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Marburger Beitung.

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Nr. 96 Dienstag, 12. Auguſt 1902 41. Jahrgang.

Zur Hauptverſammlung des Bundes der Deutſchen in Böhmen.

Sonntag, den 17. Erntings hält der Bund der Deutſchen in Böhmen ſeine diesjährige ordent - liche Hauptverſammlung in Schluckenau ab, wie ſchon mitgeteilt wurde. Wichtige Beratungsgegen - ſtände liegen vor, die hoffentlich alle zu Nutz und Frommen Deutſchböhmens einer gedeihlichen Löſung zugeführt werden. So hören wir, daß von einer Anzahl von Ortsgruppen der Antrag eingebracht worden ſei, die Hauptleitung nach Deutſchböhmen heraus zu verlegen, einen Antrag, den wir aus mannigfachen Gründen aufrichtig begrüßen würden. Ferner würde in der Hauptverſammlung darauf hingewieſen werden, daß die Mitteilungen der Bundesleitung künftig nicht mehr im Prager D. Volksboten , ſondern in eigens von der Haupt - leitung herausgegebenen Bundesnachrichten, wie ſie zum Beiſpiele beim Bunde der Deutſchen Nord - mährens durchgeführt wurden, erſcheinen mögen.

Auch das halten wir für ſehr wünſchenswert. Nun haben wir aber gehört, daß der Herausgeber des Deutſchen Volksboten , Herr Kießlich, ent - ſchloſſen wäre, auf die ihm vom Bunde zuge - ſprochenen 200 oder 300 fl., die er für die Auf - nahme von Bundesmitteilungen erhielt, zu verzich - ten und die Verlautbarungen der Bundesleitung unter allen Umſtänden in ſeinem Blatte, die ſon - ſtigen Bundesnachrichten nach Maßgabe des Raumes umſonſt zu veröffentlichen. Auf dieſe Weiſe ſoll die Herausgabe beſonderer Bundesmitteilungen vermieden werden und andererſeits ſoll dadurch ſein Blatt (ein Organ der Wolf’ſchen Richtung) dem Bunde gegenüber gewiſſermaßen außer Obligo kommen; man würde es nicht mehr Bundeszeitung nennen können. Die guten Abſichten, welche Herrn Kießlich hiebei leiten mögen, in Ehren, aber wir glauben, daß Letzteres durch die Einſtellung einer Entſchädigung nicht erreicht werden würde. Denn ſobald im Deutſchen Volksboten die Kundge - bungen der Hauptleitung u. ſ. w. erſcheinen, gilt das Prager Blatt ſo oder ſo doch für das Bun -desorgan. Welche Mißlichkeiten in unſeren jetzigen Zeiten aber daraus zu entſtehen drohen, wenn der Bund der Deutſchen in Böhmen , ob mit Recht oder Unrecht, verquickt werden ſollte mit der Zeitung eines ſehr ausgeſprochenen Politikers, liegt klar auf der Hand. Wir ſind demnach der Meinung, daß die Radikalkur auch in dieſem Falle das Beſſere wäre. Noch zwei Anregungen möchten wir geben. Herr Anton Kißlich wird je - denfalls wieder als erſter Obmannſtellvertreter der Bundesleitung in Vorſchlag gebracht werden. Und das dürfte ruhig und objektiv berichtet für die Bundesſache von Vorteil ſein. Wir bitten die alldeutſche Preſſe Böhmens, unſere Gründe vorur - teilslos zu prüfen. Herr Anton Kießlich hat ſich gewiß, das wird von keinem Kenner der Verhält - niſſe in Abrede geſtellt werden können, um die Gründung, Erhaltung und Förderung des Bundes große Verdienſte erworben. Die ſeien auch nicht im geringſten angetaſtet. Aber, wann es gilt, das Wohl und Wehe einer ſo unendlich wichtigen nationalen Einrichtung, wie es der Bund der Deutſchen in Böhmen iſt, zu be - raten, dann müſſen alle Sentimentalitäten, alle achtbaren Dankesrückſichten zurücktreten vor der Erkenntnis des Notwendigen. Herr Anton Kießlich iſt, wie ſchon geſagt, ein ausgeſprochener Parteimann, ja ein leidenſchaftlicher Verfechter Wolf’ſcher Politik, die gerade jetzt wenn wir ſo ſagen dürfen ſich in Unterſuchung befindet.

Es kann nicht unſere Sache ſein, in einem Aufſatze, der der Bundestagung gewidmet iſt, über Wolfs Perſon ein Urteil abzugeben, wenn für uns und alle Eingeweihten auch die diesbezüglichen Akten ſeit Monaten geſchloſſen ſind.

Aber wer an der Spitze des Bundes der Deutſchen in Böhmen ſteht, der darf, wenn der Bund nicht ſchweren Schaden leiden ſoll, keinesfalls die Wolf’ſche Angelegenheit in einer derartigen Weiſe vertreten, wie Kießlich es getan. Wir ſind natürlich auch der Ueberzeugung, daß, wie die Dinge heute ſtehen, ein unbedingter Schönerianer nicht der richtige Mann wäre, den Bund zu leiten, da dann wieder die unbedingten Wolfianer ſichzurückziehen möchten. Herrn Anton Kießlichs ein - ſeitiger Standpunkt führte ihn zu den gewagteſten Behauptungen in ſeiner Zeitung. Wir fügen hier gleich bei, daß wichtige politiſche Aufſätze ſelbſt - verſtändlich niemals ohne Wiſſen und Zuſtimmung des verantwortlichen Schriftleiters und das iſt Herr Kießlich zum Abdrucke gelangen können. Alſo trägt dieſer auch der Leſerwelt gegenüber die volle Verantwortung. Eines ſchönen Tages laſen wir im Volksboten , laſen wieder und ließen endlich das Blatt vor Erſtaunen fallen. Es wurde nämlich beiläufig geſagt, daß es Wolf in ſeiner Volksführerſchaft keinen Abbruch tuen könnte, ſelbſt wenn ihm nachgewieſen würde, daß er ein .... Raubmörder (!) ſei, immer müſſe man ihn als verdienten Volksmann gelten laſſen. Das iſt ein ſehr ſtarker Tabak. Wir können es verſtehen, daß ein Spitzbube und Schurke, wenn er ſonſt ein genialer Kopf wäre und ſich aufopferungsvoll bewieſen hätte, an der Spitze einer Räuber - oder Zigeunerbande bleiben könnte; aber daß ein über - wieſener Gauner auch noch irgend eine Rolle in einer deutſchen Volksbewegung zu ſpielen in der Lage wäre, das geht über unſeren ſittlichen Horizont hinaus. Herr Anton Kießlich hat hiemit einer gefährlichen Uebermoral das Wort geſprochen, die ſelbſt der große Nietzſche in ſeinen krankhafteſten Stunden nicht als Mittel zur Volksgeſundung empfohlen hätte.

Der Bund der Deutſchen in Böhmen , der durch Herrn Kießlich mitvertreten wird, muß vor allem vor einer ſo ungeſunden Moral geſchützt werden. Von Bundesleuten dürfen wir vielmehr erwarten, daß ſie verkünden: Wer ſich private und öffentliche Lumpereien zu ſchul - den kommen hat laſſen und deren über - führt wurde, der wird unbarmherzig aus der Liſte unſerer verdienten deut - ſchen Männer geſtrichen!

Eine Walhalla für geniale Spitzbuben darf in Deutſchböhmen nicht erbaut werden. Wir glauben dadurch hinlänglich dargetan zu haben, daß Herr Anton Kießlich an der Spitze unſeres Bundes nicht bleiben könne. Noch ein Herr

31. Fortſetzung.In Feſſeln der Schuld.

Nachdruck verboten

Die halbe Stunde, auf die ſie ihren Spaziergang geſchätzt hatte, war noch nicht vorüber, als Maud zurück - kehrte. Auch die kalte Winterluft hatte ſeltſamerweiſe heute ihre Wangen nicht zu röten vermocht und in ihren Augen war noch immer dasſelbe unruhige, fieber - hafte Flimmern. Aber in auffallendem Gegenſatz zu dieſen Anzeichen körperlichen oder ſeeliſchen Unbehagens legte ſie in Worten und Gebahren eine beinahe ausge - laſſene Luſtigkeit, eine faſt kindliche Freude auf das bevorſtehende Vergnügen an den Tag.

Da man möglichſt frühzeitig bei dem Feſte erſcheinen wollte, hatten die Schweſtern kaum noch eine Stunde, um ſich anzukleiden. Und ſie waren dabei ganz auf ihre gegenſeitige Hilfe angewieſen, da die Kammerjungfer, das einzige weibliche Weſen im Dienſtperſonal, das ſich auf ſolche Handreichungen verſtand, von der Frau Ge - heimrat in Anſpruch genommen wurde. Maud aber ſchien das keineswegs als eine Unbequemlichkeit zu empfinden. Sie beſtand darauf, daß Erika ſich zuerſt ankleide, und ſie leiſtete ihr mit bewunderungswürdiger Geſchicklichkeit alle kleinen Dienſte einer Zofe, wie auch die Schweſter ſich dagegen ſträuben mochte, ſie von ihr anzunehmen.

Ein wohlgeſchulter Haarkünſtler hätte Erikas feines Köpfchen nicht zierlicher und gefälliger friſiren können, als es ihre flinken Finger thaten, und als ſie ihr zuletztauch noch behilflich geweſen war, den Domino anzu - legen; der in ſeiner reichen Ausführung ein ganz prächtiges Ballkoſtüm abgab, durfte ſie mit ihrem Werke in der That vollauf zufrieden ſein.

Sagte ich es nicht, daß ich etwas Allerliebſtes aus Dir machen würde? frohlockte ſie, indem ſie die Geſchmückte, die am Ende geduldig Alles mit ſich hatte geſchehen laſſen, vor den hohen Ankleideſpiegel ſtellte. Ich wette, unter der ganzen Geſellſchaft iſt Keine, die reizender ausſieht als Du.

Erika zwang ſich zu einem Lächeln, um nicht undankbar zu ſcheinen, und um ihr nicht die Freude zu verderben.

Du haſt Dir viel zu viel Mühe mit mir gegeben, Maud, und haſt dabei mehr als die Hälfte unſerer knapp bemeſſenen Zeit verſchwendet. Komm, laſſe mich nun auch Dir behilflich ſein, ſo gut ich es vermag.

Aber die Andere wehrte lachend ab.

In Deinem Staat? Was fällt Dir ein, Schatz! Und ich mache mir das Alles auch viel beſſer allein.

Wirklich hatte ſie in weniger als einer Viertel - ſtunde ihr Haar geordnet, und da die Friſur genau dieſelbe war wie die Erikas, ſahen ſich die beiden Schweſtern viel ähnlicher, als es ſonſt der Fall war. Eben wollte Maud ihr Kleid herabſtreifen, als ſie ſich beſann, daß ihr noch etwas fehlte.

Wir haben kein heißes Waſſer mehr, ſagte ſie und es iſt wohl am beſten, wenn ich es mir ſelbſt aus der Küche heraufhole. Die Dienſtboten ſind ein bischen langſam hier im Hauſe. Die Gutmütigkeit der Frau Geheimrat hat ſie zu ſehr verwöhnt.

Sie ſchlüpfte aus dem Zimmer und eilte die Treppe hinab. Aber ſie ging nicht geradewegs in die Küche, ſondern wandte ſich dem hinteren Gartenausgange der Villa zu. In einer Ecke des dahin führenden Ganges hatte Sultan, der treue Wächter des Hauſes, ſeine Lagerſtätte, die er allabendlich mit der Pünktlichkeit eines militäriſchen Poſtens einnahm, immer bereit, auch dem leiſeſten fremdartigen Geräuſch nachzugehen, das von irgendwoher ſeinen Argwohn erregt hatte.

Leiſe rief Maud den Namen des Hundes, und in großen, freudigen Sätzen kam der prächtige Bernhar - diner auf ſie zu. Liebkoſend ſtreichelte ihre ſchmale Linke über ſein glänzendes, ſeidenweiches Haar, während ſie mit der Rechten ein ſorglich in Papier geſchlagenes, winziges Päckchen aus der Taſche zog. Einige zuſammen - gerollte Fleiſchſchnitte waren darin, und einzeln reichte ſie ſie unter ſchmeichelnden Worten dem Hunde, der mit leuchtenden Augen die Leckerbiſſen gierig ver - ſchlang.

Armes Tier! flüſterte ſie dann mitleidig, indem ſie ſich zu ihm herabneigte und ihre Wange für einen Moment zärtlich an ſeinen ſchönen Kopf ſchmiegte. Es thut mir leid um Dich, aber es durfte nicht anders ſein.

Schweifwedelnd blickte ihr Sultan nach, um dann ſein Lager wieder aufzuſuchen. Maud aber kehrte mit dem aus der Küche geholten heißen Waſſer ſo ausgelaſſen heiter zu Erika zurück, daß dieſe wahrlich nicht auf die Vermutung kommen konnte, ihre lieb - reizende ſtrahlende Schweſter habe ſoeben das argloſe Vertrauen eines unſchuldigen Geſchöpfes benutzt, um ihm tückiſch und unbarmherzig den Tod zu geben.

2Marburger Zeitung Nr. 96, 12. Auguſt 1902.

wird wieder für die Bundesleitung kandidiert werden, der ebenfalls wenn auch aus anderen Gründen nicht hineinpaßt. Das iſt der der - zeitige Abgeordnete Dr. Tſchan. Abg. Dr. Tſchan gilt in ſeiner engeren Heimat als Güter - ſchlächter und, was noch trauriger iſt. Herr Abg. Dr. Tſchan iſt dieſen, für einen deutſch - nationalen Abgeordneten furchtbaren Anſchuldigungen nicht beweiskräftig entgegengetreten. Wir brauchen nicht viel Worte weiter über dieſen Gegenſtand zu verlieren. Herr Abg. Dr. Tſchan, der geweſene Geſchäfts - genoſſe des jüdiſchen Güterparzellieres Bermeiſer, kann unter keinen Umſtänden den Ehrenplatz in der Bundesleitung einnehmen. Wir erwarten von der Einſicht ſowohl Herrn Kießlichs als Herrn Dr. Tſchans, daß ſie ſich durch niemanden bewegen laſſen werden, die ihnen wahrſcheinlich angebotenen Bundesleitungsſtellen zu übernehmen. An ihrerſtatt würden wir mit gutem Gewiſſen die Herren Dr. Männl aus Leitmeritz und Dr. Titta aus Trebnitz vorſchlagen. Beide ſind tüchtige, erprobte, deutſche Männer und, was hier ſtark in Betracht kommt weder im Schönerianiſchen noch im Wolſ’ſchen Sinne hervorgetreten.

Zum Schluſſe dieſer Betrachtungen möchten wir noch den Wunſch ausſprechen, daß Herr Ab - geordneter Dr. Karl Schücker nach wie vor die Oberleitung des Bundes beibehalte. Wenn auch Herr Abg. Dr. K. Schücker einer konſervativeren Partei angehört, als die Mehrzahl der Bundes - mitglieder, ſo hat er ſich doch immer als warmer und opferfreudiger Freund der herrlichen Bundes - ſache erwieſen. Und Herr Abgeordneter Dr. Karl Schücker iſt ein tadellos ehrenhafter deutſcher Mann, in deſſen reinen Händen das Banner und Wappen des Bundes der Deutſchen in Böhmen am beſten gewahrt iſt. Hermann Böhm.

Politiſche Amſchau.

Inland.

Ein Stimmungsbild aus Oſt-Galizien.

Es iſt eine Tatſache, ſchreibt ein hervor - ragender rutheniſcher Abgeordneter, daß die Arbeitslöhne in Galizien ſehr niedrig und einer Erhöhung bedürftig ſind. Zu dieſem Uebel geſellt ſich aber auch noch die Ausbeutung und der Schwindel bei der Auszahlung der Löhne, die gewöhnlich durch die Dorfſchenke erfolgt, wobei die Arbeiter auf dieſe Art um einen beträchtlichen Teil des ihnen gebührenden Lohnes kommen. Schließlich muß man auch der Behandlung des Arbeiters, ja ſogar des beſitzenden Bauern vonſeite mancher Gutsherren oder Gutspächter, insbeſondere aber einzelner Qekonomie-Verwalter, welche noch immer von den Traditionen der Aera der Frohn - arbeiten durchdrungen ſind, Erwähnung tun.

Dieſe unwürdige Behandlung des rutheniſchen Bauern, welche auch ein bedeutender Teil der galiziſchen Beamtenſchaft, insbeſondere bei den politiſchen Behörden, nicht los werden kann, trägt ſehr viel zur Erregung des in ſeinem Selbſtbewußt -ſein bedeutend fortgeſchrittenen rutheniſchen Volkes bei. Dieſe Umſtände gaben den Anlaß dazu, daß die Feldarbeiter die Erhöhung der Löhne verlangten und in den Ausſtand traten. Es iſt nicht minder eine Tatſache, daß nicht nur rutheniſche, ſondern auch polniſche Bauern hiebei ſolidariſch vor - gingen, daß dieſelben faſt ausnahmslos in ruhiger und würdiger Weiſe ihre Wünſche vorbrachten, und daß es nur dort, wo die ruhig beratenden Bauern gewaltſam auseinander getrieben oder von Gen - darmen mit Kolbenſtößen zur Aufnahme der Arbeit angetrieben wurden, oder wo der Gutsherr oder Pächter ihnen in unwürdiger Weiſe entgegentrat. hie und da zu Ausſchreitungen gekommen iſt. Daß aber geſengt und geplündert wurde, daß Leben und Eigentum der Gutsherren bedroht worden wäre, kann durch Tatſachen nicht erhärtet werden.

Ebenſo entbehrt die Behauptung einer Be - gründung, daß rutheniſche Bauern mit Senſen und geſchliffenen Meſſern wie toll auf die Gutshöfe ſtürmten. Es wurde z. B. die maſſenhafte An - ſammlung der Bauern ungefähr tauſend Menſchen in Zeleny Kut im Bezirke Huſiatyn in den polniſchen Blättern als ein Ueberfall des Guts - hofes hinauspoſaunt; die Wahrheit iſt aber, daß dort nur ein Gendarm zugegen war und weder dieſem, noch dem Gutsherrn ein Haar gekrümmt wurde. Ebenſo iſt es unrichtig, daß Branntwein - boutiquen kurz und klein geſchlagen wurden, um den Schnaps aus den Fäſſern in vollen Zügen zu ſchlürfen. Tatſache iſt es dagegen, daß in vielen Dörfern der Boykott gegen Dorfſchenken beſchloſſen wurde, daß die Trunkſucht in Oſtgalizien dank dem Eifer der rutheniſchen Geiſtlichkeit bedeutend abgenommen hat, und daß profeſſionelle Trunkenbolde zu den ſeltenen Ausnahmen gehören. Ein rutheniſcher Pfarrer wurde übrigens vom Bezirkshauptmanne in Tarnopol für die Ermahnung zur Enthaltſamkeit vom Schnaps zu einer Strafe von 100 Kronen verurteilt! In manchen Ortſchaften, wo die Gutsherren unbedingt auf der Aufrechthaltung der bisherigen Hungerlöhne beſtanden und Gendarmerie oder Militär requierierten, um entweder die Arbeiter zur Aufnahme der Arbeit zu zwingen oder durch Herbeiziehung fremder Arbeiter den einheimiſchen den Verdienſt zu entziehen, iſt es allerdings zu Ausſchreitungen gekommen, bei denen vonſeite der Intervenierenden Mangel an Takt bekundet wurde. Der Agitation. Unwiſſenheit und Trunkenheit alles dies zuzuſchreiben, geht nicht an.

Die Zuſtände in Galizien ſind un - haltbar geworden, und es wäre an der Zeit, daß die maßgebenden Kreiſe dieſelben mit eigenen Augen anſehen und prüften, nicht aber durch das Prisma gefärbter, tendenziöſer Berichte beurteilten; es iſt auch höchſte Zeit, daß in dieſem Lande wirklich europäiſch regiert werde, und dies liegt nicht im Intereſſe des rutheniſchen Volkes, ſondern zu - nächſt im Intereſſe Oeſterreichs.

Liberale Fluß - und Diätenregulierung.

Ein Beitrag zum liberalen Verwaltungs - ratsproblem. Eine ſehr kennzeichnende Tatſache hat ſich bei den Verhandlungen über die Fluß -regulierung ergeben. Darnach wird eine eigene Regulierungskommiſſion zuſammentreten, deren vor - ausſichtlich einziges deutſches Mitglied der be - rühmte Dr. Schreiner ſein dürfte. Es iſt nämlich gar nicht daran zu zweifeln, daß ſich derſelbe infolge ſeiner großen Beſcheidenheit trotz des Mangels fachmänniſcher Kenntniſſe von der deutſchen Sektion des Landeskulturrates in dieſe Regulierungs - kommiſſion wählen läßt. Aus den Erläuterungs - berichten des Vortrages iſt nun zu entnehmen geweſen, daß von der ganzen zum größeren Teile deutſchen Radbuſa nur der Teil reguliert werden ſoll, welcher jene gemiſchtſprachige Strecke durchfließt, in welcher 4 oder 5 Kohlenwerke gelegen ſind, denen dieſe Flußregulierung ganz beſonders auf den Leib geſchrieben zu ſein ſcheint. Dieſe Kohlenwerke gehören aber zufällig jener Geſellſchaft, deren Mitglied, beſoldeter Verwaltungsrat der biedere Dr. Schreiner iſt, von der Mies, dem Hauptfluß des Schreiner’ſchen Wahlbezirkes ſoll aber nur ein kleines Stückchen bei Pilſen (im Tſchechiſchen) reguliert werden, im Uebrigen wird die Mies nicht angerührt. Das iſt alſo die bisherige Tätigkeit dieſes wackeren Ab - geordneten für ſeine Wähler einerſeits, für ſeine Kohlen andrerſeits, denn er war bisher der einzige Deutſche, welcher vor der Verfaſſung der Geſetz - vorlage den maßgebenden Vorberatungen beigezogen war. Inwieweit durch ſeine Bemühungen für dieſe Kohlenwerke den landwirtſchaftlichen Intereſſen gedient wird, welche der Präſident des deutſchen Landeskulturrates doch vor allem vertreten ſoll, überlaſſen wir getroſt der Beurteilung jener, welche einſt in Bewunderung für den liberalen Tanz ums goldene Kalb verſunken ſind.

Derſelbe Dr. Schreiner glaubte ſich bei der Beratung über die Flußregulierungen beſonders wichtig machen zu müſſen und brachte zum Hohn und Gelächter der geſammten Fachkreiſe einen An - trag ein, mit der Forderung, daß die Plätze für die künftige Talſperre des Böhmerwaldes derart gewählt werden ſollen, daß hiezu möglichſt wenig (!) Grundfläche in Beſchlag gelegt werde. Wer die Grundſätze für den Bau von Talſperren kennt, kann da getroſt behaupten, daß ein größerer Unſinn und eine größere Unkenntnis noch ſelten mit ſo ſelbſtbewußter Anmaßung angebracht worden iſt. Da es Zweck der Talſperre iſt, recht viel Nieder - ſchlagwaſſer zurückzuhalten, ſo daß einerſeits die Hochwäſſer gemildert, anderſeits aber durch recht - zeitiges Ablaſſen dieſer unſchädlich gemachten Menge die Niederwäſſer gehoben werden, ſo kann doch nur jene Stelle für die Talſperre die richtige ſein, wo mit einer möglichſt kurzen und niedrigen Mauer eine möglichſt große Fläche unter Stau ge - ſetzt wird. Der berichtigte Vielſprecher und All - wiſſer hat ſomit einen glänzenden Nachweis in Form eines gedruckten Geſetzantrages für ſeine Unfähigkeit zur Mitberatung in dieſen wichtigen Flußregulierungsfragen gebracht. Es iſt dies ein Hauptſtück der liberalen Partei.

Dreizehntes Kapitel.

Gegen vier Uhr nachmittags war Stefan Foga - raſſy mit dem Berliner Expreßzuge in der Univerſitäts - ſtadt angekommen, und ſchon zwei Stunden ſpäter hatte er die volle Gewißheit erlangt, daß die guten Ratſchläge ſeines neuen Freundes Paolo Avolo ihn wirklich auf die rechte Fährte geleitet.

Er wußte, daß die, welche er ſuchte, ſich als Fräulein Maud Hohenſtein im Hauſe der Frau Geheim - rat Mangold befand, und daß er nur noch ein paar Tauſend Schritte zurückzulegen brauchte, um ſie endlich wiederzuſehen. Aber er wußte auch, daß ſie ihm jetzt nicht wieder entſchlüpfen konnte und daß er ſich des - halb Zeit laſſen durfte, ſeine Handlungen wohl zu überlegen. Signor Avolo, der noch am erſten Tage ihrer Bekanntſchaft ſein Vertrauter geworden war, hatte ihn eindringlich davor gewarnt, der ſchönen Madame Carpeaux etwa ganz unerwartet gegenüber zu treten.

Sie iſt keine von denen, die durch das Bewußt - ſein einer Schuld demütiger und gefügiger werden , hatte er geſagt, und wenn ſie Deiner ganz unvor - bereitet anſichtig würde, mein guter Fogaraſſy, ſo iſt tauſend gegen eins zu wetten, daß ſie Dir gerade um des von ihr begangenen Unrechts willen einen nicht ſehr freundlichen Empfang bereiten würde. Mit all zu großem Ungeſtüm kannſt Du Dir da leicht Alles verderben, und am Ende findeſt Du ſie nur wieder, um ſie erſt recht für immer zu verlieren.

Bis zu welcher Siedehitze auch die Spannung dieſer letzten Tage des Forſchens und Suchens die Leiden -ſchaft des jungen Malers geſteigert haben mochte, ſo viel Verſtandesklarheit hatte er ſich doch noch bewahrt, um der Warnung des menſchenkundigen Akrobaten eingedenk zu bleiben, und um ihre Berechtigung einzu - ſehen. Und wie ſchwer es ihm auch fiel, ſeine brennende Ungeduld zu zügeln, faßte er doch den Entſchluß, nicht ohne Weiteres vor die wiedergefundene Geliebte hinzu - treten, ſondern ihr zunächſt zu ſchreiben, damit ſie noch vor dem Wiederſehen über ſeine Geſinnung wie über ſeine auf ihr gemeinſames Glück gerichteten Zukunfts - abſichten völlig im Klaren ſei.

Eines freilich konnte er ſich nicht verſagen. Wenn er ſie ſelbſt heute noch nicht ſehen durfte, ſo wollte er wenigſtens die Stätte ſehen, wo ſie weilte, das Haus, hinter deſſen Mauern ſie ſich vor ihm hatte verbergen wollen, um vielleicht vor Sehnſucht nach ihm zu vergehen.

Mit hochgeſchlagenem Mantelkragen und tief in die Stirn hinabgezogenem Hute machte er ſich auf den Weg nach der Mangoldſchen Villa, deren Lage er ſich genau hatte bezeichnen laſſen. Wohl zehnmal ging er an der gegenüberliegenden Seite der Straße auf und nieder, um ſich das Aeußere des Gebäudes bis in die kleinſten Einzelheiten einzuprägen, und mit den glühendſten Farben malte er ſich dabei die Seligkeiten der Stunde aus, die er morgen unter dem Dache dieſes Hauſes verleben würde.

Seine Hoffnung, daß der Zufall gnädig genug ſein möchte, ihn ſchon heute das ſüße Antlitz der Ge - liebten oder ihre holde Geſtalt erſpähen zu laſſen, erfüllte ſich allerdings nicht. Und obwohl es ihm nichtleicht wurde, ſich von dem Anblick ihrer jetzigen Wohn - ſtätte loszureißen, mußte er doch endlich nach dem Hotel zurückkehren, wenn es nicht zu ſpät werden ſollte, ihr den Brief, den er zu ſchreiben beabſichtigte, noch heute zu überſenden.

Ach, es war eine ſchwere Aufgabe, die er ſich da geſtellt hatte. Wie ſollte er in knappe Sätze und auf wenige Seiten zuſammendrängen, was an leiden - ſchaftlichen Empfindungen und ſehnſüchtigen Wünſchen ſeine Seele erfüllte! Und wie ſollte er ihr zu erkennen geben, daß er in den Beſitz ihres Geheimniſſes gelangt ſei, ohne ihr wehe zu thun und ohne ſie zu beſchämen! Denn ſie ſollte ja nicht glauben, daß er gekommen ſei, um den großmütig Verzeihenden zu ſpielen! Sie ſollte ihn vielmehr ſchon in dem Briefe, der ihr ſein Erſcheinen ankündigte, als das ſehen, was er wirklich war: als den demütig Flehenden und Werbenden, der dankbar den Saum ihres Gewandes küſſen würde, wenn ſie ihm die Erlaubnis gewährte, ihre verhaßten Feſſeln zu brechen.

(Fortſetzung folgt.

3Nr. 96, 12. Auguſt 1902. Marburger Zeitung

Ausland.

Bennigſen

Der am 7. Auguſt auf dem Gute Bennigſen erfolgte Tod des ehemaligen Ober-Präſidenten der Provinz Hannover, des um das deutſche Vaterland hochverdienten Politikers, Staatsmannes, Parla - mentariers, Parteiführers und Patrioten Dr. Rudolf v. Bennigſen, iſt weiteren Kreiſen durchaus unerwartet gekommen. Wie inzwiſchen bekannt ge - worden iſt, litt der nun Verewigte in jüngſter Zeit an einer ſtarken Magenverſtimmung und war deshalb bettlägerig. Außerdem hatte er ſich an einer Wärmflaſche das Bein verletzt, und dieſe anfänglich nicht beachtete Wunde verſchlimmte ſich raſch; man vermutet, daß ſchließlich Blutvergiftung hinzutrat, durch welche auch der Tod herbeigeführt worden ſein dürfte. Rudolf v. Bennigſen hat namentlich am Werdegange des neuen Deutſchen Reiches hervor - ragenden Anteil gehabt, als er den deutſchen Volksverein gründete und an deſſen Spitze unter den mannigfachſten Anfechtungen ſchon damals für den Reichs - und Kaiſergedanken hingebend und unermüdlich wirkte. Im Jahre des deutſchen Bruder - krieges 1866 gründete er die nationalliberale Partei, deren politiſcher und parlamentariſcher Führer Benningſen dann lange Jahre blieb, in dieſer Stellung einen bedeutenden Einfluß auf das politiſche Leben in Deutſchland ausübend. 1870 nahm er im Hauptquartier zu Verſailles hervorragenden Anteil an den Verhandlungen mit den ſüdeutſchen Staaten. Nach der Wiederaufrichtung des Reiches aber war er in allen nationalen Fragen ein ſelbſtloſer Gehilfe Bismarck’s, und ſelbſt tiefgehende Differenzen mit dem Kanzler vermochten ihn in ſeinem freudigen patriotiſchen Wirken nicht zu beirren. Im Sonſtigen war Rudolf v. Bennigſen ein erprobter langjähriger Leiter der parlamentariſchen Verhandlungen des preußiſchen Abgeordnetenhauſes und des Reichstages. 1868 wurde er vom hannoverſchen Provinzial - landtag zum Landesdirektor von Hannover gewählt, 1888 ernannte ihn Kaiſer Wilhelm II. zum Ober - präſidenten dieſer Provinz, welches Amt Bennigſen zehn Jahre lang bekleidete. Sein Mandat zum Abgeordnetenhaus legte R. v. Bennigſen 1881 definitiv nieder, jenes zum Reichstage 1897. Er hat ein Alter von etwas über 78 Jahren erreicht.

In Brüſſel iſt der Burengeneral Lukas Meyer plötzlich einem Herzleiden, von dem er bereits während des Südafrikaniſchen Krieges mehreremale befallen worden war, erlegen. Lukas Meyer gehörte zu den Friedensunterhändlern von Pretoria und unterzeichnete auch den Friedens - vertrag mit. Nach Abſchluß des Friedens begab er ſich nach London, wo er auszeichnend behandelt wurde. Vor kurzem ſtattete er dem Präſidenten Krüger in deſſen holländiſchen Exil einen Beſuch ab und reiſte dann weiter nach Brüſſel, wo ihn nun der Tod ereilt hat.

Die Krönung König Eduards VII. und der Königin Alexandra iſt nun am Sonnabend in der hiſtoriſchen Weſtminſter-Abtei zu London endlich vor ſich gegangen. Die letzten Tage über war das Befinden des Königs ein ganz beſonders befriedigendes. Der bisherige Premierminiſter Lord Salisbury hat ſich eine leichte Indispoſition zuge - zogen, ſo daß ihm vom Könige erlaubt wurde, der Krönungsfeier fern zu bleiben. In das Londoner Kabinet ſind zwei neue Mitglieder eingetreten, Walrand als Kanzler des Herzogtums Lancaſter und Auſten Chamberlain, ein Bruder des Kolonial - miniſters, als Generalpoſtmeiſter. Zwiſchen der britiſchen Admiralität und dem Morgan’ſchen Schiffahrtsring ſind Unterhandlungen eingeleitet worden, zu einem förmlichen Vertragsſchluß iſt es aber noch nicht gekommen.

Ueber den Stand der Cholera in der Mandſchurei und in Ruſſiſch-Oſt - aſien ſind jetzt von Petersburg aus neue amtliche Angaben gemacht. Aus ihnen erhellt, daß die Cholera namentlich in der Mandſchurei noch immer ziemlich erhebliche Opfer fordert, während ſie in den anſtoßenden ruſſiſchen Gebieten bedeutend ab - genommen hat. Eine Depeſche aus Charbin vom 8. Auguſt behauptet allerdings, daß die Cholera - epidemie auch an dieſem mandſchuriſchen Orte zurückgehe, ſo daß die chineſiſchen Arbeiter allmählich zurückkehrten. In Blagoweſchtſchens erkrankten vom 21. Juli bis 7. Auguſt 206 Perſonen an Cholera, von ihnen ſtarben 123, 56 genaſen, die übrigen ſind noch krank.

Tagesneuigkeiten.

( Bourgeoiſie und Sozialdemo - kratie in der Sommerfriſche.)

Die Schle - ſiſche Zeitung ſchreibt: Wie bezeichnend iſt es doch, wenn der Vorwärts ausruft: Unſere Bourgeoiſie weilt ſorglos in den Bädern und Sommerfriſchen . Möchte das Blatt ſeinen Leſern nicht vielleicht auch einmal mitteilen, wo die Kori - phäen ſeiner eigenen Partei ſich aufzuhalten pflegen? Herrn von Vollmars reizender Sommeraufenthalt iſt allen Beſuchern des Walchenſees bekannt. Von Bebels Villa am Züricher Ser iſt in der Preſſe oftmals die Rede geweſen. Herrn Singer ſagt man nach, ein Habitué der Nordſeebäder zu ſein. Auch von der zweiten Garnitur der Führer kann man manchem in der Schweiz und in Tirol. auf Helgo - land u. ſ. w. begegnen. Und die misera contribuens plebs? In derſelben Nummer des Vorwärts , in welcher vorn über die Not geleitartikelt wird, umfaßt hinten der Vergnügungsanzeiger faſt volle zwei Seiten. Dazu kommen die offiziellen Partei - feſte. In der in Rede ſtehenden Nummer kündigt der 6. Berliner Wahlkreis gleich zwei auf einmal an, beide mit großem Konzert von je zwei ſtark - beſetzten Kapellen, Feſtball, Feuerwerk, Kinder-Fackel - Polonaiſe u. ſ. w. Auch die Genoſſen von Pan - kow und Niederſchönhauſen laden zu einem großen Sommerfeſt mit ähnlichen Veranſtaltungen ein. Wie ſtimmt das zu den Kaſſandrarufen des Vorwärts über die bittere Not? Daß in Berlin Tauſende von Genoſſen frohe Feſte feiern können, daß die ſozialdemokratiſchen Führer ſich den Freuden ſommer - lichen Wohllebens ergeben dürfen, iſt freilich kein Beweis dagegen, daß, wie der Vorwärts behauptet, zahlloſe Arbeiter hungernd auf der Landſtraße ein - herziehen. Aber mit welchem Rechte erhebt dann das ſozialdemokratiſche Blatt gegen die Bourgeoiſie den Vorwurf ſorgloſer Unbekümmertheit, wenn die Genoſſen Führer zur Sommerszeit ſelbſt in eleganten Bädern und Sommerfriſchen weilen?

(Die Entwicklung der chineſiſchen Kolonie Kiautſchou.)

Bald fünf Jahre ſind verfloſſen, ſeit Deutſchland von der Kiautſchou-Bucht Beſitz ergriffen hat. Da erſcheint die Frage, was aus dieſer deutſchen Kolonie im fernen Oſten bis jetzt geworden iſt, berechtigt, um ſo mehr, als zu jener Zeit, da Deutſchland ſich ſeinen Platz an der Sonne ſicherte, gar manche Stimmen ertönten, welche dieſen Platz als den denkbar ungünſtigſten bezeichneten. Nun, dieſe Stimmen haben nicht recht behalten, denn mit der Entwicklung der deutſchen Kolonie kann man bis jetzt zufrieden ſein. An der einſamen Klautſchou-Bucht iſt eine moderne Stadt, das neue Tſingtau, mit großartigen ſtädtiſchen und induſtriellen Anlagen entſtanden; die Erſchließung des Hinterlandes iſt bereits im Gange; der Bau der Eiſenbahn iſt bis Weihſien (183 km) gediehen, die vorläufige Endſtation Tſinanfu (420 km) wird im Jahre 1904 erreicht werden. Freilich iſt in dieſem Eiſenbahnbau, in den Hafenanlagen u. ſ. w. ein gut Stück deutſchen Geldes feſtgelegt, aber daß ſich dasſelbe rentieren wird, erſcheint zweifellos, da die Ausbeutung der reichen Kohlen - und Mineral - ſchätze durch deutſche Unternehmer mit Hilfe der Bahn eine ſehr bedeutende Steigerung der Ausfuhr herbeiführen und auch die Einfuhr, wenn auch in vorerſt langſamerem Tempo, durch die Ausnutzung der Handelsbeziehungen mit dem Inland zu einem weſentlichen Faktor werden wird. Die Garten - laube bringt aus der Feder von B. v. Strantz einen Bericht über die Kolonie Kiautſchou, in welchem ſich manches Intereſſante über die Ent - wicklung derſelben findet, und in dem ſich auch eine Reihe höchſt anſchaulicher Abbildungen von Tſingtau und dem Eiſenbahnbau vorfindet.

(Selbſtmord wegen unglücklicher Liebe.)

In Waldegg bei Wiener-Neuſtadt hat ein 22jähriges Fräulein Lola Paſſon, welche den Som - mer über dort im Hauſe ihres Schwagers weilte, durch einen Schuß ins Herz ihrem Leben ein Ende gemacht. Das lebensfrohe, junge Mädchen hatte vor einigen Jahren in Waldegg die Bekanntſchaft des Sohnes des Großinduſtriellen Zugmayer gemacht und eine tiefe Neigung zu ihm gefaßt, die Zug - mayer anfänglich zu erwidern ſchien; da er ſich aber in der letzten Zeit ihr gegenüber auffallend zurück - haltend benahm und ſchließlich den Verkehr mit ihr ganz abbrach, griff Fräulein Paſſon zum Revolver.

(Neue Repetierpiſtolen.)

Dem Reichs - kriegsminiſterium liegen derzeit drei Modelle von Repetierpiſtolen zur Prüfung vor. Sämmtliche Offiziere, ſowie die jetzt mit Revolvern ausgerü -ſteten Truppen ſollen künftig ſolche Repetierpiſtolen erhalten. Eines dieſer Modelle iſt vom Ingenieur Mannlicher, dem Erfinder des Repetiergewehres.

(Dreifacher Raubmord.)

In Seuler - halde (Weſtfalen) ermordete der polniſche Land - arbeiter Werſinski drei Kollegen durch Meſſerſtiche im Schlafe, worauf er ſeine Opfer beraubte. Der Raubmörder iſt flüchtig.

(Beim Fenſterln ermordet.)

In Gmunden wurde der 29jährige Maurergehilfe F. Dannert oberhalb des Schneiderbühels in einer Blutlache als Leiche aufgefunden. Die an Ort und Stelle erſchienene Gerichtskommiſſion ſtellte feſt, daß Dannert durch Meſſerſtiche ſchwer verletzt wurde und infolge Verblutung geſtorben war. Als der Täter wurde Franz Heitzinger aus St. Konrad, Vater von neun Kindern, verhaftet. Die Tat ſoll eine Folge des Fenſterln ſein.

(Blitzſchlag in eine Wetterſchieß - hütte.)

Aus Graz wird berichtet: In der Nähe des Schloſſes Vasholdsberg bei Hausmannsſtätten befindet ſich eine Wetterſchießſtation, welche von den Bedienſteten des Schloſſes bedient wird. Als Donnerstag abends ein Gewitter heranzog, begaben ſich der Obergärtner Joh. Hofer und der Gärtner - burſche Thomas Blebnik in die Schießſtation. Nach einigen Minuten erſchütterte ein donnerähnlicher Krach die ganze Gegend. Die Hütte, in welcher ſich die Wetterſchießſtation befand, war in einen Trüm - merhaufen verwandelt, der in hellen Flammen ſtand. Der Blitz hatte in die Hütte eingeſchlagen und das dortſelbſt befindliche Schießpulver zur Exploſion gebracht. Der Obergärtner Hofer erlitt leichtere Brandwunden, Blebnik ſchwere, ſo daß an ſeinem Aufkommen gezweifelt wird.

(Ein Betbruder läßt ſeine Schwe - ſter im Stalle ſterben.)

Aus Tamsweg wird vom 6. d. M. gemeldet: Der hieſige Arzt Dr. Leopold Haſcheyer erſtattete Mittwoch der Be - hörde die Anzeige, daß eine 36 Jahre alte Frau - ensperſon, eine Kretin, die als Ausnehmerin bei ihrem Bruder in Litzeldorf lebte, am Vortage, abends, auf ihrem Lager in einer finſteren Abtei - lung des Stalles tot aufgefunden wurde. Aus dem ärztlichen Befunde geht hervor, daß die arme Perſon an Zellgewebs-Entzündung des linken Fußes mit nachfolgender Blutzerſetzung geſtorben ſei. Wie der Bruder der Verſtorbenen ſelbſt an - gibt, war er verpflichtet, ſeine Schweſter Marga - rethe Sautner zu verpflegen. Bis zum Tode ſeiner Mutter wohnte ſeine Schweſter zuſammen mit ihrer Mutter in einem Stübel. Einige Zeit nach dem Ableben der Mutter hat er ſeine Schweſter in einem Verſchlag des Stalles der Schneiderkeuſche, in welchem er früher Schweine gehalten hatte, ge - ſperrt. Die beiden Stalltüren waren immer ver - ſchloſſen, und die Bedauernswerte konnte nicht ins Freie gelangen. In dieſem Stalle ſind im Sommer zwei Kühe und im Winter vier Kühe und ein Schwein eingeſtellt. In ihrem Verſchlage mußte ſie auf Stroh liegen. Ungefähr vierzehn Tage vor ihrem Tode klagte die Verſtorbene ihrem Bruder, daß ſie am linken Fuße große Schmerzen fühle, und daß ihr der Fuß ſehr wehe tue. Trotzdem ließ er ſie in kein ordentliches Bett bringen und auch keinen Arzt herbeirufen. Der Bruder iſt be - kannt als ein Frömmler und Betbruder. Gegen ihn wurde das Strafverfahren eingeleitet.

(Selbſthilfe-Genoſſenſchaft Oſt - mark in Wien),

reg. Genoſſenſchaft mit be - ſchränkter Haftung. In der am 1. Juli 1900 ins Leben gerufenen Sparabteilung wurden in der Zeit vom 1. bis 31. Juli 1902 K. 46. 487·98 eingelegt und K. 33. 079·50 behoben. Der Zuwachs an Ein - lagen betrug alſo K. 1340·48, das geſamte Ein - lage-Kapital betrug mit Ende Juli K. 549489·07. Die Geſinnungsgenoſſen werden eingeladen, verfüg - bare Gelder der Oſtmark zuzuführen, welche die - ſelben bei vollſter Sicherheit mit 5% verzinst und dadurch in die Lage verſetzt wird, die zahlreichen Vorſchußwerber raſcher und in reichlicherem Maße befriedigen zu können, als dies bisher möglich war. Nähere Auskunft über die Sparabteilung gibt die Kanzlei der Selbſthilfe-Genoſſenſchaft Oſtmark , Wien, 4, Kettenbrückengaſſe 20. Amtsſtunden an Werktagen von 4 7 Uhr nachmittags.

Eigen-Berichte.

(Landwirt - ſchaftliches.)

Am 17. d. hält die hieſige landw. Filiale im Gaſthauſe des Herrn Brand in Glein - ſtätten eine Wanderverſammlung ab; hiebei wird4Marburger Zeitung Nr. 95, 9. Auguſt 1902.der Landes-Wein - und Obſtbau-Kommiſſär, Herr Anton Stiegler, einen Vortrag über Weinbau halten. Beginn 3 Uhr nachmittags.

(Gartenkonzert.)

Am 17. d. M. veranſtaltet der beſtbekannte Re - ſtaurateur in der Station Reifnigg-Freſen, Herr Silv. Grögl, ein Gartenkonzert. Konzertieren wer - den die beliebten Marburger Schrammeln. Den Ausflüglern aus Marburg, Wuchern, Mahrenberg und aus den übrigen Nachbarorten iſt mit den jetzt ſehr günſtig verkehrenden Perſonenzügen Gele - genheit geboten, einige vergnügte Stunden zu ver - bringen.

(Waldfeſt.)

Der Verſchö - nerungsverein in Luttenberg, eine von Deutſchen ins Leben gerufene Inſtitution (die Windiſchen tun für die Verſchönerung unſeres Marktes nichts), hat in letzter Zeit infolge ſeiner regſamen Tätigkeit große Auslagen gehabt, die er durch ein Waldfeſt am 15. d. wettmachen will. Wer den waldbewach - ſenen Steinberg beſteigt, wer aus Bedürfnis nach würziger, ſtaubfreier Luft den ſogenannten Park durchwandelt, oder wer im Bade ſeine Glieder ſtärkt, jeder wird voll des Lobes über die Tätigkeit des Luttenberger Verſchönerungsvereines ſein. Leider gibt es in jedem Jahre ruchloſe Hände, die die Werke des genannten Vereines frevelhaft zerſtören und ſo dem Vereine ein großes Hindernis ſind. Daß die Deutſchen Luttenbergs trotzdem dieſen ge - meinnützigen Verein mit viel Aufwand von Geld und Mühe erhalten, verdient anerkannt zu werden, auch außer Luttenberg, iſt doch dabei auch ein nationales Moment geltend. Dieſe Anerkennung könnte am beſten durch einen recht zahlreichen Be - ſuch des am 15. d. zu veranſtaltenden Waldfeſtes gezeigt werden. Ein rühriges Komité, an deſſen Spitze Herr Landesgerichtsrat Doxat ſteht, wird für genügende Unterhaltung ſorgen. Wir wollen nur verraten: Muſikvorträge, Bazar, Rutſchbahn, Wurſtautomat, Menagerie, Sacklaufen uſw. Auch der Geſangverein wird ſich in den Dienſt der guten Sache ſtellen. Damit es ein rechtes Volksfeſt werde, wurde der Eintritt mit 20 H. feſtgeſetzt. Bei un - günſtiger Witterung findet das Feſt am 17. d. M. ſtatt. Jeder Deutſche iſt willkommen.

Gleichenberger Badebrief.

Das ſchöne Wetter hat nun die Saiſon raſch belebt. Allüberall herrſcht friſch pulſierendes Leben. Im Zentrum des Bades ſind die Villen beſetzt und weil die Gäſte da um verhältnismäßig billiges Geld hübſche Wohnungen beziehen, kommt auf die Beſitzer der Umgebung, wenn auch noch zur Kur - ortgemeinde gehörig, wenig und da nur dann, wenn es von Gäſten vorgezogen wird, höher gele - gene Villen aufzuſuchen. Durch die gewaltige Woh - nungskonkurrenz ſchädigen ſich die Beſitzer gegen - ſeitig und die Einnahmen ſind geringere. Die Fremden haben dabei allerdings das Gute, daß ihnen die Kurzeit billiger kommt. Das Erſparnis bei den Wohnungen kann für das Vergnügen ver - ausgabt werden. Im Punkte geſelliger Zerſtreu - ungen wird Reichliches geboten. Freunde der Muſik finden Gelegenheit, an den hübſchen Weiſen des Kurorcheſters kunſtſinnige Studien zu machen. Den Verehrern der Muſe bietet das niedliche Theaterchen Stoff zur geiſtigen Anregung. Lewinsky-Vorleſung, Militärkonzerte, Variétès, Tanzunterhaltungen, Tombolas, Lawn-Tennis-Spiel, Leſehallen, Kaffee - häuſer u. ſ. w. bieten Abwechslung im alltäglichen Kurleben. Fleißiger als im Juni und Juli kommen die Jünger Thaliens zu den Vorſtellungen und wenn in den letzten vierzehn Tagen der Spielzeit der Beſuch des Theaters ſo anhält, wie dies an - fangs Auguſt der Fall iſt, ſo dürfte Dir. Schmid mit einem kleinen Abgange davonkommen. Der Ge - ſangskomiker E. Kornau erzielte zwei gut beſuchte Häuſer. Auch erfreuen ſich die meiſten Benefize eines wohlwollenden Beſuches ſeitens des Publi - kums. Der Direktion kann dies nur angenehm ſein. Wir haben über die Mehrzahl der diesjährigen Benefize bereits berichtet. Heute haben wir die er - freuliche Tatſache zu verzeichnen, daß die vielſeitig verwendbare Kraft des Enſembles, der Komiker Lee als Stix im Orpheus in der Unterwelt zu ſeinem Benefize ganz gewaltige Triumphe feierte, mit Beifall, Blumen und anderem ausgezeichnet wurde und er es auch nicht in materieller Hinſicht bereuen wird, die Wahl des Stückes getroffen zu haben. Komiker Lee gehört auch ſchon durch eine Reihe von Jahren ſozuſagen mit zum Inventare der Schmidt’ſchen Direktion. Auf ſeinen Schulternlaſtet viel, mehr als Uneingeweihte im Theaterfache ahnen können. Wir ſehen ihn gerne auf der Bühne. An ihm hat die Direktion eine ſchwer zu erſetzende Kraft. Wir müſſen Herrn Lee zu ſeinen glänzenden Erfolgen herzlich beglückwünſchen.

Schon vor Beginn dieſer Vorſtellung wurde durch die treffliche Exekutierung der Ouverture ſeitens des Kurorcheſters die Baſis zur heiteren Stimmung im Kreiſe des Publikums gelegt; hierfür zeigten ſich die Theaterbeſucher beim Benefize des Operettendirigenten Herrn Heinrich Jakſch dankbar. Er veranſtaltete eine muſikaliſch-deklamatoriſch-geſang - liche und theatraliſche Akademie, zu der ſich Einhei - miſche und Fremde in großer Zahl eingefunden hatten. Beim Erſcheinen des Dirigenten am geſchmückten Pulte begrüßte ihn das Orcheſter mit einem kräftigen Tuſche, das Publikum aber mit ſtarkem Beifalle. Nach der Abſpielung der Ouver - ture aus Mannſchaft an Bord , von Zayts, deklamierte Frl. Koppmann, unſere muntere Lieb - haberin, gut gewählte Dichtungen, worauf Herr Bertini Bruchſtücke aus Opern vorgetragen hatte. Frau Dr. Dolfine Fürſt ſang nun einige Lieder und ein Duett mit Herrn Bertini und errang ſtarken Beifall; ſie erhielt auch mehrere ſehr hübſche Blumenſpenden. An dieſer Akademie beteiligten ſich auch die Herren Schönthal und Steiner. Sämtliche Liedervorträge, die teils der Befiziant, teils das Orcheſter begleitete, wie auch die übrigen Darbietungen waren in jeder Nummer, wie in der Geſamtheit der Zuſammenſtellung von ſelten ein - heitlicher und harmoniſcher Abtönung, ſowie vor - nehmſter künſtleriſcher Ausprägung getragen. Den Schluß bildeten die Flotte Burſche . Des Kaiſers Geburtsfeſt wird auch diesmal feſtlich begangen werden. Für den 17. d. iſt eine Vorfeier, für den 18. ein großes Parkfeſt projektiert. Das Rein - erträgnis der unter dem Protektorate des Grafen Ottokar vou Wickenburg ſtehenden und abzuhaltenden Feſtlichkeiten wird den ſo arg durch Hagelfälle Betroffenen im Bezirke Feldbach und den Orts - armen des Kurortes zugeführt werden. Ein reich - licher Ertrag wäre ſehr erwünſcht. S.

Marburger Nachrichten.

(Hochwürden Koroſchetz tauſend Kronen Geldſtrafe.)

Alſo ſprach ein Mar - burger windiſch-klerikales Blatt nach der Verur - teilung des hochwürdigen Koroſchetz zu zwei Monaten Kerker: Koroſchetz wird auf keinen Fall ſitzen, denn es bleibt ſchließlich noch der Kaiſer! Und dieſe prophetiſche Aeußerung, welche das windiſch - klerikale Blatt wohl im ſicheren Vertrauen ab - geben konnte, iſt auch in Erfüllung gegangen. Koroſchetz, der Brandlehrer der hieſigen windiſchen Preſſe, welcher in unerhörter Frivolität die deut - ſchen Bürger Pettaus beſchuldigte, ſie zünden aus nationalem Haſſe Häuſer der Slovenen an und hiefür vom Schwurgerichte verurteilt, Koroſchetz alſo wandte ſich mit einem Bittgeſuch an den Kaiſer, um der über ihn verhängten Strafe zu entgehen. Und Sr. Gnaden, der Herr Fürſtbiſchof Napotnik, machte ſich raſch auf die Strümpfe und fuhr nach Wien, um durch ſeine perſönliche Fürſprache ſeinen hochwürdigen Schütz - ling vor der Kreisgerichtszelle zu erretten. Und das windiſch-klerikale Blatt behielt Recht; Koroſchetz wird diesmal nicht ſitzen! Er wurde begnadigt und ſeine Strafe in eine auf tauſend Kronen bemeſſene Geldſtrafe zu Gunſten der Marburger Armen umgewandelt. Geſtern erlegte der Hoch - würdige die tauſend Kronen bei der Marburger Stadtkaſſa. Die biſchöfliche Kaſſa muß wieder ein - mal bluten .... Nächſtens kommt wieder der Goſpodar daran .... Koroſchetz aber wird weiter wandeln im ſonnigen Lichte und auch ferner - hin gegen die Deutſchen Unterſteiermarks in den windiſchen Blättern Artikel ſchreiben!

(Und wiederum zweihundert Kro - nen!)

Die Marburger Stadtarmen mögen ſich freuen. Zwei ſchöne Spenden ſind ihnen in den Schoß gefallen. Allerdings ſind dieſe Spenden keine freiwilligen und die Geber rechnen durchaus nicht auf ein Vergelt’s Gott! Hochwürden Koroſchetz wurde zur Zahlung von 1000 Kronen an den Armenfond verurteilt und geſtern nachmittags wurde der hieſ. tſchechiſche Agitator und Verſicherungs - agent Sagl, welcher im Kaffeehauſe behauptet hatte, der Schriftleiter unſeres Blattes, Herr Norbert Jahn, habe in ein Fenſter der Narodni dom - Gaſtwirtſchaft einen Stein geworfen (!), hiefür zu einer Geldſtrafe von 200 Kronen zu Gunſten des Marburger Armenfondes verurteilt. (SieheGerichtsſaalbericht.) Die Armen von Marburg werden ſchließlich an die windiſch-tſchechiſchen Agitatoren in unſerer Stadt noch eine Dankadreſſe richten, da ſie aus der Tätigkeit derſelben mühelos zu den anſehnlichſten Unterſtützungen gelangen. Wenn die windiſch-tſchechiſchen Agitatoren in Mar - burg noch längere Zeit in ihrer, ſich mit der Ehre des Nächſten beſchäftigenden Tätigkeit fortfahren, wird der Armenfond bald Häuſer für die Armen bauen können.

(Vermählung.)

Hier hat ſich Herr Viktor Hartnagel, Militär-Verpflegsoffizial in Moſtar, mit Frl. Johanna Weltzebach, Hausbeſitzers - tochter, vermählt.

(Marburger Schützenverein.)

Trotz des ungünſtigen Wetters hatte ſich eine ganz ſchöne Zahl Schützenbrüder geſtern auf unſerer Schießſtätte eingefunden, um wieder einmal recht flott dem ſchönen Vergnügen zu fröhnen. Es wurden wieder 1000 Schüße abgegeben. Beſtgewinner waren Herr R. Straßmayer und Herr Alois Dolamitſch. Es wäre zu wünſchen, daß auch beim nächſten Kranzelſchießen, Montag, den 18. d. eine ſo rege Beteiligung ſtattfindet.

(Hochherzige Spende für das Pettauer deutſche Mädchenheim.)

Dem Pettauer Mädchenheim wurde von L. Miller (un - bekannt!) unter der Deviſe viribus unitis die nam - hafte Spende von 5000 Kronen gemacht.

(Todesfall.)

In Pettau iſt vorgeſtern Frau Eliſe Wratſchko nach langem Leiden im Alter von 67 Jahren geſtorben.

(Strafanſtalts-Adjunkten-Stelle.)

Die Geſuche um die ausgeſchriebene Adjunktenſtelle in der Männer-Strafanſtalt Marburg ſind bis längſtens 24. Auguſt d. J. im Wege der vor - geſetzten Behörde bei der k. k. Oberſtaatsanwalt - ſchaft in Graz zu überreichen.

(Im Konkurſe)

des protokollierten Kauf - mannes Joſef Krenn in Marburg, Burggaſſe 5, wurde über Vorſchlag der bei der Wahltagſatzung erſchienenen Gläubiger als Maſſeverwalter Herr Dr. Ernſt Mravlag, Advokat in Marburg, beſtätigt, und als deſſen Stellvertreter Herr Dr. Julius Feldbacher, Advokat in Marburg, aufgeſtellt.

(Parkmuſik.)

Programm zum morgigen Parkkonzert: 1. Unter dem Sternenbanner , ame - rikaniſcher Marſch, von Souſa. 2. Coletta , Walzer aus der Operette Das Modell , von Suppé. 3. Ouverture zur Oper Raymond , von Thomas. 4. Adagio aus der Sonate pathetique , von Beethoven. 5. Die Dorfkönigin , Mazurka von Fauſt. 6. Potpourri aus der Operette Die Land - ſtreicher , von Ziehrer. 7. Trompeter-Aufzug aus der Oper Die Meiſterſinger von Nürnberg , von Rich. Wagner. Beginn 6 Uhr.

(Großes Volksfeſt zu Gunſten der deutſchen Schule in Rothwein.)

Wie wir bereits meldeten, findet das Feſt am Sonntag, den 17. Auguſt bei der Linde in Ober-Rothwein ſtatt und teilen wir mit, daß das Finanzminiſterium im Einverſtändniſſe mit dem Miniſterium des Innern die Veranſtaltung eines Glückshafens erlaubt hat, bei welchem recht hübſche Gegenſtände zur Verlo - ſung kommen. Durch die zahlreichen Spenden für die Koſthalle vonſeite der vielen Gönner der Schule wurde es möglich gemacht, dieſelbe auf das Beſte auszuſtatten. Die Südbahnwerkſtätten-Muſikkapelle unter der bekannt vorzüglichen Leitung ihres Kapell - meiſters Herrn Max Schönherr hat diesmal aus - gewählte Nummern auf ihre Vortragsordnung ge - ſtellt und ſteht bei günſtiger Witterung ein genuß - reicher Nachmittag bevor.

(Der Zirkus Viktor)

wird noch dieſe Woche in Marburg weilen, worauf hiemit alle Zirkusfreunde und - Freundinnen aufmerkſam gemacht ſeien. Morgen Mittwoch finden zwei Vorſtellungen ſtatt und zwar beginnt die erſte um 4 Uhr nach - mittags, welche für Familien, Schüler und Kinder berechnet iſt und für welche ermäßigte Preiſe gelten, während die zweite Vorſtellung wie gewöhn - lich um 8 Uhr abends beginnt. Donnerstag iſt der Benefize-Abend des beliebten Klowns Barker.

(Bahnbau Gonobitz Retſchach.

Die Südbahngeſellſchaft, welche in Radeldorf bei Gonobitz Kohlenwerke beſitzt, baut zu dieſen von Gonobitz aus eine Kohlenbahn. Die Grundablöſung wurde bereits durchgeführt, mit dem Baue ſoll ſchon am 15. Auguſt d. J. begonnen wrrden. Mit der Bau - ausführung ſollen Herr Ludwig Miglitſch, Ingenieur und Bauunternehmer in Rohitſch-Sauerbrunn und Herr Franz Poſſek, Gutsbeſitzer auf Schloß Pogled5Nr. 96, 12. Auguſt 1902. Marburger Zeitungbetraut worden ſein; dieſe Bauunternehmung hat auch ſeinerzeit die Bahn Gonobitz Pöltſchach ge - baut. Der raſchen Baudurchführung kann man entnehmen, daß die Südbahngeſellſchaft ergiebige Kohlenlager bei Gonobitz aufgeſchloſſen hat und den Betrieb im großen Maßſtab einleiten wird. Die Kohle iſt Steinkohle von vorzüglicher Qualität und übertrifft ſelbſt die Oſtrauer Kohle an Kaloriengehalt.

(Auch ein Widerruf.)

Infolge der bereits charakteriſierten Nachricht des Slovenski Goſpodar , wonach der Cillier ſtädtiſche Maſchiniſt Kandolf einen Kutſcher erſchlagen haben ſoll, wurden über Veranlaſſung der Staatsanwaltſchaft Cilli gegen Kandolf die Vorerhebungen wegen Verbrechens des Totſchlages eingeleitet. Wie ſchon einmal erwähnt, iſt dieſe Notiz nichts anderes, als eine frivole, gewiſſenloſe Erfindung eines verkommenen Pfaffen. Dem Slovenski Goſpodar wird nun ſelbſt angſt und bange, denn die Anklagebank vor den Mar - burger Geſchworenen birgt für ihn ſchmerzliche Erinne - rungen. Die Vorahnung der vergitterten Fenſter preßt dem Organe der unterſteiriſchen Hetzgeiſtlichkeit folgende freiwillige Erklärung ab: Wir wider - rufen daher heute jene Nachricht im vollen Um - fange und erklären, daß wir überhaupt Herrn Kan - dolf an ſeiner Ehre nicht ſchaden wollten, ſondern haben die Neuigkeit lediglich als gewöhnliche Zeitungsnachricht gebracht. Vor allem müſſen wir, bemerkt hiezu die Cillier D. W. , den Slovenski Goſpodor inſoferne aus dem Traume helfen, als wir feſtſtellen, daß er überhaupt niemandem an ſeiner Ehre ſchaden kann. Nach ſeiner Anſicht han - delt es ſich hier nicht um eine Ehrenbeleidigung, ſondern um das Verbrechen der Verleum - dung. Mit der albernen Bezeichnung gewöhnliche Zeitungsnachricht iſt Goſpodar in dieſem Falle nicht zu retten, denn ſeine Lügennotiz hatte ja Ten - denz in ſich, welche dadurch charakteriſiert wurde, daß Herr Kandolf ausdrücklich als Deutſcher bezeichnet und daß behauptet wurde, die Deutſche Wacht [h]ätte den Fall als Blüte deutſcher Kultur totgeſchwiegen.

(Eine dreifache Kindesmörderin.)

Ueber die Urſache, welche die Maria Baumann in St. Lorenzen am Draufelde zum Kindesmorde bewog. finden wir in der P. Z. eine andere Lesart. Wie ihr berichtet wird, kam der gutgeſtellte Grundbeſitzer Anton Baumann Samstag abends nachhauſe und klagte ſeiner Ehegattin Maria Bau - mann, daß er ſich verkühlt habe. Er legte ſich zu Bette, wurde jedoch in der Nacht wieder wach und bemerkte, daß das Zimmerfenſter offen war. Darob erbittert, ſtellte er ſeine Ehegattin Maria Baumann zur Rede, wobei es nach längerem Streite zu Tätlichkeiten kam. Am Sonntag-Morgen konnte Baumann wegen ſeines kränklichen Zuſtandes nicht zur Frühmeſſe und er mußte das Bett hüten. Maria Baumann rief nun, erbittert über die er - littenen Tätlichkeiten, ihr 6jähriges Kind zu ſich, erfaßte das zweite, kaum zwei Jahre alte bei der Hand und nahm auch den friedlich ſchlummernden Säugling aus der Wiege. Mit den drei Kindern ging ſie zu einer kaum eine Viertelſtunde entfernten Lache und ertränkte dort alle drei Kinder, indem ſie dieſelben ſolange unter Waſſer hielt, bis ſie er - ſtickten. Nachdem ſie ſich überzeugt hatte, daß die Kinder tot waren, ſprang ſie ſelber in das Waſſer, um ſich zu ertränken. Das Waſſer war jedoch für ſie zu kalt und ſo ging ſie nach Hauſe und ſagte dort angekommen: Meine Kinder ſind in der Lache, geht ſie holen!

(Ein Pettauer Künſtler.)

Der Pet - tauer Künſtler Herr A. Oswatiſch, welcher län - gere Zeit auf verſchiedenen Kunſtanſtalten ſein be - deutendes Talent ausgebildet hat, hat beim Pet - tauer Kaufmanne Herrn Kollenz zwei Bilder aus - geſtellt und hiemit abermals den Nachweis ſeiner hervorragenden Begabung geliefert. Das Mädchen vor dem Spiegel iſt, wie die Pettauer Zeitung ſchreibt, ein ganz allerliebſtes Gemälde, welches bis in die feinſten Nuanzen der Natur abgelauſcht iſt. Nicht weniger gelungen iſt ihm das zweite Bild Eine Studie. Wir rufen dem jungen vielverhei - ßenden Pettauer Künſtler zu: Nur weiter auf dem betretenen Wege, friſch auf zum weiteren Streben, das bisherige hat wahrlich reichliche, ſchöne Früchte getragen. Wir hoffen, daß ſich für die überaus gelungenen Bilder, zumal ſie um einen verhältnis - mäßig geringen Preis angeboten werden, bald auch ein Käufer finden wird!

(Raubanfall.)

Am Sonntag verließ der in Jahringtal in der Coſta’ſchen Hube wohnendeMeier Franz Schwab in Leitersberg das Gaſthaus, bezw. den Eigenbauweinſchank des Johann Nekrepp, um nach Hauſe zu gehen. Als er ſich es war um 11 Uhr nachts einige Schritte vom Gaſthauſe entfernte hatte und auf der Reichsſtraße ging, wurde er plötzlich von einigen Burſchen überfallen, zu Boden geworfen und ſeiner Barſchaft im Betrage von beläufig 8 Kr. beraubt, worauf ſich die Täter wieder entfernten. Den von der k. k. Gendarmerie ſofore eingeleiteten energiſchen Nachforſchungen dürfte es hoffentlich in Bälde gelingen, die betreffenden Burſchen feſtzunehmen.

Aus dem Gerichtsſaale.

Eine Marburger Narodni dom-Geſchichte.

In der Nacht vom 1. auf den 2. Juni d. J. behauptete der als tſchechiſcher allſlaviſcher Agitator und als Mithäuptling im Narodni dom bekannte penſionierte Bahnexpedient und gegenwärtige Ver - ſicherungsagent Sagl im hieſigen Café Meran , der Schriftleiter der Marburger Zeitung , Herr Norbert Jahn, habe einige Stunden vorher in ein Fenſter des Narodni dom-Gaſthauſes einen Stein geworfen. Da die mit dem Tſchechen Sagl an einem Tiſche Sitzenden dieſer Senſations - nachricht , die den Stempel der Erfindung zu deutlich trug, naturgemäß keinen Glauben ſchenkten, entſpann ſich über dieſe Behauptung des Tſchechen Sagl eine lange Wechſelrede, in deren Verlauf der Tſcheche Sagl zu wiederholtenmalen behauptete, zwei windiſche Narodni dom-Gäſte, hieſige win - diſche Gymnaſiallehrer (!) hätten Herrn Norbert Jahn als den Täter erkannt. Am nächſten Tage geſellte ſich der Tſcheche Sagl in der Burggaſſe zu dem hieſigen Berichterſtatter des Grazer Volksblattes , Herrn Gſtirner und be - hauptete ihm gegenüber ebenfalls auf das Beſtimm - teſte, Herr Jahn habe einen Stein in das Fenſter geworfen. Als Herr Gſtirner hierüber ſeine berech - tigtſten Zweifel ausdrückte, wiederholte der Tſcheche Sagl ſeine Behauptung mit den Worten: Aber wenn ich es Ihnen ſage! Der Jahn hat es getan und kein anderer! Sagl forderte ſchließlich Herrn Gſtirner auf, den ganzen Narodni dom - Vorfall mit dem Steinwurf im Grazer Volksblatt zu veröffentlichen. Herr Gſtirner ent - gegnete ihm hierauf, daß er eine ſo ſchwere Be - ſchuldigung ohne genügende Beweiſe unmöglich ſeinem Blatte einſenden kann; außerdem glaube er das, was ihm Sagl erzähle, nicht. Selbſtverſtänd - lich brachte der Schriftleiter unſeres Blattes, als er von den Behauptungen Sagls im Kaffeehauſe erfuhr, durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Eduard Glantſchnigg gegen den Tſchechen Sagl ſofort die Ehrenbeleidigungsklage ein, in welche dann ſpäter, nach einigen Wochen, als auch die Herrn Gſtirner gegenüber gemachte Behauptung Sagl’s bekannt wurde, auch dieſer Fall einbezogen wurde. Kaum hatte der Tſcheche Sagl erfahren, daß er geklagt iſt, als er auch ſchon einen niedlichen Coup ausführte. Er richtete an die k. k. Staats - anwaltſchaft in Marburg eine Eingabe, in welcher er um die Verfolgung des Täters erſuchte und zugleich angab, ein Herr Ferd. Fiſcher in der Schillerſtraße könne der Staatsanwaltſchaft die beſten Auskünfte über die Tathandlung des Herr Norbert Jahn geben, nachdem Herr Fiſcher Herrn Jahn vor dem Na - rodni dom am Steinwurfe hindern wollte, worauf Herr Jahn Herrn Fiſcher einen derartigen Fauſt - ſchlag ins Geſicht verſetzt habe, daß Herr Fiſcher blutüberſtrömt zuſammengebrochen und betäubt liegen geblieben ſei. Kaum war dieſe Anzeige an die Staatsanwaltſchaft abge - ſchickt, als der Tſcheche Sagl zu Herrn Fiſcher ging und demſelben ſagte, daß er eine Vorladung zum Kreisgerichte bekommen werde. Herr Sagl verſtändigte Herrn Fiſcher von allem und ſagte ſchließlich beim Fortgehen zu ihm (wie Herr Fiſcher ſpäter beim Kreisgerichte zu Protokoll gab): Herr Fiſcher, laſſen Sie mich beim Gericht nicht ſchwimmen! Ich kann Ihnen mehr helfen als ein anderer! Ich kann Ihnen eine gute Stelle als Verwalter in Galizien ver - ſchaffen. Herr Fiſcher erklärte jedoch, auf die galiziſche Stelle des Tſchechen Sagl gerne zu verzichten. Naturgemäß leitete die Staatsanwalt - ſchaft in Folge der Anzeige des Tſchechen Sagl gegen den Schriftleiter unſeres Blattes die Unter - ſuchung ein. Herr Fiſcher wurde einvernommen und gab vor dem Unterſuchungsrichter zu Protokoll, daß er weder in jener noch einer ſonſtigen Nachtin oder vor dem Narodni dom war, am wenigſten aber mit Herrn Jahn, daß er ferners ſchon um halb 10 Uhr abends, alſo Stunden vor dem angeblichen Scheibeneinwurf, mit ſeiner Familie zu Bette gegangen war und daß ſchließlich und in - folge deſſen die ſchauerliche Angabe, Herr Jahn habe ihn derart niedergeſchlagen, daß er blutüberſtrömt und bewußtlos liegen geblieben (!) ſei, vom Anfange bis zum Ende frei erfunden und erlogen iſt. Das Ergebnis der Unterſuchung (die windiſchen Lehrer am Gymnaſium und an der Lehrerbildungsanſtalt, welche damals im Narodni dom waren, gaben alles windiſch zu Protokoll!) war natürlich ein derartiges, daß die Unterſuchung gegen Herrn Jahn eingeſtellt werden mußte, worauf in die Ehrenbeleidigungsklage beim Bezirksgerichte einge - gangen wurde. Es würde zu weit führen, alle Schach - züge und Vertagungen, welche vonſeite der geklagten Seite (Vertreter Dr. Roſina) durchgeführt, bezw. beantragt wurden, zu ſchildern. Es fanden drei Verhandlungen ſtatt. Sämtlichen Zeugen ſtritt der Tſcheche Sagl ins Geſicht hinein ab, die unter Anklage ſtehenden Aeußerungen gemacht zu haben, ſuchte jedoch, ohne zu erklären, daß er einen Wahrheitsbeweis für ſeine Aeußerungeu führen wolle, durch Vorladung von Narodni dom-Gäſten die ganze Angelegenheit auf eine andere Grundlage zu bringen. Geſtern nachmittags um 4 Uhr begann nach 2maliger Vertagung die Schlußverhandlung. Als Richter amtete diesmal Herr Gerichtsſekretär Kapun, während in den beiden früheren Verhandlungen Herr Gerichtsſekretär Wenedikter die Verhandlung führte. Bei dieſer Verhandlung ſtellte es ſich heraus, daß der tſchechiſche allſlaviſche Agitator kein Wort ſloveniſch verſteht und ſich daher der deutſchen Sprache bedienen muß, wenn er im Narodni dom mit den windiſchen Häuptlingen los - zieht. Der Richter fragt ihn auf das Eindringlichſte, ob er für ſeine Behauptung, Herr Jahn habe einen Stein in den Narodni dom geworfen, den Wahrheits -, bezw. Wahrſcheinlichkeitsbeweis führen könne oder wolle. Sagl mußte erklären, daß er dies nicht im geringſten zu tun imſtande ſei; er beſtreite, überhaupt gegen Herrn Jahn dieſe Beſchul - digung erhoben zu haben. Auf Grund der den Ange - klagten jedoch überführenden Zeugenausſagen wurde Sagl vom Richter ſchuldig geſprochen und zu einer Geldſtrafe von zweihundert Kronen, ſowie zum Erſatze ſämtlicher Gerichts - koſten, im Nichteinbringungsfalle zu 10 Tagen Arreſt, verbunden mit zwei Faſttagen, ver - urteilt. Die Vertretung des Klägers hatte Herr Dr. Eduard Glantſchnigg inne.

〈…〉〈…〉
6Marburger Zeitung Nr. 96, 12. Auguſt 1902.

Beobachtungen an der meteorologiſchen Siation der Landes-Obſt - und Weinbauſchule in Marburg vom Samstag, den 2. bis einſchließlich Freitag, den 8. Auguſt 1902.

TagLuftdruck-Tagsm. ( red. Baromet.)Temperatur u. CeiſtusBewölkung, TagesmittelRel. Feuchtigkeit in ProcentenWindrichtungNiederſchläge
7 Uhr früh2 Uhr mittags9 Uhr abendsTagesmittelMaximumMinimum7 Uhr früh2 Uhr mittags9 Uhr abends
in der Luftam Wodenin der Luftam Woden
Samstag736.814.427.421.821.225.433.013.610.6176W 1SE 4NE 2
Sonntag734.517.322.017.018.822 326.614.811.7786E 218.5
Montag738.215.422.416.618.122.728.415.213.6479W 2SE 2
Dienstag737.914.224.720.919.926 030.511.58.4485W 1S 2NW 33.6
Mittwoch739.715.827.220.321 127.331.515.012 7175W 3SE 3
Donnerst.736.916.429.819.621.929.934.814.812.3376SE 3W 3
Freitag736.717.821.418.619.322.528.516.012.5584W 213.5
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Marburger Marktbericht. Vom 2. Auguſt bis 9. Auguſt 1902.

GattungPreiſe
vonbis
perKhKh
Fleiſchwaren.
RindfleiſchKilo96140
Kalbfleiſch108136
Schaffleiſch801
Schweinfleiſch108140
geräuchert150160
Fiſch150160
Schinken friſch120124
Schulter 112116
Viktualien.
Kaiſerauszugmehl3032
Mundmehl2628
Semmelmehl2224
Weißpohlmehl1820
Schwarzpohlmehl1416
Türkenmehl2022
Haidenmehl3240
HaidenbreinLiter2628
Hirſebrein2022
Gerſtbrein2022
WeizengriesKilo3436
Türkengries2426
Gerſte gerollte4056
Reis2464
Erbſeu4048
Linſen4064
Fiſolen2022
Erdäpfel6
Zwiebel1820
Knoblauch5054
Eier 1Stck.07
Käſe ſteiriſcherKilo3264
Butter2280
Milch friſcheLiter1820
abgerahmt1012
Rahm ſüß4056
ſauerer5664
SalzKilo24
Rindſchmalz1962
Schweinſchmalz150152
Speck gehackt148152
friſch120128
geräuchert132136
Kernfette128136
Zwetſchken5056
Zucker9094
Kümmel1110
WachholderbeerenKilo5056
Kren4050
Suppengrünes3032
Kraut ſaueres
Rüben ſauere
Kraut 100Kopf
Getreide.
Weizen 100Kilo14801560
Korn 12601340
Gerſte 12601340
Hafer 13601440
Kukurutz 131380
Hirſe 14401520
Haiden 12801360
Fiſolen 1620
Geflügel.
IndianStck.2604
Gans220320
EntenPaar220320
Backhühner120140
Brathühner150250
KapauneStck.
Obſt.
ApfelKilo
Birnen
Nüſſe
Diverſe.
Holz hart geſchw.Met.6650
ungeſchw7750
weich geſchw.480540
ungeſchw.6650
Holzkohle hartHktl.140150
weich130140
Steinkohle 100Kilo220240
SeifeKilo4064
Kerzen Unſchlitt1110
Stearin160168
Styria150160
Heu 100Kilo4440
Stroh Lager 5506
Futter 3350
Stren 2603
BierLiter3240
Wein64168
Brantwein60160
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7Nr. 96, 12. Auguſt 1902. Marburger Zeitung.
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8Marburger Zeitung Nr. 96, 12. Auguſt 1902.
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Verantwortlicher Schriftleiter Norbert Jahn. Herausgabe, Druck und Verlag von L. Kralik in Marburg.

About this transcription

TextNr. 96, 12.08.1902.
Author[unknown]
Extent8 images; 9085 tokens; 3639 types; 67475 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationNr. 96, 12.08.1902. . KralikMarburg1902. Marburger Zeitung

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IDS Mannheim

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

Editorial statement

Editorial principles

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: keine Angabe; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:23:49Z
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