Freilich hätte ich nicht erst heute durch die Zeitung daran gemahnt werden sollen, daß Sie gestern Ihren sechzigsten Geburtstag gefeiert; aber ich kann die Thatsache doch einmal nicht ungeschehen machen; und vielleicht entschuldigt mich, das ich mich durchaus nicht rechtfer - tigen kann und will, bei Ihnen, der sich mir seit langer, langer Zeit von den Tagen des „ Bazar “Der Bazar. Illustrirte Damen-Zeitung. Herausgegeben von Bazar-A. G. Berlin 1855-1937.1 und des „ Salon “Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft. Herausgegeben von Ernst Dohm und Julius Rodenberg, Franz Hirsch, Hermann Tischler und Albert Henry Payne. Berlin 1867-1890.2 her im̃er als ein so gütig, nachsichtig und liebevoll Urtheilender bewiesen und dieser sei - ner Gesiñung auch noch bei meinem Eintritt in die Siebziger so herzlichen und erfreulichen Ausdruck gegeben, – vielleicht, sage ich, entschuldigt mich gerade bei Ihnen außer dem rückhaltslosen Geständnis: Pater peccavi! meine Arbeitslast, die fast an Überbürdung grenzt. Die Gegenwart und ihre Arbeit nim̃t mich Tag für Tag so in Anspruch, daß ich bei dem besten Willen der Vergangenheit und der Zukunft nicht voll gerecht werden kann und so manchen werthen und theuren Gedächtnistag versäumt habe und – voraussichtlich auch noch künftig versäumen werde, auf gütige und nach - sichtige Berücksichtigung der Umstände rechnend.
1vDoch über meine Entschuldigung bin ich bis jetzt noch nicht zu dem eigentlichen Zweck meines heutigen Schreibens gelangt, Ihnen zu Ihrem sechzigsten Geburtstage freilich verspätet, aber darum nicht minder herzlich meinen Glückwunsch auszusprechen. Mit dem Rufe: Macte virtute! wünsche ich Ihnen im Allgemeinen, um es in zwei Worte zusam̃enzufassen: alles Gute! und im Besondern, daß Sie zunächstdaß Siedas jetzt begoñene siebente Jahrzehnt Ihres Lebens in unge - minderter Schaffens-Lust und - Rüstigkeit zur eigenen und zur Freude Vieler vollenden mögen.
Mit diesem aufrichtigen Wunsche und der herzlichen Bitte, auch dem Säumigen, mit seinem Glückwünsch Nachhinkenden Ihre wohl - wollende und freundliche Gesiñung zu bewahren (ich hätte eigent[-]lich wohl schreiben sollen: nicht zu entziehen), bin ich
Sebastian GöttelNote: Herausgeber. Joe DunlopNote: Transkription und TEI-Textannotation. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
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Handschrift
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