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Badener Zeitung (vormals Badener Bezirks-Blatt).

Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig K 2·50, halbjährig K 5. . ganzjährig K 10. . Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig K 3. , halbjährig K 6. , ganzjährig K 12 . Oeſterreich-Ungarn: Mit Zuſendung vierteljährig K 3.30, halbjährig K 6.50, ganzjährig K 13. . Einzelne Mittwoch-Nummer 12 h., Samstag-Nummer 16 h. Inſerate werden per 80 mm breite Petitzeile mit 16 h für die erſte, und mit 14 h für fünf nacheinander folgende Einſchaltungen berechnet, größere Aufträge nach Ueber -[ei]nkommen und können auch durch die beſtehenden Annoncen-Bureaux an die Adminiſtration gerichtet werden. Intereſſaute Mittheilungen, Notizen und Correſpon - denzen werden nach Uebereinkunft bonoriert. Manuſeripte werden nicht zurückgeſtellt. Redaction und Adminiſtration: Baden, Pfarrgaſſe Nr. 3.

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Erſcheint Mittwoch und Samstag früh.

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(Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage Illuſtriertes Unterhaltungsblatt .)

Nr. 23. Mittwoch, den 21. März 1900. 20. Jahrg.

Seſſionsſchluſs.

Die Seſſion des Reichsrathes iſt Samstag auf unbeſtimmte Zeit vertagt worden, nachdem das Rekrutengeſetz und die Wahlen in die Dele - gationen ihre Erledigung gefunden haben. All - gemein wird darauf hingewieſen, daſs ſeit 1897 zum erſtenmale die Situation ſich derartig geſtaltet habe, wenngleich nicht überſehen werden kann, daſs eigentlich nur ein halber Erfolg vor - liegt und eben nur das unbedingt Nothwendige geſchehen iſt, um die Staatsmaſchine in Gang zu erhalten. Auf wirtſchaftlichem Gebiete iſt abſolut nichts geſchehen und nicht einmal die Gewerbe - novelle, die ſich nun ſchon ſeit Jahren hinzieht, konnte einer meritoriſchen Erledigung zugeführt werden.

Die Regierung hat es außerordentlich eilig gehabt mit dem Nachhauſeſchicken des Reichs - rathes. Das Miniſterium hat ſein Rekrutengeſetz, es hat auch die Delegationswahlen und es macht einen nichts weniger als erfreulichen Eindruck, jetzt, da das Parlament wieder flott gemacht iſt und arbeiten möchte, es unter allerlei Vorgeben nach Hauſe zu ſenden. Das iſt die Aufgabe des Parlamentes nicht, nur in entgegenkommender Weiſe für die ſogenannten Staatsnothwendig - keiten zu ſorgen, um dann, wenn nach beſchei - dentlichem Erwarten auch die Volksnothwendig - keiten an die Reihe kommen ſollten, das Haus zu ſchließen und die Volksvertreter nach Hauſe zu ſenden. Der Mohr hat ſeine Schuldigkeit gethan, der Mohr kann jetzt gehen. Nicht einmal eine Woche erübrigt man noch für die dringendſten Anliegen der Völker; dabei möchte man ſich auchnoch von einer gewiſſen Seite luſtig machen über die Abgeordneten, die jetzt durch ein paar Tage mit Dampfkraft anſchieben wollten und ein Wett - rennen in volksthümlichen Anträgen eröffneten. Die Volksboten haben wahrlich keine Eile, die Regierung hat ſie und damit macht ſie umſoweniger eine gute Figur, weil man von mehreren Seiten argwöhnt, daſs hinter dieſem Schnellzuge unter anderem auch die brennende Frage der Sanction des ungeheuerlichen Wiener Wahlreformgeſetzes einherfährt, mit der ſich die moderne unparteiiſche Regierung nicht hervorgetraut, ſo lange der Reichs - rath beiſammenſitzt.

Was ſonſt noch zu retten war, um es nämlich noch vor Thorſchluſs zur Verhandlung zu bringen und damit den Wählerſchaften wenigſtens etwas bieten zu können, iſt zumal ſeitens der deutſchen Fortſchrittspartei nicht verabſäumt worden. Ueber Anregung des Abgeordneten Funke wurde be - ſchloſſen, alle vom Nothſtandsausſchuſſe erledigten Anträge und Vorlagen in einer letzten Sitzung zu verhandeln; auch Abgeordneter Pergelt ſtellte, leider ohne Erfolg, an den Oberczechen des Budget - ausſchuſſes, Zacek, das Erſuchen, einige dringliche Anträge, darunter das Geſetz über die Trieſter Hafenanlagen und Anträge betreffend Aufbeſſerung der Lehrergehalte noch in einer letzten Sitzung des Ausſchuſſes vorzunehmen. Aber die Herren Czechen haben keine Freude daran, wenn der Reichsrath etwas leiſtet. Derlei Vorgänge müſſen aber der Bevölkerung die Ueberzeugung beibringen, die Volksvertretung ſei zu nichts anderem da, als wegen der jeweiligen Schmerzen der Regierung und deren Gutmachung in Verbindung mit einem eigenen fetten Geſchäftchen. Zacek kam wieder mitſeinen gewöhnlichen Ausflüchten, weshalb ihm auch Abgeordneter Pergelt ziemlich deutlich ins Geſicht ſagte, er habe weder Gewiſſen noch Pflicht - gefühl.

Man kann es begreifen, daſs die deutſche Volkspartei ſich für die Verſchiebung der Dele - gationswahlen einſetzte; thatſächlich wäre zu deren Vornahme auch noch im Mai Zeit genug geweſen. Allein andererſeits iſt denn doch auch feſtzuſtellen, daſs die Regierung die Delegationswahlen ohne Zugeſtändnis an die Czechen erzielt hat und man iſt nicht ganz ſicher, ob im Mai ebenfalls ohne Trinkgeld die Delegationswahlen hätten vor ſich gehen können. Uebrigens hat der Miniſterpräſident Körber durch ſeine Erklärungen, die Regierung denke gar nicht an eine Anwendung des § 14 und der Reichsrath werde am 10. Mai jedenfalls zu einer längeren Seſſion einberufen werden, zwar nicht alle Bedenken zerſtreut, allein wenigſtens ſo viel erreicht, daſs die Fortſchrittspartei keinen Anlaſs fand, ſich der Vornahme der Delegations - wahlen zu widerſetzen, nachdem der Miniſter ſich durch ſo beſtimmte Erklärungen öffentlich gebunden hat. Der beſten Gefallen würde aber mit dem Widerſtande gegen die Vornahme dieſer Wahlen den Czechen und den Chriſtlichſocialen geſchehen ſein, die auch wirklich in dem Begehren der Volks - partei einen Hebel erblickten, um gegen Körber betreffs Sanctionierung der Wiener Wahlreform einen Druck auszuüben. Was in der folgenden zweimaligen Beſprechung des Miniſterpräſidenten mit Dr. Lueger ausgekocht worden ſein mag, werden wir ja wohl in ein paar Tagen zu ver - ſpüren bekommen. Für die Czechen und die Chriſtlichſocialen etwa die Kaſtanien aus dem

Feuilleton.

Die deutſche Geſellſchaft der Stadt New-York.

Die mächtigſte Vereinigung der Deutſchen in Amerika, die deutſche Geſellſchaft der Stadt New - York , verſendet ſoeben ihren Jahresbericht, aus dem wir uns ein überſichtliches Bild über das wohlthätige Wirken derſelben machen können. Dieſe Vereinigung, welche 1784 gegründet wurde, alſo 116 Jahre beſteht und ca. 1200 Mitglieder zählt, iſt eifrig beſtrebt, den deutſchen Einwanderern und deren Nachkommen ein treuer Rathgeber zu ſein nnd findet in dieſem ihren Beſtreben ein weites Feld ihrer Thätigkeit. Die Summen, die dieſe Geſellſchaft zu Wohlthätigkeits - zwecken widmet, beweiſen uns am ſchlagendſten die Nothwendigkeit dieſer Inſtitution; 14.895 Dollars ſind hiefür im abgelaufenen Jahre verausgabt worden, und zwar wurden baar verabfolgt 8.696 Dollars, für ärztliche Behandlung, Krankenkoſt und Medicamente wurden 2.515, für Kohlen 1.634 Dollars verausgabt; außerdem wurden 3798 koſtenfreie Beſuche durch die angeſtellten Aerzte gemacht, 1037 freie Mahlzeiten verabfolgt, 3646 Stellen vermittelt u. ſ. w. Leider klagt der Bericht auch über die Theilnahmsloſigkeit der deutſchen Bevölkerung New-Yorks dieſer humanen Inſtitution gegenüber. Bei der nach Hunderttauſenden zählenden Bevölkerung iſt die Mitgliederzahl von 1200 eine verſchwindend kleine zu nennen und nur durch Schenkungen, Zinſen und durch den Gewinn der Bank-Abtheilung des Vereines war es möglich, dennochſo viel zu leiſten. Unter den Spendern figuriert in erſter Linie der deutſche Kaiſer, die königliche bayriſche Regierung, die Städte Hamburg und Bremen und die Würtenbergiſche Regierung.

Intereſſant iſt die dem Berichte beigegebene Ein - wanderungsſtatiſtik. Im Jahre 1899 landeten im Hafen von New-York 411.177 Perſonen; nach Racen vertheilen ſich dieſelben wie folgt: Deutſche 21.893, Böhmen, Ungarn, Croaten etc. 18.515, aus dem Königreiche Großbritannien 27.986, Italiener 81.632, Polen 28.710, Slovaken 18.740, Franzoſen 2045, Iſrealiten 33 548 u. ſ. w.

Aus dem Berichte iſt auch zu erſehen, daſs die wiederholten Warnungen an Auswanderungsluſtige auf fruchtbaren Boden fielen, denn noch im Jahre 1890 betrug die Zahl der ausgewanderten Deutſchen 68.058 und ſank bis zum Jahre 1899 auf die ſchon erwähnte Zahl von 21.893. Insgeſammt betrug die Einwan - derung im Hafen von New-York im Jahre 1890 419.980, im Jahre 1999 dagegen nur mehr 278.896. Als Anhang bringt der Jahresbericht Rathſchläge für Einwanderer, welche wir hier in ihrer Gänze ab - drucken, weil ſie treffend genug die ſocialen Zuſtände von drüben beleuchten. Der Bericht ſagt:

Niemand laſſe ſich durch übertriebene Berichte über die günſtigen Verhältniſſe und die Leichtigkeit, in Amerika Geld zu verdienen, zur Auswanderung verleiten. Der Entſchluſs ſollte nur nach reiflichem Ueberlegen und Einziehen verläſslicher Auskunft gefaſst werden.

Paſſage-Agenten ſind in der Regel unzuverläſſige Rathgeber, ſie haben gewöhnlich nur ihr eigenes In - terreſſe im Auge und empfehlen diejenigen Linien, welche ihnen die größten Vortheile gewähren.

Der Onkel, der vor 10 oder 20 Jahren nachAmerika ausgewandert iſt und dem es ſehr gut gehen ſoll, deſſen Adreſſe man aber nicht weiß, da er nie von ſich hat hören laſſen, exiſtiert gewöhnlich nur in der Einbildung. In der Regel iſt er nicht aufzufinden, oder er will von den unwillkommenen Verwandten nichts wiſſen; häufig ſtellt es ſich heraus, daſs der Hotelbeſitzer nur Kellner, der Kaufmann nur Hausknecht und der Eigenthümer einer blühenden Farm nur Taglöhner iſt u. ſ. w.

Niemand ſollte ohne ſein Gepäck aus dem Hafen abreiſen. Das Verſprechen der Agenten oder Wirte, das Gepäck mit dem nächſten Dampfer nachzu - ſenden, wird häufig nicht gehalten und ſelbſt im günſtigſten Falle erwachſen dem Beſitzer große und oft unerſchwingliche Unkoſten, größer als der ver - längerte Aufenthalt im Abfahrtshafen verurſachen würde. Wer ſich aber dennoch zur Abreiſe beſtimmen läſst, ſollte ſofort bei ſeiner Ankunft in New-York dem dortigen Agenten der betreffenden Linie Anzeige machen und bei ihm ſeine Adreſſe notieren laſſen. Auch ſollte er vor ſeiner Abreiſe aus dem europäiſchen Hafen an ſeine Verwandten oder Freunde in ſeinem Heimatsorte ſchreiben und ſie von dem Fehlen des Gepäcks in Kenntnis ſetzen, da ſolches häufig auf irgend einer Eiſenbahnſtation liegen geblieben iſt und der Agent im Hafen nur die Verpflichtung über - nimmt, das Gepäck nach Ankunft weiterzubefördern. Als Reiſegepäck ſollte nur das Nothwendigſte und Unentbehrlichſte mitgenommen und gut verpackt werden. Unnützer Kram verurſacht nur bedeutende Koſten für Uebergewicht und iſt in der Regel nicht des Mit - nehmens wert.

Bemittelte ſollten nur ſoviel baares Geld bei ſich führen, als ſie während der Seereiſe und für die erſten Tage nach ihrer Ankunft brauchen, weitere

2Mittwoch Badener Zeitung 21. März 1900. Nr. 23.

Feuer zu holen, fühlte ſich jedoch die deutſche Fortſchrittspartei umſo weniger berufen, als ſie ja auch ihrerſeits in ihrer Action gegen das Wiener Wahlgeſetz in der deutſchen Volkspartei keineswegs das für die allgemeine Freiheit in der Reichshauptſtadt wünſchenswerte Entgegen - kommen fand

Die Seſſion iſt alſo geſchloſſen und, ſo wenig fruchtbar für die Völker Oeſterreichs ſie auch ge - weſen iſt, ſo viel ſteht feſt, daſs das wenige, was erreicht wurde, nur durch die Einſicht jener Parteien erreicht werden konnte, welche neben ihren Parteiintereſſen auch noch die Erforderniſſe des Staates im Auge haben. Es iſt freilich richtig, daſs ſolche Parteien für die Wähler - maſſen, welche hinter ihnen ſtehen, nicht viel zu thun imſtande ſind und die Erfahrungen, welche man auf dieſem Gebiete im Verlaufe der letzten Jahre ſammeln konnte, ſprechen nicht gerade für dieſe Politik. Solche Parteien haben gerade von denjenigen, denen ſie mit Zurückſtellung ihrer eigenen Wünſche ſelbſtlos Dienſte leiſteten, den gröbſten Undank erfahren. In der abgelaufenen Seſſion hat die deutſche Fortſchrittspartei aber - mals mit allen Kräften für das Zuſtandekommen der ſogenannten Staatserforderniſſe gearbeitet. Es gibt Leute genug, welche darüber ſehr peſſi - miſtiſch denken, ob und wie die gegenwärtige Regierung in reinen Parteifragen der Deutſchen ſich entgegenkommend zeigen wird. Bis zur Mai - ſeſſion wird ſich auf verſchiedenen Gebieten zeigen, welche Früchte das Verhalten der Partei getragen hat; dann wird aber auch die Gelegenheit ge - kommen ſein, zur Regierung Körber endgiltig Stellung zu nehmen.

Local-Nachrichten.

Gemeinde-Ausſchuſsſitzung.

Donnerstag, den 22. März 1900, nachmittags 4 Uhr, findet im ſtädtiſchen Rathsſaale zu Baden (Eingang Rathhaus - gaſſe 4, II. Stock) eine Gemeinde-Ausſchuſsſitzung mit folgender Tagesordnung ſtatt. 1. Mittheilungen. 2. Anträge des Bäderbaucomités. (Referent Herr GA. Trauzl.) 3. Vorlage zweier Löſchungsqnittungen für Herrn Joſef Gregora sen. und die Eheleute Andreas und Thereſia Karl zur Genehmigung mit Antrag. (Referent Herr GR. Fitzga.) 4. Anſuchen der Franziska Brandl um Bewilligung der Abtheilung der Parzellen Nr. 9 und 1 / 9 auf Bauplätze. (Referent Herr GR. Gregora.) 5. Anſuchen der Antonie Guba um Beſtimmung der Baulinie und des Niveaus bei Parzelle Nr. 184 / 2 nächſt dem Frachtenbahnhofe. (Referent Herr GR. Gregora.) 6. Antrag wegen Verlängerung des Pachtvertrages mit Herrn Adolf Dietl. (Referent Herr GR. Hönig.) 7. Antrag betreffend die Verlängerung des Pacht -vertrages mit Franz Rubel. (Referent Herr GR. Hönig.) 8. Anträge betreffend den Beſtandvertrag mit Herrn Eduard Nißel bezüglich des Hauſes C. -Nr. 700 in der Waltersdorferſtraße nebſt Zugehör. (Referent Herr GR. Hönig.) 9. Anſuchen des Phil. Formann, ſtädtiſcher Gärtner-Obergehilfe, um definitive Anſtellung. (Referent Herr GR. Fitzga.) 10. An - ſuchen der Sofie Lindenberg um Einrichtung eines Frühſtückzimmers im Hauſe Nr. 1 Johannesgaſſe. (Referent Herr GR. Schwarz.) Vertrauliche Sitzung.

Familienabend des öſterr. Eiſenbahn - beamten-Vereines, Ortsgruppe Baden.

Es iſt eine allbekannte Thatſache, daſs gerade Nachzügler der Carneval-Saiſon mitunter nicht nur beſſer beſucht ſind als jene Bälle, die noch vor dem Aſchermittwoch abgehalten werden, ſondern auch animierter verlaufen. Bei Beginn des Faſchings fürchtet eben ſo manch flotter Tänzer all das ihm noch Bevorſtehende, während in der Nach-Saiſon wieder die Furcht auf - tritt, es könnte ſich vielleicht keine günſtige Gelegen - heit mehr bieten, ſich ſo recht ordentlich auszutanzen. Eines jener bevorzugten Kränzchen war das unter dem Titel Familienabend der Beamtenſchaft Badens am Samstag, den 17. d. M., in den Saal - localitäten des Hotels Stadt Wien abgehaltene. Die Ortsgruppe Baden des öſterr. Eiſenbabnbeamten - Vereines kann mit dem Erfolg des veranſtalteten Familienabendes in zweifacher Richtung vollauf zufrieden ſein. Sowohl des guten Beſuches wegen, als auch damit, daſs der Einladung ein durchwegs diſtinguiertes Publicum geſolgt war, welches durch Vermeidung und Hintanſetzung der bei manchen Tanzunterhaltungen beinahe bis zur Lächerlichkeit ſteigenden Geſpreiztheit und Vorſtellungsmanier den Abend zu einem wirklich vergnügten Familienabend geſtaltete. Die dem Kränzchen vorangehenden Concertvorträge waren alle recht brav und wurden durch eine von der trefflichen Capelle Fuchs executierte Ouverture eingeleitet. Nachdem Fräulein Elſa Pazeller ihre Geſangsvorträge zur Zufriedenheit der Zuhörer abſolvierte, war es Herr Carl Reich jun., welcher, vom Capellmeiſter Hans Maria Wallner am Clavier begleitet, mit der Abſingung der Anſprache des Landgrafen Hermann an die Sänger aus Wagner’s Tannhäuſer geradezu Vorzügliches bot. Er entzückte durch ſeine kräftige und klangvolle Stimme. Das Publicum lauſchte andächtig ſeinem Vortrage und überſchüttete den Sänger mit Beifall, ſo daſs er ſich gezwungen ſah, eine Zugabe zu leiſten. Der feſte Anſatz und die gut ausgeglichenen Lagen ſeiner umfangreichen Stimme zeigen die gute Schulung ſeines bewährten Meiſters und wird der junge Sänger gewiſs Carrière machen. Unſtreitig bildeten deſſen Geſangvorträge die Attraction des Programmes. Beifällig aufgenommen wurden auch die Vorträge des Herren Carl Eckert. Geradezu ausgezeichnet waren und vielen Beifall fanden die Couplet-Vorträge der Herren Modl undHiedl (Begleitung Frau Carola Lebenſaft); die vor - züglich gebrachten Couplets erzielten ſtürmiſche Heiter - keit. Auch die Vorträge der Herren Ig. Hermann und Spuller fanden verdienten Beifall. Das Programm, welches ſich unter der artiſtiſchen Leitung des Herrn Franz Lebenſaft abwickelte, war gut, klugerweiſe aber nicht zu lang geſtaltet, wodurch auch den Vorträgen von dem auf das Tanzen harrenden Publicum mehr Aufmerkſamkeit gewidmet wurde, als dies bei gleichen Anläſſen zu geſchehen pflegt. Um 11 Uhr begann das Kränzchen und den verlocken den Tönen der Capelle Fuchs konnten bald ſelbſt die älteren Herren nicht mehr widerſtehen und betheiligten ſich lebhaft am Tanze. Die erſte Quadrille und Cotillon wurden von 56 Paaren getanzt. Um das Gelingen des ſchönen Familienabendes machten ſich ganz beſonders der Obmann Herr Director Reich und der Obmann-Stellvertreter Südbahnbeamter Karl Köhler ſowie die Herren Sigmund Kraupp und Adalbert Malik (als Tanz-Arrangeur) verdient. Das Kränzchen, zu welchem aus Wien und Umgebung Ballgäſte erſchienen waren und bei welchem auch genügend Tänzer zur Verfügung ſtanden, endete erſt in den Morgenſtunden. W〈…〉〈…〉 h.

Theater-Nachricht.

Heute Mittwoch, den 21. l. M., gelangt die beliebte Operette Fati - nitza von F. v. Suppé zur Aufführung Morgen Donnerstag, den 22. l. M., geht als 25 jähriges Jubiläumsbenefice des verehrten Theatercaſſiers Herrn Karl Petrovits die humorvolle, köſtliche Poſſe Ein Böhm in Amerika von B. Zappert in Scene. Wir wünſchen und gönnen Herrn Petrovits ein recht volles Haus. Freitag, den 23. l. M., bleibt die Bühne geſchloſſen. Samstag, den 24. l. M., wird Othello, der Mohr von Venedig , Trauerſpiel in 5 Auf - zügen von William Shakespeare, gegeben. Herr Director Schreiber wird am Schluſs der Saiſon noch mit Operettengäſten rechnen müſſen, hauptſächlich aus dem Grunde, da er ſich veranlaſst ſah Herrn Schöpfer Familienangelegenheiten halber vorzeitig zu beurlauben.

Die Trocken-Heißluft-Behand - lung.

Unter obigem Titel iſt dieſer Tage im Ver - lage der Buchhandlung Dittrich eine von dem bekannten Arzte Dr. Rudolf Reitler verfaſste Broſchüre erſchienen, welche die Fortſchritte der Thermaltherapie beſpricht. Die intereſſante Broſchüre bringt eine Anzahl Abbildungen von Trocken-Heißluft-Apparaten (Syſtem Dr. Reitler) und erläutert die Geſichtspunkte, aus welchen die verſchiedenen thermaltherapeutiſchen Methoden zu beurtheilen ſind, die phyſiologiſchen Wirkungen der trockenen, heißen Luft, ſowie die Conſtruction und Anwendung der von Dr. Reitler ver - beſſerten Apparate ſelbſt. Die Broſchüre, welche vom Ver - faſſer mit ganz beſonderem Sachverſtändnis abgefaſst wurde, verdient die größte Aufmerſamkeit ärztlicher Kreiſe. Wir behalten uns vor, über die Anſtalt des Herrn Dr. Reitler gelegentlich ausführlicher zu berichten.

Geldmittel dagegen in Sicht-Wechſeln von anerkannt guten Firmen auf hieſige Bankhäuſer mitbringen, unter allen Umſtänden aber darauf beſtehen, daſs ihre Unterſchrift behufs Identificierung ihrer Perſön - lichkeit eingeſchickt und die Wechſel ſogleich aviſiert werden.

Sowohl während der Reiſe, als auch bei der Ankunft ſollte man über ſeine Vermögensverhältniſſe und Abſichten verſchwiegen und vor zudringlichen Rathgebern auf der Hut ſein. Schon mancher hat das einem Betrüger leichtſinnig geſchenkte Vertrauen bitter bereut, als es zu ſpät war.

Amerikaniſches Geld ſollte niemand im Hafen - platze oder auf dem Schiffe kaufen, weil viel falſches, wertloſes Geld im Umlauf iſt und dem Emigranten aufgehängt wird.

Auf Wechſel oder ſonſtige Wertpapiere ſollte niemand Geld borgen oder ſolche einem andern ab - kaufen. In der Regel ſind ſolche Papiere wertlos oder deren Auszahlung wird beanſtandet, weil ſie nur für diejenige Perſon, auf deren Namen ſie aus - geſtellt ſind, giltig ſind.

Bei Ankunft im Landungsdepot ſollte jeder genau aufpaſſen, ob ſein Name aufgerufen wird, um Briefe oder ſonſtige Nachrichten in Empfang zu nehmen. Ueberhaupt ſollte jeder ſich nach Nachrichten erkundigen; häufig kommt es vor, daſs ſolche nicht erwartet werden und doch vorhanden ſind.

Jeder Eingewanderte kann im Landungsdepot bis zu ſeiner Abreiſe verbleiben. Wer es vorzieht, in ein Gaſthaus zu gehen, ſollte vorher ſeine Caſſe zu Rathe ziehen und ſehen, ob ſie ihm dieſe Annehm - lichkeit geſtattet, denn der Aufenthalt in einem hieſigen Koſthaus iſt nach deutſchen Verhältniſſen koſtſpielig, und der Wirt iſt berechtigt, das Gepäck als Unter -pfand zurückzuhalten. Geborgt und angeſchrieben wird nicht, und der anfänglich ſehr zuvorkommende Wirt kann ſehr unangenehm werden, wenn die Taſche leer iſt.

Niemand ſollte Schulden machen in der Er - wartung, daſs er von Verwandten im Lande Geld zur Weiterreiſe erhalten wird. Gewöhnlich reicht das Geld nur zur Bezahlung der Eiſenbahnbillets, häufig bleibt es auch ganz aus.

Wer Arbeit ſucht, wende ſich ſofort nach ſeiner Ankunft an das freie Arbeitsnachweiſungs-Bureau der Deutſchen Geſellſchaft, Nr. 45 Pearl Street, nahe der Barge-Office, wo er in günſtiger Jahreszeit bald Beſchäftigung finden wird, ohne daſs er eine Gebür zu bezahlen hat. Man leſe auch in den deutſchen Zeitungen die Anzeigeſpalten unter der Rubrik Verlangt , ſei aber auch hier vorſichtig, da die Zeitungen natürlich über den Charakter der Anzeigen nicht unterrichtet ſind und keine Verantwortlichkeit übernehmen. Anzeigen, in denen eine bare Caution als Unterpfand verlangt wird, ſollten unter allen Umſtänden nicht beachtet werden, da faſt alle ſolche Anzeigen, die gewöhnlich ſehr verlockend abgefaſst ſind und hohe Bezahlung bei leichter Arbeit in Aus - ſicht ſtellen, grober Schwindel ſind. Sobald die Caution bezahlt iſt, verſchwindet das Geſchäft und mit ihm die glänzenden Ausſichten und das einge - zahlte Geld iſt auf Nimmerwiederſehen verloren.

Landwirte, die mit etwas Vermögen nach Amerika kommen, ſollten ſich mit Ankauf von Grund - eigenthum nicht allzuſehr beeilen, da ſie in Gefahr kommen, für wertloſes Land oder ſolches, deſſen Beſitztitel nicht in Ordnung iſt, ihr Geld zu ver - lieren. Um das Land ſelbſt, ſowie Klima und Abſatz - wege kennen zu lernen, iſt es für jeden beſſer, ſicherſt gehörig umzuſehen, ſich als Arbeiter zu ver - dingen und die hieſige Feldarbeit, die ſehr verſchieden von der deutſchen iſt, praktiſch kennen zu lernen, inzwiſchen aber ſein Capital auf einer hieſigen Spar - bank zur Aufbewahrung zu hinterlegen.

Neueingewanderte, die ihre Familien nachkommen laſſen wollen, ſollten ſich nicht verleiten laſſen, Schiffs - ſcheine auf Abſchlagszahlung zu kaufen. Im günſtigſten Falle würde der Schiffsſchein doch nicht abgeſchickt werden, ehe der volle Preis für denſelben eingezahlt iſt; in der Regel aber erfährt der arme Betrogene nach monatelangem, vergeblichem Warten, daſs ſein ſauer erſpartes Geld verloren iſt.

Wer Rath und Unterſtützung, Schutz oder Hilfe ſucht, frage nach den Beamten der Deutſchen Geſell - ſchaft, welche im Landungsdepot und im Bureau der Geſellſchaft, 13 Broadway, zu finden ſind.

Die Beſtimmungen des Geſetzes, welches Ein - wanderern, die infolge eines vorher eingegangenen Contracts hier ankommen, die Landung verbietet, werden gegenwärtig durch die Contract-Arbeiter - Inſpectoren am Landungsplatz mit großer Strenge ausgeführt, und wir müſſen daher allen denjenigen, die es angeht, dringend rathen, ſich nicht durch Ver - ſprechungen von Arbeit zur Auswanderung beſtimmen zu laſſen. Da viele über die Tendenz dieſes Geſetzes, welches urſprünglich nur als Abwehr gegen die Maſſen-Einwanderung von billigen Arbeitskräften für Fabriken, Minen, Eiſenbahnbauten u. ſ. w. beab - ſichtigt war, im Unklaren und der Meinung ſind, daſs, wenn ſie nur bei der Examination dreiſt be - haupten, ſie hätten bereits Arbeit, ſie nicht als Mittelloſe zurückgewieſen würden, ſo kommt es häufig vor, daſs dieſe ihrer Anſicht nach unſchuldige Nothlüge ihnen größere Unannehmlichkeiten bereitet,

3Nr. 23. Mittwoch Badener Zeitung 21. März 1900.

Kampf um den Sitz der Badener Schloſſer-Innung.

Seit dem Jahre 1787 hatte die Badener Schloſſer-Innung ihren ſtändigen Sitz in Baden, was um ſo erklärlicher iſt, als ſeit 1480, wo unſer Curort zur Stadt erhoben wurde, alle Nachbarorte mit ihren Gewerbeweſen nach Baden gravitierten. Seit dieſer Zeit gehörten auch unter anderem die Orte Mödling und Pottenſtein mit ihren Schloſſereigewerben zu der Badener Schloſſer-Innung, denn dieſelben waren ſelbſt zu klein, um eine eigene Innung bilden zu können. Bis in die letzte Zeit fiel es niemanden ein, an den Sitz der alten Badener Schloſſer-Innung zu rütteln, da derſelbe naturgemäß ſich nur an einem Orte befinden konnte. Erſt als Herr Thomas Tamuſſino, Schloſſermeiſter in Mödling, Innungsvorſtand wurde, regte derſelbe zu ſeiner Be - quemlichkeit die Verlegung des Sitzes der Innung von Baden nach Mödling an; da damit aber der Charakter der alten und derzeitig einzigen Innung Badens für immer verloren gehen muſste, proteſtirte der jetzige Vorſteher-Stellvertreter, Herr Ed. Sprinz, energiſch dagegen und ſteht dabei auch auf rechtlichem Boden. Die infolge dieſes Kampfes von Mödlinger Seite erfolgte Begründung, daſs Mödling und Hietzing eine größere Mitgliederzahl als die Ortsverbände Baden und Pottenſtein biete, bildet noch keine Urſache zu einer Verlegung der Badener Innung, da der Einwendung der räumlichen Entfernung entgegengeſtellt werden muſs, daſs die Herren aus Altenmarkt das - ſelbe ſagen könnten. Seit langer Zeit befindet ſich die Genoſſenſchaft der Fleiſchhauer in Mödling, die der Baugewerbe in Perchtoldsdorf, und auch unſere zahl - reichen Badener Mitglieder müſſen ſich bei Genoſſen - ſchaftsfragen zu der Hinreiſe nach jenen Orten bequemen, nur Mödling allein will von dieſen in Verbandsſachen unvermeidlichem Uſus Abſtand nehmen und dabei den Sitz der alten Schl[o]ſſer-Innung Badens an ſich reißen. Dies kann ſich aber die alte Badener Schloſſer-Innung ſchon im Intereſſe ihres hiſtoriſchen Beſtandes halber nicht gefallen laſſen und Herr Ed. Sprinz hat ganz recht, wenn er als echter Badener Bürger den bleibenden Sitz in Baden verſicht. So wie der Mödlinger, ſo hat auch der Badener ſeinen Local - patriotismus, der nicht leichtſinnig angetaſtet werden kann, und es iſt eine Ehrenpflicht aller Schloſſer Badens, daſs ſie für den Beibehalt des Sitzes ihrer Innung in Baden mit allen Kräften eintreten. Die letzte Innung unſerer Stadt kann und darf ſchon um deren geſchichtlicher Bedeutung in der Chronik Badens nimmer verſchwinden. Dieſelbe Innung, die im Jahre 1567 in den Rahmen unſeres Stadtverthei - digungsgürtels einen eigenen Rundthurm, die ſo - genannte Schloſſerbaſtey , erbaute, muſs für Baden erhalten bleiben, denn mit dem Momente, wo der Sitz nach Mödling verlegt würde, wäre auch der hiſtoriſche Rechtsbeſtand für Baden in Frage geſtellt. Seit 1785 mit allen Aufſchreibungen und Urkunden ſicher ver -folgbar, bildet die Badener Schloſſer-Innung noch derzeit ein ſichtbares Zeichen einſtiger Bürgergröße und es iſt ein Verdienſt, daſs Herr Eduard Sprinz im Namen eines geachteten Gewerbes für den Fort - beſtand einer alten Badener Inſtitution eintritt, welche der Stadt erhalten bleiben muſs. Nachdem die am Sonntag, den 25. d. M., im Gaſthauſe des Herrn Kerſchbaum tagende Generalverſammlung der Badener Schloſſer-Innung auch dieſe Frage löſen ſoll, werden alle Meiſter Badens und Umgebung dringendſt aufgefordert, ſich dem berechtigten Proteſte vollzählig anzuſchließen.

Zitherconcert Jenny Haidl.

Die erſte Badener Zitherſchule des Frl. Jenny Haidl ver - anſtaltet Sonntag, den 25. d. M., im großen Saale des Hotels Stadt Wien , unter gefälliger Mitwirkung des Frl. Stefanie Bulla (Clavier) und des Herrn Franz Kohlert (Violine), mit ihren Schülerinnen ein Zitherconcert. Anfang präciſe halb 5 Uhr. Der Eintritt iſt nur gegen Vorweiſung der Einladung geſtattet.

Bürgerliche Schützengeſellſchaft Baden.

Die diesjährige ordentliche General - verſammlung der bürgerlichen Schützengeſellſchaft in Baden findet Dienstag, den 27. März, um 9 Uhr vormittags, in Kerſchbaum’s Gaſthaus mit der üblichen Tagesordnung ſtatt. Sollte die Verſammlung nicht beſchluſsfähig ſein, ſo findet an demſelben Tage um ½ 8 Uhr abends an eben demſelben Orte eine zweite Generalverſammlung ſtatt, die unter allen Umſtänden beſchluſsfähig iſt.

Coſtüm-Kränzchen.

Das am 17. d. M. in den Saallocalitäten zum goldenen Löwen von dem ſehr rührigen Jungen Herren-Comité veranſtaltete Purim-Coſtümkränzchen, verbunden mit Geſang - und humoriſtiſchen Vorträgen, fiel wider Erwarten recht gut aus, beſonders die declamatoriſchen Vorträge des Herrn Otto fanden viel Beifall; ebenſo entzückte Fräulein Turner durch ihre ſympathiſche klangvolle Stimme mit den Liedervorträgen als Coletta aus der Operette Das Modell und aus der Geisha . Getanzt wurde ſehr flott und thaten ſich insbeſonders die jungen Herren, welche als Gäſte aus Wiener - Neuſtadt anweſend waren, als fleißige Tänzer hervor. Auch der arrangierte Laubfroſch-Cotillon, von Papa Gunhold inſceniert, wurde flott abſolviert. Die Stimmung war eine höchſt animierte und dauerte bis zum frühen Morgen an.

Vorſchuſs - und Creditverein.

In der am 18. l. M. abgehaltenen Generalverſammlung wurde der Beſchluſs gefaſst, die Dividende für das abgelaufene Verwaltungsjahr 1899 nach dem Stande der Einzahlung per 31. December 1898 für jeden Geſchäftsantheil mit 20 Kronen auszuzahlen.

Vortrag im Weinbau-Verein Baden.

Der am 18. März d. J vom Herrn Weinbauſchul - Director Weniſch abgehaltene Vortrag in Rubel’s Saal-Localitäten über Weinbau - und Froſtwehr -

als die leere Geldtaſche. Wen die Inſpectoren einmal als Contractarbeiter entdeckt zu haben glauben, deſſen Los iſt nach der ſtrengen Auffaſſung dieſer Herren beſiegelt, und der Dampfer, der ſie hierherbrachte, führt ſie in wenigen Tagen wieder in die alte Heimat zurück. Sehr hart erſcheint es uns aber, wenn Einwanderer, welche von ihren hier anſäſſigen und in guten Verhältniſſen lebenden Verwandten oder Freunden brieflich die Zuſicherung erhalten, daſs ſie bei ihrem Kommen freundliche Aufnahme und durch ihre Hilfe auch bald Arbeit finden würden, als Contractarbeiter behandelt und zurückgewieſen werden.

Einwanderer, denen unter allen Umſtänden die Landung nicht geſtattet wird und die ſofort zurück - geſchickt werden, ſind: Perſonen, welche in ihrer Heimat Inſaſſen von Armenhäuſern und Strafanſtalten waren, oder von denen bekannt iſt, daſs ſie ſich ungeſetzliche oder unmoraliſche Handlungen haben zu Schulden kommen laſſen, welche ſie zur Auswan - derung veranlaſsten, um gerichtlichen Verfolgungen zu entgehen; ſchwangere Mädchen, Frauen mit Kindern, die zu ihren Männern reiſen wollen, deren Adreſſe nicht zu ermitteln ſind, oder die den wiederholten Aufforderungen, das benöthigte Reiſegeld zu ſenden, nicht Folge leiſten; Krüppel, Geiſteskranke, Mittel - loſe und Contractarbeiter, ſowie überhaupt alle Leute, welche vorausſichtlich früher oder ſpäter dem Lande zur Laſt fallen würden.

Wirkliche Landarbeiter ausgenommen, welche im Frühjahr und Sommer in den weſtlichen Staaten ſtets auf Arbeit rechnen dürfen, können wir keinem Arbeitſuchenden Hoffnungen machen, und wir wieder - holen daher unſere alljährlichen Warnungen an Handlungsdiener, Lehrer, Schreiber, Gelehrte, Pre - diger, Telegraphiſten, Beamten und namentlich anStudenten und Officiere, ſich nicht, ſelbſt unter den ungünſtigſten Verhältniſſen, unter denen ſie drüben zu leiden haben mögen, zur Auswanderung zu ent - ſchließen. Für dieſe Claſſe von Leuten iſt poſitiv keine Ausſicht, weder im nächſten Jahre, noch ſpäter. Die wenigen Ausnahme - fälle kommen gar nicht in Betracht.

Das ſo häufig ausgeführte Vorgehen, ungerathene Söhne nach der großen Beſſerungsanſtalt Amerika abzuſchütteln, um ſie die Schule des Lebens durch - machen zu laſſen und ſie durch Not und Entbehrung zu zwingen, ſich an ungewohnte Arbeit zu gewöhnen, iſt ein verwerfliches, und wir verwahren uns gegen die häufig an uns geſtellte Zumuthung, auch in ſolchen Fällen unſere hülfreiche Hand zu bieten. Wenn es den Eltern und Verwandten nicht möglich iſt, den leichtſinnigen Sohn auf den richtigen Weg zu bringen, ſo geht er in den meiſten Fällen hierzulande, wo er ſich ganz ſelbſt überlaſſen iſt und bald einen Kreis leichtſinniger Kameraden findet, ſicher zu Grunde. Die wenigen Ausnahmefälle kommen auch hierbei nicht in Betracht.

Häufige Anfragen von Damen, alten und jungen, aus beſſeren Ständen, welche hoffen, in Amerika als Geſellſchafterinnen, Erzieherinnen, Kindergärtnerinnen, Vorleſerinnen und in anderen bevorzugten Stellungen ein Unterkommen zu finden, haben wir ſtets abrathend beantwortet. Für Dienſtmädchen für allgemeine Haus - arbeiten iſt dagegen ein ergiebiges Feld und können dieſelben mit Sicherheit darauf rechnen, ſofort Stellen und guten Lohn zu finden.

Angelegenheiten, ſowie zur Bekämpfung des Oidiums wurde von der weinbautreibenden Bevölkerung aus Baden, Weikersdorf und Umgebung ſehr zahlreich beſucht. Unter den Anweſenden bemerkte man die Herren: Domtnik Lechner, Franz Schwabl und M. Rampl aus Baden, ſowie Herrn M. Kaſſecker aus Weikersdorf. Herr Director Weniſch begann ſeinen Vortrag mit der Erörterung aller jener Mittel, welche im allgemeinen zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Weingartenkrankheiten angewendet werden ſollen, und regte an, daſs man bei Beſpritzung der Wein - gärten nicht mehr Kalk, ſondern Soda mit Kupfer - vitriol vermengen ſoll, und zwar zu 100 Liter Waſſer 1·50 Kilo Kupfervitriol und 1·70 Kilo Soda; es wird dies genügen zur zweckmäßigen Beſpritzung. Auch empfahl er gegen das Oidium die ſorgfältige Beſtäubung mit Schwefel, welche ſich während des Jahres in den Weingärten öfter wiederholen ſoll. Dann beſprach Herr Director Weniſch die Abwehr von Fröſten, welche die Weingärten oft arg ſchädigen, ja theilweiſe ganz zugrunde richten. Er betonte, daſs das einzige Mittel, dieſe Froſtſchäden hintanzuhalten, nur durch intenſive Räucherungen in den Froſtnächten hintangehalten werden könne. Nachdem aber dieſe Herſtellung von Feuern auch Mühe und Geld koſtet, wäre es das beſte, wenn die Weinbauern an die Gemeindevertretungen herantreten würden, damit dieſe Froſtwehren errichten, wie ſolche z. B. ſchon in Gumpoldskirchen, Traiskirchen, Laugenlots und an anderen Orten, ferner in Südtirol und Deutſchland beſtehen. Auch berichteten einige Beſucher der Ver - ſammlung, daſs ſie dieſes Räuchern ſchon auf eigenes Riſico mit Erfolg angewendet haben. Zum Schluſſe wurde von der Verſammlung beſchloſſen, die Weinbau - Vereine in Baden und Weikersdorf in kürzeſter Zeit eine gemeinſame Ausſchuſsſitzung abhalten zu laſſen, damit die Froſtwehr im gemeinſamen Weingarten - gebiete beſprochen und auch durchgeführt werden könne. Auch wird an die Gemeinde Sooß in dieſer An - gelegenheit herangetreten werden.

Eine ſtürmiſche Schuhmacher - verſammlung.

Montag, den 19. d. M., fand in Kolbe’s Saallocalitäten. Waſſergaſſe, eine Ver - ſammlung der Schuhmachermeiſter des Gerichtsbezirkes Baden ſtatt, welche von 200 Perſonen beſucht war, und einen ſehr ſtürmiſchen Verlauf nahm. Gegenſtand der Tagesordnung bildete die ſeit dem Monate Auguſt 1899 gegründete obligatoriſche Meiſter-Kranken - caſſe, deren Statuten auch von der Statthalterei genehmigt wurden. Da in jüngſter Zeit wegen rück - ſtändiger Einzahlung des monatlichen Beitrages von einem Gulden die Genoſſenſchaft gegen die Säumigen mit Androhung der Execution und mit gerichtlicher Pfändung vorgegangen wurde, erhob ſich gegen die Genoſſenſchaft eine ſtarke Oppoſition, die auch geſtern in der Verſammlung zum beredten Ausdruck kam. Es wurde gegen den Ausſchuſs der Genoſſenſchaft, ſowie gegen den Secretär der Vorwurf erhoben, daſs bei Ausarbeitung der Statuten der Meiſter-Kranken - caſſe, welche in einer Verſammlung von nur 43 Mit - gliedern genehmigt wurden, nicht bedacht wurde, daſs ein großer Theil der Genoſſenſchaftsmitglieder, als dem Veteranenvereine angehörend, nicht nur mit Krankengeld, ſondern auch mit Arzt und Medikamente verſehen ſind, welche ſich daher nicht verpflichtet fühlen, der Krankencaſſe beizutreten. Der aus Wien an - weſende k. k. Genoſſenſchaftsinſtruct[o]r Dr. Lorenz Gſtettner, welcher das Wort nahm, wurde durch toſenden Lärm in ſeinen Ausführungen unterbrochen und konnte ſich nur ſchwer Gehör verſchaffen. Trotz der Ausführungen über Zweck und Nutzen der Meiſter-Krankencaſſe ſtimmte die überwiegende Majo - rität der verſammelten Meiſter für die Auflöſung dieſer Caſſe.

Unfall.

Der in Pfaffſtätten wohnhafte Schuhmachermeiſter Rudolf Swoboda, welcher auch der Meiſterverſammlung in Leesdorf beiwohnte und nach Schluſs derſelben ſich auf den Heimweg begab, hatte das Unglück, in der Wienerſtraße auszugleiten und ſich den Knöchel des rechten Fußes zu brechen. Swoboda wurde von der raſch herbeigeeilten Rettungs - geſellſchaft in das hieſige Rath’ſche Spital transportiert.

Kankencaſſa der Bäcker in Baden.

Nachdem die Generalverſammlung am 15. d. M. nicht beſchluſsfähig war, ſo findet die nächſte General - verſammlung mit gleicher Tagesordnung am Donners - tag, den 29. d. M., ſtatt.

Rechtsbeirath des Verbandes deutſcher Radfahrer Niederöſterreichs.

Die Leitung des Verbandes deutſcher Radfahrer Niederöſterreichs theilt mit, daſs ſich der Rechts - beirath des Bundes deutſcher Herrenfahrer-Verbände Oeſterreichs, welcher gleichzeitig derjenige des n. . 4Mittwoch Badener Zeitung 21. März 1900. Nr. 23. Landesverbandes iſt, conſtituiert hat. Vorſitzender desſelben iſt Herr Landtags-Abgeordneter Julius Pirxhofer. Als Mitglieder gehören demſelben an die Herren: Dr. Guſtav Adamek, k. k. Gerichtsadjunct (Wien, X., Bezirksgericht), Dr. Paul Göttlicher, k. k. Auscultant (Wien, X., Bezirksgericht), Dr. Joſef H. Michel, Hof - und Gerichts-Advocat (Wien, XVIII., Edelhofſtraße 33), Dr. Ed. Weiß, Hof - und Gerichts - Advocat (Wien, I., Spiegelgaſſe 13). Auskünfte werden Montag, Mittwoch und Freitag, abends zwiſchen 5 7 Uhr, in obiger Verbandskanzlei er - theilt. Jedem Mitgliede des Verbandes deutſcher Radfahrer, bezw. des Bundes deutſcher Herrenfahrer - Verbände Oeſterreichs wird unentgeltlich Auskunft in Rechtſchutzangelegenheiten ertheilt.

Ganturnfeſt.

Das deutſchvölkiſche Turn - feſt des 15. Kreiſes, zu welchem ſich das diesjährige Gauturnfeſt des Oſtmarkturngaues geſtalten wird, findet nach dem in der Gauturnrathsſitzung des Oſtmarkturngaues vom 4. d. M. gefaſsten Beſchluſſe am 8. und 9. September d. J. in Wr. -Neuſtadt ſtatt.

Eine intereſſante Civilklage.

Eine für Radfahrer intereſſante Civilklage wird dem - nächſt das Gericht beſchäftigen. Die Frau eines Journaliſten hatte ſich bei einer Berliner Geſellſchaft gegen Unfall beim Radfahren verſichert. Als ſie an einem Jännertage ihr Rad nach längerer Pauſe für eine Fahrt vorbereitete, gerieth ſie mit dem linken Zeigefinger zwiſchen Kette und Zahnrad und quetſchte das oberſte Fingerglied. Es trat Blutvergiftung hinzu, wodurch die Verunglückte ſich während einer Woche jeder häuslichen Thätigkeit enthalten muſste. Der ſie behandelnde Arzt hielt es für ſelbſtverſtändlich, daſs die Urſache und Art des Unglücksfalles der Ver - ſicherungspflicht der Geſellſchaft unterliege, und die - ſelbe Anſicht vertrat der Vertrauensarzt der Geſellſchaft. Trotzdem erhielt die Verſicherte den Beſcheid, daſs die erlittene Verletzung nicht durch die Polizze gedeckt ſei, da hiernach nur ſolche Unfälle zu berückſichtigen ſeien, die dem Verſicherten beim Radfahren zuſtoßen. Die Klägerin, die alle Inſtanzen in Anſpruch nehmen will, macht demgegenüber geltend, daſs das Schmieren des Rades vom Radfahren ſelbſt unzertrennlich iſt und ein Unterſchied nicht gemacht werden darf, wenn dieſe Arbeit vor der Fahrt oder etwa unterwegs vorgenommen wird.

Göſchl-Stiftung.

Aus den Erträgniſſen der Carl und Thereſia Göſchl’ſchen Stiftung zur Unterſtützung von ohne ihr Verſchulden verarmten Einwohnern der Stadt Baden gelangen in dieſem Jahre, d. i. dem erſten nach der Acquiſition dieſer Stiftung, 30 Prämien zu je 30 Gulden (60 Kronen) zur Vertheilung. Anſpruch auf eine Betheilung aus den Stiftungserträgniſſen haben im Gemeindegebiete Baden in erſter Linie Geſchäftsleute, welche ohne ihr Verſchulden verarmt und durch ihr Verhalten einer Unterſtützung würdig ſind und wenigſtens 10 Jahre im Gemeindegebiete Baden, d. i. in den Kataſtralgemeinden Baden, Leesdorf, Gutenbrunn, anſäſſig ſind, ohne Unterſchied der Nationalität und des Geſchlechtes, jedoch müſſen ſie ſich zu einer chriſtlichen Confeſſion bekennen. Die Eigenſchaft als Bürger der Stadt Baden oder die Zuſtändigkeit nach Baden iſt keine unerläſsliche Bedingung, jedoch haben ſolche Bewerber, bei ſonſt gleicher Würdigkeit den Vorzug vor jenen Concur - renten, welche dieſe Eigenſchaft nicht beſitzen. Auch iſt dieſe Erwerbloſigkeit keine unerläſsliche Bedingung zum Anſpruche auf einen Bezug aus der Stiftung, vielmehr ſollen gerade ſolche Geſchäfsleute Berück - ſichtigung finden, welche unverſchuldet in ihrem Geſchäfte herabgekommen ſind und bei denen mit Grund anzunehmen iſt, daſs es ihnen durch die Unter - ſtützung möglich werde, ſich in ihrem Geſchäfte auf - znhelfen. Bewerber um eine ſolche Unterſtützung haben ihre mit dem Tauf - oder Geburtsſcheine, dem Aus - weiſe über den Familienſtand, einem Armutszeugniſſe, dem Heimatsſcheine und dem Nachweiſe über ihren mehr als zehnjährigen Aufenthalt in Baden (Kataſtral - gemeinde Baden, Leesdorf, Gutenbrunn) belegten Geſuche bis längſtens 30. Juni 1900 beim Stadt - vorſtande Baden (Stiftungscommiſſariat) einzubringen. Auf ſpäter einlangende Geſuche wird keine Rückſicht genommen.

Rath’ſches allgemeines öffent - liches Krankenhaus in Baden.

Kranken - Rapport für den Monat Februar 1900. Vom Vor - monate verblieben 125, ſeither zugewachſen 128, zu - ſammen 253 Patienten. Seither abgegangen 145, verbleiben am Ende dieſes Monates 108 Patienten. Die in Abgang gebrachten 145 Kranken entfallen in folgende Gruppen: geheilt 94, gebeſſert 41, ungeheilt 6, geſtorben 4. In unentgeltliche ambulatoriſche Be - handlung kamen 279 Kranke. Die Zahl der Ver -pflegstage betrug 3561, im Vormonate 4025, mithin 464 weniger. Durchſchnittlicher Krankenſtand per Tag 127·14, durchſchnittliche Verpflegsdauer für eines Kranken 14·07 Tage. Der vorherrſchende Krankheits - Charakter beſtand in Erkrankungen der Haut, in Verletzungen und Erkrankungen der Luftwege. Wegen Raummangel wurden 4 Perſonen abgewieſen. Folgende Verletzungen gelangten zur Aufnahme: Contuſionen: 3 leichte; Hiebwunden: 1 ſchwere; Riſs - quetſchwunden: 1 ſchwere; Armbrüche: 2 ſchwere; Beinbrüche: 3 ſchwere; Rippenbrüche: 1 ſchwerer; Muskelzerrung: 1 leichte; Luxationen: 1 ſchwere und 1 leichte; Verbrennungen 1. und 2. Grades: 1 leichte; Fremdkörper in der Hornhaut: 1 ſchwerer; Zehen - abquetſchung: 1 ſchwere; mithin 11 ſchwere und 6 leichte, zuſammen 17. Operationen wurden 56 vor - genommen, 42 kleinere und 14 größere; hievon in der Chlorofo[r]m-Narkoſe 18, in der Aether-Narkoſe 4, in der Cocain-Anäſtheſie 8, in der Chlor-Anäſtheſie 11, in der Schleich’ſchen Anäſtheſie 1, ohne Narkoſe 14. In dieſem Krankenhauſe findet täglich von 10 11 Uhr vormittags für Mittelloſe, welche nicht Mitglieder von Krankencaſſen ſind, unentgeltliche ambulatoriſche Ordination ſtatt.

Zahnarzt Med. Dr. Roſenthal

aus Wien, I., Graben 29, ordiniert auch im Winter in Baden, Neugaſſe Nr. 18, und zwar jeden Sonntag von halb 10 Uhr bis 12 Uhr und jeden Mittwoch von 1 bis 5 Uhr nachmittags. Bei dieſer Gelegenheit wird auf die neueſte Erfindung auf zahntechniſchem Gebiete aufmerkſam gemacht, die in der Herſtellung von künſtlichen Zähnen ohne Gaumenplatte beſteht. Auskünfte werden unentgeltlich gegeben Baden, Neugaſſe 18.

Assicurazioni Generali,

k. k. priv allgemeine Aſſecuranz in Trieſt. Die Vertretung für Baden und Umgebung: Ernſt Holzer, Lehrer, Palffy - gaſſe Nr. 30.

Gemeindeausſchuſsſitzung in Perch - toldsdorf.

Oeffentliche Sitzung vom 1. März 1900.

Anweſend Herr Bürgermeiſter Johann Reicher als Vorſitzender und ſämmtliche Herren Gemeinde - vertreter mit Ausnahme der entſchuldigten Herren GR. Georg Breitenecker, GA. Johann Schreck und der nicht entſchuldigten Herren Gemeindeausſchüſſe Jakob Breitenecker und Anton Brodl.

Nach conſtatierter Beſchluſsfähigkeit eröffnet der Herr Bürgermeiſter die Sitzung.

Das Protokoll der letzten Sitzung wird ver - leſen, genehmigt und ſonach verificiert.

Hierauf theilt der Herr Bürgermeiſter mit, daſs in Ausführung des Sitzungsbeſchluſſes vom 25. Jänner d. J., Punkt 13, bei der k. k. Bezirks - hauptmannſchaft Mödling um die Abhaltung eines gewerbeſanitätspolizeilichen Localaugenſcheines in dem Gaſthauslocale des Franz Heindl, behufs Abſtellung der beſtehenden baulichen Uebelſtände vor Ertheilung der Conceſſion, angeſucht wurde, daſs die k. k. Bezirks - hauptmannſchaft bereits diesbezüglich die nöthigen Aufträge ertheilt und zur Fertigſtellung der aufge - tragenen Bauherſtellungen eine Friſt bis 1. April d. J. geſetzt hat.

Weiters bringt der Herr Vorſitzende zur Kenntnis, daſs der Stadtbaumeiſter Herr Johann Merz hier zu ſeinem Hauſe in der Sonnbergſtraße eine Telephon - leitung herſtellen laſſen will und wurden zu dieſem Behufe von 50 zu 50 m, 9 m hohe Stangen in der Walzengaſſe und in der Sonnbergſtraße auf - geſtellt.

Herr GA. Biegler bemerkt hierauf gegen die Aufſtellung einiger Stangen in der Walz engaſſe, daſs dieſelben in den öffentlichen Rinnſalen ſtehen und ſo den Waſſerablauf und die Paſſage ſtören. Der - ſelbe ſtellt den Antrag, es möge ſo raſch als möglich, bevor noch die Telephonleitung fertig iſt, ein Local - augenſchein anberaumt werden, damit noch rechtzeitig Abhilfe getroffen werden kann.

Dieſer Antrag wurde zum Beſchluſſe erhoben und mit der Vornahme dieſes am 2. d. M. vorzu - nehmenden Localaugenſcheines die Baucommiſſion, die Herren Straßencommiſſäre und Herr GR. Friedrich Lang betraut.

Der Obmann der Finanzſection berichtet über die erfolgte genaue Prüfung der Gemeinderechnung pro Jänner 1900, wonach in dieſem Monate die Einnahmen Kr. 16.119 09, die Ausgaben Kr. 6945 56 betragen, daher mit Ende Jänner 1900 ein Caſſa - reſt von Kr. 9173·53 verbleibt, und wird dieſe Rechnung ſonach genehmigt.

Die Bürgerſpital-Rechnung pro Jänner 1900 wird über Bericht der Reviſoren genehmigt.

Es gelangt nunmehr die Jahresrechnung der Gemeinde pro 1899 zur Verleſung und Ueberprüfung.

Dieſe Rechnung iſt durch 14 Tage zur allge - meinen Einſicht im Rathhausſaale aufgelegen und war die diesbezügliche Kundmachung öffentlich ange - ſchlagen. Einwendungen wurden keine erhoben.

Nach poſtenweiſer Verleſung und vorhergegangener Reviſion der Abſchlüſſe der Bücher und aller Be - ſtände durch die Finanzſection und Bericht über die vollkommene Richtigkeit, wird den Rechnungslegern das Abſolutorium ertheilt.

Die Einnahmen beziffern ſich im Jahre 1899 mit fl. 61. 546·65, die Ausgaben mit fl. 57. 527·97½, verbleibt ſonach mit 31. December 1899 ein Caſſa - reſt von fl. 4020 67½. Die Activen der Gemeinde betragen mit 31. December 1899 fl. 138·886·22½, die Paſſiven fl. 71. 409·16, verbleibt ſonach ein ſchließliches Vermögen per fl 67. 477·06½.

Die Jahresrechnung des Bürgerſpitales pro 1899, wonach ſich die Einnahmen mit fl. 3249·69, die Ausgaben mit fl. 2985·18 beziffern, und mit 31. December 1899 ein Caſſareſt pro fl. 264·51 verbleibt, wurde von den Reviſoren geprüft, richtig befunden, und wird nach Verleſung den Rechnungs - legern das Abſolutorium ertheilt.

Nach der Bilanz ſtellt ſich das Activvermögen des Bürgerſpitalfondes auf fl. 74. 262·15½; Paſſiven ſind keine vorhanden.

Der Herr Bürgermeiſter berichtet bei dieſem Anlaſſe über die am 6. Februar d. J., infolge Anſuchens des Herrn GA. Karl Koholzer, vom Ge - meinderathe und der Finanzſection vorgenommene Reviſion und Prüfung der Rechnungen des Bürger - ſpitalfondes vom 1. Jänner 1890 an bis zum Tage der Uebergabe dieſes Fondes an Herrn Joſef Ranz, und bringt das hierüber aufgenommene Protokoll mit folgendem Wortlaute in deſſen Gegenwart zur Verleſung:

Protokoll, aufgenommen am 6. Februar 1900 im Rathhauſe zu Perchtoldsdorf.

Gegenſtand: Prüfung der Rechnungen des Bürgerſpitalſondes vom 1. Jänner 1890 herwärts, über Erſuchen des geweſenen Bürgerſpitalverwalters Karl Koholzer.

Ueber das in der öffentlichen Sitzung vom 25. December 1899 vom Herrn GA. Karl Koholzer geſtellte Anſuchen, es möge eine commiſſionelle Prüfung der Rechnungen des Bürgerſpitalfondes, u. zw. vom 1. Jänner 1890 bis zum Tage der Uebergabe des gedachten Fondes an Herrn Joſef Ranz, vorgenommen werden, da er der Anſicht iſt, daſs in dieſen Rechnungen ein Irrthum zu ſeinem Schaden vorge - kommen ſei, wurde am heutigen Tage in Gegen - wart des Gemeinderathes, der Finanzſection, des Bürgerſpitalverwalters, der Reviſoren des Bürger - ſpitales und des GA. Karl Koholzer durch den Herrn GR. Joſef Roſenthal eine genaue Prüfung der Rech - nungen des Bürgerſpitalfondes vom 1. Jänner 1890 bis zum Tage der Uebergabe an den jetzigen Bürger - ſpitalverwalter Herrn Joſef Ranz vorgenommen, und dieſe Rechnungen vollkommen in Ordnung und richtig befunden.

Herr GA. Karl Koholzer behält ſich vor, die fraglichen Rechnungen nochmals perſönlich zu prüfen und bis längſtens 20. Februar d. J. ſeine diesfällige Erklärung abzugeben.

Der Herr Bürgermeiſter conſtatiert nach Ver - leſung des Protokolles, daſs Herr GA. Karl Koholzer die von ihm ſelbſt begehrte perſönliche Prüfung der erwähnten Rechnungen in der geſtellten Friſt nicht vorgenommen hat, ſondern erſt heute, knapp vor der Ausſchuſsſitzung, gekommen ſei, und die Einſichtnahme in die Bücher verlangt habe.

Da dieſe Bücher jedoch augenblicklich nicht zur Stelle waren, entfernte er ſich ſofort, und erſt nach - dem die Sitzung bereits begonnen hatte, kam er wieder und nahm im Beiſein des Herrn GA. Platz Einſicht in die Bücher.

Nach ſeinem Erſcheinen im Sitzungsſaale gab Herr Koholzer über Befragen des Herrn Bürger - meiſters an, er habe in der Rechnung des Bürger - ſpitalfondes vom Monate Jänner 1890 die Poſt ge - funden, nach welcher von dem n. . Landesausſchuſſe zwei Staatsſchuld-Verſchreibungen à 200 fl. und gleichzeitig 1250 fl. bar eingeſendet wurden, um damit für den Bürgerſpitalfond eine neue Staats - ſchuldverſchreibung anzukaufen. In dieſen Poſten müſſe der Irrthum ſtecken.

Der Bürgermeiſter conſtatiert, daſs die in Rede ſtehenden zwei Staatsſchuldverſchreiben, und zwar5Nr. 23. Mittwoch Badener Zeitung. 21. März 1900. Nr. 282.888 und 318.976 à 100 fl. mit Mai - und Auguſtcoupons ſich ſchon ſeit längerer Zeit im Beſitze des Bürgerſpitalfondes befanden, daher in dieſen Poſten ein Irrthum zu Ungunſten des Herrn Karl Koholzer nicht enthalten ſei, und zwar umſo - weniger, als dieſe Wertpapiere bis zur Abſendung an den n. . Landesausſchuſs im Treſor der Gemeinde deponiert waren. Endlich conſtatiert noch der Bürger - meiſter, daſs alle Eintragungen im Caſſajournale des Bürgerſpitales, ſowohl in Schrift als in Ziffern, von Herrn Koholzer ſtets eigenhändig beſorgt wurden, daſs letzterer während der Zeit der von ihm geführten Verwaltung nie über einen Abgang geklagt habe und auch die regelmäßig vorgenommene Reviſion nie einen Abgang gezeigt habe. Es kann alſo abſolut kein Irrthum vorliegen.

Da jedoch Herr GA. Karl Koholzer bei ſeiner Behauptung beharrt, ſtellt der Herr Bürgermeiſter nachſtehenden Antrag:

Der Gemeindeausſchuſs nimmt das Protokoll vom 6. Februar d. J., betreffend die über Anſuchen des geweſenen Herrn Bürgerſpitalverwalters Karl Koholzer ſtattgehabte commiſſionelle Prüfung der Rechnung des Bürgerſpitalfondes vom 1. Jänner 1890 an bis zum Tage der Uebergabe dieſes Fondes an Herrn Joſef Ranz und den Bericht, daſs dieſe Rechnungen geprüft und vollkommen richtig befunden wurden zur Kenntnis, und überläſst es dem Herrn GA. Karl Koholzer, wenn er hiemit nicht einver - ſtanden iſt, in irgend einer ihm beliebigen Weiſe das weitere zu veranlaſſen, ohne jedoch den Gemeinde - ausſchuſs mit dieſer Angelegenheit weiter zu be - helligen. Dieſer Antrag wird einſtimmig angenommen.

Die Mittheilung der freiwilligen Ortsfeuerwehr über die am 13. Februar d. J. ſtattgehabte General - verſammlung und über die dabei erfolgte Neuwahl des Herrn Alois Preindl als Hauptmann-Stellver - treter wird zur Kenntnis genommen.

Nach einer Aufnahme in den Gemeindeverband erfolgt die Erledigung einiger Conceſſions-Angelegen - heiten.

Sodann wird über Antrag des Herrn GA. Biegler beſchloſſen, das im Jahre 1899 zur Froſt - wehr angeſchaffte Räucherungsmateriale mit dem Be - trage von fl. 266·53 auf Gemeinderechnung zu über - nehmen, dagegen haben die Weingartenbeſitzer das etwa für künftighin erforderliche Materiale aus eigenen Mitteln anzuſchaffen.

Dem Zweigvereine Baden des öſterreichiſchen patriotiſchen Hilfsvereines und dem Aſylvereine der Wiener Univerſität werden für das Jahr 1900 Beiträge von je 5 fl. bewilligt.

Der Herr Bürgermeiſter berichtet, daſs die Ehe - leute Herr Leopold und Frau Joſefa Baumgartner, Hausbeſitzer C. -Nr. 193 in Perchtoldsdorf, Vermieter der dermaligen Aichamtslocale, infolge Aufforderung der k. k. Bezirkshauptmannſchaft Mödling in die Auflöſung des damaligen Mietsverhältniſſes mit Ende April 1900 einwilligten.

Nachdem nun mit 1. Mai 1900 die neuen Aichamtslocale in den Gemeindehäuſern C. -Nr. 185 und 186 fertig geſtellt ſein müſſen, wird über Antrag des Herrn Bürgermeiſters die ſofortige Concurs - ausſchreibung für die Vergebung dieſer Bauarbeiten an die hieſigen Baumeiſter beſchloſſen und der Gemeinderath mit der Bauſection ermächtigt, die Offerte zu überprüfen, die Vergebung der Arbeiten zu veranlaſſen und darüber in der nächſten Sitzung zu berichten.

Der Herr Bürgermeiſter bringt zur Kenntnis, daſs die hieſigen Weinhauer Karl Zechmeiſter C. -Nr. 81 und Georg Kurzbauer bei der k. k. Bezirkshaupt - mannſchaft dahin Beſchwerde geführt haben, daſs in Perchtoldsdorf von den Leutgebern nicht immer Wein eigener Fechſung zum Ausſchanke gelange.

Dieſe Beſchwerde ſei von der k. k. Bezirks - hauptmannſchaft Mödling an die Gemeinde zur Aeußerung herabgelangt und diesfalls dahin berichtet worden, daſs ſchon im Jahre 1892 eine Weinüber - prüfungscommiſſion aufgeſtellt wurde, deren Thätigkeit immer mehr abnahm, je weiter die Verheerungen der Weingärten durch die Reblaus Fortſchritte machte, daſs aber nunmehr der Ueberwachung der Leutgeber wieder größere Aufmerkſamkeit gewidmet werden wird. Dieſer Bericht wird zur Kenntnis genommen.

Laut Zuſchrift des k. k. Notars Stribel in Mödling vom 22. Februar, hat der in Perchtolds - dorf am 24. November 1899 verſtorbene Major i. R. Franz Grittner der Kinderbewahranſtalt und den Ortsarmen in Perchtoldsdorf ein Legat von je 200 Kronen vermacht und wurden dieſe Legate bereits ihrer Beſtimmung zugeführt.

Dem Anſuchen des Comités für eine in der Donauſtadt zu errichtende Kaiſer-Jubiläumskirche um Bewilligung einer Spende wird nicht willfahrt.

Herr GA. Bürgerſchuldirector Franz Garnhaft macht auf den Uebelſtand aufmerkſam, daſs wiederholt ſchon an anſteckenden Krankheiten erkrankt geweſene Kinder noch innerhalb der Infectionsperiode und ohne Bewilligung des behandelnden Arztes die Schule beſuchen, es daher mit Rückſicht auf die Gefahr für die anderen Kinder geboten erſcheint, die Herren Aerzte zu erſuchen, derartig erkrankten Kindern, wenn ſie wieder die Schule beſuchen dürfen, eine Beſtätigung über den Geſundheitszuſtand zu erfolgen, damit der Schulleitung eine Controlle möglich ſei.

Der Bürgermeiſter wird diesfalls das Erfor - derliche verfügen.

Dem Antrage des Herrn GA. Karl Hummel - berger wegen Beſchotterung des Gehweges vom Hauſe C. -Nr. 253 Brunnengaſſe zur Tramwayſtation wird zugeſtimmt.

Ueber Antrag des Herrn GR. Dieſtl wird be - ſchloſſen, bei dem k. k. Ackerbauminiſterium um eine Subvention behufs Reconſtruction eines Theiles des Gemeinde-Schnittweingartens anzuſuchen.

Die Ausfertigung des hiezu erforderlichen Koſten - überſchlages wird dem Antragſteller übertragen.

Der Antrag des Herrn GA. Biegler, den Promenadeweg nach Lieſing zu zwei Drittel ſeiner Breite mit Rieſelſchotter zu belegen, wird angenommen.

Schließlich wird über Antrag des Herrn GA. Schäfftner beſchloſſen, in den gedachten Promenade - weg bei der Kapelle behufs der Waſſerleitung einen Durchlaſs herzuſtellen.

Nachdem ein weiterer Antrag nicht mehr geſtellt wurde, ſchließt der Herr Vorſitzende die Sitzung.

Correſpondenzen.

Mödling. [Eigenbericht der Badener Zeitung. ]

(Theater.)

Donnerstag, den 15. d. M., kam Grillparzers romantiſches Märchen Der Traum ein Leben zum Benefice des Charakterdarſtellers Hugo Schneider, unter Mitwirkung der Liebhaber Karl Stein und Julius Hammer, zur Aufführung. Wenn - gleich ein ſolches Stück vor allem die nöthige Aus - ſtattung beſitzen muſs, um den richtigen Eindruck hervorzurufen, ſo verſuchte man es hier auch mit den vorhandenen, wenig hinreichenden Mitteln, und der Verſuch gelang auch zum großen Theile. Vor allen anderen zeichnete ſich der Beneficiant durch ſeine Sicherheit im Auftreten, ſowie durch ſeine Gewandtheit in Sprache und Handlung aus. Er beherrſchte ſeine Rolle, die durch die gebundene Rede doppeltes Studium erforderte, voll und ganz und übertraf alle übrigen Darſteller. Sein Zanga trug ihm nach dem Monolog im erſten Acte ſtürmiſchen Beifall und einen ſchönen Lorbeerkranz ein. Auch die beiden Gäſte, Herr Stein als Ruſtan und Herr Hammer als Karkhan , hatten ihre Rollen ſehr gut ſtudiert. Herr Stein imponierte durch ſeine ſchöne Geſtalt und ſonore Stimme, nur war ſeine Ausſprache bei raſchem Sprechen etwas unverſtändlich. Eine ſehr gute Figur war auch Herr Waldegg, der als Mann vom Felſen eine geiſterhafte Maske angenommen hatte. Lobend zu erwähnen wären noch Fräulein Sorau als Gülnare und Fräulein Lippert als Mirza . Die Darſtellung fand bei dem ziemlich zahlreich erſchienenen Publicum eine gute Aufnahme. Samstag, den 17. d. M., hatte die Direction wieder ein gut beſuchtes Haus zu verzeichnen, was wohl dem Gaſtſpiele des hier ſo ſehr beliebten Geſangshumoriſten Herrn Franz Fiſcher (der kleine Fiſcher) zu verdanken war. Zuerſt wurde die Poſſe Die Vorleſung bei der Hausmeiſterin von Bergen gegeben. Die vielen tollen Späſſe riſſen oft das Publicum zu lebhafter Heiterkeit hin und Herr Fiſcher als Frau Maxlin (Hausmeiſterin) entfeſſelte durch ſeine drollige Maske, ſein Mienenſpiel und ſeine Komik in Sprache und Geberde oft ſtürmiſche Beifallsbezeugungen. Ihm ſtanden Herr Kaufmann als Madame Cherditak und Herr Nekut als Mamſelle Charlotte würdig zur Seite. Eine angenehme Erſcheinung war Fräulein Sorau als Crescention . Sodann kam das Luſtſpiel Der Lügner und ſein Sohn von John zur Aufführung. Herr Berthal gab den prahleriſchen Herr von Krak mit trefflicher Komik und bauſchte ſich mit ſeinen übertriebenen Lügen ebenſo auf, wie Herr Kaufmann als ſein Sohn Julius ; Fräulein Lippert repräſen - tierte ſich in der lichten Toilette ſehr lieb und ſpielte ihren kleinen Part mit viel Geſchick. Zum Schluſſe kamen die Vorträge des kleinen Fiſcher , Scenenaus dem Theaterleben, betitelt Aus ſchöner Ver - gangenheit , dann Der Lieder-Enthuſiaſt , einige neue Wiener Lieder und Couplets und Dialect - Scherze . Herr Franz Fiſcher copierte in der Solo - ſcene Der Lieder-Enthuſiaſt den hier auch beſt - bekannten Komiker Gottsleben, in vortrefflicher Weiſe und erntete für ſeine mit urwüchſiger Komik zum Vortrage gebrachten Lieder, wie auch für ſeine gute Mimik ſtürmiſchen Beifall.

(Die Hauptverſammlung des Möd - linger Männer-Geſangvereines)

am 14. d. M. nahm einen ruhigeren Verlauf, als man nach der mehrere Jahre beſtehenden Kriſe im Vereine erwartet hätte. Um halb 9 Uhr eröffnete der Vereins - vorſtand, Director Franz Schiner, mit einigen Worten der Begrüßung die Hauptverſammlung, conſtatierte die Anweſenheit von 35 ausübenden Mitgliedern, ſomit die Beſchluſsfähigkeit der Verſammlung. Herr Schiner ſprach in wenigen Worten über das Wirken des Vereines im allgemeinen und überreichte ſodann an Herrn Ferdinand Walter, der im Vorjahre zum Ehrenmitgliede ernannt wurde, das künſtleriſch aus - geſtattete Diplom, ſtattete ſodann den beiden Chor - meiſtern für ihre aufopfernde Thätigkeit den Dank des Vereines ab und überreichte Herrn Winkelmayer als erſten Chormeiſter eine prachtvolle goldene Uhr - kette, Herrn Franz Gruber als zweiten Chormeiſter 5 Ducaten in Gold in Etui, beides Geſchenke des Vereines. Die beiden Chormeiſter dankten für dieſe beſondere Anerkennung und verſprachen, auch in Hin - kunft nach ihrem beſten Können den Verein zu unter - ſtützen. Nach Abſingen des Wahlſpruches ergreift der Schriftführer, Herr Göbel, das Wort zur Er - ſtattung ſeines Berichtes, und gibt einen kurzen Ueberblick über die Vereinsthätigkeit im abgelaufenen Jahre. Sodann erſtattet Herr John als Zahlmeiſter den Caſſabericht. Er weist darauf hin, daſs die Auslagen für die Liedertafel und den Juxabend ſo enorme geweſen ſeien, daſs bei dem Umſtande, als die unterſtützenden Mitglieder kein Eintrittsgeld zu entrichten hatten, zumeiſt ein Deficit zurückblieb, das nur durch die minder theueren Veranſtaltungen, ſowie durch die Mitglieder - und Unterſtützungsbeiträge ge - deckt werden konnte. Und ſo kam es, daſs das Jahr 1899 bloß mit einem Saldo von fl. 246·76 abſchloſs, was gegen das Jahr 1898 ein kleines Minus be - deutet. Die Auslagen im verfloſſenen Vereinsjahre betrugen rund fl. 1440. Nachdem die beiden Rechnungs - reviſoren alle Rechnungen, ſowie die Geſchäftsgebarung für richtig befunden hatten, wurde dem Zahlmeiſter das Abſolutorium ertheilt. Schließlich erſtatteten noch der Archivar Mohl, Sachwart Leitenberger und Chormeiſter Winkelmayer ihre Berichte, welche von minderem In - tereſſe ſind. Sodann gieng man zu den Wahlen über, die Herr Rachenzentner sen. leitete. Das Wahler - gebnis berichteten wir bereits in letzter Nummer. Der wiedergewählte Vorſtand, Herr Franz Schiner, über - nimmt den Vorſitz. Zu dem letzten Punkt der Tages - ordnung: Eventuelle Anträge und Anfragen , mel - dete ſich Herr Dr. Rauch zum Wort und ſtellte den Antrag, alle jene Mitglieder, welche trotz wiederholter Mahnſchreiben keine Proben beſuchen und ohne jede Entſchuldigung den Vereinsabenden ferne bleiben, aus der Mitgliedsliſte zu ſtreichen. Es wurde beſchloſſen, dieſem Antrage ſoweit als thunlich Folge zu leiſten. Sodann trat Herr Winkelmayer mit einem Antrage vor die Verſammlung, der dahin gieng, man möge den Damenchor als Verein ſich conſtituieren und fortan als Zweigverein des Mödlinger Männer-Geſangs - Vereines gelten laſſen. Ueber dieſen Punkt entſtand eine lebhafte Debatte, an welcher ſich viele Gegner des vorliegenden Antrages, ſo Dr. Rauch, Mohl u. a. betheiligten. Die Regelung dieſer Angelegenheit wurde dem Ausſchuſſe und zur endgiltigen Beſchluſsfaſſung einer außerordentlichen Generalverſammlung überwieſen. Von Seite des Mitgliedes Leitenberger wurde dann, gleichwie im Vorjahre, die Gründung eines Reiſe - fondes angeregt, welche Idee lebhafte Zuſtimmung fand. Zur Beſſerung der financiellen Lage beſchloſs man, im Laufe des heurigen Sommers 4 Concerte, verbunden mit Liedervorträgen, zu veranſtalten. Da ſich niemand mehr zum Worte meldete, wurde die Verſammlung um 11 Uhr geſchloſſen.

(Vortragsabend.)

Samstag, den 24. d. M., um 7 Uhr abends, findet in Deiſenhofer’s Hotel zum goldenen Lamm (Kloſtergaſſe) der erſte Vor - tragsabend der Ortsgruppe Mödling der n. . Landes - freunde bei freiem Entrée ſtatt. Das Programm lautet: 1. Vortrag des Herrn Muſeumscuſtoden Dr. Carl Schalk über den gegenwärtigen Stand der geſchichtlichen Kenntniſſe über Mödling und 2. Vor - trag des Alterthumforſchers Guſtav Calliano über den Zweck und die Ziele der n. . Landesfreunde und Prähiſtoriſche und römiſche Funde in Mödling .

6Mittwoch Badener Zeitung. 21. März 1900. Nr. 23.

(Familienabend der Beamtenſchaft Mödlings.)

Auf vielſeitiges Verlangen ſieht ſich das Comité zur Veranſtaltung geſelliger Familien - abende veranlaſst, am Samstag, den 31. d. M., im Hotel Stadt Mödling ſeinen zweiten diesjährigen Unterhaltungsabend zu veranſtalten. Es werden binnen kurzem die Einladungen verſendet werden. Man hat bereits mit bekannten Wiener Kunſtkräften Fühlung genommen und einige derſelben für dieſen Vortragsabend gewonnen. Zum Schluſſe ſindet ein Tanzkränzchen ſtatt.

Guntramsdorf.

Auf der Localbahn Wien Guntramsdorf wurde am 15. d. M. durch den Achſen - bruch eines mit Ziegeln beladenen Waggons in der Station Krottenbach eine zweiſtündige Verkehrs - ſtörung verurſacht. Nach Wegſchaffung des gebrochenen Wagens konnte der Güterzug ſeinen Weg wieder fortſetzen.

Berndorf.

(Theater.)

Uebermorgen, Freitag, den 23. d. M., abends, gelangt die brillante Bauern - komödie ’s Jungferngift von Ludwig Anzengruber zur Aufführung. Die nächſte Vorſtellung findet am Sonntag, den 25. März, nachmittags 3 Uhr, ſtatt.

Wiener-Neuſtadt.

(Vom Theater.)

Am 13. d. M. wurde zum Benefice des Schauſpielers Max Palfi Hermann Sudermann’s Morituri ge - geben, in welchem Stücke Fräulein Hermine Schütze, die Tochter des Badener Buchhändlers Ferdinand Schütze und Schülerin der Hofſchauſpielerin Frau Olga Lewinsky, zum erſtenmale die Bretter betrat und ſich ſofort durch ihre Anmuth die Sympathie des Publicums eroberte und auch in der Folge durch ihr vorzügliches Spiel feſthielt. Die Wiener-Neu - ſtädter Nachrichten beſprechen in vorzüglichſter Weiſe das degagierte Spiel der jungen Dame und beglück - wünſchen ſie zu dieſem erſten Erfolge, mit der Hoffnung, ihr bald wieder auf den Brettern begegnen zu können.

Theater.

Stadttheater in Baden.

Dounerstag, den 15. d. M. Zum Benefice für Franz Felix. (Neu in Scene geſetzt.) Der närriſche Schuſter . Wiener Volkspoſſe mit Geſang in fünf Acten von O. F. Berg. Muſik von Carl Millöcker.

Unſer trefflicher erſter Komiker war in der Wahl ſeiner Beneficevorſtellung recht glücklich. Das total ausverkaufte Haus unterhielt ſich großartig, man kam aus dem Lachen gar nicht heraus und wir können Herrn Felix für den genuſsreichen Abend, den er uns durch die Wiedervorführung der alten, aber guten und recht angenehm anheimelnden Volks - poſſe ſchuf, nur dankbar ſein.

Der geſchätzte Beneficiant und Träger der Titelrolle, längſt ein Liebling der Badener, hatte daher auch als Tobias Kupelwieſer volle Gelegenheit, ſeine hervorragend künſtleriſche Begabung in das rechte Licht zu ſetzen. Sein närriſcher Schuſter kann als eine wahre Prachtleiſtung bezeichnet werden und verdient die vollſte Anerkennung. Die wirklich ſtürmiſchen Beifallsſalven waren daher auch an dem Felix’ſchen Ehrenabende am Platze und werden zugleich Herrn Felix von ſeiner Beliebtheit vollkommen überzeugt haben. Daſs an dieſem, man möchte ſagen demonſtrativ voll gewordenen Hauſe, auch die Stimmung auf die Darſteller übergieng, iſt ſelbſtverſtändlich.

Herr Dir. Schreiber war als Floderer wieder in ſeinem Element und bei ausgezeichneter Laune. Die Herren Friedberg (Oberſt Graf Freiwald), Strauß (Richard Graf Freiwald) und Dietl (Buchbinder - gehilfe Riedl) verdienen ehrende Erwähnung. Das gleiche gilt von den Damen Zwerenz (Cordula Kupelwieſer) und Zöhrer (Joſeſine Kupelwieſer). Aeußerſt diſtinguiert in Anſehen und Sprache gab ferner Fräulein Brand die Gräfin Clara Engelsberg. Lebhaften Beifall errang ſich auch der Lehrjunge Petal, der kleine Felix, welcher, wenn es ſo fort geht, einſt dem großen Felix gewaltige Concurrenz machen dürfte.

Samstag, den 17. d. M. Molly , Luſtſpiel in einem Act von R. Verſtl, und Tannhäuſer oder Die Keilerei auf der Wartburg . Sowohl die dramatiſche Bagatelle unſeres Bühnenvaters und Hausdichters Verſtl, als auch die parodiſtiſche Zukunfts - operette von J. Neſtroy fanden jene Darſtellungen, welche befriedigen.

Sonntag, den 18. d. M., Die Prinzeſſin von Trapezunt . Komiſche Operette in 3 Acten vonCh. Nuitter und E. Trefeu. Deutſch von Julius Hopp. Muſik von Jacques Offenbach.

Die vor einem Vierteljahrhundert gerade mit dem Reiz der Neuheit alle Gemüther entzückende Operette Offenbach’s erregt noch heute Intereſſe, trotzdem dieſelbe mit dem blöden Stoffe der Handlung mehr als veraltet und überlebt gilt. Es bildete daher die neuinſcenierte Belebung altbekannter Geſtalten, wie die des Förſter Caſimir, des ſich ſtets verſprechenden Sparadrap und des Cabriolo, eine Art Bühnen - experiment, das Beachtung verdient. Geſpielt wurde von jenen, die ſich an den Text und den Takt hielten, gewiſs recht gut und wenn wieder andere, insbeſondere ihrer Zwei, ſich weder um Buch und Partie kümmerten und gegenſeitig Hollodria trieben, ſo ſind dies Sachen, die ſie mit ſich ſelbſt abmachen ſollen. Fürſt Caſimir (Herr Ott) und Dir. Schreiber (Sparadrap) ſorgten auch zumeiſt für die Sonntagsſtimmung, die in Folge des entſetzlichen Wetters eine recht troſtloſe war. Keine Stimmung, kein rechter Beifall und keinerlei Dank für alle Mühe.

Fräulein Narenta als Prinz Raphael entſprach in jeder Beziehung und ſang ganz allerliebſt. Auch die beiden Töchter des Cabriolo, Fräulein Genſchar (Zanetta) und Fräulein Miltner (Regina) verſtanden es, auf das Aug und Ohr zu wirken. Herr Felix als Director der Seiltänzertruppe und Herr Januſchke als Tremolini boten ihr möglichſtes. Frau Zwerenz (Paolo) genügte für die vorgeſchriebenen Kunſt - leiſtungen, was man von dem berühmten Pagen - chore diesmal nicht ſagen konnte. Wo war da das berühmte piano und pianissimo, das einſt ſo viel Beifall fand.

Montag, den 19. d. M. (Zum erſtenmale): Fräulein Doctor . Luſtſpiel in 4 Aufzügen von Oscar Walter und Leo Stein. (Repertoireſtück des Raimundtheaters in Wien.) Gelungene Première mit hübſchem Bühnenerfolg. Ausführlicheres Referat vorbehalten.

Vermiſchtes.

Eine Rieſen-Uhr.

Wohl das Monſtröſeſte, was im Bau von großen Uhren jemals geleiſtet wurde, iſt die gegenwärtig in Philadelphia für den Thurm der Town-Hall (des Rathhauſes) gebaute Uhr. Das während der Dunkelheit mittelſt elektriſcher Reflectoren beleuchtete Zifferblatt hat einen Durchmeſſer von 10 Metern, und der große Zeiger, der ganz gut als Eiſentram dienen könnte, hat eine Länge von 4 Metern, der kleine eine ſolche von 2·5 Metern. Die Glocke, auf welcher die Stunden angeſchlagen werden, hat ein Gewicht von 5 Tonnen, und eine Dampfmaſchine dient dazu, die Uhr aufzuziehen und die Elektricität zur Beleuchtung zu liefern. Die Philadelphier können ſich nach Fertigſtellung der Uhr rühmen, die größte, wenn auch nicht ſchönſte Uhr der Welt zu beſitzen.

Kwizda’s Reſtitutions-Fluid für Pferde.

Der Sport , ein Fachblatt für Rennweſen, Jagd und Pferde, ſpricht ſich über Kwizda’s Reſtitutions-Fluid in folgender Weiſe aus: Wer die Sehnen ſeiner Pferde bei ſtarkem Gebrauche rein erhalten will, dem iſt die Anwendung des Re - ſtitutions-Fluids von Franz Johann Kwizda in Kor - neuburg zu empfehlen. Man reibe nach jedesmaligem Gebrauche, nachdem die Sehnen gut mit Stroh ab - gerieben wurden, die Beine des Pferdes vom Knie bis an den Feſſel gut mit dieſem Reſtitntions-Fluid ein und bandagiere ſie dann leicht; es iſt dies ein einfaches und doch ſehr wirkſames Mittel, um die Sehnen friſch und ſtramm zu erhalten und der Bildung von Gallen vorzubeugen. Das Kwizda’ſche k. k. priv. Reſtitutions-Fluid für Pferde ſollte daher in keinem gut gehaltenen Stalle fehlen.

Ein Lampendocht aus Glas.

Ein eigen - artiger Lampendocht wurde vor kurzem von einem belgiſchen Glasfabrikanten erfunden. Dieſer Docht iſt aus Glas hergeſtellt, welches von feinen Canälen durchzogen iſt. Die Lampe entzündet ſich, indem das Oel durch die feinen Canäle nach oben gepreſst wird und dort entflammt. Als Vortheil wird neben der Unverbrennbarkeit des Dochtes der gleichförmige Verbrauch des Brennmateriales gerühmt, ſo daſs ein Flackern der Flamme oder das ſo läſtige Rußen des Cylinders vollkommen ausgeſchloſſen iſt. Immerhin dürfte die Herſtellung dieſer Glasdochte nicht ſo billig kommen, auch ſcheint eine Verſtopfung der feinen Canäle durch die Rückſtände auch bei dem beſten Petroleum nicht ausgeſchloſſen zu ſein.

Literatur.

Lechner’s Mittheilungen aus dem Gebiete der Photographie. Mit der vor kurzem erſchienenen Jänner - Nummer beginnt ein neuer Jahrgang dieſer gehaltvollen, jedem Amateur-Photographen nützlichen Zeitſchrift. Das Heft enthält eine kurzgefaſste jedoch vollſtändig erſchöpfende Anleitung zur Erlernung des Gummidruckes von Raimund Rapp, Aſſiſtenten des Herrn Philipp Ritter von Schoeller; eine Beſprechung der Probſt’ſchen Broſchüre zu Lechner’s Taſchen-Camera; die exacte Beſchreibung eines Facettier-Apparates zur leichten Herſte[ll]ung der Kupferdruck-Facetten auf Photographie-Cartons, ſowie eine ausführliche Recenſion der Jänner-Nummer der Photographiſchen Correſpondenz 1900. Unter den Vereinsnachrichten finden ſich ſolche der Photographiſchen Geſelſchaft in Wien, des Wiener Camera-Club, Wiener Photo-Club, ſowie auch Berichte aus Prag, Graz, Dresden ꝛc. In einer eigenen Rubrik ſind Ausſtellungs-Angelegenheiten untergebracht; die Abtheilung Notizen enthält intereſſante Nachrichten actueller Art, und unter Bücherſchau ſind photographiſch-literariſche Erſcheinungen der letzten Zeit ausführlich beſprochen. Zudem geſellt ſich ſchließlich noch der Briefkaſten , der fleißig benützt wird und viele nützliche und wichtige Hinweiſe enthält. Als Kunſt - beilage enthält das Jänner-Heft ein Bild von Graf Michael Eſterházy: Yacht im Sturm auf dem Plattenſee . In Rückſicht auf die Reichhaltigkeit und hübſche Ausſtattung und in Anbetracht des ungemein billigen Preiſes von 2 Kronen iährlich können Lechner’s Mittheilungen jedem Amateur-Photo - graphen dringendſt empfohlen werden; Probe-Nummern werden ſeitens der Firma R. Lechner (Wilh. Müller), Wien, I., Graben 31, bereitwilligſt, und zwar koſtenfrei, verſchickt.

Gerichtsſaal.

Wegen öffentlicher Gewaltthätigkeit.

Am 12. d. M., hatte ſich vor einem Erkenntisſenate des Kreisgerichtes der hieſige Hauer Ignaz Breinſchmid wegen des Verbrechens der öffentlichen Gewaltthätigkeit zu verantworten. Der Angeklagte gerieth am Nach - hauſewege vom Heurigen mit einem Nachtwächter in Streit und ſoll nach Angabe des letzteren mit dieſen handgemein geworden ſein und ihn in der Ausübung ſeines Dienſtes während der Arretierung bei der Bruſt gepackt haben. Brein - ſchmid, welcher ſo berauſcht war, daſs er ſich auf nichts erinnern konnte, wurde bloß wegen Uebertretung der Wachebeleidigung zu einem Monat Arreſt ver - urtheilt.

Holzdiebſtahl.

Vor einem Erkenntnisſenate des Kreisgerichtes Wr. -Neuſtadt, unter Vorſitz des LGR. Grubmann, hatte ſich am 19. d. M. der in Sattel - bach anſäſſige Gaſtwirt und Hausbeſitzer, Anton Loidl, welcher bereits gerichtlich vorbeſtraft iſt, wegen des Verbrechens des Diebſtahles zu verantworten. Die Staatsanwaltſchaft erhob gegen Loidl die Anklage, daſs derſelbe in der Zeit vom November v. J. bis Februar d. J. aus dem Stifte Heiligenkreuz Holz in der Weiſe entzogen habe, daſs er die Knechte des Stiftes verleitete, 5 6 Wägen mit Brennholz in ſeinem Gaſthauſe abzuladen. Loidl geſtand zu, daſs Knechte bei ihm mit Holzwägen in ſeinem Gaſthauſe einſtellten und daſs er auch 50 60 Scheiter Holz genommen habe; er ſei von der Gendarmerie verhaftet worden, welche das geſammte bei ihm im Hauſe vor - gefundene Scheiterholz, darunter auch ſein Eigenthum confisciert habe. Nachdem der Schaffer des Stiftes Heiligenkreuz vernommen wurde, welcher auch beſtätigte daſs unter dem rückgeſtellten Holze ſich Scheiter mit K und L gezeichnet vorfanden, die nicht dem Stifte Heiligenkrenz gehören, ſchloſs der Vorſitzende das Be - weisverfahren. Der öffentliche Ankläger, Staatsanwalt - ſubſtitut Dr. Waldſtein, hält die Anklage wegen des Verbrechens des Diebſtahles, da das Stift die Schadens - ziffer auf 60 Kronen bewertet, aufrecht und ſtellt das Erſuchen, im Falle der hohe Gerichtshof anderer Meinung ſei, die Verhandlung zu vertagen und die Vorladung ſämmtlicher Holzknechte, welche aus dem Stifte Holz entführten und bei Loidl einſtellten, als Zeugen einzuvernehmen. Der Vertheidiger des An - geklagten, Dr. Kenner aus Wr. -Neuſtadt, tritt den Ausführungen in ſachlicher Weiſe entgegen und wies an der Hand des dem Stifte Heiligenkreuz durch den Diebſtahl Loidl’s gemachten Schadens nach, daſs es ſich in dem gegebenen Falle, nach durchgeführtem Be - weisverfahren, nicht um ein Verbrechen, ſondern um ein Vergehen handle. Der Gerichtshof ſprach den An - geklagten von dem Verbrechen des Diebſtahles frei und verurtheilte dieſen wegen Vergehens des Dieb - ſtahles zu einem Monat ſtrengen, mit zwei Faſttage verſchärften Arreſt.

Die Unberechenbarkeit der Thierſeele.

Ein Fall, der die Einwohner von St. Veit a. d. Tr. in nicht geringe Aufregung verſetzte und auch eine juriſtiſch nicht gewöhnliche Geſtaltung erfahren hat, kam am7Nr. 23. Mittwoch Badener Zeitung 21. März 1900. 13. l. M. beim Bezirksgerichte Wr. -Neuſtadt zur neuerlichen Verhandlung und Erledigung. Der Hund des Bäckermeiſters Gerg Böhm in St. Veit, eine große, ſchwarze Dogge, ſtürzte ſich, als er eines Tages den Bäckerleh[r]ling Gallus Hutter begleitete, auf eine Schaar von Schulkindern, biſs vier derſelben und verletzte eines davon, den Arbeitersſohn Karl Weiß, ſo ſchwer, daſs das Kind durch mehr als 4 Wochen bettlägerig war und noch heute ſchwere Spuren der erlittenen Verwundungen an demſelben ſichtbar ſind. Zwei in der Nähe beſchäftigte Männer, die das Jammern der Kinder hörten, liefen herbei und nur mit großer Mühe gelang es ihnen, das Kind vor dem ſich wie wüthend geberdenden Thier zu ſchützen. Die Staatsanwaltſchaft erhob wegen dieſes Vorfalles gegen den Beſitzer des Hundes, Georg Böhm, und den Begleiter des Thieres, Gallus Hutter, die Anklage wegen Uebertretung gegen die Sicherheit des Lebens gemäß § 335 St. -G. Die erſte Verhandlung fand am 9. Februar vor dem Bezirksgerichte Pottenſtein ſtatt. Der Vertheidiger der beiden Angeklagten, Herr Dr. Bernard Seiler, Advocat in Vöslau, wies bei derſelben durch zahlreich geführte Zeugen nach, daſs das Thier bisher nicht nur vollkommen gutmüthig war, ſondern gerade von Kindern oft genug gequält und gereizt wurde, ohne irgend etwas Böſes zuzu - fügen, das Verhalten des Thieres daher keinen Anlaſs gab, dasſelbe für bösartig zu halten. Auch der ver - nommene Thierarzt beizeichnete den Hund als gut - müthig und gab an, eine vollkommen zureichende pſychologiſche Aufklärung dieſer plötzlich eingetretenen Wildheit des bisher lammfrommen Hundes ſei mit Rück - ſicht auf die Unberechenbarkeit der Thierſeele im allge - meinen nicht möglich. Beide Angeklagte wurden auch in Gemäßheit der Ausführungen ihres Vertheidigers frei - geſprochen. Ueber Berufung der Staatsanwaltſchaft, hob das Kreisgericht Wr. -Neuſtadt das Urtheil als nichtig auf und delegierte zur neuerlichen Verhandlung ein anderes Gericht, nämlich das Bezirksgericht Wr. -Neuſtadt. Die Aufhebung eines Urtheiles wegen Nichtigkeit und die Delegierung eines anderen Gerichtes ſind aber Fälle, welche im Uebertretungsverfahren äußerſt ſelten vor - kommen. Zu der am 13. l. M. vor dem Bezirks - Bezirksgerichte Wr. -Neuſtadt ſtattgehabten Verhand - lung waren 17 Zeugen vorgeladen, welche über den Vorfall, ſowie über Charakter und Temperament des Hundes auszuſagen hatten. Sämmtliche vernommenen Zeugen beſtätigten einhellig den bisher gutmüthigen Charakter des Thieres. Zwei Aerzte unterſuchten das Kind, welches ſich bis heute im Traume vom Hunde ge - biſſen wähnt und um Hilfe ruft. Beſonders inter - eſſant geſtaltete ſich die Verhandlung, als das Thier, der eigentliche Uebelthäter, in den Saal geführt wurde, um vor den Augen des Richters vom Thierarzte auf ſeinen Charakter unterſucht zu werden. Einer der Sach - verſtändigen nahm an dem Hunde eine Reihe von Experimenten vor. Er ergriff denſelben unter anderem auch an einem wunden, infolgedeſſen überaus em - pfindlichen Ohrlappen, ſo kräftig, daſs ſich tiefes Schmerzgeheul dem mächtigen Thiere entrang und einige der im Auditorium anweſenden Frauen laute Rufe des Mitleides ausſtießen. Das Thier zeigte ſich trotz der ihm zugefügten Qualen vollkommen gut - müthig und reichte dem Sachverſtändigen, hiezu auf - gefordert, die Pfote. Auch der zweite Thierarzt be - zeichnete das Thier nach eingehender Unterſuchung als gutmüthig. Ein genügender Grund für das plötzliche Hervortreten einer ſo ungewöhnlichen Wildheit konnte nicht feſtgeſtellt werden. Die wieder von Dr. Bernard Seiler vertheidigten Angeklagten wurden neuerlich freigeſprochen.

Briefkaſten.

Herrn J. in B. Theaterſkizze dankend acceptirt. Wird mit nächſtem abgedruckt. Frl E. in? Für unſer Blatt leider nicht verwendbar. Manuſcript ſteht zur Verfügung. An mehrere Einſender. Wir bitten um Geduld, in den nächſten Nummern kommt alles zum Abdruck.

Eingeſendet. Für Form und Inhalt dieſer Rubrik übernimmt die Redaction nur die geſetzliche Verantwortung

Löbliche Redaction der Badener Zeitung !

Unter Bezugnahme auf das Eingeſendet in Ihrem geſchätzten Blatte Nr. 21 vom 14. d. M. beehren wir uns hierdurch mitzutheilen, daſs laut Vertrag vom 25. Mai 1899 die Beſpritzung und ſonſtige Reinigung des Bahnkörpers nicht uns, ſondern ausſchließlich der Stadtgemeinde Baden zuſteht.

Indem wir bitten, dies gefälligſt zur Veröffent - lichung zu bringen, danken wir Ihnen dafür im Vor - hinein beſtens und zeichnen hochachtungsvoll

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8Mittwoch Badener Zeitung 21. März 1900. Nr. 23.
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9Nr. 23. Mittwoch Badener Zeitung 21. März 1900.
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10Mittwoch Badener Zeitung. 21. März 1900. Nr. 23
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Druck und Verlag der Buchdruckerei von Johann Wladarz, vorm. H. Haaſe, in Baden. Verantwortlicher Schriftleiter: Rudolf Baner.

About this transcription

TextNr. 23, 21.03.1900.
Author[unknown]
Extent10 images; 11150 tokens; 4097 types; 84989 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 23, 21.03.1900. . Johann WladarzBaden (Niederösterreich)1900. Badener Zeitung

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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