bei Zangler.
Kellner.
Die Handlung ſpielt im erſten Aufzug in Zanglers Wohnung in einer kleinen Stadt; dann in der nahe gelegenen Hauptſtadt, gegen Schluß wieder bei Zangler.
[5]Jch habe Jhnen jetzt ein für allemal g’ſagt —
Und ich Jhnen ein für allemal erklärt —
Daß Sie meine Nichte und Mündel nicht kriegen.
Daß Marie die Meine werden muß.
Das werd’ ich zu verhindern wiſſen.
Schwerlich ſo ſicher, als ich es durchzuſetzen weiß.
Kecker Jüngling!
Hartherziger Mann! Was haben Sie gegen mich? Meine Tante in Brüſſel iſt reich.
Gratulir.
Jch werde ſie beerben.
Aber wann?
Sonderbare Frage; nach ihrem Tode.
Und bis wann wird ſie ſterben? Aha, da ſtockt die Antwort. So eine Tant’ in Brüſſel kann leben, ſo lang ſie will.
Das wünſch’ ich ihr von Herzen, denn ich weiß,7 daß ſie auch bei Lebzeiten reichlich zu meinem Glücke beitragen wird.
Reichlich beitragen — wie viel is das in Brüſ - ſel? Reichlich beitragen is hier das unbeſtimmteſte Zahlwort was es gibt, und in unbeſtimmten Zahlen ſchließ ich kein Geſchäft, und kurz und gut, in’s Ausland laß ich meine Mündel ſchon durchaus nicht heirathen.
So heirathe ich ſie und bleibe hier.
Und derweil ſchnappt dort ein Anderer die Erb - ſchaft weg, das wär’ erſt gar das wahre. Mit einem Wort, g’horſamer Diener! Plagen Sie ſich auch nicht zu ſehr mit unnöthigem Herumſpekulirn um mein Haus, meine Nichte is heut früh an den Ort ihrer Beſtimmung abgereist.
Wie, Marie fort —?!
Ja, nach Dingsda — logirt in der ungenann - ten Gaſſen, Numero ſo und ſo viel, in beliebigen Stock, rechts bei der zug’ſperrten Thür, da könnens8 anläuten ſo oft’s wollen, hineinlaſſen wern’s Jhnen aber nicht.
Das geht gut, der neue Hausknecht is noch nicht da, und der alte ſagt, er will nix mehr thun.
Was is denn?
Die Koffer müſſen ja vom Boden herunterge - tragen werden, wenn die Mamſell Marie ſchon über - morgen in die Stadt zur Fräulein Blumenblatt ſoll.
Es iſt — Sie hat — geh Sie zum Teufel —
Alſo übermorgen erſt? in die Stadt zur Fräu - lein Blumenblatt? Gehorſamer Diener.
He mein Herr — das wird Jhnen nix nutzen, daß — der Aufenthalt meiner — mit einem Wort —
Gehorſamer Diener!
Da hab’n wir’s — jetzt weiß er — daß ſie noch da is und wo ſie hinkommt, ich wollt’, die Frau Gertrud wär —
Was hab’ ich denn gethan?
Daß das der Liebhaber von meiner Mündel is. Aber jetzt weiß ſie’s, weiß, daß ich Morgen in aller Fruh in die Stadt fahr, weiß, daß ſie jetzt mit hundertfacher Vorſicht über die Marie wachen muß; wo iſt die Marie?
Jm Garten bei den Bienen.
Da halt’t ſie ſich immer auf, ich glaub blos des - wegen, weil die Bienen ſchwärmen, ſoll ſich ein Bei - ſpiel nehmen, das ſind nur Thiere, und ſchwärmen auf eine ſo nützliche Weiſe, und Frauenzimmer, die ſich einbilden, halbete Engeln zu ſein, haben eine ſo hirnloſe Schwärmerei in ſich. Sie ſoll heraufgehen, es fangt an dunkel zu werden. Und der Herr Weinberl und der Chriſtoph ſollen auch heraufkommen, wenn ſie’s G’wölb zug’ſperrt hab’n. Und meine Schützen-Uni - form bring Sie mir herein, der Kaſten wird offen ſein.
Gleich, Herr von Zangler, gleich.
’S iſt zum Todtärgern. Heut großes Quartal - Soupée der Schützengeſellſchaft und der Schneider laßt mich ſitzen. Jch als diesjähriger Schützenkönig muß in der alten Uniform erſcheinen. O Schneider, Schneider! wann werdt’s ihr in eurer Sphäre blei -11 ben, und euch blos aufs Kleidermachen und nicht auch auf’s Maulmachen verlegen, dreimal hab ich ſchon g’ſchickt und —
Es war wieder umſonſt. Da iſt der neue Hut und der neue Hirſchfänger; aber der Schützenfrack wird nit fertig, hat noch keine Knöpf und kein Fut - ter, wann’s’n ſo anlegen woll’n —
Jch werd’ doch kein Frack ohne Futter anlegen.
Jch glaub, wann er den Rock zu der Freſſerei anlegt, wurd Futter g’nug hineinkommen.
Jetzt bitt ich um mein Lohn und um a Trinkgeld.
Was Trinkgeld?
Jch hab heut vor 14 Tagen aufg’ſagt, aber um achte in der Fruh, Sie haben mich jetzt alſo 11 Stunden über die Zeit mißbraucht.
Da hat er. Uebrigens irr’ er ſich nicht, ich hab’ ihm aufg’ſagt, nicht er mir.
Kann ſein. Jch hab aber z’erſt durch Nachläſ - ſigkeit und Unwillen zu erkennen geb’n, daß mir der Dienſt nit mehr g’fallt, daß Sie dann g’ſagt hab’n, ich kann mich in 14 Tagen zum Teufel ſcher’n, das war nur eine natürliche Folge davon.
Pack er ſich, ich bin froh, daß ich ihn los hab, ich hab ihn nur kurze Zeit g’habt, aber — ich will nicht ſagen, was ich mir denk’, aber —
No ſein’s ſo gut.
Er iſt ein unverläßlicher Menſch, und —
O ſehr verläßlich, ich verlaß alle 3 Wochen einen Dienſt, das kann ich durch viele Zeugniſſe be - weiſen; empfehl’ mich gehorſamſt — ich bleib nicht gern lang an einem Ort.
Der wird ſchon noch an einen Ort kommen, wo er lang bleiben muß, das prophezeih ich ihm.
Da is das Schützenkönigg’wand.
Auf meine Mündel ſoll Sie Obacht geben, hab ich g’ſagt.
No ja, Sie haben aber auch befohlen —
Daß Sie der Marie nicht ein Schritt von der Seiten geht. Hirſchfänger und Hut war unnöthig, ich hab einen neuen.
No ſo will ich den wieder —
Zu der Marie ſoll Sie ſchau’n, hab’ ich g’ſagt.
Nein, man weiß wirklich nit, wo ein’m der Kopf ſteht.
Jetzt hätt’ ich bald vergeſſen —
Der neue Hausknecht is da —
Soll hereinkommen —
Nichts als Odiosa, Geſchäfte, Unweſen im Hausweſen, umgeben von albernen Weſen, langwei - ligen Weſen, ſchlechten Weſen, bin wirklich ein ge - plagtes Weſen.
Herein!
Jch bitt’, ſein Euer Gnaden der G’würzkramer?
Eins zu wenig, ’s Andere zu viel, ich bin nicht15 Euer Gnaden, ſondern nur Herr Zangler, bin aber kein Kramer, ſondern vermiſchter Waarenhändler.
Jch hab g’hört, daß der Herr vermiſchte Waa - renhändler einen Hausknecht g’habt hab’n, der ein reiner Lump war.
Jch hab ihn fortgejagt.
Und da hab ich g’hört, ſind Sie in Deſperation, daß Sie kein Hausknecht haben.
Jn Deſperation? Das is gar eine dumme Red, ich glaub’, an ſolchen Schlingeln is keine Noth.
Das is wahr, eher wirds an Principal’n eine Noth ſein. Ein Hausknecht halt’t lang, aber Princi - pal geht alle Augenblick einer z’Grund.
Er iſt etwas vorlaut, ſcheint mir —
Nein, das war nur ſo eine merkantiliſche Be - merkung.
Wo hat Er ſein Dienſt-Zeugniß?
Jm Sack.
So geb Er’s her.
Es is etwas verkribelt, ich trags ſchon 4 Wo - chen herum.
Hat Er Kenntniſſe von der vermiſchten Waaren - handlung?
O ſehr viel. Wir hab’n zwar da, wo ich war, nur Einen Artikel g’habt, aber der war ungeheuer vermiſcht, ich bin aus einer Weinhandlung.
Hm, ſein Zeugniß lautet ja ganz vorzüg - lich gut.
Ja, meine Aufführung war klaſſiſch.
Treu, redlich, fleißig, willig, wachſam auf’s Haus —
Er is aufgenommen.
Jch küß die Hand.
Sechs Gulden Monat-Lohn, Koſt, Quartier, Wäſch —
No, jetzt Quartier und Wäſch, das is das Ge - ringſte, aber die Koſt, die war halt dort, wo ich war, klaſſiſch.
Bei mir leid’t auch Niemand Hunger — Sup - pen, Rindfleiſch, Zuſpeis, und was drauf.
Aber nur viel drauf. Und weg’n Frühſtück, dort hab ich halt immer einen Kaffee g’habt.
Das war bei mir nicht der Brauch, daß der Hausknecht Kaffee —
Schaun’s, Sie hab’n g’wiß auch einen Roſolie unter Jhren vermiſchten Sachen.
O ja, aber —
Na, ſehns Sie, dann is es ja unſer beiderſeiti - ger Vortheil, wanns mir ein Kaffee geb’n, denn Sie verleiteten mich ja ſonſt mit G’walt zu die geiſtigen Getränk.
Na, da gebets ſchon noch Mittel — übrigens wann Er brav is —
Klaſſiſch.
So ſoll Er ein Kaffee haben.
Verſteht ſich ſüß und zwei Kipfeln. O an den Ort, wo ich war, das war ein klaſſiſcher Kaffee.
Was hat Er denn immer mit dem dummen Wort klaſſiſch?
Ah, das Wort is nit dumm, es wird nur oft dumm angewend’t.
Ja, das hör’ ich, das muß Er ablegen, ich be - greif nicht, wie man in zwei Minuten 50mal das - ſelbe Wort repetiren kann.
Ja, das iſt klaſſiſch. Und dann bitt ich mir zu ſagen, was ich Alles zu thun hab.
Was wird Er zu thun haben? was halt einem Hausknecht zukommt.
Kiſten und Fäſſer aus’n Magazin holen.
Bothengänge machen, das G’wölb rein halten, und im Haus —
Wenn’s in der Kuchel was gibt, klein’s Holz machen, allenfalls Boden reib’n.
Das hoff ich auch.
Jch war immer ſehr gut mit meinem Herrn alſo wer’ ich bei Jhnen keine Ausnahm — und nicht wahr, wenn ich was aus Privatfleiß thu’; zum Bei -20 ſpiel der Köchin Waſſer trag’n, den Herrn Commis die Stiefel putzen, da krieg ich extra ein Honorar —
Das mach’ Er mit dem Commis aus, und mit der Köchin. Jetzt hilf Er mir anziehen, den Schnei - der ſoll der Teufel holen.
Da bin ich, das Meiſterwerk is vollendet.
Alſo doch fertig? Aber Sie haben mich warten laſſen, lieber Herr Hupfer.
Jſt das der, den der Teufel holen ſoll?
Wie? Was?
Halt Er’s Maul!
Das is nur ſo eine Redensart ungeduldiger Erwartung.
Freilich nur Redensart, und das weiß auch der Teufel recht gut; wann er gleich jeden Schneider holet, wie man’s ſagt, ſo möcht’ der Teufel Schneider ſein.
Mit Hilfe zweier plötzlicher unverhoffter Schnei - dergeſellen habe ich das Unmögliche möglich gemacht.
Sinds heut erſt angekommen?
Ja.
Nicht wahr, Einer is krump, der Andere hat ein ſchwarzes und ein blaues Aug, das ſchwarze Na - tur, das blaue g’ſchlagen.
Kann ſchon ſein.
Die Schneiderg’ſell’n kenn’ ich, ſie hab’n g’foch - ten unterwegs.
Das is ſo der Brauch.
Jch hab ihnen einen Silberzehner geb’n und g’ſagt, daß’s mir ſechs Groſchen herausgeb’n ſoll’n, das hab’ns aber in der Hitze des Gefechts überhört, und ſind weiter; wollten Sie ihnen nicht ſagen —
Jetzt bitt ich nur gefälligſt anzuprobiren.
Merk Er auf, damit Er lernt, wie man eine Uniform —
Etwas eng ſcheint’s mir —
Das is feſch —
Freilich!
Unterm Arm ſchneidt das Ding ein, das thut weh.
Macht ſich aber feſch.
Und hinten gehn die Schößeln zu weit auseinand.
Das iſt gar feſch.
Wie g’ſagt zu eng. Bei der Tafel wer’n mir alle Knöpf aufſpringen.
Jch begreif nicht —
Sie hab’n mir doch die Maß genommen.
Mein Gott das Maß nehmen is ein altes Vor - urtheil, welches die Schneider doch nicht hindert, jedes neue G’wand zu verpfuſchen.
Nun, wie ſchau ich aus.
Jch därf’s nit ſag’n.
Wenn ich ihms befehl, wie ſchau ich aus.
Klaſſiſch.
Am Himmel hab’ns ein Sternbild, das heißt24 der Schütz, das iſt aber bei weitem nicht ſo ge - ſchmackvoll wie dieſer Schütz.
Das is klaſſiſch.
Für heut thut’s es, aber Morgen müſſen Sie mir den Rock weiter machen.
Warum nicht gar, Uniform muß eng ſein.
Aber ich erſtick’ ja.
Macht nichts; Sie haben einmal von der Na - tur eine Art Tallie erhalten, und es iſt die Pflicht der Kunſt, dieſes Geſchenk der Natur in das gün - ſtigſte Licht zu ſtellen. Rekommandir mich beſtens.
Er hat halt allweil recht, und gibt nicht nach, man glaubets nicht, wie ſo ein Schneider bockbeinig iſt.
Jetzt mein Lieber — wie heißt Er?
Melchior.
Mein lieber Melchior, fahr er gleich wieder z’ruck in die Stadt.
Was, ich hab glaubt, Sie haben mich auf - g’nommen?
Freilich, aber ich fahr morgen in aller Früh auch in die Stadt. Da ſteigt er gleich bei der Linie im Gaſthaus bei der Sonn’ ab, ſagt nur meinen Namen, daß das gewöhnliche Zimmer für mich her - g’richt wird, und erwart’ mich, da hat er Geld
mach’ er aber g’ſchwind in einer Viertelſtund geht der Stellwagen.
Gut. Aber könnt’ ich nicht vorher noch meinen übrigen Vorgeſetzten, dem Commis und dem Lehr - buben die Aufwartung machen.
Nix, er verſäumt ſonſt den Wagen.
No, ſo geh ich halt. Sie ſind bei einer Tafel eingeladen Herr von Zangler, geb’ns Acht auf’n neuen Rock, daß Jhnen nicht antrenzen.
Was redt er denn für dumm’s Zeug.
Schön ’s Serviet vornehmen und auseinander - breiten, die Bratlfetten geht hart heraus.
Glaubt er denn, ich bin ein Kind? Er is wirk - lich zu dumm.
Aber meine Aufführung die is halt klaſſ —
Mach’ er jetzt weiter.
Das hat mein voriger Herr auch immer g’ſagt, dumm aber klaſſiſch.
Schon wieder?! — Nein, was ich die Sprich - wörter nicht ausſtehen kann! — Mich hat einmal ein Sprichwort abſcheulich ang’ſetzt, nämlich das27 „ Jung gefreit hat Niemand bereut “das wird ſchier, wenn man alle Sprichwörter nach der Dummheit klaſſifizirt, ’s erſte Premium kriegen. Und dem Sprichwort zum Trotz geh ich jetzt als ſo alter auf Freiers Füßen, und ich werd’s g’wiß nicht bereuen. Wart nur Sprichwort, dich bring ich noch ganz um den Kredit.
Kaum viertel auf Acht und ſchon völlig Nacht.
’s fangt auf ein - mal zum Herbſtln an.
Auf meine Mündel ſoll Sie ſchaun, hab ich Jhr g’ſchafft.
Das thu’ ich ja ſo.
Wie kann ich denn ſchaun auf ſie, wann ich kein Licht anzünd.
So ein großes Mädl könnt, glaub ich ſchon ſelbſt auf ſich ſchaun. Sie geht mir nicht herauf aus’n Garten, und da ſoll ich ihre Schmießeln biegeln; ja überall z’gleich kann ich nicht ſein.
Vor dem Handelsſtand kriegt man erſt den wahren Reſpekt, wenn man zwiſchen Handelsſtand und Menſchheit überhaupt eine Billance zieht. Schaun wir auf’n Handelſtand, wie viel gibt’s da Großhandlungen, und ſchaun wir auf die Menſch - heit, wie wenig große Handlungen kommen da vor; — ſchaun wir auf’n Handelsſtand vorzüglich in der Stadt, dieſe Menge wunderſchöne Handlungen, und ſchaun wir auf d’Menſchheit, wie ſchütter ſind da die wahrhaft ſchönen Handlungen ang’ſäet; — ſchaun wir auf’n Handelſtand, dieſe vielen Galanterie - Handlungen und ſchaun wir auf d’Menſchheit, wie handelns da oft ohne alle Galanterie, wie wird na - mentlich der zarte, gefühlvolle, auf Galanterie An - ſpruch machende Theil, von dem gebildetſeinſollen - den, ſpornbegabten, Cigarozuzelnden, Roßſtreicheln - den, jagdhundkaſchulirenden Theil, ſo ganz ohne Galanterie behandelt! — Jetzt wenn man erſt die Handlungen der Menſchheit mit Gas be - leuchten wollt — ich frag’ wie viele menſchliche Handlungen halten denn eine Beleuchtung aus, als wie eine Handlung auf’n Stockameiſenplatz? — Kurzum man mag Vergleiche anſtellen wie man will, der Handelsſtand is was Erhabenes, wir haben einen31 hohen Standpunkt, wir von der Handlung, und ich glaub blos wegen dieſer ſchwindelnden Höhe fallen ſo viel’ von der Handlung — der Chriſtopherl tan - delt wieder mit’n G’wölb zuſperrn.
Mußi Weinberl der G’wölbſchlüſſel war voll Wachs, grad als wie wann ein Bandit einen Ab - druck hätt’ mach’n woll’n.
Dummer Burſch, du haſt halt den Schlüſſel wieder wohin g’worfen ohne zu ſchaun obs ſauber is. Von Rechtswegen unterliegeſt jetzt einer Straf.
O, ein Lehrjung unterliegt nicht ſo g’ſchwind, durch G’wohnheit ertragt man viel.
Die Verhältniſſe haben indeß eine andere Ge -32 ſtalt gewonnen; der deutſche Handelſtand wird bald um einen Lehrjung weniger haben.
No, ſeins ſo gut bringens mich um.
Jm’ Gegentheil, ich werde Sie bei einen freundſchaftlichen Glas Wein leben laſſen.
Wie g’ſchieht Jhnen denn Mußi Weinberl?
Nennen Sie mich in Zukunft Herr Weinberl, denn ich habe Hoffnung zum Buchhalter zu avanzi - ren, und Sie ſelbſt werden von heut an per Mußi titulirt.
Warum ſagen Sie denn ſie zu mir?
Ahnen Sie nichts, glücklicher Commerz-Zög - ling? Mit dem heutigen Schopfbeuteler hab ich auf ewige Zeiten Abſchied genommen von Jhrem Kakadu.
Darum war Jhre Hand ſo heftig bewegt, als wann ſie ſich gar nicht trennen könnt.
Sie ſind unter meiner fünfthalbjährigen Lei - tung gewaltig ausgebildet worden, haben das Com - merz von ſeinen verſchiedenen Seiten kennen gelernt, und haben kritiſche Perioden mitgemacht. Wenn die Geſchäfte ſtocken, ’s G’wölb leer is, und der Han - del - und Wandelbeflieſſene blos da ſteht, a paar Stanitzl macht, ’s Maul aufreißt, und gedankenlos auf die Gaſſ’n hinausſchaut, da is es leicht, aber plötzlich tritt neues Leben ins Merkantiliſche, in fünf Minuten ſteht ’s ganze G’wölb voll Leut, da will Eins anderthalb Loth Kaffee, da Eins um zwei Gro - ſchen Gabri, der ein friſchen Aal, die ein g’faulten Lemonie, da kommt ein zartes Weſen um ein Bern - zucker, da ein Kuchelbär um ein Roſenöhl, da liſpelt ein Bruſtdefekter Jüngling „ ein Zuckergandl, “da ſchreit ein kräftiger Alter; „ a Flaſchel Schlikowitz, “da will ein üppiges Weſen ein Halstüchel, da eine Zaundürre Fiſchbeiner zu ein ausg’ſchnitt’nen Leibel haben; da kommt ein gemeiner Dienſtboth ein Ha - ring austauſchen, den ihr ihre noble Frau ins G’ſicht g’worfen hat, weils kein Milchner war; da geht a Alte auf’n Kas los, und ſchreit, ich möcht ein Schweizer — in ſolchen Momenten muß der Commis34 zeigen, was ein Commis iſt, d’Leut z’ſammſchrein laſſ’n, wies woll’n, und mit einer ruhigen an’s Un - erträgliche grenzenden Gelaſſenheit Eins nach’n An - dern bedienen.
Jetzt weiß ich aber noch all’weil nit, was is’s denn eigentlich mit mir?
Ruhig, der Principal wird es Jhnen notificiren.
Ah Sie ſind ſchon da —
Der Herr Principal haben befohlen —
Befohlen —
Wir ſind daher in Corpore erſchienen —
Jn was ſind wir erſchienen?
Halten Sie’s Maul in Corpore.
Jch muß Sie von einer Veränderung mein Haus betreffend in Kenntniß ſetzen. Sie haben bis jetzt nur einen Herrn gehabt, bald werden Sie auch eine Frau bekommen.
Eine Frau? Jch bin ja noch viel zu jung.
Reden Sie nicht ſo albern, der Herr Principal wird ſich verehlichen, und ſeine Frau wird auch die Unſre ſein, unſere Principalin, unſre Gebietherin.
Ganz recht.
Ah ſo is das.
Dieſes wichtige Ereigniß will ich nun durch Be - förderungen in meinem Perſonale verherrlichen. Sie Mußi Chriſtoph —
Der ſagt auch Sie und Mußi —
Sie haben aufs Gwand gelernt, müßten daher eigentlich noch ein halbes Jahr Lehrjung bleiben, dieſen Zeitraum ſchenk’ ich Jhnen, und ernenn’ Sie zum Commis.
So eine Auszeichnung wird Wenigen zu Theil.
Bedanken Sie ſich doch.
Die Gunſt des Principals zu beſtreben; ferne - res Benehmen würdig zu ſein, Fleiß und Ausdauer zu erringen.
Schon gut, ich wünſch, daß das nicht blos ſchöne Worte ſind —
Nein, das ſind ſie gewiß nicht, ich glaube mit Grund, daß er ſowohl Jhnen Herr Principal und mir ſeinen unmittelbaren Vorgeſetzten, wie auch dem Continental-Handel überhaupt Ehre machen wird.
Sie waren immer fleißig.
Paſſabel.
Ehrlich, das iſt die Hauptſach.
Das is wahr, er hat in der Lehrzeit manche Watſchen kriegt, aber keine auf Veranlaſſung einer Watſchen, die er der Pudel gegeben hat.
Es fehlt Jhnen nichts, als daß Sie ſich mehr Manier gegen die Kundſchaften aneignen.
Darüber hab ich Jhnen oft Lehren gegeben.
Ja, ſehr oft.
Hübſch mit Euer Gnaden und gnädige Frau herumwerfen, die Waar mit Anſtand überreichen, zu jeden Rammel Schatz ſag’n, ’s kleine Geld zier - lich mit Zeigfinger und Daum herausgeben, die38 andern drei Finger werden blos auf Händedrücke für Köchinnen verwendt.
Das wird ſich hoffentlich geben.
O ja, ſo was begreift ein junger Commis ſehr g’ſchwind.
Jhnen Herr Weinberl, der ſchon ſeit Jahren mein ganzes Zutrauen beſitzt, der ſeit Jahren das Geſchäft zu meiner vollſten Zufriedenheit leitet, Jhnen ernenn’ ich zu meinem Assoice.
Jch Assoice?
Bei meiner Zurückkunft werden wir den Geſell - ſchaftskontrakt auf - und der neuen Firma: „ et Com - pagnie “beiſetzen. Jch verreiſe nämlich auf drei Täg theils meiner Heirathsangelegenheit wegen, theils anderer Angelegenheiten halber. Unter dieſer Zeit übergebe ich Jhnen das ganze Geſchäft, ſchaun Sie auf Alles, daß weder Unordnungen in die Bücher, noch in den Magazinen, noch in der Correſpondenz —
Seit drei Wochen hab’n wir kein Brief kriegt, wie leicht könnt grad dieſe Tag —
Mit einem Wort Sie ſind ein ſolider Menſch, ich weiß, daß ich mich auf Jhnen verlaſſen kann. Jetzt muß ich zum Schützen-Soupée.
Morgen früh um 4 Uhr fahr ich fort —
Sollten wir alſo nicht mehr die Ehre hab’n, den Principal zu ſeh’n, ſo wünſchen wir jetzt glück - liche Reiſ’ —
Assoice —!
Ja! Ja! faſſen Sie ſich nur, mein lieber Weinberl! Sie ſind vom Tage meiner Verhei - rathung an mein Assoice. Adieu alſo, nochmals während meiner Abweſenheit ſtrenge Ordnung und Pünktlichkeit.
Wir machen unſer Kompliment Herr Principal.
Assoice! — Haſt du’s gehört, Gremium von Europa! ich bin Assoice!
Unſer Herr heirath, Sie wer’n Kompagnion, nachher haben wir zwei Principal, eine Principalin, und ich allein bin der ganze Perſonalſtand.
Buchhalter, das war immer der Cimborasso meiner Wünſche, und jetzt blickt der Assoice wie aus einem Wolkenthron mitleidig auf den Buchhalter - Standpunkt herab.
Jch mach’ meine Gratulazion.
Und ſonderbar! gerad’ jezt — jezt —
Jetzt ſind Sie ’s ja noch nicht, erſt wann der Principal heirath.
Gerade jezt, wo das Berufsglück ſein ganzes Füllhorn ausſchütt über mich, werden in mir Wün - ſche roglich wie Kiſten, die auf einem Schubkarren ſchlecht aufpackt ſind.
Aha! ich g’ſpann was der Assoice wünſcht —
Eine Assoicein? O nein! Das irritirt mich nicht, ſo was kommt von ſelbſt, und wenn es nicht kommt, ſo is es auch noch kein Unglück.
Alſo das is es nicht? No nachher gib ich’s rathen auf; mein Kopf is von der Lehrzeit her zu ſehr angegriffen, als daß ich mir’n jezt gleich zer - brechen möcht.
Glauben Sie mir junger Mann! Der Commis hat auch Stunden, wo er ſich auf ein Zuckerfaß442lahnt, und in ſüße Träumereien verſinkt; da fallt es ihm dann wie ein fünf und zwanzig Pfund Ge - wicht aufs Herz, daß er von Jugend auf ans Gwölb gefeſſelt war, wie ein Blaſſel an die Hütten. Wenn man nur aus unkompleten Markulaturbüchern etwas vom Weltleben weiß, wenn man den Sonnenaufgang nur vom Bodenfenſter, die Abendröthe nur aus Er - zählungen der Kundſchaften kennt, da bleibt eine Leere im Jnnern, die alle Oehlfäſſer des Südens, alle Häringfäſſer des Nordens nicht ausfüllen, eine Abgeſchmacktheit, die alle Muskablüh Jndiens nicht würzen kann.
Das wird jezt ein anders Gſicht kriegen als Kompagnion.
Weiß nicht. Der Diener iſt Sklav des Herrn, der Herr Sklav des Geſchäfts. Erhaben iſt die zweite Sklaverei, aber ſo biglem mit Genuß begabt als wie die erſte. — Wenn ich nur einen wiffen Punkt wüßt, in meinem Leben, wenn ich nur von ein Paar Tag ſagen könnt, da bin ich ein verfluchter Kerl geweſen — aber nein! ich war nie verfluchter Kerl. Wie ſchön wär das, wenn ich einmal als alter43 Handelsherr mit die andern alten Handelsherren beim jungen Wein ſitz, wenn ſo im traulichen Ge - ſpräch das Eis aufghackt wird vor dem Magazin der Erinnerung, wann die Gwölbthür der Vorzeit wie - der aufg’ſperrt, und die Budel der Phantaſie voll angraumt wird mit Waaren von Ehmals, wenn ich dann beim lebhaften Ausverkauf alter Geſchichten ſagen könnt: O! ich war auch einmal ein verfluchter Kerl! ein Teuxelsmenſch — ein Schwerack — ich muß — ich muß um jeden Preis dieſes Verfluchte - kerlbewußtſein mir erringen.
Von mir aus hätten Sie dieſes Bewußtſein ſchon lange; ſo oft Sie ſich in meine Friſur verkam - pelt haben, hab ich mir denkt; das is ein verfluchter Kerl, den holt —
Was Sie denken, geht mich nix an, ich muß es denken, muß es fühlen.
So beutelns Jhnen ſelber den Schopf.
Halt! ich habs!
No, was denn?
Jch mach mir einen Jux.
Ein Jux.
Grad jezt auf der Grenze zwiſchen Knechtſchaft und Herrſchaft mach’ ich mir einen Jux. Für die ganze Zukunft will ich mir die kahlen Wände meines Herzens mit Bildern der Erinnerung ſchmücken — ich mach mir einen Jux.
Wie wer’n Sie aber das anſtellen?
Woll’n Sie dabei ſein Mußi Chriſtoph?
Warum nicht? Jch bin freig’ſprochen word’n, kann man die Freiheit ſchöner als durch einen Jux celebriren?
Wir ſperrn ’s Gewölb zu, während der Princi - pal aus iſt, ſind Sie dabei?
’s Gwölbzuſperrn war immer meine Leiden - ſchaft, ſo lang ich bei der Handlung bin.
Wir fahren in die Stadt, und ſuchen fidele Abentheuer auf, ſind Sie dabei.
Freilich! ich riskir nix. Sie ſind Kompagnion; indem ich Jhnen folg’, erfüll’ ich nur meine Pflicht, jezt, was Sie riskiren, das tuſchirt mich nicht. Jch bin dabei.
Halt! Jüngling! Sie ſezen mir da einen Floh ins Ohr, den ich erſt fangen uud tödten muß. Kann es der Principal erfahren? Er kommt nie mit die Nachbarsleut zuſamm, er ſitzt immer in der Schreib - ſtube, diskrirt nie mit die Kundſchaften, geht an keinen öffentlichen Ort, außer alle Quartal zu der Schützen-Geſellſchaft — er kann es nicht erfahren —
Wenn uns aber zufällig der Principal in der Stadt ſieht?
Er is ein alter Herr, der heirath, folglich mit46 Blindheit g’ſchlagen. Und wiſſen wir denn auch, ob er in die Stadt fahrt? Und dann geht er auch Ge - ſchäften, wir blos den Vergnügen nach; ſein Weg geht tſchihi, unſerer dahott, wie die Seeleute ſagen, ſprich ich, wie die Fuhrleute ſagen.
Wenn uns aber die Fräule Marie verrath.
Die hat Liebsaffairen, is folglich froh, wann ſie nicht verrathen wird.
Wann aber die alte Gertrud plauſcht?
Das Hinderniß is unüberſteiglich, ſie is ein altes Weib, ſie muß plauſchen. — Aber wenn wir — halt — ſo gehts — die Alte muß gerade die Aſſeku - ranz ſein bei unſerer Unternehmung. Helfen Sie mir geſchwind in den Herrn ſeine Schützen-Uniform hinein.
Wegen was denn?
Weil ich den Herrn Zangler vorſtellen will; da - mits die Stimme nicht kennt, ſtell’ ich mich bös, und Sie ſagen ihr den Auftrag, den ich als Zang - ler geb, und den ſie dann an mich ausrichten muß, wenn ich wieder Weinberl bin.
Jch bin mir nicht g’ſcheit g’nug.
Stellen Sie’s Licht auf den Tiſch hinüber!
Gleich.
Das is wieder eine Läuterei, als ob alles taub48 wär.
Was ſchaffens Herr von Zangler?
J war ſchon froh, hab glaubt, er is fort.
D’Frau Gertrud hat den Herrn wieder kurios bös gmacht.
Jch weiß aber nicht —
Hat’n d’Frau g’hört? er will gar nicht reden mit ihr, drum gibt er ihr durch mich den Auftrag, ſie ſoll morgen in aller Früh dem Herrn Weinberl ſagen —
Der Chriſtoferl wird doch heut noch ſelber den Herrn Weinberl ſeh’n, folglich kann ihm ja der Chri - ſtoferl.
Mußi Chriſtoph, bitt ich mir aus.
Hat’n d’Frau g’hört? Der Herr hat mir an - dere G’ſchäft gegeben, die meinen ganzen Hirnkaſten in B’ſchlag nehmen, weil ich alſo drauf vergeſſen könnt, ſo ſoll durchaus die Frau Gertrud —
Hat’n d’Frau g’hört? Die Frau Gertrud ſoll alſo morgen in aller Fruh dem Weinberl ſagen, der Herr Zangler läßt ihm ſtrengſtens anbefehl’n, daß er während ſeiner Abweſenheit durch zwei Täg das G’wölb ja nicht aufſperrn ſoll. Verſtanden?
No freilich, ’s Gwölb darf nit aufg’ſperrt wer’n, das wird doch nicht ſchwer zu verſtehn ſein.
Frau Gertrud ſoll ſchau’n daß’s weiter kommt, und ſoll ihm nicht mehr vor die Augen —
Na ja! —
Hat’n d’Frau g’hört?
Der Mann is heut in einer Zwiedrigkeit, das is ſchon aus der Weiſ’.
Sehn Sie, jezt ſind wir gedeckt. Erfahrt im ſchlimmſten Fall der Principal, daß’s Gwölb zu - g’ſperrt war, ſo berufen wir uns auf ſeinen Befehl, den wir durch die Frau Gertrund erhalten haben.
Dann glaubt er, die Alte is verruckt.
Das verſchlagt ihr nix, denn für g’ſcheit hat er’s ſo nie g’halten.
Meiner Seel pfiffig ausſpekulirt. No! Sie ſind ja auch einmal Lehrjung g’weſt, von da haben Sie halt noch das Gwixte her.
Richten Sie ſich jetzt das Sonntagsg’wand, was zur Eleganz fehlt, Krawatel, Schmießel; Hand - ſchuh und Schnopftüchel werd’ ich Jhnen leihen.
Juchhe, das wird ein Jux wer’n Morgen!
O Jegerl der Alte kommt.
Der Herr Zangler — wann er mich in dem Aufzug ſieht —
Jch retirir’ mich zu der Fr. Gertrud hinein.
Aber was thu denn ich? Jch kann mich ſo weder vor der Frau Gertrud noch vor’n Herrn Zangler zeigen.
Jch geh zu der Fr. Gertrud, ich riskir nix, aber ich bin dabei.
Mir bleibt nix übrig —
Jch hab mir das Ding anders überlegt, zur Schützentafel komm ich ſpäter auch noch z’recht; wie leicht könnt der ſaubre Herr Sonders dieſen Abend zu einem Rendezvous brauchen wollen. Jch werd’ an meinem Fenſter ein wenig aufpaſſen, wir haben Vollmond, da ſeh ich’s prächtig, wenn er allenfalls ins Haus hereinſchleichen wollt! Der ſaubre Herr Sonders der!
Er is drinn, jetzt kann ich mich ausg’ſchirren.
Nein, nein Marie! ſo geh’ ich nicht von Dir.
Verdammt, da kommt wieder wer — ich muß abermal —
Aber Auguſt —
Verſprich mir in meinen Plan zu willigen.
Jch ſoll dem Vormund durchgehen —
Fliehen ſollſt Du mit mir.
Das ſchickt ſich nicht.
Marie!
Fliehen, durchgehen und auf und davonlaufen is Eins, und das ſchickt ſich nicht.
Du hier bleiben, mir entriſſen werden, und ich mir eine Kugel vor den Kopf brennen iſt auch Eins, und das ſchickt ſich ſo gewiß, wenn Du nicht Muth haſt —
Auguſt Du biſt ein fürchterlicher Menſch.
Des Alten Eigenſinn läßt uns nichts andres übrig.
Wenn ich Dir aber ſage, es ſchickt ſich nicht. Du ſollſt eigentlich ſchon lang fort ſein, ich hab Dir nur erlaubt bis es Abend wird, und hier is nicht einmal ein Licht.
Haben Liebende je eines andern Lichtes bedurft, als jenes des Mondes, der eben freundlich durch die Fenſterſcheiben blickt.
Der Mondſchein ſchickt ſich nicht. Du gehſt ent -55 weder ſogleich fort, oder gehſt mit mir zur Frau Gertrud hinein, die hat Licht.
Die darf ja nicht erfahren —
Warum nicht? Machen wir ſie zur Vertrauten unſerer Liebe.
Jch traue alten Weibern nie.
Da hör’ ich jemand an der Thür!
Am End gar der neugierige Chriſtoph —
Wir wollen einen Augenblick uns hier verbergen.
Ach Gott, das ſchickt ſich nicht!
Was iſt das? kein Licht da? Ah das wird der Herr ausg’löſcht haben, wie er fort is. Jch muß ſchaun, daß ich dem Mußi Weinberl heut noch den Befehl ausrichten kann, daß ’s G’wölb zug’ſperrt bleibt, bis Morgen merket ich mir’s g’wiß nicht, da wär’s nachher wieder ein Lärm! O der Alte — das is ja ein —
Da hat uns Einer belauſcht, nur hervor!
Himmel der Vormund —?
Herr Zangler —
Lieber Herr Onkel-Vormund ſein Sie nicht bös, ich kann nichts davor, ich weiß, daß es ſich nicht ſchickt, aber —
Jch habe Marien gegen ihren Willen bis in die Stube verfolgt, zürnen Sie daher mir doppelt und dreifach, wenn Sie wollen, doch Marien dürfen Sie keine Schuld zumeſſen.
Nein, gar nichts zumeſſen — Verzeihung lie - ber Herr Onkel und Vormund — Sie ſchweigen? Dieſe ſchauerliche Stille verkündet einen furchtbaren Sturm.
Jſt’s möglich —!? Dieſe Sinnesänderung — Sie ſegnen unſern Bund —?
Ach lieber göttlicher Herr Onkel und Vormund.
Auguſt!
Marie!
Jetzt biſt Du meine Braut —
Wie ſoll ich Jhnen danken, Herr Onkel?
Vortrefflicher, herrlicher Mann —
Was iſt denn das?
Er iſt fort!
Wohin iſt er denn hin?
Ohne Zweifel auf ſein Zimmer, der gute Mann will das erſte Entzücken beglückter Liebe nicht ſtören, Marie, komm in meine Arme.
Von Herzen gern, jetzt ſchickt es ſich ja.
Liebes theures Mädchen!
Was gibts denn da —? Jch glaub gar —
Himmel Mordtauſend Element —! Herr Sie unterſtehen ſich —
Aber lieber Herr Onkel — Sie haben ja ſelbſt —
Entartetes Mädel!
Da hinein!
Haben Sie nicht erſt in dieſem Augenblick —
Verwegner Landſtreicher!
Da hinaus.
Das kann Jhr Ernſt nicht ſein?
Hinein!
Entweder Sie halten uns jetzt zum Beſten, oder haben früher —
Hinaus!
Der Vormund is verhext!
Hinein!!
Sie ſind verrückt Herr, aber Geduld ich werde —
Hinaus!
Es iſt zu arg.
Wart ungerathenes Geſchöpf, dich ſoll meine Schwägerin coramiſiren.
Das iſt eine Hiſtorie —
Jch vergönn ihr’s, warum heißts mich immer einen dalketen Bub’n.
Mir ſcheint, ich fang ſchon an verfluchter Kerl zu ſein, das iſt der Vorgeſchmack vom Jux.
Das wär’n Abenteuer? ich dank —
Ja lieber Freund ich kann Jhnen die Abenteuer nicht herzaubern. Glauben Sie, mir is das an - g’nehm, da herum z’gehn wie a Waſerl, mir, dem64 obendrein noch jedes offne Gwürzg’wölb einen heim - lichen Gewiſſensbiß macht.
Den ganzen Vormittag is uns nix unter kom - men, nix aufgeſtoßen.
Wir wollen die Hoffnung nicht ſinken laſſen, — vielleicht ſtoßt uns jetzt Nachmittag was auf. Arg wär das, wenn wir vier Stund weit herfahreten, einen ganzen Tag in der Reſidenz zubrächten; ohne einen Jux ’s Geld verjuxt —
Das wär a Jux! Vor allen Andern müſſen wir doch wieder unter die Leut geh’n, in den öden Gaſſel da wer’n wir nix erleb’n.
O Freund in die öden Gaſſeln erlebt man aller - hand, das is ja grad das Abenteuerliche. Wie oft hab ich geleſen in die Bücher: „ Er befand ſich ohne zu wiſſen wie, in einem engen abgelegenen Gäßchen, plötzlich gewahrt er an der Ecke einen Mann in einen Mantel, ihm war’s als ob er ihm gewunken — an der andern Ecke ſieht er auch einen Mann, ihm däucht als hätt’ er ihm gewinkt, unentſchloſſen ſteht65 er da, er weiß nicht, ſoll er dem folgen, der ihm gewinkt, oder dem, der ihm gewunken — da öffnen ſich plötzlich die Fenſter — “
„ Und eine zarte weibliche Hand — “
No, ſein’s ſo gut —
Das ging mir grad noch ab —
Wenn ich jetzt einen halben Schritt weiter links g’ſtanden wär’, ſo könnt ich ſagen, daß ich in der Reſidenz überſchüttet worden bin.
Was logirt denn für ein Völkel da droben? —
„ Anna Knorr’s Modewaaren-Verlag “—
Das is eine ſchöne Mod, daß man d’Leut anſchütt.
Sieh, dort ſteht ein Mann.
Winkt uns aber nicht. —
Er kommt näher — er bleibt wieder ſteh’n — das is ja —
Meiner Seel —
Das is der Herr von Brunninger.
Der öfters zu unſern Principal kommt.
Der kennet uns glei —
Fahr’n wir ab. —
Halt! —
Das is Blendwerk, das kann nicht ſein —
Der Herr Zangler! —
Der Principal! —
G’ſchwind da in’s Haus herein —
Dem Abenteuer weichen wir aus! —
Er wird gleich vorbei ſeyn.
Nur ruhig! —
Was gibts da?! —
Nix, gar nix! —
Wir wollen —
Nix, gar nix! —
Wieder paſſen auf d’Weibsbilder? — Weiter um a Haus! —
Nit um a G’ſchloß! —
Wir müſſen da hinauf —
Zu wem? —
Zu — zu — No, was da draußt auf der Tafel ſteht. —
Madame Knorr, Modewaarenverlagsniederlag -[v]erſchleißhändlerin —
Die logirt im erſten Stock und nit unter der Einfahrt.
Eben deßtwegen gehn wir ja hinauf —
Ja, haben Sie glaubt, daß wir nit hinauf geh’n? —
Erſten Stock, rechts die Thür! —
Dank Jhnen.
Alſo gehn wir.
Wir können nit fehl’n, rechts die Thür!
Denen geh’ ich nach, i muß ſehn, ob’s mi nit anglogen haben.
Das wär gethan — das auch — zur Schwä - gerin hab ich hing’ſchickt alſo —
Herr von Zangler! Herr von Zangler!
Wer ruft denn? —
So hab’ ich halt doch recht g’ſeh’n! —
Herr von Brunninger!? Freut mich! —
Seit wann in der Stadt? Kommen wie geru - fen, müſſen gleich jetzt mit mir zum Advokaten, es is wegen der Krügliſchen Sache.
Freund, das laſſen wir bis ſpäter, — jetzt muß ich —
Nein, Freund ich laſſ’ Jhnen nicht aus, die Krügliſche Sache —
Liegt mir bei weiten nicht ſo am Herzen, als wie —
Hat ſich aufs vortheilhafteſte geſtaltet, wir kommen alle zwei zu unſerm Geld. —
Jch weiß —
Die Krügliſche Sache —
Muß jetzt, aufrichtig g’ſagt, einer Herzensſache nachſteh’n.
Was?! —
Jch heirath!
Wem? —
Noch weiß es kein Menſch, und doch ſteht’s72 mit großmächtigen Buchſtaben ang’ſchrieben auf der Gaſſen. —
Wo? —
Da — „ Madam Knorr. “—
Js das die Erwählte? gratulir, aber —
Jch muß jetzt zu ihr —
Da vergeſſens mir ganz auf die Krügliſche Sache — nix da, ich laſſ’ Jhnen nicht aus —
Aber Freund —
Jn 10 Minuten is es abgethan.
Aber gewiß nit länger?
Nein, ſag ich, kommens nur g’ſchwind.
Meinetwegen, aber —
Sie werden ſich wundern, Freund, ich ſag’ Jhnen, die Krügliſche Sache —
Länger als 10 Minuten kann ich nicht —
Wollen die Herren da herein ſpaziern? was ſollen Sie draußen im Atelier warten. — Jch werd’s gleich der Madam ſagen.
Da wär’n wir. Sehn Sie, das ſieht ſchon ein’m Abenteuer gleich.
Was ſagen wir denn aber, wenn die Madam kommt?
Was uns einfällt.
Wenn uns aber nix G’ſcheidts einfällt? —
So ſagen wir was Dumm’s. Unſere Lag’ erfor - dert mehr Hardieß als G’ſcheidtheit.
Freilich, ein g’ſcheidter Menſch läßt ſich auf ſo Sachen gar nicht ein. —
Sie kommt! —
Da ſind die Herrn! —
Wenn Sie nit zum Reden anfangen, ich fang’ nit an. —
Nur Geduld! —
Was ſteht zu Dienſten, meine Herren?
Hab’ ich die Ehre, Madame Knorr —?
O ich bitte, die Ehr’ iſt meinerſeits! —
Der Anfang iſt ſehr ehrenvoll.
Wünſchen die Herren vielleicht draußen
in meinem Waarenlager eine kleine Auswahl zu treffen? —
Sie, das thut’s nit, ’s könnt uns ’s Geld z’we - nig wer’n.
Wir kommen eigentlich weniger um zu kaufen —
Noch eigentlicher um gar Nichts zu kaufen.
Sondern vielmehr gekaufte Sachen zu be - zahlen.
O, ich bitte! —
Das heißt eigentlich nicht zu bezahlen —
Sondern eigentlich nur um uns über eine Rech - nung zu informir’n, wie viel ſie betragt, und dieſe Tage dann zu bezahlen.
Wie es gefällig iſt, aber was für eine Rech - nung meinen Sie denn eigentlich?
Die Rechnung von —
Sie wird doch eine Kundſchaft haben, die Schmidt heißt.
Die Rechnung nämlich von der Frau von Schmidt. —
Das muß ein Jrrthum ſein, ich habe keine Kundſchaft, die Frau von Schmidt heißt. —
Jetzt is recht.
Jch habe mich nur ver - ſprochen, Frau von Müller hab’ ich ſagen wollen. —
— Da wirds doch Eine haben. —
Verzeih’n Sie, ich hab’ auch keine Frau von Müller zu bedienen.
Da ſoll doch der Teufel —
Jch bin aber heut ſo zerſtreut, Frau von Fiſcher heißt Diejenige —
Ah, Frau von Fiſcher, ja das iſt was anders, ja, die Frau von Fiſcher meinen Sie? —
Seh’ns, jetzt hab’ ich’s halt doch troffen.
Es is aber unbegreiflich, wie man nicht gleich Frau von Fiſcher ſagen kann, das gibt doch die Vernunft.
Aber wie kommt das? Frau von Fiſcher iſt mehr meine Freundin als blos Kundſchaft —
Bitte, wenn die Freundin was kauft, iſt ſie Kundſchaft und muß zahlen; wenn das nicht wär’, ſo hätten die Kaufleut’ lauter Freund’ und gar keine Kundſchaften. —
Aber es preſſirt ja nicht, Frau von Fiſcher ver - rechnet ſich alle Jahr mit mir, — und jetzt muß ich mir ſchon die Freiheit nehmen, zu fragen, wer Dieſelben ſind und wie Sie dazu kommen, für die Frau von Fiſcher bezahlen zu wollen? —
Sie iſt alſo Jhre Freundin? —
Das glaub’ ich, noch wie ihr ſeliger Mann ge - lebt hat, und gar jetzt, die drei Jahr, als ſie Witwe iſt. —
Jetzt geben Sie Acht, was ich der Sach für eine Wendung geb’ —
Drei Jahr war ſie Witwe, ganz recht, aber ſeit drei Tag iſt ſie’s nicht mehr.
Wie ſo?
Jch bin ihr Gemahl! —
Was!? —
Ah, das is ein kecker Ding! —
Wär’s möglich! Meine Freundin Fiſcher hat vor 3 Tagen geheirath!? —
Jch bin der Glückliche von drei Täg —
Seh’n Sie, das heißt halt Geiſt. —
Wer heißt Geiſt? —
Geiſt? — Jch heiße Geiſt.
’s is all’s eins, ich kann heißen wie ich will.
Jch bin ſo überraſcht, Herr von Geiſt —
Man ſähet ihm’s nicht an. —
Und dieſer junge Herr?
Ein meiniger Verwandter. —
Aber warum hat man ſo eine wichtige Sach’ vor einer intimen Freundin verheimlicht? —
Sie ſollen Alles erfahren. Aber wollen Sie jetzt nur wegen der Rechnung nachſchau’n.
Derweil fahrn wir ab! —
Recht, der Alten begegnen wir jetzt nicht mehr.
Nein, ich kann mich noch gar nicht erholen von dem Erſtaunen und der Ueberraſchung.
Madam, die Frau von Fiſcher is da, ſie will aber nicht herein, weil Herrn da ſind.
Jetzt gehts z’ſam! —
Wer is da? —
Jhre liebe Frau.
Sie ſoll nur hereinkommen, es is ja ihr Gemahl —
Nein, ſagen Sie ihr —
Zu was dieſe Sachen.
Sie ſoll kommen, ihr Gemahl, ihr lieber Geiſt is da. —
Jch wollt’, ich wär ein Geiſt, daß ich verſchwin - den könnt.
Jch begreif’ nicht — wozu dieſe Zurückhaltung, dieſes geheimnißvolle Weſen? —
Meine Frau die hat das, Sie werden ſehn, ſie wird jetzt noch thun, als ob ich ihr ein fremder Menſch wär.
Ja, ſie wird ſo dergleichen thun.
Am End’ is ſie obſtinat und bleibt draußten.
Das wär’ a Glück! —
Da muß ich gleich — wär nicht übel —!
Jch bin ſehr geſpannt auf meine Frau.
Nur her da, komm in meinen offene Arme, Du Verſchloſſene.
Jetzt ſehen Sie, daß ich keinen Spaß hab’ g’macht.
Nein, es is Ernſt, da ſteht er, Dein Gemahl, der Herr von Geiſt. —
Mein Gemahl —? Und er hat Dir ſelbſt ge - ſagt? —
Daß Du ſeit 3 Tägen die Seinige biſt, — jetzt nutzt keine Verſtellung mehr. —
Phi - lippine, laſſen Sie geſchwind Kaffee machen und dann ſoll —
Das iſt entweder eine excentriſche Art den An - bether machen zu wollen, oder der Menſch erlaubt ſich einen Scherz mit mir, — im erſten Fall verdient die Sache nähere Erwägung, im zweiten Fall ver - dient die Keckheit Strafe; in jedem Fall aber muß ich in’s Klare kommen, und das kann ich am beſten, wenn ich in ſeine Jdee einzugehen ſcheine, vor mei - ner Freundin ſeine Frau ſpiele und Gelegenheit ab - warte, ihn in die Enge zu treiben.
Schon recht, Madam! —
Und jetzt zu Dir, Du garſtige Freundin —
Die garſtige Freundin iſt eigentlich ſehr ſauber.
Was nützt das, wir kommen doch in eine wilde G’ſchicht. —
Wie haſt Du das übers Herz bringen können, zu heirathen, ohne daß ich was weiß? —
Es war ein Grund — den Dir mein lieber Mann ſagen wird.
Sie ſagt lieber Mann — ſie thut richtig ſo. —
Nun, Herr von Geiſt?
O den Grund, den kann Jhnen meine liebe Frau eben ſo gut ſagen.
Nein, lieber Mann, ſag Du es nur.
Ah, geh’, liebe Frau, ſag Du’s. —
Es war eine Laune von meinem lieben Mann —
Und zugleich auch eine Laune von meiner lieben Frau. —
Es is aber unerklärbar.
Daß zwei Leut’, wie wir, bei Laune ſind, das is gar nicht unerklärbar. —
Die Bekanntſchaft muß aber doch ſchon viel länger —
Ach das nicht, wir kennen uns erſt ſehr kurze Zeit.
Unglaublich kurz. Die G’ſchicht war ſo über Hals und Kopf. —
Ja wohl is’s uns übern Hals kommen, den Kopf aber heißt’s jetzt aus der Schlinge ziehen.
Da kann man ſehen, die Ehen werden im Him - mel geſchloſſen.
Richtig bemerkt, im Himmel wern’s g’ſchloſſen, darum erfordert dieſer Stand auch eine ſo überir - diſche Geduld.
Sehr unrichtig bemerkt, denn Du haſt Dich hoffentlich nicht über mich zu beklagen.
O nein! —
Hab’ ich Dir ſchon ein einziges Mal wider - ſprochen?
Nein, das is wahr.
Suche ich nicht in Deine Jdeen einzugehen, — ſelbſt wenn ich keinen grundhältigen Grund heraus - finde? —
Das is ſehr wahr! —
Das is a feine Kundſchaft, fahr’n wir ab.
Weil Du mir nie widerſprichſt, ſo wirſt Du auch nix dagegen haben, wenn ich Dich jetzt bei Deiner Freundin laſſ’ und meinen Geſchäften nachgehe.
O, da würd’ ich ſehr viel dagegen haben. — Du haſt für heute kein Geſchäft mehr, als für unſer Vergnügen zu ſorgen, zum erſten Male muß es jetzt nach meinem Willen gehen.
Aber ich muß —
Für dießmal unbedingt den Befehlen der Frau gehorchen.
Ja, ja, gehorchen, ſag nur, was Du eigentlich ſchaffſt? —
Aber was treibens denn? —
Jch trau mich nicht zu widerſprechen.
Zwei Minuten ſtell’ns jetzt ein Eh’mann vor und ſein ſchon Simand’l, Sie hab’n eine großartige Anlag.
Charmant, dort fahr’n wir hin, der Garten is prächtig, die Bedienung iſt einzig. —
Mein Mann ſoll uns dort traktiren.
Da hinaus eine Partie zu machen, das is eine Jdee von Dir, die wirklich einen Kuß verdient, den Dir Dein Mann auch allſogleich. —
Glauben Sie? Ja ich bin der Mann, der Nie - manden ſein Verdienſt abſtreiten will, wenn Sie alſo der Meinung ſind, daß ſie ein Kuß verdient —
Ohne weiters.
Nur keine Umſtänd g’macht vor einer Freundin. —
So geh’, Gemahlin!
So ſeh’ ich’s gern von junge Ehleut.
Das is ein Götterweib.
Gemahlin, wenn Du nicht recht bald wieder eine Jdee haſt, die einen Kuß verdient, ſo gib ich Dir gleich ein Paar als Vorſchuß auf Deine nächſten Jdeen.
Eine Taſſe Kaffee müſſen wir aber noch trin - ken, eh’ wir ausfahren, der Herr Cousin kann gleich um einen Wagen geh’n, und Sie
ſpa - zieren indeſſen
in mein Zimmer hinein, ich muß Jhrer Frau im Atelier draußen eine neue Form von Hauberln zeig’n, von Hau - berln —! wir werden Jhnen nicht zu lang warten laſſen, Sie verliebter Gemahl Sie.
Jch muß ſagen, ich und die Meinige wir leben ſehr gut miteinand. Es rentirt ſich kurios, wenn man a verfluchter Kerl is. — Den Wagen wird wohl die Madam Knorr zahlen — ah freilich, ſie hat ja drum g’ſchickt. Uebrigens, daß ich jetzt da ſo aus dem91 Stegreif einen Gemahl vorſtell’, das is a verruckte Jdee. — Macht nix, ich bin ja nicht der Einzige, es gibt mehr Leut’, die verruckte Jdeen haben.
Das alſo hier is der Ort? —
Wenn Ew. Gnaden recht verſtanden hab’n, was der Herr dem Kutſcher zug’ruft hat.
Ob ich ihn verſtanden hab. Es war grad in dem Moment, wie er’s Wagenthürl zug’ſchlagen hat, ich ſchrei: halt! —
Aber man war nicht ſo dumm, Jhnen zu ge - horchen.
Jch ſtürz’ in mein Gaſthaus —
Jch ſtürz Jhnen entgegen und nach kurzer Er - klärung ſtürzen wir alle Zwei fort, ſtürzen in einen Wagen und wenn der Wag’n auch g’ſtürzt wär,95 wär’n wir noch nicht da. Jetzt denken Ew. Gnaden, wenn Sie mich nicht hätten. —
So wär ein Anderer mit mir heraus.
Es iſt ein wahres Glück, daß Ew. Gnaden mich haben.
Das Frauenzimmer war offenbar ſie. —
Und der Mann war offenbar er. —
Während meiner Abweſenheit durchgehen! —
Das iſt klaſſiſch! —
Schändlich is es, aber ich will ihr zeigen —
Wenn eine Mündel ſo den Mündelgehorſam verletzt, wenn eine Nichte ſo die Nichtigen Pflichten vergißt, da muß man —
Da muß man nicht viel reden, ſondern ſchau’n, daß man ſie kriegt.
Nur kein Aufſeh’n! Es is ein wahres Glück, daß Ew. Gnad’n mich haben.
Meine Mündel will ich haben, Tölpel! —
Gut, aber was thäten Ew. Gnaden, wenn Sie mich nicht hätten?
Einen G’ſcheidtern thät ich ſchicken, daß er augenblicklich jeden Saal, jedes Salettel, jeden Salon, jeden Salatärain durchſucht, und mir die Ueberzeugung bringt, daß ſie da ſind.
Aber nur kein Aufſehen! Wir müſſen zuerſt —
Ha, das iſt der Wagen — jetzt haben wir’s, ſie ſind da! —
Das is klaſſiſch! ’s iſt ein wahres Glück, daß Ew. Gnaden mich haben.
He Kutſcher! He!
Schrein’s nit ſo, — bleib’n Sie. —
Laß Er mich, oder ich ſchlag’ mein ſpaniſches Rohr an ihm ab! —
Vermeiden Sie das Aufſehen. — Sie entkom - men uns ja nicht, — die Pferd nehmen hier Er - friſchungen zu ſich, das dauert a Weil. —
He Kutſcher! He!
Was ſchaffens?
Na ſehns, er kommt ſchon, es is ein wahres Glück, daß Ew. Gnaden mich —
Halt Er’s Maul, oder —
Kein Aufſehen! —
Euer Gnad’n.
Geh Er her.
Jch hab’ ſchon a Fuhr.
Eben Deine Fuhr will ich —
Sein denn Ew. Gnaden a Kutſcher? —
Er verſteht mich nicht —
So red’ns ordentlich mit ihm. Jch ſeh’ ſchon, da hab’n Ew. Gnad’n keinen Begriff —
Du haſt einen Herrn und ein Frauenzimmer g’führt?
Ja, ſie ſitzen im Garten.
Und weißt Du, in welcher Abſicht dieſer Herr und dieſes —?
Was geht denn das mich an —
Wenn ein Kutſcher in das eingehen wollt’. Ah da haben Ew. Gnaden keine Begriff’ —
Weißt Du, Helfershelfer, daß Du Criminaliſch biſt? —
Laſſens Jhnen nit auslachen —
Seh’ns, jetzt lacht er Jhnen aus, Ew. Gnad’n hab’n keinen Begriff —
Hier hat Er 10 Gulden.
Der Kutſcher wird jetzt gleich ein Begriff krieg’n.
Ew. Excellenz!
Er führt die zwei Leut, wenn Sie wieder ein - ſteigen, nicht wohin ſie wollen, ſondern wohin ich ihm ſagen werde.
Wenn’s mich aber nachher verklag’n?
Da is die Adreß von meiner Schwägerin, da fahrſt Du hin, und um Dir zu zeigen, daß die Sache im Wege Rechtens vor ſich geht, geh’ ich jetzt zum Wachter, der muß hint aufſtehen und Gewalt brauchen, wenn ſie nicht gutwillig in das Haus wol - len, wo ich ſie hinbringen laß’. Dem Wachter werd’ ich ſchon erklären —
O, der Wachter begreift eben ſo wie der Kutſcher.
Bleib Er jetzt beim Wagen. Er muß jeden Augenblick in Bereitſchaft ſein.
Ew. Gnaden können ſich verlaſſen.
Jch fahr dann nach, und hab ich den kecken Bur - ſchen im Haus meiner Schwägerin, dann laß ich ihn durch einen Herrn Commissarius ohne Aufſehen —
Das is ja das, was ich immer ſag, ohne Auf - ſehen. Seh’n Ew. Gnad’n jetzt ein, was das für ein Glück iſt, daß Sie mich haben. —
Unerträglicher Kerl, ich zerreiß’ ihn. —
Geh’ns, Sie machen ſchon wieder ein Aufſehen.
Schad’, daß ich mich ärg’re, denn Er is ſo dumm, ſo —
Da haben Sie gar keinen Begriff, wenn Sie ſagen —
Daß Er ein Stockfiſch iſt, den ich zum Teufel jag’, wie wir nach Haus kommen, das ſag ich.
Der wird es nie einſehen, mit dem Mann plag’ ich mich umſonſt. Er halt mich partut für einen Stockfiſch, und man glaubt gar nicht was das is, wenn man einmal auf ein Menſchen einen Verdacht hat. — Jch könnt’ mich aber doch durch was in Reſpekt ſetzen bei ihm, — wenn ich die Liebenden, die ich in meinem Leben nicht geſehen hab, entdecket, ihre Geſpräche und Pläne belauſchet, und ſo — da kommen Zwei —
Er redt in ſie hinein, ſie ſeufzt aus ſich heraus — das ſind Liebende, jetzt fragts ſich nur, ob es die unſri - gen ſind, obs die ſind, die wir ſuchen. —
Sei doch nicht ſo ängſtlich, liebe Marie.
Ach Gott, die vielen Leut. —
Kennen uns nicht; wir ſind hier Beide fremd.
Jch glaub, jeder Menſch ſieht mir’s im G’ſicht an.
Das iſt klaſſiſch.
Und bei jedem Schritt glaub’ ich, der Vormund ſteht vor mir.
Sie hat einen Vormund, die ſind’s ſchon. —
Hier iſt der Sammelplatz der eleganten Welt, gerade hier ſind wir am ſicherſten, ſo einem Spießbür - ger, wie er iſt, nicht zu begegnen.
Ach Auguſt, wozu haſt Du mich verleitet?! Und ich hab’ Dir doch immer geſagt, es ſchickt ſich nicht.
Das is klaſſiſch! —
Mache Dir deshalb keine Vorwürfe, Dein Vor - mund iſt ein Tyrann.
Was? Auf die Art ſind die’s doch nicht. — Un - ſerer ihr Vormund is a G’würzkramer und der ihrer is a Tyrann, das ſind Liebende, die uns gar nix angeh’n.
Er ſelbſt hat uns gezwungen zu dieſen Schritt.
Die ſind dazu gezwungen word’n und die unſ’ri - gen ſein freiwillig fort, ja das ſind ja ganz andere Verhältniſſe. —
Du wirſt ſehen, Auguſt, mir geht’s im Geiſt vor —
Beruhige Dich, liebes Mädchen, wir haben nichts zu befürchten.
Die haben nichts zu befürchten, und die unſri - gen haben ſehr viel zu befürchten — wie geſagt, das ſind hier ganz andere Verhältniſſe.
Daß ich aber mit Dir in der Welt herumlauf’, das ſchickt ſich nicht.
Das is klaſſiſch.
Dafür iſt geſorgt, ich erwarte hier nur die Ant - wort von einem Freunde, deſſen Schloß 2 Stunden von hier gelegen; bei ſeiner Gattin findeſt Du ein freundliches Aſyl, bis ich, nach Beſeitigung aller Hin - derniſſe, Dich als mein Weib in die Arme meiner Tante führe.
Die geh’n zu einer Tant, und die unſrigen kom - men von ein Onkel, — no ja, total andere Ver - hältniſſe.
Wer ſpricht hier?
Nein, nein, ſein Sie ruhig — Jhnen thun wir nichts.
Er hat uns behorcht.
Kein Gedanken.
Was will Er alſo hier?
Sie müſſen wiſſen, ſowohl Sie als die Fräulein müſſen wiſſen, ich bin da mit mein Herrn!
Was geht das uns an? —
Na ja, wenn Sie Die wär’n, Die — dann gings Jhnen wohl ſehr viel an, aber wie geſagt, bei Jhnen ſind es ganz andere Verhältniſſe. —
Jch glaube, Er iſt betrunken.
Die Chokolade iſt ſervirt.
Wo haſt Du für uns gedeckt?
Wo Ew. Gnaden früher geſeſſen ſind, in der Laube.
Komm, liebe Marie!
Ach Auguſt, es ſchickt ſich nicht.
Die ſagt immer: es ſchickt ſich nicht, geht aber doch wieder in die Laube, das is klaſſiſch.
Jch begreife nicht, mein Lieber, was Dir einge - fallen iſt, daß Du den Wag’n fortfahren ließeſt? —
Hier bekommen wir ja wieder Wägen ſo viel wir wollen.
O ja, wenn man kein Geld anſchaut.
Jch werd’ ſehr bald kein Geld anſchauen, denn ich werd’ gleich kein’s mehr haben.
Weißt Du, Liebe, ich hab’ geglaubt, es is an - genehmer, wenn wir zu Fuß nach Hauſe gehen.
Zu Fuß? —
Aha, im Mondſchein mit Dir dahin ſchlendern und ſchwärmen hat er wollen.
Ja, ſchlendern und ſchwärmen.
Und wir hätten auch das unſrige geſchwärmt.
O Sie ſchlimmer Cousin!
Ja ja, geh’n wir zu Fuß, das is ſo ſchwärme - riſch
und ſo billig.
Warum nicht gar, der Abend iſt kühl, willſt Du mich morgen krank wiſſen?
Jn dieſer Hinſicht ſoll man wohl nicht ſparen. — Eine Krankheit kommt höher als zehn Fiaker.
Mich kommt wieder Ein Fiaker höher, als wenns morgen zehn Krankheiten kriegt.
Ohne Widerrede, wir fahren.
War das aber ein guter Rath von mir, daß ich g’ſagt hab um den Mantel nach Haus ſchicken.
Ja wohl, aber hier will ich doch ablegen.
Chriſtoph! Sie haben doch etwas Geld bei ſich?
Nein, gar keins.
Sie ſind ein — auf Ehr, wenn Sie nicht ſchon Commis wär’n, jetzt beutlet’ ich Jhnen, daß —
Und wenns mich noch ſo beuteln, ſo fallt kein Kreuzer heraus, ich hab mich auf Jhnen verlaſſen, wie viel habens denn?
Jch hab mir von z’Haus 10 Gulden mit - g’nommen.
Und mit 10 fl. hab’n Sie wollen ein verfluchter Kerl ſein?
Hab ich das ahnen können, wie ich in der Fruh ſo ledig ausgangen bin, daß ich gegen Abend eine Frau hab? Sonſt ſagt man: ’s Unglück kommt über Nacht, mir is es über Mittag kommen. — Und daß ich Alles zahlen muß, hab’ ich mir auch nicht denkt, jetzt hab ich grad noch zwei Gulden.
Und jetzt brauchen wir a Jauſen auf vier Per - ſon, Wagen nach Haus, und unſer Rukreiſ’ —
Das is das klare Bild einer Crida.
Nun, lieber Mann, Du vergißt ja den Kellner zu rufen? —
Nein, ich hab grad d’rauf denkt
Du glaubſt alſo wirklich, daß wir hier Jauſen ſollen? —
Was ſonſt?
Nein, nein, ſonſt nix —
mir is das z’viel.
So rufe doch —
He Kellner!
So wird Dich Niemand hören.
Jch hab ſo was Erſchöpftes in mir — gar nicht das rechte Organ einen Kellner zu rufen.
He Kellner!
Kellner! —
Mein Mann macht ſich öfter den Spaß, den Knick’rigen zu ſpielen, die Jauſe ſoll Dich vom Ge - gentheil überzeugen.
Jch glaube, der Menſch wollte mich zum Beſten halten, das ſoll er mir büßen.
Was ſchaffen Ew. Gnaden?
Sie ſind der Kellner? — Haben Sie die Ge - wogenheit, nehmen Sie es nicht ungütig, daß wir Sie hieher bemühen. —
Ew. Gnad’n ſcherzen.
O nein, warum ſoll ich Jhnen nicht mit Ach - tung behandeln?
Was treibens denn?
Bitte, Ew. Gnaden, ſo zart geht kein Gaſt mit einem Kellner um.
O ich bitte —
ſo hab’ ich doch Hoffnung, daß er mit mir auch zart umgehen wird, wenn es zum Aeußerſten kommt.
Nun, was iſt denn angeſchafft worden? —
Bis jetzt noch nichts.
Wir deliberiren grad, ich glaub 2 Schalen Kaffee —
Kaffee haben wir ja ſchon bei meiner Freundin getrunken, Du mußt eine Jauſe beſtellen, die gleich als Souper dienen kann.
Aha! —
ſo bringen Sie uns Butter und Rettig und drei Seitel Bier, zwei für10114uns und eins für die Damen.
Das kommt billig.
Was wär das, Du willſt uns ſo ordinär?
Jch trinke nie Bier —
Alſo nur für uns Bier, für die Damen Waſſer.
Das is noch billiger.
Aber Mann!? —
Jch darf nicht kalt ſoupir’n.
Alſo was Warmes.
Haben Sie kein Beuſchl? —
Oder eine halbe Gollaſch? —
Das möcht’ ich nicht rathen, es iſt ſchlecht.
Das wär eigentlich gut, da eſſetens nicht viel. —
Mann, jetzt ſag ich Dir zum Letztenmal —
Alſo bringen Sie 2 Schnitzel, für uns Bier und für die Damen ein Seitel Achter.
Die 2 Gulden ſind überſchritten — die Crida geht an. —
Heut hat mein Mann wieder ſeinen närriſchen Tag.
Herr Gemahl, jetzt hab ich’s ſatt! —
Das wär ein Glück! —
So ſchafft man nicht an, wenn man Damen ausführt. — Kellner, Sie beſtellen uns einen Faſan —
Den Augenblick kommt Einer vom Spieß.
Dazu Compot, dann Torte und ſonſtiges Deſſert, zuerſt Rheinwein, am Schluß Champagner. —
Sehr wohl, Ew. Gnaden.
Anton, 4 Gedeck im Salon.
Nun, hab’ ich Deinen Guſto getroffen?
’s iſt aber zu viel. —
Wie g’ſchieht Jhnen denn?
Mir g’ſchieht gar nicht mehr, ich bin ſtumpf —
Und ich bin ſcharf auf’s Abfahr’n bedacht.
Abfahr’n?! — Sie hab’n Recht, Crida iſt da, alſo verſchwinden, das kommt im Merkantiliſchen häufig vor. —
Der Kellner ſoll ſich dann mit der Zech an die Frauen halten.
Recht ſo, wir laſſen Alles auf die Frauen ſchrei - ben, das is wieder Merkantiliſch. —
Warum ſtürzens uns ſo in Depancen, dieſe Weiber.
Das ſind ja Verſchwenderinnen, reine Gour - maninen.
Aber nur kein’ Verlegenheit g’ſpürn laſſen und Cour gemacht aus Leibskräften.
Du glaubſt nicht, meine Liebe, wie wohl mir jetzt iſt, es iſt ein Vorgefühl in mir —
Daß Sie noch viele ſolche frohe Tage an der Seite Jhrer Frau — das nenn’ ich eine Lieb’ —
Können Sie bei dieſem Anblick gefühllos bleiben?
Junger Menſch, ich hab’ Jhnen ſchon geſagt, daß ich eine Braut bin, ich lebe nur für dieſen einen Mann.
Daß Sie für einen Mann leben, gibt Jhnen das das Recht einen Jüngling zu tödten? —
Hören Sie auf, Sie ſind ein ſchlimmer Cousin. —
Wenn es Ew. Gnaden gefällig iſt.
O ja —
Komm, liebe Freun - din! —
Sie können jetzt auch einen wälliſchen Salgt bringen.
Ueberhaupt, was gut und theuer iſt —
Uns is das egal was es koſt, Sie wer’n ſeh’n,119 wir binden uns an gar keinen Preis,
Warts, Gourmaninen! —
Sehr wohl, Ew. Gnaden.
Was is denn das? Jch will da für mein Herrn aufdecken laſſen, und jetzt ſetzen ſich Andere herein —
Jch glaub, in einem öffentlichen Ort hat jeder das Recht. —
Ah, das is indiscret.
Jn dem Salon haben ja 20 Perſonen Platz.
Mein Herr will aber allein ſein.
Dann ſoll er an keinen öffentlichen Ort gehen.
Ah, das is indiscret. — Sie können ſich ja hinaus in Garten ſetzen.
Das kann ſein Herr auch thun. —
Mein Herr muß von hieraus Jemand beobach - ten und mit einem Wort, mein Herr wird ſich nicht wegen Jhnen Vieren geniren.
Und wir Viere wer’n uns noch weniger wegen ſein Herrn geniren.
Ah, das is aber indiscret, da muß mein Herr ſitzen, wegen der Ausſicht auf die Thür. —
Das gilt uns gleich.
Wenn der dumme Salon nur in der Mitte eine Abtheilung hätt’ —
Na ja, ſein Herr ſoll halt gleich eine Mauer aufführen laſſen, wenn er wo einkehrt.
Man könnte allenfalls — es zieht manchmal121 den Gäſten zu ſtark, da wird dann
— die ſpaniſche Wand gebraucht, wenn man die in der Mitte aufſtellt, ſo wäre ja die gewünſchte Abſonderung geſchehen.
Machen Sie das wie Sie wollen.
Legen wir unſre Hüte ab und ſetzen wir uns.
Das ſieht kurios aus, das können wir uns vor den Frauen nicht anthun laſſen.
Wenn Er mit der ſpaniſchen Wand nicht wei - ter geht, ſo werf ich Jhn an die wirkliche! —
Ah, das is klaſſiſch —
Wir werden uns da wie die wilden Thiere in einer Menagerie abſperren laſſen.
Na wartens, das ſag ich mein Herrn.
Was kümmert uns ſein Herr?
Er ſoll nur kommen, wir werden ihm zeigen —
Da kommt er grad die Allee herauf.
Wartens!
Continent thu’ dich auf! —
Auweh’ und verſchling uns! —
Der Principal!
Lieber Freund, Sie haben erſt Recht mit der ſpaniſchen Wand —
Ja ’s is beſſer, ſtell’n wirs auf.
Aber nur g’ſchwind, Kellner, helfens!
Jetzt ſehens Sie’s ein und eher ſo G’ſchichten — Nein, wie Sie indiscret ſein!
Aber ſchau nur her, was ſie da für Umſtänd machen.
Es iſt, wiſſen Sie — es zieht hier ſo ſtark nach der Luft —
Jch ſpüre nichts.
Wir ſind ja nicht rheumatiſch. —
Aber uns reißt’s ungeheuer.
Setzen wir uns.
Alles is in Ordnung. Melchior!
Ew. Gnad’n.
Der Wachter ſteht ſchon draußen auf der Paſſ’, wie meine Mündel mit ihrem Entführer in den Wa - gen ſteigt, ſteigt der Kutſcher auf den Bock und der Wachter hint’ auf.
Das is klaſſiſch! —
Sehr ein gutes Compot.
Jch werd’ den Faſan tranſchiren.
Und ich werd ſchau’n, ob der wälliſche Salat noch nicht bald kommt. —
Ach, ja! —
Was is denn das mit der ſpaniſchen Wand?
Da derneben ſind indiskrete Leut’, zwei Weibs - bilder mit ihre Liebhaber, damit Ew. Gnad’n nicht genirt ſind.
Gut!
Das hab’ ich für Ew. Gnaden ang’ſchafft.
Gut! —
Gott! was wären Ew. Gnad’n ohne mich —
Die Zeitung.
Wer weiß, wie lang das noch dauert. —
Jch werd’ patroulliren.
Der Faſan ſcheint ſehr gut zu ſeyn. —
Die Zähigkeit abgerechnet, delikat —
Kommt der Kellner noch nicht?
Nein, das iſt ein langſamer Kerl.
Warum reden denn die Herren ſo ſtill, ſo heiſer?
Die Zugluft hat das gemacht.
Es iſt ein wahres Glück, daß die Wand aufge - ſtellt iſt.
Ja, ſonſt hätt’s uns die Sprach gänzlich ver - ſchlagen.
Nein, wie die Herren jetzt haiklich ſind —
Ew. Gnad’n! Ew. Gnad’n!
Was iſt’s? —
Jch ſeh’ noch nichts —
Dummkopf!
Fruͤher waren Zwei da herin, das waren aber Andere.
Die ich ſuch, ſitzen draußen, ich hab ſie von weiten geſehen, geh hinaus, ſtell Dich in einige Ent - fernung vom Wagen und wie ſie fortfahren, ſagſt Du mir’s, wir fahren dann gleich nach. —
Das wird klaſſiſch!
So kann ich neben unſerm Alten vorbei paſſirn.
Du ſchenkſt ja unſerer Freundin gar nichts ein?
Aber Liebe, ich kann ja nicht tranſchiren und einſchenken zugleich.
„ Verwegner Kleiderdiebſtahl durch einen jungen Menſchen. “
Nein, was man jetzt alles lest, die Hallunken werden immer pfiffiger.
Wo is denn der Cousin hinkommen?
Bitte ſich zu bedienen.
Himmel, mein neues Kleid!
Pardon! Es wird nichts machen, als einen fet - ten Fleck. —
Der nie mehr herausgeht.
Nur gleich mit dem Serviet reiben.
Der ſteigt in den Wagen, das is ein g’ſcheidter Einfall, der Kutſcher muß uns führen bis aufs Feld hinaus, dann geb’ ich ihm Einen Gulden und laß ihn umkehren. — Wie komm ich aber hinaus, dort der Principal, da die Frauen. — Gott ſei Dank, der Fleck is ſo fett, daß die mich nicht bemerken. —
Das geht nie mehr heraus. —
Aber was Anders geht aus! —
Freundin, da ſchau her was Dein Mann —
Er iſt aus dem Fenſter geſtiegen!?
Und ſteigt in den Wagen ein.
Mein Herr —!
Was iſt das, der Ortswachter —?! — Er ſtellt ſich hinten auf —
Eine Arretirung —!
Fort iſt er!
Das is klaſſiſch! Wir habens ſchon, der Kutſcher und der Wachter laſſens nimmer aus.
Wir fahren gleich nach, Kellner zahlen!
Kellner, zahlen! Wo ſtecken denn die Schlin - geln?
Höllenelement! da ſind’s!
Ach der Vormund! —
Verdammt!
Was für eine Stimm’!? —
Was geht da vor!? —
Das ſind ja die Andern! —
Meine Mündel! — Der Teufel ſoll —
Wenn ich Jhnen aber ſag, das ſind ja An - dere! —
Meine Braut!? —
Zangler!?! —
Das is klaſſiſch! —
Es war alſo ein guter Genius, der mir den Gedanken zuflüſterte ganz unbekannter Weiſe das Stubenmädchen des alten Fräuleins zur Vertrauten zu wählen. Nimm einſtweilen dieſe Börſe, mehr noch wird folgen.
Sehr verbunden, übrigens hätte ich auch aus gutem Herzen zwei Liebende in meine Protektion ge - nommen; denn wenn es herzloſe Väter, Mütter, Tanten, ſogar herzloſe Liebhaber in Menge gibt, von135 herzloſen Stubenmäd’ln, glaub ich, kommt kein Bei - ſpiel vor.
Wenn nur Deine Gebieterin —
Hoffen Sie das Beſte, ſie iſt durchaus nicht das, was man ſich gewöhnlich unter dem Ausdruck: alte Jungfer, vorſtellt. Wo iſt aber jetzt Jhre Ge - liebte?
Jn den Krallen ihres Vormunds, der ſie mir auf eine impertinente Weiſe entriſſen, und ſie viel - leicht heute noch hieher bringen wird —[d]och nein, ſelbſt bringen wird er ſie kaum, der alte Narr iſt, wie ich geſehen, in eine grimmige Eiferſuchts-Ge - ſchichte mit ſeiner Braut verwickelt, hat geſchworen, ihr nie mehr von der Seite zu gehen, darum ver - muth’ ich, er wird ſeine Mündel bloß in ſicherer Be - gleitung Euch überſenden.
Sei dem, wie ihm wolle, entfernen Sie ſich nicht weit vom Hauſe, und überlegen Sie, auf welche Weiſe Sie ſich, wenn Jhre Marie einmal hier iſt, bei meiner Gebieterin introduciren wollen.
Jch werde mich ſogleich in ein Hotel in der Nähe einlogiren, und von dort aus die nöthigen Erkundi - gungen einziehen.
Jch glaube — ja, ja, meine Gebieterin kommt — gehen Sie jetzt.
Auf baldiges Wiederſehen, Du liebes dienſtfer - tiges Weſen.
Wer war denn hier, Liſett?
Niemand, Ew. Gnaden.
Niemand? Und ich haͤtte darauf geſchworen, es war Jemand. Wie doch unſer ganzes Leben aus Täu -137 ſchungen beſteht. So glaubte ich auch nach dem geſtrigen Briefe meines Schwagers, das Mädchen würde ſicher heute ankommen, ich freute mich, das liebe Kind nach 10 Jahren wieder zu ſehen, — Täu - ſchung, nichts als Täuſchung.
Nun, es iſt ja noch nicht ſo ſpät, wer weiß —
Die Arme! Mein Schwager Zangler irrt ſich, wenn er glaubt, ich werde ſie mit Strenge behan - deln, ſie hat ja ganz mein Schickſal, ihr Herz iſt ſchwach, ihre Liebe ſtark, die Hoffnung klein, die Hinderniſſe groß — ganz mein Schickſal.
Bei Jhrer Liebe, Ew. Gnaden, war es aber doch ganz anders.
Weßhalb ſchickt man ſie? Aus keinem andern Grunde, als daß ſie ferne vom Gegenſtand ihrer Neigung ſchmachten ſoll, iſt das nicht ganz mein Schickſal?
Ew. Gnaden, ich glaube, ich höre Leute im Vorzimmer — am Ende bringt man ſie.
Sieh doch nach.
Nur keine Umſtänd, ich weiß ſchon, was ich zu thun hab.
Aber erlauben Sie —
Hier hat Niemand was zu erlauben.
Ausgenommen ich, drum frag ich: was der Herr ſich hier erlaubt?
Da ſind 2 Leut, die müſſen da bleiben.
Bald hätten wir nicht herg’funden, was wir umg’fahrn ſein!
Mit Wache, und in männlicher Begleitung — das kann doch nicht — Freund, das iſt offenbar ein Jrrthum in der Wohnung.
Jch ſag, es is auch ein Jrrthum in die Perſo - nen, man hält uns für ein Menſchenpaar, welches wir nicht ſind.
Das wird ſich zeigen, in dem Brief ſteht Alles drinn.
Ein Brief —
an mich —?
von meinem Schwager —?
Na alſo, jetzt wird ſich ja Alles aufklären.
Man wird uns freien Abzug bewilligen.
Auf d’letzt krieg’n wir noch eine Entſchädigung, daß wir nach Haus fahrn können.
Die klettenartige Anhänglichkeit der Dame, die Größe der Zech’, die Nähe des Principals, das waren Gefahren; das hier iſt eine Kinderei, das hab ich ja gleich g’ſagt, ein wachteriſcher Palawatſch.
Freund, Sie habn uns mit Bedeckung hieher gebracht, und ſich ſelbſt eine bedeutende Blöße gegeben.
Wann das nicht der rechte Ort is, wo krieg ich dann meine 5 Gulden?
Ah, jetzt bin ich im Klaren.
Na alſo —
Ew. Gnaden, ich ſoll 5 Gulden kriegen.
Liſett, bezahle den Mann.
Jetzt is es halt doch der rechte Ort.
Nehmens Euer Gnaden nicht ungütig.
Halt!
Sie bleiben Beide!
Was?!
Sie mein Herr, ſind eigentlich der Schuldige, doch auch das Mädchen
iſt nicht minder ſtrafbar.
Was? ich bin ein ſtrafbares Mädchen.
Und ich, ein ſchuldiger Herr.
Für das Mädchen ſteh’ ich —
Und für den Herrn ſteh ich Schildwacht vor der Hausthür auf der Stiegen draußt.
Gibt ſich ſo leicht keine Blöße der Wach - ter.
Wollten Ew. Gnaden nicht die Gewogenheit ha - ben — uns mitzutheilen, was eigentlich in dem Brief ſteht.
Das können Sie ſich wohl denken, was ein On - kel ſchreibt, dem man die Nichte, ein ſo unſchuldiges Mädchen, wie dieſes Geſchöpf iſt, entführt.
So, ich bin alſo eine Nichte die durchgangen is?
Und ich bin der, der dieſes Frauenzimmer
auf Abwege gebracht hat?
Jhre Frage mein Herr, iſt ſehr ein unzeitiger Scherz.
Fallt mir nicht ein zu ſcherzen, aber wir ſind einmal hier in einer Art Gefangenſchaft, und da möcht man halt doch gern wiſſen warum.
Soll’n wir ihr ſagen wer wir ſind?
Das wär riskirt, der Teufel könnt ſein Spiel hab’n, daß der Principal durch die ſiebzehnte Hand was erfahret.
Dieſer Onkel wird wohl nicht lang ausbleiben?
Er ſoll jeden Augenblick hier ſein.
So lang können wir warten.
Da kommt dann die Confuſion von ſelbſt ins Reine.
Freilich, wie dieſer Onkel uns ſieht, hat die G’ſchicht ein End.
Und ich ſag Jhnen Nein, ſie ſoll kein Ende ha - ben; ich kann ja nicht grauſam ſein, wenn ich Lie - bende ſehe, das Bündniß Jhrer Herzen ſoll nicht zerriſſen werden.
Es kann eigentlich nicht zerreißen, weil —
Weil ich Alles vermitteln, und den Zorn mei - nes Schwagers beſänftigen will.
Alſo haben Sie einen Schwager, der zornig is?
Wie können Sie fragen. Doch faſſen Sie Muth, junger Mann.
Jch werd’ ſo frei ſein.
Jhr ſeid Flüchtlinge, euer Schickſal rührt mich, denn es iſt ja ganz wie mein Schickſal,
auch ich hab einſt geliebt.
Das kann ich mir denken.
Und der Mann, der mich liebte —
Das kann ich mir nicht denken.
War auch für’s Entfliehen eingenommen, wie Sie, nur mit dem Unterſchied, daß er allein geflo - hen iſt.
Ah, jetzt kann ich mirs denken.
Flucht war es einmal, das iſt gewiß. Und wie geſagt, ich will nicht ruhen, bis ich ſo mit euch
vor den verſöhnten Oheim hin - treten, eure Hände in einander fügen
und ein glückliches Paar ſegnen kann.
Chriſtopherl!
Was für ein Scherz? Wie können Sie in einem ſo ernſten Augenblick zu Jhrer Braut Chriſtopherl ſagen?
Lachen Sie nicht, Mamſell.
Euer Gnaden, der Menſch läßt ſich nicht abwei - ſen.
Hier iſt das gnädige Fräulein.
Das iſt eine Fräule? das is klaſſiſch.
Was will Er?
Mein Herr ſchickt mich her, ich ſoll der Euer - gnadenfräuler ſag’n —
Chriſtoph, das is ja —
Sie ſein’s? Ah, das is ſtark.
Jſt Jhnen der Menſch bekannt, Herr v. Sonders?
Das heißt — ich hab ihn wohl g’ſehen. —
Herr von Sonders hats zu mir g’ſagt, wenn ich mich nicht irr’ — ich kenn’ den Son - ders zwar nicht —
Jch auch nicht.
Aber ſo heißt ja der —
Der unſrer Fräuler z’Haus nachſteigt.
Schamen Sie ſich, das is eine Aufführung.
Wie kommt Er dazu, dieſem Herrn ein Repe - rement —
Weil mein Herr dem Herrn ſeine Zech hat müſ - ſen zahln.
Eine Zeche?
Ja, ſonſt hätte der Kellner die Damen pfändt.
Was für Damen?
Nicht eigentliche Damen, ſondern nur was man ſo ſagt, dieſer Herr
ſchamen Sie ſich,
war in einem Garten mit zwei Frauenzimmer, die ich Anfangs für Weibsbilder g’hal - ten hab, wo ſichs aber nachher gezeigt hat, daß es Witwen waren,
ſchamen Sie ſich.
Wer ſoll aus dieſem Gewäſch klug werden?
Mit Damen wohin gehen und nicht zahlen, ſcha - men Sie ſich.
Werd’ ich jetzt erfahren —
Kommt der Herr Zangler etwan daher?
Mit Damen und nicht zahlen, das is klaſſiſch.
Jetzt frag ich Jhn zum letzten Mal —
Schamen Sie ſich.
Wer iſt ſein Herr?
Der Herr von Zangler.
Und kommt ſein Herr zu mir?
Euergnadenfräuler, da hat er nix g’ſagt.
Gott ſei Dank.
Wenn er aber doch —
Was iſt alſo eigentlich ſeine Sendung?
Der Herr von Zangler laßt Jhnen ſagen, er hat Jhnen da zwei Leut g’ſchickt —
Der Principal hat uns —?
Er hat nämlich den
fürn Herrn von Sonders, und dieſe
für ſeine durchgegangene Mündel gehalten, ſie ſeins aber nicht, drum ſoll’ns die Euergnadenfräuler fort - laſſen.
Das is g’ſcheidt.
Wie? Das iſt ja das Gegentheil von dem, was in dem ſo eben erhaltenen Briefe ſteht.
ich laſſe Sie nicht fort.
Was?
Euer Gnaden, Herr Weinberl iſt draußen.
Was, draußt is ein Weinberl?
Und was will der Menſch?
Der Menſch kommt von Herrn von Zangler.
Jch komme von Herrn von Zangler, das is ja Widerſpruch.
Mein Schwager hat mir alſo den Menſchen geſchickt?
Der Schwager hat mich geſchickt, und die ſagt er hat einen Menſchen geſchickt, das is ja Widerſpruch.
Euer Gnaden möchten ihm Zutritt in Jhrem Hauſe geſtatten, denn ſein Auftrag iſt, das Beneh - men der Fräulein Zangler
zu beobachten, und darüber Herrn von Zangler zu rap - portiren.
Weinberl —? Ach, jetzt erinnere ich mich, das iſt ja ſein Comis, den er mir oft als ein Muſter von152 Solidität gerühmt, auf den er ſich verlaſſen kann wie auf ſich ſelbſt — o nur herein, er iſt mir willkommen.
Jetzt kommts auf, wie ſolid ich bin; aber auf den Weinberl bin ich begierig.
Das ſind ja aber lauter Widerſprüche.
Kein Wort mehr.
Für meine Ver - mittlungsplane iſt es mir lieber, daß der Herr Wein - berl kommt, als wenn Schwager Zangler ſelbſt ge - kommen wäre.
Das wär’ auf alle Fäll das Unangenehmſte ge - weſen.
Gnädiges Fräulein —
Jch bin ſehr erfreut, Jhre perſönliche Bekannt - ſchaft —
Hier Herr Weinberl, hier Herr von Sonders — doch die Herren kennen ſich wohl.
Jch hab nicht die Ehre, den Herrn von Son - ders —
Und ich hab nicht die Ehre, den Herrn Wein - berl zu kennen.
Den ſoll ich — das is ja —
Da hat ſich Einer für mich ausgegeben, wie kommt er aber dazu, Begleiter meiner Marie zu154 ſein?
Sie gibt mir kein Zeichen —!
Wird mein Schwager Zangler zu mir kommen?
Jch glaube, nicht ſo bald
ich hoff’ es wenigſtens.
Nun ſehen Sie, Herr von Sonders —
Ah, das wär zu keck!
Jch rühr’ mich nicht.
Wenn ſie nur den Schleier weg thäte, daß ich in ihren Blicken leſen könnte?
Das is der Eigentliche! Entdeckung, Betrug, falſche Vorſpieglung!
Was unterſteht Er ſich?
Was ſoll das?
Euer Gnad’n.
Der hat mit Jhnen falſche Vorſpieglung getrieben, hier iſt von Weinberl keine Spur.
Was will dieſer Menſch? wer iſt Er?
Was, Sie kennen ihn nicht? und er hat ſich für einen Diener des Herrn von Zangler ausgegeben. 156Da herrſcht Betrug! Liſett, ſchicke ſogleich den Wäch - ter herein.
Jetzt wird der Tanz angehen, während dem krieg’n wir Luft.
Euer Gnaden laſſen den Wachter holen, ich will doch nicht hoffen —
Seine Frechheit ſoll ihm theuer zu ſtehen kommen.
Wer is frech?
Der is frech, denn da is von Weinberl keine Spur. —
Der is frech, denn da is vom Zech - zahl’n keine Spur, aber ich —
Jch ſoll wem hinaus werfen.
Bemächtige Er ſich dieſes Betrügers.
Was?!
Bei der Gelegenheit fahr’n wir ab.
Den Wachter ſchickens über mich! Hier wim - melts von Frevlern, ich bin vielleicht der einzige Un - ſchuldige im ganzen Zimmer, und mich führens ein — ach, das is klaſſiſch!
Nur nicht viel G’ſchichten g’macht.
Wenn das mein Herr ſähet! Wachter — lieber Wachter!
Der Herr von Zangler is da.
Der Zangler —!!?
Das iſt g’ſcheidt!
Aber Fräuln —!
Mein Schwager — Alles läuft davon — auch Herr Weinberl fort —?
Schwägerin, da ſind wir — was is das? der Wachter hat mein Melchior beim Schöſſel —?
Alſo wäre das —?
O, ſagns ihr’s, wer ich bin!
Mein dummer Hausknecht.
Seh’n Sie, Schwägerin meines Herrn.
Hab’n Sie einen Commis, der Weinberl heißt?
Ja.
Und wo is der Weinberl?
Zu Haus, beim G’ſchäft.
Sehn Sie, Schwägerin meines Herrn?
Aber jetzt ſag mir —
Ruhig. War das nicht ein unrechtes Paar Leut, die Sie herg’ſchickt hab’n?
Freilich.
Seh’n Sie, Schwägerin meines Herrn?
Ja, wenn’s ſo iſt —
Jetzt muß ich Dir aber vor Allem hier meine Braut, und hier ihre Freundin, Frau von Fiſcher, vorſtellen.
Ah, charmant.
Freut uns unendlich, die Ehre zu haben.
Morgen iſt Hochzeit bei mir zu Haus.
Du weißt, ich geh zu keiner Hochzeit, denn mein Schickſal —
aber wie kommt das ſo ſchnell? —
Ja, ich geh der Meinigen nicht mehr von der Seiten, es ſind Gründe —
Blamiren Sie mich doch nicht.
Du fahrſt jetzt gleich zu mir nach Haus, rebellſt Alles auf, daß ſchleunigſt zu die Hochzeitsanſtalten g’ſchaut wird.
Wir ſoupiren bei meiner Schwägerin, und fahr’n dann gleich nach,
mit Tagesanbruch kommen wir an.
Wird Alles beſorgt, aber —
Freund, nimm Er das, weil ich ihm Unrecht gethan.
Sie ſeh’n es ein, das iſt mir genug.
Aber ſagen Sie ihr nur das noch —
Daß Du ein Eſel biſt.
Die Schwägerin ſieht es ein, das iſt mir genug.
Aber wie iſt denn das, Du haſt mir alſo nicht Deine Mündel geſchickt?
Nein, hier bring ich Dir die Mißrathne, und übergeb ſie Deiner Obhut.
Gnädige Frau Tant —
Was waren denn das hernach für Leute?
Das weiß ich nicht.
Sie ſind noch hier.
So? Bei denen muß ich mich ja entſchuldigen.
Wie ſie hörten, daß Du kommſt, ſind ſie jedes zu einer andern Thüre hinausgeſtürzt.
Das is kurios.
Die Fräulen Zangler iſt in das gelbe Kabinet gelaufen, und hat von Jnnen zugeriegelt. Sie macht um keinen Preis auf; der Schleier von ihrem Hut iſt an der Thürſchnalle hängen geblieben.
Was ſagen Sie dazu?
Hm! hm! —
Das iſt ja mein Schleier.
Freilich, da iſt der Roſtfleck.
Hat die Perſon nicht auch einen Mantel, ge - rade ſo
wie die Fräulein hier?
Ja, braun quadrillirt, ganz ſo.
’s ſind Beide in meinem Magazin gekauft.
Sie müſſen wiſſen, ich bin ſchändlich beſtohlen worden.
Da müſſen wir auf den Grund —
Mamſell, ſperr’n Sie die Thüre, wo die Perſon drinn is, g’ſchwind von auswendig zu.
Sogleich.
Und dann — he, Wachter!
Befehl’n?
Er holt Aſſiſtenz, und ſperrt von Außen die Hausthür’ zu.
Sehr wohl.
Jch zittere.
Kommen Sie, meine Damen, hier gibts eine Spitzbüberei, die ins Abnorme geht.
Es iſt umſonſt, der Ort, wo der Zimmermann ’s Loch g’macht hat, is nicht zu finden. Fluch dem Schloſ - ſer, der dieſes Hausthor vollendet, dreimal Fluch dem166 Maurer, der dieſen Garten umzäunt, und hundert - fufzigmal Fluch denen anderthalb Zenten Leib’s - g’wicht, die mich hindern, auf den Flügeln der Angſt hinüber zu ſaltomortaliſiren. Jn jedem Schatten ſeh ich einen Zangler, in jedem Geräuſch hör ich einen Zangler, die ganze Natur hat ſich für mich in ein Schreckniß aufgelöst, und das heißt Zangler! So war noch kein Assoicié in der Soß! Dieſe Mauer muß eine weitſchichtige Mahm von der Chineſiſchen ſein — ich muß doch noch a mal —
es iſt zu hoch, ich kann nicht hinauf.
Es iſt zu hoch, ich kann nicht hinab.
Chriſtoph, ſind Sie’s?
Ja, ich bins. Herr Weinberl, ſind Sie’s?
Ja, ich bins.
Helfens mir, ich riskir jeden Augenblick, daß167 man die Thür einſprengt und mich vor den Principal ſchleppt.
Mein Riſiko is dasſelbe.
Wir ſind alſo vor der Hand verloren.
Wenn keine Leiter vom Himmel fällt, wenn nicht durch ein Wunder ſich Sprißeln in der Luft geſtalten, rettungslos verloren.
Da kommt wer.
Der Zangler —!
Der Fund kam zur gelegenen Zeit, auf dieſer Gartenleiter gelang ich über die Mauer, dann heißt168 es, wieder einen günſtigen Moment, wo ich mich meiner Marie nähern kann, mit Geduld abwarten. Geduld, — verdammtes Wort! — Jm Wörterbuch der Liebenden iſt’s nicht zu finden.
Soll ich ihn anreden —
Pſt! Pſt!
Geht das mich an —?
Ein Frauenzimmer — täuſcht mich die Dunkelheit —!? nein, Marie, Du biſt ’s, meine geliebte Marie!
Ja.
Das is auf die Art Niemand andrer, als der Herr von Sonders.
O, komm herab, die Leiter ſoll Dich in meine Arme, und dann uns Beide ins Freie führen.
Wohlan.
So ſteig nur muthig zum Fenſter heraus.
Zittre nicht, ich werde die Leiter halten. Und nicht wahr, liebe Marie, das Packet mit den Doku - menten, die wir zur Trauung brauchen, haſt Du?
Nein!
Wo ließeſt Du’s?
Dort —
Vergeſſen dort oben? — das muß ich holen.
Auf’n Tiſch rechts.
G’ſchwind, Weinberl, die Leiter is erobert!
Die Nächſtenlieb’ fangt bei ſich ſelbſt an.
Jch bring unſrer Fräuler Marie ihren Liebha - ber in die Briſil, das is Satisfaktion für das, daß ſie mich immer einen dalketen Bub’n heißt.
Jch ſteig voran.
Nur g’ſchwind.
Kraxelns nach, Chriſtopherl.
Da bin ich ſchon.
Was machens denn?
Geduld, jetzt kann uns nix mehr g’ſchehen.
Marie —? Jch kann das Paquet nicht finden.
Nicht finden können Sie’s? No, ſo nehmens das derweil.
Was ſeh ich, ein Mann —?! Jch bin ſchmäh - lich betrogen.
Jetzt ziehn wir die Leiter herauf, und laſſens auf der andern Seiten hinunter.
Die Leiter — wo iſt die Leiter?
Verdammt —!
Man kommt —!
Ein Mann iſt’s —!
Nur angepackt!
Herr Sonders —! Teufel, jetzt wirds mir zu arg!
Angepackt! Nur angepackt!
Sie hab’n ihn ſchon. Das iſt ein Jux!
Ah — den ganzen Weg hab ich ſuperb verſchla - fen —
und bin jetzt ſo munter, als wanns helllichter Tag wär — das is ja ’s Haus — richtig — ich muß anläuten.
Was is denn das —? Keine Glocken. —174 Ah, da hab ich Reſpekt, hier hab’ns noch keine Haus - meiſter, die werd’n doch ſchön z’ruck ſeyn in der Kul - tur.
He, aufg’macht!
Aufg’macht! — Es hört kein Menſch. — Wenn ich nur die Wirthſchafterin aufrebelln könnt, das is die einzige Perſon, die mich kennt im Haus, auf d’Letzt laſſens mich gar nicht hinein — ich werd mit einem Sandkörnderl ans Fenſter werfen.
Es hört mich Niemand — ich muß ein Steinl neh - men
’s nutzt noch nix — ich muß ’s mit ein größern Steinl probirn
Jetzt, glaub ich, hat mich wer g’hört. Frau Gertrud! — Frau Gertrud! —
Wo brennts?
Nirgends, komm d’Frau Gertrud nur zum Fenſter!
Was is denn, um Alles in der Welt!?
Seins ſo gut, machens mir ’s Thor auf.
Jmpertinenter Menſch, wer is Er?
Der neue Hausknecht bin ich, der Melchior.
Den Tod könnt man haben durch den Schrocken.
Von Tod is gar kein’ Red, Hochzeit is! Vor Tagsanbruch kommt der Herr.
Er hat einen Rauſch.
Den müßt er ſich erſt trunken haben, ich hab, ihn alſo nüchterner verlaſſen. Machens nur auf.
Mir is es in alle Glieder g’fahr’n, das is doch gar entſetzlich, was glaubt denn ſo ein Menſch.
Das ſind die Folgen, wenn in ein Haus kein Hausmeiſter is. Mir is das alles eins, ich zahl die Fenſterſcheiben nicht. Mir ſcheint, ich hörs ſchon.
Das werd’ ich dem Herrn ſagen, ob das recht iſt, daß man Jemanden ſo aus’n Schlaf —
Nur gelaſſen, Frau Gertrud.
Das is keine Manier, das is keine Art, bei ſpäter Nacht dieſer Schrocken.
Schauns, der Zorn ſchad’t Jhnen.
Wer’n wir ſchon ſehen, was der Herr dazu ſagt, das laſſ’ ich nicht ſo hingeh’n.
Ah, hörn’s auf.
Hab’ns g’hört, Chriſtoph? wenn ſich der Hahn nicht verkräht hat um a Stund, ſo geht’s ſchon auf’n Tag los.
Macht nix, wir ſind einmal da, wir können ſagen, wir haben das Ziel erreicht.
Ja, was denn eigentlich für ein Ziel, wenn man’s recht betracht?
No, wir hab’n uns ein Jux g’macht, und kom - men im Uebrigen grad ſo g’ſcheidt wieder z’Haus als wir ausgangen ſein.
Jetzt frag ich aber, zahlt ſich ſo ein Jux aus, wenn man ihn mit einer Furcht, mit drei Schrocken, fünf Verlegenheiten und ſieben Todsängſten erkauft? Js ſo a Gſchäft nicht noch weit dümmer, als wenn man für a Loth Salami ein Gulden, für ein Vier -178 ting Bockshörnd’l ein Thaler, für a halbete Sardelln ein doppelten Dukaten zahlt? Wann wir aber das jetzt gehörig einſeh’n, dann kommen wir ja doch um ein Alzel gſcheidter nach Haus.
Jch bin ja noch zu jung, um das richtig zu beurtheil’n.
Ah — ich bin ganz zerlext von die Gemüths - bewegungen.
Jch auch, und für mich iſt das noch weit ge - fährlicher, weil ich ſo ſtark im Wachſen bin. Schaun wir, daß wir ins Bett kommen, ſoll ich anpumpern beim Hausthor?
Warum nicht gar, wir ſchleichen uns ganz in der Still in’s G’wölb, und duſeln ein bisl auf der Budel; in 2 Stund wirds ohnedem Zeit zum Auf - ſperrn ſein. Jch hab den G’wölbſchlüſſel bei mir.
Da — nein da — oder da — Teufel hinein, ich hab den Schlüſſel verlor’n.
Seins ſo gut.
Wie ich den Kutſcher, der uns herg’führt hat, mit meiner ſilbern Uhr auszahlt hab, muß er mir herausg’falln ſein.
No, das is ja keine 300 Schritt; wartens, ich geh z’ruck, ich weiß ’s Platzl genau, werd ihn gleich finden.
Jetzt habe ich das Glück genoſſen, ein verfluch - ter Kerl zu ſein, und die ganze Ausbeute von dem Glück is, daß ich um keinen Preis mehr ein ver - fluchter Kerl ſein möcht. Für einen Commis ſchickt ſich ſo was nicht. Das kommt mir vor, wie unſer Fräule, die ſagt auch immer „ es ſchickt ſich nicht “und derweil — Es g’ſchieht halt allerhand bei der Zeit, was ſich nicht ſchickt.
Mir ſcheint gar, Kerl, Du zitterſt?
Nein, ich klapper nur mit die Zähn.
Haſenfuß, da hätteſt Du mich ſehen ſoll’n, wie ich oft —
Das will ich wohl glauben, aber — Du, laſ - ſen wirs auf ein andersmal.
Schämſt Du Dich nicht, hat der Kerl den183 genial’n Einfall, den Schlüſſel in Wachs abzudrücken, und bei der Ausführung verliert er die Courag’.
Es is nur heut, ſchau, ein andersmal —
Nichts da! Nimm die Latern’ und leuchte mir.
Schau, Brüderl —
Friſch ans Werk.
Was is das —!?
So leuchte doch daher, ſiehſt Du denn nicht —? Aber Narr — hahaha, wozu, Strohkopf, nimmſt Du denn eine Larve?
Wanns ſchelch geht, es ſehet uns wer und wir müßten echappirn; mein G’ſicht iſt zu bekannt in dem Haus.
Die Thür iſt offen, jetzt hinein, und vor Allen der Kaſſa eine Visitt gemacht. Gib mir die Latern — die Schreibſtube iſt hinten links?
Ja.
Chriſtoph —
Weinberl —
Aber Brüderl, laſſen wirs auf ein andersmal.
Wäre nicht übel! Umkehren auf halben Weg. Du bleibſt noch ein Paar Minuten hier ſtehen, und ſiehſt dich um, ob nicht etwa über unſer Geräuſch ſich irgendwo ein Licht zeigt, dann kommſt Du mir nach. Aber zittre doch nicht, Du Haſenfuß, Klugheit im Kopf, Schnaps im Magen, und Piſtolen in der Taſche, da geht Alles gut.
Jch hab kein Wort g’hört was er g’ſagt hat — die Angſt —! Jch hab glaubt, ich hab Anlag, aber ich bin nix zu dem G’ſchäft — wenn er nur wenig - ſtens — ich ſag halt, es wär beſſer gweſen ein An - dersmal —
Nein, jetzt is ’s am beſten.
Barmherzigkeit —!
Still, oder —
Jch erdroſſel Dich.
Herr Weinberl — Muſſi Chriſtoph —
Das is ja —
Der Hausknecht, der Kraps.
Du Spitzbub —
Jch will ein ehrlicher Mann wer’n.
Jch ſeh’s, Du biſt grad auf’n Weg dazu.
Das war mein Anfang und mein B’ſchluß — ſo wahr als — Barmherzigkeit.
Laſſen wir’n lauf’n.
Das müſſen wir jetzt wohl, ſonſt lamentirt er187 uns den Andern heraus.
Dein Mantel, Hut und Larven her.
Da, da is Alles, mein beſter, edelſter, groß - müthigſter Herr von Weinberl.
Jetzt fahr ab.
O Gott —
Sie glau - bens nicht, aber ich werd jetzt ſchrecklich ehrlich wer’n.
Den ehrlichen Mann werd’ns ſchon durch die Ausſagen ſeines Spießg’ſellen kriegen. —
Was thuns denn da?
Den Andern muß ich erwiſchen.
Sperrn wir’s Gwölb zu, ſo is er g’fangt.
Daß er drin eine Thür eintritt, wem todtſchießt, und doch am Ende ein Ausweg findet. Nix, ich weiß ſchon was ich thu. Wecken Sie nur derweil den Nachtwachter auf, und machens g’ſchwind Arreti - rungs-Anſtalten.
Gut. Aber is das a Glück; auf unſerm Boden - kammerl hätten wir den Einbruch rein verſchlafen.
Jetzt war der Jux doch zu was gut.
Wo zum Teufel bleibſt denn Du ſo lang?
Jch komm ſchon, ich komm ſchon! —
Da ſoll man Anſtalten zur Hochzeit machen, die Wirthſchafterin ſperrt ſich ein in ihr Zimmer, gibt mir gar kein Gehör, und ſchimpft ſo lang bis zum Schnarchen anfangt. Die Köchin hab ich g’funden, ah das Weibsbild hat gar einen klaſſiſchen Schlaf, ich muß ſagen, das is mir noch nicht unterkommen. Wenn ich mein Kammerl wüßt, ging ich auch ſchla - fen. Jch könnt mich zwar da in Herrn ſein Bett legen, aber wer weiß wär’s ihm recht, ’s thuts ja da im Armſeſſel auch.
Was war denn das? — Ah, ich weiß ſchon — Nix wirds gweſen ſein. ’s is völlig Entriſch, allein wach’ ſein in ſo ein verſchlafnen Haus.
Jetzt war’s aber — ja es190 war was.
Von da unten hört man’s herauf. Menſch oder Geiſt, was ſteht mir bevor? — Wenn es ein Menſch iſt, o da bin ich ein Kerl, der Courag’ hat, wann’s aber a Geiſt — da wär’s aus mit mir. — Geiſt is mir ein zu fremdartiges Weſen.
Wo kann ich denn —? Aha —
Den leichten Tritt, man hörts gar nit, es ſind Geiſter.
Wirklich, Burſche, das überraſcht mich von Dir,191 ’s iſt ein Wagſtück, bis hieher zu dringen, und Du haſts proponirt.
’s is wegen dem Silberkaſten, dort is er.
Jch meinestheils mache mich immer gern gleich aus dem Staub, wenn ich das Geld habe, denn nur Geld, Geld —
Sie geh’n aufs Geld, es ſind Menſchen.
Mit Prätioſen befaß ich mich nicht ſo gern.
Ah was, Silber is auch nicht zu verachten, je mehr, deſto beſſer, man hat nie genug.
Sie haben nie genug — es ſind Menſchen.
Der Schlüſſel ſteckt, räumen wir aus.
Da hab ich aus dem Gewölb einen Sack mit heraufgenommen, da pack Alles hinein.
Sie packen ein, es ſind Menſchen, aber was für eine?
Nur ſchnell.
Nur langſam, ſag ich, ich muß ihn aufhalten, bis der Chriſtopherl mit die Arretirer kommt.
Einen Kaffeelöffel ſollten wir ihm liegen laſſen, als Souvenir de Silberkaſten.
Der hat doch noch menſchliches Gefühl.
Ah was, nur Alles mitgnommen, im andern Zimmer drin war auch noch was.
Der mit der Larven is ganz Teufel.
Nein, das wäre zu riskirt, mich überfällt ſo ſchon eine Unruhe, und das iſt immer ein Zeichen —
Bei dem is noch Beſſerung möglich.
Die Stockuhr da drin ſollten wir nicht auslaſſen.
Der hat ein verhärtetes Gemüth.
Nichts da, wir müſſen fort —
hörſt Du? —
Es is nix, es kann nix ſein.
Wenn ich nur den —
Man kommt zum Fenſter herein — ſchnell das Ferſengeld.
Du därfſt mir nicht auskommen.
Hab ich Dich?!
Au weh! was is das?!
Weil ich nur den hab.
Auslaſſen ſag ich, der Andere is ja —
Ein Schnipfer, der zu Hoffnungen berechtigt, Du aber biſt ein Scheuſal —
Er erwürgt mich — zu Hülf! zu Hülf!
Mir gehen vor Wuth die Kräften aus, zu Hülf! zu Hülf!
Zu Hülf! zu Hülf!
Der Rauber is solo g’fangt, die Wachter hab’n ihn ſchon.
Jch hab den Wahren!
Was gibt’s denn da für ein Rumor?!
Herr Principal —
Pack Du Dich, und nicht den da
der Chriſtoph hat mir Alles gſagt — an mein Herz, edler Mann.
Der umarmt den entlarvten Böſewicht, das is klaſſiſch!
Verſchwiegenheit Principalin.
Ah, das is ſtark —!
Aber ſchaun’s nur, wie er Jhr Silber —
Durch dieſes Silber hat er mir das Gold ſeiner Treue bewährt.
Das is zu klaſſiſch!
Was is denn das —!? das is ja —
Mein ehmaliger Commis, gegenwärtig mein Associé, Herr Weinberl, der während meiner Ab - weſenheit mein Haus ſo treu bewacht.
Erlauben Sie, das iſt —
O, ſag’n Sie ihm’s, auf meine Reden gibt er nichts.
Verſchwiegenheit und Schonung, meine Gnä - digen.
Was —?
Das iſt der Menſch, der es gewagt hat —
Ja, ich bin der, der es gewagt hat, wie Sie,197 Herr Principal, mich einmal in die Stadt geſchickt haben, hab ich es gewagt, mich in dieſe reizende Witwe zu verlieben, und jetzt als Associé wag’ ich es, ihr Herz und Hand zu Füßen zu legen.
Wie —? wenn das Jhr Ernſt wäre —
So wahr ich Weinberl bin.
No, das freut mich —
Aber, Ew. Gnaden.
Noch ein Wort und ich jag ihn aus’n Dienſt.
O je, da ſchau’ns her.
Aus dieſem Grund freuts mich doppelt, Herr Weinberl, daß Sie ſchon eine Wahl getroffen, den Jhnen hab’ ich meine Mündel zugedacht, aber ’s Mäd’l hat ſich in den Herrn vergafft, und grad wie ich ihn als Entführer arretiren laſſen will, klärt ſichs198 durch den Herrn Commissarius auf, daß ſeine Tante bereits geſtorben, und die große Erbſchaft gerichtlich für ihn hier deponirt is, no, da hab ich dann nicht anders können.
Der gut Vormund —
Der liebe Herr Zangler.
Alſo hat ſich der Fall ſchon wieder ereignet? Nein, was ’s Jahr Onkel und Tanten ſterben müſ - ſen, blos damit Alles gut ausgeht —!
Das is klaſſiſch!
Mit einem Wort: es gibt eine dreifache Hochzeit.
Dreifache Hochzeit, das is der wahre Jux!
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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