PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]

Einzelexemplar 20 h.

Monats[ab]onnement fur Czernowitz K 3·20 (Zuſtellungsgebühr ins Haus 60 h); nach auswärts K ; ins Ausland K ; Feldpoſtabonnement K .

Telephon Nr. 87.

Redaktion und Adminiſtration: Herrengaſſe 11.

Anzeigen und Inſerate werden nur im Text - format zur Veröffentlichung angenommen. Die Berechnung erfolgt nach dem Millimetertarif.

Poſtſparkaſſen-Chekkonto Nr. 170.205.

Gemeinſame Kriegs-Ausgabe.
Czernowitzer Allgemeine Zeitung | Tagblatt
Herausgeber: Dr. Philipp Menczel. | Herausgeber: Karl Klüger. Nr. 178. Czernowitz, Dienſtag, den 19. März 1918.

Ein Kabinett Marghiloman.

Marghiloman mit der Ka - binettsbildung betraut. KB.

(Tel.)

Der König von Rumänien hat Marghiloman nach Jaſſy kommen laſſen und hat ihn erſucht, ein neues Miniſterium zu bilden. Marghiloman erbat ſich Bedenkzeit und kehrte nach Bukareſt zurück, um mit den Vertretern der Mittelmächte Fühlung zu nehmen. Es haben eingehende Beſpre - chungen ſtattgefunden. Hente abends wird Marghiloman wieder nach Jaſſy reiſen und nach nochmaligem Vortrag beim König ſeine Entſcheidung treffen.

Marghilomans Vorſchläge.

Aus Bukareſt wird gemeldet: Nach ſeiner Rückkehr aus Jaſſy äußerte ſich Marghiloman zu dem Bericht - erſtatter des Peſti Naplo , er hoffe, daß die Mittelmächte in ihren Friedensbedin - gungen ſchließlich nachgiebiger werden wür - den. Man müſſe an die Zukunft denken. Zwiſchen Ungarn und Rumänien beſtehe auch weiter eine Intereſſengemeinſchaft. Wenn Bulgarien die ganze Dobrudſcha erhalten würde, ſo würde es einen ähnlichen Fehler begehen, wie ſeinerzeit Rumänien, dagegen aber hätte er nichts einzuwenden, wenn die Zentralmächte die Dobrudſcha gemeinſam beherrſchen wollten. Konſtanza ſei für Bul - garien vollſtändig wertlos, für Rumänien dagegen unentbehrlich. In die inneren An - gelegenheiten der ungarländiſchen Rumänen wolle ſich Rumänien nicht einmiſchen. Die - ſelben befinden ſich wirtſchaftlich in einer viel beſſeren Lage, ſeien gute Ungarn und wollten bloß in Peſt eine Rolle ſpielen; dies müſſe man ihnen ermöglichen. Schließlichſagte Marghiloman, er und ſeine Partei würden die Regierung übernehmen und zur Ratifizierung des Friedens neue Wahlen ausſchreiben, er hoffe beſtimmt, eine Mehr - heit zu erlangen.

Die Friedensverhandlungen in Cotroceni. KB.

(Tel.)

Der öſterreichiſche Handelsminiſter Freiherr Wieſer und der ungariſche Handelsminiſter Szte - renyi ſind zu den Friedensverhandlungen eingetroffen.

Ueber den Verlauf der Friedensverhand - lungen in Bukareſt berichtet die Neue Freie Preſſe , daß dieſelben einen günſtigen Ver - lauf nehmen. Die Demobiliſierung der acht rumäniſchen Diviſionen iſt im vollen Gange: Viele Truppenkörper ſind bereits heimgekehrt. Nach den Anſichten der maßgebenden Per - ſönlichkeiten dürfte der Friede Ende des Monates abgeſchloſſen werden.

Wiederaufnahme der diplomatiſchen Beziehungen zwiſchen Deutſchland und Rußland. Joffe der neuernannte ruſſiſche Botſchafter für Berlin. KB.

(Tel.)

(Reuter.) Der frühere Vorſitzende der ruſſi - ſchen Friedensdelegation von Breſt-Litowsk, Joffe, wurde zum Botſchafter in Berlin ernannt.

Unſer Heeresbericht.

(Tel.)

Amtlich wird verlautbart:

Keine beſonderen Ereigniſſe.

Geſteigerte Artillerietätigkeit im Weſten.

(Tel.)

Das Wolff’ſche Büro meldet:

Weſtlicher Kriegsſchanplatz.

Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht:

In Flandern nördlich von Armentiers ſo - wie in Verbindung mit engliſchen Vor - ſtößen zu beiden Seiten des La Baſſee - kanals war die Artillerietätigkeit vielfach geſteigert. An der übrigen Front blieb ſie in mäßigen Grenzen.

Heeresgruppe deutſcher Kronprinz und Gallwitz:

Zwiſchen Oisne und Aisne, nördlich von Reims und in einzelnen Ab - ſchnitten in der Champagne lebte das Artilleriefeuer auf. In größere Stärke hielt es tagsüber auf beiden Maasufern an.

Heeresgruppe Herzog Albrecht:

An der lothringiſchen Front und in den mittleren Vogeſen zeitweilig Tätigkeit der Artillerien. An der ganzen Front ſehr rege Flieger - tätigkeit. Franzöſiſche Flieger warfen Bom - ben auf die als ſolche deutlich erkennbare Lazarettanlagen von Le Thour. Wir ſchoſſen geſtern 21 feindliche Flugzeuge und 2 Feſſel - ballone ab. Leutnant Kroll errang ſeinen 21. Luftſieg.

Im Februar beträgt der Verluſt der feindlichen Luftſtreitkräfte an den deutſchen Fronten 18 Feſſelballone und 138 Flug - zeuge, von denen 59 hinter unſeren Linien, die übrigen jenſeits der gegneriſchen Stel - lungen erkennbar abgeſtürzt ſind. Wir haben im Kampf 61 Flugzeuge und 3 Feſſel - ballone verloren.

Oeſtlicher Kriegsſchanplatz.

In der Südukraine wurde Nikolajew beſetzt.

Von den anderen Kriegsſchauplätzen nichts weſentliches.

2 Czern. Allg. Zeitung und Czern. Tagblatt . Nr. 178.

Japans freie Hand.

Die Stimmung in Japan wird durch die heutigen Berichte hinreichend gekenn - zeichnet. Man erfährt, daß die öffentliche Meinung Japans über die Notwendigkeit eines Eingreifens in Sibirien noch keines - wegs geklärt iſt. Wohl wird eine militä - riſche Aktion gewünſcht, aber gleichzeitig auch Vorſicht empfohlen, und die Regierung ſelbſt gibt zu, bisher noch keine Entſcheidung ge - troffen zu haben. Japan wird ſeine Ent - ſchlüſſe vor allem im Einvernehmen mit England faſſen, das wegen ſeines indiſchen Beſitzes gute Beziehungen zu Japan braucht. England wird es deshalb auch an Entgegen - kommen gegenüber dem gelben Mann nicht fehlen laſſen, muß aber dabei doch eine gewiſſe Vorſicht walten laſſen, um den großen Rivalen Japans, die Vereinigten Staaten, nicht zu verſtimmen. Es liegt aufder Hand, für wen kürzlich Lord Cecil das Märchen von der drohenden Germaniſierung Sibi - riens erfunden und in die Welt geſetzt hat: Er wollte den Amerikanern klar machen, weßhalb ſich England in der ſibiriſchen An - gelegenheit auf die Seite Japans ſtellt.

Die braven Amerikaner ſind, wie die Schweizer Militärkritiker annehmen, mit 160.000 Mann in die den Deutſchen gegen - überſtehende Front eingerückt. Bis zu Ende dieſes Jahres ſollen, wie im engliſchen Par - lament tröſtend verſichert wurde, 600.000 Yankees gegen die Deutſchen un - ter Waffen ſtehen. Es war ein kluger Ent - ſchluß Japans, als es ſich der Hetze gegen Deutſchland anſchloß, die politiſche Tem - peratur in der Welt erhitzte und die Ame - rikaner verlockte, den Kern ihres Heeres über den Ozean zu ſchicken, ſo daß ſie ſelbſt freie Hand in Oſtaſien haben. So hält Japan die Wage der Weltgeſchicke an der Oſtküſte Aſiens in der Hand; es hat nicht einen Mann nach Europa geſchickt und kann jetzt, wenn es will, die Philip - pinen oder die auſtraliſche Inſelgruppe oder anch Sibirien angreifen. Für England iſt es am bequemſten, wenn die Japaner in Wladiwoſtok und in der Mandſchurei lan - den und ſich von dem Stillen Ozean hübſch weit entfernen. Weniger ſchmackhaft iſt das für die Nordamerikaniſche Union. Der kluge Wilſon mobiliſiert alle Kräfte ſeines Landes gegen Deutſchland, entblößte es von Truppen und kann Japan ſchlechter - dings nicht hindern, ſich in Oſtaſien zu nehmen, was es will. Japan freut ſich deſſen und wird, der ſchwerſten Sorge ledig, ſeine Wege in Oſtaſien gehen.

Das Eingreifen Japans. Bolſchewiki und Japaner.

KB.

(Tel.)

(Reuter.) Die Zeitung Hoſchi Schimbun berichtet, daß die Maximaliſten in Blagoweſtſchensk 150 Japaner ermorderten.

KB.

(Tel.)

Daily Mail erfährt aus Tientſin, daß während der letzten Unruhen in Blagoweſtſchensk,3 Japaner getötet und 7 verwundet wurden als ſie ihr Eigentum gegen die Bolſchewiki verteidigten.

Japan wird nicht eingreifen. KB.

(Tel.)

Die Times melden aus Tokio vom 13. d., daß die Berichte aus Amerika und Eng - land, die den Anſchein erwecken, als ob ein Eingreifen Japans in Sibirien be - ſchloſſene Sache wäre, durch keine amtliche Mitteilung beſtätigt wurden, ſie ſeien vielmehr irreführend und wider - ſprechen allem, was an amtlicher Stelle bekannt ſei. Die lokale Preſſe tritt für eine Intervention ein. Einflußreiche Kreiſe ſeien entgegengeſetzter Meinung und fänden jetzt allgemeine Unterſtützung. Die Meinungen über ein Eingreifen hätten in dieſen Tagen ſtarke Depreſſion an der Börſe hervorge - rufen, aber geſtern und heute ſei zu be - merken, daß man glaube Japan werde nicht eingreifn und dieſes Ver - trauen wirke günſtig.

Die Gegenrevolution in Rußland. KB.

(Tel.)

(Reuter.) Das Preobraſchensky Garderegi - ment, das antirevolutionärer Neigungen verdächtig iſt, wurde von der Roten Garde entwaffnet, die Soldaten in Haft geſetzt.

Die Entſcheidung in Holland. KB.

(Tel.)

Den Blättern zufolge trat der Miniſterrat abends zu einer außerordentlichen Sitzung zuſammen, um die Frage der Verhand - lungen mit den Alliierten zu beſprechen.

Kaiſer Wilhelm über den Sieg im Weſten.

Wie die Morgen - blätter melden, hat Kaiſer Wilhelm dem pommerſchen Provinziallandtag auf deſſen Huldigung eine Drahtantwort zugehen laſſen, in der die beſtimmte Hoffnung ausgedrückt wird, daß der Feldmarſchall mit den Feld - grauen uns an der Weſtfront bald den vollen Sieg erkämpft und daß der Geiſt ſelbſtloſer Pflichterfüllung, der unſere Heere beſeelt, die Heimat zu den notwendigen Opfern und Leiſtungen befähigen werde.

Der Warenverkehr mit der Akraine Verhandlungen in Kiew.

(Tel.)

Zur Fort - ſetzung der kürzlich in Wien mit deutſchen und ukrainiſchen Vertretern abgehaltenen Beſprechungen begibt ſich morgen, am 17. März, unter Führung des Botſchafters Grafen Forgach eine öſterreichiſch-unga - riſche Kommiſſion nach Kiew, um dort ge - meinſam mit einer gleichen deutſchen Kom - miſſion, die ſich bereits auf der Reiſe dahin befindet, mit der ukrainiſchen Volksrepublik endgültige Verreinbarungen über die Orga - niſation des Warenverkehres zu treffen.

Die rumäniſchen Juden.

Wie die Neue Züricher Zeitung an zuſtändiger ru - mäniſcher Stelle erfährt, iſt die rumäniſche Regierung in Jaſſy feſt entſchloſſen, ihre Pflicht gegenüber der jüdiſchen Bevölkerung in Rumänien zu erfüllen und ihr die Gleich - berechtigung zu gewähren. Es iſt zweifellos, daß die rumäniſche Regierung möglicher - weiſe noch in dieſen Tagen oder unmittelbar nach dem Abſchluß des Friedens mit den Zentralmächten die Gleichberechtigung der Juden proklamieren wird.

Die ungariſche Wahlreform.

Die Verhand - lungen zwiſchen den leitenden politiſchen Perſönlichkeiten in der ungariſchen Wahl - reformfrage um ein Kompromiß zu er - zielen nehmen einen günſtigen Verlauf. Zwiſchen dem Grafen Tisza und dem Juſtiz - miniſter Vazsony fanden wiederholt Beſpre - chungen ſtatt. Vazsony hielt Samſtag eine Rede, in der er feſtſtellte, daß die Möglich - keit eines gemeinſamen Programmes aller Parteien über die zukünftige Aufgabe ſich ergebe.

Helferich über Wirtſchaftsfrieden. KB.

(Tel.)

In der heutigen Verſammlung des Verbandes des Einfuhrhandels hielt Staatsſekretär Helferich eine Rede, in der er u. a ſagte:

Es bleibt für uns der Sachverhalt be - ſtehen: den Frieden, den wir brauchen, vor allem einen Wirtſchaftsfrieden, müſſen wir uns erſt noch erkämpfen, es wird das letzte ſchwerſte Ringen. Ich weiß, es gibt nie - mand in Deutſchland, der nicht mit heißem Herzen gewünſcht hätte, es möchte dem hart - geprüften deutſchen Volke und der blutenden Menſchheit erſpart bleiben, aber wenn es ſein muß, wird das deutſche Volk auch die äußerſte Probe beſtehen, das iſt unſer aller Zuverſicht. Wir verlangen für den Rechts - bruch und die Zerſtörung Wiederherſtellung und für den Schaden Entſchädigung, wir begegnen der Abſicht der Differenzierung mit der Forderung der Meiſtbegünſtigung, der Abſicht der Ausſchließung mit der Forde - rung der offenen Türe des freien Mecres und der Drohung der Rohſtoffſperre mit der Forderung der Rohſtofflieferung.

18.000 Tonnen verſeukt. KB.

(Tel.)

(Amtl.) Auf dem nördlichen Kriegsſchauplatz ver - ſenkten unſere U-Boote neuerdings 18.000 Bruttoregiſtertonnen feindlichen Handels - ſchiffsraumes.

Zahle die Höchſtpreiſe für ſämtliche leere Holz, und Eiſenfäſſer und Roßhaare. Aron Klter Ruſſiſchegaſſe Nr. 11.

3Nr. 178 Czern. Allg. Zeitung und Czern. Tagblatt .

Vom Tage.

Landeschef Graf v. Ezdorf

iſt von ſeiner Dienſtreiſe aus Wien zurückgekehrt. Der nächſte übliche Empfang findet ſtatt Freitag am Samſtag, den 23. d. ſtatt.

Wiedereröffnung der Czernowitzer Uni - verſität.

Wie die Neue Fr. Preſſe mit - teilt, iſt die Wiedereröffnung der Czerno - witzer Univerſität geplant. Es ſoll das Som - merſemeſter anfangs Mai eröffnet werden. Der Rektor der Univerſität, Profeſſor Dr. Pomeranz, veröffentlicht hiezu folgende Mitteilung: Dem Rektorat der Univerſi - tät iſt bisher keinerlei Weiſung vom Unter - richtsmiuiſterium, beireffend die Wiederauf - nahme des Geſamtbetriebes der Univerſität zugekommen. Profeſſor v. Friſch hat ſich in privater Angelegenheit nach Czernowitz begeben.

Die neuen Kaiſer Karlmünzen.

Die Ausſtattung der neuen öſterreichiſchen Gold - und Silbermünzen wurde im Budgetaus - ſchuſſe des Abgeordnetenhauſes in der Faſ - ſung der Regierungsvorlage genehmigt. Der betreffende Entwurf enthält die ſchon kürz - lich mitgeteilte Beſchreibung der Zwanzig - und Zehnkronen-Goldmünzen ſowie der Fünf - und Zweikronenſtücke aus Silber, die nur das Bildnis Kaiſer Karls und ſeinen Wahl - ſpruch Pace belloque pro patria cum populo meo tragen.

Eine ukrainiſche Militärmiſſion in Wien.

Die ukrainiſchen Generale Kolenko und Gutmann, die vorgeſtern in Lemberg weilten, befinden ſich gegenwärtig in Wien, wo ſie über Auftrag des ukrainiſchen Kriegs - miniſters Zukowski mit dem Kriegsminiſter über gemeinſame Militärintereſſen Beſpre - chungen pflegen.

Kien nach dem Einzug der Deutſchen.

Zum deutſchen Stadtkommandanten von Kiew wurde Oberſt von Lewinski ernannt. Sofort nach dem Einzuge der deutfchen Truppen begab ſich Oberſt Lewinski zum ukrainiſchen Stadtpräſidium, und im Ein - vernehmen mit dieſem wurden den deutſchen Etappentruppen Quartiere angewieſen. In einer Kundmachung der deutſchen Komman - dantur werden alle deutſchen und öſterrei - chiſchen Staatsbürger ſowie die Kriegsge - fangenen aufgefordert, ſich ſofort bei der deutſchen Militärbehörde zu melden.

Die Muſterung der Geburtsjahrgänge 1899 bis 1894.

Die Einberufung für die neuerliche Muſterung der Lanſturmpflich - tichen der Jahrgänge 1899, 1898, 1897, 1896, 1895 und 1894 iſt bereits erſchienen. Zu dieſer Muſterung haben alle Landſturm - pflichtigen ohne Rückſicht darauf, ob ſie ſchon bisher muſterungspflichtig waren, beziehungs - weiſe ihrer Muſterungspflicht entſprochen haben, zu erſcheinen. Die Meldungen beim Czernowitzer Stadtmagiſtrat finden zwiſchen den 18. und 23. März ſtatt. Sämtliche Dokumente ſind mitzubringen. Die Muſte - rung wird in der Zeit vom 11. bis zum 30. April vorgenommen werden. Gleich - zeitig erſcheint eine Kundmachung des Czer - nowitzer Stadtmagiſtrates, in der bekannt - gemacht wird, daß gleichzeitig mit derMuſterung der genannten Jahrgänge eine Nachmuſterung der Muſterungsrück - ſtändigen der Geburtsjahrgänge 1865 1893 und des Jahrganges 1900 ſtattfindet. Der - jenige Landſturmpflichtige dieſer Jahrgänge, der aus irgend einem Grunde von der letzten Muſterung ausgeblieben iſt, hat ſich bis zum 23. März beim Stadtmagſtrat zu melden.

Die Requiſitionen.

Eine längere De - batte entwickelte ſich in der letzten Sitzung des Abgeordnetenhauſes über die Anträge des kriegswirtſchaftlichen Ausſchuſſes, welche ſich mit den Requirierungen und Evakuie - rungen in Galizien und der Bukowina befaſſen. Landesverteidigungsminiſter von Czapp bezeichnet es als Wunſch aller beteiligten Stellen, daß die Beſchaffung der Bedürfniſſe der Armee und insbeſondere der Verpflegsartikel, wenn irgend möglich auf gütlichen Wege ohne Anwendung von Zwangsmaßregel erfolgen. Daß ſich durch den mangelhaften Nachſchub auf den zerſtörten, beziehungsweiſe unzureichenden Kommunikationen und durch die Trans - portmittelbeſchränktheit bedingt anläßlich der im Juli-Auguſt 1917 ſtattgefundenen Offenſive trotzdem große Ausſchreitungen, wie Unterlaſſungen der Bezahlung oder der Beſcheinigung, beziehungsweiſe Nichtberück - ſichtigung des vollen Bedarfes der Bevöl - kerung ereignet haben, war im Drange der kriegeriſchen Ereigniſſe wohl auch techniſch nicht reſtlos zu vermeiden. Uebrigens wur - den von der Quartiermeiſterabteilung Nr. 9 im September 1917 eigene Kommiſſionen eingeſetzt, denen auch Organe der deutſchen Truppen beigezogen wurden und die für jeden einzelnen Fall von Klagen und Be - ſchwerden genaue Erhebungen einzuleiten hatten, damit dann die Entſchädigung der betroffenen Landeseinwohner erfolgen könne. Auch die Einſtellung der Pferdekäufe und die Rückgabe der bereits gekauften oder requirierten Pferde wurde im Herbſt vori - gen Jahres beim Armeeoberkommando ver - ſügt. In letzterer Zeit ergab ſich bei einer Armee im Oſten vor der Vorrückung in die Ukraine eine Verpflegsſituation, die momentane Abhilfe heiſchte. Die militäri - ſcherſeits verfügten Requiſitionen wurden indes auf dem früher erwähnten Wege ſiſtiert. In ſeinen weiteren Ausführungen zu den geſtellten Anträgen betont der Miniſter das Beſtreben der Militärbehörden, vorkommende Mißbräuche abzuſtellen und zu verhindern. Er hebt hervor, daß das von den Ruſſen angebaute Getreide nicht Kriegsbeute iſt, ſondern den Grundbeſitzern gehört. Zufolge eines Befehls des Armee - oberkommandos werden Evakuierungen nur mehr aus der Feuerlinie und auch dort nur inſoferne erfolgen dürfen, als dies die Kriegführung unabweislich notwendig macht. Die große, der Entfernung von Haus und Hof innewohnende Härte nicht verkennend, waren und ſind die Armee - kommanden beſtrebt, das Los der gewiß äußerſt ſchwer betroffenen evakuierten Be - völkerung nach Möglichkeit zu lindern. Die Aktivierung der Kriegsleiſtungskommiſſionenin Galizien und in der Bukowina war vor allem eine Perſonalfrage. Soweit die militäriſchen Vertreter in Betracht kamen, hatte zwar das Kriegsminiſterium bereits vor längerer Zeit für eine ausreichende Beiſtellung von ſolchen geſorgt.

Die widerrechtliche Benützung höherer Wagenklaſſen.

Aus Wien, 12. d., wird gemeldet: Die Ueberfüllung der Perſonen führenden Züge wird in letzter Zeit von von vielen Reiſenden zum Anlaß genom - men, ohne weiters in einer höheren Wagen - klaſſe Platz zu nehmen, als ihnen nach der gelöſten Fahrkarte gebühren würde in der irrigen Meinung, daß ſie mangels freier Sitzplätze in der ihnen gebührenden Klaſſe Anſpruch auf die Beförderung in einer höheren Wagenklaſſe hätten. Nach den Be - ſtimmungen des Eiſenbahnbetriebsreglements können zwar Reiſende, die in der Wagen - klaſſe, für die ihre Fahrkarte gilt, keinen Platz finden, die Beförderung in einer allenfalls niedrigeren Wagenklaſſe, in der noch Plätze frei ſind, unter Rückerſtattung des Fahrpreisnuterſchiedes verlangen oder die Fahrt unterlaſſen und das Fahrgeld, ſowie die Gepäcksfracht zurückfordern. Ein Recht auf die Beförderung in einer höheren Wagenklaſſe ſteht ihnen jedoch nicht zu. Es wird deshalb darauf aufmerkſam ge - macht, daß Reiſende, die in einer höheren Wagenklaſſe angetroffen werden, als ſie auf Grund ihrer Fahrkarte zu benützen berechtigt ſind, ausnahmslos die im Eiſen - bahnbetriebsreglement und in den Perſonen - tarifen vorgeſehenen Nachzahlungen und Zuſchläge zu entrichten haben.

Landwirtſchaftliche Mitteilung.

Der Landeskulturrat macht die Landwirte der Bukowina darauf aufmerkſam, daß am 19. März, 9 Uhr vormittags in Czernowitz nächſt dem Bahnhof eine Verſteigerung von fünf - zig (50) kriegsunbrauchbaren Fuhrwerken ſtattfindet.

Volksſchulkinder.

Dem Vernehmen nach ſoll für die Sommerzeit in unſern Volksſchulen der Unterricht ſchon von 7 Uhr früh beginnen. Seit dieſer Kunde hatte ich keine Ruhe, von mächtigem Mitleid mit unſeren kleinen Volksſchulkindern erfüllt. Ich ſuchte Wege, wie dieſem großen Uebel vorgegriffen wer - den könnte. Da dieſe Angelegenheit rein vom ſanitären Standpunkt behandelt wer - den muß, dachte ich, vielleicht nicht kom - petent hiezu zu ſein, oder zu übertrieben in der Sorge um die Schulkinder. Während meiner Erwägungen erſcheint im Neuen Wiener Journal vom 8. März 1918 ein diesbezüglicher Artikel vom Oberbezirksarzt Dr. Franz Sieß, der ſich mit einer ſehr warmen und fachmänniſchen Motivierung gegen dieſe Einführung erklärt. Ich erlaube mir eine ſehr gekürzte Wiedergabe ſeiner Motivierung und auch meine in langer Dienſtzeit gemachten Erfahrungen wieder - zugeben.

Der Säugling ſchläft, wenn er geſund iſt, beinahe den ganzen Tag und die ganze Nacht; dieſes fortwährende Schlafen kräftigt4 Czern. Allg. Zeitung und Czern. Tagblatt . Nr. 178. und befördert die Entwicklung des Kindes. Selbſtredend trägt hiezu eine gute und genügende Menge der Nahrung bei. Die dem Kinde in ſpäteren Kindesalter ent - ſprechende Dauer des Schlafes ſoll, nament - lich, wenn Gehirnarbeit durch das Kind geleiſtet wird, mindeſtens 10 Stunden be - tragen. Nun beginnt die Schule in der Regel um 8 Uhr früh. In Wirklichkeit iſt dies 7 Uhr. Das Kind wird alſo meiſt ſchon um 6 Uhr ſeinen Schlaf beendigen müſſen; der Beginn des Schlafes ſollte alſo für acht Uhr abends angeſetzt werden. Freilich zeigt dann die nach der Sonnen - zeit gerichtete Uhr bereits neun Uhr; um dieſe Zeit iſt aber noch taghell, dadurch iſt das Kind verhindert, ſeine Nachtruhe recht - zeitig zu beginnen und wird meiſtens faſt eine Stunde des koſtbaren Schlafes ver - lieren. Noch etwas kommt dazu, was die Situation ungemein verſchärft: Es iſt die gegenwärtige Unterernährung des Kindes.

Zur Zeit meiner Tätigkeit hat man auch einmal, der tropiſchen Hitze wegen, den Unterricht von 7 Uhr früh angeſetzt, die Folge davon war, daß das Kommen der Kinder mehr als eine halbe Stunde dauerte, dadurch der Unterricht in dieſer Stunde geradezu illuſoriſch wurde. Strafen, Rügen nutzten nichts. Als die Mütter vorgeladen wurden, ſagte die eine, es wäre ihr ſchwer, ſo zeitlich das Frühſtück zu geben, die andere gute Mutter erklärte, daß es ihr leid ſei, ihr Kind ſo früh zu wecken. Möge hier noch ein Beiſpiel angeführt werden: Ich hatte in der Klaſſe ein kleines Mädchen, die eine ſaumſelige Mutter hatte. Die Mutter entließ das Kind jeden Tag ohne Frühſtück in die Schule. Die erſte Stunde war die Kleine munter und aufmerkſam, dann wurde ſie zerſtreut, ſchweigſam, müde. Ein Verweis brachte einen Tränenſtrom mit dem Bekennen, ſie ſei hungrig, ohne Frühſtück. Ich ließ durch den Schuldiener 2 Semmeln holen, die ſie ſofort verzehrte. Mit dem Verſchwinden der Semmeln kam auch die Lernluſt.

Nun denke man aber an die gegenwär - tigen Schulkinder, die alle ſchlechter ernährt ſind als früher und manchen Hunger ver - ſchlafen müſſen, denn ihre Nahrung iſt ſowohl quantitativ als auch qualitativ völlig unzureichend. Ein geſunder Nachwuchs iſt doch der größte Staatsſchatz. Soll man da den armen Kindern auch noch den Schlaf kürzen? Sollte meiner Polemik ein Erlaß ein Hindernis ſein, ſo würde eine Vorſtellung beim Herrn Landeschef beſtimmt nützen.

〈…〉〈…〉

Verantwortlicher Redakteur: Arnold Schwarz. Bukowinaer Vereinsdruckerei in Czernowitz, Ringplatz 3

About this transcription

TextNr. 178, 19.03.1918.
Author[unknown]
Extent4 images; 3108 tokens; 1483 types; 24182 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationNr. 178, 19.03.1918. . Bukowinaer VereinsdruckereiCzernowitz1918. Czernowitzer Allgemeine Zeitung

Identification

IDS Mannheim

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:23:28Z
Identifiers
Availability

Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported (German) License.

Holding LibraryIDS Mannheim
Shelfmark
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.