PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1r]

Herrn Dr. Karl Gutzkowin Berlin.

Höchst verehrter Herr.

Die von verschiedenen Seiten her, besonders auch von den deutschen Regierungen in Angriff genom̃ene Regelung, bezüglich Neugestaltung unserer Rechtschrei - bung berührt die deutsche Schriftstellerwelt auf das iñigste, so daß die anerkañten Führer und Leiter der - selben den dringendsten Anlaß, ja, ich möchte fast sagen: die Pflicht haben, in dieser für die geistige Entwicklung und Fortbildung unseres Volkes bedeutsamen Angelegen -heit[1v]heit auch das ausschlaggebende Gewicht ihrer Ansicht in die[Waage] fallen zu lassen.

Diese meine Überzeugung erklärt es, daß ich und wird hoffentlich bei Ihnen zugleich die Freiheit rechtfertigen, mit der ich es wage, Ihnen das beifolgende Buch mit der angelegentlichen Bitte um eine öffentliche Besprechung zu übersenden.

Weñ mich meine Hoffnung nicht ganz täuscht, so werde ich auf des deutschen Volkes, der deutschen Schriftsteller und namentlich auch auf Ihre Zu - stim̃ung rechnen dürfen für den leitenden Ge - danken meiner Arbeit, daß es sich nämlich unter offener und unumwundene Anerkeñung des in unserer Rechtschreibung bereits allgemein Feststehenden nun um die Feststellung und Regelung des noch[2r] Schwankenden und um den Ausbau von Lücken handeln dürfe, nicht wie es von anderer Seite her erstrebt wird um eine allmählich im̃er weiter gehende und schließlich doch nicht zur vollen Durchführung gelangende Ausdehnung des phonetischen Princips unter unablässiger Erschütterung des allgemein Anerkañten.

Daß über die Ausführung im Einzelnen ver - schiedene Ansichten nicht nur obwalten köñen, sondern in in der That obwalten und auch noch längere Zeit hindurch obwalten werden, verhehle ich mir keineswegs; aber ich rechne auf den im deutschen Volk jetzt auch in Bezug auf die Rechtschreibung unverkeñbar hervortretenden Drang nach einheitlicher Gestaltung, die eben nur da - durch erreichbar ist, daß in schwankenden Fällen Jeder vonseinen[2v]seinen Eigenthümlichkeiten oder Eigenheiten und Angewohn[-]heiten Etwas opfern muß, wie auch ich es in meinem Buche bereitwilligst gethan habe und künftiglich thun werden, wo ich in einzelnen Aufstellungen mich von der Allgemein - heit überstim̃t sehe.

Wie Sie nun aber auch in Ihrer wiederholt auf das dringendste erbetene Besprechung über den leitenden Gedanken meines Buches1 und die Aus - führung im Einzelnen urtheilen mögen, so bitte ich, doch jedenfalls die Zusendung freundlich auf[-]zunehmen als ein Zeichen der vorzüglichsten Hoch - achtung und Versicherung, womit ich bin

Ihr ergebnster
[figure]

About this transcription

TextBrief an Karl Gutzkow
Author Daniel Sanders
Extent4 images; 363 tokens; 236 types; 2668 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Sebastian GöttelNote: Herausgeber. Linda MartinNote: Transkription und TEI-Textannotation. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationBrief an Karl Gutzkow Daniel Sanders. . Altstrelitz1875.

Identification

Universitätsbibliothek Frankfurt Nachl.K.Gutzkow A 2 II Nr. 2274, Blatt 4573-4574

Physical description

Hands

Current

Handschrift

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Brief; ready; sanders-briefe

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:09:43Z
Identifiers
Availability

Distributed under the Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 International license.

Holding LibraryUniversitätsbibliothek Frankfurt
ShelfmarkNachl.K.Gutzkow A 2 II Nr. 2274, Blatt 4573-4574
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.