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Von der Freyheyt eynisz1 Christen menschen. 2Martinus Luther. Vuittembergae. Anno Domini 1520. 3

a1va2r

Dem fursichtigen4 vn̄5 weyszen hern Hieronymo6 Muͤlphordt Stadtuogt zu Zwyckaw meynem besondern guͤnstigen7 freund vnd Patron Empiete8 ich genantt D. Martinus Luther August.9 meyne willige dienst vnnd allis guttis. 10

Fursichtiger weyßer Herr  / vnd Guͤnstiger freund  / der wirdig Magister Johan Egran  / ewr loͤblichen stat Prediger11   / hat mir hoch gepreysset ewr lieb vnd lust  / ßo yhr zu der heyligen schrifft traget  / wilch12 yhr auch emßlich bekennen vnd fur den menschen zu preyßen nit13 nachlasset. Derhalben14 er begeret  / mich mit euch bekennet zu machen  / byn ich gar leychtlich willig vnd froͤlich des beredt15   / denn es mir eyn sondere freudt ist  / tzu hoͤren  / wo die gottlich warheyt geliebt wirt  / der leyder ßo vill  / vnd die am meysten  / die sich yhres titels auffwerffen16   / mit aller gewalt vnd list widderstreben  / wie wol es alßo seyn muß  / das an Christum17   / zu eynem ergernis vnd tzeychen18 gesetzt  / dem widdersprochen werden muß  / vill sich stossen  / fallen  / vnd aufferstahen mussen. Darūb19 hab ich an zu heben vnßer kundschafft vnd freuntschafft  / diß tractatell20 vnnd Sermon euch wollen zuschreyben  / ym deutschē  / wilchs ich latinisch dem Bapst hab zu geschrieben21   / damit fur yderman22   / meyner lere vnd schreyben  / von dem Bapstum  / nit eyn vorweyßlich  / als ich hoff  / vrsach angetzeygt. 23Befill mich hie mit  / euch  / vnd allsampt  / gottlichen gnaden. 24AMEN.

a2v

Ihesus.

Zum ersten. Das wir grundlich muͤgen25 erkennen  / was eyn Christen mensch sey26   / vn̄ wie es gethā sey  / vmb die freyheyt  / die yhm Christus erworben vn̄ geben27 hatt  / dauon28 S. Paulus viel schreybt  / will ich setzen29   / dyße zween beschluß. 30

Eyn Christen mensch ist eyn freyer herr  / uͤber alle ding31   / vnd niemandt vnterthan.

Eyn Christen mensch ist eyn dienstpar knecht aller ding vnd yderman vnterthan.

Diße zween beschluͤß seynd klerlich32 sanct Paulus 1. Cor.33 9. Ich byn frey yn allen dingen  / vn̄ hab mich eynß ydermā knecht gemacht. Itē34 Ro. 13. Ihr solt niemand ettws vorpflichtet seyn  / den dz35 yr euch vnternāder liebet. Lieb aber  / die36 ist  / dienstpar  / vn̄ vnterthan dem das sie lieb hatt. Alßo auch von Christo Gal. 4. Gott hatt seynen ßon außgesandt  / von eynem weyb37 geporen vnd dem gesetz vnterthan gemacht.

Czum andern38   / Diße zwo widderstendige rede  / der freyheyt vnd dienstparkeyt zuuornehmen39   / sollen wir gedencken  / das eyn yglich Christen mensch ist zweyerley natur  / geystlicher vn̄ leyplicher. Nach der seelen40 wirt er eyn geystlich41   / new  / ynnerlich mensch genennet  / nach dem fleysch vnd blut wirt er eyn leyplich allt vnd eußerlich mensch genennet. Vnd vmb dißes vnterschiediß willen  / werden von yhm gesagt yn der schrifft  / die do42 stracks widdernander seyn43   / wie ich itzt44 gesagt45   / von der freyheyt vnd dienstparkeit.

Czum dritten  / So nhemen wir fur vns den ynwendigen geystlichen menschen  / zusehen was datzu gehoͤre  / dz er eyn frum46 frey  / Christen mensch sey vnd heysse. So ists offenbar  / das keyn eußerlich ding mag yhn frey  / noch47 frum machen  / wie es mag ymmer genennet werden  / denn seyn frumkeyt vn̄ freyheyt  / widerumb seyn boͤßheyt vnd gefenckniß48   / seyn nit leyplich noch eußerlich. 49Was hilffts die seelen50   / das der leyp  / vngefangen  / frisch vnd gesund ist  / ysszet51   / trinckt  / lebt  / wie er will? Widderūb was schadet das der seelen  / das der leyp  / gefangen krang52 vnd matta3r ist  / hungert  / duͤrstet vnd leydet  / wie er53 nit gerne wolt? Dißer ding reychet keyniß54   / biß an die seelen  / sie zu befreyhen oder fahen55   / frum oder boͤße zu machen.

Czum vierden  / Alßo hilfftet es die seele nichts  / ob d ͛56 leyp heylige kleyder anlegt  / wie die priester vn̄ geystlichen thun  / auch nit ob er ynn den kirchen vnd heyligen stetten sey. Auch nit ob er mit heyligē dingē vmbgah57. Auch nit ob er leyplich bette  / faste / walle58   / vnd alle gute werck59 thue  / die durch vnd ynn dem leybe geschehen mochten ewiglich. Es muß noch allis etwas anders seyn  / das60 der seelen bringe vnd gebe frumkeyt vnd freyheyt. Denn alle diße obgenanten61 stuck  / werck vnd weyßen  / mag auch an sich haben vnd uͤben eyn boͤßer mensch  / eyn gleyßner vnd heuchler. Auch durch solch weßen62 keyn ander volck  / denn63 eyttell gleyßner werden. Widderumb  / schadet es der seelen nichts  / ob d ͛ leyp vnheylige kleyder tregt  / an vnheyligen oͤrten ist  / yßt  / trinckt  / wallet  / bettet nit  / vnd lessit alle die werck onstehen64   / die die oͤbgenanten gleyßner thun.

Czum funfften  / Hatt die seele keyn ander dinck65   / widder66 yn hymel noch auff erden darynnen67   / sie lebe  / frum  / frey  / vnd Christen sey  / den68 das heylig Euāgelij  / das wort gottis von Christo geprediget. Wie er selb69 sagt Joh. 11. Ich byn das leben vn̄ aufferstehung  / wer do glaubt yn mich  / der lebet ewiglich. Item 14. Ich byn der weg  / die warheyt  / vnd das leben. Item Matt. 4. Der mensch lebet nit alleyn von dem brot  / sondern von allen worten die do gehen von dem mund gottis. So mussen wir nu70 gewiß seyn  / das die seele kan allis dings emperen71 on72 des worts gottis  / vnd on das wort  / ist yhr mit keynem ding beholffen. Wo sie aber das wort hatt  / ßo darff73 sie auch keyneß andern dings mehr  / sondern  / sie hat in dem wort  / gnugde  / speiß freud  / frid  / licht  / kunst  / gerechtickeyt  / warheyt  / weyßheyt  / freyheit vnd allis gutt74 uͤberschwenglich. Alßo leßen wir ym Psalter sonderlich ym 118. psalm  / das der prophet nit mehr schreyet den nach75 dem gottis wort. Vnd yn d ͛76 schrifft die aller hochste plag vnd gottis zorn gehalten wirt  / ßo77 er seyn wort von den menschen nympt  /

Widderumb keyn groͤsser gnade  / wo er seyn wort hyn sendet  / wie psalmus 106. stet Er hat seyn wort auß gesandt  / damit er yhn78 hatt geholffen. Vnd Christ vmb keynsa3v andern ampts [geholffen]79 / den zu predigen das wort gottis kummen80 ist. Auch alle Apostell  / Bischoff  / priester vn̄ gantzer geystlicher stand  / alleyn vmb des worts willen ist beruffen vnd eyngesetzt  / wie woll es nu leyder anders gaht. 81

Czum sechsten82   / Fragistu83 aber  / wilchs ist denn das wort das solch grosse gnad gibt. Vnd wie sol ichs gebrauchen?

Antwort  / Es ist nit anders  / den̄ die predigt von Christo geschehen84   / wie das Euangeliū ynnehelt. 85Wilche soll seyn  / vnd ist alßo gethan  / das du hoͤrist deynen gott zu dir reden  / Wie alle86 deyn leben vnd werck  / nichts seyn fur87 gott  / sondern muͤßsist88   / mit allen dem das ynn dir ist ewiglich vorterben. 89Wilchs ßo du recht glaubst  / wie du schuldig bist  / so mustu an dir selber vortzweyffelnn̄90   / vnd bekennen  / das war91 sey der spruch Osee: O Israel yn dir ist nichts  / denn deyn vorterben  / alleyn aber yn mir steht deyn hulff. 92Das du aber auß dir vnd von dir  / das ist auß deynem vorterben̄ kōmen muͤgist93   / ßo setzt er dir fur94   / seynen lieben ßon Ihesum Christū  / vnd leßsit dir durch seyn lebendigs trostlichs wort sagen: Du solt ynn den selben mit festem glauben dich ergeben  / vnd frisch ynn yhn vortrawen. 95So sollen dir vmb desselben glaubens willen  / alle deyne sund vorgeben96   / alle deyn vorterben vberwunden seyn  / vnd du gerecht  / warhafftig  / befridet  / frum vn̄ alle gebott erfullet seyn  / allen dingen frey sein. Wie S. Paulus sagt Ro. 1. Ein rechtfertiger97 Christen  / lebt nur von seynem glauben. Vnd Ro. x. Christus ist das ende vnd fuͤlle aller gebot  / denen  / die ynn yhn glauben.

Czū siebenden. Drumb solt das billich aller Christen eynigs98 werck vnd uͤbung seyn  / das sie das wort vn̄ Christū wol99 ynn sich bildeten  / solchen glauben stetig vbeten vn̄ stercktē. Den̄ keyn ander werck  / mag eynen Christen machen. Wie Christus Joh. 6. zu den Juden sagt  / da sie yhn fragten  / was sie fur werck thun solten  / dz sie gottlich vn̄ Christlich werck thetten. 100Sprach er: Das ist das eynige gotliche werck  / das yhr glaubt yn denen101   / den gott gesandt hatt. Wilchen gott der vatter allein auch dartzu vorordnet102 hatt. Darūb ists gar ein vberschwencklich reychtumb  / ein rechter glau [d]103 yn Christo  / denn er mit sich bringt alle seligkeit  / vnd abnympt alle vnseligkeyt. Wie Mar. vlt. 104Wer do glaubt vnd taufft105 ist  / der wirt selig. Wer nit glaubt  / der wirta4r vordampt.

Darumb der prophet Isa. X. Den reychtumb des selben glaubens ansach vnd sprach. Gott wirt eyn kurtz summa106 machen auff erden  / vnd die kurtz summa wirt  / wie ein syndflut eynfliessen die gerechtickeit  / das ist  / der glaub  / darynn107 kurtzlich aller gebot erfullung steht  / wirt vberflussig108 rechtfertigē alle die yhn haben  / das sie nichts mehr bedurffen  / das109 sie gerecht vnd frum seyn. Alßo sagt S. Pauel Ro. x. Das man von hertzen glaubt  / das macht eynen gerecht vnd frum.

Czū achten  / Wie gaht es aber zu  / das der glaub allein mag frum machen  / vnd on alle werck ßo uͤberschwencklich reychtumb geben  / ßo doch souill gesetz  / gebot  / werck  / stend vnd weyße vns furgeschrieben seyn110   / ynn der schrifft. Hie ist fleyßsig zu mercken  / vnd yhe mit ernst zubehalten111   / dz allein der glaub on alle werck frum  / frey  / vn̄ selig machet  / wie wir hernach mehr hoͤren werden Vnd ist zu wissen  / das die gantze heylige schrifft  / wirt yn zweyerley wort geteyllet  / wilche seyn. Gebot oder gesetz gottis  / vnd vorheyschen oder zusagunge. 112Die gebott  / leren vnd schreyben vns fur  / mancherley gutte werck aber damit seyn sie noch nit geschehen. Sie weyßen wol  / sie helffen aber nit  / leren was man thun soll  / geben aber keyn sterck dartzu. 113Darūb seyn sie nur datzu geordnet  / das der mensch drynnen sehe sein vnuormuͤgen zu dem gutten  / vnd lerne an yhm selbs vortzweyffeln. 114Vnd darumb heyssen sie auch das alte testament  / vnd gehoͤren alle ynß alte testament. Als115   / das gebott  / Du solt nit boͤß begird haben  / beweysset das wir allesampt sunder seyn  / vnd kein mensch vormag  / zu sein on boͤße begirde  / er thue was er will116   / Darauß er lernet an yhm selbs vortzagen vnd anderßwo zu suchen hulff  / das117 er on boͤße begird sey  / vnnd alßo118 das gebott erfulle  / durch eynen andern  / das er auß yhm selb nit vormag119   / alßo sein auch alle andere gebott  / vns vnmuglich. 120

Czū neunden  / Wen nu der mensch auß den gebotten sein vnuormuͤgen gelernet vn̄ empfunden hatt  / das121 yhm nu angst wirt  / wie er dem gebott gnug thue. Seyntemal122 das gebot muß erfullet seyn  / oder er muß vordampt seyn. So123 ist er recht124 gedemuͤtigt vnd zu nicht worden  / ynn seynen augen  / findet nichts yn yhm damit125 er muͤg frum werden. Dan ßo kūpt126 das ander wort. Die gottlich vorheyschung vnd zusagung  / vnd spricht  /a4v wiltu127 alle gepott erfullen  / deyner boͤßen begirde vnd sund128 loß werden  / wie die gebott zwyngen vnd foddern. 129Sihe130 da  / glaub in Christū  / yn wilchem ich dir zusag  / alle gnad  / gerechtickeyt  / frid vn̄ freyheyt  / glaubstu so hastu131   / glaubstu nit  / so hastu nit. Den das132 dir vnmuglich ist  / mit allen wercken d ͛ gebott  / der vill vnd doch keyn nutz seyn mussen133   / das wirt dir leycht vnd kurtz durch  / den glauben. Den ich hab kurtzlich134   / yn den glauben gestellet alle ding  / das135   / wer yhn hat  / sol alle ding haben vnd selig seyn  / wer yhn nit hatt  / soll nichts haben. Alßo geben die zusagung gottis  / was die gepott erfoddern  / vnd volnbringen  / was die gepott heyssen  / auff das es allis gottis eygen sey. Gepot vn̄ erfullung  / er heysset allein  / er erfullet auch alleyn. Darumb seyn die zusagung gottis  / wort des newen testaments vnd gehoren auch yns newe testament.

Czum tzehenden  / Nu seyn diße vnd alle gottis wort  / heylig  / warhafftig  / gerecht  / fridsam  / frey vnd aller guͤtte voll  / darrumb wer yhn136 mit eynem rechten glauben anhangt  / des137 seele wirt mit yhm voreynigt  / ßo gantz vnd gar  / das alle tugent des worts  / auch eygen138 werden der seelen  / Vnd alßo durch den glauben  / die seele von dem gottis wort  / heylig  / gerecht  / warhafftig  / fridsam  / frey  / vnd aller guͤtte voll  / eyn warhafftig kind gottis wirt  / wie Johan. 1. sagt Er hatt yhn139 geben  / das sie mugen kynder gottis werden  / alle die ynn seynem namen glauben. Hierauß leychtlich140 zu mercken ist  / warumb der glaub ßo vill vormag  / vnd das keyne gutte werck yhm gleych seyn mugen  / Den keyn gut werck  / hanget an dem gottlichen wort  / wie der glaub  / kan auch nit yn der seelen seyn  / sondern alleyn das wort vnd glaube regiren141   / yn der seelen / Wie dz wort ist  / ßo wirt auch die seele yhm  / gleych142   / als das eyssen wirt gluttrodt143 wie das fewr auß der voreynigung mit dem fewr. Alßo sehen wir  / das an dem glaubenn eyn Christen mensch gnug hatt  / darff keynis wercks  / das144 er frum sey  / darff er145 den keynis wercks mehr  / ßo ist er gewißlich empunden146 von allen gepotten vnd gesetzen  / ist er147 empūden  / so ist er gewißlich frey  / Das ist die Christlich freiheit  / der eynige glaub  / der do macht  / nit das wir muͤßsig gahn oder uͤbell thun mugen  / sondern das wir keynis wercks bedurffen zur frumkeyt vnd seligkeyt zu erlangen  / dauon wir mehr hernach sagen wollen.

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Czū eylfften148   / Weytter ists mit dem glauben alßo gethan  / das  / wilcher dem andern glaubt  / der glaubt  / yhm darumb. das149 er yhn fur eynen frumen warhafftigen man achtet  / wilchs die groͤßte ehre ist  / die ein mensch dem andern thun kan  / als widderumb die groͤßte schmach ist  / ßo150 er yhn fur eynen loßen lugenhafftigen leychtfertigen151 man achtet. 152Alßo auch wenn die seele gottis wort festiglich glaubt  / ßo helt sie yhn fur warhafftig  / frum vn̄ gerecht  / da mit153 sie yhm thut die aller groͤßsiste ehre die sie yhm thun kann  / denn da gibt sie yhm recht  / da lessit sie yhm recht  / da ehret sie seynen namen  / vnd lessit mit yhr154 handeln wie er will  / denn̄ sie zweyffelt nit er sey frum  / warhafftig ynn allen seynen worten. 155

Widderumb kan man gott keyn groͤssere vnehre auffthun  / den̄156 yhm nit glauben  / damit157 die seel yhn fur eynen vntuchtigen lugenhafftigen leychtfertigen158 helt  / vn̄ ßouil an yhr ist159   / yhn vorleugnet mit solchem vnglauben  / vnd ein abgott yhres eygens synn160   / ym hertzen widder gott auffricht161   / alß wolt sie es162 besser wissenn den̄ er. Wenn denn163 gott sihet  / das yhm die seel  / warheit gibt vnd alßo ehret164 durch yhren glauben  / ßo ehret er sie widderumb  / vnd helt sie auch fur frum vnd warhafftig  / vnd sie ist auch frum vnd warhafftig durch solchen glauben  / denn das165 man gott die warheyt vn̄ frumkeit gebe  / das ist recht vnd warheit  / vnnd macht recht vnd warhafftig. Die weyll166 es war ist vnd recht  / das gotte167 die warheit geben werd. Wilchs die nit thun  / die nit glauben  / vnd doch sich mit vielen gutten wercken treyben vnd muͤhen.

Czum zwoͤlfften  / Nit allein gibt der glaub ßouil  / das die seel  / dem168 gottlichen wort gleych wirt aller gnaden voll  / frey  / vn̄ selig  / sondernn̄ voreynigt169 auch die seele mit Christo  / als eyne brawt mit yhrem breudgam. Auß wilcher ehe folget  / wie S. Paulus sagt  / das Christus vn̄ die seel  / eyn leyb werden  / ßo werden auch beyder gutter170   / fall  / vnfall vnd alle ding gemeyn171   / das was172 Christus hatt  / das ist eygen  / der glaubigen seele  / was die seele hatt  / wirt eygen Christi. So hatt Christus alle guͤtter vnd seligkeit  / die seyn der seelen eygen. So hatt die seel alle vntugent vnd sund auff yhr173   / die werden Christi eygen. Hie hebt sich nu der froͤlich wechßel vnd streytt  / Die weyl Christus ist gott vnd mensch  / wilcher noch174 nie gesundigt hatt  / vnd seyne frumkeytb1v vnuͤbirwindlich  / ewig vnd almechtig ist  / ßo175 er denn der glaubigen seelen sund  / durch yhren braudtring  / das ist  / d ͛ glaub  / ym selbs eygen176 macht vnd nit anders thut  / den̄ als hett177 er sie gethā  / ßo mussen die sund ynn yhm vorschlunden̄178 vn̄ erseufft werden  / Denn sein vnuͤbirwindlich gerechtigkeyt  / ist allenn sunden zustarck  / also wirt die seele allen yhren sunden  / lauterlich durch yhrē malschaczts179   / das ist des glaubens halben180   / ledig vnd frey  / vnd begabt  / mit der ewigen gerechtickeit yhrs breuͤdgamß Christi.

Ist nu das nit ein froͤliche wirtschafft  / da181 der reyche  / edle  / frummer breuͤdgam Christus  / das arm vorachte182 boͤßes hürlein183 zur ehe nympt  / vnd sie entledigt von allem uͤbell  / zieret mit allen guͤtern. So ists nit muglich  / das die sund sie vordampne184   / den̄ sie ligen nu auff Christo  / vn̄ sein ynn yhm vorschlunden  / so hat sie ßo ein reyche gerechtickeyt ynn yhrem breuͤtgam  / das sie abermals  / wider alle sund bestahn mag  / ob sie schon185 auff yhr legē. Dauon sagt Paulus 1. Cor. 15. Gott sey186 lob vnd danck der vns hatt gegeben ein solch uͤbirwindung ynn Christo Ihesu  / ynn wilcher vorschlunden ist  / der todt mit der sund.

Czū dreytzehenden  / Hie sichstu187 aber  / auß wilchem grund dem glauben ßouil billich zugeschrieben wirt  / das er alle gepott erfullet  / vnd on alle andere werck frum macht. Denn du sihest hie  / das er das erste gepott erfullet alleine da gepotten wirt  / Du solt eynen gott ehren. Wenn du nu eytell188 gutt werck werist  / biß auff die versenn189   / ßo weristu190 dennoch nit frum vnd gebist191 gott noch keyn ehre  / vnd alßo erfullistu192 das aller erst193 gepott nicht. Denn gott mag194 nicht geehret werden  / yhm werd dan195   / warheyt vnd allis gut zu geschrieben  / wie er denn warlich196 ist  / Das thun aber keyn gutte werck  / sondern allein der glaube des hertzen.

Darumb ist er allein  / die gerechtickeit des menschen vnd aller gepott erfullung. Den wer das erste haubt gepott erfullet  / der erfullet gewißlich vnd leychtlich auch alle ander gepott. Die werck aber seyn todte ding  / kunden197 nit ehren noch loben gott  / wie wol sie mugen geschehen  / vnd lassen sich thun gott zu ehren vn̄ lob  / aber wir suchē hie den  / d ͛ nit gethan wirt  / als die werck198   / sondern den selbthetter vnd werckmeyster  / der gott ehret vnd die werck thut.

Das ist niemāt dan der glaub des hertzen  / der ist das haubt vnd gantzis weßens199 der frumkeyt  / darumb200 es eynb2r ferlich201 finster rede ist. 202Wenn man leret  / die gottis gepott mit wercken zu erfullen̄  / ßo203 die erfullung fur204 allen wercken  / durch den glauben muß geschehen seyn  / vnd die werck folgen nach der erfullung  / wie wir hoͤrenn werdenn.

Czum viertzehenden  / Weytter zusehen205   / was wir yn Christo haben  / vnd wie groß gutt sey  / ein rechter glaube. Ist tzu wissenn  / das fur206 vnd ynn dem altenn testament  / gott yhm außtzog vnd furbehilt207 alle erste menliche gepurt  / von menschen vn̄ von thierren  / Vnd die erste gepurt war koͤstlich vnd hatt tzwey grosse forteyll fur allen andern̄ kindernn  / nemlich die hirschafft208 vnd priesterschafft odder kuͤnigreych vnd priesterthum  / alßo209 das auff erden  / das erste geporn kneblin210   / was211 eyn herr vbir alle seyne bruͤder vnd ein pfaff212 odder Babst fur gott Durch wilche figur bedeutt ist Ihesus Christus  / der eygentlich die selb erste menlich gepurt ist gottis vatters  / von der Junpfrawen Marie. Darumb ist er ein kuͤnig vn̄ priester  / doch geystlich. denn seyn reych ist nit yrdnisch213 noch yn yrdenischen  / sondern̄ yn geystlichen guttern  / als da seyn  / warheyt  / weyßheyt  / frid  / freud  / seligkeyt 2c. 214Damit aber nit außgetzogen215 ist zeytlich gutt  / denn es ist yhm alle ding216 vnterworffen  / ynn hymell  / erdenn vnd helle217   / wie wol man yhn nit sicht  / das macht  / das218 er geystlich  / vnsichtlich219 regirt.

Alßo220 auch seyn priesterthum steht221 nit ynn den eußerlichenn geperdenn222   / vnd kleydern  / wie wir bey den menschen sehen  / ßondernn̄ es steht ym geyst vnsichtlich  / alßo  / das er fur gottis augen on vnterlaß  / fur die seynen steht vnd sich selb opffert vnd allis thut  / was eyn frum priester thun soll. Er bittet fur vns  / Wie S. Paul Ro. 8. sagt. So leret er vns ynnwendig ym hertzen  / wilchs sein tzwey eygentliche recht ampt223 eyniß priesters Denn alßo bitten vnd leren auch eußerlich menschlich tzeytlich priester.

Czum funfftzehenden  / Wie nu Christus die erste gepurtt hatt  / mit yhrer224 ehre vnd wirdickeit  / alßo  / teyllet er sie mit allenn seynen Christen  / das225 sie durch den glauben  / mussen auch alle kuͤnige vnd priester seyn  / mit Christo  / Wie S. Petrus sagt 1. Pet. 2. Ihr seyt ein priesterlich kuͤnigreych  / vn̄ ein kuͤniglich priesterthū. b2v

Vnd das geht also zu  / das ein Christen mensch durch den glauben ßo hoch erhaben wirt vbir alle ding  / das er aller eyn herr wirt geystlich  / denn es kan yhm kein ding nit226 schaden zur seligkeit. Ia227 es muß yhm alles vnterthan seyn vnd helffen zur seligkeyt  / Wie S. Paulus leret Ro. 8. Alle ding muͤssen helffenn den außerwelten228   / zu yhrem besten  / es sey leben  / sterben  / sund  / frumkeit  / gut vn̄ boͤßes  / wie man es nennen kan. Item 1. Cor. 3. Alle ding seynd ewr  / es sey229 das leben oder d ͛ todt  / kegenwertig oder zukuͤnfftig 2c. 230

Nit das wir aller ding leyplich mechtig seyn  / sie zu besitzen oder zu brauchen  / wie die menschen auff erden̄  / denn wir muͤssen sterben leyplich vnd mag niemant dem todt entfliehen  / ßo muͤssen wir auch viel andern dingen vnterligen̄  / wie wir yn Christo vn̄ seynen heyligen sehen  / Denn diß ist ein geystliche hirschafft  / die do regiert  / yn der leyplichen vnterdruckung  / das ist  / ich kann mich on231 allen dingen bessern nach der seelen232   / das233 auch der todt vnd leyden  / muͤssen mir dienen vnd nuͤtzlich seyn zur seligkeyt  / das ist gar ein hohe ehrliche wirdickeit vnd eyn recht almechtige hirschafft  / ein geystliche kuͤnigreych  / da keyn ding ist ßo gut  / ßo boͤße  / es muß mir dienen zu gut / ßo234 ich glaube  / vn̄ darff235 seyn doch nit  / sondern meyn glaub ist mir gnugsam.

Sihe wie ist das ein koͤstlich freyheyt vnd gewalt der Christen.

Czum sechtzehenden  / Vbir das236 seyn wir priester  / das ist noch vil mehr  / denn kuͤnig sein  / darumb  / das das priesterthum vns wirdig macht fur gott zu tretten vnd fur andere zu bitten  / Denn fur gottis augen zu stehn vnd bitten  / gepuͤrt237 niemāt denn den priestern. Alßo hatt vns Christ9 erworben  / das wir muͤgen geystlich  / fur ein ander tretten vn̄238 bitten  / wie ein priester fur das volck leyplich tritt vnd bittet. Wer aber nit glaubt yn Christū dem239 dienet keyn ding zu gut  / ist ein knecht aller ding  / muß sich aller ding ergern. 240Datzu ist sein gepett nit angenehm  / kumpt auch nit fur gottis augen  / Wer mag nu außdencken  / die ehre vnd hoͤhe eyniß Christen menschen? durch seyn kuͤnigreych ist er aller ding mechtig241   / durch sein priesterthū ist er gottis mechtig  / denn gott thut was er bittet vnd wil  / wie do stet geschrieben im Psalter. Gott thut den willen der  / die yhn furchten  / vnd erhoͤret  / yhr gepett  / zu wilchen ehren er nur allein durch den glauben vndb3r durch keyn werck kumpt. Darauß clar sihet  / wie eyn Christen mensch frey ist von allen dingen vnd vbir alle ding  / alßo das er keyner gutter werck  / datzu bedarff  / das er frum vnd seligk sey242   / sondern der glaub bringts ym alles vber flußsig243. Vnd wo er ßo toͤricht were vnd meynet  / durch ein gutt werck  / frum  / frey  / selig odder Christen werden  / ßo244 vorluͤr245 er den glauben mit allen dingen  / Gleych als  / d ͛246 hund  / der ein stuck fleysch ym mund trug vnd nach dem schemen ym wasser schnapt  / damit  / fleysch vnd schem vorloͤr.

247 Czum siebentzenden fragistu  / Was ist den fur ein vnterscheydt  / zwischen den priestern vnd leyen248 ynn der Christenheyt  / ßo249 sie alle priester seyn? Antwort  / Es ist dem wortlin250 priester  / pfaff  / geystlich vnd des gleychen vnrecht geschehen  / das sie von dem gemeynen hauffen seyn getzogen  / auff den kleynen hauffen  / den man itzt nennet geystlichen stand. Die heylige schrifft  / gibt keynen andern vnterscheyd251   / denn das sie  / die gelereten odder geweyhetē  / nēnet ministros  / seruos  / oeconomos  / das ist  / diener  / knecht  / schaffner252   / die do sollen  / den andern  / Christū  / glauben  / vnd Christliche freyheit predigen  / Denn ob wir wol253 alle gleych priester seyn  / ßo kunden wir doch nit alle dienen odder schaffen vnd predigen. Alßo sagt S. Paulus 1. Cor. 4. Wir wollen nichts mehr von den leuthen gehalten seyn254   / denn Christ9 diener255   / vnd schaffner des Euangelij. Aber nu ist aus der scheffnerey worden eyn solch weltlich  / eußerliche  / prechtige  / forchtsam hirschafft vnd gewalt  / das yhr die recht weltlich macht256   / ynn keynen weg mag gleychen  / gerad als weren die leyen etwas anders denn Christenleuth  / damit hyngenummen257 ist der gantz vorstand258 Christlicher gnad  / freyheit  / glaubens  / vnd allis was wir von Christo haben̄  / vnd Christ9 selbs  / haben dafur vbirkūmen  / viel menschen gesetz vnd werck259   / seyn gantz knecht wordenn  / der aller vntuͤchtigsten leuth260 auff erden.

Czum achttzehenden  / Auß dem allen lernen wir  / das es nit gnug sey gepredigt  / Wen man Christus leben vnd werck oben hynn vnd nur als ein histori vnd Cronicken geschicht predigt  / schweyg denn261   / ßo man seyn262 gar schweygt  / vnd das geystlich recht oder ander menschen gesetz vn̄ lere predigt. Er263 ist auch vill / die Christū alßo predigen  / vnd leßen  / das sie ein mit leydenb3v vbir yhn habenn  / mit den Juden zurnn̄264 odder sonst mehr kyndisch weyß  / drynnen vben. Aber er soll vnd muß alßo predigt265 sein  / dz mir vn̄ dir  / der glaub drauß erwachß vn̄ erhalten werd. Wilcher glaub da durch erwechst vnd erhalten wirt. Wen266 mir gesagt wirt. Warumb267 Christus kūmen268 sey  / wie man sein269 brauchen vnd nießen soll  / was er mir bracht vnd geben270 hat  / das geschicht271   / wo man recht außlegt  / die Christlich freyheit  / die wir von yhm haben  / vnd wie wir kuͤnig vnd priester seyn  / aller ding mechtig. Vnd272 allis was wir thun  / das fur gottis augen angenehm  / vnd erhoͤret273 sey  / wie ich biß her gesagt hab.

Dan̄274 wo ein hertz alßo Christū hoͤret  / das muß froͤlich werden von gantzem grund  / trost empfahen275   / vnd suͤß werden gegen Christo  / yhn widderumb lieb zuhaben. Dahyn es nymmer mehr mit gesetzē odder werck kummen mag  / Denn̄ wer wil eynem solchen hertzen schaden thun  / oder erschreckenn? felt276 die sund vnd der todt daher277   / ßo glaubt es Christ9 frumkeit sey sein278   / vnd sein sund sein279 nymmer sein  / sondern Christi  / ßo muß die sund vorschwinden  / fur Christus frumkeit  / ynn dem glauben  / wie droben gesagt ist  / vnd lernet  / mit dem Apostell dem todt vnd sund trotz bieten  / vn̄ sagen Wo ist nu du todt280 deyn sig? Wo ist nu todt dein spieß? deyn spieß  / ist die sund. Aber gott sey lob vnd danck  / der vns hatt geben den sieg  / durch Ihesum Christū vnsern herrn̄. Vnd der todt ist erseufft ynn seynem sieg 2c. 281

Czum neuntzehenden  / Das sey nu gnug gesagt  / von dem ynnerlichen menschen  / von seyner freyheit  / vnd der heubt282 gerechtickeit  / wilch keynis gesetzs noch gutten wercks bedarff  / ya yhr283 schedlich ist  / so284 yemant da durch wolt rechtfertig zu werdē sich vormessenn. Nu kummen wir auffs ander teyll  / auff den eußerlichen menschen Hie wollen wir antworten allen denen  / die sich ergern auß den vorigen reden vn̄ pflegen zusprechen Ey so denn285 der glaub alle ding ist vnd gilt allein gnugsam frum zumachen. Warūb sein denn die gutten werck gepotten? so wollen wir gutter ding sein  / vnd nichts thun. Neyn lieber mensch nicht also. Es wer286 wol  / also  / wen du allein ein ynnerlich mensch werist  / vnd gantz geystlich vnd ynnerlich worden287   / wilchs nit geschicht biß am Juͤngsten tag. Es ist vn̄ bleybt auff erdē nur ein anheben vn̄ zu nehmen288   / wilchs wirt in yhener welt289 volnb4rbracht. Daher heyssets der Apostell primitias spirit9  / das sein die ersten fruͤcht des geysts  / drumb gehoͤrt hie her  / das290 droben gesagt ist Ein Christen mensch  / ist ein dienstpar knecht  / vn̄ ydermā vnterthan  / gleych291   / wo er frey ist  / darff292 er nichts thun  / wo er knecht ist  / muß er allerley thun. Wie dz zugahe293   / wollen wir sehē.

Czum zwentzigsten  / Ob wol der mensch ynwendig nach der seelen  / durch den glauben gnugsam rechtfertig ist  / vnd alles hatt was er haben soll  / on das294 der selb glaub vn̄ gnugde  / muß ymer zunehmen  / biß ynn yhenes leben. So295 bleybt er doch noch ynn dißem leyplichen lebenn auff erdenn  / vnd muß seynen eygen leyp regiern vnd mit leuthen vmbgahen. Da heben sich nu die werck an  / hie muß er nit muͤßsig gehn  / da muß furwar der leyb mit fasten  / wachen  / erbeytten vnd mit aller messiger296 zucht getrieben  / vn̄ geuͤbt sein  / das er dem297 ynnerlichen menschen vn̄ dem glauben gehorsam vnd gleychformig werde  / nit hyndere noch widderstreb  / wie sein art ist  / wo er nit getzwungen wirt  / den̄ der ynnerliche mensch ist mit gott eyniß298   / froͤlich vnd lustig  / vmb Christus willen  / der yhm ßovil than hat  / vn̄ stett299 alle seyn lußt darynn  / das er widderumb mocht gott auch vmbsonst dienen ynn freyer lieb  / ßo300 findt er ynn seynem fleysch eynen widerspenstigen willen  / der wil der welt dienen vn̄ suchen was yhn lustet301 Das mag der glaub nit leyden  / vnd legt sich mit lußt  / an seynen halß yhn zu dempfen vn̄ weren. 302Wie S. Pauel sagt Ro. 7. Ich hab ein lust  / yn gottis willen nach meynem ynnern̄ menschen̄  / ßo find ich eynen andernn willen ynn meynem fleysch  / der wil mich mit sunden gefangē nehmen. Item ich zuchtige meynen leyp vn̄ treib yhn zu gehorsam  / auff das ich nit selbs vorwerfflich werde  / der303 die andern leren soll. Item Gal. 5. Alle die Christū angehoͤren  / creutzigen yhr fleysch mit seynen boͤßen luͤsten.

Czū eyn vnd zwentzigsten  / Aber die selben werck muͤssen304 nit geschehn ynn der meynung  / das da durch der mensch frum werd fur gott  / den̄ die falsch meynung kan der glaub nit leydē  / der alleyn ist vn̄ sein muß die frumkeyt fur gott  / sondern̄ nur yn der meynung  / das der leyp gehorsam werde  / vnd gereynigt von seynen bosen luͤsten  / vn̄ dz aug nur sehe  / auff die bosen luͤsten  / sie auß zu treyben  / Den̄ die weyl die seel durch den glauben reyn ist  / vn̄ gott liebet  / wolt sie gern das auch also305 alle ding reyn werenb4v zuuor306 yhr eygen leyp  / vnd yderman gott  / mit yhr liebt vnd lobt  / So geschichts  / das d ͛ mensch seyns eygen leyps halben nit kan muͤßsig gehen  / vn̄ muß vil gutter werck drober vben  / das er yhn zwinge  / vnd doch die werck nit das rechte gutt seyn  / dauon er frum vnd gerecht sey fur gott  / ßondern thue307 sie auß freyer lieb vmbsonst  / got zu gefallen  / nichts darynn anders gesucht noch angesehen  / denn das es gott also gefellet  / wilchs willen308 er gerne thet309 auffs allerbeste. Darauß denn310 ein yglicher kan selbs nehmen311 die maß vnd bescheydenheit den leyp zu Casteyen  / Denn  / er fastet  / wachet  / erbeyt  / ßoviell er sicht312 dem leyp nott seyn  / seynen muttwillen zu dempffen. 313

Die andern aber  / die do meynen mit wercken frum zu werden  / haben keyn acht auff die casteyung  / sondern sehen nur auff die werck  / vnd meynen  / wenn sie der selben nur viel vnd groß thun  / ßo sey es wol than vnd sie frum wuͤrden  / zu weyllen zu brechen die koͤpff vnd vorterben yhr leybe druͤber  / das ist ein große torheyt  / vn̄ vnuorstand314 Christlichs lebens vnd glaubens  / das sie on glauben  / durch werck frum vnd selig werden wollen. 315

Czum zwey vnd zwentzigsten  / Das wir des316 etlich gleychniß geben. Soll man die werck eynis Christen menschen der durch seynen glaubē  / vn̄ auß lautern gnaden gottis  / vmbsonst ist rechtfertig vnd selig worden  / nit anders achten  / den wie die werck Adam vnd Eue ym paradiß geweßen weren  / Dauon Gen. 2. stett geschrieben. Das gott den geschaffenen menschen  / setzt ynß paradiß  / das er dasselb erbeytten vnd hutten solt. 317Nu war Adam von gott frum vnd wol geschaffen  / on sund  / das318 er durch seyn erbeytten vnd hutten nit durfft319 frum vn̄ rechtfertig werden  / doch das er nit muͤssig gieng  / gab yhm gott zu schaffen  / das paradeys zu pflantzen  / bawen vnd bewarenn. Wilchs weren eytell frey werck geweßen  / vmb keynß dings willen gethan  / denn320 allein gott zu gefallen  / vnd nit vmb frumkeyt zu erlangen  / die er zuuor hett  / wilch vns auch allen naturlich were angeborn geweßenn. Alßo auch eynis glaubigen menschen werck  / wilcher durch seynen glauben ist widderumb ynß paradiß gesetzt  / vnd von newen geschaffen  / darff keyner werck frum zu werden  / sondern das er nit muͤssig gahe vnd seynen leyb erbeytt321 vnd beware  / seyn yhm solche freye werck zu thun alleyn gott zu gefallenn̄ befolhen. c1rItem gleych wie eyn geweyheter Bischoff  / wen der322 kirchen weyhet  / fermelt323 od ͛ sonst seynis ampts werck vbet  / ßo machen yhn die selben werck nit zu eynem bischoff  / Ja wenn er nit zuuor ein Bischoff geweyhet were  / ßo tuͤchte der selben werck keyniß324 vnd were eytell narrn̄ werck. Alßo eyn Christen  / der durch den glauben geweyhet  / gutte werck thut  / wirt durch die selben nit besser oder mehr geweyhet (wilch nit denn325 des glauben mehrung thut) zu eynem Christen  / Ja wenn er nit zuuor glaubet326 vn̄ Christen were  / ßo guͤlten327 alle seyne werck nichts  / sondern weren  / eytell nerrisch  / strefflich vordamplich sund.

Czū drey vnd zwentzigsten  / Drumb seyn die zween spruͤch war. Gutte frum werck machen nymmer mehr ein guten frumen man  / sondern eyn gutt frum man  / macht gutte frum werck Boͤße werck machen nymmer mehr eynen boͤßen man  / sondern ein boͤßer man macht boͤße werck  / alßo  / das allweg328   / die person zuuor muß gut vn̄ frum sein vor allen gutten wercken  / vn̄ gutte werck folgen vnd außgahn  / von der frumen gutten person. Gleych wie Christus sagt. Ein boͤßer bawm tregt keyn gutte frucht. Ein gutter bawm tregt keynn boße frucht. Nu ists offenbar  / das die frucht tragen nit den bawm  / ßo wachßen auch die bawm nit auff den fruchten  / sondern widerumb  / die bawm tragen die frucht  / vnd die frucht wachßen auff den bawmen. Wie nu die bawm mussen ehe329 seyn  / den330 die frucht  / vnd die frucht machen nit die bawm wid ͛ gutte noch boͤse  / sondern die bawm machen die fruͤchte. Alßo muß der mensch ynn der person zuuor frum oder boͤße seyn  / ehe er gutte oder boͤße werck thut  / Vnd seyne werck machen yhn nit gutt odder boͤße  / sondern er macht gutt odder boͤße werck. Des gleychen sehen wir ynn allen handwercken. Ein gutt oder boͤße hauß macht keynen gutten oder boͤßen zymmerman  / sondern ein gutter oder boßer tzymmermā  / macht ein boͤß oder gutt hauß  / keyn werck macht eynenn meyster  / darnach das werck ist  / sondern wie d ͛ meyster ist  / darnach ist sein werck auch. Alßo seyn die werck des menschen auch  / wie es mit yhm stett ym glauben od ͛ vnglauben  / darnach seind seyne werck gutt oder boͤße. Vnd nit widerūb  / wie seyne werck stehn darnach sey er frum odder glaubig  / die werck  / gleych wie sie nit glaubig machen  / ßo machen sie auch nit frum. c1vAber der glaub gleych wie er frum macht  / ßo macht er auch gutte werck. So dan̄ die werck niemant frum machen  / vnd der mensch zuuor muß frum sein  / ehe er wirckt331   / so ists offenbar  / das allein der glaub auß lauttern gnaden  / durch Christū vnd seyn wort  / die person gnugsam frum vnd selig machet. 332Vnd das keyn werck  / keyn gepott  / eynem Christen nott333 sey zur seligkeit  / sondern er frey ist von allen gepotten  / vn̄ auß lauterer freyheit  / vmb sonst thut  / alls was er thut  / nichts damit gesucht334 seyneß nutzs oder selickeyt  / Denn er schon satt vnd selig ist  / durch seynenn glaubenn  / vnd gottis gnaden  / sondernn̄ nur gott darynnen gefallen.

Czum .xxiiij. 335Widderumb dem  / der on glauben ist  / ist kein gutt werck furderlich336 zur frumkeyt vnd seligkeit  / Widderumb keyn boße werck yhn boße vnd vordampt machen  / sondern̄ der vnglaub  / der die person vnd den bawm boͤß macht der337 thutt boße vnd vordampte werck. Darumb wen man frum odder boße wirt  / hebet sichs nit an den wercken an338   / sondern an dem glauben  / Wie der Weyße man sagt. Anfang aller sund  / ist von gotte weychen vnd yhm nit trawen. Also leret auch Christ9  / wie man nit an den wercken muß anheben vn̄ sagt Entweder macht den bawm gutt vnd seyne fruchte gutt  / oder macht den bawm bose  / vnd seyne fruͤchte boͤße  / als solt339 er sagen  / wer gutte fruͤcht haben wil  / muß zuuor an dem bawm anheben  / vnd den selben gutt setzen. Alßo wer do wil gutte werck thun  / muß nit an den wercken an heben  / sondern an der person  / die die werck thun soll. Die person aber macht niemant gut  / denn340 allein der glaub  / vnd niemand macht sie boße denn allein der vnglaub. Das ist wol war  / die werck machen eynen frum odder boße fur den menschen  / das ist  / sie zeygen eußerlich an  / wer frum od ͛ bose sey. Wie Christus sagt. Matt. 7. Auß yhren fruͤchten sollet yhr sie erkennen. Aber das ist alles  / ym scheyn vnd eußerlich. Wilchs an sehenn341 yrre macht viel leuth  / die do schreyben vnd leren  / wie man gutte werck thun soll vnd frum werdenn. ßo sie doch342   / des glaubens nymmer gedenckenn  / gahn dahynn  / vnd furet ymmer ein blind den andern̄  / martern̄343 sich mit vielen wercken vnd kūmen doch nymmer zu der rechten frumkeit  / von wilchen Sanct Pauel sagt. 2. Timo. 3. Sie haben eynen scheyn der frumkeyt  /c2r aber der grund ist nit da  / gehn hynn vnd lernen ym̄er vn̄ ymmer vnd kummen doch nymmer zur erkentniß der waren frumkeit. Wer nu mit den selben blinden nit wil yrren  / muß weytter sehen  / den ynn die werck  / gepott  / odder lere der werck344. Er muß ynn die person sehen fur allen dingen  / wie die frum werd. Die wirt aber nit durch gepott vnd werck  / sondernn durch gottis wort (das ist  / durch seyne vorheyschung345 der gnadenn) vnd den glaubenn  / frum vnd selig  / auff das346 bestehe seyn gottliche ehre  / das er vns nit durch vnser werck  / sondern durch seyn gnedigs wort vmbsonst vnd lauter barmhertzickeit347 selig mache.

Czū .xxv. Auß dißem allen ist leychtlich zuuorstehen  / wie gutte werck zu vorwerffen vn̄ nit zuuorwerffen seyn. Vnd wie man alle lere vorstahn348 soll  / die do gutte werck leren  / dann349 wo der falsch anhang350   / vn̄ die vorkerete meynūg dryn ist  / das durch die werck  / wir frum vnd selig werden wollen  / seyn sie schon nit gutt  / vnd gantz vordamlich  / den̄ sie seyn nit frey  / vnd schmehen351 die gnad gottis  / die allein durch den glauben frum vnd seligk macht  / wilchs die werck nit vormuͤgen  / vn̄ nehmē es yhn352 doch fur353 zu thun  / vnd damit der gnaden  / ynn yhr werck vnd ehre greyffenn. 354Drumb vorwerffen wir die gutte werck  / nit vmb yhren willen  / ßondernn  / vmb des selben boßen zusatzs vnd falscher vorkerter meynung willen. Wilche macht  / das sie nur gutt scheynen  / vnd seyn doch nit gutt  / betriegen355 sich vnd yderman damit  / gleych wie die reyssend wolff  / ynn schaffs kleydernn̄. 356Aber der selb boße zusatz vnd vorkerete meynung  / ynn den werckenn  / ist vnuͤbirwindlich  / wo der glaub nit ist. Er muß sein  / ynn dem selben wirckheyligenn  / biß der glaub kum vnd vorstoͤre yhn  / die natur vormag yhn  / von yhr selb nit auß treybenn̄. 357Ja auch nit erkennen  / sondernn sie helt yhn fur eyn koͤstlich  / selig dingk  / drumb werden yhr auch ßo viel da durch vorfuret. 358Derhalben  / obs woll359 gutt ist  / von rewen  / beychten  / gnugthun360   / schreyben vnd predigenn  / ßo361 man aber nit weytter feret362 biß zum glauben363   / sein es gewißlich  / eitel teuffelische  / vorfurische lere. muß nit eynerley allein p̄digen  / sondern̄ alle beyde364 wort gottis  / Die gepot  / sol predigen  / die sunder zurschrecken̄365 vn̄ yhr sund zu offenbarnn  / das366 sie rewe haben vnd sich bekeren. Aber da soll es nit bleyben  / muß  / das ander wort  / Die zusagūg der gnac2vden  / auch predigen  / den glauben zu leren  / on wilchenn die gepott rew vnd allis ander vorgebenß geschicht. Es sein wol noch blieben367 prediger  / die rew der sund vn̄ gnad p̄digen  / aber sie streychen die gepott vnd zusagung gottis nit auß368   / das lere369   / woher vnd wie die rew  / vnd gnad kumme. Denn die rew  / fleust370 auß den gepotten  / der glaub  / auß den zusagung gottis  / vnd alßo wirt d ͛ mensch  / durch den glauben gotlicher wort gerechtfertiget vnd erhaben  / der durch die furcht gottis gepottis gedemuͤtiget vnd ynn seyn erkentniß kummen ist.

Czum .xxvi. Das sey von den wercken gesagt ynn gemeyn371 vnd die ein Christen mensch gegen seynem eygen leybe uͤben sol. Nu wollen wir von mehr wercken sagen  / die er gegen andere menschen thut. Denn der mensch lebt nit allein  / ynn seynem leybe  / sondern auch vnter andernn menschen auff erdenn̄. Darumb kan er nit on werck sein gegen die selbenn  / er muß yhe mit yhn372 zu reden vnd zu schaffen habenn̄  / wie wol yhm der selben werck keyns nodt373 ist zur frumkeit vnd seligkeyt. Drumb soll seyne meynung ynn allen werckenn frey vnd nur dahynn gericht seyn  / das er andern̄ leutten damit diene vnd nuͤtz sey374. Nichts anders yhm furbilde375   / denn was den̄ andern̄ nott ist  / das heyssit denn ein warhafftig Christen leben  / vnd da geht der glaub mit lust vnd lieb ynß werck  / als S. Paulus leret die Galatas. Denn zu den Philippen̄  / do376 er sie geleret hatte  / wie sie alle gnad vnd gnugde hettenn durch yhren glauben yn Christo  / leret er sie weytter vnd sagt. Ich vorman377 euch allis trosts  / den yhr ynn Christo habt  / vnd allis trosts  / den yhr habt von vnßer liebe zu euch  / vn̄ aller gemeinschafft  / die yhr habt mit allen geystlichen frumen Christen  / yhr wolt meyn hertz erfrewen volkoͤmlich  / vn̄ das damit  / das yhr hynfurt  / wollet eyniß synnes seyn  / eyner gegen dem andern̄ lieb ertzeygen  / eyner dem andern̄ dienen  / vnd ein yglicher acht haben  / nit auff sich noch auff das seyne  / sondern̄ auff den andern̄  / vnd was dem selben nott sey. Sihe da hat Paul9 klerlich  / ein Christenlich leben dahynn gestellet  / das alle werck sollen gericht378 seyn  / dem nehsten zu gutt  / Die weyl ein yglicher fur sich selb gnug hatt an seynen glauben  / vnd alle andere werck vn̄ leben yhm vbrig seyn  / seynem nehstē damit auß freyer lieb zu dienen  / Dartzu furet er ein  / Christū zu eynem exempell379 vndc3r sagt: Seyt also gesynnet  / wie yhrs380 seht yn Christo. Wilcher ob er wol voll gottlicher form ware vnd fur sich selb gnug hatte  / vnd yhm sein leben  / wircken vnd leydenn nicht nott ware  / das er da mit frum odder seligk wurd. 381Dennoch hatt er sich des alles geeußert  / vnd geperdet382 wie ein knecht  / allerley gethan vnd gelidenn383   / nichts angesehen  / denn384 vnßer beßtis  / vn̄ alßo ob er wol frey ware  / doch vmb vnßer willenn ein knecht wordenn. 385

Czum .xxvij. Alßo soll ein Christen mensch  / wie Christus seyn heubt386   / voll vnd satt  / yhm auch benugen lassen an387 seynem glaubenn  / den selben ymer mehrenn  / wilcher seyn leben  / frumkeit vnd seligkeyt ist  / der yhm gibt allis was Christ9 vnd gott hat  / wie droben gesagt ist. Vnd S. Paul Gal. 2. spricht  / Was ich noch ynn dem corper lebe  / das lebe ich ynn dem glauben Christi gottis sohn. Vnd ob er nu gantz frey ist388   / sich widderūb williglich eynē diener machen389 seynem nehsten zu helffenn  / mit yhm faren390   / vnd handeln  / wie gott mit yhm durch Christū handlet391 hatt  / vnd das allis vmbsonst  / nichts darynnen suchen denn gottliches wolgefallenn392   / vnd alßo denckenn. Wolan meyn gott hatt mir vnwirdigen vordampten menschen393   / on alle vordienst  / lauterlich vmbsonst vn̄ auß eytel barmhertzickeit394 geben̄  / durch vnd ynn Christo  / vollen reychtumb aller frumkeit vnd selickeit  / das ich hynfurt395   / nichts mehr bedarff  / denn glauben es sey also. Ey so will ich solchem vatter396 der mich mit seynen vberschwenglichen guttern̄ alßo vbirschuttet hatt  / widerumb  / frey  / froͤlich vnd vmbsonst thun was yhm wolgefellet  / Vnnd gegen meynem nehsten auch werden ein Christen  / wie Christus mir worden ist  / vnd nichts mehr thun  / denn was ich nur sehe  / yhm nott  / nuͤtzlich vnd seliglich sey397   / die weyl ich doch  / durch meynenn glauben  / allis dings yn Christo gnug habe. Sih also fleusset398 auß dem glauben die lieb vn̄ lust zu gott  / vnd auß der lieb  / ein frey  / willig  / frolich leben̄ dem nehsten zu dienē vmbsonst. Denn zu gleych wie vnser nehst nott leydet  / vnd vnßers vbrigenn bedarff399   / alßo haben wir fur gott nott geliden vnd seyner gnaden bedurfft. Darumb wie vns gott hatt durch Christum vmbsonst geholffen  / alßo sollen wir  / durch den leyp  / vnd seyne werck  / nit anders den dem nehsten helffen. Also sehen wir wie eyn hoch edliß leben sey vmb400 ein Christlich leben  / dasc3v leyder nu ynn aller welt  / nit allein nyderligt  / sondernn auch nit mehr bekandt ist noch gepredigt wirt.

Czum .xxviij. Alßo leßen wir Luce. 2. Das die Junpfraw Maria zur kirchen gieng nach den sechs wochen vnd ließ sich reynigen nach dem gesetz  / wie alle ander weyber  / ßo sie doch nit gleych mit yhn vnreyn war  / noch schuldig d ͛ selben reynigung  / bedurfft yhr401 auch nit. Aber sie thetts402 auß freyer lieb  / das sie die andere weyber nit vorachtet403   / sondernn mit dem hauffen404 bliebe. Alßo ließ S. Pauel  / S. Timotheū beschneytten  / nit das es nott were  / sondern̄ das405 er den schwachglaubigen Juden nit vrsach gebe  / zu bosen gedancken̄  / der doch widderumb Titū nit wollt lassen beschneyttē  / da drauff dringen wolt  / er must beschnitten seyn  / vnd were nott406 zur seligkeit. Vnd Christus Matt. 17. Da seynen Juͤngern ward die tzinß pfennig gefoddert407   / disputiert er mit S. Peter  / ob nit kuͤnigs kynder frey weren zynß zu geben. Vnd sanct Peter  / ja sagt. Hieß er yhn doch hynn gehen an dz mehr408 vnd sprach  / Auff409 das wir sie nit ergernn̄  / ßo gang hyn410   / den ersten fisch du fehist  / den nym vnd yn seynem maull wirstu finden eynen pfennig  / den gib fur mich vn̄ dich. Das ist ein feyn exempell  / zu dißer lere  / da Christus  / sich vnd die seynen freye kuͤnigs kinder nennett  / die keynis dings bedurffen  / vnd doch sich vnterlessit411 williglich / dienet vnd gibt den tzynß. Wie vill412 nu das werck  / Christo nott war vnd dienet413 hatt  / zu seyner frumkeit oder seligkeit  / so vil sein alle ander sein vnd seyner Christen werck yhn not zur seligkeit  / sondern sein allis frey dienste  / zu willen vn̄ besserung der andern. Also solten auch aller priester  / kloͤster vnd stifft414 werck gethā sein  / das ein yglicher seynis stands vn̄ ordens werck allein darūb thet  / den andern̄ zu wilfaren415 vn̄ seynen leib zu regieren  / den andern̄ exempell zu geben auch also416 zu thun  / die auch bedurffenn yhre leyb zu zwingenn  / doch altzeit  / fursehen das nit da durch frum vnd selig werden̄  / furgenommen werd. Wilchs allein des glaubens vormuͤgen ist. Auff die weyße gepeut417 auch S. Paul Ro. 13. vn̄ Tit. 3. Das sie sollen weltlicher gewalt vnterthā vn̄ bereyt sein  / nit das sie da durch frum werdē sollen  / sondern das sie den andern̄ vnd der vbirkeit418 da mit frey dieneten  / vnd yhren willen thetten auß lieb vn̄ freyheit. Wer nu dissen vorstand hette  / der kund leychtlich sich richtenn  / ynn diec4r vntzellichen gepotten vnd gesetzen des Babsts419   / der Bischoff  / der kloͤster  / der stifft  / der fursten vn̄ herrn̄  / die etlich tolle prelaten alßo treyben420   / als weren sie nott zur seligkeit  / vnd heyssen es  / gepott der kirchen  / wie wol vnrecht. Den̄ ein freyer Christen spricht alßo. Ich wil fasten  / betten  / ditz vnd das thun  / was gepotten ist  / nit dz ichs bedarff od ͛ da durch wolt frum oder selig werden  / sondern ich wils dem Babst  / Bischoff  / der gemeyn  / od ͛ meynem mit bruder  / herrn zu willen  / exempel vnd dienst thun vn̄ leyden̄  / gleych wie mir Christus viel groͤsser ding zu willen thā vnd geliden hatt  / des yhm vill weniger nott ware. Vnd ob schon die tyrannē vnrecht thun solchs zu foddern  / ßo schadets mir doch nit  / die weyl es nit widder gott ist.

Czum .xxix. Hierauß mag ein yglicher ein gewiß vrteyl vn̄ vnterscheydt nehmen  / vnter allen wercken vnd gepottenn  / auch wilchs421 blind tolle od ͛ recht synnige prelaten sein. Den̄ wilchs422 werck nit dahynauß gericht423 ist  / dem andern̄ zu dienen  / oder seynen willen zu leydenn  / ßo fern er nit zwing / wider gott zu thun424   / ßo ists nit ein gut Christlich werck. Daher kumpts  / das ich sorg425   / wenig stifft kirchen  / kloͤster  / altar  / meß  / testamēt  / Christlich seinn  / Datzu auch  / die fasten vnd gepett etlichen heyligen  / sonderlich gethan. Denn ich furcht  / das ynn den allen sampt ein yglicher nur das seyne sucht  / vormeynend426 damit sein sund zu buͤssen vnd seligk werden. Wilchs allis kūpt auß vnwissenheit des glaubens vn̄ Christlicher freyheit  / Vnd etlich blind p̄laten  / die leuth da hynn treyben̄ vnd solch weßen427 preyssen  / mit ablas schmucken vn̄ den glauben nym̄er mehr leren. Ich rate dir aber wiltu428 etwas stifften  / betten  / fasten  / so thu es nit der meynūg  / dz du wollist429 dir etwas guts thū  / sondern gibs dahin frey  / dz and ͛e leuth desselben genißen mugen vn̄ thu es yhn zu gut  / so bistu ein rechter Christē  / wz sollē dir dein guͤtter vn̄ gute werck die dir uͤbrig sein  / dein leyb zu regieren vn̄ vorsorgen  / so du gnug hast am glauben̄  / daryn dir gott alle ding geben hat. Sihe also mussen gottis gutter fliessen auß eynē  / yn den andern vn̄ gemeyn werdē. dz ein yglicher sich seynis nehstē also annehm  / als were erß430 selb Auß Chrō fliessen sie yn vns  / d ͛ sich vnser hatt angenōmen ynn seynē leben̄  / als were er dz gewesen  / dz wir sein. 431Auß vns sollen sie fliessen  / yn die  / so yr bedurffen. 432Auch so gar  / dz ich muß auchc4v meynenn glaubenn vnd gerechtickeyt  / fur meynenn nehsten setzen fur gott  / seyne sund zu decken  / auff mich nehmen vnd nit anders thun  / denn als weren sie meyn eygen  / eben wie Christ9 vns allen than hatt. Sich433 das ist die natur der liebe  / wo sie warhafftig ist  / Da ist sie aber warhafftig  / wo der glaub warhafftig ist. Darumb gibt der heylig Apostell  / der lieb zu eygen434 1. Cor. 13. Das sie nit sucht das yhre  / sondern  / was des nehsten ist.

Czum .xxx. Aus dem allenn folget der beschluß  / das eyn Christen mensch lebt nit ynn yhm selb  / sondern ynn Christo vn̄ seynem nehstenn  / ynn Christo durch den glauben  / ym nehsten  / durch die liebe  / durch den glauben feret435 er vber sich yn gott  / auß gott feret er widder vnter sich durch die liebe  / vnd bleybt doch ymmer ynn gott vn̄ gottlicher liebe  / Gleych wie Christus sagt Johan. 1. Ihr werdet noch sehen den hymell offen stehn  / vn̄ die Engell auff vnd absteygenn vbir den Sun des menschenn. 436Sihe das ist  / die rechte  / geystliche  / Christliche freyheyt  / die das hertz frey macht  / von allen sundenn  / gesetzen  / vnd gepotten  / wilch alle andere freyheyt vbirtrifft  / wie der hymell die erdenn̄  / Wilch geb vns gott recht zuuorstehen vnd behaltenn  /

AMEN.
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About this transcription

TextVon der Freiheit eines Christenmenschen : a digital edition
AuthorLuther, Martin, 1483-1546; Cranach, Lucas, 1472-1553, wood-engraver.
Extent 20 pages of text. Note: complete
ResponsibilityHenrike Lähnemann: Series Editor (Treasures of the Taylorian. Series 1: Reformation Pamphlets), Editor, Translator (Von der Freiheit), Author (Preface, Chapter 3: How to Read Reformation Pamphlets) Howard Jones: Editor, Translator (Von der Freiheit), Author (Chapter 4: The German and Latin Versions) Emma Huber: Typesetter, Digital Editor, Cover Design, Author (Preface) Dennis Clemens: Author (Chapter 1: Historical and Philosophical Background) Hannah Clemens: Author (Chapter 1: Historical and Philosophical Background) Maximilian Krümpelmann: Author (Chapter 2: The History of the Taylorian Copies) Anna Linton: Translator (Von der Freiheit) Sharon Baker: Translator (Von der Freiheit) Julia Bouquet: XML editor Kiara Hart: XML editor
EditionTaylor edition
SeriesTaylor Editions: Reformation
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About the source text

Bibliographic informationVon der Freyheyt eynisz Christen Menschen Luther, Martin, 1483-1546; Cranach, Lucas, 1472-1553, wood-engraver. [Johann Rhau-Grunenberg,] Vuittembergae :Anno Domini 1520.
Languageger

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Publication information

Publisher
  • Taylor Institution Library, one of the Bodleian Libraries of the University of Oxford,
Imprint 2020.
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