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Nr. 40. Olmütz, Montag den 18. Februar 1889. 10. Jahrgang.

Der Proteſt-Amzug in Budapeſt. (Orig. -Telegramme des Mähr. Tablattes. )

Die geſtern von den oppoſitionellen Abgeord - neten unter Mitwirkung der ſtudirenden Jugend veranſtaltete Kundgebung wurde von einem pracht - vollen Wetter begünſtigt. Aus allen Stadttheilen zog die Bevölkerung nach dem als Verſammlungs - punkt beſtimmten Calvinplatze, welcher um 2 Uhr, dem officiellen Beginn der Manifeſtation, bereits von einer vieltauſendköpfigen Menge beſetzt war, welche ſich fortwährend vergrößerte. Am Balkon des Clublocals der gemäßigten Oppoſition hatten ſich 20 bis 25 Mitglieder der Partei verſammelt.

Juriſt Pandy hielt an dieſelben eine An - ſprache, in welcher er für die Unterſtützung der Intereſſen der Jugend den Dank ausſprach. Abg. Achaz Beöthy hierauf entgegnend, verſicherte, die Partei werde die Jugend auch fernerhin unter - ſtützen, und ſprach die Bitte aus, es möge jeder Einzelne dazu beitragen, daß die Manifeſtation eine würdige bleibe; denn in dieſem Falle werde ſie der Freiheit, im anderen Falle aber der Knechtſchaft dienen. Beöthy ſchloß ſeine Rede mit dem Rufe: Es lebe der König! , in welchen die Menge entblößten Hauptes mit Begeiſterung einſtimmte. Hierauf ſetzte ſich der Zug in Bewegung. Denſelben führten einige berittene Poliziſten und, im Wagen ſtehend, der Abg. Graf Karolyi. Dieſem folgten die Träger nationaler Banner, welche die Aufſchriften tru - gen: Es lebe der König! , Nieder mit Tisza! , Weg mit dem Para - graph 25! und Es lebe die unga - riſche Nation!

Den eigentlichen Zug eröffneten ſo - dann die der Unabhängigkeitspartei angehörenden Reichstags-Abgeordne - ten, welche Arm in Arm in drei Reihen ein - herſchritten. Dieſen folgte die Univerſitäts - jugend mit ihren Abzeichen und eine unab - ſehbare, allen Schichten der hauptſtädtiſchen Be - völkerung augehörende Menge, darunter ſehr zahl - reiche, mit nationalfärbigen Cocarden und Bän - dern geſchmückte Damen. Zu beiden Seiten des unabſehbaren Zuges bildeten die als Ordner fun - girenden, mit entſprechenden Abzeichen verſehenen Univerſitätshörer Hand in Hand einen Cor - don, innerhalb deſſen der Zug ſich unge - ſtört fortbewegte. Derſelbe nahm den Weg über den Muſeumring und die Kerepeſerſtraße. Dort, vor dem Club der Unabhängigkeits Partei ange - langt, richtete der Juriſt Polacsek namens der Jugend eine dankende Anſprache an die Partei, in deren Namen Coloman Thaly unter brauſen - den Elj[e]nrufen erwiderte.

Unter Eljenrufen auf Seine Majeſtät be - wegte ſich der Zug weiter über die Kereveſer - ſtraße, bog in die Eliſabeth - und Thereſien-Ring - ſtraße ein und langte ſodann über die Andraſſy - ſtraße und die Badgaſſe am Franz Joſefs-Platze vor dem Club der liberalen Partei an. Ueberall entlang des ganzen Weges bildete die Menge zu beiden Seiten der Straße Spalier. Von den Fenſtern und Balconen einzelner Häuſer wurden die Manifeſtanten mit Tücherſchwenken aufgemun - tert. Die von denſelben ausgebrachten Rufe: Es lebe der König! fanden tauſendſtimmigen Wider - hall, ihnen folgten die Abzugsrufe gegen Tisza. Unter fortwährenden Acclamationen und unter Abſingung patriotiſcher Lieder langte der Zugvor dem Club der liberalen Parte an, wo die Menge in ſtürmiſchen Rufe: Nie - der mit Tisza! ausbrach.

Von hier bog der Zug auf den Donau - quai ein und nahm gegenüber der Ofner königlichen Burg Aufſtellung. Ohne beſondere Aufforderung brach die Menge in die Rufe aus: Es lebe der König , ſchwenkte die Hüte und ſenkte die Fahnen, enthielt ſich aber jeder anderweitigen Demon - ſtration oder irgend welcher Aus - rufe.

Von hier kehrte der Zug zu dem Ausgangs - punkte zurück. Vor dem Palais des Baron Bela Aczel, woſelbſt ſich nebſt dem Grafen Stefan Karolyi auch mehrere Magnaten am Balcon be - fanden, richtete Juriſt Bezsille eine Anſprache an dieſelben, in welcher er ſagte, daß die Magnaten ſtets Hüter der Verfaſſung waren und es auch jetzt ſein werden.

Vor der Statue Petöſi’s wurde das Szozat intonirt, worauf die Menge allmälig auf den Calvin-Platz zurückkehrte. Hier wurde die Num - mer des Nemzet , und des humoriſtiſchen Blattes Borszem Janko verbrannt, worauf Pazmandy und Kalrolyi die Menge aufforderten ſich ruhig zu zerſtreuen.

Das Auseinandergehen der Menge vollzog ſich in beſter Ordnung. Die Demonſtration war um halb 5 Uhr zu Ende. Die Zahl der Theilnehmer wird auf 70.000 Per - ſonen geſchätzt.

Bis 6 Uhr Abends wogte auf den Straßen überall eine rieſige Menſchenmenge. Die Ordnung und Ruhe wurde aber nicht geſtört.

Feuilleton.

Die Gefängnißerinnerungen der Herzogin von Duras.

Während die franzöſiſche Republik die hun - dertjährige Feier des Ausbruches der großen Re - volution durch eine Weltausſtellung zu krönen gedenkt, um die ſegensreichen, wenn auch mittel - baren Folgen derſelben allen Völkern vor Augen zu führen, öffnen die vornehmen Familien des Landes ihre Archive, um die Aufzeichnungen ihrer Vorfahren aus jener denkwürdigen Zeit der Oeffentlichkeit zu übergeben und durch dieſelben die Zeugniſſe von dem blutigen und grauenvollen Character jener gewaltigen ſtaatlichen Umwäl - zung zu vermehren.

In der Reihe dieſer Veröffentlichungen wird man einem Buche, das vor Kurzem unter dem Titel Journal des prisons de mon e de ma mére et des miens, par la Duchesse de Duras in Paris bei Plon erſchienen iſt, eine hervorragenve Stelle zuweiſen dürfen. Wir müſſen jedoch hinzufügen, daß der Titel inſofern einen falſchen Begriff von dem Inhalte des We[r]kes gibt, als die Denkwürdigkeiten aus dem Gefäng - nißleben der Angehörigen der Verfaſſerin einen weit geringeren Theil desſelben ausfüllen, als ihre Aufzeichnungen über ihre eigene Gefängniß - zeit. Mit den letzteren wollen wir uns in Fol - gendem auch allein beſchäftigen.

Die Herzogin von Duras war die Tochter des Grafen von Noailles, Marſchalls von Frankreich, der beim Ausbruch der Revolution bereits nahe vor ſeinem achtzigſten Lebensjahre ſtand und ſich vielleicht aus dieſem Grunde nicht den Auswanderern anſchloß. Um ihre hochbetagten Eltern in den Stürmen der Revolution nicht allein zu laſſen, beſchloß die Herzogin, im Gegen - ſatz zu ihren Brüdern, bei ihnen auszuharren und begleitete ſie im September des Jahres 1792 auf das Stammſchloß im Departement Oiſe. Wenn jedoch die gräfliche Familie gehofft hatte, ſich durch ein zurückgezogenes Leben in der Pro - vinz den Blicken der Schreckensmänner zu ent - ziehen, ſo ſah ſie ſich nach dieſer Richtung bitter ent - täuſcht; denn im October des folgenden Jahres wurde die Herzogin verhaftet, und zwar aus keinem anderen Grunde, als um durch ihren hohen Rang dem Gefängniß von Chantilly einen gewiſſen Glanz zu verleihen.

In dem dortigen Schloſſe ſchmachteten zu jener Zeit in banger Erwartung des ihnen be - vorſtehenden Schickſals über 600 Perſonen aus allen Ständen und vom Kindes - bis zum hohen Greiſenalter. Die Herzogin wurde inſofern be - vorzugt, als ſie ein kleines Gemach für ſich er - hielt, während die übrigen Gefangenen ohne Unterſchied des Geſchlechts in den großen Schloß - räumen zuſammeng[e]pfercht waren. Sie ſchreibt darüber: Die Zimmer, die in dem alten Um - fange erhalten waren, enthielten bis zu fünf - undzwanzig Perſonen. Die Jaſaſſen des einenderſelben, in dem die Betten ſo nahe bei ein - ander ſtanden, daß man ſie am Tage, um Raum zur Bewegung zu haben, über einander ſtellen mußte, habe ich mir gemerkt. Sie beſtanden aus einem republikaniſchen General mit ſeiner Frau, einem Geiſtlichen aus Noyon im Alter von ſiebenundzwanzig Jahren, mehreren jungen Leuten und zwei tugendhaften Familienmüttern mit fünf oder ſechs Töchtern im Alter von vierzehn bis zwanzig Jahren. Die Mahlzeiten wurden von den Gefangenen zu je zweihundert in der Galerie des Schloſſes eingenommen, aber die Speiſen, die man ihnen vorſetzte, waren derart, daß ſelbſt der ſchärfſte Hunger den Ekel, d: n ſie erregten, kaum zu überwinden vermochte. Trotzdem aber erſchien eine ſolche Beköſtigungs - art den republicaniſchen Machthabern noch nicht ſchlecht genug, und eines Tages machte ein von ihnen abgeſandter Commiſſär dem Kerkermeiſter in Gegenwart der Gefangenen bittere Vorwürfe darüber, daß von dieſen zu wenige mit dem Tode abgingen.

Zu ſolchen Entbehrungen und Widerwärtig - keiten, welche die zum weitaus größten Theil völlig unſchuldigen Opfer revolutionärer Rach - ſucht über ſich ergehen laſſen mußten, trat noch die beſtändige Furcht vor der Guillotine. Faſt täglich wurde eine größere Anzahl von ihnen nach Paris befördert, um die Lücken, die das Henkerbeil in den dortigen Gefängniſſen verur - ſachte, wieder anzufüllen, und nach halbjähriger Kerkerhaft in Chantilly kam auch die Reihe an

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Geſtern Abends halb 7 Uhr herrſchte in der Stadt bereits die vollſtändigſte Ruhe. Niagends fand eine An - ſammlung ſtatt.

Zum 15. Februar. (Zehn Jahre Taaffe.)

Unter dieſem Titel ſchreibt man dem Peſter Lloyd am 14. d. M. aus Wien: Heute den 15. Februar 1889 ſind es wohlgezählt zehn Jahre, daß Graf Taaffe wieder, und zwar zum dritten Male Miniſter iſt. Er ſaß zuerſt, nach dem Unglücksjahre 1866, in dem Uebergangs - Miniſterium Beuſt, dem letzten geſammt-öſterrei - chiſchen Miniſterium als Miniſter des Innern und ging von da aus als Präſidenten-Stellver - treter und Miniſter für Landesvertheidigung und öffentliche Sicherheit in das Bürgerminiſterium über, deſſen Präſident er nach des Fürſten Carlos Auersperg Rücktritt wurde. Als das Bürgermi - niſterium ſich ſpaltete, ſchied er mit der Minorität aus (Taaffe, Potocki, Berger), aber nur, um nach einigen Monaten wieder im Miniſterium Potocki als Miniſter des Innern zu erſcheinen. Mit dieſem fiel er und ging dann nach Innsbruck als Statthalter, von wo aus er eben an dem genannten 15. Februar 1879 wieder ſeinen Ein - zug in das Gebäude der alten böhmiſchen Hof - kanzlei am Judenplatz hielt. Das Miniſterium Taaffe datirt erſt vom 12. Auguſt jenes Jahres, bis dahin beſtand ein Proviſorium. In dieſem proviſoriſchen Miniſterium Stremayr ſpielte übri - gens Graf Taaffe bereits die erſte Violine.

In den Seſſionen von 1877 / 78 und 1878 / 79 lag das Miniſterium Laſſer , genannt Auers - perg mit ſeiner eigenen Partei in heftigem Streit. Durch die Erkrankung Laſſer’s war dem Miniſterium die hervorragendſte politiſche Kraft genommen; Fürſt Adolf Auersperg hatte den beſten Willen, entſprach aber politiſch und parlamen[-]tariſch nicht den allerbeſcheidenſten Anforderungen. Der Riß wurde immer tiefer, die Oppoſition bekämpfte den ungariſchen Ausgleich.

Miniſter Dr. Unger erklärte im Namen der Regierung im Abgeordnetenhauſe, daß ſie nach den Mißtrauensvoten, die ſie in den drei Clubs der Linken erhalten hatte, ſich nicht länger als parlamentariſche Regierung betrachten und aus dieſer Erkenntniß die Conſ[e]quenzen ziehen werde. Von da an war der Bruch kaum mehr heilbar, die bosniſche Frage machte ihn natürlich ganz unheilbar, der Ausgleich mit Ungarn wurde mit Aſſiſtenz eines Theiles der Rechten tant bien que mal votirt, bei der bosniſchen Frage ſpaltete ſich die Linke. Das G[r]os, die hiſtoriſche Linke unter Herbſt, widerſetzte ſich dem Geſchehenen, in ihrem Namen erklärte Dr. Sturm als Bericht - erſtatter des Adreß-Ausſchuſſes, daß man einemMenſchen, der im Privatleben ſo gehandelt hätte, wie Graf Andraſſy in der bosniſchen Angelegen - heit die bürgerliche Ehrenhaftigkeit abſprechen würde! Ein Theil der Linken indeſſen unter Herrn von Plener, der mehr und mehr hervorzutreten be - gann, ſtellte ſich auf die Seite der Regierung und Andraſſy’s, in der bosniſchen Linken begann man die regierungsfähige Oppoſition zu ſehen. Die Dinge aber ſollten ganz anders kommen. Mit Hilfe der bosniſchen Linken und der Rech - ten, in der Herr von Dunajewski eine erſte Rolle zu ſpielen begonnen hatte, ſetzte das Miniſterium ſeinen Willen durch, aber es war nunmehr fertig , es hatte, indem es ſich von der Linken getrennt hatte, den Aſt, auf dem es geſeſſen, ab - geſägt.

Der Kaiſer conſultirte eine Reihe von her - vorragenden parlamentariſchen Führern und be - traute dann den Finanzminiſter Freiherrn von Pretis mit der Cabinetsbildung. Es wurde damals erzählt, Dr. Herbſt ſpeciell habe den Baron Pretis direct empfohlen, oder doch als den Ge - eignetſten bezeichnet, doch ſoll Dr. Herbſt dieſe Behauptung Vertrauten gegenüber als unrichtig bezeichnet haben und ſein Auftreten im Schoße der Verfaſſungspartei ſcheint dafür zu ſprechen, daß die Erzählung von einer ſtattgehabten Em - pfehlung eine irrige iſt. Baron Pretis unternahm die einleitenden Schritte zur Bildung eines Mi - niſteriums, er ſchien auf Baron Scharſchmidt, Baron Eichhoff (Mähren) eventuell auch auf Profeſſor Sueß reflectiren zu wollen. Zwiſchen Herrn von Plener und ihm beſtanden, wenn auch nicht mehr ſchlechte, ſo doch ziemlich geſpannte Beziehungen, einige Mitglieder des alten Mini ſteriums würde Herr von Pretis unbedingt zu bleiben gebeten haben; die ganze Combination aber fiel ins Waſſer. Baron Pretis hatte für ſich die Miniſter-Präſidentſchaft und das Mini - ſterium des Innern reſervirt und dieſer letztere Umſtand daß er in einem kritiſchen Moment die Finanzen abgeben wollte wirkte einiger - maßen verſtimmend, trotzdem ſchien im Moment Alles glatt gehen zu wollen, aber Baron Pretis conſultirte die drei Clubs der Linken, ob er auf ihre Unterſtützung rechnen könnte und erhielt von allen dreien artige Körbchen, ein beſonders böſes von der eigentlichen Linken. Damit war die Combination Pretis abgethan.

Graf Taaffe wurde telegrafiſch von Inns - bruck nach Wien berufen. Er kam hier an und nahm im dritten Stock des Hotels Zur Stadt Frankfurt Quartier. Dort iſt, in einem ziemlich beſcheidenen Zimmer die neueſte Aera öſterrei - chiſcher Geſchichte geboren worden. Als echter Opportuniſt ſcheint Geaf Taaffe an ein Coalitions - Cabinet gedacht zu haben. Es iſt intereſſant und bezeichnend für den Wandel der Dinge, daß, wäh - rend Baron Pretis ſich an Männer des rechtenFlügels der alten Verfaſſungspartei , Graf Taaffe ſich an die zwei Politiker wendete, die für die liberalſten Mitglieder der Linken damals galten! An den Grafen Coronini nämlich und an Herrn v. Plener! Man ſieht, die Erde iſt rund und dreht ſich.

Die Conferenzen in der Stadt Frankfurt blieben reſultatlos, Graf Coronini und Herr v. Plener erklärten ſich für ſolidariſch und gaben dann ſolidariſch dem Grafen Taaffe einen Korb. Herr v. Plener hätte Handelsminiſter werden ſollen, es wurde dann erzählt, er hatte refuſirt, weil man ihm nicht das Finanzportefeuille ange - doten hatte. Dieſe Behauptung können wir als falſch bezeichnen. Herr v. Plener hat ausdrücklich und wiederholt verſichert, daß keinerlei Erwägun - gen perſönlicher, ſondern nur ſolche politiſcher und parlamentariſcher Natur ihn zu ſeinem Refus veranlaßt hätten.

Nachdem Graf Coronini und Herr v. Plener ihr endgiltiges Nein geſagt hatten, betrachtete man die Combination Taaffe als aufgegeben. Fürſt Adolf Auersperg ſcheint ſich merkwürdiger - weiſe wieder für möglich gehalten zu haben, vierundzwanzig Stunden lang ſprach man von einem Miniſterium unter Präſidium des Fürſten Joſef Alexander Schönburg-Hartenſtein, des jetzi - gen Herrenhaus-Vicepräſidenten und auf einem jour beim damaligen Erbprinzen Schwarzen - berg nahm Fürſt Adolf Auersperg Gratulationen zu ſeiner unzweifelhaften Wiederernennung ent - gegen! Ein beſonders ſchneidiger Officiöſer, der am Tag darauf vermuthlich gern in ein Maus - loch geſchlüpft wäre, pries in einem Wiener Blatt den Fürſten Auersperg als den Phönix, der ſeine Auferſtehung feiere und das damals noch von Erb geleitete Preßbureau verſendete an die Zeitungen eine Notiz des Inhalts, daß Graf Taaffe, nach - dem der Verſuch desſelben, ein Miniſterium zu bilden geſcheitert , nach Innsbruck abgereiſt ſei. Daß er nach Innsbruck abreiſen werde, hätte man allerdings zu ſagen riskiren können, daß er ſchon nach Innsbruck abgereiſt ſei, war eine etwas voreilige Behauptung. Von den alten Mi - niſtern, mit Ausnahme Unger’s, der erklärt hatte, unter keiner Bedingung bleiben zu wollen, wären vielleicht einige bereit geweſen, mit dem Fürſten Auersperg weiter zu dienen, aber nachdem Baron Laſſer, gerade der wichtigſte, aus Geſundheits - rückſichte[n]abſolut nicht bleiben konnte, ſo faßte man entſcheidenden Ortes den Entſchluß, das Schiff einſtweilen klar zu machen, um irgend ein Definitivum heranreifen zu laſſen. Die De - miſſionsgeſuche von Auersperg, Laſſer und Unger wurden genehmigt, Herr v. Stremayr als rang - älteſter Miniſter übernahm den Vorſitz im Mi - niſterrath , Graf Taaffe wurde Miniſter des Innern an Stelle Laſſer’s.

die Herzogin von Duras. Ueber ihre unfrei - willige Fahrt nach der Hauptſtadt ſchreibt ſie: Morgens um 10 Uhr es war am 5. April 1794 wurde ich gerufen. Die Karren waren faſt ſchon alle beſetzt, und aus dieſem Grunde erhielt ich einen abſcheulichen Platz, nämlich an der Seite einer niedrig geſinnten Frau, die ſich rühmte, die Freundin Robespierre’s zu ſein, und uns ankündigte, daß ſie unterwegs Zeichen der öffentlichen Theilnahme erhalten werde. .. Wir verließen den Schloßhof inmitten unſerer Leidensgefährten, die unſeren Abſchied bedauerten und um unſer Schickſal beſorgt waren. Aus ihren Augen floſſen Thränen, aber mit einer Art Zu - rückhaltung, da ſie befürchteten, beobachtet zu werden. Bei der Ausfahrt aus der Pforte machte unſer Zug Halt zum Zweck eines Namensauf - rufes, damit Niemand von uns entwiſchen könnte. Wir waren daran faſt ebenſo gewöhnt, wie die Soldaten. Nationalgardiſten umgaben uns, und ſo verweilten wir etwa eine Stunde unter den Fenſtern des Schloſſes, im Anblick der über die Entraubung ihrer Töchter troſtloſen Mutter, welche die Hände zum Himmel emporhoben und ihnen ihren Segen gaben. Dieſes ſo herzzerrei - ßende Schauſpiel iſt meinem Geiſte noch gegen - wärtig. Wie viele von Denen, die den Segen ertheilten und von Denen, die zu ihnen empor - blickten, verbluteten unter dem Beil des Henkers! Ich möchte Alles ſchildern, was ſich Schreckliches und Rührendes im Augenblick unſerer Abfahrt ereignete, aber ich fühle, daß meine Fähigkeit dazu nicht ausreicht.

Auf dieſer angſtvollen Fahrt nach der Haupt - ſtadt wurden die unglücklichen Gefangenen von der Bevölkerung der Städte und Dörfer, die ſie paſſirten, zum Theil mit lauten Verwünſchungen und den Zeichen des Halsabſchneidens begleitet. Zu nächtlicher Stunde und unter ſtrömenden Regen erreichten ſie Paris, aber da das Sainte - Pelagie-Gefängniß, für das ſie beſtimmt waren, ſich als überfüllt erwies, ſo zogen ihre Führer mit ihnen weiter, um ein anderes Gewahrſam für ſie ausfindig zu machen. Ihre Angſt erreichte den Höhepunct, als dieſe die Richtung nach der Concergerie, dem Vorzimmer des Todes ein - ſchlugen, und ihre Erleichterung war deshalb eine nicht geringe, als der Zug an der Pforte des grauenvollſten aller Pariſer Gefängniſſe vorbei - zog und ſchließlich vor einem ehemaligen Univer - ſitätsgebäude, das in einen Kerker umgewandelt worden war, Halt machte.

Die Hoffnung der Herzogin von Duras, daß ihr Geſuch an Robespierre um Ueberführung nach dem Luxemburg-Gefängniß, in dem ihre Eltern ſchon ſeit längerer Zeit ſchmachteten, be - rückſichtigt werden würde, ging nicht in Erfül - lung. Freilich war das zu ihrem Heil; denn ſie würde ſonſt ohne Zweifel das Schickſal derſelben auf dem Schaffot getheilt haben. Was die Behandlung und Bewachung der Gefangenen an - betrifft, ſo verfuhr man in Paris noch unmenſch - licher und ſtrenger als in der Provinz. Frau von Duras erhielt mit einer jungen Dame aus vornehmer Familie eine Zelle angewieſen, die gerade groß genug war, daß zwei Matratzen aufdem Boden derſelben ausgebreitet werden konn - ten. Die Mauer mußte ihnen als Kopfkiſſen die - nen. Mit der Beköſtigung war es in dieſem Ge - fängniß womöglich noch ſchlechter beſtellt, als in dem von Chantilly. Anfangs freilich war es den Inſaſſen desſelben geſtattet, gemäß ihren Mitteln dafür ſelbſt zu ſorgen aber bald wurde wieder eine allgemeine Tafel eingeführt, zu deren Cha - racteriſtik die Thatſache genügen wird, daß eines Tages an den Wänden des Speiſeſaales der Befehl angeſchlagen wurde, den Gefangenen nicht mehr Nah - rung zu verabfolgen, als erforderlich wäre, um den Hungertod zu verhindern. Die einzige Erholung, die man ihnen geſtattete, beſtand in einem kurzen Spaziergang auf einem engen Hofe. Als die Herzogin von Duras hier einſt, zur Zeit der Selbſtbeköſtigung, mit mehreren Damen auf - und niederging, hob eine derſelben plötzlich einen Pa - pierſtreifen auf, der aus einem Kellerloche her - ausgeworfen war. Auf dem Stück Papier waren die faſt unleſerlichen Worte gekritzelt: Drei Un - glückliche, denen es an Allem fehlt, flehen um Ihr Mitleid. Einer der Begleiterinnen der Herzogin gelang es, einige Geldſtücke, die dieſe ihr überreicht hatte, den beklagenswerthen Lei - densgenoſſen zuzuwerfen, indem ſie ſich den An - ſchein gab, als ob ſie einen Stein aufhöbe.

Mit der wachſenden Schreckensherrſchaft ſtieg auch die Todesangſt der Gefangenen zu einem immer höheren Grade. Während einerſeits kein Tag verſtrich, ohne daß nicht aus allen Provin - zen des Landes neue Zuzüge eintrafen, wurde andererſeits die Anzahl Derjenigen, die man

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Das geſchah am 15. Februar, von welchem Tage die kaiſerlichen Handſchreiben datirt ſind.

Was dann bis zum 12. Auguſt desſel - ben Jahres geſchah, iſt in ſeinen Folgen be - kannt. Der hiſtoriſche Adel Böhmens kam, ge - führt von Carlos Auersperg und Heinrich Clam, nach Wien (zur Zeit des Feſtzuges), der Wahl - compromiß im böhmiſchen Großgrundbeſitz fand ſtatt, die Wahlen brachten der Linken ſchon ſchwere Einbußen, im Auguſt wurde Graf Taaffe Mini - ſter-Präſident. Aber thatſächlicher Cabinetschef war er ſeit dem 15. Februar 1879 und daher ſoll dieſer Tag nicht unbemerkt vorübergehen. Schon deshalb nicht, weil kein Menſch dafür ſte - hen kann, ob die Saat, die damals ausgeſtreut wurde, vollſtändig aufgegangen iſt.

Politiſche Nachrichten.

(Parlamentariſches.)

Die Führer der Rech - ten beriethen, wie man uns aus Wien ſchreibt, geſtern das Arbeitsprogramm. Die Regierung ſprach den Wunſch aus, daß die Budgetdebatte im Plenum Dienſtag, 26. d. M. beginnen. Mitt - woch legt der Generalreferent über das Budget Dr. Mattuſch ſeineu Bericht vor und erfolgt die Erledigung des Finanzgeſetzes. Vor dem Budget wird zweifellos nur noch das Lagerhausgeſetz durch - berathen, für welches 4 Sitzungen, Montag, Dienſtag, Donnerſtag und Freitag angeſetzt ſind. Die Faſchingsferien ſollen womöglich kurz ſeen, damit die Budgetberathung keine lange Unter - brechung erleide. Während der Enquete über die Arbeitskammern ſollen keine Plenarſitzungen ſtatt - finden. Die tſchechiſchen, polniſchen und italieni - ſchen Experten werden ihr Gutachten in ihrer Sprache abgeben. Die nationalen Abgeordneten wurden erſucht hiebei als Dolmetſche zu fungiren.

Die Rechte hatte beabſichtigt, geſtern das Miniſterjubiläum des Grafen Taaffe feierlichſt zu begehen. Auf Wunſch desſelben und mit Rück - ſicht auf die Hoftrauer unterblieb die Feier. In einer geſtern abgehaltenen Berathung der Führer der Rechten wurde beſchloſſen, noch vor Schluß der Seſſion über die Feier des Jubiläums des Cabinets, 12. Auguſt d. J. Vereinbarungen zu treffen.

(Zur Vorſtandswahl der Vereinigten Deutſchen Linken.)

Die Vereinigte Deutſche Linke hat in ihrer letzten Clubſitzung den bishe - rigen Vorſtand, der aus Vertretern der beiden früher getrennt geweſenen parlamentariſchen Grup[-]pen zuſammengeſetzt war, wiedergewählt. Allent - halben wurde anerkannt, daß die neue Organi - ſation ſich bewährt habe und durch dieſelbe die Actionsfähigkeit und das Anſehen der deutſchli - beralen Oppoſition gewachſen iſt. Mit der Ver - tretung des Clubs nach Außen, wurde für die Dauer der Seſſion der Abgeordnete Dr. Ernſt v. Plener betraut, mit welcher Wahl derClub zum Ausdrucke gebracht hat, daß der hervorragende Abgeordnete der Egerer Handels - kammer im Geiſte der von ihm geführten Partei gewirkt und jeder Zeit mit ſeltener Umſicht und kraftvoller Energie für die Intereſſen der Staats - einheit, des Deutſchthums und Freiheit einge - treten iſt.

(Die Demokraten gegen die Antiſemiten.)

Der Demokratiſche Verein am Wiener Neubau nahm in ſeiner am Samſtag ſtattgehabten Plenar - verſammlung gelegentlich der Beſprechung der be - vorſtehenden Gemeinderathswahlen in ſehr ſcharfer Weiſe gegen die Antiſemiten Stellung. Bezirks - vorſtand Riß ſtellte nämlich unter Hinweis auf die von den anderen Parteien im Bezirke bereits in Gang gebrachte Wahlagitation den Antrag, daß ſich der Vereins-Ausſchuß, durch Vertrauens - männer v[e]rſtärkt, als Wahlcomité für die Ge - meinderaths - und Bezirksausſchußwahlen conſti - tuire. Redner gibt ein Bild der zerfahrenen Parteiverhältniſſe im Bezirke, wo Liberale, De - mokraten und Antiſemiten von ſechs verſchiedenen Couleurs (Anhänger von Dr. Lueger, Dr. Pattai, Dr. Porges, Schönerer, Vergani, Schneider) kämpfen und im dritten Wahlkörper acht Candi - daten genannt werden. Reichsraths-Abgeord - neter Dr. Kronawetter gibt der Anſchauung Ausdruck, daß ſich ein ernſter Kampf blos zwiſchen Demokraten und Antiſemiten abſpielen werde, welch letztere zu Wahlzwecken den häuslichen Zwiſt verkleiſtern werden. Der Kampf ſpiele ſich ab zwiſchen jener Partei, welche den Grundſätzen des Jahres 1848 treu geblieben iſt, und jenen Perſonen, welche den Mantel nach jedem Wind drehen, welcher ein Mandat bringt. Für die Antiſemiten gibt es keine Ideale, ſie ſagen nur, es wird beſſer gehen, wenn wir zurückgehen. Traurig iſt es, daß Viele ſich blenden laſſen von gewiſſenloſen Verführern, die ſchon in allen Lagern gedient haben. Gewiſſenlos und ein Frevel iſt es, wenn intelligente Männer, mit Redens - arten das Volk verführen, von denen ſie wiſſen, daß ſie unwahr ſind. Wir Demokraten werden feſthalten an unſeren Principien, und wenn wir dies nicht mehr können, ſo treten wir lieber aus dem öffentlichen Leben zurück. Wir wollen nicht unſeren Geiſt opfern, nicht Verſtand und Wiſſen opfern, wie es die Antiſemiten thun, wir wollen nicht die Herrſchaft des Adels und Clerus erdulden, ſondern wollen getreu unſeren Principien weiter frei verbleiben als echte Demokraten. (Stürmiſcher Beifall. ) Rei[c]hs - raths-Abgeordneter Kreuzig charakteriſirt die antiſemitiſche Partei, welche unter dem Schirm des Krummſtabes ſteht und nur darnach trachtet, die Majorität in der Gemeindevertretung zu er - langen. Die Antiſemiten geben vor, die Corrup - tion zu bekämpfen; unſer Programm iſt aber viel älter. Wir haben immer die Corruption be - kämpft, aber nie gefragt, ob die Corruption jüdiſchoder chriſtlich iſt, denn ſie iſt gleich verdammens - werth bei Jud nnd Chriſt. (Lebhafter Beifall.) Eine andere Partei nennt ſich Vereinigte Chriſten; ich geſtatte aber Niemand, ſich einen beſſeren Chriſten zu nennen, als ich es bin. Gemeinde - rath Luſtig erklärt, nach wie vor als Democrat, der keine Wandlung mitgemacht, zu candidiren.

(Gegen den Böhmerwaldbund.)

Anläß - lich der jüngſten Reichsrathswahl im Böhmer - walde hat der Caplan Kadleček in Sablat (Be - zirk Prachatitz) eine Rolle geſpielt, die eines Organs der Kirche durchaus unwürdig iſt. Der genannte Herr begnügte ſich nämlich nicht damit, den Verſuch zu machen, im Geheimen die deut - ſchen Wähler zum Verrathe an ihrer Nation zu verleiten, er ging ſogar ſo weit, eine Hetz - und Brandrede gegen den Böhmerwaldbund, die deut - ſchen Wahlmänner, welche Taſchek gewählt und gegen dieſen ſelbſt zu halten. Den in der Kirche befindlichen gut deutſch geſinnten Landwirthen war eine ſolche Entweihung der Kanzel aber doch zu arg. Sie wiſſen recht wohl, daß von ihr herab Worte des Friedens, der Verſöhnung und des Troſtes, nicht die des Haſſes und der erbärmli - chen Lüge erſchallen ſollen. Sie gaben die beſte Antwort auf dieſe Hetzrede dadurch, daß ſie, wie aus Budweis gemeldet wird, die Kirche verließen und den tſchechiſchen Caplan die Predigt den tau - ben Kirchenwänden halten ließen. Die ſchlichten Bauern haben damit mehr Tact - und Anſtands - gefühl bewieſen, als der gebildet ſein wollende geiſtliche Herr, durch deſſen Verhalten dem An - ſehen der Kirche, den Gefühlen wahrer Religio - ſität unendlicher, nicht wieder gut zu machender Schaden zugefügt wird. Das traurigſte aber bei der Sache iſt, daß der deutſche Pfarrer P. Waſt[l]mit dem Vorgehen ſeines tſchechiſchen Caplans einverſtanden iſt.

(Im ungariſchen Abgeordnetenhauſe)

wurde am 16. d. M. ohne jeden Scandal die Specialdebatte über die Wehrvorlage fortgeſetzt. Bei § 14 gab der Miniſterpräſident Tisza die Erklärung bezüglich der bekannten Modificationen ab, worauf die Linke die Zurückweiſung des Pa - ragraphen an den Wehr - und an den Juſtizaus - ſchuß forderte. Graf Apponyi erklärte, die bean - tragte Modification ſei bekannt genug, ſo daß der Paragraph ohne Weiteres verhandelt werden könne. Dieß geſchah denn auch, aber es ſprachen nur zwei Redner, denn es war inzwiſchen die Zeit für die Interpellationen gekommen, deren nicht weniger als vier in Angelegenheit der jüngſten Demonſtrationen eingebracht wurden. Die inter - pellirten Miniſter des Inneren und der Juſtiz antworteten ſofort, daß die Polizeiorgane nur ihre Pflicht gethan und daß ſie auch weiter be - müht ſein werden, Ruheſtörungen wenn möglich in ſchonender, ſonſt aber in energiſcher Weiſe hintanzuhalten. Dieſe Antworten wurden trotz des wüſten Lärmes der Oppoſition von der Majo -

nach der Conciergerie überführte, um ſie von dort auf’s Schaffot zu ſchleppen, täglich größer. Die Herzogin ſchreibt darüber: Immer zahlrei - cher wurden die Opfer. Gewöhnlich fand der Transport derſelben zu der Zeit ſtatt, da wir auf dem Hofe ſpazieren gingen. Ich glaube noch den unglücklichen Herrn Titon, Parlamentsrath von Paris, unter den Fenſtern ſeiner Frau und ſeiner Tochter, denen die Erlaubniß, von ihm Abſchied zu nehmen, verweigert worden war, vorbeigehen zu ſehen. Es war um fünf Uhr Abends, und am folgenden Mittag lebte er nicht mehr. Zu verſchiedenen Stunden kamen die Karren und der Wagen Fouqier-Tin - ville’s an, um die Angeklagten fortzufüh - ren. Der Kutſcher dieſes Mannes war eines ſolchen Herrn würdig; während die Opfer ein - ſtiegen, machte er Kreuzſprünge und ſein Coſtüm glich dem eines Poſſenreißers. Es iſt faſt unmög - lich, den Schrecken zu ſchildern, den das Oeffnen des großen Thores verurſachte. Ich höre noch das Geräuſch der Klopfenden in meinen Ohren. Die Diener des revolutionären Gerichtshofes ſchritten den Wagen voran, die Hände von Anklage-Ur - kunden angefüllt. Sofort trat ein ſchreckliches Schweigen ein, welches das des Todes war. Jeder glaubte, daß der verhängnißvolle Beſchluß ihm übergeben werde; die Geſichter nahmen einen beſtürzten Ausdruck an, die Gemüther waren von Grauen erfaßt. Die Gerichtsdiener ſtiegen zu den Corridoren hinauf, um die Namen Terjenigen aufzurufen, welche zur Abfahrt be -ſtimml waren und ließen ihnen nur eine Vier - telſtunde übrig, um ſich darauf vorzubereiten. Man ſagte ſich ein ewiges Lebewohl, und wir blieben, von Entſetzen gepackt, zurück, da wir keinen Tag ſicher waren, noch am folgen den Morgen zu leben.

Die übrigens keineswegs unbekannte That - ſache, daß die franzöſiſche Leichtlebigkeit ſelbſt in den von Todesahnungen fortwährend erfüll - ten Gefängniſſen der Schreckensherrſchaft zur Geltung kam, wird auch von der Herzogin von Duras in ihren Erinnerungen beſtätigt. Oft hörte ſie heitere Melodien nach den Klängen muſikaliſcher Inſtrumente ſingen, und unter den weiblichen Inſaſſen waren Viele, die auf nichts Anderes, als auf ihre Toilette bedacht zu ſein ſchienen. Einen ganz beſonders merkwürdigen Anblick muß jedoch das ehemalige Univerſitäts - gebäude an dem Tage des Feſtes des höchſten Weſens dargeboten haben. Alle Gefangenen muß - ten ſich auf dem Hoſe verſammeln, der mit einer großen Maſſe von Zweigen und Laubwerk an - gefüllt war. Dann wurde ihnen der Befehl er - theilt, Guirlanden zu winden und damit die Thüren zu ſchmücken. Nach der Ausſage der Herzogin legten Einige dabei einen außerordent - lichen Eifer an den Tag und wollten in ihrer echten oder angenommenen Begeiſterung ſogar einen Freiheitsbaum in der Mitte des Hofes pflanzen. Das erſchien freilich ſelbſt ihrem Kerker - meiſter in dem Grade thöricht, daß er ſie daran hinderte.

Zu der beſtändigen F[u]rcht vor der Guillo - tine trat bei der Herzogin von Duras noch die Beſorgniß um das Schickſal ihrer hochbetagten Eltern hinzu, bis ſie eines Tages aus dem Munde der Frau La Fayette’s, ihrer Mitgefangenen, mit der ſie nahe verwandt war, die ſchreckliche Nach - richt erfuhr, daß die ehrwürdigen Häupter der - ſelben unter dem Henkerbeil gefallen ſeien. In ihrem verzweiflungsvollen Schmerz ſuchte ſie Troſt in der Tröſtung einer Frau, deren Gatte und einziger Sohn im Alter von 16 Jahren an dem - ſelben Tage auf’s Blutgerüſt geſchleppt worden waren, und bald darauf wurde ihr die traurige Pflicht zu Theil, Derjenigen, die ihr den Tod ihrer Eltern angekündigt hatte, die Mittheilung zu machen, daß ihre Großmutter und Schweſter ebenfalls der Mordwuth der Schreckensmänner zum Opfer gefallen wären. Gleichen Schritt mit den Hinrichtungen in der Hauptſtadt hielten die Zuzüge von Gefangenen aus der Provinz. An einem Tage wurden in dem Gefängniß der Herzogin 80 Bäuerinnen aus einem Departement untergebracht, die nur deshalb verhaftet worden waren, weil ſie einer Meſſe beigewohnt hatten. Schließlich waren alle Geſellſchaftsclaſſen hinter dieſen Kerkermauern vertreten: Damen der höch - ſten Stände, Bürgerfrauen, Nonnen, Fiſchweiber und Straßenmädchen. Die Einen fügten ſich mit Gebeten und ſtiller Ergebung in ihr Schickſal, die Anderen verfluchten es mit lauten Verwün - ſchungen, Alle waren von derſelben Sehnſucht nach der verlorenen Freiheit erfüllt.

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rität zur Kenntniß genommen, womit die Sitzung ſchloß.

(Die Nationalliberalen und der deutſche Reichskanzler.)

Die Hamb. Nachrichten be - ſtätigen, daß die national liberale Parteileitung brieflich ihre Mitglieder aufforderte, bei der Un - terſtützung der inneren Politik des raſchalternden Reichskanzlers mit möglichſter Vorſicht zu ver - fahren. Wie ferner verlautet, hat in der Frac - tionsſitzung der Nationalliberalen, welche über den Antrag Bebel’s betreffend die Aufhebung der Getreidezölle berieth, Benningſen geſagt: Mit dem Abl[e]ben des Kanzlers würden die Getreide - zölle ohnehin fallen, deshalb brauche man gar nicht für den Antrag B[e]bel’s oder andere An - träge ſtimmen. In der nationalliberalen Partei ſelbſt ſollen anläßlich dieſer Vorgänge ſtürmiſche Scenen ſtattgefunden haben. Die ſüddeutſchen Mitglieder ſollen mit Seceſſion nach rechts ge - droht haben.

Die Nordd. Allg. Ztg. ſchreibt: In maß - gebenden Kreiſen iſt man erſtaunt über den Lärm, den der Artikel der Hamburger Nachrichten : Die Nationalliberalen und der Reichskanzler , in der Preſſe erregt hat. Die Thatſache dürfte ihre Erklärung darin finden, daß man den Ex - p[e]ctorationen des Hamburger Blattes einen offi - ciöſen Urſprung beimißt und dieſelben auf den Reichskanzler, beziehungsweiſe auf Perſonen ſeiner nächſten Umgebung zurückführt. Dieſes proton pseudos (Irrthum) möchten wir als ſolches con - ſtatiren. Schon der Styl und die Redaction des Artikels hätten berechtigten Zweifel nach dieſer Richtung erregen müſſen. Die vielſeitige Unkla[r]heit der Tendenz des Artikels, welche den - ſelben ſchwer verſtändlich macht, hätte als Beweis dafür genügen ſollen, daß der geiſtige Urheber jedenfalls nicht in der Wilhelmsſtraße geſucht werden darf.

(Monarchen-Begegnungen.)

Der nächſte Sommer wird Europa wieder eine Reihe von Monarchen-Begegnungen bringen. Der Czar ſoll, wie ſchon aus Hamburg gemeldet wurde, in Be - gleitung der Kaiſerin bereits im Monate Juni, gefolgt von der ruſſiſchen Oſtſeeflotte, zum Be - ſuche des deutſchen Kaiſers in Kiel eintreffen. In nächſter Zeit ſoll aber auch Kaiſer Wilhelm ſeiner Großmutter, der Königin Victoria von England, einen Beſuch abſtatten. Die Yacht, auf welcher der deutſche Kaiſer[ ſe[i]ne] Reiſe znr See antreten ſoll, wird bereits in Dienſt geſtellt, und man glaubt in Berlin, daß die jüngſte Anw[e]ſenheit des Lord Beeresford in der deutſchen Reichshaupt - ſtadt, wo derſelbe bei Hofe vielfach ausgezeichnet wurde, die näheren Verabredungen über die Reiſe des Kaiſers nach England zum Zwecke hatte.

(Die franzöſiſche Winiſterkriſis)

iſt noch immer nicht beendet und finden von Seite des Prä - ſidenten noch immer Verhandlungen ſtatt. PariſerJournalen zufolge beabſichtigt der Präſident blos die Berufung eines Geſchäftsminiſteriums, um den Erfolg der Ausſtellung zu ſichern.

(General Bonlanger)

ſcheint ſich in den Gedanken, dazu berufen zu ſein, binnen Kurzem die Geſchicke Frankreichs zu leiten, völlig einge - lebt zu haben. Dem Pariſer Berichterſtatter der Morning Poſt gegenüber meinte er, die Eng - länder müßten Egypten räumen, und er glaube auch, daß ſie es freiwillig thun würden. Er würde, zur Macht gelangt, eine ſolche Löſung der Frage anzubahnen verſuchen. Als der Berichterſtatter die zarte Frage ſtellte: Auf friedlichem Wege? blieb der General eine entſchiedene Antwort ſchul - dig und ſchien ſich nicht gerne darüber äußern zu wollen.

(Ein Vertrauensvotum für Crispi.)

In der Sitzung der italieniſchen Kammer vom 16. d. M. theilte der Präſident mit, der König nahm die Kammeradreſſe entgegen und dankte für die Zuneigungskundgebung. Der König er - blickte gleichfalls in der Ausübung der geſetzlichen Freiheiten die ſicherſte Garantie des nationalen Lebens und der nationalen Zukunft; er hoffe, das Parlament werde im Einvernehmen mit der Regierung auch die Schwierigkeiten wichtiger wirthſchaftlicher Fragen überwinden, welche Auf - gabe eine den Frieden anſtrebende Regierungs - politik erleichtern werde. Der König bat, dem Parlamente ſeine Gefühle und Wünſche für das Wohl und den Ruhm Italiens zu übermitteln. (Lebhafte Zuſtimmung.) Bei der Fortſetzung der Verhandlung des Antrages Bonghi acceptirte Crispi eine T[a]gesordnung, wonach die Kammer, im Vertrauen, Crispi werde unter vollſtändiger Wahrung der verfaſſungsmäßigen Freiheiten die Ruhe und Ordnung energiſch aufrecht zu erhal - ten wiſſen, zur Tagesordnung übergeht. Die Tagesordnung wurde mit 247 gegen 115 Stim - men angenommen, alle anderen Tagesordnungen gegen das Miniſterium wurden abgelehnt. Vor der Abſtimmung erklärte Crispi, ſeine Demiſſion geben zu wollen, wenn die Kammer gegen ihn entſcheiden ſollte.

(Der Nihilismus.)

Der in ſeinen heimi - ſchen ruſſiſchen Augelegenheiten meiſt ſehr wohl orientirte Petersburger Correſpondent der Schleſ. Ztg. ſchreibt dieſem Blatte, in Bezug auf den Nihilismus ſei, nach der Auffaſſung anerkannter Kenner der einſchlägigen Verhältniſſe, eine ent - ſchiedene Wendung zum Beſſeren eingetreten. Man höre jetzt gar nichts mehr von irgend welchen verbrecheriſchen Anſchlägen oder von einer ſonſtigen Thätigkeit der Nihiliſten, und der beſte Beweis für die Richtigkeit jener günſtigen Auf - faſſung ſei, daß bereits ſeit mehreren Mo - naten in der Petersburger Feſtung ſich kein einziger nihiliſtiſcher Unterſuchungsgefangener mehr befinde. Dies ſei ſeit nahezu zehn Jahren nicht

Am Morgen des 9. Thermidor (27. Juli 1794) drang Kanonendonner an das Ohr der Gefangenen, durch den in ihnen die Annahme erweckt wurde, daß bedeutungsvolle Ereigniſſe ſich in der Stadt abſpielten. Die beſtürzten Geſichter ihrer Wärter waren wohl geeignet, dieſe Ver - muthung zu befeſtigen, und ſo ſchwankten ſie den ganzen Tag über zwiſchen der Furcht vor einem nahen ſchrecklichen Ende und der Hoffnung, daß die Dinge eine Wendung zum Beſſeren nehmen könnten. Die Schale ſenkte ſich endlich zu Gun - ſten der Hoffnung, als ſich am Abend unter ihnen das Gerücht von dem Tode Robespierre’s verbreitete. In der That brach jetzt auch eine beſſere Zeit für ſie an: ihre Behandlung wurde eine menſchenwürdigere, und die Freilaſſungen mehrten ſich von Tag zu Tag.

Diejenigen mit adeligem Namen mußten frei - lich länger als die Bürgerlichen auf die günſtigen Folgen der Ereigniſſe des 9. Thermidor warten, und ſeit dieſem denkwürdigen Tage verſtrichen noch mehr als zwei Monate, bevor die Her - zogin von Duras ſich vor ihren Richtern ver - antworten konnte.

Zuſammen mit Frau von La Fayette hatte ſie das hochnothpeinliche Verhör zu beſtehen. Als Bourdon, einer der Richter, ſie nach ihrem Na - men fragte und ſie denjenigen ihres Vaters und ihres verſtorbenen Gemals nannte, ſprang Jener von ſeinem Stuhl auf und rief aus: Das ſind abſcheuliche Namen! Wir dürfen dieſe Frau nicht in Freiheit ſetzen, ihre Sache muß im Comité der allgemeinen Sicherheit verhandelt werden. Auf die weitere Frage, was ſie für die Revolu - tion gethan habe, erwiderte die Herzogin: Zu allen Zeiten meines Lebens habe ich ſo viel Gutes gethan, wie ich konnte, und an arme Freiwillige von den Beſitzungen meines Vaters Geld vertheilt, als ſie ſich zum Heere begaben. Frau von La Fayette entgegnete auf die Bemer - kung eines andern Richters, daß er ihren Gatten und ihren Namen verabſcheue, mit ruhigem Muth, daß ſie ſtets ihren Gatten vertheidigen werde und daß ein Name in ihren Augen kein Un - recht ſei.

Am 19. October des Jahres 1794 erhielt die Herzogin endlich ihre Freiheit, nachdem ſie vierzehn Monate in ſtrenger Kerkerhaft ge - ſchmachtet und die Qual fortwährender Todes - angſt ertragen hatte. Aber dennoch drang kein Freudenton aufjauchzender Erleichterung aus ihrer Bruſt, als ſich die Pforten ihres Gefäng - niſſes für ſie öffneten. Wohin ſie auch ihre Blicke wenden mochte: nur ſchmerzvolle Erinne - rung nnd Verlaſſenſein und Entbehrungen aller Art ſah ſie vor ſich. Hatte man nicht ihre Eltern auf’s Blutgerüſt geſchleppt? War nicht faſt das ganze Vermögen ihrer Familie von der Revolution verſchlungen worden? In der That, ſo geringe Exiſtenzmittel ſtanden ihr jetzt zur Verfügung, daß ſie ſich bei der außerordent - lichen Theuerung, die damals in Paris herrſchte, kaum vor Hunger ſchützen konnte, und erſt die Wandlung in den ſocialen Verhältniſſen ihres Landes führte eine Beſſerung ihrer äußeren Lage herbei.

( Tägl. R. )

der Fall geweſen. Die Stimmung im ganzen Lande habe ſich eben in jeder Beziehung beru - higt, und das gebe ſich auch im Einſchlummern des Nihilismus kund. Hoffentlich iſt dieß nicht die Ruhe vor dem Sturme.

Reichsrath. Sitzung des Abgeordnetenhauſes vom 16. Februar.

In der heutigen Sitzung ſagte der Abge - ordnete Zallinger: Die ablehnenden Erklärun - gen der Regierung im Subcomité des Steuer - ausſchuſſes bezüglich der Gebäudeſteuer werden die Erbitterung in der Bevölkerung nur noch ſteigern. Man konnte wenigſtens eine Milderung der ungerechten Härten des Geſetzes ſchon mit Rückſicht auf die Abgeordneten, welche die Regie - rung unterſtützen, erwarten, allein die Forderun - gen der Gerechtigkeit und die poiltiſchen Rück - ſichten fielen der fiscaliſchen Ausbeutung zum Opfer. Der Redner erſucht den Obmann des Steuerausſchuſſes, baldigſt eine Ausſchußſitzung einzuberufen, womöglich noch vor der Budget - debatte, damit Klarheit in die Situation komme, bevor der Regierung das Budget bewilligt wird. (Hört! links.) Der Redner erſucht auch den Prä - ſidenten um ein ſchärferes Tempo in der Abhal - tung der Sitzungen. Ich halte es, fuhr der Redner fort, geradezu für gefährlich, die wichtigſten und dringendſten Angelegenheiten auch in dieſem Seſſionsabſchnitte unerledigt zu laſſen. (Hört! links.) Die Vermuthung liegt nahe, daß nach der Bewilligung des Budgets die Regierung finden werde, das Haus habe ſeine Schuldigkeit gethan und kann nach Hauſe gehen. (Hört! links.) Des - halb ſollten die dringendſten Angelegenheiten auf die Tagesordnung kommen. Die Freunde der Regierung müßten das umſomehr wünſchen, damit doch etwas geſchehe, bevor ein weiteres Jahr nutzlos verſtreicht. Wenn die Majorität nicht alle parlamentariſchen Mitteln aufböte, läge die Ver - muthung nahe, daß die Herren von der Ahnung beſchlichen ſind, daß man, wenn Fragen zur Sprache kommen, welche das katholiſche Volk be - rühren, von dieſer Regierung nichts zu erwarten hat. (Hört! links.)

Hierauf ſetzte das Haus die Specialdebatte über das Lagerhausgeſetz fort.

Ebenhoch und Genoſſen interpellirten wegen vielfach vorgekommener Confiscationen clerikaler Blätter. In der Interpellation wird geſagt, man - chen Staatsanwaltſchaften ſei es mehr um die Sache der liberalen Partei als um Recht und Geſetz zu thun. (Gelächter links.)

Locales und Provinzielles.

(Seine kaiſl. Hoheit Franz Ferdinand d’Eſte in Olmütz.)

Samſtag Abends 6 Uhr traf Se. kaiſ. Hoheit Erzherzog Franz Fer - dinand d’Eſte mit der Staatsbahn, von Prag kommend, zum Beſuche Sr. kaiſ. Hoheit des Erz - herzogs Eugen in Olmütz ein. Se. kaiſ Hoheit nahm in der Reſidenz, welche Erzherzog Eugen bewohnt, ſein Abſteigequartier. Geſtern Vormittags beſuchten die beiden Erzherzoge die Domkirche, woſelbſt dieſelben von dem Domcapitular Ritter v. Holle empfangen wurden und das Gotteshaus in allen Räumen beſichtigten; auch die Krypta, in welcher bekanntlich das Herz des früheren Olmützer Fürſterzbiſchofs Erzherzogs Rudolf, aufbewahrt wird, wurde beſichtigt. Weitere Be - ſuche galten der Sct. Mauritzkirche und der Sct. Michaelskirche. Um ¾11 Uhr V. erſchienen die beiden Erzherzoge in dem im ſtädt. Rathhauſe befindlichen hiſtoriſchen Muſeum der Stadt Olmütz, wo ſie vom Herrn Bürgermeiſter v. Engel, Herrn Profeſſor Nowak und Herrn Archivar, Official Grammel empfangen wurden. Se. kaiſ. Hoheit Herr Erzherzog Franz Ferdinand beſichtigte das Muſeum in eingehender Weiſe, wobei die Herren Bürgermeiſter v. Engel und Profeſſor Nowak den Cicerone machten. Der Herr Erzherzog war ſicht - lich über die Fülle der im hiſtoriſchen Muſeum befindlichen, auf die Stadtgeſchichte bezug - habenden Objecte, ſowie über die hübſche und überſichtliche Anordnung überraſcht und ſprach hierüber ſeine volle Anerkennung aus. Se. kaiſ. Hoheit unterzeichnete hierauf ſeinen Namenszug:[5] Erzherzog Franz in dem ihm vom Herrn Bürgermeiſter vorgelegten Gedenkbuch. Ein in Ausſicht genommener Beſuch des Kaiſer Franz Joſef-Gewerbemuſeuws unterblieb wegen Kürze der Zeit, doch verſprach Se. kaiſ. Hoheit Erz - herzog Franz Ferdinand bei ſeinem, demnächſt abermals ſtattfindenden Beſuche der Stadt Olmütz auch das gedachte Muſeum beſichtigen zu wollen. Die beiden Erzherzoge promenirten hierauf durch einige Zeit am Oberringe, beſuchten den Stadt - park und begaben ſich ſodann in die Officiersmeſſe des 100. Infanterie-Regimentes, woſelbſt ſie an dem Mittagmahle theilnahmen. Mit Rückſicht auf die Hoftrauer für wei[l]. Se. kaiſerl. Hoheit Kronprinz Rudolf entfiel die Beiſtellung einer Tafelmuſik. Die beiden Erzherzoge wurden bei ihrem Eintritte in die Officiersmeſſe von dem Commandanten des 100. Infanterie-Regimentes und dem löbl. Officierscorps dieſes Regimentes empfangen und an die Ehrenplätze geleitet. Nach - mittags 3 Uhr 40 Minuten kehrte Se. kaiſerl. Hoheit Erzherzog Franz Ferdinand d’Eſte mit der Staatsbahn nach Prag zurück.

(Abſchiedsfeier für Stadtrath Peyſcha.)

Die von den ſtädt. Beamten am Sonnabend arrangirte Feier aus Anlaß des Scheidens des Herrn Stadtraths Peyſcha aus dem ſtädtiſchen Dienſte, geſtaltete ſich ebenſo herzlich als erhebend für alle Theilnehmer. Es hatten ſich zu derſelben nebſt dem Gefeierten und ſeinen Collegen die Gemeinderäthe, mehrere Stadtverordnete, ferner viele Freunde des Jubilars und eine Anzahl von Damen eingefunden. Die Arrangeure hatten für die Unterhaltung der Erſchienenen in beſter Weiſe geſorgt. Aus der Mitte der ſtädtiſchen Beamten - ſchaft hatte man ein kleines Orcheſter zuſammen - geſtellt, das vortreffliche muſikaliſche Vor - träge brachte, die mit Quartett - und Chorge - ſängen, ſowie mit Clavier -, Zither - und Couplet - vorträgen wechſelten, die ſämmtlich vollendet zu Gehör gebracht wurden und ſtürmiſchen Beifall fanden. Man ſtaunte über die reiche Zahl muſi - kaliſcher Talente, die ſich in unſerer ſtädtiſchen Beamtenſchaft und ihren Angehörigen finden. Von letzteren wurden beſonders die Fräuleins Lemmer und Zaſtiera für ihre Zithervorträge ausgezeichnet. Während der Pauſen zwiſchen den Vorträgen feierte man den Jubilar in gehaltvollen Re[d]en. Zunächſt hielt Herr Stadtſecretär Kornauth an denſelben Namens der ſtädt. Beamten eine herzliche und kernige An - ſprache, welche folgenden Wortlaut hatte:

Hochverehrter Herr Stadtrath!

Mit dem ehrenden Auftrage betraut, Ihnen am heutigen Feſttage Namens der ſtädt. Beam - tenſchaft, deren innigſte Ergebenheit und herzlich - ſten Glückwünſche darzubringen, dürfte es mir wohl kaum gelingen, dieſer Aufgabe in einer voll - kommen entſprechenden Weiſe gerecht zu werden. Sollte es mir nämlich auch gelungen ſein, all dieWünſche zu errathen, von denen die Herzen Ihrer Collegen und Freunde beſonders bei dem heutigen Feſtesanlaſſe erfüllt ſind, ſollte es mir auch gelungen ſein, all die Worte der Liebe und Freundſchaft zu leſen und zu deuten, die in un - wandelbarer Flammenſchrift in unſer Inneres eingegraben ſind, ſo muß ich dennoch beſorgen, daß es mir wohl kaum möglich ſein wird, alle die Wünſche und Gefühle in entſprechender und er - ſchöpfender Form zum Ausdruck zu bringen und ſo der richtige Dolmetſch unſerer Herzensſprache zu ſein. Und doch will ich nicht zögern, mich der vorerwähnten Aufgabe freudig zu unterziehen und mein Vertrauen darauf ſetzen, daß die Worte, die mein Herz mir auf die Lippen drängt, wohl auch den Weg zum Herzen finden werden.

Zunächſt möchte ich einige Worte der Ver - anlaſſung widmen, die uns heute zuſammenge - führt hat und die wohl eine feſtliche genannt werden muß. Haben wir uns ja doch heute ver - ſammelt, um das ſeltene Feſt einer ebenſo raſt - loſen als verdienſtvollen Thätigkeit im Dienſte des Gemeinweſens feierlich zu begehen und dieſen Freudenanlaß mit Kundgebungen collegialer Freundſchaft und herzlicher Ergebenheit zu be - gleiten.

Es würde mich zu weit führen und wohl ein eitel Beginnen ſein, wollte ich all die Ver - dienſte auch nur in der kürzeſten Form aufzählen, die Sie ſich in den langen Jahren Ihrer viel - ſeitigen, einſigen Thätigkeit erworben haben, wollte ich die zahlloſen Beweiſe ehrender Aner - kennung wiederholen, die Ihrem raſtloſen Streben geworden.

Durch mehr als ein Menſchenalter haben Sie, hochverehrter Herr Stadtrath, Ihr Wiſſen und Können einem der wichtigſten Dienſte im Staatsdienſte mit den erfreulichſten Erfolgen ge - weiht und neben der gewiſſenhaften Erfüllung Ihrer Pflicht, neben den Mühen Ihres ver - antwortungsvollen Amtes, das einen ganzen Mann erfordert, doch noch Zeit und Muße gefunden, der Wiſſenſchaft und den ſchönen Kün - ſten als eifriger Jünger zu dienen. Gar manches Kapitel der heimiſchen Geſchichte haben Sie durch geiſt - und ſtilvolle Aufzeichnungen vor der Ver - geſſenheit bewahrt und hiedurch ſich ſelbſt ein Denkmal geſetzt, dauernder als Erz! Was Sie auf dem Gebiete der Muſik geleiſtet, davon ſpricht die muſikaliſche Chronik unſerer Stadt bis weit zurück in längſt vergangene Tage. Wie ſehr Sie mit den zauberiſchen Klängen Ihrer Geige ſich in Aller Herzen einzuſchmeicheln wuß - ten, deß kann ich wohl getroſt alle Anweſenden zum Zeugen rufen. Was mir jedoch ebenſo freu - dig alle Anweſenden und weit hinaus alle Jene bezeugen werden, die je im öffentlichen oder privaten Leben mit Ihnen zuſammenzutreffen Gelegenheit hatten, iſt die Thatſache, daß Sie, hochverehrter Herr Stadtrath, wie ſelten Jemanddurch Rechtlichkeit, Offenheit und Character - feſtigkeit die Achtung wie die Liebe Aller zu erwerben und zu bewahren wußten. Sollten wir, die wir berufen waren, vereint mit Ihnen thätig zu ſein, darum nicht von der größten Freude erfüllt ſein, am heutigen Tage, wo wir Ihr 40jähriges Dienſtjubiläum feiern, freudig ausrufen zu können: Sie waren der Un - ſere und werden hoffentlich auch der Un - ſere bleiben, wenn Sie auch heute aus unſerem engeren Dienſtesverbande ſcheiden, um fern von den Mühen des Amtes der wohlver - dienten Ruhe zu pflegen! Mögen Sie dieſe Ruhe noch lange Jahre in beglückender Zufriedenheit genießen und wenn Sie auf die Zeit zurückblicken, in der uns gemeinſames Wirken verbunden hatte, in Freundſchaft Ihrer Collegen gedenken, die nichts ſo ſchmerzlich empfinden würden, als wenn die Lockerung des äußerlichen Bandes der Dienſtes - zuſammengehörigkeit auch eine Löſung des uns eng umſchließenden Freundſchaftsbandes und eine Entfremdung unſerer Herzen bewirken ſollte. Daß dies nicht geſchehe, daß vielmehr das Verhältniß wahrer Freundſchaft und Collegialität ſich, womög - lich noch inniger geſtalte, dieß iſt unſer Aller Wunſch, dem ich Namens meiner Collegen noch die Bitte anſchließe, als kleines Zeichen unſerer treueſten Ergebenheit eine Ehrengabe freundlichſt entgegen - zunehmen. Möge Sie jeder Trunk aus dieſem Becher neu verjüngen, mögen Sie, wenn des Lebens Mühen und Sorgen jemals Sie be - drücken, wenn Unbilden jemals Sie bedrängen ſollten, Troſt und Vergeſſenheit aus dieſem Becher trinken, möge endlich dieſer Becher Sie ſtets er - innern, daß unſere Freundſchaft und Ergebenheit treu wie Gold, daß jeder Tropfen, den der In - halt faßt, einen herzlichen Glückwunſch Ihrer Freunde und Collegen bedeutet, die jetzt freudig mit mir einſtimmen in den Ruf: Unſer lieber College, der allverehrte Herr Stadtrath, lebe hoch!

Am Schluſſe der oft von Beifall unterbrochenen Rede überreichte der Redner Herrn Stadtrath Franz Peyſcha als Ehren - geſchenk der Beamten einen prächtigen Silberpocal. Die Damen ehrten den Scheidenden durch ein ſchönes mit feinem Monogramm in Gold geſtick - tes Notenpult, welches Forſtmeiſterin, Frau Ludwig mit einer ſinnigen Anſprache überreichte. Herr Stadtrath Peyſcha dankte gerührt in einer mit Humor gewürzten Rede und bat ihm auch ferner die kund - gegebenen Sympathieen zu bewahren. Namens der erſchienenen Gemeindevertreter toaſtete Herr Director Thannabnur auf den Jubilar. Dieſer Toaſt fand gleichfalls ſtürmiſchen Beifall. Die Unterhaltung währte bis lange nach Mitternacht. Sie zeigte, daß in unſerer ſtädt. Beamtenſchaft ein Geiſt der Freundſchaft und Collegialität herrſcht, deſſen Pflege und Erhaltung ebenſo wünſchens - werth iſt wie die Pflege jener Geſelligkeit, deren Zeuge wir am Sonnabend waren.

Marion.

Nachdruck verboten.

28

Ich habe mich in keiner Handlung treulos gezeigt, entfuhr es ihr. Sie hatte, inſtinktmäßig den Kopf erhoben und den Blick offen und feſt auf den Richter gewandt.

Herr de St. Grillac hielt einige Secunden ſtill. Sein Auge, das gierig forſchend auf der Miene der Beſchuldigten geruht hatte nahm einen ſanfteren Ausdruck an.

Ich wünſche Ihnen Glück, wenn Ihre Ausſage ſich als wahr erweiſt, meinte er.

Marion ſchwieg.

Vielleicht iſt es Ihnen möglich, die Schuld von ſich zu wälzen. Sie wiſſen, weßhalb Sie angeklagt ſind?

Angeklagt? ich?!

In Verwirrung, verſtummt vor Staunen, hielt das junge Weſen, als ob er ihr ein un - glaubliches Märchen erzähle, den funkelnden Blick unausgeſetzt auf den Richter gewandt.

Sie wiſſen nicht, daß Sie angeklagt ſind? fragte Herr de St. Grillac ſcharf.

Gewiß nicht!

Der Richter lachte auf.

Sie wiſſen doch, daß Sie im Gefängniß ſind, rief er.

Gewiß , ſagte Marion, deren Verwirrungallmählich nachließ. Der Herr Polizeirath be - fahl, daß ich dorthin gebracht werde, doch nur, weil ich mich weigerte, einen Namen zu nennen, den ich nicht nennen kann.

Herr de St. Grillac ſah ſie an.

Aber Sie kennen dieſen Namen, ſagte er ruhig.

Marion, augenſcheinlich mit ſich kämpfend, antwortete nicht.

Ihr Weigern, uns den Namen zu nennen, hat den Verdacht der Schuld auf Sie ſelbſt ge - laden, ſagte Herr de St. Grillac ernſt. Fühlen Sie ſich nach jeder Richtung hin ſchuldlos, ſo kann Sie nichts hindern, zu veranlaſſen, daß der Frevler von der Gerechtigkeit angefaßt wird. Es gibt überdies kein anderes Mittel, Sie aus dem Gefängniß zu erlöſen.

Er wendete, während er ſprach, nicht eine Secunde das Auge von den jungen Weſen, das, ſichtbar in immer wachſendem Kampf mit ſich, den Kopf vorgebeugt hatte und den Blick in den Schoß gerichtet hielt. Auch nachdem er geendet, ruhte ſein Auge eine lange Zeit auf ihr, bevor er das Wort wieder nahm.

Sie wiſſen vielleicht nicht, daß ihr Schwei - gen ſtrafbar iſt, meinte er dann, das Geſetz beurtheilt Sie als Hehlerin des Verbrechens und wird Sie demnächſt richten, ſogar wenn Ihre Schuldloſigkeit an dem Verbrechen ſelbſt erwieſen ſein wird.

Marion hatte die Hand auf ihr Herz gepreßt.

Mein Gott! bebte es von ihr.

Nicht wahr? ſagte Herr de St. Grillac ernſt wie vordem. Es lag eine gewiſſe Theil - nahme auf ſeiner Miene, da er zu ihr redete. Und haben Sie bedacht, daß dieſe Strafe nicht ganz ungerechtfertigt wäre? Haben Sie daran gedacht, daß nicht die Brandlegung allein Ihrer Wohlthäterin Vermögen und Ehre geraubt hat, daß ein anderes ſchwerwiegendes Verbrechen mit dieſer Brandlegung in Verbindung geweſen iſt?

Marion hatte den Kopf wieder aufgerichtet und ſtarrte halb ungläubig auf den Sprechenden.

Noch ein anderes? widerholte ſie.

Wiſſen Sie es wirklich nicht? fragte Herr de St. Grillac, während ſein Blick, der allmäh - lich ein gewiſſes Mitleiden kund gab, ſich ge - waltſam in ihrer Miene zu leſen bemühte. Hörten Sie niemals den Namen Baruch? Iſt es Ihnen unbekannt, welches Verbrechen er auf Geheiß einer anderen Perſon ausgeführt hat?

Marions Erſtaunen wuchs mit jedem Wort, welches der Richter ſprach.

Ich hörte niemals den Namen Baruch, zitterte es von ihr. Im Hauſe der Baronin wurde dieſer Name, ſoviel mir bewußt iſt, nie - mals genannt.

Wirklich? meinte Herr de St. Grillac faſt triumphirend. So wiſſen Sie auch nicht, daß die Brillanten aus dem ganzen koſtbaren Schmuck der Baronin verſchwanden, daß an Stelle der Juwelen Glas in der Faſſung geſchmiedet ward?! Sie wiſſen nicht

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(Aus dem Stadtverordneten-Collegium.)

Die Tagesordnung der heutigen Sitzung des Stadtverordneten-Collegiums iſt folgende: Bericht der 2. Section über die Verwendung der im Jahre 1888 eingegangenen Heimatrechtstaxen. Bericht der 2. Section über die Verwendung des Erlöſes für Hundemarken im Jahre 1888. Bericht der 3. Section über das Geſuch des ſtädt. Chorcapellmeiſters Herrn. W. Labler um Rege - lung ſeiner Bezüge. Bericht der 3. Section über das Geſuch der Theater-Direction um Sub - vention in Folge der erlittenen Einbußen durch die ſtattgefundene Unterbrechung. Bericht der 3. Section über den Rechnungsabſchluß der ſtädt. Pfandleihanſtalt. Bericht der 3. Section über den Entwurf von Statuten für den Penſions - fond der ſtädt. Beamten. Bericht der 3. Sec - tion über die von dem verſtorbenen hieſ. Bürger Herrn Franz Reimer angeordneten Bürgerſtiftung. Bericht der 1. Section über die Verwendung des Auslagen-Pauſchales für den Stadtpark im Jahre 1888, und über den Pflanzen - und Sa - menbedarf des Jahres 1889. Bericht der 3. Section über das Geſuch des Johann Staroſta, Schuldieners der k. k. Oberrealſchule, um die 2. Quinquennalze.

(Trauung.)

Wir erhalten folgende Trauungs - Anzeige: Fanny Preßl, Joſef Böcker, Beamte der k. k. Bosnabahn und Lieutenant-Rechnungs - führer in der Reſerve, beehren ſich hiemit ihre am 23. Februar 1889 um 5 Uhr Nachmittags in der Garniſonskirche zu Maria Schnee in Olmütz ſtattfindende Trauung höflichſt anzuzeigen.

(Vom Beamtenverein.)

Geſtern fand die 8. Local - und Conſortialverſammlung der Olmützer Mitgliedergruppe des Beamtenvereins ſtatt, welcher die ſatzungsgemäße Anzahl von 30 Mitgliedern mit 65 Stimmen anwohnten. Den Vorſitz führte der Obmann, Herr Prof. Joſ. Thannabaur. Nachdem die Beſchlußfähigkeit nachgewieſen und ein ſehr herzlicher Drahtgruß des Verwaltungs - rathes verleſen worden war, wurde zur Abwick - lung der Tagesordnung geſchritten. Der in Druck vorliegende Geſchäftsbericht wurde genehmigt und über Antrag des Aufſichtsrathes, berichtet durch den Obmann Herrn Prof. Dr. Frieß, dem Ausſchuſſe Entlaſtung ertheilt und der Dank aus - geſprochen, ſodann wurde beſtimmt: vom Rein - gewinn des Jahres 1888 mit 3712 fl. 51 kr. dem allgemeinen Sicherſtellungsfonde 71 fl. 90 kr. dem Fondes-Sicherſtellungsfonde 179 fl. 75 kr. zuzuwenden, 5% Dividende zu vertheilen, 350 fl. auf Remunerationen zu verwenden und den Reſt von 77 fl. 42 kr. auf neue Rechnung vorzutragen. Sodann fanden die Wahlen in den Vorſtand und Aufſichtsrath ſtatt. Sämmtliche Ausgeloſten wur - den wiedergewählt und zwar: Für den Aufſichts - rath als Mitglieder die Herren: Prof. Dr. Frieß, Prof. E. Plöckinger, als Erſatzmänner die Herren: Lehrer F. Martinek und Lehrer F. Mayer; fürden Vorſtand als Mitglieder die Herren: Fach - lehrer J. Blaſchke, Director W. Dörrich, Prof. J. Jahn, Oberlehrer J. Manda und Director R. Zwirner; als Erſatzmänner die Herren: Fach - lehrer Alois Manda, Obercommiſſär Pernikarz, Handelskammerofficial H. Peſchel. Die Beſtimmun - gen betreffs Verzinſung der Vorſchüſſe und Sparein - lagen, der Kündigungsfriſt u. ſ. w. wurden wie bisher beibehalten. Während des Scrutiniums wurde der Obmann erſucht, abzutreten, und es übernahm der Obmannſtellvertreter, Herr Director Zwirner den Vorſitz. Derſelbe ſtellte namens des Ausſchuſſes den Antrag: es ſei dem Conſortial - Obmanne, Herrn Prof. Joſef Thanna - baur mit Rückſicht auf ſeine vieljäh - rige, aufopfernde und ſelbſtloſe Thätigkeit an der Spitze des Vereins, dann ſeine ganz beſondere mit großem Zeitopfer verbundene Mühewaltung in der Bauaction des Vereins der Dank des Letzteren durch ein Ehren - geſchenk, deſſen Auswahl dem Ver - einsausſchuſſe über laſſen bleibt, zum Ausdruck zu bringen. Dieſer Antrag wurde einſtimmig unter lebhaftem Beilfall angenom - men. Wir ſind vollkommen überzeugt, daß alle Mit - glieder, welche die hingebende Arbeit des Herrn Profeſſor Thannabaur im Beamtenintereſſe kennen gelernt haben, dieſen Beſchluß freudig be - grüßen werden in Anerkennung des Grundſatzes: Dem Verdienſte ſeine Krone. Es wäre nur zu wün - ſchen, daß der Genannte, der die Leitung des Vereins ſeit 15 Jahren in der muſterhafteſten Weiſe führt, dem Conſortium noch lange erhalten bleiben und ſeine Kraft demſelben widmen würde. Vor Schluß der Sitzung dankte Herr Dr. Lewin unter leb - haftem Beifalle dem Geſammtvo[r]ſtande und dem Aufſichtsrathe für die erſprießliche Thätigkeit, ebenſo dem Herrn Director Adolf Thanna - baur für die Ueberlaſſung des Sitzungszimmers.

(Vom Männergelangverein.)

Unſer Männergeſangverein bereitet für ſein nächſtes Concert das großartige Mendelsſohn’ſche Ton - werk: Oedipus auf Kolonos vor, welches vor neun Jahren mit großem Beifalle aufgenommen wurde. Wir werden ſeinerzeit über dieſe Sophokleiſche Tragödie ausführlicher be - richten. Die Doppelchöre, welche darin vorkommen, machen eine ſtarke Beſetzung nothwendig; es er - geht demnach an alle ausübenden Mitglieder das Erſuchen, von morgen ab den regelmäßigen Proben vollzählig beizuwohnen.

(Zweites Coſtümfeſt des Olmützer Eis - laufvereines.)

Unſer Eislaufverein iſt vom Glücke begünſtigt. Samſtag und Sonntag Vor - mittags herrſchte mildes Wetter, der in den letzten Tagen gefallene Schne verwandelte ſich in Waſſer aber Sonntag Abends war trotzdem die Eisfläche des Eislaufplatzes ſpiegelglatt und das Coſtüm - feſt, für welches das rührige Comité bereits ſeitlängerer Zeit ſeine Vorbereitungen getroffen hatte, konnte ſtattfinden. Dasſelbe war auch diesmal von einem ganzen Erfolge begleitet. Lange vor Be - ginn des Feſtes ſah man bereits zahlreiche Schaaren den Weg zum electriſch beleuchteten Eislaufplatze einſchlagen, woſelbſt ſich alsbald ein fröhlich be - wegtes Treiben entfaltete. Unſere Nachbar-Eis - laufvereine: Stefanau, Sternberg, Proßnitz, ꝛc. entſandten zahlreiche, wackere Vertreter, darunter auch viele, reizend coſtümirte Damen. Auf der Eisfläche, deren Beſchaffenheit, wie ſchon erwähnt, allen Anforderungen entſprach, die ein Schlitt - ſchuhläufer an dieſelbe ſtellen kann, wurde von hunderten coſtümirter Eisläufer dem Eisſporte mit wahrem Feuereifer gehuldigt. Dabei ſpielte die treffliche Muſilcapelle unſeres Hausregimentes ihre beſtrickendſten Weiſen; es war daher nicht Wun - der zu nehmen, daß bei dieſen Klängen die Schlitt - ſchuhläufer in eine ganz vergnügte Stimmung ge - riethen. Unter den Coſtümirten hatten ſich mehrere Gruppen eingefunden, welche ſchon beim erſten Co - ſtümfeſte berechtigtes Aufſehen gemacht hatten, wie die Hannerl-Gruppe aus der Operette: Die ſieben Schwaben , die Häschen , die Pie - retten u. ſ. w. Man ſah aber außerdem noch zahlreiche neue Erſcheinungen; die Damenwelt hatte ihre reizendſten Vertreterinnen entſendet, deren liebliche Geſtalten durch die prächtigen Co - ſtüme noch gehoben wurden. Für den Berichter - ſtatter iſt es eine wol kaum zu löſende Aufgabe die einzelnen Gruppen und Perſönlichkeiten auf - zuzählen, welche das Coſtümfeſt durch ihre Ge - genwart verherrlichten. Beſondere Erwähnung verdient u. A. eine reizende Teufelin, eine un - gemein nette Norwegerin, zwei liebliche weibliche Landsknechte, mehrere nette Polinen und Hana - kinen; unter den Herren ſah man einige recht groteske, komiſche Geſtalten, welche allgemeine Heiterkeit erweckten. Um 8 Uhr fand ein Umzug ſämmtlicher Coſtümirten ſtatt, dem eine Rieſen - Quadrille folgte. Ein gelungenes Feuerwerk bil - dete den officiellen Schluß des prächtigen Feſtes, doch erſt in der eilf en Stunde verließen die letzten Gruppen den Feſtplatz mit dem Wunſche eines fröhlichen Wiederſehens im nächſten Jahre.

(Auerkennung.)

Der hohe mähr. Landes - Ausſchuß hat den bisherigen Obmann des Hohen - ſtädter Bezirksſtraßen-Ausſchußes Herrn Gutsver - walter Rudolf Greiner für ſeine erſprießliche Thätigkeit, insbeſondere aber für ſeine verdienſt - lichen Leiſtungen bei Förderung des Communi - cationsweſens im Hohenſtädter Bezirke ſeine volle Anerkennung ſchriftlich bekanntgegeben.

(Vom deutſchen Caſino.)

Wie wir ver - nehmen ſoll das hieſige deutſche Caſino den heu - rigen Carneval doch nicht vorübergehen laſſe[n], ohne eine Faſchingsunterhaltung zu veranſtalten. Dieſe Unterhaltung, welche in einem Kränzchen beſteht, findet am Faſchingsdienſtag ſtatt, nach - dem die tiefe Hoftrauer für weiland Seine

Unmöglich! rief ſie.

Der Richter zögerte.

Die Baronin gab den Schmuck niemals in andere Hände, berichtete ſie dann. Er lag ſtets im Geldſchrank, und den Schlüſſel hierzu vertraute Frau v. Wildenau, ſoviel ich mich er - innere, niemals einer anderen Perſon an. Sie trug ihn bei ſich.

Immer?

Unausgeſetzt.

Auch wenn ſie Feſte beſuchte?

Auch dann. Nur in ganz außerordentlichen Fällen gab ſie ihn einmal Raoul oder Elly; eine fremde Perſon hat ihn, ſoviel ich weiß, niemals in Händen gehabt.

Es lag ein ſeltſamer Ton in den ſchlichten Worten, die Marion ſprach; der Richter konnte nicht umhin, ihrer Ausſage unbedingt Glauben zu ſchenken.

Alſo iſt es wahrſcheinlich, daß Frau v. Wil - denau ſelbſt die Steine austauſchen ließ , warf er fragend hin. Er wußte nicht, einen wie em - pfindlichen Punkt er bei dem jungen Weſen be - rührte.

Marion, deren Wangen ſich gefärbt hatten, hielt einen Augenblick an.

Nein, ſagte ſie dann ruhig, die Annahme iſt falſch. Frau v. Wildenau würde ſich niemals zu einer Ausſage herbeilaſſen, die unwahr iſt, auch unter den mißlichſten Verhältniſſen nicht.

Ruhig und feſt hielt ſie das Auge auf den Richter gewandt. Es war unmöglich, gegen ihreWorte einen Zweifel zu hege[n]. Herr de. St. Grillac, der unverkennbares Wohlwollen an ihrem Gebahren vielleicht auch an ihrer blaſſen Schön - heit hatte, ließ Minute um Minute vorüber - gehen, während er ſie betrachtete, ohne weiter zu fragen; es ſchien, daß die Hoffnung, die er als Juriſt auf dieſe Inquiſition geſetzt hatte, bis auf den letzten Schimmer erloſchen war.

Fräulein Delorme, ſagte er endlich mit einer Artigkeit, als befinde er ſich einer Dame im Salon gegenüber, hatten Sie jemals den Schmuck der Baronin in Händen?

Nein, erwiderte Marion.

Wußten Sie um den Umtauſch der Steine?

Nein.

Haben Sie eine Muthmaßung?

Marion ſchüttelte mit dem Kopf.

Sie können ſich gar keine Vorſtellung machen, auf welche Weiſe der Betrug verübt worden ſein kann? fragte Herr de St. Grillac, immer mit derſelben Artigkeit. Sie waren doch faſt immer zu Hauſe. Denken Sie einmal zurück, ob Ihnen nichts in die Erinnerung fällt, was für die Auf - klärung des Thatbeſtandes einen Anhalt bieten könnte.

Marion machte wieder eine abwehrende Be - wegung.

Ich weiß nichts, was mit dem vermeint - lichen Betrug in Verbindung gebracht werden könnte, entgegnete ſie ruhig; nicht das Ge - ringſte.

Herr de St. Grillac zögerte einen Moment.

Sie verkauften bei dem Juwelier Farman Schmuckgegenſtände

Waren dieſe Ihr Eigenthum, und zu wel - chem Zwecke verkauften Sie die Steine, da doch Ihre Stellung im von Wildenau’ſchen Hauſe nach jeder Richtung hin Ihren Bedürfniſſen Rechnung trug?

Marion, obgleich ihr Auge funkelte, hielt den Blick unausgeſetzt auf den Richter gewandt.

Die Steine, die ich Herrn Farman gab, gehörten mir; die Baronin ſelbſt ſchenkte ſie mir vor Jahren

Und weshalb verkauften Sie dieſelben?

Es war eine ſtumme Bitte, die aus den glühenden Augen des jungen Weſens zu dem Richter hinüberſprach.

Ich möchte dies nicht ſagen, wenn es nicht ſein muß , erwiderte ſie langſam.

Herr de St. Grillac ſah ſie an.

Die Antwort dieſer Frage wäre zu um - gehen, meinte er, wenn Sie ſich entſchließen wollten, mir die Details der Brandlegung mit möglicher Genauigkeit zu erzählen. Nachdem es durch die ſämmtlichen Ausſagen, wie auch durch Ihre eigene, feſtgeſtellt worden, daß nur Sie im oberen Hauſe zurückgeblieben, nachdem die Baronin fort war, iſt es ihre unumgängliche Pflicht gegenüber dem Geſetze, gar nichts zu ver - hehlen, was bis zu dem Augenblick, da Sie Ihre Beſinnung verloren, im Hauſe paſſirte.

(Fortſetzung folgt.)

[7]

kaiſ. Hoheit Kronprinz Rudolf zu Ende ge - gangen iſt. Näheres über dieſe Unterhaltung werden wir ſeinerzeit mittheilen.

(Unglücksfall.)

Der Director der Schiefer - bergbau-Actien-Geſellſchaft, Herr Bohler, hatte geſtern in Waltersdorf, wohin er ſich von Olmütz aus begeben hatte, das Unglück, ſich den Fuß zu brechen. Herr Bohler wurde von Waltersdorf nach Olmütz überführt, und befindet ſich nun in ärztlicher Behandlung und häuslicher Pflege.

(Vom Theater.)

Geſtern ging an unſerer Bühne als Novität der tolle, franzöſiſche Schwank: O dieſe Schwiger mutter! von A. Biſon und A. Mars in Scene und hatte einen vollen Lacherfolg. Die Autoren gehen von der Prämiſſe aus, daß die Ehe trennbar iſt und es den Ge - ſchiedenen geſtattet ſei, ſich anderweitig zu ver - heirathen, etwas, das, wie bekannt, ſelbſt in Frankreich, wo die Handlung des Stückes ſpielt, nicht geſtattet iſt. Die Autoren nehmen es jedoch nicht ſo genan; ſie laſſen einen jungen Ehemann, Herrn Duval, der von ſeiner Schwie - germutter, Madame Bonivand arg gequält wird ſie verabreicht ihm ſogar eine kräftige Ohr - feige ſich von ſeiner Gattin ſcheiden, worauf er eine neue Ehe eingeht. Der Schwiegervater Duvals heiratet, ohne daß Duval hievon eine Ahnung hat, deſſen geſchiedene Frau, wodurch letztere die Schwiegermutter Duvals wird und Madame Bonivard abermals in verwandtſchaft - liche Beziehungen zu Duval kommt. Schließlich wird die Ehe des Schwiegervaters ganz auf die - ſelbe Art gelöſt, wie es bei jener Duvals der Fall war, und Madame Bonivard verläßt nun definitiv Duvals Haus.

Das Stück enthält einige derbe Schlager , aber es iſt ſo luſtig gemacht und enthält ſo draſtiſche Situatianen, daß das Publicum thatſächlich nicht aus dem Lachen kommt. Die Aufführung war eine ziemlich flotte, namentlich ſpielte Herr Nerz den gequälten Ehemann ganz trefflich. Frau Neu - mann-Groß gab die Schwiegermntter Duvals mit der nöthigen Schärfe; aber ſie ſprach hie und da viel zu undeutlich, ſo daß manches Wort verloren ging. Ziemlich farblos ſpielten die Damen Metzl und Müller ihre Rollen. Herr Nadler, der den heirathsluſtigen Schwieger - vater gab, erhielt nach einer Scene des zwei - ten Actes lebhaften Beifall, der auch den andern Darſtellern gezollt wurde. Das Haus war ſchwach beſucht, trotzdem aber die Stimmung des Publicums eine ſehr heitere.

(Theaternachrichten.)

Wie man uns mittheilt, beabſichtigt Herr Director Sl〈…〉〈…〉 ck nun - mehr doch eine Wagner’ſche Oper in der heuri - gen Saiſon aufzuführen. Er will den Lohengrin mit Herrn De Beer in der Titelpartie und Frl. Vilmore als Elſa geben. Morgen findet die Beneficevorſtellung des Herrn C[a]- pellmeiſters Eibenſchütz ſtatt, bei welcher die beiden Suppé’ſchen Operetten Die ſchöne Galathee und Flotte Burſche , ſowie eine Scene aus Die Wienerſtadt in Wort und Bild aufgeführt werden. Im Abonnement finden in dieſer Saiſon noch 34 Vorſtellungen ſtatt, außer Abonnement 21 Vorſtellungen, vor ausgeſetzt, daß die Saiſon am Palmſonntag geſchloſſen wird. Für die nächſte Saiſon der Olmützer Bühne wurden engagirt: Frl. Roſa Schulmann von Düſſeldorf und Herr Rudolf Bittner von Hannover. Unter den Bewerbern um die Joſefſtädter-Bühne in Wien tritt auch Herr Emanuel Raul auf. Unſer Landsmann Herr Jaques Pollak erfreut ſich in ſeiner Wirkſamkeit als Opernſänger und Re - giſſeur am Chemnitzer Stadttheater, der unge - theilteu Anerkennung der dortigen Kritik. Für die nächſte Saiſan hat derſelbe in gleicher Eigenſchaft ein Engagement an die Opernbühne von Halle a. / S. abgeſchloſſen.

(Militär-Concert.)

Samſtag Abends fand in der Neunowitzer Bierhalle am Niederring ein von der Militärcapelle des Inftr. -Regts. Nr. 54 ausgeführtes Coacert ſtatt, welches ſich eines ſehr zahlreichen Beſuches erfreute. Die trefflichen Leiſtungen der Muſikcapelle, welche einige Novi - täten zur Aufführung brachte, fanden vielen Beifall.

(Maskenball.)

Der geſtern im ſtädt. Re - doutenſaale ſtattgefundene Maskenball, bei welchem die Militärcapelle des 54. Infanterie-Regimentes und die ſtädt. Muſikcapelle die Tanzmuſik beſorgten, war ſehr zahlreich beſucht und bot den Theilneh[-]mern dieſer Unterhaltung viel Amuſement. Nach - dem heuer ſonſt keine Tanzunterhaltungen ſtatt -finden, dürfte auch die nächſte Maskenredoute ſich eines zahlreichen Beſuches erfreuen.

(Regulirung der Witwen-Penſionen.)

Bekanntlich ſind die vielſeitigen Anregungen in Betreff der Regulirung und zeitmäßigen Erhöhung der Penſionen für Witwen und Waiſen nach Civil - Staatsbeamten und Dienern bereits in parlamenta - riſche Verhandlung gezogen und iſt die Angelegenheit der Regierung zur geeigneten Würdigung und Be - richterſtattung zugewieſen worden. In Regierungs - kreiſen werden die diesfalls nothwendigen Erhebungen zur Gewinnung ſtatiſtiſcher Daten eifrigſt betrieben, indeß auch Studien über die Art und Weiſe ange - ſtellt, wie ohne directe Inanſpruchnahme der Staats - Finanzen die anerkannt nothwendige Regulirung, beziehungsweiſe Aufbeſſerung der Penſionen für Witwen und Waiſen nach Civil-Staatsbeamten durch - zuführen wären. Bis zur definitiven Regelung dürften wohl noch viele Jahre verfließen; dagegen beſteht die Abſicht, in der Uebergangsperiode wenigſtens einigermaßen die bisherigen Härten auszugleichen und den Witwen nach Beamten gleicher Rangsclaſſen auch gleiche Ruhegenüſſe zu gewähern.

(Ball der freiwilligen Feuerwehr von Powel-Neuſtift)

Am Samſtag, den 16. d. M., veranſtalteten die Mitglieder der Powel-Neuſtifter freiw. Feuerwehr im Saale des Gaſthauſes zur Weintraube in Neuſtift ihren diesjährigen Vereins - ball, der ſehr gelungen ausfiel. Die Stirnſeite des Saales war mit den Feuerwehremblemen, die anderen Wände mit Wappen und ſonſtigem Schmuck decorirt und bot das Ganze einen ſehr hübſchen Anblick, welcher noch durch die große Zahl von anmuthigen und flotten Tänzerinnen erhöht wurde. Bei den heiteren Klängen der unermüdlich zum Tanze auf - ſpielenden Muſikcapelle unterhielt ſich die zahlreiche Geſellſchaft vortrefflich und nur allzuraſch ſchwanden die fröhlichen Stunden geſelligen Beiſammenſeins. In der Mitternachtsſtunde wurde zu Gunſten der Krankenunterſtützungscaſſa ein Schinken verlicitirt, wobei der Betrag von 12 fl. erzielt wurde. Aus dem Ueberſchuße der Balleinnahme dürfte der genannten Caſſa auch ein kleiner Betrag zufließen. Die Feuerwehr kann auf das durchwegs gelungene Ballfeſt mit Befriedigung zurückblicken und verdient hiefür alle Anerkennung. Mehrere Gäſte aus Olmütz und Neugaſſe beehrten das Ballfeſt mit ihrer Ge - genwart.

(Traurige Folgen von Kraftproben.)

Im Laufe des geſtrigen Tages waren mehrere Gäſte, welche dem Balle der Powel-Neuſtifter freiw. Feuer - wehr beiwohnten, in einem Gaſthauſe in Neuſtift verſammelt, welche allerhand Ulk trieben und hiebei auch Kraftproben vornahmen. Ein Gaſt wettete im Stande zu ſein, zwei Männer zu tragen, was ihm auch gelang. Ein zweiter Gaſt, namens K. Sp. be - hauptete, dasſelbe im Stande zu ſein, und während er zwei Männer auf ſeinen Rücken nahm, ſtürzte er, als dieſer Kraft nicht gewachſen, zu Boden, wobei er ſich eine derartige Verletzung an den Füßen zu - zog, daß er nicht mehr im Stande war, ſelbſt nach Hauſe zu gehen, ſondern auf einem Wagen geführt werden mußte.

(Steckbrieflich verfolgt.)

Der ehemalige Pfarrer Adalbert Bittner aus Hermersdorf, zuletzt in Kaltenlautſch und Braunöthutten wohn - haft geweſen, wurde vom k. k. Kreisgerichte Olmütz zu dreizehn Monaten ſchweren Ker - kers abgeurtheilt und wird wegen Abbüßung ſeiner Strafe ſteckbrieflich verfolgt. Derſelbe hat bekanntlich ſeinerzeit wegen Verleumdung des Gendarmerie-Wachtmeiſters Goreiß in Brüſau eine mehrjährige Kerkerſtrafe abgebüßt.

(Verkauf einer Dampfmühle.)

Am 11. d. M., fand bei dem k. k. Bezirksgerichte zu Proßnitz die executive Feilbietung der Proßnitzer Dampfmühle, bisher im Beſitze des Herrn Alphons Horezica ſtatt. Dieſelbe war auf 42000 fl. ge - ſchätzt und wurde bei dem dritten Felbietungs - termine von der Proßnitzer ſtädt. Sparcaſſe um den Betrag von 24000 fl. erſtanden.

(Schadenfeuer.)

Samſtag brach am Dach - boden eines Hauſes in Dollein ein Schadenfeuer aus, welches den Dachſtuhl einäſcherte. Die Weskaer freiw. Feuerwehr eilte zur Hilfeleiſtung herbei.

Vom Tage.

(Aus Peſter Hofkreiſen)

wird gemeldet: Obwohl Se. Majeſtät der Kaiſer ſchon um ſechs Uhr Morgens angekleidet iſt, befindet ſich Ihre Majeſtät die Kaiſerin ſchon an der Seite desMonarchen, mit dem ſie ſämmtliche Mahlzeiten theilt und auch die Spaziergänge im reſervirten Theile des Schloßparks macht. Die Kaiſerin verläßt den Kaiſer nur, wenn dieſer Audienzen ertheilt. Auch dann weilt die Kaiſerin in näch - ſter Nähe ihres Gemahls in einem Seitengemach. Die Lebensweiſe des Kaiſerpaares in der Ofner - Burg iſt die denkbar einfachſte und bürgerlichſte.

Telegramme.

(Orig. -Tel. d. Mähr. Tagbl. )

In parlamentariſchen Kreiſen verlautet, daß die Clericalen der Reichsrathsmajorität mit der Beſchwichtigung des Miniſter-Präſidenten, welche ge - lautet haben ſoll: Man wünſcht jetzt Ruhe ſich nicht zufrieden geben wollen. Die Clericalen ſollen auch den Generalſtäblern der Rechten (Executivcomité) erklärt haben: Wir haben Euch Dienſte geleiſtet, die Regierung muß uns etwas geben, damit wir, wenn wir vor unſere Landtagswähler hintreten, auch auf einen Erfolg hinweiſen können!

(Orig. -Tel. d. Mähr. Tagbl. ) Den letzten Nachrichten zufolge würden blos Rouvier Caſimir, Perier und Waldeck-Rouſſeau die Geneigtheit zeigen, in eine Combination Meline einzutreten. Gewiſſe Journale nennen auch Loubet; andere verſichern, Waldeck-Rouſſeau würde noch zögern. Mehrere Journale glauben, Meline werde endgiltig an der Frage der Vertheilung der Portefeuilles ſcheitern.

(Orig. -Tel. des Mähr. Tagbl. ) Die Finanzcommiſſion des Re - präſentantenhauſes legte demſelben einen Entwurf vor, nach welchem die Einnahmen um 40 Millionen Dollars herabgeſetzt würden, ſowie einen Entwurf betreffs Verminderung der Voranſchläge um 42 Millionen. Es gilt für wenig wahrſcheinlich, daß dieſe Entwürfe im Laufe der Seſſion angenommen werden.

(Getreide-Preiſe)

in der königl. Hauptſtadt Olmütz am Wochenmarkt den 16. Februar 1889 Weizen pr. Hectoliter 6.15, 6.41, 6.82, Korn,. 4.49, 5.31, 5.67, Gerſte 4.52, 5.09, 5.45, Hafer . , 2.83, . , Proſſo . , 5.63, . , Erbſen . , . . . , Linſen . , 6.96, . , Wicken . , . , . , Hanf - ſamen . , . , . , Leinſamen . , . , . , Mohn . , . , . , Heu 100 Kilo . , 3.50, . , Stroh, ein Schock . , . , . , Stroh 100 Kilo . , 2.56, . .

(Wochenmarkt-Durchſchnittspreiſe)

der Stadtgemeinde Müglitz vom 16. Februar 1889. Preis pr. Meter-Centner. Weizen 8.09, 7.85, 7.56, Korn 6.82, 6.72, 6.54, Gerſte 8.01, 7.32, 6.76, Hafer 5.28, 5.15, 4.89, Erbſen 11.12,[9].88, 8.66, Linſen 12.37, 12.22, . , Fiſolen 11. , . , . , Proſſo 8.02, 7.95, 7.88, Hirſe 12. , . , . , Kukuruz, 5.80, . , . , Wicken 6.86. . , . , Bohnen . , . , . , Mohn . , . , . , Erdäpfel 2. , . , . , Heu 3.20, 2.70, . , Korn-Stroh 2. , 1.70, . , Kleeſamen 59 , 58. , . , Leinſamen . , . , . .

〈…〉〈…〉
[8]
〈…〉〈…〉

Herausgeber und verantwortlicher Redacteur Wilh. Seethaler. Druck von Joſef Groak in Olmütz.

About this transcription

TextNr. 40, 18.02.1889.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 40, 18.02.1889. . Jakob RiemerCzernowitz1889. Mährisches Tagblatt

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IDS Mannheim

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
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