Unter den vielfachen Genüssen, welche Zurück - kunftHumboldt war am 16. November 1805 in Berlin eingetroffen. a in das langentbehrteHumboldt hatte sich seit dem Tode seiner Mutter nicht mehr in Berlin aufgehalten. b Vaterland gewähren kann, liegt unstreitig einer der wohlthätigsten und erhabendsten in dem Mitgefühle derer, welche, dem höchsten Zwecke geistiger Vollkommenheit entgegenstrebend, ihr Leben den Wissenschaften weihen. Dieses Mitgefühl, von welchem Sie, verehrungswerthe Männer, mir bei meinem Ein - tritt in diese Versammlung den ehrenvollesten Beweis gegeben, durchdringt mich mit den Em - pfindungen des innigsten Danks, aber auch zu - gleich mit dem beschämenden Gefühle meiner Schwäche.
Als ich an der Küste des stillen Ozeans, in den einsamen Thälern der Andes, durch weite Meere von Ihnen getrennt war, da haben Sie durch eigene WahlZum außerordentlichen Mitglied. c mir den Platz bestimmt, den ich heute, fünf Jahre später, einnehme. Als ordentliches Mitglied. dErst in der Hauptstadt MexicoVon Exkursionen abgesehen weilte Humboldt vom 12. April 1803 bis zum 20. Januar 1804 in Mexiko-Stadt. ewurde ich durch öffent - liche Nachrichten von meiner Aufnahme in diese Akademie belehrt. Kaum betrat ich den euro - päischen BodenAm 3. August 1804 in Bordeaux. f, als ich eilte, dieser Versamm -**)4lung den Ausdruck meines Danks und meiner Hochachtung schriftlich darzubringen. Brief vom 5. September 1804. Alexander von Humboldt an die Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Paris, den 5. September 1804. Hs: ABBAW, I-III, 5, Bl. 210-211; D: Biermann, K. -R. : Beglückende Ermunterung durch die akademische Gemeinschaft. Berlin (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung, 17), S. 24. gMöchte ich heute beredt genug sein, diese Empfindungen mündlich eben so lebendig zu schildern, als feier - lich der Augenblick für mich ist, in dem ich in Ihre Mitte trete, um an den Arbeiten von Män - nern Theil zu nehmen, deren viele die Lehrer meiner früheren Jugend gewesen sind.
Unter allen Verbindungen, welche Menschen an Menschen knüpfen, giebt es keine edlere und schönere, als die, welche auf die Erweiterung des Wissens und auf freie Ausbildung intellektueller Kräfte abzweckt. Wohl uns, daſs wir in einem Staate leben, in welchem die Freiheit dieses Stre - bens keine Schranken kennt; in einem Staate, des - sen erhabenem und wohltätigem Beherrscher die ewigen Rechte der Vernunft heilig sind, wie der Natur ihre unabänderlichen Gesetze! Wohl uns, daſs wir ein Jahrhundert beginnen, in wel - chem alle Theile menschlicher Erkenntniſs in Wechselwirkung treten, und zu einem groſsen organischen Ganzen zusammenstimmen! Was der Geognost über das Alter und die Lagerung der Gebirgsmassen, der Naturkundige über den Bau mikroskopischer Thiere und Pflanzen; was der Scheidekünstler in der mannichfaltigen Mi - schung der Stoffe, oder über die Gesetze ent - deckt, nach denen die Elemente sich binden und trennen; was der Metaphysiker aus der Zerglie - derung des innern Sinnes oder der Mathemati - ker aus den unergründlichen Tiefen der Algebra5 schöpft, - alles dies (so locker auch immer das Band dem Unkundigen scheint) hanget innigst mit der intellektuellen Kultur des Menschenge_ schlechts zusammen. Wer das Ganze des wissen - schaftlichen Feldes zu umfassen fähig ist, der sucht den ersten und erhabendsten Zweck der Erkenntnis in ihr selbst. Wer dem raschen Gange der Entdeckungen in der Flucht der Jahrhunderte folgt, der findet in Untersuchungen, (die man ehemals oft durch den Namen der blos spekulati - ven herabzuwürdigen glaubte) den wohlthätigsten Keim zu der Vervollkommnung technischer Ge - werbe, zu der Verbesserung des physischen Wohls der Gesellschaft.
Aber eben diese innige Verknüpfung aller Zweige des menschlichen Wissens setzt auch ein enges Band unter denen voraus, welche sich mit der Kultur derselben beschäftigen; und die Mög - lichkeit eines solchen Bandes ist unstreitig einer der ersten und wichtigsten Zwecke der Akade - mien. Wie das gespaltene vielfarbige Licht zu einem kräftigen Strahle zusammenschmilzt; wie der groſse Einklang der Natur aus dem ewigen Kampfe der sich beschränkenden, scheinbar strei - tendem Elemente hervorgeht: so hanget Zahl und Glanz der wissenschaftlichen Entdeckungen eines Volks gröſstentheils von dem gleichzeitigen, wett - eifernden Zusammenwirken derer ab, welche zur Bearbeitung der Wissenschaften berufen sind. Wie glücklich fühle ich mich, verehrungswerthe Männer, daſs auch ich von heute an Theil an6 Ihren vereinten Bemühungen, an Ihrem Streben nach so groſsen und edlen Zwecken nehmen soll! Stolz auf den Platz, den des KönigsHuld und Ihre Gewogenheit mir angewiesen, bringe ich Ihnen aufs neue den Ausdruck meiner tiefen und dankbaren Verehrung dar.
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