PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]

Redaktion u. Adminiſtration: Ringplatz 4, 2. Stock.

Telephon-Nummer 161.

Abonnementsbedingungen:

Für Czernowitz (mit Zuſtellung ins Haus): monatl. K 1·80, vierteljähr. K 5·40, halbj. K 10·80, ganzjähr. K 21.60, (mit täglicher Poſtverſendung): monatlich K 2, vierteljähr. K 6, halbjährl. K 12, ganzjähr. K 24.

Für Deutſchland: vierteljährig .... 7 Mark

für Rumänien und den Balkan: vierteljährig .... 10 Lei

Telegramme Allgemeine, Czernowitz.

Czernowitzer Allgemeine Zeitung

Ankündigungen: Es koſtet im gewöhnlichen Inſe - ratenteil 12 h die 6mal geſpaltene Petitzeile bei einmaliger, 9 h bei mehrmaliger Einſchaltung, für Re - klame 40 h die Petitzeile. Inſerate nehmen alle in - und ausländiſchen Inſeratenbureaux ſowie die Ad - miniſtration entgegen. Einzel - exemplare ſind in allen Zeitungs - verſchleißen, Trafiken, der k. k. Uni - verſitätsbuchhandlung H. Pardini und in der Adminiſtration (Ring - platz 4, 2. St.) erhältlich. In Wien im Zeitungsbureau Goldſchmidt, Wollzeile 11.

Einzelexemplare 10 Heller für Czernowitz.

Nr. 2032. Czernowitz, Dienſtag, den 25. Oktober 1910.

Ueberſicht.

Vom Tage.

Ein perſiſches, von zahlreichen Türken beſuchtes Proteſt - meeting ſprach ſich für die Annäherung der Türkei an den Dreibund aus und forderte Kaiſer Wilhelm telegraphiſch zur Intervention in der perſiſchen Frage auf.

Czernowitzer Angelegenheiten.

Landespräſident von Bleyleben ſoll einer Wiener Meldung zufolge für den mähriſchen Statthalterpoſten aus - erſehen ſein. Aus Wien kommen Meldungen über eine Millionenaffäre des Zentralverbandes rumäniſcher Raiffeiſen - kaſſen in der Bukowina.

Letzte Telegramme.

Der Reichsrat tritt Mitte November zuſammen.

Der Wiederausbruch der Kriſis in England.

Nach einer Pauſe von beinahe drei Monaten hat die Konferenz der vier liberalen und vier konſervativen Führer, die einem Wunſche des Königs gemäß den Verſuch macht, die konſtitutionelle Frage , d. h. die Oberhausfrage zu löſen, letzte Woche nicht weniger als vier Sitzungen abgehalten. Das legt den Gedanken nahe, daß die Konferenz in ein kritiſches Stadium ihrer Beratungen getreten iſt, und erklärt die hunderte, gewöhnlich mit größter Beſtimmtheit auf - tretenden Gerüchte, die gegenwärtig bezüglich des Verlaufs und wahrſcheinlichen Ausgangs der Konferenz im Umlauf ſind. Alle dieſe Gerüchte verdienen keinerlei Beachtung; ſie entſprangen nur dem Wunſch der verſchiedenen Blätter, den Eindruck zu erwecken, daß ſie ganz beſonders gut informiert ſeien. Tatſächlich haben die acht Staatsmänner das Ver - ſprechen abſoluter Geheimhaltung, das ſie ſich gegenſeitig gaben, auf das allerpeinlichſte eingehalten, und man kann daher trotz allem Blüffens der Blätter mit Beſtimmtheit ſagen, daß keine Information über Verlauf und Reſultat der Konferenz in die Oeffentlichkeit dringen wird, bevor Mr. Asquith ſie in der abgemachten Form zirkuliert.

Wie der Ausgang der Konferenz auch ſein mag, ſie hat jedenfalls bewieſen, daß engliſche Staatsmänner den Mund halten können, und das iſt kein kleines Verdienſt. Der häusliche, politiſche, journaliſtiſche, freundſchaftliche Druck, der auf ſie ausgeübt wurde, um ſie zu beſtimmen, denSchleier etwas zu lüften, war ſchwer und ununterbrochen. Sie widerſtanden ihm aber glänzend.

Was die weitere Entwicklung der Lage anbetrifft, ſo wagen wir ohne jede beſondere Information, nur geſtützt auf eine Prüfung der Wahrſcheinlichkeiten mit Beſtimmt - heit ſo viel vorauszuſagen, daß der Wunſch des Königs, keine Erneuerung der Parteikämpfe und vor allem keine allgemeinen Wahlen vor ſeiner Krönung zu ſehen, in Er - füllung gehen wird. Wenn Mr. A[s]quith dem Parlament über den bisherigen Verlauf der Konferenz Bericht erſtatten wird, dürfte er erklären, daß ſich eine vereinzelte Löſung der Oberhausfrage als unmöglich erwieſen habe, daß ſie aber Erfolg verſpreche, wenn man die E[r]örterung auf einen großen Plan ausdehnt, der die Oberhausfrage im Zuſammenhang mit einem weitreichenden Ausbau der Verfaſſung löſen würde. Er wird daher eine erweiterte Konferenz beantragen und wenn in ihr einmal Fragen wie Home Rule all round d. h. eine föderaliſtiſche Geſtaltung des Ver - einigten Königreiches und ein Reichsſenat angeſchnitten werden, dürfte es leicht ſein, ihre Sitzungen und damit den politiſchen Waffenſtillſtand bis nächſten Sommer auszu - dehnen.

Den Miniſtern kann eine ſolche Entwicklung, die ihnen verbürgt, daß ſie im Jahre der Krönung und der Reichs - konferenz noch im Amte ſind, nur recht ſein, und die Führer der Oppoſition werden ſich ihr fügen, weil ſie wohl wiſſen, daß ſie bei Wahlen im nächſten Jahr um kein Haar beſſer fahren würden, als bei den diesjährigen Januar-Wahlen.

Vom Tage.

Eine handelspolitiſche Rede Doktor Weißkirchners. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Bei der feierlichen Eröffnung des neuen Handelskammer - gebäudes hielt der Handelsminiſter Dr. Weißkirchner eine Rede, in welcher er unter anderem ſagte: es ſei gerade in ſo ernſten Zeiten um ſo notwendiger, daß alle diejenigen, welche wirtſchaftlich zuſammengehören, auch wirtſchaftlich zuſammengefaßt würden, um in dieſem Zuſammen -ſchluſſe mit vollem Nachdruck ihre gerechten Forderungen zur Geltung zu bringen. Die Zeit ſei nicht mehr ferne, wo es notwendig ſein werde, an die Erneuerung der Handels - verträge der Monarchie zu ſchreiten. Der Miniſter richte daher an die Kammern die inſtändige Bitte, rechtzeitig alle ſachlichen Vorbereitungen zu treffen, damit bei Zeiten jene Richtungslinien für die Handelspolitik Oeſterreichs im Jahre 1917 gegeben wären, die dem allgemeinen Wohle dienen und den richtigen Ausgleich zwiſchen Produzenten und Kon - ſumenten ermöglichen.

Der galiziſche Landtag.

Geſtern nachmittags fand im Landhausgebände eine Konferenz der Obmänner ſämtlicher Klubs ſtatt. Dieſe Konferenz, an welcher auch die Vertreter der Ruthenen teilnahmen, beſchäftigten ſich mit der Durch - führung eines Landtagswahlreformprojektes. Auf Verlangen der Ruthenen, ſchilderte der Abg. Glombinski das Er - gebnis der bisherigen Beratungen über dieſe Frage unter den polniſchen Parteien. Die Details über die Konferenz wurden nicht veröffentlicht und auch ihr Reſultat iſt unbekannt. Man kann aber aus dem Verhalten der Ruthenen in der heutigen Landtagsſitzung ſchließen, daß das Ergebnis der Beratungen für ſie günſtig geweſen ſein muß.

Zu Beginn der heutigen Sitzung verlas der Abgeordnete Skwarka den von ſämtlichen rutheniſchen Abgeordneten unterſchriebenen Proteſt gegen das Sitzungsprotokoll der Sitzung vom 19. d. M., in welcher während der von den Ruthenen veranſtalteten Lärmſzenen ſämtliche Punkte der Tagesordnung ohne Debatte erledigt wurden. Der Proteſt ſtützt ſich auf den § 76 der Geſchäftsordnung. Der Abg. Dudykiewicz erklärte, daß die[R]uſſophilen auch einen ſolchen Proteſt gegen das Protokoll der Sitzung vom 19. d. M. einbringen werden. Der Landmarſchall erwiderte hierauf, er werde die Stichhältigkeit der Proteſtgründe prüfen und in der nächſten Sitzung erklären, ob er ſelbſt die betreffenden Stellen des Protokolls richtig ſtellen werde, oder ob dies der Entſcheidung des Landtages überlaſſen werden müſſe.

Hierauf ergriff der Obmann der Landtagswahlreform - kommiſſion Dr. Glombinski das Wort und erſtattete gemäß dem Antrage des Abg. Leo den Rechenſchaftsbericht der Wahlreformkommiſſion über ihre bisherige Tätigkeit. Er ſchilderte den Werdegang der Wahlreform von allem Anfang

Landesverrat.

97] (Nachdruck verboten.)

Wenn es für jede Verirrung und für jede in der Leidenſchaft begangene Sünde Vergebung gibt, warum nur einzig nicht für die meinige? Sie und ich, wir ſtehen jedes ganz allein in der Welt.

Und ich möchte ſo gerne Ihre Freundin ſein. Unterſchätzen Sie ihn nicht, den Wert meiner Freundſchaft! Ich bin vielleicht ſtärker und mächtiger, als Sie es jetzt für möglich halten. Nicht umſonſt bin ich durch ein ereignisreiches Daſein gegangen. Ich kenne die Höhen und Tiefen des Lebens, ſeine Klippen und ſeine Gefahren, wie ich ſeine Freuden und Seligkeiten kenne. Und nur dieſe ſollen es ſein, zu denen ich Sie führen werde. Nie nie ſollen Sie es bereuen, ſich meiner Führung an - vertraut zu haben.

Ich will fortan für nichts anderes mehr leben als für Ihr Glück. Denn ich kann eine ebenſo aufopfernde und hingebende Freundin ſein, als ich, wenn man mich dazu zwingt, eine rückſichtsloſe und gefährliche Feindin werden kann. Und ich glaube nicht, Georg, daß es zwiſchen uns eine andere Mög - lichkeit gibt, als eine von dieſen beiden. Ich möchte Ihre Freundin ſein; bei Ihnen allein läge die Schuld, wenn ich Ihre Feindin würde.

Was Sie da ſagen, iſt eitel Torheit, erwiderte ich und Sie können nicht erwarten, daß ich es ernſthaft nehme. Auch wenn nicht alles das zwiſchen uns ſtände, was uns für immer trennen muß, würde ich mich niemals am Gängelbande einer Frau durch das Leben führen laſſen. Ich bin alt genug und ſtark genug, mir meinen Weg ſelbſt zu bahnen. Ich wiederhole, daß ich keine Rachegedanken gegen Sie hege und ich ſehe deshalb auch keinen Grund, weshalb Sie meine Feindin ſein müßten. Ihre Freundſchaft aber kann ich ebenſowenig annehmen. Ihre Intereſſen und die meinigen liegen weit auseinander und niemals werden ſie ſich vereinigen laſſen.

Seien Sie deſſen nicht ſo gewiß, beharrte ſie mit einer ſeltſamen Entſchiedenheit.

Ich denke, daß ſich bald genug erweiſen wird, inwieweit meine Intereſſen auch die Ihrigen ſind. Und ich vermute, daß der Tag nicht fern iſt, an dem Sie meine Hilfe gern annehmen werden.

Ihre Hartnäckigkeit reizte nun doch meinen Zorn.

Ich verzichte ein für allemal auf Ihre Hilfe, Madame, rief ich und ich begehre von Ihnen keinen anderen Frennd - ſchaftsdienſt als den, daß Sie mich jetzt verlaſſen.

Jetzt endlich erhob ſie ſich aus ihrem Seſſel.

Nun wohl, ſagte ſie, ich gehe. Aber ich bin be - harrlicher, als Sie glauben mögen. Und es iſt nun einmal meine Ueberzeugung, daß Sie die Dinge bald in einem anderen Lichte ſehen werden. Wollen Sie mir zum Abſchied Ihre Hand geben, Georg?

Zögernd kamen ihre ſchmalen weißen Finger unter dem halb herabgeglittenen Mantel zum Vorſchein.

Und ich hatte nicht das Herz, dieſe zaghaft dargebotene Hand zurückzuweiſen. Aber nur für den Bruchteil einer Sekunde behielt ich ſie in der meinigen.

Es dunkelt bereits , ſagte ich.

Sie werden den Weg nach dem Strandſchlößchen nicht ohne Begleitung machen können.

Meine Dienerin erwartet mich in einiger Entfernung von Ihrem Hauſe. Und außerdem bin ich nicht furchtſam. Ueber - legen Sie ſich, was ich Ihnen geſagt habe, Georg! Ich ſage Ihnen nicht Lebewohl, ſondern: Auf Wiederſehen!

Sie hüllte ihre weißen Schultern wieder in den dunklen Mantel und glitt wie ein Schatten aus meinem Zimmer.

29. Kapitel.

Wenige Minuten, nachdem meine Beſucherin mich verlaſſen hatte, trat Francois ein. Er ſagte mir auf meine Frage, daß er im Dorfe geweſen ſei und erſt jetzt begriff ich, wie es ihr möglich geweſen war, unaufgehalten und unangemeldet zu mir zu gelangen.

Der Diener machte ſich ohne eigentlichen Zweck allerlei um mich zu ſchaffen und ich merkte wohl, daß er irgend etwas auf dem Herzen habe. Da ich zu wiſſen glaubte, daß er mir auf - richtig ergeben ſei, fragte ich ihn, ob er mir etwas zu ſagen wünſche und er erwiderte ohne Zögern:

Ich halte es allerdings für meine Pflicht, Herr Lazar, Ihnen von den Gerüchten Mitteilung zu machen, die in der Gegend umlaufen. Denn ſie ſcheinen mir von einiger Be - deutung.

Gerüchte, die ſich mit meiner Perſon beſchäftigen, Francois?

Allerdings! Auch mit Ihrer Perſon, Herr Lazar!

Nun alſo?

Es handelt ſich um den toten Mann, der vor einiger Zeit in der Nähe des Hauſes gefunden wurde, das Sie damals bewohnten. Man hatte geglaubt, daß der Körper von der See angeſpült worden ſei; aber jetzt ſoll feſtgeſtellt ſein, daß man ihn am Abend vor ſeiner Auffindung im Dorf geſehen hat und daß er ſich dort nach dem Wege zu Ihrem Haufe erkundigte. Die Leute ſagen, er ſei aus dem Dorfe gegangen in der be - ſtimmten Abſicht, Sie aufzuſuchen. Und dann nun, dann haben Sie ihn eben am nächſten Tage als Leiche gefunden.

Und ſonſt nichts?

Ach, die Leute ſchwatzen noch viel dummes Zeug, Herr Lazar! Sie ſagen, der Mann ſei ein Verwandter von Ihnen geweſen, mit dem Sie auf ſchlechtem Fuße ſtanden. Und das junge Mädchen, deſſen Vater jetzt die Anzeige bei der Polizei erſtattet hat, behauptet, ſie ſei durch Sie veranlaßt worden, ſo lange zu ſchweigen.

Unter ſolchen Umſtänden darf ich wohl annehmen, daß man mich mit dem Tode des Mannes in einen Zuſammenhang bringt.

Es gibt Leute, die dieſer Meinung ganz unverhohlen Ausdruck geben, Herr Lazar!

Ich danke Ihnen, Francois! Ich werde alſo nunmehr vorbereitet ſein auf das, was ſich möglicherweiſe ereignen könnte.

(Fortſetzung folgt.)

2Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 25. Oktober[1910.]

an. Er betonte hauptſächlich den ſchwierigen Standpunkt der Wahlreformkommiſſion, der durch die verſchiedenen Projekte der einzelnen Klubs verurſacht wurde, dieſe Projekte ſeien zu einander in einem ſolchen Gegenſatze geſtanden, daß es für die Kommiſſion nicht möglich war ein Projekt, aufzuſtellen, welches den Wünſchen der Parteien auch nur halbwegs ent - ſprochen hätte. In der letzten Zeit ſehe man, daß die Parteien zur Einſicht gekommen und geneigt ſeien, in einigen Punkten nachzugeben, um das Zuſtandekommen eines Kompromiſſes zu ermöglichen. Die Wahlreformkommiſſion ſei der Anſicht, daß es ihr jetzt gelingen werde, ein Kompromiß zuſtande zu bringen und daß noch in dieſer Seſſion eine demokratiſche Wahlordnung durchgeſetzt werden könne. Abg. Jablonski verſicherte, daß alle Parteien die Durchführung der Wahlreform - ordnung noch in dieſer Seſſion wünſchten und deshalb auch bereit ſeien, für die allgemeine Sache Opfer zu bringen. Der Abg. Lewicki erklärte, daß man immer mehr um eine günſtige Erledigung der Wahlreform beſorgt ſei. Die Ru - thenen müßen eine Wahlreform durchſetzen, die geeignet ſei, die politiſche Antonomie der Ruthenen zu wahren. Im Falle dies nicht geſchehe, würden ſie ſich an die Regierung mit der Bitte um die Ausarbeitung einer gerechten Wahlordnung wenden. Abg. Dudykiewicz drohte im Falle der Nicht - beachtung der rutheniſchen Forderungen mit weiterer Obſtruk - tion. Eine Wahlordnung, welche der Geltendmachung der nationalen Rechte der Ruthenen nicht förderlich wäre, werden die Ruthenen auf keinen Fall zulaſſen. Die Sitzung wurde hierauf geſchloſſen und die nächſte Sitzung für Dienſtag feſtgeſetzt.

Zur galiziſchen Landtagswahlreform.

Geſtern fanden hier zwei Volks - verſammlungen ſtatt, die ſich mit der Wahlreform beſchäftigten. Die eine wurde von den Demokraten einberufen, die andere von den Nationaldemokraten.

In der Verſammlung der Demokraten wurde der Wunſch geäußert, daß die Anzahl der Städtemandate bedeutend erhöht werde und es wurde gefordert, daß die neue Wahl - ordnung auf Grund des Kurienſyſtems durchgeführt werden möge.

Die Verſammlung der Nationaldemokraten faßte eine Refolution, in welcher verlangt wird, daß die Wahlreform in kürzeſter Zeit durchgeführt und daß das Wahlrecht in den Landtag allen denen erteilt werde, die das Wahlrecht in den Reichsrat beſitzen. Ferner möge auch die polniſche Bevölkerung Oſtgaliziens durch die neue Wahlordnung in dem Landtage eine entſprechende Vertretung erhalten. Am Schluſſe der Reſolution werden alle polniſchen Parteien aufgefordert, ſich zu einigen und eine nützliche Wahlordnung durchzuſetzen.

Ein perſiſches Proteſtmeeting in Konſtan - tinopel. Zahlreiche türkiſche Teilnehmer. Mißtrauen gegen England. Annäherung an den Dreibund. Eine Depeſche an Kaiſer Wilhelm. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Geſtern nachmittags fand in einem Pera-Theater ein von der Perſerkolonie organiſiertes Proteſtmeeting gegen die engliſch-ruſſiſche Aktion in Perſien ſtatt. Dem Meeting wohnten zahlreiche Türken, insbeſonders Offiziere, bei. Verſchiedene Redner, darunter ein Tuneſier, eppellierten an die Solidarität der mohamedaniſchen reſpektive aſiatiſchen Völker und betonten, daß die Teilung Perſiens für die Türkei be - drohlich wäre, daher die türkiſche Regierung dagegen mit allen Kräften hauptſächlich durch Annäherung zum Drei - bunde ſich wehren müßte.

Abgeordneter Ubeidullah betonte, daß Deutſchland an Stelle Englands als Stützpunkt der Mohamedaner trat und zählte die Dienſte auf, welche Deutſchland den Mohamedanern wiederholt, insbeſondere aber in der Marokkofrage leiſtete. Er forderte die Verſammlung auf, an Kaiſer Wilhelm eine Depeſche zu richten, in welcher unter Berufung auf die früheren Dienſte die Hoffnung ausgedrückt werde, daß er die Teilung Perſiens nicht zulaſſen werde. Der Antrag wurde unter lautem Beifall und Rufen Es lebe Deutſchland! an - genommen, während gegen die Mächte der Tripelentente un - freundliche Rufe ausgeſtoßen wurden.

Abbruch der türkiſch-franzöſiſchen Anleihe - verhandlungen.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Da die Türkei die von der franzöſiſchen Regierung geſtellten Bedingungen ab - gelehnt hat, ließ Pichon den franzöſiſchen Botſchafter in Konſtantinopel geſtern abends verſtändigen, daß die Anleihever - handlungen abgebrochen ſind.

Wie die Jeni Gazetta meldet, hat geſtern Finanzminiſter Bſchawid Bei dem franzöſiſchen Botſchafter Vompard gegenüber erklärt, daßer keine mit der Würde der türkiſchen Regierung unverein - baren Anleiheoedingungen annehme und höchſtens einen frunzöſiſchen Fachmann Einführung einer gründlichen Reform des Finanzdienſtes im türkiſchen Finanzminiſterium zulaſſen könne es verlautet, daß die Pforte, wenn die franzöſiſche Regierung auf ihrem Standpunkt beharren ſollte, das ſehr vorteilhafte Anleiheanbot einer anderen (deutſchen?) Gruppe berückſichtigen werde.

Ueber die türkiſche Anleihe ver - lautet, daß die türkiſche Regierung ſeinerzeit von einer deutſchen Bankengruppe ein Anbot erhielt. Daher ſei es nicht aus - geſchloſſen, daß die Türkei jetzt von dieſem Anbot Gebrauch machen wird.

Verſchärfter Wiederausbruch der inneren griechiſchen Kriſe. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Veniſelos ſtellte in der Kammerſitzung die Ver - trauensfrage. Die Parteigänger Rhallys und Mavromichalis verließen den Saal. Die Sitzung wurde wegen Beſchlußunfähigkeit geſchloſſen.

Veniſelos beabſichtigt nunmehr ſeine Demiſſion zu geben.

Spanien.

Der Madrider Vertreter des Matin hat mehrere Staatsmänner und hervorragende Politiker über die Ausſichten der Monarchie in Spanien befragt. Während der Miniſterpräſident Canalejas natürlich der Meinung iſt, daß die Monarchie in Spanien auf feſten Füßen ſtehe und kein Umſturz zu befürchten ſei, vertritt der republikaniſche Deputierte Leroux ebenſo ſelbſtverſtändlich die entgegengeſetzte Meinung. Er vertritt die Anſicht, daß Spanien binnen drei bis vier Jahren eine Republik ſein werde, weil erſtens das Land antiklerikal und antimonarchiſtiſch geſinnt ſei und zweitens der republikaniſche Gedanke immer größere Fortſchritte mache. Dazu ſei der König nicht volkstümlich, er kümmere ſich mehr um den Sport als um die Regierung, und dann werde er nicht lange leben, weil ein ſchleichendes Leiden an ſeiner Geſundheit zehre. Leroux meint ſchließlich, daß zwei Ereigniſſe die Proklamierung der Republik in Spanien noch beſchleunigen können, nämlich eine Kapitulation der ſpaniſchen Regierung vor dem Vatikan und der Ausbruch eines neuen Feldzuges in Marokko, von dem ja ſoviel gegen - wärtig die Rede iſt. Leroux wird heute in Paris erwartet, wo er mit den dort lebenden ſpaniſchen Republikanern Be - ratungen haben wird.

Bandenkämpfe an der griechiſch-türkiſchen Grenze. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Eine Meldung aus Janina beſagt: Acht griechiſche Evzonen überſchritten bei Muſaka in der Gegend von Preveza die türkiſche Grenze und wurden in einen Kampf mit türkiſchen Soldaten verwickelt, der vier Stunden dauerte. Alle acht Evzonen wurden getötet. Bei Kyprios wurde eine fünf Mann ſtarke Bande von Grewinſurgenten von der türkiſchen Grenz - wache niedergemacht.

Portugal.

Die Anerkennung der Republik. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Braſilien anerkannte die portugieſiſche Re - publik.

Staat und Kirche. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Das morgige Amtsblatt wird ein Dekret veröffentlichen, mit welchem die vollſtändige Verweltlichung der Schulen angeordnet wird.

Eine miniſterielle Verordnung fordert die Staatsanwälte auf, gegen Prieſter, die die Regierungsform oder die Behörden angreifen, das Strafgeſetz anzuwenden.

Kurze Nachrichten.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der König von Siam iſt geſtorben. Todesurſache war Urämie. Der Kronprinz wurde zum Könige proklamiert.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Im hieſigen Franziskanerkloſter iſt der bekannte Kirchen - hiſtoriker Markovic geſtorben.

[Mitteilungen über Erzherzog Franz Fer - dinand].

Daily Chron. veröffentlicht ein Interview, welches ein ſoeben aus Oeſtereich-Ungarn zurückgekehrter eng - liſcher Parlamentarier mit einem öſterreichiſchen Staats - mann hatte, der über die Ideen und die Politik des Thron - folgers gut unterrichtet iſt und mit ihm in enger Fühlung ſteht. Der Staatsmann äußerte ſich folgendermaßen: Der Thronfolger hat einen eiſernen Charakter. Sein politiſches Programm iſt es, eine ſtarke, feſtgefügte Monarchie an der Donau aufzubauen, die auf der Wohlfahrt der zahlreichenund verſchiedenartigen Völker gegründet iſt, welche er regieren wird. Der Thronfolger hat das allgemeine Stimmrecht in Oeſterreich erlangt und verlangt es jetzt für Ungarn. Er war gegen die ungariſche Koalition Koſſuth-Apponyi-Wekerle weil ſie eine oligarchiſche Politik einer demokratiſchen entgegenſ[e]tzen wollte, und iſt auch dem gegenwärtigen ungariſchen Miniſter - präſidenten Grafen Khuen nicht günſtig geſinnt, weil er ſich von den demokratiſchen Ideen abgekehrt hat. Ein treuer Ver - bündeter Deutſchlands iſt der Thronfolger und wird es allzeit bleiben, aber die Zeiten, wo Oeſterreich-Ungarn ein Spielzeug in den Händen anderer geweſen iſt, haben aufgehört. Die Politik des Thronfolgers iſt keine Politik des paſſiven Duldens, ſie iſt imperial und beabſichtigt, neue Wege für die wirtſchaftliche Entwicklung der Monarchie zu eröffnen. Stärke im Innern durch einen demokratiſchen Zug, der die ganze Monarchie durchſtrömt, Stärke nach außen, die auf die Stärke im Innern gegründet iſt dies iſt die Politik des künftigen Herrſchers der öſterreichiſch ungariſchen Monarchie.

Bunte Chronik.

Die Krakauer Verhaftungen.

Das Landesgericht beſchloß geſtern die 7 Verhafteten aus Ruſſiſch-Polen gegen eine Kaution von 500 K per Perſon auf freien Fuß zu ſetzen.

Die Czenſtochauer Kloſterſkandale.

Geſtern traf hier der vom ruſſiſchen Miniſterium delegierte Pietrow ein und unter - ſuchte das ganze Kloſter. Die Schatzkammer ließ er verſiegeln. Ferner hob er ſämtliche vom Erzbiſchof Zdzitowski ge - troffenen Verfügungen auf, da ſie von ihm als ungeſetzlich angeſehen wurden. Aus dieſem Grunde verließ der Erzbiſchof ſofort das Kloſter und begab ſich nach Warſchau. Der Korreſpondent des Kwier Warszawski berichtet, daß in der Zelle des verhafteten Kloſterbruders Izydor Starczewski ein Nachſchlüſſel zur Schatzkammer gefunden wurde.

Lohnkämpfe und Ausſtände.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Fuhrleute und Auflader beſchloſſen, morgen die Arbeit einzuſtellen.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Das Fahrperſonal der Straßenbahn hielt heute nachts eine Verſammlung ab und beſchloß mit der Direktion keine weiteren Verhandlungen zu pflegen. Der Statthalter und der Podeſta wurden aufgefordert, die Forderung der Lohnauſbeſſerung zu unterſtützen.

Aeronantik und Aviatik.

Ein verunglückter Ballon. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Ballon Hildebrandt , der geſtern nachmittags in Berlin aufgeſtiegen war, iſt in der Nordſee verunglückt. Die drei Inſaſſen des Ballons wurden von einen Laſtendampfer gerettet. Der Ballon wurde geborgen.

Tötlicher Sturz eines Aviatikers. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Hauptmann Maciot iſt mit einem Militäräroplan aus einer Höhe von 100 Metern abgeſtürzt und hat ſich tötlich verletzt. Der Apparat iſt gänzlich zertrümmert.

Die Berliner Rieſenunterſchlagung.

Ueber den Buchhändler Cyriakus, der bekanntlich Selbſtmord beging, verlautet noch, daß er ein ganz anſpruchsloſer Mann war und ſich keiner Unter - ſchlagungen ſchuldig machte. Dagegen habe er ohne Wiſſen ſeiner Mitinhaber der Verlagsbuchhandlung einigen ſeiner Geſchäftsfreunde unbefugterweiſe Kredite eingeräumt, die eine Million Mark betragen ſollen. Es handelt ſich in faſt allen Fällen um ein Ausſtellen von Wechſeln, für die er die Firma Volckmar durch Unterſchrift haftbar machte. Die Geſamt - verpflichtungen ſollen 900 000 Mark betragen, denen aber bedeutende aktive Werte gegenüberſtehen ſollen.

Die Cholera. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

In den letzten 24 Stunden kamen in der Provinz Neapel 6 Erkrankungen und 7 Todesfälle und in der Provinz Rom 3 Todesfälle an Cholera vor.

[Der moderne Hut vor dem Richter].

Die übermutige Modegöttin, die trotz ihrer bisweilen wunderlichen Launen Konflikte mit der hohen Juſtiz faſt immer glücklich zu vermeiden gewußt hat, gab am Montag in einem Londoner Gerichtsſaal den Anlaß zu einem amüſanten kleinen Zwiſchen - ſall. Vor den Schranken des Gerichts erſchien als Zeuge eine junge Londoner Stenotypiſtin, ihr jugendliches Haupt war ſo gut wie völlig verborgen unter der mächtig aus - ladenden Krempe eines wunderſchönen, höchſt modernen neuen325. Oktober 1910. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Hutes. Der würdige Richter blickte mißbilligend auf dieſe bizare Blüte modiſcher Phantaſie und wandte ſich dann zu der Zeugin: Schlagen Sie Ihren Hut zurück! Die junge Dame bog die Krempe ein wenig aufwärts, und mag ſah in der Tat ein kleines Stück Naſe. Aber der Richter war nicht zufrieden und legte Verwahrung ein: Ich kann Ihre Augen nicht ſehen, und in einem ſolchen Prozeß ſind die Augen die Fenſter der Seele. Die Krempe wird wieder um ein kleines Stück höher gebogen. Genügt das? Nein, entſcheidet der Richter, es genügt nicht. Ihr Geſicht liegt in einem dunklen Schatten verhüllt und ich ſehe keine Augen. Ich kann den Hut nicht weiter zurückſetzen, prote - ſtiert die junge Schöne. Sie ſind eine höchſt halsſtarrige junge Dame. Dann werde ich den Hut abnehmen. Nein, das werden Sie nicht, denn ich will keine Dame barhaupt vor Gericht ſehen. Die Zeugin zieht bereits die Hutnadeln heraus, aber ſchließlich läßt ſie ſich überreden: mit vieler Mühe gelingt es endlich, das Hutungeheuer ſo weit zu zähmen, daß man unter dem mächtigen Rad etwas zu ſehen bekommt, was möglicherweiſe die Augen der jungen Modedame ge - weſen ſein können.

[Zobeldiebſtahl].

Ein ruſſiſcher Transport von Pelzen, der dieſer Tage in Frankfurt a. M. anlangte, war ſtark reduziert. Unterwegs hatten internationale Spitzbuben 200 Zobelpelze im Werte von 73.000 Mark geſtohlen.

[Die Frage nach der Konfeſſion].

Aus Budapeſt wird gemeldet: In politiſchen Kreiſen wird ein liberaler Beſchluß des Juſtizausſchuſſes des Abgeordnetenhauſes, welcher derzeit den Geſetzentwurf über die Zivilprozeßordnung behandelt, vielfach erörtert. Der Ausſchuß hat nämlich auf Antrag des zur nationalen Arbeitspartei gehörigen Abge - ordneten Siegmund Varady einſtimmig beſchloſſen, dem Abgeordnetenhauſe vorzuſchlagen, aus dem Entwurf jenen Paragraphen zu ſtreichen, welcher ſich darauf bezieht, daß der Richter an den Zeugen die Frage ſtellt, welcher Konfeſſion er angehöre.

[Ein unbekannter Onkel König Manuels].

Jetzt erſt erfährt man, daß in England ein Onkel des Königs Manuel unter dem Namen eines Paters Dane lebt. Dieſer Pater iſt einem Liebesroman des verſtorbenen portugieſiſchen Königs Dom Louis II., des Gemahls der Königin Maria Pia, entſproſſen. Als Louis während der Regierung ſeines Bruders, des Königs Peter V., in London weilte, lernte er dort eine bildhübſche Engländerin Miß York kennen, in die er ſich verliebte und mit der er ſich bald darauf trauen ließ. Dieſer Ehe entſproß ein Knabe, der jetzige Pater Dane von Sachſen und Braganza genannt. Als aber Louis nach dem Giftmord den portugieſiſchen Thron beſtieg, erklärte die Kirche auf Betreiben der Monarchiſten die Ehe für ungiltig, und er heiratete Maria Pia von Savonyen.

[Ein Wanzenprogrom.]

Aus Petersburg be - richtet man: Eine Nachtherberge in der hieſigen Sſutugina - ſtraße war berüchtigt wegen ihres Reichtums an Wanzen, ſo daß man ſich kürzlich entſchloß, einem Arzt die Vertilgung des Ungeziefers zu übertragen. Der Jünger Aeskulaps iſt mit Feuer und Schwert gegen die altruſſiſche Ueberlieferung der Paßloeſen , wie der Volksksmund das liebe heimatliche Zubehör gern lächelnd nennt, vorgegangen; ſeine Ernte in einer Nacht betrug nicht weniger als 50 Pfund Wanzen. Jedenfalls iſt es als ein Fortſchritt zun bezeichnen, daß der Erbfeind des in Rußland reiſenden Weſteuropäers im er - wachenden Rußland gewogen und nicht zu leicht befunden wird.

[Das Urteil eines reichsdeutſchen Offiziers über unſere Marine.]

Der bekannte Marineſchriftſteller Kapitän zur See Perſius ſchreibt in einem leſenswerten Aufſatz im Tag , die Italiener beanſpruchten die Adria als italieniſches Meer und Oeſterreich ſehe ohne Vorherr - ſchaft auf der Adria ſeinen Lebensnerv bedroht. Zeige dieſes nicht jetzt den Willen zur Tat, bringe das Volk nicht die notwendigen Opfer für die Wehrmacht zur See, ſo folge es freilich der Tradition, aber es begebe ſich ſeines Anteils an dem Higway of the nations , ſeines Anſpruches auf die Futterplätze der Erde. Wie oft habe bureau - kratiſche Kurzſichtigkeit, mangelndes Verſtändnis, unange - brachte Knauſerei Orgien in der Geſchichte der k. u. k. Marine gefeiert. Nach einem hiſtoriſchen Ueberblick über die öſter - reichiſche Kriegsmarine ſeit 1840 ſchreibt Perſius, nicht nur nach der Zahl ſei die italieniſche Kriegsmarine der öſterr. - ungariſchen heute weit überlegen, ſondern auch weſentlich im Schiffsmaterial, beſonders wenn man die Größe und das Alter der Schiffe in Betracht zieht. Dieſes Verhältnis werde ſich jedoch entſprechend dem Fortſchritt der Neubauten noch weſentlich zugunſten Italiens verſchieben. Es wäre aber verkehrt, etwa dem öſterreichiſchen Marinekommandanten hieraus einen Vorwurf zu machen. Im Gegenteil habe es kaum eine Marinverwaltung verſtanden, mit den beſchränkten Mitteln ſo viel zu leiſten, wie es in Oeſterreich-Ungarn geſchehen ſei. Die Schiffs - konſtruktion ſei erſtklaſſig, aus dem geringen Deplacement ſei das Menſchenmögliche herausgeholt. Das Sparſyſtem in der Marine ſtehe einzig da. Während die öſterreichiſch-ungariſche Kauffahrtmarine 1909 im ganzen 293 Dampfer mit 538.778 Retrotonnen zählte, das Kriegsmarinebudget aber 53 9 Millionen Mark betrug, belief ſich das italieniſche Marine - budget auf 153·7 Millionen bei einer Handelsdampfertonnage von 598.900 Nettotonnen. In deutſchen Marinekreiſen habe man die lebhafteſten Sympatihen für die öſterreichiſch-ungariſche Kriegsflotte. Man achte ihre glorreiche Kriegsgeſchichte, be - neide ſie um die Ruhmestaten bei Helgoland und Liſſa, aber man könne ſich dem Bedauern nicht verſchließen, daß das Herab - ſinken von einſtiger Größe unaufhaltſam ſeinen Weg nehme. Inniges Mitgefühl empfinde man mit dem ausgezeichneten Offizierskorps, das beſonders in beruflich wiſſenſchaftlicher Beziehung vorbildlich ſei. Voll Spannung werde man vor allem in den reichsdeutſchen Marinekreiſen die Verhandlungen in den Parlamenten verfolgen. Kommt das Flottengeſetz zur Annahme, ſo werde in den Kreiſen der Freunde eines auch zur See ſtarken Oeſterreich-Ungarns lebhafte Genugtuungherrſchen. Die erwachende Seegeltung der Monarchie im Mittelmeer könne der Feſtigung der europäiſchen Gleichgewichts - lage, dem Frieden, nur dienlich ſein.

Czernowitzer Angelegenheiten.

Der Brand der Schloßmann’ſchen Mühle.

In der Nacht von Samſtag auf Sonntag brach gegen 3 Uhr aus bisher unbekannter Urſache in der Schloßmann’ſchen Mühle ein Feuer aus, das mit ſolcher Schnelligkeit um ſich griff, daß bald das ganze Mühlengebäude ein Flammenmeer bildete. Der Feuerſchein beleuchtete die ganze Stadt taghell und lockte noch in der Nacht eine ungeheuere Zuſchauermenge heran. Die Polizei hatte Mühe, dieſelbe vom Brandplatze fernzuhalten. Die Feuerwehr, die Samſtag nachmittag eine Garniſonslöſchübung mit Allarmierung abſolviert und Samſtag abends einen Kellerbrand in der Herrengaſſe zu bewältigen gehabt hatte, arbeitete mit Anſpannung aller Kräfte und unter eigener Lebensgefahr um dieſem Rieſenbrande Einhalt zu tun, und es muß lobend verzeichnet werden, daß es ihren Bemühungen gelang, alle 14 Nebengebäude der Mühle zu retten.

Die Bekämpfung der Feuersbrunſt.

Samſtag nachts wurde gegen 3 Uhr 15 Minuten der Feuermelder der Schloßmann’ſchen Mühle in der Pruthgaſſe gezogen. Sofort begab ſich ein kompletter Löſchzug mit einer Dampſſpritze ausgerüſtet auf den Brandplatz. Das Feuer war im 5. Stockwerke des Mühlenhauptgebändes knapp unter dem Dachſtuhle ausgebrochen. Es wurden zwei Schlauchlinien aktiviert, die ſich jedoch als ganz unzulänglich erwieſen. Das Feuer griff äußerſt raſch um ſich, die Flammen ſchlugen aus den Fenſtern heraus und die Sofiddecke ſtürzte ein. Das Feuer verbreitete ſich namentlich durch die Holz - ſchächte, die zur Beförderung des in Verarbeitung befindlichen Rohproduktes von einem Stockwerke ins andere dienen, mit ungehenerer Schnelligkeit bis in die unterſten Räume. Da das Hauptgebände nicht mehr zu retten war, mußte ſich die Feuerwehr darauf beſchränken, die Nebengebäude und hauptſächlich das knapp am Haupt - gebäude befindliche Magazin zu retten. Sämtiiche Häuſer in der Pruthgaſſe, die mit Schindeln gedeckt waren, befanden ſich in fortwähren der Gefahr, weil der vom Brandplatze ſich ausbreitende Funkenregen ſich ringsum, ſogar bis weit über den Bahnhof hinaus, ergoß.

An der Löſchaktion nahmen die ſtädtiſche Feuer - wehr unter Führung des Oberkommandanten Jenner, des Brandmeiſters Miecinski und Brandmeiſteraſſiſtenten Panowski und die freiwillige Feuerwehr unter Führung ihres Kommandanten Zajanczkowski teil. L[e]tztere traf um halb 5 Uhr früh auf dem Brandplatze ein. Die Feuerwehr arbeitete mit insgeſamt 10 Schlauchlinien, welche von zwei Dampfſpritzen und zwei Handkraftſpritzen geſpeiſt wurden. Waſſer wurde von der Waſſerleitung in der Waſſergaſſe und von dem Teich in der Schloßmann’ſchen Mühle bezoger. Um ¾5 Uhr früh erſchienen am Brand - platze die Pionierabteilung des 41. Infanterie - regiments, ebenſo die Bereitſchaft des Landwehrinfanterie - regimentes Nr. 22 und des Ulanenregimentes Nr. 8 und beteiligten ſich ebenfalls wacker an der Löſchaktion. Die Arbeiten geſtalteten ſich ziemlich ſchwierig, nachdem gegen 6 Uhr ein ſtarker Wind ſich plötzlich eingeſtellt hatte. Große Anſtrengungen erforderte es auch, das ans Hauptgebäude knapp anſtoßende Magazin vor dem Feuer zu bewahren. Bei den zu dieſem Zwecke vorgenommenen Arbeiten wurden drei Feuerwehrmänner von dem aufſteigenden Qualm faſt erſtickt und nur mit Mühe konnten ſie noch mittelſt Hacken - leitern aus ihrer gefährlichen Situation gerettet werden. Die Feuerwehr arbeitet noch heute, Montag, mit einer Dampf - ſpritze und 10 Mann am Brandorte, um das durch zeit - weilig eintretenden Funkenflug noch jetzt gefährdete Magazin zu überwachen.

Der Schaden.

Der Schaden, der durch dieſen Brand angerichtet wurde, wird mit ungefähr einer Million Kronen beziffert, doch läßt ſich die Schadenſumme bisher noch nicht genau feſtſtellen. Niedergebrannt iſt das Hauptgebäude der Mühle, (die Müllerei, Kopperei und das Maſchinenhaus) mit allen maſchinellen Einrichtungen und bedeutenden Frucht - mengen, welche ſich im Hauptgebäude befanden. Es ſind dies ungefähr 80 Waggon Getreide und Mehl. Die beiden Magazine, welche mit großen Vorräten angefüllt ſind, wurden gerettet. Das an das Hauptgebäude der Mühle anſtoßende Magazin enthält zirka 800 Sack Mehl und 35 Waggon Weizen. Hievon ſind durch das beim Löſchen eingedrungene Waſſer 13 Waggon Getreide ver - dorben. Die Mühle iſt bei der Krakauer Ver - ſicherungsgeſellſchaft und dem Phönix auf zirka 4 Millionen Kronen gegen Feuer ver - ſichert. Dieſe Geſellſchaften ſind rückverſichert.

Die Schloßmann’ſche Mühle,

die im Beſitze einer Aktiengeſellſchaft ſteht, brannte einmal in der Sylveſternacht des Jahres 1886 nieder. Die Mühle wurde damals total eingeäſchert, hierauf jedoch wieder auf - gebaut. Vor ungefähr 4 Jahren trat der hieſige Kaufmann Herſch Trichter als Hauptaktionär der Geſellſchaft bei. Zu dieſer Zeit wurde die Mühle umgeſtaltet, ergänzt und erweitert. Die Mühle wird ſeither antomatiſch betrieben, ſo daß nur 16 18 Arbeiter in derſelben angeſtellt waren. Injedem Stockwerk befanden ſich vier Arbeiter, die zum Oelen der Maſchinenbeſtandteile und zu Handlangerdienſten verwendet wurden. Der Präſident des Verwaltungsrates der Schloß - mannſchen Mühlenaktiengeſellſchaft iſt Kammerpräſident von Langenhan. Am

Brandplatze

erſchienen Bürgermeiſter Baron Fürth, Regierungsrat Tarangul, Bezirkskommiſſär Dr. Oehl, Stadtrat Brunſtein, Magiſtratskommiſſär Gutmann, viele Gemeinderäte und Offiziere.

Man befürchtet jetzt, daß die Mauern des Hauptgebäudes, namentlich aber die Frontmauer, die ſchon mehrere Riſſe aufweiſt, einſtürzen werden. Die Polizei hat auch aus dieſem Grunde den ganzen Raum vor dem Hauptgebäude vom Ver - kehre abgeſperrt. Zu erwähnen wäre noch, daß Sonntag um 6 Uhr früh infolge des Funkenregens ein Wohnhaus in der Waſſergaſſe zu brennen anfing und das Feuer hier nur mit Mühe gelöſcht werden konnte.

Eine Millionen-Affäre des Zentral - verbandes der rumäniſchen Raiffeiſen - kassen.

Aus Wien wird uns telegraphiert: Die Sonn - und Montagszeitung bringt unter dem Titel Ein neues chriſtlichſoziales Panama eine Meldung aus Prag, derzufolge der dortige Zentralverband der czechiſchen Sparkaſſen am 17. d. M. an den bukowiner Landesausſchuß ein Schreiben gerichtet habe, in welchem der Landesausſchuß als kompetente Aufſichtsbehörde auf Unregelmäßigkeiten in der Gebarung der Zentralorganiſation rumäniſcher Raiffeiſenkaſſen aufmerkſam gemacht und mitgeteilt wird, daß der Zentralverband bei der Uſtredni banka einen Kredit von mehr als neun Millionen Kr. in Anſpruch genommen habe. Die unmittelbare Veranlaſſung des Schreibens ſei die Tatſache geweſen, daß am 9. Oktober Wechſel des Verbandes rumäniſcher Raiffeiſenkaſſen über zwei Millionen proteſtiert werden mußten. An dieſe Meldung knüpft genanntes Blatt ausführliche Details über die Geſchichte der chriſtlich - ſozialen Bewegung in der Bukowina, welche von Geßmann inauguriert wurde, und in welche die Rumänen hineingezerrt worden ſeien und die zu den finanziellen Schwierigkeiten von heute geführt haben. Die armen rumäniſchen Bauern ſo ſchließt der Artikel werden die unabſehbaren Konſequenzen dieſer Angelegenheit tragen müſſen.

Wir haben auf dieſe Meldung hin Informationen beim Landesausſchuß, der hieſigen Filiale der Uſtredni banka und der Direktion des Zentralver - bandes der rumäniſchen Raiffeiſenkaſſen eingezogen, die folgendes ergaben:

Landeshauptmannſtellvertreter Dr. Smal-Stocki er - klärte, daß das bewußte Schreiben tatſächlich an den Landes - ausſchuß eingetroffen ſei. Es handle ſich jedoch keineswegs um einen Betrag von zwei Millionen. Daß die Kreditver - bindlichkeiten des Verbandes bei der Zentralbank ſich auf 9 Millionen bezifferten, können ungefähr der Wahrheit ent - ſprechen. Die durch den Landesausſchuß geübte Kontrolle habe nie einen Anſtand in der Geſchäftsgebahrung ergeben. Der Landesausſchuß habe das Referat über dieſe Angelegenheit dem Landesausſchuſſe Dr. Lupu zugewieſen, dem nach den Beſtimmungen der neuen Landesordnung die Berichterſtattung über dieſe die Rumänen betreffende Angelegenheit zufalle.

Der Direktor des Zentralverbandes der rumäniſchen Raiffeiſenkaſſen, Landesbankpräſident Dr. Lupu teilt über die Angelegenheit im Weſentlichen folgendes mit: In dieſer An - gelegenheit ſind Verwechslungen, Mißverſtändniſſe und bös - willige Entſtellungen gleichzeitig zu konſtatieren.

Die allgemeinen Kreditverbindlichkeiten des Verbandes bei der Zentralbank czechiſcher Sparkaſſen betragen allerdings neun Millionen Kronen. Dieſen Krediten, welche ausſchließlich für die Zwecke des Verbandes in Anſpruch genommen wurden, ſteht eine Haftpflicht des Vereines bis zu einem Betrage von Mill. gegenüber, der Verband hat 80.000 K an eingezahlten Anteil - ſcheinen à 100 K und iſt bis zur dreißigfachen Höhe haftpflichtig. Dieſe ganze von der Sonn - und Montagszeitung angeſchnittene Frage hat mit dieſem Kredit jedoch nicht das geringſte zu tun. Es handelt ſich um einen Spezialkredit von 5 M[i]llionen Kronen, welcher durch die ſtatutenmäßige Vermittlung des Verbandes einer Kreditgenoſſenſchaft in Gurahumora und einer Czer - nowitzer Kreditgenoſſenſchaft zur Finanzierung des Holzge - ſchäftes einer aus den Herren Dr. Criclevici, Gregor Ballan, Enſtafie Paskovici und Grigor Floristeann gebildeten Geſellſchaft beſorgt wurde. Dieſe Geſellſchaft kaufte vor zwei Jahren bekanntlich vom Religionsfonds ca. 5000 Hektar Holzbeſtand in Suczawa - und Moldawatale zur Abſtockung binnen zehn Jahren. Das mit dem Spezialkredit von fünf Millionen begonnene Geſchäft iſt ſeit zwei Jahren im Gange und wirſt ſeit Frühjahr 1910 bedeutende monatlich ſteigende Erträgniſſe ab, die bereits zur Tilgung der erwähnten Kredit - verbindlichkeiten herangezogen werden. Haftungspflichtig ſind in erſter Reihe die den erwähnten Kreditgenoſſenſchaften ange - hörenden Geſellſchafter, deren Vermögen auf Millionen zu ſchätzen iſt, hierauf dieſe Kreditgenoſſenſchaften mit etwa 500.000 K ſelbſt und erſt in dritter Linie der Zentralverband. Zu einer Beanſpruchung dieſer Haftpflichten iſt es jedoch bisher nie gekommen und wird auch nicht dazu kommen, da die Kapitalsanlage eine völlig ſichere iſt. Die Meldung von der erfolgten Präſentierung eines Wechſels über zwei Millionen iſt unrichtig. Präſentiert wurde ein Akzept über 200.000 Kr. Dasſelbe mußte jedoch aus rein formellen, wechſel - rechtlichen Gründen proteſtiert werden, weil die Unter -4Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 25. Oktober 1910. ſchrift eines auf einer Mittelmeerreiſe abweſenden Vorſtands - mitgliedes nicht rechtzeitig beſchafft werden konnte. Die Kreditgeſchäfte mit der Zentralbank czechiſcher Sparkaſſen haben nicht die geringſte Störung erlitten und laufen bis heute anſtandslos weiter.

Von der Direktion der Uſtredni banka wird uns mit - geteilt, daß es ſich um Wechſel über 200.000 K handelte. Der Sachverhalt wird analog den Ausführungen des Präſidenten der Landesbank dargeſtellt:

Der Wechſel habe auf 200.000 K. gelautet und aus dem vorerwähnten Grunde proteſtiert werden müſſen. Die geſchäftlichen Beziehungen der Uſtrednibanka zum Zentral - verbande der bukowiniſchen Raiffeiſenkaſſen ſeien ungeſtört und durch nichts erſchüttert. Die ganze Sache ſei ein bös - williges Konkurrenzmanöver.

Soweit vorläufig unſere Informationen.

Landespräſident Dr. von Bleyleben Statt - halter von Mähren?

Einer aus Wien eingetroffenen telegraphiſchen Meldung zufolge ſoll bei der Rekonſtruktion des Kabinettes an Stelle Haerdtls der mähriſche Statthalter Baron Heinold treten. Als Nachfolger des mähriſchen Statthalters wird in dieſem Falle Landespräſident Doktor von Bleyleben genannt, deſſen Bruder, der Brünner Oberlandesgerichtspräſident Dr. v. Bleyleben im Juſtiz - miniſterium eine beſondere Stellung erhalten ſoll. An hieſiger informierter Stelle wird dieſe Meldung nicht beſtätigt.

Von der Landesregierung.

Der Landespräſident hat den Polizeikommiſſär Wladimir Iliutz von der Polizei - direktion in Czernowitz zur Bezirkshauptmannſchaft Gura - humora und den Landesregierungskonzeptspraktikanten Johann Reichhardt in Gurahumora zur Polizeidirektion nach Czervowitz verſetzt.

Bürgerſchullehrerprüfung.

Der Lehrer an der Knabenſchule in der Landhausgaſſe in Czernowitz Rudolf Janiszewski hat die Bürgerſchullehrerprüfung aus der I. Gruppe (ſprachlich-hiſtorilchen) mit polniſcher und deutſcher Unterrichtsſprache mit gutem Erfolge in Lemberg beſtanden.

Von der Süterdirektion.

Der Oberfortrat der Güterdirektion in Czernowitz Artur Krahl iſt vom Urlaub zurückgekehrt. Der Leiter des Ackerbauminiſteriums ernannte den Bezirkskommiſſär Guido Lindes der Bukowiner Landes - regierung zum Adminiſtrationsſekretär im Stande der juridiſch - adminiſtrativen Beamten der Direktion der Güter des Buko - winer ar. -or. Religionsfondes in Czernowitz.

Militäriſches.

Ernannt wurde der Hauptmannauditor des Landwehrgerichtes in Lemberg Ottomar Hoßner zum Leiter des Landwehrgerichtes in Czernowitz. Transferiert wurden der Leiter des Landwehrgerichtes in Czernowitz, Hauptmanauditor Ottokar Adam zum Landwehrgerichte in Lemberg, der Oberleutnant Alexander Czernautian vom Landwehrinfanterieregiment Neuſandez Nr. 32 zum Landwehr - infanterieregiment Czernowitz Nr. 22 und der Leutnant Rudolf Hendl vom Landwehrinfanterieregimente Jungbunzlau Nr. 10 zum Landwehrinfanterieregimente Czernowitz Nr. 22.

Die Wählerſchaft in den Landtag.

Nach dem Ergebniſſe der bereits abgeſchloſſenen Aufnahme der Wähler - ſchaft zum Bukowiner Landtage nach ihrer Zugehörigkeit zu den das Land bewohnenden Volksſtämmen verteilen ſich die Wähler in den einzelnen Gemeinden in der aus der folgenden Tabelle erſichtlichen Weiſe:

Poſt-Nr.Name der GemeindeAnzahl der in den vorbe - reitenden Liſten einge - tragenen WahlberechtigtenSumme
deutſcherrumä - niſcherruthe - niſcherpol - niſcher
Nationalität
Landesüberſicht.
1Czernowitz (Stadt).1186227565526419124334
2Czernowitz (Land).296993221018982923309
3Gurahumora ...2732941732678913264
4Kimpolung ....36287590169217613086
5Kotzman .....10477283684219908
6Radautz .....504813645183327620802
7Sereth .....18885377497343212670
8Storożynetz ....287576643679103115249
9Suczawa ....25641006685640713893
10Waſchkoutz ....1332571783447310210
11Wiżnitz .....258251982530512763
12Zaſtawna .... 96638957235010926
Summe ...3949266569646739680180414

Chriſtlich-deutſche Wählerverſammlung.

Geſtern fand um 11 Uhr vormittags im F[e]ſt[ſ]aale des deutſchen Hauſes die angekündigte chriſtlich-deutſche Wählerverſammlung ſtatt. Gegenſtand der Tagesordnung bildete die Mandats - niederlegung der deutſchen Gemeinderäte. Den Vorſitz führte Prof. Dr. Kogler. Nach Eröffnung der Verſammlung ergriff Inſpektor Dr. Bauer das Wort und entwarf in kurzen Zügen ein Bild der ganzen jetzigen Aktion. Was das Bürgerkomitee anbelangt, ſo haben die Rumänen ihre Ver - trauensmänner in dasſelbe bereits entſandt und man erwartet dasſelbe auch von den Ruthenen und Polen. Sollten die unabhängigen Juden den Beweis erbringen, daß ſie ſtark genug ſind, dem Dr. Straucher entgegenzutreten, dann ſei man geneigt, auch mit ihnen vereint zu gehen. Was dieKlage gegen Wojtechowski anbelangt, ſo werden die deutſchen Gemeinderäte dieſelbe nicht unterſchreiben. Der Vorſitzende bemerkt hierauf, daß in der am Samſtag ſtatt - gefundenen jüdiſchen Wählerverſammlung Dr. Straucher dem Bürgerkomitee vorgeworfen habe, daß ſie mit den Chriſtlich-Sozialen Hand in Hand gehen, während er (Straucher) ſelbſt ſich an Lupu gewandt habe, um mit ihm einen Pakt zu ſchließen. Der Vorſitzende beantragt ſodann die Annahme einer Reſolution, welche dahin geht, daß der Zeitpunkt für die Mandatsniederlegung der deutſchen Gemeinderäte noch nicht gekommen ſei und daß die deutſchen Gemeinderäte drei Vertrauensmänner in das Bürgerkomitee entſenden, um die weiteren Maßnahmen zu beſchließen. Bezirks - hauptmann a. D. Würfel ſtellt den Gegenantrag, daß die deutſchen Gemeinderäte ſofort ihre Mandate niederlegen mögen. Oberadminiſtrationsrat Dr. Wolf ſpricht ſich gegen dieſen Antrag aus und empfiehlt die Reſolution des Bürger - komitees zur Annahme. Prof. Nowak erklärt, daß der Fehler des ganzen Syſtems nicht im Gemeinderate ſelbſt, ſondern im Magiſtrate liege, der als Behörde ſchlecht ſunktioniere. Bezirkshptm. a. d. Würfel zieht ſeinen Gegenantrag auf ſofortige Niederlegung der Gemeinderats - mandate zurück. Dr. Adelsberger ließ ſich auch hier nicht nehmen, ſich in antiſemitiſche Ausführungen zu ergehen und ſprach ſich gegen jedes Zuſammengehen mit den Juden aus. Es ſei auch bedauerlich, erklärte Redner, daß in der letzten Verſammlung beſchloſſen wurde, jegliche antiſemitiſche Tendenz zu verwerfen. St. -R. Leo widerlegt dieſe Ausführungen und erklärt, daß es nicht angehe, daß ein einzelner einem gewählten Komitee Direktiven geben ſoll. Es gelangt hierauf die Reſolution im Sinne des Bürger - komitees zur Annahme, womit die Verſammlung beendet war.

Jüdiſche Wählerverſammlung.

Samſtag um 5 Uhr nachmittags fand die angekündigte Verſammlung der jüdiſchen Gemeinderatswähler ſtatt. Der Feſtſaal im jüdiſchen Nationalhauſe war dicht beſetzt, ſo daß die Anzahl der Erſchienen eine ſehr beträchtliche war. Die Straucherſche Parteileitung hatte die Verſammlung, wie der Verlauf der - ſelben zeigte, nicht zu dem Zwecke einberufen, um über das weitere Vorgehen zu beraten und zu der Proviſionsaffäre Stellung zu nehmen. Es handelte ſich vielmehr um eine Gegendemonſtration gegen Woitechowski und ein zu erlangendes Vertrauensvotum für Dr. Straucher. Die Verſammlung verlief programmgemäß, wies jedoch keine bemerkenswerten Momente auf. Rednern, die im Verdachte ſtanden, eventuell Kritik üben zu wollen, wurde das Wort nicht erteilt. Zu ſtatten kam dem Herrn Dr. Straucher der Umſtand, daß in einer vorigen Verſammlung der Univerſitätsgarteninſpektor Dr. Bauer Herrn Dr. Straucher auch in ſeiner Eigenſchaft als Präſident der iſraelitiſchen Kultusgemeinde angegriffen hatte. Dieſer Umſtand, der tatſächlich als Ent - gleiſung anzuſehen iſt, wurde von Dr. Straucher in gehöriger Weiſe ausgeſchrottet. Der Vorwurf, den Dr. Straucher gegen die Juden erhob, daß ſie mit chriſtlich-ſozialer im Bunde ſtehen, nimmt ſich eigentümlich aus angeſichts des Umſtandes, daß der erſte Weg, den Dr. Straucher einſchlug, als ſeine Situation im Gemeinderate kritiſch wurde, der zum chriſtlich-ſozialen Landesbankpräſidenten Lupu war, mit dem er in eifrigen Unterhandlungen wegen eines Wahlbündniſſes ſteht. Wir glauben jedoch, daß es zur Perfektionierung dieſes Wahlbündniſſes nicht kommen wird. Nachſtehend der Bericht über den Verlauf der Verſammlung: Nach Eröffnung der Verſammlung durch den Vorſitzenden GR. Dr. Leo Kiesler ergriff GR. Flemminger das Wort. Redner erklärt, daß er ſeit Juli dieſes Jahres den Kampf gegen den Baudirektor Wojtechowski unternommen habe, da dieſer keine ſeinem großen Gehalte entſprechende Arbeiten leiſte. Was die Proviſionsaffäre anbelangt, ſo ſei nur eine Klage gegen Wojtechowski darnach angetan, Licht in die ganze Angelegenheit zu bringen. Es ſei aber zu rügen, daß Wojtechowski, der ſeit November 1908 im Dienſte der Stadt ſtehe, bis zum heutigen Tage ſeinen Dienſteid noch nicht abgelegt hat. Redner habe dieſen Umſtand im Wege einer Interpellation im Gemeinderate zur Sprache gebracht und ſeit dieſer Zeit ſuche Wojtechowski die jüdiſchen Gemeinderäte zu beſchimpfen. Wojtechowski, führt Redner weiter aus, war auch ſchuld daran, daß zwei Familien obdachlos wurden, indem er dem Bürgermeiſter erklärte, es müſſen zwei in der Lehotzkigaſſe befindlichen Häuſer wegen der Rutſchungen da - ſelbſt demoliert werden. Es ſei nicht richtig, daß ein Magi - ſtratsbeamter für den dienſtlichen Aufenthalt von 5 Tagen in Wien 400 Kronen erhalten habe, vielmehr hielt ſich dieſer 17 Tage in Wien auf. An den Plänen für das zu errichtende Mädchenlyzeum arbeite der Bandirektor ſchon zwei Jahre und ſind dieſelben bis heute noch nicht fertiggeſtellt. Der nächſte Redner Dr. Straucher bringt ebenfalls den Um - ſtand zur Sprache, daß der Baudirektor den Dienſteid noch nicht geleiſtet habe und daß er die Demolierung der zwei Häuſer in der Lehotzkigaſſe veranlaßt habe. (Stimme aus dem Audito ium: Schauerlich!) Redner verwahrt ſich dagegen, daß Dr. Bauer in einer der letzten Verſammlungen ſich in die Angelegenheiten der Kultusgemeinde eingemengt habe. Hofrat Skedl führt Redner weiter aus hat zu den Chriſtlichſozialen geſagt: Uns trennt kein Gegenſatz! Merken Sie ſich dieſen feinen Freiheitshelden, damit wir ihn alle würdigen, wenn er nochmals kommen ſollte! Was die Beſetzung der Oberlehrerſtellen anbelange, ſo habe man den Juden, als ſie den bekannten Pakt mit den Deutſchen ſchloſſen, geſagt, daß die Zahl der jüdiſchen Schulkinder nur in den letzten zwei Jahren die Majorität aus - machen, während dieſelbe, wie ſich nachher herausſtellte, in den letzte fünf Jahren die Majorität ausmachte, was die geſetzliche Vorbedingung für die Beſetzung der Ober - lehrerſtelle an dieſer Schule mit einem Inden war. Damals war auch die Jubiläumsſchule noch nicht aufgeführt. Was den in der Proviſionsaffäre vielgenannten Agenten anbelange, ſo werde Redner mit demſelben auch weiterhin verkehren, bis nicht die Beweiſe geliefert ſind, daß er unredlich gehandelt habe. Die ganze Bewegung, die auf die Auflöſung des Gemeinderates gerichtet ſei, gehe von den Chriſtlich-Sozialenaus und es ſei bedauerlich, daß auch Juden mit denſelben gehen. (Beifall. ) Es verlieſt ſodann Herr Jakob Gottlieb eine Reſolution, wonach das bisherige Vorgehen der jüdiſchen Gemeinderäte in der Proviſionsaffäre gebilligt, dem Doktor Straucher das Vertrauen votiert wird und die Rede des Inſpektor Dr. Bauer bezüglich der Kultusangelegenheiten zurück - gewieſen wird. Dieſe Reſolution gelangt zur Annahme, worauf die Verſammlung geſchloſſen wird.

Familiennachricht.

Herr Michael Chaskalo - wicz, k. k. Poſtbeamter in Wien, hat ſich mit Fräulein Eliſabeth Kinsbrunner, Tochter der Bahnrevidentens - witwe Erneſtine Kinsbrunner in Czernowitz, verlobt.

Gutskauf.

Der Großgrundbeſitzer Blum hat das Landtafelgut Kamena vom kaiſ. Rat Salter um den Preis von 2,300.000 K angekauft.

Viehverwertung.

Heute ſind hier Oberadminiſtrations - rat von Kadich vom Ackerbauminiſterium und der Direktor der Wiener Viehverwertungszentrale Schwarz eingetroffen, um in der Bukowina und Galizien die Viehverwertung zu organiſieren. Man beabſichtigt nämlich in Czernowitz eine Viehverwertungsſtelle zu aktivieren, um unſeren Produkten - Export nach Wien und dem Auslande zu fördern. Es bilden auch die Frage der Errichtung des neuen Schlachthauſes in Czernowitz und einer Kontumazanſtalt in Nepolokoutz Gegenſtand der Erwägungen. Heute um 4 Uhr fand eine Ausſchußſitzung des Landeskulturrates ſtatt, der die beiden Vertreter des Ackerbauminiſteriums zugezogen waren. Morgen findet in dieſer Angelegenheit auch eine Enquere in der Landesregierung ſtatt, an der die Vertreter des Zentralverbandes der Raifeiſenkaſſen teilnehmen werden. Die beiden Delegierten dürften ſich mehrere Tage in Czernowitz aufhalten und zwecks allgemeiner O[r]ientierung über die Verhältniſſe auch mehrere bedeutendere Orte der Provinz beſuchen.

Der Schauflug

fand geſtern nachmittags unter zahl - reicher Beteilung der Bevölkerung ſtatt. Der erſte Verſuch mißlang, der zweite gelang jedoch vollkommen. Pilot Kaſpar erreichte mit ſeinem Apparate eine Höhe von ungefähr 30 Metern, ſo daß er mit dem freien Auge kaum ſichtbar war.

Wetterprognoſu für morgen:

Sch9nes Wetter, heiter, mäßige Winde, abnehmende Temperatür, unbeſtimmt, be - ruhende Witterung anhaltend.

Offertausſchreibung.

Die Intendanz des Landwehr - kommandos in Lemberg beabſichtigt laut affichierten Kund - machungen für das Landwehr-Infanterieregiment Czernowitz Nr. 22 640 Meterzentner Hafer für das Jahr 1911 im Offertwege zu vergeben. Nähere Daten ſind in der Kanzlei der Proviantur des Landwehr-Infanterieregimentes erſichtlich.

Im Tanzlehr-Inſtitute Fieles

Rathausſtraße 24 beginnt wie alljährlich der Unterricht am 10. November, die Aufnahmen ab 1. November. Privatgeſellſchaften wollen ab 1. November Stunden belegen, da ſpäter Mangel eintritt. In dieſer Saiſon eröffnet das Jaſtitut einen Kinderkurs, in welchem vor allem Anmut und äſtetiſche Körperpflege ſowie kaliſteniſche Uebungen und Reigentänze als Lehrſtoff dienen. Teilnehmen können Kinder vnn 6 10 Jahren. Der Unterricht hat eine Zeitdauer von 4 Monaten.

Theater, Kunst und Literatur.

Repertoire des Stadttheaters.

  • Dienſtag, 25. Oktober. (Ab. Pari 7.) Troubadour Oper v. G. Verdi.
  • Mittwoch, 26. Oktober. (Ab. Dispari 8.) Der Prinz - gemahl Luſtſpiel.
  • Donnerſtag, 27. Oktober. (Ab. Pari 8.) Künſtlerblut Operette in 3 Akten von F. Eysler.
  • Freitag, 28. Oktober (Volkstümliche Vorſtellung): Das Muſikantenmädel Operette v. Buchbinder-Jarno.
  • Samſtag, 29. Oktober (Ab. Suſp) Die letzten ſechs Wochen Militärſchanſpiel in 3 Akten von Leo Jungmann.
  • Sonntag, 30. Oktober nachmittags Die fremde Frau Schauſpiel von A. Biſſon.

Rechtspflege.

Crippen zum Tode verurteilt.

Crippen wurde vom Gerichts - hof ſchuldig befunden und zum Tode verurteilt.

Nach Verkündigung des Urteils ſagte der Vorſitz[e]de des Gerichtshofes zu Dr. Crippen, daß er ihm keine Hoffnung auf Milderung der Strafe machen könne. Crippen erblaßte und erklärte, er ſei unſchuldig.

Sport.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Im Freudenauer Pferderennen wurde der Auſtriapreis 10.000 Kr. 1300 Meter von Oppenheims Danilo II als Erſtem vor Fürſt Lubomirsk[i]’s Lina als zweiter ge - wonnen; Graditz Orient dritter. Das Rennen wurde ſicher mit zwei Längen gewonnen, vier Längen zurück der Dritte. Zwölf Pferde liefen.

525. Oktober 1910 Czernowitzer Allgemeine Zeitung

Korreſpondenzen.

Suczawa.

(Gemeinderatsſitzung vom 22. Oktober.) Vorſitz[e]nder: Bürgermeiſter Des Loges, Schriftführer: Offizial Hilſenrad. Vor Uebergang zur Tagesordnung dankt GR. Dr. Popovici im Namen des rumäniſchen Feſtkomitees und der Gemeinderäte gr. -or. Kon - feſſion für den großartigen Empfang und für die von Seiten der Gemeinde getroffenen Vorbereitungen anläßlich der An - weſenheit des Erzbiſchof v. Repta (der nach dem Bericht des Bürgermeiſters 200 Kronen für Stadtarme geſpendet hat) und hebt insbeſonders die Verdienſte und die Bemühungen der Polizeimannſchaft hervor, die in anerkennungswürdiger Weiſe die Ordnung erhielt. Hofrat Skedl, der zu Beginn der Sitzung beiwohnt, macht über mehrere Anfragen das Gefangenhaus betreffend dem Gemeinderate Mitteilung, regt die raſche Erledigung der Platzfrage für dieſen Bau und die Entſendung einer Deputation zum Landesp[r]äſidenten zwecks Aufhebung der durch die Maul - und Klauenſeuche ergangenen Beſtimmungen an. GR. Dr. Binder inter - pelliert betreffend Kollaudierung des Schlachthausbaues und wünſcht die raſcheſte Abrechnung mit der Elektrizitätsgeſellſchaft. Zur letzten Anfrage des GR. Dr. Binder ergreift Referent Stadtrat Dr. Bogen das Wort und führt aus, daß die Elektrizitätsgeſellſchaft von der Gemeinde nach Ueberprüfung und nach Angabe eines zur Kollationierung der Rechnungen beſtellten Fachmannes, des Ingenieurs Demant, unbegründeter Weiſe einen Betrag von 10 12000 K verlangt und daß dieſer Betrag zu Unrecht in die Rechnung geſtellt worden ſei. Die Gemeinde habe nun von der Elektrizitätsgeſellſchaft nach dem Ergebniſſe der Prüfung die R[i]chtigſtellung der Rechnung verlangt, worauf die Elektrizitäts Zentrale die Ordnung der Angelegenheit zuerſt bis zum perſönlichen Erſcheinen des Direktors verſchob, jetzt aber plötzlich auf der urſprünglichen Rechnung beharrt. Die Gemeinde müßte, falls das Verhalten der Geſellſchaft ſich nicht ändere, den Klageweg gegen die Geſellſchaft betreten. GR. Glaube verlangt in einem Antrage, von Vizebürgermeiſter Dr. Schaffer und Gemeinderat Dr. Binder im Prinzipe unterſtützt, die Gewährung eines Pachtſchillingsnachlaſſes an die Tata - raſchpächter mit der Begründung, daß im letzten Sommer durch Elementarkataſtrophen der Ertrag von zirka 50 Hektaren gänzlich vernichtet wurde und apoſtrophiert die ablehnende Haltung des Vorſtandes in dieſer Sache. Vorſtandsmitglied Dr. Lupul rechtfertigt die Haltung des Vorſtandes in dieſer Angelegenheit damit, daß ein großer Teil der Tataraſch pächter nur nominell die Anbauer der gepachteten Grundſtücke ſeien, tatſächlich aber die Pachtgründe an Bauern der Um - gebung weiterverpachten; es werde dadurch Mißbrauch getrieben. Uebrigens wende er ſich gegen den Antrag Gaube, hinweiſend auf das Gemeindeſtatut, ſchon aus formellen Rückſichten weil noch nicht drei Monate ve[r]floſſen ſind, ſeitdem der Inhalt desſelben Antrages im Gemeinderate behandelt wurde. GR. Gaube bemerkt, daß man nun denjenigen, welche eine ſoge - nannte Afterpacht betreiben, die Pacht der Gründe in Hin - kunft verweigern müſſe (Beifall). Dagegen müſſe er bei ſeinem berechtigten Antrage verbleiben. Redner gibt ſich ſchließlich mit Verſchiebung dieſes Punktes auf eine nächſte Sitzung zufrieden. Die Gemeindevertretung beſchließt ferners, der Aufforderung des Landesausſchuſſes die Lebensmittelkontrolle betreffend in der Weiſe zu willfahren, daß die Suczawaer Lebensmittel - polizei unter der Kontrolle der Czernowitzer Lebensmittel - unterſuchungsanſtalt mit einer von dort aus fünf mal im Jahre unangeſagt zu geſchehenden Inſpizierung der Lebens - mittel bei einer Beitragsleiſtung von 100 K jährlich ſich zu ſtellen. Weiters wird beſchloſſen, bei der k. k. Bezirkshaupt - mannſchaft um Verleihung einer Schankkonzeſſion einzukommen. Nach Erledigung einiger der O[e]ffentlichkeit wenig intereſſierenden Angelegenheiten wie: Verleihung und Uebertragung von Schank - konzeſſionen, Heimatsangelegenheiten, wird die Sitzung geſchloſſen.

Suczawa.

(Jüd. -nat. akad. Verein Tikwah .) Die Chargenwahl für das XVII. (Winter -) Semeſter ergab folgendes Reſultat: cand. iur. Natha[n]Friedländer X, Präſes, ſtud. iur. Alfons Krämer, XX Vizepräſes, ſtud. iur. A. Weidenfeld, XXX Schriftführer. Wie im Vorjahre wird auch heuer ein in großem Stil angelegter Vortragszyklus veranſtaltet, zu dem bereits mehrere, im jüdiſchen L[e]ben wohl bekannte Männer ihr Mitwirken zugeſagt haben. Gleichzeitig ſoll die jüdiſche Bevölkerung durch 4 zuſammenhängende Referate über die geſchi[ch]tliche Entwicklung und die Inſtitu - tionen des Zionismus eingehend informiert werden. Neben einem Analphabetenkurs werden Volksbildungskurſe über Buch - haltung, Allgem. und jüdiſche Geſchichte und jüdiſche Literatur eingerichtet werden und mit Novemberbeginn ihren Anfang nehmen.

Letzte Telegramme.

Zuſammentritt des Reichsrates.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Reichsrat tritt Mitte November zuſammen.

Die Rekonſtruktion des Kabinettes.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Zu den Rekonſtruktionsweldungen erfährt Ihr Korreſpondent von zuſtändiger Quelle, es handle ſich hiebei bloß um Kombinationen. Soviel ſtehe bloß feſt, daß, falls in Prag eine Einigung erzielt werden ſollte, das Kabinett in dergegenwärtigen Zuſammenſetzung nicht beſtehen bleiben werde. Alle anderen Meldungen ſind verfrüht.

Die ungariſche Delegation.

(Korr. -B.)

Der Heeresausſchuß der ungariſchen Delegation nahm das geſamte Budget des Reichs - kriegsminiſteriums an.

Die freie Schule.

(Korr. -B.)

Das Re[i]chsgericht hat über die vom Vereine Freie Schule gegen das Miniſterium für Kultus und Unterricht erhobene Beſchwerde betreffend die Unter - ſagung der Umwandlung ihrer Privatvolksſchulen in Privat - lehranſtalten mit Ausſchaltung des Gegenſtandes Relig[i]on zu Recht erkannt, durch die angefochtene Entſcheidung ſei dem Ver - eine das ihm zuſtehende Recht, Unterrichts - und Erziehungsan - ſtalten zu gründen, nicht verletzt worden.

Der Viehausfuhr aus der Bukowina.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Das Ackerbauminiſterium verfügt mit Erlaß vom 28. Oktober einige Erleichterungen für den Viehausſuhr aus der Bukowina.

Kroatien.

(Korr. -B.)

Vizebanus Chavrak erſtattete geſtern hier einen Rechenſchaftsbericht, nahm die Kandidatur an und erklärte, er ſtrebe die Beſeitigung der Dienſt - pragmatik der Eiſenbahner und die Sanierung aller Verletzungen des Ausgleiches an.

Ein montenegriniſcher Ranbzug.

(Korr. -B.)

Montenegriner überfielen türkiſche Ortſchaften bei Wenitzka und griffen die türkiſche Grenzwache an. Es entſpann ſich ein 3-ſtündiger Kampf, bei welchem ſechs türkiſche Soldaten tötlich und eine Anzahl Dorfbewohner mehr oder minder ſchwer verwundet wurden. Die Montenegriner zogen ſich dann über die Grenze zurück. Aehnliche Ueberfälle kamen im Vilaj[e]t Skutari an der montenegriniſchen Grenze vor, wobei zwei türkiſche Soldaten getötet und mehrere verwundet wurden. Auf Seite der Montenegriner waren acht Tote.

Die albaniſche Einwanderung in Spanien.

(Korr. B.)

Ein Bajrakdar des albaneſiſchen Stammes Gronda wanderte mit 24 Familien des Stammes nach Montenegro ein. Der türkiſche Grenzpoſten wollte die Einwanderer an der Ueberſchreitung der Grenze hindern, was einen Zuſammenſtoß veranlaßte, wobei Schüſſe gewechſelt wurden.

Die griechiſche Kriſe. KB.

(Korr. -B.)

Der König erklärte Venizelos, die Beſchlußunfähigkeit der Nationalverſammlung bedeute keineswegs Mangel an Vertrauen für den Miniſter - präſidenten und er beſtehe darauf, daß das Kabinett wieder vor der Nationalverſammlung erſcheine. Nachmittags ver - anſtaltete die Bevölkerung eine Kundgebung zugunſten des Kabinetts Veniſelos.

[figure]

Die geehrten Provinzabonnenten werden ebenſo höflichſt als dringendſt gebeten, die Rückſtände bezw. die Pränumerationen gebühr umgehend zu begleichen.

Amtlicher Kurs - und Marktbericht. der Czernowitzer Frucht - und Produktenbörſe.

Preiſe per 50 kg, in Kronen ab (Parität) Czernowitz.

Weizen 10·25 10·50 Roggen 7·00 7·25, Gerſte (Braner - ware) 7·50 7·75, Hafer (Herrſchaftsware) 6·90 7·10, Mais 7·20 7·30, Kleie (Weizen) 3·75 3·85, Roggen 3·80 3·90 Spiritus, per 10.000 Literperzent, roher, prompt, exkl. Steuer ab Czernowitz 50·50 51·00.

Effekten - und Wechſelkurſe der Wiener Börſ[e]

Einheitliche 4%ige konv. Rente Mai-November 93·05; Jänner-Juli 93· ; Einheitliche Rente 4·2% in Noten, Februar Auguſt 96·75, in Silber, April-Oktober 96·75, Oeſterr. Gold - rente 115·25, Oeſterr. Kronenrente 4% 92 95, Oeſterr. In - veſtitionsrente % 80·85〈…〉〈…〉 Ungar. Goldrente 4% 111·10, Ungar. Kronenrente 4% 91·55, Ungar. Inveſtitionsrente % 80·85; Oeſterr. -ung. Bank-Aktien 18·65, Kreditaktien 665·90, London vista 240·90, Deutſche Reichsbanknoten für 100 Mar[k]der R. -W. 117·5½, 20 Mark-Stücke 23·51, 20 Frank-Stü[cke], 19·10, Italieniſche Banknoten 94 75, Rubel 254· ¼.

Telegr. Handelsbericht vom 24. Oktober 1910.

Die Budapeſter Produktenbörſe notiert:

Weizen ..........K 10·52 10·53 per 50 k[g].
Mais .......... 5·54 5·55
Oelſaaten ......... 00·00 00·00
〈…〉〈…〉
6Czernowitzer Allgemeine Zeitung 25. Oktober 1910
〈…〉〈…〉
725. Oktober 1910 Czernowitzer Allgemeine Zeitung
〈…〉〈…〉
8Czernowitzer Allgemeine Zeitung 25. Oktober 1910
〈…〉〈…〉

Eigentümer und Herausgeber: Dr. Philipp Menczel. Verantwortlicher Rebakteur: Oskar Slawik. Buchdruckerei Gutenberg , Czernowitz.

About this transcription

TextNr. 2032, 25.10.1910.
Author[unknown]
Extent8 images; 9118 tokens; 3556 types; 70418 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationNr. 2032, 25.10.1910. . Buchdruckerei „Gutenberg“Czernowitz1910. Czernowitzer Allgemeine Zeitung

Identification

IDS Mannheim

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:23:28Z
Identifiers
Availability

Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported (German) License.

Holding LibraryIDS Mannheim
Shelfmark
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.