PRIMS Full-text transcription (HTML)
DIE ELEMENTARORGANISMEN UND IHRE BEZIEHUNGEN ZU DEN ZELLEN.
MIT ZWEI ABBILDUNGEN IM TEXT UND XXI TAFELN.
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LEIPZIG,VERLAG VON VEIT & COMP.1890.
DIE ELEMENTARORGANISMEN UND IHRE BEZIEHUNGEN ZU DEN ZELLEN.
MIT ZWEI ABBILDUNGEN IM TEXT UND XXI TAFELN.
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LEIPZIG,VERLAG VON VEIT & COMP.1890.

HERRN WILHELM HIS IN DANKBARER VEREHRUNG GEWIDMET VOM VERFASSER.

Vorbemerkung.

Die nachfolgenden Capitel enthalten im Wesentlichen eine theils erweiterte, theils verkürzte Zusammenstellung derjenigen Abhandlungen, welche bisher von mir über die Zellengranula veröffentlicht worden sind. Indem hierzu die Beschreibung der Methoden und die erläuternden Abbildungen kommen, dürfte das Ganze wohl geeignet sein, den jetzigen Standpunkt der Granulafrage zu zeigen. So unvollkommen dieser Standpunkt auch noch sein mag, so liegt wohl immerhin schon ein ge¬ nügendes Material vor, um das Geschick jener Lehre für die Zukunft zu sichern. Das Bewusstsein, dass uns hier die Grund¬ probleme der Biologie berühren, wird es hoffentlich herbeiführen, dass jener Frage sachliche Mitarbeiter gewonnen werden, denn die Kraft des Einzelnen ist zu gering, um den hier vorhandenen Anforderungen zu genügen.

Leipzig, im October 1889.

Der Verfasser.

Inhalt.

  • Seite
  • I. Die Geschichte der Zellengranula1
  • II. Die Methoden der Granulauntersuchung17
  • III. Körner und Fäden der Zellen39
  • IV. Die Leber von Rana esculenta56
  • V. Die Fettumsetzungen in den Zellen76
  • VI. Die Secretionserscheinungen in den Zellen97
  • VII. Die Genese der Zelle123
  • Erklärungen zu den Tafeln143
[1]

I Die Geschichte der Zellengranula. 1Vergl. meinen Vortrag: Zur Geschichte der Zelltheorien. Leipzig 1889.

Seitdem von Dujardin die contraktile Substanz oder Sar¬ kode entdeckt war, hat dieselbe in Bezug auf die Deutung ihres Wesens und ihrer Verbreitung gar mannigfache Wandlungen erfahren. Dujardin selbst nahm an, dass sie den niederen Thieren zukomme.

Bald darauf, es sind jetzt gerade 50 Jahre her, fanden Schleiden und Schwann, dass sich der Körper aller Pflanzen und Thiere aus kleinen Territorien aufbaue, welche Zellen ge¬ nannt wurden; die Substanz der Zellen selbst aber wurde in ihren wesentlichen Eigenschaften bald als übereinstimmend in allen Organismen erkannt und für dieselbe der Ausdruck Proto¬ plasma gefunden.

Was ist Protoplasma? Hugo von Mohl, welcher diesen Aus¬ druck aufbrachte, definirt dasselbe als eine zähflüssige mit Körn¬ chen gemengte Substanz; die Körnchen können auch fehlen und es bleibt dann eine gleichförmige durchscheinende Masse übrig. 2H. von Mohl, Ueber die Saftbewegung im Innern der Zellen. Bo¬ tanische Zeitung 1846, S. 74 u. 90.

Diese Definition des Protoplasmas hat ihre Geltung im Wesentlichen bis auf den heutigen Tag behalten. So bezeich¬ nete Max Schultze3Max Schultze, Ueber Muskelkörperchen und das, was man eine Zelle zu nennen habe. Archiv für Anatomie und Physiologie 1861, S. 9. dasselbe als zähflüssig, zerlegbar in eine glasartig durchsichtige Grundsubstanz und die zahlreich ein¬ gebetteten Körnchen; die letzteren können auch fehlen und die homogene Grundsubstanz übrig lassen. Brücke4Ernst Brücke, Die Elementarorganismen. Wiener Sitzungsberichte 1861., indem er denAltmann. Elementarorganismen. 12Die Geschichte der Zellengranula. theoretischen Begriff der Zelle abgrenzen will, und weder Kern noch Membran als nothwendige Bestandtheile derselben aner¬ kennt, hält für die einfachste Form der Zelle ein Klümpchen Protoplasma, welches wohl eine molekulare Organisation be¬ sitzt, morphologisch aber nicht zerlegt worden und vielleicht überhaupt nicht zerlegbar ist.

Diesen Anschauungen von der Structurlosigkeit des Proto¬ plasmas sind fast alle späteren Autoren, wie Kühne, Lieber¬ kühn und Andere gefolgt, ja dieselben gingen hier insofern zum Theil noch weiter, als sie die lebendige Natur der Körnchen, welche, wenn nicht immer, so doch meist dem Protoplasma sichtbarlich beigemischt sind, mehr oder weniger bestimmt in Abrede stellen. So erklärt Stricker, dass man nicht berechtigt ist, die Körnchen überhaupt als wesentliche Bestandtheile des Protoplasmas zu betrachten; von den neueren Botanikern, welche sich eingehender mit dem Protoplasma beschäftigt haben, meint Berthold1G. Berthold, über Protoplasmamechanik. Leipzig 1886. S. 61. die Körnchen, oder wie sie Hanstein2T. von Hanstein, Das Protoplasma. Heidelberg 1880. S. 22. nennt, die Mikrosomen, mögen in vielen Fällen krystallinische oder amorphe feste Ausscheidungen organischer oder unorganischer Natur sein, in anderen wieder tröpfchenförmige Ausscheidungen unbekannter Gemische, und Schwarz3F. Schwarz, Die morphologische und chemische Zusammensetzung des Protoplasmas. Breslau 1887. S. 137 u. 138. erklärt von den Körn¬ chen, dass, soweit sie nicht Gerinnungsprodukte der Reaktion sind, es sich bei ihnen um eine Einlagerung unlöslicher kör¬ niger Substanzen in das zähflüssige Cytoplasma handelt, welche nur eine metaplasmatische Natur haben. Nur wenige Botaniker haben überhaupt die Möglichkeit einer feineren Structur im Cytoplasma erwähnt; so heisst es in Bezug hierauf in einer der neuesten und objectivsten Erörterungen4A. Zimmermann, Die Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle. In Schenks Lehrbuch der Botanik 1887, S. 10, 12, 13.:

In jeder beliebigen lebenden Pflanzenzelle, in der das Cyto¬ plasma eine gewisse Mächtigkeit besitzt, beobachtet man an demselben eine gewisse ins Gräuliche spielende Trübung, die das¬ selbe granulirt erscheinen lässt. Bei der Kleinheit der in Frage3Die Geschichte der Zellengranula. kommenden Gebilde muss es jedoch zur Zeit noch zweifelhaft bleiben, ob wir es im Cytoplasma wirklich mit Körnchen von ab¬ weichender Lichtbrechung zu thun haben, oder ob die Trübung desselben nicht, wie Naegeli annimmt, mindestens zum grössten Theil dadurch hervorgebracht wird, dass die gesammte Masse des Cytoplasmas von einer grossen Menge winziger, Wasser oder Zellsaft enthaltender Vacuolen erfüllt ist.

Durchmustert man in Bezug hierauf die botanische Litera¬ tur, so wird man finden, dass die in dieser Richtung angestell¬ ten Beobachtungen noch gänzlich unzureichend sind, und dass ein sicheres Urtheil über die feinere Structur des Cytoplasmas zur Zeit noch nicht gefällt werden kann.

Es soll jedoch mit obigen Worten keineswegs die Möglich¬ keit einer feineren Structur im Cytoplasma in Abrede gestellt werden; es schien mir nur geboten, darauf hinzuweisen, dass zur Zeit keine mit der nöthigen Kritik angestellten umfassen¬ den Untersuchungen über diesen Gegenstand vorliegen, und dass es jetzt noch nicht möglich ist, in dieser Hinsicht ein irgendwie abschliessendes Urtheil zu fällen.

So konnte Kölliker, indem er in der neuen Ausgabe seines Handbuches der Gewebelehre (1889) in dieser Frage weniger als Autor denn als Referent aufzutreten bemüht ist, die herr¬ schenden Anschauungen der Botaniker sowohl wie der Zooto¬ men dahin zusammenfassen, dass das Protoplasma (S. 11) eine gleichartige, weiche, zähflüssige Substanz sei, in welcher mei¬ stens Körnchen und andere Einschlüsse eingestreut sind; in der¬ selben können im Laufe der Entwickelung Vacuolen in verschiede¬ nen Grössen und in verschiedenen Mengen auftreten (S. 12); sind dieselben klein, so erscheint das Protoplasma schaumig wie spongiös, werden dieselben grösser, so bildet das Protoplasma Netze, in dessen Maschen sich Flüssigkeit, oder Fetttropfen, Schleimkugeln, Eiweisskörper etc. finden; indem Kölliker eine eigentlich primäre Netzstructur des Protoplasmas, wie sie von Anderen behauptet ist, nicht anzuerkennen scheint, erklärt er Fasern - und Fibrillenbildungen als wichtige Einzelheiten des protoplasmatischen Baues (S. 13).

Nach diesen herrschenden Anschauungen hat also das Proto¬ plasma seine morphologische Individualisirung in der Form der1*4Die Geschichte der Zellengranula. Zelle gefunden. Die Zelle ist danach, da das Protoplasma selbst nicht zerlegt werden kann, die morphologische Einheit der lebenden Materie, in deren Raum sich dieselbe, sei es als zusammenhängende Masse, sei es durch Lücken unterbrochen, ausbreitet; die Zelle ist der Elementarorganismus, der von ver¬ schiedener Grösse und verschiedenem Inhalt sein kann, aber als wesentliche Substanz das homogene, gleichartige, glasartig durchsichtige, zähflüssige Protoplasma enthält.

Gegenüber diesen herrschenden Anschauungen von der Gleichartigkeit des Protoplasmas giebt es eine noch ältere zweite Richtung von Bestrebungen, welche neben der anderen bisher nicht hat zur Geltung kommen können, und welche im Protoplasma noch eine weitere morphologische Zusammensetzung aus körperlichen Elementartheilen sucht, die dann selbst ihre lebendigen Fähigkeiten auf Grund einer molekularen Organi¬ sation entfalten mögen. Diese Bestrebungen drücken sich theils in Form von Wünschen und Vermuthungen, theils in Form von bestimmt geäusserten Anschauungen aus.

So sagt Brücke in seiner citirten Abhandlung: Ich nenne die Zellen Elementarorganismen, wie wir die Körper, welche bis jetzt chemisch nicht zerlegt worden sind, Elemente nennen. So wenig die Unzerlegbarkeit dieser bewiesen ist, so wenig können wir die Möglichkeit in Abrede stellen, dass nicht viel¬ leicht die Zellen selbst noch wiederum aus anderen, noch kleine¬ ren Organismen zusammengesetzt sind, welche zu ihnen in einem ähnlichen Verhältniss stehen, wie die Zellen zum Ge¬ sammtorganismus, aber wir haben bis jetzt keinen Grund, dieses anzunehmen.

Aehnlich drückt sich Kölliker1Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 5. Aufl. 1867. S. 2. Ge¬ kürztes Citat. aus, indem er sagt: Wenn Bichat die Histologie durch die Aufstellung einer einheitlichen Grundlage und die scharfe Durchführung derselben mehr im Allgemeinen begründete, so hat Schwann durch seine Unter¬ suchungen dieselbe im Einzelnen gesichert und sich so den zweiten Lorbeer in diesem Felde errungen. Was die Wissen¬ schaft seit Schwann bis auf unsere Tage noch leistete, war5Die Geschichte der Zellengranula. zwar von der grössten Bedeutung für die Physiologie und Medicin und zum Theil auch vom rein wissenschaftlichen Stand¬ punkte aus von hohem Werthe, allein Alles dieses war doch nicht der Art, dass es um einen namhaften Schritt weiter zu einem neuen Abschnitt geführt hätte. Dieser Stand der Gewebelehre wird so lange dauern, als es nicht gelingt, um ein Wesentliches weiter in die Tiefe des Baues der lebenden Wesen zu schauen und auch die Elemente zu erfassen, aus denen das, was wir jetzt noch für einfach halten, zusammengesetzt ist.

Sollte das aber je möglich werden, dann würde auch für die Histologie eine neue Zeit beginnen, und die Entdeckung des Gesetzes der Zellengenese würde ebenso oder noch mehr Be¬ deutung gewinnen, als die Lehre von der Zusammensetzung aller thierischen Gewebe aus Zellen.

Wir stellen die Aeusserungen dieser beiden Autoren hier voran, weil sie in einfachster Weise den Standpunkt charakte¬ risiren, auf welchen bis in unsere Tage die Lehre von den organisirten Formelementen gestanden hat. Es hat weder vor noch nach diesen Aeusserungen an Bemühungen gefehlt, der Frage von den wirklichen Elementarorganismen näher zu treten, aber alle diese Bemühungen haben keinen Erfolg gehabt, weil sie mehr auf hypothetischen Anschauungen, als auf gefundenen Thatsachen beruhten.

Die Lehre von den Elementarorganismen ist in ihrer primi¬ tiven Form weit älter als die Zellenlehre selbst; es ist aber für den heutigen Biologen oft schwierig, sich in jene älteren Ideen hineinzudenken, und muss dieses jedenfalls mit Berücksichtigung aller jener Unterschiede geschehen, welche die Hilfsmittel der neueren Zeit vor denen der älteren auszeichnen. Darum thun wir vielleicht gut, folgende Worte Virchow's1Virchow, Die Cellularpathologie. 4. Aufl. 1871. S. 22 f. zu citiren, welcher, indem er selbst den Uebergang zur neueren Zeit mit erlebte und mit begründete, die Anschauungen jener älteren in folgen¬ der Weise schildert:

Noch in den Elementa physiologiae von Haller findet man an die Spitze des ganzen Werkes, wo von den Elementen des Körpers gehandelt wird, die Faser gestellt. Haller braucht da¬6Die Geschichte der Zellengranula. bei den charakteristischen Ausdruck, dass die Faser für die Physiologen das sei, was die Linie für den Geometer.

Im Laufe des letzten Jahrzehntes vom vorigen Jahrhundert begann indess schon eine gewisse Reaction gegen diese Faser¬ lehre und in der Schule der Naturphilosophen kam frühzeitig ein anderes Element zu Ehren, das aber in einer viel mehr speculativen Weise begründet wurde, nämlich das Kügelchen. Während die Einen immer noch an der Faser festhielten, so glaubten Andere, wie in der späteren Zeit noch Milne Edwards, so weit gehen zu dürfen, auch die Faser wieder aus linear aufgereihten Kügelchen zusammengesetzt zu denken. Diese Auf¬ fassung ist zum Theil hervorgegangen aus optischen Täuschungen bei der mikroskopischen Beobachtung. Die schlechte Methode, welche während des ganzen vorigen Jahrhunderts und eines Theiles des gegenwärtigen bestand, dass man mit mässigen In¬ strumenten im vollen Sonnenlicht beobachtete, brachte fast in allen mikroskopischen Objecten eine gewisse Dispersion des Lichtes und der Beobachter bekam den Eindruck, als sähe er weiter nichts als Kügelchen. Andererseits entsprach aber auch diese Anschauung den naturphilosophischen Vorstellungen von der ersten Entstehung alles Geformten.

Diese Kügelchen (Körnchen, Granula, Moleküle) haben sich sonderbarer Weise bis in die moderne Histologie hinein erhalten und es gab bis vor Kurzem wenige histologische Werke, welche nicht mit den Elementarkörnchen anfingen. Hier und da sind noch vor nicht langer Zeit diese Ansichten von der Kugelnatur der Elementartheilchen so überwiegend gewesen, dass auf sie die Zusammensetzung, sowohl der ersten Gewebe im Embryo, als auch der späteren begründet wurde. Man dachte sich, dass eine Zelle in der Weise entstände, dass die Kügelchen sich sphärisch zur Membran ordneten, innerhalb deren sich andere Kügelchen als Inhalt erhielten. Noch von Baumgärtner und Arnold ist in diesem Sinne gegen die Zellen¬ theorie gekämpft worden.

In einer gewissen Weise hat diese Auffassung in der Ent¬ wickelungsgeschichte eine Stütze gefunden, in der sogenannten Umhüllungstheorie (Henle). Danach dachte man sich, dass, während ursprünglich eine Menge von Elementarkügelchen zer¬7Die Geschichte der Zellengranula. streut vorhanden wären, diese sich unter bestimmten Verhält¬ nissen zusammenlagerten, nicht in Form sphärischer Membranen, sondern zu einem compakten Haufen, einer Kugel (Klümpchen) und dass diese Kugel der Ausgangspunkt der weiteren Bildung werde, indem durch Differenzirung der Masse, durch Apposition oder Intussusception aussen eine Membran, innen ein Kern ent¬ stehe.

Gegenwärtig kann man weder die Faser noch das Kügel¬ chen oder Elementarkörnchen als einen histologischen Ausgangs¬ punkt betrachten.

Diese älteren Anschauungen nun, wie sie hier von Virchow so trefflich wiedergegeben werden, sind von einzelnen Autoren bis in die neueste Zeit hinein mit grossem Eifer verfochten worden, insbesondere von Béchamp und Estor. Beide Autoren, indem sie meist gemeinschaftlich ihre Anschauungen äusserten, stehen ganz auf dem Boden der alten Umhüllungstheorie. Auch nach ihnen soll die Zelle entstehen indem die Elementarkörn¬ chen, welche sie Mykrozymas nennen, sich zusammenlegen und durch Differenzirung ihrer Masse sich zu Zellen um¬ bilden. Henle mit seiner Umhüllungstheorie gilt ihnen daher als diejenige Autorität, an deren Aeusserungen sie vorzugs¬ weise gerne anknüpfen, und um so lieber, als sie selbst, wie es scheint, nicht Morphologen sind. Neu ist bei ihnen noch die zweite Idee, welche vorzugsweise ihr persönliches Interesse in Anspruch nimmt, dass dieselben Kügelchen durch Zerfall der Zelle wieder frei werden können und so Bacterien bilden.

Alle ernsten Bemühungen unserer Zeit haben aber in bei¬ den Fällen zum entgegengesetzten Resultat geführt. Der Lehr¬ satz Virchow's, omnis cellula e cellula, welcher der Umhül¬ lungstheorie gegenübersteht, ist heute mehr denn je anerkannt, nicht auf Grund von Hypothesen, sondern auf Grund jener That¬ sachen, wie sie insbesondere durch die Erscheinungen der Karyo¬ kinese sichergestellt worden sind, und die Integrität der Ab¬ stammung der Spaltpilze, wie sie von den Versuchen Pasteur's ihren wesentlichen Ausgang genommen hat, ist bis jetzt durch die weiteren Beobachtungen immer mehr begründet, nicht negirt worden; auch die nicht minder verfehlten Bemühungen Wie¬8Die Geschichte des Zellengranula. Gandt's1A. Wiegandt, Entstehung und Fermentwirkung der Bacterien. Mar¬ burg 1881. Das Protoplasma als Fermentorganismus. Marburg 1888., welcher von seinem Standpunkte als Botaniker eben¬ falls eine Anamorphose des Protoplasmas zu Bacterien behauptet, haben hieran nichts zu ändern vermocht. Die Opposition gegen Virchow und Pasteur ist aber überall dasjenige Moment, welches in den Auslassungen jener beiden Autoren insbeson¬ dere hervortritt. Diese Opposition hätte trotz ihres verfehlten Charakters ihren Nutzen gehabt, wenn es jenen Autoren ge¬ lungen wäre, die Elemente der Zelle zu sehen und zu demon¬ striren. Sie haben aber nicht mehr, vielleicht weniger gesehen, als die anderen Mikroskopiker vor ihnen auch. Es bleibt da¬ her an ihnen nichts Anderes anzuerkennen, als die Begeiste¬ rung, mit welcher sie die alten Ideen von den Elementarkörn¬ chen verfochten haben. 2Vergl. hierüber die zahlreichen Abhandlungen, welche in den Comptes rendues seit etwa 1860 bis heute erschienen sind. Ausserdem A. Béchamp, Les mycrocymas. Paris 1883, und A. Estor, De la constitution élémentaire des tissus. Montpellier 1882.Um die Mangelhaftigkeit der Beobachtungen jener Autoren zu prüfen, braucht man nur die Abbildungen in dem citirten Werke Béchamp's, die einzigen übrigens, welche jene Autoren geliefert haben, zu betrachten, es erscheint dann klar, dass von vielen anderen Autoren älterer und neuerer Zeit sowohl an der thierischen, wie auch an der Pflanzenzelle bessere und ausgiebigere Beobachtungen gemacht worden sind.Bei der Unfruchtbarkeit ihrer Opposition gegen Pasteur und Virchow und bei der Mangelhaftigkeit ihrer thatsächlichen Befunde nimmt es daher nicht Wunder, wenn, wie Estor sich bitter beklagt (1. c. S. VIII), selbst die Mitglieder des französischen Instituts ihnen in ihrem eigenen Interesse ab¬ gerathen haben, weiter auf dem betretenen Wege vorzugehen.

Trotzdem scheint es, als wenn die alte Lehre von den Elementarkörnchen ihre Berechtigung hat. Die Zellen sind nicht Elementarorganismen, sondern Colo¬ nien von solchen mit eigenartigen Gesetzen der Coloni¬ sation;3Vergl. Die Genese der Zelle. Festschrift für Carl Ludwig, 1887, und das nachfolgende letzte Kapitel. die Zellen entstehen aber nicht durch das Zu¬ sammentreten der Kügelchen, sondern sie sind daraus in jenen geschichtlichen Perioden entstanden, die den mikroskopischen Elementen gerade so eigen sind, wie den groben Formen der Lebewesen auch; die Elemen¬9Die Geschichte der Zellengranula. tarkörnchen der Zellen, welche noch heute ihre ana¬ logen Vertreter in den Mikroorganismen haben und welche seit jenen Perioden in den Zellen existiren, ver¬ mögen nicht mehr selbstständige Lebewesen zu werden.

Beide Richtungen nun, sowohl diejenige, welche die Gleich¬ artigkeit des Protoplasmas betont, als auch diejenige, welche die Elementarkörnchen als die Grundelemente der lebenden Materie betrachtet, haben in der Art, wie sie bisher vertreten worden sind, ihre Fehler aufzuweisen. Im ersten Falle leugnete man Dinge, weil man sie nicht sah, im anderen behauptete man Dinge, obwohl man sie nicht sah, zu Beidem hatte man kein Recht.

Jene Anschauung von der Gleichartigkeit des Protoplasmas stützt sich zum grössten Theil auf Beobachtungen, welche, an bestimmten lebenden Objecten angestellt, seiner Zeit grundlegend für die Betrachtung des Protoplasmas als Ganzes waren, nie¬ mals aber für die analytische Betrachtung desselben mass¬ gebend sein und bleiben durften. Die sich bewegenden Plasma¬ ströme der Pflanzenzellen, die Bewegungserscheinungen an den Rhizopoden, Myxomyceten, die lebenden Leukocyten des Blutes waren es, von welchen her allgemeine Folgerungen über den Bau des Protoplasmas hergeleitet wurden und besonders von Seiten der Botaniker noch heute hergeleitet werden.

Die lebenden Objecte haben für den Beobachter gewiss etwas ausserordentlich Fesselndes und Niemand wird den Werth solcher Beobachtungen leugnen, oder nur herabzusetzen suchen; will man jedoch den Bau des Protoplasmas sehen, so findet man in ihnen nur selten einen sicheren Anhalt. Man sieht eben, wie dieses v. Mohl, Schultze, Kühne1W. Kühne, Untersuchungen über das Protoplasma. Leipzig 1864., Lieberkühn2N. Lieberkühn, Ueber Bewegungserscheinungen der Zellen. Mar¬ burg 1870. und viele Andere in oft klassischer Weise beschrieben haben, das schöne Spiel der in und mit der hellen Grundsubstanz strömen¬ den Körnchen; man sieht oft die peripheren Theile frei von diesen; bald ist es Vergrösserung, bald Verkleinerung der ein¬ zelnen Theile, bald Trennung, bald Verschmelzung derselben, welche uns entgegentreten, und vieles Geistvolle ist darüber zu10Die Geschichte der Zellengranulasagen und gesagt worden. Warum aber diese selben Objecte, welche nach der einen Seite hin so wunderbare Schönheiten offenbaren, auch anderweitig massgebend sein sollen, das ist nicht einzusehen.

Es scheint, als wenn für das Studium des protoplasmati¬ schen Baues zwei Grundsätze massgebend sein müssen: die An¬ wendung der künstlichen Methoden, welche uns weiter in die Tiefe jenes Baues hineinzuführen vermögen, als die natürlichen Beobachtungen, und die Wahl geeigneter Objecte, deren Ele¬ mente sich durch ihre Deutlichkeit auszeichnen. Wenn man aus unpassenden Objecten mit unpassenden Methoden allgemeine Folgerungen herleiten will, so weiss man eben nicht, was feinere mikroskopische Analyse bedeutet; es ist hier eine der alltäglichsten Erfahrungen, dass Dinge, welche vorhanden sind, wegen ihrer Kleinheit oder aus anderen Gründen nicht gesehen werden, und je weiter die Erfahrungen in der feineren mikro¬ skopischen Analyse reichen, desto mehr kommt man zu der Ansicht, dass das, was wir von den morphologischen Elementen sehen, nur ein Bruchtheil ist von dem, was wir nicht sehen. Der Mikrologe ist selten in der Lage, gegenüber diesen noch nicht gesehenen Dingen mit vorgefasstem Willen einen Erfolg zu erreichen; seine Kunst besteht darin, den Dingen geduldig nachzugehen und ihnen ihre Eigenheiten abzulauschen, wo und wie er sie erreichen kann; wer hier an Andere unberechtigte Forderungen macht, der stellt sich auf den Standpunkt des¬ jenigen, der nicht gelernt hat, sein eigenes Können und das der Anderen abzuwägen.

Die lebenden Objecte haben zunächst den grossen Nach¬ theil, dass die Sichtbarkeit der Elemente von mancherlei Zu¬ fälligkeiten abhängt; es bedarf nur eines annähernden Ausgleichs der Brechungsunterschiede, um selbst solche Elemente unsicht¬ bar zu machen, die wegen ihrer Grösse sonst bequem der Be¬ obachtung zugänglich wären. Die künstlichen Methoden sind von solchen Zufälligkeiten im hohen Grade unabhängig, und es liegt nur in unserem Können, wie intensiv wir die Differenzen der Sichtbarkeit erzeugen. Da die Grösse der hier in Betracht kom¬ menden Elemente oft unterhalb und oft an der Leistungsgrenze der Mikroskope liegt, so müssen wir um so mehr bemüht sein,11Die Geschichte der Zellengranula. die Kräfte derselben bis zum Extrem auszunützen; das können wir aber, wie dem Einsichtigen leicht klar sein wird, an den natürlichen Objecten nicht durchführen.

Sowohl für die natürliche, als auch für die künstliche Be¬ arbeitung jedoch werden wir nicht beliebige Objecte wählen, sondern diejenigen bevorzugen, wo die Grösse und Art der Elemente die Beobachtung erleichtert, und je leichter und sicherer diese Beobachtung ist, desto willkommener muss uns ein solches Object sein. Unter den vielen Objecten zeichnen sich die echten Pigmentzellen dadurch aus, dass sie bereits ohne Kunsteingriffe beobachtet werden können; wenn sie uns so direct einen Einblick in ihr Inneres gestatten, so müssen sie uns mass¬ gebender sein, als alle farblosen Zellen, die dieses nicht thun. Wenn die Muskelfaser uns bei geringer Mühewaltung den Bau des Protoplasmas in deutlichen Formen darbietet, so wird sie uns das Prototyp des protoplasmatischen Baues sein und nicht die Sarkode, an welcher wir nichts sehen; wir werden, wenn es uns gelingt, in anderen Zellen analoge Verhältnisse aufzudecken, dann mehr Recht haben, aus den Pigmentzellen und Muskel¬ fasern allgemeinere Folgerungen zu ziehen, als Diejenigen, welche dieses von der Sarkode her gethan haben, denn positive Beob¬ achtungen beweisen, nicht negative. Wer dann ein Interesse daran hat, zu wissen, ob die Sarkode eine Structur hat oder nicht, der mag sich doch darum bemühen; will er alsdann be¬ haupten, dass sie structurlos sei, dann hat er es zu beweisen, nicht ein Anderer; ohne diesen Beweis aber allgemeine Folge¬ rungen zu ziehen, ist gewiss verfehlt.

Wenn die Botaniker, welche weder Pigmentzellen noch Muskelfasern haben, bei der alten Mohl'schen Definition noch bis heute stehen geblieben sind, so ist das nicht zu verwundern; dem Zootomen aber müssten jene günstigen Objecte doch wohl der Ausgangspunkt sein, von welchem aus er sich bemühen konnte, weiter zu kommen, statt einfach den Inhalt der Muskel¬ fasern auf eine Ablagerung der quergestreiften Elemente, und den der Pigmentzellen auf eine Absetzung von neuen Stoffen in unlöslicher Form zurückzuführen (Kölliker). 1Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 6. Aufl. 1889. S. 31.Sehen wir von12Die Geschichte der Zellengranula. denjenigen Fällen ab, wo es sich um regellose resp. krystalli¬ nische Niederschläge pigmentirter Stoffe in den Zellen handelt, so sind mancherlei Gründe vorhanden, sowohl die Körnchen der echten Pigmentzellen, als auch die Elemente der Muskelfasern für organisirte Gebilde zu halten; organisirte Gebilde aber ent¬ stehen, soweit unsere Kenntnisse von den natürlichen Dingen reichen, nicht durch Ablagerung oder Absetzung. Es liegt hier nahe anzunehmen, dass die von der Natur gefärbten echten Pigmentkörnchen den durch Kunst färbbaren Granulis der anderen Zellen analog sind; wenigstens hat mich diese Annahme seiner Zeit dazu geführt, solche künstlichen Färbungen zu suchen, welche einen Ersatz für die natürlichen Färbungen der Pigment¬ zellen bilden sollten.

Auch von Seiten der Botaniker hat es nicht völlig an Be¬ mühungen gefehlt, dem Protoplasma mit künstlichen Methoden näher zu treten. Schmitz1F. Schmitz, Untersuchungen über die Structur der Protoplasmas und der Zellkerne der Pflanzenzellen. Sitzungsberichte der niederrheinischenGesellschaft zu Bonn 1880. giebt an, bei Pikrinpräparaten mit Haematoxylin gefärbte Punktirungen des Cytoplasmas erhalten zu haben; die Ungunst der Pflanzenobjekte für künstliche Be¬ arbeitung scheint ihn jedoch abgehalten zu haben, hierin weiter vorzugehen.

So sehr auch die Pflanzenzelle für die Beobachtung vieler lebenden Vorgänge geeignet ist, ihr eigentliches Protoplasma ist um so schwieriger zu erreichen; die Neigung desselben zur Bildung von grossen Vacuolen ist so vorherrschend, dass man, um das Cytoplasma besonders an den für künstliche Bearbeitung nothwendigen dünnen Schnitten erfolgreich untersuchen zu können, auf wenige Jugendformen angewiesen ist; hierzu kommt noch das häufige Vorhandensein von Chlorophyllkörnern, Leuko¬ plasten etc., welche das spärliche Cytoplasma verdecken. Ich habe es in Gemeinschaft mit einem Botaniker versucht, die an der thierischen Zelle erprobten Methoden auf die Pflanzenzelle zu übertragen; hierbei hat sich jedoch die Ungunst der letzteren so evident herausgestellt, dass wohl Analogien zur thierischen Zelle nachweisbar waren, eine wesentliche Förderung der Gra¬13Die Geschichte der Zellengranula. nulafrage von der Pflanzenzelle aber schwer zu erwarten ist. 1Herr Dr. A. Zimmermann, Docent der Botanik in Tübingen, hat vor einiger Zeit ein paar Monate bei mir mit den Granulamethoden gearbeitet, er gedachte seine Untersuchungen, die in Bezug auf Specialfragen der Botanik vieles Interessante boten, in Tübingen fortzusetzen und seiner Zeit zu ver¬ öffentlichen. Man braucht nur die von Oskar Schultze2O. Schultze, Die vitale Metylenblaureaction der Zellgranula. Anat. Anzeiger 1887. an Thieren an¬ gestellten Beobachtungen über die vitale Metylenblaureaction der Zellgranula mit den ärmlichen Bildchen und spärlichen Erscheinungen zu vergleichen, welche auf ähnliche Weise ge¬ legentlich an der Pflanzenzelle gewonnen worden sind, um jenen Unterschied genügend zu übersehen. Die Beobachtungen an den Pflanzenzellen werden in vielen Fällen für das Studium der lebenden Vorgänge massgebend bleiben, aber jenes weitere Eindringen in den protoplasmatischen Bau, wie er vermittelst der künstlichen Methoden erreicht werden kann, werden sie kaum gestatten; hierzu eignen sich die thierischen Zellen augen¬ scheinlich in weit höherem Grade. Es dürfte zweckmässig, ja für einen weiteren Fortschritt nothwendig sein, dass sich die Bestrebungen auf diesen beiden Gebieten in harmonischer Weise ergänzen.

An der thierischen Zelle sind auch früher schon an ver¬ einzelten Objecten mit künstlichen Methoden günstige Resultate erzielt worden. So hat Ehrlich die gröberen Granulationen verschiedener Leukocyten gefärbt, van Beneden spricht von corps bacilliformes, welche er gelegentlich in Zellen gesehen hat, Kupffer hat im Axencylinder fibrillär angeordnete Granula durch Färbung demonstrirt; dennoch sind diese Beobachtungen sowohl von diesen Autoren selbst, als auch von Anderen nur als Specialitäten und vereinzelte Erscheinungen aufgefasst worden. Seit dem Bekanntwerden meiner Granulauntersuchungen3Studien über die Zelle. Leipzig 1886. Die Genese der Zelle. Fest¬ schrift für Carl Ludwig. 1887. Die Structur des Zellkerns. Archiv für Anatomie und Physiologie 1889. Ueber die Fettumsetzungen im Organis¬ mus. Ebenda. Zur Geschichte der Zelltheorien. Leipzig 1889. Eine Anzahl von Granulabildern wurden auf den Anatomen-Versammlungen zu Leipzig 1887, Würzburg 1888 und Berlin 1889 demonstrirt. haben14Die Geschichte der Zellengranula. sich die Angaben über das Sichtbarsein von Körnerelementen in den Zellen bereits erheblich vermehrt und man scheint sich bereits daran zu gewöhnen, darauf zu achten, wo sie gelegent¬ lich auch ungefärbt oder als gefärbte Nebenproducte der Be¬ obachtung erkennbar werden, ja Manche halten es heute schon für selbstverständlich, dass die Zelle kein Elementarorganismus ist. Es lässt sich hoffen, dass, wenn erst die für die Unter¬ suchung der Granula geeigneten Methoden in Aller Händen sind, dieses Gebiet der Biologie bald durch rüstige Mitarbeiter gefördert werden wird. Das Endziel unserer Bestrebungen aber soll sein, den Satz immer mehr wahrscheinlich zu machen: es giebt keine gleichartige Sarkode, es giebt nur ein polymeres Protoplasma.

Von den allgemeineren Bemühungen, das Prinzip im Bau des Protoplasmas zu finden, kann man, abgesehen von den schon oft gesehenen und beschriebenen Faser - und Fibrillenbildungen, welche, wie oben erwähnt, Kölliker für wichtige Einzelheiten des protoplasmatischen Baues erklärt, und auf deren Bedeutung wir an einem anderen Orte bereits näher eingegangen sind und später noch des Weiteren eingehen werden,1Vergl. Die Genese der Zelle und das letzte Capitel. noch die An¬ schauung von der primären Netzstructur des Protoplasmas her¬ vorheben, wie sie insbesondere von Heitzmann2C. Heitzmann, Untersuchungen über das Protoplasma. Wiener Sitzungsberichte 1873. Mikroskopische Untersuchungen des Thierkörpers. Wien 1883. an den thie¬ rischen Zellen und von Frommann3C. Frommann, Beobachtungen über Structur und Bewegungserschei¬ nungen des Protoplasmas der Pflanzenzellen. Jena 1880. an Pflanzenzellen beob¬ achtet worden ist.

Die Bemühungen beider Autoren bezeichnen insofern schon einen Fortschritt, als von ihrer Seite bereits eine strengere Aus¬ wahl der für Structurstudien geeigneten Objecte stattgefunden hat; indem sie eifrig danach suchten, wo etwa sichtbarliche Formerscheinungen im Protoplasma zu entdecken waren, setzten sie daselbst alle Mühe daran. Während die älteren Autoren durch ihre klassische Beobachtungsgabe das Wesen des Proto¬ plasmas als Ganzes in vielen Punkten klar gelegt haben, finden15Die Geschichte der Zellengranula. sich in den Bemühungen von Heitzmann und Frommann die ersten Anfänge dafür, die Elemente zu demonstriren, aus denen sich dasselbe zusammensetzt. Beide kamen sie zu dem Resultat, dass die Substanz des Protoplasmas in äusserst feinen Netzen angeordnet sei, dessen Knotenpunkte den Eindruck von Körnchen machen; hierin sollte das Wesen des protoplasmatischen Baues bestehen.

Was es mit diesen Netzen meist für eine Bewandtniss hat, dafür möchte ich nur ein Beispiel anführen. Frommann fand in den Staubfadenhaaren von Tradescantia ein ausgezeichnetes Object, um in den Kernen der dort vorhandenen Zellen ein ausserordentlich regelmässiges feinmaschiges Netzwerk lebend zu demonstriren. Wenn ich dasselbe Object ebenfalls im frischen Zustande untersuche, so finde ich, dass dasselbe ausgezeichnet ist, um die Granulastructur des Kernes im frischen Zustande zu sehen; das heisst, Frommann hält die Intergranularsubstanz für das positive Bild, während er die Granula für Lücken an¬ sieht, während ich die Lücken für positive Granula halte, das Netzwerk aber intergranulär.

Jedenfalls ist dieses Beispiel charakteristisch dafür, dass gleiche Beobachtungen an lebenden Objecten, deren Sichtbar¬ keit fast immer nur auf Brechungsdifferenzen beruht, leicht zu entgegengesetzten Folgerungen führen können, besonders da, wo es sich um die feinsten Formelemente handelt. Die Ent¬ scheidung kann naturgemäss nur durch künstliche Hülfsmittel gebracht werden (vergl. Tafel VI); wenn es dadurch gelingt an Stelle der Lücken des Netzwerkes positive Körper mit specifi¬ scher Färbungsreaction nachzuweisen, so ist die Structur gra¬ nulär, das Netzwerk aber intergranulär. Damit soll nicht ge¬ sagt sein, dass nicht auch dem intergranulären Netzwerke noch eine vielleicht viel feinere Zusammensetzung aus Elementar¬ körperchen zukommt; ja es ist mir dieses nicht unwahrschein¬ lich, wie ich es bereits in meiner Mittheilung über die Structur des Zellkernes erwähnt habe.

Lebende Objecte geben also nicht nur selten einen sicheren Anhalt für die Beobachtung der Structur des Protoplasmas, sondern sie führen auch da, wo sie dieses thun, leicht zu Täu¬ schungen. Da weder Heitzmann noch Frommann künstliche16Die Geschichte der Zellengranula. Methoden angewendet haben, so ist es auch ihnen nicht ge¬ lungen, das Prinzip im Bau des Protoplasmas aufzudecken, ob¬ wohl ihre Beobachtungen zu den besten gehören, welche über die Structur desselben angestellt worden sind.

Es scheint daher für das Studium des Protoplasmas der richtige Weg zu sein, vorzugsweise mit Hilfe der zuverlässigeren und weiter eindringenden künstlichen Methoden und im An¬ schluss an so prägnante Objecte, wie sie die Pigmentzellen und die Muskelfasern des thierischen Organismus darbieten, ana¬ loge Verhältnisse auch in anderen Fällen zu suchen; finden wir solche Analogien, so werden wir mehr Recht haben, all¬ gemeine Folgerungen daraus zu ziehen, als diejenigen, welche ihre Anschauungen von der Gleichartigkeit des Protoplasmas auf die negativen Befunde an der Sarkode begründen.

Haben die Vertreter dieser Anschauungen Recht, dann hat die Morphologie bereits ihre Grenze erreicht und es bleibt nur die Lehre von der molekularen Organisation übrig, welche für grübelnde Leute gewiss viel Reizvolles hat, aber doch selbst erst der richtigen morphologischen Unterlagen bedarf, um eine Berechtigung ihrer Existenz zu besitzen.

Noch haben wir diese Grenze der Morphologie nicht erreicht. Mag jener genetische Plan, wie wir ihn oben in wenigen Worten zusammengedrängt haben, auch ein Unbekanntes sein, das be¬ wiesen werden muss, vielleicht kann er uns doch den Weg zeigen, wie wir zu einem Verständniss des Bekannten und Er¬ reichbaren gelangen. Wenn wir Schritt für Schritt durch immer feinere Methoden das Gebiet des Sichtbaren erweitern, so ge¬ lingt es vielleicht doch allmählich, Vieles von dem zu sehen, was scheinbar nicht vorhanden ist; das, was in dieser Beziehung schon erreicht wurde, lässt die Hoffnung auf weitere Fortschritte als möglich erscheinen. Es mag hierin vielleicht eine schwere Aufgabe liegen, aber es lohnt der Mühe wohl, hier seine Kräfte heranzusetzen und so unserem Wissen eine neue Welt zu er¬ obern.

[17]

II Die Methoden der Granulauntersuchung.

Für die Untersuchung der Zellengranula werden keine anderen Methoden zur Anwendung kommen, als sie auch sonst in der Gewebelehre üblich sind; sie werden sich von diesen letzteren nur dadurch unterscheiden, dass sie eine Verfeinerung derselben bilden, da ihre Ziele weiter gehen.

Unterscheidet man bei den mikroskopischen Untersuchungen diejenigen, welche die Gruppirungen der Zellen zu einander sichtbar machen, von denen, bei welchen der Inhalt der Zellen selbst erkannt und differenzirt werden soll, so ist es klar, dass für den ersteren Zweck einfachere Massnahmen ausreichen. Kernfärbungen und Andeutungen der Intercellulargrenzen ge¬ nügen vollauf, um die gegenseitige Lagerung, Form und Grösse der einzelnen Zellen und Zellengruppen zu kennzeichnen. Da¬ bei ist es für diese Gattung von Bildern charakteristisch, dass besonders mittlere Trockensysteme die Eleganz und Klarheit derselben am besten hervortreten lassen, während sie bei Be¬ trachtung mit den besten Vergrösserungen leer und nüchtern erscheinen, da von dem Inhalt der Zellen selbst wenig zu sehen ist, und das, was etwa sichtbar sein sollte, in seiner Deutung meist unzuverlässig erscheint. Anders ist dieses mit den Detail¬ bildern des Zelleninhaltes selbst. Bei mittleren Trockensystemen erscheinen sie oft unklar und verworren und für die Grup¬ pirungen der Zellen sind sie oft gar nicht zu verwerthen; erst wenn man mit den besten Vergrösserungen an sie herantritt, zeigen sie die Fülle ihres Inhaltes.

Der Raum, den die einzelnen Zellen darbieten, ist meist sehr klein, und wenn man den gewöhnlichen Erfahrungen folgt, welche sich aus der Untersuchung der Zellgruppirungen er¬Altmann, Elementarorganismen. 218Die Methoden der Granulauntersuchung. geben, so hält man es kaum für denkbar, dass es gelingen könnte, innerhalb dieses kleinen Raumes eine grössere Summe von Einzelerscheinungen zu beobachten. Dennoch ist dieses möglich; der Beweis hierfür soll durch die vorliegenden Unter¬ suchungen geliefert werden, und wird der Zweck dieser Unter¬ suchungen schon dadurch erreicht sein, wenn sie dazu dienen, die Furcht von der Kleinheit der Zelle zu überwinden und tüchtige Kräfte für den Inhalt derselben zu interessiren. Man vergesse hierbei nicht, dass gerade unsere Tage durch erheb¬ liche Fortschritte der optischen Leistungen des Mikroskopes ausgezeichnet sind, und dass wir in den künstlichen Differen¬ zirungen der Farbstoffe ein ausgezeichnetes Mittel haben, diese Leistungen bis zum Extrem auszunutzen.

Als ein günstiger Umstand muss es angesehen werden, dass die verschiedenen Arten der Elementarkörperchen, wie sie augenscheinlich den Inhalt der Zellen ausmachen, in Bezug auf die künstliche Differenzirung oft verschiedene Reactionsfähig¬ keiten haben. Bei einer einzelnen Reaction wird daher nur ein Theil dieser Körperchen sichtbar sein, aber um so klarer und deutlicher, da dieselben von den benachbarten Elementen dann nicht verdeckt werden.

Wenn auch der Raum einer Zelle gewöhnlich nur klein ist, so ist er andererseits doch meist zu gross, als dass wir Alles in ihm auf einmal übersehen können. Als erste Bedingung für eine erfolgreiche Untersuchung muss es daher hier gelten, die Zellen selbst wieder in dünne Schichten zu zerlegen, die uns den nothwendigen Einblick gestatten.

Die Erzeugung dünner Schnitte ist deshalb das erste Er¬ forderniss, welches zum Studium des Zelleninhaltes gehört, und ist hier die Paraffinmethode augenscheinlich die einzige, welche zweckentsprechend erscheint. Eine Schnittdicke von 2 1 µ ist etwa diejenige, welche erforderlich ist, um solche Präparate zu erhalten, wie sie in den beigefügten Abbildungen wieder¬ gegeben sind.

Wenn auch in Bezug auf die Paraffinmethode ein Jeder seinen eigenen Erfahrungen zu folgen pflegt, so mögen doch hier einige Bemerkungen darüber gestattet sein. Die beste Schnittfähigkeit scheint im Paraffin bei einem Schmelzpunkt19Die Methoden der Granulauntersuchung. von 58 60° zu liegen, doch muss auch hierbei unter den Sor¬ ten von gleichem Schmelzpunkte ausgewählt und eventuell durch Zusätze nachgeholfen werden. Solche Zusätze, welche günstig wirken können, sind reines Stearin, gebleichtes Wachs, durch Eindampfen gelb gefärbtes Paraffin und andere mehr, welche in nicht zu grosser Quantität hinzugeschmolzen werden können, und hängt die Art und der Procentsatz des Zusatzes von den Eigenschaften des betreffenden Paraffins ab. Ob Zu¬ sätze, wie eine Combination des Celloidin mit dem Paraffin nütz¬ lich sind, darüber habe ich bis jetzt noch keine Erfahrung. Es ist aber wohl möglich, dass solche Combinationen an Bedeutung gewinnen werden, wenn es sich einmal darum handeln wird, Schnitte von weit unter 1 μ anzufertigen, ein Fall, der dann wohl eintreten kann, wenn andere bis jetzt noch nicht sichtbar gemachte Elementarkörperchen zur Erscheinung gebracht wer¬ den sollen. Für jetzt sind gar zu dünne Schnitte nicht einmal nützlich, weil dadurch die Prägnanz der Bilder leidet. Nimmt man allerdings Schnitte, welche über 2 μ dick sind, so werden die Bilder wegen der übergrossen Anhäufung der Elemente bald undeutlich.

Ausser den Zusätzen ist für die Schnittfähigkeit des Paraf¬ fins noch die Regulirung der Lufttemperatur ein wichtiges Mo¬ ment, wie einem Jeden bekannt sein dürfte, der sich mit der Anfertigung feinster Paraffinschnitte beschäftigt hat. Um diese Regulirung ganz in der Hand zu haben, habe ich einen Apparat bauen lassen, bei welchem mit Hilfe eines Ventilators ein continuir¬ licher Luftstrom durch eine spiralige Kupferröhre geführt wird, die durch Eiswasser oder Kältemischungen beliebig abgekühlt werden kann. Indem der Luftstrom langsam und breit von oben her auf das Mikrotom kommt, kann man die Temperatur je nach der Stärke des Luftstromes und der Abkühlung abstufen.

Bei der Einbettung in das Paraffin ist es gut, die Objecte nur durch Alkohol und Xylol gehen zu lassen. Als Uebergang zwischen beiden Flüssigkeiten ist eine Mischung von 3 Theilen Xylol und 1 Theil Alkohol zweckmässig; zwischen Xylol und Paraffin kommt dann die übliche Mischung dieser Substanzen. Nelkenöl und andere Aufhellungsmittel werden besser ver¬ mieden, weil dieselben sowohl die Reactionsfähigkeit der Ele¬2*20Die Methoden der Granulauntersuchung. mente leicht schädigen, als auch sonstige Schädlichkeiten zur Folge haben können.

Da die Schnitte auf dem Objectträger gefärbt werden sollen, so pflege ich zum Festkleben derselben in folgender Weise vor¬ zugehen. Zunächst werden die Objectträger mit einer dünnen Schicht von Kautschuk überzogen. Hierzu kann man das jetzt in den Apotheken käufliche sogenannte Traumaticin benutzen. Dasselbe ist eine ziemlich concentrirte Lösung von Kautschuk in Chloroform; es wird für den Gebrauch mit dem 25fachen Volumen Chloroform verdünnt, die verdünnte Lösung über den Objectträger gegossen, abgetropft, und der Objectträger nach dem Verdunsten des Chloroforms über der Gasflamme stark er¬ hitzt. Auf solche vorräthig gehaltene Objectträger kommen die Paraffinschnitte und werden hier mit einer Lösung von Schiess¬ baumwolle in Aceton und Alkohol angepinselt. Zur Herstellung dieser Lösung werden zunächst 2 Gramm Schiessbaumwolle in 50 Cbctm. Aceton gelöst und hiervon 5 Cbctm. mit 20 Cbctm. Alkohol verdünnt. Es ist nothwendig, die Schnitte nach dem Anpinseln mit Fliesspapier stark an den Objectträger anzu¬ drücken und dann nach dem Trocknen anzuschmelzen. Solche Schnitte können dann ohne Gefahr mit verschiedenen Lösungs - und Färbungsmitteln behandelt werden.

Zum Schneiden bediene ich mich nach wie vor des früher von mir beschriebenen Support-Mikrotoms. 1Vergl. Einige Bemerkungen über histologische Technik. Arch. f. Anat. u. Phys. 1881.Dasselbe muss natürlich, wie jedes mechanische Instrument, gut gearbeitet sein und gut in Ordnung gehalten werden. Man hat von verschiede¬ nen Seiten her die Leistungsfähigkeit dieser Construction in Ab¬ rede stellen wollen, wie mir scheint ohne Grund. Der Support ist diejenige Führung, welche in jeder mechanischen Werkstätte anzutreffen ist und hier zu den gröbsten wie zu den feinsten Arbeiten benutzt wird. Wenn von Seiten einzelner Mikrosko¬ piker geklagt wird, dass die Schraube leicht schlottert, so be¬ weist dieses nur, dass die Fabrikanten zuweilen Instrumente für wissenschaftliche Zwecke in den Handel bringen, welche sie einem einfachen Metallarbeiter nicht anzubieten wagen wür¬21Die Methoden der Granulauntersuchung. den. Es scheint auch für den Mikroskopiker nicht ganz unnütz, dass er ein wenig weiss, worauf es bei mechanischer Präcision ankommt, und dass er im Nothfall sein Instrument selbst beur¬ theilen und in Ordnung halten kann. Die Schraubenführung hat jedenfalls den Vorzug, dass man während des Schneidens die Bewegung in jedem Punkt unterbrechen und weiterführen kann. Hätte man es immer mit reinem Paraffin oder mit so zarten Objecten zu thun, wie etwa Embryonen, so würde die Herstel¬ lung der Schnitte wenig Schwierigkeiten machen; sobald aber an einem Object die Theile sehr verschiedene Resistenz zeigen, ist eine sichere Beherrschung des Mikrotoms sehr erwünscht, und diese Beherrschung habe ich bis jetzt nur mit dem Support erlangt.

Eine kleine Verbesserung habe ich seitdem an dem Instru¬ ment noch angebracht, indem neben der grossen Mikrometer¬ scheibe eine zweite kleinere hinzugefügt wurde, welche durch Zahntheilung eingreift und eine direkte Ablesung von 1 μ und Theilen desselben gestattet, ohne die frühere Beweglichkeit der grossen Mikrometerscheibe zu beeinträchtigen. Es ist bei dünnen Schnitten sehr angenehm, der früheren unsicheren Schätzung so kleiner Werthe an der grossen Mikrometerscheibe überhoben zu sein und ausserdem bietet jene kleine Mikrometerscheibe den Vortheil, dass dabei eine direkte Berührung der Mikro¬ meterschraube vermieden wird.

Was die Vorbereitung der Präparate zur Darstellung der Granula betrifft, so ist hier vor Allem ein Punkt im Auge zu behalten, dass die Fixirung der Objecte und die nachfolgende Färbung derselben in direkter Abhängigkeit zu einander stehen und nur Theile eines und desselben Processes sind. Diese Ab¬ hängigkeit ist bei den bisher besonders üblichen Kernfärbungen meist keine sehr weitgehende, denn für dieselben konnte man sehr zahlreiche und verschiedene Fixirungsmittel, wie Alkohol, Sublimat, Salpetersäure, Picrinsäure, Chromsäure und andere mehr anwenden. Dieses ist bei der Darstellung der Zellen¬ granula nicht der Fall, sondern ich habe bis jetzt nur wenige specifische Fixirungsmittel finden können, welche die nach¬ folgende specifische Färbung derselben in allgemeinerer und umfassenderer Weise gestatteten. Das Verhältniss ist hier so,22Die Methoden der Granulauntersuchung. dass wir es merkwürdig zu finden pflegen, wenn irgend ein Fixirungsmittel die nachfolgende Kernfärbung herabsetzt oder gar aufhebt, während wir es merkwürdig finden müssen, wenn eines derselben die Granulafärbung gestattet. Die genannten gebräuchlichsten Mittel gestatten z. B. eine nachfolgende Gra¬ nulafärbung nicht oder nur in seltenen Fällen, einestheils weil sie, wie es scheint, die Substanz derselben zerstören, andern¬ theils weil sie, wo dieselbe etwa erhalten sein sollte, das Fär¬ bungsvermögen derselben aufheben.

Beim Experimentiren in dieser Richtung war es sehr wün¬ schenswerth, eine Methode zu haben, welche es erlaubte, die ver¬ schiedenen Fixirungen und Färbungen an den Paraffinschnitten desselben Objectstückchens versuchen zu können und so eine Hilfsmethode zu haben, welche das Auffinden der definitiven Methoden erleichterte. Wenn man tagelang warten muss, bis ein fixirtes Objectstückchen in Paraffin eingebettet ist, um sich dann erst zu überzeugen, dass eine einzelne angewendete Fixi¬ rung nicht zweckentsprechend war, so verliert man sehr viel Zeit und man wird alt, bevor man die Anfänge überwunden hat. Jene Abkürzung des Verfahrens gelang mir auf folgende Weise.

Lässt man frische Organstückchen gefrieren und trocknet dieselben im gefrorenen Zustande bei einer Temperatur von unter 20 °C. über Schwefelsäure im Vacuum vollständig aus, so erhält man in ihrem Volumen unveränderte Präparate, welche sich von dem frischen Zustande nur durch die Abwesenheit des Wassers unterscheiden, im Uebrigen aber sowohl in Bezug auf die Formen, wie in Bezug auf die Reactionen der Elemente den frischen Zustand bewahrt haben.

Wenn man solche ausgefrorenen Organstückchen mit ge¬ schmolzenem Paraffin im Vacuum direkt durchtränkt, so kann man an den Schnitten nach dem Auswaschen des Paraffins mit Xylol und nach dem Verdunsten des letzeren sowohl Fixirungen, wie auch Färbungen nacheinander versuchen und auf diese Weise eine grosse Zahl von Experimenten in kürzester Zeit an¬ stellen. Ich habe nur wenige Organstückchen auf diese Weise glücklich zum Ausfrieren gebracht, aber dieselben haben durch die grosse Zahl von Schnitten, welche sie hergaben, mir das23Die Methoden der Granulauntersuchung. Auffinden der Granulamethoden in mancher Hinsicht wesentlich erleichtert.

Wendet man bei diesem Trocknen höhere Temperaturen an, vielleicht solche von 10 ° bis 15 °C., so tritt der be¬ schriebene Effekt nicht ein; die Objecte backen nach einiger Zeit zu spröden, geschrumpften Stückchen so zusammen, wie dieses ja auch beim Trocknen bei gewöhnlicher Temperatur ge¬ schieht. Die Ursache hierfür ist jedenfalls die, dass, wenn durch Verdunsten des Wassers im Object die in diesem vorhande¬ nen Lösungen allmählich concentrirter werden, auch der Schmelz¬ punkt derselben sinkt, so dass schliesslich die Präparate, bevor sie trocken sind, aufweichen und bei dem weiteren Wasserverlust schrumpfen und zusammenbacken, während wir unter 20 °C. diejenige kritische Temperatur haben, bei welcher auch z. B. concentrirte Kochsalzlösungen fest werden und bleiben.

Dieses Austrocknen unterhalb der kritischen Temperatur hat nur den einen Nachtheil, dass bei der Behandlung der Ob¬ jecte mit geschmolzenem Paraffin und Xylol die in diesen Flüs¬ sigkeiten löslichen Substanzen verloren gehen; die übrigen Theile dürften dagegen wenig alterirt werden, denn wir wissen es auch von anderweitigen Erfahrungen her, dass selbst trockene Fer¬ mente und Eiweisskörper durch höhere Temperatur, wie sie dem geschmolzenen Paraffin eigen sind, nicht geschädigt werden.

Man hat dem Gefrieren der frischen Gewebe den Vorwurf gemacht, dass es durch Krystallbildung Zerreissungen in den¬ selben hervorrufe; ich habe darüber bei irgend eiweissreichen Organen nicht zu klagen gehabt, wenngleich viele Pflanzenobjecte für diese Behandlung allerdings wenig geeignet sein dürften. Wenn man vor dem Durchtränken der trockenen Organstückchen mit geschmolzenem Paraffin dieselben verschieden hohen Luft¬ temperaturen aussetzt, so scheint hierin selbst eine sehr variable Reihe von Fixirungen zu liegen, welche alle bekannten[Fixi¬ rungsmittel] an Feinheit bei Weitem übertreffen dürften; ich habe jedoch hiervon bis jetzt einen weiteren Gebrauch noch wenig gemacht, sondern mich damit begnügt, an den Paraffinschnitten der ausgetrockneten Objecte feuchte Fixirungen und Färbungen in kurzer Aufeinanderfolge durchzuversuchen und die auf diese Weise gewonnenen Erfahrungen an frischen Organstückchen24Die Methoden der Granulauntersuchung. direkt zu verwerthen. Die beigegebenen Abbildungen sind mit Ausnahme von Fig. 3 und 4 Taf. VI sämmtlich nach Präparaten gezeichnet, welche mit feuchtem Verfahren direkt behandelt waren.

Leider ist die Anwendung jenes Austrocknens keineswegs leicht. Es handelt sich dabei darum, so tiefe Temperaturen, die man der Sicherheit wegen am besten bis an 30 °C. heran wählt, längere Zeit constant zu erhalten. Denn wenn man zum Trocknen auch sehr kleine Organstückchen nimmt, so dauert es doch ein paar Tage, ehe alles Wasser verdunstet ist, da die Spannungen des Wasserdampfes bei so niederer Temperatur sehr gering sind. Ich habe die wenigen Objecte, die mir bisher ge¬ lungen waren, mit Hilfe von Kältemischungen erhalten. Die Besorgung derselben für so lange Zeit, innerhalb welcher nicht eine einzige Schwankung der Temperatur vorkommen darf, ist aber so aufreibend, dass hier maschinelle Einrichtungen augen¬ scheinlich den Vorzug verdienen; erst mit Hilfe der letzteren wird es gelingen, die Methode zum Arbeiten verwerthbar zu machen. Ich habe für diesen Zweck die Theorie und Technik der Kälteerzeugung sorgfältig durchgearbeitet und bin zu der Ansicht gekommen, dass die Expansion comprimirter und vorher getrockneter Luft hier am besten zum Ziele führen wird. Leider habe ich die Durchführung meiner Pläne aus äusseren Gründen noch nicht bewerkstelligen können. Dennoch glaube ich, dass die Methode es vollauf verdient, selbst bei einigen Opfern in's Werk gesetzt zu werden, ja es scheint mir, als wenn die ganze Zukunft der Zellenlehre an dieser Methode hängt; man muss die Mühseligkeiten einer langjährigen Experimentirarbeit hinter sich haben, um zu wissen, welche Schwierigkeiten die Analyse des Zelleninhaltes bereitet, wenn die Methoden erst gefunden werden müssen, und welcher Werth in der vorher beschriebenen Abkürzung der Zeit liegt, auch abgesehen von den Vortheilen, welche darin bestehen, dass die Fixirungsflüssigkeiten hier nicht auf Stücke, sondern auf Schnitte zu wirken haben.

Es ist zur Genüge bekannt, dass alle Fixirungsflüssigkeiten ihre Fehler haben und dass gerade die besten dadurch mangel¬ haft werden, dass sie bei der Einwirkung auch selbst auf kleine Organstückchen beim Eindringen in dieselben eine Zahl von25Die Methoden der Granulauntersuchung. Schichten zu passiren haben. Schon Max Schultze hat hierauf aufmerksam gemacht, und heute weiss wohl ein Jeder, der sich mit feineren mikroskopischen Untersuchungen befasst, diesen Mangel zu beurtheilen. Bei dem Ausfrieren unterhalb der kri¬ tischen Temperatur fällt dieser Mangel fort, und alle Unklar¬ heiten, welche durch die reine Empirie in der Anwendung der fixirenden Reagentien bedingt sind, werden hier durch klare physikalische Vorgänge ersetzt. Während sonst bei der Fixi¬ rung durch das Hinzutreten bestimmter chemischer Stoffe und durch die Bildung bestimmter chemischer Verbindungen in den Geweben die spätere Reactionsfähigkeit der Elemente auf einen mehr oder weniger engen Kreis beschränkt wird, besitzen wir in dem Ausfrieren der Gewebe eine Methode, welche diese Re¬ aktionsfähigkeit in ihrem natürlichen Zustande conservirt und daher einen durchaus universellen Charakter hat; hierzu kommt noch, dass die Erhaltung selbst der subtilsten Formen nach meiner Erfahrung auf andere Weise nicht, so vollkommen er¬ reicht wird, wie hier.

Wie weit das Ausfrieren der Gewebe unterhalb der kriti¬ schen Temperatur auch sonst für mikroskopische Zwecke an¬ wendbar ist, das mag noch an einem Beispiel erörtert werden. Man hat von verschiedenen Seiten her angefangen, die Reac¬ tionen lebender Elemente auf intra vitam in den Organismus eingeführte Farbstoffe zu prüfen und sei hier besonders an die schönen Beobachtungen, welche Oscar Schultze über die vitale Metylenblaureaction der Zellgranula1l. c. angestellt hat, erinnert. Es ist aber weder Anderen, noch mir selbst bisher gelungen, die so imprägnirten Organe in einen Zustand zu bringen, dass man von ihnen dünne Schnitte in Balsam untersuchen könnte, sodass man auf frische Zupfpräparate und kurze Beobachtung angewiesen ist, und gerade diejenigen Theile, in denen die Re¬ action am intensivsten auftritt, sich der Beobachtung überhaupt entziehen. Einestheils wird der Farbstoff bei dem Absterben der Organe leicht zu Leukoprodukten verändert, anderntheils wird derselbe sowohl durch wässerige Einschlussmittel, wie auch durch diejenigen Flüssigkeiten, welche als Vorbereitung für den26Die Methoden der Granulauntersuchung. Balsam das Wasser entfernen sollen, extrahirt. Wird jedoch das lebende Organ durch das Gefrieren sofort fixirt, so tritt beim Trocknen desselben unterhalb der kritischen Temperatur eine Veränderung der vitalen Farbstoffreaction nicht ein, und ist das Gewebe erst trocken, so kann es ohne Nachtheil für die Farbstoffverbindungen mit Paraffin durchtränkt, geschnitten, mit Xylol gewaschen und in Balsam eingeschlossen werden; man erhält so Dauerpräparate, welche den besten Vergrösserungen zugänglich sind.

Auch abgesehen von seiner Verwendung für morphologische Zwecke dürfte das Ausfrieren unterhalb der kritischen Tempe¬ ratur nützlich sein. Indem wir z. B. ein lebendes Organ, statt es absterben zu lassen, acut gefrieren machen, gewinnen wir durch jene Methode die Möglichkeit, eine Substanz in trockner Pulverform vor uns zu haben, die wir in einem Zustande direkt angreifen können, welcher sich von dem des Lebens nur durch die Abwesenheit des Wassers unterscheidet. Was wir aus den durch das Absterben veränderten wasserhaltigen Organen ex¬ trahiren, mag als Zersetzungsprodukte der lebenden Substanz gewiss von Werth sein; vielleicht ist es aber durch jene Methode zu erreichen, nicht nur chemisch, sondern biochemisch vor¬ zugehen, abgesehen von den Vorzügen, welche auch sonst in der späteren Handlicheit und Sauberkeit des Verfahrens liegen.

Es mag noch darauf hingewiesen werden, dass in dem Aus¬ frieren der Gewebe unterhalb der kritischen Temperatur endlich auch ein Mittel gefunden zu sein scheint, um die von Naegeli geschaffenen Anschauungen über die micellare Natur der orga¬ nisirten Substanz einer experimentellen Prüfung zu unterziehen. Diese Micellartheorie wird augenscheinlich die Grundlage der Erwägungen zu bilden haben, wenn es sich darum handeln wird, die lebendigen Vorgänge durch Gesetze der Mikrophysik zu erklären; sie basirt in Ihrem ganzen Wesen aber auf den Vorstellungen über den Gegensatz des wasserhaltigen und wasser¬ freien Zustandes der organisirten Substanz. Gelingt es nun, wie dieses augenscheinlich bei der Ausfriermethode der Fall ist, den wasserfreien Zustand herzustellen, ohne die Organisation zu stören, und so die Micellen trotz des Wasserverlustes in ihrem27Die Methoden der Granulauntersuchung. ursprünglichen Abstande zu erhalten, so haben wir hierin augen¬ scheinlich ein Mittel, durch eine Summe künstlich erzeugter Beob¬ achtungen jener Theorie als der Grundlage einer Mikrophysik näher zu treten. 1Ich muss es lebhaft bedauern, dass es mir aus äusseren Gründen bisher noch nicht möglich gewesen ist, die Methode des Ausfrierens unterhalb der kri¬ tischen Temperatur wenigstens im Kleinen für morphologische Zwecke mit Hilfe maschineller Einrichtungen des Weitern auszunutzen, obwohl mir die Vortheile der Methode mit Hilfe der Kältemischungen schon seit Jahren be¬ kannt geworden sind. Es liegt hierin auch der Grund, weshalb die Granula¬ methoden von mir überhaupt so spät veröffentlicht werden, da ich nicht gerne etwas Unvollendetes aus der Hand geben wollte und der Ueber¬ zeugung war, mit Hilfe jener Methode der Granulalehre eine noch festere Gestaltung geben zu können, als es mir jetzt ohne dieselbe möglich ist.

Unter den Fixirungsmitteln nun, welche für die Darstellung der Zellengranula von Wirkung sind, muss man diejenigen unterscheiden, welche nur in vereinzelten Fällen Resultate auf¬ weisen, von denjenigen, die dieses allgemein thun. Von den ersteren habe ich eine ganze Anzahl gefunden; so kann man z. B. gelegentlich auch mit Hilfe von concentrirter Sublimatlösung ein Granulabild erhalten, auch Jodkaliumquecksilberbijodid und Bromkaliumquecksilberbibromid, Tanninlösungen und andere Stoffe mehr geben gelegentlich ein Resultat. Es schien jedoch zweckmässig, zunächst, besonders diejenigen Fixirungen zu be¬ vorzugen, welche allgemein in den verschiedenen Zellengat¬ tungen der verschiedenen Thierklassen Granulabilder ergaben. Unter diesen hat sich insbesondere eine Mischung bewährt, welche durch Zusammengiessen gleicher Volumina einer 5pro¬ centigen Lösung von Kaliumbichromat und einer 2procen¬ tigen Lösung der Ueberosmiumsäure erhalten wird. Diese Mi¬ schung dringt leichter in die Organstückchen hinein, als reine Ueberosmiumsäure, sie conservirt die feinen Formelemente vor¬ trefflich, und wenn sie auch die nachfolgenden Farbstoffreac¬ tionen wie alle Osmiumlösungen ein wenig erschwert, so ge¬ lingen dieselben bei einiger Gewandtheit in der Färbung und bei recht dünnen Schnitten doch zur vollen Zufriedenheit. Die Mehrzahl der beigegebenen Abbildungen stammen von Präpa¬ raten her, welche mit Hilfe jener Mischung fixirt sind.

Die dem eben getödteten Thiere entnommenen sehr kleinen28Die Methoden der Granulauntersuchung. Organstückchen werden in die Mischung gebracht, 24 Stunden darin belassen, dann in fliessendem Wasser mehrere Stunden gewaschen und nachdem sie einige Zeit nacheinander in Alkohol von 75 %, 90 %, 100 % gelegen haben, mit Hilfe des Xylols in der oben beschriebenen Weise in Paraffin eingebettet. Die Schnitte selbst werden, nachdem sie rite auf dem Objectträger angeklebt und angeschmolzen sind, zunächst durch Xylol vom Paraffin befreit und mit Alkohol gewaschen. Nachdem man den Ueberschuss des Alkohols entfernt hat, kommt direkt die Farb¬ stofflösung auf das Präparat.

Zur Färbung der Granula wird, wie schon früher von mir beschrieben ist,1Studien über die Zelle. Leipzig 1886. Säurefuchsin benutzt, welches durch Picrin¬ säure differenzirt wird. Die Farbstofflösung, welche ich früher benutzt und empfohlen habe, bestand aus einer 10procentigen Lösung des Säurefuchsins in Alkohol. Einen anderen Farb¬ stoff, der das Säurefuchsin hätte ersetzen können, habe ich trotz aller Bemühungen noch nicht gefunden, abgesehen von vereinzelten Fällen, in denen auch einmal eine andere Färbung sich als wirksam erweist. An Stelle der früheren Lösung be¬ nutze ich jedoch jetzt eine andere, weil die ältere nicht aus¬ reicht, um den Widerstand der Osmiumfixirung zu überwinden. Für die aus der Osmiummischung hervorgegangenen Präparate ist es nöthig, in folgender Weise zu verfahren. Zunächst wird eine kalt gesättigte und filtrirte Lösung von Anilin in Wasser hergestellt und in 100 Cbctm. derselben 20 Gramm Säurefuchsin gelöst. Von dieser Lösung bringt man eine Quantität auf den Objectträger und erwärmt denselben über freier Flamme, bis sich seine Unterfläche empfindlich heiss anfühlt und die Farb¬ stofflösung dampft. Dann lässt man abkühlen und spült den Farbstoff mit einer Picrinsäurelösung ab, welche durch Ver¬ mischen eines Volumens concentrirter Picrinlösung in absolutem Alkohol mit 2 Volumina Wasser hergestellt ist. Dann giesst man eine neue Portion der Picrinsäurelösung auf den Object¬ träger und erwärmt denselben.

Dieses letztere Erwärmen ist der schwierigste Theil des Färbungsverfahrens, weil eine zu geringe Erwärmung die Diffe¬29Die Methoden der Granulauntersuchung. renzirung nicht genügend bewirkt, während eine Uebersteigung der Wärmegrenze das Präparat völlig abblassen macht. Ich benutze hierzu die Metallfläche meines in constanter Temperatur befindlichen Paraffinofens und lasse die Objectträger mit der Picrinlösung 30 60 Secunden darauf liegen, um dann ohne Zeitverlust das Picrin mit Alkohol abzuspülen, mit Xylol nach¬ zugehen und in Xylol-Dammar einzuschliessen. Es wird die Sache der persönlichen Erfahrung und Erprobung eines jeden Einzelnen sein, diese Erwärmung so constant und sicher als möglich zu machen, um zu guten Resultaten zu kommen.

Der Grad und die Dauer der Erwärmung der Picrinlösung variirt etwas, je nachdem die Farbstofflösung vorher mehr weniger stark und lange erhitzt worden ist und je nach der Natur der Präparate, sodass auf eine stärkere Färbung natur¬ gemäss eine stärkere Differenzirung zu folgen hat. Sollte, was leicht vorkommen kann, die erste Erwärmung noch nicht ge¬ nügend gewirkt haben, so muss man nochmals mit Picrinlösung in gleicher Weise behandeln. Für diesen Zweck ist es gut, dass, wenn man noch nicht soviel Erfahrung besitzt, um aus der äusseren Erscheinung des Präparates den Grad der Differenzi¬ rung genau beurtheilen zu können, das Präparat zunächst in Xylol untersucht wird, damit es gegebenen Falls nochmals mit Alkohol abgespült und mit Picrin von Neuem behandelt werden kann.

Das Endresultat soll, wie dieses aus den beigegebenen Ab¬ bildungen ersichtlich ist, so sein, dass diejenigen Granula, welche überhaupt mit dieser Methode erreichbar sind, scharf gefärbt hervortreten, das Uebrige dagegen keinen oder nur einen grau¬ gelblichen Farbenton zeigt, wie er theils von der Osmiumsäure, besonders aber von der Picrinlösung herrührt. Hat man die Proceduren öfters durchgeführt, so kommt man bald dahin, ohne grosse Mühe gelungene Präparate zu erhalten. Es ist mir wenig¬ stens stets gelungen, Laboranten und Studirende in wenigen Tagen auf die Methode einzuüben.

Wie die Erhitzung des Farbstoffes und die Erwärmung der Picrinlösung je nach der Natur der Objecte zu variiren ist, so gilt dieses auch von der Schnittdicke. Bei manchen Zellen¬ gattungen, welche sehr kleine und dichte Granula haben, muss30Die Methoden der Granulauntersuchung. diese Dicke bis auf 1 μ herabgedrückt werden, in anderen Fällen kommt man mit 2 μ aus, und sind dieses die Extreme, welche mir für alle Fälle genügt haben.

Es mag noch bemerkt werden, dass jene Säurefuchsinlösung in Anilinwasser in ihren Wirkungen weniger von der Qualität des Farbstoffes abhängt, wie dieses bei der früheren neutralen Lösung in Alkohol der Fall war. Bei dem Osmiumgemisch ist darauf zu achten, dass die Osmiumlösung nicht durch längeres Stehen an Gehalt verloren hat und dass das Kaliumbichromat nicht etwa mit freier Chromsäure verunreinigt ist: diese sowohl, als auch Zusätze von andern freien Säuren, wie Essigsäure etc., sind durchaus schädlich und vermindern die Feinheit des Bildes oder heben die Reaction auf. Diese Reaction ist durchaus speci¬ fischer Natur und es bedarf des Zusammenwirkens aller der beschriebenen Agentien, um sie sicher eintreten zu lassen.

Wenn man die beschriebenen Vorsichtsmassregeln einhält, so gelingt es einigermassen sicher, in allen Zellengattungen der verschiedenen Thierklassen diejenigen Granula zur Anschauung zu bekommen, welche überhaupt dem Säurefuchsin zugänglich sind. Bei Pflanzenobjecten ist dieses anders; hier leistet das Osmiumgemisch sehr wenig, und haben sich dort andere Fixi¬ rungsmittel als zweckmässiger gezeigt; doch sind auch mit diesen die Resultate aus den im vorigen Capitel angegebenen Gründen wenig befriedigend, sodass ich selbst vorläufig darauf verzichtet habe, die Pflanzenzelle in den Bereich meiner Studien zu ziehen.

Von den sonstigen Fixirungsmitteln, welche sich für die allgemeinere Darstellung der Zellengranula als geeignet erwiesen haben, möchte ich noch das salpetersaure Quecksilberoxyd her¬ vorheben. Es war dieses das erste Mittel, mit welchem mir eine allgemeinere Demonstration der Granula gelang und sind alle Präparate, welche den Studien über die Zelle auf Glim¬ merplättchen beigegeben waren, mit diesem Mittel fixiert. Auch von den hier beigegebenen Abbildungen sind einige den damit behandelten Präparaten entnommen. Zur Herstellung der Fixi¬ rungsflüssigkeit wird zunächst rothes, trockenes Quecksilberoxyd in Salpetersäure von 1,185 p. s. durch Verreiben in der Reib¬ schale bis zur Sättigung gelöst und von dieser vorräthig ge¬ haltenen Lösung für den jedesmaligen Gebrauch 1 Volumen mit31Die Methoden der Granulauntersuchung. 3 Volumina Wasser und 1 Volumen Ameisensäure 1,12 p. s. ver¬ mischt. Die frischen Organstückchen werden sofort nach der Vermischung in die Flüssigkeit hineingelegt und mehrere Stunden darin belassen. Die Flüssigkeit selbst hält sich nur kurze Zeit klar, alsbald sieht man einen Niederschlag auftreten, der sie trübt, sich zu Boden setzt und sich auf der Oberfläche der Organstückchen ablagert. Im Innern derselben habe ich Queck¬ silberniederschläge nicht gefunden. Doch konnte immerhin der Verdacht rege werden, dass hier dieselben vorhanden sind und das Bild der Granula künstlich vortäuschen. Auch in dieser Beziehung erscheint das Osmiumgemisch zuverlässiger, und es dürfte kaum eine Fixirungsflüssigkeit geben, welcher wir ein grösseres Vertrauen entgegenzubringen berechtigt sind, besonders wenn die Abwesenheit von Verunreinigung mit freien Säuren constatirt ist; die Conservirung auch der feinsten Formen¬ elemente ist deshalb hier auch eine vorzügliche und dürfte wohl nur noch durch das Ausfrieren unterhalb der kritischen Temperatur übertroffen werden. Bei dem salpetersauren Queck¬ silberoxyd ist zwar der Umstand angenehm, dass die nach¬ trägliche Färbung brillanter gelingt und etwas dickere Schnitte verwerthet werden können, die eigentliche Conservirung ist da¬ gegen roher.

Was die weitere Behandlung der Quecksilberpräparate be¬ trifft, so werden dieselben aus der Fixirungsflüssigkeit direkt in absoluten Alkohol übertragen und von hier aus in Paraffin ein¬ gebettet. Da Quecksilbersalze die Farbenreactionen nicht er¬ schweren, wie die Osmiumsäure, so kann man hier mit jener neutralen Säurefuchsinlösung prachtvolle Färbungen erhalten, wie dieses bereits in den Studien über die Zelle genauer be¬ schrieben ist. Im Allgemeinen thut man gut, das Osmiumgemisch vorzuziehen; nur in einigen Fällen ist das Quecksilberverfahren zur Ergänzung desselben nützlich.

Es verdient noch hervorgehoben zu werden, dass, während z. B. fast sämmtliche Organe des Frosches mit dem Quecksilber¬ verfahren gute Bilder geben, man bei Säugethieren mit dem¬ selben seine Schwierigkeiten hat, und sehr vorsichtig manipu¬ liren muss, um mit Hilfe jener Mischung in einzelnen Fällen gute Resultate zu erhalten. Auch in dieser Beziehung steht32Die Methoden der Granulauntersuchung. das Osmiumgemisch weit voran, indem hier die verschiedenen Thierklassen meist gleich gute Bilder geben.

In manchen Fällen ist es nützlich, dem Quecksilbergemisch statt der Ameisensäure dasselbe Volumen Eisessig zuzusetzen; diese Mischung ist haltbar und kann vorräthig aufgehoben werden; beim Gebrauch treten darin keine Niederschläge auf. Statt der Lösung des Quecksilberoxydes in Salpetersäure kann auch eine solche in Picrinsäure angewendet werden, doch ist dieselbe sehr empfindlich, sodass ihre Anwendung ziemlich schwierig ist; in manchen besonderen Fällen, wie z. B. bei Embryonen, hat sie mir Vortheile gebracht.

Es erscheint nicht zweckmässig, hier auf die zahlreichen Versuche einzugehen, welche mir gelegentlich in einzelnen Fällen gute Resultate gegeben haben; es würde dieses zu weit führen und eine Verständigung in dieser Beziehung schwierig sein. Alle diese Versuche werden erst dann ihre Bedeutung gewinnen, wenn die vorbereitende Methode des Ausfrierens unterhalb der kritischen Temperatur allgemeiner zur Anwendung gekommen sein wird; es wird dann gelingen, grössere Gruppen von metho¬ dischen Variationen anzuwenden und dieselben nach bestimmten Gesichtspunkten zu ordnen. Ich habe mich deshalb in den vor¬ liegenden Untersuchungen auch damit begnügt, fast nur solche Resultate herbeizuziehen, welche mit dem Osmiumgemisch und allenfalls mit der Quecksilberlösung gewonnen worden sind, in¬ dem ich die Durcharbeitung der Details, wie sie mit anderen methodischen Variationen möglich ist, von der Ausfriermethode und der Zukunft erhoffe. Vor allen Dingen hoffe ich hier auch mit anderen Farbstoffen endlich zu Resultaten zu kommen; bis¬ her mussten sich alle meine Bemühungen dahin zuspitzen, die Fixi¬ rung möglichst für das Säurefuchsin einzurichten; die dem Säure¬ fuchsin nicht zugänglichen Granulaarten, die vielleicht zahl¬ reicher sind, als die bisher dadurch sichtbaren, dürften doch nur durch andere Farbstoffe aufgedeckt werden.

In Bezug auf die Anwendung des Osmiumgemisches mag noch erwähnt werden, dass es unschwer gelingt, das in den Geweben haftende reducirte Osmiummetall oder dessen niedere Oxyde durch Oxydation zu Ueberosmiumsäure nach¬ träglich zu entfernen. Hierzu kann man das von Flemming33Die Methoden der Granulauntersuchung. empfohlene ozonisirte Terpentinöl benutzen; auch Heidenhain scheint dieses mit Hilfe von Chromsalzen gelungen zu sein. 1R. Heidenhain, Beiträge zur Histologie und Physiologie der Dünn¬ darmschleimhaut. Arch. f. d. gesammte Physiologie 1888, Supplement S. 86.In eleganter und sicherer Weise gelingt diese Oxydation durch Goldchlorid und seine Doppelsalze. Im Allgemeinen habe ich von dieser Wegschaffung des Osmiums aus dem Gewebe wenig Nutzen gesehen; der Widerstand gegen Farbenreactionen wird wohl gemildert, aber in anderer Beziehung unsicherer, und die feineren Elemente verlieren an Präcision der Formen, welche ihnen augenscheinlich das reducirte Osmium verleiht. Nur am Kern habe ich durch die Oxydation mit Goldchlorid das Resultat erreicht, dass danach die Kerngranula2Die Structur des Zellkerns. Arch. f. Anat. u. Phys. 1889. mit Cyanin färbbar wurden. Ein näheres Eingehen auf diese Methode muss ich mir leider hier noch ersparen; die Methode ist noch so com¬ plicirt und unsicher, dass ich es Anderen nicht zumuthen kann, damit zu arbeiten, und gedenke ich erst dann darüber näheren Bericht zu erstatten, wenn die Methode des Ausfrierens unter¬ halb der kritischen Temperatur mir zur Verfügung stehen wird. Für jetzt muss ich mich damit begnügen, einige Beispiele von Kerngranulis auf der beigegebenen Tafel VI beizubringen; ein¬ zelne Präparate hiervon sind auf der Anatomenversammlung in Berlin demonstrirt. Mit Hilfe der Ausfriermethode hoffe ich die Darstellung der Kerngranula so variiren zu können, dass sie ein Jeder leicht handhaben kann.

Andrerseits gehört es nicht minder zu den Vorzügen des Osmiumgemisches, dass durch dasselbe das Fett und zwar so¬ wohl Neutralfett wie Fettsäure selbst geschwärzt werden3Vergl. das Genauere hierüber in dem Capitel über die Secretions¬ erscheinungen., und bildet in dieser Beziehung die Anwendung des Gemisches eine Ergänzung derjenigen Wirkungen, welche wir bei der Methode des Ausfrierens haben, denn gerade Fettsäurederivate sind es, welche bei der letzeren durch die Einwirkung des geschmolzenen Paraffins und des Xylols verloren gehen können.

Dasjenige, was sich von Osmiumschwärzungen auch trotz der zur Einbettung verwendeten Flüssigkeiten erhält, ist späterAltmann, Elementarorganismen. 334Die Methoden der Granulauntersuchung. beim Einlegen der Schnitte unter dem Deckglas immer noch der Gefahr der Extraction ausgesetzt, indem Xylol-Balsam, oder auch Xylol-Dammar bei manchen Objecten leicht Entfärbungen verursachen. Will man dieser Gefahr entgehen, so muss man die Schnitte in Paraffinum liquidum unterbringen. Dieses bricht das Licht zwar etwas schwächer, doch kommt dieser Umstand nicht gerade wesentlich zur Erscheinung, wenn der volle Be¬ leuchtungskegel angewendet wird, da dieser wie bekannt im Stande ist, die Brechungsunterschiede, die ja im Balsam auch nicht ganz fehlen, auszugleichen. Andererseits kann man bei Anwendung der engeren Beleuchtungskegel aus der geringeren Brechung des Paraffinum liquidum Vortheile ziehen. Diese Flüssigkeit conservirt auch die empfindlichsten Osmiumschwär¬ zungen, soweit sie nach der Einbettung sich noch in den Schnitten finden, auf das Beste. Will man andererseits die Osmiumschwär¬ zung aus den Fettsäurederivaten entfernen, so genügt bei man¬ chen Objecten ein Einlegen der Schnitte in Xylol-Balsam und das mehr weniger lange Erwärmen des Objectträgers auf dem Wärmeofen. In den schwierigen Fällen kann die Entfärbung, wie oben erwähnt, durch mehr weniger intensive Einwirkung von Goldlösungen herbeigeführt werden. Die verschiedenen mit Fettsäurederivaten versehenen Formelemente der Zellen zeigen in Bezug auf den Widerstand gegen die verschiedenen Extrac¬ tionen eine weitgehende Stufenfolge von Differenzen.

Die Ursachen bei der Extraction der Osmiumschwärzungen sind jedenfalls in zwei verschiedenen Momenten zu suchen: zu¬ nächst in der Löslichkeit derjenigen Substanz, an welcher das reducirte Osmiummetall oder seine niederen Oxyde anhaftet, dann in der Oxydation der Osmiumniederschläge selbst. Wenn z. B. eine Osmiumschwärzung durch Einlegen der Stücke in kaltes Xylol oder Chloroform verloren geht, dann haben wir keinen Grund, oxydirende Wirkungen der letzteren anzunehmen; wir werden uns vorstellen müssen, dass hier die Verbindung, welche die in Xylol und Chloroform lösliche Substanz mit dem Osmium einging, so locker ist, dass sie durch diese Flüssig¬ keiten wieder zerstört wird; in diesen Fällen sieht man auch jene in das Xylol oder Chloroform eingelegten Stücke sich mit einem schwarzen Hof umgeben, als Zeichen, dass hier eine35Die Methoden der Granulauntersuchung. Oxydation des reducirten Osmiums nicht stattgefunden hat. Legen wir dagegen solche mit Osmium geschwärzten Organ¬ stücke in eine wässerige Lösung des Goldchlorids, so vermag diese Neutralfette etc. wegen ihrer Unlöslichkeit in Wasser nicht aufzunehmen; dennoch sehen wir das Organstück farblos wer¬ den und zwar ohne dass sich ein schwärzlicher Hof um das¬ selbe bildet. Bei ozonisirtem Terpentinöl werden beide Momente gleichzeitig wirken können.

Die Verbindung des Neutralfettes mit dem reducirten Os¬ mium scheint von allen Fettsäurederivaten die festeste zu sein; wenn die Osmiumsäure kräftig und lange genug gewirkt hat, dann gelingt es nicht, jene Verbindung durch kaltes Xylol oder Chloroform zu zerstören.

Auch die Wirkungen des Xylol-Balsams auf die schon unter dem Deckglas befindlichen Schnitte dürften sich in jener doppel¬ ten Weise äussern, nämlich in der lösenden Kraft des Xylols und in der oxydirenden Kraft des Balsamharzes. Auch das Nelkenöl wird nach beiden Richtungen wirksam sein; es ist nicht nur ein gutes Lösungsmittel für die Fettsäurederivate, sondern besitzt auch energisch oxydirende Wirkungen, die sich gegenüber den Präparaten auch sonst besonders bei den Anilin¬ farbstoffen deutlich zeigen.

Während also Xylol und Chloroform, sowie ähnliche Mittel nur durch ihre lösenden Eigenschaften wirken, thun dieses Xylol-Balsam und ozonisirtes Terpentinöl ausserdem noch durch ihre oxydirenden; bei dem Goldchlorid kommen in erster Linie die letzteren in Betracht, die ersteren nur dann, wenn es sich um Fettsäurederivate handelt, welche durch Wasser löslich oder leicht angreifbar sind. Auch die Chromsalze dürften ähn¬ lich wie das Goldchlorid wirken, doch habe ich über dieselben keine eigenen Erfahrungen. Es verdient hervorgehoben zu wer¬ den, dass eine zweiprocentige Lösung von Goldchlorid in allen Fällen zum Ziele führt, wenn die Einwirkung lange genug dauert; auch Neutralfett, welches mit dem reducirten Osmium augen¬ scheinlich die festeste Verbindung eingeht, wird dadurch entfärbt.

Alle diese Wirkungen, mögen sie auf den lösenden oder oxydirenden Eigenschaften der Reagentien beruhen, werden naturgemäss durch die Wärme erhöht. Ob ausser Fettsäure¬3*36Die Methoden der Granulauntersuchung. derivaten noch andere Substanzen in den Geweben vorkom¬ men, welche die Osmiumsäure energisch bis zur Schwär¬ zung reduciren, ist noch in keinem Falle sicher gestellt, doch muss die Möglichkeit hier zugegeben werden. Dagegen ist es bekannt, dass fast alle organischen Gewebstheile diese redu¬ cirenden Eigenschaften bis zur Gelbfärbung zeigen.

In Bezug auf die Beobachtung der Granulabilder lässt sich nur im Allgemeinen sagen, dass die volle Ausnutzung der heute uns zur Verfügung stehenden optischen Hilfsmittel nöthig ist, um die Details deutlich zu übersehen. Mir sind gelegentlich Fälle vorgekommen, wo der Zellenleib trotz sorgfältiger Diffe¬ renzirung mit Picrin gleichmässig roth blieb und bei übermässiger Differenzirung gleichmässig farblos wurde; es war demnach nicht zu entscheiden, ob es sich hier um eine gleichartige Substanz oder um so kleine und dichte Granula handelte, dass dieselben mit den heutigen Objectiven nicht mehr aufgelöst werden können. Die Uebergänge hierzu finden sich vielfach und man braucht nur die beigegebenen Abbildungen zu durchmustern, um eine Stufenfolge von gröberen, kleineren und kleinsten Granulis zu finden, so dass es nur noch eines weiteren Schrittes der Verfeinerung bedarf, um das homogene Bild trotz einer scharfen Differenzirung zu erzeugen.

Weil aber die Granula der Zelle in Bezug auf ihre Grösse und Dichtigkeit oft die Grenze des Mikroskopes berühren und wahrscheinlich auch überschreiten, darum ist die volle Aus¬ nutzung der Kräfte desselben dringend nothwendig und die heutigen Apochromaten, welche wegen ihrer vollkommenen Cor¬ rektion in ihrer ganzen Oeffnung nutzbar sind, bilden einen willkommenen Fortschritt, der uns hier wesentlich zu Gute kommt. Will man die Kräfte derselben völlig ausnutzen, so thut man nach meinen Erfahrungen gut, selbst an seinem Ob¬ jectiv den Correktionszustand desselben genau zu bestimmen und danach sowohl die Brechkraft des Immersionsöles, als auch diejenige Tubuslänge auszusuchen, die diesem Correktionszustand am besten entspricht. Trotz der Exaktheit, mit welcher heute unsere optischen Fabrikanten vorgehen, findet sich doch nur selten ein Objectiv, an welchem die beigegebenen Angaben über diese beiden Faktoren gut stimmen und die apochroma¬37Die Methoden der Granulauntersuchung. tischen Objektive sind, wenn es sich um das Beste handelt, was sie leisten sollen, in dieser Beziehung sehr empfindlich. Am zweckmässigsten wäre es vielleicht, wenn auch für diese Oel¬ systeme die früher an den Wasserimmersionen gebräuchliche Correktionsschraube angebracht würde und so ein Jeder die Möglichkeit hätte, selbst den besten Stand seines Objectivs auf¬ zusuchen, besonders auch deshalb, weil trotz der Angaben der Homogenität die von den Optikern den Objectiven beigegebenen Immersionsöle etwas schwächer brechend zu sein pflegen, als die Deckgläschen der Präparate. Würde die Brechkraft des Oeles ganz gleich sein, so wäre die Correktionsschraube nur noch für den Fall von Nutzen, wenn das unter dem Deckglas befindliche, das Präparat einschliessende Medium eine abwei¬ chende Brechung besässe; ich bediene mich deshalb bei schwie¬ rigen Fällen nicht nur eines genau auf das Deckglas abgestimm¬ ten Immersionsöles, sondern auch zum Einschluss der Präparate statt des üblichen Canadabalsams oder Dammarharzes des Copaivabalsams, dessen Brechung genau der des Deckglases gleich kommt, und welcher unverdünnt benutzt werden kann. Auf diese Weise gelingt es, auch noch bei einem stärkeren Okular die Schönheit der Bilder zu erhalten und in der Ver¬ grösserung so weit vorzugehen, als es die Apertur des Objec¬ tivs, das heisst die Aberration der Beugung gestattet. 1Vergl. Zur Theorie der Bilderzeugung. Arch. f. Anat. u. Phys. 1880.Die Brechkraft unserer Deckgläschen habe ich so bestimmt, dass ich eine Anzahl derselben zusammenschmolz und ein Prisma daraus schleifen liess; der Index derselben, welche wie meistens aus englischen Quellen stammten, lag nicht unbeträchtlich über dem des Cedernöles.

Mit Hilfe der Ausnutzung aller Kräfte des heutigen Mikro¬ skopes gelingt es, trotz der Kleinheit der Zellen, ziemlich weit in das Innere derselben hineinzudringen. Ob später vielleicht besondere optische Massnahmen uns noch weiter führen werden, das lässt sich für jetzt nicht voraussagen; theoretisch ist die Grenze des Mikroskopes mit den heutigen Constructionen noch nicht abgeschlossen. 2Vergl. Ueber die Verbesserungsfähigkeit des Mikroskopes. I. und II. Mittheilung Arch. f. Anat. u. Phys. 1886 u. 1888.

38Die Methoden der Granulauntersuchung.

Gegenüber den Bemühungen, die Elementartheile der leben¬ den Substanz durch künstliche Differenzen sichtbar zu machen, stellen die direkten natürlichen Beobachtungen in ihrer Wirkung weit zurück.

Man hat den Werth dieser Beobachtungen vielfach in den Vordergrund gestellt, indem man ihre Zuverlässigkeit rühmte, während man gleichzeitig darauf hinwies, dass künstlich er¬ zeugte Bilder gar leicht Kunstprodukte sein können, die mit der Natur nichts gemein haben. Noch heute scheint die An¬ sicht weit verbreitet zu sein, dass, wenn man an einem frischen oder lebenden Object Theile desselben durch stärkere Licht¬ brechung hervortreten sieht, dieses Bild zugleich die Structur des Objectes bedeuten müsse, dass dagegen, was etwa durch künstliche Behandlung sichtbar wird, nur dann einen Werth er¬ hält, wenn es sich durch die Beobachtung des natürlichen Zu¬ standes bestätigen lässt.

Es liegt hierin mancherlei Wahres, aber auch mancherlei Falsches. Vor Allem ist es ein grosser Mangel der natürlichen Objecte, dass man an ihnen überhaupt nur relativ wenig sieht, dass man dazu auf eine kleine Zahl günstiger Objecte ange¬ wiesen ist, und dass das Wenige, was man an diesen wenigen Objecten erkennt, oft sehr zart und unbestimmt in Erscheinung tritt, besonders wenn es sich um die kleinsten Formelemente handelt. Der Werth und die Wichtigkeit solcher Beobachtungen kann nicht in Abrede gestellt werden, aber sie haben bisher nicht hingereicht, um das Wesen des protoplasmatischen Baues aufzudecken, ja dort, wo man aus diesen Beobachtungen prin¬ cipielle Folgerungen hergeleitet hat, sind diese in irrthümliche Wege gegangen, wie das oben erwähnte Beispiel von der durch Heitzmann und Frommann angenommenen primären Netzstruc¬ tur des Protoplasmas zeigt, und wie die noch heute allgemein verbreitete Anschauung von der doch nur scheinbaren Gleich¬ artigkeit und Homogenität der Sarkode beweist.

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III Körner und Fäden der Zellen.

In den beigegebenen Abbildungen findet sich eine grössere Zahl von Beispielen derjenigen Bilder, welche durch die im vorigen Capitel beschriebenen Methoden in den Zellen sichtbar gemacht werden können. Naturgemäss sind diese Bilder nur eine Auswahl der mannigfachen Variationen, unter denen die Granulastructuren in den Zellen auftreten, andererseits ist je¬ doch diese Auswahl so reichlich bemessen, dass sie hinreichen dürfte, um eine Uebersicht des durch jene Methoden Erreich¬ baren zu geben. Wir haben bereits oben hervorgehoben, dass diese Methoden augenscheinlich nur einen Theil der die Zellen zusammensetzenden Elementarkörperchen sichtbar machen und dass erst weitergehende Versuche die Aussicht eröffnen, hierin zu grösserer Vollständigkeit zu gelangen.

Indem Pigmentzellen und Muskelfasern als Vorbilder der Zellenstructuren überhaupt aufgefasst werden zu können scheinen, ist es vielleicht nützlich, unsere weiteren Erörterungen zunächst an diese beiden Zellengattungen anzuknüpfen.

Um die Zellengranula zu beobachten, bedarf es bei den Pigmentzellen keiner künstlichen Methoden. Scheidet man die¬ jenigen von ihnen aus, in denen das Pigment aus gesetzlos geformten Ablagerungen verschiedenartiger pigmentirter Stoffe besteht, so findet man in den echten Pigmentzellen die durch die Natur gefärbten Körnchen meist von einer wunderbaren Schönheit und Regelmässigkeit vor. In Tafel I ist hierfür ein Beispiel gegeben. Das Bild stellt den grösseren Theil einer Pigmentzelle aus der Haut einer Salamanderlarve dar. Es kann ohne weitere Kunsthilfe gewonnen werden, indem man einfach dem Thierchen die frische Haut abzieht und in Koch¬ salzlösung untersucht. Da aber gefärbte Objekte in Balsam40Körner und Fäden der Zellen. klarer werden, so wurde das Thierchen lebend in das oben beschriebene Osmiumgemisch geworfen, die Haut desselben an der Rückenlinie der Länge nach gespalten, der den Rumpf be¬ deckende Theil ringsum abgezogen und nach bekannten Regeln mit der innern Seite nach oben in Balsam eingebettet. Man sieht dann die Rückentheile stark pigmentirt, den Bauchtheil farblos, die Uebergangszone zwischen beiden im Mittel gefärbt. An dieser Uebergangszone findet man dann vielfach solche einzeln liegende, reich verästelte, flächenhaft ausgebreitete Pigmentzellen vor, wie sie die Abbildung der Tafel I darstellt. Es ist zweckmässig, hierbei schon etwas grössere Larven zu nehmen, als sie dem Mutterleibe zu entschlüpfen pflegen.

Das Bild bietet wohl nichts, was nicht schon bekannt und beobachtet worden wäre. Dennoch habe ich dasselbe gewissermassen als Titelbild den anderen vorangestellt, weil solche Pigmentzellen es waren, die seiner Zeit mich veran¬ lassten, die Granula der Zelle überhaupt zu suchen. Es gab hier zwei Möglichkeiten: etweder waren ähnliche bestimmte Körperelemente in den anderen Zellen nicht vorhanden, oder sie waren vorhanden, aber in einem farblosen und daher un¬ sichtbaren Zustande. Diese zweite Möglichkeit, dass pigmentirte und farblose Zellen dieselbe Structur haben, nur in gefärbtem und ungefärbtem Zustande, hat sich durch die Thatsachen be¬ stätigen lassen.

Bisher galt es als feststehend, dass die Pigmentzellen wohl mit gleichem Protoplasma begabt sind, wie die andern Zellen auch, aber als Eigenthümlichkeit vor diesen die Einlagerung zahlreicher gefärbter Körnchen voraus haben, welche durch Absetzung neuer Stoffe in unlöslicher Form entstehen sollten. Als allgemeine Quelle der Körperpigmente war man geneigt, den Blutfarbstoff anzunehmen, und insbesondere waren die zahlreichen Beobachtungen, welche man über Pigmentbildung bei pathologischen Zuständen angestellt hat, zum Theil geeignet, diese Ansicht zu stützen. Hierzu kam noch, dass man in den Körperpigmenten vielfach einen Eisengehalt fand, sei es durch mikrochemische Reaction mit Ferrocyankalium (Perls1Virchow, Arch. Bd. 39. 1887. Journal f. prakt. Chemie. Bd. XXI. 1868.), sei es41Körner und Fäden der Zellen. wie an den Chorioidealpigmenten und den melanotischen Ge¬ schwülsten durch makrochemische Untersuchung. Seitdem Virchow1Die pathol. Pigmente. Virchow, Arch. Bd. I. 1847. die Umwandlungen beschrieben hat, welche der Blutfarbstoff bei Störungen des Kreislaufes und beim Austritt aus den Gefässen erfährt, und welche zu mannigfachen Ab¬ lagerungen gefärbter Stoffe führen, ist man auch vielfach bemüht gewesen, die genuinen Pigmente in gleicher Weise abzuleiten. So hat Gussenbauer2Virchow, Arch. Bd. 63. 1875. versucht, die Pigmente der melanotischen Geschwülste vom Blutfarbstoff herzuleiten, Rouget3Arch. de norm. et pathol. 1874. glaubte, dass die gelegentlich die Blutgefässe verlassenden Blutkörper¬ chen von Leukocyten aufgenommen würden, und dass diese sich dann zu den Pigmentzellen umwandelten. Hoppe-Seyler nahm auf Grund von Beobachtungen am Froschlarvenschwanz sogar an, dass pigmentlose Zellen, indem sie sich durch einen Ausläufer mit der Wandung eines Capillargefässes in Commu¬ nikation setzen, aus diesem direkt Blut aufnehmen und in Pigment verwandeln, und List4List, Anat. Anzeiger. 1889. Nr. 19. hat neuerdings in ähnlicher Weise direkt die Umwandlung von Blut in Pigment zu beob¬ achten geglaubt.

Es scheint nun doch, als wenn man in Bezug auf die Art und die Entstehung der Pigmente des Körpers durchgreifende Unterschiede aufstellen muss. Schon Perls (l. c.) wies darauf hin, dass alle Pigmente von nachweislich haematogenem Ur¬ sprung jene von ihm beschriebene mikrochemische Eisenreaction gaben. Während auch, abgesehen von den pathologischen Fällen, z. B. in der Froschleber, die je nach der Jahreszeit und dem Ernährungszustande variablen bekannten Pigmenthäufchen jene schöne blaue Reaction mit Ferrocyankalium zeigen und so ihren haematogenen Ursprung verrathen, und Aehnliches auch in der Placenta und an andern Orten beobachtet werden kann, sind das normale Chorioidealpigment und andere genuine Pigmente zwar wie behauptet wird auch eisenhaltig, geben aber nicht jene Reaction.

Es dürfte wohl zweckmässig sein, die haematogenen Pig¬42Körner und Fäden der Zellen. mentirungen, selbst wenn sie an manchen Orten auf Grund von dort constant vorkommenden Circulationsstörungen auch con¬ stant zu finden sind, von den genuinen Pigmenten zu unter¬ scheiden, wie wir sie in den echten Pigmentzellen vorfinden. Dass der Blutfarbstoff bei diesen letzteren entbehrlich ist, geht daraus hervor, dass auch Thiere ohne gefärbtes Blut echte Pig¬ mente erzeugen. Dann ist es gerade nach neueren Untersuchungen zweifelhaft geworden, dass die genuinen Pigmente eisenhaltig sind. Was für den Morphologen jedoch ebenfalls wichtig sein dürfte, das ist der Umstand, dass die Körnchen der echten Pigmentzellen meist von sehr regelmäßiger Form, Grösse und Lagerung zu sein pflegen und schon hierdurch sich von an¬ deren, z. B. haematogenen Pigmenten auszeichnen; man beob¬ achtet dieses nicht nur an so günstig ausgebreiteten Pigment¬ zellen, wie die unserer Tafel I, sondern mit Hilfe von dünnen Schnitten nach guter Conservirung an vielen Orten. Wenn man einen dünnen Querschnitt durch eine Froschretina mit guter Vergrösserung betrachtet und dort sieht, wie die länglichen Körnchen zierlich zu Schnüren geordnet zwischen den Stäbchen sich hinziehen, so wird man einen Vergleich dieser Körnchen mit den Conglomeraten haematogener Pigmentirungen wohl zu¬ rückweisen.

Bleiben wir also bei unserer Pigmentzelle der Tafel I stehen, so haben wir hier durch die von der Natur gebotenen Färbungs¬ verhältnisse dreierlei Dinge zu unterscheiden: die gefärbten Pigmentkörnchen, die farblosen Zwischenräume und den unge¬ färbten, daher leer erscheinenden Raum des Kernes.

Dass der Inhalt des Zellenkernes keine gefärbten Pigment¬ körner aufweist, deutet auf durchgehende Verschiedenheiten zwischen diesem Inhalt und dem des Zellenleibes hin. Solche Verschiedenheiten begegnen uns auch bei den künstlichen Fär¬ bungen. Alle unsere Bilder, welche innerhalb des Zellenleibes die mit Säurefuchsin gefärbten Granula zeigen, haben daneben den Kern in ungefärbtem Zustande. Nur in Fig. 3 der Tafel VI finden sich sowohl die Granula des Kernes wie die des Zellen¬ leibes gleichzeitig mit Cyanin gefärbt, sonst sind auch hier in den Abbildungen dieser Tafel, wo die Granula des Kernes sicht¬ bar werden, dafür die Granula des Zellenleibes farblos geblieben.

43Körner und Fäden der Zellen.

Von besonderem Interesse erscheint die Frage, was wir von der zwischen den Pigmentkörnern befindlichen farblosen Substanz zu halten haben. Diese Frage ist auch auf alle anderen nicht pigmentirten Zellengattungen ausdehnbar; überall ist der Gegen¬ satz von Granula und Intergranularsubstanz der leitende Ge¬ sichtspunkt, auf welchen wir Rücksicht nehmen müssen.

Nach den Auffassungen derjenigen, welche die Ansicht von der Gleichartigkeit des Protoplasmas vertreten, würde die Inter¬ granularsubstanz der eigentliche Träger der lebendigen Eigen¬ schaften sein; die Granula wären danach nur Einschlüsse von secundärer Bedeutung. Nehmen wir noch die beiden anderen Auffassungen hinzu, welche hier möglich sind, so könnte um¬ gekehrt die Granula lebendig, die Intergranularsubstanz aber todt sein, und drittens wäre die Möglichkeit gegeben, dass beide lebendige Fähigkeiten besitzen.

Dass die Granula lebendig sind, das werden wir in dem Nachfolgenden bei Beobachtung des Stoffumsatzes wiederholt zu sehen Gelegenheit haben; ob die Intergranularsubstanz lebt, das ist noch nirgend bewiesen, obwohl die Möglichkeit einer feineren Zusammensetzung aus lebenden Elementarkörperchen auch hier zugegeben werden muss, ja vielleicht zuweilen wahrscheinlich ist.

Für die Entstehung jener ersten, fast allgemein verbreiteten Auffassung dürften insbesondere die an den lebenden Proto¬ plasmen zu beobachtenden Bewegungen massgebend gewesen sein. Indem man an Pflanzenzellen, Rhizopoden, Myxomy¬ ceten etc. die merkwürdigen und bekannten Bewegungsphäno¬ mene beobachtete, glaubte man annehmen zu müssen, dass die Körnchen dieser sich bewegenden Massen hierbei doch nur eine passive Rolle spielen könnten, indem sie von der contractilen Intergranularsubstanz fortgetragen und mitgeschleppt würden. Diese Schlussfolgerung wird von den Beobachtern jener Be¬ wegungen als unabweisbar hingestellt und daraufhin die leben¬ dige Contractilität der Intergranularsubstanz, sowie die todte Passivität der Granula angenommen.

So ganz unabweisbar ist nun allerdings eine derartige Schluss¬ folgerung nicht, und wir wollen zunächst nur an einem Beispiel erörtern, dass Ursachen und Wirkungen in solchen Bewegungen auch anders sich verhalten können.

44Körner und Fäden der Zellen.

Von der Zoogloea wissen wir mit Bestimmtheit, dass nur die corpusculären Elemente derselben lebendig sind, welche als Coccen oder Bacterien unsern Granulis entsprechen mögen; dass hier die zwischenliegende Kittsubstanz todt ist, darüber herrscht kein Zweifel; jene Unklarheit also, die uns bei dem Protoplasma begegnet, fällt hier fort. Dennoch sehen wir die Zoogloeen, wenigstens in einzelnen Fällen als solche Bewegungen ausführen, deren Ursachen zweifellos in den Eigenschaften der einzelnen Individuen zu suchen sind, nicht in denen der Kittsubstanz.

Diese Bewegungen, wie sie Hauser1G. Hauser, Ueber Fäulnissbacterien. Leipzig 1885. insbesondere an seinem Proteus vulgaris beobachtet und geschildert hat, erscheinen für uns von hervorragendem Interesse. Es ist wohl zu hoffen, dass ein näheres Studium solcher Bewegungen vom Standpunkte der Protoplasmalehre aus manches Licht auf die Dunkelheiten der Protoplasmabewegungen selbst wird werfen können.

Gegenüber den üblichen Anschauungen, dass die Contrac¬ tilität der gleichartigen Sarkode die Ursache der Protoplasma¬ bewegungen sei, würde eine solche Analogie dazu führen, doch in den das Protoplasma zusammensetzenden Elementarkörperchen das Agens der Bewegungen zu suchen.

Noch von einer anderen Seite her hat man sich bemüht, jene Contractilität der Sarkode als entbehrlich für die Erklärung der Protoplasmabewegungen hinzustellen. Es ist dieses von Seiten G. Berthold's in seinen schon citirten Studien über Protoplasmamechanik geschehen. Schon E. H. Weber2Ber. d. sächs. Ges. d. Wissenschaften zu Leipzig, math. -phys. Klasse 1854, II. hatte auf die mögliche Bedeutung der physikalischen Emulsionsbe¬ wegungen für die Erklärung mancher vitaler Bewegungen hin¬ gewiesen, indem er sagt: vielleicht gelingt es in der Folge, den ursächlichen Zusammenhang der beschriebenen (Emulsions -) Er¬ scheinungen aufzuklären und dadurch die physikalischen Ur¬ sachen mancher vor der Hand unerklärlicher Bewegungen im Körper der Thiere und Pflanzen zu entdecken. Dahin gehört die Circulation des Saftes in den Zellen der Chara und in manchen Elementarzellen vieler anderer Pflanzen, wo der rotirende Saft45Körner und Fäden der Zellen. nicht in häutigen Canälen eingeschlossen ist, sondern sich an den Wänden frei zu bewegen scheint.

Berthold ist dieser Weber'schen Idee mit grosser Sach¬ kenntniss und Gründlichkeit nachgegangen und hat in con¬ sequenter Weise die physikalischen Gesichtspunkte durchge¬ arbeitet, welche sowohl die amoeboiden Bewegungen, als auch die Innenströmungen des Protoplasmas erklärlich machen könnten; die Körnchen des Protoplasmas hält Berthold, wie schon er¬ wähnt, für todte Einlagerungen; durch direkte Beobachtungen konnte er sich von der Analogie der Bewegung lebloser Emul¬ sionen und lebender Plasmen überzeugen.

Als Pendant zu diesen Bemühungen Berthold's können wir die neuesten Versuche Bütschli's1Bütschli, Biologisches Centralblatt 1888, S. 161. Derselbe, Ueber die Structur des Protoplasmas. Aus d. Verhandl. des nat. Vereins zu Heidel¬ berg 1889. betrachten, der das Proto¬ plasma ebenfalls für eine Emulsion hält, aber im Anschluss an Heitzmann und Frommann im Sinne eines Seifenschaumes, bei welchem das Plasma das äusserst feine wabige Gerüstwerk bildet, während die rundlichen Lücken von indifferenter Flüssig¬ keit gefüllt würden. Wie Berthold, so hat auch Bütschli in Anlehnung an die Versuche von G. Quincke2G. Quincke, Ueber period. Ausbreitung etc. Annalen der Ph. u. Ch. 1888. Bewegungen an diesen leblosen Emulsionen beobachtet, welche den Protoplasma¬ bewegungen ähnlich sein sollen, ja sogar die Wirkung der Temperatur und der Elektricität daran nicht ganz vermisst.

Solche Bemühungen, an Stelle der unklaren vitalen Ursachen physikalische Erklärungen zu schaffen, sind immer dankbar auf¬ zunehmen, selbst wenn sie wie meistens so auch hier nicht ganz hinreichend sein sollten, die Unklarheiten der Vitalität auf¬ zuhellen.

Wie bis jetzt der Sachverhalt liegt, glaube ich, dass man in Zukunft die Beobachtungen solcher vitalen Bewegungen, wie sie an Hauser's Zoogloeen von Proteus vulgaris gesehen werden können, mit jenen physikalischen Emulsionsbewegungen wird combiniren müssen, um zu einem allmählichen Verständniss der Protoplasmabewegungen zu gelangen. Zunächst wird man sich natürlich über die Grundlagen einigen müssen, dass das Proto¬46Körner und Fäden der Zellen. plasma kein wabiges Gerüstwerk bildet, sondern eine Colonie positiver Elementarkörperchen vorstellt, und dass die letzteren lebendig sind. Ist einmal diese Einigung erzielt, dann können wir auch mit vereinten Kräften gegen die sogenannte Contrac¬ tilität der gleichartigen Sarkode zu Felde ziehen.

Ueber diejenigen Bewegungen der Protoplasmen, in welchen die Elementarkörperchen unabhängig nebeneinander angehäuft sind, wissen wir also bis jetzt nicht viel Positives, und die Strö¬ mungen in den Pflanzenzellen, wie die Bewegungen der Rhizo¬ poden und Amoeben dürften immer noch die alten Räthsel ent¬ halten. Wenn wir nicht nur den Begriff der Emulsionen, sondern den der lebenden Emulsionen einführen und die lebenden Fähig¬ keiten des einzelnen Elementarkörperchens zu den physikalischen Fähigkeiten der gesammten Colonie addiren, dann werden wir vielleicht einmal weiter kommen; die Hauser'schen Zoogloeen des Proteus scheinen mir hier ein wichtiges Objekt werden zu wollen, weil sie einestheils über dem Meinungsstreit vom Bau des Protoplasmas stehen, anderntheils sowohl die Bewegungen des einzelnen Elementarkörperchens, wie die der ganzen Colonieen zu beobachten gestatten. Ich glaube fast, dass von diesen Zoo¬ gloeen her wichtige Gesichtspunkte für das Zusammenleben der Elementarorganismen im Protoplasma werden gewonnen werden können. Dieses Zusammenleben scheint neue merk¬ würdige Abhängigkeiten zu erzeugen, die neben den lebenden Fähigkeiten des Einzelindividuums und neben den physikalischen Fähigkeiten der Colonieen sich geltend machen.

Wenn es sich darum handelt, die Bewegungen einzelner Elementarkörperchen zu erklären, oder solcher Verbände, wie sie zu den Fäden der Pilze, den Fibrillen der Muskelfaser etc. sich verknüpfen, dann sind wir bald damit fertig; mögen nun Cilien dabei thätig sein oder nicht, mögen die Bewegungen in Drehungen und Schlängelungen oder in wirklichen Verkürzungen bestehen, immer werden wir nur sagen können, dass hier mole¬ kulare Ursachen vorliegen, die zu ergründen für jetzt ausser¬ halb der morphologischen Aufgaben liegt.

Wenn man neuerdings geglaubt hat, alle Bewegungen der lebenden Substanzen aus aprioristischen Gründen auf fibrilläre Structuren zurückführen zu müssen, so liegt eine zwingende Noth¬47Körner und Fäden der Zellen. wendigkeit für diese Annahme, wie die Hauser'schen Zoogloeen und die frei beweglichen Protoplasmen zeigen, nicht vor. Da aber, wo Fibrillen vorhanden sind, haben wir es, wie in dem Nachfolgenden gezeigt werden wird, mit aneinander gereihten Granulis zu thun. Die primäre Aktion liegt also auch hier im Granulum, und wird höchstens durch die Art des Verbandes modificirt.

Es wäre ein unnützes Unternehmen, wenn wir es versuchen wollten, allen Möglichkeiten und Hypothesen gerecht zu werden, welche über das Protoplasma und seine Bewegungen in Betracht genommen sind oder werden könnten. Nur soviel sollte hier hervorgehoben werden, dass keine Thatsachen bekannt sind, welche uns zur Annahme einer contractilen, formlosen Sarkode nöthigen.

Auch die Bewegungen, welche man von einzelnen Arten der Pigmentzellen kennt und welche dieselben intra vitam auf Grund des Lichtreizes ausführen, sind nicht der Art, dass sie die eigene Bewegung der Pigmentkörnchen ausschliessen, die Contractilität der Intergranularsubstanz aber zu erweisen ver¬ mögen. Die Beobachtungen Brückes1E. Brücke, Untersuchungen über den Farbenwechsel des afrikanischen Chamäleons. Denkschriften der Wiener Akademie 1852. an der Haut des Cha¬ mäleons, diejenigen v. Wittich's2v. Wittich, Die grüne Farbe der Haut unserer Frösche. Arch. f. Anat. u. Phys. 1854. an der Haut von Rana esculenta und diejenigen Boll's3Fr. Boll, Zur Anatomie und Physiologie der Retina. Arch. f. Anat. u. Phys. 1877. an der Retina des Frosches zeigen, dass auf Grund von Lichtreizen oder deren Ausschluss die Pigment¬ körnchen sich am Kern ansammeln, die Ausläufer der Zellen aber davon frei werden können. Es ist das gewiss ein sehr merkwürdiges Phänomen, das noch durch die von Brücke ge¬ zeigte Abhängigkeit dieser Lokomotionen vom Nervensystem an Interesse zunimmt; aber irgend einen Anhalt dafür, dass diese Lokomotionen durch die etwaige Contractilität der Intergranular¬ substanz hervorgerufen würden, finden wir in diesen Beobach¬ tungen nicht vor. Nur soviel scheint daraus hervorzugehen, dass die Substanz der Pigmentkörnchen in irgend einer Ab¬48Körner und Fäden der Zellen. hängigkeit zum Zellenkern steht, indem dieselben sich ja nach dem letzteren hin ansammeln oder von ihm entfernen.

Welche Ursachen hier wirksam sind, ist unbekannt, doch wissen wir auch von den Mikroorganismen her, dass sie merk¬ würdige Richtungen für ihre Bewegung zeigen; so hat man Lichtwirkungen auf die Bewegungen von Schwärmsporen sich äussern sehen, so konnte Engelmann ein Ansammeln von Mikro¬ organismen nach der Sauerstoffquelle hin constatiren und Pfeffer sah dieselben gegen den Diffussionsstrom hin dem Orte zuwan¬ dern, wo bestimmte Nährstoffe vorhanden waren. So können wir auch unseren Pigmentkörnchen schon einige Beweglichkeit zutrauen, besonders wenn wir sie für lebendig halten.

Für das Verständniss der Organisation der Zelle als Ganzes ist jene Abhängigkeit des Zellenkörpers vom Zellkerne augen¬ scheinlich der wichtigste, aber auch zugleich der schwierigste Punkt, und wir werden doch nur von allgemeineren Gesichts¬ punkten aus, wie sie im letzten Kapitel entwickelt werden, zu einer allgemeineren Auffassung gelangen. Hier mögen zunächst nur ein paar naheliegende Momente berücksichtigt werden.

Es scheint zunächst nützlich zu sein, unter den Bestand¬ theilen der Zellkörper diejenigen, welche deutlich sichtbare Beziehungen zum Zellenkern erkennen lassen, von denen zu scheiden, bei welchen solche Beziehungen nicht zu erken¬ nen sind.

Bei der Beobachtung der verschiedenartigen Zellstructuren drängt sich eine derartige Unterscheidung oft geradezu auf und können wir für die Charakteristik derselben mancherlei Beispiele einander gegenüberstellen.

So ist es lange bekannt, dass viele Eizellen radiäre Strah¬ lungen des Zellkörpers zeigen, welche als Sammelort den Kern haben. Dass diese auffallende Anordnung des Zelleninhaltes nicht eine zufällige ist, liegt auf der Hand; sie gewinnt hier um so mehr Bedeutung, weil die Eizellen als die Mutterelemente ganzer Organismen eine besondere Werthigkeit für sich in An¬ spruch nehmen und gewissermassen als Grundtypen der Zellen¬ formen betrachtet werden können.

Solche Erscheinungen sind jedoch nicht nur auf die Eizellen beschränkt, sondern finden sich, wenn auch vielleicht in mehr49Körner und Fäden der Zellen. weniger verdeckter Form, so zahlreich unter den verschiedenen Zellengattungen, dass wir nicht anzustehen brauchen, einen solchen Zusammenhang zwischen dem Inhalt des Kernes und des Körpers der Zelle als ein weit verbreitetes Vorkommniss anzunehmen.

In vielen anderen Zellen dagegen zeigt sich der Inhalt des Zellleibes deutlich unabhängig vom Kern und es bleibt oft nur ein mehr weniger kleiner Theil übrig, dem man überhaupt Be¬ ziehungen zum Kerninhalt zumuthen könnte.

Als prägnantes Beispiel hierfür kann uns der Inhalt der gestreiften Muskelfaser dienen. Die Fibrillen derselben sind augenscheinlich unabhängig vom Kern; sie gehen der Längs¬ richtung der Faser parallel, ohne sich um die Gegenwart der Kerne zu kümmern, höchstens dass sie auf Ihrem sonst grad¬ linigen Wege etwas ausweichen, um demselben und der ihn umschliessenden spärlichen Substanz einigen Raum zu gönnen.

Da die Fibrillen als lebende Bestandtheile nicht anders ent¬ standen sein können, als aus schon vorhandenen lebenden Ele¬ menten, die in der ursprünglichen Eizelle Ihre Vertreter gehabt haben dürften, so hat demnach eine Decentralisation des Proto¬ plasmas stattgefunden, deren Endresultat die Fibrillen selbst präsentiren.

Dieser Begriff der Decentralisation des Protoplasmas innerhalb der verschiedenen Zellkörper erscheint fast nothwendig, wenn es sich darum handelt, einige Ordnung in das Verständniss der verschiedenartigen Zellstructuren zu bringen. Es dürfte nur wenige Zellengattungen geben, welche von dieser Decentrali¬ sation ganz verschont bleiben; bei den meisten Zellen be¬ obachten wir, dass sie von ihrem Jugendzustande her zu der fertigen, ihren Functionen entsprechenden Gestaltung Ver¬ änderungen eingehen, welche im Wesentlichen darin bestehen, dass eine mehr weniger grosse Menge von Elementen ihres In¬ haltes durch Wachsthum und charakteristische Formen sich aus¬ zeichnen und hierdurch sowie durch ihre oft sehr bestimmten unabhängigen Lagerungsverhältnisse zu erkennen geben, dass sie wohl den Zellenraum als ihren Mutterboden betrachten, der sie erzeugt hat, im Uebrigen aber ihre Funktionen relativ un¬ abhängig von demselben erfüllen. Wie in der Muskelfaser, so erledigen sich solche Vorgänge auch in vielen anderen Zellen,Altmann, Elementarorganismen. 450Körner und Fäden der Zellen. wenn auch in feinerer und anderer Form; in jedem Falle scheint die Function der Zelle massgebend für das Endresultat dieser Decentralisation zu sein, so dass die Zelle sei es ihren animalen, sei es ihren vegetativen Leistungen gerecht werden kann.

Bleiben wir zunächst bei den Muskelfasern stehen und be¬ trachten wir die in den beigegebenen Tafeln vorhandenen Muskel¬ bilder, so stellt zunächst Fig. 1 der Tafel X einen Längsschnitt aus den Flügelmuskeln des Dytiscus marginalis vor. Für die Präparation wurde der Käfer zunächst für ein paar Minuten lebend in siedendes Wasser geworfen, da ohne dieses Hilfsmittel eine tadellose Isolation der Flügelmuskeln schwer durchführbar ist, und weil das Kochen abgeschlossener Gewebstheile nicht immer die späteren Granulareactionen schädigt; dann wurden die Muskeln in das Osmiumgemisch gebracht und nach den be¬ schriebenen Vorschriften weiter behandelt. Wir sehen in der Abbildung die bekannten Fibrillen mit ihren Disdiaklasten in dem graugelblichen Farbenton, wie er nach der Behandlung mit Osmium und Fuchsin Picrin gerne zurückbleibt; und zwischen den Fibrillen die specifisch roth gefärbten Granula liegen, welche in regelmässiger Lagerung neben der Krause'schen Membran in besonderer Beziehung zu dieser zu stehen scheinen. Ausser den roth gefärbten Granulis finden wir auch solche mit schwarzer Osmiumfärbung vor, welche diese Färbung augen¬ scheinlich der Anwesenheit von Fettsubstanz verdanken und nach anderweitigen Erfahrungen zu schliessen aus fettlosen Granulis hervorgegangen sind.

Die erste Frage, welche uns bei diesem Bilde interessirt, ist die, ob wir denn an dieser Stelle Alles sehen, was lebendig ist, oder ob sich noch ein Quantum lebender Substanz hier unsicht¬ bar verbirgt.

Nach dem Bilde zu schliessen scheint es, als wenn ausser den sichtbaren geformten Elementen kaum noch andere wesent¬ liche Bestandtheile hier vorhanden sein könnten. Nur muss man hier einigermassen vorsichtig sein. Wir wissen, dass die Con¬ tinuität der Nervenerregung es verlangt, dass vielleicht eine jede Muskelfibrille ihre Zuleitung hat; vielleicht dass die eigen¬ thümliche Nebeneinanderlagerung der Krause'schen Membranen mit den als Verbindung zwischengelagerten rothen Granulis dieser51Körner und Fäden der Zellen. Forderung genügt, doch muss auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass noch unbekannte Formbestandtheile zwi¬ schen den Fibrillen vorhanden sein und dieser Nervenleitung dienen könnten. Dann wissen wir, dass, wie dieses schon von Max Schultze in seinem berühmten Aufsatze über Muskelkörper¬ chen etc.1Arch. f. Anat., Phys. u. wissensch. Med. 1861. so vortrefflich discutirt ist, in nächster Umgebung der Kerne Reste von embryonalem Protoplasma übrig bleiben; diese Reste treten jedenfalls ihrer Masse nach in der fertigen Muskelfaser sehr zurück, und wenn ihnen trotzdem noch eine erhebliche physiologische Bedeutung zukommen sollte, so hin¬ dert uns nichts, dieselben ebenfalls aus vielen vielleicht sehr kleinen Elementarkörperchen uns zusammengesetzt zu denken.

Unser Muskelbild zeigt jedenfalls, dass wenigstens die Haupt¬ menge der hier vorhandenen lebenden Substanz geformt ist.

Eine zweite wichtige Frage ist dann die, wie sollen wir morphologisch die Muskelfibrille auffassen. Es scheint mir nach meinen Erfahrungen nicht anders möglich zu sein, als dass wir sie als ein Multiplum von Granulis betrachten. Würden wir die Entstehung, das Wachsthum und die Vermehrung der Muskel¬ fibrillen deutlich verfolgen können, dann würde sich dieses aus den Thatsachen wohl ergeben. Leider haben meine Methoden für diesen Zweck noch nicht ausgereicht und muss ich auch hier von dem Ausfrieren der Gewebe die nöthigen Ergänzungen erwarten; es lässt sich erwarten, dass eine sorgfältige Verfol¬ gung der Entwickelungsstadien jener Flügelmuskeln sehr positive Resultate ergeben wird. Die auf Tafel IX gegebenen Abbildungen von drei verschiedenen Entwickelungsstufen der Muskelfaser des Frosches zeigen nur, dass in den jüngeren Stadien da, wo noch keine Fibrillen vorhanden sind, Granula existiren; ob dieselben hier Beziehungen zur Bildung der Fibrillen haben, das lässt sich aus diesen Bildern nicht schliessen.

Wir werden jedoch Gelegenheit haben, an anderen Zellen¬ gattungen die Entstehung und Zusammensetzung der Zellfibrillen aus Granulis zu beobachten, ja dieses Verhalten wird sich in den meisten Zellengattungen als das vorherrschende erweisen.

Erwähnenswerth ist es vielleicht, dass von van Beneden4*52Körner und Fäden der Zellen. contractile Fibrillen bei den Gregariniden gesehen hat, welche sich aus Körnern aufgereiht zeigten, und ähnliches haben Schnei¬ der und Bütschli beobachtet.

In der Leber von Rana esculenta können wir das Her¬ vorgehen der Zellfibrillen aus Granulis deutlich verfolgen, wie im nächsten Kapitel gezeigt werden soll.

Solche Bilder, wie Fig. 1 Tafel IV oder Fig. 1 Tafel XII, vom Epithel der Harnkanälchen und der Darmschleimhaut, zeigen nicht minder deutlich, dass hintereinander aufgereihte Granula an Stelle der Fäden - und Stäbchenstructuren zu setzen sind, wie sie bisher die Autoren aus weniger deutlichen Bildern hergeleitet haben.

Wenn aneinandergereihte Granula Fäden bilden, so thun sie es entweder so, dass man an diesen Fäden einzelne Elemente nicht mehr unterscheiden kann, wie wir es z. B. an den Fäden der Esculentenleber sehen werden, oder die Theilstücke sind so aneinandergefügt, dass sie durch Querlinien getrennt werden, wie in der Muskelfibrille, oder die Aneinanderreihung der Körner bleibt sichtbarlich erhalten, so dass man einigermassen im Zweifel darüber bleibt, wie die Continuität dieser Fibrillen in sich her¬ gestellt ist.

Zu der letzteren Gattung scheinen ausser anderen auch ins¬ besondere die nervösen Fibrillen zu gehören. Seitdem Max Schultze die fibrillären Streifungen des Axencylinders und der Ganglienzellen in ungefärbtem Zustande gesehen, ist die Färbung derselben im Axencylinder Kupffer1C. Kupffer, Ueber den Axencylinder markhaltiger Nervenfasern