PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]
Badener Zeitung (vormals Badener Bezirks-Blatt).

Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig K 2·50, halbjährig K , ganzjährig K 10· . Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig K , halbjährig K , ganzjährig K 12· . Oeſterreich-Ungarn: Mit Zuſendung vierteljährig K 3·30, halbjährig K 6·50, ganzjährig K 13· . Einzelne Mittwoch-Nummer 12 h., Samstag - Nummer 16 h. Inſerate werden per 80 mm breite Petitzeile mit 16 h für die erſte, und mit 14 h für fünf nacheinander folgende Einſchaltungen berechnet, größere Aufträge nach Uebereinkommen und können auch durch die beſtehenden Annonzen-Bureaux an die Adminiſtration gerichtet werden. Intereſſante Mitteilungen, Notizen und Korreſpondenzen werden nach Uebereinkunft honoriert. Manuſkripte werden nicht zurückgeſtellt. Redaktion und Adminiſtration: Baden, Pfarrgaſſe Nr. 3.

[figure]

Erſcheint Mittwoch und Samstag früh.

[figure]

(Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage Illuſtriertes Unterhaltungsblatt .)

Nr. 21. Mittwoch, den 14. März 1906. 27. Jahrg.

Die Schlachta in Nöten.

Graf Dziedusczycki ſchnaubt und tobt, warnt und winſelt. Man kann den Schlachzizen in ihrem Zorne nur ein Lächeln abgewinnen und ihnen gönnen, daß ſie zuletzt das Nachſehen haben. Alle Regiſter hat er im Parlament gezogen, aber die Rede hat nicht gezogen. All ſeinen Haß hat er wie auf einem Multiplikator aufgeſpeichert, den Haß gegen die Wahlreformvorlage. Hätte er mit jener akademiſchen Vornehmheit, mit der der warm - herzige deutſche Patriot Grabmayr ſeine Gegner - ſchaft gegen das gleiche Wahlrecht vorbrachte, die Sache des Stanczykentums vertreten, ſo hätte er auf einen Achtungserfolg Anſpruch machen können; allein die Heuchelei, mit der der Schlachzize ſagte, der Kolo Polskie ſei für eine demokratiſche Wahl - reform, ſie fordert das allgemeine Gelächter heraus. Der Polenklub hat nach den Bluttagen von Niz - nioco und Laczki den Geiſt der Freveltat wider die Sozialiſten angerufen. Das macht ſich wirklich ausgezeichnet. Warum wohl der Polenklub mit der demokratiſchen Reform im Landtage nicht vorausgegangen iſt? Warum er ſich wohl das Proportionalwahlrecht auswirkte und der lange Finger des Statthalters Pininski bei geheimen Skrutinien in die Urne greifen will? Dieſe Ge - heimtuerei iſt wohl auch demokratiſch, weil man dabei mit Haufen von Stimmzetteln ſchwindeln kann. Alle die Ideale, für die die Jagellonen gekämpft haben, die heilige Kirche, der Milita -rismus, die Autonomie, die Dynaſtie, alles ſteht auf dem Spiele, wenn dieſe Wahlreform Geſetz wird. Damit das Verfahren vereinfacht wird, wirft Graf Dziedusczycki das Schwefelhölzchen Ver - faſſungsreform in die Gautſch’ſche Strohtriſte, ein Junktim zwiſchen beiden ſoll das Abbrennen be - ſorgen. Alle erfaßte eine tiefe Rührung, als der Schlachzize Tränen über die Ungerechtigkeit der Regierung und deren Undank gegen die privi - legierten Steuerhinterzieher weinte, die ihre Hof - wedelei ſo übel belohnt ſehen. Ja, der Staat be - handelt Galizien als erobertes Land, er hat mit hunderten von Schnapsmillionen und hunderten von Grundentlaſtungsmillionen die Schlachzizen vernachläſſigt; die paar Transverſalbahnen ſind ja auch nicht der Rede wert, wie ſo vieles andere Unrecht, das die armen Reichsvampyre einſtecken mußten.

Allerdings enthält auch Dziedusczycki’s Rede Wahrheiten; allerdings iſt die Regierungsvorlage eine Sammlung des ungereimteſten, kniffigſten Opportunismus und mit Recht klagt Dziedusczycki, daß Krain mit einer halben Million 11 Mandate bekommt, Galizien mit 7·5 Millionen nur 88. Es iſt wahr: Wie kommen die Ruthenen dazu, zehnmal ſchlechter als die Slovenen behandelt zu werden, ſo daß auf 38.000 Windiſche ſchon ein Vertreter kommt, dagegen erſt auf 109.000 ein rutheniſcher Abgeordneter. Zwei rutheniſche Wahl - kreiſe gibt es, von denen einer ſo groß als ganz Krain iſt. Aber gegen die Deutſchen hat derFührer der Steuerhinterzieher kein Recht, über Zurückſetzung des ſtark paſſiven Kronlandes Ga - lizien zu klagen. Eine ſolche Gleichmacherei exi - ſtiert, wie der Italiener Verzegnaſſi richtig ſagte, nur bei einer Viehherde.

Eine koſtbare Logik mutet Dziedusczycki den Deutſchen zu, von denen er zugeſteht, daß ihre Führerſchaft zurückgedrängt wird, ſie ſollten ſich eine Verfaſſungsreform, d. h. eine föderaliſtiſche Zuſtutzung obendrein gefallen laſſen, bei der die zu kurz gekommenen Länderrechte wieder aufge - richtet werden ſollen. Wir verzeihen es dem Gräflein aus der Polakei gerne, daß er von dem politiſchen Verſtande der Deutſchen ſo gering denkt, die ja zu Tode froh wären, wenn mit den Schlach - zizen alle Verländerungen unter den Tiſch fielen. Dziedusczycki prophezeit ein tumultuierendes Par - lament. Er könnte Recht behalten, wenn eine ſlaviſche Mehrheit, ein eiſerner Ring wieder ge - ſchmiedet werden könnte. Dieſe zu verhindern müſſen eben die Deutſchen alles daran ſetzen und wenn unſere Sozialiſten, wie ſie höchlich ver - ſichern, wirklich zu ihrem Volke ſtehen, ſo müſſen ſie eben dazu ſehen, daß wir eine arbeitende, ſchaffende Volksvertretung bekommen; eine ſlaviſche Mehrheit wäre aber wirklich nur der Sieg des begehrlichen Chauvinismus, nach Art des Prager Landtages. Bei einer ſlaviſchen Mehrheit wären nur die Deutſchen die Plebejer, wie Kaftan ſagte, ſie, die Zahler, wären die Vergewaltigten. Das wären die Folgen der föderaliſtiſchen Baſis, von

Feuilleton.

Geſchichte der Stadt Baden.

III. Teil. Das 18. Jahrhundert.

(Fortſetzung.)

An dieſer Seite ſteht ſeit 1833 zur Erinnerung an die Errettung des damaligen Kronprinzen Fer - dinand aus Mörderhand der durch Beiträge errichtete Ferdinandsbrunnen, ein Steinbaſſin, aus welchem ſich ein Poſtament mit einer Schale erhebt. Dem - ſelben entſpringt ein Waſſerſtrahl, den die Schale aufnimmt.

Durch Subſkription war der Betrag von 10.000 fl. aufgebracht worden, der den Bau einer Waſſerleitung vom Piperlbrunnen am Badenerberg ermöglichte. Seit 1884 wurde der Ferdinandsbrunnen von der Wiener Hochquellenleitung geſpeiſt; jetzt erhält er das Waſſer aus der neuen Waſſerleitung.

Das im Barockſtil aufgeführte Monument hat eine Menge ihm ſehr ähnlicher Geſchwiſter; denn faſt jeder größere Ort beſitzt eine mehr oder minder ge - lungene Peſtſäule mit der unvermeidlichen Wolken - pyramide und den ebenſo unvermeidlichen Peſt - patronen.

Leider war das Badener Monument nicht ſehr widerſtandsfähig. Schon 1756 fand die erſte Reno - vation ſtatt, 1833 die zweite und 1884 die dritte; die Koſten der letzteren, auf 3350 fl. veranſchlagt, beſtritt die in Baden wohnende Frau Thereſia Göſchl, Bürgerswitwe aus Wien.

Über die Koſten des Monumentes ſelbſt gibt kein Dokument Aufklärung. Aus einer Notiz erfährt man nur, daß der Bildhauer für zwei Statuen 115 fl. verlangte und das Vergolden 300 fl. koſtete. Die Peſtepidemie von 1713 war die letzte, von der unſere Stadt heimgeſucht wurde.

Der damalige Beſitzer der Herrſchaft Weikers - dorf, Franz Anton Edler von Quarient und Raal, ſchenkte 1715 dem Wundarzt Dreſcher, der ſich während der Peſt ausgezeichnet hatte, das Johannes - bad nebſt dem ihm gegenüberliegenden Armenleut - oder Bettlersbad (jetzt Ferdinandsbad) mit der Ver - pflichtung, über der Armenbadquelle ein hölzernes Badegebäude zu errichten. Das Johannesbad lag auf einer Bachſchuttinſel, die noch 1762 beſtand und erſt verſchwand, als die Schwechat bei einer Überſchwem - mung den die Inſel vom Ufer trennenden Bacharm mit Schotter ausfüllte. Dreſcher ließ die zwei hölzernen Badehütten wegreißen, ein ordentliches Bade - und Wohnhaus bauen und über der Armenbadquelle, in der bisher die Leute unter freiem Himmel gebadet hatten, eine Bretterhütte errichten. Im Johannesbad badeten damals die ärmeren Bürgersleute um einen Kreuzer. 1802 kaufte es Zacharius Chriſt von der Familie Dreſcher.

Kaum war die Peſt erloſchen, ſo traf neues Unheil die Stadt. Am 24. Februar 1714, zwiſchen 4 und 5 Uhr abends, brach im Hauſe des Barbiers und Wundarztes Johann Franz Khueffner am Haupt - platz (jetzt Nr. 22) Feuer aus, das ein anhaltender, großer Sturmwind zur Feuersbrunſt anfachte. Durch genaue Unterſuchung wurde feſtgeſtellt, daß das Fewr rukhwärths gegen den Gartten in zweyen zu - ſambengebauten alten Ställen und negſt daran ge - legenen Rebenbürtl Hauffen aufgegangen ſeye . Man vermutete, daß es durch Schlime Leuth muß geleget worden ſein, allermaßen an diſem Orth beym ſelbenTag kein liecht vonnöthen, auch die dienſtboten umb diſe Zeit nit zu Hauß geweſen, ſondern ihrer Andacht nach auf den berg Calvaria gangen ſeint .

Es brannten in der Stadt 47 Häuſer ab, und zwar im Frauen Viertl : 20 Häuſer, darunter das Rathaus, im Burger-Viertl : 16 Häuſer, darunter das der Stadt gehörige Hirſchen-Wirtshaus, im Kürch - Viertl : 11 Häuſer, darunter der Melkerhof, das Schulhaus, der Pfarrhof, zwei Benefiziat-Häuſer und das Auguſtinerkloſter ſamt der Kirche, im Renn - Viertl nur 4 Häuſer, weil die Dächer noch recht - zeitig abgebrochen werden konnten. In der Stadt entgingen nur 30 Häuſer dem Brande. Vor der Stadt, das heißt außer den Stadtmauern, brannten 53 Häuſer ab, ſo daß im ganzen 100 Häuſer dem Feuer zum Opfer fielen. Vor der Stadt blieben 52 Häuſer verſchont. Baden hatte alſo zu jener Zeit in der Stadt 77 Häuſer, vor der Stadt 105 Häuſer. Von den Namen der Hausbeſitzer kommt jetzt faſt keiner mehr in der Stadt vor.

Noch in demſelben Jahre erhielt die Stadt die kaiſerliche Bewilligung, ein Anlehen von 6000 fl. zur Wiederherſtellung der öffentlichen Gebäude aufnehmen zu dürfen. Es war ja auch noch zum Teil das Geld für den Bau der Dreifaltigkeitsſäule, die erſt 1718 voll - endet wurde, aufzubringen. Das Darlehen erhielt die Stadt zu 6% von dem bürgerlichen Wiener Handels - mann Johann Rudolf Fraß.

Trotz der finanziellen Not hatte die Stadt den Mut, das Herzogsbad zu erwerben. Nach der ſchreck - lichen Verwüſtung im Jahre 1683 hatte ſie ſchon dieſen Kauf angeſtrebt und jetzt, nach der Peſt, nach dem verheerenden Brande, gelang es ihr, dieſes Ziel zu erreichen.

Im erſten Dezennium des 18. Jahrhunderts hatte die Stadt mit dem Grafen Karl Lamberg - Sprinzenſtein, dem Beſitzer des Herzoghofes, einen

2Mittwoch Badener Zeitung 14. März 1906 Nr. 21.

der auch Kaftan ſchwärmte. Fremde Finger in deutſchen Taſchen. Nein, Graf Dziedusczycki, wir danken für die zugedachte föderaliſtiſche Beglückung; allzugroßes Glück verhärtet das Herz. Die Deutſchböhmen müßten ſich da auf die Rolle der Ruthenen beſchränken. Zu viel Wohlwollen! Ver - bindlichen Dank auch für die Bemühung, die Tſchechen gegen uns aufzureizen. Uebrigens hat Graf Dziedusczycki mit ſeinen hungrigen Ratten in einem Kaſten nichts trefflicher verſinnbildlicht als die Politik der ewig hungrigen Schlachzizen. Es wurde wirklich an der Tafel, Oeſterreich ge - nannt, nichts ſerviert ohne daß die Herren Stan - czyken nicht den allergrößten Schöpflöffel in den Suppentopf geſteckt hätten. Immer mußten ſie zuerſt abgefüttert werden, dann erſt kamen die Staatsnotwendigkeiten, dann erſt nickten ſie gnädig ihr Ja und der Hofſchlachzize Gniewosz ließ ſich ſpäter bei Hofe gelegentlich den Fleißzettel aus - ſtellen. Wenn dieſe Herrlichkeit ein Ende nimmt, ſo gehört dieſer Umſtand zu den Lichtſeiten der Wahlreform.

Die Polen dürfen ſich wahrlich nicht wundern, daß ſie mit ihren drei bisherigen Rednern Abra - hamowicz, Moyſa und Dziedusezycki eine ſo kläg - liche parlamentariſche Figur ſpielten. Die zwei Armenier und der Schlachzizenführer als Ver - treter einer demokratiſchen Wahlreform, ein ſolcher Ulk macht uns lachen. Die neuen Demütigungen wären den Herren erſpart geblieben, wenn ſie früher einen ehrlichen Vertrag mit den Deutſchen zu einer feſten Mehrheit eingegangen und ſich zuverläſſig erwieſen hätten. Nun wird Dziedus - czycki auch von den Tſchechen, für deren Mehr - rechte er ſich früher ſo erhitzt hatte, in der Tinte ſtecken gelaſſen. Die Polen ernten nur die Früchte ihrer ſtets zweideutigen, ſtets unzuverläſſigen Po - litik. Die Deutſchen aber haben einen Grund mehr, ſich entſchieden für die Gleichberechtigung der Polen und Ruthenen einzuſetzen, insbeſondere nicht zuzulaſſen, daß die Rückſichten, die das Miniſterium betreffs der Proportionalwahlen in Wien für überflüſſig hält, gerade den Polen zu Gefallen, gelten ſollen. Gleiches Wahlrecht, gleiche Behandlung überall! So will es ja doch der Demokrat Dziedusczycki.

Der Stein im Rollen.

Nun haben wir die erſte Woche der Wahl - reformberatung erlebt und genoſſen. Die Vorlage der Regierung, der es insgeheim doch deutlich verſtändlich vorgeworfen wird, ſie habe ein böſes Spiel inſzeniert, dieſe Vorlage fand, wie ja anders nicht möglich, unbedingte und bedingte Anhänger, aber auch ent -ſchiedene Gegner, die jetzt alle in mehr oder weniger klaren und durchdachten Reden ihre Meinung dar - legen. Die erſten zwei Tage der Verhandlung zeigten ein nobles Gepräge. Man hörte Reden wie in den erſten Sitzungen des Schottentor-Parlamentes. Ein klaſſiſcher Hauch wehte durchs Haus. Klaſſiſch ge - formte, oratoriſch vollendete Darlegungen in frei - mütiger Vortragsweiſe bannten die ſonſt ſo allgemein gebräuchliche Unruhe des Hauſes. Mit großer Auf - merkſamkeit folgten alle Anweſenden den lichtvollen Ausführungen der Redner. Nicht einmal unliebſame Zwiſchenrufe vernahm man: es iſt offenkundig, daß der Ernſt des großen Werkes einen verdienten Ein - fluß auf alle ausübt. Und weit über die Grenzen unſeres Landes horchen aufmerkſame Ohren dem, was im Parlament vorgetragen wird. Mit größter Spannung werden die Berichte erwartet und geleſen, zwar noch wenig beſprochen, aber doch eifrig überlegt, wie es die Schwierigkeit des Problems eben erheiſcht.

Wenn wir das, was an den erſten zwei Tagen geſprochen worden, erwägen, müſſen wir die Reden der Herren Dr. Grabmayr, Dr. Weißkirchner und Grafen Dziedusczycki hervorheben, da ſie ſich in ihrer ganzen Eigentümlichkeit zeigten. Es wäre verfrüht, wollte man ſchon heute ein endgiltiges Urteil fällen, man kann nur wieder und wieder ſagen, daß es vieler Abänderungen bedürfen wird, um alle Uneben - heiten und Ungleichheiten in gerechter und billiger Art zu beſeitigen und ein Werk zu ſchaffen, das zwar nicht aere perennius dauernder als Erz doch für die nächſten Generationen das beſte ſein ſoll! Welche Stellung die Großgrundbeſitzer, die Polen, die tſchechiſchen Parteien einnehmen, das zeigte ſich deutlich, doch gewiß noch nicht endgiltig in den Reden der hervorragendſten Vertreter der erſten zwei Verhandlungstage; was die chriſtlichſozialen ſo unbe - dingt betonen nun, man darf niemand ſeparate und geheimhoffende Pläne unterſchieben; aber es iſt etwas zum Nachdenken! Es wird ſich ja doch von ſelbſt erweiſen, wo ſelbſtloſes Streben nach Erkennt - nis des Rechtes und der Gerechtigkeit vorherrſcht dieſes Schlagwort Gerechtigkeit der Wahl - reform iſt von uns ausgegangen; es wird jetzt ſowohl im Parlamente als auch in den Zeitungen betont. Und das iſt ganz richtig! Wir wir zuerſt im Artikel Gerechtigkeit, erſtehe! und dann Der Wille zur Gerechtigkeit ausgeführt haben, wie in verſchiedenen Betrachtungen die Lebensfähigkeit einer wohldurchdachten und demgemäß durchgeführten Wahl - reform anerkannt wurde, muß ſich trotz der neuge - hörten, teilweiſe ganz unerhörten Einwendungen doch das Mittel finden laſſen.

Gar zu früh nach herrſchenden Majoritäten auszublicken, ſcheint in dieſem embryonalen Stadium der Verhandlungen nicht paſſend. Wie immer ſich die verſchiedenen Parteien und Parteichen ſtellen mögen,man ſieht jetzt ſchon aus den letzten Verhandlungen der Vorwoche, daß ſie ſich herumſchmiegen möchten!

Wenn die Polen, wie Graf Dziedusczycki aus - führlich darlegte, dieſe von der Regierung vorgelegte Wahlreform vom Grund aus verabſcheuen und für den Fall von deren Annahme eine Verfaſſungsände - rung wünſchenswert finden, ſo dürften ſie bei ver - ſchiedenen Parlamentariern Anhänger finden, ob bona oder mala fide , darüber ließe ſich ſtreiten. Daß der Polenklub etwas prätendiert, was ihm bisher gutmütig zugeſtanden war nämlich die Regierung der Regierung das kann man ſich lebhaft vor - ſtellen und die Beglückwünſchungen der um das Wohl Oeſterreichs ſo beſorgten Schlachzizen haben es herr - lich bewieſen! Wir Oeſterreicher, wir Alpenländler, müſſen (ob leider oder gottlob geniert uns auch nicht ) anderer Meinung ſein. Ein Volk, das von Millionengeſchenken unſererſeits die Idee der Loyalität füttern läßt, darf für den Kern des Staates nicht maßgebend ſein.

Was die nach den erſten Haupttagen folgenden Reden bekundeten, ließe ſich kurz faſſen: alles ſtrebt dahin, die hiſtoriſchen Reichsteile, die ſogenannten Landtage, mit einer größeren Macht auszugeſtalten, dafür aber das Zentralparlament , das erſt geſchaffen werden müßte, nur mit den Reichsagenden zu be - trauen! So ſtehen jetzt die Sachen. Ob aber die hiſtoriſche, jedenfalls ſchon ſehr veraltete Länder - und Königreichen-Idee für die moderne Neuſchaffung von berückſichtigungswertem Belang iſt, kann man füglich dahingeſtellt laſſen; was werden muß, wird auch geſchehen!

Um bis heute eine Abrechnung über die laut gewordenen Stimmen anzuſtellen, dazu gehört mehr Vorbedacht als Gehört ; denn es war nur Plänkelei mit ein paar aufgeführten Geſchützen. Und das war unnotwendig. Es ſollte kein Gefecht ſein die Wahlreformlage iſt keine Gefechtsdispoſition es ſollte eine wohlüberlegte Prüfung des Möglichen und Notwendigen ſein, das ſich jedem billig denkenden Menſchen, wenn er auch nicht Abgeordneter iſt, von ſelbſt aufdrängt. Wenn aber die Völker merken, dieſer, jener Stämmling habe etwas im Hinterhalte, dann iſt das ehrliche Vertrauen weg und das große Werk wird durch Kleinlichkeiten verekelt und verhunzt! Und ſo wollen wir hoffen, daß aus den unfrucht - baren und ganz wertloſen Plänkeleien, die leider unſere Volksvertreter nicht entbehren zu können ſcheinen, ernſtliche Vorſchläge hervorgehen werden, wie man es nach dem erſten Anfange hätte erwarten können! Weg daher mit Redeſpiel und Schimpfſpiel; denn es wäre gar zu ernſt, Unnachgiebigkeit zu predigen, die ſchließlich doch böſe Folgen haben könnte. All - gemeines Bewußtſein der Völker iſt es, das eine Aenderung der jetzigen Verhältniſſe unaufſchiebbar iſt!

Prozeß wegen der Einkehr von Fremden im Herzog - hof gehabt und ihn gewonnen. Der Rat verbot daher im Jahre 1716 dem Grafen die Aufnahme von Fremden behufs Einkehr im Herzoghof bey zehn Duggaten pöenfahl (Strafe).

Vielleicht durch dieſes Verbot, vielleicht auch durch die finanzielle Lage getrieben, entſchloß ſich der Graf zum Verkaufe des Herzoghofes. Am 28. Sep - tember 1716 kaufte die Stadt unter dem Stadt - richter Georg Reinwald den Herzoghof mit allem Zubehör um 25.000 fl. und 500 fl. Leikauf. *)2Der Leitkauf oder Leikauf war urſprünglich das beim Abſchluß eines Handels zum Vertrinken beſtimmte Geld. Für die als Leikauf gerechnete Summe wurde keine Steuer bezahlt.Von nun an erſchien der Herzoghof im Landſchafts-Gült - buch unter dem Namen die Pfleg von Baden .

Die Stadt hatte mit dieſem Kauf das im Her - zoghof liegende Herzogs - und Antonsbad, die Urſprung - quelle, 84 Pfund Weingärten, 30 Tagwerk Wieſen und 4 Joch Äcker erworben.

Das Bad am Urſprunge, noch zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine offene Quelle, war im 18. Jahr - hundert nur ein Fußbad in einer vor der Felſen - höhle gelegenen Grube, die 1737 mit einem Dache verſehen wurde. 1748 wurde dieſe Hütte mit einer zweiten Hütte in Verbindung gebracht nnd als Halb - bad (Bad bis an den halben Leib) eingerichtet.

Da das alte natürliche, ziemlich enge und niedrige Felſengewölbe der Urſprungsquelle, von den Dünſten teilweiſe zerſtört, einzuſtürzen drohte, wurde es 1764 abgetragen, der Zugang ſamt der Höhle erweitert und überwölbt. Außen, gerade über der Felſenhöhle, wurde ein Denkſtein geſetzt.

1796 wurden die Badehütten weggeriſſen. Nach einem von dem Kavallerie-General Grafen Lamberti entworfenen Plane erbaute der StadtbaumeiſterAnton Hantl ein Badegebäude im orientaliſchen Stile, wie es noch heute beſteht. Beim Abgraben ſtieß man auf Reſte eines römiſchen Dunſtbades. Das umgebende alte Mauerwerk beſtand aus Ziegeln, wovon einige den Legionsſtempel der X., andere den der XIV. Legion trugen.

Am 24. April 1717 kaufte die Stadt um 300 fl. und 12 Reichstaler Leikauf noch von dem Grafen Lamberg Gründe vor dem Frauen - und Spitaltor ſamt zwei daſelbſt befindlichen Fiſchwäſſern.

Das Frauenbad bereitete der Stadt manche Sorge, weil ſich die Qnelle immer mehr ausbreitete und der Zufluß daher geringer wurde. Der Richter und Rat der Stadt erklärten deshalb am 5. Fe - bruar 1721, daß es notwendig ſei, unter der Frauen - kirche hineinzugraben, um die Quelle ganz ins Frauenbad zu leiten. Zugleich verpflichtete ſich die Stadt, für ſolche Fälle um die Erlaubnis hiezu jedesmal beim Auguſtiner-Konvente anzuſuchen und auch den Schaden gutzumachen, der erwieſenermaßen durch ſolche Arbeiten an der Frauenkirche entſtehen könnte.

Die Frauenkirche wurde 1787 entweiht. Sie war nebſt dem Galgen eines der Wahrzeichen Badens wegen der merkwürdigen Stellung des Turmes, der ohne Fundament über der großen Eingangstür, aus einer Spitze ſich allmählich erweiternd, in die Höhe ſtieg. Seine ganze Laſt ſtützte ſich auf eine feſt ver - kittete Maſſe und auf zwei über der gewölbten Decke der Kirche geſpannte Gurtbögen. Die Kirche hatte alſo einen Turm, der auf der Spitze ſteht .

Die Stadt kaufte 1793 die Frauenkirche den Auguſtinern ab und verwendete das ſchöne, gotiſche Bauwerk als Holzmagazin.

Wie das Frauenbad verlangte auch das Neu - bad (jetzt Karolinenbad) die ſorgfältigſte Beachtung. Als 1800 im Mühlbache gegraben wurde, erlitt dieQuelle ſofort einen beträchtlichen Schaden, den man erſt im folgenden Jahre durch eine tiefe Ver - dämmung beheben konnte.

1758 wurde das Thereſienbad auf Koſten der Stadt erbaut. Die Kaiſerin Maria Thereſia ſpendete dazu einen Beitrag von 1000 Dukaten unter der Bedingung, daß verwundete Offiziere unentgeltlich dort baden durften. So blieb es bis zur Errichtung des k. k. Militärbadehauſes im Jahre 1796. Das Thereſienbadhaus wurde 1885 niedergeriſſen und im Anſchluß an das Herzogbad ein neues Bade - gebäude errichtet.

Über die Verwaltung der Bäder gibt der Be - richt des Grafen Gaisruck vom Jahre 1746 folgendes an:

Das Gefälle des Herzogs - und Antonsbades verwalten 2 Badmeiſter, die Mitglieder des innern Rates ſind. Der Oberbadmeiſter bezieht 30 fl. jähr - lich, der Nebenbadmeiſter 20 fl. Beſoldung. Badtax für einmal baden iſt: beim Herzogbad für einen Erwachſenen 6 kr. ; für ein Kind 3 kr. ; beim Antoni - bad 12 kr., für ein Kind 6 kr., das s. v. Fußbad für Einmal 1 kr.

Frauenbad. Dieſes Baad iſt der Stadt Baaden von einem, Nahmens Polz, mit dieſer condition ver - ſchafft worden, die Einkünfften davon zu ſelbigem Bau - Erhalt, zu appliciren, den Überreſt aber in andere Gemeine Stadtgebäu zu verwendten. Dieſes iſt ao. 1639 an Selbige um jährlich 40 fl. Beſtand ge - laſſen, hernach aber den 17. Martij 1642 zu Gemeiner Stadt ſelbſt zugenüſſen resolvirt worden.

Bis 1743 war für dieſes Bad keine Badtaxe fixiert, ſondern es wurde der Discretion des hohen Adels und der Standesperſonen überlaſſen, was dieſelben freiwillig geben wollten. Weil aber in der Wahlrelation anno 1743 dem Hofe angezeigt wurde, es werde dieſes Bad vom hohen Adel weniger

3Nr. 21. Mittwoch Badener Zeitung 14. März 1906

So denn daran! In ehrlichem Willen ohne Sonder - gelüſte! Der Stein iſt ins Rollen gekommen; hüte ſich jeder, daß er nicht zerſchmettert werde!

Kritiſche Streiflichter.

Das gräßliche Unglück in den Kohlen - gruben bei Courrières, wo über tauſend Arbeiter ihren Tod fanden, hat nicht nur in Frank - reich eine erſchütternde Wirkung ausgeübt, ſondern, wie aus den Beileidskundgebungen der ganzen zivi - liſierten Welt hervorgeht, überall aufrichtiges Mitleid erregt. Aber wenn man die Stimmung in den franzöſiſchen und belgiſchen Grubenbezirken beachtet, drängt ſich einem der Gedanke auf, daß die Schuld an dieſem Unglücksfalle nicht bloß dem Schlendrian, der ohnehin ſchon ſo viel auf dem Kerbholze hat, zuzuſchreiben iſt, nicht bloß der Sorgloſigkeit und Fahrläſſigkeit der Geſellſchaft und der Aufſichts - behörden, ſondern einem viel ärgeren Verbrechen, der Geldgier, die mit Menſchenleben lukrativen Wucher treibt! Um einige tauſend Francs, mit deren not - wendigem Opfer für die Sicherung der Arbeitsgebiete die Gefahr auf das menſchenmöglichſte Minimum reſtringiert werden könnte, um von den vielen ein - laufenden Millionen einige tauſend Franks zu er - ſparen, werden tauſende Menſchenleben dem Moloch Geldgier dargebracht! Es iſt ein ſchauderhaftes Bild und alle nachträglichen Unterſtützungen können das nicht gut machen, was verbrochen worden iſt! Ein Mahnzeichen aber iſt es für diejenigen, denen die Aufſicht über ſolche Unternehmungen obliegt, un - bei[r]rt ihres Amtes zu walten, ob es nun in Frank - reich oder ſonſtwo nötig iſt!

Nachdem wir über den hemmenden Einfluß der ungariſchen Kriſe des öftern geſprochen haben, erübrigt uns jetzt nur noch, zu betrachten, wie es mit den koalierten Parteien, die durch eine Verkettung von verdrehten Sebſtſuchtsbeſtrebungen zu einem nichts weniger als gleichartigen Gebilde zuſammengeleimt worden ſind, nun ausgehen wird. Wir haben ſchon vor zwei Wochen die Erwartung ausgeſprochen, daß ſich doch Männer finden werden, denen der wahnwitzige Widerſtand gegen die beſchworene Verfaſſung ſchli ßlich doch Bedenken an der Richtigkeit ihres Vorgehens erwecken werde. Nun iſt ein Steinchen ins Rollen gekommen und es iſt nur eine Frage der Zeit, wann die Koalition, deren Ausſchuß Auflöſungsſchmerzen hat, in Brüche gehen wird.

Ob mit der Erneuerung des ungariſchen Miniſteri - ums die Stellung der transleithaniſchan Regierung ge - kräftigt worden iſt, bleibe dahingeſtellt; man kann es aber mit Sicherheit annehmen; denn wem könnten noch diefaſt anarchiſtiſchen Zuſtände Gefallen bereiten? Mit dem Austritte Banffys und Eötvös löſt ſich ein ſtarker Zweig der Koalierten die bald nur die ehemaligen Liierten heißen werden, vom dürren Stamme, der keine Früchte tragen mochte, ab nicht um ins Feuer geworfen zu werden, ſondern um auf ver - nünftigen Grundlagen das Fortbeſtehen des Staates zu feſtigen. Wir haben am Beſtande dieſes Staatteiles, wie er jetzt exiſtiert, wirklich keine Intereſſe und doch müſſen wir es wünſchen, daß es mählig anders werde. Um in der alten ungariſchen Staatsſprache zu reden, müſſen wir heute ſagen: Status exlex in Hungaria dominus est; sed hunc statum exlegem dominari non possumus pati. In Hungarien iſt der geſetzloſe Zuſtand Herr; aber wir können es nicht ertragen, daß dieſer geſetzloſe Zuſtand die Herrſchaft führe!

Freilich haben wir, die wir zuhauſe ſoviel zu ord - nen hätten, keinen wirkſamen Einfluß auf die jenſeitige Politik, und müſſen uns im Rahmen zurückhaltender, abwartender Verteidigungsſtellung bewegen. Dabei aber dürfen wir nie vergeſſen, ein gar achtſames Auge anf alle Vorgänge drüben zu haben! Und ehe unſere Stellung noch weiter untergraben wird, müſſen wir die Zerteilung der andern Halbmonarchie in ihre organiſchen Volksgemeinden mit hoffnungsreichen Gefühlen herbeiwünſchen. Denn die Feindſeligkeit der Magyaren nicht des Volkes, ſondern der Vorteil der herſchenden Führer, wird nachgerade unerträglich! Wer ſoll das nicht fühlen, wenn er ſich nur ein klein wenig mit der Staatenpolitik beſchäftigt? Haben wir nicht geſehen, wohin dieſe uns aufgehalſte Ohnmacht geführt hat?

Dieſe hochdramatiſche Bedeutung hat für Oeſterreich, für die habsburg-lothringiſche Monarchie die Kriſe unſerer durch künſtliche Mittel angedeakten Reichshälfte über der Leitha! Und von der Wichtigkeit dieſer Entwiklung ſollen beſonders diejenigen überzeugt ſein, die heute unſerm Staate ein neues Wahlgeſetz ein modernen Staaten angemeſſenes neid - und haßloſes, beraten und geben ſollen!

Lokal-Nachrichten.

Todesfall.

Am 11. d. M. verſchied in Pfaffſtätten der auch hier allgemein bekannte, über ein Vierteljahrhundert bei Herrn Dr. Ludwig Bauſek bedienſtet geweſene Privatbeamte Herr Alexander Schmidtganz im 73. Lebensjahre.

Bürgermeiſter Dr. Trenner

iſt ſeit Freitag nach achttägiger Abweſenheit vom balneo - logiſchen Kongreß in Dresden zurückgekehrt und hat die Leitung der Amtsgeſchäfte wieder übernommen.

An der demnächſt ſtattfindenden Automobil-Ausſtellung in Wien,

welche eine ſehr intereſſante zu werden verrſpricht, wird ſich

beſucht und die reparaturen und andere Badbedürf - niſſen koſten ſoviel, daß faſt mehr aufgeht als ein - kommt , ſo erfloß am 4. September 1743 die Hof - und Wahlreſolution, worin für dieſes Bad als Taxe für Einmal Baden 12 kr. feſtgeſetzt wurde.

Das Neubad oder das damals ſogenannte Rohr - badl am Anger vor der Frauenkirche, gehört der Stadt Baden laut Vergleich mit den P. P. Auguſtinern.

Denen Juden, ſie möchten noch ſo vornehm ſeyn, iſt ſonſt in keinem andern Baad zu baaden erlaubet, und hat jeder Jud vor einmahl Baaden 6 kr., ein Chriſt aber nur 2 kr., ein Chriſtkind 1 kr. zu bezalen; es pflegen aber von denen Chriſten nur Gemeine Leuth und Herrſchaftsbediente in dieſem Baad zu baaden.

Joſephsbad iſt ein altes zur Stadt Baaden ge - höriges, ohnweit obigen Neubaadts gelegenes Baad; wie es zur Stadt Baden gekommen, kann man nicht angeben, weilen keine gar alten documenta vorhanden. Wird meiſtens vom gemeinen Bürger-Stand beſucht, man be - zahlt gewöhnlich 5 kr., jedoch Bürger von Baden, deren Weiber und Kinder genieſſen es nach altem privilegium gratis. Dieſe 3 Bäder ſtehen unter einem Badmeiſter, dem die Baddiener täglich das eingehende Geld abfüh - ren, der auch die Bäder überwacht. Er hat Beſoldung jährlich 24 fl. Die 2 Badediener im Frauen - und Jo - ſephsbad haben vor das Baad ſaubern jährlich 26 fl., im Neubad aber 10 fl. Zufolge kaiſerlicher Reſolu - tion bezieht von dieſen Badgefällen 2 Drittel das Kammeramt; das andere Drittel kommt in’s corbulum (zur Verteilung an den Stadtſchreiber uud den inneren Rat beſtimmtes Geld) für den Magiſtrat. Von dem Badgefäll im Winter bekommen Vorgeher, Käm - merer und Badmeiſter 2 Drittel.

1766 verbot die Kaiſerin Maria Thereſia das Baden von Frauen im Joſefsbade, weil dort die Geiſtlichkeit mit Vorliebe badete, doch wurde das Verbot 1799 wieder aufgehoben.

Im Jahre 1766 badete die Kaiſerin Maria Joſefa, Gemahlin Joſefs II., vier Wochen hindurch im Frauenbad. Von dem Auguſtinerkloſter, wo ſie wohnte, wurde ein hölzerner Gang zur Verbindung mit dem Frauenbad gebaut. (Wahrſcheinlich war der von Leopold I. benützte 1714 abgebrannt.) In ausführlicher Weiſe berichtet das Gedenkbuch, wie die Kaiſerin die Zeit ihres Aufenthaltes verbrachte. Jeder Tag war einem Beſuche, einer Beſichtigung gewidmet, was für die kränkliche Kaiſerin, die im darauffolgendem Jahre ſtarb, ſehr anſtrengend war. Ihre Ausdauer bei der Erfüllung ihrer Repräſentationspflichten verdient unſere volle Bewunderung.

Als die Kaiſerin in Begleitung der verwitweten Kaiſerin Maria Thereſia am 7. Juni 1766 in Baden anlangte, wurde ſie beim Wienertore vom Badener Magiſtrate mit Trompeten - und Paukenſchall empfangen. Die Bürgerſchaft machte Spalier. Am nächſten Tage beſuchte die Kaiſerin um 7 Uhr morgens das Frauen - bad, wo ſie eine Stunde verweilte. Nachmittags be - gab ſie ſich zu Fuß in den Kupferſchmiedgarten, der wegen ſeiner Waſſerkünſte eine Sehenswürdigkeit Badens bildete. Wie in Hellbrunn bei Salzburg gab es daſelbſt nebſt verſchiedenen vom Waſſer getriebenen Figuren auch Vexierwäſſer, welche plötzlich aus der Erde ſprangen und den Zuſchauer beſpritzten. Der Garten lag zwiſchen der jetzigen Beethoven - und Alleegaſſe und gehörte damals zum Hauſe Nr. 10 in der Rathausgaſſe. Jetzt gehört er zum Hauſe Nr. 10 in der Beethovengaſſe (Beſitzer Herr Wedorn) da der große Grund ſpäter geteilt wurde.

Am 27. Juni beſuchte die Kaiſerin ebenfalls zu Fuß den Gutenbrunner Schloßgarten und wurde von dem Eigentümer Herrn von Reichmann mit Pauken - und Trompetenſchall empfangen. Am 28. wohnte ſie der Teutschen Comoedie bei; die Bühne dürfte ſich damals beim Herzogbad befunden haben.

auch die hieſige Kurkommiſſion durch einige hübſche Anſichten, aus dem Atelier des Herrn Schieſtl ſtammend, und ſtatiſtiſche Tafeln beteiligen, welche Gegenſtände übrigens auch für eine Ausſtellung in Bukareſt beſtimmt ſind.

Der Landesverband für Fremden - verkehr in Niederöſterreich

beabſichtigt, in der heurigen Saiſon auch einige Ausflüge nach Baden und Umgebung zu veranſtalten und haben ſich dies - bezüglich bereits der Vorſtand der hieſigen Sektion des Touriſtenklubs Herr Prof. Juſt und Vizebürger - meiſter Bruſatti demſelben als Führer, und zwar erſterer für das Gebiet Eiſernes Tor , letzterer für die Stadt Baden zur Verfügung geſtellt.

Von Hermann Rolletts Nachlaß.

Ein in deſſem Nachlaßvorhanden geweſenes druckfertiges Lexikon der Edelſteinſchneider vom Cinquecento bis zur Gegenwart wurde ſeitens des großangelegten Allgemeinen Künſtlerle[x]ikons in Leipzig zu günſtigen Bedingungen erworben. Rollett, der bekantlich zu den wenigen Spezialiſten im Fache der Gemmenkunde gehörte, hat an dieſem ziemlich umfangreichen Werke jahrzehntelang mit unermüdlicher Ausdauer gearbeitet und noch in den letzten Monaten ſeines Lebens Nach - träge und Verbeſſerungen verzeichnet. Das Lexikon enthält nebſt der Biographie und der detaillierten Anführung der glyptiſchen Werke jedes Künſtlers reiche Literaturnachweiſe.

Bald wird der Tag ſich jähren,

da uns der beliebte Meiſter Komzak auf ſo tragiſche Art entriſſen wurde. Es wurde da ein Denkmalfond gegründet und es ſind, ſpärlich zwar, einige Gelder eingefloſſen. Doch jetzt ſcheint alles zum Stillſtand gekommen zu ſein und nicht mit Unrecht fragen manche Spender, was denn eigentlich geſchehen ſoll. Man muß weiter ſammeln und man ſollte doch hoffen können, daß neuerliche Aufrufe das Re[ſ]ultat des Sammelns beſſern werden. Hatte doch der Verſtorbene ſo viele Verehrer und Gönner und Freunde, daß es faſt unglaublich klingt, daß das anfangs ſo vielver - ſprechende Unternehmen jetzt gänzlich ins Stocken geraten iſt.

Die Pflaſterung der Neugaſſe mit dem Keramitpflaſter

hat begonnen, nachdem nun die zweite Legung der Tramwaygeleiſe beendigt iſt. Im Laufe des Frühjahres ſoll dann auch die Pflaſterung des vor dem Bahnhofgebäude liegenden Platzes mit dem gleichen Materiale vor ſich gehen und gleichzeitig hinter dem rechtsſeitigen Garten - boskette ein elegantes Häuschen für gewiſſe Bedürf - niſſe errichtet werden.

Eine Kunſtausſtellung in Baden.

Wie bereits gemeldet, findet in der Zeit vom 8. bis 22. April im Kurhauſe eine Kunſtausſtellung ſtatt, an der ſich Künſtler und Dilettanten, die in Baden wohnen oder zu Baden in einer näheren Beziehung ſtehen, beteiligen ſollen und welche Vertreter der Malerei, Schwarzkunſt und Plaſtik, ſowie auch Studien und Skizzen enthalten wird. Das Komitee, an deſſen Spitze die Herren Bezirkskommiſſär Bruno Ritter v. Rainer, Maler Guſtav Lautenſchläger, Ar - chitekt Hugo Zimmermann und Prof. Dr. Hans Jülg ſtehen, verſendet ſoeben einen diesbezüglichen Aufruf. Anmeldungen werden bis 28. März entgegen - genommen. Der Einſendungstermin wurde auf die Zeit vom 31. d. M. bis 2. April feſtgeſetzt.

Legat für die Armen.

Herr Jakob Trottmann hat laut teſtamentariſcher Verfügung der am 11. d. M. verſtorbenen Privaten Frau Mag - dalena Dorn dem Bürgermeiſter den Betrag von 100 K für die Armen Badens übergeben.

Mit eigener Lebensgefahr.

Ver - floſſenen Freitag gingen die Pferde eines zwei - ſpännigen Wagens, auf dem mehrere Kinder ſaßen. ohne Kutſcher plötzlich von der oberen Palffygaſſe aus durch und raſten gegen den Bahnhofplatz zu. Ein von da aus kommender Bahnbedienſteter lief den Pferden entgegen und brachte dieſelben mit eigener Lebensgefahr beim Fiſcher’ſchen Hauſe zum Stehen.

Der Hausbeſitzerverein

veranſtaltet am Freitag, den 16. d. M., abends 8 Uhr, im Hotel Bruſatti einen Vortragsabend. Sprechen werden Herr Dr. G. Lantin Ueber die Notwendigkeit des Arena-Neubaues und Herr Architekt Rudolf Krausz über den Arena-Neubau ſelbſt mit Darſtellung und Erläuterung der Baupläne. Gäſte ſind ſehr willkommen. Der Eintritt iſt frei.

Einſamgeſtorben.

Der in einem hieſigen Hotel wohnhaft geweſene Kurgaſt Dr. Otto Frank - furter wurde am 12. d. M., vormittags, in ſeinem Zimmer, auf einem Seſſel ſitzend, tot aufgefunden. Ein Herzſchlag hatte ſeinem Leben ein Ende bereitet.

Der Wetterſturz,

den uns die letzten Tage brachten, dehnt ſich über ganz Mittel - und4Mittwoch Badener Zeitung 14. März 1906. Nr. 21. Nordeuropa aus und iſt mit merkwürdigen Er - ſcheinungen verbunden. Warme Luftſtrömungen mit Gewitterbildung und Platzregen wechſeln mit Schnee - treiben bei heftigem Sturmwinde. Aber nicht Schnee - flocken treiben ſich in der Luft, ſondern kugelig ge - formter Griesſchnee, der bei Sonnenſchein raſch wieder zergeht. Wie lange die Unruhe in der Atmoſphäre noch andauern kann, läßt ſich nicht vorausſagen, da auch der Luftdruck eine Unbeſtändigkeit aufweiſt, die alle Wetterpropheten zur Verzweiflung bringen muß. Wenn nur ſchon bald die Laubfröſche ihr Amt an - treten möchten!

Für die aus der Haft entlaſſene Köchin Maria Zipſia,

deren Schickſal wir in unſerer letzten Nummer ſchilderten, ſind bisher 3 Kr. bei uns eingegangen. Es wäre wünſchenswert, wenn der bedauernswerten Perſon in wirkſamer Weiſe durch Spenden unter die Arme gegriffen würde.

Roſeger-Vorleſung,

veranſtaltet am Sonntag, 10. März 1906, von H. Morawitz. Badens Edelbild! Obzwar der Abend zugunſten des Ver - ſchönerungsvereines gedacht war, zeigten ſich um 8 Uhr abends kaum 50 52 Gäſte. Und das Programm war ſo reichhaltig! Eine beklemmende Leere breitete ſich über dem Saale könnte man in beliebtem Romanſtile ſchreiben (denn ſagen dürfte man es ungeſtraft nicht!) und die meiſten Nummern mußten in Anbetracht der ſchlechten Be - teiligung abgeſetzt werden! Das was geboten wurde, war ja tatſächlich ausgeſucht gut; daß aber Badner, die die Ausſchmückung ihrer Stadt doch fördern, dem ohnehin ſehr in Anſpruch genommenen Verſchöner - ungsverein tatſächlich Hilfe leiſten ſollten, ſich von tüchtigen Veranſtaltungen trotzig fern halten, das iſt kein trauriges Zeichen der Zeit, aber ein testi - monium paupertatis in geiſtiger und geſell - ſchaftlicher Beziehung! Geſellſchaft, ja im Geſellenhauſe in der Valeriegaſſe, wo Herr Profeſſor Kemmeter, ein Tiroler nebenbei, einen ſalbungs - vollen Vortrag hielt, wars ſteckvoll! Wo demnach Baden ſeinen Vorteil hat, iſt ſehr erſichtlich: dort, wo es nicht ſein ſoll! Ein Paradoxon, das bei uns leider ſtets paradiert!

Vortrags-Zyklus im März.

Von den Vorträgen, welche der Verein für erweiterte Frauenbildung und Frauenberufe an den 5 Donners - tagen dieſes Monats veranſtaltet, haben nunmehr die beiden erſten ſtattgefunden. Am 1. d. M. teilte Frau Ottilie Bondy maucherlei Wiſſenswertes aus Ma - rokko und China mit, nebſt zwei fein pſychologiſchen, frei nacherzählten Skizzen. Am 8. d. M. entwarf Frau Marianne Hainiſch ein anziehendes Bild der Kaiſerin Maria Thereſia als Regentin, Gattin und Mutter, welches bei den Zuhörern größtes Inter - eſſe erregte. Die beiden in den Wiener Geſellſchafts - kreiſen hochgeſchätzten, im Mittelpunkt der Frauen - bewegung auf geiſtigem und häuslichem Gebiete ſtehenden Damen, haben in liebenswürdigſter Weiſe dem Rufe nach Baden Folge geleiſtet, und am nächſten Donnerstag, den 15. d. M., wird die Schriftſtellerin und zweite Vizepräſidentin des Vereines der Schrift - ſtellerinnen und Künſtlerinnen in Wien, Fräulein Helene Migerka, einige ihrer humorvollen, geiſt - voll ironiſierenden Skizzen und Gedichte vorleſen. Es iſt freudig zu begrüßen, daß Baden auf dieſe Weiſe mit dem Wiener Geiſtesleben in Fühlung kommt und herzlich zu wünſchen, daß das Intereſſe dafür in weiteren Kreiſen Wurzeln ſchlägt.

Zur Bequemlichkeit des p. t. Pub - likums

von Baden und Umgebung hat die Feuer - verſicherung North British in Wien bei Herrn Th. König, Bauglaſer (Weilburgſtraße Nr. 3) eine Vertretung errichtet.

Deutſcher Schulverein.

In der Sitzung des engeren Ausſchuſſes vom 7. d. M. wurde der Gemeinde Groſſau, der ſtädt. Sparkaſſe Weipert, dem Männer-Geſangverein in Bladowitz, der deutſchen Tafelrunde in Waizenkirchen und der Poſtgeſellſchaft in Neudek für gewidmete Beiträge und Spenden, ferner der Frauenortsgruppe Auſſig für einen nam - haften Ballertrag der geziemende Dank ausgeſprochen. Der Anfall eines Legates nach Herrn Joſef Heiden - reich in Mähr. -Neuſtadt wurde zur Kenntnis ge - nommen. Aus dem Jubelfonde wurden Bauſubven - tionen gewährt für den Schulbau in St. Niklas, für die Schule in Dreihöf und für den Bau eines deutſchen Studentenheims in Gottſchee. Außerdem wurden die Mittel zum Anbau des Kindergartens in Luttenberg und zum Umbau der Schule in Süßenberg aus dieſem Fonde ſichergeſtellt. Für Prävali wurde ein Kinder - garten-Erhaltungsbeitrag und für Leimgruben ein Beitrag für den Schulgarten bewilligt. Dann ge -langten Angelegenheiten der Vereinsanſtalten Lipnik, Neudorf und R. -Sauerbrunn zur Beratung und Er - ledigung.

Warnung.

Der bekannte natürliche Krondorfer Sauerbrunn wird häufig mit ähnliche Namen habenden, bedeu - tend minderwertigen, künſtlichen Sauerbrunnen verwechſelt, da - her das p. t. Publikum aufmerkſam gemacht wird, ſtets aus - drücklich Krondorfer Sauerbrunn zu verlangen. Der Kron - dorfer wird keiner künſtlichen Manipulation unterzogen, ſondern direkt an der Quelle gefüllt und in den Handel gebracht. Vor - kommende Nachahmungen weiſe man zurück.

Chemiſches Laboratorium behördlich autoriſtert 105 Dr. phil. Oscar Riemer, Stadtchemiker Baden, Palffygaſſe Nr. 25. Annahme von Analyſen aller Art, wie: Waſſer, Bau - und Brennmaterialien. Chemiſche, mikro - ſkopiſche und bakteriologiſche Unterſuchungen von Harn, Sputum u. ſonſtigen Sekreten u. Exkreten.

Vergnügungs-Anzeiger.

Konzerte, Vorträge, Verſammlungen ꝛc.

werden, ſofern uns davon Mitteilung gemacht wird, unentgeltlich veröffentlicht. (Verſchieben oder gänzliches Abſagen bitten wir in unſerer Redaktion anzuzeigen.

  • 14. März: Generalverſammlung der Badener Schützengeſell - ſchaft in Kerſchbaums Gaſthaus um 10 Uhr vormittags.
  • 15. März: Hausball in Jakob Brnnner’s Saallokalitäten ([M]ühlgaſſe 27.)
  • 17. März: Naturwiſſenſchaftlicher Vortrag des Herrn phil. W. Hermann (Geſellſchaft der Naturfreunde in Stutt - gart) in Brſatti’s Hotel.
  • 18. März: Generalverſammlung des Vorſchuß - und Kredit - Vereines Baden im Lokale der Anſtalt. Beginn 9 Uhr vorm.
  • 19. März: Familienabend des Bundes öſterr. Gaſtgewerbe - ange[ſt]ellter in Schwanke’s Reſtauration (Franzensſtraße.)
  • 8. 22. April: Ausſtellung von Gemälden und Werken der bildenden Kunſt im Kurhauſe in Baden.
  • 15. Oktober: Ausſtellung von Lehrlingsarbeiten der Ge - werbegenoſſenſchaften Baden, Mödling und des Gerichts - bezirkes Lieſing im Kurhauſe in Baden.
  • Außerdem jeden Sonn - und Feiertag Konzert der Kapelle Fuchs in Novelli’s Hotel zum goldenen Hirſchen in Baden.

Kunſtwart-Ecke. Geleitet vom Dürerverein Baden bei Wien.

An die Badener Amateurphotographen.

Die Satzungen für eine Vereinigung für Lichtbildner - kunſt wurden vor kurzem der k. k. Statthalterei überreicht. Dieſer Vereinigung, welche im Rahmen des Dürervereines gegründet werden ſoll, können auch Perſonen, welche nicht dieſem Vereine angehören, beitreten und zahlen einen Jahresbeitrag von 6 Kr. nebſt einer Eventualgebühr für die Benützung der Dunkelkammer von jährlich höchſtens 6 Kr. (Dürer - vereinsmitglieder 4 Kr.) Die Dunkelkammer wird allen Anforderungen entſprechend eingerichtet werden und auch Raum zur Herſtellung von Vergrößerungen haben. Anmeldungen werden ſchon jetzt von Herrn Ant. Schieſtl, Baden, Pfarrplatz, entgegengenommen und daſelbſt auch nähere Auskünfte erteilt.

Dürervereinsabend.

Nachdem allem An - ſcheine nach des Winters Herrſchaft gebrochen, will der Dürerverein an einem intimen Vereinsabende nochmals Winters Freuden und Leiden in Wort und Bild, Muſik und Geſang darzuſtellen verſuchen. Dieſem erſten Verſuch dieſer Art ſoll ein zweiter, Frühlingsluſt , folgen. Die Schwierigkeiten eines derartigen Unternehmens ſind ſo bedeutend, daß nur ein zahlreicher Beſuch dieſer Veranſtaltungen für die darauf verwendete Mühe entſchädigen könnte. Mit dieſen beiden Veranſtaltungen ſchließt der Verein ſeine diesbezügliche Tätigkeit. Nur im Sommer ſoll zum 300. Gedächtnistage Rembrandts ein Lichtbilder - vortrag über dieſen Meiſter ſtattfinden, worüber näheres noch mitgeteilt werden ſoll.

Ein Lechner’ſches Skioptikon.

Der Dürer - verein in Baden iſt in der Lage, ein ſolches Skiop - tikon größter Sorte ſamt Projektionsleinwand den p. t. Vereinen leihweiſe zur Verfügung zu ſtellen. Die Leihgebühr beträgt für Vereine, welche dem Dürerverein als Mitglied angehören 10 Kr. (Dia - poſitive ſchwarz 25, koloriert 40 Heller), für andere Vereine 30 Kr. (Diapoſitive ſchwarz 30, koloriert 50 Heller.) Vereine, welche ſich über die anderen,im Falle ihres Beitrittes zum Dürervereine, ihnen und ihren Mitgliedern gewährten Begünſtigungen informieren wollen, erfahren näheres auf eine dies - bezügliche Anfrage brieflich.

Korreſpondenzen. [[Ei]genberichte der Badener Zeitung .]

Gumpoldskirchen.

(Zu den Ausſchnß-Wahlen.)

Der Weinverkauf per Faß oder Gebind geht ſeit der ameri - kaniſchen Rebveredlung ſehr wenig, weil die Gaſtwirte während der Verwüſtung der Weingärten ſich an andere Einkauſsquellen wenden mußten und ſelten ein Weinlager beſitzen, nachdem ſie jede Quantität und Qualität vom Weinhändler erhalten. Um den Ruf eines guten Weines zu erhalten und den Weinabſatz zu fördern, hat der hieſige Gemeindeausſchuß eine Weinkontroll - Kommiſſion gegründet, welche den Zweck hat, den Käufern jederzeit guten Wein empfehlen zu können. Trotz allen dem hebt ſich der Weinverkauf im Gebiud nicht. Wohl um den Wein an den Wiener Rathauskeller zu verkaufen, ſind alle Hauer Anhänger der Lueger-Partei. Aber hier verkaufen im Herbſte auch nur die reichen Hauer, die kleinen Hauer müſſen leutgeben. Um nun den Gebindeverkauf zu heben, wurde der Ruf nach einem Genoſſenſchafts -, reſp. Rathauskeller laut. Die Wogen gingen diesbezüglich hoch. Die Löſung des Für und Wider wollte und konnte nicht ſpruchreif werden. Endlich entſchloß man ſich für einen Rathauskeller. Der alte Gemeindeausſchuß wollte aber die Verantwortung nicht übernehmen, und da ohnehin im Sommer eine Neuwahl hätte ſtattfinden müſſen, hatten alle Mitglieder ihre Stelle niedergelegt. Die Wahlen fanden auch am 4., 5., 7., und 8. d. M. ſtatt. In Gumpolds - kirchen wurden aber ſeit jeher die Ausſchuß-Mandate in der Verwandtſchaft vergeben; und wenn hie und da ein anderer Ureinwohner in den Gemeindeausſchuß hinein kam, ſo war das nur eine Gnade und derſelbe war nur ein geduldetes Mitglied. Ferner war hier der Grundſatz, daß nur Hauer das Recht haben, über das Wohl und Wehe zu beraten. Geſchäftsleute, Beamte, Lehrer verſtehen vom Weinbaue nichts, und daher gehören ſie auch nicht in den Ausſchuß. Auch heuer hat das unſichtbare Wahlkomitee prinzipiell jedem Fremden ein Ausſchuß-Mandat abgeſprochen. Daß das Wahlkomitee nur geheime Verſammlungen keine allgemeine öffentliche Ver - ſammlung abhielt und keinem Fremden ein Vertrauen ge - ſchenkt hat, bat ſich gerächt. Die erſten, welche gegen dieſe geheime Politik ſich gewehrt haben, waren die Arbeiter. Dieſe haben am Vorabende des Wahltages im vierten Wahlkörper am 3. d. M. eine öffentliche, allgemeine Wählerverſammlung im Schabl’s Gaſthauſe einberufen. Dieſe Verſammlung war von über 200 Perſonen beſucht. Der Referent, Arbeiterführer Bretſchneider aus Wien, erörterte die Mängel der neuen Gemeindewahlordnung. Zum Schluſſe dieſer Verſammlung wurden folgende Kandidaten für den vierten Wahlkörper auf - geſtellt: 1. Anton Wagner, Privatier und Bürgermeiſter; 2. Johann Bauer, Südbahn-Bedienſteter (Sozialdemokrat). Alle 200 Perſonen haben die Kandidatur der Männer ange - nommen; aber gewählt wurde Herr Anton Wagner. Am Sonntag, den 4. d. M. haben die Beamten eine öffentliche Wählerverſammlung des zweiten Wahlkörpers einberufen, in welcher ein Beamter und ein Lehrer als Kandidat nominiert wurden. Ferner haben aber die Beamten auch Hauer und Ge - werbetreibende als ihre Kandidaten für den Ausſchuß aufge - ſtellt. Der dritte Wahlkörper, in welchem nur Weingarten - beſitzer ſind, war durch verſchiedene geheime Sitzungen derart zerſplittert, daß drei Gruppen ſich gebildet haben. Der erſte Wahlkörper hat am Vorabende der Wahl eine endgiltige Be - ſprechung abgehalten und ſich dahin geeinigt, daß diesmal unbedingt auch Geſchäftsleute in den Ausſchnß kommen müſſen. Infolge dieſer hochgehenden Wogen ſind diesmal Männer in den Gemeindeausſchuß gekommen, an die niemand gedacht hat, daß dies in Gumpoldskirchen je einmal ſein könnte. Der Pacht und die Erbſchaft der Ausſchuß-Mandate war da - mit gebrochen. Die Fremden haben gezeigt, daß ſie etwas können, wenn ſie ſich feſt vereinen. Die neugewählten Mit - glieder vom Gewerbe - und Beamtenſtande werden für die Ver - breitung des guten Rufes von dem ſchönen Gumpoldskirchen und deſſen guten Tropfen mehr leiſten, als die Weingarten - beſitzer ſelbſt. Dieſe Männer werden dem Weinbaue gewiß keinen Schaden bringen, ſondern Nutzen. Auch werden dieſelben beſtimmt das Gemeiudevermögen eben ſo gut verwalten, weil ſie aus Erfahrung wiſſen, wie ſchwer es iſt, ſich nicht nur eine Einnahme zu verſchaffen, ſondern auch ſich dieſelbe zu erhalten. Es wird in das altehrwürdige Rathaus ein neuer Geiſt einziehen. Der neue Bürgermeiſter wird mit den Kollegen ebenſo gut, vielleicht noch beſſer arbeiten, weil der Zopf ab - geſchnitten iſt. Nicht unerwähnt kann es bleiben, daß dieſe Wahl gezeigt hat, daß die Intelligenz und der Fortſchritt ſich nicht aufhalten laſſen. Es iſt manchmal wohl ſehr lange finſter, aber endlich dringt das Licht der Sonne durch und zerreißt den dichten Nebel, welcher vor den Augen des Volkes liegt. Das chriſtlichſoziale Gumpoldskirchen hat einen Sozial - demokraten als Erſatzmann im Gemeindeausſchnſſe. Der neugewählte Gemeindeausſchuß wird aus 12 Weingartenbeſitzern, 2 Fabriksbeſitzern, 1 Kaufmann, 1 Bäckermeiſter, 2 Eiſenbahn - beamten, 1 Lehrer und 1 Privatier beſtehen. Gewählt wurden im vierten Wahlkörper: Anton Wagner, Privatier; Gregor Freiſinger, Hauer; Erſatzmaun: Heinrich Spitzer, Hauer; im dritten Wahlkörper: Gottfried Bammer, Franz Faſeth, Joſef Freudorfer, Gottfried Hoſer, Joſef Nöſt, Friedrich Vogt, ſämtliche Hauer; Erſotzmänner: Georg Freu - dorfer, Albrecht Steßl, Friedrich Taufratshofer, ſämt - liche Hauer; im zweiten Wahlkörper: Johann Aigner, Albrecht Faſeth, Johann Grill, ſämtliche Hauer; Arnold Kubarth, Offizial der Südbahn; Ferdinand Rieger, Hauer; Cajetan Schellmann, Lehrer; Erſatzmänner: Franz Taufratshofer, Adjunkt der Südbahn; Friedrich Weiß, Hauer; Joſef Weiß, Fleiſchhauer; im erſten Wahlkörper: Joſef Gallhuber, Hauer; Richard Klinger, Fabriks - beſitzer; Richard Grill, Kaufmann; Friedrich Holocher, Eſſigfabrikant; Franz Pechtold, Bäckermeiſter; Karl Seitz, Inſpektor der öſterr. -ung. Eiſenbahngeſellſchaft; Erſatzmänner: Johann Bauer, Südbahnbedienſteter; Johann Mayer, Hauer; Franz Schabl, Gaſtwirt.

5Nr. 21. Mittwoch Badener Zeitung 14 März 1906.

Mödling.

(Begräbnis.)

Am 9. d. M. fand das Leichenbegängnis der Witwe des Ober-In[g]enieurs Novak, Frau Antonie Novak, ſtatt. An der Trauerfeier beteiligten ſich zahlreiche Angehörige ſowie Freunde der Familie.

(Der Streik)

unter der Kaiſer’ſchen Arbeiterſchaft dauert weiter an. Nachdem in den letzten Tagen die ſoge - nannten Streikpoſten wieder abgeſchafft worden waren, ſand am 10. d. M. unter dem Vorſitze Korineks wieder eine Verſammlung ſtatt, in welcher J. Frankl unter großem Beifall über den derzeitigen Stand des Streikes ſprach, worauf Korinek die Anweſenden aufforderte, im Ausſtand zu verbleiben.

(Die Ortsgruppe Mödling)

des Vereines Die Naturfreunde in Wien macht bekannt, daß ſie von nun ab an jedem Sonn - und Feiertage Ausflüge in die reizende Um - gebung Mödlings verauſtalten wird. Am 24. d. M. veranſtaltet dieſe Ortsgruppe hier ihr erſtes Touriſtenkränzchen.

(Die freiw. Feuerwehr)

hat ihren Jahresbericht vorgelegt, dem wir folgendes entnehmen: Der Verein hat be - reits eine 38jährige Tätigkeit hinter ſich. Die im vorigen Jahre durch Reſignation des Herrn Leopold Mayer freige - wordene Stelle eines Hauptmann-Stellvertreters iſt bis nun unbeſetzt geblieben. Der Verein zählt bis heute 94 aktive Mit - glieder, u. zw. 30 Steiger, 43 Spritzenmänner und 21 Schutz - rottenmitglieder, weiters 14 Ehren - und 650 beitragende Mit - glieder. An Stelle des Gebäudes der Verpflegsſtation in der Neuſiedlerſtraße ſoll ein zwei Stock hohes Requiſitenhaus ſamt Wohnungen erbaut werden. Die Feuerwehr beſitzt in Mödling 8 Telephonſtellen, ferner 23 bei Mitgliedern angebrachte Alarm-Signalglocken, ſo daß im ganzen 31 Alarm-Signale beſtehen. Die Feuerwehr mußte im vergangenen Jahre neun - mal ausrücken. Der Verein beſitzt dermalen 20 Mitglieder, welche dem Vereine 25 Jahre angehören. Die Einnahmen des Vereines betrugen im abgelaufenen Jahre 5409.89 Kr., die Ausgaben 5149·15 Kr. Die bedeutendſte Einnahmepoſt betrugen die Jahresbeiträge der unterſtützenden Mitglieder per 2553.80 Kr., die größte Ausgabepoſt 3014·12 Kr. für gelieferte Geräte durch die Firma Knauft. Für heuer wurde die Aufchaffung einer 22 Meter hohen Schiebleiter um den Betrag von 7000 Kr. beſchloſſen. Derzeit iſt F. Nacke Hauptmann und Leopold Deiſenhofer deſſen Stellvertreter.

(Die 37. Vollverſammlung des Schützenver - eines)

findet am 22. d. M., um 5 Uhr nachmittags, im Hotel Nitſch ſtatt.

(Vortrag.)

Am 19. d. M wird Herr Dr. Weſtreiter aus Wien im Hotel [K]aiſer von Oeſterreich einen Vortrag über Kaltwaſſerbehandlung nach Kneipp’ſchem Syſtem abhalten.

(Zu Ehren des Dichters Stefan Milow),

der ſeit Jahren in Mödling wohnt und hier auch vor wenigen Tagen ſeinen 70. Geburtstag feierte, ſind von vielen Seiten Drahtgrüße und Blumenſpenden eingelangt. Unter den Gratu - lanten befanden ſich auch Exzellenz v. Bienerth, Ferdinand von Saar und viele andere. Es wurde, da ſich ſo zahlreiche Glückwünſche aus nah und fern gemeldet hatten, dieſer 70. Geburtstag ſomit zu einem denkwürdigen Tage für den Ju - bilar. Milows Werke zeichnen ſich, wie bekannt, nicht bloß durch Gedankenreichtum, ſondern auch durch die ſchöne Form und reine Sprache aus.

(Witternngswechſel.)

Am Samstag, dem kalender - mäßigen Tage der vierzig Märtyrer , trat hier ein gewaltiger Schneeſturm ein, der trotz ſeiner nur halbſtündigen Dauer alles in Weiß hüllte. Die Temperatur kühlte ſich merklich ab, nnd an einzelnen Stellen blieb der Schnee auch liegen. Später trat wieder die Sonne ihre Herrſchaft an, allein die Luft blieb raub und nachts tobte neuerdings ein gewaltiger Sturm. Gegen 10 Uhr ab[e]nds wurden infolge des Windes die vor einem Hauſe poſtierten Pferde eines Fiakerwagens plötzlich ſcheu und raſten mit dem Fahrzeug durch die ganze Hauptſtraße, ohne glücklicherweiſe jemanden zu verletzen. Es wurden auch von mehreren Seiten durch beherzte Männer Verſuche gemacht, die Tiere in ihrem raſenden Laufe aufzuhalten. Jedoch vergebens. Was die ſcheuen Pferde auf ihrem weiten Weg etwa niederge - ſtürmt haben, iſt noch nicht bekannt. Der Sonntag brachte wieder milderes Wetter und einen Maſſenbeſuch aus Wien, der ſich an dem raſchen Fortſchreiten der Frühlingsvegetation er - götzte. Alles kehrte, mit Küchenſchellen reichlich verſehen, heim, und die Umgebung des Anningers gewährte wieder ein äußerſt lebhaftes Bild.

Vöslau.

(Generalverſammlung des deutſchen Schulvereines, Ortsgruppe Vöslau.)

Die am 10. d. M. in Witzmanns Hotel ſtattgefundene Verſammlung war nicht zahlreich beſucht, da gleichzeitig andere Veranſtal - tungen eine Anzahl Mitglieder ferne hielten. Der Schriftführer Herr Malik brachte den Jahresbericht zur Verleſung, der gleichzeitig das Wirken des Geſamtvereines in den Hauptzügen wiedergab, und ſprach nicht nur der Gemei[n]devertretung mit Herrn Bürgermeiſter Reiter, ſondern auch dem Turn - und Geſangvereine für deren tatkräftige Unterſtützung anläßlich des 25jährigen Inbelfeſtes den Dank des Vereines aus. Aus dem Kaſſaberichte des Herrn Iskat iſt die beſonders wichtige Tat - ſache feſtzuſetzen, daß die Ortsgruppe Vöslau im abgelaufeneu Vereinsjahre 532·78 K an die Hauptkaſſe abgeführt hat, welche Summe ſich[t]eils aus Mitgliederbeiträgen, teils aus dem Reinerträgniſſe des Feſtes (211 K) und einer Spende der Ge - meinde (100 K) zuſammenſetzt. Dem Kaſſier wurde, nachdem die Herren Feichtinger und Hauſenberger den Bericht geprüft und in vollſter Ordnung befunden hatten, die Ent - laſtung erteilt und ihm von dem Obmanne des Vereines, Herrn Bürgermeiſter Reiter, für ſeine unermüdliche Tätigkeit der Dank der Verſammlung ausgeſprochen, da es hauptſächlich ſein Verdienſt ſei, wenn die Ortsgruppe au Zahl der Mitglieder ſtets vorwärtsſchreite. Schließlich wurde die frühere Vereins - leitung wiedergewählt.

(Proteſt.)

Die hieſige Gemeindevertretung hat laut Sitzungsbeſchluß vom 8. d. M. einen energiſchen Proteſt gegen die neue Wahlkreiseinteilung an die Regierung geleitet.

Leobersdorf.

(Abſchiedsabend.)

Zu Ehren des Herrn Oberförſters J. Schicho, bei Freiherrn Nathaniel von Rothſchild in Enzesfelg, der nun in den wohlverdienten Ruhe - ſtand getreten, wurde von den Jagdgäſten in der Bahuhofre - ſtauration in Leobersdorf ein feuchtfröhlicher Abend veranſtaltet, bei welchem es hoch herging. Die Herren Zagler, Cachee uud Ritter v. Löthi hielten zum Teile ſehr launige Reden, in welchen der Gefeierte als echter und rechter Weidmann und als trefflicher Schütze geſeiert wurde. An dieſem Abende wurde Herrn Schicho eine von den Jagdgäſten geſpendete, ſehr fein ausgearbeitete Hubertus-Statuette aus Bronze als Ehrengabe überreicht. Von der vorzüglichen Küche und dem guten Tropfen,beziehw. Litern des Reſtaurateurs Köller waren alle Gäſte hoch entzückt; daber herrſchte eine fröhliche Stimmung, ſo daß die Letzten erſt beim Morgengrauen heimwärts gingen.

Theater.

Stadttheater in Baden.

Freitag, den 9. d. M., Wohltätigkeits-Vorſtellung zugunſten des Kaiſerin Eliſabeth-Künſtlerheimes unter gefälliger Mitwirkung der Frau Klementine Sukfüll (Rafael): Die Kreuzelſchreiber .

Dank der Liebenswürdigkeit der Frau Klemen - tine Sukfüll-Rafael, welche bereitwilligſt in Anbetracht des edlen Zweckes ihre Mitwirkung zu - geſagt und ſich dadurch, wie vorauszuſehen, wieder als bedeutende Zugkraft erwieſen, dürfte der Ver - waltung des Künſtlerheimes ein ganz nettes Sümmchen zugeführt werden, umſomehr, als trotz der erhöhten Preiſe im ganzen Hauſe nicht ein leeres Plätzchen aufzutreiben geweſen wäre. Die liebenswürdige Gaſtin, die kein Geringerer als Anzengruber ſelbſt als eine der beſten Interpretin ſeiner Typen bezeichnete, gab die reſolute Bäuerin Sepherl vom gelben Hof mit ſolcher natürlicher Anmut und Humor, daß das Haus, das heute völlig einem theatre parée glich, in Ent - zücken geriet und der Schauſpielerin und Sängerin anhaltenden ſtürmiſchen Beifall zollte. Speziell das Lied im zweiten Akte trug ſie geradezu herrlich vor; ſchade, daß wir dieſe Stimmittel ſo ſelten zu hören Gelegenheit haben.

Zahlreiche prächtige Blumenſpenden lieferten den Beweis, wie viele Sympathien ſich die geſchätzte Dame hier erhalten und wie ſehr man ſich freute, die ſeinerzeit ſo gefeierte Künſtlerin auf den ihr noch immer vertrauten Brettern wieder einmal zu be - gegnen. Unter den Anweſenden bemerkte man u. a. auch den gefeierten Hofſchauſpieler Baumeiſter, der ſich ſichtlich an der Darſtellung der Künſtlerin weidete.

Dicht neben dem Gaſte muß natürlich der Stein - klopferhans des Direktors Schreiber genannt werden. Mit wahrem Vergnügen ſieht man dieſe verwetterte Geſtalt, die charakteriſtiſchen Züge und den ſonnigen Humor das tiefe Gemüt dieſer Anzen - gruber’ſchen Geſtalt fand durch den Mund des vorzüglichen Charakterdarſtellers Schreiber ihren Weg zur dankbaren Zuhörerſchaft, dort ſtark wirkende und bleibende Eindrücke zurücklaſſend.

Eine prächtige Type ſchuf auch Herr Exl als alter Brenninger. Herrn Gregor fehlt der richtige Zug, der paſſende Ton für den Gelbhofbauer. An - zengruber zu ſpielen iſt eben nicht jedermanns Sache, das konnte man mehrmals an dieſem Abende be - merken.

Samstag, den 10. d. M., zum erſten Male: Der Schuſterbub . Poſſe mit Geſang in 4 Akten von Bernhard Buchbinder. Muſik von Rudolf Rai - mann.

Es iſt kaum zu glauben, mit was für Erzeug - niſſen die Großſtadtbühnen mitunter arbeiten. Da werden zwei Lieblingen des Publikums Rollen an den Leib geſchrieben, aller Witz, alle guten Einfälle älteren oder neueren Datums, was dem Autor eben gerade zur Verfügung ſteht, über dieſe Rollen ge - goſſen und nun um das Ganze eine ſogenannte Handlung, die leider nach einer veralteten Inſtitution noch immer zum Inventar einer Komödie gehört, ge - woben. So ähnlich iſt auch die Buchbinder’ſche Poſſe beſchaffen. Er und ſie, ein flotter Sollizitator und eine feſche Zuckerbäckerswitwe, ſtehen im Mittelpunkt. Er iſt ein Findelkind, ſie desgleichen. Er ſucht ihren Vater und findet zufälligerweiſe ſeinen, einen ehr - ſamen Meiſter der Schuhmacherzunft. Daher auch der Titel Der Schuſterbub . Bis das aber geſchieht und dem vorher gehen ungefähr drei und dreiviertel Akte, ſtreiten er und ſie bei jeder Gelegenheit nach Leibeskräften, wenn ſie nicht gerade mit Singen oder Tanzen beſchäftigt ſind. Saftige Grobheiten fliegen in jeden Winkel der Bühne und was die übliche pikante Würze anbetrifft, pikant iſt dafür eigentlich ein zu zahmer Ausdruck, ſo überholt ſie das bisher Gebotene reichlich um einen guten Teil.

Von der Raimann’ſchen Muſik läßt ſich auch nichts beſonderes bemerken. Dafür werden im dritten Akt in einer Art Quodlibet populäre Melodien, wie Geh, mach dei Fenſterl auf , Radetzky-Marſch, Toreadorlied, D Schönbrunner , die Barcarolle u. a. benützt.

Die beiden Hauptrollen lagen in den Händen von Frau Herma und Herrn Gerhardt. Sie wareine ſchneidige Zuckerbäckerin voll Temperament, und Laune, die ſich auch des nicht ſehr dankbaren ge - ſanglichen Teiles ihrer Aufgabe mit gewohnter Prä - ziſion annahm. Brillant gelang ihr der ſchwierigen jodlerähnliche, in der Offenbach’ſchen Barcarolle ein - geflochtene Koloraturpart.

Als Sollizitator Spangl entwickelte Herr Ger - hardt ziemlich viel Leben und Humor, doch hätte dem flotten Schwadroneur ein wenig mehr textliche Flottheit nicht geſchadet.

Von den übrigen mehr oder weniger belangloſen Perſonen der Poſſe ſoll noch die gelungene Ehever - mittlerin Sali Roſenblüte der Frau Baer genannt werden.

Sonntag, den 11. d. M.: Der Schuſter - bub . Wiederholung. Ausverkauftes Haus.

Montag, den 12. d. M., zum zweitenmale: Die Strecke . Annehmbarer Beſuch.

Gerichtsſaal.

Kaſſier und Feuerwehrhauptmann.

Am 21. Jänner d. J. erregte in Teesdorf das plötzliche Verſchwinden des dortigen Feuerwehrhauptmannes und Kaſſiers der Spargeſellſchaft, Anton Lorenz, großes Aufſehen, umſomehr als an jenem Tage die General - verſammlung dieſer Spargeſellſchaft hätte ſtattfinden ſollen und Lorenz als Kaſſier die Reviſion der Kaſſe zu gewärtigen hatte. Eine Skontrierung des Vereins - vermögens ſtellte einen Abgang von 1200 Kr. feſt. Lorenz hatte ſich an dem genannten Tage von Tees - dorf nach Baden gegeben, kaufte ſich daſelbſt einen Revolver ſamt Patronen und irrte einen Tag im Eichwalde umher, mit der Abſicht, ſich zu erſchießen. Er flüchtete ſich gegen Wr. -Neuſtadt, wo er ſich einen Streifſchuß an der rechten Kopfſeite beibrachte. Mon - tag ſtand Lorenz wegen des Verbrechens der Ver - untreuung vor einem Erkenntnisſenate des Kreisge - richtes angeklagt und legte ein umfaſſendes Ge - ſtändnis ab. Der Gerichtshof verurteilte ihn zu ſechs Monaten ſchweren Kerkers.

Ein teurer Häring.

Am 30. Dezember v. J. wurde der im Sauerhofe disloszierte Sanitätsſoldat Iſak Roſenberg von einem Feldwebel zu der Ge - miſchtwarenhändlerin Frau Joſefa Eichberger um Briefmarken geſendet. Roſenberg kaufte ſich bei dieſer Gelegenheit auch einen Häring, deſſen Geruch und Ausſehen den Feldwebel veranlaßte, die Anzeige zu erſtatten. Der Gemeindearzt gab das Gutachten ab, daß der Hering mit Schimmel behaftet und der Ge - ſundheit des Menſchen ſchädlich ſei. Deshalb hatte ſich Frau Joſefa Eichberger am 12. d. M. vor dem Kreisgerichte Wiener-Neuſtadt wegen des Vergehens des Lebensmittelgeſetzes im Sinne des § 18 des Strafgeſetzes zu verantworten und wurde zu vierzehn Tagen ſtrengen Arreſt und 200 Kronen Geldſtrafe, ſowie zum Koſtenerſatz des Strafverfahrens ver - urteilt.

Briefkaſten.

Herrn E. Kainz, Vöslau, Auch Ihre zweite uns geſandte Berichtigung eutſpricht nicht den Bedingungen des Preßgeſetzes und kann deshalb keine Aufnahme finden.

Wer den verderblichen Einfluß konfeſſionell po - litiſcher Tendenzen in unſeren Schulen brechen, will

Wer den Wert eines vorurteilsloſen Unterrichtes erkannt hat,

Wer die Jugend zu freien, ſittlichen Menſchen erzogen wiſſen will,

Wer in Oeſterreichs Schulen dem Geiſte der Duldung wieder Geltung verſchaffen will,

Wer den Staatsgrundgeſetzen in der Schule zur Durchführung verhelfen will,

Wer die Aufrechterhaltung der Grundſätze des Reichsvolksſchulgeſetzes vom Jahre 1869 für notwendig hält,

Wer will, daß jeder klerikale Uebergriff auf dem Gebiete der Schule zurückgewieſen wird,

der trete dem Vereine Freie Schule (Ortsgruppe Baden) bei. Mitglieder-Anmeldungen übernimmt die Schriftleitung unſeres Blattes (Pfarrgaſſe 3) mündlich und ſchriftlich.

6Mittwoch Badener Zeitung 14. März 1906. Nr. 21.

Eingeſendet.

〈…〉〈…〉
7Nr. 21. Mittwoch Badener Zeitung 14. März 1906.
〈…〉〈…〉
8Mittwoch Badener Zeitung. 14. März 1906. Nr. 21.
〈…〉〈…〉

About this transcription

TextNr. 21, 14.03.1906.
Author[unknown]
Extent8 images; 9103 tokens; 3768 types; 68500 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationNr. 21, 14.03.1906. . Johann WladarzBaden (Niederösterreich)1906. Badener Zeitung

Identification

IDS Mannheim

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:23:22Z
Identifiers
Availability

Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported (German) License.

Holding LibraryIDS Mannheim
Shelfmark
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.