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Marburg Zeitung.

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Nr. 55 Donnerstag, 8. Mai 1913 52. Jahrgang.

Es wird wieder abgewickelt!

Nun iſt auch der Fall Albanten für uns in - ſoweit erledigt, als eine gemeinſame militäriſche Aktion Öſterreich-Ungarns und Italiens in Frage kam. Noch an jenem Tage, an welchem bekannt ge - geben wurde, daß König Nikita ſich zur Räumung Skutaris entſchloſſen habe, verkündeten die von der Regierung inſpirierten Blätter, daß die Räumung Skutaris auf die militäriſche Beſetzung Albaniens durch öſterreichiſch-ungariſche und italieniſche Truppen keinen Einfluß ausübe; das militäriſche Eingreifen in Albanien müſſe trotzdem erfolgen. Aber wie mit einem Schlage iſt dies anders geworden. In Wien hat man urplötzlich an dieſer angeblichen Notwen - digkeit den Geſchmack verloren und es wird nun wieder ſachte abgewickelt; von dieſer notwendigen gemein - ſamen militäriſchen Aktion iſt heute keine Rede mehr. Aus welchen Quellen fließt dieſe neue Erkenntnis, welches Wunder mag dieſen urplötzlichen Umſchwung herbeigeführt haben? Schon hatten ja klerikale Blätter die Forderung durchblicken laſſen, daß es nicht bei einer zeitweiligen Beſetzung Albaniens bleiben dürfe, ſondern daß eine regelrechte Teilung des Landes durch die beiden Adriamächte erfolgen ſolle, daß der Beſetzung die Beſitzergreifung folgen müſſe. Und nun iſt das alles weggeblaſen und dieſe Notwendigkeit iſt über Nacht verſchwunden. Zweifellos haben die Mächte des Dreiverbandes, vor allem Rußland und Frankreich, in den Staatskanzleien von Wien und Rom ganz unzweideutige Erklärungen abgegeben, die ſich gegen das geplante Unternehmen in Albanienkehrten und ſchließlich dürften in Wien auch Be - denken darüber aufgetaucht ſein, ob es denn wirklich ein gar ſo vorteilhaftes Geſchäft ſei, Nordalbanien einzuſtecken, Südalbanien aber den Italienern zu überlaſſen, die im Beſitze Valonas die Herren der Meerenge von Otranto wären und die Adria uns dort ſperren könnten. Und ſo kam es, daß die frühere Notwendigkeit urplötzlich nicht mehr vorhanden iſt und daß der großen, auf Albanien zeigenden Geſte der ſtille Rückzug folgt. Aber es iſt charakteriſtiſch, daß man auch im zwanzigſten Jahrhundert noch immer die Bevölkerung wie ein unmündiges Kind behandelt; man ſagt ihr heute, daß dies und das eine Notwendigkeit für Öſterreich-Ungarn ſei und ſie hat es zu glauben; man ſagt ihr, Öſterreich - Ungarn verlange dies und das die Bevölkerung, welche doch dieſes Öſterreich-Ungarn darſtellt, weiß zwar davon gar nichts, hat aber zu glauben, daß ſie ſelbſt es verlangt! Und wenn dann über Nacht in einigen Köpfen in Wien ein großer Umſchwung erfolgt, dann hat die Bevölkerung dies wieder zur Kenntnis zu nehmen und es heißt dann einfach: Öſterreich-Ungarn hat beſchloſſen .... Die Aus - gaben für eine kleine Lokalbahn, die Errichtung einer Mittelſchule und noch weit geringere Umſtände ver - mögen im Parlamente die höchſten Erregungen aus - zulöſen; wenn es ſich aber um die höchſten Werte im Leben handelt, um eine Politik, die unmittelbar zum Kriege führt und die ſchwerſten Kataſtrophen auszulöſen vermag, wenn hunderte von Millionen Kronen zu heimlich gehaltenen Zwecken verwendet werden, zu Zwecken. die gar nicht Erfüllung finden, dann, wenn es ſich um das Höchſte und Wichtigſtehandelt, um Gut und Blut, hat die Bevölkerung und das Parlament kein Wörtlein drein zu reden; von der Entſchließung einiger Perſonen hängt die geſamte auswärtige Politik und hängen ihre letzten und furchtbarſten Konſequenzen ab. Dies haben die letzten Wochen wieder einmal zur Genüge gezeigt und wenn dieſe Tatſache auch in der Ver - faſſung begründet und daher unangreifbar erſcheint, ſo nimmt es immerhin die weiteſten Schichten der Bevölkerung wunder, daß das Parlament die Er - richtung einer kleinen Brücke durch den Staat be - willigen oder verweigern kann, daß es aber ohne jede Einflußnahme daſteht gegenüber der äußeren Politik, die mit der Verwendung von Millionen Soldaten und mit Geldopfern rechnet, die ſich in beſtimmten Fällen raſch auf Milliarden von Kronen belaufen würden. Mit ämtlich abgeſtempelter Poeſie ſprach noch vor einigen Tagen die Militäriſche Rundſchau von dem wunderbaren und ſtarken Empfin - den, welches dem Einmarſche in die wilden Mon - tenegriner - und Albanerberge entgegengebracht werde; dadurch erſt erfuhren es die verſchiedenen Nationen Öſterreichs, welche Gefühle ſie in dieſem Falle be - ſeelen. Sie wurden dadurch über ihr Seelenleben, welches ſie offenbar ſelbſt nicht verſtanden hatten, aufgeklärt; vorher gabs im Norden und Süden allſlawiſche Demonſtrationen für Nikita in Hülle und Fülle und ſogar ein wirklicher Staatsanwalt ſlawiſcher Nationalität in Dalmatien mußte abge - ſetzt werden, weil er ſich weigerte, gegen einen des Hochverrates beſchuldigten Notar die Anklage zu erheben. Nun aber kommen Steuerzahler und Wiener Staatskanzlei mit einem blauen Auge davon! N. J.

Um hohen Preis.

3 Nachdruck verboten.

Je länger Flower über den Gegenſtand nach - dachte, umſo unerklärlicher erſchien er ihm.

Beatrices Entdeckung war ſchon ſchlimm genug; aber der Vorfall mit dem Einſchreibe - brief war noch tauſendmal ſchlimmer. Niemand ſchätzte Kühnheit, Mut und Energie höher wie Flower; er wußte, welche wichtige Rolle dieſen Eigenſchaften im Leben zufalle, und ihnen hatte er auch zu danken, was er heute war. Allein dieſe Kühnheit und Liſt ließen ſeine eigene weit hinter ſich. Unwillkürlich griff er nach der ſeidenen Schnur und drehte ſie nervös zwiſchen den Fingern.

Was ſoll das eigentlich bedeuten? murmelte er. Und weshalb läßt man mir dieſe Warnung zukommen? Einfach gräßlich! Man iſt jetzt heil und geſund und im nächſten Augenblick ein toter Mann, ohne daß ein Arzt zu ſagen vermöchte, wie das zuſtande gebracht wurde. Und ſelbſt wenn man die Kerle hinter Schloß und Riegel ſetzte, ſo iſt damit doch nichts erreicht. Nichts leichter, wie irgend einen verlotterten Land - ſtreicher zu beſtechen, damit er das nämliche voll - bringe, nachdem man ihm einmal den Weg ge - zeigt hat. Ich kenne Dutzende von Menſchen inLondon, die mir mit einer wahren Wonne das Lebenslicht ausblaſen würden, wenn ſie es ſtraflos tun könnten!

Müde erhob ſich Flower und verließ die Bibliothek. Er war der eigenen Gedanken über - drüſſig und ſehnte ſich mit einemmale nach menſchlicher Geſellſchaft. Auf ſeinem Wege in die große Vorhalle kam ihm im Korridor eine Magd mit leichenblaſſem Geſicht und allen Anzeichen des Schreckens entgegen. In ſeiner Erregung konnte er ſich nicht enthalten, die Perſon anzuhalten und zu fragen, was geſchehen ſei.

Sind Sie nicht eine der Mägde meiner Nichte? Und weshalb ſehen Sie ſo geiſterbleich aus? herrſchte er ſie an.

Ja, ich bin bei Miß Galloway bedienſtet, Sir , murmelte das Mädchen. Als ich vorhin aus dem Dorfe heimkam und durch den Wald ſchreitend beim Hinterhauſe anlangte, wurde ich von großem Schrecken erfaßt. Ich berichtete es Miß Galloway, und ſie ermahnte mich, ich möge nicht töricht ſein. Ich wage aber zu behaupten, daß, wenn ich näher zugeſehen hätte, ſicherlich ent - deckt hätte, daß ...

Die Stimme der Magd wurde undeutlich, ihre Sprache unzuſammenhängend und Flower ließ ſie ihres Weges gehen. Es war nicht ſeine Art, ſich über die Schrullen und Einfälle ſeiner Dienſtleute Gedanken zu machen, und unter an - deren Umſtänden hätte er ſicherlich keine Neugierde empfunden. Allein im Hinblick auf die jüngſtenEreigniſſe beſaßen ſelbſt unſcheinbare Vorfälle wie dieſer ihre Bedeutung, und jedenfalls wollte er ſeine Nichte über die Sache befragen. Er traf ſie im Geſellſchaftszimmer an, wo ſie im Begriffe war, Blumen anzubringen.

Ich bin ſoeben einer Deiner Mägde begegnet , ſprach Flower.

Was iſt denn der Perſon nur eingefallen? Sie ſieht aus, als hätte ſie einen Geiſt erblickt. Ich hoffe nur, es wird kein dummes Gerede daraus entſtehen, damit es nicht etwa heißt, einer der früheren Beſitzer von Maldon Grange ſpuke nächtlicherweiſe in den Korridoren herum. Wenn irgend etwas, ſo verabſcheue ich einen ſolchen Aberglauben aufs höchſte!

Man könnte Anna beim beſten Willen nicht abergläubiſch nennen , erklärte Beatrice.

Sie hält ſich ſonſt immer nur an Tatſachen. Doch vorhin kam ſie mit einer ſeltſamen Geſchichte nach Hauſe. Sie war im Dorf, um etwas für mich zu beſorgen, und da ſie ſich ein wenig verſpätet hatte, kam ſie auf dem Rückwege durch den Fichtenwald. In der Mitte des Waldes habe ſie nun zwei große Affen erblickt, die im Graſe hockend miteinander geſtikulierten. Natürlich wollte ich ihr beweiſen, daß dies ein Unſinn ſei; aber ſie beharrte bei ihrer Ausſage und ergänzte ſie dahin, daß es zwei Orang-Utangs geweſen ſeien, die ſie ganz deutlich geſehen habe. Als dieſe ihrer anſichtig wurden, verſchwanden ſie, als hätte der Boden ſie verſchlungen. Sie weiß ſelbſt nicht,

2Marburger Zeitung Nr. 55. 8. Mai 1913

In Skutari.

Die Belagerung von Skutari machte der Schriftleiter Gino Verri des Corriere della Sera in Skutari mit. Seine Aufzeichnungen über die Vorgänge in Skutari ſind beſonders von dem Zeit - punkte an bemerkenswert, wo in Skutari der Hunger um ſich griff. Darüber ſchreibt er:

15. April.

Seit drei Tagen eſſen die Soldaten nicht mehr Brot, ſondern nur Militärzwieback. Die Fleiſch - portion iſt vermindert worden und häufig wird das Rindfleich durch das Fleiſch verendeter Pferde erſetzt, Die Anzahl der Kranken ſteigt.

Diebſtähle werden immer häufiger. Ein Muſel - mann, der vergeblich für ſeine Familie Brot ver - langt hatte, ſtahl einen halben Sach Gerſte. Als er erfuhr, daß ein anderer wegen dieſer Tat ver - haftet worden ſei, ſtellte er ſich ſelbſt der Polizei und ſagte: Ich habe den halben Sack Gerſte ge - ſtohlen. Seit drei Monaten bin ich Tag und Nacht in den Laufgräben. Meiner Frau und meinen Kin - dern hat man das Brot verweigert und ſo habe ich mir ſelbſt geholfen. Hütet euch, meiner Familie auch nur ein Körnchen wegzunehmen, denn ſonſt werden ich und Hunderte meiner Kameraden dieſer Re - gierung, die uns kein Brot gibt, ein Ende bereiten! Der Polizeioffizier ließ den geſtändigen Dieb ruhig ſeines Weges gehen.

19. April.

Der Hunger fordert täglich ſeine Opfer. In allen Straßen herrſcht ein Wehklagen der dem Hungertod Verfallenen. Mütter halten ihre weinen - den Kinder im Schoße und flehen die Vorüber - gehenden an, ihnen zu helfen. Täglich ſterben fünf - undzwanzig Perſonen an Hunger.

Auch die regulären Truppen ſind unzufrieden. In Bardanjolt ſchrien die Soldaten, daß ſie des verdorbenen Pferdefleiſches überdrüſſig ſeien und zum Feinde übergehen wollten, wenn ſie nichts Beſſeres zu eſſen bekämen.

20. April.

Die Soldaten von Berditza haben ernſtlich daran gedacht, zum Feinde überzugehen, und knüpf - ten mit den Serben bereits Unterhandlungen an. Die Serben antworteten, ſie würden ſie mit offenen Armen aufnehmen. Nur die Verſicherung der Of - fiziere, daß die Zwiebackration vermehrt werden würde, hielt die Soldaten davon zurück, ihren Vor - ſatz auszuführen.

Wenn die Soldaten ſolche Geſinnungen hegen, dann kann der Kommandant nicht mehr auf ſie rechnen. Davon muß ſich Eſſad Paſcha überzeugt haben, als ihm heute vom Taraboſch telegraphiert wurde, daß einige hundert Soldaten die Laufgräben verlaſſen und ausgerufen hätten, daß ſie dieſes Lebens müde ſeien. So ſah man bald darauf ein türkiſches Schiff das Hafenbecken des Zollamtes verlaſſen. Drei Offiziere waren an Bord, die einen Auftrag wegen der Übergabe der Stadt zu über - bringen hatten.

23. April.

Skutari iſt gefallen. Fünfzehn Paragraphen regeln die Übergabe. Den Türken wird der Ab - zug mit allen ihren Waffen geſtattet. Wer will, kann den Türken folgen. Wer bleibt, empfängt volle Strafloſigkeit, auch wenn er ſpioniert oder den Montenegrinern in anderer Weiſe geſchadet hat. Achtung der Gebräuche und religiöſen Bekenntniſſe wird gewährleiſtet.

Obgleich der Übergabevertrag ſchon unterzeichnet war, berief Eſſad Paſcha geſtern noch die moham - medaniſchen und chriſtlichen Notabeln. Die Mehr - heit der Verſammelten war mit der Übergabe ein - verſtanden, nur einige Mohammedaner erhoben Ein - wendungen und verſprachen, jetzt ihre ganzen Vor - räte an Lebensmitteln zur Verfügung zu ſtellen. Aber Eſſad Paſcha antwortete ihnen im Tone größter Entrüſtung: Ihr habt es zugelaſſen, daß ich meine armen Soldaten mit verdorbenem Pferdefleiſch vergiftet habe, und eure Rinder ſo gut verſteckt, daß ſie niemand aufgeſpürt hat. Jetzt iſt es zu ſpät. Zweitauſend Kranke und Verwundete liegen in den Spitälern. Einen Angriff der Montenegriner könnte ich nur eine Viertelſtunde lang mit den Geſchützen beantworten. Ihr ſeht alſo, daß mir kein anderer Ausweg geblieben iſt! Als einer der Mohammedaner hervorhob, daß die Bewohner von Skutari ihrerſeits ihre Pflicht gewiſſenhaft erfüllt hätten, da warf Eſſad Paſcha in hellem Zorn den Verſammelten alle ihre Verſäumniſſe vor und ſchloß ſeine Rede mit den Worten: Trachtet, euer Vaterland nicht zu verlieren! Ich verlaſſe eure Stadt, aber euch laſſe ich die Forts von Stoi, Bardanjolt, Berditza und Taraboſch, die der Feind nicht zu erobern ver - mochte. Mögen dieſe Orte euch heilig ſein!

24. April.

Auch auf dem Taraboſch ſind die Montene - griner. Sie konnten ihre Bewunderung nicht ver - hehlen, als ſie die geringen Mittel ſahen, mit denen die Verteidiger des Taraboſch ihnen Widerſtand ge - leiſtet hatten. Ein paar Laufgräben, einge Erd - ſchanzen, hie und da eine Mauer, das waren die einfachen Befeſtigungswerke, die den Angriffen der Belagerer ſo lange widerſtanden hatten.

Der Krieg.

Die Übergabe Skutaris.

Die Übergabe Skutaris an die Mächte dürfte heute erfolgen. Übernommen wird die Stadt und die Feſtung werden von den Landungstruppen der internationalen Blockadeflotte, die längs des Bojana - fluſſes nach Skutari marſchieren dürften.

Serbiſcher Abzug aus Albanien.

Die Abtransportierung der ſerbiſchen Truppen aus Mittelalbanien iſt vollendet. Im Laufe der letzten drei Wochen haben die Serben ihre Truppen - abteilungen aus den von ihnen beſetzten Orten Mittelalbaniens nach Durazzo zurückgezogen und deren Einſchiffung auf griechiſchen Transportſchiffen nach Saloniki in mehreren Staffeln vorgenommen. Samstag den 3. Mai hat der letzte ſerbiſche Soldat Durazzo verlaſſen.

Eine brüderliche Sprache.

Griechenland will den Stand ſeiner Truppen in und um Saloniki auf 180.000 Mann erhöhen, um den bekannten bulgariſchen Anſprüchen auf Sa - loniki mit Gewalt begegnen zu können. Das grie - chiſche Blatt Theſſalia bemerkt dazu: Wenn unſere Bundesgenoſſen nicht auf Raub ausgehen, ſo brau - chen ſie weder unſere Truppenzuſammenziehungen, noch die der Serben zu fürchten, die 50.000 Mann in Mazedonien konzentriert haben. Wenn aber die Bulgaren ihre Augen von Thrazien auf Mazedonien richten, ſo werden ſie die Straße nach Mazedonien nicht mit Teppichen und Grün geſchmückt finden, ſondern den griechiſchen Bajonetten begegnen. Was die Bulgaren bisher erreicht haben, das haben ſie mit Hilfe der Serben und der griechiſchen Flotte er - reicht, die für ſie den Tiſch gedeckt haben, an dem ſie es ſich jetzt mit ſolcher Frechheit ſchmecken laſſen. Von beſonderer Brüderlichkeit der verbündeten Balkanchriſten iſt in dieſer Sprache gerade nichts zu merken!

Tendenzlügen!

Bekanntlich wurde aus einer Quelle, die ſich nicht genau feſtſtellen läßt, die Behauptung aufge - ſtellt, Eſſad Paſcha habe bei der Übergabe Skutaris ein verräteriſches Spiel getrieben. Er habe, ſo wurde berichtet, Skutari deshalb übergeben, weil ihm die Montenegriner und Serben und das hieter dieſen ſtehende Rußland dafür verſprochen hätten, daß er König von Albanten werden ſolle. Aus dieſem Grunde habe er Skutari an die Monteneginer und im Süden ein Stück Albanien an die Griechen abgetreten. da - mit er auch von den Griechen in ſeinen Königs - plänen gefördert werde. Die Preſſe von ganz Europa mußte dies natürlich glauben und in Wien erklärte man mit einer auffallenden Raſchheit, daß dieſer Umſtand zum militäriſchen Eingreifeen in Albanien nötige. Nun ſtellt es ſich aber heraus, daß es ſich um eine Tendenzlüge ſchlimmſter Art handelt, deren Zweck ziemlich durchſichtig iſt ..... Skutari wurde wegen der Hungersnot übergeben. Hinſichtlich der Eſſad Paſcha unterſchobenen verräteriſchen Königs - pläne hatten der öſterreichiſch-ungariſche, italieniſche und franzöſiſche Konſul in Tirano Unterredungen mit Eſſad Paſcha, aus denen folgendes hervorging:

Eſſad Paſcha hat weder ein Königtum unter türkiſcher Souveränität ausgerufen, noch hat er die Abtretung albaniſcher Gebiete im Norden oder Süden zugeſagt. Die Berichte des italieniſchen Kon - ſuls laſſen die Haltung Eſſads als eine korrekte er - ſcheinen. Eſſad Paſcha hat in Erfüllung der Kon - ſtantinopler Anordnungen ſeine albaniſchen Truppen entlaſſen und wird ſeine regulären Truppen mit den Mannſchaften Dſchawid Paſchas vereinigen, um deren Transport nach der Türkei durchzuführen.

Es iſt alſo tendenziös zu gewiſſen Zwecken ge - logen worden, geradeſo, wie die Ermordung des Franziskanerpaters Palic erlogen und erfunden war Palic wurde bekanntlich erſchoſſen, weil er während eines Transportes (Palic war wegen Aufreizung

wie ſie nach Hauſe kam, aber jedenfalls befand ſie ſich in einer unbeſchreiblichen Aufregung. Immer - hin iſt es möglich, daß Anna nicht von ihrer Phantaſie deren ſie nur in ſehr geringem Maße beſitzt irregeleitet wurde, denn ich las letzthin in einem Lokalblatte, daß ſich in Caſtlebridge ein Zirkus befinde, der dort den Winter zu verbringen gedenkt. Die Zeitungsnotiz beſagte auch, daß einige Tiere aus ihren Käfigen entwichen ſeien und ſchon ſo manchen Schrecken in der Umgebung verurſacht hätten. Da Caſtlebridge nur etwa fünf Stunden weit von hier iſt, ſo mag Annas Bericht auf Wahrheit beruhen .

Flower brummte etwas Unverſtändliches als Antwort. Er war viel beſorgter als er merken laſſen wollte; allein die Mitteilungen ſeiner N[i]chte über den Zirkus ſchienen ihn ein wenig zu beruhigen.

Merkwürdig iſt nur , fuhr das junge Mäd - chen fort, daß wir dieſe beunruhigenden Zwiſchen - fälle ſozuſagen zu gleicher Zeit zu verzeichnen haben. Die letzten zwei oder drei Jahre verfloſſen in der langweiligſten Einförmigkeit und nun haben wir zwei erſtaunliche Vorfälle an einem einzigen Tage erlebt. Kann irgend ein Zuſammenhang zwiſchen ihnen be - ſtehen?

Keine Spur! erklärte Flower raub. Trage der Perſon nur ſtreng auf, ihre Wiſſenſchaft für ſich zu behalten. Es ſoll nicht das Gerücht entſtehen, daß es in unſeren Wäldern von wilden Tieren wim - melt, ſonſt laſſen uns die Dienſtleute ſchmählich im Stich. Morgen ſchreibe ich an die Polizei und wennſich tatſächlich entſprungene Menageriebewohner in der Gegend herumtreiben, ſo müſſen ſie ſchleunigſt unſchädlich gemacht werden .

Damit machte Flower Kehrt, um ſich in ſein Zimmer zu begeben und ſich zum Diner umzukleiden. Für gewöhnlich war er auch kein Freund geſell - ſchaftlicher Veranſtaltungen; er hatte nur einen Zweck im Leben: Geld zu verdienen, huldigte nur einem Vergnügen: Reichtümer zu ſammeln. Immerhin hatte es Zeiten gegeben, da er mit einer gewiſſen Freude mit ſeinem Wohlſtande prunkte und Beatrice in der Wahl und Bewirtung der Gäſte freie Hand ließ. Heute aber war er ordentlich froh, daß ihm der Abend behilflich ſein würde, ſeinen peinvollen Ge - danken eine andere Richtung zu geben, denn vor - läufig wollten die Sorgen nicht von ihm weichen, ſondern hielten ſeinen Geiſt auch noch in ihrem Bann, als er ſich bereits umgekleidet hatte und in den Salon hinabging.

War es denkbar, fragte er ſich, daß zwiſchen der Erzählung der Dienerin und den übrigen er - ſtaunlichen Ereigniſſen des Tages irgenb ein Zu - ſammenhang beſtand? Es war gewiß nicht unmöglich, daß ſich ein hyſteriſches Frauenzimmer im Dunkeln geirrt und Geſpenſter geſehen habe, ohne daß ein Anlaß dazu vorhanden war.

Er konnte nicht länger über dieſe Dinge nach - denken, denn ſeine Gäſte begannen nun anzulangen. Sie waren eher die Freunde ſeiner Nichte wie ſeine eigenen. Unter den buſchigen Brauen hervor be - obachtete er ſie alle voll Geringſchätzung, wohlwiſſend, daß ſie keinen Fuß in ſein Haus ſetzen würden, wenn er nicht der reiche Reeder wäre. Zum überwiegend größten Teil führte ſie nur die Neugierde herbei, der Wunſch, die Kunſtſchätze zu bewundern, die Maldan Grange in ſich barg. Nur zwei oder drei unter ihnen waren Leute nach Flo - wers Geſchmack. Aber das hatte ſchließlich nichts zu ſagen. Jeder Anlaß war gut genug, wenn er ihm nur eine Ablenkung ſeiner Gedanken brachte, und wortkarg und finſter faß er da, bis gemeldet wurde, daß aufgetragen ſei.

5.

In tiefen Gedanken war Wilfried Mercer nach Öldborough zurückgekehrt. Die Ereigniſſe der letzten Stuuden ſchienen ſeiner Lebensweiſe eine völlig ver - änderte Richtung gegeben zu haben. Er hatte ſeinen früheren Beruf aufgegeben und ſich in einem kleinen Landſtädtchen niederlaſſen, um ſich mit Mühe und Not ein paar Kunden zu ſchaffen. Nun gab es keine langen Seereiſen, keine aufregenden Abenteuer mehr, als den Gewinn eines neuen oder den Ver - luſt eines alten Patienten. Und jetzt hatte ſich das alles mit einem Schlage geändert, geändert infolge eines kleinen Unfalls, der Samuel Flower betroffen. Den Mann umgab ein undurchdringliches Geheim - nis, zu dem Wilfried gewiſſermaßen den Schlüſſel beſaß. Es wollte ihm bedünken, als wüßte er über den rätſelhaften Vorfall in Maldon Grange mehr zu berichten wie Flower ſelbſt.

(Fortſetzung folgt.)

3Nr. 55, 8. Mai 1913 Marburger Zeitung

verhaftet worden, um vor ein Gericht geſtellt zu werden) die Flucht ergriffen hatte; alle Aus - ſchmückungen von ſeinem Bekennermute und die Schilderung von ſeinen Martern waren erlogen und erfunden. Bekanntlich hieß es auch damals, Öſterreich müſſe wegen des Franziskaners mit Waffengewalt einſchreiten ..... In dieſem Falle weiß man es wenigſtens, daß die Erfinder dieſer Lügen beſtimmte katholiſche Geiſtliche waren!

Furchtbare Hungersnot in Albanien.

Die albaniſche Korreſpondenz berichtet aus Skutari: Die Hungersnot hatte am Ende der Be - lagerung entſetzlich um ſich gegriffen. In der letzten Zeit ſtarben 210 Leute, davon 60 Chriſten, an Hunger. Viele Leute hatten bei der Übergabe der Stadt 50 Stunden lang nicht die mindeſte Nah - rung zu ſich genommen. Viele ſuchten ſich mit Gras und Laub den Hunger zu ſtillen. Man ſah in einemfort Leute auf den Straßen zuſammenſtürzen und ſich in Krämpfen winden.

Über die Zuſtände in Albanien äußerte ſich ein hervorragender Albanier: In ganz Albanien iſt nicht ein Stück lebendes Vieh auf - zutreiben, kein Huhn, kein Rind kein Hammel; die Felder ſind verwüſtet, der Hunger droht unſer Land zu vernichten. Es müſſen endlich einmal ge - ordnete Verhältniſſe geſchaffen werden, die uns für den Anfang wenigſtens die Exiſtenz ermöglichen.

Die militäriſche Erfolgloſigkeit Montenegros.

Der Albaniſchen Korreſpondenz wird von albaniſcher Seite geſchrieben: Bei der Vertretung ihrer Forderungen betonen die Montenegriner und ihre Freunde ſtets, daß Montenegro ja einen Krieg gewonnen habe und demgemäß Anſprüche auf eroberte Gebiete habe. Nun ſind aber die militäriſchen Aktionen Montenegros gegen Skutari doch völlig erfolglos geweſen. Die Erfolge von Cipcanik, Tuzi, Decic, Vranja und Naujelmi haben die Montenegriner lediglich den Maliſſoren zu verdanken, die ſie durch falſche Vorſpiegelungen an ſich gelockt hatten. Die Maliſſoren waren es auch, die der Nordarmee die Flanken deckten. Von dem Augenblick an, da die Maliſſoren ſie verließen, haben die Montenegriner gar keine militäriſchen Fortſchritte mehr gemacht; ja, es war ihnen nicht einmal möglich, Skutari von der Oſtſeite zu zer - nieren und den Weg in das Tal des weißen Drin zu verſperren. Der Weg durch dieſes Tal diente den Maliſſoren bis in den Februar hinein für Lebensmittel - und Viehtransporte nach Skutari, wo ſogar allwöchentlich, wie im tiefſten Frieden, Viehmärkte abgehalten wurden. Erſt als im Feber die ſerbiſchen Hilfstruppen eintrafen, vollendeten dieſe die Zernierung der Stadt. So haben die Montenegriner militäriſch ſehr wenig geleiſtet.

Eigenberichte.

(Fund).

In Neu - dorf wurde von einem Schüler der deutſchen Schule ein Zwicker gefunden und auf dem Ge - meindeamte Rothwein hinterlegt.

(Blumentag.)

Wie bereits mitgeteilt wurde, wird von der Orts - gruppe Bachern des Deutſchen Schulvereines in Pickerndorf an den Pfingſtfeiertagen ein Blumen - tag abgehalten werden. Die hiezu nötigen Vor - bereitungen ſind ſoweit gediehen, daß die Beſucher des lieben Örtchens mit Befriedigung des Tages denken werden. Es iſt nur zu wünſchen, daß die geehrte Bevölkerung Marburgs und der Umgebung das nationale Bemühen der Ortsgruppe unterſtütze. Heil!

(Geſuchter Schaf - dieb.)

Am 3. Mai wurde dem Beſitzer Joſef Paler vulgo Oblak in Remſchnig aus dem Stalle ein ſchwarzes, halbjähriges Mutterſchaf, weiters dem Beſitzer Anton Puſchnig vulgo Gradiſchnig in Heiligengeiſt zwei weiße, zirka zwei Jahre alte Schafe ein Widder und ein Mutterſchaf entwendet. Dieſer Diebſtähle verdächtig iſt der 1853 geborene, nach St. Georgen zuſtändige Vagant Thomas Skof, der bereits vierzehnmal, darunter wiederholt wegen Schafdiebſtähle, vor - beſtraft iſt, gute Lokal - und Perſonenkenntniſſe beſitzt. Er treibt ſich meiſt in Unterkärnten und Unterſteiermark herum.

(Windiſche Frech - heit.)

Wie kurz berichtet wurde, gefiel es dem klerikalen windiſchen Friedauer Vorſchußvereine, auf ſeinem Hauſe anläßlich des Falles Skutaris in unſerer deutſchen Stadt eine ſloweniſche Trikolorezu hiſſen. Daran, daß dies der Anlaß war, kann nicht gezweifelt werden, denn die Geſinnung des jetzigen Sekretärs, des penſionierten Gendamerie - wachtmeiſters Rojs, iſt hinlänglich bekannt. Dieſe Fahne wurde entfernt, nachdem der Gemeinde - ſekretär mit dem Sicherheitswachmanne nichts aus - gerichtet und daher G[endarmerieaſſi]ſtenz herbei - geholt hatte. Als die Entfernung der Fahne ver - langt wurde, verſpottete man noch den Gemeinde - ſekretär, indem man ſagte, die Fahne ſei zu Ehren der Markusprozeſſion ausgehängt. Die Prozeſſion hatte in der Früh ſtattgefunden, die Fahne aber wurde erſt nachmittag gehißt! Und warum wurde denn in früheren Jahren zu Ehren des heiligen Markus keine Fahne gehißt? Jetzt ſchreien dieſe windiſchen Helden in den Zeitungen nach der Be - hörde gegen den deutſchen Gemeindeſekretär, der nur ſeine Pflicht erfüllte, lügen darauf los Li - berale und Klerikale in ſchönſter Eintracht und ſprechen von einer Geſetzesverletzung ſeitens des Gemeindeſekretärs uſw. Wir ſind an die Frechheit und Verlogenheit der Hetzſlowenen gewohnt; allein dieſer Fall zeigt ſo recht deutlich, was ſie ſich alles erlauben. Freilich wird Rojs immer kecker werden; denn er hat die Unterſtützung des Sokoliſten und Buchowka-Trägers , des Richters Zemljič hinter ſich, der ihn auch ſeinerzeit liebevoll behandelte, als er in Friedau Gendarmerie - wachtmeiſter und ſeiner nationalen Geſinnung durch Taten Ausdruck gab. Wir ſind wirklich neugierig, was nun die Behörde unternehmen wird. Freilich nach dem, wie die Slowenen in letzter Zeit liebevoll behandelt wurden, kann man auch da auf verſchiedenes gefaßt ſein. Allein wir Deut - ſche werden uns von keiner Seite etwas bieten laſſen.

(Tötlicher Unfall im Bergwerke.)

Am 2. Mai ſtieß ſich der 52 Jahre alte Bergarbeiter Anton Rebov des Bergwerkes Trifail während der Arbeit mit einem Krampen derart in den Bauch, daß er bewußtlos zuſammen - ſtürzte und ſogleich in das Krankenhaus nach Lai - bach gebracht werden mußte, wo er, ohne das Be - wußtſein erlangt zu haben, am 4. Mai unter fürchterlichen Schmerzen ſtarb.

(Vereinsauflöſung.)

Die Ortsgruppe Cilli des Deutſchnationalen Hand - lungsgehilfenverbandes in Wien hat ſich wegen Mangels an Mitgliedern aufgelöſt.

(Beſitzwechſel.)

Das der Frau Anna Laß gehörige Gut Forſthof in der Umgebung von Cilli ging durch Kauf in den Beſitz des Bäckermeiſters Joſef Kürbiſch über.

(Ein gefährlicher Ein - brecher feſtgenommen.)

In Lakendorf ver - haftete die Gendamerie den langgeſuchten, wieder - holt vorbeſtraften Einbrecher Anton Uſiretz, der in Unterſteier und Krain Einbrüche und Diebſtähle verübte. Er verdingte ſich bei Grundbeſitzern als Knecht, erſpähte einen günſtigen Augenblick zum Einbruch und verſchwand dann. So führte er größere Diebſtähle in den Bezirken Pettau und Stein in Krain und in Arndorf bei Cilli aus. Auch hatte er es auf Fahrräder abgeſehen, die er in abgelegenen Gemeinden an Bauernſöhne ver - kaufte.

(Totſchlag durch Wegelagerer).

Die Brüder Joſef und Johann Pecnik aus Jarovec wurden unweit ihrer Behauſung am Waldesrande von Auguſt Savnik, Franz Lapuh und Andreas Ban aus Jarovec überfallen. Savnik hieb ſogleich mit dem ſcharfen Teile einer Weingarthaue dem Joſef Pecnik mehrmals über den Kopf und den linken Oberarm, ſo daß er zu Boden ſtürzte. Er erhob ſich zwar wieder und ging einige Schritte, worauf er vor dem Elternhauſe abermals zu Boden fiel und liegen blieb. Seine Geſchwiſter trugen ihn hierauf im bewußtloſen Zuſtande in das Haus. Infolge Eindringens von Blut in das Hirn, hervorgerufen durch die ſchweren Verletzungen des Kopfes mit der Haue, ſtarb er. Savnik und Lapuh wurden verhaftet, Ban hingegen ergriff die Flucht nach Kroatien und konnte bisher nicht feſtgenommen werden. Savnik und Lapuh werden ſich wegen Totſchlag vor dem Kreisgerichte in Cilli zu ver - antworten haben.

Pettauer Nachrichten.

Theaterabend.

Eine Gruppe von Dilettanten hatte Samstag den 5. Mai zu Gunſten des Ge - ſang - und des Turnvereines, die bekanntlich beideim heurigen Jahre ihr fünfzigjähriges Stiftungsfeſt feiern, einen Theaterabend abgehalten. Der Ge - meinderat hatte zu dieſem Zwecke das Theater ſamt Beleuchtung unentgeltlich zur Verfügung geſtellt. Aus der reichen Vortragsordnung ſeien hervorge - hoben das Luſtſpiel Die Schulreiterin von Emil Pohl und die Operette Familie Bock auf dem Maskenball von Paul Stieber. Die Darſtellungs - weiſe war muſterhaft und der ſtürmiſche Applaus, der die einzelnen Szenen begleitete, möge als beſtes Zeugnis für die Art der Aufführung gelten. Frl. Erna Elsner und Frl. Reſi Ott brachten ver - ſchiedene Lieder zum Vortrage und ernteten für ihre Vorführungen lebhaften Beifall. Während Frl. Erna Elsner eine gut geſchulte Sopranſtimme ertönen ließ, zeigte ſich Frl. Reſi Ott als eine ſehr begabte Altiſtin, die in Vorträgen von ſteiriſchen Liedern geradezu eine glänzende Leiſtung zuſtande brachte. Herr Leutnant Robert v. Baravalle gab einige Balladen zum beſten, die das Publikum in die het - terſte Stimmung verſetzten; der Herr Leutnant ſteht uns übrigens durch ſeine muſterhafte Vortragsweiſe noch vom letzten Theaterabend her in angenehmer Erinnerung. Was die Aufführungen anbelangt, ſei hier kurz nur der Damen Frl. G. Wreßnig in ihrer Hauptrolle als Baroneſſe Nietoch, Fr. Mitzi Ornig als Suſanna Huppenich, Frl. Ida von Mezler als Suschen gedacht, die für ihre vor - züglichen Darbietungen beſonderes Lob verdienen. Das Theater war bis auf das letzte Plätzchen beſetzt, ſo daß dem Stiftungsfonde des Geſang - und des Turnvereines ein namhafter Reinertrag zugeführt werden kann.

Von einem Ochſen getötet.

Der Knecht Franz Reiſp, der viele Jahre bei dem Grundbe - ſitzer Paul Fraß in St. Wolfgang W. -B. bedienſtet war, erhielt von einem Ochſen einen ſo wuchtigen Fußtritt, daß er bei ſeinem Bruder in St. Urbani, wohin er überführt wurde, am 6. Mai ſtarb.

Turnverein.

Am Pfingſtſonntag findet ein Turnermarſch von Marburg über St. Urbant und Hl. Kreuz nach Hl. Geiſt am Poßruck ſtatt. Der Abſtieg erfolgt nach St. Lorenzen ob Marburg. Abfahrt dreiviertel 6 Uhr früh. Turnfreunde ſind herzlichſt willkommen.

Tagesneuigkeiten.

Mord - und Selbſtmordverſuch eines dreieinhalbjährigen Knaben.

Aus Ofen - peſt wird den 5. Mai telegraphiert: Als der Bauunternehmer Emmerich Ehrenwald geſtern abends von einem Ausflug in ſeine Wohnung zurückkehrte, fand er ſeinen dreieinhalbjährigen Knaben und ſein anderthalbjähriges Töchterchen auf einem Diwan in der Wohnung bewußtlos auf. Die Wohnung war von einem ſcharfen Gasgeruche erfüllt, der Gashahn war geöffnet. Mit vieler Mühe gelang es, die beiden Kinder wieder zum Bewußtſein zu bringen. Der Knabe gab an, er habe ſich und das Schweſterchen töten (!!) wollen, weil das Mütterchen ſie nicht ſpazieren führte. Die Er - klärung dieſes Vorfalles liegt darin, daß der Vater beim Mittagmahl von einem Selbſtmord erzählte, der durch Öffnen eines Gashahnes ver - übt wurde. Der Kleine hatte der Erzählung mit großer Aufmerkſamkeit zugehört.

Selbſtmord des Königsmörders Schi - nas.

Der Mörder des Königs Georg von Griechen - land, Alexander Schinas, der am 18. März d. J. in Saloniki den König erſchoß, hat am 6. d. im Gefängnis Selbſtmord verübt. Er ſtürzte ſich aus einem Fenſter des Gerichtsgebäudes in Saloniki, in dem er interniert war und blieb auf der Stelle tot. Der Prozeß gegen Schinas ſollte bereits in nächſter Zeit durchgeführt werden.

Große Spende für ein kroatiſches Vereinshaus.

Der Erzbiſchof Koadjutor Dr. Ä. Bauer aus Agram hat für den Bau des Napredak-Heimes in Sarajewo 50.000 Kronen geſpendet. Wo gibt es einen einzigen deutſchen katholiſchen Biſchof, der gleiches tut für ein deutſch - nationales Vereinshaus wie der Kroatenbiſchof mit dem deutſchen Namen für ein kroatiſchnationales Unternehmen! Dieſe Erkenntnis muß aus völkiſchen Gründen jeden Deutſchen los von Rom führen!

Feuer auf einem Kriegsſchiffe.

In Leros brach vorige Woche auf dem vor der Inſel liegenden italieniſchen Kriegsſchiffe Quarto ein Brand aus, der vier Tage andauerte und das Innere des Schiffes vollſtändig zerſtörte. Die Ur - ſache des Feuers iſt unbekannt.

4Marburger Zeitung Nr. 55, 8. Mai 1913

Erbauliches aus einem Mönchs - kloſter.

In dem Mönchskloſter bei Jekaterinoslaw wurde während einer großen Zecherei der Abt Ignatius, der gegen die Trunkſucht der Mönche proteſtierte, erſchoſſen. Man hat drei Mönche verhaftet.

Der Wetterſturz.

In ganz Deutſchland iſt ein heftiger Wetterſturz eingetreten. In Thüringen führen infolge des dreißigſtündigen Regens und anhaltender Schneeſtürme die Flüſſe Hochwaſſer. In Sachſen iſt die Temperatur unter den Gefrier - punkt geſunken. Vor Helgoland herrſcht orkan - artiger Sturm. Die Schiffe mußten den Hafen aufſuchen, da Gefahr beſtand, daß ſie auf den Strand getrieben werden.

25 Mann ertrunken.

Auf dem Miſſiſſippi iſt der Dampfer Konkordia in der Nähe von Natchez mit einem Schwimmdock kollidiert und geſunken. 25 Mann fanden den Tod in den Fluten.

Der Bergarbeiterausſtand in Eng - land.

Im Kohlengebiet von Südwales befinden ſich 50.000 Mann im Ausſtand.

45 Paſſagiere niedergemetzelt.

In Mexiko haben Rebellen bei La Cacada einen Eiſenbahnzug zerſtört und 45 Paſſagiere nieder - gemetzelt.

Verurteilung eines für Rußland tätigen Spähers.

Das Lemberger Gericht ver - urteilte den Vorſtand des Poſtamtes in Halicz, Thaddäus Konopinskt, wegen Späherei zugunſten Rußlands zu neun Monaten ſchweren Kerkers.

Verhaftung eines öſterreichiſchen Offiziers in Rußland.

Das Reuterbureau meldet aus Petersburg: Ein öſterreichiſch-ungariſcher Generalſtabsoffizier ſoll in Czenſtochau unter dem Verdachte der Späherei verhaftet worden ſein. Er wurde im Petrowski-Gefängnis interniert.

Im Ammerſee ertrunken.

Im Ammerſee ertranken, wie aus München gemeldet wird, ſechs Perſonen, vier Mädchen und zwei Männer, die in einem Nachen auf offener See vom Sturm über - raſcht wurden. Die Leichen konnten noch nicht ge - funden werden.

Großer Sacharinſchmuggel.

Montag früh iſt in Prag ein neues großes Sacharinlager entdeckt worden. Im Hotel Libuſſa in der Vor - ſtadt Weinberge wurden 700 Kilogramm Sacharin im Werte von 20 000 Kronen aufgefunden. Die Vorräte waren in fünf Kiſten und 38 Paketen vor drei Tagen aus Zürich angekommen, doch konnte bisher der Adreſſat nicht feſtgeſtellt werden. Zur Aufdeckung dieſes Sacharinſchmuggels, der ſeit zwei Jahren der größte iſt, der in Prag vorgekommen iſt, werden noch weitere Erhebungen gepflogen. Der Beſitzer des Hotels Libuſſa ſowie die An - geſtellten erklärten, von der ganzen Angelegenheit nichts zu wiſſen.

Marburger Nachrichten.

Todesfall.

In Radkersburg verſchied Sonntag Herr Joſef Schmiderer, Haus - und Realitätenbeſitzer und Verwalter des Puntigamer Bierdepots, im 66. Lebensjahre.

Konzerte im Hotel Meran.

Im Hotel Meran finden nächſten Samstag und Sonntag abends wieder Konzerte des Marburger Herrenſex - tettes ſtatt. Näheres im Inſeratenteil.

An der Landes-Obſt - und Weinbau - ſchule in Marburg

findet vom 9. bis einſchließ - lich 14. Juni ein Sommerkurs für Wein - und Obſtbau ſowie ein ſolcher für Winzer ſtatt. Näheres im Anzeigenteile des heutigen Blattes.

Pfingſt-Kouzert im Volksgarten.

Am Pfingſtſonntag findet in der Volksgarten-Gaſtwirt - ſchaft mit dem Beginne um 3 Uhr nachmittags ein Konzert des allſeits bekannten Marburger - Schrammel-Salonterzettes ſtatt, bei welchem auch der ſehr beliebte Komiker Herr Otto Golda mit - wirken wird. Der Eintritt iſt frei und wird auch für vorzügliche kalte Speiſen und bekannt gute Ge - tränke der rührige Gaſtgeber Sorge tragen.

Die öſterreichiſche Urania

hat vorgeſtern unter den günſtigſten Auſpizien ihren erſten Vor - trag über Die Eroberung des Südpols abge - halten. Nicht weniger als 109 Lichtbilder wenn man die künſtleriſch vollendeten Werke des berühmt gewordenen Malers der Polarwelt, Fred Stilling, ſo bezeichnen darf ſind an unſeren Augen vor -beigezogen, die uns in den herrlichſten Farben - effekten den ganzen reichen Zauber der Antarktis, aber auch deren Schreckniſſe vermittelten und die uns alles das ergänzten, was der Sprache Reichtum nicht mehr auszudrücken vermochte. Dazu die inhaltsreichen Worte eines ebenſo glänzenden Er - zählers als Redners, wie Prof. Müller, der in einer verhältnismäßig kurzen Spanne Zeit uns mit dem wiſſenswerteſten der ſüdpolaren Forſchungs - frage vertraut machte. Und noch einen wichtigen Umſtand müſſen wir gleich eingangs hervorheben: Wir haben ſeit Alexander Strakoſch nicht ein ſo klaſſiſch-ſchönes Deutſch gehört, als wie es Müller beherrſcht! Mit einem geſchichtlichen Rückblick auf die Expeditionen des franzöſiſchen Admirals Bouver, ſowie jener der Kapitäne Smith, Cooke und Weddel leitete Prof. Müller ſeinen feſſelnden Vortrag ein und beendete ſein erſtes Kapitel mit der Entdeckung der großen Eisbarre und des Viktorialandes durch den Kapitän James Clarke Roß. Das zweite Kapitel behandelte die Forſchungs - reiſen des Belgiers Gerlache, des Norwegers Borchgrevink, des Deutſchen Drygalski und des Schweden Nordenskjöld und bei der Schilderung der entſetzlichen Leiden der letzteren Expedition wirkten die Worte Müllers mit einem dramatiſchen Effekt, wie ihn nur ſelten ein Redner zu erzielen vermag. In der dritten Abteilung des Vortrages befaßte ſich Müller ausſchließlich mit den Expeditionen und deren Reſultaten des Engländers Shackleton und des Norwegers Roald Amundſen. Leutnant Shackleton drang bis auf 24 Meilen zum Südpole vor, bis es Amundſen gelang, dieſe Reſtſtrecke zu bewältigen und am Südpole die norwegiſche Flagge aufzupflanzen. Hier gedachte auch Müller in ehrenden Worten des Kapitäns Scott und ſeiner Genoſſen, die in dem Kampfe mit der antarktiſchen Sphinx den Heldentod fanden. Die Beſprechung der petrographiſchen, geographiſchen und meteorologiſchen Forſchungsreſultate, die Amund - ſen erzielte und mit denen uns Prof. Müller im Verlaufe ſeines Vortrages bekanntgemacht hat, hier wiederzugeben, iſt nicht gut möglich.

Marburger Bioſkoptheater.

Die dies - wöchentliche Bilderſerie iſt tatſächlich als ein un - gewöhnliches Prachtprogramm zu verzeichnen. Jeder, der die Serie ſah, ſprach ſein vollſtes Lob darüber aus. Selbſt fremde Beſucher äußerten ſich, daß dieſes Programm hinter jenem der Großſtädte nicht zurückſteht. Es wäre daher doch am Platze, das Kinotheater durch einen beſſeren Beſuch zu unter - ſtützen, damit die Bemühung halbwegs entlohnt wird. Hoffentlich wird das Bioſkoptheater in Zukunft einen beſſeren Beſuch verzeichnen können. Der Theaterſaal iſt hübſch renoviert und entſpricht allen Anforderungen. Für Samstag ſteht uns wieder ein ganz ausgewähltes Pfingſtprogramm in Ausſicht; die Direktion erwarb für dieſes zwei große Schlager: Wegen der Vergangenheit oder Ein Abſchied für ewig mit der berühmten Schau - ſpielerin Ragna Wettergreen, Nordiskfilm, und Der Schatten des Böſen ; beide Dramen ſpielen ſich in je drei Akten ab. Nebſtbei kommen noch andere erſtklaſſige Novitäten zur Aufführung. Näheres beſagen die Maueranſchläge.

Eine für Gaſtwirte und Kaffeehaus - beſitzer wichtige Entſcheidung.

Es kommt ſehr häufig vor, daß Gaſtwirte und Kaffeehaus - beſitzer ihren Stammgäſten über deren Erſuchen ausgemuſterte Spielkarten entweder unentgeltlich oder entgeltlich überlaſſen. Durch dieſe Handlungs - weiſe macht ſich nach gerichtlicher Entſcheidung der - jenige, der die Spielkarten veräußert oder verſchenkt, ohne daß ſie mit der Verſchlußmarke verſehen ſind, der Übertretung des Spielkartengeſetzes im Sinne des § 13, Abſatz 1. Geſetz vom 14. April 1881, ſchuldig und iſt mit dem Fünfzigfachen der verkürzten Gebühr zu beſtrafen.

Das Volksfeſt anläßlich der Brücken - eröffnung.

Das ſind äußerſt rührige Männer, die Mitglieder des Verſchönerungsvereines Magdalenen - vorſtadt, beſeelt von einem außerordentlichen Eifer und getragen von einem ſelten zu findenden Gemein - ſamkeitsgefühl. Wenn der Ausſchuß dieſes Vereines, wie am 5. Mai, eine Sitzung abhält, dann führt das Intereſſe der Vereinsmitglieder ſoviele Nicht - ausſchußmitglieder zu der Sitzung, daß dieſe ſtärker beſucht iſt, als ſo manche Hauptverſammlung von Vereinen in der Stadt. Wir haben bereits kürzlich mitgeteilt, daß der Verſchönerungsverein Magda - lenenvorſtadt den glücklichen Gedanken zur Aus - führung bringen will, anläßlich der Eröffnung der neuen Reichsbrücke über die Drau ein Volksfeſt zuveranſtalten. In der Sitzung vom 5. Mai, die unter dem Vorſitze des Obmannes Herrn Stationschefs i. R. Fell ſtattfand, wurde nun beſchloſſen, dieſes Volksfeſt am Sonntag den 3. Auguſt im Kreuz - hofe, und zwar im Garten und in den Saal - räumen abzuhalten. Für eine Menge von Luſtbar - keiten wird geſorgt werden; das Feſt iſt im großen Umfange gedacht, da es ja das Brückeneröffnungs - feſt der ganzen Stadt ſein ſoll. Man rechnet deshalb mit einer Beteiligung aus allen Kreiſen Marburgs und der Umgebung. Zur Bewältigung der umfangreichen Vorarbeiten wurde eine Reihe von Ausſchüſſen gewählt, ſo ein Finanz -, Preß -, Vergnügungs -, Wirtſchafts - und Sanitäts - Aus - ſchuß; der engere Ausſchuß beſteht aus den Ob - männern der einzelnen Unterausſchüſſe; an ſeiner Spitze ſteht als Feſtobmann Herr Stationschef i. R. Fell. Bei der Arbeitsfreude, welche in der Magda - lenenvorſtadt dieſem Brückeneröffnungs-Volksfeſte entgegengebracht wird, kann der geplanten Veran - ſtaltung das ſchönſte Gelingen vorausgeſagt werden.

Die Gaſtwirtegenoſſenſchaft Umgebung Marburg

hält am Dienstag den 20. Mai um 2 Uhr nachmittags in Herrn Martin Pukls Gaſt - haus in Roßwein ihre Generalverſammlung ab.

Konkurs.

Das Kreisgericht hat die Er - öffnung des Konkurſes über das Vermögen des Buchdruckers Karl Rabitſch jun. bewilligt. OLGR. Dr. G. Wokaun Konkurskommiſſär, Dr. Mühleiſen einſtweiliger Maſſeverwalter.

Fußballwettſpiel.

Über Einladung des Grazer Deutſchen Sportklub trägt der Marburger Sportverein am Pfingſtmontag gegen denſelben ein Wettſpiel aus. Beginn 3 Uhr im Volksgarten. Hoffentlich bleibt der Sportverein Sieger, um die große Niederlage vom Sonntag auszuwetzen. Der Sportverein ſtellt ſeine beſte Mannſchaft ins Treffen.

D’Oberlandler

aus Graz, mit ihrem vor - züglichen Humortſten Herrn Hans Lückmann kon - zertieren heute abends im Hotel zur alten Bier - quelle (Edmund-Schmidgaſſe) und iſt der Beſuch beſtens zu empfehlen. Eintritt frei. Beginn 8 Uhr.

Ein ausgeraubtes Schneidergeſchäft.

In der Nacht auf geſtern wurden dem in Theſen befindlichen Schneidermeiſter Franz Krois durch Einbruch in ſein Geſchäftslokal nachbenannte Effekten entwendet: 25 bis 30 Stück Stoffhoſen, 25 bis 30 Stück Zeughoſen für Knaben, 12 Knabenanzüge, 15 Matroſen - und Steireranzüge für Knaben, 20 Stück Oxfordhemden und mehrere ganze Stücke Stoffe. Der Schaden beträgt 900 K. Die bisher unbekannten Täter ſchlugen das Vorhängſchloß bei der Eingangstüre ab, nachdem ſie es teilweiſe abgefeilt hatten. Zum Fortſchaffen der geſtohlenen Sachen bedienten ſie ſich eines Wagens.

Vor der Hochzeit vom Tode ereilt.

Aus Windiſchfeiſtritz ſchreibt man: Montag ſollte die Weißnäherin Marie Kollenz den Ehebund ſchließen; ſie erlag jedoch im letzten Augenblicke vor der Hochzeit einem Herzſchlag.

Die Freiwillige Rettungsabteilung

wurde im Monate April in 48 Fällen um Hilfe - leiſtung angeſprochen. Ausfahrten mit dem Rettungs - wagen, bezw. Hilfeleiſtungen außer dem Rüſthauſe fanden 27 ſtatt. Die Zahl der geführten Patienten betrug 24. Im ganzen behandelt wurden 35 männliche und 11 weibliche Perſonen. Es handelte ſich in 32 Fällen um Betriebs - und andere Unfälle, in 14 Fällen um plötzliche Erkrankungen und in je einem Falle um Mißhandlung bezw. Raufhandel, bei zwei Ausfahrten wurde nicht in Tätigkeit ge - treten, einmal wegen bereits eingetretenem Tode (Unfall), das anderemal bei einem Tobſuchtsfall.

Für Unteroffiziere des Reſerveſtandes.

Da ein größerer Bedarf an Fort[i]fikations (Militär - bau) werkmeiſtern bei den Militärbaubehörden vor - handen iſt, wird beabſichtigt, Unteroff[i]ziere des Re - ſerveſtandes, welche zufolge ihrer Vorbildung für den bautechniſchen Hilfsdienſt geeignet und der deutſchen Sprache mindeſtens zum Dienſtgebrauche genügend mächtig ſind, zur Aktivierung aufzufordern und zum obgenannten Dienſte heranzuziehen. Demgemäß wer - den derlei Reſerveunteroffiziere, welche im zivilen Verhältniſſe als Baupoliere, Bauzeichner uſw. in Verwendung ſtehen, aufgefordert, ſich für den bau - techniſchen Hilfsdienſt bei den Militärbaubehörden zu melden. Vorgenannte Unteroffiziere werden ſich nach entſprechender Abſolvierung einer 12monatigen Probedienſtleiſtung bei einer Militärbaubaubehörde noch einer Prüfung bei dem Militärbauwerkmeiſter - kurs zu unterziehen haben und werden ſodann nach Maßgabe des Bedarfes zu Fortifikations (Militär -5Nr. 55, 8. Mai 1913 Marburger Zeitungbau) werkmeiſtern ernannt. Die an das K. -M. zu richtenden, eigenhändig geſchriebenen Geſuche dieſer Unteroffiziere, welche Geſuche eine kurze Schilderung ihrer bisherigen techniſchen Verwendung im Zivil - ſtande zu enthalten haben und mit etwa vorhandenen Schulzeugniſſen, Beſtätigungen von Arbeitgebern uſw., ſowie mit einem Zeugniſſe über die politiſche Ver - läßlichkeit der Aſpiranten zu ergänzen ſind, haben im Wege der politiſchen Behörden bis ſpäteſtens 18. Mai 1913 beim k. u. k. Ergänzungsbezirks - kommando in Marburg einzulangen.

Flüchtig gewordener Spediteur.

Mit Beſchluß vom 22. v. M. wurde über den hieſigen Spediteur Chriſtian Unterkofler vom Kreisge - richte der Konkurs eröffnet, zum Konkurskommiſſär OLGR Dr. Wokaun und zum Maſſeverwalter Dr. Krenn ernannt. Unmittelbar nach Verhängung des Konkurſes wurde Unterkofler, der außer ſeinem Speditionsgeſchäfte in der letzten Zeit auch ein Autotaxunternehmen betrieb, welches er vom Cafetier Herrn Wagner abgelöſt hatte, flüchtig, ohne daß man weiß, wohin er ſich gewendet hat. Das Kreis - gericht Marburg hat deshalb gegen ihn einen Steck - brief erlaſſen.

Sommerfeſt des Marburger Stadt - verſchönerungs-Vereines.

Morgen Freitag 8 Uhr abends findet ein Gaſthof zum ſchwarzen Adler , 1. Stock, eine Feſtausſchußſitzung ſtatt und ergeht an alle jene Damen und Herren, die an dem großen Sommerfeſt mitwirken wollen, die Einladung, dieſer Sitzung beizuwohnen.

Es geht vorwärts in Steinbrück!

Sonntag nachmittags wurde in Steinbrück eine Südmarkortsgruppe gegründet, die unſeren völkiſchen Gegnern ganz beſonders ungelegen kam. Seit Jahren ſind ſie bemüht, Steinbrück, dieſen alten deutſchen Induſtrieort, zu einem ſloweniſchen Stütz - punkt auszugeſtalten, wobei ihnen die Ernennung vieler ſloweniſcher Poſt - und Bahnbeamten gute Dienſte leiſtete. Das Deutſchtum von Steinbrück iſt jedoch noch immer ſo ſtark, daß bei den letzten Gemeindewahlen der erſte Wahlkörper leichten Spieles erobert werden konnte. Die ſloweniſch - liberalen Hetzer veranſtalteten eine Proteſtver - ſammlung, an der aber aus Steinbrück nur etwa zehn Leute teilnahmen, ferners einige aufgeregte Leute aus Krain und 15 ſloweniſchnationale Berg - arbeiter aus Trifail, die der Bahnbeamte Mohorko am Bahnhofe empfing und ins Gaſthaus Juvancic führte. Als Sprecher tat ſich Dr. Kukovec auf. Die Behörde hatte Sicherheitsmaßnahmen getroffen. In der Südmarkverſammlung, die Südbahningenieur Heinrich Payr leitete, hielt der Südmarkwander - lehrer Schneider eine prächtige Rede. Südmark - Gauobmann Dr. Otto Ambroſchitſch ſprach als Mitglied der Hauptleitung. Die Wahl des Aus - ſchuſſes hatte folgendes Ergebnis: Obmann: In - genieur Heinrich Payr, Bahnkommiſſär, Stellver - treter: Betriebsleiter Joſef Nießner, Zahlmeiſter: Buchhalter Adolf Prelog, Stellvertreter: Bahn - reſtaurateur Alfred Petſchnigg, Schriftführer: Poſt - aſſiſtent Joſef Namar, Beträte: Luſchitzky und Jauſchnig, Werkmeiſter, Rechnungsprüfer: Bahn - aſſiſtent Adolf Harbich und Poſt[e]xpedient Karl Schmelzer. Die Ortsgruppe zählt bereits 150 Mitglieder, die alle in Steinbrück ſelbſt wohnen. Sie iſt ſomit eine der ſtärkſten Südmarkortsgruppen des Unterlandes. Von den Begrüßungen wurden mit beſonders ſtürmiſchem Beifall aufgenommen jene Peter Roſeggers und Ottokar Kernſtocks. An der Verſammlung nahmen auch Abordnungen der Südmarkortsgruppen von Cilli, Tüffer, Lichtenwald, Rann und Hraſtnigg teil. Heil Steinbrück!

Die ſpaniſchen Schatzſchwindler

ver - ſuchen immer wieder in Öſterreich Opfer zu ge - winnen; ſo erhielt in Marburg wieder ein Ge - ſchäftsmann einen Brief aus Barcelona folgenden Inhaltes: Sehr geehrter Herr! Als Gefangener hier wegen Bankerott, bitte ich Sie mir zur Zurück - ziehung von 300.000 Frank zu verhelfen, welche Summe ich in einem Koffer auf einem auslän - diſchen Bahnhofe lagern habe. Es iſt dringend notwendig, daß ſie nach Spanien kommen und durch Bezahlung meiner Prozeßkoſten und Geld - ſtrafe an das hieſige Gericht zuſammen 9.500 Franken, mein hier mit Beſchlag belegtes Hand - gepäck auslöſen, in welchen ſich in einem Geheim - fache gewiſſe Dokumente befinden, ohne welche es unmöglich iſt, mein Vermögen beheben zu können. Als Belohnung für Ihre Mühe und Dienſte trete ich Ihnen den dritten Teil der obgenannten Summe ab. Wenn Sie ernſtlich entſchloſſen ſind, die Reiſe hieher anzutreten und den Betrag von 9.500Franken einzuzahlen, ſo ſenden Sie mir ſofort bei - liegendes Telegramm, nach deſſen Empfang ich Ihnen die ganze Geſchichte genau und eigenhändig ſchil - dern und meinen Namen bekannt geben werde. Sprechen Sie mit niemanden über dieſe Sache uſw. Der Geſchäftsmann hat jedoch auf den hier ſchon zur genüge bekannten ſpaniſchen Schatzgräber Schwindel ſelbſtverſtändlich nicht reagiert.

Schutzhilfe der Südmark.

In der zweiten Aprilhälfte wurden u. a. folgende Schutzmaßregeln getroffen: Sieben Notſtandsſpenden (1250 K.), dar - unter den obdachloſen Abbrändlern des Dorfes Nuß - dorf in Salzburg eine raſche Hilfsgabe von 500 Kronen und ebenſo ſieben brandgeſchädigten Klein - häuslern in Vöſendorf (N. .) 500 K. Darlehen (14.470 K.) an ſieben Volksgenoſſen zur Erhaltung und Erwerbung von Haus - und Grundbeſitz in Süd - tirol, Kärnten und Steiermark. Ein Zinſenbeitrag für ein Darlehen von 6000 K. an einen Klein - beſitzer in Niederöſterreich. 500 K. für Studenten - und Schülerherbergen in Südöſterreich. Eine größere Spareinlage erhielt eine Darlehenskaſſe in Kärnten. Schließlich wurden zwei Waiſenknaben in die Obhut des Vereines genommen und bei einem vertrauens - würdigen Landwirte in Pflege gegeben.

Die Fleiſchpreiſe

im Monate Mai 1913 ſind bei nachſtehenden Fleiſchhauern folgende:

Ochſen - fleiſch 1. Qual.Ochſen - fleiſch 2. Qual.Kuhfleiſch oder JungrindKalb - fleiſchSchweine fleiſch
KKKKK
Mohorko .. · · 1·601·801·80
Sollak Johann · · 1·801.80
Merkl Joſef. · · 1·80
Rachle Kaſpar.1·681·60 · 1·801·80
Wombek Joh..1.681.601.601.801.80
Holzknecht Joſef1·681·601·601·801·80
Trattar Joſef.1·681·601·601·80
Detitſchek Franz1·801·681·521·80
Nendl Johann.1·801·70 · 1·801·80
Pirſch Vinzenz1·801·601·601·801·80
Schifko Jakob.1·801·721·801·801·80
Pergdolt Franz1·801·801·801·801·80
Welle Rudolf.1·801·801·801.801·80
Wreßnig Peter1·84 · · 1·842.
Polegeg Otto.1·881·801·801·801·80
Gſellmann Bl.1·881·801·801·801·80
Reißmann Fr.1·881·801·802.
Sollak Rudolf1·901·601·601·801·80
Hochnetz Franz1·921·84 · 1.921·92
Muchitſch Ed..1·921·80 · 1·80
Schrott Georg1·921·801·801·80
Stoßier Franz.1·921·801·801·80
Zokaly Franz.1·921·801·801·80
Benzik Johann1·961·92 ·
Achtig Albert.2. 2. . 2·202·40
Reißmann Th.2. 1.80 · 2·40
Leyrer Joſef. 1·68 · 2·40
Tſchernoſchek M. · · 2. 2.40
Kirbiſch Joſef. ·
Fritz Karl ..2·16 ·
Tſcherne Joh.2·20 2·202·40

Drei kleinere Anweſen in Egydi - Tunuel

gelangen durch Vermittlung des Vereines Südmark Graz zu vorteilhaften Bedingungen an deutſche Volksgenoſſen zum Verkaufe und ſollten eheſtens erworben werden. Zwei dieſer Be - ſitze beſtehen aus villenartigen, netten Landhäuſern mit kaum 3 Joch angrenzenden Grundſtücken, während das dritte Anweſen aus einem für be - ſcheidene Anſprüche beſtimmten Häuschen und 4 Joch Grundſtücken beſteht. Zum Zweck der Stär - kung des Deutſchtums in der bekannten Sprach - grenzgemeinde Egydi-Tunnel wäre auch eine regere Anſiedlung von deutſchen Penſioniſtenfamilien (deren es dort bereits über 20 gibt) ſehr er - wünſcht.

Deutſche Sommerfriſchen am Fuße der Karawanken

in Kärnten. Die Südmark empfiehlt den Volksgenoſſen dieſes hübſch bebilderte Verzeichnis für die ſommerliche Reiſe - und Wan - derzeit aufs beſte: wer bei der Wahl von Reiſe - zielen verſprengte völkiſch bedrängte deutſche Orte berückſichtigt, der unterſtützt dadurch wirtſchaftlich die völkiſche Schutzbewegung und trägt viel zur Stärkung deutſcher Grenz - oder Außenſtellungen bei. Das genannte Flugblatt wird ſamt dem Gaſtſtättenverzeichnis für Öſterreich vom Fremden - verkehrsausſchuß der deutſchen Volksräte in Klagen - furt, Gaſometergaſſe 4 koſtenlos zu Aufklärungs - zwecken verſendet.

Alter Haß.

Am 4. Februar dieſes Jahres ging der Beſitzer Johann Schwarz mit ſeinen Söhnen Lorenz, Johann und Anton Schwarz vonſeinem Weingarten in Ternovetzberg, Bezirk Pettau, heim. Als am Wege Schwarz d. Ä. mit dem Johann Bresnik ſprach, weshalb alle ſtehen blieben, rief der 20jährige Beſitzersſohn Johann Meſarec, der ſchon ſeit längerer Zeit von tiefer Feindſchaft gegen Schwarz beſeelt iſt, den Anton Schwarz auf die Seite. Im nächſten Augenblicke erfaßte er ihn ſchon am Rocke; Lorenz wollte ſeinen Bruder weg - ziehen, erhielt aber von Meſarec ſofort einen Prügelhieb. Nun war die Rauferei eingeleitet; an ihr beteiligte ſich auch ein gewiſſer Franz Ornig, der ſeinem Freunde Meſarec zu Hilfe kam. Und nun hatten Prügel und Meſſer das entſcheidende Wort. Alle Mitwirkenden wurden verletzt, am ſchwerſten Lorenz Schwarz, der einen Meſſerſtich in die Bruſt erhielt. Meſarec und Ornig blieben Sieger: die Familie Schwarz ergriff die Flucht. Bei der vorgeſtern vor dem Kreisgerichte durchge - führten Verhandlung bekam Meſarec vier Monate ſchweren Kerker zugemeſſen, während die anderen Helden, die durchwegs ſloweniſch ſprachen, dem Bezirksgerichte Pettau zur Aburteilung zugewieſen wurden.

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6Marburger Zeitung Nr. 55, 8. Mai 1913
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7Nr. 55, 8. Mai 1913 Marburger Zeitung
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8Marburger Zeitung Nr. 55, 8. Mai 1913
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9Nr. 55, 8. Mai 1913 Marburger Zeitung
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10Marburger Zeitung Nr. 55, 8. Mai 1913
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Verantwortlicher Schriftleiter Norbert Jahn. Druck, Herausgabe und Verlag von Leop. Kralik in Marburg

About this transcription

TextNr. 55, 08.05.1913.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 55, 08.05.1913. . KralikMarburg1913. Marburger Zeitung

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IDS Mannheim

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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