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Telephon 1828.

IV. Jahrgang. Wien, Dienſtag, den 12. October 1897. Nr. 233.

Die Proviſoriumsepoche.

Proviſorium da, Proviſorium dort, das iſt die Signatur der jetzigen politiſchen Lage. Der Ausgleich ſoll proviſoriſch verlängert werden, ein Budgetproviſorium für das erſte Quartal 1898 iſt heute ſchon als unausbleiblich anzuſehen, dazu haben wir eine proviſoriſche Majorität und eine ebenſo proviſoriſche Oppoſition, nach den Enun - ciationen der meiſten Parteien eigentlich auch nur eine proviſoriſche Regierung. Die Majorität iſt proviſoriſch, ja ſie exiſtirt als ſolche eigentlich nicht mehr, nachdem die Action des Baron Dipauli den czechiſchen Chauvinismus zum Sieden gebracht hat. Die Oppoſition iſt hinſichtlich einiger Gruppen gleichfalls keine definitive, keine bleibende, man weiß nicht, wie lange dieſe Gruppen oppoſitionell, wie bald ſie officiös oder gar miniſteriell werden würden. Allerdings iſt es nicht ganz unmöglich, daß im Handumdrehen die Oppoſition zur Majorität wird, freilich zu einer Majorität der Negation, denn eine poſitive Majorität ließe ſich bei der heutigen Zuſammenſetzung des Hauſes nur durch eine Vereinigung von einigen Fractionen der Rechten mit einigen Gruppen der linken Seite des Hauſes ermöglichen.

Damit hat es vorläufig wahrſcheinlich ſeine guten Wege, wir kommen vorerſt aus den Pro - viſorien nicht heraus, ja es ſcheint, als ob es nicht einmal gelingen dürfte, die Proviſorien zu Stande zu bringen. Da hapert es vor Allem mit dem Ausgleichsproviſorium und wenn man vielleicht in Wien nicht recht an dieſes Hapern glauben wollte, in Budapeſt ahnt man die Schwierig - keiten für das Ausgleichsproviſorium mit bangem Gruſeln. Der Peſter Lloyd das führende Organ der ungariſchen Regierungpartei plagt ſich beinahe täglich in allen möglichen Variationen, den Liberalen diesſeits der Leitha begreiflich zumachen, daß ſie das Ausgleichsproviſorium nicht vereiteln dürfen. Er kündigt ihnen an, daß ſie ſich nicht damit ausreden dürfen, ſie hätten ſich im Falle der Obruction gegen das Ausgleichs - proviſorium auf die Anwendung des § 14 ver - laſſen, denn in Budapeſt könne man in dieſem Falle die Obſtruction im dortigen Parlamente voraus - ſetzen. Der Peſter Lloyd droht der liberalen Partei in Oeſterreich, der Mutter und eigentlichen Trägerin der Realunion, weiters mit den Folgen einer Nichtverlängerung des Ausgleiches, in welchem Falle angeblich Ungarn ſeine Beitrags - leiſtungen zu den gemeinſamen Angelegenheiten ſelbſt beſtimmen könnte. Kurz, in Budapeſt iſt man bemüht, Stimmung für das Proviſorium zu machen, und wendet man ſich, wie uns ſcheint, an die unrichtige Adreſſe.

Die Liberalen werden dem Ausgleichsprovi - ſorium keine Obſtruction machen, daran glauben wir ſchon nach der Haltung der liberalen Preſſe gerade gegenüber dieſer Frage nicht, aber ſie werden vorausſicht - lich gegen die Vorlage ſtimmen, um ſo den Eſel gleich - zeitig zu tragen und zu reiten, den Großinduſtriellen in Böhmen und Mähren, die die Verlängerung des Ausgleiches wünſchen, und den oppoſitionell ge - ſinnten Wählern zugleich zu dienen. Gegen die Vorlage werden aber außer den Liberalen alle übrigen Parteien der linken Seite ſtimmen und da iſt die Frage eigentlich erlaubt, wer denn wohl für das Ausgleichsproviſorium ſein Votum ab - geben wird? Die Polen und feudalen Großgrund - beſitzer gewiß, vorausſichtlich auch der Südſlavenclub, wahrſcheinlich ebenſo die Italiener, und dann, dann hört ſich eben die Wahrſcheinlichkeitsrechnung auf. Weder von den Jungczechen, noch von der Katho - liſchen Volkspartei kann man mit Sicherheit be - haupten, wie ſie ſtimmen werden, wahrſcheinlich iſt heute nur, daß ſie nicht auf derſelben Seite zufinden ſein dürften; allerdings iſt auch das Gegen - theil nicht ausgeſchloſſen.

In Linz tagt heute die Hauptverſammlung des katholiſchen Volksvereines und Baron Dipauli wird dort eine politiſche Rede halten. Dieſe Rede kann entſcheidend für die parlamentariſche Geſtaltung werden, ſie kann auf die Stellung mancher Parteien zu dem Ausgleichsproviſorium den weitgehendſten Einfluß nehmen. Bedeutet die Rede Dipauli’s den Bruch mit den Jung - czechen, dann wird dieſem Bruch in kürzeſter Zeit eine neue Majoritätsbildung folgen, in der die Jungczechen ebenſowenig wie die Sprachenverord - nungen einen Platz finden dürften; kommt Baron Dipauli jedoch in Linz den Jungczechen wieder entgegen, wird die Coalition der Rechten neuerlich geleimt, dann wird das Proviſorium eine Majorität finden, eine Majorität auf Koſten der Deutſchen jetzt, auf Koſten der katholiſchen Volkspartei in der Zukunft, das politiſche Proviſorium wird vielleicht dann ein Definitivum werden bis zu den nächſten Wahlen.

Die Betheiligung der deutſchen Sorial - demokraten an den Landtagswahlen.

iſt nun vom Hamburger Parteitage im Princip be - ſchloſſen, der entgegenſtehende Kölner Beſchluß iſt aufgehoben, nur Compromiſſe mit bürgerlichen Parteien ſind nicht zugelaſſen. Dagegen iſt es den Parteileitungen in den einzelnen Wahlkreiſen freigeſtellt, je nach den Verhältniſſen bei der Wahl freiſinniger Candidaten mit - zuwirken. Praktiſch geſprochen: In den meiſten Wahl - kreiſen werden auch bei den Landtagswahlen die Socialdemokraten bei der Stichwahl zwiſchen frei - ſinnigen und regierungsfreundlichen Candidaten für erſteren ihre Stimmen abgeben und ſo in manchen Fällen demſelben zum Siege verhelfen. Auf dieſe Weiſe iſt es allerdings möglich, auch im preußiſchen Abgeordnetenhauſe die Oppoſition zu ſtärken, ja eventuell die gouvernementale Mehrheit

Feuilleton.

Unſchuldig gerichtet.

Am 29. April 1632 erſchien das ſchwediſche Heer vor Ingolſtadt. Commandant dieſer Feſtung war Obriſt von Fahrensbach, ein alter Haudegen, bewährter treuer Kämpe und Freund des mittlerweile ſeinen Wunden er - legenen, ritterlichen 73jährigen Feldherrn Tilly.

Obriſt von Fahrensbach war ein Hüne von Geſtalt, jäh aufbrauſenden Temperaments, und faſt den ganzen Tag ſchimpfte und fluchte er nach damaliger Soldaten - art. Im Kampfe ſtand er immer voran und eiferte durch ſein Beiſpiel die Truppen zu heldenmüthiger Ausdauer an.

Dieſe derbe Soldatennatur hatte ein kleines zartes Weſen zur Ehefrau, er liebte dieſe leidenſchaftlich und war in ihrer Nähe zahm und fromm wie ein Lamm. Die Oberſtin weilte während der Belagerung in Wien, und Monat für Monat ſandte der Gatte einen Brief an ſie ab. Auch heute gab er ſeinem Diener Jakobus Sakh den Auftrag, einen Brief zu dem zwei Stunden von der Feſtung entfernten Wirth Gottlieb Rieger zu tragen, damit dieſer die Weiterbeförderung des Schreibens wie bisher beſorge.

Sakh erlaubte ſich die Bemerkung zu machen, daß es jetzt ſehr ſchwer ſein werde, den Auftrag auszuführen, weil der Feind die Feſtung von allen Seiten eingeſchloſſen habe, demnach eine Gefangennahme ſehr wahrſcheinlich ſei.

Himmelſchockſchwerennoth! Jetzt ſchau, daß Du fortkommſt, ſonſt ſchlage ich Dich kurz und klein, Du feiger Wicht! ſo ſchrie der Oberſt ſeinen Diener an und ſetzte hinzu: Wenn Dich die Malefizſchweden ab - angen, ſo ſage ihnen: Der Fahrensbacher erwarte ſie mit Sehnſucht und wolle ſie gebührend empfangen! Biſt Du nicht zum Sonnenuntergang zurück, ſo weiß ich, daß Dich die Teufeln behalten haben. Jetzt aber ſpute Dich! Marſch!

Da das Abendläuten ſchon längſt vorüber, und der Diener noch nicht zurückgekehrt war, ſo wußteder Obriſt, daß die Schweden ſeinen Sakh gefangen genommen.

Fahrensbach traf unterdeſſen ſeine Maßnahmen und beſetzte die ſchwächſten Punkte der Feſtung mit den beſten und erprobteſten Soldaten; er ſelbſt aber ſtellte ſich auf den gefährdetſten Poſten. Der Oberſt kannte ja den Schwedenkönig, unter dem er ſeiner Zeit gedient hatte und wußte nur zu gut, daß es nicht des Königs Art ſei, lange vor einer Feſtung zu liegen.

Fahrensbach hatte richtig calculirt. Um 10 Uhr Nachts führte Guſtav Adolf perſönlich ſeine Mannen zum Sturme gegen die Feſtung vor.

Der Licentiat und churfürſtlich-bayeriſche Hof - gerichtsadvocat A. G. Ertl ſchildert dieſen Sturm folgendermaſſen: Es hatte der König zu dieſem An - griffe 3000 der auserleſenſten Soldaten erkieſen, und wurde das Gefecht anderthalb Stunden lang gegen - einander mit der größten Hitzigkeit geführt. Ueber 300 Schweden blieben auf der Wahlſtatt, während kaum 3 bis 4 Bayern ihr Leben gelaſſen hatten.

Unter den Todten iſt auch der Leichnam eines vor - nehmen Obriſten, der die Schweden angeführt, gefunden worden. Er hatte ſelber den Wall bereits erſtiegen und den Seinigen bereits zugerufen: Nun ſeynd wir Meiſter von der Schantz! als ihm eine Musketen - kugel die Stimme ſammt dem Leben benommen. *)Relationes curiosae Cavaricae constinuatae. Frank - furt und Leipzig 1733.

Noch dreimal ließ Guſtav Adolf ſtürmen, doch umſonſt. 3000 der beſten Kriegsleute haben die Schweden bei dieſen Stürmen verloren, dem König ſelbſt wurde ein Pferd unter dem Leib erſchoſſen. Die Schweden mußten unverrichteter Dinge abziehen.

Dieſe heldenmüthige Vertheidigung von Ingolſtadt durch Oberſt von Fahrensbach erregte Neid und In - grimm ſeiner Gegner und ſie verleumdeten ihn beim Churfürſten Maximilian I., indem ſie den Oberſten von Fahrensbach des Verrathes beſchuldigten. Das war da - mals die beliebteſte und ſicherſte Art, um ſich eines Mannes, der beim Kaiſer in hoher Gnade und An -ſehen ſtand und deſſen Popularität man fürchtete, zu entledigen.

Des Oberſten Hauptbelaſtungszeugen waren Wallenſtein, Herzog von Friedland, Obriſt Aldringer und General Graf Cratz von Scharfenſtein.

Obriſt von Fahrensbach wurde nach dem Abzuge der Schweden in Haft genommen und in Unterſuchung gezogen. Ein ganzes Jahr dauerte dieſelbe.

Am 5. Mai 1633 traf die kaiſerliche und bayeriſche Armee am Marſche nach der Pfalz in Regensburg ein. Obriſt von Fahrensbach, der als Arreſtant auf einem Wagen mitgeführt wurde, erhielt ſein Quartier bei der Familie Pürkl. Hier bekam er auch die Nachricht, daß ſeine Frau für ihn beim Kaiſer Pardon erwirkt habe.

Obriſt Aldringer, der von ſeinen Freunden aus Wien von der bevorſtehenden Begnadigung Fahrens - bach’s ebenfalls Kenntniß erhalten hatte, drängte die Kriegsgerichtsbeiſitzer, ihr Urtheil über Fahrensbach ſofort zu ſprechen.

Das Kriegsgericht, dem außer Aldringer noch die Obriſten Fugger, Cronberger, Graf Rudberg und Andere angehörten, verurtheilte den Obriſten von Fahrensbach zum Tode durch das Schwert. Dieſes Urtheil wurde damit begründet, es ſei erwieſen, daß Obriſt von Fahrensbach ſeinen Diener unter nichtigem Vorwande aus der Feſtung hinausgeſchickt habe, damit er in Feindeshände gerathe und ſo den Zuſtand der Feſtung offenbare; auch ſei durch Ohrenzeugen feſt - geſtellt, daß Obriſt von Fahrensbach ſeinem Diener beim Abgange laut und vernehmlich zugerufen habe: Wenn Dich die Schweden fangen, ſo ſage ihnen, der Fahrensbach erwarte ſie mit Sehnſucht und wolle ſie gebührend empfangen.

Wohl verſuchte Obriſt von Fahrensbach die An - klage mit dem Hinweiſe zu entkräften, daß er ja mit Hintanſetzung ſeines Lebens die wiederholten Stürme der Schweden abgeſchlagen und den Feind zum Abzuge gezwungen habe. Es nützte ihm dies nichts, denn Alles verzieh man damals einem Officier, nur nicht daß er

Note:
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Die heutige Nummer iſt 10 Seiten ſtark.
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2Reichspoſt Wien, Dienſtag 12. October 1897 233

in Frage zu ſtellen. Eine größere Abwehrmehrheit gegen gonvernemeniale Verſuche, die verfaſſungs - mäßigen Volksrechte und Volksfreiheiten zu beſchränken, dürfte davon auf jeden Fall zu erwarten ſein.

Was dem Hamburger Beſchluſſe aber die prin - cipielle Bedeutung verleiht, iſt der Umſtand, daß die deutſche Socialdemokratie vom Boden der princi - piellen Negation auf den Boden des Opportunismus getreten iſt; daß ſie poſitiv mitzuwirken geſonnen iſt, an der parlamentariſchen Arbeit, indem ſie im Intereſſe des Schutzes der Volksrechte, zur Wahl auch bürger - licher Parteimänner mitwirkt, wofern Letztere nur für den Schutz der Volksfreiheiten geſonnen ſind. Die deutſche Socialdemokratie hat auch verzichtet, gegen das Dreiclaſſen-Wahlſyſtem durch Abſtinenz und Paſſivität zu proteſtiren, ſie hat ſich vielmehr auf den Boden der Windthorſt’ſchen Taktik geſtellt, der einſt im Parlamente geſagt: Er gehe von dem Grundſatze aus, daß Abſti - nenzpolitik ſtets ein Fehler ſei, daß man auf kein er - laubtes Mittel verzichten darf, ſich parlamentariſch zur Geltung zu bringen, mag man auch über Vergewalti - gung noch ſo ſehr zu klagen haben.

Die Socialdemokratie in Deutſchland iſt nament - lich durch Bebel’s Einfluß immer praktiſcher, immer poſitiver, immer opportuniſtiſcher geworden. Sie hat immer mehr die Alluren einer Nur-Neinſage - Partei abgelegt, und dies beſonders, ſeitdem dank dem allgemeinen Wahlrecht des Reichstages, immer mehr ſocialiſtiſche Abgeordnete ins Parlament eingezogen und dadurch zu poſitiver Arbeit verpflichtet worden ſind. Auch die Aufhebung des Socialiſtengeſetzes hat dazu mächtig beigetragen, und es erfüllt ſich da immer mehr die Vorausſage Windthorſt’s, daß die Socialdemokratie umſo ungefährlicher werden muß, je weniger man ſie durch Ausnahmegeſetze zu Märtyrern ſtempelt und je mehr man ſie zu poſitiver Arbeit heranzieht. Im An - fange wir ſehen das ja ſchon bei uns in Oeſterreich werden die ſocialiſtiſchen Abgeordneten ja in Randal, Scandal, Oppoſition und Obſtruction genug machen, aber immer mehr wird das Volk, werden die Arbeiter auch von ihnen poſitive Thaten fordern.

Die Arbeiter werden ſich nicht mit den Phraſen vom Zukunftsſtaat abſpeiſen laſſen, ſondern von den eigenen Abgeordneten geſetzliche Schutz - und För - derungsarbeit verlangen, umſomehr, wenn es andere Parteien gibt, die für ſociale Reformen zu Gunſten des Arbeiterſtandes energiſch eintreten und damit etwas erreichen für die gegen - wärtige Noth, zur Abhilfe momentan drückender Zu - ſtände. Iſt aber die Socialdemokratie einmal zu poſitiver politiſcher Arbeit herangezogen, ſo verliert ſie immer mehr den Charakter einer bloßen Umſturzpartei, ſie wird gezwungen, eine ſociale Reformpartei auf dem Boden der jetzigen Geſell - ſchaftsordnung zu werden, das heißt ſie wird mitwirken müſſen, die jetzige Geſellſchaftsordnung zu reformiren, ſtatt ſie umzuſtürzen. Man begreift darum, daß ſich in Hamburg eine ſo ſtarke Oppoſition gegen die Bebel’ſchen Anträge entfaltet hat, und die Gründe vom rein ſocialdemokratiſchen Parteiſtandpunkte aus ſprachen jedenfalls gegen Bebel, vom Stand - punkte des Volks - und Arbeiterinter - eſſes aber für ihn und ſeinen Antrag. Daß letztere ſiegten, muß jede Volkspartei begrüßen. In Oeſter - reich hätten ſie wohl nicht geſiegt.

Politiſche Rundſchau.

Oeſterreich.

Der gemeinſame Miniſterrath,

der geſtern unter dem Vorſitze des Kaiſers abgehalten wurde, be - ſchäftigte ſich mit der Feſtſtellung des gemeinſamen Budgets und mit der endgiltigen Feſtſtellung des Aus - gleichsproviſoriums. Die auf das letztere bezüglichen Vorlagen ſollen dem Abgeordnetenhauſe ſchon in der morgigen Sitzung zugehen. Von der Beſtimmung des Termines zur Einberufung der Delegationen wurde Abſtand genommen, weil die ungariſchen Miniſter daran feſthalten, daß vor Einberufung der Delegationen das Ausgleichsproviſorium parlamentariſch erledigt wer - den muß.

Der Polenclub

hat ſchon wieder Separat - wünſche, die er in ſeiner letzten Sitzung verkündete. Nach dem Beſchluſſe, den hervorragendſten Führern des Polenclubs Ehrengaben, beſtehend aus Prachtalbums mit den Photographien ſämmtlicher Abgeordneten, zu überreichen, wurden mehrere den Nothſtand in verſchie - denen Theilen Galiziens betreffende Petitionen, den pol - niſchen Mitgliedern des Budgetausſchuſſes zur raſchen Erledigung überwieſen und weiters beſchloſſen, die ungeſäumte Inangriffnahme des Baues der Localbahn Przeworski Rozwadow zu urgiren. Hierauf führten zahlreiche Mitglieder, hauptſächlich die Agrarier, Klage gegen den Gewerbe-Inſpector für Galizien. Derſelbe hat nämlich in einem Circulare eine ſtricte Durch - führung der Sonntagsruhe im Sinne des Gewerbe - geſetzes in den galiziſchen Branntweinbrennereien ange - ordnet. Die Mitglieder des Polenclubs ſehen nun in dieſer Anordnung eine Sekkatur, eine Schädigung der galiziſchen Induſtrie. Weder die Sonntagsruhe, noch die Abkürzung der Arbeitszeit laſſen ſich in Galizien durch - führen. Dies ſei gut in der Theorie, nicht aber in der Praxis. Nur ein einziger Abgeordneter vertheidigte den Gewerbe - inſpector und die Sonntagsruhe. Es wurde beſchloſſen, beim Miniſterium die Zurückziehung der Verfügungen des Gewerbeinſpectors anzuſtreben. Da hätten wir alſo ſo einen Separatwunſch des Polenclubs. Der Club iſt noch ſehr beſcheiden, er verlangt nur die Zurückziehung der Verfügungen des Gewerbeinſpectors. Er hätteja eben ſo gut das Verlangen erheben können, nach Ab - berufung des Gewerbeinſpectors, der es wagte von den polniſchen Schlachzizen und ihren jüdiſchen Pächtern und induſtriellen Berufsgenoſſen die Einhaltung der Sonntagsruhe zu fordern. Vielleicht würde der Wunſch des Polenclubs Berückſichtigung gefunden haben, denn man ſagt ſich, daß ſein Gönner im Miniſterium ein großer Schätzer der Juden iſt. Intereſſant, wenn auch nicht Neues bietend, wäre jeden - falls die Darlegung der Urſachen, warum weder die Sonntagsruhe noch die Verkürzung der Arbeitszeit in Galizien durchführbar ſei. Ferner faßte der Polenclub den Beſchluß, unter Feſthalten an den Grundſätzen des Adreßentwurfes der Majorität, die Regierung in aufrichtiger Weiſe zu unterſtützen und mit den anderen Gruppen der Majorität loyal zu - ſammenzugehen. Jedes ſchroffe oder aggreſſive Auftreten gegen die Gruppen der Minorität will der Polenclub möglichſt vermeiden und ſo zur Förderung der legis - lativen Arbeiten und Geſundung der parlamentariſchen Verhältniſſe beitragen.

Die Landtagserſatzwahl

in dem früher von Ernſt Vergani vertretenen Bezirke iſt reſultatlos ge - blieben. Es wurden nämlich 2063 giltige Stimmen ab -gegeben. Davon erhielten der Chriſtlichſociale Vergani 880, der Candidat der Deutſchnationalen, Riether, 753, Hochedlinger 359 Stimmen, ſo daß eine Stichwahl nöthig wurde.

Die Landtagserſatzwahl

im Wahlbezirke des Zolkiewer Grundbeſitzes wurde für den 11. No - vember ausgeſchrieben.

Ein galiziſcher Städtetag

findet demnächſt in Lemberg ſtatt, welcher ſich mit folgenden Fragen beſchäftigen wird: Genaue Feſtſtellung der Agenden des eigenen und des übertragenen Wirkungskreiſes der Gemeinden und Entſchädigung der Letzteren für die Beſorgung der Agenden im übertragenen Wirkungs - kreiſe; Steuereinhebung durch die Gemeinden; Ver - ſchonung der Perſonaleinkommenſteuer von ſämmtlichen Zuſchlägen.

Zur Berufung des Prof. Dr. Hirn

in das Miniſterium für Cultus und Unterricht, der eine ge - wiſſe politiſche Bedeutung nicht abzuſprechen iſt, ſchreiben die Nar. Liſty :

Dr. Joſef Hirn, Profeſſor der Geſchichte an der Inns - brucker Univerſität, Mitglied des Landesſchulrathes und hervorragender Anhänger der deutſchconſervativen Partei iſt in das Miniſterium für Cultus und Unterricht berufen und dem Departement für Volksſchulen zur Dienſtleiſtung zu - getheilt worden. Die Berufung dieſes Univerſitätsprofeſſors war bereits mehrere Jahre in Sicht und ſteht in gar keinem Zuſammenhange mit den gegenwärtigen politiſchen und parlamentariſchen Zuſtänden. Dieſelbe iſt einzig und allein aus ſachlichen Motiven erfolgt. Prof. Dr. Hirn iſt nämlich der einzige Univerſitätsprofeſſor in Oeſterreich, der eine lange an einem Pädagogium abſolvirte Dienſt - zeit aufweiſt. Dieſes Moment war das entſcheidende. Die Thronrede hat bereits in Vorbereitung befindliche Reform der Pädagogien angekündigt und Dr. Hirn iſt zum zeitweiligen Dienſt nach Wien berufen worden, um vermöge ſeiner Erfahrungen bei dieſer Reform mitzuwirken. Hirn genießt als Hiſtoriker einen klangvollen Namen und ſeine Tiroler Freunde verſichern, daß er ein edler Charakter von gemäßigt conſervativer Geſinnung iſt.

Ungarn.

Abgeordnetenhaus.

In der heutigen kurzen Sitzung des Abgeordnetenhauſes widmete der Präſident dem verſtorbenen Abgeordneten Ignaz Helfy einen warmen Nachruf. Sodann wurde beſchloſſen, an dem Sarge des Verſtorbenen einen Kranz niederzulegen. Hierauf wurden einige Vicinalbahnvor - lagen erledigt und die Sitzung geſchloſſen. In der morgigen Sitzung wird der Miniſterpräſident die Interpellation des Abg. Koſſuth bezüglich der griechiſch-türkiſchen Friedens - verhandlungen beantworten.

Serbiſcher Kirchencongreß.

In Karlowitz fand geſtern unter dem Vorſitze des Patriarchen Brankowics eine Conferenz der Mitglieder des ſerbiſchen Kirchen - congreſſes behufs Erzielung einer Einigung in der Frage der ſerbiſchen Kirchenautonomie ſtatt, an welcher außer den Vertretern des Episcopats die geiſtlichen und weltlichen Vertreter der ſerbiſchen Kirchengemeinde theil - nahmen. Ueber einige Fragen wurde ſchon in der Con - ferenz eine Einigung erzielt, während zur Berathung der reſtlichen Fragen ein Comité eingeſetzt wurde.

Das öſterreichiſche Regulativ

für die Ver - ſicherungsgeſellſchaften convenirt den ungariſchen Unter - nehmungen, welche in Oeſterreich Verſicherungsgeſchäfte betreiben nicht, und ſie haben den Abg. Dr. Armin Neumann beauftragt, im Abgeordnetenhauſe eine bezügliche Interpellation an den Handelsminiſter zu richten.

tapſerer, geſcheidter und tüchtiger ſei als ſein Höherer, namentlich wenn derſelbe zufälligerweiſe ein Graf war.

Am Tage der Hinrichtung ließ ſich Fahrensbach, nachdem er gebeichtet und communicirt hatte, aus dem Gaſthauſe zum goldenen Kreuz ein ausgiebiges und gutes Eſſen bringen.

Schlag neun Uhr fuhr der Sünderwagen vor und der Oberſt wurde auſgefordert, herauszugehen. An - fänglich drohte er Jeden, der ſich ihm nähern würde, mit dem Tiſchmeſſer zu erſtechen, ſchließlich ließ er ſich jedoch bereden und beſtieg mit zwei Jeſuitenpatres den Wagen.

Am Kornmarkt, wo die Enthauptung ſtattfinden ſollte, betheuerte der Oberſt nochmals ſeine Unſchuld und ſprach mit lauter Stimme zum ſchauluſtigen Volke: Ich ſterbe ſo unſchuldig wie ein Kind, das erſt geboren wurde! Ich weiß, warum man mich alten Mann des Treubruchs und Verraths beinzichtigt, auch weiß ich, wer es ſchurkiſcher Weiſe gethan! Ich muß ſterben! Gut! Doch Dich Herzog von Friedland und Dich, Aldringer, fordere ich, wegen Eueres Meineids, binnen Jahr und Tag vor den Richterſtuhl Gottes, auf daß Ihr Rechenſchaft ablegt. Dich aber, Graf von Scharfen - ſtein, hole der Henker! Amen, Amen, Amen!

Leichenfahl, keines Wortes mächtig, ſtanden die ſo ſchwer Beinzichtigten da.

Obriſt von Fahrensbach kniete ſich nieder und rief dem Henker zu: Mache Deine Sache gut!

In dem Augenblick, als das Schwert niederſauſte, rief Obriſt Aldringer dem Delinquenten das Wort Schurke zu. Fahrensbach wandte ſich auf dies hin um, und die Klinge des Schwertes gieng über den Kopf hinweg und verletzte den Obriſten an der Achſel.

Bluttriefend ſprang Fahrensbach auf und wollte einem Sergeanten die Wehr entreißen, um damit Aldringer für das ihm Angeſichts des Todes zuge - ſchleuderte Schimpfwort zu züchtigen. Die Zuſchauerriefen Fahrensbach hat ſein Urtheil ausgeſtanden, ihm muß Gnade werden!

Der berühmte Arzt Dr. Andreas Rulandus, der ſich ebenfalls unter den Zuſchauern befand, rief dem Obriſten von Fahrensbach zu: Steigen Sie herab, ich will Sie in die Cur nehmen und vollkommen heilen!

Da die Menge ſtürmiſch die Freilaſſung des Oberſten begehrte und ſchon Anſtalten machte, denſelben gewaltſam zu befreien, befahl General Graf Cratz den vier Henkersknechten, den Obriſten von Fahrensbach niederzuhauen, was auch in beſtialiſcher Weiſe geſchah.

Der mitleidige Doctor Andreas Rulandus wurde, von Soldaten halbtodt geſchlagen, auf die Stockwache geführt, dort jedoch vom General Graf Cratz mit einem ſtrengen Verweis wieder entlaſſen.

Ein Bürger meinte beim Nachhauſegehen zu ſeinem Nachbarn, es ſei empörend, daß man einen alten Haudegen und tapferen Obriſten wie einen ſchweren Verbrecher hingerichtet habe. Hierauf erwiderte ihm der Nachbar:

Ich glaube ſelbſt, daß Fahrensbach unſchuldig war, aber er hat im Laufe der Jahre ſolche Streiche ausgeführt, daß er dafür allein ſchon zehnmal den Tod verdient hätte.

Meinſt Du, mein Sohn? frug plötzlich der Beichtvater des gerichteten Oberſten, P. Dyſſot, der dieſes Zweigeſpräch mit angehört hatte, und ſagte dann: Mein Sohn, Du urtheilſt ſchlimm. Obriſt von Fahrensbach iſt unſchuldig gerichtet worden.

Dies geſchah am 10. Mai 1633, am Jahrestage der Erſtürmung Magdeburgs, bei welcher Obriſt von Fahrensbach Wunder von Tapferkeit vollführt hatte. Tags darauf, am 11. Mai, langte vom Hofe zu Wien ein Courier mit dem kaiſerlichen Pardon ein.

Das Volk ließ es ſich nicht nehmen und behauptete ſteif und feſt, Graf Cratz habe um den Pardon ge -wußt und nur aus paſſionirtem Ge - müthe mit der Execution ſo geeilt.

Die zerſtückelte Leiche Fahrensbach’s wurde in einen Sarg gethan und in der Franciscanerkirche zu Regensburg beigeſetzt.

Das Schickſal hat die drei Officiere, auf deren bewußte falſche Ausſagen hin Obriſt von Fahrensbach verurtheilt und gerichtet wurde, ereilt.

General Graf Cratz von Scharfenſtein wurde an Stelle des gemordeten Fahrensbach, Commandant der Feſtung Ingolſtadt. Er wurde verdächtigt, mit den Schweden zu liebäugeln und ſollte in Unterſuchung ge - zogen werden. Unter der Ausrede, er wolle einen Ritt zur kaiſerlichen Majeſtät nach Wien machen, um ſich vom Verdachte zu reinigen, ging er zu den Schweden über.

In der Schlacht bei Nördlingen am 7. September 1634 wurde der verrätheriſche Graf gefangen, nach Wien gebracht und daſelbſt im Jahre 1635 ent - hauptet.

Wallenſtein wurde, wie bekannt, am 25. Februar 1634 ermordet. Aber auch Aldringer mußte noch in dieſem Jahre vor den Richterſtuhl Gottes treten. Ueber den Tod dieſes Mannes berichtet die Priorin von Maria-Stein, Clara Staigerin, in ihrem Tagebuche wie folgt:

Den 20. July 1634 kombt böſſe Zeitung, daß der feindt Lanzhuet mit ſtürmeter Handt eingenommen, vnd die Inwonenten übel tractirt habe, welches von vnſerm Volckh gar wol hete kinden fürkommen werden, wen der General Altringer nit mit falſcher practickh dem feindt het luſſt gelaſſen, der vrſachen er von einem gemainen Soldaten erſchoſſen vnd darauff er - ſoffen iſt, gott verzeih jm jn ewigkait!

So endeten die meineidigen Ankläger des un - ſchuldig gerichteten tapferen Obriſten von Fahrensbach.

3233 Wien, Dienſtag Reichspoſt 12. October 1897

Ein wirkſames Heilmittel gegen den Socialismus

ſoll man in Ungarn gefunden haben. Als Erfinder oder Entdecker wird die Congregation des Bekeſer Comitates bezeichnet, die an den Finanz - miniſter, den Handelsminiſter, den Landesvertheidigungs - miniſter und den Miniſter des Innern Petitionen ge - richtet hat, worin ſie bittet, den ſtaatlichen Bedarf an Hausinduſtrieartikeln, womöglich im Békéſer Comitat zu beſtellen, da dies ein wirkſames Heilmittel gegen den Socialismus bilden würde.

Ueber neuerliche Unruhen

wird aus dem ſla - voniſchen Dorfe Zavalje berichtet, woſelbſt ſich ebenfalls das Gerücht verbreitete, daß Ungarn dieſen Ort annectiren wolle. Die Einwohner verſammelten ſich im Wirthshauſe und zogen dann vor das Gemeinde - haus. Etwa fünfhundert Bauern verlangten in drohen - der Haltung, daß man die verſteckte ungariſche Fahne herausgeben ſolle. Als man ihnen ſagte, daß dieſe Ge - rüchte nicht auf Wahrheit beruhen, verſuchte die Menge das Gemeindehaus zu ſtürmen. Es entſpann ſich ein heftiger Kampf um das Gemeindehaus und es ſchien, daß die aufgeregte Menge den Sieg davontragen würde. Erſt als aus der benachbarten Ortſchaft Bisce Succurs eintraf, gelang es, die Tumultuanten zu vertreiben. Nähere Details über dieſen Vorfall fehlen. Unter den wegen Anſtiftung zu bäuerlichen Unruhen in Sjenica dem Agramer Gerichtshofe Ein - gelieſerten befindet ſich auch der Bürgermeiſter von Vrginmoſt, Michael Mrkobrada.

Das Marktverbot in Petrinja,

welches wegen der Unruhen in Sjenica erlaſſen worden war, iſt wieder aufgehoben worden.

Deutſches Reich. Die Landtagswahlen in Sachſen.

Bei der Abgeordnetenwahl zur zweiten Kammer der Ständeverſammlung wurden 16 Conſervative, 11 Na - tionalliberale und 4 Cartellcandidaten gewählt. Der Landtag iſt für den 9. November einberufen.

Spanien.

Der Gouverneurwechſel auf Cuba.

Das Amtsblatt veröffentlicht das Decret, durch welches General Weyler abberufen und General Blanco zum Gouverneur von Cuba ernannt wird. Die Abfahrt Blanco’s nach Havannah wird am 15. d. M. von Cadix aus erfolgen. General Weyler wird unverweilt zurückkehren. Bis zum Eintreffen Blanco’s ſollte der Commandant-Stellvertreter, General Ahamada, die Functionen des General-Gouverneurs übernehmen. Nachdem aber auch dieſer ſeine Stelle niedergelegt hat, wird General Caſtellanos interimiſtiſch das Com - mando übernehmen.

Der Aufſtand auf den Philippinen.

Der Miniſterrath erkannte die Nothwendigkeit, Verſtärkungen nach den Philippinen zu ſchicken. Die Rückberufung des Generals Primo Rivera wird unverweilt erwartet. Dem Imparcial zu Folge behaupten die Aufſtändiſchen Stellungen in ſechs Provinzen.

Frankreich. Miniſterpräſident Meline

ſprach geſtern in Remiremont und entwickelte, wie jüngſt der Miniſter des Innern in Bayonne, das Programm der Regierung. Er wies den Vorwurf zurück, die republika - niſche Partei in zwei Lager geſpalten zu haben, und machte für die Spaltung die Radicalen verantwortlich, die ſich gegen die Socialiſten wendeten. Er appellirt an die Vereinigung aller Republikaner, deren Programm weder die Reaction noch die Revolution umfaſſe und ſagt, die nächſten Aufgaben der Kammer würden haupt - ſächlich in der Decentraliſation der Verwaltung und in der Organiſation von Penſions - und Altersverſorgungs - caſſen beſtehen müſſen. Bei der Beſprechung der äußeren Politik ſagte der Miniſterpräſident: Es iſt uns Dank der unbeugſamen Beharrlichkeit Hanotaux gelungen, den Brand im Oriente einzudämmen, und wie ich hoffe, zu erſticken. Das europäiſche Concert iſt vor Allem durch die enge Verbindung und durch die Intereſſen - gemeinſamkeit unſerer Diplomatie mit der mächtigen, befreundeten und verbündeten Nation möglich geworden.

Italien. Die Steuerreform

hat in Italien große Unzu - friedenheit erregt, die u. A. in der Veranſtaltung eines Meetings Ausdruck fand, das geſtern von Kauf - leuten Roms abgehalten wurde und die Berathung der Haltung gegenüber der Erhöhung der Einkommen - ſteuer-Bemeſſung zum Gegenſtande hatte. Es wurde die Veranſtaltung einer Demonſtration in Erwägung gezogen und zwar ſoll heute ein Zug vom Capitol die Delegirten der Kaufleute zum Miniſter des Innern begleiten, die beauftragt ſind, mit den Miniſtern zu verhandeln. Während dieſer Demonſtration, in der Zeit von 2 bis 4 Uhr Nachmittags ſollen die Geſchäftegeſperrt werden.

Gemeindezeitung.

Die Wahlen in den Bezirksſchulrath

haben das vorausſichtliche Reſultat gezeitigt, daß keiner der Bewerber die abſolute Majorität erreicht hat. Es wurden 3161 giltige Stimmen abgegeben. Davon er - hielten Carl Seitz 1511, Sigmund Sonntag 1352, Alfred Seipel 1267, R Rehling 1131,Fanny Borſchitzky 1031, Felix Knotz 805 Stimmen. Die abſolute Majorität beträgt 1581 Stim - men, die demnach keiner der Bewerber erreicht hat. Es iſt immer noch unentſchieden, zu welcher Anſchauung ſich die maßgebenden Factoren entſchließen werden, ob für die Giltigkeit der Wahl die relative oder abſolute Majorität beſtimmend iſt.

Sitzungen im Rathhauſe.

Im Laufe dieſer Woche hält der Gemeinderath eine Sitzung am Frei - tag ab; Stadtrathsſitzungen finden ſtatt am Dienſtag, Mittwoch, Donnerſtag und Freitag.

Zur Verbauung der Irrenhausgründe.

Die Bedingungen, welche die Commune Wien an die Ver - wirklichung des Projectes der Verwendung der Irrenhaus - gründe zur Errichtung mediciniſcher Kliniken ſtellt, haben wir ſeiner Zeit ausführlich mitgetheilt. Am 7. d. M. iſt nunmehr eine aus den betheiligten Factoren beſchickte Commiſſion in der Irrenanſtalt erſchienen und hat dort ihren Standpunkt in der Frage klargelegt. Nach vor - läufig noch zu beſtätigenden Gerüchten ſeien die Bedin - gungen der Commune für die mediciniſche Facultät unannehmbar. Dennoch glaubt man, werde die Com - mune in dieſer Angelegenheit noch umzuſtimmen ſein.

Verſtaatlichung des Approviſionirungs - weſens.

Eine ſaftige Ente leiſtet ſich heute ein jüdi - ſches Montagsblatt, indem es behauptet, der Statt - halter beabſichtige die Verſtaatlichung des Approviſionirungsweſens in Wien. Das Blatt will dieſe Nachricht von ſehr vertrauenswürdiger Seite haben, was uns jedoch nicht hindert, die hübſche Geſchichte für ſehr wenig Vertrauen erweckend zu halten.

Tagesbericht.

* Kalender für Dienſtag, den 11. October.

Katholiken: Maximilian. Griechen (30. Sept.) Gregor. Sonnenaufgang um 6 Uhr 16 Minuten Morgens. Sonnenuntergang 5 Uhr 16 Minuten Abends. Mondesaufgang 5 Uhr 30 Minuten Abends. Mondesuntergang 8 Uhr 16 Minuten Morgens. Tages - länge 11 Stunden Minuten. Nachtlänge 13 Stunden Minuten.

* Hof - und Perſonalnachrichten.

Prinz Leo - pold von Baiern iſt geſtern Vormittags nach Buda - peſt abgereiſt. Prinz Ferdinand von Ru - mänien, welcher von ſeiner Erkrankung nunmehr voll - ſtändig hergeſtellt iſt, und deſſen Gemalin Kronprinzeſſin Marie von Rumänien treffen Donnerſtag, den 14. d., Abends mit dem Schnellzuge der Staatsbahn aus Bukareſt hier ein. Der kön. großbritanniſche Staats - ſecretär Herr Francis Bertie traf geſtern aus London hier ein. Der kaiſ. ruſſiſche Jägermeiſter Johann von Balaſchew hat ſich geſtern nach St. Petersburg be - geben.

* Auszeichnungen und Ernennungen.

Dem bei der Landesregierung in Klagenfurt in Verwendung ſtehen - den Bezirkshauptmanne Max Ritter von Grabmayr wurde der Titel und Charakter eines Landesregierungs - rathes verliehen. Der penſionirte Director des Gefall - amtes in Prag, Johann Zatecky, wurde zum kaiſer - lichen Rath ernannt. Der wirkliche Lehrer an der Staatshandwerkerſchule in Tetſchen, Johann Dicke, wurde zum wirklichen Lehrer an der Staatsgewerbeſchule in Salz - burg ernannt. Der Rathsſecretäradjunct Dr. Karl Frh. von Heinold wurde zum Hoffecretär und der Bezirks - commiſſär der mähriſchen k. k. Statthalterei, Oswald Görtz von Aſtein zum Rathſecretärs-Adjuncten bei dieſem k. k. Gerichtshofe befördert.

* König Albert von Sachſen.

Bei dem Kaiſer fand geſtern Abends um 6 Uhr in der kleinen Galerie zu Schönbrunn ein Diner ſtatt, worauf die Abreiſe des Königs erfolgte. Der Kaiſer nahm in herzlichſter Weiſe von ſeinem königlichen Freunde Abſchied, um - armte und küßte denſelben wiederholt. Der König ver - abſchiedete ſich dann von dem Erzherzog Otto und beſtieg den Zug, der ſich um 9 Uhr 30 Min. in Bewegung ſetzte und den Gaſt unſeres Kaiſers nach Dresden brachte.

* Abreiſe des Kaiſers nach Budapeſt.

Der Kaiſer verabſchiedete ſich auf dem Nordweſtbahnhofe auch von dem Erzherzog Otto, fuhr dann direct auf den Staatsbahnhof und reiſte um 10 Uhr mittels Hofſeparatzuges nach Budapeſt ab.

* Selbſtmord einer Bürgermeiſtersgattin.

Die Gemahlin des Bürgermeiſters von Rodaun, Frau Richter, eine Dame im Alter von 60 Jahren, hat ſich Samſtag in einem unbewachten Augenblick er - hängt. Die Frau litt bereits ſeit längerer Zeit an tiefer Schwermuth, bis ſich dieſes Leiden unter dem Einfluſſe des ſchlechten Wetters ſo ſehr verſchlimmerte, daß ſie Hand an ſich legte.

* Exhnmirung der ſerbiſchen Gelehrten.

Bekanntlich hat die ſerbiſche Regierung an die Gemeinde Wien das Anſuchen geſtellt, die Exhumirung der auf dem Sct. Marxer Friedhofe beigeſetzten ſterblichen Ueberreſte des Begründers der neuen ſerbiſchen Literatur, Vuk Stefanovic Kadradzic und des Sprach - forſchers Bartholomäus Kojſitav vorzunehmen, damit dieſelben nach Belgrad überführt werden können, wo ſie in der Kathedrale beigeſetzt werden ſollen. Vor der Ueberführung fand um 2 Uhr Nach - mittags auf dem Sct. Marxer Friedhofe eine Trauerfeier ſtatt, zu welcher ſich eine Anzahl hervorragender Perſönlichkeiten eingefunden hatten, u. A. der ſerbiſche Geſandte Michalovic, Miniſterial - rath Rezek in Vertretung des Unterrichtsminiſters, Bürgermeiſter Dr. Lueger, Hofrath Zagic als Vertreter der Akademie der Wiſſenſchaften, Profeſſor Jiricek als Vertreter der Wiener Univerſität, Dr. Mantuani als Vertreter der Hofbibliothek, der Vicepräſident des Abgeordnetenhauſes Dr. Kra -marſch, die Reichsrathsabgeordneten Graf Auers - perg, Baron Schwegel, Gregorcic, Barwinski, Wienicki, Maſtalka, Povſche, Suſterſic, Vukovic, Baljak und Doctor Kvekic eingefunden hatten.

Abg. Einſpieler nahm nach katholiſchem Ritus die Einſegnung der Leiche Kopitars vor, während ſerbiſche Prieſter dasſelbe mit der Leiche Karadzic thaten. Sodann hielt Hofrath Suklje die Trauer - rede. Er betonte, daß ſich die heutige Feier nicht nur auf die beiden verwandten Brudernationen beſchränke, ſondern alle ſlaviſchen Nationen betreffe. In einer Zeit wilden, wüſten Nationalitätenhaders, da man leider ſehr oft nicht nach der Leiſtung fragt, ſondern nach der Herkunft und dem Namen, muß es uns mit beſonderer Hochachtung erfüllen, daß der Bürgermeiſter der Reichshaupt - und Reſidenzſtadt Wien (Zivio!) hier erſchienen iſt. Haben doch die beiden Verblichenen in Wiens Mauern gelebt und gewirkt und in Wien ihre beſten Werke heraus - gegeben. Hierauf ergriff Bürgermeiſter Doctor Lueger das Wort. Er ſagte: Wir Wiener werden es nie vergeſſen, daß Kopitar an der Hofbibliothek in ruhmvollſter Weiſe gewirkt. Er war auserſehen, die Schätze, welche uns im Jahre 1809 räuberiſche Hände entführt haben, wieder zurückzubringen. Ein eigenthüm - liches Geſchick wollte es, daß er und Grillparzer, unſer größter vaterländiſcher Dichter, zugleich um eine Stelle in der Hofbibliothek ſich beworben haben, und als Kopitar ſie erlangte, hat es Grillparzer neidlos anerkannt, daß er ſie mit Recht erhalten. Kopitar ſtand mit den deutſchen Schriftſtellern, mit dem Altmeiſter Goethe in Verkehr, und ſelbſt Goethe hat ſeine Verdienſte aner - kannt. Dr. Lueger feierte dann Vuk als echtes Kind des Volkes, als Self made man, der ſich emporgearbeitet, wie es nur wenige Männer vermocht haben. Doctor Lueger hob am Schluſſe ſeiner Rede noch hervor, daß Kopitar und Vuk auf einem Gebiete thätig geweſen ſeien, auf dem nach Friede herrſcht, auf dem Ge - biete des Wiſſens. Lautes und ſtürmiſches Zivio erfolgte, als Dr. Lueger geſchloſſen. Hierauf ergriff der vor - malige ſerbiſche Miniſterpräſident Novakovic das Wort und feierte die Verdienſte Kopitars um die literariſche Erziehung Vuk’s. Docent Dr. Murko pries Kopitar als den Bahnbrecher in der Auf - findung der Schätze der Poeſie aller Nationen und als den Begründer des ſprachlichen und nationalen Einig - keitsgefühles der Balkanſlaven. Damit war die Trauer - feier zu Ende. Die beiden Leichen wurden unter Ehren - geleite noch geſtern nach Belgrad überführt.

* Wählerverſammlung im 3. Bezirke.

Donnerſtag, den 14. d. M., 8 Uhr Abends, findet in Dreher’s großem Saale, Landſtraße, Hauptſtraße, eine große Wählerverſammlung ſtatt, in der Bürgermeiſter Dr. Lueger, Landes-Ausſchuß Steiner und Abg. Dr. Weiskirchner ſprechen werden. Landes-Ausſchuß Steiner wird auch die Beamtenfrage behandeln. Mit Rückſicht auf die bevorſtehenden Wahlen in die Erwerbſteuer-Commiſſionen haben ſämmtliche Steuerträger, die Beamten mit ihren Legitimations - karten, ſowie die Frauen, welche ſteuerberechtigt ſind, Zutritt.

* Ein Proteſt der jüdiſchen Cultusge - meinde.

Bekanntlich hat in der vorletzten Sitzung des Gemeinderathes der Vicebürgermeiſter Dr. Neu - mayer einen Antrag eingebracht, nach welchem eine Petition an die hohe Regierung zu richten ſei, Vor - ſtellungen gegen die maſſenhafte Ernennung jüdiſcher Richter zu erheben. Die jüdiſche Cultusgemeinde ſieht ſich natürlich hiedurch in ihren vitalſten Intereſſen be - droht. Nachdem die Juden es glücklich dahin gebracht haben, daß ſie den Geldmarkt beherrſchen, iſt ihr nächſtes und letztes Ziel das Eindringen in die geiſtigen Berufe, das ſchließlich die Unterordnung der Chriſten unter ihr Scepter bedeuten würde. Deshalb veröffent - licht der Cultusvorſtand gegen dieſen Antrag eine ge - harniſchte Proteſtkundgebung, die ſelbſtverſtändlich nicht einen Antiſemiten veranlaſſen wird, den eingeſchlagenen Weg zu verlaſſen.

* Drei Monate wegen Bismarck-Beleidie gung.

In Oſtrowo in Preußiſch-Polen wurd - dieſer Tage der Redacteur und Verleger eines polni - ſchen Blattes, Nowicki, wegen Beleidigung Bis marck’s zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt. Das Blatt brachte den Inhalt eines Zwiegeſpräches zwiſchen dem Tod und dem Teufel aus einem galiziſchen Witz - blatte. Die Verurtheilung erfolgte ſelbſtverſtändlich über Antrag Bismarck’s.

* Ignaz Helfy .

Der ungariſche Reichstags - abgeordnete Ignaz Helfy iſt heute Früh in Budapeſt geſtorben. Helfy war Anhänger der Unabhängigkeits - partei. Er hinterläßt eine Witwe.

* Das erſte Gefecht eines jüdiſchen Rekruten.

Geſtern Abends kam in ein Gaſtlocal im 16. Bezirke, wo gerade eine Anzahl chriſtlich-ſocialer Arbeiter ver - ſammelt war, ein jüdiſcher Rekrut, der ſich ohne jeden Anlaß in die Geſpräche der Gäſte einmiſchte, bis er aufgefordert wurde, das Local zu verlaſſen. Ohne jede Veranlaſſung zog nun der tapfere jüdiſche Rekrut ſein Bajonnett und fuchtelte mit demſelben den Gäſten vor der Naſe herum. Als nun ein Wachmann geholt wurde, drang der Soldat auch auf dieſen mit blanker Waffe ein. Der Wachmann zog in Folge deſſen ebenfalls vom Leder, worauf es der tapfere Makkabäer vorzog, aus - zukneifen. Er fiel jedoch zu ſeinem Unglück zwei eben vorübergehenden Schutzleuten in die Hände, welche ihn aufs Commiſſariat ſtellten, von wo ihn eine Militär - patrouille abholte.

4Wien, Dienſtag 12. October 1897 Reichspoſt 233

* Spenden für die durch Hochwaſſer Betroffenen.

Beim k. k. n. . Statthaltereipräſidium ſind an Spenden für die durch die Hochwaſſerkataſtrophe betroffenen Bewohner Niederöſterreichs bis jetzt insgeſammt 148.739 fl. 8 kr. ein - gelangt.

* Luegerbund.

Die Ortsgruppe Innere Stadt des Luegerbundes hält Montag, den 11. October, Abends 8 Uhr im Saale der Reſtauration Johann Müller, 1. Bez., Nibelungengaſſe 9 (Ecke der Eſchenbachgaſſe) ihre erſte ordentliche Vollverſammlung ab, bei welcher Gelegenheit GR. Dr. Porzer eine Anſprache halten wird. Für ge - müthliche Unterhaltung iſt nach Schluß des ernſten Theiles geſorgt.

* Aus dem Landesſchulrathe.

Der niederöſterrei - chiſche Landesſchulrath hat in der letzten Sitzung nach - folgende Präſentationen genehmigt: Johann Demel als Lehrer und Schulleiter an der Volksſchule in Langſchläger - wald; Alphons Faulhammer als Lehrer und Schulleiter an der Volksſchule in Wolfgers; Carl Weichſelberger als Oberlehrer an der Volksſchule in Etsdorf; Joſef Brait als Lehrer und Schulleiter an der Volksſchule in Heiligenblut; Thereſia Junger als Unterlehrerin an der Volksſchule für Mädchen in Krems; Johann Nedoroſt als Unterlehrer an der Volksſchule in Straß; Franz Matzke als Oberlehrer an der Volksſchule in Traunſtein; Johann Wendl als Oberlehrer an der Volksſchule in Marbach am Walde; Franz Klein als Lehrer und Schulleiter an der Volksſchule in Maierſch. Der Maria Kröhn und der Anna Petvaidic wurde die Bewilligung zur Errichtung und Führung einer Privat-Arbeitsſchule in Wien, beziehungsweiſe in Wiener - Neuſtadt, ertheilt.

* Bezirksſchulrathswahlen.

Die am Samſtag ſtattgehabte Wahl in den Bezirksſchulrath iſt reſultatlos verlaufen, da keiner der Candidaten die abſolute Ma - jorität erhielt. Es findet deßhalb Samſtag, den 23. d., eine neuerliche engere Wahl ſtatt.

* Die Mörder des Ehepaares Adelmann verhaftet.

Wir berichteten kürzlich über die Ermordung eines Ehepaares in einer Ortſchaft bei Budapeſt; nun ſind die Thäter, der Taglöhner Vella und ſeine Geliebte Roſa Varga und noch eine dritte Perſon verhaftet. Die Mörder verriethen ſich ſelbſt, indem ſie bei der Polizei die Anzeige machten, daß ihnen Wäſche - ſtücke geſtohlen wurden. Die Wäſche wurde zuſtande gebracht, die Polizei fand aber in derſelben das Mono - gramm der Ermordeten, worauf die Mörder nach kurzem Leugnen die That geſtanden.

* Eine neue Suppen - und Thee-Anſtalt.

Der Verein zur Errichtung und Erhaltung der Erſten Wiener Suppen - und Thee-Anſtalt hat ſeiner Zeit beſchloſſen, zur Feier des in das nächſte Jahr fallenden Regierungs-Jubi - läums des Kaiſers drei Suppen - und Thee-Anſtalten zu er - richten. Die erſte dieſer Jubiläums-Anſtalten wurde im ab - gelaufenen Jahre im 5. Bezirke, Reinprechtsdorferſtraße, er - richtet. Am 9. d. M. wurde die zweite Jubiläums-Anſtalt im 12. Bezirke, Schönbrunnerſtraße 32, eröffnet. Dieſe An - ſtalt iſt die neunte nunmehr vom Vereine eröffnete. Zum feierlichen Eröffnungsacte hatten ſich Statthaltereirath von Sauer, Polizeirath Blaha, ferner mehrere Bezirks - ausſchüſſe, der Präſident Herr Anton Graf ꝛc. eingefunden. Vereinspräſident Graf ſchilderte in ſeiner Eröffnungsrede die ſegensreiche Thätigkeit des Vereines und ſchloß mit einem Appell an die Verſammlung, die neuerrichtete Anſtalt zu fördern.

* Kartenlegerin und Curpfuſcherin.

Die 37jährige Zeitungsausträgerin Beatrix Hoffer, Landſtraße, Dresler - gaſſe Nr. 5 wohnhaft, wurde Samſtag vom Commiſſariate Landſtraße verhaftet und dem Landesgerichte eingeliefert. Beatrix Hoffer fand ſeit mehreren Jahren darin einen lukrativen Erwerb, daß ſie aus Karten prophezeite, ohne Licenz Effecten ausſpielte, Effectenverkäufe vermittelte, den Erlös für die verkauften Gegenſtände jedoch gar nicht oder nur zum Theile abführte. Insbeſondere aber machte ſich die Hoffer an Dienſtmädchen heran, indem ſie ſich anbot, ihnen zur Beſeitigung der Spuren begangener Fehltritte die nöthigen Medicamente zu liefern. Sie verabfolgte that - ſächlich verſchiedenen Frauensperſonen Flüſſigkeiten und ließ ſich dafür 10 bis 15 fl., ja ſogar 30 bis 50 fl. bezahlen. Fälle ſolcher Art ſind der Verhafteten bisher zwölf nach - gewieſen worden. Zumeiſt hatte der ſogenannte Cur - gebrauch , wie die Hoffer ihre Behandlung nannte, nur den Erfolg, daß die Patientinnen von Unwohlſein befallen wurden und die Cur ſelbſt einſtellten, ohne daß es zu ernſtlichen Folgen gekommen wäre. Die Handlungs - weiſe der Hoffer qualificirte ſich demgemäß mehr als Schwindel, denn als Curpfuſcherei. Bezeichnend iſt jedoch, daß Beatrix Hoffer, welche ſeit mehreren Jahren und bis in die jüngſte Zeit dieſe Art von Schwindel betrieb, ſo viele Opfer finden konnte, die bereit waren, mit ihr das Ver - brechen zu begehen. Die Zahl der Frauensperſonen, die die Cur an ſich anſtellen laſſen wollten, iſt mit den oben erwähnten zwölf Fällen keineswegs erſchöpft.

* Vom Wetter.

Ausnahmsweiſe haben einmal die Wetterpropheten recht gehabt, als ſie der verzweifelnden Menſchheit am Samſtag verkündeten, daß das Ende des frühen Winters gekommen ſei. Während ſchon geſtern, Sonntag, das Wetter zwar kühl aber wenigſtens trocken blieb, und es der Sonne, wenn auch nur auf Momente gelang, am ſpäten Nachmittag die Wolken zu durchbrechen, ließ ſich der heutige Tag als ein ſchöner, kühler Herbſttag an. Auch der charakteriſtiſche Nebel am frühen Morgen fehlte nicht, und wenn auch die Wärme der Luft bedeutend abgenommen hat, iſt es doch wenigſtens erträglich geworden. Es iſt noch einmal gelungen, den Winter zu verſcheuchen.

* Ein Gendarmeriechef als Selbſtmörder.

In Zara hat ſich der Commandant der Gendarmerie - ſtation in San Caſſiano, Stanzer, er - ſchoſſen. Aerger über eine von ſeinem Vorgeſetzten er - haltene Rüge iſt das Motiv der That.

* Kleine Localchronik.

Sonntag Nachmittags um ½3 Uhr überſiel der Taglöhner Anton Beztrucka, Wieden, Paniglgaſſe Nr. 16 wohnhaft, in der Schönburg - gaſſe ſeine Gattin Anna Beztrucka, 40 Jahre alt, und ſchlug derart mit einem Stocke auf die Frau los, daß ſie ſchwere Verletzungen am Kopfe, auf der Schulter und am Rücken erhielt. Der 20jährige Ziegeldeckergehilfe Johann Di - wald gerieth geſtern Nachts in der Hildebrandgaſſe mit[e]inem Manne in einen Streit. Derſelbe verſetzte ihm miteinem Taſchenmeſſer Stichwunden an beiden Armen, ſowie am Nacken und verletzte ihn noch überdies am Kopfe. In einer Baumaterialienhütte, die behufs der Gasröhren - legung in der Stallburggaſſe errichtet iſt, explodirte Sonn - tag Früh um ½6 Uhr in Folge Schmelzens der Nieten eine mit Ligroin gefüllte Lampe. Der in der Hütte an - weſende Wächter Joſeph Nowak, 24 Jahre alt, erlitt an beiden Armen und im Geſichte ſchwere Brandwunden und warf ſich auf einen Sandhaufen, um die brennenden Kleider zu löſchen.

* Gefälſchte Empfehlungsſchreiben.

Die geſtrigen Morgenblätter enthielten eine Nachricht, wo - nach ſich ein Schwindler mit geſälſchten Empfehlungs - ſchreiben des Hofballmuſik-Directors S[t]rauß zum Grafen Thun-Salm und zu Baron Roth - ſchild begeben habe, und dort Unterſtützungsbeträge herauslocken wollte. Durch den Umſtand, daß die Be - treffenden dem Muſikdirector Summen für den jungen Mann überſandten, kam der Schwindel auf. Wie die Polizeidirection mittheilt, handelte es ſich jedoch bei der Affaire nicht um den Hofballmuſikdirector Eduard Strauß, ſondern um den vormaligen Hofballmuſik - director Johann Strauß.

* Jubiläum der Firma Simens und Halske.

Die Firma Simens und Halske begeht morgen Dienſtag das fünfzigjährige Jubiläum ihres Beſtandes. Sie wurde 1847 mit drei Drehbänken und kaum zehn Arbeitern begründet. Heute ſind in ihren Werkſtätten etwa 300 Techniker mit 5000 Arbeitern beſchäftigt.

* Auswandererelend.

Auf dem Nordweſtbahnhofe wurde Sonntag Abends der Bauer Thomas Kleckner, deſſen Gattin Eliſabeth Kleckner, deren beide Kinder, die Bäuerin Eliſabeth Fellinger mit drei Kindern, der Bauer Johann Froh, der Bauer Andreas Stein - bauer, deſſen Gattin Juſtine mit zwei Kindern ange - halten, weil ſie durch Vermittlung eines Reiſebureau im Begriffe waren, nach Amerika auszuwandern. Eliſabeth Kleckner iſt im Augenblicke der Anhaltung in Folge eines Schlaganfalles zuſammengeſtürzt und nach wenigen Minuten geſtorben.

* Verwundeter Deutſchmeiſter.

Heute Nachts wurde nächſt der ehemaligen St. Marxerlinie der Infanteriſt des Regimentes Hoch - und Deutſchmeiſter Nr. 4 Nicolaus Zawadowicz von fünf Burſchen, mit denen er in einen Streit gerathen war, mißhandelt und ſchwer verletzt. Er wurde in das Garniſonsſpital Nr. 2 gebracht.

* Vom falſchen Erzherzog.

Reichsdeutſche Blätter bringen jetzt ausführliche Berichte über die noch vielfach dunkle Affaire, die wir unſeren Leſern nicht vorenthalten wollen. Behrend wurde in den letzten Tagen bekanntlich auch wegen Betrug und Unterſchlagung angeklagt. Die Hann. Tages-Nachr. machen nun noch folgende weitere Mit - theilungen über die Erzherzogsgeſchichte: Nach proto - kollariſchen Ausſagen ihres Bruders Franz Husmann hat Behrend ſich dem Fräulein 1896 brieflich genähert, ihr Auf - ſätze, Gedichte ꝛc., die er als ſeine eigenen ausgab, geſchickt. Er ſpiegelte ihr vor, unter dem Pſeudonym Baron von Roberts zu ſchreiben, mißbrauchte alſo den Namen eines vor Kurzem verſtorbenen bekannten Schriftſtellers und hatte ſogar die Kühnheit, ihr einige von deſſen Werken mit einer Widmung zu ſchenken. Ferner deutete er an, unter aller - lei fremden Namen leben zu müſſen, weil er von hoher Geburt ſei und mit regierenden Häuſern in Verbindung ſtehe. Auch behauptete er, er ſei im Auftrage des öſterreichiſchen Kaiſerhofes zu den Feſtlichkeiten in London befohlen worden, ſchickte ihr Briefe und Karten, angeblich aus London, die aber in Lüttich oder an einem anderen Orte zur Poſt gegeben waren, was Frl. Husmann nicht gemerkt hat. Auf dieſe Weiſe wußte er um ſich einen geheimnisvollen Nimbus zu verbreiten, Maria glaubte an ihn und verlobte ſich heimlich mit ihm. Wenn Behrend, was öfters vorkam, längere Zeit abweſend blieb, ſchrieb er angeblich von Rom, Nizza, London. Blida ꝛc. aus, legte Illuſtrationen und Karten bei; die Sendungen trugen aber, was Maria wiederum nicht merkte, die Poſt - ſtempel Lüttich, Spaa und Oſtende, auch Eſſen und Düſſel - dorf. So theilte er Frl. Maria mit, er habe auf höchſten Befehl einer Maſſenhinrichtung in Blida beiwohnen müſſen, legte eine Momentaufnahme derſelben bei mit der Be - zeichnung, wo er geſtanden mit ſeinem ſchwarzen Diener Bob. Als weiteres Mittel, ſeine Zwecke zu erreichen, ſchenkte Behrend ſeiner Braut kolorirte und nicht kolorirte Ab - bildungen von ſich. Zuweilen trug er auch Uniform unter Civilüberzieher. Er machte belgiſche Waſſerſtempel nach, be - diente ſich geheimnißvoller Siegelabdrücke, die er in ſeinen Correſpondenzen anbrachte, alles, um den Schein zu er - wecken, ſie kämen von hoher Stelle. Er ſtellte ihr einen ge - heimnißvollen Schein aus, welcher ſie in allen Lagen ihres Lebens ſchützen und ihr Hülfe angedeihen laſſen ſolle. Telegramme, an Maria adreſſirt, zeigten die Ankunft oder das Ausbleiben Seiner Hoheit an; er unterzeichnete: Graf Löwenfeld, Graf Hoßlieger . Ein von Behrend her - rührender Zettel vom 11. Mai 1896 trägt die Unterſchrift: « your faithful german prince Emil. » Auch drückte er ſich verächtlich über andere Verwandte aus. Als ſie auf einem befohlenen Stelldichein nicht erſchien, bedrohte er ſie und ihre Familie mit Vernichtung, wenn ſie nochmals ausbliebe. Gegen Mitte Auguſt d. J. trafen ſich die beiden in Spaa. Dort ſcheint auch der Fluchtplan feſtgeſtellt worden zu ſein. Daß Behrend neben ſeinem Verhältniß zu Maria Husmann auch noch andere Liebesverhältniſſe unterhielt, ſei noch nebenbei erwähnt. Behrend hat ſich von Maria Husmann ſchon ſeit Januar d. J. 1000 Mark geliehen. Zu dieſem Darlehen hatte Bertha 850 Mark beigeſteuert. In einem Berichte ſchreibt er, daß zur Zeit noch Verhältniſſe vorlägen, welche die Rückgabe dieſes Darlehens un - thunlich machen. Dagegen ſolle ſie für die Flucht Alles, was ſie beſitze, mitnehmen, namentlich das baare Geld, welches ſie flüſſig machen ſolle. Das Geld ſei nöthig, um nach geſchehener Trauung zwei Jahre weltabgeſchieden leben zu können. Soweit die am 1. d. M. zu Protokoll ge - gebenen Ausſagen von Franz Husmann und einem Ver - wandten. Fräulein Maria Husmann erklärte nachträglich, daß obige Darſtellung in allen Theilen richtig ſei. Behrend gab ihr 1896 zu verſtehen, er ſei von hoher Geburt und ſtehe mit hohen regierenden Häuſern in Verbindung. Sie habe bis vor Kurzem die feſte Ueberzeugung gehabt, den Erzherzog Franz Ferdinand von Oeſterreich vor ſich zu haben, trotzdem er ihr gegenüber nie betont habe, daß erderſelbe ſei. Im November (20.) 1896 habe er ihr einen Zettel gegeben, der mit Erzherzog d. E. unterſchrieben war. Im Jänner 1897 habe Behrend ſie gebeten, ihm 1000 M. zu geben, für die er ihr etwas kaufen und Freude bereiten wollte . Daraufhin habe ſie ihm das Geld gegeben, was ſie ſonſt nicht getran hätte. Er ſchenkte ihr zwei Bilder, die an - geblich ſeine Schlöſſer Dinant bei Lüttich und Liebenau in Schleſien darſtellten. Er gab auchan, in Schloß Kalkum bei Düſſeldorf zu wohnen. Soweit obige Ausſage der Familie Husmann. Maria Husmann ſcheint demnach ein ganz merk - würdig veranlagtes Mädchen zu ſein.

* Chriſtliche Zeitungen in den Gaſthäuſern Tirols.

Der Augsb. Poſtztg. ſchreibt Jemand aus Tirol über die maſſenhafte Verbreitung der Judenpreſſe einen bemerkenswerthen Brief, den wir im nachfolgenden reproduciren: Der Fremdenbeſuch, den Tirol im letzten Sommer wieder erhielt, war auch in dieſem Jahre ſehr bedeutend. Das iſt auch vollkommen begreiflich, Tirol iſt das Land alpiner Schönheit und biederen Volksthums. Dem ungeachtet muß heute aus dem ſchönen Lande eine laute und ernſte Klage ertönen, und zwar gilt dieſelbe der erſchreckend großen Ver - breitung der liberalen und ſocialdemokratiſchen Preſſe in den Gaſthäuſern jenes Landes, das durch ſeine Glaubenstreue und edle Vaterlandsliebe berühmt ge - worden iſt. Es iſt eine überaus beklagenswerthe, ja ſehr befremdende Erſcheinung, daß man in dem Lande eines Hofer faſt durchwegs, ja ſogar in den Gaſthöfen der entlegenſten Thäler, eine Preſſe entdeckt, welche mit den altehrwürdigen Traditionen des Landes in unver - ſöhnlichem Widerſpruche ſteht. Wir haben im letzten Sommer einen großen Theil des Landes bereiſt und dabei zahlreiche Gaſthöfe beſucht, wir erinnern uns aber nicht, auch nur ein einziges Gaſthaus entdeckt zu haben, welches nicht durch das Aufliegen religionsfeindlicher antichriſtlicher Blätter ſich ſelbſt gebrandmarkt hätte. Solche Blätter finden ſich aber auch in Gaſthöfen, deren Beſitzer als gutgeſinnte Tiroler gelten, und über deren Eingang ſich nicht ſelten ein ſchönes religiöſes Bild erhebt. Wir haben zu dieſer höchſt traurigen Erſcheinung die uns längſt bekannt war, lang geſchwiegen, wir finden es aber nunmehr an der Zeit, im Sinne vieler Katholiken, welche mit den ſchönſten Erwartungen das liebe Tirolerland Jahr für Jahr beſuchen, hierüber offen und unverhohlen unſer Befremden auszuſprechen. Vielleicht wirkt die Stimme, welche im Auslande ertönt, mehr, als Mahn - und Warnungsruf innerhalb der Tirolerberge. So viel uns bekannt iſt, waren es gerade die Wirthe Tirols, die zur glorreichen Erhebung des Landes am Beginne dieſes Jahrhunderts ſehr viel beigetragen haben. Die vielberühmten Tirolernamen: Andreas Hofer, Tharer - wirth, Kronenwirth von Hall, Peter Mayr an der Maar ſind glänzende Wirthsnamen, ſie ehren und ſchmücken die ſchönſten Blätter der Landesge - ſchichte. Sollten nun die Wirthe von heute die Lorbeeren ihrer Vorfahren zerpflücken, ſollten die Tiroler Wirthe am Abende des für Tirol glorreichen Jahrhunderts jenes Land dem Feinde ausliefern, für welches ihre uneigennützigen Standesgenoſſen in den Jahren 1805 und 1809 todesmuthig gekämpft und ruhmvoll geſiegt haben! Wir dächten, auch heute noch könnten wenigſtens die alttiroliſch geſinnten Wirthe ſich feſt aneinander ſchließen, und ſie könnten die gemein - ſame Parole ausgeben: Um keinen Preis eine religionsſeindliche Zeitung . Das wäre neu erwachen - des Tirolerthum, den gottloſen Fremden müßte es imponiren, die chriſtlich geſinnten ſommerlichen Ein - wanderer würden aber um ſo lieber Tirol beſuchen und manchen Gaſthof betreten, den ſie bisher nie oder nur ungern zu ihrem Aufenthalte erwählten. Wer ſich aber auf die ſchlechte Preſſe durchaus capricirt, ſoll ſie ſelbſt beſtellen und ſelbſt halten, und chriſtliche Zeitungen gibt es heute im In - und Auslande nach reicher Auswahl. Möge unſere ernſte, aber auch beſt - gemeinte Klage in den Tirolerbergen kräftigen Wider - hall finden, möge Tirol in Tirol nicht verloren gehen durch religionsfeindliche Blätter und jüdiſchen Geſchäftsſinn.

* Ein Schlaukopf.

In einer oſtſchweizeriſchen Gemeinde wurde ein Bürger anläßlich der Steuer - reviſion etwas höher geſchraubt. Darüber ergrimmt, äußerte er ſich u. A. öffentlich: D Hälfte vo de Gemeinderäth ſind Narre. Das ließ ſich natürlich die geſtrenge Obrigkeit nicht gefallen, ſtellte den Sünder zur Rede und verlangte, daß er die böſen Worte zurück - nehme. Er that es auch mit den Worten: D Hälfte vo de Gemeinderöt ſind kei Narre.

* Wetter.

Vorwiegend heiter und trocken, Morgen - nebel, Nachts ſehr kühl.

Kirche, Staat und Schule.

Aufruf.

Das Werk des heil. Franciscus Regis für die Ehen der Armen wird von den Armen aller Nationen der Wienerſtadt ſo ſehr in Anſpruch genommen, daß bis zum heutigen Datum 3230 Correſpondenzen und nicht weniger als 720 recommandirte Sendungen nach Ungarn nöthig waren, um den Armen zur Eheſchließung und Legitimation ihrer Kinder zu helfen. Die Caſſe des Werkes iſt total erſchöpft. Hilfe iſt dringend nothwendig Möge dieſer Bittruf nicht überhört werden! Spenden übernimmt Herr Johan Leb, Caſſier, 1. Bez., Wollzeile[2]

P. S. Chriſtliche Blätter werden um Nachdruck gebeten.

5233 Reichspoſt Wien, Dienſtag 12. October 1897

Fälſchungen der Politik .

Die Prager Politik fällt mit der ganzen Wucht ihres Zornes über die Reichspoſt und ihren Heraus - geber wegen des Artikels Reinecke Fuchs als Rath - geber her, in welchem wir eine in dieſem Blatte unter Tageschronik unter dem Titel Das Ghetto des Schulvereines erſchienene lange Stilübung behandelten, die ganz dem Geiſte und der jüdiſchen Manier dieſes nationalen Hetzorgans entſprach. Wir werden dabei in üblicher decorativer Ausſchmückung der Fälſchung geziehen, weil wir thatſächlich überſehen hatten, daß die Politik , welche ganze Spalten und Seiten aus anderen Blättern mittelſt Scheerenthätigkeit zu übernehmen pflegt, hier nicht Originalarbeit geliefert, ſondern einen langen Paſſus der jüdiſchen Wiener Allg. Zeitung citirt und für ihre Zwecke verwerthet hatte. Das conſtatiren wir. Im Uebrigen behält das in unſerem Artikel Geſagte die vollſte Berechtigung. Die gemeinen perſönlichen Anwürfe der Politik , echt jüdiſche Waare, würdigen wir keines Wortes.

Gerade die Politik iſt es aber, die in dieſem Falle in unerhörter Art gethan, was ſie Anderen zu - muther; denn ſie hat in Sachen des Schulvereins - beſchluſſes eine verblüffende Fälſchung ſeines Inhaltes ſich erlaubt, um daraus für ihre Zwecke Hetzmaterial zu gewinnen. Das beweiſt ihr Leitartikel vom 5. d. M.: Das Ghetto des Schulvereins , der früher bei uns ganz unbeachtet geblieben war, und den wir jetztdafür als Beweis citiren.

Wir ſtehen wahrlich nicht im Verdachte, für den liberalen Deutſchen Schulverein einzutreten. Aber ſeine Beſchlüſſe durch eine kühne Unterſchiebung behufs nationaler Agitation und Anlockung der Judenſchaft aufgelegt zu fälſchen und daraus fortgeſetzt Capital zu ſchlagen: das bringt doch nur ein Blatt, wie die Politik fertig. Das wollen wir hier näher beleuchten.

Wie die antiſemitiſch-deutſchnationale Richtung in Turnverbänden gegenüber der Centralleitung früher ſchon durchgeſetzt hat, daß neben der großen Maſſe gemiſchter jüdiſch-chriſtlicher Vereine auch einzelne judenreine gebildet wer - den dürfen, ebenſo iſt bei der letzten Hauptverſammlung des gründlich verjudeten Schulvereines dieſes Zugeſtändniß ſeitens der antiſemitiſch-deutſchnationalen Minorität ge - fordert und ihr endlich gewährt worden, um deren Austritt zu hintanzuhalten In dieſem Sinne lautete ausdrücklich der vermittelnde Vorſchlag des Aus - ſchuſſes durch Dr. Groß, worin die Berichte aller Wiener liberalen Blätter vom 4. d. übereinſtimmen.

Und wie verdreht und fälſcht nun die Politik dieſen Beſchluß? Sie behauptet, daß die Juden durch denſelben aus dem eigentlichen Vereine fortan ausgeſchloſſen ſeien, und daß ſie ſich nur noch unter einander in jüdiſchen Ghetto’s des Schul - vereines getrennt durch räumliche Abſonderung con - ſtituiren dürften, um ſo ihre Judenſteuer nach mittelalterlicher Art in die Schulvereinscaſſen zu zahlen. Dabei vergießt die Politik unter großem Jammer viele Thränen über die ſo verfolgten deutſch-freundlichen (!) Iſraeliten , welche ſie offenbar gern an ihre nationale Bruſt drückte, und um deren Zukunft ſie entſetzlich beſorgt iſt. Dieſes charakteriſtiſche Fälſcherſtücklein des Politik-Leitartikels in einer derart öffentlichen Sache vom 5. d. lautet wörtlich:

Die Juden ſind fortan aus dem eigentlichen Vereine, in welchem ſich die deutſchnationale Elite be - findet, ausgeſchloſſen. Sie dürfen ſich je - doch untereinander organiſiren und in dieſer Separation zahlen, ſo viel ſie nur wollen. Das iſt das einzige, was ihnen die Nationalen verſtatten. Wie ingeniös doch der Einfall der Herren Weitlof und Groß iſt! Sie führten dadurch nicht bloß die begehrte Zweitheilung durch, ſie moderniſirten zugleich auch eine mittelalterliche Idee, indem ſie den alten Gedanken der räumlichen Abſonderug der Juden guf das moderne Vereinsweſen übertrugen und auf dieſe Weiſe de facto ein Ghetto des Schulvereins ſchufen, deſſen Mitglieder wieder eine Judenſteuer zu zahlen haben, wie in den düſteren Zeiten des Vormärz, dieſes Mal in Form von Schulvereinsgulden, die von der antiſemitiſchen Obrigkeit huldreich eingeſäckelt werden nach dem alten löblichen Grundſatze » pecunia non olet «. Und die deutſchfreundlichen Iſraeliten werden in aller Demuth auch dieſe Erniedrigung über ſich ergehen laſſen und ſich willig im neuen Ghetto des Schulvereines ſepariren laſſen und pünktlich das moderne Judenſchutzgeld an die Schulvereinscaſſa ent - richten. Es iſt ja auch das nur eine Conſequenz der Eman - cipationsbeſtrebungen, welche bereits zur Entjudung der deutſchen Studentenverbindungen, Turn - und Geſangs - vereine führten und in der Veranſtaltung von judenfreien Parlamentskonventikeln, Wählerverſammlungen und Volks - tagen ihren markanten gehäſſigen Ausdruck fanden. Die deutſchfreundlichen Iſraeliten ſollen politiſch entmannt und geſellſchaftlich iſolirt, d. h. alſo, es ſoll für ſie wieder ein moderniſirtes Ghetto aufgerichtet werden. Das Traurigſte oder vielleicht auch das Luſtigſte bei der Sache iſt der Umſtand, daß es die Liberalen ſind, welche die Schlüſſel für die Ghettothore ſchweißen und den Mörtel zu den Ghettomauern bereit - ſtellen. Was bleibt da den deutſchfreund - lichen Iſraeliten anderes übrig, als ſich wieder ins Ghetto ſperren zu laſſen? Sie werden die neue Erniedrigung vielleicht gar nicht empfinden, ſich in die neue Demüthigung vielleicht wie in etwas Unabwend - bares finden, und vor Allem mit ſtumpfem Sklavenſinn auch bereitwillig di[e]neu[e] Judenſteuer zahlen. Hieraber erſchließt ſich für uns (!) die Nutzanwendung. Die Antiſemiten werden ſich’s häuslich in den judenfreien Ortsgruppen einrichten und die deutſchfreund - lichen Iſraeliten werden ſich auf ihr Schulvereinsghetto zurückziehen. Das aber bedeutet ſchon an ſich eine Vermehrung der Ortsgruppen, eine Steigerung der Mitgliederzahl und damit auch eine Erhöhung der Einnahmen und jedenfalls eine Ausweitung der Propaganda. Das aber ſind Momente, mit denen wir Böhmen ernſtlich rechnen müſſen, weil ſie ſich in ihren Wirkungen in erſter Linie gegen uns und unſer nationales Gut richten werden.

Das iſt Original-Leiſtung der Politik . In ſolcher Art fälſcht ſie ins gerade Gegen - theil den Schulvereinsbeſchluß der lediglich ver - einzelte judenreine , alſo chriſtlich - ariſche Ortsgruppen neben der Uebermaſſe ge - miſchter chriſtlicher-jüdiſcher Ortsgruppen zuläßt, dagegen von einer Verbannung der Iſraeliten in rein-jüdiſch Gruppen ( Ghetto’s ) auch keine Silbe enthält. Die Politik gilt in der deuſchen Preſſe Böhmens längſt als das verlogenſte und perfideſte Blatt .

In ihrem Anwurfe gegen die Reichspoſt fälſcht die Politik weiter auch unſere Behaup - tung, daß bei ihr der jüdiſche Geiſt und Iſraels Intereſſe , die bekanntlich inter - national ſind, alle anderen Erwägungen überwiege, friſchweg dahin, daß ſie (die Politik ) nach unſerer Auffaſſung jüdiſch-deutſchen Intereſſen dienſtbar ſei. Nein, deutſchen Intereſſen iſt die Politik grundſätzlich Feind. Dagegen fühlt ſie wärmſtens für das inter - nationale Judenthum, ſchlägt deshalb bei jeder Gelegenheit gegen den Antiſemitismus los, und ſtreckt täglich einige Male ihre Arme nach allen Söhnen Iſraels aus, um deren möglichſt viele nach dem Vorbilde der bekannten Fünfzig-Kreuzer - Magyaren als Mitſtreiter für czechiſch-nationale Intereſſen zu gewinnen. Die antiſemitiſche deutſche Partei wünſcht der Politik für Letzteres gute Erfolge.

Betteljuden - Partei.

Wir ſind einem jüdiſchen Montagsblatte Dank ſchuldig für dieſe neue treffende Bezeichnung der Juden, die jetzt wieder einmal mit typiſcher Frechheit und ekelhafter Aufdringlichkeit ſich in den Mantel des Deutſchthums hüllen, ſich als die echten Deutſchen , ja beinahe als die alleinigen Deutſchen ausgeben und ſich der Coalition der Deutſchliberalen und Schönerianer à tout prix aufdrängen. Das genannte Blatt hat dies unverſchämte Treiben mit rühmenswerther Offenheit gekennzeichnet und wir halten es für unſere Pflicht, dieſe Charakteriſtik in weitere Kreiſe der Oeffentlichkeit zu tragen. Hofrath Kareis, der Vertreter der Wiener Leopoldſtadt im Abgeordnetenhauſe, hat, ſo führt das Blatt aus, für die Juden die Schätzung ihrer Mitmenſchen in Anſpruch genommen. Will er dies, ſo muß er auch von den Juden ein ent - ſprechendes Betragen verlangen. Dieſelben Juden aber, ſchreibt das Blatt wörtlich weiter, welche trotz der bekannten Vorgänge im Deutſchen Schulverein geradezu in widerlicher Weiſe ihr Geld und ihre Dienſte dem Deutſchen Volke auf - drängen und damit den Argwohn wachrufen, daß ſie trotz allem auf ein gutes Geſchäft ſpeculieren, weil ja ſonſt ihr Betragen ganz unerklärlich wäre, dieſe Bettel - juden können keine Schätzung ihrer Mitmenſchen verlangen, noch ſie erlangen. Das Blatt citirt dann zu - ſtimmend das Wort des Abg. Dr. Scheicher: Wenn die Juden nicht begehrten, als Deutſche oder Slaven angeſehen zu werden, ſondern eine jüdiſche Nation bleiben wollten, ſo würde es viel friedlicher ab - gehen. Aber gerade dieſes treffende Wort Dr. Scheicher’s hat die Mehrzahl der Judenblätter wie das jüdiſche Montagsblatt conſtatirt ihren Leſern unterſchlagen, ſie wiſſen warum . Es charakteriſirt, nach demſelben Judenblatte, auch die Betteljudenpartei, daß ſie von einem chriſtlichen Abgeordneten die Interpellation haben einbringen laſſen über die Thatſache, daß unreiſe Judenjungen an den Gymnaſien ſich für conſeſſionslos erklären ließen, nur um von jedem Religionsunterricht befreit zu ſein, und daß jüdiſche Univerſitätsprofeſſoren und Advocaten vielfach bloß aus Laune und um geſchäftlicher Vortheile willen ihre Confeſſion wechſeln. Wir glauben nicht, daß die führenden und in Wien tonangebenden Juden dieſe Charakteriſtik aus competenter Feder ſich zu Herzen gehen laſſen werden. Unſere Hauptjuden bleiben Betteljuden und ſie bilden nach wie vor die daitſche Betteljuden - partei.

Das erſte deutſch geſchriebene Wort Mark Twain’s.

Das N. Wr. Journal iſt in der glücklichen Lage, ein Interview ſeines Mitarbeiters A. D. G. ( Alles dreiſt gelogen? ) mit dem amerikaniſchen Humo - riſten Mark Twain, der jetzt in Wien weilt, veröffent - lichen und auch die erſten deutſchen Worte (?), die derſelbe geſchrieben, in der Handſchrift - Nachbildung mitzutheilen. Die Worte des Humoriſten ſind in der That bemerkenswerth; der Humor bei der Sache iſt nur der, daß Herr A. D. G. die Satire nicht gemerkt zu haben ſcheint, die in denſelben liegt. Mark-Twain ſchrieb nämlich erſt auf Engliſch, dann in unbeholſener deutſcher Ueberſetzung folgende Worte aufs Papier:

Wir haben nichts, die ſo werthvoll iſt wie die Wahrheit. Alſo laßt uns ſie nicht verſchwenden!

Zuerſt hatte er geſchrieben: Alſo laßt uns davon ſparen. Dieſe beiden letzten Worte ſtrich aber Mark Twain durch und erſetzte ſie durch obige.

Mark Twain hat offenbar mit obigen Worten gleichſam das Motto der geſammten jüdiſchen Journaliſtik ausgegeben: Laßt uns die Wahrheit nicht verſchwenden, laßt uns da von ſparen! Beſſer kann man in der That die jüdiſche Lügenpreſſe nicht charakteriſiren. Und das mußte der köſtliche jüdiſche Humoriſt thun!!

Kleine Chronik.

* Der falſche Kronprinz.

In Tunis iſt ein hübſches Quiproquo paſſirt. Bekanntlich iſt der Erbe des italieniſchen Königsthrons, der Prinz von Neapel, ein leidenſchaftlicher Yachtfreund, und auch in dieſem Jahre hat er Kreuzerfahrten im mittelländiſchen Meere unternommen, die ihn auch an die afrikaniſche und ſpaniſche Küſte führten. Vor vierzehn Tagen verbreitete ſich plötzlich unter den 50.000 Italienern, die in Tunis leben, das Gerücht, daß der Prinz im Hafen ange - kommen ſei. So unwahrſcheinlich auch die Nachricht war, weil ſich ein Prinz des Hauſes Savoyen hüten wird, in ein Land zu kommen, das ſo viel Streit zwiſchen Italien und Frankreich verurſacht hat, ſo wurde es doch geglaubt, zumal thatſächlich eine ſchöne Yacht, welche die italieniſche Flagge zeigte, im Hafen lag, die im Hafenregiſter als Oretta , Eigenthümer Herzog von Eb[o]li, eingetragen war. Natürlich glaubte die ganze italieniſche Colonie, unter dieſem Herzog ver - berge ſich der Kronprinz von Italien. Als der Herzog landete, erkannten auch alle Italiener ſofort in ihm den Prinzen von Neapel. Ein Begleiter des vermeintlichen Prinzen, den die Menge ſofort als den Prinzen Danilo von Montenegro bezeichnete, machte den Herzog auf die große Zahl von Bewunderern aufmerkſam, die ihnen folgte, worauf dieſer ſich in einen Papierladen flüchtete. Aber die loyalſten und keckſten unter den Italienern entdeckten plötzlich, daß auch ſie Mangel an Schreibutenſilien empfanden, und folgten ihm. Darauf beſchloß der alſo Geehrte, zu ſeiner Yacht zurückzukehren, aber es war unmöglich, die unterdeſſen zu Tauſenden angewachſenen Menſchenmaſſen zu durchdringen. Endlich brach ein ſehr loyaler Bürger das laſtende Schweigen und rief Hoch unſer Prinz! Hoch das Haus Savoyen. Die Menge ſtimmte ein. Der Geſeierte rief aber: Ich bin nicht der Prinz. Obſchon ich erfreut bin, daß Sie ſo an - hänglich an die Dynaſtie ſind, bitte ich Sie, Ihre Evvivas an die richtige Adreſſe zu bringen! Die Menge aber ließ ſich nicht beruhigen und ein junger Mann trat vor und ſagte mit bewegter Stimme: Hoheit, und geliebter Prinz, ich kenne Sie wieder. Noch vor wenigen Monaten habe ich vor dem Palazzo Pitti in Florenz als Berſagliere Honneur vor Ihnen gemacht. Statt aller Antwort ſprang der Herzog mit ſeinem Gefolge in einen vorübergehenden Pferdebahn - wagen, der aber ſofort von Neugaierigen gefüllt wurde. Erſt, als der Herzog ſeine Yacht erreicht hatte, und abdampfte, hörten die begeiſterten Empfangsfreuden auf. Die italieniſche Preſſe in Tunis iſt aber heute noch überzeugt, daß der wirkliche Kronprinz Italiens in Tunis war.

Aus dem Gerichtsſaale.

Geſundheitsſchädliches Sodawaſſer.

Wer in Wien kennt nicht die rothen Wägelchen, in welchen während der Sommerszeit für wenige Kreuzer Himbeer-Kracherln feilgeboten werden. Am 19. Juli wurde nun ein ſolcher Sodawaſſermann beanſtandet, weil ſeine Erfriſchungsgetränke als geſundheitsſchädlich befunden wurden. Eine marktpolizeiliche Reviſion bei den Fabrikanten dieſer Kracherln , Pröller und Petz, ergab, daß eine Anzahl Himbeer - Syphons vor 19 Tagen eingefüllt worden waren. Die Marktcommiſſäre waren gleichzeitig auch Zeugen, wie gerade einige Bedienſtete ſich weigerten, mit dem verdorbenen Sodawaſſer auszufahren, weil es auf der Straße mit den Conſumenten zu argen Skandalen komme. Der Chef der genannten Firma, Theodor Petz, wurde in contumaciam zu 100 fl. Geldſtrafe verurtheilt.

Theater, Kunſt und Muſik.

Deutſches Volkstheater.

Vorgeſtern gab man wieder ein ſogenanntes Volksſtück aus der Fabrik des Herrn L’Arronge, das, obwohl es vom Pub - blicum nicht gerade unfreundlich aufgenommen wurde, dennoch nicht ſo recht die charakteriſtiſchen Züge des Volksſtückes zeigt. Es weht eben ein ſchwacher Zug vom Wieneriſchen darin, ein paar Andeutungen vom ſchönen Donauſtrom u. ſ. w., und das genügt dem empfäng - lichen Publicum für das erſte Mal vollauf. Ob das Stück ſich länger halten wird, möchten wir nicht ſo be - ſtimmt behaupten. Die Handlung iſt, kurz zuſammen - gefaßt, die folgende: Ein beſchränkter Schneidermeiſter iſt beſtändig damit beſchäftigt, die Träume ſeiner Fa - milienglieder zu deuten. Einſt träumt ſeiner Stieftochter Anna, ſie werde eine glänzende Zukunft an der Seite eines liebenden Mannes finden. Der liebende Mann ſtellt ſich auch ein in der Perſon6Wien, Dienſtag 13. October 1897 Reichspoſt 233des Sohnes eines Commercialrathes. Doch der Letztere fügt es ſo, daß das Mädchen inne wird, ſie ſei von ihrem zukünftigen Schwiegerpapa nicht als ſtandes - gemäß angeſehen, weshalb ſie dieſe Liebe fahren läßt, worauf ſich natürlichſofort als Erſatzmann der Stief - bruder, welcher Maſchiniſt auf einem Donaudampfer iſt, einſtellt. Die glänzende Zukunft wird dem Aennchen durch ihn gebracht, und damit iſt das Volksſtück zu Ende. Herr Tyrolt gab den Schneider vorzüglich. Weniger behagte uns Fräulein Retty, da derſelben die Rolle der Anna keineswegs auf den Leib ge - ſchrieben iſt. Herr Giampietro und die übrigen Darſteller thaten das Ihrige zur Aufrechterhaltung des Stückes.

Der Orcheſterverein der Geſellſchaft der Muſikfrennde,

welcher die Pflege des Orcheſter - ſpieles bezweckt, wird ſeine Uebungen im 38. Jahre ſeines Beſtehens unter der artiſtiſchen Leitung des Herrn R. v. Perger (artiſtiſcher Director der Geſellſchaft der Muſikfreunde) am 14. October l. J. wieder aufnehmen. Die Uebungsabende, an welchen auch Beitrittserklärungen entgegengenommen werden, finden jeden Donnerſtag, Abends 7 Uhr, im kleinen Muſik - vereinsſaale ſtatt. Schriftliche Beitrittserklärungen, ſowie Anfragen ſind zu richten an den Secretär Dr. Sedlitzky, 1. Bez., Eliſabethſtraße 10.

Im Theater in der Joſefſtadt iſt die Erſtaufſührung des dreiactigen Vaudevilles Japhet und ſeine zwölf Frauen von Antony Mars und Maurice Devalliéres, deutſch von Otto Eiſenſchitz, Muſik von Roger, für Mittwoch, den 13. d., beſtimmt. Die Hauptrollen ſind mit den Damen Pohl-Meiſer, Goré, Köhler, Bilinska und den Herren Rauch, Maran, Pfann, Tuſchl, Lechner, Schmidt, Straßny und Böhm beſetzt. In einer der weiblichen Hauptrollen tritt die Soubrette Lina Ziegler vom Thaliatheater in Hamburg zum erſten Male auf, die Inſcenirung leitet der Regiſſeur Herr Groß. Die decorative Ausſtattung ſtammt aus dem Atelier des Hoftheatermalers Herrn Gilbert Lehner, die neuen Coſtüme wurden von der Con - fectionsfirma Maiſon blanc angeſertigt.

Quartett Duesberg.

Auch heuer wieder ſinden 20 Kammermuſik-Abende des Quartetts Dues - berg im Feſtſaale des Architektenvereines, 1. Bezirk, Eſchenbachgaſſe 9, Nachmittags von 5 bis ½7 Uhr, und zwar an jedem Sonntag, ſtatt. Das erſte Concert wurde für Sonntag, den 24. October, feſtgeſetzt. Das Abonnement wird am Montag, den 11. October, er - öffnet.

Telegramme.

Die Lage im Orient.

Die Ephimoris verſichert, die deutſche Regierung zeige ſich jetzt außerordentlich entgegenkommend und habe erklärt, die Inhaber von griechiſchen Werthen müßten ſich mit der Finanzcontrole begnügen und übermäßige Anſprüche, welche Deutſch - land in keiner Weiſe zu unterſtützen geneigt ſei, herab - mindern.

Es wurde der Befehl gegeben, 20.000 anatoliſche Recruten für den Dienſt in Theſſalien bereit zu halten, um, wie verſichert wird, die in den Bataillonsſtänden durch Krankheit verurſachten Abgänge zu decken. Man glaubtjedoch, daß dieſe Maßregel wieder werde aufgehoben werden, da der Stand der Truppen in Theſſalien gegenwärtig genügend iſt.

Der bulgariſche diplomatiſche Agent wurde in Folge ſeines Memoires bezüglich des Zwiſchenfalles beim Kloſter Pobosc geſtern in das Yildiz-Palais be - ſchieden, woſelbſt ihm mitgetheilt wurde, daß der Sultan Aufklärungen ſeitens der Behörden verlangt hätte, und daß, im Falle ſich die Nothwendigkeit er - geben ſollte, eine Unterſuchungscommiſſion nach Ueskueb werde abgeſandt werden.

Nach hier eingelangten Meldungen ſind die nach Scutari berufenen Führer der albaneſiſchen Stämme, nachdem ſie durch den dortigen Gouverneur dem Sultan ihre voll - ſtändige Unterwerfung hatten melden laſſen, in ihre Heimat zurückgekehrt.

Die Frage der Entwaffnung der Alba - neſen wurde vertagt, da man Complicationen befürchtet.

Den Blättern zu - folge hat die perſiſche Regierung die Vor - ſchläge der Pforte, eine gemiſchte Militär - Commiſſion zu ernennen und an der Grenze eine Unterſuchung anläßlich der jüngſten Vorfälle ein - zuleiten, angenommen.

Wie der Daily-News aus Konſtantinopel gemeldet wird, ſei in wohlunter - richteten Kreiſen das Gerücht verbreitet, daß ein ernſter Araberaufſtand in Baſſorah ausgebrochen ſei und Truppen aus Erzinghian dorthin entſandt worden wären.

In amtlichen türkiſchen Kreiſen wird der Meldung von einem Auf - tauchen bulgariſcher Inſurgenten im Vilajet von Koſſovo ein formelles Dementi ent - gegengeſetzt.

Heuſchreckenplage.

Wie die Times aus Montevideo meldet, ſind im Norden und Weſten Uruguays Heuſchreckenſchwärme aufgetaucht.

Heilſerum gegen gelbes Fieber.

Einer Meldung der Times zu Folge habe Profeſſor Sanarelli die Ent - deckung eines Heilſerums gegen das gelbe Fieber angezeigt.

Der Kampf in Guatemala.

Dem New-York Herald wird aus San Joſé (Guatemala) telegraphiſch gemeldet, vorgeſtern ſei eine Schlacht bei Totonicapan durch einen Angriff der Regierungstruppen eröffnet worden; die Verluſte an Todten und Verwundeten ſeien groß geweſen. Eine amtliche Meldung berichtet über einen Einfall im Oſten Guatemalas in der Richtung gegen die Grenze Salvators. Die Auf - ſtändiſchen ſollen mehrere Städte ge - nommen haben.

Der Prinz von Wales und der engliſche Maſchinenarbeiterſtreik.

Auf ein von privater Seite an den Prinzen von Wales gerichtetes Schreiben, worin derſelbe gebeten wird, direct oder indirect eine freundliche Beilegung des Streiks im Maſchinenbau - gewerbe herbeizuführen zu ſuchen, erwiderte der Prinze er beklage tief den unheilvollen Stand der Dinge, hab, jedoch die Empfindung, daß es nicht richtig und ange - nehm für ihn wäre, ein Dazwiſchentreten zu verſuchen.

Die Firmen des Maſchinenbaugewerbes Yates und Thomas ſperrten 25 Procent ihrer Arbeiter aus. Die reſtlichen 75 Procent ſtreiken aus Sympathie. Eine weitere Anzahl der Firmen dieſer Branche ver - fügte ebenfalls gegen 25 Procent ihrer Angeſtellten die Sperre.

Brand in Taus.

Geſtern Vormittags iſt in Putzeried ein Schadenfeuer ausgebrochen, das 12 Häuſer und 14 Scheunen mit Getreide - und Futtervorräthen vernichtete. Die Urſache des Brandes iſt unbekannt.

Erfroren.

Wie die Blätter melden, iſt beim Beſteigen des Ararat durch Mitglieder des letzten Geologiſchen Congreſſes eines derſelben, der Lehrer der Arzneikunde Stöber aus Wladikawkas, er - froren.

Die Wahl in Karolinenthal.

Bei der Reichsraths - Erſatzwahl im Wahlbezirke Karolinenthal-Smichov wurde der jungczechiſche Candidat Dr. Servac Heller, Landtags-Abgeordneter und Redacteur der Narodni Liſty , gewählt.

Heute wurde die neu - erbaute landwirthſchaftliche Mittelſchule er - öffnet.

Fürſt Nikolaus von Montenegro iſt heute hier eingetroffen und nach Abbazia weitergereiſt, um ſich von dort nach Italien zu begeben.

Bei der Samſtag ſtattgefundenen internationalen Ruderregatta der Kriegsboote hat S. M. Schiff Taurus zwei erſte Preiſe gewonnen.

Staatsminiſter J. Hems - kerk, der mehrere Male Miniſterpräſident geweſen war, ſtarb plötzlich in der vergangenen Nacht.

Die feierliche Ein - weihung des zur Erinnerung an die Schlacht von San Martino errichteten Beinhauſes wurde heute mit einem feierlichen Trauergottesdienſte einge - leitet. Ein Infanterie-Bataillon leiſtete die Ehren - bezeugung.

Se. Majeſtät iſt um 5 Uhr 40 Minuten Früh hier eingetroffen.

Der nationalpolitiſche Kampf.

Die Kölniſche Zeitung entwirft von dem deutſch - czechiſchen Nationalitätenkampfe, reſpective von deſſen Folgen in Sachſen folgendes Bild:

Die Czechen haben ſich im letzten Jahrzehnt in Sachſen ein ſehr warmes Neſt gebaut. Der Strom der czechiſchen Einwanderung iſt ganz außer - gewöhnlich ſtark geweſen. Die czechiſche Dienſtmagd hat als böhmiſche Köchin ihren Stammesgenoſſen Sachſen gewiſſer - maßen aufgeſchloſſen. Ihr folgten Taglöhner, Maurer, Erd - arbeiter und Handwerker aller Art zu vielen Tauſenden. Die Zahl dieſer czechiſchen Einwanderung betrug in den letzten Jahren etwa 40 45.000. Einzelne Bezirke und Be - rufe beherrſchen ſie faſt mit ihrer Arbeit. Etwa die Hälfte dieſer fremden Gäſte zieht im Spätherbſt, wenn die Bau - arbeiten beendet ſind, mit gefüllten Taſchen wieder nach Böhmen zurück. Die anderen wohnen dauernd in Sachſen

Die Notirungen in der 1. Colonne (Geld) gelten für den Verkauf.

Amtliche Curſe der Wiener Börſe vom 11. Oet. 4 Uhr Nachm.

Die Notirungen in der 2. Colonne (Waaren) gelten für den Ankauf der Werthpapiere.

Eiſenbahn-Staatsſchuld - verſchreibungen.
Eliſabethb. in G. ſtfr. 100 fl.120. 120.90
Franz Joſefsb. S. 100 fl. R.128.50129.50
Pilſen-Prieſen 200 u. 1000 f. 100 fl. ......99.30100.30
Rudolfbahn 200 Kr. ...99.80100.80
Vorarlb. -B. ſtfr. f. 200 Kr. N.99.60100.60
Zu Staatsſchuldverſchreibg. geſtemp. Eiſenbahn-Actien.
Eliſabethb. 200 fl. CM. p. St.254.75256.75
dto. Linz-Bud. 200 fl. ö. W. S.235.50236.50
dto. Salzb. Tirol 200 fl. ö. W.229. 231.
Gal. C. -Lud.-B. 200 fl. CM.213.75214.50
Vom Staate z. Zahlung über - nomm. Eiſenb. -Pr.-Oblig.
5% Albrechtbahn 100 fl. S.113.60.
4% dto. 200 fl. Gold ..133. .
4% dto. Silber ....99.35100.35
4% Eliſ. -B. 600 u. 3000 M.116.50117.50
5% dto. 400 u. 2000 M..120. 120.60
F. -J.-B. 1884 S. f. 100 fl. R.99.50100.50
4% Gal. Carl-Ludw. -B ..99.60100.60
3% Localeiſ. -Geſ. öſterr ..85. 85.75
Pils. -Pr. .......99.40100. 〈…〉〈…〉0
4% Rud. -B. (Salzkg. ) f. 200 M.120. 121.
4% dto. Em. 1884 S. 100 fl. N.99.50100.50
4% Vorarlb. 1884 S. ..100.35.
Staatsſchuld der Länder der ung. Krone.
Ung. St. -E.-A. v. 1889 4½%120.50121.50
Silber 4½% ...101. 101.90
Oſtb. -Staats-Obl. 1876120.60121.60
Schankreg. -Ablöſ.-Obl.100.35101.35
Präm. -Anlehen 100 fl.155.50156.50
50 fl.155.25156.25
Theißloſe ſtfr. 4% 100fl.141.75142.75
Croat. -ſl. hyp. Gr. -Abl.-Obl.101. .
Grundentlaſt. -Obligationen.
5% Kärnten 100 fl. ö. W.. .
5% Salzburg 100 . .
4% Croat. -Slav. 100 98 99.
4% Ungarn 100 97.5097.90
Andere öffentl. Anleihen.
5% Don. -R.-Loſe 1870 100 fl.128.75129.25
5% dto. Anl. 1878 verl. 100fl.109.50.
Wr. Verkehrs-Anl. 1. E..99.50100.25
5% Anl. d. St. Wien v. 100 fl.104. 104.50
5% dto. (S.o. G.) v. 1874 100 fl.127.25127.75
5% dto. (Pr. -Anl. ) 1874 100 fl.167. 168.
5% Börſebau-Anl. verl ..101 25102.25
Oberöſt. Land. -A. 1887 100 fl.99.75100.25
Bulgar. Eiſenb. -Anl. 200 fl. G.110.80111.40
St. -Hyp.-Anl. 1892.110.75110.90
Pfandbriefe, Hyp. -Obl. und Schuldbriefe.
4½% Anglo-öſterr. Bank.101.80.
4% Bodencred. -Anſt., öſterr.98.6099.60
4% dto. in 50 J. verl. ... .
3% dto. Präm. -Schuldv. 1880118. 119.
3% dto. 1889117.75118.50
5% Böhm. Hyp. -Bank verl.104.25105.25
4% 99. 99.70
4½% C. -Bodencr.-B. 45 J. v.101. 102.
4% dto. 50 J. verl. f. 200 Kr.99.75100.50
4% Galiz. -Bodencredit-Ver.97.5098.25
4½% Landesb. f. Gal. u. Lod.100.50101.30
4½% Mähr. Hyp. -Bk. 36 J. v.104. .
5% dto. .......103. 104.
5% N. -Oeſt. Land. -Hyp.-Anſt.99. 99.50
4% Oberöſterr. dto.99.80100.60
4% Oeſt. Hypbk. 10 J. rückz.99.50100.25
4% Oeſt. -ſchleſ. B. -C.-A ..101.50102.
5% Oeſt. -ung. Bank ö. W.100.10101.
4% dto. in 40 J. verl ..100.10101.
5½% Sparcaſſe Erſte öſt ..101.50.
Prioritäts-Obligationen.
4% Ferd. Nordbahn 1886.100.65101.65
4% dto. 1887 100 fl. S..100.75101.75
4% dto. 1888 100 fl. S..100.70101.70
4% dto. 1891 100 fl. ..100.75101.75
4% Lb. -C.-J.-B. 1884 300 fl. S93.2594.25
4% dto. 1884 300 fl. ſtfr ..99.20100.20
4½% Montang. öſt. -alpine121.50122.50
5% Oeſt. Nordweſtb. 200 fl.111.30112.30
5% dto. Lit. B. 200 fl..111.20112.20
5% dto. Em. 1874 600 M. 5 G.. .
3% Staatseiſb. -G. 500 Fr.. .
3% dto. Em. 1885 500 Fr.221. 223.50
3% dto. Erg. Netz 500 Fr.224.10225.10
5% dto. 200 fl. G. f. 100 fl.137. 138.
5% dto. (Brünn-Roſſ. ) 150 fl.. .
3% Sdb. -G. Jän. -Jul. 500 Fr.181. 181.70
3% dto. April-Oct. 500 Fr.181.50182.50
5% dto. 200 fl. S. o. G. 100 fl.126. 126.90
4% Süd-nord. V. -B. f. 100 fl.99.70100.70
5% Ung. -gal. Eſ. E. 1870 200 fl.108.25109.25
5% U. Wſtb. (S. R. Gr.) 200 fl.107. 107.10
4% dto. Em. 1890 100 fl. S.99.25.
3% Unterkrain. Bahn ..99.50100.
Bank-Actien. (p. St.)
Depoſitenbank allg. 200 fl.224. 226.
Escompte-Geſell. n. ö. 500 fl.748. 755.
Giro-Kaſſenverein Wr. ..263. 265.
Hypothkbk. ö. 200 fl. 25% E.87.5089.50
Zivnostenska banka 100 fl.130. 130.25
Diverſe Loſe. (per St.)
Bpeſt-Baſilica (Dombau) 5 fl.6.807.20
Cred. -Anſt. f. Hdl. u. G. 100 fl.198.25199.25
Clary-Loſe 40 fl. Cm. ..58.7559.75
Don. -Dampfſch.-Geſ. 100 fl.156. 162.
Innsbr. St. -Anl. 20 fl. ..29. 30.
Krak. Lott. -Anl. 20 fl. ..27.7028.70
Laib. Präm. -Anl. 20 fl. ..22.5023.50
Ofen, Stadtgemeinde 40 fl.62. 63.
Palffy-Loſe 40 fl. CM. ..59. 60.
Roth. Kreuz öſt. v., 10 fl..19. 20.
dto. ungar., v., 5 fl. ...9.5010.25
Rudolph-Stiftung 10 fl..25. 27.
Salm-Loſe 40 fl. CM ..73. 73.50
Salzb. Präm. 20 fl. ...28.7529.75
St. Genois-Loſe 40 fl. CM.79. 79.50
Stanisl. (St.) Pr. -Anl. 20 fl.45. 47.
Trieſt Stadt-Anl. 100 fl. CM.149. 153.
4% dto. 50 fl. ö. W. ..68. 72.
Waldſteinloſe 20 fl. CM ..57. 60.
3% Gew. -Sch. d. Präm. -Sch. v. d. B. -Cr.-Anſt. E. 188016.5017.50
dto. dto. Em. 1889 ...26. 27.50
Actien von Transport - Unternehmungen.
Buſcht. Eiſb. (lit. B.) 200 fl.563.50564.50
Dux-Bodb. E. -B. 200 fl. S.71.3072.40
Ferd. -Nordb. 1000 fl. CM.34003420
Oeſterr. Nordweſt-B. 200 fl.247.50248.
dto. (lit. B.) 200 fl. S. ..258. 259.
Staats-Eiſb. -Geſ. 200 fl. S.335. 335.50
Südbahn-Geſ. 200 fl. S..83 83.75
Südnordd. Vrb. -B. 200 fl. S.210.25211.
Ung. -gal. Eiſenb. 200 fl. S.211. 212.
Ung. Weſtbahn (Raab-Graz)209.75210.
Actien von Induſtrie - Unternehmungen.
Egyd. Eiſ. u. Stahl-Ind. 100fl.74. 77.
Electr. -Geſ., allgem. öſterr ..300. 303.
Electr. -Geſ., intern. ...316.50318.
Montan-Geſell. öſt. alpine.129.60130.10
Prager Eiſ. -Ind.-Geſ. 200 fl.714. 717.
Türk. Tabakregie-Geſ. ..154.25155.
Wiener Baugeſellſch. 200 fl.106.50107.50
Waffenfabr. -Geſ. Oeſt. 100 fl.312. 313.
7233 Wien, Dienſtag Reichspoſt 12. October 1897

und viele von ihnen haben es zu erheblichem Wohlſtand gebracht. Seine Nationalität legt kaum einer unter ihnen ab. Daher blühen die zahlreichen czechiſchen Vereine, die in allen größeren ſächſiſchen Städten beſtehen, und in mancher ſächſiſchen Werkſtatt hörte man in jüngſter Zeit mehr czechiſch als deutſch ſprechen. Namentlich in Dresden iſt das der Fall, wo einzelne Firmen mehr czechiſche als deutſche Arbeiter beſchäftigen. Es iſt erklärlich, daß dieſer ſtarke Wettbewerb die czechiſchen Arbeiter bei den ſächſiſchen nicht grade beliebt macht. Reibereien und heftige Zuſammen - ſtöße zwiſchen beiden Parteien ſind häufig, und wiederholt haben bei derartigen, nicht ſelten blutigen Zwiſten die ſächſiſchen Gerichte das letzte Wort ſprechen müſſen. Trotzdem gewannen die czechiſchen Arbeiter in Sachſen mit jedem Jahre mehr Boden, weil ſie ihr Tagewerk zuverläſſig und nüchtern verrichteten und für Ausſtandshetzereien weit weniger als der ſächſiſche Arbeiter empfänglich waren. Seit kurzer Zeit hat ſich das Bild jedoch erheblich verändert. Der erbitterte Nationalitätenkampf in dem Nachbarlande Sachſens hat den czechiſchen Arbeitern bei uns einen ſchweren Schlag verſetzt. Der Sachſe tritt mit einer Entſchiedenheit für die bedrängten Deutſchböhmen ein, die man am ſächſiſchen Bürgerthum am allerwenigſten in der Politik gewohnt iſt. Die ſächſiſchen Unternehmer ſchlagen aus Mit - gefühl für die Deutſchböhmen ein Verfahren ein, das be - kanntlich von den Czechen gegen die Deutſchen längſt angewandt wird. Sie entlaſſen die czechi - ſchen Arbeiter, und Tauſende von ihnen haben in den letzten Monaten in ihre Heimat zurückwandern müſſen, weil ſie in Sachſen keine Beſchäftigung mehr fanden. Viele ſächſiſche Arbeiter weigern ſich jetzt, mit Czechen zuſammen zu arbeiten, und ſie finden damit unter dem Eindruck des Nationalitäten - ſtreites bei den Unternehmern Gehör. Auch Behörden nehmen Stellung gegen das weitere Vordringen der Czechen. Die Stadtverordneten in Chemnitz beſchloſſen, an den Rath den Antrag zu ſtellen, er möge die weitere Beſchäftigung von czechiſchen Arbeitern auf ſtädtiſchen Bauten verbieten. Handelswaaren aller Art, deren Urſprung czechiſch iſt, ſind bei uns jetzt ſchwer verkäuflich geworden, abge - ſehen von böhmiſchen Braunkohlen, die ſich nicht leicht er - ſetzen laſſen. So äußert ſich der böhmiſche Nationalitäten - kampf auch in Sachſen in fühlbarer Weiſe.

Aehnliche Rückwirkungen des verſchärften National - krieges in Böhmen machen ſich auch im übrigen Deutſch - land geltend. Die Badeni’ſche Sprachenverordnung für Böhmen iſt die Urſache dieſer Volkskämpfe geworden, inſoweit die von der Köln. Ztg. gemeldeten Vor - gänge in Betracht kommen.

Aus den Kronländern.

Kärnten. Klagenfurt.

(Verſchiedenes.) Die Nummer vom 8. d. des Spatzenblättchens, Fr. Stimmen genannt, weiſt unter hämiſcher Augenverdrehung auf die Confiscation der Reichspoſt hin, und beſonders auf die Erkenntniß, daß die Reichspoſt die Ehrfurcht vor der Perſon des Kaiſers verletzt habe. Das iſt dieſelbe Denunciationsſucht dieſes Blattes, die es beſonders im Vorjahre im Schwunge hatte, als es alle jene Lehrer Kärntens auf den Pranger ſtellte, welche Mitglieder der St. Joſef Bücherbruderſchaft geweſen. Dieſe Stellung iſt jedenfalls begründet durch die Partei - für den in der Affaire Klagenfurt - Reichspoſt ſterblich blamir - ten Gemeinderath von Klagenfurt. Am vergangenen Samſtag beging die Directorin der Mädchenbürgerſchule auf dem Benedictinerplatze, Fräulein Caroline Haagen, den Gedenk - tag ihrer 45jährigen Lehrthätigkeit. Aus dieſem Anlaß wurden ihr vielfache ehrende Ovattionen dargebracht. Dem Bürgerſchullehrer Herrn Schüttelkopf wurde durch das f. -b. Ordinariat der Gurker Diöceſe in Anerkennung ſeiner Bemühungen um die Hebung des Kirchengeſanges und ſeiner Mühewaltung als Organiſt während des ſonntäglichen Schulgottesdienſtes der Dank und die Anerkennung ausge - ſprochen. Das am Sonntag ſtattgehabte Leichenbegängniß der Frau Anna Dobernig, Gattin des Reichsraths - Abgeordneten J. W. Dobernig, war ein ſchöner Beweis der Hochachtung für die ſo früh Heimgegangenen und für die Theilnahme an ihrem traurigen Loſe. In der ver - gangenen Woche wurden am Südabhänge des Magdalens - berges Erdbeeren theils in frühlingszarter Blüte, theils in vollkommener Reife gefunden. Die Leute ziehen daraus den Schluß auf einen anhaltend ſehr ſtrengen Winter.

Böhmen. ö. Nordböhmen.

(Zehn Socialdemokraten in der Schönlinder Gemeindevertretung.) Die liberalen Blätter bringen recht kleinlaut die Nachricht, daß bei den am 4. d. M. vollzogenen Gemeindeausſchußwahlen des III. Wahl - körpers in dem hochliberalen und durch altkatholiſche Agitation bekannten Schönlinde faſt nur Social - demokraten durchdrangen, nämlich zehn gegen zwei bürgerliche Candidaten. Sogar der Bürger - meiſter entging nur knapp mit drei Stimmen (von 259 Stimmen) einer Niederlage durch einen ſocial - demokratiſchen Gegner. Wie ſähe es mit dem Gemeinde-Wahlausfall in allen Wahlkörpern von Schönlinde und manch anderen liberalen Stadt Nordböhmens aus, wenn an die Stelle des bisherigen illiberalen Dreiclaſſenwahlſyſtems bei den Ge - meindewahlen das allgemeine Wahlrecht geſetzt würde. Wir wollen hier nur kurz daran erinnern, daß in dieſer reichen Induſtrieſtadt einfach die ſeit Jahrzehnten von dem ſtolzen Protzenthum geſäete Saat aufgeht. Nirgend war die liberale Partei unduldſamer und roher, wie hier. Die Organiſirung eines chriſtlichen Männervereines beantwortete die liberale Machtpartei durch Boycottirung des Pfarr - amtes für kirchliche Functionen, durch Verhetzung ihres Anhanges zum Abfall in die altkatholiſche Secte, wobei man bei Kurzſichtigen Erfolg hatte, durch Abtreibung jedes Gaſtlocals für den gehaßten Verein, durch Aufhetzerei der unteren Maſſen, bis dieſe zur Knüttel-Politik übergingen. Das liberale Protzenthum hat ſich nirgends ärger bloß - geſtellt, wie in Schönlinde. Die Ernte hält die Social - demokratie. Wundern kann ſich über dieſe Ent - wicklung kein Menſch. In anderen nordböhmiſchen Städten ſteht dasſelbe bevor. Für das herrſchgierige nationalliberale Geldprotzenthum liegt darin eine ſchwere, aber völlig verdiente Demüthigung, daß ſie den ſeit Jahr - zehnten in Wort und Parteiblättern gegen Kirche und Religion ſyſtematiſch aufgewiegelten Arbeiter ungewollt zum rothen Bruder gemacht haben, mit dem ſie zunächſt in der Gemeindeverwaltung und dann in geſetzgebenden Körpern die Macht ſtumm theilen müſſen. Und das Alles iſt nur der Anfang. Der liberale Geldſack hat es nicht anders gewollt.

Schleſien.

Teſchen.

(Die polniſche Sprachenfrage und die Socialdemokratie) Der Delegirte Morawski für Berlin ſtellte auf dem ſocialiſtiſchen Parteitage in Hamburg den Antrag, daß in Preußiſch-Oberſchleſien künftig nur ſolche ſocialdemokratiſche Candidaten aufgeſtellt werden ſollen, die mit den Wählern auch polniſch ſprechen können. Der Genoſſe Dr. Winter aus Königshütte wies dem entgegen auf den Zwieſpalt zwiſchen den deutſchen und polniſchen Arbeitern hin; doch ſeien die deutſchen nicht die Urſache der Streitigkeiten. Dieſe werden, ob Socialdemokraten oder Nichtſocialiſten, ein - fach als Feinde der Polen erklärt. Die polniſchen Arbeiter in Oberſchleſien verſtänden genügend deutſch, um deutſche Reden zu begreifen. Er war darum gegen Morawski’s Antrag. Der Parteiſecretär Genoſſe Pfann - kuch hob hervor, daß bei den polniſchen Arbeitern der Nationalitätsgedanke gar zu ſehr vorherrſche. Das iſt allerdings begreiflich, weil die geſammte Polenwelt in unſerer Zeit von dem Gedanken an die Errichtung eines polniſchen Reiches wieder lebhaft beſeelt iſt. Das wirkt auch auf die polniſche Socialdemokratie zurück. Der Abg. Liebknecht trat dieſer Idee entgegen. Er verlangte, daß die Social - demokraten international ſeien, daß die deutſchen Ge - noſſen nicht degradirt, ſondern mit den Polen gleich - geſtellt bleiben, daß man aber nicht mehr in einem Arbeiterparlamente ſage: Die deutſche Cultur ſtehe höher als die polniſche, kurz, daß der deutſche Proletarier eben Proletarier der ganzen Welt ſei; als ſolcher ſoll er weder zum perſönlichen, noch zum politiſchen Bewußtſein kommen. Dann werde er ſeine Würde wahren und einer Geſellſchaft Lebewohl ſagen, deren Führer von ihrem Schweiße leben. Was war aber die Veranlaſſung zu dieſer Expectoration? Der Parteiſecretär Pfannkuch hatte am Schluſſe ſeiner Rede geäußert: Wir ſind glücklich, daß wir keine ſolche Sprachenverordnung, wie in Oeſterreich, haben; wir wollen die - ſelbe auch nicht heraufbeſchwören! Wäre die Frage nicht erlaubt: In welchem Solde ſteht Liebknecht, der Abgeordnete für den deutſchen Reichs - tag? Nach ſeinen Ausführungen blieben die Wünſche und Anträge Morawski’s auf dem ſocialdemokratiſchen Parteitage für Deutſchland unberückſichtigt.

Troppau.

(Vereinskundgebung.) Alsbald nach den Zeitungsberichten über den Zweikampf des Miniſter - präſidenten Grafen Badeni mit dem Abg. Wolf kam im hieſigen katholiſch-politiſchen Caſino jener hohe Stand - punkt, welchen Kirche und Staat diesfalls einnehmen, in einem Vortrage, betreffend die conſtitutionelle Idee und ihre Wirklichkeit zur Beſprechung. Die leidige Affaire wurde in der letzten Verſammlung vom 7. d. aufs Neue beſprochen und ſchließlich folgende Reſolution diesfalls beſchloſſen: Das katholiſch-politiſche Caſino beklagt aufs tiefſte den betrübenden Vorfall vom 25. September, indem derſelbe alle kirchlichen und politiſchen Verhältniſſe förmlich auf den Kopf ſtellte, da Kirche und Staat Solches verbiete, und da derſelbe hätte vermieden werden können, wenn die peinliche Angelegenheit im Parlamente ſelbſt zum ehrenhaften Austrage gebracht worden wäre. Das Caſino belobt den Mannesmuth der Reichspoſt , der klar und würdig der Wahrheit und dem kirchlichen wie ſtaat - lichen Rechte gegolten hat.

Troppau.

Aus Preußiſch-Oberſchleſien wird ge - meldet, daß Bergleute aus Brennberg bei Oedenburg daſelbſt keine Arbeit fänden, weil ihre Aufnahme in die Gruben behördlich verboten iſt. Als Grund wird angegeben, daß ſie an dem Eingeweidewurm (Anky - lostomum duodenale) leiden, deſſen Uebetragung auf andere Perſonen leicht ſtattfindet. Dieſes Verbot trifft die Grubenarbeiter aus den Gruben bei Schemitz, Kremnitz, Raſchitza, Anina oder Brennberg, weil dieſe hauptſächlich an dem gefährlichen Paraſiten leiden ſollen.

Steiermark. Graz.

(Ueberfahren.) In der Nähe der Station Puntigam wurde Sonntag Früh kurz nach ½5 Uhr von dem die Strecke paſſierenden Eilzuge der Arbeiter der Brauerei Puntigam, Franz Hammer, überfahren und ihm der Kopf theilweiſe abgeriſſen. Da es zur Zeit des Unglücks - falles noch ganz dunkel war, wurde der Locomotivführer nur durch einen Stoß der Maſchine, welcher auf ein Hinderniß deutete, aufmerkſam und hielt den Zug an. Der Augenſchein ergab, daß Hammer auch am Unterleibe ſchwer verletzt war. Ein Selbſtmord iſt nicht ausgeſchloſſen. Der Ueberfahrene hinterläßt eine ſiebzehnjährige Tochter.

Tirol.

Die Haltung der Reichspoſt in der famoſen Duellaffairewird auch in Tirol von den überzeugungstreuen Katholiken in hohem Grade belobt. Das Blatt, das an ſeiner Stirne die Worte trägt: Unabhängiges Tagblatt für das chriſtliche Volk Oeſterreich-Ungarns hat ſeiner Deviſe große Ehre bereitet. Es hat gezeigt, daß ſeine Deviſe nicht bloß leere Worte ſind, ſondern die belebende Seele, das treibende Princip ſeines Verhaltens, auch dann, wenn das ſchlechte Beiſpiel von Oben zu bekämpfen iſt. Dafür der ausgezeichneten, charaktervollen Reichspoſt alle Anerkennung auch aus Tirol. Die mehrfach verbreitete Nachricht von der abgelegten Beicht Badenis iſt immerhin erfreulich und es kann jeder aufrichtige Katholik nur wünſchen, daß ſich der hohe Duellant mit ſeinem höchſten Herrn erfolgreich ausgeſöhnt habe. Indeß iſt das eine perſönliche und private Sache des öſterreichiſchen Premiers, und auch jeder katholiſche Privatmann iſt nach ähnlicher That zu dieſer Ausſöhnung verpflichtet. Aber die öffentliche Stellung, die Badeni einnimmt, das höchſte Amt, das er im Reiche bekleidet, verlangt auch öffentliche Sühne. Darüber herrſcht in katholiſchen Kreiſen Tirols nur eine Stimme. Vederemo!

Sportnachrichten.

Rennen in Budapeſt.

Maidenrennen. 2300 K. 2000 M. Baron Rothſchild’s Water Lily Erſte, Graf Teleki’s Mendiante Zweite, Wahrmann’s Paſſe la Main Dritte. Tot. 15; Platz. 41, 37. Handicap. 3400 K. 1600 M. Drehers Zofe Erſte, Capitän Y. B. ’s Oſiris Zweiter, Graf Schön - born’s King Amphion Dritter. 26; 92, 45, 70. Ver - kaufsrennen. 2000 K. 1400 M. v. Pechy’s Cuttle - ſtone Erſter, Mr. Janoff’s Driver Zweiter, Graf Teleki’s Gyurjad Dritter. 13; 41, 38. Preis des Ackerbau - miniſteriums. 40.000 K. 2400 M. Graf Henckel’s Czigany-Legeny Erſter, M. Roſe’s Bator Zweiter, Graf Andraſſy’s Terebes Dritter. 8; 33, 48. Maiden - Verkaufsrennen der Zweijährigen. 2000 K. 1100 M. Graf Feſteties Hebe Erſte, Mr. Siltons Pecca - dille Zweite, Egyedi’s Morgo Dritter. 34; 82, 51. Handicap der Zweijährigen. 3400 K. 1000 M. Graf Feſtetit’s Elly Erſte, Gieſecke’s Malteſer Zweiter, Dreher’s Billnitz Dritter. 29; 53, 62, 156.

Trabfahren in Wien.

Hungaria-Handicap. 3000 K. 3200 M. Nadjy Erſte, Caspio, Elegy. Tot. 47; Platz. 76, 36, 68. Hoffnungspreis. 3000 K. 2800 M. Girardi Erſter, Nineteen, Pepi. 26; 79, 77, 57. Preis von München. 3500 K. 2800 M. Lorena Erſte, Maud Wright, Lora J. 23; 44, 58, 63. Zweiſpänni - ges Herrenfahren. 2500 K. 3300 M. Graf Gyulais Polkau und Mogutſchij H. Erſtes. Eugen v. Grimmer’s Jenny Potter und Dot B, Baron Sennyey’s Sieß C und Berta. 35; 43, 48, 43. Handicap für Zweijährige. 2400 K. 1600 M. Miß O’Shanter Erſte, Troubeline, Donaudorf. 38; 65, 59, 114. Schluß - rennen. 2400 K. 2800 M. Hurſt Erſter, Martica, Milady. 21; 42, 54, 50. Abſchieds-Handi - cap. 2400 K. 2600 M. Luſtenau Erſter, Torontal, Goldonkel. 17: 47, 142, 88. Troſt-Handicap. 2400 K. 2800 M. Anteroſe Erſte, Charming Chimes, Grace Heyes. 134; 97, 44, 57.

Brieſkaſten.

O. Sch.

Sie wundern ſich, daß das angedrohte Duell auf Fäuſte Iro-Gregorig auch von Denen ſo ſcharf mißbilligt wurde, die das wirkliche Duell auf Piſtolen Badeni-Wolff ſo milde beurtheilt? Worauf der Unterſchied dieſer Urtheilsſchöpfung baſirt, darauf brauchen wir wohl nicht noch einmal explicite hinzu - weiſen.

Joſ. Ad. in Ra.

Die Reichspoſt wird auch weiter - hin zu den großen nationalpolitiſchen Tagesfragen, die durch die Sprachenverordnungen ins Centrum der Discuſſion ge - rückt ſind, Stellung nehmen. Wenn Sie darüber nichts leſen wollen, ſo überſchlagen Sie dieſes Material, oder gründen Sie ſich ſelbſt eine Zeitung, die den brennendſten Tagesfragen gegenüber Vogel Strauß ſpielt.

Dr. J.

Die Schenkung der halben Million an die Reichspoſt hat unſer Wiener Plauderer , wie Sie weiter unten hätten leſen können, nur geträumt. Indeß ſind uns als Anfang darauf von einer Seite bereits 300 fl. zugeſchickt worden.

M. A.

Für ſolche jährlich öfter wiederkehrende Tage an der Spitze der Zeitung Selbſtverſtändliches breitzutreten, iſt zu viel des Guten und führt in den Geruch des Byzanti - nismus.

Pa. in Gl.

Mit Ihrem Vorſchlage befürworten Sie Abſolutismus des Parlamentspräſidenten. Darauf werden Sie hoffentlich kein Patent beanſpruchen.

Hochw. Joh. Bredl.

Man nennt uns: Firma Laborandi, 6. Bez., Gumpendorferſtraße 19. Hochw. H. Fid. in E. Firma iſt chriſtlich. Fr. W. in Kl. Firma wird uns als chriſtlich bezeichnet. Ferd. Arany. Bitte ſich an die Firma B. Herder, 1. Bez., Wollzeile, zu wenden, dort werden Sie gewünſchte Broſchüre erhalten. Wir ſchreiben heute der Firma. Pf. Schal. in E. Ihr Vorſchlag iſt leider nicht durchführbar. G. B. Adreſſiren Sie: Direction der Heilanſtalt Krähenbad ꝛc. Ein Freund der Bauern. Wir ſind nicht in der Lage, Ihnen die Bezugsquelle des Mittels zu nennen. Sollte das ſchlechte Wetter der letzten Tage nicht ein wenig geholfen haben? H. Blach. Es iſt uns unmöglich, für denſelben Zweck ſo oft einen Aufruf zu ve öffentlichen.

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8Wien, Dienſtag Reichspoſt 12. October 1897 233
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Druck, Herausgabe und Verlag Ambr. Opitz, Wien. Verantwortlicher Redacteur Hermann Hikiſch, Wien.

9233 Wien, Dienſtag Reichspoſt 12. October 1897

Volkswirthſchaftlicher Theil.

Gegen die geplante Transportſteuer

hat neueſtens auch das Gremium der Wiener Kaufmann - ſchaft in einer Reſolution, welche den gegenwärtigen Zeitpunkt als ungeeignet zur Einführung einer neuen Steuer bezeichnet, proteſtirt. Auch mehrere kaufmänniſche und induſtrielle Gewerbe haben gegen die neue Trans - portſteuer energiſch Proteſt erhoben.

Eiſen - und Blechfabriks-Geſellſchaft Union .

Das Handelsgericht Wien verlautbart die Beſtellung des Dr. Eduard Wolffhardt, Hof - und Ge - richtsadvocat in Wien, zum gemeinſamen Curator für die Beſitzer der von der k. k. priv. Eiſen - und Blech - fabriks-Geſellſchaft Union emittirten Theilſchuld verſchreibungen ihres fünfpercentigen Prioritätsanlehens - vom 14. April 1894 per 1 Million Gulden zur Wahrung der durch die Zahlungsſuspendirung der k. k. priv. Eiſen - und Blechfabriks-Geſellſchaft Union ge - fährdeten Rechte dieſer Prioritäre.

Die Execution auf Grund von Urtheilen ungariſcher Börſenſchiedsgerichte

iſt in Oeſter - reich zufolge einer Entſcheidung des Oberſten Gerichts - hofes ganz unzuläſſig.

Urſprungs-Certificate für Tunis.

Die tune - ſiſche Regierung hat verfügt, daß die aus Vertrags - ſtaaten kommenden Waaren behufs der zollbegünſtigten Behandlung einer Urſprungsnachweiſung bedürfen. Die hiezu erlaſſene Durchführungsvorſchrift liegt zur Ein - ſicht im Kammerbureau auf.

Inſolvenznachrichten.

Der Creditorenverein meldet folgende Inſolvenzen: Hermann Kern in Kunfelegyhaza; Jakob Propper in Fegyvernek; Sandor Czitter in Kunfe - leghhaza: Ignaz Schwarz, Kaufmann in Nyiregyhaza; Robert Andres, Leinwanderzeuger in Wildenſchwert; Hans Bauer, Confectionsgeſchäftshinhaber in Reichenberg; Simon Gerſten, Galanteriehändler in Stanislau. Das k. u. k. Con - ſulat in Monaſtir theilt mit, daß die dort etablirte Galanteriewarenfirma Pierre N. Goggo inſolvent erklärt wurde.

Anläßlich der Wahlen in die Erwerbſteuer - Commiſſionen

ſei hier kurz erinnert, daß das active Wahlrecht allen Steuerpflichtigen der betreffenden Steuergeſellſchaft zukommt, wenn ſie im Vollgenuſſe der bürgerlichen und politiſchen Rechte ſind. Es ſind alſo auch Frauen wählbar. Mehrere Theilhaber eines Ge - ſchäftes haben nur eine Stimme. Minderjährige und unter Curatel ſtehende Perſonen üben ihr Wahlrecht durch einen Vertreter aus. Vom Wahlrechte ausge - ſchloſſen ſind die Hauſirer, die Wandergewerbe, ferner die ihr Gewerbe verpachtet, die Cridatare und alle rechtskräftig Verurtheilten. Ausgeſchloſſen ſind auch Jene, die ihr Gewerbe zurückgelegt und nicht aus dem Erwerbſteuerregiſter gelöſcht ſind. Das paſſive Wahl - recht kommt allen Erwerbſteuerpflichtigen der betreffenden Steuergeſellſchaft zu, beziehungsweiſe in der I. und II. Erwerbsſteuerclaſſe jenen leitenden Betriebsbeamten die das 24. Lebensjahr zurückgelegt haben und ſich im Vollgenuſſe der bürgerlichen und politiſchen Rechte befinden. Bei den Erwerbſteuer - commiſſions[w]ahlen ſind 248 Mandate zu vergeben; die Anna[hme]der Wahl iſt Pflicht. Die Verweigerung der Uebernahme der Function wird mit einer Geldſtrafe ge - ahndet. Das Amt wird nicht honorirt, es iſt blos Ehrenamt. Die Wählerliſten werden nicht vom Magiſtrate, ſondern von der Steueradminiſtration an - gefertigt. Die Wahl können nur ablehnen: Mitglieder des Reichsrathes oder Landtages, über 60 Jahre alte oder mit hindernden Körpergebrechen behaftete Perſonen; ſodann diejenigen, die bereits Mitglieder einer Schätzungscommiſſion für die Perſonal-Einkommenſteuer ſind. Es wählen in der vierten Steuerclaſſe in Wien die Fünf - und Zehnguldenmänner, in der dritten die Wähler mit einer Quote von 21 bis 52½ fl., in der zweiten Diejenigen mit einer Quote von 63 bis 315 fl., und in der erſten Claſſe die Steuerträger, deren Quote 420 bis 1500 fl. beträgt. Die Wahl wird von der Gemeindebehörde geleitet. Der Bürgermeiſter als Wahl - commiſſär deſignirt die Wahlleiter in jeder Gemeinde. Wenn ein Steuerträger die Legitimation verliert, muß er ſich ausweiſen, um ein Duplicat zu erhalten. In jedem Falle wird ein Protokoll mit den genauen Namen ꝛc, aufgenommen. Jeder vom Wähler nicht unterſchriebene Zettel iſt ungiltig. Die Zettel können auch per Poſt aufgegeben werden. Obwohl die Porto - freiheit nicht angeordnet iſt, wurde die Poſt verpflichtet, auch unfrankirte Wahlzettel an die Commiſſion zu - zuſtellen.

Die Wahltermine ſind: Für die IV. Wahlkategorie 18. October; für die III. Wahlkategorie 21. October; für die II. Wahlkategorie 23. October; für die I. Wahl - kategorie 26. October.

Am Dienſtag, den 12. d. M., Abends 7 Uhr, findet in Stix Saal, 14. Bezirk, Reindorfgaſſe 3, eine Schuhmacherverſammlung für die Be - zirke XIV und XV ſtatt, auf deren Tagesordnung die Beſprechung von Steuerangelegenheiten und die Auf - ſtellung von Candidaten in die Steuer-Commiſſion ſteht.

Es werden jene Wähler, welche ihr Wahlrecht nicht perſönlich ausüben, dringend gebeten, ihre Stimm - zettel nur zuverläſſigen Vertrauensmännern der chriſtlich - ſocialen Partei auszufolgen.

Zu den Wahlen in die Erwerbſteuer-Com - miſſionen:

Auskünfte für die ſo hochwichtigen Wahlen in die Erwerbſteuer-Commiſſionen ertheilen im 13. Be - zirke folgende Herren Vertrauensmänner: In Hietzingdie Herren Karl Bayer, Altgaſſe 16, Anton Harge, Hauptſtraße 8, Martin Fellner, Wattmanngaſſe 11, Dr. Erwin v. Spaun, Trautmansdorfgaſſe 16, Theodor Schrebb, Lainzerſtraße 99, Heinrich Ger - ſtorfer, Am Platz 6, in Penzing Georg Guſenleitner, Penzingerſtraße 79, Franz Aſſem, Penzingerſtraße 72, Diego Graf Nyß, Niſſelgaſſe 10, Andreas Seifert, Linzerſtraße 61, Johann Steindl, Linzerſtraße 171, Franz Hatterſchafka, Flachgaſſe 3, Karl Riſtil, Matzner - gaſſe 6, Franz Franzl, Anſchützgaſſe 38, Eduard Kittenberger, Weiglgaſſe 21, Joſef Rauer, Weiglgaſſe 4, Leopold Karlinger, Hadikgaſſe 96, Victor Hortſchak, Penzingerſtraße 73, Joſef Oeberſt, Penzingerſtraße 44, in Breitenſee Ludwig Zatzka, Breitenſeerſtraße 8, Friedrich Schmidt, Breitenſeerſtraße 46, Anton Nürn - berger, Breitenſeerſtraße 56, Leopold Kichler, Breiten - ſeerſtraße 17, Johann Müller, Breitenſeeerſtraße 41, Joſef Höllwarth, Schönerergaſſe 3, Ferdinand A. Weſſely, Marnogaſſe 2, Franz Humperſtetter, Kuef - ſteingaſſe 24, in Baumgarten Karl Bruſtmann, Friedhofſtraße 35, Georg Rehm, Linzerſtraße 251, Georg Herberth, Hütteldorferſtraße 275, in Hüttel - dorf Johann Glößl, Bergmillergaſſe 6, Leopold Wolf, Linzerſtraße 412, in Ober-St. Veit Alois Müller, Auhofſtraße 150, in Hacking Johann Glaſauer, Glaſauergaſſe 34, Karl Rohrbacher, H. Hauptſtraße Nr. 119, Franz Rainer, Auhofſtraße 141, Ignaz Pitſch, Amalienſtraße 12, Georg Nuſterer, Schweizer - thalgaſſe 14, in Unter-St. Veit Felix Hraba, Auhof - ſtraße 55, Richard Kaſpar, Feldmühlgaſſe 18, Karl Wagner, Reichgaſſe 10, in Speiſing-Lainz Joſef Hampel, Gallgaſſe 31, Joſef Fink, Faſangartengaſſe 1, Sebald Lorenz, Lainzerſtraße 135, Gabriel Kröpfl, Anton Langergaſſe 36, Johann Weilguny, Gallgaſſe 12.

Gewerbe.

Die Frage der Meiſterkrankencaſſen

kam auch auf dem geſtern zuſammengetretenen öſterreichiſchen Aerztevereinstag zur Sprache durch ein Referat des Dr. Adler, der folgenden Antrag ſtellte: Jede wie immer geartete Pauſchalirung ſowie Uebernahme einer fixen Anſtellung bei den Meiſterkrankencaſſen iſt unzu - läſſig. Die Behandlung der Mitglieder der Meiſter - krankencaſſen darf nur nach ortsüblichem Tarife ſtatt - finden. Wer gegen dieſe Beſtimmung handelt, verſtößt gegen die Würde des ärztlichen Standes und unterliegt eventuell dem ehrenräthlichen Verfahren. Die Aerzte - kammern werden erſucht, zu erklären, daß Jeder gegen dieſe Beſtimmungen Zuwiderhandelnde die Folgen ſelbſt tragen müßte. Auch werden die Aerztekammern, in deren Sprengel ſich mediciniſche Facultäten befinden, erſucht, einem jeden neu promovirten Arzte die in dieſer Reſolution enthaltenen Beſtimmungen in geeigneter Weiſe bekannt zu geben. Die ärztlichen Vereine, be - ziehungsweiſe Vereinsſectionen mögen energiſch und un - abläſſig dahin wirken, daß ſich Vereins - beziehungsweiſe Sectionsmitglieder ehrenwörtlich verpflichten, gegenüber den Meiſterkrankencaſſen im Sinne der obigen Beſtimmungen vorzugehen und auch jene Aerzte, die keinem Aerztevereine angehören, beſtimmen, ſich dieſer Vereinbarung anzuſchließen. Die ärztlichen Vereine, be - ziehungsweiſe Vereinsſectionen, mögen jede Neuetablirung eines Arztes unverzüglich der zuſtändigen Aerztekammer anzeigen. Gleichzeitig iſt an den neu etablirten Collegen die Aufforderung, der ehrenräthlichen Vereinbarung bei - zutreten, zu richten. Der Geſchäftsausſchuß wird auf - gefordert, die Aerztekammern in ihren die Meiſtercaſſen betreffenden Actionen kräftigſt zu unterſtützen. Der XI. öſterreichiſche Aerztevereinstag ſpricht den Aerzte - kammern für ihre bisherigen diesbezüglichen Actionen den wärmſten Dank aus. Der Antrag wurde ein - ſtimmig angenommen. Wie aus dem Ver - halten der Aerzte hervorgeht, dürften die Genoſſen - ſchaften einen äußerſt ſchwierigen Stand haben, wenn ſie bei der Beſtellung der Heilkünſtler für die zu er - richtenden Meiſterkrankencaſſen deren Wünſchen, zugleich aber auch der materiellen Lage der Caſſen Rechnung tragen ſollen.

Aus dem Gerichtsſaale.

Beſtialiſche That eines Liebespaares.

Die 25jährige Webergehilfenswitwe Marie Klima, Mutter eines drei - jährigen Töchterchens, lebte mit dem 23jährigen Weber - gehilfen Carl Schebela in wilder Ehe. Letzterer hatte es auf das kleine Vermögen des Kindes, welches demſelben von ſeinem Vater hinterlaſſen wurde, abgeſehen und ſuchte durch Mißhandlungen den baldigen Tod der kleinen Hedwig herbeizuführen. Dieſelbe wurde in eine Kammer eingeſperrt, ſchlecht genährt, und als ſich ihrer die Nachbarsleute an - nahmen und ihr Nahrungsmittel zuſteckten, ſperrte der Un - menſch das Kind in einen feuchten Keller, wo er es wieder - holt unbarmherzig ſchlug. In Folge deſſen erkrankte das Kind an Rachitis und lag mit verkrümmten Armen und Füßen auf der nackten, feuchten Erde. Als ſich die Groß - mutter des Kindes annahm, beſchloß Schebela, dasſelbe um - zubringen. Nachdem er das Kind unmenſchlich geprügelt und mit Füßen getreten hatte, erfaßte er es bei den Beinen und ſchleuderte den Kopf mehrmals gegen einen Ofen, in Folge deſſen der Tod eintrat. Und Alles geſchah vor den Augen der Mutter des Kindes (!), welche ſich ganz paſſiv dazu ver - hielt. Als das Kind todt dalag, lief Marie Klima zu den Nachbarn und erzählte ihnen, daß ihr Töchterchen eines natürlichen Todes ſtarb. Die Leute beſichtigten die Leiche und fanden Verletzungen vor. Der Leichenbeſchauer, von dem Schebela den Beſchauzettel begehrte, wurde ſtutzig und er gab ihm den Zettel mit einer Verdachtsbemerkung anden Diſtrictsarzt. Schebela ſchöpfte V[herdacht]riß das Couvert heimlich auf und übergab dem Arzte den Beſchau - zettel, nachdem er das Schreiben vernichtet hatte. Dennoch begab ſich der Arzt zur Leiche und bei Beſichtigung derſelben fand er nicht nur zahlreiche Beſchädigungen, ſondern auch Stichwunden in den Schſelhöhlen vor. Daraufhin wurde das entmenſchte Liebespaar verhaftet und dem Landesgerichte Brünn eingeliefert, wo es ſich wegen Verbrechens des Mordes, bez. Vorſchubleiſtung, vor dem Schwurgerichte zu verantworten hatte. Da die Angeklagten trotz der Ausſagen der Zeugen bei ihrer Behauptung blieben, das Kind ſei in - folge einer längeren Krankheit geſtorben, wurde die Ver - handlung zum Zwecke der Einholung eines Facultäts - Gutachtens vertagt.

Wenig Rückſicht auf das zarte Geſchlecht

hat der Polizeicommiſſär Dr. Hans Leinweber genommen, indem er beim Betreten eines Tramway - Waggons die Thüre hinter ſich heftig zuſchlug und hiebei der Beamtensgattin Marie Gallian das Kleid einzwängte. Letztere ließ eine Bemerkung hierüber fallen, woeauf der Polizeicommiſſär von der Frau ver - langte, ſie möge ſich legitimiren und als ſie das nicht that, rief er bei der nächſten Halteſtelle einen Wach - mann und ließ die Beamtensfrau zum Polizeicom - miſſariat ſtellen (!). Auf Grund dieſes Vorfalles erhob jede der Parteien gegen die andere eine Ehrenbeleidi - gungsklage. Vor Gericht bemühte ſich der Richter einen Ausgleich herbeizuführen, welchen der Polizeicommiſſär jedoch davon abhängig machte, daß Frau Gallian ihn um Verzeihung bitte. Vergebens ſuchten der Richter und der Vertheidiger zu interveniren, der Polizeicom - miſſär möge auf dieſe Demüthigung gegenüber einer Dame verzichten; denn Letztere war hiezu nicht zu be - wegen. Frau Gallian erklärte ſich ſchließlich, um der Geſchichte ein Ende zu machen, zu einer Abbitte bereit, worauf das gerichtliche Verfahren eingeſtellt wurde.

Wegen Hochverraths verurtheilter Social - demokrat.

Von dem Schwurgerichte in Brünn wurde der Fabriksarbeiter Franz Heinz aus Latein wegen einer Aeußerung, die er bei der ſocial - demokratiſchen Verſammlung in Welatitz gemacht hat, in geheim durchgeführter Verhandlung des Hochverraths ſchuldig erkannt und zu 3 Jahren ſchweren Kerkers verurtheilt.

Verſpottung eines katholiſchen Prieſters.

Vor dem Erkenntnißgerichte unter Vorſitz des Landes - gerichtsrathes Dr. v. Grohmann hatte ſich der Agent Max Weichmuth wegen Beleidigung der katholiſchen Kirche zu verantworten, weil er anläßlich der Frohnleichnamsproceſſion in der Brigittenau über die Beleibtheit des Cooperators Fiedler in einer nicht wiederzugebenden Weiſe ſpottete, weshalb der k k. Stromaufſeher Türk deſſen Verhaftung ver - anlaßt hatte. Der Gerichtshof ſprach den Angeklagten ſchuldig und verurtheilte ihn zu 14 Tagen Arreſts, wogegen derſelbe die Nichtigkeitsbeſchwerde anmeldete.

Wenn ein Diurniſt beim Poſtamte zum Geldmanipulationsdienſt verwendet wird.

Beim Poſtamte an der Productenbörſe wurde unbegreiflicher Weiſe ein Diurniſt, Namens Joſef Cerne, mit dem Geldanweiſungs - und Poſtſparcaſſen-Verkehr betraut, welcher ſich in Nothlage befand und daher den von einer Partei eingezahlten Betrag per 203 fl. für ſich verwendete. Als dieſe Malverſation bekannt wurde, erſetzte der Vater des Diurniſten den unterſchlagenen Betrag. Cerne hatte ſich aber trotzdem vor dem Schwur - gerichte wegen Amtsveruntreuung zu verantworten und gab an, er habe ſeit Wochen eine Unterſtützung von ſeinem Vater zu erwarten gehabt. Wäre dieſelbe nur einen Tag früher, als ſie thatſächlich eintraf, ihm zuge - kommen, ſo hätte er den Schaden noch vor der Anzeige gut machen können. Die Geſchwornen verneinten mit 10 gegen 2 Stimmen die Schuldfrage, worauf der An - geklagte freigeſprochen wurde. Daß bei einem Poſtamt zu dem verantwortlichen und bei laxer Controle ver - führeriſchen Geldmanipulationsdienſt ein mit 1 fl. 50 kr. angeſtellter Diurniſt verwendet wird, iſt doch mehr als naiv!

Vereinsnachrichten.

* Wanderverſammlung des Vereines für öſter - reichiſche Volkskunde.

Der genannte Verein hält ſeine diesjährige Wanderverſammlung in Krems an der Donau Sonntag, den 24. October ab. Der allgemeine n. . Volks bildungsverein, der Kremſer Muſeumsverein, der Kremſer Männergeſangverein und die Localbehörden haben ſich für das Gelingen dieſer Verſammlung, an welcher ſich auch die Kremſer Damen in der alten Goldhaubentracht betheiligen werden, eingeſetzt. Das Programm verſpricht ein ſehr an - ziehendes zu werden. Anmeldungen für die Theilnahme werden in der Kanzlei des Muſeums für öſterreichiſche Völkerkunde, I., Wipplingerſtraße 34, entgegengenommen.

* Der Volksvereins-Ausſchuß in Fünfhaus

be - ſchloß in ſeiner geſtrigen Vollverſammlung, in der nächſten Woche eine Wählerverſammlung einzuberufen, in welcher einerſeits die Wichtigkeit des neuen Erwerbſteuergeſetzes, andererſeits aber auch die ſchon nahe bevorſtehenden Wahlen in die Erwerbſteuer-Commiſſionen einer gründlichen Er - örterung unterzogen werden ſollen. Die p. t. Wähler werden ergebenſt erſucht, ihre Stimmzettel gut aufzubewahren, damit ſich nicht abermals ein Stimmenkauf ꝛc., wie bei den Handelskammerwahlen, einſchleichen könne.

10Wien, Dienſtag Reichspoſt 12. October 1897 233

120.) Der Poſtillon. Ein Roman aus verklungener Zeit.

Den gemeinſchaſtlichen Bemühungen des Poſtillons und des Fremden gelang es, den auf der Erde ſich Wehrenden feſtzumachen.

Plötzlich ertönte das Hallali der Jäger. Lichter wurden im Hintergrunde ſichtbar, Hundegebell und Laute kräſtiger Männerſtimmen vermiſchten ſich mit dem Klange der Hörner.

Die Lichter, Laternen, von Männern getragen, kamen allgemach näher, die Scene belebte ſich und in einem Nu wimmelte der Platz von Jägern und Trei - bern, welche jetzt ganz die Scene betrachteten, bis einer der Jäger näher und auf den glücklich Befreiten, deſſen abgeſchoſſenes Gewehr auf der Erde lag, zuſchritt und ihn freundlich bewillkommte.

Der Gefeſſelte wandte jetzt ſeinen Kopf, ein Lichtſtrahl fiel auf ſein verwildertes gebräuntes Ge - ſicht, welches dem Poſtillon einen Aufſchrei entlockte: Der Rankl!

Aber auch der Gefeſſelte hatte ihn erkannt und knirſchte mit den Zähnen.

Jetzt hat a Räuber den andern g’fangt, ſtieß er höhniſch hervor und lachte, trotzdem er ſich kaum bewegen konnte, auf eine Art, daß die ſämmt - lichen Jäger, die anfänglich noch nicht recht wußten, um was es ſich hier handle, auf den auf der Erde Liegenden aufmerkſam wurden.

Der Poſtillon ſtand bleich und keines Wortes mächtig da.

Er ſtarrte immer nur auf einen Punkt, und in dieſem concentrirten ſich alle ſeine Empfindungen und Gefühle.

Jetzt bewillkommte jeder einzelne der Jäger den Geretteten; aber einer unter ihnen, ein behäbiger, dicker alter Herr, trat beim Laternenſchein näher, um ſich den couragirten Burſchen anzuſehen und ihm das Lob zu - zuerkennen, das ihm gebühre dafür, daß er den Rankl dingfeſt gemacht.

Der Poſtillon hatte dieſen Herrn ſchon früher be - obachtet, dieſer eben war jener vorhin erwähnte Gegen - ſtand, auf den er hinſtarrte.

Langſam war derſelbe auf den Peterl zugegangen, noch ſtanden ſich die Beiden etwa drei Schritte ent - fernt, da ſtürzte der Poſtillon auf die Knie zu deſſen Füßen.

Gnade, Herr Poſtmeiſter, Gnade! mehr brachte der Peterl nicht heraus.

Die Zunge klebte ihm ſchier am Gaumen, die Rede blieb ihm im Halſe ſtecken.

Unglückſeliger, Sie auch hier? Wo kommen Sie auf einmal daher? Sie haben Verbrechen auf Ver - brechen gehäuft!

Der Poſtmeiſter wollte noch weiter ſprechen, doch der auf der Erde liegende Rankl unterbrach ihn.

Sie wollen, Herr Poſtmeiſter, wiſſen, woher der Peterl kommt; das kann ich Ihnen beſſer ſagen: der kommt juſtament directe vom Ranklbuab’n ſeiner Banda.

Der Poſtmeiſter vermochte vor Aufregung nicht zu ſprechen, er wandte ſich an einen der anweſenden Förſter mit dem Erſuchen, denſelben feſtzunehmen, da dies der entlaufene Poſtdieb ſei, dann wandte er dem Peterl den Rücken und trat zu dem Geretteten.

Wiſſen Sie, Herr Graf, wer Ihr Retter iſt , flüſterte ihm der Poſtmeiſter zu; haben Sie ihn nicht erkannt, haben Sie ſich dieſen Unglücksmenſchen noch nicht betrachtet?

Allerdings kommt mir die Stimme noch etwas bekannt vor, doch weiß ich mich factiſch nicht mehr zu erinnern, von wo, erwiederte der Gefragte.

Der Poſtillon iſt’s, der ſo ſchön blaſen kann.

Nicht möglich, Herr Poſtmeiſter!

Und doch er iſt’s; ich könnte mir um dieſen Menſchen die Haare ausraufen.

Der Graf ſchüttelte das Haupt und blickte mit - leidsvoll auf den Poſtillon: dann wandte er ſich zu dem Jäger.

Georges! rief er.

Der Bediente trat aus dem Hintergrunde hervor zu ſeinem Herrn hin.

Haſt Du Herrn Bittermann geſeh’n?

Der Herr, den Euer Gnaden mitgenommen, nicht wahr?

Ja, derſelbe; wo iſt er?

Er iſt bei der anderen Partie, die auf der ent - gegengeſetzten Seite ſtreift.

Hat man mit denen keinen Anſchluß?

Es liegt der Mühlgraben dazwiſchen, Euer Gnaden!

Iſt gut, nimm die Hunde mit Dir und das Reſervegewehr und geh nach Hauſe.

Dann wandte er ſich wieder an den Poſtmeiſter.

Herr, Sie ſind ein charmanter, edler Mann, wie ich Sie doch ſchon durch Jahre die Ehre zu kennen habe, erweiſen Sie mir, wenn Sie in die Lage kommen ſollten, über das Betragen des Poſtillons bei dieſer Lebensrettungsaffaire gefragt zu werden, die Freund - ſchaft und rühmen Sie die Unerſchrockenheit, den Muth und das an den Tag gelegte wackere Benehmen des jungen Menſchen, es wird vielleicht zur Milderung ſeiner Strafe etwas beitragen. Er iſt’s auch, der den berüchtigten Räuber dingfeſt gemacht hat; Schade um den Menſchen, aus dem wäre eine tüchtiger und braver Soldat geworden.

Ich bedauere nur ſeine arme alte Mutter, warf der Poſtmeiſter ein; die alte Frau hat ihren Sohn vergöttert; er hat ihr zwar auch immer nur Liebes und Gutes gethan, das muß man ihm zur Ehre nach - ſagen, und doch nein, ’s iſt unbegreiflich!

Auch eine gute Pflaze artet manchmal aus, bemerkte der Graf; iſt das ſeine rechte Mutter?

O nein, Herr Graf, der Poſtillon iſt ein Ge - meindekind, nach dem Jahre 1859 haben ihn ein paar Bauern aus der Umgebung als kleinen Jung mitge - bracht und der eine hat ihn eine Zeit lang bei ſich behalten, dann iſt er ihm läſtig geworden und eines ſchönen Tages hat man den armen fünfjährigen Buben halb nackt und halb verhungert mitten im Spätherbſt auf der Gaſſe gefunden; da haben ihn ein paar mit - leidige Leut auf die Gemeindeſtube gebracht und die alte Bäbel aus dem ſogenannten Holzhackerdörfel hat ſich um das Buberl angenommen.

(Fortſetzung folgt.)

〈…〉〈…〉

Druck, Heransgabe und Verlag Ambr. Opitz, Wien. Verantwortlicher Redacteur Hermann Hikiſch, Wien.

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TextNr. 233, 12.10.1897.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 233, 12.10.1897. . OpitzWien1897. Reichspost

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