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Marburger Zeitung.

Keiner Partei dienſtbar.

Freies Wort jedem Deutſchen.

Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg: Ganzjährig 12 K, halbjährig 6 K, vierteljährig 3 K, monat - lich 1 K. Bei Zuſtellung ins Haus monatlich 20 h mehr.

Mit Poſtverſendung: Ganzjährig 14 K, halbjährig 7 K, vierteljährig 3 K 50 h. Das Abonnement dauert bis zur ſchriftlichen Abbeſtellung.

Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag abends.

Sprechſtunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von 11 12 Uhr vorm. und von 5 6 Uhr nachm. Poſtgaſſe 4.

Die Verwaltung befindet ſich: Poſtgaſſe 4. (Telephon Nr. 24.)

Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von allen größeren Annoncen-Expeditionen entgegengenommen und koſtet die fünfmal geſpaltene Kleinzeile 12 h.

Schluß für Einſchaltungen Dienstag, Donnerstag, Samstag 10 Uhr vormittags.

Die Einzelnummer koſtet 10 Heller.

Nr. 58. Dienstag, 14. Mai 1912 51. Jahrgang.

Was opfern unſere Gegner für ihre nationalen Grenzſchulen?

Der tſchechiſche Schulverein erhielt im Jahre 1910 76 Volksſchulen, 1 Bürgerſchule, 1 Realgymnaſium und 67 Kindergärten, zuſammen 144 Anſtalten mit 270 Klaſſen, die von 14.072 Kindern beſucht waren. Seine Geſamteinnahme be - trug 1,298.062 K.

Der Wiener tſchechiſche Schul - (Komensky -) Verein erhielt 5 Volksſchulen mit 31 Klaſſen mit 1641 Kindern, 5 tſchechiſche Sprachſchulen und 3 Kindergärten. Seine Geſamteinnahme betrug 273.589 K.

Der nordböhmiſche Tſchechiſierungsverein, welcher einen großen Teil ſeiner Einnahmen für Schulzwecke verwendet, hatte eine Geſamteinnahme von 547.238 K.

Der tſchechiſche Böhmerwaldbund wid - mete dem Grenzſchulweſen 76.637 K., ſeine Geſamt - einnahmen betrugen 210.572 K.

Der Tſchechiſierungsverein für Nordoſt - mähren gab für den gleichen Zweck 83 000 K. aus, ſeine Einnahmen erreichten die Höhe von 197.000 K.

Der Tſchechiſierungsverein für Südweſt - mähren erhielt 2 Bürgerſchulen, 11 Volksſchulen und 3 Kindergärten mit einem Aufwande von 133.788.05 K., ſeine Geſamteinnahmen betrugen 260.545 K.

Der tſchechiſche Volksbildungsverein Schleſien erhielt 1 Bürgerſchule und gedenkt ein Realgym - naſium zu errichten. Mit Hilfe des tſchechiſchen Schulvereines errichtete er im Jahre 1910 3 neue Volksſchulen. Außerdem erhielt er 19 Kinder - gärten. Seine Geſamteinnahmen betrugen 29.390 K.

Der Brünner tſchechiſche Schulverein erhielt 1 dreiklaſſige Bürgerſchule, die von 170 Kindern beſucht war, 21 Kindergärten mit 31 Abteilungen,die von 1843 Kindern beſucht waren; ſeine Rein - einnahmen betrugen 73.547 K.

Der Iglauer tſchechiſche Schulverein erhielt die erſte Klaſſe einer Knabenbürgerſchule und 3 Kindergärten.

Der Budweiſer tſchechiſche Schulverein er - hielt 1 Lehrerbildungsanſtalt, 1 fünfklaſſige Volks - ſchule, die von 344 Kindern beſucht war, und 8 Kindergärten. Der jährliche Koſtenaufwand beträgt etwa 100.000 K., die Jahreseinnahmen dürften 100.000 K. überſteigen.

Der Olmützer tſchechiſche Schulverein erhielt 4 Kindergärten und mehrere Fortbildungsſchulen.

Der tſchechiſche Schulverein in Lunden - burg erhält 1 Bürgerſchule.

Der tſchechiſche Schulverein in Mähr. Oſtrau hat beſchloſſen, eine Reihe von Kindergärten zu gründen.

Außerdem ſind noch tſchechiſche Schulvereine in Auſſee, Hohenſtadt, Kanitz und Znaim.

Die Einahmen der tſchechoſlawiſchen Ver - einigung betragen 26.276 K.

Der ſloweniſche Schulverein erhielt 7 Volksſchulen mit 32 Klaſſen und 20 Kindergärten, die insgeſamt von 3025 Kindern beſucht waren; ſeine Einnahmen im Jahre 1910 betrugen 1,053.654 K.

Die Tätigkeit des kärntneriſchen klerikalen ſloweniſchen Schulvereines iſt unbekannt.

Die Einnahmen des kroatiſchen Schul - vereines dürften ſchätzungsweiſe 120.000 Kronen betragen.

Der polniſche Schulverein erhielt 3 Lehrerſeminare, 43 Volksſchulen, 125 Analphabeten - kurſe und 40 handelsgewerbliche Kurſe. Der Kaſſa - umſatz für das Jahr 1910 betrug 1,581.500 K., die Ausgaben betrugen 1,218.462 K.

Die Lega Nazionale hatte nach dem Stande Ende 1909 23 Volksſchulen, 31 Kinder -gärten, 24 Abend -, 4 Analphabeten - und 6 Muſik - ſchulen.

Die Gruppe Trieſt gab im Jahre 1910 für das Schulweſen 21.252 K. und die Gruppe Zara 22.713 K. aus.

Der italieniſche Schulverein:

Sektion Adria: Ortsgruppe Trteſt: die Ein - nahmen betrugen 184.984 K., Ortspruppe Pola: die Einnahmen betrugen 14.283 K., Ortsgruppe Görz: die Einnahmen betrugen 26.000 K.

Die Einnahmen der Sektion Adria im Jahre 1909 betrugen 212.140 K.

Sektion Dalmatien: Die Einnahmen der Orts - gruppe Zara im Jahre 1910 betrugen 53.443 K.

Die Einnahmen der Sektion Dalmatien im Jahre 1909 betrugen 112.202 K.

Sektion Welſchtirol: Die Einnahmen im Jahre 1909 betrugen 97.943 K.

Die Einnahmen der Lega im Jahre 1909 überhaupt betrugen 422.286 K.

Da die Einnahmen im Jahre 1908 388.505 K. betrugen, ſo dürften ſie bei Annahme eines gleich - mäßigen Steigens für das Jahr 1910 ungefähr 470.000 K. betragen.

Die ſlawiſchen und welſchen Schutzvereine, welche ihre Einnahmen beinahe zur Gänze für ihr nationales Grenzſchulweſen verwenden, beſaßen zu - ſammen 169 Volksſchulen, 7 Bürgerſchulen, 8 Mittelſchulen, 204 Sprachſchulen und Fortbildungs - kurſe und 179 Kindergärten, alſo insgeſamt 559 völkiſche Anſtalten.

Ihre Geſamteinnahmen betrugen 6,231·373 K.

Ihnen ſteht, da ſich die wirtſchaftlichen deutſchen Schutzvereine infolge der Arbeitsteilung zumeiſt auf die wirtſchaftliche Tätigkeit beſchränken, der Deutſche Schulverein gegenüber mit 48 Volksſchulen und 97 Kindergärten und einer Geſamteinnahme von 1,150.313 K.

Iſt dies nicht ein ungleicher Kampf?

Ihre Schuld.

45 Nachdruck verboten.

Ach, ach , rief Reynell aus, und ſtellte ſich höchſt überraſcht, als die beiden Mädchen eintraten. Alſo hieher hat ſich unſere reizende Lesbia ge - flüchtet zum größten Leidweſen ihres liebenden Onkels und ihres ergebenen Anbeters .... Ich werde Ihnen einige Worte zu ſagen haben, ſobald mein Freund und ich unſere Geſchäfte hier erledigt haben werden. Ach, guten Abend, Miß Holt. Verzeihen Sie, daß wir in unſerer Freude, unſer verirrtes Lamm wiedergefunden zu haben, nicht zuerſt unſere liebenswürdige Gaſtfreundin begrüßten. Sie ſehen heute nicht ſo blühend aus, wie ſonſt .

Tatſächlich war Judith blaß wie eine Leiche, da es ihr nicht entgehen konnte, daß ſie den beiden Eindringlingen auf Gnade und Ungnade ausge - liefert ſeien. Vergebens ſuchte ſie auf Bartletts unbeweglichem Geſichte eine Spur von Mitleid oder Schwäche zu erſpähen, die ihr geſtattet hätte, ihr Verhalten entſprechend einzurichten. In einer Beziehung kam ſie der Wahrheit allerdings nahe daß Reynell den rieſenſtarken Menſchen jeden - falls nur als Schutz und Schirm mit ſich gebracht hatte.

Sie Feigling! wendete ſie ſich zu dem Ränkeſchmied. Sie fürchteten wohl, ich würde Sie ins Waſſer werfen, wenn Sie allein kämen? Was wollen Sie hier eigentlich? Ich rate Ihnen, ſichkurz zu faſſen, denn mein Vater und Voordam können jeden Augenblick hier ſein. Und ich brauche Ihnen wohl nicht erſt zu ſagen, wie es Ihnen ergeht, wenn die beiden Sie hier antreffen. Mit einem nächtlichen kalten Bade dürfte es dann kaum abgetan ſein .

Reynell ließ ſeine weißen Zähne in einem ſpöttiſchen Grinſen ſehen.

Gerade dieſe zwei ſtarken Helden ſchrecken mich heute nachts ſehr wenig , höhnte er. Mein Gefährte hier, in ſeinen Bekanntenkreiſen nur der bengaliſche Tiger genannt, würde mit dem ſchwarzen Dick und Ihrem ſchwerfälligen holländiſchen Verehrer kurzen Prozeß machen, Miß Holt, wenn die beiden ſeinen Klauen zu nahe kämen. Leider hörte ich bei meinem Aufbruch heute abends allerlei durcheinander ſchwatzen, was mich auf die Ver - mutung brachte, daß der arme Tiger heute ohne Nahrung bleiben wird. Man wollte in Aulton wiſſen, daß zwei Tabakſchmuggler der Polizei in die Hände gefallen ſeien.

Iſt das der Fall, ſo geſchah es auf Ihre Anzeige , erwiderte Judith, der es immer ſchwerer fiel, ihre Kühnheit und ihren Trotz beizubehalten. Sie ſagte ſich, daß die unheilvolle Kunde zweifel - los auf Wahrheit beruhte, und für den Moment verſtummten alle ſonſtigen Rückſichten vor der Sorge um die Sicherheit ihres Vaters und ihres Verlobten. Auch tiefer Verdruß regte ſich in ihr, denn die Strafloſigkeit, mit der ſie ſeit vielen Jahren ihren ungeſetzlichen Handel betrieben, hatte ihr dieÜberzeugung beigebracht, daß der Nutzen, den ſie mit threm Schmuggel betrieben, faſt eine Ent - ſchädigung für ihre ſonſt ſo freudloſe Lebensweiſe bedeutete. Es erfüllte ſie mit wildem Zorn, daß ihnen dieſe Einnahmequelle entzogen werden ſollte, infolge des Verrates dieſes nichtswürdigen Menſchen, der ein Dieb und Mörder zugleich war, und ſich in viel ärgerem Maße gegen das Geſetz vergangen hatte, wie ihr Vater und ſie.

Haben ſie ſich gegen menſchliche Geſetze ver - gangen, ſo verſtoßen Sie ſich gegen göttliche! fuhr ſie zürnend fort, maßlos erbittert durch das gelaſſene Lächeln des Ränkeſchmiedes und ſie hätte noch manches hinzugefügt, wenn ſich nicht Bartlett zum Wort gemeldet hätte.

Ich bin nicht hierher gekommen, um Sonn - tagspredigten mitanzuhören , knurrte er. Es wäre viel beſſer, mit dem Geſchwätz aufzuhören und an die Arbeit zu gehen .

Die Unterbrechung brachte Judith zur Be - ſinnung. Wenn ihr Vater und Andreas wirklich verhaftet wurden, ſo ſah ſie auch ſchon eine gründ - liche Rache im Bereiche ihrer Hand, die den Denunzianten treffen würde, nicht etwa eine gleich - artige Strafe, ſondern Mittel und Wege, um alle ſeine Pläne zum Scheitern zu bringen. So unter - drückte ſie denn gewaltſam ihren Drang, eine heftige Bemerkung zu machen, und verhielt ſich abwartend.

Sie haben recht, Alter, das wird wohl am vernünftigſten ſein , erwiderte Reynell ſeinem Ge -

Note: Mit einer Beilage.
2Marburger Zeitung Nr. 58. 14. Mai 1912

Haben wir nicht recht, wenn wir unſeren Volksgenoſſen zurufen: Was Ihr bisher getan habt, war nur ein guter Anfang, nicht mehr! Greift mit voller Kraft zur Wehr, opfert mit vollen Händen und mit ganzem Herzen, wenn Ihr im Völkerringen beſtehen wollt!

Für die Beſiedelung.

Samstag abends fand in Marburg die Grün - dungsverſammlung der Ortsgruppe Marburg des Bodenſchutz - und Beſiedlungsvereines Heimſtatt ſtatt. Der Verſammlungsſaal im Gaſthof zum Pilſner - keller war dicht gefüllt, als namens der Einberufer Südbahnaſſiſtent Herr Temm die Erſchienenen begrüßte, darunter das Hauptleitungsmitglied Herrn Fraiß, die Ortsgruppen von St. Egydi und Pettau, ſowie die Vertreter verſchiedener Vereine von Marburg und Brunndorf. Der Redner führte aus, daß die Südmark infolge des klerikalen An - ſturmes die Beſiedlungstätigkeit aufgegeben und dieſe ſowie den Beſiedlungsleiter Herrn Fraiß den Klerikalen geopfert habe. Infolge dieſes bei der vor - jährigen Hauptverſammlung in Cilli gefaßten Be - ſchluſſes auf Einſtellung neuer Beſiedlungstätigkeit ſei es dringend notwendig geworden, daß eine neue Schutzvereinigung dieſe Beſiedlung wieder fortführe. Dieſe Arbeit will der Verein Heimſtatt auf ſich nehmen. Die Slawiſierung der Aemter in Marburg ſchreite ohnehin in bedenklichem Umfange vor und wenn wir die Herſtellung des Zuſammenhanges mit der deutſchen Mittelſteiermark gänzlich aufgeben, wenn wir nicht St. Egydi halten und nicht Pöß - nitz gewinnen, dann wird es in Marburg noch ſchlimmer werden als bisher. Redner ſchloß mit den Worten: Kein Fußbreit deutſchen Bodens darf uns mehr verloren gehen.

Die Wahl der Ortsgruppenleitung hatte fol - gendes Ergebnis: Obmann Privatier v. Kramer, Obmannſtellvertreter Südbahnbeamter Vales, Schriftführer k. k. Revident i. R. Weber, Zahl - meiſter Südbahner Jellinek, Gſpaltl, Wagner, Temm und Seewann, Beiſitzer.

Mit lebhaftem Betfall begrüßt, erörterte nun Hauptleitungsmitglied Herr Fraiß aus Graz die Aufgaben der Heimſtatt. Er verwies auf den ge - ſchichtlichen Prozeß, daß einſt die Deutſchen koloni - ſatoriſch vordrangen, während gegenwärtig die Slawen ins deutſche Gebiet ſich vordrängen. Die Südmark rang ſich deshalb zu dem Gedanken durch, der den Männern der Gründung ſchon vorſchwebte, daß der Angriff die beſte Verteidigung ſei. Deshalb wurde auch bei der Hauptverſammlung im Jahre 1905 mit der bisherigen Trinkgelderwirtſchaft gebrochen und eine planmäßige Beſiedelung beſchloſſen. Die Arbeit, aber auch die Verantwortung wurde dem Redner übertragen. Anfangs war die Beſiedlungsarbeit ſehr ſchwer, denn es fehlte uns jede koloniſatoriſche Er - fahrung. Im Jahre 1908 aber gings dann mit einem gewaltigen Ruck vorwärts, zugleich aber ſetzte eine Agitation gegen die Beſiedlung ein, welche von außen ſtammte, von den Klerikalen, die dann aberin die Südmark ſelbſt eindrang und im Vorjahre zu dem Beſchluſſe führte, die weitere Beſiedlungs - tätigkeit einzuſtellen. Mittlerweile ſei allerdings ein Umſchwung eingetreten und man ſage jetzt, daß die Beſiedlung ſpäterhin, wenn mehr Mittel vorhanden ſind, wieder aufgenommen werden ſolle. Wenn dies wirklich geſchehen ſollte, dann werden wir, ſo ſagte der Redner, zweiſpännig fahren, ſtatt einſpännig wie bisher. Wir wollen auch nicht gegen, ſondern mit der Südmark arbeiten; dieſe wird wohl auch uns gegenüber eine freundliche Haltung einnehmen, da ſie ja auch der klerikalen Oſtmark gegenüber Gewehr bei Fuß ſteht.

Der Redner ſchilderte ſodann die Lage Mar - burgs, welches durch einen mehrſtundenbreiten ſla - wiſchen Gürtel vom deutſchen Mittellande abge - ſchloſſen iſt. Die Städte wachſen nicht aus ſich heraus, ſondern durch den Zuzug vom Lande und wenn Marburg fortwährend ſlawiſchen Zuzug erhält, dann muß dieſer einmal das Deutſchtum der Stadt er - drücken. Und darum gibt es für Marburg keine wichtigere Frage, als die der Beſiedelung, der Her - ſtellung des unmittelbaren nationalen Zuſammen - hanges mit der deutſchen Mittelſteiermark. Jetzt ſei ohnehin ſchon von Spielfeld an der Zug nach Graz weit ſtärker, als jener nach Marburg. Der im Jahre 1905 aufgeſtellte Plan war, jenen Gürtel, der Marburg vom deutſchen Hinterlade trennt, durch Beſiedelung zu verdeutſchen, ferners auch drauauf - wärts bis Mahrenberg zu beſiedeln. Von dieſen Plänen wurden große Stücke vollendet. Man habe dem Redner vorgeworfen, daß er Land zu teuer ge - kauft habe. Nach jener Cillier Verſammlung habe aber eine Kommiſſion der Südmark an Ort und Stelle feſtgeſtellt, daß dies nicht der Fall war und daß in mehreren Fällen ſogar ſehr billig gekauft wurde. Außerdem habe aber der Redner nicht einen Kauf durchgeführt, den die Hauptleitung der Süd - mark nicht vorher beſchloſſen und genehmigt hatte. Redner ſchloß mit den Worten: Wir fügen der deutſchen Schule die deutſche Scholle bei und ſo be - grüße ich namens der Hauptleitung die neue Mar - burger Ortsgruppe; möge ſie blühen und gedeihen zum Nutzen und Heile unſeres Volkes! (Stürmiſcher Beifall.)

Obmann Herr v. Kramer beſprach das Mißtrauen, das alte deutſche Erbübel, welches ſich in manchen Kreiſen auch hinſichtlch der Heimſtatt geltend mache. Der Deutſche Schulverein iſt der älteſte deutſche Schutzverein. Nach ihm entſtanden auch andere deutſche Schutzvereine, die zuerſt von der Schulvereinsleitung mißtrauiſch beobachtet wur - den, bis unter Dr. Weitlof dann andere Anſchau - ungen Einkehr hielten. Auch die Südmark wurde bei ihrem Entſtehen angefeindet; nun kommt der Verein Heimſtatt an die Reihe. Perſönlichkeiten, welche auf Miniſterſtühle und Lloydpräſidentenpoſten rechnen, werden allerdings gut daran tun, der Heim - ſtatt nicht beizutreten, um nicht ihrem Vorwärts - kommen zu ſchaden. (Lebhafter Beifall.)

Lehrer Herr Gordon aus St. Egydi W. -B. führte aus, daß der Cillier Beſchluß der Südmarkauf die Slowenen wie ein Zauberwort gewirkt habe. Unſere nationalen Gegner jubelten auf, während vorher angeſichts der Fortſchritte der Beſiedelung bei ihnen Niedergeſchlagenheit herrſchte. Seit dem Cillier Beſchluß, der uns auf Jahre zurückwarf, rühren ſich unſere Gegner an allen Ecken und Enden und deshalb wurde gerade in St. Egydi die Grün - dung der Heimſtatt mit Freuden begrüßt; ihr traten in St. Egydi ſofort 100 Mitglieder bei. Redner ſchilderte die intenſive nationale Tätigkeit der ſlo - weniſchen Geiſtlichkeit und beſprach dann die natio - nal-ſtrategiſch und finanziell glückliche Beſiedelungs - arbeit des Südmark-Beſiedelungsausſchußob mannes Herrn Fraiß. Mit welchen ungeheuren Mühen die Tätigkeit des Herrn Fraiß verbunden war, davon mache ſich der, welcher dieſe Gebiete nicht kennt, gar keine Vorſtellung. Im ſchlechteſten Wetter, Tag und Nacht war Herr Fraiß in dieſem Hügellande auf den Füßen und wenn er nachts totmüde in den St. Egydier Südmarkhof kam, floß kein Wort der Klage über alle dieſe anſtrengenden Mühſeligkeiten von ſeinen Lippen. Das werde niemand Herrn Fraiß nachahmen. Redner ſchloß mit den Worten: Wenn einmal von Spielfeld bis Marburg alles Land deutſch ſein wird, dann brauchen wir keine Furcht mehr zu hegen um die Zukunft von Marburg. (Großer Beifall.)

Südbahnbeamter Hr. Wagner beſprach die na - tionalen Verhältniſſe in den Windiſchen Büheln, wie ſie vor Jahrzehnten waren, bis die fanatiſche, nationale Agitation der ſloweniſchen Kaplanokratie einſetzte; als Illuſtrationsfaktum führte er an, daß, als in Egydi, das damals noch in deutſcher Ver - waltung war, der damalige Biſchof mit einem Triumphbogen begrüßt wurde, auf dem ſich eine deutſche Inſchrift befand, der ſloweniſche Kaplan zornerfüllt den frommen Chriſtenwunſch ausſtieß: Auf der einen Seite (des Triumphbogens) ſoll man den Fiſchereder, auf der anderen den v. Piſtor aufhängen!

Nachdem der Obmann v. Kramer das Schluß - wort geſprochen hatte, in welchem er u. a. mitteilte, daß der neuen Ortsgruppe bereits 150 Mitglieder mit vier Gründerbriefen, ſowie verſchiedene Vereine körperſchaftlich beigetreten ſind, ſchloß er mit einem kräftigen Aufruf zur Arbeit die Gründungsver - ſammlung.

Eigenberichte.

(Einbruchsdiebſtahl in einem Gaſthofe.)

Heute um 3 Uhr früh wurde im Einkehrgaſthofe des Herrn Martin Mur - ſchetz in Zirknitz eingebrochen. Unbekannte Täter riſſen mit einem Heubaum und mit einer Schleuder - kette von der Gartenſeite das ſtarkvergitterte Keller - fenſter heraus und gelangten ſo in das Gaſtzimmer, woſelbſt ſie die Schanktiſchlade mit einem Stemm - eiſen erbrachen und Geld und Zigarren ſtahlen. Der Schaden beläuft ſich auf zirka 50 Kronen. Zum Glück kam um dieſe Zeit der Bruder des Gaſtwirtes nach Hauſe, wodurch die Diebe verſcheucht wurden

fährten. Damen, namentlich aber junge Damen, die einiges Vertrauen in ihre Körperſtärke ſetzen, laſſen ſich nur ſchwer überzeugen, daß mit Worten nichts zu erreichen iſt. Haben Sie das Stemmeiſen? Ich habe Brechſtange und Hammer bei mir. Ich denke, wir werden hier unſer Dorado finden die letzte Kabine rechter Hand vom Heck des Schiffes .

Damit ſchritten die beiden dem kleinen Schlaf - raume zu, der in früheren Jahren auf Segelſchiffen für die Paſſagiere erſter Klaſſe genügen mu[ß]te und der gegenwärtig Judith als Schlafzimmer diente, während ein halbes Jahrhundert früher Leutnant Milroy darin geſtorben war. Das junge Mädchen erhob keinen weiteren Einwand, ſondern folgte den beiden Männern und beobachtete an der Türſchwelle ſtehend ihr Treiben, während Lesbia in Leonards Kabine ſchlich.

30.

Forſchend ließ Reynell den Blick durch die Kabine gleiten, die auf Schritt und Tritt verriet daß hier ein weibliches Weſen ſtändigen Aufenthalt habe. Judiths ſcharlachrote Bluſe und blumenge - ſchmückter Hut waren ſorgſam oberhalb der Bett - koje untergebracht und verſchiedene Beſtandteile ihrer ſonſtigen geringen Garderobe hingen an Nägeln herum, die man in das einſt wirklich wert - volle Wandgetäfel geſchlagen hatte. Dieſes be - achteten die beiden Eindringlinge indeſſen nicht, während das ganze Gefüge der Kabine ihre Auf - merkſamkeit umſomehr in Anſpruch nahm. Ihre Augen wanderten von der Decke bis zum Fußbodenund dann wieder zurück, um die Seiten des kleinen Raumes einer genauen Beſichtigung zu unterziehen.

Ich ſehe hier keinerlei Schotten , bemerkte Reynell, die geſchriebene Weiſung aus der Taſche ziehend. Nehmen wir die Beſchreibung Wort für Wort durch. Hier an Ort und Stelle werden wir ſie wohl beſſer verſtehen .

Bartlett nahm das Papier an ſich und über - ſetzte langſam:

Der aus ungefaßten Steinen beſtehende Schatz befindet ſich in der Kabine, in der ich gegenwärtig den Tod erwarte zu hinterſt ſteuerbordwärts. Wenn mein Tod unzweifelhaft feſtſteht, ſo ſuchen Sie irgend einen Vorwand, um dieſe Kabine gegen die Ihrige umzutauſchen. Sobald ſich Ihnen dann die Gelegenheit dazu bietet, löſen Sie die vierte Diele des Fußbodens von der Schiffsſeite aus gerechnet. Es wird Ihnen nicht ganz leicht fallen, denn ich habe die Diele, die früher ganz loſe lag, mittelſt einer Schraube befeſtigt. Unter dieſer Diele und einem Schott unter ihr befindet ſich ein kleiner Raum, in dem ich den Schatz untergebracht habe .

Dies iſt doch klar genug. Das Schott be - ſindet ſich im eigentlichen Schiffsraum wohl, und nicht in der Kabine. Alſo eins, zwei, drei, vier. Dies iſt die betreffende Diele, und ich will mich hängen laſſen, wenn die Schraube nicht noch immer darin ſitzt , bemerkte Reynell. Wir wollen uns aber nicht damit aufhalten, ſie herauszuziehen, ſondern ſtemmen Sie die Diele mit dem Stemm - eiſen auf .

Bartlett brachte das bezeichnete Werkzeug aus einer Innentaſche ſeines Überzieher zum Vorſchein; doch ſtatt es anzuſetzen, reichte er es Reynell mit dem kurzen Bemerken:

Die Ehre gebührt Ihnen .

Reynell blickte ihn verwundert an und nahm das Stemmeiſen mit einem kurzen Auflachen an ſich. Im Türrahmen ſtehend, vermochte ſich Judith den kleinen Zwiſchenfall nicht zu erklären. Sollten dieſe beiden Eindringlinge einander nicht trauen und Bartlett nicht den Mut haben, ſeinem glatt - züngigem Gefährten den Rücken zu kehren, wenn er ſich auf die Knie niederließ, um die Diele auf - zuſtemmen?

Wenn wir recht ſpitzfindig ſein wollen, ſo haben Sie vielleicht recht , ſagte Reynell. Stellen Sie ſich mit der Lampe da vor mich hin und leuchten Sie mir; nur fallen Sie nicht über mich, wenn der Glanz der kleinen Leuchtkäferchen Sie blenden ſollte .

Knirſchend und ſplitternd ſtemmte ſich der Stahl gegen die Diele und mit aller Macht dagegen drückend zwängte Reynell das Brett endlich zur Seite. Beide Köpfe reckten ſich, um in die Öffnung zu ſpähen, die jetzt ſichtbar wurde, wobei Bartlett in lautloſer Stille den Schein der elektriſchen Lampe in die Tiefe ſenkte. Endlich ſtreckte Reynell die Hand aus und ſich tief bückend, taſtete er die Dielen innen rundherum ab, ſo weit ſein Arm nur reichte.

(Fortſetzung folgt.)

3Nr. 58, 14. Mai 1912 Marburger Zeitung

und ſchl unigſt das Weite ſuchten. Die k. k. Gen - darmerie ſoll den Tätern ſchon auf der Spur ſein.

(Schulvereins - feſtlichkeit.)

Die hieſige Schulvereinsortsgruppe veranſtaltet am Mittwoch den 15. Mai um 8 Uhr abends im Gaſtlokale des Bahnhofsreſtaurateurs Herrn Franz Tröſter anläßlich der Wiederkehr des Geburtstages des Deutſchen Schulvereines eine Feſt - feier im Rahmen eines öölkiſchen Abends. Nebſt Geſangsvorträgen der Marburger Tiſchrunde Die Gemütlichen, die ihre Mitwirkung in liebenswürdiger Weiſe zugeſagt hat, gelangen noch Muſikvorträge und ein Gelegenheitsſtück des Deutſchen Schulver - eines zur Aufführung. Es ergeht hiemit an alle Mitglieder, Freunde und Gönner der Pragerhofer Schulvereinsortsgruppe die Einladung, an dieſem Abende recht zahlreich zu erſcheinen. Die Deutſche Privatvolksſchule ſelbſt feiert dieſen hehren Tag des Deutſchen Schulvereines ebenfalls am 15. Mai durch eine Nachmittags-Schüleraufführung, zu welcher auch die Gemahlin des hiſigen Stationschefs, Frau Ma - rianne Schneider, ſowie die Herren Südbahnaſſi - ſtenten Fritz Rottenbacher und Joſef Kubitſchek ihre Mitwirkung in dankenswerter Weiſe zuſagten.

(Mord und Brand.)

Die Ivankofzer Feuerwehr hielt geſtern im Gaſt - hauſe des Petovar in Jeruſalem eine Tombola ab, bei welcher es derart luſtig herging, daß auch nebſtbei der 20 Jahre alte Winzersſohn Ignaz Ivantſchitſch den 21 Jahre alten Anton Kemenitſch, Schmied aus Ivankofzen, mit zwei Meſſerſtichen in die Bruſt ermocdete. Der Täter hat ſich heute früh der Gendarmerie in Friedau ſelbſt angezeigt. Während die Feuerwehr in Jeruſalem den Durſt gelöſcht hat, ſind in Ivan - kofzen (eine Wegſtunde Entfernung) drei Häuſer abgebrannt. Man findet dies ſonderbar, umſomehr, da auch beim letzten Brand in derſelben Gegend dieſe Feuerwehr ebenfalls abweſend war.

(Gründung einer Ortsgruppe des Vereines Heimſtatt.)

Heute abend wurde im Gaſthofe Jahl die gründende Verſammlung der Ortsgruppe Mureck des Vereines Heimſtatt abgehalten; von der Hauptleitung konnten wir Herrn Fiſchereder begrüßen, welcher auch in längerer Rede Zweck und Weſen des Vereines er - läuterte. Die Neuwahl ergab: Obmann Tierarzt Eichelberger, Stellvertreter Grinſchgl, Schriftwart Bünte, Säckelwart Stefling.

Pettauer Nachrichten.

Die Knabenkapelle.

Aus unſerem Leſer - kreiſe erhalten wir eine Zuſchrift, welche ſich mit dem am 5. d. ſtattgefundenen Konzert der Knaben - kapelle befaßt. Es wird darin u. a. geſagt, daß der ſchwache Beſuch des Konzertes auf die für ein gutes Konzert begreiflicherweiſe viel zu ſchwachen Leiſtungen einer aus Knaben beſtehenden Kapelle zurückzuführen iſt. Die Stadkapelle befindet ſich auf einer ganz anderen künſtleriſchen Höhe und es wird die Frage aufgeworfen, warum denn nicht dieſe zu ſolchen künſtleriſchen Darbietungen herangezogen wird.

Prozeß Malik-Ornig.

Bekanntlich hat Abg. Malik durch ſeinen Vertreter den Antrag zur Delegierung eines andern Gerichtes geſtellt. Das Oberlandesgericht Graz hat dieſem Antrage Folge gegeben und das Bezirksgericht Graz delegiert. Dagegen hat Herr Ornig die Beſchwerde an den Oberſten Gerichtshof als Kaſſationshof eingebracht. Dieſer hat der Beſchwerde keine Folge gegeben und nun endgültig entſchieden, daß der Prozeß vor dem Bezirksgerichte Graz durchgeführt werde.

Diebſtahl.

Der beim Beſitzer Martin Strainſchak in Gibina, Bezirk Pettau, als Knecht bedienſtete Joſef Has hat im Vereine mit dem Keuſchlersſohne Franz Perſchak durch ein halbes Jahr hindurch ſeinem Dienſtgeber 40 L. Wein, Fleiſch und 70 K. Bargeld entwendet. Auch der Tochter Maria Strainſchak entwendete er 25 K. Da die beiden Beſchuldigten die Tat leugnen, wurden ſie wegen Verabredungsgefahr verhaftet und dem Gerichte eingeliefert.

Brand durch eine Katzenjagd.

Sonntag vormittags brannte das Anweſen des Beſitzers Strafella in Haidin nieder. Das Haus mit dem Stalle, der Einrichtung, dem Werkzeug, Getreide und Futter fiel den Flammen zum Opfer. Der Schaden beträgt mindeſtens 2000 K. Das Feuer entſtand durch ein Kind, das auf dem Dachboden junge Katzen ſuchte und dabei ein brennendes Zünd - hölzchen wegwarf. Es iſt dies in kurzer Zeit derzweite Brand in Haidin. Die von Pervaken ver - hetzten Bauern konnten, wie dem Gr. Tagbl. ge - ſchrieben wird, auch diesmal ihre Wut der unter dem Kommando des Zugsführers Reiſinger er - ſchienenen Pettauer Feuerwehr gegenüber nicht ver - bergen. Es iſt wohl ein trauriger Kulturzuſtand, wenn die aufopfernde Feuerwehr in ihrer Rettungs - arbeit nicht nur nicht unterſtützt, ſondern geradezu behindert und bedroht wird!

Marburger Bauangelegenheiten. Antwort auf die in der Marburger Zeitung vom 27. April erſchienenen Ausführungen.

Herr F. Girſtmayr ſtellt auf meinen Artikel (Marb. Zeitung vom 20. April 1912) feſt, daß es recht bedauerlich, daß ich ſchon nach kurzer Mandatsdauer im Gemeinderate amtsmüde gewor - den ſei. Denn als Fachmann wäre ich gewiß am berufenſten geweſen, mit Verſtändnis und Energie die wichtigſten Fragen in unſerer Stadt zu beein - fluſſen und einer zufriedenſtellenden Löſung zuzu - führen. Daß Herr Girſtmayr mir Verſtändnis zu - mutet, freut mich, denn die Zahl ſeiner diesbezüglichen Geſinnungsgenoſſen iſt in Marburg eine ziemlich geringe, hingegen fand ich Anerkennung von mir mehr maßgebenden Stellen in Wien, Graz, Ofen - peſt und ſo weiter.

Nicht unerwähnt kann ich bei dieſer Gelegen - heit den Ausſpruch des Wiener Hofrates Architekten v. Wurm (ſiehe Mitteilungen der Zentralvereinigung der Architekten Öſterreichs Nr. 2, Jahrgang 5) laſſen, welcher lautet:

Auf keinem Gebiete wagt ſich der Dilettan - tismus ſo unerſchrocken heran und hat dabei ſchon ſo viel Schaden angerichtet, als auf dem der Stadt - regulierung.

Mögen ſich dieſen Ausſpruch beſonders jene Herren geſagt ſein laſſen, welche ſowohl zu der Schaffung, als auch zur Annahme des in der Ge - meinderatsſitzung vom 15. Feber 1911 zur Aus - führung beſtimmten Regulierungsprojektes des Mag - dalenenfeldes (ſiehe meinen Artikel vom 15. April, in der Marburger Zeitung vom 20. April 1912) beitrugen.

Daß ich Energie bei Löſung der wichtigen Baufragen an den Tag gelegt habe, wird nicht nur von Herrn Girſtmayr, ſondern auch von meinen Gegnern wohl zugegeben. Was nützt aber in Mar - burg Verſtändnis, was Energie, mit welchen gegen Sonderintereſſen und Ducken nach Oben nicht auf - zukommen iſt.

Im Übrigen unterläuft Herrn Girſtmayr in ſeinem Artikel ein Irrtum, ich bin nie Obmann des Bauausſchuſſes (ſoll wohl der Bauſektion heißen) geweſen und bekleidete dieſe Stelle bloß im Bau - ordnungs - und Regulierungsausſchuſſe (ſiehe meine Ausführungen vom 15. April 1912).

Herr Girſtmayr ſagt in ſeinem Artikel weiters folgendes: Wenn nun auch Menſchen, die nicht fachmänniſch gebildet ſind, Baufragen nur laienhaft beurteilen können uſw. Dennoch ergeht er ſich in abſurde Erläuterungen über regelmäßige und un - regelmäßige Verbauungen und in einer ganz und gar nicht zutreffenden Gegenüberſtellung der Be - pflanzung der kleinen Plätze bei Hotel Stadt Wien und bei den Häuſern Jartſchitz und Loncaric und beſtätigt damit, daß er tatſächlich in Baufragen nur laienhaft urteilen kann.

Herrn Girſtmayrs Bitte an den zukünftigen Gemeinderat, alles aufzubieten, um eine eigene Bau - ordnung zu erlangen, ſchließe ich mich an, was aber die Beſchaffung von Plänen für die Regu - lierung des Hauptplatzes und die architektoniſche Ausgeſtaltung dieſes und des neuen Magdalenen - platzes betrifft, ſo kann keine Stunde mehr gewartet werden.

Marburger Nachrichten.

Vom Poſtdienſte.

Der Anwärter Franz Krajnc wurde zum Poſtoffizianten der erſten Dienſtaltersklaſſe für Pragerhof ernannt.

Die Handwerkerausſtellung verſchoben.

Mit Rückſicht darauf, daß viele Ausſteller bis zum feſtgeſetzten Termin, d. i. am 1. Mai d. J. noch nicht in der Lage waren, ihre Ausſtellungsobjekte anzugeben und mit der Platzmiete im Rückſtande geblieben ſind, hat der Hauptausſchuß in ſeiner Sitzung vom 12. Mai beſchloſſen, die Ausſtellung auf das kommende Jahr zu verſchieben.

Vom Landesſchulrate.

In den zeitlichen Ruheſtand wurde verſetzt die definitive Lehrerin an der Mädchenvolksſchule in St. Marein b. E. Frl. Marie Ferlinz.

Evangeliſcher Familienabend.

Wie ſchon gemeldet, findet am Freitag in der Gambrinus - halle ein evangeliſcher Familienabend ſtatt. Außer dem bekannten Pfarrer Dr. Hegemann aus Laibach, der von der Proteſtverſammlung gegen die Borro - mäusenzyklika her in beſtem Andenken ſteht, wird Herr Vikar Lutze aus Peggau einen Vortrag über den Guſtav Adolf-Verein in Steiermark halten. Bei günſtiger Witterung findet der Familienabend im Garten ſtatt.

Sommerwärme.

Die beiden letzten Tage brachten uns eine Wärme, wie wir ſie nur im Hoch - ſommer gewohnt ſind. Sonntag nachmittags zwei Uhr zeigte das im Schatten aufgehängte Thermo - meter 27·3° C, während es geſtern um dieſelbe Zeit bis auf 31·4° C geſtiegen iſt. Dieſe für die Zeit der Eismänner gewiß ganz außergewöhnliche Wärme erinnert uns lebhaft an die Hitzwellen des letzten Sommers, deſſen heißeſter Tag, der 28. Juli mittags im Schatten 32·1° C zeigte.

Ehrenabend der Bauernrunde.

Die B[ru]nndorfer Bauernrunde erſucht uns, bekannt zu geben, daß bei ihrem Familienabend, welcher morgen (Mittwoch) abends beim Grünen Baum ſtattfindet und bei welchem dem ſteiriſchen Referenten des Deutſchen Schulvereines, Herrn Dr. Baum, wegen ſeiner Verdienſte um das deutſche Schulweſen in Brunndorf die Ehrenmitgliedsurkunde überreicht werden wird, jedermann freien Zutritt hat.

Straßeurennen Graz Marburg Graz.

Der Grazer Radfahrerverein Ausdauer 1909 veranſtaltet am Sonntag den 19. Mai l. J. bei jeder Witterung ein Straßenrennen. Der Ablauf erfolgt um 1 Uhr nachmittags in Puntigam beim Kilometerſtein 5. Wendepunkt beim Kilometerſtein 65 der Wiener Reichsſtraße in Marburg. Ziel beim Kilometerſtein 5 in Puntigam. Preiſe: fünf Ehren - preiſe. Zwei Ehrenpreiſe für Fahrer vom 35. Lebens - jahre aufwärts, falls dieſe nicht unter die erſten drei Preisträger fallen.

Prozeß Kral kontra Laval.

Am 30. d. findet die Schlußverhandlung in dem Ehrenbe - leidigungsprozeſſe Kral gegen Laval ſtatt. Laval hatte bekanntlich behauptet, daß Kral ſein Mit - ſchuldiger bei der Veruntreuung eines Sparkaſſe - büchels geweſen ſei. Die erſte Verhandlung wurde nach vierſtündiger Dauer vertagt, und zwar behufs Vorladung von Zeugen darüber, ob Kral, wie Laval während der Verhandlung behauptete, aus der Hand - werkerkaſſe und aus der Kaſſa der Genoſſenſchaft der Baugewerbe Gelder für den Arbeiterſchutz ge - nommen habe. Hinſichtlich dieſer neuen, von Laval gegen Kral erhobenen Beſchuldigungen wurden die Zeugen Kaufmann Hollicek und Architekt Friedriger geladen. Der Beginn der Schluß - verhandlung wurde auf Uhr vormittags feſt - geſetzt.

Aktivierung des Poſtamtes Bruunſee.

Am 16. d. wird in der Ortſchaft Brunnſee (Bezirk Radkersburg) ein k. k. Poſtamt eröffnet mit der Benennung Brunnſee. Dem Beſtellbezirk werden die Ortſchaften, bezw. Ortsbeſtandteile Brillinghof, Brunnſee mit dem Schloſſe gleichen Namens, Hains - dorf, Pichla, Teichmeiſter, Wieſenhiesl, Schloß Weinburg und aus dem Beſtellbezirke des Poſt - amtes Mureck die Ortſchaften, bezw. Ortsbeſtand - teile Weinburg, Stangdorf, Hartl, Hartfeld, Graben - franzl, Priebing, Riegljoſtl, Rieglmahr, Riegl - ſchuſter, Höfla, Siebing und Sixtmühle zugewieſen.

Vom Südbahndienſte.

Neu aufgenom - men wurden die Beamtenaſpiranten: Franz Müller (Lichtenwald), Albin Knobloch (Windiſch-Feiſtritz) und Vinzenz Sajowitz (Trifail). Verſetzt wurden: Jakob Cydrich, Adjunkt, von Pettau nach Cilli; Alois Uſſai, Adjunkt, von Radkersberg nach Pettau; Johann Malgaj II, Adjunkt, von Grobelno nach Mürzzuſchlag; Friedrich Oberſtein, Aſſiſtent, von Pölfing-Brunn nach Cilli; Franz Ermacora, Aſſiſtent, von Cilli nach Villach Hauptbahnhof; Ferdinand Liebiſch, Beamtenaſpirant, von Bleiburg nach Pölfing-Brunn; Joſef Prinz, Beamtenaſpirant, von Maria-Raſt nach Feiſtritz; Friedrich Puncuh, Beamtenaſpirant, von Reichenburg nach Unter - drauburg; Friedrich Riegler, Aſſiſtent, von Unter - drauburg nach Brunn-Maria-Enzersdorf; Alfred Wanek, Aſſiſtent, von Trofaiach nach Leibnitz; Ferdinand Müller, Aſſiſtent, von Leibnitz nach Bruck a. d. M.; Vilin Novak, Beamtenaſpirant, von Wildon nach Völkermarkt-Kühnsdorf.

4Marburger Zeitung Nr. 58 14. Mai 1912

Der Gewerbeverein Marburg

ladet hiermit ſeine Mitglieder zu der am Donnerstag den 16. d. M. um 3 Uhr nachmittags im weißen Saale der Brauerei Götz in Marburg ſtattfindenden gründenden Verſammlung des deutſchen Lehrherren - bundes, welche mit folgender Tagesordnung abge - halten wird, ein: 1. Wahl des Vorſitzenden und Schriftführers. 2. Berichterſtattung über den Zweck und die Aufgaben des Deutſchen Lehrherrenbundes. Berichterſtatter: Handelskammerrat Karl Mörtl, Cilli. 3. Wahl der Hauptleitung. 4. Anträge und Anregungen. Da dieſe Verſammlung für die Intereſſen des Gewerbeſtandes im Unterlande von allergrößter Bedeutung iſt, wird um zuverläſſiges Erſcheinen gebeten.

Marburger Bioſkop.

Mittwoch den 15. bis Freitag den 17. Mai gelangen die ſchon in der Voranzeige genannten Schlager, Der Untergang der Titanic und Die Gefangennahme des Apachenhäupt - lings Bonnot in Paris, unwiderruflich nur dieſe drei Tage zur Vorführung. Die Direktion gibt ſich der angenehmen Hoffnung hin, recht volle Häuſer verzeichnen zu können, da die Schlager gewiß all - gemeines Intereſſe erwecken dürften. Donnerstag vollſtändig neues Programm, Vorſtellungen wie a[n]Sonntagen. Freitag den 17. d. Highlife-Vor - ſtellung mit Konzert der Südbahn-Werkſtättenkapelle. Da die Direktion auf einen guten Beſuch hofft, ſcheute ſie keine Koſten und ſtellt für den Abend ein vollkommen neues Programm bei. Samstag wieder Programmwechſel.

Todesfall.

Am 11. d. iſt in Hochenegg bei Cilli der Gaſthaus - und Realitätenbeſitzer Johann Pötſcher im 57. Lebensjahre nach längerem Leiden geſtorben. Er war ein wackerer Volksgenoſſe.

Panorama International.

Um das große Publikum an das Panorama, dieſer groß - artigen Bildungsſtätte, die von den hervorragendſten Gelehrten beſtens empfohlen wird, mehr und mehr zu gewöhnen, hat die Unternehmung für Vereine und Korporationen Karten zu 20 Heller eingeführt, die bei den betreffenden Herren Vertrauensmännern erhältlich ſind. Dieſe Ermäßigung gilt auch für die Mitglieder des Lehrerhausvereines, Wirtſchafts - verbandes uſw. Karten ſind auch einzeln zu haben. Dieſe Woche hochintereſſant für jedermann, eine Wanderung durch Mexiko.

Volkstombola in Marburg.

Am 19. Mai am Hauptplatze. Beginn 3 Uhr nachmittags. Da der Kartenverkauf für die Tombola ein ſehr reger iſt, wird darauf aufmerkſam gemacht, daß nur eine beſchränkte Anzahl ausgegeben wird, daher es angezeigt iſt, ſich ehetunlichſt dieſelben zu beſorgen. Am Tage der Tombola findet keinerlei Preiser - mäßigung der Karten ſtatt. Verkaufsſtellen ſind vorderhand: Martinz, Platzer, Pirchan, Hollicek, Heinz, Scheidbach, Schram, Wolfram, Kokoſchinegg und Heu. Ferners folgende Trafiken: Tegetthoffſtr., Burggaſſe, Hauptplatz und Herrengaſſe. Eine Reihe neuer Verkaufsſtellen werden noch eröffnet.

E. A. Pollaks Grand Elektro-Bio - ſkop in Brunndorf.

Wie ſchon erwähnt, ge - langt Donnerstag den 16. Mai das Oberammer - gauer Paſſionsſpiel (Chriſti Leiden und Sterben, von der Geburt bis zur Himmelfahrt) zur Aufführung. Auch werden als Programmergänzung einige andere Bilder eingereiht.

Feſtgenommener Einſchleicher.

Der erſt vor 14 Tagen wegen Diebſtahl aus der Straf - haft entlaſſene Michael Scherz, 28 Jahre alt, aus Maria Raſt, ſchlich in der Nacht zum 13. d. im Gaſthofe Zur Südbahn, Tegetthoffſtraße, in ein Dachzimmer, um dort Diebſtähle zu verüben. Als er am frühen Morgen ertappt wurde, ergriff er die Flucht, konnte jedoch nach kurzer Verfolgung durch Wachleute im Hauſe 5 der Mühlgaſſe feſt - genommen werden.

Verhaftete Hühnerdiebe.

Der wiederholt wegen Hühnerdiebſtähle vorbeſtrafte 50 Jahre alte Taglöhner Andreas Sobetz aus Ragosnitz, Bezirk Marburg und der 17 Jahre alte Taglöhner Fried. Kerchlanko wurden geſtern früh von einem Wach - mann angehalten, weil ſie geſtohlenes Geflügel zum Verkaufe nach Marburg gebracht hatten. Die beiden haben in der Nacht zum 13. d. Mts. die Hühner - diebſtähle in der Umgebung von Marburg verübt.

Unglücksfall mit einem Heuwagen.

Der Knecht Franz Selak aus der Umgebung von Schleinitz fuhr am 10. d. nachmittags mit einem hochbeladenen Heuwagen gegen Marburg. Oben auf dem Wagen ſaß ein Schulmädchen, das auf dem Heimwege ins Elternhaus begriffen war undvom Knechte auf den Wagen geſetzt wurde. Da ſich der Knecht um das Kind nicht weiter kümmerte, fing dieſes zum Zeitvertreib mit einem Taſchen - meſſer zu ſpielen an, wobei es auf noch unauf - geklärte Weiſe dem Bindeſeile zu nahe kam und dasſelbe durchſchnitt. Infolge dieſer ſo plötzlich entſtandenen Lockerung der Heumaſſen gerieten dieſe vorne und rückwärts ins Gleiten. Der vordere Teil derſelben fiel auf die Pferde, die dadurch ſcheu wurden und durchgingen, während der Reſt des rückwärtigen Teiles, auf welchem auch das kleine Mädchen ſaß, herabgeſchleudert wurde und das Kind vollends begrub. Auf den Feldern arbeitende Landleute eilten raſch herbei und konnten das voll - kommen im Heu vergrabene Kind nur mit großer Mühe vom ſicheren Erſtickungstode befreien. Unter - deſſen aber raſte das Geſpann in wilder Haſt weiter. Der Wagen wurde hin - und hergeſchleudert, wobei eines der Räder desſelben an einem ſtark vor - ragenden Kilometerſtein zerſchellte und ſich daher der Wagen zur Seite neigte, wobei der Knecht Selak derart unglücklich zum Sturze kam, daß er ſich eine ſchwere Verletzung der Schädeldecke zuzog, in bewußtloſem Zuſtande aufgefunden und zurück nach Schleinitz gebracht wurde.

Ein Todesſturz vom Wagen.

Durch ein furchtbares Unglück verlor vorgeſtern ein Familien - vater ſein Leben und eine Familie ihren Ernährer. Der beim hieſigen Kaufmanne Herrn Tiſchler be - dienſtete 29jährige Franz Schalamon fuhr Sonn - tag nachmittags in einem einſpännigen kleinen Streif - wagen, auf dem zwei leere Bierfäſſer und eine Kiſte verladen waren, auf der Reichsſtraße von Leiters - berg gegen Marburg. In der Nähe des Gaſthauſes Zur Taferne ſcheute das Pferd vor einem entgegen - kommenden Automobil und galoppierte gegen die Kokoſchinegg-Allee. An der Ecke der Allee, beim Gaſt - hauſe kippte der Wagen um und Schalomon wurde mit ſolcher Wucht an die dortige Plakatierungsſäule geſchleudert, daß er einen Schädelbruch erlitt und das Gehirn herausquoll. Schalamon war ſofort tot. Seine Leiche wurde neben einem Baum auf der Erde gebettet und mit einer Kotze zugedeckt. Ein Leichenwagen der ſtädtiſchen Beſtattungsanſtalt führte den Toten dann in die Totenkammer des Stadtfriedhofes. Eine große Menſchenmenge hatte ſich an der Unglücksſtelle angeſammelt. Das Pferd neigte überhaupt, wie uns mitgeteilt wird, zum Scheuwerden. Am 8. April d. J. ſcheute es an der gleichen Stelle; damals war es vor einen Wagen geſpannt, in welchem ſich Herr und Frau Tiſchler befanden, die beide aus dem Wagen geſchleudert wurden, glücklicherweiſe ohne ſich hiebet zu verletzen. Teilweiſe ſoll an dem vorgeſtrigen Unglücke auch der Umſtand ſchuld geweſen ſein, daß die beiden Achſen des Streifwagens mit Ketten derart ver - bunden waren, daß die vordere Achſe nicht raſch genug der Kurve folgen konnte, in welche der Wagen durch das Pferd geriſſen wurde. Schalamon, der ein ſo trauriges Ende fand, hinterläßt eine Witwe mit drei unverſorgten Kindern, denen durch ein furchtbares Schickſal urplötzlich der Ernährer, der Gatte und Vater entriſſen wurde. Sie befinden ſich nun in der traurigſten Lage; hoffentlich finden ſich viele gute Marburger Herzen, welche der von einem entſetzlichen Schlage getroffenen Familie eines braven Arbeiters hilfreich unter die Arme greifen. Spenden, welche an unſere Verwaltung gelangen, wird dieſe ausweiſen.

Fahrraddiebſtahl.

Am vergangenen Sams - tag abends wurde dem Fleiſchermeiſter Blaſius Gfellmann aus dem Vorhauſe des Hauſes Bahn - hofſtraße Nr. 3 ein Fahrrad im Werte von 120 K. durch unbekannten Täter entwendet. Das Rad, ein Styriafabrikat, hat ſchwarzen Rahmenbau, ſolche Felgen mit grünen Streifen, Freilauf mit Rücktritts - bremſe, Vollſcheibe mit der Einprägung Styria, graue neue Gebirgsmäntel und mäßig gebogene Lenkſtange.

Eine Bitte an die deutſchen Aus - flügler.

Von einer völkiſch verdienſtvollen Per - ſönlichkeit in Straß wird uns geſchrieben: Der Früh - ling ſendet ſeine Boten ins Land. Auf den Bergen, in den Tälern und Ebenen erfreut ſich die Pflanzen - welt des herrlichen Gedeihens. Die Zeit der Aus - flüge iſt gekommen. Wohin ſollen wir gehen. fragt ſo manche Familie, ſo manche wanderluſtige Geſell - ſchaft. Die Beantwortung dieſer Frage ſtützt ſich zunächſt darauf, wenn irgend möglich auch bei Aus - flügen das Angenehme mit dem Nützlichen zu ver - binden. Hiezu bietet ſich für uns Deutſche und Deutſchgeſinnte die ſchönſte Gelegenheit, unſer Ziel in der Gaſtwirtſchaft Reininger in Pölitſch -dorf zwiſchen Jahring und St. Egydi aufzuſchlagen. Sowohl für die von Norden als von Süden oder Oſten kommenden iſt durch günſtige Zugsverbin - dung die Möglichkeit gegeben, in einem Nachmittag Herrn Reininger, einem Manne, der auf einer kleinen deutſchen Inſel, welche ſich nur auf ſein Beſitztum ausdehnt, umgeben von ſloweniſch-klerikalen Feinden, den gefährlichſten Verſuchungen ausgeſetzt gleich einem Fels im Meere den anſchlagenden Wellen Trotz bietet, durch eifrigen Beſuch Dank zu zollen für die treue Wacht, die dieſer unerſchrockene Kämpfer dort oben auf dem ſchönen Plateau hält. Leicht und angenehm iſt es, in der Mitte unſerer Ge - ſinnungsgenoſſen deutſch zu ſein und zu bleiben, nicht ſo auf Roſen gebetet aber dort, wo man rings - um immerwährenden Ankläffungen nationaler Feinde preisgegeben iſt. Hier wäre alſo, wie eingangs er - wähnt, dem Nützlichen gewiß gedient, wobei aber auch das Angenehme auf ſeine Rechnung kommt, da für den durch das ſchöne Jahringtal über den ſchattigen Pölitſchberg dahinziehenden Wanderer aus Küche und Keller des Herrn Reininger beſte Labung winkt. Das Gaſthaus iſt von der Station Egydi-Tunnel in 50 Minuten leicht erreichbar.

Branntweinrauſch und Meſſerſtich.

Am 12. Mai abends tranken die Taglöhner Johann Kottnik und Johann Rudarſt in der Wohnung des letzteren Branntwein. Als beide gemeinſam um viertel 10 Uhr die Wohnung verließen, trafen ſie vor dem Hauſe Uferſtraße 12 den dort wohnhaften Tele - graphenarbeiter Jakob Weſiag, welchem ſie ſeit län - gerer Zeit feindlich geſinnt ſind. Nach kurzem Wortwechſel zog Kottnik ſein Taſchenmeſſer und ver - ſetzte damit dem Weſiag einen Stich in den Kopf. Der Verletzte wurde mit dem Rettungswagen in das Allgemeine Krankenhaus überführt. Kottnik wurde verhaftet und dem Kreisgerichte eingeliefert.

Praktiſche Firmungsgeſchenke

empfiehlt das bekannte Marburger Uhrenhaus A. Kiffmann, Herrengaſſe und Tegetthoffſtraße, für welche die Beilage in der heutigen Nammer eine reiche Aus - wahl in Uhren bietet.

Frühlings-Liederabend des Marburger Männergeſaugvereines.

Am Samstag den 18. d. findet im Prunkſaale des Brauhauſes Götz ein Frühlings-Liederabend des Marburger Männer - geſangvereines unter der Leitung des Ehrenſang - wartes Herrn Rudolf Wagner und des Sang - wartes Herrn Franz Schönherr ſtatt. Muſik: Süd - bahnwerkſtattenkapelle. Bei warmen Wetter findet der Liederabend in der Brauhausveranda ſtatt.

Die heutige Nummer

der Marburger Zeitung erſcheint mit Rückſicht auf den übermorgigen Feiertag, welcher die Ausgabe der nächſten Nummer ſchon morgen nötig macht, in geringerem textlichem Umfange.

Muſikſtaatsprüfung und Ferialkurs.

Bei den eben beendeten Staatsprüfungen für das Lehramt der Muſik wurden 14 Kandidaten der Muſikſchulen Kaiſer in Wien ſtaatlich approbiert, und zwar die Damen V. blucha, Eug. Haber - mann, Ivanka Hraſt (Laibach), Herta Leiter (mit Auszeichnung , Innsbruck), Frl. H. Neuwirth, R. Polacſek (Szentes), Gert. Pollak (Pilſen), Marg. Rowensky (Reichenau); die Herren: Frater Zach. Bergler, A. Hunger, E. Neiß, Frater Gottlieb Stawars, E. Wiedfeld (London) und Heinr. Zirm (Oberrochlitz). Der 14. Ferialkurs der Muſik - ſchulen Kaiſer beginnt am 18. Juli l. J. Proſpekte durch die Kanzler, Wien, 7. Bez., Halbgaſſe 9.

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5Nr. 58, 14. Mai 1912 Marburger Zeitung

Vom Zirkus Schmidt.

Heute abends findet die letzte hieſige Vorſtellung des Zirkus Schmidt ſtatt; morgen gibt er bereits in Klagenfurt ſeine dortige Eröffnungsvorſtellung. In den letzten Tagen erregten insbeſondere die telepathiſchen Vor - führungen des Herrn Svengali beim Publikum großes Aufſehen. Einzelne Perſonen aus dem Zu - ſchauerraume übertrugen ihre Gedankenbefehle auf ihn und Svengali führte ſie in verblüffender Weiſe durch. So holte er von einer Dame, die ſich auf der Galerie befand, eine Hutnadel und brachte ſie, wie der Auftraggeber es ſich gedacht hatte, einer Dame in der erſten Reihe. Dann holte er, einem Gedanken einer anderen Perſönlichkeit folgend, ein Pferd aus dem Marſtall in die Manege uſw. Das Publikum war über die Leiſtungen Svengalis, denen es mit geſpanntem Intereſſe folgte, verblüfft.

Gaſtwirtegenoſſenſchaft Umgebung Marburg.

Am 31. Mai 1912 um 2 Uhr nach - mittags findet im Gaſthauſe des Obmannes der Genoſſenſchaft, Herrn M. Pukl in Roßwein die Generalverſammlung der Gaſtwirtegenoſſenſchaft des Bezirkes Umgebung Marburg ſtatt.

Aus dem Gerichtsſaale.

Vor dem Verwaltungsgerichtshofe

gelangte am 11. d. M. eine Beſchwerde des Herrn Anton Kaſchmann in Marburg gegen den ſteier - märkiſchen Landesausſchuß zur Verhandlung, der die Beanſtändigungen Kaſchmanns hinſichtlich eines Schupfens, den ſein Nachbar, der Anſtreichermeiſter Rudolf Holzinger in Marburg, erbaut hat, als unbegründet zurückgewieſen hatte. Kaſchmann be - hauptet, daß der Schupfen zu hoch gebaut ſei und ſich nicht in einer genügenden Entfernung von ſeinem Beſitze befinde, wodurch ſeine Rechte verletzt worden ſeien. Die Beſchwerde wurde auf Grund der vor - liegenden Sachverſtändigengutachten als im Geſetze nicht begründet abgewieſen.

Mit Brandlegung bedroht.

Am 9. April kam es zwiſchen dem 34jährigen verheirateten In - wohner Michael Sok und ſeinem Nachbar Franz Sulek in Kulmberg bei Friedau zu einer Rauferei, bei welcher Sulek mehrere Hiebe mit einer Haue erhielt. Sok, der damals betrunken war, kam nachts zum Hauſe des Sulek und äußerte Drohungen, daß er das Haus an den vier Ecken anzünden werde. Auch dem Nachbar Andreas Zoran hatte er in dieſem Sinne gedroht. Die Leute leben nun in Furcht und ſind bemüßigt, in den Nächten, wenn Sok betrunken iſt, Wache zu halten. Sok wurde zu vier Monaten ſchweren Kerker verurteilt.

Vom Bruder mit Ermordung be - droht.

Am 8. April d. J. kam der 29 jährige Johann Wutte, der derzeit ohne beſtimmte Be - ſchäftigung iſt, zu ſeinem Bruder Anton Wutte in Kreuzberg, wo er nach einem Streite mit dieſem zu exzedieren begann. Er zerſchlug eine Lampe und mehrere Fenſterſcheiben und begann ſeinen Bruder mit ſeinem gezückten Taſchenmeſſer zu be - drohen und zu verfolgen. Dem Anton Wutte gelang es, durch Flucht ſich ſeinem raſenden Bruder zu entziehen, der auch ſpäter noch drittenPerſonen gegenüber die Drohung ausſtieß, daß er ſeinen Bruder ermorden müſſe, und wenn er 6 Jahre Kerker erhalten ſollte. Dieſe Drohungen waren mit Rückſicht darauf, daß Johann Wutte als gewalttätig bekannt iſt und daß er den Anton Wutte ſchon zweimal vorher mit einem Meſſer angegriffen hatte, ſowie in der Erwägung des Um - ſtandes, daß Johann Wutte ſchon wiederholt wegen Raufhandels und einmal auch wegen Verbrechens des Totſchlages ſchon vorbeſtraft, erſcheint ſicherlich geeignet, dem Bedrohten begründete Beſorgniſſe einzuflößen. Anton Wutte geriet auch tatſächlich in Furcht und holte die Gendarmerie, die bald erſchien und den Johann Wutte feſtnehmen wollte. Seiner Feſtnahme widerſetzte ſich Johann Wutte durch gewaltſame Handanlegung und gefährliche Drohung, indem er mit den Händen herumſchlug, ſich auf die Gendarmen Mathias Kerznar und Bernhard Supanc zu ſtürzen drohte und ſie zu ſchlagen verſuchte. Er konnte erſt gefeſſelt werden, nachdem Tit. Poſtenführer Mathias Kerznar von ſeiner Waffe Gebrauch gemacht und dem Be - ſchuldigten einen Stich in den linken Oberſchenkel verſetzt hatte. Wutte verantwortete ſich bei der heutigen Verhandlung mit Volltrunkenheit. Der Gerichtshof verurteilte ihn heute zu dreizehn Mo - naten ſchweren Kerkers.

Schaubühne.

Wohltätigkeitsvorſtellung zu Gunſten der Kernſtockſchule in Pößnitz.

Es war ein wohltuender Anblick, zu ſehen, eine wie große Zahl völkiſch Geſinnter dem Rufe unſeres Abgeordneten Waſtian gefolgt waren und das Theater füllten.

Herr Raimund Grabner, der artiſtiſche Leiter des Enſembles Grazer Volksſchauſpieler, das ſich in dankenswerter Weiſe in den Dienſt der guten Sache geſtellt hatte, trug den ſchönen Prolog Kernſtocks vor, der in herrlichen Worten den Wert und die Bedeutung der deutſchen Schule würdigte.

An die Aufführung ſelbſt darf man allerdings den Maßſtäb ſtrenger Kritik nicht anlegen und man muß noch vielfach den guten Willen für das Werknehmen. Immerhin aber war brav gelernt und das Zuſammenſpiel machte dem ernſten Geiſt des jungen Enſembles alle Ehre. Herr, Geza Kriſch gab ſeinem Pfarrer Hell ganz ſympathiſche Züge, iſt aber in die ſeeliſche Tragik dieſer Geſtalt noch nicht einge - drungen. Desgleichen vergriff ſich Herr Mahr als Wurzelſepp anfangs im Ton, indem er dem ver - bitterten Menſchenverächter, dem Wurzelſepp, zu viel von mildem Humor beilegte. Doch verſteht er gut zu ſpielen. Gute Volksgeſtalten boten die Damen Lina Schmidt (Brigitte), Mizi Markhl (Anna), die nur ihrer heimlichen Liebe noch beſſer Ausdruck zu geben ſich bemühen muß, Mizi Lichtner (das Weib des Wirtes), der wir ſehr natürliches Spiel nach - rühmen müſſen, und die Herren Egon Renner (Michel Berndorfer), Otto Kühn (Talmüller-Loisl). Herr Ludwig Korb als Schulmeiſter verfiel in den Fehler, den die meiſten Darſteller dieſer Rolle machen, Auch er unterſtrich die Komik dieſer Figur, ſtatt durch Ernſt ihre unfreiwillige Komik hervortreten zu laſſen. Aber: Kein Meiſter fällt vom Himmel und ernſtes Streben kann auch auch aus dieſem Enſemble noch eines von künſtleriſcher Bedeutung machen. Wir Grenzdeutſchen wollen allen Darſtellern jedenfalls dankbar ſein, daß ſie ihr Scherflein zum Ausbaue unſerer Grenzwälle beigetragen haben. In.

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Beobachtungen an der Wetterwarte der Landes-Obſt - und Weinbauſchule in Marburg von Montag den 6. bis einſchließlich Sonntag den 12. Mai 1912

TagLuſtdruck-Tagsm. ( red. Baromet.)Temperatur u. CelſtusBewölkung, TagesmittelNiederſchläge m / mBemer - kungen
7 Uhr früh2 Uhr mittags9 Uhr abendsTagesmittelHöchſteNiederſte
in der Luftam Bodenin der Luftam Boden
Montag741.810.116.310.212.217.924.57.03.350.5Regen
Dienstag742.911 219 212.214.220.229.57 42.484.6
Mittwoch742 011.613 712.812.716 818.610.27.083.8
Donnerst.744.110.815 111.412.416.024.110.58.171.5
Freitag738.111.417.214.614.418.424.710.05.770.5
Samstag736.511.620.115.015.622.228 510.26 08·
Sonntag737.415 227 319.420.628.834.310 35.61·
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6Marburger Zeitung Nr. 58, 14. Mai 1911
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7Nr. 58, 14. Mai 1912 Marburger Zeitung
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8Marburger Zeitung Nr. 58, 14. Mai 1912
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9Nr. 58, 14. Mai 1912 Marburger Zeitung
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10Marburger Zeitung Nr. 58, 14. Mai 1912
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Verantwortlicher Schriftleiter Norbert Jahn. Druck, Herausgabe und Verlag von Leop. Kralik in Marburg

About this transcription

TextNr. 58, 14.05.1912.
Author[unknown]
Extent10 images; 7543 tokens; 3109 types; 56104 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 58, 14.05.1912. . KralikMarburg1912. Marburger Zeitung

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IDS Mannheim

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LanguageGerman
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Editorial principles

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