PRIMS Full-text transcription (HTML)
Allgemeine Geographiſche EPHEMERIDEN.
IX. Bds. Fünftes Stück. May 1802.

I. ABHANDLUNGEN. Skizze einer geologiſchen Schilderung des ſüdl. Amerika, von F. A. v. Humboldt. (Beſchluß zu S. 329 des Aprilſtücks.)

Die Parima-Cordillere erreicht nirgends die Höhe der Sierra Nevada in der Provinz Caracas, oder die Höhe von 2350 Toiſen. Ihre höchſte Spitze ſcheint zu ſeyn der Cerro de la Esméralda, oder der Berg Duida, den ich durch trigonometriſche Meſſung 1323 Toiſen über der Meeresfläche erhaben gefun - den habe, faſt eben ſo hoch als den Canigou. DieA. G. E. IX Bds. 5 St. B bLage390Abhandlungen.Lage dieſes Bergs in einer lachenden, mit Palmen und Ananas bedeckten Ebene, die ungeheure Maſſe, die er darſtellt von der Seite der Miſſion und des Rio Oanucanuma und Tamatama, die Flammen, die er zu Ende der regnigten Jahreszeit ausſtößt, alle dieſe Verhältniſſe geben ihm ein eben ſo mah - leriſches als majeſtätiſches Anſehen. Noch kein In - dianer erſtieg den Gipfel des Berges und die Klippe ſeiner Spitze, ohne wochenlange Arbeit, weil die Macht der Vegetation in dieſem Klima der Reiſe entgegenſteht. Nach dem Duida ſind der Mara - guaca (mehr gegen Oſten dem Fluß Simirimoni zu) und die hohe Cordillere von Cunarami und Cali - tamini, die man zu Maypuré und S. Barbara un - ter dem falſchen Nahmen Sipapo kennt, die höch - ſten Spitzen der Kette; ſie haben 1000-1100 Toiſen Höhe. Die gewöhnliche Erhöhung der Cordillere überſteigt indeſſen 600 Toiſen nicht, und zuweilen iſt ſie noch geringer, indem der zwiſchen dem lin - ken Ufer des Caßiguiaré (einem Arm des Orinoco, der den R. Negro und Amazone unter einander verbindet) und den Quellen des Ymirida, zwiſchen den Katarakten und Piramena, zwiſchen Caricka - na und Morocote gelegene Theil zerſtört iſt, und noch einzelne Felſen auf Einem Boden darſtellt; die Urſache dieſer Zerſtörung ſcheint ein Durch - bruch des Waſſers aus dem Baſſin des Amazone ge - gen das Baſſin von Calabozo und Baxo-Orinoco, welche in der Höhe um 160 Toiſen unterſchieden ſind, geweſen zu ſeyn.

Die Geologiſche Charte dieſer Gegenden, die ich mir gemacht habe, ſtellt ein unermeßliches Thaldar,391Abhandlungen.dar, welches die Llanos des R. Negro, Caßiguiaré und Amazone, mit denen der Provinz Caracas, Barcelona und Cumana vereinigt; ein Thal das gegen Norden zu abfällt und durchſchnitten iſt von einer großen Zahl einzelner Felſen, welche an den Ufern des Guaviare und Nuta in der Provinz Cas - ſemora die Richtung der alten Cordillere anzeigen. Der öſtliche Saum dieſes Thales iſt der niedrigſte Theil deſſelben; daher hat auch der Ueberreſt des Waſſers (der Orinoco) ſein Bette an dieſer Stelle eingeſchnitten.

Dieſe Cordillere hat zwey ſehr merkwürdige Eigenſchaften. Erſtlich, daß, ſo wie es bey andern Gebirgen bemerkt worden iſt, der ſüdliche Abhang um vieles gäher iſt, als der nördliche die hohen Gipfel des Canavami, Jao, des Vulkans Duida, Maraguaca . liegen alle gegen Süden, und ſind dorthin ſenkrecht abgeſchnitten. Zweitens, dieſe Cordillere ſcheint nicht einen Felſen aus Flöz - gebirge zu enthalten, folglich nichts aus dem orga - niſchen Reich Entlehntes. Auf unſerem großen Ue - bergang über dies Gebirge haben wir nichts bemerkt, als Granit, Gneiß, Glimmerſchiefer und Hornblen - deſchiefer, nirgends eine Bedeckung von Sandſtein oder ein Kalkflöz, das ſich auf der Küſtencordillere von Venezuela bis zu 976 Toiſen über das Meer er - hebt. Hat wohl die Nähe des Aequators und die Rotation bey dieſem Phänomen Einfluß gehabt?

Die dritte Kette von Urgebirgen, die Cordille - re von Chiquitos iſt eine nur aus den Erzählun - gen einiger unterrichteter Perſonen, die ſich in Bue - nos-Ayres aufgehalten und die Pampas durchreiſt ha -B b 2ben,392Abhandlungen.ben, bekannt. Sie vereinigt die Anden von Peru und Chili mit den Gebirgen von Braſilien und Pa - raguay, indem ſie ſich von la Paz, Potoſi und Tucuman, durch die Provinzen Maxos, Chiquitos und Chaco, gegen das Gouvernement der Minen und S. Paul in Braſilien hinzieht. Ihre höchſten Gipfel ſcheinen zwiſchen 15-20° ſüdl. Br. zu ſeyn, da ſich die Ströme zwiſchen dem Amazonen - und la Plataſtrom auf dieſer Höhe theilen.

Zwiſchen den drey Cordilleren, deren Richtung wir bisher verfolgt haben, liegen drey breite und tiefe Thäler; 1. das Thal zwiſchen der Südſeite der Küſtencordillere von Venezuela und zwiſchen der Cataracten-Cordillere, oder das Thal vom Orinoco und Apuré (zwiſchen 8-10° Br.); 2. das Thal des Negro - und Amazonenſtroms, begränzt durch die Parimagebirge und die Cordillere von Chiquitos (zwiſchen nördl. und 10° ſüdl. Breite); 3. das Thal der Pampas von Buenos-Ayres, das ſich von S. Cruz der Sierra bis zum Cap des Vierges (von 19-52° ſüdl. Br.) erſtreckt. Das erſte und zweite Thal ſtehen gewiſſermaßen mit einander in Verbin - dung durch die Zerſtörung eines Theils der Parima - Cordillere. Ich weiß nicht, ob dies auch der Fall mit den Pampas und dem Amazonenthal iſt, es ſcheint jedoch nicht, wenn ſchon die Llanos von Monſo eine Art von Kanal bilden, der von Nord - weſt gegen Südoſt herabſteigt. Alle dieſe ungeheu - ren Thäler oder Ebenen ſind nach Oſten hin offen, indem ſie in eine niedrige und ſandige Küſte aus - laufen; gegen Abend ſind ſie geſchloſſen durch die Kette der hohen Anden. Es ſind Buchten (Anſes),welche393Abhandlungen.welche von Oſten nach Weſten gehen (in der Rich - tung der tropiſchen Strömungen) und ſich deſto tie - fer ins Innere des Landes erſtrecken, je breiter der Continent iſt. Die Thäler des Apuré und Orinoco ſchließen ſich durch das Gebürg, das von Pampo - lona nach Merida ſich erſtreckt, bey 73° Länge, das Thal der Pampas bey 70° Länge; ſie fallen insge - ſammt gegen Oſten ein wenig ab und ſcheinen von einerley Formation des Flözgebürgs bedeckt zu ſeyn.

Tralles ſagt, daß man ſich in der Schweiz ei - gentlich weit mehr über die Tiefe der Seen wun - dern müſſe, als über die Höhe der Berge; ich wage es, ungefähr daſſelbe in Hinſicht auf die Llanos von Süd-Amerika zu behaupten. Wie muß man erſtaunen, einen Continent zu ſehen, der in ſeinem Innern (und zwar mehrere hundert Meilen weit von der Küſte und in der Nähe von 3000 Toiſen hohen Bergen) kaum 50 Toiſen über die jetzige Waſſer - fläche erhaben iſt? Wenn die Fluth an dieſen Orten ſo hoch ſtiege, wie zu S. Malo und Briſtol, wenn Erdbebungen den Ocean mehr in Bewegung ſetzten, ſo müßte ein großer Theil dieſer Thäler oft unter Waſſer geſetzt werden. Der höchſte Llano, den ich gemeſſen habe, iſt der zwiſchen den Flüſſen Ymirida, Temi, Pimichia, Caſſiguiaré und Guai - nia (Rio Negro) gelegen; er hat 180 Toiſen Höhe; er ſenkt ſich aber gegen Aturès hin, nach Norden eben ſo, wie gegen den Amazone nach Süden. Das Thal des Orinoco und Apuré iſt noch viel niedri - ger, als das vom Caßiguiaré und Calabozo in der Mitte des Llano (ich habe daſelbſt, unter 56′ 56″ Breite, und 4h 40′ 39″ Länge weſtlich vonParis,394Abhandlungen.Paris, Beobachtungen angeſtellt.) An der Stelle der Hauptſtadt von Guayana, l'Angostura (Breite 8′ 24″, Länge 4h 25′ 2″) iſt es nur um 33 Toiſen, und 80 Meilen weſtlich von der Küſte kaum um 8 Toiſen über der Meeresfläche erhaben. In Europa gleichen die Ebenen der Lombardie durch ihre ge - ringe Erhebung den Llanos am meiſten; Pavia hat nach Pini nur 34, Cremona 24 Toiſen Höhe; die andern Ebenen von Europa ſind um vieles erhabe - ner. Niederteutſchland (Sachſen, Unterſchleſien) hat eine Höhe von 87 bis 120 Toiſen, die Ebenen von Bayern und Schwaben 230 bis 250. Der Abfall der Llanos von Amerika iſt ſo ſanft, ihre Uneben - heiten ſind ſo unmerklich, daß ein Nichts einen großen Fluß beſtimmt, auf dieſer oder jener Seite zu fließen. Der Orinoco ſcheint über 70° Länge gegen Portocabello hin ſich ins Meer ergießen zu wollen; allein bey Cabrouta lenkt er nach Oſten ab, ohne daß man hier oder bey S. Fernando de Atabapo (Breite 55′ 8″) den geringſten Wider - ſtand entdeckte, der ſich ſeinem Lauf entgegenſetzte. In dem großen Thal des Rio Negro und des Ama - zone iſt ein Landſtrich (unter 2 oder N. Br.) von nicht viel weniger als 1600 Quadratmeilen, der durch die großen Flüſſe Atabasſo, Caſſiguiaré, Guai - nia*)Guainia iſt der Nahme, den die Mariſitaniſchen In - dianer dem Rio Negro beylegen. Die Sprache dieſer Indianer iſt gegen den Aequator hin faſt eben ſo all - gemein, als die Caraibiſche Sprache unter 10° Breite. und Orinoco begränzt wird und ein Paralle - logramm darſtellt, in dem das Waſſer an den 4 ent - gegengeſetzten Seiten in entgegengeſetzter Richtungfließt.395Abhandlungen.fließt. Beym Orinoco fand ich von der Einmün - dung des Guaviare bis zu der Apuré in einer Di - ſtanz von 70 Meilen 151 Toiſen Abfall; aber von der Hauptſtadt an bis zum Meere nicht mehr als 8 Toiſen. La Condamine hat beym Amazonenfluß genau daſſelbe beobachtet, von der Enge von Pau - xis bis Para, wo er 240 Meilen durchläuft, ſenkte er ſich um nichts mehr als 14 Toiſen. Vielleicht lag an der Nordſeite der Küſtencordillere von Venezuela ein Llano, der um ſo viel niedriger war, als der Llano des Orinoco, als der Llano des Rio Negro höher iſt, als der Orinoco-Llano; vielleicht blieb aus dieſem Grund jener Llano vom Waſſer des Meerbuſens bedeckt.

Die beiden Llanos, die an den entgegengeſetz - ten Enden von Süd-Amerika liegen, unterſcheiden ſich ſehr auffallend von dem zwiſchen ihnen in der Mitte liegenden Llano, oder dem Thal des Amazo - ne. Dieſer iſt von ſo undurchdringlichen Wäldern bedeckt, daß ſich blos Flüſſe einen Weg hindurch bahnen können, und daß faſt keine andern Thiere da leben können, als die ſich auf Bäumen aufhal - ten; der beſtändige Regen unter dem Aequator be - günſtigt ſo ſehr die Vegetation. Ganz anders ver - hält ſichs mit den Llanos des Orinoco und den Pam - pas; dies ſind Ebenen von Kräutern bedeckt, Sa - vannen, die nur wenige zerſtreute Palmen enthal - ten. Dieſelbe Wärme, eben dieſer Mangel an Waſ - ſer, ähnliche Refraktionserſcheinungen (man ſieht die Gegenſtände verkehrt in der Luft ſchweben,) zeigen ſich hier wie in den Wüſten von Africa und Arabien. Wo giebt es aber ſo vollkommene Ebe -nen,396Abhandlungen.nen, Ebenen, die (meſa de Pavone, meſa de Guanipa) auf 800 Quadratmeilen keine Ungleich - heit, die nur 8 bis 10 Zoll hoch wäre, ſehen ließen. Die Ebenen von Niederungarn, weſtlich von Preß - burg, gleichen ihnen noch am meiſten; denn das platte Land von la Mancha, der Champagne, von Weſtphalen, Brandenburg und Polen iſt Gebürg - land in Vergleichung mit den Llanos von Süd-Ame - rika. Nur ein langer Stillſtand des Waſſers (man erinnere ſich des Haßlithals, des ausgefloſſenen Sees von Lungern) ſcheint im Stande geweſen zu ſeyn, einen ſo horizontalen Boden zu erzeugen. Spuren alter Städte zeigen ſich hier auch, aber ſel - ten ſieht man ſolche, die ſich wie Schlöſſer erheben, (la piedra Guanan, Länge 4h 38′ 14″, Breite 59′ 48″) auf dem Llano des Caßiguiaré und des Rio Negro. Aber von S. Borja bis zu der Mün - dung des ſchwarzen Fluſſes ſah Condamine kein Hügelchen, und auch der Llano des Orinoco iſt ohne Inſeln. Da die Morros de S. Juan noch zu dem mittäglichen Abhang der Cordillere von Vene - zuela gehören, ſo würde ein ungeſtumes Waſſer al - les mit ſich fortgeriſſen haben, und das jetzige Meer zeigt auch ungeheure Inſelnleere Räume; anſtatt der Inſeln giebt es auf den Llanos ganz ununterbroche - ne Stellen von 2-300 Quadratmeilen Flächenraum, die ſich um 2 bis 5 Fuß über die Ebene erheben, und die man meſas oder bancos nennt, als wollte man damit ſagen, daß es Untiefen im alten See wa - ren. Auch muß ich bemerken, daß die Mitte des Orinoco Llano der ſchönſte und ebenſte Theil deſ - ſelben iſt. Der Boden dieſes ungeheuern Baſſins er - hebt ſich und wird ungleich am Rande; daher ſinddie397Abhandlungen.die Llanos, durch die man zwiſchen Guayana und Barcelona geht, weniger vollkommen und eben als die von Calabozo und Uritucu.

Derſelbe merkwürdige Unterſchied, den wir zwi - ſchen der Cordillere von Venezuela und der Cata - racten-Cordillere darin fanden, daß die letztere von Flözgebirgen ganz entblößt iſt, eben dieſer Unterſchied zeigt ſich auch zwiſchen dem nörd - lichen Llano des Orinoco und dem des Rio negro und Amazone. In jenem iſt das Urgebirge überall mit dichtem Kalkſtein, Gyps und Sandſtein bedeckt; in dieſem ſteht überall der Granit zu Tage. Je mehr man ſich dem Aequator nähert, deſto dünner wird die Sandſchichte, die die Erdrinde aus Urgebirg be - deckt; in einem Lande, wo die Vegetation ſo un - geheuer ſtark iſt, ſieht man in der Mitte von Wäl - dern Räume von 40000 Quadrattoiſen bloßen Gra - nits, der kaum mit einigen Lichenen bedeckt iſt und ſich nicht um zwey Zolle über den übrigen Theil der Fläche erhebt. Wird man wohl einſt daſſelbe in Afrika entdecken? (denn nur in Amerika und Afrika giebt es feſtes Land unterm Aequator.)

Wir haben nun die Richtung der Berge und Thäler, oder die Form der Ungleichheiten der Erde geſehen, werfen wir jetzt den Blick auf einen noch wichtigern und weniger unterſuchten Gegenſtand, das Streichen und Fallen der Lagen des Urgebirges, die dieſen kleinen Theil der Erde, den ich durchlau - fen habe, bilden. Ich halte mich ſeit 1792 für über - zeugt, daß dieſes Streichen des Urgebirgs einem allgemeinen Geſetze folge, und daß (abgeſehen von denen Ungleichheiten, die durch unbedeutende ört -liche398Abhandlungen.liche Urſachen, beſonders Erzgänge und Flöze, oder durch ſehr alte Thäler hervorgebracht ſeyn konn - ten) der geſchichtete grobkörnige Granit, der blätt - rige Granit, und vorzüglich der Glimmerſchiefer und Thonſchiefer in der Stunde 3 $$\frac{4}{8}$$ auf der Bouſſole der Bergleute ſtreichen, indem ſie mit dem Meri - dian des Orts einen Winkel von 52½° machen. Das Fallen der Schichten iſt gegen Nord-Weſt gerichtet, das heißt, ſie fallen parallel mit einem Körper, der in dieſer Richtung geworfen wird, oder die Oeff - nung des Neigungswinkels (geringer als 90°) den ſie mit der Erdaxe machen, ſteht gegen Nord-Oſt. Das Streichen iſt beſtändiger als das Fallen, zumal bey einfachen Gebirgsarten (Thonſchiefer, Horn - blendeſchiefer) oder bey zuſammengeſetzten Ge - birgsarten mit weniger cryſtalliſirtem Korn, wie der Glimmerſchiefer iſt. Im Granit, (man findet ihn jedoch ſehr regelmäßig geſchichtet, in der St. 3-4 ſtreichend, und gegen Nord-Weſt fallend auf der Schneekoppe, am Ochſenkopf, auf dem Siebenge - birge und den Pyrenäen,) und im Gneiß ſcheint die Anziehung der cryſtalliſirten Gemengtheile gegen einander oft die regelmäßige Schichtung verhindert zu haben; daher entdeckt man mehr Uebereinſtim - mung unter den Glimmer - und Thonſchiefern, und dieſe brachten mich zuerſt auf die Idee des Strei - chungsgeſetzes, bey meinem Aufenthalt am Fich - telberg und im Thüringer Wald. Seitdem habe ich die Winkel anderer Urgebirgsſchichten mit groß - er Genauigkeit in andern Theilen von Teutſchland, in der Schweiz, Italien, im mittäglichen Frankreich, auf den Pyrenäen und neuerlich in Galicien gemeſ - ſen. Hr. Freiesleben, durch deſſen Arbeiten dieGeo -399Abhandlungen.Geologie ſchon viel gewonnen hat, unterſtützte mich bey dieſen Unterſuchungen, und wir waren erſtaunt über die Gleichförmigkeit im Streichen und Fallen des Gebirgs, die wir bey jedem Schritt auf einer der höchſten Cordilleren der Erde, den Alpen von Savoyen, des Valais und Milanais gefunden haben.

Die Unterſuchung dieſer Erſcheinung und der Identität der Schichten war einer meiner Haupt - zwecke bey der Unternehmung dieſer Reiſe nach Indien. Die Meſſungen der Winkel, die ich bis jetzt auf der Cordillere von Venezuela und Parima gemacht habe, gaben das Reſultat meiner Beobach - tungen in Europa wieder, in der Kette der Glim - merſchiefergebirge von Cavaralleda bis zum Rio Mamon, auf der Silla de Caracas bey 1000 Toiſen Erhöhung, auf dem Rineon del Diablo, auf dem Berg Guigue, auf den Inſeln des reizenden Sees von Valencia, (der faſt dieſelbe Höhe wie der Genferſee hat,) auf der ganzen Landenge von Maniquaré und Chupariparu, an den Hornblendeſchiefern, die in den Straßen der Hauptſtadt von Guayana zu Tage ſtehen, ſogar in den Katarakten und am geſchich - teten Granit am Fuß des Duida. Ueberall ma - chen die Schichten einen Winkel von 50° mit dem Meridian, (Stunde 3-4 ſächſiſcher Bouſſole,) indem ſie von Nordoſt nach Südweſt ſtreichen, und fallen um 60 bis 80 gegen Nordweſt.

Dieſe große Uebereinſtimmung in der alten und neuen Welt muß ernſthafte Betrachtungen erwe - cken. Sie ſtellt uns ein großes geologiſches Fak - tum dar. Nach ſo vielen Beobachtungen, die ichin400Abhandlungen.in ſo weit von einander entlegenen Ländern gemacht habe, kann man nicht mehr glauben, daß das Strei - chen der Schichten der Richtung der Cordilleren folge, und daß ihr Fallen ſich nach der Abdachung der Berge richte. Das Profil vieler Berge, beſon - ders ein Durchſchnitt der Gebirge, die von Genua durch die Bochetta und den S. Gotthard bis nach Franken in Teutſchland, die ich zu ſeiner Zeit her - auszugeben geſonnen bin, beweiſen gerade das Ge - gentheil. Das Streichen und der Abfall der Cordil - leren, die Form der kleinen Unebenheiten der Erd - kugel ſcheinen neuere, kleinere Phänomene zu ſeyn. Ein Strom konnte nach dieſer oder jener Richtung ein Thal auswühlen, konnte einen Theil der Cor - dillere fortreißen, und ihr ſcheinbar dieſe oder jene Richtung geben. Die Schichten des Urgebirgs ſchei - nen unter denen heute noch zu beobachtenden Strei - chungs - und Fallwinkeln vor allen dieſen Umwand - lungen an der Oberfläche der Erde exiſtirt zu haben, ſie ſind dieſelben auf dem Gipfel der Alpen und in den Schächten, in die wir hinabſteigen. Wenn man 15 Meilen lang über Schichten von Thonſchiefer reiſt, welche unter einander parallel unter 70° gegen Nordweſt geneigt ſind, ſo wagt man es nicht mehr zu glauben, daß das geſtürzte Schichten ſeyen, die einſt horizontal ſtanden; man müßte Berge, die einſt 15 Meilen hoch waren, annehmen, und der gleichförmige Fall, den die ganze Maſſe gehabt ha - ben müßte, und der Abgrund der eine ſolche Maſſe aufnähme: und man erinnere ſich an die Schichten auf der Leuchte von Genua, oder auf der Höhe der Bochetta, oder auf S. Mauriee, welche genau parallel ſind, mit den Schichten des Fichtel -bergs401Abhandlungen.bergs, von Galicien (Galice), der Silla de Cara - cas, des Robolo auf dem Iſthmus von Araya, des Caßiguiaré in der Nähe des Aequators. Man muß es erkennen, daß dieſe Uebereinſtimmung von einer ſehr frühe und ſehr allgemein gewirkt haben - den Urſache zeuget, von einer Urſache, die in den erſten Anziehungen ihren Grund haben muß, durch die die Materie zuſammengetrieben wurde, um die Planeten-Sphäroide zu bilden.

Dieſe große Urſache ſchließt den Einfluß ört - licher Urſachen, durch die einzelne kleinere Theile der Materien beſtimmt wurden, ſich auf dieſe oder jene Weiſe, nach den Geſetzen der Cryſtalliſation anzuordnen, nicht aus. Delamétherie hat mit Scharfſinn hierauf aufmerkſam gemacht; er zeigte den Einfluß eines großen Berges (als eines Kerns) auf die benachbarten kleineren Gebirge. Man muß nicht vergeſſen, daß alle Materien, außer der all - gemeinen Anziehung gegen den Mittelpunkt, gegen einander ſelbſt wiederum Anziehung äußern.

Die Rinde der Erde, (denn nur von dieſer wa - gen wir es zu ſprechen,) muß das Reſultat einer unermeßlichen Wirkung von Kräften ſeyn, von Anziehungen, Affinitäten, die einander beſtimmten, ins Gleichgewicht ſetzten, modificirten. Hr. Klügel glaubte (durch Berechnung) zu finden, daß an der Weſtſeite des Nordpols die größte Abplattung der Erde ſeyn muß; ſollte wohl die Axe der Umdrehung ſich geändert haben? Wie wird die Neigung (Fall) der Schichten auf der ſüdlichen Hemiſphäre ſeyn? Wir wiſſen die Urſachen nicht; fahren wir lieber fort, die Phänomene zu erforſchen!

Dieſes402Abhandlungen.

Dieſes Fallen der Schichten des Urgebirgs in der Cordillere Venezuela hat einen großen und trauri - gen Einfluß auf die Fruchtbarkeit der Provinzen Caracas, Cumana und Barcelona; das Waſſer, das ſich an der Spitze der Berge infiltrirt, fließt nach der Richtung der Schichten herab, deswegen man - gelt es an Waſſer in dem ganzen großen Landſtrich, der auf der Südſeite dieſer Cordillere liegt, daher entſpringen ſo viele Quellen und kleine Flüſſe am nördlichen Abhang, der durch dieſe zu große Feuch - tigkeit, und den Ueberfluß an Bäumen (die neben den langen Nächten faſt den ganzen Tag vor den Sonnenſtralen geſichert ſind) eben ſo fruchtbar, als ungeſund wird.

Die Flözgebirge, die ich bisher beobachtet ha - be, finden ſich faſt unter denſelben Verhältniſſen, wie in Europa. Die älteſten ſcheinen noch die Ein - wirkung derſelben Urſache erfahren zu haben, wel - che die Schichten des Urgebirgs beſtimmt hat, in der Stunde 3-4 (oder wie die Seeleute ſich ausdrü - cken, N. 50, O.) zu ſtreichen. Sie fallen oft nach Südoſt, wie auf den Alpen von Bern, des Valais, Tyrol und Steiermark; aber der größere Theil der - ſelben, und zumal die allerneueſten, die da wo ich geweſen bin, am häufigſten geſehen werden, befol - gen kein beſtimmtes Geſetz, ihre Schichten liegen oft horizontal, oder erheben ſich gegen den Rand der großen ausgetrockneten Baſſins, die wir in Amerika Llanos, in Afrika Wüſten nennen.

La Condamine erzählte ſeinen Freunden, daß er in Peru und Quito keine Verſteinerung geſehen hätte; indeſſen iſt die Cordillere von Quito dochnicht403Abhandlungen.nicht wie die von Parima ein ganz bloßer Granit, denn bey Cuença und auf der Mittagsſeite giebt es Gyps und Flözkalk. Buffon befaßt ſich ſehr mit der Frage (Epoques de la nature), ob Süd-Amerika Verſteinerungen enthalte? Ich habe deren eine un - geheure Menge in einem kalkigen Sandſteinflöz ge - funden, welches den nördlichen und ſüdlichen Ab - hang der Küſte Venezuela, vom Gipfel des S. Ber - nardin und die Altos de Conoma, bis zum Cerro de Méapiré oder der Landſpitze von Puria und der Trinité bedeckt. Daſſelbe Flöz findet ſich auch auf Tabago, Guadeloupe und S. Domingo. Eine ungeheure Menge von See - und Landconchylien, (die man in Europa ſo ſelten unter einander ge - mengt findet,) Cellularien, Madreporen, Coralli - nen, Aſtroiten findet man in dieſem Sandſtein ein - geſprengt; die Conchyliengehäuſe ſind halbzerbro - chen: ganze Felſen beſtehen faſt blos aus ſolchen beynahe in Staub verwandelten Reſten. Mein Rei - ſegefährte Bonpland hat darin Muſcheln aus den Geſchlechten Pinna, Venus und Oſtrea entdeckt, von denen noch jetzt lebendige Exempla an dieſer Küſte vorkommen; eine für die Geologie ſehr wich - tige Beobachtung. Alles zeugt davon, daß dieſes Flöz, das ich nur auf 9 bis 10 Meilen Entfernung von der jetzigen Küſte geſehen habe, ſehr neuen Urſprungs iſt, und daß die Flüſſigkeit, in der es entſtand, in großer Bewegung war. Seltener und ganz anders gelagert findet man die verſteiner - ten Conchylien in einem viel ältern Flöz von dich - tem Kalkſtein, es ſind Anomien, Terebratuliten ... Familienweiſe bey einander gelagert, und ſo, daß man ſieht, ſie haben (wie die des Mont Salèvé,des404Abhandlungen.des Heinbergs bey Göttingen, von Jena und Genf) an der Stelle gelebt, wo man ſie nun verſteinert fin - det: ſie ſind nicht durch die ganze Maſſe des Kalk - ſteins zerſtreut, ſie ſind blos gewiſſen Schichten ei - gen. Man kann viele Felſen durchſuchen, ohne welche zu finden, wo man ſie aber antrift, ſind ſie in großer Menge und ſehr nahe beyſammen und ſie zeigen ſich beſonders in großen Höhen; Eigen - ſchaften, die ſie mit den Conchylien gemein haben, die man im Kalkſtein der hohen Alpen, der Schweiz und Salzburgs (welcher mit dem Zechſtein von Thü - ringen identiſch iſt,) findet, einem Kalkſtein, der über der Grauwake (oder ſehr altem Sandſtein) liegt.

Uebrigens muß ich ſagen, daß, außer jenem neuen Sandſteinflöze mit kalkartiger Grundmaſſe, von dem ich vorhin geſprochen habe, die Verſtei - nerungen in dieſem nicht ſehr oft vorkommen, be - ſonders wurde ich erſtaunt, keinen einzigen Belem - niten oder Ammoniten, die in ällen Gebirgen von Europa ſo gemein ſind, zu finden. Der Llano des Orinoco, und ſelbſt des Rio negro ſind mit einer grobkörnigen Breccie (Nagelfluhe) bedeckt, die keine Muſcheln-Verſteinerungen enthält, und viel - leicht die andern Flözſchichten mit Verſteinerungen bedeckt. Aber dieſe Breccie enthält dagegen ver - ſteinerte Holzſtämme, die man zuweilen von der Länge einer Toiſe und vom Durchmeſſer von zwey Fuß findet. Sie ſcheinen einer Gattung von Mal - pighia anzugehören.

Der Sandſtein, der alle Arten verſteinerte See - thiere enthält, (aus ihm beſtehen die Steinbrüche der Punta del Barrigon bey Araya) überſteigt niedie405Abhandlungen.die Höhe von 30 bis 40 Toiſen; er bildet an mehre - ren Stellen den Boden des Meerbuſens von Mexico (Cabo blanco, Punta Araya). Im dichten Kalk - ſtein ſah ich über der Höhe von 800 Toiſen keine Muſchelverſteinerungen; aber andere ziemlich neue Urkunden beweiſen einen Aufenthalt des Waſſers in weit gröſſern Höhen. Kieſelgeſchiebe, die auf der Silla de Caracas, 1130 Toiſen hoch gefunden wur - den, bezeugen, daß das Waſſer einſt, (wie auf dem Bonhomme in Savoyen) dieſen Ausſchnitt zwiſchen den beiden Pik's oder Pyramiden des Avila gebildet haben, eine Oeffnung die viel älter iſt, als die fünfe, die man in der Küſtencordillere zählt, nämlich des Rio Neveri, des Unare, des Tuy, Mamon und Guayguaca. In den Gebirgen der Provinz Cumana giebt es ſehr ſonderbare zirkelrunde Thäler, welche ausgetrocknete Seen zu ſeyn ſcheinen, die vielleicht durch Senkungen gebildet wurden; dergleichen ſind das Thal von Cumanacoa und von S. Auguſtin, (507 Toiſen hoch,) welche durch die erquickende Kühlung, die die Reiſenden in ihnen erfahren, be - rühmt ſind.

Wenn man die neuerlichen Wirkungen des Waſſers betrachtet, ſo ſieht man zwey einander ganz entgegengeſetzte Wirkungen; man erinnert ſich an eine ſehr entfernte Epoche, wo der Ein - bruch des Meeres den Golf von Cariaco und den Golfo Triste gebildet, Trinidad und Margaretha vom feſten Lande abgeſondert; die Küſte von Mochi - ma und S. , wo die Inſeln de la Boracha, Pi - cua und Caracas einen Haufen von Ruinen dar - ſtellen, zerriſſen hat. Das Meer überfiel nun dasA. G. E. IX Bds. 5 St. CcLand;406Abhandlungen.Land; der Streit hielt aber nicht an; der Ocean zieht ſich von neuem zurück. Die Inſeln Coche und Cuagua ſind Untiefen, die aus dem Waſſer hervorkamen; die große Ebene (le Salado,) auf der Cumana liegt, gehörte zum Meerbuſen von Ca - riaco, eine Ebene, die nur um Toiſen übers Meer erhaben iſt. Der Hügel, auf dem das Schloß S. Antonio liegt, war eine Inſel in dieſem Golf, indem ein Arm des Meeres im Norden des Tatora - qual durch die Charas gegen Punta delegada hin gieng, wie eine Menge von beynahe unveränderten Muſcheln beweißt. Hier und zu Barcelona be - merkt man, daß das Meer ſich täglich zurückzieht, im Hafen von Barcelona hat es in 20 Jahren über 900 Toiſen verloren. Iſt dieſe Abnahme des Mee - res allgemein im Meerbuſen von Mexico, oder iſt es hier wie im mittelländiſchen Meer, daß es auf einem Punkt gewinnt, indem es auf einem andern verliert? Dieſer Rückgang des Meeres darf mit ei - nem andern wahrhaftigen und leicht erklärbaren Phänomen nicht verwechſelt werden, nämlich mit der Verminderung des ſüßen Waſſers, des Regens und der Flüſſe in dieſem Continent. Der Orinoco, wie wir ihn heut zu Tage ſehen, iſt nicht mehr der Schatten von dem, was er ehedem war, vielleicht noch vor 1000 Jahren, nach Ausſage der Spuren, die das Waſſer an beiden Ufern, in der Höhe von 70 bis 80 Toiſen zurückgelaſſen hat, wohin jene höhern, ſchwarzen Streifen (des Graphit abfetzen - den Fluſſes), die man da ſieht, gehören. Dieſe Spuren haben ſeit langer Zeit die Aufmerkſamkeit ungebildeter Europäer erregt, welche den Barra - guan, die Cueva de Atarnipe (den Begräbnißort derIndia -407Abhandlungen.Indianer Atures, welche eine Art von Mumien mach - ten. ) den Cerro Cuma, Daminari, den Keri, Oco und Ouivitari, deſſen Fuß heut zu Tage kaum vom Schaum der Cataracten von Maypuré bedeckt wird, u. a. geſehen haben. Eben dieſe Spuren erinnern die Indianer an eine große Ueberſchwemmung, bey welcher ſich viele Menſchen auf Flößen von Agave retteten, und hernach Inſchriften und Hieroglyphen machten, mit denen man die Granite von Urnana, des Incaramada und die Ufer des Caßiquiaré be - deckt ſieht, zu denen jedoch jetzt keine lebende Na - tion den Schlüſſel hat. Dieſe unter den Indianern am Erovato und von Parima verbreitete Tradition zeigt die große Analogie der alten Mythen. Man glaubt die Geſchichte des Deucalion zu leſen, und der Abbé Pauw würde das Andenken an dieſe Fluth nicht unintereſſant finden.

Nachdem ich die allgemeinen Verhältniſſe, un - ter denen ſich die Gebirge von Süd Amerika den Augen des Geologen darſtellen, flüchtig durchlaufen habe, ſo will ich nun die Gebirgsarten nennen, die ich bis jetzt allda entdeckt habe. Ich fange mit den älteſten an:

I. Urgebirge.

Granit. Die ganze Cordillere von Parima, be - ſonders die Nachbarſchaft der Vulkane Duida und Marcielago beſtehen aus einem Granit, der nicht in Gneiß übergeht. In der Küſtencordillere iſt er faſt überall bedeckt und gemengt mit Gneiß und Glim - merſchiefer. Ich ſah ihn geſchichtet in zwey bis drey Fuß mächtigen Schichten, ſehr regelmäßig (inCc 2der408Abhandlungen.der Stunde 3-4) gegen Nordweſt abfallend zwiſchen Valencia und Portocabello; ich fand ihn mit gros - ſen und ſchönen Feldſpathcryſtallen (von Zoll im Durchmeſſer) ähnlich dem großkörnigen Granit der hohen Gipfel des Schneegebirgs, des Fichtel - bergs, von Schottland, von Chamounix und der Guadarama, auf dem Rincon del Diablo, ſüdöſt - lich von Portocabello. Er iſt hier in ſehr regel - mäßige Prismen geſpalten, und ich ſah ihn auf der Calavera du Cerro de Mariana über Cura und auf der Silla de Caracas in dieſer prismatiſchen Form, die der gelehrte Mineraloge Hr. Karsten auch auf der Schneekoppe in Schleſien beobachtet hat. In Europa ſind das Nördliche Teutſchland, die Länder an der Oſtſee (nicht die Ebenen im Mit - tag des Fichtelbergs, in Schwaben und Bayern) voll ungeheurer Granitgeſchiebe, die von Höhen herab - gerollt ſind. In den beiden Llanos von Süd-Ame - rika (des Orinoco und des Amazone) die wir un - terſucht haben, fanden wir keine ſolche Maſſen und auch keine andere Geſchiebe vom Urgebirg. Die Granitberge de los Mariches bey Caracas, des Tor - rito (zwiſchen Valencia und S. Carlos) und die Sierra Nevada de Merida enthalten wie der S. Gott - hard offene, mit ziemlich ſchönen und ſehr gros - ßen Bergcryſtallen ausgekleidete Spalten.

Gneiß und Glimmerſchiefer bedeckt den Gra - nit, beſonders auf der Cordillere der Küſte von Ve - nezuela. Der Gneiß herrſcht beſonders vom Cap Chichibocoa an bis zum Cap Codera in den Teques, der Cocuiza und dem Berg Guigue, ſo wie auf den Inſeln des Sees bey Valencia, wo ich (auf dem Capblanc409Abhandlungen.blanc gegenüber Guacara) im Gneiß ſchwärzlichen Quarz fand, der in lydiſchen Stein oder vielmehr in den Kieſelſchiefer von Werner übergeht. Der Macanao auf der Margaretheninſel und die ganze Cordillere auf der Landenge von Cariaco iſt nichts als Glimmerſchiefer voll rother Granaten, und bey Maniquarez mit ein wenig Cyanit. Grüne Grana - ten ſind eingeſprengt im Gneiß des Bergs Avila. Im Gneiß von dem Stein Calamicari am Caſſiquia - und im Granit von las Trincheras bey Valen - cia, ſah ich runde Maſſen (3-4 Zoll im Durchmeſ - ſer haltend) eingeſprengt, die aus einem mehr fein - körnigen Granit, aus gelbem Feldſpath, viel Quarz und beynahe gar keinem Glimmer beſtanden. Iſt das wohl ein älterer Granit, enthalten in einem jün - gern, oder ſind dieſe Maſſen, die Geſchieben ähn - lich ſehen, blos eine Wirkung der Anziehung, wel - che hie und da die Theilchen einander mehr näher - te, aber zu derſelben Zeit, da das ganze Gebirg ſich bildete? Dieſe Erſcheinung (eines in den andern eingeſprengten Granits) bemerkt man auch in Schle - ſien, zu Wunſiedel, am Fichtelberg, in Chamounix, auf dem S. Bernhard, auf dem Escurial und in Galicien. Die Natur iſt einförmig in ihren minera - liſchen Produkten, ſogar bis auf die kleinern Ab - weichungen einzelner Verhältniſſe.

Der Glimmerſchiefer geht in Talkſchiefer über in der Cordillere der Küſte, auf dem Berg Capaya und auf der Quebrada ſecca bey dem Valle del Tuy. In der Cordillere von Parima findet man den Talk in ſehr großen glänzenden Maſſen, und dies hat zu dem Ruf des Dorado oder Cerro Ucu -cuamo410Abhandlungen.cuamo (zwiſchen dem Fluß Esquivo und Mao, auf der Inſel Pumacena) ſo viel beygetragen. Der große Feuerglanz, in dem ſich zuweilen die abge - ſtutzte Pyramide des großen Cerro Calitamini (bey dem Cunavami) beym Untergang der Sonne von der Cataracte von Maypuré aus zeigt, ſcheint gleich - falls von einer perpendikulär abgeſchnittenen und gegen Weſten gerichteten Schicht Talkſchiefer her - zurühren.

Kleine Idole von Nephrit, die ich von Ero - vato kommen ſah, zeigen, daß es wahrſcheinlich im Süden des Raudal de Mura Nephrit-Felſen im Gneiß giebt, ſo wie ich dergleichen am Fuß des S. Gotthard bey Ursern gefunden habe. Dieſe For - mation wurde bey Tapajos am Amazone, oder im Lande der Tupinambaroſ Indianer von der Natur wiederholt. La Condamine entdeckte jene Abände - rung des harten Nierenſteins, die man unter dem Nahmen des Amazonenſteins kennt.

Der Granit, Gneiß und Glimmerſchiefer enthal - ten hier (wie in Europa) untergeordnete Lager von Chloritſchiefer, im Meer beym Cap blanc weſt - lich von Guayra. Sehr reinen und ſchönen Horn - blendeſchiefer in den Straßen von Guayana, und noch ſüdlicher in der Parimacordillere Feldſpath in Porzellanerde verwittert in der Silla de Caracas; Quarzſchichten mit magnetiſchem Eiſenſtein an den Quellen des Cutuché bey Caracas; körnigblättri - gen primitiven Kalkſtein, ohne Tremolith, aber mit viel Schwefelkies und ſpathigem Eiſenſtein, auf der Quebrada de Topo auf dem Wege von Caracas nach Guayra. (Dieſer Kalkſtein ſcheint in der Cor -dillere411Abhandlungen.dillere von Parima gänzlich zu fehlen, man ſucht ihn da ſeit vielen Jahren.) Zeichenſchiefer, ein kohlenartiges Eiſen, ziemlich reinen Graphit, in der Quebrada de Tocume bey Chacao, in der Quebra - da ſecca beym Tuy und nördlich von der Laguna Chica; auf dem beſchwerlichen Wege, der über die Landenge von Cariaco zum Cap Chiparipara führt Gänge von Quarz, welche goldhaltige Schwefel - kieſe und Spießglanz, gediegen Gold, Fahlerz, Kupferblau, Malachit u. ſ. f. enthalten.

Die Kupfererze von Aroa ſind die einzigen, die hier aus der Erde gefördert werden; 60 bis 70 Skla - ven fördern jährlich höchſtens 1500 Quintal's rafi - nirtes Kupfer. (Der Quintal wird zu 12 Piaſtern verkauft.) Das Thal, wo dieſe Erze ausgegraben werden, (welche in einem Neſte oder einer Vereini - gung von Gängen zu liegen ſcheinen,) iſt für die Ge - ſundheit weniger gefährlich, als die dem Meere nahe gelegenen Thäler, wo die Indianer Gold waſchen, zu Urama, Maron und Alpagoton, wo die Luft eben ſo wie in dem fruchtbaren Thal von Cararinas (zwi - ſchen Nirgua und dem Rio Jaracuy) ein Gift zu ſeyn ſcheint. Aber eben dieſe höchſt ungeſunden Orte enthalten viel reiche Erzgänge. Das Gold iſt durch die ganze Provinz zerſtreut, beſonders in den Quarz - ſchichten, zu Baruta, Catia, Guigue, Quebrada del Oro beym Tuy und beſonders auf dem Cerro de Cha - cao und Real de Santa Barbara bey S. Juan, wo ich Schwerſpath gefunden habe, den einzigen, der mir in dieſem Lande vorkam. Alle Flüſſe der Provinz Characas führen Gold. Es folgt aber daraus noch nicht, daß die Provinz reiche, noch unbekannteGold -412Abhandlungen.Goldadern hat; das Gold kann in der ganzen Gra - nitmaſſe zerſtreut ſeyn, und ich kenne keine hohe Granit-Cordillere weder in Europa noch hier, de - ren Flüſſe nicht Gold führen. Der Cerro Duida von Esméralda (im Dorado), die Quebrada du Tigre bey Encaramada und den Cerros de Amoco, der Réal de S. Barbara bey S. Juan, die Quebrada de Catia, die Alaunerze von Chuparuparu, einige Spuren von Ei - ſenerzen im Llano von S. Sebaſtian und beſonders das kupferreiche Aroa ſcheinen auf die Induſtrie der Bergleute Anſpruch zu machen.

Der Thonſchiefer iſt ziemlich ſelten, er bedeckt übrigens den Glimmerſchiefer am ſüdlichen Abhang der Cordillere von Venezuela, in der Nähe des Llano, in den Quebradas de Malparo und Piedra Azul, blauer Thonſchiefer mit Quarzadern, desgleichen auf der Landenge von Cariaco bey Chuparuparu, auf dem Diſtilador Arroyo du Robola, ſo wie auf dem Ma - canao. An den vier zuletzt genannten Orten finden ſich im Thonſchiefer, Alaun - und Vitriolſchiefer, in 2 bis 3 Fuß mächtigen Lagern, welche ſchwefelſau - re Alaunerde oder natürlichen Alaun auswittern, mit dem die Guayqueries-Indianer einen kleinen Handel treiben.

Serpentinſtein findet ſich auf der Cordillere von Venezuela, über Glimmerſchiefer auf der Flä - che der Villa de Cura, 245 Toiſen hoch, zwiſchen dem Cerro de Piedras Negras und dem Rio Tucutune - mo, hier und da olivengrün, mit Glimmer gemengt, ohne Granaten, Schillerſpath, Hornblende, aber mit Adern von blaulichem Spekſtein.

Grün -413Abhandlungen.

Grünſtein, (roche verte,) uranfänglicher Trapp, eine innige Verbindung von Hornblende und Feld - ſpath, zuweilen mit eingeſprengtem Schwefelkies und Quarz (einerley Gebirgsart mit dem Paterleſtein des Fichtelbergs) oft mit Baſalt verwechſelt, und in Europa ſelbſt wenig bekannt, findet ſich in Lagern 2 Toiſen mächtig oder in Kugeln von 4 Fuß bis 3 Zoll im Durchmeſſer, aus concentriſchen und durch Glimmerſchiefer oder uranfänglichen Thonſchiefer verbundenen Schichten (zum Beweiſe des großen Alters des Steins) zuſammengeſetzt, an mehrern Stellen des nördlichen und ſüdlichen Abhangs der Cordillere vom Berg Avila, im Meer beym Cap blanc in einem wahren Gange, der die Schichten des Gneiß durchſetzt, aber eingeſprengt in einen neuern Granit, welcher den Gang zwiſchen Anti - mano und Carapa bey Caracas erfüllt. Der Grau - ſtein enthält hier rothe Granaten, die ich in Europa nie in ihm geſehen habe. Ich habe davon Proben nach Madrid geſchickt, in der erſten Kiſte, die ich dem Generalcapitain von Caracas übergeben habe.

II. Gebirgsarten, welche den Uebergang vom Urge - birge zum Flözgebirge bilden. Uebergangsfor - mation von Werner.

Dieſe Formation findet ſich beſonders im Nor - den der Parima-Cordillere, gegenüber von Caccara, und in großer Maſſe am ſüdlichen Abhang der Ve - nezuela-Cordillere. Zwiſchen den Llanos und Mor - ros de S. Juan, zwiſchen der Villa de Cura und Para - para (zwiſchen 33′ und 55′ Breite) ſcheint man in ein Baſaltland zu kommen, wenn man voneiner414Abhandlungen.einer Höhe von 300 Toiſ. bis zu 63 über dem Meere herabſteigt. Alles erinnert hier an die Berge von Bilin in Böhmen, oder von Vicenza in Italien. Der primitive Serpentin an den Ufern des Tucutunemo (ein Serpentin, welcher wie der Schleſiſche Kupfergänge enthält,) vermengt ſich allmählig mit Feldſpath und Hornblende, und macht den Uebergang in den Trapp oder Grünſtein. Man findet dieſen Trapp in geſchichteten Maſſen (hor. 7, abfallend mit 70° nach Norden) oder in Kugeln mit concentriſchen Schich - ten, welche zuweilen in einen Kalkerde haltenden Thon eingeſprengt, kegelförmige Hügel bilden, zu - weilen in einen grünen und ſehr ſchweren Thon - ſchiefer, der aus innigſt unter einander gemengter Hornblende und Thonſchiefer beſteht, dem Ueber - gangsthonſchiefer von Werner eingeſprengt ſind. Eben dieſer Thonſchiefer macht gegen die Quebrada de Piedras Azules hin, den Uebergang in den primi - tiven Thonſchiefer (hor. 3, 4, geneigt gegen Nord - weſt) über dem er liegt. Der Trapp oder Grün - ſtein enthält auch blättrigen Olivin, in 4ſeitigen Prismen cryſtalliſirt, (ein Foſſil, das Hr. Freiesle - ben auf unſerer Reiſe in Böhmen entdeckte, und im Mineralogiſchen Journal von Freiberg beſchrieb), Augit mit muſchligem Bruch, Leucit in Dodecae - dern, und in ſeinen Gruben und Löchern findet man die Wände mit Grünerde, der Veroneſiſchen ähnlich, und mit einer Subſtanz ausgekleidet, die einen Perlmutterglanz beſitzt, und die ich für Zeo - lith halte. Alle dieſe eingeſprengten Foſſilien neh - men gegen Parapara hin zu, und der Trapp bildet daſelbſt einen wahren Mandelſtein. Auf dieſen Man - delſtein legt ſich ganz nahe bey dem Hügel Flores,am415Abhandlungen.am Eingang in das große Thal des Orinoco, jener merkwürdige und in Europa ſeltene Stein, den W. unter dem Nahmen Porphyrſchiefer kennen lehrte. Der Hornſchiefer von Charpentier, eine den Baſalt begleitende Gebirgsart, bildet Gruppen von unregel - mäßigen Säulen, und beweißt durch die Farren - kräutereindrücke, die er im Mittelgebirge (wie Hr. Reuß entdeckt hat) enthält, ſeinen nicht vulkani - ſchen Urſprung. Der Porphyrſchiefer von Parapara iſt eine grüne Maſſe von Klingſtein, der ſehr hart iſt, ſcharfeckige und an den Kanten durchſcheinen - de Bruchſtücke hat, Feuer giebt und glaſigen Feld - ſpath enthält. Ich war gar nicht darauf gefaßt, dieſen Stein im ſüdlichen Amerika wieder zu fin - den; er bildet indeſſen hier keine ſolche Gruppen von grotesken Geſtalten, wie in Böhmen und auf dem Mont Eugoneide im Venetianiſchen, wo ich ihn auch geſehen habe.

III. Flözgebirge.

Dieſe ſecondäre Formationen, welche ſpätern Urſprungs als die organiſchen Geſchöpfe der Erde ſind, folgen in der Ordnung ihres relativen Alters auf einander, eben ſo, wie in den Ebenen von Eu - ropa; und wie der vortreffliche Geologe Hr. von Buch, in ſeiner mineralogiſchen Beſchreibung der Grafſchaft Glaz in Schleſien, einem kleinen Werke voll großer Anſichten und intereſſanter Beobach - tungen, aufgezählt hat.

Ich fand hier zwey Formationen des dichten Kalkſteins; die eine macht den Uebergang in den kleinkörnigen und unmerklich blättrigen Kalkſteinund416Abhandlungen.und iſt identiſch mit dem Kalkſtein der hohen Al - pen; die andere iſt dicht, ſehr homogen, mit mehr Muſchelverſteinerungen, und analog dem Kalkſtein vom Jura, von Pappenheim, Gibraltar, Verona, Dalmatien und Suez; eine Formation von blätt - rigem Gyps, und eine andere mit kochſalzhaltigem Thon und Bergöl vermiſchte, den Salzthon, den ich in Tyrol, Steyermark, Salzburg und in der Schweiz beſtändig in Begleitung des Bergſalzes fand; Mergelſchiefer ſchichtenweiſe im Kalkſtein der Alpen; und zwey Sandſteinformationen, deren eine älter und faſt ohne Verſteinerungen iſt, (bald klein -, bald großkörnig, Sandſtein der Lla - nos) und die andere voll von Trümmern der See - thiere, ſehr neuen Urſprungs, die den Uebergang in den dichten Kalkſtein macht.

Der blaue Kalkſtein der Alpen, mit weißen Kalkſpathadern findet ſich auf dem Glimmerſchiefer aufliegend auf der Quebrada Secca beym Tuy, öſt - lich von der Punta Delgada auf dem Wege von Cumana, auf dem Impoſſible (hor. 3, mit 70° nach Südoſt) zu Bordones, auf der Inſel Trinidad und dem Berg Paria. Sollte er ſich nirgends auf dem Sandſtein mit Geſchieben des Urgebirgs, dem Todten - liegenden in Sachſen finden? Dieſer Kalkſtein ent - hält hier, eben ſo wie in der Schweiz, drey unter - geordnete Formationen: a) wiederholte Lagen von ſchwarzem Mergelſchiefer; Mergelſchiefer oder Ku - pferſchiefer von Thüringen, mit Schwefelkies und Erdpech vermiſcht, auf dem Cuchivana bey Cuma - nacoa. Dieſer Thon enthält Kohle und abſorbirt den Sauerſtoff der atmosphäriſchen Luft; b) Salz -thon417Abhandlungen.thon gemiſcht mit Bergſalz und cryſtalliſirtem Gyps, in welchem die Salinen von Araga, Pozuelas und der Margaretheninſel ſtehen; c) Ein kleinkörniger Sand - ſtein mit kalkartiger Grundmaſſe, faſt ohne Muſchel - verſteinerungen, immer von Waſſer durchdrungen, zuweilen mit Lagen braunen Eiſenerzes auf dem Cocollard, Tamiriquiri. Ich bin nicht gewiß, ob der zuletzt genannte Stein auf dem Kalkſtein aufliegt, oder ob er nicht zuweilen von ihm bedeckt wird.

Eben dieſer Kalkſtein dient auch einem andern noch neuern zur Unterlage. Dieſer iſt ſehr weiß, ſehr dicht, voll Höhlen (Cueva del Guacharo, in der ſich Millionen Vögel aufhalten, unter andern eine neue Gattung Caprimulgus, von der ein hier zu Lande ſehr gebräuchliches Fett genommen wird, Cueva del S. Juan, Cueva del Cuchivano); zuwei - len porös, wie der Fränkiſche, und bildet groteske Felſen (Morros de S. Juan, de S. Sebaſtian). Er enthält Lagen von ſchwarzem Hornſtein, der in den Kieſelſchiefer oder lydiſchen Stein übergeht (Morro de Barcelona) und ägyptiſchen Jaſpis ſüdl. von Curataquiché. Ueber dieſem dichten Kalkſtein liegt, wie auf dem Jura, ſehr ſchöner Alabaſter, in großen Maſſen zu Soro, im Golfo Triſte. Alle dieſe Gypſe enthalten Schwefel, eben ſo wie der Gyps von Bex und Kretzetzow und auf den Car - pathen. Dieſe Formation des Kalkſteins mit ſchwar - zem Hornſtein und Gyps ſcheint auch im Thal des Amazone und Rio negro vorzukommen, wo ſie von la Condamine bey Cucuça zwiſchen Racani und Guayausi, auf der Oſtſeite der Anden bemerkt wurde.

Dieſer418Abhandlungen.

Dieſer Kalkſtein und Gyps (letzterer in Llano von Barcelona bey Cachipé) ſind in den Thälern des Orinoco und Amazone oft überdeckt von einem Conglomerat oder Sandſtein mit großen Geſchie - ben, in welchem Trümmer von Kalkſtein, Quarz, lydiſchem Stein, alle von einem höhern Alter als der Sandſtein ſelbſt, vorkommen. Dieſes Conglomerat, Nagelflühe, welches mit dem von Aranjuez, Salz - burg u. ſ. f. Aehnlichkeit hat, iſt über mehr als 18000 Quadratmeilen in den Llanos verbreitet. Es enthält Lagen mit kleinem Korn und Spuren von braunem und rothen Eiſenerz; Verſteinerungen ha - be ich nie darin geſehen.

Noch neuer und immer den Küſten nahegelegener iſt der Sandſtein, der voll Conchylien und Corallen iſt, (ohne Spuren von Krokodillen, in einem Lan - de, das deren unglücklicherweiſe ſo viele hat,) und in den Kalkſtein übergeht, aber bey genauer Unter - ſuchung immer mit Quarzkörnern durchmengt iſt. P. Araya, Cabo Blanco, Caſtillo S. Antonio de Cumana.

Man wird erwarten, daß ich dieſe Beſchrei - bung mit einer Aufzählung der Vulkaniſchen Pro - dukte dieſes Landes ſchließe, das durch die fürch - terlichſten Erdbeben erſchüttert wird, deſſen hohe Gipfel (Duida) und ſeit kurzer Zeit ſogar Hölen (Cueva du Cuchivano) Flammen ſpeyen, wo ko - chende Quellen hervorſprudeln vom Golfo Triſte bis zu der Sierra Nevada de Merida, (die Quel - len von Triachevar fand ich 72°, 3 Réaum. heiß,) wo auf der Küſte von Paria bey Cumacator ein Luftvulkan iſt, deſſen Getöſe von weitem gehörtwird,419Abhandlungen.wird, Schwefelhölen wie auf Guadeloupe, an meh - rern Orten, eines Landes, wo im Umfang mehre - rer Quadratmeilen der Boden hohl und minirt iſt, (Tierra Hueca de Cariaco) wo noch im Jahr 1766 die Erde, nachdem ſie 11 Monate lang durch Stöße erſchüttert war, von allen Seiten ſich öffnete, um geſchwefeltes Waſſer mit Bitumen vermiſcht, aus - zuſtoßen, wo in der Mitte der trockenſten Ebenen in der Mera de Guanipa und du Cary, Flammen aus der Erde ſchlugen, (die Seele des Tyrannen Aguirre, nach der Volksſage). Aber die Natur ſelbſt ſpricht mich von dieſer Arbeit frey. Die Wirkun - gen der Vulkane in dieſer neuen Welt ſind ſehr verſchieden von denen, die wir in Europa ſehen. Groß und traurig in ihren Folgen verändern ſie die Felſen, die ihre Einwirkung erfahren. Die unge - heure Revolution von Peliléo und von Tonguragua de Zuito hat die Erde nicht nur mit Laven bedeckt, ſondern mit thonigem Schlamm, der aus den aus - geſpieenen Schwefelwaſſern niederfiel. Der ſchwe - felhaltige Gyps, die Einmengung von Schwefelkies in alle Gebirgsarten, ſelbſt in Granit, der bitumi - nöſe Salzthon, das Bergöl oder Asphalt (brea, cha - papote), welches überall auf dem Waſſer ſchwimmt, oder auf ſeinem Boden liegt, die unermeßliche Menge von Regenwaſſer, das Meer, das in die durch die Sonne erhitzte Erde dringt, und ſich hier zerſezt, die Waſſerdämpfe und die ungeheure Maſſe von Waſſerſtoffgas, das überall ſich entwickelt, dieſe Urſachen ſcheinen am meiſten zur Hervorbringung dieſer vulkaniſchen Wirkungen beyzutragen.

Die Schwefelhölen von Guadeloupe, (von de - nen wir neuerlich eine ſo intereſſante Beſchreibungerhal -420Abhandlungen.erhalten haben), des Montmiſène, S. Chriſtoph de l'Oualiban, von S. Lucie und Montſerat ſtehen wahrſcheinlich mit denen an der Küſte von Paria in Verbindung. Dieſe Vulkane ſind aber vielmehr ein Gegenſtand der Phyſik als der Mineralogie; und ich muß noch mehr Land beobachten, um über ei - nen ſo ſchwierigen Gegenſtand ein Urtheil zu fäl - len. Verhüte der Himmel, daß nicht Neu-Anda - luſien auch auf ſeiner öſtlichen Seite einſt eine ähn - liche Cataſtrophe erleide, wie die, die die Ebenen von Peliléo zerſtört hat.

II.

About this transcription

TextSkizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika
Author Alexander von Humboldt
Extent32 images; 7176 tokens; 2176 types; 49504 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic information Skizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika. . Alexander von Humboldt. . 32 1802. Allgemeine Geographische Ephemeriden (9) pp. 389-420.

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LanguageGerman
ClassificationAbhandlungen in Zeitschriften, Sammelbänden etc.; Wissenschaft; Geographie; ready; avh

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