, am Hof eines deutſchen Fuͤr - ſten.
, ſein Sohn, Major.
, Favoritin des Praͤſidenten.
, Hausſekretair des Praͤſidenten.
, Stadtmuſikant, oder wie man ſie an eini - gen Orten nennt, Kunſtpfeifer.
, deſſen Tochter.
, Kammerjungfer der Lady.
Einmal fuͤr allemal. Der Handel wird ernſt - haft. Meine Tochter kommt mit dem Baron ins Geſchrei. Mein Haus wird verrufen. Der Praͤ - ſident bekommt Wind, und — kurz und gut, ich biete dem Junker aus.
Du haſt ihn nicht in dein Haus ge - ſchwazt — haſt ihm deine Tochter nicht nachge - worfen.
Hab ihn nicht in mein Haus geſchwazt — hab ihm's Maͤdel nicht nachgeworfen; wer nimmt Notiz davon? — Ich war Herr im Haus. Ich haͤtt meine Tochter mehr koram nehmen ſollen. Ich haͤtt dem Major beſſer auftrumpfen ſollen — oder haͤtt gleich alles Seiner Exzellenz dem Herrn Papa ſteken ſollen. Der junge Baron bringts mit einem Wiſcher hinaus, das muß ich wiſſen, und alles Wetter kommt uͤber den Geiger.
Poſſen! Ge - ſchwaͤz! Was kann uͤber dich kommen? Wer kann dir was anhaben? Du gehſt deiner Profeßion nach, und rafſt Scholaren zuſammen, wo ſie zu kriegen ſind.
Aber, ſag mir doch, was wird bei dem ganzen Kommerz auch herauskommen? — Nehmen kann er das Maͤdel nicht — Vom Nehmen iſt gar die Rede nicht, und zu einer daß Gott erbarm? — Guten Morgen! — Gelt, wenn ſo ein Musje von, ſich da und dort, und dort und hier ſchon herum - beholfen hat, wenn er, der Henker weiß was als? geloͤß't hat, ſchmekts meinem guten Schluker freilich, einmal auf ſuͤß Waſſer zu graben. Gib du acht! gib du acht! und wenn du aus jedem Aſtloch ein Auge ſtrek - teſt, und vor jedem Blutstropfen Schildwache ſtaͤn - deſt, er wird ſie, dir auf der Naſe, beſchwazen, dem Maͤdel eins hinſezen, und fuͤhrt ſich ab, und das Maͤdel iſt verſchimpfiert auf ihr Lebenlang, bleibtſizen,3ſizen, oder hat's Handwerk verſchmekt, treibts fort.
Jeſus Chriſtus!
Gott behuͤt uns in Gnaden!
Es hat ſich zu behuͤten. Worauf kann ſo ein Windfuß wohl ſonſt ſein Abſehen richten? — Das Maͤdel iſt ſchoͤn — ſchlank — fuͤhrt ſeinen net - ten Fus. Unter'm Dach mags ausſehen, wie's will. Daruͤber kukt man bei euch Weibsleuten weg, wenn's nur der liebe Gott par Terre nicht hat fehlen laſſen — Stoͤbert mein Springinsfeld erſt noch dieſes Ka - pitel aus — heh da! geht ihm ein Licht auf, wie meinem Rodney, wenn er die Witterung eines Fran - zoſen kriegt, und nun muͤſſen alle Segel dran, und drauf los, und — ich verdenks ihm gar nicht. Menſch iſt Menſch. Das muß ich wiſſen.
Solteſt nur die wunderhuͤbſche Billeter auch leſen, die der gnaͤdige Herr an deine Tochter als ſchreiben thut. Guter Gott! Da ſieht man's ja ſonnenklar, wie es ihm pur um ihre ſchoͤne Seele zu thun iſt.
Das iſt die rechte Hoͤhe. Auf den Sak ſchlagt man; den Eſel meynt man. Wer einen Gruß an das liebe Fleiſch zu beſtellen hat, darf nur das gute Herz Boten gehen laſſen. Wie hab ich's ge - macht? Hat man's nur erſt ſo weit im Reinen, daß die Gemuͤther topp machen, wutſch! nehmen die Koͤrper ein Exempel; das Geſind machts der Herr -A 2ſchaft4ſchaft nach und der ſilberne Mond iſt am End nur der Kuppler geweſen.
Sieh doch nur erſt die praͤchtigen Buͤcher an, die der Herr Major ins Haus geſchaft haben. Deine Tochter betet auch immer draus.
Hui da! Betet! Du haſt den Wiz davon. Die rohe Kraftbruͤhen der Natur ſind Ihro Gnaden zartem Makronenmagen noch zu hart. — Er muß ſie erſt in der hoͤlliſchen Peſtilenzkuͤche der Bellatriſten kuͤnſtlich aufkochen laſſen. Ins Feuer mit dem Quark. Da ſaugt mir das Maͤdel — weiß Gott was als fuͤr? — uͤberhimmliſche Alfanze - reien ein, das laͤuft dann wie ſpaniſche Muken ins Blut und wirft mir die Handvoll Chriſtentum noch gar auseinander, die der Vater mit knapper Noth ſo ſo noch zuſammen hielt. Ins Feuer ſag ich. Das Maͤdel ſezt ſich alles Teufels Gezeug in den Kopf; uͤber all dem Herumſchwaͤnzen in der Schlaraffen - welt findet's zulezt ſeine Heimat nicht mehr, vergißt, ſchaͤmt ſich, daß ſein Vater Miller der Geiger iſt, und verſchlaͤgt mir am End einen wakern ehrbaren Schwiegerſohn, der ſich ſo warm in meine Kundſchaft hineingeſezt haͤtte — — Nein! Gott verdamm mich
Gleich muß die Paſtete auf den Heerd, und dem Major — ja ja dem Major will ich weiſen, wo Meiſter Zimmermann das Loch ge - macht hat.
Sei artig Miller. Wie manchen ſchoͤ - nen Groſchen haben uns nur die Praͤſenter — —
Das Blutgeld meiner Tochter? — Schier dich zum Satan infame Kupplerin! — Eh will ich mit mei - ner Geig 'auf den Bettel herumziehen, und das Kon - zert um was Warmes geben — eh will ich mein Vio - lonzello zerſchlagen, und Miſt im Sonanzboden fuͤhren, eh ich mirs ſchmeken laß von dem Geld, das mein einziges Kind mit Seel und Seeligkeit ab - verdient. — Stell den vermaledeyten Kaffe ein, und das Tobakſchnupfen, ſo brauchſt du deiner Toch - ter Geſicht nicht zu Markt zu treiben. Ich hab mich ſatt gefreſſen, und immer ein gutes Hemd auf dem Leib gehabt, eh ſo ein vertrakter Tauſend Sa Sa in meine Stube geſchmekt hat.
Nur nicht gleich mit der Thuͤr ins Haus. Wie du doch den Augenblik in Feuer und Flammen ſtehſt! Ich ſprech ja nur, man muͤß den Herrn Ma - jor nicht disguſchthuͤren, weil Sie des Praͤſidenten Sohn ſind.
Da liegt der Haas im Pfeffer. Da - rum, juſt eben darum, muß die Sach noch heut auseinander. Der Praͤſident muß es mir Dank wiſ - ſen, wenn er ein rechtſchaffener Vater iſt. Du wirſt mir meinen rothen pluͤſchenen Rok ausbuͤrſten, und ich werde mich bei Seiner Exzellenz anmelden laſſen. Ich werde ſprechen zu Seiner Exzellenz: Dero HerrA 3Sohn6Sohn haben ein Aug auf meine Tochter; meine Tochter iſt zu ſchlecht zu Dero Herrn Sohnes Frau, aber zu Dero Herrn Sohnes Hure iſt meine Tochter zu koſtbar, und damit baſta! — Ich heiſſe Miller.
Ah guten Morgen, Herr Sekertare. Hat man auch einmal wieder das Vergnuͤgen von Ihnen?
Meinerſeits, Meinerſeits, Frau Baſe. Wo eine Kavaliersgnade einſpricht, kommt mein buͤrgerliches Vergnuͤgen in gar keine Rechnung.
Was Sie nicht ſagen, Herr Sekertare! Des Herrn Majors von Walter hohe Gnaden ma - chen uns wohl je und je das Blaͤſier, doch verachten wir darum niemand.
Dem Herrn einen Seßel, Frau. Wollen's ablegen, Herr Landsmann?
Nun! Nun! Und wie befindet ſich denn meine Zu - kuͤnftige — oder Geweſene? — Ich will doch nicht hoffen — kriegt man ſie nicht zu ſehen. — Mamſell Louiſen?
Danken der Nachfrage Herr Sekertare. Aber meine Tochter iſt doch gar nicht hochmuͤthig.
Weib!
Bedauern's nur, daß ſie die Ehre nicht haben kann vom Herrn Sekertare. Sie iſt eben in die Meß, meine Tochter.
Das freut mich, freut mich. Ich werd einmal eine fromme chriſtliche Frau an ihr haben.
Ja — aber Herr Sekertare —
Weib!
Wenn Ihnen unſer Haus ſonſt irgend - wo dienen kann — Mit allem Vergnuͤgen Herr Se - kertare —
Sonſt irgend - wo! Schoͤnen Dank! Schoͤnen Dank — Hem! hem! hem!
Aber — wie der Herr Sekertare ſelber die Einſicht werden haben —
Weib!
Gut iſt gut, und beßer iſt beßer, und einem einzigen Kind mag man doch auch nicht vor ſeinem Gluͤk ſeyn.
Sie werden mich je doch wohl merken Herr Sekertare?
Mer - ken? Nicht doch — O ja — Wie meynen Sie denn?
Nu — Nu — ich daͤchte nur — ich meyne
Weil eben halt der liebe Gott meine Tochter barrdu zur gnaͤdigen Madam will haben —
Was ſagen Sie da? Was?
Bleiben ſizen! Bleiben ſizen Herr Se - kretarius. Das Weib iſt eine alberne Gans. Wo ſoll eine gnaͤdige Madam herkommen? Was fuͤr ein Eſel ſtrekt ſein Langohr aus dieſem Geſchwaͤze?
Schmaͤl du ſo lang du wilſt. Was ich weis, weis ich — und was der Herr Major geſagt hat, das hat er geſagt.
Wilſt du dein Maul halten? Wilſt das Violonzello am Hirnkaſten wiſſen? — Was kannſt du wiſſen? Was kann er geſagt haben? — Kehren Sich an das Geklatſch nicht Herr Vetter — Marſch du in deine Kuͤche — Werden mich doch nicht fuͤr des Dumm - kopfs leiblichen Schwager halten, daß ich obenaus woll mit dem Maͤdel? Werden doch das nicht von mir denken Herr Sekretarius?
Auch hab ich es nicht um Sie verdient Herr Muſikmeiſter. Sie haben mich jederzeit den Mann von Wort ſehen laſſen, und meine Anſpruͤ - che auf Ihre Tochter waren ſo gut, als unterſchrie - ben. Ich habe ein Amt das ſeinen guten Haushaͤl - ter naͤhren kann, der Praͤſident iſt mir gewogen, an Empfehlungen kanns nicht fehlen, wenn ich michhoͤher9hoͤher poußieren will. Sie ſehen, daß meine Abſich - ten auf Mamſell Louiſen ernſthaft ſind, wenn Sie vielleicht von einem adelichen Windbeutel herumge - hohlt — —
Herr Sekertare Wurm! Mehr Reſpekt, wenn man bitten darf —
Halt du dein Maul ſag ich — Laſſen Sie es gut ſeyn, Herr Vetter. Es bleibt beim al - ten. Was ich Ihnen verwichenen Herbſt zum Be - ſcheid gab, bring ich heut wieder. Ich zwinge meine Tochter nicht. Stehen Sie ihr an — wol und gut, ſo mag ſie zuſehen, wie ſie gluͤklich mit Ihnen wird. Schuͤttelt ſie den Kopf — noch beßer — — in Got - tes Namen wolt ich ſagen — ſo ſteken Sie den Korb ein, und trinken eine Bouteille mit dem Vater — Das Maͤdel muß mit Ihnen leben — ich nicht — warum ſoll ich ihr einen Mann, den ſie nicht ſchme - ken kann, aus purem klarem Eigenſinn an den Hals werfen? — Daß mich der boͤſe Feind in meinen eisgrauen Tagen noch wie ſein Wildpret herumheze — daß ichs in jedem Glas Wein zu ſaufen — in je - der Suppe zu freſſen kriege: Du biſt der Spizbube der ſein Kind ruinirt hat!
Und kurz und gut — ich geb meinen Konſenz abſolut nicht; meine Tochter iſt zu was ho - hem gemuͤnzt, und ich lauf in die Gerichte, wenn mein Mann ſich beſchwazen laͤßt.
Willſt du Arm und Bein entzwei ha - ben, Wettermaul?
Ein vaͤterlicher Rath ver - mag bei der Tochter viel, und hoffentlich werden Sie mich kennen, Herr Miller?
Daß dich alle Hagel! 'sMaͤdel muß Sie kennen. Was ich alter Knaſterbart an Ihnen abkuke, iſt juſt kein Freſſen fuͤrs junge naſchhafte Maͤ - del. Ich will Ihnen aufs Haar hin ſagen, ob Sie ein Mann fuͤrs Orcheſter ſind — aber eine Weiber - ſeel iſt auch fuͤr einen Kapellmeiſter zu ſpizig. — Und dann von der Bruſt weg, Herr Vetter — ich bin halt ein plumper gerader teutſcher Kerl — fuͤr mei - nen Rath wuͤrden Sie ſich zu lezt wenig bedanken. Ich rathe meiner Tochter zu keinem — aber Sie misrath' ich meiner Tochter, Herr Sekretarius. Laſ - ſen mich ausreden. Einem Liebhaber, der den Vater zu Hilfe ruft, trau ich — erlauben Sie, — keine hole Haſelnus zu. Iſt er was, ſo wird er ſich ſchaͤmen, ſeine Talente durch dieſen altmodiſchen Kanal vor ſei - ne Liebſte zu bringen — Hat er 'sKourage nicht, ſo iſt er ein Haſenfus, und fuͤr den ſind keine Louiſen gewachſen — — Da! hinter dem Ruͤken des Vaters muß er ſein Gewerb an die Tochter beſtellen. Ma - chen muß er, daß das Maͤdel lieber Vater und Mut - ter zum Teufel wuͤnſcht, als ihn fahren laͤßt — oder ſelber kommt, dem Vater zu Fuͤßen ſich wirft, und ſich um Gottes willen den ſchwarzen gelben Tod, oder den Herzeinzigen ausbittet, — Das nenn ich einen Kerl! Das heißt lieben! — und wer's bei dem Weibsvolk nicht ſo weit bringt, der ſoll — — auf ſeinem Gaͤnſekiel reiten.
Obligazion, Herr Miller.
Fuͤr was? Fuͤr was? Haben Sie ja doch nichts genoſſen, Herr Sekretarius.
Nichts hoͤrt er und hin zieht er — — Iſt mirs doch wie Gift und Oper - ment, wenn ich den Federnfuchſer zu Geſichte krieg. Ein konfiſzierter widriger Kerl, als haͤtt ihn irgend ein Schleichhaͤndler in die Welt meines Herrgotts hineingeſchachert — Die kleinen tuͤkiſchen Mausau - gen — die Haare brandroth — das Kinn heraus - gequollen, gerade als wenn die Natur fuͤr purem Gift uͤber das verhunzte Stuͤk Arbeit meinen Schlin - gel da angefaßt, und in irgend eine Eke geworfen haͤtte — Nein! Eh ich meine Tochter an ſo einen Schuft wegwerfe, lieber ſoll ſie mir — Gott ver - zeih mirs —
Der Hund! — Aber man wird dir's Maul ſauber halten.
Du aber auch mit deinem peſtilenziali - ſchen Junker — Haſt mich vorhin auch ſo in Harniſch gebracht — Biſt doch nie dummer, als wenn du um Gotteswillen geſcheid ſeyn ſolteſt. Was hat das Ge - traͤtſch von einer gnaͤdigen Madam und deiner Toch - ter da vorſtellen ſollen? Das iſt mir der Alte. Dem muß man ſo was an die Naſe heften, wenns mor - gen am Marktbrunnen ausgeſchellt ſeyn ſoll. Das iſt juſt ſo ein Musje, wie ſie in der Leute Haͤuſern herum riechen, uͤber Keller und Koch raͤſonnieren,und12und ſpringt einem ein naſenweiſes Wort uͤber's Maul — Bumbs! habens Fuͤrſt und Matreß und Praͤſi - dent, und Du haſt das ſiedende Donnerwetter am Halſe.
Guten Morgen lieber Vater.
Brav meine Louiſe — Freut mich, daß du ſo fleißig an deinen Schoͤpfer denkſt. Bleib immer ſo, und ſein Arm wird dich halten.
O ich bin eine ſchwere Suͤnderin, Va - ter — War er da Mutter?
Wer mein Kind?
Ah! ich vergaß, daß es noch außer ihm Menſchen gibt — Mein Kopf iſt ſo wuͤſte — Er war nicht da? Walter?
Ich dachte, meine Louiſe haͤtte den Namen in der Kirche gelaſſen?
Ich verſteh Ihn Vater — fuͤhle das Meſſer, das er in mein Gewiſſen ſtoͤßt; aber es kommt zu ſpaͤt. — Ich hab keine Andacht mehr Vater — der Himmel und Ferdinand reiſſen an meiner blutenden Seele, und ich fuͤrchte — ich fuͤrchte —
Doch nein, guter Vater. Wenn wir ihn uͤberdem13dem Gemaͤlde vernachlaͤßigen, findet ſich ja der Kuͤnſt - ler am feinſten gelobt. — Wenn meine Freude uͤber ſein Meiſterſtuͤk mich ihn ſelbſt uͤberſehen macht, Vater, muß das Gott nicht ergoͤzen?
Da haben wirs! Das iſt die Frucht von dem gottloſen Leſen.
Wo er wol jezt iſt? — Die vornehmen Fraͤulein, die ihn ſehen — ihn hoͤren — — — ich bin ein ſchlechtes ver - geſſenes Maͤdchen
Doch nein! nein! verzeih er mir. Ich beweine mein Schikſal nicht. Ich will ja nur we - nig — — — an ihn denken — das koſtet ja nichts. Dis Bischen Leben — duͤrft ich es hinhauchen in ein leiſes ſchmeichelndes Luͤftchen, ſein Geſicht abzukuͤh - len! — Dis Bluͤmchen Jugend — waͤr es ein Veil - chen, und Er traͤte drauf, und es duͤrfte beſcheiden unter ihm ſterben! — Damit genuͤgte mir Vater. Wenn die Muͤke in ihren Stralen ſich ſonnt — kann ſie das ſtrafen, die ſtolze majeſtaͤtiſche Sonne?
Hoͤre Louiſe — Das Bißel Bo - denſaz meiner Jahre, ich gaͤb es hin, haͤtteſt du den Major nie geſehen.
Was ſagt er da? Was? — Nein! er meynt es anders der gute Vater. Er wird nicht wiſſen, daß Ferdinand mein iſt, mir ge - ſchaffen, mir zur Freude vom Vater der Lieben -den14den
Als ich ihn das erſtemal ſah —
und mir das Blut in die Wangen ſtieg, froher jagten alle Pulſe, jede Wallung ſprach, jeder Athem liſpelte: Er iſts, und mein Herz den Immermangelnden erkannte, bekraͤftigte, Er iſts, und wie das wiederklang durch die ganze mitfreuen - de Welt. Damals — o damals gieng in meiner Seele der erſte Morgen auf. Tauſend junge Gefuͤhle ſchoßen aus meinem Herzen, wie die Blumen aus dem Erdreich, wenns Fruͤhling wird. Ich ſah kei - ne Welt mehr, und doch beſinn ich mich, daß ſie niemals ſo ſchoͤn war. Ich wußte von keinem Gott mehr, und doch hatt 'ich ihn nie ſo geliebt.
Louiſe — theures — herrliches Kind — Nimm mei - nen alten muͤrben Kopf — nimm alles — alles! — den Maior — Gott iſt mein Zeuge — ich kann dir ihn nimmer geben.
Auch will ich ihn ja jezt nicht mein Vater. Dieſer karge Thautropfe Zeit — ſchon ein Traum von Ferdinand trinkt ihn wolluͤſtig auf. Ich entſag ihm fuͤr dieſes Leben. Dann, Mutter — dann, wenn die Schranken des Unterſchieds einſtuͤr - zen — wenn von uns abſpringen all die verhaßte Huͤl - ſen des Standes — Menſchen nur Menſchen ſind — Ich bringe nichts mit mir, als meine Unſchuld, aber der Vater hat ja ſo oft geſagt, daß der Schmuk und die praͤchtigen Titel wolfeil werden wenn Gott kommt, und die Herzen im Preiſe ſteigen. Ich wer -de15de dann reich ſeyn. Dort rechnet man Traͤnen fuͤr Triumphe, und ſchoͤne Gedanken fuͤr Ahnen an. Ich werde dann vornehm ſeyn Mutter — Was haͤt - te er dann noch fuͤr ſeinem Maͤdchen voraus?
Louiſe! Der Major! Er ſpringt uͤber die Planke. Wo verberg ich mich doch?
Bleib ſie doch Mutter.
Mein Gott! Wie ſeh ich aus. Ich muß mich ja ſchaͤmen. Ich darf mich nicht vor Seiner Gnaden ſo ſehen laſſen.
Du biſt blaß Louiſe?
Es iſt nichts. Nichts. Du biſt ja da. Es iſt voruͤber.
Und liebt mich meine Louiſe noch? Mein Herz iſt das geſtrige, iſts auch das Deine noch? Ich fliege nur her, will ſehn ob du heiter biſt, und gehn und es auch ſeyn — Du biſts nicht.
Doch, doch, mein Geliebter.
Rede mir Wahrheit. Du biſts nicht. Ich ſchaue durch deine Seele, wie durch das klare Waſſer dieſes Brillanten,
Hier wirft ſich kein Blaͤschen auf, das ich nicht merk - te — kein Gedanke tritt in dis Angeſicht, der mir entwiſchte. Was haſt du? Geſchwind! Weis ich nur dieſen Spiegel helle, ſo laͤuft keine Wolke uͤber die Welt. Was bekuͤmmert dich?
Ferdinand! Ferdinand! Daß du doch wuͤßteſt, wie ſchoͤn in dieſer Sprache das buͤrgerliche Maͤdchen ſich ausnimmt —
Was iſt das?
Maͤd - chen! Hoͤre! Wie kommſt du auf das? — Du biſt meine Louiſe. Wer ſagt dir, daß du noch etwas ſeyn ſolteſt. Siehſt du Falſche, auf welchem Kalt - ſinn ich dir begegnen muß. Waͤreſt du ganz nur Lie - be fuͤr mich, wann haͤtteſt du Zeit gehabt eine Ver - gleichung zu machen. Wenn ich bei dir bin, zer - ſchmilzt meine Vernunft in einen Blik — in einen Traum von dir, wenn ich weg bin, und Du haſt noch eine Klugheit neben deiner Liebe? — Schaͤme dich! Jeder Augenblik, den du an dieſen Kummer verlorſt, war deinem Juͤngling geſtolen.
Du wilſt mich einſchlaͤfern Ferdinand — wilſt meine Augen von dieſem Abgrund hinwegloken, in den ich ganz gewiß ſtuͤrzen muß. Ich ſeh in die Zu - kunft — die Stimme des Ruhms — deine Entwuͤrfe —dein17dein Vater — mein Nichts
Ferdinand! ein Dolch uͤber dir und mir! — Man trennt uns!
Trennt uns!
Wo - her bringſt du dieſe Ahndung Louiſe? Trennt uns? — Wer kann den Bund zwoer Herzen loͤſen, oder die Toͤne eines Accords auseinander reiſſen? — Ich bin ein Edelmann — Laß doch ſehen, ob mein Adelbrief aͤlter iſt, als der Riß zum unendlichen Weltall? oder mein Wappen guͤltiger als die Hand - ſchrift des Himmels in Louiſens Augen: Dieſes Weib iſt fuͤr dieſen Mann? — Ich bin des Praͤſi - denten Sohn. Eben darum. Wer, als die Liebe, kann mir die Fluͤche verſuͤßen, die mir der Landes - wucher meines Vaters vermachen wird?
O wie ſehr fuͤrcht ich ihn — Dieſen Vater!
Ich fuͤrchte nichts — nichts — als die Graͤnzen deiner Liebe. Laß auch Hinderniſſe wie Gebuͤrge zwiſchen uns treten, ich will ſie fuͤr Trep - pen nehmen und druͤber hin in Louiſens Arme flie - gen. Die Stuͤrme des widrigen Schikſals ſollen mei - ne Empfindung emporblaſen, Gefahren werden mei - ne Louiſe nur reizender machen. — Alſo nichts mehr von Furcht meine Liebe. Ich ſelbſt — ich will uͤber dir wachen wie der Zauberdrach uͤber unterirrdiſchem Golde — Mir vertraue dich. Du brauchſt keinen Engel mehr — Ich will mich zwiſchen dich und das Schikſal werfen — empfangen fuͤr dich jede Wunde —Bauffaſ -18auffaſſen fuͤr dich jeden Tropfen aus dem Becher der Freude — dir ihn bringen in der Schaale der Liebe.
An dieſem Arm ſoll meine Louiſe durchs Leben huͤpfen, ſchoͤner als er dich von ſich lies ſoll der Himmel dich wieder haben, und mit Verwunderung eingeſtehn, daß nur die Liebe die lezte Hand an die Seelen legte —
Nichts mehr! Ich bitte dich, ſchweig! — Wuͤßteſt du — Laß mich — du weiſt nicht, daß deine Hoff - nungen mein Herz, wie Furien, anfallen.
Louiſe? Wie! Was! Welche Anwandlung?
Ich hatte dieſe Traͤume vergeſſen und war gluͤklich — Jezt! Jezt! Von heut an — der Friede meines Lebens iſt aus — Wilde Wuͤnſche — ich weis es — werden in meinem Buſen raſen. — Geh — Gott vergebe dirs — Du haſt den Feuerbrand in mein junges friedſames Herz geworfen, und er wird nimmer nimmer geloͤſcht werden.
Der Praͤſident, ein Ordenskreuz um den Hals, einen Stern an der Seite, und Sekretair Wurm treten auf.
Ein ernſthaftes Attachement! MeinSohn?19Sohn? — Nein Wurm, das macht er mich nim - mermehr glauben.
Ihro Exzellenz haben die Gnade mir den Beweis zu befehlen.
Daß er der Buͤrgerkanaille den Hof macht — Flatterien ſagt — auch meinetwegen Em - pfindungen vorplaudert — Das ſind lauter Sachen, die ich moͤglich finde — verzeilich finde — aber — und noch gar die Tochter eines Muſikus ſagt er?
Muſikmeiſter Millers Tochter.
Huͤbſch? — Zwar das verſteht ſich.
Das ſchoͤnſte Exemplar einer Blondine, die, nicht zu viel geſagt, neben den er - ſten Schoͤnheiten des Hofes noch Figur machen wuͤrde.
Er ſagt mir Wurm — er habe ein Aug auf das Ding — das find ich. Aber ſieht er mein lieber Wurm — daß mein Sohn Ge - fuͤhl fuͤr das Frauenzimmer hat, macht mir Hoff - nung, daß ihn die Damen nicht haſſen werden. Er kann bei Hof etwas durchſezen. Das Maͤdchen iſt ſchoͤn, ſagt er, das gefaͤllt mir an meinem Sohn, daß er Geſchmak hat. Spiegelt er der Naͤrrin ſolide Abſichten vor? Noch beſſer — ſo ſeh ich, daß er Wiz genug hat, in ſeinen Beutel zu luͤgen. Er kann Praͤſident werden. Sezt er es noch dazu durch? Herrlich! das zeigt mir an, daß er Gluͤk hat. — Schließt ſich die Farçe mit einem geſunden Enkel — Unvergleichlich! ſo trink ich auf die guten AſpektenB 2mei -20meines Stammbaums eine Bouteille Malaga mehr, und bezale die Skortazionsſtrafe fuͤr ſeine Dirne.
Alles was ich wuͤnſche, Ihr 'Exzellenz, iſt, daß Sie nicht noͤtig haben moͤchten dieſe Bou - teille zu Ihrer Zerſtreuung zu trinken.
Wurm, beſinn Er ſich, daß ich, wenn ich einmal glaube, hartnaͤkig glaube, raſe, wenn ich zuͤrne — Ich will einen Spaß daraus machen, daß er mich aufhezen wolte. Daß er ſich ſeinen Nebenbuler gern vom Hals geſchaft haͤtte, glaub ich Ihm herzlich gern. Da er meinen Sohn bei dem Maͤdchen auszuſtechen Muͤhe haben moͤchte, ſoll ihm der Vater zur Fliegenklatſche dienen, das find ich wieder begreiflich — und daß er einen ſo herrli - chen Anſaz zum Schelmen hat, entzuͤkt mich ſogar — Nur mein lieber Wurm, muß er mich nicht mit prel - len wollen. — Nur verſteht er mich, muß er den Pfiff nicht bis zum Einbruch in meine Grundſaͤze treiben.
Ihro Exzellenz verzeihen. Wenn auch wirklich — wie Sie argwohnen — die Eiferſucht hier im Spiel ſeyn ſolte, ſo waͤre ſie es wenigſtens nur mit den Augen und nicht mit der Zunge.
Und ich daͤchte, ſie bliebe ganz weg. Dummer Teufel, was verſchlaͤgt es denn ihm, ob er die Karolin friſch aus der Muͤnze, oder vom Ban - quier bekommt. Troͤſt er ſich mit dem hieſigen Adel; — Wiſſentlich oder nicht — bei uns wird ſelten eine Mariage geſchloſſen, wo nicht wenigſtens ein halbDuzend21Duzend der Gaͤſte — oder der Aufwaͤrter — das Paradies des Braͤutigams geometriſch ermeſſen kann.
Ich mache hier gern den Buͤrgersmann, gnaͤdiger Herr.
Ueberdis kann er mit naͤchſtem die Freude haben, ſeinem Nebenbuler den Spott auf die ſchoͤnſte Art heimzugeben. Eben jezt liegt der An - ſchlag im Kabinet, daß, auf die Ankunft der neuen Herzogin, Lady Milford zum Schein den Abſchied er - halten, und, den Betrug vollkommen zu machen, eine Verbindung eingehen ſoll. Er weiß Wurm, wie ſehr ſich mein Anſehen auf den Einfluß der Lady ſtuͤzt — wie uͤberhaupt meine maͤchtigſten Spring - federn in die Wallungen des Fuͤrſten hineinſpielen. Der Herzog ſucht eine Parthie fuͤr die Milford. Ein anderer kann ſich melden — den Kauf ſchließen, mit der Dame das Vertrauen des Fuͤrſten anreiſſen, ſich ihm unentbehrlich machen — damit nun der Fuͤrſt im Nez meiner Familie bleibe, ſoll mein Fer - dinand die Milford heuraten — — Iſt Ihm das helle?
Daß mich die Augen beiſſen — — Wenigſtens bewies der Praͤſident hier, daß der Va - ter nur ein Anfaͤnger gegen ihn iſt. Wenn der Ma - jor Ihnen eben ſo den gehorſamen Sohn zeigt, als Sie ihm den zaͤrtlichen Vater, ſo doͤrfte Ihre An - foderung mit Proteſt zuruͤkkommen.
Zum Gluͤk war mir noch nie fuͤr die Ausfuͤhrung eines Entwurfes bang, wo ich mich mitB 3einem:22einem: Es ſoll ſo ſeyn, einſtellen konnte. — Aber ſeh er nun Wurm, das hat uns wieder auf den vo - rigen Punkt geleitet. Ich kuͤndige meinem Sohn noch dieſen Vormittag ſeine Vermaͤlung an. Das Geſicht, das er mir zeigen wird, ſoll ſeinen Arg - wohn entweder rechtfertigen, oder ganz widerlegen.
Gnaͤdiger Herr, ich bitte ſehr um Ver - gebung. Das finſtre Geſicht, das er Ihnen ganz zu - verlaͤßig zeigt, laͤßt ſich eben ſo gut auf die Rechnung der Braut ſchreiben, die Sie ihm zufuͤhren, als der - jenigen, die Sie ihm nehmen. Ich erſuche Sie um eine ſchaͤrfere Probe. Waͤhlen Sie ihm die untade - lichſte Parthie im Land, und ſagt er ja, ſo laſſen Sie den Sekretair Wurm drei Jahre Kugeln ſchleifen.
Teufel!
Es iſt nicht anders. Die Mutter — die Dummheit ſelbſt — hat mir in der Einfalt zu - viel geplaudert.
Gut! Dieſen Morgen noch.
Nur vergeſſen Ewr Exzellenz nicht, daß der Major — der Sohn meines Herrn iſt.
Er ſoll geſchont werden, Wurm.
Und daß der Dienſt, Ihnen von einer unwillkommenen Schwiegertochter zu helfen —
Den Gegendienſt werth iſt, Ihm zu einer Frau zu helfen? — Auch das Wurm.
Ewig der Ihrige, gnaͤdiger Herr.
Was ich Ihm vorhin vertraut habe Wurm
Wenn er plaudert —
So zeigen Ihr Exzellenz mei - ne falſchen Handſchriften auf.
Zwar Du biſt mir gewis. Ich halte dich an deiner eigenen Schurkerei, wie den Schroͤter am Faden.
Hofmarſchall von Kalb —
Kommt, wie gerufen. — Er ſoll mir angenehm ſeyn
Ah guten Mor - gen mein Beſter! Wie geruht? Wie geſchlafen? — Sie verzeihen doch, daß ich ſo ſpaͤt das Vergnuͤgen habe — dringende Geſchaͤfte — der Kuͤchenzettel — Viſitenbillets — das Arrangement der Parthien auf die heutige Schlittenfarth — Ah — und denn mußtB 4ich24ich ja auch bey dem Lever zugegen ſeyn, und Seiner Durchleucht das Wetter verkuͤndigen.
Ja Marſchall. Da haben Sie frei - lich nicht abkommen koͤnnen.
Oben drein hat mich ein Schelm von Schneider noch ſizen laſſen.
Und doch fix und fertig?
Das iſt noch nicht alles. — Ein Malheur jagt heut das andere. Hoͤren Sie nur.
Iſt das moͤglich?
Hoͤren Sie nur. Ich ſteige kaum aus dem Wagen, ſo werden die Hengſte ſcheu, ſtam - pfen und ſchlagen aus, daß mir — ich bitte Sie! — der Gaſſenkoth uͤber und uͤber an die Beinkleider ſpruͤzt. Was anzufangen? Sezen Sie Sich um Gotteswillen in meine Lage Baron. Da ſtand ich. Spaͤt war es. Eine Tagreiſe iſt es — und in dem Aufzug vor Sei - ne Durchleucht! Gott der Gerechte! — Was faͤllt mir bei? Ich fingiere eine Ohnmacht. Man bringt mich uͤber Hals und Kopf in die Kutſche. Ich in voller Karriere nach Haus — wechsle die Kleider — fahre zuruͤk — Was ſagen Sie? — und bin noch der erſte in der Antiſchamber — Was denken Sie?
Ein herrliches Inpromtu des menſch - lichen Wizes — Doch das beiſeite Kalb — Sie ſpra - chen alſo ſchon mit dem Herzog?
Zwanzig Minuten und eine halbe.
Das geſteh ich! — und wiſſen mir alſo ohne Zweifel eine wichtige Neuigkeit?
Seine Durchleucht haben heute einen Merde d'Oye Biber an.
Man denke — Nein Marſchall, ſo hab ich doch eine beſſere Zeitung fuͤr Sie — daß La - dy Milford Majorin von Walter wird, iſt Ihnen gewiß etwas neues?
Denken Sie! — Und das iſt ſchon richtig gemacht?
Unterſchrieben, Marſchall — und Sie verbinden mich, wenn Sie ohne Aufſchub dahin gehen, die Lady auf ſeinen Beſuch praͤparieren, und den Entſchluß meines Ferdinands in der ganzen Re - ſidenz bekannt machen.
O mit tauſend Freu - den mein Beſter — Was kann mir erwuͤnſchter kom - men? — Ich fliege ſogleich —
Leben Sie wol — In Dreiviertelſtunden weiß es die gan - ze Stadt.
Man ſa - ge noch, daß dieſe Geſchoͤpfe in der Welt zu nichts taugen — — Nun muß ja mein Ferdinand wollen, oder die ganze Stadt hat gelogen.
Mein Sohn ſoll hereinkommen.
Sie haben befolen, gnaͤdiger Herr Vater —
Leider muß ich das, wenn ich mei - nes Sohns einmal froh werden will — Laß er uns allein, Wurm. — Ferdinand, ich beobachte dich ſchon eine Zeit lang, und finde die offene raſche Ju - gend nicht mehr, die mich ſonſt ſo entzuͤkt hat. Ein ſeltſamer Gram bruͤtet auf deinem Geſicht — Du fliehſt mich — Du fliehſt deine Zirkel — Pfuy! — Deinen Jahren verzeiht man zehn Ausſchweifungen vor einer einzigen Grille. Ueberlaß dieſe mir, lie - ber Sohn. Mich laß an deinem Gluͤk arbeiten, und denke auf nichts, als in meine Entwuͤrfe zu ſpielen. — Komm! Umarme mich Ferdinand.
Sie ſind heute ſehr gnaͤdig mein Vater.
Heute du Schalk — und dieſes heu - te noch mit der herben Grimaſſe?
Ferdi - nand! — Wem zu lieb hab ich die gefaͤrliche Bahn zum Herzen des Fuͤrſten betreten? Wem zu lieb bin ich auf ewig mit meinem Gewiſſen und dem Himmel zerfallen? — Hoͤre Ferdinand —
— Wem hab ich durch die Hinweg - raͤumung meines Vorgaͤngers Plaz gemacht — eine Geſchichte, die deſto blutiger in mein Inwendigesſchnei -27ſchneidet, je ſorgfaͤltiger ich das Meſſer der Welt verberge. Hoͤre. Sage mir Ferdinand: Wem that ich dis alles?
Doch mir nicht mein Vater? Doch auf mich ſoll der blutige Wiederſchein dieſes Frevels nicht fallen? Beim all - maͤchtigen Gott! Es iſt beſſer, gar nicht geboren ſeyn, als dieſer Mißethat zur Ausrede dienen.
Was war das? Was? Doch! ich will es dem Romanenkopfe zu gut halten — Ferdi - nand — ich will mich nicht erhizen vorlauter Kna - be — Lohnſt du mir alſo fuͤr meine ſchlafloſen Naͤch - te? Alſo fuͤr meine raſtloſe Sorge? Alſo fuͤr den ewigen Skorpion meines Gewiſſens? — Auf mich faͤllt die Laſt der Verantwortung — auf mich der Fluch, der Donner des Richters — Du empfaͤngſt dein Gluͤk von der zweiten Hand — das Verbrechen klebt nicht am Erbe.
Feierlich entſag ich hier einem Erbe, das mich nur an einen abſcheulichen Vater erinnert.
Hoͤre junger Menſch, bringe mich nicht auf. — Wenn es nach deinem Kopfe gienge, Du kroͤcheſt dein Lebenlang im Staube.
O, immer noch beſſer, Vater, als ich kroͤch um den Tron herum.
Hum! — Zwingen muß man dich, dein Gluͤk zu erkennen. Wo zehn andre mit aller Anſtrengung nicht hinauf -klimmen,28klimmen, wirſt du ſpielend, im Schlafe gehoben. Du biſt im zwoͤlften Jahre Faͤhndrich. Im zwanzig - ſten Major. Ich hab es durchgeſezt beim Fuͤrſten. Du wirſt die Uniform ausziehen, und in das Mi - niſterium eintreten. Der Fuͤrſt ſprach vom Gehei - menrath — Geſandſchaften — außerordentlichen Gnaden. Eine herrliche Ausſicht dehnt ſich vor dir. — Die ebene Straſſe zunaͤchſt nach dem Trone — zum Trone ſelbſt, wenn anders die Gewalt ſo viel werth iſt, als ihre Zeichen — das begeiſtert dich nicht?
Weil meine Begriffe von Groͤße und Gluͤk nicht ganz die Ihrigen ſind — Ihre Gluͤkſeligkeit macht ſich nur ſelten anders als durch Verderben bekannt. Neid, Furcht, Verwuͤnſchung ſind die traurigen Spiegel, worinn ſich die Hoheit eines Herrſchers belaͤchelt. — Traͤnen, Fluͤche, Ver - zweiflung die entſezliche Malzeit, woran dieſe ge - prieſenen Gluͤklichen ſchwelgen, von der ſie betrunken aufſtehen, und ſo in die Ewigkeit vor den Tron Got - tes taumeln — Mein Ideal von Gluͤk zieht ſich ge - nuͤgſamer in mich ſelbſt zuruͤk. In meinem Herzen liegen alle meine Wuͤnſche begraben. —
Meiſterhaft! Unverbeßerlich! Herr - lich! Nach dreißig Jahren die erſte Vorleſung wie - der! — Schade nur, daß mein fuͤnfzigjaͤhriger Kopf zu zaͤh fuͤr das Lernen iſt! — Doch — diß ſeltne Ta - lent nicht einroſten zu laſſen, will ich dir jemand an die Seite geben, bey dem du dich in dieſer buntſche -kigen29kigen Tollheit nach Wunſch exerzieren kannſt. — Du wirſt dich entſchließen — noch heute entſchließen — eine Frau zu nehmen.
Mein Vater?
Ohne Komplimente — Ich habe der Lady Milford in deinem Namen eine Charte ge - ſchikt. Du wirſt dich ohne Aufſchub bequemen, da - hin zu gehen, und ihr zu ſagen, daß du ihr Braͤu - tigam biſt.
Der Milford mein Vater?
Wenn ſie dir bekannt iſt —
Welcher Schand - ſaͤule im Herzogthum iſt ſie das nicht! — Aber ich bin wol laͤcherlich, lieber Vater, daß ich Ihre Laune fuͤr Ernſt aufnehme? Wuͤrden Sie Vater zu dem Schurken Sohne ſeyn wollen, der eine privilegierte Bulerin heuratete?
Noch mehr. Ich wuͤrde ſelbſt um ſie werben, wenn ſie einen Fuͤnfziger moͤchte — Wuͤr - deſt du zu dem Schurken Vater nicht Sohn ſeyn wollen?
Nein! So wahr Gott lebt!
Eine Frechheit, bei meiner Ehre! die ich ihrer Seltenheit wegen vergebe —
Ich bitte Sie Vater! laſſen Sie mich nicht laͤnger in einer Vermutung, wo es mir unertraͤglich wird, mich ihren Sohn zu nennen.
Junge biſt du toll? Welcher Menſch von Vernunft wuͤrde nicht nach der Diſtinkzion gei -zen,30zen, mit ſeinem Landesherrn an einem dritten Orte zu wechſeln?
Sie werden mir zum Raͤzel mein Vater. Diſtinkzion nennen Sie es — Diſtinkzion, da mit dem Fuͤrſten zu theilen, wo er auch unter den Menſchen hinunterkriecht?
Sie koͤnnen lachen — und ich will uͤber das hinweggehen Vater. Mit welchem Geſicht ſoll ich vor den ſchlechteſten Handwerker treten, der mit ſeiner Frau wenigſtens doch einem ganzen Koͤr - per zum Mitgift bekommt? Mit welchem Geſicht vor die Welt? Vor den Fuͤrſten? Mit welchem vor die Bulerin ſelbſt, die den Brandfleken ihrer Ehre in meiner Schande auswaſchen wuͤrde?
Wo in aller Welt bringſt du das Maul her, Junge?
Ich beſchwoͤre Sie bei Himmel und Erde! Vater, Sie koͤnnen durch dieſe Hinwerfung Ihres einzigen Sohnes ſo gluͤklich nicht werden, als Sie ihn ungluͤklich machen. Ich gebe Ihnen mein Leben, wenn das Sie ſteigen machen kann. Mein Leben hab ich von Ihnen, ich werde keinen Augenblik anſtehen, es ganz Ihrer Groͤße zu opfern. — Meine Ehre, Vater — wenn Sie mir dieſe nehmen, ſo war es ein leichtfertiges Schelmenſtuͤk mir das Leben zu geben, und ich muß den Vater wie den Kuppler verfluchen.
Brav, lieber Sohn. Jezt ſeh ich, daß du ein ganzer Kerl biſt, und der beſten Frau im Herzog - thum wuͤrdig. — Sie ſoll dir werden — Noch dieſen Mittag wirſt du dich mit der Graͤfin von Oſtheim verloben.
Iſt dieſe Stun - de beſtimmt, mich ganz zu zerſchmettern?
Wo doch hoffentlich deine Ehre nichts einwenden wird?
Nein mein Vater. Friderike von Oſtheim koͤnnte jeden andern zum Gluͤklichſten ma - chen.
Was ſeine Bosheit an meinem Herzen noch ganz lies, zerreißt ſeine Guͤte.
Ich warte auf deine Dankbarkeit, Ferdinand —
Vater! Ihre Gnade entflammt meine ganze Empfindung — Vater! meinen heißeſten Dank fuͤr Ihre herzliche Meynung — Ihre Wahl iſt untadelhaft — aber — ich kann — ich darf — Be - dauern Sie mich — Ich kann die Graͤfin nicht lieben.
Holla! Jezt hab ich den jungen Herrn. Alſo in dieſe Falle gieng er, der liſtige Heuchler — Alſo es war nicht die Ehre, die dir die Lady verbot? — Es war nichtdie32die Perſon ſondern die Heurath die du verabſcheu - teſt? —
Wohin? Halt! Iſt das der Reſpekt den du mir ſchuldig biſt?
Du biſt bey der Lady gemeldet. Der Fuͤrſt hat mein Wort. Stadt und Hof wiſſen es richtig. — Wenn du mich zum Luͤgner machſt, Junge — vor dem Fuͤrſten — der Lady — der Stadt — dem Hof mich zum Luͤgner machſt — Hoͤre Junge — oder wenn ich hin - ter gewiſſe Hiſtorien komme — Halt! Holla! Was blaͤßt ſo auf einmal das Feuer in deinen Wan - gen aus?
Wie? Was? Es iſt gewiß nichts, mein Vater!
Und wenn es was iſt — und wenn ich die Spur finden ſollte, woher dieſe Widerſezlichkeit ſtammt? — — Ha Junge! der bloſe Verdacht ſchon bringt mich zum Raſen. Geh den Augenblik. Die Wach - parade faͤngt an. Du wirſt bei der Lady ſeyn, ſobald die Parole gegeben iſt — Wenn ich auftrete, zittert ein Herzogtum. Laß doch ſehen, ob mich ein Starr - kopf von Sohn meiſtert.
Junge, ich ſage dir, du wirſt dort ſeyn, oder fliehe meinen Zorn.
Iſt er weg? War das eines Vaters Stimme? — Ja! ich will zu ihr — will hin — will ihr Dinge ſagen, will ihr einen Spiegel vorhalten — Nichts - wuͤrdige! und wenn du auch noch dann meine Hand verlangſt — Im Angeſicht des verſammelten Adels, des Militaͤrs und des Volks — Umguͤrte dich mit dem ganzen Stolz deines Englands — Ich verwer - fe dich — ein teutſcher Juͤngling!
Die Officiers gehen auseinander. Die Wachparade iſt aus — aber ich ſehe noch keinen Walter.
Ich weis nicht, wie ich mich heute finde, Sophie — Ich bin noch nie ſo ge - weſen — Alſo du ſahſt ihn gar nicht? — Freilich wol — Es wird ihm nicht eilen — Wie ein Verbrechen liegt es auf meiner Bruſt — Geh Sophie — Man ſoll mir den wildeſten Renner herausfuͤhren, der im Marſtall iſt. Ich muß ins Freie — Menſchen ſehen und blauen Himmel, und mich leichter reiten ums Herz herum.
Wenn Sie ſich unpaͤßlich fuͤhlen, Mi - lady — berufen Sie Aßemblee hier zuſammen. Laßen Sie den Herzog hier Tafel halten, oder die l'Hom -bretiſche35bretiſche vor Ihren Sofa ſezen. Mir ſollte der Fuͤrſt und ſein ganzer Hof zu Gebote ſtehn, und eine Gril - le im Kopfe ſurren?
Ich bitte, ver - ſchone mich. Ich gebe dir einen Demant fuͤr jede Stunde, wo ich ſie mir vom Hals ſchaffen kann. Soll ich meine Zimmer mit dieſem Volk tapezieren? — Das ſind ſchlechte erbaͤrmliche Menſchen, die ſich entſezen, wenn mir ein warmes herzliches Wort ent - wiſcht, Mund und Naſen aufreiſſen, als ſaͤhen ſie einen Geiſt — Sklaven eines einzigen Marionetten - draths, den ich leichter als mein Filet regiere. — Was fang ich mit Leuten an, deren Seelen ſo gleich als ihre Sakuhren gehen? Kann ich eine Freude dran finden, ſie was zu fragen, wenn ich voraus weis, was ſie mir antworten werden? Oder Worte mit ihnen wechſeln, wenn ſie das Herz nicht haben, andrer Meynung als ich zu ſeyn? — Weg mit ih - nen! Es iſt verdruͤßlich, ein Roß zu reiten, das nicht auch in den Zuͤgel beißt.
Aber den Fuͤrſten werden Sie doch ausnehmen Lady? Den ſchoͤnſten Mann — den feu - rigſten Liebhaber — den wizigſten Kopf in ſeinem ganzen Lande!
Denn es iſt ſein Land — und nur ein Fuͤrſtenthum, Sophie, kann mei - nem Geſchmak zur ertraͤglichen Ausrede dienen — Du ſagſt, man beneide mich. Armes Ding! Be - klagen ſoll man mich vielmehr. Unter allen, die anC 2den36den Bruͤſten der Majeſtaͤt trinken, kommt die Favo - ritin am ſchlechteſten weg, weil ſie allein dem großen und reichen Mann auf dem Bettelſtabe begegnet — Wahr iſts, er kann mit dem Talisman ſeiner Groͤße jeden Geluſt meines Herzens, wie ein Feenſchloß, aus der Erde rufen. — Er ſezt den Saft von zwei Indien auf die Tafel — ruft Paradieſe aus Wildnißen — laͤßt die Quellen ſeines Landes in ſtol - zen Boͤgen gen Himmel ſpringen, oder das Mark ſeiner Unterthanen in einem Feuerwerk hinpuffen — — Aber kann er auch ſeinem Herzen befehlen, ge - gen ein großes feuriges Herz groß und feurig zu ſchlagen? Kann er ſein darbendes Gehirn auf ein einziges ſchoͤnes Gefuͤl exequieren? — Mein Herz hungert bei all dem Vollauf der Sinne, und was helfen mich tauſend beßre Empfindungen, wo ich nur Wallungen loͤſchen darf?
Wie lang iſt es denn aber, daß ich Ihnen diene, Milady?
Weil du erſt heute mit mir bekannt wirſt? — Es iſt wahr, liebe Sophie — ich habe dem Fuͤrſten meine Ehre verkauft, aber mein Herz habe ich frei behalten — ein Herz, meine Gute, das vielleicht eines Mannes noch werth iſt — uͤber wel - ches der giftige Wind des Hofes nur wie der Hauch uͤber den Spiegel gieng — Trau es mir zu, meine Liebe, daß ich es laͤngſt gegen dieſen armſeligen Fuͤr - ſten behauptet haͤtte, wenn ich es nur von meinem Ehrgeiz erhalten koͤnnte, einer Dame am Hof den Rang vor mir einzuraͤumen.
Und dieſes Herz unterwarf ſich dem Ehrgeiz ſo gern?
Als wenn es ſich nicht ſchon geraͤcht haͤtte? — Nicht jezt noch ſich raͤchte? — — — Sophie
Wir Frauenzimmer koͤnnen nur zwi - ſchen Herrſchen und Dienen waͤhlen — aber die hoͤchſte Wonne der Gewalt iſt doch nur ein elender Behelf, wenn uns die groͤßere Wonne verſagt wird, Sklavinnen eines Manns zu ſeyn, den wir lieben.
Eine Wahrheit, Milady, die ich von Ihnen zulezt hoͤren wollte!
Und warum, meine Sophie? Sieht man es denn dieſer kindiſchen Fuͤhrung des Zepters nicht an, daß wir nur fuͤr das Gaͤngelband tau - gen? Sahſt du es denn dieſem launiſchen Flatter - ſinn nicht an — dieſen wilden Ergoͤzungen nicht an, daß ſie nur wildere Wuͤnſche in meiner Bruſt uͤber - lermen ſollten?
Lady?
Befriedige dieſe! Gib mir den Mann, den ich jezt denke — den ich anbete — ſterben, Sophie, oder beſizen muß
Laß mich aus ſeinem Mund es vernehmen, daß Traͤnen der Liebe ſchoͤner glaͤnzen in unſern Augen, als die Brillanten in unſerm Haar
und ich werfe dem Fuͤrſten ſein Herz und ſein Fuͤrſtenthum vor die Fuͤße, fliehe mit dieſem Mann, fliehe in die entle - genſte Wuͤſte der Welt — —
C 3Sophie. 38Himmel! was machen Sie? Wie wird Ihnen Lady?
Du entfaͤrbſt dich? — — — Hab ich vielleicht etwas zu viel geſagt? — O ſo laß mich deine Zunge mit meinem Zutrauen binden — hoͤre noch mehr — hoͤre alles —
Ich fuͤrchte Milady — ich fuͤrchte — ich brauch es nicht mehr zu hoͤren.
Die Verbindung mit dem Major — Du und die Welt ſtehen im Wahn, ſie ſei eine Hof - kabale — Sophie — erroͤthe nicht — ſchaͤme dich meiner nicht — ſie iſt das Werk — meiner Liebe.
Bei Gott! Was mir ahndete!
Sie ließen ſich beſchwazen, Sophie — der ſchwache Fuͤrſt — der hofſchlaue Walter — der alberne Marſchall — Jeder von ihnen wird darauf ſchwoͤren, daß dieſe Heurath das unfehlbarſte Mittel ſei, mich dem Herzog zu retten, unſer Band um ſo feſter zu knuͤpfen. — — — Ja! es auf ewig zu tren - nen! auf ewig dieſe ſchaͤndliche Ketten zu brechen! — Belogene Luͤgner! Von einem ſchwachen Weib uͤberliſtet! — Ihr ſelbſt fuͤhrt mir jezt meinen Ge - liebten zu. Das war es ja nur was ich wollte — Hab ich ihn einmal — hab ich ihn — o dann auf immer gute Nacht abſcheuliche Herrlichkeit —
Seine Durchlaucht der Her - zog empfehlen Sich Milady zu Gnaden, und ſchiken Ihnen dieſe Brillanten zur Hochzeit. Sie kommen ſo eben erſt aus Venedig.
Menſch! was bezahlt dein Herzog fuͤr dieſe Steine?
Sie ko - ſten ihn keinen Heller.
Was? Biſt du raſend? Nichts: — und
du wirfſt mir ja einen Blik zu, als wenn du mich durch - bohren wolteſt — Nichts koſten ihn dieſe unermeß - lich koſtbaren Steine?
Geſtern ſind ſiebentauſend Landskinder nach Amerika fort — Die zahlen alles.
Mann, was iſt dir? Ich glaube, du weinſt?
Edelſteine wie dieſe da — Ich hab auch ein paar Soͤhne drunter.
Doch keinen Gezwungenen?
O Gott — Nein — lauter Freiwillige. Es traten wol ſo etliche vorlaute Burſch 'vor die Front heraus, und fragten den Oberſten, wie theuer der Fuͤrſt das Joch Men - ſchen verkaufe? — aber unſer gnaͤdigſter Landesherr lies alle Regimenter auf dem Paradeplaz aufmar - ſchieren, und die Maulaffen niederſchießen. Wir hoͤrten die Buͤchſen knallen, ſahen ihr Gehirn auf das Pflaſter ſpruͤzen, und die ganze Armee ſchrie: Juchhe nach Amerika! —
Gott! Gott! — Und ich hoͤrte nichts? Und ich merkte nichts?
Ja gnaͤdige Frau — warum mußtet Ihr denn mit unſerm Herrn gerad auf die Baͤrenhaz reiten, als man den Lermen zum Aufbruch ſchlug? — Die Herrlichkeit haͤttet Ihr doch nicht verſaͤumen ſollen, wie uns die gellenden Trommeln verkuͤndigten, es iſt Zeit, und heulende Waiſen dort einen lebendigen Vater verfolgten, und hier eine wuͤtende Mutter lief, ihr ſaugendes Kind an Bajo - neten zu ſpießen, und wie man Braͤutigam und Braut mit Saͤbelhieben auseinander riſſ, und wir Graubaͤrte verzweiflungsvoll da ſtanden, und den Burſchen auch zulezt die Kruͤken noch nachwarfen in die neue Welt — Oh, und mitunter das polternde Wirbelſchlagen, damit der Allwiſſende uns nicht ſolte beten hoͤren —
Weg mit die - ſen Steinen — ſie blizzen Hoͤllenflammen in mein Herz
Maͤßige dich armer alter Mann. Sie werden wieder kommen. Sie werden ihr Vaterland wieder ſehen.
Das weiß der Himmel! Das werden Sie! — Noch am Stadt - thor drehten ſie ſich um, und ſchrieen: „ Gott mit Euch, Weib und Kinder — Es leb unſer Landesvater — am juͤngſten Gericht ſind wir wieder da! „ —
Abſcheulich! Fuͤrchterlich! — Mich beredete man, ich habe ſie alle getroknet die Traͤnen des Landes — Schreklich, ſchreklich gehen mir die Augen auf — Geh du — Sag deinem Herrn — Ich werd ihm perſoͤnlich danken
Und das nimm, weil du mir Wahrheit ſagteſt —
Legts zu dem uͤbrigen.
Sophie, ſpring ihm nach, frag ihn um ſeinen Namen. Er ſoll ſeine Soͤhne wieder haben.
Gieng nicht juͤngſt ein Geruͤchte, daß das Feuer eine Stadt an der Grenze verwuͤſtet, und bei vierhundert Fa - milien an den Bettelſtab gebracht habe?
Wie kommen Sie auf das? Aller - dings iſt es ſo, und die mehreſten dieſer UngluͤklichenC 5dienen42dienen jezt ihren Glaͤubigern als Sklaven, oder ver - derben in den Schachten der fuͤrſtlichen Silberberg - werke.
Was befehlen Milady?
Daß das ohne Verzug in die Landſchaft gebracht werde! — Man ſoll es ſogleich zu Geld machen, befehl ich, und den Gewinſt davon unter die Vierhundert vertheilen, die der Brand ruiniert hat.
Milady, bedenken Sie, daß Sie die hoͤchſte Ungnade wagen.
Soll ich den Fluch ſeines Landes in meinen Haaren tragen?
Oder wilſt du, daß ich unter dem ſchreklichen Geſchirr ſolcher Traͤnen zu Boden ſinke? — Geh Sophie — Es iſt beſſer falſche Ju - weelen im Haar, und das Bewußtſeyn dieſer That im Herzen zu haben.
Aber Juweelen, wie dieſe! Haͤtten Sie nicht Ihre ſchlechtern nehmen koͤnnen. Nein wahrlich Milady! Es iſt Ihnen nicht zu vergeben.
Naͤrriſches Maͤdchen! Dafuͤr werden in einem Augenblik mehr Brillanten und Perlen fuͤr mich fallen, als zehen Koͤnige in ihren Diademen ge - tragen, und ſchoͤnere —
Major von Wal - ter —
Gott! Sie verblaſſen —
Der erſte Mann der mir Schreken macht — Sophie — Ich ſei unpaͤßlich Eduard — Halt — Iſt er aufgeraͤumt? Lacht er? Was ſpricht er? O Sophie! Nicht wahr, ich ſehe haͤßlich aus?
Ich bitte Sie Lady —
Befehlen Sie, daß ich ihn abweiſe?
Er ſoll mir willkommen ſeyn.
Sprich Sophie — Was ſag ich ihm? Wie empfang ich ihn? — Ich werde ſtumm ſeyn. — Er wird meiner Schwaͤche ſpotten — Er wird — o was ahndet mir — Du verlaͤſſeſt mich Sophie? — Bleib — Doch nein! Gehe! — So bleib doch.
Sammeln Sie ſich. Er iſt ſchon da.
Wenn ich Sie worinn unterbreche, gnaͤdige Frau —
In nichts, Herr Major, das mir wichtiger waͤre.
Ich komme auf Befehl meines Vaters.
Ich bin ſeine Schuldnerin.
Und ſoll Ihnen melden, daß wir uns heurathen — So weit der Auftrag meines Vaters.
Nicht Ihres ei - genen Herzens?
Miniſter und Kuppler pflegen das niemals zu fragen.
Und Sie Selbſt haͤtten ſonſt nichts beizu - ſezen?
Noch ſehr viel, Milady.
Darf ich Ihnen dieſen Sofa anbieten?
Ich werde kurz ſeyn, Milady.
Nun?
Ich bin ein Mann von Ehre.
Den ich zu ſchaͤzen weis.
Kavalier.
Kein beßrer im Herzogthum.
Und Offizier.
Sie beruͤhren hier Vor - zuͤge, die auch andere mit Ihnen gemein haben. Warum verſchweigen Sie groͤſere, worin Sie ein - zig ſind?
Hier brauch ich ſie nicht.
Aber fuͤr was muß ich dieſen Vorbericht nehmen?
Fuͤr den Einwurf der Ehre, wenn Sie Luſt haben ſolten, meine Hand zu erzwingen.
Was iſt das Herr Major?
Die Sprache meines Her - zens — meines Wappens — und dieſes Degens.
Dieſen Degen gab Ihnen der Fuͤrſt.
Der Staat gab mir ihn, durch die Hand des Fuͤrſten — Mein Herz Gott — mein Wappen ein halbes Jahrtauſend.
Der Name des Herzogs —
Kann der Herzog Geſeze der Menſchheit verdrehen, oder Handlungen muͤnzen, wie ſeine Dreier? — Er ſelbſt iſt nicht uͤber die Ehre erhaben, aber er kann ihren Mund mit ſeinem Golde verſtopfen. Er kann den Hermelin uͤber ſei - ne Schande herwerfen. Ich bitte mir aus, davon nichts mehr Milady — Es iſt nicht mehr die Rede von weggeworfenen Ausſichten und Ahnen — oder von dieſer Degenquaſte — oder von der Meinung der Welt. Ich bin bereit, dis alles mit Fuͤßen zu treten, ſobald Sie mich nur uͤberzeugt haben werden, daß der Preiß nicht ſchlimmer noch als das Opfer iſt.
Herr Ma - jor! Das hab ich nicht verdient.
Vergeben Sie. Wir reden hier ohne Zeugen. Der Umſtand, der Sie und mich — heute und nie mehr — zuſammen fuͤhrt, berechtigt mich, zwingt mich, Ihnen mein geheimſtes Gefuͤhl nicht zuruͤk zu halten. — — — Es will mir nicht zu Kopfe, Milady, daß eine Damevon46von ſo viel Schoͤnheit und Geiſt — Eigenſchaften, die ein Mann ſchaͤzen wuͤrde — ſich an einen Fuͤrſten ſollte wegwerfen koͤnnen, der nur das Geſchlecht an Ihr zu bewundern gelernt hat, wenn ſich dieſe Dame nicht ſchaͤmte, vor einen Mann mit ihrem Herzen zu treten.
Reden Sie ganz aus.
Sie nennen ſich eine Brittin. Er - lauben Sie mir — ich kann es nicht glauben, daß Sie eine Brittin ſind. Die freigeborene Tochter des freieſten Volks unter dem Himmel — das auch zu ſtolz iſt, fremder Tugend zu raͤuchern, — kann ſich nimmermehr an fremdes Laſter verdingen. Es iſt nicht moͤglich, daß Sie eine Brittin ſind, — oder das Herz dieſer Brittin muß um ſo viel kleiner ſeyn, als groͤßer und kuͤhner Britanniens Adern ſchlagen.
Sind Sie zu Ende?
Man koͤnnte antworten, es iſt weibliche Eitelkeit — Leidenſchaft — Temperament — Hang zum Vergnuͤgen. Schon oͤfters uͤberlebte Tugend die Ehre. Schon manche, die mit Schan - de in dieſe Schranke trat, hat nachher die Welt durch edle Handlungen mit ſich ausgeſoͤhnt, und das haͤßliche Handwerk durch einen ſchoͤnen Gebrauch ge - adelt — — — Aber woher denn jezt dieſe ungeheure Preſſung des Landes, die vorher nie ſo geweſen? — Das war im Namen des Herzogthums. — Ich bin zu Ende.
Es iſt das er - ſtemal, Walter, daß ſolche Reden an mich gewagt werden, und Sie ſind der einige Menſch, dem ich darauf antworte — — Daß Sie meine Hand verwer - fen, darum ſchaͤz ich Sie. Daß Sie mein Herz laͤ - ſtern, vergebe ich Ihnen. Daß es Ihr Ernſt iſt, glaube ich Ihnen nicht. Wer ſich herausnimmt, Be - leidigungen dieſer Art einer Dame zu ſagen, die nicht mehr als eine Nacht braucht, ihn ganz zu ver - derben, muß dieſer Dame eine große Seele zu - trauen, oder — — von Sinnen ſeyn — — Daß Sie den Ruin des Landes auf meine Bruſt waͤlzen, vergebe Ihnen Gott der Allmaͤchtige, der Sie und Mich und den Fuͤrſten einſt gegeneinander ſtellt. — — Aber Sie haben die Englaͤnderin in mir aufgefo - dert, und auf Vorwuͤrfe dieſer Art muß mein Va - terland Antwort haben.
Ich bin begierig.
Hoͤren Sie alſo, was ich, außer Ihnen, noch niemand vertraute, noch jemals einem Men - ſchen vertrauen will. — — — Ich bin nicht die Aben - theurerin, Walter, fuͤr die Sie mich halten. Ich koͤnnte groß thun und ſagen: Ich bin fuͤrſtlichen Ge - bluͤts — — aus des ungluͤklichen Thomas Norfolks Ge - ſchlechte, der fuͤr die ſchottiſche Maria ein Opfer war — Mein Vater, des Koͤnigs oberſter Kaͤmme - rer wurde bezuͤchtigt, in verraͤthriſchem Vernehmen mit Frankreich zu ſtehen, durch einen Spruch derParla -48Parlamente verdammt, und enthauptet. — Alle unſre Guͤter fielen der Krone zu. Wir ſelbſt wurden des Landes verwieſen. Meine Mutter ſtarb am Tage der Hinrichtung. Ich — — ein vierzehenjaͤhriges Maͤd - chen — flohe nach Teutſchland mit meiner Waͤrterin — einem Kaͤſtchen Juweelen — und dieſem Fami - lienkreuz, das meine ſterbende Mutter mit ihrem lezten Seegen mir in den Buſen ſtekte.
Krank — — ohne Namen — — ohne Schuz und Vermoͤ - gen — eine auslaͤndiſche Wayſe kam ich nach Ham - burg. Ich hatte nichts gelernt, als das Bischen Franzoͤſiſch — ein wenig Filet, und den Fluͤgel — deſto beſſer verſtund ich auf Gold und Silber zu ſpei - ſen, unter damaſtenen Deken zu ſchlafen, mit einem Wink zehen Bediente fliegen zu machen, und die Schmeicheleien der Großen Ihres Geſchlechts aufzu - nehmen. — Sechs Jahre waren ſchon hingeweint. — Die lezte Schmuknadel flog dahin — Meine Waͤrterin ſtarb — — — und jezt fuͤhrte mein Schikſal Ihren Herzog nach Hamburg. Ich ſpazierte damals an den Ufern der Elbe, ſah in den Strom, und fieng eben an zu phantaſieren, ob dieſes Waſſer oder mein Leiden das tiefſte waͤre? — — Der Herzog ſah mich, verfolgte mich, fand meinen Aufenthalt, — lag zu meinen Fuͤßen, und ſchwur, daß er mich liebe.
Alle Bilder meiner gluͤkli -chen49chen Kindheit wachten jezt wieder mit verfuͤhrendem Schimmer auf — Schwarz wie das Grab grau’te mich eine troſtloſe Zukunft an — Mein Herz brann - te nach einem Herzen — Ich ſank an das ſeinige
Jezt verdammen Sie mich!
Lady! o Himmel! Was hoͤr ich? Was that ich? — — Schreklich enthuͤllt ſich mein Frevel mir. Sie koͤnnen mir nicht mehr vergeben.
Hoͤren Sie weiter. Der Fuͤrſt uͤberraſchte zwar meine wehrloſe Jugend — aber das Blut der Norfolk empoͤrte ſich in mir: Du eine geborene Fuͤrſtin, Emilie, rief es, und jezt eines Fuͤrſten Konkubine? — Stolz und Schikſal kaͤmpften in mei - ner Bruſt, als der Fuͤrſt mich hieher brachte, und auf einmal die ſchauderndſte Szene vor meinen Au - gen ſtand. — Die Wolluſt der Großen dieſer Welt iſt die nimmer ſatte Hyaͤne, die ſich mit Heißhunger Opfer ſucht. — Fuͤrchterlich hatte ſie ſchon in dieſem Lande gewuͤtet — hatte Braut und Braͤutigam zer - trennt — hatte ſelbſt der Ehen goͤttliches Band zer - riſſen — — hier das ſtille Gluͤk einer Familie ge - ſchleift — dort ein junges unerfahrnes Herz der verheerenden Peſt aufgeſchloſſen, und ſterbende Schuͤ - lerinnen ſchaͤumten den Namen ihres Lehrers unter Fluͤchen und Zukungen aus — Ich ſtellte mich zwi - ſchen das Lamm und den Tyger; nahm einen fuͤrſt - lichen Eid von ihm in einer Stunde der Leiden -Dſchaft,50ſchaft, und dieſe abſcheuliche Opferung mußte auf - hoͤren.
Nichts mehr Milady! Nicht weiter!
Dieſe traurige Periode hatte einer noch traurigern Plaz gemacht. Hof und Serail wimmel - ten jezt von Italiens Auswurf. Flatterhafte Pari - ſerinnen taͤndelten mit dem furchtbaren Zepter, und das Volk blutete unter ihren Launen — Sie alle er - lebten ihren Tag. Ich ſah ſie neben mir in den Staub ſinken, denn ich war mehr Kokette, als ſie alle. Ich nahm dem Tyrannen den Zuͤgel ab, der wolluͤſtig in meiner Umarmung erſchlappte — dein Vaterland, Walter, fuͤhlte zum erſtenmal eine Men - ſchenhand, und ſank vertrauend an meinen Buſen.
O daß der Mann, von dem ich allein nicht verkannt ſeyn moͤchte, mich jezt zwingen muß, groß zu pralen, und meine ſtille Tugend am Licht der Bewunderung zu verſengen! — Walter, ich habe Kerker geſprengt — habe Todesur - theile zerriſſen, und manche entſezliche Ewigkeit auf Galeeren verkuͤrzt. In unheilbare Wunden hab ich doch wenigſtens ſtillenden Balſam gegoſſen — maͤch - tige Frevler in Staub gelegt, und die verlorne Sache der Unſchuld oft noch mit einer buleriſchen Traͤne gerettet — Ha Juͤngling! wie ſuͤß war mir das! Wie ſtolz konnte mein Herz jede Anklage mei - ner fuͤrſtlichen Geburt widerlegen! — Und jezt kommt der Mann, der allein mir das alles belo -nen51nen ſollte — der Mann, den mein erſchoͤpftes Schik - ſal vielleicht zum Erſaz meiner vorigen Leiden ſchuf — der Mann, den ich mit brennender Sehnſucht im Traum ſchon umfaſſe —
Zuviel! Zuviel! Das iſt wider die Ab - rede, Lady. Sie ſollten ſich von Anklagen reinigen, und machen mich zu einem Verbrecher. Schonen Sie — ich beſchwoͤre Sie — ſchonen Sie meines Herzens, das Beſchaͤmung und wuͤtende Reue zer - reiſſen —
Jezt oder nimmer - mehr. Lange genug hielt die Heldin ſtand — Das Gewicht dieſer Traͤnen muſt du noch fuͤhlen
Hoͤre Walter — wenn eine Ungluͤkliche — unwiderſtehlich allmaͤchtig an Dich gezogen — ſich an Dich preßt mit einem Buſen voll gluͤender unerſchoͤpflicher Liebe, — Walter — und Du jezt noch das kalte Wort Ehre ſprichſt — Wenn dieſe Ungluͤkliche — niedergedruͤkt vom Gefuͤl ihrer Schande — des La - ſters uͤberdruͤßig — heldenmaͤßig empor gehoben vom Rufe der Tugend — ſich ſo — in Deine Arme wirft
Durch Dich gerettet — durch Dich dem Himmel wieder geſchenkt ſeyn will, oder
Deinem Bild zu entfliehen, dem fuͤrchterlichen Ruf der Verzweiflung gehorſam, in noch abſcheulichere Tiefen des Laſters wieder hin - untertaumelt —
Nein, beim großen Gott! Ich kann das nicht aushalten — Lady, ich muß — Himmel und Erde liegen auf mir — ich muß Ihnen ein Ge - ſtaͤndniß thun, Lady.
Jezt nicht! Jezt nicht, bei allem was heilig iſt — In dieſem entſezli - chen Augenblik nicht, wo mein zerriſſenes Herz an tauſend Dolchſtichen blutet — Sey‘s Tod oder Leben — ich darf es nicht — ich will es nicht hoͤren.
Doch, doch beſte Lady. Sie muͤſſen es. Was ich Ihnen jezt ſagen werde, wird meine Strafbarkeit mindern, und eine warme Abbitte des Vergangenen ſeyn — Ich habe mich in Ihnen betro - gen, Milady. Ich erwartete — ich wuͤnſchte, Sie meiner Verachtung wuͤrdig zu finden. Feſt entſchloſ - ſen Sie zu beleidigen, und Ihren Haß zu verdienen, kam ich her — Gluͤklich wir beide, wenn mein Vor - ſaz gelungen waͤre!
Ich liebe Milady — liebe ein buͤrgerliches Maͤdchen — Louiſen Millerin — eines Muſikus Tochter.
Ich weiß, worein ich mich ſtuͤr - ze; aber wenn auch Klugheit die Leidenſchaft ſchwei - gen heißt, ſo redet die Pflicht deſto lauter — Ich bin der Schuldige. Ich zuerſt zerriß ihrer Unſchuld gol - denen Frieden — wiegte ihr Herz mit vermeſſenen Hoffnungen, und gab es verraͤtheriſch der wilden Leidenſchaft Preiß. — Sie werden mich an Stand— an53— an Geburt — an die Grundſaͤze meines Vaters erinnern — aber ich liebe — Meine Hoffnung ſteigt um ſo hoͤher, je tiefer die Natur mit Konvenienzen zerfallen iſt. — Mein Entſchluß und das Vorur - theil! — Wir wollen ſehen, ob die Mode oder die Menſchheit auf dem Plaz bleiben wird.
Sie wolten mir etwas ſagen, Milady?
Nichts Herr von Walter! Nichts, als daß ſie Sich und Mich und noch eine Dritte zu Grund richten.
Noch eine Dritte?
Wir koͤnnen miteinander nicht gluͤklich werden. Wir muͤßen doch der Voreiligkeit Ihres Vaters zum Opfer werden. Nimmermehr werd ich das Herz eines Mannes haben, der mir ſeine Hand nur gezwungen gab.
Gezwungen Lady? Gezwungen gab? und alſo doch gab? Koͤnnen Sie eine Hand ohne Herz erzwingen? Sie einem Maͤdchen den Mann entwenden, der die ganze Welt dieſes Maͤd - chens iſt? Sie einen Mann von dem Maͤdchen reiſ - ſen, das die ganze Welt dieſes Mannes iſt? Sie Milady — vor einem Augenblik die bewundernſ - wuͤrdige Brittin? — Sie koͤnnen das?
Weil ich es muß.
Meine Leidenſchaft, Walter, weicht meiner Zaͤrtlich -D 3keit54keit fuͤr Sie. Meine Ehre kanns nicht mehr — Unſre Verbindung iſt das Geſpraͤch des ganzen Lan - des. Alle Augen, alle Pfeile des Spotts ſind auf mich geſpannt. Die Beſchimpfung iſt unausloͤſchlich, wenn ein Unterthan des Fuͤrſten mich ausſchlaͤgt. Rechten Sie mit Ihrem Vater. Wehren Sie ſich ſo gut Sie koͤnnen. — Ich laß alle Minen ſprengen.
Ich habs ja zuvor geſagt!
Was, Vater, Was?
Meinen Staatsrok her — hurtig — ich muß ihm zuvorkom - men — und ein weiſſes Manſchettenhemd! — Das hab ich mir gleich eingebildet!
Um Gotteswillen! Was?
Was gibts denn? Was iſts denn?
Nur gleich zum Friſeur das! — Was es gibt?
Und mein Bart iſt auch wieder Fingerslang — Was es gibt? — Was wirds geben,du55du Rabenaas? — Der Teufel iſt los, und dich ſoll das Wetter ſchlagen.
Da ſehe man! Ueber mich muß gleich alles kommen.
Ueber dich? Ja blaues Donnermaul und uͤber wen anders? Heute fruͤh mit deinem dia - boliſchen Junker — Hab ichs nicht im Moment ge - ſagt? — Der Wurm hat geplaudert.
Ah was! Wie kannſt du das wiſſen?
Wie kann ich das wiſſen? — Da! — unter der Hausthuͤre ſpukt ein Kerl des Miniſters, und fragt nach dem Geiger.
Ich bin des Todes.
Du aber auch mit deinen Vergißmeinnichts - augen
Das hat ſeine Richtigkeit, wem der Teufel ein Ey in die Wirthſchaft gelegt hat, dem wird eine huͤbſche Tochter geboren — Jezt hab ichs blank!
Woher weißt du denn, daß es der Louiſe gilt? — Du kannſt dem Herzog rekommendirt wor - den ſeyn. Er kann dich ins Orcheſter verlangen.
Daß dich der Schwefelregen von Sodom! — Orcheſter! — Ja, wo du Kupplerin den Diskant wirſt heulen, und mein blauer Hinterer den Konterbaß vorſtellen.
Gott im Himmel!
Mutter! Vater! Warum wird mir auf einmal ſo bange?
Aber ſoll mir der Dintenklekſer einmal in den Schuß laufen? Soll er mir laufen? — Es ſei in dieſer oder in jener Welt — Wenn ich ihm nicht Leib und Seele brey - weich zuſammen dreſche, alle zehen Gebote und alle ſieben Bitten im Vaterunſer, und alle Buͤcher Moſis und der Propheten aufs Leder ſchreibe, daß man die blaue Fleken bei der Auferſtehung der Toden noch ſehen ſoll —
Ja! fluch du und poltre du! Das wird jezt den Teufel bannen. Hilf heiliger Herregott! Wohinaus nun? Wie werden wir Rath ſchaffen? Was nun anfangen? Vater Miller, ſo rede doch!
Auf der Stell zum Miniſter will ich. Ich zuerſt will mein Maul aufthun — Ich ſelbſt will es angeben. Du haſt es vor mir gewußt. Du haͤt - teſt mir einen Wink geben koͤnnen. Das Maͤdel haͤtt ſich noch weiſen laſſen. Es waͤre noch Zeit geweſen — aber Nein! — Da hat ſich was makeln laſſen; da hat ſich was fiſchen laſſen! Da haſt du noch Holz obendrein zugetragen! — Jezt ſorg auch fuͤr deinen Kuppelpelz. Friß aus, was du einbrokteſt. Ich nehme meine Tochter in Arm, und marſch mit ihr uͤber die Graͤnze.
War mein Vater da?
Sein Vater! allmaͤchtiger Gott!
Der Praͤ - ſident! Es iſt aus mit uns!
Gottlob! Gott - lob! Da haben wir ja die Beſcheerung!
Mein biſt du, und waͤrfen Hoͤll 'und Himmel ſich zwiſchen uns.
Mein Tod iſt gewis — Rede weiter — Du ſprachſt einen ſchreklichen Namen aus — dein Vater?
Nichts. Nichts. Es iſt uͤberſtan - den. Ich hab dich ja wieder. Du haſt mich ja wie - der. O laß mich Athem ſchoͤpfen an dieſer Bruſt. Es war eine ſchrekliche Stunde.
Welche? Du toͤdeſt mich!
Eine Stunde, Louiſe, wo zwiſchen mein Herz und Dich eine fremde Geſtalt ſich warf — wo meine Liebe vorD 5meinem58meinem Gewiſſen erblaßte — wo meine Louiſe auf - hoͤrte, Ihrem Ferdinand alles zu ſeyn — —
Nein! Nimmermehr! Unmoͤglich Lady! Zuviel verlangt! Ich kann Dir dieſe Unſchuld nicht opfern — Nein beim unendli - chen Gott! ich kann meinen Eid nicht verlezen, der mich laut wie des Himmels Donner aus dieſem bre - chenden Auge mahnt — Lady blik hieher — hieher du Rabenvater — Ich ſoll dieſen Engel wuͤrgen? Die Hoͤlle ſoll ich in dieſen himmliſchen Buſen ſchuͤt - ten?
Ich will ſie fuͤh - ren vor des Weltrichters Tron, und ob meine Liebe Verbrechen iſt, ſoll der Ewige ſagen.
Faſſe Muth meine Theuerſte! — Du haſt gewonnen. Als Sieger komm ich aus dem gefaͤhrlichſten Kampf zuruͤk.
Nein! Nein! Verhehle mir nichts. Sprich es aus das entſezliche Urtheil. Deinen Va - ter nannteſt du? Du nannteſt die Lady? — Schauer des Todes ergreifen mich — Man ſagt, ſie wird heiraten.
Mich, Ungluͤkſelige!
Nun — was erſchrek ich denn? — Der alte Mann dort hat mirs ja oft geſagt — ich hab es ihm nie glauben wollen
Vater, hier iſt deine Tochter wieder — Verzeihung Vater — Dein Kind kann ja nicht dafuͤr, daß die - ſer Traum ſo ſchoͤn war, und — — ſo fuͤrchterlich jezt das Erwachen — —
Louiſe! Louiſe! — O Gott ſie iſt von ſich — Meine Tochter, mein armes Kind — Fluch uͤber den Verfuͤhrer! — Fluch uͤber das Weib, das ihm kuppelte!
Ver - dien ich dieſen Fluch, meine Tochter? Vergebs Ih - nen Gott, Baron — Was hat dieſes Lamm ge - than, daß Sie es wuͤrgen?
Aber ich will ſeine Kabalen durchboren — durchreiſſen will ich alle dieſe eiſerne Ketten des Vor - urtheils — Frei wie ein Mann will ich waͤhlen, daß dieſe Inſektenſeelen am Rieſenwerk meiner Liebe hin - aufſchwindeln
Bleib! Bleib! Wohin willſt du? — Vater — Mutter — in dieſer bangen Stunde verlaͤßt er uns?
Der Praͤſident wird hieher kommen — Er wird unſerKind60Kind mishandeln — Er wird uns mishandeln — Herr von Walter, und Sie verlaſſen uns?
Verlaͤßt uns! Frei - lich! Warum nicht? — Sie gab ihm ja alles hin!
Geduld Herr! der Weg aus meinem Hauſe geht nur uͤber Dieſe da — Erwarte erſt dei - nen Vater, wenn du kein Bube biſt — Erzaͤhl es ihm, wie du dich in ihr Herz ſtahlſt, Betruͤger, oder bei Gott
Du ſollſt mir zuvor dieſen wimmern - den Wurm zertreten, den Liebe zu Dir ſo zu Schan - den richtete.
Zwar die Gewalt des Praͤſidenten iſt gros — Vaterrecht iſt ein weites Wort — der Frevel ſelbſt kann ſich in ſeinen Falten verſteken — er kann es weit damit treiben — Weit! — Doch aufs aͤuſer - ſte treibts nur die Liebe — Hier Louiſe! Deine Hand in die meinige
So wahr mich Gott im lezten Hauch nicht verlaſſen ſoll! — Der Augenblik, der dieſe zwo Haͤnde trennt, zerreißt auch den Faden zwiſchen Mir und der Schoͤpfung.
Mir wird bange! Blik weg! Deine Lippen beben. Dein Auge rollt fuͤrchterlich —
Nein Louiſe. Zittre nicht. Es iſt nicht Wahnſinn was aus mir redet. Es iſt das koͤſtliche Geſchenk des Himmels, Entſchluß in dem geltenden Augenblik, wo die gepreßte Bruſt nur durchetwas61etwas Unerhoͤrtes ſich Luft macht — Ich liebe dich Louiſe — Du ſollſt mir bleiben, Louiſe — Jezt zu meinem Vater
Da iſt er ſchon.
Im Hauſe der Unſchuld.
Wo der Sohn Gehorſam gegen den Vater lernt?
Laſſen Sie uns das — —
Er iſt der Vater?
Stadtmuſikant Miller.
Sie die Mutter?
Ach ja! die Mutter.
Vater, bring er die Tochter weg — Sie droht eine Ohnmacht.
Ueberfluͤßige Sorgfalt. Ich will ſie anſtreichen
Wie lang kennt Sie den Sohn des Praͤſidenten?
Dieſem habe ich nie nachgefragt. Fer - dinand von Walter beſucht mich ſeit dem November.
Betet ſie an.
Erhielt Sie Verſicherungen?
Vor wenig Augenbliken die feier - lichſte im Angeſicht Gottes.
Zur Beichte deiner Thorheit wird man dir ſchon das Zeichen geben
Ich warte auf Antwort.
Er ſchwur mir Liebe.
Und wird ſie halten.
Muß ich befehlen, daß du ſchweigſt? — Nahm Sie den Schwur an?
Ich erwiederte ihn.
Der Bund iſt geſchloſſen.
Ich werde das Echo hinauswerfen laſſen
Aber er bezahlte Sie doch jederzeit baar?
Dieſe Frage verſtehe ich nicht ganz.
Nicht? Nun! ich meyne nur — Jedes Handwerk hat, wie man ſagt, ſeinen goldenen Boden — auch Sie, hoff ich, wird ihre Gunſt nicht verſchenkt haben — oder wars Ihr vielleicht mit dem bloſen Verſchluß ge - dient? Wie?
Hoͤlle! was war das?
Herr von Walter, jezt ſind Sie frei.
Vater! Ehrfurcht befiehlt die Tu - gend auch im Bettlerkleid.
Eine luſtige Zumu - tung! Der Vater ſoll die Hure des Sohns re - ſpektiren.
O Himmel und Erde!
Vater! Sie hatten ein - mal ein Leben an mich zu fodern — Es iſt bezahlt
Der Schuldbrief der kindli - chen Pflicht liegt zerriſſen da —
Ewr Exzellenz — Das Kind iſt des Va - ters Arbeit — Halten zu Gnaden — Wer das Kind eine Maͤhre ſchilt, ſchlaͤgt den Vater an's Ohr, und Ohrfeig um Ohrfeig — Das iſt ſo Tax bei uns — Halten zu Gnaden.
Hilf Herr und Heiland! — Jezt bricht auch der Alte los — uͤber unſerm Kopf wird das Wetter zuſammenſchlagen.
Regt ſich der Kuppler auch? — Wir ſprechen uns gleich Kuppler.
Halten zu Gnaden. Ich heiſſe Miller, wenn Sie ein Adagio hoͤren wollen — mit Buhl -ſchaften64ſchaften dien ich nicht. So lang der Hof da noch Vorrath hat, kommt die Lieferung nicht an uns Buͤrgersleut '. Halten zu Gnaden.
Um des Himmels willen, Mann! Du bringſt Weib und Kind um.
Sie ſpielen hier eine Rolle mein Vater, wobei Sie ſich wenigſtens die Zeugen haͤt - ten erſparen koͤnnen.
Teutſch und verſtaͤndlich. Halten zu Gnaden. Ewr Exzel - lenz ſchalten und walten im Land. Das iſt meine Stube. Mein devoteſtes Kompliment, wenn ich dermaleins ein pro memoria bringe, aber den un - gehobelten Gaſt werf ich zur Thuͤr hinaus — Halten zu Gnaden.
Was? — Was iſt das?
Das war nur ſo meine Meynung, Herr — Halten zu Gnaden.
Ha Spizbube! In's Zuchthaus ſpricht dich deine vermeſſene Meynung — Fort! Man ſoll Gerichtsdiener hohlen
Vater ins Zuchthaus — an den Pran - ger, Mutter und Maͤtze von Tochter! — Die Ge - rechtigkeit ſoll meiner Wut ihre Arme borgen. Fuͤr dieſen Schimpf muß ich ſchrekliche Genugthuung ha - ben — Ein ſolches Geſindel ſolte meine Plane zer -ſchlagen,65ſchlagen, und ungeſtraft Vater und Sohn aneinan - der hezen? — Ha Verfluchte! Ich will meinen Haß an eurem Untergang ſaͤttigen, die ganze Brut, Vater, Mutter und Tochter, will ich meiner bren - nenden Rache opfern.
O nicht doch! Seyd auſſer Furcht! Ich bin zugegen
Keine Uebereilung mein Vater! Wenn Sie ſich ſelbſt lieben, keine Gewalthaͤtigkeit — Es gibt eine Ge - gend in meinem Herzen, worinn das Wort Vater noch nie gehoͤrt worden iſt — Dringen Sie nicht bis in dieſe.
Nichtswuͤrdiger! Schweig! Reize meinen Grimm nicht noch mehr.
Schau du nach deinem Kinde, Frau. Ich laufe zum Herzog. Der Leibſchneider — das hat mir Gott eingeblaſen! — Der Leibſchneider lernt die Floͤte bei mir. Es kann mir nicht fehlen beim Herzog
Beim Herzog ſagſt du? — Haſt du vergeſſen, daß ich die Schwelle bin, woruͤber du ſpringen oder den Hals brechen muſt? — Beim Herzog du Dummkopf? — Verſuch 'es, wenn du, lebendig todt, eine Thurmhoͤhe tief, unter dem Bo - den im Kerker liegſt, wo die Nacht mit der Hoͤlle liebaͤugelt, und Schall und Licht wieder umkehren,Eraßle66raßle dann mit deinen Ketten und wimmre: Mir iſt zuviel geſchehen!
Louiſe! Hilfe! Rettung! Der Schreken uͤberwaͤltigte ſie.
Legt Hand an im Namen des Herzogs — Weg von der Maͤze, Junge — Ohnmaͤchtig oder nicht — Wenn ſie nur erſt das eiſerne Halsband um hat, wird man ſie ſchon mit Steinwuͤrfen auf - weken.
Erbarmung Ihro Exzellenz! Erbarmung! Erbarmung!
Knie vor Gott alte Heulhure, und nicht vor — — Schel - men, weil ich ja doch ſchon ins Zuchthaus muß.
Du kannſt dich verrechnen, Bube. Es ſtehen noch Galgen leer
Muß ich es noch einmal ſagen?
Wer will was?
Wag es, ſie anzuruͤhren, wer nicht auch die Hirn - ſchale an die Gerichte vermiethet hat
Schonen Sie Ihrer ſelbſt. Treiben Sie mich nicht weiter mein Vater.
Wenn euch euer Brod lieb iſt, Memmen —
Tod und alle Teufel! Ich ſage: Zuruͤk — Noch einmal. Haben Sie Erbarmen mit ſich ſelbſt. Treiben Sie mich nicht aufs aͤuſerſte, Vater.
Iſt das euer Dienſteifer, Schurken?
Wenn es denn ſeyn muß
ſo verzeih mir, Gerechtigkeit!
Ich will doch ſehen, ob auch ich dieſen Degen fuͤhle
Vater, Vater, Sie machen hier ein beiſſendes Pasquill auf die Gottheit, die ſich ſo uͤbel auf ihre Leute verſtund, und aus vollkommenen Henkersknech - ten ſchlechte Miniſter machte.
Fort mit ihr!
Vater, ſie ſoll an den Pranger ſtehn, aber mit dem Major, des Praͤſidenten Sohn — Beſtehen Sie noch darauf?
Deſto poßierlicher wird das Spekta - kel — Fort!
Vater! ich werfe meinen Offiziers - Degen auf das Maͤdchen — Beſtehen Sie noch darauf?
Das Port d'Epee iſt an Deiner Seite des Prangerſtehens gewohnt worden — Fort! Fort! Ihr wißt meinen Willen.
Vater! Eh Sie meine Gemahlin be - ſchimpfen, durchſtoß ich ſie — Beſtehen Sie noch darauf?
Thu es, wenn deine Klinge auch ſpizig iſt.
Du Allmaͤchtiger biſt Zeuge! Kein menſchliches Mittel lies ich unverſucht — ich muß zu einem teufliſchen ſchreiten — Ihr fuͤhrt ſie zum Pranger fort, unterdeſſen
erzaͤhl 'ich der Reſidenz eine Geſchichte, wie man Praͤſident wird
Was iſt das? — Ferdinand — Laßt ſie ledig
Der Streich war verwuͤnſcht.
Wie ich befuͤrchtete gnaͤdiger Herr. Zwang erbittert die Schwaͤrmer immer, aber be - kehrt ſie nie.
Ich hatte mein beſtes Vertrauen in dieſen Anſchlag geſezt. Ich urtheilte ſo: Wenn das Maͤdchen beſchimpft wird, muß er, als Offizier, zuruͤktreten.
Ganz vortreflich. Aber zum Be - ſchimpfen haͤtt 'es auch kommen ſollen.
Und doch — wenn ich es jezt mit kaltem Blut uͤberdenke — Ich haͤtte mich nicht ſollen eintreiben laſſen. Es war eine Drohung, woraus er wol nimmermehr Ernſt gemacht haͤtte.
Das denken Sie ja nicht. Der gereiz - ten Leidenſchaft iſt keine Thorheit zu bunt. Sie ſa - gen mir, der Herr Major habe immer den Kopf zu ihrer Regierung geſchuͤttelt. Ich glaubs. Die Grundſaͤze, die er aus Akademien hieherbrachte, wollten mir gleich nicht recht einleuchten. Was ſol -E 3ten70ten auch die fantaſtiſchen Traͤumereien von Seelen - groͤße und perſoͤnlichem Adel an einem Hof, wo die groͤſte Weisheit diejenige iſt, im rechten Tempo, auf eine geſchikte Art, Gros und Klein zu ſeyn. Er iſt zu jung und zu feurig, um Geſchmak am langſamen krummen Gang der Kabale zu finden, und nichts wird ſeine Ambizion in Bewegung ſezen, als was gros iſt und abenteuerlich.
Aber was wird dieſe wohlweiſe Anmerkung an unſerm Handel verbeſſern?
Sie wird Ewr. Exzellenz auf die Wun - de hin weiſen, und auch vielleicht auf den Verband. Einen ſolchen Karakter — erlauben Sie — haͤtte man entweder nie zum Vertrauten, oder niemals zum Feind machen ſollen. Er verabſcheut das Mit - tel, wodurch Sie geſtiegen ſind. Vielleicht war es bis jezt nur der Sohn, der die Zunge des Verraͤ - thers band. Geben Sie ihm Gelegenheit, jenen rechtmaͤßig abzuſchuͤtteln. Machen Sie ihn durch wie - derholte Stuͤrme auf ſeine Leidenſchaft glauben, daß Sie der zaͤrtliche Vater nicht ſind, ſo dringen die Pflichten des Patrioten bei ihm vor. Ja, ſchon allein die ſeltſame Phantaſie, der Gerechtigkeit ein ſo merkwuͤrdiges Opfer zu bringen, koͤnnte Reiz ge - nug fuͤr ihn haben, ſelbſt ſeinen Vater zu ſtuͤrzen.
Wurm — Wurm — Er fuͤhrt mich da vor einen entſezlichen Abgrund.
Ich will Sie zuruͤkfuͤhren, gnaͤdiger Herr. Darf ich freymuͤtig reden?
Wie ein Verdammter zum Mitverdammten.
Alſo verzeihen Sie — Sie haben, duͤnkt mich, der biegſamen Hofkunſt den ganzen Praͤſidenten zu danken, warum vertrauten Sie ihr nicht auch den Vater an? Ich beſinne mich, mit welcher Offenheit Sie ihren Vorgaͤnger damals zu einer Partie Piquet beredeten, und bey ihm die hal - be Nacht mit freundſchaftlichem Burgunder hinweg - ſchwemmten, und das war doch die naͤmliche Nacht wo die groſe Mine losgehen, und den guten Mann in die Luft blaſen ſolte — Warum zeigten Sie ih - rem Sohne den Feind? Nimmermehr haͤtte dieſer erfahren ſollen, daß ich um ſeine Liebesangelegenheit wiſſe. Sie haͤtten den Roman von Seiten des Maͤdchens unterhoͤlt, und das Herz ihres Sohnes behalten. Sie haͤtten den klugen General geſpielt, der den Feind nicht am Kern ſeiner Truppen faßt, ſondern Spaltungen unter den Gliedern ſtiftet.
Wie war das zu machen?
Auf die einfachſte Art — und die Karten ſind noch nicht ganz vergeben. Unterdruͤken Sie eine Zeitlang, daß Sie Vater ſind. Meſſen Sie ſich mit einer Leidenſchaft nicht, die jeder Wi - ſtand nur maͤchtiger machte — Ueberlaſſen Sie es mir, an ihrem eigenen Feuer den Wurm auszubruͤ - ten, der ſie zerfrißt.
Ich bin begierig.
Ich muͤßte mich ſchlecht auf den Baro - meter der Seele verſtehen, oder der Herr Major iſt in der Eiferſucht ſchreklich, wie in der Liebe. Ma - chen Sie ihm das Maͤdchen verdaͤchtig — — Wahr - ſcheinlich oder nicht. Ein Gran Hefe reicht hin, die ganze Maſſe in eine zerſtoͤrende Gaͤhrung zu jagen.
Aber woher dieſen Gran nehmen?
Da ſind wir auf dem Punkt — Vor allen Dingen, gnaͤdiger Herr, erklaͤren Sie ſich mir, wie viel Sie bei der fernern Weigerung des Majors auf dem Spiel haben — in welchem Grade es ih - nen wichtig iſt, den Roman mit dem Buͤrgermaͤd - chen zu endigen, und die Verbindung mit Lady Milford zu Stand zu bringen?
Kann er noch fragen Wurm? — Mein ganzer Einfluß iſt in Gefahr, wenn die Par - thie mit der Lady zuruͤkgeht, und wenn ich den Ma - jor zwinge, mein Hals.
Jezt haben Sie die Gnade und hoͤren. — Den Herrn Major umſpinnen wir mit Liſt. Gegen das Maͤdchen nehmen wir ihre ganze Gewalt zu Hilfe. Wir diktieren ihr ein Billetdoux an eine dritte Perſon in die Feder, und ſpielen das mit gu - ter Art dem Major in die Haͤnde.
Toller Einfall! Als ob Sie ſich ſo geſchwind hin bequemen wuͤrde, ihr eigenes Todesur - theil zu ſchreiben?
Sie muß, wenn Sie mir freie Hand laſſen wollen. Ich kenne das gute Herz auf und nieder. Sie hat nicht mehr als zwo toͤdliche Sei - ten, durch welche wir ihr Gewiſſen beſtuͤrmen koͤn - nen — ihren Vater und den Major. Der leztere bleibt ganz und gar aus dem Spiel, deſto freier koͤnnen wir mit dem Muſikanten umſpringen.
Als zum Exempel?
Nach dem, was Ewr. Exzellenz mir von dem Auftritt in ſeinem Hauſe geſagt haben, wird nichts leichter ſeyn, als den Vater mit einen Halsprozeß zu bedrohen. Die Perſon des Guͤnſt - lings und Siegelbewahrers iſt gewiſſermaſen der Schatten der Majeſtaͤt — Beleidigungen gegen je - nen ſind Verlezungen dieſer — Wenigſtens will ich den armen Schaͤcher mit dieſem zuſammengeflikten Kobold durch ein Nadeloͤhr jagen.
Doch — ernſthaft duͤrfte der Han - del nicht werden.
Ganz und gar nicht — Nur in ſo weit als es noͤtig iſt, die Familie in die Klemme zu trei - ben — Wir ſezen alſo in aller Stille den Muſikus feſt — Die Noth um ſo dringender zu machen, koͤnn - te man auch die Mutter mitnehmen, — ſprechen von peinlicher Anklage, von Schaffot, von ewiger Ve - ſtung, und machen den Brief der Tochter zur ein - zigen Bedingniß ſeiner Befreiung.
Gut! Gut! Ich verſtehe.
Sie liebt ihren Vater — bis zur Lei - denſchaft moͤcht ich ſagen. Die Gefahr ſeines Le - bens — ſeiner Freiheit zum mindeſten — Die Vor - wuͤrfe ihres Gewiſſens den Anlaß dazu gegeben zu haben — Die Unmoͤglichkeit, den Major zu beſi - zen — endlich die Betaͤubung ihres Kopfs, die ich auf mich nehme — Es kann nicht fehlen — Sie muß in die Falle gehn.
Aber mein Sohn? Wird der nicht auf der Stelle Wind davon haben? Wird er nicht wuͤtender werden?
Das laſſen Sie meine Sorge ſeyn, gnaͤdiger Herr — Vater und Mutter werden nicht eher frei gelaſſen, bis die ganze Familie einen koͤr - perlichen Eid darauf abgelegt, den ganzen Vorgang geheim zu halten, und den Betrug zu beſtaͤtigen.
Einen Eid? Was wird ein Eid fruchten, Dummkopf?
Nichts bei uns gnaͤdiger Herr. Bei dieſer Menſchenart alles — Und ſehen Sie nun, wie ſchoͤn wir beide auf dieſe Manier zum Ziel kom - men werden — Das Maͤdchen verliert die Liebe des Majors, und den Ruf ihrer Tugend. Vater und Mutter ziehen gelindere Saiten auf, und durch und durch weich gemacht von Schikſalen dieſer Art, erkennen ſie's noch zulezt fuͤr Erbarmung, wenn ich der Tochter durch meine Hand ihre Reputation wie - der gebe.
Ja! ich gebe mich dir uͤberwunden, Schurke. Das Geweb iſt ſataniſch fein. Der Schuͤler uͤbertrift ſeinen Mei - ſter — — Nun iſt die Frage, an Wen das Billet muß gerichtet werden? Mit Wem wir ſie in Ver - dacht bringen muͤßen?
Nothwendig mit jemand, der durch den Entſchluß Ihres Sohnes alles gewinnen oder alles verlieren muß.
Ich weiß nur den Hofmarſchall.
Mein Geſchmak waͤr er nun freilich nicht, wenn ich Louiſe Millerin hieße.
Und warum nicht? Wunderlich! Eine blendende Garderobe — eine Atmosphaͤre von Eau de mille fleurs und Biſam — auf jedes alberne Wort eine Handvoll Dukaten — und alles das ſolte die Delikateſſe einer buͤrgerlichen Dirne nicht endlich beſtechen koͤnnen? — O guter Freund. So ſcrupuloͤs iſt die Eiferſucht nicht. Ich ſchike zum Marſchall.
Unterdeſſen, daß Ewr Exzellenz die - ſes, und die Gefangennehmung des Geigers beſor - gen, werd ich hingehen, und den bewußten Liebes - brief aufſezen.
Den er mir zum Durchleſen heraufbringt, ſobald er zu Stand ſeyn wird.
Dieſer Verhaftsbefehl muß ohne Aufſchub in die Gerichte — ein andrer von euch wird den Hofmarſchall zu mir bitten.
Der gnaͤdige Herr ſind ſo eben hier angefahren.
Noch beſſer — Aber die Anſtalten ſollen mit Vorſicht getroffen werden, ſagt ihr, daß kein Aufſtand erfolgt.
Sehr wol, Ihr 'Exzellenz.
Verſteht ihr? Ganz in der Stille.
Ganz gut, Ihr 'Exzellenz.
Nur en paſſant mein Beſter — Wie leben Sie? Wie befinden Sie ſich? — Heute Abend iſt große Opera Dido — das ſuͤperbeſte Feuerwerk — eine ganze Stadt brennt zuſammen — Sie ſehen ſie doch auch brennen? Was?
Ich habe Feuerwerks genug in mei - nem eigenen Hause, das meine ganze Herrlichkeit in die Luft nimmt — Sie kommen erwuͤnſcht, lieber Marſchall, mir in einer Sache zu rathen, thaͤtig zu helfen, die uns beide poußiert oder voͤllig zu Grund richtet. Sezen Sie ſich.
Machen Sie mir nicht Angſt, mein Suͤßer.
Wie geſagt — poußiert oder ganz zu Grund richtet. Sie wiſſen mein Projekt mit dem Major und der Lady. Sie begreifen auch, wie un - entbehrlich es war, unſer beider Gluͤk zu fixieren. Es kann alles zuſammenfallen Kalb. Mein Ferdi - nand will nicht.
Will nicht — will nicht — ich habs ja in der ganzen Stadt ſchon herumgeſagt. Die Mariage iſt ja in Jedermanns Munde.
Sie koͤnnen vor der ganzen Stadt als Windmacher da ſtehen. Er liebt eine andere.
Sie ſcherzen. Iſt das auch wol ein Hinderniß?
Bei dem Trozkopf das unuͤberwind - lichſte.
Er ſollte ſo wahnſinnig ſeyn, und ſein Fortune von ſich ſtoßen? Was?
Fragen Sie ihn das und hoͤren Sie, was er antwortet.
Aber mon Dieu! Was kann er denn antworten?
Daß er der ganzen Welt das Ver - brechen entdeken wolle, wodurch wir geſtiegen ſind — daß er unſere falſchen Briefe und Quittungen an - geben — daß er uns beide an's Meſſer liefern wolle — Das kann er antworten.
Sind Sie von Sinnen?
Das hat er geantwortet. Das war er ſchon Willens ins Werk zu richten — Davon habich78ich ihn kaum noch durch meine hoͤchſte Erniedrigung abgebracht. Was wiſſen Sie hierauf zu ſagen?
Mein Verſtand ſteht ſtill.
Das koͤnnte noch hingehen. Aber zugleich hinterbringen mir meine Spionen, daß der Oberſchenk von Bok auf dem Sprunge ſei, um die Lady zu werben.
Sie machen mich raſend. Wer ſagen Sie? Von Bok ſagen Sie? — Wiſſen Sie denn auch, daß wir Todfeinde zuſammen ſind? Wiſ - ſen Sie auch, warum wir es ſind?
Das erſte Wort, das ich hoͤre.
Beſter! Sie werden hoͤren und aus der Haut werden Sie fahren — Wenn Sie ſich noch des Hofballs entſinnen — — es geht jezt ins ein und zwanzigſte Jahr — wiſſen Sie, worauf man den erſten Engliſchen tanzte, und dem Grafen von Meerſchaum das heiße Wachs von einem Kron - leuchter auf den Domino troͤpfelte — Ach Gott! das muͤßen Sie freilich noch wiſſen!
Wer koͤnnte ſo was vergeſſen?
Sehen Sie! Da hatte Prinzeſ - ſin Amalie in der Hize des Tanzes ein Strumpf - band verloren. — Alles kommt, wie begreiflich iſt, in Allarm — von Bok und Ich — Wir waren noch Kammerjunker — wir kriechen durch den ganzen Re - doutenſaal, das Strumpfband zu ſuchen — endlich erblik Ichs — von Bok merkts — von Bok daraufzu79zu — reißt es mir aus den Haͤnden — ich bitte Sie! — bringts der Prinzeßin und ſchnappt mir gluͤklich das Kompliment weg — Was denken Sie?
Impertinent!
Schnappt mir das Kompliment weg — Ich meyne in Ohnmacht zu ſinken. Eine ſolche Malice iſt gar nicht erlebt worden. — Endlich ermann ich mich, naͤhere mich Ihrer Durchlaucht und ſpreche: Gnaͤdigſte Frau! von Bok war ſo gluͤklich, Hoͤchſtdenenſelben das Strumpfband zu uͤberreichen, aber wer das Strumpfband zuerſt er - blikte, belohnt ſich in der Stille und ſchweigt.
Bravo Marſchall! Braviſſimo!
Und ſchweigt — Aber ich werds dem von Bok bis zum juͤngſten Gerichte noch nach - tragen — der niedertraͤchtige kriechende Schmeichler! — und das war noch nicht genug — Wie wir beide zugleich auf das Strumpfband zu Boden fallen, wiſcht mir von Bok an der rechten Friſur allen Pu - der weg, und ich bin ruiniert auf den ganzen Ball.
Das iſt der Mann, der die Mil - ford heuraten, und die erſte Perſon am Hof wer - den wird.
Sie ſtoßen mir ein Meſſer ins Herz. Wird? Wird? Warum wird er? Wo iſt die Notwendigkeit?
Weil mein Ferdinand nicht will, und ſonſt keiner ſich meldet.
Aber wiſſen Sie denn gar kein einziges Mittel, den Major zum Entſchluß zu brin - gen? — — Seys auch noch ſo biſarr! ſo verzwei - felt! — Was in der Welt kann ſo widrig ſeyn, das uns jezt nicht willkommen waͤre, den verhaßten von Bok auszuſtechen?
Ich weiß nur eines, und das bei Ihnen ſteht.
Bei mir ſteht? Und das iſt?
Den Major mit ſeiner Geliebten zu entzweyen.
Zu entzweyen? Wie meynen Sie das? — und wie mach ich das?
Alles iſt gewonnen, ſobald wir ihm das Maͤdchen verdaͤchtig machen.
Daß ſie ſtehle, meynen Sie?
Ach Nein doch! Wie glaubte er das? — daß ſie es noch mit einem andern habe.
Dieſer andre?
Muͤßten Sie ſeyn, Baron.
Ich ſeyn? Ich? — Iſt ſie von Adel?
Wozu das? Welcher Einfall! — eines Muſikanten Tochter.
Buͤrgerlich alſo? Das wird nicht angehen. Was?
Was wird nicht angehen? Narrens - poſſen! Wem unter der Sonne wird es einfallen,ein81einfallen, ein paar runde Wangen nach dem Stamm - baum zu fragen?
Aber bedenken Sie doch, ein Ehmann! Und meine Reputazion bei Hofe!
Das iſt was anders. Verzeihen Sie. Ich hab das noch nicht gewußt, daß Ihnen der Mann von unbeſcholtenen Sitten mehr iſt als der von Einfluß. Wollen wir abbrechen?
Seien Sie klug Baron. Es war ja nicht ſo verſtanden.
Nein — nein! Sie haben vollkommen recht. Ich bin es auch muͤde. Ich laſſe den Karren ſtehen. Dem von Bok wuͤnſch ich Gluͤk zum Premierminiſter. Die Welt iſt noch anderswo. Ich fodre meine Entlaſſung vom Herzog.
Und Ich: — Sie haben gut ſchwazen, Sie! Sie ſind ein Stuttierter! Aber Ich: — Mon Dieu! Was bin dann ich, wenn mich Sei - ne Durchleucht entlaſſen?
Ein Bonmot von Vorgeſtern. Die Mode vom vorigen Jahr.
Ich beſchwoͤre Sie, Theurer, Goldner! — Erſtiken Sie dieſen Gedanken! Ich will mir ja alles gefallen laſſen.
Wollen Sie ihren Namen zu einem Rendezvous hergeben, den Ihnen dieſe Millerin ſchriftlich vorſchlagen ſoll?
Im Namen Gottes! Ich will ihn hergeben.
Und den Brief irgend wo heraus - fallen laßen, wo er dem Major zu Geſicht kom - men muß.
Zum Exempel auf der Parade will ich ihn als von Ohngefehr, mit dem Schnupf - tuch herausſchleudern?
Und die Rolle ihres Liebhabers ge - gen den Major behaupten?
Mort de ma vie! Ich will ihn ſchon waſchen! Ich will dem Naſeweis den Appetit nach meinen Amouren verleiden.
Nun gehts nach Wunſch. Der Brief mus noch heute geſchrieben ſeyn. Sie muͤſſen vor Abend noch her kommen, ihn abzuholen, und ihre Rolle mit mir zu berichtigen.
Sobald ich ſechszehn Viſiten werde gegeben haben, die von allerhoͤchſter Impor - tance ſind. Verzeihen Sie alſo, wenn ich mich oh - ne Aufſchub beurlaube
Ich zaͤle auf Ihre Ver - ſchlagenheit, Marſchall.
Ah mon Dieu! Sie kennen mich ja.
Der Geiger und ſeine Frau ſind gluͤk - lich und ohne alles Geraͤuſch in Verhaft gebracht. Wollen Ewr. Exzellenz jezt den Brief uͤberleſen?
Herrlich! Herrlich Sekretair! Auch der Marſchall hat angebiſſen! — Ein Gift, wie das muͤßte die Geſundheit ſelbſt in eiternden Auſſaz verwandeln — Nun gleich mit den Vorſchlaͤ - gen zum Vater, und dann warm zu der Tochter.
Ich bitte dich, hoͤre auf. Ich glaube an keine gluͤkliche Tage mehr. Alle meine Hoffnun - gen ſind geſunken.
So ſind die meinigen geſtiegen. Mein Vater iſt aufgereizt. Mein Vater wird alle Geſchuͤze gegen uns richten. Er wird mich zwingen, den unmenſchlichen Sohn zu machen. Ich ſtehe nicht mehr fuͤr meine kindliche Pflicht. Wut und Verzweiflung werden mir das ſchwarze Geheimniß ſeiner Mordthat erpreſſen. Der Sohn wird den Vater in die Haͤnde des Henkers liefern — Es iſtF 2die84die hoͤchſte Gefahr — — und die hoͤchſte Gefahr mußte da ſeyn, wenn meine Liebe den Rieſenſprung wagen ſolte. — — Hoͤre Louiſe — ein Gedanke, gros und vermeſſen wie meine Leidenſchaft draͤngt ſich vor meine Seele — Du Louiſe und ich und die Liebe! — Liegt nicht in dieſem Zirkel der ganze Himmel? oder brauchſt du noch etwas Viertes dazu?
Brich ab. Nichts mehr. Ich erblaſ - ſe uͤber das, was du ſagen wilſt.
Haben wir an die Welt keine Fo - derung mehr, warum denn ihren Beifall erbetteln? Warum wagen, wo nichts gewonnen wird und al - les verloren werden kann? — Wird dieſes Aug nicht eben ſo ſchmelzend funkeln, ob es im Rhein oder in der Elbe ſich ſpiegelt oder im baltiſchen Meer? Mein Vaterland iſt, wo mich Louiſe liebt. Deine Fußtapfe in wilden ſandigten Wuͤſten mir in - tereſſanter, als das Muͤnſter in meiner Heimat — Werden wir die Pracht der Staͤdte vermiſſen? Wo wir ſeyn moͤgen, Louiſe, geht eine Sonne auf, eine unter — Schauſpiele, neben welchen der uͤppigſte Schwung der Kuͤnſte verblaßt. Werden wir Gott in keinem Tempel mehr dienen, ſo ziehet die Nacht mit begeiſternden Schauern auf, der wechſelnde Mond predigt uns Buße, und eine andaͤchtige Kir - che von Sternen betet mit uns. Werden wir uns in Geſpraͤchen der Liebe erſchoͤpfen? — Ein Laͤcheln meiner Louiſe iſt Stoff fuͤr Jahrhunderte, und derTraum85Traum des Lebens iſt aus, bis ich dieſe Traͤne er - gruͤnde.
Und haͤtteſt du ſonſt keine Pflicht mehr, als deine Liebe?
Deine Ruhe iſt meine heiligſte.
So ſchweig und verlaß mich — Ich habe einen Vater, der kein Vermoͤgen hat, als dieſe einzige Tochter — der morgen ſechzig alt wird — der der Rache des Praͤſidenten gewiß iſt. —
Der uns begleiten wird. Darum keinen Einwurf mehr, Liebe. Ich gehe, mache meine Koſtbarkeiten zu Geld, erhebe Summen auf meinen Vater. Es iſt erlaubt einen Raͤuber zu pluͤndern, und ſind ſeine Schaͤze nicht Blutgeld des Vaterlands? — Schlag ein Uhr um Mitternacht wird ein Wagen hier anfahren. Ihr werft euch hinein. Wir fliehen.
Und der Fluch deines Vaters uns nach? — ein Fluch Unbeſonnene, den auch Moͤr - der nie ohne Erhoͤrung ausſprechen, den die Rache des Himmels auch dem Dieb auf dem Rade haͤlt, der uns Fluͤchtlinge, unbarmherzig, wie ein Ge - ſpenſt, von Meer zu Meer jagen wuͤrde? — Nein mein Geliebter! Wenn nur ein Frevel dich mir er - halten kann, ſo hab ich noch Staͤrke, dich zu ver - lieren.
Wirk - lich?
Verlieren! — O ohne Graͤnzen entſezlich iſt der Gedanke — Graͤßlich genug, den unſterblichen Geiſt zu durchboren, und die gluͤende Wange der Freude zu bleichen — Ferdinand! dich zu verlieren! — Doch! Man verliert ja nur, was man beſeſſen hat, und dein Herz gehoͤrt deinem Stande — Mein Anſpruch war Kirchenraub, und ſchauernd geb ich ihn auf.
Gibſt du ihn auf.
Nein! Sieh mich an lieber Walter. Nicht ſo bitter die Zaͤhne geknirrſcht. Komm! Laß mich jezt deinen ſterbenden Mut durch mein Beiſpiel beleben. Laß mich die Heldin dieſes Augenbliks ſeyn — einem Vater den entflohenen Sohn wieder ſchenken — einem Buͤndniß entſagen, das die Fu - gen der Buͤrgerwelt auseinander treiben, und die allgemeine ewige Ordnung zu Grund ſtuͤrzen wuͤrde — Ich bin die Verbrecherin — mit frechen thoͤ - rigten Wuͤnſchen hat ſich mein Buſen getragen — mein Ungluͤk iſt meine Strafe, ſo laß mir doch jezt die ſuͤße ſchmeichelnde Taͤuſchung, daß es mein Opfer war — Wirſt du mir dieſe Wolluſt mis - goͤnnen?
Walter! Gott im Himmel! Was ſoll das? — Ermanne dich. Faſſung verlangt dieſe Stunde — es iſt eine trennende. Du haſt ein Herz, lieber Walter. Ich kenne es. Warm wie das Leben iſt deine Liebe, und ohne Schranken, wie's Unermeßliche — Schenke ſie einer Edeln und Wuͤrdigern — ſie wird die gluͤklichſten ihres Ge - ſchlechts nicht beneiden — —
mich ſolſt du nicht mehr ſehn — Das eitle betroge - ne Maͤdchen verweine ſeinen Gram in einſamen Mauren, um ſeine Traͤnen wird ſich niemand be - kuͤmmern — Leer und erſtorben iſt meine Zukunft — Doch werd ich noch je und je am verwelkten Strauß der Vergangenheit riechen
Leben Sie wol Herr von Walter.
Ich entfliehe, Louiſe. Wirſt du mir wirklich nicht folgen?
Meine Pflicht heißt mich bleiben und dulden.
Schlange, du luͤgſt. Dich feſſelt was anders hier.
Bleiben Sie bei dieſer Vermutung — ſie macht viel - leicht weniger elend.
Kalte Pflicht gegen feurige Liebe! — Und mich ſoll das Maͤrchen blenden? — Ein Liebhaber feſſelt dich, und Weh uͤber dich und ihn, wenn mein Verdacht ſich beſtaͤtigt
Wo meine Eltern bleiben? — Mein Vater verſprach in wenigen Minuten zuruͤk zu ſeyn, und ſchon ſind fuͤnf volle fuͤrchterliche Stunden voruͤber — Wenn ihm ein Unfall — Wie wird mir? — Warum geht mein Odem ſo aͤngſtlich?
Es iſt nichts wirkliches — Es iſt nichts als das ſchaudernde Gaukelſpiel des erhizten Gebluͤts — Hat unſre Seele nur einmal Entſezen genug in ſich ge - trunken, ſo wird das Aug in jedem Winkel Ge - ſpenſter ſehn.
Guten Abend Jung - fer.
Gott! Wer ſpricht da?
Schreklich! Schreklich! Meiner aͤngſtlichen Ahndung eilt ſchon die ungluͤkſeligſte Erfuͤllung nach!
Su - chen Sie etwa den Praͤſidenten? Er iſt nicht mehr da.
Jungfer, ich ſuche Sie.
So muß ich mich wundern, daß Sie nicht nach dem Marktplaz giengen.
Warum eben dahin?
Ihre Braut von der Schandbuͤhne ab - zuholen.
Mamſell Millerin, Sie haben einen falſchen Verdacht —
Was ſteht Ih - nen zu Dienſten?
Ich komme, geſchikt von Ihrem Va - ter.
Von meinem Vater? — Wo iſt mein Vater?
Wo er nicht gern iſt.
Um Gotteswillen! Geſchwind! Mich befaͤllt eine uͤble Ahndung — Wo iſt mein Vater?
Im Thurm, wenn Sie es ja wiſſen wollen.
Das noch! das auch noch! — — Im Thurm? Und warum im Thurm?
Auf Befehl des Herzogs.
Des Herzogs?
Der die Verlezung der Majeſtaͤt in der Perſon ſeines Stellvertreters —
Was? Was? O ewige Allmacht!
Auffallend zu ahnden beſchloſſen hat.
Das war noch uͤbrig! Das! — frei - lich, freilich, mein Herz hatte noch außer dem Ma - jor etwas theures — Das durfte nicht uͤbergangen werden — Verlezung der Majeſtaͤt — Himmliſche Vorſicht! Rette, o rette meinen ſinkenden Glauben! — und Ferdinand?
Waͤlt Lady Milford oder Fluch und Enterbung.
Entſezliche Freiheit! — und doch — doch iſt er gluͤklicher. Er hat keinen Vater zu ver - lieren. Zwar keinen haben iſt Verdammniß ge - nug! — Mein Vater auf Verlezung der Majeſtaͤt — mein Geliebter die Lady oder Fluch und Enter - bung — Warlich bewundernswerth! Eine vollkom - mene Buͤberei iſt auch eine Vollkommenheit — Voll - kommenheit? Nein! dazu fehlte noch etwas — — Wo iſt meine Mutter?
Im Spinnhaus.
Jezt iſt es voͤllig! — voͤllig, und jezt waͤr ich ja frei — Abge - ſchaͤlt von allen Pflichten — und Traͤnen — und Freuden. Abgeſchaͤlt von der Vorſicht. Ich brauchſie91ſie ja nicht mehr —
Ha - ben Sie vielleicht noch eine Zeitung? Reden Sie immerhin. Jezt kann ich alles hoͤren.
Was geſchehen iſt, wiſſen Sie.
Alſo nicht, was noch kommen wird?
Armer Menſch! Du treibſt ein trauri - ges Handwerk, wobei du ohnmoͤglich ſeelig werden kannſt. Ungluͤkliche machen iſt ſchon ſchreklich ge - nug, aber graͤßlich iſts, es ihnen verkuͤndigen — Ihn vorzuſingen den Eulengeſang, dabei zu ſtehn, wenn das blutende Herz am eiſernen Schaft der Nothwendigkeit zittert, und Chriſten an Gott zweifeln. — Der Himmel bewahre mich! und wuͤr - de dir jeder Angſttropfe, den du fallen ſiehſt, mit einer Tonne Golds aufgewogen — ich moͤchte nicht Du ſeyn — — Was kann noch geſchehen?
Ich weiß nicht.
Sie wollen nicht wiſſen? — Dieſe lichtſcheue Bothſchaft fuͤrchtet das Geraͤuſch der Wor - te, aber in der Grabſtille Ihres Geſichts zeigt ſich mir das Geſpenſt — Was iſt noch uͤbrig — Sie ſagten vorhin, der Herzog wolle es auffallend ahn - den? Was nennen Sie auffallend?
Fragen Sie nichts mehr.
Hoͤre Menſch! Du giengſt beim Henker zur Schule. Wie verſtuͤndeſt du ſonſt, das Eiſen erſt langſam-bedaͤchtlich an den knirrſchenden Gelen -ken92ken hinaufzufuͤhren, und das zukende Herz mit dem Streich der Erbarmung zu neken? — Welches Schikſal wartet auf meinen Vater? — Es iſt Tod in dem, was du lachend ſagſt, wie mag das ausſe - hen, was du an dich haͤltſt? Sprich es aus. Laß mich ſie auf einmal haben die ganze zermalmende Ladung. Was wartet auf meinen Vater?
Ein Kriminalprozeß.
Was iſt aber das? — Ich bin ein un - wiſſendes unſchuldiges Ding, verſtehe mich wenig auf eure fuͤrchterliche lateiniſche Woͤrter. Was heißt Kriminalprozeß?
Gericht um Leben und Tod.
So dank ich Ihnen!
Wo will das hin - aus? Sollte die Naͤrrin etwa? — Teufel! ſie wird doch nicht — Ich eile nach — ich muß fuͤr ihr Leben buͤrgen
Verzeihen Sie, Sekretair. Ich ſchließe das Zim - mer.
Und wohin denn ſo eilig?
Zum Herzog
Was? Wo hin?
Zum Herzog. Hoͤren Sie nicht? Zu eben dem Herzog, der meinen Vater auf Tod und Leben will richten laſſen — Nein! Nicht will —muß93muß richten laſſen, weil einige Boͤswichter wollen; der zu dem ganzen Prozeß der beleidigten Majeſtaͤt nichts hergiebt, als eine Majeſtaͤt und ſeine fuͤrſtliche Handſchrift.
Zum Herzog!
Ich weiß, woruͤber Sie lachen — aber ich will ja auch kein Erbarmen dort finden — Gott bewahre mich! nur Ekel — Ekel nur an meinem Geſchrei. Man hat mir geſagt, daß die Großen der Welt noch nicht belehrt ſind, was Elend iſt — nicht wollen belehrt ſeyn. Ich will ihm ſagen was Elend iſt — will es ihm vormahlen in allen Ver - zerrungen des Todes, was Elend iſt — will es ihm vorheulen in Mark und Bein zermalmenden Toͤ - nen, was Elend iſt — und wenn ihm jezt uͤber der Beſchreibung die Haare zu Berge fliegen, will ich ihm noch zum Schluß in die Ohren ſchreyn, daß in der Sterbeſtunde auch die Lungen der Erdengoͤtter zu roͤcheln anfangen, und das juͤngſte Gericht Majeſtaͤ - ten und Bettler in dem naͤmlichen Siebe ruͤttle.
Gehen Sie, o ge - hen Sie ja. Sie koͤnnen warlich nichts kluͤgeres thun. Ich rathe es Ihnen, gehen Sie, und ich gebe Ihnen mein Wort, daß der Herzog willfahren wird.
Wie ſagen Sie? — Sie rathen mir ſelbſt dazu?
Hm! Was will ich denn? Etwas abſcheulichesmuß94muß es ſeyn, weil dieſer Menſch dazu rathet — Woher wiſſen Sie, daß der Fuͤrſt mir willfahren wird?
Weil er es nicht wird umſonſt thun duͤrfen.
Nicht umſonſt? Welchen Preiß kann er auf eine Menſchlichkeit ſezen?
Die ſchoͤne Supplikantin iſt Preiſes genug.
Allgerechter!
Und einen Vater werden Sie doch, will ich hoffen, um dieſe gnaͤdige Taxe nicht uͤber - fodert finden?
Ja! Ja! Es iſt wahr. Sie ſind verſchanzt eure Großen — verſchanzt vor der Wahrheit hinter ihre eigene Laſter, wie hinter Schwerdter der Cherubim — Helfe dir der Allmaͤchtige, Vater. Deine Tochter kann fuͤr dich ſterben, aber nicht ſuͤndigen.
Das mag ihm wohl eine Neuigkeit ſeyn dem armen verlaſſenen Mann — „ Meine Louiſe „ ſagte er mir „ hat mich zu Boden gewor - fen. Meine Louiſe wird mich auch aufrichten „ — Ich eile Mamſell, ihm die Antwort zu bringen.
Bleiben Sie! Bleiben Sie! Geduld! — Wie flink dieſer Satan iſt, wenn es gilt, Menſchen raſend zu ma -chen!95chen! — Ich hab ihn niedergeworfen. Ich muß ihn aufrichten. Reden Sie! Rathen Sie! Was kann ich? Was muß ich thun?
Es iſt nur ein Mittel.
Dieſes einzige Mittel?
Auch Ihr Vater wuͤnſcht —
Auch mein Vater? — Was iſt das fuͤr ein Mittel?
Es iſt Ihnen leicht.
Ich kenne nichts ſchwerers als die Schande.
Wenn Sie den Major wieder frey machen wollen?
Von ſeiner Liebe? Spotten Sie mei - ner? — Das meiner Willkuͤhr zu uͤberlaſſen, wozu ich gezwungen ward?
So iſt es nicht gemeynt, liebe Jung - fer. Der Major muß zuerſt und freiwillig zuruͤk - treten.
Er wird nicht.
So ſcheint es. Wuͤrde man denn wol ſeine Zuflucht zu Ihnen nehmen, wenn nicht Sie allein dazu helfen koͤnnten?
Kann ich ihn zwingen, daß er mich haſſen muß?
Wir wollen verſuchen. Sezen Sie ſich.
Menſch! Was bruͤteſt du?
Sezen Sie ſich. Schreiben Sie! Hier iſt Feder, Papier und Dinte.
Was ſoll ich ſchreiben? An wen ſoll ich ſchreiben?
An den Henker Ihres Vaters.
Ha! du verſtehſt dich darauf, Seelen auf die Folter zu ſchrauben
„ Gnaͤdiger Herr „ —
„ Schon drei unertraͤgliche Tage ſind voruͤber — — ſind voruͤber — und wir ſahen uns nicht „
An wen iſt der Brief?
An den Henker Ihres Vaters.
O mein Gott!
„ Halten Sie ſich deßwegen an den Major — an den Major — der mich den ganzen Tag wie ein Argus huͤtet „
Buͤberei, wie noch keine erhoͤrt worden! An wen iſt der Brief?
An den Henker Ihres Vaters.
Nein! Nein! Nein! Das iſt thyranniſch o Himmel! Strafe Menſchen menſchlich, wenn ſie dich reizen, aber warum mich zwiſchen zwei Schroͤkniſſe preſſen? Warum97Warum zwiſchen Tod und Schande mich hin und her wiegen? Warum dieſen blutſaugenden Teufel mir auf den Naken ſezen? — Macht was ihr wollt. Ich ſchreibe das nimmermehr.
Wie Sie wollen, Mademoiſelle. Das ſteht ganz in Ihrem Belieben.
Belieben, ſagen Sie? In meinem Belieben? — Geh Barbar! haͤnge einen Ungluͤkli - chen uͤber dem Abgrund der Hoͤlle aus, bitt ihn um etwas, und laͤſtre Gott, und frag ihn, obs ihm beliebe? — O du weiſt allzugut, daß unſer Herz an natuͤrlichen Trieben, ſo feſt als an Ketten liegt — Nunmehr iſt alles gleich. Diktieren Sie weiter. Ich denke nichts mehr. Ich weiche der uͤberliſten - den Hoͤlle
„ Den ganzen Tag wie ein Argus huͤ - tet „ — Haben Sie das?
Weiter! Weiter!
„ Wir haben geſtern den Praͤſidenten „ im Haus gehabt. Es war poßirlich zu ſehen, wie „ der gute Major um meine Ehre ſich wehrte “
O ſchoͤn, ſchoͤn! o herrlich! — Nur immer fort.
„ Ich nahm meine Zuflucht zu einer „ Ohnmacht — zu einer Ohnmacht — daß ich nicht „ laut lachte „
O Himmel!
„ Aber bald wird mir meine Maske unertraͤglich — unertraͤglich — Wenn ich nur los - kommen koͤnnte —
„ Los - kommen koͤnnte „
„ Morgen hat er den Dienſt — Paſ - „ ſen Sie ab, wenn er von mir geht, und kom - „ men an den bewußten Ort „ — Haben Sie bewußten?
Ich habe alles.
„ An den bewußten Ort zu Ihrer zaͤrt - lichen ..... Louiſe „
Nun fehlt die Adreſſe noch.
„ An Herrn Hofmarſchall von Kalb „
Ewige Vorſicht! ein Name, ſo fremd meinen Ohren, als meinem Herzen dieſe ſchaͤndlichen Zeilen
Nehmen Sie mein Herr. Es iſt mein ehrlicher Na - me — es iſt Ferdinand — iſt die ganze Wonne meines Lebens, was ich jezt in Ihre Haͤnde gebe — Ich bin eine Bettlerin!
O Nein doch! Verzagen Sie nicht, liebe Mademoiſelle. Ich habe herzliches Mitleid mitIhnen.99Ihnen. Vielleicht — wer weiß? — Ich koͤnnte mich noch wol uͤber gewiſſe Dinge hinwegſezen — War lich! Bei Gott! Ich habe Mitleid mit Ihnen.
Re - den Sie nicht aus mein Herr. Sie ſind auf dem Wege ſich etwas Entſezliches zu wuͤnſchen.
Ge - ſezt, es waͤre dieſe niedliche Hand — Wie ſo liebe Jungfer?
Weil ich dich in der Brautnacht erdroſſelte, und mich dann mit Wol - luſt aufs Rad flechten ließe
Sind wir jezt fertig mein Herr? Darf die Taube nun fliegen?
Nur noch die Kleinigkeit Jungfer. Sie muͤſſen mit mir, und das Sakrament darauf neh - men, dieſen Brief fuͤr einen freiwilligen zu erkennen.
Gott! Gott! und du ſelbſt muſt das Siegel geben, die Werke der Hoͤlle zu verwahren?
War kein Marſchall da?
Herr Major, der Herr Praͤ - ſident fragen nach Ihnen.
Alle Donner! Ich frag, war kein Marſchall da?
Der gnaͤdige Herr ſizen oben am Pharotiſch.
Der gnaͤdige Herr ſoll im Namen der ganzen Hoͤlle daher kommen.
Es iſt nicht moͤglich. Nicht moͤglich. Dieſe himmliſche Huͤlle verſtekt kein ſo teufliſches Herz — — Und doch! doch! Wenn alle Engel herunter ſtiegen, fuͤr ihre Unſchuld buͤrgten — wenn Himmel und Erde, wenn Schoͤpfung und Schoͤpfer zuſammen traͤten,fuͤr101fuͤr ihre Unſchuld buͤrgten — Es iſt ihre Hand — ein unerhoͤrter ungeheurer Betrug, wie die Menſch - heit noch keinen erlebte! — Das alſo wars, warum man ſich ſo beharrlich der Flucht widerſezte! — Da - rum — o Gott! jezt erwach ich, jezt enthuͤllt ſich mir alles! — Darum gab man ſeinen Anſpruch auf mei - ne Liebe mit ſo viel Heldenmut auf, und bald bald haͤtte ſelbſt mich die himmliſche Schminke betrogen!
Mich ſo ganz zu ergruͤnden! — Jedes kuͤhne Gefuͤhl, jede leiſe ſchuͤchterne Bebung zu erwiedern, jede feurige Wallung — An der feinſten Unbeſchreib - lichkeit eines ſchwebenden Lauts meine Seele zu faſſen — Mich zu berechnen in einer Traͤne — Auf jeden gaͤhen Gipfel der Leidenſchaft mich zu begleiten, mir zu begegnen vor jedem ſchwindelnden Abſturz — Gott! Gott! und alles das nichts als Grimaſſe: — Gri - maſſe? — O wenn die Luͤge eine ſo haltbare Farbe hat, wie gieng es zu, daß ſich kein Teufel noch in das Him - melreich hineinlog?
Da ich ihr die Gefahr unſrer Liebe entdekte, mit welch uͤberzeugender Taͤuſchung erblaßte die Fal - ſche da! Mit welch ſiegender Wuͤrde ſchlug ſie den frechen Hohn meines Vaters zu Boden, und in eben dem Augenblik fuͤhlte das Weib ſich doch ſchuldig — Was? hielt ſie nicht ſelbſt die Feuerprobe der Wahr - heit aus — die Heuchlerin ſinkt in Ohnmacht. Welche Sprache wirſt du jezt fuͤhren, Empfindung? AuchG 3Koket -102Koketten ſinken in Ohnmacht. Womit wirſt Du dich rechtfertigen Unſchuld — Auch Maͤzen ſinken in Ohnmacht.
Sie weiß, was ſie aus mir gemacht hat. Sie hat meine ganze Seele geſehn. Mein Herz trat beim Erroͤthen des erſten Kuſſes ſichtbar in meine Augen — und ſie empfand nichts? Empfand vielleicht nur den Triumph ihrer Kunſt? — Da mein gluͤklicher Wahnſinn den ganzen Himmel in ihr zu umſpannen waͤhnte? Meine wildeſten Wuͤnſche ſchwiegen? Vor meinem Gemuͤth ſtand kein Gedanke als die Ewig - keit und das Maͤdchen — Gott! da empfand ſie nichts? Fuͤhlte nichts, als ihren Anſchlag gelungen? Nichts, als ihre Reize geſchmeichelt? Tod und Rache! Nichts, als daß ich betrogen ſei?
Sie haben den Wunſch bliken laſſen, mein Beſter —
Einem Schurken den Hals zu brechen.
Marſchall, dieſer Brief muß Ihnen bei der Parade aus der Ta - ſche gefallen ſeyn — und ich
war zum Gluͤk noch der Finder.
Sie?
Durch den luſtigſten Zufall. Ma - chen Sie's mit der Allmacht aus.
Sie ſehen, wie ich erſchrecke, Baron.
Leſen Sie! Leſen Sie!
Bin ich auch ſchon zum Liebhaber zu ſchlecht, vielleicht laß ich mich deſto beſſer als Kupp - ler an.
Verflucht!
Geduld, lieber Marſchall. Die Zeitungen duͤnken mich ange - nehm. Ich will meinen Finderlohn haben.
Sie werden vernuͤnftig ſeyn, Beſter.
Mehr als zuviel um einen Schelmen, wie Du biſt, in jene Welt zu ſchiken!
Nehmen Sie! dieſes Schnupftuch da faſſen Sie! — Ich habs von der Bulerin.
Ueber dem Schnupftuch? Ra - ſen Sie? Wohin denken Sie?
Faß dieſes End 'an ſag ich. Sonſt wirſt du ja fehl ſchießen Memme! — Wie ſie zittert die Memme! Du ſolteſt Gott danken, Memme, daß du zum erſtenmal etwas in deinen Hirnkaſten kriegſt.
Sachte! Da -G 4fuͤr104fuͤr wird gebeten ſeyn.
Auf dem Zimmer, Baron?
Als ob ſich mit Dir ein Gang vor den Wall verlohnte? — Schaz, ſo knallts deſto lau - ter, und das iſt ja doch wol das erſte Geraͤuſch, das Du in der Welt machſt — Schlag an!
Und Sie wollen Ihr koſtbares Leben ſo ausſezen, junger hoff - nungsvoller Mann?
Schlag an, ſag ich. Ich habe nichts mehr in dieſer Welt zu thun.
Aber ich deſto mehr, mein Al - lervortreflichſter.
Du Burſche? Was Du? — Der Nothnagel zu ſeyn, wo die Menſchen ſich rar ma - chen? In einem Augenblik ſiebenmal kurz und ſie - benmal lang zu werden, wie der Schmetterling an der Nadel? Ein Regiſter zu fuͤhren uͤber die Stuhl - gaͤnge deines Herrn, und der Miethgaul ſeines Wizes zu ſeyn? Eben ſo gut. Ich fuͤhre dich, wie irgend ein ſeltenes Murmelthier mit mir. Wie ein zahmer Affe ſollſt du zum Geheul der Verdammten tanzen, apportieren und aufwarten, und mit deinen hoͤfiſchen Kuͤnſten die ewige Verzweiflung beluſtigen.
Was Sie befehlen, Herr, wie Sie belieben — Nur die Piſtolen weg!
Wie er da ſteht der Schmerzens - ſohn! — Da ſteht, dem ſechsten Schoͤpfungstag zum Schimpfe! Als wenn ihn ein Tuͤbinger Buchhaͤndler dem Allmaͤchtigen nachgedrukt haͤtte! — Schade nur, ewig Schande fuͤr die Unze Gehirn, die ſo ſchlecht in dieſem undankbaren Schaͤdel wuchert. Dieſe einzige Unze haͤtte dem Pavian noch vollends zum Menſchen geholfen, da ſie jezt nur einen Bruch von Vernunft macht — Und mit dieſem ihr Herz zu theilen? — Ungeheuer! Unverantwortlich! — Einem Kerl, mehr gemacht, von Suͤnden zu entwoͤhnen, als da - zu anzureizen.
O! Gott ſei ewig Dank! Er wird wizig.
Ich will ihn gelten laſſen. Die Toleranz, die der Raupe ſchont, ſoll auch dieſem zu gute kommen. Man begegnet ihm, zukt etwa die Achſel, bewundert vielleicht noch die kluge Wirth - ſchaft des Himmels, der auch mit Traͤbern und Bo - denſaz noch Kreaturen ſpeißt; der dem Raben am Hochgericht, und einem Hoͤfling im Schlamme der Majeſtaͤten den Tiſch dekt — Zulezt erſtaunt man noch uͤber die große Polizei der Vorſicht, die auch in der Geiſterwelt ihre Blindſchleichen und Taran - deln zur Ausfuhr des Gifts beſoldet. — Aber
an meine Blume ſoll mir das Ungeziefer nicht kriechen, oder ich will es
ſo und ſo und wieder ſo durcheinander quetſchen.
O mein Gott! Wer hier weg waͤre! Hundert Meilen von hier im Biçetre zu Paris! nur bei dieſem nicht!
Bube! Wenn ſie nicht rein mehr iſt? Bube! Wenn du genoßeſt, wo ich anbetete:
Schwelgteſt, wo ich einen Gott mich fuͤhlte?
Dir waͤre beſſer, Bube, du floͤheſt der Hoͤlle zu, als daß dir mein Zorn im Himmel begegnete! — Wie weit kamſt du mit dem Maͤdchen? Bekenne!
Laſſen Sie mich los. Ich will alles verrathen.
O! es muß reizender ſeyn mit die - ſem Maͤdchen zu bulen, als mit andern noch ſo himmliſch zu ſchwaͤrmen — Wolte ſie ausſchweifen, wolte ſie, ſie koͤnnte den Werth der Seele herunter bringen, und die Tugend mit der Wolluſt verfaͤl - ſchen.
Wie weit kamſt du mit ihr? Ich druͤke ab, oder bekenne!
Es iſt nichts — iſt ja alles nichts. Haben Sie nur eine Minute Geduld. Sie ſind ja betrogen.
Und daran mahnſt du mich Boͤſe - wicht? — Wie weit kamſt du mit ihr? Du biſt des Todes, oder bekenne!
Mon Dieu! Mein Gott! Ich ſpreche ja — So hoͤren Sie doch nur — Ihr Vater — Ihr eigener leiblicher Vater —
Hat ſeine Tochter an Dich verkuppelt? Und wie weit kamſt du mit ihr? Ich ermorde dich, oder bekenne!
Sie raſen. Sie hoͤren nicht. Ich ſah ſie nie. Ich kenne ſie nicht. Ich weiß gar nichts von ihr.
Du ſahſt ſie nie? Kennſt ſie nicht? Weiſt gar nichts von ihr? — Die Millerin iſt verloren um deinetwillen, du laͤugneſt ſie dreimal in Einem Athem hinweg? — Fort ſchlech - ter Kerl.
Fuͤr Deinesgleichen iſt kein Pulver erfunden!
Verloren! Ja Ungluͤkſeelige! — Ich bin es. Du biſt es auch. Ja bei dem großen Gott! Wenn ich verloren bin, biſt du es auch! — Richter der Welt! Fodre Sie mir nicht ab Das Maͤdchen iſt mein. Ich trat dir deine ganze Welt fuͤr das Maͤdchen ab, habe Verzicht gethan auf deine ganze herrliche Schoͤpfung. Laß mir das Maͤdchen. — Richter der Welt! Dort winſeln Millionen Seelen nach dir — Dorthin kehre das Aug deines Erbarmens — Mich laß allein machen, Richter der Welt!
Solte der reiche vermoͤgendeSchoͤpfer108Schoͤpfer mit einer Seele geizen, die noch dazu die ſchlechteſte ſeiner Schoͤpfung iſt? — Das Maͤdchen iſt mein! Ich einſt ihr Gott, jezt ihr Teufel!
Eine Ewigkeit mit Ihr auf ein Rad der Ver - dammniß geflochten — Augen in Augen wurzelnd — Haare zu Berge ſtehend gegen Haare — Auch unſer holes Wimmern in eins geſchmolzen — Und jezt zu widerholen meine Zaͤrtlichkeiten, und jezt ihr vorzu - ſingen ihre Schwuͤre — Gott! Gott! Die Vermaͤ - lung iſt fuͤrchterlich — aber ewig!
O! — Mein Vater!
Sehr gut, daß wir uns finden, mein Sohn. Ich komme, dir etwas angenehmes zu verkuͤndigen, und etwas, lieber Sohn, das dich ganz gewiß uͤberraſchen wird. Wollen wir uns ſezen?
Mein Vater!
Mein Vater!
O mein Vater!
Was iſt dir mein Sohn? Steh auf. Deine Hand brennt und zittert.
Ver - zeihung fuͤr meinen Undank mein Vater! Ich binein109ein verworfener Menſch. Ich habe ihre Guͤte mis - kannt. Sie meynten es mit mir ſo vaͤterlich — O! Sie hatten eine weißagende Seele — Jezt iſts zu ſpaͤt — Verzeihung! Verzeihung! Ihren Seegen, mein Vater!
Steh auf mein Sohn! Beſinne dich, daß du mir Raͤzel ſprichſt.
Dieſe Millerin mein Vater — O Sie kennen den Menſchen — Ihre Wut war damals ſo gerecht, ſo edel, ſo vaͤterlich warm — Nur ver - fehlte der warme Vatereifer des Weges — Dieſe Millerin!
Martre mich nicht mein Sohn. Ich verfluche meine Haͤrte! Ich bin gekommen dir ab - zubitten.
Abbitten an mir! Verfluchen an mir! — Ihre Mißbilligung war Weisheit. Ihre Haͤrte war himmliſches Mitleid — — Dieſe Mille - rin, Vater —
Iſt ein edles, ein liebes Maͤdchen. — Ich widerrufe meinen uͤbereilten Verdacht. Sie hat meine Achtung erworben.
Was? auch Sie? — Vater! auch Sie? — Und nicht wahr, mein Vater, ein Geſchoͤpf wie die Unſchuld? — und es iſt ſo menſchlich, dieſes Maͤdchen zu lieben?
Sage ſo: Es iſt ein Verbrechen, es nicht zu lieben.
Unerhoͤrt! Ungeheuer! — Und Sie ſchauen ja doch ſonſt die Herzen ſo durch! Sahen Sie noch dazu mit Augen des Haſſes! — Heuchelei ohne Beiſpiel — Dieſe Millerin, Vater —
Iſt es werth meine Tochter zu ſeyn. Ich rechne ihre Tugend fuͤr Ahnen, und ihre Schoͤn - heit fuͤr Gold. Meine Grundſaͤze weichen deiner Liebe — Sie ſei dein!
Das fehlte noch! — Leben Sie wol mein Vater.
Bleib! Bleib! Wo - hin ſtuͤrmſt du?
Alſo ſahſt du ſie? Wird ſie kommen?
Dieſen Augenblik. Sie war noch im Hausgewand, und wollte ſich nur in der Geſchwin - digkeit umkleiden.
Sage mir nichts von ihr — Stille — wie eine Verbrecherin zittre ich, die Gluͤkliche zu ſe - hen, die mit meinem Herzen ſo ſchreklich harmoniſch fuͤhlt — Und wie nahm ſie ſich bei der Einladung?
Sie ſchien beſtuͤrzt, wurde nachden - kend, ſah mich mit großen Augen an, und ſchwieg. Ich hatte mich ſchon auf ihre Ausfluͤchte vorbereitet,als111als ſie mit einem Blik, der mich ganz uͤberraſchte, zur Antwort gab: Ihre Dame befiehlt mir, was ich mir morgen erbitten wolte.
Laß mich Sophie. Bekla - ge mich. Ich muß erroͤthen, wenn ſie nur das ge - woͤhnliche Weib iſt, und wenn ſie mehr iſt, ver - zagen.
Aber Milady — Das iſt die Laune nicht, eine Nebenbulerin zu empfangen. Erinnern Sie ſich wer Sie ſind. Rufen Sie Ihre Geburt, Ihren Rang, Ihre Macht zu Hilfe. Ein ſtolzeres Herz muß die ſtolze Pracht Ihres Anbliks erheben.
Was ſchwazt die Naͤrrin da?
Oder es iſt vielleicht Zufall, daß eben heute die koſtbarſten Brillanten an Ihnen blizen? Zufall, daß eben heute der reichſte Stoff Sie bekleiden muß — daß Ihre Antiſchamber von Heidu - ken und Pagen wimmelt, und das Buͤrgermaͤdchen im fuͤrſtlichſten Saal Ihres Pallaſtes erwartet wird?
Verwuͤnſcht! Unertraͤglich! Daß Weiber fuͤr Weiberſchwaͤchen ſol - che Luchsaugen haben! — — Aber wie tief, wie tief muß ich ſchon geſunken ſeyn, daß eine ſolche Kreatur mich ergruͤndet!
Mamſell Mil - lerin —
Hinweg du! Entferne dich!
Hinweg! Ich befehl es.
Gut!112Gut! Recht gut, daß ich in Wallung kam. Ich bin, wie ich wuͤnſchte.
Die Mamſell mag hereintreten.
Gnaͤdige Frau, ich erwarte ihre Be - fehle.
Aha! Iſt Sie hier? — Ohne Zweifel die Mamſell — eine ge - wiſſe — Wie nennt man ſie doch?
Miller nennt ſich mein Vater, und Ihro Gnaden ſchikten nach ſei - ner Tochter.
Recht! Recht! Ich entſinne mich — die arme Geigerstochter, wovon neulich die Rede war.
Sehr intereſſant, und doch keine Schoͤnheit —
Trete ſie naͤher mein Kind.
Augen, die ſich im Weinen uͤbten — Wie lieb 'ich ſie, dieſe Augen!
Nur naͤher — Nur ganz nah — Gu - tes Kind, ich glaube, du fuͤrchteſt mich?
Nein Milady. Ich verachte das Urtheil der Menge.
Sieh doch! — und dieſen Trozkopf hat ſie von ihm.
Man hat ſie mir empfohlen, Mamſell. Sie ſoll was gelernt haben, und ſonſt auch zu leben wiſſen — Nun ja. Ich wills glauben — auch naͤhm ich die ganze Welt nicht, einen ſo warmen Fuͤrſprecher Luͤgen zu ſtra - fen.
Doch kenn ich niemand, Milady, der ſich Muͤhe gaͤbe, mir eine Patronin zu ſuchen.
Muͤhe um die Klientin oder Patronin?
Das iſt mir zu hoch, gnaͤdige Frau.
Mehr Schelmerei, als dieſe offene Bil - dung vermuthen laͤßt! Louiſe nennt ſie ſich? Und wie jung, wenn man fragen darf?
Sechszehn geweſen.
Nun iſts heraus! Sechs - zehen Jahre! Der erſte Puls dieſer Leidenſchaft! — Auf dem unberuͤhrten Klavier der erſte einweihende Silberton! — Nichts iſt verfuͤhrender — Sez dich, ich bin dir gut, liebes Maͤdchen — Und auch Er liebt zum erſtenmal — Was Wunder, wenn ſich die Stralen Eines Morgenrots finden?
Es bleibt dabei, ich will dein Gluͤk machen, liebe — Nichts, nichts als die ſuͤße fruͤheverfliegende Traͤumerei
Meine Sophie heirathet. Du ſolſt ihre Stelle haben — Sechszehn Jahr! Es kann nicht von Dauer ſeyn.
Ich danke fuͤr dieſe Gnade Milady, als wenn ich ſie anneh - men duͤrfte.
Man ſehe die große Dame! — Sonſt wiſſen ſich Jungfern ihrer Herkunft noch gluͤklich, wenn ſie Herrſchaften finden — wo will denn Sie hinaus, meine Koſt - bare? Sind dieſe Finger zur Arbeit zu niedlich? Iſt es Ihr Bischen Geſicht, worauf Sie ſo trozig thut?
Mein Geſicht, gnaͤdige Frau, gehoͤrt mir ſo wenig, als meine Herkunft.
Oder glaubt Sie vielleicht, das werde nimmer ein Ende nehmen? — Armes Geſchoͤpf, wer dir das in den Kopf ſezte — mag er ſeyn, wer er will — er hat euch beide zum Beſten gehabt. Dieſe Wangen ſind nicht im Feuer vergoldet. Was dir dein Spiegel fuͤr maßiv und ewig verkauft, iſt nur ein duͤnner angeflogener Goldſchaum, der dei - nem Anbeter uͤber kurz oder lang in der Hand blei - ben muß — Was werden wir dann machen?
Den Anbeter bedauern, Milady, der einen Demant kaufte, weil er in Gold ſchien gefaßt zu ſeyn.
Ein Maͤd - chen von ihren Jahren hat immer zween Spiegelzu -115zugleich, den Wahren und ihren Bewunderer — Die gefaͤllige Geſchmeidigkeit des leztern macht die rauhe Offenherzigkeit des erſtern wieder gut. Der eine ruͤgt eine haͤßliche Blatternarbe. Weit gefehlt, ſagt der andere, es iſt ein Gruͤbchen der Grazien. Ihr guten Kinder glaubt jenem nur, was euch die - ſer geſagt hat, huͤpft von einem zum andern, bis ihr zulezt die Auſſagen beider verwechſelt — Warum begaft ſie mich ſo?
Verzeihen Sie gnaͤdige Frau — Ich war ſo eben im Begriff, dieſen praͤchtig blitzenden Rubin zu beweinen, der es nicht wiſſen muß, daß ſeine Beſizerin ſo ſcharf wider Eitelkeit eifert.
Keinen Seitenſprung, Loſe! — Wenn es nicht die Promeſſen Ihrer Geſtalt ſind, was in der Welt koͤnnte Sie abhalten, einen Stand zu erwaͤhlen, der der einzige iſt, wo Sie Manieren und Welt lernen kann, der einzige iſt, wo Sie ſich ihrer buͤrgerlichen Vorurtheile entledigen kann?
Auch meiner buͤrgerlichen Unſchuld, Milady?
Laͤppiſcher Einwurf! Der ausgelaſſenſte Bube iſt zu verzagt, uns etwas beſchimpfendes zuzu - muthen, wenn wir ihm nicht ſelbſt ermunternd ent - gegen gehn. Zeige Sie, wer Sie iſt. Gebe Sie ſich Ehre und Wuͤrde, und ich ſage ihrer Jugend fuͤr alle Verſuchung gut.
Erlauben Sie, gnaͤdige Frau, daß ich mich unterſtehe, daran zu zweifeln. Die PallaͤſteH 2ge -116gewiſſer Damen ſind oft die Freiſtaͤtten der frechſten Ergoͤzlichkeit. Wer ſolte der Tochter des armen Gei - gers den Heldenmuth zutrauen, den Heldenmuth, mitten in die Peſt ſich zu werfen, und doch dabei vor der Vergiftung zu ſchaudern? Wer ſolte ſich traͤumen laſſen, daß Lady Milford ihrem Gewiſſen einen ewigen Skorpion halte, daß ſie Geldſummen aufwende, um den Vortheil zu haben, jeden Au - genblik ſchamroth zu werden? — Ich bin offen - herzig, gnaͤdige Frau — Wuͤrde Sie mein Anblik ergoͤzen, wenn Sie einem Vergnuͤgen entgegengien - gen? Wuͤrden Sie ihn ertragen, wenn Sie zuruͤk - kaͤmen? — — O Beſſer! Beſſer! Sie laſſen Himmelsſtriche uns trennen — Sie laſſen Meere zwiſchen uns fließen! — Sehen Sie ſich wol fuͤr, Milady — Stunden der Nuͤchternheit, Augenblike der Erſchoͤpfung koͤnnten ſich melden — Schlan - gen der Reue koͤnnten ihren Buſen anfallen, und nun — welche Folter fuͤr Sie, im Geſicht ihres Dienſtmaͤdchens die heitre Ruhe zu leſen, wo - mit die Unſchuld ein reines Herz zu belohnen pflegt
Noch einmal, gnaͤdige Frau. Ich bitte ſehr um Vergebung.
Unertraͤglich, daß Sie mir das ſagt! Unertraͤgli - cher, daß ſie recht hat!
Maͤdchen, du wirſt mich nicht uͤberliſten. So warm ſprechen Meynungen nicht. Hinter dieſen Maximen lauert ein feurigeresIn -117Intereſſe, das dir meine Dienſte beſonders abſcheu - lich mahlt — das dein Geſpraͤch ſo erhizte — das ich
entdeken muß.
Und wenn Sie es nun entdekten? und wenn ihr veraͤchtlicher Ferſen - ſtoß den beleidigten Wurm aufwekte, dem ſein Schoͤpfer gegen Mishandlung noch einen Stachel gab? — Ich fuͤrchte Ihre Rache nicht, Lady — Die ar - me Suͤnderin auf dem beruͤchtigten Henkerſtuhl lacht zu Weltuntergang. — Mein Elend iſt ſo hoch geſtie - gen, daß ſelbſt Aufrichtigkeit es nicht mehr vergroͤſ - ſern kann.
Sie wol - len mich aus dem Staub meiner Herkunft reiſſen. Ich will ſie nicht zergliedern dieſe verdaͤchtige Gnade. Ich will nur fragen, was Milady bewegen konnte, mich fuͤr die Thoͤrin zu halten, die uͤber ihre Her - kunft erroͤthet? Was ſie berechtigen konnte, ſich zur Schoͤpferin meines Gluͤks aufzuwerfen, ehe ſie noch wußte, ob ich mein Gluͤk auch von ihren Haͤn - den empfangen wolle? — Ich hatte meinen ewigen An - ſpruch auf die Freuden der Welt zerriſſen. Ich hat - te dem Gluͤk ſeine Uebereilung vergeben — Warum mahnen Sie mich aufs neu an dieſelbe? — Wenn ſelbſt die Gottheit dem Blik der Erſchaffenen ihre Stralen verbirgt, daß nicht ihr oberſter Seraph vor ſeiner Verfinſterung zuruͤkſchaure — warum wollen Menſchen ſo grauſambarmherzig ſeyn? — Wie kommt es Milady, daß Ihr geprieſenes Gluͤk das Elend ſo gern um Neid und Bewunderung anbet -H 3telt?118telt? — Hat ihre Wonne die Verzweiflung ſo noͤ - thig zur Folie? — O lieber! So goͤnnen Sie mir doch eine Blindheit, die mich allein noch mit mei - nem barbariſchen Loos verſoͤhnt — Fuͤhlt ſich doch das Inſekt in einem Tropfen Waſſers ſo ſelig, als waͤr es ein Himmelreich, ſo froh und ſo ſelig, bis man ihm von einem Weltmeer erzaͤlt, worinn Flot - ten und Wallfiſche ſpielen! — — — Aber gluͤk - lich wollen Sie mich ja wiſſen?
Sind Sie gluͤklich, Milady?
Hat dieſes Herz auch die lachen - de Geſtalt Ihres Standes? Und wenn wir jezt Bruſt gegen Bruſt, und Schikſal gegen Schikſal aus - wechſeln ſolten — und wenn ich in kindlicher Un - ſchuld — und wenn ich auf ihr Gewiſſen — und wenn ich als meine Mutter Sie fragte — Wuͤrden Sie mir wol zu dem Tauſche rathen?
Unerhoͤrt! Unbegreiflich! Nein Maͤdchen! Nein! Dieſe Groͤße haſt du nicht auf die Welt gebracht, und fuͤr einen Vater iſt ſie zu jugendlich. Luͤge mir nicht. Ich hoͤre einen andern Lehrer —
Es ſolte mich doch wundern, Milady, wenn Sie jezt erſt auf dieſen Lehrer fielen, und doch vorhin ſchon eine Kondizion fuͤr mich wußten.
Es iſt nicht auszuhalten! — Ja denn! weil ich dir doch nicht entwiſchen kann Ich kenn ihn — weiß alles — weiß mehr als ich wiſſen mag
Aber wag 'es, Ungluͤkliche — wag es, ihn jezt noch zu lieben, oder von ihm geliebt zu werden — Was ſage ich? — Wag es an ihn zu denken, oder einer von ſeinen Gedanken zu ſeyn — Ich bin maͤchtig, Ungluͤkliche — fuͤrchterlich — So wahr Gott lebt! du biſt verloren!
Ohne Rettung Milady, ſo - bald Sie ihn zwingen, daß er Sie lieben muß.
Ich verſtehe dich — aber er ſoll mich nicht lieben. Ich will uͤber dieſe ſchimpfliche Leiden - ſchaft ſiegen, mein Herz unterdruͤcken, und das dei - nige zermalmen — Felſen und Abgruͤnde will ich zwiſchen euch werfen; eine Furie will ich mitten durch euren Himmel gehn; mein Name ſoll eure Kuͤſſe wie ein Geſpenſt Verbrecher auseinander ſcheu - chen; deine junge bluͤhende Geſtalt unter ſeiner Um - armung welk wie eine Mumie zuſammenfallen — Ich kann nicht mit ihm gluͤklich werden — aber Du ſolſt es auch nicht werden — Wiſſe das Elende! Seligkeit zerſtoͤren iſt auch Seligkeit.
Eine Seligkeit, um die man Sie ſchon gebracht hat, Milady. Laͤſtern Sie ihr eigenes Herz nicht. Sie ſind nicht faͤhig das auszuuͤben, was Sie ſo drohend auf mich herabſchwoͤren. Sie ſindH 4nicht120nicht faͤhig ein Geſchoͤpf zu quaͤlen, das Ihnen nichts zu Leide gethan, als daß es empfunden hat, wie Sie — Aber ich liebe Sie um dieſer Wallung wil - len, Milady.
Wo bin ich? Wo war ich? Was hab ich merken laſſen? Wen hab ichs merken laſſen? — O Louiſe, edle, große, goͤttliche Seele! Vergibs einer Raſenden — Ich will dir kein Haar kraͤnken, mein Kind. Wuͤnſche! Fodre! Ich will dich auf den Haͤnden tragen, dei - ne Freundin, deine Schweſter will ich ſeyn — Du biſt arm — Sieh!
Ich will dieſen Schmuk verkaufen — meine Garde - robe, Pferd und Wagen verkaufen — Dein ſei al - les, aber entſag ihm!
Spottet Sie einer Verzweifelnden, oder ſolte Sie an der bar - bariſchen That im Ernſt keinen Antheil gehabt ha - ben? — Ha! So koͤnnt ich mir ja noch den Schein einer Heldin geben, und meine Ohnmacht zu einem Verdienſt aufpuzen
Nehmen Sie ihn denn hin Milady — Freiwillig tret ich Ihnen ab den Mann, den man mit Haken der Hoͤlle von meinem bluten - den Herzen riß. — — Vielleicht wiſſen Sie es ſelbſt nicht, Milady, aber Sie haben den Himmel zweier Liebenden geſchleift, voneinander gezerrt zwei Herzen, die Gott aneinander band; zerſchmettertein121ein Geſchoͤpf, das ihm nahe gieng, wie Sie, das er zur Freude ſchuf, wie Sie, das ihm geprieſen hat, wie Sie, und ihn nun nimmermehr preiſen wird — Lady! Ins Ohr des Allwiſſenden ſchreit auch der lez - te Krampf des zertretenen Wurms — es wird ihm nicht gleichguͤltig ſeyn, wenn man Seelen in ſeinen Haͤnden mordet! Jezt iſt er Ihnen! Jezt Milady nehmen Sie ihn hin! Rennen Sie in ſeine Arme! Reiſſen Sie ihn zum Altar — Nur vergeſſen Sie nicht, daß zwiſchen ihren Brautkuß das Geſpenſt einer Selbſtmoͤrderin ſtuͤrzen wird — Gott wird barmherzig ſeyn — Ich kann mir nicht anders hel - fen
Wie war das? Wie geſchah mir? Was ſprach die Ungluͤkliche? — Noch o Himmel! noch zerreiſ - ſen ſie mein Ohr die fuͤrchterlichen mich verdammen - den Worte: Nehmen Sie ihn hin! — Wen Ungluͤkſelige? Das Geſchenk deines Sterberoͤchelns — das ſchauervolle Vermaͤchtniß deiner Verzweif - lung! Gott! Gott! Bin ich ſo tief geſunken — ſo ploͤzlich von allen Tronen meines Stolzes herabge - ſtuͤrzt, daß ich heißhungrig erwarte, was einer Bett -H 5lerin122lerin Großmuth aus ihrem lezten Todeskampfe mir zuwerfen wird? — Nehmen Sie ihn hin, und das ſpricht ſie mit einem Tone, begleitet ſie mit einem Blike — — Ha! Emilie! Biſt du dar - um uͤber die Graͤnzen deines Geſchlechts weggeſchrit - ten? Mußteſt du darum um den praͤchtigen Namen des großen brittiſchen Weibes buhlen, daß das pra - lende Gebaͤude deiner Ehre neben der hoͤheren Tu - gend einer verwahrloſten Buͤrgerdirne verſinken ſoll? — Nein ſtolze Ungluͤkliche! Nein! — Beſchaͤmen laͤßt ſich Emilie Milford — doch beſchimpfen nie! Auch ich habe Kraft, zu entſagen.
Verkrieche dich jezt weiches leidendes Weib — Fahret hin ſuͤße goldene Bilder der Liebe — Groß - muth allein ſei jezt meine Fuͤhrerin! — — Dieſes liebende Paar iſt verloren, oder Milford muß ihren Anſpruch vertilgen, und im Herzen des Fuͤrſten er - loͤſchen!
Es iſt geſchehen! — Gehoben das furchtbare Hinderniß — Zerbrochen alle Bande zwiſchen mir und dem Herzog, geriſſen aus meinem Buſen dieſe wuͤtende Liebe! — — In deine Arme werf ich mich, Tugend! — Nimm ſie auf, deine reuige Tochter Emilie! — Ha! wie mir ſo wohl iſt! Wie ich auf einmal ſo leicht! ſo geho - ben mich fuͤhle! — Groß, wie eine fallende Son - ne, will ich heut vom Gipfel meiner Hoheit herun - terſinken, meine Herrlichkeit ſterbe mit meiner Liebe,und123und nichts als mein Herz begleiten mich in dieſe ſtolze Verweiſung
Jezt gleich muß es geſchehen — jezt auf der Stelle, ehe die Reize des lieben Juͤnglings den blutigen Kampf meines Herzens erneuren.
Hofmarſchall von Kalb ſtehen im Vorzimmer mit einem Auftrag vom Herzog.
Auftaumeln wird ſie die fuͤrſtliche Drahtpuppe! Freilich! der Einfall iſt auch drollig genug, ſo eine Durchlauchtige Hirnſchaale auseinander zu treiben! — Seine Hof - ſchranzen werden wirbeln — Das ganze Land wird in Gaͤhrung kommen.
Der, Hofmar - ſchall, Milady —
Wer? Was? — Deſto beſſer! Dieſe Sorte von Geſchoͤpfen iſt zum Saktra - gen auf der Welt. Er ſoll mir willkommen ſeyn.
Wenn ich nicht fuͤrchten muͤßte, Milady, es waͤre Vermeſſen - heit
Die Millerin ſtuͤrzte außer ſich durch den Vorſaal — Sie gluͤhen — Sieſprechen124ſprechen mit ſich ſelbſt
Ich erſchreke — Was muß geſchehen ſeyn?
Serenißimus —
Er wird mir ſchwarzen Undank zur Laſt legen — Ich war eine Verlaſſene. Er hat mich aus dem Elend gezogen — Aus dem Elend? — Ab - ſcheulicher Tauſch! — Zerreiſſe deine Rechnung, Verfuͤhrer! Meine ewige Schaamroͤthe bezahlt ſie mit Wucher.
Milady ſcheinen etwas di - ſtrait zu ſeyn — Ich werde mir wol ſelbſt die Kuͤhn - heit erlauben muͤſſen.
Sereniſſimus ſchi - ken mich, Milady zu fragen, ob dieſen Abend Vaux - hall ſeyn werde, oder teutſche Komoͤdie?
Eins von beiden, mein Engel — Unterdeſſen bringen Sie ihrem Her - zog dieſe Charte zum Deſert!
Du, Sophie, befiehlſt, daß man anſpannen ſoll, und rufſt meine ganze Garderobe in dieſen Saal zu - ſammen. —
O Himmel! Was ahndet mir? Was wird das noch werden?
Sie ſind echauffiert meine Gnaͤ - dige?
Um ſo weniger wird hier gelogen ſeyn — Hurrah Herr Hofmarſchall! Es wird eine Stelle vakant. Gut Wetter fuͤr Kuppler
Leſen Sie, leſen Sie! — Es iſt mein Wille, daß der Inhalt nicht unter vier Augen bleibe.
„ Gnaͤdigſter Herr, „ Ein Vertrag, den Sie ſo leichtſinnig bra - „ chen, kann Mich nicht mehr binden. Die Gluͤk - „ ſeligkeit Ihres Landes war die Bedingung meiner „ Liebe. Drei Jahre waͤhrte der Betrug. Die Binde „ faͤllt mir von den Augen; ich verabſcheue Gunſtbe - „ zeugungen, die von den Traͤnen der Unterthanen „ triefen. — Schenken Sie die Liebe, die ich Ihnen „ nicht mehr erwiedern kann, ihrem weinenden Lan - „ de, und lernen von einer brittiſchen Fuͤrſtin Er - „ barmen gegen Ihr teutſches Volk. In einer „ Stunde bin ich uͤber der Graͤnze.
Johanna Norfolk.
Ueber der Graͤnze?
Behuͤte der Himmel, meine Beſte und Gnaͤ - dige! Den Ueberbringer muͤßte der Hals eben ſo juͤken, als der Schreiberin.
Das iſt deine Sorge du Goldmann — Leider weiß ich es, daß Du und Deinesgleichen amNach -126Nachbeten deſſen, was andre gethan haben, erwuͤr - gen! — Mein Rath waͤre, man bakte den Zettel in eine Wildpretpaſtete, ſo faͤnden ihn Sereniſſimus auf dem Teller —
Ciel! Dieſe Vermeſſenheit! — So erwaͤgen Sie doch, ſo bedenken Sie doch, wie ſehr Sie ſich in Disgrace ſezen, Lady!
Ihr ſteht beſtuͤrzt guten Leute, erwartet angſtvoll, wie ſich das Raͤzel entwikeln wird? — Kommt naͤher, meine Lieben — Ihr dientet mir redlich und warm, ſahet mir oͤfter in die Augen, als in die Boͤrſe, euer Gehorſam war eure Leidenſchaft, euer Stolz — meine Gnade! — — Daß das Andenken eurer Treue zugleich das Gedaͤchtniß meiner Erniedrigung ſeyn muß! Trauriges Schikſal, daß meine ſchwaͤrzeſten Tage eure gluͤklichen waren!
Ich entlaſſe euch meine Kinder — — Lady Milford iſt nicht mehr, und Johanna von Norfolk zu arm, ih - re Schuld abzutragen — Mein Schazmeiſter ſtuͤrze meine Schatulle unter euch — Dieſer Pallaſt bleibt dem Herzog — Der Aermſte von euch wird reicher von hinnen gehen als ſeine Gebieterin.
Ich verſtehe euch meine guten — Lebt wol! Lebt ewig wol!
Ich hoͤre den Wagen vorfahren.
Mann des Er - barmens, ſtehſt du noch immer da?
Und dieſes Billet ſoll ich Seiner Hochfuͤrſtlichen Durchlaucht zu hoͤchſteige - nen Haͤnden geben?
Mann des Erbarmens! zu hoͤchſteigenen Haͤnden, und ſolſt melden zu hoͤchſteigenen Ohren, weil ich nicht baarfuß nach Loretto koͤnne, ſo werde ich um den Taglohn arbeiten, mich zu reinigen von dem Schimpf, ihn beherrſcht zu haben.
Hier iſt ſie auch nicht. Hier wieder nicht — Durch alle Gaſſen bin ich gezogen, bei al - len Bekannten bin ich geweſen, auf allen Thoren hab ich gefragt — Mein Kind hat man nirgends geſehen
Geduld armer ungluͤklicher Vater. Warte ab, bis es morgen wird. Vielleicht kommt deine Einzige dann an‘s Ufer geſchwommen — — Gott! Gott! Wenn ich mein Herz zu abgoͤttiſch an dieſe Tochter hieng? — Die Strafe iſt hart. Himmliſcher Vater, hart! Ich will nicht murren, himmliſcher Vater, aber die Strafe iſt hart
Du thuſt recht, armer alter Mann! Lerne bei Zeit noch verlieren.
Biſt du da mein Kind? Biſt du? — Aber warum denn ſo einſam und oh - ne Licht?
Ich bin darum doch nicht einſam. Wenns ſo recht ſchwarz wird um mich herum, hab ich meine beſten Beſuche.
Gott bewahre dich! Nur der Gewiſ - ſenswurm ſchwaͤrmt mit der Eule. Suͤnden und boͤſe Geiſter ſcheuen das Licht.
Auch die Ewigkeit Vater, die mit der Seele ohne Gehilfen redet.
Kind! Kind! Was fuͤr Reden ſind das?
Ich hab einen harten Kampf gekaͤmpft. Er weiß es Vater. Gott gab mir Kraft. Der Kampf iſt entſchieden. Vater! man pflegt unſer Geſchlecht zart und zerbrech - lich zu nennen. Glaub Er das nicht mehr. Vor einer Spinne ſchuͤtteln wir uns, aber das ſchwarze Ungeheuer Verweſung druͤken wir im Spaß in die Arme. Dieſes zur Nachricht Vater. Seine Louiſe iſt luſtig.
Hoͤre Tochter! Ich wollte du heulteſt. Du gefielſt mir ſo beſſer.
Wie ich ihn uͤberliſten will, Vater Wie ich den Tyrannen betruͤgen will! — Die LiebeJiſt130iſt ſchlauer als die Bosheit und kuͤhner — das hat er nicht gewußt, der Mann mit dem traurigen Stern — O! ſie ſind pfiffig, ſo lang ſie es nur mit dem Kopf zu thun haben, aber ſobald ſie mit dem Herzen anbinden, werden die Boͤswichter dumm — — Mit einem Eid gedachte er ſeinen Betrug zu ver - ſiegeln? Eide, Vater, binden wol die Lebendigen, im Tode ſchmilzt auch der Sakramente eiſernes Band. Ferdinand wird ſeine Louiſe kennen — Will er mir diß Billet beſorgen, Vater? Will er ſo gut ſeyn?
An Wen, meine Tochter?
Seltſame Frage! Die Unendlichkeit und mein Herz haben miteinander nicht Raum ge - nug fuͤr einen einzigen Gedanken an ihn — Wenn haͤtt ich denn wol an ſonſt jemand ſchreiben ſollen?
Hoͤre Louiſe! Ich erbreche den Brief.
Wie Er will, Vater — aber Er wird nicht klug daraus werden. Die Buchſtaben liegen wie kalte Leichname da, und leben nur Augen der Liebe.
„ Du biſt verrathen, Ferdi - nand — ein Bubenſtuͤk ohne Beiſpiel zerriß den Bund unſrer Herzen, aber ein ſchroͤklicher Schwur hat meine Zunge gebunden, und dein Vater hat uͤberall ſeine Horcher geſtellt. Doch wenn du Muth haſt, Geliebter — ich weiß einen dritten Ort, wo kein Eidſchwur mehr bindet, und wohin ihm keinHorcher131Horcher geht „
Warum ſieht Er mich ſo an? Leſ‘ Er doch ganz aus, Vater.
„ Aber Muth genug muſt du haben, eine finſtre Straſſe zu wandeln, wo dir nichts leuch - tet, als deine Louiſe und Gott — Ganz nur Liebe muſt du kommen, daheim laſſen all deine Hofnun - gen, und alle deine brauſenden Wuͤnſche; nichts kannſt du brauchen als dein Herz. Willſt du — ſo brich auf, wenn die Gloke den zwoͤlften Streich thut auf dem Karmeliterthurm. Bangt dir — ſo durchſtreiche das Wort ſtark vor deinem Geſchlechte, denn ein Maͤdchen hat dich zu ſchanden gemacht „
Und dieſer dritte Ort, meine Tochter?
Er kennt ihn nicht, Er kennt ihn wirklich nicht, Vater? — Sonderbar! Der Ort iſt zum Finden gemahlt. Ferdinand wird ihn fin - den.
Hum! Rede deutlicher.
Ich weiß ſo eben kein liebliches Wort dafuͤr — Er muß nicht erſchreken Vater, wenn ich ihm ein haͤßliches nenne. Dieſer Ort — O warum hat die Liebe nicht Namen erfunden! Den ſchoͤnſten haͤtte ſie dieſem gegeben. Der dritte Ort,J 2guter132guter Vater — aber Er muß mich ausreden laſſen — Der dritte Ort iſt das Grab.
O mein Gott!
Nicht doch mein Vater! Das ſind nur Schauer, die ſich um das Wort herum lagern — Weg mit dieſem, und es liegt ein Brautbette da, woruͤber der Mor - gen ſeinen goldenen Teppich breitet, und die Fruͤh - linge ihre bunte Guirlanden ſtreun. Nur ein heu - lender Suͤnder konnte den Tod ein Gerippe ſchelten; es iſt ein holder niedlicher Knabe, bluͤhend, wie ſie den Liebesgott mahlen, aber ſo tuͤkiſch nicht — ein ſtiller dienſtbarer Genius, der der erſchoͤpften Pilge - rin Seele den Arm bietet uͤber den Graben der Zeit, das Feenſchloß der ewigen Herrlichkeit auf - ſchließt, freundlich nikt, und verſchwindet.
Was haſt du vor, meine Tochter? — Du willſt eigenmaͤchtig Hand an dich legen.
Nenn Er es nicht ſo mein Vater. Ei - ne Geſellſchaft raͤumen, wo ich nicht wol gelitten bin — An einen Ort vorausſpringen, den ich nicht laͤnger miſſen kann — Iſt denn das Suͤnde?
Selbſtmord iſt die abſcheulichſte mein Kind — die einzige, die man nicht mehr bereuen kann, weil Tod und Miſſethat zuſammenfallen.
Entſezlich! — Aber ſo raſch wird es doch nicht gehn. Ich will in den Fluß ſpringen, Vater, und im Hinunter -ſinken133ſinken Gott den Allmaͤchtigen um Erbarmen bitten.
Das heißt, du wilſt den Diebſtal be - reuen, ſobald du das Geſtohlene in Sicherheit weiſt — Tochter! Tochter! gib acht, daß du Gottes nicht ſpotteſt, wenn du ſeiner am meiſten vonnoͤthen haſt. O! es iſt weit! weit mit dir gekommen! — Du haſt dein Gebet aufgegeben, und der Barmherzige zog ſeine Hand von dir.
Iſt lieben denn Frevel, mein Va - ter?
Wenn du Gott liebſt, wirſt du nie bis zum Frevel lieben — — Du haſt mich tief ge - beugt, meine Einzige! tief, tief, vielleicht zur Gru - be gebeugt. — Doch! ich will dir dein Herz nicht noch ſchwerer machen — Tochter! ich ſprach vorhin etwas. Ich glaubte allein zu ſeyn. Du haſt mich behorcht, und warum ſolt ich's noch laͤnger geheim halten? Du warſt mein Abgott. Hoͤre Louiſe, wenn du noch Plaz fuͤr das Gefuͤhl eines Vaters haſt — Du warſt mein Alles. Jezt verthuſt du nicht mehr von deinem Eigenthum. Auch Ich hab alles zu verlieren. Du ſiehſt, mein Haar faͤngt an grau zu werden. Die Zeit meldet ſich allgemach bei mir, wo uns Vaͤtern die Kapitale zu ſtatten kom - men, die wir im Herzen unſrer Kinder anlegten — Wirſt du mich darum betruͤgen, Louiſe? Wirſt du dich mit dem Haab und Gut deines Vaters auf und davon machen?
Nein mein Vater. Ich gehe als Seine große Schuldnerin aus der Welt, und werde in der Ewig - keit mit Wucher bezalen.
Gib acht, ob du dich da nicht ver - rechneſt, mein Kind?
Wer - den wir uns dort wol noch finden? — — Sieh! Wie du blaß wirſt! — Meine Louiſe begreift es von ſelbſt, daß ich ſie in jener Welt nicht wol mehr einholen kann, weil ich nicht ſo fruͤh dahin eile, wie ſie
o Tochter! Toch - ter! Gefallene, vielleicht ſchon verlorene Tochter! Beherzige das ernſthafte Vaterwort! Ich kann nicht uͤber dich wachen. Ich kann dir die Meſſer neh - men, du kannſt dich mit einer Striknadel toͤdten. Fuͤr Gift kann ich dich bewahren, du kannſt dich mit einer Schnur Perlen erwuͤrgen. — Louiſe — Louiſe — nur warnen kann ich dich noch — Wilſt du es darauf ankommen laſſen, daß dein treuloſes Gaukelbild auf der ſchroͤklichen Bruͤke zwiſchen Zeit und Ewigkeit von dir weiche? Wilſt du dich vor des Allwiſſenden Tron mit der Luͤge waͤgen: Dei - netwegen, Schoͤpfer, bin ich da! wenn deine ſtraf - bare Augen ihre ſterbliche Puppe ſuchen? — Und wenn dieſer zerbrechliche Gott deines Gehirns, jezt Wurm wie du, zu den Fuͤßen deines Rich - ters ſich windet, deine gottloſe Zuverſicht in die -ſem135ſem ſchwankenden Augenblik Luͤgen ſtraft, und deine betrogene Hofnungen an die ewige Er - barmung verweißt, die der Elende fuͤr ſich ſelbſt kaum erflehen kann — Wie dann?
Wie dann Ungluͤkſelige?
Jezt weiß ich nichts mehr
ſtehe dir, Gott Richter! fuͤr dieſe Seele nicht mehr. Thu was du wilſt. Bring dei - nem ſchlanken Juͤngling ein Opfer, daß deine Teufel jauchzen, und deine guten Engel zuruͤktreten — Zieh hin! Lade alle deine Suͤnden auf, lade auch dieſe, die lezte, die entſezlichſte auf, und wenn die Laſt noch zu leicht iſt, ſo mache mein Fluch das Gewicht vollkommen — Hier iſt ein Meſſer — durchſtich dein Herz, und
das Vaterherz!
Halt! Halt! O mein Vater! — Daß die Zaͤrtlichkeit noch barbariſcher zwingt, als Tyrannenwuth! — Was ſoll ich? Ich kann nicht! Was muß ich thun?
Wenn die Kuͤſſe deines Majors heißer brennen als die Traͤnen deines Vaters — ſtirb!
Vater! Hier iſt meine Hand! Ich will — Gott! Gott! was thu ich? was will ich? — Va - ter ich ſchwoͤre — Wehe mir, wehe! VerbrecherinJ 4wohin136wohin ich mich neige! — Vater es ſei! — Fer - dinand — Gott ſieht herab! — So zernicht 'ich ſein leztes Gedaͤchtniß
Das iſt meine Tochter! — Blik auf! Um einen Liebhaber biſt du leichter, dafuͤr haſt du einen gluͤk - lichen Vater gemacht.
Kind! Kind, daß ich den Tag meines Lebens nicht werth war! Gott weiß, wie ich ſchlech - ter Mann zu dieſem Engel gekommen bin! — Mei - ne Louiſe, mein Himmelreich! — O Gott! ich verſtehe ja wenig vom Lieben, aber daß es eine Quaal ſeyn muß, aufzuhoͤren — ſo was begreif ich noch.
Doch hinweg aus dieſer Gegend mein Vater — Weg von der Stadt, wo meine Geſpie - linnen meiner ſpotten, und mein guter Name da - hin iſt auf immerdar — Weg, weg, weit weg von dem Ort, wo mich ſo viele Spuren der verlorenen Seligkeit anreden — Weg, wenn es moͤglich iſt —
Wohin du nur wilſt, meine Tochter. Das Brod unſers Herrgotts waͤchſt uͤberall, und Ohren wird er auch meiner Geige beſcheeren. Ja! Laß auch alles dahingehn — Ich ſeze die Geſchich - te deines Grams auf die Laute, ſinge dann ein Lied von der Tochter, die, ihren Vater zu ehren, ihr Herz zerriſſ '— wir betteln mit der Ballade vonThuͤre137Thuͤre zu Thuͤre, und das Allmoſen wird koͤſt - lich ſchmeken von den Haͤnden der Weinenden —
Gott! Da iſt er! Ich bin verloren.
Wo? Wer?
Er! Er ſelbſt! — Seh er nur um ſich Vater — Mich zu ermorden iſt er da.
Was? Sie hier Baron?
Ueberraſchtes Gewiſ - ſen, habe Dank! Dein Bekenntniß iſt ſchreklich aber ſchnell und gewiß, und erſpart mir die Folte - rung. — Guten Abend Miller.
Aber um Gotteswillen! Was wollen Sie Baron? Was fuͤhrt Sie her? Was ſoll die - ſer Ueberfall?
Ich weiß eine Zeit, wo man den Tag in ſeine Sekunden zerſtuͤkte, wo Sehnſucht nach mir ſich an die Gewichte der zoͤgernden WanduhrJ 5hieng,138hieng, und auf den Aderſchlag lauerte, unter dem ich erſcheinen ſolte — Wie kommts, daß ich jezt uͤberraſche?
Gehen Sie, gehen Sie Baron — Wenn noch ein Funke von Menſchlichkeit in Ihrem Herzen zuruͤkblieb — Wenn Sie die nicht erwuͤrgen wollen, die Sie zu lieben vorgeben, fliehen Sie, bleiben Sie keinen Augenblik laͤnger. Der Seegen war fort aus meiner Huͤtte, ſobald Sie einen Fuß darein ſezten — Sie haben das Elend unter mein Dach gerufen, wo ſonſt nur die Freude zu Hauſe war. Sind Sie noch nicht zufrieden? Wollen Sie auch in der Wunde noch wuͤhlen, die Ihre un - gluͤkliche Bekanntſchaft meinem einzigen Kinde ſchlug?
Wunderlicher Vater, jezt komm ich ja, deiner Tochter etwas erfreuliches zu ſagen.
Neue Hoffnungen etwa zu einer neuen Verzweiflung? — Geh Ungluͤksbote! Dein Ge - ſicht ſchimpft deine Waare.
Endlich iſt es erſchienen, das Ziel meiner Hoffnungen! Lady Milford, das furchtbar - ſte Hinderniß unſrer Liebe, floh dieſen Augenblik aus dem Lande. Mein Vater billigt meine Wahl. Das Schikſal laͤßt nach, uns zu verfolgen. Unſre gluͤklichen Sterne gehen auf — Ich bin jezt da, mein gegebenes Wort einzuloͤſen, und meine Braut zum Altar abzuholen.
Hoͤrſt du ihn meine Tochter? Hoͤrſt du ihn ſein Geſpoͤtte mit deinen getaͤuſchten Hoff - nungen treiben? O wahrlich Baron! Es ſteht dem Verfuͤhrer ſo ſchoͤn, an ſeinem Verbrechen ſei - nen Wiz noch zu kuͤzeln.
Du glaubſt, ich ſcherze. Bei mei - ner Ehre nicht! Meine Auſſage iſt wahr, wie die Liebe meiner Louiſe, und heilig will ich ſie halten, wie Sie ihre Eide — Ich kenne nichts heiligers — Noch zweifelſt du? Noch kein freudiges Erroͤthen auf den Wangen meiner ſchoͤnen Gemahlin? Son - derbar! Die Luͤge muß hier gangbare Muͤnze ſeyn, wenn die Wahrheit ſo wenig Glauben findet. Ihr mißtraut meinen Worten? So glaubt dieſem ſchrift - lichen Zeugniß.
Was ſoll das bedeuten, Baron? Ich verſtehe Sie nicht.
Deſto beſſer hat mich dieſe verſtanden!
O Gott! meine Tochter!
Bleich wie der Tod! — Jezt erſt gefaͤllt ſie mir deine Tochter! So ſchoͤn war ſie nie die fromme rechtſchaffne Tochter — Mit dieſem Leichengeſicht — — Der Odem des Weltgerichts,der140der den Firniß von jeder Luͤge ſtreift, hat jezt die Schminke verblaſen, womit die Tauſendkuͤnſtlerin auch die Engel des Lichts hintergangen hat — Es iſt ihr ſchoͤnſtes Geſicht! Es iſt ihr erſtes wahres Geſicht! Laß mich es kuͤſſen
Zuruͤk! Weg! Greife nicht an das Vaterherz, Knabe! Vor deinen Liebkoſungen konnt ich ſie nicht bewahren, aber ich kann es vor deinen Mißhandlungen.
Was wilſt du Graukopf? Mit dir hab ich nichts zu ſchaffen. Menge dich ja nicht in ein Spiel, das ſo offenbar verloren iſt — oder biſt du auch vielleicht kluͤger, als ich dir zugetraut habe? Haſt du die Weißheit deiner ſechzig Jahre zu den Buhlſchaften deiner Tochter geborgt, und diß ehr - wuͤrdige Haar mit dem Gewerb eines Kupplers ge - ſchaͤndet? — O! wenn das nicht iſt, ungluͤklicher alter Mann, lege dich nieder und ſtirb — Noch iſt es Zeit. Noch kannſt du in dem ſuͤßen Taumel ent - ſchlafen: Ich war ein gluͤklicher Vater! — einen Augenblik ſpaͤter, und du ſchleuderſt die giftige Nat - ter ihrer hoͤlliſchen Heimat zu, verfluchſt das Ge - ſchenk und den Geber, und faͤhrſt mit der Gotteslaͤ - ſterung in die Grube.
Sprich Ungluͤkſe - lige! Schriebſt du dieſen Brief?
Um Gotteswillen Tochter! Vergiß nicht! Vergiß nicht!
O dieſer Brief mein Vater —
Daß er in die unrechte Haͤnde fiel? — Geprieſen ſei mir der Zufall, er hat groͤßere Tha -ten141ten gethan als die kluͤgelnde Vernunft, und wird beſſer beſtehn an jenem Tag als der Wiz aller Wei - ſen — Zufall ſage ich? — O die Vorſehung iſt dabei, wenn Sperlinge fallen, warum nicht, wo ein Teufel entlarvt werden ſoll? — Antwort will ich! — Schriebſt du dieſen Brief?
Stand - haft! Standhaft meine Tochter! Nur noch das ein - zige Ja, und alles iſt uͤberwunden.
Luſtig! Luſtig! Auch der Vater betrogen. Alles betrogen! Nun ſieh, wie ſie da - ſteht die Schaͤndliche, und ſelbſt ihre Zunge nun ih - rer lezten Luͤge den Gehorſam aufkuͤndigt! Schwoͤre bei Gott! bei dem fuͤrchterlich wahren! Schriebſt du dieſen Brief?
Ich ſchrieb ihn.
Louiſe — Nein! Sowahr meine Seele lebt! du luͤgſt — Auch die Unſchuld bekennt ſich auf der Folterbank zu Freveln, die ſie nie begieng — Ich fragte zu heftig — Nicht wahr Louiſe — Du bekannteſt nur, weil ich zu hefti gfragte?
Ich bekannte was wahr iſt.
Nein ſag ich! Nein! Nein! Du ſchriebſt nicht. Es iſt deine Hand gar nicht — Und waͤre ſie's, warum ſolten Handſchriften ſchwerer nachzumachen ſeyn, als Herzen zu verderben? Re - de mir wahr Louiſe — oder nein, nein, thu esnicht,142nicht, du koͤnnteſt Ja ſagen, und ich waͤr verloren — Eine Luͤge Louiſe — eine Luͤge — O wenn du jezt eine wuͤßteſt, mir hinwaͤrfeſt mit der offenen Engelmiene, nur mein Ohr, nur mein Aug uͤber - redeteſt, dieſes Herz auch noch ſo abſcheulich taͤuſch - teſt — O Louiſe! Alle Wahrheit moͤchte dann mit dieſem Hauch aus der Schoͤpfung wandern, und die gute Sache ihren ſtarren Hals von nun an zu einem hoͤfiſchen Buͤkling beugen!
Schriebſt du dieſen Brief?
Bei Gott! Bei dem fuͤrchterlich wah - ren! Ja!
Weib! Weib! — Das Geſicht, mit dem du jezt vor mir ſtehſt! — Theile mit die - ſem Geſicht Paradieſe aus, du wirſt ſelbſt im Reich der Verdammniß keinen Kaͤufer finden — Wußteſt du, was du mir wareſt, Louiſe? Ohnmoͤglich! Nein! Du wußteſt nicht, daß du mir Alles warſt! Alles! — Es iſt ein armes veraͤchtliches Wort, aber die Ewigkeit hat Muͤhe, es zu umwandern, Welt - ſyſteme vollenden ihre Bahnen darinn — Alles! Und ſo frevelhaft damit zu ſpielen — O es iſt ſchreklich —
Sie haben mein Geſtaͤndniß Herr von Walter. Ich habe mich ſelbſt verdammt. Gehen Sie nun! Verlaſſen Sie ein Haus, wo Sie ſo ungluͤklich waren.
Gut! Gut! Ich bin ja ruhig — ruhig, ſagt man ja, iſt auch der ſchaudernde Strich Landes, woruͤber die Peſt gieng — ich bins
Noch eine Bitte Louiſe — die lezte! Mein Kopf brennt ſo fieberiſch. Ich brau - che Kuͤhlung — Wilſt du mir ein Glas Limonade zurecht machen
Lieber Baron, kann es Ihren Gram vielleicht mindern, wann ich Ihnen geſtehe, daß ich Sie herzlich bedaure?
Laß er es gut ſeyn Miller
Miller, ich weiß nur kaum noch, wie ich in ſein Haus kam — Was war die Veran - laſſung?
Wie Herr Major? Sie wolten ja Lek - zion auf der Floͤte bei mir nehmen? Das wiſſen Sie nicht mehr?
Ich ſah ſeine Tochter
Er hat nicht Wort gehalten, Freund. Wir akkordierten Ruhe fuͤr meine einſa -me144me Stunden. Er betrog mich, und verkaufte mir Skorpionen
Nein! Erſchrik nur nicht alter Mann
Du biſt nicht ſchuldig.
Das weiß der allwiſſende Gott!
Seltſam o unbegreiflich ſeltſam ſpielt Gott mit uns. An duͤnnen unmerkbaren Sei - len haͤngen oft fuͤrchterliche Gewichte — Wuͤßte der Menſch, daß er an dieſem Apfel den Tod eſſen ſolte — Hum! — wuͤßte er das?
Mann! ich bezahle dir dein Bischen Floͤte zu theuer — — und du gewinnſt nicht einmal — auch du verlierſt — verlierſt vielleicht alles
Ungluͤkſeliges Floͤtenſpiel, das mir nie haͤtte einfallen ſollen.
Die Limonade bleibt auch gar zulang auſſen. Ich denke, ich ſehe nach, wenn Sie mirs nicht fuͤr uͤbel neh - men —
Es eilt nicht lieber Miller
zumal fuͤr den Vater nicht — Bleib er nur — Was hatt ich doch fragen wollen? — Ja! — Iſt Louiſe ſeine einzige Tochter? Sonſt hat er keine Kinder mehr?
Habe ſonſt keins mehr Ba - ron — wuͤnſch mir auch keins mehr. Das Maͤdeliſt145iſt juſt ſo recht, mein ganzes Vaterherz einzusteken — hab meine ganze Baarſchaft von Liebe an der Tochter ſchon zugeſezt.
Ha! — — Seh Er doch lieber nach dem Trank, guter Miller.
Das einzige Kind! — Fuͤhlſt du das, Moͤrder? Das einzige! Moͤrder! hoͤrſt du, das einzige? — Und der Mann hat auf der großen Welt Gottes nichts, als ſein Inſtrument und das einzige — Du willſt's ihm rauben?
Rauben? — Rauben den lezten Nothpfenning einem Bettler? Die Kruͤke zerbrochen vor die Fuͤße werfen dem Lahmen? Wie? Hab ich auch Bruſt fuͤr das? — — Und wenn er nun heimeilt, und nicht erwarten kann, die ganze Summe ſeiner Freuden vom Geſicht dieſer Tochter herunter zu zaͤhlen, und hereintritt, und ſie da liegt die Blume — welk — todt — zertreten, muthwillig die lezte, einzige, un - uͤberſchwengliche Hoffnung — Ha! und er da ſteht vor ihr, und da ſteht, und ihm die ganze Natur den lebendigen Odem anhaͤlt, und ſein erſtarrter Blik die entvoͤlkerte Unendlichkeit fruchtlos durchwandert, Gott ſucht, und Gott nicht mehr finden kann, und leerer zuruͤk kommt — — Gott! Gott! aber auch mein Vater hat dieſen einzigen Sohn — den einzi -Rgen146gen Sohn, doch nicht den einzigen Reichthum —
Doch wie? was verliert er denn? Das Maͤdchen, dem die heiligſten Gefuͤhle der Liebe nur Puppen waren, wird es den Vater gluͤklich ma - chen koͤnnen? — Es wird nicht! Es wird nicht! Und ich verdiene noch Dank, daß ich die Natter zer - trete, ehe ſie auch noch den Vater verwundet.
Gleich ſollen Sie bedient ſeyn, Baron. Draußen ſizt das arme Ding, und will ſich zu Tode weinen. Sie wird Ihnen mit der Limonade auch Traͤnen zu trinken geben.
Und wol, wenns nur Traͤnen waͤren! — — Weil wir vorhin von der Muſik ſpra - chen Miller
Ich bin noch ſein Schuldner.
Wie? Was? Gehen Sie mir Baron! Wofuͤr halten Sie mich? Das ſteht ja in guter Hand, thun Sie mir doch den Schimpf nicht an, und ſind wir ja, wills Gott, nicht das leztemal bei einander.
Wer kann das wiſſen? Nehm er nur. Es iſt fuͤr Leben und Sterben.
O deßwegen Baron! Auf den Fall, denk ich, kann mans wagen bei Ihnen.
Man wagte wirklich — Hat er nie gehoͤrt, daß Juͤnglinge gefallen ſind — Maͤdchen undJuͤng -147Juͤnglinge, die Kinder der Hoffnung, die Luftſchloͤſ - ſer betrogener Vaͤter — Was Wurm und Alter nicht thun, kann oft ein Donnerſchlag ausrichten — Auch ſeine Louiſe iſt nicht unſterblich.
Ich hab ſie von Gott.
Hoͤr er — Ich ſag ihm, ſie iſt nicht unſterblich. Dieſe Tochter iſt ſein Augapfel. Er hat ſich mit Herz und Seel an dieſe Tochter gehaͤngt. Sei er vorſichtig Miller. Nur ein verzweifelter Spie - ler ſezt alles auf einen einzigen Wurf. Einen Wag - hals nennt man den Kaufmann, der auf ein Schiff ſein ganzes Vermoͤgen ladet — Hoͤr er, denk er der Warnung nach — — Aber warum nimmt er ſein Geld nicht?
Was Herr? Die ganze allmaͤchtige Boͤrſe? Wohin denken Euer Gnaden?
Auf meine Schuldigkeit — Da!
Ich kann den Quark nicht eine Ewigkeit ſo halten.
Was beim großen Gott? Das klang nicht wie Silbergeld!
Wie um aller Himmel willen Baron? Baron? Wo ſind Sie? Was treiben Sie Baron? Das nenn ich mir Zerſtreuung!
Hier liegt ja — oder bin ich verhext, oder — Gott verdamm mich! Da greif ich ja das baare gelbe leibhafte Gottesgold — — Nein Satanas! Du ſolſt mich nicht daran kriegen!
Hat er Alten oder Neuen getrun - ken, Miller?
Donner und Wetter! Da ſchauen Sie nur hin! — Gold!
Und was nun weiter?
Ins Henkers Nahmen — ich ſage — ich bitte Sie um Gottes Chriſti willen — Gold!
Das iſt nun freilich etwas merk - wuͤrdiges.
Gnaͤdiger Herr, ich bin ein ſchlich - ter gerader Mann, wenn Sie mich etwas zu einem Bubenſtuͤk anſpannen wollen — denn ſo viel Geld laͤßt ſich, weiß Gott, nicht mit etwas Gutem verdienen.
Sei er ganz getroſt, lie - ber Miller. Das Geld hat er laͤngſt verdient, und Gott bewahre mich, daß ich mich mit ſeinem guten Gewiſſen dafuͤr bezahlt machen ſollte.
Mein alſo! Mein! Mit des guten Gottes Wiſſen und Willen, mein!
Weib! Tochter! Viktoria! Herbei!
Aber du lieber Himmel! wie komm ich denn ſo auf einmal zu dem ganzen grauſamen Reichthum? Wie verdien ich ihn? Lohn ich ihn? Heh?
Nicht mit ſeinen Muſikſtunden, Miller — Mit dem Geld hier bezahl ich ihm
bezahl ich ihm
den dreimonatlangen gluͤk - lichen Traum von ſeiner Tochter.
Gnaͤ - diger Herr! Waͤren Sie ein ſchlechter geringer Buͤr - gersmann —
und mein Maͤdel liebte Sie nicht? Erſtechen wollt ich's, das Maͤdel
Aber da hab ich ja nun alles, und Sie nichts, und da werd ich nun das ganze Gaudium wieder heraus blechen muͤßen? Heh?
Laß er ſich das nicht anfechten, Freund — Ich reiſe ab, und in dem Land, wo ich mich zu ſezen gedenke, gelten die Stempel nicht.
Bleibts alſo mein? Bleibts? — Aber das thut mir nur leid, daß Sie verreiſen — Und wart, was ich jezt auftre - ten will! Wie ich die Baken jezt voll nehmen will!
Und auf dem Markt will ich meine Muſikſtunden geben, und Numero fuͤnfe Dreikoͤnig rauchen, und wenn ich wieder auf den Dreibatzenplaz ſize, ſoll mich der Teufel holen.
Bleib Er! Schweig Er! und ſtreich Er ſein Geld ein.
Nur dieſen Abend noch ſchweig Er, und geb Er, mir zu Gefallen, von Nun an keine Muſikſtunden mehr.
Und Herr! meine Tochter! R 3(ihn150
Geld macht den Mann nicht — Geld nicht — Ich habe Kartoffeln gegeſſen oder ein wildes Huhn; ſatt iſt ſatt, und dieſer Rok da iſt ewig gut, wenn Gottes liebe Sonne nicht durch den Ermel ſcheint — Fuͤr mich iſt das Plunder — Aber dem Maͤdel ſoll der Seegen bekommen, was ich ihr nur an den Augen abſehen kann, ſoll ſie haben —
Stille, o Stille —
Und ſoll mir Fran - zoͤſiſch lernen aus dem Fundament, und Menuet - tanzen, und Singen, daß mans in den Zeitungen leſen ſoll; und eine Haube ſoll ſie tragen wie die Hof - rathstoͤchter, und einen Kidebarri, wie ſies heiſſen, und von der Geigerstochter ſoll man reden auf vier Meilen weit —
Nichts mehr! Nichts mehr! Um Got - tes willen, ſchweig er ſtill! Nur noch heute ſchweig er ſtill, das ſei der einzige Dank, den ich von ihm fordre.
Sie befehlen, wenn ſie nicht ſtark genug iſt?
O beinahe haͤtt ich dasvergeſ -151vergeſſen! — Darf ich Ihn um etwas bitten lieber Miller? Will Er mir einen kleinen Gefallen thun?
Tauſend fuͤr einen! Was befehlen — —
Man wird mich bei der Tafel er - warten. Zum Ungluͤk hab ich eine ſehr boͤſe Laune. Es iſt mir ganz unmoͤglich, unter Menſchen zu gehn — Will Er einen Gang thun zu meinem Vater und mich entſchuldigen?
Den Gang kann ja Ich thun.
Zum Praͤſidenten?
Nicht zu ihm ſelbſt. Er uͤbergibt ſeinen Auftrag in der Garderobe einem Kammerdie - ner — Zu ſeiner Legitimazion iſt hier meine Uhr — Ich bin noch da, wenn er wieder kommt. — Er wartet auf Antwort.
Kann denn Ich das nicht auch beſorgen?
Halt, und noch etwas! Hier iſt ein Brief an meinen Vater, der dieſen Abend an mich eingeſchloſſen kam — Viel - leicht dringende Geſchaͤfte — Es geht in einer Be - ſtellung hin —
Schon gut, Baron!
Aber mein Vater, dis alles koͤnnt ich ja recht gut beſorgen.
Du biſt allein, und es iſt finſtre Nacht meine Tochter,
Leuchte deinem Vater, Louiſe.
Ja! Sie ſoll dran! Sie ſoll! Die obern Maͤchte ni - ken mir ihr ſchrekliches Ja herunter, die Rache des Himmels unterſchreibt, ihr guter Engel laͤßt ſie fahren —
Wollen Sie mich akkompagnieren Herr von Walter, ſo mach ich einen Gang auf dem For - tepiano.
Sie ſind mir auch noch Revange auf dem Schachbrett ſchuldig. Wollen wir eine Parthie Herr von Walter?
Herr von Walter, die Brieftaſche, die ich Ihnen einmal zu ſtiken verſprochen — Ich habeſie153ſie angefangen — Wollen ſie das Deſſein nicht beſehen?
O ich bin ſehr elend!
Das koͤnnte wahr ſeyn.
Meine Schuld iſt es nicht, Herr von Walter, daß Sie ſo ſchlecht unterhalten werden.
Denn was kannſt du fuͤr meine bloͤde Beſcheidenheit?
Ich hab es ja wol gewußt, daß wir jezt nicht zuſammen taugen. Ich erſchrak auch gleich, ich bekenne es, als Sie meinen Vater verſchikten — Herr von Walter, ich vermuthe, dieſer Augenblik wird uns beiden gleich unertraͤglich ſeyn — Wenn Sie mirs erlauben wollen, ſo geh ich, und bitte ei - nige von meinen Bekannten her.
O ja doch, das thu. Ich will auch gleich gehn, und von den meinigen bitten.
Herr von Walter?
Bei meiner Ehre! Der geſcheideſte Einfall, den ein Menſch in dieſer La - ge nur haben kann. Wir machen aus dieſem ver - druͤßlichen Duett eine Luſtbarkeit, und raͤchen uns mit Hilfe gewiſſer Galanterien an den Grillen der Liebe.
Sie ſind aufgeraͤumt, Herr von Wal - ter?
Ganz außerordentlich, um die Knaben auf dem Markt hinter mir herzujagen! Nein! in Wahrheit Louiſe. Dein Beiſpiel bekehrt mich — Du ſollſt meine Lehrerin ſeyn. Thoren ſinds, die von ewiger Liebe ſchwazen, ewiges Einer - lei widerſteht, Veraͤnderung nur iſt das Salz des Vergnuͤgens — Topp Louiſe! Ich bin dabei — Wir huͤpfen von Roman zu Romane, waͤlzen uns von Schlamme zu Schlamm — Du dahin — Ich dort - hin — Vielleicht, daß meine verlorene Ruhe ſich in einem Bordell wieder finden laͤßt — Vielleicht, daß wir dann nach dem luſtigen Wettlauf, zwei modern - de Gerippe, mit der angenehmſten Ueberraſchung von der Welt zum zweitenmal aufeinander ſtoßen, daß wir uns da an dem gemeinſchaftlichen Familien - zug, den kein Kind dieſer Mutter verlaͤugnet, wie in Komoͤdien wieder erkennen, daß Ekel und Schaam noch eine Harmonie veranſtalten, die der zaͤrtlichſten Liebe unmoͤglich geweſen iſt.
O Juͤngling! Juͤngling! Ungluͤklich biſt du ſchon, wilſt du es auch noch verdienen?
Ungluͤklich bin ich? Wer hat dir das geſagt? Weib, du biſt zu ſchlecht, um ſelbſt zu empfinden — womit kannſt du eines andern Empfindungen waͤgen? — Ungluͤklich, ſagte ſie? — Ha! dieſes Wort koͤnnte meine Wut aus dem Grabe rufen! — Ungluͤklich mußt ich werden, das wußte ſie. Tod und Ver - dammniß! das wußte ſie, und hat mich dennoch verrathen — Siehe Schlange! Das war der einzigeFlek155Flek der Vergebung — Deine Auſſage bricht dir den Hals — Biß jezt konnt ich deinen Frevel mit deiner Einfalt beſchoͤnigen, in meiner Verachtung waͤrſt du beinahe meiner Rache entſprungen.
Alſo leichtſinnig warſt du nicht — dumm warſt du nicht — du warſt nur ein Teu - fel
Die Limonade iſt matt, wie deine Seele — Verſuche!
O Himmel! Nicht umſonſt hab ich dieſen Auftritt gefuͤrchtet.
Verſuche!
Die Limonade iſt gut.
Wohl bekomms!
O wenn Sie wuͤßten, Walter, wie ungeheuer Sie meine Seele beleidigen.
Hum!
Es wird eine Zeit kommen, Walter —
O! Mit der Zeit waͤren wir fertig.
Wo der heutige Abend ſchwer auf Ihr Herz fallen duͤrfte —
Gute Nacht, Herrendienſt!
Mein Gott! Wie wird Ihnen?
Heiß und enge — will mirs beque - mer machen.
Trinken Sie! Trinken Sie! Der Trank wird Sie kuͤhlen.
Das wird er auch ganz gewiß — Die Maͤze iſt gutherzig, doch! das ſind alle!
Das deiner Louiſe, Fer - dinand?
Fort! Fort! Dieſe ſanfte ſchmelzende Augen weg! Ich erliege. Komm in deiner ungeheuren Furchtbarkeit, Schlan - ge, ſpring an mir auf, Wurm — krame vor mir deine graͤßliche Knoten aus, baͤume deine Wirbel zum Himmel — So abſcheulich als dich jemals der Abgrund ſah — Nur keinen Engel mehr — Nur jezt keinen Engel mehr — es iſt zu ſpaͤt — Ich muß dich zertreten, wie eine Natter, oder verzweifeln — Er - barme dich!
O! Daß es ſo weit kommen mußte!
Die - ſes ſchoͤne Werk des himmliſchen Bildners — Wer kann das glauben? — Wer ſollte das glauben?
Ich will dich nicht zur Rede ſtellen, Gott Schoͤpfer — aber warum denn dein Gift in ſo ſchoͤnen Gefaͤſſen? — — Kann das Laſter in dieſem milden Himmelſtrich fortkommen? — O es iſt ſeltſam.
Das anzuhoͤren, und ſchweigen zu muͤſſen!
Und die ſuͤße melodiſche Stimme — Wie kann ſo viel Wohlklang kommen aus zerriſſenen Saiten?
Alles ſo ſchoͤn — ſo voll Ebenmaas — ſo goͤtt - lich vollkommen! — Ueberal das Werk ſeiner himm - liſchen Schaͤferſtunde! Bei Gott! als waͤre die große Welt nur entſtanden, den Schoͤpfer fuͤr dieſes Mei - ſterſtuͤk in Laune zu ſezen! — — Und nur in der Seele ſolte Gott ſich vergriffen haben? Iſt es moͤg - lich, daß dieſe empoͤrende Mißgeburt in die Natur ohne Tadel kam?
Oder ſah er einen Engel unter dem Meiſſel hervorgehen, und half dieſem Irrthum in der Eile mit einem de - ſto ſchlechteren Herzen ab?
O des frevelhaften Eigenſinns! Ehe er ſich eine Uebereilung geſtaͤnde, greift er lieber den Himmel an.
Noch einmal Louiſe — Noch einmal, wie am Tag unſers erſten Kuſſes, da du Ferdinand ſtammelteſt, und das erſte Du auf deine brennende Lippen trat — O eine Saat unendlicher unausſprechlicher Freuden ſchien in dem Augenblik wie in der Knoſpe zu lie - gen — Da lag die Ewigkeit wie ein ſchoͤner Maitag vor unſern Augen; goldne Jahrtauſende huͤpften, wie Braͤute, vor unſrer Seele vorbei — — Da war ich der Gluͤkliche! — O Louiſe! Louiſe! Louiſe! Wa - rum haſt du mir das gethan?
Weinen Sie, weinen Sie Walter. Ihre Wehmut wird gerechter gegen mich ſeyn, als Ihre Entruͤſtung.
Du betruͤgſt dich. Das ſind ihre Traͤnen nicht — Nicht jener warme wolluͤſtige Thau, der in die Wunde der Seele balſamiſch fließt, und das ſtarre Rad der Empfindung wieder in Gang bringt. Es ſind einzelne — kalte Tropfen — das ſchauerliche ewige Lebewol meiner Liebe.
Traͤnen um deine Seele, Louiſe — Traͤnen um die Gottheit, die ihres unendlichen Wohlwollens hier verfehlte, die ſo muthwillig um das herrlichſte ihrer Werke kommt — O mich daͤucht, die ganze Schoͤpfung ſolte den Flor anlegen, und uͤber das Beiſpiel betreten ſeyn, das in ihrer Mitte geſchieht — Es iſt was gemeines, daß Menſchen fallen, und Paradieſe verloren werden; aber wenn die Peſt un - ter Engel wuͤthet, ſo rufe man Trauer aus durch die ganze Natur.
Treiben Sie mich nicht aufs aͤuſerſte, Walter. Ich habe Seelenſtaͤrke ſo gut wie eine — aber ſie muß auf eine menſchliche Probe kommen. Walter, das Wort noch, und dann geſchieden — — Ein entſezliches Schikſal hat die Sprache unſrer Herzen verwirrt. Duͤrft ich den Mund aufthun, Walter, ich koͤnnte dir Dinge ſagen — ich koͤnnte — — aber das harte Verhaͤngniß band meine Zunge, wie meine Liebe, und dulden muß ichs, wenn du mich wie eine gemeine Maͤze mishandelſt.
Fuͤhlſt du dich wohl, Louiſe?
Wozu dieſe Frage?
Sonſt ſolte mirs leid um dich thun, wenn du mit dieſer Luͤge von hinnen muͤßteſt.
Ich beſchwoͤre Sie Walter —
Nein! Nein! zu ſataniſch waͤre dieſe Rache! Nein! Gott bewahre mich! in jene Welt hinaus will ichs nicht treiben — Louiſe! Haſt du den Marſchall geliebt? Du wirſt nicht mehr aus dieſem Zimmer gehen.
Fragen Sie was Sie wollen. Ich ant - worte nichts mehr.
Sorge fuͤr deine unſterb - liche Seele, Louiſe! — Haſt du den Marſchall ge - liebt? Du wirſt nicht mehr aus dieſem Zimmer gehen.
Ich antworte nichts mehr.
Louiſe! Haſt du den Marſchall geliebt? Ehe dieſes Licht noch ausbrennt — ſtehſt du — vor Gott!
Jeſus! Was iſt das? — — — und mir wird ſehr uͤbel.
Schon? — Ueber euch Weiber und das ewige Raͤzel! Die zaͤrtliche Nerve haͤlt Freveln feſt, die die Menſchheit an ihren Wurzeln zerna - gen; ein elender Gran Arſenik wirft ſie um —
Gift! Gift! O mein Herrgott!
So fuͤrcht ich. Deine Limonade war in der Hoͤlle gewuͤrzt. Du haſt ſie dem Tod zu - getrunken.
Sterben! Sterben! Gott Allbarm - herziger! Gift in der Limonade und ſterben! — O meiner Seele erbarme dich Gott der Erbarmer!
Das iſt die Hauptſache. Ich bitt ihn auch darum.
Und meine Mutter — mein Vater — Heiland der Welt! mein armer verlorener Vater! Iſt keine Rettung mehr? Mein junges Leben und kei - ne Rettung! und muß ich jezt ſchon dahin?
Keine Rettung, muſt jezt ſchon dahin — aber ſei ruhig. Wir machen die Reiſe zuſammen.
Ferdinand auch du! Gift Ferdinand! Von dir? O Gott vergiß es ihm — Gott der Gna - de, nimm die Suͤnde von ihm —
Sieh du nach deinen Rechnun - gen — Ich fuͤrchte, ſie ſtehen uͤbel.
Ferdinand! Ferdinand! — O — Nun kann ich nicht mehr ſchweigen — der Tod — der Tod hebt alle Eide auf — Ferdinand — Himmel und Erde hat nichts ungluͤkſeligers als dich — Ich ſterbe unſchuldig, Ferdinand.
Was ſagt ſie da? — Eine Luͤge pflegt man doch ſonſt nicht auf dieſe Reiſe zu nehmen?
Ich luͤge nicht — luͤge nicht — hab nur einmal gelogen mein Lebenlang — Huh! Wie das eiskalt durch meine Adern ſchauert — — als ich den Brief ſchrieb an den Hofmarſchall —
Ha! dieſer Brief! — Gottlob! Jezt hab ich all meine Mannheit wieder.
Dieſer Brief — Faſſe dich, ein entſezliches Wort zu hoͤren — Meine Hand ſchrieb, was mein Herz verdammte — dein Vater hat ihn diktiert.
O des klaͤglichen Mißverſtands — Fer - dinand — Man zwang mich — vergib — deine Louiſe haͤtte den Tod vorgezogen — aber mein Va - ter — die Gefahr — ſie machten es liſtig.
Gelobet ſey Gott! Noch ſpuͤr ich den Gift nicht
Weh! Was beginnſt du? Es iſt dein Vater —
Moͤrder und Moͤrdervater! — Mit muß er, daß der Richter der Welt nur gegen den Schuldigen raſe
Sterbend vergab mein Erloͤſer — Heil uͤber dich und ihn
Halt! Halt! Entſpringe mir nicht Engel des Himmels!
Kalt, kalt und feucht! Ihre Seele iſt dahin
Gott meiner Louiſe! Gnade! Gnade dem Verruchteſten der Moͤrder! Es war ihr leztes Gebet! — — Wie reizend und ſchoͤn auch im Leichnam! Der ge - ruͤhrte Wuͤrger gieng ſchonend uͤber dieſe freundliche Wangen hin — Dieſe Sanftmuth war keine Larve — ſie hat auch dem Tod ſtand gehalten
Aber wie? Warum fuͤhl ich nichts? Will die Kraft meiner Jugend mich retten? Undankbare Muͤhe! Das iſt meine Meinung nicht
Sohn, was iſt das? — Ich will doch nimmermehr glau - ben —
So ſieh Moͤrder!
Mein Sohn! Warum haſt du mir das gethan?
O ja freilich! Ich haͤtte den Staatsmann erſt hoͤren ſollen, ob der Streich auch zu ſeinen Charten paſſe? — Fein und bewundernswerth, ich geſteh's, war die Finte, den Bund unſrer Herzen zu zerreiſſen durch Eiferſucht — Die Rechnung hatte ein Meiſter gemacht, aber ſchade nur, daß die zuͤrnende Liebe dem Draht nicht ſo gehorſam blieb, wie deine hoͤlzerne Puppe.
Iſt hier niemand, der um einen troſt - loſen Vater weinte?
L 2Miller. 164Laßt mich hinein! Um Gotteswillen! Laßt mich!
Das Maͤdchen iſt eine Heilige — fuͤr ſie muß ein anderer rechten
Mein Kind! Mein Kind! — Gift — Gift, ſchreyt man, ſey hier genommen worden — Meine Toch - ter! Wo biſt du?
Ich bin unſchuldig — Danke dieſem hier.
O Jeſus!
In wenig Worten Vater — ſie fangen an mir koſtbar zu werden — Ich bin buͤ - biſch um mein Leben beſtohlen, beſtohlen durch Sie, Wie ich mit Gott ſtehe, zittre ich — doch ein Boͤſe - wicht bin ich niemals geweſen. Mein ewiges Loos falle, wie es will — auf Sie fall es nicht — Aber ich hab einen Mord begangen
einen Mord, den Du mir nicht zumuthen wirſt allein vor den Richter der Welt hinzuſchlep - pen, feierlich waͤlz ich dir hier die groͤßte graͤßlichſte Haͤlfte zu, wie du damit zurecht kommen magſt, ſiehe du ſelber
Hier Bar - bar! weide dich an der entſezlichen Frucht deines Wi - zes, auf dieſes Geſicht iſt mit Verzerrungen DeinName165Name geſchrieben, und die Wuͤrgengel werden ihn leſen — Eine Geſtalt, wie dieſe, ziehe den Vor - hang von deinem Bette, wenn du ſchlaͤfſt, und gebe dir ihre eiskalte Hand — Eine Geſtalt, wie dieſe, ſtehe vor deiner Seele, wenn du ſtirbſt, und draͤnge dein leztes Gebet weg. — Eine Geſtalt, wie dieſe, ſtehe auf deinem Grabe, wenn du auferſtehſt — und neben Gott, wenn er dich richtet
Von mir nicht, von mir nicht, Richter der Welt, fodre dieſe Seelen von Dieſem!
Von Mir?
Verfluchter von Dir! Von Dir Satan! — Du, du gabſt den Schlangenrath — Ueber Dich die Verantwortung — Ich waſche die Haͤnde.
Ueber mich?
Luſtig! Luſtig! So weiß ich doch nun auch, auf was Art ſich die Teufel danken. — Ueber mich dummer Boͤſewicht? [War] es mein Sohn? War ich dein Gebieter? — Ueber mich die Verantwor - tung? Ha! bei dieſem Anblik, der alles Mark in meinen Gebeinen erkaͤltet! Ueber mich ſoll ſie kom - men! — Jezt will ich verlohren ſeyn, aber Du ſolſt es mit mir ſeyn — Auf! Auf! Ruft Mord durch die Gaſſen! Wekt die Juſtiz auf! Gerichts -L 3diener166diener bindet mich! Fuͤhrt mich von hinnen! Ich will Geheimniſſe aufdeken, daß denen, die ſie hoͤren, die Haut ſchauern ſoll
Du wirſt doch nicht, Raſender?
Ich wer - de, Kamerad! Ich werde — Raſend bin ich, das iſt wahr — das iſt dein Werk — ſo will ich auch jezt handeln wie ein Raſender — Arm in Arm mit Dir zum Blutgeruͤſt! Arm in Arm mit Dir zur Hoͤlle! Es ſoll mich kizeln, Bube, mit Dir ver - dammt zu ſeyn
Giftmiſcher! Behalt dein verfluchtes Gold! — Wolteſt du mir mein Kind damit abkaufen?
Geht ihm nach! Er verzweifelt — Das Geld hier ſoll man ihm retten — Es iſt meine fuͤrchterliche Erkenntlichkeit Louiſe — Louiſe — Ich komme — — Lebt wol — — Laßt mich an dieſem Altar verſcheiden —
Sohn Ferdinand! Soll kein Blik mehr auf einen zerſchmetterten Vater fallen?
Gott dem Erbarmenden gehoͤrt die - ſer lezte.
Geſchoͤpf und Schoͤpfer verlaſſen mich — Soll kein Blik mehr zu meiner lezten Erquikung fallen?
Er vergab mir!
Jezt euer Gefangener!
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Fraktur
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