Die von verschiedenen Seiten her, besonders auch von den deutschen Regierungen in Angriff genom̃ene Regelung, bezüglich Neugestaltung unserer Rechtschrei - bung berührt die deutsche Schriftstellerwelt auf das iñigste, so daß die anerkañten Führer und Leiter der - selben den dringendsten Anlaß, ja, ich möchte fast sagen: die Pflicht haben, in dieser für die geistige Entwicklung und Fortbildung unseres Volkes bedeutsamen Angelegen -heit[1v]heit auch das ausschlaggebende Gewicht ihrer Ansicht in die[Waage] fallen zu lassen.
Diese meine Überzeugung erklärt es, daß ich – und wird hoffentlich bei Ihnen zugleich die Freiheit rechtfertigen, mit der – ich es wage, Ihnen das beifolgende Buch mit der angelegentlichen Bitte um eine öffentliche Besprechung zu übersenden.
Weñ mich meine Hoffnung nicht ganz täuscht, so werde ich auf des deutschen Volkes, der deutschen Schriftsteller und namentlich auch auf Ihre Zu - stim̃ung rechnen dürfen für den leitenden Ge - danken meiner Arbeit, daß es sich nämlich unter offener und unumwundene Anerkeñung des in unserer Rechtschreibung bereits allgemein Feststehenden nun um die Feststellung und Regelung des noch[2r] Schwankenden und um den Ausbau von Lücken handeln dürfe, nicht – wie es von anderer Seite her erstrebt wird – um eine allmählich im̃er weiter gehende und schließlich doch nicht zur vollen Durchführung gelangende Ausdehnung des „ phonetischen Princips “unter unablässiger Erschütterung des allgemein Anerkañten.
Daß über die Ausführung im Einzelnen ver - schiedene Ansichten nicht nur obwalten köñen, sondern in in der That obwalten und auch noch längere Zeit hindurch obwalten werden, verhehle ich mir keineswegs; aber ich rechne auf den im deutschen Volk jetzt auch in Bezug auf die Rechtschreibung unverkeñbar hervortretenden Drang nach einheitlicher Gestaltung, die eben nur da - durch erreichbar ist, daß in schwankenden Fällen Jeder vonseinen[2v]seinen Eigenthümlichkeiten oder Eigenheiten und Angewohn[-]heiten Etwas opfern muß, wie auch ich es in meinem Buche bereitwilligst gethan habe und künftiglich thun werden, wo ich in einzelnen Aufstellungen mich von der Allgemein - heit überstim̃t sehe.
Wie Sie nun aber auch in Ihrer wiederholt auf das dringendste erbetene Besprechung über den leitenden Gedanken meines BuchesSanders, Daniel: Orthographisches Wörterbuch oder alphabetisches Verzeichnis aller deutschen oder im Deutschen eingebürgerten Wörter mit schwieriger oder fraglicher Schreibweise in endgültiger Feststellung. Leipzig 1875.Online verfügbar: Internet Archive, abgerufen am 27.11.2018.1 und die Aus - führung im Einzelnen urtheilen mögen, so bitte ich, doch jedenfalls die Zusendung freundlich auf[-]zunehmen als ein Zeichen der vorzüglichsten Hoch - achtung und Versicherung, womit ich bin
Sebastian GöttelNote: Herausgeber. Linda MartinNote: Transkription und TEI-Textannotation. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
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