorsam zurückzubringen hoffte, vollkommen ruhig.

Portugal.

Die Deputirtenkammer, nachdem sie am 4 die Verhandlungen über die streitigen Wahlen geschlossen, ist am 5 zur Wahl des Präsidenten und Vicepräsidenten und der vier Secretäre geschritten. Die Erwählten sind alle sechs Cartisten (d. h. Conservative), nämlich Senhor J. de S. Pinto de Magalhaes, Präsident, S. Pestana, Vicepräsident, und die HH. Elias, Motta, Moura und Vargas, Secretäre. Zugleich haben die heftigen Ausfälle der Blätter gegen England plötzlich nachgelassen, und zwar, wie das M. Chronicle und der Sun mit Recht vermuthen, aus keinem andern Grund als aus Besorgniß für den etwaigen aus dem englisch-französischen Handelsvertrag entspringenden Nachtheil für den portugiesischen Weinhandel mit England. In der vornehmen Lissaboner Welt ging ein on dit über eine beabsichtigte Heirath zwischen der Königin von Spanien und dem Prinzen Ernst von Sachsen-Coburg. (Engl. Bl.)

Spanien.

Die Abreise der Königin ist definitiv auf den 11 früh festgesetzt. Man wird sehr kleine Tagreisen machen bis Saragossa, wo man drei Tage verweilt.

Cabrera ist zu Berga. Einige vermuthen, er werde sich in den Bergen von Catalonien zu halten suchen, Andere, er habe im Plane, über das Hochgebirge und durch das Thal von Serrallo sich nach Navarra zu werfen. Am 8 Jun. stellten sich 14 Ueberläufer von Cabrera's Truppen zu Saragossa; ihrer Aussage nach nahm die Desertion wieder zu, namentlich unter den Catalanen. Die Bande des Cura durchschwärmte Anfangs Junius in kleinen Abtheilnugen die Berge von Benavarre, und schleppte allenthalben die reichsten Grundeigenthümer mit sich fort, um sie nur gegen Lösegeld wieder freizugeben. Ros d'Eroles behauptete sich fortwährend in seinen festen, schwer angreifbaren Stellungen, und General Castañeda, ihm gegenüber, hatte bisher so viel als nichts unternommen. Nach Briefen aus Saragossa vom 9 hatte Espartero's gesammte Armee den Ebro passirt. Es lief das Gerücht, die Königinnen wollten den Fall von Berga zu Saragossa abwarten. Man war mit den Vorbereitungen zum glänzenden Empfange Ihrer Majestäten beschäftigt, deren Ankunft man, dem Reiseplane gemäß, für den 18 oder 19 entgegensah. Von den Ministern sollen Ihre Majestäten nur die des Kriegs und der Marine begleiten. Den Herzog vom Siege und von Morella erwarten der Fama zufolge neue Ehren. Die Titel Durchlaucht und Fürst de la Concordia, würden der Preis des glücklich beendigten Feldzuges seyn. Der Adel ist, wie begreiflich, darüber höchlich aufgebracht, und die Jovellanos, Espartero's unversöhnliche Gegner, darüber im eigentlichen Sinne wüthend. Ueber Balmaseda gehen nur unbestimmte Gerüchte. Die Banditen des Cabecilla verübten übrigens täglich neue Gräuel. Zu Perabelche bemächtigten sich diese Ungeheuer des 74 Jahre alten Pfarrers, erhitzten zwei Hufeisen bis zur Gluth und nagelten sie dem Bejammernswürdigen auf die Fußsohlen. Die bekannten gemäßigten Gesinnungen des Greises waren die einzige Ursache der an ihm verübten Barbarei. Dem vormaligen1386 Commandanten der Royalisten von Valdeolibas schlugen die Bluthunde zuerst mit dem Hammer die Zähne ein, und ermordeten ihn hierauf langsam unter Martern so schamloser Art, daß die Feder sich gegen ihre Wiedererzählung sträubt. In der Nacht vom 26 auf den 27 Mai setzte ein Haufe Insurgenten, im Marsche auf Cherta, wo sich Cabrera's Stiefvater, Ariambanda, aufhält, unweit Tortosa in zwei Booten über den Ebro. Raub, Mord und Nothzucht bezeichneten jeden ihrer Schritte. Der Commandant von Lucena meldet die Räumung des Forts von Villamalesa durch die Rebellen am 3 Junius. Der Bischof von Orihuela war mit den beiden Schwestern Cabrera's auf seiner Flucht zu Perpignan angekommen.

Französische Gränzblätter schreiben: Die Schwestern Cabrera's und die Frau des carlistischen Intendanten Labandero sind nebst dem Bruder Cabrera's, einem jungen Menschen von 14 Jahren, der sie begleitete, am 9 Jun. von der Gendarmerie in Osseja (Ost-Pyreneen-Dpt. ), eben als sie über die Gränze gehen wollten, verhaftet worden. Anfänglich erklärten sie, sie hießen Marcella Belloc, geborne Ansia, Maria und Augustine Grignon und seyen in Mailla geboren; als sie jedoch vor den die Stelle des Präfecten vertretenden Präfectur-Rath in Perpignan geführt wurden, gestanden sie, daß sie in der That die Schwestern Cabrera's seyen. Man fand bei ihnen 50,000 Fr. in Gold. Sie sollen nach Bourg (Ain-Dep. ) gebracht werden.

Man meldet die Unterwerfung des catalonischen Carlistenchefs Segarra, der sich mit Cabrera nicht mehr vertragen konnte. Segarra war in seiner Thätigkeit schon lange sehr lau, und die überspannten Carlisten warfen ihm seine Mäßigung vor. Nun hat er sich unterworfen. Man setzt hinzu, es lasse sich jeden Augenblick die Nachricht von dem Eintreffen Cabrera's auf dem französischen Gebiet erwarten. Seine Reichthümer seyen bereits vor ihm eingetroffen. Er will den Krieg nicht umsonst führen, und da der Gefangene von Bourges ihm nichts mehr geben kann, so hat er sich selbst reichlich versehen.

Großbritannien.

Der Kampf über die Stanley-Bill im Unterhause ist in Folge einer Nachgiebigkeit von beiden Seiten für heute noch verschoben worden. Nachdem nämlich Lord J. Russell zu Anfang der Sitzung erklärt hatte, daß er, gemäß seiner früheren Erklärung am letzten Freitag, auch heute auf jeden Fall entschlossen sey, das Recht der Präcedenz für Regierungssachen, und zwar zunächst für die Canada-Kirchengüterbill an diesem Tage nicht aufzugeben, und daß er deßhalb den edlen Lord auffordere, von seiner ungewöhnlichen Forderung abzustehen, und sich durch Fügung in das hergebrachte ordnungsmäßige Verfahren als wahren Conservativen zu erweisen, so fügte er noch hinzu, daß er nach reiflicher Ueberlegung ihm dagegen versprechen könne, der irischen Registrationsbill die Präcedenz vor der englischen (von Hrn. Pigot beantragten) über denselben Gegenstand zu ertheilen. Lord Stanley hierauf, sein ungewöhnliches Verfahren mit dem gleichfalls ungewöhnlichen vom Hause und Ministerium beobachteten entschuldigend, räumt dem edlen Lord Staatssecretär für die Colonien den heutigen Tag ein, und überläßt ihm überdieß die Auswahl des Tags, wo die von ihm, Lord Stanley, beantragte Bill zur Verhandlung kommen solle. Lord J. Russell: Ich bestimme also dafür den nächsten Freitag (19 Jun.), und verspreche zugleich, daß ich, in so weit dieß von mir abhängt, alle Hindernisse, die sodann den Gang der Verhandlung hemmen könnten, zu beseitigen suchen, sie gewiß auf keine Weise begünstigen werde. Hr. O'Connell: Mich dünkt, die letzten Worte des edlen Lords gehen auf mich, und ich werde sicherlich der Uebereinkunft, die man eben zu schließen im Begriff scheint, nicht entgegentreten. Aber ich beeile mich zu erklären, daß ich deßhalb durchaus nicht gesonnen bin, mein letztes Recht aufzugeben, das heißt, ich werde mich mit allen Kräften und durch alle möglichen Mittel einer Maaßregel widersetzen, die nach meiner Ueberzeugung darauf hinausgeht, das irische Volk nicht nur zu beeinträchtigen, sondern zu beschimpfen. Nach dieser so geschlossenen vorläufigen Uebereinkunft verließ eine große Anzahl der Mitglieder, die sich zur Unterstützung des beiderseitigen Kampfes eingestellt hatten, alsobald das Haus. Im Haus der Lords that Lord Londonderry an Lord Melbourne die seltsame Frage, auf welchem Wege er, nach so vielen erlittenen Niederlagen, die Angelegenheiten des Landes fortan zu führen denke. Lord Melbourne erwiederte, daß es auf eine solche Frage natürlich keine Antwort gäbe.

Die Blätter sind noch fortwährend angefüllt mit neuen, oft sich wechselseitig widerlegenden Berichten und Vermuthungen über die Geschichte des Mordversuchs und über die Persönlichkeit und Lebensgeschichte Oxfords. Wir stellen daraus das Wesentlichste zusammen. Oxfords Vater, der Mulatte (von Jamaica) war in Birmingham, wo er längere Zeit als Goldschmied lebte, wegen seiner Ausschweifungen und Seltsamkeiten allgemein berüchtigt, er führte daselbst den Beinamen tawny beau (schwarzgelber Stutzer). Er war so jähzornig, daß er einmal seine Frau mit einem Messerstich verwundete, worauf er sich dann, bis zu ihrer Wiedergenesung, lange Zeit versteckt hielt. Diese seine Frau, Edwards Mutter, ist die Tochter Hrn. Marklew's, eines wohlhabenden Gastwirths (zur Hoffnung und zum Anker, Cardine-street) in Birmingham. Sie war in ihrer Jugend eine berühmte Schönheit, und nur in Folge seines damaligen Wohlstands er hielt sich Kutsche und Pferde gelang es dem jungen Goldschmied, sich die Hand der Vielbewunderten zu erwerben. Später brachte er sich durch seine Ausschweifungen um den größten Theil seines Vermögens. Auch über das durchgängig wunderliche Wesen seines Sohnes stimmen alle Berichte zusammen. Oft, in tiefen Gedanken sitzend, brach er mit einemmale, beide Hände vor dem Gesicht, in einen Strom von Thränen aus, und fragte ihn dann Jemand nach der Ursache, so sprang er auf, stimmte ein lautes Gelächter an, und ging ruhig an seine Arbeit. Die Gewohnheit des lauten Auflachens war ihm auch bei vielen andern Gelegenheiten eigenthümlich, besonders wenn er etwas zerbrochen oder sonst ein Uebel gestiftet hatte. Früher äußerte er mehrmal den lebhaften Wunsch, die Königin, oder wie er sie nannte, die kleine Victoria zu sehen. In der letzten Zeit, während er bei seiner Schwester wohnte, blieb er einmal eine ganze Woche lang verschlossen auf seinem Zimmer, um zu lesen, besonders Seereisen. Er gab auch vor, daß er sich in der Absicht zur See zu gehen, die Pistolen angeschafft habe. Ueber den Ursprung dieser Pistolen gibt es zwei verschiedene Angaben. Nach der einen (im M. Chronicle mitgetheilten) wären sie dem Trödler und Pfandverkäufer Lawson (Blackfriarsroad) am letzten Dienstag (8 Jun., also erst am Vorabend des Mordversuchs?) von einem jungen Mann, der nach der Beschreibung Niemand anders als Oxford selbst wäre, gestohlen worden; nach der andern glaublichern (im Standard) wurden sie vor ungefähr 14 Tagen in dem Laden des Hrn. Hayes (Carringdonstreet) von einem jungen Mann, dessen Einerleiheit mit Oxford noch nicht erwiesen ist, für 2 Pfund, nebst einem Pulverhorn für 2 Shilling angekauft. Wovon Oxford in der letzten Zeit lebte, ist noch nicht ermittelt. Bei seiner Zusammenkunft mit seiner Mutter soll diese zuletzt ausgerufen haben: Dieß hat mehr zu bedeuten als du dir einbildest. Gestern1387 (Sonntags) wohnte Oxford so wie auch Courvoisier dem Gottesdienste in der Capelle von New-Gate mit großer Fassung bei. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, denn es scheint daß der Pariser Weiberenthusiasmus für Verbrecher auch in London Mode wird: und schon am Donnerstag Morgen hatte sich der Wundarzt Mac-Kann eine, wie er angab, für vornehme Damen bestimmte Locke vom Haupte des Verhafteten ausgebeten. Der Central-Criminalgerichtshof hat heute seine Juniussitzungen begonnen und der Common Sergeant, der in Abwesenheit des Recorders die Versammlung eröffnete, hat die Aufmerksamkeit der großen Jury bereits insbesondere auf den Fall Oxfords gelenkt, und auf die Mittel die es gebe, um über die hochverrätherische Absicht des Angeklagten zur Evidenz zu kommen. Der Proceß Courvoisiers soll übermorgen anfangen. Für Oxford erwartet man morgen noch ein vorläufiges Verhör vor dem geheimen Rathe. Der Anwalt, der Oxfords Vertheidigung übernommen, ist Hr. Humphreys. Als Tag der öffentlichen Danksagung für die von der Vorsehung bewilligte Rettung Ihrer Maj. hat der Geh. Rath in einer heutigen Sitzung den nächsten Sonntag (21 Jun.) bestimmt. Die Ausfahrt der Königin ward auch gestern wieder von einer ungeheuern Menschenmenge, die den ganzen Constitutionshill, Hyde-Park-Corner und noch einen großen Theil von Hyde-Park anfüllte, von 5 Uhr an erwartet, und als dann um halb 6 Uhr der Phaëton mit den beiden erwarteten königlichen Personen, ohne andere Begleitung als Lord Alfred Page und Colonel Bowater zu beiden Seiten reitend, wirklich das Schloß verlassend, erschien, so ward dieses Erscheinen, wie an den vorhergehenden Tagen, mit dem allgemeinsten Jubel-Rufen, Hut - und Tücherschwenken und Begleiten des Wagens auf der ganzen halbstündigen Fahrt aufs herzlichste begrüßt und gefeiert.

Frankreich.

Der Moniteur meldet nun amtlich, daß der König am 16 Jun. den Marquis v. Rumigny, Botschafter bei I. M. der Königin von Spanien, zu seinem Botschafter bei Sr. Maj. dem König der Belgier, und den Grafen Mathieu de la Redorte zu seinem Botschafter bei I. M. der Königin von Spanien ernannt habe.

Die Revue des deux Mondes vom 15 Jun. sagte in ihrer politischen Chronik: Seyen wir gerecht, die vereinigte Linke hat ihre neue Stellung nicht mißbraucht. Sie hat die Regierung mit Festigkeit, Muth und Uneigennützigkeit unterstützt. Was hat sie verlangt? was erhalten? Man verbreitet unzählige Gerüchte, aber der Moniteur ist in den der Linken gewährten Bewilligungen sehr mäßig. Man spricht jetzt von einer Umgestaltung unserer Diplomatie. Wir wissen nicht genau, wie viel Wahres in den Gerüchten seyn mag, die in Bezug darauf umlaufen. Man sagt, Hr. de la Redorte ginge nach Madrid, Hr. v. Rumigny käme nach Brüssel, Graf Bresson soll in Konstantinopel Hrn. v. Pontois ersetzen, der nach Berlin ginge. Wie man sieht, beschränkt sich Alles auf Versetzungen und die Beförderung des Hrn. de la Redorte, der sich in der Deputirtenkammer eine Stellung zu erwerben gewußt hat. Wie dem auch sey, Niemand darf sich beklagen, daß die Männer der vereinigten Linken zu den Geschäften gezogen werden, da ihre Ernennung, durch unbestreitbare Fähigkeit gerechtfertigt, keine persönlichen Rechte kränkt. Wir werden immer wiederholen, um das Werk zu vollenden, bedarf es einer Vermischung desjenigen Theils der Linken, welcher die Lage und Bedürfnisse unserer Regierung nicht verkennt, mit den gemäßigten und vernünftigen Gliedern der conservativen Partei, so wie mit Allen, welche eine andere Politik als den Haß haben, und nicht alle Weisheit des Staatsmannes im Groll zusammen fassen. Dieß ist die breite und feste Grundlage, die man legen muß, nicht etwa zum Nutzen dieses oder jenes Mannes, dieses oder jenes Cabinets, sondern zum Gewinn Aller, der Dynastie, der Freiheit, des Landes. Uebrigens wird ungeachtet der Fehler und Leidenschaften der Menschen schon die Gewalt der Dinge selbst diese Arbeit vollenden und die neue Majorität befestigen.

Der König hat in folgendem Schreiben an den Obercommandanten der Nationalgarde seine Zufriedenheit über die gute Haltung der Nationalgarden ausgesprochen, die, wie der Marschall beifügt, trotz der Hitze des Tages sich in großer Anzahl zur Revue eingefunden hatten. Das Schreiben selbst lautet: Mein lieber Marschall, es macht mir große Freude, Ihnen sagen zu können, wie zufrieden ich mit der Revue über die Nationalgarde von Paris und dem Weichbilde gewesen. Nie habe ich sie zahlreicher und in besserer Haltung gesehen und nie mehr gefühlt, daß die Liebe, mit der sie mich empfing, und die Beweise der Zuneigung, die sie meiner Familie gab, der süßeste Lohn ist, den wir für unsere Hingebung an das Vaterland erhalten können. Dieser schöne Tag wird Erinnerungen in meinem Herzen lassen, die mir immer theuer seyn werden, und ich bin glücklich, mein lieber Marschall, zum Dolmetscher meiner Gefühle bei dieser Gelegenheit einen Mann zu haben, der unsern Waffen so viel Ruhm gegeben, und mir persönlich zu allen Zeiten eine Anhänglichkeit bewiesen hat, die mir stets theuer bleiben wird. Diesen Trost bedurfte ich, als ich den Verlust des würdigen Marschalls zu beklagen hatte, der in der schwierigen Zeit, die wir zu durchleben hatten, die Nationalgarde so trefflich leitete.

Die Deputirtenkammer nahm am 16 Jun. das ganze Gesetz über die verschiedenen Eisenbahnen von Orleans, Straßburg, Montpellier, Lille etc. mit 203 weißen gegen 61 schwarze Kugeln an. Darauf votirte die Kammer noch den Entwurf zur Eisenbahn von Paris nach Rouen mit 194 weißen gegen 37 schwarze Kugeln. Der wesentliche Inhalt des Entwurfs ist: Das von den HH. Laffitte und Eduard Blount und Compagnie gemachte Anerbieten, auf ihre Kosten und Gefahr eine Eisenbahn von Paris nach Rouen anzulegen, ist angenommen. Der Minister der öffentlichen Arbeiten ist ermächtigt, der Compagnie im Namen des Staats eine Anleihe von 14 Millionen zu machen, die ausschließlich zu den Arbeiten der Eisenbahn und zur Anschaffung des nöthigen Materials zu deren Ausbeutung verwendet werden sollen. Besagte Summe von 14 Millionen kann erst nach Realisirung und Verwendung einer Summe von wenigstens 36 Millionen bezahlt werden. Die Zahlungen sollen in Siebenteln im Verhältniß der Ausführung der neuen Arbeiten und des neuen Aufwands für Summen, die dem Werthe jeder Einzahlung wenigstens gleich sind, geleistet werden. Der Zinstarif ist auf 3 Proc. jährlich festgesetzt. Die Heimzahlung soll von Jahr zu Jahr zu einem Dreißigstel geschehen, und erst drei Jahre nach der zur Vollendung der Eisenbahn festgesetzten Zeit beginnen. Im Fall eines Rückstandes in den stipulirten Zahlungen kann die Regierung Arrest auf die Einkünfte der Eisenbahn legen. Im Fall eine andere Compagnie auf ihre Kosten eine Verlängerung der Eisenbahn von Paris nach Rouen bis Havre anbieten würde, so wie wenn diese Verlängerung auf Staatskosten vollzogen werden sollte, soll die Compagnie der Eisenbahn von Paris nach Rouen gehalten seyn, auf gemeinschaftliche Kosten und Gewinn den Theil auszuführen, der zwischen dem Verzweigungspunkt auf der Linie von Paris nach Rouen und der Gränze der Gemeinde von Rouen gegen Derville liegt, so daß nun die beiden Eisenbahnen nur eine einzige völlig zusammenhängende bilden. In diesem Fall soll der Minister der öffentlichen Arbeiten ermächtigt seyn, der Compagnie eine Zuschußanleihe von 4 Millionen, unter denselben Bedingungen wie bei den 14 Millionen, zu machen u. s. w.

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〈…〉〈…〉In der Sitzung der Deputirtenkammer am 17 Jun. wurde zuerst eine Reihe örtliche Interessen betreffender Entwürfe angenommen. Die Kammer geht sodann wieder zur Erörterung des Budgets der Ausgaben von 1841 über. Sie votirte für k. Heerstraßen, die vor dem 1 Jan. 1837 classificirt waren, 13,500,000 Fr., k. Heerstraßen, die seit dem 1 Jan. 1837 classificirt waren, 200,000 Fr., k. Heerstraßen und Seehäfen von Corsica 1,953,500 Fr., Brücken 600,000 Fr., Flußcorrectionen 12,171,700 Fr., Seehafencorrectionen 16,176,792 Fr., Eisenbahnen für 1841 11,500,000 Fr., Anlegung neuer Canäle 12,000,000. Hr. Hallez verlangt das Wort in Betreff der Ehrenlegion. Er fragt, warum das von den Kammern darüber angenommene Gesetz noch nicht von dem Könige sanctionirt worden sey. Dieses Gesetz werde immer nöthiger bei der Verschwendung der Decorationen, die man in Kreuz und Quer vertheile, so daß die Zahl der Ritter, die 1814 nur 30,000 gewesen, jetzt auf 52,000 gestiegen sey. Hr. Thiers: Der betreffende Entwurf ist nur das Resultat der Initiative der Kammern. Der Regierung steht das constitutionelle Recht zu, den Entwurf zu prüfen. (Geräusch.) Die Frage ist wichtig: wenn die Regierung von diesem Rechte Gebrauch gemacht haben wird, so wird sie das Gesetz entweder sanctioniren oder nicht sanctioniren. (Bewegung.) Aus Anlaß der Dotation der Ehrenlegion schlägt Hr. Gauguier ein Amendement vor, daß die Legionäre, die vor dem 6 April 1814 ernannt worden seyen, und jetzt noch leben, drei Monate nach Bekanntmachung des Gesetzes von dem Staatsschatze 250 Fr. jährlich erhalten sollen. Dem Finanzminister soll zu diesem Ende ein Credit von fünf Millionen eröffnet werden. Das Amendement ward verworfen. Hr. Taschereau wiederholt seinen frühern Antrag, daß die Liste der Personen, zu deren Gunsten temporäre Unterstützungen durch den Minister des öffentlichen Unterrichts auf die Aufmunterungs - und Beistandsfonds für Gelehrte, Litteratoren, Künstler, dramatische Schriftsteller u. s. w. und deren Wittwen bewilligt seyen, jährlich öffentlich bekannt gemacht, und an die Kammer vertheilt werden solle. Der Antrag ward nach langer tumultuarischer Debatte, auf die wir zurückkommen, verworfen. Die Kammer votirt dann über das Ganze des Budgets und nimmt es mit 231 weißen gegen 59 schwarze Kugeln an. Sodann ward noch der Gesetzesentwurf über Errichtung von Dampfpaketbooten zwischen Frankreich und Amerika discutirt. Hr. Quesnault bemerkt, die Commission setze die jährliche Unterstützung der Handelscompagnie, die diesen Dienst zwischen Havre und New-York übernehme, mit 880 Fr. für Eine Pferdekraft fest. Dieß sey unzureichend und der Größe der Unternehmung nicht entsprechend. Der 1ste Artikel bestimmt wenigstens 3 und höchstens 5 Paketboote für den Dienst von Havre nach New-York. Angenommen. Der 2te Artikel setzt für Rechnung des Staates zwei Correspondenzlinien zwischen Frankreich und Amerika fest, eine, die alle 20 Tage von Bordeaux, und die andere, die jeden Monat von Marseille abgeht. Der für diese Ausgabe angewiesene Credit beträgt 28 Mill. Angenommen. Der 3te Artikel, daß die Staatsdampfboote so gebaut werden sollen, daß sie nöthigenfalls Artillerie und Waare fassen können, ward ebenfalls sammt den noch übrigen reglementarischen Artikeln angenommen.

(Temps.) Man schreibt uns aus Cayenne vom 4 Mai: Wir räumen Mapa, was ein neuer Beweis des Einflusses ist, welchen England auf unsre Diplomatie ausübt. Der Befehl zu dieser Räumung war eine der letzten Handlungen des Cabinets vom 12 Mai. Wir wundern uns, daß das Cabinet vom 1 März keine Gegenbefehle ertheilt hat. Außerdem, daß dieses Aufgeben eines Gebiets, auf dem unsre Fahne seit mehreren Jahren wehte, und wo Frankreich in Gemäßheit seines Rechts eine Besatzung unterhielt, demüthigend ist, hat man auch noch das Loos der Tapulliesen zu bedauern, die bei den Ereignissen von Para sich zu uns in dem Glauben geflüchtet hatten, daß wir immer stark genug seyn werden, sie zu beschützen. Wir müssen nun diesen allzu vertrauensvollen Völkerschaften unsre Schwäche bekennen, und Frankreich, das schon ungeheure Summen auf Mapa verwendet hat, wird sich genöthigt sehen, neue Opfer zu bringen, um im Innern unsers unbestrittenen Gebiets neue Niederlassungen zu bilden, wo man diese Unglücklichen aufnehmen kann, die ohne unsern Beistand unbarmherzig von den Brasiliern niedergemacht werden würden.

Seit 1830 hat Straßburg keinen festlicheren Tag erlebt, als den gestrigen, an dem die Einweihungsfeier des Denkmals Klebers begangen wurde. Schon am Morgen hatte die Stadt einen ganz festlichen Anstrich, die Häuser waren mit dreifarbigen Fahnen, mit Gehängen und Blumenkränzen geziert. Alle Einwohner der volkbelebten Stadt, eine unzählbare aus allen Enden des Elsasses und des rechten Rheinufers herbeigeströmte Menge, drängten sich in unsern Hauptstraßen, auf unsern Spaziergängen, auf unsern öffentlichen Plätzen. Besonders bot der Paradeplatz, auf welchem die Bildsäule Klebers sich erhebt, einen zauberischen Anblick dar. Alle Häuser waren von oben bis unten mit Schaulustigen angefüllt, selbst die Dächer waren besetzt. Der Paradeplatz und die anstoßenden Straßen starrten so zu sagen von Lanzen und Waffen. Ein Artillerieregiment, vier Schwadronen Lanciers und Cuirassiere, so wie zwei Regimenter Infanterie marschirten auf, zogen um das Monument und brachten dem Helden ihre Huldigungen dar. Um halb 12 Uhr marschirte der Zug auf, bestehend aus allen Behörden der Stadt, den Deputationen der verschiedenen Culten; aus ehemaligen Militärs, worunter mehrere Waffengefährten Klebers; einer Menge Subscribenten für das Denkmal; einem großen Theil der Zöglinge unsrer Facultäten und unsrer Schulen, und reihte sich um die Bildsäule; dann wurde der Schleier, der sie den Blicken entzog, gelüftet; Artilleriesalven, kriegerische Fanfaren und einstimmiger Jubel ertönten in den Lüften. Die Gefühle des Landes und der Armee mußten bei dieser Feierlichkeit ausgesprochen werden; auch wurden sie es auf eine würdige Weise von dem Maire der Stadt Straßburg und dem Generallieutenant, Commandanten der Militärdivision. Nach der Feierlichkeit zog die Menge fortwährend um die Bildsäule Klebers, die wir dem Meißel des Hrn. Graß verdanken. In der That hat Hr. Graß die Züge Klebers herrlich aufgefaßt, sein Werk bietet das Ideal der moralischen Energie und der physischen Stärke dar. Der übrige Tag endete in einer Reihe von Vergnügungen. Auf die Spaziergänge folgten Festgelage, auf die Festgelage Concerte. Die Illumination schloß, als letzter Beweis der öffentlichen Freudigkeit, den Tag. Als man den Eifer dieser ungeheuren Volksmenge sah, die sich, wie in Paris, an den nationalen Festen in dichtgeschaarten Massen herbeidrängte, fragte sich Jedermann: was wird es erst am Guttenbergsfest werden? Wie werden die Mauern Straßburgs, die aus dem Elsaß, aus Deutschland, aus ganz Frankreich herbeigeeilte Menge fassen können? In acht Tagen werden wir die Lösung dieser Aufgabe erhalten, und neuen Genüssen entgegengehen. (Fr. O. P. A. Z.)

Eine Musterung der Nationalgarde war vor wenigen Jahren, als der Rausch des Julius noch in allen Köpfen summte, eine allgemeine Feier und fast eine Sache von politischer Bedeutung. Damals blühte die Begeisterung noch, und die Täuschungen waren noch nicht ganz verwelkt. Jetzt macht eine Revue wohl Lärm, aber kein Aufsehen mehr. 1389Für eine Anzahl von Zuschauern sorgt die Pariser Neugier immer; doch war an dem Concordienplatz, wo die Truppen vorüber zogen, das Gedräng keineswegs erdrückend. Auf den beiden Terrassen, die den elyseischen Feldern gegenüber liegen, hatte ein begünstigtes Publicum Platz genommen; diese ausgewählte, durch Rang und Reichthum äußern Schmucks glänzende Gesellschaft, hier gleichsam von einer Logenreihe unter freiem Himmel herab eine lebenvolle Scene, die sich gleichfalls unter freiem Himmel abspann, betrachtend, mochte in beweglichen, zu jedem Uebergange schnell bereiten Phantasien das Bild jener Schauspiele des Alterthums hervorrufen, die zum Theil sich in einigen Ländern des südlichen Europa's bis auf den heutigen Tag erhielten. Die Marine (Palast des Marineministeriums), die den Concordienplatz an der Stelle begränzt, wo die Straße Rivoli in ihn, wie ein Strom in einen See ausmündet, hatte eine ziemliche Anzahl von bunten Frauen und vergnügten Kindern unter ihrem Säulendach versammelt. Das Gardemeuble, auf dem andern Ufer der Rue Royale, die sich gleichfalls in den Concordienplatz ergießt, und auf der einen Seite an der Marine hinläuft, war äußerst spärlich nur besetzt. Diese beiden Paläste, vollkommne Zwillinge durch ihren Umfang sowohl, als durch ihre Bauart, gehören sicher mit zu den schönsten Denkmalen dieser Hauptstadt. Sie verbreiten über den lebendigen, viel begangenen, viel befahrnen, und mit den mannichfachsten Verzierungen, wenn nicht überladenen, doch sehr bevölkerten Platz, dessen Einfassung sie theilweise bilden, einen Charakter großartiger Einfachheit und heiterer Majestät. Wer nicht unter den Bevorrechteten war, und doch auf den Terrassen des Gartens oder in den bezeichneten Palästen unterkam, hatte wenig Aussicht, etwas Rechtes von der Revue zu sehen. Seit den Anschlägen Alibauds und Fieschi's hielt die Polizei des Hofes in ihrer furchtsamen Weisheit das Volk, wo es nur immer ging, einige Pistolenschußweiten von dem geheiligten Leib des Monarchen entfernt; überall ist diese Vorsicht freilich nicht möglich, aber so oft der König ausfährt, kehrt man einiges Gesindel aus den Straßen weg, durch die er kommt, und Gesindel ist den Leuten Alles, was nicht rothe Hosen oder einen blauen Frack und einen Tschako trägt. Dasselbe System ward auch gestern wieder befolgt, der Theil von Paris, wo die Revue statthatte, vom frühen Morgen an hermetisch abgeschlossen und alle Zugänge von der Municipalgarde auf das unerbittlichste bewacht. Das Verbot des Einlasses war gegen jede Art bürgerlicher Kleidung ausgesprochen und das Einschwärzen unmöglich gemacht. Selbst den Garten der Tuilerien, den alle Welt liebt und genießt, weil jeder in ihm etwas findet, das ihm besonders lieb ist, man hat ihn dem einsamen Träumer, der beobachtet, wenn im Denken ihn die Menge störte, dem Muthwillen der Kinder, die oft mehr Klugheit und Energie in dem Wetteifer ihrer Spiele, als in der Reife späterer Jahre zeigen, und sogar dem arglosen Sonntagsvolk geraubt, das einmal in der Woche der engen Finsterniß seiner Boutiken entronnen, hier unter dem Schatten der gewohnten Bäume gedankenlos wandelt oder ausruht. Wohl sind die Hausväter dieser Menschenclasse alle Säulen der öffentlichen Ordnung und hatten daher bei der großen Parade zu erscheinen, doch den stillen Müttern, den Töchtern, die manchmal hübsch, öfter jedoch es nicht sind, und den allzeit verliebten Commis, dieser unschuldigen, harmlosen Heerde hätte man getrost die Gitter des Gartens öffnen können. Achtung gebietend war der Anblick der Linie; einzeln genommen hat der französische Soldat, namentlich der Soldat des Fußvolks, ein unscheinbares, gedrücktes, zwerghaftes Aussehen; bewegen sie sich aber in Reih und Glied, da kommt Haltung in die Leute, die sonst gewöhnlichen und fühllosen Gesichter beleben sich mit kriegerischem Muth, und man begreift, woher es kommt, daß der Sinn des französischen Volks dem Fremden gegenüber so stolz, so keck und so herausfordernd ist. Die Uniform ist fast häßlich zu nennen, allein man übersieht sie, mit dem rüstigen, kampflustigen Aussehen der Truppe beschäftigt. Sonst machen Kleider Leute, hier ist es umgewendet. Artillerie und Reiterei hoben durch ihre Gegenwart die martialische Seite der Feier noch glänzender hervor. Was die Reiterei insbesondere angeht, so schien sie mir zwar nicht durch Vollständigkeit der Regimenter ausgezeichnet, aber weit besser beritten, als man vielfach außerhalb Frankreich glaubt. Wenden wir uns nun zur Nationalgarde, so erhält das Sprüchwort: Kleider machen Leute, wieder seine volle Geltung. Da ist Alles sauber gewaschen und gebügelt, gestrichen und gebürstet. Alles funkelt und schimmert, man macht sich steif und gibt sich ein Ansehen, als wollte man den Sultan und den Pascha von Aegypten zugleich umbringen, aber der Philister sieht doch oben und unten, hinten und vorn heraus. Man sah es den Herren gar zu sehr an, wie sauer ihnen die Mühe ward; die Grenadiere schienen der Bärenmütze, alle aber der Hitze zu erliegen. Daher ward auch jede freie Viertelstunde zu einem Ausfluge in die benachbarten Weinschenken benützt. Der Soldat erträgt den Durst, wie jede Entbehrung; der der Nationalgarde, wenn er einmal ins Feld rückt, hat nichts Besseres zu thun, als ihn zu löschen.

Wenn Louis Philipp in seinem Handschreiben an den Marschall Gérard sagt, daß er nie eine schönere und zahlreichere Revue der Nationalgarde gesehen habe, so bedarf dieß einer Erläuterung. Ohne von der großen Revue im J. 1830 auf dem Marsfelde zu reden, wo an hunderttausend Nationalgardisten versammelt waren, ohne selbst an die der Jahre 1831 und 1832 zu erinnern, ist uns gar wohl erinnerlich, in den Jahren 1833, als man gegen die Errichtung der forts détachés protestirte, und im Jahr 1834 und 1835 zahlreichere Musterungen gesehen zu haben. Dagegen scheint es, daß die letzten Jahre gegen die Revue vom Sonntag zurückstanden, und es kommt nun darauf an zu wissen, wem dieser größere Eifer der Bürgergarde zu gut geschrieben werden muß, ob nicht zunächst dem Ministerium vom 1 März, dessen Farbe und Politik man hiedurch billigen wollte? Die Frage wird schwer zu entscheiden seyn, immerhin aber scheint uns die Logik des Journal des Débats interessant, das aus dem Rufe der Nationalgarde: vive la Réforme electorale, den Schluß herleiten will, daß die Nationalgarde für den König und gegen das Ministerium Thiers sey, weil sie von dem König selbst die Reform verlange, also erwarte, und folglich von ihm mehr hoffe als von dem Ministerium Thiers! Diese Schlauheit ist zu fein, um von dem großen Haufen gehörig gewürdigt zu werden; wir, die wir zuweilen das Journal des Débats im heiligen Ingrimm gegen die Nationalgarde gesehen haben, die sich erkühnte, unter den Waffen irgend eine Meinung zu äußern, wir bemerkten nicht ohne Interesse den biegsamen Geist des neuen Oppositionsblattes. Seine Schule macht sich schnell, im Nothfall könnte es sich der Artikel des Courrier français vom J. 1833 bedienen, die es damals ketzerisch fand, während der Courrier im Gewande der Débats vom J. 1833 nach allen Regeln des Schlusses den Nationalgardisten darthut, daß sie als solche keine Meinung haben und nur gehorchen dürfen. Was mehr als die ganze Nationalgarde gewirkt, war das 63ste Linieninfanterieregiment, das aus Afrika kommt, und mit seiner zerfetzten Standarte und seiner gebräunten Gesichtsfarbe an die jüngsten Kämpfe gegen die Araber erinnerte. Neben diesem Regimente war auch der Oberst, jetzt Brigadegeneral1390 Lamoricière bei der Revue zugegen, und ihm wie jenen Braven jubelte die Nationalgarde entgegen. Es war in diesen letzten Tagen häufig davon die Rede, diesem Ritter ohne Furcht das Obercommando und die höchste administrative Gewalt in Afrika, an Valée's Stelle zu übertragen, und es ist mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß ihm sowohl als seinen Freunden Changarnier Cavaignac, Duvivier etc. in der Geschichte der afrikanischen, Colonisation, so wie überhaupt in den nächsten Kriegsannalen Frankreichs ein glänzendes Geschick vorbehalten ist.

Der für Frankreich so unglückliche Krieg in Afrika, der es an Menschen und Geld eben so zu erschöpfen droht, wie früher der Krieg in Spanien, hat wenigstens den Vortheil, Europa die schönen und edlen Eigenschaften des französischen Soldaten zu zeigen. Die Tugenden, die er in Afrika entwickelt, sind über jedes Lob erhaben; seine Geduld, seine Menschlichkeit, seine Großmuth können nur mit seinem Muth und seiner Unerschrockenheit verglichen werden. Heiter und ohne sich zu beklagen erträgt er die größten Strapatzen und Entbehrungen. Gehorsam und gelehrig, trotz seiner großen Einsicht, gehorcht er blind, nur der Ehre und Pflicht wegen, seinen Führern. Wir können stolz auf unsere Soldaten seyn, denn sie erregen die Bewunderung aller fremden Officiere, die hieher kommen, und ihrem Ruhme fehlt nur ein würdigerer Schauplatz. Wenn man die Vorgänge in Frankreich sieht, wo so viele niedere Leidenschaften herrschen, so kann man wie zur Zeit der Republik sagen, die französische Ehre habe sich in die Feldlager geflüchtet. Auch mehrere bedeutende Officiere hat dieser Krieg geboren, bedeutend durch ihre Energie und Fähigkeit im Commando. Unter ihnen steht der Obrist Lamoricière, der eben von der Regierung nach Paris gerufen worden ist, oben an. Natur und Erziehung haben für diesen Kriegsmann Alles gethan, was man bedarf, um ein großer Heerführer zu werden. Er ist thätig, kräftig, unermüdlich, liebt den Soldaten und wird von ihm geliebt; er weiß Vertrauen einzuflößen und hat die Gabe im Soldaten den Muth, die Kühnheit und Entschlossenheit zu erwecken, die ihn selbst beseelen. Dazu ist Lamoricière sehr unterrichtet; er ist in Afrika so heimisch, daß er, ohne die Vorzüge des französischen Militärs zu verlieren, fast zum Araber geworden ist. Mit der Sprache und den Sitten der Eingebornen ist er vertraut; das brennende Klima, das unsere Truppen weit mehr als das Schwert des Feindes aufreibt, übt keinen Einfluß mehr auf ihn. So ist Lamoricière berufen, in Zukunft eine sehr wichtige Rolle in Afrika zu spielen, und die öffentliche Meinung, welche die Regeln des Avancements überspringt, bezeichnet ihn schon als Generalgouverneur. General Duvivier, der jetzt in Medeah eingeschlossen ist, besitzt einen großen Theil der Eigenschaften von Lamoricière, aber er hat weder dessen Beharrlichkeit, noch dessen physische und moralische Energie. Nach diesen beiden ausgezeichneten Männern kommen in zweiter Linie die Obristen Bedeau, Changarnier, Cavaignac etc., die mit verschiedenen Eigenschaften gleichfalls das Vertrauen der Soldaten besitzen und der Armee ausgezeichnete und kräftige Führer versprechen. In diesem Augenblick ist Alles wegen der neuen Expedition des Marschalls Valée gegen Miliana in Bewegung. Ueber den Erfolg ist man nicht ganz ohne Besorgniß, denn der Marschall hat neu aus Frankreich gekommene Truppen bei sich, die an diesen Krieg noch nicht gewöhnt sind und eine ungeheure Hitze zu ertragen haben werden. Dabei hat diese Expeditionscolonne keine energischen Führer, die dem Soldaten die Gewißheit des Sieges geben. Aber der Marschall hat seiner Zurückberufung zuvorkommen wollen, und hofft, daß die Araber, mit ihrer Ernte beschäftigt, nicht so bedeutende Streitkräfte wie vor vier Wochen ihm entgegenstellen werden.

Das Dampfboot Cerberus bringt uns folgende Nachrichten aus Algier vom 11 Jun. Die Expeditionsarmee, die am 4 nach Blidah abging, besteht aus zwei Divisionen und einer Reserve. An Generalen fehlt es so sehr, daß die Divisionen von Obristen commandirt werden. Der Weg, den die Armee nach Miliana nehmen wird, ist die Straße der Beni-Menad, die über den Bon-Rumi, die ersten Höhen des Atlas, geht, dem Lauf des Ued-Dscher folgt, den sie neunmal in einer Entfernung von 5 Lieues durchschneidet, und ihn bei seinem Zusammenfluß mit dem Ued-Riga verläßt, um sich in westlicher Richtung hinzuziehen. Die arabischen Spione versichern, dieser Weg sey bis auf wenige Stellen, die gemacht werden müßten, sogar zugänglich für Wagen. In Miliana wird eine Garnison gelassen, und die Armee wird sich dann durch das Thal des Chélif nach Medeah begeben, diese Stadt verproviantiren, und hierauf nach Algier zurückkehren, wobei sie aber so viel möglich die Engpässe bei Muzaya vermeiden wird. Lebensmittel haben die Truppen für 26 Tage bei sich, ferner führen sie deren mit für die Besatzung von Miliana, die aus 2000 Mann bestehen, und für die von Medeah, die um 1000 Mann verstärkt werden wird. Man glaubt, daß die Armee erst vor Miliana den Feind treffen wird, der aber wegen der Ernte sehr zusammengeschmolzen seyn soll.

Belgien.

Hr. Nothomb, der diesseitige Gesandte beim Frankfurter Bundestage, soll heute dorthin abreisen. Bei Erwähnung der letzten Verhandlungen der Kammer habe ich einen Gegenstand übergangen, der ihn persönlich betrifft. Es erschienen nämlich seit einiger Zeit in dem orangistischen Messager de Gand Artikel, die ihn der ärgsten Dilapidationen und Veruntreuungen als Minister der öffentlichen Bauten beschuldigten. Hernach wurden dann diese Artikel in eine Broschüre zusammengedruckt. Ihr Verfasser ist ein gewisser D. Tack. Hr. Nothomb antwortete nicht auf diese Verleumdungen. Zuletzt wandte sich jener an die Kammer, die indessen, ohne die offenbar ungegründeten und mitunter von grober Unwissenheit zeugenden Angaben einer nähern Prüfung zu würdigen, zur Tagesordnung überging. Bei dieser Gelegenheit gestand ein Deputirter der Stadt Gent, daß einige dortige Orangisten die Kosten zum Drucke der Broschüre hergegeben. Sie sind dem Hrn. Nothomb besonders gram, weil er sie einmal in der Kammer eine Handvoll Aufwiegler genann Ganz in demselben Geiste gingen früher aus einer orangistischen Presse eine Reihe ähnlicher Angriffe gegen den Kriegsminister General Evain hervor. Ihr Verfasser wurde gerichtlich verurtheilt, und dem Hrn. Tack würde es wohl nicht anders ergehen, wenn Hr. Nothomb klagend gegen ihn aufträte. Am Ende schaden solche Angriffe nur der Partei, von der sie ausgehen.

Niederlande.

Am 15 Jun. wurde von dem Minister des Auswärtigen die gewöhnliche Session der Generalstaaten geschlossen.

Italien.

Die Unterhandlungen in Paris ziehen sich in die Länge. Die englische Flotte hat sich nach und nach bis auf drei Lininienschiffe und eine Fregatte von unsrer Rhede entfernt. Vorgestern ging ein englisches Dampfschiff mit dem Befehl nach Malta ab, die daselbst noch zurückgehaltenen neapolitanischen Schiffe freizugeben. Prinz Leopold von Syrakus ging mit dem Dampfschiff Maria Christine nach Livorno.

1391

Deutschland.

Ein diesen Morgen erschienenes Regierungsblatt bringt eine Bekanntmachung, das bei der Ausfertigung und Erledigung der Begleitscheine zu beobachtende Verfahren betreffend. Ein katholischer Missionär, Pater Nicolà, der sich seit einigen Wochen hier aufhält, und die Bewilligung zu einer Collecte für die durch Brand verunglückten Christen in Pera nachsuchte und erhielt, hat bis jetzt, den Beitrag Sr. Maj. des Königs von 500 fl. mitgerechnet, eine Summe von 1500 fl. zu jenem frommen Zwecke gesammelt ein neuer Beweis des regen Wohlthätigkeitssinns der hiesigen Einwohner, der nie ermüdet, wie oft und viel er auch in Anspruch genommen wird. Se. kais. Hoh. der Erzherzog Vicekönig von Italien hat dem hiesigen Lithographen Driendl für die Uebersendung eines lithographirten Bildes (den Gnadenact Sr. Maj. des Kaisers in Mailand vorstellend) eine sehr werthvolle goldene Tabatière zustellen lassen. Heute starb hier, von allen die ihn kannten betrauert, der königl. Oberappellationsrath v. Reindl.

Die Gesammtzahl der Studirenden in diesem Halbjahre beträgt 701 und hat also im Verhältniß zum vorigen Halbjahre um 41 zugenommen, und zwar ist diese Zunahme besonders in der juristischen, demnächst auch in der medicinischen Facultät bemerklich. Ein nicht geringer Theil der neu Immatriculirten ist von preußischen Universitäten und Gymnasien gekommen. (K. Z.)

In Bieberich, wohin heute die russische Kaiserfamilie mit der Prinzessin Marie von Hessen abgereist ist, wird im herzoglichen Schlosse große Tafel statt finden. Dahin begab sich auch die gestern hier von Wiesbaden eingetroffene Großfürstin Helene von Rußland. Der großherzoglich hessische Hof hat sich nach Darmstadt zurückbegeben. Die kaiserlich russische Familie wird heute noch in Ems eintreffen, der Großfürst Thronfolger aber, wie es heißt, von da eine Reise nach Holland unternehmen. Ueber die Rückreise des Kaisers ist noch nichts bekannt. Gestern trafen hier unter vielen andern Personen der k. belgische Minister am Bundestag, Hr. Nothomb, der k. französische Geschäftsträger am kurfürstlichen hessischen Hofe, Graf Bearn, und der großherzoglich badische Generallieutenant, Freihr. v. Stockhorn ein.

Der Aufenthalt der Kaiserin von Rußland in Ems wird zwei Monate andauern, und während dieser Zeit auch der großh. hessische Hof in diesem Badeorte verweilen. Von Berlin werden mehrere hohe Personen, vielleicht selbst der König, in Ems erwartet.

Die Session des dießmaligen Landtags naht sich ihrem Ende; nach mehrmonatlichen schwierigen Arbeiten des Finanzausschusses steht das Finanzgesetz heute auf der Tagesordnung, und wird wahrscheinlich noch in dieser Woche seine Erledigung finden. Das Land kann mit den Resultaten desselben (über welche Sie fortlaufende kurze Berichte in den einheimischen Blättern finden) zufrieden seyn, denn obgleich die Gesammtbewilligung für die nächste dreijährige Finanzperiode die laufende beinahe um 1 Million Thaler übersteigt, kann doch ein sehr bedeutender Erlaß (von etwa 70,000 Thlr.) an der Grundsteuer stattfinden, da die indirecten Steuern seit Anschluß an den preußischen Zollverein mit jedem Jahre um ein Bedeutendes gestiegen sind. Die Mehrausgabe wird hauptsächlich durch Straßen - und andere Bauten veranlaßt. Nach Bewilligung des Budgets wird dem Vernehmen nach die hannover'sche Verfassungsangelegenheit in Anregung gebracht werden. Ein Gedicht von Franz Dingelstedt, um Jordans Befreiung bittend, hat sich der größten Theilnahme in unserm Lande zu erfreuen gehabt, welche schon daraus ersichtlich, daß dasselbe aus dem Stuttgarter Morgenblatte in dem Hersfelder Hessenboten und andern hessischen Localblättern abgedruckt ist, und in unserer Stadt in vielfältigen Abschriften circulirt.

In der gestrigen Abendsitzung der zweiten Kammer waren lauter Petitionen auf der Tagesordnung, von welchen nur die der Leipziger Bank, wegen Gestattung der Emittirung kleinerer Banknoten, eine umfängliche Discussion hervorrief. Die Deputation hatte sich beifällig erklärt und wenn auch nicht Appoints zu 1 Thlr. doch dergleichen zu 5 Thlr. bevorwortet, für den Fall aber, daß die Kammer nicht darauf eingehen oder ein gemeinschaftlicher Beschluß beider Kammern nicht mehr zu ermöglichen seyn sollte, die Petition an die Regierung abzugeben vorgeschlagen. Das letztere wird denn nun auch, obwohl muthmaßlich ohne sonderlichen Erfolg, geschehen, da sich die Kammer gegen das erstere Ausgabe kleiner Banknoten bis zu 5 Thlr. herab mit 38 gegen 23 Stimmen erklärt hat. Für das Deputationsgutachten, ja zum Theil mit dem Wunsche, daß noch kleinere Appoints der Bank auszugeben gestattet werden möchte, sprachen sich v. Watzdorf, v. Thielau, Meisel, Coith und der Präsident aus. Dagegen waren Sachße, Clauß aus Chemnitz und Rahlenbeck. Die Regierung, welche durch den Minister v. Zeschau und den Geheimrath v. Wietersheim an der Debatte Theil nahm, gehörte der letztern Partei an. Der Minister v. Zeschau namentlich erklärte, es seyen nicht financielle Gründe, welche der Emittirung kleiner Banknoten entgegenträten, sondern weit wichtigere Rücksichten. Man sey daher überall dagegen, z. B. in Frankreich und Bayern, welches letztere doch die Banken sehr begünstige. Das Beispiel von Oesterreich, auf dessen Nationalbank Coith hingewiesen hatte, beweise nichts, denn dort seyen der Bank Vergünstigungen der hier bezeichneten Art zugestanden worden, als die Regierung in Verlegenheit gewesen. Ueber den günstigen Stand der dortigen Bankactien stehe ihm kein Urtheil zu. Uebrigens sey es zu verwundern, daß die Leipziger Bank ein solches Ansuchen stelle, da sie selbst zugebe, daß sie an dem Verhältnisse Schuld sey, durch welches sie in ihren Operationen gehemmt werde. Sachße hatte auf die in Sachsen circulirenden preußischen Papiere hingewiesen; aber v. Watzdorf meinte, Sachsen sey Preußen gerade nicht zum Danke verpflichtet, wenn es in die Vergangenheit zurückblicke. Billig sey es, der Leipziger Bank die erbetene Vergünstigung zuzugestehen, da sie die Eisenbahncompagnie auch genösse. Rahlenbeck erklärte, er habe gegen die Eisenbahnscheine eine wahre Antipathie, und Clauß aus Chemnitz äußerte, die Leipziger Bank habe sich nicht gemeinnützig gemacht, da sie die Chemnitzer Zweigbank nicht ins Leben treten lasse; sein Wunsch sey eine sächsische Nationalbank. Sachße fügte bei, es sey die beanspruchte Vergünstigung nichts weiter als eine Unterstützung aus Staatscassen; denn die Bank mache durch die Emittirung von 150,000 Thlrn. Banknoten einen Profit von 6000 Thlrn. Hiergegen bemerkte der Präsident, als Vorstand der berichterstattenden dritten Deputation, das sey ein Irrthum, denn zwei Drittel des Betrags müßten dafür baar in der Bank niedergelegt oder sonst gedeckt werden. Auch könnten ja nicht, wie Sachße gethan, 5 Procent berechnet werden, sondern nur 4 1 / 2 und vielleicht noch weniger, also vermindere sich der Profit von 2000 Thlrn. beinahe auf 1000 Thlr. Da nun Sachße hiergegen remonstrirte, daß der Hr. Präsident wegen der 5 Procent selbst im Irrthume sey, indem er, Sachße, nach dem Facit nur 4 Procent angenommen habe, so schlug der Präsident vor, sie wollten ihre Irrthümer gegenseitig compensiren, was denn auch geschah. Das Resultat der Abstimmung über die Hauptsache war übrigens das bereits angegebene. Unter1392 den Verneinenden waren bis auf einen Einzigen sämmtliche bäuerliche Deputirten. Um 10 Uhr sollte noch eine Petition des Chemnitzer Industrievereins berathen werden wegen Einführung von Handelsgerichten, einer Fallitenordnung und was weiß ich weiter. Auf die gewöhnliche Frage des Präsidenten nach Verlesung eines ungedruckten Berichtes: will die Kammer über den eben verlesenen Bericht sofort berathen? erklärte aber die große Mehrzahl der Mitglieder durch eiliges Erheben von den Sitzplätzen, daß Nachts 10 Uhr auf einen so wichtigen Gegenstand nicht einzugehen sey (allgemeine Heiterkeit), worauf der Präsident die Sitzung schloß. (L. A. Z.)

Der dem Pastor Sander vom Consistorium in Hannover ertheilte Urlaub hat bis jetzt die Genehmigung des Ministeriums nicht erhalten, und man zweifelt, daß derselbe erfolgen werde. Es ist der Pastor Sander daher weder abgereist, noch ist unsere Stadt vertreten, auch trägt dieselbe keine Sehnsucht vertreten zu werden, obgleich die dritte Berathung des neuen Staatsgrundgesetzes bereits begonnen hat, vielmehr freut man sich den Beweis zu liefern, wie das Recht der Majorität, die Wahl zu bestimmen, auch durch die Anerkennung von Minoritätswahlen nicht geschmälert werden könne, und daß es nicht fruchte, wenn man eine indirecte Aeußerung der directen vorzieht.

Preußen.

Der König fährt fort, mit großer Thätigkeit die in Folge der Krankheit seines verewigten Vaters liegen gebliebenen Gegenstände zu erledigen, und scheint bereits nach allen Seiten hin persönlich zu wirken, wobei ihm allerdings die große Geschäftsübung, die er sich als Kronprinz erwarb, sehr zu Statten kommt. Den Vorsitz im Staatsministerium, den der Kronprinz führte, haben Se. Maj. dem Prinzen von Preußen übertragen. Auch vernimmt man, daß die Minister zweimal wöchentlich Vortrag bei Sr. Maj. haben, und der König späterhin bestimmte allgemeine Audienztage festsetzen werde. Ueber die Besetzung des Ministeriums des Cultus und des Unterrichts ist noch nichts Näheres bekannt; man nennt jetzt, außer dem Oberpräsidenten v. Bodelschwingh, auch den Director im auswärtigen Departement, wirklichen Geheimerath Eichhorn und den geheimen Oberrevisionsrath Professor v. Savigny als Candidaten, beides Namen, die in der wissenschaftlichen Welt einen trefflichen Klang haben, doch ist wohl kaum anzunehmen, daß der letztere den Lehrstuhl werde aufgeben wollen, und daß man den erstern in der von ihm bekleideten hohen und wichtigen Stellung werde vermissen können. Eine militärische Festlichkeit, die der verstorbene König angeordnet, wird noch in diesem Monate stattfinden: nämlich das 200jährige Stiftungsjubiläum des Regiments Garde du Corps. Der Kaiser von Rußland hat dazu bereits 50 Mann von seiner schönen Chevaliergarde, die noch vor dem Ableben des Königs eintrafen, hieher geschickt, und auch der König von Hannover hat eine aus 3 Officieren und 7 Unterofficieren bestehende Deputation seines Gardecuirassierregimentes angekündigt. Sowohl der König als die Königin von Hannover, deren letzter Aufenthalt hier nur wenig bemerkt wurde, werden um jene Zeit hier wieder erwartet.

Türkei.

Mustapha Nuri Pascha, welcher an Halil Pascha's Stelle zum Seraskier ernannt worden, wird nächstens sein neues Amt antreten, wenn Chosrew Pascha, der sich wieder zu halten scheint, ihm nicht einen Strich durch die Rechnung macht. Chosrew, der einsehen gelernt, daß man mit einer entschiedenen Meinung nicht durchdringen kann, ist mit vieler Verschmitztheit zu Werke gegangen. Er hat bei Reschid Pascha Rath gesucht und ihn gefunden, so daß er jetzt Hoffnung hegt, wieder an Einfluß zu gewinnen. Reschid Pascha, der aus der französischen Schule hervorgeht, mußte sich mit den französischen Ansichten vertraut machen, nachdem er sich überzeugt hatte, daß so gut man es auch andrerseits mit der Pforte meinen mochte, es doch unmöglich schien, sie so zu unterstützen als es nöthig wäre, um gegen Mehemed Ali fest aufzutreten. Er hat sich also an Hrn. v. Pontois näher anzuschließen gesucht und scheint sich jetzt besonders dessen Leitung anvertrauen zu wollen.

1385

Die Weltlage beim Tode König Friedrich Wilhelm III.

Am 7 Junius hat die Vorsehung den letzten der Fünfherrscher vom Leben abgerufen, den einzigen, welcher aus jenem Bunde noch übrig war, der die Napoleonisch-französische Uebermacht gebrochen und auf den Sieg wie auf die Eintracht unter seinen Gliedern den europäischen Frieden gegründet hatte. Mit ihm, seiner in großen Schicksalen erstarkten Weisheit und Erfahrung, mit seiner der Vermittelung alter und neuer Zeit geneigten Gesinnung, mit seiner Gerechtigkeit, Standhaftigkeit, Frömmigkeit und Milde ist ein großer Hort der neuen Ordnung in das Grab gesenkt worden, die er zu gründen und zu wahren die größte Hälfte seiner verhängnißvollen Regierung bemüht gewesen ist. Die Trauer von Europa umsteht seine Gruft, um zu gedenken des Wechsels menschlicher Schicksale, die ihn getroffen, der Leiden und Prüfungen, die er mit Männlichkeit ertragen, der Erfolge, die ihm durch seine Standhaftigkeit und die Erfahrung seines Volkes zu Theil geworden, der weisen Unabhängigkeit und Selbstständigkeit, mit der er seit 1830 sich in dem Kampf der Parteien klar, fest, sich selber treu behauptet, vor Allem aber des obersten Lenkers des menschlichen Geschlechts, der sein Walten auch in diesem vielbewegten Leben geoffenbart hat.

Derselbe Tag bringt und erhebet wiederum
Ein Jedes, was den Menschen ehrt. Die Guten nur
Sind lieb den Göttern; doch den Frevler hassen sie.

Schließt sich mit ihm, schließt sich mit 1840 der 1789 begonnene große Zeitraum, in welchem die erste Hälfte mit Erschütterungen des Kriegs ohne Beispiel seit dem dreißigjährigen, und die zweite Hälfte mit den Segnungen eines Friedens ohne Beispiel in der Weltgeschichte erfüllt war, und müssen wir weil andere Zeiten und Menschen andere Bedürfnisse und Gesinnungen auf die Bühne der Welt bringen, uns darein fügen, den alten Gegensatz der menschlichen Dinge wieder hervortreten, und neue Katastrophen beginnen zu sehen, oder ist die gegenwärtige neue Zeit noch von den Lehren, der Einsicht, den Bestrebungen der vergangenen sattsam durchdrungen, um von ihnen bestimmt in ihrem Geist, und besser als sie ein oft unterbrochenes und geändertes Werk nun nach Einem Plane beharrlich fortzusetzen und zu endigen? Das ist wohl die geziemendste Betrachtung, mit welcher wir uns von dem Grabe Friedrich Wilhelm III, von dem Schmerz über seinen Verlust und von der Erinnerung an seine Schicksale und Tugenden zu der Gegenwart wenden, um sie über unsere Zukunft zu befragen.

Diese Gegenwart aber, die sich in ihren bestimmenden und leitenden Häuptlingen die Aufgabe setzt, mit der europäischen Ordnung den auf sie gegründeten Frieden zu wahren, ist sie, mit dieser ihrer Aufgabe als identisch gedacht, nicht gerade jetzt zur Unmöglichkeit geworden, da sie von Unmöglichkeiten umgeben und aus ihnen zusammengesetzt ist, und diese nie deutlicher hervortraten, als eben jetzt? Voran steht die Unmöglichkeit einer europäischen Lösung der orientalischen Frage. Sie ist durch die Antipathien der französischen und englischen Interessen auf jenem Gebiete eben jetzt deutlicher als je an das Licht gestellt, dadurch aber die Auflösung des türkischen Reiches beschleunigt, und der Moment näher gerückt worden, wo jeder nach dem greifen wird, was ihm am gelegensten ist.

Daran reiht sich die Unmöglichkeit, den innern Zerfall des persischen Reichs, der Schöpfung Feth-Ali Schahs, mit einem elenden König aufrecht zu halten, der schon jetzt nicht über die Mauern der Stadt hinausgebietet, in der er sich zufällig aufhält. Mit ihr aber scheint auf dem Gebiete des mittlern Asiens die Unvermeidlichkeit eines europäischen Zusammenstoßes so unabwendbar bedingt, wie auf dem Gebiete Vorderasiens. Damit aber auch der schlimmen Dinge dreie seyen, so schließt sich an jene zwei die Unmöglichkeit mit dem chinesischen Reich länger auf einem leidlichen Fuß zu leben. Sie ist durch die Ereignisse von Canton und die neuen Maaßregeln des Sohnes des Himmels nicht weniger klar denn die früheren geworden, durch sie aber in unmittelbare Aussicht ein Kampf gestellt, umfassender als irgend ein anderer, weil der Besitz größer ist, über welchen gestritten wird, und während England dorthin eine auch für stärkern Widerstand furchtbare Seemacht sendet, stärkt, wie halbverhallende Nachrichten der Engländer melden, Rußland am Amur seine Stellungen und Streitkräfte, um, wenn das himmlische Reich erschüttert und der Thron der Mandschu-Tataren in Peking zertrümmert wird, den Norden des kolossalen Gebietes zu überziehen. Wie? wird diese einem Todeskampf gleiche Bewegung, die zur selben Zeit den ganzen asiatischen Continent, das vordere, das mittlere und das hintere Asien ergreift und durchdringt, Ländermassen, in welchen alle europäischen Interessen, vor Allem aber Größe und Sicherheit der beiden europäischen Hauptmächte so tief verweht sind wird sie nicht schon jetzt wie ein Erdbeben des europäischen Grundes und Bodens erfunden, und wird dieses nicht in den nächsten Stunden so sehr an Stärke zunehmen, daß der auf die Siege und Verträge von 1814 und 1815 errichtete Dom seiner neuen Dämonen, Altäre und Mysterien, bis in den Grundbau gespaltet wird? Man nehme dazu, was sich gegenüber derselben Aufgabe, den europäischen Frieden zu wahren, in Europa selbst in gleicher Weise weit klarer denn je herausstellt: vor Allem in Frankreich die Unmöglichkeit für Ludwig Philipp ein Ministerium seiner persönlichen und auf jenen Frieden gegründeten Politik zu behaupten, die ihn zum ersten März d. i. zu Hrn. Thiers geführt hat. Kann das Kind der Revolution, der Zögling ihres politischen Fatalismus, seinen Ursprung verläugnen, ist er nicht vielmehr schon jetzt durch die Nothwendigkeit seiner Lage dahingedrängt, zu seiner Hülfe und Stärkung den großen Schatten des Kaisers aus der Gruft auf dem umflutheten Felsen des Weltmeers hervorzubeschwören, und drängt nicht hinter diesem das waffenrasselnde Ungethüm des Bonapartismus heran und klopft an die Pforten von Frankreich, rüttelt an den Gränzmarken gegen Rhein und Alpen und erfüllt den friedliebenden Theil des Volkes mit dem Grauen vor der Wiederkehr der Ereignisse, unter deren Schlägen Frankreich vor 25 Jahren verblutete? Wird die Verwahrung des 26 Mai gegen ihn, d. i. die Weigerung der Kammer, durch ihre Zustimmung den Uebermuth des Säbels zu kräftigen, wird die Abneigung des Volks, dasjenige was die Kammer weigerte aus seinem Beutel zu ersetzen, eine sattsame Lehre für die Ungeduldigen, die nach unserem Land und Gut Begierigen, für die Ehrgeizigen und Propagandisten der Republik, der Legitimität und des Bonapartismus, oder auch nur für die politischen Rechenmeister seyn, die den Betrag der kriegerischen Leidenschaften bei dem Gewicht Frankreichs in Ansatz bringen und darum in das Uebermaaß steigen wird diese heilsame Zurückstoßung stark genug1386 seyn, um gegen den verbundenen Druck des militärischen, politischen, nationalen und selbst intellectuellen Wahnes, in dem jene unruhige und mächtige Nation befangen ist, ein sattsames Gegengewicht zu bilden, und dem obersten dieser Rechenmeister, dem kecken und das Wichtige mit Leichtigkeit bloßstellenden Chef des Cabinets Kraft genug geben, die Dämme zu bauen und zu wahren, in denen er meint den Strom halten zu können, dessen Wogen über die Gränzen von Frankreich nach Europa hinausschlagen? In der That, die Pfeiler und Tragsteine des Baues, unter dem wir seit 25 Jahren wohnen, erscheinen gerade in dem Augenblick in voller Bedrohlichkeit, wo ihrer Wahrung, wo der Aufführung neuer, wo der Bindung des Ganzen die Kraft und die Einsicht des greisen Monarchen entzogen wird, der besonders seit 1830 fast allein auf dem Continent dem bedrängten König der Franzosen zu dem gemeinsamen Werke mit voller Aufrichtigkeit die Hand bot, und es wohl verdient hat, daß um ihn Ludwig Philipp und seine Familie auf die bloße Nachricht von seinem Tode die Trauer anlegten, noch ehe die amtliche Mittheilung auf gewöhnlichem Wege ihnen zugekommen war.

Selbst wenn wir die Augen von dem großen Welttheater, von Asien, von dem indischen Ocean, dem persischen und arabischen Meerbusen und dem Mittelmeer, von England, Rußland und Frankreich auf den eigenen Herd, auf Thor und Thür unsers Hauses richten, finden wir die zu Unmöglichkeiten gesteigerten Schwierigkeiten auf der Schwelle und im Innern den Bemühungen derjenigen entgegengelagert, die unsern Haushalt ordnen und auf seine Ordnung Dauer und Ruhm des gemeinsamen Vaterlandes gründen sollten. Unmöglichkeit, die Principien und Interessen der absoluten und constitutionellen Regierungen zu vergleichen, den politischen Zwist, welchen die hannover'sche Frage nicht geboren, sondern nur zum Ausbruch gebracht hat, im Sinne der öffentlichen Meinung zu endigen, die kirchliche Spaltung zu schlichten und die in ihrem Abgrund gährenden Leidenschaften zu besänftigen, die zerstreuten Kräfte zu einer verbundenen Masse, vorzüglich gegen Westen hin, zu vereinigen, oder irgend ein anderes der großen Probleme zu lösen, an denen die innere Befriedigung, die Stärke und die Sicherheit des Ganzen wie des Einzelnen hängt. Ist es da zu verwundern, wenn, während der Westen mit seinen Leidenschaften und Begehrnissen unsere Gränzen bedroht, auf der entgegengesetzten Seite die Pentarchisten von neuem auftreten, um uns als die sichere Beute des Ostens, einer fremden Nationalität, eines fremden Cultus, einer halbbarbarischen Habsucht und eines asiatischen Alastor darzustellen, dessen Füße Knechtschaft des Volks, dessen Leib bei innerer Fäulniß die Unmöglichkeit eines Rechtszustandes und dessen Haupt die Verbindung eines politisch-hierarchischen Absolutismus zeigt, dergleichen die Weltgeschichte noch nicht gesehen hat? Allerdings ist das unter solchen Verhältnissen und bei solcher Lage nicht zu verwundern; es ist diesen Geistern auch nicht zu wehren, durch die Luft zu fahren, zu heulen im Sturm und zu erseufzen unter dem Zusammenbruch der Waldbäume, oder über unsere Mauern einherzuschreiten und ihr: Wehe dir Jerusalem, wehe dir und deinen Kindern! über die schlafende Stadt weit hinaus durch die Nacht zu rufen. Doch mit jenen Geistern, und namentlich mit ihrem Wortführer in Ihrer Beilage vom 13 Junius werden wir es später zu thun haben; jetzt wird es genügen, das, was wir eben als das Gebiet der Unmöglichkeiten des gegenwärtigen Augenblicks bezeichnet haben, in das Auge zu fassen, und zu erwägen, ob nicht dennoch das verwickelte und klippenvolle Land in den Windungen seiner Berge und Abgründe irgendwo den Pfad des Heils verbirgt.

Wir erinnern dabei zuerst an die große Macht und den tiefen Einfluß der den Weltfrieden gebietenden materiellen Interessen, welche gleich gewogen und gleich gedrängt, darum aber von dem politischen Geist und der Einsicht des größten Staatsmannes und Weisen aller Zeiten und Völker im leichten, im gleichmäßigen Schwung gehalten werden. Es ist diese gewaltige Person keine andere, als welche der graue französische Diplomat mit ihrem wahren Namen bezeichnet und Jedermann genannt hat, der bald in den Fürsten und in den Völkern, den Hohen und Niedern sich als einen mächtigen Trieb der Erhaltung, bald als die allgemeine Einsicht in das unserer Lage Nothwendige und Ersprießliche ankündigt; es ist der groß, klug und darum mächtig gewordene gemeine Verstand, der, viele Gestalten annehmend, und in allen derselbe, den Lenkern und Steuerführern des Staatsschiffs, oder vielmehr allen, zur europäischen Flotte vereinigten großen, mittlern und kleinern Staatsschiffen, bald als Leitstern am Pole strahlt, bald als Fahrwind die Segel schwellt, bald aber, wenn Hader oder Schuld droht, als Nereus sein Haupt aus den Fluthen erhebt, um die Schrecknisse des Irrweges zu verkündigen oder, wie der Dichter sagt, die wilden Schicksale zu singen : Fera Nereus ut caneret fata, welche in den furchtbaren Spruch ausgehen:

Post certas hyemes uret Achaicus
Ignis Pergameas domus.

Die Kraft dieser Weisheit wird durch einige hoch - und über den Verhältnissen stehende Charaktere und ihre große Welterfahrung gestützt und werkthätig gemacht. In dem Innern des türkischen Orients ist es die, obwohl von Gräueln eines wilden Barbarismus umgebene und in ihnen erstarkte, aber darum doch große Persönlichkeit Mehemed Ali's, welcher in den europäischen Wirren der pentarchischen Ohnmacht sein ablehnendes Nein entgegenstellt und, ist überhaupt der letzte Tag des Orients noch nicht angebrochen, im Stande seyn wird, ihn zu verzögern, um jene Länder über die Rathlosigkeit der halben und falschen Freunde hinweg und zur Ruhe zu bringen, sollt es auch die der eisernen Ruthe und des orientalischen Fluches seyn; und in Frankreich ist es Ludwig Philipp, der selbst die ihm aufgenöthigte Lage des 1 März hinnehmend, wie sie war, jetzt schon, wenn nicht Alles täuscht, der innern Bewegung seines Cabinets von neuem Meister geworden und mit dem Chef desselben in eine innere Uebereinstimmung gekommen ist, welche durch die vollkommene Zusammenwirkung von Guizot in London und von Pontois in Konstantinopel bestätigt, durch die regsame Keckheit aber und Gewandtheit des Hrn. Thiers gehoben und für die Lösung der wichtigsten Probleme heilbringend gemacht wird. Hier also sind in zwei durch Alter und Erfahrung starken Greisen für die Angelegenheiten der beiden Welttheile zwei Sturm - und Wogenbrecher aufgestellt, noch stark genug, die Brandung von einem Hafen abzuhalten, auch nachdem der dritte neben ihnen durch die Zeit hinweggerissen ward, und Ludwig Philipp durch den Trauerflor von Berlin von dieser Seite auf sich selbst und seine eigene Ueberlegenheit und Erfahrung beschränkt ist.

Der dritte Hort unserer Sicherheit inmitten jener Unmöglichkeiten, welche gleich den Klippen eines ägäischen Meeres unsern Weg umlagern, ist die Lage des öffentlichen Vermögens und der Umstand, daß in Folge dieser Lage gerade das Eigenthum der einflußreichsten Häuser und Personen an den Bestand des europäischen Friedens geknüpft ist. Zu jeder großen kriegerischen Bewegung braucht man die Dazwischenkunft des öffentlichen Credits. Kein Reich könnte Krieg führen ohne neue Anlehen, aber jeder Krieg würde gerade die Geldmacht am tiefsten erschüttern; schon eine Wahrscheinlichkeit desselben drückt1387 ihre Schuld tief herab, der Ausbruch würde sie entwerthen, oder, wie ein Bankier sagte, die sich als Reiche zu Bette legten, würden als Arme aufstehen, ohne daß darum ein einziger Armer reich geworden. Diese Macht also wird fortdauernd ihre Beiwirkung jeder Maaßnahme entziehen, durch ihre Weigerung aber sie hemmen, die durch Entzündung neuer Kämpfe die Schatzkammer verbrennen würde, in der die Staatsschulden, die Staatspapiere mit Zinsen und Zinseszinsen, Banken und Creditanstalten, Renten - und Versicherungsbureaux verwahrt und eingefriedigt sind. Die Völker, die Starken wie die Schwachen sind in dieser Arche eingeschifft; sie stehen unter der Leitung der Steuermänner, welchen der Gott Mammon das goldene Steuer für alle großen Bewegungen in die Hand gegeben hat, wenn auch das stählerne in königlicher geblieben ist. Die Furcht eines europäischen Bankerutts ist die magische Gewalt, welche der Klugheit der leitenden Häuptlinge und dem allgemeinen Willen der Völker in der Wahrung der socialen Ordnung von Europa zu Hülfe kommt.

Setzen wir hinzu, daß von den drei Großmächten, welche zunächst den Zusammenstoß herbeiführen könnten, jede bereits in Schwierigkeiten und Hemmungen in einer Weise verwickelt ist, die sie den Zuwachs neuer Gefahr als ein Ungemach zu betrachten nöthigen, dem man auf jede Art vorbeugen und selbst mit Aufopferung entgehen muß. England hat außer den ernsten Schwierigkeiten im Innern die Verwicklung mit Nordamerika zu schlichten und den Krieg mit China zu bestehen; Frankreich die Entfaltung der anarchischen Macht der Parteien und die Waffen der Araber in Afrika zu bekämpfen, und Rußland sieht sich, trotz dem thörichten pentarchischen Gerede über seine steigende Furchtbarkeit von einem andauernden Schiffbruch seiner Unternehmungen umgeben. Es sieht seinen Einfluß in Serbien und Griechenland erschüttert, und entzieht sich den Werkzeugen, die es gebraucht hätte. Es sieht seine Bundesgenossen im mittlern Asien auf der Flucht oder im Gefängniß, seine Festungen am schwarzen Meer durch die Tscherkessen bedrängt, seine Kriegsschaaren auf dem Wege nach Chiwa gehemmt und den Gegner seiner Macht in Herat, Bochara und Chiwa mit seinem Einfluß und seiner Macht festgesetzt, ehe es selbst an einem dieser Punkte erscheinen konnte; ja selbst der Schah von Persien ist unter seinem Schutz dem Untergang nahe gebracht in der That eine Kette von Ereignissen, die auch den Uebermüthigen und Hoffärtigen zur Besonnenheit und Gefügigkeit stimmen könnte. Es hat also, wenn in allem diesem kein Zufall waltet, die Vorsehung in den genannten Verwicklungen den zu Katastrophen und Krieg drängenden Ereignissen ein starkes Gegengewicht entgegengehängt, dadurch aber die Möglichkeit gegeben, auf friedlichem Wege durch Vermittlung und durch Waltenlassen des Unvermeidlichen das Chaos zu ordnen und zu lösen, das menschlicher Vernunft, zumal der in Protokollen, Noten und Manifesten enthaltenen, zu lösen unmöglich war. Wir meinen damit nicht, daß die Gefahr besiegt sey, sie liegt im Gegentheil unbesiegbar in den genannten Verhängnissen, und man darf nur auf gewissen Wegen fortgehen, weder rechts noch links sehen, so wird man ganz bestimmt zum Kriege kommen. Was wir bemerken wollten, war allein, daß die Nothwendigkeit des Krieges durch die Nothwendigkeit des Friedens im Gleichgewicht gehalten werde, so lange nicht Verblendung und Thorheit ihr lastendes Pfund in die Wage des Krieges wirft.

Um aber auf den Anfang unserer Erwägung zurückzugehen, und den Punkt aufzufassen, der sich jenem Anfang anschließt, sey noch dieses gesagt: folgt der neue Monarch, den die Vorsehung auf einen Thron (welcher die Regierung des großen Kurfürsten und des einzigen Friedrich, und aus der neuesten Zeit die verhängnißvollen Zahlen 1806 und 1813, die Schule des Unglücks und des Glücks, zu Leitsternen hat) in dem Augenblick ruft, wo die zerstörenden Geister der großen Weltereignisse von den erhaltenden noch gebannt und in Fesseln gehalten werden folgt er, wie die am wenigsten zweifeln, die ihm näher standen und ihn zu würdigen im Stande waren (Zeugniß die Verkündigungen des edeln und tiefblickenden Niebuhr von ihm!), dem bessern Genius der Zeit und seines Volks, das nur durch freie Entfaltung geistiger und sittlicher Kräfte sich behaupten wird, weil jede Macht nur durch dieselben Kräfte und Eigenschaften erhalten werden kann, durch welche sie gegründet wurde; achtet er auf die ernste Stimme, die ihm aus dem Grabe des Vaters zuruft, sich vor den Täuschungen des Neuern nicht allein, sondern in gleicher Weise vor dem übermäßigen Festhalten am Alten zu wahren; erkennt er und thut er, wie das öffentliche Vertrauen, das seinen Anfang und Ausgang umgibt, mit einer innern Entschiedenheit erwartet, die den König und sein Volk gleich ehrt, was durch die Lage von Europa, von Deutschland, von Preußen geboten ist; und geht er in Folge davon von der negativen Abwehr, in welcher während der letzten Jahre Preußen begriffen war, zur That über, welche Schlimmes nicht duldet, es mag seinem Volke von Freund oder Feind geboten werden, welche dahin trachtet, die Macht mit der Freiheit, die Intelligenz mit dem Glauben, das Recht mit dem Vorrecht zu versöhnen, das erschütterte Vertrauen in seinem Bestand herzustellen, übermäßige Ansprüche auf kirchlichem Gebiet in ihre Schranken zu weisen, und mit der Unabhängigkeit der Gewissen die Rechtsgleichheit der Confessionen zu wahren: in Summe die innere Einheit unserer großen Nation durch Befriedigung ihrer gerechten Forderungen und durch Erfüllung ihrer vernünftigen Hoffnungen zu gründen und zu wahren, so wird dem Gesammtvaterlande der Deutschen die Bestimmung, unter den Schirmern der europäischen Ordnung und unter den Schiedsrichtern internationaler Ehre und Würde nicht zu unterst zu sitzen, für die Zukunft gesichert bleiben. Die großen Jahre von Deutschland sind dann nicht vergeblich gewesen, und wir wissen, warum nach den verhängnißvollen Säcularjahren der preußischen Monarchie 1540, 1640, 1740, Friedrich Wilhelm IV 1840 den Thron besteigt, gerade ein Jahrhundert nach Friedrich dem Großen, und in den Tagen, wo man daran ging, endlich diesem Gründer der neuen Zeit, die durch ihn auf Heldenmuth, Intelligenz und Geistesfähigkeit gebaut wurde, in seiner Hauptstadt und unter den Trophäen seiner Regierung ein Denkmal zu errichten, dadurch aber der Schuld zu gedenken, die man ihm schuldet, und der Verpflichtungen, welche ma durch ihn gegen Europa und Deutschland, gegen Alles was die neuere Zeit groß und würdig macht, überkommen hat.

Cousin über Graf Santa Rosa.

(Beschluß.)

Als ich die erwähnten beiden Briefe bei meiner Rückkehr von Berlin vorfand, und zu gleicher Zeit erfuhr, daß Santa-Rosa seinen Entschluß ausgeführt habe, daß die ägyptische Armee nach Morea eingeschifft worden, und daß Santa-Rosa vor ihr stehe, sagte ich zu dem Freunde, welcher mir diese beiden Briefe zugestellt hatte, nur die Worte: Er wird den Tod suchen; gebe Gott, daß er zu dieser Stunde noch lebt! und sogleich that ich Alles, um ihn zu retten. Ich schrieb ohne Verzug an Hrn. Orlando, griechischen Gesandten in London, welcher von seiner Regierung beauftragt war, über die Sendung europäischer Officiere nach Griechenland zu unterhandeln, um ihn aufzufordern, auf der Stelle einen Brief von mir an Santa-Rosa,1388 wo er sich auch befinden möge, zu befördern. In diesem Briefe sprach ich zu Santa-Rosa mit der Autorität eines bewährten Freundes, und gab ihm den förmlichen Befehl, sich nicht unnöthig auszusetzen, seine Pflicht und nichts mehr zu thun. Ich bin überzeugt, daß, wenn dieser Brief ihm bei Zeiten zugekommen wäre, er die Exaltation seiner Gefühle und seines Muths beschwichtigt haben würde. Ich schickte Doppelschriften von diesem Briefe mit acht oder zehn verschiedenen Gelegenheiten; ich bin mir bewußt, nichts versäumt zu haben, um ihn zu retten, aber ich war zu spät heimgekehrt.

Bald kamen uns die traurigsten Nachrichten aus dem Peloponnes. Die errungenen Vortheile der ägyptischen Armee waren ausgemacht, der Widerstand der Griechen nur schwach behauptet. Alle Journale vereinigten sich in dem Lobe Santa-Rosa's; eines verkündigte seinen Tod. Diese Nachricht, deren Richtigkeit dann wieder einige Zeitlang bestritten wurde, bestätigte sich nach und nach, und am Ende Julius erlangte ich die traurige Gewißheit, daß Santa-Rosa nicht mehr war. L'ami de la Loi, eine Zeitung von Napoli di Romania, sprach sich, nachdem sie von der Schlacht, welche vor dem alten Navarin stattgehabt, Bericht erstattet, so über den Tod Santa-Rosa's aus: Der eifrige Freund der Griechen, Graf v. Santa-Rosa, ist den Tod der Tapfern in dieser Schlacht gestorben. Griechenland verliert an ihm einen aufrichtigen Freund seiner Unabhängigkeit und einen erfahrenen Officier, dessen Kenntnisse und Thätigkeit ihm in dem gegenwärtigen Kampfe von großem Nutzen hätten seyn können. Ich empfing beinahe zu gleicher Zeit einen Brief von Hrn. Orlando, vom 21 Julius 1825, welcher mir diese traurige Nachricht bestätigte.

So war denn kein Zweifel mehr, ich sollte Santa-Rosa nicht wiedersehen, und der Roman seines Lebens und unserer Freundschaft hatte für immer ausgespielt. Als der erste Schmerz vorüber war, beschäftigte ich mich mit Nachforschungen über sein Benehmen und seinen Tod. Ich konnte mich an Niemand besser, als an Hrn. v. Collegno, seinen Landsmann und Freund, welcher ihn nach Griechenland begleitet hatte, wenden. Ich empfing von ihm nachfolgende Notizen, deren gewissenhafte Genauigkeit von Niemand bestritten werden kann, der die geringste Kenntniß von dem Charakter und der Denkungsart Collegno's hat.

Santa-Rosa verließ London am 1 Nov. 1824, und die Küsten Englands am 5. Der Hauptgrund, weßwegen er Nottingham verließ, scheint der gezwungene Nichtigkeitszustand, auf den er sich reducirt sah, gewesen zu seyn. Er schrieb in dieser Zeit an einen seiner Freunde: Wer eine starke Seele hat, muß handeln, schreiben oder sterben. Er hatte den Deputirten der griechischen Regierung in London angeboten, als Militär nach Griechenland zu gehen. Er wünschte dort ein Bataillon zu befehligen. Man antwortete ihm, die griechische Regierung werde sich glücklich schätzen, ihn auf eine weit wichtigere Art zu verwenden. Man sprach davon, ihm die Kriegs - oder Finanzadministration anzuvertrauen. Santa-Rosa reiste mit offenen französischen und italienischen Briefen ab, welche in den für ihn schmeichelhaftesten Ausdrücken von der Welt abgefaßt waren, und mit anderen versiegelten in griechischer Sprache. Von den drei in London anwesenden Deputirten begünstigten nur zwei seine Reise. Der dritte, Schwager des Präsidenten Konduriotti, hatte sich derselben stets sichtlich widersetzt. Wie dem nun sey, Santa-Rosa wurde von der Regierung bei seiner Ankunft in Napoli di Romania, am 10 December, kalt empfangen. Nach vierzehn Tagen stellte er sich dem Generalsecretär der Regierung, Rhodios, aufs neue vor, um zu erfahren, ob man, in Betracht der Briefe der griechischen Deputirten in London, ihn auf irgend eine Weise anstellen wolle. Man antwortete ihm, man werde sehen.

Am 2 Januar 1825 verließ er Napoli di Romania, nachdem er die Regierung benachrichtigt, er werde ihre Befehle in Athen erwarten. Er besuchte Epidaurus, die Insel Aegina und den Tempel des Panhellenischen Jupiter, schiffte am 5 Abends nach dem Piräeus und kam am 6 in Athen an; hier wandte er einige Tage an den Besuch der Denkmäler dieser Stadt. Auf einer Säule des Theseus-Tempels fand er den Namen des Grafen von Vidua; er schrieb den seinigen neben den seines Freundes, welcher Athen einige Jahre früher besucht hatte. Am 14 Januar unternahm er eine Excursion in Attika, um Marathon und das Cap Sunium zu schauen. Auf einer Säule des Tempels der sunischen Minerva schrieb er seinen Namen und den seiner beiden Turiner-Freunde, Provana und Ornato, als Denkmal ihrer dreifachen Freundschaft. Bei seiner Rückkehr von Athen hatte er einen Fieberanfall, welcher ihn sehr schwächte, und ihn in der Idee bestärkte, sich lieber in Athen zu fixiren, als nach Napoli di Romania zurückzukehren, dessen ungesunde Luft seine Krankheit verschlimmert oder wenigstens verlängert haben würde. Odysseus, welcher im Einverständnisse mit den Türken zu seyn schien, drohte. sich Athens zu bemächtigen, Santa-Rosa trug zur Organisation seiner Vertheidigung bei. Die Tagesblätter Athens sprachen von seinem Enthusiasmus und seiner Thätigkeit; aber seine Wichtigkeit hörte auf mit den Drohungen Odysseus ', und Santa-Rosa verließ Athen, um sich wieder mit seinen Freunden in Napoli di Romania zu vereinigen. Zu dieser Zeit rüstete man sich zur Belagerung von Patras. Da Santa-Rosa nie eine Antwort von der Regierung auf seine ersten Dienstanerbietungen erhalten hatte, so drang er von neuem in dieselbe, um an dieser Expedition Theil zu nehmen. Man antwortete ihm, daß sein Name zu bekannt sey, und die griechische Regierung bei der heiligen Allianz compromittiren könne, und daß man, wenn er in Griechenland bleiben wolle, ihn bäte, einen andern Namen anzunehmen, ohne daß man ihm irgend eine Civil - oder Militärcharge anbot. Vergebens versuchten seine Freunde, ihm vorzustellen, daß er mehr als alle Verpflichtungen erfüllt habe, welche er auf sich genommen, gegen die griechischen Deputirten in London, gegen seine Freunde und gegen sich selbst; daß er einer Nation, welche seine Dienste nicht offen anzuerkennen wage, nichts schuldig sey und seyn könne. Santa-Rosa reiste am 10 April von Napoli di Romania, in der Uniform und Armatur eines griechischen Soldaten und unter dem Namen Derossi, ab. Er erreichte das Hauptquartier zu Tripolitza, und da die zur Belagerung von Patras bestimmte Armee Navarin zu Hülfe geeilt war, so folgte er dem Präsidenten nach Leondari. Als dort Maurokordato vorrückte, um den Stand der Armeen und die Lage Navarins zu recognosciren, verlangte Santa-Rosa, ihm zu folgen. Er nahm Theil an der Affaire vom 19 April gegen die Truppen Ibrahim Pascha's und rückte am 21 in Navarin ein.

Das Bild seiner Kinder hatte er beständig bei sich. Am 20 bemerkte er, daß sich zwischen das Glas und die Miniatur ein paar Tropfen Wasser gedrängt hatten, öffnete es und indem er es abtrocknen wollte, verwischte er die Hälfte von Theodors Porträt. Dieser Zufall betrübte ihn schmerzlich. Er gestand Collegno, daß er nicht umhin könne, das als eine schlimme Vorbedeutung zu betrachten, und am 21 schrieb er einem Freunde nach London: Du wirst mich auslachen, aber ich ahne seitdem, daß ich meine Kinder nicht wiedersehen werde .... In Navarin zurückgeblieben, wo die Schwäche der Besatzung keine Offensive ergreifen ließ, brachte er 14 Tage mit Lesen, Nachdenken und Abwarten einer Entscheidung der Dinge zu. Seine letzte1389 Lectüre waren Shakespeare Davanzati und die Gesänge des Tyrtäus, von seinem Freunde Provana. Indessen hatte sich das zur Aufhebung der Belagerung bestimmte griechische Corps aufgelöst, und die griechische Flotte hatte die türkische an der Landung zu Modon nicht hindern können. Die Belagerung, welche in den letzten Tagen des April nachzulassen schien, war mit mehr Eifer wieder aufgenommen worden, die Bresche war geöffnet und gangbar, der Feind hundert Schritte von den Mauern. Die beiden Flotten kämpften täglich vor dem Hafen, der noch von einer griechischen Escadre besetzt war. Am 7 Abends trieb der Wind die Griechen nach Norden und man fürchtete, die Türken möchten sich der Insel Sphakteria, welche den Hafen deckt, zu bemächtigen suchen. Sie war von 1000 Mann und 15 Kanonen besetzt. Man schickte 100 Mann Verstärkung. Santa-Rosa begleitete sie. Am 8 um 9 Uhr Morgens schrieb er Collegno: Eine Landung scheint mir auf dem Vertheidigungspunkte, auf dem ich mich befinde nicht unmöglich .... Um 11 Uhr wurde die Insel angegriffen, um 12 Uhr waren die Türken unbestrittene Herren. Von den 11 bis 1200 Mann, welche auf der Insel waren, hatten sich einige auf die Escadre gerettet, welche im Hafen vor Anker lag, und welche, im Augenblick des Angriffes ihre Taue abschneidend, durch die türkische Flotte hindurch die hohe See erreichte. Zwei gelangten schwimmend von der Insel bis zur Festung. Sie sagten aus, daß die Mehrzahl eine Furt im Norden der Insel durchschritten und sich in den Paleo Castro geworfen habe. Dieser Wust von Ruinen wurde von den Türken am 10 genommen. Man kannte auf dem Platze das Schicksal der Griechen nicht, welche sich daselbst befanden. In Navarin begann Wassermangel einzutreten. Man vertheilte seit langem schon nur zwei Gläser täglich an jeden Mann. Die Kriegsmunitionen waren erschöpft. Ibrahim ließ eine Capitulation anbieten und verlangte, man solle Unterhändler schicken. Collegno verließ den Platz mit ihnen am 16 Mai, um zu versuchen, etwas über das Schicksal seines Freundes zu erfahren, welches er nur zu gut vorhersah. Man bezeichnete ihm Soliman Bey (den Renegaten Selves) als den, welcher den Angriff der Insel geleitet habe. Er fand ihn im Zelte des Stellvertreters Ibrahims, unter den Mauern Modons. Soliman sagte ihm, er habe alle Gefangenen untersucht, es habe sich nur ein einziger Europäer, ein Deutscher, darunter gefunden, welcher sofort freigelassen worden sey und sich am Bord eines österreichischen Schiffes befinde. Ueberdieß ließ Soliman seinen Oberstlieutenant rufen, gab ihm auf Arabisch Santa-Rosa's Signalement, welches Collegno ihm in französischer Sprache dictirte, und befahl ihm, ihm am andern Morgen genaue Nachricht über das Schicksal des Mannes zu geben, den man suche. Der Name Santa-Rosa war den Türken nicht unbekannt. Ihre Miene ward traurig, als sie erfuhren, daß man fürchte, er sey todt. Sie betrachteten mit der Stille des Mitleidens seinen Freund, welcher gekommen war, ihn zurückbitten. Am 18 ließ Soliman Bey Collegno nach den Vorposten kommen und sagte ihm, daß ein Soldat seines Regiments den Mann, dessen Signalement er ihm gegeben, unter den Todten gesehen habe.

Navarin capitulirte. Am 24 wurde die Besatzung in Calamata ausgeschifft, wohin sie auf neutralen Schiffen gebracht worden war. Man wußte dort, daß der größte Theil der Griechen, welche auf der Insel Sphakteria gewesen waren, am 8 sich nach Paleo Castro zurückgezogen, am 10 capitulirt hatten, und ohne Waffen, aber frei ausgezogen seyen. Santa-Rosa war nicht unter ihnen. Er hatte sich eben so wenig an Bord der griechischen Fahrzeuge, welche im Hafen lagen, zurückgezogen. Collegno hat in Smyrna den Deutschen wiedergesehen, welcher in Sphakteria gefangen genommen war und von dem ihm Soliman-Bey gesprochen hatte; er hatte Santa-Rosa nicht unter den Gefangenen erblickt.

Als ich später Collegno fragte, ob er nicht unter seinen Erinnerungen irgend ein genaues und zuverlässiges Detail der oben stehenden Notiz hinzuzufügen fände, theilte er mir das folgende mit: Am 4 December 1824 entdeckten wir die Gebirge des Peloponnesus. Von sechs Passagieren, welche am Bord der Little Sally waren, empfanden fünf die jedem Menschen, welcher sich dem Ende einer langen Seereise nähert, natürliche Freude; drei namentlich konnten es kaum erwarten, den geheiligten Boden zu betreten. Santa-Rosa allein, auf eine Kanone gestützt, betrachtete traurig das Land, welches sich immer deutlicher vor unsern Blicken entfaltete. Am Abend sagte er zu Collegno: Ich weiß nicht, warum es mir leid thut, daß die Reise schon zu Ende ist; Griechenland wird der Idee nicht entsprechen, welche ich mir davon mache; wer weiß, wie wir dort empfangen werden, welches Schicksal unser dort harrt? Am 31 December befand sich Santa-Rosa bei dem Justizminister, Grafen Theotoki. Man sprach von der Kälte, mit welcher Fremde, für die die griechischen Deputirten in London sich verbürgten, und welche nur irgend eine Beschäftigung verlangten, von der Regierung aufgenommen wurden. Graf Theotoki antwortete: Was wollen Sie? Nicht Menschen, nicht Waffen und Munition brauchen wir, sondern Geld. Am andern Morgen, am 1 Januar, sagte Hr. Mason, ein Schotte, welcher mit Santa-Rosa befreundet war, zu diesem, daß ein griechischer Freund Theotoki's ihm, Mason, gerathen habe, mit Santa-Rosa und Collegno, als Leuten, welche der Regierung verdächtig seyen, nicht umzugehen. Am andern Morgen verließ Santa-Rosa Napoli. Bei der Abreise nach Epidaurus, am dritten Abend, hat ein papas von ehrwürdigem Aussehen, aber mit Lumpen bedeckt, man möge ihm erlauben, in unserer Barke mit nach Aegina überzusetzen. Durch unseren Dolmetscher befragt, ließ er uns antworten, er habe Thessalien, sein Geburtsland, verlassen, um der Verfolgung der Türken zu entgehen. Seine Frau und fünf Kinder seyen nach einer der Inseln des Archipels geflohen. Sie hätten keine andern Subsistenzmittel, als die Almosen, welche der Vater auf seinen Fahrten sammle, indem er den Gläubigen Reliquien zeige. Die Aehnlichkeit der Lage, die ins Elend gestürzte Frau und fünf Kinder, rührten Santa-Rosa. Er gab dem papas was er an Geld bei sich hatte. Zwei Tage darauf, als wir nach Athen abreiseten, kam der papas aus der Stadt, wie ehemals die Priester Neptuns, und von dem Platze aus, wo einst der Tempel dieses Gottes gestanden, segnete er unsere Barke. Im Anfang des März schien Santa-Rosa jeden Gedanken, sich mit seiner Familie in Griechenland niederzulassen, aufgegeben zu haben. Jedenfalls wollte er nicht abreisen, ohne den Feind wenigstens gesehen zu haben. Damals kam ein Abgesandter des philhellenischen Comite's zu London, Hr. Whitcombe, nach Napoli di Romania, und überbrachte Beschwerden dieses Comite's über die Deputirten Luviotti und Orlando, welche wie man sagte, das Schicksal Griechenlands compromittirten, indem sie Männer dorthin sendeten, welche wegen ihrer beständigen Opposition gegen die heilige Allianz genugsam bekannt seyen. Hrn. Whitcombe's Ankunft wohl verdankte es General Santa-Rosa, daß er die Campagne als gemeiner Soldat mitmachen mußte. Am 16 Mai, als Collegno im Zelte des Stellvertreters Ibrahim Pascha's in Modon sagte, daß Santa-Rosa auf der Insel Sphakteria gewesen, wie die Aegyptier sie angegriffen hatten,1390 näherte sich in demselben Augenblicke, wo Soliman Bey erwiederte, Santa-Rosa sey nicht unter den Gefangenen, Collegno ein türkischer Greis mit silberweißem, langem Barte, und sagte zu ihm auf französisch: Wie, Santa-Rosa war auf der Insel Sphakteria, und ich wußte es nicht, um ihm zum zweiten male das Leben zu retten? Es war Schultz, ein Pole, Oberst in Frankreich, Neapel, dann in Piemont im März 1821, dann in Spanien unter den Cortes, endlich in Aegypten. Er war zur Zeit des piemontesischen Aufstandes nach Savona gekommen, in dem Augenblick, als königliche Carabiner Santa-Rosa verhaftet hatten. An der Spitze von einigen dreißig bewaffneten Studenten hatte er ihn aus seinem Gefängniß, das heißt vom Schaffot, befreit, und vier Jahre später leitete er einen Theil des Angriffs, in welchem Santa-Rosa erlag!

Gott, welch ein Trauerspiel bietet das Ende dieses Briefes! Welcher Contrast zwischen Santa-Rosa, der, treu einer und derselben Sache stirbt, und diesem Abenteuer, von Land zu Land irrend, hier Santa-Rosa rettet, dort vielleicht ihn niederhaut, seine Fahne wie seine Religion wechselt und, in dieser Entfernung von aller wahren Sittlichkeit, noch eine Art natürlicher Großmuth und die Achtung des Soldaten für den unglücklichen Muth bewahrt!

Ein Franzose, Eduard Grasset, im Gefolge Maurokordato's, welcher zur Inspection des Vertheidigungszustandes von Sphakteria gekommen war, das in diesem Augenblick gerade von den Arabern angegriffen wurde, begegnete Santa-Rosa auf der Insel am 8 Mai um 9 1 / 2 Uhr Morgens, und hatte mit ihm ein letztes Gespräch, von welchem er mir Folgendes mittheilte: Santa-Rosa erklärte: Alle unsere Freunde auf dem Fort befinden sich wohl; ich bin hierher gekommen mit dem Capitän Simo, weil die Insel vertheidigt werden muß, von welcher das Wohl des Platzes abhängt. Ich bereue sehr, um jeden Preis das Pallikarenleben angefangen zu haben; ich glaubte Griechisch zu verstehen, und ich verstehe kein Wort davon, da die Sprache des Volks ganz verschieden von der der Gebildeten ist. Die Unordnung, welche in der griechischen Armee herrscht, ist entsetzlich, und läßt nichts hoffen. Eduard Grasset sagte zu ihm: Kommen Sie mit mir zur Batterie. Aber Santa-Rosa antwortete: Nein, ich will hier bleiben; ich will mir die Türken ein wenig mehr in der Nähe ansehen. Bei diesen Worten trennten sie sich.

Ich habe keinen Griechen getroffen, welcher Theil an der Campagne von 1825 genommen, der nicht mit Bewunderung von Santa-Rosa's Benehmen gesprochen hätte. Ich trug demnach kein Bedenken, der griechischen Regierung in der Person des Fürsten Maurokordato zu schreiben, um zu bitten, daß der Name Santa-Rosa dem Platz auf der Insel Sphakteria, wo er gefallen, gegeben werde; ich hat ferner, es möge ihm an demselben Ort ein bescheidenes Grabmal auf meine Kosten errichtet werden, damit ich wenigstens den Trost hätte, diese letzte Pflicht gegen den Menschen meiner Zeit erfüllt zu haben, welchen ich am meisten geachtet und geliebt hatte. Ich habe nie eine Antwort auf diese Bitte erhalten, aber zu gleicher Zeit, wo ich mich an die Regierung wandte, hatte ich die glückliche Idee, dem Oberst Fabvier zu schreiben, um ihm das Andenken unseres Freundes zu empfehlen. Auch beeilte sich, nachdem die französische Armee unter Marschall Maison den Peloponnes und die Insel Sphakteria von der ägyptischen Invasion befreit hatte, dieser, unsere gemeinschaftliche Schuld abzutragen, und errichtete Santa-Rosa an derselben Stelle, wo er gefallen seyn soll, beim Eingang einer auf der Insel gelegenen Höhle, ein Denkmal mit der Inschrift: Dem Grafen Sanctorre de Santa-Rosa, gefallen am 9 Mai 1825. Die griechische Regierung nahm keinen Theil daran; aber das Volk und vor allen die französischen Soldaten legten den lebhaftesten Eifer an den Tag, den würdigen Obersten bei dieser dem Andenken eines Mannes von Herz dargebrachten Huldigung zu unterstützen.

Die Kosten und Erträgnisse der belgischen Eisenbahnen.

In den Debatten über das neue Anlehen, das endlich nach vielem Hin - und Herschwanken von der Repräsentantenkammer zum Betrage von 82 Millionen (statt der 90 von dem Ministerium in Vorschlag gebrachten) angenommen worden, mußten die Eisenbahnen wieder speciell besprochen werden, da der bei weitem größere Theil des Anlehens für dieselben bestimmt ist. Ich bemerkte in einem frühern Briefe, nach den Angaben des Finanzministers, die Vollendung der vom Staate unternommenen Linien erfordere in Allem noch 54 Millionen; bei genauerer Prüfung der Berechnungen des Finanzministers fand die Kammer indessen, daß noch eine Summe von 57,666,564 Fr. nöthig sey. Die Centralsection hatte nun vorgeschlagen, einstweilen nur 40 Millionen zu gewähren, indem sie wegen der hernach noch erforderlichen 17 Millionen auf gewisse außergewöhnliche Ressourcen verwies, deren Sicherheit aber problematisch erschien. Der stärkste Einwurf gegen die vorgeschlagene Reduction bestand daher auch darin, daß dann ein neues Anlehen früher oder später nöthig seyn würde, was auf die Bedingungen, unter denen das gegenwärtige geschlossen werden könnte, nachtheilig rückwirken müßte; daß überdieß die Nichtgewährung der ganzen Summe eine gewisse Unsicherheit über die Durchführung der bereits begonnenen oder wenigstens doch schon vollständig entworfenen Arbeiten verbreiten dürfte, was selbst im Interesse der schon fertigen Strecken, und besonders auch in Hinsicht auf die Beziehungen des Unternehmens zum Auslande vermieden werden müsse. Diese Gründe haben gesiegt, und unter den bewilligten 82 Millionen sind die für die Vollendung der Eisenbahn erforderlichen 57,666,564 Fr. vollständig begriffen. Somit ist also dieses große Unternehmen, insofern die Kammern sich damit zu befassen hatten, abgethan; das Uebrige, nämlich die Vollendung des Baues und die Organisirung der Exploitation nach allen Richtungen hin und in allen ihren Zweigen ist Sache der Administration. Nur bleibt freilich die Frage, ob die bewilligten Summen auch wirklich hinreichen, oder, wie dieses die Erfahrung bisher noch jedesmal bewiesen, wegen unvorgesehener Mehrausgabe, noch zum Schlusse ein Supplement erforderlich seyn werde? Da bei Anlaß dieser Debatten über ein so bedeutendes Anlehen der gesammte Finanzzustand in reifliche Erwägung gezogen werden mußte, und sich dann freilich nicht Jedem von einer erfreulichen Seite darstellte, so hat es nicht an Angriffen auf den Luxus der Eisenbahnen gefehlt. Besonders hielt der Graf Felix v. Merode eine geharnischte Rede gegen die übermäßige Ausdehnung des ursprünglichen Projects, das nur auf eine Verbindung zwischen Antwerpen und dem Rheine berechnet war. Selbst von Antwerpen bis Löwen schien ihm die Eisenbahn unnöthig, weil von der Schelde bis dahin ein Canal führe, der für die Handelsverbindungen hinreiche. Im Innern des Landes fehle es noch häufig zwischen volkreichen Dörfern an guten Verbindungsmitteln; hätte man nur einen kleinen Theil der auf überflüssige Eisenbahnlinien verwendeten Millionen zur Anlegung von Pflasterwegen auf dem platten Lande verbraucht, so würde daraus dem Ackerbau, der Industrie und dem Wohlseyn des Volks überhaupt ein viel größerer Vortheil1391 erwachsen seyn, als aus der vielgepriesenen Schnelligkeit, womit nun eine Menge Menschen auf Kosten des Staats auf einigen privilegirten Bahnen hin - und herflögen. Ein anderes Mitglied bemerkte mit vielem Rechte, man habe in zu kurzer Zeit zu viel thun wollen. Hingegen nahm nun besonders der neue Minister der öffentlichen Bauten, Ch. Rogier, die Eisenbahnen in Schutz, und da sich hauptsächlich Alles um die Geldfrage dreht, so suchte er durch Berechnungen diejenigen zu widerlegen, die der, übrigens jetzt von den Meisten angenommenen Meinung sind, die Eisenbahn werde nie die vollen Zinsen des auf sie verwendeten Capitals, das sich im Ganzen auf etwa 130 Millionen belaufen wird, aufbringen. Bis jetzt nämlich kann man nur einen Reinertrag von 2 2 / 3 Proc. annehmen. Hr. Rogier aber hegt das feste Vertrauen, daß die Bahn, wenn sie einmal beendigt, wenigstens 5 Proc. einbringen, und sich dieser Reinertrag dann noch progressiv vermehren werde. Zum Beweise führte er einige aus der Erfahrung des laufenden Jahrs entnommene Sätze an. Während der vier ersten Monate von 1839 belief sich die Einnahme auf 900,000 Fr., während derselben Monate von 1840 betrug sie 1,328,000 Fr., also ungefähr die Hälfte mehr, obgleich während der letzteren Monate die Bahn nur um ein Fünftel größer war, als zu Anfange von 1839. Dagegen haben sich verhältnißmäßig im Jahr 1840 die Exploitationskosten vermindert. Wie sehr mit dem Fortschritt des Unternehmens die Einnahmen jeder Station steigen, geht aus folgenden Ziffern hervor: die Brüsseler Station nahm im Jahre 1836 ein: 367,000 Fr., im Jahre 1837 473,000 Fr., 1838 847,000 Fr. und 1839 959,000 Fr. Die Antwerpener Station im Jahre 1837 373,000 Fr., 1838 455,000 Fr., 1839 505,000 Fr.; die Genter Station im Jahre 1838 380,000 Fr., 1839 494,900 Fr. Besonders aber verspricht sich der Minister viel von der größeren Entwickelung des Gütertransports. In den vier ersten Monaten von 1839 brachte er nur ein: 34,000 Fr., in denselben Monaten von 1840 schon 287,000 Fr., und doch ist dieser ganze Zweig, wie der Minister bemerkte, noch in seiner Kindheit, und wird erst dann seine volle Bedeutung erhalten, wenn die Verbindung mit Frankreich und Deutschland zu Stande gekommen. Entscheidender noch, als solche financielle Betrachtungen, war indessen für die Annahme der begehrten Summe der Umstand, daß die Ehre und die politische Bedeutsamkeit Belgiens kein Zaudern in der Vollführung des großartig Begonnenen gestatte, und die bisher gethanen Schritte diesen letzten nothwendig machen, um das Ziel, dem man so muthig entgegengestrebt, baldmöglichst und sicher zu erreichen.

[2173-77]

Einladung zur Pacht der neuen Theater-Anstalt zu Breslau.

Die hieselbst von dem Theater-Actien-Verein neu errichtete, allerhöchst privilegirte, ungefähr 1500 Zuschauer fassende Theater-Anstalt soll am 1 April 1841 bis zum 30 September 1831 öffentlich verpachtet werden, wozu wir im hiesigen Börsen-Gebäude einen Termin auf den 14 September d. J., Nachmittags 3 Uhr, anberaumt haben.

Auf portofreie, an das unterzeichnete Directorium gerichtete, Ersuche werden die bereits für die Pacht-Entreprise festgesetzten Bedingungen, so wie eine Beschreibung der Localität zugesandt werden.

Breslau, den 22 Mai 1840.

Die Direction des Theater-Actien-Vereins.

[2245-48]

Verkauf einer Maschienenfabrik.

Die priv. bayer. -würtemb. Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft beabsichtigt ihre in Regensburg neu eingerichtete Maschinenfabrik sammt Gießereien, Kesselmacherei und allen Zugehörungen zu verkaufen. Von wesentlichem Vortheil für den jeweiligen Besitzer der Maschinenfabrik ist der Umstand, daß der Schiffswerft der Dampfschifffahrtsgesellschaft nur wenige Schritte davon entfernt ist, und daß der beabsichtigte Bau von neuen eisernen Dampfschiffen, so wie die bei Dampfmaschinen so häufig vorkommenden Reparaturen dem Etablissement immerhin nicht unbedeutende Beschäftigung zusichern.

Kauflustige werden auf Verlangen von dem unterfertigten Ausschusse nähere Aufschlüsse erhalten, und eingeladen, ihre Offerte spätestens bis zum ersten September d. J. an denselben gelangen zu lassen Zugleich wird bemerkt, daß sich in Mitte der Gesellschaft zur allenfalls nöthigen Ergänzung des erforderlichen Capitals eine bedeutende Betheiligung erwarten lasse.

Regensburg, den 1 Junius 1840.

Der Ausschuß der priv. bayer. -würtemb. Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft.

[2434]

Ausschreiben.

Wer aus was immer für einem Grund an Lob Aron Herrmann von Westheim und seiner Ehefrau Besla, einer geborenen Oscher, eine Forderung machen zu können glaubt, muß solche auf seinen Antrag Dienstag den 21 Julius l. J., früh 8 Uhr, um so gewisser dahier anbringen, als ansonst auf den Ausbleibenden wegen etwaiger Verfügung über das Vermögen keine Rücksicht genommen wird.

Hammelburg, den 21 Mai 1840.

Königliches Landgericht.

Kapp, Landr.

Schnetter.

[2427]

Bekanntmachung.

Johann Ott von Traindorf marschirte als Soldat im Jahre 1812 mit nach Rußland aus, und hat seit dieser Zeit keine Nachricht mehr von sich gegeben.

Auf den Antrag seiner Geschwister wird derselbe oder dessen allenfalls vorhandene rechtmäßige Leibeserben hiermit öffentlich geladen, am 19 August l. J., Vormittags 8 Uhr, dahier zu erscheinen, und den dem Abwesenden aus der Verlassenschaft seines verlebten Vaters zugefallenen Erbtheil im Betrag zu 980 fl. 35 kr. in Empfang zu nehmen, außerdem solcher seinen nächsten Erben gegen Caution ausgeantwortet werden wird.

Ebermannstadt, am 11 Junius 1840.

Königliches Landgericht.

Moser.

[1441-43]

Edictal-Ladung.

Bei dem unterzeichneten k. Gericht ist auf Erlassung von Edictalien in Gemäßheit des Mandats vom 13 November 1779 angetragen worden, um das Leben oder den Tod der nachbenannten vier Abwesenden zu ermitteln, und die Nr. 5 gedachte Hypothek zur Cassation zu bringen.

Die Abwesenden sind nun folgende:

1) der Webergeselle Christian Gottlieb Temper aus Werdau, welcher seit seinem Weggange von da im Junius oder Julius 1819 über sein Leben oder Aufenthalt eine Nachricht von sich nicht gegeben hat. Sein Vermögen besteht in 139 Rthlrn. 18 gr., väterlichem und mütterlichem Erbtheile;

2) der Drechslergeselle Johann Ludwig Baditz von hier, welcher mit dem fürstl. reuß. pl. Contingent im Jahre 1810 als Gemeiner nach Spanien marschirte und seitdem verschollen ist. Sein hinterbliebenes Vermögen besteht jetzt in 221 Rthlr. 5 gr. 3 pf.;

3) der Tuchmachergeselle und Musketier bei dem vormaligen k. sächs. Infanterie-Regimente v. Rechten, Karl August Roth aus Werdau, welcher seit 1810 nichts von sich hören lassen. Derselbe hat 50 Rthl. angewiesene Kaufgelder1392 bei seinem Bruder, Meister David Roth, hier zu fordern; so wie

4) der Tuchknappe Johann Friedrich Eckardt aus Werdau, welcher in einem k. preuß. Cuirassierregiment als Gemeiner sich befunden haben soll, und über dessen Leben seit der Leipziger Schlacht eine Nachricht nicht eingegangen ist. Er besitzt 62 Rthlr., mütterliches Erbtheil.

Auch haftet

5) auf dem in der hiesigen Neustadt gelegenen Wohnhause, welches gegenwärtig der Getreidehändler Melchior Roth besitzt, aus Johann Georg Leonhard Seydels Hauskaufe vom 28 October 1765 eine Hypothek wegen 51 Meißnische Gulden 17 gr. 6 pf., welche

a) Meister Balthasar Göldnern jun. mit 12 fl. 6 gr.;

b) Hrn. Gottfried Leonhard mit 16 fl.;

c) Hrn. Ludwig Anton Benedict Scharnwebern mit 3 fl. 14 gr.;

d) Meister Johann Georg Dixen mit 4 fl. 12 gr.;

e) Meister Michael Jänigen mit 1 fl. 13 gr. ; und

f) Meister Michael Ludwigen mit 13 fl. 14 gr. 6 pf., sämmtlich in Werdau, ut supra, angewiesen sind.

Gerichts wegen werden nun hiermit die vorgenannten Abwesenden und hypothekarischen Gläubiger oder deren Erben, so wie alle, die als Gläubiger oder aus sonst einem Rechtsgrunde Ansprüche auf das Vermögen der Abwesenden und auf die unter Nr. 5 a - f verzeichneten Summen zu haben glauben, öffentlich und peremtorisch vorgeladen, den 13 October 1840 zu rechter Gerichtszeit in Person oder durch gehörig legitimirte Bevollmächtigte an hiesiger Gerichtsstelle zu erscheinen, sich sowohl für ihre Person als auch zur Sache selbst hinlänglich zu legitimiren, und ihre Ansprüche unter der Verwarnung, daß außerdem die genannten Abwesenden für todt erklärt, die übrigen Interessenten aber für präcludirt und sowohl aller Ansprüche als auch der Rechtswohlthat der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für verlustig werden geachtet werden, gehörig anzuzeigen und zu bescheinigen, darüber binnen 6 Wochen mit dem Contradictor rechtlich zu verfahren und zu beschließen, sodann aber den 24 November 1840 der Jurotulation der Acten zum Spruch Rechtens, und endlich den 29 December 1840 der Publication des gesprochenen Urteils, welches Mittags 12 Uhr für publicirt erachtet werden wird, sich zu versehen.

Auswärtige haben zu Annahme von Ladungen an dem Orte des Gerichts Bevollmächtigte bei 5 Rthlr. Strafe zu bestellen.

Werdau im Königreich Sachsen, den 10 April 1840.

Das königliche Gericht daselbst.

Ludwig Wolf, Justitiar.

vdt. Actuar Wilisch.

[2147-49]

Aufforderung.

Zur Besetzung der Musikmeisterstelle des in der Residenz Darmstadt garnisonirenden großherzoglich hessischen Leibgarde-Regiments werden diejenigen Lusttragenden, welche die hiezu erforderlichen musikalischen Kenntnisse besitzen, sich über ihren bisherigen moralischen Lebenswandel gehörig auszuweisen vermögen und das vierzigste Lebensjahr noch nicht überschritten haben, hiermit aufgefordert, sich baldigst bei dem unterzeichneten Regiments-Commando zu melden, um daselbst die näheren Bedingungen wegen des zu beziehenden Gehalts, als auch der sonstigen Erfordernisse zu erfahren. Bemerkt wird hiebei noch, daß bei Besetzung dieser Stelle nur ein solcher Musiker berücksichtigt werden kann, welcher im Allgemeinen befähigt ist, die Direction der ganzen Musik zu führen, ein Blasinstrument mit Fertigkeit spielt und die zum Arrangiren von Märschen und sonstigen Musikstücken erforderlichen theoretischen Kenntnisse und nöthige Uebung besitzt.

Darmstadt, den 28 Mai 1840.

Das Commando des großh. hess. Leibgarde-Regiments.

[2066-68]

Bei Leopold Voß in Leipzig erschien: Preis 18 gGr.

Ansichten über die Gräfenberger Wassercuren, begründet auf einen längern Aufenthalt daselbst.

Von Dr. Heinrich Ehrenberg.

[839-41]

In der Walther schen Hofbuchhandlung in Dresden sind so eben erschienen und in allen Buchhandlungen Deutschlands zu haben:

Gesänge der Liebe.

Von Adolph Peters.

Kl. 8. Velinpapier geb. Preis 1 Rthlr. 12 gr.

Diese Sammlung, eine der schönsten und reichsten ihrer Art, spricht das ganze Liebesleben des Dichters mit glühender Begeisterung in einer wahrhaft vollendeten Sprache aus. Die Poesie strömt aus dem innersten Herzen, und die innigsten zartesten Empfindungen des Beseligenden in der Liebe sprechen sich in jeder Strophe aus: Entzücken und Jubel, Kummer und Gram, Sturm und sinnende Ruhe, die Liebe des trunkenen Jünglings und die ernstere des gereiften Mannes treten abwechselnd in Liedern und Gesängen, Sonetten und Elegien an unser Herz, und ergreifen durch dieselben das verwandte Gemüth.

[2262-67]

BRÜNNLBAD.

Der Eigenthümer dieser, inner den Linien Wiens gelegenen, in neuester Zeit auf das zweckmäßigste und bequemste eingerichteten Badeanstalt empfiehlt seine seit Jahrhunderten durch ihre stärkende Heilkraft rühmlichst bekannten Mineralquellen der ärztlichen Würdigung sowohl als dem hochgeehrten Publicum.

[4399-4414]

Der Gasthof zur Königin von England, der Schiffbrücke vis-à-vis in Pesth, erfreut sich seit dessen Eröffnung des Besuches hoher ausgezeichneter Gäste.

Allen resp. Reisenden empfehle ich mein Haus mit der aufrichtigsten Versicherung, daß ich es mir zur strengsten Pflicht mache, mir durch Billigkeit und Zuvorkommen in jeder Hinsicht das Vertrauen, fernern Besuch und weitere Anempfehlung zuzusichern.

Joh. Bartl.

[2424-26]

Allen hohen Reisenden und Herrschaften, so wie meinen verehrten Freunden und Gönnern bringe ich hiermit zur ergebensten Anzeige, daß ich mein bereits sieben Jahre besitzendes Gasthaus zum fränkischen Hof dahier, von nun an Hôtel de Russie benenne.

Indem ich bitte auf diese neue Firma geneigtest Bedacht zu nehmen, bemerke ich noch, daß ich zu den bereits bekannten Annehmlichkeiten und Bedürfnissen eines Gasthauses ersten Ranges die Einrichtung von warmen und kalten Bädern getroffen habe.

Mit der reellsten und aufmerksamsten Bedienung hoffe ich jeden mein Hotel Beehrenden zu befriedigen. Würzburg, im Junius 1840.

J. G. Blüthgen, Gastgeber zum Hôtel de Russie.

[2368-70]

Bekanntmachung für Porcellan-Fabrikarbeiter.

Bei der königl. bayer. Porcellan-Manufactur Nymphenburg können einige Modell - und Formarbeiter, Poussirer und Decorateurs, welche zur Herstellung von dem Wechsel der Mode unterworfenen Gegenständen vorzüglich befähigt sind, auf längere, jedoch unbestimmte Zeit Beschäftigung erhalten.

Bewerbern hierum, welche sich über entsprechende Geschicklichkeit und moralisches Betragen gehörig ausweisen können, werden auf Ansuchen die Bedingnisse der Aufnahme schriftlich mitgetheilt.

München, den 12 Junius 1840.

K. Inspectionsamt der Porcellan-Manufactur.

Keerl, Inspector.

[2445]

Stelle-Anerbieten.

In einer Steindruckerei kann ein tüchtiger Lithograph Beschäftigung finden, der besonders im Schriftfache Vorzügliches leistet, und sowohl mit der Feder - als Gravirmanier umzugehen weiß; derselbe könnte sogleich eintreten. Frankirte Briefe mit Proben befördert die Expedition dieses Blattes.

[2486]

Haus - Verkauf.

Das Haus Lit. C. Nr. 65 im mittleren Pfaffengäßchen in Augsburg, an einer Kreuzstraße gelegen, mit gewölbtem Keller, Parterre, zwei Etagen, geräumiger Boden mit verstrichenem Plattendachstuhle, alles im bestbaulichen Zustande mit Waschküche, halbem Rohrwasser, Hof - und andern Bequemlichkeiten, ist aus freier Hand zu verkaufen, und kann stündlich eingesehen werden. Das Nähere ist beim Hauseigenthümer selbst zu erfragen.

[2456-58]

Vermiethung.

Ein in einer der anmuthigsten Vorstädte Münchens gelegenes Haus mit 18-20 elegant meublirten Zimmern, dann Stallungen, Wagenremisen, Parkanlagen etc. ist sogleich zu vermiethen.

Nähere Anfragen ertheilt das Anfrage - und Adresse-Bureau zu München.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 174. 22. Juni 1840 . Augsburg1840.

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Bibliothek der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften DWB 1996/32

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;

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