Das Recht der Uebersetzung in die englische und französische Sprache hat sich der Verfasser und der Verleger vorbehalten.
Indem ich den Freunden der Ichthyologie in der vorliegenden Schrift die Resultate meiner seit einer Reihe von Jahren unausgesetzt an den mitteleuropäischen Süsswasserfischen gemachten Forschungen übergebe, bin ich mir wohl bewusst, dass ich kein vollendetes Werk zu Stande gebracht, sondern nur Beiträge zur Fischkunde geliefert habe.
Diese Beiträge sollten aber so viel als möglich durch eigene An - schauung gemachte Erfahrungen enthalten, weshalb ich mit der Ver - öffentlichung dieses Werkes so lange zögerte, bis ich mir durch Reisen die nöthige Belehrung an den verschiedenen Gewässern Mitteleuropa’s verschafft hatte. Ich habe diese Reisen im Jahre 1854 begonnen und dieselben nur in den ersten Jahren, während welcher ich meine ichthyologischen Forschungen meist auf die südbayrischen Gewässer beschränkte, auf Staatskosten unternommen. Bei meinen weiteren, auch auf die übrigen Gegenden der süd - und norddeutschen, sowie der schweizerischen Wassergebiete ausgedehnten ichthyologischen Untersuchungen wurde ich durch die Vorstände von Naturalien - Sammlungen, sowie durch Freunde der Fischkunde in der freund -IVVorwort.lichsten und zuvorkommendsten Weise unterstützt, so dass ich die Grenzen dieser Blätter überschreiten müsste, wollte ich diese Männer namentlich aufführen, denen ich theils für ihre mündlichen und brief - lichen Belehrungen, theils für ihre werthvollen Geschenke von ichthyo - logischen Objecten1)Sämmtliche von mir gesammelten oder durch Schenkung an mich gelangten Süss - wasserfische werden in dem hiesigen zoologischen Cabinete des Staates aufbewahrt. den grössten Dank schulde und hiermit aus - spreche.
Von ganz besonderer Wichtigkeit war mir eine auf amtlichem Wege zugewendete Unterstützung, die meine in Ostpreussen ange - stellten Fischstudien ausserordentlich erleichtert und gefördert hat, daher ich es nicht unterlassen kann, für dieselbe hier noch einmal meinen vollen Dank zu wiederholen. Der Oberpräsident der Provinz Preussen, Herr v. Eichmann, hatte nämlich im Interesse der Wis - senschaft den betreffenden Landrathsämtern und gleichzeitig den verschiedenen Oberfischmeistereien seines Regierungs-Departements dringlichst empfohlen, meine in der Provinz Preussen vorzunehmenden Fischstudien zu unterstützen. In Folge dessen2)Eine vom Königsberger Landraths-Amte (im Königsberger Kreisblatte Nr. 20. pag. 148) unterm 11ten August 1860 erlassene Bekanntmachung lautete: » Der Professor v. Siebold aus München, welcher der hier bevorstehenden Naturforscher-Versammlung beizuwohnen gedenkt, beabsichtigt von Ende dieses Monats ab während einiger Wochen sich mit Forschungen über die preussischen Fische in der hiesigen Provinz zu beschäftigen, im wissenschaftlichen Interesse werden die resp. Kreiseingesessenen ersucht, ihm, falls er den hiesigen Kreis besuchen sollte, bei seinen Studien eine entgegenkommende Unter - stützung gefälligst zu gewähren «. fand ich an den masurischen Seen, sowie an dem Frischen und Kurischen Haffe bei meiner Ankunft alles in einer Weise vorbereitet, dass ich mir in mög -VVorwort.lichst kurzer Zeit einen Ueberblick über die reiche Fischfauna dieser Gewässer verschaffen konnte, indem Herr Tolckemit zu Frauenburg, Oberfischmeister des Frischen Haffes, die Aufmerksamkeit gehabt hatte, mir durch eine Anzahl von Haff-Fischern die meisten Arten der Fisch - fauna des Frischen Haffes in lebenden Exemplaren vorlegen zu lassen, während Herr Parcienski, Bürgermeister von Nikolaiken die Fischer des Spirdingsees beauftragt hatte, von den Fischen dieses grössten ostpreussischen Binnensees eine reichliche Auswahl bei meiner Ankunft bereit zu halten. Herr Beerbohm auf Feilenhof, Oberfischmeister des Kurischen Haffs und zugleich ein wohl erprobter Seefahrer, stellte mir seine Jacht zur Disposition, durch welche es mir möglich wurde, auf sehr bequeme Weise jene Stelle des Memel-Ausflusses zu erreichen, an welcher seit lange ein grossartiger Lachsfang betrieben wird.
Ich darf wohl diese bei meinen in der Provinz Preussen ange - stellten ichthyologischen Untersuchungen mir zu Theil gewordenen Vortheile um so höher anschlagen, als es dem berühmten in Berlin lebenden Ichthyologen Bloch nicht einmal vergönnt war, sich einer gleichen von ihm für die Mark (Provinz) Brandenburg in Anspruch genommene Unterstützung seiner Fischstudien erfreuen zu dürfen, denn nachdem derselbe eine solche Unterstützung sich von dem Könige Friedrich II. erbeten hatte, wurde ihm folgender Bescheid des grossen Königs ertheilt1)Dieser königliche von Friedrich II. eigenhändig geschriebene Bescheid befindet sich noch heute in den Archiven zu Berlin aufbewahrt.: » Dass er sich mit den Fischen beschäftigt, ist mir lieb; was er von meinen Landräthen verlangt, ist dummes Zeug;VIVorwort.was vor Fische in der Mark sind, das weiss ich, es sind Karpfen, Zander, Barsche und Aale; will er etwa die Gräthen zählen? «
Schliesslich habe ich noch Herrn Professor Kner in Wien meinen Dank für die freundliche Bereitwilligkeit auszusprechen, mit welcher derselbe mir gestattete, aus seinem in Gemeinschaft mit Heckel heraus - gegebenen Fischwerke eine Auswahl von Holzschnitten für meine vorliegende Schrift zu benutzen.
München, den 20ten Juni 1863.
C. Th. E. v. Siebold.
Als ich vor acht Jahren durch ein höchstes Rescript vom 3ten Mai 1854 den ehrenvollen Auftrag erhielt, die südbayrischen Seen in ichthyologischer Beziehung zu untersuchen, übernahm ich diesen Auftrag mit grösster Freude und frohen Muthes, weil mir die Schwierigkeiten, welche mit dieser Arbeit verbunden waren, nur schwach entgegenschimmerten und ich mir zutraute, es würde mir, ausgerüstet mit gutem Willen, nicht schwer fallen, diese Schwierigkeiten zu überwinden. Aber je näher ich an die mir gestellte Auf - gabe herantrat, je mehr ich mich in diese ichthyologischen Untersuchungen vertiefte, um so schwieriger und zeitraubender trat mir die Lösung dieser Aufgabe entgegen, deren Breite und Umfang sich vor meinen Augen um so mehr erweiterte und ausdehnte, je mehr Mühe und Zeit ich daran setzte, die mir anvertraute Arbeit zu Ende zu bringen.
Sehr bald, nachdem ich die Arbeit begonnen, mussten die engen Gren - zen, in welchen nach dem Wortlaute der mir gestellten Aufgabe sich meine Untersuchungen bewegen sollten, erweitert werden, denn ich sah wohl ein, dass, wenn ich die südbayrischen Seen in ihrer ichthyologischen Beziehung untersuchen sollte, sowohl die Gewässer, welche sich in diese Seen ergiessen, als auch die Bäche und Flüsse, welche aus diesen Seen entspringen, nicht unberücksichtigt bleiben durften, da die sehr beweglichen Wasserbewohner theils zu ihrer eigenen Erhaltung, theils zu ihrer Fortpflanzung sehr häufig den Ort ihres Aufenthalts wechseln. Durch diese vielen Fischen eigenthüm - liche Wanderlust wird es den Ichthyologen ausserordentlich erschwert, die Lebensweise gewisser Fische in ihrer Vollständigkeit aufzufassen, abgesehen davon, dass es überhaupt für den Zoologen eine der schwierigsten Aufgaben ist, sich von dem Thun und Treiben der in der Tiefe des dem Beobachter unzugänglichen Wassers lebenden Fische einen vollständigen und ganz zuver - lässigen Begriff zu machen. Es bleibt dem Beobachter in dieser Beziehung oft nichts übrig, als aus dem Verhalten und Aussehen eines frisch gefangenenv. Siebold, Fische. 12Einleitung.Fisches über dessen Zustand vor seiner Gefangennehmung Schlüsse zu ziehen, wobei jedoch die grösste Vorsicht zu beobachten ist. Bei dem leichten Ab - sterben vieler dieser Thiere, bei der Vergänglichkeit ihrer Farbe und Zeich - nung, bei der ausserordentlichen Verletzbarkeit ihrer Hautorgane hält es oft sehr schwer, an vor längerer Zeit gefangenen und aus ihrem natürlichen Aufenthaltsorte entfernten Fischen sichere Studien zu machen. Wie viele Fische giebt es nicht, die stets in tiefster Tiefe verborgen leben, oder die nur zu gewissen Terminen im Jahre auf kurze Zeit an solche Localitäten sich begeben, wo sie durch die List der Menschen des Gewinnes oder des Ver - gnügens wegen, aus ihrem Elemente an das Tageslicht gezogen werden, ist es da nicht reiner Zufall, wenn solche der Beobachtung schwer zugäng - liche Thiere dem neugierigen und lernbegierigen Ichthyologen in die Hände gelangen?
Eine der Hauptaufgaben, die mir bei meinen ichthyologischen Unter - suchungen zunächst zur Lösung entgegentreten musste, war die Zusammen - stellung der in den südbayrischen Gewässern vorkommenden Fischarten. Aus den vorhin gegebenen wenigen Andeutungen wird man aber entnehmen können, dass da, wo es sich um die Feststellung einer Fischfauna handelt, dem Ichthyologen eine Menge Schwierigkeiten in den Weg treten, selbst wenn er nur auf ein Wassergebiet von geringem Umfange diese Feststellung be - schränken wollte; um wieviel wurden für mich diese Schwierigkeiten nicht vermehrt und vervielfältigt, da ich bald einsehen musste, dass vor Allem, wenn ich meinem Auftrage nur einigermassen genügen wollte, das Wasser - gebiet der oberen Donau im weitesten Umfange zu erforschen und dabei fest - zustellen war, welche Fischarten in den südbayrischen Seen und in den mit denselben zusammenhängenden Gewässern einen bleibenden oder zeitweisen Wohnsitz haben, bei welchen Untersuchungen ich denn solche Fische nicht unberücksichtigt lassen durfte, die als vorüberziehende Wanderer zu bestimm - ten Zeiten die Gewässer der oberen Donau beleben, oder die nur ab und zu in unbestimmten Zeit-Zwischenräumen durch Verirrung in diese Gewässer gelangen. Indem aber die südbayrischen Seen nur den mittlern Theil einer von Westen nach Osten sich weithin ausbreitenden Kette von Alpenseen aus - machen, so durfte ich weder die Schweizer-Seen noch die Seen des Gebiets von Salzburg und Ober-Oestreich ganz ausser Acht lassen, wobei sich mancherlei Uebereinstimmungen und Unterschiede in Bezug auf das Vor - kommen gewisser Fische in diesen Seen herausstellten und zugleich viele Be - lehrungen über die Feststellung von Arten und Varietäten gewonnen wurden. Da ich ferner auch den Bodensee als südbayrischen See mit in das Bereich meiner Untersuchungen zu ziehen hatte, und auch das mittlere Rheingebiet des Neckars und des Mains wegen nicht unbeachtet lassen durfte, indem deren Nebenflüsse an den Nebenflüssen der oberen Donau so nahe vorbeistreifen, so3Einleitung.erhielt das Gebiet meiner Untersuchungen einen noch breiteren Umfang. Ich hatte aber die Erweiterung der Grenzen meiner Aufgabe, welche auf diese Weise nahezu das ganze Wassergebiet von Mittel-Europa umfasste, um so weniger zu bereuen, weil gerade die Vergleichung der Fischfauna der beiden so nahe ineinandergreifenden Flussgebiete, nämlich der oberen Donau und des Mittelrheins höchst merkwürdige und für die geographische Verbreitung und Abgrenzung gewisser Fischarten sehr interessante Thatsachen lieferte.
Bei aller Mühe, die ich mir gegeben hatte, konnte ich aber lange Zeit über manche Bedenklichkeiten nicht hinwegkommen, die mir bei der Be - stimmung gewisser theils neu aufgefundener, theils bisher übersehener Fisch - formen entgegentraten; erst nachdem ich meine Studien auch auf die Fisch - fauna der noch übrigen nach Norden gerichteten Flusssysteme Deutschlands ausgedehnt hatte, war es möglich geworden, alle diese Schwierigkeiten zu überwinden. Auf diese Weise wurde ich zugleich in den Stand gesetzt, nicht bloss über die Fischfauna des Donau - und Rheingebiets, sondern auch über die Fischfauna des Weser -, Elbe -, Oder -, Weichsel - und Pregel-Gebiets aus selbst gesammelten Erfahrungen und aus eigener Anschauung Rechenschaft zu geben.
Um über das Vorkommen der Fische in den verschiedenen mitteleuro - päischen Strom - und Wasser-Gebieten, sowie über deren Leben sichere Auskunft und zuverlässige Nachrichten zu erlangen, habe ich verschiedene Methoden anwenden und mannichfaltige Mittel benutzen müssen.
Zuerst zog ich die früheren auf die Fischfauna der verschiedenen deut - schen Wassergebiete sich beziehenden literarischen Arbeiten zu Rathe, jedoch musste ich hierbei in jeder Hinsicht die grösste Vorsicht und die sorg - fältigste Kritik beobachten, da früher die Artunterschiede der Süsswasser - fische noch nicht scharf erkannt worden waren, und die in den älteren fauni - stischen Arbeiten aufgeführten Fischarten daher schwer auf die gegenwärtig festgestellten Species zurückzuführen waren. Diese Schwierigkeiten wurden zwar später von Bloch durch seine nach den Vorbildern Artedi’s und Linné’s bearbeiteten systematischen Beschreibungen der Fische Deutschlands beseitigt aber bald durch neue Schwierigkeiten ersetzt, indem sehr viele Faunisten es sich in der Weise bequem machten, dass sie mit Ignorirung der oft sehr eigen - thümlichen und interessanten Volksnamen der Fische und mit Uebergehung anderer wichtiger, die Fische betreffender Localnotizen nur Bloch’s Nomen - clatur und Beschreibung wiederholten. Dieser ganz allgemein gewordene Missbrauch ist die Veranlassung geworden, dass manche neuere süddeutsche Faunen, in denen die Fische ohne genauere Beschreibung mit Bloch’s nord - deutschen Bezeichnungen aufgeführt werden, sich zu einer wissenschaftlichen Benutzung als ganz werthlos herausstellen.
Ausser der vorhandenen aber vielfach zerstreuten die deutschen Fisch - faunen betreffenden Literatur waren mir die verschiedenen Landes-Verord -1*4Einleitung.nungen und Polizei-Gesetze, welche sich auf Fischfang und Fischverkauf bezogen, von grossem Werthe, indem in denselben vielfach die Fische der - jenigen Gewässer, für welche jene Fischerei-Verordnungen bestimmt waren, theils namhaft gemacht, theils sogar abgebildet wurden. Freilich war es auch hierbei nicht immer leicht, aus den Volksnamen jedesmal die betreffenden Fischarten herauszuerkennen, indem die Fische oft mit ganz veralteten und längst vergessenen Namen in jenen Verordnungen bezeichnet sind, wobei die Deutung der erwähnten Fische dadurch noch mehr erschwert wird, dass manche Fischspecies je nach dem jüngeren und höheren Alter und je nach der verschiedenen Jahreszeit, in welcher sie gefangen, ganz verschiedene Namen führt. Uebrigens muss ich hier bemerken, dass bei allen dem auf die ver - schiedenen Volksnamen der Fische ein sehr grosser Werth zu legen, indem dergleichen Namen sehr oft über Alter, Lebensweise, Gewohnheiten, Aufent - halt, Nahrung und Fortpflanzung der Fische dem Ichthyologen höchst will - kommene Aufschlüsse geben können.
Eine andere Gelegenheit, durch die ich über die Verbreitung der Fische in Deutschland mancherlei Erfahrungen sammelte, bot mir der fleissige Besuch der in den verschiedenen Städten regelmässig stattfindenden Fischmärkte. Leider fand ich aber oft wider Erwarten eine solche geringe Auswahl von Fisch-Waaren, dass mir in vielen Gegenden des Landes die Armuth an diesen Nahrungsmitteln nur zu klar entgegentrat, was einen um so peinlicheren Ein - druck machte, als in manchen der von mir besuchten Städte die Existenz von Fischerzünften, das Vorhandensein eines sogenannten Fischmarkt-Platzes und Fischbrunnens darauf hinwies, dass in vergangenen Zeiten die Fische als regelmässiges Nahrungsmittel der Städtebewohner eine Rolle spielten.
Eine grosse Erleichterung für meine ichthyologischen Untersuchungen gewährte mir indessen die Stadt München, welche einen ausserordentlich reich und mannichfaltig ausgestatteten Fischmarkt aufzuweisen hat, dessen Fischreichthum schon Agassiz vor dreissig Jahren zu seinen ersten ichthyolo - gischen Studien angereizt hat. Dem seit 1854 zu allen Jahreszeiten von mir vielfach wiederholten Besuche des hiesigen Fischmarktes verdanke ich eine Menge interessanter Aufschlüsse über Färbung, Laichzeit, Vorkommen und Verbreitung der Fische. Freilich musste ich die Angaben der Fischverkäufer über den Fundort der Fische oft mit Misstrauen aufnehmen, da sie theils als blosse Zwischenhändler über meine Fragen nicht die gehörige Antwort geben konnten, theils als Begünstiger von Fischdiebereien auch die richtige Aus - kunft nicht ertheilen wollten.
Da durch die Eisenbahnen auch für den Fischhandel die Verkehrswege erweitert und erleichtert sind, so muss sich der einen grösseren Fischmarkt besuchende Ichthyologe mit besonderer Vorsicht und Gewissenhaftigkeit aus - rüsten, um sich nicht Verwechslungen und Missgriffe bei der Feststellung der5Einleitung.Fundorte mancher zum Verkauf ausgebotener Fische zu Schulden kommen zu lassen. Obgleich auf dem hiesigen Fischmarkte meist Producte der Isar, der Donau, des Lech und ihrer Nebenflüsse sowie der bayrischen Seen feil gebo - ten werden, kommen doch auch hier Fische aus ganz anderen und weitent - fernten Wassergebieten zum Verkauf, nämlich verschiedene Bodensee-Fische, Teichfische von Mittelfranken, Schwaben, von der Oberpfalz und von Böhmen, Lachsarten vom Niederrhein und der Elbe, und seit der Eröffnung der Wiener - Salzburger-Eisenbahn auch Bewohner verschiedener östreichischer Seen.
Für die Fischfauna des Donau-Gebietes lieferten mir ausser München die Fischmärkte von Ulm, Regensburg, Passau, Linz und Wien ebenfalls noch wichtige Beiträge; in Bezug auf die Fischfauna des Rhein-Gebiets verdanke ich dem Besuche der Fischmärkte von Basel, Freiburg, Strassburg, Speyer und Mainz, sowie der Fischmärkte von Heidelberg, Mannheim, Nürnberg, Bamberg, Würzburg und Frankfurt verschiedene Erfahrungen. Die Fisch - fauna des Weser-Gebietes lernte ich zum Theil durch die Vorräthe der Fischer in Meiningen, Eisenach, Cassel, Münden und Göttingen kennen. Eine fast vollständige Uebersicht der Fischfauna des Elbe-Gebiets verschaffte ich mir in Prag, Dresden, Magdeburg und Hamburg, ferner in Wunsiedel, Leipzig, Hof, Naumburg, Halle und Berlin. Die Fische des Oder-Gebiets lernte ich auf den Fischmärkten von Breslau, Stettin und Swinemünde kennen. Eine Uebersicht der Fische des Weichsel-Gebietes verschaffte ich mir auf den Fisch - märkten von Danzig, Elbing und Thorn; die Fische des Pregel-Gebietes lernte ich in Königsberg und Heilsberg kennen. Zur Erkenntniss der Bodensee-Fische benutzte ich einen mehrmaligen Besuch der an diesem fischreichen See gele - genen Städte und Ortschaften Lindau, Bregenz, Constanz, Ueberlingen und Langenargen, ebenso versäumte ich es nicht bei meinen Excursionen an den verschiedenen bayrischen und östreichischen Alpenseen die Vorräthe der an - wohnenden Seefischer zu mustern. In Bezug auf die zwischen Pregel und Weichsel sich ausbreitenden zahlreichen Landseen mit dem weitausgedehnten Mauer - und Spirdingsee bot sich mir an Ort und Stelle die glückliche Ge - legenheit dar, sämmtliche Fische dieser Gewässer im frischen und lebendigen Zustande kennen zu lernen, ebenso hatte ich die Freude, in Memel, Russ und Tilsit den grössten Theil der Fische des kurischen Haffs und der Memel zur Hand zu bekommen, sowie in Braunsberg, Frauenburg und Tolkemit fast sämmtliche Fische des frischen Haffs und der Passarge einsammeln zu können.
Als ein sehr wichtiges Hülfsmittel, um über die Verbreitung der Süss - wasserfische in den verschiedenen Wassergebieten von Mitteleuropa Auskunft zu erhalten, haben mir die Sammlungen einheimischer Fische gedient, welche in öffentlichen und privaten naturwissenschaftlichen Cabineten aufbewahrt werden. Ich versäumte es daher niemals auf meinen Reisen, Naturalien - sammlungen aufzusuchen und deren ichthyologischen Abtheilungen eine ganz6Einleitung.besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Auf diese Weise bin ich mit dem grössten Theile der ichthyologischen Sammlungen von Mitteleuropa durch eigene Anschauung bekannt und auf Dinge aufmerksam geworden, die mir ohne dieses Hülfsmittel ganz entgangen wären. Namentlich war die mit eigenen Händen vorgenommene Revision so vieler Fischsammlungen haupt - sächlich dazu förderlich, mich durch die heillose Namensverwechslung und Verwirrung, welche bei der Bezeichnung der meisten bei uns einheimischen und allergewöhnlichsten Fische bis auf die neueste Zeit immer wieder zu Tage kömmt, zurecht zu finden. Wie ich die Gelegenheit auf meinen Reisen be - nutzt habe, mich mit den verschiedenen Ortsfaunen bekannt zu machen, mag aus folgender Uebersicht der von mir in Bezug auf inländische Fische durch - musterten grösseren und kleineren Naturalien-Sammlungen hervorgehen.
Durchmustert wurden von mir das königl. Naturalien-Cabinet in Dresden und Stuttgart, die grossherzogl. Naturalien-Cabinete in Carlsruhe, Mannheim und Darmstadt sowie das herzogl. Naturalien-Cabinet in Meiningen und Wies - baden, ferner die zoologischen Museen der Universitäten von Basel, Breslau, Erlangen, Freiburg, Greifswald, Halle, Heidelberg, Königsberg, Leipzig, Prag, Strassburg, Tübingen, Wien, Würzburg und Zürich, die vaterländi - schen Museen zu Bamberg, Frankfurt a / M, Hamburg, Innsbruck, Linz, Prag und Salzburg, das zoologische Cabinet der Forstakademien in Aschaffenburg und Tharand, die Naturalien-Sammlungen der naturforschenden Gesell - schaften in Augsburg, Danzig, St. Gallen, Mainz, Regensburg, Stuttgart und Schaffhausen, die Naturalien-Sammlungen der Lyceen, Gymnasien und Ge - werbschulen zu Braunschweig, Constanz, Hof, Kremsmünster, Landshut, Passau, Regensburg, Salzburg und Speyer und endlich die Privat-Sammlung der Herrn Naturforscher Sturm in Nürnberg sowie der Herrn Apotheker Leube in Ulm und Mack in Reichenhall.
Von grosser Wichtigkeit und zur ganz besonderen Förderung meines Zweckes diente mir die Erlaubniss, die ichthyologischen Sammlungen der Berliner und Wiener Staats-Cabinete einer genaueren Revision unterwerfen zu dürfen, es war dies für meine Studien ein fast unentbehrliches Erforderniss, da in dem Berliner zoologischen Museum die Typen jener Fischsammlung auf - bewahrt werden, nach welchen Bloch die Beschreibungen und Abbildungen der Fische Deutschlands gemacht hatte, während das Wiener zoologische Staats-Cabinet alle Typen jener zahlreichen neuen Fischarten enthält, mit welchen Heckel die mitteleuropäische Fauna bereichert hatte. Ich darf es hier nicht unerwähnt lassen, dass mir auch das Münchner zoologische Staats - Cabinet, obgleich ich die ichthyologische Abtheilung dieser Sammlung ziem - lich arm an inländischen Fischen angetroffen habe, über gewisse von Agassiz neu aufgestellte Fischspecies einigen Aufschluss geben konnte. Der grösste Theil der von Agassiz herrührenden neuen mitteleuropäischen Fische wurde7Einleitung.dem Naturalien-Cabinete in Neuenburg einverleibt, welche Sammlung ich bis jetzt nicht durch eigene Anschauung kennen lernen konnte, um so mehr bin ich der Liberalität des Vorstandes jenes Cabinets zu Dank verpflichtet, dass sie mich in den Stand setzte, die von Agassiz gesammelten Originale jener neuen Fischspecies durch Zusendung in den Bereich meiner Untersuchun - gen ziehen zu können. Einen gleichen Vortheil verdanke ich der Güte des Herrn Selys-Longchamps in Lüttich, welcher mir durch Zusendung verschie - dener von diesem unermüdlichen Forscher gesammelter interessanter Gegen - stände einen Theil der niederrheinischen Fischfauna zur näheren Untersuchung erlaubte.
Eine Lücke, die ich bei meinen ichthyologischen Reisen offen gelassen habe, wurde dadurch ausgefüllt, dass ich sämmtliche Weserfische auf Veran - lassung des Herrn Dr. Focke zu Bremen sowie verschiedene Fische der schleswig-holsteinischen Seen durch Herrn Prof. Behn zu Kiel in frischen Weingeistexemplaren zugesendet erhielt.
Da die zoologische Wissenschaft es den ersten Systematikern schuldig ist, auch ihre Bemühungen und die Verdienste um die Ichthyologie zu achten und gehörig zu würdigen, musste mir viel daran gelegen sein, die ältesten syste - matischen Namen, welche Artedi und Linné den Fischen zuerst gegeben hatte, so weit als möglich festzuhalten; bekanntlich ist aber die richtige Deu - tung der von diesen älteren Zoologen sehr unvollständig beschriebenen Fisch - species mit vielen Schwierigkeiten verbunden, welche ich zum Theil dadurch habe überwinden können, dass Herr Sundevall in Stockholm die Gefälligkeit hatte, mir verschiedene schwer zu bestimmende schwedische Fische mit den richtigen Linné’schen Namen zukommen zu lassen.
Ich war besonders darauf bedacht gewesen, aus den verschiedenen Fluss - gebieten von Mitteleuropa die einzelnen Glieder ihrer Fischfauna möglichst zahlreich zu sammeln und unter einander zu vergleichen, weil ich hierdurch allein hoffen konnte, mich in dem von den neueren Ichthyologen angehäuften Gewirre nahe verwandter Arten zurechtzufinden und darüber klar zu werden, was davon wirklich als Arten festzuhalten oder nur als Rassen-Verschieden - heiten zu betrachten sei. Diese Bestrebungen mussten mich auf eine Ver - gleichung der mitteleuropäischen Süsswasserfische mit der südeuropäischen Fischfauna führen, insofern die Fischfauna des Rhein - und Donau-Gebiets mit der transalpinischen Fischfauna durch die Alpengewässer einander sehr nahe treten. Ein deshalb von mir wiederholter Besuch in Brixen, Botzen, Meran und Mals bot manchen interessanten Aufschluss über die Beschaffenheit der Bewohner der Etsch-Gewässer; auch erhielt ich ferner durch Fischsendungen der Herrn Pirona aus Udine, Jan aus Mailand und de Filippi aus Turin sehr erwünschte Beiträge zur Erkenntniss der Fischfaunen anderer transalpini - scher Gewässer. Die Untersuchung frischgefangener Exemplare der meisten8Einleitung.Fischspecies, welche den Genfersee bewohnen, wurde mir durch die Auf - merksamkeit des Leibarztes Herrn v. Schleiss gewährt, während ich eine Er - gänzung dieser Fischfauna des Rhone-Gebiets durch Zusendung zahlreicher Süsswasserfische den Herrn Coinde in Lyon und Gervais in Montpellier zu ver - danken hatte.
Auch die hier und dort in Lustschlössern, Rathhäusern oder an andern öffentlichen Orten zur Schau aufgehängten und meist mit Inschriften versehe - nen Gemälde, Zeichnungen oder in Holz geschnitzten Porträts von Fischen, die ihrer Grösse oder Seltenheit wegen die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten, gaben mir manche Gelegenheit, über Verbreitung, Alter und Wachs - thum gewisser einheimischer Fische Notizen zu sammeln. Ein merkwürdiges von J. M. Füessli 1709 gefertigtes und im Rathhause zu Zürich aufgehängtes Oel - gemälde kann ich hier nicht unerwähnt lassen, da dasselbe zur Belehrung der Beschauer alle Fischarten des Zürichersee’s und der Limmat in brittelmässiger Grösse1)Das Brittelmaass schreibt die Grösse der Maschen für die verschiedenen Netze vor und bestimmt somit die vorschriftsmässige Grösse, unter welcher die verschiedenen Fisch - arten nicht gefangen werden sollen. Durch solche Brittelmaasse, welche aus gestempelten Brettchen bestanden, wurde in den älteren Fischerei-Ordnungen die Maschenweite der grossen und kleinen Netze festgesetzt, indem sie als die Modelle für jene Brettchen galten, mit wel - chen die Fischer ihr verschiedenes Fischzeug strickten. Vergl. H. Peetz: Die Fischwaid in den bayerischen Seen. München, 1862. pag. 9, 22, 56 u. 62. mit Angabe ihrer Volksnamen und ihrer Schonzeit darstellt.
Ferner liess ich auf meinen Reisen und ichthyologischen Excursionen nie - mals die Gelegenheit vorübergehen, da, wo es die Verhältnisse irgend erlaub - ten, unter meinen Augen fischen zu lassen oder den Fischern bei ihren Ge - schäften Gesellschaft zu leisten, wobei ich stets bedacht war, mich mit den Fischern theils in ihrer Behausung, theils draussen bei ihrer Arbeit zu unter - halten und von ihnen Erkundigungen einzuziehen über den Fischfang, über das Leben der in ihrem Bereiche vorkommenden Fische, wobei ich allmählich Uebung erlangt hatte, aus solchen Mittheilungen das zu unterscheiden, was die Erzählenden wirklich mit Augen beobachtet, und was dieselben nur als Tradition anzugeben wussten. Bei diesen Nachforschungen war es aber oft schwierig, sich gegenseitig über diese oder jene bestimmte Fischart zu ver - ständigen, da die Volksnamen der bekanntesten und gemeinsten Fische auf die verschiedenste Weise von den Fischern selbst verwechselt und durcheinander gemengt werden.
Da auch in Süddeutschland seit längerer Zeit die Angelkunst viele Freunde gefunden hat, so suchte ich die Erfahrungen der Angler ebenfalls für meine Zwecke zu verwerthen, freilich konnte ich es mir auch hier nicht immer klar machen, auf welchen Fisch sich diese oder jene interessante Mittheilung bezog, weil die Angelfreunde in der Regel die Fische auch nur mit unzuverlässigen Trivialnamen zu benennen wussten.
9Einleitung.Nachdem ich mich auf die angegebene Weise mit Material und Erfahrun - gen ausgerüstet hatte und damit nun im Stande zu sein glaubte, eine mög - lichst vollständige Zusammenstellung der mitteleuropäischen Fische vornehmen zu können, fiel es mir auf, dass ich um vieles weniger Fischarten aufzuzählen hatte, als frühere Bearbeiter desselben Gegenstandes. Ich musste mir sagen, dass ich durch mein achtjähriges den Süsswasserfischen unausgesetzt gewid - metes Studium die mitteleuropäische Fauna kaum um eine Art bereichert, sondern im Gegentheil um viele Arten ärmer gemacht habe. Da ich bei meinem Verfahren eine Menge Arten, welche von Agassiz, Valenciennes, Bonaparte, Heckel und anderen anerkannten Ichthyologen aufgestellt worden waren, habe eingehen lassen, so bin ich es der Wissenschaft und mir schuldig, über diese Verminderung und Einschmelzung von Arten Rechenschaft abzulegen. Zwar habe ich es bei der Besprechung der einzelnen Fischspecies nie versäumt, meine speciellen Gründe anzugeben, die mich veranlasst haben, diese und jene Art als unhaltbar fallen zu lassen, indessen halte ich es dennoch für ange - messen, auch die allgemeinen Principien hier hervorzuheben, nach denen ich die Artberechtigung der verschiedenen Fischformen abschätzte.
Dass die Handhabung dieser Principien als Resultat meiner Untersuchun - gen eine so auffallende Verminderung der Arten zur Folge hatte, konnte mich nicht irre machen. Durch das bisher befolgte und bereits sehr ausgeartete Bestreben vieler Zoologen, der Wissenschaft durch Aufsuchen und Aufstellen neuer Thierarten Dienste leisten zu wollen, ist das Thiersystem sowie der Thierkatalog mit einer Unzahl sogenannter schlechter Arten wahrhaft über - bürdet worden. Auch das ichthyologische Arten-Verzeichniss, namentlich das Verzeichniss unserer Süsswasserfische strotzt von unhaltbaren Fischspecies. Einen Theil der Schuld an diesen Missbräuchen trugen die Systematiker, welche die Vermehrung der Gattungen so sehr übertrieben und dabei die Gattungs - charaktere so wenig scharf abgegrenzt haben, dass als Folge solcher ungenü - gender Untersuchungen Fische, welche von jedem Unbefangenen als zu einer und derselben Art gerechnet werden müssen, den unnatürlichen Systemen zu Liebe nicht bloss als zwei Arten auseinandergerissen, sondern sogar in zwei verschiedene Gattungen eingereiht werden mussten1)Ich berufe mich hier unter anderm auf die beiden von Valenciennes aufgestellten Gattungen Salar und Fario, sowie auf die durch Heckel von Leuciscus abgetrennte Gattung Leucos, deren Unhaltbarkeit ich weiter unten nachweisen werde..
Einen andern Theil der Schuld, durch welche das Verkennen der Arten herbeigeführt wurde, ist der Methode zuzuschreiben, mit welcher überhaupt das ganze Studium der Ichthyologie bisher betrieben wurde. Man beschränkte sich meistens darauf, die Fische aus Weingeistexemplaren kennen zu lernen, wobei man sich oft mit einigen verfärbten und eingeschrumpften Exem - plaren begnügte, um darauf die Aufstellung einer ganz neuen Art zu gründen. 10Einleitung.Durch den Fleiss und die Anstrengungen tüchtiger Ichthyotomen haben wir viele höchst interessante Aufschlüsse über den innern Bau, namentlich über die feinere Structur der Organe der Fische erhalten, ohne dass dies auf die Sichtung der Arten einen wesentlichen Einfluss ausgeübt hätte. Ein grosser Fehler wurde darin begangen, dass man die Lebensgeschichte der Fische, und vor Allem ihre Fortpflanzungs - und Entwicklungs-Geschichte so lange ausser Acht gelassen hat. Würde man darauf bedacht gewesen sein, unsere Süsswas - serfische in ihren verschiedenen Lebensverhältnissen zu verfolgen und sie wäh - rend und ausser der Laichzeit so viel als möglich zu beobachten, man würde in Bezug auf ihre Artunterscheidung eine Menge früher begangener Fehler er - kannt, und denselben eine Menge neuer Fehler hinzuzufügen vermieden haben.
Die neueren Ichthyologen haben zur Feststellung von Arten ein viel zu grosses Gewicht auf gewisse Abweichungen in den äusseren Umrissen der Fische gelegt, man hat Abweichungen in den Längen - und Höhen-Verhält - nissen des ganzen Leibes, Abänderungen in den Grössen-Verhältnissen der einzelnen Körper-Abschnitte zu einander oft ganz allein für hinreichend be - funden, um neue Arten darin zu erblicken. Eine längere Körperstreckung, ein etwas mehr gewölbter Vorderrücken, ein etwas mehr steil aufsteigender Unterkiefer, und ein grösserer Durchmesser der Augen genügten manchen Ichthyologen schon als Charakter ihrer neuen Arten. Für dergleichen unsichere Arten hielt ich es nothwendig eine Probe anzustellen, die mich die Unhaltbar - keit dieser Arten sehr bestimmt erkennen liess. Ich suchte mir nämlich von solchen in neue Arten zersplitterten Fischspecies möglichst viele Individuen zu verschaffen; ich konnte bei einer Vergleichung derselben fast immer die mannichfaltigsten Uebergänge von den niedrigen und gestreckten zu den hoch - rückigen und kurzleibigen Formen herausfinden, auch traf ich unter ihnen in Bezug auf die Profil-Verhältnisse des Kopfes sehr häufig Abweichungen und Uebergänge der verschiedensten Art an, wobei ich mich überzeugte, dass manche Fischspecies weniger, manche dagegen ausserordentlich häufig zu einem Variiren der äusseren Umrisse hinneigen. In gewissen extremen For - men dieser Varietäten konnte ich alsdann häufig jene Charaktere erkennen, welche zur Aufstellung von unhaltbaren Species Veranlassung gegeben haben. Solche extreme und etwas auffallender geformte Varietäten, welche wahr - scheinlich gewissen durch Veränderungen des Wassers, der Nahrung oder des Aufenthaltsortes bedingten äusseren Einflüssen ihre Entstehung verdanken, können in manchen Gewässern bei grösserer Ausdehnung solcher Einflüsse, permanent wiederkehren und sich so allgemein verbreiten, dass sie als beson - dere Rassen-Bildungen betrachtet werden müssen, nicht aber als eigenthüm - liche Species aufgefasst werden dürfen1)Als einen solchen die mannichfaltigsten Varietäten und Rassen bildenden Süsswasser - fisch führe ich beispielsweise den Sqalius Leuciscus (Cyprinus Leuciscus des Linné) an, der.
11Einleitung.Ich kann daher den Werth, welchen Heckel auf die mathematisch scharfe Bestimmung der Formumrisse der Cyprinen legt, nicht so hoch anschlagen und glaube nicht, dass die von Heckel zur mathematischen Bestimmung des Fischprofils ausgedachten Instrumente geeignet sind, die natürlichen Grenzen der Arten uns erkennen zu lassen. Wir werden diese Instrumente1)Ich verweise hier auf den Anhang zu Heckel’s Fische aus Caschmir (Wien, 1838), welcher die Beschreibung und Abbildung zweier Instrumente zur mathematischen Be - stimmung der Fisch-Profile enthält. daher nur zur Herstellung von möglichst genauen Fischzeichnungen benutzen können, obgleich man diese für die Zeichner allerdings sehr schwierig zu lösende Auf - gabe auch mit einfacheren, weniger kostspieligen Hülfsmitteln2)Einen solchen vereinfachten Ichthyometer hat B. v. Dybowski in seinem Versuch einer Monographie der Cyprinoiden Livlands (Dorpat, 1862) auf pag. VII. beschrieben. lösen kann.
Als Veranlassungen, durch welche die Dimensionsverhältnisse der ver - schiedenen Körper-Abschnitte des Fischleibes bei einer und derselben Fisch - species Abweichungen erleiden können3)Man vergleiche in dieser Beziehung noch Czernay’s Beobachtungen über das Va - riiren der Artkennzeichen der Süsswasserfische in der Umgegend von Charkow (in dem Bulletin de la société imp. des Naturalistes de Moscou 1857. pag. 227.)., sind vorhin schon zum Theil die veränderten Einflüsse des Wassers, der Nahrung und des Aufenthaltsortes kurz angedeutet worden; es finden aber diese Abweichungen und Veränderungen der Dimensionsverhältnisse oft in so auffallendem Grade statt, dass sie schon manchen Ichthyologen zum Verkennen von Arten verleitet haben. Ich kann es daher nicht unterlassen, über diese Verhältnisse noch folgendes hinzuzufügen.
Mit Recht hat schon Baer4)Vergl. dessen Bericht über einige ichthyologische Nebenbeschäftigungen auf der Reise an den Peipus, im Bulletin de la Classe phys. mathém. de l’Académie imp. des scien - ces de St. Pétersbourg. Tom. IX. 1851. pag. 360. darauf aufmerksam gemacht, dass junge Fische derselben Art andere Dimensions-Verhältnisse bieten als die älteren Individuen derselben Art und dass besonders der Theil des Kopfes, welcher vor dem Auge liegt, sehr veränderlich ist. Diese Verschiedenheiten des Profils älterer und jüngerer Individuen einer und derselben Fischspecies sind häufig die Ver - anlassung, dass die Fischer und Angler verschiedene Alters-Zustände gewisser Fischarten mit besonderen Volksnamen bezeichnen. Solche junge Fische sind1)mit stumpfschnauzigem Profil im Rhein, in der Elbe und allen übrigen nach Norden fliessen - den Gewässern Mitteleuropas allgemein verbreitet erscheint. Dieser Squalius tritt in den Schweizer-Seen mit einer ganz besonders stumpfen Schnauze auf und hat Agassiz veranlasst, diese Form als besondere Art unter dem Namen Squalius rodens bekannt werden zu lassen, während derselbe Fisch mit weniger abgestumpfter Schnauze, wie er sich in der Donau vorfindet, von Heckel als Squalius lepusculus ebenfalls zu einer besonderen Art erhoben wurde. Ich kann versichern, dass ich unter einer grösseren Zahl von Squalius lepusculus des Donau-Gebiets stets einzelne abweichende Formen herausfand, die sich als Sq. rodens oder Sq. Leuciscus deuten liessen, und dass ich umgekehrt unter vielen Individuen des Squalius Leuciscus des Rhein-Gebiets einzelne dem Sq. lepusculus entsprechende Formen unterschei - den konnte.12Einleitung.auch hier und da von Ichthyologen verkannt und als eigenthümliche Arten in das Fischsystem eingeführt worden.
Eine sehr reichliche Nahrung trägt häufig dazu bei, das Profil von Fischen dahin zu verändern, dass der Körper stärker ins Fleisch wächst, wodurch der Rücken solcher wohlgenährten Fische sich dicht hinter dem unnachgiebigen Hinterkopf plötzlich erhebt und der ganze Kopf wie abgeschnürt und ver - kleinert erscheint1)Von Heckel wurde ein solcher fleischrückiger Squalius Leuciscus als Sq. rostratus und ein eben solcher hinter dem Kopfe angeschwollener Alburnus lucidus als A. breviceps be - schrieben und abgebildet. S. dessen: Süsswasserfische der östreich. Monarchie pag. 192 u. 134..
Durch den Mangel passender Nahrungsmittel wird ein entgegengesetztes Verhältniss erzeugt, indem ein schlecht ernährter Fisch weniger Fleisch an - setzt und scheinbar stärker an Knochen zunimmt. Der Kopf solcher Fische sticht durch seine Grösse gegen den schmächtigen schlanken Leib auffallend ab und kann bei sehr starker Abmagerung des Leibes sogar zu einer missge - stalteten Form des ganzen Körpers Veranlassung geben, an welcher besonders eine gewisse Grossäugigkeit sich bemerkbar macht2)Ein Beispiel einer solchen wahrscheinlich wegen Mangel an gehöriger Nahrung ver - kümmerten Form des Scardinius erythrophthalmus bietet Heckel’s Sc. macrophthalmus dar (vergl. dessen Süsswasserfische der östreich. Monarch. pag. 160. Fig. 85.). Solche soge - nannte Kümmerer können zuweilen durch das Missverhältniss ihres dicken knochigen Kopfes im Vergleich zu dem übrigen abgemagerten Körper eine so auffallend veränderte Leibesform erhalten, dass sie vom Volke mit besonderen Spottnamen bezeichnet werden. Eine solche krankhaft veränderte Forellenform, welche man in Oberöstreich mit dem Na - men » Abenteuer « zu belegen pflegt, wurde von Heckel sehr gut dargestellt (s. dessen Reise - bericht, Anhang II, in den Sitzungsberichten der mathemat. naturwissensch. Classe der k. Akademie der Wissenschaften Bd. VIII. Wien 1851. pag. 356. Taf. IV.). Aehnlich abenteuerlich geformte Kümmerer des Squalius Dobula werden im Salzburgischen » Serben « genannt (vergl. Heckel und Kner: Süsswasserfische, pag. 183.)..
Einen sehr merklichen Einfluss auf die Profil-Veränderungen der Fische übt die Laichzeit aus, indem alle Fische kurz vor dem Beginn des Fort - pflanzungsgeschäftes immer sehr wohl genährt und fett erscheinen, wodurch ihr Höhendurchmesser im Verhältniss zu dem Längendurchmesser ein ganz anderes Maass erhält, als nach vollendetem Laichgeschäfte, nach welchem solche Fische statt eines gewölbten Rückens und gedrungenen Körpers oft einen geradrückigen und langstreckigen Leib erhalten. Dergleichen ausge - laichte Fische mit ihrem ganz auffallend verändertem Aussehen haben schon oft meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, wurden aber nach genauerer Be - sichtigung als alte Bekannte von mir wieder aus der Hand gelegt. Die Fischer haben für manche im brünstigen und ausgelaichten Zustande so sehr verschie - den aussehende Fische sogar ganz besondere Volksnamen.
Eine bisher gänzlich übersehene Erscheinung, welche viel dazu beige - tragen hat, die Art-Unterscheidung bei mehreren unserer Süsswasserfische13Einleitung.zu erschweren, ist die Existenz von Fischen, welche ihr ganzes Leben hin - durch steril bleiben; solche Fische wachsen mit ganz anderen Profilverhält - nissen aus und weichen in ihrem ganzen Habitus von gleichgrossen fortpflan - zungsfähigen Individuen derselben Art oft höchst auffallend ab. Ich habe auf diese Sterilität der Fische in der zoologischen Section während der zu Königsberg abgehaltenen Naturforscher-Versammlung aufmerksam gemacht1)Vergl. den amtlichen Bericht über die 35te Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Königsberg im September 1860. pag. 75., und nachgewiesen, dass solche sterile Formen als besondere Fisch-Species aufgeführt worden sind. Unter welchen Einflüssen Fische zu sterilen Formen sich entwickeln und heranwachsen, ist mir bis jetzt unbekannt geblieben. Die sterilen Individuen einer Fischspecies verrathen sich zur Laichzeit besonders leicht; vergleicht man um diese Zeit sterile Individuen mit fruchtbaren Indi - viduen gleicher Grösse und gleichen Alters, so wird der Contrast zwischen den verschiedenen Entwicklungszuständen ihrer Ovarien und Hoden auf den ersten Blick in die Augen springen, wobei dann an den sterilen Formen, na - mentlich an den männlichen Individuen derselben auch die übrigen Kennzei - chen der erwachten Brunst, nämlich die dunkleren und schöneren Färbungen, die kräftigere Flossenentwicklung, die eigenthümlichen Hautwucherungen feh - len werden. Auch nach verflossener Brunstzeit lassen sich die steril gebliebe - nen Individuen von den sogenannten ausgelaichten Individuen schon äusserlich unterscheiden. Die letzteren bieten, da sie bekanntlich während der ganzen Fortpflanzungszeit nichts fressen, mit ihrem leeren Magen und ihren einge - schrumpften erschlafften Geschlechtswerkzeugen ein sehr abgemagertes An - sehen dar, während die ersteren, Jahr aus Jahr ein ohne Unterbrechung dem Frasse nachgehend, stets wohlgenährt und fett erscheinen, so dass gerade diese sterilen Fischformen wegen ihres zarten und wohlschmeckenden Fleisches auf den Fischmärkten als ein sehr gesuchtes Nahrungsmittel gelten. Ich bemerke ausdrücklich, dass die Geschlechtswerkzeuge den sterilen Fischen nicht fehlen, sie sind stets vorhanden und sogar als Hoden oder Eierstöcke erkennbar, jedoch auf einem früheren jugendlichen Entwicklungszustande stehen geblieben2)Wie sich den sterilen Fischen gegenüber die bereits erwähnten Kümmerer in ge - schlechtlicher Beziehung verhalten, das ist mir noch nicht klar geworden. Soviel steht in - dessen fest, dass bei den sterilen Fischen die Geschlechtswerkzeuge nicht aus Mangel an Nahrung in ihrer Entwicklung zurückgeblieben sind. Aus diesem Grunde möchte ich auch jene von Kessler (in dem Bulletin de la soc. imp. des Naturalistes de Moscou, 1859. pag. 248.) erwähnte schwarze Varietät des Gobius fluviatilis, welche im Bug und Dnjestr bisweilen mit ganz eingeschrumpften Backen und schmächtigem zusammengedrücktem Kör - per vorkömmt und von den Fischern » Läufer « genannt wird, nicht als eine sterile Form be - trachten, wie dies Kessler (vergl. den amtl. Bericht über die 35te Naturforscher-Versamml. a. a. O. pag. 85.) gethan hat, sondern für einen Kümmerer halten..
Da die Färbungen und Zeichnungen der Süsswasserfische sehr vielen Ab - änderungen unterworfen sind, habe auch ich es so viel als möglich vermieden,14Einleitung.auf Farbe und Zeichnung Artkennzeichen der Fische zu gründen1)Aus diesem Grunde habe ich die für einzelne Arten unserer Süsswasserfische charak - teristischen Färbungen und Zeichnungen immer nur als ein untergeordnetes Merkmal in Pa - renthese den Art-Diagnosen beigefügt.. Schon die Grundfarbe unserer Süsswasserfische allein ist äusserst wandelbar, welche bei manchen Fischen vom tiefsten Schwarz in vollständige Farblosigkeit über - gehen kann. Wegen derselben Veränderlichkeit kann auf die Farbe des Fisch - rückens als Artkennzeichen gar kein Werth gelegt werden, indem dergleichen Farbenveränderungen selbst an einem und demselben Individuum wahrge - nommen werden können. Es steht dieser Farbenwechsel, welcher zum Theil durch innere Lebenszustände, zum Theil durch äussere Einflüsse veranlasst werden kann, in einem innigen Zusammenhange mit den höchst merkwürdi - gen Chromatophoren oder Hohlräumen, welche sowohl in den oberflächlichen wie in den tieferen Schichten der Cutis unserer Süsswasserfische eingebettet liegen und ein sehr feinkörniges schwarzes oder rothes Pigment enthalten. Diese Chromatophoren besitzen ähnlich wie die berühmten Chromatophoren der Cephalopoden Contractionsfähigkeit. Sie können sich nicht so schnell wie diese abwechselnd expandiren und contrahiren, indem sie sich zwar ziemlich rasch contrahiren, aber einen längeren Zeitraum zum expandiren bedürfen.
Höchst wahrscheinlich befindet sich das feinkörnige Pigment innerhalb einer contractilen Substanz suspendirt, durch deren Contractions - und Ex - pansionsfähigkeit, wie das schon Leydig2)Vergl. dessen Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere. 1857. pag. 26 und 99. von den Chromatophoren der Rep - tilien angenommen hat, die verschiedenen Formen und Ausbreitungen der Chromatophoren der Fische bewirkt werden. Die schwarzkörnigen Chroma - tophoren der Fische besitzen im expandirten Zustande die bekannte stern - förmige Gestalt mit vielen ausgezeichnet langen und vielfach verästelten Strahlen, während die rothkörnigen Chromatophoren sich niemals mit sol - chen zierlichen Formen ausbreiten, immer um vieles kleiner sind, und nur einzelne kürzere kaum verästelte Fortsätze an sich wahrnehmen lassen. Trotz dieser ausserordentlichen Verschiedenheit des äusseren Ansehens ziehen sich beide Chromatophoren-Arten zu winzig kleinen rundlichen schwarzen oder rothen Puncten zusammen, wodurch eine vorher schwarz oder roth gefärbte Stelle ganz blass oder farblos erscheint3)Von diesen contractilen rothen Pigmentfiguren müssen andere rothe und stets starre Pigmentirungen unserer Fische wohl unterschieden werden, welche von nichts anderem, als von unregelmässigen Ansammlungen röthlicher Fetttropfen herrühren..
Es ist sehr auffallend, dass man bisher die eigenthümliche Contrac - tionsfähigkeit der Chromatophoren der Fische ganz unbeachtet gelassen hat, während der oft sehr auffallende von dieser Eigenschaft zunächst ausgehende15Einleitung.Farbenwechsel mancher Fische vielfach zur Sprache gebracht worden ist. Bei einer solchen Unkenntniss jener wichtigen Structur-Verhältnisse der Fischhaut konnte es nicht ausbleiben, dass über die Farbenveränderungen vieler Fische bisher die widersprechendsten Ansichten geltend gemacht wurden.
Die intensive und über den ganzen Körper weit verbreitete dunkle Färbung, welche zur Laichzeit sich bei vielen Fischen, oft aber nur bei den männlichen Individuen bemerkbar macht, rührt von den äusserst zahlreichen und expandirten schwarzen Chromatophoren her. Bei gewissen Fischen wer - den aber auch durch expandirte rothe Chromatophoren brillante Hautfärbun - gen während der Laichzeit erzeugt. Alle diese intensiven Färbungen der Haut verschwinden nach dem überstandenen Fortpflanzungsgeschäfte wieder, und verrathen ihre frühere Anwesenheit nur durch zurückbleibende mit Hülfe der Lupe erkennbare winzige schwarze oder rothe Pigmentpuncte, zu wel - chen sich die vorher in breiten oft wunderschön sternförmigen Figuren ex - pandirten Chromatophoren zusammengezogen haben. Ausserdem hat die verschiedene Beschaffenheit des Wassers, in welchem die Fische heran - wachsen, gewiss einen ganz besonderen Einfluss auf die Entwicklung und Expansion der Chromatophoren1)Ein sehr merkwürdiges Beispiel dieser Art liefert die als Scardinius hesperidicus be - kannt gewordene Varietät des messinggelbglänzenden rothflossigen Scardinius erythroph - thalmus, welche jenseits der Alpen in den südeuropäischen Gewässern mit schwärzlichen Flos - sen vorkömmt. Eine ähnliche schwarzflossige Varietät des Sc. erythrophthalmus mit über und über schwärzlich gefärbtem Leibe bewohnt den diesseit der Alpen gelegenen Achensee. Da dieser See ebenso tief ultramarinblau gefärbt ist, wie die transalpinischen Seen, während alle übrigen benachbarten Alpenseen eine meergrüne Farbe besitzen, so ist es wahrschein - lich, dass diese Farbenverschiedenheit des Wassers auf Erzeugung dieser Fischvarietät irgend einen Einfluss geübt hat., und der Farbenwechsel sehr dunkel ge - färbter Fische, welcher sich nach ihrer Gefangennehmung gewöhnlich als ein sehr schnelles Verbleichen bemerkbar macht, mag darin seinen Grund ha - ben, dass der mit einer solchen Gefangenschaft verbundene Wechsel, na - mentlich Temperaturwechsel des Wassers, die Chromatophoren zur Con - traction bringt. Wenn daher Agassiz, Ayres und Storer2)Vergl. Proceedings of the Boston society of natural history. Vol. III. 1851. pag. 62. von gewissen Sal - moneern angeben, dass ihre Grundfarbe nach der verschiedenen Beschaffen - heit des Bodens ihres Aufenthaltes variire, so können sie wohl nur die dadurch bedingte Verschiedenheit des Wassers als Ursache des Farben - wechsels gemeint haben. Auch mechanische Einwirkungen, z. B. Drücken und Reiben der Haut, können bei einem lebenden Fische plötzlich Verände - rungen in dem Contractions - und Expansions-Zustande der Chromatophoren hervorbringen. Hiervon rührt jedenfalls das dunkelscheckige Ansehen man - cher mit der Angel gefangenen Forelle her, indem die von der Hand des16Einleitung.Anglers berührten oder gedrückten Hautstellen einer Forelle durch Contrac - tion ihrer schwarzen Chromatophoren sich schnell verfärben und oft sehr lange in diesem ausgebleichten Zustande verharren.
Die von Agassiz mitgetheilten Beobachtungen, dass Aspro Zingel, Salmo Fario, Lota fluviatilis und Silurus Glanis nach lebhaften Bewegun - gen, um sich Menschenhänden zu entwinden, eine intensivere Färbung annehmen, gleich darauf bis zum gänzlichen Verluste der Farben ausbleichen und diese letzteren nur sehr langsam wieder erhalten, alle diese Beobach - tungen lassen sich aus den eben angedeuteten, durch mechanische Einwir - kungen hervorgerufenen Formveränderungen der contractilen Chromatopho - ren erklären, und ist die Annahme des Agassiz jedenfalls unrichtig, dass dieser Farbenwechsel durch eine reichlichere Pigment-Absonderung und eine gleich darauf folgende plötzliche Resorption desselben vor sich gehe1)Vergl. Agassiz: Recherches sur les poissons fossiles. Tom. I. 1833. pag. 66.. An Hautstellen, welche bei gewissen Fischen ganz farblos erscheinen, aber contrahirte Chromatophoren verborgen enthalten, lassen sich diese durch Kratzen und Reiben mittelst eines harten Gegenstandes zur Expansion zwin - gen und als schwarze oder rothe Hautflecke sichtbar machen2)Am leichtesten ist es mir bei weissbäuchigen Individuen des Phoxinus laevis gelun - gen, durch Kratzen und Schaben mit dem Rücken eines Messers deren Bauch roth zu färben.. Hieraus geht hervor, dass die Farbenveränderungen, welche an kämpfenden Stichlingen wahrgenommen werden, nicht von psychischen Einflüssen, wie es sich ein Anonymus3)Vergl. Some account of Gasterosteus aculeatus, in Loudon’s Magazine of natural history. Vol. III. 1830. pag. 329, oder in Froriep’s Notizen. Bd. 28. pag. 193., Wiegmann4)S. dessen Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. I. Bd. 2. 1835. pag. 262., Couch5)Vergl. Yarrell: a history of british fishes. Vol. I. 1841. pag. 103. und Coste6)Vergl. dessen Abhandlung: Nidification des Epinoches, in den Mémoires présentés par divers savants à l’Académie de sciences. Tom. 1848. pag. 585. vorgestellt haben, herrühren, sondern nur die Folgen der während des Kampfs mechanisch gereizten und expandirten Chromatophoren sind. Die Farbenveränderungen, welche New - man7)Vergl. the Zoologist. Vol. 14. 1856. pag. 5124. an Cottus Gobio bei verschiedenen Körperbewegungen desselben ein - treten sah, wurden gewiss von einer Reizung hervorgerufen, welche die ver - schiedene Spannung der Haut bei diesen Bewegungen auf die Chromato - phoren ausgeübt hat. Wie ausserordentlich empfindlich diese contractilen Chromatophoren gegen äussere Einwirkungen reagiren, beweisen die durch Stark8)Vergl. the Edinburgh new philosophical Journal. July-October. 1830. pag. 327. übersetzt in der Isis 1832. pag. 923: über den Farbenwechsel bei Fischen. und Shaw9)Ebenda. Vol. 24. 1838. pag. 173, übersetzt in Froriep’s neuen Notizen. Bd. VI. 1838. pag. 6. an lebenden Individuen von Phoxinus laevis, Gaste -17Einleitung.rosteus aculeatus, Cobitis barbatula, Perca fluviatilis und Salmo Salar an - gestellten Versuche, aus welchen hervorgeht, dass durch Dunkelheit die Haut-Chromatophoren dieser Fische zur Expansion und durch Helligkeit zur Contraction gebracht werden können. Ich kann mich hier wie - der auf die Forellen berufen, deren schwarze Chromatophoren sich dem Lichte gegenüber besonders reizbar zeigen. Es springt dies sehr deut - lich in die Augen, wenn man von einem gegen alles Licht vollständig abge - schlossenen Forellenbehälter plötzlich den Deckel abhebt; einzelne von den darin aufbewahrten Forellen, nämlich die am dunkelsten gefärbten Indivi - duen werden bei dem Oeffnen des Fischbehälters augenblicklich erblassen, und zwar nach der Meinung der Fischer durch Erschrecken, nach meinen Er - fahrungen hingegen durch die vom plötzlichen Lichtreiz zur schnellen Con - traction gebrachten schwarzen Haut-Chromatophoren. Bei fortdauerndem Lichteinflusse dehnen sich dieselben gewöhnlich nach einiger Zeit wieder aus, und die sogenannten erschrockenen Forellen nehmen alsdann ihre frühere dunkle Färbung wieder an. Hiernach dürfte die Auffassung dieser Farben - veränderungen, wie sie von gewisser Seite ausgesprochen worden ist, jeden - falls als unrichtig bezeichnet werden, die Fische besitzen keineswegs, wie es sich Shaw1)A. a. O. theilte Shaw die Beobachtung mit, dass, wenn sich junge Lachse ruhig an einer Stelle verhielten, sie immer ziemlich dieselbe Farbe hatten, wie der Grund des Was - sers und dass, wenn sie an eine andere Stelle schwammen, sie allmählich eine dem anders gefärbten Grunde entsprechende Färbung annahmen., und andere vorstellen, die Fähigkeit, die Farben ihres Leibes nach der jedesmaligen Farbe ihrer äusseren Umgebung zu adaptiren.
Bei langsam absterbenden Fischen contrahiren sich allmählich die schwar - zen Chromatophoren vollständig und machen so einer bleicheren Färbung Platz. An schnell getödteten Fischen lässt sich die ausgebleichte Färbung, wenn noch keine Zersetzungsprocesse in der Haut eingetreten sind, durch Reiben und Druck wieder herstellen, indem durch diesen mechanischen Reiz die contra - hirten Chromatophoren sich wieder vollständig zu den früheren zierlich ver - zweigten sternförmigen Figuren ausdehnen. Sehr häufig kömmt es vor, dass getödtete Fische nur an denjenigen Stellen ausbleichen, welche gegen harte Gegenstände gedrückt werden2)Bei den bezahnten Salmoneern, bei denen sich die schwarze Färbung besonders ver - änderlich zeigt, dauert diese Reizbarkeit der schwarzen Chromatophoren auch nach dem Tode noch sehr lange fort. Sehr dunkelgefärbte frisch getödtete Forellen, welche ich in einem groben Fischnetze längere Zeit getragen habe, hatten allmählich einen vollständigen weissen Abdruck dieses Netzes auf ihrer Haut derjenigen Seite des Körpers erhalten, welche von den Maschen und Knoten des Netzes gedrückt worden war, indem sich hier durch den ausgeübten Druck die schwarzen Chromatophoren auf ein Minimum zusammengezogen hatten. Abgeschlachtete und in Körbe verpackte sehr dunkelfarbige Fische bekommen nach einiger Zeit immer ein sehr buntscheckiges Ansehen, weil auch hier alle gedrückten Hautstellen sich durch das scheinbare Verschwinden der schwarzen Chromatophoren weisslich färben.. Eine von der gewöhnlichen Färbung sehrv. Siebold, Fische. 218Einleitung.abweichende Farben-Abänderung hat bei einem unserer Süsswasserfische bis auf die neueste Zeit zur Aufstellung einer besonderen Species Veranlassung gegeben, ich meine die unter dem Namen » Orfe « oder » Goldorfe « bekannte orangengelbe Varietät des Idus melanotus. Es sind bei dieser Varietät die sämmtlichen schwarzen Chromatophoren verschwunden, wobei nicht bloss rothe Chromatophoren an ihre Stelle getreten sind, sondern wobei zugleich eine orangengelbe ölartige Substanz theils die Gewebe der Haut überall gleich - mässig durchdrungen hat, theils in Zwischenräumen der Haut mit den ver - schiedensten unregelmässigen Gruppirungen vertheilt erscheint. Diese orangen - gelbe Verfärbung kömmt auch noch bei anderen Fischarten vor, scheint sich aber in den verschiedenen Gegenden Deutschlands auf einzelne ganz be - stimmte Fischspecies zu beschränken. Während nämlich in Franken und Schwaben nur allein Idus melanotus zu der oben erwähnten orangengelben Va - rietät ausartet, ist es im nordöstlichen Deutschland Leuciscus rutilus, welcher hier und da mit orangengelber Färbung auftritt, wogegen in Schlesien Tinca chrysitis dieser Farben-Abänderung unterworfen ist.
Eine noch auffallendere Verfärbung der Fische bieten jene seltenen Fälle dar, welche der Leukaethiopie der warmblütigen Wirbelthiere entsprechen. Ich selbst habe erst eine einzige Kakerlakbildung bei einem Fische näher un - tersuchen können, und zwar bei einer Cobitis barbatula, welche ich auf dem Münchner Fischmarkte lebend vorfand. Dieselbe war mir wegen ihrer gleich - mässigen blassröthlichen Färbung zwischen vielen andern normal dunkelflecki - gen Bartgrundeln aufgefallen. Bei genauerer Prüfung dieser verfärbten Bart - grundel vermisste ich in der Haut derselben das schwarze körnige Pigment nicht ganz, dasselbe bildete aber nicht die bei den normalen Bartgrundeln sonst so zierlichen breiten, sternförmigen Figuren, sondern war nur äusserst spärlich in sehr kleinen rundlichen Chromatophoren enthalten. Die Pupille erschien roth, indem ihr gegenüber im Grunde des Auges das schwarze Pig - ment fehlte, auch die weissgefärbte Iris schimmerte etwas röthlich, da ihr das schwarze Tapetum abging, nur an dem vorderen Theile des Glaskörpers hatte die Chorioidea einen schwarzen ringförmigen Beleg. Als zweites Bei - spiel einer bei Fischen vollkommenen ausgebildeten Leukaethiopie ist jener von Brandt1)S. dessen Abhandlung über Albinismus in dem Bulletin de la classe physico-mathé - matique de l’Académie imp. des sciences de St. Pétersbourg. Tom. X. 1852. pag. 13. Fig. 1. beschriebene und abgebildete Sterlet (Acipenser Ruthenus) anzu - führen, welcher bei Nischny-Nowgorod in der Wolga gefangen und in einem Bassin des kaiserlichen Wintergartens zu St. Petersburg lebend erhalten ward.
Ausser dieser bei Fischen so selten vorkommenden Weisssucht2)Es sind noch einige wenige Beispiele von einem Vorkommen hellgelber und weiss - tritt19Einleitung.noch eine andere krankhafte Farbenausartung auf, welche ich noch nirgends erwähnt und beschrieben gefunden habe und welche, wenn man erst darauf aufmerksam sein wird, vielleicht nicht so selten, als es den Anschein hat, unter den Fischen anzutreffen sein dürfte. Ich nenne diese Entartung Alampia, das heisst » Glanzlosigkeit «. Die Farbenveränderung alampetischer Fische be - steht darin, dass dieselben keine Spur von Silberglanz an sich erkennen lassen, denn es fehlen diesen Fischen durchaus jene mikroskopischen lang - gestreckten krystallinischen, meist sechsseitigen Plättchen, welche die hintere Fläche der durchsichtigen Schuppen, den Kiemendeckel-Apparat und die Regenbogenhaut besetzt halten und die innere Fläche der Bauchhöhle in Form einer besondern Haut auskleiden. Durch das Verschwinden dieser elemen - taren krystallinischen Körperchen, von welchen allein der den Fischen eigen - thümliche Silber - oder Metallglanz ausgeht, entsteht nicht bloss die oben ge - nannte Glanzlosigkeit, sondern auch eine eigenthümliche Färbung dieser alam - petischen Fische, indem durch die farblosen, durchsichtigen Schuppen die darunterliegenden Haut - und Fleischtheile meistens blassröthlich hindurch - schimmern. Ich habe bis jetzt nur drei Fälle dieser Abnormität kennen ge - lernt1)Die erste öffentliche Mittheilung über diese Glanzlosigkeit der Fische machte ich in der zoologischen Section der Königsberger Naturforscher-Versammlung. Vergl. den amtli - chen Bericht dieser Versammlung a. a. O. pag. 76.. Der erste alampetische Fisch, der mir zu Gesichte kam, war ein Chondrostoma Genei aus Oberitalien, der zweite und dritte Fall von Alampia zeigte sich bei einem Squalius Cephalus und einer Trutta Fario, welche ich durch den hiesigen Stadtfischer Kuffer lebend erhalten hatte, da sie ihm we - gen ihrer abweichenden Färbung aufgefallen waren. Es ist interessant, dass diese Glanzlosigkeit bei gewissen Fischen, nämlich bei den Helmichthyden als ein ebenso natürlicher Zustand vorkömmt, wie die nicht als Leukosis auftre - tende weisse Färbung bei gewissen Säugethieren und Vögeln. Gleichwie diese letzteren durch das Vorhandensein von schwarzem Pigmente in ihren Augen sich als normal weissgefärbte Thiere verrathen, deutet auch bei den Hel - michthyden die Anwesenheit von Metallglanz in der Regenbogenhaut ihrer Augen auf die normale Glanzlosigkeit ihres Körpers hin.
Die wichtige Frage, ob es bei Fischen an ihren natürlichen Aufenthalts -2)licher Fische besprochen worden, jedoch ohne genauere Angabe über das Verhalten der Augen, so dass man in Zweifel bleibt, ob diese Fische auch wirklich echte Kakerlaken ge - wesen sind. Hieher rechne ich den weissen Ruffolk (Lota vulgaris) und die helle Grundel (Cobitis barbatula), welche Baldner in seiner: Recht natürlich. Beschreibung u. Abmahlung der Wasser-Vögel, Fischen u. s. w. (Casseler Manuscript) pag. 179. Taf. 21 u. pag. 222. Taf. 44 beschrieben und abgebildet hat. Auch jener von Meunier (in d’Orbigny’s Diction - naire d’hist. naturelle Tom. I. 1841. pag. 249) beschriebene Aal dürfte hieher gehören, welcher bei Paris gefangen wurde und mit Ausnahme der Schnauze und des Schwanzes nankinggelb gefärbt war.2*20Einleitung.orten zu einer freiwilligen Bastard-Erzeugung kommen könne, hat sich mir bei meinen ichthyologischen Untersuchungen immer wieder aufgedrängt und musste von mir, so sehr ich mich anfangs dagegensträubte, zuletzt bejaht werden; das Vorkommen von Bastardfischen in unseren Seen und Flüssen kann nicht mehr geläugnet werden, und muss nach meinen Erfahrungen als eine ausgemachte Sache gelten. Ich betrachte die Erkenntniss dieser Thatsache für einen grossen Gewinn der Systematiker, indem jetzt die Möglichkeit ge - geben ist, gewissen Fischformen, deren Einreihung in das System als selbst - ständige Arten bisher die grösste Schwierigkeit gemacht hatte, als unreinen Zwischenformen die richtige untergeordnete Stellung im Systeme anzuweisen. Es wird dadurch freilich unsere Fischfauna wieder um einige Arten, ja sogar um einige Gattungen ärmer, was derjenige leicht verschmerzen wird, der sich bewusst ist, dass in der Vermehrung der Thierspecies nicht der Schwerpunct des Fortschritts unseres zoologischen Wissens liegt.
Schon lange hätte man bei gewissen Fischspecies durch das Schwankende und Unbestimmte hrer Form daran denken müssen, dass man hier Bastarde vor sich habe. Auch das seltene und ganz vereinzelte Vorkommen solcher Fischformen in Gewässern, welche Jahr aus Jahr ein befischt werden, hätte auf ihre Bastardbildung aufmerksam machen müssen, zumal da die Volks - stimme längst dergleichen Fische mit charakteristischen, ihre Abstammung bespöttelnden Namen gebrandmarkt hat. Hier und da wurden von einzelnen Faunisten gewisse Fische wirklich als Bastarde bezeichnet, was die Systema - tiker aber nicht abgehalten hat, dieselben zu reinen Arten zu erheben. Die von mir als Bastarde erkannten Fische sind folgende: 1) Carpio Kollarii, 2) Abramidopsis Leuckartii, 3) Bliccopsis abramo-rutilus, 4) Alburnus dolabratus und 5) Chondrostoma Rysela. Leider habe ich über das Wesen und Leben die - ser Fische gar manches unaufgeklärt lassen müssen, namentlich habe ich über die Bedingungen ihrer Entstehung und über ihre Fortpflanzungsfähig - keit bis jetzt keine Erfahrungen sammeln können, auch habe ich in Bezug auf ihre Abstammung, wie das die Schwierigkeit des Gegenstandes mit sich bringt, manches nur errathen können, habe aber diese über Bastardbildungen nur als Vermuthung hingestellten Aeusserungen um so weniger unterdrücken wollen, weil ich erwarten kann, dass dieselben zur Nachprüfung anregen werden, wodurch meine mangelhaften Untersuchungen um so eher ergänzt werden dürften.
Als Grundlage aller auf mitteleuropäische Süsswasserfische sich be - ziehenden Untersuchungen werden uns immer die systematischen Arbeiten von Artedi, Linné, Bloch, Cuvier und Valenciennes dienen müssen.
Ich habe mir besonders Mühe gegeben, die Species-Bestimmungen des Artedi1)Petri Artedi: Ichthyologia. Lugd. Batav., 1738. und Linné2)Caroli a Linné: Systema naturae. Tom. 1. edit. 12. Holmiae, 1766. als die ersten und ältesten systematischen Fisch-Be - zeichnungen in möglichst richtiger Deutung allen übrigen Namen voran - zustellen.
Die Benutzung und Besprechung der deutschen Ichthyologie Bloch’s3)M. E. Bloch: a. Oekonomische Naturgeschichte der Fische Deutschlands. Theil I — III. Berlin, 1782 — 84. — Dieser Naturgeschichte liess Bloch zwei kleinere auf einzelne deutsche Fische sich beziehende Aufsätze vorausgehen, nämlich: b. Naturgeschichte der Maräne, in den Beschäftigungen der Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde, Bd. IV. 1779. pag. 60. und: c. Oekonomische Naturgeschichte der Fische in den Preussischen Staaten, besonders der Märkschen und Pommerschen Provinzen, in den Schriften der Berlin. Gesellsch. naturforsch. Freunde. Bd. I. 1780. pag. 231. konnte von mir nicht unterlassen werden, da dieser Schriftsteller durch seine genauere Beschreibung aller deutschen Fische nebst ihrer ausführlichen Na - turgeschichte und bildlichen Darstellung die grösste Anerkennung gefunden hat. Seine Fisch-Abbildungen sind bis auf die neueste Zeit immer und im - mer wieder copirt worden, auch an seine Art-Unterscheidungen hielt man so lange und beharrlich fest, dass dadurch manche Fehler und Unrichtigkeiten, die sich sowohl in Bloch’s Text wie in dessen Abbildungen eingeschlichen haben, als fast unvertilgbare Irrthümer von den verschiedenen Ichthyologen bis heute fortgepflanzt worden sind. Eine solche Ausnutzung dieses Bloch’ - schen Werkes macht sich auch an dem von C. Ch. Gmelin4)C. Ch. Gmelin: Gemeinnützige systematische Naturgeschichte der Fische. Mannheim, 1818. herausgegebenen22Literatur.Fischwerke bemerkbar, dessen beigegebene 113 Tafeln nichts als Copien der Bloch’schen Abbildungen enthalten. Nur dadurch, dass Gmelin in dieser Schrift die Fische des Rhein, Main, Neckar und der Donau, sowie des Boden - sees besonders berücksichtigte, hat dieses Werk mit seinen speciellen Beiträ - gen zur Fischfauna Süddeutschlands unser Interesse erregen können.
Die von Cuvier und Valenciennes5)Cuvier et Valenciennes: Histoire naturelle des poissons. Vol. I — XXII. Paris, 1828 — 49. herausgegebene Geschichte der Fische enthält sehr viele wichtige, die deutsche Fischfauna betreffende Beiträge, welche Valenciennes dadurch mitzutheilen Gelegenheit fand, dass derselbe theils durch vielfache Zusendungen, theils durch Reisen einen grossen Theil der deutschen Fische kennen lernte. Trotz dieser durch eigene Anschauung erlangten Uebersicht der deutschen Fischfauna hat es Valenciennes nicht im - mer dahin bringen können, die von älteren Ichthyologen veranlasste Ver - wirrung und Verwechslung gewisser Fischarten zu beseitigen. Am wenig - sten trug die von Valenciennes so sehr beliebte weitläufige Beschreibung der einzelnen Fische dazu bei, unsere Kenntnisse über neue Arten zu erwei - tern oder über zweifelhafte Arten aufzuklären. Durch eine gewisse Vorliebe, die unter dem Einflusse verschiedener Wassergebiete abgeänderten Individuen derselben Fisch-Species als besondere Species aufzufassen und hinzustellen, ist von Valenciennes das System der Fische mit vielen unhaltbaren Fisch - Arten belastet worden.
Einige Beiträge zu diesen unhaltbaren Fisch-Arten erhielt Valenciennes aus Deutschland durch L. Agassiz, der durch seine übrigen riesenhaften Lei - stungen auf dem Gebiete der Ichthyologie als einer der ausgezeichnetsten För - derer dieser Wissenschaft stets anerkannt bleiben wird. Ausserdem haben wir Agassiz viele wichtige Untersuchungen und Entdeckungen in Bezug auf die mitteleuropäische Fischfauna zu verdanken, welche derselbe zum Theil hier in München zu Tage gefördert hat. Agassiz benutzte nämlich seinen hie - sigen Aufenthalt dazu, auf dem fischreichen Münchner Markte mit dem gröss - ten Eifer ichthyologische Studien vorzunehmen, als deren erstes Resultat die Beschreibung einer neuen Gobio-Species zu nennen ist, welcher Agassiz6)L. Agassiz: Beschreibung einer neuen Species aus dem Genus Cyprinus Lin. in der Isis, Jahrgang 1828. pag. 1046. Tab. XII. — Oken legte den im Jahre 1821 zu Berlin versammelten Naturforschern diese von Agassiz in der Isar entdeckte und als Gobio ura - noscopus bezeichnete neue Cyprinus-Art vor, deren Beschreibung in der Isis 1829, pag. 414 noch einmal wiederholt wurde. noch mehrere andere ichthyologische auf dem Münchner Fischmarkte gemachte Beobachtungen hinzufügte. Agassiz benutzte ausserdem seinen Aufenthalt in München noch dazu, um ein grösseres mit Abbildungen ausgestattetes Fisch - werk vorzubereiten, zu welchem Zwecke er von dem damals hier lebenden23Literatur.Künstler Dinkel viele colorirte Zeichnungen nach frischen Fisch-Exemplaren anfertigen liess, von denen ein Theil durch den hiesigen Künstler Minsinger bereits lithographirt worden waren. Es wurde zu der Herausgabe eines Wer - kes über Süsswasser-Fische mit der Cotta’schen Verlagshandlung ein Plan verabredet, welcher leider niemals ausgeführt wurde*)Vergl. The life and writings of Louis Agassiz, in dem Edinburgh new philosophical Journal 1848 — 49. pag. 6.. Dieser Plan musste aber in weiteren Kreisen bekannt geworden sein, da in der von Reider und Hahn im Jahre 1834 herausgegebenen Fauna boica jenes Fischwerk des Agassiz, welches nie im Drucke erschienen ist, unter dem Titel: » Naturbeschreibung der Süsswasserfische von Mitteleuropa, München 1830 « citirt worden ist. Von den bereits fertig gewordenen lithographischen Tafeln, auf welchen mehrere von Agassiz in Südbayern aufgefundene und als neu erkannte Arten dargestellt waren, vertheilte derselbe Abdrücke an verschiedene Freunde und Naturfor - scher**)Oken vertheilte mehrere Probe-Tafeln dieses Werkes in der zoologischen Section während der im Jahre 1830 zu Hamburg abgehaltenen Naturforscher-Versammlung. Vergl. Isis 1831. pag. 918.. In Paris überliess Agassiz sogar seine ganze, alle diese Fisch - Abbildungen enthaltende Mappe dem mit der Herausgabe von Cuvier’s Histoire naturelle des poissons beschäftigten Ichthyologen Valenciennes zur freisten Be - nutzung. Mehrere in dem genannten Werke von Valenciennes zuerst bekannt gemachte neue Fischarten rühren von Agassiz her, und hat ersterer ihre Be - schreibung oft nur nach den in jener Mappe vorgefundenen Handzeichnungen entworfen. Hierdurch ist es gekommen, dass auch Valenciennes das niemals im Drucke bekannt gewordene Werk des Agassiz so genau citirt hat***)Vergl. Cuvier et Valenciennes: Hist. de poissons. Tom. 16. 1842. pag. 45., wo es in einer Anmerkung heisst: » Voyez pour l’ostéologie de la carpe les belles planches IX, X, et XI de l’histoire des poissons de l’Europe centrale par. M. Agassiz «, und Tom. 17. 1844. pag. 87. 89. u. 272.. Da sowohl von Reider und Hahn wie von Valenciennes die auf den Zeichnungen und Tafeln des Agassiz angebrachte Nomenclatur angenommen worden war, so habe ich mir die grösste Mühe gegeben, Abdrücke dieser Handzeichnungen zur Einsicht und Vergleichung zu erhalten, indem ich überzeugt war, dass sie jedenfalls interessante Beiträge zur bayrischen Fischfauna enthielten, allein meine Bemühungen waren vergebens, und es blieb mir nichts übrig, als mir von Agassiz selbst, der seitdem nach Nordamerica übergesiedelt war, über jenes nicht zu Stande gekommene naturwissenschaftliche Unternehmen No - tizen zu verschaffen. Agassiz hatte die Güte, mir aus Cambridge in Nord - america am 10. Mai 1858 auf meine Anfragen unter anderem folgendes mitzu - theilen: » Der Umstand, dass ich mich ganz dem Studium der americanischen Fauna hingegeben habe, macht es mir im Augenblicke etwas schwer, Ihre24Literatur.Fragen zu beantworten, da mir seit Jahren die Süsswasserfische Europa’s aus dem Gedächtnisse gekommen sind und ich jetzt keine Zeit habe, etwas nach - zuschlagen. Ich habe noch ein Paar Exemplare der Probelieferung meiner Süsswasserfische Mittel-Europa’s, wie das Werk heissen sollte, das Cotta herauszugeben übernommen hatte, das aber in Folge der Juli-Revolution von 1830 unterblieben. Ich werde es Ihnen bei nächster Gelegenheit zu - schicken. Ausserdem habe ich alle Originalzeichnungen zum ganzen Werke, mehrere hunderte an der Zahl, hier in Händen. Es sind gewiss die schönsten Abbildungen von Fischen, die je angefertigt worden sind. Jeder Art ist eine ausführliche Zeichnung mit allen Details in Tuschfarben für den Lithographen oder Stecher, und daneben eine leichtgehaltene Farbenzeichnung ohne diese De - tails gewidmet. Auch die Skelette und Schuppen aller Arten sind abgebildet. Diese Zeichnungen sind meist in München während meines vierjährigen dortigen Aufenthalts von Dinkel ausgeführt; ausserdem brachte ich mehrere Monate in Wien zu, wo mir ein ausgezeichneter Künstler die Donaufische dazu malte; die des Rheins sind von meiner seeligen Frau; später fügte ich die der Schweiz, Frankreichs und Englands durch Dinkel gezeichnet hinzu. Von vielen Tafeln habe ich sogar schon Abdrücke der in München lithographirten Tafeln der 1ten Lieferung ausser dem Probehefte. Diese Untersuchungen wurden da - durch zum Theil schon bekannt, weil ich mehrere Abschriften der beobach - teten Arten an Freunde überliess, und mein ganzes Portefeuille mit sämmt - lichen oben aufgeführten Abbildungen während 5 Jahren in Valenciennes’ Händen liess, und ausserdem ihm Exemplare der meisten Arten zusendete. «
Später erschien von Agassiz eine Abhandlung7)Agassiz: Description de quelques espèces de Cyprins du lac de Neufchatel, qui sont encore inconnues aux naturalistes, in den Mémoires de la société des sciences natu - relles de Neuchatel. Tom. I. 1835., in welcher Agassiz der Beschreibung seiner neuen Fische eine sehr wichtige Einleitung über die Fa - milie der Karpfen vorausschickte8)Diese Einleitung, über die Familie der Karpfen, befindet sich in deutscher Uebersetzung in Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte, 1838. Bd. I. pag. 73. und zugleich mehrere neue Karpfenarten erwähnte, die von demselben in München aufgefunden worden waren. In der - selben Abhandlung bezieht sich Agassiz selbst wieder auf die oben erwähnten illuminirten Abbildungen, und verweist zugleich auf eine demnächst von ihm herauszugebende Naturgeschichte der Süsswasserfische von Mittel-Europa, von welcher einige Jahre später die erste Lieferung in Querfolio mit französischem, deutschem und englischem Text erschienen ist9)Agassiz: Histoire naturelle des poissons d’eau douce de l’Europe centrale. Neu - chatel, 1839.. Diese Lieferung enthält auf siebzehn illuminirten und sieben nicht illuminirten Steindrucktafeln die der Gattung Salmo und Thymallus angehörigen Species in ausgezeichnet schöner25Literatur.Darstellung, weshalb es zu bedauern ist, dass nach der zweiten Lieferung, welche die von C. Vogt bearbeitete Entwicklungsgeschichte der Salmoneen enthält10)C. Vogt: Embryologie des Salmones. Neuchatel, 1842., dieses Werk nicht weiter fortgesetzt worden ist, wodurch die von Agassiz in München aufgefundenen und abgebildeten neuen Gyprinus-Arten, welche durch Valenciennes nur ganz kurz und unvollständig beschrieben wurden, abermals der Bekanntmachung entzogen wurden.
Sehr wichtige Beiträge zur Kenntniss der mitteleuropäischen Fischfauna hat Joh. Jac. Heckel durch die Bekanntmachung vortrefflicher Aufsätze und Monographien geliefert. Derselbe hat es verstanden, mit einer bewunderungs - würdigen kritischen Schärfe aus den Erfahrungen der älteren ichthyologischen Schriftsteller Nutzen zu ziehen, und ihren oft sehr dürftigen Beschreibungen und ganz kurzen Schilderungen der Fische doch die richtige Deutung zu ge - ben. Ein anderes Verdienst erwarb sich Heckel um die genauere Abgrenzung der Gattungen und Species unserer Süsswasserfische, obwohl derselbe öfters zu weit gegangen ist, und einzelne Gattungen und Arten auf zu subtile und nicht ganz haltbare Unterschiedsmerkmale gründete11)Folgende Arbeiten Heckel’s enthalten wichtige Aufschlüsse über die mittel - europäische Fischfauna: a. Ueber einige neue oder nicht gehörig unterschiedene Cyprinen nebst einer syste - matischen Darstellung der europäischen Gattungen dieser Gruppe, in den Annalen des Wiener Museums der Naturgeschichte. Bd. I. Wien, 1835. pag. 219. b. Ichthyologische Beiträge zu den Familien der Cottoiden, Scorpaenoiden, Gobioiden und Cyprinoiden, in denselben Annalen. Bd. II. 1840. pag. 143. c. Abbildungen und Beschreibungen der Fische Syriens nebst einer neuen Classifica - tion und Charakteristik sämmtlicher Gattungen der Cyprinen, Stuttgart, 1843, abgedruckt aus Russegger’s Reisen. Bd. I. Th. 2. In dem Februarhefte des Jahrganges 1854 pag. 189 der Sitzungsberichte der mathema - tisch-naturwissenschaftlichen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften befindet sich von Heckel ein Aufsatz: d. Ueber die in den Seen Ober ‒ Oesterreichs vorkommenden Fische. In dem Juli-Hefte des Jahrganges 1854 derselben Sitzungsberichte. Bd. VII. pag. 281. gab Heckel einen e. Bericht einer auf Kosten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften durch Ober ‒ Oesterreich nach Salzburg, München, Innsbruck, Botzen, Verona, Padua, Venedig und Triest unternommenen Reise, in welchem über die Fische des Attersee, der Lambathseen, des Königssee, der Salzach und des Inn Nachrichten mitgetheilt werden. In dem IIten Anhange zu diesem Reiseberichte (in denselben Sitzungsberichten. Bd. VIII. 1851. pag. 347.) lieferte Heckel: f. Beiträge zu den Gattungen Salmo, Fario, Salar, Coregonus, Chondrostoma und Te - lestes. In dem IIIten Anhange zu diesem Reiseberichte (in denselben Sitzungsberichten. Bd. IX. 1852. pag. 49.) gab Heckel wichtige Erörterungen:. Ausser einer in Ver -26Literatur.bindung mit Fitzinger unternommenen Bearbeitung der Gattung Acipenser12)Fitzinger und Heckel: Monographische Darstellung der Gattung Acipenser, in den Annalen des Wiener Mu - seums der Naturgeschichte. Bd. I. 1835. pag. 261. hat derselbe mit Kner durch die gemeinschaftliche Herausgabe einer Beschrei - bung der östreichischen Fische13)Heckel und Kner: Die Süsswasserfische der östreichischen Monarchie mit Rücksicht auf die angränzenden Länder. Leipzig, 1858. eine höchst dankenswerthe Arbeit unter - nommen, deren Vollendung Heckel selbst leider nicht mehr erlebte. Die Be - schreibungen und die in den Text eingedruckten bildlichen Darstellungen der östreichischen Fische sind in diesem Werke so getreu, kenntlich und sorgfältig durchgeführt, dass diese Fauna jedem ähnlichen Unternehmen als Muster dienen kann. Die Feststellung der Gattungscharaktere und Hervorhe - bung der Species-Unterschiede wurden von Heckel und Kner mit jener pas - senden Kürze und Schärfe aufgefasst, welche man schon so lange in den systematischen Ichthyologien vermisst hatte. Man kann wohl behaupten, dass mit dem Erscheinen dieser Fischfauna zum ersten Male die meisten Species unserer Süsswasserfische geläutert und gesichert hingestellt worden sind, während man bei der Benutzung der ichthyologischen Literatur bisher vor dem Wust von Synonymen zurückschrecken und durch die Anhäufung der auffallendsten Verwechslungen nur noch mehr verwirrt werden musste. Alle diese Schwierigkeiten waren von den Ichthyologen selbst hervorgerufen wor - den, theils durch Unkenntniss der geographischen Verbreitung der einzelnen Fischformen, theils durch Vermischung der verschiedenen nur bestimmten Wassergebieten angehörigen Fischarten. Diese Uebel sind durch Heckel’s ich - thyologische Studien, wenn auch nicht gänzlich beseitigt, doch vielfach ver - mindert worden; durch Heckel’s unablässigen Eifer und glücklichen Scharf - blick sind wir jetzt in den Besitz einer Methode gelangt, nach welcher wir mit Erfolg auf dem Gebiete der systematischen Ichthyologie fortarbeiten kön - nen, ohne zu fürchten, durch neue ichthyologische Beiträge die bisherige Verwirrung in diesem Gebiete nur noch zu vermehren. Durch Kner’s Theil - nahme an der Bearbeitung dieser östreichischen Fischfauna hat das Werk noch besonders dadurch gewonnen, dass derselbe, wie ich aus seinem eigenen11)g. Ueber die zu den Gattungen Idus, Leuciscus und Squalius gehörigen Cyprinen. In den Verhandlungen des zoologisch-botanischen Vereins in Wien (Bd. II. Wien, 1853. pag. 28.) werden in einem h. Verzeichniss der Fische des Donaugebiets in der ganzen Ausdehnung des öster - reichischen Kaiserstaates von Heckel 77 Fischspecies aufgeführt, und ebenda (Bd. IV. Wien, 1854. pag. 189. werden von demselben i. Die Fische der Salzach untersucht und systematisch verzeichnet.27Literatur.Munde weiss, Heckel dazu bewogen hat, einen Theil von jenen oben erwähn - ten (pag. 25.) auf zu subtile Unterschiede gegründeten Species eingehen zu lassen. Den noch übrigen Theil der von Heckel aufgestellten aber nicht halt - baren mitteleuropäischen Arten aus dem Systeme zu entfernen, war mir über - lassen geblieben, dennoch werde ich bei der speciellen Aufführung der mit - teleuropäischen Fische aus den oben angeführten Gründen nicht allein die von Heckel eingeführte Nomenclatur so viel als möglich festhalten, sondern mich auch auf seine wahrhaft classischen Beschreibungen der Fische beziehen.
Was nun die Literatur über die Fischfaunen der einzelnen Wassergebiete von Mitteleuropa betrifft, so hat der Fischreichthum der oberen Donau und ihrer Seitenflüsse, sowie der mit diesen zusammenhängenden Alpen - und Voralpen-Seen von jeher zu ichthyologischen Arbeiten angeregt, wodurch neben mancher oberflächlichen Arbeit auch mehrere sehr gediegene Beiträge zur Naturgeschichte unserer Süsswasserfische zu Stande gekommen sind. In Bezug auf die Fische der schwäbischen Donau haben wir eine ziemlich voll - ständige Uebersicht der Fische von Ulm durch G. v. Martens14)G. v. Martens: a. Reise nach Venedig. Ulm, 1824. In dem ersten Theile die - ser Reise pag. 47 hat der Verfasser Gelegenheit genommen, die Fauna von Ulm zu be - sprechen, auch wurde von demselben b. » über Würtembergs Fauna « für das Correspondenzblatt des würtembergischen landwirthschaftlichen Vereins (Bd. 17. Stuttgart, 1830) eine Abhandlung ausgearbeitet, in welcher mehrere Fische aus dem Ulmer Donaugebiet aufgeführt sind. erhalten. Als weiterer Beitrag zu dieser Fischfauna kann eine Aufzählung der Fische der Iller und ihrer Seitenbäche dienen, welche von Büchele15)J. Büchele: Die Wirbelthiere der Memminger Gegend. Ein Beitrag zur bayeri - schen Fauna. Memmingen, 1860. pag. 38. vor kurzem bekannt gemacht wurde. Von A. Grandauer16)A. Grandauer: Die Fische in den Gewässern um Augsburg, vergl. den Vlten Bericht des naturhistorischen Vereins in Augsburg, veröffentlicht im Monat März 1853. pag. 21. wurden 31 Species Fische aus dem Lech und dessen Seitenbächen aufgezählt. Die Fische der Donau und ihrer Seitenflüsse in der Umgebung von Regensburg haben verschiedene Bearbeiter gefunden. Die fünf in der Donau einheimischen Barscharten wur - den von J. Ch. Schaeffer17)Jac. Chr. Schaeffer: Piscium Bavarico ‒ Ratisbonensium Pentas. Ratis - bonae, 1759. ausführlich beschrieben und kenntlich abgebildet. J. Ch. G. Schaeffer18)Jac. Chr. Gottl. Schaeffer. Versuch einer medicinischen Ortsbeschreibung der Stadt Regensburg. Regensburg, 1787. pag. 207., welcher die in der Gegend von Regensburg sich vor - findenden Thiere aufzählte, machte 32 einheimische Fische namhaft. Von Koch19)C. L. Koch: Fauna Ratisbonensis. Regensburg, 1840. pag. 38., welcher sich an dem dritten Bande der von Fürnrohr herausgegebe - nen Topographie von Regensburg betheiligt, und für denselben die Animalia vertebrata bearbeitet hat, sind 42 um Regensburg vorkommende Fische auf -28Literatur.geführt worden. A. C. Fürnrohr20)A. C. Fürnrohr: Die Fische in den Gewässern um Regensburg. Stadt am Hof, 1847. übergab der Oeffentlichkeit in einem Schulprogramme eine recht belehrende Uebersicht von 47 Fischen der Donau, der Naab und des Regen. Eine Beschreibung der Fische aus der Donau, dem Inn und deren Seitengewässern in den Umgebungen von Passau hat Reuss21)L. Reuss: Fauna des Unter-Donaukreises. Passau, 1832. pag. 441. geliefert, derselbe ist aber weder bei den Bestimmungen noch bei den Be - schreibungen dieser Fische ganz correct zu Werke gegangen. Ausser der be - reits (unter Nr. 11 i) erwähnten, die Fische der Salzach betreffenden wichti - gen Abhandlung Heckel’s hat auch ein tüchtiger Fischzüchter, J. Aigner22)J. Aigner: Salzburgs Fische, vergl. den Jahres-Bericht des vaterländischen Museums Carolino-Augusteum der Landeshauptstadt Salzburg für das Jahr 1859. pag. 72., die Fische dieses Seitenflusses des Inn und die Fische der benachbarten Ge - wässer Salzburgs einer Besprechung unterworfen, welcher jedoch nur in praktisch-ökonomischer Beziehung ein gewisser Werth zugeschrieben wer - den kann.
Durch Franz von Paula Schrank, der sich um die bayrische Fauna in ihrem ganzen Umfange ausserordentlich verdient gemacht hat, haben wir auch über die Verbreitung und Lebensweise der in den Donau-Gewässern zwischen Ulm und Passau wohnenden Fische äusserst wichtige Mittheilungen erhalten, welche derselbe in verschiedenen Schriften niedergelegt hat23)Schrank’s ichthyologische Arbeiten finden sich in folgenden Schriften: a. Fauna boica, durchgedachte Geschichte der in Bayern einheimischen und zahmen Thiere. Nürnberg, 1798. Bd. I. In der zweiten Abtheilung des ersten Bandes dieser Fauna hat Schrank 47 in den bay - rischen Flüssen und Seen sich vorfindende Fische aufgeführt. b. Beitrag zur Naturgeschichte des Salmo alpinus Lin., der schwarzreuterischen Berg - forelle. Dieser in den Schriften der Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde, Bd. II. Berlin 1781, pag. 297 von Schrank niedergelegte Aufsatz enthält eine sehr genaue Beschrei - bung des Saibling aus dem Königssee. c. Nähere Bestimmung dreier Barscharten. Dieser Aufsatz wurde von Schrank in den Abhandlungen einer Privatgesellschaft von Naturforschern und Oekonomen in Oberdeutschland, München 1792, pag. 98 abgedruckt und ist in Meyer’s zoologischen Annalen, Bd. I. 1794, pag. 174 im Auszuge wiedergegeben. d. Naturhistorische Briefe über Oestreich, Salzburg, Passau und Berchtesgaden, von F. v. Paula Schrank und Carl Ehrenbert v. Moll. Salzburg, 1785. e. Bayrische Reise von F. v. P. Schrank. München, 1786. f. Reise nach den südlichen Gebirgen von Bayern, unternommen von F. v. P. Schrank. München, 1793. In diesen Briefen und Reisen giebt Schrank viele interessante Notizen über die Fische des Starenberger See, Staffelsee, Kochelsee, Walchensee, Tegernsee, Chiemsee, Ferchensee, Königssee, Obersee, Hintersee, Grünsee, Funtensee und anderen bayrischen Gebirgsseen..
Von Perty24)Perty: Beiträge zur Kenntniss der Fauna monacensis, vergl. Oken’s Isis, 1832. pag. 712. wurden 54 südbayrische Fischarten aufgezählt, zu welcher Aufzählung der Münchner Fischmarkt das meiste Material geliefert hatte.
29Literatur.In der von Reider und Hahn25)J. E. v. Reider und C. W. Hahn: Fauna boica oder gemeinnützige Naturge - schichte der Thiere Bayerns. Nürnberg, 1830 — 34. herausgegebenen vaterländischen Natur - geschichte enthält die vierte Abtheilung derselben die Beschreibung von 50 Fischen, welche nicht bloss den Donau-Gewässern, sondern auch den Main-Gewässern angehören. Die Beschreibungen dieser Fische sind höchst kümmerlich ausgefallen und werden durch die beigefügten colorirten Ab - bildungen keineswegs ergänzt, da die meisten dieser bildlichen Dar - stellungen sowohl in den Umrissen wie in den Farben als gänzlich verfehlt und unkenntlich bezeichnet werden müssen, was um so mehr auffallen muss, da die Verfasser dieser Fauna, wie aus dem Texte derselben hervorgeht, zur Einsicht in das durch Agassiz in München vorbereitete grosse Fischwerk Ge - legenheit gehabt haben müssen. In letzterer Beziehung gewährt diese Fauna boica von Reider und Hahn noch das Interesse, dass in derselben von einigen durch Agassiz in Bayern entdeckten Fischen die erste Notiz gegeben ist.
Sehr wichtige Notizen über die Verbreitungsverhältnisse der Fische in den beiden grossen Stromgebieten Bayerns wurden von A. Wagner26)Andr. Wagner: Beiträge zur Kenntniss der bayerischen Fauna, vergl. die ge - lehrten Anzeigen der königl. bayerisch. Akademie der Wissenschaften. Jahrgang 1846. nr. 81 — 84 und 87. mit - getheilt.
Von dem Künstler J. C. Weber27)J. C. Weber: Abbildungen der Fische, welche in den Flüssen und Seen von Bayern vorkommen. München, 1851. wurden colorirte Abbildungen der Fische Bayerns im Selbstverlage herausgegeben, denen zugleich eine kurze Beschreibung hinzugefügt wurde nebst einer Uebersicht der Fische nach ihrer Verbreitung in den wichtigsten Flüssen und Seen von Bayern. Es werden in diesem ganz hübsch ausgestatteten Werkchen 54 in Bayern (mit Einschluss der Bodensee - und Main-Fische) einheimische Fische, obwohl nicht immer sehr kenntlich dargestellt, dennoch gewährt dies Werkchen ein gewisses wissenschaftliches Interesse, als sich in demselben auch einige von Agassiz auf dem Münchner Fischmarkte entdeckte neue Species befinden. Da Weber an den Arbeiten in dem Atelier, welches Agassiz zur bildlichen Darstellung der Münchner Fische während seines Hierseins errichtet hatte, Theil genom - men und vielfach Gelegenheit gehabt hat, die oben (pag. 22) erwähnten zur Veröffentlichung bestimmten Fisch-Abbildungen einzusehen, so ist es ge - kommen, dass Weber, wie er mir selbst mitgetheilt hat, bei der Wahl der lateinischen Species-Namen für seine Fisch-Abbildungen sehr oft der von Agassiz angewendeten Nomenclatur gefolgt ist. Es lässt sich auf diese Weise mit Hülfe von Weber’s Abbildungen mancher von Agassiz bloss mit Namen aufgeführte Fisch ganz richtig deuten.
30Literatur.Die Fischfauna der östreichischen (mittleren) Donau mit ihren Seiten - Gewässern, welche zugleich die natürliche Grenze der mitteleuropäischen Fischfauna gegen Süd-Osten bilden, bietet im Hinblick auf die Fische der schwäbisch-bayrischen (oberen) Donau so viele interessante Vergleichungs - puncte, dass ich diejenigen Schriftsteller, welche vorzugsweise dieses Gebiet der europäischen Fauna bearbeitet haben, nicht ausser Acht lassen durfte. Vor allem muss ich das ältere Prachtwerk von Marsigli28)Marsigli: Danubius pannonico-mysicus. Tom. IV. Amstelodami, 1726. rühmen, in wel - chem viele Fische der mittleren Donau sehr kenntlich dargestellt sind. Einer Aufzählung und kurzen Beschreibung von 38 östreichischen Fischen hat Kramer29)Kramer: Elenchus vegetabilium et animalium per Austriam inferiorem obser - vatorum. Viennae Pragae et Tergesti, 1756. noch dadurch ein besonderes Interesse verliehen, dass er die gebräuchlichsten Provincialnamen dieser Fische beigefügt hat. Die von Meidinger30)Meidinger: Icones piscium Austriae indigenorum. Viennae, 1785 — 94. gelieferten Icones in 5 Decurien enthalten vorzügliche colorirte Abbildungen fast aller östreichischen Fische. Schultes31)Schultes: a. Reise auf den Glockner. Theil I bis IV. Wien, 1804. b. Reisen durch Oberösterreich in den Jahren 1794 — 1808. Tü - bingen, 1809. hat auf seinen Rei - sen durch die salzburger und östreichischen Alpen mancherlei Notizen über die Fische der von ihm besuchten Alpenseen gesammelt, ist aber im Bestim - men dieser Fische nicht immer sehr glücklich gewesen. Von Fitzinger32)Fitzinger: über die Ausarbeitung einer Fauna des Erzherzogthums Oesterreich nebst einer systematischen Aufzählung der in diesem Lande vorkommenden Säugethiere, Reptilien und Fische als Prodrom einer Fauna derselben, vergleiche die Beiträge zur Lan - deskunde Oesterreichs unter der Ens. Bd. I. Wien, 1832. pag. 280. wurden in einer Fauna des Erzherzogthums Oestreich 58 Fischspecies mit Beifügung ihrer Trivialnamen aufgeführt. An diese Arbeiten schliessen sich die schon oben (pag. 25. Nr. 11 — 13) erwähnten ichthyologischen Leistungen Heckel’s als die bedeutungsvollsten an, von denen sich mehrere speciell auf die Fischfauna des östreichischen Donaugebiets beziehen.
Der auf der westlichen Seite sich an Südbayern anschliessende Boden - see, welcher die Verbindung zwischen den bayrischen und schweizerischen Alpenseen vermittelt, stimmt in seiner Fischfauna mit den grösseren bayri - schen Seen überein, auch trägt der dem Bodensee zufliessende und von dem - selben abfliessende Rhein bis zu dem grossen Rheinfall in Bezug auf seine Fische einen den bayrischen Alpenflüssen ähnlichen Charakter, der sich erst unterhalb des Rheinfalls ändert, indem sich von hier ab ein anderes mit der Nordsee in Verbindung stehendes Wassergebiet geltend macht, das besonders durch seine Wanderfische sich von dem nach Osten in das schwarze Meer abfliessenden Donau-Stromgebiet wesentlich unterscheidet. Wegen dieser31Literatur.Beziehungen und Contraste erscheint der Bodensee sowie der Rhein mit seinen Zuflüssen einer ganz besonderen Berücksichtigung werth, und habe ich des - halb die dahin einschlägige wichtigste Literatur so vollständig als möglich zusammenzustellen und auszunutzen gesucht.
Die älteste Schrift über die Fischfauna des Bodensees rührt von Gregor Mangolt her, welcher ein Zeitgenosse Conrad Gesner’s gewesen und 1497 geboren sein soll. Mangolt33)Fischbuch. Von der natur und eigenschaft der Vischen, insonderheit deren so gefangen werdend im Bodensee, und gemeinlich auch in anderen seen und wassern, durch den wohlgeleerten Gregorium Mangolt beschrieben, vormals nie gesähen. Item ein ander büchlin, wie man visch und vögel fahen sölle, mit dreyssig neuwen und bewärten Re - cepten. Auch zu was zeyten im gantzen jar ein yeder visch am besten sye. Getruckt zu Zürich (ohne Jahreszahl). Hartmann hat in seiner helvetischen Ichthyologie (pag. 23) bei Anführung dieses Schriftchens die Jahreszahl 1557 hinzugefügt. Es ist dieses seltene Fischbüchlein noch in verschiedenen anderen Ausgaben gedruckt worden, wobei ausser der Jahreszahl auch der Name des Verfassers und die dem Texte der eben angeführten Züricher Ausgabe eingedruck - ten Holzschnitte weggelassen sind. So liegt dasselbe Büchlein vor mir unter dem Titel: Fischbüchlein, von Natur vend Eigenschafft der Fischen. Item wie man Fisch vnd Vögel fahen soll. Zu welcher zeit auch jeder Visch am besten sey. Zu Cöllen, bey Heinrich Nettessen (ohne Jahreszahl, ohne Name des Verfassers und ohne Holzschnitte). Ein anderer Nachdruck der Mangolt’schen Schrift führt den Titel: Das edle Fisch-Büchlein, das ist: Ein sehr nützlicher Bericht, von der Fischerey über - aus grosser Nutzbarkeit; von der Fische Natur und Eigenschaft; item, wie sie bequemlich zu fahen, und zu welcher Zeit man sie am besten halte, und von anderm mehr dergleichen. Zu finden in Nürnberg, bey Johann Andreas Endter (ohne Jahreszahl). Dieser Schrift schliesst sich mit fortlaufender Paginirung von pag. 139 bis pag. 176 der Text des Mangolt’ - schen Fischbuchs unter dem Titel an: Ein anders kurtz-gefastes Fisch-Büchlein so vor hunder Jahren herausgewest, und diesem ersten gantz beyzufügen beliebt hat, in Hoffnung, der günstige Leser werde es ihme auch nicht lassen zuwider sein (ohne Jahreszahl, ohne Name des Verfassers und ohne ein - gedruckte Holzschnitte). beschreibt in seinem Fischbuch ohngefähr 28 Bodensee-Fische mit altdeutschen Volksnamen, die sich mit Hülfe der einge - druckten kleinen rohen Holzschnitte ziemlich gut deuten lassen.
In Gesner’s Fischbuch34)Von den verschiedenen Ausgaben dieses Fischbuchs des Conrad Gesner habe ich fo gende benutzt: a. Historiae animalium Liber IV., qui est de Piscium et Aquatilium animantium na - tura. Tiguri, 1558. b. Fischbuch. Zürich, 1575. c. Nomenclator aquatilium animantium. Heidelbergae, 1606. finden sich viele wichtige Beobachtungen und Bemerkungen über die Verbreitung und Lebensweise sowohl der schweizeri - schen wie deutschen Süsswasserfische niedergelegt. Die Fische des Vier - waldstädter See und seiner benachbarten Gewässer sind von Cysat35)J. L. Cysat: Beschreibung dess Lucerner - oder 4 Waldstatten Sees. Lucern, 1661. pag. 20 bis 101. mit Berücksichtigung der übrigen schweizerischen Fische ziemlich ausführlich und kenntlich beschrieben worden.
32Literatur.Durch einen Ungenannten36)Vergl. Bruckner’s Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel. Stück V, Ba - sel, 1750, pag. 554: Von dem Nasenfange an der Birsbrücke, Stück VI, 1751, pag. 632: Von dem Lachsfange, und pag. 648: Die Fische, so bei Basel im Rheinflusse gefangen werden. sind 35 Fische als Bewohner des Rheins und dessen Nebenflüsse bei Basel mit ihren Volksnamen aufgezählt und zu - gleich über die Fangmethoden einiger Rheinfische Mittheilungen gemacht worden.
Von Wartmann, einem Arzte zu St. Gallen, wurde die Naturgeschichte einiger Salmoneer des Bodensees in verschiedenen Aufsätzen besprochen37)Wartmann: a. Beschreibung und Naturgeschichte des Blaufelchen, vergl. die Beschäftigungen der Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde. Bd. III. 1777. pag. 184. b. Von den Rheinanken oder Illanken, vergl. die Schriften der Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde. Bd. IV. 1783. pag. 55. c. Von dem Fischbrod, und d. Fernere Nachricht vom Fischbrod, vergleich. den Naturforscher, Stück 21, 1785, pag. 113 und Stück 22, 1787, pag. 113.. In der von Hartmann38)G. L. Hartmann: a. Versuch einer Beschreibung des Bodensees, St. Gallen, 1808. b. Helvetische Ichthyologie oder ausführliche Naturgeschichte der in der Schweiz sich vorfindenden Fische, Zürich, 1827. herausgegebenen Beschreibung des Bodensees ist ein Abschnitt den Thieren gewidmet, die sich in dem See und an seinen Ufern aufhalten. Es werden hier 26 Bodensee-Fische aufgeführt und beschrieben, während in der helvetischen Ichthyologie desselben Verfassers sowohl die Fische des Bodensees wie auch die Fische der übrigen Schweizer-Seen und der Flüsse des schweizerischen Rheingebiets eine genaue Berücksichtigung gefunden haben.
Eine Beschreibung der Bodensee-Fische ist durch Nenning39)St. Nenning: Die Fische des Bodensees nach ihrer äusseren Erscheinung. Constanz, 1834. Für diese Schrift waren wahrscheinlich jene sechs grossen Blätter mit 26 lithographir - ten und colorirten Abbildungen bestimmt gewesen, welche in Constanz angefertigt aber nicht in den Buchhandel gekommen sind. Rapp (vergl. dessen Fische des Bodensees, pag. 2) hat sich über diese Abbildungen in folgender Weise ausgesprochen. » Die zum Theil unrichtige Nomenclatur von Nenning ist beibehalten, einige Bilder scheinen unvollendet geblieben zu sein, so findet man bei dem Barsch, bei der Schleihe, beim Gangfisch und einigen anderen die Schuppen gar nicht angedeutet, auf einige wichtige Merkmale ist nicht Rücksicht genommen, so vermisst man bei der Barbe die Angabe des knöchernen Strahls in der Rückenflosse. Das Colorit lässt vieles zu wünschen übrig «. Trotz dieser Mängel war es mir sehr erwünscht gewesen, noch ein Exemplar dieser Abbildungen in Constanz er - halten zu haben, da ich nur mit Hülfe dieser Iconographie mehrere von Nenning unrichtig bestimmte Fische zu deuten im Stande gewesen bin., Professor zu Constanz bekannt gemacht worden. Schinz40)H. R. Schinz: a. Das Thierreich von Cuvier übersetzt und mit vielen Zusätzen versehen. Stuttgart u. Tübingen, 1822. Bd. II. b. Fauna helvetica oder Verzeichniss der in der Schweiz vorkommenden Wirbel - thiere, vergl. die neuen Denkschriften der allgemeinen Schweizerischen Gesellschaft für die gesammten Naturwissenschaften. Bd. I. Neuchatel und Solothurn, 1837. hat seiner Uebersetzung33Literatur.von Cuvier’s Thierreich sehr beachtenswerthe, auf verschiedene schweize - rische Fische sich beziehende Zusätze beigefügt und unter Mitwirkung von Agassiz ein vollständiges Verzeichniss der in der Schweiz einheimischen Fische zusammengestellt, welchem er später noch eine Beschreibung der Fische des Canton Zürich folgen liess. Eine ausgezeichnete Bearbeitung der Bodensee - Fische haben wir Rapp41)W. v. Rapp: Die Fische des Bodensee, vergl. die Würtembergischen natur - wissenschaftlichen Jahreshefte. Jahrgang X. Heft 2. 1854. pag. 137 mit sechs Tafeln Ab - bildungen (diese Abhandlung ist auch separat im Druck erschienen). zu verdanken.
Die Fischfauna des vom Rheinfall bis Bingen als Mittelrhein aufzufassen - den Rhein-Gebiets hat vielfache Bearbeiter gefunden, von denen der Strass - burger Fischer Baldner wohl den interessantesten Beitrag geliefert hat. Dieser fleissige und aufmerksame Beobachter hat ein Manuscript ausgearbeitet, wel - ches ausser einer Beschreibung der verschiedensten Wasserthiere des Rheins auch eine kurze Beschreibung der Rhein-Fische enthält, zu welcher colorirte Abbildungen aller von Baldner beschriebenen Naturproducte beigefügt sind. Ich fand dieses Manuscript42)Der Titel dieses Manuscriptes lautet: Recht natürliche Beschreibung und Abmahlung der Wasser-Vögel, Fischen, vierfüssi - gen Thier, Insekten und Gewirm, so bey Strassburg in den Wassern sind die ich selber ge - schossen und die Fisch gefangen, auch alles in meiner Hand gehabt. Leonhard Baldner, Fischer undt Hagmeister in Strassburg gefertigt worden 1666. Die Abtheilung dieses Manuscripts, welche die Fische enthält, hat Baldner über - schrieben: Das Fischbuch, darin 45ley Gattung Fisch und Krebs, so nach ihrer Art und eigen - schaft beschrieben zu finden. zu meiner grössten Freude in dem Strassburger Naturalien-Cabinete vor und verdanke eine genauere Einsicht in dasselbe der gütigen Erlaubniss des Vorstandes des genannten Cabinets, W. P. Schimper. In der als » Fischbuch « überschriebenen Abtheilung dieses Manuscriptes befin - den sich 32 Fische colorirt abgebildet, von denen 29 ziemlich kenntlich dar - gestellt waren, während 3 Cyprinoiden von mir nicht gedeutet werden konnten. Baldner hatte jeden dieser abgebildeten Fische mit dem in Strassburg ge - bräuchlichen deutschen Volksnamen bezeichnet, zu welchem späterhin Reis - eisen, ein Strassburger Naturforscher, die lateinischen Namen nach Linne, jedoch nicht immer richtig, hinzugefügt hatte; von dem bekannten Zoologen Joh. Hermann waren mehrere dieser Fehler mit eigener Hand berichtiget wor - den. Baldner hat übrigens dieses Manuscript mehrmals anfertigen lassen, da sich ein zweites Exemplar desselben in London und ein drittes Exemplar in Cassel befindet. Das Londoner Exemplar wurde durch Willughby dorthin gebracht*)Scheuchzer spricht sich in seiner Bibliotheca scriptorum historiae naturalis om - nium terrae regionum inservientium Historiae naturalis Helvetiae prodromus etc. (Tiguri 1716. pag. 19) über dieses Manuscript dahin aus: » Leonhardus Baltner, Piscator et Auceps. 40)c. Der Canton Zürich in naturgeschichtlicher und landwirthschaftlicher Beziehung dargestellt. Zürich, 1842. pag. 302.v. Siebold, Fische. 334Literatur.Ray*)Vergl. F. Willughbeii Ornithologiae libri tres. Totum opus recognovit etc. Joh. Rajus. Londini, 1676. Praefatio., welcher nach Willughby’s Tode dessen Schriften herausgab, erwähnte Baldner’s Manuscript in folgender Weise: » Jam ut opus hoc iconibus tum ele - gantissimis, tum vivarum avium simillimis illustraremus, plurimas coloribus depictas imagines conquisivimus: et primo avium omnium Rhenum fluvium frequentantium figuras praestantissimi artificis manu eleganter et accurate de - lineatas, et in unum volumen compactas, a Leonardo Baltner Aucupe et pi - scatore Argentinensi, qui aves ipsas occiderat, depingi fecerat et patria lingua descripserat, redemimus «. Ferner führt Ray**)Vergl. F. Willughbeii de Historia piscium libri quatuor. Totum opus recognovit etc. Joh. Rajus. Oxonii, 1686. Praefatio. an: » Ingeniosissimus D. Frede - ricus Slare M. D. Leonardi Baltneri Piscatoris Argentinensis Manuscriptum de piscibus Rhenanis, aliisque prope urbem eam captis, e Germanico Idiomate in Anglicum sermonem transtulit, quo nos, eo intellecto, et de Iconibus dubiis certiores redderemur, et inde excerpere possemus quae in rem nostram essent «.
Von der Existenz eines dritten Exemplars des Baldner’schen Manuscripts in der Landesbibliothek zu Cassel erhielt ich die erste Notiz aus Nau’s Vorrede zu seinen Beiträgen zur Naturgeschichte des Mainzer Landes***)Vergl. Nr. 45 a: pag. 4.. Ich habe es dem liberalen Directorium der Casseler Landesbibliothek unter der gefälligen Vermittlung der hiesigen Staatsbibliotheks-Behörde zu verdanken, dass ich dieses kostbare Manuscript hier mit Musse benutzen konnte. Es ist dasselbe weit sorgfältiger und sauberer ausgestattet als das Strassburger Exemplar, trägt aber ganz dieselben Titel und dieselbe Jahreszahl (1666). In der Ab - theilung, welche den Fischen gewidmet ist, sind 49 Tafeln enthalten, auf welchen 6 Krebse und 46 Fischarten, Fischvarietäten und Fischmonstrositä - ten sehr sorgfältig und richtig colorirt dargestellt sind, nur drei Fische habe ich auch unter diesen Abbildungen nicht entziffern können. Einer jeden Ta - fel, welche zugleich über jedem dargestellten Fisch den in Strassburg ge - bräuchlichen deutschen Volksnamen als Aufschrift trägt, ist ein Blatt mit sorgfältig geschriebenem deutschen Texte beigefügt, welcher sich auf von Baldner selbst gemachte Beobachtungen über Lebensweise, Aufenthaltsort, Laichzeit des abgebildeten Fisches und auf dessen Bedeutung als Nahrungs - mittel bezieht. Dieser Text muss auch dem Londoner Manuscripte beigege - ben sein, da ich die in Willughby’s Historia piscium aus dem Londoner Ma -*)Argentinensis. Descripsit et depinxit Pisces et Aves, quae in Rheno et circa Argentoratum reperiuntur. Manuscriptum coëmit Eques Willoughby, et passim inseruit Ornithologiae et Ichthyographiae «. Warum in Willughby’s Historia piscium der Name Baldner stets als Baltner citirt wird, worin auch Scheuchzer und Hermann gefolgt sind, ist mir unverständlich geblieben; sowohl in dem Manuscripte von Strassburg wie in dem von Cassel ist ganz deutlich » Bald - ner « zu lesen.35Literatur.nuscripte öfters angeführten Beobachtungen Baldner’s mit denen im Casseler Manuscripte niedergelegten Beobachtungen vollkommen übereinstimmend fand. Die Abbildungen, welche in Willughby’s Historia piscium aus dem Manuscripte Baldner’s copirt sind, stehen den Originalen an Deutlichkeit bei weitem nach. Bei dem Citiren der Fischabbildungen Baldner’s habe ich stets das Casseler Manuscript benutzt, während Valenciennes das Strassbur - ger Exemplar verglichen hat.
Ausser Baldner haben auch noch Hermann43)Joh. Hermann: Observationes zoologicae (Opus posthumum edidit F. L. Hammer). Argentorati Parisiis XII. (1804). in Strassburg, Sander44)Sander: Beiträge zur Naturgeschichte der Fische im Rhein, vergl. den Natur - forscher, Stück 15. 1781. pag. 163. in Carlsruh und Nau45)B. S. Nau: a. Oekonomische Naturgeschichte der Fische in der Gegend um Mainz, vergl. Beiträge zur Naturgeschichte des Mainzer Landes, Heft I. Mainz, 1787. b. Nachtrag zur Naturgeschichte der Fische nebst den Amphibien und Vögeln des Mainzer Landes. Mainz, 1788. c. Bemerkungen zu des Herrn Sander’s Beiträgen zur Naturgeschichte der Fische im Rhein, vergl. den Naturforscher, Stück 25. 1791. pag. 24. in Mainz über die Fische des Mittelrheins und seiner Nebenflüsse recht beachtenswerthe Mittheilungen geliefert. Ein von Span - nagel46)Spannagel: Verzeichniss der Fische der bayrischen Rheinpfalz, vergl. den sechszehnten und siebenzehnten Jahresbericht der Pollichia, eines naturwissenschaftlichen Vereins der Rheinpfalz. Neustadt a / H., 1859. pag. 26. in Dürkheim zusammengestelltes Verzeichniss der Fische der bay - rischen Rheinpfalz gewährt dadurch Interesse, dass in demselben nicht bloss die Rhein-Fische, sondern auch die Fische der verschiedenen vom Haardtgebirge entspringenden kleinen Seitenbäche des Rheins und der Nahe aufgeführt sind.
Die ungleich bedeutenderen Seitenflüsse des rechten Ufers des Mittel - rheins enthalten eine Fischfauna, welche zu verschiedenen Zeiten die Auf - merksamkeit der Zoologen und Faunisten angeregt hat. Nachdem G. v. Martens in seiner oben (Nr. 14 b) erwähnten Fauna Würtembergs die Fische des Neckar-Gebiets nicht unbeachtet gelassen, wurden von Günther47)A. Günther: Die Fische des Neckar, aus den Würtembergischen naturwissen - schaftlichen Jahresheften, Jahrgang IX. Stuttgart, 1853 besonders abgedruckt. in einer sehr ausführlichen Abhandlung die Fische des Neckars vortrefflich beschrieben.
Ueber die Fische des Main-Gebiets liegen Verzeichnisse von sehr verschie - denem Werthe vor. Die Fische der Pegnitz wurden von Meyer48)Angenehmer und nützlicher Zeitvertreib mit Betrachtung curioser Vorstellung allerhand kriechender, fliegender und schwimmender auf dem Land und im Wasser sich befindender und nährender Thiere sowohl nach ihrer Gestalt und äusserlichen Be - schaffenheit als auch etc. nach der Natur gezeichnet, gemahlet und in Kupfer gestochen von J. D. Meyer. 3 Thle. Nürnberg, 1748. in einem grösseren farbigen Bilderwerke unter Beifügung ihrer in Nürnberg gebräuch - lichen Volksnamen recht kenntlich dargestellt und mit naturhistorischen No -3*36Literatur.tizen begleitet, während von Küster49)H. C. Küster: a. Systematisches Verzeichniss der in der Umgegend Erlangens beobachteten Thiere. Erlangen, 1840. pag. 8. b. Von demselben wurden in der vierten Beilage zu der von Lochner der 23ten Natur - forscher-Versammlung gewidmeten Erinnerungsschrift: Nürnbergs Vorzeit und Gegenwart (Nürnberg, 1845. pag. 364) die zoologischen Verhältnisse der Umgegend von Nürnberg bearbeitet und 29 in Mittelfranken einheimische Fische aufgezählt. die Fische der Pegnitz - und Regnitz - Gewässer in einem kahlen lateinischen Namensverzeichnisse zusammengefasst wurden. Ein grösseres Interesse hat Rosenhauer50)Rosenhauer: Ueber die in der Umgegend von Erlangen vorkommenden Fische, vergl. die wissenschaftlichen Mittheilungen der physikalisch-medicinischen Societät zu Er - langen. Heft I. Erlangen, 1858. pag. 165. einem anderen Fisch - verzeichnisse des Regnitzer Gebietes dadurch zu geben gewusst, dass er dem - selben die gebräuchlichsten Volksnamen und die speciellen Fundorte der von ihm aufgeführten Fische beigefügt hat. Einen sehr wichtigen Beitrag zur Fischfauna des Main-Gebietes haben wir Leiblein51)Leiblein: Versuch einer Aufzählung der Fische des Main-Gebietes, vergl. das Correspondenz-Blatt des zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg. Jahrgang VII. Regensburg, 1853. pag. 97. in Würzburg zu ver - danken. Ein einfaches Namensverzeichniss der Fische aus dem Gebiete der Stadt Frankfurt stellte Römer-Büchner52)B. J. Römer-Büchner: Verzeichniss der Steine und Thiere, welche in dem Ge - biete der freien Stadt Frankfurt und deren nächster Umgebung gefunden werden. Frank - furt a / M., 1827. pag. 68. zusammen. Zwei sich sehr nahe berührende Fischfaunen des Mittelrheins und seiner am rechten Ufer einmün - denden Seitengewässer sind von Jäger53)C. Jäger: Die Fische der Wetterau, vergl. die naturhistorischen Abhandlungen aus dem Gebiete der Wetterau. Eine Festgabe der Wetterauer Gesellschaft für die gesammte Naturkunde zu Hanau bei ihrer 50jährigen Jubelfeier. Hanau, 1858. pag. 231. und Kirschbaum54)L. Kirschbaum: Die Reptilien und Fische des Herzogthums Nassau, vergl. An - kündigung der öffentlichen Prüfung des Herzogl. Nassauisch. Gelehrten-Gymnasium zu Wiesbaden. Wiesbaden, 1859. ausgearbeitet worden, von denen ersterer die Fische des Mains und der Bäche der Wetterau einer Besprechung unterworfen hat, während letzterer in einer kurzen Be - schreibung der Fische des Herzogthums Nassau diejenige Abtheilung der rhei - nischen Fischfauna behandelt hat, welche den Uebergang von der mittelrhei - nischen zur niederrheinischen Fauna bildet.
Die von Ausonius55)D. M. Ausonii Mosella. Von den vielen Ausgaben dieses Gedichtes habe ich vorzüglich die Ausgabe von L. Tross (Hamm, 1824) benutzt. Die Deutung der Mosel-Fische des Ausonius ist vielfach versucht worden. Eine richtige Bestimmung derselben hat Schaefer in seiner Moselfauna (pag. VII) und Oken in der Isis (1845. pag. 5) niedergelegt. aufgeführten 15 Mosel-Fische sind wohl als die älte - sten Beiträge zur niederrheinischen Fischfauna zu betrachten. In neuerer Zeit haben die Fische der Mosel die Aufmerksamkeit verschiedener Faunisten auf sich gezogen. Von Holandre56)J. Holandre: a. Faune du Département de la Moselle, et principalement des wurden die Fische des obern Mosel-Gebiets37Literatur.einer genauen Untersuchung unterworfen, an welche sich eine ähnliche Arbeit von Fournel57)B. H. L. Fournel: Faune de la Moselle. Ire Partie. Mammifères, Oiseaux, Re - ptiles, Poissons, et Mollusques. Metz, 1836. pag. 368. anschliesst. Eine sehr anerkennenswerthe Bearbeitung der Fische des niederrheinischen Stromgebiets hat Selys-Longchamps58)E. de Selys-Longchamps: Faune Belge. Liége, 1842. pag. 183. in seiner trefflichen belgischen Fauna der Wissenschaft übergeben, welche Fauna sich Schaefer59)M. Schaefer: Moselfauna, enthaltend die Aufzählung und Beschreibung der im Regierungsbezirke Trier beobachteten Thiere mit Berücksichtigung der Angrenzung des Moseldepartements und Belgiens. Trier, 1844. pag. 273. bei der Aufzählung und Beschreibung der Mosel-Fische zum Muster genommen hat, während von Schnur60)Schnur: Systematische Zusammenstellung der im Regierungsbezirke Trier bis - her von mir aufgefundenen Reptilien, Fische und Mollusken, vergl. den Jahresbericht der Gesellschaft für nützliche Forschungen pro 1847. Trier. pag. 70. die Fische des Mosel-Gebiets mit Sach - kenntniss und richtiger Kritik zusammengestellt wurden. Von Troschel61)Troschel: a. Alausa vulgaris und finta, verschiedene Arten, vergl. Wieg - mann’s Archiv für Naturgeschichte, 18ten Jahrg. 1852. Bd. I. pag. 228. b. Ueber die Rümpchen, vergl. die Verhandlungen des naturhistorischen Vereines der preuss. Rheinlande und Westphalens, 8ten Jahrg. Bonn, 1851. pag. 563. Aus diesem Aufsatze lernen wir verschiedene kleine Fische der Ahr kennen, welche unter dem Namen » Rümpchen « in den Handel gebracht werden. wurden mehrere Fische des Niederrheins und seines Nebenflüsschens Ahr einer Besprechung unterworfen, und über die Fische der rechten Seitengewässer des Niederrheins, namentlich der Sieg, Ruhr und Lippe gaben uns die von Merrem62)L. Merrem: Verzeichniss der rothblütigen Thiere in den Gegenden um Göttin - gen und Duisburg, vergl. Schriften der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin. Bd. IX. 1789. pag. 195. Hier zählt Merrem 26 Fische aus der Gegend um Duisburg mit ihren Provincialnamen auf. und Suffrian63)Suffrian: Verzeichniss der innerhalb des k. preuss. Regierungsbezirks Arnsberg bis jetzt beobachteten wildlebenden Wirbelthiere, vergl. Jahrbücher des Vereins für Natur - kunde im Herzogthum Nassau. Heft 3. Wiesbaden, 1846. pag. 126. Es werden in diesem Verzeichnisse 21 Fische namhaft gemacht. zusammengestellten Thierverzeichnisse Auskunft. Zur Kenntniss der Süsswasserfische von Holland, dem Ausgangspuncte des weitausgedehnten niederrheinischen Stromgebiets hat Gronovius64)L. Th. Gronovius: a. Pisces belgii seu piscium in belgio natantium, et a se observatorum Catalogus, vergl. Acta societatis reg. scientiarum Upsaliensis ad ann. 1741. pag. 67. et ad ann. 1742. pag. 79. b. Museum ichthyologicum sistens piscium indigenorum et quorundam exoticorum etc. Lugd. Batav., 1754. c. Centuria animalium secunda in Belgio a me observatorum, vergl. Acta Helvetica. Vol. IV. Basileae, 1760. pag. 256. d. Zoophylaceum Gronovianum. Lugd. Batav., 1781. in ver - schiedenen Schriften Beiträge geliefert, leider konnten mehrere von Gronovius56)environs de Metz, vergl. Département de la Moselle. Annuaire de Verronnais, Imprimeur - Libraire à Metz, pour l’an 1825. Metz. pag. 324. b. Faune du Département de la Moselle. Animaux vertébrés. Metz, 1836. pag. 231.38Literatur.aufgeführten Fische ihrer ungenügenden Beschreibung wegen bis jetzt nicht gedeutet werden, weshalb es um so mehr zu bedauern ist, dass Bennet und Olivier65)J. A. Bennet & G. van Olivier: Naamlijst van Nederlandsche Visschen, vergl. Natuurkundige Verhandelingen van de Hollandsche Maatschappij der Wetenschappen te Haarlem. X. Haarlem, 1824. Es werden hier 40 holländische Süsswasserfische beschreiben. in ihrer Uebersicht der niederländischen Fische die Arbeiten des Gronovius fast ganz unberücksichtigt gelassen haben. Auch in der erst kürz - lich bekannt gemachten Beschreibung der Wirbelthiere der Niederlande hat Schlegel66)H. Schlegel: De Dieren van Nederland. Gewervelde Dieren. Visschen. Haar - lem, 1862. In dieser Schrift, welche einen Theil der Natuurlijke Historie van Nederland ausmacht, hat der Verfasser 37 Süsswasserfische als Bewohner der Niederlande beschrieben und zum Theil bildlich dargestellt. unter den Süsswasserfischen diejenigen Formen, welche von Gronovius erwähnt worden sind, aber bisher nicht gedeutet werden konnten, keiner näheren Untersuchung unterworfen.
Ueber die Fische des Weser-Gebietes hat die Literatur nicht eine einzige Arbeit von Bedeutung aufzuweisen. Es sind nur einige wenige Fischverzeich - nisse bekannt gemacht worden, von denen in dem einen Schreiber67)C. Schreiber: Physikalisch-medizinische Topographie des Physikats-Bezirks Eschwege, vergl. die Schriften der Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwis - senschaften zu Marburg. Bd. VII. 1849. pag. 117. die Werra-Fische aufgezählt hat, während in einem anderen von Schwaab68)W. Schwaab: Geographische Naturkunde von Kurhessen. Cassel, 1851. pag. 78. Hier werden 33 Fischarten aufgezählt. die Fische Kurhessens ohne Angabe der Volksnamen und der Fundorte zusammen - gestellt worden sind. In einem dritten von Heineken69)Heineken: Die freie Stadt Bremen und ihr Gebiet. Bd. 1. 1830. pag. 148. Das Fischverzeichniss dieser Schrift enthält 34 Süsswasser - und Wander-Fische. abgefassten Verzeich - nisse der Weser-Fische vermisst man sowohl bei den lateinischen wie deut - schen Bezeichnungen die nothwendige Correctheit. Ein viertes von Seetzen70)Seetzen: Verzeichniss der Fische in den Gewässern der Herrschaft Jever, vergl. Meyer: zoologische Annalen. Bd. I. Weimar, 1794. pag. 309. Von den in diesem lateinischen Verzeichnisse aufgeführten 49 Arten Süsswasser - und Wander-Fische werden sich bei genauerer Prüfung jedenfalls mehrere als unrichtig bestimmt herausstellen. angefertigtes lateinisches Verzeichniss der die Wesermündung bewohnenden Fische kann bei Hinweglassung der Provincialnamen dieser Fische nur gerin - ges Interesse gewähren.
Das Elbe-Gebiet, zu welchem ich auch die über Meklenburg und Holstein sich ausbreitenden Landseen zählen will, hat mit seinen bis in das Herz von Mitteleuropa sich hineinerstreckenden Quellen und Seitenflüssen einen grossen Reichthum an Fischen aufzuweisen, welcher verschiedene wichtige ichthyolo - gische Arbeiten hervorgerufen hat. Von den Fischen der böhmischen Elbe mit ihren Seitenflüssen wurden zu sehr verschiedenen Zeiten durch Balbin71)B. Balbin: Miscellanea historica regni Bohemiae, Pragae, 1679. Decas I. Liber I. Caput 52 — 57. De piscibus Bohemiae etc.,39Literatur.Schmidt72)F. W. Schmidt: Versuch eines Verzeichnisses aller in Böhmen bisher bemerk - ten Thiere, vergl. dessen Sammlung physikalisch-ökonomischer Aufsätze. Bd. I. Prag, 1795. pag. 64. und Amerling73)C. Amerling: Fauna etc. Dieses in Prag 1822 erschienene Werk ist das ein - zige, was mir von den angeführten Schriften unzugänglich geblieben ist. Verzeichnisse bekannt gemacht, an welche sich Woldrich’s74)J. N. Woldrich: Ueber die Fische und ihr Leben in den Waldbächen des Cen - tralstockes des Böhmerwaldes, vergl. Lotos, Zeitschrift für Naturwissenschaften. Jahrg. VIII. 1858. Juli-September. Aufsatz über die Fische des Böhmerwaldes anschliesst. Nach - dem auch Heckel in der bereits (Nr. 13) erwähnten Bearbeitung der öst - reichischen Fische die böhmischen Fische in das Bereich seiner Unter - suchungen gezogen hatte, wurden von Fritsch75)A. Fritsch: Kritisches Verzeichniss der Fische Böhmens, vergl. Lotos, Zeit - schrift etc. Jahrg. IX. 1859. October. in einem späteren, mit ge - diegener Kritik behandelten Verzeichnisse der Fische Böhmens einige von älteren Faunisten als Bewohner des Elbe-Gebiets mit Unrecht aufgeführten Fische aus dieser Fischfauna zurückgewiesen. In einer von Leske76)N. G. Leske: Ichthyologiae Lipsiensis Specimen. Lipsiae, 1774. ausgear - beiteten Ichthyologie wurden die Cyprinoiden einiger dem mittleren Elbe - Gebiete angehörenden Seitenflüsse sehr ausführlich beschreiben, während in Bezug auf die Fische der Seitengewässer der Niederelbe ausser den Beobach - tungen, welche Bloch in den bereits (Nr. 3 a und c) erwähnten Schriften niedergelegt hat, die von Birkholz77)J. Ch. Birkholz: Oekonomische Beschreibung aller Arten Fische, welche in den Gewässern der Churmark gefunden werden. Berlin und Stralsund, 1770. und Schulz78)J. H. Schulz: Fauna Marchica. Berlin, 1845. pag. 485. gemachten Mittheilungen zu erwähnen sind. Ueber die Fische der Niederelbe und der meklenburgi - schen Seen hat Siemssen79)A. Ch. Siemssen: Die Fische Meklenburgs. Rostock und Leipzig, 1794. ausführliche Beschreibungen geliefert und Boll80)E. Boll: Die Fische Meklenburgs, vergl. dessen Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg. Jahrg. 13. Neubrandenburg, 1859. pag. 143. kurze Auskunft gegeben. Eine vorzügliche und noch immer höchst brauch - bare ältere Schrift über die Naturgeschichte der Fische der Niederelbe und der holsteinischen Seen ist in Schonevelde’s81)Sr. a Schonevelde: Ichthyologia et Nomenclaturae animalium marinorum, fluviatilium, lacustrium, quae in Ducatibus Slesvici et Holsatiae et Emporio Hamburgo oc - currunt triviales. Hamburgi, 1624. Ichthyologie enthalten. Auch Krøyer82)H. Krøyer: Danmarks Fiske. Kjøbenhavn, 1838 — 53. hat in seiner Naturgeschichte der Fische von Dänemark die holstei - nischen Süsswasserfische nicht unberücksichtiget gelassen. In einem Bei - trag83)Beiträge zur Naturkunde des Fürstenthums Lüneburg. Lüneburg, 1861. pag. 17. zur Fauna des Fürstenthums Lüneburg sind ebenfalls die Fische des Niederelbe-Gebiets ziemlich vollständig aufgezählt.
Das Gebiet der Oder nebst dem durch Pommern weit nach Osten hin sich40Literatur.ausdehnenden System von Landseen stimmt in Bezug auf seine Wasserbewohner mit dem Elbe-Gebiet fast gänzlich überein, wie dies aus den verschiedenen älteren und neueren faunistischen Mittheilungen hervorgeht. Eine der älte - sten Bearbeitungen der Fische des oberen Oder-Gebiets rührt von Schwenck - feld84)C. Schwenckfeld: Theriotropheum Silesiae. Lignicii, 1603. pag. 377. Pisces Silesiae. her, welcher in dem fünften Buche seines Theriotropheum zur schle - sischen Fischkunde einen für die damalige Zeit sehr schätzbaren Beitrag lieferte. Hierauf wurde von Börner85)J. C. H. Börner: Zoologiae Silesiacae Prodromus. Pisces. Vergl. der patrio - tischen Gesellschaft in Schlesien neue ökonomische Nachrichten auf das Jahr 1781. Bd. II. Breslau. pag. 187. eine sorgfältige und mit nützlichen Bemerkungen ausgestattete Zusammenstellung der schlesischen Fische ver - fasst, welcher sich ein einfaches Namensverzeichniss derselben Fische von Weigel86)J. A. V. Weigel: Faunae Silesiacae Prodromus. Berlin, 1806. pag. 41. anschloss. Ein späteres Verzeichniss der schlesischen Fische wurde von Kaluza87)A. Kaluza: Systematische Beschreibung der schlesischen Amphibien und Fische. Breslau, 1815. mit kurzen Beschreibungen ausgestattet, welchem Gloger88)C. L. Gloger: Schlesiens Wirbelthier-Fauna. pag. 70. eine mit genauer Kritik angefertigte Uebersicht der Fische Schlesiens folgen liess. Für die Fische, welche die den Quellen der Oder nahe gelegenen Sei - tengewässer bewohnen, hat Heinrich89)A. Heinrich: Mährens und k. k. Schlesiens Fische, Reptilien und Vögel. Brünn, 1856. in seiner Beschreibung der mährischen und schlesischen Fische sehr brauchbare Anhaltspuncte geliefert, während die Fischfauna des mittleren Theiles des Oder-Gebietes aus den bereits (un - ter Nr. 77 und Nr. 78) citirten Schriften von Birkholz und Schulz entnom - men werden kann. Diejenigen Fische, welche in den der Ausmündung der Oder zufliessenden Gewässern sowie in den verschiedenen Wasser-Gebieten der pommerschen Seen angetroffen werden, sind von Creplin90)Vergl. Barthold’s Geschichte von Rügen und Pommern. Hamburg. Thl. I. 1839. pag. 81. näher in Betracht gezogen, theilweise aber auch von Siemssen und Boll (vergl. Nr. 79 und 80) namhaft gemacht worden.
Das gegen Osten sich ausbreitende und zugleich Mitteleuropa dort ab - grenzende Weichsel - und Pregel-Gebiet, welche beide ihre Gewässer in das unter dem Namen » frisches Haff « bekannte Binnenwasser ergiessen, haben eine untereinander zusammenhängende Gruppe grösserer und kleiner Seen zwischen sich, deren Ausflüsse sich theils mit dem Pregel, theils mit der Weichsel vereinigen. Beide auf diese Weise mehrfach unter sich verbundene Wassergebiete enthalten eine fast ganz gleiche Fischfauna, über welche wir mehrere ausführliche und gediegene Arbeiten besitzen. Die Fische der oberen41Literatur.Weichsel sind sowohl von den Faunisten Zawadzki91)A. Zawadzki: Fauna der galizisch-bukowinischen Wirbelthiere. Stuttgart, 1840. pag. 162. und Heinrich (vergl. Nr. 89) wie von Heckel (vergl. Nr. 13) berücksichtiget worden, dagegen habe ich über die Fischfauna der mittleren Weichsel nur die Naturgeschichte Polens von Rzaczynski92)G. Rzaczynski: Historia naturalis regni Poloniae. Sandomiriae, 1721. pag. 131: de fluminibus et piscibus & pag. 153: de lacubus, piscibus etc. benützen können. Anders verhält es sich mit den - jenigen Gewässern, welche als Niederweichsel - und Pregel-Gebiet mit den dazwischen liegenden masurischen Seen die beiden Provinzen West - und Ostpreussen durchziehen. Das reichliche Fischmaterial dieser Gewässer hat eine Menge ichthyologischer Forschungen hervorgerufen, unter denen die anatomisch-physiologischen Untersuchungen von Rathke und Baer als die hervorragendsten und einflussreichsten zu nennen sind. Zu den wichtigsten älteren, zum Theil faunistischen Leistungen auf dem Gebiete der Ichthyologie gehören die von dem Danziger Naturforscher Klein93)J. Th. Klein: Historiae piscium naturalis missus I — V. Gedani, 1740 — 49. in seiner Historia pi - scium niedergelegten Beobachtungen, denen derselbe viele zum Theil ganz kenntliche Abbildungen beifügte. Eine Zusammenstellung aller ost - und westpreussischen Fische wurde von Wulff94)J. Ch. Wulff: Ichthyologia cum Amphibiis regni Borussici. Regiomonti, 1765. unternommen, die jedoch nur mit Vorsicht benutzt werden muss, da sie mancherlei Unrichtigkeiten und mehrere fehlerhafte Bestimmungen enthält. Einen ungleich höheren Werth besitzt die Naturgeschichte der preussischen Fische, welche Bock95)F. S. Bock: Versuch einer wirthschaftlichen Naturgeschichte von dem König - reich Ost - und Westpreussen. Bd. IV., welcher die inländischen Säugethiere, Vögel, Am - phibien und Fische beschreibet. Dessau, 1784. pag. 522. ausge - arbeitet und durch eine Zugabe von Bemerkungen über die Fischerei in Preussen noch nutzbarer gemacht hat. In der von Lorek96)C. G. Lorek: Fauna Prussica. Abbildungen der Säugethiere, Vögel, Amphi - bien und Fische Preussens. Königsberg, 1834. herausgegebenen Fauna Prussica sind 20 Tafeln den Fischen gewidmet, auf welchen jedoch nichts anderes als Copien aus dem Bloch’schen Fischwerke dargestellt sind. Ein grösseres Verdienst hat sich Bujack97)J. G. Bujack: Naturgeschichte der höheren Thiere mit besonderer Berücksich - tigung der Fauna Prussica. Königsberg, 1837. pag. 300. durch seine Fauna Prussica zu erwerben gewusst, in welcher derselbe die Naturgeschichte der preussischen Fische mit richtigem Tacte abgehandelt hat. Nachdem schon früher von Rathke98)H. Rathke: a. Beiträge zur Geschichte der Thierwelt, vergl. neueste Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Bd. I. Heft 3. Halle, 1824. pag. V. b. Verzeichniss der in Ost - und Westpreussen vorkommenden Wirbelthiere, vergl. neue preussische Provinzial-Blätter. Bd. II. Heft 1. Königsberg, 1846. pag. 17. ein Verzeichniss der bei Danzig vorkommenden Fische bekannt ge - macht worden war, zählte derselbe die Fische von Ost - und Westpreussen42Literatur.vollständig auf und fügte noch einige Bemerkungen über gewisse für die preussische Fauna zweifelhafte Fischformen hinzu.
Mit Hülfe dieser Literatur, sowie mit meinen eigenen seit einer Reihe von Jahren gesammelten Erfahrungen glaube ich mir ein ziemlich vollstän - diges Bild von der geographischen Verbreitung der Süsswasserfische in den verschiedenen Stromgebieten Mitteleuropa’s in so weit verschafft zu haben, dass ich es wagen durfte, der speciellen Darstellung der Fischformen der mitteleuropäischen Fauna noch einige Tabellen folgen zu lassen, welche den Charakter dieser Fischfauna in den verschiedenen Flussgebieten von Mittel - europa anschaulicher machen sollen.
In Rücksicht der Synonyme, welche bei gewissen Fischspecies zu einer fast unentwirrbaren Masse angeschwollen sind, habe ich, um die Citate nicht zu sehr anzuhäufen, aus der vorhandenen Literatur eine gewisse Auswahl getroffen und hauptsächlich diejenigen wissenschaftlichen Arbeiten berück - sichtigt, welche bis auf die neuste Zeit als die Grundlage der ichthyologi - schen Wissenschaft gelten müssen; ausserdem habe ich noch solche Autoren erwähnt, die in Bezug auf geographische Verbreitung der einzelnen Arten Original-Notizen oder ganz zuverlässige Angaben geliefert haben; auch solche Autoren durften nicht unerwähnt bleiben, die entweder wirklich neue Arten beschrieben und abgebildet haben oder deren vermeintlich neue Ar - ten als unhaltbar erkannt worden sind.
Bei der Darstellung der einzelnen Fischformen habe ich absichtlich jede weitläufige Beschreibung vermieden, da ich es leider nur zu oft erfahren habe, dass gerade bei den Fischen eine ganz ausführliche Beschreibung am wenigsten zur Erkenntniss und Unterscheidung einer Art beizutragen im Stande ist. Für ganz allgemein gekannte Fische, wie für den Barsch, die Schleihe, den Hecht, den Aal u. a. habe ich daher die Angabe der diagnosti - schen Merkmale als ausreichend gehalten, um diese Fische zu kennzeichnen.
Skelet knöchern; Kiemenblätter an ihren Spitzen frei, einfache Kiemenspalten von einem Kiemendeckel-Apparat und einer durch Knochenstrahlen gestützten Kiemenhaut bedeckt; zwei Klappen im Aortenbulbus*)Bei der systematischen Anordnung und Aufzählung der Fische von Mitteleuropa habe ich auf das natürliche System, welches Joh. Müller für die Fische festgestellt hat, besonders Rücksicht genommen..
Vordere Strahlen der Rückenflosse, der Afterflosse und der Bauchflossen immer einfach, ungegliedert und stachelförmig endend; Schwimmblase, wenn sie vorhanden ist, immer ohne Luftgang.
Die beiden Zwischenkiefer und der Unterkiefer, sowie das mitt - lere an der Gaumendecke gelegene unpaarige Pflugscharbein (Vomer - knochen) und die beiden seitlichen Gaumenbeine tragen Zähne. Die Kiemendeckel-Stücke gezähnelt oder bedornt; die Schuppen am Hin - terrande gezähnelt (Kammschuppen, Ctenoid-Schuppen).
44Familie: Percoidei.Gattungscharakter: Zwei mehr oder weniger einander genäherte Rückenflossen; Maul mit vielen kleinen dichtstehenden Zähnen (Bürstenzähnen) besetzt; an dem Kiemendeckel - Apparat der Vordeckel gezähnt, der Hauptdeckel mit einem Dorne. Körper seitlich zusammengedrückt.
Synonyme und Citate2)Ausser den ichthyologischen Hauptautoritäten Artedi, Linné, Bloch, Agassiz, Cuvier und Valengiennes, Heckel und Kner habe ich von den vielen faunistischen Schrift - stellern nur eine ganz beschränkte Zahl ausgewählt, und dabei die Auswahl so getroffen, dass die citirten Faunisten zugleich als Zeugen gelten sollen für das Vorkommen der ver - schiedenen Fischspecies in den einzelnen Flussgebieten: Donau, Rhein, Elbe, Oder, Weich - sel und Pregel. Für das Weser-Gebiet habe ich bis jetzt keinen zuverlässigen Faunisten auf - finden können. Die Citate selbst sind nach der Zeitfolge geordnet, in welcher die Schriften bekannt geworden sind..
Baldner Nr. 423)Die hinter dem Autor-Namen befindlichen Nummern und Buchstaben beziehen sich auf die in der Einleitung aufgeführte Literatur, dasselbe gilt auch von den im Texte hinter einem Autor-Namen von einer Parenthese eingeschlossenen Nummern und Buchstaben.: pag. 164. Taf. 13. Persing.
Artedi Nr. 1: Genera piscium pag. 39. n. 1, Descriptiones specierum piscium pag. 74. n. 1, Synonymia nominum piscium pag. 66. n. 1.
Schaeffer Nr. 17: pag. 1. Tab. I. Fig. 1. Perca vulgaris, Bürstel.
Linné Nr. 2: pag. 481. n. 1, Perca fluviatilis.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 66. Taf. 52, Perca fluvialilis, Baarsch.
Schrank Nr. 23 a: pag. 313. n. 282 Flussbarsch, und pag. 314. n. 383 Bürstling, ferner Nr. 23 c: pag. 98.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 61, Perca fluviatilis, gemeiner Barsch.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. II. 1828. pag. 20, Perca fluviatilis, la Perche commune de rivière.
Gloger Nr. 88: pag. 77. n. 35, Perca fluviatilis, der gemeine Barsch.
Bujack Nr. 97: pag. 354, Perca fluviatilis, Barsch.
Krøyer Nr. 82: Bd. I. 1838 — 40. pag. 1, Perca fluviatilis.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 187. n. 5, Perca fluviatilis, Perche de rivière.
Günther Nr. 47: pag. 10, Perca fluviatilis, Barsch, Barschig.
Leiblein Nr. 51: pag. 115, Perca fluviatilis, Flussbarsch.
Rapp Nr. 41: pag. 4, Perca fluviatilis, Barsch.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 3. Fig. 1, Perca fluviatilis, Flussbarsch.
Fritsch Nr. 75: pag. 200. n. 1, Perca fluviatilis, Flussbarsch.
45Gattung: Perca.Artcharakter: Körper messinggelb, ins Grünliche schillernd, mit mehreren vom Rücken gegen den Bauch laufenden schwärz - lichen Querbinden und mit blauschwarzem Augenflecke am Ende der vorderen Rückenflosse; Brustflossen gelb, Bauchflossen und Afterflossen roth.
1. D. 13 — 15, 2. D. 1 / 14 — 13, P. 14, V. 1 / 5, A. 2 / 8 — 9, C. 17, Squ. 7 — 9 / 60 — 68 / 13 — 151)Bei der Beschreibung der Flossen und Beschuppung habe ich der Kürze wegen ganz die Methode Heckel’s eingehalten (s. dessen Süsswasserfische der östreich. Monar - chie). D bedeutet die Rücken - oder Dorsalflosse, P bedeutet die Brust - oder Pec - toralflosse, V die Bauch - oder Ventralflosse, A die After - oder Analflosse und C die Schwanz - oder Caudalflosse. An den Zahlenformeln, welche hinter den Flossen folgen und welche sich auf die Flossenstrahlen beziehen, zeigen die hinter einem Bruchstriche befindlichen Zahlen immer pinselförmig zersplitterte Strahlen an. Ist der zersplitterte letzte Strahl einer Flosse bis auf den Grund in zwei Bündel abgetheilt, wie das häufig bei dem letzten Strahl der Afterflosse vorkömmt, so wird derselbe doch nur als ein einfacher Strahl gezählt. An der Zahlenformel der Schuppen (Squamae) drückt die vor dem ersten Bruchstriche befindliche Zahl die oberhalb der Seitenlinie gelegenen Schuppen-Längsreihen aus, während die Zahl hinter dem zweiten Bruchstriche die unter der Seitenlinie gelegenen Schuppen-Längsreihen anzeigt. Die zwischen den beiden Bruchstrichen aufgeführten Zah - len dagegen sollen die Schuppenzahl bezeichnen, auf welcher die Seitenlinie hinläuft. Die Zählung der Schuppenreihen wird immer an der breitesten Stelle des Fischleibes, also ge - wöhnlich am Anfange der Rücken - und Bauchflosse vorgenommen..
Aus den von mir angeführten Synonymen wird man wahrnehmen, dass ich die beiden Barscharten, welche Schrank in seiner Fauna boica aufführt, nicht als zwei besondere Species anerkenne. Schrank beschrieb die beiden Barscharten, welche in Bayern einheimisch sein sollen, zuerst in einem be - sonderen Aufsatze (siehe Nr. 23 c) als Perca vulgaris und Perca fluviatilis, und gab von Beiden folgende Kennzeichen an. Für P. vulgaris hob er her - vor: » Die Rückenflossen abgesondert, die vordere mit einem Endflecke, die Stralen der hinteren ästig, der Leib mit Querbinden «, und berief sich auf Schaeffer’s Beschreibung und Abbildung der Perca vulgaris. Von P. flu - viatilis sagte Schrank dagegen: » Die Rückenflossen abgesondert, die vordere mit einem Endflecke, die Stralen beider ungetheilt, der Körper mit Querbin - den «. Hierzu citirte dann derselbe Bloch’s Beschreibung und Abbildung der Perca fluviatilis. Der diagnostische Unterschied zwischen diesen beiden Barscharten soll also auf dem Verhalten der hinteren Rückenflosse beruhen. In Bloch’s Beschreibung heisst es allerdings wörtlich2)Siehe Bloch Nr. 3 a: Thl. II. pag. 67.: » Die erstere (Rücken - flosse) hat am Ende einen schwarzen Fleck und harte, die übrigen aber ha - ben weiche Strahlen, welche in beiden Rückenflossen ungetheilt, in den übrigen Flossen aber die Strahlen vielzweigigt sind «. Auf der von Bloch ge - lieferten Abbildung sind in der That die Strahlen der hinteren Rückenflossen46Familie: Percoidei.wie die der vorderen einfach und stachelig dargestellt, während die Strahlen an allen übrigen Flossen derselben Abbildung durchweg strahlig getheilt sind. Es ist diese von Bloch gegebene Beschreibung und Darstellung des gemeinen Barsches aber durchaus unrichtig, wodurch sogar der Familien - Charakter der Percoiden verwischt ist. Kein den Percoiden angehörender Fisch besitzt an der hinteren Rückenflosse oder an dem hinteren Ende der ungetheilten Rückenflosse einfache und stachelige Strahlen. Schaeffer hat diesen wesentlichen Charakter des Barsches sowohl in der Beschreibung wie in der Abbildung sehr deutlich hervorgehoben, wodurch freilich die beiden von Bloch und Schaeffer abgebildeten Barsche als zwei ganz verschiedene Fische erscheinen. Da nun, wie schon bemerkt, keine Barschform solche Flossen besitzen kann, wie sie Bloch und Schrank an ihrer Perca fluviatilis gesehen haben wollen, so wird mit Recht diese zweite Barschart aus dem Verzeichnisse der Fische gestrichen werden müssen. Es sind auch über - haupt nur wenige Zoologen darauf eingegangen, die von Schrank aufgestell - ten Barscharten anzunehmen. Sogar Bloch selbst, der einen bayerischen Barsch zur Vergleichung von Schrank erhalten hatte, erklärte dem letzteren, dass er diesen Barsch schon in seinem Flussbarsche beschrieben habe1)Vergl. Schrank Nr. 23 c: pag. 100..
Diejenigen, welche gern eine zweite Barschart für Europa erhalten wis - sen wollen, könnten versucht werden, die Verschiedenheiten, welche die vom Rücken der Barsche sich herabziehenden dunklen Querbänder nach Zahl und Ausbreitung darbieten, für Art-Unterschiede zu halten; sie könnten auch als Art-Charakter die Lücke beachtet wissen wollen, welche zwischen der vorderen und hinteren Rückenflosse der Barsche bald in grösserer bald in ganz geringer Ausdehnung besteht oder oft ganz fehlt, oder sie könnten sich auch auf den Unterschied berufen, welchen die Barsche in Bezug auf ihre Körper-Umrisse bieten, indem sowohl langgestreckte und mehr geradrückige als auch kurze gedrungene und zugleich hochrückige Individuen unter den Barschen vorkommen. Es sind dies aber nur unwesentliche Verschiedenhei - ten, die in mannichfaltigster Weise variiren und ineinander übergehen, so dass dieselben gar keine Momente zu Abgrenzungen von Arten abgeben können.
Die dunkeln Querbinden des gemeinen Barsches treten zuweilen sehr undeutlich hervor, ja, sie verlieren sich in gewissen Fällen sogar vollständig. Eine solche ungebänderte Varietät verdient gewiss nicht, zu einer beson - deren Art erhoben zu werden, wie dies von Cuvier und Valenciennes ge - schehen ist2)Siehe Cuvier und Valenciennes Nr. 5: Tom. II. 1828. pag. 45., welche einen in Italien vorkommenden ungebänderten Fluss -47Gattung: Perca.barsch unter dem Namen Perca italica als besondere Art von der Perca fluviatilis trennten. Von Bonaparte wurde indessen diese Perca italica nicht als eigene Species anerkannt1)Siehe Carlo L. Principe Bonaparte: Iconografia della Fauna italica. Tom. III. Pesci. Roma, 1832 — 41. Fol. 79.. Dagegen gehört Bonaparte zu denjenigen wenigen Ichthyologen, welche ausser der Perca fluviatilis auch die von Schaeffer beschriebene Perca vulgaris als besondere Art unterscheiden. In seinem Katalog der europäischen Fische führt Bonaparte noch ausdrücklich an2)Siehe dessen Catalogo metodico dei pesci europei. Napoli, 1846. pag. 55. nr. 476 & 477., dass die auch in Italien einheimische Perca fluviatilis von Mitteleuropa aus sich in die westlichen Gewässer ausbreite, während sich die Perca vul - garis in ihrer geographischen Verbreitung von den Gewässern Mitteleuropa’s nach Osten hin erstrecke. Derselbe beruft sich auf die Abbildungen, welche Marsigli und Meidinger von dem Barsche der Donau geliefert haben. Aller - dings stimmen diese Abbildungen mit Schaeffer’s Perca vulgaris überein, allein der Barsch der Donau ist auch identisch mit dem Barsche des Rhein - Flussgebiets, sowie mit dem Barsche der schweizerischen, italienischen und französischen Flüsse und Seen.
Wären wirklich zwei Barscharten in Europa vorhanden, so würde eher noch die Vermuthung eine Rechtfertigung gefunden haben, dass diese beiden Species nicht als östliche und westliche Form, sondern wie es mit anderen Süsswasserfischen Europa’s der Fall ist, als nördliche und südliche Form durch die Alpenkette getrennt seien. Allein zwischen dem Donaubarsch und den nordischen Barschformen einerseits und den Barschformen von Südtyrol und Italien andererseits ist kein specifischer Unterschied herauszufinden. Heckel, dessen Scharfblick unter dem reichen Material, das ihm bei seinen Arbeiten zu Gebote stand, gewiss die zweite Barschart, wenn sie wirklich in Europa existirte, herausgefunden hätte, hat in Gemeinschaft mit Kner sich nicht entschliessen können, die europäische Barschform in zwei Arten zu zer - splittern, und überhaupt an der einen Barschart so festgehalten, dass er eine auffallend abweichende sehr grossäugige und gestreckte Barschform aus dem Hechtsee (bei Kufstein) nur als Abnormität ansehen zu müssen glaubte3)S. Heckel und Kner Nr. 13: pag. 6..
Man darf nur die verschiedenen guten Abbildungen untereinander verglei - chen, welche den Barsch der östreichischen, schweizerischen, italienischen, französichen, englischen und schwedischen Gewässer darstellen, so wird man sie alle in den Hauptcharakteren des Flussbarsches übereinstimmend finden4)Man vergleiche hierüber die folgenden Werke: Meidinger: Icones piscium Austriae indigenarum. Decuria I. nr. V. Jurine: Histoire abrégée des poissons du lac Léman, in den Mémoires de la société de physique et d’histoire naturelle de Genève. Tom. III. 1825. Pl. 3. Bonaparte: Iconografia della Fauna italica. Tom. III. Tav. 87 (2) Fig. 1.. 48Familie: Percoidei.Bonaparte1)Vergl. dessen lconografia a. a. O. Fol. 70. legt zwar, indem er die beiden oben erwähnten Arten für Europa festhalten will, Gewicht auf den gewölbten Rücken und auf die elliptische Körperform der Perca vulgaris, während die Perca fluviatilis einen mehr ge - raden Rücken und eine gestrecktere Körperform besitzen soll, derselbe hebt ferner hervor, dass bei Perca vulgaris beide Rückenflossen ganz getrennt von einander seien und die erste Rückenflosse verhältnissmässig weniger hoch sei und zwei Strahlen weniger besitze als bei Perca fluviatilis. Alle diese Merkmale sind aber durchaus nicht stichhaltig.
Ich würde mich bei dieser Controverse, welche durch Bloch’s mangel - hafte Beschreibung und unrichtige Abbildung der Perca fluviatilis zuerst an - geregt wurde, nicht so lange aufgehalten haben, wenn nicht auch der aus - gezeichnete Ichthyolog Agassiz die Meinung erfasst hätte, es gebe in Europa zwei Barscharten, und sich dabei auf die hiesige Barschform berufen hätte. Derselbe sagt nämlich in der Isis2)S. deren Jahrgang 1828. pag. 1047.: » Perca fluviatilis Bl. Taf. 52. und Perca vulgaris Schäff. Tab. 1. sind zwei sehr gute Arten, die schon Schrank (Fauna boica) unterschied, ob er gleich von C. fluviatilis nur ein getrocknetes Exem - plar sah; hier (in München) kommt bloss Perca vulgaris zu Markte; sie ist viel rauher und die Zeichnung ist unregelmässiger als bei Perca fluviatilis; in der Schweiz fand ich bloss letztere «. Auch später ist Agassiz derselben Meinung treu geblieben3)Vergl. Schinz Nr. 40 b: pag. 151.. Noch in dem Jahre 1858, am 10ten Mai schrieb mir Agassiz unter anderem: » haben Sie schon bemerkt, dass der Barsch des Donaugebietes von dem der Rhone und des Rheins verschieden ist «. Ich habe Barsche aus dem Mittelrhein (von Basel) und aus der Rhone (von Lyon) vor mir, und sehe keinen wesentlichen Unterschied zwischen ihnen und dem hiesigen Barsch.
Eine eigenthümliche Varietät des Barsches habe ich hier zuweilen auf dem Fischmarkt angetroffen, welche sich durch eine citronengelbe Färbung auszeichnet und aus den Teichen von Dinkelsbühl herrühren soll. Diese gelbe Farbe ist unabhängig von dem messinggelben Glanze des Barsches und tritt an der sonst weisslichen Bauchseite am deutlichsten hervor. Die Farbe geht von einer fettartigen Substanz aus, welche als kleine, dicht gedrängte Körnerhaufen von unregelmässiger Gestalt in der Cutis eingebettet liegt. Ob die von Günther4)S. dessen Beiträge zur Kenntniss unserer Süsswasserfische, in Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. 1855. pag. 198. auf den Fischmärkten in Berlin bemerkte ganz4)Cuvier: Le règne animal. Nouv. (3e) édit. Les poissons. Atlas. Pl. VI. Fig. 1. Yarrel: A history of british fishes, sec. edit. 1841. Vol. I. pag. 1. Wright, Fries och Ekström: Skandinaviens fiskar. Stockholm, 1836. 1 Heft. Pl. I. Fig. 1.49Gattung: Perca.goldglänzende Varietät des Barsches mit der hier vorkommenden gelben Va - rietät zusammenfällt, muss ich dahin gestellt sein lassen. Durch diese Va - rietäten tritt übrigens der europäische Flussbarsch dem in Nordamerica all - gemein verbreiteten gelben Barsch (Perca flavescens Cuv. Val.)1)Vergl. Richardson: Fauna boreali-americana. London, 1836. pag. 1. Pl. 74. De Kay: Zoology of New-York. Part. IV. Fishes. Albany, 1842. pag. 3. Plate I. Fig. 1. noch um vieles näher.
Der in ganz Europa einheimische Flussbarsch ist einer der verbreitet - sten Fische in Süddeutschland, er findet sich sowohl in den kleineren wie grösseren Flüssen und Bächen des Donau - und Rhein-Gebiets, sowie in den kleineren und grösseren Seen, nur in gewissen Gebirgsseen fehlt er, z. B. im Hintersee (bei Berchtesgaden) und in den sehr hochgelegenen, an sich sehr fischarmen kleinen Alpenseen (Funtensee, Grünsee). Auch in Norddeutsch - land zeigt sich der Barsch fast in allen Flüssen und Seen als ein sehr gemei - ner Fisch.
Die Benennungen des Barsches wechseln in den verschiedenen Gegenden Süddeutschlands ausserordentlich. Ausser Bürstel, Bürstling, Bürschling, Bärsch, Bärschling, Bersich wird dieser Fisch am Chiemsee Anbeiss, Schratz oder Schratzen genannt, während ihre Brut dort unter dem Namen Zängel bekannt ist. Am Bodensee heisst der Barsch im ersten Jahre Hürling oder Heuerling, im zweiten Jahre Kretzer, Stichling oder Egli und späterhin Rerling.
Der Barsch gehört zu den gefrässigsten Raubfischen; er ernährt sich zwar auch von Insectenlarven, kleinen Krebsarten und Schnecken, verschlingt aber ebenso gern Fische, die er oft aus einem Hinterhalte mit Blitzesschnelle überfällt und unter hartnäckiger Verfolgung durch geschickte schnelle Wen - dungen zu überwältigen weiss. Die in zahlreichen Schaaren unter der Ober - fläche des Wassers ruhig dahin schwimmenden kleineren Cyprinoiden, na - mentlich die Lauben (Alburnus lucidus) werden oft durch solche Ueberfälle des Barsches in Schrecken und Verwirrung gesetzt, wobei manche dem gie - rigen Rachen des Räubers durch einen Luftsprung zu entweichen suchen. Aber die Raubgier des Barsches wird auch zuweilen bestraft, indem derselbe bei dem zu hastigen Verschlingen seiner Beute das Unglück hat, den erhasch - ten Fisch von dem weit geöffneten Rachen aus in eine der seitlichen Kiemen - spalten hineinzudrängen, in welcher der Fisch stecken bleibt und mit dem Räuber zugleich stirbt.
Die Laichzeit des Barsches fällt in die Monate des März, April und Mai. Die Weibchen geben ihre Eier in Schnüren von sich2)Siehe Schaeffer: Pisc. bavar. ratisbon. pent. Tab. I. Fig. 1 b., welche netzförmig untereinander verklebt sind und welche von diesen Fischen an Steinen und Wasserpflanzen befestigt werden.
v. Siebold, Fische. 450Familie: Percoidei.Nach den Angaben des erfahrenen Fischers und Gemeindebeamten Aigner in Salzburg soll man unter 100 gefangenen Barschen kaum 10 Männchen an - treffen1)Vergl. Heckel und Kner: Nr. 13. pag. 6.. Auch von Cuvier und Valenciennes wird gemeldet2)Vergl. deren Hist. nat. des poiss. Tom. II. pag. 27., dass in Paris sich das Zahlenverhältniss der männlichen Barsche zu den Weibchen als 1 zu 50 herausstelle, doch fügen dieselben hinzu, dass nicht überall eine solche Armuth von Barsch-Männchen existire, da das Dorf Lisse am Harlemer See einer Speise wegen berühmt sei, welche nur aus Barschmilch bereitet würde. Hier in München habe ich zwischen männlichen und weiblichen Barschen kein auffallendes Missverhältniss in Bezug auf ihre Zahl wahrnehmen können, unter 25 Individuen zählte ich 8 Männchen und 17 Weibchen.
Von dem Barsche geben Heckel und Kner an3)A. a. O. pag. 6., dass er sich nicht in grösseren Tiefen aufhalte, sondern meist 2 — 3 Fuss unter dem Wasserspiegel angetroffen werde. Ich muss dieser Bemerkung hinzufügen, dass sich der Barsch auch in ausserordentlicher Tiefe des Wassers aufhalten kann, worüber ganz bestimmte Erfahrungen gemacht worden sind. Sehr häufig werden näm - lich mit Netzen, welche auf Seen in grosse Tiefen zum Fangen von Grund - fischen hinabgelassen werden, auch Barsche heraufgezogen, welche zum Beweise, dass sie wirklich in sehr grosser Tiefe sich längere Zeit aufgehal - ten, ganz eigenthümliche Erscheinungen an sich wahrnehmen lassen. An allen solchen aus grossen Tiefen des Bodensees bei dem Kilchenfang mit her - aufgezogenen Barschen sah ich die Rachenhöhle mit einem sonderbaren, einer geschwollenen Zunge ähnlichen Körper ausgefüllt, welcher bei einigen sich sogar aus dem Maule hervordrängte. Bei näherer Untersuchung überzeugte ich mich, dass dieser pralle, kegelförmige Körper der nach aussen umge - stülpte Magen dieser Raubfische war. Durch Oeffnen der Leibeshöhle über - zeugte ich mich ferner, dass die Schwimmblase, deren Wandung durch die bei dem Heraufziehen der Barsche aus einer Tiefe von 30 bis 40 Klafter stark ausgedehnte Luft von innen nach aussen zu stark gespannt und zuletzt ge - borsten war, wodurch die in die Bauchhöhle ausgetretene Luft Gelegenheit fand, den Magensack nach der Mundhöhle hinaus umzustülpen. Schon Bloch erwähnt diese Erscheinung an den Barschen als eine besondere Krankheit, welche den Fischern unter dem Namen Windsucht bekannt sei. Er selbst beobachtete diese Tympanitis bei Barschen, welche aus dem Maduisee beim Maränenfang mit aufgefischt worden waren und erklärte die aus der Mund - öffnung dieser Barsche hervorgetretene Blase als die innere herausgetriebene Haut des Mundes4)Vergl. Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 70. oder Nr. 3 c: pag. 278.. An den Barschen des Genfersees sind ähnliche Wahr -51Gattung: Lucioperca.nehmungen gemacht worden, welche bereits Gesner1)Vergl. Gesner Nr. 34 a: pag. 824. oder Nr. 34 b: pag. 168. b. angeführt hat. Von Jurine2)S. dessen Histoire des poissons du lac Léman in den Mémoires de la société de physique et d’histoire naturelle de Genève. T. III. 1825. pag. 153. wurde die aus dem Maule dieser Barsche hervorgedrängte Blase ganz richtig gedeutet und ihre Entstehung ebenso richtig erklärt.
Gattungscharakter: Zwei Rückenflossen; zwischen den Bürsten - zähnen des Mauls ragen längere und stärkere spitz conische Zähne hervor; an dem Kiemendeckel-Apparat nur der Vor - deckel gezähnt.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 39. n. 2, Deser. spec. pisc. pag. 76. n. 2, Syn. nom. pisc. pag. 67. n. 2.
Linné Nr. 2: pag. 481. n. 2, Perca Lucioperca.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 62. Taf. 51, Perca Lucioperca, Zander.
Schrank Nr. 23 a: pag. 314. n. 284, Nagemaul.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. II. 1828. pag. 110. Pl. 15, Lucioperca Sandra, le Sandre.
Gloger Nr. 88: pag. 77. nr. 36, Sand-Barsch.
Bujack Nr. 97: pag. 355, Lucioperca Sandra, Zander.
Fürnrohr Nr. 20: pag. 5, Lucioperca Sandra, Schill.
Krøyer Nr. 82: Bd. I. 1838 — 40. pag. 32, Lucioperca Sandra.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 8. Fig. 2, Lucioperca Sandra, Schiel.
Fritsch Nr. 75: pag. 200. n. 2, Luciperca Sandra, Schiel.
Artcharakter: Rücken und Seiten des Leibes grünlich grau, Bauch weisslich; vom Rücken ziehen sich an den Seiten herab braune verwaschene Flecke, die zuweilen zu Querbin - den verschmelzen. Rückenflossen und zuweilen auch die Schwanzflosse schwarz punctirt, Brust -, Bauch - und Af - terflosse schmutziggelb.
1. D. 14, 2. D. 1 / 20 — 22, P. 15, V. 1 / 5, A. 2 / 11, C. 17, Squ. 12 — 14 / 75 — 90 / 16 — 20.
Der Schill oder Zander, welchen letzteren Namen dieser Fisch in Nord - deutschland führt, zeichnet sich durch seinen langgestreckten Körper, sowie durch seinen langgezogenen hechtähnlichen Kopf aus. Es ist der Schill ein äusserst gieriger Raubfisch, der dem Hecht sowohl in der Grösse wie in der4*52Familie: Percoidei.Gefrässigkeit wenig nachgiebt. Das Fleisch desselben wird seiner Zartheit und Schmackhaftigkeit wegen sehr hoch geschätzt.
Das Vorkommen des Schill ist in Süddeutschland nur auf die Donau und auf einige grössere Seen beschränkt, während derselbe im Elbe - und Oder - Gebiet, sowie in den Seen und Flüssen des übrigen nordöstlichen Deutsch - lands allgemein verbreitet vorkömmt. Der Schill ist den Donaufischern von Ulm bis Passau wohl bekannt. Auffallend bleibt immer die geringe Verbrei - tung desselben in den süddeutschen Seen. Ausser im Ammersee findet sich dieser Fisch nur noch im Attersee und Traunsee nach dem Zeugniss von Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 11) und im Seekirchner-See nach dem Zeug - niss von Aigner (Nr. 22: pag. 90). Zwar geben Heckel und Kner (a. a. O.) auch an, dass das kaiserl. Naturaliencabinet zu Wien Exemplare des Schill vom Bodensee besitze, allein es mag dies auf einer Verwechslung beruhen, denn weder Mangolt, Hartmann noch Nenning erwähnen diesen Fisch in ihren Fischfaunen des Bodensees, auch sagt Rapp (Nr. 41: pag. 139) ausdrücklich, dass Lucioperca Sandra im Bodensee nicht vorkomme. Ich selbst habe den Bodensee oft besucht und mich in verschiedenen Gegenden desselben, in Lindau, Bregenz, Rorschach, Constanz, Ueberlingen und Langenargen bei den Fischern nach den Bewohnern des Bodensees erkundigt, aber nie etwas über die Existenz des Schill als Bodensee-Fisch erfahren können. Es ist jeden - falls für die geographische Verbreitung der mitteleuropäischen Süsswasser - fische von Interesse, dass weder das Rhein-Gebiet noch das Weser-Gebiet die Lucioperca Sandra aufzuweisen haben.
Als Laichzeit des Schill wird der April, Mai und Anfang Juni angegeben. Da der Schill in Süddeutschland so wenig verbreitet ist und derselbe, wenn er aus dem Wasser genommen wird, sehr schnell abstirbt, wird es kaum ge - lingen, diesem Fische durch Verpflanzung eine weitere Verbreitung zu geben; dennoch möchte sich eine weitere Verbreitung dieses schmackhaften Tafelfi - sches verlohnen, zu welcher die künstliche Befruchtung der Fischeier und deren leichter Transport ein vortreffliches Hülfsmittel an die Hand giebt. Es scheint aber, als ob die künstliche Fischzucht in dieser Beziehung noch nichts geleistet habe.
Gattungscharakter: Zwei getrennte Rückenflossen; Maul mit Bürstenzähnen besetzt; Schnauze über den Unterkiefer hervorragend; Vordeckel schwach gezahnt, Hauptdeckel mit einem Dorne; Körper spindelförmig gestreckt. Brust und Bauch mehr oder weniger schuppenlos.
53Gattung: Aspro.Syn. u. Citate.
Marsigli Nr. 28: pag. 27. Tab. 9. Fig. 3. Asper pisciculus l, Zingel.
Schaeffer Nr. 17: pag. 58. Tab. III. Fig. 1. Asperulus, Zindel.
Linné Nr. 2: pag. 482. Perca Zingel.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 173. Taf. 106. Perca Zingel, Zingel.
Schrank Nr. 23 a: pag. 316. n. 286. Zingel.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. II. 1828. pag. 194. Aspro Zingel, le Cingle.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 16. Fig. 5. Aspro Zingel, Zingel.
Artcharakter: Erste Rückenflosse mit dreizehn, zweite Rücken - flosse mit neunzehn Strahlen; Schwanz kurz und gedrun - gen; Grundfarbe braungelb mit schwärzlichen schiefen und bald mehr bald weniger verwaschenen Querbinden.
1. D. 14, 2. D. 1 / 18 — 20, P. 14, V. 1 / 5, A. 1 / 12 — 13, C. 21, Squ. 7 / 90 / 13 — 14.
Das Vorkommen des Zingel, der eine Länge von 1 bis 1½ Fuss erreichen kann, ist nur allein auf das engere Flussgebiet der Donau beschränkt, in deren grösseren Nebenflüssen derselbe noch hier und dort angetroffen wird, z. B. im Lech nach Grandauer (Nr. 16: pag. 16), in der Naab und im Regen nach Fürnrohr (Nr. 20: pag. 5), in der Salzach nach Schrank (Nr. 23 a: pag. 316) und in der Isar nach meinen Erfahrungen.
Seine Laichzeit soll in den April und Mai fallen. Er kömmt immer nur einzeln auf den hiesigen Fischmarkt, und wird trotz seiner Grösse wenig beachtet.
Unter den älteren Ichthyologen hat Willughby eine auffallende Verwechs - lung begangen und statt der Lucioperca Sandra den Aspro Zingel beschrieben und abgebildet1)S. dessen Historia piscium a. a. O. pag. 293. Cap. XV. Tab. S. 14.; es ist dieses Versehen unbemerkt geblieben, zumal da Bloch in seiner Naturgeschichte der Fische Deutschlands2)A. a. O. Th. II. pag. 62. Willughby’s Be - schreibung und Abbildung des Zingel unter den Synonymen des Schill mit aufgeführt hat. Offenbar hat Willughby den Schill beschreiben wollen, in - dem als Name des Fisches Schilus, Nagemulus und Sandat und als Fundort desselben die Donau und der Ammersee von ihm angegeben worden ist. Es ist aber auch kein Zweifel, dass derselbe zur Beschreibung des Schill einen Zingel vor sich hatte, denn derselbe wundert sich darüber, dass sein Exem - plar nur 1½ Fuss lang gewesen, während Gesner die Länge des Schill bis zu einer Elle angegeben habe; er hebt ferner hervor, dass die Brust seines Exemplars schuppenlos und die Schnauze desselben hervorragend gewesen54Familie: Percoidei.sei, ferner dass die Zeichnungen weder transvers, wie bei dem Schrätzer, noch senkrecht wie bei dem Barsch, mithin also schief gewesen seien; alles dies passt auf Aspro Zingel und nicht auf Lucioperca Sandra. Auch die Ab - bildung, welche Willughby von diesem vermeintlichen Schill geliefert hat, stimmt ganz und gar zu dem Zingel, die Beschuppung und Schuppenlosigkeit am Cephalothorax ist genau so dargestellt, wie sie bei dem Zingel charak - teristisch ist, der Dorn am Deckel fällt deutlich in die Augen, während die conischen Zähne im Maule dagegen fehlen, wodurch die Abbildung als Zingel gar nicht zu verkennen ist.
Syn. u. Citate.
Marsigli Nr. 28: pag. 28. Tab. 9. Fig. 4. Asper pisciculus II, Ströber.
Schaeffer Nr. 17: pag. 69. Tab. III. Fig. 6. 7. Asper verus, Streber.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 175. Taf. 107. Fig. 1. Perca asper, Streber.
Schrank Nr. 23 a: pag. 315. n. 285. Streber.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 14. Fig. 4. Aspro vulgaris, Streber.
Artcharakter: Erste Rückenflosse mit acht bis neun, zweite Rückenflosse mit dreizehn Strahlen; Schwanz lang und sehr schmächtig; Grundfarbe braungelb mit vier bis fünf schwärzlichen schiefen Binden.
1. D. 8 — 9, 2. D. 1 / 12 — 13, P. 14, V. 1 / 5, A. 1 / 12, C. 17, Squ. 5 / 70 — 80 / 10.
Der Streber, welcher höchstens die Grösse von 6 bis 7 Zoll erreicht, ist in seiner Verbreitung innerhalb Deutschlands ganz wie der Zingel, nur auf das Flussgebiet der Donau beschränkt und gehört zugleich zu den seltenen Fischen. Ich erhielt den Streber aus der Donau und aus der Amper, ausserdem findet sich derselbe auch noch in folgenden Nebenflüssen der Donau, in der Mindel nach Grandauer (Nr. 16: pag. 21), in der Naab und im Regen nach Fürnrohr (Nr. 20: pag. 5) und in der Salzach nach Heckel (Nr. 21 i: pag. 190). Auch in der Rhone soll dieser Fisch, wie von vielen Ichthyologen behauptet wird, vorkommen, und zwar nach dem Zeugnisse des Agassiz1)Vergl. Schinz: Fauna helvetica a. a. O. pag. 51. nur unterhalb des Genfer Sees, es ist dies aber eine unrichtige Angabe, wie ich weiter unten nachweisen werde. Auch dass der Streber, wie Hartmann angiebt2)S. dessen: Helvetische Ichthyologie a. a. O. pag. 68., im Rhein angetroffen werden soll und zwar nur bis Basel hinauf, wo dieser Fisch » Kutz « genannt werde, muss ich bezweifeln; es beruht diese unrichtige Angabe wahrscheinlich auf einer Verwechslung des Streber mit dem Kaulbarsch, ich55Gattung Aspro.wenigstens habe in keinem anderen ichthyologischen Werke, welches die Fischfauna des Rhein-Gebiets bespricht, den Streber erwähnt gefunden und auch in keiner der von mir besichtigten Fischsammlungen denselben als Be - wohner des Rhein-Gebiets aufbewahrt gesehen.
Der Streber, dessen Laichzeit in den März und April fallen soll, hat übrigens seiner geringen Grösse und Seltenheit wegen für den Fischfang wenig Interesse, daher es sehr schwer fällt, die Fischer dahin zu bringen, diesem Fische ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Anmerkung. Es wird aufgefallen sein, dass ich dem Streber den von Cuvier aufge - stellten systematischen Namen Aspro vulgaris nicht belassen, sondern es vorgezogen habe, denselben mit einem anderen Artnamen zu bezeichnen, auch wird es manchen Leser be - fremdet haben, dass unter den von mir angeführten Synonymen des Streber weder Ar - tedi’s und Linné’s Perca Asper1)Vergl. Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 40. n. 3. Syn. nom. pisc. pag. 67. n. 3. Lugdu - nensibus in Gallia Apron, Ratisbonae Strever. Linné Nr. 2: pag. 482. n. 3. Perca Asper. noch der Aspro vulgaris des Cuvier & Valenciennes auf - geführt worden ist. Es ist dies von mir absichtlich unterlassen worden, weil ich zu der Ueberzeugung gekommen bin, dass unter Asper pisciculus und Aspro vulgaris bisher zwei verschiedene Fische zusammengeworfen worden waren. Der kleine Aspro des Rhone-Gebiets ist jedenfalls ganz verschieden von dem kleinen Aspro, welcher das Donau-Gebiet bewohnt. Ich habe ein Exemplar des Aspro vulgaris aus der Rhone, welches ich durch den Natura - lienhändler Coinde von Lyon erhalten habe, mit vierzehn Exemplaren des Streber der Donau und Amper verglichen und zwischen ihnen ganz bestimmte Art-Unterschiede wahrgenommen. Indem ich für beide Aspro-Arten als Species-Bezeichnung die Volks - namen Apron und Streber gewählt habe, glaube ich mich auf Aspro Zingel und viele andere Fische berufen zu können, für welche ebenfalls die Volksnamen als Art - Namen beibehalten wurden. Als Diagnose für diese Aspro-Art lässt sich folgendes hin - stellen:
Syn. u. Citate.
Rondelet: Universae aquatilium historiae pars altera. Lugduni, 1555. pag. 207. Cap. XXXII. De Aspero pisciculo.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. II. 1828. pag. 188. Pl. 26. Aspro vulgaris, l’Apron.
Cuvier: Règne animal, nouvelle édition, accompagnée de planches. Les poissons par Valenciennes. Pl. 6. Fig. 2. Aspro vulgaris.
Guerin: Iconographie du Règne animal. Poissons. Pl. I. Fig. 5. Aspro vulgaris.
Artcharakter: Erste Rückenflosse mit neun, zweite Rückenflosse mit dreizehn Strahlen; Schwanz kurz und gedrungen; Grund - farbe braungelb mit vier schwärzlichen schiefen Binden.
1. D. 9, 2. D. 1 / 12, P. 14, V. 1 / 5, A., 1 / 9, C. 21. Squ. 7 / 70 / 14.
Der von mir untersuchte Apron der Rhone hat eine Körperlänge von fünf Zoll und stimmt in seinen Körperumrissen mit dem Zingel sehr überein, so dass ich anfangs glaubte,56Familie: Percoidei.ich hätte einen jungen Zingel vor mir, aber die Zahl der Strahlen in den Rückenflossen jenes Fischchens belehrte mich eines andern, denn ich zählte in der ersten Rückenflosse des Apron neun Strahlen und in der zweiten Rückenflosse desselben dreizehn Strahlen. Die grösste Breite des Apron befindet sich, wie bei der Gattung Aspro überhaupt, zwischen den beiden Kiemendeckeln, fällt aber bei weitem nicht so auf als bei dem Streber der Donau. Der Schwanz bietet das Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen dem Apron der Rhone und dem Streber der Donau dar. Derselbe erscheint nämlich beim Apron mehr kurz und gedrungen, während derselbe beim Streber sich langgestreckt und äusserst verschmäch - tigt darstellt, welcher Unterschied am deutlichsten und augenblicklich hervortritt, so wie man beide Fische von der Seite betrachtet. Bei genauerer Messung des dünnen, stielför - migen Schwanzes vom Streber ergiebt es sich, dass, während der senkrechte Durchmes - ser der niedrigsten Stelle des Apron-Schwanzes der Entfernung zwischen dem hinteren Augenwinkel und dem hinteren Nasenloche dieses Fisches gleichkömmt, dagegen der senk - rechte Durchmesser der niedrigsten Stelle vom Streber-Schwanze nicht einmal den Quer - durchmesser der Augenhöhlenöffnung dieses Fisches erreicht. Die Beschuppung und Schup - penlosigkeit am Cephalothorax des Apron zeigt sich ebenfalls in anderer Abgrenzung als bei dem Streber, da ich aber nur ein Exemplar von Apron vor mir habe, so mochte ich diese Verschiedenheiten nicht als Species-Merkmal hervorheben, dennoch kann ich es nicht unerwähnt lassen, dass bei meinem Exemplare des Apron der Rhone die Beschuppung sich am Cephalothorax nur auf den Kiemendeckel, auf das obere Ende des Vordeckels und auf den Raum der Stirne zwischen Nasenlöchern und Augen beschränkt, der Scheitel und alle übrigen Theile des Cephalothorax erscheinen unbeschuppt; zugleich sind auch die am Kopfe vorhandenen Schuppen im Vergleiche zu den Schuppen des übrigen Körpers ausser - ordentlich klein und viel weniger entwickelt. Bei meinen vierzehn Exemplaren des Streber der Donau dagegen ist der Cephalothorax um vieles reichlicher beschuppt, die Schuppen der Stirne bedecken nach vorn einen Theil der Schnauze und nach hinten einen Theil des Scheitels, auch die Beschuppung des Kiemendeckelapparats breitet sich mehr nach oben und vorn aus, wodurch nur ein sehr kleiner Theil der Scheitelmitte nackt bleibt und auch der Raum unterhalb der Augen beschuppt erscheint, Sehr auffallend verschieden zeigt sich diese Beschuppung des Streber im Vergleich zu der des Apron noch dadurch, dass alle Schuppen am Cephalothorax des ersteren gleiche Grösse und gleiche Entwicklung besitzen wie die übrigen Schuppen dieses Fisches.
Auch in der Zeichnung treten bestimmte Unterschiede zwischen Apron und Streber hervor. Die schwärzlichen schiefen Binden des Körpers, von denen bei dem Streber immer fünf in die Augen springen, während bei Apron nur vier deutlich vorhanden sind, zeigen in beiden Arten eine sehr verschiedene Vertheilung. Die zweite Binde erstreckt sich bei dem Streber über die Wurzel der ersten Rückenflosse hinaus weit nach hinten, die dritte Binde läuft von der Mitte der zweiten Rückenflosse herab, und die vierte Binde nimmt die Mitte des Schwanzes ein. Bei Apron dagegen beginnt die zweite Binde am Ende der ersten Rückenflosse und reicht nach hinten über den Anfang der zweiten Rückenflosse hinweg, worauf die dritte Binde dicht hinter der zweiten Rückenflosse folgt.
Ich hätte es nicht gewagt, auf die Verschiedenheiten hin, welche mir an dem einzigen mir zu Gebote stehenden Exemplare des Apron der Rhone bei dem Vergleich mit meinen vierzehn Exemplaren des Streber der Donau entgegentraten, eine besondere Art zu gründen, wenn mich nicht die verschiedenen Beschreibungen und Abbildungen, welche von dem Aspro vulgaris Cuv. der Rhone und der Donau existiren, dazu veranlasst hätten, indem ich auch an diesen Beschreibungen und Abbildungen den von mir herausgefundenen Unter - schied des Apron und Streber habe erkennen können. Nur bei der Abbildung des Apron der Rhone, welche zuerst durch Rondelet (a. a. O.) gegeben wurde, tritt das von mir auf - gestellte diagnostische Merkmal am Schwanze nicht scharf hervor, was davon herrühren mag, dass Rondelet diesen Fisch von oben dargestellt hat, wodurch der etwas seitlich zu -57Gattung: Aspro.sammengedrückte Schwanz schmächtiger erscheint und an die durchweg schmächtige Schwanzform des Streber erinnert. Rondelet, dem wir überhaupt die erste bestimmte Nachricht über den Apron verdanken, kannte diesen Fisch nur aus der Rhone, und gab als Fundort die zwischen Lyon und dem südlich gelegenen Vienne befindliche Strecke jenes Flusses an1)Rondelet (a. a. O.) sagt von diesem Fischchen: » Lugdunenses pisciculum Gobioni persimilem Apron vocant ab asperitate squamarum. In Rhodano tantum invenitur, sed non quovis ejus loco, verum ea fere in parte quae inter Viennam et Lugdunum est interjecta. Est igitur pisciculus Rhodano peculiaris, capite latiore quam Gobio, in acutum desinente « etc.. Von Rondelet ist die Nachricht über die Existenz des Apron in die anderen älteren ichthyologischen Schriften übergegangen. Gesner2)Gesner Nr. 34 a: pag. 478. beschreibt unter dem Namen Asper denselben Fisch und fügt eine Copie nach Rondelet’s Abbildung hinzu. Später lässt Gesner3)Ebenda pag. 1277, vergl. ferner dessen Fischbuch a. a. O. pag. 173 a und dessen Nomenclator a. a. O. pag. 310: » Asper Danubii, quem hic proponimus piscis apelletur, propter similitudinem ejus cum Aspero Rhodani, quamquam multo major «. die Beschreibung und Abbildung eines Fisches folgen, den er unter dem Namen Zindel aus der Donau erhalten hatte, und spricht sich dabei deutlich aus, dass dieser Zin - del dem Apron sehr ähnlich, aber doch von ihm verschieden sei. Man erkennt an der un - vollkommenen Abbildung, welche Gesner von diesem Donaufische gegeben, trotz des Feh - lens der Afterflosse, doch ganz deutlich, dass derselbe den Aspro Zingel vor sich hatte. Auch Aldrovandi4)Aldrovandi: De piscibus. Bononiae, 1613. pag. 615. erwähnt beide Fische und copirt die Abbildungen derselben, ohne sie für eine und dieselbe Art zu halten. Jonston5)Jonston: Historiae naturalis de piscibus et cetis libri V. Francofurto ad Moenum, 1649. pag. 141. Tab. XXVI. Fig. 18 & 19. hat den Aldrovandi in Bezug auf diese bei - den Fische in seiner gewohnten Weise abgeschrieben. Es findet sich demnach gar keine Veranlassung, dem Gesner, Aldrovandi und Jonston, wie es von Bloch6)Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 178. geschehen ist, Vorwürfe zu machen, dass sie den Apron und Zingel mit einander verwechselt hätten. Willughby war der erste, welcher den Apron der Rhone mit dem Streber der Donau zusam - mengeworfen, indem er in seinem grossen Fischwerke den Asper pisciculus des Rondelet beschrieben und copirt, und in der Ueberschrift des Capitels zu dem Lyoner Apron den Regensburger Namen Streber als synonym hinzugesetzt hat7)Willughby: Historia piscium. 1686. pag. 294. Cap. XVI, dessen Ueberschrift lau - tet: » Asper pisciculus Rondel. Gobioni persimilis; Gesn. p. 478. Aldrov. lib. 5. cap. 27. Ratisbonae Strever «. Tab. S. 15. Fig. 4 (nach Rondelet).. Wahrscheinlich hat Wil - lughby auf seinen Reisen Gelegenheit gehabt, den Streber der Donau kennen zu lernen. Von jetzt ab ward der Streber und Apron von den späteren Ichthyologen, von Ray, Artedi, Linné und anderen für eine und dieselbe Species gehalten. Die Verwechslung kam nicht zu Tage, nachdem Marsigli zum ersten Male den Streber genauer beschrieben und abge - bildet hatte, denn Marsigli selbst citirt8)Marsigli Nr. 28: Tom. III. pag. 28. Tab. 9. Fig. 4. zu seinem » Asper pisciculus II, Stroeber oder Streber « nach dem Beispiel Willugby’s den Asper pisciculus des Rondelet. Diese Ver - wechselung beider Fische währte noch fort, nachdem auch Schaeffer (Nr. 17. a. a. O.) mit seiner vortrefflichen Darstellung des Streber hervorgetreten war, und es trägt wohl ledig - lich die unvollständige Beschreibung und unvollkommene Abbildung, welche Rondelet von dem Apron der Rhone gegeben hatte, die Schuld, dass auch Bloch9)Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 177, wo es von dem Streber fälschlich heisst: » Diesen Fisch treffen wir in Frankreich in der Rhone und in Bayern in verschiedenen Flüssen und Seen an. « den Streber der58Familie: Percoidei.Donau und den Apron der Rhone als zwei besondere Arten nicht auseinander hielt. Um so mehr muss es auffallen, dass Cuvier und Valenciennes, von welchen der Apron der Rhone zuerst (Nr. 5. a. a. O.) genauer beschrieben und abgebildet wurde, ebenfalls den Unter - schied zwischen Apron und Streber nicht wahrgenommen haben. Dass dieselben einen Apron der Rhone bei ihrer Beschreibung des Aspro vulgaris vor sich hatten, erkennt man aus der beigefügten Abbildung, welche von der Abbildung des Streber der Donau, wie sie sich in den Schriften von Marsigli, Schaeffer, Bloch und Heckel und Kner vorfindet, ausser - ordentlich abweicht, und gerade diejenigen Speciescharaktere an sich trägt, welche ich für Aspro Apron hervorgehoben habe. Ganz ähnlich verhalten sich auch die späteren Abbil - dungen des Apron in dem Atlas von Valenciennes (a. a. O.) und in der Iconographie von Guerin (a. a. O.). Der kurze gedrungene Schwanz auf den genannten Abbildungen des Aspro vulgaris sticht ausserordentlich ab gegen den langen schmächtigen Schwanz auf den Abbildungen des Streber bei den oben angeführten Ichthyologen. Schon die Aehnlichkeit des Apron in der äussereren Körperform mit dem Gobio (Grundel, Gressling), mit welchem Fisch Rondelet den Apron ganz richtig verglichen hat, weisst auf eine Verschiedenheit des Apron und Streber hin, denn niemandem wird es einfallen, den dünnschwänzigen Streber mit einer Grundel vergleichen zu wollen.
Nach dieser Auseinandersetzung wird es erhellen, dass auch in dem Werke von Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 14) über die östreichischen Süsswasserfische die bei dem Streber der Donau aufgeführten Synonymen der französischen Zoologen gestrichen wer - den müssen.
Gattungscharakter: Eine einfache Rückenflosse, Maul mit Sam - metzähnen besetzt; Vordeckel und Hauptdeckel mit Sta - cheln; mehrere Gruben an den Kopfknochen. Brust und Bauch mehr oder weniger schuppenlos.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 210. Taf. 38. Kutt.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 40. n. 4, Descript. spec. pisc. pag. 80. n. 3. Syn. nom. pisc. pag. 68. n. 4.
Schaeffer Nr. 17: pag. 37. Tab. II. Fig. 1. Schroll, Pfaffenlaus.
Linné Nr. 2: pag. 487. n. 30. Perca cernua.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 74. Taf. 53. Fig. 2. Perca cernua, Kaulbarsch.
Schrank Nr. 23 a: pag. 316. n. 287. Kaulbarsch.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. III. 1829. pag. 4. Pl. 41. Acerina vulgaris, la Gremille commune.
Gloger Nr. 88: pag. 77. n. 34. Perca cernua, Kaulbarsch.
Bujack Nr. 97: pag. 356. Acerina cernua, Kaulbarsch.
Krøyer Nr. 72: Bd. I. 1838 — 40. pag. 43. Acerina vulgaris.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 187. n. 4. Acerina cernua, Grémille Gougeonnière.
Günther Nr. 47: pag. 14. Acerina vulgaris, Kaulbarsch.
Leiblein Nr. 51: pag. 115. Acerina vulgaris, Kaulbarsch.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 19. Fig. 6. Acerina vulgaris, Kaulbarsch.
Fritsch Nr. 75: pag. 200. Acerina vulgaris, Kaulbarsch.
59Gattung: Acerina.Artcharakter: Körper kurz und gedrungen; Schnauze stumpf; die ersten 12 bis 14 Strahlen der Rückenflosse sind Stachel - strahlen; Farbe des Rückens und der Seiten olivengrün mit unregelmässig zerstreuten dunklen Flecken und Puncten, Rückenflosse und Schwanzflosse mit schwärzlichen Punct - reihen.
D. 12 — 14 / 11 — 14, P. 13, V. 1 / 5, A. 2 / 5 — 6, C. 17, Squ. 6 — 7 / 37 — 40 / 10 — 12.
Der Kaulbarsch, welcher eine Grösse von acht Zoll erreichen kann, ge - hört allen Flussgebieten von Mitteleuropa an, wird aber in Norddeutschland verbreiteter und häufiger angetroffen als in Süddeutschland. Ich habe den - selben aus der Donau bei Regensburg, aus dem Main bei Würzburg, aus dem Neckar bei Heidelberg und aus dem Rhein bei Strassburg gesammelt. Der zuletzt erwähnte Fundort widerlegt die Behauptung Sander’s (Nr. 44: pag. 171), dass der Kaulbarsch nicht über Rusheim (ohnweit Germersheim) hinauf im Rhein vorkommen soll. Ausserdem behauptet auch Schinz (Nr. 40 b: pag. 151), dass der Kaulbarsch unter dem Namen » Kutz « in Basel ein sehr bekannter Rheinfisch ist, woraus sich ganz klar herausstellt, dass sich Hartmann, wie schon oben (pag. 54) erwähnt wurde, getäuscht hat, wenn er den Streber statt des Kaulbarsch als einen Fisch des Rheins aufführt, der bei Basel » Kutz « genannt werde. In den Alpengewässern fehlt übrigens dieser Fisch fast gänzlich. Als Laichzeit des Kaulbarsch werden die Monate April und Mai angegeben.
An diesem Fische kommen in Bezug auf die Beschuppung der Brust man - cherlei Abweichungen vor, indem hier eine bald grössere bald geringere Fläche unbeschuppt erscheint, zuweilen sogar die ganze Brust von Schuppen entblösst ist. Günther1)S. dessen Beiträge zur Kenntniss unserer Süsswasserfische, in Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. 1855. Bd. I. pag. 199. hat bereits auf diese Erscheinung hingewiesen und darauf aufmerksam gemacht, dass die Unbeständigkeit dieser Erscheinung nicht erlaube, auf den Mangel oder auf die Anwesenheit von Beschuppung gewisser Stellen des Fischleibes Artunterschiede zu gründen. Auch Heckel und Kner haben bei dem Kaulbarsch (a. a. O. pag. 21) die Bemerkung gemacht, dass die Brust desselben bald nackt, bald beschuppt sein kann und dass zu - weilen auch der Raum zwischen den Brust - und Bauchflossen ganz nackt sei. Ich kann das letztere bestätigen, da ich aus der Donau, dem Main und dem Neckar Kaulbarsche erhalten habe, deren Brust nicht allein, sondern deren Seiten zwischen Brust - und Bauchflossen sich gleichfalls ganz schuppenlos zeigten.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 40. n. 5. Syn. nom. pisc. pag. 68. n. 5.
Schaeffer Nr. 17: pag. 48. Tab. II. Fig. 4. Schraitser.
Linné Nr. 2: pag. 487. n. 31. Perca Schraetser.
Bloch: Naturgeschichte der ausländischen Fische. Th. VII. 1793. pag. 26. Taf. 132. Fig. 1. Gymnocephalus Schraetser, Schrätser.
Schrank Nr. 23 a: pag. 316. n. 288. Schrätser.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. III. 1829. pag. 13.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 22. Fig. 7. Acerina Schraitzer, Schrätz, Schrazen.
Artcharakter: Körper langgestreckt; Schnauze verlängert; die ersten 18 bis 19 Rückenflossen-Strahlen stachelförmig; die Farbe citronengelb mit drei bis vier schwärzlichen Längs - linien an den Seiten des Körpers, der stachelige Theil der Rückenflossen mit dunklen Fleckenreihen.
D. 19 — 18 / 12 — 13, P. 13 — 14, V. 1 / 5, A. 2 / 6 — 7, C. 17, Squ. 7 — 8 / 60 — 70 / 13 — 14.
Der Schrätzer gehört zu den schönsten Fischen unserer Fauna; als Marktfisch hat derselbe gar keine Bedeutung, obgleich er eine Grösse von sieben Zoll erreichen kann. Seine Laichzeit fällt mit der des Kaulbarsches zusammen.
Die Verbreitung des Schrätzer ist nur auf das engere Donau-Gebiet be - schränkt, und wenn Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 21) aussagen, dass dieser Fisch auch bei Budweis vorkomme, so kann damit nicht gemeint sein, dass derselbe ein Moldaufisch sei. Fritsch (Nr. 75: pag. 200) hat gewiss recht ge - than, den Schrätzer aus der Fauna des Elbe-Gebiets entfernt zu halten. Merk - würdiger Weise wird dieser Fisch von Wulff auch als preussischer Fisch aufgeführt. Nach seiner Aussage soll derselbe in stehenden Gewässern bei Freystadt in Westpreussen vorkommen1)Wulff Nr. 49: pag. 29. » Schraetser in lacubus stagnantibus, bey Freystadt im Oberlande «.. Es ist diese Notiz von Bock2)Bock Nr. 95: Bd. IV. pag. 576., Lorek3)Lorek Nr. 96: Fische. Taf. XI. Fig. 4. (eine Copie nach Bloch). und Bujack4)Bujack Nr. 97: pag. 356., welche sich um die Aufzählung, Beschreibung und Darstellung der preussischen Thiere verdient gemacht haben, aufgenommen worden, obgleich sich mehrfach Zweifel erhoben haben, ob sich nicht Wulff getäuscht und vielleicht eine gelbliche Varietät des Kaulbarsches oder des gemeinen Barsches mit dem Schrätzer verwechselt habe. Auffallend ist es, dass Baer, der früher als Director des zoologischen Cabinets der Universität61Gattung: Acerina.zu Königsberg mit ausserordentlicher Mühe Materialien zu einer Ausarbeitung der preussischen Fauna sammelte1)Baer: Ornithologische Fragmente, in Froriep’s Notizen aus dem Gebiete der Natur - und Heilkunde. Bd. X. 1825. pag. 259., nicht in den Besitz eines preussischen Schrätzer gelangen konnte; ich fand wenigstens, als ich im Jahre 1834 nach Baer’s Uebersiedelung von Königsberg nach St. Petersburg die interimistische Direction des Königsberger zoologischen Cabinets übernahm, keinen Schrätzer aus Preussen darin vor, und auch Rathke meldete im Jahre 18462)Rathke Nr. 98: pag. 22., dass das - selbe zoologische Cabinet noch immer nicht im Besitze eines preussischen Schrätzer sei. Da der Schrätzer des Donau-Gebiets nur im fliessenden Wasser vorkömmt, und Wulff ausdrücklich stehendes Gewässer für den Fundort seines Schrätzer angiebt, so ist schon aus diesem Grunde die oben ausge - sprochene Vermuthung gerechtfertigt, dass sich Wulff in der Bestimmung jenes Fisches von Freystadt geirrt haben muss, um so mehr, da derselbe für seinen vermeintlichen Schrätzer keinen Volksnamen beifügte, während er es nicht versäumt hat, bei allen übrigen in seiner Ichthyologie erwähnten Fischen die preussischen Trivialnamen aufzuführen. Nachdem ich bei einer im Jahre 1860 wiederholten Musterung des zoologischen Cabinets zu Königsberg noch immer diesen Schrätzer aus Preussen vermisste und mir bei meinen Erkun - digungen weder in Ost - noch in Westpreussen die Fischer über einen sol - chen Fisch Auskunft geben konnten3)Aus einer brieflichen Mittheilung, die ich mir von Freystadt verschafft habe, erfuhr ich, dass in den dortigen Seen ein Fisch weder existire noch existirt habe, welcher Schrät - zer genannt werde, und dass überhaupt dieser Fischname in der dortigen Gegend gänzlich unbekannt sei., muss ich den Schrätzer in Bezug auf die preussische Fischfauna als Fremdling erklären.
Die Knochen des Unteraugenrand-Ringes nach unten verbreitert und mit dem Vordeckel verbunden. Kopf und Kiemendeckelstücke verschieden bedornt.
Gattungscharakter: Kopf breit und flach, mit Stacheln bewaffnet; Kiefer und Pflugscharbein mit Bürstenzähnen; zwei dicht hintereinanderstehende Rückenflossen, die Bauchflossen zwischen den Brustflossen; Leib schuppenlos.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 214. Taf. 40. Koppen.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 48. n. 1, Descript. spec. pag. 82. n. 1, Syn. nom. pisc. pag. 76. n. 1.
Linné Nr. 2: pag. 452. n. 6. Cottus Gobio.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 12. Taf. 39. Fig. 1 & 2. Cottus Gobio, Kaulkopf.
Schrank Nr. 23 a: pag. 313. n. 281. Groppe.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 57. Cottus Gobio, Gropp.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. IV. 1829. pag. 145. Cottus Gobio, Chabot de rivière.
Gloger Nr. 88: pag. 77. n. 37. Cottus Gobio, Kaulkopf.
Bujack Nr. 97: pag. 357. Cottus Gobio, Kaulkopf.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 186. n. 3. Cottus Gobio, Chabot Têtard.
Günther Nr. 47: pag. 17. Cottus Gobio, Gruppe.
Leiblein Nr. 51: pag. 115. Cottus Gobio, Kautzenkopf.
Rapp Nr. 41: pag. 5. Cottus Gobio, Gruppe.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 27. Fig. 9 & 10. Cottus Gobio, Koppe.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Cottus Gobio, Groppe.
Artcharakter: Mundspalte sehr breit, bis unter die Augen rei - chend; die Brustflossen sehr breit und lang entwickelt, die Bauchflossen schmal und kurz, und den After nicht er -63Gattung: Cottus.reichend; die erste Rückenflosse an die zweite Rücken - flosse dicht anstossend; Bauchflosse ungebändert.
1. D. 6 — 9, 2. D. 15 — 18, P. 13 — 14, V. 1 / 4, A. 12 — 13, C. 13.
Dieser überall in Seen, Flüssen und Bächen aller Stromgebiete von Mit - teleuropa einheimische Fisch hält sich gern unter Steinen verborgen, daher derselbe in den kleinsten und wasserarmen Bächen anzutreffen ist.
Die Kopfform des Koppen hat nach den Geschlechtern eine verschiedene Gestalt; bei den Männchen erscheint der niedergedrückte Kopf am Vorder - rande sehr stumpf abgerundet und das weite Maul sehr in die Breite gezogen, bei den Weibchen dagegen ist der Vorderrand des niedrigen Kopfes weniger stumpf und das Maul weniger breit.
Die Schwanzflossen-Strahlen des Koppen, sowie der übrigen Cottus-Arten zeigen die bekannte Gliederung und dichotomische Zersplitterung, anders verhalten sich die sogenannten weichen Strahlen der übrigen Flossen. Diese sind bei Cottus Gobio zwar gegliedert und an der Spitze weich, aber nicht di - chotomisch zertheilt; nur einige der oberen Brustflossen-Strahlen machen bei einzelnen Individuen eine Ausnahme, indem sie mehr oder weniger dichoto - misch gespalten sind, auch an der hinteren Rückenflosse habe ich einige Male einzelne Strahlen gabelförmig gespalten angetroffen.
In der Färbung variirt der Koppen ausserordentlich, die vielen auf grau - lichem oder bräunlichem Grunde zerstreuten schwärzlichen Puncte sind häufig zu grossen wolkigen Flecken oder Querbinden ineinander geflossen. An der Rücken -, Brust - und Schwanzflosse sind die hellen Strahlen immer, an der Afterflosse häufig braun gefleckt.
Obgleich der Koppen gewöhnlich nur eine Länge von 4 bis 5 Zoll er - reicht, muss er doch, wie es schon sein weiter Rachen andeutet, zu den sehr gefrässigen Raubfischen gerechnet werden. Derselbe wird hier häufig in Menge zu Markte gebracht, aber nur wenig für die Küche verlangt, sondern mehr für den Angelfischfang als Köder gesucht.
Im Monat März und April tritt die Fortpflanzungsperiode dieses Fisches ein, während welcher Zeit sich die männlichen Individuen des Koppen ganz besonders des Fortpflanzungsgeschäftes annehmen. Schon Linné1)S. Linné Nr. 2: pag. 452: » Nidum in fundo format, ovis incubat prius vitam deser - turus, quam nidum. « meldet von dem Koppen, dass derselbe ein Nest baue und eher sein Leben als die Eier in diesem Neste aufgebe. Auch Marsigli2)S. dessen Danubius pannonico-mysicus. Tom. IV. pag. 73. und Otho Fabricius3)S. dessen Fauna groenlandica. 1780. pag. 160. kennen an diesem Fische die Liebe und Sorge für seine Eier, behaupten aber, dass64Familie: Scleroparei.es das Männchen sei, welches die Eier so sorgfältig bewache. Es wird diese Erzählung von Bloch1)S. dessen Naturgesch. d. Fische Deutschlands. Th. II. pag. 14., Nau2)S. dessen Naturgesch. d. Fische um Mainz. pag. 107., Hartmann3)S. dessen Helvetische Ichthyologie. pag. 59., Eckström4)S. dessen Fische in den Scheeren von Mörkö. 1835. pag. 170., Günther5)S. dessen Fische des Neckars. pag. 28. und auch von Cuvier et Valenciennes bezweifelt6)S. deren Hist. d. poissons. Tom. IV. pag. 151., aber gewiss mit Unrecht. Die Kop - pen gehören zu den wenigen Fischen, welche vermöge ihres Aufenthalts in kleinen oft ganz wasserarmen Bächen unter Steinen versteckt unserer Beob - achtung leicht zugänglich sind, so dass jene Mittheilungen wohl nicht ersonnen sein können, sondern auf wirklicher Beobachtung beruhen werden. Zur Be - stätigung jener älteren Mittheilungen führe ich aus Heckel’s und Kner’s Schrift7)S. deren Süsswasserfische d. östreich. Monarch. pag. 30. an, was erfahrene Fischer an der Traun darüber beobachtet haben. » Zur Laichzeit begibt sich ein Männchen in ein Loch zwischen Steinen, will ein andres davon Besitz nehmen, so wird gekämpft und man fängt öfters Koppen, die den Kopf ihres Gegners im Munde halten, ohne ihn verschlingen zu kön - nen. Kommt aber ein Weibchen, das aufgenommen wird, so setzt dieses da - selbst den Rogen ab und zieht dann wieder weiter; das Männchen vertritt aber nun Mutterstelle und beschützt 4 bis 5 Wochen lang denselben, ohne sich zu entfernen, ausser um Nahrung zu suchen. Während dieser ganzen Zeit erweist es sich eben so ausdauernd als muthig und beisst in die Stange oder Ruthe, mit der man es verjagen will, weicht nur im höchsten Nothfalle und wird sogar dabei öfters erschlagen «. Ich zweifle an der Wahrheit dieser Erzählung um so weniger, als mir selbst von den Männchen anderer Fischarten eine ähnliche Sorge und Aufopferung bei der Brutpflege bekannt ist.
Syn. u. Citate.
Heckel Nr. 11 b: pag. 145. Tab. 8. Fig. 1 & 2. Cottus poecilopus.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 31. Fig. 11. Cottus poecilopus.
Artcharakter: Mundspalte sehr breit, bis unter die Augen rei - chend; die Brustflossen sehr breit und lang entwickelt, die Bauchflossen schmal und lang, bis zum After reichend; die erste Rückenflosse an die zweite dicht anstossend; Bauch - und Afterflosse gebändert.
1. D. 8 — 9, 2. D. 16 — 18, P. 14, V. 1 / 4, A. 13 — 14, C. 13.
65Gattung: Cottus.Ich kenne diese dem gemeinen Koppen sehr nahe stehende Cottus - Species nur aus Heckel’s Beschreibungen (a. a. O.) und aus dem Wiener Naturalien-Cabinete, wo dieselbe unter anderen auch als Bewohnerin der obe - ren Weichsel aufbewahrt wird. Es scheint, als ob die geographische Ver - breitung dieser Species bloss auf die Gewässer in den Karpathen beschränkt wäre, in den von den Karpathen entfernteren Gegenden des Weichsel-Gebiets ist wenigstens bis jetzt der C. poecilopus nicht beobachtet worden.
Heckel hat als Artcharakter die Ungetheiltheit der Brust-Flossenstrahlen hervorgehoben, auf welches Artkennzeichen ich keinen so grossen Werth legen zu dürfen glaubte, da bei C. Gobio die Getheiltheit der Brust-Flossenstrahlen sich sehr unbeständig zeigt und bei demselben die Ungetheiltheit ebenso oft als die Getheiltheit dieser Strahlen vorkömmt.
Kiemendeckel-Apparat glatt, ohne Stacheln und Zähnelung; Haut nackt oder mit sehr kleinen Schuppen bekleidet, oder theils mit Kno - chenschienen, theils mit gekielten Knochenplatten gepanzert.
Gattungscharakter: Vor der Rückenflosse freie Stachelstrahlen, statt der Bauchflossen jederseits ein freier Stachelstrahl, dahinter ein verkümmerter weicher Strahl.
Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 36) haben die Stichlinge von der Familie der Panzerwangen getrennt und in die Familie der Scomberoideen eingereiht, ich bin deren Beispiel gefolgt, weil auch mir auf diese Weise die Stichlinge natürlicher untergebracht erscheinen, als bei den Scleropareen, mit denen sie freilich die stärkere Entwicklung des Suborbitalringes und dessen Verbindung mit dem Vordeckel gemein haben, während sie im übrigen wenig mit ihnen übereinstimmen, sondern sowohl in ihrer Flossenstrahl-Bildung, ihrer Haut - bedeckung, sowie in ihrer Körperform überhaupt an gar manche Scomberoideen erinnern, auf welche Verwandtschaft bereits Cuvier et Valenciennes1)S. deren Hist. d. poiss. Tom. IV. pag. 5. selbstv. Siebold, Fische. 566Familie: Scomberoidei.hingedeutet haben, und welche Verwandtschaft schon Linné1)S. dessen Systema naturae. Edit. XII. Tom. I. 1766. pag. 489. Gasterosteus ductor (Naucrates ductor Cuv. ), Gasterosteus canadus (Elacate atlantica Cuv., Gasterosteus saltatrix (Temnodon saltator Cuv. ), Gasterosteus ovatus (Trachinotus mookalee Cuv.). geahnt hat, indem er verschiedene Makrelen-Formen aus der jetzigen Gattung Nau - crates, Elacate und Temnodon mit den Stichlingen unter dem gemeinschaft - lichen Gattungsnamen Gasterosteus vereinigt hatte. Auch Rüppell2)S. dessen Verzeichniss der in dem Museum der Senkenbergischen naturforschenden Gesellschaft aufgestellten Sammlungen. Vierte Abtheilung. Frankfurt a / M., 1852. pag. 12. hat die Stichlinge mit den Scomberoideen verbunden.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 228. Taf. 47. (var. leiurus).
Artedi Nr. 1. Gen. pisc. pag. 52. n. 1, Descript. spec. pag. 96. n. 1, Syn. nom. pisc. pag. 80. n. 1.
Linné Nr. 2: pag. 489. n. 1. Gasterosteus aculeatus.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 79. Taf. 53. Fig. 3. Gasterosteus aculeatus, Stichling.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 70. Gasterosteus aculeatus, Stichling.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. IV. 1829. pag. 481. Pl. 98. Fig. 1 & Fig. 4. Gasterosteus leiurus & trachurus., Epinoche à queue nue & queue armée.
Gloger Nr. 88: pag. 77. n. 38. Gasterosteus aculeatus, Stechbüttel.
Bujack Nr. 97: pag. 358. Gasterosteus aculeatus, Stichling.
Krøyer Nr. 82: Bd. I. 1838 — 40. pag. 169. Gasterosteus aculeatus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 223. n. 45. Gasterosteus aculeatus, Epinoche.
Günther Nr. 47: pag. 29. Gasterosteus leiurus, Stachelfisch.
Leiblein Nr. 51: pag. 116. Gasterosteus gymnurus & trachurus, Stichling.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 38. Fig. 16 (var. trachurus). Gasterosteus aculeatus, Stichling.
Artcharakter: Drei Stachelstrahlen vor der Rückenflosse, von denen der erste über der Basis der Brustflosse auf dem Rücken eingelenkt und der zweite der längste ist.
D. 3 / 11 — 12, P. 9 — 10, V. 1 / 1, A. 1 / 8, C. 5 — 6 / 12 / 6 — 7.
Aus den angeführten Synonymen geht hervor, dass Cuvier et Valenciennes zwei Formen dieses dreistacheligen Stichlings unterscheiden, von denen es noch nicht ganz feststeht, ob sie nur Varietäten oder wirklich Arten sind. Die eine Form, als G. leiurus oder gymnurus von Cuvier bezeichnet, besitzt einen nackten Leib, während die andere als G. trachurus bezeichnete Form bald mehr bald weniger an den Seiten des Leibes mit Knochenschienen bedeckt ist. Die Mehrzahl der Zoologen will diese beiden Formen des Stichlings als zwei gesonderte Arten nicht gelten lassen, ja es wird auch noch der G. se - miarmatus und semiloricatus Cuv. & Val. als Varietät des gemeinen Stichlings67Gattung: Gasterosteus.betrachtet1)Vergl. Heckel und Kner Nr. 13: pag. 38.. Fries und Ekström erklärten die beiden Formen durch den Einfluss der Jahreszeiten entstanden2)S. deren Skandinaviens Fiskar. Stockholm, 1836. 1. Hft. pag. 9 des latein. Textes. Pl. 4. Fig. 1 a (im Winterkleid), Fig. 1 b (im Sommerkleid)., indem der Gasterost. aculeatus im Sommer als G. leiurus und im Winter als G. trachurus auftrete. Günther (Nr. 47: pag. 34) behauptet dagegen, dass die gepanzerte Form des Stichlings mehr dem Nor - den und die nackte Form mehr dem Süden angehöre. Mir scheint dies nicht ganz unwahrscheinlich, wenigstens habe ich aus Würzburg, Mainz, Strass - burg, Freiburg und Stuttgart nur G. leiurus erhalten, während mir von Berlin und Bremen sowohl die nackte wie die gepanzerte Form eingesendet wurde, und ich bei meiner letzten Anwesenheit in Ost - und Westpreussen nur den G. trachurus aus den dortigen Flüssen und Seen einsammeln konnte. Nach den Abbildungen zu schliessen, die sich als Originaldarstellungen des dreistacheligen Stichlings in den verschiedenen nordischen Fischfaunen vor - finden, scheint die gepanzerte Form als G. trachurus im nördlichen Europa am häufigsten vorzukommen. So hat Donovan den G. aculeatus nur gepan - zert und zugleich im rothgefärbten Brautkleide dargestellt3)S. dessen Natural history of british fishes. Vol. I. London, 1802. Pl. XI.. Ebenso beziehen sich die Abbildungen von Bloch4)A. a. O. Taf. 53. Fig. 3. und Krøyer5)S. dessen Danmarks Fiske. I. Bd. Kjøbenhavn, 1838. pag. 169. auf den gepanzerten G. aculeatus. Dagegen ersieht man aus den Abbildungen, welche Coste gelie - fert6)Vergl. Mémoires de l’academie des sciences. Savants Etrangers. Tom. X. Paris, 1848., dass derselbe in Paris seine weiter unten zu erwähnenden Beobach - tungen an G. leiurus angestellt hat. Es scheinen übrigens die verschiedenen Entwicklungszustände der knöchernen Hautbedeckung bei diesem Stichling von etwas anderem als von der Jahreszeit abhängig zu sein, denn aus einer Mittheilung Yarrell’s erfahren wir, dass derselbe im Monat August den G. trachurus, semiarmatus und leiurus an einem und demselben Ort gefangen habe, unter denen jedoch die erste Form stets die häufigste gewe - sen sei7)Vergl. The Magazine of natural history. Vol. III. 1830. pag. 524..
Der dreistachelige Stichling, der merkwürdiger Weise im Flussgebiete der Donau gänzlich fehlt, sonst aber in allen übrigen Stromgebieten Mittel - europa’s angetroffen wird, wählt sich im Rhein-Flussgebiet als Lieblingsauf - enthalt die kleineren Seitenbäche des Rheins, des Mains und des Neckars aus, im Rhein selbst sucht er die sogenannten todten Arme desselben auf, wo er sich bei länger anhaltendem Hochwasser zuweilen ausserordentlich vermehrt.
Die Fähigkeit einer zeitweise ungeheuren Vermehrung tritt jedoch an diesem Fische im nördlichen Europa häufiger und auffallender hervor als an5*68Familie: Scomberoidei.dem Stichling des Rhein-Gebiets. Die Mittheilungen, welche wir hierüber in den Schriften der verschiedenen Ichthyologen lesen, klingen fast fabelhaft. In Schleswig, Holstein1)Vergl. Schonevelde: Nr. 81. pag. 11., England2)Vergl. Yarrell: History of british fishes. Vol. I. pag. 92. und Schweden3)S. Ekström: Die Fische in den Scheeren von Mörkö. pag. 159. wird der Stichling zu - weilen in so grosser Menge gefangen, dass er zum Schweinefutter, zum Thran - kochen oder als vortreffliches Düngemittel verbraucht werden kann. Von Pennant wird erzählt4)S. dessen British Zoology. Vol. III. London, 1776. pag. 229., dass während einer solchen übermässigen Vermehrung dieses Stichlings in den stehenden Gewässern von Lincolnshire sich ein Mann, der zu einem halben Pfennig den Scheffel Stichlinge an einen Oekonomen ab - geliefert, längere Zeit hindurch täglich vier Schillinge verdienen konnte. Auch Klein in Danzig meldete von dem Stichling5)S. Klein Nr. 93: Missus quartus. pag. 48., dass die Bewohner der frischen Nehrung sich aus ihm ein Oel bereiten. Mir selbst wurde in Danzig erzählt, dass sich zur Zeit der letzten Belagerung von Danzig die Stichlinge in den dortigen Festungsgräben in so ungeheurer Menge vermehrt hätten, dass bei dem Mangel der gewöhnlichen Lebensmittel die ärmeren Einwohner der Stadt zu diesen Stichlingen ihre Zuflucht genommen hätten, um ihren Hunger zu stillen.
Die Färbung des dreistacheligen Stichlings, welcher kaum die Länge von drei Zoll erreicht, erscheint auf dem Rücken graugrün, die Seiten und der Bauch desselben glänzen silberig. Bei jüngeren Individuen sind die Seiten des Leibes mit schwarzen Bandstreifen geziert, welche häufig oben und unten ineinander fliessen; gegen die Laichzeit hin, welche in die Sommermonate fällt, schmücken sich Seiten, Kehle, Brust und Bauch dieses Fisches mit prächtig rothglänzenden Farben.
Es zeichnet sich dieser kleine Fisch mit seinen übrigen Art-Verwandten durch einen merkwürdigen Kunsttrieb aus, der verbunden mit ausserordent - licher Sorgfalt für die Brutpflege aber nur den männlichen Stichlingen eigen ist. Schon oft wurde das sonderbare Benehmen des nestbauenden und brut - beschützenden Stichlings von Freunden und Beobachtern der lebenden Natur erwähnt und beschrieben, es wurde jedoch auf diese belehrenden Mitthei - lungen kein besonderes Gewicht gelegt, ja kaum eine Notiz davon genommen, bis Coste im Jahre 1846 zu Paris diese längst in englischen und deutschen Zeitschriften bekannt gemachte Fortpflanzungsgeschichte der Stichlinge als eine von ihm gemachte Beobachtung der Pariser Akademie der Wissenschaf - ten vorlegte6)Vergl. Comptes Rendus hebdomadaires des séances de l’Académie des seiences. Tom. 22. 1846. pag. 814. Note sur la manière dont les Épinoches construisent leur nid et soignent leurs oeufs; par Coste. . Gleich darauf reclamirte Lecoq diese Angaben als von ihm69Gattung: Gasterosteus.schon vor mehreren Jahren angestellte und im Jahre 1844 bekannt gemachte Beobachtungen1)Vergl. ebenda Tom. 23. 1846. pag. 1084., wogegen Coste erwiderte, dass er Lecoq’s ganze Notiz in seine Abhandlung mit aufgenommen und so gegen denselben seine Schuldig - keit gethan habe2)S. ebenda Tom. 23. pag. 1117, wo Coste unter anderen sagt: » Quant à moi, je crois avoir complétement rempli mon devoir d’historien impartial, en reproduisant dans mon Mémoire la Note tout entière de M. Lecoq «.. Es muss aber auffallen, dass sowohl in den von Coste der Pariser Akademie mitgetheilten vorläufigen Notizen, wie in dessen aus - führlicherer Abhandlung über den Nestbau des Stichlings der Name Lecoq mit keiner Sylbe erwähnt wird3)Vergl. die Mémoires présentés par divers savants à l’Académie des scrences. Tom. X. 1848. pag. 575. Nidification des Epinoches et des Epinochettes; par Coste. , und dass man bei Lesung von Coste’s Ab - handlung nur aus dem einen Passus: » les Épinoches ne sont point monoga - mes, comme on l’a avancé « errathen kann4)Ebenda pag. 588., dass vor Coste schon jemand über diesen Gegenstand, wenn auch nicht ganz richtige und nicht erschöpfende Angaben, bekannt gemacht habe. Leider wurde weder von Lecoq5)S. Compt. Rend. a. a. O. selbst, noch von Flourens, Valenciennes und Duméril, welche über Coste’s Beob - achtungen und über Lecoq’s Reclamation der Akademie Bericht abzustatten hatten6)Ebenda Tom. 23. pag. 333 und 1085., der Titel des Werkes oder der Zeitschrift angeführt, in welchen Lecoq seine Beobachtungen niedergelegt, so dass ich nicht im Stande bin zu beurtheilen, wie viel oder wie wenig Lecoq über die Fortpflanzungsgeschichte des Stichlings beobachtet und bekannt gemacht hat. Da aber schon lange vor Lecoq und Coste das Benehmen der nestbauenden Stichlinge von Engländern und Deutschen gekannt war, halte ich es um so mehr für angemessen, den älteren Beobachtern durch Mittheilung ihrer Erfahrungen gerecht zu werden, weil das von Coste allerdings in sehr anziehender Weise mitgetheilte Beneh - men des nestbauenden und die Brut bewachenden Stichlings in Deutschland als etwas ganz Neues so grosses Interesse erregte, dass die von Coste dar - über niedergeschriebene Abhandlung sammt den dazu gelieferten bildlichen Darstellungen theils in deutschen Schriften über Fischzucht, theils in deut - schen periodischen Unterhaltungs-Blättern übersetzt, erschienen ist.
Die erste Nachricht über den Nestbau der Stichlinge haben wir John Hall zu verdanken, dessen Beobachtung im Jahre 1739 von Bradley nebst einer Abbildung des Nestes des dreistacheligen Stichlings bekannt gemacht wurde7)Vergl. a philosophical account of the works of nature by Richard Bradley. London, 1739. pag. 88. Pl. VIII. Fig. 2.. Hall hatte das Bauen des aus Wurzelfasern angefertigten Nestes von Anfang bis zu Ende mitangesehen und Bradley vermuthete nach dem70Familie: Scomberoidei.Aussehen dieses ihm überbrachten Nestes, dass dasselbe eher zur Aufbe - wahrung des Laichs als zur Wohnung des Fisches selbst dienen möge. Von einem deutschen Anonymus1)S. in der Isis 1834. pag. 227: Ein kleiner Beytrag zur Naturgeschichte des Stich - lings, v. L. wurden bei Würzburg im Juni 1832 Stichlinge bei dem Bewachen ihrer aus Wurzelfasern gebauten und im sandigen Grunde eines Teiches versteckten Nester beobachtet. Die von demselben ausgegra - benen Nester enthielten 60 bis 80 Eier, aus denen schon am anderen Tage die kleinen Stichlinge auskrochen. Das schon im Jahre 1829 von David Milne2)Vergl. the Edinburgh new philosophical Journal. Octbr. 1828. — March, 1829. pag. 398. aufgefundene, durch den fünfzehnstacheligen Seestichling (Gasterosteus Spinachia Lin.) angefertigte Nest, sowie die furchtlose Aufmerksamkeit, mit welcher dieser Fisch sein Nest und die darin sich entwickelnde Brut be - wacht, sind schon vor den von Coste an dem dreistacheligen Stichlinge angestellten Beobachtungen in England bekannt gewesen, wie aus den verschiedenen Mittheilungen von Duncan, Turnbull, Maclaren und Johnston und aus der von Hamilton gelieferten Abbildung dieses Nestes hervorgeht3)S. in den Annals of natural history. Vol. V. London, 1840. pag. 148. On the nests of the fifteen-pined Stickleback. Dieser Aufsatz, welcher von Hardy (On the Nidification of Fishes) in: the Zoologist, Vol. III. 1845. pag. 885 noch einmal mitgetheilt wird, ist aus den Transactions of the Berwickshire Naturalist’s Club abgedruckt und befindet sich in Fro - riep’s neuen Notizen aus dem Gebiete der Natur - und Heilkunde, Band XIV, 1840. pag. 119 übersetzt. Vergl. ferner: the Naturalist’s Library by Jardine. Vol. 36. (1843) Ichthyology. British Fishes by Hamilton. Part. I. pag. 71. Plate 6.. Auch von R. Q. Couch4)S. the Zoologist, a popular Miscellany of natural history conducted by Newman. Vol. II. London, 1844. pag. 795. Notes on the Nidification of Fishes by R. Q. Couch. wurde das Nest des Gasterosteus Spinachia beschrie - ben, welches aus festgewachsenen Fucoideen besteht, deren Aeste durch einen umgewickelten glasartigen elastischen Faden zu einem Büschel zusam - mengehalten werden und in ihrer Mitte die abgelegten Eier umschliessen. Couch beobachtete drei Wochen lang ein solches Nest und immer sah er das - selbe von einem und demselben Seestichling bewacht. Das aufmerksame Fischchen besserte jede an dem Neste durch Zufall entstandene und mit Ab - sicht des Beobachters hervorgebrachte Unordnung mit seiner Schnauze wie - der aus, ja, das sorgsame Thierchen, durch die eintretende Ebbe verscheucht, kehrte jedesmal mit der Fluth zu seinem Neste zurück, um dasselbe zu un - tersuchen, auszubessern und von neuem zu bewachen. Durch Hancock5)Vergl. dessen Observations on the Nidification of Gasterosteus aculeatus and Ga - sterosteus Spinnachia, in: the Annals of natural history, Vol. X, 1852. pag. 241 oder in: the Zoologist, Vol. XII. 1854. pag. 4409. er - fahren wir, dass Crookenden schon im Jahre 1834 den Nestbau des drei - stacheligen Stichlings beobachtet habe.
Von Coste (a. a. O.) sind jedenfalls diese Beobachtungen sehr erweitert71Gattung: Gasterosteus.worden, indem derselbe zuerst erkannte, dass die Männchen von Gasterosteus aculeatus es sind, welche das Nest bauen und, nachdem die Weibchen das - selbe mit Eiern besetzt haben, vor dem Eingange des Nestes durch fibrirende Bewegungen ihrer Brustflossen eine Wasserströmung unterhalten, um den in der Höhle des Nestes verborgenen Eiern frisches Wasser zuzutreiben. In die - sem Geschäfte werden sie aber oft unterbrochen, indem sie ihre müssigen und grausamen Weibchen mit Gewalt von den Nestern abzuhalten haben, da diese gern die Nester zerstören und den darin verborgenen Laich aufzehren. Aber auch unter sich haben diese Männchen Kämpfe zu bestehen, indem sie wahr - scheinlich aus Neid den Besitz unversehrter Nester einander missgönnen. Hat es endlich ein Stichlings-Männchen durch seine Wachsamkeit und seinen Muth so weit gebracht, dass die Brut ungestört zur Entwicklung und glück - lich zum Ausschlüpfen hat gelangen können, so beginnt für das erstere wie - der eine andere Sorge, indem einzelne zu bewegliche, aber wegen des grossen anhängenden Dottersacks zugleich sehr unbehülfliche Junge aus dem Neste fallen. Diese werden von dem aufmerksamen Männchen verschluckt und vor - sichtig wieder in das Nest gespieen. Alle diese Handlungen der Stichlings - Männchen sind auch von Hancock1)S. dessen Observations on the Nidification a. a. O. beobachtet und beschrieben worden; ebenso haben auch Kinahan2)Vergl. dessen Observations on the Spawning of Gasterosteus leiurus in: the Zoolo - gist. Vol. X. 1852. pag. 3526. und R. Warington3)S. the Annals of natural history. Vol. X. 1852. pag. 276, ferner Vol. XVI. 1855 pag. 330. Observations on the habits of the Stickleback. diese Beobachtungen Coste’s an den Männchen des Gasterosteus leiurus bestätigen können. Ich selbst habe schon vor zwanzig Jahren Gelegenheit gehabt, aus eigener Anschauung die Wachsamkeit und den Muth des dreistacheligen Stichlings-Männchen zu be - wundern, und kann noch folgendes dem bereits Bekannten hinzufügen. Als ich nämlich im Sommer 1838 in der Umgegend von Danzig einen Teich be - suchte, dessen Grund mit Sand bedeckt war, fielen mir darin vereinzelte drei - stachelige Stichlinge auf, welche fast unbeweglich im Wasser schwebten und sich durch nichts verscheuchen liessen. Ich erinnerte mich sogleich dessen, was ich vor einiger Zeit in der Isis über den Nestbau dieses Fischchens gelesen hatte und vermuthete, dass auch die eben erwähnten Stichlinge in der Nähe ihrer Nester Wache hielten, konnte aber bei aller Klarheit des Wassers nir - gends auf dem sandigen Grunde des Teiches solche Nester entdecken. Als ich mit meinem Stocke auf dem Grunde des Teiches umherfuhr, bemerkte ich, dass, wenn ich damit in die Nähe eines Stichlings kam, dieser mit grösster Aufmerksamkeit den Bewegungen des Stockes folgte. Ich konnte durch dieses Benehmen der Stichlinge voraussehen, dass sie mir ihr wahrscheinlich im72Familie: Scomberoidei.Sande verborgenes Nest zuletzt selbst verrathen würden, und fuhr deshalb um so emsiger fort, mit meinem Stocke auf dem Grunde des Teiches umher - zutasten. Plötzlich stürzte ein Stichling auf den Stock los und suchte ihn durch heftiges Anrennen mit der Schnauze wegzustossen, woraus ich schloss, dass ich jetzt die Stelle getroffen hätte, wo sein Nest unter dem Sande ver - steckt liege; ich streifte mit dem Stocke etwas stärker über den Sand hin und entblösste in der That ein aus Wurzelfasern und anderen zusammenge - tragenen Pflanzenstücken gefertigtes Nest, in welchem angebrüteter Laich enthalten war; auf ähnliche Weise gelang es mir auch bei den übrigen Stich - lingen, mir den Ort ihrer Nester von ihnen anzeigen zu lassen. Einmal auf eine solche Stelle aufmerksam gemacht war ich dann leicht im Stande, auf dem Sandgrunde an einer kleinen Oeffnung, aus welcher Wurzelfasern her - vorschimmerten und welche ich früher übersehen hatte, das unter dem Sande sorgfältig versteckte Nest zu erkennen.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 52. n. 2, Descript. spec. pag. 97. n. 2, Syn. nom. pisc. pag. 80. n. 2.
Linné Nr. 2: pag. 491. n. 8. Gasterosteus pungitius.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 82. Taf. 53. Fig. 4. Gasterosteus pungitius, kleiner See - stichling.
Siemssen Nr. 79: pag. 39. Gasterosteus pungitius, Seestichling.
Cuvier et Valenciennes Nr. 5: T. IV. 1829. pag. 506. Gasterosteus pungitius, petite Epinoche d’Europe à neuf épines.
Bujack Nr. 97: pag. 359. Gasterosteus pungitius, kleiner Stichling.
Krøyer Nr. 82: Bd. I. 1838 — 40. pag. 188. Gasterosteus pungitius.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 224. n. 46. Gasterosteus pungitius, Epinochette.
Artcharakter: Neun bis eilf fast gleich grosse Stachelstrahlen vor der Rückenflosse.
D. 9 — 11 / 11, P. 9 — 10, V. 1 / 1, A. 1 / 9 — 11, C. 5 / 12 / 6.
Der kleine Stichling, welcher höchstens eine Länge von 2½ Zoll erreicht, besitzt im Vergleich zu dem vorhergehenden Stichling einen um vieles ge - streckteren Leib. Die freien niedrigen Rückenstacheln sind, wenn sie sich aufgerichtet haben, abwechselnd etwas nach rechts und links hingewendet. Die beiden Bauchstacheln zeigen sich ziemlich schwach entwickelt. Der Schwanz trägt zuweilen auf beiden Seiten eine Längsreihe von 10 bis 11 ge - kielten Schilden, wodurch der Schwanz jederseits eine schneidende Kante erhält.
Der grünliche Rücken und silberglänzende Bauch erscheinen häufig durch verwaschene Querbänder unregelmässig gefleckt. Im Laufe des Som -73Gattung: Gasterosteus.mers erhalten die männlichen Individuen auf der ganzen unteren Seite eine intensivschwarze Färbung, welche wahrscheinlich das Hochzeitskleid vertritt.
Diese sehr kleinen Fischchen bewohnen die Küsten der Nord - und Ost - see, finden sich aber auch eben so häufig in den Mündungen der Flüsse und steigen von da die Flüsse ziemlich weit hinauf. Es scheint, dass ihnen sogar weit entfernt vom Meere todte Arme grösserer Ströme oder kleine Seiten - bäche derselben als stetiger Wohnsitz behagen können, denn ich habe hier eine grössere Anzahl dieser kleinen Stichlinge vor mir, welche zum Theil im Rhein bei Speyer gefangen, zum Theil aus einem sehr kleinen Bache, der Ocker bei Braunschweig, in Gesellschaft des G. aculeatus von mir gesammelt waren.
Alle Flossen-Strahlen weich, gegen die Spitze hin zertheilt und gegliedert; untere Schlundknochen getrennt; Schwimmblase, wenn vorhanden, immer ohne Luftgang.
Zwei bis drei Rückenflossen, Bauchflossen unter der Kehle, Maul bezahnt, Leib mit Cycloid-Schuppen bedeckt, Schwimmblase vorhanden.
Gattungscharakter: Eine kurze und eine lange Rückenflosse, eine lange Afterflosse und ein Bartfaden am Kinn. Schuppen sehr klein und dicht nebeneinander liegend.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 178. Taf. 20, Ruffolkh.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 22. n. 10, Descript. spec. pag. 107. Silurus cirro unico mento, Syn. nom. pisc. pag. 38. n. 13 & pag. 111. n. 2.
74Familie: Gadoidei.Linné Nr. 2: pag. 440. n. 14. Gadus Lota.
Sander: Zur Naturgeschichte des Ruffolken oder Gadus Lota. Carlsruhe, 1778, vergl. auch die Berliner neuesten Mannigfaltigkeiten. Th. II. 1779. pag. 223.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 177. Taf. 70. Gadus Lota, Quappe.
Schrank Nr. 23 a: pag. 312. n. 280. Rutte.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 50. Gadus Lota, Trische.
Gloger Nr. 88: pag. 77. n. 39. Gadus Lota, Aalraupe.
Bujack Nr. 97: pag. 345. Gadus Lota, Quappe.
Krøyer Nr. 82: Bd. II. 1843 — 45. pag. 169. Lota vulgaris.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 188. Lota vulgaris.
Günther Nr. 47: pag. 124. Lota vulgaris, Treische.
Leiblein Nr. 51: pag. 125. Lota vulgaris, Aalruppe.
Rapp Nr. 41: pag. 36. Lota communis, Trüsche.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 313. Lota vulgaris, Aalrutte.
Fritsch Nr. 75: pag. 205. Lota vulgaris, Aalrutte.
Artcharakter: Körper gestreckt cylindrisch, Schwanz seitlich zu - sammengedrückt; Unterkiefer kaum kürzer als der Ober - kiefer; Zähne alle klein.
1. D. 12 — 14, 2. D. 70 — 75, P. 18 — 20, V. 5 — 6, A. 65 — 70, C. 36 — 40.
Es ist dieser gefrässige Raubfisch der einzige Repräsentant der Gadoiden im süssen Wasser. Er findet sich in allen Wassergebieten von Mitteleuropa, und zwar liebt derselbe ebensowohl die Flüsse wie die Seen, in welchen letz - teren er sich gern an sehr tiefen Stellen aufhält.
Die das breite Maul umgebenden Knochen der Rutte sind mit vielen Hechelzähnen besetzt. Die kleinen Schuppen liegen in Gruben der Haut dicht nebeneinander eingebettet. Sie sind ungemein zart, fast cirkelrund und be - sitzen keine radiären, sondern nur concentrische Sculpturen. Die Seitenlinie erreicht nicht immer das Ende des Schwanzes, hört oft schon am Anfang des letzten Körperdrittels auf. Rücken, Seiten, Brustflossen und unpaarige Flos - sen erscheinen olivengrün gefärbt und schwärzlich marmorirt. Kehlflossen, Kehle und Bauch dagegen sind weisslich gefärbt. Im ausgewachsenen Zu - stande kann die Rutte eine Länge von 1 bis 2 Fuss erreichen.
Als Laichzeit dieses Fisches werden sehr verschieden bald die Monate November, December, bald die Monate Januar, Februar und März angegeben, woraus Heckel und Kner vermuthen, dass bei diesem Fische je nach äusseren Umständen das Laichen verfrüht oder verzögert werde. Die gewöhnliche Laichzeit der Rutte muss doch der Monat December sein, da Willughby aus dem Manuscripte des vielerfahrenen Baldner’s von den Rutten anführt: » De - cembri mense foetificant «.
Da wir über die Lebensgeschichte der Fische immer noch sehr wenig wissen, muss uns jeder darauf bezügliche Beitrag höchst willkommen sein, daher ich den Freunden der Fischkunde hier eine Beobachtung mittheilen will, welche von einem glaubwürdigen Manne herrührt, aber bisher fast ganz un -75Gattung: Lota.beachtet geblieben ist. Dr. J. G. Steinbuch nämlich erzählt in seinen Ana - lecten1)S. dessen Analecten neuer Beobachtungen und Untersuchungen für die Naturkunde. Fürth, 1802. pag. 3., dass er einesmals in der Brinz bei Heidenheim mit einem Zweizack nach einer Rutte gestochen, aber statt einen Fisch zwei Fische zugleich mit seinem Instrumente durchbohrt habe. Derselbe berichtet nun über diesen un - erwarteten Fischfang weiter, wie folgt: (pag. 5) » Beide von dem Zweizack abge - löste Fische hatte ich auf einen breiten, platten Stein gelegt, wo sie Kopf an Kopf und Bauch an Bauch der Länge nach aneinander liegend, und gemein - schaftlich nur eine Masse bildend, träge und unbeweglich liegen blieben. Ein gemeinschaftliches, häutiges, etwa einen Finger breites, ringförmiges Band umschloss beide Fische ungefähr in der Mitte ihrer Körperlänge so genau, dass keiner im Stande war, sich von dem andern zu trennen, und diese mecha - nische Verbindung blieb selbst nach meiner erzählten harten Behandlung noch fest und ungeändert zurück. Die Bauchflächen beider Fische waren durch dieses Band so platt gegeneinander gedrückt, dass die weichen Körper beider Fische zusammen fast eine zylindrische Gestalt hatten, und das ringförmige Band war durch die Fischkörper so stark vollgefüllt, und dadurch so ge - spannt, dass es sichtbar in die Masse der weichen Körper einschnitt, so dass der Durchmesser des gemeinschaftlich gebildeten Zylinders an dieser Stelle etwas kleiner war als über und unter dem Bande «.
» Nachdem ich diese mir so äusserst auffallende Erscheinung hinlänglich bewundert, und durch Umwälzung des gemeinschaftlich gebildeten Körpers von allen Seiten betrachtet hatte, versuchte ich mit einem kleinen hölzernen Stäbchen, das ich neben mir auf der Erde liegend fand, dieses vereinigende Band (pag. 6) über die Körper beider Fische rückwärts nach dem dünneren Schwanz - ende zu hinabzustreifen, um dadurch die beiden Gefangenen in Freiheit zu setzen, und vorzüglich, um die Beschaffenheit dieses räthselhaften Bandes genauer zu untersuchen. Ich bemerkte bei diesem Versuche sogleich: dass das, sowohl nach Beschaffenheit der Farbe, als nach seiner Weichheit, Schlüpfrigkeit u. s. w. mit der Oberfläche beider Fische genau übereinstimmende Band, mit keinem der beiden eingeschlossenen Fischkörper verwachsen zu seyn schien, und dass die beabsichtigte Lösung desselben, bei der Weichheit der Fischkörper und der Ausdehnbarkeit des Bandes selbst, nicht mit zu grossen Schwierigkeiten verbunden seyn würde. Wirklich gelang es mir auch, nachdem ich mit dem Stäbchen und ein Paar Fingern der einen und der andern Hand zugleich, an dem ganzen Umfang des vereinigenden Bandes und dem gemeinschaftlichen Körper der Fische vorsichtig operirt hatte, dasselbe aus seiner Stelle zu ver - schieben, und es nach Wunsch und unzerrissen rückwärts hinabzustreifen «.
» Indem durch die Lösung des Bandes die mechanische Verbindung bei -76Familie: Gadoidei.der Fischkörper aufgehoben wurde, fielen beide selbst voneinander, so dass ich nun die beiden sich vorhin deckenden Bauchflächen derselben ansichtig wurde. Ich hatte also jetzt zwei abgesonderte Fische, und jenes häutige, ringförmige Band als eine dreifache Beute vor mir liegen «.
» Indem sich die beiden Bauchflächen dieser Fische beim Lösen des Ban - des voneinander trennten, fiel mir der Umstand besonders auf, dass ihre bei - derseitigen Harnblasen - (Geschlechts -) öfnungen eine solche gegenseitige (pag. 7) Lage zeigten, dass die Oefnung des einen Fisches auf die des andern, während dem verbundenen Zustande musste gepasst haben «. — » Das abgestreifte Band hatte da, wo es zuvor an den Seitenflächen und dem Rücken eines jeden Fisches anlag, noch die vertieften Spuren seiner vorherigen anhaltenden Pres - sung zurückgelassen und es konnte mir nun der Gedanke nicht entgehen: dass vielleicht der Nutzen dieses merkwürdigen Bandes kein anderer sey, als jene beiden Oefnungen der Fische genau zu vereinigen und aufeinander zu drücken «.
(pag. 9) » Das unverletzt abgelösste ringförmige Band nahm ich mit meinen Fingern auf, und spannte es mittelst dreier durch dasselbe gesteckter Finger meiner linken Hand gelinde aus, um seine Beschaffenheiten desto genauer beachten zu können. Es war offenbar eine organische, als ein ringförmiges Band gebildete ganze, unzerrissene Haut, durch kein sinnliches Merkmal (eine mehrere Dicke ausgenommen) von der Haut dieser Fische selbst ver - schieden, mit glatten abgerundeten Rändern, glatter äusserer und innerer Oberfläche. Die äussere Oberfläche desselben war genau von eben der Farbe und mit eben dem schlüpfrigmachenden Schleim überzogen, wie die Haut der Fische selbst; die innere Oberfläche, die zuvor mit der Haut der Fische in Berührung war, war weniger gefärbt, aschgrau und fast durchscheinend, so dass ich durch sie die dunkle Farbe der äussern Fläche zu sehen glaubte. Die Breite des Bandes mochte nicht ganz einen Zoll betragen, übrigens schie - nen Breite und Dicke in dem ganzen Umfang desselben überall gleich gross. Nirgends war eine Nath oder eine Spur von Vereinigung (pag. 10) zweier Enden zu sehen, welches unfehlbar hätte der Fall seyn müssen, wenn der Zirkel, den dieses Band bildete, durch Vereinigung beider Enden eines Längenbandes wäre zusammengesetzt worden. Die Consistenz der Masse, woraus diese Fischhaut bestand, war so weich, dass dieselbe sich wie nasses Papier biegen und behandeln liess, doch hatte es so starken Zusammenhang seiner Theile, dass ich es nicht ohne sehr merklichen Widerstand mit meinen Fingern zerriss «.
Diese Beobachtungen, obgleich sie von Steinbuch in früheren Jugend - jahren angestellt und erst später aus dem Gedächtnisse niedergeschrieben wurden, sind mit so vielen Einzelnheiten erzählt, dass Steinbuch in der Hauptsache sich gewiss nicht getäuscht haben konnte; die ganze von ihm mitgetheilte höchst merkwürdige Geschichte durfte Steinbuch wohl mit Recht77Gattung: Lota.als eine Art Begattungsact bezeichnen, zumal da derselbe (a. a. O. pag. 8) aus den beiden Fischen nach ihrer Trennung einen milchigen Saft ausfliessen sah. Steinbuch (ebenda pag. 18) vermuthete, dass, nachdem sich beide Fische mit der Bauchfläche innig berührt, sich durch Hautausschwitzung ein gerinn - barer Stoff zu jenem gürtelförmigen Bande umgebildet habe, durch welches Steinbuch die beiden Rutten vereinigt gefunden. Diese Hypothese verdient nicht verworfen, sondern vielmehr geprüft zu werden, da auch bei anderen Fischen Haut-Secrete während der Brunstzeit zum Vorschein kommen, auf die man bisher entweder gar nicht oder nur sehr wenig geachtet hat, wie ich späterhin nachweisen werde.
Der Körper seitlich stark zusammengedrückt, unsymmetrisch, in - dem beide Augen auf einer und derselben Seite angebracht sind. Die Rückenflosse nimmt die ganze Rückenkante, die Afterflosse die ganze Bauchkante ein, da der After sehr weit nach vorn gerückt ist. Die Bauchflossen stehen vor den Brustflossen an der Kehle. Eine Schwimm - blase fehlt. Alle hiehergehörigen Fische schwimmen auf der Seite, wobei die augentragende Seite nach oben gerichtet und zugleich ge - färbt ist, während die nach unten gekehrte Seite ungefärbt erscheint.
Gattungscharakter: Zähne in einfacher Reihe in beiden Kieferrän - dern; Rückenflosse beginnt über den nahe beisammen ste - henden Augen; der Schwanz wird weder von der Rücken - flosse noch von der Afterflosse erreicht.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 17. n. 4, Descr. spec. pisc. pag. 59. n. 4, Syn. nom pisc. pag. 31. n. 2.
Linné Nr. 2: pag. 457. n. 7. Pleuronectes Flesus.
Bloch Nr. 3 a: Th. II. pag. 39. Taf. 44. Pleuronectes Flesus, Flunder.
Holandre Nr. 56 b: pag. 260.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 186.
Schaefer Nr. 59: pag. 325.
78Familie: Pleuronectae.Artcharakter: Seitenlinie fast gerade, durch dornige Warzen - Reihen rauh eingefasst, auch die Basis der Rücken - und Afterflosse mit dornigen Höckern besetzt. Die Augen-Seite (meistens die rechte Seite) olivengrün oder bräunlich, zu - weilen gelb gefleckt.
D. 57, P. 10, V. 6, A. 38 — 42, C. 18.
Dieser in der Ost - und Nordsee sehr gemeine Fisch, welcher eine Länge von 8 bis 10 Zoll erreicht, steigt oft weit in die Flüsse hinauf, so dass der - selbe in England und Belgien schon mehrere Male viele Meilen weit vom Meere entfernt im süssen Wasser gefangen worden ist. So berichtet Donovan1)S. dessen: Natural history of british fishes. Vol. IV. London, 1806. Plate 94., dass in vielen britischen Seen und Flüssen Flundern in grosser Anzahl gefangen werden, und Yarrell2)Vergl. dessen: History of british fishes. Vol. II. London, 1841. pag. 304. giebt ganz bestimmt an, dass im Avon mehrere Meilen oberhalb Bath, und in der Themse einige Meilen oberhalb London sehr häufig Flundern vorkommen. Von Selys-Longchamps (a. a. O.) wird mitgetheilt, dass die Flunder aus der Schelde in die Nethe bis nach Waterloo und aus der Maas in die Ourthe bis über Lüttich hinauf gelangt sei. Nach Holandre’s Beobachtung (a. a. O.) ist ein Exemplar dieses Fisches im August des Jahres 1818 in der Mosel bei Metz vorgekommen. Auch M. Schaeffer (a. a. O.) er - zählt, dass die Flunder manchmal bis nach Trier und weiter die Mosel herauf steige und er im October des Jahres 1842 auf dem Fischmarkte zu Trier zwei lebende Exemplare dieses Fisches, welche in der Mosel gefangen waren, ge - sehen habe.
Dass die Flunder sich noch weiter hinauf im Flussgebiet des Rheins ver - steigen, und sogar bis zum Mittelrhein sich verirren kann, dies beweisen fol - gende Angaben. Der Stadtfischer Hänlein in Mainz, dessen Aussagen man wohl Glauben schenken darf, gab mir die mündliche Versicherung, dass ihm erst einmal in seinem Leben eine Flunder aus dem Rhein bei Mainz vorgekom - men sei. Durch Dr. Braun3)Vergl. Correspondenz-Blatt des zoologisch-mineralogischen Vereines in Regensburg. VIII. Jahrg. 1854. pag. 112. erfahren wir, dass während seines 18 Jahre lang dauernden Aufenthalts in Klingenberg (am Main in Unterfranken) von 1815 bis 1833 ihm einmal von den Fischern daselbst ein ihnen unbekannter son - derbar gestalteter Fisch gebracht worden sei, den er bei Untersuchung und Vergleichung mit Abbildungen als eine Pleuronectes erkannt habe. Es ist diese Eigenschaft der Flunder, in süssem Wasser auszudauern, schon den älteren Ichthyologen bekannt, und Veranlassung gewesen, diesem Fische den Namen Passer fluviatilis zu verschaffen4)Vergl. Bellonii de aquatilibus libri duo. Parisiis, 1553. pag. 144. Passer fluviatilis.
79Gattung: Platessa.Es dürfte demnach dieser schmackhafte Seefisch, dessen Laichzeit in den Monat Mai fällt, nicht ungeeignet sein, bei uns in Teichen und Seen erzogen zu werden, wozu die künstliche Fischzucht die beste Gelegenheit böte. Eine Hauptschwierigkeit dabei würde jedoch die sein, solchen Fischen stets die nöthige Nahrung zukommen zu lassen, da die Flunder fast nur von Gewürm, Krebsthieren, Schnecken und Muscheln leben, welche von diesen Fischen in sehr grossen Quantitäten verzehrt werden, ich wenigstens fand in Danzig den Darmcanal der Flundern von Anfang bis zu Ende mit Schneckengehäusen und Muschelscherben immer wie ausgestopft. Auf der andern Seite würden aber auch diese Fische durch ihre Lebensart im Stande sein, sich den Nachstellungen vieler unserer Raubfische, (des Hechts, des Barsches, der Lachsforelle) zu entziehen, indem sie sich gern auf dem Grunde des Wassers aufhalten, und sich leicht mit ihrem flachen Körper im Schlamme und Sande verbergen können.
Alle Flossen-Strahlen weich, gegen die Spitze hin zertheilt und gegliedert; untere Schlundknochen getrennt; Schwimmblase durch einen Luftgang mit der Speiseröhre verbunden.
Die Zwischenkiefer-Knochen bilden allein den Rand der Ober - kinnlade; die Oberkieferknochen sind rudimentär verkürzt und tragen häufig Bartfäden; Körper nie mit Schuppen bedeckt, zuweilen Schilde tragend, der erste Brustflossen-Strahl einen starken Knochen darstellend.
Gattungscharakter: Körper nackt, Hechelzähne im weiten Maule, Rückenflosse sehr klein, Afterflosse sehr lang.
Syn. u. Citate.
Mangolt Nr. 33: pag. 42. Wälin.
Baldner Nr. 42: pag. 143. Taf. 2. Scheid.
4)vulgo Flesus. Vergl. ferner Willughby de historia piscium libri IV. Oxonii, 1686. pag. 98. Cap. VIII. Passer fluviatilis. Tab. F. 5. Vergl. endlich Raji Synopsis avium et piscium. Londini, 1713. pag. 32.
80Familie: Siluroidei.Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 88. n. 2, Descript. spec. pisc. pag. 110. n. 1.
Linné Nr. 2: pag. 501. n. 2. Silurus Glanis.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 242. Taf. 34. Silurus Glanis, Wels.
Schrank Nr. 23 a: pag. 319. n. 291. Waller.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 83. Silurus Glanis, Waller.
Gloger Nr. 88: pag. 76. Silurus Glanis, Wels.
Bujack Nr. 97: pag. 341. Silurus Glanis, Wels.
Valenciennes Nr. 5: T. XIV. 1839. pag. 323. Pl. 409. Silurus Glanis, silure d’Europe.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. 1846 — 53. pag. 120. Silurus Glanis, Wels.
Rapp Nr. 41: pag. 12. Silurus Glanis, Weller.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 308. Fig. 165. Silurus Glanis, Schaiden.
Fritsch Nr. 75: pag. 205. Silurus Glanis, Wels.
Artcharakter: Zwei lange Oberkiefer-Bartfäden, vier kurze Bartfäden am Unterkiefer; die sehr kurze Rückenflosse in der Mitte zwischen den Brust - und Bauchflossen ange - bracht.
D. 1 / 4, P. 1 / 14 — 17, V. 11 — 13, A. 90 — 92, C. 17 — 19.
Der Waller, einer unserer gewaltigsten Raubfische, kann eine beträcht - liche Grösse erreichen und bis zu einigen hundert Pfund Gewicht heranwach - sen. Es zeichnet sich dieser Fisch von allen unseren übrigen Weichflossern durch seinen breitgedrückten Kopf und durch sein ungeheuer weites Maul aus. Derselbe besitzt eine grauschwarze oder olivengrüne Farbe mit dunk - leren Marmorflecken an den Seiten und mit weisslicher Färbung auf dem Bauche. Gegen den sehr grossen breitmäuligen Kopf dieses Fisches stechen die ungemein kleinen Augen auffallend ab. Sehr merkwürdig ist an diesem Fische die dicht hinter und über der Wurzel der beiden Brustflossen ange - brachte enge Oeffnung, welche in einen Hohlraum führt, der unter der Haut gelegen ist und sich zugleich in die Zwischenräume der grösseren Brustflossen - Muskel hineinerstreckt. Es haben sich diese beiden Oeffnungen der Haut auch noch bei vielen anderen Siluroiden auffinden lassen1)Vergl. hierüber Heckel und Kner: Süsswasserfische a. a. O. pag. 310 und des letz - teren Abhandlung über die Panzerwelse in den Denkschriften d. mathemat. naturwissensch. Classe der Akademie der Wissensch. Bd. VI. Wien, 1854. pag. 68., ohne dass man jedoch den Zweck dieser eigenthümlichen Organisation bis jetzt hat errathen können. Seine Laichzeit fällt in den Monat Juni.
Ausser der Donau mit ihren Nebenflüssen, werden viele grössere Seen von Oberbayern als Wohnort des Wallers angegeben; ich kenne das Vorkom - men des Wallers vom Chiemsee, Wagingsee, Simsee, Staffelsee und Bodensee. Der Waller war in früheren Zeiten eine Seltenheit für den Bodensee, wie von den älteren Ichthyologen berichtet wurde; gegenwärtig soll dieser Fisch sich im Bodensee häufiger zeigen, wenigstenz bei Constanz, was mir dortige Fi - scher versichert haben, dieselbe Bemerkung wurde auch von Rapp (a. a. O.) 81Gattung: Silurus.gemacht. Im Mittelrhein ist der Waller eine seltene Erscheinung, daher mag es gekommen sein, dass weder Hartmann (Nr. 38 b), noch Schinz (Nr. 40 b) den Waller als einen Rheinfisch aufführen, während sie das Vorkommen des Wallers in einigen Seen der Schweiz erwähnen. Eine interessante Notiz über einen in der Ill bei Strassburg gefangenen einen Schuh langen Waller hat Baldner (a. a. O.) mitgetheilt. Dieser Fisch war vom Jahre 1569 bis 1620 in einem Weiher am Leben erhalten worden und hatte innerhalb dieser Zeit eine Länge von 5 Schuh erreicht1)Vergl. auch Hermann: Observat. zoolog. a. a. O. pag. 308.. Aber nicht bloss in der Ill, sondern wirklich im Mittelrhein ist der Waller schon einige Male gefangen worden. Ich stütze mich in dieser Beziehung nicht bloss auf das Zeugniss von Miescher2)S. den Bericht über die Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel. VI. Basel, 1844. pag. 72., wel - cher im Jahre 1842 der naturforschenden Gesellschaft zu Basel ein kleines bei dieser Stadt im Rhein gefangenes Exemplar des Silurus Glanis vorzeigte, son - dern berufe mich noch auf ein zweites, 12½ Pfund schweres Exemplar des - selben Fisches, das im Jahre 1858 bei Alt-Breisach im Rhein gefangen worden ist und das ich im zoologischen Cabinete zu Freiburg aufbewahrt gesehen habe, woselbst mir die Versicherung gegeben wurde, dass im Rhein bei Neuenburg von Zeit zu Zeit Waller gefangen werden. Hiernach wäre wohl die von Leiblein (Nr. 51: pag. 125) angenommene Möglichkeit nicht zu be - zweifeln, dass bei convenirendem Wasserstande Waller als seltene Gäste auch in den Untermain gelangen könnten. Ausserdem ist der Waller unter dem Namen Wels in Norddeutschland ein sehr bekannter Fisch, der dort in den grösseren fliessenden und stehenden Gewässern ziemlich verbreitet ist.
Die Zwischenkiefer-Knochen bilden allein den Rand der Ober - kinnlade, hinter welchen die beiden ausgebildeten Oberkiefer-Knochen liegen. Alle Knochen des Maules zahnlos, dagegen sind die unteren Schlundknochen mit ansehnlichen Zähnen bewaffnet. Kiemenöffnungen bis zur Kehle gespalten. Die Schwimmblase durch eine Einschnürung in eine vordere und hintere Blase abgetheilt.
Die Familie der Cyprinoiden, deren Schuppen ausser einer feinen con - centrischen Streifung noch fächerförmig gestellte Radien in verschiedenerv. Siebold, Fische. 682Familie: Cyprinoidei.Entwicklung und Anzahl besitzen, bildet den Hauptstamm unserer Fischfauna; Linné (Nr. 2: pag. 525) fasste alle hiehergehörigen Fische unter dem einen Gattungs-Namen Cyprinus zusammen; der Reichthum an Arten erwies sich aber bei dieser Gattung als so gross, dass man sich nur schwer zurecht fin - den konnte. Es wurde diese Schwierigkeit von Cuvier1)Vergl. dessen: Règne animal. Paris, 1829. Tom. II. pag. 270 etc. dadurch beseitigt, dass derselbe die Gattung in mehrere Untergattungen zerspaltete; aber auch Cuvier’s Eintheilung der Cyprinen reichte noch nicht aus und liess die Auf - stellung noch mancher guten Gattung zu, wie wir sie von Bonaparte2)S. dessen: Iconografia della fauna italica. Roma, 1832 — 41. und Agassiz3)S. Agassiz Nr. 7: pag. 33 und Nr. 8: pag. 73. erhielten, bis endlich von Heckel4)Vergl. dessen: Abbildungen und Beschreibungen der Fische Syriens nebst einer neuen Classifikation und Karakteristik sämmtlicher Gattungen der Cyprinen. Stuttgart, 1843. Es ist diese Abhandlung aus dem I. Bande und 2. Theile von Russegger’s Reisen be - sonders abgedruckt. In dem beigegebenen Atlas hat Heckel auf Tafel I die Schlundzähne der meisten unserer Karpfen-Gattungen nach Form, Zahl und Stellung sehr schön abgebildet. die Familie der Cyprinen unter Berücksichtigung der Form, Zahl und Anordnung der Schlundzähne, auf welche bereits Agassiz hingewiesen hatte, in erschöpfender Weise nach natür - lichen Gruppen und Gattungen abgetheilt wurde.
Die Schlundzähne der Cyprinoiden bieten für die Erforschung der Ent - wicklungsgeschichte der Zähne ein höchst interessantes Material, indem die - selben alljährlich gewechselt und durch neuen Nachwuchs ersetzt werden. Dieser Nachwuchs von Ersatzzähnen geht in der den Boden der Rachenhöhle auskleidenden Schleimhaut dicht vor den alten Zähnen vor sich. Die hier verborgenen Zahnsäckchen erzeugen aber, wie es scheint, nur die aus Zahn - bein und Zahnschmelz bestehende Krone; die Knochensubstanz, welche als Zahnwurzel mit den Schlundknochen, den Trägern der Schlundzähne unmit - telbar verwachsen ist, bildet sich aus den letzteren ebenfalls neu hervor, nachdem der alte Zahn sammt seiner knöchernen Wurzel durch Abfallen Platz gemacht hat. Dieser Zahnwechsel findet immer zur Laichzeit statt, um welche Zeit die Fische, nachdem sie sich vorher gut gemästet, nicht zu fressen pfle - gen. Untersucht man die Schlundknochen der Cyprinoiden vor Beendigung ihres Fortpflanzungsgeschäftes, so kann man, mögen ihre Zahnkronen Kau - flächen besitzen oder nicht, die Zahnkronen-Scherben der Ersatzzähne inner - halb der Zahnsäckchen auf den verschiedensten Stufen der Entwicklung an - treffen5)Vergl. Jurine: Sur les dents et la mastication des poissons appellés Cyprins, in den Mém. de la soc. de phys. et d’hist. nat. de Genève. T. I. 1821. pag. 19.. Bei einem solchen steten Nachwachsen von Ersatzzähnen wird man nicht von in hohem Alter abgeschliffenen Druckzähnen (Dentes contusorii) ge - wisser Cyprinoiden reden können, wie dies Heckel (Nr. 11 c: pag. 1006) gethan hat, da sich solche Druckzähne alljährlich vollständig abschleifen.
83Gattung: Cyprinus.Durch alle diese Bemühungen, welche man auf die Eintheilung der Cy - prinoiden verwendet hat, ist nur eine Erleichterung in der Unterscheidung der Gattungen gewonnen worden, in Bezug auf die Art-Unterscheidung stösst man bei den verschiedenen Karpfen-Gattungen noch auf dieselben Schwierig - keiten wie früher. Es hängt dies zum Theil mit dem Umstande zusammen, dass mehrere Karpfen-Arten in verschiedene Wassergebiete, in welchen sie ursprünglich nicht einheimisch, künstlich verpflanzt, und dass gewisse Karpfen-Arten aus fliessenden Gewässern in stehendes Wasser und in Teiche versetzt worden sind, wodurch diese Thiere genöthigt wurden, sich in Be - treff des Wassers und der Nahrung unter sehr verschiedenen Einflüssen fort - zupflanzen, was allmählich bei den aufeinander folgenden Generationen dieser Fische eine Veränderung erzeugte, die sich sowohl in der Körperform wie in den Eigenschaften derselben kund giebt. Es sind durch solche künstliche Züchtungen gewisse Karpfenarten, wie unsere übrigen Hausthiere, ausgeartet, wobei dieselben, wie diese, nach und nach bestimmte Rassenformen angenom - men haben, die man nicht für Artformen nehmen darf. Es ist zu bedauern, dass die Ichthyologen bisher auf solche Rassenbildungen bei den Fischen nur sehr wenig Rücksicht genommen haben, gewiss würde mancher dadurch von der Aufstellung sogenannter schlechter Arten abgehalten worden sein.
Wie schwer die Arten gewisser Karpfen-Gattungen herauszufinden sind, geht auch daraus hervor, dass selbst die Fischer mit ihrem praktischen Blicke nicht immer die nächst verwandten Artformen dieser Fische zu unterscheiden im Stande sind und leicht Verwechslungen begehen, wobei sie sich zuweilen mit der Annahme von Bastardbildung zu helfen suchen. Obgleich von den Fischern eine Bastardirung zwischen verschiedenen Cyprinoiden-Arten nur vermuthungsweise ausgesprochen wird, so habe ich bei genauerer Unter - suchung gewisser zweifelhafter Cyprinoiden-Formen die Ueberzeugung gewon - nen, dass die Fischer die Entstehung solcher aus der Kreutzung zweier ver - schiedener Arten hervorgegangenen Zwischenformen mit richtigem Tacte herausgefühlt haben.
Die männlichen Individuen der meisten Karpfenarten erhalten zur Brunst - zeit ein ganz eigenthümliches Ansehen, in welchem Zustande solche Fische besondere Namen erhalten haben. Es ist dieser Zustand ein merkwürdiger Hautausschlag, der aus einer warzenförmigen Verdichtung der Oberhaut be - steht und nach den verschiedenen Gattungen und Arten der Cyprinoiden in verschiedener Form, Zahl und Vertheilung zum Vorschein kömmt. Zur Laichzeit suchen die meisten Cyprinoiden seichte Stellen der Gewässer auf, wo die Weibchen von männlichen Individuen umgeben ihren Laich entweder an Steine oder an Kräuter und Gesträuch festkleben.
6*84Familie: Cyprinoidei.Gattungscharakter: Mund endständig mit vier Bartfäden an der Oberkinnlade; fünf Schlundzähne mit zum Theil flacher und mehrfach gefurchter Krone in drei Reihen gestellt, und zwar auf jedem Schlundknochen in der Formel: 1. 1. 3 1)Bei der Untersuchung und Feststellung des Zahnsystems eines Cyprinoiden darf nicht übersehen werden, dass oft ein oder der andere Zahn fehlen kann, der entweder ab - gefallen oder abgebrochen sein kann; man wird bei genauerer Untersuchung die zurück - gelassenen Spuren des vorhanden gewesenen Zahnes erkennen; solche Lücken werden später durch einen nachwachsenden Zahn wieder ausgefüllt. (Siehe oben pag. 82.); Rücken - flosse mit langer Basis, Afterflosse mit kurzer Basis, beide mit einem sehr starken rückwärts gezähnten Knochenstrahl beginnend.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 149. Taf. 5.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 4. n. 8, Descr. spec. pag. 25. n. 13, Syn. nom. pisc. pag. 3. n. 1.
Schaeffer. Epistola de studii ichthyologici methodo. Ratisbonae, 1760. pag. 18. Fig. I — III. Cyprinus cirrosus, Springkarpf.
Linné Nr. 2: pag. 525. n. 2. Cyprinus Carpio.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 92. Taf. 16. Cyprinus Carpio, Karpf, pag. 107. Taf. 17. Rex Cy - prinorum, Spiegelkarpfe, Th. III. pag. 131 u. 178. Cyprinus nudus, Leder - karpfe.
Schrank Nr. 23 a: pag. 328. n. 302 u. 303. Gemeiner Karpf u. Spiegelkarpf.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 174 u. 183. Cyprinus Carpio u. macrolepidotus Karpfen u. Spie - gelkarpfen.
Gloger Nr. 88: pag. 73. Cyprinus Carpio u. macrolepidotus, Teichkarpfen u. Spiegel - karpfen.
Bujack Nr. 97: pag. 330. Cyprinus Carpio, Karpfen.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. 1842. pag. 23. Cyprinus Carpio, Carpe commune, pag. 62. Cypr. elatus, pag. 63. Cypr. Regina, pag. 65. Cypr. hungaricus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 195. n. 12. 13. 14. Cyprinus Regina, C. Carpio, C. elatus.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. 1846 — 53, pag. 290. Cyprinus Carpio.
Günther Nr. 47: pag. 35. Cyprinus Carpio, Karpfen.
Leiblein Nr. 51: pag. 118. Cyprinus Carpio u. macrolepidotus, Karpfen u. Spiegel - karpfen.
Rapp Nr. 41: pag. 5. Carpio vulgaris, Karpfe.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 54. Fig. 21. Cyprinus Carpio, Donaukarpfe, pag. 58. Fig. 22. C. acuminatus, pag. 60. Fig. 23 — 25. C. hungaricus, pag. 62. Fig. 26. C. Regina.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Cyprinus Carpio, gemeiner Karpfen.
85Gattung: Cyprinus.Artcharakter: Maul weit und mit dicken Lippen umgeben, Bartfäden stark und lang; Schwanzflosse tief halbmondförmig aus - geschnitten; der starke Knochenstrahl der Rücken - und Afterflosse grob gezähnt.
D. 3 — 4 / 17 — 22, P. 1 / 15 — 16, V. 2 / 8 — 9, A. 3 / 5, C. 17 — 19, Squ. 5 — 6 / 35 — 39 / 5 — 6.
Da der Karpf nicht bloss im freien Zustande als Fluss - und Seekarpf vorkömmt, sondern auch als Teichkarpf seit Jahrhunderten in ganz Europa gezüchtet wird, so konnte es nicht ausbleiben, dass dieser Fisch, wie schon oben bemerkt wurde, in sehr viele Varietäten ausgeartet ist, von denen manche, z. B. der Spiegelkarpf, zu einer bleibenden Rassenform sich nach und nach herangebildet haben. Aus diesem Grunde hält es aber auch ausser - ordentlich schwer, einen gemeinschaftlichen Species-Charakter für diese ver - schiedenen Karpfen-Varietäten festzustellen, indem an ihnen sowohl die Farbe, als die Zeichnung, die Beschuppung und die Umrisse des Körpers den verschiedenen Veränderungen ausgesetzt gewesen sind.
Dass man die an ihrer Beschuppung ausgearteten Karpfen, nämlich den mit wenigen unverhältnissmässig grossen Schuppen besetzten Spiegelkarpf (Cyprinus Rex Cyprinorum, Cyprinus specularis sive macrolepidotus) und den von allen Schuppen entblössten Lederkarpf (Cyprinus nudus, sive coriaceus, sive alepidotus) nur als Varietäten und nicht, wie man früher glaubte, als be - sondere Arten zu betrachten habe, daran hat man sich lange gewöhnt. Dass aber auch Karpfen-Rassen veränderte Körperumrisse, wie sie bei unseren warmblütigen Hausthieren oft in ganz auffallender Weise vorkommen, an sich tragen können, das mögen selbst manche Ichthyologen noch nicht einräumen. Von Heckel und Kner (a. a. O. pag. 57) wird zugegeben, dass der Karpf als Culturfisch zahlreichen Abänderungen ausgesetzt sei, dennoch werden aber von ihnen als die wichtigsten Varietäten und Rassenbildungen des Karpfen nur der Spiegelkarpf und Lederkarpf in der östreichischen Fischfauna aufge - führt, während in derselben Fauna ein Paar vor längerer Zeit von Heckel auf - gestellte Karpfen-Species beschrieben und abgebildet worden sind, die ich nicht als selbstständige Arten anerkennen kann, sondern für die extremen For - men zweier Varietäten-Reihen ansehen muss.
Es kann nämlich der Karpf, dessen Körper in ursprünglicher Form läng - lich und etwas seitlich zusammengedrückt erscheint, unter gewissen Ein - flüssen sich länger strecken und auf dem niedriger gewordenen Rücken sich seitlich abrunden, oder unter anderen Einflüssen sich verkürzen und einen steiler ansteigenden sowie noch mehr zusammengedrückten Rücken erhalten. Eine dieser Rassenformen, bei welcher die zuerst erwähnten Veränderungen86Familie: Cyprinoidei.sich in sehr grosser Ausdehnung gesteigert finden, hat Heckel1)Vergl. dessen Abhandlung: Ueber einige neue Cyprinen, in den Wiener Annalen, Bd. I. a. a. O. pag. 222. Tab. XIX. Fig. 1. (c. Schlundknochen mit den Schlundzähnen) und dessen: Dispositio systematica familiae Cyprinorum in den Abbildungen und Beschreibun - gen der Fische Syriens a. a. O. pag. 1012 u pag. 1003. Taf. 1. (Cyprinus hungaricus, Mahlzähne), s. ferner dessen Verzeichniss der Fische des Donaugebiets in der ganzen Ausdehnung des östreichischen Kaiserstaates (Nr. 11 h) pag. 29, vergl. endlich Heckel u. Kner Nr. 13: pag. 60. Fig. 23. 24. 25 (Schlundknochen mit den Schlundzahnen). als besondere Species betrachtet und mit dem Namen Cyprinus hungaricus bezeichnet. Diese Karpfenform, welche nach Heckel den Neusiedler - und Plattensee bewohnt und im Alter sehr fett und dann fast walzenförmig werden soll, kömmt unter dem Namen Seekarpf, Seepinkl sehr häufig auf den Wiener Fischmarkt, auf welchem ich selbst mehrere Exemplare für das hiesige zoologische Cabinet mir verschafft habe. Aber auch auf dem hiesigen Fischmarkte werden von Zeit zu Zeit Teichkarpfen feil geboten, welche aus schwäbischen Gegenden stammen und von dem C. hungaricus sich in nichts unterscheiden. Der fast cylindrische Leib, der beinahe ganz gerade verlaufende lange Rücken, wel - cher seinen Höhepunkt schon weit vor dem Anfange der Rückenflosse erreicht, die stumpfe Schnauze mit der nur wenig nach vorn aufsteigenden Mund - spalte und der ganz gerade Verlauf des Bauchprofils, alle diese Merkmale, welche von Heckel sowohl in den Beschreibungen wie Abbildungen als Haupt - charaktere seines C. hungaricus hervorgehoben sind, finden sich bei den vor - hin erwähnten auf dem hiesigen Fischmarkte angetroffenen Teichkarpfen aus - geprägt.
Eine Mittelform zwischen dem weniger gestreckten gemeinen Karpfen und dem sehr langgestreckten ungarischen Seekarpfen stellt die von Bona - parte2)S. dessen: Iconografia della Fauna italica. a. a. O. Fol. 92. Tav. 108 (24). Fig. 1 und dessen: Catalogo metodico dei pesci europei. a. a. O. pag. 26. Nr. 141. ebenfalls zu einer besonderen Art erhobene und als C. Regina be - zeichnete Varietät dar. Auch diesen C. Regina kann ich unter den vielen Zuchtkarpfen, welche aus den verschiedenen Teichen von Bayern, Schwaben, Oberpfalz, Franken und Böhmen hierher zu Markte gebracht werden, mit Leichtigkeit herausfinden. Obwohl Heckel und Kner (a. a. O.) diese Karpfen - form als besondere Art in ihre Fischfauna der östreichischen Monarchie auf - genommen haben, so gestehen sie doch selbst, dass sie nicht im Stande seien, ganz feste Unterschiede und Grenzen zwischen C. Regina und C. Carpio an - zugeben; während De Filippi3)S. dessen: Cenni sui pesci d’aqua dolce della Lombardia. pag. 9 (aus den Notizie naturali e civili sulla Lombardia, Vol. I. Milano, 1844 besonders abgedruckt). Durch Ver - gleichung zweier Individuen des Cyprinus Regina aus Turin, deren Besitz ich Herrn De Fi - lippi zu verdanken habe, bin ich in den Stand gesetzt, letzterem in Bezug auf die Gleichar - tigkeit des C. Carpio und C. Regina vollkommen beizustimmen. schon früher den C. Regina für eine blosse Varietät des gemeinen Karpfen ansah, konnte Valenciennes (a. a. O. pag. 65) zwischen C. Regina und dem C. hungaricus keine Verschiedenheit wahrnehmen. 87Gattung: Cyprinus.Bringt man noch in Betracht, dass Kramer1)S. dessen: Elenchus vegetabilium et animplium per Austriam inferiorem observa - torum. 1756. pag. 390. Nr. 4. γ. und Fitzinger2)S. dessen: Fauna des Erzherzogthums Oestreich, a. a. O. pag. 333. C. Carpio var. lacustris. den ungarischen Karpfen auch nur als eine Varietät des gemeinen Karpfen angesehen haben, so darf es wohl gerechtfertigt erscheinen, wenn ich annehme, dass von dem nur wenig gestreckten gemeinen Karpfen eine Reihe von Varietäten mit lang - streckiger Körperform ausgeht, unter welchen der C. hungaricus die am mei - sten in die Länge gestreckte Form darstellt, während der C. Regina zwischen beiden Formen als Uebergangs-Varietät in der Mitte steht.
Die zweite Reihe der Varietäten, zu welchen der gemeine Karpf auf der anderen Seite ausarten kann, umfasst die kurzleibigen hochrückigen Formen, unter denen die von Heckel und Kner (a. a. O. pag. 59) als C. acuminatus3)Heckel hatte früher diese Karpfenform als C. angulatus und thermalis in seiner: Dis - positio system. famil. Cyprin. a. a. O. pag. 23 aufgeführt. beschriebene und abgebildete Form sich als die kürzeste und am meisten hochrückige Spielart auszeichnet. Es bewohnt diese Karpfenform nach Heckel’s und Kner’s Angabe die Donau, den Neusiedler - und Plattensee. Unter den verschiedenen kurzleibigen und hochrückigen Teichkarpfen, welche nebst den Spiegelkarpfen in grosser Anzahl aus der Umgegend von Dünkelsbühl zum Verkauf hieher geliefert werden, konnte ich zu verschiedenen Malen solche extreme Formen unterscheiden, auf welche die Beschreibung und Ab - bildung jenes C. acuminatus vollständig passte: sie besassen denselben zu - gespitzten Kopf, eine ebenso schief nach oben gestellte Mundspalte und ein ganz gleiches steil aufsteigendes Rückenprofil, dessen Höhenpunkt mit dem Anfange der Rückenflosse zusammenfiel. Die minder hochrückigen Formen jener fränkischen Teichkarpfen stimmten dagegen mit den von Bonaparte als C. Carpio und elatus abgebildeten Karpfen4)Vergl. dessen: Iconografia a. a. O. Fol. 92. Tav. 108 (24). Fig. 2 u. 3, und dessen: Catalogo metod. a. a. O. pag. 26. Nr.. 146. überein, so dass ich mit Heckel und Kner (a. a. O. pag. 63) vollkommen damit einverstanden bin, den Cyprinus elatus des Bonaparte nur für eine Varietät des gemeinen Karpfen zu halten.
Es dürfte vielleicht auffallend erscheinen, dass die verschiedenen Kar - pfenformen, wie C. hungaricus, Regina, acuminatus und elatus auch ausser - halb Ungarn und Italien angetroffen werden; es hängt die weite Verbreitung der Karpfen-Varietäten gewiss damit zusammen, dass die Lebenszähigkeit der Karpfen es zuliess, die verschiedenen Varietäten desselben durch weite Transporte nach allen Richtungen Europa’s hin künstlich zu verpflanzen, wo - bei sich manche Abart erhalten hat, andere dagegen von neuem ausgeartet sein mag. So kommen auch in den Maas - und Mosel-Gegenden unter den Karpfen Varietäten vor, die sich ebenfalls auf die vorhin erwähnten Abarten88Familie: Cyprinoidei.zurückführen lassen. In seiner belgischen Fauna beschreibt Selys-Long - champs einen Cyprinus Regina aus der Maas, welchen Bonaparte mit seinem in Italien einheimischen C. Regina für identisch erklärte, während Heckel den - selben als seinen C. hungaricus erkannte1)Vergl. Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 196. Hier heisst es wörtlich: » Il se trouve dans la Meuse, car un individu que j’avais envoyé au prince Ch. Bonaparte qui a décou - vert cette espèce en Italie, a été reconnu par lui à sa surprise pour être de la même espèce. Cependant M. Heckel qui a reconnu notre Regina pour le même que son hungaricus doute que ce soit le Regina de Bonaparte, qui aurait la tête moins longue et la dorsale commen - cant plus en avant «.. Auch von Holandre wurde mit - getheilt, dass er aus der Umgegend von Metz die verschiedensten Varietäten des C. Carpio erhalten habe, von denen die eine Form einen fast cylindri - schen Leib besessen2)Vergl. Holandre Nr. 56 a: pag. 326 u. Nr. 56 b: pag. 240.. Es deutet diese Aeusserung doch wohl auf ein Vor - handensein des C. hungaricus hin. Durch Nordmann3)Vergl. in Demidoff’s Voyage dans la Russie méridionale, T. III. Paris, 1840. Nord - mann’s Observations sur la Faune pontique, pag. 476 und 477. wurde der C. Carpio wie auch seine Varietäten C. macrolepidotus, nudus und hungaricus auf dem Fischmarkte zu Odessa angetroffen, woraus hervorgeht, dass der Karpf mit seinen verschiedenen Varietäten sowohl im Westen wie im Osten von Europa ausdauert.
Die kurze hochrückige seitlich zusammengedrückte Varietät des gemei - nen Karpfen fehlt dem niederrheinischen Wassergebiete ebenfalls nicht, da Selys-Longchamps (a. a. O. pag. 198) den C. elatus aus der Schelde und aus bel - gischen Weihern aufführt, und Schaefer in seiner Mosel-Fauna aussagt, dass er den C. elatus, welcher aus den Teichen der Umgegend von Saarbrücken und Wittlich gekommen war, auf dem Markte zu Trier von Zeit zu Zeit ge - sehen habe4)Vergl. M. Schaefer: Mosel-Fauna. pag. 297.. Ich verdanke der Güte des Herrn Oberlehrer Schnur zu Trier einige Exemplare dieser Karpfenform, und kann sie für nichts anderes als für eine den C. elatus darstellende Varietät des gemeinen Karpfen halten.
Die Grundfarbe des gemeinen Karpfen und seiner Abarten kann sehr variiren und vom goldgelben in’s blaugrüne übergehen. Die wulstigen Lippen und der Bauch sind meistens gelblich gefärbt, Rücken und Flossen erscheinen blaugrau, die letzteren mit Ausnahme der Rückenflosse haben zuweilen einen röthlichen Anflug. Die Schuppen besitzen in ihrer Mitte oft einen schwärz - lichen Pigmentfleck, und sind nicht selten an ihrem Hinterrande schwärzlich eingefasst. Die Schlundknochen nebst den daran befestigten Zähnen lassen recht erkennen, dass die oben erwähnten verschiedenen Karpfenformen nur als Varietäten und nicht als besondere Arten betrachtet zu werden verdienen, denn es lässt sich an jenen Skelettheilen durchaus kein specifisches Merkmal ausfindig machen, durch welches ein Unterschied zwischen Cyprinus Carpio, elatus, acuminatus, Regina und hungaricus festgestellt werden könnte, während,89Gattung: Cyprinus.wie ich weiter unten nachweisen werde, ein specifischer Unterschied zwi - schen den natürlichen Abramis-Arten auch an den Schlundknochen und Schlundzähnen sich sehr bestimmt ausspricht.
Schlundknochen und Schlundzähne (nach Heckel und Kner).
Die Schlundzähne des Karpfen, welcher sich meistens von zersetz - ten Pflanzenstoffen und Schlamm ernährt, schleifen sich, mit Aus - nahme des vordersten Zahnes, der seine sphärische Krone stets be - hält, durch den Gebrauch nach und nach ab, und erhalten mit der Zeit, wie die Backenzähne der Wieder - käuer und vieler Nagethiere, an den Seiten ihrer Krone einen un - organisirten braunschwarzen Ueberzug, wobei auch die Furchen der abge - schliffenen Kauflächen ebenfalls mit dieser braunschwarzen Substanz ausge - füllt werden. Jedenfalls setzt sich diese Kruste nach Art des Weinsteins, von den Futterstoffen ab, da die Zähne der Karpfen bei ihrer Entwicklung ganz rein und ungefärbt aus den Zahnsäcken hervortreten. Die Furchen sind mei - stens doppelt und dreifach auf den Kauflächen der Schlundzähne vorhanden und stellen zackige Linien dar.
Der gemeine Karpf ist höchst wahrscheinlich sowohl in der Donau wie im Rhein und Main ursprünglich einheimisch gewesen, immerhin wird es aber bei der allgemeinen Verbreitung des Karpfen als Culturfisch schwer zu ent - scheiden sein, ob das Vorkommen dieses Fisches in diesem oder jenem Ge - wässer nicht etwa durch Einsetzen oder Uebertreten aus Teichen veranlasst worden ist. Von dem im nordöstlichen Deutschland allgemein verbreiteten Karpfen weiss man es bestimmt, dass er von südlichen Gegenden Europa’s künstlich dorthin verpflanzt worden ist.
Während der Laichzeit des gemeinen Karpfen, welche in den Monat Mai und Juni fällt, sich aber auch bis gegen den August verspäten kann, ent - wickeln sich in dem schleimigen Hautüberzug (Epithelium) der männlichen Individuen auf dem Scheitel, auf den Wangen und dem Kiemendeckel-Appa - rate viele kleine, unregelmässig zerstreute weissliche Warzen, auch auf der inneren Seite des ersten bis siebenten Brustflossenstrahls kömmt eine schmale Reihe dieses warzenartigen Hautausschlags zum Vorschein.
Eine ganz eigenthümliche Erscheinung, welche man schon seit lange im Volke gekannt hat, welche aber von den Physiologen gänzlich unbeachtet ge - blieben ist, kann ich hier nicht unerwähnt lassen, nämlich die Sterilität, durch welche sich manche Karpfen auszeichnen. Aus gewissen, bis jetzt un - bekannt gebliebenen Ursachen kommen in sterilen Karpfen weder Hoden90Familie: Cyprinoidei.noch Eierstöcke zur gehörigen Ausbildung und Reife, es bleiben in denselben, obgleich sie nach Alter und Grösse längst fortpflanzungsfähig sein sollten, die Geschlechtswerkzeuge in ihrer Entwicklung so weit zurück wie in ganz jugendlichen Individuen, wodurch sie zur Laichzeit der Karpfen neben gleich - alterigen und gleichgrossen brünstigen Individuen ganz besonders auffallen. In manchem sterilen Karpfen sind die Geschlechtswerkzeuge so sehr in der Entwicklung zurückgeblieben, dass sie nur mit grösster Mühe aufzufinden und oft genug gänzlich übersehen worden sind; solche Individuen sind als - dann für gänzlich geschlechtslos gehalten worden.
Schon Aristoteles hatte von diesen sterilen Karpfen Kenntniss und sagte in seiner Naturgeschichte der Thiere1)Vergl. Aristotelis de animalibus historiae libri X. Edit. Schneider. Lib. IV. Cap. XI. 4, übersetzt von Strack, pag. 203. von ihnen: » So giebt es auch noch Fische, man nennt sie Epitragien, dergleichen sich unter den Flussfischen, unter den Karpfen und Balagren2)Welchen Fisch Aristoteles unter » Balagrus « verstanden wissen wollte, hat bis jetzt nicht entschieden werden können. finden; diese haben niemals weder Rogen noch Milch, sind aber dabei fest und fett, haben ein kurzes Gedärm und wer - den für die Besten gehalten «.
Unter den Fischern sind die sterilen Karpfen immer ein wohlbekannter Gegenstand gewesen, der mit den verschiedensten Namen belegt worden ist. In Süddeutschland werden sterile Karpfen allgemein mit dem Namen » Laimer « von den Fischern und Fischhändlern bezeichnet, in Norddeutschland haben sie den Namen » gelte « oder » güste « Karpfen erhalten3)Vergl. Löwe und Riem: Physikalisch-ökonomische Zeitung, Jahrg. 1785. Breslau. pag. 3. 81. 300. 448. In dieser Zeitung hat man zugleich versucht, die Ursachen der Un - fruchtbarkeit solcher gelte Karpfen zu erklären, wobei man aber auch junge, noch nicht geschlechtsreife Individuen, welche in guten Streck-Teichen bei reichlicher Nahrung sehr stark ausgewachsen waren, für gelte Karpfen genommen zu haben scheint.. Diese sterilen Kar - pfen werden in Deutschland noch heute wie zu den Zeiten des Aristotelfs wegen ihres zarten Fleisches sehr hoch geschätzt4)Schon Baldner (a. a. O. pag. 149) sagt in seiner Beschreibung des Rheinkarpfen: » es gibt auch deren, so kein Milch oder Rogen haben, die heisset man » müsiggänger «, die werden vor allen gelobt «.. Auch in Südfrankreich hat der sterile Karpfe bei Gutschmeckern seinen alten Ruf bewahrt. Er führt dort den Namen » Carpeau « oder » Carpe bréhaigne «, und wurde von älteren französischen Schriftstellern öfters besprochen5)Ueber den sterilen Karpfen der Rhone spricht sich Dulac (in seinen Mémoires pour servir à l’histoire naturelle des Provinces de Lyonnois, Forez et Beaujolois, Tom. I. Lyon, 1765. pag. 122) in folgender Weise aus: » Le carpeau, que l’on trouve dans le Rhône et dans la Saône, et qui, au jugement de tous les connoisseurs, est peut-être le poisson le plus délicat qui soit en France, n’est pas encore connu. Le genre de ce poisson est un mystere de la nature où la sagacité de l’homme n’a pu encore pénétrer. Doit-on le ranger dans la classe des carpes? En est-il le mâle? ou bien forme-t-il une espece particuliere? C’ est ce qu’on ignore. Cet étrange poisson offre un vaste champ aux recherches des Naturalistes «.. De Latourette, welcher91Gattung: Carpio.über den sterilen Karpfen genauere Untersuchungen angestellt hat1)Vergl. dessen: Recherches et Observations sur le Carpeau de Lyon, in Rozier: Observations sur la physique, sur l’histoire naturelle et sur les arts. Tom. VI. 1775. P. 2. pag. 271. Ausserdem hat auch Duhamel (Traité général des Pêches, Vol. II. Sect. 3. 1772. pag. 513) und Bonnet (Considérations sur les corps organisés, in seinen Oeuvres d’histoire naturelle et de philosophie, Tom. III. 1779. pag. 506) diesen » Carpeau de Lyon « erwähnt. Nachdem Vallot (Ichthyologie française, Dijon, 1837. pag. 103) noch einmal auf den steri - len Karpfen aufmerksam gemacht hatte, ist dieser Fisch von den späteren französischen Ichthyologen ganz ausser Acht gelassen worden., hebt als Unterschied von dem fruchtbaren Karpfen (Carpe) hervor, dass der un - fruchtbare Karpfe (Carpeau) einen kürzeren Leib, einen stumpferen Kopf, dickere Lippen, einen breiteren Scheitel und fleischigeren Rücken besitze, und dass sein Bauch in der Umgebung des Afters sehr dünn und zusammen - gedrückt sei. Dieses letztere Merkmal wird auch von den bayrischen Fischern als das zuverlässigste für den Laimer bezeichnet.
Gattungscharakter: Mund endständig mit vier Bartfäden an der Oberkinnlade; fünf Schlundzähne mit zum Theil flacher und einfach gefurchter Krone in zwei Reihen gestellt, und zwar auf jedem Schlundknochen in der Formel: 1, 42)Ausnahmen und Abweichungen von dieser Formel werden weiterhin besprochen werden .; Rücken - flosse mit langer Basis, Afterflosse mit kurzer Basis, beide mit einem starken, rückwärts gezähnten Knochenstrahl beginnend .
Syn. u. Citate2)Ausnahmen und Abweichungen von dieser Formel werden weiterhin besprochen werden..
Heckel Nr. 11 a: Ueber einige neue Cyprinen. pag. 223. Tab. XIX. Fig. 2. Cyprinus Kol - larii.
Holandre Nr. 56 b: pag. 242. Cyprinus striatus, Carousche blanche.
Nordmann: Observations sur la Faune pontique in Demidoff’s Voyage dans la Russie meri - dionale. T. III. 1840. pag. 478. Pl. XXI. Fig. 1. Cyprinus Kollarii.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. 1842. pag. 76. Pl. 458. Cyprinus Kollarii, Carreau.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 198. Pl. 9. Cyprinus striatus, Carpe blanche.
Heckel Nr. 11 c: pag. 1003. Taf. I. Becherzähne von Carpio striatus, pag. 1014. Cyprinus Kollarii und striatus.
Schaefer Nr. 59: Moselfauna. pag. 298. Cyprinus striatus.
Heckel Nr. 11 h: Verzeichniss der Fische des Donaugebiets. pag. 29. Carpio Kollarii.
92Familie: Cyprinoidei.Heckel und Kner Nr. 13: pag. 64. Fig. 27 u. 28 (Schlundknochen mit den Schlundzahnen)1)Als zweite Art dieser Gattung Carpio wurde früher von Heckel (Nr. 11 c. pag. 1014) Cyprinus Regina Bon. freilich nur vermuthungsweise betrachtet, wodurch es gekommen sein dürfte, dass Schaefer (Nr. 59: pag. 297) diesen Karpfen ebenfalls unrichtiger Weise der Gattung Carpio beizählte..
Kessler: Auszüge aus dem Berichte über eine an die nordwestlichen Küsten des schwar - zen Meeres und durch die westliche Krym unternommene Reise, in dem Bulletin de la société impériale des naturalistes de Moscou. Ann. 1859. pag. 524. Carpio Kollarii.
Dybowski: Versuch einer Monographie der Cyprinoiden Livlands. Dorpat, 1862. pag. 55. Taf. I. Fig. 6. Schlundknochen, Taf. V. Carpio Kollarii.
Artcharakter: Mund mit schmächtigen Lippen umgeben, Bartfäden dünne und sehr kurz; Schwanzflosse halbmondförmig aus - geschnitten; der starke Knochenstrahl der Rücken - und Afterflosse bald mehr bald weniger grob gezähnt.
D. 4 / 17 — 20, P. 1 / 15 — 17, V. 2 / 8, A. 3 / 5 — 6, C. 19 — 20, Squ. 6 — 7 / 35 — 38 / 6 — 7.
Die Karpf-Karausche variirt in ihrer Totalgestalt und Färbung ausser - ordentlich, indem sie bald dem gemeinen Karpfen, bald der unter dem Na - men » Giebel « bekannten Karauschenform ähnlich sieht. Das Maul steht mehr oder weniger schief, die Bartfäden desselben sind von denen des gemeinen Kar - pfen wesentlich verschieden, indem dieselben äusserst kurz und dünn ent - wickelt sind, so dass sie leicht übersehen werden können2)Wahrscheinlich hat auch Holandre (a. a. O.) die verkümmerten Bartfäden seines C. striatus übersehen, und deshalb diese Cyprinoiden-Form zu den bartlosen Karauschen ge - stellt, konnte aber doch nicht umhin, von der einen Varietät des C. striatus anzugeben: » un rudiment de barbillon à la commissure des lèvres «.; zwar kommen auch an den echten Karpfen hier und dort die beiden oberen Bartfäden ver - kürzt vor, immer aber besitzen sie eine dicke Basis. Das Stirnprofil zeigt sich zuweilen sanft ausgehöhlt. Der Scheitel geht mit einem sanften Bogen in den gewölbten Rücken über. Die Sculptur des Kiemendeckel-Apparats ist meistens sehr rauh und giebt den beiden Hauptdeckeln öfters ein grob - streifiges Ansehen. Die Flossen verhalten sich in ihrer Form ganz wie die des gemeinen Karpfen, namentlich besitzt auch die Schwanzflosse einen halbmondförmigen Ausschnitt.
Schlundknochen und Schlundzähne (nach Heckel und Kner).
Die Schlundknochen stimmen in ihren Umrissen ganz mit denen des Karpfen überein, während sich die Zähne auf denselben in Zahl, Anordnung und Form ganz verschieden verhalten. Mit Aus - nahme des vordersten Zahnes, der seine conische Krone unverändert bewahrt, werden die übrigen etwas comprimirten Zahnkronen, auch die des isolirt stehen - den kleinen äusseren Zahnes, allmählich abgeschliffen, wobei sich die Seiten93Gattung: Carpio.der Kronen häufig mit einer dunkeln Rinde färben. Auf der Kaufläche der sich abschleifenden Zähne zeigt sich nur anfangs eine einzige halbmondför - mige Furche, welche sich späterhin durch Abschleifen gänzlich verliert. Ich darf es nicht verschweigen, dass unter neunzehn von mir untersuchten Indivi - duen sich drei befanden, von denen zwei auf dem rechten Schlundknochen nur eine einfache Zahnreihe besassen, während bei dem dritten Individuum der einzeln stehende äussere Zahn des linken Schlundknochen noch einen klei - neren äussersten Zahn vor sich hatte, wodurch diese Zahnstellung auffallend an die des C. Carpio erinnerte. Ein viertes Individuum bot eine noch auf - fallendere Abweichung dar, indem die beiden Schlundknochen desselben die Zahnformel 1. 1. 4 trugen.
Heckel giebt die Totallänge des C. Kollarii, welcher im Neusiedler-See ziemlich häufig vorkömmt, auf 8 Zoll an, welche Grösse dieser Fisch kaum überschreiten soll. Diejenigen Exemplare, welche ich aus Braunschweig er - halten habe, besitzen eine Länge von 7¾ bis 12 Zoll, eine auf dem Strass - burger Fischmarkte von mir erworbene Karpf-Karausche besass die Länge von 11 Zoll, während die Exemplare aus Schwaben, welche ich auf dem hie - sigen Fischmarkte vorfand, 15 bis 17 Zoll lang waren. Dass diese Karpf - Karausche auch in den nordöstlichen Gegenden von Mitteleuropa und zwar in Brandenburg, Schlesien und Polen erzeugt wird, darüber hat Dybowski (a. a. O. pag 57) Erfahrungen gesammelt.
Aus den Angaben des Valenciennes und Selys-Longchamps ist zu ent - nehmen, das dieser Cyprinoide nach Art der echten Karpfen in Frankreich sowie in Belgien als Teichfisch vorkömmt; dies mag auch der Grund sein, weshalb dieser Fisch ebenso variirt, wie C. Carpio und bald kurze hoch - rückige, bald langgestreckte Abarten bildet, zu welchen letzteren der von Selys-Longchamps beschriebene und abgebildete C. striatus zu rechnen ist, wenigstens passt die Beschreibung und Abbildung, welche Heckel von seinem C. Kollarii gegeben hat, in der Hauptsache ganz auf ein 8 Zoll langes Exem - plar des C. striatus, welches ich durch die Güte des Herrn Selys-Longchamps aus einem belgischen Weiher erhalten habe. Die von hiesigen Fischern er - haltenen Karpf-Karauschen stammten ebenfalls aus Teichen und hatten eine noch weit gestrecktere Körperform, so dass ich sie als ein Analogon der als C. hungaricus bekannt gewordenen Karpfenvarietät betrachten konnte.
Dass ich C. Kollarii und striatus miteinander verschmolzen habe, bedarf wohl keiner weiteren Rechtfertigung, zumal da Heckel selbst die nahe Ver - wandtschaft dieser beiden Cyprinoiden-Formen anerkannt hat1)Selys-Longchamps (Nr. 58: pag. 198) spricht sich hierüber in folgender Weise aus: » M. Heckel qui a examiné un de mes striatus trouve qu’il a en effet de grands rapports avec son Kollarii par ses barbillons courts, mais qu’il en est distinct par son front bombé et son dos peu élevé..
94Familie: Cyprinoidei.Ob man aber überhaupt diesen C. Kollarii als selbstständige reine Art fortbestehen lassen soll, das ist eine Frage, die ich jedenfalls verneinen muss, weil meine über diesen Fisch angestellten Untersuchungen mich bis fast zur Gewissheit überzeugt haben, dass diese Cyprinoiden-Form aus der Kreuzung des Karpfen und der Karausche hervorgegangen ist. Es diente mir zur Ge - nugthuung, dass, als ich diese Untersuchungen im vorigen Herbste mit dem eben erwähnten Resultate abgeschlossen hatte, und gleich darauf Dybowski’s Schrift über die Cyprinoiden Livlands in die Hand bekam, auch dieser Ichthyo - loge den C. Kollarii als Blendling der Gattung Cyprinus und Carassius erkannt hatte. Es ist übrigens diese Cyprinoiden-Form schon lange, bevor Heckel und Holandre dieselbe als C. Kollarii und striatus beschrieben haben, den Fischern in den verschiedensten Gegenden Mitteleuropa’s bekannt gewesen und von ihnen für ein Bastard des Karpfen und der Karausche erklärt wor - den. Die Volksnamen: Karpf-Karausche, Karauschen-Karpf, Karpf-Gareisl, Halb-Karausche1)Diejenigen Individuen des C. Kollarii, welche ich durch die Güte des Herrn Blasius aus einem bei Braunschweig gelegenen Teiche eingesendet erhielt, wurden von den dorti - gen Fischern » Hälverlinge « genannt, und ebenfalls als Bastarde des Karpfen und der Ka - rausche angesehen. beziehen sich alle auf diese hybride Fischform, wie sie das unbefangene Auge der Fischer schon lange erkannt hatte, aber das getrübte Auge der Systematiker nicht hat sehen wollen. Zwar können die Fischer nicht immer als zuverlässige Gewährsmänner gelten, indessen finden sich un - ter ihnen doch auch Persönlichkeiten, welche neben den charakteristischen Merkmalen derjenigen Fische, die ihnen Jahr aus Jahr ein zu Tausenden durch die Hände gehen, auf den ersten Blick Abweichungen von diesen Art - charakteren gewahr werden und von denen auch Bastardbildungen mit rich - tigem Blicke aufgefasst werden können.
Es ist bekannt, dass die Teichfischereien in früheren Zeiten viel aufmerk - samer und ausgedehnter betrieben wurden als heut zu Tage, es konnte daher nicht ausbleiben, dass in früheren Jahrhunderten den Karpfenzüchtern die unter dem Namen » Karpfkarauschen « bekannt gewordenen Bastardbildungen viel häufiger unter die Hände gekommen sind als dies in neuerer Zeit ge - schehen ist, daher auch fast alle älteren Zoologen und Ichthyologen die hy - briden Karpfkarauschen als etwas Bekanntes erwähnt haben, während die - selben von den neueren Naturforschern gänzlich mit Stillschweigen übergangen worden sind. Leider wurde diesen Blendlingen von Gesner bis auf Klein2)Vergl. Gesner Nr. 34 a: Hist. animal. pag. 1275 u. Nr. 34 c: pag. 295 u. 298. Schwenckfeld Nr. 84: pag. 424. Schonevelde Nr. 81: pag. 34. Willughby: Ichthyographia. pag. 250. Cap. V. § 3. Rzaczynski Nr. 92: pag. 151. Klein Nr. 93: Miss. V. pag. 59. Nr. 3.95Gattung: Carpio.weder eine Beschreibung noch eine Abbildung gewidmet, so dass es zweifel - haft bleiben könnte, welche Cyprinoiden-Form man damals mit dem Namen » Karpfkarausche « hat bezeichnen wollen. Zwar giebt Marsigli1)Marsigli Nr. 28: pag. 61. Tab. 21. Von diesem Sittigkarpfen sagt Marsigli, dass er nie die Schwere von drei Pfund erreiche. unter dem Namen » Sittigkarpfen « die Abbildung einer Karpfkarausche, aus der sich aber der C. Kollarii nicht mit Bestimmtheit erkennen lässt, da an derselben die charakteristischen zarten Bartfäden fehlen. Eine ganz sichere Nachricht über die Karpfkarausche haben wir dagegen Börner2)Vergl. Börner Nr. 85: Zoologiae Silesiacae Prodromus. pag. 205. n. 292. Charax crassior, longior. zu verdanken, welcher in seinem Prodromus eine sehr genaue und ausführliche Beschreibung von dem aus dem Karpfen und der Karausche hervorgegangenen und in Schlesien all - gemein gekannten Karschkarpfen geliefert hat, in welcher der mit vier zar - ten Bartfäden versehene C. Kollarii nicht zu verkennen ist. Börner fügt seiner Beschreibung noch manche interessante, von Fischern über diesen Bastard gemachte Erfahrungen hinzu, von denen ich als besonders bemerkenswerth hervorhebe, dass die alten Fischer in Schlesien einstimmig erzählen, die Karschkarpfen entstehen aus der Vermischung der Karausche und des Kar - pfen, wenn aus Unvorsichtigkeit in die für Karpfen bestimmten Streichteiche Karauschen zugelassen worden sind. Das Wachsthum des Karschkarpfen ist langsamer als das Wachsthum des reinen Karpfen. Man hütet sich, junge Karpfen als Setzlinge aus Teichen zu kaufen, welche im Verdachte stehen, Karschkarpfen zu enthalten.
Dass der Carpio Kollarii wirklich ein Gemisch von Cyprinus Carpio und Carassius vulgaris darstellt, ergiebt sich aus dem Verhalten seiner Körperform und Beschuppung, seiner Flossenumrisse, und hauptsächlich seiner Schlund - zähne. Das Profil der verschiedenen von mir verglichenen Karpfkarauschen erinnert bald mehr an einen Karpfen bald mehr an eine nicht hochrückige Karausche, sehr häufig hat der Kopf und das stumpf abgerundete Maul die - ses Cyprinoiden so viel Aehnlichkeit mit der Varietät Carassius Gibelio, dass man solche Individuen, wenn sie keine Bartfäden besässen, ihrem übrigen äusse - ren Ansehen nach für giebelförmige Karauschen erklären möchte. Die Be - zahnung des Stachels vor den weichen Flossenstrahlen der Rücken - und After - flosse zeigt sich höchst wandelbar, indem bei einigen Individuen die Zähne dieser Stacheln eben so grob und stark sind wie bei dem Karpfen, während bei anderen Individuen diese Stacheln eine ebenso feine Zähnelung besitzen, wie sie bei der Karausche vorkömmt. In Bezug auf die Form der Schwanz - flosse steht die Karpfkarausche gleichfalls in der Mitte zwischen Karpf und Karausche, da ihre Schwanzflosse meistens nur mässig ausgeschnitten ist,96Familie: Cyprinoidei.während der Karpf immer eine sehr stark ausgeschnittene Schwanzflosse und die Karausche eine nur sehr wenig ausgeschnittene Schwanzflosse besitzt. Die Schuppen-Längsreihen der Karpfkarausche sind sowohl oberhalb wie un - terhalb der Seitenlinie im Vergleich zu den Schuppenreihen des Karpfen mei - stens um eine Reihe vermehrt und im Vergleich zu den Schuppenreihen der Karausche um eine Reihe vermindert. Am deutlichsten trägt das Zahnsystem des C. Kollarii die Vermischung der dreireihigen Zahnformel des Karpfen mit der einreihigen Zahnformel der Karausche an sich, indem dasselbe aus zwei Zahnreihen besteht, von denen die innere Reihe in Zahl und Form der Zähne ganz mit der Zahnformel der Karausche übereinstimmt, zu welcher aber noch als zweite Zahnreihe nach aussen ein einzeln stehender kleiner Zahn wahr - scheinlich unter dem Einflusse des Cypr. Carpio hinzugekommen ist. Bei einzelnen Individuen der von mir untersuchten Karpfkarauschen ist der Ein - fluss der Karausche und des Karpfen noch dadurch zu einer besonderen Geltung gekommen, dass in zwei Fällen die Einwirkung der Karausche auf dem rechten Schlundknochen den äusseren kleinen Zahn gänzlich verdrängt, und in einem dritten Falle unter dem Einflusse des Karpfen der linke Schlundknochen als dritte Zahnreihe noch einen kleinen Zahn erhalten hatte. Noch stärker hat sich der Einfluss des Karpfen bei dem oben erwähnten mit der Zahnformel 1. 1. 4 ausgestatteten Individuum geltend gemacht. Dergleichen Abweichun - gen und Unbeständigkeiten in der Zahl und Anordnung der Zähne sind auch von Dybowski (a. a. O.) bei diesem Blendling beobachtet worden.
Höchst überrascht wurde ich im Frühjahr 1862 durch eine eigenthüm - liche Karpfenform, welche in grosser Anzahl aus einem in der Nähe von Schwandorf gelegenen Karpfenteich der Oberpfalz nach München gebracht war, um zu einem sehr niedrigen Preise verschleudert zu werden, weil diese Fische keine echten Karpfen, sondern bastardartige, den Gareiseln (Karau - schen) sehr nahestehende Halbfische darstellen sollten. Zu meinem grössten Bedauern habe ich von diesen sogenannten Halbfischen nur fünf Exemplare habhaft werden können, von denen vier Individuen eine Länge von 7¾ Zoll und ein Individuum eine Länge von 12 Zoll besassen. Bei der ersten flüchtigen Betrachtung schienen diese Fische der Spiegelkarpfen-Form anzugehören, da sie ausser den sehr grossen Schuppen längs der Seitenlinien und ausser den ganz nackten Hautstellen ober - und unterhalb der Seitenlinie zugleich einen nach rückwärts sehr grob gesägten vorderen Knochenstrahl in der Rücken - und Afterflosse, sowie eine tief halbmondförmig ausgeschnittene Schwanzflosse an sich trugen. Bei näherer Untersuchung ergaben sich aber auffallende Abweichungen von der gewöhnlichen Form der als Spiegelkarpf bekannten Varietät des C. Carpio. Die Lippen waren sehr mager, und die vier Bartfäden an denselben auffallend verkümmert. Bei einem Individuum war nur ein ein - ziger dünner und kurzer Bartfaden an dem rechten Mundwinkel vorhanden,97Gattung: Carpio.bei einem anderen Individuum fehlte der linke untere Bartfaden gänzlich, während die drei übrigen Bartfäden als ganz magere und kurze Rudimente nur schwer in die Augen fielen, bei den drei anderen Individuen waren die beiden oberen Bartfäden gänzlich verschwunden und die beiden unteren Bartfäden nur als zwei kurze dünne Fäden entwickelt.
Schlundknochen.
Die auffallendste Abweichung boten die Schlundknochen dieser Cyprinoiden im Vergleich zu denen des Spiegelkarpfen dar, indem sie bei ganz gleichen Um - rissen der Knochen nicht die Zahnformel: 1. 1. 3 — 3. 1. 1 trugen, sondern die Zahn - formel: 3 — 3, an dieser einfachen, nur aus drei Zähnen zusammengesetzten Zahn - reihe zeigte der vorderste Zahn eine conische, meist unabgeschliffene Gestalt, die beiden hinteren Zähne waren immer abgeschliffen und liessen aus ihrer etwas ausgehöhlten Kaufläche errathen, dass die früher vorhandenen Kronen derselben nur von einer einzigen Furche durchzogen waren.
Hätte ich mich an diese Zahnformel allein halten wollen, so wäre ich ge - nöthigt gewesen, auf diese hin eine neue Cyprinoiden-Gattung zu gründen, allein die asymmetrische und zugleich höchst kümmerliche Entwicklung der Bartfäden dieser Cyprinoiden deutete zu bestimmt auf eine hybride Form, zu deren Bildung jedenfalls ein Spiegelkarpf mitgewirkt haben musste, während die Zahnbildung und die Zahnformel 3 — 3 desselben Bastarden es nahe leg - ten, dass es wieder eine Karausche mit der einfachen Zahnformel 4 — 4 gewe - sen sein dürfte, welche das andere Zeugungsproduct für diese Blendlinge hergegeben habe.
Es ist zu bedauern, dass über dergleichen Bastardbildungen eigentlich noch gar keine bestimmten Erfahrungen vorliegen und dass wir daher ganz und gar darüber im unklaren sind, welchen Einfluss der männliche, und welchen Einfluss der weibliche Fisch bei einer Kreuzung auf die Formverän - derungen der Blendlinge ausübt. Jedenfalls darf man wohl annehmen, dass bei der Erzeugung der beiden oben beschriebenen, durch die Zahnformeln so sehr verschiedenen hybriden Formen des Cyprinus Carpio und Carassius vulgaris diese beiden Fische in zwei verschiedenen Kreuzungsweisen auf ein - ander gewirkt haben.
Für die hybride Beschaffenheit der erwähnten Spiegelkarpfen spricht auch noch der Umstand, dass nach Aussage des Teichfischers, welchem jene Spiegelkarpfen als Brut zur Streckung übergeben worden waren, diese Kar - pfen nach abgelaufener Frist zu seinem grössten Verdrusse das erforderliche Gewicht bei weitem nicht erhalten hatten, also im Wachsthume sehr zurückge -v. Siebold, Fische. 798Familie: Cyprinoidei.blieben waren, was nach den Erfahrungen der schlesischen Fischer bei Blend - lingen stets der Fall ist.
Eine andere sehr wichtige Frage, welche bis jetzt ebenfalls noch nicht mit Sicherheit beantwortet ist, betrifft die Fortpflanzungsfähigkeit dieser Blendlinge, über die ich bis jetzt durchaus nichts zuverlässiges habe ausfindig machen können1)Nach einer brieflichen Mittheilung, welche ich Herrn Blasius aus Braunschweig verdanke, hat derselbe einen Streckteich mit einer grösseren Anzahl des C. Kollarii be - setzen lassen, um beobachten zu können, ob diese sogenannten Hälverlinge sich unter ein - ander fortpflanzen. Hoffentlich wird dieser Naturforscher, der die zoologische Wissen - schaft schon so vielfach bereichert hat, die Resultate jener Beobachtungen den Ichthyologen nicht vorenthalten.. Aus eigenen Erfahrungen kann ich nur mittheilen, dass ich in verschiedenen Fischbastarden die Geschlechtswerkzeuge, namentlich die Eierstöcke oft vollkommen, ja sogar strotzend entwickelt angetroffen habe.
Gattungscharakter: Mund endständig ohne Bartfäden; vier Schlund - zähne jederseits einreihig gestellt, die drei hinteren Zähne spatelförmig mit flacher, einfach gefurchter Krone; Rük - kenflosse mit langer Basis, Afterflosse mit kurzer Basis, beide mit einem starken, rückwärts gesägten Knochen - strahl beginnend.
Syn. u. Citate.
a. Karausche oder Seekarausche.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 4. n. 7, Descript. spec. pag. 29. n. 45, Syn. nom. pisc. pag. 5. n. 5.
Linné Nr. 2: pag. 526. n. 5. Cyprinus Carassius.
Bloch Nr. 3 a: Th. 1. pag. 69. Taf. 11. Cyprinus Carassius, Karausche.
Schrank Nr. 23 a: pag. 329. n. 306. Gareisel.
Hermann Nr. 43: pag. 317. Cyprinus Carassius, Burretschel, Kurretschel.
Gloger Nr. 88: pag. 74. n. 15. Cyprinus Carassius, gemeine Karausche.
Bujack Nr. 97: pag. 333. Cyprinus Carassius, Karausche.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 82. Pl. 459 (diese Abbildung passt besser zu dem Giebel). Cyprinus Carassius, Carpe carassin.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 200. n. 18. Cyprinus Carassius.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 293. Carassius vulgaris, Karass.
Günther Nr. 47: pag. 38. Cyprinus Carassius, Bauernkarpfe.
Leiblein Nr. 51: pag. 120. Carassius vulgaris, Karutsche.
99Gattung: Carassius.Heckel und Kner Nr. 13: pag. 67. Fig. 29. Carassius vulgaris, Gareis.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Carassius vulgaris, Karausche.
b. Giebel oder Teichkarausche.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 71. Taf. 12. Cyprinus Gibelio, Giebel.
Gloger Nr. 88: pag. 74. n. 16. Cyprinus Gibelio, kleiner Barsch oder Giebel.
Bujack Nr. 97: pag. 333. Cyprinus Gibelio, Goldkarausche.
Koch Nr. 19: pag. 39. n. 10 u. 11. Cyprinus Gibelio, Halbgareis u. Cyprinus amarus, Kothscheberl.
Heckel Nr. 11 b: pag. 156. Taf. 9. Fig. 4 m — q. Carassius humilis.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 89 u. 94. Cyprinus Moles u. Cyprinus Gibelio.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 199. n. 16 u. pag. 200. n. 47. Cyprinus Gibelio u. Cyprinus Moles.
Leiblein Nr. 51: pag. 120. Carassius Gibelio, Steinkarausche.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 70. Fig. 30. 31. Carassius Gibelio, Giebel, pag. 71. Fig. 32. Carassius Moles u. pag. 73. Fig. 33. Carassius oblongus.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Carassius Gibelio, Giebel.
Artcharakter: Schnauze sehr stumpf, Mund eng, Lippen schmäch - tig, Stirne sehr breit; Schwanzflosse nur schwach ausge - schnitten; der starke Knochenstrahl der Rücken - und Af - terflosse fein gezähnt.
D. 3 / 14 — 21, P. 1 / 12 — 13, V. 2 / 7 — 8, A. 3 / 5 — 6, C. 19 — 20, Squ. 7 — 8 / 31 — 35 / 5 — 6.
Nach genauen Untersuchungen und Vergleichungen hat sich ergeben, dass Mitteleuropa eigentlich nur eine einzige Species von Carassius besitzt, für welche die eben angeführte kurze Diagnose sich hinstellen lässt. Die hierher gehörigen Cyprinoiden haben als Culturfische, im Vergleich zu dem gemeinen Karpfen, fast noch grössere und auffallendere Formveränderungen erlitten. Auch hier sind von der wahrscheinlich ursprünglichen kurzen und hochrückigen Form durch Streckung des Leibes eine Menge Abarten mit all - mählichen Uebergängen ausgegangen, von denen eine hochrückige Form seit lange den Volksnamen Karausche, und eine andere gestreckte Form den Volksnamen Giebel in Norddeutschland trägt. Bloch führte zuerst neben der Karausche Cyprinus Carassius den Giebel unter dem Namen Cyprinus Gibelio als besondere Art in das Fischsystem ein. Auch Heckel und Kner halten die Karausche und den Giebel noch als zwei Species fest, gestehen aber doch zu (a. a. O. pag. 67), dass die sichere Abgrenzung und Charakteristik der dem Genus Carassius angehörigen Arten zu den schwierigsten Aufgaben der Syste - matiker gehören, und dass die übrigen von ihnen beschriebenen Arten man - chem Ichthyologen fraglich erscheinen dürften.
Als Laichzeit der verschiedenen Karauschen-Formen wird der Monat Juni angegeben, doch soll dieselbe bei günstiger Witterung schon mit Ende Mai eintreten können.
7*100Familie: Cyprinoidei.Die Karausche mit ihren vielen Varietäten und Abarten bewohnt nur stehendes Wasser, und zwar Seen mit versumpften Ufern und sogenannte todte Arme grösserer Flüsse; aber auch kleinere Gewässer in Sümpfen und Mooren werden von der Karausche als Aufenthalt vertragen, ja, sie findet sich sogar hier und dort in den kleinsten Lachen und Tümpeln vor, welche bei der Ab - lassung und Trockenlegung von Teichen und Weihern zurückbleiben. Es deutet dies auf eine grosse Lebenszähigkeit der Karausche. Bei dieser Fähig - keit, in dem verschiedenartigsten und sogar schlammigsten Wasser auszu - dauern, sowie bei der Eigenthümlichkeit, sich mit den verschiedensten schlammigen Nahrungsstoffen zu begnügen, weshalb die Karausche hier in Bayern » Kothkarpfe, Kothbuckel, Kothscheberl « genannt wurde, konnte es nicht ausbleiben, dass dieser Fisch sowohl im Freien wie in den künstlichen Weihern und Teichen den mannichfaltigsten Abänderungen unterworfen war, wobei in so verschiedenen Gewässern bald der Reichthum, bald der Mangel an Nahrung auf die Ausbildung des Fisches seinen verändernden Einfluss ausüben musste. Die Fischer haben die nahen Beziehungen der Karausche zu ihren Varietäten wohl erkannt, worauf die Namen hinweisen, mit welchen die letzteren als » Halbkarauschen, Steinkarauschen, Halbgareiseln, kleine Karau - schen « vom Volke bezeichnet worden sind, auch ältere Ichthyologen, wie Klein1)S. dessen: Historiae piscium missus quintus. a. a. O. pag. 6. Tab. XI. Fig. 1. u. 2. und Leske2)Vergl. dessen: Ichthyologiae Lipsiensis specimen. a. a. O. pag. 78 b u. pag. 79 β. haben den Giebel nur als Artabänderung betrachtet, während andere den Giebel als eine Bastardbildung von dem Karpfen und der Karausche ansehen wollten, bis Bloch (a. a. O.) die mehr gestreckte Form unter dem Namen Giebel (C. Gibelio) von der kurzen, hochrückigen Ka - rausche (C. Carassius) als besondere Art trennte. Es konnte nicht ausblei - ben, dass diejenigen Ichthyologen, welche diese Artunterschiede annahmen, unter den übrigen Varietäten der Karausche noch andere Formen herausfanden, die gleich dem Giebel berechtigt schienen, zu einer eigenen Art gestempelt zu werden. Zwar wurde schon im Jahre 1838 von dem schwedischen Natur - forscher Ekström3)S. dessen: Beobachtungen über die Formveränderungen bei der Karausche, in den Abhandlungen der schwedischen Akademie für das Jahr 1838, von Creplin übersetzt in Oken’s Isis 1840. pag. 145. Man vergleiche auch das von Wright, Fries und Ekström her - ausgegebene vorzügliche Werk: Skandinaviens Fiskar (6tes Heft, Stockholm, 1840) Pl. 31. Cyprinus Carassius und Pl. 32. Variet. B. Cyprinus Gibelio und pag. 71 des latein. Textes. nachgewiesen, dass der Giebel nichts anderes sei, als eine in Teichen ausgeartete Karausche; derselbe unterschied beide Formen durch die Bezeichnungen: Seekarausche und Teichkarausche. Allein trotz dem, dass Ekström sehr überzeugende Gründe für seine Behauptung anführte, hat seine Ansicht über die unverdiente Artberechtigung des Giebels doch nur wenig Eingang bei den neueren Ichthyologen gefunden. Ich führe unter an -101Gattung: Carassius.deren Krøyer1)S. dessen: Danmarks Fiske. Bd. 3. Kjøbenhavn, 1846 — 53. pag. 293., Van der Hoeven2)S. dessen: Handbuch der Zoologie. Bd. 2. Leipzig, 1852 — 56. pag. 100. und Troschel3)S. dessen: Handbuch der Zoologie. Berlin, 1853. pag. 227. an, welche zu den wenigen gehören, die wirklich von Ekström’s Beobachtungen über die Formverän - derungen der Karausche Notiz genommen haben. Die geringe Beachtung, welche man den genauen Beobachtungen Ekström’s geschenkt hat, muss um so mehr auffallen, da die bisher bekannt gewordenen älteren Beschreibungen der Karausche und des Giebel verschiedene Unrichtigkeiten enthielten, was allein schon hätte darauf hindeuten können, dass diese Cyprinoiden-Formen bisher nur unvollständig und oberflächlich untersucht worden waren. Am auffallendsten erscheint die ganz unrichtige Angabe, welche Bloch über die Zahl und Anordnung der Schlundzähne bei der Karausche und dem Giebel ausgesprochen hat4)A. a. O. pag. 71 u. 74. und welche von anderen nachgeschrieben worden ist5)Vergl. Nau Nr. 45: pag. 60 u. 66, Siemssen Nr. 79: pag. 72 und Gmelin Nr. 4: pag. 356.. Von der Karausche sagt Bloch: » in jeder Kinnlade sind fünf breite Zähne be - findlich «, während er vom Giebel behauptet, er habe eine doppelte Reihe spitzer Zähne. Selbst Valenciennes (a. a. O. pag. 83 u. 91) spricht sich über den Zahnbau der Karauschen und des Giebel ungenau aus und behauptet von den Schlundzähnen des letzteren ganz unrichtig: » Les dents pharyngiennes sont étroites, au nombre de trois «.
Schlundknochen und Schlundzähne (nach Heckel und Kner).
Als Beweis, wie unhaltbar die ver - schiedenen, in Mitteleuropa einheimi - schen und als besondere Arten ange - nommenen Karauschenformen bei nä - herer Untersuchung sich herausstellen, führe ich an, dass ich an denselben in Bezug auf die Umrisse der beiden Schlundknochen und der in einer ein - fachen Reihe darauf befestigten Schlund - zähne auch nicht den geringsten speci - fischen Unterschied habe entdecken können6)Vergl. Heckel’s Fische Syriens a. a. O. pag. 1004. Taf. I. Carassius Gibelio, Meis - selzähne.. Von den vier Zähnen der ein - fachen Zahnreihe wird der vorderste kegelförmige Zahn niemals abgeschliffen, während die drei übrigen spatelförmig comprimirten Zähne gewöhnlich ab - geschliffen sind, wodurch die Furche an der Krone oft ganz verloren gegan - gen ist.
Auch die Verschiedenheiten in den Umrissen der Flossen, sowie in dem102Familie: Cyprinoidei.Verlaufe der beiden Seitenlinien, worauf Bloch Gewicht gelegt hat, bieten, was schon von Ekström hervorgehoben worden ist, keine constante Unter - scheidungsmerkmale dar. Ich füge noch hinzu, dass die Entwicklung der Sei - tenlinien bei den See - und Teichkarauschen ganz besonderen Schwankun - gen unterworfen ist, und dass sich dieselbe, namentlich bei den gestreckten Karauschenformen, sehr häufig mehr oder weniger unterbrochen zeigt, ja so - gar bis auf ein Paar Schuppen ganz verschwunden erscheint1)Es scheint, als ob die mangelhafte Entwicklung und das fast gänzliche Verschwin - den der Seitenlinien am häufigsten bei denjenigen Varietäten der Karausche wahrgenom - men werden kann, welche in kleinen Tümpeln und sumpfigen Gewässern zur Entwicklung kommen.. Meines Wis - sens hat bisher niemand auf diese Erscheinung geachtet, nur Nau (Nr. 45: pag. 60) ist dieselbe nicht entgangen, da er bei der Beschreibung des Cypri - nus Carassius ausdrücklich sagt: » man kann zur charakteristischen Bestim - mung die gerade Seitenlinie nicht wohl hinzusetzen, weil sie bei manchen Fischen dieser Art gar nicht sichtbar ist «.
Die auffallendsten Veränderungen bei der Umwandlung der Seekarau - schen in Teichkarauschen gehen mit der Körperhöhe vor, indem die bei den echten Seekarauschen oft schon hinter der Schnauze beginnende Hochrückig - keit vollständig schwinden kann. Sehr beachtenswerth erscheint dabei der von Ekström schon hervorgehobene Umstand2)A. a. O. in der Isis. pag. 147. dass in demselben Verhält - nisse, in welchem der Körper an Höhe abnimmt, die Grösse des Kopfes zu - nimmt. Auch die Physiognomie des ganzen Kopfes ist eine sehr wandelbare. Bei den hochrückigen Seekarauschen beginnt zuweilen die Steilheit des Rückens erst hinter dem Scheitel, wobei der letztere zugleich wie eingedrückt erscheint, und an der Schnauze zeigt sich der oberhalb der Mundspalte ge - legene Theil mehr oder weniger angeschwollen. Bei den gestreckten Teich - karauschen dagegen ist die Mundspalte oft sehr stark nach oben gerichtet,
Carassius vulgaris var. humilis.
103Gattung: Carassius.wobei die Unterkiefergelenke nicht selten mit einem scharfen Winkel vor - springen und dem Unterkiefer eine ganz senkrecht aufsteigende Richtung geben. Die beiden dadurch entstandenen Ecken neigen sich bei vielen Indi - viduen so stark gegeneinander, dass sie sich vollständig berühren, ja dass sie sogar übereinander greifen. Die gestreckte Giebelform kann bei guter Nahrung sehr in’s Fleisch wachsen, so dass sich alsdann dicht hinter dem Scheitel der Vorderrücken wulstig erhebt, während bei Nahrungsnoth zwischen dem ab - gemagerten Rumpfe und dem knochigen Kopfe ein auffallendes Missverhältniss eintreten kann. Zu solchen verkümmerten und im Wachsthum zurückgeblie - benen Formen arten die Karauschen aus, wenn sie in zu grosser Anzahl in ganz kleinen, futterarmen Tümpeln zur Entwicklung gekommen sind1)Dergleichen kleine Gewässer trocknen in der wärmeren Jahreszeit häufig ganz aus, die darin vorhandenen Karauschen verkriechen sich alsdann in den schlammigen Grund, und können auf diese Weise eingegraben mit Hülfe ihrer Lebenszähigkeit, wie es scheint, eine längere Zeit ausdauern..
Die Schuppen und die Hauptkiemendeckel bieten ebenfalls grosse Ver - schiedenheiten dar, indem die ersteren bald glatt, bald rauh mit dazwischen liegenden Abstufungen vorkommen und die beiden Hauptdeckel mehr oder weniger gewölbt sein können, während die Oberfläche derselben bei der einen Varietät ganz glatt, bei der anderen dagegen streifig oder höckerig, uneben erscheint.
In der Färbung kommen ebenfalls viele Abweichungen vor, die stahl - grüne Grundfarbe des Rückens und die messinggelbe Grundfarbe der Seiten und des Bauches ist bald mehr, bald weniger durch schwarzes Pigment dun - kel getrübt, was besonders von dem verschiedenen Aufenthaltsorte abhängig ist. An den Flossen, welche durchschnittlich schwarz pigmentirt sind, er - scheinen alle Flossen-Strahlen häufig röthlich angeflogen. Eine dreieckige Stelle dagegen an den Seiten des Schwanzes kurz vor der Schwanzflosse zeich - net sich fast bei allen Varietäten der Karausche durch ihre schwarze Färbung aus (Fig. 5 u. 6). Das schwarze Pigment liegt hier immer in dem von den Schup - pen bedeckten Theile der Haut eingebettet und schimmert durch die Schuppen hindurch, woher es kommen mag, dass bei den älteren und grösseren mit stärkeren Schuppen besetzten Individuen der dreieckige schwarze Fleck we - niger deutlich hervortritt.
In Grösse und Gewicht bringen es die sehr langsam wachsen - den Karauschen und ihre Varietäten nicht weit; sie bleiben in kleinen Ge - wässern, in denen es gewöhnlich auch an Nahrung gebricht, immer sehr klein, erreichen nur eine Länge von ein Paar Zoll, doch wachsen sie auch unter günstigeren Verhältnissen bis zu 8 Zoll und darüber heran. Die grössten Ka -104Familie: Cyprinoidei.rauschen, welche von Günther1)Siese dessen: Fische des Neckars. pag. 39. und Ekström2)Vergl. Skandinaviens Fiskar a. a. O. pag. 71 u. 72. des latein. Textes. beobachtet wurden, besassen eine Länge von 12 bis 14 Zoll.
Die echte Seekarausche in ihrer kurzen, hochrückigen Gestalt kömmt in den todten Armen der Donau, des Rheins und des Mains vor und findet sich auch, jedoch nicht häufig, im Chiemsee und Kochelsee. Ausserdem ist diese hochrückige Karausche in allen übrigen Wassergebieten Mitteleuropa’s ein - heimisch. Zwei Karauschen, welche ich bei einem Fischer in Bamberg an - traf, stimmten mit einem Exemplar des Carassius Moles, welches ich aus dem Wiener Naturalien-Cabinete erhalten hatte. Diese von Agassiz3)S. dessen: Descript. de quelques espèces des Cyprins a. a. O. pag. 37. zuerst auf - gestellte Carassius-Species, welche von Valenciennes4)S. dessen: Hist. de poissons. T. XVI. pag. 89. nach von Agassiz ein - gesendeten, aus der Donau stammenden Exemplaren zuerst beschrieben und als solche von Selys-Longchamps und Heckel angenommen wurde, kann ich nur für eine Varietät des C. vulgaris halten, welche der Körperform nach zwischen der See - und Teichkarausche in der Mitte steht; giebt es doch auch Selys-Longchamps zu5)Vergl. dessen: Faune belge. pag. 200, wo es heisst: » Certains individus (C. Moles) à dos peu arqué ressemblent tellement au Gibelio qu’il est difficile d’établir une ligne cer - taine de démarcation «., dass es ihm schwer werde, zwischen manchen Exemplaren des C. Moles und Gibelio einen Unterschied zu finden. Aus Er - langen wurden mir durch die Güte des Herrn Professor Rosenhauer mehrere 2½ bis 4¼ Zoll lange und zugleich sehr niedrige Karauschen eingesandt,
Carassius vulgaris var. Gibelio.
welche dort in einem Tümpel gefangen waren und welche ich für C. vulgaris var. Gibelio erklären musste. Sehr interessant erschienen mir mehrere 2½ bis 5¼ Zoll lange Individuen eines Cyprinoiden, die ich Herrn Dr. Gemminger105Gattung: Carassius.von hier und Herrn Forstmeister Drexel von Regensburg zu verdanken hatte. Sie waren zum Theil in einem kleinen Weiher bei Grünwald (in der Nähe von München), zum Theil in Lehmpfützen, bei Regensburg gefangen worden. Ich konnte diese kleinen Fische, welche in ihrem Aussehen mit bald mehr, bald weniger steil aufsteigenden Unterkiefern (Fig. 5), an einfach schwärzlich ge - färbte Goldfische erinnerten, lange nicht bestimmen, später erkannte ich in ihnen jenen Fisch, welchen Koch als Cypr. amarus, Kothscheberl be - schrieben hatte1)Vergl. dessen Anmerkung in der Fauna ratisbonensis, pag. 39, wo es heisst: Die Beschreibung in Cuvier’s Uebersetzung (pag. 364 C. amarus) passt auf das hiesige Fisch - chen nicht recht. Dieses hat 20 Strahlen in der Rücken -, 9 in der Afterflosse und einen schwarzen Fleck vor der Schwanzflosse. Die innere Bauchhaut ist russartig schwarz. Er wird kaum fingerslang., und vor kurzem überzeugte ich mich, bei Musterung der Wiener ichthyologischen Staatssammlung, dass dieser Cypr. amarus des Koch mit Carassius oblongus des Heckel und Kner (a. a. O.) identisch ist; ebenso habe ich aber auch durch die Vergleichung dieses C. oblongus mit den übrigen ge - streckten Carassius-Varietäten die Ueberzeugung gewonnen, dass Heckel’s C. oblongus auch nur eine degenerirte Abart des C. vulgaris darstellt, die bei ihrer Entstehung denjenigen umändernden Einflüssen ausgesetzt gewesen sein muss, durch welche nach Ekström’s Beobachtungen der Kopf im Verhältniss zu dem sich streckenden Körper vergrössert wird und die Kiemendeckel eine convexe Oberfläche erhalten. In noch auffallenderem Grade abgeändert zeigt sich eine andere gestreckte Form der Teichkarausche, von welcher ich mehrere 2 bis 3 Zoll lange Exemplare durch Herrn Director Krauss aus Stuttgart erhalten habe. Bei diesen Karauschen, welche sich in den Tümpeln eines verlassenen Steinbruchs entwickelt hatten, ist der Kopf im Vergleich zu dem gestreckten und sehr mageren Leibe so stark vergrössert, dass ich diese Fischen für den von Heckel (Nr. 11 b. a. a. O.) beschriebenen Cypr. humilis aus Palermo hal - ten musste.
Bei meinem letzten Aufenthalte in Ostpreussen habe ich zu Braunsberg und Königsberg Gelegenheit gehabt, sogenannte Goldkarauschen von 2 bis 5 Zoll Länge, welche sich in sehr kleinen, stehenden Gewässern angesammelt hatten, näher zu untersuchen. Dieselben hatten durchweg eine fast goldgelbe Färbung, zeigten aber die verschiedenartigsten Profile, einige waren gut ge - nährt, andere dagegen sehr abgemagert mit grossen rauhen und eckigen Köpfen, so dass sich unter ihnen ausser der gewöhnlichen niedrigen Varietät C. Gibelio auch die mehr degenerirten Formen C. oblongus und humilis heraus - finden liessen. Einige dieser Kümmerer besassen ein abgerundetes Kinn2)Diese stimmten vollständig mit einer Abbildung überein, mit welcher Dybowski (a. a. O. Taf. III) ein männliches Individuum von Carassius oblongus hat darstellen wollen., andere dagegen ein eckiges Kinn (Fig. 5).
106Familie: Cyprinoidei.Aus dieser Musterung und Vergleichung, die ich mit den Karauschen des Oberdonau - und des Rhein-Gebiets mit anderen mitteleuropäischen Karau - schen vorgenommen habe, konnte ich mich recht deutlich überzeugen, welche mannichfaltigen Formveränderungen der Carassius vulgaris, von welchem mir Individuen aus 26 verschiedenen, weit auseinander gelegenen mitteleuro - päischen Fundorten, zur Untersuchung zu Gebote standen, unterworfen ist, indem je nach den verschiedenen Fundorten die einzelnen zur Vergleichung benutzten Individuen immer wieder ein anderes Aussehen darboten, so dass, wenn man die unter dem Namen Cypr. Carassius, Moles, Gibelio, oblongus, humilis beschriebenen Karauschen-Formen wirklich als besondere Arten gel - ten lassen wollte, man genöthigt wäre, noch mehrere neue Arten hinzuzu - fügen, von denen sich aber keine einzige Art von den übrigen scharf abgren - zen lässt.
Gattungscharakter: Mund endständig mit zwei Bartfäden in den Mundwinkeln; Schlundzähne keulenförmig in einfacher Reihe, 4 auf der einen und 5 auf der anderen Seite, die ab - geschliffenen Kauflächen derselben mit einer Furche und an der inneren Ecke meist mit einem gegen die Kaufläche gekrümmten Haken. Rücken - und Afterflosse mit kurzer Basis; Schuppen sehr klein; Haut mit einer sehr dicken durchsichtigen Epitheliumschicht.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 176. Taf. 19. Schleihen.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 4. n. 6, Descript. spec. pag. 27. n. 14, Syn. nom. pisc. pag. 5. n. 7.
Linné Nr. 2: pag. 526. n. 4. Cyprinus Tinca.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 83. Taf. 14. Cyprinus Tinca, Schlei.
Schrank Nr. 23 a: pag. 328. n. 304. Schley.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 190. Cyprinus Tinca, Schleihe.
Gloger Nr. 88: pag. 74. n. 14. Cyprinus Tinca, Schlei.
Bujack Nr. 97: pag. 334. Cyprinus Tinca, Schlei.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 322. Pl. 484. Tinca vulgaris, la Tanche vulgaire.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 202. Tinca chrysilis.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 351. Tinca vulgaris, Schley.
Günther Nr. 47: pag. 50. Leuciscus Tinca, Schleihe.
Leiblein Nr. 51: pag. 121. Tinca chrysitis, Schleihe.
Rapp Nr. 41: pag. 5. Tinca chrysitis, Schleihe.
107Gattung: Tinca.Heckel und Kner Nr. 13: pag. 75. Fig. 34 u. 35. Tinca vulgaris, Schleihe.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Tinca vulgaris, Schleihe.
Artcharakter: Die beiden Bartfäden kurz; alle Flossen abgerundet.
D. 4 / 8 — 9, P. 1 / 15 — 17, V. 2 / 8 — 9, A. 3 — 4 / 6 — 7, C. 19, Squ. 30 — 32 / 95 — 100 / 20.
Die Schleihe, welche denselben Aufenthalt und dieselbe Nahrung, wie die Karausche, liebt, gehört allen mitteleuropäischen Flussgebieten an und fehlt auch nicht den im Flachlande gelegenen kleineren und grösseren Seen, dagegen meidet dieselbe die eigentlichen Gebirgsseen, sowie die klaren, schnellfliessenden Gebirgsströme als Aufenthaltsort. Dieser Fisch kömmt ge - wöhnlich in einer Länge von 8 bis 12 Zoll vor, kann aber auch 1 bis 1½ Fuss lang werden. Die grüne Färbung seines nur mässig gestreckten Körpers va - riirt sehr und kann aus dem hellgrün in dunkelolivengrün bis ins schwärz - liche übergehen, welche Farbenveränderung von der Verschiedenheit des Wassers seines Aufenthaltsortes abhängig ist. Die prächtige, schwarzfleckige, orangengelbe oder rothe Varietät der Schleihe, welche unter dem Namen Gold - schleihe bekannt ist1)Vergl. Bloch a. a. O. Th. I. pag. 90. Taf. 15. und welche ich als Cultur - und Schmuckfisch in Oberschlesien angetroffen habe, wurde von mir noch niemals auf dem hiesi - gen Fischmarkte bemerkt; diese Goldschleihe vermisste Günther auch im Neckar-Gebiet, sie soll aber nach Heckel2)S. dessen: Fische der Salzach a. a. O. pag. 191. in den stehenden Gewässern der Salzach vorkommen, was ich jedenfalls bezweifeln muss. Die Flossen der Schleihe erscheinen immer dunkel, zuweilen tief schwarz gefärbt.
Die ausserordentlich kleinen Schuppen der Schleihe schimmern durch den dicken Hautüberzug als goldglänzende Puncte hindurch. Dieser Haut - überzug ist nicht, wie man gewöhnlich annimmt, eine blosse zähe Schleim - schicht, sondern wirklich das Epithelium dieses Fisches, welches in ansehn - lichen dichten und zugleich durchsichtigen Schichten die Beschuppung des - selben überdeckt hält.
Schlundknochen und Schlundzähne (nach Heckel und Kner).
Von den Schlundzähnen sind nicht so constant, wie es Heckel und Kner (a. a. O. pag. 75) in neuerer Zeit ausge - sprochen haben, auf der rechten Seite 4 und auf der linken Seite 5 vorhanden, sondern es kommen in dieser Beziehung Verschiedenheiten vor; ich habe, wie Heckel früher3)S. dessen: Fische Syriens a. a. O. pag. 1005. Taf. I. Tinca Chrysitis, Keulenzähne., ebenso oft rechts 5 und links 4 Zähne, zuweilen auch auf bei - den Seiten 5 Zähne angetroffen.
108Familie: Cyprinoidei.Der erste gegliederte aber ungetheilte Strahl der Bauchflossen, auf des - sen Stärke bei den Schleihen Ekström1)Vergl. dessen: Fische in den Scheeren von Mörkö. 1835. pag. 69. Auch Sander (Nr. 44: pag. 177) war diese Eigenthümlichkeit nicht entgangen, da derselbe sagt: » an den Bauchflossen sitzt ein starker Knorpel, fast wie ein Bein «. Abgebildet findet sich dieser verdickte Bauchflossenstrahl bei Meidinger (Nr. 30. Dec. II. Tab. 13), Ekström (Skandina - viens Fiskar. a. a. O. des latein. Textes pag. 123: » In mare radius secundus crassissimus et latus «. Pl 52) und bei Cuvier (Règne animal, nouv. 3e édit. Les poissons, Atlas, Pl. 94. Fig 1). bereits aufmerksam gemacht hat, ist nur bei den männlichen Schleihen auffallend verbreitert gebogen und ver - dickt und giebt, wie es auch Günther schon erwähnt und abgebildet hat2)S. dessen: Fische des Neckars. pag. 51 und dessen Aufsatz: On sexual differences found in bones of some recent and fossil species of Frogs and Fishes, in den Annals of na - tural history. 3. Ser. Vol. III. 1859. pag. 385. Pl. 16. A. B. Uebrigens war es der brave Baldner, welcher diesen Geschlechtsunterschied der Schleihen zuerst erkannt hatte, indem er in seinem Manuscripte pag. 176 sagt: » Die gemilchten (Schleihen) haben im Leych ein gebogene Schwummfedern «. Man vergleiche ferner: Willughby: Historia piscium pag. 251: » In hoc pisce sexus facile distinguuntur: mares enim pinnas ventris multo majores habent, quarum radius primus magnus, crassus, deorsum reflexus, et transversim striatus. Ossa etiam quibus innascuntur hae pinnae magna sunt, crassa, et ad branchias fere extensa: secus ac in faeminis «., einen sicheren Anhaltspunct zur äusseren Unterscheidung der Geschlechter ab; mit dieser Verdickung des ersten Bauchflossen-Strahls steht zugleich eine von aussen nicht wahrnehmbare Erhebung und Verdickung der oberen Ecke jenes Fortsatzes in Verbindung, der von den beiden Beckenknochen hin - ter ihrer Symphysis abgeht. Ich vermuthe, dass dieser an den Skelettheilen ausgesprochene Geschlechtsunterschied sich nicht gleichzeitig mit den inneren Fortpflanzungsorganen der Schleihen entwickelt, sondern erst später, wahr - scheinlich bei der erstmaligen Geschlechtsreife zum Vorschein kömmt, denn ich habe junge Schleihen von 2¼ bis 2½ Zoll Länge zergliedert, und in ihnen bereits die ersten Anlagen der Eierstöcke und Hoden deutlich unterscheiden können, während ich an dem Becken und den Bauchflossen derselben noch keine Spur einer Verschiedenheit wahrzunehmen im Stande war.
Die Laichzeit der Schleihe wird sehr verschieden angegeben, sie soll in die Monate Mai und Juni fallen, aber auch noch im August stattfinden kön - nen; in gewissen bayrischen Fischer-Verordnungen wird sogar angenommen, dass die Schleihen zweimal im Jahre, im März und im Juni laichten, worauf sich diese Annahme gründet, weiss ich nicht anzugeben3)Auch Sander (a. a. O. pag. 171) behauptet: die Schleie laicht zweimal, im März und im Juni. Nach den Angaben hiesiger Fischer soll die Laichzeit der Schleihen nur einmal im Jahre eintreten, nämlich im Juli..
Folgende merkwürdige Erscheinung, welche ich vor einigen Jahren an verschiedenen, in einem Teiche aufbewahrten Schleihen betrachtete, kann ich nicht unerwähnt lassen. Diese Schleihen steckten am hellen Tage auf dem109Gattung: Tinca.Grunde des Teichs tief im Schlamme verborgen und liessen sich mit einer Stange aus ihrem Verstecke hervorgraben, ohne dass sie sich rührten; sie blieben, nachdem sie zu Tage gebracht waren, fast wie todt auf der Seite lie - gen, bis sie nach mehreren unsanften Stössen mit der Stange endlich aus ihrem betäubten Zustande erwachten, worauf sie davonschwammen, um sich wieder in der Tiefe des Schlammes zu verbergen. Sollte dieses Benehmen der Schlei - hen nicht als eine Art Tagschlaf oder Sommerschlaf bezeichnet werden können?
Gattungscharakter: Mund unterständig mit vier Bartfäden an der Oberkinnlade. Schlundzähne jederseits in 3 Reihen zu 2. 3 u. 5 gestellt, mit conischer, nach hinten hakenförmig um - gebogener Spitze, die beiden hinteren Zähne aller drei Rei - hen auf der hinteren Seite der Hakenkrone mit einer löffel - artigen Aushöhlung unter dem Haken. Rücken - und After - flosse mit kurzer Basis, erstere mit einem starken Knochen - strahl beginnend.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 151. Taf. 6. Barben.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 4. n. 11, Syn. nom. pisc. pag. 8. n. 14.
Linné Nr. 2: pag. 525. n. 1. Cyprinus Barbus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 109. Taf. 18. Cyprinus Barbus, Barbe.
Schrank Nr. 23 a: pag. 327. n. 301. Barbe.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 184. Cyprinus barbus, Barbe.
Gloger Nr. 88: pag. 73. n. 11. Cyprinus barbus, Barbe.
Bujack Nr. 97: pag. 334. Cyprinus Barbus, Barbe.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 125. Barbus fluviatilis, le Barbeau commun.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 194. Barbus fluviatilis.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 321. Barbus fluviatilis, Barbe.
Günther Nr. 47: pag. 40. Barbus fluviatilis, Barbe.
Leiblein Nr. 51: pag. 118. Barbus fluviatilis, Flussbarbe.
Rapp Nr. 41: pag. 5. Barbus fluviatilis, Barbe.
Heckel und Kner Nr. 13. pag. 79. Fig. 36 u. 37. Barbus fluviatilis, Barbe.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Barbus fluviatilis, Barbe.
Artcharakter: Lippen sehr wulstig, Bart fäden sehr dick; Körper lang gestreckt und cylindrisch, Augen klein, Knochen - strahl der Rückenflosse rückwärts grob gesägt1)Vergl. Heckel’s Fische Syriens. pag. 1002. Taf. I. Barbus communis, Hohlzähne..
D. 3 / 8 — 9, P. 1 / 15 — 17, V. 2 / 8, A. 3 / 5, C. 19, Squ. 11 — 12 / 58 — 60 / 7 — 8.
110Familie: Cyprinoidei.Schlundknochen und Schlundzähne (nach Heckel und Kner).
Die Barbe, welche eine Grösse von 2 Fuss erreichen kann, lässt sich durch ihre hervorragende Schnauze, durch ihre sehr aufgewulsteten Lippen und starke Bartfäden leicht erkennen. Der Rücken dieses Fisches zeigt eine graugrünliche Färbung mit helleren Seiten und mit weisslichem Bauche. Die Schuppen geben einen blass mes - singgelben Glanz von sich. Der her - vorragende Theil der Schuppen stellt eine stumpfe Spitze dar. Die Schuppen - taschen sind häufig an ihrer Basis geschwärzt, wodurch die Haut des Fisches ein geflecktes oder gegittertes Ansehen erhält. Die Flossen mit Ausnahme der Rückenflosse besitzen eine blassrothe Färbung, die Schwanzflosse ist immer von einem feinen schwärzlichen Saume eingefasst, die Rückenflosse dagegen erscheint gleichmässig dunkelgrau. Die Verbindungshäute der Strahlen aller Flossen zeigen öfter schwärzliche, unregelmässige Marmorflecke; am häufig - sten nimmt man dergleichen Flecke an der Rückenflosse wahr.
Sowohl in den Seen wie in den Flüssen der verschiedenen mitteleuro - päischen Wasser-Gebiete kömmt die Barbe allgemein verbreitet vor. Die - selbe nährt sich theils von animalischen, theils von vegetabilischen Substan - zen. Als Laichzeit der Barbe wird der Monat Mai und Juni angegeben. Zur Zeit der Brunst erheben sich auf dem Scheitel der männlichen Individuen eine Menge kleiner Körner, welche sich nach dem Rücken hin zu vielen kurzen Längsreihen ordnen und auf den Schuppen des Rückens selbst innig mit ein - ander verschmelzen und so eine Längsleiste darstellen, welche oft noch zwei kurze Leisten neben sich hat. Es ist auffallend, dass, obgleich von jeher vor dem Genusse des Rogens der Barbe gewarnt wird und immer wieder neue unangenehme Erfahrungen über die Erbrechen und Durchfall erregenden Eigen - schaften dieses Nahrungsmittels gemacht werden1)Schon Gesner (Fischbuch. 1575. Fol. 171) war mit dieser giftigen Eigenschaft des Barben-Rogens bekannt. Ueber mehrere vor einigen Jahren im Nassauischen vorge - kommene, nach dem Genusse von Barben-Eiern eingetretene Vergiftungsfälle berichtete Dr. A. v. Franque in der deutschen Klinik, 1858. pag. 133., sich bis jetzt niemand die Aufgabe gestellt hat, den Rogen dieses gemeinen Fisches wegen seiner giftigen Wirkung wissenschaftlich zu prüfen.
Syn. u. Citate.
Leonhard: Lehrhuch zur Beförderung der Kenntniss von Siebenbürgen. Hermannstadt, 1818. pag. 191.
Heckel: Die Fische Ungarns, in Haidinger’s Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien. Bd. III. 1848. pag. 194, und Nr. 11 h: pag. 29. Barbus Petenyi.
Bielz: Uebersicht der lebenden Fische Siebenbürgens, in den Verhandlungen und Mitthei - lungen des siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften zu Hermannstadt, Jahr - gang IV. 1853. pag. 173 u. 179. Taf. 3. Fig. 1, ferner dessen Fauna der Wirbelthiere Siebenbürgens, Hermannstadt, 1856. pag. 173, Pseudobarbus Leonhardi, Semling.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 78. Fig. 41. Barbus Petenyi1)Da Dybowski (Cyprinoiden Livlands a. a. O. pag. 78) den Bielz’schen Namen für den Semling festhalten möchte, muss ich bemerken, dass zwar Bielz diesen Fisch als B. Leon - hardi zuerst genauer beschrieben hat, dass aber dennoch Heckel’s B. Petenyi als der ältere Name vorgezogen werden muss, indem Heckel unter diesem Namen ein Jahr früher als Bielz den Semling mit Angabe einer kurzen Diagnose in den Verhandlungen des zoolog. botanisch. Vereins (Nr. 11 h) bekannt gemacht hat..
Artcharakter: Lippen mässig wulstig, Bartfäden nicht sehr dick; Körper gestreckt und cylindrisch, Augenklein, Knochen - strahl der Rückenflosse ungesägt.
D. 3 / 8, P. 1 / 14, V. 2 / 8, A. 3 / 5, C. 19, Squ. 12 / 58 — 60 / 10.
Diese Barbenart, welche in Siebenbürgen den Namen » Semling « erhalten hat, scheint den aus den Karpathen entspringenden Gewässern ausschliess - lich anzugehören. Da dieser Fisch auch bei Krakau in der Weichsel und bei Teschen in der Olsa, einem von den Karpathen entspringenden Seitenflüss - chen der Oder vorkömmt, so habe ich diese Art als ein Glied der mitteleuro - päischen Fischfauna hier nicht übergehen wollen.
Ich kenne diesen Fisch nur aus dem kaiserlichen Naturalien-Cabinete zu Wien, und weiss daher nur weniges von demselben zu berichten.
Derselbe steht der gemeinen Barbe sehr nahe, bleibt aber um vieles kleiner als diese, indem er nur die Länge von 7 bis 10 Zoll erreicht. Ausser den oben angeführten Artcharakteren ist der Semling noch dadurch kenntlich, dass sein Körper mit grösseren und schwärzeren Flecken besetzt ist und seine Flossen, mit Ausnahme der Bauchflossen, welche stets ungefleckt sind, deut - lichere schwarze Flecken an sich tragen als die der gemeinen Barbe. Seine Afterflosse ist länger gestreckt, und reicht zurückgeschlagen bis zur Basis der Schwanzflosse, was bei dem Zurückschlagen der kürzeren Afterflosse der gemeinen Barbe nicht stattfindet.
Syn. u. Citate.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 138. Pl. 461. Barbus Mayori.
Heckel Nr. 11 c: pag. 1017. Barbus Mayori.
Bonaparte: Catalogo metodico dei pesci europei Napoli 1846. pag. 27. n. 156. Barbus ple - bejus (Barbus Mayori? Val.).
Diese Art wurde von Valenciennes nach einem einzigen Exemplare aufgestellt, wel - ches aus dem Zuger-See durch Herrn Mayor in Genf nach Paris gesendet worden war, und bedarf daher weiterer Untersuchungen, ehe dieselbe wirklich als selbstständige Art aner - kannt werden kann, zumal da Bonaparte vermuthet, diese Art möchte mit seinem Barb. plebejus identisch sein.
Gattungscharakter: Mund unterständig mit zwei langen Bartfäden in den Mundwinkeln. Augen hoch hinauf bis an die ab - geplattete Stirne gerückt. Die hakenförmig endenden Schlundzähne in zwei Reihen zu 3 oder 2 und zu 5 stehend. Rücken - und Afterflosse mit kurzer Basis.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 4 a: pag. 162. Taf. 39. Kressen.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 4. n. 10, Descript. spec. pag. 13. n. 5, Syn. nom. pisc. pag. 11. n. 20.
Linné Nr. 2: pag. 526. n. 3. Cyprinus Gobio.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 57. Taf. 8. Fig. 2. Cyprinus Gobio, Gründling.
Schrank Nr. 23 a: pag. 329. n. 305. Kressling.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 188. Cyprinus Gobio, Grundel.
Agassiz Nr. 6: (Isis, 1828) pag. 1049. Taf. XII. Fig. 2. a — d. Cyprinus Gobio, Kresse.
Gloger Nr. 88: pag. 73. n. 12. Cyprinus Gobio, Kressen, Gründling.
Bujack Nr. 97: pag. 335. Cyprinus Gobio, Gründling.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 300. Pl. 481. Gobio fluviatilis, le Goujon ordinaire und pag. 311. Gobio obtusirostris.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 194. Gobio fluviatilis.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 334. Gobio fluviatilis, Gründling.
Günther Nr. 47: pag. 44. Leuciscus Gobio, Grässling.
Leiblein Nr. 51: pag. 118. Gobio fluviatilis, Fluss-Gründling.
Rapp Nr. 41: pag 10. Gobio fluviatilis, Gründling.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 90. Fig. 42 u. 43. Gobio vulgaris, Gressling.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Gobio vulgaris, Gressling.
113Gattung: Gobio.Artcharakter: Körper gestreckt, cylindrisch, Schwanz seit - lich zusammengedrückt; die bald längere, bald kürzere Schnauze sehr stumpf und stark gewölbt, die Bartfäden nicht sehr lang, kaum bis unter die Augen reichend. Rük - ken - und Schwanzflosse mit mehreren schwarzbraunen Fleckenbinden1)Vergl. Heckel: Fische Syriens. pag 1008. Taf. I. Gobio vulgaris, Fangzähne..
D. 3 / 7, P. 1 / 14 — 15, V. 2 / 8, A. 3 / 6, C. 19. Squ. 6 / 40 — 44 / 5.
Die Körperform des Gobio fluviatilis ist eine gestreckte, sein Kopf er - scheint bald mehr, bald weniger in die Länge gezogen. Hierdurch liefern die Ausmessungen am Kopfe sehr verschiedene Resultate, welche zur Aufstel - lung von zwei Arten dieses Gresslings Veranlassung gegeben haben, von denen die langschnauzige Form als G. fluviatilis Cuv. Val. und die kurzschnau - zige Form als G. obtusirostris Agass. bezeichnet worden ist. Für die extreme Form des langschnauzigen Gresslings zeigen sich folgende Ausmessungen charakteristisch. Der Querdurchmesser von dem einen oberen Augenhöhlen - rande herüber zu dem anderen hat dieselbe Breite wie der Querdurchmesser des Auges. Die Länge des Gesichts (von dem vorderen Augenhöhlenrande bis zur Schnauzenspitze gemessen) verhält sich gleich der Entfernung von dem hinteren Augenhöhlenrande bis zur Mitte zwischen Schnauzenspitze und vor - derem Nasenloche. Der stumpfschnauzige Gressling besitzt in seiner extre - men Form eine um vieles breitere Stirne, kleinere Augen und kürzere Schnauze, wodurch die eben erwähnten Ausmessungen ganz andere Resultate liefern. Der Querdurchmesser der Stirne nämlich ist länger als der Quer - durchmesser der Augen und entspricht der Entfernung vom hinteren Augen - höhlenrande bis zum hinteren Nasenloche, und die Gesichtslänge, von dem vorderen Augenhöhlenrande bis zur Schnauzenspitze gemessen, trifft zusam - men mit der Entfernung von dem hinteren Augenhöhlenrande bis zum vor - deren Nasenloche.
Schlundknochen und Schlundzähne (nach Heckel und Kner).
Der Scheitel und Rücken des Gresslings hat eine graugrüne Farbe und ist mit vielen schwarzen Puncten und Flecken besetzt. Seiten und Bauch erscheinen weiss und sil - berglänzend. Zu beiden Seiten oberhalb der geraden Seitenlinie erstrecken sich 10 bis 11, oft auch nur 7 bis 8 grosse, schwarze oder schwarzblaue Flecke von vorne nach hinten, welche bald mehr, bald weniger zu einer Längsbinde zusammen -v. Siebold, Fische. 8114Familie: Cyprinoidei.fliessen. Die Flossen haben eine gelbliche Färbung. Die Strahlen der Rücken - und Schwanzflosse sind unterbrochen braun gefärbt, wodurch diese Flossen wie mit mehreren gestrichelten Binden besetzt erscheinen; auch die Strahlen der beiden Brustflossen sind öfters auf der Oberseite ihrer ganzen Länge nach, seltener in Unterbrechung, braun gefärbt. Oberhalb und unterhalb der Nasenlöcher zieht sich ein schwärzlicher Streif nach der Schnauzenspitze hin. Die beiden Kiemendeckel, sowie die Brust dicht über dem Ursprung der Brustflossen zeigen sich ebenfalls angeschwärzt. Es kann dieser Fisch eine Grösse von 6 bis 6½ Zoll erreichen. Derselbe lebt sowohl in stehenden wie in fliessenden Gewässern und hält sich gern auf dem Grunde der Gewässer auf, wo er sich von animalischen und vegetabilischen Stoffen zu ernähren weiss. Ich habe ihn in ganz Deutschland überall sehr häufig angetroffen.
Die Laichzeit desselben fällt in die Monate Mai und Juni, um welche Zeit er eine sehr viel dunklere Färbung erhält. Zugleich entwickelt sich bei den brünstigen männlichen Individuen dieses Cyprinoiden ein feinkörniger Aus - schlag auf dem Scheitel, zu welchem sich noch eine Hautwucherung auf den Schuppen des Rückens und der Seiten, sowie auf der oberen Seite der Brust - flossen-Strahlen gesellt. Auf den einzelnen Schuppen bildet dieser Hautaus - schlag mehrere radiär verlaufende längliche Erhabenheiten, auf den genannten Flossen-Strahlen dagegen stellt derselbe sehr kleine aber äusserst zahlreiche und überaus dicht gedrängt stehende Körnchen dar.
Nachdem Agassiz1)Vergl. Cuvier et Valenciennes: Hist. d. poissons. Tom. XVI. pag. 311. zuerst auf die kurzschnauzige Form des Gresslings unter dem Namen Gobio obtusirostris als auf eine besondere Art aufmerksam gemacht und Valenciennes2)Ebenda: pag. 300. die langschnauzige Form als Gobio fluviatilis iso - lirt hatte, gewann es den Anschein, als unterschieden sich diese beiden zu zwei besonderen Arten erhobenen Gresslingsformen auch durch ihre geogra - phische Verbreitung, indem der langschnauzige Gobio fluviatilis allen denjeni - gen Flüssen des europäischen Continents angehören möchte, welche den nörd - lichen Meeren zufliessen, während der stumpfschnauzige Gobio obtusirostris nur im Donauflussgebiet mit seinem östlichen Abflusse anzutreffen wäre. Allein eine Vergleichung sehr vieler Individuen des Gresslings aus den ver - schiedensten Flussgebieten des mittleren europäischen Continents erweckte in mir sehr bald die Ueberzeugung, dass zwischen den als G. fluviatilis und obtusirostris auseinander gehaltenen extremen Formen die mannichfaltigsten Uebergangsformen vorkommen, durch deren Schwankungen in der Grösse der Augen, Breite der Stirne und Länge der Schnauze ich in Verlegenheit gesetzt wurde, ob ich die eine oder die andere der Mittelformen für den langschnau - zigen G. fluviatilis oder kurzschnauzigen G. obtusirostris halten sollte3)Ich bin übrigens nicht der einzige, der den G. obtusirostris als eine blosse Varietät.
Syn. u. Citate.
Willughby: Historia piscium. pag. 264. Gobius fluviatilis minor, Wapper.
Artedi Nr. 1: Syn. nom. pisc. pag. 11. n. 21. Gobius fluviatilis minor.
Agassiz Nr. 6: Isis, 1828. pag. 1048. Taf. XII. Fig. 1. a — d und ebenda 1829. pag. 44. Cy - prinus uranoscopus, Steinkresse.
Valenciennes Nr. 5: T. XVI. pag. 312. Gobio uranoscopus.
Weber Nr. 27: pag. 39. Taf. 7. Gobio uranoscopus, Steinkressling.
Heckel Nr. 11 i: Fische der Salzach. pag. 191. n. 8. Gobio uranoscopus, Grässling.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 93. Fig. 45 u. 46. Gobio uranoscopus.
Artcharakter: Körper sehr gestreckt und cylindrisch, Kopf und Rücken niedergedrückt, der cylindrische Schwanz sehr schmächtig, die sehr schräge absteigende breite Schnauze mit dem abgeplatteten Unterkiefer einen stumpfen Rand bildend. Die bis fast zur Basis der Brustflossen reichenden Bartfäden sehr lang. Rücken - und Schwanzflosse mit einer oder zwei Fleckenbinden.
D. 2 / 7, P. 1 / 13, V. 1 / 6, A. 2 / 6, C. 19, Squ. 5 / 40 — 42 / 4.
Dieser Gobio, welcher unter dem Namen Steinkresse oder Stein - gressling nicht selten in Gesellschaft des gemeinen Gressling auf den hie - sigen Fischmarkt gebracht wird, unterscheidet sich auf den ersten Blick von dem letzteren sowohl durch seine Körperform, wie durch seine Farbe und Zeichnung. Sein gestreckter Leib erscheint niedergedrückt und sein Schwanz, im Vergleich zu dem seitlich zusammengedrückten Schwanz des G. fluviatilis, cylindrisch. Die starken und langen Bartfäden, welche nach hinten zurückge - legt, mit ihren Spitzen weit über die Augen hinaus bis zu den grossen Kie - mendeckeln reichen, geben diesem Gressling ein sehr charakteristisches Ansehen.
Die Oberseite des sonst weisslichen Körpers schimmert durch die An - wesenheit einer gleichmässig verbreiteten Pigmentmasse grau, ohne hervor - stechende Puncte oder Flecke; statt der grossen schwarzen Seitenflecken trägt dieser Gressling fünf vom Nacken bis zum Schwanze gleichmässig vertheilte schwarze Halbbinden, welche bis zur Seitenlinie herabreichen, von welchen aber zuweilen die ersten nur sehr schwach angedeutet sind. Die Flossen zei -3)des G. fluviatilis ansieht, auch Günther (a. a. O. pag. 45) und Kessler sind zu denselben Resultaten gelangt. Siehe des letzteren Bericht über eine an die nordwestlichen Küsten des schwarzen Meeres und durch die westliche Krym unternommene Reise, in: Bulletin d. l. soc. imp. des Naturalistes de Moscou, 1859. pag. 528.8*116Familie: Cyprinoidei.gen sich gelblich gefärbt, die Strahlen der Rücken - und Schwanzflosse be - sitzen nur eine oder zwei braune Fleckenbinden.
Der Steinkressling erreicht nur eine Grösse von 3½ bis 4½ Zoll. Die Lebensweise hat er mit dem G. fluviatilis gemein. Agassiz entdeckte diesen Fisch hier zuerst in der Isar1)S. die Isis, 1828 u. 1829 a. a. O. In der Isar und nicht im Innflusse, wie von Heckel und Kner a. a. O. pag. 94 unrichtig mitgetheilt wird, entdeckte Agassiz diesen Fisch., einen anderen Fundort in Deutschland weiss ich aus eigener Erfahrung nicht anzuführen; nach Heckel2)Vergl. dessen Fische der Salzach a. a. O. und dessen Verzeichniss der Fische des Donaugebiets und der Fische der Save in Krain, in den Verhandlungen des zoologisch - botanischen Vereins in Wien. Bd. II. 1853. pag. 30 u. pag. 131. kömmt derselbe nur noch in der Salzach, in der Save und Idria vor. Willughby hat bei seiner Anwesenheit in Augsburg einen vier Zoll langen Fisch unter dem deutschen Namen » Wapper « häufig angetroffen, aus dessen kurzer Beschreibung Wil - lughby den Gobio uranoscopus erkennen lässt3)S. dessen: Historia piscium. pag. 264, wo von dem » Wapper « gesagt wird: » colore albidiore, corpore ad caudam contractiore et angustiore, qua praecipue nota a priore (Gob. fluviat. ) differt; dorsum pallidius; rostrum longius, acutius; maxilla superior productior; oculi minores. «. Ich habe mich in Augsburg nach diesem » Wapper « erkundigt und durch Herrn Grandauer die Mittheilung erhalten, dass er niemals den von Heckel und Kner beschriebenen und abge - bildeten G. uranoscopus in Augsburg gesehen und noch nie von den Augs - burger Fischern den Namen » Wapper « nennen gehört habe.
Gattungscharakter: Fünf Schlundzähne jederseits in einfacher Reihe, mit seitlich zusammengedrückten und schräg abge - schliffenen Kronen, die länglichen Kauflächen mit einer einfachen Längsfurche; Rückenflosse und Afterflosse mit mässig langer Basis.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 226. Taf. 46. Bliecken.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 52. Taf. 8. Fig. 3. Cyprinus amarus, Bitterling.
Schrank Nr. 23 a: pag. 335. n. 316. Bitterling.
Gloger Nr. 88: pag. 76. n. 28. Cyprinus amarus, Bitterfisch.
Bujack Nr. 97: pag. 338. Cyprinus amarus, Bitterling.
Agassiz Nr. 7: pag. 37 u. Wiegmann’s Archiv a. a. O. pag. 78. Rhodeus amarus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 201. n. 19. Rhodeus amarus, Bouvière.
117Gattung: Rhodeus.Valenciennes Nr. 5: T. XVII. 1844. pag. 81. Rhodeus amarus, la Bouvière.
Schulz Nr. 78: pag. 534. Rhodeus amarus, Bitterling.
Leiblein Nr. 51: pag. 120. Rhodeus amarus, Bitterfisch.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 100. Fig. 52 u. 53. Rhodeus amarus, Bitterling.
Krauss: Ueber den Bitterling, in dem 14ten Jahrgange der Würtembergischen naturwis - senschaftlichen Jahreshefte. 1858. pag. 115.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Rhodeus amarus, der Bitterling.
Artcharakter: Mund endständig; Körper hoch und seitlich zu - sammengedrückt; die Seitenlinien nur auf die ersten 5 bis 6 Schuppen beschränkt1)Vergl. Heckel: die Fische Syriens. pag. 1005. Taf. I. Rhodeus amarus, Messerzähne..
D. 3 / 9 — 10, P. 1 / 10, V. 2 / 6, A. 3 / 9, C. 19, Squ. 10 — 12 u. 34 — 38.
Schlundknochen und Schlundzähne (nach Heckel und Kner).
Der Bitterling erinnert in seiner Ge - stalt, wie Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 101) schon richtig bemerkt haben, ganz an die Karausche und an den Brachsen. Seine glatten Schuppen sind auffallend gross und noch einmal so breit als lang. Die Länge des Fisches selbst beträgt gewöhnlich 2 Zoll, doch habe ich in Würzburg auch viele Bitterlinge von 3 bis 3½ Zoll Länge angetroffen.
Die Bitterlinge lieben vorzugsweise stehendes Wasser und finden sich in den sogenannten todten Gewässern der verschiedensten Flüsse und Bäche Deutschlands ziemlich verbreitet vor. Ich kenne das Vorkommen des Bitter - lings bei München, Augsburg, Erlangen, Würzburg, Heilbronn und Strass - burg. Die Fischer in Würzburg bezeichnen den Bitterling mit dem sonder - baren Namen » Bille «; auf dem Strassburger Fischmarkte wurde mir derselbe Fisch als » Schneiderkärpfchen « bezeichnet. Von Baldner wurde der Bitter - ling » Blieken « genannt, und auch Hermann (Nr. 43: pag. 320) beschreibt un - ter dem Namen » Blicklein « ganz deutlich den Bitterling, während ich den von ihm (Nr. 43: pag. 319) als Schneiderkärpfchen beschriebenen kleinen Fisch nicht deuten kann, wahrscheinlich sind diese Namen Collectiv-Bezeichnungen, unter denen man in Strassburg verschiedene kleine karpfenartige Fische ver - steht; für diese Vermuthung spricht auch ein in dem Strassburger Naturalien - Cabinet aufgestelltes Glas, in welchem ich unter dem Namen » Blicklein von Strassburg « verschiedene junge Cyprinoiden aufbewahrt fand.
Die Färbung dieses Fischchens zeigt sich nach Geschlecht und Jahres - zeit sehr verschieden. Ausser der Laichzeit, welche im Monat April und Mai eintritt, erscheinen beide Geschlechter gleich gefärbt, nämlich mit graugrünem118Familie: Cyprinoidei.Rücken und mit silberglänzenden Seiten; sehr charakteristisch ist ein grüner glänzender Längsstreif, der sich zu beiden Seiten des Leibes von der Mitte desselben bis zum Schwanzende erstreckt. Die Flossen sind blassröthlich gefärbt und die Rückenflosse ganz, die Schwanzflosse an der Basis mit schwärzlichem Pigmente besetzt. Diese einfache Färbung verschwindet zur Brunstzeit an den männlichen Bitterlingen vollständig und macht einem präch - tigen Hochzeitskleide Platz, dessen Farbenglanz sich schwer naturgetreu be - schreiben lässt (Taf. I. Fig. 1). Die ganze Körperoberfläche der brünstigen Männchen schillert in allen Regenbogenfarben, wobei sich stahlblau und vio - lett besonders bemerkbar macht, und der smaragdgrüne Seitenstreif am Hinterleibe noch glänzender hervortritt, während die Brust und Bauchseite mit einem schönen orangengelben Pigmentüberzuge prangen; auch die Rücken - und Afterflosse zeigen sich hochroth gefärbt und schwarz gesäumt. Mit der Entwicklung dieser Farbenpracht beginnt noch ein anderer Geschlechtsunter - schied hervorzutreten, der sich auf eine Veränderung der Haut dicht über der Oberlippe bezieht. Hier erhebt sich an den beiden äusseren Enden der Ober - kiefer allmählich ein rundlicher Wulst, der aus einem Haufen von 8 bis 13 ungleich grossen kreideweissen Warzen besteht. Zwei bis drei diesen ganz ähnliche Warzen kommen noch an dem oberen Rande der beiden Augen - höhlen zum Vorschein. Diese Warzen verdienen nicht den Namen » Knochen - wärzchen «, wie sie von Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 102) bezeichnet wor - den sind, denn sie entsprechen keineswegs Verknöcherungen, sondern jede Warze ist nichts andres, als eine Anhäufung von dicht über - und aneinander - gedrängten Epitheliumzellen1)Aehnliche Warzen wachsen auch bei anderen männlichen exotischen Cyprinoiden als Merkmal der Brunst an denselben Hautstellen hervor, was ich weiter unten bei Chon - drostoma nasus ausführlich besprochen habe.. Nach Beendigung des Fortpflanzungsge - schäfts verlieren sich diese Warzen und hinterlassen bleibende Gruben, aus denen bei der Wiederkehr der Brunstzeit von neuem jene warzenartigen Ge - bilde hervorsprossen.
Obgleich die Weibchen der Bitterlinge auch während der Laichzeit ihre Farblosigkeit behalten und auf diese Weise von ihren prächtig geschmückten Männchen auffallend abstechen, zeichnen sie sich doch in dieser Zeit durch ein ganz eigenthümliches äusseres Merkmal aus, das trotz seiner Augenfällig - keit erst vor kurzem durch Herrn Krauss, Director des königlichen Na - turalien-Cabinets zu Stuttgart bemerkt wurde2)S. dessen: Mittheilungen über den Bitterling a. a. O. Später wurde während der Naturforscher-Versammlung zu Königsberg im Jahre 1860 in der zoologischen Section von Kessler aus Kiew auf die Legeröhre des weiblichen Bitterlings aufmerksam gemacht, und neuerdings hat auch Dybowski (Cyprinoiden Livlands. pag. 87. Taf. IV) dasselbe Organ er - wähnt und abgebildet, ohne die früheren Beobachtungen von Krauss gekannt zu haben.. Es ist dies eine lange, röth -119Gattung: Rhodeus.liche Legeröhre, welche sich an dem weiblichen Bitterling bei dem Eintritt der Laichzeit allmählich entwickelt und, sowie die Eier im Eierstocke ihre Reife er - langt haben, vor der Afterflosse zweizölliger Bitterlinge als ein bis zu 8½ Linien ausgewachsener wurmförmiger Strang frei am Hinterleibe herabhängt (Taf. I. Fig. 2). Ich habe diese Legeröhre bei grösseren Individuen 1½ bis 2 Zoll lang entwickelt gesehen. Dieses Organ ragt bei seiner stärksten Entwicklung mit seiner Spitze oft über das Ende der Schwanzflosse hinaus, was dem Fischchen während des Schwimmens ein ganz sonderbares Ansehen verleiht; man möchte glauben, es hienge dem Thiere ein verschluckter Regenwurm oder der eigene Darm aus dem After hervor. Dass dieses Organ wirklich eine Legeröhre ist, davon konnte ich mich bei einem Besuch des Strassburger Fischmarktes über - zeugen, auf welchem ich am 16ten April 1858 eine ungeheure Menge in den todten Armen des Rheins gefangener Bitterlinge zum Verkauf ausgeboten fand; viele Weibchen waren eben im Begriffe ihre gelben Eier abzulegen, wobei die lange Legeröhre fast einer Perlschnur glich, indem sie von der Wurzel bis zur Spitze in einfacher Reihe hintereinander von schwefelgelben Eiern angefüllt und ausgedehnt war. Da die Schalen dieser Eier sehr elastisch sind und die Legeröhre im Verhältniss zu dem Durchmesser der grossen ovalen Eier des Bitterling eng ist, so nehmen diese Eier, indem sie durch die Legeröhre hin - durchgleiten, eine cylindrische Form an, welche augenblicklich wieder ver - schwindet, sobald die Eier aus der Spitze der Legeröhre hervorgetreten sind. Sehr interessant erscheint der Umstand, dass diese lange Legeröhre jedesmal, nachdem sie ihre Function verrichtet hat, sich wieder verkürzt, und so weit zurückbildet, dass sie zuletzt bis auf eine ganz kurze, 1½ Linie lange, röth - liche Papille eingeschrumpft erscheint; in diesem verkürzten und einge - schrumpften Zustande habe ich die Legeröhre vor der Afterflosse an allen Bitterlings-Weibchen, welche ich den Winter über in dem Aquarium des hiesigen physiologischen Instituts lebend aufbewahrt hatte, hervorragen sehen.
Der Rhodeus amarus weicht in noch vielen anderen Organisations-Ver - hältnissen von unseren übrigen Cyprinoiden ab, dass ich nicht umhin kann, zu den anatomischen Bemerkungen, welche Heckel und Kner über diesen Fisch bekannt gemacht haben, noch folgendes hinzuzufügen.
Der sehr lange Darm des Bitterlings, welcher nach Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 102) in 5 Umgängen spiralig gewunden ist, zeigt genauer be - trachtet zwei Paquete von Windungen: das eine Paquet kömmt bei Eröffnung der Bauchhöhle zu Tage und bildet die weitesten Schlingen, unter diesem Paquet liegt das zweite verborgen, welches aus nur engen Schlingen besteht, und in die hinter dem Darme befindliche Leber eingedrückt ist. In die äussere Spiralwindung des Darms geht der Magen über und aus der innersten Darm - windung tritt der Mastdarm hervor. Den ganzen Darm fand ich stets von gründlichen Algen-Trümmern und Diatomeen angefüllt. Die beiden hinter dem120Familie: Cyprinoidei.Darme, hinter der Leber mit ihrer Gallenblase und der Milz gelegenen Ovarien bilden einen gemeinschaftlichen Sack ohne Scheidewand, der oben einen schwachen herzförmigen Einschnitt besitzt. Nur die vordere Wand dieses Sackes trägt auf der inneren Fläche ein Stroma zur Entwicklung der Eier, die hintere Wand ist sehr dünnhäutig und wie das Peritonäum mit vielem schwarzen Pigmente besetzt. Die reifen, von dem Eierstock-Stroma losge - trennten gelben Eier sind von ovaler Gestalt und haben einen Längsdurch - messer von 1½ Linie und einen Querdurchmesser von 1 Linie. Die Legeröhre erscheint während der Brunstzeit gegen die Mitte hin am intensivsten orangen - gelb gefärbt, über die Mitte hinaus erscheint sie schmutzig roth, und an der Spitze sowie an der Basis fast ganz farblos. Dieses Organ enthält in seiner Basis deutliche Blutgefässe und Nerven, ist reizbar und bringt Reflexbewegungen hervor, an matten Fischchen konnte ich durch einen Stich in die Legeröhre Muskelzuckungen hervorrufen. Da die herzförmige Harnblase, wie ich mich ganz bestimmt überzeugte, in die Basis der Legeröhre einmündet, so verdient dieses Organ mit Recht den Namen » Urogenital-Canal «.
Gattungscharakter: Fünf Schlundzähne jederseits in einfacher Reihe mit seitlich zusammengedrückten und schräg abge - schliffenen Kronen, ihre schmalen Kauflächen mit einer Furche und vor ihrer Spitze mit einem Kerb; Rückenflosse von oben nach hinten in einem sehr spitzen Winkel steil ab - gestutzt, ihre Basis kurz; die Afterflosse mit langer Basis; die Schwanzflosse tief gabelförmig ausgeschnitten, die untere Spitze derselben länger als die obere; die Beschup - pung bildet auf dem Vorderrücken einen Scheitel, indem die Mittellinie des ganzen Vorderrückens, vom Hinterkopfe bis zum Anfange der Rückenflosse als eine schuppenlose Längsfurche erscheint, welche jederseits von einer Reihe kleiner Schuppen eingefasst ist. Der Bauch bildet von der Basis der Bauchflossen bis zur Aftergrube eine scharfe Kante, zwischen welcher eine schuppenlose Furche verbor - gen liegt.
121Gattung: Abramis.Syn. u. Citate.
a. Erwachsen.
Baldner Nr. 42: pag. 162. Taf. 12. Bresem.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 6. n. 17, Descr. spec. pag. 20. n. 10, Syn. nom. pisc. pag. 4. n. 2.
Linné Nr. 2: pag. 531. n. 27. Cyprinus Brama.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 75. Taf. 13. Cyprinus Brama, Bley.
Schrank Nr. 23 a: pag. 329. n. 308. Brassem.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 228. Cyprinus Brama, Brachsmen.
Gloger Nr. 88: pag. 74. n. 17. Cyprinus Brama, Brassen.
Heckel Nr. 11 a: I. 2. pag. 230. Taf. 20. Fig. 6. Abramis vetula.
Bujack Nr. 97: pag. 335. Cyprinus Brama, Blei.
Agassiz Nr. 7: pag. 39 u. Wiegmann’s Archiv a. a. O. pag. 81. Abramis Brama, Abramis microlepidotus, Abramis argyreus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 219. Abramis Brama.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 9, 43, 45 u. 60. Abramis Brama, Brème commune: Abramis microlepidotus, Abramis argyreus, Abramis vetula.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 369. Abramis Brama, Brassen.
Günther Nr. 47: pag. 96. Abramis Brama, Brachsen.
Leiblein Nr. 51: pag. 124. Abramis Brama, Brachsen.
Rapp Nr. 41: pag. 6. Abramis Brama, Brachsmen.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 104. Fig. 54 u. 55. Abramis Brama, Brachsen u. pag. 108. Fig. 56. Abramis vetula.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Abramis Brama, Brachsen.
b. Jung.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 3. n. 4, Descr. spec. pag. 23. n. 12, Syn. nom. pisc. pag. 13. n. 28. Faren.
Linné Nr. 2: pag. 532. n. 30. Cyprinus Farenus.
Nilsson: Prodromus Ichthyologiae scandinavicae. Lund., 1832. pag 30. Cyprinus Farenus.
Ekström: Die Fische in den Scheeren von Mörkö. Berlin, 1835. pag. 40. Taf. III. Cyprinus Farenus.
Artcharakter: Mund halb unterständig, Körper seitlich zusam - mengedrückt und hoch, die lange Afterflosse mit 23 bis 28 weichen zertheilten Strahlen beginnt vor dem Ende der Rückenflosse1)Vergl. Heckel: Die Fische Syriens. pag. 1006. Taf. I. Abramis Brama. Drückzähne..
D. 3 / 9, P. 1 / 15, V. 2 / 8, A. 3 / 23 — 28, C. 19, Squ. 12 — 13 / 51 — 54 / 6 — 7.
Der gemeine Brachsen ist durch seinen stark seitlich zusammengedrück - ten Leib und durch seine ansehnliche Körperhöhe leicht kenntlich. Er er - reicht unter allen verwandten Arten den grössten Umfang, indem er bis zu 2 Fuss Länge heranwachsen kann; Brachsen von 1½ Fuss Länge werden häufig aus dem Chiemsee hieher zu Markte gebracht.
122Familie: Cyprinoidei.Schlundknochen und Schlundzähne (nach Heckel und Kner).
Die sehr gestreckten und zerbrechli - chen Schlundknochen des Brachsen sind besonders charakteristisch durch die ge - gen die Symphyse hin sehr verlängerten vorderen Fortsätze. Ausserdem zeich - net sich auch der gemeine Brachsen von allen übrigen hochrückigen Abramiden durch die blaugraue Farbe aller seiner Flossen aus. Der Vorderrand der Rücken - flosse ist sehr hoch und über viermal länger als ihr Hinterrand, so dass die Spitze dieser Flosse zurückgelegt die neunte Schuppe des Hinterrückens er - reicht. Die nach hinten zurückgeschlagenen Brustflossen überragen mit ihrer Spitze die Basis der Bauchflossen. Die sehr lange untere Spitze des gabel - förmigen Schwanzes ragt weit über die obere Spitze desselben hinaus.
Es kommen auch Varietäten vor, welche durch eine mehr oder weniger gewölbte Schnauze und durch einen niedrigeren Rücken und gestreckteren Leib auffallen. Diese gestrecktere Gestalt ist meistens auch den jüngeren Individuen eigen, worauf schon Bloch (Nr. 3 a. Th. I. pag. 76 u. 82) aufmerk - sam gemacht hat. Solche junge Brachsen, welche in Schweden den Volks - namen Faren erhalten haben, sind von den älteren schwedischen Ichthyolo - gen verkannt und unter dem Namen Cyprinus Farenus als eine besondere Fischspecies beschrieben worden. Dies hatte auch mich früher in Danzig verführt, junge Brachsen als C. Farenus zu deuten und das Vorkommen dieses kleinen Abramiden für das Weichsel-Gebiet festzustellen1)In einer brieflichen Mittheilung an Wiegmann, s. dessen Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. 1836. I. pag. 327. Schon ein Jahr darauf war ich zweifelhaft geworden, ob obiger Fisch von mir auch richtig bestimmt worden sei. Vergl. Preuss. Provinzial-Blätter. Kö - nigsberg, 1837. pag. 443. S. auch Bujack Nr. 97. pag. 340. Das Herausfinden des C. Fa - renus war eine um so schwierigere Aufgabe, als von Linné selbst in die erste Beschreibung, welche Artedi von dem Faren gegeben, eine Verwirrung dadurch gebracht worden war, dass er in der von Artedi für den Faren aufgestellten Diagnose: » iride flava, pinna ani ossi - culorum viginti septem « die Zahl 27 in 37 umgewandelt hat. Vergl. Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 3. n. 4, Linné Nr. 2: pag. 532. n. 30 und dessen Fauna suecica. Stockholm, 1761. Pag. 130. n. 369. Hierdurch konnte diese Diagnose: » pinna ani triginta septem, iridibus flavis «, auch auf Abramis Ballerus bezogen werden. Vergl. Skandinaviens Fiskar (a. a. O. latein. Text) pag. 57 u. 97 und Nilsson: Skandinavisk Fauna. IV. Lund, 1855. pag. 324., wozu Krøyer auch noch das Vorkommen des C. Farenus in Dänemark hinzufügte2)Vergl. Krøyer: Zur Verbreitung von Cyprinus Farenus, in Wiegmann’s Archiv. Jahrg. 1837. I. pag. 393.. Erst seitdem Nordmann3)S. dessen: Observations sur la Faune Pontique. pag. 503. und Valenciennes4)S. dessen: Hist. d. poiss. T. 17. pag. 29. auf den von den schwedischen Ich -123Gattung: Abramis.thyologen zuerst veranlassten Irrthum aufmerksam gemacht hatten, wurde der C. Farenus als selbstständige Species beseitigt und auch von den skan - dinavischen Ichthyologen zu den Synonymen des Abramis Brama verwiesen1)Vergl. Krøyer Nr. 82: III. pag. 370, Nilsson: Skandinavisk Fauna. III. pag. 324 und Skandinaviens Fiskar a. a. O. pag. 97..
Von Selys-Longchamps (a. a. O.) wurden ebenfalls verschiedene Varie - täten-Bildungen des Brachsen hervorgehoben, aus diesem Grunde stehe ich an, die beiden oben angeführten, von Agassiz aufgestellten und von Valen - ciennes näher beschriebenen Abramis-Arten, A. microlepidotus und A. argyreus als besondere Species anzuerkennen. Ich bin durch die Güte des Herrn L. Coulon, Director des zoologischen Cabinets zu Neuchâtel, welcher mir die Originale dieser von Agassiz aufgestellten Abramis-Species zur Ansicht über - schickte, in den Stand gesetzt worden, dieselben mit A. Brama zu vergleichen, und konnte mich nicht von der Art-Berechtigung dieser beiden Abramiden überzeugen. Zwischen A. Brama und A. microlepidotus, welche letztere Abramis-Form nach Agassiz in der Donau vorkömmt, aber nach Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 119) in ihrem, an Donau-Fischen so reichen Material nicht herausgefunden werden konnte, hat Valenciennes nach einer von Agassiz eingesendeten colorirten Abbildung nur sehr geringe Unterschiede wahr - nehmen können, und mir gieng es nicht besser bei der Vergleichung eines in Weingeist aufbewahrten 12 Zoll langen Exemplars des A. microlepidotus mit verschiedenen Individuen von A. Brama. Dasselbe stimmte in der Flossen - strahlen-Zahl der Rücken - und Afterflosse, in der Längs - und Querreihen - Zahl der Schuppen, sowie in der Form der Schlundknochen mit A. Brama vollkommen überein. Auch bei dem von Agassiz als A. argyreus bezeichne - ten Abramiden, von welchem ich ein Exemplar ohne Angabe des Fundortes in Händen hatte, konnte ich weder an der Flossenstrahlen-Zahl, noch an der Beschuppung, noch an den Schlundknochen im Vergleich mit A. Brama einen wesentlichen Unterschied wahrnehmen. Ich zählte an demselben 3 / 9 Rücken - flossenstrahlen, 3 / 24 Afterflossenstrahlen und 12 / 56 / 6 Schuppen. Der ganze Unterschied beschränkt sich nur auf einen weniger hohen Rücken und einen etwas mehr gestreckten Leib, was doch wohl keinen Ausschlag geben kann, um darauf eine besondere Art zu gründen, wenn wir uns daran erinnern, wie stark die Karpfen und Karauschen in ihren Körper-Umrissen variiren.
Dass der Brachsen sogar bis zu einer ganz abenteuerlichen gestreckten Form durch Verkümmerung ausarten kann, das zeigt die von Heckel (a. a. O.) als A. vetula beschriebene Abramiden-Form aus dem Neusiedlersee, welche gewiss nichts anderes ist, als ein verkümmerter Brachsen, und von welcher Heckel und Kner (a. a. O.) selbst sagen, es stehe diese Art dem A. Brama zunächst, und theile mit ihm die ganz gleiche Anzahl der Flossenstrahlen und124Familie: Cyprinoidei.auch die der Schuppen. Drei im Wiener Naturalien-Cabinete aufbewahrte und von mir verglichene Individuen der A. vetula liessen in der That nur Kümmerer des Brachsen erkennen.
Der gemeine Brachsen kömmt sowohl in Nord - wie in Süddeutschland allgemein verbreitet vor, seine Verbreitung erstreckt sich auf die meisten Flüsse und Seen daselbst mit Ausnahme der Alpenseen.
Die Brachsen leben gern gesellig und laichen auch in Gesellschaft, so dass hier und dort ein auf Brachsen gerichteter Fischzug ausserordent - lich ergiebig ausfallen kann; so wurden im Frühjahre 1858 im Bodensee bei Ermatingen unterhalb Constanz 200 bis 300 Centner Brachsen an einem Tage gefangen. Auch auf den gefrorenen masurischen Seen fiel in früheren Zeiten der Brachsenfang ausserordentlich ergiebig aus1)Vergl. Bock Nr. 95: Th. IV. pag. 734., und jetzt noch wer - den auf dem Spirdingsee mit einem einzigen Zuge des grossen Winterzug - netzes ab und zu mehrere hundert Tonnen Brachsen gefangen. Ihre Laich - zeit fällt in den Monat Mai oder Juni, während welcher Zeit diese Fische seichte mit Wasserpflanzen dicht bewachsene Uferstellen aufsuchen.
Die männlichen Individuen der gemeinen Brachsen erleiden zur Zeit ihrer Brunst eine auffallende Veränderung, welche bisher zwar nicht übersehen, aber doch nicht von jedem Beobachter richtig beurtheilt wurde. Es wachsen nämlich, wenn die Brachsen-Männchen brünstig werden, auf deren Hautober - fläche eigenthümliche warzenförmige Gebilde von ansehnlicher Grösse hervor, welche aus nichts anderem bestehen, als aus verdichteten und erhärteten Haufen von Epitheliumzellen. Diese Warzen haben eine stumpf-kegelförmige Gestalt und anfangs eine weissliche Färbung, welche später, nachdem die Warzen vollständig erhärtet sind, sich in Bernsteingelb umwandelt. Die War - zen stehen unregelmässig gruppirt auf der Schnauze zwischen Oberlippe und Nasenlöcher, auf dem Scheitel und auf dem Kiemendeckel-Apparat, ferner auf den meisten Schuppen des Leibes und auf der oberen Seite der paarigen Flossen, sowie zu beiden Seiten der After - und Schwanzflosse. Auf der Haut der Schuppen stehen die Warzen entweder einzeln oder paarig oder zu dreien. An den Flossen bilden sich diese Warzen immer nur auf demjenigen Theil der Haut aus, welcher die Strahlen überzieht, sie stehen hier meistens in einer einfachen aber dichtgedrängten Reihe hintereinander. Die Rückenflosse trägt niemals solche Warzen. Die grössten Warzen (bis zu der Grösse eines starken Nadelknopfs) entwickeln sich auf der Schnauze und auf dem Scheitel, die kleinsten Warzen dagegen halten die Flossenstrahlen besetzt. Das Volk bezeichnet solche brünstige, mit Hautwarzen besetzte Brachsen-Männchen als Steinbrachsen oder Dornbrachsen.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 6. n. 16, Descr. spec. pag. 18. n. 8, Syn. nom. pisc. pag. 14. n. 32.
Linné Nr. 2: pag. 531. n. 25. Cyprinus Vimba.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 38. Taf. 4. Cyprinus Vimba, Zärthe.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 20. Cyprinus Vimba, Meernase.
Bujack Nr. 97: pag. 336. Cyprinus Vimba, Zärthe.
Koch Nr. 19: pag. 40. n. 19. Leuciscus Vimba, Aessling.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 65. Abramis Vimba.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 400. Abramis Wimba, Nase.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 109. Fig. 57. Abramis Vimba, Blaunase.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Abramis Vimba.
Artcharakter: Mund unterständig, Schnauze sehr weit vorsprin - gend und conisch abgerundet; Körper seitlich zusammen - gedrückt und gestreckt; die mässig lange Afterflosse mit 18 bis 20 weichen zertheilten Strahlen beginnt hinter dem Ende der Rückenflosse; hinter dieser zeigt der Rücken einen von einer Längsleiste der medianen Schuppen aus - gehenden Kiel.
D. 3 / 8, P. 1 / 15, V. 2 / 9 — 10, A. 3 / 17 — 20, C. 19, Squ. 9 — 10 / 58 — 60 / 5 — 6.
Schlundknochen.
Die Russnase gehört zu den gestreckten niedrigen Formen der Abramiden und ist an der sehr stark hervortretenden coni - schen Schnauze leicht zu erkennen. Die sehr gedrungenen Schlundknochen dersel - ben zeichnen sich durch ihren kurzen vorderen Fortsatz aus, ihr flügelförmiger Anhang ist breit und bildet nach vorn einen ansehnlichen Vorsprung. Die zurückgeschlagenen Brustflossen stehen mit ihrer Spitze von der Basis der Bauchflossen weit ab. Die untere Spitze der gabelförmigen Schwanz - flosse ist nur um weniges länger als die obere. Dieser Fisch erreicht eine Länge von 10½ bis 14¼ Zoll und zeichnet sich durch einen merkwürdigen Farbenwechsel aus, welcher mit der Laichzeit in nächster Beziehung steht, jedoch von keinem Ichthyologen bis jetzt erwähnt worden ist.
Ausser der Laichzeit sind bei diesem Fische die Schnauze, der Kopf und Rücken, ebenso die Rücken - und Schwanzflosse graublau, Brust - und Bauch - flossen nebst Afterflosse dagegen blassgelb gefärbt, die Brustflossen und die Afterflosse zeigen ausserdem an ihrer Basis einen orangengelben Anflug, und die letztere einen schwärzlichen Saum. Die Seiten des Leibes, sowie Brust126Familie: Cyprinoidei.und Bauch glänzen silberweiss. Die graublau gefärbte und weit vorsprin - gende Nase dieses Abramiden hat die Veranlassung gegeben, dass in Oberöst - reich dieser Fisch » Blaunase « und in Niederbayern » Russnase « genannt wurde. Ganz anders und kaum wieder zu erkennen erscheint derselbe Fisch im Hoch - zeitskleide, welches Ende Mai und Anfang Juni mit dem Eintritt der Laich - zeit allmählich zum Vorschein kömmt. Der ganze Oberleib, Schnauze, Kopf, Rücken, Seiten bis weit unterhalb der beiden Seitenlinien ist mit tiefschwar - zem Pigment bedeckt, wobei die schwarzgefärbten, mit Schuppen bedeckten Seiten des Leibes einen eigenthümlichen Seidenglanz von sich geben. Gegen diese schwarze Färbung, welche sich an den Bauchseiten bis fast zu den Bauchflossen und zu der Afterflosse herabzieht, sticht eine intensiv orangen - rothe Färbung prächtig ab, mit welcher die beiden Lippen, die Kehle, die Brust, sowie die Bauchkante und ein schmaler Streif unterhalb des Schwan - zes geschmückt sind. Auch die paarigen Flossen und die Basis der Afterflosse zeigen sich schön orangenroth gefärbt, während Rücken - und Schwanzflosse so wie der Oberrand der Brustflossen und der Unterrand der Afterflosse breit geschwärzt sind. Diese Farbenveränderung der Russnasen hält gleichen Schritt mit der Entwicklung ihrer Fortpflanzungswerkzeuge und ist nicht etwa abhängig von dem mit der Brunstzeit eintretenden Wechsel ihres Auf - enthaltsortes1)Ich habe obige Bemerkung machen zu müssen geglaubt, da Heckel und Kner (a. a. O. pag. 111) von diesen Fischen behaupten. » Die auf Schottergrund (Kiesgrund) laichenden nehmen eine dunkle, oft schwarze Färbung an, die sich aber nach der Laiche wieder verliert «..
Ausser diesem schönen Farbenkleide, welches während der Laichzeit beide Geschlechter tragen, lässt sich bei genauerer Untersuchung an den männlichen Individuen als Zeichen ihres brünstigen Zustandes noch ein Haut - ausschlag erkennen, der den oben erwähnten warzenförmigen Hautauswüch - sen der Steinbrachsen entspricht. Dieser Ausschlag besteht aus vielen winzig kleinen weisslichen körnchenartigen Erhöhungen, welche den Scheitel, den oberen Theil des Kiemendeckel-Apparats, die Ränder der Schuppen und die Strahlen auf der inneren Fläche der paarigen Flossen besetzt halten. Einzelne Körnchen lassen sich auch hier und da auf dem Spiegel der Rückenschuppen erkennen.
Das Vorkommen dieses Fisches, welcher in Norddeutschland unter dem Namen » Zärthe « ein sehr bekannter und verbreiteter Fisch ist, scheint sich in Süddeutschland nur auf die Donau und auf die derselben von Norden her zufliessenden Ströme zu beschränken; ich fand den A. Vimba am achten Juni 1855 auf dem Fischmarkte zu Regensburg aus dem Regen und aus der Naab unter dem Namen » Nase « in grosser Anzahl zum Verkauf ausgeboten; da ge -127Gattung: Abramis.rade die Laichzeit dieses Fisches eingetreten war, musste ich über die pracht - volle Färbung dieses Fisches, von der ich bis dahin keine Ahnung hatte, wahrhaft überrascht sein. Die ebenfalls auf dem Regensburger Fischmarkte sehr zahlreich ausgestellte gemeine Nase führt dort den Namen » Weissfisch «.
Es ist auffallend, dass Hartmann1)S. Hartmann Nr. 38 b: pag. 217. Cyprinus Vimba. das Vorkommen dieses Abramiden bei Basel so bestimmt ausspricht, und dabei erwähnt, dass dieser Fisch aus der Nordsee, um zu laichen, in den Rhein gehe und bis nach Basel hinauf - gelange, während alle anderen Ichthyologen, welche der Fischfauna des Rheins und seiner Nebenflüsse grosse Aufmerksamkeit zugewendet haben, den A. Vimba gänzlich mit Stillschweigen übergehen. Gmelin (Nr. 4: pag. 374) sagt ausdrücklich von der Zärthe: » Dieser Fisch, welcher in unseren rheini - schen Gegenden nicht vorkommt, muss nicht mit der Nase verwechselt wer - den, mit der er nichts, als den nasenförmigen stumpfen Oberkiefer gemein hat «. Gesner2)S. Gesner Nr. 34 a: pag. 1269 u. Nr. 34 b: pag. 180., auf den sich Hartmann beruft, kennt den A. Vimba, den er Capito Anadromus nennt, nur als Elbfisch; offenbar hat Hartmann eine Ver - wechslung begangen, und den Volksnamen » Aelzeln « oder » Elzer «, mit wel - chem in Basel die Alosa vulgaris bezeichnet wird, unrichtiger Weise auf A. Vimba bezogen, wie ich weiter unten nachweisen werde. In ganz Nord - deutschland ist der A. Vimba als ein Wanderfisch gekannt, indem derselbe zur Laichzeit aus der Nord - und Ostsee die Flüsse hinaufsteigt. Ob die in der oberen Donau gefangenen Russnasen ebenfalls eingewanderte, von dem schwarzen Meere aufgestiegene Individuen des A. Vimba sind, muss für jetzt noch unentschieden gelassen werden.
Syn. u. Citate.
Agassiz Nr. 6: in der Isis 1828. pag. 1047. Cyprinus Vimba, See-Rüssling, und Nr. 7 pag. 39 u. Wiegmann’s Archiv a. a. O. pag. 81. Abramis elongatus.
Perty Nr. 24: pag. 719. Cyprinus Vimba, See-Rüssling.
Heckel Nr. 11 b: Bd. II. 1. 1840. pag. 154. Taf. 9. Fig. 3, Abramis melanops.
Koch Nr. 19: pag. 40. n. 17. Abramis media, Halbfisch.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 61 u. 75. Abramis melanops u. elongatus
Weber Nr. 27: pag. 38. Taf. 30. Leuciscus Vimba, Seerüssling.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 112. Fig. 58. Abramis melanops.
Artcharakter: Mund unterständig, Nase etwas vorspringend und stumpf abgerundet. Körper seitlich zusammengedrückt und sehr gestreckt; die mässig lange Afterflosse mit 18 bis128Familie: Cyprinoidei.20 weichen zertheilten Strahlen beginnt hinter dem Ende der Rückenflosse; hinter dieser erscheint der Rücken ge - kielt.
D. 3 / 8, P. 1 / 15, V. 2 / 9 — 10, A. 3 / 17 — 21, Squ. 9 — 10 / 58 — 60 / 5 — 6.
Aus der oben angeführten Diagnose des Rüsslings geht hervor, dass die - ser Fisch mit der Russnase sehr leicht verwechselt werden kann, indem der - selbe fast nur durch geringere Dimensionen der bei A. Vimba hervorgehobenen Charaktere verschieden ist. Es ist daher verzeihlich, dass Agassiz, Perty und Weber diese beiden Fischarten mit einander verwechselt haben. Die Schnauze des Seerüssling springt viel weniger hervor, sein Rücken ist weni - ger hoch und sein ganzer Körper um vieles länger gestreckt als bei der Russ - oder Blaunase. Durch die lange hervorragende Schnauze erhält also der ganze Kopf von A. Vimba ein viel längeres Ansehen, wogegen durch den we - niger gestreckten Körper desselben Fisches der Schwanz gedrungener und höher erscheint als bei A. melanops. Wäre es mir in Bayern möglich gewesen, Uebergänge von der einen Form in die andere herauszufinden, so hätte ich keinen Anstand genommen, beide zu einer Art zu verschmelzen, und zwar schon um deshalb, weil ich nicht im Stande war, in den Schlundknochen und deren Zähnen, in der Färbung und Zeichnung des Leibes einen Unterschied zwischen beiden Arten ausfindig zu machen. Auch in der Pracht und in dem Glanze des Hochzeitskleides beider Geschlechter stimmt A. melanops mit A. Vimba überein, wovon ich mich Ende Mai und Anfang Juni an vielen fri - schen Exemplaren des Seerüssling überzeugen konnte, während diese Farben - veränderung den bisherigen Beobachtern dieses Fisches gänzlich entgangen zu sein scheint. Der von Weber (a. a. O.) colorirt abgebildete Seerüssling er - scheint ganz blass und entfärbt, wie er im Herbst und Winter vorkömmt. Die durch Nordmann1)S. Nordmann’s Observations sur la Faune pontique, in Demidoff’s Voyage dans la Russie méridionale. T. III. 1840. pag. 510. Pl. XXII. Fig. 2. veranlasste colorirte Abbildung dieses Abramiden zeigt schon eine etwas dunklere Färbung, da der Fisch, nach welchem die Abbildung gefertigt wurde, im Anfang Mai, also schon ziemlich nahe vor dem Eintritt seiner Laichzeit, gefangen worden war. Der weissliche, feinkörnige Hautausschlag liess sich auf dem Scheitel und auf den Schuppen der männ - lichen Seerüsslinge während der Laichzeit ganz in derselben Weise wie bei der Russnase unterscheiden. Wenn Nordmann2)Ebenda pag. 510. von kleinen warzenartigen schwarzen Puncten spricht, womit er ein männliches Individuum von A. me - lanops bedeckt gefunden hat, und dieselben mit den von Heckel3)S. dessen: Ichthyolog. Beiträge (Nr. 116: a. a. O.) pag. 155. erwähnten, die schwärzliche Schattirung veranlassenden schwarzbraunen Pünctchen ver -129Gattung: Abramis.gleicht, so geht aus diesem Vergleich hervor, dass derselbe nur die schwarzen Pigmentflecke und nicht die weisslichen Epithelial-Verdickungen gesehen hat.
Der Seerüssling hat mit der Russnase in dem Donau-Flussgebiet die gleiche Verbreitung und wird vielfach mit diesem verwandten Fische verwechselt, kömmt aber auch in einigen oberbayrischen und östreichi - schen Seen vor, in denen die Russnase fehlt; so wird der Seerüssling all - jährlich in sehr grossen Mengen aus dem Starenberger See unter dem Namen » Seerüssling « oder » Halbrenke « hieher zu Markte gebracht, ebenso wird dieser Fisch nicht selten im Ammersee, Staffelsee und Chiemsee, so - wie im Atter - und Traunsee gefangen. Derselbe kömmt meistens mit einer Länge von 7 bis 10 Zoll auf den hiesigen Markt, doch habe ich auch schon einzelne Individuen von 13 Zoll Länge erhalten. Wäre vielleicht A. melanops nur eine Jugendform von A. Vimba, so muss es auffallen, dass niemals A. Vimba im ausgewachsenen Zustande auf dem hiesigen Fischmarkte ange - troffen wird. Diese Zweifel, welche über die Artberechtigung des A. melanops immer wieder von Zeit zu Zeit in mir aufstiegen, erhielten neue Nahrung durch die ichthyologischen Erfahrungen, welche ich auf einer vor zwei Jahren im Herbste durch Norddeutschland unternommenen Reise gesammelt habe. Ich fand nämlich auf den Fischmärkten von Naumburg, Magdeburg, Stettin, Danzig und Elbing viele 7 bis 10 Zoll lange Abramiden, welche von den Fischern als Zärthen bezeichnet wurden, die sich aber von dem hiesigen See - rüssling. in nichts unterschieden; es fehlte ihnen durchaus jener für A. Vimba so charakteristische conische und langgestreckte Rüssel, an dessen Stelle nur eine kurze, stumpf und gleichmässig abgerundete Schnauze zu bemerken war. Nur mit der grössten Aufmerksamkeit liessen sich einzelne wenige Individuen herausfinden, welche eine etwas längere und schmächtigere Schnauze be - sassen und gleichsam eine Uebergangsform von dem kurznasigen A. melanops zu dem langnasigen A. Vimba darstellten. Eine Sendung mehrerer Zärthen, welche mir aus Bremen zugekommen war, enthielt ebenfalls eine vollständige Reihenfolge von Uebergängen des kurznasigen A. melanops in die langnasige Form des A. Vimba. Aus diesen Beobachtungen geht zunächst hervor, dass das Vorkommen des A. melanops in Mitteleuropa nicht mehr auf das Donau - Gebiet allein beschränkt ist, sondern sich auch auf das Gebiet der Weser, Elbe, Oder und Weichsel ausdehnt. Als weiteres Resultat dieser Beobach - tungen drängt sich mir die Frage auf, ob nicht A. melanops als eine nicht wandernde Varietät des A. Vimba zu betrachten sei, welche sich dem Ein - flusse des Meerwassers entzogen haben könnte.
v. Siebold, Fische. 9Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 3. n. 5, Descr. spec. pag. 23. n. 11, Syn. nom. pisc. pag. 12. n. 24 (zum Theil).
Linné Nr. 2: pag. 532. n. 31. Cyprinus Ballerus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 62. Taf. 9. Cyprinus Ballerus, Zope.
Siemssen Nr. 79: pag. 81. Cyprinus Ballerus, Zope.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 19. Cyprinus ballerus, Zupe.
Bujack Nr. 97: pag. 336. Cyprinus Ballerus, Zope.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 45. Abramis ballerus.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 411. Abramis Ballerus.
Heckel und Kner: Nr. 13: pag. 113. Fig. 59. Abramis Ballerus, Pleinzen.
Artcharakter: Mund endständig mit schräg aufwärts gerichteter Spalte; Körper seitlich sehr zusammengedrückt und ge - streckt, die sehr lange Afterflosse mit 36 bis 39 weichen, zertheilten Strahlen beginnt etwas vor dem Ende der Rük - kenflosse.
D. 3 / 8, P. 1 / 15, V. 2 / 8, A. 3 / 36 — 39, C. 19, Squ. 14 — 15 / 69 — 73 / 8 — 9.
Schlundknochen.
Die Zope macht sich auf den ersten Blick durch ihr endständiges Maul und durch ihre sehr lange Afterflosse kenntlich. Einen sehr scharfen anatomischen Unterschied bietet die Beschaffenheit der Schlundknochen dar, welche einen noch viel schlankeren Bau als die Schlundknochen des A. Brama besitzen. Die vorderen Fortsätze derselben sind ausser - ordentlich in die Länge gestreckt, ihre hinteren aufsteigenden Fortsätze bil - den einen sehr flachen Bogen, und die flügelförmigen Anhänge besitzen nur eine geringe Ausdehnung. Die Brustflossen ragen zurückgeschlagen mit ihrer Spitze über die Basis der Bauchflossen hinaus.
In der Färbung bietet die Zope nichts sehr auffallendes. Ihr Rücken ist bläulich gefärbt, Seiten und Bauch glänzen silberig mit einem Stich ins Gelbe. Die paarigen Flossen erscheinen gelblich, die übrigen weisslich, alle sind mit einem schwärzlichen Rande gesäumt.
Es erreicht dieser Fisch meistens eine Länge von 1 Fuss, doch kommen auch einzelne Individuen mit 13 und 13½ Zoll vor.
Die Zope scheint allen Hauptflüssen Mitteleuropa’s anzugehören. Dieselbe hält sich aber mehr in den unteren, den Ausflüssen näher gelegenen Gegen - den jener Gewässer auf und begiebt sich vielleicht zur Laichzeit nur vorüber - gehend in die von den Meeren weiter entfernten Regionen der Flüsse. Im131Gattung: Abramis.Donau-Gebiet steigt dieser Fisch nicht über Oberöstreich hinauf, denn in Bayern weiss man nichts von seinem Vorkommen. Im Rhein-Gebiet scheint die Zope nicht über Holland hinauszukommen, da ausser Bennet und Olivier (Nr. 65: pag. 89), welche ihn als holländischen Flussfisch aufführen, kein einziger der vielen Faunisten des Rhein-Gebiets den A. Ballerus erwähnt. In Bezug auf das Weser-Gebiet habe ich nur allein von Heineken (Nr. 69: pag. 148) das Vorkommen der Zope in der Weser bei Bremen in Erfahrung bringen können. Auch im Elbe-Gebiet gehört die Zope nur dem unteren Theile der Elbe an, was mir zwei aus Magdeburg eingesendete Exemplare dieses Fisches bewiesen haben. An der ganzen Ostseeküste entlang wird die Zope, welche in Meklenburg und Pommern auch » Schwuppe « genannt wird, in den dem Meere ganz nahe gelegenen und mit demselben unmittelbar in Verbindung stehenden Süsswasserseen, sowie in den grossen, unter dem Namen » Haff « bekannten seeartigen Ausbreitungen der grossen Flüsse sehr häufig ange - troffen, von wo aus dieser Fisch dann auch die Flüsse Oder, Weichsel und Pregel hinaufsteigt.
Als Laichzeit der Zope wird der Monat April und Mai angegeben.
Syn. u. Citate.
Pallas: Zoographia rosso-asiatica. Petropoli, 1831. Tom. III. pag. 328. Cyprinus Sapa.
Heckel: Nr. 11 a: pag. 227. Taf. 20. Fig. 4. Abramis Schreibersii.
Agassiz: Nr. 7: pag. 39 u. Wiegmann’s Archiv a. a. O. pag. 81. Abramis Balleropsis.
Nordmann: Observations sur la Faune pontique. a. a. O. pag. 506. Tab. 21. Fig. 2. Abramis Sapa.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 49. Leuciscus Sapa.
Heckel und Kner Nr. 43: pag. 115. Fig. 60. Abramis Sapa.
Artcharakter: Mund halb unterständig, Schnauze sehr stumpf, hoch und dick; Körper seitlich sehr zusammengedrückt und gestreckt; die sehr lange Afterflosse mit 38 bis 45 weichen zertheilten Strahlen beginnt vor dem Ende der Rücken - flosse.
D. 3 / 8, P. 1 / 15, V. 2 / 8, A. 3 / 38 — 45, C. 19. Squ. 9 — 10 / 50 — 52 / 6 — 7.
Es hat dieser Abramide ein äusserst charakteristisches Ansehen; um so mehr muss es auffallen, dass diese ausgezeichnete Cyprinoiden-Form von den Fischern keinen besondern Namen erhalten hat und auch von den Ich - thyologen, welche auf die Fischfauna Bayerns aufmerksam gewesen sind, un - beachtet geblieben ist.
Von allen Abramiden besitzt A. Sapa die längste Afterflosse, und die längste untere Spitze der gabelförmigen Schwanzflosse, sowie den am mei -9*132Familie: Cyprinoidei.sten seitlich zusammengedrückten Leib. Die Schnauze dieses Fisches erscheint sehr stumpf und hochgewölbt, seine beiden Augen fallen durch ihre Grösse auf und die beiden Brustflossen desselben ragen zurückgeschlagen mit ihren Spitzen, wie bei A. Ballerus, über die Basis der Bauchflossen hinaus.
Schlundknochen.
Die Schlundknochen von A. Sapa halten in ihrer Form die Mitte zwischen den Schlundknochen des Brachsen und denen der Russnase und des See - rüssling. Ihre vorderen Fortsätze sind nicht so lang wie bei jenem, aber auch nicht so kurz und gedrungen wie bei diesen Abramiden. Ausserdem besitzt ihr Flügelfortsatz nur eine geringe Ausdehnung.
Der Rücken dieses Fisches ist kaum etwas dunkler gefärbt als der übrige Körper, der ganze Fisch zeigt vielmehr eine silberweisse, atlasartig glänzende Färbung, alle Flossen, selbst die Rücken - und Afterflosse besitzen eine weiss - liche Färbung, die beiden letzteren sind wie die Brustflossen am Oberrande und die Afterflosse am Unterrande schwärzlich gesäumt.
Die Laichzeit des A. Sapa beginnt Anfang April, um diese Zeit sah ich wenigstens auf den brünstig werdenden Milchnern den charakteristischen Hautausschlag zur Entwicklung kommen. Derselbe besteht auch hier aus kleinen weisslichen Körnchen, welche in einfacher Reihe aber zahlreich den freien Hinterrand aller Schuppen, mit Ausnahme der Bauchschuppen und zu - gleich in dichten Längsreihen die Strahlen der Brust - und Bauchflossen auf ihrer inneren Fläche besetzt halten, während auf dem Kopfe der Scheitel, die Seiten des Kiemendeckel-Apparates, das Gesicht und die Schnauze mit klei - nen runden, in der Mitte erhabenen Scheibchen bedeckt werden. Häufig stehen auch mehrere vereinzelte Körnchen auf dem Spiegel der Rücken - schuppen.
In der Grösse steht dieser Fisch der Zope sehr zurück, da er selten et - was über einen Fuss lang wird; er kömmt auf dem hiesigen Fischmarkte gewöhnlich in der Länge von 8 bis 10 Zoll vor und zwar vermengt mit kleinen Brachsen und Blicken, welche alle unter dem Namen Halbbrachsen verkauft werden. Die auf dem hiesigen Fischmarkte zum Verkauf ausgestellten Indi - viduen von A. Sapa sind immer aus der Donau von Donauwörth hieher ge - bracht. Da in den früheren Jahren, als Agassiz den hiesigen Fischmarkt zu seinen ichthyologischen Studien benutzte, wegen Mangel an Eisenbahnen von Donauwörth noch keine Fische regelmässig, wie das jetzt der Fall ist, nach München transportirt wurden, so mag dies wohl die Veranlassung sein, wes - halb jener aufmerksame Naturforscher A. Sapa als hiesigen Marktfisch gar nicht gesehen hat. Aber auch von Koch und Fürnrohr ist dieser Fisch über - sehen worden, den ich am 8ten Juni 1855 auf dem Fischmarkte zu Regens - burg in mehreren Exemplaren bemerkt habe. Dennoch fehlte aber dieser133Gattung: Abramidopsis.interessante Abramide unter den Fisch-Abbildungen nicht, welche Agassiz dem französischen Ichthyologen Valenciennes zur Benutzung überlassen hatte. Letzterer1)S. dessen: Hist. d. poissons. T. XVII. pag. 52. fand darunter einen von Agassiz als A. balleropsis, ohne Angabe des Fundorts bezeichneten Abramiden und erkannte an der dicken Schnauze, an der langen Afterflosse und der sehr verlängerten unteren Spitze der Schwanzflosse desselben den von Pallas (a. a. O.) zuerst beschriebenen Cy - prinus Sapa, welcher später von Nordmann (a. a. O.) sehr schön abgebildet worden ist; aus den Beobachtungen dieser beiden Naturforscher geht hervor, dass A. Sapa dem Osten von Europa, nämlich der Wolga, dem Dniester und Dnieper angehört, welcher Fisch ausserdem nach Heckel’s und meinen Unter - suchungen seine westliche Verbreitung in der Donau findet.
Gattungscharakter: Schlundzähne in einer Reihe, rechts 5 und links 5 oder 6, mit seitlich zusammengedrückten und schräg abgeschliffenen Kronen, ihre schmalen Kauflächen mit einer Furche, und vor ihrer Spitze mit einem Kerb; die Rückenflosse von oben nach hinten in einem spitzen Winkel schräg abgestutzt, ihre Basis kurz; die Afterflosse mit mässig langer Basis; an der gabelförmigen Schwanzflosse die untere Spitze etwas länger als die obere; die Mittellinie des Vorderrückens bald mit grösseren, bald mit kleineren unpaarigen Schuppen dachziegelförmig bedeckt; der Bauch von der Basis der Bauchflossen gegen die Aftergrube hin eine scharfe, mit Schuppen bedeckte Kante bildend.
134Familie: Cyprinoidei.(nach Heckel und Kner.)
Syn. u. Citate.
Heckel Nr. 11 a: pag. 229. Taf. 20. Fig. 5. Abramis Leuckartii.
Nordmann: Observations sur la Faune pontique a. a. O. pag. 508. Abramis Leuckartii.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 217. Pl. 8. Abramis Heckelii.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 53 u. 59. Leuciscus Buggenhagii u. Abramis Leuckartii.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 117. Fig. 61. Abramis Leuckartii.
Artcharakter: Mund endständig, Schnauze abgestumpft; Körper nur wenig hoch und mässig seitlich zusammengedrückt; die Afterflosse enthält 15 bis 18 weiche, zertheilte Strah - len und beginnt dicht unter dem Ende der Rückenflosse; 10 bis 11 Längs-Schuppenreihen oberhalb und 4 bis 5 Längs-Schuppenreihen unterhalb der Seitenlinie.
D. 3 / 10, P. 1 / 15, V. 2 / 8, A. 3 / 15 — 18, C. 19, Squ. 10 — 11 / 45 — 54 / 5.
Es ist dieser Fisch bisher zu der Gattung Abramis gezählt worden, allein da die Charaktere, welche für diese Gattung aufgestellt worden sind, nur sehr unvollständig auf den Fisch passen, welchen Heckel als Abramis Leu - ckartii beschrieben hat, so habe ich mich veranlasst gesehen, für denselben eine besondere Gattung zu errichten. Es weicht diese von mir mit dem Na - men Abramidopsis bezeichnete Gattung von Abramis besonders dadurch ab, dass derselben die für Abramis so charakteristische schuppenlose Längsnath am Vorderrücken fehlt, und dass der Bauchkiel derselben keine nackte Furche135Gattung: Abramidopsis.in sich schliesst. Ferner besitzt A. Leuckartii von allen Abramiden die nie - drigste Rückenflosse, welche zugleich am wenigsten steil von ihrer vorderen Spitze nach hinten abgestutzt ist. Die Spitze ihres Vorderrandes, welcher nur 2½ mal so lang ist als ihr Hinterrand, überragt, zurückgelegt, nur die zweite Schuppe des Hinterrückens. Nicht ohne Werth ist auch als Gattungs - merkmal das sehr häufige Vorhandensein von sechs Zähnen auf dem linken Schlundknochen. Ich zählte bei 45 Individuen 24 mal auf dem linken Schlund - knochen 6 Zähne. Rechnet man noch die sehr kurze Afterflosse hinzu, und bringt man den weniger seitlich zusammengedrückten Leib und den niedri - gen Rücken in Anschlag, so wird man Anhaltepunkte genug gegeben finden, Abramidopsis Leuckartii von Abramis Brama und Blicca Björkna zu unterschei - den, mit denen dieser Fisch häufig von den Fischern verwechselt wird.
Der Körper von A. Leuckartii ist ziemlich in die Länge gestreckt, die Schnauze erscheint zwar abgestumpft aber durchaus nicht geschwollen. Das Auge dieses Fisches kann im Vergleich mit den Augen anderer Abramiden als klein bezeichnet werden. Die Brustflossen erreichen zurückgeschlagen nicht die Basis der Bauchflossen. Die untere Spitze des Gabelschwanzes ist kaum länger als die obere Spitze.
Schlundknochen.
Die Schlundknochen kommen in den Um - rissen der Knochen und in der Form und Stel - lung der Zähne mit den Schlundknochen von Abramis Vimba ziemlich überein. Ich kann es nicht unterlassen, besonders darauf auf - merksam zu machen, dass die beiden vor - deren Fortsätze der Schlundknochen von A. Leuckartii von ihrer Basis aus an ihrem äusseren Rande gerade verlaufen und dem ersten Zahn gegenüber keine Spur von einer buckelförmigen Wölbung erkennen lassen. Es ist dies ein Charakter, der auch den Schlundknochen aller Abramis-Arten zukömmt.
Die Farbe dieses Fisches, der eine Länge von 7 bis 12 Zoll erreichen kann, zeigt sich auf dem Rücken grüngrau, an den Seiten und am Bauche sil - berglänzend; die paarigen Flossen, sowie die Afterflosse besitzen entweder eine einfarbig hellgraue oder schmutzig gelbe Färbung mit einem bald stär - keren bald schwächeren schwarzen Anflug, die Rücken - und Schwanzflosse sind immer schwärzlich gefärbt.
Unsere Kenntniss über die Verbreitung des A. Leuckartii war bis jetzt eine sehr beschränkte. Heckel, welcher diesen Fisch zuerst beschrieben hat, kannte denselben nur aus dem unteren Donau-Gebiete, von Selys - Longchamps wurde derselbe in der Somme und Mosel, von Nordmann im Dniester entdeckt. Die Verbreitung dieses Cyprinoiden scheint in Bayern eine ebenfalls sehr beschränkte zu sein. Ich habe denselben bis jetzt immer nur in einzelnen Exemplaren aus der Donau, theils von Regensburg, theils von136Familie: Cyprinoidei.Donauwörth erhalten, nur einmal fand ich ein Exemplar auf dem hiesigen Fischmarkte, welches in der Brenz, einem linken Seitenarme der oberen Donau, gefangen war. Auch den Seen von Oberbayern fehlt dieser Fisch nicht, wie mir einige im Kochelsee und Starenberger See gefangene Exem - plare bewiesen haben. In Bezug auf das Flussgebiet des Rheins kann ich versichern, dass A. Leuckartii nicht blos den niederrheinischen Gewässern angehört, sondern dass sich dieser Fisch auch in den Seitengewässern des Mittelrheins vorfindet, indem ich mir Exemplare davon in Bamberg aus dem Main-Gebiet verschaffen konnte und andere Exemplare aus dem Neckar - Gebiet durch Herrn Krauss von Stuttgart eingesendet erhalten habe. Auf dem Magdeburger und Berliner Fischmarkte gelang es mir, bei dem Durch - suchen der Vorräthe von Rothaugen und Plötzen, einzelne grössere und klei - nere Exemplare des A. Leuckartii herauszufinden. In dem zoologischen Cabinete zu Greifswald sah ich mehrere Exemplare dieses Fisches, welche in dem Bodden, der weiten Mündung des Ryckflusses, gefangen waren. Sehr grosse, im Frischen Haffe herangewachsene Individuen dieses Fisches wurden mir zu Tolkemit von Fischern als sogenannte » Leiter « übergeben. Hiernach ist also das Vorkommen des A. Leuckartii auch für das Gebiet der Elbe, Oder und Weichsel festgestellt.
Während der Laichzeit dieses Fisches, welche nach meinen Beobach - tungen Ende April beginnt, kömmt auch bei den Milchnern dieses Abramiden ein Hautausschlag zum Vorschein, der aus sehr kleinen runden, in der Mitte conisch erhabenen Scheibchen von weisslicher Farbe besteht. Dergleichen Scheibchen stehen vereinzelt auf dem Scheitel und dem Kiemendeckel - Apparat, auch bemerkte ich auf dem Spiegel der Schuppen vom Kopf bis zum Schwanze und vom Rücken bis unterhalb der Seitenlinie ein solches Scheib - chen, selten zwei bis drei Scheibchen hervorgewachsen. Aehnliche Scheib - chen halten auf der inneren Fläche der Brustflossen in einfachen aber dichten Reihen die Flossenstrahlen besetzt.
Da bei der Charakterisirung der Cyprinoiden von den Ichthyologen nicht immer die gleichen Unterscheidungsmerkmale berücksichtigt worden waren, so hielt es schwer, A. Leuckartii, welche Fisch-Art mit anderen Cyprinoiden so leicht verwechselt werden kann, unter den bisherigen Beschreibungen der Karpfenformen herauszufinden. Von Heckel, der diesen Fisch zuerst in das System einführte, wurde bei diesem Cyprinoiden das Fehlen der Rücken - furche gänzlich übersehen, wie ich mich an den im Wiener Cabinete aufbe - wahrten und von Heckel selbst etiquettirten Exemplaren habe überzeugen können. Valenciennes ist bei der Beschreibung dieses Fisches Heckel ge - folgt, hat aber daneben noch einen Leuciscus Buggenhagii (a. a. O.) beschrie - ben, den er als eine Blicca aus der Somme erhalten hatte, und in welchem ich A. Leuckartii um so mehr erkännt habe, als Valenciennes ausdrücklich137Gattung: Abramidopsis.hervorgehoben, dass er an dem einen von ihm untersuchten Exemplare sechs Schlundzähne beobachtet habe1)Vergl. Valenciennes a. a. O. pag. 54, wo es heisst: » Cest que l’individu que j’ai sous les yeux a six dents pharyngiennes «. . Wenn Valenciennes den Abramis Heckelii von Selys-Longchamps als eine Varietät seines Leuciscus Buggenhagii betrachtet2)Ebenda pag. 56., so muss ich demselben in so fern beistimmen, als ich ein Exemplar dieses Abramis Heckelii, welches ich durch die Güte des Herrn Selys-Longchamps aus Belgien erhalten hatte, und vier Exemplare desselben Fisches aus der Maas, welche im Wiener Naturalien-Cabinete aufbewahrt werden, vollkommen mit Abramidopsis Leuckartii übereinstimmend fand. Zwar giebt Selys-Longchamps3)S. dessen: Faune belge (Nr. 58): pag. 216. als Gattungscharakter von Abramis eine Doppelreihe der Schlundzähne an und demnach müsste auch sein A. Heckelii eine Doppelreihe von Zähnen auf jedem Schlundknochen besitzen, da aber bei der Beschreibung dieses Fisches von Selys-Longchamps die Beschaffenheit der Schlundzähne gar nicht erwähnt worden ist und auch der mit einreihigen Schlundzähnen versehene Brach - sen als Abramis Brama neben dem mit doppelreihigen Schlundzähnen ausge - statteten Abramis Blicca von demselben Ichthyologen4)Ebenda pag. 219. aufgeführt wird, so gebe ich der Vermuthung Raum, dass Selys-Longchamps nicht bei allen von ihm als Abramiden beschriebenen Fischen die Schlundzähne untersucht hat.
Ich kann es hier übrigens nicht verschweigen, dass ich unter den 45 von mir verglichenen Exemplaren des Abramidopsis Leuckartii an dem Zahn - systeme zweier Individuen eine sehr auffallende Abweichung angetroffen habe; das eine Exemplar aus dem Frischen Haff bot nämlich die Zahnformel dar: links 1.6 und rechts 5 Zähne, während das andere im Wiener Cabinet aufbewahrte Exemplar aus der Maas die Zahnformel: links 1.5 und rechts 5 Zähne enthielt. Auf die Bedeutung dieser abweichenden Zahnformeln werde ich bei der Besprechung der Gattung Bliccopsis zurückkommen. Hier will ich nur vorweg bemerken, dass, obschon ich, dem Beispiele anderer Ichthyolo - gen folgend, Heckel’s A. Leuckartii als besondere Art angenommen, ja sogar zu einer besonderen Gattung erhoben habe, in mir Zweifel aufgestiegen sind, ob dieser Fisch die ihm zugestandene Artberechtigung wirklich verdient. Je mehr Individuen dieses A. Leuckartii aus den verschiedensten Gegenden von Mitteleuropa durch meine Hände gegangen sind, um desto mehr will es mir scheinen, dass diese Cyprinoiden-Form nichts anderes ist, als eine von einem Abramis und einem Leuciscus erzeugte Bastardbildung.
Gattungscharakter: Schlundzähne in zwei Reihen zu 2, selten zu 3 und zu 5 stehend, die Zahnkronen der inneren Reihe mit schräg abgeschliffenen schmalen und einfach gefurchten Kauflächen und mit einem Kerb vor ihrer Spitze; die Rük - kenflosse von oben nach hinten in einem sehr spitzen Win - kel steil abgestutzt, ihre Basis kurz; die Afterflosse mit langer Basis; die Schwanzflosse tief gabelförmig ausge - schnitten, die untere Spitze derselben länger als die obere; die Schuppen stehen auf dem Vorderrücken gescheitelt und lassen eine schuppenlose Längsfurche als Mittellinie zwischen sich; der Bauch von der Basis der Bauchflossen bis zur Aftergrube eine scharfe Kante bildend, zwischen welcher eine schuppenlose Furche verborgen liegt.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 202. Taf. 34. Meckel.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 3. n. 3, Descr. spec. pag. 20. n. 9, Syn. nom. pisc. pag. 13. n. 27.
Linné Nr. 2: pag. 532. n. 29. Cyprinus Björkna.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 65. Taf. 10. Cyprinus Blicca, Güster.
Schrank Nr. 23 a: pag. 329. n. 307. Güster.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 233. Cyprinus Blicca, Blick.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 18. Cyprinus Blicca, Güster.
Bujack Nr. 97: pag. 336. Cyprinus Blicca, Blicke.
Agassiz Nr. 7: pag. 39 u. Wiegmann’s Archiv a. a. O. pag. 81. Abramis Blicca, Abramis mi - cropteryx und Abramis erythropterus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 218. Abramis Blicca, Bordelière.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 31. 44 u. 58. Leuciscus Blicca, Cyprinus bjoerna, Abramis micropteryx, Abramis erythropterus.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 389. Abramis Blicca.
Günther Nr. 47: pag. 93. Abramis Blicca.
Leiblein Nr. 51: pag. 124. Abramis Blicca.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 120. Fig. 62 u. 63. Blicca argyroleuca, Zobelpleinze, pag. 123. Fig. 64. Blicca laskyr.
Fritsch Nr. 75: pag. 201. Blicca argyroleuca.
Artcharakter: Mund halb unterständig, Schnauze stumpf; Körper seitlich sehr zusammengedrückt und hoch; Afterflosse mit139Gattung: Blicca.19 bis 23 weichen, zertheilten Strahlen beginnt unter dem Ende der Rückenflosse1)Vergl. Heckel: Die Fische Syriens. pag. 1007. Taf. I. Blicca argyroleuca, Greifzähne.
D. 3 / 8, P. 1 / 15, V. 2 / 8, A. 3 / 19 — 23, C. 19, Squ. 9 — 10 / 45 — 48 / 5 — 6.
Die Blicca Björkna, welche nur eine Grösse von 8 bis 12 Zoll erreicht, sieht in ihrer Körperform dem Abramis Brama sehr ähnlich, daher in vielen Gegenden Mitteleuropa’s dieser Fisch keinen besonderen Namen führt, indem derselbe für einen noch nicht ausgewachsenen Brachsen gehalten und als » junger Brachsen « oder » Halbbrachsen « bezeichnet wird; es führen zwar Schrank, Perty, Koch, Fürnrohr und andere in ihren verschiedenen Faunen Blicca Björkna unter dem Namen » Güster « auf, allein dieser norddeutsche, von Bloch entlehnte Name ist hier in Süddeutschland gänzlich unbekannt. Die Bezeichnung » Frauenfisch «, welche Schrank (a. a. O.) ausserdem noch für diesen Fisch hervorhebt, beruht jedenfalls auf einer Verwechslung. Ebenso ist der von Bujack (a. a. O.) für die preussische Güster aufgeführte Name » Blicke « unrichtig dem Klein (Nr. 93: V. pag. 62) nachgeschrieben, schon Bock (Nr. 95: IV. pag. 683) hat es hervorgehoben, dass der Name » Blicke « in Preussen niemals gehört werde, was ich bestätigen kann. Bock (a. a. O. pag. 681) beschreibt die Blicca ganz richtig unter dem schon von Wulff (Nr. 94: pag. 50. n. 67) gekannten Volksnamen » Gieben «, den auch ich bei meinem letzten Aufenthalt in Preussen aus dem Munde einiger Fischer ver - nommen habe.
Die kürzere Afterflosse und die verhältnissmässig grösseren Augen des Halbbrachsen verrathen auf den ersten Blick, dass dieser Fisch nicht blos als ein junger Brachsen anzusehen ist, sondern zu einer besonderen Abramiden — Form gerechnet werden muss. Der Körper des Halbbrachsen ist sehr stark seitlich zusammengedrückt, variirt aber in der Höhe des Rückens, indem bei manchen Individuen die Rückenkante unmittelbar hinter dem Scheitel durch ihre plötzliche Erhebung einen Absatz gegen die von der mässig gewölbten Schnauze fast geradlinig aufsteigende Stirne bildet, während bei anderen das Stirnprofil ohne Absatz in den nur wenig gewölbten Rücken übergeht.
Auch in der Färbung lässt sich ein constanter Unterschied zwischen dem Halbbrachsen und dem gemeinen Brachsen auffinden. Der Rücken des er - steren ist mehr bräunlich, der des letzteren mehr bläulich gefärbt, wobei die Seiten des Halbbrachsen um vieles silberglänzender erscheinen als die des gemeinen Brachsen. Ferner besitzen die Afterflosse und die paarigen Flossen des Halbbrachsen, welche wie alle seine übrigen Flossen, dunkelgrau gefärbt sind, eine röthliche Basis, und zeichnet sich sehr häufig die Afterflosse noch durch eine schwarze Färbung aus, welche theils die vordere Spitze derselben140Familie: Cyprinoidei.isolirt einnimmt, theils von da sich an dem Unterrande bis gegen die Mitte der Afterflosse hinzieht. Es ist mir bisher an den verschiedenen colorirten Abbildungen der Blicca Björkna, welche ich habe vergleichen können, diese schwarze Färbung der vorderen Spitze der Afterflosse nicht aufgefallen, nur auf der Abbildung, welche Baldner für sein Manuscript hat besorgen lassen, ist jener schwarze Fleck an der Afterflosse zu erkennen, und ich möchte fast vermuthen, dass der Name » Mackel «, womit am Rhein und Main der Halb - brachsen bezeichnet wird, sich auf diesen schwarzen Flossenfleck desselben bezieht. Zuweilen verbreitet sich die rothe Färbung der paarigen Flossen so stark über die ganze Fläche der Flossen aus, dass diese fast ganz roth er - scheinen.
Sehr charakteristisch zeichnen sich die Schlundknochen des Halbbrach - sen aus; dieselben besitzen einen um vieles gedrungeneren Knochenbau als die der übrigen Abramiden; ihr vorderer Fortsatz ist kurz und an der äusse -
Schlundknochen (nach Heckel und Kner).
ren Seite dem vordersten unthätigen Zahne gegenüber stark angeschwollen. Ich kann hier die Bemerkung nicht unterdrücken, dass mir Halbbrachsen vorgekommen sind, welche auf den Schlundknochen nicht 2 sondern 3 kleine Zähne vor der Hauptzahn - reihe trugen, so dass also die Zahnformel: 3.5 — 5.3, welche Heckel der Gattung Blicca mit 2.5 — 5.2 Zähnen gegenüber für die Gattung Bliccopsis festgestellt hat, sich nicht als zuverlässig erweist.
Der Halbbrachsen, welcher im Juni an seichten, mit Wasserpflanzen be - wachsenen Stellen in grossen Gesellschaften beisammen sein Laichgeschäft verrichtet, ist ein in allen Flussgebieten Mitteleuropa’s sehr verbreiteter gemeiner Fisch, er bewohnt sowohl Flüsse wie Seen und findet sich da - her ausser in der Donau und in deren Nebenflüssen auch in den verschie - denen Seen Südbayerns mit Ausnahme der eigentlichen Alpenseen nicht sel - ten vor. Auch im Rhein und Main wird derselbe häufig gefangen. Ueber das Vorkommen des Halbbrachsen im Bodensee schweigen alle Faunisten. Hart - mann (a. a. O. pag, 234) sagt sogar ausdrücklich, dass Blicca Björkna im Bo - densee fehle, da ich mich aber selbst bei meinem Aufenthalte in Constanz von dem Vorhandensein dieses Fisches im Bodensee überzeugt habe, so ver - muthe ich, dass man bisher unter dem Namen » Blicken « auch die Halbbrach - sen des Bodensees als junge Brachsen mit inbegriffen hat, und ich nehme da - her keinen Anstand, den von Mangolt (Nr. 33: pag. 21) abgebildeten » Blick «, der ein junger Brachsen sein soll, für Blicca Björkna zu erklären.
Die Fortpflanzungsfähigkeit stellt sich bei den Halbbrachsen ziemlich141Gattung: Blicca.früh ein; ich sah unter denselben 5 Zoll lange Milchner und Rogener, deren Geschlechtsthätigkeit in vollem Gange war. Männchen und Weibchen erhalten während der Laichzeit durch Anhäufung von schwarzkörnigem Pigment ein dunkleres Ansehen auf dem Rücken, die schwarze Pigmentirung zieht sich an den Seiten des Leibes bis fast zur Bauchkante herab und macht so den Silberglanz matter. Zugleich tritt auch an den Flossen eine intensivere Fär - bung auf; die Brust - und Bauchflossen erscheinen auf der ganzen Fläche und die Afterflosse an der Basis tief orangenroth gefärbt, sogar an der Rük - ken - und Schwanz-Flosse schimmert durch die schwärzliche Pigmentirung der Grund röthlich hindurch. Bei den männlichen Individuen sind ausserdem noch die Rückenschuppen an ihrem Hinterrande mit äusserst kleinen, sehr schwer erkennbaren Hautkörnern besetzt, dieselben lassen sich mit Mühe auch auf dem Kiemendeckel-Apparat und auf der inneren Seite der vorderen Strahlen des Brustflossen-Paares wahrnehmen.
Eine Vergleichung des Abramis micropteryx und Abramis erythropterus, welche mir durch Coulon’s gefällige Zusendung von Originalexemplaren die - ser durch Agassiz als neu aufgestellten Abramis-Arten gestattet war, hat mich zu der Ueberzeugung gebracht, dass diese Abramiden nur Varietäten der Blicca Björkna sind, deren Schlundknochen und Zahnsysteme (2.5 — 5.2) voll - kommen mit denen der genannten Blicca übereinstimmten. Auch die von Güldenstaedt1)Vergl. Pallas: Zoographia rosso-asiatica. III. pag. 326. zuerst als Cyprinus Laskyr beschriebene und später von Heckel und Kner als Blicca Laskyr festgehaltene Fischspecies glaube ich ein - gehen lassen zu müssen, nachdem Nordmann2)S. dessen: Observations sur la Faune pontique a. a. O. pag. 504. Tab. 22. Fig. 1. Abramis Laskyr. diesen Fisch in grosser An - zahl aus den dem Schwarzen Meere zufliessenden Flüssen zu vergleichen Ge - legenheit hatte, und darin nichts als eine Varietät der Blicca Björkna mit sehr entwickelten Flossen hat erkennen können. Eine mit den beiden von Nordmann an das Wiener Naturalien-Cabinet übersendeten Exemplaren des Laskyr vorgenommene Prüfung hat mich zu demselben Resultate geführt. Dass ich dem von Artedi und Linné zuerst eingeführten systematischen Species-Namen Björkna den übrigen Artbezeichnungen des Halbbrachsen den Vorzug gegeben habe, hierin glaubte ich den neueren schwedischen Ich - thyologen3)Vergl. Ekström: Die Fische in den Scheeren von Mörkö. 1835. pag. 44, Nilsson: Prodromus Ichthyologiae skandinavicae, 1832. pag. 31 u. dessen: Skandinavisk Fauna IV. 1855. pag. 328, ferner: Skandinaviens Fiskar a. a. O. Tab. 12. latein. Text pag. 36. folgen zu müssen, welche sämmtlich eingestehen, dass Artedi unter Björkna nichts anderes als den Cyprinus Blicca verstanden habe, bei dessen Beschreibung Bloch (a. a. O. pag. 68) selbst die Frage aufgeworfen hat: » sollte wohl der Björkna des Artedi und Linné unsere Güster sein? « Da Bloch ausdrücklich die Entscheidung dieser Frage den schwedischen142Familie: Cyprinoidei.Naturforschern überlassen hat, so wird der Herstellung des älteren Namen Björkna nichts im Wege stehen. Jeder Unbefangene wird zugleich Ekström’s Vermuthung (a. a. O. pag. 49) beistimmen, dass Linné die von Artedi für den Björkna aufgestellte Diagnose: » pinna ani ossiculorum 25 « wahrscheinlich durch einen Schreibfehler in 35 umgewandelt und auf diese Weise zu Verwechs - lungen Veranlassung gegeben hat, welche selbst die erfahrensten Fischer zu vermeiden nicht im Stande waren.
Gattungscharakter: Schlundzähne in zwei Reihen zu 2 oder 3 und zu 5 stehend, die mehrmals schwach gekerbten Zahn-Kro - nen der inneren Reihe mit schräg abgeschliffenen schmalen und einfach gefurchten Kauflächen; die Rückenflosse von oben nach hinten in einem spitzen Winkel abgestutzt, ihre Basis kurz; die Afterflosse mit mässig langer Basis; die gabelförmige Schwanzflosse fast gleichlappig; die Schup - pen decken die Mittellinie des Vorderrückens gleichmässig dachziegelförmig. Der Bauch von der Basis der Bauch - flossen gegen die Aftergrube hin eine scharfe, mit Schup - pen bedeckte Kante bildend.
Syn. u. Citate.
Holandre Nr. 56 b: pag. 246. Abramis abramo-rutilus, Brême rosse.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 216. Abramis Buggenhagii.
Schaefer Nr. 59: pag. 315. Bliccopsis abramo-rutilus.
Artcharakter: Mund endständig und schief nach aufwärts ge - richtet, Schnauze sehr abgestumpft; Körper hoch und mässig seitlich zusammengedrückt; die Afterflosse ent - hält 14 bis 16 weiche, zertheilte Strahlen und beginnt dicht unter dem Ende der Rückenflosse; 8 Längs-Schuppenreihen oberhalb und 4 Längs-Schuppenreihen unterhalb der Seitenlinie.
D. 3 / 8, P. 1 / 15, V. 2 / 8, A. 3 / 14 — 16, C. 19. Squ. 8 / 41 — 46 / 4.
Um das System nicht unnütz mit neuen Namen zu belasten, habe ich den von Heckel aufgestellten Gattungsnamen Bliccopsis beibehalten, ich musste aber die Charaktere dieser Gattung umändern, weil die von Heckel für diese Abramiden-Gattung angenommenen Charaktere auf Bliccopsis abramo - rutilus gar nicht gepasst haben würden. Da Heckel selbst, wie mir Herr Kner brieflich mitgetheilt hat, diese Art, welche das kaiserliche Museum in Wien aus Belgien besitzt, mit eigener Hand als Bliccopsis abramo-rutilus eti - quettirt hat, nahm ich um so weniger Anstand, dieselben Namen beizube - halten1)Obgleich der Name abramo-rutilus unrichtig gebildet ist, wollte ich doch nichts an demselben ändern, weil er einem Fische gegeben ist, dessen Selbstständigkeit überhaupt in Frage gestellt werden muss., muss aber vor Allem bemerken, dass ich nicht die von Heckel2)Vergl. dessen: Fische Syriens. pag. 1032 u. 1007. Taf. I. Bliccopsis Buggenhagii, Greifzähne. für Bliccopsis angegebene Zahnformel 3.5 — 5.3 festhalten konnte, indem ich unter 23 von mir untersuchten Exemplaren des B. abramo-rutilus nur fünfmal auf beiden Schlundknochen zugleich 3 Zähne als äussere Reihe vorfand, dagegen viermal links 2 und rechts 3 äussere Zähne, dreimal links und rechts 2 äussere Zähne und sechsmal links 3 und rechts 2 äussere Zähne zählte. Andere Ab - weichungen in der Zahl der Zähne waren durch Abbrechen einzelner Zähne zu Stande gekommen.
Es verhält sich übrigens B. abramo-rutilus zu Blicca wie Abramidopsis zu Abramis, auch der Gattung Bliccopsis fehlt die für Blicca so charakteristische Vorderrücken-Nath, und in dieser Beziehung wäre der von Bloch zuerst be - schriebene Cyprinus Buggenhagii kein Bliccopsis, da Kner an diesem Abramiden eine Vorderrücken-Nath beobachtet hat3)Vergl. Heckel und Kner: Süsswasserfische der östreich. Monarchie. pag. 124. An - merkung., sondern vielmehr eine Blicca.
144Familie: Cyprinoidei.Dass übrigens die 23 Exemplare, auf die ich die folgende Beschreibung des B. abramo-rutilus gründe, mit dem Abramis abramo-rutilus des Holandre identisch sind, das glaube ich deshalb versichern zu können, weil drei der - selben von Herrn Kner mit dem B. abramo-rutilus in Wien verglichen worden sind und ein viertes Exemplar mir unter diesem Namen von Herrn Selys - Longchamps aus Belgien übersendet worden ist, welche sämmtlich unterein - ander übereinstimmten.
Der Totalhabitus des B. abramo-rutilus erinnert an einen hochrückigen Leuciscus rutilus oder an einen Scardinius erythrophthalmus; es wird derselbe auch in der That von den hiesigen Fischhändlern in Gemeinschaft mit diesem Leuciscus als Rothauge oder Rothfeder verkauft. Seine Schnauze ist ange - schwollen, ragt aber nicht über die Mundspalte hinaus, sein Auge ist grösser als das der Rothaugen und Rothfedern; die Schuppen sind mittelgross, ober - halb der Seitenlinien können 8 Längs-Schuppenreihen und unterhalb der - selben 4 Längs-Schuppenreihen gezählt werden.
Dieser Fisch, der nach meinen Beobachtungen die Länge von 7 bis 10 Zoll erreicht, besitzt einen olivengrünen, etwas abgerundeten Rücken und messinggelbe glänzende Seiten. Seine Afterflosse, seine Brust - und Bauch - flossen sind dunkelgrau, wie die übrigen Flossen gefärbt, zeigen aber ausser - dem an ihrer Basis eine röthliche Färbung, zuweilen erscheint das Bauch - flossen-Paar einfach roth und die dunkle Schwanzflosse auf ihrem Grunde geröthet. Die Schlundknochen desselben, obgleich sie die Zähne nach der
Schlundknochen.
Zahnformel der Blicca Björkna tragen, sind von den Schlundknochen dieses Abra - miden sehr verschieden gebildet; sie er - scheinen dem ganzen Knochenbaue nach schwächer und schlanker, ihr vorderer Fort - satz ist mehr in die Länge gestreckt und besitzt, dem vordersten Zahne gegenüber, eine weniger auffallende Verdickung, während der hintere Fortsatz stärker umgebogen erscheint. Aber auch die Zähne sind wesentlich verschieden von denen der Blicca, indem ihre schräg abgestutzten Kronen mehrmals schwach aber deutlich gezähnt erscheinen, was bei Blicca niemals der Fall ist.
Die Laichzeit dieses Fisches scheint mit dem Ende des Aprils zu be - ginnen, denn um diese Zeit bemerkte ich an einem männlichen Individuum einen in der Entwicklung begriffenen Hautausschlag, der in Form von winzig kleinen, halbkugelförmigen weissen Knötchen vereinzelt den Scheitel ein - nahm und in einfachen aber dichten Reihen auf der inneren Fläche der Brustflossen die Strahlen besetzt hielt.
Es gehört dieser Abramide in Bayern zu den Seltenheiten, bis jetzt er - hielt ich immer nur einzelne Exemplare aus der Donau von Donauwörth, aus145Gattung: Bliccopsis.der Würm von Dachau, aus der Amper und aus dem Chiemsee. Dieser Fisch ist aber noch weiter nach Osten verbreitet, da ich denselben auch einmal auf dem Salzburger Fischmarkte aus dem Wallersee angetroffen habe. Nach einem Exemplare, welches ich von Basel aus dem Rhein erhalten habe, zeigt es sich, dass die Verbreitung dieses Fisches sich bis zu dem Mittelrhein hinaufer - streckt und nicht bloss zufolge der Beobachtungen von Holandre, Selys - Longchamps und Schaefer auf den Niederrhein, auf die Mosel und Maas be - schränkt ist. Aber auch in den Flussgebieten der Weser, Elbe, Oder und Weichsel fehlt diese Fischform nicht, wie ich mich auf meiner im Jahre 1860 und 1861 durch Norddeutschland unternommenen ichthyologischen Reise überzeugt habe. Zu meiner grössten Ueberraschung wurde mir auch dieser Fisch theils als Bastard, theils als » Leiter « bezeichnet, so dass ich auf diese Weise den seit lange gesuchten » Leitfisch « des Buggenhagen sogar in zwei ver - schiedenen Formen als Abramidopsis Leuckartii und als Bliccopsis abramo - rutilus in die Hände bekam. Diese Gelegenheit liess ich daher nicht unge - nützt, um endlich einmal über die Existenz und Verbreitung des von so vielen Ichthyologen besprochenen und stets zweifelhaft gelassenen Cyprinus Buggen - hagii des Bloch nähere Auskunft zu erhalten. Bloch wurde bekanntlich die - ser Fisch unter dem Namen » Leiter « durch Herrn v. Buggenhagen aus Pom - mern zugesendet; leider hat Bloch in seiner Naturgeschichte der Fische Deutschlands (Th. III. pag. 137) diesen Fisch unvollständig beschrieben und auf Tafel 95 noch unkenntlicher abgebildet.
Da von Bloch die Beschaffenheit der Schlundknochen und Schlundzähne des Leiters ganz unbeachtet geblieben sind, so hat es derselbe den späteren Ichthyologen unmöglich gemacht, darüber zu entscheiden, ob dieser Fisch den Abramiden mit einreihigen oder den Abramiden mit zweireihigen Schlundzähnen angehöre. Jedenfalls wird der Leiter zu den Abramiden mit mässig langer Afterflosse gerechnet werden müssen, da von Bloch ausdrücklich angegeben worden ist, dass der Leiter in seiner Afterflosse nur 19 Strahlen enthalte. Nachdem später zwei andere Abramiden bekannt geworden sind, nämlich Abramidopsis Leuckartii und Bliccopsis abramo-rutilus, welche sich, wie Cypri - nus Buggenhagii, durch eine kürzere Afterflosse auszeichnen, so frägt es sich, ob nicht der Leitfisch des Bloch mit einem der genannten Abramiden identisch sei. Um mir hierüber Aufschluss zu verschaffen, habe ich in Berlin die ich - thyologische Sammlung des dortigen zoologischen Cabinets, welches die Original-Exemplare der Bloch’schen Fischsammlung enthält, gemustert und mit Erlaubniss des Directors jenes Cabinets, des Herrn Professor Peters das dortselbst aufbewahrte Original-Exemplar von Cyprinus Buggenhagii einer genaueren Untersuchung unterworfen. Es war das einzige vorhandene Exem - plar des Leiters 8 Zoll lang und sehr ausgebleicht, die Schwanzflosse erschien sehr beschädigt und abgestossen, auch fehlten auf beiden Seiten des Körpersv. Siebold, Fische. 10146Familie: Cyprinoidei.dieses Fisches sehr viele Schuppen, dennoch überzeugte ich mich, dass auf dem Vorderrücken desselben die für die Gattung Abramis und Blicca so cha - rakteristische schuppenlose Nath nicht vorhanden war, ferner erkannte ich oberhalb der Seitenlinie 10 Schuppenreihen und unterhalb derselben 5 Schup - penreihen; wegen der vielen fehlenden Schuppen konnte ich bei der Zählung der Schuppen der Seitenlinie nur approximativ die Zahl 46 herausbringen. Die Rückenflosse war bei demselben Abramiden steil zugespitzt und enthielt 9 weiche zersplitterte Strahlen, während ich in der Afterflosse 14 solche weiche, zer - splitterte Strahlen auffand. Das Maul war fast unterständig angebracht, der Scheitel stieg in einem sanften Bogen an und gieng ohne besonderen Absatz in den mässig hohen Rücken über. Die Schlundknochen und Schlundzähne waren ganz wie bei Abramidopsis Leuckartii gebildet, der linke Schlund - knochen trug sechs, der rechte Schlundknochen fünf schräg abgeschliffene Zähne in einer Reihe geordnet. Dieser Kauapparat, sowie der Mangel einer Rückennath, die geringe Anzahl der Afterflossen-Strahlen, sowie die Anord - nung der Schuppen gaben mir die Ueberzeugung, dass Bloch’s Cyprinus Bug - genhagii, wie ich ihn vor mir hatte, mit Heckel’s Abramis Leuckartii und also mit meinem Abramidopsis Leuckartii identisch sei.
Sehr auffallend war es mir, dass Heckel, welcher vor mir dieselbe ich - thyologische Sammlung in Berlin gemustert hatte, den dort aufbewahrten Cyprinus Buggenhagii nicht als seinen Abramis Leuckartii erkannt hatte, son - dern diesen Leitfisch zu einer besonderen Gattung erhoben und als Bliccopsis Buggenhagii in seinem System der Cyprinen aufgeführt hat. Derselbe hat auch auf der Etiquette des Glasses, in welchem Bloch’s Cyprinus Buggenhagii auf - bewahrt wird, eigenhändig den Gattungsnamen » Bliccopsis « hinzugeschrieben. Offenbar muss Heckel, als er die Gattung » Bliccopsis « in seiner » Dispositio systematica familiae Cyprinorum « aufstellte, andere von ihm für Cyprinus Bug - genhagii gehaltene Cyprinen vor sich gehabt haben, nach denen er die Zahn - formel 3.5 — 5.3 für Bliccopsis feststellte und sogar abbildete1)Vergl. dessen: Fische Syriens. a. a. O. pag. 1007. Taf. I. Bliccopsis Buggenhagii, Greifzähne.. Ich habe schon vorhin darauf aufmerksam gemacht, dass die von Heckel aufgestellten Gattungscharaktere für Bliccopsis nicht stichhaltig sind; indem Heckel von Bliccopsis sagt2)Ebenda: pag. 1032.: » Dentes prehensiles 3.5 — 5.3, in reliquis cum genere Blicca congruit «, kömmt man leicht in die Lage, Individuen der Blicca Björkna für Bliccopsis erklären zu müssen, da es Blicken giebt, welche, statt der Zahn - formel 2.5 — 5.2, genau die Zahnformel von Heckel’s Bliccopsis an sich tragen. Sollte Heckel bei seiner Anwesenheit in Berlin vielleicht noch andere Indivi - duen von Cyprinus Buggenhagii vorgefunden haben, von welchen er seine Be -147Gattung: Bliccopsis.schreibung entnommen und welche wirklich doppelte Zahnreihen auf den Schlundknochen besassen? Jedenfalls ist das jetzt noch im Berliner Cabinet vorhandene Exemplar von Cyprinus Buggenhagii nicht das Original zu der von Bloch gelieferten Abbildung des Leiters, namentlich fehlt an demselben die Einschnürung dicht hinter der Schnauze, welche die Abbildung in so auf - fallender Weise erkennen lässt.
Da Heckel Bliccopsis abramo-rutilus kannte, und ein im Wiener Cabinete aus Belgien stammendes Exemplar dieses Abramiden mit eigener Hand als » abramo-rutilus « bezeichnet hat, so kann man nicht annehmen, obgleich der Gedanke nahe liegt, dass Heckel an dem mit doppelreihigen Zähnen ausge - statteten Cyprinus Buggenhagii die Identität mit Bliccopsis abramo-rutilus übersehen haben sollte. Unter diesen Verhältnissen bleibt es also zweifelhaft, was Heckel unter Bliccopsis Buggenhagii verstanden wissen will. Kner hätte dies Räthsel lösen können, indem derselbe in der Bukowina zwei Exemplare eines Abramiden sammelte, welche Bloch’s Cyprinus Buggenhagii nach Heckel’s Angaben entsprachen1)Vergl. die Süsswasserfische der östreich. Monarchie. pag. 125. Anmerk.; leider sind diese Fische zu Grunde gegangen, jedoch hatte sich Kner über ihre Beschaffenheit soviel aufgemerkt, dass er von ihnen bestimmt sagen konnte, sie hatten eine Rückennath wie bei Abramis, welches Merkmal bei dem Wiener Exemplar von Bliccopsis abramo-rutilus, das ich selbst in den Händen gehabt habe, bestimmt fehlt.
Nachdem mir das zoologische Cabinet zu Berlin eine so ungenügende Aus - kunft über Bloch’s Cypr. Buggenhagii gewährt hatte, begab ich mich nach Greifswald, indem ich in dem dortigen zoologischen Cabinete ebenfalls Exem - plare des Bloch’schen Leiters aufbewahrt zu finden hoffte, auf welche ich durch folgende Notiz des Dr. Schilling aufmerksam gemacht worden war. Schilling war nämlich am zoologischen Museum der Universität zu Greifs - wald angestellt, und hatte zwanzig Jahre lang vergebens nach dem in Pom - mern entdeckten Cypr. Buggenhagii gesucht, bis er in den dreissiger Jahren einige Exemplare des Leiters in seine Hände bekam2)Vergl. dessen: Hand - und Lehrbuch für angehende Naturforscher und Naturalien - sammler. Bd. I. 1859. pag. 289.. Bei der Musterung der Greifswalder ichthyologischen Sammlung, welche mir von dem Vorstande des Cabinets, Herrn Münter mit grösster Bereitwilligkeit gestattet wurde, fand ich mehrere Exemplare von Abramidopsis Leuckartii und Bliccopsis abramo - rutilus vor, theils getrocknet, theils in Weingeist aufbewahrt. Die Exemplare des ersteren Abramiden waren als Abramis Leuckartii etiquettirt, zeigten sich aber in dem Accessionskataloge unterm December 1836 und unterm Februar 1837 als Cypr. Buggenhagii eingetragen. Diejenigen Abramiden aber, welche ich als Bliccopsis abramo-rutilus erkannt hatte, und welche bei Eldena im10*148Familie: Cyprinoidei.Ryckfluss gefangen waren, sind von Hornschuch und Schillincg als Leuciscus Hyldensis bezeichnet worden. Ich traf also zum zweiten Mal Abramidopsis Leuckartii unter der Bezeichnung » Cypr. Buggenhagii an, und halte es daher für sehr wahrscheinlich, dass dieser Abramide wirklich Bloch’s Cypr. Bug - genhagii ist, welcher aber nicht bloss in Pommern, sondern auch in Ost - preussen unter dem Namen » Leiter « oder » Leitfisch « bekannt ist. Bei meinem Besuche der Orte Frauenburg und Tolkemit am Frischen Haff erfuhr ich von den dortigen Fischern, dass sie Leitfische nur in Gesellschaft von Brachsen fangen, deren Züge von jenen Fischen wie von Anführern gleichsam geleitet werden. Ich erhielt acht solche, bei Tolkemit im Haff gefangene Leitfische, in welchen ich wieder nichts anderes erkannte als Abramidopsis Leuckartii, nur ein Individuum stellte sich als Bliccopsis abramo-rutilus heraus1)Ich muss hier bemerken, dass die Fischer am Frischen Haff alle Fische von ab - weichender Form und fremdartigem Aussehen, welche sich bei ihren Fischzügen zwischen den gefangenen Brachsen vorfinden, als sogenannte glückbringende Leitfische bezeichnen, denn ausser den oben erwähnten Abramidopsis - und Bliccopsis-Formen wurden mir von den Fischern aus Frauenburg und Tolkemit verschiedene im Frischen Haff gefangene Brach - sen unter dem Namen » Leitfische « eingesendet, von denen der eine ein ganz verkrümmtes Rückgrat besass und ein anderer durch eine sehr unvollkommen entwickelte nur auf wenige Strahlen reducirte Afterflosse besonders auffiel. Auch Schonevelde (Nr. 81: pag. 33) er - zählt, dass die Fischer an der Schley Brachsen mit verkrüppeltem Schwanze (caudam in - curvatam vel sinuatam gerentes, ac si ea bis fracta esset) Leitbrassem nennen. Einen solchen Krüppel mit verdrehtem Schwanze hat Klein (Nr. 93. V. pag. 62. Tab. 13. Fig. 1) als Leit - brassem abgebildet., so dass ich hiernach schliessen muss, dass auch in die Sammlung Bloch’s zweierlei Cyprinen-Formen als pommersche Leiter gekommen waren, welche Bloch unter dem gemeinschaftlichen Namen Cypr. Buggenhagii beschrieben hat. Heckel hat wahrscheinlich nach einem Leiter mit doppelten Schlundzahn - Reihen die Gattung Bliccopsis aufgestellt, welcher Umstand mich zweifelhaft macht, ob der alte Bloch’sche Artname Buggenhagii beizubehalten sei. Auch auf den Fischmärkten zu Berlin, Dresden und Magdeburg traf ich einzelne Exemplare von Abramidopsis Leuckartii und Bliccopsis abramo-rutilus aus dem Elbe - und Oder-Gebiet an; sie wurden aber dort für Bastarde gehalten und mit keinem besonderen Namen bezeichnet. Dass Bliccopsis abramo-rutilus auch dem Weser-Gebiet nicht fremd ist, davon überzeugten mich zwei Exem - plare, welche unter dem Namen: Cypr. Buggenhagii aus der Göttinger Um - gegend stammend, auf dem zoologischen Cabinete zu Göttingen aufbewahrt werden, ferner zwei andere Exemplare, welche Blasius aus der Ocker bei Braunschweig eingesammelt und an Heckel eingesendet hatte; von letzterem wurden sie unter dem Namen Abramis Blasii im Wiener Naturalien-Cabinete aufgestellt.
Aus den oben mitgetheilten Erfahrungen, welche ich bei meinen Ver - suchen, den echten Cypr. Buggenhagii aufzufinden, gemacht habe, geht her -149Gattung: Bliccopsis.vor, dass sowohl von Naturforschern wie von Fischern zwei verschiedene Fische unter dem Namen » Leiter « durcheinandergemengt worden sind. Es ist aber diese Verwechslung durch besondere Umstände veranlasst worden, über die ich hier, wie ich glaube, Auskunft zu geben im Stande bin. Bei der Be - schreibung der beiden Cyprinen: Abramidopsis Leuckartii und Bliccopsis abramo - rutilus habe ich mich an solche Individuen gehalten, welche die oben ange - gebenen Gattungs - und Art-Charaktere scharf ausgeprägt an sich trugen. Ich darf es nicht verschweigen, dass mir verschiedene Individuen dieser beiden Fische vorgekommen sind, welche in ihren äusseren Umrissen, in ihrer Be - schuppung, in der Bildung der Schlundknochen, in der Form, Zahl und An - ordnung der Schlundzähne die Mitte hielten zwischen Abramidopsis und Blic - copsis, so dass es mir schwer wurde, darüber zu entscheiden, ob ein solcher Leitfisch als Abramidopsis Leuckartii oder als Bliccopsis abramo-rutilus zu be - trachten sei (s. oben pag. 137). Ich musste zuletzt wirklich daran denken, Bastarde vor mir zu haben. Am meisten machte mich eine mehrmalige Lie - ferung von Leitfischen aus dem Chiemsee stutzig, welche mir unter dem Volksnamen » schwarzfederige Grasblecken « zugeschickt worden waren1)Am Chiemsee wird Blicca Björkna Blecke, Grastaschel oder rothfederige Grasblecke genannt, von diesem rothflossigen Abramiden unterscheiden die dortigen Fischer den in seinem äusseren Ansehen an die Blicca erinnernden Leitfisch durch die dunkle Färbung seiner paarigen Flossen.. Dem äusseren Ansehen nach schienen diese Abramiden mit verkürzter After - flosse zu Abramidopsis Leuckartii zu gehören, da sie oberhalb der Seitenlinie die Schuppen in 10 Längsreihen an sich trugen, bei näherer Untersuchung der Schlundknochen fand ich aber ganz unerwartet die Zähne mehrmals wie bei Bliccopsis abramo-rutilus zweireihig geordnet, jedoch mit so vielen Abwei - chungen, dass sich ein bestimmter Gattungs-Typus nicht herausstellte.
Unter den 13 von mir untersuchten Leitfischen des Chiemsee, welche fast durchgängig eine Länge von 10 bis 11 Zoll besassen, sah ich die Schlund - zähne in folgender Weise angeordnet:
Schlundknochen.
Bei allen diesen Schlundknochen ist trotz der an Bliccopsis erinnernden Zahnformel der Charakter der Schlundknochen von Abramidopsis vorhanden, namentlich zeigt sich an dem vorderen Fortsatze den vorde - ren Zähnen gegenüber der äussere Rand150Familie: Cyprinoidei.in seinem Verlaufe ganz gerade, während derselbe Rand an allen Schlund - knochen von Bliccopsis abramo-rutilus mit einer sanften Wölbung verläuft.
Dass diese Chiemsee-Leitfische wahrscheinlich aus der Vermischung eines Abramiden mit irgend einem anderen Cyprinoiden hervorgegangen sein mögen, vermuthe ich noch aus der besonders unregelmässigen Anordnung der Schuppen, die sich bei den meisten dieser Leitfische auf dem Vorder - rücken wahrnehmen liess; die Schuppen sind hier nämlich auf der Mittellinie des Vorderrückens zum Theil sehr klein und unvollkommen entwickelt, und zum Theil gegen die Rückenflosse hin scheitelförmig geordnet. Aber nicht bloss diese aus dem Chiemsee erhaltenen Leitfische riefen in mir den Gedanken an eine Bastardbildung hervor, auch unter den vielen Leitfischen, die ich in Norddeutschland gesammelt hatte, erweckten einzelne abweichende Formen bei mir den Verdacht, dass ich es hier mit keiner reinen Art, sondern mit einem Bastarde zu thun hätte. So fand ich auf dem Fischmarkte zu Magde - burg einen Abramiden ohne Rückennath und mit 15 weichen, zertheilten Strahlen in der Afterflosse, welchen ich nach der Zahnformel 2.5 — 5.2 und nach den oberhalb der Seitenlinie angebrachten acht Schuppen-Längsreihen für Bliccopsis abramo-rutilus hätte halten müssen, wenn derselbe nicht Schlundknochen besessen hätte, welche in ihrer Form ganz mit den Schlund - knochen von Abramidopsis Leuckartii übereinstimmten. Unter sieben im Fri - schen Haff bei Tolkemit gefangenen Leitfischen, welche nach Beschuppung, Zahnformel und Bildung der Schlundknochen vollkommen mit Abramidopsis Leuckartii übereinstimmten, stellte sich ein Individuum als Ausnahme heraus, indem seine Zahnformel 1.6 — 5 an Bliccopsis erinnerte. Unter zwei von Selys aus der Maas an das Wiener Naturalien-Cabinet übersendeten Exemplaren von Abramis Heckelii Sel., welche sich nach der Beschuppung und Schlund - knochenbildung als Abramidopsis Leuckartii zu erkennen gaben, besass das eine Individuum die Zahnformel 6 — 5, während das andere Individuum die störende Zahnformel 1.5 — 5 aufzuweisen hatte.
Aus diesen Mittheilungen geht hervor, dass bei einer solchen Wandelbar - keit und Unbeständigkeit der Hauptunterscheidungs-Merkmale die mit einer verkürzten Afterflosse ausgestatteten Abramiden, welche ohne nähere Be - schreibung der Schlundknochen und ohne Angabe der Zahnformel von den Ichthyologen als Cypr. Buggenhagii bezeichnet wurden, eigentlich kaum richtig gedeutet werden können. Daher wage ich kein Urtheil zu fällen über den mit neun oberen Längs-Schuppenreihen ausgestatteten Cypr. Buggenhagii, wel - chen Thompson1)Vergl. dessen Bemerkungen zu: The natural history of Ireland, in Proceedings of the zoological society of London. Part V. 1837. pag. 56. aus dem Flusse Lagan bei Belfast erhalten hatte, und halte es aus denselben Gründen für bedenklich, eine Entscheidung über jenen aus151Gattung: Bliccopsis.Dagenham in Essex stammenden Abramiden auszusprechen, welchen Yarrell1)S. dessen: History of british fishes. Vol. I. 1841. pag. 391. gleichfalls als einen mit eilf oberen Längs-Schuppenreihen ausgestatteten Cypr. Buggenhagii beschrieben und abgebildet hat.
Einmal auf die Möglichkeit einer Bastardbildung aufmerksam geworden, konnte ich nicht umhin, noch zwei andere 12 und 13 Zoll lange, 3 und 3¼ Zoll hohe Cyprinoiden, die ich aus dem Starenberger See erhalten hatte, als Ba - starde zu verdächtigen, indem beide mit 15 weichen, zertheilten Afterflossen - Strahlen versehen sind und eine Zahnformel, nämlich 6 — 5 nebst Zahnbil - dung wie Abramidopsis Leuckartii besitzen, aber ausserdem von diesem Abra - miden durch folgende Organisations-Verhältnisse auffallend verschieden er - scheinen. Ihr fast unterständiges Maul wird von einer sehr angeschwollenen Schnauze überwölbt, die Beschuppung verhält sich wie bei Bliccopsis, das heisst, die Schuppen stehen oberhalb der Seitenlinie in acht und unterhalb derselben in vier Längsreihen. Die Rückennath fehlt bei beiden Individuen, bei dem einen Individuum zeigen sich die Schuppen auf dem Vorderrücken sehr klein und unvollständig entwickelt und zugleich sehr unregelmässig ge - ordnet. Zwischen Bauchflossen und After ist eine von Schuppen bedeckte stumpfe Kante vorhanden. Die Rückenflosse erscheint weniger steil abge - stutzt und weniger hoch als bei den eigentlichen Abramiden, daher dieselbe zurückgelegt mit ihrem vordern Winkel den hinteren Winkel nicht überragt. Die Schlundknochen besitzen einen sehr derben Knochenbau und halten in ihrer Form die Mitte zwischen Abramidopsis und Bliccopsis. Der sehr nie - drige und zugleich sehr langgestreckte Leib trägt mit am meisten bei, diesen Fischen eine von Abramidopsis und Bliccopsis so sehr abweichende Form zu verleihen, die vielleicht durch eine Bastardirung des Abramis melanops ent - standen sein könnte.
Wenn ich diejenigen Cyprinoiden näher bezeichnen soll, welche zu den als Abramidopsis und Bliccopsis beschriebenen Bastardbildungen mit - gewirkt haben mögen, so glaube ich die Vermuthung aussprechen zu müssen, dass auf der einen Seite Abramis Brama oder Blicca Björkna und auf der anderen Seite Scardinius erythrophthalmus oder Leuciscus rutilus zu be - schuldigen sein werden, an diesen Kreuzungen Antheil genommen zu haben. Dem Einfluss der zuletzt genannten beiden Cyprinoiden hat die für Abramis und Blicca charakteristische Vorderrücken-Furche und hintere Bauch-Furche weichen müssen; durch denselben Einfluss musste die denselben Abramiden eigenthümliche vielstrahlige Afterflosse einen Theil ihrer Strahlen einbüssen, und durch denselben Einfluss musste ferner an diesen Abramiden die Rüc - kenflosse ihre steile Spitze verlieren und die untere Schwanzflossen-Spitze sich verkürzen. Auch die Zahl der Längs-Schuppenreihen wird sich unter dem Einflusse von Scardinius oder Leuciscus an den genannten Abramiden152Familie: Cyprinoidei.vermindert haben. Das Schwanken in der Form der Schlundknochen sowie die Unregelmässigkeit und Unbeständigkeit der Zahnformeln bei den verschie - denen Individuen von Abramidopsis und Bliccopsis deuten besonders darauf hin, dass diese Fische als Blendlinge von Brachsen oder Blicken und Scar - dinius oder Leuciscus aufzufassen sind. Die gedrungene Form und Verkür - zung des vorderen Fortsatzes der Schlundknochen, welche an vielen dieser Blendlinge bemerkt wird, mag von dem Einflusse des Leuciscus rutilus her - rühren. Die bei Bliccopsis sehr deutlich wahrzunehmenden Einkerbungen der Zahnkronen konnten von Scardinius erythrophthalmus hervorgerufen worden sein. Die Kreuzung zwischen Abramis und Scardinius oder zwischen Blicca und Leuciscus hatte gewiss auch die Folge, dass die einreihigen Zähne von Abramis und Leuciscus und die zweireihigen Zähne von Blicca und Scardinius sich gegenseitig in Unordnung brachten, wodurch die Feststellung einer be - stimmten Zahnformel für Abramidopsis und Bliccopsis fast eine Unmöglichkeit ist. Ich kann natürlich für die Richtigkeit aller dieser Behauptungen nicht einstehen, glaube aber diese Hinweisung auf eine Bastardbildung um so we - niger verschweigen zu dürfen, weil durch die künstliche Fischzucht die Mög - lichkeit gegeben ist, solchen Bastardbildungen näher nachzuforschen und sich darüber Gewissheit verschaffen zu können, auf welche Weise die durch Kreuzung erzeugten Blendlinge ihre Formen wechseln, je nachdem die beiden bei einer Kreuzung betheiligten reinen Fischspecies die Thätigkeit des Männ - chens oder des Weibchens übernommen haben.
Gattungscharakter: Schlundzähne in zwei Reihen zu 2 und 5 stehend und mit einem Haken an der comprimirten, tief sägeförmig gekerbten Krone endigend; der mit einem vortretenden Kinne versehene Unterkiefer greift in eine Vertiefung der Zwischenkiefer ein; die kurze Rückenflosse steht weit nach hinten über dem Anfang der langen Afterflosse; der Bauch eine scharfe Kante bildend; Schuppen mit sehr undeut - lichen Radien und leicht abfallend.
Syn. u. Citate.
Linné Nr. 2: pag. 531. n. 28. Cyprinus cultratus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 255. Taf. 37. Cyprinus cultratus, Ziege.
Schrank Nr. 23 a: pag. 333. n. 313. Cyprinus cullratus, Sichling.
153Gattung: Pelecus.Cuvier: Règne animal, nouv. édit. T. II. 1829. pag. 277. Chela cultrata.
Agassiz Nr. 7: pag. 39 u. Wiegmann’s Archiv a. a. O. pag. 81. Pelecus cultratus.
Bujack Nr. 97: pag. 339. Cyprinus cultratus, Ziege.
Creplin Nr. 90: pag. 84. Cyprinus cultratus, Ziege.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 330. Leuciscus cultratus.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 126. Fig. 65. 66. Pelecus cultratus, Sichling1)Der von Heckel und Kner zu Pelecus cultratus citirte Cyprinus clupeoides des Bloch (s. dessen Naturgeschichte der ausländischen Fische. T. IX. pag. 49. Taf. 408. Fig. 2) gehört dem indischen Meere an, was schon von Valenciennes (Nr. 5: T. XVII. pag. 342) hervor - gehoben worden ist..
Artcharakter: Mundöffnung nach oben gerichtet, Mundspalte fast senkrecht; Körper langgestreckt, sehr stark seitlich zu - sammengedrückt; Rücken geradlinig, Bauch mit convexer Schneide. Die beiden Brustflossen sehr lang, spitz und etwas säbelförmig gebogen; die Afterflosse mit 26 bis 29 weichen, getheilten Strahlen; die Seitenlinie wellenför - mig gebogen.
D. 3 / 7, P. 1 / 15, V. 2 / 7, A. 3 / 28, C. 19, Squ. 14 — 15 / 100 — 108 / 5 — 6.
Schlundknochen und Schlundzähne (nach Heckel und Kner).
Der Sichling, welcher eine Länge von 6 bis 16 Zoll erreichen kann, gehört zu den am auffallendsten gebil - deten Fischen der mitteleuropäischen Fischfauna, da - her die Berücksichtigung der erwähnten Gattungs - und Artcharaktere allein schon ausreicht, um diesen merk - würdigen Cyprinoiden, der seinem Habitus, seiner Be - schuppung und Färbung nach den Alburnen angehört, auf den ersten Blick zu erkennen; ich halte deshalb eine specielle Beschreibung dieses Fisches für überflüssig.
Die geographische Verbreitung des Sichling ist in so fern eine eigen - thümliche, indem derselbe sowohl salziges wie süsses Wasser zu seinem Ausenthalte auswählt. Er bewohnt in grosser Anzahl das schwarze Meer und steigt von dort aus die Flüsse hinauf, auf welchem Wege einzelne Sichlinge wahrscheinlich durch Verirrung bis zur oberen Donau hinaufgelangen. Für die östreichische Donau gehört nach Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 129) der, Sichling bereits zu den seltenen Vorkommnissen, eine noch seltenere Er - scheinung ist derselbe in der bayrischen Donau. Perty (Nr. 24: pag. 720) sagt zwar, dass der Sichling alljährlich auf dem Münchner Fischmarkt anzu - treffen wäre, ich muss jedoch dieser Angabe widersprechen, da ich seit mei - nem zehnjährigen Hiersein, während welchem ich regelmässig den hiesigen Fischmarkt besuche, den Sichling auch nicht ein einziges Mal daselbst wahr - genommen habe. Die beiden einzigen Exemplare dieses Fisches, welche mir als bayerische Fische zu Gesicht gekommen waren, sind in der Donau bei154Familie: Cyprinoidei.Passau gefangen worden. Im Norden von Mitteleuropa bewohnt der Sichling nur die Ostsee und die mit ihr zusammenhängenden grossen Süsswasser - Becken, welche unter dem Namen Oder-Haff, Frisches und Kurisches Haff hekannt sind. Aus diesen Gewässern steigt der Sichling, welcher in Pommern und Preussen » Ziege « genannt wird, die Mündungen der grösseren Flüsse hin - auf. Im Kurischen Haff scheint die Ziege keine Seltenheit zu sein, da ich diesen Fisch auf dem Fischmarkte in Memel ziemlich häufig bemerkt habe.
Ueber die Fortpflanzung dieses Fisches habe ich bis jetzt keine eigenen Erfahrungen sammeln können, daher ich mich nur auf Heckel und Kner be - rufen will, welche (a. a. O. pag. 129) den Monat Mai als Laichzeit dieses Fisches angeben.
Gattungscharakter: Die Schlundzähne in zwei Reihen zu 2 und 5 stehend, die vier hinteren Zähne der inneren Reihe mit einer hakenförmig umgebogenen Spitze an der seitlich zu - sammengedrückten Krone; der mit einem vorstehenden Kinne versehene Unterkiefer greift in eine Vertiefung der Zwischenkiefer ein; die kurze Rückenflosse steht hinter den Bauchflossen, die Afterflosse mit langer Basis beginnt hinter oder unter dem Ende der Rückenflosse; der Bauch bildet zwischen den Bauchflossen und dem After eine Kante; die sehr stark silberglänzenden und leicht abfal - lenden Schuppen mit deutlichen aber sehr wenig erhabe - nen Radien.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 206. Taf. 36. Laucken.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 6. n. 18, Descr. spec. pag. 17. n. 7, Syn. nom. pisc. pag. 10. n. 19.
Linné Nr. 2: pag. 531. n. 24. Cyprinus Alburnus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 54. Taf. 8. Fig. 4. Cyprinus alburnus Uckelei.
Schrank Nr. 23 a: pag. 337. n. 319. Cyprinus alburnus.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 206. Cyprinus alburnus, Agöne, Lagune.
Gloger Nr. 88: pag. 76. n. 27. Cyprinus alburnus, Uckelei.
Bujack Nr. 97: pag. 337. Cyprinus alburnus, Uckelei.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 214. Aspius alburnoides, Ablette.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 250 u. 272. Leuciscus alburnoides u. alburnus, Ablette.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 485. Aspius Alburnus, Weissfisch.
155Gattung: Alburnus.Günther Nr. 47: pag. 86. Abramis alburnus, Silberling, Lang-Bleck.
Leiblein Nr. 51: pag. 122. Aspius alburnus, Schneiderfisch.
Rapp Nr. 41: pag. 9. Leuciscus alburnus, Laugele.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 131. Fig. 67. 68 u. pag. 69. Alburnus lucidus, Laube und Alburnus breviceps.
Fritsch Nr. 75: pag. 202. Alburnus lucidus.
Artcharakter: Mundöffnung nach oben gerichtet, Mundspalte sehr schief, das Kinn nur wenig verdickt und etwas vorstehend; der mehr oder weniger gestreckte Leib seitlich zusam - mengedrückt; die Kronen der inneren Zahnreihe mehrmals gekerbt; die lange, nach hinten sehr niedrige Afterflosse mit 17 bis 20 weichen und getheilten Strahlen beginnt un - ter dem Ende der Rückenflosse.
D. 3 / 8, P. 1 / 15, V. 2 / 8, A. 3 / 17 — 20, C. 19, Squ. 8 / 47 — 53 / 3.
Die gemeine Laube, welche meistens in der Grösse von 4 bis 5 Zoll vor - kömmt, aber auch eine Länge von 7 Zoll erreichen kann, ist in ihrer äusseren Form und ihrer Färbung ungemein vielen Abänderungen unterworfen, wes - halb ich behaupten möchte, dass fast in jedem Flusse, in jedem See dieser Fisch ein anderes Ansehen erhält. Es sind verschiedene dieser Varietäten als besondere Species bezeichnet und beschrieben worden, von deren Art - Berechtigung ich mich aber nicht habe überzeugen können, da es mir möglich war, stets Uebergänge von der einen zu der anderen Form dieser fraglichen Species aufzufinden. Es ist deshalb aber auch schwer, eine durchgreifende
Schlundknochen (nach Heckel und Kner).
für alle Varietäten gültige Beschreibung des A. lucidus zu liefern. Der Körper desselben ist mehr oder weni - ger gestreckt, seine Körperhöhe ist bald höher, bald niedriger. Schon von Agassiz waren diese Verschie - denheiten bemerkt und auf Varietäten bezogen worden, indem er (Nr. 6: pag. 1048) von ihnen sagte: » Von Cyprinus alburnus kenne ich zwei ausgezeichnete Va - rietäten, 1) eine mit sehr schmalem, langgezogenem Leib und 2) eine mit breitem, dabei aber kürzerem Leib «. Das Kinn ragt bei manchen Formen fast gar nicht, bei anderen ziemlich stark hervor. Der Unterkiefer steigt bei einigen sehr steil in die Höhe und bildet alsdann an seinen beiden Gelenken zwei stark hervorspringende Winkel, während bei anderen der Unterkiefer nur wenig ansteigt und kaum einen Vorsprung an seinen Gelenken bemerken lässt. Bei dieser Veränderung in der Richtung des Unterkiefers erscheint die Schnauze bald kürzer, bald länger. Auch die Grösse der Augen schwankt bei den verschiedenen Form-Abänderungen dieses Fisches. Die Afterflosse be - ginnt unter dem Ende, zuweilen aber auch vor dem Ende der Rückenflosse. Die Länge der paarigen Flossen varürt scheinbar, je nachdem der Leib mehr156Familie: Cyprinoidei.oder weniger in die Länge gestreckt ist. Die zarten Schuppen zeigen kaum eine Spur von Radien und erscheinen daher fast ganz glatt.
Die blaugrüne Farbe des Rückens varürt vielfach und geht zuweilen in Grasgrün über, sticht in allen Fällen gegen die ausgezeichnet schön silber - glänzenden Seiten ungemein ab. Die Rücken - und Schwanzflosse erscheinen graulich, die übrigen Flossen dagegen farblos, doch zeigt sich zuweilen die Basis der Bauchflossen und der Afterflosse orangengelb gefärbt.
Es kömmt dieser Fisch in allen fliessenden und stehenden Gewässern von Mitteleuropa mit Ausnahme der höher gelegenen Gebirgsseen und Ge - birgsbäche, sehr häufig vor. Er führt im eigentlichen Bayern den Namen » Laube « oder » Lauge «, in Würzburg heisst er » Schneiderfisch « oder » Läge «, in Aschaffenburg » Albele «; in Norddeutschland ist dieser Fisch unter dem Na - men » Uckelei « allgemein gekannt.
Eine von mir in der Isar aufgefundene Varietät entspricht ihrer Form nach fast vollständig dem von Heckel und Kner beschriebenen Alburnus bre - viceps; ich fand zugleich an dieser Varietät ein hervorstehendes Kinn und die Basis der Bauchflossen und der Afterflosse orangengelb gefärbt. Die Lauben des Würm - und Bodensee’s besitzen einen sehr steil aufsteigenden Unterkiefer und viel grössere Augen als die Lauben der Isar und der Donau. Aspius al - burnoides, welchen mir Selys-Longchamps aus Belgien gefälligst mittheilte, stimmte mit gewissen Formen des Alburnus lucidus vollkommen überein, so dass ich in dieser Beziehung Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 133) beitrete, welche den Aspius alburnoides nur für eine Varietät des Alburnus lucidus erklären.
Die Laichzeit der Laube fällt in den Monat Mai. Es halten sich die Lauben sehr gern in grossen Gesellschaften zusammen und schwimmen oft ganz ober - flächlich im Wasser, wobei sie es verstehen, wenn ein raubgieriger Barsch sich unter sie stürzt, sich ausserhalb des Wassers eine Strecke weit fortzu - schnellen und so den Verfolgungen ihres Feindes zu entschlüpfen. Viel häu - figer und sicherer werden sie durch ihr oberflächliches Schwimmen den See - schwalben und Möven zur Beute, dafür behaften sich aber auch diese Wasser - vögel mit einem Bandwurm, der als Ligula simplicissima frei in der Leibeshöhle der Lauben ungemein häufig vorkömmt und durch die verschluckten Lauben in den Darm jener Vögel übergepflanzt wird.
Im vorigen Jahrhundert wurde die sonst ganz werthlose Laube bekannt - lich sehr stark verfolgt und in ungeheuren Massen eingefangen, um aus dem Silberglanz ihrer Schuppen die sogenannte Essence d’Orient zu bereiten, welche zur Anfertigung von falschen Perlen verwendet wurde. Seit den letzten Jahren wird der Fang der Lauben auf dem Mittelrhein von neuem sehr stark betrieben und die von diesen Fischen gewonnene Perlessenz nach Paris gesendet, indem von dort aus diese falschen Perlen jetzt wieder in die Mode157Gattung: Alburnus.gebracht werden1)Nach meinen am Mittelrhein eingezogenen Erkundigungen liefert ein Centner Lauben 4 Pfund Schuppen. Zur Auswaschung von 1 Pfund Silberglanz sollen 18 bis 20,000 Fische erforderlich sein.. Die Erfindung, den Glasperlen mit Hülfe des Silber - glanzes der Fischschuppen einen den orientalischen Perlen nahe kommenden Glanz zu verleihen, ist vor der Mitte des vorigen Jahrhunderts von einem französischen Paternostermacher Namens Jaquin ausgegangen2)Vergl. Beckmann: Beyträge zur Geschichte der Entdeckungen. Bd. II. Leipzig, 1788. pag. 325 oder Krünitz: Oekonomisch-technologische Encyklopädie. Th. 108. Berlin, 1808. pag. 560.. Die Benützung des Silberglanzes der Schuppen von Alburnus lucidus zur Anfertigung falscher Perlen3)Diese falschen Perlen wurden später Bourguignons genannt, welcher Name sich auf Bourguignon bezieht, der im Jahre 1806 zu Paris eine Perl-Fabrik gegründet hat. beruht auf der Eigenschaft der mikroskopischen Silberglanz-Plätt - chen, in Ammoniak keine Veränderung zu erleiden. Mittelst dieser Eigen - schaft lassen sich von dem Silberglanze der Fischschuppen die übrigen in Ammoniak löslichen thierischen Substanzen entfernen, so dass auf diese Weise der Silberglanz als Essence d’Orient ganz rein gewonnen werden kann, welche Perlessenz aus nichts anderem besteht, als aus den in Ammoniak suspendirten und unverändert glänzenden mikroskopischen krystallinischen Plättchen von oblonger Gestalt mit schräg abgestutzten Enden. Reaumur war der erste, welcher diese oblongen Elementar-Gewebstheile, von welchen der Silberglanz der Schuppen des Alburnus lucidus ausgeht, mikroskopisch unter - sucht und beschrieben hat4)S. dessen Observations sur la matière qui colore les Perles fausses, etc. abgedruckt in: Histoire de l’Académie royale des sciences. Année 1716. Paris, 1741. pag. 229. Seine Beschreibung der in der Perlessenz suspendirten silberglänzenden Plättchen lautet (p. 232): » Si on l’observe au Microscope, ou avec une Loupe forte, il est aisé de la distinguer du liquide, dans lequel elle (essence) nage, et de s’assurer qu’elle n’est point liquide elle-même. Mais on est surpris en même temps de voir que cette matière n’est qu’un amas d’une in - finité de petits corps d’une figure très réguliere. Ce sont autant de lames, dont la plus grande partie sont taillées très quarrément. Elles forment des rectangles environ quatre fois plus longs que larges. Quelques-unes ont pourtant leurs extremités arrondies, et quel - ques autres les ont terminées en pointe. Elles sont toutes extrêmement minces, et à tel point, qu’on ne peut appercevoir leur épaisseur «.. Nach ihm ist dieser krystallinische Silberglanz der Fische wieder gänzlich unbeachtet geblieben, bis Ehrenberg, ohne Reaumur’s Beobachtungen zu erwähnen von neuem die Aufmerksamkeit auf diesen Ge - genstand lenkte5)S. Ehrenbrg’s Mittheilungen: Ueber normale Krystallbildung im lebenden Thierkör - per, abgedruckt in Poggendorff’s Annalen der Physik und Chemie. Bd. 28. Leipzig, 1833. pag. 468. Taf. VI. Fig. 14. Krystalle der Chorioidea aus dem Auge des Hechtes.. Die an Ehrenberg’s mikroskopische Untersuchungen sich anschliessenden chemischen Untersuchungen dieses silberglänzenden Beleges der Fischschuppen stimmten so wenig miteinander überein, dass ich schon lange die Absicht hegte, diese Perlessenz einer abermaligen chemischen Ana - lyse unterwerfen zu lassen; immer wurde aber diese Absicht dadurch ver -158Familie: Cyprinoidei.eitelt, dass ich mir, trotz aller meiner Bemühungen, keine solche Perlessenz habe verschaffen können; um so freudiger wurde ich vor kurzem durch eine Probe ächter Essence d’Orient überrascht, welche mir Herr Kaufmann Diss dahier aus einer sehr beschäftigten Pariser Perlfabrik gütigst hatte zu - kommen lassen. Herr Professor Voit hat die Gefälligkeit gehabt, diese Perl - essenz einer genaueren chemischen Prüfung zu unterwerfen, deren Resultat von Herrn Voit selbst hier wörtlich mitgetheilt wird:
» Herr Prof. v. Siebold hat mir die sogenannte Perlenessenz, eine Flüssigkeit, welche die von den Fischschuppen entnommenen irisirenden Krystalle suspendirt enthält, zur chemischen Untersuchung übergeben. Ich habe, ehe ich von der Note M. Barreswil’s (Compt. rend. 1861. T. 53. p. 246) Kenntniss hatte, gefunden, dass diese Krystalle zum grössten Theil aus einer organischen Materie, die in allen ihren Eigenschaften dem Guanin gleicht, bestehen.
Ueber die Natur der in den Fischschuppen und andern Theilen der Fische, z. B. im Peritonäum und dem Tapetum des Auges in Zellen enthaltenen und den Metallglanz dieser Theile hervorrufenden Krystalle liegen schon mehrere Untersuchungen vor. — Ehrenberg (Ueber normale Krystallbildung im lebenden Thierkörper, Poggendorff’s Annal. 1833. Nr. 7. Bd. 28. S. 465) liess zuerst diese Krystalle durch einen Chemiker, nämlich durch Heinr. Rose untersuchen; sie lösten sich nach dessen Bericht leicht in verdünnter Salpetersäure auf; die Lösung wurde durch Ammoniak nicht getrübt und in der ammoniakalischen Flüs - sigkeit brachte Oxalsäure nur einen ganz unbedeutenden Niederschlag hervor; salpeter - saures Silberoxyd erzeugte in der salpetersauren Lösung eine durch Ammoniak nicht ver - schwindende Trübung; die Krystalle wurden durch kochende Kalilauge ohne Ammoniak - entwicklung gelöst, ebenso durch Alcohol in der Siedhitze; auf dem Platinblech verflüch - tigten sie sich ohne zu verkohlen oder eine Asche zu hinterlassen; es schien ihm daher aus diesen Reactionen hervorzugehen, dass die Krystalle aus einer flüchtigen eigenthüm - lichen organischen Substanz bestehen und keine Kalkerde enthalten. — Drei weitere Beobachter weichen von diesen Angaben wesentlich ab, indem sie die betreffende Sub - stanz für anorganischer Natur erklären. Nach Schnitzlein (Pharmazeut. Centralblatt 1837. S. 398) besteht der Fischschuppenglanz oder die Krystalle in der Perlenessenz aus phosphorsaurem Kalk, nach Mathias (Tromsdorff’s Journal, 1843. Bd. 10. St. 2. S. 3) aus phosphorsaurer Magnesia. — Brücke (Ueber das Tapetum der Thiere, in Müller’s Arch. 1845. S. 403) schliesst sich den beiden vorigen an, indem nach ihm die in den Zellen des Tape - tum’s der Fische abgelagerten Krystalle folgende Eigenschaften zeigen. Sie sind in Wasser, Alcohol und Aether unlöslich; beim Glühen hinterlassen sie einen in Wasser unlöslichen, aber in Salzsäure löslichen Rückstand; Kali greift sie nicht an; Salzsäure löste sie ohne Gasentwicklung auf und aus der etwas eingedampften Lösung fielen die ursprünglichen Krystalle durch Ammoniak wieder heraus; Brücke hält darnach die Krystalle für eine Verbindung einer anorganischen Basis. — Die Angaben von v. Wittich (Ueber den Metall - glanz der Fische in Müller’s Archiv, 1854. S. 265) nähern sich mehr denen von Rose. Er isolirte zuerst die Krystalle in grösserer Menge, indem er die Schuppen mit Wasser abspülte, und mit Alcohol in einer Porzellanschale zusammenrieb, bis derselbe von den suspen - dirten Krystallen bleigrau war; beim Filtriren durch feine Leinwand giengen die Krystalle mit durch, setzten sich im Filtrat zu Boden und konnten durch Alcohol gewaschen und dann in Wasser suspendirt werden, in welchem sie sich aber nach und nach wahrschein - lich unter dem Einfluss von noch vorhandenen Epidermiszellen und andern fein vertheilten Gewebsmassen zersetzten. Wie schon Brücke angab, war die Substanz in Wasser, Alcohol und Aether unlöslich; sie verlor beim Kochen mit Wasser und Alcohol ihre Krystallform;159Gattung: Alburnus.anorganische Säuren lösten dieselbe, aber auch Alkalien, während sie nach Brücke in letztern unlöslich ist. Neutralisirte Wittich die Lösungen in Säuren und Alkalien, so ent - stand wohl ein flockiger Niederschlag, er bekam aber nie, wie Brücke, die Krystalle als solche wieder. Er hielt daher dafür, dass eine organische Verbindung in den Krystallen eine nicht unbedeutende Rolle spiele; sie können aber nach ihm nicht ausschliesslich aus organischer Substanz bestehen, denn sie lösten sich in Säuren unter Kohlensäureentwick - lung und gaben beim Einäschern einen aus phosphorsaurem Kalk, Kochsalz und Eisen be - stehenden Rückstand; in den Krystallen ist also nach Wittich eine organische stick - stoffhaltige Substanz mit anorganischen Salzen verbunden. — Darauf folgte nun endlich die schon oben citirte Notiz von M. Barreswil, nach der die Perlensubstanz nur aus einer organischen Materie zusammengesetzt ist, die sich in Wasser, Ammoniak und Essig - säure nicht löst, aber in Schwefelsäure, Salpetersäure und Salzsäure löslich ist, mit wel - chen Säuren sie krystallisirbare Salze bildet. Alle Reactionen stimmen genau mit denen des Guanin’s überein; mit Salpetersäure abgeraucht entstand ein gelber, mit Kali roth werdender Rückstand, die salpetersaure Lösung wurde durch salpetersaures Silber gefällt, die Lösung in Schwefelsäure durch Wasser zersetzt. —
Es lagen also ganz verschiedene Angaben über das chemische Verhalten der betreffen - den Krystalle vor und es war nöthig, dieselben genau zu prüfen. Ich habe dabei Folgendes gefunden.
Erhitzt man den Krystallbrei der Perlenessenz auf dem Platinblech, so verbrennt er unter Horngeruch und lässt schliesslich eine weisse, nicht schmelzende Asche zurück. Die Masse besteht also aus organischen und anorganischen Stoffen. Die Krystalle sind in Aether, Alcohol und Wasser nicht löslich; dampft man die Flüssigkeit ab, in der sie ent - halten sind, und versetzt sie hierauf mit Wasser, so ist die Reaction neutral; dampft man das Wasser ab, so behalten die Krystalle nicht ihre ursprüngliche Form, sondern zerfallen in kleine Fragmente. Mit dem Millon’schen Reagens etwas erwärmt färben sie sich nicht roth, enthalten also kein Eiweiss. Mit concentrirter Salzsäure befeuchtet schiessen schöne Krystallgruppen an; in verdünnter Salzsäure lösen sie sich ohne Brausen leicht auf und bilden beim Abdampfen eine krystallinische Verbindung; ebenso ist das Verhalten gegen Schwefelsäure und Salpetersäure. Die Lösung in Salzsäure giebt beim Versetzen mit Am - moniak einen weissen flockigen Niederschlag, der unter dem Mikroskop aus kleinen Körn - chen besteht, die sich später gruppenweise aneinanderreihen. Das Verhalten der Sub - stanz gegen Säuren und die Eigenschaft, krystallisirbare Salze damit zu bilden, wiesen bald auf Guanin hin; dies wurde dann noch durch andere Reactionen, die alle mit denen reinen Guanins genau verglichen wurden, zur Evidenz erhoben und so Barreswil’s Angabe be - stätigt. Beim Uebergiessen mit concentrirter Salpetersäure färbt sich die Masse nicht und beim Verdampfen derselben bleibt ein citronengelber Rückstand, der mit Ammoniak oder Kalilauge versetzt intensiv rothgelb wird; in der alkalischen Lösung des Rückstandes bringt Salmiak einen gelben, unter dem Mikroskop aus amorphen Körnchen bestehenden Niederschlag hervor. Durch Alkalien werden die irisirenden Krystalle bis auf einen flocki - gen Niederschlag, auf den ich noch zu sprechen kommen werde, aufgelöst; in Ammoniak sind sie nicht löslich. —
Nach dem Allem kann kein Zweifel mehr sein, dass Guanin in obigen Krystallen ent - halten ist, es frägt sich aber, ob sie ausschliesslich daraus bestehen? Es spricht zwar nicht dagegen, dass wir bis jetzt das Guanin nicht in irisirenden Krystallen darstellen können; aber die beim Glühen zurückbleibende Asche schien mir im Verhältniss zur orga - nischen Substanz so bedeutend, dass sie unmöglich von zufälligen Beimischungen her - rühren konnte, denn die Perlenessenz bestand beinahe nur aus den schönen Krystallen und die sie enthaltende Flüssigkeit liess nur Spuren unverbrennlicher Substanz zurück. Die Aschenbestandtheile mussten demnach in Verbindung mit der organischen Substanz ge -160Familie: Cyprinoidei.bracht werden. Die nicht schmelzende Asche löste sich nicht völlig in Wasser auf, das Wasser reagirte stark alkalisch, die nicht verbrannte in Wasser aufgenommene Substanz war dagegen, wie oben angegeben, neutral, ein Beweis, dass das Alkali erst bei der Ver - brennung aus der organischen Substanz frei wurde; der in Wasser nicht ganz lösliche Antheil der Asche löste sich in Säuren unter Brausen, während dies die ursprüngliche Substanz nicht that. Versetzte man die salzsaure Lösung mit Ammoniak, so entstand kein Niederschlag, aber auf nachherigen Zusatz von Essigsäure und oxalsaurem Ammoniak eine starke Fällung, es war also Kalk in der Asche vorhanden; in der salpetersauren Lösung konnte mit molybdänsaurem Ammoniak nur eine geringe Spur von Phosphorsäure ent - deckt werden, deren Abwesenheit schon aus dem Ausbleiben eines Niederschlags durch Ammoniak aus der sauren Lösung bei Gegenwart von Kalk hervorgeht. Ich glaube daher, dass dieser Kalk nothwendig zu den Krystallen gehört und darin mit Guanin in Verbin - dung ist, wesshalb sich auch dieselben mit Hinterlassung eines flockigen Rückstandes in Kali lösen.
Strecker (Annalen der Chemie u. Pharm. 1861. Bd. 108. S. 154) hat bekanntlich eine Verbindung von Guanin mit Baryt beschrieben, die sich beim Kochen von Guanin in Ba - rytwasser bildet und beim Erkalten abscheidet. Reines Guanin löst sich in Kalkwasser auch in der Siedhitze nur wenig auf und das Gelöste fällt beim Erkalten nicht heraus; engt man das Filtrat ein, so bleibt ein weisser krystallinischer Brei zurück, der zwar Guanin, aber auch ziemlich viel kohlensauren Kalk enthält und mit Säuren braust. Man kann nun durch Zusatz von verdünnter Essigsäure den kohlensauren Kalk auflösen und es bleibt dann eine krystallinische Verbindung von Guanin und Kalk zurück, die sich in ihren chemischen Eigenschaften genau so wie die irisirenden Krystalle der Perlenessenz ver - halten. Die Verbindung verbrennt unter Verkohlung zu einer weissen Asche, die sich in Wasser nicht ganz löst, alkalisch reagirt und mit Säuren braust. Setzt man concentrirte Salzsäure zu, so bilden sich ohne Gasentwicklung die schönen Krystalle des salzsauren Guanins; mit Salpetersäure abgeraucht und mit Ammoniak befeuchtet, tritt die charak - teristische Reaction hervor. Ich war leider nicht im Stande, trotz längerer Bemühungen die Verbindung des Guaninkalks in den schönen irisirenden Krystallen zu erhalten; im Organismus des Thiers sind offenbar Bedingungen zur Krystallisation, die ich bis jetzt nicht nachahmen konnte; es ist daher eine weitere Aufgabe, diesem Guaninkalk die eigen - thümliche Krystallform zu ertheilen, um die Perlenessenz wohlfeiler, als man es bisher konnte, darzustellen. — Ich habe auch Guanin in kochenden sauren phosphorsauren Kalk eingetragen; es blieb aber immer reines Guanin ungelöst zurück und die Lösung enthielt nur phosphorsauren Kalk. —
In der Perlenessenz befinden sich die Krystalle in einer Flüssigkeit suspendirt, die allen Reactionen nach kaustisches Ammoniak ist. Sie riecht ammoniakalisch, reagirt stark alkalisch, braust mit Säuren nicht, giebt mit salpetersaurem Silber einen in Salpetersäure löslichen Niederschlag, und bringt im Nessler’schen Reagens (Lösung von Iodquecksilber in Iodkalium) einen starken braunen Niederschlag hervor. Dampft man die Flüssigkeit ab, so bräunen die Dämpfe Curcumapapier, und die Krystalle bleiben unverändert zurück. Das Ammoniak, in dem sich Guanin und Guaninkalk nicht lösen, wird offenbar zugesetzt, weil sich die Substanz in Wasser nach und nach zersetzt, wie Wittich gesehen hat. —
Es wäre noch zu untersuchen, ob die kleinen Kryställchen in den Interferenzzellen der Haut und der Iris vom Frosch, die Wittich (Müller’s Archiv, 1854. S. 46) beschreibt, eben - falls aus Guanin bestehen oder nicht. Das Vorkommen von Krystallen einer organischen Substanz, die zu den Zersetzungsproducten des Eiweisses gehört, innerhalb von Zellen, ist jedenfalls von grosser Wichtigkeit «. —
Karl Voit.
Syn. u. Citate.
Perty Nr. 24: pag. 720. Aspius Mento.
Fitzinger Nr. 32: pag. 355. Aspius Heckelii.
Heckel Nr. 11 a: pag. 225. Taf. 19. Fig. 3. Aspius Mento.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 271. Leuciscus Mento.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 139. Fig. 73. Alburnus Mento.
Artcharakter: Mundöffnung nach oben gerichtet, Mundspalte schief, das verdickte Kinn sehr stark hervorragend; der sehr lang gestreckte Körper nur wenig seitlich zusammen - gedrückt; die Kronen der innern Zahnreihe mehrmals ge - kerbt; die nach hinten sehr niedrige Afterflosse mit 14 bis 16 weichen, getheilten Strahlen beginnt hinter dem Ende der Rückenflosse.
D. 3 / 8, P. 1 / 15, V. 2 / 8 — 9, A. 3 / 14 — 16, C. 19, Squ. 10 / 65 — 67 / 4.
Es ist diese Alburnus-Art von Agassiz hier in München zuerst entdeckt und unter dem Namen Aspius Mento verschiedenen Ichthyologen mitgetheilt worden. Der Unterschied dieses Silber - oder Weissfisches in Vergleich zu Alburnus lucidus ist ein so charakteristischer, dass man keinen Augenblick Anstand nimmt, denselben als besondere Art gelten zu lassen. Alburnus Mento erreicht eine viel bedeutendere Grösse als Alburnus lucidus, seine ge - wöhnliche Länge beträgt 6 bis 7 Zoll, doch kömmt derselbe auch in einer Länge von 9 bis 10 Zoll vor. Der Leib der Mai-Renke ist sehr gestreckt, und die Schuppen derselben besitzen etwas erhabenere Radien als die der gemeinen Laube. Ich konnte bei der gemeinen Laube nie mehr als 47 bis 53 Schuppen auf der Seitenlinie zählen, während ich bei A. Mento die Sei - tenlinie mit 65 bis 67 Schuppen besetzt fand. Die hinter dem Ende der Rücken - flosse beginnende Afterflosse giebt ebenfalls ein gutes Unterscheidungs - merkmal für diesen Weissfisch ab. Die paarigen Flossen desselben erscheinen im Verhältniss zur Körperlänge mehr in die Länge gestreckt als bei der gemei - nen Laube. Auch die Schlundknochen des A. Mento bieten den Schlund - knochen des A. lucidus gegenüber einen specifischen Unterschied, indem die - selben durch ihre sehr verlängerten vorderen Fortsätze eine um vieles schlankere Gestalt besitzen.
Der Rücken des A. Mento zeigt eine blaugrüne Farbe, ihre silberweissen Seiten geben einen eigenthümlichen Atlasglanz von sich, der von den zarten fast ganz glatten Schuppen ausgeht; alle paarigen Flossen, sowie die After - flosse erscheinen blassröthlich gefärbt, während Rücken - und Schwanzflosse einen schwärzlichen Anflug besitzen.
v. Siebold, Fische. 11162Familie: Cyprinoidei.Der Alburnus Mento bewohnt den Ammersee, Starenberger See und Chiem - see, in welchen Gewässern auch A. lucidus sehr häufig vorkömmt. Ausser - halb Bayern findet sich der A. Mento, welcher am Chiemsee » Schiedling « ge - nannt wird, nur noch im Attersee und Traunsee, hat aber gegen Osten von Europa noch eine weitere Verbreitung, indem Kessler diesen Weissfisch in verschiedenen Flüssen der Krim entdeckt hat. Kessler1)Vergl. dessen Auszüge aus dem Berichte über eine an die nordwestlichen Küsten des schwarzen Meers und durch die westliche Krim unternommene Reise, in dem Bulletin de la société imp. des Naturalistes de Moscou, Ann. 1859. pag. 531. hat diesen Krimfisch Alburnus Mentoides genannt, würde denselben aber als A. Mento bezeichnet haben, wenn nicht Heckel für den letzteren Fisch das Fehlen des Zwischen - deckels als charakteristisch und sogar als Artkennzeichen hervorgehoben hätte. Ich habe mich niemals von dem Fehlen der Zwischendeckel bei dieser Alburnus-Art überzeugen können, und nachdem ich im Jahre 1860 Gelegen - heit hatte, Herrn Kessler in der hiesigen zoologischen Sammlung den echten A. Mento des Agassiz zu zeigen, erkannte derselbe, dass sein A. mentoides nichts anderes als A. Mento sei. Auch gestand mir Herr Kner später zu, dass sich Heckel in Bezug auf das Fehlen des Zwischendeckels bei A. Mento jeden - falls getäuscht habe.
Die Laichzeit des A. Mento fällt in den Monat Mai und Juni, um welche Zeit dieser Weissfisch in grosser Menge gefangen und auf dem Münchener Fischmarkte unter dem Namen » Mai-Renke « feil geboten wird, jedoch um einen viel niedrigeren Preis als die beliebte echte Renke (Coregonus Wartmanni), so dass Perty (a. a. O.) unrecht hat, wenn er behauptet, dieser Fisch würde hier betrüglicherweise als Renke verkauft.
Während der Brunstzeit bildet sich auf der Haut der männlichen Indivi - duen des A. Mento ein Ausschlag, wie er um dieselbe Zeit noch bei vielen anderen männlichen Cyprinoiden zum Vorschein kömmt. Derselbe besteht bei der Mai-Renke aus einzelnen zerstreuten kleinen Warzen von flach conischer Gestalt und weisslicher Farbe, welche den Scheitel, den Obertheil des Vor - derdeckels und den Hauptdeckel der Kiemen besetzt halten. Diese Warzen erstrecken sich auf dem Scheitel sehr weit nach vorn, sie finden sich nicht blos zwischen den Augen und den Nasenlöchern, sondern auch auf der Ober - lippe vor, ja sogar auf der Unterlippe machen sich einzelne solche Warzen bemerkbar. Ausserdem fassen einzelne noch kleinere Warzen den Rand der vor und hinter der Rückenflosse befindlichen Rückenschuppen ein, werden aber gegen den Schwanz hin immer kleiner und verschwinden zuletzt ganz.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 216. Taf. 41. Riemling.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 50. Taf. 8. Fig. 1. Cyprinus bipunctatus, Alandblecke.
Schrank Nr. 23 a: pag. 336. n. 318. Cyprinus bipunctatus.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 219. Cyprinus bipunctatus, Bambeli.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 215. Aspius bipunctatus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 259 u. 262. Pl. 497. Leuciscus bipunctatus u. Baldneri.
Günther Nr. 47: pag. 83. Abramis bipunctatus, Breitbleck.
Leiblein Nr. 51: pag. 123. Aspius bipunctatus.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 135. Fig. 70. Alburnus bipunctatus.
Fritsch Nr. 75: pag. 202. Alburnus bipunctatus.
Artcharakter: Mundöffnung endständig, Mundspalte etwas schief; das Kinn kaum verdickt und sehr wenig vorstehend: der Körper seitlich zusammengedrückt, aber nur wenig gestreckt; die Kronen der inneren Zahnreihe ohne Einker - bungen; die nach hinten nicht auffallend verjüngte After - flosse mit 15 bis 17 weichen, getheilten Strahlen beginnt hinter dem Ende der Rückenflosse; Seitenlinie mit schwar - zem Pigmente eingefasst, darüber eine breite, schwarze Binde vom Auge bis zur Schwanzflosse.
D. 3 / 7 — 8, P. 1 / 14, V. 2 / 7 — 8, A. 3 / 15 — 17, C. 19, Squ. 9 / 47 — 50 / 4.
Der Alburnus bipunctatus, welcher in manchen Gegenden von Bayern und Oestreich » Schusslaube « genannt wird, kömmt gewöhnlich in der Grösse von 3½ bis 4 Zoll vor, doch habe ich auch Exemplare von fast 6 Zoll Länge an - getroffen. Die Schusslaube liebt dieselben fliessenden und stehenden Ge - wässer wie die gemeine Laube, aber während die letztere sich stets auf der Oberfläche des Wassers aufhält, zieht erstere den Grund der Gewässer vor.
Es ist dieser Fisch von allen Alburnen am wenigsten in die Länge ge - streckt. Am meisten zeichnet sich dieser Fisch durch seine Färbung aus. Die Seitenlinie ist nämlich oben und unten durch einen schmalen schwärzlichen Pigmentsaum eingefasst, wodurch dieselbe auf dem Grunde der silberglän - zenden Seiten gleich einer Nath in die Augen fällt; in vielen Gegenden Deutschlands hat diese auffallende Zeichnung dem Fische den Volksnamen » Schneider « verschafft. Zu beiden Seiten des bräunlichen Rückens verläuft vom Auge an bis zur Schwanzflosse ein breites, gerades, schwarz gefärbtes Band. Zwischen diesem und der Seitenlinie ist oft noch ein dreifacher, aus dreieckigen schwarzen Pigmentflecken gebildeter Streifen sichtbar, der sich zuweilen auch unterhalb der Seitenlinie in dreifacher Reihe wiederholt. Solche dreieckige schwarze Pigmentflecke zeigen sich bisweilen auch auf dem11*164Familie: Cyprinoidei.schwarzen Bande ausgeprägt. Die Basis der Afterflosse, sowie aller paarigen Flossen sind orangengelb gefärbt. Alle diese Färbungen treten während der Brunstzeit, welche im Anfang Mai beginnt, besonders intensiv hervor, wo - durch dieser Fisch im Hochzeitskleid ein recht schönes Ansehen erhält. Solche intensiv gefärbte Individuen hat Valenciennes (a. a. O.) zu Ehren Baldner’s als eine besondere Art bezeichnet, ich war aber nicht im Stande, an den im Naturalien-Cabinete zu Strassburg aufbewahrten Exemplaren des Alburnus bipunctatus und Baldneri einen specifischen Unterschied herauszufinden. Es können sich aber auch nach verflossener Laichzeit diese Farben fast ganz ver - lieren, so dass kaum an den Seitenlinien die für den A. bipunctatus sonst so charakteristische schwarze Pigment-Einfassung wahrgenommen wird; bei sol - chen entfärbten Individuen müssen die Umrisse des Fisches allein benützt werden, um dieselben von den übrigen Alburnus-Arten zu unterscheiden.
Obwohl dieser Alburnus ziemlich weit in Mitteleuropa verbreitet ist, so wird er doch nur von wenigen norddeutschen Faunisten aufgeführt. Im Donau - und Rhein-Gebiet ist sein Vorkommen allgemein gekannt. Dem Weser-Gebiet fehlt derselbe ebenfalls nicht, wie aus Bloch’s Mittheilung hervorgeht, bekanntlich wurde ihm dieser Fisch als » Alandblecke « von Minden eingesendet; ich selbst habe denselben in der Werra bei Meiningen zahlreich beobachtet. Für das Vorkommen des A. bipunctatus im Elb-Gebiet dient mir Fritsch (a. a. O.) als Gewährsmann, dagegen konnte ich über die Ver - breitung dieses Fisches im Oder - und Weichsel-Gebiet keine Erfahrungen einsammeln. Bei meinem letzten Aufenthalte in Ostpreussen erhielt ich diese Fischchen in Heilsberg aus der Alle und in Tilsit aus der Memel; dass dieser Alburnus auch in Ostpreussen einheimisch ist, wird nicht überraschen, da Dybowski den A. bipunctatus in Livland ebenfalls aufgefunden hat.
Syn. u. Citate.
Holandre Nr. 56 b: pag. 248. Leuciscus dolabratus, Hachette.
Selys-Longchamps Nr. 59: pag. 207. Pl. 5. Fig. 5. Leuciscus (Squalius) dolabratus.
Heckel Nr. 11 c: pag. 1041. Squalius (vielleicht Scardinius) dolabratus.
Schaefer Nr. 59: pag. 309. Leuciscus (Sqalius) dolabratus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 248. Leuciscus dolabratus.
Günther Nr. 47: pag. 90. Abramis dolabratus, Silberling und in den Würtembergischen naturwissenschaftlichen Jahresheften, Jahrgang XIII. Stuttgart, 1857. pag. 50. Taf. II. Abramis dobuloides.
Kessler in dem Bulletin de la société impériale des Naturalistes de Moscou. Ann. 1859. Nr. II. (Auszüge aus dem Reise-Berichte a. a. O.) pag. 534. Alburnus tauricus.
Artcharakter: Mundöffnung endständig, Mundspalte schief, das etwas verdickte Kinn wenig hervortretend: der langge - streckte Körper auf dem Rücken abgerundet, hinter den Bauchflossen zusammengedrückt; die Kronen der inneren Zahnreihe mehrmals gekerbt; die nach hinten sehr wenig verjüngte Afterflosse hoch und 11 bis 16 weiche, getheilte Strahlen enthaltend, beginnt hinter dem Ende der Rücken - flosse. Die Schuppen mit sehr deutlichen und erhabenen Radien.
D. 3 / 8 — 9, P. 1 / 15, V. 2 / 8 — 9, A. 3 / 10 — 16, C. 19, Squ. 7 — 8 / 45 — 54 / 3 — 4.
Dieser Cyprinoiden-Form, welche von Holandre zuerst im Jahre 1836 beschrieben worden ist, wurde von den Ichthyologen eine sehr verschiedene Stelle im Systeme angewiesen, indem dieselbe bald als Alburnus, bald als Squalius oder Scardinius aufgefasst wurde. Obwohl dieser Fisch in mancher Hinsicht von dem Typus der Alburnen abweicht, so giebt sich derselbe in der Bildung seines Kopfes und seiner Schlundknochen als ein Alburnus sehr deut - lich zu erkennen. Die Form des Maules mit seiner Vertiefung in der Mitte des Oberkieferrandes, sowie mit seiner Verdickung am Kinnwinkel des Unterkie - fers verräth auf den ersten Blick die Verwandtschaft dieses Fisches mit den Alburnen.
Schlundknochen und Schlundzähne.
Auch die Beschuppung erinnert, namentlich bei jüngeren Individuen, an die der Alburnen, nur mit dem Unterschied, dass bei keiner anderen Alburnus-Species die Radien so deut - lich erhaben an den Schuppen hervortreten, als bei A. dolabratus. Die Afterflosse dieses Fisches enthält viel weniger Strahlen als die der übrigen Alburnen; in der Mehrzahl habe ich 10 bis 12 weiche, zertheilte Strahlen in seiner Afterflosse gezählt, nur ein einziges Mal habe ich unter 26 Exemplaren166Familie: Cyprinoidei.16 weiche Strahlen in der Afterflosse angetroffen; da ausserdem die After - flosse des A. dolabratus nach hinten nur äusserst wenig verjüngt ist und an ihrem unteren Rande etwas convex erscheint, während die übrigen Alburnen einen seicht concaven Unterrand an ihrer Afterflosse besitzen, so erhält dieser Alburnus durch die Umrisse seiner Afterflosse ein ganz auffallendes Ansehen. In Bezug auf Färbung macht sich an allen Schuppen des A. dolabratus ein eigenthümlicher Saum von einzelnen punctförmigen schwarzen Pigmentflecken am Hinterrande aller Schuppen bemerkbar, welchen Günther auf der von ihm gelieferten sehr guten Abbildung dieses Fisches getreu dargestellt hat; eine Pigmentirung dieser Art hat sich bis jetzt bei keinem anderen Alburnus wahr - nehmen lassen. Die paarigen Flossen, sowie die Afterflosse haben eine schmutzig blassrothe Farbe, Rücken - und Schwanzflosse sind dagegen grau gefärbt und besitzen einen schwärzlichen Saum.
Der A. dolabratus kömmt meistens in einer Grösse von 8½ bis 9½ Zoll vor, doch habe ich auch Individuen angetroffen, welche bis zu 12 Zoll ausge - wachsen waren.
Die Verbreitung dieses Fisches schien anfangs nach den Beobachtungen von Holandre, Selys-Longchamps und Schaefer nur auf die Mosel beschränkt zu sein, durch spätere Untersuchungen hat es sich aber herausgestellt, dass derselbe auch im Neckar und in einigen Seitengewässern der Donau vor - kömmt. Zwar hat Günther (a. a. O.) seinen Abramis dobuloides des Neckar, den er früher für Holandre’s Leuciscus dolabratus erkannt hatte, in jüngster Zeit wieder ganz von diesem getrennt, allein nachdem ich durch die Güte des Herrn Selys-Longchamps aus Belgien und des Herrn Schnur aus Trier Exem - plare des A. dolabratus der Mosel mit Exemplaren desselben Fisches, welche mir Herr Krauss vom Neckar gefälligst eingesendet hatte, zu vergleichen im Stande gewesen bin, habe ich mich von der Identität aller dieser Fische über - zeugt, und muss ich die Unterschiede in den Maass-Bestimmungen, welche Günther zwischen A. dolabratus der Mosel und des Neckar bemerkt haben will, nur für ganz unerhebliche, von den verschiedenen Alterszuständen der untersuchten Exemplare herrührende Abweichungen erklären. Auch be - zweifle ich nicht das Vorkommen des A. dolabratus im Mittelrhein, denn jener spannenlange Alburnus, welcher an Hermann (Nr. 43: pag. 327) unter dem Namen » grosse Lauge « überbracht wurde und welcher nur höchst selten bei Strassburg im Rhein gefangen wird, war gewiss ein A. dolabratus; ich schliesse dies aus den wenigen Strahlen, welche derselbe in der Afterflosse besessen haben soll, und aus Hermann’s Frage1)Hermann’s Frage lautet (Nr. 43: pag. 327) wörtlich: » Pinnae dorsalis radü 9; analis 14 aut 15. Pinnae, maxime pectorales, analis, caudalisque basi virescentes. Linea lateralis in ordine squamarum nono. An hic Jeses? «, ob dieser Fisch nicht ein167Gattung: Alburnus.Jeses gewesen sei, unter welcher Bezeichnung jedenfalls ein Cyprinus mit kurzer Afterflosse zu verstehen ist. Aus dem Donau-Gebiete habe ich den A. dolabratus hier kennen gelernt, indem derselbe auf dem hiesigen Fisch - markte zwischen den sogenannten Rothaugen der Donau, Isar, Würm und Amper, und zwischen den Mai-Renken des Ammer - und Starenberger Sees hier und da, aber immer ganz einzeln vorkömmt. Einen besondern Namen führt dieser Fisch hier nicht. Einmal wurde mir von einem Fischer ein grösseres Exemplar dieses Fisches als ein Schied (Aspius rapax) übergeben. Andere erfahrene Fischer gaben mir auf die Frage, was der A. dolabratus für ein Fisch sei, die auffallende Antwort: dies sei kein richtiger Fisch.
Die Laichzeit dieses Fisches fällt in den Monat Mai, um diese Zeit wenig - stens bemerkte ich in den weiblichen Individuen desselben reifen Rogen.
Wenn ich die verschiedenen schwankenden Ansichten erwäge, nach welchen die Stellung dieses Fisches im Systeme beurtheilt wird, so kann ich mich des Gedankens nicht erwehren, dass auch diese Fischform als ein Ba - stard aufgefasst werden müsse. Es wird aber bei diesem Fische schwer zu unterscheiden sein, welche reinen Fische durch Kreuzung den A. dolabratus erzeugt haben könnten; dass ein Alburnus dabei betheiligt gewesen, dürfte wohl als sicher anzunehmen sein, da die Kopfform, sowie die Schlund - knochen und die Schlundzähne dieses Fisches so bestimmt auf einen Alburnus hinweisen. Im Widerspruch damit steht aber die ganz abweichende After - flossen - und Schuppen-Bildung.
Die Frage, ob vielleicht Scardinius erythrophthalmus mit einem Alburnus zur Erzeugung des A. dolabratus beigetragen haben hönnte, liesse sich da - durch rechtfertigen, dass Heckel (a. a. O.) in dem Cyprinus dolabratus des Holandre einen Scardinius erkennen wollte und Dybowski1)Vergl. dessen Cyprinoiden Livlands (a. a. O.) pag. 133. — Dybowski hat übrigens (ebenda pag. 159) Günther’s Abramis dolabratus des Neckar als Alburnus dolabratus von Holandre’s Leuciscus dolabratus der Mosel getrennt gehalten, weil der letztere Fisch nach Angabe von Selys-Longchamps eine andere Form des Unterkiefers besitzen soll als Alburnus lucidus. Dass diese Trennung nicht gerechtfertigt werden kann, habe ich schon oben erwähnt. denselben wirk - lich als Scardinius dolabratus aufgeführt hat. Ich kann indessen dieser An - schauungsweise nicht beitreten, da diejenigen Organisations-Verhältnisse des A. dolabratus, welche an Scardinius erinnern könnten, auch der Gattung Alburnus eigenthümlich sind. Ganz anders verhält es sich mit Squalius, zu welcher Gattung Selys-Longchamps den A. dolabratus gestellt. Die strah - lenarme ziemlich hohe Afterflosse mit ihrem etwas convexen Unterrande, die groben Radien und die eigenthümliche Pigmentirung der Schuppen, sowie der ganze Körperumriss dieses Fisches erinnern an den Squalius Cephalus (Do -168Familie: Cyprinoidei.bula); die Aehnlichkeit des A. dolabratus in der Färbung mit dem eben ge - nannten Squalius haben Günther sogar veranlasst, denselben Fisch in seiner zweiten Abhandlung als Abramis dobuloides zu bezeichnen. Aus diesen Grün - den glaube ich, wenn sich mit der Zeit der A. dolabratus wirklich als ein Bastard herausstellen sollte, jetzt schon die Vermuthung aussprechen zu können, dass diese Bastardform durch Kreuzung eines Alburnus lucidus mit einem Squalius Cephalus zu Stande gekommen ist.
Alburnus lucidus scheint übrigens noch mit anderen Cyprinoiden Bastard - bildungen erzeugen zu können. Ich schliesse dies aus einer Cyprinoiden - Form, welche ich im zoologischen Cabinete zu Greifswald als Aspius marga - ritaceus aufbewahrt fand. Bei der ersten oberflächlichen Betrachtung machte mir dieser Fisch den Eindruck eines A. dolabratus, allein bei genauerer Prüfung stellte er sich als etwas anderes heraus. Die Mundspalte, welche ziemlich steil aufsteigt, öffnete sich nach oben, die Schnauze war dadurch um vieles kürzer als bei A. dolabratus, der Oberkieferrand besass in der Mitte einen schwachen Ausschnitt, das Kinn des Unterkiefers war nur sehr wenig verdickt. Der nicht sehr langgestreckte Körper erschien auf dem Rücken eher abgerundet als comprimirt. Der Bauch besass hinter den Bauchflossen eine deutliche Kante. Die Schlundknochen und Zähne glichen denen des A. dolabratus, letztere bildeten aber die Formel: links 3.5 u. 5.2 rechts. Die Flossenstrahlen, nämlich D. 3 / 8, V. 2 / 8, A. 3 / 13 und die Beschuppung 7 / 45 / 3 konnten auf A. dolabratus bezogen werden, ebenso die Umrisse der ziemlich hohen Afterflosse und die sehr deutlich ausgeprägten Radien der Schuppen, auch an dem Hinterrande der Schuppen konnte, obgleich der ganze Fisch sehr ausgebleicht war, eine Andeutung schwarzer Pigmentirung noch erkannt werden. Im Hinblick auf die Zahnformel, auf die kurze Schnauze und den kurzen Körper war es mir nicht möglich, diesen im Ryckflusse gefangenen Fisch, welcher eine Länge von 7¼ Zoll und eine Höhe von 4¾ Zoll besass, mit A. dolabratus zu identificiren; da ausserdem dieser Fisch mit keinem anderen Alburnus übereinstimmen wollte, durfte ich ihn wohl als einen Ba - stard ansprechen.
Ebenso gieng es mir mit einem auf dem Fischmarkte zu Königsberg im September 1860 zwischen Rothaugen und Güstern vorgefundenen Fisch von 5½ Zoll Länge und 1¼ Zoll Höhe, den ich als Bliccopsis alburniformis be - zeichnen will; sein enges Maul ist endständig und sehr wenig schief gestellt, in der Mitte des Oberkieferrandes befindet sich keine Vertiefung, und am Kinn macht sich keine Verdickung bemerklich; der hochrückige kurze Leib er - scheint sehr comprimirt; dem Vorderrücken fehlt die nackte Furche, während die hinter den Bauchflossen befindliche Kante eine schuppenlose Furche be - sitzt; die Schlundknochen und Zähne mit der Formel 2.5 — 5.2, sowie die Beschuppung 8 / 47 / 4 erinnern an Bliccopsis abramo-rutilus, während die169Gattung: Aspius.Strahlen der Flossen nämlich: D. 3 / 8, V. 2 / 8 und A. 3 / 19, sowie die Umrisse der nach hinten sehr verjüngten Afterflosse und die Schuppen mit äusserst schwach angedeuteten Radien auf Alburnus lucidus hinweisen. Alle diese Verhältnisse rufen in mir die Vermuthung hervor, dass auch dieser Fisch nichts anderes als ein Bastard sei, bei dessen Erzeugung sich eine Blicca und ein Alburnus betheiligt haben.
Gattungscharakter: Die Schlundzähne in zwei Reihen zu 3 und 5 stehend, mit conisch verlängerten und hakenförmig umge - bogenen Kronen ohne Einkerbungen; der mit einem vor - stehenden Kinne versehene Unterkiefer greift in eine Ver - tiefung der Zwischenkiefer ein; die kurze Rückenflosse steht hinter den Bauchflossen, die Afterflosse mit langer Basis beginnt hinter dem Ende der Rückenflosse; der Bauch bildet zwischen den Bauchflossen und dem After eine Kante.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 6. n. 19, Descr. spec. pag. 14. n. 6, Syn. nom. pisc. pag. 14. n. 31.
Linné Nr. 2: pag. 530. n. 22. Cyprinus Aspius.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 48. Taf. 7. Cyprinus Aspius, Rapfen.
Nau Nr. 45: pag. 95. Cyprinus Aspius, Mulbe.
Schrank Nr. 23 a: pag. 331. n. 311. Cyprinus Aspius, Schied.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 23. Cyprinus Aspius, Rappe.
Bujack Nr. 97: pag. 337. Cyprinus Aspius, Raapfen.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 500. Aspius rapax, Rape.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 265. Leuciscus Aspius.
Leiblein Nr. 51: pag. 122. Aspius vulgaris.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 142. Fig. 74 u. 75. Aspius rapax, Schied.
Fritsch Nr. 75: pag. 202. Aspius rapax.
Artcharakter: Mundöffnung nach oben gerichtet, Mundspalte sehr weit; der gestreckte Leib etwas seitlich zusammenge - drückt; Augen und Schuppenklein, die letzteren mit deut - lichen erhabenen Radien; die Afterflosse besitzt 14 weiche getheilte Strahlen1)Vergl. Heckel: Die Fische Syriens. pag. 1008. Taf. I. Aspius rapax, Fangzähne..
D. 3 / 8, P. 1 / 16, V. 2 / 8 — 9, A. 3 / 14, C. 19, Squ. 11 — 12 / 67 — 70 / 4 — 5.
170Familie: Cyprinoidei.Schlundknochen und Schlundzähne (nach Heckel und Kner).
Es ist der Schied gleichsam die Rie - senform unter den Alburnen, mit denen Agassiz1)Vergl. Agassiz Nr. 7: pag. 38 oder Nr. 8: pag. 80. diesen Fisch in einer und derselben Gattung Aspius vereinigt hatte. Die Anordnung und der Bau der Schlundzähne ist aber so eigen - thümlicher Art, dass sich die Trennung der beiden Gattungen Aspius und Al - burnus sehr gut rechtfertigen lässt. Die kleinen Augen des Schied, sowie die kleinen Schuppen desselben geben diesem Fische ein so charakteristisches Ansehen, dass derselbe auch in ganz jungen Entwicklungsstadien leicht von den grossäugigen und grossschuppigen Alburnen unterschieden werden kann. Ausserdem zeichnet sich dieser Fisch vor allen Alburnen noch durch seine tief ausgeschnittene Afterflosse aus, welche nach hinten zurückgeschlagen zweispitzig erscheint. Es kann der Schied eine Länge von 2 bis 3 Fuss er - reichen. Sein sehr weites Maul verräth auf den ersten Blick die räuberische Lebensweise, durch welche der Schied von den übrigen Cyprinoiden auffal - lend abweicht.
Die Seiten und der Bauch des A. rapax erscheinen weiss gefärbt, der Rücken sowie die Rücken - und Schwanzflosse desselben haben eine blau - graue Färbung, die hellen paarigen Flossen und die Afterflosse besitzen einen röthlichen Anflug.
Der Schied bewohnt die grösseren Flüsse und Seen von Mitteleuropa. In der Donau und im Chiemsee wird derselbe nicht selten von sehr bedeu - tender Grösse gefangen. Die jüngeren Individuen bis zu einer Länge von 14 oder 15 Zoll werden am Chiemsee » Rothschiedel « genannt. Wenn Schrank (a. a. O.) bei der Beschreibung des C. Aspius ausser » Schied « noch die Namen » Nervling « und » Schwarznervling « hinzufügte, welche beiden Namen in Bayern ebenfalls für diesen Fisch gebräuchlich sein sollen, so beruht diese Angabe gewiss nur auf einer Verwechslung, welche auch, wahrscheinlich durch Schrank dazu verleitet, von Perty, Reuss, Weber, Reider und Hahn begangen worden ist. Nach meinen Erfahrungen verstehen die bayrischen Fischer un - ter » Nervling « niemals Aspius rapax, sondern immer nur den Idus melanotus.
In allen der Nord - und Ostsee zufliessenden Stromgebieten ist der A. rapax ebenfalls einheimisch, auch in den grossen mit der Ostsee zusam - menhängenden und unter dem Namen » Haff « bekannten Seen fehlt derselbe nicht. Am Kurischen Haff wird dieser Fisch » Salat « genannt, während der - selbe in ganz Norddeutschland den Namen » Rapfen « führt.
171Gattung: Leucaspius.Die Laichzeit des Schied fällt in den Monat April und Mai, zu welcher Zeit dieser Fisch aus den Seen in die Flüsse hinaufsteigt. Die männlichen Individuen zeigen alsdann einen sehr auffallenden Hautausschlag. Der Rücken des Cephalothorax, die Unterkieferäste, sowie die Wangen und der Kiemen - deckel-Apparat bedecken sich mit kleinen, dichtstehenden halbkugelförmigen Körnern, ähnliche, dicht aneinander gereihte Körner fassen den Hinterrand der Rückenschuppen ein. Ganz merkwürdig nehmen sich die Schuppen des Schwanzes aus, deren freie Fläche mit einer Schwarte von ganz dichtstehen - den Körnern überzogen ist, während die Schuppen der Brust nur am Hinter - rande mit einer dichten Körnerreihe und auf der freien Fläche mit einzelnen Körnern besetzt sind; auch auf der inneren Fläche der Brustflossen-Strahlen stehen dichte mehrreihige Körnermassen.
Gattungscharakter: Die Schlundzähne bald in einfacher, bald in doppelter Reihe; die innere Reihe rechts mit vier, links mit fünf Zähnen, selten auf beiden Seiten mit fünf Zähnen. Vor der linken inneren Zahnreihe steht häufig ein kleiner ein - facher Zahn, nur äusserst selten ein doppelter Zahn, zu - weilen steht auch vor der rechten inneren Zahnreihe ein kleiner Zahn; die Kronen der innern Zahnreihe sind com - primirt, sägeförmig gekerbt und an der Spitze hakenför - mig umgebogen; das etwas verdickte Kinn greift in eine schwache Vertiefung der Zwischenkiefer ein; die Rücken - flosse mit kurzer Basis; die Afterflosse mit etwas verlän - gerter Basis; die radienlosen Schuppen ungemein leicht abfallend; der Bauch bildet zwischen Bauchflossen und After eine Kante.
(nach Heckel und Kner).
Syn. u. Citate.
Heckel Nr. 11 c: pag. 1041. Squalius delineatus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 295. Pl. 498. Leuciscus stymphalicus.
Czernay: in dem Bulletin de la société imp. des Naturalistes de Moscou. Année 1850, Tom. 23. Nr. 2. pag. 634, Année 1851. Tom. 24. Nr. 1. pag. 281. Tab. VII, Tom. 24. Nr. 3. pag. 259. Aspius Owsianka.
Maslowsky: Neue Beiträge zur Bestätigung der Fischart Owsianka und neue Beobachtungen über dieselbe, in dem Bulletin de Moscou a. a. O. Année 1854. Tom. 27. Nr. 2. pag. 442.
Kessler: ebenda. Année 1856. Tom. 29. Nr. 2. pag. 375 u. Année 1857. Tom. 30. Nr. 2. pag. 473. Aspius Owsianka.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 145. Fig. 76. Leucaspius abruptus u. pag. 193. Fig. 107. Squa - lius delineatus.
Dybowski: Cyprinoiden Livlands. pag. 147. Owsianka Czernayi, pag. 146. Leucaspius abruptus u. pag. 115. Squalius delineatus.
Artcharakter: Mund endständig mit steil aufwärts gerichteter Spalte; der mehr oder weniger gestreckte Leib etwas seit - lich zusammengedrückt; Seitenlinie nur auf die ersten acht bis zwölf Schuppen beschränkt; die Afterflosse 11 bis 13 weiche, getheilte Strahlen enthaltend, beginnt unter dem Ende der Rückenflosse.
D. 3 / 8, P. 1 / 13, V. 2 / 8, A. 3 / 11 — 13, C. 19, Squ. 7 — 8 / 48 / 4.
Dieser kleine Fisch, auf den man erst in neuerer Zeit aufmerksam ge - worden ist, kann seine Verwandtschaft mit den Alburnen nicht verläugnen, hat aber doch so viel eigenthümliches an sich, dass seine Erhebung zu einer besonderen Gattung durchaus nicht ausbleiben konnte.
Sein mehr oder weniger gestreckter Körper erscheint am Rücken kaum comprimirt. Sein breiter Scheitel geht ohne auffallenden Absatz in den fast geraden Rücken über. Sehr charakteristisch ist der Unterkiefer gebildet. Derselbe steigt von vorn ganz abgeflacht und breit in steiler Richtung auf und passt mit seinem schwach hervorragenden Kinne in eine schwache Aus - randung, welche die Mitte des Oberkieferrandes erkennen lässt. Die kurze Seitenlinie erinnert an die verkümmerte Seitenlinie des Bitterling. Die ra - dienlosen, sehr stark silberglänzenden Schuppen liegen ebenso dicht an den Leib gedrückt, wie bei den Alburnen und gehen auch ebenso leicht, wie bei diesen, verloren.
Schlundknochen und Schlundzähne.
Die Schlundknochen sind gleich denen der Alburnen von schwachem, schlankem Baue, variiren aber in der Zahl und Anordnung der Zähne ausserordentlich, so dass sich weder Einreihigkeit noch Doppelreihigkeit der Zähne als ein bestimmtes Gattungsmerkmal hin - stellen lässt. Bei 36 Individuen kam mir acht Mal auf beiden Seiten eine doppelte Zahnreihe vor, zehn Mal fand ich nur links allein und sechs Mal nur rechts allein eine doppelte Zahn -173Gattung: Leucaspius.reihe. Vorherrschend bilden vier Zähne rechts und fünf Zähne links die in - nere Zahnreihe, vor welcher bei zwölf Individuen weder auf der rechten noch linken Seite die Spur eines Zahnes zu erkennen war. Drei Mal zählte ich auf beiden Seiten an der inneren Zahnreihe fünf Zähne. Ein Individuum bot eine besonders abweichende Zahnformel dar, indem vor der rechten inneren fünf - zähnigen Reihe ein einziger kleiner Zahn und vor der linken inneren eben - falls fünfzähnigen Reihe zwei kleine Zähnchen zu erkennen waren. Die paa - rigen Flossen sind sehr kurz, die Rücken - und Afterflosse ziemlich niedrig, während die Schwanzflosse lang und tief eingeschnitten erscheint.
Der Rücken dieses Fischchens ist grünlichgelb gefärbt, an den schön sil - berglänzenden Leibesseiten desselben springt ein stahlblauer Längsstreifen in die Augen, welcher auf der hinteren Körperhälfte besonders stark ausgeprägt ist und von einer unter der Haut angebrachten Anhäufung schwarzen Pigmen - tes herrührt. Die Flossen zeigen sich sämmtlich farblos.
Der Leucaspius delineatus, welcher meistens eine Länge von 2½ bis 3 Zoll und selten bis 3½ Zoll erreicht, ist ein Bewohner des südöstlichen Europa’s, er kömmt aber auch im mittleren Europa vor und dürfte in den westlichen Gegenden Europa’s ebenfalls nicht fehlen, wo er vielleicht bis jetzt nur über - sehen worden ist. Nach den Erfahrungen russischer Faunisten findet sich die - ses Fischchen unter dem Namen » Owsianka « in den Flüssen Südrusslands all - gemein verbreitet. Von Virlet wurde derselbe Cyprinoide in dem griechischen See Zaraco (dem alten stymphalischen See) entdeckt1)Vergl. Valenciennes a. a. O., Heckel erhielt diesen kleinen Fisch von Datschitz in Mähren, von Aderkla bei Wien und aus der Umgebung von Lemberg. Ich fieng denselben in einem sehr kleinen Sumpfe bei Braunsberg, auch wurde derselbe in meiner Gegenwart bei Nikolaiken im Spirdingsee und bei Danzig im Heubuder See gefangen. In Berlin wurde mir derselbe zwischen mehreren Bitterlingen und Giebeln überbracht, welche in der Nähe der Havel gefangen waren. Blasius traf denselben sehr zahlreich bei Braunschweig in einem kleinen Nebenflusse der Ocker an.
Zur Zeit der Brunst, welche nach den Angaben von Czernay und Mas - lowsky2)S. Bulletin de Moscou a. a. O. 1854. Nr. 2. pag. 452. Von Blasius wurde nach einer mir gemachten mündlichen Mittheilung dieser Fisch vom April bis Ende Mai bei Braunschweig im Laich angetroffen. im April einzutreten scheint, macht sich bei diesem Fische hinter dem After eine aus drei Wülsten zusammengesetzte Urogenital-Papille bemerkbar.
Es variirt dieser Fisch in seiner Form und Färbung nach den verschiede - nen Aufenthaltsorten ebenso sehr wie die gemeine Laube, daher es gekommen sein mag, dass diese je nach den verschiedenen Fundorten verschieden gestal - teten Varietäten für ebenso viele Arten genommen worden sind. Auch Mas -174Familie: Cyprinoidei.lowsky1)Bulletin de Moscou. 1854. Nr. 2. pag. 446. hat auf die Schwankungen in den Körperverhältnissen bei der Owsianka hingewiesen. Heckel hat sich sogar durch die verschiedenen Abweichungen, welchen die Formel der Schlundzähne bei diesem Fischchen unterworfen ist, verleiten lassen, diejenigen Individuen mit doppelreihigen Zähnen als Squalius delineatus und diejenigen mit einreihigen Zähnen als Leucaspius abruptus zu beschreiben. Zwar scheinen Maslowsky2)Ebenda. pag. 448. und Kessler3)Ebenda. 1856. Nr. 2: pag. 375. nur Individuen der Owsianka mit doppelten Zahnreihen vor sich gehabt zu haben, deren Formel letzterer ebenfalls variiren sah, doch müssen demselben auch Individuen die - ses Fisches mit einreihigen Zähnen vorgekommen sein, da derselbe von den sehr kleinen äusseren Zähnen dieses Zahnsystems angiebt, dass sie bei dem Reinigen der Schlundknochen sehr leicht verloren gehen. Ich habe die mit einreihigen Zähnen besetzten Schlundknochen dieser Fischchen genau darauf angesehen und nicht bemerkt, dass die fehlenden vorderen Zähne etwa durch Abbrechen verloren gegangen waren. Aus dem Vergleichen der Abbildungen, welche Heckel und Kner (a. a. O.) von den beiden Fischen Leucaspius abruptus und Squalius delineatus geliefert haben, wird man sich von deren Zusammen - gehörigkeit auf den ersten Blick überzeugen. Auch die Original-Exemplare von beiden Fischen, welche ich im Wiener Naturalien-Cabinete zu vergleichen Gelegenheit hatte, boten mir keine Unterschiede dar; bei vier in dieser Samm - lung aufbewahrten Individuen des Squalius delineatus fand ich das Schlund - zahn-System noch unberührt, nach dessen näherer Untersuchung ich rechts 4 und links 5 Zähne einreihig geordnet antraf, nur bei einem einzigen Indivi - duum war noch vor den vier Zähnen der rechten Seite ein kleiner isolirter Zahn wahrzunehmen. Da ich ausserdem noch die Kronen fast aller Zähne die - ser Fische mehrfach gekerbt fand, so nahm ich keinen Anstand, die von Heckel und Kner in zwei verschiedenen Gattungen auseinander gehaltenen Fische un - ter dem Namen Leucaspius delineatus zu verschmelzen. Dybowski, welcher (a. a. O.) nach Heckel’s Angabe für dessen Squalius delineatus die Zahnformel 2. 5 — 5. 2 und für dessen Leucaspius abruptus die Zahnformel 5 — 5 beibehal - ten hat, sah sich veranlasst, die im Düna-Flussgebiet aufgefundenen Indivi - duen des Leucaspius delineatus als besondere Gattung und Art unter dem Na - men Owsianka Czernayi hinzustellen, weil er an denselben die Zahnformel 2. 5 — 4. 2 beobachtet hat; da aber Dybowski die von Czernay, Maslowsky und Kessler beschriebenen und mit sehr verschiedenen Zahnformeln ausgestatteten südrussischen Owsianken seiner neuen Gattung Owsianka beizählt, so giebt er dadurch stillschweigend zu, dass die Zahnformel seiner Gattung Owsianka ebenso variirt wie die Zahnformel von Leucaspius delineatus.
175Gattung: Leucaspius.Die an das Wiener Naturalien-Cabinet im Jahre 1855 eingesendeten Exem - plare des Leucaspius delineatus, welchen Blasius bei Braunschweig so zahl - reich aufgefunden hatte, waren von Heckel als Squalius delineatus bestimmt worden, diejenigen Exemplare, welche mir Herr Blasius gütigst überlassen hatte, besassen zum Theil einfache zum Theil doppelte Zahnreihen.
Obgleich Czernay1)S. Bulletin de Moscou a. a. O. 1851. Nr. 3: pag. 260. den Leuciscus stymphalicus des Valenciennes (a. a. O.) der Owsianka nur als sehr nahe stehend betrachten möchte, so glaube ich doch, dass dieser Fisch, den Valenciennes selbst für einen kleinen Alburnus erklärt hat, mit dem Leucaspius delineatus identisch ist. Auch die von Arendt2)S. Valenciennes: Histoire des poissons. Tom. XVII. pag 378. als Cypri - nus Fischeri bezeichneten Fische, welche derselbe unter dem Namen Owsianka aus dem Flusse Beresofka (Gouvernement Perm) erhalten hatte und welche Va - lenciennes als Brut von Haseln und Rothaugen erkannt haben wollte, dürften vielleicht eine Varietät des Leucaspius delineatus gewesen sein.
Da dieser Fisch in Niederöstreich und Mähren vorkömmt, so wäre es nicht unmöglich, dass sich derselbe noch in anderen Gegenden von Süddeutschland vorfindet, wo er bis jetzt vielleicht nur übersehen worden ist. Es scheint, dass der Leucaspius delineatus in früheren Zeiten bekannter gewesen ist und dass derselbe nach und nach mit der Brut anderer Cyprinoiden verwechselt wurde. In älteren ichthyologischen Schriften ist hier und da von sehr kleinen Fischen die Rede, welche vom Volke » Mutterloseken « oder » Moderliesken « genannt werden, von denen man glaubte, sie fänden mutterlos aus Schlamm und Moder ihre Entstehung. Ob diese Sage eine Wiederholung dessen ist, was Aristo - teles3)Vergl. dessen de animalibus historiae Lib. VI. Cap. 14. von den Aphyen mitgetheilt hat, muss ich dahin gestellt sein lassen, nur darauf will ich aufmerksam machen, dass Artedi und Linné unter ihrem Cyprinus Aphya etwas anderes als den Leucaspius delineatus verstanden haben. Ganz anders verhalten sich Schonevelde’s und Wulff’s Angaben über Aphya. Ersterer (Nr. 81: pag. 16) bezeichnete mit dem Namen Aphyae kleine zwei Zoll lange Fische, welche in Schleswig-Holstein » Mutterloseken « genannt wer - den und durch Urzeugung entstehen sollen. Seine kurze Beschreibung dieser Fischchen lässt freilich keine specielle Cyprinen-Form erkennen. Wulff (Nr. 94: pag. 44) giebt von Cyprinus Aphya Linné’s Beschreibung und fügt hinzu, dass dieser Fisch in Preussen » Moderliesken « genannt werde, sich in allen kleinen Gewässern vorfinde und dem Stinte (Osmerus Eperlanus) ähnlich sei. Auch Bock (Nr. 95: pag. 662) erwähnt das Moderliesken als preussischen Fisch, das in Gesellschaft des Stintes gefangen werde, lässt aber in seiner Be - schreibung dieses Fisches den Leucaspius delineatus nicht mit Sicherheit er -176Familie: Cyprinoidei.kennen. Bujack (Nr. 97: pag. 339) führt ebenfalls den Cyprinus Aphya mit dem Provincial-Namen » Mutterloseken « in seiner preussischen Fauna auf, aber nur mit der mangelhaften Beschreibung, welche die schwedischen Fau - nisten von dem Cyprinus Aphya gegeben haben, woraus hervorgeht, dass der - selbe keine preussischen Mutterloseken als Muster vor sich gehabt hat. Von Rathke) Nr. 98 b: pag. 22) erfahren wir, dass er diese Fische aus den Gewäs - sern Preussens noch nicht habe erhalten können; bei meiner letzten Anwesen - heit in Königsberg im Jahre 1860 fand ich in dem dortigen zoologischen Cabi - nete noch immer keine Moderliesken aufbewahrt, auch konnte mir ein Königs - berger Fischer, den ich nach diesem Fische befragte, im Pregel nichts anderes als gewöhnliche Rothaugen-Brut zeigen, die er für Moderlieskens erklärte. Um so überraschender war es mir, als mich mein Freund Liévin in Danzig darauf aufmerksam machte, dass in dem Heubuder See ohnweit Danzig ein kleiner Fisch vorkomme, der von den Fischern » Modke « genannt werde. Da mir die - ser Name eine Abkürzung von Moderlieske zu sein schien, liess ich in dem ge - nannten See nach diesen Modkes fischen und erhielt glücklicherweise einige Individuen davon, in denen ich zu meiner grössten Freude den Leucaspius de - lineatus wieder erkannte, den ich bereits von Braunsberg und Nikolaiken aber ohne deutschen Namen erhalten hatte. Von ganz besonderem Interesse war es mir endlich, dass mir bei meinem Aufenthalte in Braunschweig mitgetheilt wurde, der Leucaspius delineatus, welchen Blasius in einem Nebenflüsschen der Ocker entdeckt hatte, komme auch bei Gifhorn (fünf Stunden von Braun - schweig) in Torfstichgräben vor, und führe dort den Namen » Moderliesken «.
Gattungscharakter: Die Schlundzähne in zwei Reihen zu 3 und 5 stehend, mit seitlich zusammengedrückten und an der Spitze hakenförmig umgebogenen Kronen; Rückenflosse und Afterflosse mit kurzer Basis.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 172. Taf. 17. Rottel.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 5. n. 14, Descr. spec. pag. 6. n. 1, Syn. nom. pisc. pag. 14. n. 30 und pag. 7. n. 11.
Linné Nr. 2: pag. 529. n. 17. Cyprinus Idus und pag. 530. n. 20. Cyprinus Jeses.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 45. Taf. 6. Cyprinus Jeses, Aland.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 210. Cyprinus Idus.
177Gattung: Idus.Perty Nr. 24: pag. 719. Cyprinus Jeses, Schwarznervling.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 22. Cyprinus Jeses, Aland.
Bujack Nr. 97: pag. 337: Cyprinus Jeses, Aland.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 209. Leuciscus Idus u. neglectus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 160. Leuciscus Jeses.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 447. Leuciscus Idus.
Leiblein Nr. 51: pag. 122. Idus Idus.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 135. Fig. 147. Fig. 77. 78. Idus melanotus, Gängling.
Fritsch Nr. 75: pag. 202. Idus melanotus.
Varietät: Goldnerfling.
Baldner Nr. 42. pag. 231. Taf. 49. Goldgelbe Rottel.
Meyer Nr. 48: Th. I. pag. 31. Tab. 43. Rothe Orfe.
Artedi Nr. 1: Syn. nom. pisc. pag. 6. n. 8.
Linné Nr. 2: pag. 530. n. 18. Cyprinus Orfus.
Bloch Nr. 3 a: Th. III. pag. 138. Taf. 96. Cyprinus Orfus, Orfe.
Schrank Nr. 23 a: pag. 330. n. 310. Cyprinus Orfus, Goldnervling.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 224. Leuciscus Orphus.
Leiblein Nr. 51: pag. 121. Leuciscus Orfus, Rothorfe.
Heckel u. Kner Nr. 13: pag. 150. Idus melanotus, Varietät Orfe u. pag. 151. Idus miniatus.
Artcharakter: Mundöffnung endständig, die nicht sehr weite Mundspalte etwas schief gestellt; Leib mässig gestreckt und nur wenig zusammengedrückt; Augen und Schuppen klein; die Afterflosse mit 9 bis 10 weichen getheilten Strah - len1)S. Heckel’s Fische Syriens pag. 1008. Taf. I. Idus melanotus, Fangzähne..
D. 3 / 8 — 9, P. 1 / 15 — 16, V. 2 / 8, A. 3 / 10 — 11, C. 19, Squ. 9 — 10 / 56 — 59 / 4 — 5.
Der Nerfling gehört in die Reihe der grösseren Cyprinoiden, da er eine Grösse von 12 bis 15 Zoll und darüber erreichen kann. Im Verhältniss zu sei - ner Grösse sind die Augen und das endständige Maul nur klein, auch die klei - nen Schuppen und die grössere Anzahl der Längs-Schuppenreihen machen diesen Fisch leicht kenntlich. Noch sicherer lassen die starken Fangzähne in ihrer Zahl und Anordnung, sowie die sehr gedrungen gebauten Schlundkno - chen den Nerfling unterscheiden.
Schlundknochen und Schlundzähne (nach Heckel und Kner).
Dieser Fisch kömmt in zwei sehr auf - fallend verschiedenen Färbungen vor, von welchen die eine, die orangengelbe Färbung Veranlassung gegeben hat, den so gefärbten Idus melanotus unter der älteren Bezeichnung Cyprinus Orfus für eine besondere Art zu halten, für welche der Volksname » Orfe « allgemeine Verbreitung gefunden hatte. Die nahe Verwandtschaft der rothen Orfe und desv. Siebold, Fische. 12178Familie: Cyprinoidei.schwarzblauen Nerfling ist aber schon von dem Volke errathen worden, da Idus melanotus in seiner ursprünglichen schwarzblauen Färbung von den Fi - schern wenigstens hier in Bayern den Namen » Schwarznerfling « erhalten hat, während die rothe oder orangengelbe Varietät dieses Fisches mit dem Namen » Goldnerfling « bezeichnet wurde.
Die Farbe des Schwarznerfling ist nach dem Alter sehr verschieden. Im erwachsenen Zustande schimmert der ganze Oberrücken vom Scheitel bis zum Schwanzende schwarzblau, während die Seiten und der Bauch weisslich ge - färbt sind, alle Flossen besitzen eine röthliche Grundfarbe, über welche sich ein bläulicher Duft ausbreitet. Im jüngeren Alter tritt die rothe Färbung der Flossen besonders an der Afterflosse und den paarigen Flossen greller hervor, wobei dann auch die weisslichen Schuppen des auf dem Rücken nur wenig dunkel gefärbten Leibes einen bald stärkeren bald geringeren Messingglanz von sich geben. Bei der Goldorfe ist an die Stelle der schwarzblauen Farbe ein schönes Orangengelb getreten und die sämmtlichen Flossen zeigen ohne Beimischung eines bläulichen Duftes eine einfache orangengelbe Farbe.
Der Nerfling kömmt am häufigsten als Schwarznerfling vor und findet sich in dieser Färbung in allen grösseren Flüssen und Seen von Mitteleuropa. In den Teichen von Dinkelsbühl hat sich dieser Fisch schon seit vielen Jahren constant in die Goldorfe verwandelt, mit welcher Varietät von Dinkelsbühl aus ein starker Handel unterhalten wird, indem man es liebt, Weiher und Springbrunnen-Bassins mit diesem Goldnerfling zu schmücken, ja die jünge - ren Individuen desselben gelangen sogar als unechte Goldfische bis in die jetzt so beliebten Zimmer-Aquarien. Obwohl der Goldnerfling in der Umgegend von Dinkelsbühl recht eigentlich zu Hause ist, so kommen doch auch ander - wärts an dem Nerfling Ausartungen in der Farben-Entwicklung vor, welche den Nerfling zu einem Goldnerfling stempeln, ich erkenne wenigstens in der obenerwähnten Abbildung einer goldgelben Rottel, welche nach Baldner’s Aussage im Jahre 1668 in der III bei Strassburg gefangen worden1)In dem Manuscript des Baldner heisst es wörtlich: » Im Jahre 1668 ist dieser Fisch auf der Illen gefangen worden «, was Valenciennes (Nr. 5: T. XVII. pag. 226) ganz unrich - tig mit den Worten übersetzt hat: » Ce poisson fut pris dans l’Inn en 1688 «. Valenciennes hat auch den Namen » Rottel « in Baldner’s Manuscript unrichtig aufgefasst und in » Roth - kehl « verwandelt. Da Baldner’s goldgelbe Rottel in den Umrissen des Körpers und der Flossen ganz mit dem von ihm als » Rottel « bezeichneten Fisch übereinstimmt, so habe ich keinen Anstand genommen, beide Fische als identisch und den schwarzblau gefärbten » Rot - tel « als die Grundform des Idus melanotus zu betrachten, während Valenciennes (Nr. 5: T. 17. pag. 114 und 122) den Rottel gewiss mit Unrecht als Varietät zu Scardinius erythroph - thalmus gezogen hat., ganz deutlich eine Goldorfe, auch Nau (Nr. 45 a: pag. 80) meldet, dass die rothe Varietät des Nerfling sowohl im Rhein wie im Main vorkomme. Dass auch in Norddeutschland die Goldorfe vorkommen soll, möchte ich bezweifeln, es179Gattung: Idus.beruht diese Angabe, wie ich weiter unten nachweisen werde, auf einer Ver - wechslung der Goldorfe mit einer rothgefärbten Varietät des Leuciscus rutilus. Es ist das Fehlen der Goldorfe in Norddeutschland um so auffallender, als der Schwarznerfling dort überall verbreitet ist und unter den verschiedensten Na - men auf den Fischmärkten Norddeutschlands angetroffen wird. Im Elbe-Ge - biet hörte ich ihn » Aland, Alander « nennen, in Pommern führt er den Namen » Hartkopf «, in Preussen wird er » Göse, Gesenitz « und an den masurischen Seen » Rohrkarpfen « genannt. Eine ganz eigenthümliche Abart des Nerfling erhielt ich ganz kürzlich aus der Donau in zwei Exemplaren, welche sich durch einen fast vollständigen Mangel des schwarzkörnigen Pigmentes auf der Rückenseite des Körpers auszeichneten, ohne dass rothes Pigment an die Stelle getreten war, wodurch mich diese beiden Fische an jene ganz blass colorirte Abbil - dung erinnerten, in welcher Meidinger1)Vergl. Nr. 30: Dec. II. Tab. XIV. seinen Cyprinus Idbarus dargestellt hat. Eine ähnliche blassrothe Varietät, welche von Heckel unter dem Namen Idus miniatus zu einer besonderen Art erhoben wurde, lebt in dem Teiche des kais. Hofgartens der Burg in Wien. Ich fand wenigstens zwischen den im Wiener Naturalien-Cabinete aufbewahrten Individuen dieses I. miniatus und dem I. melanotus keinen anderen Unterschied, als dass an denselben eine blassrothe Farbe die normale blauschwarze Färbung verdrängt hatte und diese letztere sich nur noch als verwaschene unregelmässige Binden oder Flecke geltend machte.
Die Laichzeit des Nerfling beginnt im April und währt bis Ende Mai. Um diese Zeit kömmt an den männlichen Individuen jener Hautausschlag zum Vorschein, der bei den meisten Cyprinoiden-Männchen die Brunstzeit anzeigt. Bei Idus melanotus bedeckt derselbe in Form von vielen kleinen weisslichen Wärzchen die ganze Oberseite des Kopfes bis nach vorne zwischen den bei - den Nasenlöchern, auch der Hautüberzug des Kiemendeckel-Apparates ist von solchen kleinen Wärzchen dicht übersät, ebenso sind alle Schuppen des Rückens und der Leibes-Seiten bis weit hinter der Rückenflosse an dem Hin - terrande mit einer einfachen Reihe solcher Wärzchen dicht eingefasst und auf der Fläche derselben mit einigen solchen Wärzchen besetzt, während zugleich auf der inneren Seite der Brustflossen der erste bis neunte Strahl dichtge - drängte Wärzchen-Reihen trägt, die auf den einzelnen Radien der getheilten Strahlen in ebenso viele einzelne Wärzchen-Reihen auslaufen.
Ich muss hier noch bemerken, dass die Bezeichnungen Cypr. Idus, Cypr. Jeses, Cypr. Dobula, Cypr. Idbarus, Cypr. Cephalus vielfältig von den Ichthyo - logen untereinander verwechselt worden sind, und dass Idus melanotus zu denjenigen Fischen gehört, für welche fast alle die eben erwähnten Namen von den verschiedenen Autoren verbraucht worden sind. Man muss es daher12*180Familie: Cyprinoidei.dem verstorbenen Heckel1)S. dessen Reisebericht, Anhang III. pag. 49 u. 65 besonders danken, dass er sich der Mühe unter - zogen hat, durch eine sehr umsichtige Zusammenstellung und Berichtigung der Synonyme dieser mit einander verwechselten Cyprinoiden Klarheit in diese Verwirrung zu bringen, freilich konnte die Verwechslung nicht überall er - kannt und nachgewiesen werden, weil die mangelhafte Beschreibung oder die ganz ungenügende Abbildung des Fisches gar keine Anhaltspunkte für die richtige Deutung desselben zuliess. Aus diesem Grunde war es mir bei den verschiedenen Fischfaunen, die nur Namens-Verzeichnisse darboten, nur dann möglich die betreffende Fisch-Species herauszufinden, wenn der Volks - name beigefügt war.
Gattungscharakter: Die Schlundzähne in zwei Reihen zu 3 und 5 gestellt, mit seitlich zusammengedrückten an der Innen - seite tief gesägten Kronen; die Basis der Rücken - und Af - terflosse kurz.
Syn. u. Citate.
Baldner Nr. 42: pag. 170. Taf. 16. Rothaug.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 3. n. 2, Descr. spec. pag. 9. n. 2, Syn. nom. pisc. pag. 4. n. 3.
Linné Nr. 2: pag. 530. n. 19. Cyprinus erythrophthalmus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 28. Taf. 1. Cyprinus erythrophthalmus, Plötze.
Schrank Nr. 23 a: pag. 330 n. 309. Cyprinus erythrophthalmus, Rothauge.
Hartmann Nr. 38 b: pag. 225. Cyprinus rutilus, Rothflosser, Rotten.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 24. Cyprinus erythrophthalmus, Rothfeder.
Bujack Nr. 97: pag. 338. Cyprinus erythrophthalmus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 213. Leuciscus erythrophthalmus.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 107. Leuciscus erythrophthalmus.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 421. Leuciscus erythrophthalmus.
Günther Nr. 47: pag. 80. Leuciscus erythrophthalmus, Rothauge.
Leiblein Nr. 51: pag. 122. Scardinius erythrophthalmus, Rothauge.
Rapp Nr. 41: pag. 8. Leuciscus erythrophthalmus, Rothauge.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 153. Fig. 79. 80. Scardinius erythrophthalmus, Rothauge und pag. 160. Fig. 85. Scardinius macrophthalmus (Kümmerer).
Fritsch Nr. 75: pag. 202. Scardinius erythrophthalmus.
181Gattung: Scardinius.Artcharakter: Mundöffnung endständig mit steil nach aufwärts gerichteter Spalte; der Körper etwas seitlich zusammen - gedrückt und bald mehr bald weniger hoch; der Bauch von der Basis der Bauchflossen bis zum After eine scharfe mit dachförmigen Schuppen bedeckte Kante bildend1)S. Heckel’s Fische Syriens. pag. 1008. Taf. I. Scardinius erythrophthalmus, Fang - zähne..
D. 3 / 8 — 9, P. 1 / 15 — 16, V. 2 / 8, A. 3 / 10 — 12, C. 19, Squ. 7 / 40 — 42 / 3 — 4.
Der Scardinius erythrophthalmus hat das Schicksal gehabt, sehr oft mit dem Leuciscus rutilus verwechselt zu werden2)In Folge der Verwechslungen des Cyprinus erythrophthalmus und Cyprinus rutilus haben Hartmann, Nenning und Schinz das Zurechtfinden in der Synonymie dieser beiden Fische ausserordentlich erschwert, obgleich am Bodensee und am Züricher See diese bei - den Fische als » Rotten « oder » Rottelen « (Scard. erythrophth. ) und als Furn oder Schwal (Leucisc. rutilus) deutlich unterschieden werden. Schinz hielt in seiner Fauna helvetica (a. a. O. pag. 155) den Schwal des Züricher See und den Furn des Bodensee mit Unrecht für die Plötze von Norddeutschland (Cypr. erythrophth. des Bloch); derselbe verbesserte den Fehler in seiner europäischen Fauna (1840. Bd. II. pag. 323), wo er den Scardinius erythrophthalmus beschreibt und demselben ganz richtig den schweizerischen Volksnamen Rotte und Rottelen beifügt; er verfällt aber bald darauf in seiner naturgeschichtlichen Darstellung des Kanton Zürich (1842. pag. 314) wieder in den früheren Fehler, indem er den Rotten (Scard. erythrophth. ) unter dem Namen Cypr, rutilus und den Schwal (Leu - ciscus rutilus) unter dem Namen Cypr. erythrophth. ) beschreibt, womit die Bezeichnungen der Züricher Fische, welche auf zwei grossen Oelgemälden im Rathhause zu Zürich seit vielen Jahren zur Schau und Belehrung aufgestellt sind, gänzlich im Widerspruch stehen, denn man wird bei Betrachtung dieser Oelgemälde in dem Rottelen den Scard. erythro - phthalmus und in dem Schwal den Leuciscus rutilus auf den ersten Blick erkennen. Auch Bloch hat die Volksnamen » Plötze « und » Rothauge « ebenfalls verwechselt, auf den Berliner Fischmärkten heisst Scardinius erythrophthalmus Rothauge und Leuciscus rutilus Plötze., selbst die Fischer, welche sonst ein gutes Auge für gewisse Unterscheidungszeichen nahe verwandter Fische besitzen, unterscheiden nicht immer diese beiden Fische und gebrau - chen häufig die Volksnamen » Rothauge «, » Rothfeder «, » Rothflosser « für beide Fischarten zugleich, und doch sind bei beiden Cyprinoiden so scharfe und be - stimmte Gattungscharaktere vorhanden, dass wenigstens von Seiten eines Ichthyologen keine Verwechslung dieser beiden Cyprinoiden möglich erscheint. Zwar ist der Scard. erythrophthalmus mancherlei Abänderungen unterworfen, wobei jedoch der steil aufsteigende Unterkiefer sowie die zwischen den Bauch - flossen und dem After befindliche scharfe Bauchkante, welche bei allen Va - rietäten bemerkbar bleiben, allein schon ausreichen dürften, diesen Cypri - noiden von dem Leuciscus rutilus zu unterscheiden: fasst man nun gar die charakteristischen doppelreihigen Schlundzähne des Scard. erythrophthalmus ins Auge, deren lange seitlich zusammengedrückte Kronen so scharf und regel - mässig gesägt sind, wie bei keinem anderen unserer Cyprinoiden, so hat man182Familie: Cyprinoidei.Anhaltspunkte genug, um diesen Fisch ganz sicher zu bestimmen. Auf die Körperhöhe kann bei Scard. erythrophthalmus kein sehr grosses Gewicht ge -
Schlundknochen und Schlundzähne (nach Heckel und Kner).
legt werden, da neben sehr hochrücki - gen Individuen, besonders im jüngeren Alter, auch Individuen mit mehr oder weniger niedrigem Rücken vorkommen. Auch die Grossschuppigkeit giebt zur Erkennung des Scard. erythrophthalmus keinen Anhaltspunkt, da bei den hoch - rückigen Formen des Leucisc. rutilus die Schuppen sich ebenfalls sehr gross ent - wickelt haben.
In der Färbung ist der Scard. erythrophthalmus ebenfalls vielen Schwan - kungen unterworfen. Es hängen diese Farben-Veränderungen gewiss von den Einflüssen der verschiedenen Gewässer ab, in denen sich diese Fisch - art aufhält. Die normale Färbung dieser Karpfen-Species besteht in Folgen - dem. Der Rücken erscheint braungrün, die Seiten glänzen messinggelb, die Bauchflossen sowie die After - und Schwanzflosse prangen mit einem präch - tigen Roth und stechen von den Brustflossen und der Rückenflosse, an wel - chen die rothe Färbung durch dunkle Pigmentirung getrübt ist, auffallend ab; in einem solchen Farbenkleide hat sich dieser Fisch mit Recht den Volks - namen: » Rothflosser « oder » Rothfeder « erworben, da an keinem anderen un - serer rothflossigen Fische eine so intensive rothe Farbe der Flossen zum Vor - schein kömmt. Den Namen » Rothauge « verdankt dieselbe Fischart dem rothen Flecke, mit welchem die goldgelbgefärbte Regenbogenhaut der beiden Augen geschmückt ist, da aber die Augen noch vieler anderen Cyprinoiden ganz ähn - lich gefärbt sind, so ist der obige Name für die in Rede stehende Karpfen - Species nicht glücklich gewählt.
Als Abweichung von der normalen Färbung des Scard. erythrophthal - mus kommen häufig sehr helle Individuen vor, bei denen die charakteristische rothe Farbe der Flossen mehr oder weniger erblasst, zuweilen sogar bis zur Farblosigkeit zurückgetreten ist. Eine durch äusserst dunkle Färbung sich auszeichnende Varietät, bei welcher alle Farben des Körpers und der Flossen sich in ein dunkles Schwarzblau umgewandelt haben, wurde früher von Heckel (Nr. 11 c: pag. 1037) als eine besondere Art unter dem Namen Scar - dinius hesperidicus aufgeführt, aber später (Nr. 13: pag. 156) als blosse Far - ben-Varietät des Scard. erythrophth. erkannt. Heckel und Kner (ebenda) be - trachten diese Varietas hesperidica als eine südliche Spielart dieses Fisches, als deren nördlichstes Vorkommen der Garda-See von ihnen angeführt wird. Es ist aber das Vorkommen dieser Spielart nicht bloss auf die transalpinischen183Gattung: Leuciscus.Gewässer beschränkt, da ich dieselbe auch in dem herrlich tiefblau gefärbten Achen-See angetroffen habe.
Dieser Fisch, welcher nur selten die Grösse von 12 Zoll erreicht, kömmt in allen Fluss-Gebieten von Mitteleuropa sehr häufig vor; als Lieblings-Aufent - halt wählt sich derselbe aber gern stilles Wasser aus, daher man ihn in den sogenannten Altwässern am häufigsten antrifft, aber auch die meisten mittel - europäischen Seen werden von diesem Fische bewohnt.
Es hält sich der Scardinius erythrophthalmus, dessen Laichzeit in die Mo - nate April und Mai fällt, gern auf dem Grunde der Gewässer auf, wo sich derselbe nach Art der Schleihen und Gareiseln im Schlamme seine Nahrung sucht. Während der Laichzeit werden alle Farben dieses Fisches um vieles dunkler; als Hautausschlag machen sich um diese Zeit an den männlichen Individuen der Rothfeder eine Menge kleiner und sehr dicht stehender Körner bemerkbar, welche den Scheitel und die Schuppen des Rückens einnehmen, zugleich aber auch die innere Seite der vordern Brustflossenstrahlen besetzt halten.
Gattungscharakter: Die Schlundzähne stehen in einfacher Reihe, auf dem linken Schlundknochen zu 6 oder 5, auf dem rech - ten Schlundknochen immer zu 5. Die vorderen Zahnkronen haben eine conische Gestalt, die hinteren dagegen sind seitlich zusammengedrückt, mit einer schräg abgeschlif - fenen und nach innen in einen Haken auslaufenden Kau - fläche; Rücken - und Afterflosse mit kurzer Basis.
Die Gattung Leuciscus steht der von Heckel (Nr. 11 c: pag. 1038) aufge - stellten Gattung Leucos ausserordentlich nahe und unterscheidet sich nur durch die Zahl der Schlundzähne von der letzteren, indem nämlich Leucos auf bei - den Seiten fünf Schlundzähne besitzt, trägt nach Heckel Leuciscus auf dem linken Schlundknochen sechs Zähne und auf dem rechten Schlundknochen fünf Zähne. Ich muss hiergegen einwenden, dass ich bei vielen Individuen des Leuciscus rutilus auf beiden Schlundknochen fünf Zähne angetroffen habe, welche demnach zu der Gattung Leucos hätten gerechnet werden müssen. Ich bemerke ausdrücklich, dass ich an solchen der Gattung Leucos entspre - chenden Leuciscen nicht etwa einen abgebrochenen sechsten Zahn übersehen habe. Aus diesem Grunde kann ich mich nicht entschliessen, die Gattung Leucos von Leuciscus zu trennen, sondern schlage vielmehr vor, dieselbe mit184Familie: Cyprinoidei.Leuciscus wieder zu vereinigen, zumal da Heckel selbst sagt (Nr. 11 c: pag. 1038. Anmerk. ), dass fast alle Leucos-Arten das Aussehen von Leuciscus rutilus haben. Es mögen dann diejenigen Arten, in welchen constant die bei - den Schlundknochen fünf Zähne oder links sechs und rechts fünf Zähne tragen, als eine besondere Gruppe oder Untergattung zusammengestellt werden. Dass das Aufstellen und Festhalten dieser Gattung Leucos zu Irrungen und Ver - wechslungen führen musste, liess sich voraussehen, Heckel selbst hat sich denselben nicht entziehen können. Die durch Heckel als Leucos von den übrigen Leuciscen getrennten Cyprinoiden mit constanter Zahnformel 5 — 5 ge - hören dem südlichen Europa an; so bewohnt Leucos aula und rubella die ita - lienischen Gewässer und Leucos adspersus die dalmatinischen Gewässer. Diesseits der Alpen fehlen diese Leuciscus-Formen gänzlich, dennoch führt Heckel (Nr. 13: pag. 165) Leucos rubella als einen Innfisch auf; ich habe mir vergebens die grösste Mühe gegeben, diesen Fisch, welcher an Heckel von Brixlegg aus eingesendet worden war, gleichfalls aus dem Inn zu erhalten, aber weder in Kufstein, in Brixlegg, noch in Innsbruck wollte es mir gelingen, eines Leucos rubella habhaft zu werden. Ich möchte daher vermuthen, dass Heckel unter den aus Brixlegg eingesendeten Cyprinoiden Individuen von Leuciscus rutilus vorfand, welche zufällig die Zahnformel 5 — 5 enthielten und um so leichter für Leucos rubella gehalten werden konnten, als gerade bei diesem letzteren Cyprinoiden die ihm sonst eigenthümliche bleigraue Seitenbinde zu - weilen gänzlich fehlen kann. Wie hoch Heckel für seine Gattung Leucos die Zahnformel 5 — 5 als Gattungscharakter angeschlagen hat, dies lehrte mich eine nähere Untersuchung seines Leucos basak (Nr. 13: pag. 166) aus Dalma - tien, von welchem acht Exemplare im Wiener Naturalien-Cabinet aufbewahrt werden. In sieben dieser Exemplare fand ich die Schlundknochen noch ganz unberührt in den Kiemenhöhlen verborgen, nach Herausnahme und näherer Besichtigung derselben ergab es sich, dass vier Individuen die Zahnformel 5 — 5 an sich trugen, während bei drei Individuen der linke Schlundknochen mit 6 und der rechte mit 5 Zähnen besetzt war, so dass ich nach dem übri - gen Aussehen und Verhalten dieser Cyprinoiden den Leucos basak überhaupt für nichts anderes als für einen Leuciscus rutilus mit gestrecktem niedrigem Leibe habe halten müssen.
Syn. u. Citate.
Artedi Nr. 1: Gen. pisc. pag. 3. n. 1, Descr. spec. pag. 10. n. 3. Syn. nom. pisc. pag. 10. n. 18.
Linné Nr. 2: pag. 529. n. 16. Cyprinus rutilus.
Bloch Nr. 3 a: Th. I. pag. 32. Taf. 2. Cyprinus rutilus, Rothauge.
Hermann Nr. 43: pag. 323. Cyprinus rutilus.
185Gattung: Leuciscus.Hartmann Nr. 38 b: pag. 221. Cyprinus erythrophthalmus, Furn, Schwall.
Perty Nr. 24: pag. 719. Cyprinus rutilus, Rothauge.
Gloger Nr. 88: pag. 75. n. 25. Cyprinus rutilus, Rothauge.
Agassiz Nr. 7: pag. 38 oder Nr. 8: pag. 79. Leuciscus rutilus, prasinus und decipiens.
Bujack Nr. 97: pag. 337. Cyprinus rutilus.
Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 210 — 212. n. 27 — 30. Leuciscus Selysii Heck., Leuciscus Je - ses Jur., Leuciscus rutilus Lin., Leuciscus rutiloides Sel. Pl. 6. Fig. 1 u. 2. Pl. 7. Fig. 1 u. 2.
Valenciennes Nr. 5: T. XVII. pag. 130. Leuciscus rutilus, pag. 149. Pl. 493. Leuciscus ru - tiloides Sel., pag. 153. Leuciscus prasinus Agass, pag. 198. Leuciscus Selysii Heck.
Heckel Nr. 11 c: pag. 1038. Leucos Selysii u. rutiloides, und pag. 1039. Leuciscus rutilus, Pausingeri u. prasinus.
Krøyer Nr. 82: Bd. III. pag. 435. Leuciscus rutilus.
Günther Nr. 47: pag. 74. Leuciscus rutilus, Rothauge.
Leiblein Nr. 51: pag. 121. Leuciscus rutilus, Rothflosser.
Rapp Nr. 41: pag. 8. Leuciscus rutilus, Rothauge.
Heckel und Kner Nr. 13: pag. 169. Fig. 91. Leuciscus rutilus, pag. 172. Fig. 92. Leuciscus Pausingeri.
Fritsch Nr. 75: pag. 203. Leuciscus rutilus, Plötze.
Artcharakter: Maul endständig, Körper etwas seitlich zusammen - gedrückt und mehr oder weniger gestreckt; die seitlich comprimirten Kronen der hinteren Schlundzähne auf der noch nicht abgeschliffenen Kaufläche mehrmals gekerbt; Schuppen gross.
D. 3 / 10 — 11, P. 1 / 15, V. 2 / 8, A. 3 / 9 — 11, C. 19, Squ. 7 — 8 / 42 — 44 / 3 — 4.
Obwohl das Rothauge zu den verbreitetsten und häufigsten Fischen in Mitteleuropa gehört, so ist derselbe dennoch vielfach verkannt worden, indem dieser Fisch in seinen Körperumrissen und Färbungen mancherlei Abände - rungen unterworfen ist, auf welche man ebensoviel Artformen gründen zu müssen glaubte. Es kommen hier wie bei dem Gareisel (Carassius vulgaris) und bei der gemeinen Laube (Alburnus lucidus) kurze hochrückige und lang - gestreckte niedrige Individuen vor. Dergleichen Formabweichungen verdan - ken wahrscheinlich den verschiedenen Eigenschaften der Gewässer, des Auf - enthaltsortes und der Nahrung ihre Entstehung, wodurch sich ganz bestimmte mit immer wiederkehrenden Charakteren ausgestattete Varietäten ausprägen. Bei allen diesen verschiedenen Formen behält aber der Kopf seine eigenthüm - lichen Grössenverhältnisse, das heisst, er bleibt kurz und gedrungen, wobei sich jedoch der Umfang der Augen bald etwas vergrössern bald etwas verklei - nern kann, die Schnauze bald mehr bald weniger gedunsen erscheint und die Unterseite derselben durch zwei Vorsprünge am Unterkiefergelenk mehr oder weniger uneben gemacht wird. In der am häufigsten vorkommenden Form, welche daher als Grundform angesehen werden kann, zeigt das Rothauge einen nur mässig hohen Rücken und einen nur wenig seitlich zusammengedrückten186Familie: Cyprinoidei.nicht langgestreckten Leib, die Schnauze desselben ist gedunsen und die Augen haben einen grösseren Umfang.
Von den verschiedenen, mit besonderen Artnamen in das Fischsystem eingeführten Varietäten ist mir hier in Bayern eine Abart ganz besonders auf - gefallen, welche mit dem oben angeführten Leuciscus rutiloides des Herrn Selys (Nr. 58: pag. 212) übereinstimmt, und wegen ihres hohen Rückens und ihres kürzeren, seitlich ziemlich zusammengedrückten Leibes, ferner wegen ihrer mageren Schnauze und ihrer kleineren Augen mich längere Zeit irre geleitet hat, indem auch ich in dieser Abart, an welcher ausserdem noch das Unterkiefergelenk keine hervorspringenden Ecken bildet, anfangs eine beson - dere Species habe erkennen wollen. Aus denselben Gründen kann ich auch Heckel’s Leuciscus Pausingeri (s. Nr. 13: pag. 172) nur für eine hochrückige Varietät des gemeinen Rothauges erklären. Auch der von Agassiz als Leuciscus decipiens bezeichnete Weissfisch, von dem ich ein Exemplar im Wiener Naturalien-Cabinet vorfand, ist mir als eine hochrückige Rothaugen-Form erschienen.
Aus der Zahnformel 5 — 5, welche ich bei mehreren Individuen dieser Rothaugen-Form angetroffen habe, glaubte ich sogar Heckel gerechtfertigt zu sehen, welcher (Nr. 11 c: pag. 1038) diesen Leuciscus rutiloides des Selys mit einem Fragezeichen zu seiner Gattung Leucos gestellt hatte. Kirschbaum (Nr. 54: pag. 19) ist auf ähnliche Weise verleitet worden, diese Rothaugen-Form als Leucos rutiloides aufzuführen, wie ich mich an zwei von demselben als Leucos rutiloides gedeuteten und mir gütigst überlassenen Rothaugen des Rheins überzeugt habe. Das eine Exemplar enthielt die Zahnformel 6 — 5, während das andere Exemplar wirklich mit der Leucos-Zahnformel 5 — 5 ausgestat - tet war.
Eine andere in Bayern vorkommende Varietät mit langgestrecktem, mehr cylindrischem Leibe und mit niedrigem Rücken, entspricht der von Selys (Nr. 58: pag. 210) in Belgien aufgefundenen und von Heckel anfangs als Leu - ciscus Selysii bezeichneten Rothaugen-Form. Heckel, welcher durch Selys verschiedene Rothaugen aus Belgien zur Untersuchung eingesendet erhalten hatte, muss zufällig Individuen mit der Zahnformel 5 — 5 in die Hände be - kommen haben, wodurch sich derselbe (Nr. 11 c: pag. 1038) veranlasst fand, aus ihnen die neue Species Leucos Selysii zu errichten. Bei dieser Rothaugen - Form hat der Kopf ganz das Aussehen eines gewöhnlichen Rothauges be - wahrt, die Schnauze ist wulstig und gedunsen, die Augen sind gross, das Unterkiefer-Gelenk springt eckig hervor. Zu derselben gestreckten und we - niger comprimirten Rothaugen-Form muss auch der Leuciscus prasinus des Agassiz gezählt werden, von dem ich im Wiener Naturalien-Cabinete mehrere Exemplare aus dem Neuchâteler und Genfer See habe näher untersuchen können. Sie waren gerade zur Brunstzeit eingefangen worden und besassen187Gattung: Leuciscus.daher eine sehr intensive Färbung und einen gut genährten, abgerundeten Körper.
Es dürfte vielleicht auffallen, dass ich es wage, so viele Arten zu einer einzigen Species zu verschmelzen, ich muss aber bemerken, dass ich nicht willkürlich eine solche Verschmelzung vorgenommen, sondern durch Ver - gleichung möglichst vieler Original-Exemplare mich veranlasst gesehen habe, die Arten L. Selysii, L. Jeses, L. rutiloides, L. prasinus und L. decipiens als gute Species in Zweifel zu ziehen. Durch Güte des Herrn Selys-Longchamps erhielt ich seinen L. Selysii und den in seiner Fauna aufgeführten und be - schriebenen L. Jeses, in welchem letzteren ich L. rutiloides erkannte. Ich wurde in meinen Ansichten noch mehr bestärkt, da Selys selbst auch seine Zweifel über die genannten Leuciscen als gute Arten in folgenden Worten brieflich gegen mich aussprach: » En rapprochant L. Selysii, L. Jeses et L. ru - tilus j’ai la plus grande difficulté à séparer plusieurs exemplaires, qui sem - blent intermédiaires, j’ajoute la même observation pour L. rutiloides. J’aurais regardé ces 4 poissons comme des variétés de la même espèce, si M. M. Heckel, Agassiz et Bonaparte n’avaient pas été d’un autre avis «. An dem L. prasinus, von welcher Art ich ein Weingeistexemplar und eine getrocknete Haut zur näheren Untersuchung aus dem Neuenburger Naturalien-Cabinete der Güte des Herrn Director Coulon in Neuchâtel verdanke, konnte ich im Vergleich mit L. rutilus durchaus keinen bestimmten specifischen Charakter heraus - finden und nur die Ueberzeugung gewinnen, dass auch in den Schweizer Ge - wässern der L. rutilus in verschiedenen Varietäten auftritt, denn das über - sendete Weingeistexemplar stimmte ganz mit dem langgestreckten L. Selysii, während die übersendete getrocknete Haut von einem hochrückigen L. ruti - loides herrührte.
Nachdem ich mir es hatte angelegen sein lassen, von diesen extremen Formen eine grosse Anzahl von Individuen zur Untersuchung in die Hände zu bekommen, und nachdem ich dieselben mit der gewöhnlichen Rothaugen - Form zusammengehalten und nach allen Seiten hin verglichen hatte, ohne dass ich im Stande war, einen stichhaltigen bestimmten specifischen Unter - schied zwischen denselben herauszufinden, denn immer stellten sich mir da, wo ich abgrenzende Charaktere gefunden zu haben glaubte, Uebergänge ent - gegen, so brachte mich bei diesen verschiedenen Rothaugen-Formen die voll - ständige Uebereinstimmung ihrer Schlundknochen und Schlundzähne immer wieder dahin, alle diese Rothaugen-Formen nur als Abarten einer und der - selben Species zu betrachten. Anfangs wurde ich durch das Schwanken in der Anzahl der Schlundzähne irre geleitet und zu der Vermuthung veranlasst, dass sich unter den vielen von mir gesammelten und untersuchten Rothaugen nicht bloss mehrere Leuciscus-Arten, sondern auch noch Leucos-Arten befin - den möchten, da ich häufig auf Individuen stiess, welche jederseits 5 Schlund -188Familie: Cyprinoidei.zähne besassen; ich überzeugte mich aber bald, dass die bereits erwähnten Gattungscharaktere, wie sie Heckel für Leuciscus und Leucos hingestellt hat, nur zu Verwechslungen führen können und dass bei Leuciscus rutilus bald 5, bald 6 Zähne auf dem linken Schlundknochen vorkommen können. Im nord - östlichen Deutschland scheinen die Rothaugen oder Plötzen eine constantere Form zu besitzen, auch habe ich an ihnen immer nur dieselbe Zahnformel 6 — 5 wahrgenommen.
Schlundknochen und Schlundzähne. a. Vorderseite des Zahnkronen-Scherben eines hinteren Zahnes. b. Hinterseite desselben.
Die Schlundknochen der Rothaugen ha - ben, wie bei allen Leuciscus-Arten, immer eine sehr gedrungene Form, indem an ihnen