Unter den Künſten, deren Ausübung ſich gleichſam auf einen anhaltenden Kampf mit den Elementen gründet, behaupten Schiffarth und Bergbau mit Recht den erſten Rang. So wie beide wichtig für die Fortſchritte naturbe - ſchreibender Wiſſenſchaften geworden ſind, ſo haben auch dieſe wechſelſeitig wohlthätig auf jene gewirkt, ja ihr Einfluſs würde noch gröſser geworden ſeyn, wenn die bürgerlichen Verhältniſſe nicht durch eine ſo weite Kluft den Theoretiker vom Techniker trennten. Der Bergmann hat die Feſtigkeit des Geſteins durch einfache Werkzeuge, Feuerſetzen und Sprengarbeit zu beſiegen, ungeheure Laſten durch mannichfaltige Maſchinen zu er - heben, die eindringenden Waſſer durch Stollen abzulei -(2) F 2tenten oder durch Waſſer, Feuer, Luft und Thierkräfte zu gewältigen gelernt. Wenn Hinderniſſe der Arbeit ſich entgegen ſtellen, ſo bietet unſere Kunſt ſo vielerley Mittel dar, eine Naturkraft zur Bekämpfung der anderen anzu - wenden, daſs oft die Wahl deſſen ſchwer fällt, welches den Vorzug verdient. So erfreulich aber auch der Rück - blick auf das ſchon geleiſtete iſt, ſo ſehen wir uns doch noch manche Kräfte entgegenwirken, welche wir entwe - der gar nicht, oder doch nur unvollkommen zu beſiegen im Stande ſind. Unter dieſen letzteren ſchien mir der nachtheilige Einfluſs, welchen die irreſpirabeln und licht - verlöſchenden Gasarten (böſe und matte Wetter) auf den Bergbau, die Feldminirkunſt und andere Gewerbe des bürgerlichen Lebens haben, am wichtigſten zu ſeyn. Die groſsen Fortſchritte der pneumatiſchen Chemie lieſſen mich hoffen, daſs durch ihre Benutzung manches aus dem Gebiete der theoretiſchen Speculation in die Sphäre des Practikers wohlthätig überzutragen wäre. Auf wel - chem Wege und durch welche, oft gefahrvolle Verſuche ich dieſe Hoffnung erfüllt geſehen, wie ich endlich einen Apparat zu Stande gebracht habe, mit welchem Menſchen ſich Stundenlang, ohne Nachtheil der Geſundheit und mit brennenden Lichten, in nicht-athembaren und licht - verlöſchenden Luftarten aufhalten können, habe ich vor - läufig an einem anderen Orte (in Herrn von Crells chem. Annalen 1796.) entwickelt. Jene Anzeige iſt aber zu unvollſtändig um ohne Zeichnung und Modell meinen Licht-Erhalter (ſammt den tragbaren Luftmagazinen) und die Reſpirationsmaſchine ſo nachmachen zu laſſen, daſs ſie dem Gang und Flözbergmann zum Fahren und Arbeiten vor Ort, dem Mineur zum Recognosciren im Pulverdampf in die Hände gegeben werden könnte. Luft - und Waſſerbehälter ſind mannichfaltig abzuändern; aber die Art wie die ſauerſtoffhaltige Luft (ich bediene mich in der Grube nie der Lebensluft, ſondern der überall zu ſchöpfenden, gemeinen atmoſphäriſchen) durch und um die Flamme ſtröhmt, erfordert eine ganz eigene und künſtliche Vor[r]ichtung. (In ſehr matten Wettern ver - löſcht jede Lampe nach Argandſchen Prinzip, man mag noch ſo viel der reinſten oxygenirten Luft durch den Tocht durchpreſſen!) Ich habe in den letzten Monaten Gelegenheit gehabt, merkwürdige Verſuche hierüber an - zuſtellen. Abſoluter Mangel des Sauerſtoffs macht die u<nt>erirdiſchen Gasarten ſchlechterdings nicht Licht-ver - löſchend. Dieſe Eigenſchaft beruht auf bisher weniger beachteten Verhältniſſen chemiſcher Luftgemiſche und (wie es ſcheint) hauptſächlich auf die Neigung des Koh - lenſtoffs und der Kohlenſtoffſäure das Oxygen zu umhüllen oder ſich zu überſäuren. Sobald der Druck meines phy - ſiologiſchen Werks über die gereitzte Muskelfaſer und den Vitalitätsproceſs geendigt ſein wird, werde ich nicht ſäumen, den ganzen Apparat in einer eigenen Schrift genau zu beſchreiben. Da ich faſt 3 Jahre lang an die - ſer Sache, welche gewiſs mit der Zeit ſehr wichtig wer - den kann, gearbeitet, und meine Lage als practiſcherBergmann mir die Leichtigkeit verſchafft hat, nicht bloſs im Laboratorium, ſondern in der Grube ſelbſt zu beob - achten und zu experimentiren, ſo habe ich es wohl nicht an Thätigkeit und Fleiſse dabey fehlen laſſen. Dennoch bin ich überzeugt, daſs der mehrjährige Gebrauch des Licht-Erhalters (Rettungs-Lampe) im Groſsen noch auf mannichfaltige Mängel deſſelben aufmerkſam machen wird. Denn bisher kenne ich an ihm nur den Fehler, daſs er durch mechaniſche Stöſse (welche Luftwellen erregen) im Fahren, nicht aber beym Arbeiten vor Ort, leichter verl<ö>ſcht und daher vorſichtiger, als ein anderes Licht, geführt ſeyn will. Nach ſo vielen überwundenen Schwie - rigkeiten wird man auch dieſe (welche ich für Pflicht halte ausdrucklich ſelbſt herauszuheben) wohl auch noch beſiegen. Um bis zur Erſcheinung meiner Schrift nicht der Verbreitung dieſer kleinen Erfindung, welche das einzige Verdienſt der Nützlichkeit hat, zu ſchaden, ſo eile ich anzuzeigen, daſs ich im Begriff ſtehe vollſtändige Apparate, nach Berlin, Freiberg, Clausthal, Weimar und Reichenhall abgehen zu laſſen und daſs Perſonen, welche denſelben aus Bayreuth ſelbſt zu erhalten wün - ſchen, ſich deshalb mit portofreien Briefen an meinen dortigen Freund den Herrn Münzmeiſter Gödeking, mit dem ich viele chemiſche Arbeiten gemeinſchaftlich ange - ſtellt, wenden können. Zur Reſpirationsmaſchine, de - ren einzelne Theile ohnedieſs gar nicht von meiner Er - findung ſind, kann der Luftſack von Wachstaffent, der in Leipzig ſehr ſauber verfertigt wird nicht beygelegt werden. Dagegen findet ſich bey dem Licht-Erhalter die Larve und das Reſpirationsrohr, welches man in Deutſchland bald daſ Beddoeſche, bald das Menzieſche nennt, welches aber ſchon in Hales Statik der Gewächſe (Halle 1748. Tab. 9. fig. 39.) ſauber abgebildet iſt. Von der Gründlichkeit deutſcher Bergleute darf ich hoffen, daſs ſie meinen Wunſch, jenen Apparat zu vervollkom - men, nicht unerfüllt laſſen werden.
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Vermischte Anzeigen [Anzeige von ein paar für den Bergbau wichtigen Maschinen, um das Lichtbrennen und Athmen in irrespirablen Luftarten zu unterhalten.]. Alexander von Humboldt. . 2 S. 1797. Allgemeine Literatur-Zeitung
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