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Der Freiheitsmann Hans Kudlich ſendet dem „ Neuen Wiener Tagblatt “zur Veröffent - lichung das nachfolgende, von Menſchlichkeits - und Freiheitsgefühl durchglühte Schreiben, das ſich als ein beherzigenswerthes Manifeſt an die Deutſch - öſterreicher darſtellt:
Alles fließt und wir fließen und verändern uns mit: Menſchen, Städte und Nationen, und wir dürfen deshalb auch nicht zu ſcharf miteinan - der ins Gericht gehen. Was für ein Optimiſt war ich vor fünfzig Jahren, und jetzt bin ich das Gegentheil ein Peſſimiſt vom dunkelſten Waſſer. Dieſe Wandlung kommt nur zum kleineren Theil von der Weisheit, welche die Erfahrung gibt, zum größeren Theil iſt ſie Folge des Alters. Schon vor zwei Jahren, während ich mich in einer peſſimiſtiſch-verdrießlichen Stimmung befand — wir hatten gerade die unangenehmen Erkran - kungen der Wiener Volksſeele beſprochen — ſtellte ein ehemaliger Wiener Legionär an mich die Anfrage, ob ich geneigt ſei, das nahende fünfzig - jährige Jubiläum der März-Revolution in Wien mitzufeiern. Ich erwiderte unbedenklich mit einem ſcharfen Nein! und ſagte, ich würde deswegen keine Seereiſe unternehmen, es würde dies auch eine ſehr traurige Feier ſein. Wenn die liberalen Wiener und die geringen Ueberreſte der Legion den hiſtoriſchen Gedenktag feiern wollten, ſo ſollten ſie es nicht in Wien, ſondern in einer andern, frei und deutſch geſinnten Stadt, zum Beiſpielin Brünn thun. Ich ſelbſt würde an dieſem Tage nicht feiern, ſondern in Anbetracht der traurigen Gegenwart Aſche auf mein Haupt ſtreuen und mich am Ufer des Hudſon unter eine Trauer - weide ſetzen und den politiſchen, culturellen und nationalen Niedergang der einſt ſchwarz-roth - goldenen Donauſtadt beweinen.
Seitdem hatte ich hinlänglich Zeit und Muße mir die S[a]che reiflich zu überlegen und ſo kam ich bald zu einem anderen „ second sober thought “und bin nun der Meinung, daß der Jahrestag des großen 13. März 1848 gefeiert werden müſſe und zwar gerade dort, wo vor 50 Jahren der welthiſtoriſche Sieg erfochten worden iſt, von allen freigeſinnten Männern und Frauen Wiens — und ſollten auch nur noch zehn ſolcher Ge - rechten dort vorhanden ſein.
Die Stadt Wien iſt die eigentlich: Heldin der deutſchen Revolution von 1848. Erſt der Sieg in Wien gab das Zeichen der Erhebung in Berlin, die Vertreibung Metternich’s zerſtörte ſein Werk, den Bundestag, machte ein Vor - parlament und Parlament in Frankfurt möglich. Es geziemt ſich, daß man der Donauſtadt alle Huldigungen zu ihrem hiſtoriſchen Ehrentage darbringt. Und wenn ich ſpeciell mich herandränge und meine aufrichtigen Glückwünſche darbringe, ſo habe ich auch beſondere Gründe: Wenn ich eine Heimat im alten deutſchen Lande mein nennen ſoll, ſo kann dies nur Wien ſein, wo ich all’ meine geiſtige Entwicklung und Disciplin durchmachte, meine ſchönſten Jugendtage und Jugendfreuden — den 13. März mitgerechnet — durchlebte. Die Stadt Wien war meine Welt, ich wäre gerne all’ meine Lebetage dort geblieben,denn „ Land und Volk gefiel mir wohl! “ Dieſe Stadt war immer gütig gegen mich. Nicht nur, daß ich an den Schulen mich für’s Leben aus - bilden durfte, konnte ich auch meinen Lebens - unterhalt als Erzieher hoffnungsvoller Wiener Sprößlinge leicht und angenehm verdienen. Später, als mich der Zorn Gottes und der ſouveräne Wille der ſchleſiſchen Bauern in die politiſche Carriére geworfen hatte, durfte ich mir zwar für meine angeſtammten Bauern einige Ver - dienſte erwerben, wofür dieſelben mir — mit Aus - nahme des Abgeordneten Grobl oder Rogl von Gmunden — auch heute noch dankbar ſind — allein für meine gute Stadt Wien habe ich eigentlich keine Extra-Arbeit verrichtet. Mein Plan, die im October von Windiſchgrätz be - lagerte Stadt mit Hilfe eines aus Bauern be - ſtehenden Landſturmes zu entſetzen und zu be - freien, kam leider nicht zur glücklichen Ausführung.
Und doch hat Wien, als ich 1872 zum erſten Male aus Amerika zurückkehrte, mich feier - lich und freundlich empfangen. Eine Deputation des Gemeinderathes, mit dem Vicebürgermeiſter an der Spitze, begrüßte mich in meinem Hotel und der Gemeinderath beſchloß mit allen gegen drei Stimmen, mir das Ehrenbürger - recht zu ertheilen, und konnte nichts dafür, daß mein Freund und Collega Miniſter Laſſer höheren Ortes die Ordre erhielt, dieſen Beſchluß des Gemeinderathes zu ſiſtiren. Doch war der Beſchluß gefaßt und ich fühlte mich hochgeehrt, der ſchönen Stadt verpflichtet und — um ein Haar wäre ich dort geblieben. Aber — es war dies zur Zeit des „ wirthſchaftlichen Aufſchwunges. “ Jeder dritte Mann war ein Verwaltungsrath,
(Nachdruck verboten.)
„ Ein Dreigeſtirn, in einem Glanz vereint, Schmückt dieſes Sees Geländ’ und Fluthen: Rouſſeau und Voltaire, und zu höchſt erſcheint Lord Byrons Ruhm in düſtern Gluthen — “
— hebt Hermann Lingg, der Sänger des „ Völker - wanderung “, eine ſchwungvolle Ode zum Preiſe des Genferſees an. Und wie unter all den großen Geiſtern, die hier gelebt, gewirkt und die Spur von ihren Erdentagen hinterlaſſen haben, dieſes Dreigeſtirn hervorleuchtet, ſo ſtrahlt uns auch aus der Kette der an den Ufern des Sees ge - lagerten Städten und Ortſchaften ein Dreige - ſtirn entgegen: Genf, Lauſanne, Montreux! Drei Perlen, verſchieden in ihrem Aeußern, verſchieden in ihrer Faſſung und doch jede ſo ſchimmernd und prächtig in ihrer Art. Vor allem Genf — dieſes Klein-Paris, wie es oft und nicht mit Unrecht genannt wird. Sein Name ſchon wirkt faſt ſo fascinirend, wie der ſeiner großen be - rühmten Schweſtern an der Seine.
Und in der That, nur wenige Städte mögen noch zu finden ſein, die an Lage, Schön - heit und Eleganz mit ihm rivaliſiren können: in ſeinen Mauern das regſte Leben, jeder erdenk - liche Luxus, die modernſten Zerſtreuungen; zuſeinen Füßen die blauen Wogen des Sees und rund herum die unendliche Gebirgswelt, eine Vereinigung von Schönheiten, ſo hehr und er - haben, daß man wohl begreifen kann, wie Jean Jaques Rouſſeau, Genfs größter Bürger, der hier ſeine entſcheidenden Jugendeindrücke empfing, dazu gelangen konnte, mit dem Loſungs - worte: „ Revenons á la nature! “die große Umwälzung der Geiſter vorzubereiten.
Sie ſelbſt aber, dieſe prächtige Natur, iſt dieſelbe geblieben; mochten Feinde die Stadt um ihre Freiheit bedrohen, wie es im Laufe der Jahrhunderte ſo oft geſchehen, mochten Religions - kämpfe wüthen, wie zur Zeit Calvins, als er hier zuerſt ſeine Lehre öffentlich durchſetzte, mögen Handel und Wandel blühen, wie es jetzt der Fall iſt, und die Menſchen ſich dem heiteren Lebens - genuſſe hingeben, mag ſich alles ändern, ſie ſtehen unverändert feſt, die großen, ſtarken Geſellen rings umher im weitem Umkreiſe, heute nicht minder zur Begeiſterung herausfordernd, wie ehedem.
Scheinen ſie auch manchmal zu grollen, blicken ihre Häupter finſter, und ſchlagen die Wellen des Sees, der ſtets mit ihnen im Einverſtändniß zu ſein ſcheint, von der „ Biſe “gepeitſcht, wüthend über die niedrigen Brücken und Quaimauern hinweg, — der Genfer kennt das ſchon und nimmt’s nicht allzuernſt. Länger als ein paar Tage dauert es nicht, dann ſehen die Alten wieder freundlich drein, der böſe Nordwind flüchtet mit einem letzten mürriſchen Pfeifen, die Wellen legen ihre weißen Mützen wieder ab und koſen ſo leiſe und zärtlich um die Boote und das Ufer, alswollten ſie all ihren früheren Ungeſtüm damit wieder gut machen.
Kommt ein Fremder während ſolcher Tage nach Genf, dann wird er ſich verwundert fragen: wo iſt das oft gerühmte Leben und Treiben? Die Straßen ſcheinen faſt wie ausgekehrt; vor allem das weibliche Geſchlecht, das hier völlig franzöſi - ſchen Chic entfaltet und darum erſt recht nicht liebt, daß ihm Herr Wind die ganze Toilette nach ſeinem wilden Geſchmacke zerzauſt und modelt, bleibt hübſch zu Hauſe. Der Mann, der bekanntlich hinaus muß ins feindliche Leben, wagt den Kampf ſchon eher aufzunehmen, wenn er auch meiſt den Kürzeren zieht und, des andauern - den Streites müde, ſchließlich „ mit dem Hute in der Hand “ſeinen Weg macht. Aber die erſte freundliche Stunde bringt auch das rege Leben zurück, und die Radler und Radlerinnen ſind die erſten, die mit dem melodiſchen Klingeln der ſogenannten Kuhglöckchen an ihren Rädern — einer aus Paris importirten Mode — den Be - ginn des ſchöneren Wetters einläuten.
Viel weniger hat unter ſolcher Unbill Lau - ſanne zu leiden, die Stadt, die faſt den Ein - druck erweckt, als ſei ſie gleich Rom auf ſieben Hügeln erbaut. Nach allen Seiten dehnt ſie ſich aus, und mitten zwiſchen den modernen Mieths - kaſernen, die unglaublich raſch emporwachſen, liegt, wie eine Nuß in der Schale, das alte Lauſanne mit ſeinen pittoresken Gaſſen und Gäßchen, das Ganze gekrönt und beherrſcht von der im gothiſchen Stil erbauten prächtigen Kathedrale. Die Stadt Lau - ſanne ſelbſt iſt wohl ſchöner, feſſelnder und intereſ -
[2]jeder zehnte war ein Gründer. Man bot auch mir eine Verwaltungsrathsſtelle an, wenn ich bleiben wollte. Allein mir war dies tolle materielle Treiben — toller, als ich es ſelbſt in Amerika geſehen hatte — ganz unheimlich. Jedermann war ſo reich, ſo großartig verſchwenderiſch — ich kam mir ſelbſt recht arm vor. Als ich eines Vormittags in Regenwetter mit Regenſchirm, die Stiefel geſchützt mit Kautſchukgaloſchen bei einem Bekannten eintrat, und er verwundert auf meine waſſerdichten Ueberſchuhe herabſah, fragte ich: Solche Schuhe ſind bei ſchlechtem Wetter ſehr proctiſch — ich wundere mich, daß man ſie nicht auch in Wien trägt. Da antwortete er gedehnt: Ja, bei ſolchem Wetter nehmen wir halt einen Fiaker!
Seit 1848 und ſeit 1872 hat ſich in Wien Vieles geändert. Der volkswirthſchaftliche Auf - ſchwung hat dem Krach Platz gemacht und die Wiener werden wohl jetzt auch öfter den Kautſchuküberſchuh als den Fiaker benützen. Die Geſchäftsſtockung wurde ſehr geſchickt benützt um Stimmung zu machen gegen Liberale und Juden. Die Maſſe betet wieder vor ſolchen Götzen, die man 1848 in Trümmer geſchlagen hatte. Im Rathhaus ſitzt ein vielſeitiger, verſatiler Mann und alles Liberale jede Huma - nität iſt geboycottet. Welche Wendung — in Folge einer ſehr genau auf die Schwachheit und Dummheit der Menſchen ber[ech]neten Wühlerei! Nun ſolche plötzliche und radicale Wechſel kommen auch hier in New-York und in ganz Amerika öfter vor. Das Volk verlangt von der Partei vor Allem: Gute Geſchäfte! Die Parteileiter ver - ſprechen dieſelben natürlich. Sind ſie nicht im Stande, nach den Wahlen ihr Verſprechen einzu - löſen, ſo fallen ſie bei den nächſten Wahlen und müſſen Anderen Platz machen.
Bei der letzten Abſtimmung in New-York wurde die Vereinigung der Stadt New-York mit Brooklyn und anderen Vororten angenommen und dadurch ein neues Stadtweſen von drei Millionen Einwohnern geſchaffen. Aber die Lei - tung und Verwaltung dieſer Rieſenſtadt wurde der Trammany-Partei in die Hand gegeben. Wie drüben in Wien: Die anſtändigen Leute zer - ſplitterten ihre Stimmen auf verſchiedene Wahl - tickets, und Tammany mußte ſiegen, da ſeine Stimmen auf einem Ticket abgegeben wurden. Das iſt für New-York von unheilvollen Folgen. Es bedeutet die Beſetzung aller Stadtämter vom Bürgermeiſter bis zum Polizeimann und Po - lizeirichter herab mit blinden Anhängern von Tammany, und dieſelbe Plünderung der reichen Stadt wie jene zur Zeit als der Tammany - Führer Tweed die Stadt um 14 Millionen be - ſtohlen hatte. — Ein großes Unglück für New - York, aber die Stadt geht deshalb nicht unter und man fängt jetzt ſchon an zu organiſirenund zu arbeiten um Tammany in den nächſten Wahlen in vier Jahren zu ſchlagen.
So ſollten auch die liberalen Wiener früh aufſtehen und fleißig an die Arbeit gehen, um die politiſche Ehre Wiens wieder herzuſtellen, wie damals vor 50 Jahren Studenten, Bürger und Arbeiter zu einer todesmuthigen Schaar geeint, die Ehre von ganz Oeſterreich retteten und ganz Deutſchland vom Metternich’ſchen Alpdruck be - freiten. Ihr habt es im politiſchen Kampfe viel bequemer als wir in 1848. Ihr braucht nicht ener Leben auf den Barrikaden auf’s Spiel zu ſetzten. Im Fall einer Niederlage werdet ihr nicht in die Caſ matten von Olmütz oder Munkacs abge - führt, auch nicht als gemeine Soldaten in ein Regiment geſteckt. Eure Waffen ſind die Rede, die Verſammlung, die Preſſe. Freilich muß jede Partei ihr Gewiſſen erforſchen, ihre Fehler und Sünden bekennen und ein reines Gewand an - ziehen. Vielleicht wächſt die deutſche Kraft, wenn die Liberalen etwas mehr Nationales und Sociales in ihr Programm aufnehmen, wenn die Natio - nalen ihren albernen Antiſemitismus ſtreichen und wenn die Socialen ſich im Bereiche des Möglichen halten.
Dem „ Tagesboten aus Mähren “wird aus Wien gemeldet, daß im Miniſterium des Innern vor einigen Tagen zwiſchen der Regie - rung einerſeits und den Vertrauensmännern der Deutſchen Fortſchrittspartei und der Deutſchen Volkspartei in Mähren andererſeits eine Be - ſprechung rein informativen Characters ſtattge - funden hat. — Die „ Oſtdeutſche Rundſchau “ſchreibt zur inneren Lage: Jetzt zerbricht man ſich den Kopf über den Nachfolger des Miniſter - präſidenten Baron Gautſch’. Langes Leben haben wir dem Miniſterium Gautſch nie vorausgeſagt, wir können aber beim beſten Willen nicht einſehen, warum Gautſch jetzt ſchon gehen ſollte. Es hat ſich für ihn ſeit dem Amtsantritte gar nichts ge - ändert: die Feuerprobe im Abgeordnetenhauſe hat er noch nicht beſtanden und wenn er ſich vor derſelben überhaupt fürchtet, nun dann hätte er das Miniſterpräſidium überhaupt nicht an - nehmen ſollen. Die Entſcheidung liegt nach wie vor im Abgeordnetenhauſe und die Stimmung, die Gautſch vorfinden wird, hängt lediglich von ihm ab. Bis jetzt hat ſich ſeit dem 5. April nichts geändert. Baron Gautſch kann alſo un - möglich erwarten, eine andere Stimmung zu finden als am Tage der letzten Parlaments - ſitzung. Die Deutſchen haben nichts Anderes zu - thun, als zu erwarten, wie ſich Baron Gautſch entſcheidet. Für die Feſtigkeit der deutſchen Oppoſition im Reichsrathe iſt die Geſinnung der Wähler Gewähr.
Wie bereits gemeldet, beantragten in der am 19. d. ſtattgefundenen Sitzung des böhmiſchen Landtages die Abg. Lippert und Genoſſen, aus der Mitte des Hauſes eine Deputation an das Hof - lager zu einer geeigneten Zeit zu entſenden. um dem Kaiſer anläßlich des fünfzigjährigen Regie - rungsjubiläums die Huldigung Böhmens zu überbringen. In formaler Beziehung beantragte er, eine achtzehngliederige Commiſſion ſolle über den Antrag binnen vierundzwanzig Stunden dem Hauſe berichten. Der Oberſtlandmarſchall erklärte, er werde bezüglich der Dringlichkeit nach Erle - digung der Tagesordnung abſtimmen laſſen. Am Schluſſe der Sitzung, in welcher zumeiſt land - wirthſchaftliche Angelegenheiten erledigt wurden, brachte der Oberlandmarſchall ſodann den Dring - lichkeitsantrag des Abg. Lippert auf Entſen - dung einer Huldigungs-Deputation an den Kaiſer zur Verhandlung und erklärte, es dürfe nur die Frage der Dringlichkeit beſprochen wer - den. Der Antragſteller, Abg. Lippert, betonte, die Motive des Antrages ſeien für jeden Oeſter - reicher ſelbſtverſtändlich. Dem von anderer Seite eingebrachten, im Weſentlichen gleichlautenden An - trage können die Deutſchen nicht beiſtimmen, weil er von der Commiſſion ſtammt, welche im Jahre 1895 eingeſetzt wurde und aus welcher die Deut - ſchen ausgetreten ſind; er befürwortete die Dring - lichkeit. Abg. Graf Buquoy begrüßte namens des Großgrundbeſitzes freudig den meritoriſchen Inhalt des Antrages, welcher neuerdings darthue, daß in der Huldigung für den Kaiſer unter den Völkern Oeſterreichs keine Meinungsverſchieden - heit herrſche. Da in dem Wunſche, die Gefühle der Huldigung auszudrücken, Alle einig ſeien, können Alle mit Vertrauen darauf rechnen, daß der Oberſtlandmarſchall die Verhand - lungen rechtzeitig einleiten werde. Des Redners Partei ſtimme daher gegen die Dringlichkeit. Abg. Engel betonte, der Antrag der Deutſcheu ſei be - reits in dem Antrage ſeiner Partei enthalten. Die Adreßcommiſſion habe ſchon den Huldigungs - Act von der Adreſſe abgetrennt. Damit ſei den Deutſchen ein genügendes Entgegenkommen be - wieſen worden. Wenn die Deutſchen nicht mit den Tſchechen ſtimmen wollen, ſei es bedauerlich. Der Redner bat den Oberſtlandmarſchall, den Antrag der Commiſſion baldmöglichſt auf die Tagesordnung zu ſetzen. Bei der Abſtimmung wurde die Dringlichkeit des Antrages, für die nur die Deutſchen ſtimmten, abgelehnt.
Zola traf um 11 Uhr 40 Minuten vor dem Juſtizpalaſt ein und wurde mit vereinzelten Pfiffen empfangen.
ſanter als Genf, aber ihr fehlt das amüſante, zer - ſtreuende Leben und Treiben. Hier iſt alles mehr kleinſtädtiſch, ſpießbürgerlich. Das Theater iſt ein hübſches Gebäude, aber die Vorſtellungen mehr als mittelmäßig, und es wäre manchmal wünſchenswerth und vortheilhaft, wenn auch der einzige Zuſchuß, den die Stadt gewährt, die Beleuchtung nämlich, unterbliebe. Concerte wer - den — wie auch in Genf — ſchier übergenug veranſtaltet, aber leider verirrt ſich nur ſelten eine unſerer Berühmtheiten hierher, obwohl ſie auf ein dankbares Publicum und reichen Zuſpruch rechnen dürfte. Die Geſellſchaftskreiſe ſind ſtreng geſchieden und die Fremden darum meiſt darauf angewieſen, ſich ihren eigenen Landsleuten anzu - ſchließen. Die Deutſchen haben ihren Verein, in dem ſie ſich zwanglos zuſammenſinden, die Engländer bilden in dem etwas tiefer am See gelegenen Ouchy eine Colonie für ſich, und die Ruſſen, Männlein und Weiblein, die in größerer Anzahl hier ſtudieren, halten ebenſo getreulich zuſammen. Die größte Rolle ſpielen die Studen - ten, was in einer Stadt, die ſo ungezählte Pen - ſionen mit ſo ungezählten Mädchen hat, die ſich nicht allein zu Damen ausbilden, ſondern auch flirten und tanzen wollen, wohl kein Wunder iſt. Eine Studentenverbindung, die „ Société de belles-lettres “veranſtaltet alljährlich vor Weih - nachten eine Theateranfführung, in der nach claſſiſcher Sitte auch die weiblichen Rollen von Herren dargeſtellt werden, und zwar ſo vorzüg - lich, daß man faſt vergeſſen kann, daß es Herren -Damen ſind, die mit ſo viel Geſchick und Grazie die überreich geſpendeten Blumen und Kränze in Empfang nehmen. Die Anerkennung, die dieſe Liebesmühe in klingender Münze einbringt, wird größtentheils für wohlthätige Zwecke verwendet. Im großen Ganzen aber machen die hieſigen Studenten nicht den kecken, friſchen Eindruck, wie in den deutſchen Univerſitätsſtädten die ſtudierende Jugend. Von der ſogenannten akademiſchen Schneidigkeit läßt ſich nicht viel entdecken, auch dann nicht, wenn die „ flotten Burſchen “in feſt - lichem Wichs erſcheinen.
Das zu beobachten, hatte man erſt kürzlich, am 24. Jänner, die beſte Gelegenheit. An dieſem Tage nämlich feierte Lauſanne und mit ihm zugleich der Canton Waadt den 100jährigen Gedenktag an die Befreiung von den Bernern. Schon wochen - lang vorher war beinahe von nichts anderem die Rede, und auch jetzt noch bildet dieſes Ereigniß einen Theil des Tagesgeſprächs. Das Feſtprogramm ließ denn auch an Reichhaltigkeit nichts zu wünſchen übrig. Kanonendonner er - öffnete den Tag und ſchon Früh um 8 Uhr wurde in Gegenwart der verſammelten Schul - jugend und einer Menge Volks der Freiheitsbaum gepflanzt. In allen Kirchen, und auch in der großen Kathedrale, die ſonſt das ganze Jahr über geſchloſſen iſt, fanden Gottesdienſt und Feſt - predigt ſtatt. An einem wirklich hübſch arran - girten Feſtzuge, der Gelegenheit gab, die male - riſchen alten Schweizertrachten zu bewundern, betheiligten ſich auch die Studenten, ſowie alleVereine und Gewerkſchaften. Das Endziel des Zuges war die große freie Place Beaulion, wo dann die ſchwungvollſten Reden gehalten und zum Schluß unter allgemeiner Begeiſterung die Nationalhymne abgeſungen wurde. Eine beſon - dere Weihe erhielt das Feſt dadurch, daß der derzeitige Bundespräſident der Schweiz, ſelbſt ein Waadtländer, eigens von Bern nach Lau - ſanne gekommen war, um die Feier mitzubegehen. Die Stadt hatte ein hochzeitliches Gewand an - gethan: Kränze, Feſtons und Fahnen, wohin das Auge nur blickte. Beſonders bot die alte Stadt ein entzückendes Bild, in deren ſchmalen Gaſſen die Guirlanden und die Fahnen ſo dicht hingen, daß man wie unter einem Baldachin dahinſchritt.
Solche Feſte freilich bringt das Jahr auch hier nur äußerſt ſelten. Zu denjenigen Sehens - würdigkeiten dagegen, die es immer von neuem bietet, gehört — was den Neid jeder deutſchen Hausfrau erregen könnte — der Gemüſemarkt von Lauſanne, der ſich bergauf und bergab durch die engen Straßen der inneren Stadt hinzieht. Und nicht allein eine Hausfrau, nein, jeder, der ein offenes Auge hat für das Schöne und An - muthige, wo immer es auch ſich findet, muß bei dieſem Anblick ſeine Freude haben. Wie iſt da jede Sorte von Gemüſen aller Art zierlich und appetitlich in länglich-ſchmale flache Körbchen geordnet, die auf der Erde ſäuberlich und accurat aneinander gereiht ſind. Kein Durcheinander, nirgends ein welkes Blättchen! Der Spinat
[3]Die Verhendlung wird um 12 Uhr 20 Mi - nuten eröffnet. Der Saal iſt überſüllt. Das Publicum verhält ſich ruhiger als geſtern. Oberſt Picquart wird vorgerufen. Vertheidiger La - bori frägt den Zeugen, ob das Bordereau aus dem März oder April 1894 ſtamme.
Picquart antwortet, daß er ſich hieran nicht erinnere. Er beklagt ſich gleichzeitig über die Angriffe der Zeitungen, die ihm vorwerfen, daß er ſeine Kinder in Deutſchland erziehen laſſe, und erklärt, er ſei gar nicht verheiratet. Uebrigens würde er, wenn er Familie hätte, ſeine Kinder gewiß nicht in Deutſchland erziehen laſſen. Oberſt Picquart verlangt, General Gallifet ſolle kammen, um ſeine, Picquart’s Ehrenhaftigkeit und Loyalität zu bezeugen.
Der Präſident erwidert, daß dies un - nütz ſei.
Vertheidiger Labori proteſtirt gegen dieſe Bemerkung.
General Pellieux, der vorgerufen wird, erklärt, er lehne in Uebereinſtimmung mit den geſtrigen Worten des Generaladvocaten es von jetzt an ab, auf Fragen zu antworten, die nicht die Affaire Zola betreffen. General Pel - lieux fügt hinzu: Ich habe indeß bereits geſagt, daß alles in dieſer Affaire ſeltſam iſt; was es aber noch mehr iſt, das iſt (ſich gegen Picquart wendend) und ich ſage ihm dies ins Geſicht, die Haltung eines Herrn, der noch die Uniform der franzöſiſchen Armee trägt und der hier erſchienen iſt, um drei Generale anzuklagen, daß ſie eine Fölſchung begangen und ſich ihrer bedient haben. (Stürmiſcher Beifall im Hintergrunde des Saales.)
Oberſt Picquart erwidert erregt: Ich habe meinem verehrten Vorgeſetzten geſagt, daß ich hier vor dem Gerichte nur ſprechen werde, um die Wahrheit zu ſagen. Ich wiederhole es noch einmal in Gegenwart meiner Vorgeſetzten. Ich habe weder ihre Abſichten, noch ihren guten Glauben jemals zu verdächtigen verſucht, ich ſage nur, daß ſich in der Affaire Norton hervor - ragende Perſönlichkeiten durch falſche Papiere haben täuſchen laſſen.
Vertheidiger Labori: Auch ich habe ge - ſagt, daß die Officiere in gutem Glauben han - deln, und das iſt gerade, was mich bewegt und erſchreckt.
Präſident (den Vertheidiger unterbre - chend): Sie plaidiren!
Libori: Nein, Herr Präſident, aber ich habe hier etwas zu präciſiren, was für mich von größter Wichtigkeit iſt. Man ſucht mich zu terro - riſiren, man richtet nicht an mich, ſondern an meine Frau Drohbriefe, um mich einzuſchüchtern.
Präſident: Ich ſage Ihnen, daß Sie plaidiren. Ich werde Ihnen das Wort entziehen.
Labori: Es geſchehe, entziehen Sie es mir!
Präſident: Ich entziehe es Ihnen.
Labori: Ich danke Ihnen. Jedesmal, ſooſt Sie mir das Wort entziehen, gereicht mir das zur neuerlichen Ehre.
Pellieux verlangt, einige Worte über die Rolle zu ſagen, die er in dieſer Affaire, und zwar gegen ſeinen freien Willen, geſpielt habe.
Labori will gleichfalls ſprechen. Der Präſident droht ihm eine Disciplinarſtrafe an. (Anhaltender Lärm; Beifall.) Gleichwohl richtet Labori an Pellienx und Gonſe eine Frage über die „ hydrauliſche Bremſe von 120 “.
Pellieux und Gonſe antworten, daß ſie über dieſe Frage nicht auf dem Laufenden ſeien.
Labori will andere Fragen ſtellen. (Proteſt - rufe im Hintergrunde des Saales.) Labori legt gegen die Lärmmacher und gegen dieſe Vergewal - tigung des Rechtes der Vertheidigung Verwah - rung ein und wendet ſich an Zola mit der Frage, ob es nicht beſſer wäre, den Saal zu verlaſſen, als ſich in dieſer Weiſe knebeln zu laſſen.
Präſident (zu Labori:) So ſprechen Sie doch ernſthaft!
Labori ruft dem Präſidenten zu, daß er ihn inſultirt.
Labori richtet an Picquart Fragen; der Befragte erklärt jedoch, dieſe nicht beantworten zu können.
Es werden ſodann mehrere Zeugen ver - nommen, die Zola’s guten Glauben bezeugen, darunter der ehemalige elſäſſiſche Deputirte Lalance, der das Vorgehen Zola’s billigt, ferner Duclaux, der es für nützlich erachtet, daß man über die Dunkelheit des erſten Proceſſes Licht verbreite, und Anatole France, der für den guten Glauben Zola’s eintritt. — Labori ver - lieſt einen für Zola günſtigen Brief des Pro - feſſors an der Sorbonne, Segilles.
Nach einer kurzen Unterbrechung der Sitzung theilt der Gerichtshof den Beſchluß mit, den Miniſter Billot nicht zu vernehmen, da er vom Miniſterrath die Autoriſation nicht erhalten habe, ferner die Einbeziehung des Eſterhazy’ſchen „ Uhlanenbriefes “in die Debatte nicht zuzulaſſen. — Die Vertheidigung verzichtet auf die Ver - nehmung der noch nicht vernommenen Zeugen.
Der Präſident ſchließt die Sitzung mit der Mittheilung, daß ſie am Montag wieder aufgenommen werden wird. Dienſtag wird des Faſchingsfeſtes wegen eine kurze Verhandlung ſtattfinden. Die Verhandlungen werden Mittwoch beendigt ſein. Die Zugänge zum Juſtizpalaſt waren faſt menſchenleer. Es fand keine Kund - gebung ſtatt.
(36. Sitzung.)
Nach dem Referate des Abg. Julius Ritter von Gomperz wird der Schlußbericht überdas Landesbudget für 1898 und die Landes - umlage ohne Debatte angenommen.
Landeshauptmann Graf Vetter von der Lilie hebt in ſeiner Schlußrede die Noth - ſtandsaction hervor und ſagt u. A.: Aber alle unſere Actionen überragt jene Friedensaction, deren Fundamente in dieſer Seſſion gelegt worden ſind. Mögen dieſe Fundamente zu einem ſtolzen Bau emporwachſen, der für alle Zeiten Zeugniß geben ſoll von dem friedlichen Sinne, der Ver - ſöhnlichkeit und Gerechtigkeit beider dieſes Land bewohnenden Volksſtämme. (Lebhafter Beifall.) Der Landeshauptmann dankt hierauf dem Statt - halter Freiherrn v. Spens-Booden (Stürmiſcher Beifall), der allſeitige Verehrung ſich zu er - ringen wußte, für ſeine lebhafte Theilnahme an den Landtagsverhandlungen in dieſer Seſſion. (Beifall.) Redner ſchließt mit dreifachen Hoch - und Slava-Rufen auf Se. Majeſtät den Kaiſer, in welche die Verſammlung begeiſtert einſtimmt.
Abg. Freihe[r]r von Chlumecky dankt dem Landeshauptmanne Namens des ganzen Hauſes. Der Ruf des mähriſchen Landtages als Arbeits - landtages ſei zum großen Theile dem Landes - hauptmanne Grafen Vetter von der Lilie zuzu - ſchreiben, ebenſo der Umſtand, daß es gelungen iſt, heuer die erſten Schritte zur Verſtändigung der Nationalitäten zu machen. Wir wiſſen, daß, wenn dieſer Schritt gelingt und glücklich fort - geſetzt wird, dies gewiß dem Landeshauptmanne die größte Freude bereiten wird. Nicht minder dankt Abg. Freiherr v. Chlum[eck]y dem Statt - halter (lebhafter Beifall) für das überaus that - k[r]äftige Wohlwollen und die Unterſtützung, welche er dem Lande jederzeit habe zutheil werden laſſen, insbeſondere für deſſen warme Unterſtützung der nicht ganz leichten einleitenden Schritte zum an - geſtrebten Friedenswerke. (Lebhafte Zuſtimmung.) Ich weiß nicht minder, ſagt Redner, daß niemand ſo ſehr einen glücklichen Erfolg herbeiwünſchen würde als der Statthalter, welcher jederzeit das gleiche Intereſſe für beide Nationalitäten dieſes Landes bekundet hat und durch ſeine herzge - winnende Liebenswürdigkeit (Lebhafte Zuſtimmung) ſowohl im perſönlichen als amtlichen Verkehre uns alle im Sturme zu ſeinen Verehrern und aufrichtigen Freunden gemacht hat. (Lebhafter Beifall.)
Statthalter Freiherr v. Spens-Booden: Vor Allem erlauben Sie mir, daß ich aus vollem Herzen mich den warmen Worten der Verehrung und Huldigung, welche Sr. Excellenz unſerem Landeshauptmanne dargebracht wurden, anſchließe, ebenſo danke ich auch vielmals dem hochverehrten Landeshauptmann-Stellvertreter und allen Herren für das Wohlwollen, mit welchen Sie den Re - gierungs-Vertretern jederzeit entgegengekommen ſind. (Slaviſch fortfahrend:) Die heurige Seſſion ragt über die anderen durch er - ſprießliche und opferwillige Arbeit hervor, und
ſchon beleſen, ja gewaſchen; die rothen Rüben ſogar ſchon gekocht! Und dazwiſchen überall Blumen, Blumen und wieder Blumen, und da ſie billig genug ſind, geht kaum jemand ohne ſeinen friſchen Strauß nach Hauſe. Ueberraſchen muß es den Fremden, wie galant die Direction der Trambahn für die Bequemlichkeit der Lauſanner Hausfrauen beſorgt iſt. An allen Markttagen werden Perſonenwagen, die nach den entfernteren Stadttheilen gehen, flache Wagen angehängt, auf denen ſich dann die gefüllten Körbe und Netze der mitfahrenden Weiblichkeit friedlich vereinen. Und noch eine andere Anordnung hat dieſelbe Verwaltung getroffen, die nicht minder viel für ſich hat. Alljährlich nämlich werden während der Weihnachtstage in den Wagen Blechbüchſen aus - gehängt, in die das Publicum ſein Scherflein wirft. Nach Schluß der Sammlung wird die eingebrachte Summe unter alle an der Bahn Bedienſteten getheilt. In der Feſttagsſtimmung der Adveniszeit iſt ja jeder leichter zum Geben bereit, und was ſonſt nur den Schaffnern zu - fließen würde, kommt auf dieſe Weiſe auch dem Geringſten zugute.
Weihnachten iſt übrigens in der ganzen franzöſiſchen Schweiz faſt nur ein Feſt für die Kleinen. Wohl mehr aus dem practiſchen Grunde, weil die Kinder, wenn man ſie erſt an Neujahr, alſo nur ein paar Tage vor Wiederbeginn der Schulzeit beſchenken würde, zu wenig Genuß von ihren Geſchenken hätten, acceptirte man zuerſt die deutſche Sitte. Mittlerweile hat ſie ſich ziemlicheingebürgert, und mit ihr zugleich auch unſer Weihnachtsbaum, die duftende Tanne. Den Kleinen macht denn auch ihr „ sapin de Noël “viele Freude, aber die Großen blicken ihn mit ziemlich gleichgiltigen Augen an. Von der Poeſie und dem Zauber, den ein deutſcher Weihnachts - baum um ſich verbre tet, iſt hier nichts zu ſpüren. Deſto lauter und lebhafter im weiteſten Sinne des Wortes feiert man die Sylveſternacht. Nicht wie bei uns im gemüthlichen Heim bei der dampfenden Punſchbowle. Hier eilt alles hinaus auf die Straßen; die übermüthige Jugend ſteckt ſich in Maskencoſtüme; muſikaliſche Gemüther machen ihrem Herzen in mehr oder minder wohl - gemeinten Geſängen Luft, andere malträtiren die unglaublichſten Inſtrumente. Alles ſcherzt und lacht und neckt ſich; auf freien Plätzen ſind Caruſſels und Schießbuden aufgeſchlagen und von Alt und Jung belagert; aber nirgends iſt etwas von roher Ausgelaſſenheit zu finden. Und dieſer Trubel, dieſe Luſtigkeit ſetzt ſich dann am Neu - jahrtage fort, an dem ſich die großen Kinder erſt beſchenken: Ebenſo vielleicht auch etwas über - müthiger ſpringt man in Genf in das neue Jahr, beträchtlich ruhiger dagegen fällt dieſe Feier am andern Ende des Sees aus, in dem ſchönen vornehmen Montreux.
Iſt einem Menſchenkinde, das Luſt und Laune, das Bedürfnis nach Erholung, oder auch der Wunſch nach einem nicht allzuſtrengen Winter an die Ufer der Léman geführt haben, Genf zu geräuſchvoll und lebhaft, zu verführeriſch für einrein beſchauliches Daſein, Lauſanne trotz ſeiner größeren Ruhe doch noch zu ſtädt ſch, dann winkt ihm Montreux verlockind genug. Es iſt auch faſt undenkbar, daß dieſes gnadenreiche Stückchen Erde jemand nicht gefallen, ihn nicht feſſeln ſollte. Für Kranke iſt Montreux in den letzten Jahren etwas aus der Mode gekommen, aber für ſolche, die den geſellſchaftlichen Anſtrengungen eines Win - ters entgehen oder ihre angegriffenen Nerven er - holen wollen, iſt es vielleicht gerade deswegen ein um ſo beliebterer Aufenthaltsort geworden. Die diesjährige Fremdenliſte weiſt zumeiſt deutſche Namen, darunter viele aus Adels - and Officiers - kreiſen, auf. Hotels und Penſionen bieten allen nur möglichen Comfort. Muſikaliſche Unterhal - tungen finden hier auch ſehr häufig ſtatt, hin und wieder auch Theatervorſtellungen, und um auch den Spielluſtigen Gelegenheit zu geben, ein Bischen ihrer Schwäche fröhnen zu können, iſt im Kurſaal das unſchuldige Pferdeſpiel geſtattet, — wirklich unſchuldig, weil höhere Einſätze als ein Francs ſtreng verboten ſind.
Und wie viel des Intereſſanten iſt da auch ſonſt gleich in nächſter Nähe zu finden! Da iſt vor allem das alte, auf einem gewaltigen Felſen in den See hinein gebaute Schloß Chillon, das Lord Byron in ſeiner unverwelklichen Dich - tung „ Der Gefangene von Chillon “verewigt hat, Ein Stückchen weiter liegt das Hotel Byron, in dem ſich Victor Hugo noch im Jahre 1883 auf - hielt. Da iſt Clarens mit dem „ bosquet de Julie “, das an die hier ſpielende „ Neue Heloiſe “
[4]Sie können in Ihre Heimat mit dem Bewußt - ſein zurückkehren, daß Sie eifrig und vollkommen Ihrer Pflicht nachgekommen ſind. Daß ein ſo erfreulicher Erfolg in dieſer Seſſion erzielt wurde, kann man nicht nur Ihrem Fleiße und Ihrer Gewiſſenhaftigkeit, ſondern auch dem gegenſeitigen Verſtändniſſe zuſchreiben, ſo wie dem guten Wil - len, welcher Alle beherrſcht, wenn es ſich um das Wohl und das Intereſſe unſeres geliebten Landes handelte. (Bravo! Vyborně!) Deutſch fortfahrend): Es wird vor Allem meine Aufgabe ſein, im Ein - vernehmen mit dem Landes-Ausſchuſſe die Beſchlüſſe des Landtages ſo raſch als möglich und in dem Sinne, wie ſie gefaßt wurden, durchzuführen. Indem ich für die Anerkennung, welche mir von Seite des Landeshauptmannes und des Abg. Freiherrn von Chlumecky zutheil wurde, meinen tiefgefühlten innigſten Dank ausſpreche, verabſchiede ich mich von Ihnen mit dem wärmſten Wunſche, daß Ihre opferwillige, von den lauterſten Intentionen ge - tragene Thätigkeit jene ſegensreichen Früchte tra - gen möge, die wir alle wärmſtens in unſerem Herzen für das Land und ſeine Bewohner hegen. (Allſeitiger Beifall und Händeklatſchen.)
Hierauf erklärt der Landeshauptmann die Seſſion für geſchloſſen.
Der Kaiſer hat mit Allerhöchſter Entſchließung vom 18. Februar d. J. dem vom Landtage der Markgrafſchaft Mähren beſchloſſenen Entwurfe eines Geſetzes betreffend die Berathung einiger im Landtage geſtellten Anträge die Sanction ertheilt.
Herr Bürgermeiſter Brand - huber hat ſich Samſtag nach Schluß des Land - tags von Brünn nach Prag begeben und kehrt heute von dort wieder hieher zurück. Die Land - tagsabgeordneten Herren Robert Primaveſi und Dr. Carl. Schrötter ſind bereits am Sonn - abende hier eingetroffen.
Herr Oberlieutenant Joſef Neuwirth des 93. Inft. -Rgts. hat ſich mit Frl. Rudolfine Toman, einer Tochter des k. k. Steuereinnehmers Herrn Hugo Toman verlobt.
Am 1. März Abends 6 Uhr findet in der hieſigen evangeliſchen Kirche die Trauung des Architecten und Stadtingenieurs in Olmütz, Herrn Wilhelm Heller mit Fräulein Hermine Suchy ſtatt.
Am 18. d. M. iſt in Mar - burg Herr Med. -Dr. Alois Theodor Hořinek, k u. k. Regimentsarzt im Ruheſtande im Alter von 71 Jahren verſtorben. Der Verblichene gehörte durch mehrere Jahre der Olmützer Garniſon an. — Geſtern verſtarb in Zara an den Folgen eines ſchweren Lungenleidens Herr Oberlieutenant Ignaz Baron Lauer im 30. Lebensjahre. DerBerblichene war der Enkel des einſtigen Feſtungs - commandanten von Olmütz, FZM. Baron Lauer und der Sohn des im Jahre 1893 zu Görz verſtorbenen Generalmajors Baron Hugo Lauer; er diente durch 10 Jahre im Infanterie-Regimente Nr. 76, dann im 7., 21. u. 23. Landw. -Jaſt.-Regt. — Am letzten Samſtag Vormittags verſchied in Freudenthal Herr Arthur Liberda, k. k. Be - zirkshauptmann nach längerem Leiden im 48. Lebensjahre. Heute Nachmittags 4 Uhr findet das Leichenbegängniß dortſelbſt ſtatt. — Geſtern verſtarb hier die hieſige Hausbeſitzerin Frau Barbara Heilich in dem hohen Alter von 81 Jahren. Das Leichenbegängniß findet morgen Nachmittags 4½ Uhr vom Trauerhauſe Herren - gaſſe Nr. 4, aus ſtatt.
Der Miniſter für Cultus und Unterricht hat den wirklichen Lehrer an der höheren Handelsſchule in Olmütz Leopold Frank zum wirklichen Lehrer am Staatsgymnaſium in Pola ernannt. — Der Juſtizminiſter hat den Gerichtsadjuncten in Kremſier Rudolf Pecival zum Gerichtsſecretär in Tiſchnowitz ernannt.
Die Tagesordnung der heutigen S[i]tzung des Stadtverordneten-Collegiums iſt folgende: Anſuchen um Gewährung einer Renumeration. — Bauämtlicher Bericht betreffend die Herſtellung des Waſſerleitungsrohrſtranges in der Parkſtraße längs des Staatsbahndirectionsgebäudes bis zur Villa Paſſinger. — Bauämtlicher Bericht betref - fend die Verlängerung des Gasrohrſtranges von der Mitte des Staatsbahndirectionsgebäudes bis zur Billa Paſſinger. — Bauämtlicher Bericht betreffend den Ausban der Fürſtenbergſtraße. — Bauämtlicher Bericht betreffend die Herſtellung der Marchſtraße vom Kremer’ſchen Neubau bis an die Sternberger Reichsſtraße. — Bauämt - licher Bericht betreffend die Verlängerung der Joſef v. Engelſtraße und der Zirkendorferſtraße. — Anſuchen der Leitung der 5cl[a]ſſigen Knaben - volksſchule um definitive Syſtemiſirung des Heiz - materiales. — Bericht über die Inventursauf - nahme im Induſtriewerke in Gießhübl. — Bericht der 3. Section über das Geſuch der Organiſtens - witwe Frau Marie Tjuka um Erhöhung der Witwenpenſion. — Bericht der 3. Section über das Einſchreiten der Herren Wilhelm Wotky und Karl Wotky um Verleihung des Bürgerrechtes. — Bericht der 3. Section über das E[i]nſchreiten des Herrn Theodor Slaby um Verleihung des Heimathrechtes. — Bericht der 1. Section be - treffend die Canaliſirung der Zirkendorfergaſſe. — Bericht der 1. Section über das A[n]ſuchen des Urſulinerinnen-Ordens-Conventes um Abſchrei - bung des Waſſermehrconſumes. — Bericht der 1. Section betreffend die Ausführung der Bau - arbeiten an der Weſt - und Mittelkuppel der Sct. Michaelskirche. — Bericht der 1. Section über das Einſchreiten des Herrn Jonas Löwy um
erinnert, da iſt das aufblühende Vevey mit den „ Avants “im Rücken und eine Fülle anderer ſchauenswerther Punkte. Montreux ſelbſt hat wohl auch unter all den anderen Orten am See den Mitbewerberinnen um die Gunſt der rei - ſenden Menge, die geſchützteſte Lage und darum auch das mildeſte K[li]ma. Der Winter tritt hier immer erſt etwas ſpät, ſo gegen Ende Jänner oder Anfang Februar und auch dann nirgends als allzu geſtrenger Tyrann auf. Oft kann man noch den Weihnachtstiſch mit friſchen Roſen aus dem Garten ſchmücken! In dieſem Jahre allerdings war es umgekehrt: der Froſt ſtellte ſich ſchon ziemlich zeitig ein und die Wochen vor dem Feſte waren faſt ununter brochen kalt und trübe. Dafür herrſcht aber nun ſeit Neujahr das wahre Frühlingswetter. Bäume und Sträucher fangen ſchon an zu treiben, und man könnte faſt glauben, ſchon jetzt den Veilchenduft in der Luft zu verſpüren.
Freilich ganz ſo wunderſchön wird’s nicht weiter gehen, ein bischen Schnee und Eis wird uns ſchon auch hier noch beſcheert werden. Und ſollte dies wirklich ausbleiben, — der diesjährige Winter ſcheint ja nun einmal überall etwas aus der Art geſchlagen zu ſein — ſo ſorgt ſchon der alte Seegott dafür, daß die Menſchlein nicht gar zu übermüthig werden; er ſchickt ihnen ſeine wallenden Nebel herauf, zugleich darin ſeine eigene Schönheit, die Pracht der Berge, alles, alles einhüllend. Oder geſchieht das nur, weil ſeine Schweizer Kinder behaupten, daß dies geſundſei! Oder iſt am Ende gar ein wenig Cocetterie dabei im Spiel? Man weiß ja das Schöne immer mehr zu ſchätzen, wenn man es eine Zeit lang entbehren mußte. Und was gäbe es viel reizvolleres, als nach ſolch’ grauer Dämmerung zu beobachten, wie die alten Coloſſe, die ſchroff - gezackten Savoyer - und Walliſeralpen und weiter rechts etwas im Hintergrunde der düſtere Jura unter den ſiegreichen Strahlen der Sonne ihren leichtgewirkten und doch ſo undurchſichtigen Panzer ſinken laſſen müſſen! Und wenn die Königin der Berge, hier der Dent du Midi, ſich wieder in ihrem jungfräulich reinſten Glanze zeigt! Das Herz wird einem bei ſolchem Anblicke ordentlich weit. Man begrüßt ſie alle wie liebe, treue Freunde, die man eine Weile nicht geſehen. Man ſtellt feſt, daß der eine von ihnen ſich mit einer größeren Pelzmütze geſchmückt, der andere ſich in ein längeres Cape gehüllt hat. Man begreift dann wohl, daß es Menſchen gibt, die aus Heimweh nach ihren Bergen krank werden, und man verſteht es, daß gerade dieſe Berge hier mit ihrem ſtarken Verbündeten, dem See, unſere Dichter zu begeiſterten Lobgeſängen herausforderten. Daher mag es wohl auch kommen, daß ſchon der Name des Genferſees alle Naturſchönheiten vor unſer geiſtiges Auge zaubert. Aber trifft es bei anderen Dingen meiſt zu, daß die Wirklichkeit unſere Vorſtellung ent - täuſcht, ſo tritt hier einmal der umgekehrte Fall ein: ſie übertrifft die reichſte Phantaſie.
Abſchreibung des Waſſermehrconſumes. — Bericht der 1. Section über den für das k. k. Militär - Aerar durchgeführten Ankouf der Baugründe zur Erbauung eines Militär-Berpflegs-Magazins. — Bericht des Theater-Comités über das Anſuchen des Theaterdirectors Herrn Stanislaus Leſſer bezüglich Abſchreibung der Inſpections - und Nothbeleuchtungsgebühren und betreffend den An - kauf von Theater-Decorationen.
Am Schluſſe des 1. Quartals ver - blieben 287 Schüler. Im Laufe des 2. Quar - tals traten 10 Schüler ein, 19 dagegen aus, ſo daß 278 verbleiben. Von dieſen wurden claſſi - ſicirt 276 und erhielten folgende Noten: Schul - beſuch: ſehr fleißig 269, fleißig 7, Sitten: vollkommen entſprechen[d]274, entſprechend 2, Fleiß: ausdauernd 231, befriedigend 44, un - gleichmäßig 1, Fortgang: Violineſehr gut 70, gut 32, genügend 4, Clavier: ſehr gut 100, gut 30, genügend 2, Geſang: ſehr gut 7, gut 6, Violincello: ſehr gut 10, gut 3, Viola: ſehr gut 2, gut 4, Contrabaß; ſehr gut 4, gut 2.
Freitag Abends fand in Sternberg im großen Saale der dortigen Turnhalle eine Verſammlung des Bundes deutſcher Landwirthe in der Oſtmark ſtatt, in welcher die Abgeordneten Schönerer und Iro ſowie Herr Schamberger ſprachen. Dieſelben wurden Namens der deutſchen Landwirthe von Abg. Zimmer und Namens der deutſchen natio - nalen Bevölkerung[ Sternbergs] von Herrn Anton Ruß begrüßt. Während der Verſammlung kam es vor der Turnhalle und zum Theil im Vor - hauſe der letzteren zu aufregenden Scenen, indem Perſonen ohne Eintrittskarten eindringen wollten, was denſelben verweigert wurde. Auch Steine wurden geworfen, von denen einer den Redacteur Milde oberhalb des linken Auges an der Stirne traf. Die Verletzung iſt jedoch glücklicherweiſe keine bedeutende. Auch ein Landmann wurde ver - wundet. Gendarmerie und Polizei ſäuberten ſo - dann den Platz vor der Turnhalle, auf welchem ſich méhrere hundert Perſonen angeſammelt hatten.
Das ſamſtägige Kränzchen im Militärcaſino bot ſeinen Beſuchern reichſte Unterhaltung, trotzdem der Beſuch kein ſo zahlreicher war, als ihn dieſe Kränzchen in früheren Jahren aufwieſen. Allein eine Fülle jugendlicher Erſcheinungen in den kleidſamſten Maskencoſtümen gab demſelben eige - nen Reiz. Neben den Masken in den verſchieden - ſten Nationaltrachten ſah man eine üppige Schöne im Incroyable-Coſtüme, eine duftige Mädchen - erſcheinung als hell leuchtender Frühling u. ſ. w. Der Domino war weniger vertreten. Unter den Herrencoſtümen fiel eines auf, das ſeinen Träger überaus gut kleidete, ein franzöſiſches Jagdcoſtüm (rother Frack u. ſ. w.) Se. Excellenz der Divi - ſionär F. M. Lt. Freiherr v. Mertens hatte das Kränzchen mit ſeinem Beſuche beehrt. Außer - dem waren General Heimroth, die Gräſinnen Zierotin, Graf Eltz und Gemahlin anweſend. Getanzt wurde mit Ausdauer bis zum Morgen.
Samſtag Abends fand im Engliſchſaale das von dem Geſelligkeitsvereine der k. k. öſterr. Staats - bahnen veranſtaltete Kränzchen ſtatt. Die Be - theiligung an demſelben war zwar etwas ſchwächer als in früheren Jahren, umſo animirter geſtaltete ſich jedoch die Unterhaltung ſelbſt, deren Arran - gement in beſten Händen ruhte und dem Comité allſeitige Anerkennung eintrug. Sehr originell und prächtig präſentirte ſich die Decoration des Saales. In der rechten Ecke ſah man den Vor - dertheil einer mächtigen, mit rothen Signallaternen verſehenen Locomotive, die aus einem Turnel hervorzukommen ſchien, während auf der linken Seite Apparte des Eiſenbahndienſtes (Wechſel etc.) angebracht waren. An den Wänden hatten rothe Signalfahnen Platz gefunden. Die Decoration fand allgemeinen Beifall. Die Damenwelt, welche ihre reizendſten Vertreterinnen entſendet hatte, war zumeiſt in Ballkleidung erſchienen; einige Mädchen hatten auch ſehr kleidſame Trachten ge - wählt. Getanzt wurde bei den Klängen der Muſik - capelle des 98. Inf. -Reg. mit vollſter Hingebung bis in die Morgenſtunden. Durch ein beſonders ſorgſames Arrangementzeichneten ſich die Quadrillen aus. Das Feſt, das einen glänzenden Verlauf nahm, beehrten mit ihrer Gegenwart Herr Re -[5]gierungsrath Neudeck ſammt Gemahlin, Herr Verkehrschef Inſpector Noe; ferner waren an - weſend: der Borſtand des Vereines Herr Ober - revident A. Heřman, Borſtand-Stellvertreter, Herr Revideut Januſchka, Schriftführet Herr Adjunct Fibich, Ingenieur H. Latainer ꝛc. Küche und Keller des Herrn Reſtaurateur Fleiſcher leiſteten das Beſte.
In den Locatitäten des Gaſthofes „ zum ſchwarzen Adler “veranſtaltetea unſere Typographen am letzten Samſtag ihren Unterhaltungabend. Der Beſuch desſelben war ein ſehr guter und die Unterhaltung geſtaltete ſich recht gemüthlich, wozu mehrere Liedervorträge und die Aufführung humo - riſtiſcher Scenen, welch’ letztere die größte Heiter - keit weckten, weſentlich beitrugen. Mit der Ab - ſingung des „ Liedes der Arbeit “wurde die Vortragsordnung abgeſchloſſen, worauf dem Tanze gehuldigt wurde. Das Comité, welches dieſe Unterhaltung in Scene geſetzt hatte, verdient die vollſte Anerkennung und kann mit voller Be - friedigung auf das Gelingen derſelben zurückblicken.
Der von uns bereis angekündigte Untechaltungsabend der hie - ſigen Geſellſchaft „ O-Phys “findet definitiv am 9. März im Engliſch-Saale ſtatt. Eröffnet wird der Abend mit einer muſikaliſch -[r]eclamatoriſchen Akademie, an welche ſich ein Tanzkränzchen an - ſchließt. Näheres werden wir ſeinerzeit mittheilen.
Im Saale der Brauhaus - reſtauration fand geſtern der Brauerball unter ſehr zahlreicher Betheiligung ſtatt. Der Saal hatte eine hübſche Decoration erhalten und das Comité Alles aufgeboten, um die Balltheilnehmer zufrieden zu ſtellen. Getanzt wurde unermüdlich bis zum Morgen. Das ſchöne Feſt beehrten mit ihrer Gegenwart die Herren Mitglieder des Ver - waltungsrathes des Brauurbars mit Herrn Ober - director Heinrich Sachs an der Spitze.
welches morgen Abends ſtatt - findet, wird ſich vorausſichtlich eines ſehr zahl - reichen Beſuches erfreuen. Zu bemerken wäre noch, daß für dieſen Abend ein Maskenzwang nicht beſteht, die Damen jedoch erſucht werden, ſämmt - lich in Maske zu erſcheinen. Die Herren können entweder in Balltoilette, Coſtüme oder im Domino erſcheinen; denſelben ſteht im 2. Stockwerke eine Garderobe zur Verfügung. Sehr wünſchenswerth wäre es, wenn auch die Damen Dominos wählen würden. Die Demaskirung findet nach der erſten Quadrille ſtatt. Nach dem großen Cotillon werden die Vorträge mehrerer hieſiger Kunſtkräfte abge - halten werden. Die Tanzmuſik beſorgt die Muſikcapelle des 98. Inf. -Regts.
Geſtern wurde die bekannte Poſſe „ Der Stabstrompeter “aufgeführt; ſie weckte auch diesmal die größte Heiterkeit von Seite des alle Räume des Theaterſaales füllenden Publicums. Anerkennenswerthe Leiſtungen boten die Damen Wohlmuth, Nordegg, Raoul und May, die Herren Hernfeld, Kaitan, Röhrich und Kühns, welch’ letzterer die Titelrolle recht ſchneidig darſtellte. Herr Hernfeld brachte ſein Couplet in trefflicher Weiſe zum Vortrage und mußte über ſtürmiſches Verlangen mehrere Strophen zugeben.
Die Hofopernſänge - tin, Frl. Michalek, welche nächſte Woche hier gaſtiren wird, ſingt als Gaſtſpielrollen die „ Gretel “in Humperdincks „ Hänſel und Gretel “und die „ Zerline “in Mozarts „ Don Juan “. Außerdem ſollen in nächſter Zeit zur Aufführung kommen zum Benefice des Herrn Georg Unger Verdi’s „ Aida “und zum Vortheile des Herrn Capell - meiſters Veit Meyerbeers „ Afrikanerin “. Wir ſagen „ zum Benefice “, obgleich es nach der letzten Beneficevorſtellung fraglich iſt, ob eine ſolche Vorſtellung dem Beneficianten einen Vor - theil bringt. — Herr Director Leſſer hat den verdienſtvollen Dirigenten unſerer Oper Herrn Capellmeiſter Auguſt Veit auch für die nächſte Theaterſaiſon wieder engagirt, welche Nachricht von Seite des Publicums wohl mit allgemeiner Befrie - digung begrüßt werden wird. Die in unſerer letzten Nummer gebrachte Mittheilung, daß Herr Capell - meiſter Veit nach Salzburg engagirt wurde, iſt dahin zu ergänzen, daß derſelbe die muſikaliſche Leitung der vom 10. April bis 10. Mai wäh - renden Opernſaiſon in Salzburg übernom - men hat.
In Gemäßheit des Art. 46 Z. 4 al. 3 der Bollzugs - vorſchrtſt zum IV. Hauptſtück des Perſonaiſteuer - geſetzes vom 25. October 1896, R. G. Bl. Nr. 220 wird zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die nach § 184 des Perſonalſteuerge - ſetzes von der Steuerbehörde I. Juſtanz zu vollziehende Einreihung der Perſonaleinkom - menſteuerpflichtigen der Schätzungsbezirke Olmütz Stadt und Olmütz Umgebung in die ein - zelnen Wahlkörper bereits vorgenommen wurde und die betreffenden Verzeichniſſe durch 14 Tage d. i. vom 21. Februar bis ein - ſchließlich 6. März 1898 im Locale der Steuerbehörde I. Inſtanz in Olmütz. Uferſtraße Nr. 8, Zimmer Nr. VI wöhrend der gewöhnlichen Amtsſtunden zur Einſicht der Perſonaleinkommen - ſteuerpflichtigen der Schätzungsbezirke aufliegen. Die Einſichtnahme in das bezügliche Verzeichniß iſt blos den perſonaleinkommenſteuerpflichtigen Perſonen des betr[e]ffenden Schätzungsbezirkes (Olmütz Stadt oder Olmütz Umgebung) nach vorausgegangener ſorgfältiger Prüfung der Legiti - mation geſtattet, während die Anfertigung von Abſchriften oder Auszügen unterſagt iſt. (Art. 60 Z. 6 der bezogenen Vollzugsvorſchrift IV.) Die Strafbeſtimmungen gegen einen etwaigen Miß - brauch der aus dem Verzeichniſſe entnommenen Umſtände über das Einkommen eines Steuer - pflichtigen enthält § 246 P. St. G., wornach der Mißbrauch dieſer Daten eine Uebertretung bezw. ein Vergehen begründet, welches mit Arreſt bis zu 6 Monaten oder an Geld bis zu 1000 fl. beſtraft wird. Allfällige Be - ſchwerden gegen die unrichtige Ein[r]eihung der Beſchwerdeführer in die Wahlkörper kön - nen innerhalb der Präcluſivfriſt von 8 Tagen d. i. vom 7. März bis einſchließlich 14 März 1898 bei der oben bezeichneten Steuerbehörde I. Inſtanz ſtempelfrei eingebracht werden. (Art 46 Z: 4 und 6 der Vollzugs - vorſchrift zum IV. Haupſtück der Perſonalſteuer - geſetzes.)
Das vom k. k. Finanz - miniſterium redigirte Verordnungsblatt vom 23. Jänner 1898 Stück III. Nr. 12 enthält die Verordnung des hohen k. k. Finanzminiſteriums vom 15. Jänner 1898 Z. 8049 ex 1897 be - treffend die Stempelgebühren im Verfahren nach dem Geſetze vom 25. October 1896 (R. G. Bl. Nr. 220) über die directen Perſonalſteuern. Nachdem es im Intereſſe des Publicums gelegen iſt, ſich mit den Beſtimmungen des bezogenen hohen Finanz-Miniſterial-Erlaſſes bekannt zu machen, theils um überflüſſige Ausgaben für Stempel zu vermeiden, theils um den nachtheiligen Folgen der unterlaſſenen Stempelentrichtung vor - zubengen, iſt es nothwendig ſich das genannte Verordnungsblatt anzuſchaffen.
iſt uns von einer deutſchen Geſellſchaft in jenem Hauſe, wo die erſte Anregung zur Errichtung jener Krippe gegeben wurde, der Betrag von 5 fl. zugekommen.
Herr Reſtau - rateur Knopp veranſtaltet am nächſten Mittwoch im „ Stefanskeller “einen Monſtre-Häringsſchmaus nach Wiener Art. Gourmands wird hiebei Gele - genheit geboten werden, die verſchiedenſten Fiſch - gerichte in geſchmackvollſter Zubereitung credenzt zu erhalten. Der Beſuch dieſes Häringsſchmauſes wird ſich vorausſichtlich ſehr zahlreich geſtalten.
iſt dieſer Tage bei uns wieder zu Ehren gekommen. Seitdem das elec - triſche Licht, das Herr Paſſinger beiſtellt, regel - mäßig um 4 Uhr Nachmittags erliſcht, ſind die - jenigen, die in ihren Häuſern und Geſchäfts - localen dieſes Licht einführten, gezwungen, am Abende zur Petroleumlampe ihre Zuflucht zu nehmen. Die alten Lampen mußten alſo wieder hervorgeſucht und neue angeſchafft werden, wollte man im Hauſe oder im Verkaufsgewölbe nicht der Finſterniß preisgegeben ſein. Da würdigte man erſt die großen Vortheile der electriſchen Beleuchtung, und die Oellampe erſchien wie ein Requiſit aus grauer Vorzeit, das man erſt mühſelig entzünden mußte, um es als Lichtquelle benützen zu können. Wie wir hören, wird die Calamität noch einige Tage dauern, und erſt Ende der Woche behoben werden können. Für die Centralſtation, welche unſere Stadtgemeinde er -richten will, mag dieſelbe von lebhaften Nutzen ſein. Die Nothwendigkeit der ſofortigen Aufſtel - lung einer Hilfs-Dynamomaſchine bei Errichtung der Centralſtation iſt einleuchtend.
beabſichtigt im Intereſſe der Hebung und Ausbreitung des vaterländiſchen Handels - verkehres mit Egypten von nun an einen monat - lichen Bericht unter dem Titel „ Mittheilungen über den Handel in Egypten mit ſpecieller Be - rückſichtigung der Intereſſen der öſterr. ungar. Monarchie “im Drucke erſcheinen zu laſſen und außerdem ein Informationsbureau zu gründen, deſſen Aufgabe es ſein wird, auf Grund ein - gehender Platzkenntniſſe etwaige Anfragen öſterr. ungar. Corporationen und Exportfirmen möglichſt zweckdienlich zu beantworten. Die jährliche Prä - numeration auf ein Exemplar der monatlichen Mittheilungen koſtet Francs Gold 25, die Be - antwortung eines Informationsgeſuches Francs Gold 5, welche Taxe gleichzeitig mit der Anfrage per Poſtanweiſung einzuſenden iſt. Indem die Olmützer Handels - und Gewerbekammer die be - theiligten commerciellen Kreiſe ihres Bezirkes auf dieſe zum Wohle der vaterländiſchen Handels - verbindungen getroffenen Maßnahmen beſonders aufmerkſam macht, gibt ſie der Hoffnung auf eine recht rege Betheiligung der Intereſſenten an dieſem Unternehmen Ausdruck.
Die Olmützer Handels - und Gewerbekammer macht allfällige Intereſſenten ihres Kammerbezirkes darauf auf - merkſam, daß das bulgariſche Kriegsminiſterium für den 4. März l. J. eine Offertverhandlung wegen Lieferung von 120.000 m Zeltleinwand und 60.000 m Futterleinen ausgeſchrieben hat.
Unter dieſer nicht mehr neuen Loſung pries ein hieſiges Tſchechenblatt noch vor Jahresfriſt die Tuchwaarenſirma Stavěl an. Die Inhaber dieſer Firma wurden verfloſſe - nen Samſtag wegen leichtfertiger Crida ſchuldig erklärt und Anton Stavěl zum ſtrengen A[r]reſte in der Dauer von 2 Monaten, ſein Vater Joſef zum Arreſte von 3 Wochen verurtheilt.
Geſtern Vormittags fand in der Reſtauration „ zur Stadt Retz “die ordentliche Generalverſammlung der Genoſſenſchaft für das Holzgewerbe ſtatt. Nach Eröffnung der Verſammlung durch den Obmann Herrn Paradeiſer wurde ſodann von dem - ſelben der Jahresbericht erſtattet. Ueber Antrag des Herrn Krumei wurde Herrn Paradeiſer für ſeine Förderung der Genoſſenſchaftsintereſſen der Dank ausgeſprochen. Der erſtattete Caſſa - richt wurde genehmigt. Hierauf fanden die Wahlen ſtatt. Gewählt wurden mittelſt Zuruf: Zum Ge - noſſenſchaftsvorſteher Herr Joſef Paradeiſer, zum Vorſtand-Stellvertreter Herr Kotzurek. Mitttlſt Stimmzetteln wurden gewählt in den Ge - noſſenſchaftsausſchuß: Die Herren Carl Biegler, Franz Janiſch, Joſef Schartel, Ferd. Zahorsky, Franz Celler, Franz Krumei, Otto Gröger, Joſ. Kunzel, Carl Wotky, Joſ. Wibřizal, Fr. Zidek und Joh. Kropatſch. Die Wahlen der übrigen Functionäre wurde mittelſt Zuruf vorgenommen. Neugewählt erſcheint als Krankenkaſſa-Obmann Herr Franz Kotzurek an Stelle des ausſcheidenden Genoſſenſchaftsvorſtehers Hrn. Joſef Paradeiſer, der eine Wiederwahl ablehnte.
Die Ballgeſellſchaft im Gaſthauſe des Herrn Richard Sauer in Nimlau ſpendete für die Nimlauer arme Schuljugend zur An - ſchaffung von Lernmitteln den Betrag per 3 fl. 85 kr. ; wofür der Ortsſchulrath in Nimlau den herzlichſten Dank ausſpricht.
erfreute ſich geſtern Abends eines zahlreichen Beſuches von Seite eines diſtinguirten Publicums, das den Productionen und Vorträgen der Künſtler lebhafteſten Beifall zollte, an welchem insbeſondere der Verwandlungskünſt - ler „ Signor Ghezzi “, der Komiker Herr Spiller und die Character - und Verwandlungstänzerin Frl. Adrielle Harmath, die Katzenkönigin „ Miß Claire “, die Soubrette Saſcha Cordelly, die Mandolin - Virtuoſinnen Schweſtern Petronio, die Chanſonette Mizzi Heiſinger und die Wiener Concertſängerin Frl. Lina Roſé participirte. Letztgenannte Dame hat ſich die vollſte Gunſt des Publicums erwor - ben, das ſie bei jeder Gelegenheit in ſchmeichel - hafteſter Weiſe ausgezeichnei. Frl. Roſé verfügt über ſchöne und wohlgeſchulte Stimmmittel und verbindet damit einen ſehr geſchmackvollen Vortrag.
[6]Geſtern in der 11. Vor - mittagsſtunde ſignaliſirte der Stadtthürmer einen verdächtigen Rauch in der Schwedengaſſe und wurde gleichzeitig durch Paſſanten der Ausbruch eines Schadenfeuers in der genannten Gaſſe auf der Polizeiwachſtube zur Anzeige gebracht. In Folge deſſen begab ſich ſofort die Feuerbereitſchaft der ſtädt. Berufsfeuerwehr und ein Zug der freiw. Feuerwehr nach dem Brandplatze, doch war deren Einſchreiten glücklicher Weiſe nicht mehr nöthig, da der Brand, welcher im Kamine des Hanſes Nr. 5 der genannten Gaſſe ausgebrochen war, mittlerweile durch einen Kaminfegergehilfen unterdrückt werden konnte. Die Urſache des Feuers dürfte in mangelhafter Kaminreinigung zu ſuchen ſein und wurde diesbezüglich die Erhebung eingeleitet.
An - läßlich des letzten Wochenmarktes wurde am Niederringe eine Frauensperſon in dem Momente betreten, als ſie einer Marktbeſucherin aus der Kleidertaſche eine Geldbörſe mit 50 fl. geſtohlen hatte. Die Angehaltene, eine in Hatſchein wohn - hafte Taglöhnerin erſcheint dringend verdächtig, auch noch mehrere andere, in der letzten Zeit am hieſigen Wochenmarkte vorgefallene Taſchendieb - ſtähle verübt zu haben und wurde demzufolge dem hieſigen Strafgerichte eingeliefert.
Samſtag Nachmittags wurde auf dem Manritzplatze ein vor einen Wagen geſpanntes Pferd ſcheu und rannte gegen das Bürgerſchulgebäude, an welches das Geſpann anſtieß. Die in dem Wagen befindlichen Perſonen, welche eben einer in der St. Mauritzkirche ſtatt - geſundenen Trauung beigewohnt hatten, kamen glücklicher Weiſe mit dem Schrecken davon.
Geſtern Nachmittags wurde am Flußuſer nächſt der Mauth an der Bahnhoſſtraße von zwei Paſſanten die erſte Bach - ſtelze im heurigen Jahre geſehen.
In dee Ausſchuß - Sitzung am 17. Februar wurde den beiden Orts - gruppen in Böhm-Leipa für ein Trachtenfeſt, der Ogr. Neuſtadtl bei Friedland für einen Ball, der Ogr. Schönprieſen für das Erträgniß eines Balles und einer Bibliothek, der Ogr. Zwodau für einen Bauernball und der Ogr. Zwickau für eine Sammlung und für das Ergebniß eines Vortrages des Herrn Dr. Schiffner aus Prag, ferner dem Bezirksausſchuſſe in Dux für eine Baufondſpende, der Troppauer Deutſch-fortſchritt - lichen Tiſchgeſellſchaft für einen Gründerbeitrag und dem Spar - und Vorſchußvereine in Königs - berg in Schl., der Sparcaſſe in Weidenau und dem Bialaer Bürgerverein, dem Bielitz-Bialaer - Gewerbeverein, der Stadtgemeinde Bielitz, der Bielitz-Bialaer Gasgeſellſchaft, dem Presbyterium in Bielitz, der Sparcaſſe in Bielitz, dem Bielitz - Bialaer Männergeſangvereine, dem Bielitz-Bialaer Leſevereine, dem Dentſch-fortſchrittlichen Vereine in Bielitz, der Böhmiſchen Unionbank in Bielitz, der Escompte - und Wechslerbank in Bielitz, für Spenden und endlich der Stadtgemeinde Steyr für eine namhafte Widmung der geziemende Dank ausgeſprochen. Nach Bewilligung eines Erhaltungs - beitrages für die Schule in Wetzlau und einer Unterſtützung der Schule in Liebenau wurde die Mittheilung zur Kenntniß genommen, daß der Schulvereinsball vom 14. Jänner ein Rein - erträgniß von 2700 fl. ergeben hat. Schließlich gelangten Angelegenheiten der Holzinduſtrieſchule in Gottſchee, der Schule in Sehndorf und der Vereinsſchule in Röſcha zur Berathung und Erledigung.
Die Beſſerung in dem Befinden der Prinzeſſin Clementine von Sachſen-Coburg und Gotha hat nicht angehalten. Ihr Zuſtand hat ſich wieder verſchlimmert und gibt zu den größten Beſorgniſſen Anlaß. Geſtern Sonntag um 9 Uhr Morgens iſt folgendes Bulletin ausgegeben wor - den. „ Im Laufe der verfloſſenen Nacht hat ſich bei Ihrer königlichen Hoheit der Frau Prinzeſſin Clementine von Sachſen-Coburg und Gotha eine längere Zeit andauernde Herzſchwäche eingeſtellt. Athembewegung und Puls beſchleunigt. Tempe - ratur 36.8. Kräftezuſtand weniger befriedigend. Profeſſor Neuſſer, Profeſſor Braun, Profeſſor Chiari. “
erlebte der „ K. H. Z. “zufolge dieſer Tage der in Sobrzance bei Suvalkiwohnhaſte Beſitzer L. Nachdem er im Dorſkruge den Spiritnoſen überreichlich zugeſprochen, trat er, mit einer wohlgefüllten Flaſche ausgerüſtet, den Heimweg an. In ſeinem benebelten Zuſtande verfehlte er jedoch die Richtung und gerieth ſo auf den Bahndamm, wo er zu Fall kam und ſofort in Schlaf verſank. Aus dieſem wurde er nach geraumer Zeit durch das Geräuſch eines heranbrauſenden Eiſenbahnzuges erweckt; ſteif gefroren von der ſcharfen Luft und in Folge der übermäßig ge - noſſenen Alkoholika betäubt, war er nicht im Stande, ſich zu erheben und während ihm der kalte Schweiß ausbrach, erkannte der vor Schrecken ſchnell Ernüchtertete ſeine Lage. Die Augen ſchließend, erwartete er den ſicheren Tod. Etwa 20 bis 30 Meter vor ihm bog plötzlich der Zug auf ein zweites Schienen - geleiſe und L. war gerettet. Erſt nach längerer Zeit kam er wieder zu ſich und in den unge - hinderten Gebrauch ſeiner Glieder, worauf er, wie Eſpenlaub zitternd, ſein Heim aufſuchte. Der gellende Angſtſchrei ſeiner Gattin erweckte ihn am nächſten Morgen; der ausgeſtandene Schrecken hatte das Haar des kaum 40jährigen Mannes weiß gefärbt.
Die Leiche einer mit dem Schiffe „ Flachat “verunglückten Ungarin wurde von dem Dampfer „ Suſu “geborgen.
Geſtern Abends und Nachts wurden in der ganzen Stadt an Haus - und Gewölbethüren, ſowie an den Laternen - pfählen kleine, gedruckte Zettel aufgeklebt, worin die „ ſelbſtbewußten Slovenen “für heute Vor - mittag 11 Uhr zu einer Verſammlung in der Sternallee aufgefordert wurden. Trotzdem der größte Theil dieſer Zettel Rachts durch die Sicher - heitswache entfernt worden war, fand dennoch zur feſtgeſetzten Stunde eine Anſammlung großer Volksmaſſen vor dem deutſchen Caſino in der Sternallee ſtatt. Die Sicherheitswache hielt den Raum rings um das Caſino frei und brachte die angeſammelten Arbeiter, circa 400, zum Abzuge. Dieſelben kehrten jedoch zurück und demonſtrirten unter Zivio-Rufen vor dem Caſino, hinter deſſen geſchloſſenen Fenſtern Hochſchüler der Ferial - verbindung „ Carniolia “mit Kappen ſichtbar waren. Bürgermeiſter H[r]ibar intervenirte per - ſönlich. Da die Menge eine bedrohlichere Hal - tung annahm, wurden fünfzehn Mann Gendar - merie herangezogen, die im Verein mit der ſtädt. Sicherheitswache die Räumung des Platzes voll - zogen. Zwei Fenſterſcheiben des Caſinos und eine Scheibe der Tabak-Trafik auf dem Hauptplatze wurden zertrümmert, ſonſt jedoch keine Beſchädi - gung angerichtet. In der Hilſchergaſſe wurden zwei deutſche Hochſchülfr, welche keine Abzeichen trugen, von Demonſtranten thätlich inſultirt, ohne daß ſie hiezu eine Veranlaſſung gegeben hätten. Gegenwärtig herrſcht Ruhe.
Die der Reviſion des Prozeßes Dreyfus widerſtrebenden Journale betonen, daß der Verlauf der geſtrigen Gerichsverhandlung die Niederlage der Anhänger Zola’s verſchärft habe und betrachten die Ver - urtheilung Zolas als zweifellos. — Die ſociali - ſtiſchen Organe weiſen auf die Gefahr hin, welche ein Triumph der Militärgewalt für die Republik bedeute.
(Meldung der „ Agence Hrvas. “) Heute Nachmittags um 3 Uhr fand ein von der antiſemitiſchen Liga veranſtaltetes Meeting in der Salle Chaynes in La Villete zu Ehren des algeriſchen Antiſemiten Max Régis ſtatt, der eine Vorleſung hielt. An den Eingängen des Saales waren umfaſſende Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung ergriffen worden. Nach dem Meeting werden ſich die Theilnehmer nach der Place Monge begeben, um Rochefort zu begrüßen, der im Begriffe iſt, ſich in das Gefängniß St. Pelagie zur Abbüßung ſeiner Strafe zu begeben. Auch dort wurden an den Zugängen ernſte Vorfehrungen zur Aufrechter - haltung der Ordnung getroffen.
(Meldung der „ Augence Havas.) Bei dem Meeting in der Salle Chaynes erklärte Millevoye, der Anti - ſemitismus ſei keine religiöſe, ſondern eine natio - nale Frage. Es handle ſich darum, Frankreich gegen den Kosmopolitismus zu ſchützen, der eine fremde Invaſion herbeiführen würde. Régis hielt hierauf einen Bortrag, worin er die algeriſchen Juden heftig angriff, welche die gegenwärtige Lage in Algerien verſchuldet hätten. Nach einer Rede Thiéband’s nahm die Verſammlung eine Tagesordnung an, welche die Solidarität der Antiſemiten in Frank - reich und Algerien ausſpricht, um das Land von dem Joche des Capitalismus zu befreien und Frankreich gegen die Agitationen des Syndicats der cosmopolitiſchen Judenſchaft zu ſchützen. (Rufe: Hoch das franzöſiſche Vaterland! Hoch Frank - reich! Hoch Algerien! Nieder mit den Juden!)
Heute Morgens 6 Uhr wurden hier zwei aufeinanderfolgende heftige Erdſtöße verſpürt.
Heute Früh wurde hier ein ſtarkes Erdbeben wahrgenommen. In Cioidale, wo gleichfalls ein ſehr heftiger Erdſtoß verſpürt wurde, wurden Häuſer leicht beſchädigt.
Die Bedienſteten der Tramway ſind in den Strike getreten. Der Tramwayverkehr iſt eingeſtellt.
Die Fiſcher, die am 17. d. M. von der Oſtküſte des finiſchen Meer - buſens auf Eisſchollen ins Meer hinaus getrieben worden waren, wurden ſämmtlich gerettet.
In Beantwor - tung des Erſuchens der ſpaniſchen Regierung um die Vornahme einer gemeinſamen Unterſuchung des Bodens der „ Maine “ſowie der umliegenden Hafentheile theilte die Regierung der Vereinigten Staaten mit, daß ſie eine unabhängige Unter - ſuchung vorziehe, jedoch bereit ſei, Spanien jede Erleichterung bei einer eigenen Unterſuchung zu - kommen zu laſſen.
Königin-Regentin Marie Chriſtine ſandte ein in ſympathiſchen Ausdrücken gehaltenes Bei - leidsſchreiben an den Präſidenten Mac Kinley, welches dieſer mit der Verſicherung aufrichtigen Dankes beantwortete.
Der Marinecom - mandant in Havanna, Admiral Manterola, rich - tete an den Marineminiſter Bermejo eine De - peſche, wonach die angeſtellte Unterſuchung bewieſen habe, daß gleich nach der Kataſtrophe des amerikaniſchen Schiffes „ Maine “ſich auf der Oberfläche des Meeres keinerlei Bewegung zeigte und daß auch ringsum das Schiff keine todten Fiſche zum Vorſcheine kamen, Merkmale, die ſich bei unterſeeiſchen Exploſionen ſtets zeigen.
Der öſterreichiſche Miniſterpräſident Baron Gautſch wurde heute 11 Uhr Vormittags vom Kaiſer in längerer Privat - audienz empfangen. Freih. v. Gautſch unterbreitete dem Kaiſer die Vorſchläge wegen Einberufung des Reichsrathes.
Der hier weilende öſterreichiſche Miniſterpräſident Gautſch äußerte ſich, wie man vernimmt, in politiſchen Kreiſen ſehr ernſt über die Lage in Oeſterreich. Der künftigen Thätigkeit des Reichrathes ſieht der öſterreichiſche Premier ziemlich ſkeptiſch engegen. Hier hört man vielfach die Anſicht vertreten, daß ein Cabinet Thun in naher Ausſicht ſtünde. Vielfach be - merkt wird, daß der geſtrige Ball bei Hof einen durch - wegs ungariſchen Character trug. Die Ballmuſik beſorgte ausſchließlich die Berkes’ſche Zigeuner - capelle (nicht wie bisher eine Militärcapelle), das „ Gott erhalte “wurde nicht geſpielt und der Ball — zum erſten Male — mit einem Czar - das von der Erzherzogin Marie Chriſtine und dem Baron Simon Revay eröffnet. Auch war es geſtern zum erſten Male geſchehen, daß ein Theil der Appartements der königlichen Burg zu Spielzimmern umgeſtaltet war, in welchen dem Tarok und Whiſt eifrig gehuldigt wurde.
[7]In hieſigen politiſchen Kreiſen glaubt man, daß Baron Gautſch in ſeiner geſtrigen Andienz in Budapeſt gar nicht in die Lage gekommen ſei, dem Monarchen ſeine Demiſſion anzubieten.
Hier iſt FMLt. d. R. Carl Ritter v. Maywald verſtorben.
Der polniſche Land - tag hat einen Dringlichkeits-Antrag betreffend die Abſendung einer Huldigungs-Deputation anläßlich des Regierungsjubiläums des Kaiſers angenommen.
Pater Stoja - lowski wurde wegen öffentlicher Gewaltthätig - keit, begangen an einem Regierungscommiſſär während einer Wählerverſammlung in contuma - ciam zu 30 fl. Geldſtrafe, eventuell 6 Tagen Arreſt verurtheilt.
Ein hieſiges Journal meldet, daß Präſident Faure an den General Pellieux anläßlich der von demſelben im Pro - ceſſe Zola abgegebenen patriotiſchen Erklärung eine Beglückwünſchung gerichtet habe. Das Journal „ Echo de Paris “glaubt zu wiſſen, daß Präſident Faure und die Miniſter in einen Actenfascikel Einſicht nahmen und hiebei Kennt - niß gewannen, daß Capitän Dreyfus ge - recht verurtheilt worden ſei, daß er dem Auslande ſchon lange Zeit vor dem Jahre 1894 Mittheilungen gemacht habe.
Münchner illuſtrirte Wochenſchrift für Kunſt und Leben (G. Hirths Verlag in München, Preis Mk. 3. — pro Quartal, Auflage z. Z. 43,000), enthält die Faſchingsbeiträge der vorzüglichſten Mitarbeiter, z. B. einen neu entdeckten Velazquez als Titelblatt. — „ Künſtlers Erdenwallen “, von Sar Peladan. — „ Seelenfäden “, Fragment von Ernſt Schnurr aus Dalldorf. — Aphorismen des franzöſiſchen Kriegsminiſters Billot. — „ Geſchichts - ſtudien “von Democrates Quadde. — „ Vertief - tes Vexirbild “, von Jean Jacques des Valeurs. — „ Das Univerſal-Compoſitionsſchema “von Academie-Director Pietſchke. — „ Sittlichkeit von Oben “, von Spahn. — „ Aſchermittwoch “, von Franz Stuck. — „ Der ſchöne Menſch “, von Paſtor Schorſch. — „ In Nacht und Schnee “, von Fr. Nanſen. — „ An den deutſchen Aar “, Hymenvon Dr. Sigl. — „ Die vier Cardinaltugenden “, von Burne Jones. — „ Künſtleriſcher Modebrief. “— „ Wai-hei-Wai “, von Li-Hung-Tſang. — „ Brockhaus-Denkmal “, von Seinhold Begas. — „ Bud oder Mädel “, von Prof. Dr. Schenk in Wien. — Sonſtige Beiträge von Felix Dahn. Anton von Werner, O. Eckmann, Momentojeff Photografski, Stefan Czök u. a. m.
Courſe der Wiener Vormittags-Börſe vom 21. Februar 1898.
Credit | 360. ¾ |
Ung. Credit | 379. ½ |
Staatsbahn | 335. ½ |
Lombarden | 79. ¾ |
Anglo | 161. ½ |
Länderbank | 216. ½ |
Mai-Rente | —. — |
Ung. Kronen | —. — |
Oeſt. Kronen | —. — |
Prager Eiſen | —. — |
Rima | 244. ½ |
Alpine | 148.80 |
Werndl | 299 — |
Türken-Loſe | 57.50 |
Mark | —. — |
Bankverein | 264. — |
Dampfſchiff | —. — |
Wr. Union | 300. ½ |
Brüxer | —. — |
Böhm. Un. -Act. | —. — |
am Wochenmarkt, den 19. Februar 1898.) Weizen per Hectoliter 0. —, 0. —, 0. —, Korn 6.44, 6.65, 6.85, Gerſte 5.82, 6.24, 6.59, Hafer 3 50, 3.52, 3 60, Proſſo —. —, —. —, —. —, Hanfſamen —. —, —. —, —. — Linſen —. —, —. —, —. —, Wicken —. — —. —, —. —, Erbſen —. —, —. —, —. — Leinſamen —. —, —. —, —. —, Mohn —. — 17.80, —. —, Heu 100 Kilo 2.50, 2.65, 2.80, Stroh 100 Kilo 1.84, 1.90, 2.14.
Herausgeber und verantwortlicher Redacteur Wilhelm Seethaler.
Druck von Joſef Groák in Olmütz.
Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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