vazirende Handwerksburſchen.
Kellnerinnen.
Zunftmeiſter.
Bedienter
Geſelle
bei Zwirn.
ihre Töchter.
in einer Dorfſchenke unweit Wien.
Wir werden Euch ſchon Mores lehren, Ihr liederlichen Burſche Ihr! Was nun geſcheh’n wird, ſollt Ihr hören, Der Feenkönig richtet hier. Ihr kehrt im nächſten Augenblick Zur Ordnung wiederum zurück.
Was verſammelt Euch ſo zahlreich an meines Wohnſitzes gold’ner Pforte? Was verlangt Ihr von mir?
Mächtiger Beherrſcher! wir flehen um Deine6 Hülfe. Es treibt ſich ein böſer Geiſt im Zauberlande herum.
Wie heißt er?
Lumpacivagabundus.
Was that Euch dieſer böſe Geiſt?
Er hat ſich der Herzen unſerer Söhne bemäch - tigt, und ſie vom Pfade der Ordnung gelockt. Sie verabſcheuen jetzt jede Beſchäftigung, ſie ſpielen, trinken, ſtürzen ſich in tolle Liebesabenteuer — mit einem Wort, ſie ſind verloren, wenn Du den böſen Geiſt nicht bannſt.
Lumpacivagabundus erſcheine!
Da bin ich! Was ſteht zu Befehl?
Du biſt Lumpacivagabundus?
Der bin ich, und zugleich Beherrſcher des luſti - gen Elends, Beſchützer der Spieler, Protektor der Trinker ꝛc. ꝛc. ; kurzum, ich bin ein Geiſt auſ’n F.
Verwegener! der Du’s wagteſt, in das Feen - reich zu dringen, ich verbanne Dich von dieſem Au - genblick auf ewige Zeit.
Ha, ha, ha, ha, ha!
Halt!
Haben mir Eu’r Herrlichkeit noch was zu ſagen?
Du haſt meinen Urtheilsſpruch mit Hohngeläch - ter erwiedert?
Natürlich, weil er nichts nutzt. Ob ich da bin oder nicht, dieſe jungen Herren bleiben auf alle Fäll’ meine getreuen Anhänger; denn meine Grundſätze leben in ihnen fort.
Wie? Ihr ſeid nicht ernſtlich entſchloſſen, zur Ordnung zurückzukehren?
Ich nehme im Namen meiner Kameraden das Wort. Wir haben den größten Theil unſers Vermö - gens durchgebracht, ob wir das Reſtel haben oder nicht, das iſt uns gleichviel; darum wollen wir das auch noch verjuxen.
Ja, wir wollen es verjuxen.
Entſetzlich!
Und wenn Ihr nichts mehr habt, was dann?
Dann machen wir Schulden.
Wir machen Schulden!
Und wenn Ihr nicht bezahlen könnt, was dann?
Dann laſſen wir uns einſperren.
Ja, ja, wir laſſen uns einſperren.
Da gibt ſich hernach die Ordnung von ſelbſt.
Das ſind meine Grundſätze.
Was ſagen Euer Herrlichkeit nun dazu?
Wenn Ihr aber wieder bekämet, was Ihr lie - derlicher Weiſe verpraßt habt, würdet Ihr dann or - dentlich mit dem Eurigen haushalten?
Der macht uns wieder reich.
Ja, wenn wir wieder reich würden, würden wir auch wieder brav.
Ja, dann würden wir brav.
Nun denn, Fortuna, nahe dich!
Fortuna, dieſe jungen Männer haben ihr Ver -10 mögen vergeudet; gib ihnen den verlornen Reich - thum wieder.
Beherrſcher des Feenreichs! befehlen laſſe ich mir nichts, auch nicht von Dir: doch weil ich gerade guter Laune bin
und Dir, Elender, zum Trotze, mag es ſeyn.
Ich ſchütte mein Füllhorn über Euch.
Tauſend Dank!
Ha, ha, ha! das iſt zum Todtlachen! Durch die Fortuna will Der mir meine Anhänger ent - reißen! Da werden g’rad noch ärgere Lumpen d’raus.
Ich will aufrichtig ſeyn; Reichthum wird mich nie beſſern.
Wie? Was? Mein Sohn, Du wärſt der In - curabelſte von Allen?
Nur ein Mittel gibt’s, das mich feſthalten wird auf dem Pfad der Tugend: es iſt Brillianti - nens Hand.
Was?
Wir lieben uns.
Tochter!
Verzeihung, Mutter!
Den geb’ ich auf; die Andern alle aber ſind und bleiben in meiner Macht.
Warum, Unhold?
Weil die Fee Fortuna nicht im Stand iſt, mir einen Anhänger abwendig zu machen; aber Der,
de[r]ſteht unter dem Schutz mei - ner größten Feindin, die mich einzig und allein überall vertreibt.
Wer iſt die Fee, die mächtiger iſt als ich?
Amoroſa iſt’s, die Beſchützerin der wahren Liebe.
Amoroſa!
Sie naht ſchon, die Mächtige, die mir oft meine fidelſten Brüderln entreißt. — Jetzt empfehl’ ich mich! Aber noch einmal, Madam Fortuna, Sie fürcht’ ich nicht; denn was meine wahren Anhänger ſind, die machen ſich nicht ſo viel aus Ihnen. Kommt’s Glück einmal, ſo werfen ſie’s beim Fenſter hinaus, und kommt’s zum zweitenmal, und will ſich ihnen aufdringen auf eine dauerhafte Art, ſo treten ſie’s mit Füßen. — So behandeln meine echten Brüderln das Glück. — Gehorſamer Diener allerſeits.
Fortuna! ich vereine meine Bitte mit dem Fle - hen dieſer Beiden, beſelige durch günſtigen Aus - ſpruch zwei Herzen, die ſich der wahren Liebe geweiht.
Wie, Thörichte! Du hoffſt, ich werde mich Dei - nem Wunſche fügen, in einem Augenblick, wo eben ein frecher Unhold zu Deinen Gunſten mich erniedrig - te, und Du mit ſtolzem Blick auf mich hernieder13 ſiehſt? Ich zerreiße das Band, das Du um dieſe Herzen geſchlungen.
Weh’ uns!
Halt ein! Bedenk’ erſt, was Du ſprichſt. Des Feenreiches unumſtößliche Geſetze erlauben Dir nicht, Hilaris Antrag unbedingt zu verwerfen; nur eine ſchwere Bedingung feſtzuſetzen, deren Erfüllung die Liebenden trennt, deren Nichterfüllung aber ſie auf immer vereint, nur dieß iſt Dir geſtattet.
Nun denn, ſo ſei’s. Ich will eine Bedingung ſetzen, die zugleich jenen Frechen, der meine Macht verſpottet, und glaubt, nur Du
ſeiſt ihm gefährlich, das Gegentheil beweiſen ſoll. — Ich wähle unter den Sterblichen drei ſeiner Anhänger, lockere Geſellen, jedoch nur ſolche, welche ſchon der Armuth drückend Los gefühlt. Dieſe will ich mit Reichthum überſchütten; werfen ſie, wie er geſagt, das Glück zum Fenſter hinaus, ſo dringe ich es ihnen zum zweiten Male wieder auf; treten ſie es dann mit Füßen, ſo erkenne ich mich als beſiegt, und Hilaris werde meiner Tochter Gemahl; doch, wenn ſie, wie kaum zu zweifeln iſt, das Glück mit Dank empfan - gen, und aus Furcht vor neuer Dürftigkeit, mit weiſer Mäßigung, es ſich für’s ganze Leben bewahren,14 und ich ſie ſo dem Lumpacivagabundus entreiße, dann bin ich Siegerin, und Hilaris werde auf immer von meiner Tochter getrennt.
Wohlan! Nur eines habe ich noch hinzu zu ſetzen, es gilt für beide Theile gleich. — Gelingt es Dir, dem Lumpacivagabundus von den drei lockeren Geſellen auch nur Zweie zu entreißen, ſo haſt Du ſchon gewonnen; treten hingegen auch nur Zwei von ihnen das Glück mit Füßen, ſo haſt Du verloren. Dieß beſchwöre hier vor meinem Thron.
Ich ſchwöre!
Dein Schwur iſt angenommen.
Und für die andern verlornen Söhne hier, iſt keine Rettung aus den Krallen des Lumpacivagabun - dus zu hoffen?
Nicht eher, als bis wahre Liebe in ihrem Her - zen Eingang gefunden.
So leb’ denn wohl auf ewig! Unmöglich15 kann die Bedingung zu unſerm Beſten ſich er - füllen.
Verzweifelt nicht, baut auf die Beſchützerin wahrer Liebe.
So iſt in dunkler Zukunft Schoß
Verborgen unſ’rer Söhne Los.
Da wär’ ich beim Thor. Es iſt aber, ſo viel ich merk’, eine ungefällige Stadt; denn wenn ſie gefäl - lig wär’, ſo wär’ ſie mir auf halbem Weg entgegen gekommen. Im Grund betracht, iſt’s a Schand, ich bin ein ausgelernter Tiſchler, und es geh’n mir or - dentlich d’Füß aus’n Leim. Iſt’s denn aber anders möglich? Die Wirth auf der Straßen haben ja Her - zen, ſo hart als ein Aſt in ein buchsbaumenen Pfo -16 ſten. Woher kommt das aber? Weil die Leut keine Bildung haben auf’n Land. Und warum haben’s auf’n Land keine Bildung? Weil’s lauter eichene Möbeln haben, d’rum kennt das Volk keine Politur; und wer keine Politur kennt iſt ein Socius. — Jetzt will ich halt a biſſel ausraſten da, und nachher um d’Herberg frag’n.
Es kommen d’Stern, es wird ſchon ſpat, Zeit is, daß’s einmal da is d’Stadt, Ich brauch’ ein Guld’n jetzt zum verhau’n, Da muß i gleich zum Fechten ſchau’n. Und wie i ein Guld’n z’ſammbettelt hab’, Da laßt’s mir drei Maß Bier hinab, A drei Maß Bier laßt’s mir hinab. Mein Rauſch hab i Jahr aus Jahr ein, Es wird doch heut kein Ausnahm ſeyn.
D’Stadt iſt in der Näh’, D’rum ſchrei’ ich Juheh! Juheh! Juheh! Juheh! 17Wer d’Madeln gern hat, Find’t g’nug in der Stadt, Juheh! find’t g’nug in der Stadt. Blauer Montag is alle Tag, Darum laß ich nicht nach, Bis die Sonn’ morgen ſcheint, Grad’ ſo lang’ tanz i heunt; Ich tanz mir doch nit gnu, Darum gib ich kein Ruh’, Spring wie a Gas in d’Höh, Und ſchrei Juheh!
Was ſitzen denn da für ein paar Maner?
Ich bin ein Tiſchler.
Und i bin a Schuſter.
Seid’s ös ſchon ſo weit gangen heut, daß’s ſo müd ſeid’s.
Das juſt nit, aber mit’n Eſſen hat’s ſchlecht ausg’ſchaut. Ich hab’ nit mehr als zwei Meilen g’macht.
Und ich hab’ mir eine halbe Stund von hier ein Rauſch ausg’ſchlafen, das war aber ſchon ein Millionhaarbeutel das — und was hab’ i trunken? 18Neun halbe Bier; aber ſeit dem letzten Kometen greift mich Alles ſo an.
Pfui Teuxel! Schamt’s Euch nit? Auf ſo ein Trümmerl Weg raſten’s aus! Ich geh’ heut’ ſchon meine drei Stationen, und kann den Augenblick nit erwarten, wo ich zum Tanzen komm.
Hör auf, Brüderl, Du ſchneid’ſt auf. Ich bin g’wiß nit ſchlecht auf die Füß; aber drei Stationen geh’n, und noch tanzen woll’n, das is g’log’n. Jetzt ſchaun wir halt, daß wir g’ſchwind auf d’Her - berg kommen.
Ich hab einen enormen Durſt.
Zuerſt geh’n wir fechten.
Euer Gnaden, ein armer reiſender Handwerksburſch bitt gar ſchön um a biſſel was auf a Muſik; nachher wird’s ein Leben werden heut Nacht.
Fidel muß’s zugeh’n.
Ich dudl mir heut ein’ an, wie ich ſeit’n letzten Kometen kein g’habt hab’.
Alſo friſch in die Stadt marſchirt.
Wir wollen in die Stadt marſchiren, Und d〈…〉〈…〉 innen unſer Glück probiren. Der Weg wird uns zur Herberg führen, In der Herberg nacher da gehts an. Was uns ’s Fechten g’winnt, Durch die Gurgel rinnt, Und is All’s verthan, Liegt uns a nix dran; Darum nicht lange ſpekuliren, In der Herberg zeigt ſich was man kann.
Vivat! der Herr Beſtgeber ſoll leben!
Ein Glas her!
Die ganze Geſellſchaft Vivat!
Halloh! da hab’ ich a Muſik g’hört!
Herr Vater! a Halbe, G’miſchts.
Mir eine Halbe, und eine Portion Niernd’ln.
Wie ſchaffen Sie’s denn?
Mit Semmelbröſeln oder mit Sagſchaten, das iſt ein hungerigen Tiſchler alles eins.
Da ſeyn acht Groſchen, jetzt machts mir einen ſaubern Walzer auf.
Das iſt ein fideler Kerl.
Sie erlauben ſchon eine Tour. Nannette auffor -21 dernd.) Mein Fräulein, darf ich ſo frei ſeyn?
Ah wart, Schneider, du ſollſt mich nicht ſpotten.
Ich glaube gar, das iſt ein Tiſchler?
Ja leider!
Wo fehlt’s denn?
Ueberall.
Mir auch; aber wer wird denn deßwegen trau - rig ſeyn? — Heda! Eing’ſchenkt da für den eine Halbe Wein auf meine Rechnung.
Nix, das laß ich nit angehn, heut geht Alles aus mein Sack. Ich hab’ tauſend Thaler g’wonnen in der Lotterie, heut traktir ich ganz allein.
Tauſend Thaler? — A Halbe G’miſcht’s!
Ah ſchön! da werd’n wir ſchon ſo frei ſeyn, und werden’s uns ſchmecken laſſen.
Das wird ſchon ein ſchön’s Glück ſeyn; wenn ich das hätt, ich ſetzet mich gar nicht mehr nieder, da gings alleweil a ſo.
Ah verdammt! ich hab’ mir den rechten Wadel überſtaucht — ich muß mich ſchon niederſetzen.
Warum ſetzt’s Euch denn nicht zu unſerm Tiſch, Kameraden?
Mit Verlaub.
Noch ein G’miſcht’s!
Ein ſchlechter Zeitpunkt war’s halt doch, jetzt was z’gwinnen.
Warum?
Weil man’s nicht mehr anbringen kann. Auf’s Jahr kommt der neue Komet, der die Welt z’Grund richt, nacher iſt der Herr Pfutſch mit ſammt ſein Treffer.
Red nit ſo dumm, gar nichts g’ſchieht, mir hat’s ein Profeſſor g’ſagt.
Ich werd’s doch beſſer verſteh’n als ein Pro - feſſor? Ich hab die Aſtronomie aus’n Büchel g’lernt, und mach’ alleweil meine Beobachtungen, wenn ich ham geh in der Nacht.
Ja, wenn Du beſoffen biſt.
Mit’n Tanzen iſt’s heut ſchon Feierabend bei mir.
So ſingen wir eins, weil wir ſo in carita - tibus beiſammen ſitzen.
Gut is! Ich hab’ ein ſuperbes Lied g’macht.
Heraus damit!
[Des] müßt’s aber Alle mitſingen. Der Text iſt von mir nach einer Rittergeſchichte frei bearbeitet.
Das is recht. O ich hab’ die romantiſchen Sa - chen ſo gern.
Schaut’s mir auf’s Maul, und ſingts Alle mit mir zugleich.
Eduard und Kunigunde, Kunigunde und Eduard, Eduard und Kunigunde Kunigunde und Eduard. Eduard und Kunigunde, Kunigunde und Eduard.
Das iſt wirklich einzig.
Ordentlich rührend.
Ein G’miſcht’s! — Alſo jetzt ſingen wir die zweite Strophe, die is noch ſchöner.
Eduard und Kunigunde, Kunigunde und Eduard, Eduard und Ku —
Hörts auf! Das is ja allweil ’s Nämliche.
Ihr wißt nicht, was ſchön iſt.
Halt! Ich weiß was ſchön iſt. Wir ziehen Alle da in’s Kaffeehaus hinüber, und ich zahl dort ein Jeden ein Glaſel Punſch. Wer mitgehn will, geht mit. He, Muſikanten! Aufgrebellt!
Dem ſähet man’s auch nicht an, daß er tauſend Thaler gewonnen hat.
Warum? er ſchaut dumm genug aus.
Wer iſt er denn?
Der Oberknecht in der Bräuerei da darneben.
Da haben wir’s, ſo ungebildetes Volk hat ein Glück. Ein Schneider gewinnt in ſeinem Leben nichts.
Ich bin ihm d’rum gar nicht neidig, ich dank226Gott, daß ich die tauſend Thaler nicht g’won - nen hab’.
Iſt der Herr verruckt?
Könnt’s nit ſagen. Morgen Vormittag iſt die Hauptziehung, da gewinnt man hunderttauſend Thaler, und das wär’ ſo meine Paſſion.
Na, die Paſſion wär’ freilich nicht ſchlecht.
Ich g’winn’s auch; denn meiner Frau Ahnl hat ja ’s Nummero traumt.
Ah, nachher iſt’s ſchon g’wiß. — Weil aber der Herr heut noch kein Kapitaliſt iſt, ſo macht’s uns ein Stroh herein, daß wir uns niederlegen; es wird ſo bald Tag.
Recht gern. O mich macht’s Glück nicht ſtolz.
He! laßt’s Stroh bringen.
Das iſt ein recht ein rarer Mann der Wirth, er iſt gar nicht ſtolz auf den Treffer, der noch gar nicht gezogen iſt.
Hunderttauſend Thaler! das gibt über eine Million Maß G’miſcht’s — die kann der Menſch nicht verſaufen, mit’n beſten Willen nicht. —
Schuſter, Du biſt ein gemeiner Kerl.
Du Schneider, trau mir nicht!
Seid’s ruhig — ſchamt’s Euch. — Schaut’s, wenn ich mir’s recht überleg, glücklich — ſo was man ſagt, recht glücklich, machet mich halt doch das viele Geld nicht, wenn nicht noch etwas dabei wär’ —
ein Etwas —
Da biſt Du ein Nimmerſatt.
Aber merkſt denn nicht, er iſt ja verliebt.
Schwachheit.
Ja wohl Schwachheit, in meiner Gegenwart von Madeln und Verliebtſeyn ſprechen. Da müßt’s mich erzählen laſſen, ich könnt Euch meine Amouren Bataillonweis aufmarſchiren laſſen.
Ich war nur in ein Einzige verliebt.
In eine Einzige? Brüderl, das iſt ja gar nicht der Müh’ werth, daß man davon redt. Wie ich in der Lehr war, war ich ſchon in Zehne verliebt. Mein erſter Meiſter, zu dem ich als G’ſell kommen bin, hat ein ſchön’s jung’s Weiberl g’habt, das Weiberl hat mir g’fallen, und ich ihr auch, denn ich war da - mals ein ſehr ein liebenswürdiger Jüngling. — Einmal gibt mir das Weiberl ein Buſſel, da kommt der Meiſter dazu, und der Eſel halt ſich drüber auf, daß mir ſein Weib ein Buſſel geb’n hat, und jagt mich auf der Stell davon. — Mein zweiter Meiſter hat fünf Töchter g’habt — das waren Zwilling — da war ich Dir aber in alle fünfe zugleich verliebt. — Einmal haben wir Pfänder g’ſpielt — no Du weißt, das geht auch mit’n Buſſelgeben aus —
Allemal.
Wie wir die Pfänder ausg’löst haben, kommt der Meiſter dazu — der geht her, gibt mir für eine jede Tochter zwei Watſchen, und jagt mich fort.
Zwei Watſchen? Das iſt zu viel.
Nicht wahr? Ich wär’ ja hinlänglich zufrieden geweſen, wenn er mir für eine jede Tochter eine Watſchen gegeben hätte, aber zwei Watſchen, das iſt ja ein offenbarer Luxus. — Mein dritter Mei - ſter, der hat ein G’ſchwiſterkind g’habt von 21 Jah - ren — aber hörſt, Schuſter, ſo ein ſchönes G’ſchwi - ſterkind hab’ ich in meinem ganzen Leben nit g’ſehn. Da hab’ ich aber hernach eine ſaubere Köchin kennen g’lernt, mit der bin ich durchgangen, und ’s G’ſchwi - ſterkind hab’ ich ſitzen laſſen.
Meine G’ſchicht iſt nicht ſo lang, aber äußerſt tragiſch. Erſtens iſt mir meine Profeſſion z’wider, ich hab’ nur Sinn für die Aſtronomie — und dann hab’ ich nichts als unverſchuldete Unglücksfälle g’habt. — In Budweis hab’ ich mein Meiſter g’haut.
Warum denn?
Weil ich ein Rauſch g’habt hab’, alſo kann ich nix davor. In Altbrünn hätt’ ich bald ein Lehrbu - ben zerriſſen.
So was iſt aber auch abſcheulich.
Aber was ſoll denn ein zerriſſener Lehrbub an -30 fangen? Und gar ein Schuſterlehrbub — kann es denn etwas Zarteres geben als einen Schuſterbuben?
Ich hab’ damals einen unſinnigen Haarbeutel g’habt, alſo kann ich nix davor. Ich ſag’ Euch, ich hab ſchon ſo viel Malheur g’habt, und allzeit durch meine Räuſch. Wann ich mir meinen Verdruß nit verſaufet, ich müßt mich g’rad aus Verzweiflung dem Trunk ergeben.
Sie, machens mir mein Bett etwas in Ent - fernung von den Andern, denn ich ſchlag furchtbar herum bei der Nacht.
Warum denn?
Das iſt alles mein Herzenskummer. Ihr wer - det mir’s nicht glauben — ich ſeh’ einem luſtigen Kerl gleich, aber das is Alles nur auswendig, inn - wendig ſchaut’s famos aus bei mir. Wie ich trink, glaub’ ich, ein jeder Tropfen iſt Gift — wie ich iß, ſo ißt der Tod mit mir — wenn ich ſpring und tanz, ſo iſt mir inwendig, als wenn ich mit meiner Leich’ ging — wie ich ein Kameraden ſeh’, der nix hat, ſo gib ich ihm gleich Alles, obwohl ich31 ſelbſt nix hab’, und das bloß, weil ich in Gedanken alleweil mein Teſtament mach’.
Ja, Brüderl, wer iſt denn Deine Geliebte, daß ſie Dich gar ſo enderiſch macht?
Sie iſt eine Tiſchlermeiſteriſche.
Hat’s Laſchi?
Was? —
Knöpf.
Wie? —
Nein, nein — er fragt, ob ſie Batzen hat.
Geld? — Freilich hat’s Geld. Sie iſt die Toch - ter vom reichen Meiſter Hobelmann in Wien.
Von dem? — Schuſter, den reichen Tiſchler - meiſter Hobelmann mußt ja kennen.
Ich bin ein Schuſter, was geht mich ein Tiſch - ler an. Beleidigt’s mich nicht!
Wart, ich werd’ Dir gleich d’raufhelfen. Der reiche Tiſchler Hobelmann logirt in — — in Wien logirt er. — Du kennſt den reichen Tiſchler Hobel - mann nicht?
Nein.
Ich kenn’ ihn auch nicht.
Da weiß ich Dir ein Rath, ſchau daß Du’s kriegſt.
Das hätt’ ich ſelber g’wußt; aber da iſt’s zu mit’n kriegen, ich glaub’ es hat’s ſchon ein Anderer.
So nimm Du Dir auch eine Andere.
Das bring’ ich nicht über’s Herz. O meine Peppi!
Ja, mag ſie Dich, oder mag ſie Dich nicht?
Das iſt’s eben was ich nicht weiß. Ich hab’ drei Jahr bei ihrem Vater gearbeitet —
Und weißt nicht, ob Dich ’s Madel mag? — Tiſchler, Du haſt ja Hobelſchatten im Kopf?
Der Vater iſt reich, er lebt in Pracht und Herrlichkeit, er war zwar ſelbſt immer beim Geſchäft, aber die Tochter haben wir Geſellen kaum alle Mo - nat einmal zu ſehen kriegt. Einmal bringt meine himmliſche Peppi ihrem Vater eine Schale Kaffee in die Werkſtatt — ich ſchau ſie zärtlich an, ſie laßt ihre Blicke auf mich, und die Schalen auf die Erd fallen — der Vater, der gähzornigſte Patron von der Welt, wirft’s Stemmeiſen auf ſie — ich erſeh’ das, halt mich vor, und das Stemmeiſen fahrt mir zolltief in die Achſel hinein.
Ah Spectakel!
Haſt’n nit g’haut den Alten? — Wann mir das g’ſchehn wär!
Warum nicht gar! Ich bin umg’fallen, und wie ich wieder zu mir kommen bin, war der Alte und die Peppi bei meinem Bett. Der Alte hat g’ſagt, ich möcht’ das nicht übel nehmen, es war nicht ſo bös gemeint.
Bedank mich.
Es wird Sein Schaden nicht ſeyn, hat er g’ſagt,34 Er hat meiner Tochter das Leben gerettet; bis Er wie - der geſund iſt, wollen wir weiter reden über Sein künftiges Glück.
Ein paar Wochen darauf, wie ich ſchon wieder hergeſtellt war, hör’ ich auf einmal, der dicke reiche Strudl, der Wirth vom goldenen Nockerl, heirath — ich frag’ wem? ſo heißt’s: die Hobelmanniſche. — Das hat mir den Gnadenſtoß geben; denn der Meiſter Hobelmann hat keine an - dere Tochter g’habt, als meine Peppi.
Na, da wirſt aber doch aus Verzweiflung g’redt hab’n?
Nein — es war g’rad Samſtag, der Meiſter hat uns auszahlt — da bin ich den andern Tag in der Fruh aufg’ſtanden, hab’ auf ein Zettel g’ſchrie - ben: » Adieu Peppi, aus Bosheit heirath ich jetzt auch « — und dann bin ich fort über Berg und Thal, ohne b’hüt dich Gott und ohne Allem; und ſo flankir ich jetzt ſchon über zwei Jahr in der Welt herum.
Ich hätt’ den Alten und den Wirth g’haut, und ’s Mädel hätt’ ich g’heirath.
Mit mir iſt’s aus, ich hab’ nichts mehr zu hoffen. Ich lauf halt ſo mit, ſo lang’s ſeyn muß.
Und ich ſauf halt ſo mit, ſo lang’s geht.
Ich hätt’ jetzt ein Guſto zu aſtrono - miſchen Beobachtungen; denn mich hat’s G’miſchte ein wenig duslich g’macht.
Ich hab’ ſchon ſeit ein paar Jahren kein Schlaf mehr.
Werd’s nit bald ſtill ſeyn?
Peppi — Pep — pi —
Noch — ein — G’miſchtes — denn der Komet —
Ah — ah —
Das war ein kurioſer Traum — 7359. — Wenn ich’s nur nicht vergiß. — Ah, ich merk’ mir’s ſchon bis morgen.
Es laßt mir keine Ruh’, ich muß — He, Schneider! Schneider! — Der ſchlaft feſt. — Landsmann!
Was iſt’s denn?
Haſt keine Kreiden?
Ich glaub’ nit. — Zu was denn?
Mir hat ein Nummero traumt.
Ein Nummero hat Dir traumt?
Ja. Nro. 7359.
Und mir hat auch ein Nummero traumt — es war Nro. 7359.
Was? das nämliche Nummero? — Bruder,37 das hat was zu bedeuten. Nur g’ſchwind aufg’ſchrie - ben.
Heda! Aufg’macht! Aufg’macht!
Ich komm ſchon!
Gar keine Ruh’ hat man!
Kellnerin! bring Sie mir ein Spiegel und ein Köllnerwaſſer.
Vor drei Uhr kommt man in kein Bett, und um halber Sechſe ſoll man ſchon wieder auf’n Füßen ſeyn.
Unglückliche! was haſt Du gethan?
Was ſeyn denn das für Dummheiten?
Schneider, da ſchau her, ’s Nummero hat ſie ausg’wiſcht.
Wär nicht übel! —
Sie iſt ei - ne unüberlegte Perſon, ein von der Natur vernach - läſſigtes Geſchöpf.
Weißt Du das Nummero noch?
Freilich weiß ich’s. Schreib auf das Nummero. Es war 87 Tauſend —
Das war’s nicht.
Aber hör’ der Herr, ſchlaft man denn bis Mit - tag? Sieht Er den nicht, daß ſchon wieder Gäſt da ſeyn?
Sieben tauſend — drei hundert — neun und fufzig.
Brüderl was haſt g’ſagt?
Mir war im Traum, als wenn in einem gan - zen Nebel von G’miſchten — iſt auf einmal erſchie - nen — Nr. 7359.
Nein, das geht nicht natürlich zu, alle Drei den nämlichen Traum!
Auf d’Letzt iſt uns gar das Glück beſtimmt.
Wie können wir denn was g’winnen, wenn wir kein Los haben?
Wenn’s Glück will, braucht man kein Los.
Guten Morgen allerſeits. Kaufen die Herren Hoſenträger, Brieftaſchen, Pfeifenröhr’ln, Tabaks -40 beuteln — auch noch einige Lotterieloſe hab’ ich — die Ziehung geht ſchon in einer Stunde vor ſich. Kaufen Sie, vielleicht gewinnen Sie heut das gro - ße Los, probiren Sie Ihr Glück.
Laß anſchau’n, was ſeyn’s denn für Nummern?
Nr. 439.
Das kann ich nicht brauchen.
Nr. 8521.
Das iſt ein alt’s Nummero.
Nr. 7359.
Der hat unſer Nummero!
Frag ihn, was’s koſt’t.
Was koſt’t das Los?
Sechs Gulden Silber.
Sechs Gulden Silber hat er g’ſagt.
Das bringen wir nit z’ſamm. — Wißt’s was wir thun? — Schlag’n wir’n todt.
Ah, wer wird denn ſo grob ſeyn? Ein Men - ſchen, den wir ’s erſtemal ſeh’n — wir wurden aus - g’richt.
Ja, hing’richt wurden wir. — Ich hab da in mein Bruſtfleck ein Thaler eing’naht.
Ich hab’ auch ſechs neue Zwanziger.
Da ſeyn fünf Zwanziger — und zwei Zehnerln.
Na, wie iſt’s? kaufens die Herren?
Da iſt ein Thaler vom Schuſter — und da ſeyn ſechs neue Zwanziger von mir.
Der Thaler iſt von mir, daß keine Irrung g’ſchieht.
Der Thaler iſt vom Schuſter — und die ſechs Zwanziger ſeyn vom Tiſchler.
Ja, wo iſt denn der Thaler?
Der Thaler iſt von mir.
Da hab’ ich ihn hergelegt.
Er iſt aber nicht da.
Du haſt g’ſehn, daß ich den Thaler da her g’legt hab.
Ja — ja — der Thaler iſt eh’nder da g’leg’n.
Aber wo iſt er denn jetzt?
Wo er jetzt iſt, wollen’s wiſſen? — Eh’nder iſt er da g’leg’n
Wo er aber jetzt iſt?
Eh’nder iſt er da g’leg’n, und jetzt —
iſt er da.
Aber Schneider!
Wenn wir ’s Geld allein hätten, ſo därfet er gar nit mit ſetzen.
Nur nit kindiſch — ich hab den Thaler nur wechſeln woll’n.
Ja, Du biſt der, der ’s Geld wechſelt.
Alſo, da iſt der Thaler vom Schuſter — da da ſeyn die ſechs Zwanziger von mir — und da ſeyn fünf Zwanziger und zwei Zehnerln vom Schnei - der. — Jetzt her mit’n Los.
Da haben Sie’s. Ich wünſch, daß Sie damit gewinnen. Schaffens ein Andermal.
Das iſt ſtark, wie ich’s Geld ſo hinauswerfen könnt!
Das wird ſich kurios rentiren.
Aber Sie reden ja ſchon wieder d’rein?
Um wie viel Uhr iſt denn die Ziehung?
Gleich nach ſechs Uhr fangt’s an, grad da drü - ben, und dauert den ganzen Tag.
Was trommelns denn?
Die Ziehung geht ſchon los.
Weiß man nicht, wer’s g’winnt?
Gewiß wieder Einer der’s nicht braucht.
Das könnt’ man von uns nicht ſagen, wenn wir’s gewinneten.
Was machſt denn Du wieder für trübſelige Fa - xen? Das ärgert mich von Dir.
Meine Peppi iſt mir eing’fallen.
Aber es macht nur ein Bremsler, ’s iſt gleich vorbei.
Das iſt entſetzlich!
Was iſt’s denn?
Das iſt unbegreiflich! Ich hab den Haupttref - fer nicht.
Iſt er ſchon da?
Auf’n erſten Zug war er heraus. Nr. 7359.
Mich trifft der Schlag!
Was iſt denn das? Zu Hülf!
Den Treffer haben wir! Den Treffer haben wir! Juheh!
Was? Nicht möglich!
Da iſt’s Los, was wir grad kauft haben. — Wir wollen uns luſtig machen. Alle Tiſchler von der ganzen Stadt ſind eingeladen.
Herr Wirth! alle Schuſter vom ganzen Land.
Alle Schneider von der ganzen Welt!
Juheh! Juheh! Juheh!
Jetzt ſagt’s mir aber, Kameraden, was fangen wir mit unſerm Reichthum an? Ich hab’ meinen Plan.
O ich auch. Aber nur nobel!
Ich hab’ ganz eine eigene Idee.
Ich reiſ’ nach Wien morgen in aller Früh; find’ ich meine Peppi noch ledig, ſo bin ich der glücklichſte Menſch auf der Welt; iſt ſie verheirathet, dann nutzt mich mein ganzer Reichthum nichts — da geh’ ich dann nach Haus, bau ein Spital für unglückliche Tiſchlergeſellen, und da leg’ ich zuerſt mich ſelber hinein, und ſtirb auch d’rin.
Nein, dieſer Plan iſt mir zu traurig. Ich werde von nun an mehr Don Juan, als Schnei - der ſeyn.
Und ich hab’ keine Leidenſchaft, als die Aſtro - nomie, d’rum g’wöhn’ ich mir’s Bierſaufen ab, und verleg mich von heut an bloß auf’n Wein. Auf’s Jahr geht ſo die Welt zu Grund, da zieh’ ich halt48 heuer noch von einen Weinkeller in den andern her - um, und führ’ ſo ein zufried’nes, häusliches Leben.
Mir iſt leid, daß wir auf die Art nicht bei - ſammen bleiben können.
Wir haben Jeder unſre apparte Paſſion.
Auseinander müſſen wir.
Aber, wie Einer vom Andern hört, daß er im Unglück iſt —
Von Unglück iſt gar keine Red’ nicht, wenn der Menſch einen Treffer macht.
Wenn’s halt aber doch der Fall iſt, ſo wollen wir Einer dem Andern beiſteh’n.
Die Hand d’rauf!
Gilt allemal.
Und heut über’s Jahr, am heutigen Tag, an dem Gedächtnißtag unſers Glücks, kommen wir alle Drei in W’ien zuſammen beim Meiſter Hobelmann,49 dort bin ich entweder glücklich, oder Ihr erfahrt wo ich in meinem Unglück zu finden bin.
Gilt detto.
Wir gratuliren!
Danke, danke! — Herr Wirth!
Euer Gnaden!
Wir geben eine Tafel bei Ihm.
Euer Excellenz —
Heute iſt bei mir balparée.
Euer Durchlaucht — mein Saal in der Vor - ſtadt hab’ ich auf’s Prächtigſte neu arrangiren laſ - ſen, es kann alle Stund der Ball anfangen.
Und jetzt aufgrebellt, Muſikanten! Jetzt mar - ſchiren wir im Zug zu der Ausſpielung, um unſer Geld z’holen, und nachdem geht’s gleich ans Eſſen, Trinken und Tanzen bis morgen Fruh.
Hat wirklich eine ſchöne Werkſtätte, der Mei - ſter Hobelmann.
Euer Gnaden, ich hab’s dem Meiſter Hobel - mann ſchon geſagt, er wird gleich da ſeyn. Da kommt er ſchon.
Unterthänigſter Diener, Euer Gnaden. Mit was kann ich zu Dienſten ſteh’n?
Ich etablire mich hier, und habe ein großes Möbelgeſchäft mit Ihm abzumachen, lieber Meiſter.
Iſt mir eine Ehr’. Aber dürft’ ich nicht bitten, wenn’s möglich wär’ die Sach’ auf morgen zu ver - ſchieben? Heut kann ich nicht, und wenn ich tau - ſend Gulden profitiret; denn ich hab’ heut eine Hoch - zeit im Haus.
Nach Gefallen, ich bin nicht preſſirt.
Dann hab’ ich aber noch eine Bitt. Der Hoch - zeitſchmaus iſt zwar ſchon zu End’, aber ein Schal - lerl Kaffee, wenn Euer Gnaden bei uns zu ſich neh - men wollten — die Ehr’ müſſen Euer Gnaden der Braut anthun.
Mit Vergnügen, lieber Meiſter.
Peppi! richt den porzellanenen Weidling zum Kaffee für den gnädigen Herrn.
Ich weiß nicht was das iſt, kein Menſch fragt mich, zu wem ich will. In der Kuchel hab’ ich eine Menge Dienſtboten g’ſeh’n, die jubeln, was’s Zeug halt, und einer ſitzt vor der Thür, dem muß übel ſeyn.
Da wär’ ich halt wieder in mei - ner lieben Werkſtatt. — Das ſind Erinnerungen für mich! Auf den Platz hab’ ich einen Tiſch g’macht, und hab’ d’Füß’ vergeſſen; denn meine Gedanken waren bei der Peppi — an dem Platz hab’ ich ein Kaſtenb’ſchläg an ein Spucktrüherl g’nagelt; denn meine Gedanken waren nicht bei der Arbeit. — O ich war ein Stockfiſch, daß ich nie g’redt hab’, und mir g’ſchähet recht, wenn ſie ſchon längſt den Wirth gehei —
Wie kommt denn Er da herein?
Nu, wie jeder andere Menſch, bei der Thür.
Wann Er Arbeit ſuche thut, ſo komm Er mor - ge, heut iſt’s nix, heut hanne wir Hochzeit.
Wer hat g’heirath?
Der Herr Strudel, der Wirth im goldenen Nockerle hat g’heirath — Vormittag war die Ko - pulation.
Wem hat er g’heirath?
Die Mamſell Hobelmann.
Schwabin! ich bring Dich um.
Zu Hülfe! zu Hülfe! er will mich verſchlage.
He, he! was gibt’s denn da?
Meiſter Hobelmann —
Was ſeh’ ich! Leim, Er iſt wieder da? Na das freut mich!
Peppi! Peppi g’ſchwind komm, der Leim iſt da!
Um Alles in der Welt, nein! Ich will ſie nicht ſehen — ich kann ſie nicht ſehen.
Ach Vater — wo — wo iſt er? — Ha! end - lich kommt er wieder zurück. Iſt das auch recht, daß Er ſo lange auf ſich warten ließ?
Zurück, junge Frau!
Vater, was iſt ihm denn?
Das wird ſich geben.
Ach Gott, Johann, ich bin ſo froh, daß Er wieder da iſt, ſo froh. Das muß ich gleich dem Strudl erzählen.
O Strudl! — Der Strudl liegt mir im Ma - gen, wie ein Knödel.
Er ſchaut etwas abg’ſchaben aus, mein lieber Leim, Er hat nicht viel aufg’ſteckt in der Fremd. Sei Er froh, daß Er wieder bei mir iſt, ich hab’ mit Ihm einen Plan.
O jetzt geht der Leim aus’n Leim, für mich plant ſich nichts mehr. — Meine Peppi!
Ah, iſt es das? Sieht Er, mein lieber Johann, wie Er mir damals ſo unverhofft davongegangen iſt, hat Er ja geſchrieben, Er wird aus Bosheit heirathen.
Das hab’ ich nur aus Bosheit g’ſchrieben; aber ich bin ſo ledig, als nur was ſeyn kann.
Ich hätt[’]vor zwei Jahren durch einen gähzor - nigen Wurf meine Tochter umbracht, wenn Er nicht geweſen wär, für dieſe That hat Er ſich’s Madel verdient; aber Er hat ja nix g’redt — oder hat Er glaubt, daß ich ihn um Gotteswillen bitten ſoll, daß er’s Madel heirath?
O ich war ein Eſel! ſo was kommt nur alle Jahrtauſend einmal auf d’Welt.
Da, meine Freunde, ſeht’s, da iſt er!
Willkommen! Willkommen!
Das war nicht ſchön von Ihm, daß Er uns ſo abg’fahren iſt.
Der Dickwammſt foppt mich noch? Das iſt zu58 viel!
Sie haben’s nöthig, daß’s mich aufzieh’n wollen. Pfui Teufel! ich ſchamet mich, heirathen mit dem Bauch. Sie ſollten ſich lieber zwiſchen Ihre Weinfäſſer ſetzen, von denen kein’s ſo dick iſt, als Sie, und ſo lang trinken, bis Sie liegen bleiben im Keller unten, das wär’ g’ſcheidter, als auf der Welt heroben einem ehrlichen Kerl ſei - ne Lieb abfiſchen.
Was?
Leim, jetzt ſei Er ſtill! Wie kann Er einen ehrenfeſten Mann in meinem Hauſe ſo traktiren?
Ja ehrenfeſter Mann —
Da geh’ Er her, ich muß Ihn ja erſt bekannt machen mit der ganzen Geſellſchaft.
O, ich kenn’ Alle.
Das iſt mein Freund Strudl, der Bräutigam, jetzt eigentlich ſchon Ehmann — das
iſt meine Tochter Peppi, die Kranzeljungfer. —
Kranzel — Jungfer?
Das iſt Anaſtaſia Hobelmann, die Tochter von meinem verſtorbenen Bruder, gegenwärtig ehrenfeſte Strudl.
Alſo die Peppi iſt nicht ſeine Frau? ſie iſt noch frei?
Du biſt alſo noch mein, Peppi? — biſt keine Strudl? —
O meine Gnädige! erlauben Sie, daß ich Ihnen die Hand küſſe.
Und Sie, mein beſter, liebſter, ſchönſter, goldener Herr von Strudl, jetzt hab’ ich Ihnen ſo lieb, weil Sie nur die Peppi nicht g’heirath haben. Verzeihen Sie, ich war ein Flegel — ich begreif gar nicht, wie ich hab’ ſchimpfen können über Ihre reſpektable Weſte - gegend —
Sie ſind ſo ſchön, ſo proportionirt — gar kein Bauch — laſſen Sie ſich umarmen.
— Und Sie, Herr Schwiegerpapa —
Was? Schwiegerpapa? Er hat ja noch nicht einmal mit’n Madel Richtigkeit g’macht, ſein Wort angebracht, bei mir gar nicht angehalten um ſie.
O Peppi! himmliſche Peppi!
Ich ſollt’ bös ſeyn, Johann.
Ja, ich verdien’s.
Du haſt mir viel Kummer verurſacht.
Und das blos durch meine Dummheit, weil ich nix g’redt hab’
Du haſt mir das Leben gerettet, ich bin Dein.
Halt! da hab’ ich auch ein Wort d’rein zu re - den. Dem erſten beſten Haſenfuß, der nix iſt und nix hat, kann ich meine Tochter nicht geben. In - deſſen, das iſt mit Ihm anders geworden, Er iſt ein Mann, der ſeine Batzen hat.
Was? Wie weiß denn der Meiſter das?
Nu, wenn ich’s nicht wüßt, wer ſollt’s denn hernach wiſſen. — Ich hab’ für Ihn damals, wie Er den Wurf aufg’fangt hat, der meine Tochter getroffen hätt, 500 Dukaten angelegt, die g’hören ſammt Intereſſen Sein. Jetzt fang Er halt Sein61 Meiſterſtuck an, in drei Wochen iſt Er Meiſter, und dann ſoll Er’s Madel haben.
Wir gratuliren!
Beſter, großmüthigſter Herr Schwiegerpapa! ich nehm’s an; aber jetzt müſſen auch Sie und die Peppi erlauben, daß ich das auch dazu leg’, was ich hab.
Hat Er ſich auch was erſpart?
Was man ſich halt ſo erfecht auf der Straßen. Ich werd gleich die Kiſten hereintragen laſſen.
Heda, Leut’! nur herein!
Was iſt das?
Das gehört Alles meiner Braut.
Lauter Geldſäck? — Was Tauſend!
Nix tauſend — über dreißigtauſend Thaler ſind da drin. Ich hab’s in der Lotterie gewonnen, ich bin jetzt ein Mandel mit Kren.
Ah! Ah!
Der alte zerriſſene Rock da, war nur Verſtel - lung, ich hab’ Dich nur prüfen wollen, ob Du mich noch liebſt.
Johann! Mein Johann! ich verlang mir nichts, als Dein Herz.
Das Geld gehört alſo alles Sein? — Jetzt muß er’s Madel nehmen!
Heut vier Wochen iſt Hochzeit, da ſoll die ganze Stadt reden davon.
Das Geld g’hört mein — die Peppi g’hört auch mein, jetzt nimm ich mein ganze Bagage zuſamm, und zieh aus.
Jetzt bin ich ſchon über ein Vierteljahr hier in Prag etablirt — iſt das ein Leben in dem Prag, wenn der Menſch ein Geld hat. Ich betreib zwar mein Handwerk auf eine noble Manier, aber es bleibt halt doch Schneiderei, und mich hat die Natur zu etwas Höherem beſtimmt, Alles zeigt, daß ich nicht zum Schneider geboren bin.
Eu’r Gnaden, es iſt eine Kundſchaft da.
Ich bin heut’ nicht mehr zu ſprechen.
Sehr wohl, Eu’r Gnaden.
Die Leut glauben grad’, ein Schneider iſt nur wegen ihnen auf der Welt.
Herr von Zwirn!
Was gibt’s?
Der Herr von Fidibus hat ſeinen Konto be - zahlt.
Das geht den Buchhalter an.
Herr Meiſter! —
Grobian! Weiß Er meinen Titel nicht?
Herr von Zwirn mußt ſagen.
Noch einmal das Wort Meiſter, und Du haſt ausgerungen.
Herr von Zwirn, der Konto da iſt nix nutz g’ſchrieben.
Man trage ihn ſchleunigſt noch einmal in die Copiatur, und melde dem Kanzleixerſonale meinen Zorn.
Euer Gnaden, es iſt Samſtag, die Geſellen wollen ihr Geld.
Sie ſollen zu meinem Kaſſier gehen, ich beküm - mere mich nicht um ſolche Gemeinheiten.
Das hab’ ich ihnen auch g’ſagt, aber ſie ſagen, ſie ſeyn noch überall vom Meiſter auszahlt worden.
Zum Kaſſier hab’ ich g’ſagt. Hinaus, Filou!
Euer Gnaden, der Maler iſt da.
Herein mit’n Maler.
Sehr wohl.
Wenn es gefällig wäre, mir nur noch gütigſt auf ein Viertelſtündchen die Anſicht Ihrer höchſt in - tereſſanten Phiſiognomie zu verſtatten.
Na, ein Viertelſtündchen hab’ ich grade noch Zeit.
Aber Sie dalken lang herum mit mein Porträt.
Heut wird der Dalk fertig.
Was? — Wie meinem Sie das?
Ich meine meine eig’ne Wenigkeit — ich werde heute fertig mit Hochdero Porträt.
Ah ſo!
Dieſelben hätten ſich aber doch ſollen gefälligſt in Oel malen laſſen.
Wegen meiner, wenn wir wo ein gutes Oel kriegen. — Schaun’s nur, daß’s mich gut treffen, es wär’ Schad’ um ein jeden Zug, der daneben geht.
Ihre Naſe iſt ſehr ſchwer zu treffen.
Meine Naſen? Gar nicht. Schaun’s, mir hat vorigen Jahr im Bierhaus Einer ein Halbglas in’s G’ſicht g’haut, der hat meine Naſen ſehr gut getrof - fen, ſag’ ich Ihnen.
Ale Gagramente, was wär’ denn das? Sie ſeyns nit auf zu Haus, und ſitzens da und laſſens Ihne paladatſchete G’fries mal’n?
Hinaus!
Ah, da muß ich bitten! Ich bin ich Kundſchaft, die zahlte gleich. Gleich af der Stell meßt’ Er mir ein Rock an.
Hinaus!
Was? Ich ſoll ich hinaus geh’n? —
Wo iſt denn mein Porträt?
Das hat gewiß der Fleiſchhacker mitgenommen.
An Ihrem Schlafrock klebt’s.
Ah verflucht, jetzt hab’ ich mich auf mein Mi - niaturg’ſichtl g’ſetzt.
Das iſt hin; doch es macht nichts, Sie zahlen um 50 Dukaten mehr, und ich mach’ es Ihnen von Neuem.
Aber heut kann ich nicht mehr ſitzen, ich bin zu alterirt.
So werd’ ich morgen die unterthänigſte Ehre haben.
Den Fleiſchhacker klag’ ich — ich muß Satis - faction haben. Ich arbeit’ einmal für keine Kund - ſchaft, die mir meinen Reſpekt nicht gibt, und wenn’s mich zehnfach bezahlt.
Theurer Freund! hier hab’ ich das Vergnügen, Dir einen Dutzbruder von mir vorzuſtellen. Herr von Lüftig.
Herr von Zwirn, ich hatte ſchon lange den Wunſch, den berühmten Mann kennen zu lernen —
Ich bitte, die Ehre iſt meinerſeits.
Mein Freund will ſich Verſchiedenes bei Dir machen laſſen.
O ich bitte, mein ganzes Magazin ſteht zu Be - fehl. Belieben Sie ſich nur nach Guſto auszuſuchen.
Ich brauche aber ziemlich viel.
Je mehr, deſto beſſer.
Bin aber für den Augenblick nicht bei Kaſſa, um gleich bezahlen zu können.
Thut nichts, ich hab’ Geld genug; übrigens kennt Sie mein Freund Windwachel, und das iſt ge - nug. — Spazieren Sie nur in mein Magazin.
Ihr unterthänigſter Diener, Herr von Zwirn.
Der Schneider kriegt keinen Kreuzer von mir.
Jetzt ſag’ mir, Freund, kommt die Frau von Palpiti?
Ich war heute Vormittag bei ihr, ſie nahm Deine Einladung ſammt ihren beiden Töchtern mit Vergnügen an.
Du haſt doch nichts merken laſſen, daß ich ein Schneider bin?
Keine Sylbe.
Haſt g’ſagt, daß ich ein Kapitaliſt bin aus — aus — aus Particulier?
Freilich. — Nun hätt’ ich aber eine Bitte an Dich. In Deinem Magazin iſt nicht ein Stück, was mir paßt; Du mußt ſchon die Güte haben, und mir ſelbſt das Maß nehmen.
Ja, Freund! mit Dir mach’ ich eine Ausnahm.
Johann, geh’ Er hinüber, und hol’ er mir eine Schneidermaß.
Du wirſt finden, daß ich ſeit einiger Zeit et - was ſchlanker geworden bin.
Es iſt wahr, Du biſt bedeutend mägerer gewor - den, Du brauchſt auf ein Frack jetzt nicht mehr, als anderthalb Achtel Kaſimir.
Was willſt denn haben?
Einen modernen Kaput.
Was nehmen wir den für eine Farb?
Ich denke, kaſtanienbraun.
Die Hand halt ſo, daß wir die Armlänge krie - gen. —
Was nehmen wir denn für einen Kragen?
Schwarzblauen Sammt.
G’fallt mir nicht — ich glaubet Pomeran - zengelb.
Ah, was fallt Dir ein!
Wir haben die Ehre —
So, jetzt die Mitte.
Wir haben die Ehre —
Mich trifft der Schlag!
Wir haben geſtört —
O nein — es war — ich hab’ nur —
Ein Scherz, weiter nichts.
Ja, nur ein Geſpaß — wir wollten ſehen, wer dicker iſt um die Mitte. — Ich bin noch ganz im Negligée, Sie erlauben ſchon — ich werd’ gleich474mein Sonntagskleid anleg’n. Windwachel, unter - halte die Damen indeß.
Ah, das iſt ein kurioſer Menſch.
Was iſt denn das?
Sie haben uns geſagt, daß der Herr vom Haus ein gebildeter Weltmann iſt. Weh’ Ihnen, wenn Sie meine Töchter durch eine ignoble Bekanntſchaft blamiren.
Ich hab’ ſchon geglaubt, Sie haben uns in eine Schneiderwerkſtatt geführt.
Was fällt Ihnen ein? Der Herr vom Haus iſt ein Menſch, der von ſeinem Geld lebt und viel Geld hat; iſt Ihnen das nicht genug?
Freilich, wenn ich an die brilliantenen Ohrrin - ge denke —
Dann finden Sie, daß er eine ſcharmante Bil - dung hat.
Wir ſind Ihnen verbunden für die Connaissan - ce, zu der Sie uns verholfen haben.
O, nicht ihm habt Ihr das zu danken, ſondern nur mir; denn erſt ſeitdem Ihr nach meiner Idee Euch für Italienerinnen ausgegeben, habt Ihr eini - gen Anwerth.
Es liegt doch nur in unſerm intereſſanten Be - nehmen, daß man es uns glaubt.
Meine wälliſche Ausſprach hat ſchon Manchen irre geführt, bei Dir aber wird er ſich bald ausken - nen, daß Du nur eine Burkersdorferin biſt.
Das könnte wohl bei Dir der Fall ſeyn.
Nur keinen Streit, meine Damen — da kommt der Herr vom Haus.
Jetzt will ich gleich Eindruck auf ſein Gemüth machen.
O ich Unglückliche! Freund, weinen Sie mit mir.
Was iſt denn geſchehn?
Ich habe meinen Mopperl verloren.
Ha, ha, ha! Iſt nicht ſchad’ um ſo ein Viecherl.
O ich bin untröſtlich! Jetzt erſt hab’ ich den Verluſt bemerkt.
Er kann ja noch nicht weit ſeyn.
Das Hunderl iſt ſicher nach Italien geloffen.
Laſſen wir’n anſchlagen. Ich zahl zwanzig Du - katen, wer ihn bringt. — Windwachel! — Wind - wachel! hörſt denn nicht, wenn ich Dich ruf?
Was willſt denn?
Schreib eine Annonce!
Schreib ſie ſelbſt.
Ich kann nicht ſchreiben.
Ah ſo!
Verlorner Hund —
Halt! das geht nicht; die Annonce muß ita - lieniſch ſeyn, ſonſt verſteht’s dort Niemand.
Jetzt kocht’s.
Kannſt Du Wälliſch?
Kein Wort.
Italieniſch auch nicht?
Eben ſo wenig.
Ich hab’ vier Wochen in Trieſt gearbeitet, da iſt ſo Manches hängen geblieben. Probir’n wir’s.
Schreib italieniſch.
Cane perdutto — Non avete veduto — cane perdut - to. —
War der Mopperl ein Mandel oder ein Weibel?
Er war männlichen Geſchlechts.
Questo Mopperl — un Signore.
Was für einen Charakter hat er gehabt?
Je nun, wie alle Mopperln.
Aha! —
carattere — calfacteri - stico.
Wie alt?
Drei Jahr.
Drei Jahr — wie heißt denn das —
tre cento anni vecchio. —
Hatte er keine beſonderen Kennzeichen?
Er trug ein ſchwarzes Halsband.
Portate un nero cravattel.
Hatte er abgeſchnittene Ohren?
Natürlich, er war ja ein Mopperl.
Geſtutzte orrecchi.
War er klein oder groß?
Ein ganz kleines Hunderl.
Piccolo Viech mit quatro Haxen. — Recom - penza zwanzig Zechini in buona moneta.
He, Bediente!
Eu’r Gnaden!
Das kommt in die Buchdruckerei.
Wo wird’s denn ang’ſchlagen?
In ganz Italien.
Mein Herr iſt ein Narr.
Ich dank’ Ihnen vielmals.
O Sie ſchöne Signora, es iſt gern geſchehen.
Haben Sie vielleicht auch Etwas verloren?
Und wenn ich mein Herz verloren hätte?
Die geht ſcharf d’rein, ganz das italieniſche Feuer.
Die Geſellſchaft kommt.
Geladen haben Sie uns, Herr von Zwirn, Wir thun von Ihrer Güte profitir’n Wer Ihre Gaſtfreiheit und Freundſchaft kennt, Macht Ihnen auch ein tiefes Compliment.
Das iſt wahr, die ganze ſchöne Welt von Prag hab’ ich da verſammelt.
Herr von Zwirn, eine ſchönere Wohnung als Sie, kann man nicht mehr haben, hier fehlt nur Eins zur vollſtändigen Eleganz.
Wie? bei mir fehlte noch was?
Sie müſſen die Gasbeleuchtung einführen.
Gasbeleuchtung? — Ich kann beleuchten mit was ich will, das geht Ihnen gar nichts an.
Ich meinte nur —
Trau’n Sie mir nicht — wenn ich meine Scher erwiſch —
will ich ſagen, meinen. Degen wenn ich erwiſch —
Sie ſind ein Narr!
Marſchiren Sie, ſonſt wirf ich Ihnen ein Bö - geleiſen nach!
Adieu, Sie Herr Zwirn Sie.
Sie haben Verdruß gehabt.
Das eben nicht, aber —
Kann theilnehmende Freundſchaft Sie wieder erheitern?
Freundſchaft? — Nein, die Liebe könnte das viel beſſer.
Die Liebe, glauben Sie?
Je nun —
O Ihr ſeid Beide ein paar liebenswürdige Schnecken!
Wie mich der Mann betrachtet, Ach, das iſt ſtark, auf Ehr.
Auf mich allein er ſchmachtet, Es iſt kein Zweifel mehr.
Allen Zwei’n möcht’ ich zugleich ein Buſſel geben, Ich weiß nicht wie mir g’ſchieht, Ich fühl’ mein Herz hier erbeben. Ich möcht’ ein kleines Hüttchen nur Wo hab’n auf einer ſtillen Flur, Bei dieſem Hüttchen fließt ein Bach, Und dieſem Bach fließt Liebe nach.
Der Geſang, zart und ſtill, Weckt Liebesqual; Daß ich für einen Mann was fühl’, Iſt’s erſtemal.
O fließt ihr Thränen, Ertönt ihr Klagen, Vergeblich Sehnen Nach ſel’gen Tagen, Des Herzens Bangen Kennt kein Verlangen, Als nur den Tod allein.
Welch’ ein Reiz in ihren Tönen, Thränen ſelbſt ſie noch verſchönen, Neu entflammt der Liebe Glut.
Wo die Donau brav rauſcht, Und kein Stadtherr nit plauſcht, Viel Meil’n weit von hier, Möcht’ ich ſchmachten mit Dir.
Wenn mir Dein Auge ſtrahlet, Iſt mir ſo leicht, ſo gut.
Und meine Wangen malet Noch nie gefühlte Glut.
O weile!
Laß mich!
Weile!
Laß mich;
Dort hinten bei der Linden Sitzt ein unbekanntes Reh, Das ſchaut kerzengrad in d’Höh. Auf der G’ſtetten war’s a Metten, Auf der Gſtetten ſitzt a Mann, Der hat ein Pudel und ein Hahn; Und weil’s dort gar ſo zieht, Hat der Pudel d’Strauchen kriegt,85 Da wird deſparat der Mann, Frißt g’ſchwind ſeinen Hahn.
Willſt Du kalt mir widerſtreben, Ach, dann end’ auch mein Leben. Kannſt Du mir nicht Liebe geben, Ja, dann weih’ ich mich dem Grab.
Ei! —
Nun, Schweſter! was ſagſt Du denn? Er kann nicht länger widerſteh’n, Er find’t mich einmal gar zu ſchön.
Du glaubſt, es ſeyn alle Leut In Dich verliebt, na, da hat’s Zeit. Verſteht ſich, da hat’s Zeit,
Halt!
In dieſen heil’gen Hallen, Kennt man die Rache nicht, Und iſt a Menſch hier gefallen, Das wär’ a verfluchte G’ſchicht.
O caro, caro mio!
Con te felice son io.
Nehmt’s mir’s nit krumm Ich bin nit ſo dumm, Die wälliſche Sprach Bringt mi a no nit um. Cara ade a tendi mi, Prove soave palpiti, Ch’ esprimere non sò non sò Non sò non sò non sò.
Es iſt doch ein Glück Ein Berliner zu ſeyn.
Ja, ja, ein Berliner zu ſeyn.
Wir ſind mit den Männern Stets pfiffig und fein.
Ja, wir ſind pfiffig und fein.
Es geht ihm die Arbeit So flink wie das Maul, Auch iſt er beim Eſſen Und Trinken nicht faul.
87Laſſet jeden Streit uns enden.
Wie die Schweſtern ſich verſöhnen ꝛc.
Mag er ſich zu Einer wenden, Räumt die And’re dann gern das Feld, Viel tauſend Männer gibt’s auf der Welt. Ja, es wird mir doch gelingen, Ihn gewiß in’s Netz zu bringen. Einen reichen Mann zu fangen, Darnach gehet mein Verlangen.
Ja, es wird mir ſchon gelingen ꝛc.
Täuſchet nur nicht leerer Schein, Welche Freude wird das ſeyn.
Alſo heut iſt der g’wiſſe Jahrestag, wo’s zu - ſammenkommen ſollen alle drei Brüderln.
Ich hör’ einen Wagen, mir ſcheint, es kommt ſchon Einer ang’fahren.
Ja, mir ſcheint auch.
Nein, das iſt der gnädige Herr, der da dane - ben wohnt im erſten Stock.
Schön guten Abend wünſch ich. Logirt da nicht der Meiſter Hobelmann?
Ja. Und was will Er?
Sagens nur, der Zwirn iſt da, wegen dem Jahrestag.
Wie? Was?
Ja, ſo ſchaut ein Zwirn aus, dem der Zwirn ausgangen iſt.
Sie machen ein Spaß — ſo ein reicher Herr, der ſo viel g’wonnen hat, in der Maskerade.
O nix Maskerade, das iſt mein ſchönſter, mein einziger Anzug, denn ich hab’ gar kein andern.
Hörens auf!
Auf Ehr, wenn ich auf einen Baum ſteig, ſo hab’ ich nix zu ſuchen herunt auf der Erd.
O du blau’s Herrgottle, das iſt kaum zum glauben.
Unter andern, war noch kein Schuſter da?
Fixſtern, Kometen! Wenn ich nicht bald ein Schnaps krieg, ſo —
Ach, da kommt er ſchon.
Iſt das die Boutique, wo der Herr Hobelmann logirt?
Brüderl, kennſt mich nicht?
Halloh! der Zwirn!
Armer Menſch, wie ſiehſt Du aus!
Du haſt’s Urſach, daß Dich wunderſt, wie ein Anderer ausſchaut.
Kamerad, mir ſcheint, wir ſeyn alle Zwei mit unſern Kapitalien in Ordnung. — Du, mir iſt’s noch ſchlecht gangen.
Mir iſt’s auf die Letzt gar nicht mehr gangen; denn ich bin g’ſeſſen, zwei Monat in Arreſt.
Aber nobel hab’ ich das Meinige durchgebracht, das braucht einmal nix.
Ich hab a Reiſ’ am Rhein g’macht — da ſind gar kurioſe Weinkeller — ſo oft ich zu viel trunken hab, allemal war meine Brieftaſchen weg. Unbegreif - lich! Dann hab’ ich im Rauſch immer Händel an - g’fangt, Straf zahlen müſſen, wie ich nix mehr g’habt hab, habens mich eing’ſperrt — mit einem Wort, nichts als unverſchuldete Unglücksfälle!
Wir ſeyn halt jetzt alle Zwei betteltutti.
Bei uns heißt’s: gleiche Brüder, gleiche Kappen.
Aber dabei immer Allegro und fidel.
Allemal!
No brav, da hör’ ich ja recht auferbauliche Sachen.
Hab’ ich die Ehr’, den Herrn von Hobelmann zu ſprechen?
Seyn Sie der, der ſeiner Tochter einmal ’s Stemmeiſen nachg’worfen hat?
Der bin ich. — Ihr habt es aber weit ge - bracht mit Eurem Geld.
Grad ſo weit, als das Geld g’lengt hat.
Ihr habt Euer Glück zum Fenſter hinaus - g’worfen.
Deßwegen wird aber doch der Jahrstag celebrirt.
Gebens nur ein Schnaps her.
Vor allem Andern, was macht denn der Bru - der Leim?
Da müßt’s mich nicht drum fragen.
Iſt er nicht Ihr Schwiegerſohn?
Laſſen wir das. Mit einem Wort, er iſt nach und nach um Alles kommen —
Ich kann nicht begreifen, wie der Menſch ſo liederlich ſeyn kann.
Und wie’s Geld weg war, bis auf zweihun - dert Thaler, da hat er hundert Thaler bei mir zu - rückg’laſſen, und mit die andern hundert iſt er auf’s Gerathewohl fort in die weite Welt. Heut hab’ ich glaubt, er wird ſich wieder einfinden, aber ſtatt ſei - ner iſt der Brief da kommen, an Euch Zwei adreſſirt.
An uns Zwei? Ah da bin ich neugierig.
Du, Schuſter, biſt Du auch neugierig?
Freilich bin ich neugierig.
No da haſt, lies!
Weißt — ich leſ’ nicht gern.
Ich leſet wieder für mein Leben gern, aber ich kann nit leſen.
Bei mir iſt das der nämliche Fall.
Mir fallt was ein, ich probirs!
Herr Hobelmann, Sie ſcheinen ein ver - nünftiger Mann zu ſeyn — obwohl der Schein manchmal trügt.
Nein, nein! diesmal trügt er nicht.
Sie werden wiſſen, ein Unterſchied der Stän - de muß ſeyn. — Sie ſind Meiſter, wir zwei Ge - ſellen —
leſen Sie!
Recht gern will ich Euch den Gefallen thun.
» Liebe Freunde und Brüder! Wie gern wär’ » ich heut bei Euch, aber —
Ehre dem Ehre gebührt.
No ja, ich leſ’ ja recht gern, ich fühl mich auch geehrt.
» Wie gern wär’ ich heute bei Euch « —
Das werden Sie gar nie erleben, daß ich in Ihrer Gegenwart leſen werd’.
Wann Er’s ſo fortmacht, ſo wird auch Er nicht erleben, daß ich in Seiner Gegenwart leſen werd’. — Alſo —
» Wie gerne wäre ich heute bei Euch, aber —
Was murmelt Er denn da?
Jetzt, Schuſter, ſei einmal ſtill.
Ich hab’ kein Wort g’redt.
Der Schuſter red’t ja gar nichts.
O, Sie kennen ihn nicht ſo, wie ich ihn kenn.
Aber er hat ja gar nichts g’redt.
Aber er hätt’ was reden können. — Das kommt grad’ ſo heraus, als wenn Sie unſer Narr wären.
Jetzt ſei Er einmal ſtill, ſonſt leg’ ich den Brief nieder, nachher kann Er leſen.
Nachher kann ich leſen, wenn Sie den Brief niederlegen?
Ich mein’, daß Er hernach gar nicht erfahret, was in dem Brief ſteht, weil Er ſelber nicht leſen kann. — Kann Er denn nicht zwei Minuten ſtill ſeyn?
O, auch noch länger.
Alſo ſchweig er.
» Wie gern wär’ ich heute bei Euch, aber —
Herr von Hobelmann, ich werd’ Ihnen einen Vorſchlag machen. Damit Sie im Leſen nicht mehr97 können unterbrochen werden, ſo leſen Sie uns den Brief g’ſchwind vor, und wir Zwei gehen derweil hinaus.
Aber wie dalket! Wie kann Er denn hör’n, was ich da herin leſ’ wenn er draußt iſt?
Dableib’n müſſen wir.
Richtig — das hab’ ich nicht überlegt.
Jetzt ſei Er einmal ruhig.
» Wie gern wär’ ich heute bei Euch, aber meine traurige Lage macht es unmöglich. Ich bin krank —
Da ſollten’s doch mit ein Doktor reden.
Warum denn?
Sie ſagen ja, Sie ſeyn krank.
Das ſchreibt ja der Leim, der iſt krank.
Ja, von wem iſt denn der Brief?
Von Leim.
Von Leim.
Ah ſo — von Leim.
» Ich bin kränk und liege in Nürnberg im Spi - tal « —
Herr Hobelmann, foppen müſſens mich nicht! ich kann auch grob ſeyn. Wie können’s denn ſagen, Sie liegen in Nürnberg im Spital, und ſtehen da neben meiner?
Aber den Brief ſchreibt ja der Leim.
Der Leim.
Ah ſo — der Leim.
» Ich habe vor vier Monaten, wie ich von Wien fort bin, Herrn Hobelmann hundert Thaler zurück - laſſen —
Wer?
No, der Leim.
Der Leim.
Aha, der Leim.
» Herrn Hobelmann hundert Thaler zurücklaſ - ſen —
Alſo zweihundert Thaler.
Nein, nur einhundert Thaler.
Verzeihen Sie, Sie haben vorhin geleſen: ich habe Herrn Hobelmann hundert Thaler zurücklaſſen — dann haben Sie wieder geleſen: ich habe Herrn Ho - belmann hundert Thaler zurücklaſſen — ſeyn alſo zwei hundert.
Wie ich das erſte Hundert geleſen hab, hat Er mich unterbrochen, dann hab’ ich’s repetirt, und ſo iſt das zweite Hundert herauskommen.
Das müſſen Sie ſich abgewöhnen.
So muß Er mich nicht immer unterbrechen.
» Herrn Hobelman hundert Thaler zurückgelaſſen —
Jetzt ſeyn’s drei.
Es gilt nur einhundert Thaler, ich halte mich an das, was in dem Brief ſteht.
Nein, nein, es gilt nur hundert Thaler.
So müſſen Sie alſo nicht mehr herausleſen, als drin ſteht, Sie ſtürzen ſich ſonſt in eine Schuldenlaſt.
Jetzt laß Er mich einmal zum Schluß kom - men.
„ zurück laſſen, für den Fall, daß Ihr ebenfalls Nichts mehr haben ſolltet, und ein Reiſegeld braucht. Ich hoff’ Euch daher vor meinem Ende noch zu ſehen. “— Euer Bruder Johann Leim.
Herr Hobelmann, jetzt gebens nur g’ſchwind die hundert Thaler her.
Da könnt’s Euch einen frohen Tag d’rum an - thun.
Ja, das wollen wir auch.
Aber auf eine andere Art, als der Herr Hobel - mann glaubt. Wir bringen ihm das Geld in’s Spi - tal, und nichts wird davon verſoffen.
Wir wollen unter Wegs Erdäpfel eſſen, daß uns der Staub bei die Ohren heraus fahrt.
Brüderln! laßt’s Euch umarmen!
Ihr ſeyd’s Lumpen, aber treue Seelen, wahre Gold - kerls.
Wa — was iſt denn das?
Iſt da drin Dein Spital?
Der ganze Brief iſt erlogen. Ich bin geſund, glücklich, und mein Reichthum hat ſich noch um Vie - les vermehrt in dem Jahr. Den Brief hab’ ich nur geſchrieben, um zu ſehen, ob bei Euch’s Herz auf’n102 rechten Fleck ſitzt, und davon hab’ ich mich jetzt voll - kommen überzeugt. Daß ſich bei Euch das Geld nicht halten wird, das hab’ ich im Voraus g’wußt; aber es freut mich, daß ich jetzt in der Lag bin, Euch dauerhaft glücklich zu machen.
Geht’s und holt’s Wein und Braten.
Ich trink keinen Wein mehr, ich trink jetzt nur Schnapps. — Apropos! wie iſt’s mit der Peppi? Haſt Du’s.
Freilich hab’ ich’s.
Führ’ ſie uns auf.
Peppi! Peppi!
Da ſchau her, das ſeyn meine Kameraden, die das große Loos mit mir g’wonnen haben — reiche Kerls, man ſieht’s ihnen an.
Es freut mich herzlich, die alten Freunde mei - nes Mannes kennen zu lernen.
Erlauben Sie mir Ihre ſchöne Hand zu küſ - ſen — und daß die andere Hand nicht böſe wird — und daß das liebe Goſcherl da nicht böſe wird. —
He, Schneider!
Zwirn! was treibſt denn?
Sei nicht kindiſch, Bruder, wir ſeyn ja Ka - meraden.
Du, Zwirn, mit Dir hab’ ich aparte eine Menge zu reden.
Bringt’s uns die Sachen in mein Zimmer. — Komm Zwirn, komm mit mir.
O Du lieber Schneck Du!
Mach’ ihn nur gleich vorläufig mit unſern Plan bekannt.
Schon recht, Vater.
Ich bitt, haben’s kein anders Glas.
Warum denn? das gehört ja zum Roſoli.
Ah nein — da ſeh’ ich ein Stutzen.
Bei die klein Gläſer plagt man ſich mit’n Einſchenken z’viel.
Nun, mein lieber Freund! ich hoffe, daß Er von nun an ein beſtändiger Freund unſers Hauſes ſeyn wird. Er muß ſich hier anſäßig machen, muß Meiſter werden.
Meiſter ſoll ich werden?
Freilich. — Wie ſchmeckt der Liqeur?
Gut, recht gut. Aber eine Bitt’ hätt[’]ich halt.
Was denn?
Wenn Sie mir einen Zwanziger ſchenken möch - ten, daß ich in’s Branntweinhaus geh’n könnt.
Wozu denn das? Er bekommt ja bei uns Alles viel beſſer.
Madam, das verſteh’n Sie nicht. Im Haus ſchmeckt einem der beſte Trunk nicht; im Wirthshaus muß man ſeyn, das iſt der Genuß, da iſt das ſchlech - teſte G’ſäuf ein haut goût.
Nun, da hat Er. Ich muß Ihm aber ſagen, daß mich das recht verdrießt von