Geognostische Thatsachen und Meinungen dürfen nicht mit einander verwechselt werden; ich lasse darum die Schilderung der Gebirgs-Formazionen des südlichen Amerika auf einander folgen, ohne die all - gemein angenommene Abtheilung derselben in fünf Gruppen — Ur -, Uebergangs -, Flöz -, terziäre und vulkanische Felsarten — zu berücksichtigen. Mir ward das Glück zu Theil, die Typen jeder Gruppe in Ge - genden zu entdecken, wo, vor meiner Reise, kein Gestein genannt worden war. Die alten Klassifika - zionen haben den groſsen Nachtheil, daſs sie den798Geognosten nöthigen, selbst da scharf zu trennen, wo Zweifel bleiben, wenn nicht in Betreff der La - gerung oder Ueberlagerung, dennoch in Hinsicht der Zahl nicht entwickelter Formazionen. Wie soll man, unter diesen oder jenen Umständen, über die Ana - logieen absprechen, welche ein, an Versteinerungen sehr armer, Kalk mit dem Uebergangskalke und dem Zechsteine, ein auf Urfelsarten ruhender Sandstein mit dem bunten oder mit dem Quader-Sandsteine, oder ein salzführender Thon mit dem red Marl der Engländer und dem Steinsalze der terziären Gebilde Italiens, darbieten können? Bedenkt man die uner - meſslichen Fortschritte, welche die Kenntniſs von der Ueberlagerung der Gesteine seit fünf und zwan - zig Jahren gemacht, so kann es keine Verwunde - rung erregen, wenn die Meinung, welche ich ge - genwärtig in Betreff des relativen Alters der Forma - zionen von Aequinokzial-Amerika ausspreche, nicht mit derjenigen im Einklange ist, die im Jahre 1800 von mir dargelegt wurde. Meinungs-Beständigkeit im Geognostischen wäre Gedanken-Trägheit, ein Stillestehen in der Mitte der Vorschreitenden. Was an irgend einer Stelle der Erde, hinsichtlich der Zu - sammensezzung der Felsarten, beobachtet wird, über die untergeordneten Lager, welche sie einschlieſsen, oder über ihre Lagerungs-Folge. Alles dieses sind Thatsachen von unabänderlicher Wahrheit, und un - abhängig von den Fortschritten positiver Geognosie in andern Gegenden, während die systematischen Namen, zur Bezeichnung dieser oder jener Forma -99 zion Amerikas angewendet, sich nur auf die voraus - gesezten Analogieen der Europäischen und Amerika - nischen Formazionen gründen. Nun können aber diese Namen nicht die nämlichen bleiben, wenn, nach mehr sorgsamer Untersuchung, die Gegenstände der Vergleichung nicht ihren vormaligen Plaz in der geognostischen Reihe behalten haben, wenn die ein - sichtsvollsten Gebirgsforscher jetzt für Uebergangskalk und für Greensand annehmen, was ihnen vordem als Zechstein oder bunter Sandstein galt. Das sicher - ste Mittel, um geognostische Beschreibungen die Aenderungen überleben zu lassen, welche die Wis - senschaft während ihres Vorschreitens erfährt, scheint mir, vorläufig an die Stelle der systematischen Na - men rother Sandstein, bunter Sandstein, Zechstein und Jurakalk, in den Beschreibungen der Forma - zionen die von Amerikanischen Fundorten entlehn - ten Benennungen (Sandstein der Llanos, Kalk von Cumanacoa und von Caripe) treten zu lassen, und sonach die Aufzählung der, mit der Ueberlagerung der Gebilde in Beziehung stehenden, Thatsachen von den Erörterungen über die Analogieen dieser Gebilde selbst mit jenen des alten Festlandes zu scheiden.
Es gibt Landstriche — in Frankreich die Gegend um Lyon, in Deutschland Freiberg, Naundorf —7 *100wo die Granit - und Gneiſs-Formazionen sehr deut - lich auftreten: in andern im Gegentheile findet man die geognostischen Grenzen zwischen jenen Forma - zionen wenig ausgesprochen, Granit, Gneiſs und Glimmerschiefer scheinen lagenweise zu wechseln und in einander überzugehen. Diese Wechsel-La - gerungen, diese Uebergänge dürften in den Kordil - leren des Küstenlandes von Venezuela minder häu - fig seyn, als in der Sierra Parime. In dem ersten dieser beiden Gebirgs-Systeme, zumal in der, der Küste zunächst liegenden, Kette, erkennt man nach und nach, als herrschende Gesteine aus W. nach O, den Granit, den Gneiſs und den Glimmerschiefer; allein bei Betrachtung des Ganzen der geognosti - schen Konstituzion des Küstenlandes und der Sierra Parime, wird man vorziehen, die Formazionen des Granites, Gneiſses und Glimmerschiefers, wenn nicht als eine einzige, dennoch als drei koordinirte, im engen Verbande mit einander stehende, Formazionen zu betrachten. Der Ur-Thonschiefer ist dem Glimmer - schiefer untergeordnet, und nur Modifikazion des - selben. Er bildet im neuen Festlande, eben so we - nig wie in den Alpen und Pyrenäen, ein unab - hängiges Gebiet.
1. Der Granit, welcher nicht in Gneiſs über - geht, stellt sich am häufigsten dar im westlichen Theile der Kette des Küstenlandes, zwischen Tur - mero, Valencia und Porto-Cabello, desgleichen in der Umgegend der Sierra Parime, beim Encarama - da und am Pic Duida. Er ist grobkörnig, und101 umschlieſst schöne Feldspath-Krystalle von 1½ Länge am Rincon del Diablo, zwischen Mariara und Hacienda de Cura und am Chuao. Man sieht ihn säulenförmig zerklüftet durch senkrechte Spal - ten, oder sehr regelmäſsig geschichtet, gleich dem Flözkalke, zu las Trincheras, an der Enge von Baraguan, im Orinoko-Thale, und unfern Guapa - soso, an den Ufern des Atabapo. Der geschichtete Granit von Trincheras, aus welchem sehr heiſse Quellen (90°,3 Cent.) hervortreten, hat das Ansehen nach der Neigung seiner Schichten, als sey er dem Gneiſse aufgelagert, welcher, weiter gegen S., auf dem Eilande des Sees von Valencia zu Tag aus - geht; allein solche Muthmaſsungen, die Ueberlage - rung betreffend, welche sich nur auf die Hypothese einer nicht näher bestimmten Schichten-Verlängerung stüzzen, sind wenig verlässig, und es ist möglich, daſs die granitischen Massen, eine abgesonderte klei - ne Zone in der nördlichen Reihe der Kordilleren des Küstenlandes ausmachend, durch den Gneiſs em - por gehoben worden. Das leztere Gestein herrscht, sowohl beim Hinabsteigen vom Rincon del Diablo gegen S. nach den heiſsen Quellen von Mariara und nach den Ufern des Sees von Valencia, als beim Vordringen in östlicher Richtung gegen die Gruppen von Buenavista, nach der Silla von Caracas hin, und nach dem Cap Codera. In der Region der Kette des Küstenlandes von Venezuela, wo der Gra - nit eine selbstständige Formazion von 15 bis 16 Mei - len Länge zusammen zu sezzen scheint, habe ich102 keine fremdartigen oder untergeordneten Lager von Gneiſs, Glimmerschiefer oder Urkalk wahrgenommen.
Die Sierra Parime ist eines der am meisten ausgedehnten Granit-Gebiete auf der Erde*Lechenault de la Tour hat am Mana-Flusse, in Französisch Guyana, die nämlichen Granit-Gneiſse (mit etwas Hornblende) gesammelt, welche von mir, in 300 Meilen westlicher Entfernung, beim Zusam - menflusse des Orinoko und Guaviare getroffen wurden.: aber der Granit, welcher an den Berg-Gehängen, wie in den dieselben verbindenden Ebenen zu Tage ausgeht, verlauft sich häufig in Gneiſs. Am beständigsten in seinem körnigen Gefüge, und als unabhängige Formazion, trifft man denselben unfern des Enca - ramada, an der Enge von Baraguan und in der Umgegend der Mission von Esmeralda. Häufig um - schlieſst er, gleich dem Granite der Pyrenäen und jenen des südlichen Tyrol, einzeln zerstreute Horn - blende-Krystalle, ohne daſs deshalb Uebergänge in Syenit Statt haben. Diese Modifikazionen sind beob - achtbar an den Ufern des Orinoko, des Caſsiquiare, des Atabapo und des Tuamini. Die Aufhäufung von Blöcken, welche in Europa auf dem Kamme granitischer Berge (Riesen-Gebirge, Ochsenkopf) gefunden wird, zeigt sich zumal in dem nordwestli - chen Theile der Sierra Parime, zwischen Caycara, Encaramada und Uruana; in den Wasserfällen von103 Maypures, und an der Mündung des Rio Vichada. Unentschieden bleibt, ob diese aufgehäuften Massen, welche die Gestalt von Zylindern haben, von an den Kanten abgerundeten Parallelepipeden, oder von Kugeln mit 40 bis 50″ Durchmesser, Folgen allmäh - lichen Zersezzens sind, oder einer heftigen und au - genblicklichen Emporhebung. Den Granit des süd - östlichen Theiles der Sierra Parime geht zuweilen in Pegmatit (Schriftgranit) über. Untergeordnete La - ger habe ich keine andern, als von Gneiſs darin gesehen; aber zwischen Javita, San Carlos del Rio Negro und dem Pic Duida wird der Granit von zahlreichen Gangspalten durchsezt, deren Wände mit Berg-Krystall, schwarzem Turmalin, und mit Kiesen üherkleidet sind. Diese offenen Gänge wer - den, wie es scheint, häufiger im O. des Pic Duida, in der Sierra Pacaraina, besonders zwischen dem Xurumu und Rupunuri.
2. Der Gneiſs herrscht längs den Kordilleren des Küstenlandes von Venezuela mit allem Anschei - ne einer selbstständigen Formazion, in der nördli - chen Kette, von Cerro del Chuao und dem Meri - dian von Choroni bis zum Cap Codera; in der süd - lichen Kette vom Meridian von Guigue bis zur Mün - dung des Rio Tuy. Das Cap Codera, die groſse Masse der Silla, des Galipano und das Land zwi - schen Guayra und Caracas, das Plateau von Buenavista, die kleinen Inseln des Sees von Valen - cia, die Berge zwischen Guigue, Maria Magdalena und dem Cerro de Chacao bestehen aus Gneiſs; indes -104 sen sieht man, in der Mitte dieses Gneiſs-Gebie - tes, im Valle de Caurimare, in der alten Provin - cia de los Mariches; am Cabo Blanco, im W. der Guayra; bei Caracas und Autimano, vorzüglich aber zwischen dem Plateau von Buenavista und den Thälern von Aragua, im Berge de las Cocuyzas und an der Hacienda del Tuy, Glimmerschiefer ein - geschlossen. Innerhalb der bezeichneten Grenze, wo der Gneiſs herrschend auftritt, geht derselbe zu - weilen in Glimmerschiefer über, während eine scheinbare Annäherung zum Granite nur auf dem Gipfel der Silla de Caracas Statt findet, und über - dieſs müſste eine sorgfältigere Untersuchung, als mir vergönnt gewesen, entscheiden, ob die Granite des St. Gotthard und der Silla de Caracas wirklich auf Glimmerschiefer ruhen, oder ob sie dieses Gestein nur durchbrochen haben, indem dieselben unter der Gestalt von Nadeln oder von Kuppeln empor stiegen. Der Gneiſs der Kordilleren des Küstenlan - des enthält in der Provinz Caracas fast ausschlieſs - lich Granat, Rutil und Graphit durch das Ganze seiner Masse verbreitet; ferner umschlieſst derselbe Lager körnigen Kalkes, und einige erzführende Gän - ge. Ob der Serpentin mit Granaten im Plateau von Buenavista im Gneiſse eingelagert ist, oder ob er, diesem Gesteine nur aufgesezt, nicht vielmehr einer Weiſsstein - (Granulit -) Formazion angehört, ähn - lich der von Penig und von Mitweyda in Sachsen, will ich unentschieden lassen.
105In dem von Bonpland und mir durchwanderten Theile der Sierra Parime, bildet der Gneiſs eine minder scharf begrenzte Zone, und schwankt viel - mehr zwischen Granit und Glimmerschiefer. Grana - ten sind mir im Gneiſse von la Parime nicht vorge - kommen; der Granit-Gneiſs des Orinoko dürfte hin und wieder etwas goldführend seyn.
3. Der Glimmerschiefer macht mit dem Thonschiefer ein zusammenhängendes Gebiet in der nördlichen Kette des Küstenlandes von Araya bis jenseit des Meridians von Cariaco, desgleichen in der Insel la Marguerite. Er umschlieſst auf der Halbinsel Araya Granaten und Disthen, und da, wo er in Thonschiefer übergeht, kleine Alaun-Schich - ten. Von dem, eine selbstständige Formazion bilden - den, Glimmerschiefer muſs der dem Gneiſs-Gebiete, im O. des Cap Codera, untergeordnete, unterschie - den werden. Der leztere enthält, im Tuy-Thale, Lager von Urkalk und von Zeichnenschiefer; zwi - schen dem Cap Blanc und Catia, Schichten von Granaten führendem Chloritschiefer und von Horn - blendeschiefer, und zwischen Caracas und Antima - no zeigt derselbe die denkwürdige Erscheinung von Gneiſs-Gängen, in welchen Granaten-reiche Dio - rit-Kugeln eingeschlossen sind.
In der Sierra Parime, herrscht der Glimmer - schiefer nur im östlichsten Theile. Der Hornblende - schiefer von Angostura und die Massen von Diorit aus Kugeln mit konzentrischen Lagen, unfern Mui - taco, scheinen nicht auf Glimmerschiefer, sondern106 unmittelbar auf Granit-Gneiſs zu ruhen. Indessen habe ich nicht deutlich beurtheilen können, ob nicht ein Theil dieses kieshaltigen Diorites, an den Ufern des Orinoko und in der Meerestiefe bei Cabo Blanco, so wie an der Montanna de Avila in dem Gesteine selbst eingeschlossen ist, auf welchem derselbe ruht. Sehr mächtige Gänge eignen sich häufig das Ansehen nicht weit erstreckter Lager an, und die, zu Hü - geln aufgehäuften, Diorit-Kugeln könnten wohl, nach den Analogieen so vieler Basalt-Kegel, aus Spal - ten hervorgetreten seyn.
Die Glimmerschiefer, die Chlorit - und die Horn - blendeschiefer enthalten Magneteisen-Theile in den tropischen Regionen von Venezuela, wie in den nördlichsten Regionen Europas. Die Granaten sind fast gleichmäſsig verbreitet im Gneiſse (Caracas), im Glimmerschiefer (Halbinsel von Araya), im Serpen - tine (Buenavista) und im Diorite (Antimano): wir werden später diese Granaten in den trachytischen Porphyren wieder auftreten sehen, welche den be - rühmten Erzberg von Potosi krönen, und in den schwarzen, augitischen Massen des, dem Chimborazo angelehnten, kleinen Vulkanes Yana-Urcu.
Das Erdöl — und diese Thatsache ist gewiſs be - sonders denkwürdig — tritt aus dem Glimmerschie - fer-Gebiete im Meeresbusen von Cariaco hervor. Wenn, mehr gegen O., an den Ufern des Areo und unfern Cariaco dasselbe aus Flözkalk-Formazionen zu quellen scheint, so dürfte dieſs wohl nur darum der Fall seyn, weil jene Formazionen auf Glimmer -107 schiefer ruhen. Auch die heiſsen Quellen von Ve - nezuela entspringen in Urfelsarten, oder vielmehr unterhalb derselben. Man sieht sie aus Granit her - vortreten (las Trincheras), aus Gneiſs (Mariara und Onoto), und aus dem, die primitiven Felsarten über - deckenden, Kalk - und Sandsteine (Morros de St. Juan, Bergantin, Cariaco). Die Erschütterungen der Erde und die unterirdischen Detonazionen, deren Siz man ohne Grund in den Kalk-Ge - birgen von Cumana gesucht, wurden am heftig - sten in den granitischen Gebieten von Caracas und vom Orinoko verspürt. Die vulkanischen Phänomene, insofern ihr Vorhandenseyn sich wirklich bestätigt, werden von den Eingebornen den Granit-Piks vom Duida und Guaraco, und dem Kalkberge von Cu - chivano zugeschrieben.
Aus der Gesammtheit dieser Beobachtungen er - gibt sich, daſs der Granit-Gneiſs in der uner - meſslichen Gebirgs-Gruppe der Parime herrscht, wie der Gneiſs-Glimmerschiefer in den Kordilleren des Küstenlandes; daſs, in beiden Systemen, das Granit-Gebiet, ohne Gneiſs und Glimmerschiefer, nur eine sehr kleine Strecke einnimmt, und daſs, in der Kette des Küstenlandes, die Formazion des Thonschiefers, des Glimmerschiefers, des Gneiſses und Granites in einem Striche aus O. nach W. auf einander folgen (indem ihre Schichten sich sehr gleichmäſsig und regelrecht gegen NW. senken), daſs, nach der Hypothese einer unterirdischen Verlänge - rung der Schichten, man den Granit von las Trin -108 cheras und vom Rincon del Diablo, als dem Gneiſse von Villa de Cura, Buenavista und Caracas auf - gelagert, und diesen Gneiſs wiederum, als auf dem Glimmer - und Thonschiefer von Maniquarez und von Chuparuparu auf der Halbinsel Araya ruhend, annehmen müſste. Ich habe bereits bemerkbar ge - macht, daſs eine solche, gewissermaſsen unbestimm - te, Verlängerung jeder Felsart, gestüzt auf den Nei - gungswinkel, welchen ihre Schichten an der Ober - fläche des Bodeus zeigen, nicht zulässig ist, und daſs, nach einer ähnlichen gewagten Voraussezzung, man genöthigt wäre, die Ur-Gesteine der Schwei - zerischen Alpen, als der Formazion des dichten Kal - kes (Uebergangskalk oder identisch mit Zechstein?) aufgelagert, und diesen als auf der Molasse des ter - ziären Gebietes ruhend zu betrachten.
Hätte ich, in der Darstellung der Formazion von Venezuela, der bekannten Abtheilung in Ur -, Uebergangs -, Flöz - und terziäre Gebiete folgen wollen, so würde ich im Zweifel geblieben seyn über die Stelle, welche der lezten Glimmerschiefer - Lage auf der Halbinsel Araya zukommt. Diese La - ge geht in der Schlucht (Arayo) von Robalo un - merklich in einen Kohlenstoff-haltigen, glänzenden Schiefer, in wahren Alaunschiefer über. Streichen und Fallen der Schichten bleiben unverändert, und109 der Thonschiefer, welcher das Ansehen eines Uebergangs-Gesteines erhält, ist nur Modifikazion der primitiven Glimmerschiefer von Maniquarez, welche Granaten, Disthen und Rutil enthalten. Die - se unmerklichen Uebergänge des Ur-Gebietes in das Transizions-Gebiet durch Thonschiefer, welche Kohlenstoff aufnehmen, während ihnen gleichför - mige Lagerung zum Glimmerschiefer und Gneiſse bleibt, wurden zu mehreren Malen in Europa beob - achtet*v. Oeynhausen's Beschreib. von Oberschlesien; 57, 62, 413.. Man kann selbst Zweifel anregen über das Vorhandeaseyn einer unabhängigen Ur-Thon - schiefer-Formazion, d. h. einer Formazion, wel - che nach der Teufe hin, nicht mit Fels-Schichten im Verbande stände, die einige Abdrücke von Mo - nokotyledonen umschlieſsen.
Das kleine Gebiet des Thonschiefers von Malpasso (in der südlichen Kette der Küsten-Kor - dilleren) ist vom Gneiſs - Glimmerschiefer durch eine gleichzeitige Serpentin - und Diorit-Formazion geschieden. Man sieht dasselbe in zwei Lagen ge - theilt; die obere besteht aus grünen, talkigen, mit Hornblende gemengten Schiefern; in der untern sind die Schiefer blaulichschwarz und von zahlreichen Quarzadern durchzogen. Lager von Grauwacke oder Kieselschiefer sind mir nicht vorgekommen, auch habe ich keinen Chiastolith gesehen. Der Kiesel -110 schiefer gehört in diesen Gegenden einer Kalk - Formazion an, deren Beschreibung folgt; von Chia - stolith sah ich schöne Stücke, welche die Indianer als Amulete tragen, und die aus der Sierra Ne - vida de Merida gebracht werden*In Galizien, in Spanien, sahe ich den, Chiastolith einschlieſsenden, Thonschiefer mit Grauwacke wech - seln; aber der Chiastolith gehört ohne Zweifel auch Gesteinen an, welche von allen Geognosten bis jezt dem Ur-Gebiete beigezählt werden, Glimmerschiefern, die als Lager im Granite vorkommen, und solche, welche ein selbstständiges Gebiet ausmachen (Char - pentier, essay geogn. sur les Pyrénées; 143, 193.). Diese Substanz kommt hier wahrscheinlich in einem Uebergangs - Thonschiefer vor; Rivero und Boussingault beob - achteten den Thonschiefer in 2120 Toisen Höhe, in der Paramo de Mucuchies, zwischen Truxillo und Merida.
Es ist weiter oben die Rede gewesen von ei - nem, im Gneiſse von Buenavista eingeschlossenen, vielleicht auch demselben aufgesezten Lager von Granaten-reichem Serpentine: hier handelt es sich um ein wahrhaftes Serpentin-Gebiet, wechselnd mit Diorit, welchem eine Verbreitung von der Schlucht von Tucutunemo bis nach Juncalito zusteht. Der111 Diorit bildet die gröſste Masse dieses Gebietes; er ist schwärzlichgrün, kleinkörnig und frei von Quarz: kleine Feldspath-Krystalle im Gemenge mit Horn - blende-Krystallen sezzen die Masse desselben zu - sammen. In Folge der Verwitterung überdeckt sich dieses Diorit-Gestein auf seiner Auſsenflä - che mit einer gelblichen Rinde, ähnlich jener der Basalte und Doler[i]te. Der Serpentin, von dun - kel-olivengrüner Farbe, im Bruche eben, gemengt mit blaulichem Speckstein und mit Hornblende, zeigt, wie fast alle gleichzeitigen Diorit - und Ser - pentin-Formazionen (Schlesien, Fichtelgebir - ge, Baigorry-Thal in den Pyrenäen, Eiland Cy - pern), Spuren von Kupfererzen. Da, wo der, zum Theil kugelig abgesonderte, Diorit sich den grünen Schiefern von Malpasso nähert, finden sich wahre grüne Schiefer-Lager eingeschlossen im Diorite. Der schöne Saussurit, von welchem ich in Hoch-Orinoko Bruchstücke in den Händen der Eingebornen sah, scheint die Gegenwart eines, dem Granit-Gneiſse oder dem Hornblendeschiefer des östlichen Theiles der Sierra Parime aufgelagerten, Euphotid-Gebie - tes anzudeuten.
Die Morros de San Juan steigen gleich zerfal - lenen Thürmen aus der Mitte eines Diorit-Gebie - tes auf. Sie bestehen aus einem grünlichgrauen, ka - vernösen, krystallinischen, mit einigen Glimmer -112 Blättchen gemengten, versteinerungsfreien Kalke. Man findet darin Massen verbärteten Thones, schwarz, schieferig, eisenreich, überdeckt mit einer gelben Verwitterungsrinde, wie solche im Basalte und im Hornblende-Gesteine vorkommen. Ein dich - ter Kalk mit Muschel-Resten ist dem körnigen Kalke der Morros de San Juan angelagert. Wahr - scheinlich dürften bei genauerer Untersuchung dieses Gebietes, zwischen Villa de Cura und Ortiz, wo - selbst ich nur während eines einzigen Tages sam - meln konnte, mehrere Phänomene aufgefunden wer - den, übereinstimmend mit jenen, die L. v. Buch neuerdings in Tyrol nachgewiesen*Taschenb. für Mineral. ; XVIII, 272 ff.. Boussingault bezeichnet das Gestein von Morros in einem unge - mein lehrreichen Aufsazze, welchen er mir kürzlich übersendet hat, mit dem Ausdrucke » kalkhaltiger, problematischer Gneiſs. « Diese Benennung dürfte andeuten, daſs die Glimmer-Blättchen stellenweise mehr nach einer gleichmäſsigen Richtung sind, wie im grünlichen Dolomite von Val Toccia.
Das Granit-Gneiſs-Gebiet der Sierra Parime wird in seinem westlichsten Theile (zwischen Enca - ramada und der Enge von Baraguan, wie auf dem Eilande Guachaco) durch Streifen eines braunlich -grü -113grünen Sandsteines bedeckt, welcher Quarz-Körner und Feldspath-Bruchstücke, durch ein thoniges und sehr dichtes Bindemittel zusammengehalten, um - schlieſst. Das Bindemittel ist, da, wo es in groſser Häufigkeit vorhanden, muschelig und geht in Jaspis über. Kleine Gänge von Braun-Eisenstein durch - ziehen die Felsart. Aus der Gegenwart des Feld - spathes scheint hervorzugehen, daſs diese kleine Sandstein-Formazion — die einzige von allen Flöz - Formazionen, welche bis jezt in der Sierra Parime bekannt ist — dem rothen oder Kohlen-Sandsteine angehöre. Ich habe sie nicht mit dem Sandsteine der Llanos zu verbinden gewagt, dessen relatives Alter ich bis jezt weniger entschieden achte.
Ich lasse die Formazionen in der Ordnung auf einander folgen, welche ich, nach dem ersten Ein - drucke, an Ort und Stelle zu erkennen glaubte. Die Kohlenstoff-haltigen Schiefer der Halbinsel Araya verbinden die primitiven Granit-Gneiſse und Gneiſs - Glimmerschiefer dem Uebergangs - Gebiete (blaue und grüne Schiefer; Diorit und Serpentin, gemengt mit Hornblende; grünlichgrauer, körniger Kalk) von Malpaſso, Tucutunemo und San Juan. Auf diesem Uebergangs-Gebiete ruhen gegen S. die Sandstei - ne von Llanos, frei von Muscheln, und be - stehend (Savannen von Calabozo) aus abgerunde -8114ten*In Deutschland schlieſsen Sandsteine, welche unzwei - felhaft zum rothen Sandsteine gehören, ebenfalls Ge - schiebe und abgerundete Bruchstücke ein (Wieder - stedt in Thüringen; Freiesleben, geogn. Arb.: IV, 77). Sie wurden darum selbst mit dem Ausdrucke Nagelflue bezeichnet. (Meinecke, Naturforscher; St. 17, S. 48.) Ich will die, dem rothen Sandsteine der Pyrenäen untergeordneten, Brekzien nicht anfüh - ren, weil das Alter dieser, keine Steinkohlen führenden, Felsart als zweifelhaft gelten dürfte. (v. Charpen - tier, a. a. O.; S. 427.) Lagen von rundlichen, sehr feinen Quarz-Körnern sind im Todt-Liegenden von Thüringen eingeschlossen (Freiesleben, a. a. O.; S. 97) und in jenen von Oberschlesien (v. Oeynhausen, a. a. O.; S. 119). Bruchstücken von Quarz und Kieselschiefer, wel - che durch ein grünlichbraunes, eisenreiches Thon-Zä - ment zusammengehalten werden. Man findet darin Holz-Theile, meist von Monokotyledonen, und Massen von Braun-Eisenstein. Einige Lagen (Mesa de Paja) zeigen sehr feine Quarz-Körner; Bruch - stücke von Porphyr oder von Kalk sind mir nicht darin vorgekommen. Diese unermeſslichen Sand - stein-Gebiete, welche die Llanos des niederen Ori - noko und des Amazonenlandes überdecken, verdie - nen die gröſste Aufmerksamkeit der Reisenden. Durch ihr Ansehen nähern sie sich den Nagelfluen, in denen ebenfalls Kalk-Trümmer vermiſst werden115 (Schottwyll und Diesbach in der Schweiz*Meissner, Ann. der allgem. Schweiz. Gesellsch. ; I, 49.): allein nach ihren Lagerungs-Verhältnissen schienen mir dieselben mehr zum rothen Sandsteine zu gehören. An keiner Stelle kann man sie mit der Grauwacke verwechseln, welche durch Boussingault und Ri - vero längs den Kordilleren von Neu-Granada, die Steppen gegen W. begrenzend, gefunden wurden. Deuten die Abwesenheit der Bruchstücke von Gra - nit, Gneiſs und Porphyr, das häufige Vorhanden - seyn versteinten Holzes**Das Volk schreibt diese Hölzer dem Bowdichia vir - giloides, oder Alcornoco (Nova Gen. et Spec. ; III, 377) zu. Man glaubt in Venezuela, wie in Aegypten, daſs die versteinten Hölzer noch heutiges Tages gebildet werden. Ich muſs bei dieser Gelegenheit bemerken, daſs die versteinten Dikotyledonen von mir nur an der Oberfläche des Bodens gefunden wurden, und nicht eingeschlossen im Sandsteine der Llanos. Caillaud hat das Nämliche zwischen Siwa und der Oasis beob - achtet. Die Baumstämme von 90′ Länge, eingeschlos - sen im rothen Sandsteine des Kiffhäusers in Thüringen, gehören, zu Folge neuerer Untersuchungen von L. v. Buch, den Monokotyledonen an., mitunter von Dikotyle - donen abstammend, darauf hin, daſs dieser Sand - stein neuen Formazionen angehöre, welche die Ebe - nen zwischen den Kordilleren der Parime und des Küstenlandes füllen, wie die Schweizer Molasse den8 *116Raum zwischen dem Jura und den Alpen ein - nimmt? Ich habe über das Problem an einem an - dern Orte geredet*Sur le gisement des roches; 230.: allein die gesammelten Mate - rialien sind bis jezt noch zu unvollständig. Es ist nicht leicht über das Alter von Sandstein abzuspre - chen, wenn mehrere Formazionen sich nicht ent - wickelt haben. Selbst auf dem klassischen Boden der Geognosie, in Deutschland, sind die geübtesten Beobachter nicht im Einverständnisse über die Sand - steine des Schwarzwaldes und der Länder im SW. des Thüringer Wald-Gebirges. Boussingault, welcher einen Theil der Steppen von Venezuela lange nach mir durchwandert hat, glaubt, daſs die Sand - steine der Llanos von San Carlos, jene des Thales von San Antonio de Cucuta, und die der Plateaus von Barquisimeto, Tocuyo, Merida und Truxillo, zur Formazion des alten rothen, oder des Koh - len-Sandsteines gehören. Und in der That trifft man wahre Kohle bei Carache und im SW. des Pa - ramo de las Rosas.
Ehe ein Theil der unermeſslichen Ebenen von Amerika geognostisch untersucht worden, hätte man glauben können, ihre gleichmäſsige und beständige Horizontalität rühre vom angeschwemmten Gebiete her, oder doch von sandsteinartigen, terziären Ge - bieten. Der Sand, in den baltischen Ländern und im ganzen nördlichen Deutschlande den Grobkalk117 und die Kreide überdeckend, schien diese syste - matischen Ansichten zu rechtfertigen, welche man nicht unterlieſs auf Sahara und die Steppen Asiens auszudehnen. Allein die gesammelten Beobachtun - gen reichen hin, um zu beweisen, daſs in beiden Welttheilen, Ebenen, Steppen und Wüsten zugleich eine groſse Zahl von Formazionen des verschieden - sten Alters enthalten, und daſs diese Formazionen daselbst zu Tage ausgehen, ohne durch Anschwem - mungen bedeckt zu werden. Jurakalk, Steinsalz (Ebenen von Meta und von Patagonien) und Koh - len-Sandstein zeigen sich in den Llanos des südli - chen Amerika; Quader-Sandstein*Die eigenthümlichen physiognomischen Verhältnisse, das Pyramiden - und Mauern-Aehnliche, die Absonde - rung in würfelige Blöcken, scheinen allerdings den Quader-Sandstein zu bezeichnen; allein der Sandstein der östlichen Gehänge der Montagnes rocheuses, in welchen James Salzquellen fand, Lager von Gyps, aber keine Kohlen, dürften eher zum bunten Sand - steine gehören. (Wüste zwi - schen Arkausas und Canadian-River), ein salz - führendes Gebiet, Steinkohlen-Lagen**Diese Kohlen überlagern, wie in Belgien, unmittel - bar die Grauwacke, oder den Uebergangs-Sandstein. (Abhänge der Aleghanis, Ufer des Ohio) und Uebergangs - kalk mit Trilobiten***Der Uebergangskalk wird, in den Ebenen des hohen Missoury, von einem andern, Turritellen enthalten - Missoury, oberhalb Coun - cil Bluff) erfüllen die weit erstreckten Ebenen von Louisiana und von Canada. Beim Untersuchen der118 Felsarten, welche Caillaud in den Wüsten Lybiens und bei Oasis von Siwa gesammelt, erkennt man Sandstein, ähnlich dem von Theben; Bruchstücke versteinter Dikotyledonen von 30 bis 40′ Länge, mit Ueberbleibseln von Zweigen und mit konzentri - schen Mark-Lagen, vielleicht aus terziärem Braun - kohlen-Sandsteine*Molassen-Formazion. abstammend; Kreide mit Spa - tangen und Ananchyten; Jurakalk mit Nummuliten; einem andern feinkörnigen Kalk**L. v. Buch fragt mit Recht: ob dieser Kalk, so ähn - lich dem Marmor vonParos und dem, durch Berüh - rung mit dem syenitischen Granite von Predazzo kör - nig gewordenen, Kalke, eine Modifikazion des Num - muliten-Kalkes von Siwa sey? Die Urgebirge, aus denen man glauben könnte, daſs jener körnige Kalk abstamme, sind weit entfernt von der Oasis von Siwa., der zum Baue des Jupiter Ammon-Tempels (Omm-Beydale) verwen - det worden; Steinsalz mit Schwefel und Bitumen. Diese Beispiele beweisen zur Genüge, daſs die Ebenen (Lla - nos), die Steppen und Wüsten nicht die Einförmigkeit terziärer Gesteine darbieten, welche man ihnen zu allgemein zuschreibt. Gehören die schönen Jaspis - Stücke (Cailloux d'Egypte), welche Bonpland in***den, Flözkalke bedeckt, welchen man dem Jurakalke beizählen zu dürfen glaubt, während ein Gryphiten - kalk, reich an Bleierzen, und den ich für älter hielt, als den oolithischen Kalk, und dem Lias analog, nach James, seine Stelle über der jüngsten Sandstein-For - mazion einnimmt. Ist diese Ueberlagerung auſser allem Zweifel?119 den Savannen von Barcelona (bei Curataquiche) sam - melte, dem Sandsteine der Llanos de Calabozo, oder einem, diesen Sandstein überdeckenden, Gebiete an? Die erste dieser Voraussezzungen würde, nach der Analogie der, durch Rosière in Aegypten ge - machten, Beobachtungen, den Sandstein von Cala - bozzo der terziären Nagelflue näher bringen.
Ein blaulichgrauer, dichter Kalkstein, fast frei von Versteinerungen, häufig durchzogen mit kleinen Kalkspath-Gängen, bildet die sehr jähen Berge. Seine Schichten haben das nämliche Streichen und Fallen (Punta Delgada, im Osten von Cumana), wie jene des Glimmerschiefers von Araya. Da, wo die Seiten der Kalk-Berge Neu-Andalusiens beson - ders steil sind, sieht man, wie am Achsenberg un - fern Altorf in der Schweiz, die Schichten seltsam gewunden und gebogen. Die Farben des Kalkes von Cumanacoa wechseln vom Schwärzlichgrauen bis zum Blaulichweiſsen (Bordones; Cerro del Impos - sibile; Cocollar; Turimiquiri; Montanna de Santa Maria). Er geht zuweilen vom Dichten bis ins Körnige über. Als zufällige Einschlüsse findet man darin Braun-Eisenstein, Eisenspath und selbst Berg - Krystall*Der Zechstein des Groſsörner in Thüringen enthält ebenfalls Berg-Krystalle. (Freiesleben, a. a. O.; III, S. 17.); als untergeordnete Lager kommen darin120 vor: 1. zahlreiche Schichten Kohlenstoff-haltiger, schieferiger Mergel mit Kiesen (Cerro del Cuchivano bei Cumanacoa); 2. quarziger Sandstein wechselnd mit sehr dünnen Schieferthon-Lagen (Quetepe im S. von Cumana; Cerro del Impossibile; Plateau des Cocollar; Cerro de Saca Manteca bei Catuaro; wahrscheinlich auch das Becken des Guarda de St. Augustin und der Purgatorio); dieser Sandstein schlieſst Quellen ein; im Allgemeinen bedeckt er nur den Kalk von Cumanacoa, stellenweise aber schien derselbe mir auch darin eingelagert; 3. Gyps mit Schwefel (Guire im Golfo Trieste auf der Kü - ste von Paria). Da ich die Lagerungs-Verhältnisse des gelblichweiſsen, feinkörnigen Gypses nicht an Ort und Stelle untersuchen konnte, so erlaube ich mir auch nicht über sein relatives Alter abzuur - theilen.
Die einzigen versteinten Muscheln, welche ich in dieser Kalk-Formazion gefunden, sind Hauf - werke von Turbiniten und Trochiten, auf dem Ab - hange des Turimiquiri, in mehr als 680 Toisen Höhe, und einen Ammoniten von 7″ Durchmesser an der Montanna de Santa Maria, im NNW. von Caripe. Nirgends sahe ich den Kalk von Cumana - coa auf dem Sandsteine der Llanos gelagert: hätte ein solches Verhältniſs Statt, so müſste man es beim Herabsteigen vom Plateau des Cocollar gegen die Mesa de Amana finden. Auf der Südküste des Mee - resbusens von Cariaco bedeckt die Kalk-Formazion (Punta Delgada) wahrscheinlich, und ohne daſs121 eine Zwischen-Lagerung von einem andern Gesteine Statt hätte, den, in Kohlenstoff-haltigen Thonschie - fer übergehenden, Glimmerschiefer. Im nördlichen Theile des Golfes habe ich diese schieferige Forma - zion, in 2 bis 3 Klaftern Tiefe, deutlich im Meere gesehen. Die warmen untermeerischen Quellen schie - nen aus dem Glimmerschiefer hervorzutreten, des - gleichen die Erdölquellen von Maniquarez. Wenn es übrigens zweifelhaft bleibt, welches Gestein die un - mittelbare Unterlage des Kalkes von Cumanacoa aus - macht, so sind dagegen die denselben überdecken - den Gesteine wohl nachzuweisen; es müssen dahin gezählt werden: 1. der terziäre Kalk von Cuma - na, unfern Punta Delgada, und am Cerro de Meapire; 2. der Sandstein von Quetepe und von Turimiquiri, welcher, da er Lager im Kalke von Cumanacoa ausmacht, wahrscheinlich dem lezteren Gebiete angehört; 3. der Kalk von Caripe, dem Ju - rakalke identisch, von dem im folgenden Artikel die Rede seyn wird.
Beim Hinabsteigen vom Cuchilla de Guanagua - na, gegen das Kloster von Caripe, sieht man der Formazion des blaulichgrünen Kalkes von Cumana - coa eine andere neue Formazion folgen, weiſs, mit ebenem oder unvollkommen muscheligem Bruche, und in sehr dünne Schichten abgetheilt. Ich be -122 zeichne die leztere vorläufig mit dem Ausdrucke Kalk-Formazion von Caripe, in Beziehung auf die Höhle dieses Namens, welche von vielen Tausenden von Nachtvögeln bewohnt wird. Dieser Kalk hat mir übereinstimmend geschienen: 1. mit dem Kalke vom Morro de Barcelona und von den Chimanas-Inseln, welcher kleine Lagen schwarzen Kieselschiefers umschlieſst, frei von Quarzadern ist, und in parallelepipedische Bruchstücke zerspringt; 2. mit dem graulichweiſsen, im Bruche ebenen Kalke von Tinao, welcher den Sandstein der Llanos über - decken dürfte. Man findet die Formazion von Ca - ripe auf dem Eilande Cuba (zwischen la Havanna und Batabano, zwischen dem Hafen la Trinidad und Rio Guaurabo) wieder, desgleichen auf den Caymans-Inseln.
Ich habe bis jezt die Kalk-Formazion der Kette des Küstenlandes beschrieben, ohne sie mit syste - matischen Namen zu bezeichnen, wodurch dieselbe den Formazionen Europas verbunden werden könnte. Während meines Aufenthaltes in Amerika galt mir der Kalk von Cumanacoa für Zechstein, oder Alpenkalk, jener von Caripe für Jura - kalk. Die Kohlenstoff-haltigen, etwas bituminösen Mergel von Cumanacoa, analog den Lagen bitumi - nöser Schiefer, welche in den Alpen von Süd - Baiern sehr häufig sind*In den Peruanischen Andes fand ich dieselben bei Montau in 1600 Toisen Höhe., schienen mir die erste123 jener Formazionen zu bezeichnen; während die blendende Weiſse des Höhlen-Gebietes von Caripe, und die Gestalt-Verhältnisse seiner Felsmassen, den Jurakalk von Streitberg in Franken, oder von Oiz - zow und Krzessowice in Oberschlesien lebhaft ins Gedächtniſs zurückriefen. In Venezuela fehlen ver - schiedene Gebiete, die, im alten Festlande, den Zechstein vom Jurakalke scheiden. Der Sandstein von Cocollar, wovon der Kalk von Cumanacoa zu - weilen überlagert ist, könnte für bunten Sand - stein gelten; allein es ist wahrscheinlicher, daſs, da er lagenweise wechselt mit dem Kalke von Cu - manacoa, derselbe mitunter nach der oberen Grenze der Formazion zurückgedrängt wurde, welcher er angehört. Der Europäische Zechstein umschlieſst ebenfalls sehr quarzigen Sandstein*Essai geogn. ; 257.. Beide Kalk - Gebiete von Cumanacoa und von Caripe folgen ein - ander unmittelbar (wie dieſs auch beim Alpen - und Jurakalke der Fall) auf dem West-Abhange des Plateaus von Mexiko, zwischen Sopilote, Mescala und Tehuilotepec. Diese Formazionen gehen viel - leicht gegenseitig in einander über, so, daſs die leztere nur eine obere Zechstein-Lage wäre. Diese unmittelbare Ueberlagerung**Loc. cit. ; 281, 291., dieſs Unterdrückt - seyn von Zwischen-Gebieten, jene Einfachheit der Struktur, und jene Abwesenheit oolithischer Schich -124 ten wurden auch in Oberschlesien und in den Pyre - näen beobachtet. Von der andern Seite könnte die unmittelbare Auflagerung des Kalkes von Cumana - coa auf Glimmerschiefer und Uebergangs-Thonschie - fer, das Seltene der, noch nicht mit zureichender Sorgfalt untersuchten, Versteinerungen, die, in Ly - dischen Stein übergehende, kieselige Lage, zum Glauben führen, daſs die Gebiete von Cumanacoa und von Caripe einer weit älteren Formazion an - gehören, als die Gesteine der Flözzeit. Es kann nicht auffallen, daſs die Zweifel, welche dem Geo - gnosten sich darbieten, wenn er über das relative Alter des Kalkes der Hoch-Gebirge, Pyre - näen, Apenninen (südwärts vom Perugia-See) oder der Schweizer Alpen, aburtheilen soll, auch auf die Kalk-Gebiete der erhabenen Berge von Neu - Andalusien sich erstrecken, und überhaupt auf jene Berge von Amerika, wo die Gegenwart des rothen Sandsteines nicht deutlich erkannt worden. (Fortsezzung folgt.)
(Voyage aux régions équinoxiales du nouvean continent. Tom. Xme, p. 249.) (Beschluſs. S. Augustheft S. 221.)
Ein quarziger Sandstein überdeckt, zwischen Nue - va Barcelona und las Cerro del Bergantin, den (Jura -) Kalk von Cumanacoa. Ist derselbe eine, dem Greensande analoge, Felsart, oder gehört er zum Sandsteine von Cocollar? Im lezteren Falle dürfte sein Vorhandenseyn auf noch deutlichere Weise darthun, daſs die Kalke von Cumanacoa und31482von Caripe nichts sind, als zwei Lagen eines und des nämlichen Systemes, welches im Wechsel mit Sandstein erscheint, der bald quarzig, bald schiefe - rig sich zeigt.
Ablagerungen blätterigen Gypses, zahlreiche Mergel-Schichten umschlieſsend, stellen sich als ein - zelne Streifen in den Steppen von Caracas und von Barcelona dar; so unter andern auf dem Plateau von San Diego, ferner zwischen Ortiz und la Me - sa de Paja und unweit der Mission von Cachipo. Sie scheinen den (Jura -) Kalk von Tisnao zu über - decken, welcher jenem von Caripe analog ist; Massen von Fasergyps kommen häufig darin vor. Ich habe weder den Sandstein vom Orinoco, noch jenen vom Cocollar oder vom Bergantin, und eben so wenig den Gyps der Llanos mit dem Aus - drucke Formazionen bezeichnet, denn nichts be - weist die Selbstständigkeit dieser Sandstein - oder Gyps-Gebilde. Wie ich vermuthe, wird man einst zur Ueberzeugung gelangen, daſs der Gyps der Llanos nicht blos den (Jura -) Kalk der Llanos überdeckt, sondern daſs er auch zuweilen davon umschlossen wird, wie der Gyps des Golfo Triste vom (Alpen -) Kalke. Vielleicht gehören die gro - ſsen Schwefel-Massen, welche in den gänzlich tho - nigen Lagen der Steppen vorkommen (Guayuta; Thal von San Bonifacio; Buen Pastor; Zusammenfluſs des483 Rio Pao mit dem Orinoco), den Mergeln des Gyp - ses von Ortiz an? Diese thonigen Lagen verdienen um so mehr die Aufmerksamkeit reisender Gebirgs - forscher, als die schönen Beobachtungen des Herrn v. Buch und anderer berühmter Geognosten über die Kavernosität des Gypses, über das Regellose sei - nes Schichten-Falles, über seine Lagerung parallel den beiden Abhängen des Harzes und der (empor - gehobenen) Alpenkette, so wie über die gleichzeiti - ge Gegenwart von Schwefel und Eisenglanz*Gyps mit Eisenglanz im bunten Sandsteine, südwärts von Dax (Departement des Landes.), und die Dämpfe schwefeliger Säuren, welche der Bildung der Schwefelsäure vorangegangen sind, das Einwir - ken der Gewalten darzuthun scheinen, welche ih - ren Siz in groſser Tiefe im Innern der Erdfeste haben**L. v. Buch, Resultate geognost. Forsch. ; 1824, 471 bis 473; Fr. Hoffmann, Beitr. zur geognost. Kennt - niſs von Nord-Deutschland; 85, 92; Boué, Mém. sur les terrains second. du versant nord des Alpes;.
Dieses Gebiet läſst eine überraschende Analogie mit dem Salzthone oder Lebersteine wahrnehmen,31 *484welche, wie ich gezeigt habe; das Steinsalz unter allen Himmelsstrichen begleitet*Essai géognost. ; 241. Leonhard; Charakt. der Fels - arten; 362.. In den Salzwer - ken von Araya (Haraia), hatte er die Beachtung von Pedro Martys d'Anghiera schon seit dem An - fange des XVI. Jahrhunderts erregt. Sehr wahr - scheinlich ist, daſs durch ihn die Zerreiſsung des Landes und die Bildung des Busens von Cariaco erleichtert wurde. Das Gestein ist ein rauchgrauer Thon, durchdrungen von Erdöl, gemengt mit blät - terigem und linsenförmigem Gypse, und zuweilen durchzogen von Fasergyps-Adern. Dieser Thon umschlieſst eckige Massen von minder zerreiblichem, braunlichschwarzem Thone von schieferigem Gefüge, und zuweilen mit muscheligem Bruche. Steinsalz findet sich darin in, dem unbewaffneten Auge nicht sichtbaren, Theilchen. Die Lagerungs - oder Ueber - lagerungs-Beziehungen dieses Gebietes zu den ter - ziären Gesteinen sind mir nicht deutlich genug ge - wesen, als daſs ich über dieses wichtigste Verhält - niſs der positiven Geognosie absprechen könnte. In beiden Erdhälften zeigen die, mit einander vorkom - menden, Schichten von Steinsalz, von Salz - thon und von Gyps die nämlichen, schwierig zu lösenden Aufgaben; überall lassen diese Massen,**14. Freiesleben, geognost. Arbeiten; II, 124; Breis - lack, Geol. ; I, 255.485 deren Gestalt-Verhältnisse höchst ungeregelt sind, Spuren erlittener, groſser Umwälzungen wahrneh - men. Beinahe nie sieht man sie von selbstständigen Formazionen überlagert; und, nachdem man lange Zeit auf dem Europäischen Festlande den Glauben gehegt, das Steinsalz sey ausschlieſsliches Eigenthum des Alpen - und des Uebergangs-Kalkes, nimmt man gegenwärtig, theils nach Schlüssen auf Analogieen gestüzt, theils nach Muthmaſsungen über die Ver - längerung der Schichten, noch mehr allgemein an, die wahre Lagerstätte des Steinsalzes sey im bunten Sandsteine. Mitunter scheint das Steinsalz zwischen dem bunten Sandsteine und dem Muschelkalke zu schwanken*Kleinschrod, Leonhard's Taschenb. für Min. ; 1821, S. 48. Humboldt, Essai géognost. ; 271. Haus - mann jüngeres Flöz-Geb. ; 177. Vielleicht schwankt das Steinsalz zugleich zwischen dem bunten Sandsteine und dem Alpenkalke, und zwischen jener Felsart und dem Muschelkalke. Oeynhausen weist ihm seine Stelle in den untersten Schichten des Muschelkalkes an. (Kar - sten's Archiv; 1824, 8. St., S. 11.) — S. auch De - chen, Oeynhausen und La Roche in der Zeitschrift Hertha; I, 27..
Ich habe die Halbinsel Araya zweimal besucht. Das erste Mal war ich geneigt, den Salzthon als dem (unläugbar der terziären Formazion zugehöri - gen) Konglomerate vom Barigon und vom Berge486 des Schlosses von Cumana untergeordnet zu betrach - ten, weil ich, in geringer Entfernung von lezterem Schlosse, Schichten eines verhärteten Thones*Ohne Salz - und Erdöl-Gehalt? fand, die blätterigen Gyps enthielten, und mitten im ter - ziären Gebiete eingeschlossen waren. Ich glaubte, der Salzthon könnte mit dem kalkigen Konglomerate von Barigon wechseln. In der Nähe kleiner Fi - scher-Hütten, dem Macanao gegenüber, scheinen Konglomerat-Felsen aus den Thon-Schichten her - vorzutreten. Bei einer zweiten Wanderung nach Maniquarez und nach den Alaunschiefern von Cha - paruparu kam mir das Verband zwischen dem ter - ziären Gebiete und dem Thone mit Bitumen ziem - lich räthselhaft vor. Ich untersuchte die Gegend der Peñas negras, unfern vom Cerro de la Vela, im OSO. des zerstörten Schlosses von Araya genauer. Der Kalk jener Peñas**Rel. hist.; II, 337. ist dicht, blaulichgrau und fast frei von Versteinerungen. Er schien mir bei weitem älter, als das terziäre Konglomerat vom Ba - rigon, und ich sah denselben, in gleichförmiger Lagerung, einen, dem Salzthone ziemlich analogen, schieferigen Thon überdecken. Ich gefiel mir darin, den Salzthon mit den Schichten Kohlenstoff-haltigen Mergels, welche der Alpenkalk von Cumanacoa ein - schlieſst, in nähere Verbindung zu bringen. Nach den, heutiges Tages am meisten verbreiteten, geo -487 gnostischen Ansichten könnte man die Felsart der Peñas negras, als den Muschelkalk vertretend, be - trachten, und den salzhaltigen und bituminösen Thon von Araya als Repräsentant des bunten Sand - steines: allein diese Probleme werden sich erst ent - scheiden lassen, wenn in diesen Gegenden eigentli - che bergmännische Arbeiten Statt gefunden. Ei - nige Gebirgsforscher, welche der Meinung sind, daſs in Italien das Seinsalz fast stets in die, den Jurakalk, und selbst die Kreide überlagernden, Ge - bilde vordringe, werden geneigt seyn, den Kalk der Peñas negras für eine solche Schicht dichten Kalkes zu nehmen, die frei von Quarz und von Petrefakten, und ähnlich denen ist, welche man häufig in der Mitte des terziären Konglomerates vom Barigon und vom Castillo de Cumana trifft. Den Salzthon von Araya werden sie für analog mit dem Pariser Töpferthone (Argile plastique) halten, oder mit den thonigen Lagen (dief et tourtia) des se - kundären Braunkohlen-Sandsteines*Grès tertiaire à lignites; Molasse d'Argovie., welche, in Belgien und Westphalen Salzquellen enthalten**Buff, Noeggerath's Rheinl. Westph. ; III, 53.. So schwierig es ist, vereinzelt die Schichten von Mergel und Thon zu unterscheiden, welche dem bunten Sandsteine, dem Muschelkalke, dem Qua - der-Sandsteine, dem Jurakalke, dem Green - und Ironsande (gres secondaire à lignites) und dem488 terziären Gebiete über der Kreide angehören, so bin ich dennoch der Meinung, daſs das Bitumen, welches überall das Steinsalz begleitet, und noch häufiger selbst Salzquellen, den Salzthon der Halb - insel Araya und des Eilandes la Marguerite, als zu den, unterhalb des terziären Gebietes befindli - chen, Formazionen gehörig bezeichnet. Ich sage nicht, daſs sie älter sind, als dieses Gebiet; denn seit Hrn. v. Buch's Beobachtungen über Tyrol be - kannt geworden, ist es nicht mehr gestattet, dasje - nige, was dem Raume nach unterhalb ist, als unbedingt älter, hinsichtlich des Zeitraumes seiner Bildung zu betrachten.
Bitumen und Erdöl treten noch heutiges Tages, wie dieses an einem andern Orte dargethan wor - den*Rel. hist.: II, 364: IX, 119, 122. , aus Glimmerschiefer hervor: diese Substan - zen werden jedesmal ausgeworfen, so oft die Erde (zwischen Cumana, Cariaco und dem Golfo Tri - ste) erschüttert wird. Demselben Urgebiete aber ist, in der Halbinsel Araya, wie auf dem Eilande Marguerite, der, mit Bitumen geschwängerte, Salz - thon angelagert, ungefähr wie in Calabrien das Steinsalz streifenweise in Becken erscheint, welche von Granit und Gneiſs umschlossen werden**Melograni, Descr. géol. di Aspromonte; 1823, p. 255, 276, 287.. Dienen diese Umstände zur Unterstützung des scharf -489 sinnigen Systemes*Breislack, Geologia; 350. Boué, sur les Al - pes; 17., nach welchen die zusammen - gehörigen Formazionen von Gyps, Schwefel, Bitu - men und Steinsalz (stets wasserfrei) von Emportrei - bungen abzuleiten sind, welche durch Spaltungen Statt gefunden, die oxydirte Rinde unseres Planeten durchziehend, und bis zum Sizze der vulkanischen Akzion vordringend? Die ungeheuren Massen von salzsauerm Natron, welche der Vesuv neuerdings ausschleuderte**Laugier et Gaillard in den Ann. du. Mus. 5 eme Année, Nro. 12, p. 435. Die 1822 ausgeschleuderten Massen waren so beträchtlich, daſs die Bewohner meh - rerer Dörfer, in der Umgegend des Vesuv, solche sammel - ten und zum häuslichen Gebrauch verwendeten., die kleinen Salz-Gänge, welche ich oft die neuesten, steinigen Laven durchsezzen sahe, und deren (durch Sublimazion Statt gehabter) Ursprung jenem des Eisenglanzes ähnlich scheint, den man in den nämlichen Spalten trifft***Gay – Lussac, über die Wirkung der Vulkane, in Ann. de Chim. ; XXII, 418.; die Schichten von Steinsalz und von Salzthon, welche das trachytische Gebiet der Ebene von Peru und in der Umgehend des Vulkanes der Andes von Quito****Essai geognost. ; 251. aufzuweisen hat, verdienen alle Beachtung von Sei - ten der Geognosten, die über den Ursprung der Formazion aburtheilen wollen.
Eine sehr verwickelte Formazion; sie stellt das Gemenge und die periodische Wiederkehr von dich - tem Kalke, von quarzigem Sandsteine und von kal - kigen Brekzien dar, welche, unter allen Himmels - strichen, das terziäre Gebiet besonders bezeichnen. Sie sezt den Berg des Schlosses St. Antoine zusam - men, unfern der Stadt Cumana, ferner das süd - westliche Ende der Halbinsel Araya, den Cerro - Meapire, im S. von Cariaco, und die Umgegend von Porto-Cabello. Sie umschlieſst: 1. einen dich - ten, meist graulichweiſsen, oder gelblichgrauen Kalkstein (Cerro del Barigon), dessen sehr gering - mächtige Schichten sich theils versteinerungsfrei zei - gen, theils viele Petrefakten enthalten, wie unter andern Karditen, Ostraziten, Pektiuiten u. s. w. ; 2. eine Brekzie, in welcher eine unermeſsliche Menge Meeresmuscheln mit Quarz – Körnern untermengt, und vermittelst eines kalkigen Teiges gebunden er - schein[en;]3. einen kalkigen Sandstein aus rundlichen, sehr feinen Quarz-Körnern bestehend (Punta Cere - nas, im W. des Dorfes Maniquarez), welcher nie - renförmige Braun-Eisenstein-Massen einschlieſst; 4. Bänke von Mergel und von schieferigem Thone, frei von Glimmer-Blättchen, aber häufig Gypsspath führend. Diese Thon-Lagen scheinen stets das Tief - ste zu bilden. Demselben treziären Gebiete gehö -491 ren auch der Kalktuff der Thäler von Aragua, un - fern la Victoria, an, und das Trümmer-Gestein von Cabo Blanco, im W. des hafens von la Guayra. Ich wage nicht die letztere Felsart mit dem Namen Nagel - flue zu bezeichnen, weil dieser Ausdruck abgerundete Trümmer andeutet, während die Bruchstücke der Brek - zie von Capo Blanco meist eckig sind, und aus Gneiſs und Chloritschiefer bestehen, welche ein Kalkteig zusammenhält. Dieses Bindemittel umschlieſst san - diges Magneteisen*Ohne Zweifel vom Chloritschiefer abstammend, wel - cher in dieser Gegend den Meeresboden ausmacht., Madreporiten und Bruchstücke zweischaaliger Meeres-Muscheln. Die verschiedenen Streifen terziären Gebietes, welche ich in der Kü - sten-Kordillere von Venezuela auf beiden Abhän - gen der nördlichen Kette gefunden habe, scheinen bei Cumana (zwischen Bordones und Punta Del - gada), im Cerro de Meapire dem Alpenkalke von Cumanacoa, und zwischen Porto-Cabello und dem Rio-Guayguaza, so wie in den Thälern von Ara - gua dem Granite aufgelagert; am westlichen Ab - hange des Hügels, welcher Cabo Blanco bildet, nehmen sie ihre Stelle über Gneiſs ein, und in der Halbinsel Araya über salzführendem Thone. Das letztere Verhältniſs ist indessen vielleicht nur eine An - und keine Auflagerung. Beabsichtigt man eine Reihung der verschiedenen Glieder des terziären Gebietes nach dem Bildungs-Alter, so muſs, mei - ner Meinung zu Folge, die Brekzie vom Cabo492 Blanco mit Bruchstücken primitiver Gesteine, als ältestes Glied betrachtet werden, darauf folgen so - dann der sandige Kalk vom Schlosse von Cumana, frei von Hornstein-Einschlüssen, aber sonst dem Pariser Grobkalke ziemlich ähnlich, und das Süſswasser – Gebilde von la Victo - ria. Der thonige Gyps, untermengt mit Ma - dreporen, Karditen und Austern führenden, kalki - gen Trümmer-Gesteinen, welche ich zwischen Car - thagena und dem Cerra de la Popa gefunden, und die, gleichfalls jugendliche, Kalke von Grande Ter - re de la Guadeloupe und von Barbados*Moreau de Jonnes, hist. phys. des Antilles franc. : I, 564, und Brongniart, descrpit. géol. des envi - rous de Paris, 1822, p. 201. (Kalke erfüllt von See – Muscheln, denen ähnlich, welche noch gegenwärtig in de Meere der Antillen le - ben), beweisen, daſs das terziäre Gebiet (terrain de sédiment supérieur) sich sehr weit gegen W. und gegen N. erstreckte.
Diese neuen Formazionen, so reich an organi - schen Wesen, bieten dem Reisenden, vertraut mit den geologischen Merkmalen der Felsarten, ein gro - ſses, noch wenig bebautes Feld. Die Untersuchung jener Ueberreste, eingeschlossen in den, gleich Stock - werken einander überlagernden, Schichten, heiſst die Fauna verschiedener Zeiten studiren und vergleichen. Die Geographie der Thiere bezeichnet493 die Grenzen im Baume nach dem Mannichfachen der Klimate, welche dem gegenwärtigen Stand der Vegetazion auf unserem Planeten bedingen. Die Geologie der organischen Körper, im Gegentheile, ist ein Bruchstück der Naturgeschichte, den Ausdruck Geschichte im eigentlichen Sinne ge - nommen; die Geschichte schildert die Bewohner der Erde nach der Folge der Zeiten. In Museen lassen sich Geschlechter und Gattungen erkennen; aber die Faunen verschiedener Zeiten, das Vorherr - schende gewisser Muscheln, die numerischen Be - ziehungen, welche das Thierreich und die Vegeta - zion eines Ortes oder einer Epoche bezeichnen, vermag man nur durch Selbstansicht der Formazion zu studiren. Seit langer Zeit hat es mir geschie - nen*Essay géogn. : p. 42., daſs unter den Wendekreisen, wie unter der gemäſsigten Zone, die einschaaligen Muscheln zahlreicher an Gattungen sind, als die zwischaali - gen. Durch dieses Uebergewicht bietet die fos - sile organische Welt, unter allen Breiten, eine Analogie mehr mit den Muscheln (coquilles inter - tropicales), welche heutiges Tages in dem Meere leben. Hr. Defrance erkennt in seinem, an neuen und geistvollen Ideen reichen, Werke**Tableau des corps organisés fossiles; 1824, p. 51, 125. jenes Uebergewicht einschaaliger Muscheln in der Zahl494 der Geschlechter nicht nur an, sondern er erinnert auch, daſs unter 5500 Gattungen versteinter ein - und zweischaaliger und vielfächeriger Muscheln, die seine Sammlungen aufzuweisen haben, 3066 einschaalige, 2108 zweischaalige und 326 vielfächerige sind; so, daſs die Einschaaligen zu den Zweischaaligen sich, wie 3: 2, verhalten.
An das Ende der Formazionen von Venezuela stelle ich das Gebiet des augitischen Mandelsteines und des Phonolithes, nicht als die einzigen Felsar - ten, welche ich für vulkanisch gebildet ansehe, sondern als solche, deren gänzlich feueriger Ur - sprung wahrscheinlich neuer ist, als das terziäre Ge - biet. Dieses Resultat ergibt sich nicht aus den Beob - achtungen, die ich an dem südlichen Abhange der Kordilleren des Küstenlandes zwischen dem Morros de San Juan, Parapara und den Llanos von Co - labozo angestellt habe. In dieser Region würden örtliche Verhältnisse vielmehr dahin führen, die Mandelsteine von Ortiz als dem Systeme der Ueber - gangs-Felsarten — hornblendiger Serpentin, Diorit und kohlenstoffhaltige Schiefer — verbunden zu be - trachten; aber der Ausbruch der Trachyte durch495 Felsarten neuerer Entstehung, als die Kreide in den Euganeen und in andern Gegenden von Europa, und die gänzliche Abwesenheit von Bruchstücken augitischen Porphyres, Trachytes, Basaltes und Pho - nolithes*Die Trümmer dieser Gesteine finden sich nur in den Taffen oder Konglomeraten, welche dem basaltischen Gebiete wesentlich angehören, oder in solchen, welche die neuesten Vulkane umlagern. Jede vulkanische For - mazion umgibt sich mit ihren Brekzien, die Wirkun - gen des Ausbruches selbst sind., in den Konglomeraten, oder in den Trüm - mer-Gesteinen älter, als die neuesten terziären Ge - biete, machen glaubhaft, daſs die Erscheinung der Trapp-Felsarten auf der Oberfläche des Bodens Wirkung einer der lezten Umwälzungen unseres Planeten ist, selbst da, wo die Erupzion durch gangartige Spalten Statt hatte, welche den Granit - Gneiſs oder Uebergangs-Gesteine durchziehen, die man nicht von Flöz - oder terziären Formazionen überdeckt sieht.
Das kleine vulkanische Gebiet von Ortiz bildet das alte Ufer des weiten Beckens der Llamos von Venezuela. Es besteht, an den Stellen, wo dasselbe von mir untersucht worden, nur aus zwei Felsarten, nämlich aus Mandelstein und aus Phonolith. Der graulichblaue Mandelstein ist blasig, und schlieſst rissige Krystalle von Augit und Mesotyp ein. Er sezt Kugeln mit konzentrischen Lagen zusammen,496 deren plattgedrückter Kern fast die Härte des Ba - saltes hat. Weder Olivin noch Hornblende sind darin wahrnehmbar. Ehe der Mandelstein als selbst - ständiges Gebiet auftritt, und sich in kleinen, konischen Hügeln erhebt, scheint derselbe lagenweise mit dem nämlichen Diorite zu wechseln, von wel - chem weiter oben die Rede gewesen, und der dem kohlenstoffhaltigen Schiefer und dem hornblendigen Serpentine vergesellschaftet ist. Solche innige Ver - bindungen von scheinbar sehr verschiedenartigen Ge - steinen, und so geeignet, den Gebirgsforscher ver - legen zu machen, gewährte der Gegend von Ortiz ein groſses Interesse. Wenn die Diorit - und Mau - delstein-Massen, welche uns als Lager erscheinen, sehr mächtige Gänge sind, so kann man solche als gleichzeitig gebildet und erhoben betrachten. Man kennt gegenwärtig zwei Mandelstein-Formazionen; die eine, am häufigsten vorkommend, ist dem Ba - salt-Gebiete untergeordnet; die andere, bei wei - tem seltener*Beispiele der letzteren trifft man in Norwegen (Var - dekullen bei Skeen), in dem Thüringer-Walde, im südlichen Tyrol, zu Ilefeld am Harze, zu Bolan - nos in Mexico u. s. w., gehört dem augitischen Porphyre**Schwarzer Porphyr des Hrn. v. Buch. an. Der Mandelstein von Ortiz nähert sich, durch seine oryktognostischen Kennzeichen, der ersten je - ner Formazionen, und man ist fast überrascht, den -selben497selben nicht dem Basalte, sondern dem Phonolite angelagert zu finden*Es gibt Phonolite des basltischen Gebietes (die am ältesten bekannten), und Phonolithe des trachytischen Gebietes (Andes von Mexico). S. Essai géogn. : p. 347. Die ersten finden sich im Allgemeinen über Basalt; und in dieser Verbindung sind die auſserordent - liche Entwickelung des Feldspathes, und die Abwe - senheit des Angites mir immer als sehr denkwürdige Phänomene erschienen., einem, im höchsten Grade feldspathigen, Gesteine, in welchem man wohl ei - nige Hornblende-Krystalle, aber nur sehr sparsam Augit und nie Olivin trifft. Der Cerro de Florès ist ein Hügel, bedeckt mit tafelartigen Blöcken von grünlichgrauem Phonolithe, der in die Länge gezo - gene (nicht rissige) Krystalle glasigen Feldspathes einschlieſst, und dem gleichnamigen Gesteine aus dem Mittel-Gebirge Böhmes durchaus analog ist. Die Felsart sieht man umgeben von augistischem Man - delsteine; in der Teuse würde sich ohne Zweifel das unmittelbare Emporsteigen aus dem Granit-Gnei - ſse wahrnehmen lassen, wie solches der Fall bei dem Phonolithe des Biliner – Steines in Böhmen, welcher Gneiſs-Bruchstücke in seiner Masse einge - backen enthält.
Ist in Süd-Amerika noch eine andere Gruppe von, vorzugsweise mit dem Namen vulkanischer Ge - bilde bezeichnete, Felsarten, welche eben so ent -498 fernt wäre von der Andes-Kette, wie die Gruppe, welche die Steppen von Calabozo begrenzt? Ich bezweifle es, wenigstens was den Theil des Festlan - des im N. des Amazonen-Stromes betrifft. Häufig wurde die Aufmerksamkeit der Geognosten von mir auf den Mangel des augitischen Porphyres, des Tra - chytes, des Basaltes und der Laven (ich reihe diese Formazionen nach ihrem relativen Alter) in ganz Amerika, ostwärts der Kordilleren, geleitet. Die Gegenwart des Trachytes ist selbst noch nicht ein - mal in der Sierra Nevada de Merida dargethan, welche die Andes mit der Küstenkette von Vene - zuela verbindet. Man könnte sagen, daſs das vul - kanische Feuer, nach der Bildung der primitiven Gesteine, im östlichen Amerika nicht mehr durch - zubrechen vermochte. Vielleicht hängt der, in den - selben Gegenden beobachtete, geringere Reichthum, und die minder bedeutende Häufigkeit Silber füh - render Gänge mit der Abwesenheit neuerer vulka - nischer Phänomene zusammen*Essay géogn. ; p. 118, 120.. Herr von Eschwege hat in Brasilien einige Diorit-Lager (Gänge?) gese - hen, aber weder Trachyt, noch Basalt, noch Dole - rit, noch Mandelstein: um desto auffallender war ihm, in der Gegend um Rio Janeiro, eine isolirte Phonolith-Masse, durchaus ähnlich den Böhmischen, und das Gneiſs-Gebiet durchbrechend. Ich bin ge - neigt zu glauben, daſs Amerika, im O. der Andes,499 thätige Vulkane besizzen würde, wenn, in der Nähe des Küstenlandes von Venezuela, von Guyana und von Brasilien, die Reihe ursprünglicher Gesteine von Trachyten unterbrochen wären. Es sind die Trachyte, welche durch ihr Zerrissenseyn, durch ihre offenen Spalten, jene dauernde Verbindung zwischen der Oberfläche des Bodens und dem In - nern der Erdrinde zu errichten scheinen, die un - erläſsliches Bedingniſs des Daseyns eines Vulkans ist. Wenn man von der Küste von Paria, über die Gra - nit-Gneiſse der Silla de Carracas, über den ro - then Sandstein von Barquisimeto und von Tocuyo, über die Schiefer-Gebirge der Sierra Nevada de Merida und der östlichen Kordillere von Candina - marca, gegen Popayan und Pasto sich bewegt, in - dem man der Richtung aus W. und SW. folgt, so zeigen sich, in der Nähe jener beiden Städte, die ersten, noch entzündeten Krater der Andes, die nördlichsten von ganz Süd-Amerika; dazu kommt, daſs dieser Krater da getroffen werden, wo die Kor - dilleren beginnen Trachyte aufzuweisen, in einer Entfernung von 18 oder 25 Meilen von der gegen - wärtigen Küste des stillen Ozeans*Ich glaube, daſs die frühesten Hypothesen über die Beziehungen zwischen der Thätigkeit der Vulkane und der Nähe des Meeres in einem, mit groſser Beredsam - keit verfaſsten, wenig bekannten Werke des Kardinals Bembo enthalten sind: Aetna dialogus S. Opera. Dauernde32*500Verbindungen zwischen der Atmosphäre und dem Erdinnern, oder wenigstens solche, die in einander sehr nahen Epochen sich erneuen, haben sich nur längs der unermeſslichen Spalte zu erhalten gewuſst, über welcher die Kordilleren erhoben wurden; allein die unterirdischen, vulkanischen Gewalten zei - gen darum, im östlichen Amerika, nicht weniger Thätigkeit, sie erschüttern den Boden in der Kor - dillere des Küstenlandes von Venezuela und in der Gruppe von la Parime*S. v. Hoff's klassisches Werk: Geschichte der na - türlichen Veränderungen der Erd – Oberfläche; II, 516.. Die elastischen Gewalten, welche die Erde beben machen, heiſse und schwe - felige Quellen, die mitunter Fluſssäure enthalten, das Daseyn des Asphalts und der Naphta im Ur - Gebiete, Alles leitet uns nach dem Innern unseres Planeten, dessen hohe Temperatur selbst in unsern, wenig tiefen, Gruben – Gebäuden wahrnehmbar.
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Geognostisches Gemälde von Süd-Amerika. Alexander von Humboldt. . III+51 S. HermannFrankfurt (Main)1826. Zeitschrift für Mineralogie (2) pp. 97-124, 481-500.
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