Seinem geliebten Vater, Herrn Carl George Julius von Mangoldt, Kön. Sächſ. Appellationsgerichtspräſidenten, in kindlicher Verehrung der Verfaſſer.
Nur aus der ſteten Wechſelwirkung zwiſchen Wiſſenſchaft und Leben geht die hoͤhere Entwickelung beider hervor. Der Erkenntniß dieſer Wahrheit verdankt die neuere Zeit den groͤßten Theil der Fortſchritte, die ſie auf praktiſchem, wie auf theo - retiſchem Gebiet gemacht hat. Von dem Einfluß der Wiſſen - ſchaft auf das Leben uͤberzeugt uns ein Blick auf die Dinge und Einrichtungen, die uns Sicherheit, Bequemlichkeit, Behagen ge - waͤhren. Wie unendlich viele ſind darunter, die nach Form und Inhalt durch die gewonnene wiſſenſchaftliche Erkenntniß beſtimmt worden ſind. Von dem einfachen Zahne am Rade der Maſchine bis hinauf zu den complicirteſten Einrichtungen des oͤffentlichen Lebens, uͤberall zeigt ſich der Einfluß der Thaͤtigkeit, welche gefunden hat: Das ſind die natuͤrlichen Bedingungen, und ſo wird der Zweck daher am beſten gefoͤrdert. — Und nicht min - der tritt auf der andern Seite die wohlthaͤtige Ruͤckwirkung des Lebens auf die Wiſſenſchaft hervor. Indem die letztere ihre Eroͤr - terungen uͤberall da anknuͤpfte, wo das Beduͤrfniß der gegebenen Verhaͤltniſſe eine Frage aufwarf, eine Abhuͤlfe erheiſchte, er - waͤrmte ſie ihre Juͤnger nicht nur durch das Bewußtſein, mit dem Wahren auch das Nuͤtzliche zu foͤrdern, ſondern ſie empfing durch die Beobachtung der Thatſachen auch tauſendfache Anre - gungen, wurde durch ſie von den verſchiedenſten Irrwegen immer wieder auf die richtige Bahn zuruͤckgefuͤhrt, erhielt fuͤr die Be - ſtaͤtigung oder Verwerfung, fuͤr die Verallgemeinerung oder12Beſchraͤnkung der von ihr aufgeſtellten Saͤtze die unzweifelhaf - teſten Anhaltepunkte und gewann, weit entfernt ihre Wuͤrde dadurch beeintraͤchtigt zu ſehen, gerade auf dieſem Wege eine feſte Grundlage ihrer Groͤße.
Auch die Volkswirthſchaftslehre, deren Entſtehung und Entwickelung von Anfang an mit dem praktiſchen Beduͤrfniſſe aufs innigſte verbunden war, iſt dem Zuge, fuͤr das praktiſche Leben zu arbeiten, mit ſteigender Neigung gefolgt, und eben dieſer Zug hat ſie zu ihren tiefſten und genialſten Forſchungen gefuͤhrt. Insbeſondere verdankt ſie ihm die tiefen und ein - greifenden Eroͤrterungen uͤber die Geſetze der Guͤtervertheilung.
Es iſt eine natuͤrliche Folge der fortſchreitenden oͤkonomi - ſchen und Culturentwickelung, daß einerſeits die beſtehenden Schaͤden immer mehr ans Licht gezogen werden, andererſeits die Anſpruͤche der Menſchen an das Leben ſich fortwaͤhrend vermeh - ren. Aber wie hierin die Vorbedingung zu jeder weitern Ent - wickelung liegt, ſo auch eine unleugbare Gefahr; denn dem Be - ſchraͤnkten, welchem ſeine Beſchraͤnkung immer deutlicher gemacht, ſein Anſpruch auf eine beſſere Lage immer tiefer eingepraͤgt wird, wird der Gedanke einer Berufung an die rohe Gewalt ſehr nahe gelegt. — Nicht ohne Grund entſteht daher die Frage nach einer Garantie gegen jene Gefahr, die Frage: iſt es moͤglich, den Druck, der auf den niedern Claſſen laſtet, von ihnen abzuneh - men? ihnen ein groͤßeres Maß von Genuͤſſen zu Theil werden, von dem Reichthum der Geſellſchaft ihnen ein groͤßeres Stuͤck zukommen zu laſſen? mit andern Worten: die Frage nach der Moͤglichkeit einer Einwirkung auf die Vertheilung der Guͤter. Und dieſe fuͤhrt nothwendig auf die Vorfrage zuruͤck: welches ſind die natuͤrlichen Geſetze, nach welchen ſich, wenn eine zwangs - weiſe Einwirkung nicht ſtattfindet, die Guͤter vertheilen, und zu welchem Erfolge fuͤhren ſie?
3Die neuere Nationaloͤkonomik hat, wie geſagt, dieſe Frage ſcharfſinnigen und tiefeingehenden Eroͤrterungen unterzogen. Der Weg, welchen ſie dabei eingeſchlagen hat, ſchien ihr durch die Natur der Dinge vorgeſchrieben. Das Object, um deſſen Ver - theilung es ſich handelte, war die Maſſe der producirten Guͤter, der Grund, auf welchen ein Jeder ſeinen Anſpruch gruͤndete, ſeine Theilnahme an der Production, ſei es mit ſeiner Perſon, ſei es mit ſeinem Beſitze. Hierdurch war die Methode gegeben, die verſchiedenen einzelnen Factoren der Production der Betrach - tung zu unterziehen und zu erforſchen, unter welchen Bedingungen ſie zur Production mitwirken. So ſtellte ſich der hervorgebrachte Reichthum in verſchiedene Theile zergliedert dar, welche den Ar - beitern als Lohn, den Capitaliſten als Gewinn oder Zins, den Grundeigenthuͤmern als Rente, endlich wohl auch der Regie - rungsgewalt als Steuer1)So Roſſi Distribution de la richesse, 3. Vorleſung, am Schluſſe. zufließen.
Indeſſen ſtellte ſich die Nothwendigkeit einer Ergaͤnzung die - ſer Eintheilung alsbald heraus. Einestheils zeigte ſich, daß das Reſultat der einzelnen productiven Factoren ein ganz anderes war, wenn man ſie in ihrer Vereinzelung dachte, als wenn man ſie ſich zu gemeinſamer Wirkſamkeit verbunden vorſtellte. Neben jenen productiven Factoren trat mithin die Kraft, welche ſie auf ein gemeinſchaftliches Ziel richtete, als eine neue Quelle der Production hervor. Andererſeits konnte der Umſtand nicht un - beachtet bleiben, daß der Antheil, welchen Capitaliſten, Arbeiter, Grundherren erhielten, ſich auf den Werth des zu producirenden Products bezog, daß aber der Werth des wirklich producirten Products haͤufig von dieſem mehr oder minder abwich, ſo daß ſich bald ein Ueberſchuß, bald ein Ausfall nach jener Vertheilung ergab, uͤber welchen die Wiſſenſchaft denn doch auch Rechnung1 *4abzulegen hatte. So kam man ſchon fruͤhe dazu, von einem beſondern Antheile des Unternehmers zu reden.
Dabei knuͤpfte man zunaͤchſt an die Erſcheinungen der Wirk - lichkeit an, und dieß brachte es mit ſich, daß man den Unter - nehmer ſich nicht als eine neben den Inhabern der einzelnen Productionselemente ſtehende, abgeſonderte Perſoͤnlichkeit dachte, ſondern daß man einem von dieſen die Unternehmung zuwies und in Folge davon den Unternehmerantheil mehr oder minder mit demjenigen Antheile vermengte, den er aus ſeiner ſpeciellen Mitwirkung bei der Production bezog. Die genauere Darſtel - lung dieſer Entwickelung der Theorie wird das nachfolgende erſte Capitel liefern. Nur nach und nach befreite man ſich von die - ſem Irrthume, und es ſind namentlich deutſche Gelehrte, welchen hieran das groͤßte Verdienſt zufaͤllt. Vollſtaͤndig durchgefuͤhrt wurde indeſſen die Betrachtung des Unternehmerantheils, Unter - nehmergewinns in ſeiner Abgeſondertheit von Lohn, Zins und Rente bisher noch nicht, und es ſoll daher der Verſuch gemacht werden, dieſe Durchfuͤhrung in der vorliegenden Abhandlung vorzunehmen.
Die wiſſenſchaftliche Bedeutung der damit bezeichneten Auf - gabe, die wir uns geſtellt haben, naͤher zu begruͤnden, wird nicht nothwendig ſein. Iſt es von Wichtigkeit, die Einkommens - arten nach ihren verſchiedenen Quellen zu unterſcheiden und da - durch eine Einſicht in die Bedingungen ihrer abſoluten und re - lativen Hoͤhe zu gewinnen, ſo wird ſich auch die iſolirte Be - trachtung des Unternehmergewinns und deſſen ideelle Losloͤſung von Lohn, Zins oder Rente rechtfertigen. Dieß hindert indeſſen nicht, anzuerkennen, daß die Bedenklichkeiten, welche ſich einer getrennten Behandlungsweiſe der einzelnen Einkommensarten ent - gegenſtellen, beim Unternehmergewinn beſonders ſtark hervortre - ten. Die Wirklichkeit zeigt die einzelnen Einkommenszweige, man5 kann wohl ſagen niemals in ihrer vollen Reinheit. Nicht allein pflegt das Einkommen im Allgemeinen in ſeiner wirklichen Er - ſcheinung faſt ſtets einen groͤßeren oder geringeren Beiſatz von Capitalerſatz oder Aſſecuranzentſchaͤdigung zu haben, ſondern auch im Einzelnen laͤßt es ſich kaum jemals auf einen einfachen Grund zuruͤckfuͤhren. In der Rente iſt meiſtens ein Capitalzins ent - halten, der letztere vermiſcht ſich mit Renten - und Lohnbeſtand - theilen; der Lohn verbirgt Zins - und Rentenelemente in ſich. Die Analyſirung der Einkommenszweige fuͤhrt daher meiſt zu Ab - ſtractionen, deren Richtigkeit ſich durch die Erſcheinungen des wirk - lichen Lebens nur ſchwer controliren laͤßt und bei denen die leere Haarſpalterei dicht neben der Unterſcheidung von weſentlicher Bedeutung liegt. Beim Unternehmergewinn iſt die Gefahr, ſich in dieſer Weiſe zu verirren, doppelt groß, weil einerſeits die Anhaltepunkte an das wirkliche Leben hier von vornherein faſt ſo gut wie vollſtaͤndig fehlen, und weil andererſeits die Unter - nehmer ſelbſt in der Regel keine Veranlaſſung finden, im Ge - ſammtbetrage ihres Einkommens den Theil, der ihnen als Unter - nehmern zukommt, von demjenigen, welchen ſie in anderer Eigen - ſchaft beziehen, genau zu unterſcheiden. Einen genuͤgenden Grund, die oben bezeichnete Unterſuchung gaͤnzlich zu umgehen, durften gleichwohl dieſe Schwierigkeiten nicht abgeben, und dieß mag den Verſuch rechtfertigen, den die vorliegende Schrift macht. Wenn die Leiſtung des Verfaſſers hinter ſeiner Abſicht, eine wiſſen - ſchaftliche Luͤcke auszufuͤllen, zuruͤckbleibt, ſo moͤge man ihr den - noch einestheils im Hinblick auf die angedeuteten Schwierig - keiten, anderntheils in Beruͤckſichtigung der Aufrichtigkeit des Strebens, aus welchem ſie hervorgegangen, eine nachſichtige Beurtheilung nicht verſagen.
Der Weg, den unſre Unterſuchung einſchlaͤgt, iſt kurz fol - gender. Im erſten Capitel ſoll eine gedraͤngte Darſtellung der6 ſeit Adam Smith ausgeſprochenen Anſichten uͤber denjenigen Theil des Einkommens aus der Production gegeben werden, welcher den Producenten weder als Lohn, noch Zins, noch Rente im ſtrengen Sinne zufaͤllt, und indem dabei die einzelnen An - ſichten einer Kritik unterzogen werden, wollen wir ſuchen, die noͤthigen Andeutungen fuͤr die Richtung zu gewinnen, in welcher ein poſitives Ergebniß zu erſtreben iſt. Das zweite Capitel hat aus der alſo gewonnenen Grundlage den Begriff des Unternehmer - gewinns zu entwickeln. In dem folgenden Capitel iſt ausein - ander zu ſetzen, auf welchen Umſtaͤnden die Moͤglichkeit eines Unternehmergewinns in dem feſtgeſtellten Sinne beruht. Endlich hat ſich das letzte Capitel mit der Erſcheinung des Unternehmer - gewinns in der Wirklichkeit, mit den Beſtandtheilen, aus denen er ſich zuſammenſetzt, und den Einfluͤſſen, die deren Betrag be - ſtimmen, zu beſchaͤftigen.
Unter den Anforderungen, welche an Denjenigen geſtellt werden, der eine Production unternehmen will, iſt keine, welche fruͤher hervortritt und ſich allgemeiner geltend macht, als der Beſitz eines Capitals. Man bedarf zur Production Rohſtoffe, die meiſtens auch ſchon einen gewiſſen Tauſchwerth haben, alſo Capital, Werkzeuge, alſo wieder Capital, Unterhalt, waͤhrend man arbeitet, alſo zum dritten Male Capital. Nichts iſt daher natuͤrlicher, als ſich den Unternehmer als Capitaliſten, ja das Capital als das eigentlich unternehmende Element zu denken. Dieß iſt denn auch die Auffaſſung, welche bei Adam Smith hervortritt, und von der ſich eine geraume Zeit hindurch die Nationaloͤkonomik nicht frei zu machen vermocht hat. „ Sobald als ſich Vermoͤgen in den Haͤnden Einzelner angeſammelt hat, “ſagt Smith1)Wealth of Nations B. I. ch. 6., „ werden Einige von dieſen es dazu verwenden, Arbeitsluſtige, die ſie mit Material und Unterhalt verſehen, ar - beiten zu laſſen, um durch den Verkauf ihrer Leiſtung oder durch das, was ihre Arbeit dem Werthe des Materials hinzufuͤgt, einen Gewinn zu machen. “ Der ſogenannte Ueberſchuß, welcher nach Erſtattung des aufgewandten Capitals und Bezahlung der Arbeitsloͤhne verbleibt, iſt ihm Gewinn, ohne daß er weiter unterſucht, ob derſelbe nicht aus verſchiedenen, nach verſchiedenen8 Geſetzen ſich regelnden Beſtandtheilen zuſammengeſetzt iſt. Zwar erkennt er wohl, daß in dem, was er Gewinn nennt, auch die Entſchaͤdigung fuͤr eine Arbeit enthalten ſei, naͤmlich fuͤr die Arbeit der Leitung und Aufſicht; eine Entſchaͤdigung, welche ſich etwa nach der Hoͤhe des Gehaltes bemeſſen laſſe, den die Oberaufſeher (principal clerks) in manchen groͤßern Erwerbsgeſchaͤften erhielten, wo ihnen faſt die ganze Arbeit dieſer Art uͤbertragen ſei. Allein er verfolgt dieſen Gedanken nicht weiter und zieht aus dem Umſtande, daß der Gewinn in zwei Geſchaͤften ein ſehr ver - ſchiedener ſein koͤnne, obwohl die Arbeit der Aufſicht und Leitung nahezu dieſelbe waͤre, den allgemeinen Schluß, daß jener ein vom Arbeitslohn durchaus verſchiedener Factor der Waarenpreiſe ſei. Auf der andern Seite erkennt er ſehr wohl, daß der Ge - winn außer jener Arbeitsentſchaͤdigung noch etwas Mehreres ent - halte, als den bloßen Capitalzins, denn im neunten Capitel des erſten Buches weiſt er nach, daß der Unternehmer, der zu ſeinem Geſchaͤftsbetrieb ein Capital geborgt habe, fuͤr die Ver - ſicherung, welche er gewiſſermaßen dem Glaͤubiger gegenuͤber auf ſich nimmt, und fuͤr die Muͤhe der Verwendung des Capitals entſchaͤdigt werden, d. h. mehr Gewinn ziehen muͤſſe, als nur zur Deckung der Zinſen hinreichen wuͤrde. Indeſſen geht er auch dieſem Gedanken nicht weiter nach und ſieht bei den folgenden Betrachtungen den geſammten Ueberſchuß, welcher dem Unter - nehmer nach Bezahlung der Loͤhne und Erſetzung des aufgewand - ten Capitals verbleibt, als eine einheitliche Maſſe an, fuͤr welche er die Geſetze im Gegenſatze zu den fuͤr den Arbeitslohn gelten - den, aufſucht.
Auf keine andere Weiſe verfaͤhrt Malthus1)Principes d’économie politique, trad. par M. Maurice Monjeau. Paris 1846. Das engliſche Original iſt mir nicht zur Hand.. Derſelbe9 unterſcheidet uͤberhaupt nur zwiſchen Arbeitern, Grundeigen - thuͤmern und Capitaliſten und theilt demgemaͤß den Ertrag der Production in Lohn, Rente und Capitalgewinn. Letzterer beſteht ihm in dem Unterſchiede zwiſchen dem Werthe der zu einer Pro - duction noͤthigen Auslagen und dem Werthe des Products1)S. 233. ff. und wechſelt daher, je nachdem ſich das Verhaͤltniß zwiſchen dieſen beiden Werthen aͤndert. Als Haupturſachen, welche hierauf ein - wirken, giebt er einerſeits die groͤßere oder geringere Productivitaͤt des Bodens an, welche die Folge hat, daß ein ſtaͤrkerer oder ſchwaͤcherer Theil zur Erhaltung der beſchaͤftigten Arbeiter gebraucht wird, andererſeits das veraͤnderliche Verhaͤltniß zwiſchen der Menge des Capitals und der durch dieſes Capital beſchaͤftigten Arbeitsmenge, die zur Folge habe, daß jeder Arbeiter einen groͤßeren oder geringeren Theil der Lebensnothwendigkeiten erhalte.
Auch Ricardo2)Principles of political economy and taxation, hauptſächlich ch. 6. und 21. kommt nicht weiter. Seine Lehre vom Gewinn, die im Weſentlichen darauf hinauslaͤuft, daß der Ge - winn von der Hoͤhe des Lohnes, der Lohn von dem Preiſe der Beduͤrfniſſe und dieſer hauptſaͤchlich vom Preiſe der Nahrungs - mittel abhaͤngt, weil alle andern Producte meiſt ohne Grenzen vermehrt werden koͤnnen; daß alſo, da bei der Zunahme der buͤrgerlichen Geſellſchaft und des Volkswohlſtandes der erforder - liche Mehrbedarf an Nahrungsmitteln nur durch geſteigerte Arbeit erlangt werde, der Gewinn ein natuͤrliches Streben habe zu ſinken, dem jedoch durch die abnehmende und endlich aufhoͤrende Capitalanſammlung eine Grenze geſetzt werde: dieſe Lehre hat, wie man ſieht, mit den Anſichten Smith’s und Malthus’3)Auf die Differenzen zwiſchen Malthus und Ricardo gehen wir hier10 den Umſtand gemein, daß ſie Alles, was der Unternehmer be - zieht, es ſtamme, aus welcher Quelle es wolle, unter der gemein - ſamen Bezeichnung des Gewinnes der Grundrente und nament - lich dem Arbeitslohne gegenuͤberſtellt. Wie in den meiſten an - dern Punkten, ſo iſt auch in dieſem M. Culloch1)Principles of political economy. Neue Ausg. London 1830. S. 103 wird als Reingewinn des Vermögens der Gewinn bezeichnet, welcher den Capitaliſten, die ſich auf induſtrielle Unternehmungen einlaſſen, nach Abzug aller einſchlagenden Ausgaben zufällt, ähnlich auch S. 366. S. 221 wird als Gewinn der Ueberſchuß dargeſtellt, der durch die Differenz zwiſchen der durch die Höhe des Lohnes repräſentirten und der dafuͤr eingetauſchten Arbeit conſtituirt wird. Wenn M. Culloch S. 366 ff. die Lehre Ricardo’s über den Gewinnſtantheil (rate of profit) erläutert und theilweiſe modificirt, ſo bezieht ſich das nur auf das Verhältniß, in welchem ſich Capital und Arbeit in den Ertrag des Productes theilen, und gehört daher nicht hierher. Im Uebrigen kennt er immer nur 3 Arten von Theilhabern an der Production, nämlich Arbeiter, Capitaliſten, die er ſtets als die Unternehmer anſieht, und Grundbeſitzer. S. u. A. S. 364 ſeines Werks. Ricardo gefolgt. Er bezeichnet als Capitalgewinn den Theil des ver - einigten Products des Capitals und der Arbeit, welcher denen, die in productiven Unternehmungen beſchaͤftigt ſind, nach Abzug der noͤthigen Bezahlungen und Wiedererſetzung des zerſtoͤrten Ca - pitals uͤbrig bleibt. Es bleibt alſo auch bei ihm bei dem ein - heitlichen Capitalgewinne.
Gegen das hierin liegende Zuſammenwerfen von Dingen, welche eine ganz verſchiedene Erklaͤrung erfordern, und die dar - aus nothwendig hervorgehende Verwirrung ſcheint ſich unter den Englaͤndern zuerſt Samuel Read2)An Inquiry into the Natural Grounds of Right to Vendible Pro - ausgeſprochen zu haben. 3)nicht näher ein, da ſich dieſelben nur auf das Verhältniß zwiſchen Lohn und Capitalgewinn beziehen und zu dem Gegenſtande unſerer Abhandlung in kei - nem unmittelbaren Verhältniſſe ſtehen.11„ Es ſcheint hinlaͤnglich klar, ſagt er, daß als Gewinn des Vermoͤgens (profits of stock) Nichts angeſehen werden kann, als was dafuͤr ohne die Arbeit erlangt werden kann, daſſelbe perſoͤnlich anzuwenden oder ſeine Anwendung zu productiven Zwecken zu uͤberwachen, weil Alles, was vermittelſt ſolcher Ar - beit erlangt wird, Lohn iſt und auf dieſe Bezeichnung eben ſo gerechten Anſpruch hat, als das, was durch irgend eine belie - bige andere Art von Arbeit erworben wird. “ Auf dieſer Grund - lage baut nun ein Recenſent der Quarterly Review1)Band XLIV, Seite 1 — 52, das Hierhergehörige Seite 19 ff., in wel - chem Rau Senior2)Grundſätze der Volkswirthſchaftslehre, 5. Ausg. 1847. §. 238. An - merkg. b. vermuthet, weiter und unterſcheidet in dem von M. Culloch bezeichneten Ueberſchuſſe vier Beſtandtheile naͤmlich: Capitalzins, oder was man fuͤr den Gebrauch des Capitals ohne perſoͤnliche Arbeit oder Gefahr erlangen kann; Aſſecuranz fuͤr die Gefahr des beſondern Geſchaͤfts, auf welches das Capital verwandt wird; Arbeitslohn fuͤr die perſoͤnliche Leitung, das Talent oder das Geſchick des Capitaliſten; Monopolgewinn, wie er aus dem Beſitz ausſchließlicher Vortheile, als geheimer oder patentirter Verfahrungsweiſen oder Inſtrumente, vortheil - hafterer Verbindungen, guͤnſtigerer Lage u. ſ. w. hervorgeht. Von dieſen verſchiedenen Beſtandtheilen, welche die Oekonomiſten unter der Bezeichnung Gewinn zuſammenfaſſen, ſagt er, iſt offen - bar der erſte der einzige, welcher richtiger Weiſe von Loͤh - nen, Aſſecuranz, Rente oder Monopolgewinnſten unterſchieden werden kann. Der Gewinn vom Vermoͤgen (profit of stock) iſt alſo eigentlich nichts Anderes, als der gewoͤhnlich in Pro -2)perty or Wealth. Ich ſelbſt habe das Buch nicht auftreiben können und citire es daher nach dem ſogleich zu erwähnenden Aufſatze der Quarterly Review. 12 centen des Werthes ausgedruͤckte Capitalzins (interest of capital), der ſich aus Entſchaͤdigung fuͤr die Entſagung der unmittelbaren Nutzung und Verſicherung gegen die gelaufene Gefahr zuſam - menſetzt.
Eine im Weſentlichen hiermit uͤbereinſtimmende Einſicht ſpricht ſich denn auch in den Grundzuͤgen der politiſchen Oeko - nomie aus, die Senior unter eigenem Namen herausgegeben hat1)Outline of the Science of Political Economy, London 1836. Das Buch iſt mir nicht zur Hand und ich citire daher nur nach Rau, §. 238. Note b. . Er faßt dort Zinsrente und Gewerbsgewinn unter der Benennung Profit zuſammen, theilt denſelben jedoch in zwei die - ſen beiden Einkuͤnften entſprechende Theile.
In aͤhnlicher Weiſe behandelt der juͤngere Mill die Lehre vom Gewinn2)Principles of Political Economy by John Stuart Mill, London 1848, Band I. S. 476 ff.. Dieſer enthaͤlt nach ſeiner Darſtellung die Ent - ſchaͤdigung fuͤr Enthaltſamkeit, Gefahr und Anſtrengung und loͤſt ſich demzufolge in Zins, Aſſecuranz und Lohn der Ober - aufſicht auf. Obwohl Mill es hierbei fuͤr moͤglich erklaͤrt, daß dieſe verſchiedenen Verguͤtungen ebenſowohl verſchiedenen, als ein und derſelben Perſon zufließen koͤnnen, ſo haͤlt er doch durch - gehends als Regel die Vorausſetzung feſt, daß die Arbeiter und die Capitaliſten verſchiedene Claſſen bilden, daß letztere alle Ko - ſten, einſchließlich der Loͤhne, vorſchießen und dafuͤr auch das ganze Product erhalten. Die alte Grundanſchauung, den Unter - nehmer als Capitaliſten zu denken, findet ſich alſo auch bei die - ſem neueren engliſchen Nationaloͤkonomen3)Soetbeer erwähnt in dem ſeiner Ueberſetzung John Mill’s angehängten Nachweis über die national-ökonomiſche Literatur von 1846 — 52 auch noch dreier Abhandlungen Tucker’s in Hunts Merchants magazine, die den Ti -.
13Auf einen weſentlich andern Standpunkt ſtellen ſich die meiſten franzoͤſiſchen Schriftſteller, indem ſie den Hauptnachdruck auf die perſoͤnliche Thaͤtigkeit des Unternehmens legen und ihn demzufolge weſentlich als Arbeiter, das, was er erhaͤlt, als Ar - beitsentſchaͤdigung auffaſſen. Namentlich iſt es J. B. Say, durch welchen dieſe Auffaſſungsweiſe dort heimiſch geworden iſt1)Rau, §. 238 und neuerdings Roſcher (die Grundlagen der Rational - ökonomie. Stuttgart und Tübingen 1854, §. 195, Anm. 3.) fuͤhren auch ſchon Canard unter Denen an, die den Gewerbsverdienſt dem Lohne zurech - nen. Dieß iſt inſofern richtig, als Canard (§. 21) von den Verkäufern einer Waare regelmäßig vorausſetzt, daß ſie eine induſtrielle Thätigkeit darauf ver - wendet haben. Allein Canard übergeht nicht nur den Unterſchied zwiſchen Unternehmern und Arbeitern, ſondern auch den zwiſchen Unternehmern und Capitaliſten. Hierzu kommt, daß er den Unterſchied zwiſchen Einkommen und Eigenthum, Capitalerſatz und Capitalzins mehrfach verkennt. Dieſer Gegen - ſatz ſowohl, wie derjenige des Einkommens aus den verſchiedenen Produc - tionsfactoren verſchwimmt bei ihm, und man könnte daher vielleicht ebenſo gut ſagen, er rechne den Gewerbsverdienſt zum Capitaleinkommen. Jeden - falls iſt ſeine Darſtellung für die Lehre vom Unternehmergewinn durchaus bedeutungslos, und ich habe aus dieſem Grunde vorgezogen, ſeinen Namen im Texte zu übergehen.. Derſelbe unterſcheidet als Einkommenszweige die Gewinnſte des Grundes und Bodens, des Capitals und der Induſtrie2)Cours, Buch V, beſonders die Cap. 1, 2, 7 — 9 und Traité, Buch II, Cap. 7, dazu in der Ueberſetzung von Morſtädt der dem erſtern Werk ent - nommene Anhang zu Bd. II, Abth. 3, Cap. 3. und laͤßt wiederum letztere in die Gewinnſte der Unternehmer, der eigentlichen Arbeiter und der wiſſenſchaftlich Thaͤtigen (de la classe3)tel: Theory of profits führen. Ich habe ſie nicht erlangen können und muß es daher dahingeſtellt ſein laſſen, welche Berückſichtigung der Unternehmer - gewinn darin gefunden hat. Der Ort, wo Soetbeer ſie einregiſtrirt, und der Umſtand, daß Mill ſie mit Stillſchweigen übergeht, laſſen mich jedoch ver - muthen, daß ſie von der in England üblichen Auffaſſung des „ profit “nicht weſentlich abweichen.14 savante) zerfallen. Zwiſchen den Gelehrten, welche Erfindungen und Entdeckungen machen, und den Arbeitern, die mit der Aus - fuͤhrung beſchaͤftigt ſind, ſtehen ihm die Unternehmer, deren Auf - gabe es iſt, die gemachten Erfindungen und Entdeckungen anzu - wenden. In Folge deſſen liegt ihnen namentlich auch ob, jedem Einzelnen, der zu einer Production beigetragen hat, ſeinen An - theil am Ertrage zukommen zu laſſen. Um dieſe Stellung aus - fuͤllen zu koͤnnen, beduͤrfen ſie ſowohl einer gewiſſen Menge von geiſtigen und moraliſchen Eigenſchaften, als eines entſprechenden Capitalbeſitzes, und dieſe doppelte Nothwendigkeit, in Verbin - dung mit der Gefahr, welche ſie auf ſich nehmen, muß ihren Gewinn auf eine anſehnliche Hoͤhe ſteigern, ſo daß er einerſeits den Antheil der Grundeigenthuͤmer und Capitaliſten, andererſeits den der wiſſenſchaftlich Beſchaͤftigten und der Lohnarbeiter uͤber - ſteigen wird1)Wie ſehr Say den Unternehmer als Arbeiter anſieht, geht nament - lich aus der Stelle hervor, auf die wir hier Bezug nehmen und in der es heißt: Ces trois causes tendent à élever leurs profits non seulement au dessus de ceux des propriétaires de terre et des capitalistes, mais au des - sus de ceux des autres travailleurs c’est-à-dire au dessus de ceux qui cultivent les sciences ou qui reçoivent un salaire. . Adam Smith ſagt, der Capitalgewinn ſei groͤ - ßer oder kleiner, je nachdem ein Geſchaͤft mehr oder weniger Gefahr darbiete. Hiergegen bemerkt Say, es ſei klar, daß dieſe Gefahr, dieſer Verluſt und Gewinn die induſtriellen Faͤhigkeiten betreffe. „ Die Capitalien, ſagt er, haben durchaus keinen Grund, ſich gewiſſen Productionen eher als andern zuzuwenden, ſie haben weder Neigungen noch Willen. Zu ſagen, die Capi - tale ſtroͤmten dahin, wo ſie die hoͤchſten Gewinne faͤnden, hat keinen beſſern Sinn, als wenn man ſagen wollte: die Pferde ſtroͤmen den Unternehmungen zu, wo ſie den meiſten Hafer zu freſſen bekommen. Das Wahre iſt, daß man den Unternehmun -15 gen, welche einen groͤßern Gewinn abwerfen, mehr Capital zu - wendet, daß aber der groͤßere oder geringere Gewinn, den man aus dieſen Unternehmungen zieht, derjenige iſt, der aus der Ge - werbsthaͤtigkeit der Unternehmer hervorgeht. “
Am naͤchſten der Darſtellung Say’s, jedoch unter Be - nutzung des ſogleich zu erwaͤhnenden Werkes von Dunoyer, ſchließt ſich Joſeph Garnier an1)Eléments de l’économie politique, nouvelle édition, die Brüſſeler Ausgabe 1850 ch. XVI. §. 5 z. vgl. mit ch. III. §. 3. — Auch im Journal des économistes XVIII, 201 ff. XIX, 143 ff. u. neuerdings in Coquelin u. Guillaumin, Dictionnaire de l’économie politique, Artikel entrepreneur d’in - dustrie. . Er behandelt die Ent - ſchaͤdigung des Unternehmers zu gleicher Zeit mit der des Ge - lehrten und des Kuͤnſtlers unter den Loͤhnen und dringt darauf, den Induſtriegewinn (bénéfice de l’industrie) der Unternehmer nicht mit dem Gewinn der Capitalien zu verwechſeln, die ſie anwenden.
Auch Droz2)Economie politique, Bruxelles 1837, B. III. ch. 4. behandelt den Gewinn des Unternehmers in dem naͤmlichen Abſchnitte, wie den Arbeitslohn, und getrennt von der Capitalrente. Den Capitalzins rechnet er zu den Pro - ductionsauslagen. Doch unterſcheidet er allerdings auch den Unterhalt des Unternehmers und ſeiner Familie, den er als einen an ſich ſelbſt gezahlten Lohn betrachtet, von deſſen Gewinn. Immerhin aber ſieht er die perſoͤnliche Thaͤtigkeit als die Haupt - urſache des letzteren an. „ Ein Unternehmer, ſagt er unter Anderem, bereichert ſich und ein Anderer richtet ſich zu Grunde, ohne daß die Urſache ihres Geſchickes anders wo liegt, als in ihnen ſelbſt. “
Dunoyer in ſeinem vortrefflichen Werk uͤber die Freiheit16 der Arbeit1)De la liberté du travail, Paris 1846. unterſucht zwar den Antheil am Ertrag der Pro - duction, welcher dem Unternehmer zufaͤllt, nicht naͤher, allein im 6. Buch handelt er ausfuͤhrlich die Eigenſchaften ab, welche zu einer erfolgreichen Production erfordert werden, und aus Al - lem, was er dort ſagt, geht zur Genuͤge hervor, wie auch er in dem Unternehmer vor Allem die leitende und beaufſichtigende Kraft ſieht.
Einige franzoͤſiſche Schriftſteller freilich naͤhern ſich mehr oder weniger der engliſchen Auffaſſung. So Sismondi2)Nouveaux principes I. 359. Paris 1822., ſo namentlich auch Roſſi3)De la Distribution de la richesse, Brüſſeler Ausgabe 1851. 20. u. 21. Vorleſung., der im Weſentlichen ganz auf Adam Smith zuruͤckkommt. Er verſteht naͤmlich unter Gewinn (profit) den Antheil des Capitals am Ertrage und will von dieſem die Entſchaͤdigung fuͤr die Muͤhe der Leitung und Ueberwachung nicht getrennt wiſſen. Es iſt ſeiner Meinung nach ein Miß - brauch der analyſirenden Methode, den Gewinn als rein aus den angewandten Guͤtern hervorgehend (comme uniquement af - férents à la chose employée) zu betrachten. „ Der Wille, der Entſchluß, ein Gut anzuwenden, ſagt er, gehoͤren nothwendig zum Begriffe des Capitals, ebenſowie der Entſchluß, ſeine Glieder zu ruͤhren und ihnen eine beſtimmte Richtung zu geben, zum Begriffe der Arbeit, und ebenſowenig, wie man von dem Arbeiter ſagen kann, er bekomme eine Entſchaͤdigung fuͤr ſeine Arme und eine andere fuͤr den Willen, ſie zu gebrauchen, und fuͤr die Intelligenz, welche er bei dieſem Gebrauche aufwendet, eben ſo wenig kann man in Bezug auf den Capitaliſten ſagen,17 ein Gewinn ſei fuͤr das materielle Gut und ein anderer fuͤr die Aufſicht und Leitung1)Die weſentliche Verſchiedenheit beider Fälle liegt jedoch auf der Hand. Die Arme gehören ſo gut zur Perſönlichkeit des Arbeiters wie ſeine Muskelkraft und Intelligenz. Das Capital iſt von der Perſönlichkeit des Capitaliſten vollſtändig geſchieden. Er kann es ohne Anſtrengung an einen Andern ausleihen oder veräußern, was der Arbeiter mit ſeinen Armen nicht kann. Daß Roſſi dieſen Unterſchied überſah, rührt daher, daß er fortwäh - rend die perſönliche Kraft und Fähigkeit als Capital anſieht, eine Ausdeh - nung dieſes Begriffes, die ſchon von dem Verfaſſer des eben erwähnten Auf - ſatzes der Quart. Rev., ſowie von Hermann, Staatsw. -Unterſ., München 1832, S. 50 — 59 zurückgewieſen worden iſt..
Die Anſicht, welche den Unternehmergewinn von Lohn und Capitalgewinn ſondert und weſentlich auf eine Entſchaͤdi - gung fuͤr die gelaufene Gefahr zuruͤckfuͤhrt, finden wir in Frankreich mit aller Entſchiedenheit nur von Courcelle Seneuil2)In Coquelin et Guillaumin, Dictionnaire d’écon. polit. Article: Profit. vertreten. Im Anfang, meint er, arbeitet der Menſch nur mit ſeinen eigenen Capital - und Arbeitskraͤften. Die Theilung der Arbeit ruft jedoch bald die Benutzung frem - der Capitalien und Arme hervor, und ſpaͤter nimmt der Unter - nehmervertrag den heutzutage vorwiegenden Sinn an, daß der Unternehmer zwar ein eignes Capital beſitzt, aber fremde Grund - ſtuͤcke, Capitalien und Arbeiter gegen eine fixe Entſchaͤdigung fuͤr die Betreibung der Unternehmung gewinnt. Er concipirt und leitet die Unternehmung, er iſt deren Seele. Alle Ge - fahren gehen auf ſeine Rechnung, aber auch alle Gewinnſte. Auch in der Commanditengeſellſchaft und Arbeiteraſſociation er - halten dort die Capitaliſten, hier die Arbeiter nur dadurch An - theil am Gewinn, daß ſie die Gefahr der Verluſte mit auf ſich218nehmen. Auch in den Actiengeſellſchaften und dem Gewinn - antheil, den ſie ihren Directoren und Geranten zu geben pflegen, iſt der Gewinn nur eventuell und darf weder mit dem Capital - zins noch mit dem Lohne vermiſcht werden. Alle allgemeine Urſachen, die auf die Prosperitaͤt des Handels und der Ge - werbe hinwirken, wirken nach Courcelle Seneuil auch auf eine Erhoͤhung des Gewinnes hin. Im Allgemeinen ſtehen die Ge - winne im Verhaͤltniß zur Intelligenz der Unternehmer und zu den guͤnſtigen oder unguͤnſtigen Umſtaͤnden, unter denen dieſe ihre Wirkſamkeit entfalten. Obwohl in einer gegebenen Unter - nehmung die Gewinne um ſo groͤßer ſind, einen je geringeren Antheil Lohn und Zins vom Producte hinwegnehmen, kann man doch die Verminderung des Lohn - und Zinsſatzes nicht als einen guͤnſtigen Umſtand fuͤr die Verwirklichung großer Gewinne be - zeichnen. In der Regel ſteigt Lohn und Zins zugleich mit dem Gewinn im Verhaͤltniß der von dem Unternehmer fuͤr die frucht - bare Verwendung von Arbeit und Capital aufgefundenen Gele - genheiten. Zins und Gewinn ſind nicht Antagoniſten, es ſind durch ein inniges, unaufloͤsliches Band vereinigte Genoſſen, denen es durch die Natur der Dinge ſelbſt faſt immer zu glei - cher Zeit und aus den naͤmlichen Urſachen gut oder uͤbel geht.
Trotz dieſer einzelnen Abweichungen wird man aber be - haupten koͤnnen, daß im Allgemeinen die Franzoſen das weſent - liche Kennzeichen des Unternehmers in der perſoͤnlichen Thaͤtig - keit finden, die er zur Leitung und Beaufſichtigung der Unter - nehmung aufwenden muß, und daß ſie demzufolge als die eigent - liche Grundlage deſſen, was der Unternehmer erhaͤlt, die Ent - ſchaͤdigung fuͤr dieſe perſoͤnliche Thaͤtigkeit anſehen; im Gegen - ſatze zu den Englaͤndern, bei denen immer der Gedanke vor - wiegt, daß der Unternehmer das Capital zu dem Geſchaͤft her -19 giebt und ſeinen Antheil hauptſaͤchlich als Entſchaͤdigung fuͤr die aufgewendeten Nutzungen erhaͤlt1)Es bedarf kaum der Hindeutung, wie ſehr dieſer Unterſchied der Auffaſſung der Verſchiedenheit der Hauptrichtung der productiven Thätigkeit in beiden Nationen entſpricht. Die auf das Maſſenhafte, Zweckentſprechende, Solid-Billige gerichtete Induſtrie der Englaͤnder gebraucht als Haupt - hebel das Capital; die Eleganz, Gefaͤlligkeit und geſchmackvolle Neuheit, welche die Franzoſen bei ihren meiſten Waaren in erſter Linie erſtreben, kann nur durch fortwaͤhrendes Mitarbeiten der Unternehmer erreicht werden..
Die deutſchen Nationaloͤkonomen haben ſich bald der einen bald der andern Anſchauungsweiſe naͤher angeſchloſſen. Kraus2)Staatswirthſchaft, herausgeg. v. Auerswald, Königsberg, 1808. B. 1. S. 150., der den dritten Beſtandtheil des urſpruͤnglichen Einkommens ne - ben der Bodenrente und dem Arbeitslohne als Verlagsprofit be - zeichnet, ſpricht ſich faſt woͤrtlich in Uebereinſtimmung mit Adam Smith aus. v. Schloͤzer3)Anfangsgründe der Staatswirthſchaft, Riga, 1805, §. 29, 63 und 76. Anmerkg. 2. ſieht den Ueberſchuß des Ertrages uͤber den gehabten Aufwand als Capitalgewinn an, und es ſcheint, daß er das Einkommen der wirthſchaftlichen Unter - nehmer, die er uͤbrigens nirgends unter den Producenten beſonders ausſcheidet, auf ihre Capitalverwendung zuruͤck - fuͤhrt. —
Auch Nebenius4)Ueber die Natur und Urſachen des öffentlichen Credits. 2. Ausg. Carlsruhe u. Baden 1829. Hierher gehörig namentlich Cap. 2. ſchließt ſich der engliſchen Auffaſſung an, indem er unter Capitalgewinn den ganzen Reinertrag begreift, welchen die die Capitalien verwendenden Unternehmer aus den Unternehmungen ziehen, wie ſich einestheils aus der Gegenuͤber - ſtellung von Capitalgewinnſttaxe und Zinsfuß (§. 7), anderntheils daraus ergiebt, daß er die erſtere in um ſo engere Grenzen ein -2 *20geſchraͤnkt werden laͤßt, je weniger die reelle Verguͤtung der Dienſte der Induſtrie einer Verminderung faͤhig iſt und je mehr die Schwierigkeit der Production waͤchſt.
Dagegen erſcheint bei Lotz1)Handbuch der Staatswirthſchaftslehre, 2. Auflage, Erlangen 1837. B. 1. S. 471 — 472. der Antheil des Unterneh - mers weſentlich als Belohnung ſeiner perſoͤnlichen Thaͤtigkeit, ja in der Anmerkung ſagt er geradezu, der Unternehmergewinn ſei eigentlich weiter nichts, als Arbeitslohn fuͤr die Leitung des Geſchaͤfts2)Gleichwohl heißt es im Texte auf der nämlichen Seite, dem Unter - nehmer müſſe, außer ſeinem eigentlichen Unternehmergewinn, noch ein Antheil um deswillen zu Gute gerechnet werden, weil er als Un - ternehmer des Geſchaͤfts zugleich die Arbeit der Direction auf ſich nehmen müſſe, ein Widerſpruch, den der Verfaſſer zu beſeitigen wohl ſelbſt in Ver - legenheit geweſen ſein möchte. Außerdem behauptet Lotz, daß dem Unternehmer vermöge ſeines natür - lichen Uebergewichts häufig ein Theil des den Arbeitern gebührenden Lohnes zufließen werde. Hierdurch wird ein Theil des Unternehmergewinnes auf denſelben Grund geſtützt, aus welchem ſich alle Monopolgewinne ableiten. Indeſſen iſt dieſer Gedanke, auf den wir ſpäter des Weitern zurückkommen, nicht weiter verfolgt..
v. Jacob3)Grundſätze der Nationalökonomie. 3. Aufl. Halle 1825. begreift zwar den Profit des Unternehmers unter dem Capitalgewinne (§. 277), faßt ihn aber doch als Ent - ſchaͤdigung fuͤr perſoͤnliche Thaͤtigkeit auf, indem er ſagt, er ſei das, was der Unternehmer fuͤr das Geſchaͤft der Unternehmung erhalte (§. 281), und dieſes Geſchaͤft in Anordnung der Arbei - ten, Verkauf der Producte ꝛc. beſtehen laͤßt (§. 278). Hiermit ſtimmt es auch uͤberein, daß er (§. 292) erklaͤrt, der Profit des Unternehmers ſei nichts Anderes, als eine Art von Lohn fuͤr die21 Arbeit, Muͤhe, Geſchicklichkeit, Gefahr u. ſ. w., welche mit der Unternehmung verbunden ſind.
v. Prittwitz1)Volkswirthſchaftslehre. Mannheim 1846. §. 464 ff. folgt in der Lehre von der Guͤterverthei - lung im Weſentlichen der Darſtellung Say’s und baſirt dem - gemaͤß den Unternehmergewinn auf die perſoͤnliche Thaͤtigkeit des Unternehmers.
Schuͤz2)Grundſätze der Nationalökonomie. Tübingen 1843, S. 315 ff. laͤßt den nothwendigen „ Unternehmungsgewinn “aus dem Lohne des Unternehmers fuͤr ſeine Thaͤtigkeit und aus einer Aſſecuranzpraͤmie fuͤr die Gefahr von Capitalverluſten zu - ſammengeſetzt ſein. Da er jedoch von der letzteren behauptet, ſie muͤſſe der Gefahr entſprechen, die der Unternehmer auf ſich nehme, ſo wird er dieſelbe kaum als reinen Ertrag behandeln koͤnnen, und er darf daher wohl mit Recht unter denen auf - gefuͤhrt werden, welche den Unternehmergewinn zu dem Lohne rechnen.
Hildebrand3)Die Nationalökonomie der Gegenwart und Zukunft. Bd. 1. Frank - furt a. M. 1848. S. 259 ff. kommt in dem bis jetzt erſchienenen erſten Theile ſeines Werkes nur beilaͤufig bei Gelegenheit ſeiner Kritik der ſocialen Wirthſchaftstheorien auf den Antheil der Unterneh - mer am Ertrage der Unternehmungen zu ſprechen. Da er denſelben aber durch die geiſtige Arbeit der Unternehmer und die von ihnen ausgehende Organiſation der Arbeitskraͤfte be - gruͤndet, ſo ſcheint er ebenfalls denjenigen Schriftſtellern zuge - zaͤhlt werden zu muͤſſen, welche ſich der bei den Franzoſen vor - herrſchenden Auffaſſung des Unternehmergewinns anſchließen.
Auch Roſcher4)In dem oben angeführten Werke S. 358 ff. ſteht auf dieſer Seite. Er nennt den22 Unternehmergewinn Unternehmerlohn, der meiſtens fuͤr die Ober - aufſicht und die damit zuſammenhaͤngenden Arbeitsthaͤtigkeiten verdient werde, auf jeden Fall aber, auch wenn der Unterneh - mer ſich gaͤnzlich durch einen beſoldeten Agenten wollte vertreten laſſen, dadurch, daß ſein Name das ganze Unternehmen zuſam - menhalte, daß er auch in letzter Inſtanz die Sorge und Ver - antwortlichkeit dafuͤr trage. Deshalb gehorche der Unternehmer - verdienſt auch weſentlich denſelben Naturgeſetzen, wie der Ar - beitslohn. Indeſſen beſchraͤnkt Roſcher ſelbſt dieſe Anſicht durch den Zuſatz, daß der Unternehmerlohn ſich von allen uͤbrigen Einkommenszweigen allerdings inſofern unterſcheide, als er nie ausbedungen werden koͤnne, vielmehr in dem Ueberſchuſſe be - ſtehe, welchen der Ertrag der Unternehmung uͤber alle aus - bedungenen oder landesuͤblich berechneten Grundrenten, Capital - zinſen und andere Arbeitsloͤhne darbiete. Auch uͤberſieht Ro - ſcher keineswegs, daß haͤufig ein Theil des Unternehmergewin - nes Rente (Monopolgewinn. Die Bedeutung, in der wir dieſen Ausdruck gebrauchen, ſ. unten im vierten Cap. Abth. III) iſt, in - dem er anerkennt, daß der große Unternehmer einen hoͤhern Lohn fordern koͤnne, da es hierzu befaͤhigte Perſonen ſo aͤußerſt we - nige gebe.
Viele deutſche Schriftſteller nehmen jedoch einen zwi - ſchen der franzoͤſiſchen und der engliſchen Anſchauung mitten inne liegenden Standpunkt ein, indem ſie ſowohl perſoͤnliche Thaͤtigkeit als Capitalverwendung als fuͤr den Unternehmer weſentlich anſehen. Hierher gehoͤren Storch, v. Hermann, Rau und Eiſelen.
Storch1)Handbuch der Nationalwirthſchaftslehre aus dem Franzöſ. von Ran, Hamburg 1819. Bd. I. 3. Buch. 13. Hauptſtück. ſtellt dieß mit einer gewiſſen Praͤciſion gleich23 an die Spitze des hierher gehoͤrigen Abſchnitts ſeines Werks. „ Der Gewinn des Unternehmers, ſagt er dort, gehoͤrt zu glei - cher Zeit zu dem Lohne und dem Zinſe. Er iſt der Preis ſei - ner Arbeit und richtet ſich nach der Groͤße des Erwerbsſtam - mes. Der nothwendige Satz des Unternehmergewinnes iſt ihm aus zwei Beſtandtheilen zuſammengeſetzt, naͤmlich aus einem Arbeitslohn und aus einer Verſicherungspraͤmie; der wirkliche Gewinn richtet ſich nach dem Marktpreiſe der Erzeugniſſe und kann daher mehr oder weniger von dem nothwendigen abwei - chen. Der Ueberſchuß des Ertrags uͤber die unvermeidlichen Auslagen, zu denen er außer dem umlaufenden Verlage und den Verlagsrenten auch jenen nothwendigen Gewinn rechnet, bildet ihm den reinen Gewinn. Der wirkliche Gewinn muß ſeiner Meinung nach im Allgemeinen — freie Concurrenz vorausgeſetzt — bei allen Anwendungen der Erwerbsſtaͤmme ungefaͤhr gleich groß ſein, obgleich das Verhaͤltniß des reinen zu dem nothwendigen Gewinn nach der Beſchaffenheit des Ge - ſchaͤfts uͤberaus verſchieden ſein kann.
v. Hermann1)A. a. O. S. 204 — 214 zu vergl. mit S. 80 und S. 145. behandelt zwar den Unternehmergewinn in der Lehre vom Zinſe, unterſcheidet ihn aber durchaus von dieſem. Der Unternehmer hat ſaͤmmtliche Erwerbsmittel fuͤr Einen Zweck zu vereinigen, den Plan fuͤr den Betrieb zu ent - werfen, das Erwerbsgeſchaͤft ſelbſt zu beaufſichtigen. Zugleich garantirt er dem Capitalbeſitzer einen fixen Bezug, waͤhrend der Ertrag vom Schwanken der Productenpreiſe abhaͤngt. Auf dieſen doppelten Dienſt gruͤndet ſich ſein Anſpruch auf einen Antheil am Gewinn. Dieſer Gewinn-Antheil iſt wahres Einkommen und darf weder mit dem Lohne verwechſelt werden, den der Un - ternehmer bezieht, wenn er, wie es im Kleingewerbe gewoͤhn -24 lich der Fall, zugleich als Arbeitsgehuͤlfe thaͤtig iſt, noch mit dem Erſatz fuͤr alle Gefahr, die er bei Anwendung des frem - den Vermoͤgens traͤgt, denn dieſe Verguͤtung iſt gar kein Ein - kommen, ſondern Capitalerſatz, welcher zur Tragung vorkom - mender Verluſte aufgeſpart werden muß. Wo die Unternehmer mit eignem Capital arbeiten, ſcheidet ſich ihr Gewinn nicht von dem Zinſe aus; dieß geſchieht erſt, wo ſie fremdes Capital an - wenden, und hier erſcheint er als eine Verguͤtung fuͤr die Sorge der ſichern und fruchtbaren Anlegung des Capitals. Dieſe Sorge und Thaͤtigkeit verhaͤlt ſich in Umfang und Erfolg wie die Groͤße des angewandten Capitals, weshalb denn der Unternehmer - gewinn, den die Concurrenz im Durchſchnitte in den verſchiede - nen Geſchaͤften auf gleichmaͤßiger Hoͤhe haͤlt, dem Capitale pro - portional iſt. Seine Groͤße beſtimmt ſich durch das Ausgebot an Capitalen, die der Beſitzer nicht ſelbſt anwenden will, und den Begehr Derjenigen, die Capital zur productiven Anwendung ſuchen. Je hoͤher der Zins bei gleichem Gewinn ſteigt, deſto tiefer faͤllt der Unternehmergewinn und umgekehrt. Dauernde Veraͤnderungen des Gewinnes kommen dem Zinſe, voruͤber - gehende dem Unternehmergewinn zu Gute oder zu Schaden. Wenn der Wettbewerb abzuhalten iſt, ſo kann der Unternehmer - gewinn im Einzelnen hoͤher als uͤblich ſtehen, ja Theile deſſel - ben koͤnnen ſo regelmaͤßig und ſicher fließen, daß ſie Capital - werth erhalten. Verbeſſerungen und Koſtenerſparungen kommen zwar Anfangs den Unternehmern, bald jedoch allen Conſumenten zu Gute.
Rau1)Grundſätze der Volkswirthſchaftslehre, 5. Ausg. Heidelberg 1847. S. 311 — 323. verſteht unter Gewerbsverdienſt — eine Bezeich - nung, die er der von Gewerbs - oder Unternehmergewinn vor -25 zieht — den Theil des rohen Gewerbsertrags, welcher dem Un - ternehmer nach Abzug aller Gewerbskoſten, als Frucht ſeiner Unternehmung, uͤbrig bleibt. Er iſt als ein eigenthuͤmliches Einkommen anzuſehen, welches aus der innigen Verbindung der Arbeit und des Capitals entſpringt und in welchem der Antheil jeder dieſer beiden Urſachen an ihrer gemeinſchaftlichen Wirkung nicht auszuſcheiden iſt. Von der Capitalrente unterſcheidet er ſich dadurch, daß dieſe groͤßtentheils reines Einkommen iſt, von dem Lohne dadurch, daß er nicht ausbedungen werden kann und neben der Beſchaffenheit der Arbeit zugleich von der Groͤße des angewendeten Capitals abhaͤngt. Die Koſten, welche der Un - ternehmer in ſeinem Verdienſte verguͤtet erhalten muß und die die Untergrenze deſſelben bilden, beſtehen aus dem ſtandesmaͤßi - gen Unterhaltsbedarf fuͤr ihn und ſeine Familie und aus Ent - ſchaͤdigung fuͤr die Gefahr von Verluſten oder des Mißlingens der ganzen Unternehmung. In dem Maße, als der Gewerbs - verdienſt dieſen Koſtenbetrag uͤberſteigt, bezieht der Unternehmer ein reines Einkommen, den reinen Gewerbsertrag oder Gewinn; der Gewerbsverdienſt im Ganzen pflegt mit der Zinsrente zu ſinken und zu ſteigen und nimmt, wie dieſe, im Verhaͤltniß zu dem angewendeten Capitale bei den Fortſchritten des Volkswohl - ſtandes ab.
Eiſelen1)Die Lehre von der Volkswirthſchaft, Halle 1843. S. 558 — 599. unterſcheidet im Unternehmungsgewinn eine Vergeltung fuͤr die Muͤhwaltung, die eine Art von Arbeitslohn ſei, und eine Entſchaͤdigung fuͤr die Gefahr des Verluſtes. Letztere iſt jedoch nicht mit der eigentlichen Verſicherungspraͤmie zu verwechſeln, die ſich der Capitaliſt mit der Mieths - oder Zinsrente dafuͤr bezahlen laͤßt, daß ein verwendetes Capital moͤglicher Weiſe verloren gehen kann, ſondern bezieht ſich auf26 die allgemeine Gefahr, daß das Geſchaͤft ganz oder theilweiſe fehlſchlagen kann. Waͤhrend jene Gefahr ſich mit Wahrſchein - lichkeit berechnen und durch allerhand Veranſtaltungen beſei - tigen oder ausgleichen laͤßt, iſt dieſe entweder gar nicht oder nur unter gewiſſen Vorausſetzungen zu entfernen und in ihrem Eintreten ſo zufaͤllig und verſchieden, daß beſondere Vorkehrun - gen dagegen nicht moͤglich ſind. Der Unternehmungsgewinn, inſofern er mit dieſer Gefahr in Verbindung ſteht, iſt daher oft ein wirklicher Gewinn, welcher dem Muthe zu Theil wird, ſich der gedachten Gefahr auszuſetzen. Die Hoͤhe des Unterneh - mungsgewinnes wird durch die Groͤße der Nachfrage nach dem Producte der Thaͤtigkeit der Unternehmer und durch den Auf - wand beſtimmt, welchen dieſe zu machen genoͤthigt ſind. Wegen der Leichtigkeit des Ueberganges der Rentner in die Klaſſe der Unternehmer und umgekehrt wird ſich der Unternehmungsgewinn ſtets in einem gewiſſen Verhaͤltniſſe zu der Zinsrente halten. Da die Anforderung an den Unternehmer, ſo wie der Grad der Gefahr in den verſchiedenen Unternehmungen ſehr verſchieden ſind, ſo wird auch der Unternehmungsgewinn nicht uͤberall gleich ſein, und dieſe Ungleichheit wirkt namentlich auf die Concentra - tion der Gewerbe.
So verſchieden aber auch die Anſichten der erwaͤhnten Schriftſteller uͤber unſern Gegenſtand ſind, ſo haben ſie doch alle das mit einander gemein, daß ſie den Antheil des Unternehmers am Ertrage ſowohl mit ſeiner perſoͤnlichen Thaͤtigkeit, als mit der Wirkſamkeit des aufgewandten Capitals in eine unmittel - bare Verbindung ſetzen und dadurch gehindert werden, ſich von der Vermiſchung des Unternehmergewinnes mit Arbeitslohn und Capitalzins vollſtaͤndig frei zu machen. Nur von wenigen Schrift - ſtellern iſt die Trennung dieſer verſchiedenen Einkommenszweige principiell ausgeſprochen und damit fuͤr die Betrachtung des Un -27 ternehmergewinnes ein neuer Standpunkt gewonnen worden. Den erſten Schritt auf dieſem Wege macht Hufeland1)Neue Grundlage der Staatswirthſchaftskunſt, Bd. 1. Gießen und Wetzlar 1807. S. 290 ff., wenn auch noch mit Unſicherheit. Auf den erſten Anblick zwar ſcheint er zu Denen zu gehoͤren, die den Unternehmergewinn aus dem Capitalbeſitze ableiten, denn er behandelt ihn in dem Abſchnitte vom Capitalgewinn, indem er eine doppelte Art des letzteren unterſcheidet, je nachdem er durch eigne Verwendung des Capi - tals oder durch deſſen Ueberlaſſung an Andre gemacht wird. Jener iſt ihm Unternehmungsgewinn, (ſo und nicht Unterneh - mergewinn ſagt er von ſeinem Standpunkt aus ganz richtig, da er gegen die Anſicht Say’s polemiſirt, der den Gewinn des Unternehmers mit dem des Arbeiters verwechſelt). — Dann aber faͤhrt er, von dieſer Auffaſſung abgehend, fort: Ganz genau betrachtet iſt der Gewinn des Unternehmers, wenn man abzieht 1) den Arbeitslohn mit Gewinn (uͤber die Bedeutung dieſes Ausdrucks ſiehe das Werk ſelbſt S. 280.) 2) den Erſatz des Capitals, 3) den Erſatz fuͤr die Gefahr, den moͤglichen Schaden, eigentlich außer dem Gewinne, den jeder Capitaliſt, der auch ſein Capital nicht ſelbſt anwendet, zieht, theils Gewinn, den er wegen der groͤßern Gefahr zieht, die er als eigner Anwender des Capitals traͤgt, theils eine Rente ſeiner Talente und ſonſti - gen Geiſteseigenſchaften. In Bezug auf den letzteren Beſtandtheil findet ſich dann weiter unten S. 303 ff. bei ihm ſchon die frappante Zuſammenſtellung mit der Bodenrente, auf die wir zuruͤckkommen2)Es iſt ein Verdienſt Roſcher’s (Die Grundlagen der Nationalökonomie, B. I. 1854, S. 2.) die wiſſenſchaftliche Bedeutung Hufeland’s, richtig ge - würdigt und neu herausgehoben zu haben..
28Hierher gehoͤren ferner Schoͤn, Riedel und v. Thuͤnen.
Nach Schoͤn’s1)Neue Unterſuchung der Nationalökonomie und der natürlichen Volks - wirthſchaftsordnung. Stuttgart und Tübingen 1835, S. 87 und 112 — 116. Anſicht iſt die Quote des Unternehmers der Ueberſchuß des Productionspreiſes uͤber die Preiſe der Ar - beit -, Grund - und Capitalnutzungen, ſelbſtverſtaͤndlich auch uͤber den Erſatz des umlaufenden Capitals. Wendet der Unternehmer ſeine eigne Arbeit, ſein eignes Grundſtuͤck oder Capital an, ſo muß er ſich Lohn, Zins oder Grundrente nach dem uͤblichen Satze ausmeſſen und vom Reſte ſeine Unternehmungsquote be - rechnen. Obwohl dieſe einerſeits von der Menge und dem Preiſe der Producte, andererſeits von dem ausbedungenen Satze der Renten abhaͤngt, worunter Schoͤn auch Lohn und Zins begreift, ſo kann man ſie doch ſo anſehen, als ob ſie im Einzelnen auf einem ſtillſchweigenden Vertrage mit der Geſammtheit und mit den bezuͤglichen Theilhabern der Production beruhe, worin die Geſammtheit zu dem noͤthigen Productenpreiſe, die bezuͤglichen Arbeiter, Capitaliſten und Grundbeſitzer gewiſſermaßen ſubſidia - riſch zu den noͤthigen Nachlaͤſſen von ihren Renten ſich verſtehen muͤſſen. Dieß fuͤhrt Schoͤn dahin, die Geſetze des Preiſes auch auf den Unternehmungsgewinn anzuwenden und zu unterſuchen, wie Gebrauchswerth, Koſten und Wettbewerb auf dieſen einwir - ken. Worauf derſelbe ſich nun aber eigentlich gruͤndet, das zu eroͤrtern, uͤbernimmt er nicht weiter, und der richtige Gedanke, den Unternehmergewinn durchaus von Lohn, Zins und Grund - rente zu trennen, bleibt deshalb bei ihm ohne Frucht.
Mit groͤßerer Energie bemaͤchtigt ſich Riedel2)Nationalökonomie. 2. Bd. Berlin 1839, §§. 466 — 477 u. 685 — 698. dieſes Gedankens. Nachdem er am Schluſſe des erſten Buches das Weſen, die Verſchiedenheit und die Wechſelwirkung der wirth -29 ſchaftlichen Unternehmungen eroͤrtert hat, wendet er ſich im zwei - ten Buche zu der Vertheilung des Volksvermoͤgens und gelangt hier zu dem Reſultate, daß der urſpruͤngliche Erwerb lediglich von der Claſſe der Unternehmer gemacht wird. (§. 688). In demſelben erſcheinen alle an Andere fuͤr Benutzung ihrer Pro - ductionsmittel zu machenden Ausgaben als Koſten. Da es aber dem Unternehmer frei ſtand, ſeine eigenen Productionsmittel tauſchweiſe an Andere zu uͤberlaſſen, ſo hat er einen Anſpruch auf Erſatz des hierfuͤr zu erlangen geweſenen Werthes, und der geringſte Betrag des urſpruͤnglichen Erwerbes, welchen ein Un - ternehmen gewaͤhren muß, iſt hiernach der, welcher hinreicht, um einestheils den fuͤr die Theilnahme fremder Productionsmittel daran an Capitaliſten, Grundeigenthuͤmer und Arbeiter zu ent - richtenden, ſo wie anderntheils den fuͤr die Anwendung eigener Productionsmittel des Unternehmers durch Widmung derſelben fuͤr fremden Dienſt erreichbaren Nutzungswerth zu verguͤten. Nun iſt jedoch mit jedem Unternehmen ein gewiſſer Grad von Gefahr des Verluſtes ſowohl an den erwarteten Fruͤchten, als an den Productionsmitteln ſelbſt verbunden. Hierfuͤr muß der Unternehmer durch eine entſprechende Aſſecuranzpraͤmie entſchaͤdigt werden, wenn ſeine Lage nicht ſchlechter werden ſoll, als die der - jenigen Producenten, welche nicht ſelbſt Unternehmer ſind. So lange der Erwerb nichts weiter enthaͤlt als dieſen Erſatz der auf - gewendeten fremden und eignen Nutzungen und der Entſchaͤdigung fuͤr die gelaufne Gefahr, erhaͤlt der Unternehmer als ſolcher noch nichts, und es laſſen ſich allerdings Gruͤnde denken, die einen Unternehmer bewegen, ſich mit einem ſolchen gewinnloſen Ertrage, ja ſelbſt mit einem geringeren zu begnuͤgen. Doch dieſe Um - ſtaͤnde bilden nur eine Ausnahme von der Regel, daß dem Un - ternehmer, wenn der Producent Antrieb haben ſoll, in deſſen Verhaͤltniß uͤberzugehen, außer dem Erſatz der regelmaͤßigen und30 außerordentlichen Koſten und dem Aequivalent fuͤr die Einnah - men, auf welche er verzichtet hat, noch ein Gewinn zu Theil wer - den muͤſſe, welcher ihm lediglich in der beſondern Eigenſchaft zu - faͤllt, wodurch er ſich als Unternehmer auszeichnet. Dieß iſt der Gewerbs - oder Unternehmungsgewinn1)Eine Folge dieſer Entwickelung iſt, daß Riedel die Lehre vom Unter - nehmungsgewinn, die ſonſt erſt mit oder nach der Lehre von der Rente, dem Zinſe und dem Lohne abgehandelt wird, in ſeiner ſyſtematiſchen Dar - ſtellung dieſen Lehren vorausgehen laſſen muß, wodurch der Vortheil einer weit größern Klarheit erreicht wird.. Den Grund, daß ein ſolcher ſtattfinden kann, ſucht Riedel theils in der eigenthuͤm - lichen, nicht durch Miethlinge zu verrichtenden Arbeit des Unter - nehmers, theils in den beſonderen Vortheilen des Unternehmers bei der Capitalbenutzung, theils in einem hoͤheren Betrage der Aſſecuranzpraͤmie, als eben zur Deckung der Gefahr hinreicht, theils endlich in dem natuͤrlichen Vortheil der Lage, in welchem ſich die Unternehmer bei der Bedingung deſſen befinden, was den uͤbrigen Producenten zur Abfindung gegeben werden ſoll. Wir werden ſpaͤter noch Gelegenheit haben, auf dieſe Punkte naͤ - her einzugehen. Was die Hoͤhe des Gewerbsgewinnes der ver - ſchiedenen Unternehmungen anlangt, ſo hat derſelbe die Tendenz, ſich uͤberall auf ein gleiches Niveau zu ſtellen, obwohl er hieran einerſeits durch die Art von Monopol, welche manchen Unter - nehmungen ihre Groͤße verleiht, und durch die Leichtigkeit, ſei - nen Betrag geheim und dadurch von der Concurrenz abzuhalten, andrerſeits durch auf laͤngere Zeit eingegangene Verbindlichkeiten gehindert werden mag.
v. Thuͤnen2)Der naturgemäße Arbeitslohn, erſte Abtheilung. Roſtock 1850. S. 80 — 86. bezeichnet als Unternehmergewinn den Ueber - ſchuß, der dem Unternehmer zu bleiben pflegt, nachdem er von31 dem Geſammtgewinn, den er bezieht, die Zinſen des angewand - ten Capitals, die Aſſecuranzpraͤmie und die Beſoldung eines Commis, Adminiſtrators ꝛc., der die Geſchaͤftsfuͤhrung, Anord - nung des Ganzen und die Aufſicht uͤbernimmt, in Abzug gebracht hat. Daß hier uͤberhaupt noch ein Gewinn verbleibt, obwohl das Capital durch die Zinſen, die Gefahr durch die Praͤmie, die Arbeit und Muͤhe durch die Beſoldung bereits gedeckt iſt, hat ſeinen Grund zuvoͤrderſt darin, daß es fuͤr gewiſſe Gefahren, namentlich die Gefahr eines Sinkens der Preiſe, keine Aſſecu - ranz giebt, und daß in Folge deſſen die Wahrſcheinlichkeit des Gewinnes groͤßer ſein muß, als die des Verluſtes, weil der Schmerz des Verluſtes zu der Freude eines entſprechenden Ge - winnes in der Regel nicht in gleichem Verhaͤltniſſe ſteht. In dem Maße, als der Verluſt eines Theiles oder des ganzen Ver - moͤgens empfindlicher iſt, dem Gluͤcke und der Zufriedenheit mehr raubt, als eine gleiche Vergroͤßerung des Vermoͤgens dem Lebensgluͤcke hinzufuͤgen kann, in dem Maße, meint Thuͤnen, muͤſſe auch bei Gewerbsunternehmungen die Wahrſcheinlichkeit des Gewinnes groͤßer ſein, als die des Verluſtes. Ferner uͤber - ſteigen ſeiner Meinung nach die Leiſtungen des fuͤr eigne Rech - nung arbeitenden Unternehmers wegen des groͤßeren Intereſſes, das er am Erfolge hat, die eines beſoldeten Beamten von glei - chen Kenntniſſen und Faͤhigkeiten. Aus dieſem Grunde kann der Unternehmer auch eine hoͤhere Entſchaͤdigung fordern, als dieſer. Den Unterſchied zwiſchen dem Lohn fuͤr die Leiſtung des Unternehmers und dem des beſoldeten Stellvertreters nennt Thuͤ - nen Induſtriebelohnung; dieſe und den Unternehmergewinn faßt er unter dem Namen Gewerbsprofit zuſammen. Man ſieht leicht den Widerſpruch in der Darſtellung Thuͤnen’s. Erſt iſt ihm Unternehmergewinn der ganze Ueberſchuß, der dem Unter - nehmer nach den oben angefuͤhrten Abzuͤgen bleibt, dann nur32 ein Theil dieſes nun Gewerbsprofit genannten Ueberſchuſſes, deſ - ſen andrer Theil die Induſtriebelohnung iſt. Indeſſen iſt ſeine Meinung unzweifelhaft: der Unternehmer bezieht, abgeſehen von der Entſchaͤdigung fuͤr die der Unternehmung zugewandten Capi - talnutzungen und die durch Mietharbeiter zu erſetzen geweſenen Arbeitskraͤfte und von der Aſſecuranzpraͤmie noch einen Gewinn, und zwar beruht dieſer einestheils in dem Mißverhaͤltniß der Empfindlichkeit von Gewinn und Verluſt, anderntheils in dem durch das groͤßere Intereſſe bedingten groͤßerem Maße der Leiſtun - gen des Unternehmers gegenuͤber dem Lohnarbeiter. Hier zeigt ſich alſo daſſelbe Beſtreben, wie bei den vorhererwaͤhnten Schrift - ſtellern, den Unternehmergewinn von den als Zins und Lohn anzuſehenden Einkommenstheilen der Unternehmer durchaus ge - trennt zu halten, und fuͤhrt zur Aufſtellung theilweiſe neuer Er - klaͤrungsgruͤnde fuͤr ſein Vorhandenſein.
Faſſen wir die Anſichten der Nationaloͤkonomen uͤber den Antheil des Unternehmers am Ertrage noch einmal in einem kurzen Ueberblicke zuſammen, ſo finden wir Folgendes: Die aͤl - teren Schriftſteller unterſcheiden in der Analyſe der Production das Geſchaͤft des Unternehmens keineswegs als ein beſonderes Moment, ſondern betrachten daſſelbe gewiſſermaßen als eine mit dem Beſitze von Productionsmitteln gegebene Obliegenheit. Da es zunaͤchſt die Capitaliſten ſind, auf welchen die wirthſchaftlichen Unternehmungen laſten, ſo betrachten im Verfolg dieſer Anſicht Adam Smith und ſeine (vorzugsweiſe engliſchen) Nachfolger Alles, was jenen nach Erſtattung der aufgewendeten Koſten uͤbrig bleibt, als Capitalgewinn. Bald jedoch draͤngt ſich die Betrachtung auf, daß in dieſem Ertrage außer einem Erſatze fuͤr die gelaufne Gefahr namentlich eine Entſchaͤdigung fuͤr perſoͤn - liche Thaͤtigkeit, Arbeit enthalten ſei. Dieſe Betrachtung, welche einige neuere Englaͤnder dazu fuͤhrt, den ſogenannten (Capital -)33 Gewinn genauer in ſeine verſchiedenen Beſtandtheile aufzuloͤſen, giebt auf franzoͤſiſchem Boden zu einer fundamental-verſchiedenen Anſchauungsweiſe Veranlaſſung, als deren Hauptvertreter J. B. Say erſcheint. Es iſt die Perſoͤnlichkeit, auf welche bei der Production der Hauptnachdruck gelegt wird, und da, wo die Englaͤnder von Unternehmungen reden, treten bei Say und ſei - nen Schuͤlern die Perſonen der Unternehmer auf1)Bezeichnend in dieſer Beziehung iſt die Klage John Stuart Mill’s, daß die Gewohnheit der engliſchen Sprache es nicht geſtatte, das Wort undertaker in demſelben Sinne zu gebrauchen, wie die Franzoſen ihr en - treprenenr S. 479. Doch findet ſich undertaker z. B. bei Ad. Smith I, 6: The profits of the undertaker of the work, who hazards his stock in this adventure .... The undertaker of the one will expect a yearly profit. . Der Antheil, welcher ihnen zufaͤllt, erſcheint hauptſaͤchlich als Vergeltung ihrer perſoͤnlichen Bemuͤhungen, und es entſteht die Frage, ob man ihn wegen dieſes Charakters nicht ohne Weiteres dem Lohne zurechnen ſolle. Indeſſen zeigen ſich bei naͤherer Pruͤfung doch nicht unweſentliche Verſchiedenheiten zwiſchen dem Lohne der ge - woͤhnlichen Arbeiter und der Verguͤtung, welche der Unterneh - mer fuͤr ihre Thaͤtigkeit in Anſpruch nehmen, ſo wie auf der andern Seite ein gewiſſes Verhaͤltniß dieſer Verguͤtung zu den aufgewendeten Capitalien hervortritt. Hierdurch werden die meiſten deutſchen Schriftſteller zu dem Verſuche veranlaßt, die engliſche und die franzoͤſiſche Anſchauungsweiſe zu vermitteln, wobei ſie jedoch ſelbſt meiſtens entweder in der einen oder in der andern mehr oder weniger befangen bleiben. Die wahre Ver - mittelung wird erſt dadurch moͤglich, daß man das Geſchaͤft des Unternehmers im Gedanken von der Thaͤtigkeit der einzelnen Productionsfactoren vollſtaͤndig trennt. — Dieß iſt der Weg, den Hufeland und Schoͤn angedeutet und den Riedel und von Thuͤnen334weiter verfolgt haben und auf welchem auch wir nunmehr zur Erkenntniß des wahren Sachverhalts zu gelangen hoffen.
Das Weſen jeder Wirthſchaft beſteht in der Darbringung von Opfern an Behaglichkeit, Guͤtern oder Nutzungen zu dem Zwecke, durch den erzielten Erfolg eine Befriedigung zu erlangen, welche die erlittenen Entbehrungen, die gebrachten Opfer mehr als aufwiegt. Die Geſammtheit der zu einem ſolchen Zwecke getroffenen Maßregeln und Anſtalten bezeichnen wir im Allge - meinen mit dem Ausdrucke Geſchaͤft1)Metonymiſch nennen wir dann auch das gewonnene Ergebniß ſelbſt ſo. — Im erſteren Sinne ſagen wir z. B., Jemand habe ein gutes Geſchäft, in letzterem, er habe ein gutes Geſchäft gemacht.. Das Verhaͤltniß zwiſchen den zu bringenden Opfern und dem zu erlangenden Ergebniß nennen wir den Erfolg des Geſchaͤftes. Derſelbe iſt ein ſicherer, wenn ſeine beiden Factoren im Voraus bekannte Groͤßen ſind, ein unſicherer, gefaͤhrdeter, wenn der eine oder der andere der letzteren ſich nicht im Voraus beſtimmen laͤßt.
Wir unterſcheiden Eigengeſchaͤfte und Verkehrsgeſchaͤfte. Bei den erſteren iſt die Benutzung fremder Capital - und Arbeits - kraͤfte nicht ausgeſchloſſen, aber das Reſultat der Ausnutzung iſt fuͤr die Wirthſchaft des Geſchaͤftsinhabers ſelbſt beſtimmt. Wenn dieſer daſſelbe dennoch ſpaͤter verkauft oder vermiethet, ſo iſt das ein weiteres, von der Production durchaus verſchiedenes und von ihr getrennt zu haltendes Geſchaͤft. Bei den Verkehrs -35 geſchaͤften dagegen iſt das Product fuͤr den Tauſch beſtimmt; der Erzeuger (Producent) und der Ausnutzer1)Wir ziehen dieſen Ausdruck der Bezeichnung Conſument vor, da in letzterer immer die Idee einer Verzehrung liegt, während ſich manche Güter ohne eine ſolche ausnutzen laſſen oder durch die Ausnutzung doch nur ſehr allmälig verzehrt werden. Schmuck, Kunſtwerke von Erz und Stein ꝛc. ſind zwei getrennte Perſoͤnlichkeiten.
Der Erfolg eines Geſchaͤfts kann in beiden Faͤllen ein ge - ſicherter oder mehr oder weniger gefaͤhrdeter ſein. Die Errei - chung des wirthſchaftlichen Zieles des Landmanns iſt von den Zufaͤllen des Wetters und der Jahreszeit gleich abhaͤngig, er mag nun blos fuͤr ſeinen eignen Bedarf den Boden bauen oder ſeine Producte an den Markt zu bringen beabſichtigen. Aber der Maßſtab fuͤr die Beurtheilung iſt in beiden Faͤllen ein ver - ſchiedener, im erſtern Falle mißt er ſeinen Erfolg nach dem Gebrauchswerthe, in letzterem nach dem Tauſchwerthe ſeines Er - zeugniſſes2)Hiermit hängt es zuſammen, wenn Hermann a. a. O. S. 29 aus - ſpricht, eine Production (für den Verkehr) ſei nicht eher als beendigt an - zuſehen, als bis ihr Product zu Geld gemacht ſei.. In jenem ſind ſchlechte Ernten immer ein Schaden, in dieſem in Folge der unverhaͤltnißmaͤßigen Erhoͤhung der Preiſe oft ein Vortheil.
Bei den Eigengeſchaͤften trifft die Unſicherheit des Erfolgs immer den Producenten, der ja zugleich der Ausnutzer iſt. Zu einer Unterſcheidung, ob er dieſelbe in jener Eigenſchaft oder in dieſer auf ſich nimmt, iſt daher keine Veranlaſſung gegeben. Der einzige Unterſchied, der gemacht werden muß, iſt zwiſchen ſicheren und gefaͤhrdeten Geſchaͤften. Anders bei den Verkehrsgeſchaͤften. Hier kann die Unſicherheit des Erfolgs auf den Ausnutzer, ſie kann aber auch auf den Erzeuger fallen. Im erſtern Falle ſagt man, ein Geſchaͤft werde uͤbernommen; ſo uͤbernimmt der3 *36Lohnarbeiter eine Arbeit gegen einen beſtimmten Lohn, ſo der Capitaliſt die Darbringung ſeiner Capitalnutzungen gegen einen beſtimmten Zins. Im letzterm Falle nennt man das Geſchaͤft eine Unternehmung (ein Unternehmen). Eine Unternehmung iſt alſo ein Verkehrsgeſchaͤft, bei welchem die Unſicherheit des Erfolgs auf den Producenten faͤllt; ein Unternehmer der Inhaber eines ſolchen Geſchaͤfts.
Hiermit iſt nun aber auch der Begriff der Unternehmung erſchoͤpft, und wenn Riedel (S. 462), die planmaͤßige Verbin - dung verſchiedener Productionsmittel fuͤr einen wirthſchaftlichen Zweck eine Wirthſchafts-Unternehmung nennt, ſo koͤnnen wir ihm hierin nicht beiſtimmen. Da es bei einer nur einigermaßen entwickelten Cultur uͤberhaupt nur ſehr wenige Guͤter giebt, zu deren Herſtellung nicht Arbeit und Capital oder, wenn man die Tauſchwerth beſitzenden Naturkraͤfte von letzterm unterſcheidet, Ar - beit, Capital und Naturkraͤfte gemeinſchaftlich beitragen, ſo wird es allerdings auch ſelten oder nie vorkommen, daß nicht ver - ſchiedene Productionsmittel bei einer Unternehmung vereinigt werden. Allein nothwendig iſt dieß keineswegs, und wenn es praktiſch moͤglich iſt, ein Gut durch Anwendung bloßer Arbeits - kraft zu erzeugen, ſo wird Derjenige, der ſich hierauf einlaͤßt, ebenfalls als Unternehmer gelten muͤſſen, ſobald nur der Werth ſeines Products nicht im Voraus beſtimmt iſt. Auf der andern Seite zeigt ſich, daß auch der Lohnarbeiter, der doch eben nicht Unternehmer iſt, haͤufig verſchiedene Productionsmittel planmaͤßig verbindet, ja es geſchieht dieß jedes Mal, ſobald ſich der Ar - beiter eines Werkzeugs bedient. Alſo nicht in der Verbindung verſchiedener Productionsmittel, ſondern in deren Anwendung auf eigne Gefahr liegt das Weſen der Unternehmung1)Es liegt übrigens auf der Hand, wie leicht ſich hiſtoriſch die Anſicht. Das37 wirkliche Leben gewaͤhrt hoͤchſt ſelten Beiſpiele einer reinen Ueber - nahme von Geſchaͤften, d. h. des fuͤr den Ausfuͤhrenden voll - ſtaͤndigen Ausſchluſſes jeder Unſicherheit in Bezug auf Leiſtung und Gegenleiſtung bei der Beſorgung eines Geſchaͤftes. Streng genommen bietet ſchon jede Moͤglichkeit einer Veraͤnderung in der ſubjectiven Werthſchaͤtzung der einen wie der andern eine ſolche Unſicherheit dar, und danach wuͤrde, da eine ſolche Moͤglichkeit nur bei vollkommener Gleichzeitigkeit von Leiſtung und Gegen - leiſtung ausgeſchloſſen iſt, jedes Geſchaͤft, welches zu ſeiner Ab - wickelung uͤberhaupt einiger Zeit bedarf, nicht im engſten Sinne des Wortes uͤbernommen werden. Halten wir uns aber auch nur an das objective Maß der Werthſchaͤtzung, ſo iſt das Fort - beſtehen mancher Unſicherheiten bei Geſchaͤften, die uͤbernommen werden, alſo eine Beimiſchung von Unternehmung, nicht zu ver - kennen. Wird die Gegenleiſtung bei Abſchluß des Geſchaͤftes blos zugeſagt, nicht unmittelbar geleiſtet, ſo bleibt immer eine gewiſſe Gefahr fuͤr deren Realiſirung beſtehen1)Daß man z. B. beim Ausborgen von Capital ſelbſt bei erträglicher Vorſicht immer nach zufälligen Verluſten ausgeſetzt bleibt, hebt ſchon Adam Smith (I. 9) hervor.; beſteht ſie nicht in einem Gegenſtand, den der Uebernehmer ſelbſt nutzen, ſon - dern in einem ſolchen, den er zur Befriedigung ſeiner Beduͤrf - niſſe erſt wieder austauſchen will, z. B. in Geld, ſo bleiben die zahlloſen Moͤglichkeiten einer Veraͤnderung des Tauſchwerthes uͤbrig. Eben ſo iſt bei den Leiſtungen, welche der Uebernehmer zuſagt, theils das Maß der dafuͤr aufzuwendenden Capitalien, Nutzungen, Arbeitskraͤfte, theils dasjenige der dafuͤr zu leiſten -1)Riedel’s erklärt. Früher hatte man das Weſen der Unternehmung theils in der Capitalanwendung, theils in der perſönlichen Thätigkeit geſucht. So - bald man erkannte, daß dieß falſch war, lag es am nächſten, dieſes Weſen in nichts Anderem als in der Verbindung jener beiden zu ſuchen.38 den Entſchaͤdigung haͤufig ein im Voraus nicht zu beſtimmendes, wie denn im wirklichen Leben die Uebernehmer umfangreicher Leiſtungen, als Kriegslieferungen, großartiger Bauten u. ſ. w., in der That als bedeutende Unternehmer erſcheinen. Andererſeits pflegen die meiſten Unternehmungen in Uebernehmungen aus - zulaufen und zwar ſowohl den Inhabern der benutzten Produc - tionsfactoren gegenuͤber, fuͤr deren Mitwirkung der Unternehmer eine beſtimmte Entſchaͤdigung, als gegenuͤber den einzelnen Kunden, denen er in gleicher Weiſe ein beſtimmtes Product zu liefern, einen beſtimmten Dienſt zu leiſten uͤbernimmt. So erklaͤrt es ſich, daß viele Unternehmungen ſich aus lauter uͤbernommenen Geſchaͤften zuſammenſetzen.
Trotz aller dieſer Miſchungen von Unternehmung und Uebernehmung und aller der Uebergaͤnge, welche die Wirklichkeit von der einen zu der andern darbietet, wird die Wiſſenſchaft doch an der Unterſcheidung beider feſthalten muͤſſen, da hiervon die genauere Erkenntniß vieler wirthſchaftlicher Erſcheinungen ab - haͤngt. Es tritt hier gerade derſelbe Fall ein, wie bei dem ſtehenden und umlaufenden Capital, welche in der Wirklichkeit auch durch die allmaͤligſten Schattirungen in einander uͤbergehen, was Ricardo veranlaßt hat, ihren Unterſchied nur in der kuͤr - zeren oder laͤngeren Dauerhaftigkeit zu erblicken, die aber den - noch von der wiſſenſchaftlichen Analyſe ſtreng getrennt gehalten werden muͤſſen.
Je ausſchließlicher die Unſicherheit des Erfolgs auf den Producenten faͤllt, deſto vollkommener iſt die Unternehmung; je weniger dieß der Fall iſt, deſto unvollkommener iſt ſie. Und hier muͤſſen wir ſogleich eines wichtigen Unterſchiedes Erwaͤhnung thun. Es giebt naͤmlich Unternehmungen, die ihre Production ſo weit fuͤhren, daß ſie das fertige Product an den Markt brin - gen, wodurch natuͤrlich die Gefahr des Ausnutzers auf ein Mini -39 mum reducirt wird. Dagegen giebt es andere, welche nur ſo weit gehen, die Mittel zur Vollendung einer Production bereit zu halten, vorbehaͤltlich ſie erſt in Folge eines concreten Ver - langens, einer Beſtellung, zur Verwendung zu bringen. Hier hat der Ausnutzer in Bezug auf das einzutauſchende Product begreif - licher Weiſe nur eine mangelhaftere Sicherheit. Wenn wir weiter - hin von vollkommenen und unvollkommenen Unternehmungen und Unternehmern1)Der Kürze halber mag uns dieſer Ausdruck anſtatt des richtigeren: Inhaber unvollkommener Unternehmungen nachgeſehen werden. Spricht man doch auch ohne Anſtoß von „ großen Grundbeſitzern. “ſprechen, ſo verſtehen wir dieß allemal im Sinne dieſes Gegenſatzes. Ein Kleider - ein Moͤbelmagazin z. B. nennen wir eine vollkommene, eine gewoͤhnliche Schneider - oder Tiſchler - werkſtatt eine unvollkommene Unternehmung. Das Tragen der Schwankungen im Verhaͤltniß des in einem Geſchaͤft zu machenden Aufwandes und des zu erzielenden Ergebniſſes iſt demnach das Kennzeichen des Unternehmers. Allerdings wird es nicht moͤglich ſein, ein Geſchaͤft ohne den Beſitz eines gewiſſen Vermoͤgens und gewiſſer perſoͤnlicher Eigenſchaften zu unternehmen. Um fremde Arbeitskraͤfte zur Dispoſition zu erhalten, bedarf man eines Ca - pitals, und um uͤber fremdes Capital zu verfuͤgen, muß man ent - weder durch eignes Vermoͤgen oder durch perſoͤnliche Eigenſchaften Buͤrgſchaft leiſten koͤnnen. Und es iſt ferner nichts natuͤrlicher, als daß Jemand, der ein Geſchaͤft unternimmt, nun auch die Capital - kraͤfte, die er beſitzt, und ſeine perſoͤnliche Arbeitskraft lieber ſeiner eignen Unternehmung widmet, als ſie an Dritte verdingt. In der Regel ſind daher die Unternehmer mit ihren Capitalien wie mit ihrer perſoͤnlichen Thaͤtigkeit bei ihren Unternehmungen betheiligt. So erklaͤrlich es unter dieſen Umſtaͤnden iſt, ſo bleibt es aber nichts deſto weniger ein Fehler, wenn man als die Grund -40 lage der Stellung der Unternehmer entweder die Verwendung eigner Capitale oder die Leiſtung gewiſſer perſoͤnlicher Dienſte als maßgebend fuͤr die Unternehmung betrachtet.
Der Beſitz eines gewiſſen Vermoͤgens mag zu einer Unter - nehmung nothwendig ſein, allein weder ſteht derſelbe zu dem Umfange der letzteren in einem unmittelbaren Verhaͤltniſſe, noch muͤſſen die Capitalien des Unternehmers in der Unternehmung ſelbſt angelegt ſein. Die meiſten Geſchaͤfte werden zum groͤßeren oder geringeren Theile mit fremden Capitalien betrieben, und namentlich wird bei guͤnſtigen Conjuncturen zu ihrer Ausdehnung faſt lediglich der Credit benutzt. Andererſeits finden wir haͤufig, daß Unternehmer Capitalien beſitzen, die ſie nicht in ihr Geſchaͤft verwenden, ſondern anderweit fruchtbringend ausgeliehen haben. Der Vermoͤgensbeſitz iſt es daher nicht, welcher uͤber die Stellung des Unternehmers in der Unternehmung und dem Publicum gegenuͤber entſcheidet; ja es laͤßt ſich ſogar ein Unternehmer ohne irgend eignes Vermoͤgen denken, wenn ſeine perſoͤnlichen Eigen - ſchaften ihm genug Credit verſchafft haben, um ihm die noͤthigen Fonds von Anderen zur Verfuͤgung zu ſtellen.
Eben ſo wenig darf man in der perſoͤnlichen Thaͤtigkeit der Unternehmer fuͤr das Geſchaͤft die weſentliche Eigenſchaft ſuchen, welche ſie zu Unternehmern macht. Hinſichtlich derjenigen Ar - beiten, die gewoͤhnlich von Lohnarbeitern verrichtet werden, hat man es auch meiſtens als eine bloße Zufaͤlligkeit angeſehen, die fuͤr die wiſſenſchaftliche Betrachtung ohne Bedeutung iſt, wenn es der Unternehmer ſelbſt iſt, welcher ſie ausfuͤhrt, und man hat ganz richtig geſagt, der Unternehmer ſei in dieſer Beziehung als ein bei ſich ſelbſt eingetretener Lohnarbeiter zu erachten. Dagegen hat man gewiſſe andere Arten von Arbeiten als ſolche angeſehen, die von dem Begriffe des Unternehmers unzertrennlich ſeien und die man deshalb keinem Stellvertreter uͤberlaſſen koͤnne,41 ohne aufzuhoͤren, Unternehmer zu ſein. Hierher rechnet z. B. Hermann1)S. 206 Anmerk. das Zuſammenbringen der noͤthigen Capitale, die Beaufſichtigung des Geſchaͤfts, die Erwerbung von Credit und Verbindungen und das Tragen der Unregelmaͤßigkeit des Ge - winnes. Allein das Letztere gehoͤrt offenbar nicht in die Kategorie der auf perſoͤnlichen Leiſtungen beruhenden Dienſte, ſondern iſt mit unter dem Aufſichnehmen der Gefahr zu claſſificiren, und die erſt genannten Dienſtleiſtungen ſind in der That ſolche, die ſehr wohl von beſoldeten Arbeitern beſorgt werden koͤnnen und die man daher nicht nothwendig ſelbſt ausuͤben muß, um Unter - nehmer zu ſein. Daß dem wirklich ſo ſei, dafuͤr liefert uns eine Erſcheinung den Beweis, die gerade in unſrer Zeit ſich immer mehr ausbreitet, und die jener Vorausſetzung geradezu zu wider - ſprechen ſcheint. Wir meinen die Actien-Geſellſchaften. Hier iſt der Unternehmer eine moraliſche Perſon, die ſchon darum einer eigentlichen Arbeitsthaͤtigkeit nicht faͤhig iſt. Sie fuͤhrt vielmehr den Betrieb und groͤßtentheils auch die Controle durch von ihr zu unterſcheidende Organe, die nur aus Ruͤckſichten praktiſcher Fuͤglichkeit meiſtens aus ihren Mitgliedern gewaͤhlt werden. Ihre Thaͤtigkeit als Geſammtheit beſchraͤnkt ſich nur auf ein letztes Oberaufſichts - und Controlrecht, deſſen Ausuͤbung man wohl kaum als eine Arbeit anſehen kann. Noch ſchaͤrfer tritt die Moͤglichkeit, Unternehmer zu ſein, ohne eine eigne Thaͤtigkeit zu entfalten, in der Commanditen-Geſellſchaft hervor. Hierunter verſteht man bekanntlich eine Geſchaͤftsgenoſſenſchaft, wo ein Theil der Unternehmer mit ſeinem ganzen Vermoͤgen fuͤr das Geſchaͤft einſteht, waͤhrend ein anderer Theil nur eine beſtimmte Summe eingeſchoſſen hat und nur fuͤr dieſe verbindlich iſt. Die Erſteren pflegen den Betrieb des Geſchaͤfts ausſchließlich zu beſorgen, ja42 das franzoͤſiſche Recht unterſagt den Letzteren ausdruͤcklich jede Einmiſchung in die Geſchaͤftsfuͤhrung1)Code de Commerce Art. 27, 28., ſo daß hier von einer perſoͤnlichen Thaͤtigkeit derſelben durchaus keine Rede ſein kann2)Das engliſche Recht kennt die Commanditen-Geſellſchaften nicht (vergl. hierüber John St. Mill a. a. O. II. 465). In ſeiner Anſchauungs - weiſe ganz conſequent ſieht J. B. Say (Cours V, 15) die Commanditare nicht als Unternehmer, ſondern als der Unternehmung fremde Darleiher von Ca - pital an. Allein ganz richtig bemerkt ſein Sohn hierzu in der Note zu der betreffenden Stelle, eine Handelsgeſellſchaft ſei ein fingirtes, ein ſogenanntes Vernunftweſen, welches der wahre Gewerbsunternehmer werde. Dieſer Unternehmer biete dem Publicum, das mit ihm verkehre, je nach der innern Einrichtung ſeiner Verfaſſung verſchiedene Garantien ſeiner Zahlungsfähig - keit dar. Bei den Compagniegeſchäften beruhe dieſe Garantie auf der un - begrenzten Verantwortlichkeit aller Aſſociés mit ihrer Perſon und ihrem ge - ſammten Vermögen, bei der Commanditen-Geſellſchaft in der vollſtändigen Verantwortlichkeit des Geranten und einer auf den Betrag der eingezahlten oder zugeſagten Capitale beſchränkten Verantwortlichkeit des Commanditars; in der anonymen Geſellſchaft endlich ſeien die Geſellſchaftsgenoſſen Dritten gegenüber nur für den Betrag der Actien verantwortlich, die ihren Antheil repräſentiren. Hier werde thatſächlich eine einfache Verbindung von Capi - talien der Gewerbsunternehmer und die in das Geſchäft verwendeten Capitale dienten dem Publicum einzig zur Garantie. Auf keinen Fall aber dürfe man einen Aſſocié als einen Darleiher des Capitals, das ſeinen Antheil am Ge - ſchäft ausmacht, an ſeinen Mitaſſocié anſehen..
Auch Riedel theilt im Weſentlichen die Anſicht Hermann’s. Nach ihm giebt es eine Thaͤtigkeit des Unternehmers, welche zwar auch Arbeit genannt werden kann, welche ſich aber dadurch von allen ſonſtigen gewerblichen Arbeiten unterſcheidet, daß ſie nicht fuͤr Andre verrichtet werden kann, daß fuͤr ſie daher auch im Dienſte Anderer kein Preis zu erringen iſt, welchen der Unter - nehmer als Einnahme, worauf er verzichtet haͤtte, unter den Koſten mit in Anſchlag bringen koͤnnte. „ Dieſe Arbeit des Unterneh -43 mers, faͤhrt er fort, die ſich in der Organiſation des Geſchaͤftes, in der Speculation wie in der Inſpection1)Unter Organiſation verſteht er das Verſehen des Geſchäfts mit den benöthigten Productionsmitteln, unter Speculation das Unterlegen eines Planes, welcher die beſte Art von Anwendung der Productionsmittel ver - ſpricht, unter Inſpection die Sorge für die Aufrechthaltung der Verbindung der Productionsmittel und der Richtung, die ihnen gegeben worden iſt, durch beſtändige Leitung und Beaufſichtigung des Geſchäfts. (§. 468). — zu erkennen geben kann, iſt von dem Begriffe eines Selbſtunternehmers untrennbar. Wenn auch der Unternehmer, wie man ungenau zu ſagen pflegt, ſich durch eine andere Perſon vertreten laͤßt, indem er einen Geſchaͤftsfuͤhrer beſoldet, ſo bleibt doch die Nothwendigkeit ſeiner eignen Thaͤtigkeit, ſo bald er nicht blos den Namen zu der Unter - nehmung hergiebt, waͤhrend ein Anderer der wahre Unternehmer iſt. Waͤre die Arbeit des Unternehmers auch nur darauf be - ſchraͤnkt, paſſende Geſchaͤftsfuͤhrer ausfindig zu machen und ſolche zu controliren, ſo haͤtte ſie dennoch ihren Fortbeſtand und bliebe die hoͤchſte, die uͤberhaupt in dem Geſchaͤfte wirkt. “
Was ſo eben gegen Hermann ausgefuͤhrt worden iſt, gilt jedoch auch gegen Riedel. Die Thaͤtigkeit der Organiſation, der Speculation und Inſpection iſt allerdings ſehr wohl von dem Begriffe des Selbſtunternehmers trennbar, und derjenige, der auf eigne Thaͤtigkeit verzichtet, wie der ſtille Geſellſchafter, hoͤrt darum nicht auf, wahrer Unternehmer zu ſein. Was von dem Begriffe des Unternehmers untrennbar iſt, das iſt allein einer - ſeits das Empfangen des Ergebniſſes der Unternehmung, die Herrſchaft uͤber die gelieferten Producte2)Nur unvollkommene Unternehmungen, welche die von den Beſtellern der zu liefernden Waare ſelbſt dargebotenen Rohſtoffe verarbeiten, machen hiervon eine Ausnahme, dieſelbe beruht aber eben auf der Unausgebildetheit ihres Charakters als Unternehmung. Bei Unternehmungen, welche perſön -, andrerſeits die Ver -44 antwortlichkeit, fuͤr etwaige Verluſte einzuſtehen. Dieſe beiden Eigenſchaften aber ſind in der That von dem Begriffe des Un - ternehmers nicht zu trennen. Wer ein Geſchaͤft auf eigne Rech - nung treibt, von dem iſt damit zugleich geſagt, daß etwaige Verluſte auf ihn fallen. Ein Verluſt aber iſt nichts Anderes als ein Mißverhaͤltniß zwiſchen dem Ertrage und den Koſten, ein Zuruͤckbleiben des Werthes des Erſteren hinter dem Werthe der Letzteren. Derjenige, der von einem Verluſte ſoll betroffen werden koͤnnen, muß deshalb dieſe beiden Elemente, durch welche er beſtimmt wird, auf ſich beziehen; mit andern Worten, er muß es ſein, welcher die Koſten beſtreitet und das Product erhaͤlt. Und da alle Productionsfactoren ihre Entſchaͤdigung nur aus dem Producte empfangen koͤnnen, ſo muͤſſen ſie dieſelbe durch den Unternehmer erhalten. Man kann dieſen deshalb auch als diejenige Perſoͤnlichkeit bezeichnen, welche den Ertrag der Pro - duction empfaͤngt und daraus den Factoren, welche dazu mit - gewirkt haben, ihren Antheil zukommen laͤßt.
Was nach Erſetzung der fuͤr die Production verbrauchten Guͤter und nach Deckung der Dritten fuͤr ihre Mitwirkung durch Capitalnutzungen oder Arbeit zu gewaͤhrenden Entſchaͤdigung1)Wenn wir hier und weiterhin unter den vom Unternehmer zu leiſten - den Entſchädigungen der Productionsfactoren neben Lohn und Zins die Rente nicht noch beſonders aufführen, ſo geſchieht dieß mit Abſicht. Unter Rente verſtehen wir im Allgemeinen die Vortheile, welche man im Verkehr aus dem Innehaben einer monopoliſtiſchen Stellung irgend welcher Art zu ziehen vermag. Dieſe Rente tritt nun im Leben nur in den ſeltenſten Verhältniſſen rein auf. Einerſeits pflegt der Arbeitslohn, nicht ſelten auch der Capital - zins einen Rentenbeſtandtheil zu enthalten, andererſeits iſt in dem, was wir2)liche Dienſtleiſtungen zu ihrem Gegenſtande haben, fällt das oben angegebene Kennzeichen nur deshalb weg, weil ſie überhaupt keine materiellen Producte liefern.45 uͤbrig bleibt, gehoͤrt dem Unternehmer und bildet ſein Einkommen aus der Unternehmung. In ſo weit, als daſſelbe nicht mehr betraͤgt, als diejenigen Summen, welche durch unmittelbaren Austauſch der eignen Arbeiten und Nutzungen des Unternehmers zu erhalten geweſen waͤren, iſt es als eine Entſchaͤdigung fuͤr dieſe, alſo als Lohn und Zins zu betrachten. In ſo weit, als es dieſen Betrag jedoch uͤberſteigt, erſcheint es als ein rein auf ſeiner Stellung als Unternehmer beruhendes Einkommen und wird deshalb mit dem Namen Unternehmergewinn be - zeichnet. —
Der Unternehmergewinn iſt alſo derjenige Theil des Ein - kommens aus dem Unternehmen, welcher dem Unternehmer als ſolchem zufaͤllt. Hieraus folgt:
1)vorzugsweiſe Rente nennen, in der Bodenrente meiſtentheils ein Zins mit enthalten. Schon deshalb dürfte es zu entſchuldigen ſein, wenn wir der Kürze halber die Rente nicht beſonders aufführen. Hierzu kommt aber ein Zweites, nämlich daß für den Unternehmer der Entſtehungsgrund, welcher die Rente vom Zinſe unterſcheidet, etwas Unweſentliches iſt. Für ihn nimmt die Rente durchaus die Bedeutung eines Zinſes an. Wenn er für ſeine Zwecke ein Grundſtück pachtet, ſo fragt er nicht, aus welchem Grunde der Eigen - thümer eine Entſchädigung verlangen kann. Dieſer erſcheint ihm in dem einen wie in dem andern Falle als der Inhaber eines Capitals, der für deſſen Nutzung einen Entgelt verlangt. Kaum der Bemerkung bedarf es, daß wir, indem wir die Rente mit unter den Koſten begreifen, dem bekann - ten Satze, daß die Rente keinen Theil der Productionskoſten ausmache, nicht widerſprechen. Dieſer Satz iſt nämlich vom Standpunkte der Volkswirthſchaft ganz richtig. Dort, wo es ſich um die für eine Production von einem Volke im Ganzen zu bringenden Opfer handelt, macht die Rente keinen Unterſchied. Die Rente ändert nicht die Production, ſondern nur die Vertheilung des Volks - vermögens. Aber für den einzelnen Unternehmer, auf deſſen Standpunkt wir uns hier ſtellen, bildet die Rente, die er bezahlen muß, allerdings einen Theil der Koſten. Vergl. übrigens über die Rente das vierte Capitel, Abſchn. III.
461) Zum Unternehmergewinn ſind nicht zu rechnen diejenigen Theile des Ertrags, welche nur bei der Production verbrauchte Guͤter erſetzen, mithin gar nicht reines Einkommen ſind. Hierher gehoͤrt nicht nur der Erſatz des umlaufenden, ſondern auch der - jenige fuͤr die wirklich vernutzten Theile des ſtehenden Capitals, die ja dem umlaufenden Capitale gleich zu achten ſind. Aber noch mehr. Die meiſten Unternehmungen ſind nicht auf eine ein - malige oder nur in beſchraͤnkter Zahl zu wiederholende, ſondern auf eine vielfaͤltige, ja wohl unberechenbar lang andauernde, gewiſſermaßen ewige Production berechnet. Gewiſſe Verluſte, die bei einer einmaligen Production als eine unberechenbare Chance des Ungluͤcks erſcheinen, werden hier zu einer regelmaͤßigen und auf das geſammte Product gleichmaͤßig zu vertheilenden Laſt der Unternehmung. Wenn daher in einer Wirthſchaftsperiode ſolche Verluſte nicht eingetreten ſind, ſo iſt keineswegs Alles, was nach Beſtreitung der gewoͤhnlichen Koſten uͤbrig bleibt, reiner Gewinn, ſondern es muß davon noch ein entſprechender Theil (Reſervefonds) abgegeben werden, um den vorausſichtlichen Ver - luſt einer ſpaͤtern Periode damit zu uͤbertragen. Oder um dieſes Verhaͤltniß von einer andern Seite zu betrachten, eine Unter - nehmung kann nur beſtehen, wenn die Verluſte, die ſie regel - maͤßig von Zeit zu Zeit erleidet, durch einen entſprechend groͤ - ßern Ertrag in der Zwiſchenzeit aufgewogen werden. Dieſer groͤßere Ertrag erſcheint daher gewiſſermaßen als eine Entſchaͤ - digung fuͤr die gelaufne Gefahr, iſt aber in der That nichts weniger als reines Einkommen, ſondern bloßer Capitalerſatz. Dagegen gehoͤrt derjenige Theil des Ertrags, welcher nach Been - digung einer Unternehmung in Folge gelungener Speculationen uͤber die zur Erſetzung des verbrauchten Capitals und zu Be - zahlung von Lohn und Zins nothwendige Summe uͤbrig bleibt, zum reinen Einkommen des Unternehmers, und zwar fließt ſie47 ihm in ſeiner Eigenſchaft als ſolcher zu, iſt alſo wirklicher Unter - nehmergewinn. Der Beendigung einer Unternehmung iſt in dieſer Beziehung der Abſchluß einer laͤngeren Periode gleich zu achten, wo man annehmen kann, daß guͤnſtige und unguͤnſtige Umſtaͤnde gegenſeitig ihre volle Wirkſamkeit geaͤußert haben. Bei der gewoͤhnlichen Jahresrechnung muß man allerdings in vielen Geſchaͤften bei einem etwaigen guͤnſtigen Ergebniß den Ueberſchuß zur Deckung der Verluſte unguͤnſtiger Jahre bei Seite legen, nach einem laͤngeren Zeitraum jedoch mag man billig annehmen, Gunſt und Ungunſt der Verhaͤltniſſe habe ſich gleichmaͤßig erſchoͤpft, einen Abſchluß machen und einen verbleibenden Ueberſchuß als reinen Gewinn des Unternehmers betrachten.
2) Vom Unternehmergewinn zu unterſcheiden ſind ferner diejenigen Theile des Einkommens des Unternehmers, die nur die durch unmittelbaren Austauſch ſeiner Capitalnutzungen und Arbeitsleiſtungen zu erlangen geweſene Einnahme erſetzen. Und zwar iſt hier Eins wohl zu beachten. Zu den Geſetzen, welche die Hoͤhe des Zinſes und Lohnes beſtimmen, gehoͤrt es, daß dieſelbe ſich nicht nach der auf eine Production wirklich verwen - deten Nutzungs - und Arbeitsmenge, ſondern nach den Capital - und Arbeitskraͤften richtet, deren anderweite Anwendung den Darleihern und Arbeitern unmoͤglich gemacht worden iſt. Hier - auf gruͤndet es ſich z. B., daß ſolche Gewerbe, die ihre Arbeiter nur waͤhrend der guͤnſtigen Jahreszeit beſchaͤftigen, einen hoͤheren Lohn zahlen muͤſſen, als diejenigen, welche das ganze Jahr hin - durch arbeiten laſſen. Wenn man ein Grundſtuͤck, das ſeinem Eigenthuͤmer eine hohe Rente abwerfen wuͤrde, ſo bald er es zu Bauplaͤtzen verwendete, pachtet, um es als Park zu benutzen, ſo darf man nicht weniger dafuͤr bezahlen, als Jener im erſterm Falle erhoben haͤtte. Einem Gelehrten von Ruf, der Elementar - unterricht geben ſoll, muß das Honorar dafuͤr den fuͤr Arbeiten48 hoͤherer und ſchwierigerer Art zu erlangen geweſenen Lohn erſetzen. Ebenſo muß ein Unternehmer rechnen. Wenn er naͤmlich wiſſen will, wie viel er von ſeinem Einkommen als Lohn betrachten muß, ſo darf er nicht blos die fuͤr die Unternehmung wirklich geleiſtete Arbeit in Betracht ziehen, ſondern er muß auch ſolche Talente und Kraͤfte, die er, wenn er nicht Unternehmer gewor - den waͤre, anderweit haͤtte verwerthen koͤnnen und nun muͤßig liegen zu laſſen genoͤthigt iſt, in Rechnung ſtellen. Ein Juriſt, z. B., der ſich zum induſtriellen Unternehmer gemacht hat und der Unternehmung ſeine ausſchließliche Thaͤtigkeit widmet, wird auch fuͤr den zu erwarten geweſenen Ertrag ſeiner juriſtiſchen Praxis, der er nun nicht nachgehen kann, entſchaͤdigt ſein wollen.
Zugleich erhellt hieraus, daß die von Hermann und Riedel gemachte und oben bekaͤmpfte Unterſcheidung zwiſchen ſolchen Ar - beiten, die von Lohnarbeitern verrichtet werden koͤnnen, und ſolchen, die vom Selbſtunternehmer untrennbar ſeien, ſelbſt wenn ſie an ſich richtig waͤre, zur Beſtimmung des als Lohn anzu - ſehenden Theils des Einkommens des Unternehmers untauglich ſein wuͤrde. Nicht darauf, ob eine Arbeit vom Unternehmer ſelbſt hat verrichtet werden muͤſſen, kommt es hier an, ſondern darauf, ob die fuͤr eine Arbeit aufgewendete Art der Kraft und des Talentes ſich an Andere, vielleicht zu einer andern Anwen - dung, haͤtte verdingen laſſen. Die Arbeiten z. B., die Riedel mit Organiſation, Speculation und Inſpection bezeichnet und die wir unter dem gemeinſamen Namen der Geſchaͤftsfuͤhrung zu - ſammenfaſſen koͤnnen, erfordern gewiſſe Faͤhigkeiten und Talente, die auch fuͤr ſolche Arbeiten, welche in der Regel verdungen wer - den, von Werth ſind. Ein ſcharfer Blick fuͤr das Nuͤtzliche und Schaͤdliche, Entſchloſſenheit, Ordnungsliebe u. ſ. w. ſind Eigen - ſchaften, die auch beim Lohnarbeiter geſchaͤtzt und mit einer Er -49 hoͤhung ſeines Lohnes bezahlt werden. Wer eine eigne Unter - nehmung zu fuͤhren vermag, der wuͤrde daher meiſtens bei ſei - nen perſoͤnlichen Faͤhigkeiten einen ziemlich bedeutenden Lohn von Andern haben erlangen koͤnnen. Selbſt da, wo es keine Unter - nehmungen giebt, die beſoldete Geſchaͤftsfuͤhrer ſuchen, wuͤrde der Unternehmer doch von manchen ſeiner uͤber die gewoͤhnliche Handarbeiterkraft und Geſchicklichkeit hinaus liegenden Eigen - ſchaften eine vortheilhafte Anwendung zu machen im Stande ge - weſen ſein. Auch fuͤr die Geſchaͤftsfuͤhrung muß daher der Unter - nehmer einen Lohn bis zu dem Betrage erwarten, den er fuͤr die Anwendung ſeiner hierauf bezuͤglichen Eigenſchaften haͤtte von Andern erlangen koͤnnen.
Nur inſoweit die Unternehmung Faͤhigkeiten und ebenſo Capitalien in Anſpruch nimmt, die von Anderen entweder gar nicht oder doch nicht im vollen Umfange zu benutzen geweſen waͤren, iſt die Entſchaͤdigung hierfuͤr ganz oder zum entſprechenden Theile dem Unternehmergewinn zuzurechnen.
Es entſteht zunaͤchſt die Frage: giebt es nach den gemachten Einſchraͤnkungen denn auch wirklich einen Unternehmergewinn? Loͤſt ſich das geſammte Einkommen des Unternehmers aus der Unternehmung nicht vielmehr regelmaͤßig in Lohn, Zins, Rente auf? Und wenn dieß nicht der Fall iſt, woraus erklaͤrt es ſich, daß der Unternehmer aus ſeiner Eigenſchaft als ſolcher den An - ſpruch auf ein Einkommen ableiten kann?
450Wir beginnen damit, das Vorhandenſein des Unternehmer - gewinns als eine Thatſache zu conſtatiren. Zwar ſcheinen, na - mentlich im Kleingewerbe und in der kleinen Landwirthſchaft, die Faͤlle nicht ſelten zu ſein, wo den Unternehmern außer dem Zins ihrer Capitalien und dem Lohne ihrer Arbeit etwas Weiteres nicht zufließt, doch ſind das im Ganzen nur Ausnahmen. Daß in der Regel der Unternehmer wirklich in dieſer ſeiner Stellung einen uͤber Lohn und Zinsſatz ſeiner Arbeits - und Capitalkraͤfte hinausliegenden Gewinn bezieht, zeigt ſich deutlich in dem haͤu - figen Beſtreben, den Unternehmungen durch Anwendung fremder Capitalien und Dingung von Lohnarbeitern eine groͤßere Aus - dehnung zu geben. Bezoͤge der Unternehmer nichts weiter, als den gewoͤhnlichen Zins und Lohn aus der Unternehmung, ſo koͤnnte er dieſe vielleicht immer noch als eine paſſende Gelegen - heit zu Capitalanlegung und Arbeitsverdienſt aufrecht erhalten, aber er wuͤrde durchaus keinen Grund haben, derſelben einen groͤßern Umfang zu geben, als um ſeine eignen Productions - factoren zu verwenden. Wenn dieß dennoch geſchieht, ſo liegt darin der Beweis, daß von dem vermehrten Ertrage ein Theil dem Unternehmer zufließen muß1)Häufig freilich wird die Aufnahme fremder Capitalien ſich dadurch erklären, daß ſie zu noch weiterer Ausnutzung der Arbeitskraft des Unter - nehmers die Gelegenheit geben ſoll. Allein was dem Unternehmer in Folge davon zu Gute geht, iſt darum meiſtens doch nicht als Lohn zu betrachten, ſondern gehört wirklich zum Unternehmergewinn, indem der Unternehmer gewöhnlich ſeine Arbeitskraft nicht zu einer größern Ausnutzung zu verdingen Gelegenheit gehabt haben würde, als er ihr in dem bisherigen beſchränkten Umfange ſeines Geſchäfts zu Theil werden laſſen konnte. Aber auch abge - ſehen hiervon liefern z. B. die Prioritäts-Anleihen der Actiengeſellſchaften den Beweis, daß ſich die Unternehmer von Vergrößerungen ihrer Unter - nehmungen einen über den erhöhten Aufwand an Lohn und Zins hinaus - gehenden Gewinn verſprechen..
51Als eine voruͤbergehende Erſcheinung laͤßt ſich dieß freilich aus dem erklaͤren, was Roſcher (§. 196 a) das Princip der Vor - hand nennt. Der Unternehmer befindet ſich den Vermiethern der Productivkraͤfte, von denen er Gebrauch macht, gegenuͤber meiſtens in der guͤnſtigen Lage, den Wechſel der Conjuncturen fruͤher wahrzunehmen, ſeinen Gewinn laͤnger geheim zu halten und daher guͤnſtige Verhaͤltniſſe laͤngere Zeit, ohne dem Drucke und Concurrenz ausgeſetzt zu ſein, ausbeuten, die Folgen un - guͤnſtiger Verhaͤltniſſe dagegen zeitig auf Andere uͤberwaͤlzen zu koͤnnen. Allein der Unternehmergewinn iſt nicht blos etwas Voruͤbergehendes, wir ſehen Unternehmungen dauernd auch uͤber dasjenige Maß hinaus, welches zur vollen Ausnutzung der eignen Kraͤfte der Inhaber noͤthig iſt, mit gedungenen Arbeitern und Capitalkraͤften arbeiten, Actiengeſellſchaften ſich keineswegs beeilen, ihre Prioritaͤtsanleihen abzutragen, ſondern dieſelben nur aus einem gleichſam uͤberkommenen Princip der Ordnung und Sicherheit ſehr allmaͤlig tilgen u. ſ. w.
Als eine dauernde Art der Einnahme kann der Unterneh - mergewinn ſeine Erklaͤrung nur darin finden, daß das Unter - nehmen eines Geſchaͤfts, d. h. das Herſtellen eines Products fuͤr den Verkehr, ohne daß das Verhaͤltniß des Ertrags zu den Ko - ſten im Voraus feſtgeſtellt iſt, die betreffende Production erleich - tert und verwohlfeilert, vielleicht wohl ſelbſt erſt moͤglich macht. Denn waͤre dem nicht ſo, koͤnnte man Guͤter, indem man ihre Herſtellung uͤbernimmt, eben ſo vollkommen und billig herſtel - len, wie durch Unternehmung, ſo wuͤrde im Preiſe derſelben nichts fuͤr den Unternehmer als ſolchen uͤbrig bleiben. Wenn ſich der Preis der Guͤter dagegen auf einer Hoͤhe haͤlt, welche den Unternehmern, die auf ihre Herſtellung bedacht ſind, als ſol - chen einen Gewinn abwirft, ſo beweiſt das eben, daß das Unter -4 *52nehmen ihrer Herſtellung ſelbſt eine productive Seite haben muß. Worin iſt dieſe nun zu ſuchen?
Die Antwort hierauf hat um deswillen ihre Schwierigkei - ten, weil wir, ſo weit wir unſere Blicke auch uͤber Raͤume und Zeiten hinſchweifen laſſen, keinem wirthſchaftlichen Zuſtande be - gegnen, welcher Verkehrsverhaͤltniſſe unter Abweſenheit jeglicher Unternehmungen zeigte, und weil ſich ein ſolcher Zuſtand uͤber - haupt kaum denken laͤßt. Wir muͤſſen indeſſen verſuchen, auf dem Wege der Abſtraction zu einem Verſtaͤndniſſe zu gelangen. Dabei muͤſſen wir uns vor allen Dingen den Geſchaͤftsgang vergegenwaͤrtigen, wie er ſich beim Mangel irgend welcher Unter - nehmungen geſtalten wuͤrde. Bei allen Productionen, deren Erfolg der Natur der Sache nach kein geſicherter waͤre, bliebe unter dieſer Vorausſetzung nur eine doppelte Moͤglichkeit uͤbrig, entweder der Begehrer des Products muͤßte die Production ſelbſt uͤbernehmen, wenn auch mit Zuziehung fremder Capital - und Arbeitskraͤfte, oder er muͤßte ſie einem Dritten unter Zu - ſicherung einer Entſchaͤdigung fuͤr die gehabte Muͤhe, wie der er - forderlichen Auslagen uͤbertragen.
Wie ſchwierig und oft unmoͤglich das Erſtere iſt, lehrt uns ein Blick auf die manichfaltigen Guͤter, deren wir uns zur Befriedigung unſrer Beduͤrfniſſe bedienen. Wie ſollten wir die Beſchaffung derſelben aller und zwar aus den einfachſten Elementen heraus, aus denen ſie hervorgegangen, ſelbſtaͤndig auf uns nehmen? — So bleibt in den meiſten Faͤllen nur die Uebertragung der Production an einen Dritten uͤbrig. Aber es fehlt ja nach der gemachten Vorausſetzung eben an Solchen, die aus der Herſtellung gewiſſer Guͤter ein beſtimmtes Geſchaͤft ma - chen, es fehlt nach der Unterſcheidung des vorigen Capitels nicht nur an vollkommenen, ſondern auch an unvollkommenen Unternehmern. Demnach entſteht die erſte Schwierigkeit ſchon53 beim Aufſuchen Jemandes, der die Herſtellung des gewuͤnſchten Productes zu uͤbernehmen bereit waͤre. Eine weitere Schwierig - keit wuͤrde ſich bei der Beſtimmung des Preiſes wie der Zeit herausſtellen, in welcher die Dienſtleiſtung, ſei es unmittelbar, ſei es in einem Sachgute verkoͤrpert, geleiſtet werden ſollte. Viele Dienſtleiſtungen ſind der Art, daß ſie mit demſelben Auf - wande Vielen zu gleicher Zeit geleiſtet werden koͤnnen wie We - nigen oder einem Einzelnen. Hier muͤßte der Begehrende dann ſo lange auf die Befriedigung ſeines Beduͤrfniſſes warten, bis ſich eine groͤßere Anzahl mit ihm im gleichen Falle Befindlicher zuſammengefunden haͤtte, oder er muͤßte einen unverhaͤltnißmaͤßi - gen Preis bezahlen. Ganz aͤhnlich verhaͤlt es ſich mit vielen Sachguͤtern, deren Productionskoſten ſich mit der Maſſenhaftig - keit ihrer Erzeugung vermindern. Und wenn ſich nun bei einem Productionswilligen eine gehoͤrige Nachfrage eingeſtellt haͤtte, wuͤrde er auch das Sachgut alsbald zu liefern, den Dienſt ſo - gleich zu leiſten im Stande ſein und wuͤrde er den zu fordernden Preis ohne Weiteres beſtimmen koͤnnen? Bei Weitem die mei - ſten Producte und Dienſtleiſtungen ſind das Erzeugniß vielfach complicirter Thaͤtigkeiten und Capitalanwendungen. Die be - treffenden Producenten wuͤrden daher auf alle ihre Vorarbeiter und alle Diejenigen, die mit ihren Capitalien die Production irgend wie zu foͤrdern haben, zuruͤckgreifen muͤſſen, um mit ihnen Transactionen uͤber die zu uͤbernehmenden Geſchaͤfte zu treffen, und bei jeder dieſer Transactionen wuͤrden ſich alle die obigen Schwierigkeiten wiederholen. Schließlich aber, nach Beſeitigung dieſer ſaͤmmtlichen Hemmniſſe waͤre es immer noch ſehr die Frage, ob das gelieferte Product wirklich dem zu befriedigenden Be - duͤrfniſſe entſpraͤche. Die vielfachen Enttaͤuſchungen, welche man im wirklichen Leben bei Arbeiten erfaͤhrt, welche man zu beſtellen genoͤthigt iſt, laſſen einen kleinen Schluß auf das Ergebniß54 ziehen, welches erreicht werden wuͤrde, wenn man alle Producte nur auf dieſe Weiſe zu erlangen vermoͤchte.
Hiernach tritt die productive Bedeutung der Unternehmer ſchon unverkennbar hervor. Unterſuchen wir deren Urſachen naͤher, ſo finden wir, daß ſie gegenuͤber den Eigengeſchaͤften und dem uͤbernehmungsweiſen Betriebe der Geſchaͤfte einen dop - pelten Grund haben kann. Sie kann ſich naͤmlich ſtuͤtzen ent - weder auf eine Erſparung am Productionsaufwand oder dar - auf, daß ſie bei Darbringung der Producte Vortheile gewaͤhrt, die auf anderem Wege gar nicht oder nicht in demſelben Um - fange zu erlangen ſind.
Dieſelbe kann eintreten 1) dadurch, daß die zu einer Pro - duction noͤthigen Factoren den Unternehmern ſich billiger zur Verfuͤgung ſtellen, als bei den Eigengeſchaͤften oder dem Geſchaͤfts - betrieb durch Uebernehmung. Daß im Allgemeinen die Beſitzer von Arbeits - oder Capitalkraͤften bei deren Vermiethung einen niedrigeren Entſchaͤdigungsmaßſtab anzunehmen bereit ſind, als wenn ſie dieſelben auf ei[gn]e Hand verwendeten, erklaͤrt ſich zur Genuͤge aus der erſparten Gefahr und Sorge fuͤr den Erfolg. Daß aber der Miethpreis beider Productionsfactoren fuͤr den Unternehmer haͤufig auch ein geringerer ſein wird, wie fuͤr den - jenigen, der ſie nur zur Beihuͤlfe bei einer uͤbernommenen Pro - duction ſucht, geht daraus hervor, daß der letztere in der Regel nur einen einzelnen, bald voruͤbergehenden Zweck im Auge hat. Nach kurzer Zeit werden Arbeiter und Capitaliſten, die mit ihm in Verbindung getreten ſind, daher genoͤthigt ſein, ſich wieder nach einer neuen Verwerthung ihrer Kraͤfte umzuſehen. Ver - miethen ſie dieſelben dagegen an einen Unternehmer, der ſie55 vorausſichtlich fuͤr laͤngere Zeit, vielleicht fuͤr immer beſchaͤftigen wird, ſo werden ſie in Rechnung darauf ſich gern einen ver - haͤltnißmaͤßigen Abzug an ihrer Entſchaͤdigung gefallen laſſen. Ein Maler, der auf Beſtellung fuͤr einen Gemaͤldehaͤndler, ein Literat, der eben ſo fuͤr einen Buchhaͤndler regelmaͤßig arbeitet, wird dieſem ſeine Bilder oder Buͤcher in der Regel billiger an - rechnen, als demjenigen, der ihm nur ein einzelnes Werk ſeiner Arbeit abkauft. Bekannt iſt, wie haͤufig ſchon die Hoffnung einer regelmaͤßigen Beſchaͤftigung auf eine Verminderung des Arbeitspreiſes einwirkt. Aus demſelben Grunde pflegen auch ſolche Unternehmungen, welche Schwankungen in ihrer Ausdeh - nung und deshalb der Nothwendigkeit, gemiethete Capitale und Arbeiter zu kuͤndigen und zu entlaſſen, weniger unterworfen ſind, unter uͤbrigens gleichen Verhaͤltniſſen guͤnſtigere Miethbedingun - gen zu erhalten, als diejenigen, welche ſolchen Schwankungen mehr ausgeſetzt ſind. Je allgemeiner verbreitet und je ſtetiger wir - kend das Beduͤrfniß iſt, zu deſſen Abhuͤlfe zu dienen die Unter - nehmung beſtimmt iſt, deſto eher wird ſich in dieſer Beziehung ein Vortheil herausſtellen. Je weniger die Arbeiter oder die Capitalien fuͤrchten muͤſſen, zu feiern, und je naͤher ihnen die Hoffnung liegt, ihre Forderungen bald ſteigern zu koͤnnen, um ſo weniger wird andererſeits der Unternehmer auf guͤnſtigere Bedingungen zu rechnen haben, als derjenige, welcher Arbeit oder Capital fuͤr ſeine eigene Wirthſchaft oder zur Ausfuͤhrung eines uͤbernommenen Geſchaͤftes ſucht.
Ferner iſt als ein Vortheil des Unternehmers bei Feſtſtel - lung der Miethpreiſe der Capitalien und Arbeitskraͤfte die groͤ - ßere Ueberſicht uͤber das ihm zur Verfuͤgung ſtehende Angebot und die Verhaͤltniſſe der Nachfrage zu erwaͤhnen. Wer fuͤr ſei - nen eigenen Bedarf einen Arbeiter oder ein Capital zu miethen ſucht, der iſt meiſt von den Arbeits - und Capitalkraͤften, die56 zur Verfuͤgung ſtehen, nur unvollkommen unterrichtet. Ebenſo derjenige, der die Ausfuͤhrung eines Productes nur uͤbernom - men hat, abgeſehen davon, daß bei dieſem, da ihm Reſtitution der gemachten Auslagen zugeſichert iſt, das unmittelbare Intereſſe an Gewinnung moͤglichſt billiger Miethpreiſe wegfaͤllt. Bei dem Einen wie bei dem Andern iſt es etwas Zufaͤlliges, daß ſie uͤberhaupt Capitalien oder Arbeitskraͤfte ſuchen, und es iſt daher keine Veranlaſſung vorhanden, ihnen dieſelben, in ſo weit ſie disponibel ſind, anzubieten, waͤhrend ſie den Unternehmern, bei denen man vorausſetzt, daß ſie ſie gebrauchen koͤnnen, regel - maͤßig angeboten zu werden pflegen. Die Unternehmer ſind da - her meiſtens in der Lage, ſich von den verfuͤgbaren Capitalien und Arbeitskraͤften die wohlfeilſten und ausgiebigſten auszuſu - chen, waͤhrend Andere nur zwiſchen denjenigen waͤhlen koͤnnen, die ſich ihnen gerade zufaͤllig darbieten. Schon beim Stellen ſeiner Entſchaͤdigungsforderungen pflegt der Arbeiter oder Capi - talbeſitzer dem Unternehmer gegenuͤber maͤßiger zu ſein, theils weil er weiß, daß dieſer eine groͤßere Auswahl hat, theils weil er einſieht, daß derſelbe von der Concurrenz[gezwungen] iſt, ſeinen Productionsaufwand auf das knappſte Maß zuruͤckzufuͤh - ren. Wenn dagegen Jemand zur Production fuͤr ſeinen eignen Bedarf eine Arbeitskraft oder ein Capital ſucht, ſo glaubt man ihm weit eher zumuthen zu koͤnnen, dafuͤr eine etwas hoͤhere Entſchaͤdigung zahlen zu koͤnnen, und nicht minder iſt dieß der Fall, wenn man weiß, daß er im Auftrage eines Andern ohne eigne Gefahr handelt. Ein Tageloͤhner fordert leicht, wenn er von einem Privatmann in deſſen Garten verlangt wird, einen hoͤhern Tagelohn, als von einem Handelsgaͤrtner, weil er ſich einbildet, jener koͤnne leichter eine groͤßere Ausgabe tragen; ein Beamter, der fuͤr Rechnung der Regierung irgend ein Capital zu miethen hat, begegnet nicht ſelten uͤberſpannten Miethsforde -57 rungen, weil die Capitalbeſitzer wiſſen, daß er auf alle Faͤlle die Miethskoſten liquidiren darf.
2) Eine Erſparniß am Productionsaufwande fuͤr die Un - ternehmer kann ferner dadurch eintreten, daß ſie mit den naͤm - lichen Productionsfactoren ein ausgiebigeres Reſultat erreichen, als wenn die Geſchaͤfte blos fuͤr den eignen Bedarf oder uͤber - nehmungsweiſe betrieben wuͤrden. Es iſt uͤberfluͤſſig, die oft ge - ſchilderten Vortheile der Arbeitstheilung und - Vereinigung, des Zuſammenwirkens der Capitale und der Verbindung von Arbeit und Capital hier noch einmal auseinander zu ſetzen; was aber an dieſer Stelle hervorzuheben iſt, das iſt, daß dieſe Vortheile groͤßtentheils nur beim unternehmungsweiſen Betriebe der Ge - ſchaͤfte erreicht werden koͤnnen. Es leuchtet naͤmlich ein, daß die Erlangung derſelben weſentlich von einer Regelmaͤßigkeit und einer groͤßern Ausdehnung der Production abhaͤngt, wie ſie bei Eigengeſchaͤften ſelten moͤglich iſt. Nur in der Wirthſchaft gro - ßer Gemeinweſen, Staaten u. ſ. w. pflegt der Bedarf ein ſo um - fangreicher und regelmaͤßiger zu ſein, daß man bei der Eigen - production alle jene Vortheile ſich anzueignen vermag. Allein indem die Wirthſchaft hier regelmaͤßig durch beauftragte Ueber - nehmer gefuͤhrt werden muß, die kein eignes unmittelbares In - tereſſe an dem Erfolge haben, werden jene Vortheile meiſtens durch die wachſende Schwierigkeit, es den Privat-Unternehmun - gen an gewiſſenhafter Sparſamkeit, ſcharfſinniger Combination und ſtrenger Aufſicht gleich zu thun, weit uͤberwogen. Die Un - ternehmer alſo ſind es, welche jene Vortheile meiſtens erſt zur Geltung bringen, und hierin beruht in der That ein großer Theil ihrer volkswirthſchaftlichen Bedeutung. Insbeſondere muß hier noch der Einwirkung gedacht werden, welche der unterneh - mungsweiſe Betrieb auf die Einfuͤhrung verbeſſerter Verfah -58 rungsarten bei der Production ſelbſt da ausuͤbt, wo dieſe bei den Einzelwirthſchaften an ſich zulaͤſſig ſind. Die Einfuͤhrung neuer Productionsmethoden pflegt mit einem Riſico verbunden zu ſein, dem ſich der Einzelwirthſchafter auf eigne Gefahr nicht gern ausſetzt. Hat man ſeine Wirthſchaft bisher in der alten Weiſe erhalten, warum nicht auch ferner? Daß man fuͤr das neue Verfahren einen Aufwand machen muß, iſt gewiß; der Erfolg noch ungewiß. Dazu kommt, daß in der That das Wagniß fuͤr den Einzelwirthſchafter ſowohl abſolut wie relativ ein weit groͤßeres zu ſein pflegt, wie fuͤr den Unternehmer, ab - ſolut, weil jener geringere Ausſicht hat, als dieſer, bei dem neuen Verfahren ſogleich den wohlfeilſten und ausgiebigſten Weg einzuſchlagen, relativ, weil ein etwaiges Mißlingen fuͤr jenen empfindlicher und nicht ſo leicht wieder gut zu machen iſt, wie fuͤr dieſen. Als auf einen Beleg, wie ſehr der unternehmungs - weiſe Betrieb die Anwendung verbeſſerter Productionsarten foͤr - dert, kann auf die Fortſchritte hingewieſen werden, welche der Landbau zu machen pflegt, ſobald er vorzugsweiſe nicht mehr fuͤr das Beduͤrfniß der eigenen Wirthſchaft, ſondern fuͤr den Marktabſatz producirt1)Auch das Vorangehen der großen Grundbeſitzer, die in weit aus - gebildeterem Maße, als die kleinen, Unternehmer ſind, in der Einführung verbeſſerter Productionsmethoden beſtätigt die hier ausgeſprochene Anſicht.. Wenn die Arbeiter in unſrer Zeit ſo geneigt ſind, ſich allein die wunderbare Productivitaͤt der Ar - beitstheilung zu Gute zu rechnen, ſo verkennen ſie durchaus die Natur der Dinge. Ohne Unternehmer wuͤrde es nie zu dieſer Trennung der Beſchaͤftigungen gekommen ſein; ohne Unterneh - mer wuͤrde dieſe Trennung der Beſchaͤftigungen nie daſſelbe fruchtbringende Reſultat gegeben haben, da lauter ſelbſtaͤndige Arbeiter ſich nie in der Weiſe in die Haͤnde gearbeitet haben59 wuͤrden, wie wir es unter den gegebenen Verhaͤltniſſen ſehen1)Dieß erkennen die Socialiſten an, indem ſie eine „ Organiſation der Arbeit “verlangen. Aber indem ſie derſelben nur eine willkürliche, künſtliche Grundlage geben wollen und die im freien Verkehre wirkſame organiſche Kraft durchaus verkennen, verlieren ſie ſich in die ungerechtfertigtſten For - derungen. Eine treffliche Kritik dieſes poſitiven Theiles der ſocialen Theo - rien liefert Hildebrand in ſeinem angeführten Werke §§. 48 — 52. Daß auch die Arbeiteraſſociationen meiſtens wieder auf eine den Verhältniſſen des freien Verkehrs entſprechende Gliederung zurückkommen müſſen, hat ſich in Frankreich gezeigt. Vergl. den angeführten Artikel Garnier’s im Dictionn. d’écon. polit. . Und wenn die Theilung der Arbeit jetzt noch die Mutter man - cher unfruchtbaren Production iſt, ſo ruͤhrt das eben daher, daß das Unternehmerweſen noch nicht ſeine hoͤchſte Ausbildung er - reicht hat2)Es iſt