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Nr. 100. Olmütz, Montag den 2. Mai 1892. 13. Jahrgang.

Der erſte Mai in Wien.

(Orig. -Corr.)

Es war eine überaus ſtürmiſche Regennacht, die dem heurigen Arbeiterfeſttag voranging. Der Regen, welcher den ganzen Tag über andauerte, vereitelte jede größere Theilnahme der Arbeiter, welche ſich ſonſt am erſten Mai vollzieht. Schon Früh vor 8 Uhr begann der Zuzug zu den Verſammlungen, die mit wenigen Ausnahmen, faſt ausſchließlich in den großen Localen der ehemaligen Vororte ſtattfanden und deren von beiden Arbeiterparteien 31 anberaumt worden waren. Die Tagesordnung aller dieſer Ver - ſammlungen war die gleiche: Die Forderung des Acht-Stunden-Arbeitstages und der politiſchen Rechte, endlich die Annahme einer in dieſem Sinne gefaßten Reſolution. Als ein Novum trat diesmal auch eine Arbeiterinnen-Ver - ſammlung hinzu, welche die gleiche Tagesord - nung wie alle übrigen Verſammlungen aufwies. Die Arbeiterinnenverſammlung fand im goldenen Luchſen in Neulerchenfeld ſtatt. In derſelben führte Frl. Kofler den Vorſitz. Frl. Grubinger referirte über den Achtſtunden-Arbeitstag und Frl. Dwořak über die Forderung nach politiſchen Rechten für die arbeitenden Frauen. Beide Redne - rinnen beſprachen das Thema in der Weiſe, wie es in den letztmonatlichen Arbeiterinnenverſammlun - gen der Fall war, doch ſchlug ab und zu ein ſchärferer Accent durch. Beide Rednerinnen betonten nachdrücklich, daß auch die Arbeiterinnen ſich ganz der internationalen Organiſation an - ſchließen und jeden Unterſchied in Bezug auf dieNationalität oder Confeſſion perhorresciren. Nach - dem die Reſolution einſtimmig angenommen wurde, empfahl Frl. Grubinger Mäßigung. Mit der Abſingung des Liedes der Arbeit ſchloß die Verſammlung. Während der nachmittägigen Feier im Prater ſagte eine Rednerin: Niemand möge ſich, falls er provocirt werde, hinreißen laſſen; dies ſei unter der Würde der zielbewuß - ten Arbeiterſchaft und es ſei in ſolchem Falle geboten dem Herausforderer zu erwidern: Be - trachte Deine eigene Nothlage und laß ab, Deine Brüder und Schweſtern zu verfolgen!

Es iſt noch zu bemerken, daß faſt alle Theilnehmerinnen Blumenbouquets als Abzeichen an der Bruſt trugen. Die Referentinnen er - ſchienen in ſchwarzen Kleidern mit grellrothen Maſchen geſchmückt. Jede markante Stelle der Reden wurde mit ſtürmiſchem Beifall aufge - nommen.

Im Ganzen haben 26 officielle Ar - beiterverſammlungen, 5 Gewerk - ſchaftsverſammlungen und 5 oppo - ſitionelle Arbeiter ver ſammlungen ſtattgefunden.

Alle verliefen bis auf zwei Verſamm - lungen und zwar eine tſchechechiſche und eine Verſammlung in den Engelſälen vollſtändig ruhig. Die letzteren Verſammlungen wurden aufgelöſt, weil ihre Redner Kritik an den Regierungsmaßnahmen übten. Alle Verſammelungen ſchloßen mit einſtim - miger Annahme einer Reſolution und mit der Ab - ſingung des Liedes der Arbeiter.

In allen dieſen Volksverſammlungen wurden folgende zwei, von der Parteileitung vor ge - ſchlagene Reſolutionen zur Annah. vorgelegt:

I. Da die Befreiung der Arbeiterclaſſen aus ihren öconomiſchen und politiſchen Feſſeln nur ihr eigenes Werk ſein kann, iſt als die noth - wendigſte Bedingung für den Fortſchritt der menſchlichen Cultur, für die Ueberwindung der capitaliſtiſchen Barbarei, die körperliche und geiſtige Fähigkeit der Arbeiterclaſſe anzuſehen. Soll aber der durch die capitaliſtiſche Ausbeutung bedingten Degenerirung des Proletariats die Möglichkeit geboten ſein, zur Erkenntniß ihrer Ziele und zu ihrer Organiſation zu kommen, ſo bedarf ſie in erſter Linie der Abkürzung der Arbeitszeit. Die geſetzliche Beſchränkung der täglichen Arbeits - zeit auf höchſtens 8 Stunden, iſt alſo eine hygieniſche, wirthſchaftliche und culturelle Noth - wendigkeit. Zur Erreichung und Sicherung dieſes nächſten Zieles aber bedarf es der vollen Coalitions - freiheit. Gemeinſam und im Einverſtändniſſe mit dem claſſenbewußten Proletariate aller Länder wiederholt heute am 1. Mai 1892 die Arbeiter - ſchaft Oeſterreichs ihre Forderungen:

1. Geſetzliche Feſtſtellung des Maximalarbeits - tages von 8 Stunden für alle Betriebe (Großproduc - tion, Kleingewerbe und Transportgewerbe).

2. Sicherung des Coalitionsrechtes durch Aufhebung der im heutigen Vereins - und Ver - ſammlungsrechte gegebenen Beſchränkungen ſowie ſtrenge Beſtrafungen geſetzwidriger Behinderung des Lohnkampfes durch behördliche Organe.

3. Beſeitigung aller Beſchränkungen der freien Meinungsäußerung in Schrift und Rede.

Feuilleton.

Das Jubiläum der Guillotine.

Am 25. April 1892 feierte die Guillotine ihren 100. Geburtstag, der in einer Zeit nicht unbeachtet bleiben darf, in der die hundertjährige Wiederkehr jener Schreckensperiode herannaht, welche Frankreich in ein Meer von Blut ver - wandelte und in welcher der Henker der wichtigſte und befchäftigtſte Mann im Staate war. Sein Arm würde erlahmt ſein, hätte er ſelbſt den un - gezählten Opfern Tag für Tag den Kopf ab - ſchlagen müſſen, auch wenn ſeine Nerven, denn ſchließlich hat ein Henker doch ebenfalls Nerven, dieſe unaufhörlichen Menſchenſchlächtereien aus - gehalten hätten. Daher kam eine, obgleich eher in der menſchenfreundlichen Abſicht, den Tod des Verbrechers zu erleichtern, erfundene Maſchine dem Bedürfniß des Maſſenmordes entgegen, in - dem ſie die Thätigkeit des Henkers außerordent - lich vereinfachte und die Mordarbeit in der Hauptſache ſelbſt übernahm. Dieſe Maſchine hat ihre eigenthümliche nicht unintereſſante Geſchichte.

Ihr Erfinder, der Doctor Guillotin, ge - hörte zu den Leibärzten des Königs und war Mitglied der Nationalverſammlung. In dieſer letzteren Eigenſchaft hatte er folgenden Antrag geſtellt: Die Verbrechen derſelben Art werden mit derſelben Art von Strafe beſtraft, welches der Rang und Stand des Schuldigen auch ſein möge. Dieſer Antrag wurde in der Sitzung vom 21. Jänner 1790 angenommen undzum Geſetze erhoben, welches der König mit ſeiner Unterſchrift beſtätigte. Gemäß dieſer von ihm genehmigten Gleichheit der Todesſtrafe wurde ihm, genau drei Jahre ſpäter, am 21. Jänner 1793, der Kopf abgeſchlagen.

Guillotin trug ſtets kleine Modelle ſeiner Erfindung bei ſich, mit denen er vor ſeinen Freunden kleinen Puppen den Kopf abſchlug. Wie in Paris die Mode Alles ergriff, ſo be - mächtigte ſie ſich auch der Guillotine. Die Damen trugen kleine goldene Guillotinen als Ohrge - hänge und Broſchen, die Stutzer als Cravatten - nadeln, auf feinen Tafeln köpfte man das Ge - flügel und die Fiſche damit, und in einem Bal - let Die vier Haimonskinder wurde dieſen mittelſt Guillotine der Kopf abgeſchlagen. Nicht wenige von Denen, welche die Guillotine in dieſer frivol-ſcherzhaften Weiſe benützt hatten, werden ſpäter in furchtbarem Ernſt ihre wirkliche Bekanntſchaft gemacht haben.

Nach Art aller Erfinder war Doctor Guillotin begeiſtert von ſeiner Maſchine. Mit meiner Maſchine , rief er in der Nationalverſammlung, ſchlage ich Ihnen im Nu den Kopf ab und Sie fühlen nichts, gar nichts, höchſten eine leichte Friſche am Halſe! Die Nationalverſammlung lachte. Wie viele von Denen, welche damals lachten, ſollten es ebenfalls an ſich erproben, ob die Maſchine höchſtens eine leichte Friſche am Halſe verurſachte.

Nachdem die geſetzgebende Verſammlung als Todesſtrafe das Abſchlagen des Kopfes beſtimmt hatte, beſchloß ſie im März 1792 die Einfüh - rung der Enthauptungsmaſchine des DoctorsGuillotin, über welche ſie anfänglich ſo gelacht hatte.

Nun kam es nur noch darauf an, ſie in ihrer natürlichen Größe anzufertigen und dann zu verſuchen. So viel Vertrauen der menſchen - freundliche Doctor auch in ſeine Erfindung ſetzte und ſo ſehr er von der Schmerzloſigkeit der Hin - richtung mittelſt ſeiner Maſchine überzeugt war, ſo konnte er ſie doch nicht an ſich ſelbſt probiren.

Wir werden ſehen, wie man ſich in dieſer Hinſicht zu helfen wußte. Es war an einem trüben Aprilmorgen des Jahres 1792, an welchem die verhängnißvolle Probe in einem der Höfe des Gefängniſſes von Bicétre vorgenommen wurde. Mehrere Zimmergeſellen ſind damit beſchäftigt, unter der Leitung ihres Meiſters eine ſeltſam ge - ſtaltete Maſchine aufzuſchlagen. Auf einem mit Stufen zum Hinaufſchreiten verſehenen Gerüſt von Holz ragen zwei Balken etwa zehn Fuß ſenk - recht in die Höhe. Zwiſchen dieſen beiden, mit einem Falze verſehenen Balken kann eine Art von Beil in halbmondförmiger Geſtalt auf - und niedergleiten, welches für gewöhnlich durch eine Feder zurückgehalten wird. Ein Druck auf dieſelbe und es fällt mit einer durch ein Gewicht erhöhten Schwere hinab. Zwiſchen zwei Querbalken iſt eine kreisförmige Oeffnung angebracht, durch welche ein Menſch den Kopf ſtecken kann. Iſt dies geſchehen, ſo verengt ſich durch einen leicht ſpie - lenden Mechanismus die Oeffnung ſo, daß ſie den Hals des Opfers feſt umſchließt. Vor dieſer Oeffnung iſt ein Fallbrett angebracht. Während dieſer Zurüſtungen erſcheinen an den vergitterten auf den Hof hinausgehenden Fenſtern bleiche,

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II. Die heutige Verſammlung proteſtirt entſchieden gegen die Ausſchließung der Ar - beiteeclaſſe von den politiſchen Rechten ins - beſondere vom Wahlrecht, wie es heute über ein Drittel des Volkes ausübt. Sie pro - teſtirt gegen die Zumuthung, ſie ſei weniger politiſch reif, als irgend eine andere Claſſe der Geſellſchaft. Sie proteſtirt insbeſondere gegen die Beſtimmung, daß das Wahlrecht von der directen Steuer abhängig gemacht und der Arbeiterſchaft, welche mit indirecten Abgaben belaſtet iſt, welche die Blutſteuer trägt und welche mittelbar auch den Haupttheil der directen Steuern trägt, vor - enthalten wird. Die heutige Verſammlung verlangt alſo als Grundlage und Vorbedingung einer ernſten Geltendmachung der Volksintereſſen die Aufhebung der politiſchen Vorrechte aller privile - girten Intereſſentengruppen und das allgemeine, gleiche und directe Wahlrecht für alle Staats - angehörige ohne Unterſchied des Geſchlechtes vom 21. Lebensjahre an.

Die heutige Verſammlung begrüßt hoff - nungsfreudig ihre für die Befreiung kämpfenden Brüder, die Proletarier aller Zungen in allen Ländern und allen Zonen im vollen Bewußtſein daß ebenſo wie der Capitalismus neben der Aus - beutung der Volksgenoſſen den Militarismns und den brudermörderiſchen Krieg bedingt, ſo der Sieg der internationalen Socialdemocratie, die Emancipation des Proletariats auch den Frieden der Völker, die brüderliche Solidarität aller Na - tionen bedeuten wird.

Die oppoſitionellen Arbeiterver - ſammlungen nahmen keine Reſolution an, ſondern erklärten ſich nur für den Acht - Stundentag. In vielen Verſammlungen wurde das Vorgehen der Anarchiſten verurtheilt. In den Verſammlungen wurde auch für die Arbeiterpreſſe geſammelt, in - dem um 10 kr. das Bild Raimund Lavigues, des Antragſtellers der Feier des erſten Maitages zu Gunſten obiger Preſſe verkauft wurde.

Seit 3 Uhr Nachmittags hat es zu regnen aufgehört. Die Polizei hat den Einberufern der Verſammlung den ſtricten Auftrag ertheilt, daß der Marſch in den Prater weder in geſchloſſenen Reihen noch in Gruppen geſtattet werden könnte. Die Arbeiter ziehen demgemäß ohne jede Bemer - kung in den Prater. Die Arbeiter haben an den Kreuzungspuncten der Straßen Orddner aufgeſtellt.

Pariſer Anarchiſtenpanik.

Der Pariſer Correſpondent des Berliner Tagblattes veröffentlicht in dem genannten Blatte den nachſtehenden Bericht über die gegen - wärtige Sitnation in der franzöſiſchen Hauptſtadt:

Die Stimmung in Paris iſt nach dem Ausgange des Proceſſes Ravachol und nach der Exploſion im Reſtaurant Very nicht gerade eine gehobenere geworden. Für letzteres macht man die Polizei verantwortlich und wirft ihr weſent - lich vor, daß ſie nicht ſtändig m[e]hrere, in der Anarchiſtenwelt bewanderte Geheimpoliziſten in dem Locale ſelber und außerhalb desſelben auf - geſtellt hatte. Natürlich werden gerade jetzt enorme Anforderungen an die Polizei geſtellt. Die Drohbriefe regnen förmlich auf alle Haus - beſitzer wie auf die öffentlichen Beamten jeder Categorie hernieder. Jeder, der durch einen Droh - brief beunruhigt wird, eilt auf die Polizei, um Hilfe und beſonderen Schutz zu erbitten.

Ein Reſtaurateur in der Rue Julien Lacroix erhielt einen Drohbrief, in welchem er benach - richtigt wurde, daß ſein Local das Schickſal desjenigen Verys theilen werde. Der Wirth be - nachrichtigt die Polizei, welche ihm vier Agenten vor und in ſein Local ſteckt. Natürlich verbreitet ſich das Gerücht dieſer Maßregel ſofort im Hauſe, das von vielen kleinen Miethern bewohnt wird, und in wenigen Stunden haben fünfzchn Miether aufgepackt und verließen das Haus. Es iſt freilich nicht ausgeſchloſſen, daß ein Theil dieſer Miether dieſen Vorwand benützt hat, um ſich der Zahlung gewiſſer Miethsrückſtände zu entziehen. In dem Quartier Saint Gervais hatten Hoſpitalſchweſtern einen Drohbrief des Inhaltes erhalten, daß ſie demnächſt in die Luft fliegen würden. Der Schrecken der armen Nonnen war ein derartiger, daß ſie ſofort beſchloſ - ſen, mit ſechzig ihrer Pflege anvertrauten Kindern auszuziehen. Der Polizeicommiſſar hatte alle Mühe, ſie an der Ausführung dieſes Entſchluſſes zu verhindern, und verſprach ihnen, das Haus überwachen zu laſſen. In demſelben Viertel konnte ein anderer bedrohter Hausbeſitzer ſeine Miether nur dadurch am Ausziehen verhindern, daß er den Polizeicommiſſar bewog, einen Poſten an ſein Haus zu ſtellen. Wo ſoll ſchließlich die Polizei für alle dieſe Specialbewachungen her - kommen? Iſt doch der Mangel an Polizei ſeit Jahren eine Calamität, deren Abhilfe ſtets am Widerſtande der Gemeindeverwaltung ſcheiterte.

Die allgemeine Beunruhigung drückt natür - lich auch auf das ganze Geſchäftsleben, und in gewiſſen Vierteln haben die Kaufleute einen Still - ſtand im Geſchäft conſtatirt, die Aufträge ſind ſeltener geworden, und die Vertreter der Häuſer aus der Provinz und dem Auslande erſcheinen immer weniger in den Fabriken und den Comp - toirs. Die Behörden wollen dies natürlich vor - läufig nicht zugeben. Man ſucht auf jede Weiſe den geſunkenen Muth der Bevölkerung zu heben. Was in dieſer Beziehung aber von den officiöſen Organen erreicht wird, das macht die reactionäre Oppoſitionspreſſe wieder hinfällig durch maßloſeUebertreibung der ſocialen Gefahr, für welche ſie die Republik mit ihrem Atheismus verant - wortlich macht.

Ob die Polizeipräfectur Recht thut, Briefe, wie den nachſtehenden, der Preſſe zur Veröffent - lichung zu überantworten und dadurch nur die Panik zu vermehren, mag dahingeſtellt bleiben. Die Präfectur erhielt folgendes Schreiben:

Wir hegen gegen alle die Hungerleider Haß, die durch uns zu Deputirten gewählt worden ſind, welche die arbeitende Claſſe und die kleinen Kaufleute getäuſcht haben. Wir können uns nur einzeln und individuell rächen und ſind nicht ſo dumm, das Pflaſter aufzureißen und die Omni - buſſe zum Bauen von Barrikaden zu benutzen. Wir haſſen die Capitaliſten, die Juden, die großen Magazine. Alle werden an die Reihe kommen. Wir werden ja ſehen, ob die durch uns gewählten Dickwänſte des Senats und der Kam - mer ſich ihres Daſeins noch lange erfreuen. Alles, was bisher geſchehen, ſteht in keinem Vergleich zu dem, was geſchehen wird. Freilich ſind wir nicht dumm genug, um am erſten Mai ans Werk zu gehen. Noch ehe zwei Jahre verfloſſen ſind, werden wir die geizige, egoiſtiſche, gemeine Bourgeoiſe terroriſirt, niedergeworfen und ge - brochen haben. Die Leute, welche die Macht in Frankreich an ſich geriſſen haben, ſind unſere Todfein[d]e. Bis zum Letzten werden dieſe elenden Feiglinge, die uns Alles verſprochen, aber nichts für uns gethan haben, ausgerottet werden ꝛc. ꝛc.

Enthält dieſes Schreiben auch ein gutes Theil alberner Prahlerei, ſo wird daſſelbe, an eine öffentliche Behörde gerichtet, doch bei der einmal vorhandenen Stimmung nicht verfehlen, einen gewiſſen Eindruck hervorzurufen. Und dann läßt daſſelbe erkennen, daß in den Zerſtörungs - taumel immer größere Kreiſe hereingeriſſen werden.

Wie groß und wie allgemein die Panik iſt, davon war ich vorgeſtern Abend ſelber Zeuge. Ich ging an dem großen Magazin des Prin - temps vorüber, vor welchem ſich Abends immer ein ſtarker Verkehr entwickelt. Ein Paſſant hatte ein brennendes Streichholz auf die Erde gewor - fen. Bei dem Anblick beſſelben war das breite, eben noch von zahlreichen Fußgängern benutzte Trottoir plötzlich wie gefegt, Alles flüchtete auf auf die andere Seite. Erſt als ein beherzter Mann die Flamme ausgetreten hatte, beruhigte ſich die Menge.

Aus dem im ſtändigen Wachſen begriffenen Zorn, der ſich gegen den Jury geltend macht, welche den Angeklagten im Proceß Ravachol mildernde Umſtände bewilligte, darf man ſchlie - ßen, daß die Menge in der Verhängung des Todesurtheils ein Abſchreckungsmittel erblickt haben würde. Ob eine ſolche Annahme begründet iſt, mag dahingeſtellt bleiben. Die Anarchiſten, welche die Propaganda durch die That auf ihre

mit beſorgten Mienen zuſchauende Geſichter. Es ſind die der Gefangenen, die ſich den Vor - gang nicht erklären können. Außer dem Meiſter, der die Maſchine lachend ſeine Demoiſelle nennt, da ſie noch Jungfrau ſei, und ihre Vor - züge preiſt, nebſt ſeinen Geſellen befinden ſich noch zwei Gruppen von Perſonen auf dem Ge - fängnißhofe, jede aus vier Perſonen beſtehend. Die eine derſelben bilden die Doctoren Louis, erſter Leibarzt des Königs, Guillotin, ebenfalls Leibarzt, und Pinel und Cabans. Guillotin iſt aufgeregt und erklärt voll Eifer ſeinen Collegen die Vorzüge ſeiner Erfindung, ſieht ſich aber öfter unruhig um, als erwarte er Jemand oder etwas. In einer Ecke des Hofes befindet ſich die zweite Gruppe, ebenfalls aus vier Männern be - ſtehend, welche mit lebhaftem Intereſſe dem Auf - ſchlagen der Maſchine folgen, obgleich ſie ſich in beſcheidener Entfernung halten. Ihre Theilnahme iſt nur zu gerechtfertigt. Es iſt Samſon, der Henker von Paris, Monsieur de Paris ge - nannt, ein Mann in mittleren Jahren, von hoher Geſtalt, mit offenen Zügen und freund - lichem Lächeln. Die drei Anderen ſind ſein Sohn und ſeine Gehilfen. Jetzt fährt ein von zwei Männern geſchobener Karren in den Hof. Aha, da kommen ſie endlich! ruft Guil - lotin mit Befriedigung. Auf dem Karren liegen drei Säcke, und in jedem der Säcke be - findet ſich eine von der Hoſvitalverwaltung ge - ſchickte Leiche. Der Henker mit ſeinen Gehilfen bemächtigt ſich Einer der Leichen, ſchnallt ſie an das Fallbrett und ſteckt ihren Kopf durch dieOeffnung. Dann drückt er auf die Feder, das Meſſer ſauſt hinab und der Kopf rollt auf den Boden. Guillotin ſtößt einen Freudenruf aus und die Zuſchauer bezeigen ihm ihren Beifall. Der witzige Zimmermeiſter nennt die Maſchine jetzt Madame . Der zweite Verſuch ergab den - ſelben Erfolg; beim dritten jedoch wurde der Kopf nicht gänzlich abgetrennt und mußte erſt vollends mit dem Meſſer abgeſchnitten werden. Man legte jedoch dieſem Unfall, den man nicht der Maſchine zuſchrieb, wenig Bedeutung bei und ordnete in Betracht der Ungeduld des Volkes bereits wenige Tage ſpäter, am 25. April, die Hinrichtung des als Dieb und Mörder verurtheilten Jacob Nikolaus Pelletier, gewiſſermaßen als Probe an einem Lebenden an.

Obgleich auch dieſer Verſuch gut ausfiel, ſo ſollte denuoch das Mordinſtrument auf merk - würdige Weiſe zur unfehlbaren Vollkommenheit gebracht werden.

Wie erwähnt, hatte das Fallbeil bei der dritten Leiche nicht ganz ſeine Schuldigkeit gethan und den Kopf derſelben nur zu drei Viertheilen abgetrennt. Man hatte dem Könige von dem Verſuch im Hofe von Bicétre geſprochen und ihm auch dieſen unangenehmen Zwiſchenfall nicht verhehlt. Die Sache intereſſirte Ludwig XVI., der ein guter Mechaniker und namentlich ein ge - ſchickter Schloſſer war. Er ließ ſich daher bei nächſter Gelegenheit von ſeinem Leibarzte, dem Dr. Louis, der bei jenem Verſuche zugegen geweſen, den Mechanismus der Maſchine erklären. Um ſeine Erklärung recht anſchaulich zu machen,nahm Dr. Louis einen Bleiſtift und verſuchte das In - ſtrument zu zeichnen. Aufmerkſam betrachtete der König die Zeichnung und ſagte dann, indem er mit dem Finger auf das Fallbeil deutete: Hier liegt der Fehler; das Beil ſollte nicht von halb - mondförmiger, ſondern von dreieckiger Form und ſchräg wie eine Säge ſein; dann würde der Mechanismus niemals verſagen. Darauf nahm er den Bleiſtift und änderte damit die Zeichnung ab. In der That hatte er das Richtige getroffen und die Guillotine wurde nach ſeiner Angabe geändert.

Neun Monate ſpäter fiel der Kopf des unglücklichen Königs unter dem Fallbeil, wie er es ſelbſt gezeichnet hatte.

Adolf Wilbrandt’s neueſtes Bühnenwerk.

Die Wiener Abendpoſt berichtet über das jüngſt im Münchener Hoftheater zur Erſtauffüh - rung gelangte neue Schauſpiel Adolf Wilbrandt’s: Der Lootſencommandeur.

Es iſt nicht das erſte Mal, ſchreibt der Re - ferent des genannten Blattes, daß Adolf Wil - brandt ſeine neuen Stücke auf der Münchener Hofbühne zuerſt aufführen läßt, daß ſie von München aus den Weg über die anderen deut - ſchen Theater antreten. So war es ſeinerzeit mit den Malern , ſo mit Marianne , dem letzten Schauſpiele, das ſpäter umgetauft wurde in Der Unterſtaatsſecretär. Nicht ſo heiter und liebens - würdig wie dieſe beiden Stücke iſt das neueſte,

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Fahne geſchrieben, haben allerdings ſcheinbar mit dem Leben abgeſchloſſen. Aber die Geſchwi - digkeit, mit der die Attentäter bei Verübung ihrer verbrecheriſchen Anſchläge ſich ſelbſt in Sicherheit bringen, zeigt auch wieder ihre Feig - heit. Durch Drohmittel läßt ſich ihnen nicht bei - kommen, man muß ſie ausrotten.

Politiſche Nachrichten.

(Der 1. Mai.)

Aus den uns heute zuge - kommenen Berichten über die Feier des 1. Mai von Seite der Arbeiterſchaft geht hervor, daß in Oeſter - reich-Ungarn die Feier ziemlich ruhig verlief, viel ruhiger als man vielleicht erwartet hatte. Auch aus Frankreich liegen bis zur Stunde keine Allarmnachrichten vor. Paris bot in den geſtrigen Nachmittagsſtunden das Bild einer ruhigen Stadt und man merkte nicht einmal ein größeres Aufgebot von Militär und Polizei. Dagegen haben vor dem 1. Mai in Frankreich mehrfache Attentate ſtattgefunden. Wir verweiſen unſere Leſer diesbezüglich auf die Telegramme unſerer heutigen Nummer.

(Die mähriſchen Tſchechen und die Ange - legenheit Weckelsdorf.)

Das Organ der tſche - chiſchen Parteileitung in Mähren, die Moravska Orlice veröffentlicht vorgeſtern an erſter Stelle einen, augenſcheinlich von der Leitung des mäh - riſchen Reichsrathsclub im Einvernehmen mit dem Miniſter Baron Pražak inſpirirten Artikel, in welchem die Verordnung des Juſtizminiſters Grafen Schönborn wegen der Errichtung des Weckelsdorfer Bezirkes als durchaus geſetzlich erklärt und der jungtſchechiſche Anklageantrag auf das Entſchiedenſte verurtheilt wird. Das Blatt ſchildert in eingehender Weiſe die Geſchichte der Errichtung des erwähnten Bezirksgerichtes und führt an, daß der böhmiſche Landtag bereits in den Jahren 1875, 1877 und 1878 über die Errichtung eines Bezirksgerichtes in Weckelsdorf drei Gutachten abgegeben habe, Graf Schönborn daher durch ſeine Verordnung weder das Geſetz, noch die Rechte des böhmiſchen Landtages verletzt habe, was Dr. Ed. Gregr in ſeiner Rede in Schlan am 24. v. M. auch ausdrücklich zuge - ſtanden habe. Ob die Regierung den geeigneten Zeitpunct für die Errichtung des Bezirksgerichtes gewählt hat, darüber laſſe ſich vom politiſchen Standpuncte ſtreiten, daß aber die Verordnung des Grafen Schönborn geſetzlich begründet iſt, das müſſe jeder nüchtern Beurtheilende anerkennen. Deshalb ſei die Anklage der Jungtſchechen gegen den Grafen Schönborn nichts weiter, als ein politiſches Manöver, welches jeder rechtlichen Grundlage entbehre. Aus dieſem Grunde konnte auch der mähriſche Club des Reichsrathes dieſe Anklageſchrift nicht unterfertigeu, und hat auch mit Recht die Theilnahme an dieſem politiſchenManöver abgelehnt. Es ſei nur zu bedauern, daß der mähriſch-tſchechiſche Abg Swozil, der gewiß die Sache, um die es ſich handelt, nicht begriff, ſich zur Unterzeichnung des Antrages herbeiließ, gewiß nur von ſeinem Collegen, dem Abg. Seichert dazu bewogen, der in ſeinem Herzen ſchon lange ein Jungtſcheche ſei, aber ſein Jungtſchen - thum aus Furcht vor ſeinen conſervativen Wähler bisher geheimhielt. Miniſter Graf Schönborn habe als Statthalter von Mähren durch ſeine Amtsthätigkeit ein gutes Andenken hinterlaſſen, und manche tſchechiſche Stadt hat ihn durch Ver - leihung des Ehrenbürgerrechtes ausgezeichnet. Ein gebürtiger Deutſcher, erlernte er doch gründ - lich die tſchechiſche Sprache und habe ſeine Sym - pathien dem tſchechiſchen Volke bei jeder Gelegen - heit bewieſen. Schönborn ſei ein Staatsmann, der durch den Anklageantrag der Jungtſchechen nur in der Achtung jedes Urtheilsfähigen ſteigen werde. Der Anklageantrag ſei eben nichts anderes, als ein Hirſchauerſtückchen der Jungtſchechen.

(Zur Neuregelung der Friedenspräſenz - ſtärke des deutſchen Heeres.)

Die Kölniſche Ztg. erfährt von gut unterrichteter Seite, beim Andauern der gegenwärtigen friedlichen politiſchen Lage werde ſich die Herbſttagung des deutſchen Reichstages mit neuen Militärvorlagen nicht zu befaſſen haben. Die Vorbereitungen für diefelben ſeien noch in den erſten Stadien und die prak - tiſchen Verſuche noch nicht abgeſchloſſen. Jeden - falls werde eine Neuregelung der Friedenspräſenz - ſtärke erſt 1893 oder anfangs 1894 mit dem Reichstag vereinbart werden.

(Eine Exploſion in der Schweiz.)

In der Nacht von Freitag auf Samſtag hat in Pully, 3 Kilometer von Lauſanne, im Hauſe des Café Wagniere, wo die Mutter Pingoud’s, des Prä - fecten von Lauſanne, wohnt, eine Exploſion ſtatt - gefunden. Perſonen wurden nicht verwundet, der Schaden iſt unbedeutend. Pingoud erhielt in letzter Zeit Drohbriefe und ließ infolge deſſen die Präfectur als Amtswohnung Tag und Nacht ſcharf bewachen. Noch iſt nicht conſtatirt, ob die Exploſion durch Dynamit oder Pulver hervorge - rufen. Die Affaire wird als Einſchüchterungsmittel betrachtet, weil Pingoud im Streik mehrere Auf - wiegler verhaftete. Ein ſpäteres Telegramm aus Bern meldet: Soeben ſind in Lauſanne drei Anarchiſten franzöſiſcher und italieniſcher Nation verhaftet worden.

Locales und Provinzielles.

(Perſonales.)

Die Herren k. u. k. Oberſte v. Traun und Pietſch haben einen längeren Urlaub angetreten. Der Commandant des 12. Dragoner-Regiments Herr Oberſt v. Hagen hat ſich heute Mittags in Begleitung mehrerer

nach der gleichnamigen Novelle Wilbrandt’s ge - arbeitete Schauſpiel Der Lootſencommandeur, das unlängſt ſeine erſte Aufführung im Reſidenz - Theater erlebt hat. Faſt will es ſcheinen, als ob der Verfaſſer in ſeiner nordiſchen Heimat den ſonnigen Süden vergeſſen habe ſo düſter iſt dieſes Schauſpiel, das bei einem Haar ein Trauerſpiel geworden wäre, wenn ſich der Ver - faſſer gleichſam im letzten Augenblicke nicht eines Anderen beſonnen hätte.

Die Handlung ſpielt im letzten Jahrzehent in einem kleinen deutſchen Hafen an der Oſtſee. Der Lootſencommandeur Nordmann, ein Seebär von altem Schrott und Korn, hat ſchon unzäh - lige Menſchen vom ſicheren Tode errettet, das tollkühne Wagniß, Schiffbrüchige der tobenden See zu entreißen, iſt ihm nicht nur Pflicht, es iſt ihm unwiderſtehliches Bedürfniß geworden. Da rettet er eben einen jungen Süd-Amerikaner, Pablo, vom Ertrinken. Als dieſer, gekräftigt, in der Familie ſeines Retters erſcheint, wendet ſich ihm, von Mitleid und ſchnell aufflammender Lei - denſchaft bewegt, das Herz der älteren Tochter Korallina zu. Wuthſchäumend aber weiſt ihn der Vater aus dem Hanſe, als er ſeinen Namen erfährt: er iſt der Sohn jenes fremd[e]n Mannes, der einſt ſeine, des Lootſencommandeurs Schwe - ſter verführt. Korallina hat dieſelben romanti - ſchen Neigungen wie ihre Tante, ſie will er beſſer bewahren. Umſonſt bemühen ſich Korallina und Dr. Döring, der Bräutigam ihrer Schweſter Sophie, der Commandeur bleibt feſt, und Ko - rallina läßt ſich, wie einſt ihre Tante, entführen. Gekränkt verläßt auch Döring das Haus, als ihn der Commandeur Kuppler ſchilt. Nun hat er beide Töchter verloren, denn die ſanfte Sophie ſiecht hin und iſt dem Tode nahe, da die Härte des Vaters ihr den Bräutigam geraubt. Nord - mann muß ihn ſelbſt um Verzeihung bitten und herbeirufen, will er nicht ſeine zweite Tochter ganz verlieren. Er thut es, aber noch bevor Döring eintrifft, kämpft der Commandant in einer Scene der grauſamſten Bühnenfolter einen ſchrecklichen Kampf zwiſchen der Liebe zu ſeinem ſterbenden Kinde, das ihn zu bleiben beſchwört, und der Pflicht, die ihn aufs Meer ruft, von wo Hilferufe ertönen. Er reißt ſich endlich los zu ſeinem Heile, denn er rettet ſich diesmal die ſchiffbrüchige Tochter, die, um ihn zu verſöhnen, zu ihm zurückgekehrt iſt; ſie iſt mit Pablo glück - lich geworden, und das Glück iſt es, das auch Sophie, der Schweſter, bald die erſehnte Geſund - heit wiedergeben wird.

Das Publicum ſah ſich anfangs durch die Handlung, deren Grundmotive allerdings faſt alle hinter der Scene ſich abſpielen, bewegt, aber es proteſtirte ſpäter gegen die ganz überflüſſige Grauſamkeit, mit welcher der Verfaſſer die Ner - ven ſeiner Hörer bis zum Zerreißen zum Schluſſe auf die Folter ſpannt. Zu ſeinem Vergnügen oder zu ſeiner Erholung wird ſich niemand dies Stück anſehen, wenn auch die Darſtellung, mit Herrn Schneider in der Titelrolle, vorzüglich war und man ihr aufrichtigen Beifall zollen konnte.

Officiere nach Krakau begeben, um die Dis - locationen, welche das Regiment beziehen wird, in Augenſchein zu nehmen.

(Garniſonswechſel.)

Die Zwölfer-Dragoner verlaſſen demnächſt bereits Olmütz, wo ihr chevalereskes Benehmen vielfache Sympathieen weckte. An ihre Stelle rückt das zweite Dragoner - Regiment, an deſſen Spitze Oberſt Graf Kal - noky, ein Bruder unſeres Miniſters des Aeußern, ſteht.

(Avancement-Feier.)

Geſtern Mittags fanden in den Officiersmenagen der hieſigen Gar - niſon Feſtlichkeiten anläßlich des Maiavance - ments ſtatt. Dieſe Feſtlichkeiten verliefen in ſehr animirter Stimmung.

(Abſchiedsfeier.)

Mit dem geſtrigen Tage iſt der ſtädt. Bauverwalter Herr Carl Illich - mann in den wohlverdienten Ruheſtand getre - ten. Die Beamten der kgl. Hauptſtadt Olmütz benützten dieſen Anlaß, um dem ſcheidenden treuen und beliebten Collegen eine kleine Abſchiedsova - tion zu bereiten. Zu dieſem Zwecke hatten ſich dieſelben geſtern Vormittags im Sitzungszimmer des k. k. Bezirksſchulrathes in corpore verſam - mel. Nachdem Herr Carl Illichmann erſchie - nen war, richtete ſein Nachfolger der ſtädt. Ober - ingenieur und Waſſerwerksleiter Herr Max Linde - mann eine Anſprache an denſelben, in welcher er zunächſt der anſtrengenden und erfolgreichen Thätigkeit des Scheidenden gedachte, der durch mehr als ein Vierteljahrhundert ſeine Kenntniſſe und Kräfte den ſtädtiſchen Dienſten widmete in einer Stellung, die hier und anderwärts zu den exponirteſten gehört. Nach Hervorhebung der mar - kanteſten Höhenpuncte dieſer Thätiigkeit, des Baues der Bahnhofſtraße und der Durchführung der Stadterweiterung, Werke, mit denen der Name des Herrn Carl Illichmann dauernd und ehrend verknüpft bleiben wird, ging der Redner auf die Charactereigenſchaften des Scheidenden über, deſſen Treue und Her - zensgüte, deſſe milde und vornehme Geſinnung demſelben die Hochachtung und Anhänglichkeit ſeiner Collegen und Mitbürger bleibend ſichern wird und gab dem Wunſche Ausdruck, daß Herr C. Illichmann auch im Ruheſtande ſeinen Amts - collegen ein ſo lieber Freund und treuer, ſelbſt - loſer Rathgeber bleiben möge, wie im Stande der Activität. Die Beamten widmeten dem Schei - denden ein Weinſervice, beſtehend aus 2 Flaſchen und 12 Gläſern auf geſchnitzter Holzplatte, an welcher ſich eine metallene Widmungstafel befindet. In bewegten Worten dankte Herr Carl Illich - mann für die ihm zu Theil gewordene Ehrung und gab der Verſicherung Ausdruck, auch im Ruheſtande ein treuer Freund der ſtädt. Beam - ten bleiben zu wollen.

(Militäriſches.)

Der Kaiſer hat ernannt: zum Rittmeiſter 2. Claſſe den Oberlicutenant Richard Herlth des Staatshengſten-Depots in Kloſterbruck, zum Hauptmann 2. Claſſe den Oberlieutenant Adalbert Reichel des LB. M. - Trübau, beim LB. Klattau Nr. 36, zum Lieute - nant-Rechnungsführer den nichtactiven Rechnungs - Unterofficier 1. Claſſe Carl Hickl des 15. LB. Olmütz beim 39. LB. Leitmeritz. Zum Ritt - meiſter 1. Claſſe wurde der Rittmeiſter 2. Claſſe R. Rudda des 4. L. G. B. ernannt. Transf. werden: innerhalb der activen k. k. Landwehr; die Lieutenante Johann Wanka vom 12. LB. Kremſier zum 13. LB. Brünn, Joſef Ficker vom 3. LV. Sanct Pölten zum 19. LB. Mähr. - Trübau; innerhalb der nichtactiven k. k. Land - wehr: die Lieutenante Auguſt Bartel vom 60. LB. Neu-Sandec zum 13. LB. Brünn, Heinrich Thinell vom 16. LB. Schönberg zum 79. LB. Zara.

(Aus dem Stadtverordneten-Collegium.)

Die Tagesordnung der heutigen Sitzung des Stadtverordneten-Collegiums iſt folgende: Anzeige von der Errichtung einer Stiftung für eine Schülerin der Mädchenbürgerſchule durch Herrn Ed. Hamburger. Geſuch des J. Kruſch, Labo - ranten an der k. k. Oberrealſchule, um einen Gehaltsvorſchuß. Geſuch des Oberinſpicienten W. Jantſchik um Einrechnung einer Perſonalzulage in die Bemeſſung des künftigen Ruhebezuges. Einladung des hieſigen Gewerbevereines zur Betheiligung an der bevorſtehenden Aus - ſtellung auf dem Gebiete des Städteweſens. Bericht der 2. Section über das Geſuch einer Beamtenswitwe um eine Krankheitsaushilfe. (2. Leſung. ) Eingabe des Malers Herrn J.

[4]

Hilber in Bezug auf die Vollendung der im Feſtſaale der Realſchule übernommenen Arbeit. Aeußerungen der ſtädt. Sparcaſſa und der mähr. Hypthekenbank über die Abtretung eines Theiles ihrer Hypothek von der Grundfläche des Hauſes Nr. 496 an den öffentltchen Straſſengrund. Bericht der 3. Section über die Bewerbungsge - ſuche um die Stelle eines zweiten juridiſchen Se - cretärs. Bericht der 3. Section über das Ge - ſuch des früheren hieſigen Communalbeamten Herrn Carl Werner um Rückſtellung der gelei - ſteten Carenztaxen. Bericht der 3. Section über das Geſuch eines ſtädt. Kanzliſten um die erſte Quinquennal-Zulage. (2. Leſung. ) Bericht der 3. Section über ein Geſuch um Zu - ſicherung der Auſnahme in den hieſ. Gemeinde - verband (2. Leſung. ) Bericht der 3. Section über das Geſuch eines Amtsdieners um Gehalts - vorſchuß. Bericht der 3. Section über ein Geſuch um das Heimathrecht. Bericht der 3. Section über das Geſuch eines ſtädt Kanzliſten um Zuerkennung der 1. Quinquennalzulage. Bericht der 3. Section über das Geſuch der ſtädtiſchen Thurmwächter um Erhöhung ihrer Bezüge.

(Zur Enthüllung der Radetzky-Gedenk - tafel.)

Das Comité, welches die Errichtung einer Radetzky-Gedenktafel am ſtädt. Gemeindehauſe inſcenirt, hielt geſtern Nachmittags eine Sitzung ab, in welcher über das Arrangement der Ent - hüllungsfeier jener Gedenktafel berathen wurde. Dieſe Berathungen ſollen noch fortgeſetzt werden. Wie verlautet wird bei dieſer Feier ein aus den Infanterie-Regimentern Nr. 54, 93 und 100 combinirtes Bataillon ausrücken.

(Die Hauptverſammlung des Vereines zur Stiftung eines dentſchen Hauſes in Olmütz)

wurde geſtern Vormittags 10 Uhr im Saale des deutſchen Caſinos unter dem Vor - ſitze des Herrn Bürgermeiſters v. Engel abge - halten. Der Herr Vorſitzende begrüßte die Ver - ſammlung und ertheilte ſodann dem Schriftführer Herrn Dr. Carl Schrötter das Wort zur Erſtattung des Jahresberichtes. Aus dem Jahres - berichte, der ſehr beifällig aufgenommen wurde, geht hervor, daß der Verein leider eine Abnahme der Mitgliederzahl zu verzeichnen habe. Im ab - gelaufenen Vereinsjahre ſank die Mitgliederzahl welche gegenwärtig 156 beträgt, abermals um 19. An Mitgliederbeiträgen wurde die Summe von 499 fl., gegen 559 fl. im Jahre 1890 ein - gezahlt. An Spenden ging bloß der Betrag von 3 fl. ein. Die Ausgaben betrugen 15 fl. 37 kr. Das Vereinsvermögen beträgt derzeit 36.811 fl. 50 80 kr. Der Vermögenszuwachs betrug im Jahre 1891 2344 fl. 27 kr. Die Verſammlung ge - nehmigte den Jahresbericht. Namens der Rechnungsreviſoren erſtattete Herr Sallmann den Bericht und beantragte dem Rechnungs -leger, Herrn Gemeinderath Hübl, das Abſo - lutorium zu ertheilen, welcher Antrag geneh - migt wurde. Ueber Antrag des Herrn penſ. Stadtrathes, Franz Peyſcha, wurde die bisherige Vereinsleitung abermals gewählt, worauf der Herr Vorſitzende die Verſammlung mit Dankesworten ſchloß.

(Hanptverſammlung der Franen - und Mädchenortsgruppe und der Herren orts - gruppe des Deutſchen Schulvereins.)

Geſtern Vormittags 10½ Uhr wurde im Saale des deutſchen Caſinos die Hauptverſammlung der Frauen - und Mädchenortsgruppe und der Her - renortsgruppe des deutſchen Schulvereines abge - halten Herr Robert Primaveſi begrüßte als Obmann der Herrenortsgruppe Olmütz die zur gemeinſchaftlichen Verſammlung erſchienenen Frauen und Herren und beſprach zunächſt die Verhält - niſſe des Schulvereines, welche leider keine gün - ſtigen ſeien, was aus dem Rückgange der Ein - nahmen um circa 5000 fl. hervorgehe. Die hieſigen Ortsgruppen des Schulvereines treffe hieran keine Schuld, ſie haben auch im abgelau - fenen Vereinsjahre wacker gearbeitet und der Centrale namhafte Spenden zugemittelt. Schließ - lich richtete der Herr Obmann an die Ver - ſammelten die dringende Bitte in ihren Be - ſtrebungen die Sache des Schulvereins zu fördern nicht zu erlahmen. Vom Herrn Dr. Weitlof und Herrn Director Thannabaur eingelangte Begrüßungstelegramme wurden mit ſtürmiſchem Beifalle aufgenommen. Frau Roſa Eben und Herr Theodor Knaute als Schriftführer der Ortsgruppen erſtatteten hierauf die Jahresbe - richte, welche von Seite der Verſammlung die beifälligſte Aufnahme fanden. Aus den Berichten geht hervor, daß die Mitgliederzahl gewachſen iſt und die Einnahmen eine Vermehrung erfahren haben. Mit beſonderer Anerkennung wird des erſprießlichen und aufopfernden Wirkens der beiden Vorſtände Robert und Leokadie Primaveſi gedacht. Herr Robert Primaveſi widmet noch Frau Marie Schrötter für ihre dem Vereine gewidmete umfangreiche Thätig - keit Worte der vollſten Anerkennung und ſpricht der Redoction des Mähr. Tagblattes für die Unterſtützung, welche dieſelbe den Unter - nehmungen des Schulvereines jederzeit angedeihen laſſe, den wärmſſen Dank aus. Daran ſchloß ſich eine Aufforderung wegen zahlreicher Betheiligung der Mitglieder an dem am 8. Mai l. J. in Hohenſtadt ſtattfindenden Ortsgruppentage. Bei der ſodann vorgenommenen Wahl wurden die bisherigen Vorſtände und Functionäre der beiden Ortsgruppen abermals einſtimmig wiedergewählt. Der Herr Vorſitzende ſchloß hierauf die Ver - ſammlungen mit dem Erſuchen der Sache des Schulvereines bei allen ſich darbietenden Gelegen - heiten die kräftigſte Unterſtützung angedeihen zulaſſen. Die Jahresberichte über die Thätigkeit der hieſigen Schulvereinsortsgruppen werden wir noch nachtragen.

(Auſere Schulvereinsortsgruppen und die deutſchen Landgemeinden.)

In dem bei der geſtrigen Jahresverſammlung der Herrenorts - gruppe Olmütz erſtatteten Jahresberichte fand mit vollem Rechte die Klage darüber Raum, daß unſere beiden Ortsgruppen aus den deutſchen Landgemeinden ſo wenige Mitglieder zählen. Die Gemeinde Paulowitz, welche eine eigene Orts - gruppe beſitzt und die Gemeinde Hombok, die 28 Schulvereinsmitglieder zählt, trifft dieſer Vorwurf nicht. Allein in den übrigen deutſchen Gemeinden findet man nur vereinzelt die Mit - glieder des Vereins und reiche Gemeinden des Bezirkes zählen kein einziges Mitglied. Das iſt beſchämend für uns, um ſo beſchämender, als die ſlaviſchen Grundbeſitzer und Dorfbewohner gerade den Hauptſtamm der tſchechiſch-nationalen Ver - eine bilden. Wir geben uns jedoch der Erwartung hin, daß es nur einer Anregung und Aufforderung bedürfen wird, um dem Schulvereine auch aus Neugaſſe, Schnobolin, Nimlau, Nebotein und anderen deutſchen Gemeinden zahlreiche Mitglieder zu gewinnen.

(Concert Roſé.)

Das Publicum war un - zufrieden. Mit dieſem Paradoxon könnte man füglich den Bericht über das geſtern im Redouten - ſaale ſtattgehabte Concert Roſé einleiten. Denn thatſächlich genügte das Gebotene dem Publicum nicht, es hätte gerne die übliche Concertdauer auf das doppelte Zeitmaß erhöht, um die Künſtler des Quartetts noch einmal ſo lange zu hören. Wenn man das Verdienſt der Herren Roſé (1. Violine), Siebert (2. Violine), Bachrich (Bratſche) und Hummer (Cello) wie es uns in ihrem geſtrigen Spiele entgegentrat, in ein Wort faſſen wollte, müßte man ſagen, ſie ver - ſtehen die Kunſt, die Kammermuſik zu populari - ſiren. Ihr Spiel iſt ſo klar und durchſichtig, daß auch dem Laien für jedes Concertſtück, das ſie vortragen, das Verſtändniß nicht fehlt. Dieſer Thatſache entſprach auch der geradezu jubelnde Beifall, den das Quartett nach jedem einzelnen Vortrage fand. Selten haben wir bei einer Kammermuſik ſo allgemeinen, ſo ſtürmiſchen, ſo ſpontanen Beifall vernommen, wie ihn gleich der erſte Satz des Beethoven’ſchen G-dur-Quar - tettes hervorrief. Dieſes Quartett iſt noch ganz im Style Mozart’ſcher Muſik gehalten; es athmet Luſt und Fröhlichkeit. Der leichte Scherz deſſelben kam im Spiele des Quartettes zu blendendem Aus - drucke. In den farben - und ideenreichen Volkmann - ſchen Quartette mit ſeiner eigenartigen Feinheit gefiel namentlich das unübertrefflich ſanft und ſchön geſpielte Adagio, in welchem der herrliche Zuſam - menklang des Tons der vier Künſtler zauberhaft mild und weich berührte. Anſtaunen konnte man

Hinter verſchloſſenen Thüren. Von

A. K. Green.

(91. Fortſetzung.)

Es wird uns beiden eine Beruhigung ſein, in einer ſo wichtigen Angelegenheit ſeinen Rath einzuholen.

Kameron machte keinen Verſuch, ihn zurück - zuhalten; es wäre doch nutzlos geweſen. Der Poliziſt verließ eilig das Zimmer, aber nicht ohne zuvor einen theilnehmenden Blick auf den Doctor geworfen zu haben, der gebeugten Hauptes daſaß.

Die Wartezeit war endlos, die Minuten ſchienen ſich zu Stunden zu dehnen. Kameron athmete förmlich erleichtert auf, als ſich endlich die Thür öffnete und Gryce eintrat in Beglei - tung des Herrn, welcher den Doctor damals in ſeinem Hauſe aufgeſucht hatte, um Erkundigungen über Genofevas Kleidernähterin einzuziehen.

Kameron ging ihm entgegen.

Was iſt mein Schickſal? fragte er raſch und in ängſtlicher Spannung.

Der Inſpector nahm ihn bei der Hand. Ich muß mit Ihnen reden, ſagte er. Der - artige Entſcheidungen wollen wohl überlegt ſein. Sie lieben alſo Ihre Frau, Doctor Kameron, und ſind von ihrer Unſchuld überzeugt?

Unbedingt.

Das Urtheil eines jungen Ehemanns iſt in ſol - chem Falle nicht ganz maßgebend. Aber ich glaube an Ihre aufrichtige Ueberzeugung und redliche Ab -ſicht. Wollen Sie mir Näheres über den Eindruck mittheilen, den Ihre Frau ſeit der Hochzeit auf Sie gemacht hat?

Das würde mir ſchwer fallen, denn ihr Benehmen war höchſt wechſelhaft. Nun ich aber die Ereigniſſe kenne, die ihr Gemüth ſo ſehr belaſteten, kann ich mit gutem Gewiſſen ſagen, daß ihre Aufregung und ihre Schmerzen unter den Umſtänden höchſt erklärlich waren.

Auch ihr weißes Haar?

Auch dieſes. Stellen Sie ſich doch einmal vor, was ſie im Laufe weniger Stunden durch - gemacht hat. Alles folgte Schlag auf Schlag: das Scheitern ihrer Pläne mit Molesworth, ihre Rückkehr, der Anblick Mildreds als Braut, der furchtbare Eindruck, den ihre veränderten Abſich - ten auf das arme Mädchen machten, mit dem ſie bis zuletzt in zärtlichſter Gemeinſchaft geſtan - den; die fieberhafte Eile beim Wechſeln der Kleider, mit denen ſie zugleich ihr früheres Selbſt wieder annahm; dann Mildreds raſche That, die in einem Augenblick das Hochzeitshaus zu einem Leichen - haus machte und ihren Triumph, ihre Feſtesfreude in Todesfurcht und Entſetzen umwandelte, was ſie noch obendrein vor aller Augen, ſelbſt denen ihres Bräutigams aufs ſorgfältigſte verbergen mußte. Dann folgte der Schrei, der irgend einen unbe - kannten Schrecken oder die Entdeckung bedeutete. Entweder war Mildred wieder zum Leben erwacht, vielleicht unter qualvollen Schmerzen, oder der Schlüſſel, den Genofeva bei ſich trug, hatte die Thür nicht verſchloſſen und ſchon im nächſten Augenblick konnte der Ruf: Mord! durch dasHaus erſchallen. War das nicht genug, um den ſtärkſten Geiſt zu erſchüttern? Und zu alledem der Gedanke, der ſie keinen Moment verlaſſen haben kann, was ſie ſagen und thun ſollte, wenn die Entdeckung wirklich erfolgte und ſie nicht nur erklären mußte, wie die Todte in ihr Zimmer kam, ſondern auch Aufſchluß über alle Neben - umſtände geben, möglicherweiſe auch über den ſchimpflichen Plan, deſſen Mißlingen die ganze Cataſtrophe herbeigeführt hatte. Was für Aus - flüchte mag ſie erſonnen haben, während ſie lächelnd die Glückwünſche von Verwandten und Freunden entgegennahm! Darauf der Schreck, als ſie Molesworth an der Thür gewahrte Molesworth den ſie gewiſſermaßen betrogen hatte, und der, wie ſie ſich ſagen mußte, in dieſem Augenblick zu allem fähig war, ſelbſt ſeine Anklage gegen ſie zu ſchleudern in Gegenwart ihres Ge - mahls und der Schaar der verſammelten Gäſte. War das nicht mehr, als ein ſchwaches geängſtig - tes Weib zu ertragen vermochte? Durch ſchnelles Handeln zwang ſie ihn, zu ſchweigen; ihrer Klugheit gelang es, ſich mit ihm oben in dem Todtenzimmer einzuſchließen, wo ſie ſich mit Scham und Entſetzen genöthigt ſah, ihm die grauſigen Folgen ihrer That zu offenbaren und um ſeine Hilfe zu flehen, ſtatt ihm, wie ſie gehofft hatte, ihren Triumph zu zeigen. War das alles nicht genug, um ihr Haar in einer Nacht zu bleichen? Ich gerathe faſt von Sinnen, wenn ich nur daran denke, und bin doch ein beherz[te]r, wetterharter Mann.

(Fortſetzung folgt.)

[5]

in dieſem Quartette wie in der Mendelsſohn’ſchen Canzonetta und in der ſchwermüthigen Tſchaikows - ky’ſchen Romanze die großartige von jeder komö - diantenhaften Virtuoſität freie Ruhe des Spiels, die elegante Bogenführung Roſé’s, ſowie den herr - lichen üppigen Klang ſeines Spiels auf der G-Saite. Die beiden letzten Nummern, Herbert’s Serenade und Roſſinis Tarantella gaben Gele - genheit die außerordentliche Technik des Quar - tetts und die nicht zu überbietende Reinheit des Tons ſelbſt im ſchwierigſten Paſſagenwerk und raſcheſten Tempo zu bewundern und jeden ein - zelnen Künſtler des Quartetts auch als echten vollendeten Muſiker zu erkennen. Die Hörer ſogen ſich förmlich voll an den ſchönen Klang - effecten und jubelten die Künſtler noch am Schluße des Concertes mehrmals hervor. Wir haben alle Urſache unſerem Muſikvereine für dieſes Concert dankbar zu ſein und wir glauben einem allge - meinen Gedanken Ausdruck zu geben, wenn wir ſagen, die vier Künſtler werden uns willkommen ſein, wenn ſie recht bald zu uns zurückkehren.

(Vom Theater.)

Unſere Bühnenmitglieder haben mit der Näherin am Sonnabende ihr erfolgreiches Gaſtſpiel in Proßnitz abgeſchloſſen. Jeder einzelne von ihnen, beſonders die Damen Maltana und Perlinger ernteten Stürme von Beifall. Frl. Maltana geht von hier nach Nürn - berg in’s Engagement, Frau Valmore wurde für das Sommertheater in Merienbad engagirt.

(Von der Olmützer k. k. deutſchen Leh - rerbildungsanſtalt.)

An der hieſigen k. k. deut - ſcheu Lehrerbildungsanſtalt beginnen die Befä - higungsprüfungen für Arbeitsleh - rerinnen an Volks - und Bürgerſchulen am 16. Mai. Die gehörig belegten Geſuche um Zulaſſung zu dieſen Prüfungen ſind längſtens bis zum 10. Mai der Direction der genannten Anſtalt vorzulegen.

(Der erſte Mai.)

Der erſte Tag des Wonnemonds verlief heuer in ſehr trüber Stim - mung. Es regnete faſt den ganzen Tag über und unterblieben deshalb auch die ſonſt am erſten Maitage üblichen Ausflüge in die Umgebung unſerer Stadt. Um 5 Uhr Morgens durchzogen die Militärcapellen der Infanterie-Regimenter Nr. 54 und 93 mit klingendem Spiele die Stadt und veranſtalteten vor den Wohnungen der hie - ſigen civilen, militäriſchen und geiſtlichen Wür - denträgern Morgenſtändchen. Die Theilnahme des Publicums an der muſikaliſchen Tagesrevellle war eine ſehr geringe.

(Maifeier der Olmützer Typographen.)

Anläßlich der Feier des erſten Mai veranſtalteten die hieſigen Typographen geſtern Abends in ihren Vereinslocalitäten zum ſchwarzen Adler eine gemüthliche Abend-Unterhaltung, die einen ſehr animirten Verlauf nahm, Die Feier wurde mit dem Lied der Arbeit eingeleitet, woran ſich komiſche Vorträge, Duette, Couplets, Quartette und Declamationen anſchloſſen. Große Heiterkeit erregte die Vorführung eines humoriſtiſchen Quartettes . Auch mehrere der Feier beiwohnende Gäſte boten ihr Beſtes zum Gelingen des Abends. Erſt nach Mitternacht trennte ſich die zahlreich erſchienene Geſellſchaft. Den Arrangeuren des Abends ſei für das Gelingen desſelben der beſte Dank gezollt.

(Die Feier des 1. Mai in Nordmähren.)

Nach den uns heute zugekommenen Berichten iſt die Feier des 1. Mai in den von der Arbeiter Bevölkerung bewohnten Städten Nordmährens ziemlich ruhig abgelaufen, wozu das ſchlechte Wetter, welches geſtern herrſchte, nicht wenig bei - trug. Man ſchreibt uns aus M. Schönberg: Die Feier des 1. Mai hat hier einen ruhigen Verlauf genommen. Die Arbeiter veranſtalteten einen Ausflug in eine benachbarte Gemeinde, woſelbſt eine Unterhaltung ſtattfand, die durch keinen Mißton geſtört wurde. Aus Sternberg wird uns geſchrieben: Der 1. Mai verlief hier ohne jedwede Störung der öffentlichen Ruhe. Am Vormittag fand im Schießſtatt-Saale eine Volks - verſammlung ſtatt, bei welcher der Redacteur der Volkstribüne Schuhmaier aus Wien über die Lage der Arbeiter, deren Beſtrebungen und Ziele ſprach. Derſelbe erörterte die bekannten Forderungen der Arbeiterſchaft nach Einführung der achtſtündigen Arbeitszeit, das allgemeine Wahlrecht und die Aufhebung der durch das Vereins - und Verſammlungsrecht gegebenen Be - ſchränkungen. Schuhmaier hielt ſich im Allge - meinen innerhalb der geſetzlichen Grenzen und wurdeblos, als derſelbe gewiſſe ſeitens der Behörden anläßlich des 1. Mai verfügte Maßnahmen einer Kritik unterziehen wollte, vom anweſenden Regie - rungsvertreter k. k. Bezirks-Commiſſär Emil von Winkler durch den Vorſitzenden der Verſammlung zur Ordnung gerufen. Die Ver - ſammlung war von beiläufig 500 Arbeitern be - ſucht. Das für den Nachmittag anberaumte Volks - feſt mußte der ungünſtigen Witterung wegen unterbleiben und fand an deſſen Stelle ein Con - cert und am Abend ein Tanzkränzchen im Schießſtatt-Saale ſtatt.

(Bezirkslehrer-Conferenz des Landbe - zirkes Olmütz.)

Die diesjährige Conferenz der Lehrer an den deutſchen Schulen des Olmützer Landbezirkes fand Samſtag unter dem Vorſitze des Herrn k. k. Bezirksſchulinſpectors Johann Schober im Schulgebäude zu Paulowitz ſtatt. Nach Begrüßung der Verſammlung durch den Vorſitzenden wurde dieſe auch Namens des Orts - ſchulrathes und der Gemeindevertretung vom Ob - manne des erſteren, Herrn E. Siegel freundlichſt begrüßt. Zu ſeinem Vertreter ernannte der Herr k. k. Bezirksſchulinſpector Herrn Oberlehrer L. Schwammel aus Neugaſſe. Zu Schriftführern wurden per acclamationem die Herren J. Ol - ſchanowsky (Neugaſſe) und J. Kasper (Schno - bolin) gewählt. Die Reihenfolge der Vorträge eröffneten die Bemerkungen des Herrn k k. Be - zirksſchulinſp ctors über ſeine Wahrnehmungen bei den Schulviſitationen, welche, wie immer, viele pädagogiſch-didactiſche Winke enthielten, und von der Lehrerſchaft mit geſpannenter Aufmerkſamkeit aufge - nommen wurden. Daran reihten ſich die Vorträge: a) Wie ſind die methodiſch geleiteten Uebungen im Abſchreiben einzurichten damit ſie den Unterricht im Gedankenausdrucke fördern? (Ref. Herr Schulleiter Röder Haslicht); b) Bezeichnung der patrioti - ſchen Gedenktage für einzelne Schulcategorien des Bezirkes (Referent Herr Schulleiter Schiebel Nedweis); c) Reviſion des Beſchluſſes über das Lineament der Schülertheken (Referent Herr Lehrer Franz Mikulaſch); d) Bericht über die Erfahrnngen in der Steilſchrift (Referent Herr Lehrer Carl Stenzel Neugaſſe); e) Bericht über die Wahrnehmungen beim Turnen nach militäriſchen Befehlen (Referent Herr Schulleiter Wenzel Thuma Weska); f) Vorführung eines neuen, vom Lehrer Mikulaſch hergeſtellten Rechenapparates (Referent der Ausſteller ſelbſt); g) Practiſche Lehrprobe aus dem Turnen mit militäriſchen Befehlen (Ref. Herr Oberlehrer G. Hiecke-Paulowitz). Die einzelnen Referenten haben ſich ihrer Aufgabe in lobenswerter Weiſe entledigt. Eine längere Debatte entſpann ſich nur bei dem Referate über die Steilſchrift, an der ſich nebſt dem Berichterſtatter die Herren Oberlehrer L. Schwammel und G. Hiecke und Lehrer Mikulaſch betheiligten; ein endgiltiger Beſchluß über Einführung derſelben wurde wegen der verhältnißmäßig kurzen Zeit der Verſuche nicht gefaßt. Bezüglich des Gebrauchs der Lehr - und Lernmittel für das nächſte Schuljahr wurde die Beibehaltung der bisherigen beſchloſſen. Nach Berichterſtattung der Commiſſion über den Stand und die Benützung der Bezirkslehrerbibliothek und über Gebarung mit den zu Anſchaffungen für dieſelbe bewilligten Beträgen wurden die verſchiedenen Wahlen vorgenommen. Als Dele - girter für die Landes-Lehrerconferenz wurde Herr Lehrer Fr. Mikulaſchek-Paulowitz gewählt. Zum Schluſſe wurde ein Antrag des Herrn Lehrers Polly-Paulowitz bezüglich des Turnens in den Lehrzimmern während der Wintermonate eingebracht und beſchloſſen, denſelben durch den gewählten Referenten der Landes Lehrerconferenz zur Erwägung vorzulegen. Mit einem dreima - ligen Hoch! auf Se. Majeſtät den Kaiſer und der Abſingung der Volkshymne wurde die Con - ferenz geſchloſſen. Die Lehrerſchaft des Bezirkes hatte ſodann Gelegenheit die reichhaltige Lehr - mittel-Sammlung der Paulowitzer Schule in Augenſchein zu nehmen.

(Spenden für Schulzwecke.)

Man ſchreibt uns: Der deutſche landwirthſchaftliche Vorſchuß - verein in Nebotein hat, wie alljährlich, auch im heurigen Jahre ſeine ſchulfreundliche Geſinnug dadurch manifeſtirt, daß er abermals nachfolgen - den Gemeinden Spenden zukommen ließ. Der Gemeinde Salzergut zum Schulbaue den Betrag von 50 fl. ö. W.: ferner zur Anſchaffung von Lehrmitteln und Schulrequiſiten für bedürftige Schüler den deutſchen Volksſchulen in Nebotein:100 fl. 50 kr. Nedweis: 22 fl. 78 kr. Nimlau: 40 fl. 87 kr. Schnobolin: 52 fl. 93 kr. Neu - gaſſe: 27 fl. 47 kr. Neuſtift: 17 fl. 42 kr. Neretein: 14 fl. 74 kr. und der böhmiſchen Volksſchule in Topolan 20 fl. 77 kr.

(Poſtaliſches.)

Zufolge hohen Handelsmi - niſterialerlaßes vom 7. April 1892, Z. 13942 können von nun an Poſtpackete bis zum Gewichte von 2 Kilogramm ohne Werthangabe und Nach - nahme nach Japan uud Korea via Italien zur Verſendung gelangen. Dieſen Poſtpacketen ſind unbeſchadet der etwa erforderlichen ſtatiſtiſchen Declaration je zwei Zolldeclarationen in deutſcher Sprache beizugeben. Die bei der Aufgabe hie - für einzuhebende Gebühr beträgt 2 fl. 50 kr., wovon 4 Francs 50 Centimes als Weiterfranco zu vergüten ſind. Von der Beförderung ausge - ſchloſſen ſind bis auf Weiteres jene Gegenſtände, welche auch in Poſtfrachtſtücken nach Japan nicht befördert werden dürfen. Vom 1. Mai d. J. ange - fangen, ſind im internen ſowie im Wechſelverkehre Oeſterreichs mit Ungarn und Bosnien und der Herzegowina ſowie mit den k. k. Poſtanſtalten in der Levante Waarenprobenſendungen bis zum Höchſtgewichte von 350 Gramm und bis zur Ausdehnung von 30 Centimeter Länge, 20 Cen - timeter Breite und 10 Centimeter Höhe, oder, bei Sendungen in Rollenform, 30 Centimeter Länge und 15 Centm. Durchmeſſer zuläſſig. Das Porto für Waarenproben bis zum Gewichte von 250 Gramm beträgt 5 kr. für ſolche von 250 bis 350 Gramm 10 kr. Für den Verkehr mit den k. und k. Feldpoſtanſtalten im Sandſchak Novibazar bleiben die bisherigen Maß - und Ge - wichtsbeſchränkungen für Waarenprobenſendungen in Kraft. Hievon geſchieht zu Folge Erlaſſes des hohen k. k. Handelsminiſteriums vom 21. April 1892 Z. 18.691 die Verlautbarung.

(Nächtliche Ruheſtörung.)

Heutee Nachts 12 Uhr wurden die Bewohner des Nieder - rings durch einen großen Lärm auf der Straße aus dem Schlafe geſchreckt. Ein Civiliſt wurde von mehreren Soldaten verfolgt und ſchrieen die Letzteren mit lauter Stimme: Aufhalten, Auf - halten! Als der Civiliſt demzufolge von mehreren des Weges kommenden Paſſanten, welche etwa glauben mochten, es handle ſich um einen Dieb - ſtahl oder ein ſonſtiges Verbrechen aufgehalten wurde, ſtellte es ſich heraus, daß der Civiliſt, ein Privatbeamter aus Wien, einen Feldwebel über Aufforderung eines zweiten Soldaten in - fultirt und darauf die Flucht ergriffen hatte, daß der Mißhaudelte mit mehreren Genoſſen den Altentätter verfolglte und auf dieſe Weiſe die nächtliche Ruheſtörung verurſacht worden war. Die Ruheſtörer wurden zunächſt zur Polizei geſtellt und die weitere Amtshand - lung eingeleitet.

(Mord und Selbſtmord.)

Aus Müglitz, 30. April, wird gemeldet: Heute Vormittags erſchoß der 28jährige Kaminfegergehilfe Ferdinand Kneifel aus Müglitz mit einem Revolver zu - erſt ſeine Geliebte, die 32 Jahre alte Dienſtmagd Marie Jeſch, auf welche er zwei Schüſſe ab - feuerte und ſodann ſich ſelbſt. Paſſanten, welche die Schüſſe hörten, eilten raſch auf den Thatort, woſelbſt ſie Kneifel und deſſen Geliebte bereits entſeelt vorfanden. Dieſelben hielten ſich noch im Tode umſchlungen. Nach einem von Kneifel hinterlaſſenem Briefe erfolgte dieſe Verzweif - ungsthat im beiderſeitigen Einverſtändniſſe der Liebenden, angeblich weil ihre Vereini - gung im Leben unmöglich war. Kneifel war mit ſeiner Geliebten Freitag in Olmütz, woſelbſt er ſeine Uhr verſetzte und von dem erhaltenen Gelde den Revolver kaufte. Nach Kneifel, der Reſerviſt iſt, wurde übrigens bereits längere Zeit geforſcht, weil derſelbe ſich ſchon zum zweitenmale der Waffenübung entzogen hatte.

(Schadenfeuer.)

Aus Müglitz, 30. April wird uns geſchrieben: Seit den Oſterfeiertagen haben wir in unſerer Nachbarſchaft ſchon drei Schadenfeuer zu verzeichnen und zwar in Loſchitz, Ohrnes und Pobutſch. In jedem der genannten Ortſchaften brannten mehrere Objecte ab. Merk - würdigerweiſe konnte bis nun nirgends die Ent - ſtehungsurſache dieſes Brandes ermittelt werden, obwohl der Verdacht einer verbrecheriſchen Brand - legung aus Abgang jedweden Anlaſſes ausge - ſchloſſen iſt.

[6]

Vom Tage.

(Berline Gabillon .)

Die k. k. Hofſchau - ſpielerin Frau Zerline Gabillon iſt Samſtag in Meran geſtorben, wo die Leidende ſich ſeit einiger Zeit befunden hatte. Sie wurde am 18. Auguſt 1835 zu Güſtrow in Mecklenburg-Schwerin ge - boren. Fünfzehn Jahre alt, betrat Zerline Würz - burg in Hamburg als Parthenia im Sohn der Wildniß die Bühne und wurde ſofort engagirt. Nach Ablauf ihres Hamburger Contractes gaſtirte Zerline Würzburg an dem Dresdner Hoftheater. Anfangs November d. J. ſpielte ſie in Wien im Burgtheater als Gaſt die Parthenia, die Jung - frau von Orleans und Donna Diana und er - zielte Erfolg. Die Folge des Gaſtſpieles war ein Engagement an der Wierer Hofbühne, der ſie von da ab bis zum Tode angehörte. Drei Jahre nach ihrem Engagement am Burgtheater heiratete ſie Herrn Ludwig Gabillon. Allmälig ging die Schauſpielerin vom Fache der Liebhaberinnen und Heroinen in das Characterfach über. Ihre Begabung verwies ſie namentlich auf die ränke - vollen Frauen und Salondamen der neueren franzöſiſchen Bühnendichtung: die Herzogin von Marlborough in Ein Glas Waſſer , die Vir - ginia in Lady Tartuffe , die Loiſe in Die Feſſeln , die Camille in Flatterſucht , die Herzogin in Die Welt in der man ſich lang - weilt . Frau Gabillon war Meiſterin ſcharf pointirter Rede, feinkomiſcher Characteriſtik. Außer ihrem Gatten hinterläßt ſie zwei Töchter, von denen die ältere mit dem Schrifſteller Dr. Anton Bettelheim, die jüngere mit dem Profeſſor Dr. Fonrnier verheiratet iſt.

(Verurtheilung eines Revolver-Jour - naliſien.)

Der Wiener Revolver-Journaliſt Adolf Deymel, welcher den Oeſterreichiſchen Phönix in einer Brochure und in mebreren Artikeln der Fabrikanten-Zeitung auf das Hef - tigſte angegriffen hatte, wurde deshalb am 30. April l. J. vom Schwurgerichte in Wien ein - ſtimmig ſchuldig erkannt und zu 6 Monaten ſchweren Kerkers verurtheilt.

Nachtrag. FML. Ludwig Sembratowicz. & 20202;

Nach hier eingelangten Privatnachrichten iſt der Commandant der 12. Infanterie-Truppen - Diviſion F. M. Lt. Ludwig Sembrato - wicz heute Nachts in Krakau an einer Lungen-Entzündung verſtorben. - here Nachrichten fehlen noch.

Sprechſaal.

Dankſagung.

Die Gefertigten ſehen ſich verpflichtet dem löblichen deutſchen Vorſchußvereine in Nebotein für die namhafte Spende von 100 fl. 50 kr. ö. W., welche derſelbe der hieſigen deutſchen Volksſchule zur Anſchaffung von Lehrmitteln und zur Bei - ſtellung von Schulrequiſiten für arme Schüler widmete, den verbindlichſten Dank auszuſprechen.

Nebotein am 1. Mai.

Telegramme des Mähriſchen Tagblattes.

Anarchiſtiſches aus Frankreich.

(Priv. -Tel. d. M. T. )

In Saint-Ouen fand man geſtern zwei Dyna - mit-Patronen im Sitzungsſaale des Gemeinde - rathes. In Raincy, nächſt Paris wurde ge - ſtern ein Anarchiſt verhaftet, der einen Poli - ziſten mit dem Rufe: Es lebe die Anar - chie! niedergeſtochen hatte. In den Provin - zen dauern die Anarchiſten-Verhaftungen fort. Auf den Gruben von Montrambert bei St. Etienne drohten die Arbeiter die Grube zu ſprengen, wenn fünf deutſche Ar - beiter nicht entlaſſen werden. Bei derPolizei ſind fünfhundert Drohbriefe eingelaufen. Auch Präſident Carnot erhielt Drohbriefe. Die Zugänge zum Elyſée ſind ſtark bewacht. Die Familie des deutſchen Grafen Keßler empfing einen Brief, worin es heißt: Wir lieben aus Gründen keine Spione. In kurzer Friſt werden Sie und Ihr Haus in die Luft fliegen. Der Maire von Argenteuil erhielt vor einigen Tagen einen Drohbrief, daß die Mairie in die Luft geſprengt werden wird. Geſtern warf ein Paſſant, der bis jetzt unentdeckt geblieben iſt, in den Saal der Mairie eine große Bombe. Die in dem Saale befindlichen Kanzleidiener ſtürzten ſich ſofort auf die Höllenmaſchine und löſchten noch rechtzeitig die brennende Lunte ehe die Bombe explodirte.

(Priv. -T. des M. T. )

Bei der Maifeier ergab ſich kein Zwiſchenfall und wurde die Ruhe nirgends geſtört Um 9 Uhr Abends rückte das Militär in die Kaſernen ab.

Exploſion in einer Kirche.

(Priv. -Tel. d. M. T. )

Heute Nachts 10 Uhr erfolgte in der Kirche St. Martin eine furchtbare Exploſion. Glasmalereien im Werthe von 100.000 Frc. wurden vernichtet. In der Umgebung der Kirche wurden in den Häuſern Hunderte von Fenſterſcheiben zertrümmert. Man befürchtet neue Exploſionen. Die Panik, welche dieſes Attentat hervorrief, iſt unbeſchreiblich.

(Privattelegr. d. Mähr. Tagbl. )

Die Maitreſſe des durchgegangenen Rothſchildſchen Caſſiers Jäger wurde hier ver - haftet.

(Priv-Tel. d. M. T. )

Die Maifeier wurde durch keinen Zwiſchen - fall geſtört. Auch die Nacht iſt ruhig verlaufen. Die Arbeiter begaben ſich ruhig nach Hauſe.

(Priv. Tel. des M. T. )

Hier verlautet, daß Graf Ferdinand Kinsky, der jüngſte Sohn des Fürſten Ferd. Kinsky ſich geſtern mit der Jugendgeſpielin der Frau Erz - herzogin Marie Valerie, der Prinzeſſin Aglaja Auersperg verlobt habe.

(Vom Correſpondenz-Burean.)

Der Kaiſer iſt geſtern Abends um 10 Uhr hier eingetroffen.

Das Befinden des Großfürſten Georg Alexandrowitſch hatte ſich durch das Eintreten eines ſtarken Bluthuſtens derart verſchlimmert, daß die Reiſe des Kaiſers nach Kopenhagen fraglich erſchien. In den letzten Tagen iſt indeſſen eine berechtigte Ausſicht zur Beſſerung eingetreten.

Die bulgariſche Regie - rung hat bisher von der Pforte keinerlei Ant - wort bezüglich der von Rußland verlangten Aus - lieferung der der Theilnahme an der Ermordung des bulgariſchen Agenten Vulkovitſch verdächtigen Brüder Tufektſchieff erhalten. Die Unter - ſuchung in der Ruſtſchuker Dynamitangelegenheit hat ergeben, daß 36 Bomben von dort nach Conſtantinopel geſchickt wurden.

Die Maſchinenfabrik Nicholſon iſt heute Nachmittag gänzlich abge - brannt.

Der 1. Mai.

Der 1. Mai in Frankreich.

Um 6 Morgens bietet Paris den gewöhnlichen Anblick. Die Journale fahren fort, der Anſicht Ausdruck zu geben, daß der heutige Tag ohne ernſten Zwiſchenfall ver - laufen werde. Nur an jenen Punkten der Stadt, auf welchen ſich die Corporationen etwa verſam - meln ſollten, um ſich zu dem Meeting in der Salle de Pavie zu begeben, dürfte es möglicher - weiſe zu unbedeutenden Schlägereien kommen, da die Polizei Befehl hat, die Formirung eines Zuges nicht zu dulden. Auch die letzten Nachrich - ten aus den Departements laſſen erwarten, daß keine ernſten Ordnungsſtörungen vorfallen wer - den. Man hegt jedoch die Beſorgniß, daß es in den Umgbungen von Paris, wo die Polizei über geringere Kräfte verfügt, zu Ausſchreitung en kommen könnte.

(3 Uhr Nachmittags.) Die Straßen ſind jetzt noch weniger belebt als Vormittags. Wagen und Fußgänger ſind nur ſelten zu ſehen. Depeſchen aus Lyon, St. Etienne,Marſeille und Lille beſagen, daß in dieſen Städ - ten vollſtändige Ruhe herrſche. In Tours iſt in der vergangenen Nacht auf einem Anſtands - orte eine Bombe geplatzt; der Urheber des Atten - tates wurde ſchwer verletzt. In Chartres explodirte heute in der Kathedrale während der Meſſe eine Petarde, wodurch eine Panik entſtand; ein Unfall iſt jedoch nicht zu verzeichnen.

Die Stadt bietet das ge - wohnte Sonntagsbild. Die Straßen ſind wenig belebt. Die Omnibuſſe und Miethwagen verkehren wie gewöhnlich. Wie an jedem Sonntage ziehen die Pariſer auch heute aufs Land. Man bemerkt keinerlei Aufgebot von Polizei oder Truppen. Kammerpräſident Floquet iſt ungeachtet der Parlamentsferien nach Paris zurückgehrt, um im Palais Bourbon Arbeiterabordnungen, falls ſich ſolche vorſtellen ſollten, zu empfangen.

Der 1. Mai in Italien.

Die Behörde verbot die Conferenz. welche der Deputirte Barzilai im Locale der Bäckergenoſſenſchaft, deren Ehrenprä - ſident er iſt, heute Früh abhalten ſollte. Dem Folchetto zufolge habe Barzilai deshalb an den Kammerpräſidenten ein Interpellations-Ver - langen geſtellt.

Geſtern Abend platzte in Forli (Romagna) vor dem Gefängniſſe eine Petarde. Die Gefängnißwache trat heraus und gab Feuer. Es wurde niemand verletzt.

Der 1. Mai in Deutſchland.

(Mittags.) Die ſociali - ſtiſche Maifeier iſt äußerlich bisher kaum wahr - zunehmen. Die Phyſiognomie der Stadt iſt in Folge des kalten und regneriſchen Wetters we - niger lebhaft als ſonſt. Die Socialiſten machen mit den Familienmitglidern Ausflüge in die Umgegend, die Männer mit einer rothen Tulpe im Knopfloche, die Frauen und Kinder mit rothen Bändern geſchmückt. Die Zahl der Aus - flügler iſt eine erheblich geringere als in den Vorjahren. Es hat keinerlei Anſammlung ſtattgefunden, die Ruhe wurde nirgends geſtört.

Der 1. Mai in Spanien.

Die Stadt bietet den gewohnten Anblick. Die Truppen ſind conſignirt. Weder in Madrid noch in den Provinzen hat ſich ein Zwiſchenfall ereignet.

Der 1. Mai in Oeſterreich-Ungarn.

Aus verſchiedenen Städten des Landes wird gemeldet, daß die Arbeiter überhaupt keine Maifeier veranſtalteten. Wo eine ſolche ſtattgefunden hat, verlief dieſelbe in vollſter Ordnung.

Die hieſige Arbeiterſchaft hielt um 9 Uhr Vormittags eine große Ver - ſammlung mit folgendem Programm ab: 1. Der 1. Mai und ſeine Bedeutung. 2. Die Lage der croatiſchen Arbeiter. 3. Vortheil und Nothwen - digkeit der Arbeiterpreſſe. 4. Die Wichtigkeit des allgemeinen Staatsrechtes. Die Verſammlung verlief ruhig. Die Arbeiter unternahmen um 2 Uhr Nachmittags einen gemeinſamen Ausflug in die Umgebung. An demſelben betheiligten ſich beiläufig 2000 Perſonen.

10 Uhr Vorm. In der Stadt herrſcht vollſtändige Ruhe. In den Straßen ſieht man wenige Arbeiter, dagegen finden in einzelnen Verſammlungslocalen und Gaſthäuſern Anſammlungen der Arbeiter ſtatt. Bisher wurde nirgends die Ruhe geſtört. Das Wetter iſt regneriſch.

Die für heute von den Führern der Socialdemocraten einberufenen 32 Verſammlungen wurden von der Polizei verboten. Trotzdem erſchienen an den bezeichneten Orten Arbeiter, jedoch in ſpärlicher Anzahl und be - gaben ſich nach der Erklärung des Polizeibeamten, daß die Verſammlungen nicht abgehalten werden dürften, in die naheliegenden Wirthshäuſer, um die Mittagsſtunde abzuwarten, wo ſie dann in kleinen Gruppen nach dem außerhalb der Stadt liegenden Nußdorfer Parke hinauszogen. Die ſocialiſtiſchen Führer rechneten darauf, daß gegen 15.000 Arbeiter im Nußdorfer Parke erſcheinen würden. Thatſächlich erſchienen jedoch, vorwiegend wegen des ſtrömenden Regens, die Arbeiter in ſehr geringer Anzahl, und auch von dieſen ſchaarten ſich die meiſten um die brennende Nicholſoniſche Fabrik. Nachmittags war der Park beſuchter. In[7]der Umgebung des Parkes war die Polizei in großer Menge aufgeboten, im Parke ſelbſt aber befanden ſich kaum 10 Wachleute. Die Arbeiter, welche zumeiſt mit Frau und Kind erſchienen waren, gaben ſich einer zwangloſen Unterhaltung hin. Bis zum Abende iſt es zu keinerlei Con - flicten gekommen.

Das Maifeſt iſt ohne Ordnungswidrigkeit verlaufen. Die in den Ver - ſammlungen gehaltenen Reden waren durchwegs maßvoll. Die Betheiligung an den Verſamm - lungen war im Allgemeinen eine ſchwache; einige konnten wegen mangelhafter Betheiligung, gar nicht ſtattfinden u. A. eine Arbeiterinnenverſammlung. Aus ganz Böhmen wurde bisher keine Ordnungs - widrigkeit gemeldet.

Bis zur Stunde 6 Uhr Nachmittags ſind Meldungen über Störungen der öffentlichen Ruhe und Ordnung aus keinem Orte des Landes eingelangt. In Brünn herrſcht Ruhe. Heute Vormittags ſind drei Vereinsver - ſammlungen der Arbeiter hier abgehalten worden. Verſuche, die unterſagte Volksverſammlung abzu - halten, kamen nicht vor. Das Feſt im Schreib - walde nimmt einen ruhigen Verlauf. Wegen Regenwetters iſt die Betheiligung nur eine ſchwache (ungefähr tauſend Arbeiter.)

Der heutige Tag iſt in ganz Schleſien ruhig verlaufen.

Zur Verhinderung von Arbeiterunruhen wurden im ganzen Csander Comitate ausgebreitete Vorſichtsmaßregeln ergrif fen, ganz beſonders im Battonyaer Bezirke, wo im vorigen Jahre bekanntlich die Agrarbewegung unter blutigen Zuſammenſtößen ſich geltend ge - macht hatte. Sowohl hier als im ganzen Comi - tate fiel keine Ruheſtörung vor.

Hier und im ganzen Lande herrſcht vollſtändige Ruhe.

(Getreide-Preile der königl. Haupt - ſtadt Olmütz)

am Wochenmarkt den 30. April 1892) Weizen per Hecloliter 7.52, 8.21 8.81, Korn . , . , . , Gerſte 4.85, 5.34, 5.55, Hafer 3.40 3.60 3.70, Proſſo . , . , . , Erbſen . , . , . , Linſen . , . , . , Wicken . , . , . , Hanfſamen . , . , . , Leinſamen . , . , . , Mohn 17 , 18. , 19. , Heu 100 Kilo 2.60, 3.20, 3.80, Stroh 100 Kilo 2.66, 2.80, 2·94.

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Herausgeber und verantwortlicher Redacteur Wilhelm Seethaler.

Druck von Joſef Groak, Olmütz.

About this transcription

TextNr. 100, 02.05.1892.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 100, 02.05.1892. . Jakob RiemerCzernowitz1892. Mährisches Tagblatt

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IDS Mannheim

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LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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