PRIMS Full-text transcription (HTML)
Neues Wiener Theater.
Nr. 41.
1 fl.
Der G’wiſſenswurm.
Bauernkomödie mit Gesang in drei Akten
Verlag der Wallishausser’schen k. k. Hof-Buchhandlung Adolph W. KünastWien, I. Hoher Markt Nr. 1.
[1]
Der G’wiſſenswurm.
Bauernkomödie mit Gesang in drei Akten
Verlag der Wallishauſſer’ſchen k. k. Hof-Buchhandlung Adolph W. KünaſtI. Hoher Markt Nr. 1.
[2]

Druck von J. C. Fiſcher & Comp., Wien.

[3]

Perſonen.

    Beſetzung im k. k. priv. Theater an der Wien.

  • Grillhofer,

    ein reicher Bauer.

    Herr Martinelli.
  • Duſterer,

    ſein Schwager.

    Frieſe.
    • Waſtl, Szika.
    • Michl, Thalboth.
    • Rosl,Fr. Cloſſegg.
    • Annamirl,Frl. Schindler.
    • Dienſtleute bei Grillhofer.

  • Die Horlacherlies. Geiſtinger.
  • Leonhardt,

    Fuhrknecht.

    Herr Schreiber.
  • Poltner,

    der Bauer an der kahlen Lehnten.

    Rott.
  • Sein Weib. Frl. Herzog.
    • Natzl,Herr Jäger.
    • Hanns, Romani.
    • deren Söhne.

  • (Knechte und Mägde im Grillhofer’ſchen Hauſe.)
1*[4]
[5]

Erſter Akt.

(Wohlhäbige Bauernſtube. Hintergrund links ein Doppelfenſter, rechts der Haupteingang. Rechte Seite Fenſter, links eine Seitenthür. Vorne gegen links ein Tiſch mit mehreren Stühlen, gegen die Wand ein mit Leder überzogener Sorgenſtuhl, an deſſen Rückenlehne ein Bettpolſter. Wie der Vorhang aufgeht iſt die Bühne leer. Auf dem Tiſche ſteht eine dampfende Schüßel. Vor dem Fenſter ſieht man Knechte und Mägde mit Rechen und Heugabeln vorbeiziehen.)

Erſte Scene.

Knechte und Mägde.
Chor.
Knechte.

Glei is die Sunn am Platz, Mußt Dich halt ſchlau’n, Sunſten, mein lieber Schatz Brennt’s Dich ganz braun.

Mägde.

Mei Bub, geh ſag ma no Was kümmert’s Dich? Die Sunn, die brennt Dich do Schwärzer als mich!

Beide.
(Jodler.)

Jujujuheh!

(Ausklingend.)
6

Zweite Scene.

(Von links: Rosl (ältere Magd), führt Grillhofer, der ſich leicht auf ſie ſtützt, herein.)
Grillhofer.

Au weh! Au weh! Hebt ſchon wieder ſo a ſakriſcher Tag an.

Rosl.

No kimm nur Bauer. Da ſteht ſchon Dein Suppen; laß’s nit kalt werd’n.

Grillhofer.

A was meint’sweg’n. Mir ſchlagt eh nix mehr an.

(Hat ſich mit Beſchwer niedergelaſſen, ſchneidet behend ſich Brod in die Schüſſel und löffelt es mit Gier aus.)
Rosl.

Wer weiß, Bauer. Wann Dich der liebe Gott wieder g’ſund machen will ....

Grillhofer.

Er will aber net.

Rosl.

Ah freilich. Er wird ſchon woll’n.

Grillhofer
(ſchreit).

Er will aber net, ich weiß’s!

Rosl
(erſchrocken).

No ja, nachher is’s was anders.

Grillhofer.

Weißt, Rosl, Du mußt’s nit ſo aufnehmen, wann ich Dich anſchrei! Es is nit ſo bös gemeint. Aber weißt, wonn man in Erkenntnuß der Sündhaftigkeit ſchon ſo weit käma is, daß man ſich frei in Alles ſchicket, wann Ein’m glei in Gottsnam der Teufel holet, ſo laßt man ſich ſelb’n Zuſtand der Gnad von Neamad mehr gern abreden.

Rosl.

No jo, freilich, freilich, wol wol Bauer, wann’s a ſo is, ſo bleib holt in Dein Zuſtand.

Dritte Scene.

Vorige. Waſtl (durch den Haupteingang).
Waſtl.

Gut’n Morg’n, Bauer.

Grillhofer.

Gut’n Morg’n, Waſtl. Na, na, laß nur Dein Pfeif in Maul, geht dir ſunſt aus.

Waſtl.

Kann’s wol d’erwarten. Es is für Dich net zu - traglich, kunnt Dich reizen, huſt ehnder z’viel. No werd’n wir heunt ſchaun, daß wir’s Heu hereinkrieg’n, s’Wetter wird neama lang ſo ſauber aushalten. Geſtern ſchon um Mittag hot’s in der Luft ſo g’flirretſt, als wär die a in der Hitz verbröſelt und that durcheinanderwoiſeln, wann die Sunn durchſcheint. S’is höchſt Zeit zum dazuſchau’n. Und a Heu is7 dös, Bauer, ſo ſchön und viel und es riecht frei, daß Eins umfall’n könnt vor Gutheit.

Grillhofer.

No ja, no ja.

Waſtl
(ſchupſt die Achſel).

No ja no ja. Aber, Bauer, wann ich dir ſag, a Heu s’älteſte Rindvieh da herum kann ſich auf ſo Oans nit beſinna. G’freut dich denn gar nix mehr? Nachhert g’freut Ein’m a nix. Wem gang’s denn was an, wann Dich net?

Rosl.

Haſt Recht, Waſtl, haſt Recht, ſag ihm’s nur h’nein!

Grillhofer.

Laßt’s es gut ſein, wann ich ſo bin, is’s doch eng nit abtraglich, ich vergunn ſchon mein Nebenmenſchen s’gute Heu. Jo, jo, g’wiß. Aber ich taug halt nix mehr auf derer Welt na na mich bekümmert nimmer s’irdiſche, mich bekümmert nur s’himmliſche Heu, wovon g’ſchrieb’n ſteht; Der Menſch welkt dahin wie Heu, und da is mir nur um die Einfuhr in den himmliſchen Heuſchober!

Waſtl.

Jeſſes und Joſef, Bauer, mir kennt ſich frei neama mit dir aus. Wann ich Dir früher g’redt hätt, von ſo ein Heu wie dös a Heu is ! Aber ſeit dich nur allweil bekümmerſt, was g’ſchrieben ſteht, gibſt auf kein ver - nünftig Reden mehr was.

Rosl.

Haſt recht, Waſtl, haſt ſchon recht, ſag ihm’s nur h’nein.

Waſtl.

Seit Dich vor ein halb’n Jahrl der Schlag g’ſtreift hat, biſt neama der Alte.

Grillhofer.

Selb that ſich a net ſchicken! Dös war a Deuter vom lieben Gott, ſider der Zeit halt ich ſtill und wart auf’n Zweiten. Mei lieber Waſtl, Du biſt a guter Bub a Du Rosl, ja, ja, Du biſt a a ehrlichs Menſch müßt’s halt a Einſehn mit mir hab’n, noch dös kleine Neichtel Zeit, ſo mir b’ſchied’n is; leicht moch ich noch fruher a End und zieh mich z’ruck von all’n weltlichen Weſen. Ja, ja, konn leicht möglich ſein, ich bin no lang net ſo, wie ich ſein möcht, hat ſich doch vorhin, wie Du käma biſt, Waſtl, der G’winnſt - und Specalirteufl in mir a weng noch g’rührt. Na, na, dös därf net ſein, daß ſich’s Heu zwiſchen mich und mein Schöpfer drängt. Na, na, ich hab eh gnug auf mir, dazukäma derf nix8 mehr, abwendig derf mich nix mehr machen von die gottſeeligen Gedanken.

Rosl.

Thuſt doch als wärſt der ſündhaftigſte Mon. Haſt leicht Eins umbracht?

Grillhofer.

Dös net, Gott ſei Dank, Rosl, dös net; aber’s Gegentheil auf unerlaubte Art kunnt leicht möglich ſein. Geh lang mir das dicke Buch dort her.

(Rosl holt die Poſtille von einem Schrank und legt ſie vor Grillhofer hin.)
Grillhofer.

So und hiazt gehts all Zwei in Gottsnam an enger Tagwerk und ich geh an mein’s. Is der Schwager noch net da?

Rosl.

Na.

Grillhofer.

Wann er kimmt, Rosl, ſo bring ein Wein und a weng a Rauchfleiſch eine. Hizt gehts.

(Schlägt das Buch auf und beginnt zu leſen.)
Rosl.

Bhüt Gott!

(Ab durch den Haupteingang.)

Vierte Scene.

Grillhofer und Waſtl.
Grillhofer.

Bhüt Dich Gott, Rosl.

(Kleine Pauſe, ohne aufzu - ſehen.)

Bhüt Dich Gott, Waſtl!

Waſtl.

Ich hab jo no nix g’ſagt.

Grillhofer
(aufblickend.)

Willſt no was?

Waſtl.

Es liegt mir ſchon lang auf. Ueber Dein Schwa - gern, über’n Duſterer, möcht ich mich amal ausreden.

Grillhofer.

No, nur kein unb’ſchaffens Wort.

Waſtl.

Bewahr, wär mir a z’gring dazu, daß ich a unb’ſchaffen’s Wort über eahm verlier, der elendige Kerl.

Grillhofer.

Waſtl! Er is mein einziger Verwandter, der einzige Menſch, der ein troſtreichen Zuſpruch für mich hat, dem was g’leg’n is an mir in Zeit und Ewigkeit.

Waſtl.

Ich weiß’s eh, er is, der Dich zu dem bußferti - gen Weſen hinzerrt, wie’s Kalbl zur Kuh, wenn’s es Saufen d’erlernen ſoll.

Grillhofer.

Hehe! Sixt Waſtl, wie trotz Deiner Bos - haftigkeit nixt dagegen fürbringa kannſt. S’Kalbl muß ja ſaufen, ſunſt wurd’s hin.

9
Waſtl.

Schon recht, Bauer, aber für a Kalbl warſt mer doch ſchon z’viel ausg’wachſen. Sag do ſelber Bauer, wie D noch riegelſam warſt, hat der Duſterer kein Fuß über Dein Staffel g’ſetzt, was find’t er’s denn hizt von Nöten, daß er Dir alle Tag über’n Hals rennt? Z’weg’n der Zeit und Ewigkeit leicht? Ka Red, meinſt net ſelber, daß er ſich zuthatig macht, weil er glaubt, es könnt die ganz Hinterlaſſenſchaft an ihm fall’n? Und hat er Dich erſt da, nachher kunnſt freili von ihm aus, Gott verhüth’s nit früh g’nug ſelig werd’n.

Grillhofer.

So mein ich ja eh ſelber.

Waſtl.

Na alsdann, na ſixt, is doch amal a g’ſcheidte Red von Dir! Oder wie D früher haſt a Wartl davon fall’n laſſen, daß’d Dich möchſt in die Ruh ſetzen, meinſt nit a ſelber, er wurd Dir einred’n, daß Dein ganz Bußfertig - keit um a gut Trümmerl z’kurz war, wann Du nit ihm n’Hof verſchreibſt und nöt bei ſeiner Sippſchaft als Ausneh - mer bliebſt? Han.

Grillhofer.

No jo, ſo mein ich ja ehnder ſelber.

Waſtl.

No ſo ſag ich, ſcheinheilig is er.

Grillhofer.

Und ich ſag, er is’s net.

Waſtl.

Wohl is er’s.

Grillhofer.

Na ſog i! Waſtl, Du biſt a dummer Bua, Du verſtehſt dös net, der Duſterer der is ſo, der is ſo, wie er is. Und z’weg’n dem was mer g’red’t hab’n, ſo thut das der Bußhaftigkeit kein Eintrag, und werd i ihms doch net in Uebel aufnehma, daß er auf ſich ſchaut, wo ſein Vortheil und der meine Hand in Hand geh’n.

Waſtl.

Na hörſt, da möcht Eins doch glei narriſch werd’n! Wann ſein Vortheil is, meinſt nit, es kunnt wohl a a kleine Spitzbüberei mit unterlaufen?

Grillhofer.

Na Waſtl, dös net, dös net. All’s was er fürbringt, dös is nur zu wahr nur zu wahr is’s!

Waſtl.

No ich konn da nix ſag’n, ich weiß nit wie er dich h’rumkriegt hat, ſo hilft a kein Red’n.

Grillhofer.

Hoſt a Recht, Waſtl. Red’n is do von Un - nöt’n! Der Duſterer is über ein Feldpater. Alles kurz und eindringlich und hizt: glaub’s oder glaub’s nit! A Teuxels - kerl, ſag ich Dir, mit ſein gottg’fälligen Weſen. D’ran glauben10 muß man. Dös hat er herauſt, ja ja, dös hat er herauſt. Z’weg’n daß er ſein Vortheil ſucht, ſelb is richtig, aber dös thut nix, mag’s ſelber gern ſeh’n, wann Einer was treibt, er treibt’s recht, aber ehrlich muß’s dabei zugeh’n, wann ich ihm dahinter kam, daß dös kein Schickung is, ihn in mein Haus führt, daß net ſo ſein müßt, wie er ſagt, daß er auf’n Herrgott’n ſein Rechnung lugt Kreuzſakra, Waſtl, da kriegeſt a Arbeit.

Waſtl.

Jeſſes, Bauer, ſchaff an, ſchaff nur glei an!

Grillhofer
(läßt den Kopf hängen).

Laß gut ſein, Waſtl, laß’s gut ſein. S’kimmt nöt a ſo. Er hat mich ſchon bei der richtigen Falt’n. Er hat mich an Oans erinnert, hon’s ſchon lang vergeſſen g’habt hizt aber hat ſa ſich aufg’riegelt, hizt ſitzſt’s da, und gibt kein Ruh mehr, der G’wiſſenswurm is’s und da hilft kein Aufdammen. Schön, ſchön unterdrucken heißt’s und reuig ſein.

Waſtl.

Grillhofer wann’s wahr is, daß Eins, das ſein Art auf einmal ändert, bald verſtirbt, ſo machſt es neama lang, der Duſterer braucht net lang mehr ernſte G’ſichter z’ſchneiden, der konn bald lachen. Kreuzteufi! Früher hab’n mer g’arbeit und ſein dann luſtig g’weſt all Tag, und Du warſt der Fleißigſt und Luſtigſte, und wann ich denk, daß der alte Hallunk d’ran Schuld tragt, daß mir hizt daſitzen wie auf einer Karthauſen Sikra h’nein, ich woll’t er kam hizt h’rein, daß ih ihm’s h’neinſag’n kunnt: Duſterer, Du biſt a Haderlump!

Fünfte Scene.

Vorige. Duſterer.
Duſterer
(kleine, hagere, ſchwächliche Geſtalt, von der Zipfelmütze bis zu den Stiefeln hinunter ganz ſchwarz gekleidet. Spricht Alles auf trockene gewichtige Bauernmanier, ſtoßweiſe.)

Gelobt ſei Jeſus Chriſtus.

Waſtl
(ſchreit, wie in ſeiner Rede fortfahrend).

In Ewigkeit!

Grillhofer.

In Ewigkeit!

Duſterer
(behaltet ſeine Pfeife im Munde und geht raſch auf Grillhofer zu).

Grüß Gott, Schwager, grüß Gott, no wie is Dir denn word’n, auf’s letzte Beten?

11
Grillhofer.

Hm beſſer, ja ich mein ſchon a biſſel beſſer.

Duſterer
(ſetzt ſich).

Verlaubſt ſchon. Na ſollt mich freu’n.

Ja ja.

(Beobachtet Grillhofer ſcharf.)

Sollt mich rechtſchaffen g’freu’n. That’s nur wieder weiſen, daß ma die Krankheiten abbeten kann, is a alte G’ſchicht, freilich g’hört die rechte Frummheit und Bußfertigkeit dazu, wer nur unſerm Herrgott s’Maul machen möcht, der richt nix. Nur an die Leut und an der eing’rißnen Gottloſigkeit liegt’s an ſunſt nix an ſunſt nix!

(Pafft Rauchwolken von ſich.)

Ja ja.

Waſtl
(tritt zu ihm).

Mußt nit rauchen, Duſterer, ich bin vom Haus und rauck a nöt.

(Nimmt ihm die Pfeife aus dem Mund.)
Grillhofer.

Waſtl Du Sikra h’nein!

Waſtl
(klopft die Pfeife auf dem Fenſterbrett aus und ſetzt den Fuß auf die glimmende Aſche).

Verlaubſt ſchon. Um die G’ſelchtigkeit is’m Bauern ja do net z’thun.

Grillhofer.

Na aber der Aerger, den d’Ein’m machſt, ſchlagt mir leicht an.

Waſtl.

Is Dir g’wiß g’ſünder.

(Gibt dem Duſterer die Pfeife zurück.)

Da Duſterer.

Grillhofer.

Waſtl, Du Sakra, Du nimmſt Dir viel heraus.

(Erhebt ſich mühſam.)

Mach mich nit ſchichti, am End kunnt ich Dich doch no meiſtern.

Waſtl.

Recht is’s, dös ſteht Dir an, kimm nur her, Bauer, ich wehr mich nit viel, und Dir is’s leicht g’ſund.

Grillhofer
(ſetzt ſich erſchöpft).

Du narriſcher Höllteufl Du! Geh zu, ſag ich, geh zu!

Duſterer
(begütigend).

Laß gut ſein, Schwager, laß’s gut ſein ja ja.

(Mit Emphaſe.)

I verzeih ihm ich verzeih ihm dös thu ich.

Waſtl
(mit unſäglicher Verachtung).

Er verzeigt mir

(iſt bis zur Thüre gegangen.)

Der! verzeigt mir! Bhüt Dich Gott, Bauer!

(Ab.)

Sechſte Scene.

Grillhofer. Duſterer, dann Rosl.
Duſterer.

Is a kecker Ding der Waſtl! Ja, ja! Mein allweil, Hochmuth kommt vor’m Fall. Kunnt doch g’ſcheh’n, wer weiß wie bald, daß er entbehrli wurd. Ja.

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Grillhofer.

No, no, nur vertraglich; was ſagſt: Du verzeigſt ihm, wann’d ihm was nachtrag’n willſt?

Duſterer.

Hat er’s ang’nommen Verzeihung hat er’s ang’nommen? Han.

Grillhofer.

Ah was, auf’m Stubenbod’n wird er’s nit liegen laſſen hab’n, ſo lang ich die Augen offen hab, will ich net ſeh’n, wie mein Anweſen z’ruckgeht, der Waſtl is wie a Pfleger d’rauf. That Keiner gut, der ihm weggab. Du verſtehſt Dich a mehr auf’s Himmelreich, als auf d’Wirth - ſchaft.

Duſterer.

Wohl, wohl. Z’wirthſchaften hat’s wenig geb’n, da muß Oans auf’n himmliſchen Vatern vertrau’n. Daß ich ſag, ja daß ich ſag, es war mir vorhin nur um die Pfeifen, weil a Anfeuchtung is beim Reden weißt, mir redt ſich trocken ſo ſchwer.

Grillhofer.

D’Rosl muß eh glei ein Wein bringen.

Duſterer.

No nochert is ſchon recht, nochert is ſchon recht. Dann wöll’n mer weiter red’n. Mein Seel, ich bin ſo aus - trückert da h’rum, als hätt mich die glüthende Höllluft anblaſen.

Grillhofer.

Warſt leicht unt auf ein klein B’ſuch?

Duſterer.

Dös net, Schwager, dös net, aber g’leſen hab ich davon.

Grillhofer.

In ein Buch ſtund’s aufzeichnet?

Duſterer.

In ein großen dicken Buch wie dös, ſo dick ſein auch Bilder dabei, Alles, wie’s zugeht; es iſt grauſam anz’ſchau’n ſag ich Dir.

Grillhofer.

So, ſo, ja freilich, wann’s b’ſchrieb’n is, ja freilich nachher! Mußt mir’s leſen laſſen.

Duſterer.

G’wiß, Schwoger, g’wiß! Sobald ſo weit biſt, daß Dir einwendig denken kannſt, Dich trifft’s neama, Du biſt d’raus’d! Dann is aber a rechte Herzfreud, wann ma ſo davon lest und denkt ſich all ſeine Feind und Unfried - macher in die Qual hinein. Dös is Dir a ſo a Vergnüglich - keit, wie beiſpielmäßig, wann’s Dir Dein Anreiner die ganze Feldfrucht verhagelt, Dir biegt’s kein Halmerl um.

Grillhofer.

Jo aber, wo bleibt denn da die chriſtlich Nächſtenlieb?

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Duſterer.

Richtig, richtig, die hon ich beiſpielmäßig ganz vergeſſen. Aber wo bleibt denn der Wein?

Siebente Scene.

Vorige. Rosl.
Rosl
(bringt eine Flaſche mit Wein, dazu ein Glas und ein Teller, worauf ein Stück Rauchfleiſch und ein Brod, und ſtellt es vor Duſterer auf den Tiſch).

G’ſeg’ns Gott!

Duſterer.

Vergelt’s Gott! Schau die Rosl die Roſel, no Du biſt ja no allweil ſo ſauber beinander, wie’s jüngſte Dirndl.

(Schenkt raſch ein.)

Verlaubſt ſchon Schwoger, daß ſie mir Beſcheid thut.

(Nöthigt ihr das Glas auf, indem er ſie um die Hüfte faßt.)
Rosl.

Wanns erlaubt iſt? Dein Wohlſein!

Duſterer
(tätſchelt ſie im Rücken).

No bleibſt wohl hübſch ledig hübſch ledig und brav.

Rosl
(macht ſich los und ſchlägt ihn auf die Hand).

Was is denn dös?

(Ab.)

Achte Scene.

Vorige, ohne Rosl.
Duſterer.

No no is a dalket’s Ding, die Rosl Grillhofer, am Schürzenbandl bin ich ihr hängen blieb’n, ja ja, am Schürzenbandl, ſunſt nix!

(Trinkt.)

Ah, das iſt a Tropfen!

(Stellt das Glas vor ſich hin.)

Ja, daß ich alſo ſag, Schwoger, weil ich mich hizt leichter mit Dir red und weil wir allein ſind. Grillhofer,

(erhebt ſich feierlich)

Grillhofer, mir machſt nix weiß!

(Schenkt im Stehen wieder ein.)
Grillhofer.

Wie meinſt Red?

Duſterer
(ſetzt ſich, indem er den Wein austrinkt).

Schwoger, ich weiß warum ich dir g’ſagt hab, daß ich Dir das Höllbüchl erſt ſpater bring. Ich hab Dich fruher betracht, Du haſt g’ſagt, beſſer wär Dir. Laug’ns net, wir ſein hizt unter vier Augen, Dir is übler als geſtern.

Grillhofer.

No werd ich’s leicht laugnen unter uns, nur vor’m Waſtl, daß der ſein vorlauten Weſen Einhalt thut, hab14 ich’s g’ſagt. Aber ich muß’s wiſſen, daß mir einwendig wohler is, die Seel is mir g’ſünder wie jemal.

Duſterer.

Dös gab der liebe Herrgott, aber leicht is dös Ganze nur a hoffahrtig Einbildung von Dir

(erhebt ſich wie oben.)

Grillhofer, weißt warum Dir net beſſer is?

(Schenkt ein.)
Grillhofer.

Wutß’s net.

Duſterer.

Weil Dir die Bußhaftigkeit fehlt.

(Setzt ſich und trinkt aus.)

Weil Dir die Bußhaftigkeit fehlt.

Grillhofer.

Dös wußt ich a net.

Duſterer.

Grillhofer, glaub mir, wann i Dir was ſag! Dir fehlt die Bußhaftigkeit!

Grillhofer.

Möcht wiſſen warum.

Duſterer.

So, ſo beiſpielmäßig laß Dir ſag’n, es is a Unterſchied zwiſchen Frummheit und Frummheit und Reu - haftigkeit und Reuhaftigkeit, wie zwiſchen m’Roſolie und m’Wachholder, der Eine is zur Hochfahrt, der Andere warmt Ein’m s’Einwendige.

(Erhebt ſich wie oben.)

Grillhofer, es ſteht geſchrieben, wer mir nachfolgen will

Grillhofer.

Der nehme ſein Kreuz auf ſich.

Duſterer.

Nein.

Grillhofer.

Was na? Nachher nöt.

Duſterer.

Das heißt, ſo ſteht wol a g’ſchrieb’n, aber ſo mein ich net, s’Kreuz haſt ſchon auf Dir. Aber es ſteht ferner geſchrieben, wenn Du mir willſt nachfolgen ſo wirf Dein Gut in’s Meer.

Grillhofer.

Tragſt du mein Hof auf’m Buckel hin bis zum Meer?

Duſterer.

Ins Meer und theile es mit den Armen.

(Setzt ſich und trinkt aus.)
Grillhofer.

So kann net g’ſchrieben ſtehn!

Duſterer.

Warum?

Grillhofer.

Wann ich’s in’s Meer wirf, krieg’ns ja die Fiſch und net Armen.

Duſterer
(erhebt ſich wieder).

Aber es ſteht doch ſo geſchrieben.

Grillhofer.

Wird doch kein Unſinn g’ſchrieb’n ſteh’n?!

Duſterer.

Und warum net, Grillhofer? Glaub mir, wann ich Dir was ſag. Es ſteht geſchrieben!

Grillhofer.

Na da mach Du a Nutzanwendung d’rauf, ich bin mir z’dumm dazu.

15
Duſterer
(ſetzt ſich und trinkt aus).

Is kein Kunſt, denn es is beiſpielmäßig zu verſtehn. Wann du willſt mit’m Himmel auf gleich käma, dann mußt Du alles Weltweſen, um was Dich noch ſorgen und bekümmern könntſt, von Dir thun, Du mußt das Deine verſchenken, mußt es an die Armen vertheilen.

Grillhofer.

Da ſein eahner doch z’viel, kam ja auf kein was, wär ſchad um das ſchöne Anweſen.

Duſterer.

Kannſt es ja beinand laßen; wann’d ein einzigen Armen a Gutthat derweist gilt’s für Alle, ſchau Dich halt um, vielleicht findſt unter der Hand in einer einzigen Familie a ganz Träuperl Arme beinander, die leicht noch z’neben der chriſtlich Nächſtenlieb no a verwandtſchäftliche Zuneigung für Dich hätten ja ja brauchſt etwa gar net weit herumz’ſuchen, Schwoger ja hm ja, daß ich ſag, beiſpielmäßig, ich und mein Weib und meine fünf Kinder, wir möchten Dich ſchon rechtſchaffen pflegen, möchten Dir’s im Gebet gedenken, a nach Dein’n ſeligen End ja ja beiſpielmäßig.

Grillhofer.

Schneid net ſo h’rum, s’hat ja All’s a chriſt - lich Abſeh’n und hab ich ſchon ſelber dran denkt. Aber in d’Ausnahm gehn, wo Andere mit ihnere leiblichen Kinder aften nix Gut’s d’erleb’n, zu Fremde auf Gnoden und Un - gnoden!? Net beklag’n könnt i mich, heißet’s doch gleich: der Narr, was hat er’s Unnöthig than, und von fruher her hots mir nie taugt Dein Sippſchaft z’weng’n engerer Duckmauſerei na es is nur, daß ma ſich ausdiſchkarirt ja ja därf dich net beleidingen. Jetzt ſtehts mer ja an, verwahrt war ich ſchon, wie in ein Kloſter, ſelb weiß ich. Wol, wol. Aber ich denk nur ſo, koan And’rer da h’rum that a ſo.

Duſterer.

Grillhofer Schwoger laß dir ſag’n, thu’s oder thu’s net. Mir is net um mich. Aber nach die Andern mußt net frag’n, na, na, nach mußt net frag’n. Mußt es der Sippſchaft net anthun, daß ma’s d’erlebt, wir fahreten am jüngſten Tag allz’ſamm in Himmel und müßten Dich z’rucklaßen und für alle Ewigkeit voneinander. Sorg Di um Di, laß du nur Andern in d’Höll abipurzeln. Hihi, laß nur abipurzeln.

Grillhofer.

Na jo ſelb war ſchon recht, wann’s nur net Ein oder der Andere etwa doch billiger richtet und rum -16 pelt a da ob’n eine, und hernzet mich d’halb Ewigkeit: daß mei Himmel z’theuer war. J möcht nur frag’n: ob ſich’s a auszahlt? Wann no die Andern bräver war’n ! Bin ich denn ſo ſündig?

Duſterer
(fährt empor).

Fragſt no fragſt no, Grillhofer, ob’d ſündig biſt?! Solltſt net frag’n, Grillhofer, Du net, Du vor alle Andern net, ſollſt darnach frag’n; Du biſt’s Grillhofer, und ſchon wie! Beiſpielmäßig laß Dir ſag’n, auf der Alm im Fruhjahr, wann ſich der Schnee ballt, fliegt ſo a Malefizvogel, meint ſelber nix Args vom Aſtl oba und nimmt ſich a Maul voll Schnee und denkt blos er thut ſein Schnabel a Gutthat, paar Bröckeln rutſchen weiter, es wird a Kügerl draus, aus der Kugel a Knödl, aus’m Knödel a Bünkel wie a Fuder Heu, dös torkelt allweil Thal obi, immer größer und größer und raumt n’Wald mit, haut abi in’s Thal und die Lavin is fertig. So a Unglücksvogel biſt a Du, Grillhofer!

(Schenkt ein)

Biſt auch Du! Frag net ob d’ſündig biſt! Denk an die Riesler Magdalen, was vor fünfundzwan’g Jahr in Dein Dienſt war, wie mein Schweſter, Dein Weib, Gott hab’s ſelig, noch g’lebt hat, denk an die Riesler Magdalen, ſag ich, haſt Du a in’s Kugeln bracht, daß in’s Rollen käma und in die ſiedige Höll h’neing’fall’n is und wer weiß wie viel Seel’n mitg’riſſen hat. Neamand hat mehr was von ihr d’erfahr’n, die fufzgi*)Fünfzig. Mal iſt’s vom G’richt z’wegn einer Erbſchaft aufg’fordert word’n, verſchollen is’s blieb’n. Grillhofer, aber am Tag des Gerichts, da wird Alles an’s Licht zog’n, da wird ſich herausſtellen, was Du Alles ang’ſtellt haſt in ſündhafter Begehrlichkeit; Grillhofer, wann da Sachen an’s ewige Licht kommen, was uns gar net träumt. Wann’s g’fragt wird, wer is Schuld an Deiner armen Seel’verderbnuß? Grillhofer, Schwoger, nöt um a Million möcht ich da an Deiner Stell unbußfertiger vor Gottes Thron ſteh’n, nöt um a Million.

Grillhofer.

Hätt ihr doch nachfrag’n ſoll’n.

Duſterer.

No wohl no wohl! Aber hizt is’s z’ſpat, g’ſchehn is g’ſchehn. Ich wollt Dir’s ehnder net ſag’n, aber heunt Nacht hat mir wieder von ihr traumt, wie’s da g’ſeſſen17 is im ewig’n Feuer, rundum ’es hölliſche Glaſt. *)Glaſt (Feuerſchein) von Gleißen .O Jeſſes, es war ſchreckbar. Heunt Fruh hab ich glei zu meiner Alten g’ſagt, für zwei armen Seelen muß was g’ſcheh’n.

Grillhofer.

Haſt recht, dumm is ſchon, aber haſt recht. No hilft nix, als fleißig fürbitten. Am End haſt doch ſchlecht g’ſehn na ja na ja, im Feuer und Rauchen ver - laſſen Ein’m ja leicht die Augen, wird am End gar net Höll g’weſen ſein, ſundern nur s’Fegfeuer, wo die Magdalen haſt ſitzen g’ſehn.

Duſterer.

Beſchwör’n kunnt ich’s net, daß’s die Höll war!

Grillhofer.

No ſo geb’n wir’s halt an, wär mir lieb wann’s derer armen Seel a z’Guten kam. Wann mer wieder a Biſſel beſſer is, fahr’n mer nach der Kreisſtadt, und da mach mir’s halt richtig ja ja Du ziehſt auf’n Hof ſammt Deine Leut, a kleine Probzeit und ich verſchreib Dir’n, aber, daß nichts verabſaumt wird.

Duſterer.

No nix, gar nix, kannſt Dich verlaſſen. No ſchau, ſelb g’freut mich, Deintweg’n, Schwoger, Deintweg’n! Meiner Seel! Abg’ſehn, daß’s gute Werk a a Staffel in Himmel is. Aber Deintweg’n ſchon gar. Hizt wirſt ſchon Herr werd’n über den ſakriſchen G’wiſſenswurm, verlaß Dich d’rauf, es is net der Erſte, den ich aus’m Neſt nimm! Ja, ja, kannſt Dich verlaſſen! was ich ſagen wollt, wann gehts nach der Kreisſtadt wann Dir leichter is? Sixt, Grillhofer, ſixt, ſchau Schwoger, hizt laß ich Dir a n’Bader hol’n, ja, ja, ma derf nix außer Acht laſſen und die Kräuter hab’n ja ihnere Heilſamkeit a vom lieben Gott. Ja, ja weißt, hizt is was anderſcht, früher wär der Bader zu nix net nutz g’weſen, aber hizten hab’n wir zum Anfang n’Wurm s’Zap - peln g’legt dös is s’Erſte, wann dös vorbei is, kann a der Bader wieder was richten. Mein Seel, heunt g’freut mich mein Leb’n!

(Iſt aufgeſtanden und tätſchelt den Grillhofer zärtlich in den Rücken.)

Weil ich ſo ein Schwagern hab. Ja, ja. Na die Freud ſo a bußfertige Seel z’finden bei derer ſchlechten Zeit! Beiſpiels - mäßig war der Saul im alten Teſtament a ſchlechter Sucher gegen meiner, hat ein Eſel g’ſucht und a Kron g’funden, mirDer G’wiſſenswurm. 218aber war kein Kron ſo lieb, als daß ich’s G’ſuchte a findt

(umarmt Grillhofer)

mein lieben Schwagern.

Grillhofer.

No, no, laß’s nur gut ſein und wann’d meinſt, ſo ſchick halt nach’m Bader, wann amal was ſein ſoll, ſo hab ich’s gern bald in Richtigkeit.

Duſterer
(ſitzt wieder auf ſeinem früheren Platz).

Ich weiß, ich weiß, mer kennt Dich dafür, Du haltſt auf die Ordnung. Ja ja und no war’s ja recht!

(Hat das Geſangbuch aus der Rocktaſche gezogen und vor ſich aufgeſchlagen.)

Und daß wir net draus käman, ſo laß uns unſer Bußlied ſingen.

(Duſterer ſetzt ein, Grillhofer ſingt mit)

Lied.

Erlös uns von des Lebens Pein O Herr in Deinen Gnaden, Und führ uns in den Himmel ein, Das kann uns gar nicht ſchaden!

(Wie Beide einſetzen um die zwei letzten Zeilen zu wiederholen, fällt raſch der Vorhang.)
Verwandlung. (Freie Gegend. Im Hintergrunde ein Theil des Grillhofer’ſchen Hauſes, ein Fenſter nach der Bühne zu, ſteht offen, deſſen bunte kurze Vorhänge verwehren den Einblick in die Stube. Ein Zaun mit Einlaß in der Mitte ſchließt den Hintergrund ab. Vorne rechts über einen niedern Graben führt ein Steg. Links im Vordergrunde ein Heuſchober.)

Neunte Scene.

(Lieſe kommt über den Steg, ſie trägt einen Anzug, der von dem der andern Dirnen abweicht und zeigt, daß ſie aus einer andern Gegend daheim.)

Lied.

Mit üble Vorſätz geh Fort aus’m Haus, Glei ſchaut die ganze Welt Anderſchter aus! Bin zeitlich fruh noch fort Im Morgendunſt, Kenn alle Hund im Ort Freundlich warns ſunſt! 19Nenn jeden bei ſein Nam Kenn jeden g’nau, Hizt bellen’s hinter Oam: Schau, ſchau, ſchau, ſchau, Da geht d’Horlacherlies, Mit der’s net richtig is! Schau, ſchau, ſchau, ſchau!

(Jodler ad libitum.)

D’Vögerln die in der Fruh Singen ſo lieb, Die ſchrei’n jetzt Ein’m zu: Dieb, Dieb, Dieb, Dieb! Ui, Horlacherlies Mit der’s net richtig is. Dieb, Dieb, Dieb, Dieb!

(Jodler.)
(Mit einer Geberde, mit der man Vögel verſcheucht, in die Hände klatſchend.)

Gſcht! Nixnutzigs G’fliederwerk, net wahr is’s, ſo is die Horlacherlies net. Freilich hot die Mahm g’ſagt, hingehſt und einſchmeichelſt Dich, als ob ich a Katz wär! Aber kein Red, dös thu ich net. Aber furt von Hoam bin i gern, u mein, wie gern! Jahr aus Jahr ein kein andern Kirchthurm ſeh’n, als den von Ellersbrunn, d’ſchön Zeit über vor harter Arbeit s’Kreuz kaum g’ſpür’n und n’Winter über beim Spinn - radl ſitzen .... o Du mein Gott, und auf einmal frei h’nausrennen dürfen, in die ſchön grüne, lichte Gotteswelt h’nein, haha, bleibet a Narr hoam! Jeſſes und Jofef! Frei kugeln möcht i mich im Heu!

Zehnte Scene.

Vorige. Waſtl.
Waſtl
(ſchon etwas früher ſichtbar, iſt bei den letzten Worten durch den Zaun aufgetreten, noch rückwärts).

Thu’s Dirndel, ich ſchau Dir gern zu!

Liesl
(halb nach ihm gewendet).

Wußt ich Du denkſt was Un - recht’s, kriegeſt mir Eine!

2*20
Waſtl
(kommt vor).

No wuſt i gern, was D’Dir denkſt, daß i mir denkt hätt, han Dirndl?

(Erkennt ſie.)

O heilig Mutter Anna, is’s!

Liesl.

Jegerl, der Waſtl!

Waſtl.

Ja der Waſtl, und Du biſt Horlacherlies, eh ſchon wiſſen. Hätt mir’s net denkt, ich komm no z’ſam Was ſuchſt denn Du da h’rum?

Liesl.

N’Grillhofer.

Waſtl.

N Grillhofer?

Liesl.

Ja n’Grillhofer.

Waſtl.

So n’Grillhofer. No dem ſein Großknecht bin ich. Willſt leicht in Dienſt bei ihm? Da hätt ich a a Wartl d’reinz’reden. Mir zwei taugen net unter ein Dach und wann Dich gleich der Bauer nahm, ſo rennet i heunt no auf und davon.

Liesl.

Z’weg’n meiner brauchſt kein Schuh z’zreißen. Ich bin nur auf B’ſuch!

Waſtl.

Auf B’ſuch?

Liesl.

Jo, auf B’ſuch.

Waſtl.

So auf B’ſuch. Was willſt eahm denn?

Liesl.

Dös geht Di nix an. Sag amal, was is denn der Grillhofer für a Mon?

Waſtl.

A trauriger.

Liesl.

Ui je, dös taugt mer net, da geh ich lieber glei wieder.

Waſtl.

Is a g’ſcheidter.

Liesl.

Aber geh, Waſtl, was haſt denn geg’n mi? Thut’s Dich denn net a wengerl g’freu’n, daß mir uns wieder z’ſammfinden?

Waſtl.

Müßt’s lüg’n! Solltſt Dich eigentlich ſchamen, daß’d mich d’erkennſt.

Liesl.

Wußt net warum. Kimmt’s mer doch völlig für, als ſchameſt Du Dich.

Waſtl.

J mi? Z’weg’n we, ich frag no, z’weg’n we?

Liesl.

No ſchau, Waſtl, wann ich Dir als alte Bekännte gut dafür bin, bleib ich Dir derweil die Antwort ſchuldig, aber möchſt mer net ſag’n, z’weg’n we ich mich ſchamen ſollt?

Waſtl.

No dös is doch klar.

Liesl.

So ſag’s!

21
Waſtl.

Sag’s! O Du ſag’s, ſagt’s! Hat’s Dir denn no nie leid than, wie d’mir mitg’ſpielt haſt, wie ich no in Ellersbrunn Knecht war?

Liesl.

Wie’s d’Knecht warſt in Ellersbrunn?

Waſtl.

Jo, wie i Knecht war in Ellersbrunn.

Liesl
(nachdenkend).

So, wie d’Knecht warſt in Ellers - brunn.

Waſtl.

Thu no, als wußt von All’m nix.

Liesl.

Kann’s doch ſchon die Zeit über vergeſſen hab’n.

Waſtl.

Dös ſieht Dir ſchon gleich. Ja, Dir ſchon.

Liesl.

No geh, ſo ſag’s, wie’s war!

Waſtl.

Wonn i mag.

Liesl.

Magſt ſchon, wann i Dich bitt.

Waſtl.

Meinſt? Biſt a weng ſicher.

Liesl.

Aber, Waſtl, was thuſt denn ſo harb? Ich wußt rein nix!

Waſtl.

Da ſchlag dochs Wetter d’rein. Bin ich Dir net in Ellersbrunn nachg’rennt, wie narriſch?

Liesl
(ſieht ihn[von]der Seite an).

Freilich, wol, wol! Selb laug’n ich net.

Waſtl.

Stund Dir a ſchlecht an.

Liesl.

Is ja Alles zwiſchen uns Zwei in Ehr’n ver - blieb’n.

Waſtl
(grimmig).

Ebens d’rum!

Liesl.

Aber, Waſtl, wird Dich doch nit harb’n, daß ſich Keins von uns verſündigt hat?

Waſtl.

Dös net. Dös freili nöt! In Ehr’n is All’s verblieb’n, is a dumme G’ſchicht, aber es muß Ein recht ſein; mit einer Dirn, was net auf ſich halt, laßt ſich a kein rechter Bub gern ein, war ſchon recht dös Dich in Ehren halten, aber mich für’n Narren halten war von Unnöthen!

Liesl.

Geh! Und wie is denn dös zugangen?

Waſtl
(eifrig).

Dös fragſt Du no? Du fragſt dös no? Na ich dank! Han, wie ich g’meint hab, ich möcht Dir taug’n, hab ich Dich net g’fragt, wo mir z’ſammkomma kinnten?

Liesl.

Ja, dös haſt g’fragt.

Waſtl.

Und weil Dir’s auf der Haid z’einſchichtig war!

Liesl.

Freili

22
Waſtl.

Und mir auf der Landſtraſſen z’leutſelig, hon i g’ſagt, ich kimm in Wald.

Liesl.

Biſt jo a kumma!

Waſtl.

Jo, aber Du biſt wegblieb’n! Sikra h’nein, von wie ’es Mondſchein raufkäma is, bis’s wieder abigangen is, bin ich dort am Fleck g’weſt, und a Kälten hat’s g’habt, daß’s Ein ſchier d’Seel aus’m Leib hätt rausbeuteln mög’n!

Liesl.

No hon ich Dir’s drauf net gut g’meint, hon ich net g’ſagt: wann Dir die Kälten z’wider war, ſollſt af d’ſteile Wand geh’n, wann hoch um Mittag is?

Waſtl.

No war ich net durt? War a a Hitz zum Ver - ſchmachten. Wer aber wieder net käma is, warſt Du.

Liesl
(ironiſch).

Du haſt Dich aber neamer beklagt.

Waſtl.

Ah freili, noch ja, daß d’mi leicht no zum Auf - friſchen in Mühlbach ſchickeſt! Dank ſchön. Teufi h’nein!

(Stampft mit dem Fuße auf.)

Frotzel Ein’m net!

(Wendet ſich ab, ſieht aber zuletzt widerwillig nach der Lieſel, die laut auflacht, lacht mit.)
Liesl
(luſtig).

Aber ſchau Waſtl, was kann a Dirn auf a Lieb geb’n, net amal bißel Kaltſtell’n und Aufwarmen vertragt, da is ja mehr Verlaß af’s ſauere Kraut.

Waſtl.

Du biſt a Eine, m’Teufel aus der Butten g’ſprunga is! Geh zu!

Liesl.

No laß Dir a was ſag’n, Waſtl!

Waſtl.

Red, wann’s Dir a Freud macht, aufſitz ich Dir neamer!

Liesl.

Sag mir amal, Waſtl, wie Dir im Wald und a’f der Wand langweilig word’n is, warum biſt denn net hoam ’gangen?

Waſtl.

Warum ich net hoamgangen bin?

Liesl.

Jo, warum d’net hoamgangen biſt?

Waſtl.

No a ſo weil a ſo halt, weil i net hoamgangen bin.

Liesl.

Werd ich Dir’s halt ſagen, Waſtl, warum d’net hoamgangen biſt.

Waſtl.

No wann’d es beſſer weißt, als i ſelber, ſo ſag’s.

Liesl
(ſtellt ſich ganz nahe zu Waſtl).

Weil d’es haſt vor die andern Bub’n net merken laßen wollen, daß’d umſonſt warſt,

(ſtößt ihn mit dem Ellbogen in die Seite)

Weil’s hätt ausſchau’n ſoll’n, als wär ich durt g’weſt und wie lang a noch! Han

(ſtößt ihn23 wieder)

war dös rechtſchaffen geg’n a ehrliche Dirn? So red was.

(Holt wieder zu einen Stoß aus.)
Waſtl.

Na net net

(fängt ihren Arm auf)

meint mer doch net, Du warſt da h’rum ſo ſpitzig.

Liesl.

Auslaß, ſag ich. Aber ich hab mich ſchon aus - kennt und allmal zur Zeit wo ich mit Dir hätt geh’n ſoll’n, hab ich mich mit meine Kameradinen hübſch im Ort ſeh’n laßen.

Waſtl.

Jo jo und drauf is dös Frotzeln und Feantzeln angangen, und furt mußt ich aus Ellersbrunn, weil ich doch net dös ganze Buamerg’ſindel Ein um’n Andern nieder - ſchlag’n mag.

Liesl.

Haſt aber a ein Unterſchied g’merkt, zwiſchen ehr - liche Dirndeln und der leichten Waar.

Waſtl.

A ja, dös ſchon, und wie! Hab’s a allz’ſamm in in die Höll abig’wunſchen.

Liesl.

Selb macht nix, rennen mer do no af der Welt h’rum! Aber Dir war ſchon recht g’ſchehn für dein un - ehrlichs G’ſpiel.

Waſtl.

No, wer ſagt, es hätt net do no ehrlich ausgeh’n mög’n?

Liesl.

Du haſt es net g’ſagt.

Waſtl.

No ja, damal war ich dumm und hon g’meint, leicht kunntſt Du no dümmer ſein. Aber ſider der Zeit bin ich ſchon g’ſcheidt word’n.

Liesl.

Dös ſahet mer Dir doch net an.

Waſtl.

Hm liegt mer net auf, wann Du’s net bemerkſt. Meinſt, weil ich mich mit eng Weibsleut net einlaß? Bei eng gilt a Jeder für dumm, der ſich net anſtellt wie a Kater im Marzi. Der G’ſcheidter*)Der Geſcheidtere. halt ſich g’rad af die Seiten. Wie ich damal furt bin von Ellersbrunn, hon ich mir denkt, no haſt abg’wirthſchaft in der Lieb für dein Lebzeit. D’Hor - lacherlies wär die Einzige, die Dir taugt hätt, und ſpielt Dir ſo mit und ſchad is, wann d’weiter ſuchſt, a Zweite wie die Horlacherlies gibt’s neamer af der Welt! Gleichwol taugt a nix. Aus is und gar is, ſchauſt Dich gar neamer weiter um unter den Kittelwerk. So hon ich’s a g’halten.

24
Liesl
(ſchelmiſch).

Geh zu, Du kunntſt Ein ja völlig ſtolz machen, Waſtl.

Waſtl.

Ahan, dös gang Dir g’rad no ab, zu übrigen Sachen d’an Dir haſt.

Liesl.

Na geh, mach Ein’m net ſchlechter. Kannſt es denn wiſſen, ob mir net hart g’ſchehn is um Dich?

Waſtl.

Wird Dir a hart g’ſchehn ſein?! Außer es is mittlerweil Einer käma, der Dir’s abg’wonnen hat.

Liesl.

Na, dös is net. Ich bin mir g’rad ſo g’ſcheidt wie Du.

Waſtl.

Was? Du warſt noch, wie mir damal voneinand gangen ſein.

Liesl.

Akrat!

Waſtl.

Kannſt mer in d’Aug’n ſchau’n, Dirndl?

Liesl.

Kerzeng’rad a noch!

Waſtl.

Schwör!

Liesl.

Meiner Seel und Gott! No ſag mir aber, Waſtl, wann’s nur Eine Horlacherlies af der Welt gibt, warum ſtund Dir denn die a neamer an?

Waſtl.

Ja weiſt, Liesl, dös is a ſo. Du biſt freilich a ſo a recht, wie D’biſt, aber a ſo biſt net, wie ich mir Dich einbild’t hab.

Liesl.

No ſo ſei halt kein ſo a einbilderiſcher Ding.

Waſtl.

Ja, mein Gott, dös verſtehſt net. Dös is halt wieder a ſo: Wann ma di a ſo anſchaut, da kriegt ma erſt vor’m Herrgott’n Reſpect, der a ſo was af d’Füß ſtellt, ſo friſch und lebig und ſauber und kreuzbrav, dös war ſchon Horlacherlies wie’s kein Zweite net gibt, aber wann ma denkt, wie Du Ein’m mitſpiel’n magſt, wo Du Deine Kram - peln verſteckt haſt, da meint mer doch, ſelb taugt a wieder net; wann D nur a biſſel a Demüthigkeit no hätt’ſt!

Liesl.

Jegerl, geh zu, weil Du ſo demüthig biſt, g’langſt glei keck nach der Dirn wie’s kein Zweite mehr gibt, und verwunderſt Dich, daß net gleich a bemerkt, daß Du der Waſtl biſt, wie’s kein Zweiten mehr gibt.

Waſtl
(lachend).

A na, ſo hon i nie g’red’t.

Liesl.

Aber than haſt darnach.

Waſtl.

Na, na, aber ſo thu ich neamermehr und no ſein mir all Zwei g’ſcheidter und no könnt mer’s rechtſchaffen und25 ehrlich von vor’n wieder anheb’n, wann Dir nur taugen möcht.

Liesl.

Wer weiß, ob’s mir net taugt.

Waſtl.

Aber Liesl, neamer für’n Narren halten.

Liesl.

Aber Waſtl, wie wurd denn dös ſein kinna, Du biſt ja hizt ſo viel g’ſcheidt.

Waſtl.

Na, Dir is mer’s leicht net g’nug. Aber red’n laß no mit Dir d’rüber nach’m Feierabend.

Liesl.

Wohl, wohl.

Waſtl.

Wo b’ſtellſt mich denn hin?

Liesl.

Weißt’s ja eh in Mühlbach!

(Die in der kommenden Scene Auftretenden werden hier ſichtbar.)
Waſtl.

O Du Unend. dös zahlſt mer

(Will ſie an ſich ziehen und küßen.)
Liesl
(wehrt ihn ab).

A Ruh gibſt. Eine hob ich Dir ſchon verſprochen d’Zweite verdienſt hizt

(hat ihn gegen den Heu - ſchober und in die Enge getrieben.)

Zaltag iſt!

Waſtl
(wehrt ſich).

Aber nöt vor Leut, Liesl!

Eilfte Scene.

Vorige. Knechte und Mägde, darunter Michl und Annemirl, Rosl.
(Alle durch den Zaun auftretend.)
Michl.

Ho, Großknecht, wehr Dich! wehr Dich, ſunſt geht’s Dir ſchlecht.

Waſtl.

Halts Maul!

Annemirl.

Je ſchau, ſchau, weiß mer’s doch jetzt, warum ’n Waſtel kein hieſige Dirn net anſteht, dös is ſein Schatz und der kimmt von auswärts.

Waſtl
(ſieht ſie von der Seite an).

Beſſer a Dirn kimmt von auswärts, als ſie geht nach einwärts, dös ſteht net ſchön.

Rosl.

No, no, Waſtl, richtig is net mit Dir, haſt ver - geſſen, daß Mittag is? Wir ſein Alle ſchon abg’futtert, hab Dir dein Eſſen af d’Seit g’ſtellt.

Waſtl.

Ich frag nach kein’m Eſſen. Han Liesl, magſt Du’s leicht hab’n? Haſt ein weiten Weg hinter Deiner; wirſt hung’rig ſein.

Liesl.

No wann viel is, gib’s her.

26
Waſtl.

Wird net wenig ſein. Kumm nur. Und dann ſchau, daß’d mit unſern Bauer auf gleich kimmſt.

Michl.

Liesl heißt’s?

Annemirl.

Soll’s in Dienſt?

Rosl.

Dös war Recht. Waſtl, bring nur auf’m Hof. Biſt ſo luſtig, wie’s d’ausſchauſt, Dirndl.

Liesl.

Bin mein Lebtag net trauriger g’weſt, wie hizt.

Rosl.

Nachher is’s ſchon recht. Brachſt’n Bauer wieder z’recht, dös war a verdienſtlich Werk; möcht mer doch wieder lachen und luſtig ſingen hör’n auf’n Hof, wie ma alt word’n is dabei.

Liesl.

No ſoll dös net ſein?

Rosl.

U mein, na! Hörſt nix, als von Buß und von Reu und vom Verſterb’n!

Liesl.

Na, da thu ich net mit.

Rosl.

Und Koans ſoll ſich rühr’n.

Liesl.

Oes armen Haſcher, ös! No ich g’hör net zu Engern und juſtament ſing ich hizt Oans.

Waſtl.

Nöt, Liesl, na; war no z’fruh, eh ſchau, daß Dich der Bauer leiden mag.

Liesl.

Weißt ja net was ich ihm will und ob mir d’rum is, daß ich ihm anſteh! Kränkt mich ja gar net, wann er mich gleich davonjagt und dann geh ich wieder und bring der Mahm ein ſchön Gruß.

Waſtl.

Du gangſt glei

Liesl.

Wonn a i geh, kannſt ja Du doch kimma!

Waſtl.

No is’s eh recht.

Liesl.

No und hizt laßt’s mich aus, wann ich mir s’Ein - wendige von ſo einer traurigen Wirthſchaft betracht, wird mir eh die Luft z’wenig in der Stub’n und ich bin mir nimmer gleich, bis ich wieder draußt bin. Muß ich ſchon eini, ſo lang ich noch außerhalb bin, bin ich d’Horlacherlies und zum Trutz noch einmal ſo luſtig.

27

Lied.

1.

A Bub kimmt zu’n Himmel, Fragt beim Peter’n ſich an: Gibt’s da Zithern und Dirndeln? So biſt Du mein Mon! Und drauf ſagt der Peter: Dös gibt’s bei uns net. Und da krazt ſich der Bub Hinter’n Waſchl und geht.

(Jodler.)

2.

Der Bub kimmt zur Höll d’rauf, Fragt beim Teuxel ſich an: Gibt’s da Zithern und Dirndeln? So biſt Du mein Mon! Und drauf ſagt der Teuxel: Dös gibt’s bei uns net, Und da krazt ſich der Bub Hinter’m Waſchl und geht.

(Jodler.)

3.

Und Zithern und Derndeln Na, kann i net lon,*)Laſſen. Und ſo ſteht mer der Himmel Und s’Höllreich net an. O ſchön grüne Welt Laß ſag’n, wie d’mer g’fallſt, So lang Zithern klingen Und mei Dirndl mich halst!

28

Chor.

O ſchön grüne Welt Laß ſag’n wie d’mer g’fallſt, So lang Zithern klingen Und mei Dirndl mich halst.

(Jodler.)
(Zugleich hört man hinter der Scene Grillhofer und Duſterer das Bußlied ſingen.)

Erlös uns von des Lebens Pein O Herr in Deinen Gnaden, Und führ uns in den Himmel ein Das kann uns gar nicht ſchaden!

Aktus.
[29]

Zweiter Akt.

(Garten des Grillhofer’ſchen Gehöftes. Rechts, mehr vorne präſentirt ſich eine andere Anſicht des Hauſes, wie im erſten Akte, Verwandlung. Eine Thüre, unmittelbar neben derſelben, jedoch ſchon ganz in den Vordergrund gerückt, eine Laube, in welcher ein Tiſch und Bänke ſtehen. Im Hintergrunde, in Mannshöhe über den Boden ſchließt ein lebender Zaun die Bühne ab, zu deſſen aus Prügelholz genagelten Einlaßſchranken ein Anſtieg hinanführt. Ein Gebirgspanorama vervollſtändigt die Decoration.)

Erſte Scene.

Duſterer. Grillhofer. Rosl.
(Durch die Hausthüre.)
Duſterer
(übereifrig, noch unſichtbar, hinter der Scene.)

So ſo nur a weng in’s Freie, und die Stuben derweil lüften und a biſſel Waldrauch eine machen!

(Stürzt heraus, einen Kopfpolſter unterm Arm, den er ſogleich in der Laube an einer Banklehne zurechtlegt. Grillhofer, von Rosl geführt, folgt langſam.)

Nur langſam geht ſchon, geht ſchon halt Dich nur an d’Rosl ſchau, ſelb thun Dir dann alles meine Kinder, na ſiehſt, ſo ſein wir da, ja ja ſo ein Schwagern hab’n, dös is ſchon die neunte Seligkeit. No ſitz nur nieder

Grillhofer
(ſetzt ſich).

No niederſetzen, is eh recht!

(Rosl richtet den Polſter und geht dann ab.)
Duſterer.

So! Und nachhert, daß ich ſag, ja, daß ich ſag, der Bader meint, wann Dich s’Ausgeh’n g’freu’n möcht, kunntſt es ſchon wag’n.

Grillhofer.

Der Bader, der Bader, dös is a Eſel, kunnt eben ſo gut ſag’n, wann mich’s Tanzen und Springen g’freut, ſöllt ich mich net abhalten laſſen.

Duſterer.

No, no, wer weiß, wann’s die Bußhaftigkeit verlanget, wie beiſpielmäßig der König David zu Gottes Ehr tanzt hat brachſt es leicht a z’weg’n. Und wann Dir30 recht war ſchaden that’s net, meinet der Bader na ja ſo kunnt mer morg’n ſchon nach der Kreisſtadt fahr’n hm hm beiſpielmäßig, weil D ſelber g’meint haſt, es möcht Dir recht ſein, weg’n der Ordnung no beiſpielmäßig nur.

Grillhofer.

Haſt Du’s aber eilig!

Duſterer.

J? Ah na nöt d’ran denken aber weil Du ſelb’n ſchon beiſpielmäßig

Grillhofer.

Is ſchon gut.

Duſterer.

No weißt, ich mein halt nur, arme Seel da unt könnt’s völlig nöt d’erpaſſen, und that ihr ſchon s’erſte Ruckerl wohl, was af unſer eindringlich Fürbitten g’ſchahet. Beiſpielmäßig halt’s der Teuxel an oaner langen Ketten, wie a Bub ein Maikäfer an ein Bindfaden, wie mir aber anheb’n, muß er’s ſcho a Bröſerl auffi laſſen, nöt höher leicht wie die Laub’n da, aber doch, und wie mir nöt nachlaſſen, is’s mit’m zweiten Schub ſcho durt auf’m Nuß - baum und ſo höher und allerweil höher, und wann Du Dich dann noch einſetzt mit Dein guten Werk und wirfſt Dein Gut in’s Meer, dann reißt die Ketten mitten wurz von ein - ander und heidi fliegt Seel auffi in Himmel, haſt es net g’ſeh’n holt’s kein Teuxel mehr ein! Hehe ja ja

Grillhofer.

Hehe war eh recht.

Duſterer.

Und Dein G’wiſſenswurm, was deßtwegen in Deiner Bruſt war, findt nix mehr z’nag’n und z’beiſſen und verſtirbt Dir elendig aber ſchon elendig der Sakra! Und all zwei ſeid’s d’erlöſt.

Grillhofer.

War ſcho recht, war eh recht.

Duſterer.

No, magſt Dich drauf verlaßen, hm, ja.

(Blickt angelegentlich gegen den Himmel, ſpricht aber ſo wie nebenher fort zu Grillhofer.)

Glaub mir, wann ich Dir was ſag: der Wurm fliegt in Himmel und die Magdalen verſtirbt Dir elendig ....

Grillhofer.

Ah na no, s’Selb war ja verkehrt.

Duſterer.

Was? Ah ja ahan hon ich’s g’fahlt geb’n?

Grillhofer.

No wie! Nach was haſt denn ausguckt?

Duſterer
(etwas kleinlaut).

Ob moring ob moring wol a ſchön Wetter ſein möcht, beiſpielmäßig, daß mir a weng furtfahr’n kunnten.

31

Zweite Scene.

Vorige ohne Rosl, Waſtl mit Liesl.
(Durch die Hausthüre.)
Waſtl.

No da haſt’n ja n’Grillhofer! Siehſt, der mit’m Polſter auf’m Rucken.

Grillhofer.

O Du Lalli, der mit’m Polſter auf’m Rucken ſagt er, wie wann der ang’wachſen war. Was gibt’s denn?

Waſtl.

Dös Dirndl will z’Dir af B’ſuch.

Grillhofer.

So ſo, na kimm nur naheter, wer biſt denn woher kimmſt denn was willſt mer denn, han?

Liesl.

U mein Jegerl, dös dermerk ich mir ja gar net der Reih nach, dein Frag’n nach biſt lang nöt ſo alt, als’d ausſchauſt; aber Bauer, dös muß ja ſchön langſam geh’n und Tipferl für Tipferl.

Grillhofer.

So, ſo, han und nach jedem Tipferl ſchadet a gut Tröpferl a net? Na Waſtl ſchau halt nach der Rosl, ſö ſoll Dir a Flaſchen Süßen geb’n, und a weng Schleckwerk find’t ſich wol a noch in der Speis.

(Waſtl ab.)

Dritte Scene.

Vorige ohne Waſtl.
Grillhofer.

No ſitz nieder, Dirndl.

Liesl.

Mit Verlaub!

(ſetzt ſich Grillhofer gegenüber.)
Grillhofer.

Werd’n mer halt ſchön langſam Tipferl für Tipferl fürgeh’n. So ſag amal: wer d’biſt?

Liesl.

D’Horlacherlies hoaßen’s mich.

Grillhofer.

Horlacher? Schau! Und woher kimmſt denn?

Liesl.

Von Ellersbrunn.

Grillhofer.

Von Ellersbrunn. No is ſchon richtig, no b’ſinn ich mich ſchon. J hon a alte Horlacherin aus Ellers - brunn kennt.

Liesl.

Dös is mei Mahm.

Grillhofer.

Ja, ja, a kloans dicks Weiberl, i weiß ſchon. Is a paarmal in mein Haus käma, wie noch mein Alte 32 Gott hab’s ſelig bei’n Leben war. Sider der Zeit hon ich’s neamer g’ſehn.

Liesl.

Mir ſein a mit Dir in Verwändtſchaft.

Grillhofer.

So? Dös is’s erſte Mal, daß i davon hör! Wie denn wol?

Liesl.

Aus ihrer Mutter ihrer erſten Eh hat Dein Weib ein Halbbrudern g’habt und dem ſein G’ſchwiſtertkindersſohn hat meiner Mahm ihr G’ſchwiſtertkinderstochter g’heirath.

Grillhofer.

So? ſo? Mein Weib ihr halbeter Bruder .... na, wie war dös nachert g’weſen?

Liesl.

Dein Weib ihr’n Halbbrudern ſein G’ſchwiſter - kindersſohn hat meiner Mahm ihr G’ſchwiſtertkinderstochter g’heirath.

Grillhofer.

Da thut Ein’m der Kopf weh dabei!

Liesl.

J hab mer’n net drüber z’brochen, ich hon dös G’ſetzel eing’lernt wie a Staarl, wie die Schulkinder n’Kate - chiſimuß!

Grillhofer.

Biſt doch aufrichtig.

Liesl.

Na wol und ſchon wie.

Vierte Scene.

Vorige. Waſtl (kommt zurück).
Waſtl
(ſtellt eine Taſſe mit einer Flaſche Rothwein und Gläſern darauf und einen Teller mit Kuchen auf den Tiſch).
Grillhofer.

Bleib nur da, Waſtl, mußt’n Hausvatern machen, mußt einſchenken und nachfüll’n. Ich g’lang net ſo weit und ſoll ich was halt’n, zittern mer d’Händ, verſchüttet leicht was, war Schad d’rum.

Waſtl
(füllt ein Glas und ſetzt es der Liesl hin).
Liesl.

Auf dein Wohlſein!

(Koſtet.)
Waſtl
(die Flaſche in der rechten, deutet mit der Linken, in der er das Glas hält, auf Duſterer).

Kriegt der a was?

Grillhofer.

No wol, wol fangſt ſcho wieder an?

Duſterer
(ſtreckt die Hand abwehrend nach dem Glas aus).

Na, na wann ma net vergunnt is .... wann ma net vergunnt is ....

Grillhofer.

Einſchenk ſag ich! Du Sakra Du!

Waſtl
(ſchenkt ein und ſtellt das Glas ungeſtüm vor Duſterer auf den Tiſch).
33
Grillhofer.

Na verkoſt’n nur. Verkoſt. Freilich mehr für d’Weibsleut, aber a guter Tropfen.

Duſterer
(hat getrunken).

Jo hehe, möcht mer do ſelber gleich, wann dös a Trunk für d’Weiberleut is, a Weib werd’n.

Waſtl.

Biſt eh ſchon Oans und a alt’s dazu.

Grillhofer.

Waſtl!

Waſtl
(ſtellt auch ein Glas vor Grillhofer hin).

Hob a Oans für Dich mitbracht!

Grillhofer.

Weißt, ich trink net! No weil ſchon da ſteht, laß’s halt! Woll’n mer wieder von was G’ſcheidten reden. Dirndl, a Antwort biſt no ſchuldig. Was d’da willſt?!

Liesl
(luſtig).

Bißel erbſchleichen ſollt ich!

Grillhofer.

Sollſt? Teufl h’nein, wer kann Dich denn dazu verhalten?

Liesl.

Neamand! Meiner Mahm war dös af einmal eing’falln, und ich taug a ſcho gar net dazu. Allweil um Oans herumſcherwenzeln wie a Hund, derweil mer ihm in d’Schüßel blast; und paſſen und warten af’s Verſterb’n, ah na, wurd mer ganz entriſch dabei, leb ich doch ſelber ſo viel gern.

(Steht auf.)

Na, Bauer, meiner Seel, möcht Dich unſer Herrgott no hundert Jahr leben laßen, ich neid Dir kein Tag, nöt ein oanzigen neid ich Dir!

Grillhofer.

Biſt a herzgut’s Derndl!

Liesl.

Ich wär eh net her, aber um’s Hoambleib’n war mer grad a net z’thun, außi wolt ich gern; Doch a ſo herumvagir’n und dann lug’n: ich war da g’weſt, dös wollt ich wieder nöt. No thuſt mer halt den G’fall’n und ſagſt, es wär da nix z’hol’n und jagſt mich wieder hoam.

Grillhofer.

Hehe kimmt Dir wol net ung’leg’n, wann i mir mit Hoamjag’n a weng Zeit laß, han? Möcht aber doch wiſſen, wie dein Mahm af Gedanken käma is!

Liesl.

Ah Mahm hat’s recht ernſthaftig g’meint!

(Copirt mit Laune die wohlwollende Redeweiſe einer alten reſoluten Frauensperſon.)

Liesl hat’s g’ſagt ſchau, Liesl, Du biſt a einſam, verweist’s Dirndl, mußt Dich umthun, mußt dazuſchau’n! Verwändt biſt amal mit’m alten Grillhofer, dös können mer ſchriftlich aufweiſen. Geh hin, ſchau eahm nach, ſoll ihm ſchlecht geh’n, leicht gar macht er’s neamer lang verzeiht ſchon,Der G’wiſſenswurm. 334Bauer thu Dich a weng einſchmeicheln, er hat ſunſt luſtigen Leut nöt ungern mög’n ....

Grillhofer.

Möchts wol a hitzt no ....

(Duſterer, hat Grillhofer mit dem Ellbogen angeſtoßen.)
Grillhofer.

Wonn net ....

Waſtl
(indem er ſich über den Tiſch beugt und das Glas vor Duſterer nachfüllt).

Wann’d mer noch amal ’n Bauern ſtupfſt, kriegſt a ein Deuter!

Liesl.

Und no geh zu, hat’s g’ſagt, daß Dir Neamd fürkimmt, mach dein Sach g’ſcheidt, leicht koſt’s no a Wartl, und dös Sein is Dein! No was, Bauer, mei Mahm kennt ſich aus, hätt’ſt wol ein ſchweren Stand, that ich nach ihr’n Reden, aber ſo, bin ich doch a bißel z’viel aufrichtig zu’n Erbſchleichen.

Duſterer.

Dafür bin i a no da.

Liesl.

Zum Erbſchleichen?!

Duſterer
(verblüfft).

Was? ah na na dös net, mußt mi recht verſteh’n Dirndl, i mein dafür, daß der Schwoger nöt ſein Sach z’weg’n ein Wartl weggibt.

Waſtl.

Wo Du ſchon ſo viel Warteln d’rum g’redt haſt!

Liesl.

So? Der Schwager biſt Du? Schau, von Dir hat mei Mahm a g’redt; ſagt’s: nimm’s net z’leicht, ſoll neuzeit a Duckmauſer bei ihm aus - und einrennen.

Duſterer
(immer mehr verlegen).

Muß a recht a z’widers Weibs - leut ſein, Dein Mahm a recht a z’widers Weibsleut.

Liesl.

Kunnt’s net ſag’n, weiß zwar net, was ihr ein - g’falln is, daß’s mich herg’ſchickt hat, leicht hat ſie ſich gar denkt, es war net’n Bauern ſein Schaden, wann ich Dich beim Furtgeh’n a mit nahm.

Grillhofer.

Hehe, hizt hab’ns’n allzwei in der Arbeit.

Duſterer.

No lachſt Du a no dazu.

Waſtl.

Na, weinen wird er, müßt ja a Kuh lachen, wann’s Dich hizt anſchaut.

Duſterer.

Beiſpielmäßig lacht a Kuh gar net

Waſtl.

Na, aber a Ochs wird gleich flehnen.*)weinen.

Grillhofer.

Dich hob’ns orndli.

Waſtl.

Lachſt a wieder amal, Bauer? Luſtig war’n mer ſchon lang net.

35
Grillhofer.

Ja luſtig ſchaut’s mich an ſo alt und ....

Liesl.

J kenn ein Aeltern. Hab’n mer ein Bauern in Ellersbrunn, der hat ſeine achtzig auf’m Buckel und am Kirtag ſchreit er no um ſein Muſi und ſingt:

Lied.

No will ich amal luſtig ſein, Bin glei a alter Mon, Doch will ich ſo, uo Sikra h’nein, Wenn gang denn dös was an!

(Jodler) (Grillhofer ſingt den Jodler mit.)
Waſtl.

Jeſſes, Jeſſes, Bauer, geh thu mir B’ſcheid!

Grillhofer.

Du haſt ja koan Glasl.

Liesl.

Mir trinken aus Oan!

Waſtl.

U mein Jegerl, ja Liesl mir trinken aus Oan.

(Nimmt das Glas.)
Grillhofer.

Schau’n Waſtl Du Hoamlicher is dös die Rechte amal? hehe.

Waſtl.

A wohl war’s ſchon.

(Stoßen an.)
Liesl
(ſingt):

Warum ſoll i nöt luſtig ſein? Gott is a guter Mon, Mir g’fallt es Leb’n mer ſchmeckt der Wein Und Neamad geht’s was an!

(Jodler.)
Grillhofer
(klopft dem Duſterer auf den Rücken).

No brumm a mit, alt’s Eiſen!

(Alle ſingen mit.)
Liesl
(ſingt):

Hon i doch all Lebtag mein Koan Schlechtigkeit net thon, Und will i amal luſtig ſein, Wem gang denn dös was an?!

(Setzt zu den Jodler ein.)
3*36
Duſterer
(ſtößt ſein Glas hart auf den Tiſch).

Do ſingſt nöt mit, Schwager! Möcht wiſſen wie’d da mit ſingſt, ohne daß dir der Stimmſtock umfallt! Sing mit, wann’d kannſt. Haſt all dein Lebtag koan Schlechtigkeit nöt than? Haſt net? Han?!

Grillhofer
(der ſchon beim Jodler der erſten Strophe mit aufgeſtanden war, ſinkt jetzt zurück auf die Bank; finſter):

I ſing eh net mit;

Duſterer
(leiſe und angelegentlich).

Und laß der ſagen, ſo is die Weiſ net, wie mer d’armen Seel’n d’erlöst und ſo ver - ſtirbt a der Wurm net. Wann d’n a jetzt mit Wein ein - ſchlaferſt, moanſt er wird neamer munter? O er wird ſchon.

Liesl
(ganz verwundert, tritt hinzu).

Jo was is’s denn? Was haſt denn auf einmal, Bauer?

Grillhofer.

Laß’s gut ſein, laß’s gut ſein, Dirndl, ich dank Dir ſchön, haſt es recht gut g’meint, aber ich und Du ſein a gar z’ungleich G’ſpann, tauget mir ſchon, kunnt ich no Schritt halten mit Dir, aber ſo bin halt ich der Stützige. Jo, jo, d’Luſtbarkeit ſind’t da in mein’m Einwendigen ein gar ſtrengen Herrn, der’s austreibt, es leidt ſich amal koan Fröhlichkeit auf mein Hof, no wirſt ſelber kaum verbleib’n woll’n und ich darf Dich a net verhalt’n, s’wird völlig Ernſt mit’m Furtſchicken, na, na, daß’d mer net ganz harb biſt, ſoll der Waſtl, wann Feierabend is, a Stuck Weg mit Dir geh’n.

Liesl.

No ſollt ich fort, und is Dir’s Luſtigſein doch ſo gut ang’ſtanden; geh ich, fangſt mer wieder zu’n Duck - mauſern an.

Grillhofer.

Mein lieb Dirndl, anders ſchickt ſa ſich neamer für mich.

Liesl.

Möcht doch wiſſen warum?

Grillhofer.

Jo ſiehſt, Derndl, Du biſt für Leut, was nöt ſchwer trag’n unter’m Bruſtfleck, für Solchene aber

(auf Duſterer)

is der der Rechte. Vor ein halb’n Jahrl hob ich mein Deuter kriegt, ſunſt allwal g’ſund, ſtreift mich af amal der Schlag. Elendig bin ich dag’leg’n, hon aber no net g’wuſt, wo dös h’naus ſoll, aber der hat ſich gleich auskennt, is gleich zu mir in’s Haus g’rennt und hat g’ſagt: Schwoger, hat er g’ſogt, Du haſt a Sünd af Dir, was d’nie no recht bereut haſt, haſt’s allweil af d’leichte Achſel g’nummen, und unter der Zeit is der Wurm in Dir foaſt word’n, ſo foaſt,37 daß D’r hizt, wo er ſich aufdammt hat, bald Seel und Leib vonand gangen wär’n! No ſchau halt hizt dazu. Beſſer ſpot wie gar nöt! No Recht hot er g’habt, Recht hat er g’habt, war wohl ſchon a verſchlafene G’ſchicht, aber Recht hat er doch g’habt, wie er mir’s vor’gſtellt hat. Jo, jo.

Liesl.

Hättſt es net aufwecken laſſen, verſchlafene G’ſchicht. Wär g’ſcheidter. Soll hizt der Floh, denn Dir der in’s Ohr g’ſetzt hat, n’Wurm freſſen?

Grillhofer.

Mußt nöt g’ſpaſſen mit ſölchene Sachen, mein lieb Derndl. Du weißt halt no von wenig. Aber ich will Dich net ohne Einſeh’n laſſen; ſündig, wie ich war, und reuig, wie ich bin, ſollſt mich kennen lernen; ich will Der G’ſchicht am Weg mitgeb’n, ſo Verſündigungsſachen ſein allmal lehrreich für Weibsleut! Mag wohl ſchon a fünf und zwanz’g Jahrl her ſein, hat damal mei Weib noch g’lebt, da is a Dirn zu mir in Dienſt käma, war a klein mollets Ding, bisl hoffartig, hat ſich mit koan Bub’n nöt abgeb’n, nur af mit hat’s freundlich g’ſchaut; daß ich ſag, mei Weib hat koan oanzig’s Kind af d’Welt bracht, allweil is’s krank g’weſt, und um Zeit is gar elendig dahin - g’leg’n, ich aber war allzeit a kerng’ſunder Mon, und ſo ſchickt ſich’s halt amal, ich triff die Dirn allein, und ſo is’s halt käma, wie’s oft kimmt und zugeht af derer Welt. Bin mir nöt ganz klar, Dirn war nie ſo recht offen, war dös Wahrheit, oder hat’s nur ſchwere Arbeit los werd’n wöll’n, ſie hat a ſo than, als war’s af Verſündigung neamer recht richtig mit ihr. Aber lang vor ſich’s hätt weiſen können, is mein Weib ihr Vertraulichkeit zu mir aufg’fallen, hat’s zu ſich rufen laſſen, hat’s ’beicht oder net, weiß net, aber ſie hat af amal fortbegehrt und ich hab’s a nöt ungern fortlaſſen.

Liesl
(an der Schürze ſpielend).

Was D’da verzählſt, Bauer, dös is freilich wohl nöt recht, kann aber doch net allein af Dein Rechnung käma, ſein ja doch Zwei dabei g’weſt.

Grillhofer.

Wohl, wohl, zu ſolchene Dummheiten ſein für g’wöhnlich zwei von Nöthen. Aber ich hätt ſoll’n n’Gſcheid - tern machen. Wie’s amal furt war, war’s wie vom Erd - bod’n wegblaſen, weit und breit da h’rum hat’s Neamand mit kein Aug’n mehr g’ſehn. Was wohl mit ihr g’ſcheh’n38 is? Hizt liegts mer halt ſchwer auf, weil ich’s auf’n Sün - denweg g’bracht hab, wie weit’s wohl d’rauf fortg’rennt ſein mag immer naheter und naheter der Höll zuhi! Und hizt leicht gar net weit davon einloſchirt! Jo, jo!

Waſtl.

Und dös is ganze G’ſchicht? Z’weg’n dem willſt Haus und Hof in fremde Händ geb’n, nur damit’ſt mehr freie Zeit und a G’ſellſchaft zur Bußübung kriegſt?!

Grillhofer.

Wohl wohl.

Waſtl.

Na hörſt Bauer, meinſt, wann mer amal dumm war, ma macht’s beſſer, wann ma dann no dümmer is?

Grillhofer.

Red nur Du nix d’rein, Waſtl, dös ver - ſtehſt Du net; ſei froh, daß’d nix af Dir haſt und ſchau dazu, daß’d a nix h’naufkriegſt, wo’d dös möchſt verſteh’n lernen.

Duſterer.

Is a rechte Lehr is a wahre Chriſtenlehr, Waſtl; nimm Dir’s z’Herzen! Beiſpielmäßig möcht Einem s’Leben anlachen wie a ſchöner Obſtgarten, aber zulangen is net verlaubt, dös verwihrt Ein’m der liebe Gott.

Liesl.

Geh zu, Schwarzer, mußt unſer’n Herrgott’n nöt zum Vogelſchrecker machen! Hat er doch ſelber die Kirſchen ſo rothbacket und d’Weinbeer ſo glanzend g’macht, no und übernimmt ſich Eins, is dös ſein eigene Sach, wie er wieder mit ſein Mag’n auf gleich kimmt, und beiſpielmäßig gibt’s koan beſſere Lehr als ſo ein übereſſenen Spatzen, was marod auf’m Aſtel ſitzt und’n Andern zuſchreit: Z’viel is ung’ſund!

Duſterer.

Mein liebe Dirn, beiſpielmäßig kennſt Du Dich lang no net aus, is a gar koan Red vom lieben Gott, der Ein’m all’s Gute vergunna möcht, ſundern vom hölliſchen Erbfeind, was Ein’m zum Uebermaß verlockt, wo n’Ein’m drauf net gut wird und ma nachhert in der Höll ſein Kamil - lenthee kriegt, was aber Kein net ſchmeckt. Ja, ja, unter Kirſchen liegent eben n’Hölliſchen ſeine Fallſtrick und wo ſich hizt der Schwoger alſer bußfertiger davon loslöst, hat er ſcho recht, wann er a a jedes Faderl von ſich thut, wo do nochmal der Hölliſche amal anknüpfen kunnt.

Grillhofer.

No ſeht’s es ſeht’s es. Dös is a Red. Der verſteht ſich halt d’rauf ja dadrauf verſteht er ſich.

Waſtl.

No is a a ſchöne Profeſſion!

39
Grillhofer.

Und hizt laß mer unnöthig Wartlerei ſein. Mei lieb Dirndl magſt D’r vor D’gehſt noch a weng mein Hof anſchau’n, thu’s ohne Neidigkeit, is Dir vielleicht zum Beſſern und bleibt D’r manche Verſuchung d’erſpart, wann nöt wird wie Deiner Mahm ihr Abſeh’n war. Wann’d zu ihr hoamkimmſt, magſt ihr ſag’n, ich laß’s ſchön grüßen und ſag nur, wie’s wahr is, Du wärſt wirklich ſchon z’ſpat käma. Morg’n wann a ſchöner Tag is, fahr ich vielleicht ſchon nach der Kreisſtadt und thu a jed Faderl von mir, wo no der Teuxel mich anfaſſen kunnt, ich thu’s ’m Schwa - ger verſchreib’n, der is ſcho mehr auf ſeiner Huth. Und no b’hüt Dich Gott, Dirn, daß’d da warſt, war mer doch a klein Aufheiterung, wann’s a bei mir net recht verfangen will, und no vergelt Dir’s Gott! Und wonn amal all’s in Ordnung is, und ich bei mein’m Schwogern in der Ausnam bin, dann ſuch mich hoam, vielleicht bin ich dann ſcho a weng luſtiger word’n.

Duſterer
(tätſchelt die Hand Grillhofer’s).

Ja, ja freilich, mein lieben Ausnehmer magſt nachhert ſchon b’ſuchen.

Liesl.

No b’hüt Dich Gott, Bauer.

Grillhofer.

B’hüt Gott und ſpater vergiß net auf mich und kumm fein.

Liesl
(kehrt zurück).

O ich ſchau Dir ſchon nach!. ..... ich weiß net, mir g’ſchieht ſo viel hart um Dich, es is mir, als wär Dir dös traurige Weſen ’naufz’wungen, und ſtund d’rum a net’n lieben Gott noch’n Menſchen an, is mir als ſollt ich Dir noch a ganz a Menge ſag’n, aber ich wußt wahrhaftig ſelber net, wie ich’s vorbringa ſollt. B’hüt Dich recht Gott!

(Läuft ab.)
Waſtl.

Schickſt es richtig furt?

(Grillhofer ſchupft die Achſel.)

Bauer mir is als ſolltſt es dahalten dahalten

Grillhofer
(lachend).

War wohl Neamd lieber als Dir! Biſt a Feiner Du!

Waſtl
(wendet ſich ab und geht der Liesl nach, unter dem Abgehen raiſon - nirend).

Is a recht! Setz morg’n den Duckmauſer auf’m Hof, ſo renn ich übermorg’n ſchon nach Ellersbrunn und müßt ich in’s Taglohn. Möcht nachher ſo a Wirthſchaft mit anſeh’n, ſo a Wirthſchaft heilig Kreuzdonnerwetter!

(Beide durch die Hausthür ab.)
40

Fünfte Scene.

Duſterer und Grillhefer.
Duſterer.

Ob ich mir’s net denkt hab, Grillhofer! Ich hab mer’s aber denkt, wie’s vermeinen, es gibt bei Dir was z’holen, ſo kommen Dir Leut in’s Haus g’rennt, mit denen Dein Lebtag nix haſt z’thun hab’n wöll’n!

Grillhofer.

No ſucht halt Jed’s af der Welt ſein Vor - theil. Kummen’s, ſein’s da, gibt’s nix, gehen’s wieder! Beirrt mich net und kann Dir wohl a gleich ſein.

Duſterer.

Wannd a ſo denkſt, freilich wohl. Dein Weib, mein Schweſter, hat eh amal g’ſagt: wart a weng. wie war den dös? Daß ich’s net nur beiſpielmäßig, ſun - dern Wartl für Wartl fürbring, wie’s g’weſen is! Ja ja, fallt mer ſchon ein. Dein Weib hat eh a amal g’ſagt: Niko - demi, hat’s g’ſagt, auf’n Mathis ſchau mir und weiſ mer’n fein nachi in Himmel. Bringt Dir wohl a ein Lohn, denn nach dem, wie der Mathis ſich an mir verſündigt hat jo wie er mir weh than hat, war’s net ſchön, wann er net das Seine bei unſerer Famili laſſet.

Grillhofer
(hatte den Kopf in beide Hände geſtützt, blickt jetzt auf).

Dös hätt mei Weib zu Dir g’ſagt? Hat Dich do nie gut leiden mög’n. Schau, Duſterer, Du biſt ja hizt eh am Ziel, was bringſt denn ſolchene Sachen für? Kam ich Dir af a Lug, möcht’s Dich reu’n.

Duſterer.

No wirſt doch net meinen Schwoger wirſt doch net meinen? ....

Grillhofer.

So hat mein Weib nie g’redt.

Duſterer.

Aber, Schwoger, glaub mir no, ſoll ſie’s nöt g’ſagt hab’n, Du biſt krank, ich will net ſtreiten mit Dir.

Sechſte Scene.

Vorige. Leonhardt.
Leonhardt
(Fuhrknecht, hat ein breites rothes Geſicht mit pfiffigem Aus - druck, trägt breitkrämpigen Hut, blaue Blouſe, hohe Stiefel, kommt durch das Zaun - gatter den Anſtieg herunter, iſt etwas angeheitert).

Öha! Grüß Gott mit - einander! Duſterer Dich ſuch ich! Hat mer Dein Alte g’ſagt,41 ich traf Dich do, is mer recht, muß gleich wieder furt mit meine Roß, geht eahner wie mir kinnen net lang ſtehn.

Duſterer.

Was gibt’s?

Leonhardt.

Vorerſt liegt a klein Faßel Eſſig für Dich in der Kreisſtadt, möchſt’n bald abhol’n ja da haſt vom Spediteur n’Frachtbrief.

(Gibt ihm einen rothen Zettel.)
Duſterer.

Was haſt’n nöt glei mitbracht?

Leonhardt.

Weil er no net zahlt is!

Duſterer
(ſteckt den Frachtbrief zu ſich.)

Noch was?

Leonhardt.

A Seitel Wachholder hon i mir verdient, mein ich.

Duſterer.

Dös war dös Faſſel nöt werth.

Leonhardt.

Ah, wer redt hizt vom Eſſig. Haſt a ſchlecht’s Angedenken! Vor ein halben Jahrl hoſt mer’s verſprochen, wonn ich Dir was auskundſchaft.

Duſterer
(fährt vom Sitz empor).

Was ſagſt? So, ſo, no da kimm nur glei mit hoam.

Leonhardt.

Kumm eh g’rad her, wonn ich ſo viel uma - nand renn, wird mer ſchwindli, no jo, bin nur s’Fahren g’wohnt. Bleib’n mer da is jo nur der Grillhofer, Dein Schwager!

Duſterer
(ungeduldig).

Sakra h’nein! Mitkimmſt, ſog ich!

Leonhardt
(ſteht ihn ſtarr an).

Wos?!

Duſterer.

Sunſt verſpielſt’n Wachholder!

Leonhardt.

So redt’s? Wer wer biſt denn Du? Biſt leicht mei Herr, daß’d mit mir ſo h’rumſchreiſt? Han, ſchau Dich an nothiger Ding! Möcht’s es jetzt gern ablaug - nen? Wann’d mer a ſo kimmſt brauch ich’n gar net Dein Wachholder, brauch’n net! Ein ander Mal ſuch Der Anderne aus zu ſölchene G’ſchäften, mich net!

(Zu Grillhofer.)

Schau Der’n an a Seidel Wachholder hat’s golten, um d’Ries - ler Magdalen is gangen, was vor fünf und zwanz’g Jahr in Dein Dienſt war ....

Grillhofer
(fährt empor))

Was ſagſt, um d’Magdalen?

Leonhardt.

Jo, wo’s verblieb’n is, ob’s no lebt, oder ſchon verſtorb’n is. Jo. Seit oan halben Jahr, zeit - und randweis hon ich nachg’fragt. Und hizt reut’s ihm, hizt reut ihm dös Seidel Brañtwein .....

Grillhofer
(aufgeregt).

No red, red, Lenhardt

42
Leonhardt.

No verdient hab ich mer’n.

Duſterer
(ſchreit).

Kriegſt’n net.

Leonhardt
(ſchreit gleichfalls).

Brauch’n net, hab ich g’ſagt, ſolltſt Dich ſchamen geg’n ein Fuhrknecht! Bauer willſt hoaßen? Nix biſt.

Grillhofer.

Laß’n, Lenhardt, laß’n. Was is mit der Magdalen?

Leonhardt.

Auskundſchaft hon ich’s!

Grillhofer
(aufſchreiend).

Sie lebt?!

Leonhardt
(ſchreit gleichfalls).

Ja wohl! Ah ſo, Du biſt’s g’weſt, Grillhofer ah ja Du, ich hon g’meint

(auf Duſterer)

der ſchreit wieder geg’n meiner.

Grillhofer.

Um Gotteswill’n, Lenhardt, b’ſinn Dich af d’Wahrheit, haſt a recht g’ſeh’n?

Leonhardt.

No wohl recht g’ſeh’n und recht g’fragt.

Grillhofer.

Du wöllt’s hizt ausg’funden hab’n, wo ’es Gericht ſie die lang Zeit her ſcho ſucht!

Leonhardt.

Ausg’ſchrieb’n war a Erbſchaft, aber g’meldt hat ſa ſö net, weil ihr dös G’ſpiel z’viel verſchuldt war.

Grillhofer.

Und wo, wo haſt es denn aufg’funden?

Leonhardt.

A drei Stund von da, wann’d ins Gebirg einifahrſt, an der kahlen Lehnten hat’s ihr Wirthſchaft.

Grillhofer.

Ich muß hin, wird mich net umbringen dös bißel Fahr’n, wird mich nöt umbringen; mit meine eigenen Augen muß ich mich überzeugen, wie’s mit ihr ſteht, in was für oan Elend als’s lebt!

(Iſt bis zur Hausthür gegangen.)

Rosl he Rosl hörſt!

(Kommt, in der Weſtentaſche nachſuchend, wieder vor.)

Lenhardt, dank Der ſchön, haſt mer a rechte Wohlthat d’erwieſen. Dank Der ſchön, Da haſt.

(Gibt ihm Geld.)
Leonhardt.

Is gern g’ſcheh’n, Bauer,

(betrachtet den Betrag, ſehr befriedigt,)

no, vergelt Dir’s Gott!

Siebente Scene.

(Vorige. Rosl erſcheint unter der Hausthür.)
Rosl.

Was willſt, Bauer?

Grillhofer.

Eil dich, Rosl, der Michl ſoll hurtig ein - ſpanna, er muß mich führen, er weiß ſich aus, nach der kahlen Lehnten fahr’n mer.

43
Rosl.

Aber Bauer!

Grillhofer.

Sei ſtad, Rosl, es muß ſein, hätt ſonſt kein Ruh und kein Raſt. ’m Waſtl ſag, thät mer leid, aber er konn ſei Derndl hizt neamer begleiten, muß hoam bleiben, weil ma net wißen kann, was leicht no wird oder g’ſchiecht. Und hizt thu Dich um, richt mer mein Rock und mein Hut und n’Schoofpelz konnſt mer a af’n Wagen werfen, für Nacht etwa.

Rosl.

Aber ....

Grillhofer.

Geh zu und thu wie ich ſag!

(Rosl ab.)

Achte Scene.

Vorige ohne Rosl.
Grillhofer (kehrt zurück und will den Kopfpolſter von der Bank nehmen).
Duſterer
(ſtürzt herzu und faßt an dem andern Ende an).

J trag’n ſchon!

Grillhofer
(zerrt ihn an ſich).

Laß los?

Duſterer.

Aber Schwoger.

(Zerrt den Polſter an ſich.)
Grillhofer.

Rühr mir a nix Meinig’s mehr.

(Zerrt ihn zurück.)
Duſterer
(läßt den Polſter fahren und will den Arm Grillhofers faſſen).

Schwoger laß reden.

Grillhofer
(deckt ſich mit dem Polſter gegen jede Berührung des zudringlich werdenden Duſterer).

Mir hab’n ausg’redt; alsdann Magda - len lebt, lebt’s nöt? Erzlugner!! Is die Höll a drei Stund von da an der kahlen Lehnten? Is dort die Höll, Erzlugner!

Duſterer
(iſt ihm bis zur Hausthüre gefolgt).

Grillhofer!

(Faßt ihn am Rockzipfel.)
Grillhofer
(zornig).

Erzlugner!!

(Stülpt ihm den Polſter auf den Kopf, wird dadurch frei und verſchwindet unter der Hausthüre.)

Neunte Scene.

Vorige ohne Grillhofer.
Leonhardt
(gutmüthig).

Teufi, is der Grillhofer ſchichti word’n! No mach der nix d’raus, kimm mit, zahl ich Dir a Glasl.

(zeigt das erhaltene Geld.)

Schau, wie der Wachholder blüht!

44
Duſterer
(wüthend zu Leonhardt).

Vergreifa kunnt ich mich an Dir völlig vergreifa.

Leonhardt
(indem er ſich zum Gehen wendet).

No aber nachhert gute Nacht! N’Polſter haſt ſchon, und ich that Dich ſchon a orndlich zudecken.

Duſterer.

Der leidig Höllteufl hat Dich herbracht.

Leonhardt
(ſchon beim Anſtieg).

Nöt war is, Dein Weib hat mich herg’wieſen!

(Ab.)
Duſterer
(allein).

Sikra h’nein, is eh ſo, mein Weib hätt’n hoam halten ſoll’n den verſoffenen Lump, hätt doch ſelb’n herrennen können, hätt ihr d’Füß net koſt’t! No g’freu Dich, wonn ich hoam kimm! Sand*)Sind. an all’m Elend ſchuld ſcho von Paradeis her, Weibsleut! A holb Jahr plag i mich obi, dank’n Himmel für jeden guten Einfall, den er mir ſchickt, womit ich den alten Sünder in’s G’wißen reden konn! Und hizt ſöll All’s umaſunſt g’weſt ſein, z’weg’n ſo oaner Dummheit! Aber no gib ich’s net auf, ich muß a dabei ſein, ich muß mit hin nach der kahlen Lehnten, ob er mich mit hab’n will oder net ich weiß ſchon, ich ſchleich mich in Hof und wonn Rosl n’Schofpelz auf’m Wag’n wirft, ſo kriech ich d’runter, was will’er denn mocha, wann ich a ſo mit kimm? Was will er denn macha? Geht ſchon, geht ſchon, weil net anderſcht is, kimm ich halt in Schofpelz hin.

(Will durch die Hausthüre ſchleichen, prallt aber zurück und ſchleicht um das Haus; Couliſſe vorne rechts ab.)

Zehnte Scene.

Waſtl und Liesl (durch die Hausthüre.)
Waſtl.

No, gehſt wirkli ſcho, Liesl?

Liesl.

Freilich wohl, wo’d mich hizt net begleiten därfſt, möcht ich doch ſchon vor Einbruch der Nacht wieder in Ellers - brunn ſein. Haha, Mahm wird Augen machen, wonn ich ſag mit der Erbſchaft is nix, aber ein Schatz hon ich g’fun - den, leicht jagt ſie mich dann davon!

Waſtl.

No rennerſt halt glei zu mir!

Liesl.

Jo aber, wo wirſt Du nachher ſein, wann’d bei Dein Bauern nöt verbleib’n willſt?

45
Waſtl.

Is a net zum Verbleib’n, ſeit der ſein’m Schwo - gern ſein Norr is! No ſchau, is doch gut, daß mir uns wieder z’ſammg’funden hab’n, ganz mutterſeelen allanig fraget ich ein Teufel darnach, was aus mir wurd, und rennet nur ſo in’s Blaue h’nein davon; aber da a für Dich gilt, werd ich mich ſchon um oan rechten Platz umſchau’n.

Liesl.

No recht is’s, nur a weng wart noch zu, und mach’s fein manierli, daß’m Bauern net hart g’ſchieht, ös mögt’s ja doch ſelber einander leiden.

Waſtl.

A wohl wohl ....

Liesl.

Mir d’erbarmt der alte Mon. Möcht ihm gern helfen, laßt Ein’m aber kein Zeit dazu. J traf’s ſchon, meinſt net? Is heunt doch luſtig word’n, gelt?

Waſtl.

O Du brachſt all’s z’weg’n!

Liesl.

Und no b’hüt Dich Gott, Waſtl.

Waſtl.

B’hüt Gott, mein Dirn, ich denk Dir g’wiß an Dich bei Tag und Nacht!

Liesl.

No bei Tag mag i Dir’s a verſprechen, aber bei der Nacht da ſchlaf ich.

Waſtl
(ſacht).

Du biſt halt d’Horlacherlies, wie von ehnder, und ſo ſoll’ſt a ſein, weil nur hizt mein biſt! Mein ich doch ich halt’s gar net aus, ſo weit von Dir z’ſein, möcht all Stund wiſſen, was thuſt und treibſt, ob D’mein a a biſſel denkſt und möcht Dich wohl Tag’s z’tauſendmal grüßen laſſen, fand ich ein Boten, kunnt all’s zwiſchen Himmel und Erd d’rum angehn, was ſich d’rauf verſtund! Mei Dirndl!

Duett.

Waſtl.

Du kleins Bacherl, wunderklar, Rinnſt ſo flink daher, Grüß mer ſchön mein lieben Schatz Na Du weißt ſchon wer!

Liesl.

Und da ſagt’s Bacherl d’rauf: J bin net ſo ſchnell, Dorten halt mich’s Mühlrad auf, Kimm net von der Stell.

46
Waſtl.

Schneeweiß Täuberl über’m Haus Grüß mer Du mein Schatz, Flieg in alle Weiten aus, Findſt’n ſchon am Platz!

Liesl.

Schneeweiß Täuberl putzt ſich fein, Sagt: J richt’s net aus, Heut ſpricht ja mein Tauber ein Und ich bleib ſchön z’Haus.

Waſtl.

Du kloan Herz in meiner Bruſt Schlag voll Freudigkeit, Denn mein Schatz is mein bewußt Hizt und alle Zeit!

Beide.

Und wie geſtern ſo a heut Denkt er an mich ſchon, Zwiſchen brave treue Leut Braucht’s koan Botenlohn.

(Jodler.)

Du nur haſt der Einzigi In mein Herzen Platz, Denk an mich, i denk an Di! B’hüt Dich Gott mein Schatz!

(Liesl geht den Anſtieg hinan.)

Denk an mich, i denk an Di! B’hüt Dich Gott mein Schatz!

(Jodler, unter welchem Liesl, nachdem ſie das Zaungatter paſſirt, ſich auf demſelben aufſtützt, zum Schluß wirft ſie einen Kuß dem Waſtl zu, der mit einem Juchzer ihr nachläuft.)
Der Vorhang fällt.
47
Verwandlung. (Wirthſchaft an der kahlen Lehnten . Die Bühne zeigt den Hofraum. Links vorne ein Theil des Hauſes mit der Eingangsthüre, rechts ein Theil einer Scheuer, Beide ſind in einem ſtumpfen Winkel gegen einander gebaut und durch eine ſogenannte offene Einfahrt, (leeren Thorbogen, etwa durch einen Balken Schranne verſchließbar) ver - bunden. Hinter dem Hauſe ſteigen gewaltige Felsmaßen hinan, welche weit in den Hintergrund verlaufen, wo dieſelben an den aufrecht ſtehenden, bewaldeten Bergkronen als nacktes Getäfel ſchief angelehnt erſcheinen. (Kahle Lehnten.) Ab und zu hört man das Grollen eines fernen Gewitters.)

Elfte Scene.

Der Bauer, Natzl und Hanns (mit Senſen und Rechen, kommen durch den offenen Thorbogen zögernd nach vorne).
Natzl.

Oba, Voda, was wöllt’s denn hizt ſchon dahoam?

Hanns.

Z’weg’n we hätt’n mer denn fruher Feierab’nd g’mocht.

Bauer
(alter Mann, ſchon an die Siebzig, geht gebeugt, hat graues Haar und dunkle buſchige Augenbrauen, die Lodenjoppe ſchlottert ihm um den Leib und auch im übrigen Anzuge zeigt ſich eine arge Vernachläſſigung erſtaunt).

No z’weg’n m’Wetter do!

Hanns.

Hehe, freilich, z’weg’n m’Wetter.

(Lehnen die Werkzeuge an die Scheuer.)
Natzl.

Kunnt ja do der Voda a weng in’s Dörfl ſchau’n, af a Glasl Wein.

Bauer.

Wißt’s ja do, daß mer d’Muada koan Geld loßt.

Natzl.
(gibt ihm Geld).

Hab’n do mir Oans für’n Vodan.

Bauer.

Oes ſeid’s doch gute Buama. No do geh’n ich ſchon, hehe, freili geh’n i. Wonn mi aber leicht es Wetter d’erwiſcht?

Natzl.

Beileib!

Hanns.

Hehe, ſog’n mer do ſchon n’Vodern a fufzgimal von derer Seiten kimmt’s jo nie übri, bleibt ja allmal entern Berg!

Bauer.

Hehe, ös ſeid’s Hallodri, und alle fufzgimal hon ich’s richti vergeſſa! No und wo gangt’s denn ös hin?

Natzl.

In Wold.

Bauer.

In Wold? Wonn eng aber s’Wetter d’erwiſcht?

Hanns.

Hehe hehe s’kimmt ja net.

48
Bauer.

Hehe richti jo

Natzl.

Wonn’s a kam, mir fanden ſchon oan Unterſtand.

Hanns.

A wohl und was für oan.

Bauer.

No nachert wo denn?

Natzl.

In der Köhlerhütt’n.

Bauer.

Ui, ui, ös Schlankeln, a wol in der Köhlerhütten, no no ös ſeid’s mer Feine! Der Kohl’nferdl is heunt mit oaner Fuhr nach der Stadt, und es fandet’s ſeine zwoa Dirndeln allanig.

Hanns.

Wohl wol is eh a ſo.

Bauer.

Oes Lotter, ſchau ſchau. Oes treibt’s ös nöt ſchlecht, ich war ſcho a achtavirzgi wie ich enger Muada g’heirath hab.

Hanns.

Weil halt da Voda a Trauminöt war.

Bauer
(beleidigt).

So a ſo! So meinſt es! A Trauminöt war ich g’weſt!! So? Und Dir fahlet Couraſchi nöt gelt na, fahlet eng net Couraſchi? Moant’s ös kunnt’s zeitli dazuſchau’n, wart’s koane Trauminöt! Stund eng Ehrbarig - keit von engern Vodern nöt an, han, wöllt’s ös beſſer hab’n? Was? Na! Hoam bleit’s hitz. Hoam bleibt’s! Leni!

Natzl
(zu Hanns).

Du biſt a rechter Lapp, mußt allwal Dein dumm Maul aufthun, möcht der glei Oans d’raufgeb’n!

Zwölfte Scene.

Vorige, die Bäuerin.
Bäuerin
(erſcheint unter der Thüre, ſieht heraus).

Ah ös ſeid’s ſcho hoam?

(Verſchwindet wieder.)
Natzl.

No is Dir leichter, hizt kannſt wieder Strümpf ſtricken.

Hanns.

Hehe, Du aber a und der Voda a. Hehe.

Bäuerin
(kommt mit drei Geſtricken, angefangene Strümpfe und große Woll - knäuel daran, gibt jedem Eines).

Da ſchaut’s dazu mir bleibt koan Zeit und Kloan verreißen ſo viel, daß ich froh ſein muß, ſie verrichten ihner Sach!

(Ab.)
49

Dreizehnte Scene.

Vorige, ohne die Bäuerin.
(Kleine Pauſe, während welcher alle Drei ſich das Strickzeug zurecht richten und zu ſtricken beginnen.)
Natzl.

Heiligkreuzdunnerwetter, dös is a Unterhaltlichkeit.

Bauer.

Aber ehrbar halt ehrbar!

Natzl.

Dös ſchon.

Hanns.

Mir is nur was ſich Rosl wird denken.

Natzl.

Du Hiesl, halt Dich eh nur zu’n Narren, unter der Wocha derfſt ihr ſchön than, und’n Sunntag geht’s mit’m Jaga.

Hanns.

D’Wocha hat ſieben Täg.

Natzl.

Kimmt für’n Sunntag viel z’ſamm zu’n Lacha! Mir is nur um mei Kathrein!

Hanns.

Halt hizt es Maul ich muß zäl’n.

Natzl.

Jo Voda ſikra h’nein s’Arbeitszeug därf net dort an der Scheun lehnen bleib’n.

Hanns.

Kunnt’s es Wetter d’erwiſchen!

Natzl.

Du ich ſag d’er’s!

(Schiebt ſein Strickzeug dem eifrig ſtricken - den Bauer unter den einen Arm.)

Halt no der Voda a kleins Wengl!

(Eilt gegen den Hintergrund.)
Hanns.

Faß nöt All’s af amal, greifſt ſunſt in a Senſen. J hilf Dir. Voda, a wengerl nur!

(Schiebt ihm ſein Strick - zeug unter den andern Arm und rennt dem Natzl nach.)

Vierzehnte Scene.

Der Bauer (allein.) Dann: die Bäuerin.
Bauer
(mit beiden Geſtricken unter den beiden Armen, ſtrickt emſig, aber be - hindert an dem dritten weiter zieht eine Nadel aus).

Jetzt weiß ich net ob’s g’fahlt is.

(Krazt ſich mit der Nadel am Kinn.)

Kunnt doch ſein, muß mer halt nachſchau’n

Bäuerin
(unter der Thüre).

Mögt’s eſſen .... Jo, wo ſein denn die Buama?

Bauer.

S’Arbeitszeug thun’s in d’Scheun!

Bäuerin.

S’Arbeitszeug lehnt ja no dort!

Bauer
(wendet ſich).

Wos?! Teufi, ſein durchbrennt!

Bäuerin.

No kannſt es ſuchen!

(Ab.)
Der G’wiſſenswurm. 450
Bauer.

Ho, find ich mer ſcho aus!

(Wendet ſich, fort - ſtrickend, zum Abgehen, es entfällt ihm ein Knäuel.)

Eh, eh, halt Dich Sakra,

(in der Bemühung dieſen aufzuheben der Zweite und dann der Dritte.)

Teufi h’nein! Oeha no krieg eng ſchon!

(Schleift ſie ein Stück an langen Fäden hinter ſich.)

No wann’s nöt wöllt’s, hol eng allz’ſamm der Teufel, braucht er neama bloßfüaßet z’geh’n!

(Stößt das ganze Strickzeug mit dem Fuß in einen Winkel.)

No g’freut’s eng Buama, alle mit ein - ander krieg’n mer’s, wann mer hoamkimmen, wonn uns nur nöt es Wetter derwiſcht!

(Den Abgegangenen nach.)
(Kleine Pauſe. Erneuerte dumpfe Wetterſchläge.)

Fünfzehnte Scene.

Grillhofer, Duſterer, (durch die offene Einfahrt,) darauf: die Bäuerin aus dem Hauſe.
Duſterer.

No Schwoger, is do recht, daß ich mit bin, gelt ja? Daß’d net mußt ſo allanig herumſteig’n. Hon’s gleich g’ſeh’n, daß mer mit’n Wagen net zu können. Dös is es oanzige G’höft an der Lehnten.

Grillhofer
(auf einen Stock geſtützt, kommt langſam vor).

Jo jo, kimmt mer aber a weng z’groß für, als daß ſich’s ließt von oan oanſchichtigen Weib bewirthſchäften.

Duſterer.

No, no, werd’n mer ja ſeh’n, wer darauf ſitzt! Wer weiß was dem verſoffenen Unfriedſtifter, dem Lenhardt, fürkämma is?! Am End is er noch a verlogener Spitzbua dazu und hat uns nur herg’narrt.

Bäuerin
(von Innen).

Wer is d’raußt?

(Tritt unter die Thür.)

Seid’s ös es ſchon?

Grillhofer.

Gut’n Abend!

Bäuerin.

Gut’n Abend was wöllt’s denn?

Grillhofer
(tritt zitternd näher).

Biſt Du die Riesler Mag - dalen?

Bäuerin
(keifend, wobei ſie aus der Thüre den Angeſprochenen immer näher tritt).

Wer fragt darnach? Ich frag, wer darnach z’fragen hat?! D’Poltner bin ich, die Bäurin an der Lehnten, hat Neamand darnach z’fragen, was ich ſunſt bin oder war! War allweil a Ruh, hizt af amal war ’es Fragens kein51 End! Vor paar Täg’n erſt hat a Fuhrknecht da h’rum - g’fragt, daß’s orndlich auffällig war, und hizt kamen wieder Oan. Was habt’s der Riesler Magdalen nachz’frag’n? In mein ledigen Tagen is zwiſchen mir und oan Bauern a Dummheit g’weſt, is eh ſcho bald neamer wahr. Is er leicht verſtorb’n und ſeid’s ös vom G’richt und bringt’s mer a Erbtheil?!

Grillhofer
(tritt näher).

Magdalen

(Donner, fernes Aufleuchten.)

Kennſt mich neamer?

Bäuerin.

Neamd kenn ich!

(Aufleuchten.)
Grillhofer.

Bin ja der Grillhofer!

Bäuerin
(aufſchreiend).

Jeſſes der Grillhofer!

(Donner, kleine Pauſe.)
Bäuerin
(äußerſt zungenfertig).

Was willſt denn da? Bringt Dich der Fürwitz her, nachſchau’n? Hon mer’s eh g’wunſchen, ich möcht Dir amal All’s eineſag’n kinna! Haſt wohl g’meint, es müßt mer ſo geh’n, wie mir’s von Dir aus hätt geh’n können, von Dir aus hätt ich amal elendig im Armenleut - haus verſterb’n mög’n, aber der Herrgott hat a rechters Einſehn g’habt, und drei Jahr darnach, wie ich von Dir weg bin, hon ich’s beſſer troffa; der alte Poltner hat mich g’hei - rath und hizt ſitz ich als Bäuerin do am Hof, ſchau Dir’n an, ob er den Dein’m viel nachgibt. Haſt denn glaubt, ich hätt mich um was anderſcht mit Dir abgeb’n, als weil ich vermeint hab, Dein Bäurin ſeg’n’t bald ’es Zeitliche und ich kimm an ihrer Stell z’ſitzen?! Nöt a ſo viel

(ſchlägt ein Schnipp - chen),

ſixt, war mer ſunſt an Dir g’leg’n.

Grillhofer
(iſt erſtaunt einen Schritt zurückgetreten).

Schwoger, z’weg’n der, werd ich mich nöt z’viel am Todtbett abiängſtigen!

Bäuerin.

Dein Bäurin is aber net ſo bald verſturb’n und wie’s mer hinter mein Trachten käma is, hat’s all ihre Erſparnus d’rauf g’wendt, daß’s mich los word’n is, denn mit leere Händ war ich net weg, a ’es Kind hat’s mer ver - verpfleg’n müſſen.

Grillhofer.

S’Kind!? So war richtig Oans af d’Welt käma?! Um Gotteswöll’n Magdalen ſag mer nur Oan’s: wo dös verblieb’n is?!

Bäuerin
(etwas bewegt).

Kunnt Der’s net ſagen, Grillhofer, wonn i a möcht, a Dirndl is g’weſt, is mer ja gleich nach4*52der Geburt furtg’nummen word’n!

(Wieder barſch.)

Such Dir’s hizt! Damal hon ich für mich allanig g’nug Sorg trag’n müſſen und nachert im Ehſtand ſein nacheinander zwölf Kin - der kämen und alle als hätt mich der leidige Höllteufel frotzeln wölln han af der Linken Dein ausdrehten klein Finger mitbracht! Alle rennens no af der Welt herum, fünfe hon mer hizt no auf der Schüßel; meinſt ich hätt noch Luſt g’habt, mich um’s Dreizehnte außer der Eh umz’ſchau’n?

Grillhofer.

Hättſt nur oan Fingerzeig ..!

Bäuerin.

Nix hon ich und jetzt ha’n mer ausg’redt! G’ſehn haſt es, daß mer’s geht, wie mer’s gehn kann, ich mein net ſchlecht, ſiehſt, daß ich da af mein’m Eig’nen bin und no mach, daß’d weiter find’ſt ſammt Dein Spießg’ſell’n, bevor meine Leut kämen, wann’s net ſchleunig g’nug ſeid’s, ſo mach ich eng Füß und laß Hund von der Ketten

Duſterer.

Hizt jagt’s uns gar aus!

Bäuerin.

Rathets a Koan, er kam wieder! In meiner Ruhigkeit will ich verbleib’n wie mir hizt is, is’s mir recht hon mir nie unnöthig Gedanken g’macht brauch koane alten G’ſichter z’ſehn brauch dös net!

(Ab.)
Grillhofer.

Geh’n mer, geh’n mer furt! Mir is ſo ſchlecht da h’rum,

(deutet auf das Herz)

ſo viel ſchlecht! Ein Stein war mir h’runter, aber a ſchwererer druckt hizt d’rauf!

(Ab.)
(Die Scene, welche nur wenig vom Düſter der Gewitterwolken beeinflußt war, erglänzt jetzt im hellen Mondlichte.)

Sechzehnte Scene.

Duſterer (allein). Dann Bäuerin. Bauer. Natzl und Hanns.
Duſterer.

Glei kimm ich nach, Schwager! Schau hizt her, no wär gar a Kind da! Hätt ich dös nur fruher g’wiß g’wüßt! Aber mein Schweſter Gott tröſt’s dumme Gredl hat mi ja nie in ihr Haus zulaſſen; weil’s krank war und keine Kinder g’habt hat, hat’s ihm allweil durch d’Finger g’ſchaut und Alles vertuſcht! Ob der Bankert no lebt oder ſchon verſtorb’n is? No dasſelb wird die Bäurin do wiſſen ich muß’s a wiſſen hat zwar ’n Teufel im Leib Bäurin, aber ich muß’s wiſſen!

(Geht in das Haus ab.)
(Im Hintergrunde treten Hanns, Natzl und der Bauer, Einer hinter dem Andern langſam durch die offene Einfahrt auf.)
53
Hanns
(weinerlich).

No ſein mer wieder da!

Natzl.

No hat der Voda ſein Will’n.

Bauer.

Jo, no oba wird glei d’Muada ihr’n hab’n!

(Schaut gegen Himmel.)

Schau, hat uns doch net d’erwiſcht, dös Wetter!

Natzl.

Dös freili net oba leicht hizt a anders!

Bäuerin
(innen).

Wiſſen mußt Der’s han wiſſen mußt Der’s!

Duſterer
(innen).

Auweh!

Hanns.

Ui! d’Muada rafft mit Ooan!

(Duſterer ſtürzt heraus, ein Beſen fliegt ihm nach.)
Bauer.

Ho faßt’s an, Buama, haut’s zu!

(Fallen über ihn her.)
Duſterer.

Aushalten a weng, Mona!

(Reißt den Frachtbrief aus der Taſche.)

Seht’s dös rothe Papier do?

Alle.

Jo.

Duſterer.

Kinnt’s leſen?

Alle.

Na.

Duſterer
(bei Seite).

Gott ſei Dank! Schaut’s dös Pet - ſchaftſiegel d’rauf an. Alles in Ordnung! Dös i a Dispens vom Conſiſturi; Monna, ich derf net g’haut wer’n!

(Indem ſich Duſterer gravitätiſch zum Abgehen wendet und die Andern verblüfft dareinſtarren fällt der Vorhang.)
[54]

Dritter Akt.

Decoration: Bauernſtube wie im erſten Akte.

Erſte Scene.

Rosl. Dann: Waſtl.
(Wie der Vorhang aufgeht, iſt die Bühne leer, durch die Fenſter rechts fällt helles Mondlicht in die Stube. Eine Schwarzwälder Uhr ſchlägt Zehn.)
Rosl
(kommt mit einer Oellampe, an der der Schirm herabgelaſſen iſt, von links).

So, war lang ſcho Alls fertig zu’n Niederleg’n. Wollt nur, ich wußt’n Bauern ſcho in ſein Bett. Wo er nur verbleibt? Zehni is’s, no rührt ſich nix. Es is frei ſchon zu’n Fürchten.

(Stellt die Lampe auf den Tiſch.)

Jeſſes, in der Kuchel geht Oans!

(mit erſtickter Stimme.)

Wer is d’raust? Ah, is leicht nur unſer Saunigel.

(Geht näher zur Thüre, lauter.)

Wer is d’raußt?

Waſtl
(Die Thüre im Hintergrunde rechts ein wenig öffnend).

A gut G’wißen!

Rosl.

Ah, der Waſtl is’s.

Waſtl
(kommt herein).

Wol! Rosl! Aber mit Dir is’s net richtig, fürchtſt Dich in der Finſtern.

(Zeigt ſeine Pfeiſe.)

A weng Feuer hon ich mer hol’n woll’n is aber koan Fünkerl mehr am Herd.

Rosl.

Is a ſchon ſpat. Wo nur der Bauer verbleibt?

Waſtl.

Wer weiß, muß er heunt nöt wo anderſcht über - nachten. Kunnt ja noch gar net da ſein. Rechne Dir’s ſelber aus, zwiſchen a drei und vieri is er furt, drei Stund ſein hin bis zur kahlen Lehnten, drei Stund z’ruck, braucht er ſich gar net viel aufz’halten, muß’s Zehni vorbei werd’n.

Rosl.

Was er nur dort macht?

55
Waſtl.

Wann d’es net beßer weißt wie ich, ſo erſpar’n mer einand s’Ausfrag’n.

Rosl.

Horch! Es fahrt a Wag’n!

Waſtl.

Richtig, hör’n a. Aber der kimmt von der andern Seiten, von der Ellersbrunner!

Rosl.

Schau, haha, bei Dir kimmt hizt All’s von Eller - brunn.

Waſtl.

No ohne Frotzeln, horch doch nur, hizt polter’ns über Brucken und hizt fahr’ns beim Kreuzwirth in’s Thor und ſtell’n ein.

Rosl.

Haſt a Recht, aber hizt is der ſtill und ma hört no oan Wag’n, der kimmt von der andern Seiten und immer naheter.

Waſtl.

Hör’n ſchon. Hizt wär er ganz nah, no? Richtig fahrt er in Hof ein. No möcht’s doch wol der Bauer ſein. Schau ich halt nach.

(Ab.)
Rosl.

No Gott ſei Dauk, daß er nur da is! Is a Zeit, nach a Zehni! Nur a Glück, daß er ſein Schofpelz mit hat, geht zwar a wacherlwarmit Luft, aber halt do, im Fahr’n!

Zweite Scene.

Vorige Grillhofer auf Waſtl geſtützt, zuletzt folgt Duſterer, der ſich an der Thüre aufſtellt, als wollte er gar nicht bemerkt werden.
Waſtl
(geleitet Grillhofer zu dem Sorgenſtuhl).

Muß ſchön d’rein - teufelt hab’n, der Michl, daß’s ſchon wieder da ſeid’s. Hizt derf ich nur gleich nah’m Stall ſchau’n!

Rosl.

Je, armen Röſſer!

Grillhofer
(ſehr erſchöpft).

Gilt mer gleich. Hon kein Er - barmnuß mehr mit Viecher, hab’ns do allmal beſſer af der Welt wie unſereins!

Rosl.

Biſt g’ſcheidt?

Grillhofer.

Leb’n do, und kennen kein Vorſchrift. No ſchau halt nach’m Stall, Waſtl.

Waſtl.

Gute Nacht, Bauer.

(Ab.)
Grillhofer.

Gute Nacht! Kannſt a geh’n, Rosl.

Rosl.

No willſt allanig in’s Bett kral’n? *)Klettern.Wird müh - ſelig gehn.

56
Grillhofer.

Sollt ich ſchlafen, werd ich mich ſchon in’s Bett finden. Gute Nacht.

Rosl.

No gute Nacht, Bauer!

(Ab.)

Dritte Scene.

Grillhofer und Duſterer. (Kleine Pauſe.) Grillhofer (ſtützt den Kopf in beide Hände).
Duſterer
(kommt langſam aus dem Winkel nach vorne).

Schwoger!

Grillhofer.

Wer is’s?

(Blickt auf.)

Du? Was willſt Du noch da? Hab ja n’Wag’n vor Dein Haus halten laſſen, daß’d ausſteig’n ſolltſt.

Duſterer.

Hat nöt ſein mög’n, weil ich halt mit Dir noch z’reden hätt!

Grillhofer.

Weißt a neuche Lug?!

Duſterer.
(beleidig).

Schwoger!? Glaub mir, wann ich Dir was ſag! Beiſpielmäßig ....

Grillhofer.

Ich brauch nix Beiſpielmäßig’s mehr, hob g’nug an dem, was wirkli vorgeht, und wo ma umſonſt a Auslegung ſucht.

Duſterer.

Schau, Grillhofer, es is mir vorgangen na ja, weil Du ja ſelber es Rechte angeb’n haſt, daß mein Traum doch a Vorbedeutung hat. Haſt ja ſelb’n gmeint, im Rauchen und Feuer ſieht mer ſchlecht, Riesler Magdalen konn dös im Fegfeuer net g’weſt ſein, aber Grillhofer Dein Kind is’s g’weſt, dös hon ich für ſö g’numma, no ja, weils’s ihr’s gleich ſchaut, weil eb’n a der Magdalen ihr Kind is!

Grillhofer.

Dummheiten!

Duſterer.

Grillhofer! Hör mich aus, glaub mir, wann ich Dir was ſag! J mein, es verbleibt bei unſern Abkämen, es geht halt hizt um dein Kind!

Grillhofer.

Weil Dir’s taugt, ſteckſt dös hizt in’s Fegfeuer.

Duſterer
(eifrig).

Na, na, weil die Sünden der Eltern an den Kindern g’ſtraft werd’n, ſteckt’s d’rein, und wol weg’n der eig’nen Sündhaftigkeit a, meinſt ſo vater - und mutterlos war’s rechtſchaffen word’n?!

57
Grillhofer.

Wer aber ſagt Dir denn, daß’s verſturb’n ſein muß?!

Duſterer.

Grillofer, laß Dir ſag’n, beſſer es is verſturb’n, als es is lebig a ſo, daß’d Ders überleg’n müßt, ob Du’s a anerkenna kinna kannſt!

Grillhofer
(ausbrechend).

Sixt, Duſterer, dös is! Lang net, mer wußt Oans in der Höll, is mer ſo g’ſtraft, als ma weiß Oans af der Welt, dem ma beiſpringa möcht, dös viel - leicht nach Ein’m ruft in Nöten, in Drangſal, und Ein’m zu möcht, und mer kann net weiß Koans vom Andern wo’s is!

Duſterer
(tritt näher).

Armer Schwager!

Grillhofer.

Halt’s Maul!

(Ruhiger.)

Geh hizt! Hon kein Luſt mich no heunt mit Dir h’rum z’diſchpatir’n.

Duſterer.

Na, laß mer’s halt af a ander Mal! Gute Nacht, Schwager!

(An der Thüre.)

Oan Frag hätt ich no?

Grillhofer.

Was denn?

Duſterer.

Bleibt’s dabei?

Grillhofer.

Bei was?

Duſterer.

Beiſpielmäßig, fahr’n mer morg’n nach der Kreisſtadt, oder net?

Grillhofer.

Heunt weiß ich nix, gar nix; geh zu!

Duſterer
(kommt wieder etwas vor).

Nur Eins no! Soll mal was ſein, hon ich’s gern bald richtig!

Grillhofer
(ſieht ihn groß an, ſpöttiſch).

J weiß, mer kennt Dich dafür, haltſt af Ordnung!

Duſterer.

So oder ſo! Lang h’rumſchneiden konn i net leiden! Schau Dein Einwendig’s an, brauchſt ein Zuſpruch, gut, ſo halt Dein Wort, ſunſt bleib ich Dir fern.

Grillhofer.

Werd’n ma ja ſeh’n, ob ich’n Zuſpruch nöthi - ger brauch, als Du mein Hof!

Duſterer.

Werd’n mer ſeh’n, gut is’s. Nur kimm mer net z’ſpot, wann ich eppa neamer für Dich z’Haus bin.

(Wendet ſich).

War übel für uns allzwei, aber ich bin a ſo!

(Thut einen Schritt nach rückwärts.)

Grillhofer, ich geh hizt gute Nacht.

Grillhofer.

Gute Nacht.

Duſterer.

Haſt mich g’rufen?

Grillhofer.

Na.

58
Duſterer.

J hon g’meint, es reut Dich!

(An der Thüre.)

Grillhofer, es ſteht geſchrieben: ich will nicht den Tod des Sünders! J ſchau D’r ſchon morgen nach!

Grillhofer
(ungeduldig).

No moch nur heunt no furt allan will ich ſein!

(Sinkt in ſeine frühere Stellung zurück.)
Duſterer
(hat die Thüre geöffnet, bleibt aber an derſelben ſtehen und blickt nach Grillhofer).

Teufi, s’gute Auskäma hat ein End, und mit ihm ſelber ſteht’s wohl ſchlecht, mit muß er mir morg’n, ſunſt war Alles verſchütt. Furt ſchlepp ih’n und wann’s ihm glei an’s Leben gang, s’Andere wird ſcho der liebe Gott geb’n! Wie ich mir’n betracht, af d’Hinterfüß ſtellt er ſich wohl net! Dazu no d’heutig Nacht koan Aug’n zu. J hon’s ſchon g’wunna. Selb’n hon ich a kein Schlof, ich ſchleich lieber bis Fruh da um ſein ...... um mein Hof, um mein Hof.

(Schlüpft zur Thüre hinaus, die er leiſe hinter ſich ſchließt.)

Vierte Scene.

Melodramm.
(Leiſe beginnt die Muſik das Bußlied aus dem erſten Akt aufzunehmen, und begleitet damit variirt den folgenden Monolog.)
Grillhofer
(erhebt den Kopf).

Viel tauſend und tauſend Meilen gehen rund um die Erd können viel hundert zwiſchen mir und mein Kind liegen, oder kann mer ganz nah ſein und ich weiß’s net!

(Steht langſam auf, mit gefalteten Händen.)

O himmliſcher Voda! Wann’s neamer lebt, ſo laß a mich net ſo allan herumkriechen af der Welt, und wann’s in Unehr aufg’wachſen is, ſo bitt ich Dich laß mich’s net d’erleb’n! Himmliſcher Herr, ich überheb mich net, aber wann’d a End mit mir machen wolltſt es war wohl s’Gſcheideſte! Und wann’s vielleicht hizt in der nämlich Stund, wo ich zu Dir bitt, aufſchreit in Sünd und Nöthen ſo hör auf mi verſtopf Dein Ohr wann’s ſein Daſein reut und ſein Vatern verflucht!!

(Die Muſik bricht mit einem ſtarken Accord ab.)
Grillhofer
(iſt zum Fenſter gewankt, das er aufreißt und ſinkt jetzt auf einen davor ſtehenden Stuhl).

Luft!!!

(Kleine Pauſe)
59

Fünfte Scene.

Voriger. Rosl. Liesl.
Rosl
(an der Thür, welche ſie leiſe geöffnet hat, zur Liesl, die hinter ihr eintritt, flüſternd).

Er is no auf!

(Lauter.)

Bauer!

Grillhofer
(nickt mit dem geſenkten Haupte).

Jo.

Rosl.

Schau doch auf, d’Horlacherlies is wieder da!

Grillhofer
(verloren.)

So.

Rosl.

Sie müßt heunt no zu Dir, hat’s g’ſagt.

Grillhofer.

Was will’s mer denn?

Rosl.

Na hör nur auf ſie, ich weiß’s ja net.

(Geht ab, indem ſie der Liesl, die an der Thüre ſtehen geblieben war, vorzutreten winkt.)

Sechſte Scene.

Grillhofer und Liesl.
Liesl
(kommt vor). (Friſch.)

Jo, wir hab’n ſchon a Kreuz mit - einander ....

(da ſie Grillhofer näher ins Auge faßt.)

Um Gotteswöll’n, Bauer, was is Der denn?

Grillhofer.

Nix, nix, Dirndl; triffſt mich g’rad, wie ich nach meiner neuchen Wohnung ausſchau.

Liesl.

G’freut Dich Dein alte nimmer?

(Sieht hinaus)

Wo zu willſt denn hinbau’n?

Grillhofer
(hinausdeutend).

Siehſt! Siehſt! Durt wo die Kreuzeln herſchimmern.

Liesl.

Am Freithof? Geh zu, was kümmert Dich der Freithof? er angeht, wiſſen nix davon und davon wiſſen, geht er nix an! Schau lieber, wie heunt Stern funkeln und s’Mondſchein leucht. Bin hizt durch’n Wald her - g’fahr’n, im Gezweig hab’n Johanneskäferln ihr G’ſpiel trieb’n und über der ſtillen Nacht is der ganze Himmel voll Lichter g’leg’n. Und wann ma ſo hinaufſchaut, wie’s leucht und funkelt über der weiten Welt, da is Ein, als ziehet’s Ein d’Seel aus der Bruſt und reichet weit über d’Erd in ſternlichten Himmel h’nein.

Grillhofer.

O jo wohl wohl wonn mer holt no a freie Seel hat!

Liesl
(ermuthigter).

No geh, Bauer, thu net ſo verzagt, Deine wird a no Keiner am Strickl führ’n; laß Dir hizt60 von meiner Mahm verzähl’n, daß’d auf andere Gedanken kimmſt! Denk Dir, Mahm leidt’s net, daß’d Dein Hof weggibſt!

Grillhofer
(erſtaunt).

Dein Mahm, alte Horlacherin, leidt’s net? Dös is b’ſunders.

(Steht auf.)
Liesl.

Gelt ja!

Grillhofer.

leidt’s net! No möcht ich doch wiſſen

Liesl.

Na ſiehſt, wann’d es wiſſen möchſt, muß’d mich ſchon anhör’n. Geh, ich führ Dich.

Grillhofer.

A na na konn ſchon no ſelber gehn.

(Geht von Liesl geleitet zum Sorgenſtuhl, ſetzt ſich.)

No ſo verzähl halt. Hätt net denkt, es verintereſſiret mich noch was, aber dös is doch b’ſunders ja ganz b’ſunders.

Liesl.

Nöt wahr, dös findt ich a. Is a g’ſcheidts Weib ſunſt, die Mahm mirk a nix, ſie war af amal irr word’n, aber da kenn ich mich a neamer mit ihr aus! Alſo ich kimm z’Haus, ſag ihr, Du hätt’ſt mich ausgjagt, hoaßt’s mich a ung’ſchickte Gretl, wie ich aber ſag, Du wölltſt wohl morg’n mit’n Duſterer nach der Kreisſtadt fahr’n ihm’n Hof übergeb’n, da war’s aus, no gleich hat der Müller einſpannen müſſen, gegen Geld und gute Wort, herfahren hab ich müſſen, daß ich ja vor der Fruh da bin, umarmt und bußt hat mich die Mahm bei’m Wegfahr’n, als wann a Abſchied af ewige Zeiten war. Und gar no ein Brief hat’s mir g’ſchrieb’n.

Grillhofer.

Dir?

Liesl.

Jo, an Dich!

Grillhofer.

Ah ſo, no ſo gib. Dös kimmt allweil ver - wunderiger!

Liesl
(zieht den Brief aus ihrer Joppe).

Und ich ſollt machen, daß d’n heunt no leſt, und für Dich ſolltſt’n vorerſt leſen, hat’s g’ſagt.

(Gibt ihm den Brief).
Grillhofer.

No ſo les’n mer’n halt.

(Schiebt den Schirm der Lampe in die Höhe.)
(Liesl geht zum Fenſter und blickt hinaus.)
Grillhofer
(entfaltet den Brief und lieſt).

Lieber Grillhofer! Mit ſchweren Herzen ſchick ich Dir a Anvertraut’s z’ruck, doch ſteht Dir frei, wann’d den Brief g’leſen haſt, ob Du’s als das Deine anerkenna willſt, ſunſt nimm ich’s mit Freuden wieder an mich! Ich mein, ich brauch mich net z’ſchämen,61 wie ich Dir’s zuſchick. Dirn, was heunt zu’n zweitenmal bei Dir einſpricht, is im Deckerl in mein Haus bracht word’n, weil’s Dein Weib nöt hat auf’n Hof vor Augen haben woll’n, aber es war ihr’Meinung, wann a rechtſchaffen G’ſchöpf aus ihr word’n wär, ſollt ich Dir’s zuſchicken, lang hab ich mir dös verſpart, aber ohne Schaden für ſie, könnt ich’s hizt nimmer bei mir verhalten. Dirn heißt nach ihr’n Ruf - namen: Horlacherlies, weil’s von Klein auf bei mir war, hat bis heunt für vater - und mutterlos golten und weiß’s ſelber net anders; nach’m Kirchbuch heißt’s: Eliſabeth Riesler und is, wie Magdalen ausg’ſagt hat, Dein Kind!! Es grüßt Dich und laßt Dir Dein’n freien Will’n, alte Hor - lacherin.

(Legt den Brief vor ſich auf den Tiſch und hält ſich den Kopf mit beiden Händen).

O Du mein Gott, is mer denn recht? Steht’s wohl a a ſo da?

Liesl
(hat dieſe Bewegung bemerkt und wendet ſich).

Was is Dir? Was ſchreibt denn die Mahm?!

Grillhofer.

Ich weiß net recht ich muß’s nomal leſen, kimm zu mir kimm zu mir mein Dirndl und halt mer es Licht.

Liesl
(eilt hinzu und ſteht neben Grillhofer und hält die Lampe).
Grillhofer.
(liest).

Mit ſchweren Herzen ſchick ich Dir a Anvertraut’s z’ruck, doch ſteht Dir frei, wann’d den Brief g’leſen haſt, ob du’s als das Deine anerkenna willſt, ſunſt nimm ich’s mit Freuden wieder an mich. J mein, brauch mich net z’ſchamen, wie ich Dir’s zuſchick. Dirn, was heunt zu’n zweitenmal bei Dir einſpricht, is im Deckerl in mein Haus bracht word’n, weils dein Weib net hat am Hof vor Augen hab’n woll’n aber es war ihr’Meinung, wann a recht - ſchaffen G’ſchöpf aus ihr word’n wär, ſollt ich Dir’s zu - ſchick’n ....... Vergelt Dir’s Gott, Mirzl, in ſein’n Himmel ob’n, vergelt dir’s Gott. Vergelt er’s a der Hor - lacherin und all’n braven Weibsleuten, wie’s an uns thun! .....

Liesl
(ahnungsvoll).

Aber ich kenn mi no net aus!

Grillhofer
(liest).

Dirn hoaßt mit ihr’m Rufnamen Horlacherlies, weil’s von Klein auf bei mir war, hat bis heut für vater - und mutterlos golten und weiß’s ſelber net anders, nach’m Kirchbuch heißt’s: Eliſabeth Riesler und is, wie die Magdalen ausg’ſagt hat: Dein Kind. Dirndl, was62 zitterſt denn a ſo?

(Faßt ihre Hand, in der ſie die Lampe trägt und führt ſie nach dem Tiſche.)
Liesl
(läßt die Lampe fahren).

Jeſſes is aber Mahm a falſch’s Ding g’weſt!

(Sinkt vor Aufregung in die Knie auf den Schemel zu Grillhofer’s Füßen.)

Alſo Du, Du haſt mer’s Leb’n geb’n, no ver - gelt Dir’s Gott, es g’fallt mer recht gut af der Welt.

Grillhofer.

Es reut mich a neamer, es reut mich a neamer.

(Sucht mit der zitternden Hand herum und legt ſie der Liesl auf den Kopf.)

O Du mein lieber Herrgott

(weinerlich.)

S’Kind is im Vater - haus! Haha, weil nur s’Kind im Vatershaus is!

(Preßt Liesl an ſich.)
(Kleine Pauſe. Von Außen vor dem Fenſter präludirt eine Zither und nimmt dann die Melodie des Liedes (3) aus dem erſten Akte auf.)
Grillhofer
(ſteht auf).

Horch no wird’s gar luſtig no derf’s ſcho wieder luſti werd’n.

Liesl
(erhebt ſich, deutet nach dem Fenſter und wie auf das Lied aufmerkſam zu machen, ſingt ſie piano:)

Und Zithern und Derndln Na konn ich net lon

Grillhofer.

Wer is’s denn?

Liesl.

Der Waſtl!

(Umarmt Grillhofer und verbirgt ihr Geſicht an ſeinen Schulter.)

Weißt es ja eh Voda!

Grillhofer.

Haha.

(Das Orcheſter nimmt den zweiten Theil der Melodie voll auf.)
(Er ſingt:)

O ſchön grüne Welt, Laß ſag’n wie’d mer g’fallſt, So lang Zithern klingen

(Liesl an ſich ziehend.)

Und mei Derndl mich halst!

(Den Jodler bringt die Muſik allein.

Sechſte Scene.

Vorige. Duſterer, Waſtl, Rosl (ſtürzen zur Thüre herein).
Duſterer.

Schau, da ſchau wie er Buß thut und wie Dein Schatz treu is!

Grillhofer.

No no is a Bißel viel, drei Narren af einmal!

Waſtl.

Alsdann doch wieder g’foppt!

(Greift nach der Thürſchnalle.)
Liesl.

Aber Waſtl ....

Grillhofer.

S’is ja mein Kind!

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Rosl.

Jeſſes, der Bauer hat a Kind kriegt!

Waſtl.

No is’s halt a reich Bauerstochter und ich kann mer’s Maul abwiſchen.

Grillhofer.

Du biſt a Trottel, kannſt ja net wißen ob mir net lang ſcho, ein ſolchen wie Du biſt, zum Schwieger - ſuhn wünſch.

Waſtl.

Aber Bauer Jeſſes und Joſef dös is doch Alles z’viel aber ih nimms ſchon!

Grillhofer.

Und no weiß ich mir ſchon mei Ausnehmerei und no fahr’n mer morg’n doch nach der Kreisſtadt.

Duſterer
(ganz vergeſſen ſchreit auf).

Mir fahr’n doch nach der Kreisſtadt!

Grillhofer.

Mir!!

(Deutet auf ſich und Waſtl und Liesl.)

Aber net mir! Haſt mer viel eing’redt und viel vorg’log’n, damit ich mein, ich war der Schwärzeſte, aber unſer Herrgott kennt a ein g’farbten Schimmel, hat mich wieder fein ſauber g’ſtriegelt und hat mer in’s Haus g’ſchickt und g’ſagt, da haſt z’gleich Dein Buß und Dein Sorg und Dein Freudigkeit. Du aber, Du trauriger Wurmdoctor, Du bleibſt mer aus mein Haus, deine Kinder magſt mer ſchicken, was net für ihr’n Vatern können, daß mer an ihnen was thut.

Liesl.

Aber für Dich weiß ich a Lehr, is a wahre Chriſtenlehr, Duſterer, nimm Dir’s z’Herzen.

(Singt.)

Schlußlied.

Der Herrgott hat’s Leb’n Zum Freudigſein geb’n, Und was wir oft ſchlecht, Er macht’s do no recht. Drum ſorg für das Deine Mach Niemanden irr

Grillhofer.

Und miſch Dich net eini, Du kriegſt nix dafür!

Alle.

Und miſch Dich net eini, Du kriegſt nix dafür!

Aktus. Ende.

Druck von J. C. Fiſcher & Comp., Wien.

About this transcription

TextDer G'wissenswurm
Author Ludwig Anzengruber
Extent77 images; 18251 tokens; 3917 types; 116069 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDer G'wissenswurm Ludwig Anzengruber. . 63 S. KünastWien1874.

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Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz SBB-PK, 19 ZZ 2096http://stabikat.de/DB=1/SET=12/TTL=1/CMD?ACT=SRCHA&IKT=1016&SRT=YOP&TRM=450781984

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Drama; Belletristik; Drama; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:28:23Z
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Holding LibraryStaatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
ShelfmarkSBB-PK, 19 ZZ 2096
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