Von Gerhart Hauptmann erſchienen im gleichen Verlage:
Vor Sonnenaufgang. Soziales Drama.
Das Friedensfeſt. Eine Familienkataſtrophe. Bühnendichtung.
Einſame Menſchen. Drama.
De Waber. Schauſpiel aus den vierziger Jahren. Dialekt-Ausgabe.
Jeder Band eleg. geh. Mark 2, —
„ „ eleg. geb. „ 2,75.
Alle Rechte vorbehalten.
Den Bühnen gegenüber Manuſcript.
Meinem Vater Robert Hauptmann widme ich dieſes Drama.
Wenn ich Dir, lieber Vater, dieſes Drama zu - ſchreibe, ſo geſchieht es aus Gefühlen heraus, die Du kennſt und die an dieſer Stelle zu zerlegen keine Nöthigung beſteht.
Deine Erzählung vom Großvater, der in jungen Jahren, ein armer Weber, wie die Geſchilderten hinter’m Webſtuhl geſeſſen, iſt der Keim meiner Dichtung geworden, die, ob ſie nun lebenskräftig, oder morſch im Jnnern ſein mag, doch das Beſte iſt, was „ ein armer Mann wie Hamlet iſt “zu geben hat. Dein Gerhart.
bei Dreißiger.
Ein geräumiges, graugetünchtes Zimmer in Dreißigers Haus zu Peterswaldau. Der Raum, wo die Weber das fertige Ge - webe abzuliefern haben. Linker Hand ſind Fenſter ohne Gardinen, in der Hinterwand eine Glasthür, rechts eine eben - ſolche Glasthür, durch welche fortwährend Weber, Weberfrauen und Kinder ab - und zugehen. Längs der rechten Wand, die, wie die übrigen, größtentheils von Holzgeſtellen für Parchend verdeckt wird, zieht ſich eine Bank, auf der die angekommenen Weber ihre Waare ausgebreitet haben. Jn der Reihenfolge der Ankunft treten ſie vor und bieten ihre Waare zur Muſterung. Expedient Pfeifer ſteht hinter einem großen Tiſch, auf welchen die zu muſternde Waare vom Weber gelegt wird. Er bedient ſich bei der Schau eines Cirkels und einer Lupe. Jſt er zu Ende mit der Unterſuchung, ſo legt der Weber den Parchend auf die Wage, wo ein Comptoirlehrling ſein Gewicht prüft. Die abgenommene Waare ſchiebt derſelbe Lehrling in’s Repoſitorium. Den zu zahlenden Lohnbetrag ruft Expedient Pfeifer dem an einem kleinen Tiſchchen ſitzenden Kaſſirer Neumann jedesmal laut zu.
Es iſt ein ſchwüler Tag gegen Ende Mai. Die Uhr zeigt zwölf. Die meiſten der harrenden Webersleute gleichen Menſchen, die vor die Schranken des Gerichts geſtellt ſind, wo ſie in peinigender Geſpanntheit eine Entſcheidung über Tod und Leben zu erwarten haben. Hinwiederum haftet allen etwas Gedrücktes, dem Almoſenempfänger Eigenthümliches an, der, von Demüthigung zu Demüthigung ſchreitend, im Bewußt - ſein nur geduldet zu ſein, ſich ſo klein als möglich zu machen gewohnt iſt. Dazu kommt ein ſtarrer Zug reſultatloſen, bohrenden Grübelns in aller Mienen. Die Männer, einander ähnelnd, halb zwerghaft, halb ſchulmeiſterlich, ſind in der Mehr - zahl flachbrüſtige, hüſtelnde, ärmliche Menſchen mit ſchmutzig - blaſſer Geſichtsfarbe: Geſchöpfe des Webſtuhls, deren Kniee in Folge vielen Sitzens gekrümmt ſind; ihre Weiber zeigen weniger Typiſches auf den erſten Blick; ſie ſind aufgelöſt, gehetzt, ab - getrieben, während die Männer eine gewiſſe klägliche Gravität noch zur Schau tragen — und zerlumpt, wo die Männer6 geflickt ſind. Die jungen Mädchen ſind mitunter nicht ohne Reiz; wächſerne Bläſſe, zarte Formen, große, hervorſtehende, melancholiſche Augen ſind ihnen dann eigen.
Bleibt ſech - zehn Silbergroſchen zwei Pfennig.
Sind ſe bedankt.
Nu? ſtimmt’s etwa wieder nich?
A par Fenniche uf Vorſchuß hätt’ ich doch halt a ſo netig.
Jch hab a par hundert Thaler nötig. Wenn’s ufs Nötighaben ankäm —!
Jber den Vor - ſchuß hat Herr Dreißiger ſelbſt zu beſtimmen.
Kend’ ich da vielleicht ama mit’n Herr Dreißiger ſelber redn?
Da hätte Herr Dreißiger weiß Gott viel zu thun, wenn er ſich um jede Kleenigkeit ſelber bekimmern ſollte. Dazu ſind wir da.
Schwerenotht! Das zieht.
Machl de Thire zu, wer ’rein kommt.
Das is, wie wenn man mit Klötzen redte.
Abgemacht ſela! — Wage!
Wenn Jhr ock Eure Sache beſſer verſtehn thät’t. Treppn hat’s wieder drinne … ich ſeh gar nich hin. A guter Weber verſchiebt’s Auf - bäumen nich wer weeß wie lange.
Schwere Noth ja! Da ſoll eener wieder ſchwitzn wie a Laugenſack.
’S ſticht gar ſehr nach Regen.
Hier is ’ne Ruh verdient.
Ruhe is beſſer wie a Beemen Geld.
A Beemen Geld mechte ooch ſein. Gun Tag ooch Bäcker!
Tag ooch Vater Baumert! Ma muß wieder lauern wer weeß wie lange!
Das kommt nich druf an. A Weber wart’t an’n Stunde oder an’n Tag. A Weber is ock ’ne Sache.
Gebt Ruhe dahinten! Man verſteht ja ſei eignes Wort nich.
A hat heute wieder ſein’n tälſchn Tag.
Wie oft hab ich’s Euch ſchonn geſagt: Beſſer putzen ſollt er. Was is denn das für ’ne Schlauderei? Hier ſind Klunkern drinne, ſo lang wie mei Finger, und Stroh und allerhand Dreck.
’S mächt halt a neu Nopp - Zängl ſein.
’S fehlt auch am Gewicht.
Eine Sorte Weber is hier ſo. Schade für jede Kette, die man ausgibt. O Jes’s, zu meiner Zeit! Mir hätt’s woll mei Meiſter angeſtrichen. Dazumal da war das noch a ander Ding um das8 Spinnweſen. Da mußte man noch ſei Geſchäfte ver - ſtehn. Heute da is das nich mehr nötig. — Reimann zehn Silbergroſchen.
E Fund wird doch gerechn’t uuf Abgang.
Jch hab’ keine Zeit. Abgemacht ſela. Was bringt Jhr?
Se werden verzeihen, Herr Feifer, ich möchte Sie gittichſt gebet’n habn, ob Se vielleicht und Se wolltn ſo gnädig ſein und wolltn mir den Gefalln thun und lieſſen mir a Vorſchuß dasmal nich abrechn.
Nu da! Das macht ſich ja etwan. Hier is woll d’r halbe Einſchuß wieder auf a Feifeln geblieb’n?
Jch wollts ja gerne uf de neue Woche gleiche machn. Vergangne Woche hatt’ ich blos zwee Howetage auf’n Dominium zu leiſtn. Dabei liegt Meine krank derheeme ....
Das is eben wieder ne richt’ge Schlauderarbeit.
So ein Salband, bald breit, bald ſchmal. Emal hat’s der Einſchuß zu - ſammen gerißn, wer weeß wie ſehr, dann hat’s wieder mal ’s Sperrrittl auseinandergezog’n. Und auf a Zoll kaum ſiebzig Faden Eintrag. Wo is denn der Jbriche? Wo bleibt da die Reellität? Das wär ſo was!
Der Pakaſche mächt ma noch Garn drzune koofen.
Jch kann halt balde …9 ich weeß gar nich, wenn Se mir das Mal und geb’n mir keen’n Vorſchuß … o Jeſis, Jeſis.
Das is a Gejeſere. Laßt blos a Herr Jeſus in Frieden. Jhr habt’s ja ſonſt nich ſo ängſtlich um a Herr Jeſus. Paßt lieber auf Euern Mann uf, das und man ſieht’n nich aller Augenblicke hinter’m Kretſchamfenſter ſitz’n. Wir kenn kein’n Vorſchuß geb’n. Wir miſſ’n Rechenſchaft ab - legen dahier. ’S is auch nich unſer Geld. Von uns wird’s nachher verlangt. Wer fleißig is und ſeine Sache verſteht und in der Furcht Gottes ſeine Arbeit verricht’t, der braucht iberhaupt nie kein’n Vorſchuß nich. Abgemacht Seefe.
Und wenn a Bielauer Weber ’s vierfache Lohn kriegt, da verfumfeit er’s vierfache und macht noch Schulden.
Jch bin gewiß ni faul, aber ich kann ni mehr a ſo fort. Jch hab halt doch zwee Mal an Jbergang gehabt. Und was de mei Mann is, der is ooch bloßich halb; a war bei’m Zerlauer Schäfer, aber der hat’n doch au nich ken’n von ſein’n Schad’n helfn und da … Zwing’n kann ma’s doch nich … Mir arbeitn gewiß, was wir ufbringen. Jch hab ſchonn viele Woch’n keen’n Schlaf in a Augn gehabt, und ’s wird auch ſchonn wieder gehn, wenn ock ich und ich wer’ de Schwäche wieder a biſſel raus kriegn aus a Knochn. Aber Se miſſn halt ooch a eenziges Bißl a Einſehn hab’n.
Sind S’ ock ſchonn gebetn und bewilligen mer das Mal a par Greſchl.
Fiedler elf Silber - groſchen.
Blos a par Greſchl, daß m’r zu Brote kommen. D’r Pauer borgt niſcht mehr. Ma hat a Häuffl Kinder …
Die Leinweber haben alle Jahre ein Kind, alle walle, alle walle, puff, puff, puff.
Die Blitzkröte iſt ſechs Wochen blind
alle walle, alle walle, puff, puff, puff.
Mer hab’n doch jetzt immer drei - zehntehalb Beemen kriegt fer a Webe.
Wenn’s Euch nich paßt, Rei - mann, da braucht er blos ein Wort ſag’n. Weber hat’s genug. Vollens ſolche wie Jhr ſeid. Für ’n volles Gewichte giebt’s auch ’n vollen Lohn.
Das hier was fehl’n ſollte, an’n Gewichte ....
Bringt ein fehlerfreies Stick Parchent, da wird auch am Lohn nichts fehl’n.
Daſ’s hier und ſollte zu viel Placker drinne hab’n, das kann doch reen gar nich meeglich ſein.
Wer gut webt, der gut lebt.
Jch wollte ihn gittichſt gebeten hab’n, Herr Feifer, ob Se viel - leicht und Se wollt’n a ſo barmherzich ſein und rechtn mir a Fimfbeemer Vorſchuß das Mal nich ab. Meine liegt ſchon ſeit d’r Fasnacht krumm im Bette. Se kann mer keen’n Schlag Arbeit nicht verrichtn. Da muß ich a Spulmädel bezal’n. Deshalb …
Heiber, ich hab nich blos Euch alleene abzufertign. Die Andern woll’n auch dran - kommen.
So hab ich de Werfte kriegt — a ſo hab ich ſe unfgebäumt und wieder runter ge - nommen. A beſſer Garn wie ich kriegt hab, kann ich nich zurickbringen.
Paßt’s euch nich, da braucht er euch blos keene Werfte mehr abzuholn. Wir habn ’r genug, die ſich’s Leder von a Fiſſen dernach ablaufn.
Wollt ihr das Geld nich nehmen?
Jch kann mich durchaus a ſo nich zufriede geben.
Heiber zehn Silbergroſchen. Geht ab fünf Silber - groſchen Vorſchuß. Bleiben fünf Silbergroſchen.
O meins, meins! —
Nu, da da!
Ja, ja Franze! Da kann eens ſchon manchmal ’n Seufzrich thun.
Sieh ock, ich hab a krank Mädel derheeme zu liegn. Da mecht a Fläſchl Medezin ſein.
Wo thut’s er’n fehlen?
Nu ſieh ock, ’s war halt von kleen uf a vermickertes Dingl. Jch weeß garnich … na, dir kann ich’s ja ſagn: — ſe hat’s mit uf de Welt gebracht. A ſo ’ne Unreenichkeit iber und iber bricht ’r halt durch’s Geblitte.
Jberall hat’s was. Wo eemal’s Armutt is, da kommt ooch Unglicke iber Unglicke. Da is o kee Halt und keene Rettung.
Was haſt d’nn da eingepackt in dem Tichl?
Mir ſein halt gar blank derheeme. Da hab ich halt unſer Hundl ſchlachtn laſſen. Viel is ni dran, a war o halb d’rhungert. ’S war a klee nettes Hundl. Selber abſtechen mocht ich ’n nich. Jch konnt mer eemal kee Herze nich faſſn.
Bäcker, drei - zehntehalb Silbergroſchen.
Das is a ſchäbiges Almoſen aber kee Lohn.
Wer abgefertigt is, hat’s Lokal zu verlaſſen. Wir kenn uns vorhero nich rihren.
Das is a ſchäbiges Trinkgeld, weiter niſcht. Da ſoll eens treten vom frihen Morgn bis in die ſinkende Nacht. Und wenn man achtz’n Tage iberm Stuhle gelegn hat, Abend ver Abend wie ausgewundn, halb drehnig vor Staub und Gluthitze, da hat man ſich glicklich drei - z’ntehalb Beemen erſchindt.
Hier wird nich gemault!
Vo ihn laß ich mer’ſch Maul noch lange nich verbietn.
das mecht ich doch amal ſehn
Herr Dreißicher, Herr Dreißicher, mechten ſie amal ſo freundlich ſein!
Was — giebt’s denn, Pfeifer?
Bäcker will ſichs Maul nich verbieten laſſen.
Ach ſo — Bäcker! — —
Js das der …?
Ja, ja, Herr Dreißicher!
Das is der
und das is der.
Was erlaubt ſich denn der Menſch!?
Dem geht’s zu gutt! Der geht a ſo lange auf’s Eis tanzen, bis a’s amal verſehen hat.
O du Fennigmanndl, halt ock du deine Freſſe. Deine Mutter mag ſich woll ei a Neunmonden beim Beſenreit’n am Lucifer verſehn habn, das a ſo a Teiwel aus dir geworn is.
Maul halten! auf der Stelle Maul halten, ſonſt …
Jch bin nich taub. Jch höhr noch gut.
Js der Burſche nicht auch dabei geweſen?
Das is a Bielauer Weber. Die ſind iberall d’rbei, wo’s ’n Unfug zu machen gibt.
Jch ſag’ euch alſo: paſſirt mir das noch einmal und zieht mir noch einmal ſo eine Rotte Halbbetrunkener, ſo eine Bande von grünen Lümmeln am Hauſe vorüber wie geſtern Abend — mit dieſem niederträchtigen Liede …
’s Bluttgericht meenen ſe woll?
Er wird ſchon wiſſen, welches ich meine. Jch ſag’ euch alſo: hör’ ich das noch einmal, dann laß’ ich mir einen von euch ’rausholen und — auf Ehre, ich ſpaße nicht, — den übergebe ich dem Staatsanwalt. Und wenn ich ’raus bekomme, wer dies elende Machwerk von einem Liede …
Das is a ſchee Lied, das!
Noch ein Wort und ich ſchicke zur Polizei — augenblicklich. — Jch fackle nicht lange. — Mit euch Jungens wird man doch noch fertig werden. Jch bin doch ſchon mit ganz andren Leuten fertig geworden.
Nu das will ich globn. A ſo a richtiger Fabrikante, der wird mit zwee-dreihundert Webern fertich, eh man ſich umſieht. Da läßt a och noch ni a par morſche Knochn ibrich. A ſo eener der hat vier Magn wie ne Kuh und a Gebiß wie a Wolf. Nee nee, da hat’s niſcht!
Der Menſch bekommt keinen Schlag Arbeit mehr bei uns.
O, ob ich am Webſtuhle derhungere, oder im Straßengrabn, das is mir egal.
’Raus, auf der Stelle raus!
Erſt will ich mei Lohn habn.
Was kriegt der Kerl, Neumann?
Zwölf Silbergroſchen fünf Pfennige.
Da! — hier! — und nu raſch — mir aus den Augen!
Erſcht will ich mei Lohn habn.
Da liegt ſein Lohn; und wenn er nun nich macht, daß er ’raus kommt .... Es iſt grade zwölf .... Meine Färber machen grade Mittag ....
Mei Lohn gehört in meine Hand. Hie her gehört mei Lohn.
Heben Sie’s auf, Tilgner.
Das muß alls ſein’n richtchen Paß gehn.
Nu?
Soll ich nun nachhelfen?
Was giebt’s denn da?
„ ’Sis eener hingeſchlagn. “— „ ’Sis a klee hiprich Jungl. “— „ Js’s etwa de Kränkte oder was?! “
Ja … wie denn? Hingeſchlagen?
A liegt halt da.
Kennt Jemand den Jungen?
Aus unſerm Dorfe is a nich.
Der ſieht ja bald aus, wie Heinrichen’s.
Ja, ja! Das is Heinrichen’s Guſtavl.
Wo wohnen denn die Leute?
Nu, oben bei uns, in Kaſchbach, Herr Dreißicher. Er geht Muſicke machen, und am Tage da liegt a iberm Stuhle. Se han neun Kinder und’s zehnte is unterwegens.
„ Den Leutn geht’s gar ſehr kimmerlich. “— Den regnt’s in de Stube. “— „ Das Weib hat keene zwee Hemdl fer die neun Burſchen. “
Nu, Jungel, was hat’s denn mit Dir? Da wach ock uf!
Faßt mal mit an, wir wollen ihn mal aufheben. Ein Unverſtand ohne gleichen, ſo’n ſchwächliches Kind dieſen langen Weg machen zu laſſen. Bringen Sie mal etwas Waſſer, Pfeifer!
Mach ock ni etwa Dinge und ſtirb, Jungl!
Oder Cognac, Pfeifer, Cognac is beſſer.
Gebt ’n ock was zu freſſen, da wird a ſchonn zu ſich kommen.
Der Kerl nimmt kein gutes Ende. — Nehmen Sie ihn unter’m Arm, Neumann. — Langſam … langſam … ſo … ſo … wir wollen ihn in mein Zimmer bringen. Was wollen Sie denn?
Er hat was geſagt, Herr Dreißiger! Er bewegt die Lippen.
Was — willſt Du denn, Jungel?
Mich h .. hungert!
Man verſteht ihn nich.
Jch globe, a meinte …
Wir werden ja ſehn. Nur ja nich aufhalten. — Er kann ſich bei mir auf’s Sofa legen. Wir werden ja hören, was der Doctor ſagt.
Jch glob immer, Bäcker hat recht.
„ A ſagte ja o a ſo was. “— „ Das is hier niſcht Neues, das amal een’n d’r Hunger ſchmeißt. “— „ Na, iberhaupt, was de den Winter erſcht wern ſoll, wenn das hie und ’s geht a ſo fort mit der Lohnzwackerei. “— „ Und mit a Kartoffeln wird’s das Jahr gar ſchlecht. “— „ Hie wird’s au nich anderſcher, bis mer alle vollens uf’n Rickn liegn. “
Am beſtn, ma macht’s, wie d’r Nentwich Weber, ma legt ſich a Schleefel um a Hals un knippt ſich am Webſtuhle uf. Da, nimm der ’ne Priſe, ich war in Neurode, da arbeit mei Schwager in d’r Fabricke, wo’s ’n machen, a Schnupp - taback. Der hat m’r a par Kerndl gegebn dahier. Was trägſt denn du in dem Tichl Schenes?
’Sis blos a bißl Perlgraupe. D’r Wagn vom Ullbrichmiller fuhr vor m’r her. Da war a Sack a biſſel ufgeſchlitzt. Das kommt mir gar ſehr zu paſſe, kanſt globn.
Zweiunzwanzich Mihlen ſein in Peterſchwalde, und fer unſereens fällt doch niſcht ab.
Ma muß ebens a Muth nich ſinkn laſſ’n, ’s kommt immer wieder was und hilft een’ a Stickl weiter.
Ma muß ebens, wenn d’r Hunger kommt, zu a vierzehn Nothhelfern beten, und17 wenn ma dadervon etwa ni ſatt wird, da muß ma an Stein ins Maul nehmen und dran lutſchen. Gell, Baumert?
Es war nichts von Bedeutung. Der Junge iſt ſchon wieder ganz munter.
Es bleibt aber immer eine Gewiſſen - loſigkeit. Das Kind iſt ja nur ſo’n Hälmchen zum umblaſen. Es iſt rein unbegreiflich, wie Menſchen … wie Eltern ſo unvernünftig ſein können. Bürden ihm zwei Schock Parchend auf, gute anderthalb Meilen Wegs. Es is wirklich kaum zum glauben. Jch werde einfach müſſen die Einrichtung treffen, daß Kindern überhaupt die Waare nich mehr abgenommen wird.
Jedenfalls wünſche ich dringend, daß ſo etwas nicht mehr vorkommt. — Auf wem bleibt’s denn ſchließlich ſitzen? Natürlich doch auf uns Fabrikanten. Wir ſind an allem ſchuld. Wenn ſo’n armes Kerlchen zur Winters - zeit im Schnee ſtecken bleibt und einſchläft, dann kommt ſo’n hergelaufener Scribent, und in zwei Tagen da haben wir die Schauergeſchichte in allen Zeitungen. Der Vater, die Eltern, die ſo’n Kind ſchicken .... i bewahre, wo werden die denn ſchuld ſein! Der Fabrikant muß ’ran, der Fabrikant is’ der Sünden - bock. Der Weber wird immer geſtreichelt, aber der Fabrikant wird immer geprügelt: das is ’n Menſch ohne Herz, ’n Stein, ’n gefährlicher Kerl, den jeder Preßhund in die Waden beißen darf. Der lebt herrlich und in Freuden und giebt den armen Webern Hungerlöhne. — Daß ſo’n Mann auch Sorgen hat und ſchlafloſe Nächte, daß er ſein großes Riſiko läuft, wovon der Arbeiter ſich nichts träumen läßt, daß er manchmal vor lauter dividiren, addiren und multipli - ciren, berechnen und wieder berechnen nich’ weiß, wo ihm der Kopf ſteht, daß er hunderterlei bedenken undDie Weber. 218überlegen muß und immerfort ſo zu ſagen auf Tod und Leben kämpft und concurrirt, daß kein Tag ver - geht ohne Aerger und Verluſt: darüber ſchweigt des Sängers Höflichkeit. Und was hängt nicht alles am Fabrikanten, was ſaugt nich’ alles an ihm und will von ihm leben. Nee, nee! ihr ſolltet nur manchmal in meiner Haut ſtecken, ihr würd’s bald genug ſatt kriegen.
Wie hat ſich dieſer Kerl, dieſer Burſche da, dieſer Bäcker hier aufgeführt! Nun wird er gehen und auspoſaunen, ich wäre wer weiß wie unbarmherzig. Jch ſetzte die Weber bei jeder Kleinigkeit mir nichts, dir nichts vor die Thür. Js’ das wahr? Bin ich ſo unbarmherzig?
Nee, Herr Dreißicher!
Na, das ſcheint mir doch auch ſo. Und dabei ziehen dieſe Lümmels umher und ſingen gemeine Lieder auf uns Fabrikanten, wollen von Hunger reden und haben ſo viel übrig, um den Fuſel quartweiſe conſumiren zu können. Sie ſollten mal die Naſe hübſch wo anders neinſtecken und ſehen, wie’s bei den Leinwandwebern ausſieht. Die können von Noth reden. Aber ihr hier, ihr Parchentweber, ihr ſteht noch ſo da, daß ihr nur Grund habt, Gott im Stillen zu danken. Und ich frage die alten fleißigen und tüchtigen Weber, die hier ſind: kann ein Arbeiter, der ſeine Sachen zuſammenhält, bei mir auskommen oder nicht?
Ja, Herr Dreißicher!
Na, ſeht ihr! — So’n Kerl, wie der Bäcker natürlich nicht. Aber, ich rathe euch, haltet dieſe Burſchen im Zaume; wird mir’s zu bunt, dann quittire ich. Dann löſe ich das Geſchäft auf, und dann könnt ihr ſeh’n, wo ihr bleibt. Dann könnt ihr ſeh’n, wo ihr Arbeit bekommt. Bei Ehren-Bäcker ſicherlich nicht.
Se habn ſich a brinkel angeſtrichen, gnädicher Herr Dreißicher.
Die Geſchäfte geh’n hundsmiſerabel, das wißt ihr ja ſelbſt. Jch ſetze zu, ſtatt daß ich ver - diene. Wenn ich trotzdem dafür ſorge, daß meine Weber immer Arbeit haben, ſo ſetze ich voraus, daß das anerkannt wird. Die Waare liegt mir da in tauſenden von Schocken, und ich weiß heut noch nicht, ob ich ſie jemals verkaufen werde. — Nun hab’ ich gehört, daß ſehr viele Weber hierum ganz ohne Arbeit ſind und da … na, Pfeifer mag euch das Weitre auseinanderſetzen. — Die Sache iſt nämlich die: damit ihr den guten Willen ſeht … ich kann natürlich keine Almoſen austheilen, dazu bin ich nicht reich genug, aber ich kann bis zu einem gewiſſen Grade den Arbeits - loſen Gelegenheit geben, wenigſtens ’ne Kleinigkeit zu verdienen. Daß ich dabei ein immenſes Riſiko habe, iſt ja meine Sache. — Jch denke mir halt: wenn ſich ein Menſch täglich ’ne Quarkſchnitte erarbeiten kann, ſo iſt doch das immer beſſer, als wenn er überhaupt hungern muß. Hab ich nicht recht?
Ja, ja! Herr Dreißicher.
Jch bin alſo gern bereit, noch zweihundert Webern Beſchäftigung zu geben. Unter welchen Umſtänden, wird Pfeifer euch auseinander - ſetzen.
Gnädijer Herr Dreißicher, ich wollte Sie halt recht freindlich gebetn habn, wenn ſe viel - leicht … ich hab halt zweimal an Jbergang gehabt.
Sprecht mit Pfeifer, gute Frau, ich hab mich ſo ſchon verſpätet.
Herr Dreißicher, ich muß mich wirklich beklagn. Herr Feifer hat mer … Jch hab2*20doch fer mei Webe jetzt immer zwölftehalb Beemen kriegt …
Dort ſitzt der Ex - pedient. Dorthin wendet euch: das is die richtige Adreſſe.
Gnädiger Herr Dreißicher,
ich wollte ſe viel - mals gittigſt gebeten han, ob mir vielleicht und a kennde mer … ob mer d’r Herr Feifer vielleicht und a kennde … a kennde.
Was wollt ihr denn?
Da Vorſchuß, dann ich’s letzte mal, ich meine, da ich …
Ja, ich verſtehe euch wirklich nicht.
Jch war a brinkl ſehr ei Noth, weil …
Pfeifers Sache, Pfeifers Sache. Jch kann wirklich nicht … macht das mit Pfeifer aus.
Na, Annl, was bringſt Du?
Was ſoll’s denn da ſetzn ſer a Webe, Herr Feifer?
Für’s Webe zehn Silbergroſchen.
Nu das macht ſich!
ſeine Frau.
ihr Sohn.
ihre Töchter.
uneheliches Kind der Emma.
Häusler und Weber.
.Weberfrau
enlaſſener Soldat, ehemaliger Webergeſelle.
Mißt er ſchonn wieder knippn!?
Eine Art Garn is aber das au!
Das is a ſo a bißel Zucht mit der Werfte.
Wo a ock bleibt a ſo lange? A is doch fort ſchonn ſeit um a neune.
Nu eben’s, eben’s! wo mag a ock bleiben, ihr Mädel?
Aengſt’ euch beileibe ni, Mutter!
’Ne Angſt is das immer
Wart amal, Emma!
Was is denn?
Mir war doch, ’s kam jemand.
’S wird Anſorge ſein, der zu Hauſe kommt.
Mutter mich hungert.
Wart, Fritzl, wart a bißel! Groß - vater kommt gleich. A bringt Brot mit und Kerndel.
Mich hungert a ſo, Mutterle!
Jch ſag derſch ja. Bis ock nich einfältich. A wird ja gleich kommen. A bringt a ſcheenes Brotl mit und Kerndlkoffee. — Wenn ock wird Feier - abend ſein, da nimmt Mutter de Kartuffelſchalen, die trägt ſe zum Pauer, und der gibbt er derfire a ſcheenes Neegl Puttermilch firſch Jungl.
Wo is er’n hin, Großvater?
Beim Fabrikanten is a, abliefern, an Käte, Fritzl.
Beim Fabrikanten?
Ja, ja, Fritzl! unten bei Dreißichern in Peterſchwalde.
Kriegt a da Brot?
Ja, ja, a gibbt ’n ’s Geld, und da kann a ſich Brot kofen.
Gibbt der Großvatern viel Geld?
O hör uf, Junge, mit dem Ge - rede.
Geh, Auguſt, frag’ Anſorgen, ob a nich will anleuchta.
Jhr Kinder, ihr Kinder! Wo der Mann bleibt?!
A wird halt amal zu Hauffen rein - gangen ſein.
Wenn a blos nich etwan in a Kretſcham gegangn wär.
Ween ock nich, Mutter! a ſo eener is unſer Vater doch nich.
Nu … nu … nu ſagt amal was ſoll nu bloß wern? Wenn a ’s nu … wenn a nu zuhauſe kommt… Wenn a ’s nu verſauft nnd bringt niſcht ni zuhauſe? Keene Handvoll Salz is mehr im Hauſe, kee Stickl Gebäcke. ’S mecht an Schaufel Feurung ſein. …
Laß ’s gutt ſein, Mutter! m’r habn Mondſchein. M’r gehn in a Puſch. M’r nehmen uns Auguſtn mite und holn a par Rittl.
Gelt, das Euch d’r Jäger und kriecht Euch zu packn!
Was ſoll denn ſein?
Se mechten Licht machen!
’Sis ja noch lichte.
Nu laß Du uns och noch im Finſtern ſitzen.
Jch muß mich halt och einrichten.
Nu da ſiehſte’s, a ſo geizig is a.
Da muß man nu ſitzen, bis ’n wird paſſen.
Gu’n Abend mitnander.
Nu, Heinrichen, was bringſt’ uns denn?
Jch hab mer an Scherb eingetreten.
Nu komm her, ſetz dich. Jch wer ſehn, das ich’n rauskriche.
Wie geht’s d’n drheeme, Heinrichen?
’S geht heilich bald nimehr.
Fer unſer eens, Heinrichen, wärſch am beſten, d’r liebe Gott thät a Einſehn habn und nähm uns gar von d’r Welt.
Meine armen Kinderderhungern m’r!
Jich wees mr keen’n Rat nimehr. Ma mag anſtelln,29 was ma will, ma mag rumlaufen bis man liegen bleibt. Jch bin mehr tot wie lebendig, und is doch und is kee anders werden. Neun hungriche Mäuler, die ſoll eens nu ſatt machen. Von was d’n hä? Nächten Abend hatt’ ich a Stickel Brot, ’s langte noch nich amal fir die zwee Kleenſtn. Wem ſold’ ich’s d’n gebn, hä? Alle ſchrien ſie in mich nein: Mutterle mir, Mutterle mir. … Nee, nee! Und dadrbei kann ich jetzt noch laufen. Was ſoll erſcht wern, wenn ich zum Liegn komme. Die par Kartoffeln hat uns ’s Waſſer mitgenommen. Mir habn niſcht zu brechen und zu beißen.
M’r wolln a Fleckl drum bindn;
ſuch’ amol eens!
’S geht uns ni beſſer, Heinrichen.
Du haſt doch zum wenigſten noch deine Mädel. Du haſt ’n Mann, der de arbeiten kann, aber meiner der is m’r vergangne Woche wieder hingeſchlagn. Da hat’s ’n doch wieder geriſſen und geſchmiſſen, das ich vor Himmelsangſt ni wußte, was anfangen mit’n. Und wenn a ſo an Anfall gehabt hat, da liegt a m’r halt wieder acht Tage feſte im Bette.
Meiner is och niſcht nimehr werth. A fängt och an und klappt zuſammen. ’S liegt ’n uf d’r Bruſt und im Kreuze. Und abgebrannt ſind m’r ebenfalls och bis uf a Fennich. Wenn a heut ni und a bringt a par Greſchl mit, da weeß ich och ni, was weiter werdn ſoll.
Kanſt’s globen, Heinrichn. Wir ſein a ſo weit. … Vater hat mußt Ami’n mitnehmen. Wir miſſn ’n ſchlachtn laſſn, das m’r ock reen wieder amal was in a Magn kriegn.
Hätt’r nich an eenziche Handvoll Mehl ibrich?
O ni a ſo viel, Heinrichen, kee Kerndel Salz is mehr im Hauſe.
Nu da wees ich nich!
Do wees ich wirklich nee! — Da kann ich m’r eemal nich helfen.
Jch wär ja zufriede, wenn’s uf Schweinfutter langte! — Aber mit leeren Händn darf ich eemal nich heemkommen. Das geht eemal nich. Da verzeih merſch Gott. Jch weeß mer da eemal keen’n andern Rath nimehr.
Heinrichen, Heinrichen! mach ni etwan ne Tummheit.
Die thut ſich kee leids an. Glob ock du das nich.
A ſo machts doch die immer.
O jees’s, o jees’s Mann, wo bleibſt ock du a ſo lange!?
Na, beeß ock ni gleich. Laß mich ock erſcht a brinkl verblaſen. Sieh lieber dernach, wer de mitkommt.
Gu’n Abend, Muhme Baumert!
Nu da, nu da! biſt du wieder zuhauſe? Huſt du uns noch nich vergeſſen? Nu da ſetz dich ock. Komm her, ſetz dich.
Gu’n Abend, Moritz! willſt amal wieder ſehn, wie’s bei armen Leuten ausſieht?
Nu ſag m’r ock, Emma! ich wollt’s ja ni globn. Du haſt ja a Jungl, das balde kann Soldate werden. Wo haſt d’r d’n den angeſchafft?
Du kennſt doch a Finger Weber?
M’r hatn’ ’n doch hier mit im Stibl. A wollt ſe ja nehmen, aber a war doch halt eemal ſchonn ganz marode uf de Bruſt. Jch ha doch das Mädel gewarnt genug. Konnt’ ſe woll hörn? Nu is a längſt tot und vergeſſen, und die kann ſehn, wie’s a Jungen durchbringt. Nu ſag m’r ock, Moritz, wie is denn dir’ſch gangen?
Nu bis ock ganz ſtille Mutter, fer den is Brot gewachſen; der lacht uns alle aus; der bringt Kleeder mite wie a Fürſcht und an ſilberne Cilinderuhre und oben druf noch zehn Thaler bar Geld.
Jch kann nich klagen. Mir is’s ni ſchlecht gangen under a Soldaten.
A is Purſche geweſt bein Rittmeeſter. Hör ock, a redt wie de vornehmen Leute.
Das feine Sprechen hab’ ich mer a ſo angewehnt, das iich’s gar nimeh loo’n kann.
Nee, nee, nu ſag mir ock! a ſo a Niſchtegutts, wie das geweſt is, und kommt a ſo zu Gelde. Du warſcht doch nie nich fer was Geſcheuts zu gebrauchen; du konntſt doch kee Strähnl hintereinander abhaspeln. Ock immer fort, naus; Meeſekaſten ufſtelln und Rothkätlſprenkel, das war dir lieber. Nu, iß nich wahr?
’S is wahr, Muhme Baumert. Jch fing ni ock Kätl, ich fing o Schwalben.
Dakonnten mir immerzu reden: Schwalben ſein giftich.
Das war mir egal. Wie iß euch d’n d’rgangen, Muhme Baumert?
O jee’s, gar gar ſchlimm in a letzten vier Jahrn. Sieh ock, ich ha halt’s32 Reißen. Sieh d’r bloß amal meine Finger an. Jch weß halt gar nich, hab ich an Fluß kricgt oder was? Jch bin d’r halt a ſo elende! Jch kann d’r kee Glied ni bewegen. ’S globts kee Menſch, was ich muß fer Schmerzen derleiden.
Mit der iß jetzt gar ſchlecht. Die machts nimehr lange.
Am Morgen zieh merſche an, am Abend zieh merſche aus. M’r miſſen ſe fittern wie a kleenes Kind.
Jch muß mich bedien’ laſſen hinten und vorne. Jch bin mehr als krank. Jch bin ock ne Laſt. Was hab ich ſchon a lieben Herrgott gebeten, a ſoll mich doch bloßich abruffen, o Jees’s, o Jees’s, das is doch halt zu ſchlimm mit mir. Jch weeß doch gar nich … de Leute kennten denken … aber ich bin doch ’s Arbeiten gewehnt von Kindheet uf. Jch hab doch meine Sache immer konnt leiſten, und nu uf eemal
’s geht und geht nimehr. — Jch hab an guten Mann und gute Kinder hab ich, aber wenn ich das ſoll mit anſehn …! Wie ſehn die Mäd’l aus!? Kee Blutt haben ſe bald nimehr in ſich. An Farbe haben ſe wie de Leinticher. Das geht doch immer egal fort mit dem Schemeltreten, obs a ſo an Mäd’l dient oder nich. Was habn die fer a bißl Leben. ’S ganze Jahr kommen ſi nich vom Bänkl runter. Ni amal a par Klunkern haben ſe ſich der - ſchindt, das ſe ſich kennten d’rmite bedecken und kennten ſich amal vor a Leuten ſehn laſſen, oder an Schritt ei die Kirche machen und kennten ſich amal ne Erquickung holen. Ausſehn thun ſe wie de Galgengeſchlinke, junge Mädel von funfzehn und zwanzig.
Nu das raucht wieder a ſo a bißl!
Nu da ſieh ock den Rauch. Na da nimm amal an, kann woll hier Wandel werden? 33A ſtürzt heilig bald ein, d’r Owen. Mir miſſen’n ſtürzen laſſen, und a Ruß, den miſſen m’r ſchlucken. Mir huſten alle, eener mehr wie d’r andre. Was huſt’t, huſt’t, und wenn’s uns derwircht, und wenn gleich die Plautze mitegeht; da frägt uns ooch noch kee Menſch dernach.
Das is doch Anſorchens Sache, das muß a doch ausbeſſern.
Der wä uns woll anſehn. A mukſcht a ſo mehr wie genug.
Dem nehmen m’r a ſo ſchonn zu viel Platz weg.
Und wemmer erſcht uff - mucken, da fliegen mer naus. A hat bald a halb Jahr keene Mietzinſe ni beſehn.
A ſo a eelitzicher Mann, der kennte doch umgänglich ſein.
A hat au niſcht, Mutter, ’s geht ’n o beeſe genug, wenn a ooch keen’n Stat macht mit ſeiner Noth.
A hat doch ſei Haus.
Nee, Mutter, was redtſt’n. An dem Hauſe dahier, da is och noch nich a klee Split - terle ſeine.
Das kann auch hier bald nimehr a ſo weiter gehn. Jch hab mei Wunder geſehn, wie das hierum a ſo ausſieht under a Leuten. Da leben ja in a Städten de Hunde noch beſſer wie ihr.
Gelt, gelt ock? Du weeßt’s auch!? Und ſagt man a Wort, da heeßt’s bloß, ’s ſein ſchlechte Zeiten.
Willkommen, Moritz! Bis du auch wieder da?
Scheen Dank, Vater Anſorge.
Nu ſag m’r ock an: du ſiehſt ja bald aus wie a Graf.
Zeich amal dei ſcheen Uhrla. A hat ’n neuen Anzug mit gebracht und zehn Thaler bar Geld.
Nu jaja! — Nu nee nee! —
Nu will ich ock gehn mit a Schal’n. Vielleicht wird’s langen uf a Neegl Abgelaſſene.
Na nu nehmt amal an: wie oft habt ihr m’r nich de Helle heiß gemacht. Dir wern ſe Moritz lehrn, hiß’s immer, wart ock, wenn de wirſcht zum Miltär kommen. Na nu ſeht’ erſch, mir is gar gutt gegangen. A halb Jahr da hat ich de Kneppe. Willich muß man ſein, das is ’s Haupt. Jch ha ’n Wachtmeiſter de Stieweln geputzt; ich ha ’n ’s Ferd geſtriegelt, Bier geholt. Jch war a ſo gefirre, wie a Wieslichen. Und uf ’n Poſten war ich: Schwerkanon ja, mei Zeug, das mußt ock immer a ſo finkeln. Jch war d’r erſchte im Stalle, d’r erſchte beim Appell, d’r erſchte im Sattel; und wenn’s zur Attake ging — marſch marſch! heiliges Kanonrohr, Kreuzdonnerſchlag, Herrrdumeine - gitte!! Und aufgepaßt hab ich, wie a Schißhund. Jch docht’ halt immer: hier hilft’s niſcht, hier mußt de dran globen; und da rafft ich m’r halt a Kopp zuſammen, und da ging’s och; und da kam’s a ſo weit, das d’r Rittmeiſter und ſagte vor d’r ganzen Schwadron iber mich: Das is ein Huſar, wie a ſein muß.
Da haſt du a ſo a Glicke gehabt?! Nu jaja! — nu nee nee!
Da wolln m’r hoffen, das de uns dei Glicke mitebringſt. — Nu ſoll mer woll amal mit trinken?
Nu ganz natürlich, Vater Baumert, und wenn’s alle is, kommt mehr.
O mei, mei, das giht ja hier zu… da kreeſcht a Braten, da ſteht a Quart Branntwein,
ſollſt leben, Moritz! — Nu jaja! nu nee nee!
Kennten m’r nich zum wenigſten zu allen heilichen Zeiten a ſo a Stickl Gebratnes habn, ſtat’s das ma kee Fleiſch zu ſehn kriecht iber Jahr und Tag? — A ſo muß ma warten, bis een wieder amal a ſo a Hundl zulauft, wie das hier vor vier Wochen: und das kommt ni ofte vor im Leben.
Haßt Du Ami’n ſchlachten laſſen?
Ob a m’r vollens o noch derhungern that …
Nu jaja, — nu nee nee.
Und war a ſo a nette, bethulich Hundl.
Seit ihr hierum immer noch a ſo happich uf Hundebraten.
O Jes’s, Jes’s, wenn m’r ock und hätta ’n genug
Nu da da, a ſu a Stickl Fleeſch is gar rathlich.
Haſt’ Du ken’n Geſchmak nimehr uf ſu was? Nu da bleib ock bei uns hier, Moritz, da werd’ a ſich baal wieder einfinden.
Nu jaja, — nu nee nee, das is o noch ne Guttſchmecke — das macht gar a lieblich Gerichl.
D’r reene Zimmt, mecht man ſprechen.
Nu ſag uns amal deine Meinung, Moritz. Duweißt’ doch, wie’s in d’r Welt drauſſen zugeht. Werd das nu hier amal anderſch werden mit uns Webern, oder wie?
Ma ſollts wirklich hoffen.
Mir kenn d’r nich leben und nich ſterben hier oben. Uns geht’s loda böſe, kanſt’s globen. Eener wehrt ſich bis uf’s Blutt. Zuletzt muß man ſich drein geb’n. De Noth frißt een ’s Dach iberm Koppe und a Boden unter a Fiſſen. Friher, da man noch am Stuhle arbeiten konnte, da hat man ſich halb - wegens mit Kummer und Noth doch kunnt a ſo durch - ſchlagn. Heute kann ich m’r ſchon’n iber Jahr und Tag kee Stickl Arbeit mehr erobern. Mit der Korb - flechterei is och ock, das man ſei bißl Leben a ſo hinfriſten tutt. Jch flechte bis in de Nacht nein, und wenn ich in’s Bette falle, da hab ich an Beemen und ſechs Fenniche derſchindt. Du haſt doch Bildung, nu da ſag amal ſelber. Kann da woll a Auskommen ſein bei der Theurung. Drei Thaler muß ich hin - ſchmeißen uf Hausſteuer, een’n Thaler uf Grund - abgaben. Drei Thaler uf Hauszinſe, virzehn Thaler kann ich Verdienſt rechen, bleibn fer mich ſieben Thaler uf’s ganze Jahr. Da dervon ſoll ma ſich nu bekochen, beheizen, bekleiden, beſchuhn, ma ſoll ſich beſtricken und beflicken, a Quartier muß ma habn und was da noch alles kommt. — Js’ s da a Wunder, wenn man de Zinſe ni zahln kann.
’S mißt amal eener hingehn nach Berlin, und mißt’s ’n Keeniche vorſtelln, wie’s uns a ſo geht.
Och nich a ſo viel nutzt das, Vater Baumert. ’S ſein er ſchonn genug in a Zeitungen druf zu ſprechen gekommen. Aber die Reichen, die drehn und die wenden an Sache a ſo … die iberteifeln a beſten Chriſten.
Das ſe in Berlin den Pli nich habn!
Sag Du amal, Moritz, kann das woll meglich ſein? Js da gar kee Geſetze d’rfor? Wenn een’s37 nu und ſchindt ſich’s Baſt von a Händen und kann doch ſeine Zinſe ni ufbringen; kann m’r d’r Pauer mei Häusl da wegnehmen? ’Sis halt a Pauer, der will ſei Geld habn. Nu weeß ich gar nich, was de noch werdn ſoll? — Wenn ich halt und ich muß aus dem Häusl nausgehn. …
Hier bin ich gebor’n, hier hat mei Vater am Web - ſtuhle geſeſſen, mehr wie virzig Jahr. Wie oft hat a zu Muttern geſagt: Mutter, wenn’s mit mir amal a Ende nimmt, das Häusl halt feſte. Das Häusl hab ich errobert meent a iber’ſche. Hie is jeder Nagl an durchwachte Nacht, a jeder Balken a Jahr trocken Brot. Da mißt ma doch denken …
Die nehmen een’s Letzte, die ſein’s cumpabel.
Nu, ja, ja! — nu, nee, nee! kommt’s aber a ſo weit, da wär mirſch ſchonn lieber, ſe trügen mich naus, ſtats das ich uf meine alten Tage noch naus laufen müßte. Das bißl ſterben da! Mei Vater ſtarb o gerne genug. — Ock ganz um de Letzte, da wolld’n a wing Angſt wern. Wie ich aber zu’n eis Bette kroch, da wurd a ooch wieder ſtille. — Wenn ma’s a ſo bedenkt: Dazemal war ich a Jungl von dreizehn Jahrn. Müde war ich, und da ſchlief ich halt ein, bei dam kranken Manne, — ich verſtand’s doch nich beſſer — und da ich halt aufwachte war a ſchonn kalt.
Greif amal in’s Röhr, Bertha, und reich Anſorgen de Suppe.
Dahier eßt, Vater Anſorge!
Nu nee, nee — — nu jaja!
Nu Vater, Vater, du wirſcht dich doch gedulden kenn’n. Laß ock Berthan vor richtich vorſchirrn.
Vor zwee Jahren war ich’s letztemal zum Abendmale. Gleich dernach verkooft ich a Gottstiſchrock. Da dervon kooften m’r a Stickl Schweinernes. Seit dem da hab ich kee Fleeſch nimehr geſſen bis heut Abend.
Mir brauchen o erſcht kee Fleeſch, ver uns eſſen’s de Fabrikanten. Die waten im Fette rum bis hie her. Wer das ni gloobt, der brauch ock nunter gehn nach Bielau und nach Peterſchwalde. Da kann ma ſei Wunder ſehn: immer e Fabrikantenſchloß hintern andern. Jmmer e Palaſt hintern andern. Mit Spiegel - ſcheiben und Thürmeln und eiſernen Zäunen. Nee, nee, da ſpürt keener niſcht von ſchlechten Zeiten. Da langt’s uf Gebratnes und Gebacknes, uf Eklipaſchen und Kutſchen, uf Guvernanten und wer weeß was. Die ſticht d’r Haber a ſo ſehr! die wiſſen gar nich, was de ſchnell anſtelln vor Reechthum und Jbermuth.
Jn a alten Zeiten da war das ganz a ander Ding. Da liſſen de Fabrikanten a Weber mitleben. Heute da bringen ſe alles alleene durch. Das kommt aber daher ſprech ich: d’r hohe Stand gloobt nimehr a kenn Herrgott und kenn Teiwel o nich. Da wiſſen ſe niſcht von Geboten und Strafen. Da ſtehln ſe uns halt a letzten Biſſen Brot und ſchwächen und untergraben uns das bißl Nahrung, wo ſe kenn’n. Von den Leuten kommt’s ganze Unglicke. Wenn unſere Fabrikanten und wärn gute Menſchen, da wärn ooch fer uns keene ſchlechten Zeiten ſein.
Da paßt amal uf, da wer ich euch amal was ſcheenes vorleſen.
Komm, Auguſt, renn in de Schelzerei und hol noch a Quart. Nu Auguſt, Du lachſt ja ei en’ Biegen fort.
Jch weeß nich, was mit dem Jungen is, dem geht’s immer gut. Der lacht ſich39 de Hucke voll, mag’s kommen wie’s will. Na, feeder, feeder!
Gelt ock Alter, du weeßt, was gut ſchmeckt?
Moritz, du biſt unſer Mann. Du kannſt leſen und ſchreiben. Du weeßt’s, wie’s um de Weberei beſtellt is Du haſt a Herze fer de arme Weberbevölkerung. Du ſolltſt unſere Sache amal in de Hand nehmen dahier.
Wenn’s mehr ni is. Das ſollte mir ni drauf ankommen; dahier! den Fabrikantenräudeln, den wollt ich viel zu gerne amal a Liedl ufſpiel’n. Jch thät m’r niſcht draus machen. Jch bin a umgäng - licher Kerl, aber, wenn ich amal falſch wer und ich krieg’s mit der Wuth, da nehm ich Dreißichern in de eene, Dittrichen, in de andre Hand und ſchlag ſe mit a Keppen annander, das n’s Feuer aus a Augen ſpringt. — Wenn mir und mer kennten’s ufbringen, das m’r zu - ſammen hielten, da kennt m’r a Fabrikanten amal an ſolchen Krach machen .... Do braucht m’r keen’n Keenich derzu und keene Regierung, da kennten m’r eenfach ſagen: mir wolln das und das, und a ſo und a ſo ni, und da wärſch bald aus een’n ganz andern Loche feifen dahier. Wenn die ock ſehn, das ma Kriin hat, da zieh’n ſe bald Leine. Die Betbrider kenn’ ich! das ſein gar feige Luder.
’S is wirklich bald wahr. Jch bin gewiß ni ſchlecht. Jch bin gewiß immer diejenigte geweſt, die geſagt hat, die reichen Leute miſſen ooch ſein. Aber wenn’s a ſo kommt ....
Vor mir kennte d’r Teiwel alle holn, der Raſſe vergönnt ich’s.
Wo is denn Vater?
Jch weeß nich, wo a mag hinſein.
Js etwan, das a das Fleeſcherne nimehr gewehnt is?!
Nu da ſeht irſch, nu da ſeht irſch! Da bleibt’s ’n noch ni amal. Da wird a das ganze bißel ſcheenes Eſſen wieder von ſich geben.
Nee, nee! mit mir is bald gar alle. Mich habn ſe bald a ſo weit! Hat man ſich amal was gutes dergattert, da kann ma’s ni amal mehr bei ſich behaltn.
Und da derbei gibt’s Leute, Gerichtsſchulzen, garnich weit von hier, Schmärwampen, die de’s ganze Jahr niſcht weiter zu thun haben, wie uns ’n Herrgott im Himmel a Tag abſtehln. Die wolln behaupten, de Weber kennten gut und gerne auskommen, ſe wern bloß zu faul.
Das ſein gar keene Menſche. Das ſein Unmenſche, ſein das.
Nu laß ock gut ſein, a hat ſei Fett. Jch und d’r rothe Bäcker mir habn’s ’n eingetränkt und bevor m’r abzogen zu guter letzte, ſangen m’r noch’s Bluttgerichte.
O Jees’s, Jees’s, is das das Lied?
Ja, ja, hie hab ich’s.
’S heeßt doch glob ich’s Dreißicher Lied oder wie.
Jch wer’ſch amal vorleſen.
Wer hat denn das Lied derfundn?
Das weeß kee Menſch nich. Nu hört amal druf.
Hier iſt die Folterkammer. Der das geſchrieben, Mutter, der ſagt die Wahrheet. Das kannſt Du bezeugen… wie heeßt’s? Hier werden Seufzer … wie? … hie wern ſe viel gezählt …
Als Zeugen von dem Jammer.
Du weeßt’s, was mir a ſo ſeufzn een’n Tag um a andern, ob m’r ſtehn oder liegen.
Ja, Satansbrut!!!
Nu, jaja, das is auch an Fluch werth.
Jhr freßt der Armen Hab und Gut.
Wie ſteht’s? Umſonſt iſt alles klagen? Jedes Wort … jedes Wort … da is alls a ſo richtig, wie in d’r Bibel. Hier hilft kein Bitten und kein Fleh’n.
Nu, jaja! nu, nee nee! da thutt ſchonn niſcht helfen.
Haut und Hemde. Alls richtich, ’s is der Armuth Haut und Hemde. Hier ſteh ich, Robert Baumert, Webermeiſter von Kaſchbach. Wer kann vortreten und ſagn .... Jch bin ein braver Menſch ge - weſt mei Lebe lang, und nu ſeht mich an! Was hab ich davon? Wie ſeh ich aus? Was habn ſe aus mir ge - macht? Hier wird der Menſch langſam gequält.
Dahier, greift amal an, Haut und Knochen. Jhr Schurken all, ihr Satansbrut!!
Und das muß anderſcher wern, ſprech ich, jetzt uf der Stelle. Mir leiden’s nimehr! Mir leiden’s nimehr, mag kommen, was will.
Gaſtwirt.
ſeine Frau.
ſeine Tochter.
Tiſchler.
Lumpenſammler.
Schmied.
Gensdarm.
’S is ja heute d’r Teifel los in dem Peterſch - walde.
Nu ’s is halt doch Liefertag bei Dreißichern oben.
’S ging aber doch ſonſte nich a ſo lebhaft zu.
Nu ’s kennde vielleicht ſein, ’s wär wegen da Zweehundert neuen Webern, die a will noch annehmen jetzte.
Ja, ja, das wird’s ſein. Will a zweehundert, da wern er woll ſechs - hundert kommen ſein. M’r habn ’r ja genug von der Sorte.
O jes’s, jes’s, die langen zu. Und wenn’s den och ſchlecht geht, die ſterben ni aus. Die ſetzen mehr Kinder in de Welt, wie mer gebrauchen ken’n.
Nu kommt au noch das Begräbniß d’rzu. D’r Nentwich Weber is doch geſtorben.
Der hat lange genug gemacht. Der lief doch ſchonn iber Jahr und Tag ock bloß rum wie a Geſpenſte.
Kannſt’s glooben, Welzel, a ſo a klee numpern Särgl, a ſo a rasnich klee, winzich Dingel, das hab ich doch noch kee mal ni zuſammengeleimt. Das war d’r a Leichel, das wog noch nich neunzig Fund.
Jch verſtehe blos nich … wo man hinblickt, in irgend ’ne Zeitung, da lieſt man die ſchauerlichſten Geſchichten von der Webernot, da kriegt man einen Begriff von der Sache, als wenn hier die Leute alle ſchon dreiviertel verhungert wären. Und wenn man dann ſo’n Begräbniß ſieht. Jch kam grade im Dorfe rein. Blechmuſik, Schullehrer, Schul - kinder, der Paſtor und ein Zopp Menſchen hinter - drein, Herrgott, als wenn der Kaiſer von China begraben würde. Ja, wenn die Leute das noch bezahlen können …!
Nich wahr, Fräulein? Hab’ ich nich Recht?
Gewiß ’n Paar Morgenſchuhe für ’n Herrn Papa.
O ich mag ſolche Dinger erſcht nich an a Fuß ziehn.
Na, hör’n Sie mal an! Mein halbes Vermögen gäb’ ich, wenn die Pantoffeln für mich wär’n.
Fer ſowas, da hat er eemal kee Verſtändnis nich.
Der Herr haben ſich iber das Begräbnis wunderlich ausgedrückt. Nu ſagen ſie mal, junge Frau, das is doch ’n kleines Leichenbegängnis?
Ja, da frag ich mich aber… Das muß doch barbariſch Geld koſten. Wo kriegen die Leute das Geld nu her?
Se werden ergebenſt entſchuldigen,Die Weber. 450mein Herr, das is ſo’ne Unverſtändlichkeit unter der hieſigen armen Bevölkerungsklaſſe. Mit Erlaubnis zu ſagen, die machen ſich ſo’ne ibertriebliche Vor - ſtellichkeit von wegen der ſchuldigen Ehrfurcht und pflichtmäßigen Schuldigkeit gegen ſelig entſchlafene Hinterbliebene. Wenn das und ſind gar verſtorbene Eltern, da is das nu ſo ein Aberglaube, da wird von den nächſten Nachkommen und Erblaſſern das letzte zuſammengekratzt, und was die Kinder nich auf - treiben, das wird von den nächſten Magnaten ge - borgt. Und da kommen die Schulden bis iber die Ohren; Hochwürden der Paſtor wird verſchuldet, der Küſter und was da alles fer Leute herumſtehen. Und das Getränk und das Eſſen und dergleichen Notdurft. Nee, nee, ich lobe mir reſpective Kindlich - keit, aber nich, daß die Leidtragenden ihr ganzes Leben unter Verpflichtigungen davor gedrückt werden.
Erlauben Sie mal, das müßte doch der Paſter den Leuten ausreden.
Se werden ergebenſt entſchuldigen, mein Herr, ich muß hier befürworten, daß jede kleine Gemeinde ihr kirchliches Gotteshaus hat und ihren Seelenhirten Hochwürden erhalten muß. An ſo’nem großen Begräbnisfeſt, da hat die hohe Geiſtlichkeit ihre ſcheene Jbervorteilung. Deſto zahlreicher ſo eine Grablegung gehandhabt wird, je umfänglicher auch die Offertorien fließen. Wer die hieſigen arbeitenden Verhältniſſe kennt, der kann mit unmaßgeblicher Be - ſtimmtheit behaupten, die Herren Farrer dulden bloß widerſtreblich die ſtillen Begräbniſſe.
Scheen gun Tag och. An eefache mecht ich bitten. Na, junge Frau, habn ſe was Lumpiges? Jungfer Anna! Scheene Zopbändl, Hemdbändl, Strumpbändl hab ich im Wägl, ſcheene Stecknadeln, Haarnadeln, Häkel und Esel. Alles geb51 ich fer a par Lumpen.
Von den Lumpen da wird a ſcheen weiß Papierl gemacht, und da ſchreibt der liebe Schatz a hibſch Briefel druf.
O, ich bedank mich, ich mag keen’n Schatz.
A ſo is das Mädel. Vom Heirathen will ſe niſcht wiſſen.
Das is ge - ſcheidt, Fräulein, machen Sie’s wie ich. Topp! Geben Sie mir den Patſch! Wir beide bleiben ledig.
Nu Sie ſein doch ſchon verheirathet?!
J Gott bewahre, ich thu bloß ſo. Sie denken wohl, weil ich den Ring trage?! Ach den habe ich bloß an den Finger geſteckt um meine beſtrickende Perſönlichkeit vor unlauteren An - griffen zu ſchützen. Vor Jhnen fürchte ich mich nicht.
— Sagen Sie mal im Ernſt, Fräulein, wollen Sie ſich niemals auch nur ſo’n ganz kleenes biſſel verheirathen?
O wärſch doch!
Die bleibt Jhn ledich oder’ſch muß was ſehr Rares ſein.
Nu warum auch nich? ’N reicher ſchleſiſcher Magnat hat die Kammerjungfer ſeiner Mutter geheirathet, und der reiche Fabrikant Dreiſſiger hat ja auch ’ne Scholzentochter genommen. Die is nich halb ſo hibſch wie Sie, Fräulein, und fährt jetzt fein in Equipage mit Livréediener. Warum d’n nich?
Eine Taſſe Kaffee wer’ ich trinken.
Willkommen! Vater Anſorge, ſieht man Dich wider amal.
Kommſt Du o noch amal aus Den’n verräucherten Geniſte gekrochen?
Jch hab m’r wieder amal ne Werfte geholt.
A will fer zehn Behmen arbeiten.
Jch hätt’s ni gemacht, aber mit der Korbflechterei hat’s auch a Ende genommen.
’s is immer beſſer wie niſcht. A tut’s ja ock, daß d’r ne Beſchäftigung habt. Jch bin ſehr gut bekannt mit Dreißigern. Vor acht Tagen nahm ich ’n de Doppelfenſter raus. Da redten m’r driiber. A tut’s bloß aus Barmherzigkeet.
Nu ja, ja — nu nee, nee.
Hie wird ſein. Nu ſag amal, Anſorge. Wie lange haſt Du Dich ni mehr raſirn loſſen? — Der Herr mechts gerne wiſſen.
Ach, Herr Wirt, das hab’ ich doch nich geſagt. Der Herr Webermeiſter iſt mir nur aufgefallen durch ſein ehrwürdiges Aus - ſehen. Solche Hühnengeſtalten bekommt man nicht oft zu ſehn.
Nu ja, ja — nu nee, nee.
Solche urkräftige Naturmenſchen ſind heutzutage ſehr ſelten. Wir ſind von der Kultur ſo beleckt .... aber ich hab’ noch Freude an der Urwüchſigkeit. Buſchige Augenbrauen! So’n wilder Bart. ...
Nu ſehn’s ock, werter Herr, ich wer ihn amal was ſagn: bei da Leuten da langt’s halt ni uf a Balbier, und a Raſiermeſſer kenn ſe ſich ſchonn lange ni derſchwingen. Was wächſt, wächſt. Uf a äußern Menſchen kenn die niſcht nich verwenden.
Aber ich bitte Sie, lieber Mann, wo wer’ ich denn ....
Darf man dem Haarmenſchen ’n Glas Bier anbieten?
J beileibe, der nimmt niſcht. Der hat gar kom’ſche Mucken.
Na, dann nich. Erlauben Sie, Fräulein?
Jch kann Sie verſichern, Jhr Haar ſticht mir ſchon, ſeit ich rein kam, derart in die Augen, dieſer matte Glanz, dieſe Weichheit, dieſe Fülle!
Und dieſe Farbe .... wie reifer Weizen. Wenn Sie mit dem Haar nach Berlin kommen, Sie machen Furore. Parole d’honneur, mit dem Haar können Sie an den Hof gehen ....
Prachtvoll, einfach prachtvoll.
Derwegen hat ſe ja auch eine ſcheene Benennung erfahren.
Wie heißt ſie denn da?
O. Hörn Se nich drauf!
Das is doch d’r Fuchs, ni wahr?
Nu heert aber uf! Macht m’r das Mädel ni noch vollens gar verdreht! Se habn ’r ſchonn Raupen genug in a Kopp geſetzt. Heute will ſe an Grawen, morgen ſoll’s ſchonn a Firſcht ſein.
Mach Du das Mädel ni ſchlecht, Mann! Das is kee Verbrechen, wenn d’r Menſch will vorwärts kommen. A ſo wie Du freilich denkſt, a ſo denken ni alle. Das wär auch ni gutt, da käm Keener vom Flecke, da blieben ſe alle ſitzen. Wenn Dreißi - gers Großvater a ſo hätte gedacht, da wär a woll ſein a armer Weber geblieben. Jtzt ſein ſe ſteinreich. D’r alte Tromtra war o nich mehr wie a armer Weber, nu hat a zwelf Rittergiiter und is oben druf adlig geworn.
Alles, was de Recht is, Welzel. Ei der Sache da is Deine Frau uf’m rechtlichen Wege. Das kann ich underfertigen. Hätt ich a54 ſo wie Du gedacht, wo wern ock itzt meine ſieben Geſellen?
Du weeßt druf zu laufen, das muß Dir dr Neid laſſen. Wenn d’r Weber noch uf zwee Been’n rumlauft, da machſt Du’n ſchonn a Sarg fertig.
Wer de will mitkummen, muß ſich derzu halten.
Ja, ja, Du hälſt Dich o noch derzu. Du weeßt beſſer wie a Dokter, wenn d’r Tod um a Weberkindl kommt.
Und Du weßt’s beſſer wie de Poll’zei, wo de Nipper ſitzen unter a Webern, und die de ſich jede Woche a hibſch Neegl Spul’n ibrig machen. Du kommſt nach Lumpen und nimmſt o a Feifl Schußgarn, wenn’s druf ankommt.
Und Dei Weizen bliht uf’m Kirchhowe. Je mehr das uf de Hobelſpähne ſchlafen gehn, um deſto beſſer fer Dich. Wenn Du die vielen Kinder - gräbl anſiehſt, da kloppſt Du dr uf a Bauch und ſagſt: ’S war heuer wieder a gudes Jahr; die kleen’n Kreppe ſein wieder gefalln, wie de Maikäwer von a Bäumen. Da kann ich m’r wieder a Quart zulegen de Woche.
Derwegen, da wär ich noch lange kee Hehler.
Du machſt heechſtens amal an reichen Parchenfabrikanten an toppelte Rechnung, oder holſt a Paar ibrige Brätel von Dreißijerſch Bau, wenn d’r Mond amal grade ni ſcheint.
O, räd’ Du mit wem De willſt, ock mit mir nich.
Lügen - hornich!!
Toten-Tiſchler!
A kann’s Vieh behexen.
Sieh Dich vor, ſag ich d’r bloß ſonſt mach ich amal mei Zeichen.
Soll ich Jhn’n a Kaffee lieber in’s Stiebel tragen?
J, was denken Sie!
Hier will ich ſitzen, bis ich ſterbe.
Gu’n Mittag!
Zwee Jngwer mechten mir habn.
Willkommen mit n’ander!
Nun, Herr Förſter, tüchtigen Marſch gemacht?
’S geht. Jch komme von Stein - ſeifferſchdorf.
Entſchuldigen Sie, ſind Sie Gräflich Hochheimſcher Förſter?
Gräflich Keil’ſch bin ich.
Freilich, freilich, das wollt’ ich ja auch ſagen. Es is hier zu ſchlimm mit den vielen Grafen und Baronen und Freiherrlichen Gnaden. Man muß ’n Rieſengedächtnis habn. Zu was haben Sie denn die Axt, Herr Förſter?
Die hab ich Holzdieben weg - genommen.
Unſe Herrſchaft, die nimmt’s gar ſehr genau mit a par Scheiten Brennholz.
Nu erlauben Sie, das geht doch ooch nich, wenn da jeder holen wollte …
Mit Verlaub zu reden, hie is das wie iberall, mit a klein’n und a großen56 Dieben; hier ſein welche, die treiben Holzhandel im Großen und wer’n reich von geſtohlnen Holze. Wenn aber a armer Weber …
Mir derfen kee Zweigl nehmen, aber de Herrſchaft, die greift uns deſto forſcher an, die zieht uns ’s Leder egelganz iber de Ohren runter. Da ſein zu entrichten Schutz - gelder, Spinngelder, Naturalleiſtungen, da muß ma umſonſte Gänge laufen und Howearbeit thun, ob ma will oder nich.
’S is halt a ſo: was uns dr Fabrikante ibrich läßt, das holt uns d’r Edelman vollens aus dr Taſche.
Jch hab’s o ’n gnädijen Herrn ſelber geſagt. Se werdn gittigſt verzeihn, Herr Graf, meent ich ibern, das Jahr kann ich a ſo viel Howetage eemal ni leiſten. Jch ſtreits eemal nich! Denn warum? Se wern entſchuldijen mir hat’s Waſſer alles zu Schanden gemacht. Mei bißel Acker hat’s weg - geſchwemmt. Jch muß Tag und Nacht ſchaffen, wenn ich will leben. A ſo a Unwetter … Jhr Leute, Jhr Leute! Jch ſtand ock immer und rang de Hände. Der ſcheene Boden, der kam ock immer a ſo über a Berg rundergewellt und in’s Häusl nein; und der ſcheene, teure Samen! … O Jes’s, o jes’s, da hab ich ock immer a ſo in de Wolken nein geprillt und acht Tage lang hab ich geflennt, daß ich bald keene Straße ni mehr ſah … Und dernach konnt ich mich mit achtzig ſchweren Radwern Boden über a Berg wieder nufquäln.
Jhr macht ja a ſchauderhaftiges Gelammetire dahier. Was de d’r Himmel ſchickt, das miſſ’ mir uns alle gefalln laßn. Und wenn’s euch ſonſt’ nich zum Beſten geht, wer is denn Schuld, wie Jhr ſelber? Wie’s Geſchäft gutt ging, was habt’r57 gemacht? Alls verſpielt und verſoffen habt’r. Hätt’ Jhr euch dazemal was derſpart, da wär jetzt a Nothpfennig da ſein, da braucht’r kee Garn und kee Holz ſtehln.
A Pauer bleibt a Pauer, und wenn a ſchläft bis um Neune.
Das is jetzt a ſo: D’r Pauer und d’r Edelmann, die ziehn a een’n Strange. Will a Weber an’ Wohnung habn, da ſagt d’r Pauer, ich geb d’r a klee Lechl’ zum drinne Wohn, Du zahlſt m’r ſcheene Zinſe und hilfſt m’r mei Heu und mei Ge - treide reinbringen, und wenn de ni willſt, da ſieh, wo de bleibſt. Kommt eener zum Zweeten, der machts wie d’r erſchte.
Ma is wie a Griebſch, an dem alle rumfreſſen.
O, Jhr verhungerten Luder, zu was wär’t Jhr zu gebrauchen? Kennt Jhr an Flug in a Acker dricken? Kennt Jhr woll ne gleiche Furche ziehn, oder ne Mandel Habergarben uf a Wagn reechen? Jhr ſeid ja zu niſcht nutze wie zum Faullenzen, und bei a Weibern liegen. Jhr wär’t Scheißkerle! Jhr kennt een was nitzen.
A ſo a Pauer der is wie a Bremmerochſe … Wenn ich ni wiſſte, was hie fir ne Noth is. Jn den Derfern hi nuff. Was hat man da alles zu ſehn kriicht. Zu viern und fünfen lagen ſe nackt uf en’n eenzichen Strohſack.
Erlauben Sie mal, lieber Mann. Ueber die Not im Gebirge ſind doch die Anſichten recht verſchieden, wenn Sie leſen können …
O, ich les alls vom Blatte runder, a ſo gutt wie Sie. Nee, nee, ich werſch wiſſen ich58 bin genug rumkommen bei da Leuten. Wenn man’s Kupſel Stick a vierzig Jahr uf’m Puckel gehabt hat, da wird ma woll was wiſſen zu guder letzt. Wie warſch denn mit Fullern? Die Kinder, die klaubten mit Nachbarſch Gänſen im Miſte rum. Geſtorben ſein de Leute — nackend — uf a Flieſen im Hauſe. Stinkende Schlichte habn ſe gefreſſen vor Himmels - angſt. Hingerafft hat ſe d’r Hunger zu hunderten und aberhunderten.
Wenn Sie leſen können, müſſen Sie doch auch wiſſen, daß die Regierung genaue Nachforſchungen hat anſtelln laſſen, und daß …
Das kennt man, das kennt man: Da kommt ſo a Herr von d’r Regierung, der alles ſchon beſſer weeß, wie wenn a’s geſehn hätte, der geht a ſo a bißl im Dorfe rum, wo de Bache ausfließt, und de ſcheenſten Häuſer ſein. De ſcheen’n blanken Schuhe, die will a ſich weiter ni beſchmutzen. Da denkt a halt, ’s wird woll ieberall a ſo ſcheen ausſehn und ſteigt in de Kutſche und fährt wieder heem. Und da ſchreibt a nach Berlin, ’s wär und wär eemal keene Not nich. Wenn a aber und hätte a biſſel Geduld gehabt und wär in da Derfern nuf geſtiegen, bis wo de Bache eintritt, und ieber de Bache nieber uf de kleene Seite, oder gar abſeit wo de kleen’n eenzelnen Klitſchen ſtehn, die alten Schaubenneſter an a Bergen, die de manchmal a ſo ſchwarz und hinfällig ſein, daß ſ’n ſ’Streichhelzl ni verlohnt um a ſo a Ding anzuſtecken, da wär a woll anderſch habn nach Berlin bericht’t. Zu mir hätten ſe ſolln kommen de Herrn von d’r Regierung, die’s nich haben globen wollen — daß hier ne Noth wär. Jch hätt’n amal was ufgezeicht. Jch wollt’n amal de Augen ufkneppen in allen den Hungerneſtern hier nein.
Da ſingen ſe ſchonn wieder das Teifelslied.
Die ſtell’n ja ’s ganze Dorf uf a Kopp.
S’is reen, als wenn was in d’r Luft läg’.
Schwadron halt! Abgeſeſſen!
Nu ſag ock blos, was geht denn vor, daß d’raſoei hellen Haufen beinander ſeid?
Vielleichte wird amal was vor - gehn. Gelt ock, Moritz?!
Nu werſch doch! Macht ock ni Dinge.
’Sis o ſchonn Blut gefloſſen. Willſt’s ſehn?
Beim Bader Schmidt warn mir, impfen laſſen.
Na nu wirds Tag. Da kan man ſich ni wundern, daß a ſo a Teeps is uf allen Gaſſen. Wenn ſolche Leubel im Dorfe rum ſchwuchtern. !
Gleich zwee Quart, Welzel! Jch zahl’s. Denkſt etwan, ich hab kee Puttputt? Nu harr ock ſachte! Wenn mir ſonſt wollten, da kennten mir Scheps trinken und Kaffee lappern, bis morgen frih, a ſo gutt wie a Reiſender.
Meinen Sie mir oder meinen Sie mich?
Jmmer den, der fragt.
Erlauben Sie mal, junger Menſch, Jhr Geſchäft ſcheint recht gut zu gehn.
Jch kann ni klagn. Jch bin Konfektions - reiſender. Jch mach mit’n Fabrikanten Halbpart. Je mehr d’r Weber hungert, um deſto fetter ſpeis ich. Je gröſſer de Noth, deſto gröſſer mei Brot.
Das haſte gutt gemacht, ſollſt leben, Moritz!
Laſſt Jhr den Herrn zufrieden, der hat Euch niſcht nich gethan.
Mir thun ’n ja auch niſcht.
Die Herren Dreißiger die Henker ſind, die Diener ihre Schergen ....
Pſcht, pſcht! Das Lied ſingt, wo er wollt. Ei mein’ Hauſe duld ich’s nich.
A hat ganz Recht, laßt Jhr das Singen.
Aber bei Dreißigern miß mer noch amal vorbeiziehn. Der muß unſer Lied noch amal zu hörn kriegen.
Treibt’s ock ni gar zu tolle, daß a ni etwa amal falſch verſteht!
Laß ock Du die geruhig a biſſel a Theater machen. Die Hunde, die de viel kläffen, beißen nich.
Wittig, Wittig!
Hie hengt a. Was gibbt’s denn?
„ Wittig is da. “ „ Wittig, Wittig. “ „ Komm her, Wittig, ſetz Dich zu uns. “ „ Komm her zu uns, Wittig. “
Jch wer mich in Obacht nehmen und wer mich zu ſolchen Gothen ſetzen.
Komm, trink amal mit.
O behalt dir den’n Branntwein. Will ich trinken, zahl ich ’n ſelber.
Was haben die Weber fer eine Speiſ’? Sauerkraut und Läuſefleiſch.
Nu aber wie d’n da, wenn ſe nu, und ſein nimmehr zufriede dermit?
Nu, nu, nu, ſag mer ock, Heinerle, biſt Du’s?
Jhr Leute, Jhr Leute, ich lach mich tot. Der ale Baumert will Rebellion machen. Nu wer’n merſch habn: Jtzt fangen de Schneider o an, dann wer’n de Bälämmel rebelliſch, dann de Mäuſe und Ratten. O du meine Gitte, das werd a Tanz werden.
Nu ſieh ock, Wittig, ich bin no immer derſelbigte wie frieher. Jch ſag o itzt noch, wenn’s im Guten ging, wärſch beſſer.
Dreck! werds gehn, aber nich im Guden. Wo wer a ſo was im Guden gangen? Js etwa ei Frankreich im Guden gangen? Hat etwa d’r Robſpiir a Reichen de Patſchel geſtreechelt? Da hiß bloß: Allee ſchaff fort. Jmmer nuff uff de Giljotine. Das muß gehn, allong ſangfang. De gebratnen Gänſe kommen een ni ins Maul geflogn.
Wenn ich ock und hätte hallwäge mein Auskommen …
Uns ſteht halt’s Waſſer bis hierum, Wittig.
Ma mag bald gar ni mehr heem gehn. Ob ma nu ſchachtert oder ma legt ſich ſchlafen, ma hungert uf beede Arten.
D’rheeme verliert man vollens ganz a Verſtand.
Mir is jetzt ſchonn eegal, ’s kommt a ſo, oder a ſo.
„ Nir - gend hat ma Ruh. “ „ O ken’n Geiſt nich zur Arbeit hat62 man. “ Oben bei uns in Steenkunzendorf ſitzt eener ſchonn a ganzen Tag an d’r Bache und wäſcht ſich, nackt wie ’n Gott gemacht hat. Dem hat’s gar a Kopp verwirrt.
Es iſt ein Gericht in der Luft! Geſellet euch nicht zu den Reichen und Vornehmen! Es iſt ein Gericht in Luft! Der Herr Zebaot …
Der derf ock a eenzichtes Gläsl’ trinken, da wirrt’s