PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I]
HANDBUCH DER EISENHÜTTENKUNDE.
FÜR DEN GEBRAUCH IN DER PRAXIS WIE ZUR BENUTZUNG BEIM UNTERRICHTE BEARBEITET.
MIT 305 ABBILDUNGEN.
DAS UEBERSETZUNGSRECHT BLEIBT VORBEHALTEN.
LEIPZIG. VERLAG VON ARTHUR FELIX.1884.
[II][III]

Vorwort.

Das Ziel, welches mir bei der Bearbeitung des nachfolgenden Handbuches der Eisenhüttenkunde vorschwebte, war, ein Buch zu schaffen, welches vom Standpunkte des Metallurgen dem Leser ein möglichst deutliches Bild von dem Verlaufe und den Eigenthümlich - keiten der verschiedenen für die Eisendarstellung dienenden Processe, den Hilfsmitteln zur Durchführung derselben und den Eigenschaften der durch jene Processe gewonnenen Eisensorten zu liefern bestimmt sei.

Zur Erreichung eines solchen Zieles ist zwar eine sorgfältige Be - rücksichtigung der Literatur über Eisenhüttenwesen unerlässlich; ande - rerseits aber bin ich bemüht gewesen, das Buch nicht mit dem Bal - laste eines allzu umfänglichen Eingehens auf fremde Literaturerzeug - nisse zu beschweren. Abhandlungen, welche in einer Zeitschrift das volle Interesse des Lesers beanspruchen können, wirken ermüdend, wenn sie, wie es allerdings vielfach geschieht, in einem Handbuche ihrem vollen Umfange und Wortlaute nach vorgeführt werden. Nur der wesentlichste Theil ihres Inhaltes sollte für diesen Zweck benutzt werden.

Hinsichtlich der Anordnung des Stoffes bin ich insoweit einem schon vor mir vielfach betretenen Pfade gefolgt, als ich das ganze Buch in drei Hauptabschnitte zerlegte: einen allgemeinen einleitenden Theil, alsdann die Darstellung des Roheisens und endlich die des schmied - baren Eisens. Die Grenze zwischen Roheisen und schmiedbarem Eisen ist so scharf gezogen, das für die Roheisendarstellung benutzte Ver -IVVorwort.fahren, der Hochofenbetrieb, steht so selbstständig da, dass wohl kaum ein anderer Weg zweckmässiger erscheinen kann.

Weniger leicht war die Frage nach der geeignetsten Eintheilung der genannten drei Hauptabschnitte, ganz besonders der Lehre von der Darstellung des schmiedbaren Eisens, in Unterabtheilungen zu erledigen.

Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts pflegte man die Metallurgie des kohlenstoffreicheren Stahles von der des kohlenstoffärmeren Schmiede - eisens zu trennen. Die Härtbarkeit des Stahles bildete das wesentliche Unterscheidungsmerkmal beider Eisengattungen. Durch die Einführung neuerer hochwichtiger Processe in das Eisenhüttengewerbe ist aber die Grenze zwischen Stahl und Schmiedeeisen undeutlich geworden; es ist bekannt, dass man heutzutage mit der Bezeichnung Stahl keineswegs immer den nämlichen Begriff verbindet.

Mehrfach wurde deshalb seit jener Zeit die chemische Eigenthüm - lichkeit der verschiedenen für die Darstellung schmiedbaren Eisens dienenden Processe als Mittel für die Eintheilung des ganzen Gebietes gewählt. Man unterschied Reductionsprocesse (Rennarbeiten), Frisch - processe, Kohlungsprocesse, Reinigungsprocesse.

Eine solche Eintheilung, so zweckmässig sie im ersten Augenblicke vielleicht erscheinen mag, erweist sich indess, wenn man die Processe eingehender prüft, als wenig zuverlässig und als noch weniger über - sichtlich. Bei dem Martinprocesse mit Erzen wie auch bei der selte - neren Darstellung des Uchatius-Gusstahles gehen die Oxydation der Kohle, des Siliciums, Mangans und die Reduction metallischen Eisens Hand in Hand. Beim Bessemern wie beim Martiniren findet anfäng - lich reichliche Verbrennung von Silicium, Mangan, Kohlenstoff statt; sie sind also in dem ersten Theile ihres Verlaufes wirkliche Frisch - processe. Später aber wird eine kohlenstoff - und manganhaltige Legi - rung zugesetzt, Eisenoxydul wird reducirt, Kohlenstoff und Mangan werden zugeführt; aus dem Frischprocesse ist ein Reductions - und Kohlungsprocess geworden. Wollte man also folgerecht verfahren, so müsste man den Martinprocess und das Tiegelschmelzen, je nachdem man mit oder ohne Erzen arbeitet, in ganz verschiedenen Abschnitten des Buches besprechen, ja, auch den Anfang und das Ende des Besse - mer - und Martinprocesses bei der Besprechung von einander trennen. VVorwort.Verarbeitet man aber im Martinofen Schweisseisen, so ist der Process nicht minder als die Tiegelgussstahldarstellung ein Reinigungsverfahren, bei welchem Schlacke ausgeschieden wird, und er hat volle Berechti - gung, neben dem Tiegelschmelzen an einer dritten Stelle des Buches zu erscheinen. Die ganze Anordnung des Stoffes wird solcherart schwer - fällig; man gelangt zu einer grossen Zahl scheinbar verschiedener Pro - cesse, und dem Anfänger wird es schwer, eine klare Uebersicht zu gewinnen.

Um einen kürzeren Weg einzuschlagen, wählte ich daher wie bei der ersten Eintheilung des gesammten Gebietes die Beschaffenheit der Fertigerzeugnisse als Ausgangspunkt für die Besprechung. Streng ge - sondert ist alles Schweisseisen vom Flusseisen; an diese beiden Haupt - gruppen alles schmiedbaren Eisens reihen sich das durch Glühen unter oxydirenden Einflüssen gewonnene Eisen, das Tempereisen, und end - lich der Cementstahl. Nicht minder scharf als die genannten Eisen - gruppen selbst unterscheiden sich die Processe und die Oefen für ihre Darstellung von einander; alle zu einer Eisengruppe gehörigen Arten aber besitzen gewisse Eigenthümlichkeiten, die sich vor der Besprechung der einzelnen Darstellungsmethoden gemeinschaftlich erörtern lassen. Ich brauche zur Bestätigung hierfür nur an den Schlackengehalt alles Schweisseisens, an das Verhalten alles Flusseisens beim Giessen zu erinnern.

Auf diese Weise wird die Zahl der zu besprechenden Processe geringer und die Uebersicht nicht wenig erleichtert.

Wo ich die Bezeichnung Stahl angewendet habe, ist nur das deut - lich härtbare Eisen, es möge Schweisseisen oder Flusseisen sein, dar - unter verstanden. Die Berechtigung dieser Auslegung ist in der Literatur bereits so vielfach erörtert worden, dass es keiner besonderen Be - gründung derselben an dieser Stelle bedarf. Hervorragende Metallurgen auch derjenigen Völker, welche in der Jetztzeit die Worte steel, acier in anderem Sinne gebrauchen, haben doch die grössere Zuverlässigkeit der deutschen Auslegung anerkannt.

Mehrfach sah ich mich veranlasst, in dem theoretischen Theile meines Handbuches von den Ueberlieferungen einer älteren Schule abzuweichen, wo mir dieselben einer vorurtheilsfreien Erwägung und den Fortschritten der Wissenschaft gegenüber als nicht mehr haltbarVIVorwort.erschienen. Nirgend aber habe ich neue Theorien aufzustellen ver - sucht, ohne zugleich die Gründe zu entwickeln, welche mich zu den - selben führten, sei es durch den Hinweis auf schon bekannte, aber nicht genügend beachtete, Naturgesetze, sei es durch Mittheilung der Ergebnisse zuverlässiger Versuche über den betreffenden Gegenstand. Nicht selten war ich selbst im Laufe der Jahre in der glücklichen Lage, durch eigene Versuche mir Aufklärung zu verschaffen, wenn ich Zweifel über die Ursachen dieser oder jener Erscheinung hegte; vielfach auch bin ich in meinem Bestreben durch befreundete Eisenwerke und Fach - genossen unterstützt worden. Ihnen sei an dieser Stelle mein auf - richtiger Dank ausgesprochen.

Freiberg in Sachsen, im April 1884.

A. Ledebur.

[VII]

Inhaltsverzeichniss.

  • Erste Abtheilung. Einführung in die Eisenhüttenkunde.
  • Seite
  • I. Eintheilung des Handelseisens, Historisches und Statistisches3
  • Eintheilung 3. Historisches 6. Statistisches 9.
  • Literatur10
  • II. Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe10
  • 1. Verbrennung und Reduction10
  • 2. Vollständige und unvollständige Verbrennung15
  • 3. Wärmeerzeugung und Verbrennungstemperatur19
  • a. Wärmeerzeugung 19. b. Verbrennungstemperatur 23.
  • 4. Wärmeabgabe25
  • Literatur27
  • III. Die Brennstoffe27
  • 1. Das Holz27
  • 2. Die Holzkohle29
  • a. Verkohlung in Meilern 30. b. Verkohlung in Oefen 32. c. Ver - kohlung in Retorten 33.
  • Eigenschaften der Holzkohle34
  • 3. Der Torf35
  • 4. Die Torfkohle37
  • a. Meilerverkohlung 37. b. Ofenverkohlung 38. c. Retortenverkoh - lung 39.
  • Eigenschaften der Torfkohle39
  • 5. Die Braunkohle40
  • a. Lignite oder fossiles Holz 40. b. Erdige Braunkohlen, Moor - kohlen 40. c. Eigentliche Braunkohlen 41.
  • 6. Die Steinkohle und der Anthracit42
  • a. Langflammige Sandkohlen 43. b. Langflammige Backkohlen 44. c. Gewöhnliche Backkohlen 44. d. Kurzflammige Backkohlen 45. e. Anthracitische Kohlen und Anthracite 46.
  • Die Aufbereitung der Steinkohlen47
  • Zerkleinerung 49. Classirung 51. Die Sortirung oder das Waschen 53.
  • 7. Der Koks60
  • Darstellung60
  • Meilerverkokung 61. Bäckeröfen 62. Neuere Oefen 63. Appolt’s Ofen 65. Smet’s Ofen 69. Büttgenbach’s und Haldy’s Oefen 71. Wintzek’s, François und Coppée’s Oefen 72. Carvèsofen mit Ge - winnung von Theer und Ammoniak 77. Lürmann’s Ofen 78. Koksausdrückmaschinen 81. Betriebsergebnisse 82.
  • Eigenschaften der Koks83
  • 8. Die Gase85
  • Allgemeines85
  • Gewöhnliches Generatorgas (Luftgas) und seine Darstellung87
  • Das Wassergas und sein Gemisch mit Luftgas96
  • Literatur101
  • VIII
  • Seite
  • IV. Die Oefen und feuerfesten Materialien105
  • 1. Allgemeines. Wirkungsgrad der Oefen105
  • 2. Die verschiedenen Ofengattungen105
  • a. Schachtöfen 106. b. Herde oder Feuer 108. c. Flammöfen 109. Herdflammöfen mit directer Feuerung 110. Herdflammöfen mit Gasfeuerung 114. Herdflammöfen mit beweglichem Herde 127. Wirkungsgrad der Flammöfen 129.
  • 3. Einbau der Oefen130
  • 4. Die feuerfesten Materialien134
  • Literatur143
  • V. Einiges über Schlacken145
  • 1. Begriff und Constitution145
  • 2. Eintheilung und Benennung148
  • 3. Schmelztemperatur und Flüssigkeitsgrad150
  • 4. Structur153
  • 5. Farbe155
  • 6. Specifisches Gewicht156
  • Literatur156
  • VI. Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung157
  • 1. Die Erze157
  • Spatheisensteine 158. Sphärosiderite 160. Brauneisenerze 162. Roth - eisenerze 167. Magneteisenerze 169. Kieseleisensteine 171. Man - ganerze 171.
  • 2. Die Zuschläge172
  • 3. Die Vorbereitungsarbeiten175
  • A. Die Zerkleinerung175
  • Pochwerke 176. Walzwerke 179. Erzquetschen 181.
  • B. Das Waschen183
  • C. Das Rösten185
  • a. Allgemeines 185. b. Die Ausführung des Röstens 193. Das Rösten in Haufen 193. Das Rösten in Stadeln 195. Das Rösten in Oefen 195. Beispiele von Röstöfen 201.
  • D. Das Verwittern und Auslaugen213
  • Literatur215
  • VII. Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Be - gleiter217
  • 1. Allgemeines217
  • 2. Krystallisation des Eisens220
  • 3. Reduction des Eisens aus seinen Verbindungen221
  • Directe und indirecte Reduction. Wärmeverbrauch 222. Einfluss der Temperatur 224. Kohlenstoffablagerung bei Einwirkung von Kohlen - oxyd auf Eisenoxyde 229. Reduction durch Wasserstoff 231.
  • 4. Eisen und Kohlenstoff232
  • Aufnahme des Kohlenstoffs durch Eisen 232. Maximalkohlenstoff - gehalt des Eisens 233. Graphitbildung im Eisen 234. Sonstige Formen des Kohlenstoffs im Eisen 237. Einflüsse des Kohlen - stoffgehaltes auf die Eigenschaften des Eisens 239. Theorie der Eisenkohlenstofflegirungen 240.
  • 5. Eisen und Silicium241
  • Reduction des Siliciums241
  • Eigenschaften der Siliciumeisenlegirungen. Flüchtige Verbindungen des Siliciums242
  • Einflüsse des Siliciumgehaltes auf die Eigenschaften des Eisens244
  • 6. Eisen und Phosphor245
  • Reduction des Phosphors245
  • Einflüsse des Phosphorgehaltes auf die Eigenschaften des Eisens246
  • 7. Eisen und Schwefel248
  • Aufnahme des Schwefels im Eisen248
  • Einflüsse des Schwefelgehaltes auf die Eigenschaften des Eisens251
  • 8. Eisen und Mangan252
  • Reduction des Mangans252
  • Einflüsse des Mangangehaltes auf die Eigenschaften des Eisens255
  • IX
  • Seite
  • 9. Eisen und Kupfer259
  • 10. Eisen und Kobalt oder Nickel260
  • 11. Eisen und Chrom260
  • 12. Eisen und Wolfram262
  • 13. Eisen und Arsen oder Antimon264
  • 14. Eisen und Titan, Aluminium, Calcium, Magnesium, Kalium, Natrium265
  • 15. Eisen und Zinn, Blei, Zink266
  • 16. Eisen und Gase (Wasserstoff, Kohlenoxyd, Stickstoff) 267
  • 17. Die Oxydation des Eisens und seiner Begleiter277
  • Das Rosten und die Einwirkung von Flüssigkeiten auf das Eisen277
  • Die Oxydation in höherer Temperatur
  • a. Im ungeschmolzenen Zustande des Eisens281
  • b. Im flüssigen Zustande des Eisens282
  • Literatur285
  • Zweite Abtheilung. Das Roheisen und seine Darstellung. I. Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane291
  • 1. Allgemeines291
  • 2. Das graue Roheisen292
  • Erklärung, Zusammensetzung und Constitution292
  • Physikalische Eigenschaften295
  • Schmelztemperatur 295. Härte 296. Festigkeit 296.
  • Die Arten des grauen Roheisens298
  • a. Holzkohlenroheisen 298. Analysen 302. b. Mit mineralischen Brennstoffen, insbes. Koks erzeugtes Roheisen 303. Analysen 307.
  • 3. Das weisse Roheisen307
  • Erklärung, Zusammensetzung und Constitution307
  • Physikalische Eigenschaften310
  • Schmelztemperatur 310. Härte 310. Festigkeit 310.
  • Die Arten des weissen Roheisens311
  • Spiegeleisen 311. Weissstrahl 313. Gewöhnliches Weisseisen 314. Analysen 315.
  • 4. Die Eisenmangane 316. Analysen 317.
  • Literatur317
  • II. Der Hochofen318
  • 1. Historisches318
  • 2. Die Form und der Bau des Hochofens319
  • a. Die innere Form oder das Profil des Hochofens319
  • Die verschiedenen Profile 319. Constructionsregeln für das Hoch - ofenprofil 329. (Rauminhalt 329, Verhältniss zwischen Durch - messer und Höhe 333, Gichtdurchmesser 334, Rastwinkel und Lage des Kohlensacks 335, Durchmesser und Höhe des Ge - stells 335, Beispiele 336, Anordnung der Formöffnungen 336.)
  • b. Der Bau der Hochöfen337
  • Hochöfen mit Rauhgemäuer 337. Hochöfen ohne Rauhge - mäuer 341. Die Construction und Herstellung einzelner Theile des Hochofens 348. Fundament 348. Schächte 349. Boden - stein, Gestell und Rast 350. Die Kühlungen 357. (Wind - formen 357, Schlackenformen 361, Roheisenstich 364, Tümpel - eisen 365, Ofenwände 365, Wasserbedarf 366.)
  • 3. Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase367
  • Die Gasentziehungsapparate oder Gasfänge369
  • Pfort’scher Gasfang oder Trémie 370. Darby’sches oder Centralrohr 371. Parry’s Gasfang 374. Von Hoff’scher Gasfang 376. Langen’s Gas - fang 377. Buderus Gasfang 378. Wahl eines Gasentziehungs - apparats 380.
  • Die Leitungsrohre und Reinigungsvorrichtungen382
  • X
  • Seite
  • 4. Das Gichtplateau387
  • Literatur388
  • III. Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes389
  • 1. Die Gebläse389
  • Allgemeines389
  • Die Gebläsesysteme 393. Liegende Gebläse 393. Balanciergebläse 395. Serainggebläse 398. Clevelandgebläse 400.
  • 2. Die Regulatoren403
  • 3. Die Winderhitzer404
  • Die eisernen Röhren-Winderhitzer406
  • a. Apparate mit liegenden Röhren: Westfälischer oder Langen - scher Apparat 408. Doppelröhren-Apparat 409. b. Apparate mit stehenden Röhren: Calderapparat 411. Pistolenröhren - apparat 412. Cleveländer Doppelröhrenapparat 413. Gjers Apparat 415. c. Apparate mit hängenden Röhren 417.
  • Die steinernen Winderhitzer oder Kammerapparate418
  • Beispiele: Cowper-Apparat 420. Whitwell-Apparat 422. Massick’s und Crooke’s Apparat 427.
  • Ventile 428.
  • Die Anlagekosten verschiedener Winderhitzer431
  • 4. Die Windleitung und Windvertheilung433
  • Compensatoren 434. Düsenständer 435.
  • 5. Spannungs - und Temperaturmessungen; Windberechnung439
  • a. Manometer 439. b. Pyrometer 441. c. Die Windberechnung 444.
  • Literatur449
  • IV. Die Gichtaufzüge450
  • a. Gichtaufzüge mit unmittelbarer Kraftübertragung 451. b. Wasser - tonnenaufzüge 452. c. Hydraulische Aufzüge 454. d. Pneuma - tische Aufzüge 455.
  • Literatur458
  • V. Der Hochofenprocess458
  • 1. Verlauf des Hochofenprocesses458
  • Die allgemeinen Vorgänge im Hochofen 458. Einfluss der Wind - erhitzung 471; Einfluss der Windpressung und Windmenge 474.
  • Gaargang und Rohgang 476.
  • 2. Die Mittel zur Erkennung und Beurtheilung des Hochofenprocesses478
  • Chemische Untersuchungen479
  • a. Veränderungen der Gase und festen Körper im Hochofen 479.
  • b. Untersuchungen der Schmelzmaterialien und Enderzeugnisse 487.
  • Temperaturbestimmungen492
  • 3. Die Wärmebilanz des Hochofens494
  • Literatur502
  • VI. Der Hochofenbetrieb503
  • 1. Die praktischen Arbeiten beim Hochofenbetriebe503
  • a. Das Austrocknen, Anwärmen und Anblasen503
  • b. Die Arbeiten während des gewöhnlichen Betriebes509
  • c. Die Betriebsstörungen der Hochöfen516
  • d. Das Dämpfen und Ausblasen der Hochöfen519
  • 2. Der Betrieb auf verschiedene Roheisensorten521
  • Berechnung der Beschickung523
  • Darstellung des grauen Roheisens 534; des Spiegeleisens 538; des weiss - strahligen und gewöhnl. weissen Roheisens 541; der Eisenmangane 542.
  • 3. Der Betrieb mit verschiedenen Brennstoffen544
  • Der Betrieb mit Koks oder Holzkohlen 544; mit Steinkohlen 546; mit Anthraciten 548; mit Braunkohlen 549; mit Torf und Torf - kohle 551; mit rohem Holze 551; mit Gasen 552.
  • 4. Die Betriebsergebnisse553
  • 5. Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern563
  • Grossbritannien 563. Vereinigte Staaten Nordamerikas 568. Deutsch - land 571. Frankreich 575. Belgien 576. Oesterreich-Ungarn 577. Russland 578. Schweden 579.
  • Literatur580
  • XI
  • Seite
  • VII. Die Nebenerzeugnisse des Hochofenbetriebes und ihre Verwendung583
  • 1. Die Gichtgase583
  • 2. Die Schlacken584
  • Verwendung zu Strassenbauten 585; Schlackensand 585; Schlacken - wolle 587; Schlackenziegel 588; Cementdarstellung 592; Glas - darstellung 593.
  • 3. Zinkschwamm593
  • 4. Blei594
  • 5. Gichtstaub594
  • 6. Zufällige Nebenerzeugnisse594
  • Literatur596
  • VIII. Das Umsehmelzen und die Reinigung des Roheisens597
  • 1. Allgemeines597
  • 2. Die Schmelzöfen604
  • A. Die Cupolöfen604
  • Constructionsregeln 606. Beispiele 608. Gebläse 612. Betrieb 614.
  • B. Flammöfen615
  • C. Tiegelöfen618
  • 3. Das Feinen (die Entsilicirung) des Roheisens623
  • 4. Die Entphosphorung des Roheisens625
  • 5. Die Entschwefelung des Roheisens628
  • Literatur629
  • Dritte Abtheilung. Das schmiedbare Eisen und seine Darstellung.
  • I. Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens633
  • 1. Eintheilung633
  • 2. Die Schmiedbarkeit und Dehnbarkeit634
  • 3. Die Schweissbarkeit637
  • 4. Das Gefüge641
  • 5. Die Härte und Härtbarkeit644
  • 6. Die Festigkeitseigenschaften649
  • Einfluss der chemischen Zusammensetzung 650; der Bearbeitung im heissen und kalten Zustande 654; des Härtens und Anlassens 656; der Temperatur 659; anhaltender Erschütterungen 660.
  • 7. Die Prüfung des schmiedbaren Eisens661
  • a. Chemische Untersuchung 662. b. Schmiedeprobe 663. c. Kalt - biegeprobe 665. d. Schlag - und Wurfprobe 666. e. Zerreiss - probe 667. f. Härtungsprobe 668. g. Aetzprobe 670.
  • Literatur672
  • II. Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung674
  • 1. Die Hämmer675
  • a. Stirnhämmer und Brusthämmer 677. b. Aufwerfhämmer 678. c. Schwanzhämmer 682. d. Dampfhämmer 683. e. Die Theorie des Schmiedens 692.
  • 2. Die Walzwerke696
  • a. Allgemeine Erörterungen696
  • b. Die einzelnen Theile des Walzwerkes702
  • Die Walzen 702. Die Walzenständer nebst Zubehör 703. Walz - tische, Abstreif - und Ueberhebvorrichtungen 716. Kupp - lungen 718. Schwungrad, Sohlplatten und Fundament 720.
  • c. Kehrwalzwerke720
  • d. Die Kalibrirung der Walzen723
  • e. Die Universalwalzwerke733
  • f. Die Walzenzugsmaschinen736
  • 3. Die Luppenquetschen und Luppenmühlen738
  • Literatur740
  • XII
  • Seite
  • III. Die Darstellung des Schweisseisens741
  • 1. Allgemeines741
  • 2. Die älteren Rennarbeiten743
  • Stücköfen 744; Feuer 746.
  • 3. Der Siemensprocess748
  • 4. Sonstige Processe für Darstellung von Schweisseisen oder Eisen - schwamm aus Erzen753
  • Chenot’s Process 754; Blair’s Process 755; Dupuy’s Process 756.
  • 5. Das Herdfrischen756
  • Einleitung 756. Das Frischfeuer 760. Das Arbeitsverfahren 762. Chemische Untersuchungen 767. Die Erzeugnisse 768.
  • 6. Das Puddeln in feststehenden Oefen770
  • Einleitung 770. Der Puddelofen 774. Das Arbeitsverfahren und die Betriebsergebnisse 785. Die Puddelmaschinen 791. Zuschläge beim Puddeln 793. Chemische Untersuchungen 795. Die Er - zeugnisse 800.
  • 7. Das Puddeln in Drehöfen801
  • Einleitung 801. Die Drehpuddelöfen 803. Das Arbeitsverfahren 805. Chemische Untersuchungen 806.
  • Literatur807
  • IV. Die Darstellung des Flusseisens809
  • 1. Ueber einige Eigenthümlichkeiten des Flusseisens und die Erzielung dichter Güsse809
  • 2. Die Giessvorrichtungen823
  • 3. Die Gussformen829
  • 4. Die Hebevorrichtungen und Accumulatoren der Flusseisenwerke835
  • 5. Die Flusseisendarstellung aus Erzen837
  • 6. Die Flusseisendarstellung im Cupolofen839
  • 7. Die Tiegelgussstahldarstellung841
  • Einleitung 841. Die Tiegel - und Schmelzöfen 842. Das Arbeitsver - fahren 848. Chemische Untersuchungen 854. Der Tiegelguss - stahl 856.
  • 8. Der Martinprocess857
  • Einleitung 857. Der Martinofen 859. Das Arbeitsverfahren 864. Betriebsergebnisse 872. Chemische Untersuchungen 873. Das Martineisen 877.
  • 9. Der Bessemer - und der Thomasprocess879
  • Einleitung 879. Der Bessemerapparat 886. Die Gebläse 898. Das Arbeitsverfahren und der äussere Verlauf des Processes 900. Eng - lischer Process 903. Deutscher Process 905. Schwedischer Pro - cess 907. Entphosphorungs - oder Thomasprocess 908. Heisser und kalter Gang 909. Merkmale zur Beurtheilung des Processes 910. Die Betriebsergebnisse 912. Chemische Untersuchungen 915. Die Erzeugnisse 928.
  • Literatur930
  • V. Die Darstellung des Tempereisens und schmiedbaren Gusses933
  • 1. Allgemeines933
  • 2. Die Wahl des Roheisens936
  • 3. Die Temperöfen nebst Zubehör938
  • 4. Das Arbeitsverfahren942
  • 5. Chemische Untersuchungen943
  • Literatur945
  • VI. Die Darstellung des Cementstahles945
  • 1. Allgemeines945
  • 2. Der Cementirofen946
  • 3. Das Arbeitsverfahren und die Betriebsergebnisse949
  • 4. Chemische Untersuchungen952
  • 5. Der Cementstahl955
  • Literatur956
  • VII. Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens956
  • 1. Einleitung957
  • XIII
  • Seite
  • 2. Die Verarbeitung des Schweisseisens957
  • Allgemeines957
  • Die Schweissfeuer und Schweissöfen960
  • a. Die Schweissfeuer und ihr Betrieb 960. b. Die Schweissöfen und ihr Betrieb 961. Beispiele der Verarbeitung des Schweisseisens969
  • Darstellung des Gärbstahles 969; des Grobeisens 971; des Fein - eisens und Walzdrahtes 971; Winkeleisen 973; Einfach - und Doppelt-T-Eisen 973; Blech 974.
  • 3. Die Verarbeitung des Flusseisens976
  • Allgemeines976
  • Die Wärmöfen und Heizgruben978
  • Beispiele (Eisenbahnschienen) 984
  • 4. Die Maschinen zur Zertheilung der Arbeitsstücke995
  • Hebelscheeren995
  • Parallelscheeren997
  • Kreisscheeren999
  • Kreissägen1000
  • Literatur1002
[XIV]

Verzeichniss der Abbildungen.

Die Ziffern an der linken Seite des Textes geben die Nummern der Figuren, die Ziffern an der rechten Seite die Seitenzahl an.

  • 1. Holzkohlenmeiler 30.
  • 2. 3. Steinkohlenwäsche nach Lührig 54 und 55.
  • 4. 5. Verkokungsofen nach Appolt 64 u. 65.
  • 6. 7. Smet 70.
  • 8 10. Coppée 73 75.
  • 11. Verkokungsofen mit Ammoniakgewin - nung nach Carvès 78.
  • 12. Verkokungsofen nach Lürmann 79.
  • 13 15. Gasgeneratoren für Braunkohlen - gas (Lithographie) 92.
  • 16. Gasgenerater nach Gröbe-Lürmann 92.
  • 17. 18. Anordnung der Flammöfen mit directer Feuerung 110.
  • 19 24. Flammofen (Tiegelschmelzofen) mit Siemensfeuerung (Lithographie) 116.
  • 25. Anordnung der Ziegeln in Siemens - Regeneratoren 118.
  • 26. 27. Boëtiusofen 122.
  • 28. 29. Ponsardofen 124 u. 125.
  • 30. 31. Pütschofen 126.
  • 32. 33. Pernotofen 128 u. 129.
  • 34. Eisenerz-Pochwerk 177.
  • 35. Eisenerz-Walzwerk 180.
  • 36. 37. Erzquetsche (Steinbrecher) der Georgs-Marienhütte 182.
  • 38. Eisenerz-Wäsche 184.
  • 39. Cleveländer Eisenerz-Röstofen 202.
  • 40. Schlesischer 204.
  • 41. Siegenscher 206.
  • 42. Steirischer 207.
  • 43 46. Schwedischer Gasröstofen nach Westman (Lithographie) 210.
  • 47 49. Kalkbrennofen zu Peine (Litho - graphie) 212.
  • 50. Eisenkrystall 220.
  • 51 59. Hochofenprofile 323 327.
  • 60. Rastwinkel 335.
  • 61 74. Hochofenprofile (Lithographie) 336.
  • 75. 76. Anordnung der Formöffnungen bei Hochöfen 337.
  • 77. 78. Hochofen mit Rauhgemäuer und eingebautem Gestell 338.
  • 79. 80. Hochofen mit Rauhgemäuer und freistehendem Gestell 340.
  • 81 83. Hochofen mit Blechmantel zu Friedrich-Wilhelmshütte 342 u. 343.
  • 84 87. Hochofen mit freistehendem Schachte zu Ilsede (Lithographie) 344.
  • 88. 89. Verankerung der Hochöfen 345.
  • 90. Hochofen nach Büttgenbach 346.
  • 91. Hochofengestell aus Quadersandstei - nen 351.
  • 92 94. Hochofengestell aus Chamotte - steinen 354.
  • 95. Hochofenform mit Wasserkühlung 358.
  • 96. nach Hilgenstock 359.
  • 97 99. Lürmann’s Schlackenform 362 und 363.
  • 100. 101. Lürmann’s Roheisenstich 365.
  • 102. Pfort’s Gasfang 371.
  • 103. Darby’s Gasfang (Centralrohr) 372.
  • 104. Parry’s Gasfang 374.
  • 105. Von Hoff’s Gasfang 376.
  • 106. Langen’s Gasfang 378.
  • 107. Buderus Gasfang 379.
  • 108 110. Staubsammler für Gichtgas-Lei - tungsröhren 384.
  • 111. 112. Staubsammler für Gichtgas-Lei - tungsröhren 385.
  • 113. Liegendes Cylindergebläse 394.
  • 114. Balanciergebläse 396.
  • 115. 116. Balanciergebläse (Skizzen) 397.
  • 117. Serainggebläse 399.
  • 118. Cleveland-Gebläse 401.
  • 119. 120. Westfälischer Winderhitzer mit liegenden Röhren (Lithographie) 408.
  • 121. Lothringer Winderhitzer mit liegen - den Doppelröhren 410.
  • 122. Calder-Winderhitzer 412.
  • 123. Pistolenröhren-Winderhitzer 413.
  • 124. 125. Cleveländer Winderhitzer zu Gleiwitz 414.
  • 126 128. Gjers Winderhitzer mit stehen - den Röhren (Lithographie) 416.
  • 129. Hängeröhren-Winderhitzer 417.
XVVerzeichniss der Abbildungen.
  • 130. Cowper’s steinerner Winderhitzer 421.
  • 131. 132. Whitwell’s steinerner Wind - erhitzer, ältere Form 423.
  • 133. 134. Whitwell’s steinerner Wind - erhitzer, neuere Form 425.
  • 135. 136. Burger’s Einlassventile für steinerne Winderhitzer 429.
  • 137. 138. Burger’s Auslassventile für steinerne Winderhitzer 430.
  • 139. Scheibencompensator für Heisswind - leitungen 434.
  • 140. Düsenständer 436.
  • 141. 437.
  • 142. Manometer 441.
  • 143. Wassertonnenaufzug 453.
  • 144. Aelterer pneumatischer Aufzug 456.
  • 145. 146. Gjers pneumatischer Aufzug 457.
  • 147. 148. Gichtwagen 511.
  • 149 152. Cupolofen des Bessemerwerkes zu Königin-Marienhütte (Lithogra - phie) 608.
  • 153. 154. Cupolofen mit zwei Formen - reihen 609.
  • 155. Cupolofen nach Krigar 611.
  • 156 158. Flammofen z. Roheisenschmel - zen in Gutehoffnungshütte (Litho - graphie) 616.
  • 159. 160. Tiegelofen mit Koksfeuerung zum Roheisenschmelzen 619.
  • 161. 162. Beweglicher Tiegelofen nach Piat 621.
  • 163. 164. Schmiedeproben 664.
  • 165. 665.
  • 166. Stirnhammer 677.
  • 167. 168. Aufwerfhammer 679.
  • 169. Schwanzhammer 682.
  • 170 173. Nasmyth’s Dampfhammer zu Neuberg 688 690.
  • 174. Brinkmann’s Dampfhammer mit Oberdampf 690.
  • 175. 80-Tonnen-Dampfhammer zu Creusot 693.
  • 176 178. Theorie des Schmiedens 694 696.
  • 179. Duowalzen (Skizze) 696.
  • 180. Triowalzwerk (Skizze) 697.
  • 181. Theorie des Walzens 699.
  • 182. 700.
  • 183. Walzstrecke (Luppen-Duowalzwerk) 701.
  • 184. Walze 702.
  • 185 188. Aeltere Walzenständer 705.
  • 189. Neuerer Walzenständer 706.
  • 190 192. Neuerer Triowalzenständer 707.
  • 193. 194. Feineisen-Walzenständer des Ei - senwerkes Phönix 709.
  • 195. 196. Blech-Walzenständer 710 u. 711.
  • 197 199. Lauth’s Trio-Blechwalzwerk 713 715.
  • 200. Kupplungsmuffe 719.
  • 201. Kammwalze mit Winkelzähnen 719.
  • 202. Kehrwalzwerk mit Ausrückvorrich - tung 722.
  • 203. Curve der Abnahmecoëfficienten bei der Walzenkalibrirung 727.
  • 204. Rundeisenkaliber 728.
  • 205. Spitzbogenkaliber 729.
  • 206. 207. Eisenbahnschienenkaliber des Kehrwalzwerkes zu Poutiloffhütte (Lithographie) 729.
  • 208. Spitzbogenkaliber für Triowalzen 730.
  • 209. Triowalzwerk mit abwechselnden Ober - und Unterwalzen 732.
  • 210. Daelen’s Universalwalzwerk 734.
  • 211. Luppenquetsche 739.
  • 212. 313. Siemens Drehofen für directe Eisendarstellung 749.
  • 214a. 214b. Herdfrischfeuer 761.
  • 215. Herdfrischfeuer mit Winderhitzungs - apparat 762.
  • 216. Graphische Darstellung des Herd - frischprocesses 768.
  • 217 221. Puddelofen mit directer Feue - rung (Lithographie) 775.
  • 222. 223. Puddelofen mit Vorherd 781.
  • 224. Alter Gaspuddelofen 783.
  • 225 227. Puddelmaschine nach Dumény und Lemut 792.
  • 228 230. Graphische Darstellungen des Puddelprocesses 796 799.
  • 231 234. Danks Drehpuddelofen (Litho - graphie) 804.
  • 235. Flusseisenblock mit Aussaugungen 813.
  • 236. Flusseisenblock mit Gasblasen 816.
  • 237. 819.
  • 238. Verkeilte Gussform für Flusseisen - blöcke 821.
  • 239. Siemens Gussform unter Dampf - druck 822.
  • 240. Giesspfanne für Flusseisen 823.
  • 241. Stopfen der Giesspfannen für Fluss - eisen 824.
  • 242. 243. Drehbarer Giesskrahn der Besse - meranlage zu Königin-Marienhütte 825.
  • 244. 245. Fahrbarer Giesskrahn der Hör - der Thomashütte 828.
  • 246. Querschnitt der Gussformen für Fluss - eisenblöcke 834.
  • 247. 248. Aufsteigender Guss (Gruppen - guss) 835.
  • 249. Herd eines Tiegelgussstahlofens mit Siemensfeuerung 847.
  • 250 253. Englischer Martinofen (Litho - graphie) 859.
  • 254. 255. Martinofen nach Prochaska 862.
  • 256 258. Bessemerbirne zu Hörde (Litho - graphie) 887.
  • 259. Aelteres Birnenprofil 887.
  • 260. Windform (Fere) der Bessemerbir - nen 888.
  • 261. Modell zum Einstampfen der Besse - merböden 891.
XVIVerzeichniss der Abbildungen.
  • 262. Boden einer älteren Bessemerbirne 893.
  • 263. Grundriss einer älteren Bessemer - hütte (englisches System) 896.
  • 264. Grundriss einer neueren Bessemer - hütte (amerikanisches System) 897.
  • 265. Gekippte Bessemerbirne mit Einlass - rinne 901.
  • 266. Graphische Darstellung des englischen Bessemerprocesses 915.
  • 267. Graphische Darstellung des deutschen Bessemerprocesses 917.
  • 268. Graphische Darstellung des schwedi - schen Bessemerprocesses 918.
  • 269. Graphische Darstellung des Thomas - processes 920.
  • 270. 271. Temperofen für Darstellung des schmiedbaren Gusses 939.
  • 272. Fischer’s Ringofen für Darstellung schmiedbaren Gusses 941.
  • 273. 274. Englischer Cementirofen 947.
  • 275. 276. Remscheider 948.
  • 277. Steinverband einer Kiste der Cemen - tiröfen 949.
  • 278. 279. Schweissfeuer für Stahl 961.
  • 280 282. Schweissofen mit directer Feue - rung 962 u. 963.
  • 283 285. Lürmann’s Gasschweissofen 965.
  • 286 288. Siemens Schweissofen 967.
  • 289. Winkeleisen-Kaliber 972.
  • 290. Packet für Schweisseisendarstellung 973.
  • 291. Darstellung der Compoundpanzer - platten 976.
  • 292. 293. Gjers Heizgruben für Fluss - eisenblöcke 979.
  • 294. 295. Rollofen für Flusseisenblöcke 981.
  • 296 298. Grosser Wärmofen mit Siemens - feuerung in Creusot 983.
  • 299. Blockwalzen 991.
  • 300. 301. Eisenbahnschienenwalzen eines Triowalzwerkes (Lithographie) 992.
  • 302. Schneiden des Eisens 995.
  • 303. Hebelscheere 996.
  • 304. Parallelscheere 997.
  • 305. Eisenspaltwerk 999.
[1]

ERSTE ABTHEILUNG. EINFÜHRUNG IN DIE EISENHÜTTENKUNDE.

Ledebur, Handbuch. 1[2][3]

I. Eintheilung des Handelseisens, Historisches und Statistisches.

Alles technisch dargestellte und in den Handel gebrachte Eisen enthält kleinere oder grössere Mengen fremder Körper, welche dem - selben theils absichtlich, theils unabsichtlich bei der Darstellung zu - geführt wurden und seine Eigenschaften beeinflussen. Der wichtigste dieser fremden Körper, welcher, wenn auch bisweilen nur in sehr kleinen Mengen auftretend, doch in jedem Handelseisen sich findet, ist der Kohlenstoff; andere häufige Begleiter des Eisens sind Silicium, Phosphor, Schwefel, Mangan, Kupfer; weniger wichtig, obschon in kleinen Mengen fast immer nachweisbar, sind Kobalt und Nickel; mitunter finden sich Arsen, Chrom und einige andere Körper.

Eisensorten mit abweichendem Gehalte an diesen fremden Körpern zeigen oft stärkere Abweichungen in ihrem Aeussern und ihren sonstigen Eigenschaften als manche ganz verschiedene Metalle; und man trennt demnach zunächst das gesammte Handelseisen in zwei grosse Gruppen: Roheisen mit einer reichlicheren Menge jener fremden Bestandtheile und schmiedbares Eisen mit einer geringeren Menge derselben. Die physikalischen Unterschiede der beiden Eisengattungen beruhen vor - nehmlich auf der Verschiedenheit ihrer Schmelztemperaturen und ihres Verhaltens im stark erhitzten Zustande. Roheisen schmilzt leichter, d. h. in niedrigerer Temperatur und mit weniger Aufwand von Wärme, als schmiedbares Eisen; geht, ohne zu erweichen, rasch aus dem festen in den flüssigen Zustand über, wenn die Schmelztemperatur erreicht ist und umgekehrt, ist aber eben dieser letzteren Eigenschaft halber nicht schmied - bar, d. h. es erträgt, ohne geschmolzen zu werden, auch im erhitzten Zustande keine Aenderungen seiner Form durch Einwirkung äusserer Kräfte, sondern es zerbricht; schmied - bares Eisen lässt sich, wie der Name besagt, schmieden, indem es bei der Erhitzung vor dem Schmelzen allmählich erweicht, ja es besitzt häufig auch im kalten Zustande einen hohen Grad von Dehnbarkeit; aber sein Schmelz - punkt liegt höher als der des Roheisens und steigt im All - gemeinen mit der Abnahme seiner fremden Bestandtheile.

1*4Eintheilung des Handelseisens.

Sofern neben Kohlenstoff keine erheblichen Mengen von fremden Körpern im Eisen zugegen sind, liegt die Grenze zwischen Roheisen und schmiedbarem Eisen bei einem Kohlenstoffgehalte von etwa 2.3 Proc.; finden sich neben Kohlenstoff aber andere Körper, insbesondere Metal - loide (Silicium, Phosphor, Schwefel), im Eisen vor, so beeinträchtigen dieselben die Schmiedbarkeit ebenfalls, das Eisen verliert schon bei einem entsprechend niedrigeren Kohlenstoffgehalte seine Schmiedbarkeit und nimmt den Roheisencharakter an.

Beide Eisengattungen zerfallen nun zunächst wieder in mehrere Klassen.

Manche Roheisensorten besitzen infolge später zu erörternder Ursachen die Eigenthümlichkeit, beim Erstarren und im glühenden Zu - stande ihren Kohlenstoff zum grossen Theile als selbstständigen Körper in Form von Graphit auszuscheiden, so dass derselbe zwischen den Krystallflächen sich einlagert, der Bruchfläche des Roheisens eine graue Farbe ertheilend, und dieses heisst alsdann graues Roheisen; bei anderen Roheisensorten verharrt der Kohlenstoffgehalt auch nach dem Erstarren im sogenannten gebundenen Zustande, d. h. als ein dem Auge nicht ohne chemische Zerlegung des Roheisens erkennbarer, auf mechanischem Wege nicht von demselben trennbarer Bestandtheil des Roheisens, letzteres besitzt auf der Bruchfläche weisse Farbe und wird demzufolge weisses Roheisen genannt. In noch anderen Fällen stellt der Eisenhüttenmann für gewisse Zwecke seines Betriebes kohlenstoff - haltige Legirungen zwischen Eisen und Mangan dar, welche zwar in ihrem Aussehen und ihren Eigenschaften dem weissen Roheisen ähnlich sind, ihres hohen Mangangehaltes aber, der mitunter mehr als 80 Proc. beträgt, nicht dem Roheisen im eigentlichen Sinne zugezählt werden können und die man Ferromangane oder bei hohem Mangangehalte auch wohl Rohmangane zu benennen pflegt. Die Schmelztemperatur dieser Legirungen liegt um so höher, je reicher sie an Mangan sind; mit allen Roheisensorten aber haben sie die Eigenschaft gemein, nicht allmählich, sondern plötzlich ihren Aggregatzustand zu ändern.

Ist das Roheisen insbesondere das graue Roheisen durch Eingiessen in Formen zu Gebrauchsgegenständen verarbeitet (Oefen, Säulen, Gitter, Röhren u. s. w. u. s. w.), so pflegt es als Material dieser Gegenstände Gusseisen genannt zu werden. 1)Man spricht von gusseisernen Oefen, Säulen u. s. w. Die Bezeichnung als Gusseisen bleibt jedoch nur so lange gültig, als jene Gegenstände auch wirklich als Gebrauchsgegenstände zu dienen bestimmt sind. Werden sie infolge Zerbrechens oder aus anderen Ursachen dieser Bestimmung entzogen und zur Wiederverarbeitung bestimmt, so werden sie aufs Neue zu Roheisen, welches man in diesem Falle wohl Brucheisen oder Alteisen nennt, um die bereits stattgehabte Verwendung anzu - deuten.

Die an fremden Körpern, insbesondere an Kohlenstoff, reicheren Sorten des schmiedbaren Eisens besitzen die Eigenschaft der Härtbar - keit, d. h. sie zeigen, wenn sie auf etwa 500°C. erhitzt und dann rasch abgekühlt werden (durch Eintauchen in Wasser, Oel oder dergl. ), eine beträchtliche Steigerung ihrer Härte, während die Härte der kohlen - stoffärmeren Sorten durch diese Behandlung kaum merklich geändert wird. Die Grenze liegt, sofern der Gehalt des Eisens an fremden5Eintheilung des Handelseisens.Körpern neben Kohlenstoff nicht beträchtlich ist, bei etwa 0.6 Proc. Kohlenstoffgehalt, erniedrigt sich aber, wenn neben Kohle andere Körper, insbesondere Mangan, Chrom, Silicium in grösseren Mengen zugegen sind. Jene Eigenschaft der Härtbarkeit theilt das gesammte schmiedbare Eisen in zwei Klassen und zwar in: Stahl, kohlenstoff - reicher, härtbar, und Schmiedeeisen, kohlenstoffärmer, nicht härtbar.

Manche Sorten schmiedbaren Eisens erfolgen bei ihrer Darstellung in einem teigartigen Zustande, sind dabei von Schlacke durchsetzt und erfordern, um wenigstens so viel als möglich von dieser befreit zu werden, einer ausgedehnten mechanischen Bearbeitung in Schweisshitze, d. h. in derjenigen, nicht sehr weit unterhalb des Schmelzpunktes liegenden Temperatur, in welcher das schmiedbare Eisen einen weichen, bild - samen Zustand annimmt, und getrennte Eisenstäbe sich unter An - wendung eines Druckes oder von Hammerschlägen zu einem Ganzen vereinigen lassen (schweissen), während die eingeschlossenen Schlacken - theilchen durch dieselbe mechanische Einwirkung wenigstens theilweise aus dem Eisen herausgequetscht werden. Solches Eisen heisst Schweiss - eisen beziehentlich Schweissstahl. Andere Sorten dagegen erfolgen im flüssigen Zustande; eine Einmengung von Schlacke ist hierdurch ausgeschlossen, da die flüssige, specifisch leichtere Schlacke sich rasch von dem flüssigen Eisen sondert, und eine grössere Gleichmässigkeit der Eisenstäbe innerhalb desselben Querschnitts ist eine andere Folge jenes flüssigen Anfangszustandes. Man nennt diese Eisensorten Fluss - eisen (auch wohl Homogeneisen wegen jener grösseren Gleich - förmigkeit) beziehentlich Flussstahl. 1)Diese in Deutschland officiell eingeführte Eintheilung des schmiedbaren Eisens einerseits in Stahl und Schmiedeeisen gemäss der Härtbarkeit, andererseits in Schweiss - eisen und Flusseisen gemäss des ursprünglichen Aggregatzustandes, wie sie bei Ge - legenheit der Weltausstellung in Philadelphia im Jahre 1876 von einer internationalen Commission bedeutender Metallurgen vereinbart wurde, ist leider im Sprachgebrauche der Praxis, besonders in ausserdeutschen Ländern, nicht überall heimisch. In Eng - land und Nordamerika z. B. nennt man ziemlich regelmässig alles im flüssigen Zu - stande erfolgte Eisen Stahl , gleichviel, ob es härtbar ist oder nicht, und unter - scheidet unter den hierher gehörigen Sorten höchstens harten und weichen (nicht härtbaren) Stahl; jeder Schweissstahl aber heisst ausserdem Stahl. Der Grund hierfür ist

Folgende Tabelle lässt die besprochene Eintheilung des Handels - eisens übersichtlicher erkennen.

I. Roheisen.

Nicht schmiedbar, beim Erhitzen plötzlich schmelzend. Gehalt an Kohlen - stoff (Silicium, Phosphor u. s. w.) mindestens 2.3 Proc.

1. Graues Roheisen. Der grösste Theil des Koh - lenstoffs wird beim Erkalten graphitisch ausgeschieden. Farbe der Bruchfläche grau. In der Giesserei zu Guss - waaren verarbeitet heisst das graue Roheisen Gusseisen.2. Weisses Roheisen. Der grösste Theil des Koh - lenstoffs bleibt gebunden. Farbe der Bruchfläche weiss. Härter, spröder als graues Roheisen.3. Ferromangane. Kohlenstoffhaltige Eisen - manganlegirungen mit rei - chem Mangangehalte. Der grösste Theil des Kohlen - stoffs bleibt gebunden. Farbe der Bruchfläche weiss oder gelblich.
6Eintheilung des Handelseisens.

II. Schmiedbares Eisen.

Schmiedbar, beim Erhitzen allmählich erweichend. Gehalt an Kohlenstoff weniger als 2.3 Proc.

Die Anfänge der Eisendarstellung sind dunkel und reichen bei den meisten Völkern bis in die vorhistorische Zeit hinauf. Entgegen einer bis vor wenigen Jahrzehnten allgemein verbreiteten, jetzt noch vielfach herrschenden Annahme, dass der Bekanntschaft mit dem Eisen regelmässig eine sogenannte Bronzezeit vorausgegangen sei, unterliegt es neueren Forschungen zufolge kaum einem Zweifel, dass in Ländern, wo reine Eisenerze vorkamen, auch das Eisen schon vor der Bronze oder doch jedenfalls neben derselben dargestellt worden sei; aber die glänzenderen Eigenschaften der Bronze, insbesondere ihre leichtere Ver - arbeitbarkeit, ihre prächtige Farbe und ihre grössere Widerstandsfähig - keit gegen die Einflüsse der Feuchtigkeit, drängten das Eisen so lange in den Hintergrund, als der Bedarf an Metall überhaupt nicht be - deutend war. Nicht selten wird bei solchen Völkern, wo das Eisen schon vor der Bronze bekannt war, doch die bevorzugte Anwendung der letzteren die Eisendarstellung völlig zum Erliegen und in Vergessen - heit gebracht haben, bis schliesslich der überhand nehmende Bedarf an Metall dahin führte, das uralte Gewerbe wieder aufzunehmen. Denn dem Eisen der alten Zeit fehlte eben diejenige Eigenschaft, welche das jetzige Eisen zu dem wichtigsten aller Metalle erhoben hat: die Billig - keit im Vergleiche zu dem Preise anderer Metalle; es wurde erst billiger als die Noth dazu trieb, es in grösseren Mengen darzustellen und man hierbei erkannte, wie viel reicher die Erde an Eisen sei als an anderen Metallen.

Jedenfalls gebührt nicht einem einzigen Manne oder Volke die Ehre, das Eisen zuerst dargestellt und die Erfindung über die Erde verbreitet zu haben, sondern, wie noch jetzt vorhandene Spuren er - kennen lassen, wurde das Eisen in sehr verschiedenen Gegenden bereits von Volksstämmen dargestellt, welche gegenseitig von ihrem Dasein keine Ahnung hatten; noch heute werden durch Afrikareisende Völker angetroffen, welche, obwohl von dem Verkehre mit der Aussenwelt1)in dem Umstande zu suchen, dass man in früherer Zeit, wo die Härtbarkeit allgemein als Unterscheidungsmerkmal zwischen Stahl und Schmiedeeisen galt, nur den Stahl im eigentlichen Sinne zu schmelzen verstand, und dass mithin der flüssige Aggregat - zustand des erzeugten schmiedbaren Eisens auch so lange als ein charakteristisches Merkmal des Stahls gelten konnte, bis man durch neuere Methoden (Bessemer - process u. a.) auch nichthärtbares Eisen im flüssigen Zustande darstellen lernte.7Historisches und Statistisches.vollständig abgeschlossen, doch mit der Eisengewinnung in ihrer ein - fachsten Form sich vertraut zeigen, mit der Bronze oder dem Kupfer aber häufig unbekannt sind.

In den Schriften der historischen Völker lassen sich meistens Spuren ihrer Bekanntschaft mit dem Eisen bis zu den Anfängen aller schriftlichen Tradition hinauf verfolgen. In den Büchern Mosis wird mehrfach des Eisens erwähnt und Thubalkain, ein Abkömmling Kains im sechsten Gliede, wird ein Meister in Erz und allerlei Eisenwerk genannt, ein Beweis, dass der Erzähler selbst die Kenntniss des Eisens als uralt betrachtet; da aber jene Bücher jedenfalls bald nach dem Auszuge der Juden aus Aegypten (1600 v. Chr.) geschrieben wurden, so lässt sich folgern, dass auch dort, wo die Juden sich 430 Jahre lang aufhielten, das Eisen um jene Zeit schon bekannt gewesen sein muss. Auch Homer erwähnt nicht selten des Eisens und Stahls, und zwar mehr als Material für den Ackerbau als für den Krieg, da die Waffen der damaligen Zeit noch aus Bronze gefertigt wurden. In Italien war das Eisen schon lange vor den Römern bekannt; in einer im Jahre 1853 zu Villanova bei Bologna aufgedeckten Todtenstadt aus voretruskischer Zeit wurden eine grosse Zahl eiserner Geräthe gefunden.

Berühmt war im Alterthume, besonders bei den Griechen, das Eisen der Chalyber, eines Volksstammes am schwarzen Meere; die Be - zeichnung χάλυψ für Eisen deutet darauf hin, dass jene die Lehrer der Griechen in der Eisendarstellung gewesen seien, und zahlreiche Reste alter Eisenhütten wurden zur Zeit des Kaisers Augustus in dem er - wähnten Lande gefunden. Eine ausgedehnte Eisenindustrie wurde zur Römerzeit, als das Eisen bereits das Material für Waffen, Rüstungen, Ackerbaugeräthe, Handwerkszeug aller Art u. s. w. bildete, in ver - schiedenen eisenerzreichen römischen Provinzen betrieben, insbesondere in Spanien, Gallien, England, Kärnten; noch jetzt werden in jenen Ländern Schlackenhalden, ja selbst Oefen und Schmelzgeräthe aus der Römerzeit gefunden. Besonderen Ruf jedoch hatte das Eisen der Serer, eines vermuthlich ostasiatischen Volksstammes, welches gemeinschaft - lich mit kostbaren Geweben nach Rom gebracht wurde und vermuth - lich mit dem heutigen Wootz - oder Damascenerstahle übereinstimmte.

Sehr einfach war natürlich die Technik der Eisengewinnung im Alterthume. Roh - und Gusseisen kannte man überhaupt nicht; durch Schmelzen von reinen Eisenerzen mit reichem Brennstoffaufwande in niedrigen Oefen oder Feuern stellte man unter starkem Eisenverluste durch Verschlackung einen Klumpen schmiedbaren Eisens dar, welcher dann ausgeschmiedet wurde. Alle Nachrichten und erhaltenen Spuren früherer eisenhüttenmännischen Thätigkeit weisen darauf hin, dass das Verfahren im Wesentlichen überall das nämliche war, welches noch heute in entlegenen, von der Cultur nicht erreichten Gegenden an - getroffen wird. Nur durch Zufall geschah es wohl mitunter, dass bei dem Schmelzprocesse die Reduction und Kohlung zu weit getrieben wurde, und dann entstand, wie Aristoteles von den schon erwähnten Chalybern berichtet, ein Eisen, welches wie Wasser schmolz, weisse Farbe besass, dem Rosten weniger unterworfen war, aber erst einer Reinigung durch wiederholtes Umschmelzen bedurfte, um schmiedbar8Historisches und Statistisches.zu werden, welches also thatsächlich weisses Roheisen oder ein Mittel - ding zwischen Roheisen und Stahl war.

So lange man keine Gebläse kannte, betrieb man die Oefen mit natürlichem Luftzuge und baute sie deshalb gern an Bergesabhänge oder auf Bergesspitzen; wo jedoch die Technik einigermaassen fort - geschritten war, benutzte man auch schon im frühen Alterthume ein - fache Gebläse (Bälge), welche durch menschliche Arbeit bewegt wurden. Die Benutzung der Wasserkraft zum Betriebe der Gebläse datirt erst aus dem 13. Jahrhunderte und brachte naturgemäss eine durchgreifende Umgestaltung im Eisenhüttenwesen hervor. Denn während man früher die Erze an ihrer Fundstätte verhüttet hatte, musste nunmehr das Vor - handensein der Wasserkraft den Ausschlag für die Wahl des Standortes der Hüttenanlage geben. Alte Anlagen mussten kalt gelegt und dem Verfalle übergeben, neue eingerichtet werden. Der ersparten mensch - lichen Arbeit für den Betrieb des Gebläses standen die bei der Mangel - haftigkeit der Verkehrsmittel gewiss nicht unbeträchtlichen Kosten für den weiteren Transport der Schmelzmaterialien gegenüber. Nicht ohne manches Bedenken werden unsere Vorväter an die neue Betriebsweise herangetreten sein, und erst dann werden sie sich zu diesem Schritte entschlossen haben, als sie durch den mehr und mehr wachsenden Bedarf an Eisen zu einer Ausdehnung ihres Betriebes gezwungen wurden.

Aber noch in anderer Hinsicht knüpften sich schwerwiegende Folgen an die neue Einrichtung. Die Möglichkeit, grössere Windmengen und stärkere Windpressungen als bisher durch Benutzung der Elementar - kraft zu erzeugen, gab Veranlassung, die Schmelzöfen zur besseren Wärmeausnutzung und Erzielung einer grösseren Production über ihr bisheriges Maass hinaus zu erhöhen; in den grösseren Ofen aber fand ein vollständigerer Reductions - und Kohlungsprocess statt, und statt des Klumpens schmiedbaren Eisens erhielt man Roheisen, dessen flüssiger Zustand bei der bereits in Blüthe stehenden Technik der Metallgiesserei auf seine Verwendbarkeit zur Gusswaarendarstellung hinwies. So be - gann die gewerbsmässige Roheisendarstellung; einen Schritt weiter, und man fand, dass beim wiederholten Umschmelzen der beim Giessen ent - stehenden Abfälle diese sich allmählich in schmiedbares Eisen um - wandelten, wodurch die bis dahin gebräuchliche Darstellung schmied - baren Eisens aus den Erzen in den Hintergrund gedrängt und die Bahn für das heutige System der Eisendarstellung im Grossen ge - brochen wurde.

Wesentliche Fortschritte seit jener Zeit traten dann erst wieder hervor, als man im 18. Jahrhunderte, durch den überhand nehmenden Holzmangel gezwungen, anfing, mineralische Brennstoffe statt der bis dahin ausschliesslich benutzten Holzkohlen für den Eisenhüttenbetrieb zu verwenden, und als anderntheils durch die Erfindung der Dampf - maschine nicht allein der Eisenindustrie ein grösseres Feld als bisher eröffnet, sondern sie auch von jener immerhin lästigen Fessel befreit wurde, durch welche sie fast ein halbes Jahrtausend an den Lauf fliessender Gewässer gebannt war. Rascher als früher in Jahrhunderten schritt jetzt in Jahrzehnten die Eisenindustrie vorwärts, und rasch folgte eine Erfindung auf die andere.

9Historisches und Statistisches.

Dennoch würde das Eisenhüttengewerbe niemals auch nur annähernd jene ungeheure Ausdehnung erlangt haben, welche es in der Jetztzeit besitzt, wenn nicht an die Erfindung der Dampfkraft sich fünfzig Jahre später eine Anwendung derselben gereiht hätte, welche berufen war, die tiefsten Einflüsse auf Cultur und Wirthschaft der Völker zu üben: die Benutzung des Dampfes zum Eisenbahnbetriebe im Jahre 1825. Ein Netz eiserner Schienen, von Jahr zu Jahr wachsend und infolge des Verschleisses einer stetigen Ergänzung bedürftig, dehnte sich und dehnt sich noch heute allmählich über das bewohnte Festland aus; ausser den Schienen bestehen zahlreiche andere Hilfsmittel des Eisen - bahnbetriebes aus Eisen. Nunmehr war der Verwendung des Eisens ein Feld eröffnet, wie es schwerlich Jemand zuvor zu träumen gewagt hätte, ein Feld, welches sich von Jahr zu Jahr mit reissender Schnellig - keit erweiterte. Ein deutliches Bild dieser Steigerung des Bedarfs an Eisen erhält man durch Ziffern. Die jährliche Eisenproduction Gross - britanniens betrug

  • im Jahre 1806243851 Tonnen (à 1000 kg)
  • 1830678417
  • 18401396400
  • 18481999600
  • 18543115880
  • 18634510000
  • 18726741000
  • 18786483000
  • 18796092000
  • 18807872000

Es ist leicht erklärlich, dass in den ersten Jahrzehnten nach der Einführung der Eisenbahnen die Zunahme der Eisenerzeugung vorzugs - weise deutlich in Grossbritannien, dem Heimathlande der Dampfkraft und dem an Materialien und Hilfsmitteln für die Eisenindustrie so überaus reichen Lande, hervortrat; allmählich aber begann auch in den übrigen Ländern ein mächtiger Aufschwung der Eisenindustrie. Bei - spielsweise betrug die Roheisenproduction der ganzen Erde in Tonnen (abgerundet):

Es ergiebt sich aus dieser Tabelle, dass unter allen eisenerzeugen - den Ländern Grossbritannien den entschiedenen Vorrang behauptet; aber sein Antheil an der Gesammtproduction der Erde verringert sich naturgemäss mehr und mehr, je stärker die Eisenindustrie auch in anderen Ländern sich ausdehnt, und beträgt z. B. im Jahre 1870 50 Proc., im Jahre 1878 46 Proc., im Jahre 1880 und 1881 43 Proc. der ge - sammten Eisenerzeugung. Das stärkste Wachsthum zeigt die Eisen -10Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.industrie der Vereinigten Staaten, welche ihrer Leistung nach die zweite Stelle, und Deutschlands, welche die dritte Stelle einnimmt; in beiden Ländern stieg innerhalb elf Jahren die Menge des gewonnenen Eisens auf mehr als das Doppelte.

Literatur.

a. Eintheilung des Eisens.

  • M. A. Greiner, Ueber die Definition des Stahls. Berg - und hüttenmänni - sche Ztg. 1876, S. 175; Revue universelle des mines 1875, p. 564.
  • R. Åkerman, Ansichten über den richtigen Begriff von Stahl. Berg - und hüttenmännische Ztg. 1876, S. 337; Jern-Kontorets Annaler, Bd. 67, Heft 3.
  • H. Wedding, Die Nomenklatur des Eisens. Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleisses 1877, S. 46.
  • Classification von Eisen und Stahl. Sitzungsberichte des Vereins zur Be - förderung des Gewerbefleisses 1878, S. 60; Ztschr. des berg - und hüttenmänni - schen Vereins für Steiermark und Kärnten 1878, S. 252.

b. Historisches.

  • A. Ledebur, Zur Geschichte des Eisens. Jahrbuch für das Berg - und Hütten - wesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1881, S. 90.
  • A. Frantz, Eisen und Stahl im Alterthume. Berg - und hüttenmännische Ztg. 1882, S. 178.
  • H. Wedding, Beiträge zur Geschichte des Eisenhüttenwesens im Harz. Zeitschrift des Harzvereins 1881.

c. Statistisches.

  • Paul Trasenster, Revue économique et statistique. Revue universelle des mines, tome XI (1882), p. 189; auszugsweise in Stahl und Eisen 1882, S. 199.

II. Ueber Verbrennung, Reduction, Wärme - erzeugung und Wärmeabgabe.

1. Verbrennung und Reduction.

Verbrennung im allgemeinsten Sinne nennen wir jede chemi - sche Vereinigung eines Körpers mit Sauerstoff (Oxydation); im engeren Sinne sprechen wir von Verbrennung nur dann, wenn eine solche Wärmeentwickelung damit verknüpft ist, dass der brennende Körper ein Erglühen zeigt.

Der dem Verbrennen entgegengesetzte Vorgang ist die Reduction, d. h. die Abscheidung eines einfachen Körpers aus einem zusammen - gesetzten, beziehentlich einer sauerstoffärmeren Verbindung aus der sauerstoffreicheren; allgemein auch die Abscheidung eines Körpers, ins - besondere Metalls, aus einer Verbindung (mit Schwefel, Arsen u. s. w.).

Wird bei der Oxydation eines Körpers Wärme erzeugt, so ist genau dieselbe Wärmemenge erforderlich, um die Reduction desselben aus der Verbindung zu bewirken, welche aus dem Verbrennungs -11Verbrennung und Reduction.processe hervorging. Die Kenntniss dieser Wärmemengen ist von Wichtigkeit für das Verständniss und die richtige Beurtheilung metal - lurgischer, insbesondere auch eisenhüttenmännischer Processe.

Reduction und Oxydation (Verbrennung) gehen gewöhnlich neben einander her; zur Reduction eines Körpers wird ein anderer benutzt, dessen Vereinigungsbestreben zum Sauerstoff (beziehentlich zum Schwefel u. s. w.) grösser ist als das des ersten, so dass er diesem seinen Sauerstoff u. s. w. entzieht, dabei selbst mit demselben sich chemisch verbindend. Ist die Verbrennungswärme des reducirenden Körpers grösser als diejenige des reducirten, so wird bei diesem Vorgange Wärme gewonnen und es tritt Temperatursteigerung ein; im entgegen - gesetzten Falle wird Wärme verbraucht und muss von aussen her, d. h. aus einer besondern Wärmequelle, ersetzt werden, wenn nicht Abkühlung eintreten soll, welche unter Umständen ein Aufhören des Reductions - processes zur Folge haben kann.

Nur wenige Körper wirken bei gewöhnlicher Temperatur oxydirend beziehentlich reducirend auf einander. Bei allen hüttenmännischen Processen ist eine erhöhte Temperatur erforderlich, welche das Oxy - dationsbestreben des als Reductionsmittel dienenden Körpers (seine Ver - wandtschaft oder Affinität zum Sauerstoff u. s. w.) steigert; selbst - verständlich wird aber durch diese Einwirkung der gesteigerten Tempe - ratur überhaupt nur dann eine Reduction eintreten können, wenn nicht auch die Verwandtschaft des anderen Körpers, welcher reducirt werden soll, in dem gleichen Maasse zunimmt. Mit anderen Worten: Reduction durch Einwirkung zweier Körper im erhitzten Zustande auf einander ist die Folge einer durch die Erhitzung bewirkten einseitigen Steige - rung der Verwandtschaft des als Reductionsmittel dienenden Körpers zum Sauerstoff u. s. w.; unter Umständen auch einer durch die Er - hitzung hervorgerufenen einseitigen Verringerung der Verwandtschaft des aus einer Verbindung zu reducirenden Körpers. 1)Es ist bekannt, dass manche Körper schon durch einfache Erhitzung ohne Einwirkung eines zweiten Körpers zerlegt diessociirt werden. Je näher die Temperatur diesem Dissociationspunkte rückt, desto geringer wird gewöhnlich die Verwandtschaft der verbundenen Körper, desto leichter ist Reduction zu bewirken.

Diese Thatsache, so leicht verständlich sie auch ist, wird vielfach bei dem Studium metallurgischer Processe unbeachtet gelassen, und man erschwert sich dadurch nicht unwesentlich das Verständniss der - selben. Es folgt aus jenen Beziehungen zwischen Temperatur und chemischer Verwandtschaft, dass, wie die Praxis bestätigt, nicht allein die Reductionstemperaturen für verschiedene Körper und auch bei An - wendung verschiedener Reductionsmittel sehr verschieden sein können, sondern dass auch Reductionsmittel, welche in dem einen Falle benutz - bar sind, doch in anderen Fällen, d. h. bei anderen zu reducirenden Körpern, oft vollständig wirkungslos bleiben, sofern es eben nicht gelingt, ihre Verwandtschaft zum Sauerstoffe u. s. w. durch Erhitzung auf einen höheren Grad als bei dem zu reducirenden Körper zu steigern. Von diesen Umständen muss die Wahl des Reductionsmittels wie die Höhe der anzuwendenden Temperatur abhängig sein.

Bei den Reductionsprocessen der Eisendarstellung werden fast12Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.ausschliesslich Sauerstoffverbindungen (Oxyde) reducirt und es kommen dabei vorwiegend zwei Reductionsmittel zur Anwendung: Kohlenstoff und Kohlenoxydgas. Bei der Anwendung von Kohlenstoff ist das Er - gebniss des Zersetzungs - und Verbrennungsprocesses Kohlenoxydgas neben dem reducirten Körper, bei Anwendung von Kohlenoxydgas erfolgt Kohlensäure. Bezeichnet man allgemein das zu reducirende Oxyd mit RO, so lässt sich der Vorgang in beiden Fällen darstellen durch die Formeln: 〈…〉 ...... (1) 〈…〉 ...... (2)

Es bedarf keiner Erwähnung, dass unter Umständen das bei dem Vorgange Nr. 1 erfolgende Kohlenoxydgas zu einem abermaligen Reduc - tionsprocesse nach Formel 2 benutzbar bleiben kann. Das Verhalten der beiden reducirenden Körper gegenüber den verschiedenen hier in Betracht kommenden Oxyden ist jedoch ein wesentlich abweichendes.

Die Oxydationstemperatur des Kohlenstoffes liegt abweichend nach seiner äusseren Beschaffenheit (Holzkohle, Koks, Anthracit, Graphit u. s. w.) bei 400 800°C. 1)Durch freien Sauerstoff wird allerdings Kohlenstoff auch schon bei gewöhn - licher Temperatur, wenn auch sehr langsam, zu Kohlensäure oxydirt. Vergl. Poggen - dorff’s Annalen, Bd. CIX, S. 353.; unterhalb dieser Temperatur vermag also der Kohlenstoff nicht als Reductionsmittel zu wirken. Die Begierde des Kohlenstoffes, sich mit Sauerstoff chemisch zu vereinigen, seine Verwandtschaft zum Sauerstoffe, wächst aber von jener Entzündungs - temperatur an aufwärts in sehr starkem Maasse und erreicht erst in heller Weissgluth ihren höchsten Grad. Das Kohlenoxydgas aber, welches aus der Oxydation des Kohlenstoffes bei der Benutzung des - selben zur Reduction anderer Körper hervorgeht, ist auch in den höchsten in unseren Oefen erreichbaren Temperaturen beständig, es wird weder in merkbarem Grade dissociirt noch vermag es oxydirend auf andere Körper zu wirken, ein Umstand, welcher in sehr naher Beziehung zu der soeben erwähnten Steigerung der Verwandtschaft des Kohlenstoffes zum Sauerstoffe durch Temperaturzunahme steht, und ohne welchen diese nicht möglich sein würde. Körper, deren Verwandtschaft zum Sauerstoffe durch Erhitzen nicht in dem gleichen Maasse wie die - jenige des Kohlenstoffes gesteigert wird, lassen sich also häufig aus ihren Oxyden durch starke Erhitzung mit Kohlenstoff reduciren, auch wenn sie in weniger hohen Temperaturen beispielsweise in Roth - gluth vollständig widerstandsfähig gegenüber der Einwirkung des Kohlenstoffs sein sollten. In dieser Weise verhalten sich z. B. Kalium, Natrium, Mangan u. s. w.; und gerade jene dem Kohlenstoffe eigenthüm - liche Eigenschaft, durch Erhitzung seine Verwandtschaft zum Sauer - stoffe in stärkerem Maasse als viele andere Körper zu steigern, erhebt ihn zu einem der vorzüglichsten Reductionsmittel in hohen Tempe - raturen.

Kohlenoxyd dagegen besitzt in niedrigeren Temperaturen eine starke Neigung, durch Aufnahme eines zweiten Atomes Sauerstoff Kohlensäure zu bilden. Bei einer Temperatur von 400° wird es durch13Verbrennung und Reduction.fremden Sauerstoff oxydirt; ja, durch die Anwesenheit gewisser Körper wird es schon bei noch niedrigerer Temperatur zwischen 300 und 400° zum Zerfallen gebracht, indem Kohlensäure und fester Kohlenstoff entstehen: 〈…〉 , ein Vorgang, welcher später (diese Abtheilung, VII) ausführlichere Be - sprechung finden wird. Die aus der Oxydation des Kohlenoxydes hervorgehende Kohlensäure aber zeigt um so geringere Beständigkeit, je höher die Temperatur steigt. Sie beginnt schon bei ca. 1200°C. in Kohlenoxyd und Sauerstoff zu zerfallen und kann bei 2000°C. über - haupt nicht mehr bestehen. Es folgt hieraus von selbst, dass eine Ver - brennung des Kohlenoxydes zu Kohlensäure immer schwieriger wird, sobald jene Temperaturgrenze überschritten ist, und es ist leicht erklärlich, dass, wie die Erfahrung lehrt, die Kohlensäure in höheren Temperaturen kräftig oxydirend auf andere Körper einwirkt, deren Verwandtschaft zum Sauerstoffe in jenen Temperaturen höher als die des Kohlenoxydes ist. Eben deshalb verliert aber das Kohlenoxyd um so mehr an redu - cirender Kraft, je höher die Temperatur über eine gewisse Grenze hinaus steigt, welche durch die Oxydationsfähigkeit des zu reducirenden Körpers in höheren Temperaturen gegeben ist; und ein und dasselbe Gemisch von Kohlensäure und Kohlenoxyd (welches stets entsteht, sobald ein kohlenoxydhaltiger Gasstrom Reduction ausübt) kann in niedrigeren Temperaturen reducirend, in höheren Temperaturen oxydirend auf den nämlichen Körper einwirken. Nach Versuchen von L. Bell verhält sich ein Gemisch beider Gase gegenüber metallischem Eisen neutral, d. h. es wirkt weder reducirend noch oxydirend, wenn es

  • in Weissgluth .. 90 Vol. Kohlenoxyd neben 10 Vol. Kohlensäure
  • heller Rothgluth 68 32
  • dunkler 40 60

enthält.

Durch den gasförmigen Zustand des Kohlenoxydes wird seine Be - rührung mit zu reducirenden festen Körpern erleichtert; es umhüllt dieselben, dringt in die Poren derselben ein u. s. w. Zwischen einem festen Körper und Kohle dagegen ist die gegenseitige Berührung um so unvollkommener, je grobstückiger beide sind; sie wird vergrössert, wenn Schmelzung des ersteren eintritt.

Alle diese Unterschiede in dem Verhalten der Kohle und des Kohlenoxydes liefern eine genügende Erklärung für die Thatsache, dass für Reductionsprocesse, welche in niedrigeren Tempe - raturen ausführbar sind, Kohlenoxyd das geeignetere Reductionsmittel ist, während Kohle als Reductionsmittel um so werthvoller wird, je höher die Temperatur steigt, und in den höchsten Temperaturen unserer Oefen einzig und allein zur Reduction benutzbar bleibt. Metalle, deren Oxyde durch Kohlenoxyd reducirbar sind, nennen wir leicht redu - cirbar, solche, die nur noch durch Kohle in Weissgluth reducirt werden können, schwer reducirbar.

Aus jener oxydirenden Wirkung der Kohlensäure in höheren Temperaturen erklärt sich dann auch leicht die bekannte Erscheinung,14Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.dass Kohle durch Kohlensäure verbrannt werden kann, wobei Kohlen - oxyd entsteht: 〈…〉 ; und zwar geht diese Verbrennung des Kohlenstoffes, beziehentlich diese Reduction der Kohlensäure um so rascher, vollständiger vor sich, in je höherer Temperatur beide Körper einander berühren.

Es ergiebt sich ferner aus den geschilderten Einflüssen der Tempe - ratur auf die Verbrennung des Kohlenstoffes und des Kohlenoxydes sowie aus dem Verhalten der Kohlensäure in hohen Temperaturen der wichtige Satz: bei der Oxydation von Kohle durch atmo - sphärischen Sauerstoff entsteht in niedrigerer Temperatur vorwiegend Kohlensäure, in höherer Temperatur vor - wiegend Kohlenoxyd, sofern die ausreichende Menge Kohlenstoff zur Bildung des letzteren (wobei die doppelte Menge Kohle als bei Kohlensäurebildung durch die gleiche Menge Sauerstoff verbrannt wird) zugegen ist. 1)In vielen technischen Werken, Zeitschriften u. s. w. findet man fälschlich die entgegengesetzte Behauptung ausgesprochen, nämlich, dass Kohlensäure das Er - gebniss einer Verbrennung in hoher Temperatur sei, ja, dass zur Kohlensäurebildung überhaupt eine hohe Temperatur erforderlich sei. Manche Begriffsverwirrung ist durch diese irrige Anschauung, welche mit den Erscheinungen der Praxis im Wider - spruche steht, schon hervorgerufen worden. Eine ausführlichere Widerlegung derselben findet der Leser in der Abhandlung des Verfassers: Wird durch hohe Temperatur Kohlensäure - oder Kohlenoxyd-Bildung befördert? Stahl und Eisen 1882, S. 356.

Aehnlich wie Kohlenoxyd verhält sich Wasserstoff als reducirender Körper. Bei der Verbrennung desselben entsteht Wasserdampf; aber derselbe wird bereits bei 1000°C. dissociirt und wirkt schon in niedrigerer Temperatur oxydirend, wenn er mit Körpern zusammentrifft, deren Ver - wandtschaft zum Sauerstoff durch Erwärmung gesteigert wird. So wird glühende Kohle durch Wasserdampf in höherer Temperatur zu Kohlen - oxyd, in weniger hoher Temperatur zu Kohlensäure verbrannt: 〈…〉 〈…〉 und das Erzeugniss dieses Processes ist das in jüngster Zeit so vielfach besprochene Wassergas.

Es folgt hieraus, dass auch Wasserstoffgas, welches als zufälliger Bestandtheil der Gase mancher Oefen in nicht ganz unerheblichen Mengen auftritt, als Reductionsmaterial nur für leicht reducirbare Oxyde geeignet ist.

Durch Gegenwart dritter Körper, welche das Bestreben besitzen, mit den Erzeugnissen des Reductions - beziehent - lich Oxydationsprocesses Verbindungen einzugehen, wird dieser Process oft in merkbarer Weise befördert. So z. B. ist Silicium aus der Kieselsäure durch Kohle allein auch in hellster Weissgluth nicht reducirbar, besitzt aber eine starke Verwandtschaft zum Eisen. Hieraus erklärt sich, dass bei Gegenwart von metallischem15Vollständige und unvollständige Verbrennung.Eisen schon in Rothgluth Silicium reducirt und von dem Eisen auf - genommen werden kann. Eine noch stärkere Verwandtschaft zum Eisen als Silicium besitzt Phosphor. Aus geschmolzenem Eisen wird daher auch unter kräftig oxydirenden Einwirkungen Phosphor nicht abge - schieden, so lange eine kieselsäurereiche Schlacke, welche keine Neigung besitzt, Phosphorsäure aufzunehmen, zugegen ist; aber die Abscheidung gelingt bei Anwesenheit basischer Körper, welche Phos - phate zu bilden geneigt sind. Viele andere Erscheinungen der Praxis lassen sich auf ähnliche Vorgänge zurückführen.

2. Vollständige und unvollständige Verbrennung.

Man nennt die Verbrennung eines Körpers vollständig, wenn die Verbrennungserzeugnisse (welche bei den gewöhnlichen Brennstoffen gasförmig sind) keine brennbaren Bestandtheile mehr enthalten. Ver - brennt man Kohle, so enthalten die Verbrennungserzeugnisse bei voll - ständiger Verbrennung neben dem etwa vorhandenen überschüssig zugeleiteten Sauerstoff nur noch Stickstoff (aus der Verbrennungsluft stammend) und Kohlensäure; verbrennt man flammende Brennstoffe, so tritt noch Wasserdampf als Verbrennungserzeugniss zu den soeben genannten. Unvollkommen würde die Verbrennung sein, wenn sich Kohlenoxyd, Kohlenwasserstoffe, Destillationserzeugnisse (Theer, Rauch) mit den Verbrennungsgasen gemischt befänden.

Sofern es sich bei der Verbrennung eines Brennstoffes darum handelt, eine möglichst grosse Wärmemenge zu erzeugen, wird man darnach trachten müssen, eine möglichst vollständige Verbrennung zu bewirken; denn jeder unverbrannt gebliebene Bestandtheil der Ver - brennungsgase ist gleichbedeutend mit einem Wärmeverluste. Obschon die Mittel, welche man zur Erreichung dieses Zieles anzuwenden hat, unter verschiedenen Verhältnissen (bei verschiedenen Brennstoffen, ver - schiedenen Feuerungseinrichtungen u. s. w.) verschieden sein können, lassen sich doch auch einige allgemein gültige Regeln dafür aufstellen.

1. Vollständige Verbrennung ist nur bei einem Ueber - schusse von Sauerstoff zu ermöglichen. Verbrennt man also gasförmige Körper durch atmosphärische Luft, so muss mit denselben soviel der letzteren gemischt werden, dass mehr Sauerstoff zugegen ist, als zur vollständigen Verbrennung erforderlich gewesen sein würde; verbrennt man festen Brennstoff auf einem Roste, so muss zwischen den Spalten des letzteren und den Stücken des ersteren hindurch so viel Luft ihren Weg finden, dass nicht allein die vom Roste auf - steigenden, die Flamme bildenden Gase dadurch verbrannt werden können, sondern dass auch noch überschüssiger Sauerstoff in dem auf - steigenden Gasgemenge zugegen ist.

2. Eine hohe Temperatur in dem Verbrennungsraume befördert die chemische Vereinigung zwischen dem Sauer - stoff und den brennbaren Bestandtheilen und erleichtert somit die vollständige Verbrennung. Der nach 1) erforder - liche Sauerstoffüberschuss kann geringer sein, wenn die Temperatur hoch ist.

16Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.

Die Anwendung dieses unzweifelhaft an und für sich vollständig richtigen Lehrsatzes muss jedoch mit Vorsicht und stets unter Berück - sichtigung des Lehrsatzes 1) geschehen, wenn nicht Irrthümer und fälschliche Schlussfolgerungen daraus hervorgehen sollen.

Wir wissen z. B., dass Kohlensäure in Temperaturen über 2000°C. nicht mehr bestehen kann und schon in noch niedrigerer Temperatur (1200 2000°) theilweise dissociirt wird; und dass Wasserdampf sich ähnlich verhält. In Säuren, wo derartige hohe Temperaturen herrschen, kann also eine unmittelbare, rasche, vollständige Verbrennung kohlen - stoff - oder wasserstoffhaltiger Brennstoffe (Kohle, Kohlenoxyd, Kohlen - wasserstoffe) nicht stattfinden, sondern es wird Sauerstoff neben kohlen - stoffhaltigen Gasen beziehentlich neben Wasserstoff zugegen sein. Bei der Fortbewegung dieses Gasgemenges aber tritt unvermeidlich Ab - kühlung ein; und sobald infolge davon die Temperatur sinkt, erfolgt Vereinigung des Sauerstoffes mit den brennbaren Bestandtheilen. Auf diese Weise erklärt sich die Entstehung einer langen Flamme in Räumen mit sehr hoher Temperatur.

Trifft freier Sauerstoff auf Kohlen im festen Zustande, so wird eine um so grössere Menge derselben verbrannt werden und eine um so geringere Menge des Sauerstoffes unverzehrt bleiben, je höher die Temperatur an der Stelle ist, wo die Kohlen sich befinden. Gerade deshalb aber, gerade weil die Verwandtschaft des Kohlenstoffes zum Sauerstoffe in der höheren Temperatur sich steigert, entstehen, wie schon oben (S. 14) betont wurde, zunächst um so reichlichere Mengen von Kohlenoxyd (bei dessen Bildung die doppelte Menge Kohlenstoff als bei Kohlensäurebildung verbrannt wird), je stärker die Kohlen erhitzt sind. In einem Gasgenerator, in welchem atmosphärische Luft durch eine hohe Schicht glühender Kohlen geleitet wird, ist die Ausbeute an brenn - barem Kohlenoxyd um so beträchtlicher, der Gehalt des Gases an Kohlen - säure um so geringer, je höher die Temperatur im Generator ist; bei einem Roste, auf welchem Holzkohlen oder Koks verbrannt werden, sehen wir, so lange die Temperatur niedrig ist, keine Spur einer Flamme, die Verbrennungsgase bestehen aus Kohlensäure nebst Stick - stoff, wenig Kohlenoxyd und noch reichlichen Mengen unverzehrten Sauerstoffes; steigt die Temperatur, so entwickelt sich eine blaue Flamme, welche grösser und grösser wird, ein Beweis, dass zunächst auf dem Roste Kohlenoxydgas entstand, welches erst oberhalb der Kohlen - schicht durch noch vorhandenen oder von aussen zutretenden Sauerstoff verbrannt wird.

Der scheinbare Widerspruch zwischen diesen Thatsachen und der im Lehrsatze 2) ausgesprochenen Behauptung, dass eine hohe Temperatur die vollständige Verbrennung befördert, löst sich ohne Schwierigkeit, wenn man die in Lehrsatz 1) gegebene Regel in Mitberücksichtigung zieht, nach welcher eine vollständige Verbrennung in diesem Falle also Kohlensäurebildung nur bei einem Sauerstoffüberschusse möglich ist. Wenn aber in einem Gasgenerator, auf einem Roste und in ähnlichen Fällen durch hohe Temperatur die Verwandtschaft des Kohlen - stoffes zum Sauerstoffe gesteigert wird, so verschwindet eben infolge dieses Umstandes der freie Sauerstoff mehr und mehr, indem er zur reichlicheren Kohlenoxydgasbildung verwendet wird; und die erste Be -17Vollständige und unvollständige Verbrennung.dingung zur Erzielung einer vollständigen Verbrennung bleibt somit unerfüllt. Auch eine gewöhnliche Rostfeuerung würde bei sehr hoch gesteigerter Temperatur, in welcher rasch der zutretende Sauerstoff zur Kohlenoxydgasbildung verzehrt wird, zum Gasgenerator werden, wenn nicht in der Wirklichkeit infolge des allmählichen Verbrennens der Kohlenstücke die Zwischenräume zwischen denselben immer beträcht - licher würden, die Menge des unverzehrt hindurchgehenden, mit dem auf - steigenden Kohlenoxyd sich mischenden Sauerstoffes demnach immer mehr zunähme; und wenn nicht andererseits jede Aufschüttung frischen Brenn - stoffes auf den Rost wieder eine Temperaturerniedrigung nach sich zöge.

3. Innige Mischung der Brennstoffe mit der Verbren - nungsluft erleichtert die vollständige Verbrennung. Die Gründe hierfür sind leicht einzusehen. Wie bei jedem anderen chemischen Vorgange wird die Vereinigung durch eine ausgedehnte gegenseitige Berührung befördert, welche durch innige Mischung hervor - gerufen wird. Daher verbrennen gasförmige Brennstoffe, welche sich ohne Schwierigkeit mit der Verbrennungsluft mischen lassen, durch - schnittlich leichter und mit geringerem erforderlichen Luftüberschusse als feste; ähnlich wie gasförmige Brennstoffe verhalten sich staubförmige, welche, mit Luft innig gemischt, in den Verbrennungsraum eingeführt werden (vergl. Crampton’s Puddelofen in Abtheilung III).

4. Eine Verdünnung der chemisch thätigen Stoffe (Sauerstoff einerseits, Kohlenstoff und Wasserstoff ande - rerseits) erschwert die vollständige Verbrennung.

Die atmosphärische Luft besteht bekanntlich aus ungefähr 77 Ge - wichtstheilen Stickstoff und nur 23 Gewichtstheilen Sauerstoff. Letzterer gelangt also in stark verdünntem Zustande zur Wirkung und hieraus erklärt sich die weit kräftigere Wirkung reinen Sauerstoffgases. Ver - brennt aber ein Körper mit Flamme, d. h. unter Entwickelung und Fortbewegung brennbarer Gase, so wird an irgend einer Stelle der Flamme der noch vorhandene Sauerstoff um so stärker auch mit den bereits entstandenen Verbrennungserzeugnissen incl. des bei der bereits stattgehabten Verbrennung zurückgebliebenen Stickstoffes verdünnt sein, je weiter diese Stelle vom Entzündungspunkte, d. h. von der Wurzel der Flamme, entfernt ist. Die Verbrennung würde also nach der Spitze der Flamme zu immer schwieriger werden, wenn sie nicht andererseits durch die nach derselben Richtung hin stattfindende Zu - nahme der Temperatur eine Folge der bereits stattgehabten theil - weisen Verbrennung befördert würde. Trotzdem erhält man, wie bekannt, nicht selten eine an der Spitze schmauchende Flamme, wenn man nicht besondere Kunstgriffe anwendet, um die Verbrennung an dieser Stelle zu erleichtern.

Aus dem benachtheiligenden Einflusse der Verdünnung der ver - brennenden Körper durch andere Stoffe folgt auch, dass jeder Luft - überschuss, obschon nach Lehrsatz 1) für die vollständige Verbrennung unerlässlich, doch in anderer Hinsicht erschwerend auf dieselbe einwirkt; oder dass, mit anderen Worten, eine Grenze für diesen Luftüberschuss gegeben ist, abhängig von der Beschaffenheit des Brennstoffes, der Feuerung u. s. w., über welche hinaus die Vollständigkeit der Ver - brennung durch einen weiteren Ueberschuss leiden würde.

Ledebur Handbuch. 218Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.

5. Bei Anwendung stückförmiger Brennstoffe wird die Verbrennung zu Kohlensäure durch verhältnissmässig geringe von denselben dargebotene Oberfläche befördert; dichte und grossstückige Brennstoffe liefern daher reich - lichere Mengen von Kohlensäure als poröse und klein - stückige.

Je geringer die von dem Brennstoffe dargebotene Oberfläche ist, desto grösser ist das Verhältniss zwischen den vorhandenen Sauerstoff - atomen und den von denselben berührten Kohlenstoffatomen, desto grösser mithin der augenblickliche Sauerstoffüberschuss, desto reichlicher entsteht Kohlensäure. Daher ist das Verhältniss der entstehenden Kohlensäure zum entstehenden Kohlenoxyd unter übrigens gleichen Verhältnissen weit grösser, wenn Koks als wenn Holzkohlen, die eine erheblich geringere Dichtigkeit besitzen, verbrannt werden. In der - selben Weise wie freier Sauerstoff verhält sich Kohlensäure, wenn die - selbe durch glühende Kohlen geleitet wird; d. h. von den letzteren wird durch die Kohlensäure eine um so geringere Menge verbrannt, die Kohlensäure wird um so unvollständiger reducirt, je dichter die Kohlen sind. Bell1)The Journal of the Iron and Steel Institute 1872 I, p. 74; Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben und Pribram Band XXI, S. 234. fand z. B. nach dem Hinüberleiten von Kohlen - säure über glühende Kohlen in dem Gasgemenge:

In naher Beziehung zu diesen Einflüssen der Dichtigkeit des Brennstoffes auf die Vollständigkeit der Verbrennung steht bei An - wendung von Gebläsewind die Thatsache, dass stark gepresster Wind Kohlenoxydgasbildung, weniger stark gepresster Kohlensäurebildung befördert. Denn in je stärker gepresstem Zustande der Wind zwischen die Stücke und in die Poren des Brenn - stoffes eindringt, je weniger Raum er selbst also einnimmt und je weniger Oberfläche er darbietet, desto grösser ist das Verhältniss der vom Brennstoffe ihm gebotenen Fläche, desto mehr Atome Kohlenstoff werden durch die gleiche Menge Sauerstoff verbrannt, desto reichlicher wird Kohlenoxydgas entstehen. Pressung des Windes wirkt also ebenso wie Porosität des Brennstoffes; und aus den nämlichen Ursachen.

6. Bei Verbrennung gasförmiger Brennstoffe wird die vollständige und rasche Verbrennung befördert, wenn die Verbrennungsluft und die zu verbrennenden Gase in ver - schiedener Richtung und mit verschiedener Geschwindig - keit auf einander treffen. Die Richtigkeit dieses Lehrsatzes lässt sich leicht aus dem Umstande herleiten, dass die Mischung von Gas und Luft durch jene Verschiedenheiten in der Richtung und Ge - schwindigkeit beider Ströme erleichtert wird; eine rasche und innige Mischung beschleunigt aber auch nach Lehrsatz 3) die Verbrennung.

19Wärmeerzeugung und Verbrennungstemperatur.

3. Wärmeerzeugung und Verbrennungstemperatur.

a) Wärmeerzeugung.

Sofern ein Körper dazu bestimmt ist, als Brennstoff zu dienen, d. h. sofern die Wärmeentwickelung der hauptsächlichste Zweck seiner Verbrennung ist, hängt natürlicherweise sein Werth zum grossen Theile ab von der Wärmemenge, welche derselbe liefert. Man pflegt die von der Gewichtseinheit (z. B. 1 kg) des Körpers bei der Verbrennung ent - wickelte Wärmemenge als den absoluten Wärmeeffect desselben zu bezeichnen und misst diese Wärmemenge nach Wärmeeinheiten (in Folgendem mit W. -E. bezeichnet) oder Calorien, wobei man be - kanntlich unter einer Wärmeeinheit diejenige Wärmemenge versteht, welche erforderlich ist, die Temperatur einer Gewichtseinheit (1 kg) Wasser von Null Grad auf 1 Grad zu erhöhen.

Aber auch bei vielen solchen Körpern, welche nicht eigentlich als Brennstoffe zu dienen berufen sind, spielt die Verbrennungswärme, d. h. die bei ihrer chemischen Vereinigung mit Sauerstoff frei werdende Wärme eine wichtige Rolle.

Wenn z. B. bei einem metallurgischen Processe Oxydation einzelner Bestandtheile der in Verarbeitung begriffenen Metalle oder metallischen Verbindungen eintritt und dabei Wärme entwickelt wird, so kann diese entwickelte Wärme Einflüsse auf den Verlauf des betreffenden Processes ausüben. Anderntheils ist, wie schon oben hervorgehoben wurde, zu der Reduction eines Körpers aus seinen Verbindungen genau dieselbe Wärmemenge erforderlich, welche bei der Bildung der Verbindungen frei wurde, und dieser Wärmeverbrauch muss, wenn die Reduction gelingen soll, von aussen her gedeckt werden.

Leider ist unsere Kenntniss von der durch die Verbrennung erzeugten, beziehentlich für die Reduction erforderlichen Wärme hin - sichtlich vieler Körper, welche in den Processen der Eisendarstellung eine Rolle spielen, noch ziemlich unvollständig, und nicht selten müssen wir uns mit Schätzungswerthen oder Annäherungswerthen begnügen, wenn wir durch Rechnung uns über die Ausnutzung der Wärme bei diesem oder jenem Vorgange Rechenschaft zu geben bemüht sind. Besonders erschwert wird die Benutzung vorhandener Ermittelungen über die Verbrennungswärme in solchen Fällen, wo der betreffende Körper mehr als eine Verbindung mit Sauerstoff einzugehen im Stande ist (Eisen, Mangan u. a.); denn in fast allen Fällen ist die Verbrennungs - wärme nur bezüglich einer dieser Oxydationsstufen bestimmt, und die Beobachtung in der Praxis lehrt uns ziemlich zweifellos, dass das sogenannte Welter’sche Gesetz, nach welchem gleiche Sauerstoffmengen auch gleiche Wärmemengen bei der Verbrennung erzeugen, selbst mit der Einschränkung, dass ein und derselbe Körper verbrannt und nur verschiedentlich hoch oxydirt wird, nicht immer zutrifft.

Aber nicht allein bei der Verbindung eines Körpers mit Sauerstoff wird Wärme erzeugt. Auch die Entstehung anderer Verbindungen ist sehr häufig, wie ja als bekannt vorausgesetzt werden darf, mit einer Wärmeentwickelung, in einzelnen Fällen mit einem Wärmeverbrauche2*20Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.verbunden; und die nämliche Wärmemenge kommt wieder im entgegen - gesetzten Sinne in Betracht, wenn die Verbindung zerlegt wird. Bei der Vereinigung (Legirung) von Eisen mit Mangan oder dieser Metalle mit Kohle, Silicium, Phosphor, Schwefel u. s. w., Vereinigungen, welche eine hochwichtige Rolle in der Metallurgie des Eisens spielen, bei der Entstehung und Zerlegung von Silicaten, Phosphaten u. s. w., bei der Zerlegung der Hydroxyde und Carbonate des Eisens und Mangans, welche wichtige Erzgattungen bilden, und in ähnlichen Fällen findet unzweifelhaft nicht selten Entwickelung oder Verbrauch von Wärme statt; aber unsere Kenntniss derselben ist ziemlich gleich Null, und der alte Spruch: unser Wissen ist Stückwerk bewahrheitet sich kaum in einem anderen Gebiete der Eisenhüttenkunde so deutlich als hier.

Die Ziffern für die Verbrennungswärme der wichtigsten bei der Darstellung des Eisens in Betracht kommenden Körper sind, soweit unsere jetzige Kenntniss es gestattet, in Folgendem zusammengestellt.

Kohlenstoff. Nach dem verschiedenen Molekularzustande der Kohle (Graphit, Holzkohle, Diamant u. s. w.) ist, wie Favre und Silbermann fanden1)Annales de chimie et de physique, série III, tome XXXIV., die Verbrennungswärme derselben nicht immer genau die nämliche und schwankt bei der Verbrennung zu Kohlensäure zwischen 7770 und 8080 W. -E. Der immerhin nicht sehr beträchtliche Unterschied kann bei den calorimetrischen Berechnungen eisenhütten - männischer Processe um so weniger in Betracht kommen, als es sich hierbei aus den schon berührten Gründen überhaupt nur um Annähe - rungsergebnisse handeln kann, und man kann deshalb folgende Ziffern für derartige Berechnungen benutzen:

1 kg Kohlenstoff (im festen Zustande) entwickelt:

  • bei der Verbrennung mit 4 / 3 kg Sauerstoff zu 7 / 3 kg Kohlenoxyd 2473 W. -E.
  • 8 / 3 11 / 3 Kohlensäure 8080

In beiden Fällen, es mag Verbrennung zu Kohlenoxyd oder zu Kohlensäure stattfinden, ist eine Vergasung des Kohlenstoffes erforderlich, welche einen Wärmeverbrauch erheischt. Hieraus erklärt sich der grosse Unterschied in der Wärmeleistung, je nachdem das eine oder andere Verbrennungserzeugniss gebildet wird. Nimmt man an was in diesem Falle annähernd richtig sein dürfte , dass gleiche Sauerstoffmengen gleiche Wärmemengen entwickeln, so ergiebt sich durch eine einfache Rechnung die Vergasungswärme des Kohlenstoffes gleich 3134 W. -E. ; und es entwickelt alsdann 1 kg gasförmiger Kohlenstoff:

  • bei seiner Verbrennung zu Kohlenoxyd 2473 + 3134 = 5607 W. -E.
  • Kohlensäure 8080 + 3134 = 11214

Kohlenoxyd. Die Wärmeentwickelung bei der Verbrennung des - selben lässt sich aus dem Vorausgehenden ableiten. Da 7 / 3 kg Kohlen - oxyd bei der Verbrennung zu Kohlensäure 8080 2473 = 5607 W. -E. (der Verbrennungswärme von 1 kg gasförmigem Kohlenstoffe ent - sprechend) entwickeln, so liefert

  • 1 kg Kohlenoxyd bei der Verbrennung mit 4 / 7 kg Sauerstoff zu 11 / 7 kg Kohlensäure 2403 W. -E.
    2)Nach Berthelot liefern 7 / 3 kg Kohlenoxyd 5683 W. -E. ; also 1 kg 2436 W. -E. Ann. de chimie et de physique, série V, tome XIII, p. 13.
    2)
21Wärmeerzeugung und Verbrennungstemperatur.

Wasserstoff. Man nimmt als Verbrennungswärme desselben 29161 W. -E. an, wenn Wasserdampf gebildet wird, 34462 W. -E., wenn flüssiges Wasser entsteht.

Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff; natürliche Brennstoffe. Eine Ermittelung der Wärmeleistung dieser Körper durch einfache Berechnung gemäss ihrer chemischen Zusammensetzung ist nicht im Stande, richtige Ergebnisse zu liefern, da einestheils diejenige Wärmemenge unbekannt ist, welche bei der Entstehung beziehentlich Zerlegung dieser Verbindungen (welche häufig auch noch Sauerstoff und Stickstoff enthalten) in Betracht kommt, und da anderntheils bei festen oder flüssigen Körpern die ebenfalls unbekannte Vergasungs - wärme des Wasserstoffes zu berücksichtigen sein würde. Die durch Versuche ermittelten Ziffern für die Verbrennungswärme natürlicher Brennstoffe (Holz, Torf, Stein - und Braunkohlen) werden unten bei der Besprechung dieser letzteren mitgetheilt werden; für gasförmige Kohlen - wasserstoffe, welche bei einigen Processen der Eisendarstellung eine, wenn auch nicht sehr wichtige, Rolle spielen, fanden Favre und Silbermann:

  • 1 kg schweres Kohlenwasserstoffgas C2 H4 (Aethylen, Elayl, ölbildendes Gas) entwickelt bei der Verbrennung zu Kohlensäure und Wasserdampf 11857 W. -E.;
  • 1 kg leichtes Kohlenwasserstoffgas C H4 (Sumpfgas, Methan) entwickelt bei der Verbrennung zu Kohlensäure und Wasserdampf 13063 W. -E.

Eisen. Dasselbe besitzt bekanntlich mehrere Oxydationsstufen, und es ist wahrscheinlich, dass bei der Entstehung derselben die Wärme - menge nicht, wie es nach dem Welter’schen Gesetze der Fall sein würde, der verbrauchten Sauerstoffmenge proportional ist, sondern ab - weichend nach der Art jener Verbindungen.

Dulong fand bei der Verbrennung des Eisens mit Sauerstoff zu Eisenoxyduloxyd per 1 kg verbranntes Eisen 1648 W. -E. 1)Poggendorff’s Annalen Bd. 45, S. 161.; Andrews auf demselben Wege 1582 W. -E. 2)Ebend. Bd. 75, S. 45.Der Unterschied ist jedenfalls in dem Umstande begründet, dass bei der Verbrennung des Eisens nicht immer genau dieselbe Oxydationsstufe entsteht; eine Untersuchung des verbrannten Eisens auf seinen Sauerstoffgehalt fand aber in den erwähnten Fällen nicht statt. Da nun die höchste Oxydationsstufe, welche das Eisen bei der Verbrennung mit Sauerstoffgas einzugehen pflegt, nach der Formel Fe3 O4 zusammengesetzt ist, so lässt sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit annehmen, dass das Verbrennungs - erzeugniss bei Dulong’s Versuch wenigstens annähernd jener Formel entsprochen haben wird, während bei Andrews Versuchen ein etwas weniger hoch oxydirtes Eisen erfolgte. Die von Dulong gefundene Ziffer (1648 W. -E. bei Verbrennung zu Fe3 O4) soll deshalb auch bei den späteren Berechnungen zu Grunde gelegt werden.

Bei Bildung von Eisenoxydul (Fe O) auf nassem Wege fanden Favre und Silbermann die Wärmeentwickelung per 1 kg Eisen22Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.1352 W. -E. 1)Annales de chimie et de physique, série III, tom. XXXIV.Da Eisenoxyduloxyd (Fe3 O4) aus Fe O + Fe2 O3 bestehend gedacht werden kann, so ergiebt unter Benutzung der von Dulong, Favre und Silbermann gefundenen Ziffern eine einfache Rechnung die Wärmeentwickelung bei der Bildung des Eisenoxydes Fe2 O3 per 1 kg oxydirtes Eisen (beziehentlich den Wärmeverbrauch zur Reduction dieser Verbindung) gleich 1796 W. -E.

Wir haben also im Ganzen folgende Werthe für die Verbrennungs - beziehentlich Reductionswärme des Eisens:

a) auf 1 kg Eisen bezogen:

  • bei der Bildung oder Reduction von Eisenoxydul Fe O .. 1352 W. -E.
  • Eisenoxyduloxyd Fe3 O4 1648
  • Eisenoxyd Fe2 O3 .. 1796

b) auf 1 kg verbrauchten, beziehentlich entzogenen, Sauerstoff bezogen:

  • bei der Bildung oder Reduction von Eisenoxydul Fe O .. 4732 W. -E.
  • Eisenoxyduloxyd Fe3 O4 4326
  • Eisenoxyd Fe2 O3 .. 4190

Mangan. So wichtig auch die Rolle ist, welche die Verbrennungs - wärme des Mangans bei manchen Processen der Eisendarstellung zu spielen hat, so dürftig sind bis jetzt die über das Maass dieser Wärme vorliegenden Ermittelungen. Die in der Natur vorkommenden oder auf künstlichem Wege darstellbaren Oxydationsstufen des Mangans sind noch zahlreicher als die des Eisens; es unterliegt kaum einem Zweifel, dass auch hier die Wärmeerzeugung durch gleiche Mengen Sauerstoff verschieden ist, je nachdem die eine oder andere Verbindung gebildet wird, und dass jene Verbrennungswärme durchschnittlich um so geringer ausfallen wird, je sauerstoffreicher das entstehende Oxyd ist.

Aus Untersuchungen von Thomsen2)Poggendorff’s Annalen Bd. 151, S. 211. lässt sich folgern, dass bei der Höheroxydation des Oxyduls Mn O zu Mangansuperoxyd Mn O2 per 1 kg Sauerstoff 1344 W. -E. entwickelt werden. Die Verbrennungs - wärme des metallischen Mangans bei der Oxydation zu Manganoxydul Mn O pflegt man, da hierüber jeder Versuch fehlt, in Rücksicht auf die annähernd übereinstimmenden Atomgewichte des Eisens und Mangans der Verbrennungswärme des Eisens gleich zu setzen; zahlreiche Vor - gänge der Praxis weisen jedoch unwiderleglich darauf hin, dass sie ganz wesentlich höher ist. Man braucht nur gleiche Mengen mangan - armen und manganreichen Eisens im Sauerstoffstrome zu verbrennen, um durch das bedeutend stärkere Erglühen des manganreicheren Eisens davon überzeugt zu werden; ähnliche Erscheinungen zeigen sich im Grossen bei der Verarbeitung manganreicher Eisensorten. Man wird der Wahrheit jedenfalls näher kommen, wenn man die bei der Oxy - dation von 1 kg Mangan zu Mn O frei werdende Wärme zu 2000 W. -E., also die durch 1 kg Sauerstoff bei diesem Vorgange entwickelte Wärme zu 6875 W. -E. annimmt. Unter Benutzung dieser letzteren Ziffer sowie der von Thomsen gefundenen Oxydationswärme bei dem Uebergange23Wärmeerzeugung und Verbrennungstemperatur.von Mn O in Mn O2 erhält man nun folgende Werthe für die Ver - brennungs - beziehentlich Reductionswärme des Mangans:

a) auf 1 kg Mangan bezogen:

  • bei der Bildung oder Reduction von Manganoxydul Mn O. 2000 W. -E.
  • Mangansuperoxyd MnO2 2410

b) auf 1 kg verbrauchten, beziehentlich entzogenen Sauerstoff bezogen:

  • bei der Bildung oder Reduction von Manganoxydul Mn O. 6875 W. -E.
  • Mangansuperoxyd Mn O2 4110

Silicium. Bei den Vorgängen der Eisendarstellung spielt nur das eine Oxyd dieses Körpers, das Kieselsäureanhydrid Si O2 (gewöhnlich kurzweg Kieselsäure genannt), eine Rolle. Nach Versuchen von Troost und Hautefeuille1)Comptes rendus, T. LXX (1870), p. 254; Dingler’s Polyt. Journal 1870, 1. Aprilheft. beträgt die Verbrennungswärme des Siliciums bei der Entstehung jener Verbindung 7830 W. -E. per 1 kg Silicium; also per 1 kg Sauerstoff 6850 W. -E.

Phosphor. 1 kg Phosphor entwickelt bei seiner Verbrennung zu Phosphorsäureanhydrid P2 O5 nach Dulong2)Poggendorff’s Annalen, Bd. 45, S. 461. 5760 W. -E. ; also 1 kg Sauerstoff 4500 W. -E.

b) Verbrennungstemperatur.

Die bei der Verbrennung entwickelte Wärme wird zunächst von den Verbrennungsproducten (incl. des Stickstoffes der benutzten atmo - sphärischen Luft, des überschüssig in das Gasgemenge geführten Sauer - stoffes, der entstandenen Asche u. s. w.) aufgenommen, diese auf eine Temperatur erhitzend, welche abhängig ist von der Menge jener Ver - brennungsproducte wie von ihrer specifischen Wärme. Bezeichnet man mit W die gesammte entwickelte Wärme in W. -E., mit T die Tempe - ratur der Verbrennungsproducte (Verbrennungstemperatur), mit Q1 Q2 Q3 das Gewicht der Verbrennungsproducte, mit S1 S2 S3 die specifischen Wärmen derselben, so ist offenbar: 〈…〉 und hieraus ergiebt sich die theoretische Verbrennungstemperatur 〈…〉

Wenn z. B. Kohlenstoff von Null Grad Temperatur durch Luft von der nämlichen Temperatur zu Kohlenoxyd verbrannt wird, wobei nach Früherem 2473 W. -E. ent - wickelt werden, so bestehen die Verbrennungsproducte per 1 kg Kohlenstoff aus 2.33 kg Kohlenoxyd mit der specifischen Wärme 0.248 und 4.46 kg Stickstoff3)1 kg Kohlenstoff bedarf zur Verbrennung 4 / 3 kg Sauerstoff, welcher in der atmosphärischen Luft gemischt ist mit 〈…〉 kg Stickstoff. mit der specifischen Wärme 0.244; demnach würde die theoretische Verbrennungstemperatur sein: 〈…〉 .

24Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.

In Wirklichkeit wird diese theoretische Verbrennungstemperatur dadurch abgemindert, dass immer ein Theil der gesammten Wärme zur Erwärmung fremder Körper, der Ofenwände u. s. w. sofort verbraucht wird; dennoch giebt die obige Formel ein werthvolles Hilfsmittel, die bei Anwendung verschiedener Brennstoffe sich ergebenden Temperatur - unterschiede vergleichsweise einander gegenüber zu stellen, um den Grad der Verwendbarkeit des einen oder anderen Brennstoffes für diesen oder jenen Zweck darnach zu bemessen. 1)Die theoretische Verbrennungstemperatur eines bestimmten Brennstoffes nennt man dessen pyrometrischen Wärmeeffect.Für die Einflüsse aber, welche hinsichtlich der Verbrennungstemperatur in Betracht kommen, lassen sich folgende Schlüsse aus jener Formel ableiten.

Es zeigt sich zunächst, dass die theoretische Verbrennungstemperatur unabhängig ist von der Menge des verbrauchten Brennstoffes; denn in dem nämlichen Verhältnisse steigt und fällt mit der Menge des Brenn - stoffes sowohl im Zähler der Formel die erzeugte Wärmemenge als im Nenner die Menge der Verbrennungserzeugnisse. Es lässt sich jedoch leicht ermessen, dass die wirkliche Temperatur in irgend einem Apparate durch Verbrennung reichlicherer Brennstoffmengen alsdann sofort ge - steigert werden wird, wenn die Wärmeabgabe an fremde Körper, an die Ofenwände u. s. w. nicht in dem gleichen Maasse zunimmt, eine Er - scheinung, die sich auch im gewöhnlichen Leben häufig beobachten lässt.

Eine erhebliche Steigerung der Temperatur muss eintreten, wenn man von aussen her, z. B. durch Vorwärmung der Verbrennungsluft oder der Brennstoffe Wärme, welche beim Verbrennungsprocesse nutzbar gemacht wird, zuführt; denn man erhält in diesem Falle ohne Vermehrung der Verbrennungsproducte eine grössere Wärmemenge bei Anwendung derselben Menge Brennstoff als vorher; der Werth W in obiger Formel wird grösser, während der Nenner unverändert bleibt, und die Zahl T muss daher in gleichem Verhältnisse mit W wachsen. In der Benutzung dieser Thatsache ist uns ein besonders für viele eisen - hüttenmännische Processe wichtiges Hilfsmittel zur Erzeugung hoher Temperaturen gegeben.

Es sei z. B. in dem oben mitgetheilten Beispiele die zur Verbrennung bestimmte Kohle innerhalb eines mit Schmelzmaterialien und Kohlen gefüllten Ofens allmählich den aufsteigenden heissen Verbrennungsgasen entgegengerückt und dabei selbst schon auf eine Temperatur von 1200°C. erwärmt, ehe sie in den Verbrennungsraum des Ofens gelangt, und die specifische Wärme der Kohle sei 0.22, so dass also jedes Kilogramm Kohle schon 1200 × 0.22 = 264 W. -E. in den Verbrennungsraum mitbringt; ausserdem sei die zur Verbrennung bestimmte Luft in besonderen Apparaten auf 400°C. vorgewärmt und die specifische Wärme derselben 0.237, so dass die zur Verbrennung von 1 kg Kohle erforderliche Luftmenge (1.33 + 4.46 = 5.79 kg) dem Ofen 5.79 × 400 × 0.237 = 548 W. -E. zuführt. Es ist dann die gesammte, bei Verbrennung von 1 kg Kohle gewonnene Wärmemenge 2473 + 264 + 548 = 3285 W. -E., während die Menge der erfolgenden Verbrennungserzeugnisse die nämliche bleibt als in dem früheren Beispiele; daher die Verbrennungstemperatur 〈…〉 .

25Wärmeabgabe.

Das Beispiel lässt deutlich erkennen, wie erheblich schon durch eine mässige Vorwärmung der Verbrennungsluft die Temperatur ge - steigert wird.

Wie die Wärmezuführung von aussen die Verbrennungstemperatur steigert, weil hier die gewonnene Wärmemenge ohne gleichzeitige Ver - mehrung der Verbrennungserzeugnisse vergrössert wird, so wirkt um - gekehrt jede Vermehrung der Verbrennungsproducte ohne gleichzeitige entsprechende Vergrösserung der Wärmemenge auf eine Verminderung der Verbrennungstemperatur. Von zwei Brennstoffen mit gleicher Wärmeleistung wird im Allgemeinen derjenige die höhere Verbrennungs - temperatur liefern, welcher die geringere Luftmenge zur Verbrennung gebraucht; jede überschüssig in das Gemisch der Verbren - nungsgase geführte Luftmenge erniedrigt die Verbren - nungstemperatur. Nach Früherem aber ist eine vollständige Ver - brennung, welche allein die volle Ausnutzung des Brennstoffes gestattet, ohne einen Sauerstoffüberschuss nicht erreichbar, und letzterer wiederum kann geringer ausfallen, wenn die Temperatur in dem Verbrennungs - raume hoch ist. Hieraus ergiebt sich ein zweiter günstiger Einfluss jener oben erwähnten Vermehrung der Wärme durch Zuführung von aussen (Vorwärmung der Brennstoffe, der Luft u. s. w.); indem man zunächst unmittelbar eine Temperatursteigerung hervorruft, wie bereits nachgewiesen wurde, erleichtert man die Verbrennung, ermöglicht also die Abminderung des erforderlichen Sauerstoffüberschusses und erhöht dadurch abermals die Temperatur, bis eben eine Grenze erreicht ist, wo andere Vorgänge, insbesondere die schon früher erwähnte Disso - ciation der Verbrennungsgase, einer weiteren Steigerung ein Ziel setzen.

Neben überschüssiger Luft wirkt auch Wasserdampf, welcher, dem Wassergehalte des Brennstoffes oder der Verbrennungsluft entstammend, unzersetzt in das Gasgemisch geführt wurde, erniedrigend auf die Ver - brennungstemperatur, und zwar sehr kräftig, da seine specifische Wärme (0.475) beträchtlicher ist als die irgend eines anderen gasförmigen Ver - brennungserzeugnisses. Es erklärt sich hieraus leicht, dass wasser - reiche Brennstoffe niemals fähig sind, hohe Verbrennungstemperaturen zu liefern.

Umgekehrt würde aus den nämlichen Gründen eine beträchtliche Erhöhung der Verbrennungstemperatur zu erzielen sein, wenn es möglich wäre, der Verbrennungsluft den Stickstoffgehalt ganz oder doch theilweise zu entziehen (beziehentlich den Sauerstoffgehalt derselben anzureichern), und mit weit geringerem Sauerstoffüberschusse würde in diesem Falle die vollständige Verbrennung ermöglicht werden können. Leider ist bis jetzt kein Mittel, dessen Benutzung im Grossen aus - reichend billig wäre, zur Erreichung dieses Zieles bekannt.

4. Wärmeabgabe.

In den meisten Fällen ist die Erwärmung fremder Körper, durch Wärmeabgabe an dieselben bewirkt, der nächste Zweck bei der Wärme - entwickelung durch Verbrennung eines Brennstoffes. Die wärme - abgebenden Körper sind die Verbrennungserzeugnisse und daher26Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.meistens bei den Brennstoffen im engeren Sinne regelmässig gasförmig. Verschiedene Umstände können die Wärmeabgabe beein - flussen. Sie wird begünstigt:

1. Durch grosse Temperaturdifferenz der wärmeabgebenden und wärmeaufnehmenden Körper; also allgemein durch eine hohe Temperatur der ersteren. Bezeichnet t die Temperaturdifferenz, so steigert sich nach Versuchen von Dulong und Petit bei der Zunahme derselben die Geschwindigkeit der Wärmeabgabe in dem Verhältnisse t 1·232. Es folgt hieraus, dass alle jene besprochenen Mittel, welche die Erzielung hoher Verbrennungstemperaturen bewirken, auch die Wärmeabgabe begünstigen.

2. Durch längere Zeitdauer der Einwirkung. Dieser Satz bedarf keines Beweises, erklärt aber mancherlei Vorkommnisse der Praxis. Je länger die Verbrennungsgase innerhalb eines Ofens mit den zu erhitzenden Körpern in Berührung bleiben, desto mehr Wärme können sie an diese abgeben, desto abgekühlter verlassen sie selbst den Ofen.

3. Durch grosse Berührungsfläche zwischen den wärmeabgebenden und wärmeaufnehmenden Körpern.

4. Durch ein grosses Wärmeleitungsvermögen der zu erwärmenden Körper, welche die Wärme zunächst an ihrer Aussenfläche aufnehmen und dann nach den inneren Theilen hin fortpflanzen.

5. Durch grosse specifische Wärme der wärmeaufnehmenden Körper. Sie nehmen um so grössere Wärmemengen auf und werden um so langsamer erwärmt werden, entziehen also den Verbrennungserzeugnissen um so grössere Wärmemengen, je grösser ihre specifische Wärme ist.

6. Durch entgegengesetzte Bewegung der zu erwärmenden und der wärmeabgebenden Körper. Dieser unter dem Namen Gegenstrom - princip bekannte Lehrsatz ist von grösster Bedeutung für die Wärme - abgabe bei irgend einem Processe. Man erreicht bei diesem Vorgange nicht allein eine längere gegenseitige Einwirkung, sondern, was noch wichtiger ist, man bewirkt, dass die Temperaturdifferenzen zwischen beiden Körpern weniger rasch als im andern Falle ausgeglichen werden. Denkt man sich an dem einen Ende eines geschlossenen Apparates (Ofens) die heissen Verbrennungsgase eintreten und den am entgegen - gesetzten Ende eintretenden, zu erwärmenden Körpern entgegenrücken, so werden sie auf ihrem Wege ununterbrochen Wärme an diese abgeben können und bei ausreichend langer Einwirkung den Ofen im fast, d. h. auf die Anfangstemperatur des zu erwärmenden Körpers, abgekühlten Zu - stande verlassen können; treten aber beide an derselben Stelle ein und bewegen sich in gleicher Richtung oder verharrt der zu erwärmende Körper in Ruhe, so können die wärmeabgebenden Körper natürlicher - weise stets nur auf diejenige Temperatur abgekühlt werden, welche bei der gegenseitigen Einwirkung jener Körper selbst annimmt, die Er - hitzung dieses letzteren (welche im ersteren Falle bis fast auf die Anfangs - temperatur der wärmeabgebenden Körper gesteigert werden kann) ist geringer, die Wärmeausnutzung erheblich ungünstiger.

27Die Brennstoffe. Das Holz.

Literatur.

Ueber die Wärmeentwickelung bei der Verbrennung und die Methoden zur Ermittelung derselben giebt jedes grössere Handbuch der Physik Auskunft. Aus - führlicheres, besonders über die in Vorstehendem behandelten Verbrennungserschei - nungen, findet der Leser in:

  • L. Gruner, Abhandlungen über Metallurgie, übersetzt von Franz Kupel - wieser. Paris 1877, S. 43 70.
  • A. Ledebur, Die Oefen für metallurgische Processe. Freiberg 1878, S. 1 23.
  • E. F. Dürre, Allgemeine Hüttenkunde. Leipzig 1877, S. 259 275.
  • C. Schinz, Dokumente betreffend den Hohofen. Berlin 1868.

Abhandlungen.

  • A. Ledebur, Reduction und Oxydation. Berg - und hüttenm. Ztg. 1879, S. 393.
  • R. Åkerman, Verhalten von oxydirtem und metallischem Eisen zu Kohlenoxyd, Wasser und Wasserstoff. Oesterr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1876, S. 425.
  • A. Ledebur, Wird bei der Verbrennung von Kohle durch hohe Tempe - ratur Kohlensäure - oder Kohlenoxydgasbildung befördert? Stahl und Eisen , 1882, S. 356.

III. Die Brennstoffe.

Unter der Bezeichnung Brennstoff im weiteren Sinne kann man jeden Körper verstehen, durch dessen Verbrennung nutzbare Wärme geliefert wird, und von diesem Gesichtspunkte aus lassen sich auch Eisen, Mangan, Silicium, Phosphor unter die Brennstoffe des Eisen - hüttenmannes zählen; denn die von letzteren Körpern bei ihrer Ver - brennung entwickelte Wärme spielt thatsächlich eine wichtige Rolle bei einzelnen Processen der Eisendarstellung, und ohne diese Wärmeent - wickelung würden die betreffenden Processe mitunter unausführbar sein.

In Folgendem soll jedoch nur von denjenigen Brennstoffen die Rede sein, welche auch im engeren Sinne diese Bezeichnung verdienen, insofern die Wärmeentwickelung den hauptsächlichsten oder doch vor - nehmsten Zweck ihrer Verwendung bildet.

1. Das Holz.

Dasselbe besteht im Wesentlichen aus der eigentlichen Holzsubstanz, der Cellulose, nach der chemischen Formel C6 H10 O5 zusammengesetzt; aus einer gewissen Menge anorganischer Körper, welche beim Ver - brennen als Asche zurückbleiben; und aus Wasser.

Der Aschengehalt beträgt durchschnittlich 1 Proc., zeigt übrigens auch an dem Holze von einem und demselben Baume Abweichungen und ist am stärksten in den Wurzeln und Blättern. Die Asche enthält vorzugsweise kohlensaures Calcium (50 70 Proc.), daneben kohlensaure28Die Brennstoffe.Alkalien (bis 25 Proc.), Kieselsäure (deren Gehalt zwischen 2 13 Proc. zu schwanken pflegt), sowie kleinere Mengen von schwefelsauren und phosphorsauren Salzen. Der Phosphorgehalt wird selten über 2 Proc. hinausgehen und ist gewöhnlich noch geringer.

Der Wassergehalt des Holzes ist nicht nur bei verschiedenen Holz - arten verschieden, sondern lässt sich auch durch längeres Lagern des gefällten Holzes an der Luft verringern. Frisch gefälltes älteres Holz enthält durchschnittlich:

  • Hainbuche19 Proc. Wasser
  • Ahorn27
  • Esche29
  • Birke31
  • Eiche35
  • Buche40
  • Kiefer40
  • Fichte45
  • Lärche49

Bei jüngeren Bäumen dagegen steigt mitunter der Wassergehalt bis auf 60 Proc.

Beim längeren (mindestens zweijährigen) Lagern des gespaltenen Holzes an einem trockenen, aber luftigen Orte vermindert sich allmählich der Wassergehalt bis auf etwa 20, bei einzelnen Holzsorten 17 Proc.; eine weitere Austrocknung ist nur möglich, wenn das Holz bei einer Temperatur zwischen 125 150°C. getrocknet wird. Die Zusammen - setzung dieses vollständig trockenen, demnach nur noch aus Cellulose, Asche und den stickstoffhaltigen Resten des Saftes bestehenden Holzes ist durchschnittlich folgende:

  • Kohlenstoff49.7 Proc.
  • Wasserstoff6.0
  • Sauerstoff41.3
  • Stickstoff1.1
  • Asche1.9
  • 100.0 Proc.

und zeigt überhaupt bei den verschiedenen Holzsorten keine grossen Unterschiede.

Die Zusammensetzung des lufttrockenen Holzes lässt sich hieraus unschwer berechnen, wenn man den Wassergehalt desselben von durch - schnittlich 20 Proc. hinzurechnet.

Erhitzt man das Holz stärker als auf 150°C., so tritt Zersetzung ein.

Das Holz von den Laubholzbäumen, insbesondere von der Buche, Eiche, Ulme, Birke pflegt man hartes, dasjenige von den Nadelholz - bäumen sowie auch von der Linde, Weide, Pappel weiches Holz zu nennen.

Das Gewicht des lufttrockenen Holzes per cbm (incl. der Zwischenräume zwischen den einzelnen Stücken) beträgt: bei hartem Holze 350 450 kg weichem 250 300 und schwankt nach der Form und Grösse der Holzstücke, wie nach dem noch vorhandenen Wassergehalte.

Wärmeleistung. Dieselbe, auf die Gewichtseinheit (1 kg) des Holzes bezogen, fällt natürlicherweise um so grösser aus, je geringer29Die Holzkohle.der Wassergehalt, je trockener also das betreffende Holz ist. Als Durch - schnittswerthe kann man annehmen1)Th. Erhard, Tabellen zur Feuerungskunde, Freiberg 1878.:

  • für vollständig trockenes Holz (ohne jeden Wassergehalt) 3800 W. -E.
  • lufttrockenes Holz mit 20 Proc. Wasser 2900 W. -E.

Darren des Holzes. Der selbst im lufttrockenen Holze noch ziemlich beträchtliche Wassergehalt verringert nicht allein, wie sich aus Vorstehendem ergiebt, nicht unbeträchtlich die Wärmeleistungsfähigkeit des Holzes, sondern auch, indem er in die Verbrennungserzeugnisse übergeht und hier Wärme aufnimmt, in sehr erheblicher Weise die bei der Verbrennung des Holzes erreichbare Temperatur. Für Processe, zu deren Durchführung eine hohe Temperatur Bedingung ist, lässt sich das Holz demnach nur verwenden, wenn man ihm durch einen künstlichen Trocknungsprocess bei einer Temperatur von etwas über 100°C. die grössere Menge des ihm im lufttrockenen Zustande noch gebliebenen Wassers entzieht. Hierdurch allerdings werden die Kosten des Brenn - materiales nicht unerheblich gesteigert.

Man benutzt zum Darren gemauerte Kammern, welche in irgend einer Weise auf die erforderliche Temperatur erhitzt werden und in welchen das Holz, welches am zweckmässigsten auf leichten eisernen Wagen sich befindet, bis zur beendigten Trocknung belassen wird. Für genügenden Luftwechsel zur Ableitung der sich bildenden Wasserdämpfe muss natürlich gesorgt werden. In einzelnen Fällen benutzt man erhitzten Gebläsewind zum Trocknen, welcher durch Röhren in die Kammern geführt wird; in anderen bringt man an einer passenden Stelle der Kammer eine Rostfeuerung an und führt die Verbrennungs - gase durch die Kammer selbst hindurch, wobei sie das aus dem Holze verflüchtigte Wasser mitnehmen; oder man legt ein System eiserner Röhren in die Kammer, durch welches die Verbrennungsgase hindurch - ziehen, solcherart mittelbar die Kammer erwärmend.

Infolge der raschen Ausdehnung der Verkehrsmittel verliert das immerhin ziemlich kostspielige Holz als Brennstoff für die Eisenindustrie von Jahr zu Jahr an Wichtigkeit und wird durch mineralische Brenn - stoffe selbst in solchen Gegenden ersetzt, wohin diese aus entlegeneren Gegenden geschafft werden müssen.

2. Die Holzkohle.

Darstellung.

Wenn man Holz bei Luftabschluss auf eine Temperatur von über 150°C. erhitzt, so tritt, wie schon erwähnt, Zersetzung ein, sauerstoff - haltige Destillationserzeugnisse werden verflüchtigt und das Holz wird braun; steigert man die Temperatur auf 300 350°C., so entweichen theerige Bildungen, Holzessig, aber auch Kohlenoxyd nebst Kohlensäure, und als schwarzer Rückstand hinterbleibt die bekannte Holzkohle.

Für die Durchführung des Verkohlungsprocesses giebt es im Wesent - lichen drei Methoden.

30Die Brennstoffe.
a) Verkohlung in Meilern.

Es ist dieses die ältere und in Europa auch noch jetzt üblichere Methode der Holzkohlendarstellung. Ein Meiler ist ein nach bestimmten Regeln aufgestellter Holzhaufen, welcher im Innern entzündet, ringsum aber durch eine Decke aus Rasen oder dergleichen eingehüllt ist, so dass die Verbrennung, deren Verlauf durch Luftlöcher in der Decke geregelt werden kann, immerhin nur eine sehr beschränkte bleibt und nur soweit ausgedehnt wird, als für die zur Zersetzung des Holzes nothwendige Wärmeentwickelung nothwendig ist.

Fig. 1 stellt die üblichste Form eines für Holzkohlendarstellung bestimmten Meilers dar. Zur Herstellung desselben wird zunächst der Boden der Kohlen - oder Meilerstätte geebnet und festgestampft, sofern

Fig. 1.

nicht von früheren Verkohlungen her noch eine Stätte verfügbar ist (alte Meilerstätten eignen sich besser als neue, da letztere sehr leicht Veranlassung zu ungleichmässigem Zuge geben). In der Mitte der Stätte werden dann zunächst zwei oder drei Quandelpfähle A, die man wohl durch Spreizen N auseinander hält und durch Weidenruthen an - einander befestigt, aufgestellt. Den Raum zwischen den Quandelpfählen füllt man mit trockenem Reisig oder dergl. aus; an dem Fusse derselben werden ringsherum einzelne trockene Brettchen auf die hohe Kante gestellt, um das Anzünden zu erleichtern, und beim Aufbauen (Richten) des Meilers legt man von hier aus am Boden der Stätte radial gegen den Umfang ein starkes Holz ein, welches später herausgezogen wird und hierbei einen von aussen nach innen führenden Canal, die Zünd - gasse, offen lässt, durch welche das Anzünden der im Quandel an - gehäuften Brennstoffe bewirkt wird. Nun werden, wie es die Abbildung darstellt, die zu verkohlenden Holzstücke rings um die Quandelpfähle her und zwar möglichst dicht neben einander aufgestellt; zu oberst bildet man die Haube aus kleineren Holzstücken, so dass das Ganze31Die Holzkohle.annähernd paraboloidische Form erhält. Die gesammte Höhe eines Meilers pflegt 3 4 m zu sein, der gesammte Rauminhalt 100 150 cbm; in einzelnen Fällen allerdings sind die Meiler erheblich kleiner und in anderen beträgt ihr Inhalt bis zu 300 cbm.

Ist der Meiler gerichtet, so füllt man die Zwischenräume zwischen den einzelnen Scheiten im Umfange durch Einlegen dünnerer Holz - stücke möglichst dicht aus und geht dann daran, ihn, wie schon er - wähnt, mit Rasen, Laub, Moos, Nadelholzreisig oder dergl. zu decken. Ringsum am Fusse lässt man bis zu einer Höhe von etwa 15 cm die Decke fehlen und schützt sie vor dem Hinuntergleiten durch eine auf Steinen ruhende Umfassung von Aesten oder dünnen Holzscheiten, den Fussrüsten oder Unterrüsten. Schliesslich wird der fertig gedeckte Meiler noch mit einem Bewurfe aus Erde, am besten gemischt mit sogenannter Stübbe (Holzkohlenklein von früheren Meilern), versehen, den man in einer Stärke von 3 12 cm mit der Schaufel anwirft, und ist dann, nachdem man noch an der dem herrschenden Winde vor - zugsweise ausgesetzten Seite des Meilers ein Windschauer, gewöhn - lich eine aus Reisig gefertigte Wand, aufgestellt hat, zum Anzünden fertig. In der Abbildung stellt die mit B bezeichnete Lage die Decke, die äusserste schwarze Schicht den Bewurf des Meilers dar.

Kurze Zeit nachdem das Anzünden durch die Zündgasse bewerk - stelligt worden ist, wird letztere sowie der Fuss des Meilers zuge - worfen, und der Köhler regelt nun durch Anbringung sogenannter Räumlöcher das Feuer derartig, dass der Brand sich allmählich von der Spitze nach dem Fusse hin ausbreitet. Jene Räumlöcher sind Oeff - nungen, welche mit dem Stiele einer Schaufel durch den Bewurf und die Decke hindurch bis auf das Holz gestossen und gürtelförmig rings um den Meiler herum gewöhnlich in zwei Reihen übereinander angeordnet werden. Durch Zuwerfen einer oberen Reihe und Einstossen einer neuen weiter unten zieht man das Feuer nach und nach abwärts. Im An - fange des Processes entstehen durch heftig entweichende Dämpfe mit - unter Explosionen (Schütten des Meilers), durch welche ein Theil der Decke abgeworfen wird, und in solchen Fällen ist natürlicherweise alle Aufmerksamkeit und eine sofortige Wiederherstellung der Decke erfor - derlich, damit nicht der Meiler durch die eindringende Luft in Flammen gerathe; beim Verkohlen selbst schwindet der Meiler, es entstehen an einzelnen Stellen hohle Räume und werden durch Nachfüllen frischen Holzes geschlossen. Ein gleichmässiges Zusammenschwinden ist natür - lich nicht zu vermeiden, und ein besonderer Vortheil der beschriebenen Decke solcher Meiler liegt in dem Umstande, dass sie, der eintretenden Formveränderung folgend, in jedem Zeitabschnitte der Verkohlung den Meiler gleich gut bedeckt hält. An der lichteren Farbe des Rauches erkennt schliesslich der Köhler, dass der Meiler gaar , d. h. dass die Verkohlung beendet ist. Die Decke wird nun sorgfältig geschlossen, um das Feuer zu ersticken; dann folgt als letzte Arbeit das Kohlen - ziehen, wobei täglich nur ungefähr 3 cbm Holzkohlen an einer und derselben Stelle heraus geholt werden. Die Stelle wird dann wieder gut verschlossen, damit nicht Entzündung des ganzen Meilers eintrete.

Die Zeitdauer der Verkohlung eines mittelgrossen Meilers pflegt 15 bis 20 Tage zu betragen.

32Die Brennstoffe.

Abweichend von dem beschriebenen Verfahren der Meilerverkohlung verkohlt man in einzelnen Gegenden, jedoch seltener, die Holzscheite liegend, zu Haufen von trapezförmigem Querschnitte und rechteckiger Grundfläche aufgeschichtet (Haufenverkohlung oder Verkohlung in liegenden Meilern).

Da selbst bei völligem Luftabschlusse, wie er in Meilern niemals zu erreichen ist, ein Theil des Kohlenstoffes des Holzes in chemischer Verbindung mit dem Sauerstoff - und Wasserstoffgehalte desselben ent - weicht, so folgt von selbst, dass das Ausbringen an Holzkohlen niemals den Kohlenstoffgehalt des benutzten Holzes auch nur annähernd er - reichen kann. Dasselbe beträgt durchschnittlich 22 Proc. von dem Holz - gewichte; es ist grösser bei langsamer als bei allzusehr beschleunigter Verkohlung, grösser bei älterem und trockenem als bei jungem und nassem Holze, und fällt in einzelnen Fällen auf 17 Proc., während es in anderen bis auf 28 Proc. steigen kann. Dem Gemässe nach erhält man aus 1 cbm Holz etwa 0.6 cbm Holzkohlen (beides incl. Zwischen - räume gemessen).

Da die Meilerverkohlung im Walde unweit der Gewinnungsstätte des Holzes vor sich gehen kann, und das Gewichtsverhältniss zwischen erfolgenden Kohlen und verbrauchtem Holze, den soeben mitgetheilten Ziffern zufolge, ein geringes ist, so erspart man durch diese Methode gegenüber der Verkohlung an einer Centralstelle, z. B. auf der Hütte, nicht unbeträchtlich an Fracht, ein Umstand, welcher um so schwerer ins Gewicht fällt, je grösser die Entfernungen und je beschränkter die Verkehrsmittel sind. Die Beschaffenheit der Meilerkohlen ist bei rich - tiger Leitung des Processes vortrefflich. Die Destillationserzeugnisse aber (Holzessig u. s. w.) gehen bei der Meilerverkohlung ungenutzt verloren, und eine Gewinnung derselben in lohnender Weise dürfte in Rücksicht auf die besonderen Eigenthümlichkeiten des Verfahrens kaum möglich sein, obgleich verschiedentlich dahin zielende Versuche gemacht worden sind (Einstecken von Röhren in den Meiler zur Ab - leitung und Condensation der sauren Dämpfe u. s. w.).

b) Verkohlung in Oefen.

Die Thatsache, dass bei der Meilerverkohlung eine fast unaus - gesetzte Beaufsichtigung des Meilers zur Verhütung einer Entzündung desselben erforderlich ist, ein Umstand, welcher die Thätigkeit des Köhlers zu einer sehr anstrengenden macht, und dass trotzdem bei aller Umsicht das Ausbringen an Holzkohle immerhin ein ziemlich geringes bleibt, gab wohl zuerst Veranlassung zur Anwendung von Oefen, d. h. geschlossener Räume, in welchen der Process der Verkohlung in ganz ähnlicher Weise wie bei einem Meiler verläuft, bei welchen aber die bewegliche Meilerdecke durch die gemauerte Umfassung ersetzt und somit die Gefahr vermieden ist, dass durch unbeachtetes Ablösen der Decke die Luft Zutritt erhält und den Meiler ganz oder theilweise entzündet.

In Europa ist das Verfahren verhältnissmässig selten, häufig da - gegen finden sich Verkohlungsöfen in Nordamerika, wohin die Ofen -33Die Holzkohle.verkohlung ursprünglich aus Schweden verpflanzt wurde. Diese Oefen haben entweder rechteckige Grundform, sind oben durch ein Tonnen - gewölbe überspannt und etwa 15 m lang, 3.5 bis 5 m breit und ebenso hoch; oder sie sind cylindrisch gebaut und oben durch ein Kuppel - gewölbe abgedeckt bei 8.5 m Durchmesser, und 3.5 m Höhe bis zum Gewölbe; oder endlich sie haben Kegelform bei 8.5 bis 9 m Durchmesser an der Grundfläche und 6 bis 8.5 m Höhe. Sämmtliche Oefen haben unten rings herum in den Umfassungswänden zwei oder drei Reihen von Oeffnungen zur Regulirung des Luftzutrittes.

Eine Gewinnung der Destillationserzeugnisse findet, wenigstens bei den nordamerikanischen Verkohlungsöfen, nicht statt; anderweitig an - gestellte Versuche, durch Einbauen von Röhren in die Ofenwände Ge - legenheit zur Ableitung und Condensation der Dämpfe zu geben, scheinen einen befriedigenden Erfolg nicht gehabt zu haben, vermuthlich wegen Be - nachtheiligung der Güte der Kohlen und Verringerung des Ausbringens.

Die Verkohlungsöfen erheischen, wie sich von selbst versteht, ein bestimmtes Anlagekapital, welches amortisirt werden muss, und alljähr - liche Ausgaben der Unterhaltung, also Kosten, welche bei der Meiler - verkohlung wegfallen; das Holz muss nach den Oefen transportirt werden, und je weiter die Entfernung ist, desto empfindlicher wird der Unterschied in den Kosten für den Transport des Holzes und der Kohlen sich geltend machen; dagegen ist das Ausbringen an Holz - kohlen in den Oefen unleugbar höher und beziffert sich auf 30 bis 50 Proc. Die Güte der ausgebrachten Kohlen aber ist nach dem Urtheile amerikanischer Eisenhüttenleute durchschnittlich geringer als die der Meilerkohlen. Egleston bestreitet1)Vergl. die unten angeführte Literatur., dass dieser Uebelstand eine Folge der Ofenverkohlung an und für sich sei, und ist der Mei - nung, dass der Grund hierfür lediglich in der üblichen zu starken Be - schleunigung des Processes zu suchen sei. Verkohlt man ausreichend langsam, so sei die Güte der Kohlen mindestens die nämliche wie bei Meilerkohlen, das Ausbringen um 15 bis 20 Proc. höher, der bei der Meilerverkohlung unvermeidliche Verlust an Holzkohlen bei dem weiten Transporte vermieden, die Arbeitslöhne geringer.

c) Verkohlung in Retorten.

Das Bestreben, die bei der Zersetzung des Holzes auftretenden Destillationserzeugnisse, insbesondere den Holzessig, zu gewinnen und nutzbar zu machen, führte schon vor geraumer Zeit zu der Anwendung von Retorten für die Verkohlung, d. h. von geschlossenen Behältern, welche von aussen durch besondere Feuerung erhitzt werden und aus welchen die sich verflüchtigenden Zersetzungsgebilde durch Röhren unschwer nach Condensationsapparaten geführt werden können. In den allermeisten Fällen beschränkte sich allerdings die Anwendung dieses Verfahrens auf solche Verhältnisse, wo die Gewinnung des Holzessigs u. s. w. Hauptzweck und die Gewinnung der Holzkohlen nur ein Neben - zweck ist; indessen hat man verschiedentlich die Einführung auch auf Eisenwerken empfohlen. Thatsächlich ist, soweit meine Kenntniss reicht,Ledebur, Handbuch. 334Die Brennstoffe.in Deutschland nur eine einzige derartige Anlage ins Leben getreten (Rübeland am Harz).

Aus 1 cbm Holz erhält man nach Gillot als Enderzeugnisse der Retortenverkohlung sowie einer Reihe von Zwischenprocessen zur Ver - arbeitung der zuerst übergegangenen Destillationsgebilde 75 kg Holz - kohle, 47.5 kg reine 40 procentige Essigsäure, 6 kg Holzgeist, 3 kg Theeröl.

Den Erträgen für diese chemischen Erzeugnisse ausser Holzkohle stehen jedoch die Mehrkosten für den Transport des Holzes, die Amor - tisations - und Unterhaltungskosten der Anlage, die Betriebskosten für die Durchführung der chemischen Processe, der Brennstoffverbrauch zum Heizen der Retorten, vor allem aber die Thatsache gegenüber, dass die Retortenkohlen einen geringeren Heizwerth besitzen als die Meiler - kohlen, und dass der Verbrauch an denselben für den gleichen Zweck mithin ein grösserer ist als an letzteren. Der Vortheil eines etwas reichlicheren Ausbringens durch die Retortenverkohlung gegenüber der Meilerverkohlung wird also durch die geringwerthigere Beschaffenheit der ausgebrachten Kohlen annähernd ausgeglichen werden; ob der Werth der zu erlangenden Essigsäure u. s. w. ausreichend sein wird, die Einführung des Verfahrens für Eisenwerke an Stelle der Meiler - verkohlung zu rechtfertigen, wird von den örtlichen Verhältnissen abhängig bleiben. Jedenfalls ist in Rücksicht auf den schon erwähnten Umstand, dass die Benutzung des Holzes und der Holzkohle für die Zwecke der Eisenindustrie sich von Jahr zu Jahr mehr verringert, je mehr die Verkehrsmittel sich ausdehnen, eine umfangreichere Ein - führung der Retortenverkohlung auf den Eisenwerken nicht mehr zu erwarten.

Eigenschaften der Holzkohle.

Die Holzkohle, obschon ihrer Natur nach im Wesentlichen aus reiner Kohlensubstanz bestehend, enthält doch stets ausser den Aschen - bestandtheilen des Holzes noch gewisse Mengen Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff, selbst wenn sie bei Weissgluth, also bei weit höherer Temperatur dargestellt wurde, als in den beschriebenen Verkohlungs - apparaten erreicht wird; beim Lagern an der Luft aber nimmt dieselbe ziemlich rasch eine nicht unbeträchtliche Menge von Wasserdampf und Gasen auf. Die durchschnittliche Zusammensetzung lufttrockener Holzkohle kann angenommen werden zu:

  • Kohlenstoff80.1 Proc.
  • Wasserstoff1.8
  • Sauerstoff und Stickstoff3.1
  • Hygroskopisches Wasser12.0
  • Asche3.0 ;

ihre Wärmeleistungsfähigkeit zu 6900 W. -E.

Das Gewicht eines Cubikmeters Holzkohle in Stücken (incl. der Zwischenräume) beträgt nach Gruner:

  • bei Tannenkohle125 140 kg
  • Fichtenkohle140 180
  • harter Laubholzkohle200 240

Die niederen Ziffern entsprechen Holzkohlen aus rasch gewachse - nen Hölzern oder bei fehlerhaftem Betriebe (zu rascher Kohlung) erzeugt;35Der Torf.die höheren Ziffern dagegen erhält man bei Holzkohlen aus älteren, langsam gewachsenen Hölzern und bei nicht allzu beschleunigtem Betriebe.

Gute Holzkohle ist tiefschwarz, hart, klingend, wenig abfärbend; war sie bei allzu raschem Betriebe oder bei Luftzutritt erzeugt, so ist sie mürbe, zerreiblich, abfärbend und besitzt geringen Brennwerth; Kohlen, die bei zu niedriger Temperatur gewonnen waren, also gewisser - maassen aus unvollständig verkohltem Holze bestehen, haben braune Farbe, grosse Festigkeit, brennen, wenn sie entzündet werden, mit Flamme und heissen Bränder.

Beim Lagern im Schuppen erleidet die Holzkohle theils durch Ver - krümelung, theils auch wohl durch langsame Oxydation zu Kohlensäure einen Verlust, der 5 Proc. und darüber betragen kann (Krümpfeverlust).

3. Der Torf.

Der Torf ist das noch jetzt sich bildende Erzeugniss der Zersetzung gewisser Gattungen von Pflanzen unter dem Einflusse von Luft und Wasser, wobei aus der Pflanzensubstanz Sauerstoff austritt und der Kohlenstoffgehalt sich anreichert, zugleich aber eine reichliche Wasser - menge aufgenommen wird, während die mechanische Vermengung mit zugeführten schlammigen Massen Veranlassung zu einem bedeutenden Aschengehalte giebt.

Vorzugsweise findet sich Torf in der gemässigten Zone und zwar theils in Thälern, theils auf Hochebenen. Besonders reich an Torf ist Deutschland, sowohl Nord - als Süddeutschland, wo derselbe in manchen Gegenden einen auch für metallurgische Zwecke vielfach benutzten Brennstoff bildet; auch Frankreich, Grossbritannien, Russland, Skandi - navien besitzen ausgedehnte Torflager.

Die Gewinnung des Torfes geschieht durch Hand - oder Maschinen - arbeit. Bei der ersteren wird derselbe, sofern er die genügende Festig - keit besitzt (unter Umständen nach vorausgegangener Entwässerung des Torfmoores) mit entsprechend geformten Spaten in prismatischen Stücken ausgestochen, um im Freien oder luftigen Schuppen getrocknet zu werden (Stechtorf); gestattet aber die Eigenthümlichkeit der Torfmasse eine Gewinnung in dieser Weise nicht (wegen breiiger, ungleichmässiger Be - schaffenheit), so gräbt man dieselbe aus, mischt sie in einer Grube durch Treten mit den Füssen oder Schlagen mit Werkzeugen durch einander und streicht nun entweder diesen Torfbrei in Formen, um die solcherart gewonnenen prismatischen Stücke (Torfziegel) zu trocknen (Streichtorf, Modeltorf), oder man breitet eine grössere Menge des - selben auf dem geschlichteten Torffelde aus, überlässt ihn hier einige Zeit der Trocknung, dichtet ihn hierauf durch Treten oder Schlagen und schneidet ihn mit langen Messern in einzelne Stücken, welche nun - mehr, um vollends lufttrocken zu werden, in Haufen zusammengestellt werden (Backtorf, Breitorf). Die Gewinnungskosten des Streich - und Backtorfes sind um 15 20 Proc. höher als die des Stechtorfes, wogegen jene Sorten sich durch grössere Dichtigkeit und Festigkeit vor diesem auszeichnen.

3*36Die Brennstoffe.

Die zur Gewinnung des Torfes benutzten Maschinen sind ziemlich mannigfacher Art. Während die älteren derselben sich darauf be - schränken, den Torf zu stechen und herauszuheben, sind die neueren mit Einrichtungen versehen, um die Fasern des herausgehobenen Torfes mit Messern zu zerschneiden, die Masse ähnlich wie es bei der Back - und Streichtorfanfertigung durch Handarbeit geschieht innig durch einander zu mischen, in einzelnen Fällen auch wohl zu schläm - men, wenn anorganische Beimengungen entfernt werden sollen, und dann entweder unter mässigem Drucke in Stücke zu formen (Presstorf) oder nach vorausgegangener Beimengung von Wasser auf einem Trocken - felde gleichmässig auszubreiten, so dass dann später, wie bei der Hand - arbeit, die einzelnen Stücke daraus geschnitten werden (Maschinenback - torf). Hinsichtlich der Einrichtung dieser verschiedenen Maschinen muss auf die unten gegebene Literatur verwiesen werden.

Vor dem Handtorfe zeichnet sich der mit Maschinen gewonnene Torf (auch wohl Kunsttorf genannt) durch grössere Gleichmässigkeit und Festigkeit aus, welche letztere den Transport auf grössere Ent - fernungen ohne Gefahr für starke Verluste ermöglicht; vor dem gewöhn - lichen Streichtorfe besitzt der Presstorf den Vorzug einer grösseren Dichtigkeit (wodurch nicht nur ebenfalls der Transport erleichtert, sondern auch die Verbrennung der gleichen Menge Torf auf einen kleineren Raum beschränkt ist) und einer verringerten hygroskopischen Beschaffenheit.

Die Zusammensetzung der reinen Torfsubstanz (excl. Wasser und Asche) ist nach dem verschiedenen Alter des Torfes verschieden, beträgt jedoch durchschnittlich:

  • Kohlenstoff60 Proc.
  • Wasserstoff6
  • Sauerstoff und Stickstoff34

Ein Umstand, welcher sich der Verwendung des Torfes in solchen Fällen, wo es sich um Hervorbringung hoher Temperaturen handelt, hemmend entgegenstellt, ist sein beträchtlicher Wassergehalt und sein oft sehr ansehnlicher Aschengehalt. Der Wassergehalt des frischen (nicht getrockneten) Torfes pflegt mindestens 80 Proc. zu betragen; an der Luft gut getrockneter Torf enthält gewöhnlich noch 25 Proc. Wasser; durch Trocknen bei 100°C. lässt sich allerdings auch dieses Wasser bis auf kleine Mengen austreiben, der gedarrte Torf aber nimmt, sobald er der Luft ausgesetzt ist, rasch wieder die vorige Menge Wasser auf, eine Eigenschaft, die er mit dem gedarrten Holze theilt. Bei Erhitzung über 120°C. beginnt bereits die Zersetzung.

Der Aschengehalt des Torfes beträgt allerdings in einzelnen seltenen Fällen nur 0.5 Proc. und man nennt diejenigen Torfe, deren Aschen - gehalt unter 5 Procent bleibt, aschenarme; häufiger noch sind die - jenigen mit 5 10 Proc. Asche (mittlerer Aschengehalt), und nicht selten kommt ein Aschengehalt bis 20 Proc. und darüber vor (aschenreiche Torfe). Steigt jedoch der Gehalt über 25 Proc., so dürfte es kaum mög - lich sein, ihn als Brennstoff zu verwenden.

Die Asche besteht gewöhnlich zum grössten Theile aus Kiesel - säure, Eisenoxyd, Thonerde und Kalk mit kleineren Mengen Alkalien, Magnesia, Phosphorsäure. Der Phosphorsäuregehalt geht selten über37Die Torfkohle.2 Proc. des Aschengewichtes hinaus und beträgt häufig erheblich weniger.

Die Wärmeleistung der reinen Torfsubstanz lässt sich ungefähr zu 5300 W. -E. annehmen, während gewöhnlicher lufttrockener Torf mit mittlerem Aschengehalte höchstens 3500 W. -E. zu liefern im Stande ist. Nach Versuchen von Brix verdampft 1 kg Torf mit 8 10 Proc. Asche und 25 Proc. Wasser bei der Heizung eines Dampfkessels etwa 1.2 mal so viel Wasser als Holz; nimmt man also die Wärmeleistung dieses letzteren, wie oben mitgetheilt, zu 2900 W. -E. an, so würde die Wärmeleistung des Torfes ca. 3500 W. -E. betragen.

Um den Torf auch für solche Zwecke verwendbar zu machen, wo eine höhere Verbrennungstemperatur Bedingung ist, insbesondere also auf Eisenhüttenwerken, unterwirft man ihn zur Austreibung seines Wassergehaltes einem Trocknungsprocesse (Darren) bei etwa 100°C. in ähnlichen Darrkammern als für das Trocknen des Holzes benutzt werden. Die Form derselben und die Einrichtung zum Heizen ist ziemlich mannigfaltig; nähere Angaben hierüber findet der Leser in den unter Literatur aufgeführten Werken von Hausding und Birnbaum.

Dass der gedarrte Torf rasch, d. h. noch warm, verbraucht werden muss, wenn er nicht wieder Wasser anziehen soll, dass also die Darr - vorrichtungen auch unmittelbar neben dem Verwendungsorte sich be - finden müssen, wurde schon erwähnt.

4. Die Torfkohle.

Darstellung.

Durch Erhitzung des Torfes auf 200 300°C. wird unter Zer - setzung der Torfmasse der Sauerstoff -, Wasserstoff - und Stickstoff - gehalt nebst einem Theile des Kohlenstoffgehaltes ausgetrieben und es hinterbleibt der Rest des Kohlenstoffes allerdings nicht ohne kleine Mengen auch der übrigen Bestandtheile der Torfmasse nebst dem Aschengehalte als Torfkohle zurück. Wie alle Kohle im eigentlichen Sinne (Holzkohle, Koks), welche eine Zersetzung durch einfache Er - hitzung nicht mehr erleiden kann, besitzt dieselbe die Eigenschaft, ohne Flamme zu verbrennen und eine höhere Verbrennungstemperatur als der rohe Torf zu entwickeln, bei dessen Verbrennung eine reichliche Menge Wasser gebildet wird. Für viele, insbesondere für manche metal - lurgische, Zwecke ist sie deshalb besser als dieser geeignet.

Die Herstellung der Torfkohle geschieht in ähnlicher Weise als die der Holzkohle.

a) Meilerverkohlung.

Die Meiler werden in ähnlicher Weise hergestellt und betrieben als bei der Holzverkohlung, und man unterscheidet auch hier stehende Meiler von paraboloidischer Form und liegende Meiler oder Haufen. Das Verfahren besitzt jedoch im Vergleiche mit der Meilerverkohlung des Holzes mancherlei Nachtheile. Wie das Holz schwindet der Torf beim Verkohlen; aber bei der geringen Grösse der einzelnen in dem Meiler befindlichen Torfstücke ist die Zahl der hierbei entstehenden38Die Brennstoffe.Zwischenräume zwischen denselben weit beträchtlicher, ein Ausfüllen derselben während der Verkohlung schwieriger, als bei der Darstellung von Holzkohlen; der Torfmeiler schwindet ungleichmässig und die Wartung desselben ist noch umständlicher als diejenige des Holz - kohlenmeilers.

Die Zeitdauer des Betriebes eines Torfmeilers von etwa 80 cbm Inhalt pflegt ungefähr 14 Tage, das Ausbringen an Gewicht durch - schnittlich 30 Proc., an Rauminhalt 60 Proc. zu sein.

b) Ofenverkohlung.

In Rücksicht auf die soeben geschilderten Uebelstände der Meiler - verkohlung, sowie auf den Umstand, dass die Verkohlungsöfen bei der Gewinnungsstätte des Torfes selbst aufgestellt werden können, der bei der Verkohlung des Holzes in Oefen erforderliche und kostspielige Transport also wegfällt, findet die Anwendung von Oefen für die Torf - verkohlung häufiger als bei der Verkohlung des Holzes statt. Es giebt zahlreiche Ofensysteme für diesen Zweck, welche sich sämmtlich nicht unwesentlich von den oben beschriebenen Holzverkohlungsöfen unter - scheiden.

Einzelne dieser Oefen haben die Form eines senkrecht stehenden Schachtes, nach oben sich etwas erweiternd, unten durch einen Rost geschlossen (Wagenmann’s Ofen), und die Verkohlung schreitet von oben nach unten hin fort, damit nicht durch die Schwindung der ver - kohlenden Torfstücke Unregelmässigkeiten herbeigeführt werden. Da aber bei dieser Einrichtung doch eine theilweise Verbrennung der oberen Torfstücke unvermeidlich ist, hat man bei anderen derartig geformten Oefen die Gichtöffnung durch einen luftdicht verkitteten Deckel verschlossen und durch ein in dem letzteren befestigtes Rohr Gase aus einem Generator in den Ofen geleitet, welche hier durch zugeführte Luft verbrannt werden (Schenk’s Ofen). Bei neueren Einrichtungen, welche auf derselben Idee wie der zuletzt erwähnte Ofen fussen, benutzt man gusseiserne Cylinder als Oefen, von denen mehrere um ein gemeinschaftliches, von einem Gasgenerator kommen - des Gaszuleitungsrohr gruppirt sind. Die Gase werden bereits inner - halb dieses Rohres mit der Verbrennungsluft gemischt, welche in rings um die Feuerung herum angeordneten Kanälen vorgewärmt wird, und gelangen alsdann durch gleichmässig vertheilte Oeffnungen am oberen Rande in den eigentlichen Ofen, ziehen durch die Torfsäule hindurch nach unten und verlassen den Ofen, mit den Destillationsgasen ver - mischt, durch untere Oeffnungen, die auch hier rings herum am Rande vertheilt sind. Der Boden des Ofens besteht aus einem Schieber, durch dessen Oeffnen die Entleerung bewirkt wird (Ofen von Hall und Bainbridge). Die Verkohlungszeit in einem solchen Ofen ist 12 Stunden.

Auch überhitzten Wasserdampf hat man zur Verkohlung des Torfes angewendet. Der Verkohlungsofen von Barff und Thursfield besteht aus liegenden schmalen Kammern, in welche der überhitzte Dampf geleitet wird, nachdem der Torf auf eisernen Wagen hineingebracht worden ist. Nach Beendigung der Verkohlung werden die Wagen sofort39Die Torfkohle.in einen, auf einer Schiebebühne stehenden, Blechkasten entleert, welcher alsbald luftdicht verschlossen und mit seinem Inhalte einer mehrstündigen Abkühlung unterworfen wird, damit nicht die heisse Torfkohle unter der Einwirkung der atmosphärischen Luft sich ent - zünde. Nach Versuchen, welche zu Wörschach angestellt wurden1)Vergl. die unter Literatur aufgeführte Abhandlung: A. Enigl, Ueber Mit - verwendung von Torf beim Hochofenbetriebe., scheint es jedoch, als fände hierbei nur eine theilweise Zersetzung der Torfmasse statt; die dort dargestellte Torfkohle enthielt noch 30 Proc. brennbare Gase.

Das Ausbringen an Torf in den Verkohlungsöfen ist günstiger als in Meilern und beträgt bei Anwendung lufttrockenen Torfes durch - schnittlich 40 Proc. des ursprünglichen Gewichtes, in Wörschach bei Darstellung halbverkohlten Torfes 45 Proc. Selbstverständlich spielt der Aschengehalt des Torfes hierbei ebenfalls eine Rolle; da derselbe unver - ändert bleibt, so werden aschenreichere Torfe auch ein scheinbar grösseres Ausbringen geben als aschenarme.

c) Retortenverkohlung.

Auch für dieses Verfahren sind mannigfache Ofenconstructionen, sowohl mit stehenden als liegenden Retorten, in Anwendung gebracht worden. Mit der Retortenverkohlung des Holzes theilt dieses Verfahren den Uebelstand ziemlich hoher Betriebskosten, welche nicht allein durch die complicirtere Einrichtung der Oefen, sondern hauptsächlich auch durch den hohen Brennstoffaufwand zum Heizen derselben (25 30 Proc. von dem zu verkohlenden Torfe) hervorgerufen werden; anderntheils aber ist der Werth der entstehenden Destillationserzeugnisse (Theer und Ammoniakwasser) ein verhältnissmässig geringer, und hierdurch wird die hauptsächlichste Veranlassung zur Anwendung des Verfahrens hinfällig.

Eigenschaften der Torfkohle.

In ihrem Aeusseren zeigen die Torfkohlen die Structur des be - nutzten Torfes, sind leicht, schwammig. Eine gute, für metallurgische Zwecke brauchbare Torfkohle lässt sich nur aus gepresstem Maschinen - torf darstellen; Stechtorf würde nur äusserst leichte, geringwerthige Kohlen zu liefern im Stande sein. Die schon erwähnte schwache Seite der meisten Torfsorten, ihr grosser Aschengehalt, tritt natürlicherweise noch empfindlicher in der Torfkohle zu Tage, in welcher der gesammte Aschengehalt unverändert zurückbleibt, in einer kleineren Menge brenn - barer Substanz sich vertheilend. Aus diesem Grunde pflegt man über - haupt nur die besten, aschenarmen Torfe der Verkohlung zu unter - ziehen.

Wie die Holzkohle enthält die Torfkohle noch gewisse Mengen Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff und absorbirt beim Lagern Gase und Feuchtigkeit. Die Zusammensetzung einer guten Torfkohle lässt sich durchschnittlich annehmen zu

40Die Brennstoffe.
  • Kohlenstoff70
  • Wasserstoff2
  • Sauerstoff und Stickstoff11
  • Feuchtigkeit12
  • Asche5,

ihre Wärmeleistung zu etwa 6300 W. -E.

1 cbm aschenarme Torfkohle wiegt 230 250 kg, aschenreiche 300 350 kg.

5. Die Braunkohle.

Dieselbe, aus Pflanzenresten der Tertiärzeit bestehend, bildet den jüngsten der eigentlichen mineralischen Brennstoffe und zerfällt ihrem Aeusseren wie ihrer chemischen Zusammensetzung nach in verschiedene Unterabtheilungen.

a) Lignite oder fossiles Holz.

Diese Braunkohlenart zeigt noch deutlich die Structur des Holzes, aus dem sie entstanden ist. Offenbar waren es Baumstämme, durch die theilweise eingetretene Zersetzung gebräunt und durch die auf ihnen lastenden Schichten theilweise zerdrückt, denen sie ihr Entstehen ver - dankt; sie lassen sich spalten und wie gewöhnliches Holz verbrennen.

Die chemische Zusammensetzung der eigentlichen Braunkohlen - masse der Lignite schwankt innerhalb folgender Grenzen:

  • Kohlenstoff57 67 Proc.
  • Wasserstoff6 5
  • Sauerstoff und Stickstoff37 28

Die kohlenstoffärmsten, wasserstoff - und sauerstoffreichsten Lignite sind die am wenigsten zersetzten.

Ein grosser Uebelstand dieser Braunkohlenart ist ihr beträchtlicher Wassergehalt, welcher bei der frisch geförderten Kohle kaum unter 30 Proc., mitunter bis zu 50 Proc. beträgt und natürlich den Brenn - werth sehr abmindert. Nun lässt sich allerdings ein grosser Theil dieses Wassergehaltes durch Lagern der Kohle an der Luft entfernen; hierbei aber entsteht ein anderer Uebelstand: die Kohle zerfällt beim Trocknen zu Pulver und eignet sich in dieser Form für sehr viele Zwecke weniger gut als in grösseren Stücken.

Die Wärmeleistung der reinen Kohlenmasse beträgt ca. 5500 W. -E., während die wirklichen Kohlen wegen ihres Wasser - und Aschen - gehaltes kaum mehr als 3400 W. -E. zu liefern im Stande sein dürften.

Der Aschengehait ist in allen Fällen bedeutender als der des frischen Holzes und pflegt mindestens 4 Proc. zu betragen, steigt aber in ein - zelnen Fällen bis zu 15 Proc. und darüber.

1 cbm Lignite wiegt 550 750 kg, je nachdem der Wasser - und Aschengehalt kleiner oder grösser ist.

b) Erdige Braunkohlen, Moorkohlen.

Weiche, zerreibliche Masse, aus der Zersetzung niedriger Pflanzen (wie der Torf) hervorgegangen. Wie die Lignite ist sie reich an Wasser,41Die Braunkohle.mitunter auch reich an Asche und steht in ihrem chemischen Verhalten jenen sehr nahe. Wegen ihres dichten, erdigen Zustandes besitzt sie für metallurgische Zwecke nur geringe Bedeutung.

c) Eigentliche Braunkohlen.

Im Aeusseren unterscheiden sich dieselben von den vorstehend besprochenen Sorten durch ihre grössere Festigkeit und Härte, ihren muscheligen Bruch, ihre grössere Beständigkeit an der Luft. In chemischer Beziehung zeichnen sie sich vor jenen durch einen grösseren Kohlenstoffgehalt und geringeren Wassergehalt aus; Eigenschaften, welche ihnen einen entsprechend höheren Brennwerth verleihen. Ihre Farbe ist braun bis schwarz, der Strich braun. Eine besondere, seltener vor - kommende Abart derselben, ausgezeichnet durch besonders hohen Kohlenstoff - und Wasserstoffgehalt bei geringem Sauerstoffgehalte, durch leichte Entzündbarkeit und lange rauchende Flamme, wird bituminöse Braunkohle, fette Braunkohle, Schweelkohle genannt.

Die reine Kohlensubstanz dieser Braunkohlensorten enthält:

Bei der Erhitzung entweichen 50 60 Proc. flüchtige Körper und es hinterbleiben 50 40 Proc. Kohle.

Der Wassergehalt geht selten über 10 Proc. hinaus, der Aschen - gehalt pflegt mindestens 3 Proc. zu betragen, steigt aber bei einzelnen Sorten bis auf das 10fache dieser Menge. Häufige Beimengungen sind Schwefel und Schwefelkies; Phosphate dagegen finden sich auch in der Asche selten in erheblichen Mengen.

Die Wärmeleistung der reinen Kohlenmasse beträgt abweichend nach der chemischen Zusammensetzung 7000 8000 W. -E. ; diejenige der wirklichen Kohlen (wasser - und aschenhaltig) durchschnittlich 5500 W. -E.

1 cbm Braunkohlen in mittelgrossen Stücken wiegt ca. 700 kg.

Auf zahlreichen Eisenwerken bildet diese Art der Braunkohlen ein geschätztes Brennmaterial für verschiedene Zwecke.

Eine Verkohlung der Braunkohlen ist verschiedentlich versucht worden, liefert aber wegen der Eigenschaft der Braunkohlen, beim Erhitzen zu zerfallen, nur unbefriedigende Ergebnisse. Mitunter hat man aus diesem Grunde die verkohlte pulverförmige Braunkohle als Zusatzmaterial bei der Verkohlung (Verkokung) gewisser Steinkohlen - arten verwendet, welche wegen ihrer backenden Eigenschaft als Binde - mittel für die Braunkohlen zu dienen befähigt sind. Einestheils werden jedoch die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die Preise der beiden zu vereinigenden Materialien, nur ausnahmsweise solche sein, dass dieses Verfahren auch ökonomisch vortheilhaft erscheinen kann, anderntheils lässt auch so weit die bis jetzt erlangten Erfolge reichen die Güte der hierbei erhaltenen Kohlen (Koks) doch mancherlei zu wünschen übrig. Sie sind zerreiblich und ertragen keinen Transport auf weitere Strecken.

42Die Brennstoffe.

6. Die Steinkohle und der Anthracit.

Diese, für die gesammte Metallurgie höchst wichtigen Brennstoffe treten in den oberen primären und unteren secundären Erdformationen, vorwiegend aber in der nach ihnen benannten Steinkohlenformation in oft mächtigen Flötzen auf, die sich, wie z. B. in Nordamerika, über Hunderte von Quadratmeilen ausdehnen und nicht selten mehr als 15 m Mächtigkeit erreichen.

Von den ihnen an Alter nachstehenden Braunkohlen unterscheiden sie sich äusserlich durch ihre schwarze Farbe (nur wenige Braunkohlen - arten besitzen ebenfalls eine so dunkle Farbe), schwarzes Strichpulver, grösseres specifisches Gewicht, beim Erhitzen durch einen erheblich grösseren Destillationsrückstand. Die Textur des Holzes, aus dem be - kanntlich auch die Steinkohlen ursprünglich entstanden, ist nicht mehr erkennbar.

Unter sich aber zerfallen die Steinkohlen wieder in eine Reihe verschiedener Arten, welche in physikalischer wie in chemischer Hinsicht ganz erhebliche Unterscheidungsmerkmale besitzen. Verfolgt man diese Arten von denjenigen an, welche in ihrer Beschaffenheit den Braun - kohlen am nächsten stehen, bis zu den Anthraciten hin, welche ihnen am wenigsten ähnlich sind, in der Reihenfolge, wie sie unten gegeben ist, so sieht man eine stete Zunahme des Kohlenstoffgehaltes unter ent - sprechender Abnahme des Wasser - und Sauerstoffgehaltes; infolge davon wird der Rückstand beim Erhitzen immer beträchtlicher1)Beachtenswerth ist jedoch, dass zwei Kohlen von annähernd gleicher chemischer Zusammensetzung doch bei der Destillation einen verschieden grossen Rückstand an Kohle hinterlassen können, ein Umstand, der sich durch Verschiedenheit in der molekularen Anordnung recht wohl erklären lässt; und die Grösse dieses Destillations - rückstandes kennzeichnet gewöhnlich schärfer das übrige Verhalten der Kohle als die eigentliche chemische Zusammensetzung., die Ent - zündlichkeit geringer, die Flamme beim Verbrennen, welche durch ent - weichende und verbrennende Kohlenwasserstoffe wie durch Kohlenoxyd gebildet wird, immer kleiner, aber die Wärmeleistung des Brennstoffes grösser, und erst bei der kohlenstoffreichsten Sorte, dem Anthracit, tritt wieder eine Verringerung der letzteren ein. Eine eigenthümliche und für viele Verwendungen wichtige Eigenschaft zeigen die mittleren Glieder der Reihe: sie nehmen beim Erhitzen eine klebrige, teigartige Beschaffen - heit an, sie backen. Sowohl denjenigen Arten, welche den Braun - kohlen nahe stehen, als auch den anthracitartigen fehlt diese Eigenschaft; den ersteren wegen eines zu reichlichen Sauerstoffgehaltes, den letzteren wegen zu beträchtlichen Kohlenstoffgehaltes.

Die chemische Zusammensetzung · der reinen Steinkohlenmasse sämmtlicher Steinkohlen bewegt sich innerhalb folgender Grenzen:

  • Kohlenstoff75 93
  • Wasserstoff6 4
  • Sauerstoff und Stickstoff19 3.

Der Destillationsrückstand beträgt 50 90 Proc., die Menge der entweichenden flüchtigen Erzeugnisse demnach 50 10 Proc.

43Die Steinkohle und der Anthracit.

Der hygroskopische Wassergehalt der Steinkohlen ist bedeutend geringer als der aller übrigen natürlichen Brennstoffe und geht selten über 5 Proc. hinaus; der Aschengehalt beträgt bei den besseren Kohlen 0.5 7 Proc. (selten weniger als 4 Proc.), bei mittleren 7 14 Proc., bei aschenreicheren noch mehr. Die Analyse der Asche zeigt einen Kiesel - säuregehalt von durchschnittlich 50 Proc., Eisenoxyd und Thonerde in oft erheblichen Mengen, Kalk mitunter bis 20 Proc., kleine Mengen Alkalien, Phosphorsäure bis zu 1.5 Proc. und Schwefelsäure, aus der Zersetzung von Schwefelkies bei der Verbrennung hervorgegangen und an Kalk gebunden. Hinderlich für die Verwendung mancher Stein - kohlen ist ihr beträchtlicher Schwefelgehalt, von eingelagerten Kiesen herrührend, welcher mitunter 3 Proc., nicht selten 2 Proc. des Stein - kohlengewichtes ausmacht. Auch Arsen, Zink, Blei finden sich in kleineren Mengen.

Für die Eintheilung der Steinkohlen sind im Laufe der Jahre eine grössere Zahl verschiedener Gesichtspunkte aufgestellt worden. In Folgendem ist die von Gruner entwickelte Eintheilungsmethode benutzt worden, welche unter allen übrigen die zutreffendste sein dürfte. Dass in der Praxis einzelne Fälle auftreten können, wo die physikalischen Eigenschaften der Kohle nicht so, wie es nach Gruner’s Eintheilung der Fall sein müsste, mit der chemischen Zusammensetzung beziehent - lich dem Verhältnisse des Destillationsrückstandes zu den flüchtigen Destillationserzeugnissen übereinstimmen, lässt sich freilich nicht in Abrede stellen.

a) Langflammige Sandkohlen.

Sie sind im Aeusseren gekennzeichnet vornehmlich durch ihre lange Flamme, auf einen grossen Gehalt flüchtiger brennbarer Substanzen deutend, den verhältnissmässig geringen Rückstand bei der Destillation (höchstens 60 Proc.) und die Eigenschaft dieses Rückstandes, die ursprüngliche Form beizubehalten, ohne im Mindesten zu backen. Grössere Stücke zerspringen wohl oder werden rissig, klare Kohle bleibt in allen Fällen pulverförmig.

Ihre chemische Zusammensetzung zeigt gewöhnlich folgende Werthe:

  • Kohlenstoff75 80 Proc.
  • Wasserstoff5.5 4.5
  • Sauerstoff und Stickstoff19.5 15.5

Der Destillationsrückstand beträgt 50 60 Proc., die flüchtigen Er - zeugnisse 50 40 Proc.

Die Wärmeleistung der reinen Kohlenmasse beträgt 8000 bis 8500 W. -E., ihre Verdampfungsfähigkeit 6.7 7.5 kg Wasser (nach Scheurer-Kestner und Meunier).

1 cbm dieser Kohlen wiegt ca. 700 kg.

In Deutschland finden sich diese Kohlen oder Uebergänge derselben zu der nächsten Gattung in den oberen Schichten der Kohlenbecken Oberschlesiens, in geringeren Mengen bei Saarbrücken; Grossbritannien besitzt wichtige Vorkommnisse derselben in Schottland, wo sie im un - verkohlten Zustande als fast ausschliesslich benutzter Brennstoff beim44Die Brennstoffe.Eisenhochofenbetriebe Verwendung finden, ferner in Derbyshire, Stafford - shire u. a. O.

Eine vorzugsweise in sächsischen Steinkohlenflötzen auftretende Abart dieser Kohlengattung ist die Russkohle, durch ihre tiefschwarze Farbe, ihre Zerreiblichkeit, faserige Structur und ihren geringen Gehalt an Wasserstoff gekennzeichnet, welcher oft weniger als 3 Proc. beträgt, während der Kohlenstoffgehalt entsprechend höher ist (76 82 Proc.).

b) Langflammige Backkohlen.

Sie brennen wie die vorigen Kohlen mit langer und rauchender Flamme; beim Erhitzen aber verändern die Bruchstücke ihre Form, schmelzen und backen aneinander, ja, eine grössere Zahl kleinerer Stücke vereinigt sich förmlich zu einem Ganzen. Uebergänge zwischen dieser und der vorhergehenden Kohlengattung, welche zwar nicht völlig erweichen und ihre ursprüngliche Form beibehalten, doch aber Neigung zeigen, zusammen zu fritten, heissen Sinterkohlen.

Die chemische Zusammensetzung dieser Kohlen beträgt etwa:

  • Kohlenstoff80 85 Proc.
  • Wasserstoff5.8 5
  • Sauerstoff und Stickstoff14.2 10 ,

der Destillationsrückstand 60 68 Proc., die entweichenden flüchtigen Körper 40 32 Proc. Die erfolgende Gasmenge ist geringer als bei den langflammigen Sandkohlen, aber die Leuchtkraft des erfolgenden Gases bedeutender, und es bilden deshalb diese Kohlen das vornehmste Material zur Leuchtgaserzeugung (Gaskohlen), wobei die Kohle durch Er - hitzung in Retorten zersetzt und das entweichende Gas, nachdem es verschiedene Reinigungsapparate zum Zurückhalten des Theers, Wassers, der Kohlensäure wie der Schwefelverbindungen durchströmt hat, im Gasometer aufgesammelt wird, während ein poröser Koks in den Retorten zurückbleibt.

Die Wärmeleistung der reinen Kohlenmasse beträgt nach Scheurer - Kestner und Meunier 8500 8800 W. -E., ihre Verdampfungsfähigkeit 7.6 8.3 kg Wasser.

1 cbm grossstückiger langflammiger Backkohlen wiegt 700 750 kg.

Diese Kohlengattung kommt innerhalb Deutschlands vorzugsweise in Oberschlesien, in Westfalen und bei Saarbrücken vor; sie ist ferner in Frankreich ziemlich häufig (Kohlenbecken von Pas-de-Calais und Loire), wird in Belgien im Becken von Mons gewonnen und in Gross - britannien bei Newcastle wie in Schottland.

c) Gewöhnliche Backkohlen.

Dieselben sind etwas schwieriger entzündlich als die beiden vor - stehend besprochenen Gruppen, und brennen mit nicht ganz so langer, aber weniger rauchender Flamme. Beim Erhitzen verhalten sie sich den langflammigen Backkohlen ganz ähnlich, nur tritt bei ihnen jene kennzeichnende Eigenthümlichkeit aller Backkohlen durchschnittlich in noch stärkerem Maasse zu Tage, sie schmelzen wie Harz und blähen sich dabei infolge der Gasentwickelung stark auf. Diese stark backende45Die Steinkohle und der Anthracit.Eigenschaft erhebt diese Kohlen welche übrigens zur Gaserzeugung, zur Koksdarstellung und zu mannigfachen anderen Zwecken ebenfalls Verwendung finden zu einem ganz besonders geeigneten Materiale für den Betrieb von Schmiedefeuern, wobei kleinstückige Kohlen dieser Art (unter der Benennung Schmiedekohlen in den Handel gebracht) oberhalb des zu erhitzenden Eisenstückes aufgeschüttet werden, hier alsbald zusammenbacken und solcherart eine zusammenhängende Decke bilden. Von Zeit zu Zeit stösst der Schmied die Decke ein, schüttet von oben her frische Kohlen nach, und bewirkt auf diese Weise, dass nur glühende und bereits entschwefelte Kohlen mit dem Eisen in unmittelbare Berührung treten.

Die Zusammensetzung dieser Kohlen bewegt sich gewöhnlich inner - halb folgender Grenzen:

  • Kohlenstoff84 89 Proc.
  • Wasserstoff5 5.5
  • Sauerstoff und Stickstoff11 5.5

Der Destillationsrückstand beträgt 68 74 Proc., während 32 bis 26 Proc. flüchtige Körper entweichen.

Die Wärmeleistung der reinen Kohlensubstanz beträgt nach Scheurer-Kestner und Meunier 8800 9300 W. -E. Die Ver - dampfungsfähigkeit nach Brix 8.5 9.2 kg Wasser.

1 cbm Kohlen wiegt 750 800 kg.

Die in Rede stehenden Backkohlen bilden wichtige Vorkommnisse am Niederrhein und in Westfalen (z. B. bei Essen und Bochum), in Belgien, Frankreich, England.

d) Kurzflammige Backkohlen.

Zerreiblich, schwerer verbrennlich als die vorausgehend besprochenen, mit kurzer, leuchtender, wenig rauchender Flamme verbrennend. Bei der Erhitzung blähen sich diese Kohlen zwar noch auf und backen zusammen, hinterlassen aber einen dichteren Rückstand als die gewöhn - lichen Backkohlen. Je mehr sie sich in ihrer Beschaffenheit der folgenden Gattung nähern, desto weniger leicht findet das Backen statt. Ebenso verliert sich die backende Eigenschaft dieser Kohlen mehr und mehr, wenn sie längere Zeit hindurch an der Luft lagern; es findet hierbei ein theilweiser Zersetzungsprocess statt, welcher eine Ver - flüchtigung derjenigen Bestandtheile bewirkt, auf denen die backende Eigenschaft beruht.

Die chemische Zusammensetzung beträgt:

  • Kohlenstoff88 91 Proc.
  • Wasserstoff5.5 4.5
  • Sauerstoff und Stickstoff6.5 4.5 ,

der Destillationsrückstand 74 82 Proc., die Menge der verflüchtigten Bestandtheile 26 18 Proc.

Diejenigen Kohlensorten, deren Zusammensetzung der zweiten Vertikalreihe entspricht, bilden bereits die Uebergänge zu der nächsten Gattung und backen nur schwierig.

Unter allen Kohlengattungen besitzen die kurzflammigen Backkohlen46Die Brennstoffe.die grösste Wärmeleistung, nämlich 9300 9600 W. -E. bei einer Ver - dampfungsfähigkeit von durchschnittlich 9.7 kg Wasser.

Die hauptsächlichsten Gewinnungsbezirke dieser Kohlen sind in Deutschland Westfalen und der Niederrhein, in Frankreich die Gegend bei Creusot, St. Etienne, Gard u. a. O., in Belgien bei Charleroy, in England in Südwales, besonders die Gegend bei Cardiff.

e) Anthracitische oder magere Kohlen und Anthracite.

Dieselben besitzen gewöhnlich geringe Festigkeit, sind schwer ent - zündlich, verbrennen mit kurzer, fast rauchloser Flamme, welche bald erlischt, und zerspringen im Feuer öfter in Stücke, wodurch ihre Ver - wendung erschwert wird.

Beim Erhitzen hinterbleibt ein wenig zusammenhängender, oft pulverförmiger Rückstand; sie backen so wenig wie die zuerst be - sprochenen langflammigen Sandkohlen.

Die Zusammensetzung ist ungefähr folgende:

  • Kohlenstoff90 95 Proc.
  • Wasserstoff4.5 2
  • Sauerstoff und Stickstoff5.5 3

Destillationsrückstand 82 92 Proc., verflüchtigte Bestandtheile 18 bis 8 Proc.

Die Wärmeleistung schwankt zwischen 9200 9500 W. -E. ; die Ver - dampfungsfähigkeit ist 9 9.5 kg Wasser.

Diese Kohlen gehören zu den selteneren Vorkommnissen. In Deutschland finden sie sich bei Aachen und an einigen Stellen West - falens; in Frankreich am nördlichen Rande des Beckens von Valen - ciennes und einigen anderen Orten, in Belgien bei Charleroy, in England bei Merthyr Tydwill. Man benutzt sie hier mehr zur Dampfkessel - und Hausfeuerung, wozu sie durch ihre fast rauchfreie Verbrennung sich empfehlen, als für eigentlich metallurgische Zwecke. Wichtiger sind die Vorkommnisse Nordamerikas (Pennsylvaniens), wo diese Kohlen einen Flächenraum von ca. 120000 ha bedecken und in reichen Mengen gewonnen werden. Der ziemlich geringe Aschengehalt und sehr unbedeutende Feuchtigkeitsgehalt der dortigen Anthracite1)Nach Wedding (Das Eisenhüttenwesen der Vereinigten Staaten, Zeitschr. für Berg -, Hütten - und Salinenwesen im Preussischen Staate Bd. XXIV) enthalten die Anthracite Pennsylvaniens durchschnittlich:Die besten dagegen nur 5.8 Proc. Asche bei 89.0 Proc. Kohlenstoff. stellt sie hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung den besseren Kokssorten zur Seite und macht sie geeignet, nöthigenfalls an Stelle der letzteren als Brennstoff beim Hochofenbetriebe benutzt zu werden; allerdings besitzen sie den Koks gegenüber den grossen Nachtheil, beim Erhitzen in Stücke zu zerspringen und sehr schwer verbrennlich zu sein, zwei Eigenschaften, welche unverkennbar ihre Verwendung für den genannten Zweck wie für andere Processe erschweren.

47Die Aufbereitung der Steinkohlen.

Die Aufbereitung der Steinkohlen.

Der Umstand, dass der hohe Aschen - und insbesondere der Schwefelkiesgehalt mancher Steinkohlen ihre Verwendbarkeit sowohl für die unmittelbare Verbrennung als auch vorzugsweise für die Herstellung von Koks verkohlten Steinkohlen ganz erheblich beeinträchtigt, führte schon in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts zu Versuchen, die Steinkohlen durch Aufbereitung auf mechanischem Wege von einem Theile jener fremden Beimengungen zu befreien; und die schon seit früherer Zeit betriebene Aufbereitung der Erze, besonders der Blei - und Silbererze, zeigte naturgemäss den Weg für die Aufbereitung der Stein - kohlen. Eine der ersten Aufbereitungsanstalten dieser Art wurde 1830 im Plauenschen Grunde bei Dresden angelegt; bald folgten andere Kohlenwerke dem gegebenen Beispiele. Eine ausgedehntere Anwendung jedoch fand die Steinkohlenaufbereitung erst seit den sechziger Jahren, nachdem die von Jahr zu Jahr zunehmende Anwendung von Koks für den Hochofenbetrieb der Aufgabe, aschenarme Koks darzustellen, eine grössere Wichtigkeit als zuvor verliehen hatte.

Die Aufbereitung wird entweder unmittelbar auf der Kohlengrube, nicht selten aber auch auf dem Eisenwerke vorgenommen. Sie beruht im Wesentlichen auf dem physikalischen Gesetze, dass Körper von annähernd gleicher Korngrösse im Wasser um so rascher zu Boden sinken, je grösser ihr specifisches Gewicht ist, und dass mithin, wenn man Körper von verschiedenem specifischen Gewichte, aber gleicher Korngrösse, im Wasser sinken lässt, sie sich in horizontalen Lagen gemäss dem Unterschiede ihrer specifischen Gewichte von einander sondern werden. Bei der Behandlung der Steinkohlen in dieser Weise werden mithin die specifisch schwereren Berge , d. h. die beigemengten fremden Gesteine zu unterst und die eigentlichen Kohlen zu oberst zu liegen kommen und sich solcherart von einander sondern lassen. Wendet man jedoch hierbei nicht ruhig stehendes Wasser an, sondern führt man den niederfallenden Körpern einen aufsteigenden Wasserstrom ent - gegen, so wird dadurch die Geschwindigkeit der fallenden Körper um so mehr verlangsamt werden, je grösser die Geschwindigkeit des Wassers ist; ja, durch entsprechende Regelung dieser Wassergeschwindigkeit wird man im Stande sein, den leichteren Bestandtheilen des zu sortirenden Gemisches, in diesem Falle also den Kohlen, eine mit dem Wasserstrome aufsteigende Bewegung zu ertheilen und sie von dem Wasser fort - führen zu lassen, um sie an einer anderen Stelle aufzufangen, während die schwereren Bestandtheile, die Berge, nach wie vor ihre Bewegung abwärts, dem Wasserstrome entgegen, beibehalten.

Setzt man endlich Körper von verschiedenem specifischen Gewichte, aber gleicher Grösse, der Einwirkung eines horizontal oder mit schwacher Neigung abwärts bewegten Wasserstromes aus, so sinken innerhalb des Stromes zunächst die schwereren Bestandtheile, dann allmählich in grösserer Entfernung von der ersten Stelle auch die leichteren zu Boden; und wenn die Geschwindigkeit des Stromes allmählich sich verringert und seine Tiefe ausreichend gross ist, so werden schliesslich auch die feinsten Mehle aus demselben abgeschieden werden.

48Die Brennstoffe.

Die Geschwindigkeit des Niederfallens im Wasser ist jedoch, wie schon angedeutet wurde, nicht allein von dem specifischen Gewichte, sondern auch von der Grösse und Form der einzelnen Körner abhängig. Solche Körner, welche im Wasser mit gleicher Geschwindigkeit herab - sinken, heissen gleichfällig. Alle gleichfälligen Körner zusammen bilden eine Sorte, alle gleich grossen eine Classe. Die Trennung nach den verschiedenen Sorten wird durch Setzen bewirkt, d. h. durch die geschilderte Einwirkung des ruhig stehenden, aufsteigenden oder fliessenden Wassers auf die zu sortirenden Körner, wobei diese in ver - schiedenen Lagen sich in dem Wasser absetzen. Die sämmtlichen zur Durchführung dieser Arbeiten erforderlichen Apparate bilden zusammen die Wäsche; das Verfahren der Trennung brauchbarer Bestandtheile von den unbrauchbaren im Allgemeinen heisst die Separation.

Damit aber in der Wäsche die Aufgabe, eine möglichst vollkommene Trennung der Berge von den Kohlen zu bewirken, gelöst werden könne, ist es, wie schon gesagt, erforderlich, dass die zu trennenden Körper annähernd gleiche Korngrösse besitzen. Je grösser das einzelne Stück ist, desto rascher sinkt es im Wasser zu Boden oder desto grösser muss die Geschwindigkeit des aufsteigenden Wasserstromes sein, um es eben - falls aufwärts zu bewegen; wollte man also Gemenge von sehr ver - schiedener Korngrösse in dieser Weise behandeln, so würden die specifisch schwereren kleineren und die specifisch leichteren grösseren Stücke mit einander niederfallen und eine Trennung der verschiedenen Bestandtheile nicht erreicht werden.

Die Geschwindigkeit v, mit welcher ein Körper von der unregel - mässigen Form, wie sie die Kohlenstücke zu besitzen pflegen, im ruhig stehenden Wasser niederfällt, oder welche das aufsteigende Wasser besitzen muss, um sein Niederfallen zu verhindern, ist nach Rittinger1)Rittinger, Lehrbuch der Aufbereitungskunde, Berlin 1867, S. 191. 〈…〉 , in welcher Formel

D den Durchmesser einer Sieböffnung bezeichnet, durch welche der betreffende Körper hindurchfallen kann; und

δ das specifische Gewicht desselben angiebt.

Diese Formel bestätigt in bündiger Form das Gesagte. Es ist demnach erforderlich, die Steinkohlen, ehe sie durch Waschen gereinigt werden können, einer Classirung, d. h. einer Sonderung nach der Korngrösse zu unterwerfen. Da aber die einzelnen Kohlenstücke noch um so mehr fremde Bestandtheile eingeschlossen enthalten, je grösser sie sind, so ist es ferner erforderlich, eine Zerkleinerung der aus - gesonderten grösseren, insbesondere auch der durchwachsenen, Kohlen - stücke vorzunehmen; und die sämmtlichen, für die Aufbereitung der Kohlen auszuführenden Arbeiten sondern sich deshalb in folgende drei Gruppen:

  • 1) Zerkleinerung.
  • 2) Classirung.
  • 3) Sortirung (Waschen).
49Die Aufbereitung der Steinkohlen.

Selten jedoch oder niemals ist mit einer einmaligen Aufeinanderfolge dieser Arbeiten schon der beabsichtigte Zweck erreicht. So z. B. pflegt man schon vor der ersten Zerkleinerung eine Sonderung der gröberen und der weniger groben Stücke vorzunehmen; nach einmaliger Zer - kleinerung werden dann die gröberen und feineren Stücke abermals ge - schieden, aus den gröberen aber bisweilen die besonders durchwachsenen ausgesucht, um nochmals zerkleinert zu werden; u. s. f. Das aus den ersten Setzapparaten abfliessende Wasser (die Trübe) enthält grössere Mengen feiner Kohlentheilchen, welche aus demselben abgeschieden werden müssen, theils um noch nutzbar gemacht zu werden, theils um das Wasser aufs neue verwendbar für die Wäsche zu machen; von den gleichfälligen Bergen lässt sich dann diese Feinkornkohle wieder durch Classirung trennen; so zeigt die Einrichtung und der Betrieb einer Kohlenwäsche ein oft recht complicirtes Ineinandergreifen zahlreicher Arbeiten.

Die Zerkleinerung.

Man benutzt für dieselbe eine der folgenden Maschinen.

Walzwerke. Die zu zerkleinernde Kohle wird zwischen zwei benachbarte, in entgegengesetzter Richtung sich drehende gusseiserne Walzen mit horizontalen Achsen geschüttet, vermöge der stattfindenden Reibung zwischen denselben hindurchgeführt und dabei auf die dem Abstande der Walzenoberflächen von einander entsprechende Korngrösse zerkleinert. Die Einrichtung der Kohlenwalzwerke im besondern stimmt ziemlich genau mit der Einrichtung der unten beschriebenen und ab - gebildeten Eisensteinswalzwerke überein.

Man pflegt Vor - oder Grobwalzwerke, zum Zerkleinern der Kohlen vor dem Waschen dienend, und Nach - oder Feinwalzwerke anzuwenden, welche zum Zermahlen der bereits gewaschenen für die Verkokung bestimmten Kohlen bestimmt sind. Erstere pflegen gerippte (cannelirte), letztere glatte Walzen zu erhalten. Der Durchmesser der Vorwalzen beträgt bis 1 m, das Verhältniss der Länge derselben zum Durchmesser 0.7 1; die Nachwalzen pflegen kleiner im Durchmesser zu sein (0.6 0.7 m), während ihre Länge dem Durchmesser annähernd gleich ist. Ein grösseres Vorwalzwerk zerkleinert per Stunde ca. 300 Ctr. trockene Kohle und gebraucht dazu einen Arbeitsaufwand von ungefähr Pferdestärken.

Kohlenmühlen. Innerhalb eines cylindrischen Gusseisengehäuses mit senkrechter Achse und einem Durchmesser von ca. 1 m bei 0.4 bis 0.5 m Höhe dreht sich ein kegelförmiger, ebenfalls gusseiserner, Läufer. An der Innenfläche des Gehäuses und der Aussenfläche des Läufers sind rippenförmige Zähne angegossen, welche etwas geneigt gegen die Vertikale und zwar in entgegengesetzter Richtung angeordnet sind, so dass die Richtung der Zähne des Läufers die Richtung der anderen Zähne unter einem spitzen Winkel kreuzt; auch ist die Länge der einzelnen Zähne nicht gleich, so dass nur einzelne bis zum oberen Rande hinaufreichen, während sie unten sämmtlich in derselben Horizon - talebene endigen. Da die Vorderflächen der Zähne sich, je weiter nach unten, desto mehr nähern, so werden die dazwischen gebrachten KohlenLedebur, Handbuch. 450Die Brennstoffe.bei der Drehung des Läufers allmählich zermalmt und verlassen schliesslich die Mühle in derjenigen Korngrösse, welche dem Spielraume zwischen beiden Zahnreihen entspricht. Das Ganze hat, wie man sieht, grosse Aehnlichkeit mit der Einrichtung und Wirkungsweise einer ge - wöhnlichen Kaffeemühle. Die Leistung der Kohlenmühlen ist eine ziemlich beträchtliche. Nach v. Kerpely vermag eine Mühle mit einer Oberfläche des Läufers von 2 qm bei 9 Umgängen per Minute stündlich 400 Ctr. gemahlenes Haufwerk zu liefern; als ein besonderer Vortheil wird gerühmt, dass der Staubfall geringer, das Korn der zerkleinerten Kohlen gleichmässiger sei als in Walzwerken.

Backenquetschen (Steinbrecher). Da auch diese Maschinen, wie die Walzwerke, bei der Besprechung der Aufbereitung der Eisen - erze ausführlicher besprochen werden, so kann hinsichtlich ihrer Ein - richtung auf das dort Gesagte Bezug genommen werden. Wie für Erzzerkleinerung finden sie auch in den Kohlenwäschen neuerdings eine häufige und befriedigende Verwendung. Sie gewähren den Vortheil, dass man im Stande ist, auch grössere Stücke ohne vorausgehendes Zerschlagen zu zerkleinern; dass der Staubfall ein sehr geringer, ihre Leistungsfähigkeit eine sehr bedeutende ist, während Reparaturen nur selten erforderlich sind.

Schleudermühlen (Desintegratoren). 1)Von Carr erfunden. Abbildungen derselben in A. v. Kerpely, Anlage und Einrichtung der Eisenhütten Taf. LIX, Fig. 1; A. Ledebur, Handbuch der Eisen - giesserei Taf. XV, Fig. 1 und 2.Zwei parallele Guss - eisenscheiben drehen sich um horizontale Achsen in entgegengesetzter Richtung. Jede dieser Scheiben trägt zwei in concentrischen Kreisen angeordnete Reihen von Stahlstäben, welche der andern Scheibe zu - gekehrt sind und bis fast an dieselbe hinanreichen; die Durchmesser der einzelnen Kreise sind so gewählt, dass immer eine Reihe Stäbe der einen Scheibe zwischen zwei Reihen der benachbarten Scheibe zu liegen kommt und somit alle vier Reihen sich immer abwechselnd in entgegen - gesetzter Richtung drehen. Die Drehungsgeschwindigkeit der Maschine ist eine ziemlich bedeutende (ca. 20 m per Secunde in der äussersten Stabreihe); trifft nun ein Stück des zu zerkleinernden Materiales, welches innerhalb des kleinsten Ringes, in der Nähe der Achse, eingeworfen wird, auf die erste Reihe der Stäbe, so erhält es hier einen kräftig wirkenden Schlag, wird mit der empfangenen Geschwindigkeit gegen die zweite in umgekehrter Richtung laufende Reihe geschleudert u. s. f., bis es alle vier Reihen durchlaufen hat und dabei infolge der statt - gehabten Einwirkungen in kleinere Stücke zertheilt worden ist.

Die Schleudermühlen sind nur zum fernern Zerkleinern solcher Stücke geeignet, welche bereits früher eine gröbliche Zerkleinerung erfahren hatten und dem Waschen unterworfen worden waren. Nach v. Kerpely’s Angaben ist zum Betriebe einer Schleudermühle, welche stündlich 50 Ctr. Mahlgut zu liefern hat, eine mechanische Arbeit von 10 12 Pferdestärken erforderlich, so dass sich eine erheblich ungünstigere Ausnutzung der Arbeit als bei Walzwerken ergiebt.

51Die Aufbereitung der Steinkohlen.
Die Classirung.

Auch hierfür sind verschiedenartige Vorrichtungen in Anwendung.

Klaubtische und Lesebänder. Dieselben werden benutzt, wenn aus den bereits classirten Kohlen noch einzelne grössere oder stark durchwachsene Stücke von Hand ausgelesen werden sollen. Klaub - tische sind langsam umlaufende Gusseisenscheiben, auf welche die noch zu scheidenden Kohlen aufgestürzt werden, während die mit dem Aus - klauben beschäftigten Arbeiter um den Rand her aufgestellt sind; die ausgeklaubten Stücke werden durch Lutten in tiefer stehende Wagen geworfen, die zurückgebliebenen schliesslich durch eine Abstreifvor - richtung nach jeder Umdrehung des Tisches ebenfalls in einen Wagen geschüttet.

Das Leseband ist ein aus Draht oder Hanf gefertigtes Band ohne Ende von ca. 80 cm Breite, welches über zwei Trommeln mit horizon - talen Achsen im Abstande von ca. 4.5 m geführt ist, während die Trommeln sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 75 mm per Secunde drehen und das Band mit derselben Geschwindigkeit fortbewegen. Durch Rollen, welche zwischen beiden Trommeln und parallel zu den - selben angeordnet sind, wird das Band gestützt. Seitlich von dem Bande sind die zum Klauben bestimmten Arbeiter aufgestellt; die Kohlen werden oberhalb der einen Trommel aufgestürzt, mit dem Bande langsam vorwärts bewegt, und die zurückgebliebenen Stücke fallen schliesslich bei der zweiten Trommel durch eine Lutte in den dafür bestimmten Wagen.

Rätter. Man bezeichnet mit diesem Ausdrucke gitterartige oder durchlochte Siebe von rechteckiger Grundfläche, unter einem Winkel von 5 20 Graden gegen die Horizontale geneigt und durch eine maschinelle Vorrichtung in schüttelnde oder schwingende Bewegung versetzt, so dass die Kohlen, welche auf der höchsten Stelle aufgeschüttet werden, allmählich die schiefe Ebene hinabrutschen, während die feineren Stücke zwischen den Stäben beziehentlich durch die Löcher des Siebes hindurch - fallen. Bei dem Rätter von Briart stecken zwei Gitter ineinander, das eine liegt fest, das andere schwingt an seinem oberen Ende um eine horizontale Achse und wird dadurch abwechselnd über und unter die Ebene des festliegenden geführt; bei einer von Lührig eingeführten Form dieses Briart’schen Rätters (kurzweg Briart genannt) schwingen beide Gitter abwechselnd.

Die Rätter werden gewöhnlich zur vorläufigen Sonderung der aller - gröbsten Kohlenstücke von den übrigen benutzt; will man eine mehr - malige Classirung damit herbeiführen, so ist natürlich für jede neue Classe auch ein neues Rätter erforderlich (z. B. für in Summa drei Classen gebraucht man zwei Rätter); verschiedene Rätter für dieselben Kohlen pflegt man dann unter einander anzuordnen.

Trommeln (Separationstrommeln). Es sind dieses die allgemein angewendeten Vorrichtungen, um die Kohlen in mehrere Classen zu sondern, und sie kommen somit gewöhnlich nach den Rättern zur Ver - wendung. Sie bestehen aus conischen oder cylindrischen, an beiden Enden offenen Behältern, entweder aus Drahtgeflecht mit bestimmter4*52Die Brennstoffe.Maschenweite oder der grösseren Haltbarkeit halber aus gelochtem Eisenbleche gefertigt und um eine horizontale oder schwach geneigte Achse gedreht, so dass hierbei die feineren Stücke durch die Oeffnungen hindurchfallen. Obgleich wenigstens bei den conischen Trommeln und den horizontalen Trommeln mit geneigter Achse die Vorwärts - bewegung der Kohle schon durch ihr eigenes Gewicht auf der geneigten Ebene bewirkt wird, so pflegt man doch zur besseren Regelung dieser Bewegung im Innern der Trommeln eine oder auch zwei schrauben - förmig gewundene Rippen aus gebogenem Winkeleisen zu befestigen, so dass Schraubengänge entstehen, in denen die Kohle vorwärts gleitet. Indem man nun jede Trommel ihrer Länge nach in mehrere Abtheilungen mit verschiedenen Lochweiten eintheilt, erhält man beim einmaligen Durchgange der Kohle durch die Trommel ebenso viele Classen als Abtheilungen vorhanden sind.

Man pflegt Vortrommeln und Vertheilungstrommeln (letztere auch wohl im engern Sinne als Classirtrommeln bezeichnet) anzu - wenden. Die Vortrommeln, welche in Längen von 1.25 4 m bei 1 bis 2.5 m Durchmesser gefertigt werden, sondern die gröbsten Stücke von den übrigen und diese häufig von der Staubkohle (bis zu 5 oder 6 mm Durchmesser). Für letzteren Zweck ist dann um die eigentliche Trommel herum und concentrisch zu derselben noch eine zweite, im Durchmesser grössere, Trommel angeordnet, welche nur die Staubkohle hindurchfallen lässt. Die Ablösung des an den grösseren Stücken haftenden Staubes erleichtert man nicht selten durch Anwendung einer kräftig wirkenden Brause, welche Wasser gegen die Trommeln ausströmt.

Die Vertheilungstrommeln sind mit so vielen Abtheilungen ver - sehen, als Kohlenclassen für die Wäsche gebildet werden sollen; unter jeder Abtheilung pflegt eine eigene Lutte angeordnet zu sein, welche die durchfallende Kohle sofort ihrem Bestimmungsorte zuführt.

Aus dem Umstande, dass bei der Wäsche stets kleinere Körner von grösserem specifischen Gewichte neben grösseren von geringerem specifischen Gewichte niederfallen werden, sofern der Unterschied in der Korngrösse über ein gewisses vom specifischen Gewichte abhängiges Maass hinausgeht, lässt sich theoretisch die erforderliche Abstufung in den Lochdurchmessern für die einzelnen Classen ableiten. Hat man zwei Körner von den Durchmessern D1 und D2 und den verschiedenen specifischen Gewichten δ1 und δ2, so ergiebt sich aus der auf S. 48 mitgetheilten Formel für die Geschwindigkeit derselben im Wasser das Verhältniss für die Gleichfälligkeit: 〈…〉 .

Beträgt also das specifische Gewicht der Steinkohle 1.3, dasjenige der verunreinigenden Bestandtheile 2, so würde 〈…〉 sein, d. h. der Durchmesser der grössten Steinkohlenstücke darf, wenn die Setzarbeit ein befriedigendes Ergebniss liefern soll, höchstens 3.3 Mal so gross sein als der kleinste Durchmesser der Berge, oder, mit anderen53Die Aufbereitung der Steinkohlen.Worten, die Lochweiten der Trommeln dürfen höchstens in dem Ver - hältnisse 1: 3.3 auf einander folgen. Die Rücksicht auf die Bestimmung der Kohlenclassen spricht jedoch hierbei ebenfalls mit, und nicht selten findet man deshalb eine weit umfänglichere Classirung als gerade für die nachfolgende Sortirung unbedingt nothwendig sein würde. 1)So z. B. classirt man bei einigen Zwickauer Kohlenwerken folgendermaassen: Würfelkohle I 45 60 mm; Würfelkohle II 32 45 mm; Knörpelkohle 20 32 mm; Nusskohle I 12 20 mm; Nusskohle II 6 12 mm; Klarkohle 0 6 mm; also mit erheblich geringeren Verhältnissen in den Trommellochweiten, als es die Sortirung erfordert. Fast jedes Werk hat seine besondere Classirung.

Die Sortirung oder das Waschen.

Die Setzsiebe. Dieselben bilden in allen Fällen die wichtigsten Apparate zum Sortiren, wenn auch sie nicht selten noch durch andere, unten erwähnte Vorrichtungen ergänzt werden. Sie bestehen im Wesentlichen aus einem unter Wasser angeordneten Siebe zur Aufnahme der zu waschenden Kohlen. Bei den meisten Setzmaschinen liegt das Sieb fest, das Wasser wird von unten her stossweise in die Höhe ge - drückt, hebt dabei die leichteren Kohlen empor und entführt sie durch eine in der Seitenwand des Behälters angebrachte Oeffnung nach einem Sammelbehälter, während die Berge auf dem Siebe zurückbleiben (Siebsetzapparate). Das zurückbleibende Wasser tritt dann langsam (um nicht saugend auf die gehobenen Kohlen zu wirken) zurück, um nach Ergänzung des verbrauchten Wassers durch frisches einen neuen Stoss auszuführen.

Bei einer anderen, weniger gebräuchlichen Gattung von Setzma - schinen (Marsaut’s Kohlenwäsche) wird das Setzsieb selbst, nachdem es mit Kohlen beladen ist, stossweise um mehrere Meter im Wasser gesenkt, und die Körner sondern sich beim Niederfallen in einzelne Lagen, welche dann, nachdem das Sieb wieder emporgehoben wurde, durch eine Abstreichvorrichtung horizontal von demselben abgeschoben werden (Stauchsiebwäschen).

Eine Setzmaschine der ersteren Gattung neueren Systemes (Lührig’s Grobkornsetzmaschine) ist in Fig. 2 und 3 in 1 / 30 der wirklichen Grösse abgebildet. Der aus Holzpfosten gezimmerte und mit hölzernem Ein - satze versehene Kasten A von 2.56 m Länge, 0.8 m Breite, 1.5 m Höhe ist in der Mitte seiner Länge durch eine Zwischenwand in zwei unten verbundene gleich grosse Hälften getheilt, in deren einer sich der senk - recht bewegliche Kolben a befindet, während die zweite das aus Eisen gefertigte, von hölzernen Stäben getragene Sieb b enthält. Der Kolben hängt an zwei gegabelten Stangen c c und ist somit, um eine sichere Bewegung zu erhalten, im Ganzen an vier Punkten aufgehängt; von der Welle g aus, welche durch einen Riemen von einer Haupttrans - missionswelle aus angetrieben wird, empfangen die Kolbenstangen durch Vermittelung einer an der Kurbelscheibe d (Fig. 3) befindlichen Kurbel - warze, der Schubstange e und des Kniehebels f (Fig. 2) eine auf - und abgehende Bewegung, und zwar infolge der Einschaltung eines besonderen, in der Abbildung nicht erkennbaren, Mechanismus (Coulissenhebel oder54Die Brennstoffe.dergl. ) zwischen Kurbelwarze und Schubstange raschen Niedergang und langsamen Rückgang, wodurch das Wasser unter dem Kolben stossartig über dem Siebe in die Höhe gedrückt wird, um dann langsam zurück - zugehen. Die durch das Wasser emporgehobenen Kohlen treten mit demselben durch den die ganze Breite der Vorderwand einnehmenden Schlitz q aus dem Kasten aus, um hier in einer Trommel oder anderen Vorrichtung aufgefangen und vom Wasser befreit zu werden; die Berge sinken auf das Sieb zurück und fallen, wenn sie sich hier in genügender Menge angesammelt haben, durch die Oeffnung i, deren Höhe durch einen Schieber geregelt werden kann (Fig. 3), in den Bergetrog k, von wo aus sie durch ein Schöpfrad m (ein an dem Umfange mit eisernen Bechern versehenes Rad) emporgehoben und in die Lutte p geworfen

Fig. 2.

werden, während die in dem Bergetroge befindliche und mit ausge - schöpfte Trübe durch Oeffnungen in den Wänden der Schöpfbecher nach k zurückfliesst. Damit nicht Kohlenstücke mit in den Bergetrog gelangen, ist die Oeffnung i durch einen Schirm n von oben her abge - deckt. Für den Fall, dass die zu waschende Kohle mit durchwachsenen, also specifisch schwereren Stücken vermischt ist, befindet sich der Oeffnung i gegenüber, aber etwas höher als diese, eine zweite Oeffnung l in der Wand des Setzkastens, durch welche die über den Bergen und unter den reineren Kohlen liegenden durchwachsenen Stücke in den Behälter o (Fig. 3) fallen, wo sie gesammelt werden, um später einer wiederholten Zerkleinerung unterzogen zu werden.

55Die Aufbereitung der Steinkohlen.

Das bei jedem Hube der Maschine mit den Kohlen abfliessende Wasser wird durch frisch zufliessendes ersetzt, dessen Menge durch entsprechende Oeffnung des Zulassventiles v geregelt wird.

Durch die Oeffnungen des Setzsiebes hindurch gelangt ein Theil der klaren Berge mit dem zurückfliessenden Wasser in den unteren Theil des Setzkastens, sammelt sich hier an der tiefsten Stelle und wird von Zeit zu Zeit durch Oeffnung des Ventiles o (Fig. 2) in ein unter demselben befindliches Gerinne abgelassen.

Das Eintragen der zu waschenden Kohle geschieht, wie schon früher bemerkt wurde, durch eine von der Vertheilungstrommel kom - mende Lutte über den Rand des Kastens hinweg, und der Betrieb geht ununterbrochen fort. Die Maschine macht 60 70 Hübe per Minute,

Fig. 3.

wobei durchschnittlich 150 Ctr. Kohle per Stunde gewaschen werden können.

Ausser den Grobkornsetzmaschinen pflegt eine Kohlenwäsche einige Feinkorn - oder Schlammkohlensetzmaschinen zu enthalten, dazu bestimmt, den Kohlenstaub, welcher theils schon beim Classiren, wie erwähnt, abgeschieden, theils aus der von den Setzkasten abfliessen - den Trübe gesammelt wird, einem Reinigungsprocesse zu unterziehen. Von den Grobkornsetzmaschinen unterscheiden sie sich im Wesentlichen ausser durch geringere Abmessungen durch eine grössere Zahl Hübe (130 175 per Minute) von sehr geringer Höhe (ca. 40 mm), so dass nur eine schwache Bewegung des Wassers auf dem Siebe sichtbar56Die Brennstoffe.wird. Letzteres ist durch ein aus Stücken Feldspath oder Quarz ge - bildetes Bett abgedeckt.

Auf ähnlichen Grundsätzen wie die Lührig’sche Kohlenwäsche beruhen die schon älteren Wäschen von Rexroth, Sievers, Bérard u. a. Eigenthümlich ist die Kohlenwäsche von Evrard, bei welcher Dampfdruck statt des Kolbens auf die Wasseroberfläche wirkt; und die Wäsche von Coppée, bei der eine Druckpumpe die Stelle des Kolbens vertritt.

Spitzkästen. Diese durch Rittinger zuerst für die Erzauf - bereitung eingeführten Apparate finden in neuerer Zeit ziemlich regel - mässige Anwendung auch in den Kohlenwäschen, um aus der von den Setzkästen abfliessenden Trübe die mitgenommenen feineren Kohlen - stückchen abzuscheiden. Sie bestehen aus hölzernen Gefässen mit schrägen Seitenwänden, unten in eine Spitze endigend, gewöhnlich einer umgekehrten Pyramide ähnlich. An der tiefsten Stelle des Spitzkastens ist ein verschliessbarer Auslass angebracht. Die Trübe fliesst von der einen Seite über den Rand des Kastens ein, geht langsam durch den Kasten hindurch, hierbei nach Maassgabe ihrer Geschwindigkeit sämmt - liche gleichfällige Körner absetzend, welche an den schrägen Wänden hinabrutschen und sich unten sammeln, und fliesst dann an der ent - gegengesetzten Seite ab. Durch Vereinigung mehrerer Spitzkästen, deren Grösse in der Richtung des Wasserstromes mehr und mehr zunimmt (so dass die Geschwindigkeit des Wassers in jedem folgenden Kasten langsamer wird), zu einem System lässt sich eine Sortirung der Kohlen bewirken; in dem ersten Kasten werden die stärksten nieder - fallen, in jedem folgenden eine klarere Sorte.

Gerinne, Flutherwäschen, Klärbassins. In allen diesen Vor - richtungen findet gemäss dem oben geschilderten Verhalten fester Körper im Wasser eine Ablagerung von Kohlenstückchen und gleichfälligen Bergen in mehr oder minder langsam fliessenden, beziehentlich (bei den Klärbassins) im stehenden Wasser statt. Die Gerinne und Flutherwäschen können demnach bei ausreichender Länge wiederum als Mittel für die Sortirung benutzt werden, da die mitgeführten Körner sich gemäss ihrer Grösse und ihres specifischen Gewichtes in verschiedenem Abstande von der Eintrittsstelle ablagern werden; Klärbassins haben den Zweck, der zuletzt übrig gebliebenen Trübe die nöthige Ruhe zum Absetzen der noch in ihr vorhandenen Schlammtheilchen zu gewähren und solcherart das Wasser für die Benutzung bei den Setzkästen brauchbar zu machen.

Ausser den beschriebenen Vorrichtungen zum Zerkleinern, Classiren und Sortiren bedarf eine Kohlenwäsche einer Anzahl maschineller Vor - richtungen, um die ankommenden Wagen rasch zu entleeren, Kohlen und Berge auf ein höheres Niveau zu heben u. s. f. Denn aus der gegebenen Beschreibung der einzelnen Hauptvorrichtungen folgt schon, dass für ein regelmässiges Zusammenwirken die Aufstellung derselben in verschiedenen Höhenabtheilungen der Kohlenwäsche erforderlich ist; die classirten Kohlen fallen durch eine Lutte abwärts nach den Setz - apparaten, von hier geht es abermals abwärts nach den Spitzkästen u. s. w. Einzelne der erfolgenden Kohlen müssen wieder an die hoch57Die Aufbereitung der Steinkohlen.gelegenen Zerkleinerungsapparate zurückbefördert werden, Berge müssen, um auf die Halde gestürzt werden zu können, gehoben werden, u. s. w.

Für die Entleerung der Kohlenwagen dienen mechanische Kipp - vorrichtungen, mit deren Hilfe der ankommende Wagen selbst gekippt wird. Eine der üblichsten dieser Vorrichtungen ist der sogenannte Kreiselwipper, bestehend aus einem Paar aufrecht stehender, paralleler, starker Eisenringe in entsprechendem Abstande von einander, durch Querschienen unter einander verbunden und auf vier Rollen ruhend. Durch Handkurbel und Getriebe, oder, besser noch, von einer durch Elementarkraft betriebenen Transmissionswelle aus durch Frictionsrollen lässt sich der Kreiselwipper in langsame Drehung um seine, durch die Mittelpunkte beider Ringe gehende Achse versetzen. Zuvor wird der zu entleerende Förderwagen auf Schienen, welche von einem Ringe zum andern hinüberführen, dazwischen geschoben und durch irgend eine einfache Vorrichtung in seiner Stellung festgehalten, so dass er die Drehung mitzumachen gezwungen ist.

Als mechanische Vorrichtungen zum Heben der Kohlen (Eleva - toren) pflegt man Becherwerke (Paternosterwerke) zu benutzen. Jedes Becherwerk besteht aus zwei endlosen parallelen Ketten mit langen, aus flachen Stäben gebildeten Gliedern. Oben und unten ist jede dieser beiden Ketten über einen sechsseitigen Radstern geführt und beide zu einander gehörigen Radsterne sind durch querlaufende Eisenstäbe in den Ecken des Sechseckes zu einem Art Korbe verbunden. Von einer Transmissionswelle aus wird die Achse eines der beiden Körbe in Drehung versetzt, wodurch nunmehr auch beide Ketten umlaufende Bewegung erhalten. Letztere aber sind durch Querstäbe am Ende jedes Gliedes ebenso wie die Radsterne unter einander verbunden und an jedem dritten Querstabe ist ein eiserner Becher von ca. 15 20 l Inhalt angenietet, welcher die Bewegung der Ketten mitmacht, an der tiefsten Stelle in die Aufschüttung der zu fördernden Körper eintaucht, sich füllt, dann emporsteigt und an der höchsten Stelle beim Beginne des Niederganges, welchen er natürlich in umgekehrter Stellung ausführt, sich wieder entleert.

Die Art und Weise, wie die einzelnen Arbeiten einer Kohlenwäsche ineinander greifen, wird am besten durch folgenden, von Kreischer mitgetheilten, Stammbaum der Lührig’schen Kohlenwäsche beim Brückenbergschachte zu Zwickau veranschaulicht (S. 58 u. 59).

Es ist leicht erklärlich, dass auch die sorgfältigste Aufbereitung nicht im Stande ist, die Steinkohlen vollständig von ihrem Aschen - gehalte zu befreien. Wie weit dieses möglich ist, hängt zum grössten Theile von der Beschaffenheit der Kohle selbst sowie der begleitenden fremden Körper ab. Eine stark durchwachsene Kohle und eine solche, deren fremde Bestandtheile leicht Staubform annehmen, wird immer bei der Aufbereitung einen grösseren Aschengehalt behalten. Als Beispiel möge die Notiz einen Platz finden, dass in der erwähnten Wäsche des Brückenbergschachtes der Aschengehalt einer aschenreichen Kohle mit durchschnittlich 25 Proc. Asche auf 5 6 Proc. abgemindert wird, wobei per Stunde 800 Ctr. Kohle gewaschen werden.

58Die Brennstoffe.

Fördermasse.

59Die Aufbereitung der Steinkohlen.
60Die Brennstoffe.

7. Der Koks.

Darstellung.

Beim Erhitzen der Steinkohle zum Glühen entweichen Wasser, Kohlenwasserstoffe, Ammoniakwasser, Kohlensäure u. s. w., während der Koks zurückbleibt. Schon die früheren Mittheilungen über die Eigen - schaften der verschiedenen Steinkohlenarten lassen erkennen, dass diese sich ziemlich abweichend bezüglich der Menge des bleibenden Rück - standes verhalten, und es wurde auch bereits hervorgehoben, dass in dieser Beziehung selbst zwei Steinkohlensorten, deren chemische Zu - sammensetzung scheinbar ganz die nämliche ist, doch ein verschiedenes Verhalten zeigen können. Ein Umstand, welcher bei der Verkokung noch ganz besonders in Betracht kommt, ist die Einwirkung, welche die Structur der Steinkohlen durch das Verkoken erleidet. Während einzelne Kohlen, wie erwähnt, mürbe werden, Risse bekommen oder wohl gar pulverförmig zerfallen (Sandkohlen) oder doch ihre Form unverändert beibehalten (anthracitische Kohlen), erweichen andere, backen oder schmelzen förmlich zusammen und blähen sich dabei mehr oder weniger auf, je nach der Menge der entweichenden flüchtigen Erzeugnisse und der Eigenthümlichkeit ihres Aggregatzustandes in der Wärme. Diese den Backkohlen zukommende Eigenthümlichkeit gewährt nun nicht allein die Möglichkeit, Kohlen, welche in kleinstückigem Zu - stande gewonnen wurden, zu grossstückigen, festen Koks zu ver - arbeiten, sondern, was noch erheblich wichtiger ist, sie giebt uns ein Mittel, selbst aus aschenreichen Steinkohlen noch ver - hältnissmässig aschenarme Koks darzustellen, indem man sie zerkleinert und einem Waschprocesse, wie oben be - schrieben wurde, unterwirft.

Aus diesem Grunde bilden die backenden Kohlen, nachdem sie in der erwähnten Weise aufbereitet wurden, das vorwiegend benutzte Material für die Verkokung. Anderntheils ist das Ausbringen an Koks, wie sich aus früheren Mittheilungen über die Eigenschaften der Stein - kohlenarten ergiebt, um so reichlicher, der Verkokungsprocess also um so lohnender, je näher die backenden Kohlen in ihren Eigenschaften den anthracitischen Kohlen stehen; d. h. die kohlenstoffreicheren und gasärmeren Kohlen (kurzflammige Backkohlen, S. 45) eignen sich in ökonomischer Beziehung besser für den Verkokungsprocess als die, freilich besser backenden, aber gasreicheren gewöhnlichen Backkohlen (S. 44) und langflammigen Backkohlen. Aber auch die Eigenschaften des erfolgenden Koks sind von dem Verhalten der Steinkohle im Feuer abhängig. Gasreiche, leicht backende Steinkohlen geben infolge ihres starken Aufblähens poröse, specifisch leichte Koks, gasärmere Kohlen geben dichte, specifisch schwerere Koks. Je poröser, specifisch leichter der Koks ist, desto mehr neigt derselbe beim Verbrennen zur Kohlen - oxydgasbildung, einen desto grösseren Raum nimmt er ein, desto grösser ist mithin auch die Wärmeabgabe im Verbrennungsraume an die um - gebenden Ofenwände u. s. w., desto niedriger seine Verbrennungstempe - ratur, und desto leichter findet ein Zerdrücken oder Zerreiben des - selben statt. Dichtere Koks sind, eben weil sie eine geringere Ober - fläche darbieten, schwerer verbrennlich, neigen deshalb stärker zur61Der Koks; Darstellung.Kohlensäurebildung, liefern höhere Verbrennungstemperaturen und sind widerstandsfähiger gegen mechanische Einflüsse. Aus diesen Gründen zieht man dichtere Koks für die meisten Verwendungen den poröseren, leichteren Koks vor, wenn auch nicht ausser Acht gelassen werden darf, dass bei der Verwendung für einen reducirenden Schmelzprocess, wie z. B. im Eisenhochofen, bei welchem aller freie Sauerstoff wie alle Kohlensäure möglichst rasch durch Verbrennung von Kohle zu Kohlen - oxyd zum Verschwinden gebracht werden muss, eine allzu grosse Dichtig - keit des Brennstoffes keineswegs förderlich wirkt, sofern man nicht im Stande ist, durch Gegenmittel beim Eisenhochofen Anwendung stark erhitzten Windes der stärkeren Neigung des dichten Brennstoffes zur Kohlensäurebildung entgegen zu wirken.

Auch aus diesem Grunde, d. h. wegen der dichteren Beschaffen - heit der erfolgenden Koks, zieht man im Allgemeinen die gasärmeren, weniger gut backenden Kohlen den gasreicheren als Material für den Verkokungsprocess vor. Je schwieriger aber die Steinkohle backt, desto höher muss die Temperatur bei der Verkokung sein, und desto schneller muss der Verkokungsprocess verlaufen, wenn brauchbare Koks erzielt werden sollen; anderentheils werden auch aus gasreicheren, leicht backen - den Steinkohlen noch verhältnissmässig dichte Koks erfolgen können, wenn die Zersetzung nicht allzu beschleunigt verläuft, und wenn wäh - rend derselben die Kohlen einem starken Drucke ausgesetzt werden, unter welchem der räumliche Inhalt der entweichenden Gase ent - sprechend verringert wird.

Es folgt hieraus, dass die Regelung des Verkokungsprocesses, ins - besondere die Wahl des anzuwendenden Apparates, grossentheils von der Beschaffenheit der zu verwendenden Steinkohlen abhängig sein muss; und anderentheils, dass man oft im Stande sein wird, durch Vermischung mehrerer Steinkohlensorten schlecht backender, kohlen - stoffreicher mit gut backenden, gasreicheren ein geeigneteres Material für die Verkokung zu gewinnen, als es eine einzelne der vorhandenen Sorten zu liefern vermag. Auch diese innige Vermischung verschiedener Sorten wird natürlich durch den feinstückigen Zustand erleichtert, in welchem die aufbereiteten Kohlen zur Verkokung gelangen.

Wie bei der Verkohlung des Holzes, des Torfes u. s. w. unter - scheidet man bei der Verkokung der Steinkohlen Meiler - und Ofen - verkokung.

Die Meilerverkokung ist die älteste Methode und der Holz - verkohlung in Meilern nachgeahmt. Sie gestattet selbstverständlich nicht die Anwendung feinstückiger, also aufbereiteter Steinkohlen; zur Durch - führung derselben muss, wie bei der Meilerverkohlung des Holzes, ein Theil der Kohlensubstanz selbst verbrannt werden, und das Ausbringen ist deshalb ungünstig. Es erklärt sich hieraus, dass diese Methode nur noch verhältnissmässig selten in England und an einigen Orten Ober - schlesiens und nur da in Anwendung ist, wo aschenarme, billige Kohlen zur Verwendung stehen. In Oberschlesien (Königshütte, Borsig - werk u. a. a. O.) verkokt man in dieser Weise jene a. S. 43 erwähnten, an flüchtigen Körpern reichen Sinterkohlen und stellt daraus brauchbare62Die Brennstoffe.Koks für Schachtofenbetrieb dar, für welchen die rohen Kohlen eben jenes Gehaltes an flüchtigen Körpern halber weniger geeignet sein würden.

Unter den verschiedenen Verkokungsöfen tritt uns als die ein - fachste Form unter dem Namen Schaumburger Ofen eine Ein - richtung entgegen, welche man sich als eine seitliche, oben offene, aus Mauerwerk dargestellte Begrenzung eines liegenden Meilers mit lang - gestreckter Grundfläche vorstellen kann. Die Wärme wird dadurch besser zusammengehalten und der Zutritt der Luft regulirt, indem man Oeffnungen in den Seitenwänden anbringt, die durch eingelegte Steine nach Belieben geschlossen werden können. Auch für backendes Kohlen - klein lassen sich diese Schaumburger Oefen verwenden, die übrigens noch seltener als Meiler in Anwendung sind und mit diesen den Nachtheil eines ziemlich geringen Ausbringens gemeinsam haben (60 65 Proc.). Ihrer Einfachheit und billigen Herstellung halber bedient man sich ihrer wohl, wo die Aufgabe vorliegt, rasch eine Einrichtung zur Verkokung grösserer Kohlenmengen zu schaffen; so z. B. wurden erst im Jahre 1882 in Borsigwerk in Oberschlesien mehrere derartige Oefen gebaut.

Eine andere, aus älterer Zeit stammende Gattung von Verkokungs - öfen pflegt man Bäckeröfen oder Backöfen zu nennen. Jeder dieser Oefen bildet einen geschlossenen, oben überwölbten Raum von kreis - runder oder gestreckter Grundform, unten mit einer oder zwei Thüren zum Ein - und Ausbringen, oben mit einer Abzugsöffnung für die Gase versehen. Der Ofen wird durch Verbrennung von Kohlen geheizt, dann, wenn die Wände glühend geworden sind, mit Kohlen beschickt, deren Zersetzung sofort beginnt. Die Thüren werden geschlossen und man leitet nun durch Kanäle innerhalb des Ofengemäuers Luft in das Innere über die Kohlen, um die sich entwickelnden Gase zu verbrennen und hierdurch den Ofen in Gluth zu erhalten. Nach beendigter Ver - kokung werden die Thüren geöffnet und die Koks mit der Krücke herausgezogen, worauf der noch glühende Ofen sofort von Neuem ge - füllt wird. Immerhin ist es unvermeidlich, dass neben den Gasen durch die eintretende Luft auch ein Theil der Koks selbst verbrannt wird, ja, sogar verbrannt werden muss, damit die erforderliche Temperatur erzeugt werde; die Erhitzung aber bleibt bei dem beträchtlichen Ofen - querschnitte trotzdem eine ziemlich ungleichmässige. Lässt man die Gase ohne Weiteres aus dem Ofen austreten, so entwickeln sie beträcht - lichen Rauch und belästigen die Umgebung. Es eignen sich diese Bäckeröfen der geschilderten Eigenthümlichkeiten halber mehr für gut backende, in niedriger Temperatur kokende, langflammige Kohlen als für jene, welche, reich an zurückbleibendem Koks, schwierig backen und einer hohen Temperatur für die Verkokung bedürfen. Während sie früher vielfach in Anwendung standen, sind sie in neuerer Zeit, besonders auf dem Continente, selten geworden; häufiger noch finden sie sich in England, wo die Beschaffenheit der Steinkohlen ihre An - wendung trotz des verhältnissmässig niedrigen Ausbringens und trotz der keineswegs ganz gleichmässigen Beschaffenheit der erfolgenden Koks rechtfertigen dürfte. Auch in Oberschlesien werden derartige Oefen noch angetroffen (z. B. Redenhütte). An letztgenanntem Orte führt man die aus den Oefen austretenden Gase nach höher liegenden Dampf -63Der Koks; Darstellung.kesseln, um sie hier durch frisch zugeführte Luft zu verbrennen, macht sie in dieser Weise nutzbar und verhindert die lästige Rauchent - wickelung.

Bäckeröfen mit kreisrundem Querschnitte und gewölbter Decke pflegt man in England ihrer Form halber Bienenkörbe (beehives) zu nennen.

Während bei diesen Bäckeröfen und auch bei den oben erwähnten Schaumburger Oefen die Erhitzung von innen durch die hier bewirkte Verbrennung der Gase und eines Theiles der Kohlen stattfindet, befolgt man bei allen neueren Verkokungsöfen die Regel, den Ofen von aussen zu erhitzen, indem man die aus demselben bereits ausge - tretenen Gase in Kanälen ringsum den Ofen herumführt und hier ver - brennen lässt.

Es ist leicht zu erkennen, dass diese Methode ungleich günstigere Erfolge liefern muss; der Ofen besteht aus einer Retorte, welche von aussen geheizt wird, die Kohlen selbst der Einwirkung der Luft ziem - lich vollständig entziehend, und nur die sonst unbenutzten Gase bilden den Brennstoff. Damit aber die von aussen bewirkte Erhitzung bis in das Innere des Ofens (der Retorte) vordringe und möglichst gleich - mässig sei, dürfen die Wände nicht allzu stark, der Querschnitt des Ofens nicht allzu breit und das Verhältniss zwischen der für die Er - hitzung vorhandenen feuerberührten Aussenfläche zu dem räumlichen Inhalte möglichst reichlich sein; je höher die erforderliche Temperatur, je schwieriger backend also die zu verkokende Steinkohle ist, in desto grösserem Umfange müssen jene Bedingungen erfüllt werden.

Regelmässig vereinigt man bei diesen neueren Ofensystemen eine grössere Zahl einzelner Oefen zu einem gemeinschaftlichen Ganzen (einer Batterie), mitunter derartig, dass die Gase zweier oder noch mehrerer Oefen zur gemeinschaftlichen Heizung derselben vereinigt werden. In allen Fällen werden durch eine solche Anordnung die An - lagekosten ermässigt und die Wärmeausnutzung wird begünstigt.

Die Achse der einzelnen Oefen ist senkrecht oder in den bei weitem zahlreicheren Fällen wagerecht. Bei senkrechter Achse ist der Ofen oben und unten durch einen Deckel beziehentlich eine Klappe geschlossen, die Füllung geschieht von oben, die Entleerung von unten; bei wagerechter Achse befinden sich zwei oder mehr Füllöffnungen im Scheitel des Gewölbes, welches den Ofen von oben abschliesst, die beiden Stirnflächen aber sind durch eiserne, entweder zum Aufziehen ein - gerichtete oder in Thürangeln sich drehende Thüren geschlossen, und die Entleerung wird bewirkt, indem ein eiserner, dem Querschnitte des Ofens entsprechend geformter Kolben (Schild) vermittelst Zahnstange und Getriebe durch die eine Thür in den Ofen hineingedrückt wird, und so das ganze, den inneren Ofenraum ausfüllende Koksprisma vor sich her und aus der entgegengesetzten Thür hinausschiebt. Von der Einrichtung dieser Koksausdrückmaschinen wird unten ausführlicher die Rede sein.

Vielfach ist man neuerdings bemüht gewesen, die bei der Ver - kokung sich bildenden Nebenerzeugnisse Ammoniakwasser und Theer zu gewinnen und nutzbar zu machen. Henry Simon berechnete, dass allein bei den englischen Eisenwerken, welche alljährlich ca. 7 Mill. 64Die Brennstoffe.Tonnen Koks verbrauchen, durch die Gewinnung jener Nebenerzeug - nisse eine jährliche Ersparniss von 27 Millionen Mark zu erzielen sein werde (per Tonne Koks 140 kg Ammoniakwasser à 100 kg 2 2.5 . und 33 kg Theer à 100 kg 3,8 .). Allerdings ist hierbei nicht ausser Acht zu lassen, dass die Ausbeute an jenen Nebenerzeugnissen nach der Beschaffenheit der zur Verkokung gelangenden Kohlen eine sehr verschiedene sein wird, wie die früher mitgetheilten Ziffern (S. 43 46) beweisen, und dass sie gerade bei denjenigen Kohlen am geringsten ausfällt, welche sich am besten zur Darstellung dieser Koks eignen. Ganz allgemein wird auch die Menge des erfolgenden Theeres um so geringer sein, je stärker der Ofen erhitzt wird, da erfahrungsmässig Theerbildung in hoher Temperatur, welche zerlegend auf Kohlenwasser - stoffe unter Abscheidung von Graphit und Bildung von leichtem Kohlen - wasserstoffgase (C H4) einwirkt, eingeschränkt wird.

Fig. 4.

Mehrfach scheiterten derartige Versuche an der Beeinträchtigung der Koksqualität durch die Entziehung jener Nebenerzeugnisse; erst in der neuesten Zeit, seitdem der Bedarf an letzteren nicht nur erheb - lich gestiegen ist, hat man auch auf Eisenwerken angefangen, der Ge - winnung derselben eine höhere Bedeutung beizumessen. Die aus dem Ofen austretenden Gase werden dabei nach einer Condensationsvorrich -65Der Koks; Darstellung.tung, gewöhnlich einem durch Wasser gekühlten Rohrsysteme, geführt, in welchem Ammoniakwasser und Theer verdichtet werden, um dann erst nach dem Ofen zurückgeleitet und hier verbrannt zu werden. Je weniger brennbare Gase überhaupt aus der Steinkohle entweichen, desto empfindlicher wird sich allerdings der hierbei eintretende Wärmeverlust für die Durchführung des Processes wie für die Qualität der Koks bemerklich machen.

Gemäss der Einrichtung der Verkokungsöfen im Besonderen giebt es eine ziemlich grosse Anzahl sogenannter Koksofensysteme, von denen einige der wichtigeren nachfolgend beschrieben werden sollen.

a) Senkrechte Oefen.

Appolt’s Verkokungsofen. Derselbe, aus dem Jahre 1854 stam - mend, bildet die älteste und noch jetzt am häufigsten benutzte Art der Verkokungsöfen mit stehenden Kammern. Die Abbildungen Fig. 4 und 5 zeigen die Einrichtung dieses Ofens. Zwölf, oder bei einigen Anlagen acht - zehn, vierseitige Oefen oder Kammern a a von rechteckiger Grundfläche und schlank pyramidaler Form sind von einem ge - meinschaftlichen Rauh - gemäuer umgeben. Die Höhe der einzelnen Kam - mern beträgt incl. des oberen, durch Uebertre - ten der letzten sechs Stein - schichten sich stark ver - engenden Halses 5 bis 5.25 m, die Breite und Länge der Grundfläche ca. 0.43 × 1.26 m, des Ofenquerschnittes unter - halb des Halses 0.29 × 1.12 m und der quadra - tischen Gichtöffnung 0.29 × 0.29 m. Die Kammern werden aus feuerfesten, besonders dafür geform - ten Steinen mit grosser Sorgfalt gemauert und unter einander der grösse -

Fig. 5.

ren Standfestigkeit halber durch Bindesteine c c, welche von einer Kam - mer zur andern hinübergehen, mit einander verbunden. Die langen Seitenwände der Kammern ruhen auf eisernen Trägern, deren Enden in den Pfeilern des Rauhgemäuers aufliegen und ausserdem durch gemauerte Bogen gestützt werden; solcherart ist unter jeder der beiden Reihen einLedebur, Handbuch. 566Die Brennstoffe.durch den ganzen Bau hindurchführender Gang von ca. 1.8 m Höhe gebildet, von welchem aus die Bedienung der Kammern von unten, insbesondere die Entleerung derselben erfolgt. Die Gichtöffnung jeder Kammer wird während des Betriebes durch einen aufgelegten und mit Chamottemasse gut verstrichenen Deckel verschlossen gehalten; der Boden besteht aus einer eisernen Klappe, welche durch eine Aufschüttung von 125 130 kg Kokslösche vor dem Verbrennen geschützt wird, und durch deren Oeffnung man die Entleerung der Kammern in bereitstehende Wagen bewirkt. Die geneigte Form der Seitenwände der Kammern befördert hierbei das Herausstürzen der Koks, und die gusseisernen Rutschplatten n n führen die herausstürzenden Massen unmittelbar in die Wagen.

Die in der Kammer entwickelten Gase treten durch Spalten e e aus, welche, gewöhnlich in zwei Reihen übereinander, in geringer Höhe (0.6 m) oberhalb des Bodens angebracht sind, so dass die Gase die ganze Kohlensäule durchdringen müssen, ehe sie die Kammer verlassen kön - nen. Gewöhnlich sind 18 solcher Spalten in jeder Kammer, und zwar vorwiegend an den beiden breiten Seiten angeordnet (an jeder Breit - seite 7, an jeder schmalen 2). In dem oberen Theile der Kammern, und zwar 1.5 m unter der Füllöffnung, befinden sich zwar ebenfalls einige Oeffnungen, werden aber fast nur beim Anheizen benutzt und später durch eingelegte Steine geschlossen.

Die austretenden Gase vereinigen sich nun in den zwischen den einzelnen Kammern und rings um dieselben herum angeordneten Kanälen, um hier durch Zuführung atmosphärischer Luft, welche theils von unten her durch die Oeffnungen f f, theils durch seitliche Oeffnungen im Rauh - gemäuer zugeführt wird, verbrannt zu werden. Von hier aus ent - weichen die Verbrennungsgase durch Kanäle f (drei an jeder Langseite des Ofens), welche in horizontalen Kanälen c sich vereinigen, sowie durch ebensolche, aber von einem höheren Niveau ausgehende Kanäle h (Fig. 4), die sich ebenfalls oben in Horizontalkanälen vereinigen, nach den beiden Schornsteinen k k. Durch Register R ist der Zug in den Kanälen regulirbar.

Wie bei allen Verkokungsöfen beginnt der Betrieb des Appolt - schen Ofens mit dem Erhitzen der Kammern bis zum Glühen; dann wird gefüllt, und nun kann der Betrieb ununterbrochen fortgehen, indem man sofort nach beendigter Entleerung einer Kammer dieselbe von Neuem füllt. Der Einsatz in jede Kammer pflegt 1200 1400 kg zu betragen.

Die Appolt’schen Oefen gewähren den Vortheil einer sehr grossen Heizfläche im Verhältnisse zu dem räumlichen Inhalte, wie sich leicht aus dem Umstande erklärt, dass jede Kammer vollständig mit Aus - nahme der beiden Stirnflächen vom Feuer umgeben ist. Nach einer von Dürre angestellten Berechnung beträgt die Innenfläche der Kammer per cbm Rauminhalt 6 7 qm, nach Kerpely die Heizfläche per 100 kg des Einsatzes mehr als 1 qm, in jedem Falle ist das Verhältniss der Innen - beziehentlich Heizfläche zum Inhalte fast doppelt so gross als bei allen Oefen mit wagerechter Achse. Das Kohlenprisma ist mit Aus - nahme der beiden schmalen Stirnflächen vollständig dicht von dem Mauerwerk eingeschlossen, wodurch nicht nur die Wärmeabgabe be -67Der Koks; Darstellung.günstigt, sondern auch die Verbrennung der Kohle nach Möglichkeit beschränkt ist. Der Process verläuft infolge hiervon rasch, der Ofen ist auch zum Verkoken magerer Kohlen geeignet und das Ausbringen ist ein günstiges. Diesen unleugbaren Vortheilen aber stehen nicht allzu leicht wiegende Nachtheile gegenüber. Hierher gehört vor allen Dingen die hohe Summe der Anlagekosten, welche nach einer Berech - nung von Gillon, bezogen auf die Leistung an erzeugten Koks, 5 / 3 bis doppelt so gross ist als bei allen liegenden Oefen. 1)Anlagekosten eines Ofens mit 18 Kammern 30000 40000 Mark.Ferner ist die Ausführung der Reparaturen schwierig, und besonders nachtheilig hier - bei ist der Umstand, dass der ganze Ofen kalt gelegt werden muss, wenn auch nur an einigen Kammern Reparaturen nothwendig sind.

In neuerer Zeit sind verschiedene Aenderungen der ursprünglichen Form des Appolt’schen Koksofens eingeführt worden. C. Goedecke legt statt zwei Reihen Kammern deren vier nebeneinander an und fügt zwischen denselben statt der Bindesteine des Appolt’schen Ofens senk - rechte Mauerzungen ein, welche ebenso wie diese die Standfestigkeit der Kammern erhöhen, dabei aber senkrechte Kanäle bilden, in denen die Gase gezwungen sind, sich auf - und abwärts zu bewegen, ehe sie in die gemeinschaftlichen Essenzüge gelangen. Je vier Kammern ent - lassen ihre Gase in einen gemeinsamen Kanal; die Austrittsspalten für die Gase sind bei einigen Oefen dieser Art in der ganzen Höhe der Kammern vertheilt. Eine andere wesentliche Verbesserung bei diesem Ofen gegenüber der älteren Construction besteht in der Anwendung eiserner Säulen und Balken zum Tragen des ganzen Oberbaues anstatt der gemauerten Pfeiler; dadurch wird der ganze Raum unterhalb der Retorten luftiger, leichter zugänglich, und die Entleerung der Kammern weniger beschwerlich als früher. 2)Abbildungen dieses Ofens: Dürre, die Anlage und der Betrieb der Eisen - hütten, Bd. 1, S. 261 ff. ; vergl. auch Patentschrift Nr. 9853 und 7825.

Auch C. Palm suchte eine günstigere Erhitzung der Kammern des Appolt’schen Ofens zu bewirken, indem er zwischen den Kam - mern Zungen einbaute, welche, abweichend von dem Goedecke’schen Ofen, in wagerechter Lage übereinander angeordnet sind, und so die Gase allmählich ansteigend hin - und herführen, bis sie aus dem obersten Horizontalkanale in den Essenzug eintreten. 3)D. R. P. Nr. 10934.

b) Wagerechte Oefen.

Dieselben sind durch eine weit grössere Zahl verschiedener Systeme als die senkrechten vertreten. Ihre Anlagekosten sind geringer, die Reparaturen leichter ausführbar, die Bedienung einfacher; aber aller - dings ist die erforderliche Grundfläche für eine gegebene Gesammt - leistung reichlich doppelt so gross als bei jenen. Die Länge dieser Oefen pflegt 7 9 m zu betragen; eine Ueberschreitung dieses Maasses würde nicht nur die Bedienung, sondern auch die Erzielung einer gleich - mässigen Erhitzung erschweren. Die Höhe beträgt gewöhnlich 1 1.5 m bis unter das Gewölbe, welche den Ofen oben abschliesst, oder 0.9 1 m bis zu den Austrittsöffnungen für die Gase, welche sich regelmässig an5*68Die Brennstoffe.einer der langen Seiten des Ofens befinden, und über deren Unter - kante hinaus der Ofen nicht gefüllt werden darf, wenn nicht eine Ver - stopfung derselben eintreten soll. Die Breite des Ofens endlich ist zum Theil abhängig von der Beschaffenheit der zu verkokenden Steinkohle; je magerer dieselbe ist, je höher also die Temperatur im Inneren sein muss, desto schmaler muss, wie schon früher erwähnt wurde, der Ofen sein. Im Ganzen pflegt die Breite zwischen 0.40 0.90 m zu schwanken. Da jedoch die Temperatur in einem breiteren Ofen nicht allein niedriger, sondern auch weniger gleichmässig ist, als in einem weniger breiten, von der Gleichmässigkeit der Temperatur aber auch die gleichmässige Beschaffenheit der erfolgenden Koks abhängt, da ausserdem eben wegen der stärkeren Erhitzung des schmalen Ofens der Verkokungsprocess in demselben rascher verläuft, der Ofen also vortheilhafter ausgenutzt wird, und da endlich jene kohlenstoffreicheren Kohlen, welche nach Früherem das günstigste Ausbringen und die dichtesten Koks liefern, also durch - schnittlich sich am günstigsten bei der Verkokung verhalten, wegen ihrer geringen Backfähigkeit einer hohen Verkokungstemperatur be - dürfen, so zieht man in der Jetztzeit durchschnittlich die schmalen Oefen den breiteren vor und sucht, wo es angeht, durch Vermischen der gas - reicheren Kohlen mit mageren, kohlenstoffreichen etwaigen nachtheiligen Einflüssen einer zu plötzlichen und starken Gasentwickelung entgegen zu wirken.

In fast allen Fällen treten die Gase an der einen Längsseite des Ofens durch eine Anzahl Oeffnungen aus, um dann, in Kanälen zwischen zwei benachbarten Oefen hinziehend, je eine Wand des einen und eine Wand des andern Ofens zu heizen und schliesslich unter die Sohle geführt zu werden, welche ebenfalls geheizt wird. Hinsichtlich dieser Gasführung jedoch lassen sich bei sämmtlichen Oefen zwei verschiedene Anordnungen unterscheiden. Bei der einen Gruppe von Oefen streichen die Züge horizontal hin und her, so dass die Gase gezwungen sind, einen ziemlich langen Weg zurückzulegen, bevor sie unter die Sohle des Ofens gelangen; bei der andern Gruppe ziehen die Gase sofort in senkrechten Kanälen, also auf dem kürzesten Wege, abwärts unter die Sohle. Wenn die erstere Anordnung scheinbar eine günstigere Aus - nutzung der Wärme mit sich bringt, da die Gase bei der längeren Berührung mit den Seitenwänden auch eine grössere Menge Wärme an dieselben abgeben werden, so steht doch diesem Vortheile der Um - stand entgegen, dass bei senkrechten Zügen die Seitenwände der Oefen, welche durch die grössere Zahl senkrechter, die Kanäle begrenzender Zwischenwände zwischen den beiden Nachbaröfen eine grosse Festig - keit erhalten, geringer in den Wandstärken als bei wagerechten Zügen gebaut werden können, und dadurch natürlich die Wärmeabgabe an den Innenraum entsprechend befördert wird; ferner dass, wenn die Gase bereits allzu abgekühlt unter die Sohle gelangen, dieselbe un - genügend erhitzt wird und die Beschaffenheit der erfolgenden Koks ungleichmässig ausfällt.

Ein Uebelstand, der besonders bei Verkokung gasreicher Kohlen zu Tage tritt, beruht auf der ungleichen Gasentwickelung in den ver - schiedenen Stadien des Processes. Bei den senkrechten Oefen, wo zahl - reichere Kammern ihre Gase in gemeinschaftliche Kanäle entlassen,69Der Koks; Darstellung.gleichen sich diese Unregelmässigkeiten zum grossen Theile aus, da die Beschickung der einzelnen Kammern zu verschiedenen Zeiten erfolgt; bei den wagerechten Oefen dagegen, wo gewöhnlich die Gase nur eines einzigen Ofens in denselben Zügen verbrannt werden sollen, während der Querschnitt dieser Züge der mittleren hindurchgehenden Gasmenge angepasst ist, wird eben infolge der Veränderlichkeit dieser Gasmenge der Zutritt der Verbrennungsluft ein ziemlich unregelmässiger; ent - weichen weniger Gase, ist also die Gasspannung in den Zügen eine geringere, so wird eine grössere Luftmenge angesaugt werden, bei starker Gasentwickelung aber, also gerade dann, wenn eine reichlichere Menge Verbrennungsluft erforderlich wäre, wird der Zutritt derselben eben durch die stärkere Spannung der Gase verhindert. Die Folge davon ist theils eine ungleichmässige Erhitzung der Kammern, theils eine unvoll - ständige Verbrennung der Gase und eine Ablagerung von Graphit in den Zügen infolge der Zersetzung von Kohlenwasserstoffen und somit eine Verstopfung der Züge. Verschiedentlich hat man diesen Uebel - stand zu beseitigen gesucht, indem man atmosphärische Luft in den Ofen selbst eintreten liess, so dass schon hier eine theilweise Verbren - nung der Gase erfolgt, ein Mittel, welches nicht ohne gleichzeitige Ver - brennung von Kohle durchführbar ist; oder indem man die Gase wenig - stens zweier Oefen vereinigte, um durch abwechselnde Beschickung der letzteren einen Ausgleich herbeizuführen; oder man leitet die Gase zu - nächst in einen geräumigen Verbrennungsraum, wo sie mit erwärmter Luft gemischt werden, um dann erst in den Heizkanälen den Ofen zu umkreisen (Lürmann’s Ofen, Coppée’s neuerer Ofen).

Smet’s Verkokungsofen. Derselbe kann als Beispiel eines Ofens mit horizontaler Zugführung dienen, obgleich er, schon aus früherer Zeit stammend, wo er im Ruhr - und Saargebiete vielfach benutzt wurde, in der Neuzeit zum grossen Theil durch modernere Constructionen ersetzt wurde. Die Abbildungen Fig. 6 und 7 a. f. S. zeigen die Einrichtung desselben. 1)Aus A. v. Kerpely, Anlage und Einrichtung der Eisenhütten, Taf. LXIV, Fig. 1 und 2.Die Gase treten hier durch zwei im Gewölbe angebrachte Oeffnungen a a in zwei durch senkrechte Scheidewände b b von ein - ander getrennte Kanäle e e an der rechten Seite jedes Ofens; jeder der beiden Gasströme streicht dann zunächst oberhalb der wagerechten Zunge d von der Mitte des Ofens nach dem Thürende zu, tritt durch den Schlitz f unter die Zunge d, zieht in dem Kanale g wieder rück - wärts, um von hier aus in die Sohlenkanäle c c1 h h1 einzutreten und schliesslich durch die in der Mitte der Ofenlänge angebrachte, durch eine senkrechte Zunge ebenfalls in zwei Hälften getheilte Esse l l1 zu entweichen. Jeder Ofen hat demnach, wie auch Fig. 6 deutlich er - kennen lässt, seine eigene Esse. m in Fig. 6 ist eine der Füllöffnungen, deren jeder Ofen zwei in entsprechendem Abstande von einander besitzt (in Fig. 7 durch Punktirung angedeutet). Die Länge dieser Oefen pflegt 6 7 m, die Höhe 1.1 1.2 m, die Breite 0.65 m zu betragen. Die Ver - kokung pflegt bei einem Inhalte des Ofens von ca. 2500 kg eine Zeit - dauer von 24 Stunden zu beanspruchen. Die Kosten der Anlage per70Die Brennstoffe.

Fig. 6.

Fig. 7.

71Der Koks; Darstellung.Ofen schwanken nach dem Gesammtumfange sowie örtlichen und zeit - lichen Verhältnissen zwischen 1000 2000 Mark.

Fig. 6 lässt zugleich die Verankerung der Oefen und die An - bringung der Thüren erkennen. Letztere, welche zum Schutze gegen die Hitze mit feuerfestem Futter an der nach innen gekehrten Seite ausgekleidet und zu diesem Zwecke, wie in Fig. 7 ersichtlich ist, mit einem nach innen vorspringenden Rande versehen sind, drehen sich in Angeln und werden durch Vorreiber festgehalten. Die Fugen werden während des Betriebes mit Lehm verstrichen; in der oberen Thürhälfte aber sind zwei Schauöffnungen angebracht, welche zugleich den Zutritt von Luft über die Kohlen gestatten. Der Grund hierfür (erleichterte Verbrennung der Gase und Verhinderung der Graphitablagerung in den Kanälen) wurde oben besprochen.

Büttgenbach’s Verkokungsofen. Derselbe, welcher auf einigen rheinischen Eisenwerken, im Plauenschen Grunde bei Dresden und an einigen anderen Orten in Anwendung ist, kann als eine neuere Form des Smet’schen Ofens betrachtet werden. Wie bei diesem ist durch eine senkrechte Zunge der gesammte für die Anordnung der Züge vor - handene Raum an der einen Seite des Ofens in zwei Hälften getheilt; die Gase aber werden nicht, wie bei dem Smet’schen Ofen, ebenfalls getheilt, sondern sie treten sämmtlich, und zwar durch elf Austritts - spalten statt der zwei des vorerwähnten Ofens, in die erste jener Hälften ein, ziehen über der horizontalen Zunge, die wie beim Smet’schen Ofen angeordnet ist, nach vorn, unter derselben bis zur Mitte zurück, treten hier, ebenfalls wie bei jenem, unter die Sohle, unter welcher sie in deren ganzen Längenausdehnung hin - und zurückgeführt werden, um nunmehr an der andern Seite der vorerwähnten senkrechten Zunge in die zweite Hälfte der seitlichen Züge einzutreten und hier in ent - gegengesetzter Richtung als in der ersten wieder nach dem Scheitel des Ofens aufzusteigen, wo sie von einem gemeinschaftlichen, quer über sämmtliche Oefen hinweg führenden Hauptkanale aufgenommen und nach einer gemeinschaftlichen Esse geführt werden.

Vor dem älteren Smet’schen Ofen besitzt der Büttgenbach - sche den Vortheil zahlreicherer Gasausströmungen (die sich übrigens auch bei jenem anordnen lassen würden) und einer gemeinschaftlichen Esse; zu befürchten ist, dass die Erhitzung der zweiten Hälfte der Kammer, welche erst von den Gasen geheizt wird, nachdem diese bereits die vordere Hälfte und die Sohle erwärmt haben, mitunter merklich geringer als die der ersten Hälfte ausfallen werde.

Jedenfalls ist die Zugführung nicht für eine sehr starke Erhitzung geeignet und der Ofen deshalb auch vorwiegend zur Verkokung gas - reicherer, gut backender Kohlen bestimmt. Aus diesem Grunde auch giebt man ihm einen beträchtlichen Querschnitt, 0.87 m Breite bei 1.5 m Gesammthöhe und 1.37 m Höhe bis an die Gasausströmungen; die Länge beträgt 7.5 m, das Gewicht des Einsatzes bei diesen Abmessungen 5000 kg und die Zeitdauer der Verkokung 36 Stunden.

Bei noch anderen Koksofensystemen mit wagerechter Gasführung (Haldy’s Oefen) ist die senkrechte Zunge des Smet’schen und Bütt - genbach’schen Ofens ganz weggelassen, während die wagerechte72Die Brennstoffe.Zunge, wie bei jenen Oefen, den Seitenkanal in eine obere und untere Hälfte theilt. Die Gase treten durch 12 Oeffnungen, welche ziemlich gleichmässig auf die ganze Ofenlänge vertheilt sind, in die obere Kanal - hälfte ein, ziehen in derselben nach dem einen Ende des Ofens, treten hier in die untere Hälfte unterhalb der wagerechten Zunge, in welcher sie zurück an das entgegengesetzte Ende geführt werden, gelangen hier unter die Sohle, unter welcher sie abermals hin - und zurückziehen, um dann in einen gemeinschaftlichen unterirdisch angelegten Hauptkanal einzutreten.

Durch die erwähnte Weglassung der senkrechten Zunge ist zwar die Construction vereinfacht, die Standfestigkeit der Wände aber auch vermindert, so dass man gezwungen ist, dieselben aus dicken Stein - lagen (160 mm, ca. 10 mm stärker als beim Büttgenbach’schen Ofen) herzustellen; die Breite dieser Oefen beträgt 0.8 1 m, ist also beträcht - lich, und die Verkokungsdauer ist 48 Stunden. Für Herstellung dichter Koks aus mageren Steinkohlen sind derartige Oefen, welche überhaupt zu den älteren Constructionen gehören, nicht geeignet.

Eine aus jüngster Zeit stammende Form der Verkokungsöfen mit wagerechter Zugführung ist endlich der Ofen von Wintzek (D. R. Patent Nr. 2005). Bei diesem wird die Hauptmenge der Gase in ganz ähnlicher Weise geführt wie beim Smet’schen Ofen; die am Boden sich entwickelnden Gase aber gelangen durch Oeffnungen in der Sohle abwärts in den Sohlenkanal, um hier durch Zuführung von erwärmter Luft verbrannt zu werden. Der Ofen ist, wie alle ähnliche, zum Verkoken gasreicher Kohlen bestimmt und auf oberschlesischen Kohlen - und Eisenwerken mehrfach in Anwendung.

François Verkokungsofen. Dieser Ofen bildet eine der ältesten Formen der Oefen mit senkrechten Seitenzügen. Die Gase treten durch eine grössere Zahl (12 14) seitlicher Oeffnungen in ebenso viele senk - rechte Parallelkanäle, welche, nur durch schmale Seitenwände von ein - ander getrennt, sie unmittelbar abwärts unter die Sohle führen, wo sie ein Mal vor - und rückwärts ziehen, um dann nach dem unterirdischen Essenkanale auszutreten. Die François-Oefen waren ursprünglich für gasreiche, gut backende Kohlen bestimmt und deshalb mit ca. 0.9 m Breite construirt, wobei die Verkokungszeit 48 Stunden beträgt; für weniger gut backende Kohlen hat man jedoch derartige Oefen auch mit nur 0.6 m Breite eingerichtet und die Verkokungsdauer dabei auf 24 Stunden eingeschränkt.

Coppée’s Verkokungsofen. Derselbe, welcher als eine verbesserte und vorzugsweise zur Verkokung magerer Kohlen bestimmte Form des François’schen Ofens betrachtet werden kann, erlangte, nachdem er zu Anfang der sechziger Jahre zuerst ins Leben trat, besonders in den siebenziger Jahren eine sehr starke Verbreitung auf Eisen - und Kohlen - werken und bildet in der Jetztzeit in Deutschland, Frankreich und Belgien wohl den am häufigsten benutzten Verkokungsofen.

Die zu verschiedenen Zeiten gebauten Coppéeöfen lassen zwar in den Einzelheiten verschiedene Abweichungen Verbesserungen, welche die Erfahrung ins Leben rief erkennen; die allgemeinere Einrichtung derselben jedoch dürfte bei den meisten vorhandenen Anlagen ziemlich genau mit den in Fig. 8 10 gegebenen Abbildungen, eine Anlage auf73Der Koks; Darstellung.den Ebbw-Vale Eisenwerken darstellend, übereinstimmen. 1)Aus A. v. Kerpely, Anlage und Einrichtung der Eisenhütten, Taf. LXIII, Fig. 1 3.Die Gase des Ofens b treten an der einen Seite desselben durch eine grosse Zahl gleichmässig vertheilter Oeffnungen (28 30) in die senkrechten Kanäle c c und durch diese in den geräumigen Sohlenkanal e, vereinigen sich hier mit den Gasen des Nachbarofens b, gelangen, nachdem sie die Sohle des ersten Ofens erhitzt haben, unter die Sohle des zweiten und entweichen schliesslich durch die von i aus verschliessbare Oeffnung g1 in den gemeinschaftlichen Kanal h, welcher sie durch Schlitze j j der gemeinschaftlichen Esse k zuführt. Die Oeffnung g in dem Kanale e

Fig. 8.

des ersten Ofens b ist gewöhnlich durch einen von i aus darüber ge - legten Ziegel geschlossen und wird nur geöffnet, wenn man die Gase wegen zufälliger Störungen im Betriebe des Ofens b1 nicht nach diesem hinüber leiten darf, wobei natürlich auch die Verbindungskanäle f f (Fig. 9) geschlossen werden müssen. Durch Vereinigung der Gase zweier Oefen ist also wenigstens theilweise der Uebelstand beseitigt, der auf der ungleichmässigen Gasentwickelung eines einzigen Ofens beruht und oben ausführlicher besprochen wurde.

74Die Brennstoffe.

Die Verbrennungsluft tritt hier nicht, wie bei den bisher be - sprochenen Ofensystemen, durch die Thüren in den Ofen selbst ein, sondern sie gelangt durch einzelne senkrechte, mit Regulirungsschie - bern versehene Röhren d d zunächst in Horizontalkanäle, welche un - mittelbar oberhalb der senkrechten Feuerzüge in der Längsrichtung des Ofens sich erstrecken, um hier vorgewärmt und dann durch einzelne Oeffnungen den aus den Oefen austretenden Gasen zuge - führt zu werden.

Fig. 9.

Die senkrechte Anordnung der Züge mit den dazwischen befind - lichen Scheidewänden sowie eine gut durchdachte Form der zum Bau der Coppéeöfen benutzten feuerfesten Ziegel verleihen denselben eine grosse Standfestigkeit, welche es ermöglicht, die Wandstärke zwischen dem Ofeninnern und den Kanälen auf ein sehr kleines Maass (bei einzelnen Anlagen nur 110 mm) zu beschränken, ohne dass der Ofen im Minde - sten Gefahr läuft, sich unter dem Drucke der sich aufblähenden Kohlen zu bauchen.

Diese geringe Wandstärke im Verein mit der Eigenthümlichkeit75Der Koks; Darstellung.der Gasführung, insbesondere der geringen Längenausdehnung der Züge und der Vereinigung der Gase unter der Sohle ermöglicht nun die Er - zielung sehr hoher Temperaturen, welche, wie schon erwähnt wurde, gerade den Coppéeofen zur Verkokung magerer Kohlen geeignet machen; aber eben jene starke Sohlenheizung legt auch die Gefahr einer Be - schädigung des Ofenfundaments nahe, wenn nicht besondere Vorsichts - maassregeln hiergegen getroffen werden. Zu diesem Zwecke ist innerhalb des Fundaments ein System von Kanälen angeordnet, durch welche Luft hindurchgeleitet wird, um das Fundament zu kühlen. Durch die beiden an den Enden der Ofengruppe befindlichen Oeffnungen q tritt diese Luft in die senkrechten Kanäle r und aus diesen in die bis zur

Fig. 10.

Mitte der Oefen sich erstreckenden Horizontalkanäle s s, steigt von hier durch kurze Kanäle t t in die eigentlichen unter den Feuerzügen ge - legenen Kühlkanäle, indem sie aus dem ersten dieser Kühlkanäle u sich allmählich nach u1 u1 .... vertheilt, und entweicht schliesslich aus dem Sammelkanale w durch die kurze Esse x ins Freie.

Bei dem letzten Ofen an der rechten Seite müssen, damit derselbe ausreichend erhitzt werde, die Gase auch die rechte Seitenwand be - streichen. Sie treten also, wie aus der Abbildung ersichtlich ist, nach - dem sie, wie bei den übrigen Oefen, die Sohlen e e〟 erhitzt haben, durch76Die Brennstoffe.die Schlitze l l in die horizontalen Kanäle m n und von hier erst durch o in den zur Esse führenden Sammelkanal h.

Damit die Entleerung der Kammern besser und ohne Gefahr für eine Beschädigung der Seitenwände vor sich gehe, laufen die letzteren nicht vollständig parallel, sondern divergiren etwas nach der Richtung hin, nach welcher die Koks ausgedrückt werden. Bei dem abgebildeten Ofen beträgt die Breite jeder Kammer an dem einen Ende 430, an dem gegenüber liegenden 480 mm.

Auf den Oefen ist zur Verminderung der Wärmeabgabe eine 0.5 0.6 m starke Schicht von schlechten Wärmeleitern angebracht, die durch Ziegelmauerwerk zusammengehalten wird; zum Füllen der Kam - mern dienen drei Füllschächte a in jeder derselben, welche, wie ge - wöhnlich, durch Deckel verschlossen gehalten werden.

Die Thüren bestehen aus zwei Theilen. Die obere Hälfte von ca. 0.3 m Höhe wird beim Ebnen der eingeschütteten Kohlen geöffnet, die untere beim Entleeren.

Die Länge der Coppéeöfen pflegt 9 m, die Höhe 1 1.2 m, die Breite 0.4 0.5 m zu betragen und in diesem Falle beträgt die Ver - kokungszeit 24 Stunden; für 48 stündigen Betrieb giebt man eine Breite von 0.6 m bei 1.7 m Höhe.

Die Anlagekosten per Kammer beziffern sich auf ca. 2000 Mark.

Sehr bemerkenswerthe Aenderungen gegenüber den beschriebenen und jetzt noch am häufigsten verbreiteten Coppéeöfen zeigen die neue - sten von demselben Erfinder geplanten Constructionen (D. R. Patent 9908). Die Form der Kammern im Allgemeinen, die Anwendung senk - rechter Züge, die Sohlenheizung, die Kühlung des Fundamentes u. s. w. ist im Wesentlichen unverändert geblieben; statt der 28 30 Austritts - öffnungen für die Gase an einer Seite des Ofens sind bei der neueren Einrichtung 18 Oeffnungen an jeder der beiden Seiten (in Summa also 36 Oeffnungen) angeordnet. Die Gase theilen sich mithin in zwei Hälften, welche nach beiden Seiten hin getrennt abziehen und sich beim Heraustreten sofort mit den ebenso abgeleiteten Gasen des Nachbarofens in den gemeinschaftlichen Kanälen ver - einigen. Der Vortheil dieser Einrichtung springt sofort in die Augen. Indem man die benachbarten Oefen zu verschiedenen Zeiten beschickt, erreicht man vollkommener als bei dem älteren Systeme eine ununter - brochene, annähernd gleichmässige Erhitzung, denn auch der entleerte Ofen wird noch an beiden Seiten durch die ihm zuströmenden Gase seiner beiden Nachbaröfen geheizt; und durch die Vereinigung der Gase wird jener Uebelstand der ungleichmässigen Gasentwickelung eines einzigen Ofens erheblich abgemindert.

Die aus den Oefen austretenden Gase aber und hierin beruht zweifellos eine andere wesentliche Verbesserung gelangen nicht un - mittelbar in die senkrechten Feuerzüge, sondern zunächst in einen geräumigen Horizontalkanal, oberhalb der letzteren in der Längenrich - tung der Oefen sich erstreckend, in welchem die Gase der beiden Nach - baröfen vereinigt und mit der zutretenden, im Gemäuer des Ofens wie früher erwärmten, Verbrennungsluft gemischt werden; erst von hier77Der Koks; Darstellung.ziehen sie, wie bei den früheren Oefen, durch die senkrechten Kanäle abwärts, um sich unten mit den von der andern Seite des Ofens herab - kommenden Gasen zu vermengen und dann die Sohlen der beiden Nach - baröfen wie bisher zu heizen. Die Anordnung dieses Horizontalkanales bezweckt eine gleichmässigere Mischung der von beiden Seiten kommen - den Gase sowohl unter sich als mit der Verbrennungsluft und befördert daher ebensowohl die Gleichmässigkeit wie die Vollständigkeit der Verbrennung.

Carvès Verkokungsofen mit Gewinnung von Theer und Ammoniak. Derselbe bietet insofern ein besonderes Interesse dar, als er zu den ersten Oefen gehört, bei welchen jene Gewinnung der Neben - erzeugnisse bereits längere Zeit hindurch (seit 1867) mit gutem Erfolge durchgeführt wird, so dass man wohl hauptsächlich auf Grund der bei diesem Ofen erlangten günstigen Betriebsergebnisse nunmehr auch bei anderen Ofensystemen anfängt, die Gewinnung der Nebenerzeugnisse mit der Gewinnung von Koks zu verbinden. 1)In Deutschland sind augenblicklich mehrere derartige Anlagen im Bau be - griffen oder schon vollendet; so auf Zeche Holland nach Entwürfen von Dr. Otto & Co. in Dahlhausen; auf Zeche Hannibal bei Bochum nach Entwürfen von F. Lürmann in Osnabrück.

Die Carvèsöfen sind auf dem Eisenwerke Bessèges und einigen anderen französischen Eisenwerken im Betriebe (z. B. in Terrenoire eine Batterie von 100 Oefen). Fig. 11 zeigt die Einrichtung derselben. a a sind wie gewöhnlich Füllöffnungen im Scheitel des Ofengewölbes. Die Gase treten durch das Rohr b aus dem Ofen, welches zur Regu - lirung oder zur Absperrung mit einem, beim Niederlassen in Theer eintauchenden und somit vollständig luftdicht abschliessenden Ventile c versehen ist. Von hier gelangen die Gase von 30 50 Oefen gemein - schaftlich in ein System auf - und abziehender Röhren, welche durch kaltes, dagegen gespritztes Wasser kühl erhalten werden (Kühlschlange) und in welchen also Theer und Ammoniakwasser condensirt werden. Mit den unteren offenen Enden tauchen die Röhren in einen gemein - schaftlichen Sammelraum für die Condensationsproducte; die Einrichtung ist also im Wesentlichen die nämliche, wie man sie bei vielen Gas - anstalten zur Anwendung bringt. Die aus dem Condensator kommen - den Gase werden nunmehr, ebenfalls wie in Gasanstalten, durch ge - räumige Behälter (Scrubber) geführt, die mit feucht erhaltenen Koks gefüllt sind, und in welchen ihnen die letzten Reste von Ammoniak entzogen werden. Von hier strömen sie zurück zu den Oefen, um diese zu heizen. Sie treten bei d durch horizontale Mundstücke in den Sohlen - kanal des Ofens oberhalb eines Rostes, welcher mit glühenden Koks - abfällen bedeckt gehalten wird, um die Verbrennung zu unterhalten; die Verbrennungsluft strömt von unten her durch die Rostspalten zu. Unter der Sohle des Ofens streichen die verbrennenden Gase ein Mal vor - und rückwärts, steigen dann zwischen zwei Nachbaröfen empor, um von hier in horizontalen punktirt gezeichneten Kanälen, wie die Richtung der Pfeile andeutet, allmählich abwärts und zum gemeinschaft - lichen Sammelkanale e geführt zu werden.

78Die Brennstoffe.

Es ist leicht ersichtlich, dass die Haupteigenthümlichkeiten des Carvèsofens, die Gasentziehung in der beschriebenen Weise, sich leicht mit jeder andern Zugführung verbinden lässt.

Die Erfahrung hat gelehrt, dass die Bewegung der Gase in den Rohr - leitungen regelmässiger vor sich geht, überhaupt der Betrieb günstiger verläuft, wenn man in die Rohrleitung einen Exhaustor einschaltet, wie es auch in Gasfabriken üblich ist, als wenn man sich auf den Essenzug allein verlässt.

Die Oefen sind 0.6 0.75 m breit und 1.70 2 m hoch. Eine grössere Breite hat sich nicht bewährt. Die Verkokungszeit bei 0.75 m breiten Oefen beträgt 60 72 Stunden. Das Ausbringen ist günstig (bis 75 Proc.),

Fig. 11.

die Koks besitzen angestellten Festigkeitsversuchen zufolge eine aus - reichende, sogar theilweise beträchtliche Widerstandsfähigkeit gegen Zer - drücken und werden mit gutem Erfolge beim Eisenhochofenbetriebe be - nutzt. Auf den Bessèges-Werken betrug im Jahre 1879 die Menge der in 96 solcher Oefen gewonnenen Koks 33092 Tonnen, die Menge des gewonnenen Theers 1099 Tonnen, des Ammoniakwassers 4399 Tonnen. Der Verbrauch an Koksabfällen auf dem Roste betrug per Tonne dar - gestellter Koks 15.9 kg.

Lürmann’s Verkokungsofen mit mechanischer Beschickung und ununterbrochenem Betriebe. Bei den gewöhnlichen, bisher79Der Koks; Darstellung.besprochenen Verkokungsöfen findet, wie aus der gegebenen Beschreibung sich ergiebt, der Betrieb intermittirend statt; d. h. der Ofen wird gefüllt, dann beginnt die Verkokung, und schliesslich wird der Ofen entleert, um aufs Neue beschickt zu werden. Die mit einem solchen Betriebe verknüpften Uebelstände wurden bereits mehrfach erwähnt; sie beruhen zum Theil auf der Ungleichmässigkeit in der Gasentwickelung in den verschiedenen Verkokungsstadien, zum Theil auf der starken Abkühlung, welche der Ofen durch das plötzliche Einfüllen einer grossen Kohlen - menge erleidet.

Jene Uebelstände werden offenbar vermieden, wenn, wie bei dem in Fig. 12 abgebildeten Ofen von Fritz Lürmann in Osnabrück, der Betrieb ununterbrochen stattfindet, d. h. stetig kleine Mengen Kohle

Fig. 12.

eingeschüttet werden, während die gebildeten Koks an einer andern Stelle des Ofens von Zeit zu Zeit herausgeholt werden. A ist die Ver - kokungskammer mit geneigter Sohle, aus ganz dünnen feuerfesten Steinen hergestellt. Auf dem Scheitel der Kammer ist in der Längsrichtung derselben eine gemauerte Zunge z angeordnet, an deren beiden Seiten sich horizontale Kanäle befinden. Die Destillationsgase treten durch den in der Decke der Kammer in der Nähe der nach innen gekehrten Oeffnung derselben angebrachten Spalt o1)Der Spalt o ist hier, um seine Lage zu bezeichnen, eingezeichnet, obgleich derselbe, an der linken Seite der Kammer (von B aus gesehen) sich befindend, in der Schnittzeichnung eigentlich nicht sichtbar ist. in den an der linken Seite jener Zunge (von B aus gesehen) befindlichen Kanal und werden hier durch zugeführte atmosphärische Luft verbrannt, welche durch die80Die Brennstoffe.Kanäle c1 c2 c4 zuströmt und innerhalb des Ofengemäuers bereits auf eine hohe Temperatur vorgewärmt worden war. Die Verbrennungsgase vertheilen sich nun in eine Anzahl senkrechter, abwärts ziehender Kanäle, deren Fortsetzung durch die unter der Sohle der Kammer liegen - den Horizontalkanäle e e gebildet ist, um dann an der andern Seite der Kammer in eben solchen Kanälen emporzusteigen und sich in der an der rechten Seite der Zunge z befindlichen Kammer wieder zu ver - einigen. Von hier aus gelangen sie durch den Kanal g i, dessen Durch - gangsöffnung mit Hilfe des wassergekühlten Schiebers h regulirbar ist, in den für sämmtliche Kammern gemeinschaftlichen Essenkanal i1.

Durch die beschriebene Anordnung der Züge, welche die ganze Kammer umziehen und nur die schmalen Zwischenwände zwischen sich lassen, wird die Heizfläche eine sehr grosse und beziffert sich auf 80 Proc. der gesammten Oberfläche der Kammer.

Die fertigen Koks fallen in den Raum E, um hier abzukühlen und dann durch die mit luftdicht schliessender Thür versehene Oeff - nung F entfernt zu werden. Der Raum E ist rings von den Luft - kanälen c1 c2 u. s. w. umgeben, um auf diese Weise kühl erhalten zu werden, während die durch die erwähnten Kanäle hindurchstreichende Luft, welche, wie schon erwähnt, zur Verbrennung der Destillations - gase bestimmt ist, erhitzt wird.

Um jene für den ununterbrochenen Betrieb in der beschriebenen Weise erforderliche langsame Fortbewegung der Kohle nach dem Füll - raume E hin zu bewirken, ist jedoch eine mechanische Beschickungs - vorrichtung erforderlich, welche bei B angeordnet ist. Die Kohlen, welche den Fülltrichter n anfüllen, fallen durch die untere Oeffnung desselben in den Ofen und werden nun entweder durch eine sich stetig in derselben Richtung drehende Schraube oder, wie in der Abbildung, durch einen abwechselnd vor - und rückwärts sich bewegenden Kolben vorwärts geschoben, während am andern Ende die Koks unter dem Drucke der Kohlenschicht in den Raum E hineinstürzen. Die Bewegung jenes Mechanismus kann von Hand oder von einer Transmissionswelle aus bewirkt werden; der durch denselben auf die Beschickung aus - geübte Druck ist in jedem Falle beträchtlich und beziffert sich auf mindestens 3750 kg.

Wenn jene, durch die reichliche Heizfläche bewirkte starke Er - hitzung der Retorten die Verkokung sehr magerer Kohlen ermöglicht, welche an und für sich schon dichte Koks zu liefern befähigt sind, so wird durch den ausgeübten mechanischen Druck während des Verkokens ihre Dichtigkeit noch in fernerem Grade erhöht.

Der nämliche Ofen lässt sich auch mit einer Einrichtung zur Ge - winnung von Theer, Ammoniak u. s. w. verbinden. In diesem Falle werden die Gase statt durch den Schlitz o durch ein im Scheitel oder in der Seitenwand des Entleerungsraumes E angebrachtes Rohr nach dem Hauptsammelrohre für sämmtliche Kammern und in diesem, wie bei den Carvèsöfen, nach dem Condensator geleitet, um von hier nach dem Ofen zur Heizung desselben zurückgeführt zu werden. Eine Wieder - entzündung der Gase durch irgend eine Feuerung, wie bei den Carvès - öfen, ist bei den Oefen mit ununterbrochenem Betriebe entbehrlich, da bei der ununterbrochenen Verbrennung der Gase und der Vermeidung81Der Koks; Darstellung.einer Abkühlung des Ofens durch plötzliches Entleeren und Wieder - füllen alle Theile ohnehin so stark erhitzt sind, dass ein Erlöschen der Gase nicht eintritt.

Für den Betrieb der Verkokungsöfen ist, wie sich schon aus dem bisher Gesagten ergiebt, eine Anzahl von Hilfsapparaten nothwendig, theils zum Füllen, theils zum Entleeren derselben bestimmt.

Zum Herbeifahren der zu verkokenden Steinkohlen und Einfüllen in den Ofen pflegt man, wie es z. B. in Fig. 11, S. 77 und Fig. 4, S. 64 angedeutet ist, vierseitig trichterförmige Wagen zu benutzen, deren Boden aus einem horizontalen Schieber besteht. Ist der Wagen über der geöffneten Füllöffnung angelangt, so wird der Schieber geöffnet, und die Kohlen stürzen in den Ofen hinein. Mit langen Krücken wird dann die Kohlenschicht geebnet.

Die Entleerung der Kammern erfolgt bei senkrechter Achse der - selben (Appolt’s Ofen) durch das eigene Gewicht der Koks, wobei diese in einen bereit stehenden Wagen hineinstürzen, nachdem die Bodenklappe geöffnet wurde; bei dem Lürmann’schen Ofen mit ununterbrochenem Betriebe durch Auskrücken der Koks aus dem be - schriebenen Sammelraume; bei fast allen übrigen Oefen mit wagerechter Achse dagegen durch eine Koksausdrückmaschine, wie schon erwähnt wurde.

Dieselbe besteht im Wesentlichen aus einem gusseisernen Schilde an dem den Oefen zugekehrten Ende einer langen horizontalen, den Ofenachsen parallelen Zahnstange, welche durch Kurbel und Getriebe mit mehrfachen Uebersetzungen vorwärts in die geöffnete Kammer hin - ein bewegt wird, solcherart das Koksprisma vor sich her und aus dem entgegengesetzten Ende des Ofens hinaus schiebend. Der ganze Mecha - nismus ist auf einem eisernen, auf Schienen laufenden Wagen angeordnet, so dass er bequem von einem Ofen zum andern bewegt und nach der Reihe zur Bedienung sämmtlicher Kammern benutzt werden kann.

Der Betrieb dieser Maschine erfolgt entweder von Hand durch mehrere an der Kurbel stehende Arbeiter oder häufiger durch eine eigene Dampfmaschine, welche in diesem Falle nebst dem zugehörigen Dampfkessel auf dem Wagen selbst angeordnet ist und bei einer Lei - stungsfähigkeit von 10 15 Pferdestärken die Arbeit in weit kürzerer Zeit verrichtet (ca. 2 Minuten für Hin - und Rückgang), als es durch Menschenarbeit möglich ist. Gewöhnlich wird in diesem Falle durch die Dampfmaschine auch die Fortbewegung des Wagens bewirkt; und endlich hat man bei Oefen mit senkrecht aufgehenden Schiebethüren dieselbe auch bisweilen benutzt, um durch Vermittelung eines auf den Wagen gestellten Krahnes die Thür aufzuziehen.

Da die Schienen, auf denen der Wagen läuft, den ganzen Druck des Koksprisma auszuhalten haben, so müssen sie in solider Weise befestigt sein, und man pflegt den Wagen mit drei Räderpaaren, auf drei parallelen Schienensträngen laufend, zu versehen; und damit der Wagen auch bei der äussersten Stellung des Schildes nicht sein Gleich - gewicht verliere, muss er ausreichend breit sein. Die Stange, an welcher das Schild befestigt ist, gleitet auf Rollen, die im Wagen gelagert sind,Ledebur, Handbuch. 682Die Brennstoffe.und trägt an der nach oben gerichteten Seite die Zähne, in welche das betreffende Getriebe eingreift.

Für die Aufstellung und Bewegung der Koksausdrückmaschine muss natürlich ein entsprechend breiter Raum an derjenigen Seite der Koksofenbatterie (Rückseite) frei gehalten werden, von welcher aus das Ausdrücken erfolgen soll; und an der gegenüberliegenden Vorderseite muss eine, von den Oefen her um einige Grade abfallende Ebene von mindestens 12 m Breite zur Aufnahme der herauskommenden Koks eingerichtet werden, welche mit guten, harten Ziegeln in Rollschichten gepflastert oder mit Eisenplatten belegt wird. Zum Ablöschen der glühen - den Koks, damit sie nicht an der Luft verbrennen, werden auf dieser Ebene den Oefen gegenüber mehrere Hochdruckwasserständer mit Schlauchhähnen aufgestellt.

Den Transport der Koks schliesslich bewirkt man, wo es angeht, durch Verladen in Wagen, welche auf einer so tief gelegenen Ebene auf Schienen laufen, dass ihre Oberkante in gleichem Höhenstande mit der Vorderkante der soeben besprochenen Koksrampe sich befindet und die Koks durch Krücken ohne Weiteres in die Wagen hinübergeschoben werden können.

Es folgt aus dieser Anordnung, dass jede derartige Koksofenanlage aus drei Terrassen besteht: zu oberst die Scheitelebene (Gichtebene) mit den Schienengleisen für die Kohlenwagen, welche von der Kohlenwäsche oder dem Abladeplatze auf wagerechter oder schwach geneigter Ebene hierher gerollt werden; dann die Koksrampe in der Ebene der Ofen - sohlen; zu unterst die Ebene für die Abfuhr mit den Schienengleisen für die Transportwagen.

Bei den Appolt’schen Oefen beschränkt sich die Anlage auf zwei Terrassen, die aber in erheblich grösserem Abstande als bei den wage - rechten Oefen auseinander liegen.

Die Betriebsergebnisse der einzelnen Koksofensysteme wurden theilweise schon bei der Besprechung der letzteren mitgetheilt. Es handelt sich hierbei vornehmlich um das Ausbringen an Koks und um die Zeitdauer der Verkokung. Ersteres wird bei denjenigen Oefen, bei welchen der Luft der Zutritt in das Ofeninnere vollständig ab - geschnitten ist, also bei den Oefen von Appolt, Coppée, Lürmann, Carvès u. a. durchschnittlich höher sein, als bei den älteren Oefen, bei denen man aus angeführten Gründen der Luft schon durch Oeffnungen in der Ofenthür Zutritt in das Innere verstattet; aber das Ausbringen ist auch, wie leicht begreiflich, gar sehr abhängig von der chemischen Zusammensetzung, d. h. dem Gasgehalte der Kohle und ihrem Aschen - gehalte. Aus diesem Grunde ist ein Vergleich des Ausbringens ver - schiedener Ofensysteme nur dann zuverlässig, wenn auch ganz die näm - lichen Kohlen in denselben verkokt wurden. Im Ganzen schwankt das Ausbringen gemäss dieser Verschiedenheiten zwischen 65 80 Proc.

Die Zeitdauer der Verkokung richtet sich, wie natürlich, von der Temperatur des Ofeninnern, also von der Grösse der feuerberührten Fläche und der Breite des Ofenquerschnittes, und schwankt zwischen 24 60 Stunden. Der breitere Ofen erfordert die längere Zeit, fasst dafür aber auch die grössere Menge Kohlen, so dass hierdurch wenigstens83Der Koks; Eigenschaften.theilweise jener Zeitverlust ausgeglichen wird. Dass die Beschaffenheit der Kohlen selbst für die anzuwendende Verkokungstemperatur und Verkokungszeit entscheidend sein muss, wurde bereits erwähnt.

Die Güte der erfolgenden Koks endlich hängt von dem Koksofen - systeme insofern ab, als gleichmässig erhitzte Oefen auch gleichmässigere Koks als ungleichmässiger erhitzte liefern werden, ein Grund, weshalb schmalere Oefen in dieser Beziehung sich durchschnittlich günstiger als breitere verhalten; und als ferner Oefen, in denen die Koks einem höheren Drucke ausgesetzt sind, vorzugsweise zur Darstellung dichter Koks auch aus gasreicheren Steinkohlen sich eignen (Appolt’scher Ofen, Lürmann’s Ofen mit mechanischer Beschickung). Dass übrigens nicht in allen Fällen Dichtigkeit und Güte der Koks gleichbedeutend sind, dass vielmehr die Verwendung derselben hierbei mitzusprechen hat, wurde schon oben erläutert.

Die abziehenden Gase der Verkokungsöfen lassen sich vielfach, wenn sie durch einen gemeinschaftlichen Hauptcanal abgeführt werden, noch zu anderen Zwecken, insbesondere zum Heizen von Dampfkesseln, benutzen (Coppéeöfen u. a.). Eine Anordnung der Kessel auf den Oefen, wie man früher wohl sie baute, ist jedenfalls unzweckmässig; besser ist es und jetzt allgemeine Regel, sie zwischen Verkokungsöfen und Esse einzuschalten.

Eigenschaften der Koks.

Die Koks besitzen, wie alle verkohlten Brennstoffe, die Eigenschaft, ohne Flamme und ohne Rauch zu verbrennen, wodurch sie schon von vorn herein für viele Processe geeigneter sind als die zu ihrer Dar - stellung benutzten Steinkohlen. Es kommt hinzu, dass die backende Eigenschaft der meisten für die Verkokung dienenden Steinkohlen eben - falls in nicht seltenen Fällen ihre Verwendung im rohen Zustande (z. B. in Schachtöfen) erschwert, während gerade die nämliche Eigen - schaft es ermöglicht, aus diesen Kohlen nach vorausgegangener Zer - kleinerung und Reinigung noch vortreffliche Koks zu gewinnen. Diese Möglichkeit der Aufbereitung vor der Verkokung giebt eine ausreichende Veranlassung zur Verkokung selbst solcher Steinkohlen, welche in ihrer Zusammensetzung den Anthraciten nahe stehen, nur schwierig backen, und auch an und für sich ohne erhebliche Flammenbildung brennen würden.

Aber noch ein anderer wichtiger Umstand kommt hinzu, die An - wendung verkokter Kohlen zweckmässiger als diejenige roher erscheinen zu lassen. Es ist die Thatsache, dass von dem Schwefelgehalte der Kohlen, welcher in manchen Fällen sehr nachtheilige Einwirkungen ausüben würde, ein grosser Theil durch die Verkokung entfernt wird. Die Entschwefelung der Steinkohlen bildete sogar ursprünglich im Anfange des 17. Jahrhunderts den hauptsächlichsten Zweck, welchen man bei der Verkokung derselben im Auge hatte.

Der Schwefelgehalt der Steinkohlen stammt zum grössten Theil aus den eingesprengten Kiesen (Markasit, Pyrit), welche vorwiegend aus Doppeltschwefeleisen (FeS2) bestehen. Es wurde schon früher erwähnt, dass es auch durch sorgfältigste Aufbereitung der Kohlen nicht möglich6*84Die Brennstoffe.sei, sie vollständig von ihren fremden Begleitern, also auch von diesen schwefelreichen Mineralien, zu befreien. Durch einfache Er - hitzung aber wird alles Doppeltschwefeleisen zersetzt, ein Theil des Schwefels entweicht und es hinterbleibt eine Verbindung, deren Zu - sammensetzung ungefähr durch die Formel Fe7 S8 (Zusammensetzung des Magnetkieses) ausgedrückt wird. Die Gegenwart glühender Kohle, welche mit dem Schwefel flüchtige Verbindungen eingeht, befördert die Entschwefelung; und ein, wenn auch verhältnissmässig nicht bedeutender Theil wird noch als Schwefelwasserstoff beim Ablöschen der Koks mit Wasser entfernt.

Dass die Beschaffenheit der Koks, die Porosität, die Dichtigkeit, das Aussehen theils von der Beschaffenheit der Kohlen, theils von der Einrichtung der verwendeten Oefen abhänge, geht aus früher Gesagtem hervor. Von Wichtigkeit für die meisten Verwendungen der Koks ist eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegen das Zerdrücken; gewöhnlich, doch nicht regelmässig, geht diese mit der Dichtigkeit Hand in Hand, und es ist dies ein besonderer Grund, weshalb man besonders für ihre Verwendung in hohen Oefen, wo ein ansehnliches Gewicht auf den Koks lastet dichte Koks den weniger dichten vorzieht. Nach Versuchen, welche auf den Bessèges-Eisenwerken angestellt wurden, betrug die Widerstandsfähigkeit gegen das Zerdrücken per qcm bei Kokssorten aus verschiedenen Oefen:

  • aus englischen Bäckeröfen (Bienenkörben) 43.9 kg
  • Carvèsöfen von 0.70 m Breite66.5
  • 0.66 79.7
  • 0.50 92.3
  • Coppéeöfen 0.50 80.5

Die Proben aus den Carvèsöfen von verschiedener Breite lassen eine deutliche Zunahme der Festigkeit mit Abnahme der Ofenbreite erkennen.

Infolge des Schwindens und Reissens des glühenden, aus dem Ofen kommenden, Koksprismas pflegen die Koks in basaltartig geformten Stücken aufzutreten, welche jedoch, besonders bei den Koks aus gas - reicheren Kohlen, häufig mit traubenartigen Bildungen, von der Graphit - ablagerung bei Zersetzung von Kohlenwasserstoffen herrührend, über - zogen sind. Die Farbe des kalt durchgebrochenen Koks pflegt grau mit Metallglanz zu sein, an den mit Wasser abgelöschten Stellen wird er schwarz. Aus der Farbe auf die Güte der Koks schliessen zu wollen, ist nicht thunlich.

Die chemische Zusammensetzung zeigt neben dem Kohlengehalte einen Aschengehalt, dessen Höhe mindestens 4 Proc., nicht selten über 15 Proc. zu betragen pflegt, ferner einen Wasserstoffgehalt von 0.3 bis 0.5 Proc., einen Sauerstoff - plus Stickstoffgehalt von 2 Proc. und einen hygroskopischen Wassergehalt, der auch bei poröseren Koks, welche längere Zeit an der Luft lagerten, selten erheblich über 10 Proc. hinausgeht, während frisch abgelöschte Koks allerdings grössere Mengen und in Wasser eingetauchte Koks bis zu 50 Proc. Wasser enthalten können.

Vorzugsweise wichtig für die Werthbestimmung der Koks ist natürlich ihr Aschengehalt. Koks mit mehr als 12 Proc. Asche ver -85Die Gase.wendet man für Schmelzprocesse nicht gern; Koks mit erheblich weniger als 10 Proc. Asche gehören schon zu den vorzüglicheren. Aber auch die chemische Zusammensetzung der Koksasche kommt hierbei in Betracht. Im Grossen und Ganzen entspricht sie natürlich der Zu - sammensetzung der Steinkohlenasche, und wie bei dieser findet man als vorwiegende Bestandtheile Kieselsäure, Thonerde, Eisenoxyd, bis - weilen Kalkerde; aber auch der Schwefelgehalt fehlt trotz der bei der Verkokung stattfindenden Entschweflung niemals ganz und ein Schwefel - gehalt = 2 Proc. des Koksgewichtes oder noch darüber gehört keines - wegs zu den Seltenheiten.

Als Wärmeleistung der Koks (nach Abrechnung des Aschen - gewichtes) pflegt man 8000 W. -E. per kg anzunehmen.

Das Gewicht eines Cubikmeters stückförmiger Koks beträgt, ab - weichend nach dem Aschengehalte, der Dichtigkeit und der Stückgrösse, 350 450 kg.

8. Die Gase.

Allgemeines.

Die Anwendung brennbarer Gase zur Heizung metallurgischer Oefen ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Zwar versuchte schon im Jahre 1792 ein Schotte Alexander Christie auf der Devon - Eisenhütte zu Schottland, die aus dem Eisenhochofen entweichenden und mit langer Flamme verbrennenden Gase nutzbar zu machen; doch ohne Erfolg. 1)A. Gurlt, die Bergbau - und Hüttenkunde. Essen 1879. Zweite Aufl., S. 121.1811 nahm in Frankreich ein Eisenwerksbesitzer Aubertot ein Patent auf die Benutzung der Hochofengichtgase als Brennstoff für andere Zwecke; ihm folgte im Jahre 1832 ein Engländer Teague mit einem englischen Patent für das im Wesentlichen nämliche Verfahren. Eine erhöhte Bedeutung jedoch erlangte die Gasfeuerung erst durch die Bemühungen des würtembergischen Bergrathes Faber du Faur in Wasseralfingen in den dreissiger und vierziger Jahren, welcher nicht allein Gichtgase sondern auch künstlich erzeugte brenn - bare Gase zum Heizen verschiedener Oefen benutzte. Gegen Ende der vierziger Jahre waren bereits in mehreren Gegenden Gasfeuerungen in Anwendung; seitdem breitete sich die neue Feuerungsmethode von Jahr zu Jahr weiter aus, und in der Jetztzeit bilden die brennbaren Gase im Hüttenwesen einen ebenbürtigen Brennstoff neben den verkohlten, einen bevorzugten neben den rohen unverkohlten Brennstoffen.

Gegenüber der Anwendung dieser letzteren, an deren Stelle die gasförmigen Brennstoffe vorzugsweise benutzt zu werden pflegen, besitzt die Heizung mit Gasen mancherlei Vortheile. Da eine innige Mischung mit atmosphärischer Luft leichter als bei der Verbrennung fester Brenn - stoffe auf dem Roste (der sogenannten directen Feuerung) zu erzielen ist, so genügt ein geringerer Ueberschuss der Luft, eine vollständige Verbrennung herbeizuführen. Die Folge davon ist eine höhere Ver - brennungstemperatur und eine günstigere Ausnutzung der erzeugten Wärme. Eine fernere Steigerung der Verbrennungstemperatur lässt86Die Brennstoffe.sich erzielen, wenn man den den Gasen beigemengten Wasserdampf (z. B. bei Gasen, die aus wasserhaltigen Brennstoffen, Holz, Torf, Braun - kohlen erzeugt waren) durch Verdichtung entfernt, ehe sie an den Verbrennungsort gelangen, und theils aus diesem Grunde, theils wegen der Möglichkeit, auch feinkörnige, für Rostfeuerung weniger geeignete Brennstoffe zu vergasen, erhält man durch Anwendung der Gasfeuerung ein geeignetes Mittel, selbst geringwerthige Brennstoffe mit Vortheil zu verwenden.

Der Ursprung der Gase kann ein verschiedener sein.

Mitunter entweichen brennbare Gase als Nebenerzeugniss eines zu einem andern Zwecke angestellten Processes und lassen sich dann weiter verwenden. Dieser Fall tritt in besonderer Wichtigkeit beim Eisenhochofenprocesse zu Tage, wo die Gichtgase des Hochofens einen werthvollen Brennstoff für Heizung anderer Apparate bilden. Erwähnt wurde bereits, dass gerade diese Gichtgase den ersten Anstoss zur Einführung der Gasfeuerung überhaupt gegeben haben. Von der Zusammensetzung, Entziehung und Fortleitung derselben wird in der zweiten Abtheilung bei Besprechung der Roheisendarstellung im Hoch - ofen die Rede sein.

Zweitens benutzt man, freilich nur in einer einzigen Gegend der Erde, für die Eisenindustrie brennbare Gase, welche in der Natur vorkommen. Es sind dieses die Petroleumgase Pennsylvaniens, welche theilweise an Ort und Stelle zum Heizen von Dampfkesseln benutzt werden, theilweise sogar ungenutzt entweichen, während ein anderer Theil derselben nach Wedding’s Berichte über das Eisenhüttenwesen der Vereinigten Staaten durch eine 22 km lange Röhrenleitung nach Pittsburg geführt wird, um dort zum Betriebe von Puddel - und Schweiss - öfen zu dienen. Das Gas enthält 90 Proc. leichten Kohlenwasserstoff, ca. 4 Proc. schweren Kohlenwasserstoff, 4 Proc. Wasserstoff, übrigens Kohlensäure u. s. w. und bildet deshalb einen werthvollen Brennstoff mit hoher Verbrennungstemperatur.

Drittens lassen sich brennbare Gase aus festen Brennstoffen dar - stellen; und dieses Verfahren bildet in der Jetztzeit das am häufigsten für die Gasfeuerung angewendete. Diese Vergasung fester Brennstoffe lässt sich wiederum in zweierlei Weise oder, richtiger gesagt, unter Anwendung zweier verschiedener Oxydationsmittel durchführen. In dem einen dieser Fälle dient Sauerstoff der atmosphärischen Luft dazu, den Kohlenstoff des Brennstoffes zu Kohlenoxyd zu verbrennen (soge - nannte unvollständige Verbrennung), während bei Anwendung unverkohlter Brennstoffe die bei jener Verbrennung entwickelte Wärme zugleich die Zersetzung des Brennstoffes, d. h. die Austreibung der flüchtigen und theilweise brennbaren Bestandtheile bewirkt, so dass diese sich mit dem gebildeten Kohlenoxydgas mischen. Der hierzu erforderliche Apparat wird Generator genannt; von der gewöhnlichen Verbrennung fester Brennstoffe auf dem Roste (der directen Feuerung) unterscheidet sich diese Generator-Gasfeuerung demnach im Wesentlichen dadurch, dass bei jener die zur vollständigen Verbrennung erforderliche Verbrennungsluft bereits durch die Rostspalten hindurch ihren Weg nimmt (dass trotzdem die eigentliche Verbrennung oft erst weit von dem Roste ihr Ende erreicht, beweist die mehr oder minder lange, vom87Die Gase.Roste aufsteigende Flamme), während bei letzterer, der Gasfeuerung, nur soviel Luft zu dem festen Brennstoffe geführt wird, als zur Um - wandlung desselben in gasförmiges Kohlenoxyd nothwendig ist, und die Verbrennung dieses Kohlenoxydes nebst den etwa entwickelten brennbaren Zersetzungserzeugnissen erst durch später zugeführte Luft, unter Umständen nach bewirkter Fortleitung des Gases an irgend eine von dem Generator entlegene Stelle, bewirkt wird.

In dem zweiten erwähnten Falle der Gaserzeugung dient hoch - erhitzter Wasserdampf als Mittel zur Vergasung des festen Brennstoffes. Derselbe zerlegt sich in Berührung mit glühender Kohle und bildet Wasserstoff einerseits und Kohlenoxyd andererseits, also ein Gemisch brennbarer Gase, welches Wassergas genannt wird.

Diese beiden aus festen Brennstoffen gewonnenen Gasarten und ihre Darstellung sollen in Folgendem ausführlicher besprochen werden.

Gewöhnliches Generatorgas (Luftgas) und seine Darstellung.

Alle zur Darstellung von Heizgas benutzten Generatoren haben die Form eines Schachtes, in welchem die zur Vergasung bestimmte Luft den in Stücken aufgehäuften Brennstoff durchdringt. Die Schüttung des letzteren muss dabei so hoch sein, dass nicht freier, unverzehrter Sauerstoff durch die Stücke desselben hindurch seinen Weg finde, das gebildete Gas im Generator selbst verbrennend. Die Zuführung der Luft geschieht meistens durch Essenzug, seltener durch ein Gebläse; in dem ersteren Falle dient ein Rost dazu, der Luft den Eintritt in den Generator zu ermöglichen.

Der Vorgang der Vergasung ist ziemlich einfach, wenn verkohlte Brennstoffe, die also vorwiegend aus Kohlenstoff bestehen, als Material dafür benutzt werden. Der Sauerstoff der eintretenden Luft bildet in Berührung mit dem glühenden Brennstoffe, je nachdem die Temperatur höher oder weniger hoch ist, der Brennstoff eine grössere oder geringere Oberfläche darbietet, zunächst Kohlenoxyd oder Kohlensäure. Unmittel - bar über dem Roste wird stets, wenn man Luft von gewöhnlicher Temperatur zutreten lässt, wegen der dadurch unausgesetzt hervor - gerufenen Abkühlung eine gewisse Menge Kohlensäure entstehen, um so mehr, je dichter der Brennstoff ist, d. h. je weniger Oberfläche er darbietet. Durch diese Verbrennung wird Wärme entwickelt, welche von den aufsteigenden Gasen aufgenommen und nach oben, den, gemäss der unten stattfindenden Verbrennung niederrückenden, Brenn - stoffen entgegen geführt wird. Diese werden dadurch erwärmt und allmählich zum Glühen erhitzt; die aufsteigende Kohlensäure in Be - rührung mit den glühenden Kohlen vergast ein zweites Atom Kohle und wandelt sich dabei in Kohlenoxyd um (CO2 + C = 2 CO). Zu dieser Umwandlung aber wird Wärme verbraucht und zwar wie aus den auf S. 20 gegebenen Ziffern hervorgeht, per kg Kohle, welches durch die Kohlensäure verbrannt (vergast) wird, 3134 W. -E. Es tritt also wieder Abkühlung ein, welche die Reduction der aufsteigenden Kohlensäure hindern kann; und unter diesen entgegengesetzten Ein - wirkungen bildet sich dann ein Gleichgewichtszustand für das Ver - hältniss zwischen dem entstehenden Kohlenoxydgase und der unver -88Die Brennstoffe.ändert durch die Brennstoffschicht hindurchgehenden Kohlensäure aus, welcher so lange unverändert bleibt, als nicht durch äussere Ein - wirkungen die Temperatur im Generator geändert wird. Je höher die Brennstoffschüttung im Generator ist, desto länger bleiben die nieder - rückenden Kohlen dem aufsteigenden Gasstrome ausgesetzt, desto stärker werden sie von diesem erhitzt, desto vollständiger wird die anfänglich entstandene Kohlensäure zu Kohlenoxyd reducirt werden.

Verwendet man jedoch rohe Brennstoffe (Steinkohle, Braunkohle, Torf, Holz) als Material zur Gaserzeugung, so gesellt sich zu diesem soeben geschilderten Vorgange ein zweiter: die Zerlegung der rohen Brennstoffe unter dem Einflusse der im unteren Theile des Generators entwickelten Wärme in entweichende flüchtige Erzeugnisse und zurück - bleibende Kohle, welche nun, wie im ersten Falle, den Gasen entgegen rückt und unten verbrannt wird. Man hat diese durch einfache Er - hitzung bewirkte Zersetzung passend mit Entgasung, jene durch sogenannte unvollständige Verbrennung bewirkte Gaserzeugung mit Vergasung des Brennstoffes bezeichnet.

Der Vorgang bei der Verwendung roher Brennstoffe zur Gasdar - stellung im Generator ist also kurz folgender: die dem warmen Gas - strome entgegen rückenden Brennstoffe werden allmählich erwärmt, geben zunächst Wasser ab, dessen Menge natürlich von der chemischen Zusammensetzung abhängig ist, und welches sich in Dampfform mit den übrigen Gasen mischt, dann beginnt bei stärkerer Erhitzung die Entgasung, schliesslich, wenn diese beendigt ist, die Vergasung durch schon gebildete Kohlensäure, beziehentlich durch freien Sauerstoff, wie oben beschrieben wurde.

Bei der Entgasung aber wird durch die stattfindende Verflüchti - gung von vorher festen Körpern eine gewisse Menge Wärme verbraucht; und dieser Wärmeverbrauch wirkt natürlich abkühlend auf den Gene - rator. Dadurch werden wiederum die Vorgänge im unteren Theile des - selben mehr oder minder beeinflusst, die Kohlensäurebildung wird befördert, die Kohlenoxydbildung erschwert. Auch in diesem Falle wird zwar eine hohe Brennstoffschüttung, da sie die Temperatur im unteren Theile des Generators erhöht, die Reduction der Kohlensäure befördern. Zu diesem Vortheile der hohen Schüttung gesellt sich jedoch hier ein Uebelstand. Je höher dieselbe ist, desto niedriger wird die Temperatur im oberen Theile des Generators sein, desto langsamer wird hier die Zersetzung der frisch aufgeschütteten Brennstoffe vor sich gehen. Die Erfahrung lehrt aber, dass bei dieser Zersetzung um so grössere Mengen theeriger, für die Verwendung des Gases nach - theiliger Bildungen entstehen, in je niedrigerer Temperatur sie vor sich ging.

Aus dieser Schilderung der Vorgänge im Generator ergiebt sich zunächst, dass alle Generatorgase eine ziemlich beträchtliche Menge Stickstoff enthalten werden, da der Sauerstoffgehalt der Luft, welcher zur Gasbildung nothwendig ist, nicht ohne den dazu gehörigen Stick - stoffgehalt in den Generator und das Gasgemisch geführt werden kann. Dieser Stickstoffgehalt der Generatorgase beträgt thatsächlich 55 65 Volumprocente oder etwa 60 70 Gewichtsprocente von dem Volumen beziehentlich Gewichte des trockenen (wasserfreien) Gases. Die Schwan -89Die Gase.kungen erklären sich theils aus der Verschiedenheit der Menge der durch Entgasung (bei Anwendung roher Brennstoffe) in das Gasgemisch ge - führten Gase, theils aus dem verschiedenen Verhältnisse der Kohlen - säure zum Kohlenoxyd in den Gasen. Denn ein Volumen beziehent - lich Gewichtstheil Sauerstoff giebt bei der Verbrennung zu Kohlensäure auch nur 1 Volumen beziehentlich 1.375 Gewichtstheile Kohlensäure, bei der Verbrennung zu Kohlenoxyd dagegen 2 Volumina oder 1.75 Ge - wichtstheile Kohlenoxyd, führt aber natürlich in beiden Fällen die gleiche Menge Stickstoff den Gasen zu; und je mehr Gas überhaupt durch die gleiche Menge Sauerstoff gebildet war, d. h. je mehr Kohlen - oxyd und je weniger Kohlensäure in den Gasen enthalten war, desto niedriger wird im Allgemeinen der durchschnittliche Gehalt an Stick - stoff sein.

Es erklärt sich ferner aus den geschilderten Vorgängen, dass kaum irgend ein Generatorgas ganz frei ist von Kohlensäure. Die Menge der - selben wird beträchtlicher sein bei dichten und unverkohlten Brenn - stoffen, bei kaltem Gange des Generators, als im umgekehrten Falle und geht mitunter über 10 Proc. hinaus. Je grösser die Menge der Kohlensäure plus Stickstoff, dieser unverbrennbaren, lediglich als Ver - dünnungsmittel wirkenden Gase, ist, desto werthloser wird nicht nur das Gas, sondern desto schwieriger wird auch die Verbrennung des - selben und desto niedriger die Verbrennungstemperatur.

Ein anderer Bestandtheil aller Generatorgase ist Wasserstoffgas, theils aus dem Brennstoffe selbst stammend (auch verkohlte Brennstoffe enthalten, wie früher erwähnt worden ist, noch Wasserstoff), theils aus der Zersetzung des Feuchtigkeitsgehaltes der verbrauchten atmosphäri - schen Luft in Berührung mit glühenden Kohlen hervorgegangen.

Endlich finden sich Kohlenwasserstoffe (leichte und schwere), vor - zugsweise natürlich in den aus rohen Brennstoffen bereiteten Gasen, in welchen die Menge derselben 1 6 Volumprocent zu betragen pflegt.

Als durchschnittliche Zusammensetzung der trockenen Generator - gase wird man folgende annehmen können:

Ausser diesen eigentlichen Bestandtheilen aber enthalten alle Gene - ratorgase Wasserdampf, theils aus der hygroskopischen Feuchtigkeit aller Brennstoffe, theils aus der Zersetzung unverkohlter Brennstoffe her - rührend; und theerige Bildungen, sofern man unverkohlte Brennstoffe verwendete. Der Wasserdampf, dessen Menge bei Anwendung wasser - reicher Brennstoffe ein ganz beträchtlicher sein kann, wirkt, wie der Stickstoff - und Kohlensäuregehalt, verdünnend auf die brennbaren Be - standtheile, erschwert also die Verbrennung und erniedrigt die Ver - brennungstemperatur; wegen der grossen specifischen Wärme des Wasser - dampfes aber wirkt die gleiche Menge desselben bedeutend ungünstiger90Die Brennstoffe.in dieser Beziehung als jene Gase. Durch Abkühlung des Gases vor der Verbrennung lässt sich die Menge des Wasserdampfes auf den - jenigen Gehalt zurückführen, welcher dem Sättigungsgrade des Gases bei der niedrigeren Temperatur entspricht, und dadurch der Brenn - werth wasserreicher Gase nicht unerheblich erhöhen.

Auch jene theerigen Bildungen erschweren die Verbrennung des Gases und, wenn sie in den Leitungen sich verdichten, können sie zu Verstopfungen derselben Veranlassung geben.

Bei der Darstellung von Generatorgas ist also das anzustrebende Ziel: möglichst reichliche Bildung von Kohlenoxydgas, möglichste Ver - meidung der Entstehung von Kohlensäure, Theer, Wasser. Das wich - tigste Mittel zur Erreichung dieses Zieles ist eine hohe Temperatur des Generators. Kohlenoxyd ist, wie früher erörtert, das Erzeug - niss einer Verbrennung von Kohle in hoher, Kohlensäure in niedriger Temperatur; hohe Temperatur bei der Ent - gasung beeinträchtigt die Entstehung von Wasser und Theer, niedrige Temperatur befördert sie.

Als selbstverständlich ist hierbei vorausgesetzt, dass die Brennstoff - schicht in allen Fällen eine solche Höhe besitze, um das Hindurch - treten unverzehrten Sauerstoffes unmöglich zu machen. Je heisser aber der Generator ist, desto leichter wird auch dieser Bedingung genügt, desto rascher wird bei derselben Geschwindigkeit der Luft der eintretende Sauerstoff verschwinden. Als lehrreiches Beispiel für den Einfluss der Temperatur auf die Zusammensetzung der Generatorgase mögen folgende zwei von Stöckmann1)Die Gase des Hochofens und der Siemens-Generatoren. Ruhrort 1876, S. 50. mitgetheilte Analysen von Gasen bei heissem und kaltem Gange des Generators dienen. Die Gase wurden aus Steinkohlen erzeugt; bei kaltem Gange enthielt das Gas eine bedeutende Menge Theer, bei heissem Gange nicht.

Dass eine hohe Schüttung zwar die Entstehung einer hohen Tempe - ratur im unteren Theile des Generators befördert, bei Vergasung roher Brennstoffe aber auch die Bildung von Theer begünstigt, wurde schon oben hervorgehoben. Es kommt ferner in Betracht, dass mit der Höhe der Schüttung auch die Widerstände wachsen, welche sich dem Auf - steigen der Gase entgegensetzen, und man deshalb auch einen stärkeren Essenzug beziehentlich eine stärkere Windpressung anzuwenden hat, um den Generator im Betriebe zu erhalten.

Es giebt also eine Grenze für die Höhe der Schüttung, abhängig von der Beschaffenheit des Brennstoffes und der Stärke des Luftzuges, welche nicht ohne Nachtheil überschritten werden kann.

91Die Gase.

Durchschnittlich dürfte die Höhe der Schüttung in den Generatoren 1 m betragen; es folgt aber aus dem Gesagten, dass die zweck - mässigste Höhe nicht in allen Fällen dieselbe sein kann. Je grob - stückiger der Brennstoff ist, je weniger flüchtige Körper bei der ein - fachen Zersetzung desselben entweichen, je schärfer der vorhandene Zug ist, desto höher kann die Schüttung sein. Ein scharfer Zug be - fördert nicht nur die Ausnutzung des Generators durch Lieferung grösserer Gasmengen, sondern verringert auch aus demselben Grunde die relativen Wärmeverluste durch Ausstrahlung u. s. w. (bezogen auf die Gewichtseinheit vergaster Kohlen) und erleichtert also in doppelter Hinsicht die Erzielung eines heissen Ganges im Generator.

Vorwärmung der Luft ist ein anderes erfolgreiches Mittel zur Temperaturerhöhung des Generators und somit zur Erzielung reicherer Gase. Der Grund hierfür ist S. 24 ausführlicher erörtert worden: durch Anwendung warmer Luft wird die bei der Verbrennung gewonnene Wärmemenge vermehrt ohne Vermehrung der Verbrennungserzeugnisse, mithin die Temperatur gesteigert. Bei neueren Generatoranlagen er - wärmt man bisweilen die Luft, indem man sie durch Kanäle im Mauer - werk des Generators hindurchführt. 1)Z. B. bei einem von C. Möller in Kupferhammer construirten Generator, D. R. P. Nr. 6113.Der Aschenfall muss dann luft - dicht geschlossen sein, damit nicht von aussen her kalte Luft zutrete. Das Mittel würde zweifellos häufiger, als es in Wirklichkeit geschieht, benutzt werden, wenn nicht eine praktische Schwierigkeit sich der Anwendung entgegen stellte: die geringere Haltbarkeit der Roststäbe, welche durch kalte Luft ununterbrochen gekühlt werden. Eine künst - liche Kühlung derselben aber, wie sie u. a. bei dem erwähnten Möller’schen Generator in Anwendung ist, beeinträchtigt wieder nicht unwesentlich die Einfachheit der Construction.

In Rücksicht auf den schädlichen Einfluss, welchen die durch die Entgasung roher Brennstoffe hervorgerufene Abkühlung auf den Ver - lauf der Vergasung ausübt, und umgekehrt in Rücksicht auf den un - günstigen Verlauf der Entgasung, wenn man durch allzu hohe Schüttung die Temperatur im Vergasungsraume zu steigern sucht, ist man neuer - dings vielfach bemüht gewesen, den Vorgang der Entgasung örtlich von dem der Vergasung zu trennen. Die unten mitgetheilten Beispiele ausgeführter Generatoren werden hierfür die Erläuterung geben.

Jede Aufschüttung frischen Brennstoffes in den Generator ruft natürlich eine Abkühlung desselben und somit eine Aenderung (Ver - schlechterung) in der Zusammensetzung des Gases hervor. Um diese Ungleichmässigkeiten zu umgehen oder doch abzuschwächen, legt man nicht selten mehrere Generatoren, welche zu verschiedenen Zeiten be - schickt werden, zu einer Gruppe zusammen und vereinigt die Gase der - selben in einer gemeinschaftlichen Leitung (Siemens’sche Generatoren). Bei einem Betriebe in grösserem Maassstabe erreicht man dadurch den Vortheil einer Centralisirung der gesammten Gaserzeugung und kann dieselbe in besonderen Räumlichkeiten, getrennt von dem Orte der Ver - wendung des Gases, ausführen. Je länger aber die Gasleitung ist, desto mehr wird das aus dem Generator kommende, immerhin noch heisse92Die Brennstoffe.Gas in derselben abgekühlt, desto mehr Wärme, die andernfalls hätte nutzbar gemacht werden können, geht ungenutzt verloren. Wie später bei Besprechung des Siemens’schen Feuerungssystemes noch erörtert werden wird, ist sogar bei derartigen Anlagen gewöhnlich eine Ab - kühlung des Gases erforderlich, um es den tiefer liegenden Oefen zuzu - führen, und den erforderlichen Zug im Generator hervorzubringen. Aus diesem Grunde ist eine solche Einrichtung vorzugsweise da am Platze, wo ohnehin eine Abkühlung des Gases zur Verdichtung von Wasser oder Theer erforderlich ist.

In anderen Fällen dagegen, besonders bei Verarbeitung wasser - armer Brennstoffe, befolgt man, um die von den Gasen aus den Gene - ratoren mitgenommene Wärme nach Möglichkeit auszunutzen, den ent - gegengesetzten Weg: man giebt jedem Ofen seinen eigenen Generator und lässt die Gase unmittelbar aus diesem in den Ofen hinübertreten.

Die übliche Einrichtung eines gewöhnlichen Generators für gross - stückiges Brennmaterial, sowie die Art und Weise der Gruppirung mehrerer Generatoren zu einem Ganzen ist in den Abbildungen Fig. 13, 14 und 15 erkennbar. a a sind zwölf, in zwei parallelen Reihen auf - gestellte Generatoren. Zur Erleichterung der Bedienung sind dieselben vertieft eingebaut, so dass ihre Oberkante in einer Horizontalebene mit der Erdoberfläche liegt und man die Kohlen in Wagen auf Schienen bis zur Füllöffnung heranfahren kann. Die Füllöffnung ist durch einen eisernen Deckel t (Fig. 14) verschlossen, welcher mit einem Rande in eine ringförmige, ebenfalls aus Eisen gefertigte und mit Wasser, Theer, oder dergleichen gefüllte Rinne eingreift, so dass in einfacher Weise ein luftdichter Abschluss erzielt ist. In einiger Entfernung unter dem Deckel ist eine um eine horizontale Achse drehbare, durch einen Hebel mit Gegengewicht l (Fig. 13) emporgedrückte Klappe angebracht. Die Kohlen werden auf die Klappe gestürzt, dann wird der Deckel auf - gesetzt und nun erst die Klappe durch Empordrücken des Hebels ge - öffnet, so dass die Kohlen durch den eisernen Füllcylinder b in den Generator hineinstürzen. Die entwickelten Gase treten durch den Seiten - kanal h in den gemeinschaftlichen Hauptkanal c. Jeder einzelne Gene - rator kann durch Schliessung des Ventiles m, dessen Einrichtung mit der des oben besprochenen Deckels t übereinstimmt, abgestellt und nach Erforderniss ganz kalt gelegt werden; ausserdem lässt sich der Zug im Hauptkanale durch das Ventil n abstellen. Theer und Wasser, welche im Hauptkanale condensirt sein sollten, fliessen durch die Oeffnung o ab.

Damit beim Beginne des Betriebes ein rascher Zug erzeugt und die in den Kanälen vorhandene Luft entfernt werden könne, sind in dem Hauptkanale mehrere Oeffnungen f f mit aufgesetzten Blechschorn - steinen f1 f1 angebracht, durch welche die Luft entweicht. Während des eigentlichen Betriebes werden diese Schornsteine durch eine Klappe geschlossen.

Alles Uebrige dürfte aus den Abbildungen leicht verständlich sein. Die Generatoren sind zur Vergasung grossstückiger Braunkohlen be - stimmt und demnach mit Planrost versehen. Mit entsprechenden Aende - rungen würden die nämlichen Generatoren auch für andere Brennstoffe brauchbar gemacht werden können. Für kleinstückiges Brennmaterial z. B. würde ein Treppenrost an Stelle oder neben dem Planroste am

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93Die Gase.Platze sein. Den Steinkohlengasgeneratoren pflegt man in Rücksicht auf die ohnehin feinstückigere Beschaffenheit der Steinkohlen stets ent - weder einen Treppenrost oder doch einen geneigten Planrost zu geben. Um einen grösseren Fassungsraum bei geringerer Schütthöhe (die für dicht liegende Steinkohlen unerlässlich ist) zu erlangen, giebt man der Rückwand eine Neigung nach aussen, so dass der Generator sich nach oben erweitert, und überspannt denselben durch ein Gewölbe, in welchem die Füllöffnung sich befindet (vergl. unten die Abbildungen Fig. 26 und 28, Oefen mit Steinkohlengasgeneratoren darstellend).

Die Aufgabe, den Entgasungs - und Vergasungsraum im Generator örtlich von einander zu trennen, wird in vollkommener Weise durch den Gröbe-Lürmann’schen Gasgenerator gelöst, welcher u. a. im Eisen - und Stahlwerk Osnabrück mit befriedigendem Erfolge in An -

Fig. 16.

wendung ist. Fig. 16 zeigt in perspectivischer Ansicht die Einrichtung desselben. A A sind retortenartige Entgasungsräume, von denen einer oder mehrere angeordnet sein können, den Verkokungsräumen der auf S. 79 besprochenen Lürmann’schen Verkokungsöfen ähnlich eingerichtet und mit mechanischer Beschickungsvorrichtung b versehen, welche die einfallenden Kohlen mit einer der fortschreitenden Zersetzung entspre - chenden Geschwindigkeit allmählich vorwärts schiebt. Die geneigte Sohle des Entgasungsraumes erleichtert diese Bewegung. Sämmtliche Ent - gasungsräume münden in den gemeinschaftlichen Vergasungsraum B, welcher die aus jenen herausgedrückten, bereits entgasten Kohlen auf - nimmt und unten mit Rost versehen ist, durch welchen die für die Vergasung erforderliche atmosphärische Luft zutritt. Jedem Entgasungs -94Die Brennstoffe.raume A gegenüber befindet sich in der Stirnwand des Vergasungs - raumes eine, auch in der Abbildung sichtbare, durch eine Glimmer - platte oder in anderer Weise geschlossene Schauöffnung zur Beobachtung der Vorgänge im Inneren.

Die in beiden Räumen entwickelten Gase mischen sich und ge - langen durch eine in der Abbildung nicht sichtbare Oeffnung in der Seitenwand oder dem Gewölbe des Generators nach dem in unmittel - barer Nähe des letzteren über, neben oder unter demselben an - geordneten Ofen, um hier durch zugeführte Luft, welche in den Kanälen i i vorgewärmt wird, verbrannt zu werden. Aus diesem Ofen nun treten die noch heissen Verbrennungsgase in die Kanäle D, umkreisen in den - selben die Retorten (Entgasungsräume), um diese auf die für die Ent - gasung erforderliche Temperatur zu erhitzen und schliesslich nach der Esse oder einem andern, fernerhin durch die ihnen noch innewohnende Wärme (Abhitze) zu heizenden Apparat geführt zu werden. Der Kanal e hat den Zweck, diejenigen Verbrennungsgase aufzunehmen, welche bei sehr starker Gasentwickelung oder ungenügendem Essenzuge nicht rasch genug durch die engen Kanäle D entweichen können und dient also gewissermaassen als Reservekanal für die aus dem Ofen abziehen - den Gase.

Die Breite eines solchen Generators (von der Beschickungsseite nach der gegenüber liegenden Seite gemessen) ist 3.65 m, die Länge ist abhängig von der Anzahl der Entgasungsräume und beträgt für zwei Entgasungsräume 3.78 m, für jeden folgenden 1.15 m mehr. Die Menge der innerhalb 24 Stunden zu vergasenden Steinkohlen beträgt per Ent - gasungsraum 1200 1800 kg, die Bewegungsgeschwindigkeit derselben innerhalb des Entgasungsraumes ca. 12 mm per Minute.

Ausser den schon geschilderten Vortheilen, welche überhaupt eine Trennung der als Entgasung und Vergasung bezeichneten Vorgänge bei Verarbeitung roher Brennstoffe mit sich bringt, gewährt die Einrichtung des Gröbe-Lürmann’schen Generators noch verschiedene andere. Die Entgasung beginnt an dem äussersten Ende der Retorte, und die ent - wickelten Gase und Dämpfe sind gezwungen, durch die den Entgasungs - raum A anfüllende Kohlenschicht hindurch ihren Weg zu nehmen, um in den Raum B zu gelangen. Dabei werden sie immer stärker erhitzt, treffen auf immer heissere Kohlen und werden infolge davon derartig zerlegt, dass Wasserdampf sich in Kohlenoxyd und Wasserstoff, theerige Bildungen sich in gasförmigen Kohlenwasserstoff und feste Kohle um - wandeln. Der Umstand aber, dass die entgasten Kohlen bereits hoch erhitzt in den Vergasungsraum gelangen, befördert hier die Entstehung einer hohen Temperatur, die Kohlenoxydbildung ist reicher, die Kohlen - säurebildung geringer als in niedrigerer Temperatur, und alle diese Umstände vereinigen sich, die Erzeugung eines an nachtheiligen Bestand - theilen reineren, an brennbaren Körpern reicheren Gasgemisches als in gewöhnlichen Generatoren zu befördern. Zur Erhitzung und Zerlegung der rohen Kohlen aber dient nur die abziehende Wärme (Abhitze) des zu heizenden Ofens, nicht, wie bei anderen Generatoren, die durch die Vergasung (Verbrennung des Kohlenstoffes zu Kohlenoxyd) gewonnene Wärme. Die Gase treten heiss in den Ofen ein und machen somit eine entsprechende Menge jener abziehenden Wärme aufs Neue nutzbar. 95Die Gase.Es entsteht eine hohe Verbrennungstemperatur und eine günstige Aus - nutzung der Wärme.

Ein ähnliches Ziel, als es im Gröbe-Lürmann’schen Generator erreicht wird Trennung der Entgasung und Vergasung , ist auch in anderer Weise verschiedentlich angestrebt worden.

Bei einem von Thum vorgeschlagenen Gasgenerator (vergl. Literatur) sind zwei in Verbindung mit einander gesetzte Schächte angeordnet. Ist der eine derselben beschickt, so treten die mit Wasser und Theer beladenen Gase desselben in den zweiten Schacht, ziehen hier abwärts durch die auf dem Roste desselben befindliche glühende Kohlenschicht hindurch und werden dann ihrem Bestimmungsorte zugeführt; ist die Entgasung in dem ersten Schachte vollendet und sind die Kohlen in demselben zum Glühen erhitzt, so wird der zweite Schacht beschickt und mit Hilfe einer Umsteuerung (Klappe) zwingt man nun die sich hier entwickelnden Gase, den umgekehrten Weg als zuvor zu nehmen; u. s. f. Verschiedene praktische Bedenken, die Abhängigkeit des Ver - laufs des Processes von der Aufmerksamkeit der Arbeiter, die jedenfalls geringe Haltbarkeit der Roste, die Schwierigkeit, sie zu reinigen u. a. m. stellen sich jedoch der Thum’schen Construction entgegen, welche auch eine ausgebreitetere Anwendung nicht gefunden zu haben scheint.

In zweckmässigerer Weise dürfte ein von W. Gorman gebauter Generator die gleiche Aufgabe lösen (D. R. -P. Nr. 2155; vergl. auch unter Literatur: Pütsch, Sachliche Würdigung etc.). Hier ist, wie ge - wöhnlich, ein einziger Generatorschacht angeordnet, unten durch Plan - roste, oben durch eine Füllvorrichtung geschlossen. Derselbe wird bis oben hin mit Brennstoff gefüllt; die Gase entweichen durch Oeffnungen, welche am Umfange des Generators ungefähr in der Mitte seiner Höhe gleichmässig vertheilt sind und in einen aussen rings herum laufenden Sammelraum münden. Der Betrieb erfolgt durch Gebläse - wind; ein Theil desselben strömt von unten aus dem geschlossenen Aschenfalle durch den Rost, wie gewöhnlich, aufwärts, ein anderer Theil wird über die frisch aufgeschütteten Kohlen von oben her eingeführt und nimmt von hier seinen Weg abwärts. Während also in der unteren Hälfte des Generators Vergasung stattfindet und die Kohlen dabei zum Glühen erhitzt werden, ziehen die im oberen Theile entstandenen Ent - gasungs-Erzeugnisse abwärts, treffen hierbei auf jene glühenden Kohlen und werden zersetzt.

Bei Verarbeitung wasserreicher Brennstoffe (Lignite, Braunkohlen, Holz, Torf) ist es, wie schon erwähnt wurde, mitunter erforderlich, eine Condensationsvorrichtung für den gebildeten Wasserdampf und Theer in die Gasleitung einzuschalten, sofern man hohe Verbrennungstemperaturen erzielen will. Diese Vorrichtung besteht gewöhnlich aus mehreren über - einander kreuzweise angeordneten horizontalen Lagen von Eisenstäben, welche gitterartig neben und übereinander gelegt sind, solcherart die hindurchziehenden Gase auf eine grosse Fläche vertheilend. Das Ganze ist in einem gemauerten thurmartigen Kanale angeordnet. Oberhalb der Eisenstäbe liegt ein Wasserleitungsrohr mit zahlreichen Oeffnungen, aus welchen die Stäbe mit einem feinen Regen benetzt werden. Das96Die Brennstoffe.Einspritzwasser wie das condensirte Wasser und der Theer sammeln sich unterhalb der Stäbe und lassen sich durch einen mit dem äusseren Raume communicirenden Kanal entfernen. Derartige Condensatoren sind u. a. auf dem Eisenwerke zu Riesa (für Braunkohlengas) sowie auf einigen kärntnischen und schwedischen Eisenwerken (für Braunkohlen - und Holzgas) in Anwendung.

Selbst Sägespäne sind durch Einschaltung eines derartigen, aus - reichend geräumigen Condensators in die Leitung noch in gut brauch - bares Gas für Schweissöfen umgewandelt worden (Lundin’s Conden - sator, vergl. Literatur).

Zu erwägen bleibt immerhin bei einer derartigen Anlage, ob nicht eine Zerlegung der gebildeten nachtheiligen Körper und Umwandlung in brennbare Gase durch Einwirkung glühender Kohle, wie sie z. B. in dem Gröbe-Lürmann’schen Generator stattfindet, aber auch in anderer Weise zu erreichen sein würde, vortheilhafter als die Con - densation sei; denn jede Condensation ist gleichbedeutend mit einem Verluste von Wärme.

Das Wassergas und sein Gemisch mit Luftgas.

Mehrfach war bereits in Vorstehendem jenes Vorganges gedacht, dem das Wassergas seine Entstehung verdankt: ein Zerfallen von Wasserdampf in Berührung mit glühender Kohle unter Bildung von Kohlenoxyd und Wasserstoff. Dieser Process findet in gewöhnlichen Generatoren nicht selten neben der Bildung des eigentlichen Generator - gases (Luftgases) statt, wenn man wasserhaltige Brennstoffe verarbeitet und die Temperatur hoch genug zur Zerlegung der Wasserdämpfe u. s. w. ist (z. B. im Gröbe-Lürmann’schen Generator); er ist auch als selbstständiger Process zur Darstellung brennbarer Gase, des eigentlichen Wassergases, seit einer Reihe von Jahren in die Praxis eingeführt worden.

Schon in den dreissiger Jahren dieses Jahrhunderts wurden zuerst durch Donnovan in Dublin, bald darauf durch Selligue in Paris mehrfache Versuche in grösserem Maassstabe gemacht, Wasser - gas technisch darzustellen und zu verwerthen, sei es zu Heizzwecken oder zur Beleuchtung, nachdem ihm für letzteren Zweck entweder durch Beimengung flüchtiger Kohlenwasserstoffe die Eigenschaft, mit leuchten - der Flamme zu brennen, ertheilt worden war, oder auch, indem man es unter einem Korbe aus Platindrahtgewebe verbrennen liess, welcher ins Weissglühen gerieth und dabei ein klares, ruhiges Licht ausstrahlte. In dieser Weise wurde z. B. die Stadt Narbonne in den Jahren 1855 bis 1865 erleuchtet.

Die allgemeinere Anwendung des Wassergases, insbesondere auch die Anwendung desselben zu Heizzwecken, scheiterte jedoch lange Zeit hindurch an dem Umstande, dass die Erzeugung des Gases einen ganz erheblichen Verbrauch an Wärme erheischt, der nur durch Verbren - nung anderweitiger Brennstoffe gedeckt werden kann.

Denkt man sich den ideellen Vorgang bei der Wassergaserzeugung folgendermaassen: 〈…〉 , so lässt sich unschwer berechnen, dass für jedes kg zerlegten Wasser - dampfes 1591 W. -E. oder für jedes kg vergasten Kohlenstoffes 2387 W. -E. 97Das Wassergas und sein Gemisch mit Luftgas.mehr verbraucht als durch die Oxydation des Kohlenstoffes gewonnen werden1)Man erwäge, dass zur Zerlegung von Wasserdampf dieselbe Wärmemenge erforderlich ist, welche bei der Bildung desselben durch Verbrennung von Wasser - stoff erzeugt wurde (29161 W. -E. per kg Wasserstoff).; wird diese Wärmemenge nicht ersetzt, so tritt Abkühlung und demnächstige Unterbrechung des Processes ein.

In der Wirklichkeit nun gestaltet sich der Verlauf des Processes etwas anders, indem ein Theil der Kohle zu Kohlensäure statt zu Kohlenoxyd verbrennt: 〈…〉 . Bei der Kohlensäurebildung aber ist, wie bekannt, die Wärmeentwicke - lung beträchtlich höher als bei Kohlenoxydbildung, sofern man dieselbe auf die Gewichtseinheit vergasten Kohlenstoffes bezieht (S. 20); und die Rechnung ergiebt, dass bei dem Vorgange nach letzterer Formel der Mehrverbrauch an Wärme per kg zerlegten Wasserdampfes 658 W. -E. oder per kg vergaster Kohle 1974 W. -E. beträgt. Auch in diesem Falle tritt also, wenn auch langsamer, Abkühlung und somit ein Er - löschen des Processes ein, sofern nicht die verbrauchte Wärme (zu der noch die durch Ausstrahlung u. s. w. verloren gehende hinzukommt) in anderer Weise ersetzt wird; und da Kohlenoxyd, wie früher erörtert, das Ergebniss einer Verbrennung in hoher Temperatur ist, Kohlen - säure dagegen in niedriger Temperatur entsteht, so reichert sich zunächst, sofern jener Ersatz an Wärme nicht stattfindet, der Kohlensäuregehalt des Gasgemisches mehr und mehr an, während der Kohlenoxydgehalt abnimmt, bis schliesslich die Temperatur auf jene Grenze gesunken ist, wo die Gasbildung aufhört.

Bei ausschliesslicher Bildung von Kohlenoxyd liefert 1 kg Kohle obiger Formel zufolge kg Wasserstoff mit einer Wärmeleistung von × 29161 = 4860 W. -E. und 7 / 3 kg Kohlenoxyd mit einer Wärme - leistung von 7 / 3 × 2403 = 5607 W. -E., also ein Gasgemisch mit einer Gesammtwärmeleistung von 10467 W. -E. Bei ausschliesslicher Bildung von Kohlensäure dagegen entsteht als brennbarer Bestandtheil des Gas - gemisches per kg vergaster Kohle mit der doppelten Menge Wasser als in jenem Falle nur kg Wasserstoff mit einer Wärmeleistung von × 29161 = 9720 W. -E. Der Rauminhalt des erfolgenden Gases aber ist bei Wasserstoff - und Kohlensäurebildung anderthalbfach so gross als bei Wasserstoff - und Kohlenoxydbildung, ein Umstand, der für die praktische Verwendbarkeit des ersteren Gemisches jedenfalls nicht günstig ist.

Bei den neueren Apparaten zur Wassergaserzeugung für Heiz - zwecke2)Apparat von Myron Hopkins Strong, D. R. P. Nr. 3178; von G. Spring Dwight, D. R. P. Nr. 3515 und 13490; von Herm. Haug, D. R. P. Nr. 13733. wird ein Theil der zu vergasenden Kohle zunächst durch Luftzuführung verbrannt, um die für die Zersetzung erforderliche Wärme zu liefern, alsdann wird der überhitzte Wasserdampf zugeleitet. Der Strong’sche Apparat z. B. besteht aus einem schachtförmigen Generator3)Jahrbuch für das Berg - und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1881, S. 111 (Winkler)., der in seinem unteren verjüngten Theile einen Rost trägtLedebur, Handbuch. 798Die Brennstoffe.und oben in eine, für gewöhnlich geschlossene, Oeffnung endigt, durch welche das Brennmaterial, beispielsweise Steinkohle, eingefüllt und nachgetragen wird. An diesen Generator schliessen sich, durch Wände aus feuerfesten Steinen geschieden und durch Kanäle mit dem Generator wie unter sich verbunden, mehrere gleich hohe Vertikalkammern, so - genannte Regeneratoren an, welche mit Ziegeln gitterförmig aus - gesetzt sind, und von denen sich einer an der linken, zwei an der rechten Seite des Generators befinden. Die mit Ventilen versehenen Ausgänge der beiden an den Enden befindlichen Regeneratoren ge - statten, die durch Einblasen von Luft, beziehentlich Wasserdampf, erzeugten gasförmigen Körper je nach ihrer Beschaffenheit entweder in eine Esse oder als Heizgas in die zur Fortleitung desselben bestimmte Leitung eintreten zu lassen.

Es sei nun die Steinkohlenfüllung des Generators in Brand gesetzt und ein unter dem Roste desselben mündendes Gebläse angelassen. Es erfolgt dann lebhafte Verbrennung, und man richtet hierbei die Ventilstellung so ein, dass sämmtliche Gase nach den beiden rechts - seitig gelegenen Regeneratoren abziehen können, derartig, dass sie den ersten Regenerator von oben nach unten, den zweiten von unten nach oben durchstreichen, worauf sie in den Schornstein eintreten. Zur Ver - brennung des in dem Gase noch enthaltenen Kohlenoxydes, Theer - dampfes u. s. w. lässt man bei dem Eintritte in den ersten Regenerator einen zweiten Windstrahl zutreten. Die entwickelte Wärme aber wird nun beim Hindurchziehen der Gase durch die mit Ziegeln ausgesetzten Regeneratoren an diese abgegeben, gewissermaassen in denselben auf - gespeichert, bis diese sowohl als auch die im Generator befindlichen Kohlen in hohe Temperatur gebracht worden sind. Nun wird das Ge - bläse abgestellt, der Schornstein geschlossen und umgesteuert, während man am Ausgangsende des letzten rechtsseitigen Generators einen Dampfstrahl einbläst. Derselbe nimmt den entgegengesetzten Weg als vorhin die Verbrennungsgase, erhitzt sich innerhalb der Regeneratoren durch Aufnahme eines Theiles der dort aufgespeicherten Wärme und durchzieht nun in diesem stark überhitzten Zustande die glühende Kohlensäule von oben nach unten, dabei in Wassergas sich umwandelnd, welches schliesslich in den linksseitigen Regenerator übertritt, dort seine Hitze abgiebt und als fertiges Gas der Verbrauchsstelle zugeleitet wird.

Ist nun durch das Sinken der Temperatur der Gaserzeugung eine Grenze gesetzt, so ist eine neue Luftzuführung zur abermaligen Ent - wickelung von Wärme nothwendig. Man bläst nunmehr die Luft in umgekehrter Richtung als vorher, also von oben nach unten durch den Generator und führt, sobald die zur Wassergaserzeugung erforderliche Temperatur wieder erreicht ist, auch den Wasserdampf in umgekehrter Richtung, also durch den inzwischen erhitzten linksseitigen Regenerator zu. Das gebildete Wassergas wird dann auf der rechten Seite abgeführt, nachdem es seine Wärme an die hier gelegenen Regeneratoren ab - gegeben hat. Indem man also bei der Behandlung der im Generator befindlichen Kohle abwechselnd mit Luft und mit Wasserdampf einmal nach rechts und einmal nach links arbeitet, erzielt man unter Wieder - gewinnung eines grossen Theiles der von den Gasen entführten Wärme eine intermittirende Wassergaserzeugung, die sich durch Anwendung99Das Wassergas und sein Gemisch mit Luftgas.zweier abwechselnd arbeitender Apparate selbstredend zur continuir - lichen gestalten lässt.

Bei Versuchen von Bunte mit dem Strong’schen Gaserzeuger ergab sich, bei Anwendung von Koks, dass 1 kg Kohlenstoff incl. des zum Heizen verbrauchten (d. h. durch Zuführung von Luft ver - brannten) Kohlenstoffes 1.53 cbm Wassergas lieferte1)Bei vollständiger Umwandlung der Kohle in Wassergas, also bei Vernach - lässigung der zum Heizen erforderlichen würde theoretisch aus 1 kg Kohlenstoff 3.9 cbm Wassergas erfolgen., dessen Zusammen - setzung durchschnittlich folgende war:

  • Kohlenoxyd34.5 Vol.
  • Wasserstoff50.0
  • Kohlensäure7.3
  • Sauerstoff0.7
  • Stickstoff7.5

Dagegen zeigte sich, wie aus den oben gegebenen Erläuterungen leicht erklärlich ist, eine stetige Zunahme des Kohlensäuregehaltes von dem Augenblicke des Einlassens des Dampfes an bis zum erneuerten Umschalten; der Kohlensäuregehalt des Gases betrug nach 5 Minuten 4.6 Volumproc., nach 10 Minuten 6.0, nach 30 Minuten 12.5 Volumproc.

Es ist leicht einzusehen, dass eine günstigere Ausnutzung der Kohlen bei der Bildung von Wassergas im Vergleiche mit der Bildung von gewöhnlichem Luftgase keineswegs erreicht wird; denn dieselbe Wärmemenge, welche der im Wassergase enthaltene Wasserstoff bei seiner Verbrennung zu entwickeln fähig ist, muss im Generator durch einen äquivalenten Verbrauch von Kohle gedeckt werden, und zu diesem theoretisch erforderlichen Kohlenverbrauche kommt noch der durch die unvermeidlichen Wärmeverluste in den Regeneratoren u. s. w. hervor - gerufene Mehrverbrauch. Der eigentliche Vorzug des Wassergases liegt deshalb in zwei ganz anderen Umständen. Erstens ist der Rauminhalt des aus der gleichen Menge Kohlen gewonnenen Wassergases erheblich geringer als bei Vergasung jener Kohlen durch Luft; und dieser Unter - schied tritt noch deutlicher hervor, wenn man die Wärmeleistungs - fähigkeit gleicher Gasvolumina berücksichtigt. Die Wärmemenge, welche bei der Verbrennung von Wassergas nach der von Bunte gefundenen Zusammensetzung entwickelt wird, verhält sich zu der durch das gleiche Volumen aus verkohlten Brennstoffen dargestellten Luft - gases2)Die durchschnittliche Zusammensetzung desselben ist oben mitgetheilt. entwickelten Wärme annähernd wie 2.2: 1, wie sich unschwer berechnen lässt; d. h. also, man gebraucht nur ungefähr das halbe Volumen Wassergas, um die gleiche Wärme als durch das ganze Vo - lumen Luftgas zu erzeugen, ein Umstand, welcher die Fortleitung des Gases erheblich erleichtert.

Zweitens aber kommt bei der Erzeugung und Verwendung von Wassergas in Betracht, dass jene Wärme, welche zur Zerlegung des Wasserdampfes erforderlich ist, an der Erzeugungsstelle verbraucht wird, während die durch Verbrennung des erfolgenden Wasserstoffgases7*100Die Brennstoffe.frei werdende Wärme erst an dem Verbrennungsorte, der beliebig weit von jener entfernt sein kann, nutzbar gemacht wird. Wenn also that - sächlich, wie schon hervorgehoben wurde, ein eigentlicher Wärme - gewinn durch die Umwandlung von Kohle und Wasserdampf in Wasser - gas nicht erreicht wird, ja sogar gewisse Wärmeverluste dabei unver - meidlich sind, so erreicht man doch bei diesem Verfahren den Vortheil, dass Wärmeverbrauch und Wärmeerzeugung örtlich getrennt sind oder, mit anderen Worten, dass man, ohne die Kohlen selbst transportiren zu müssen, im Stande ist, an ihrem Fundorte sie gewissermaassen man gestatte den Vergleich zu einer Einzahlung von Wärme zu benutzen, um an einem beliebig entfernten Orte durch Verbrennung des Gases die Auszahlung zu erhalten. Auch gewöhnliches Generator - gas lässt sich beliebig weit in Leitungen fortführen; bei diesem aber fällt jener durch die Wasserzersetzung hervorgerufene Wärmeverbrauch bei der Erzeugung die Einzahlung fort, welcher am Verbrauchs - orte wieder gewonnen wird; es wird sogar bei der Kohlenoxydbildung durch atmosphärischen Sauerstoff freie Wärme entwickelt, und dieselbe geht unwiederbringlich verloren, wenn das Gas in langen Leitungen abgekühlt wird.

Es folgt aus diesen Eigenthümlichkeiten des Wassergases, dass dasselbe als besonders geeignet für solche Verwendungen erscheinen muss, wo die Fundstätte der Kohlen und der Verbrauchsort weit ausein - ander liegen; und in diesem Falle auch nur dann, wenn der gesammte Bedarf an Wärme grossartig genug ist, um eine örtliche Trennung des Erzeugungsortes und Verbrauchsortes, welche getrennte Anlagen, ge - trennte Betriebsführung, Anlage von Leitungsröhren u. s. w., also in jedem Falle ein grosses Anlage - und Betriebscapital erforderlich macht, auch ökonomisch vortheilhaft erscheinen zu lassen. Wenn daher alle Aussicht ist, dass für Heizung grösserer Städte und zu ähnlichen Zwecken das Wassergas in nicht ferner Zeit eine ausgedehntere Verwendung finden wird, so ist doch kaum zu erwarten, dass es auf Eisenwerken das in einfacherer Weise gewinnbare Generatorgas (Luftgas) verdrängen werde, es sei denn, dass die Lage dieses oder jenes Eisenwerkes einen leicht zu ermöglichenden Anschluss an eine für allgemeinere Zwecke hergestellte Anlage für Wassergaserzeugung gestattet.

Da bei der Erzeugung von Luftgas Wärme gewonnen, bei der Erzeugung von Wassergas Wärme verbraucht wird, so lässt sich schliessen, dass bei einer Vereinigung beider Processe durch gleich - zeitige Zuführung von Luft und Wasserdampf, welche mit einander gemischt sind, es möglich sein wird, einen Gleichgewichtszustand her - zustellen, in welchem weder eine Abkühlung noch eine fernere Er - hitzung des Generators eintritt, und in welchem ununterbrochen ein Gemisch von Luftgas und Wassergas erfolgt. Diese Erzeugung von Mischgas wurde bereits früher mehrfach berührt; sie tritt in jedem Luftgenerator ein, sobald bei der Zersetzung wasserhaltiger Brennstoffe die entwickelten Wasserdämpfe durch glühende Kohlen hindurchgeführt werden; auch der nie ganz fehlende Wassergehalt der in den Generator101Literatur.geführten Luft ruft eine gleiche Wirkung hervor. Wie gross das Ver - hältniss des von aussen zugeführten Wasserdampfes zu der Menge der vergasten Kohlen sein kann, ohne dass die Vergasung unterbrochen wird, hängt von der Beschaffenheit der Kohlen, der Einrichtung des Generators und der Temperatur des Wasserdampfes selbst ab. Je mehr Wärme im Generator zur Zerlegung roher Brennstoffe, zur Verdampfung von hygroskopischem Wasser verbraucht wird, je grösser die Wärme - verluste durch Ausstrahlung u. s. w. sind, desto niedriger wird sich die Menge des zulässigen Wasserdampfes beziffern. Bunte fand bei diesbezüglichen Versuchen, dass in einem heiss gehenden, mit Koks betriebenen Generator per kg Kohlenstoff bis 0.75 kg Wasserdampf zugeführt werden könne, ohne dass Abkühlung unter die für die Gas - bildung erforderliche Grenze eintritt; es würde also in diesem Falle die Hälfte der Kohlen zu Luftgas -, die andere zu Wassergaserzeugung verbraucht werden.

In der Praxis macht man von diesem Umstande mitunter Ge - brauch, indem man Luft, die mit Wasserdampf gesättigt ist, oder auch Wasserdampf neben der Luft unter den Rost des gewöhnlichen Gas - generators führt. Ob thatsächlich dadurch eine günstigere Ausnutzung des Brennstoffes herbeigeführt werde, bleibt mindestens zweifelhaft; denn in demselben Maasse, wie durch Zersetzung von Wasserdampf der Wasserstoffgehalt des Mischgases zunimmt, mehrt sich auch infolge des grösseren Wärmeverbrauches im Generator der Kohlensäuregehalt und mindert sich der Kohlenoxydgehalt. Was also auf der einen Seite gewonnen wird, geht auf der andern zum Theil wieder verloren; und vollständig nutzlos für die Brennstoffausnutzung bleibt das erwähnte Verfahren jedenfalls dann, wenn die Gase noch heiss, also ohne Ein - schaltung einer längeren Leitung, an den Verbrennungsort gelangen. Die im Generator entwickelte überschüssige Wärme wird in diesem Falle vortheilhafter zur Erhitzung der austretenden Gase als zur Zer - legung von Wasserdampf verwendet.

Ein anderer, praktisch nicht unwichtiger Grund zur Anwendung feuchter Luft für den Betrieb gewöhnlicher Gasgeneratoren ist die dadurch bewirkte grössere Schonung der Ofenwände, welche in heiss gehenden Generatoren durch die aus der Asche sich bildende Schlacke oft erheblich angegriffen werden. Durch die Temperaturerniedrigung, welche die Zerlegung des Wasserdampfes mit sich bringt, wird dieser Uebel - stand abgemindert oder ganz beseitigt. Häufig lässt sich ein merk - licher Erfolg in dieser Beziehung schon erreichen, indem man im Aschen - falle einen Wassertümpel erhält, aus dem das Wasser allmählich ver - dunstet, um sich mit der aufsteigenden Luft zu mischen.

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  • R. Martin’s zerlegbarer Holzverkohlungsofen. Dingler’s Polyt. Journal, Bd. 233, S. 132.
  • T. Egleston, The manufacture of charcoal in kilns. Transactions of the American Institute of Mining Engineers, Vol. VIII, p. 373; auszugsweise in der Ztschr. d. berg - und hüttenm. Ver. f. Steierm. u. Kärnten 1880, S. 516.
  • J. Birkinbine, The production of charcoal for Iron Works. Transactions of the American Institute of Min. Eng., Vol. VII, p. 149; auszugsweise in Berg - und hüttenm. Ztg. 1878, S. 194.
  • P. Tunner, Das Trocknen der Holzkohle bei den Hochöfen zu Dalkarls - hyttan. Aus Jern-Contorets Annaler 1881 in der Ztschr. des berg - und hüttenm. Ver. f. Steierm. und Kärnt. 1881, S. 411.

C. Ueber Torf, seine Aufbereitung und Verkohlung.

a. Grössere Werke.

  • A. Vogel, Der Torf, seine Natur und Bedeutung. Braunschweig 1859.
  • A. Hausding, Industrielle Torfgewinnung und Torfverwerthung. Ber - lin 1873.
  • E. Birnbaum und K. Birnbaum, Die Torfindustrie und die Moorcultur. Braunschweig 1880.

b. Abhandlungen.

  • C. Schlickeisen, Verbesserungen an Torfmaschinen. Dingler’s Polyt. Journ., Bd. 234, S. 181.
  • Derselbe, Zur Geschichte der Torfmaschinen. Dingler’s Polyt. Journ., Bd. 238, S. 199.
  • Mecke und Sander’s Torfmaschinen. Dingler’s Polyt. Journ., Bd. 238, S. 199.
  • A. M. Balling, Die Verwendung des Torfes bei dem Eisenhüttenwerke Josefsthal. Oestr. Ztschr. für Berg - und Hüttenwesen 1877, S. 495 (mit Abbildung der Torfverkohlungsöfen).
  • A. Enigl, Ueber Mitverwendung von Maschinentorf beim Hochofen - betriebe. Ztschr. d. berg - und hüttenm. Ver. f. Steierm. u. Kärnt. 1879, S. 41.

D. Ueber Braunkohle.

a. Grössere Werke.

  • C. F. Zincken, Die Braunkohle und ihre Verwendung. 2 Bände. Hannover 1867 und 1871.
103Literatur.

b. Abhandlungen.

  • A. Scheurer-Kestner et Meunier, Composition et chaleur de combustion des lignites. Annales de chim. et de phys. série 4, vol. 26, p. 80.
  • F. Kupelwieser, Studien über die Verwendung von Braunkohlen beim Hochofenbetriebe. Ztschr. des berg - und hüttenm. Ver. für Steierm. und Kärnt. 1881, S. 260.

E. Ueber Steinkohle, ihre Aufbereitung und Verkokung.

a. Grössere Werke.

  • H. B. Geinitz, H. Fleck und E. Hartig, Die Steinkohlen Deutschlands und anderer Länder Europas, ihre Natur, Lagerungsverhältnisse, Verbreitung, Geschichte, Statistik und technische Verwendung. 2 Bände. München 1865.
  • Fr. Muck, Grundzüge und Ziele der Steinkohlenchemie für Lehrende und Lernende. Bonn 1881.
  • E. Noeggerath, Untersuchungen über die Heizkraft der Steinkohlen des Niederschlesischen Reviers. Waldenburg 1881.
  • A. v. Kerpely, Die Anlage und Einrichtung der Eisenhütten. S. 424 ff. (Aufbereitung und Verkokung). Leipzig 1873.
  • A. Burat, Epuration de la houille, criblage, triage et lavage. Paris 1881.

b. Abhandlungen.

  • A. Scheurer-Kestner et Meunier, Recherches sur la combustion de la houille. Bulletin de la Société de Mulhouse t. 38, p. 195, 311; t. 39, p. 385; Comptes rendus vol. 66, p. 1047, 1220; vol. 67, p. 659, 1002; vol. 68, p. 608; vol. 69, p. 412; auszugsweise in Dingler’s Polyt. Journ., Bd. 196, S. 22 u. 38; auch Ann. de chim. et de phys. sér. 4, vol. 20, p. 66.
  • M. L. Gruner, Pouvoir calorifique et classification des houilles. Annales des mines, sér 7, t. 4, p. 169; Berg - und hüttenm. Ztg. 1874, S. 96; Dingler’s Polyt. Journ., Bd. 213, S. 244.
  • C. Hilt, Die Beziehungen zwischen Zusammensetzung und technischen Eigenschaften der Steinkohlen. Dingler’s Polyt. Journ., Bd. 208, S. 424; Polyt. Centralblatt 1873, S. 1018; Ztschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1873, S. 193.
  • J. Stutz, Coal Washing. Transactions of the Amer. Inst. of Min. Eng. vol. 9, p. 461.
  • Kreischer, Die Lührig’sche Kohlenwäsche Jahrb. f. d. Berg - und Hütten - wesen im Königr. Sachsen auf das Jahr 1878, S. 83.
  • Kreischer, Ueber Veränderungen und Verbesserungen bei den Lührig - schen Kohlenwäschen. Jahrb. f. d. Berg - und Hüttenwesen im Königr. Sachsen 1881, S. 123.
  • A. Rheingruber, Die Construction von Koksöfen. Ztschr. d. Ver. Deutsch. Ing., Bd. 19, S. 551.
  • J. Fulton, What is the best oven for coking coal for furnace use. Iron, vol. 13, p. 718, 745; vol. 14, p. 11.
  • H. Simon, On an improved Method of Utilising Byeproducts in the Manufacture of Coke. Journal of the Iron and Steel Institute, 1880, I, p. 137.
  • Ueber Neuerungen an Koksöfen. Dingl. Polyt. Journ., Bd. 237, S. 385, 453.
  • Fr. Lürmann, Ueber Entgasungsräume mit continuirlichem Betriebe. Stahl und Eisen 1882, S. 17.
  • Fr. Lürmann, Neuerungen an Koksöfen. Stahl und Eisen 1882, S. 240.
  • A. Gillon, Note sur quelques fours à coke. Rev. univ. t. 34, p. 193; Berg - u. hüttenm. Ztg. 1874, S. 241.
  • Th. M. Drown, The condition of sulphur in coal and its relation to coking. Transact. of the Amer. Inst. of Min. Eng. vol. 9, p. 656.
  • S. Jordan, Album du cours de métallurgie. Paris 1875; pl. 1 13 (Abbil - dungen von Verkokungsöfen).
104Die Brennstoffe.
  • Koksöfen zur gleichzeitigen Gewinnung von Theer und Ammoniak. Stahl und Eisen 1882, S. 310.
  • G. Wolf, Darstellung der Koks in Meilern auf Königshütte. Oestr. Ztschr. für Berg - und Hüttenwesen, Jahrg. 1867, S. 173.

F. Ueber Gase und Gaserzeugung.

a. Grössere Werke.

  • L. Ramdohr, Die Gasfeuerung. 2. Aufl. Leipzig 1881.
  • H. Stegmann, Gasfeuerung und Gasöfen. 2. Aufl. Berlin 1881.
  • F. Steinmann, Compendium der Gasfeuerung. 2. Aufl. Freiberg 1876.
  • F. Steinmann, Bericht über die neuesten Fortschritte auf dem Gebiete der Gasfeuerung. Berlin 1879.
  • C. Stöckmann, Die Gase des Hochofens und der Siemens-Generatoren. Eine einfache Methode zur Analyse derselben. Ruhrort 1876.
  • A. Pütsch, Ueber Gasfeuerungen. Sachliche Würdigung der in Deutschland ertheilten Patente. Berlin 1881. Sonderabdruck aus der Ztschr. d. Ver. z. Beförd. des Gewerbfleisses 1880, S. 445 (enthält eine übersichtliche, durch Abbildungen erläuterte Besprechung der neueren Generator-Constructionen).
  • J. Quaglio, Das Wassergas als Brennstoff der Zukunft. Wiesbaden 1880.

b. Abhandlungen.

  • P. Charpentier, Ersparniss an Brennmaterial durch Umwandlung der Brennstoffe in Gase und Verbrennung derselben unter constantem Volumen. Dingl. Polyt. Journ., Bd. 211, S. 421.
  • Thum, Gasgenerator. Berg - u. hüttenm. Ztg. 1874, S. 180; Dingl. Polyt. Journ. Bd. 213, S. 121.
  • B. v. Styern, Gasgeneratoren zu Falun. Berg - u. hüttenm. Ztg. 1875, S. 17.
  • H. Hermann, Ueber Gasgeneratoren. Ztschr. d. berg - u. hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1878, S. 284.
  • B. Kosmann, Einwirkung von Koksschlacken auf die feuerfesten Steine der Gasgeneratoren. Dingl. Polyt. Journ., Bd. 238, S. 345.
  • F. Lürmann, On gas-generating furnaces. Iron, vol. XVI, p. 204.
  • Thelen, Ueber den Gröbe-Lürmann-Generator. Wochenschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1879, S. 191.
  • A. Pütsch, Ueber die neuesten Gesichtspunkte bei Herstellung von Generatorgasen. Wochenschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1880, S. 346.
  • F. Lürmann, Herstellung von Generatorgasen. Wochenschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1880, S. 364.
  • H. Bunte, Untersuchungen über den Wassergasprocess. Deutsche In - dustriezeitung 1881, S. 440.
  • Cl. Winkler, Der Brennstoff der Zukunft . Jahrb. für Berg - und Hütten - wesen im Königr. Sachsen 1881, S. 107.
  • Prof. Erhard, Ueber die Wirkung des Wasserdampfes in Generatoren. Berg - u. hüttenm. Ztg. 1881, S. 147.
  • Prof. v. Marx, Das Wassergas. Ztschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1882, S. 313.
  • A. Holley, On the use of natural gas for puddling and heating at Leech - burg in Pennsylvania. Transact. of the Amer. Inst. of Min. Eng. vol. IV, p. 32; Engineering and Mining Journal vol. 22, p. 185.
  • Fr. C. G. Müller, Beiträge zur Charakteristik moderner Feuerungen. Stahl und Eisen 1882, S. 395, 465.
105Die Oefen. Allgemeines.

IV. Die Oefen und feuerfesten Materialien.

1. Allgemeines. Wirkungsgrad der Oefen.

Ofen nennt man einen jeden Apparat, in welchem durch Ver - brennung Wärme entwickelt wird, um durch Abgabe an andere Körper nutzbar gemacht zu werden.

Als Wirkungsgrad eines Ofens bezeichnet man das Verhältniss der in oder durch denselben wirklich nutzbar gemachten Wärme zu der Wärmeleistungsfähigkeit des für diesen Zweck verbrauchten Brenn - stoffes. Wenn z. B. ein Ofen den Zweck hat, Roheisen mit Koks um - zuschmelzen, ohne chemische Veränderungen desselben hervorzurufen, und man per kg umzuschmelzendes Roheisen 0.12 kg Koks gebraucht, so ist die nutzbar gemachte Wärme lediglich diejenige, welche von dem flüssigen Roheisen aufgenommen war und welche sich am leichte - sten durch Eingiessen einer gewissen Menge desselben in eine bestimmte Menge Wasser, dessen Temperatur vor und nach dem Eingiessen ermittelt worden war, bestimmen lässt; die Wärmeleistungsfähigkeit der Koks lässt sich annähernd mit Hilfe einer Aschenbestimmung sowie der bekannten Ziffern über die Wärmeleistungsfähigkeit der reinen Kokssubstanz (S. 85) ermitteln. Die von 1 kg flüssigen Roheisens auf - genommene Wärme betrage z. B. 250 W. -E., die Wärmeleistung von 1 kg Koks mit 10 Proc. Asche 7200 W. -E., so ist in diesem Falle der Wirkungsgrad des Ofens 〈…〉 .

Nicht immer jedoch gestaltet sich die Ermittelung des Wirkungs - grades so einfach als in dem vorliegenden Falle. Soll der Ofen zur Durchführung chemischer Processe verwendet werden, bei denen Wärme verbraucht oder Wärme frei wird (Reduction, Oxydation), so müssen diese Wärmemengen, die sich nur durch Rechnung ermitteln lassen, gebührend berücksichtigt werden. Die zur Durchführung des Processes verbrauchte Wärme ist thatsächlich nutzbar gemacht, da eben nur mit ihrer Hilfe jener Process möglich wurde, und kommt in den Zähler des Bruches zu der wirklich aufgenommenen, messbaren Wärme; die erzeugte Wärme kommt in den Nenner.

Wenn für einen und denselben Zweck verschiedene Arten von Oefen benutzbar sind, so bildet die Vergleichung ihres Wirkungsgrades ein wichtiges Hilfsmittel zur Beurtheilung ihrer verschiedenen Zweck - mässigkeit.

2. Die verschiedenen Ofengattungen.

Für die Eintheilung der Oefen lassen sich verschiedene Gesichts - punkte aufstellen.

Man kann allgemein direct wirkende Oefen, in welchen die Wärmeübertragung durch unmittelbare Berührung zwischen den ver - brennenden und den zu erhitzenden Körpern stattfindet, unterscheiden106Die Oefen und feuerfesten Materialien.von den indirect wirkenden oder Gefässöfen, bei welchen der zu erhitzende Körper in ein Gefäss (Tiegel, Kessel, Muffel) eingeschlossen und solcherart der Berührung mit den verbrennenden Körpern entzogen ist. Die Wärme muss bei dieser letzteren Gattung von Oefen durch die Wand des Gefässes hindurch transmittirt werden; die Wärme - abgabe ist sehr ungünstig, der Wirkungsgrad des Ofens niedrig, und man benutzt deshalb diese Oefen nur in solchen Fällen, wo die chemi - schen Einwirkungen vermieden werden sollen, welche eine Berührung der Brennstoffe oder Verbrennungserzeugnisse mit dem zu erhitzenden Körper herbeiführen könnten.

Nach der Beschaffenheit des zur Verwendung stehenden Brenn - stoffes kann man Oefen für verkohltes, nicht flammendes Brenn - material und Oefen für flammendes Brennmaterial unterscheiden; und bei letzteren wieder Oefen mit sogenannter directer oder Rost - feuerung, bei welchen die zur Zersetzung und Vergasung des unver - kohlten Brennstoffes wie die zur Verbrennung der bei dieser Zersetzung entstehenden brennbaren Gase erforderliche Luft gemeinschaftlich durch die Rostspalten zugeleitet wird; und Oefen mit Gasfeuerung, bei welchen in der früher geschilderten Weise der ursprüngliche Brennstoff zunächst in brennbare Gase verwandelt wird, welche dann erst durch getrennt zugeführte Luft verbrannt werden, so dass eine örtliche Tren - nung des Erzeugungsortes (Generators) von dem Verbrennungsorte (dem Ofen) möglich, wenn auch nicht immer zweckmässig ist. Die Vortheile, welche die Gasfeuerung gegenüber der directen Feuerung bietet, wurden bereits auf S. 85 besprochen.

Endlich kann man gemäss der Form der Oefen folgende Gattungen unterscheiden.

a) Schachtöfen.

Die Hauptachse derselben ist senkrecht und die Höhe mindestens gleich dem grössten Durchmesser, häufig beträchtlich grösser. Das Ofen - innere (der Schacht) besitzt cylindrische, kegelförmige oder combinirte Form, je nachdem der Zweck des Ofens diese oder jene Gestalt als die geeignetere erscheinen lässt; der Querschnitt durch den Schacht (Hori - zontalschnitt) ist am zweckmässigsten kreisförmig. Da der Kreis von allen Figuren den geringsten Umfang für eine gegebene Fläche besitzt, so ist auch der Wärmeverlust durch Abgabe nach aussen bei einem Schachte mit kreisförmigem Querschnitte am geringsten; und dasselbe ist hinsichtlich der Widerstände der Fall, welche durch Reibung der sich im Schachte bewegenden Körper (Gase oder feste Körper) an den Ofenwänden hervorgerufen werden und die Gleichmässigkeit der Be - wegung beeinträchtigen.

Fast ausnahmslos findet die Verbrennung in dem unteren Theile des Schachtofens statt, in welchen zu diesem Zwecke Luft eingeleitet wird, sei es durch einen Rost, sei es durch seitliche Oeffnungen. Die Erzeugung des Luftzuges geschieht bei niedrigeren Oefen, oder für lang - samere Verbrennungen auch in höheren Oefen (Röstöfen) durch Essen - wirkung (wobei der Ofen selbst unter Umständen die Stelle der Esse vertritt), bei allen höheren Schachtöfen dagegen, in denen rasche Ver -107Die verschiedenen Ofengattungen.brennungen stattfinden sollen, die aufsteigenden Gase also auch grössere Widerstände finden, durch Gebläse.

In einigen Fällen dient Gas zur Heizung des Ofens und wird alsdann neben oder unmittelbar über der Verbrennungsluft in den Ofen geleitet, um mit derselben sich zu mischen; häufiger benutzt man feste Brennstoffe, welche in die obere Oeffnung des Ofens, die Gicht, ein - geschüttet werden, so dass der Ofen bis zum Rande gefüllt ist, und nun von hier aus allmählich abwärts sinken, um die Stelle der im Verbrennungsraume vergasten Körper einzunehmen. Wollte man in dem letzteren Falle unverkohlte Brennstoffe zur Anwendung bringen, so würden ähnliche Vorgänge wie in einem Gasgenerator bei Vergasung solcher Brennstoffe entstehen: in dem oberen Theile des Ofens würde eine Entgasung stattfinden und unten würden sich nur entgaste, d. h. verkohlte Brennstoffe vorfinden. Der Vorgang der Entgasung aber würde in den meisten Fällen wenigstens nicht allein nutzlos für den Zweck des Ofens sein, sondern durch den dabei nothwendigen Wärmeverbrauch sogar jenen Zweck schädigen können; wollte man backende Steinkohlen anwenden, so würden sie zusammenfritten und Verstopfungen des Schachtes herbeiführen. Deshalb ist es Regel, für den Betrieb der Schachtöfen verkohlte Brennstoffe zu verwenden; un - verkohlte, nicht backende, Materialien finden jedoch ausnahmsweise Ver - wendung, sofern die Eigenthümlichkeit des durchzuführenden Processes oder der zur Verwendung stehenden Brennstoffe (Braunkohlen, lang - flammige, unverkokbare Steinkohlen, Anthracite) diese Verwendung zu rechtfertigen vermögen.

Benutzt man den Schachtofen als Gefässofen (Tiegelschmelzofen), so befindet sich das Gefäss (der Tiegel) in dem unteren Theile des Ofens unmittelbar über dem Verbrennungsraume, also da, wo die höchste Temperatur herrscht; bei direct wirkenden Schachtöfen werden die zu erhitzenden Körper in die Gicht eingebracht, um von hier allmählich sich abwärts zu bewegen in dem Maasse, wie in dem unteren Theile des Ofens eine Entfernung der erhitzten Körper aus dem Ofen bewirkt wird. Es kann auf diese Weise ein ununterbrochener regelmässiger Betrieb eines solchen direct wirkenden Schachtofens aufrecht erhalten werden, indem man in angemessenen Zeiträumen unten die erhitzten Körper entfernt, beziehentlich abfliessen lässt, und oben frische nachfüllt.

In allen Fällen steigen die im unteren Theile des Ofens gebildeten Verbrennungsgase aufwärts, um aus der Gicht zu entweichen. Bei einem direct wirkenden Schachtofen (auch bei einem mit festen Brenn - stoffen geheizten Tiegelofen), besitzen sie also die entgegengesetzte Be - wegungsrichtung als die niederrückenden festen Körper; und dieser Umstand ist von grosser Wichtigkeit für die Ausnutzung der Wärme im Ofen. Es findet dadurch eine ausgedehnte Berührung der wärme - abgebenden Körper (Gase) wie der zu erhitzenden Materialien und somit eine beförderte Wärmeabgabe an die letzteren statt; gerade die entgegen - gesetzte Bewegung beider (Gegenstromprincip) ist aber hierbei ausser - ordentlich förderlich, wie auf S. 26 ausführlich erörtert wurde. Die niederrückenden Körper nehmen, je länger sie im Ofen verweilen und je weiter sie nach unten gelangen, um so mehr Wärme auf und führen dieselben wieder nach unten. Die Brennstoffe gelangen also schon108Die Oefen und feuerfesten Materialien.hoch erhitzt in den Verbrennungsraum und die von ihnen mitgebrachte Wärme wird hier wieder nutzbar gemacht; sie ersetzt demnach eine äquivalente Menge Brennstoff, ohne dass die Menge der Verbrennungs - gase sich mehrt. Es entsteht eine höhere Verbrennungstemperatur und eine erleichterte Wärmeabgabe, wie es früher ausführlicher geschildert wurde. Auch die durch Erhitzung zu verarbeitenden Substanzen (Erze, Metalle) werden in dem direct wirkenden Schachtofen bei ihrem Nieder - gange allmählich erhitzt, indem sie mit immer heisseren Gasen in Berührung treten; bedeutend vorgewärmt gelangen sie schliesslich in den unteren Raum und bedürfen hier nur noch einer verhältnissmässig unbedeutenden Aufnahme von Wärme, um auf die erforderliche End - temperatur erhitzt zu werden.

Je grösser der Rauminhalt des Schachtofens im Verhältnisse zu der Menge der per Zeiteinheit niederrückenden Körper, beziehentlich aufsteigenden Gase ist, je länger also die gegenseitige Berührung stattfindet, desto abgekühlter werden im Allgemeinen die Gase den Ofen verlassen, desto günstiger wird die Wärmeausnutzung in dem - selben sein. 1)Neben dem Rauminhalte des Ofens beeinflussen auch die specifische Wärme, Wärmeleitungsfähigkeit, Stückgrösse u. s. w. der sich begegnenden Körper die Wärme - abgabe; es kommt ferner in Betracht, dass mit der Höhe des Schachtofens auch die Widerstände zunehmen, welche sich dem Aufsteigen des Gasstromes entgegensetzen, während mit dem zunehmenden Durchmesser die Gleichmässigkeit der Vertheilung der Gase in dem Ofenquerschnitte abnimmt; und es erklärt sich hieraus, dass die zulässige Grenze für den Rauminhalt des Ofens von den jedesmaligen Verhältnissen abhängig sein muss.

Diese ausgedehnte Wärmezurückführung durch die niederrückenden festen Körper erhebt den direct wirkenden Schachtofen zu dem voll - kommensten aller Erhitzungsapparate, sofern die Eigenthümlichkeiten des durchzuführenden Processes seine Anwendung gestatten. Werden chemische Einwirkungen zwischen den aufsteigenden Gasen und den niederrückenden Körpern beabsichtigt (z. B. Reduction durch Kohlen - oxyd), so giebt auch hierzu die lange ausgedehnte gegenseitige Berührung eine ausgiebige Gelegenheit.

Der Wirkungsgrad der direct wirkenden Schachtöfen pflegt sich auf mindestens 0.30, mitunter erheblich günstiger zu beziffern. Weit niedriger dagegen ist der Wirkungsgrad der Tiegelschachtöfen. Eines - theils fällt hier jene Vorwärmung des zu schmelzenden Metalls beim Niederrücken fort; anderntheils ist die Wärmeübertragung erheblich schwieriger. Selten daher erhält man beim Tiegelschmelzofen im Schacht - ofen einen höheren Wirkungsgrad als 0.04; häufig einen niedrigeren.

b) Herde oder Feuer.

Niedrige, oben offene, gruben - oder kastenförmige Räume, in welchen der Körper gewöhnlich in directer Berührung mit den ver - kohlten Brennstoffen erwärmt wird. Die Luftzuführung, welche fast stets mit Hilfe eines Gebläses bewirkt wird, geschieht entweder von unten her oder auch über den Rand des Feuers hinweg durch eine109Die verschiedenen Ofengattungen.abwärts geneigte Düse. 1)Das bekannteste solcher Feuer ist das in jeder Schmiedewerkstatt sich findende Schmiedefeuer.In gewisser Beziehung können demnach die Feuer als sehr niedrige Schachtöfen betrachtet werden; aber während die Schachtöfen, wie erwähnt, die vollkommenste Form aller Erhitzungs - apparate bilden, gehören die Feuer zu den allerunvollkommensten. Bei der geringen Höhe derselben ist die gegenseitige Einwirkung der wärme - abgebenden Gase und wärmeaufnehmenden Körper eine sehr beschränkte; bei dem geringen Rauminhalte der Feuer überhaupt ist das Verhältniss ihrer wärmedurchlassenden Aussenfläche zu ihrem nutzbaren Innern ein beträchtliches. Ihr Wirkungsgrad ist daher selten höher als 0.05.

Man pflegt die Feuer nur dann zu benutzen, wenn so kleine Mengen von Erzen, Metallen oder sonstigen Substanzen mit einem Male verarbeitet werden sollen, dass aus diesem Grunde die Anwendung eines grösseren, vollkommneren Ofens nicht thunlich erscheint.

c) Flammöfen.

Die Erhitzung in denselben geschieht in allen Fällen durch Be - rührung einer gebildeten Flamme mit den betreffenden Körpern oder den dieselben enthaltenden Gefässen; die Hauptachse dieser Oefen aber ist, abweichend von den Schachtöfen mit Gasfeuerung, horizontal oder geneigt, häufig auch mehr oder weniger gekrümmt oder gebrochen. Der ganze Ofen kann als ein in horizontaler oder geneigter Richtung sich fortziehender Kanal betrachtet werden, innerhalb dessen sich die zu erhitzenden Körper befinden. In den für metallurgische Zwecke bestimmten Oefen pflegt man zur Aufnahme jener Körper innerhalb des erwähnten Feuerkanales eine Erweiterung mit ebener, geneigter oder muldenförmiger Sohle, den Herd des Ofens anzuordnen und nennt in diesem Falle den Ofen insbesondere Herdflammofen. 2)Flammöfen ohne Herd sind z. B. Dampfkesselöfen, Kessel zum Schmelzen von Blei u. s. w., Ringöfen zum Brennen von Kalk; u. a. m.

Der zum Betriebe des Ofens erforderliche Luftzug wird, da die zu überwindenden Widerstände niemals sehr bedeutend sind, fast immer durch die Wirkung einer Esse hervorgebracht.

Es folgt aus dieser allgemeinen Schilderung eines Flammofens, dass eine Bewegung der zu erhitzenden Körper dem Gasstrome entgegen, welche im Schachtofen so ausserordentlich günstig auf die Leistung desselben wirkt, hier gar nicht oder in nur sehr untergeordnetem Maasse zu erreichen ist. Die Körper befinden sich von Anfang an in dem heissesten Theile des Ofens, den die Gase im noch hocherhitzten Zu - stande und ohne wieder mit jenen Körpern in Berührung zu treten, verlassen; die Gase nehmen demgemäss einen sehr grossen Theil der überhaupt entwickelten Wärme mit fort, und diese grosse Menge aus - tretender Wärme lässt sich für den eigentlichen Zweck des Flammofens nur dann theilweise wieder nutzbar machen, wenn man sie zur Er - hitzung der zuströmenden Verbrennungsluft beziehentlich bei Gas - feuerung der als Brennstoff dienenden Gase benutzt und solcherart wieder in den Ofen zurückführt.

110Die Oefen und feuerfesten Materialien.
Herdflammöfen mit directer Feuerung.

Bei denselben liegt naturgemäss der Rost unmittelbar hinter dem Herde, auf welchem die grösste Wärmeentwickelung stattfinden soll. Fig. 17 und 18 zeigen schematisch die innere Einrichtung eines solchen Herdflammofens. a ist der Rost, welcher gemäss der Beschaffenheit des Brennmateriales als Planrost, Treppenrost u. s. w. eingerichtet sein kann. a1 ist die Einschüttöffnung für den Brennstoff. c ist der Herd, dem man für Processe, bei denen eine Schmelzung nicht eintritt (Schweissöfen, Glühöfen), die Form einer horizontalen oder geneigten Ebene (wie in der Abbildung), bei Schmelzprocessen die Form einer Mulde zu geben pflegt. Zwischen Rostfläche und Herdfläche muss ein gewisses Verhältniss bestehen, abhängig von der Beschaffenheit des Brennstoffes und der auf dem Herde hervorzurufenden Temperatur.

Fig. 17.

Fig. 18.

Bei den in der Eisenindustrie zur Anwendung kommenden Flamm - öfen pflegt jenes Verhältniss nicht kleiner als 1: 4 und selten grösser als 1: 2 zu sein. Die Länge des Herdes muss sich nach der Länge der Flamme richten, darf aber auch bei langflammigen Brennstoffen, sofern eine gleichmässig hohe Temperatur erreicht werden soll, nicht über 4 m betragen, während in Fällen, wo dieser Bedingung nicht genügt zu werden braucht, Herdlängen bis zu 8 m zur Anwendung kommen.

Die Grenze zwischen Feuerungsraum und Herd wird durch die Feuerbrücke b gebildet. Die Länge derselben (in der Breitenrich - tung des Ofens gemessen) ist gleich der Breite des Rostes, und es stimmt hiermit auch die grösste Breite des Herdes überein. Unzweck - mässig würde es sein, dem Herde eine grössere Breite durch Aus - bauchung zu geben, wenn nicht ganz besondere Gründe eine solche Form nothwendig machen.

111Die verschiedenen Ofengattungen.

Je höher die Oberkante der Feuerbrücke über dem Roste liegt, eine desto höhere Schüttung kann man auf dem letzteren halten, desto geringer ist die Menge des mit den Gasen vom Roste aufsteigen - den freien Sauerstoffes, desto stärker schmauchend, reducirend die Flamme, aber desto geringer auch ihre Wärmeentwickelung und die erzeugte Temperatur. Wo also Oxydation der auf dem Herde befind - lichen Körper nach Möglichkeit vermieden werden soll und eine hohe Temperatur nicht erforderlich ist (z. B. bei Glühöfen für Bleche u. s. w.), wird man jene Abmessung gross nehmen (bis 1 m), will man hohe Temperaturen mit oxydirender Flamme hervorrufen, so geht man damit wohl bis auf 0.3 m herunter.

Für die auf dem Herde befindlichen Körper bildet die Feuerbrücke einen Schutz sowohl gegen das Herunterfallen auf den Rost als auch gegen die unmittelbare Einwirkung der Flamme. Je höher die Feuer - brücke über die Herdoberfläche emporragt, desto mehr sind zwar die dahinter liegenden Körper vor den chemischen Einwirkungen der Flamme geschützt, aber desto mehr sind sie auch der Wärmeabgabe entzogen, desto schwieriger ist ihre Erhitzung. Deshalb findet man auch hin - sichtlich dieser Abmessung Schwankungen von wenigen Centimetern bis zu 0.5 m, je nachdem eine starke Erhitzung oder eine möglichste Vermeidung der Oxydation der Hauptzweck ist.

Der freie Ofenquerschnitt oberhalb der Feuerbrücke, durch welchen die verbrennenden Gase auf den Herd gelangen, heisst das Flammen - loch. Die Grösse desselben ist das Product aus der Breite des Ofens an dieser Stelle (Länge der Feuerbrücke), welche in Rücksicht auf die erforderliche Bedienung des Rostes selten grösser als 1.5 m ist, und der Höhe der Ofendecke über der Oberkante der Feuerbrücke. Letztere Abmessung muss sich zum grossen Theile nach dem Zwecke des Ofens richten, insbesondere auch nach der Grösse der auf den Herd zu bringenden Stücke. Je kleiner diese Abmessung sein kann, desto stärker wird begreiflicherweise die Erhitzung des Herdes und desto günstiger die Wärmeabgabe ausfallen. Bei den meisten Oefen pflegt die Grösse des Flammenloches zwischen 0.3 0.7 der Grösse der totalen Rostfläche zu betragen.

Je weiter sich die Flamme von ihrer Wurzel, d. i. dem Roste, entfernt, desto mehr häufen sich in ihr die Verbrennungsgase, die noch übrig gebliebenen unverbrannten Gase verdünnend, und desto mehr Wärme wird allmählich der Flamme durch die Ofenwände wie durch die auf dem Herde befindlichen Körper entzogen. Wollte man einen Flammofen bauen, dessen Querschnitt von der Feuerbrücke an bis zum Ende des Herdes gleich gross bliebe, so würde infolge jener Umstände die Temperatur sich mehr und mehr verringern und eine sehr unvoll - ständige Verbrennung eintreten. Damit diese Uebelstände vermieden werden, muss der Querschnitt des Ofens oberhalb des Herdes von der Feuerbrücke an stetig abnehmen; die Gase erhalten dadurch eine zuneh - mend beschleunigte Bewegung, ihre Abkühlung wird verringert. Am vollkommensten erreicht man diesen Zweck, wenn man die Decke des Ofens mehr und mehr der Herdsohle sich nähern lässt und zugleich, wie in der Abbildung, dem Grundrisse des Herdes Trapezform giebt. Letzteres ist nun freilich in Rücksicht auf den Zweck des Ofens nicht112Die Oefen und feuerfesten Materialien.immer möglich; man ist vielfach gezwungen, eine rechteckige oder unregelmässige Grundform anzuwenden, wird dann aber um so mehr darnach trachten, durch starke Näherung der Decke gegen den Boden jener Bedingung Rechnung zu tragen.

Die Ofendecke pflegt aus einem Gewölbe zu bestehen, dessen erzeugende Linien parallel der Ofenachse liegen. Von diesem Gewölbe aus wird ein Theil der von der Flamme ausgesandten Wärmestrahlen auf den Herd zurückgestrahlt, und in Rücksicht auf diesen Vorgang, dem man in früherer Zeit eine jedenfalls übertriebene Bedeutung bei - legte, pflegte man diese Oefen mit der auch jetzt mitunter noch an - gewendeten Bezeichnung Reverberiröfen (Rückstrahlungsöfen) zu benennen. Je stärker gewölbt die Decke ist, desto mehr wird die Wirkung jener Strahlung auf die Mitte des Ofens concentrirt werden, desto un - gleichmässiger wird die Erwärmung des Herdes ausfallen.

An einer dem Zwecke des Ofens entsprechenden Stelle befindet sich die Einsetzöffnung f, welche durch eine, gewöhnlich zum Auf - ziehen eingerichtete, eiserne Thür mit feuerfestem Futter an der Innen - seite geschlossen gehalten wird.

An dem Ende des Herdes erreicht nun jene nothwendige Abnahme des Ofenquerschnittes ihren höchsten Grad; die Gase treten hier in einen stark verengten Kanal d ein, welcher sie aus dem Ofen entführt und der Fuchs genannt wird. Für die Aufrechterhaltung einer hohen und gleichmässigen Temperatur im Ofen ist ein geringer Querschnitt des Fuchses von Wichtigkeit und man pflegt dafür häufig nicht mehr als 1 / 10, höchstens der totalen Rostfläche zu rechnen. Je enger aber der Fuchs ist, desto grösser sind die Widerstände, welche die Gase in demselben finden, desto grösser muss also auch die Zugwirkung der Esse sein, welche schliesslich die Gase aufnimmt. Ist der Fuchskanal lang, so empfiehlt es sich deshalb, jene Verengung auf eine kürzere Abmessung am Ausgange des Herdes zu beschränken und von hier aus wieder eine Erweiterung eintreten zu lassen.

Um die Wirkung des Fuchses zu verstehen, braucht man sich nur die Wirkung eines oberhalb der Flamme verengten Lampencylinders zu vergegenwärtigen. Die Gase und die beigemischte Luft werden ge - zwungen, in stark convergirender Richtung und mit zunehmender Ge - schwindigkeit nach dem Fuchse hinzueilen und sich dabei innig zu mischen; die Wände des Fuchses sind bei dem raschen Hindurch - strömen der Gase hoch erhitzt und wirken dadurch auch erhitzend auf die rückwärts gelegenen Theile des Ofens; alle diese Umstände ver - einigen sich, die schliessliche vollständige Verbrennung der im Gas - strome noch vorhandenen unverbrannten Theilchen zu bewirken. Bei einem zu weiten Fuchse entsteht ebenso wie bei einem zu weiten Lampencylinder eine schmauchende Flamme.

Die Lage des Fuchses ist nicht immer die nämliche wie bei dem skizzirten Ofen. Mitunter, wenn man eine allzu energische Einwirkung der Gase auf den zu erhitzenden Körper vermeiden will, legt man ihn in die Decke des Ofens, so dass die Gase nach oben abziehen; in anderen Fällen führt man ihn senkrecht vom Herde aus nach unten und lässt die Gase wohl unter dem Herde zurückströmen, um diesen auch von unten zu erwärmen. Bei Oefen mit hohen Temperaturen und113Die verschiedenen Ofengattungen.ununterbrochenem Betriebe (Puddelöfen, Schweissöfen), deren Erzeug - nisse mit Hilfe von Dampfkraft weiter verarbeitet werden, ist es dagegen gebräuchlich, zwischen Fuchs und Esse e einen Dampfkessel einzubauen, welcher durch die Wärme der abziehenden Gase (die Abhitze des Ofens) geheizt wird. Statt jedem Ofen eine eigene Esse zu geben, pflegt man in solchen Fällen eine gemeinschaftliche Centralesse für eine grössere Zahl von Oefen und Kesseln anzulegen, welcher die Gase durch unter - irdische Kanäle zugeführt werden. Ebenso kann man zwei oder noch mehr Oefen um einen gemeinschaftlichen Dampfkessel gruppiren, indem man ihre Gase sich vereinigen lässt. Während für die Esse eines ein - zelnen Ofens ohne eingebauten Dampfkessel häufig schon eine Höhe von 15 20 m vollständig ausreicht, pflegt man solchen Centralessen Höhen von mindestens 40 50 m zu geben, den Querschnitt derselben aber derartig zu bemessen, dass die Gase innerhalb der Esse sich mit mindestens 2 m Geschwindigkeit fortbewegen, und dass diese Geschwin - digkeit auch dann nicht unterschritten wird, wenn einige der Oefen kalt liegen sollten. 1)Die Geschwindigkeit der Gase ergiebt sich bei gegebenem Durchgangsquer - schnitte aus der Menge des in der Zeiteinheit verbrannten Brennstoffes und ihrer Temperatur. Unter Berücksichtigung des für die vollständige Verbrennung unver - meidlichen Luftüberschusses liefert 1 kg Steinkohle ca. 17 cbm, 1 kg Braunkohle ca. 15 cbm Verbrennungsproducte von Null Grad Temperatur. Die Gase werden in den meisten Fällen mit einer Temperatur von 250 300°C. in die Esse eintreten, wobei ihr Rauminhalt sich gemäss der bekannten Formel V1 = V (1 + 0.00366 t) vergrössert.Für die Wirkung einer solchen Centralesse ist es von Wichtigkeit, dass die eintretenden Gasströme in paralleler Rich - tung in dieselben gelangen, damit nicht durch den Stoss der auf ein - ander treffenden Gase eine Stauung eintrete. Wo also Kanäle von ver - schiedenen Richtungen einmünden, scheidet man sie durch eine in die Esse eingebaute senkrechte Zwischenwand von solcher Höhe, dass sie eine gleichmässige aufwärts gerichtete Bewegung erlangt haben, ehe die Vereinigung stattfindet.

Eine Zurückführung der abziehenden Wärme durch Vorwärmung der Verbrennungsluft findet bei diesen Flammöfen selten statt; wohl aber führt man die Luft mitunter durch Kanäle im Mauerwerk des Ofens, um sie vorzuwärmen und letzteres zu kühlen. Natürlich muss, wenn der Zweck der Vorwärmung erreicht werden soll, der Aschenfall geschlossen gehalten werden, damit nicht von aussen her kalte Luft zutrete.

Anwendung von Unterwind (eines bei geschlossenem Aschenfalle unter den Rost geleiteten, durch ein Gebläse erzeugten Windstromes) statt des Essenzuges ist bei diesen Oefen ziemlich selten. Zwar ist verschiedentlich nachgewiesen worden, dass der für die vollständige Ver - brennung erforderliche Luftüberschuss bei Unterwind geringer zu sein braucht als bei Essenzug, man also leichter höhere Temperaturen erzielt und thatsächlich mit geringerem Brennstoffaufwande arbeitet; diesem Vortheile stehen aber verschiedene Nachtheile gegenüber. Hierher ge - hören u. a. der erforderliche Arbeitsaufwand für den Betrieb des Ge - bläses, die schwierigere Bedienung des Rostes und eine stärkere Oxy - dationswirkung der erzeugten Flamme, welche nur in seltenen FällenLedebur, Handbuch. 8114Die Oefen und feuerfesten Materialien.erwünscht ist, beim Erhitzen von Metall dagegen zu stärkeren Ver - lusten (Abbrand) Veranlassung giebt.

Herdflammöfen mit Gasfeuerung.

Wie schon früher erwähnt wurde, verdanken wir die ersten mit Erfolg gekrönten Versuche, Gase zum Heizen metallurgischer Oefen zu benutzen und eigens für diesen Zweck darzustellen, dem Würtem - berger Faber du Faur in den dreissiger und vierziger Jahren dieses Jahrhunderts. Ziemlich lange dauerte es jedoch, bis die Ein - richtungen für diesen Zweck zu einer solchen Vollkommenheit aus - gebildet waren, dass die Gasfeuerung nicht mehr auf vereinzelte Fälle beschränkt blieb, wo örtliche Verhältnisse ihre Anwendung besonders empfahlen, sondern ebenbürtig überall neben der directen Feuerung auftreten und diese, wie es in der Neuzeit mehr und mehr geschieht, verdrängen konnte.

Die bereits oben erörterte Thatsache, dass Gase leichter und mit geringerem Luftüberschusse als feste Brennstoffe zu verbrennen sind, gab zunächst häufige Veranlassung, Gasfeuerung da anzuwenden, wo geringwerthigere Brennstoffe Holz, Torf, Braunkohlen zur Ver - wendung standen, welche bei der Verbrennung auf dem Roste nicht gut geeignet sind, hohe Verbrennungstemperaturen zu erzeugen; diese älteren Gasflammöfen, welche in den österreichischen Alpenländern, am Harze, in Schweden u. a. a. O. eine ziemliche Ausbreitung fanden und zum Theil noch existiren, wurden grösstentheils mit Hilfe eines Ge - bläses betrieben, indem man sowohl die Vergasung als die Verbren - nung durch einen zugeführten Luftstrom bewirkte. Es ist unläugbar, dass Gebläsewind, zumal wenn er, in feine Strahlen vertheilt, in das Gas geführt wird, die rasche und vollständige Verbrennung desselben sehr erleichtert; und indem man in jenen älteren Oefen den zur Ver - brennung bestimmten Wind (Oberwind) in besonderen, durch die Ab - hitze des Ofens geheizten Röhren auf mehrere Hundert Grad C. erhitzte, also zur Wärmezurückführung benutzte, ermöglichte man es, auch mit Gasen aus geringwerthigeren Brennstoffen zumal, wenn sie einem vorausgehenden Darrprocesse unterworfen wurden Temperaturen hervorzurufen, welche bei Rostfeuerung unmöglich erreichbar gewesen sein würden.

Die Anwendung eines Gebläses aber macht die ganze Anlage schwerfällig und ruft, wie schon bei den Oefen mit directer Feuerung erwähnt wurde, gar leicht stark oxydirende Wirkungen hervor; die erforderlichen umfänglichen Darrvorrichtungen für Holz, Torf u. s. w. machten die ganze Anlage ausserordentlich kostspielig. Bei allen neueren Herdflammöfen mit Gasfeuerung pflegt man deshalb sowohl die für die Erzeugung als für die Verbrennung des Gases erforderliche Luft mit Hilfe der einfacheren Wirkung einer Esse (gewöhnlich einer für zahl - reiche Oefen gemeinschaftlichen Centralesse, wie oben besprochen) zuzu - führen. Wo es angeht, benutzt man schon für die Gaserzeugung Materialien, die ein wasserärmeres Gas liefern (Steinkohlen), wo aber geringwerthigere Brennstoffe benutzt werden müssen, befreit man häufig115Die verschiedenen Ofengattungen.das Gas durch eine in die Leitung eingeschaltete Condensationsvor - richtung, wie oben beschrieben wurde, von seinem Wassergehalte.

Von Wichtigkeit ist bei diesen Gasöfen mit natürlichem Luftzuge wie überhaupt bei jeder Gasfeuerung die Art und Weise, wie Gas und Luft mit einander gemischt werden und wie der Verbrennungsraum beschaffen ist. Wie schon mehrfach betont wurde, wird die Verbren - nung durch hohe Temperatur und ausgedehnte gegenseitige Berührungs - fläche also innige Mischung von Gas und Luft erleichtert.

Der Raum, in welchem beide Körper sich vereinigen, muss daher von schlechten Wärmeleitern feuerfesten Steinen eingeschlossen sein; bleibt der zu heizende Apparat selbst verhältnissmässig kühl (Dampfkessel, Winderhitzungsapparat aus eisernen Röhren), so ist es aus diesem Grunde rathsam, vor demselben eine sogenannte Verbren - nungskammer aus feuerfesten Steinen anzuordnen, in welcher die Mischung und Verbrennung stattfindet, und aus welcher nunmehr die Gase erst durch Schlitze oder Oeffnungen an den Ort ihrer Verwendung geführt werden.

Die Mischung erfolgt leichter, wenn Gas und Luft unter einem Winkel, welcher bis 90 Grad betragen kann, als wenn sie in paralleler Richtung auf einander treffen; leichter wenn beide Ströme verschiedene, als wenn sie gleiche Geschwindigkeit besitzen. Dieser Umstand erklärt auch die schon oben berührte Thatsache, dass Gebläsewind, welcher mit grosser Geschwindigkeit in das Gas geführt werden kann, die Verbren - nung befördert.

Je rascher die Verbrennung erfolgt, desto kürzer wird natürlich die Flamme werden, desto höher wird die Temperatur innerhalb des Verbrennungsraumes steigen, desto rascher wird sie aber auch abnehmen oder, mit anderen Worten, auf eine desto geringere Ausdehnung wird diese hohe Temperatur beschränkt bleiben. Eine Grenze ist allerdings dieser Concentration der Verbrennung durch die Dissociation der Kohlensäure und des Wasserdampfes gesetzt. Sobald die Dissociations - temperatur überschritten ist, kann eben die chemische Vereinigung der brennbaren Gase mit dem Sauerstoffe der Luft nicht mehr erfolgen; das Gemisch zieht unverbrannt weiter, bis durch die unausgesetzt statt - findende Wärmeabgabe Abkühlung eingetreten ist; nun erfolgt chemische Vereinigung und neue Wärmeerzeugung u. s. f.

Um also kurze Flammen zu erzeugen, soweit es in Rücksicht auf den soeben geschilderten Vorgang möglich ist, wird man Gas und Luft unter verschiedenen Richtungen und mit verschiedener Geschwindigkeit auf einander treffen lassen; oder man wird, wo es angeht, eine grössere Zahl einzelner Ströme bilden und dieselben nebeneinander, aber in ab - wechselnder Reihenfolge, in den Verbrennungsraum eintreten lassen, so dass immer ein Gasstrom zwischen zwei Luftströmen sich befindet.

Zur Hervorbringung einer langen Flamme wird man die Ströme parallel neben oder über einander einführen.

In Folgendem sollen einige der wichtigsten Gasfeuerungen ein - gehender besprochen werden.

8*116Die Oefen und feuerfesten Materialien.

Siemens’sche oder Regenerativ-Feuerung. Dieses im Jahre 1861 durch W. Siemens in London und Fr. Siemens in Dresden in die Praxis eingeführte Feuerungssystem war es hauptsächlich, welches die älteren bis dahin üblichen, oben beschriebenen Gasöfen verdrängte und der Gasfeuerung überhaupt in verhältnissmässig kurzer Zeit eine erheblich ausgedehntere Verwendung verschaffte. Die Ein - richtung eines Siemensofens ist im Wesentlichen folgende.

An jeder Seite des Ofens liegen, tiefer als dieser und mitunter in den Erdboden unterhalb des Ofens eingebaut, ein Paar Kammern, aus feuerfestem Materiale hergestellt und mit feuerfesten Ziegeln in solcher Weise ausgesetzt, dass ohne Behinderung des Durchzuges der Gase eine grosse Oberfläche dargeboten wird. Diese Kammern werden freilich nicht gerade zutreffend Regeneratoren genannt; in Wirk - lichkeit sind sie Wärmespeicher, dazu bestimmt, die Abhitze des Ofens in möglichst umfänglicher Weise aufzunehmen. Gas und Luft steigen, ehe sie in den Ofen gelangen, getrennt in je einer dieser Kammern empor und mischen sich oberhalb derselben, um hier zu verbrennen und bei ihrem Hindurchziehen durch den Ofen denselben zu erhitzen. Die noch heissen Verbrennungsgase aber entweichen durch die beiden am entgegengesetzten Ende des Ofens gelegenen Kammern, diese erwär - mend, um dann nach einer gemeinschaftlichen Esse zu entweichen. Sind die zuletzt erwähnten beiden Kammern nunmehr auf eine gewisse Temperatur erhitzt, so wird mit Hilfe einer Umsteuerungsvorrichtung die Richtung des Gas - und Luftstromes umgekehrt; sie steigen jetzt durch die heissen Kammern empor, hierbei Wärme aufnehmend und dieselbe in den Ofen zurückführend. Ihre Abhitze aber dient wiederum zum Heizen der entgegengesetzten Kammern, bis diese erhitzt, die anderen um ein bestimmtes Maass abgekühlt sind; dann folgt abermalige Umsteuerung, u. s. f.

Die Abbildungen Fig. 19 24 lassen die Einrichtung eines Siemens - ofens erkennen. 1)Unter Benutzung von H. Wedding, Darstellung des schmiedbaren Eisens, Braunschweig 1875, Fig. 183 188.a ist der Herd des Ofens, hier zur Aufnahme von Tiegeln bestimmt, daher sehr kurz, und durch Scheidewände in drei Abtheilungen getheilt, wie Fig. 20 erkennen lässt. Durch Oeffnungen in der Decke des Ofens, welche durch Deckel geschlossen werden, ist der Herd von aussen zugänglich (Fig. 22); und um die Bedienung zu erleich - tern, ist in diesem Falle der ganze Ofen in das Erdreich eingebaut, so dass seine Oberkante mit der Hüttensohle in einer Horizontalebene liegt. Seitlich vom Herde liegen die Regeneratoren b b1 für Luft und c c1 für Gas, die ganze Breite des Herdes einnehmend. Wie Fig. 22 erkennen lässt, ist der Querschnitt der Luftregeneratoren um ca. 50 Proc. grösser als derjenige der Gasregeneratoren, und man findet bei fast allen Sie - mensöfen ein ähnliches Verhältniss, theils weil die eintretende Luft kälter als das Gas zu sein pflegt, theils auch, weil für die voll - ständige Verbrennung ein Luftüberschuss nicht zu entbehren ist, wäh - rend theoretisch das erforderliche Luftvolumen annähernd ebenso gross sein müsste als das Volumen der Generatorgase.

Die Gase gelangen aus dem Kanale d, nachdem das Ventil v (Fig. 19

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117Die verschiedenen Ofengattungen.und 23) geöffnet worden ist, in das mit gusseiserner Wechselklappe versehene Rohr e; die Luft tritt nach Oeffnung des Ventiles w in das ebenfalls mit Wechselklappe versehene Rohr f. Mit Hilfe der beiden Ventile lässt sich der Zufluss von Gas und Luft beliebig regeln, so dass man nach Bedarf mit reducirender wie mit oxydirender Flamme arbeiten kann. Die beiden Wechselklappen können jede eine Drehung um an - nähernd 90 Grad machen, wie in Fig. 23 und 24 erkennbar ist; ihre Bewegung wird durch zwei Zugstangen bewirkt, welche an mit Gegen - gewichten beschwerte Hebelarme auf den horizontalen Drehungsachsen der Klappen angeschlossen sind (Fig. 19), so dass es nur eines Zuges an den Stangen bedarf, um die Klappe sofort in die entgegengesetzte Stellung zu bringen.

In der Stellung, welche die Klappen in Fig. 23 und 24 einnehmen, gelangen Gas und Luft durch die Kanäle e1 f1 nach den Regeneratoren b c, steigen hier empor, vereinigen sich, ziehen über den Herd hinweg, fallen in die Regeneratoren b1 c1 und entweichen schliesslich durch die Kanäle e2 f2 nach dem gemeinschaftlichen Essenkanal g. Wird nun umgesteuert, so treten sie, wie bei Betrachtung von Fig. 20, 23 und 24 leicht verständlich sein wird, zunächst in die Kanäle e2 f2, dann in die erhitzten Regeneratoren b1 c1 und gelangen schliesslich durch die Kanäle e1 f1 ebenfalls zum Essenkanale g.

Der Kanal h unter dem Herde (Fig. 19) dient in dem vorliegen - den Falle, wo der Herd sehr stark erhitzt wird, zum Hindurchleiten von Luft, welche denselben von unten zu kühlen bestimmt ist. Der Herd wird durch Eisenplatten getragen und ist aus feuerfestem Material hergestellt.

Da der Herd des abgebildeten Ofens, wie erwähnt, sehr kurz ist, muss auch, damit derselbe gehörig erhitzt werde und die Verbrennung nicht etwa erst in den jenseitigen Regeneratoren stattfinde, für eine rasche Mischung gesorgt werden. Die Decke des Ofens ist aus diesem Grunde nach dem Herde zu geneigt, so dass die unter derselben hin - ziehende Luft die nämliche Richtung bekommt und die aus den Rege - neratoren c c1 aufsteigenden Gase schräg gegen dieselbe treffen; um den - selben diese schräge Bewegungsrichtung zu geben und ihnen zugleich eine gewisse Austrittsgeschwindigkeit zu verleihen, sind die beiden Regene - ratoren, wie Fig. 22 erkennen lässt, am oberen Ende so weit geschlossen, dass nur ein schmaler Spalt für den Austritt übrig bleibt. Oberhalb der Regeneratoren ist der ganze Raum durch Mauerzungen in neun einzelne Kanäle getheilt, in denen die Mischung stattfindet und aus welchen die verbrennenden Gase unmittelbar auf den Herd gelangen (Fig. 19 und 20).

Statt der erwähnten Wechselklappen, welche den Nachtheil haben, sich leicht zu verziehen, benutzt man auch vielfach cylindrische Blech - hauben, durch einen senkrechten Quersteg in zwei Hälften getheilt und auf ein senkrechtes Rohr passend, welches durch zwei, unter rechtem Winkel sich kreuzende, Stege in vier Kanäle getheilt ist, deren jeder also im Querschnitte die Form eines Viertelkreises besitzt. Zwei einander gegen - überliegende Kanäle führen nach einem rechts - und einem linksseitigen Regenerator, der dritte führt die Gase von der Leitung aus zu, der vierte, diesem gegenüberstehende, führt die verbrauchten Gase nach118Die Oefen und feuerfesten Materialien.der Esse. Durch Drehung der Haube um 90 Grad findet, wie leicht zu ermessen ist, Umsteuerung statt. Der Rand der Haube taucht in eine mit Wasser oder Theer gefüllte Rinne, wodurch vollständige Dich - tung erzielt ist.

Die Ziegeln aus feuerfester Masse, welche den Inhalt der Regene - ratoren bilden, werden in horizontalen, sich kreuzenden Lagen über einander aufgestellt (Fig. 25). Gewöhnliche prismatische Chamotteziegel,

Fig. 25.

welche auf die lange Kante gestellt wer - den, lassen sich ganz gut dafür benutzen. Der Zwischenraum zwischen zwei be - nachbarten Ziegeln entspricht einer Ziegel - stärke, so dass also der räumliche Inhalt des Regenerators zur Hälfte mit Ziegeln ausgefüllt ist, während die andere Hälfte für den Durchzug der Gase bleibt. Häufig stellt man, wie in der Abbildung, die Ziegel so auf, dass sie in den über ein - ander befindlichen Reihen gegen ein - ander versetzt sind. Die Gase werden dadurch gezwungen, in Krümmungen aufzusteigen beziehentlich sich abwärts zu bewegen, und ihr Weg wird dadurch verlängert.

Die Wirkung der Regeneratoren ist leicht verständlich. Wenn der Ofen angeheizt wird, treffen Luft und Gas im kalten Zustande auf einander. Die Verbrennung geht schwieriger von statten, die Verbrennungstemperatur ist verhältnissmässig niedrig, der Herd wird ungenügend erhitzt, zumal da erst in den Regeneratoren die Verbrennung vollendet wird. Von der abziehenden Wärme nehmen die Regeneratoren einen beträchtlichen Theil auf; immerhin geht ihre Erhitzung ziemlich langsam vorwärts, da das Gewicht der zu erhitzen - den Steine wie auch ihre specifische Wärme (0.23 für höhere Tempera - turen) nicht unbedeutend ist. In keinem Falle darf auch die Abküh - lung der Gase so weit getrieben werden, dass die Temperatur derselben bei ihrem Eintritte in die Esse weniger als 150 Grad C. beträgt, weil sonst die Zugwirkung der Esse zu gering sein würde.

Nach einiger Zeit wird umgesteuert. Gas und Luft ziehen durch die erwärmten Regeneratoren nach dem Herde, nehmen hierbei Wärme auf und treffen demzufolge im erwärmten Zustande auf einander. Die Verbrennung geht leichter von statten, die Flamme wird kürzer, heisser, die Temperatur auf dem Herde steigt. Inzwischen werden die beiden anderen Regeneratoren erhitzt; je mehr Wärme aber in den ersten beiden bei einer gewissen Temperatur aufgespeichert war, je grösser also das Gewicht der in ihnen enthaltenen, wärmeaufnehmenden Steine ist, je länger es gewährt hatte, bis sie jene Temperatur angenommen hatten, desto langsamer wird auch diese Temperatur sich wieder verringern, während sie von Gas und Luft erhitzt werden. In jedem Falle wird aufs Neue umgesteuert, sobald eine erhebliche Abnahme der Temperatur eintritt. Die Regeneratoren nehmen frische Wärme auf und werden jetzt stärker erhitzt als zuvor, da sie ohnehin schon eine beträchtliche119Die verschiedenen Ofengattungen.Wärmemenge zurückhielten, und da die Verbrennungstemperatur der Gase, wie erwähnt, bereits gestiegen ist. Die Folge davon ist, dass auch nach abermaliger Umsteuerung Gas und Luft stärker als vorhin erhitzt werden, und dass somit auch die Verbrennungstemperatur eine neue Steigerung erfährt. Diese Steigerung würde durch wiederholte rechtzeitige Umsteuerungen bis ins Unendliche hin sich ausdehnen lassen, wenn ihr nicht theils durch die Schmelzbarkeit der Ofenbau - materialien, theils durch den Umstand ein Ziel gesetzt wäre, dass, sobald die Dissociationsgrenze für die Verbrennungsgase (Kohlensäure und Wasser) erreicht ist, auch selbstverständlich die Temperatur nicht mehr zunehmen kann; die Flamme wird länger und die Gase treten heisser in den Schornstein. In der Wirklichkeit wird man durch ent - sprechende Verminderung der in bestimmter Zeit zutretenden Gas - und Luftmengen die überhaupt stattfindende Wärmeentwickelung in solcher Weise regeln, dass sie dem Wärmeverbrauche im Ofen u. s. w. ent - spricht, sobald die für den durchzuführenden Process erforderliche Temperatur erreicht ist, dass also von vorn herein jene übermässige Steigerung der Essentemperatur, gleichbedeutend mit Wärmeverlust, vermieden wird.

Thatsächlich lassen sich die geschilderten Vorgänge in der Praxis durch den Augenschein wahrnehmen. So lange der Ofen noch kalt ist, zeigt sich eine dunkelrothe Flamme; nach bewirkter Umsteuerung wird sie heller, weisslicher, hierauf kurz und blendend weiss; wird die Dissociationstemperatur überschritten und man verringert nun nicht die Menge des zuströmenden Gases, so wird die Flamme wieder lang, ist anscheinend aber von geringer Kraft, bläulich weiss und fliesst wolken - artig dahin. 1)Dr. William Siemens, Einige wissenschaftlich technische Fragen der Gegenwart. Berlin 1879, S. 75.

Es folgt hieraus aber, dass die Wirkung eines Siemensofens erst zur Geltung gelangen kann, wenn derselbe längere Zeit mindestens einige Stunden im Betriebe gewesen ist, und dass mithin ein der - artiger Ofen für solche Processe ungeeignet sein würde, welche über - haupt nur zeitweise betrieben werden und dann nur kurze Zeit zu ihrer Durchführung bedürfen.

Aus der geschilderten Wirkung der Regeneratoren ergiebt sich, dass, je kleiner dieselben sind, um so öfter umgeschaltet werden muss, wenn nicht erhebliche Temperaturschwankungen eintreten sollen. Ist die mittlere Temperatur, auf welche die Regeneratoren erhitzt werden sollen, gegeben, und weiss man, wie viel der überhaupt entwickelten Wärme in den Regeneratoren aufgenommen wird (aus dem Wirkungs - grade des Ofens annäherungsweise zu ermitteln), so würde sich aus der specifischen Wärme der Ziegeln und der Wärmeleistung des Brenn - stoffes ermitteln lassen, wie gross das Gewicht der erforderlichen Ziegeln für jedes Kilogramm innerhalb zweier Umsteuerungen verbrannter Kohle sein muss. Gruner berechnet auf diese Weise2)Gruner-Kupelwieser, Abhandlungen über Metallurgie, S. 400., dass bei Ver - wendung von Gas aus Steinkohlen, welche eine Wärmeleistung von 8000 W. -E. besitzen, und einer mittleren Temperatur der Regeneratoren120Die Oefen und feuerfesten Materialien.von 575°C., die beiden, zusammen ein Paar bildenden, Regeneratoren für jedes Kilogramm innerhalb zweier Umschaltungen vergaster Kohle 50 kg Ziegeln enthalten müssen; häufig giebt man indess zur grösseren Sicherheit 60 kg und rechnet als Zeitdauer zwischen zwei Umschal - tungen eine Stunde. Siemens giebt, auf Erfahrungssätzen fussend, als Regel eine erforderliche Erhitzungsfläche der Ziegeln von 1.25 bis 1.50 qm für jedes Kilogramm Kohle, was bei dem üblichen Ziegelformat (ca. 240 × 120 × 60 mm) ganz gut mit jener Rechnung übereinstimmt. Nun sind, wie oben erwähnt wurde, die Ziegeln gewöhnlich derartig angeordnet, dass sie die Hälfte des Rauminhaltes der Regeneratoren einnehmen, während die andere Hälfte für die Kanäle bleibt. Bei einem spec. Gewichte der Ziegeln = 1.80 würden also in 1 cbm Raum 900 kg Ziegeln enthalten sein, welche nach Obigem 15 18 kg innerhalb zweier Wechsel zu verbrennender Kohle entsprechen würden; oder es muss umgekehrt der Rauminhalt eines Paares Regeneratoren für jedes Kilo - gramm Kohle 1 / 15 bis 1 / 18 cbm mit 1 / 30 bis 1 / 36 cbm Ziegeln betragen. Bei stünd - licher Umsteuerung würde also für die Construction eines Ofens zu - nächst der zu erwartende stündliche Kohlenverbrauch zu veranschlagen sein; beträgt derselbe k kg, so hätte man jedem Paare Regeneratoren einen Rauminhalt von k / 15 bis k / 18 cbm zu geben.

Das Verhältniss zwischen Höhe und Querschnitt der einzelnen Regeneratoren hängt zum Theil von localen Umständen und der Form des Ofens selbst ab; je grösser indessen der Querschnitt ist, desto weniger gleichförmig werden die Gase innerhalb desselben vertheilt sein. Gewöhnlich giebt man eine Höhe von 1.5 2 m, oder einen Quer - schnitt des Regeneratorenpaares von 0.025 0.030 qm per stündlich ver - brannter Kohle. Ein Kilogramm Kohle liefert ca. 13 kg Gase, welche bei 575°C. einen Rauminhalt von ca. 30 cbm einnehmen; bei dem an - gegebenen Querschnitte beträgt alsdann ihre mittlere Geschwindigkeit in den Kanälen 2000 2400 m per Stunde oder 0.5 0.6 m per Secunde.

Dass der Querschnitt der zur Erhitzung der Luft bestimmten Rege - neratoren etwas reichlicher bemessen werde als der Querschnitt der Gas - regeneratoren, wurde bereits oben erwähnt und durch Gründe gerecht - fertigt.

Ein neu zugestellter Siemensofen muss, ehe er in Betrieb ge - nommen werden kann, zunächst vollständig durch ein auf dem Herde desselben unterhaltenes Koksfeuer, dessen Gase man durch die Rege - neratoren hindurchziehen lässt, ausgetrocknet werden. Damit nicht beim Entzünden der Gase eine Explosion entstehe, ist es erforderlich, zunächst allen freien Sauerstoff aus den Kanälen zu verdrängen. Der Zweck lässt sich erreichen, indem man in einem der Generatoren mit niedriger Schüttung arbeitet, wie bei directer Feuerung, so dass die Verbrennung schon hier erfolgt und die Verbrennungsgase den Ofen anfüllen; nun steigert man die Schütthöhe, so dass brennbares Gas entsteht, welches in den bereits durch ein Feuer erhitzten Ofen eingeführt und hier durch Zuführung von Luft entzündet wird.

Zwischen den Generatoren und dem Ofen ist bei allen Siemens - öfen eine längere Gasleitung eingeschaltet. Dieselbe steigt von den Generatoren an zunächst thurmartig aufwärts, zieht sich dann in Form121Die verschiedenen Ofengattungen.eines weiten Eisenblechrohres wagerecht bis zu den Oefen hin, um hier wieder senkrecht nach den Wechselklappen hin abwärts zu gehen. Werden, wie bei allen grösseren Anlagen, mehrere Oefen von einer gemeinschaftlichen Gasleitung und von gemeinschaftlichen Generatoren aus (wie in Fig. 13 15 abgebildet und auf S. 92 beschrieben wurden) gespeist, so pflegt man die Oefen in einer Reihe neben einander aufzustellen, das wagerechte Rohr parallel zu der Ofenreihe in der Höhe anzuordnen und nun nach jedem Ofen ein senkrechtes Zweig - rohr hinzuführen.

Die beschriebene Einrichtung hat einen doppelten Zweck. Die aus dem Generator kommenden noch heissen Gase steigen infolge ihrer höheren Temperatur in dem senkrechten Rohre empor, werden dann beim Hindurchstreichen durch das weite wagerechte Rohr abgekühlt, verdichten sich dabei und erhalten dadurch das Bestreben, in dem zweiten senkrechten Rohre abwärts sich zu bewegen. Die Abkühlung der Gase ist nothwendig, damit sie überhaupt in die tief liegenden Regeneratoren eintreten, und die Zugwirkung der Esse wird durch diese Einrichtung verstärkt. Bei der stattfindenden Abkühlung aber werden theerige Dämpfe, welche den heissen Gasen beigemengt waren und deren Ablagerung in den Regeneratoren diese verstopfen und unbrauch - bar machen würde, verdichtet und durch geeignete Vorrichtungen in dem Leitungsrohre entfernt. Dass man bei Verwendung wasserreicher Brennstoffe diese Verdichtung noch durch Einschaltung eines Conden - sators verstärkt, wurde schon auf S. 96 besprochen.

Durch diese Abkühlung aber geht ein nicht unbeträchtlicher Theil Wärme verloren, und dieser Verlust wird nur theilweise durch den Umstand ausgeglichen, dass eben infolge des hervorgerufenen stärkeren Luftzuges auch die Gase mit einer niedrigeren Temperatur, als es sonst der Fall sein würde, in die Esse eintreten dürfen und solcherart ihre Wärme in den Regeneratoren vollständiger abgeben können. Die Ein - richtung der Siemensöfen ist, wie sich aus der Beschreibung der - selben ergiebt, ziemlich complicirt, die Anlage - und Reparaturkosten (z. B. für die Reinigung der Regeneratoren bei eintretenden Ver - stopfungen) infolge dessen ziemlich hoch.

Aus diesen Gründen ist man seit Erfindung der Siemensöfen vielfach bemüht gewesen, in einfacherer Weise, aber auf ähnlichen Grundsätzen fussend, das nämliche Ziel, eine günstige Ausnutzung des Brennstoffes zu erreichen. Eine solche Vereinfachung ist möglich, wenn man, wie bei den nachfolgend beschriebenen Ofensystemen, die Gase mit der aus dem Generator mitgenommenen Wärme, also mit einer Temperatur, welche durchschnittlich 350°C. betragen dürfte, nicht selten aber noch höher ist, in den Ofen eintreten lässt und sich darauf be - schränkt, die Verbrennungsluft vorzuwärmen. Da für den letzteren Zweck nur ein Theil der gesammten Abhitze erforderlich ist, so erlangt man bei einer solchen Einrichtung neben der Vereinfachung der An - lage den andern, besonders im Eisenhüttenbetriebe nicht zu unter - schätzenden Vortheil, dass der übrige Theil der Abhitze noch für andere Zwecke, insbesondere auch zur Heizung von Dampfkesseln, verfügbar bleibt.

Damit die Aufgabe, die Gase noch heiss in den Ofen zu führen,122Die Oefen und feuerfesten Materialien.erfüllt werde, muss der Generator in unmittelbarer Nähe des Ofens liegen; und die meisten der hierher gehörigen Ofensysteme unterscheiden sich daher von den Oefen mit directer Feuerung im Wesentlichen nur durch die grössere Schütthöhe auf dem Roste, wodurch der Feuerungs - raum zum Generator wird, und durch die Zuführung der erwärmten Verbrennungsluft oberhalb des Rostes.

Boëtius Feuerung. Dieselbe, aus den sechziger Jahren stam - mend, und ziemlich häufig benutzt, ist in den Abbildungen Fig. 26 und 27 in etwa 1 / 75 der wirklichen Grösse dargestellt. A ist der Generator, 1.8 2 m hoch, 0.9 m breit. Unten ist derselbe durch einen schräg liegenden Rost a a, an der Rückseite durch eine geneigte Wand be -

Fig. 26.

Fig. 27.

grenzt, deren Anordnung eine solche ist, dass zwischen ihrer Ober - kante und der Rückwand des Ofens ein schmaler Spalt zum Einfüllen des Brennmateriales bleibt, welcher durch dieses selbst verschlossen gehalten wird. Oeffnungen b b in dieser Wand in geringer Entfernung über dem Roste dienen dazu, auch hier noch Luft zuzuführen, sowie nöthigenfalls zur Beseitigung von Versetzungen durch zusammengebackte Kohlen oder gesinterte Asche. Ein Theil der Verbrennungsluft wird in einem innerhalb der Feuerbrücke hin - und herführenden, von unten nach oben aufsteigenden Kanale m m erhitzt und strömt dann aus den in der oberen Fläche der Feuerbrücke angebrachten Schlitzen d recht - winklig gegen die über die Feuerbrücke hinziehenden Gase; ein anderer123Die verschiedenen Ofengattungen.Theil steigt in ähnlich angeordneten Kanälen n n innerhalb der Seiten - wände des Generators aufwärts, gelangt von hier aus in die Kanäle c c an der Rückwand und tritt endlich durch mehrere Spalten im Scheitel des Ofens in schräger Richtung abwärts gegen den Gasstrom. Die Erhitzung der Luft geschieht also nicht eigentlich durch die Ab - hitze des Ofens, sondern durch die an die Generatorwände abgegebene Wärme, und die Luft dient hierbei zugleich zur Kühlung der letzteren. Die gesammte Abhitze bleibt für andere Zwecke verfügbar.

Der Boëtiusofen zeichnet sich durch Einfachheit in der Anlage aus. Nicht zu verkennen ist jedoch, dass die Erhitzung der Luft in den Kanälen rings um den Generator herum eine erheblich geringere bleiben muss als in Siemens’schen Regeneratoren; und auch die Gase werden kaum mit jener Temperatur den Generator verlassen können, mit welcher sie in einen Siemensofen eintreten. Wenn daher ein Boëtiusofen an Stelle eines Herdflammofens mit directer Feuerung von Vortheil sein kann, so ist er dennoch nicht im Stande, einen Siemensofen in solchen Fällen zu ersetzen, wo eine sehr hohe Tempe - ratur hervorgerufen werden muss.

Bicheroux’s Feuerung. 1)Von der Firma Bicheroux & Co. in Duisburg gebaut.Ihrer allgemeinen Einrichtung zufolge der Boëtiusfeuerung ähnlich unterscheidet sie sich von dieser zunächst durch die bedeutend grössere Breite des Generators (gewöhnlich 2 2.5 m in der Breitenrichtung des Ofens gemessen), welche die Anhäufung grösserer Brennmaterialmassen im Generator ermöglicht und hierdurch die Gleichmässigkeit der Gasentwickelung befördert. Nicht allein die Rückwand des Generators ist, wie bei dem Boëtiusofen, geneigt, sondern auch die an der Seite der Feuerbrücke den Generator begren - zende Wand neigt sich unter einem Winkel von etwa 60 oder 65 Grad nach aussen, wodurch ebenfalls der Fassungsraum des Generators ver - grössert wird. Wegen der grossen Breite des letzteren ist es nicht immer möglich, ihn unmittelbar an den Ofen zu legen, und man ver - bindet ihn mit demselben in solchen Fällen durch einen sich allmählich verengenden gemauerten Kanal.

Die Verbrennungsluft wird, ebenfalls wie bei dem Boëtiusofen, in Kanälen erwärmt, welche im Gemäuer des Ofens angeordnet sind, deren Anordnung im Einzelnen jedoch nicht immer übereinstimmt; aus der Rückwand des Ofens gelangt schliesslich die Luft durch eine Anzahl horizontal gerichteter, in einer Reihe neben einander angebrachter Schlitze in den Kanal hinter der Feuerbrücke, in welchem die Gase emporsteigen, um sich mit diesen zu mischen und die Verbrennung zu bewirken.

Der Bicherouxofen hat seiner Einfachheit und seiner unläugbar günstigen Ergebnisse halber eine ziemlich ausgedehnte Verwendung gefunden, vornehmlich in Rheinland und Westfalen. Bei Processen jedoch, wo sehr hohe Temperaturgrade erforderlich sind, ist er ebenso wenig als der Boëtiusofen geeignet, die Siemens’sche Feuerung zu ersetzen.

124Die Oefen und feuerfesten Materialien.

Ponsard’s Feuerung. Die Abbildungen Fig. 28 und 29 zeigen die Einrichtung derselben. A ist ein gewöhnlicher Steinkohlengasgene - rator, in der Nähe des zu heizenden Ofens angeordnet, so dass die Gase noch heiss in diesen gelangen. a ist die Füllöffnung, in der schon früher besprochenen Weise durch eine Klappe mit Gegengewicht und einen Deckel mit Wasserverschluss geschlossen; die daneben befindliche Oeffnung in der gewölbten Decke des Generators dient zum Losbrechen von Versetzungen u. s. w. B ist der Herd des Ofens, von welchem aus die Verbrennungsgase durch den Kanal h in den Raum C ge - langen. Dieser dient als Erhitzungsapparat für die zuströmende Ver - brennungsluft, welche hier durch die Abhitze des Ofens erwärmt wird. Man pflegt diesen Ponsard’schen Lufterhitzungsapparat mit dem Namen Recuperator zu bezeichnen. Er wird gebildet durch eine

Fig. 28.

ziemlich grosse Zahl von senkrecht stehenden Kanälen mit vierseitigen Querschnitten und dünnen Scheidewänden. In der einen Hälfte dieser Kanäle strömen die heissen Gase, wie es durch die Pfeile in Fig. 29 angedeutet ist, abwärts, um durch den Kanal g nach dem Dampfkessel beziehentlich der Esse zu entweichen; zwischen diesen Gaskanälen, so dass sie auf allen vier Seiten von denselben umgeben sind, befinden sich nun die Luftkanäle für die aufwärts strebende Luft. Die Luft - kanäle sind natürlich, damit die Luft nicht in die Gaskanäle gerathe, oben und unten geschlossen; die Luft tritt aus dem in Fig. 28 an der rechten Seite des Ofens sichtbaren geräumigen Kanale durch hori - zontale Oeffnungen (welche in Fig. 28 im Längsschnitte gezeichnet, in Fig. 29 als fünf schwarz gehaltene, rechteckige Schlitze gezeichnet sind), in die senkrechten Kanäle ein, steigt empor und gelangt am obern Ende durch eben solche Austrittsöffnungen in den Kanal d und von125Die verschiedenen Ofengattungen.hier nach e, um sich mit den in f aufsteigenden Gasen zu mischen. Die geschilderte Anordnung gewährt eine ausgedehnte Berührungsfläche zwischen der zu erhitzenden Luft und den als Heizmaterial dienenden Verbrennungsgasen; um dieselbe jedoch noch zu vergrössern sowie auch, um die Bewegung von Gas und Luft innerhalb des Recuperators zu erschweren, sind je zwei benachbarte Gaskanäle wie auch zwei benachbarte Luftkanäle durch eingemauerte horizontale Chamotteröhren (Hohlsteine) von rechteckigem Querschnitte mit innerer, der grösseren Haltbarkeit halber angebrachter, Zwischenwand unter einander ver - bunden. Fig. 28 lässt diese horizontalen Verbindungsröhren in der Stirnansicht, Fig. 29 im Längsschnitte erkennen. Indem man die in zwei über einander befindlichen Reihen angeordneten Verbindungsstücke gegen einander versetzt (vergl. Fig. 28), zwingt man Gas und Luft, sich in Windungen zu bewegen, ähnlich wie es in vielen Siemens - regeneratoren durch Ver - setzung der Steine über einander erreicht wird (vergl. oben Fig. 25).

In dem Ponsard - ofen lässt sich, wie aus der gegebenen Beschrei - bung sich leicht erklärt, eine sehr bedeutende Er - hitzung der Verbrennungs - luft erreichen, so dass der - selbe in seiner Wirkung dem Siemensofen kaum nachsteht; er hat vor die - sem den Vortheil voraus, dass die Zugrichtung un - verändert bleibt, ein Um - stand, der allerdings in manchen Fällen die Con - struction wie die Bedie - nung des Ofens erleich - tert; und er ermöglicht eine fernere Verwendung der

Fig. 29.

Abhitze zur Kesselheizung, was bei den Siemensöfen unmög - lich ist.

Dagegen ist die Herstellung wie die Reinigung und Reparatur des Ponsard’schen Lufterhitzers schwierig und kostspielig; trotz der von dem Erfinder angewendeten sorgfältigen Zusammenfügung der Steine ist es jedenfalls unvermeidlich, dass infolge der wechselnden Ausdehnung und Zusammenziehung in den Wänden der Kanäle Risse entstehen, durch welche die Luft, den kürzeren Weg wählend, aus - treten kann, um sich mit den abwärts ziehenden Verbrennungsgasen zu mischen, ohne ihre Bestimmung zu erfüllen.

Dieser Uebelstand ist es hauptsächlich, welcher sich einer aus - gedehnteren Anwendung der übrigens vorzüglichen Ponsardöfen ent - gegen gestellt hat und es erklärlich macht, dass dieselben bislang fast126Die Oefen und feuerfesten Materialien.nur auf französischen Eisenwerken, im Vaterlande des Erfinders, in Benutzung gekommen sind.

A. Pütsch’s Feuerung. Dieselbe, neuer als die zuletzt be - sprochenen Constructionen, ist in Fig. 30 und 31 dargestellt. A ist ein Generator, welcher, entsprechend der Verschiedenheit des zur Ver - wendung kommenden Brennstoffes, verschiedene Abweichungen zeigen kann, in jedem Falle aber in unmittelbarer Nähe des Ofens angeordnet wird. C ist der Herd des Ofens; von diesem gelangen die Gase durch einen Kanal b nach dem Raume D, in welchem neben einander zwei abwärts führende Oeffnungen d1 d2 angeordnet sind. Durch einen von

Fig. 30.

Fig. 31.

aussen beweglichen horizontalen Schieber wird je eine dieser Oeffnungen verschlossen, während die andere geöffnet ist. Diese Oeffnungen stehen in Verbindung mit unter dem Ofen angeordneten geräumigen, voll - ständig von einander geschiedenen Kanälen E1 E2 (die in Fig. 31 theil - weise sichtbare Scheidewand zwischen beiden Kanälen verläuft bis zur Stirnwand des Ofens zwischen den Oeffnungen d1 und d2 hindurch). In jedem dieser Kanäle ist durch eingesetzte Steine ein Wärmespeicher, ähnlich den Siemens’schen Regeneratoren angeordnet; und durch Stellung der erwähnten Schieber sowie der Wechselklappe F bewirkt man, dass die Gase abwechselnd den einen und den andern dieser Wärmespeicher heizen.

127Die verschiedenen Ofengattungen.

Die Verbrennungsluft wird zunächst durch die Oeffnung f (Fig. 31) angesaugt, tritt dann je nach der Stellung der Wechselklappe F in den Horizontalkanal e1 oder e2, erhitzt sich in dem zuvor geheizten Wärme - speicher E1 oder E2 und gelangt durch eine der beiden Oeffnungen g1 und g2, von denen die zweite wiederum durch einen Schieber ver - schlossen gehalten wird, in den Raum G, um von hier unter dem Herde des Ofens hin durch den Kanal a nach B zu strömen, wo sie sich mit dem aus A kommenden Gase vereinigt. So findet, wie bei den Sie - mensöfen, durch Umsteuerung der Schieber und Wechselklappe F eine abwechselnde Erhitzung der Wärmespeicher durch die abziehenden Gase und der zutretenden Luft durch die aufgespeicherte Wärme statt; aber die Zahl der Wärmespeicher (Regeneratoren) ist hier gegenüber den Siemens’schen Oefen auf die Hälfte verringert, wodurch die Con - struction einfacher und billiger wird; die Flammenrichtung bleibt unver - ändert, und die von den Gasen aus dem Generator mitgebrachte Wärme wird ausgenutzt.

Bei Anwendung des Ofens für solche Zwecke, welche eine hohe Temperatur erheischen, dürfte eine geänderte Führung der heissen, aus den Wärmespeichern kommenden, Luft erforderlich sein. Derartige Oefen erfordern eine Kühlung des Herdes von unten durch hindurchstreichende kalte Luft, damit derselbe vor raschem Wegschmelzen geschützt sei (vergl. u. a. den in Fig. 19 24 abgebildeten Ofen); bei dem Pütsch - ofen in der abgebildeten Anordnung wird der Herd nicht nur nicht gekühlt, sondern durch die erhitzte Luft noch obenein von unten erwärmt.

Herdflammöfen mit beweglichem Herde.

Wenn auf dem Herde eines Flammofens chemische Einwirkungen hervorgebracht werden sollen, sei es, dass verschiedene feste oder flüssige Körper dort gemischt sind und auf einander wirken sollen, sei es, dass durch die vorüberziehenden Gase oxydirende oder reducirende Einflüsse geübt werden sollen, so wird man bei den Oefen der bisher besprochenen Art mit fest stehendem Herde meistens genöthigt sein, durch Rühren, Umschaufeln oder dergleichen eine stetig erneuerte Be - rührung der auf einander wirkenden Körper herbeizuführen. Diese Arbeit wird entbehrlich, wenn man den Herd selbst durch eine mecha - nische Vorrichtung in eine solche Bewegung versetzt, dass auch die auf demselben angehäuften Körper in Bewegung gerathen, sich mischen, ihre Oberfläche erneuern. Für die Lösung dieser Aufgabe sind die Herdflammöfen mit beweglichem (drehbarem oder schwingendem) Herde bestimmt. Die Oefen mit drehbarem Herde pflegen Drehöfen, die - jenigen mit schwingendem Herde Schaukelöfen genannt zu werden.

Der Form des Herdes gemäss lassen sich hierbei zwei Haupt - gruppen unterscheiden.

a) Cylinderöfen oder Eiöfen. Der Herd hat cylinderähnliche (gewöhnlich tonnenartige) oder auch eiförmige Gestalt. Die Bewegung erfolgt fast immer durch Drehung um die Achse des Herdes, welche horizontal oder geneigt sein kann. Die meisten der hierher gehörigen Oefen dienen ganz besonderen Zwecken und werden deshalb bei128Die Oefen und feuerfesten Materialien.Besprechung des betreffenden Processes ausführlichere Erörterung finden.

b) Telleröfen. Der Herd ist tellerartig geformt und dreht sich entweder um seine Achse, die in diesem Falle eine schwache Neigung gegen die Vertikale zu haben pflegt, oder schwingt in horizontalen Zapfen. Ein Ofen der ersteren Art, von Pernot construirt und für verschiedene Zwecke verwendet, ist in Fig. 32 und 33 abgebildet. l ist der Herd, aus starkem Eisenblech construirt und mit einem geeigneten feuerfesten Material ausgefuttert. In der Mitte desselben sitzt die Achse

Fig. 32.

d, in einer Nabe h der starken Eisenplatte e drehbar. Zur Unter - stützung des Herdes dienen ausserdem die Rollen c c, welche auf einer entsprechend geformten Bahn der Platte e laufen. An dem äusseren Umfange des Gussstückes a, auf welchem der Herd befestigt ist, befindet sich der Zahnkranz b, im Eingriffe mit einer Schraube k, welche von aussen her vermittelst einer Transmission gedreht wird und die Drehung auf den Zahnkranz und somit auf den Herd selbst überträgt. Die Platte e wird von Rädern f f getragen, welche es ermöglichen, den ganzen Herd nebst Zubehör wie einen Wagen aus dem Ofen seitlich heraus zu schieben, wenn Reparaturen vorgenommen werden sollen und in ähnlichen Fällen. Damit aber während des Betriebes ein dichter Anschluss des Herdes an den feststehenden Theil des Ofens erzielt werde, ohne dass jene Bewegung des Wagens erschwert werde, ruht die Platte e nicht unmittelbar auf den Rädern, sondern auf Hebeln mit Gegengewichten, wie in Fig. 33 erkennbar, welche den Herd empor - drücken und solcherart den dichten Anschluss herstellen, sobald der Wagen an Ort und Stelle ist, sich aber unschwer anheben lassen, wenn der Herd herausgefahren werden soll. i sind die Schienen, auf welchen129Die verschiedenen Ofengattungen.der Wagen läuft, m ist die Feuerung des Ofens, die beliebig als directe oder Gas-Feuerung eingerichtet sein kann, o der Fuchs.

Die geneigte Stellung der Herdachse bewirkt, dass, wenn flüssige Körper sich auf dem Herde befinden, sie sich an der tiefsten Stelle desselben sammeln, statt auf der ganzen Herdfläche ausgebreitet oder vermöge der Centrifugalkraft während der Drehung nach dem Rande hin getrieben zu werden. Hierdurch wird einestheils die gleichmässige Mischung verschiedenartiger Körper befördert, anderntheils auch der Herd selbst, da er an der höchsten Stelle unbedeckt ist, während der

Fig. 33.

Drehung nach und nach vollständig der unmittelbaren Einwirkung der Flamme preisgegeben und hierdurch stark erhitzt.

Der ersparten menschlichen Arbeit bei Benutzung von Drehöfen steht der erforderliche Aufwand an mechanischer Arbeit, sowie die grössere Kostspieligkeit der Anlage gegenüber. Ausserdem ist die An - wendung jener Oefen naturgemäss auf solche Fälle beschränkt, wo Mischungen herbeigeführt oder die Oberfläche eines flüssigen Körpers stetig erneuert werden soll. Es erklärt sich hieraus, dass die Drehöfen in weit selteneren Fällen als Oefen mit feststehendem Herde zur An - wendung gelangen.

Wirkungsgrad der Flammöfen.

Bei den mannigfachen Formen des Flammofens ist sein Wirkungs - grad ein sehr verschiedener. Er wird günstiger sein, wenn, wie bei den Siemensöfen und Ponsardöfen, ein Theil der Abhitze wiederLedebur, Handbuch. 9130Die Oefen und feuerfesten Materialien.in den Ofen zurückgeführt wird als wenn, wie bei den Oefen mit directer Feuerung, dieselbe für den eigentlichen Ofenprocess verloren geht; er wird ferner günstiger sein, wenn der zu erhitzende Körper auf eine grosse Fläche ausgebreitet als wenn er in einem kleinen Raume zusammengedrängt oder gar in einen Tiegel eingeschlossen ist.

Auch die am günstigsten arbeitenden Flammöfen besitzen indessen einen nicht unerheblich niedrigeren Wirkungsgrad als direct wirkende Schachtöfen mit entgegengesetzter Bewegungsrichtung der wärmeab - gebenden und zu erhitzenden Körper. Der Grund hierfür liegt theils in dem Umstande, dass die Aussenfläche der Flammöfen im Verhält - nisse zu ihrem nutzbaren Rauminhalte d. h. zu der Menge der in ge - wissen Zeiträumen zu verarbeitenden Körper, beträchtlich ist, haupt - sächlich aber in dem Wegfalle jener für den direct wirkenden Schacht - ofen so charakteristischen Bewegung der zu erhitzenden Körper dem heissen Gasstrome entgegen, welche eine allmähliche Erhitzung durch die Abhitze und dadurch eine sehr günstige Ausnutzung der Wärme ermöglicht.

Bei Herdflammöfen mit directer Feuerung und directer Erhitzung pflegt der Wirkungsgrad 0.08 0.10 zu betragen; bei Gasfeuerung mit Zurückführung der Abhitze durch die Verbrennungsluft beziehentlich durch die Gase (Siemens’sche, Ponsard’sche Oefen) steigt derselbe auf 0.14 0.18; bei Anwendung von Tiegeln sinkt er selbst in Sie - mensöfen auf 0.03 0.04, und wenn directe Feuerung dabei an - gewendet wird, auf 0.02.

3. Einbau der Oefen.

In dem Vorstehenden war nur von dem Profile und der Verwendung des innern Raumes der Oefen, welcher zur Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe bestimmt ist, sowie von den Beziehungen zwischen der Form dieses Raumes und seiner Bestimmung die Rede. Dieser innere Raum nun ist naturgemäss von einem Ofenkörper eingeschlossen, welcher vollständig oder zum grössten Theile aus Mauerwerk zu bestehen pflegt, und dessen Herstellung (Einbau des Ofens) alle Aufmerksamkeit des Praktikers erfordert, wenn der Ofen seine Bestimmung erfüllen soll. Denn jener Ofenkörper, der ja erst den eigentlichen Ofen bildet, muss widerstandsfähig genug sein, um nicht durch die auf ihn wirkenden, oft recht beträchtlichen physikalischen und chemischen Einflüsse (Aus - dehnung durch die Wärme und Zusammenziehung beim Erkalten, Weg - schmelzen u. v. a.) zerstört oder unbrauchbar gemacht zu werden; er darf aber auch, wenn er als zweckmässig bezeichnet werden soll, in seiner ganzen Einrichtung nicht zu schwerfällig und kostspielig sein und soll andererseits auch nicht Veranlassung zu vermeidlichen, dem Zwecke des Ofens nachtheiligen Wärmeverlusten geben.

Je höher die in einem Ofen entwickelte Temperatur ist, desto leichter sind natürlich alle dieser Temperatur ausgesetzten Theile des Ofens dem Wegschmelzen unterworfen. Man verwendet daher zur Her - stellung des Ofens oder wenigstens des Ofeninnern in allen den Fällen, wo dunkle Rothgluth überschritten wird, sogenannte feuerfeste Mate - rialien, von deren Beschaffenheit unten ausführlicher die Rede sein131Einbau der Oefen.wird. Da es aber keinen Körper giebt, welcher in den hohen Tempe - raturen, und unter den chemischen Einflüssen, welche in den Oefen des Eisenhüttengewerbes vielfach sich geltend machen, durchaus feuer - fest, unschmelzbar wäre, so kühlt man vielfach künstlich die der Er - hitzung vorzugsweise ausgesetzten Stellen, sei es durch äussere Beriese - lung mit Wasser, sei es, indem man in die Ofenwand entsprechend geformte Hohlstücke aus Gusseisen, Bronze, Schmiedeeisen einlegt, durch welche ununterbrochen kaltes Wasser hindurchfliesst. Letztere Methode ist jedenfalls die vorzüglichere und ist gefahrlos, sobald man Sorge trägt, dass das betreffende Kühlstück vollständig mit Wasser gefüllt bleibt (indem man das von einem höher gelegenen Behälter kommende Wasser an der tiefsten Stelle ein - und an der höchsten austreten lässt) und das Wasser ununterbrochen zu - und abfliesst, so dass seine Temperatur nicht über 40 50°C. steigt. Unläugbar ist mit einer solchen Kühlung ein Wärmeverlust verknüpft, dessen Höhe sich ohne Schwierigkeit aus der Temperaturzunahme und Menge des ver - brauchten Kühlwassers berechnen lässt; dieser Nachtheil ist aber ver - schwindend klein gegen die durch die Kühlung erreichte grössere Halt - barkeit vieler Oefen, und zahlreiche Erfahrungen beweisen, dass auch eine sehr weit getriebene Kühlung eines Ofens selten im Stande ist, eine merkliche Beeinträchtigung der Wärmeausnutzung (des Wirkungs - grades des Ofens) herbeizuführen.

Statt des Wassers bedient man sich auch wohl der Luft als Küh - lungsmittel, wenn eine weniger starke Kühlung erforderlich ist, und benutzt nicht selten die hierbei erhitzte Luft später als Verbrennungs - luft bei der Heizung des Ofens. In dieser Weise kühlt man häufig den Herdboden und die Seitenwände von Herdflammöfen, die Wände der Gasgeneratoren. Da die Luft jedoch 770 mal leichter als das Wasser und ihre specifische Wärme nur = 0.237 ist, so ist die kühlende Wirkung des gleichen Volumens Luft auch ganz bedeutend geringer als die des Wassers, und ein sehr rascher Luftwechsel ist nöthig, wenn überhaupt eine Wirkung erreicht werden soll.

Von Wichtigkeit ist die Bemessung der richtigen Wandstärke eines Ofens. Es kommen hierbei vornehmlich zwei Gesichtspunkte in Betracht: erstens die Standfestigkeit und Haltbarkeit des Ofens und zweitens die durch Wärmetransmission hervorgerufenen Wärmeverluste bei zu dünnen Wänden.

Bis vor nicht allzu langer Zeit legte man auf den zuletzt genannten Gesichtspunkt den grösseren Werth und gab deshalb Oefen, in denen beträchtliche Wärmemengen entwickelt werden und eine hohe Tempe - ratur herrschen soll, weit stärkere Wände als lediglich für ihre Halt - barkeit nothwendig gewesen sein würde. Dadurch wurde der Ofen oft ausserordentlich schwerfällig und kostspielig; und die Haltbarkeit des Ofens wurde oft geringer als bei weniger starken Wänden. Um diese Thatsache zu verstehen, möge man sich einestheils vergegenwär - tigen, dass eine dicke Mauer, wenn sie einseitig erhitzt und abgekühlt wird, leichter Risse bekommt als eine dünnere, welche gleichmässiger erwärmt wird und leichter der stattfindenden Ausdehnung und Zusam - menziehung nachgiebt; anderntheils, dass Ofentheile, die von dicken, schlecht wärmeleitenden Wänden umgeben und einer hohen Temperatur9*132Die Oefen und feuerfesten Materialien.ausgesetzt sind, auch selbst stärker hierbei erhitzt werden und daher dem Wegschmelzen weit eher unterworfen sind, als wenn die Wände dünner sind und dabei unter dem Einflusse der umgebenden Luft auch kühler als jene gehalten werden.

Ausserdem lehrte nun aber allmählich die Praxis, dass jene Ein - flüsse auf die Ersparung an Wärme im Ofen, die man früher von der Anwendung dicker Wände als selbstverständlich erwartete, bei weitem nicht so bedeutend sind, als man allerdings im ersten Augenblicke anzunehmen versucht ist; ja es zeigte sich nicht selten, dass ein Ofen mit dünneren Wänden zur Durchführung desselben Processes nicht mehr Brennstoff erforderte als ein anderer mit dicken Wänden.

Es lassen sich verschiedene Ursachen für diese Erscheinung an - führen.

In einem Ofen mit rascher Verbrennung, in welchem also die erzeugten Gase mit grosser Geschwindigkeit sich fortbewegen, wie es thatsächlich bei den meisten Oefen für metallurgische Zwecke der Fall ist, bildet die durch die Wände des Ofens hindurch verloren gehende Wärme, auch wenn sie an und für sich nicht unbedeutend sein sollte, doch immerhin einen nur geringen Theil der überhaupt entwickelten und von den Gasen mitgenommenen Wärme; eine Vermehrung oder Verminderung der ersteren beeinflusst die gesammte Wärmeausnutzung im Ofen daher auch nur in unbedeutendem Maasse. Bei einem Schacht - ofen mit senkrechter Achse kommt noch ein anderer Umstand hinzu. Man kann sich denselben angefüllt denken mit einer sich aufwärts bewegenden und stetig sich erneuernden Gassäule und einer sich abwärts bewegenden Säule aus Stücken fester Körper (Brennstoffe, Erze u. s. w.), welche von jener Gassäule durchdrungen wird. Beide sind schlechte Wärmeleiter, die Gase an und für sich, die Säule der festen Körper, weil sie aus einzelnen sich nur unvollkommen berührenden Stücken besteht, zwischen denen wieder Gase sich befinden. Die Abkühlung von den Wänden des Ofens her würde daher, auch wenn jene Körper nicht in Bewegung wären, nur sehr allmählich auf die im Inneren be - findlichen Theile des Ofeninhalts einwirken können; jene stetige Erneue - rung der sich bewegenden Schichten aber bringt es mit sich, dass diese Abkühlung nur in einer sehr geringen Entfernung von den Wänden noch bemerkbar bleibt, den bei weitem grössten Theil des Ofenquer - schnittes aber unbeeinflusst lässt. Es entsteht gewissermaassen an den Wänden eine schmale ringförmige Uebergangszone, innerhalb welcher die Temperatur sehr rasch von aussen nach innen steigt. So erklärt es sich unschwer, dass man thatsächlich im Stande ist, in einem voll - ständig aus Eisenblech ohne irgend einen Einsatz aus schlechteren Wärmeleitern (feuerfesten Steinen) hergestellten Ofen, welcher ringsum von Wasser gekühlt ist, Eisen zu schmelzen und auf Weissgluth zu erhitzen, ohne dass der Brennstoffverbrauch übermässig gross wäre und ohne dass der Eisenblechmantel Schaden leidet. 1)Berg - und hüttenm. Ztg. 1878, S. 149.

Gestützt auf derartige Erfahrungen nimmt man mit vollem Rechte bei neueren Ofenconstructionen nicht die Verhinderung der Wärme -133Einbau der Oefen.transmission, sondern die Haltbarkeit des Ofens als Ausgangspunkt für die Bemessung der Wandstärken und erhält dabei erheblich leichtere, billigere Oefen als in früherer Zeit. Nur bei Oefen mit langsamer Verbrennung in grossen Räumen und ununterbrochenem Betriebe, in denen also das Verhältniss der durch die Wände hindurchgehenden Wärme zu der überhaupt entwickelten bedeutender ist als gewöhnlich, würden dickere Wände, als gerade für die Haltbarkeit nothwendig ist, von Vortheil sein können (Trockenöfen der Eisengiessereien).

Da, wie oben erwähnt wurde, der innere Theil der Oefen aus feuer - festem Materiale hergestellt wird, dieses aber erheblich kostspieliger zu sein pflegt als gewöhnliches Ziegel - oder Bruchsteinmauerwerk, so bildet man wohl, wenn aus besonderen Gründen dicke Wände nöthig sind, dieselben aus zwei Schichten, einer innern aus feuerfestem Material, das Futter oder bei Schachtöfen der Kernschacht genannt, und einer äussern aus gewöhnlichem Mauerwerke, welche das Rauhgemäuer heisst. Um der grösseren Ausdehnung des stärker erhitzten Futters Rechnung zu tragen, werden beide Schichten ohne Verband unter ein - ander aufgeführt; nicht selten lässt man, wo es ohne Beeinträchtigung der Haltbarkeit des Ofens geschehen kann, zwischen ihnen einen Zwi - schenraum von einem oder mehreren Centimetern Breite, der entweder nur mit Luft gefüllt bleibt oder auch wohl mit Asche, Schlackenstück - chen oder anderen schlechten Wärmeleitern ausgefüllt wird (Füllung).

Bei dem Aufbaue eines aus Rauhgemäuer und Futter bestehenden Ofens wird zunächst das erstere fertig gestellt und dann das Futter eingesetzt.

Um den nachtheiligen Einflüssen der Ausdehnung und Zusammen - ziehung des Ofengemäuers bei wechselnder Temperatur entgegen zu wirken, pflegt man die Oefen mit einer eisernen Rüstung zu ver - sehen, welche der äussern Form des Ofens entsprechend verschieden eingerichtet ist. Für Schachtöfen mit kreisförmigen Querschnitten be - nutzt man nicht selten einen aus Eisenblech zusammengenieteten Mantel; oder man begnügt sich mit ringförmigen, um den Ofen herum gelegten, Ankern. Herdflammöfen pflegt man mit senkrecht stehenden, guss - eisernen Platten an den Seitenwänden einzufassen, welche durch schmiede - eiserne, oberhalb und unterhalb des Gemäuers hindurchgehende Quer - anker zusammen gehalten werden und zugleich für den Schub der gewölbten Decke den nöthigen Widerstand bilden. Wegen der leichteren Anbringung dieser Platten pflegt man den Herdflammöfen äusserlich einen rechtwinkligen Grundriss zu geben.

Da jede Fuge, jeder Riss in dem Ofenfutter den im Innern herr - schenden zerstörenden Einflüssen eine vergrösserte Oberfläche, einen neuen Angriffspunkt darbietet, so muss man der Herstellung dieses Futters eine um so grössere Aufmerksamkeit widmen, je kräftiger jene Einflüsse sind, je höher insbesondere die herrschende Ofentemperatur ist. Das Einsetzen jenes Futters heisst das Zustellen des Ofens. Es giebt hierfür zwei verschiedene Methoden.

Bei der einen Methode wird die als Material für die Zustellung bestimmte Substanz im angefeuchteten, plastischen Zustande mit Hilfe von Schablonen und Modellen erst innerhalb des Ofens selbst in die134Die Oefen und feuerfesten Materialien.erforderliche Form gebracht, mit eisernen Stampfern festgestampft, dann allmählich getrocknet. 1)Die Ausführung des Verfahrens im besondern wird bei der Besprechung der einzelnen Processe der Eisendarstellung mehrfach erwähnt werden.Es ist also erforderlich, Körper zu verwenden, welche jene hierfür erforderliche Eigenschaft der Bildsamkeit besitzen (sogenannte Masse, daher Massezustellung); der Hauptvortheil dieses Verfahrens liegt in der Vermeidung aller Fugen. Das nöthig werdende Trocknen aber erfordert eine ziemlich lange Zeit, während welcher der Ofen ausser Benutzung bleiben muss, und wenn es nicht mit der nöthigen Sorgfalt geschieht, entstehen Risse, die unter Umständen ge - fährlicher sein können als Fugen einer gemauerten Zustellung. Die ganze Arbeit erfordert grosse Umsicht und Erfahrung.

Bei der zweiten, durchschnittlich weit häufiger angewendeten, Methode werden Steine, natürlich vorkommende oder künstlich dar - gestellte, zur Herstellung des Futters durch Aufmauerung in Verband benutzt. Wo das Ofenprofil gekrümmte Linien zeigt, müssen diese Steine der betreffenden Form entsprechend gestaltet sein (Façonsteine), damit ein guter Verband und dichter Anschluss erzielt werde.

Aber auch wenn die Steine im Grossen und Ganzen derartig vor - gearbeitet sind, dass sie dieser Bedingung entsprechen, schliessen sie doch niemals so dicht zusammen, dass nicht beim Einlegen selbst ein Nacharbeiten erforderlich wäre. Man bewirkt dasselbe am vollkommen - sten, indem man Stein an Stein schleift, bis beide genau an einander passen und die Fuge vollständig dicht schliesst.

Als Bindemittel beim Einbauen der Steine benutzt man am geeig - netsten das beim Schleifen derselben entstehende Mehl, welches mit etwas Wasser, unter Umständen unter Zusatz von etwas Thon, zu einem wässerigen Brei angerührt wird. Wollte man nun aber, wie es bei Herstellung von gewöhnlichem Mauerwerk üblich ist, die Steine förm - lich in eine Lage dieses Mörtels einbetten, so würde nicht allein jener durch Schleifen erzielte dichte Anschluss der benachbarten Steine wieder beeinträchtigt werden, sondern die zwischen den Steinen befindliche dicke Lage des Bindemittels würde beim Trocknen und Erhitzen zu - sammenschwinden, Risse bekommen, theilweise herausfallen und eine klaffende Fuge hinterlassen. Das gesammte Mauerwerk würde in Kurzem zerstört sein. Man taucht deshalb den einzulegenden Stein mit den betreffenden Flächen nur eben in die als Bindemittel dienende flüssige Masse, bringt ihn dann an Ort und Stelle und reibt ihn nun so lange hin und her, bis ein genauer Anschluss an die benachbarten, vorher eingelegten Steine erreicht ist. Das Bindemittel (der Mörtel) hat eben nur den Zweck, eine vollständige Ausfüllung der etwa zufällig ge - bliebenen Zwischenräume zu bewirken, und die Festigkeit des Gemäuers muss vorwiegend durch guten Verband erzielt werden.

4. Die feuerfesten Materialien.

Unter feuerfesten Materialien versteht man diejenigen zum Ofenbau benutzten Körper, welche fähig sind, den in den Oefen für technische135Die feuerfesten Materialien.Zwecke entwickelten höheren Temperaturen, sowie den in diesen höheren Temperaturen zur Geltung gelangenden physikalischen und chemischen Vorgängen längere Zeit hindurch zu widerstehen. Diese Vorgänge sind ausser der einfachen Schmelzung die Ausdehnung und Zusammen - ziehung bei wechselnder Temperatur, die Berührung mit anderen hoch - erhitzten Körpern und die dabei gegebene Gelegenheit, mit diesen Ver - bindungen von niedrigerem Schmelzpunkte einzugehen; u. a. m.

Es folgt hieraus, dass der Begriff der Feuerfestigkeit keineswegs ein scharf umgrenzter, sondern vielmehr abhängig ist von der Art des Processes, bei dessen Durchführung die feuerfesten Materialien benutzt werden sollen. Ein Körper, der in dem einen Falle ausreichend haltbar ist, kann in einem andern Falle vollständig unbrauchbar sein, wenn entweder die Temperatur höher ist oder wenn andere chemische Ein - flüsse sich geltend machen. Ein an und für sich fast unschmelzbarer Körper wird nicht selten verhältnissmässig leicht schmelzbar, wenn er in Berührung mit gewissen anderen Körpern beispielsweise Asche von bestimmter Zusammensetzung gebracht wird. Es folgt hier - aus, dass die Wahl des feuerfesten Materials abhängig sein muss von der Art des durchzuführenden Processes, und zwar ebensowohl von der dabei entwickelten Temperatur an und für sich, als von den während des Processes herr - schenden chemischen Einflüssen.

Die feuerfesten Materialien kommen entweder als bestimmte Ge - steine, die nur noch einer äusseren Bearbeitung (Formgebung) bedürfen, um verwendbar zu sein, in der Natur vor, oder sie werden und zwar in weit grösseren Mengen als jene künstlich aus natürlich vorkommenden mineralischen Rohstoffen dargestellt.

Die Grundbestandtheile der meisten feuerfesten Materialien sind folgende:

Kieselsäure (Quarz), an und für sich fast unschmelzbar.

Thonerde, im reinen Zustande auch in den höchsten Temperaturen kaum sinternd und nach Bischof noch schwieriger schmelzbar als Kieselsäure.

Kalkerde und Magnesia. Beide sind an und für sich un - schmelzbar.

Eisenoxyd und Eisenoxyduloxyd. Beide Verbindungen erweichen nur in sehr hoher Temperatur und werden daher mitunter als feuerfeste Materialien benutzt, wo die Eigenthümlichkeit des Pro - cesses, insbesondere der beabsichtigten chemischen Wirkungen, die An - wendung anderer Körper ausschliesst. Eisenoxyd giebt in hoher Tempe - ratur einen, wenn auch geringen, Theil seines Sauerstoffgehaltes ab, ohne jedoch dadurch an Strengflüssigkeit einzubüssen.

Selten oder nie gelangen jedoch diese genannten Grundbestand - theile der feuerfesten Materialien im ganz reinen Zustande zur Ver - wendung. Auch die natürlich vorkommenden, als feuerfestes Material brauchbaren Gesteine enthalten neben einander stets mehrere jener Stoffe in mechanischer Mengung, theilweise auch wohl in chemischer Vereinigung (Thonerde im reinen Zustande z. B. kommt überhaupt nie136Die Oefen und feuerfesten Materialien.vor, sondern stets in chemischer Verbindung mit Kieselsäure als Thon ). Die reinen Körper würden nicht die erforderliche Haltbarkeit besitzen, sie würden reissen, springen, in Pulver zerfallen.

Durch diesen Gehalt an Nebenbestandtheilen kann nun allerdings, indem dadurch die Gelegenheit zur Entstehung chemischer, in niedrigerer Temperatur schmelzender Verbindungen gegeben ist, die Feuerfestigkeit des betreffenden Körpers mehr oder weniger beeinträchtigt werden. Kieselsäure kann sich mit Thonerde, Kalkerde, Magnesia u. s. w. zu schmelzbaren Silikaten vereinigen; Eisenoxyd und Kalkerde liefern ebenfalls, unter gewissen Verhältnissen zusammengebracht, eine schmelz - bare Verbindung; u. s. f.

Die Schmelztemperatur solcher gemengten Körper ist nach der Zusammensetzung des Gemenges verschieden; sie liegt im Allgemeinen um so höher, je mehr der eine der im Gemische befindlichen, an und für sich unschmelzbaren, Körper seiner Menge nach vorwiegt und sinkt, wenn der Gehalt des zweiten Körpers steigt und sich dem des erstern nähert. Die Schmelztemperatur pflegt bedeutend erniedrigt zu werden, wenn neben jenen zwei Körpern ein dritter oder vierter in das Gemenge eintritt.

Ein Gemenge von reinem Quarz mit Eisenoxyd, Kalkerde, Mag - nesia bleibt unschmelzbar, so lange nur einer dieser letzteren Körper zugegen ist, selbst wenn die Menge desselben bis 10 Proc. beträgt; es wird sofort schmelzbar, wenn ein Theil desselben durch Thonerde ersetzt wird. Ein im reinen Zustande fast unschmelzbares Thonerdesilikat wird schmelzbar, wenn Magnesia, Kalk, Eisen, Alkalien u. s. w. hinzu - treten; u. s. f.

Es folgt hieraus, dass, obschon die Anwesenheit zweier verschiedener Körper, eines Haupt - und eines Nebenbestandtheiles, in den feuerfesten Materialien aus den angeführten Gründen gewöhnlich unerlässlich ist, doch die zufällige Anwesenheit dritter Körper, welche mit jenen chemische Verbindungen einzugehen fähig sind, auch bei kleinen Mengen derselben höchst nachtheilig auf die Feuerbeständigkeit einwirkt, und man um so mehr Bedacht nehmen muss, nur solche Materialien zu verwenden, welche möglichst frei von solchen zufälligen Beimengungen sind, einer je höheren Temperatur das betreffende Material ausgesetzt werden soll.

Glücklicherweise wird der nachtheilige Einfluss der gleichzeitigen Anwesenheit zweier oder mehr verschiedenartiger Körper auf die Feuer - beständigkeit eines Materials durch den Umstand etwas abgemindert, dass in sehr vielen Fällen diejenige Temperatur, bei der aus einem Gemenge eine schmelzbare Verbindung entsteht, nicht unerheblich höher liegt als die Schmelztemperatur der bereits fertigen Verbindung. Man wird also in solchen Fällen Gemenge von zwei Körpern Temperaturen ohne Gefahr der Schmelzung aussetzen können, welche sie nicht ertragen würden, wenn sie sich unter den nämlichen Gewichtsverhältnissen bereits in chemi - scher Vereinigung befunden hätten.

137Die feuerfesten Materialien.

A. Feuerfeste Materialien mit Kieselsäure als Grundbestandtheil.

Quadersandstein, aus Quarzkörnchen mit thonigem Bindemittel bestehend, bildet ein geschätztes Zustellungsmaterial für Holzkohlen - hochöfen und andere Zwecke, wo der Stein nicht mit einer allzu basi - schen Schlacke (welche denselben durch Auflösung von Kieselsäure angreifen würde) in Berührung kommt. Zu vermeiden sind Steine mit sogenannten eisenschüssigen, durch ihre braune Farbe kenntlichen Stellen. Beim Einbauen der Steine ist Rücksicht darauf zu nehmen, dass die Lagerungsflächen (Spaltungsflächen) normal gegen das Ofen - innere gerichtet sind, weil sonst leicht ein Abspalten der Stücke beim Erhitzen eintritt.

Puddingstein, abgerundete, nuss - bis faustgrosse Concretionen, oder Gerölle von Feuerstein mit feuerstein - oder hornsteinartigem Bindemittel verkittet. Derselbe kommt vorwiegend in England und Belgien vor und wird dort als feuerfestes Material benutzt.

Kieselschiefer, ein schiefriges, im Wesentlichen aus Quarzkörnern bestehendes Gestein von weissgrauer Farbe. Ein als Ofenbaumaterial besonders geschätztes Vorkommniss desselben wird in der Gegend von Brieg in Schlesien gefunden und mit Vorliebe für den Bau von Herd - flammöfen, insbesondere der Decke derselben, verwendet.

Granit mit ca. 72 Proc. Kieselsäure, 16 Proc. Thonerde, daneben Eisen, Kalkerde, Magnesia und Alkalien enthaltend, ist mitunter, wenn auch selten, als feuerfestes Material benutzt worden.

Ganister, ein bei Sheffield unter den Steinkohlenschichten sowie in der Gegend von Düsseldorf vorkommendes Gestein mit 1 7 Proc. Thonerde und Eisenoxyd, übrigens aus feinen Quarzkörnern bestehend, wird vielfach als Material zum Auskleiden der Bessemerbirnen be - nutzt. Gewöhnlich wird er für diesen Zweck zerkleint, mit wenig Thon als Bindemittel vermengt, mit Wasser angefeuchtet und, wie oben erwähnt, durch Einstampfen verarbeitet.

Dinassteine. Diese aus Quarzkörnern künstlich hergestellten, ausserordentlich werthvollen Steine für alle Zwecke, wo eine sehr hohe Temperatur entwickelt wird, ohne dass chemische Einflüsse, insbesondere die Einwirkung basischer Körper, sich geltend machen können, ver - danken ihren Namen dem Umstande, dass das ursprünglich für ihre Anfertigung benutzte Material von dem Dinasfelsen im Thale von Neath in Glamorganshire stammt. Sie bestehen aus Quarzkörnern der eigentliche Dinasquarz enthält 97 Proc. Kieselsäure , welche durch Mahlen des Quarzfelsens gewonnen, dann mit sehr wenig gebranntem Kalk (ca. 1 Proc.) und Wasser vermischt, zu Steinen geformt und ge - brannt werden.

B. Feuerfeste Materialien mit Thonerde als Grundbestandtheil.

Bauxit. Dieses, vorwiegend in Frankreich1)Der Name stammt von dem Fundorte Baux bei Arles. vorkommende Mineral enthält 50 65 Proc. Thonerde, 35 10 Proc. Eisenoxyd, daneben Kiesel -138Die Oefen und feuerfesten Materialien.säure (bis zu 25 Proc.), mitunter etwas Titansäure und Wasser. Nach dem Brennen, welches zur Austreibung des Wassers erforderlich ist, bildet es ein sehr widerstandsfähiges Material, welches zu einzelnen Zwecken des Eisenhüttenbetriebes, wo sich andere Körper weniger be - währten, benutzt wird. Man formt Ziegel daraus, brennt sie und benutzt sie zur Ausfutterung der Oefen.

Feuerfester Thon, Chamotte und Chamottesteine. Den Haupt - bestandtheil des unter dem Namen Chamotte ausserordentlich häufig und für die mannigfachsten Zwecke angewendeten Materials bildet der in der Natur vorkommende sogenannte feuerfeste Thon, im Wesentlichen bestehend aus einem Silikate der Thonerde mit mechanisch beigemengtem Quarze, daneben aber auch kleinere Mengen Eisenoxyd, alkalische Erden, Alkalien u. s. w. enthaltend. Wie aus Früherem hervorgeht, beeinträchtigt die Anwesenheit dieser fremden Körper die Feuerbestän - digkeit des Thones, und wenn ihr Gehalt eine gewisse Grenze über - schreitet, so verliert derselbe überhaupt die Brauchbarkeit für Her - stellung feuerfester Materialien. In den feuerfesten Thonen übersteigt der Gesammtgehalt an jenen Körpern (excl. des Wassers) selten 6 Proc. und bleibt in den besten Sorten gewöhnlich erheblich hinter dieser Ziffer zurück; in den gewöhnlichen für die Töpferei benutzbaren Thonen pflegt er ganz beträchtlich höher zu sein.

Das reine Thonerdesilikat, dessen Zusammensetzung jedoch inner - halb gewisser Grenzen schwankt, ist in den Temperaturen unserer Oefen unschmelzbar; sein Schmelzpunkt steigt mit dem Thonerdegehalte und die thonerdereichsten Thone sind daher für die Benutzung als feuerfeste Materialien durchschnittlich am werthvollsten. Der dem Thone mecha - nisch beigemengte Quarz vermag, wie sich von selbst versteht, die Feuerfestigkeit des Thones erst dann zu beeinträchtigen, wenn er mit demselben in chemische Vereinigung tritt, d. h. in das Silikat übergeht; diese Bildungstemperatur der Silikate liegt jedoch, wie schon oben angedeutet wurde, höher als ihre Schmelztemperatur und im Allgemeinen um so höher, je grösser die Menge der anwesenden Kieselsäure ist. Es folgt hieraus, dass dem Thone eine ziemlich beträchtliche Menge Quarz mechanisch beigemengt sein kann, ohne erheblich benachtheiligend auf die Feuerfestigkeit desselben einzuwirken.

Nach Analysen von Bischof enthielten z. B.:

Der Thonerdegehalt der meisten feuerfesten Thone schwankt von 25 35 Proc., der Kieselsäuregehalt (incl. des mechanisch beigemengten139Die feuerfesten Materialien.Quarzes) von 45 65 Proc., der Wassergehalt von 10 15 Proc. Es folgt aber aus dem oben Gesagten, dass die Bestimmung des Kiesel - säure - und Thonerdegehaltes allein nicht für die Feuerfestigkeit maass - gebend sein kann, sofern man nicht ermittelt, wie viel Kieselsäure im freien Zustande zugegen und wie viel an Thonerde gebunden ist. 1)Ueber die Ausführung der Untersuchung vergl. Bischof, die feuerfesten Thone. Leipzig 1876, S. 62 ff.

Alle Thone besitzen, wenn sie mit Wasser angefeuchtet sind, eine grosse Bildsamkeit, und die aus ihnen geformten Gegenstände erhärten bekanntlich, wenn sie getrocknet und gebrannt werden. Bei diesem Trocknen und Brennen aber zieht sich der Thon, insbesondere der feuer - feste Thon, während er seinen Wassergehalt entlässt, zusammen, er schwindet, und die Folge davon ist die Entstehung von Rissen.

Gebrannter Thon hat, auch wenn er aufs Neue mit Wasser an - gefeuchtet oder eingeweicht wird, seine Bildsamkeit eingebüsst und schwindet nicht mehr, wenn er abermals gebrannt wird.

Jene Eigenschaft des Schwindens und Reissens beim Trocknen und Brennen würde die Verwendung des Thones zur Herstellung feuer - fester Körper erheblich erschweren; man nimmt sie ihm oder führt sie doch auf ein bedeutend geringeres Maass zurück, indem man ihn mecha - nisch mit anderen Körpern in Körnerform vermengt, welche an und für sich wie in Berührung mit dem Thone unschmelzbar sind und Magerungsmittel genannt werden. 2)Sehr bildsamer Thon heisst fett, wenig bildsamer mager. Da jene Zusätze die Bildsamkeit verringern, heissen sie Magerungsmittel.

Die Wirkung dieser Magerungsmittel ist sehr einfach. Da inner - halb desselben Raumes um so weniger Thonmasse zugegen ist, je mehr Magerungsmittel man zugesetzt hatte, so wird auch die Schwindung entsprechend kleiner ausfallen. Zwischen den eingemengten Körnchen und dem sie umschliessenden Thone aber entsteht bei dem Schwinden des letzteren ein kleiner Zwischenraum; auf diese Weise erhält das Ganze eine gewisse Porosität, durch welche das Entweichen der sich bildenden Wasserdämpfe erleichtert wird, und welche zugleich die Sprödigkeit des gebrannten Thonkörpers abmindert. Derselbe erträgt deshalb auch leichter Temperaturveränderungen ohne zu reissen. Die Menge dieser Zusätze muss sich natürlich nach der Beschaffenheit des benutzten Thones richten und ist durchschnittlich um so grösser, je fetter derselbe ist. Nicht selten kann man mehr als doppelt so viel Magerungsmittel geben als die Menge des rohen Thones beträgt.

Als solche Magerungsmittel benutzt man vorwiegend folgende Körper.

Gebrannten feuerfesten Thon (Chamotte). Da derselbe, wie erwähnt, die Eigenschaft zu schwinden verloren hat, so bildet er ein vorzügliches Magerungsmittel. Derselbe wird entweder für diesen Zweck besonders hergestellt oder, was jedenfalls billiger ist, man zerkleinert die auf den Werken entstehenden Abfälle von schon benutzten feuer - festen Steinen, Tiegeln u. dergl. und benutzt sie für diesen Zweck.

Quarz. Dass derselbe mechanisch dem feuerfesten Thone bei - gemengt werden könne, ohne die Feuerbeständigkeit desselben erheblich zu verringern, wurde schon mehrfach erwähnt. Nicht alle Vorkomm -140Die Oefen und feuerfesten Materialien.nisse des Quarzes aber verhalten sich in dieser Beziehung ganz gleich. Sehr geeignet sind Feuersteine. Um die erforderliche, an und für sich schwierige Zerkleinerung derselben zu erleichtern, brennt man sie in irgend einem geeigneten Apparate (z. B. einem Eisensteinsröstofen) und begiesst sie dann, während sie noch heiss sind, mit Wasser.

Kohlenstoffhaltige Körper: Graphit, Koks - oder Holz - kohlenstückchen und dergleichen. Die Unschmelzbarkeit derselben macht sie zu einem in vielen Fällen sehr geeigneten Magerungsmittel. Am häufigsten wird, insbesondere für Anfertigung von feuerfesten Tiegeln, Graphit benutzt; die eigentlichen Graphittiegel bestehen oft zu zwei Drittel ihres Gewichtes aus Graphit mit einem Drittel Thon, dem unter Umständen auch noch andere Magerungsmittel schon beigemischt sind.

Bei der Auswahl des Graphits muss natürlich Sorge getragen werden, dass derselbe nicht selbst Körper enthalte, welche unter sich oder mit dem Thon leicht schmelzbare Verbindungen bilden: Alkalien, Erden, Eisenoxyd u. s. w.

Berühmt und für Schmelztiegelanfertigung geschätzt sind die Graphite von Passau in Bayern, Ceylon, Sibirien, Krumau in Böhmen.

Einige Graphite werden durch Schlämmen, andere durch Glühen für sich allein oder mit Alkalien und späteres Behandeln mit Säuren von ihren schädlichen Beimengungen befreit. Die Beschaffenheit des Graphits selbst kann nur darüber entscheiden, welcher Weg für die Reinigung der geeignetste sei.

Der mit den Magerungsmitteln versetzte und mit etwas Wasser angefeuchtete feuerfeste Thon wird entweder als sogenannte Masse zum Ausstampfen der Oefen benutzt, wie oben erwähnt wurde, oder man verwendet ihn zur Herstellung feuerfester Steine (Chamottesteine) durch Einschlagen beziehentlich Pressen in Formen. Von der Ge - winnung des Thones an bis zur Erlangung des fertigen feuerfesten Steines reihen sich eine grössere Zahl Arbeiten an einander, welche zum Theil die Anwendung maschineller Hilfsmittel erfordern. Der aus - gegrabene Thon wird zunächst seiner Beschaffenheit nach sortirt, durch Ausklauben grösserer Stücke fremder Körper so viel als thunlich ge - reinigt und dann häufig längere Zeit hindurch, oft Jahre lang, den Einwirkungen der Atmosphärilien ausgesetzt, wobei manche der schäd - lichen Beimengungen in lösliche Salze umgewandelt und durch das Regenwasser ausgelaugt werden. Der Thon wird dann getrocknet, in einem Walzwerke oder Kollergange gemahlen und gesiebt. Hierauf folgt der Zusatz der ebenfalls entsprechend vorbereiteten Magerungsmittel und das Einsumpfen, d. h. der Zusatz von soviel Wasser, dass das Ganze die erforderliche Bildsamkeit erhält, ohne allzu feucht zu sein, und die gleichmässige Mischung. Auch für die letztere Arbeit, das gleichmässige Durcharbeiten des Thones, benutzt man in grösseren Fabriken maschinelle Vorrichtungen (Thonschneider). Die solcherart vor - gerichtete Masse wird nun geformt, sei es durch Einstampfen von Hand, sei es mit Hilfe von Pressen. Hierauf folgt das Trocknen, zu - nächst an der Luft oder in ganz schwach (20 25°C. ) erwärmten Räumen, dann in immer heisseren Räumlichkeiten, schliesslich das Brennen in besonderen Oefen.

141Die feuerfesten Materialien.

C. Feuerfeste Materialien mit Kalkerde oder Magnesia als Grundbestandtheil.

Dieselben werden im rohen Zustande ziemlich selten verwendet. Kalkstein und Dolomit, obschon unschmelzbar, eignen sich doch nicht gut ohne Weiteres zur Benutzung als feuerfeste Materialien, da die bei ihrer Erhitzung stattfindende Kohlensäureentwickelung ein Zer - fallen der Steine herbeiführen würde; Serpentin, Speckstein, Talk - schiefer und ähnliche magnesiareiche Gesteine sind mitunter wohl, doch nicht häufig, als feuerfeste Materialien benutzt. Ihr Wassergehalt und das Entweichen desselben in hoher Temperatur wird immerhin ihre Verwendung für diesen Zweck erschweren.

Eine grosse Wichtigkeit dagegen haben in neuerer Zeit die so - genannten basischen Ziegel oder allgemein basischen feuerfesten Materialien, welche der Hauptsache nach aus Kalkerde und Magnesia oder auch aus Magnesia ohne Kalkerde, mitunter auch aus Kalkerde ohne Magnesia mit geringen Mengen Thonerde und Kieselsäure zu bestehen pflegen, für solche Zwecke erlangt, wo eine grosse Feuer - beständigkeit erforderlich, die Bildung einer kieselsäurereichen Schlacke aber ausgeschlossen ist und ausgeschlossen sein muss (basischer Besse - merprocess oder Thomasprocess; siehe Abtheilung III).

Es sind zahlreiche Vorschläge für die Gewinnung eines geeigneten Rohmaterials zur Herstellung dieser basischen Ziegeln sowie eines ge - eigneten Zusatzes als Bindemittel gemacht worden. Das einfachste und bis jetzt üblichste Verfahren beruht auf der Verarbeitung eines eisen - armen Dolomits, welcher neben ca. 45 Proc. Kohlensäure ca. 30 Proc. Kalkerde, 20 Proc. Magnesia, 1 2 Proc. Kieselsäure und ebenso viel Thonerde, daneben kleine Mengen unwesentlicher Körper zu enthalten pflegt. 1)Z. B. Dolomit, in Ilsede zur Herstellung basischer Ziegeln benutzt enthält:

Der Dolomit wird zur Austreibung der Kohlensäure und des Wassers gebrannt, dann gemahlen, gesiebt und mit gekochtem Theer (auf 8 Volumina Dolomit ca. Volumina Theer) gemischt, um ihn bildsam zu machen (Befeuchten mit Wasser zu diesem Zwecke würde selbstverständlich eine sofortige chemische Vereinigung des letzteren mit dem gebrannten Kalk zur Folge haben und die Benutzbarkeit der Masse aufheben). Dann formt man Steine daraus und brennt sie in Oefen mit hoher Temperatur.

Solche kalkerdereichen Steine nehmen beim längeren Lagern an der Luft Feuchtigkeit und Kohlensäure auf, zerfallen und werden un - brauchbar. Beim Einbauen ist aus demselben Grunde die Berührung mit Wasser sorgfältig zu vermeiden, und man muss sich flüssiger Kohlenwasserstoffe (Theer, Petroleum) statt des Wassers dabei bedienen.

Todtgebrannte Magnesia dagegen ist gegen Wasser und Kohlen - säure weit weniger empfindlich und geht nur ganz allmählich bei stetiger Berührung in chemische Verbindung mit diesen Körpern. Magnesia -142Die Oefen und feuerfesten Materialien.steine ohne erheblichen Kalkgehalt sind deshalb an der Luft weit halt - barer als jene aus Dolomit hergestellten; und in diesem Umstande würde eine triftige Veranlassung zu ihrer Herstellung und Benutzung liegen, wenn nicht die Kosten des dafür brauchbaren Rohmateriales sich erheblich höher als bei Anfertigung von Dolomitsteinen stellten.

Magnesit (in Schlesien, Euböa, Steiermark vorkommend) hat gewöhn - lich den Nachtheil eines nicht unbeträchtlichen Kieselsäuregehaltes. Verschiedentlich hat man deshalb vorgeschlagen, die an und für sich ziemlich werthlosen Chlormagnesiumlaugen der Chlorkaliumfabriken auf Magnesia zu verarbeiten und diese für die Darstellung feuerfester Steine zu benutzen.

P. Clossen behandelt diese Laugen mit gebranntem Dolomit und fällt dadurch ebensowohl die Magnesia der Lauge als diejenige des Dolomits aus: Mg Cl2 + Ca O, Mg O = Ca Cl2 + 2 Mg O. Das gefällte Magnesiumhydroxyd wird in Filterpressen abgepresst, ausgewaschen und gebrannt; die gebrannte wasserfreie Masse mit Wasser angefeuchtet und geformt.

C. Scheibler trägt gebrannten und mit Wasser angerührten Dolomit in eine Melasselösung mit 10 15 Proc. Zucker. Es entsteht hierbei löslicher Zuckerkalk, während Magnesia ausfällt. Aus der Zucker - kalklösung wird der Kalk durch Einleiten von Kohlensäure ausgeschieden, so dass dieselbe aufs Neue brauchbar wird.

Beide Methoden sind auf dem Eisenwerke zu Hörde versuchsweise eingeführt worden, scheinen jedoch bislang eine grössere Ausdehnung nicht gefunden zu haben.

Analysen basischer feuerfester Steine.

1)Stahl und Eisen 1882, S. 120.
1)
2)Stahl und Eisen 1881, S. 99.
2)

D. Feuerfeste Materialien mit Eisenoxyden als Grundbestandtheil.

Als solche dienen natürlich vorkommende Rotheisenerze, theils in ganzen Stücken, theils in Pulverform mit etwas Thon als Bindemittel gemengt; ausgelaugte Schwefelkiesrückstände von der Schwefel - säuredarstellung, aus Eisenoxyd bestehend und wie die Rotheisenerze143Literatur.benutzt; Hammerschlag, beim Schmieden und Walzen glühenden Eisens sich von diesem ablösend, seiner Zusammensetzung nach Eisenoxydul - oxyd mit nicht immer gleichem Sauerstoffgehalte; auch wohl Schlacken von einigen Processen der Eisendarstellung mit reichem Eisenoxydul - oxyd - und geringem Kieselsäuregehalte (Gaarfrischschlacken), in ihrem Verhalten dem Hammerschlag ähnlich.

Literatur.

A. Grössere Werke.

  • Die auf S. 101 genannten Werke von Gruner-Kupelwieser, Dürre und Kerl enthalten sämmtlich Abschnitte über Oefen und zum Theil über feuerfeste Materialien; am ausführlichsten sind die letzteren in der ebenfalls erwähnten Metallurgie von Percy, Bd. I, bearbeitet von Knapp, S. 211 244, beziehent - lich der englischen Ausgabe dieses Werkes, behandelt.
  • A. Ledebur, Die Oefen für metallurgische Processe. Freiberg 1878.

Besondere Werke über feuerfeste Materialien.

  • Carl Bischof, Die feuerfesten Thone mit Berücksichtigung der feuer - festen Materialien überhaupt. Leipzig 1876.
  • Bruno Kerl, Abriss der Thonwaarenindustrie. Zweite stark vermehrte Aufl. Braunschweig 1879 (enthält einen lehrreichen Abschnitt über feuerfeste Thone und andere feuerfeste Körper, deren Gewinnung und Verarbeitung).

B. Einzelne Abhandlungen.

a. Ueber Oefen.

  • P. Havrez, Fours et fourneaux comparés au point de vue de l’économie, du combustible, de la main-d’oeuvre, des frais d’installation et d’entretien. Revue univ. tome XI, p. 383.
  • C. Schinz, Ueber den Nutzeffect und die Construction von Oefen für metallurgische und technische Zwecke. Dingl. Polyt. Journ. Bd. 159, S. 200.
  • L. Gruner, De l’utilisation de la chaleur dans les fourneaux des usines métallurgiques. Annales des mines, série 7, tome 8, p. 175.
  • E. F. Dürre, Ueber die Ausnutzung der Wärme in den Oefen der Hütten - werke. Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 220, S. 247.
  • P. v. Tunner, Der Gasschweissofen mit Gebläseluft, Wärmeregenera - toren und einem Condensator des Herrn Lundin zu Munkfors. Oestr. Jahrbuch, Bd. 16 (1867), S. 273.
  • A. Pütsch, Ueber Gasschweissöfen mit Regeneratoren, besonders über Lundin’s Gasschweissofen. Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 183, S. 368; Berg - und hüttenm. Ztg. 1867, S. 166 u. 317.
  • Resultate des Lundin’schen Schweissofens zu Munkfors. Berg - und hüttenm. Ztg. 1868, S. 179.
  • F. Dagmer, Der Lundin’sche Sägespän-Gasschweissofen zu Prevali. Ztschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Kärnten 1871, Nr. 4; Berg - und hüttenm. Ztg. 1871, S. 311; Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 202, S. 352.
  • E. Zetzsche, Beitrag zur Geschichte der Regeneratoren. Polyt. Centralbl. 1872, S. 1441.
  • Hennecort, Ueber den Siemens’schen Gasregenerativofen. Berg - und hüttenm. Ztg. 1871, S. 403; Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 202, S. 417.
  • R. Åkerman, Ueber Regenerativ-Puddelöfen. Berg - und hüttenm. Ztg. 1874, S. 353.
144Die Oefen und feuerfesten Materialien.
  • L. Gruner, Four Boëtius. Annal. d. min. série 6, t. 16, p. 291; Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 197, S. 498.
  • M. J. Macar, Note sur l’application du système Boëtius au puddlage. Rev. univ. 1877, t. I, p. 202; auszugsweise in Berg - und hüttenm. Ztg. 1877, S. 255.
  • M. L. Taskin, Notice sur le four à gaz du système Bicheroux. Rev. univ. t. 36, p. 138; Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 219, S. 220.
  • M. A. Raze, Note sur l’application du système Bicheroux aux fours à puddler. Rev. univ. 1877, t. I, p. 196.
  • M. Perissé, Note sur le four à gaz avec récupérateur de chaleur, système Ponsard. Rev. univ. t. 39, p. 131.
  • Ponsard’s Gasofen. Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 219, S. 125.
  • The Ponsard furnace. Iron, vol. XII, p. 342 (mit schöner Abbildung des Recu - perators).
  • A. Holley, The Pernot furnace. Transactions of the American Institute of Mining Engineers, vol. VII, p. 241; daraus Ztschr. d. berg - und hüttenm. Ver. f. Steiermark und Kärnten 1879, S. 105.

b. Ueber feuerfeste Materialien.

  • C. Bischof, Praktische Versuche zur Bestimmung der Güte feuerfester Thone. Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 159, S. 54.
  • C. Bischof, Die Feuerbeständigkeit der Thone nach den Resultaten syn - thetischer Versuche, analytischer Untersuchungen und der Er - fahrungen in technischer wie mineralogischer Beziehung. Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 170, S. 43.
  • E. Richters, Ueber die Feuerbeständigkeit der Thone. Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 191, S. 59.
  • C. Bischof, Versuch einer empirischen in Procenten ausgedrückten Werthstellung der feuerfesten Thone. Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 194, S. 420.
  • C. Bischof, Analyse der Normalthone, welche zur Werthstellung der feuerfesten Thone dienen. Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 196, S. 431.
  • C. Bischof, Verfahren zur pyrometrischen Werthbestimmung kiesel - reicher Materialien. Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 196, S. 525.
  • E. Richters, Die Feuerbeständigkeit der Thone betreffend; einige Be - merkungen zu den neuesten Aufsätzen Dr. Bischof’s über denselben Gegenstand. Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 197, S. 268.
  • C. Bischof, Nachtrag, meinen Versuch einer Werthstellung der feuer - festen Thone betreffend. Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 198, S. 407.
  • T. Egleston, Refractory Materials. Engin. and Min. Journ. vol. 22, p. 103; Iron, vol. VIII, p. 297.
  • P. Tunner, Ueber Quarzziegel, ihre Erzeugung und Anwendung. Berg - und hüttenm. Jahrbuch der k. k. Bergakademieen zu Leoben und Přibram, Bd. XV (1866), S. 132.
  • J. Khern, Erfahrungen über die Fabrikation von feuerfesten Quarz - ziegeln. Berg - und hüttenm. Jahrbuch der k. k. Bergakademieen zu Leoben und Přibram, Bd. XV (1866), S. 156.
  • R. Keller, Ueber die Verwendung feuerfester Steine. Wochenschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1877, S. 41.
145Einiges über Schlacken; Begriff und Constitution.
  • J. Massanez, Fortschritte in der Fabrikation von basischen Ziegeln und basischen Ofenausfütterungen. Stahl und Eisen 1881, S. 98.
  • Zeichnungen der Hütte 1870, Taf. 12 (6 Blätter, Fabrikanlage für feuerfeste Steine).
  • F. Lürmann, Verfahren zur Herstellung von feuerfestem Mauerwerk mit Mörtel, welcher an sich bindet. Stahl und Eisen 1882, S. 433.

V. Einiges über Schlacken.

1. Begriff und Constitution.

Schlacken nennt man die beim Schmelzen oder beim Glühen von Metallen erfolgenden, ihrer chemischen Zusammensetzung nach grössten - theils aus oxydirten Körpern bestehenden Nebenerzeugnisse, welche in der Temperatur des erhitzten Metalls flüssig, in gewöhnlicher Tempe - ratur fest sind. 1)Aehnliche Neben - oder Zwischenerzeugnisse, die jedoch in der Eisendar - stellung keine Rolle spielen, sind Steine und Speisen. Erstere bestehen ihrer Zusammensetzung nach grösstentheils aus Schwefelmetallen, letztere aus Arsen - und Antimonmetallen.

Alle bei der Darstellung und Verarbeitung des Eisens gewonnenen Schlacken enthalten Eisen als Oxydul oder Oxyduloxyd; die Menge desselben ist jedoch nach der Art des Processes ob Reductions - oder Oxydationsprocess stattfand eine sehr verschiedene und schwankt von wenigen Zehntel bis nahe an 70 Proc. Einige Eisenschlacken be - stehen in Wirklichkeit aus fast reinem Eisenoxyduloxyd.

Neben dem Eisen finden sich in den Eisenhüttenschlacken natur - gemäss solche Körper, welche bei Reductionsprocessen schwieriger redu - cirbar, bei Oxydationsprocessen leichter oxydirbar als das Eisen sind. Hierher gehören Silicium (als Kieselsäure), Alkalien (selten in grösseren Mengen als 3 Proc.), alkalische Erdmetalle (unter denen sich besonders Calcium und Magnesium in oft beträchtlichen Mengen in den Schlacken finden), Aluminium (Thonerde), Mangan, unter bestimmten Verhältnissen auch Phosphor in bisweilen ansehnlichen Mengen, mit den Metallen und Sauerstoff zu Phosphaten vereinigt. Ausserdem bildet Schwefel in kleineren Mengen (bis zu etwa 3 Proc.) einen selten fehlenden Bestandtheil bestimmter Schlacken, und zwar häufiger in unmittelbarer Vereinigung mit den Metallen (Calcium, Mangan) zu Sulfiden als mit Metallen und Sauerstoff zu Sulfaten. Man vergegenwärtige sich, dass die meisten der letzteren durch hohe Temperatur unter Austreibung der Schwefelsäure zersetzt werden.

Dass neben den schon erwähnten Phosphaten auch mitunter kleine Mengen von Phosphormetallen auftreten können, ist mindestens wahrscheinlich; selten finden sich Chloride und Fluoride, welche in der Schmelztemperatur der Schlacken meistens flüchtig sind oder flüchtige Verbindungen bilden.

Ledebur, Handbuch. 10146Einiges über Schlacken.

Alle jene Bestandtheile der Schlacken, insbesondere die erwähnten Oxyde, aus denen die Schlacke im Wesentlichen besteht, treten in ausserordentlich wechselnden gegenseitigen Gewichtsverhältnissen und ohne jede Rücksicht auf stöchiometrische Verhältnisszahlen neben ein - ander auf. Hieraus folgt zunächst, dass eine Schlacke nicht aus einer einzigen bestimmten chemischen Verbindung (z. B. einem Silikate von bestimmter Formel) zu bestehen braucht, sondern als eine erstarrte Lösung verschiedener chemischer Verbindungen in ein - ander zu betrachten ist. Dass diese Verbindungen der Hauptsache nach Sauerstoffverbindungen der Metalle und Metalloide seien, wurde schon erwähnt.

Diese Theorie hat durchaus nichts Auffälliges, wenn man erwägt, dass zahlreiche andere Körper ein gleiches Verhalten zeigen. Wasser vermag verschiedenartige Körper zu lösen und mit ihnen zu erstarren, ohne dass eine chemische Verbindung nach stöchiometrischen Verhält - nissen dabei einzutreten braucht; Borax und Phosphorsalz dienen be - kanntlich im geschmolzenen Zustande als vortreffliche Lösungsmittel für Oxyde der mannigfachsten Art und erstarren mit denselben zu gleichmässig zusammengesetzten Gläsern , gleichviel, wie gross das gegenseitige Gewichtsverhältniss ist.

Welche chemische Vereinigungen nun aber die einzelnen der in gegenseitiger Lösung sich befindenden Körper (Oxyde) unter einander eingegangen sind, darüber fehlt uns jeder sichere Nachweis, da die Analyse uns nur über die Gewichtsmengen der anwesenden einfachen Körper, beziehentlich ihrer Oxyde, Aufschluss zu geben im Stande ist.

Kieselsäurereichere Schlacken pflegt man als Gemenge verschiedener Silikate zu betrachten, deren jedes einer bestimmten chemischen Formel entspricht; und da die chemische Zusammensetzung der Schlacke nur selten gestattet, die Anwesenheit gleichartiger Silikate (d. h. Silikate mit verschiedenen Basen aber gleichem Silicirungsgrade) anzunehmen, so hat man sich mit der Annahme zu helfen gesucht, dass auch ver - schiedenartige Silikate (mit verschiedenem Silicirungsgrade) sich in ein - ander zu lösen befähigt seien. Die deutliche Krystallisationsfähigkeit vieler Schlacken aber hat die in manchen metallurgischen Schriften aus - gesprochene Schlussfolgerung nahe gelegt, dass krystallisirte Schlacken in allen Fällen als wirkliche chemische Verbindungen der Silikate unter einander zu betrachten seien, und man hat sich vielfach bemüht, für derartige Schlacken auf Grund der gefundenen chemischen Zusammen - setzung chemische Formeln aufzustellen, welche das Verhältniss der verschiedenen in der Schlacke anwesenden Silikate zu einander nach - zuweisen bestimmt sind, eben dadurch aber häufig ein ziemlich ver - wickeltes Ansehen bekommen.

Für den Mineralogen, welcher aus einer derartigen Formel Ueber - einstimmung mit der Formel ebenso krystallisirender Mineralien erkennt und hierdurch mitunter Schlüsse auf die Genesis derselben zu ziehen befähigt wird, sind derartige Berechnungen nicht ohne Interesse; für die Praxis des Eisenhüttenbetriebes besitzen sie keinen eigentlichen Werth.

Manche Bedenken stellen sich jedoch der allgemeinen Anwendung jener Theorie entgegen. Hierher gehört zunächst der Umstand, dass147Begriff und Constitution.auch Lösungen beim Erstarren krystallisiren können, ohne dass ihre Bestandtheile gerade in chemischer Verbindung nach stöchiometrischen Gewichtsverhältnissen zugegen zu sein brauchen. 1)Besonders deutlich zeigt sich dieses Verhalten bei verschiedenen Metallen, welche sich unter sehr mannigfaltigen Gewichtsverhältnissen zu krystallisirbaren Legirungen unter sich wie auch mit Metalloiden vereinigen können ohne Rück - sicht auf ihre Atomgewichte. Antimonzinklegirungen z. B. liefern in fast allen Ge - wichtsverhältnissen schön ausgebildete Krystalle des rhombischen Systems.Ferner gehört hierher die Thatsache, dass nicht nur Kieselsäure sich mit den Basen zu Sili - katen zu vereinigen vermag, sondern dass auch jene Basen selbst Ver - bindungen unter einander eingehen können. Thonerde vereinigt sich mit Magnesia, Kalkerde, Eisenoxyd zu Aluminaten, Kalkerde und Eisen - oxyd schmelzen ebenfalls zusammen. Auch für diese Verbindungen sind keineswegs stöchiometrische Gewichtsverhältnisse erforderlich. In manchen Schlacken endlich hat das Silikat eine nur untergeordnete Bedeutung; an seine Stelle ist ein Phosphat getreten oder die Schlacke besteht auch nur aus Metalloxyden (Eisenoxyden) mit sehr wenig Kieselsäure.

Welche chemischen Verbindungen der Bestandtheile unter einander in der Schlacke wirklich vorhanden sind, wird theils von der Zusam - mensetzung an und für sich, theils auch von der Temperatur abhängig sein, in welcher die Schlacke entstand oder welcher dieselbe nach ihrer Bildung ausgesetzt wurde. In einer Schlacke mit geringem Kiesel - säure -, hohem Thonerde -, Phosphorsäure - u. s. w. Gehalte werden neben den Silikaten Aluminate, Phosphate, auch freie Oxyde vorhanden sein, einfach mit den Silikaten gemischt, in ihnen gelöst; bei hohem Kiesel - säuregehalte dagegen werden jene Verbindungen zerlegt, die Oxyde mit der Kieselsäure zu Silikaten vereinigt werden, sofern die Temperatur ausreichend hoch ist. Aus einem Magnesiaaluminat entsteht ein Mag - nesia-Thonerde-Silikat, gelöste Oxyde gehen in chemische Verbindung, Phosphate werden zerlegt, Phosphorsäure tritt entweder unter Reduction zu Phosphormetall, sofern die Gelegenheit dazu gegeben ist, aus der Schlacke aus oder bleibt im freien Zustande in derselben gelöst.

Wo aber die Grenze des Kieselsäuregehaltes liegt, bei welcher diese Veränderungen in der Constitution der Schlacke vor sich gehen, ist unbekannt. v. Kerpely betrachtet, von praktischen Beobachtungen ausgehend, die sogenannten Singulosilikate von der allgemeinen chemi - schen Formel R2 Si O4 beziehentlich (beim Thonerdesilikat) R2 Si3 O12 (die Benennung der Silikate ist unten ausführlicher erläutert) als Nor - malsilikate und nimmt an, dass die im Ueberschusse vorhandenen Basen in dem einen Falle, wie die im Ueberschusse vorhandene Kiesel - säure im andern Falle, in diesem Normalsilikate gelöst sei. In einer Schlacke, welche ärmer an Kieselsäure ist als jenes Normalsilikat, zu - gleich aber Thonerde neben anderen Basen enthält, würden dann Alu - minate neben dem Silikate vorhanden sein; in einer kieselsäurereicheren Schlacke würde die Thonerde sich in chemischer Vereinigung mit der Kieselsäure befinden; u. s. f. Immerhin aber ist, wenn man diese Theorie als richtig annehmen will, die Einschränkung erforderlich, dass die Temperatur bei der Bildung der Schlacke hoch genug sei, um die10*148Einiges über Schlacken.betreffenden chemischen Vorgänge zu ermöglichen. Es ist nicht unwahr - scheinlich, dass zwei Schlacken von gleicher chemischer Zusammen - setzung doch anders constituirt sein und demnach auch ein anderes Verhalten zeigen können, wenn ihre Entstehungstemperaturen ver - schieden waren; ja, die Annahme ist keineswegs ausgeschlossen, dass in einer und derselben Schlacke bei verschiedenen Temperaturen auch verschiedene Verbindungen vorhanden sind, die bei dem Temperatur - wechsel entstehen und zerfallen; dass also die Schlacke im erkalteten Zustande anders constituirt sein könne als im flüssigen.

Auf die Richtigkeit dieser zuletzt erwähnten Theorie deutet ein Vorgang, der sich auch bei anderen Lösungen häufig beobachten lässt: ein Zerfallen der im erhitzten Zustande gleichartigen Lösung unter vorzeitiger Ausscheidung einzelner Bestandtheile. 1)Bei den Legirungen nennt man dieses Zerfallen der Legirung in mehrere abweichend zusammengesetzte und bei verschiedener Temperatur erstarrende Legi - rungen: Saigern.Manche erstarrte Schlacken lassen auf der Bruchfläche deutlich eingemengte Krystalle von anderer Farbe u. s. w. erkennen; häufiger noch gewahrt man die Anwesenheit solcher vorzeitig auskrystallisirten Bestandtheile mit Hilfe des Mikroskopes, mit welchem man feine Splitterchen der Schlacken oder, besser noch, Dünnschliffe derselben untersucht (vergl. die unter Literatur erwähnte Abhandlung von H. Vogelsang).

2. Eintheilung und Benennung.

Ihrer allgemeinen chemischen Zusammensetzung nach würde man die Schlacken eintheilen können in

Silikatschlacken mit dem ausgeprägten Charakter eines Silikats;

Phosphatschlacken, in welchen die Kieselsäure zum grösseren Theile durch Phosphorsäure ersetzt ist, und

Oxydschlacken, in welchen nur verhältnissmässig unbedeutende Mengen von Kieselsäure oder Phosphorsäure auftreten und Oxyde der Metalle, insbesondere der Schwermetalle (Eisen und Mangan), den Haupt - bestandtheil ausmachen.

Es versteht sich von selbst, dass auch, wenn man diese Eintheilung im Allgemeinen festhalten will, doch zahlreiche Uebergänge von der einen zur andern Gattung zu beobachten sein werden. Ganz reine Phosphat - oder Oxydschlacken kommen in der Praxis überhaupt kaum vor; Silikatschlacken, wenn auch selten ganz rein2)Auch die von Phosphaten und schweren Metalloxyden freien Silikatschlacken (z. B. Hochofenschlacken) enthalten häufig Sulfide in Mengen bis zu einigen Procenten., sind unter allen die häufigsten.

Da nun von dem Kieselsäuregehalte dieser Silikatschlacken wesent - lich ihr chemisches und physikalisches Verhalten bei den verschiedenen Schmelzprocessen abhängt, so ist man von Alters her gewöhnt, sie gemäss diesem Kieselsäuregehalte in verschiedene Silicirungsstufen Classen mit bestimmten Benennungen einzutheilen.

Die Bestimmung des Silicirungsgrades lässt sich am einfachsten bewirken, indem man den Sauerstoffgehalt der bei der Analyse ge -149Eintheilung und Benennung.fundenen Kieselsäure dem Sauerstoffgehalte sämmtlicher Basen gegen - überstellt. 1)Um den neueren Theorien der Chemie bei der Classificirung der Schlacken Rechnung zu tragen, schlug v. Kerpely vor, die sogenannten Werthigkeiten der anwesenden Radikale als Eintheilungsmittel zu benutzen. Das Verhältniss der Werthig - keiten der gefundenen Kieselsäure zu der Summe der Werthigkeiten aller metalli - schen Radikale ergiebt den Silicirungsgrad. Vergl. dessen unter Literatur citirte Abhandlung.Man erhält dann, wenn man mit R O allgemein die in der Schlacke anwesenden Monoxyde (Ca O, Mg O, Fe O, Mn O u. s. w.), mit R2 O3 Thonerde und Eisenoxyd bezeichnet, folgende Formeln und Benennungen:

  • Trisilikat. Der Sauerstoffgehalt der Kieselsäure ist dreifach so gross als der der Basen. Dualistische Formel: 2 R O, 3 Si O2 beziehentlich 2 R2 O3, 9 Si O2. Molekularformel: R2 Si3 O8 beziehentlich R4 Si9 O24.
  • Bisilikat. Der Sauerstoffgehalt der Kieselsäure ist doppelt so gross als der der Basen. Dualistische Formel: R O, Si O2 beziehentlich R2 O3, 3 Si O2. Molekularformel: R Si O3 beziehentlich R2 Si3 O9.
  • Sesquisilikat. Der Sauerstoffgehalt der Kieselsäure ist anderthalbfach so gross als der der Basen. Dualistische Formel: 4 R O, 3 Si O2 beziehentlich 4 R2 O3, 9 Si O2. Molekularformel: R4 Si3 O10 beziehentlich R8 Si9 O30.
  • Singulosilikat. Der Sauerstoffgehalt der Kieselsäure ist gleich dem Sauerstoffgehalte der Basen. Dualistische Formel: 2 R O, Si O2 beziehentlich 2 R2 O3, 3 Si O2. Molekularformel: R2 Si O4 beziehentlich R4 Si3 O12.
  • Subsilikat. Der Sauerstoffgehalt der Kieselsäure ist zweidrittel so gross als derjenige der Basen. Dualistische Formel: 3 R O, Si O2 beziehentlich R2 O3, Si O2. Molekularformel: R3 Si O5 beziehentlich R2 Si O5.
150Einiges über Schlacken.

Kieselsäurereichere Schlacken als Trisilikate kommen in den Eisen - hütten nicht vor; kieselsäureärmere als Subsilikate dagegen (Oxyd - schlacken) sind nicht selten.

Dass die Zusammensetzung einer in der Praxis entstandenen Schlacke genau einer der obigen Formeln nur ausnahmsweise ent - sprechen wird, wurde bereits oben angedeutet; der Silicirungsgrad jeder Schlacke lässt sich jedoch mit einer für die Zwecke der Praxis aus - reichenden Genauigkeit bezeichnen, indem man angiebt, welcher der Formeln die Schlacke ihrer Zusammensetzung nach nahe oder zwischen welchen beiden sie in der Mitte steht.

3. Schmelztemperatur und Flüssigkeitsgrad.

Für die Durchführung der Processe, bei welchen Schlacken ent - stehen, ist die Schmelztemperatur derselben eine Eigenschaft von hoher Wichtigkeit, und nicht selten ist der Fall, dass die Durchführung jenes Processes unmöglich oder doch erheblich erschwert wird, wenn die Schmelztemperatur der betreffenden Schlacke zu hoch oder zu niedrig liegt.

Dennoch kennen wir über das Verhalten der Schlacken in dieser Beziehung wenig mehr als ganz allgemeine Regeln. Dieser Mangel findet eine triftige Entschuldigung in dem Umstande, dass jede Aende - rung in der Zusammensetzung der Schlacken, jedes Hinzutreten eines neuen Körpers auch die Schmelztemperatur ändert; und die Combina - tionen, welche sich aus den verschiedenen schlackenbildenden Körpern in den verschiedenen Gewichtsmengen zusammenstellen lassen, sind zahllos. Ermittelt sind nur die Schmelzpunkte einiger binären, d. h. aus Kieselsäure und einer Base bestehenden Silikate; sobald aber ein dritter Körper hinzutritt, ändert sich auch der Schmelzpunkt.

Untersuchungen über die Schmelztemperaturen der Schlacken, ins - besondere der Silikate, sind von Berthier, Plattner, Percy, Sef - ström, Schinz, Bischof u. A. angestellt worden; und wenn auch die von einzelnen der genannten Forscher gefundenen Zahlenwerthe anfechtbar sind1)So z. B. wurden von Plattner zahlreiche Temperaturbestimmungen aus - geführt, welche zwar Jahrzehnte hindurch als maassgebend angesehen wurden, bei der Unzuverlässigkeit der damaligen Mittel für Messung hoher Temperaturen jedoch nachweisbare erhebliche Irrungen in sich schliessen. Die von Plattner gefundenen Werthe sind später theilweise berichtigt durch Erhard und Schertel; vergl. Literatur., so lassen sie doch immerhin Schlüsse über das Ver - halten der verschiedenen Silikate im Allgemeinen zu, welche nicht ohne Wichtigkeit sind.

Es ergiebt sich aus jenen Arbeiten Folgendes:

1. Die Schmelztemperatur eines bereits gebildeten Silikats liegt häufig oder gewöhnlich tiefer als die Ent - stehungstemperatur desselben. 2)Dieser von Plattner zuerst aufgestellte Lehrsatz ist von Schinz angefoch - ten worden, hat jedoch nach meiner Ueberzeugung, die auf Beobachtungen in der Praxis sich stützt, seine vollständige Richtigkeit. Auch Bischof bestätigt in seinen Arbeiten über feuerfeste Thone die Richtigkeit.Schon bei Besprechung der151Schmelztemperatur und Flüssigkeitsgrad.feuerfesten Materialien wurde von diesem Lehrsatze Anwendung ge - macht zur Erläuterung für den Umstand, dass feuerfeste Thone von scheinbar gleicher chemischer Zusammensetzung doch verschiedene Schmelztemperaturen besitzen können, je nachdem ihre Kieselsäure mechanisch beigemengt oder chemisch gebunden ist.

2. Die Schmelztemperatur der Schlacken liegt durch - schnittlich um so tiefer, je grösser die Zahl der in ihnen vertretenen Körper ist. Auch dieses Lehrsatzes wurde bei Be - sprechung der feuerfesten Materialien bereits erwähnt.

Es folgt hieraus, dass ein Kalkerdesilikat im Allgemeinen leichter schmelzbar wird, wenn Magnesia, Thonerde u. s. w. hinzutreten. Be - sonders kräftig in dieser Beziehung wirken Alkalien, Eisenoxydul, Manganoxydul, Calciumfluorid (Flussspath); d. h. verhältnissmässig kleine Mengen dieser Körper vermögen die Schmelztemperatur einer aus anderen Bestandtheilen zusammengesetzten Schlacke erheblich zu erniedrigen.

Naturgemäss muss, sobald die Menge der neu hinzutretenden Körper sich über ein gewisses Maass hinaus steigert, bei welchem das Minimum der Schmelztemperatur liegt, ein fernerer Zusatz entweder wirkungslos bleiben oder den entgegengesetzten Erfolg eine Steigerung der Schmelztemperatur hervorrufen. Bei den zahllosen zu ermöglichen - den Zusammenstellungen der hier in Betracht kommenden Körper in qualitativer und quantitativer Beziehung ist unsere Kenntniss, wo in einem bestimmten Falle jene Grenze liegt, sehr dürftig.

Beobachtungen in der Praxis lehren, dass die erwähnte Grenze ziemlich rasch erreicht wird, wenn der zu einer Schlacke, insbesondere zu einem Silikate, hinzutretende Körper aus Thonerde besteht; ebenfalls ziemlich rasch, wenn Magnesia hinzutritt. Kleinere Mengen von Thon - erde, Magnesia u. s. w. erniedrigen also die Schmelztemperatur eines Kalkerde - oder andern Silikats; grössere Mengen dieser Körper steigern dieselbe.

Ein thonerdehaltiges Kalkerdesilikat soll nach Bodemann’s An - gabe1)Bodemann, Probirkunst, 2. Aufl., Clausthal 1857, S. 251. am leichtesten schmelzen, wenn es aus 56 Thln. Kieselsäure, 30 Thln. Kalkerde, 14 Thln. Thonerde, also aus einem Bisilikate besteht, dessen Zusammensetzung annähernd der Formel 4 Ca Si O3 + Al2 Si3 O9 entsprechen würde. Berthier fand, dass alle kalk - plus thonerde - haltigen Silikate die niedrigste Schmelztemperatur besitzen, wenn die Menge der anwesenden Thonerde ungefähr ein Drittel von der Menge der Kalkerde beträgt2)Nach Berthier: 1 Aequivalent Thonerde auf 6 Aequivalente Kalkerde; also 336 Gewichtstheile Thonerde auf 103 Gewichtstheile Kalkerde.; dass mit der Zunahme des Kalkerdegehaltes die Schmelztemperatur nur sehr allmählich, mit der Zunahme des Thon - erdegehaltes ziemlich rasch steigt, derartig, dass Silikate mit dem Ver - hältnisse der Thonerde zur Kalkerde wie 2: 3 (1 Aequ. Thonerde: 3 Aequ. Kalkerde) noch schmelzbar, mit dem Verhältnisse 4 Gewichtstheile Thon - erde auf 3 Gewichtstheile Kalkerde (2 Aequ. Thonerde: 3 Aequ. Kalk - erde) fast unschmelzbar seien.

152Einiges über Schlacken.

Wenn auch derartigen Versuchen, wie schon die Abweichung in den von verschiedenen Forschern erlangten Ergebnissen erkennen lässt, eine unbedingte Zuverlässigkeit nicht beizumessen ist, so lassen sie doch erkennen, dass die erwähnten Silikate sowohl bei einem zu hohen als zu niedrigen Thonerdegehalte strengflüssiger sind, als wenn derselbe einen gewissen Bruchtheil des Kalkerdegehaltes etwa ein drittel bis ein halb ausmacht.

Ersetzt man in den erwähnten Silikaten einen Theil der Kalkerde durch eine äquivalente Menge Magnesia, so lässt sich hierdurch die Schmelztemperatur erniedrigen; aber praktischen Beobachtungen zufolge wird die Grenze ziemlich rasch erreicht, wo eine fernere Anreicherung des Magnesia - und Abminderung des Kalkerdegehaltes eine Steigerung statt Erniedrigung der Schmelztemperatur zuwege bringt. Im Uebrigen wird die Silicirungsstufe der Schlacke hierbei nicht ohne Einfluss sein.

3. Die in den Schlacken der Eisenhütten auftretenden einfachen Oxyde (Kieselsäure, Thonerde, Kalkerde, Magne - sia, Eisenoxyde u. s. w.) sind meistens an und für sich un - schmelzbar. Unter den verschiedenen vorkommenden Sili - katen besitzen durchschnittlich diejenigen die niedrigsten Schmelztemperaturen, deren Zusammensetzung annähernd derjenigen eines Bisilikats entspricht oder zwischen Sin - gulo - und Bisilikat steht; mit steigendem Kieselsäure - wie mit steigendem Basengehalte nimmt die Schmelztempe - ratur zu.

Es liegen hierüber folgende Versuchsergebnisse vor:

Unter den Kalkerdesilikaten ist das Bisilikat am leichtesten schmelzbar; mit steigendem Kalkerde - wie mit steigendem Kieselsäure - gehalte steigt auch die Schmelztemperatur. Das Singulo - wie das Tri - silikat schmelzen nur in sehr hoher Temperatur; das Subsilikat ist in unseren Oefen kaum schmelzbar.

Magnesiasilikate sind sämmtlich strengflüssig und ähneln in dieser Beziehung den Thonerdesilikaten, zeigen unter sich aber keine so deutlichen Unterschiede als die Kalkerdesilikate. Nach Berthier’s und Percy’s Versuchen scheint das Trisilikat das am wenigsten streng - flüssige zu sein, Bischof dagegen fand gerade dieses strengflüssiger als die kieselsäureärmeren.

Unter den Kalkerde-Magnesiasilikaten mit gleichen Aequi - valenten Kalkerde und Magnesia (Gewichtsverhältniss der Kalkerde zur Magnesia wie 1.4: 1) ist nach Berthier’s Versuchen das Bisilikat am leichtesten schmelzbar, das Trisilikat sehr strengflüssig.

Thonerdesilikate sind sämmtlich sehr schwierig schmelzbar. Das Verhalten der Thonerde-Kalksilikate wurde bereits oben erwähnt.

Eisenoxydulsilikate schmelzen durchschnittlich in niedrigerer Temperatur als die bisher besprochenen. Das Singulo - und Bisilikat sind am leichtflüssigsten.

Eisenoxydsilikate sind weit strengflüssiger als die Oxydulsilikate. Berthier erhielt weder bei dem Singulo - noch bei dem Bisilikat eine153Dünnflüssigkeit. Structur.Schmelzung. Silikate, in welchen beide Oxydstufen vorkommen, scheinen ihrem Verhalten nach, soweit Beobachtungen in der Praxis eine Schluss - folgerung zulassen, zwischen jenen sich einzureihen und um so streng - flüssiger zu sein, je höher ihr Oxydgehalt ist.

Manganoxydulsilikate schmelzen in verhältnissmässig niedriger Temperatur und verhalten sich ähnlich wie die Eisenoxydulsilikate. Auch das Subsilikat wie das Trisilikat sind ohne Schwierigkeit schmelzbar.

Ein Titansäuregehalt der Schlacken vermag, sofern er einiger - maassen beträchtlich ist, die Strengflüssigkeit der Schlacken erheblich zu erhöhen. Vermuthlich ist der Einfluss stärker in kieselsäure - und thonerdereichen Schlacken als in kalkerdereichen; genauere Unter - suchungen hierüber liegen nicht vor. Der Fall kommt vor bei Ver - hüttung gewisser titansäurehaltiger Roth - und Magneteisenerze.

Eine ihrem Wesen nach mit der Schmelzbarkeit verwandte, doch aber wesentlich andere Eigenschaft ist der Flüssigkeitsgrad oder die Dünnflüssigkeit geschmolzener Körper. Die in niedrigerer Tem - peratur schmelzbaren Körper sind keineswegs immer die dünnflüssigeren. Je allmählicher der Uebergang aus dem festen in den flüssigen Zustand stattfindet, desto weniger dünnflüssig pflegt der geschmolzene Körper zu sein.

Schlacken, welche allmählich erweichen, dabei einen bildsamen Zustand durchlaufend, in welchem sie sich wie erhitztes Glas in Formen drücken und zu langen Fäden ausziehen lassen, nennt man saiger; hierher gehören vornehmlich die kieselsäurereicheren Schlacken (Trisili - kate), zumal, wenn sie zugleich Thonerde und Magnesia enthalten. Ein grosser Magnesiagehalt giebt den kieselsäurereichen Schlacken eine eigen - thümliche klebrige Beschaffenheit.

Schlacken, welche ihren Aggregatzustand plötzlich wechseln und im geschmolzenen Zustande dünn fliessen, heissen frisch. Hierher gehören vornehmlich alle kalkerdereichen Schlacken, auch wenn ihre Schmelztemperatur wegen des geringen Kieselsäuregehaltes hoch liegt; ferner die eisenoxydul - und manganoxydulhaltigen Schlacken; u. a. m. Schon ein Gehalt von wenigen Procenten Eisen - oder Manganoxydul in übrigens saigeren Schlacken steigert beträchtlich deren Dünnflüssigkeit.

4. Structur.

Der Beschaffenheit der Bruchfläche gemäss kann man glasige Schlacken, derbe oder steinige Schlacken und krystallini - sche, beziehentlich krystallisirte Schlacken unterscheiden.

Auf die Entstehung der Structur wirken theils die chemische Zu - sammensetzung theils die Abkühlungsverhältnisse.

Glasige Beschaffenheit erhalten nur die kieselsäurereicheren Schlacken bei nicht allzu verlangsamter Abkühlung. Einen Uebergang zwischen den glasigen zu den steinigen Schlacken, jedoch den ersteren näher stehend, bilden die sogenannten Emailschlacken, schwach durchscheinend, hell gefärbt, mit reicherem Gehalte an Erden.

154Einiges über Schlacken.

Langsame Abkühlung verwandelt eine glasige Schlacke in eine steinige oder krystallinische.

Daher gewahrt man nicht selten auf der Bruchfläche grösserer erstarrter Schlackenklumpen verschiedene Structuren neben einander; äusserlich, wo rasche Abkühlung stattfand, glasige, im Innern krystal - linische.

Schlacken, welche auch bei rascher Abkühlung steinige Beschaffen - heit behalten, pflegen reich an Erden zu sein. Bei grossem Gehalte an Eisenoxyd entsteht eine derbe, dichte, mehr metall - als steinartige Bruchfläche.

Eigentliche, ausgebildete Krystalle entstehen nur bei allmählicher Abkühlung in den Drusenräumen, welche im Innern grösserer Schlacken - stücke sich bilden. Nicht alle Schlacken jedoch krystallisiren mit der - selben Leichtigkeit. Sehr kieselsäurereiche Schlacken z. B. liefern selten ausgebildete Krystalle, ein Umstand, der mit der leichten Entstehung ihrer glasigen Beschaffenheit und ihrem allmählicheren Uebergange aus einem Aggregatzustande in den andern in nahem Zusammenhange steht. Eisenoxydulreiche Schlacken krystallisiren dagegen leicht; schön aus - gebildete Krystalle finden sich auch in manchen zwischen Singulo - und Bisilikat stehenden Schlacken der Erden.

Dass dagegen häufig einzelne Bestandtheile der Schlacken sich im krystallisirten Zustande inmitten der nichtkrystallisirenden Grundmasse beim Erstarren ausscheiden und hier in Dünnschliffen mit Hilfe des Mikroskops deutlich erkennbar sind, wurde schon oben hervorgehoben.

Einzelne stark kalkerdereiche und thonerdearme Schlacken (Sub - silikate) zerfallen beim Erstarren oder bei etwas geringerem Kalk - gehalte einige Zeit nachher zu Pulver und würden demnach ihrer Structur nach als Pulverschlacken zu bezeichnen sein. Die Ursache dieses Verhaltens liegt in der Einwirkung der Feuchtigkeit und der Kohlensäure der atmosphärischen Luft. Wie beim Löschen und späteren Erhärten des gebrannten Kalkes entsteht zunächst Calciumhydroxyd, dann Carbonat. Die stark basische Beschaffenheit der Schlacken wie das starke Bestreben des Calciumoxyds (der Kalkerde), jene Verbindungen einzugehen, erklärt ausreichend diesen Vorgang. Enthält eine solche Schlacke Schwefelcalcium, so wird auch dieses unter dem Einflusse der Atmosphärilien zersetzt; Schwefelwasserstoff entweicht, Calciumsulfat wird gebildet und freier Schwefel ausgeschieden. 1)Man erklärt die Zersetzung folgendermaassen: Zunächst entsteht einestheils Calciumcarbonat neben Schwefelwasserstoff: 〈…〉 ; anderntheils Calciumcarbonat neben unterschwefligsaurem Calcium: 〈…〉 ; das gebildete unterschwefligsaure Calcium verwandelt sich unter Einwirkung des atmosphärischen Sauerstoffes in schwefelsaures Calcium (Calciumsulfat) und freien Schwefel: 〈…〉 ;

Viele saigere Schlacken haben die Eigenschaft, beim Begiessen mit Wasser im flüssigen Zustande sich aufzublähen und vollständig poröse, bimssteinartige Structur anzunehmen (Bimssteinschlacken). 155Farbe.Man benutzt dieses Verhalten wohl zur Darstellung des künstlichen Bimssteins, welcher als Schleifmittel für Holz benutzt wird. Auch hierbei wird vorhandenes Schwefelcalcium zersetzt, und derartige Bims - steinschlacken lassen oft noch nach vielen Jahren einen deutlich wahr - nehmbaren Geruch nach Schwefelwasserstoff erkennen.

Ein Eisenoxydulgehalt der Schlacke von wenigen Procenten hebt diese soeben beschriebene Eigenschaft auf.

5. Farbe.

Ausserordentlich mannigfaltig sind die Färbungen der in den Eisen - hütten dargestellten Schlacken. Zwischen dem fast reinen Porzellan - weiss bis zum Tiefschwarz sind fast alle Farbentöne in Blau, Grün, Violett, Roth u. s. w. vertreten. Selten. kommen rein gelbe Schlacken vor; deutlich rothe Schlacken finden sich mitunter, sind aber ebenfalls selten; am häufigsten sind grünliche und schwarze Schlacken.

Wie die Structur ist die Farbe der Schlacken theils eine Folge der chemischen Zusammensetzung, theils der Abkühlungsverhältnisse. Eine und dieselbe Schlacke kann vollständig verschiedene Färbung erhalten, je nachdem sie rasch abgekühlt wird und dabei glasige Structur erhält oder je nachdem sie bei verzögerter Abkühlung mit krystallinischer Bruchfläche erstarrt. So findet man nicht selten Schlacken mit grüner, glasig erstarrter Rinde und violettgrauem, krystallinischem Kern; oder violetter Kruste und weisslichgrauem Kern, u. s. f.; aber die chemische Zusammensetzung der Rinde ist die nämliche wie die des Kerns. Auch entstandene Krystalle besitzen nicht selten eine wesentlich andere Farbe als die Grundmasse, aus der sie entstanden.

Die Einflüsse, welche die verschiedenen Bestandtheile der Schlacke auf ihre Färbung ausüben, sind nur zum Theil bekannt.

Schlacken, welche frei sind von Eisen - und Manganoxyden, also nur aus Silikaten der Erden bestehen, haben durchgängig helle, weiss - liche Farben.

Ein Eisenoxydulgehalt ertheilt schon in geringen Mengen grün - liche Färbung, welche besonders in Bi - und Trisilikaten deutlich her - vortritt. Steigt der Eisengehalt, so wird die Schlacke schwarz.

Manche Schlacken zeigen auch schon bei geringem Eisenoxydul - gehalte schwarze Färbung; in diesem Falle pflegt Schwefel neben dem Eisen zugegen zu sein, und darf als wahrscheinliche Ursache der Färbung betrachtet werden.

Ein Manganoxydulgehalt neben Eisenoxydul ruft gelblichgrüne Farbentöne (gurkengrün, olivengrün) hervor, sofern kein Schwefel in erheblichen Mengen zugegen ist; sehr manganreiche Schlacken, im flüssigen Zustande der Luft ausgesetzt, laufen äusserlich schwarz an und überziehen sich mit einem irisirenden Häutchen.

Ein mässiger Mangangehalt neben wenig oder gar keinem Eisen - oxydul ruft in kieselsäurereicheren Schlacken bei Anwesenheit von Schwefel, soweit meine eigene Beobachtung reicht, blaue Farben - töne hervor. 1)Dass möglicherweise die schöne blaue Farbe mancher Eisenhüttenschlacken (Hochofenschlacken) auch noch anderen Ursachen entstammen könne, soll nicht be -

156Schlacken. Literatur.

6. Specifisches Gewicht.

Dasselbe bewegt sich gemäss der verschiedenen chemischen Zu - sammensetzung der Schlacken innerhalb ziemlich weiter Grenzen. Am schwersten sind naturgemäss die an schweren Oxyden reichsten Schlacken (Eisenoxydschlacken), deren specifisches Gewicht bis 5.0 steigen kann, während die erdigen Schlacken, besonders die an Kieselsäure reicheren (Trisilikate) oft nur ein specifisches Gewicht von 2.5 3.0 besitzen.

Literatur.

A. Grössere Werke.

  • Percy-Knapp, Metallurgie, S. 22 51, sowie die schon früher erwähnte eng - lische Ausgabe (2. Auflage) von Percy, Metallurgy.
    1)Enthält die von Percy, Berthier, Plattner u. a. erhaltenen Versuchs - ergebnisse in grosser Ausführlichkeit.
    1)
  • B. Kerl, Grundriss der Allgemeinen Hüttenkunde, S. 390 410. Leipzig 1879.
  • K. C. v. Leonhard, Hüttenerzeugnisse und andere auf künstlichem Wege gebildete Mineralien als Stützpunkte geologischer Hypo - thesen. Stuttgart 1858. (Empfehlenswerthe Lectüre zum Studium der Structur, Krystallisation u. s. w.)
  • P. Berthier, Traité des essais par la voie sèche. Paris 1848.

B. Abhandlungen.

  • Sefström, Versuche über die Bildung und Eigenschaften der in den Eisenhochofenschlacken vorkommenden Verbindungen und deren Einfluss bei der Roheisenerzeugung. Erdmann’s Journal für technische und ökonomische Chemie, Bd. X (1831), S. 145; aus Jern-Contorets Annaler Jahrgang 12.
  • P. Berthier, Ueber das Verhalten einiger Mischungen von Erden und anderen Basen im Feuer, besonders über die künstliche Darstel - lung einiger Silikate und Aluminate. Erdmann’s Journal für praktische Chemie Bd. IV, S. 457; Bd. V, S. 273.
  • C. Fr. Plattner, Ueber die Bestimmung der Schmelzpunkte mehrerer Hüttenproducte und der Hitzgrade, bei denen sich verschiedene Silikate bilden. Beilage zu dem Werke von F. Th. Merbach: die An - wendung der erwärmten Luft im Gebiete der Metallurgie. Leipzig 1840.
  • C. Rammelsberg, Beiträge zur Kenntniss der Hochofenschlacken. Pog - gend. Annalen, Bd. 74, S. 95; Berg - u. hüttenm. Ztg. 1848, S. 477.
  • C. Bischof, Relative Schmelzbarkeit der Silikate des Eisens, des Kalks, der Magnesia und der Thonerde. Dingler’s Polyt. Journ. Bd. 165, S. 378.
  • Th. Erhard und A. Schertel, Die Schmelzpunkte der Prinsep’schen Le - girungen und deren pyrometrische Verwendung. Jahrbuch für das Berg - und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1879, S. 154. (Enthält Berichtigungen der von Plattner gefundenen Schmelztemperaturen der Schlacken u. s. w.)
  • M. J. Fournet, Sur la cristallisation des silicates vitreux et sur la couleur bleue des laitiers. Annales de chimie et de physique. Série III, tome IV (1842), p. 370.

1)stritten werden. Gerade diese Farbe hat schon Veranlassung zu vielfachen Unter - suchungen gegeben, ohne dass vollständige Aufklärung erreicht worden wäre. Häufig hat man die Anwesenheit von Titansäure in den Schlacken als die Ursache der Blau - färbung angesehen. Vergl. hierüber die gegebenen Literaturnachweise.

157Die Erze.
  • H. Vogelsang, Ueber die mikroskopische Structur der Schlacken und über die Beziehungen der Mikrostructur zur Genesis der krystalli - nischen Gesteine. Poggend. Annalen Bd. 121, S. 101; Berg - und hüttenm. Ztg. 1864, S. 236.
  • E. Mène, Ueber die blaue Färbung der Eisenhochofenschlacken. Dingl. Polyt. Journal Bd. 182, S. 469; aus den Comptes rendus t. LXIII, p. 608.
  • W. Muirhead, Formation of aluminates in the blast furnase slags. Iron, vol. XVI, p. 292; Revue univers. 1880, t. VIII, p. 594; Ztschr. f. Berg -, Hütten - und Salinenwesen, Bd. 28, S. 641.
  • A. Kerpely, Molekular-Formeln der Schlacken. Berg - und hüttenm. Ztg. 1872, S. 201.

VI. Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vor - bereitung für die Verhüttung.

1. Die Erze.

Eisenerze nennt man die in der Natur vorkommenden Verbindungen des Eisens mit anderen Körpern, welche ihres Eisengehaltes halber als Rohmaterialien für die technische Darstellung des Eisens benutzt werden.

Gediegenes Eisen findet sich überhaupt nur in seltenen Ausnahmen, die für den Eisenhüttenmann eine praktische Wichtigkeit nicht besitzen. So z. B. bestehen die Meteorsteine zum grössten Theil aus metallischem Eisen (neben Kobalt, Nickel und einigen anderen Körpern); auf Disco in Nordgrönland fand Nordenskiöld 1870 grössere Mengen gediegenen Eisens.

Damit aber die Benutzung jener eisenhaltigen Gesteine als Eisen - erze möglich sei, dürfen sie erstens nicht solche fremde Körper ent - halten, welche die Abscheidung des Eisens bei der Verhüttung in einer Weise erschweren würden, dass die Benutzung dieser Gesteine als Erze dadurch unmöglich wird; und zweitens muss ihr Eisengehalt ein solcher sein, dass ihre Verarbeitung auf Eisen auch in ökonomischer Beziehung noch als nutzenbringend erscheinen kann.

Die Grenze des Eisengehaltes, welche nicht unterschritten werden darf, wenn die zuletzt erwähnte Bedingung erfüllt werden soll, ist nun freilich theilweise von örtlichen Verhältnissen abhängig. Je niedriger der Preis des Erzes an dem Orte der Verhüttung (also incl. der Fracht - kosten) sich stellt, je geringer auch die übrigen Verhüttungskosten (Brennstoffe, Löhne u. s. w.) sind, desto geringer wird der Eisengehalt zu sein brauchen, ohne dass das Gestein seine Eigenschaft als eigent - liches Eisenerz einbüsse. Auch die Beschaffenheit der übrigen, dem Erze gewöhnlich beigemengten Gesteine spricht hierbei mit. Einzelne derselben erfordern, um in eine schmelzbare Schlacke umgewandelt zu werden, beträchtliche Mengen fremder Zuschläge , andere sind ohne158Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.solche Zuschläge schmelzbar. Letztere werden auch schon bei niedrigerem Eisengehalte als erstere noch als schmelzwürdig erscheinen.

Erze mit einem Eisengehalte von weniger als 30 Proc. pflegt man im Allgemeinen nicht gern zu verhütten; doch finden sich allerdings Eisenwerke, welche noch mit Erzen von 25 Proc. Eisengehalt vortheil - haft arbeiten. Sind die fremden, dem Eisen beigemengten Gesteinsarten derartig beschaffen, dass durch Vermischung mehrerer Erze eine Schlacke von entsprechender Schmelzbarkeit entsteht, also die Anwendung eigent - licher Zuschläge, d. i. eisenfreier, nur zum Zwecke der Schlacken - bildung zugesetzter Gesteine entbehrlich wird, so kann mitunter auch ein noch geringerer Eisengehalt ausreichend sein, jene Gesteine als Erze erscheinen zu lassen. Sie bilden alsdann den Uebergang zu den sogenannten eisenhaltigen Zuschlägen, d. h. Gesteinen, welche zwar lediglich der Schlackenbildung halber den Erzen zugesetzt werden, doch aber einen gewissen, wenn auch nicht sehr bedeutenden, Eisen - gehalt (bis etwa 15 Proc.) mitbringen, welcher bei der Verhüttung nutzbar wird.

Neben den eigentlichen Eisenerzen haben in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts, insbesondere seit Anfang der siebenziger Jahre, für den Eisenhüttenmann auch Manganerze eine gewisse Bedeutung ge - wonnen. Sie sind zur Darstellung manganreicher Eisenlegirungen (Ferro - mangane, Rohmangane) erforderlich und sollen deshalb in Folgendem neben den Eisenerzen besprochen werden.

Fast sämmtliche Eisenerze bestehen aus Oxyden, Hydroxyden oder Carbonaten des Eisens.

Die in der Natur vorkommenden Schwefelverbindungen des Eisens (Kiese) können als Erze nicht betrachtet werden; denn obgleich man die bei der Röstung derselben für die Darstellung von Schwefelsäure hinterbleibenden Rückstände nach stattgehabtem Auslaugen nicht selten in den Eisenhütten auf Eisen verarbeitet, so bleibt doch die Darstellung der Schwefelsäure immerhin der Hauptzweck ihrer Gewinnung und Verarbeitung, und die Eisendarstellung aus denselben ist neben - sächlich.

Natürlich vorkommende Silikate des Eisens werden, da sie sehr schwierig reducirbar und auch nicht gerade häufig sind, nur in seltenen Ausnahmen als Eisenerze benutzt. Dagegen bilden manche eisen - reiche Schlacken, welche bei der Verarbeitung des Eisens selbst entstehen und als künstlich dargestellte Eisensilikate zu betrachten sind, ein häufig benutztes Material, um das Eisen daraus auf hüttenmänni - schem Wege wieder zu gewinnen. Als Erze im eigentlichen Sinne aber können dieselben nicht bezeichnet werden, sondern sie sind, ebenso wie die erwähnten Schwefelkiesrückstände, Nebenerzeugnisse eines anderen technischen Processes.

A. Die Spatheisensteine (Eisenspathe).

Diese Erzgattung, jedenfalls durch Ablagerung von Eisen, welches in kohlensäurehaltigem Wasser gelöst war, entstanden und eine der primären Entstehungsformen aller Erze bildend, würde im reinen und159Die Erze. Spatheisensteine.unzersetzten Zustande aus Eisencarbonat F Ce O3 mit 48.2 Proc. Eisen (61.9 Proc. Fe O) bestehen; fast regelmässig jedoch enthält das Erz neben dem Eisencarbonate kleinere oder grössere Mengen von isomorphen Carbonaten des Mangans, Calciums oder Magnesiums, und der gesammte Eisengehalt des Erzes ist daher stets niedriger, als derselbe obiger Formel gemäss sein müsste.

Der Spatheisenstein krystallisirt rhomboedrisch, theils grob - theils feinkörnig oder derb. Selten erscheint er in trauben - oder nieren - förmigen Bildungen und wird dann bisweilen Sphärosiderit (im engeren Sinne) genannt. Die Farbe des frischen, unzersetzten Erzes ist gelblich weiss (Weisserz, unreifer Eisenspath); an der Luft aber und unter dem Einflusse der Feuchtigkeit verwandelt es sich theilweise in Eisenhydroxyd und nimmt dabei allmählich eine dunkle, braune, auch wohl blauschwarze Farbe an (Braunerz, Blauerz, reifer Eisenspath).

Der Spatheisenstein tritt in häufig sehr mächtigen Gängen und Lagern in älteren Formationen bis zum Buntsandstein auf. Berühmt schon seit Alters sind die Spatheisenstein-Vorkommnisse des Sieger - landes; andere für die Eisenindustrie wichtige Fundstätten in Deutsch - land sind Thüringen (Schmalkalden, Kamsdorf), das sächsische Voigt - land, der Harz (Gegend von Stolberg). In der österreichischen Monarchie liefern vorzugsweise die Alpenländer (Hüttenberg, Lölling) sowie Ungarn grosse Mengen von Spatheisenstein. Auch in Frankreich und Spanien treten einige, wenn auch den deutschen und österreichischen Vorkomm - nissen gegenüber unbedeutendere Vorkommnisse auf; ziemlich arm an Spatheisensteinen dagegen ist Grossbritannien und Nordamerika.

Beimengungen des Spatheisensteines, welche bei seiner Verhüttung Beachtung verdienen, damit sie nicht schädliche Einflüsse auf die Qualität des daraus erzeugten Roheisens ausüben, sind Kiese, neben dem Eisenkies insbesondere Kupferkies; ferner Bleiglanz, Schwerspath, Zinkspath, Galmei; sehr selten dagegen enthält der Spatheisenstein erhebliche Mengen von Phosphaten.

Diese letztere Eigenschaft erhebt denselben zu einem der vorzüg - lichsten Materialien für Herstellung phosphorreinen Eisens; die Leicht - reducirbarkeit des Erzes, besonders im gerösteten Zustande1)Die Zersetzung roher Spatheisensteine findet erst in einer Temperatur von ca. 800°C. statt (Versuche von P. Tunner, mitgetheilt im Jahrbuche der Berg - akademieen zu Leoben u. s. w. Bd. X, S. 494), während die Reduction kohlensäure - freier Erze schon in erheblich niedrigerer Temperatur beginnt., erleichtert wesentlich die Verhüttung desselben, und der selten ganz fehlende Mangangehalt weist auf die Verwendung desselben zur Erzeugung manganhaltiger Eisensorten hin (Weisseisen, Spiegeleisen, Bessemerroh - eisen). Da nun solche manganhaltige Roheisensorten auch schon in früherer Zeit ein geschätztes Material für die Stahldarstellung bildeten, so erklärt sich hieraus, dass nicht allein der Spatheisenstein selbst in einzelnen Gegenden Stahlstein genannt wird, sondern dass man auch die Fundstätten desselben nicht selten mit demselben Beiworte bezeich - nete (Stahlberg bei Müsen im Siegenschen u. a.).

160Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.

Beispiele der Zusammensetzung verhütteter Spatheisensteine. 1)Die Analysen sind in der Form gegeben, wie sie für den praktischen Eisen - hüttenmann den meisten Werth haben; d. h. Eisen und Mangan sind als Metalle aufgeführt. Dass dieselben vorwiegend als Oxydul auftreten, das Eisen aber durch Verwitterung theilweise in Oxyd (Hydroxyd) umgewandelt zu sein pflegt, wurde oben erwähnt.

  • 1. Spatheisenstein von Struthütten im Siegenschen; ausgestellt in der Düssel - dorfer Ausstellung 1880.
  • 2. Grube Wingertshart bei Niederhövels im Siegenschen; ausgestellt in der Düsseldorfer Ausstellung 1880.
  • 3. Durchschnittliche Zusammensetzung der Kamsdorfer Spatheisensteine, welche auf der Maximilianshütte zu Unterwellenborn (Thüringen) verhüttet werden ( Stahl und Eisen 1882, S. 36).
  • 4. Spath von Grube Karl Abbau in Ungarn, Gömörer Comitat. Wird auf der Eisenhütte Betlér verarbeitet (A. v. Kerpely, Ungarns Eisensteine und Eisenhütten - erzeugnisse, S. 18).
  • 5. Kupfer - und schwefelreiches Erz von Igló, der österr. -ungarischen Hoch - ofengesellschaft Witkowitz gehörig (A. v. Kerpely a. a. O.).
  • 6. Spath von Grube Köhlergrund, dem Eisenwerk Krompach im Zipser Comitat (Ungarn) gehörig. Analyse des Verfassers.
  • 7. Spath von Grube Zahura; übrigens wie 6.
  • 8. Gerösteter Spath von Rottleberode am Harz; wird in der Dortmunder Union verhüttet (Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. I, S. 121).
  • 9. Gerösteter Spath von Innerberg in Kärnten, in Dortmunder Union verhüttet (Dürre, a. a. O., S. 123).
  • 10. Gerösteter Spath von Grube Köhlergrund (Eisenwerk Krompach in Ungarn). Analyse des Verfassers.

B. Die Sphärosiderite.

Unter dieser Benennung kann man eine grössere Zahl von Eisen - erzen zusammenfassen, deren Grundbestandtheil übereinstimmend aus kohlensaurem Eisen, wie bei den Spatheisensteinen, gebildet wird, wäh - rend ihnen die deutlich krystallinische Beschaffenheit des eigentlichen Spatheisensteines fehlt. Dass man auch den reineren, in trauben - oder nierenförmigen Bildungen auftretenden Spatheisenstein als Sphärosiderit zu bezeichnen pflege, wurde bereits erwähnt; die meisten der als Sphäro - siderite bezeichneten Erze sind jedoch stärker als der eigentliche Eisen -161Die Erze. Sphärosiderite.spath mit fremden, mechanisch beigemengten Körpern Thon, Sand, organische Substanz vermengt. Hierdurch eben ist das eigenthüm - liche Gefüge des Spatheisensteines unterdrückt und an dessen Stelle ist eine dichte, erdige oder körnige Beschaffenheit getreten.

Die Sphärosiderite bilden wegen ihres häufigen Vorkommens in oft mächtigen Lagern eine der wichtigsten Eisenerzgattungen der Erde. Fast 90 Proc. der gesammten Eisenerzeugung Grossbritanniens ist auf das Vorkommen von Sphärosideriten in Cleveland, Staffordshire, Wales, Schottland begründet; nicht unbedeutend ist ferner das Vorkommen von Sphärosideriten in Rheinland und Westfalen; auch Schlesien, Frank - reich, Ungarn, Pennsylvanien enthalten bemerkenswerthe Vorkommnisse.

Wie die Spatheisensteine enthalten die Sphärosiderite häufig ein - gesprengte Kiese und Glanze (sind daher blei -, kupfer - und zinkhaltig); stärker als jene aber sind sie, wie erwähnt, mit thonigen und organi - schen Substanzen vermengt, und in sehr vielen Fällen enthalten sie ansehnliche Mengen von Phosphor.

Sie sind, besonders im gerösteten Zustande, leicht reducirbar und werden, je nachdem ihr Gehalt an fremden Körpern die eine oder andere Verwendung thunlicher erscheinen lässt, sowohl für Grau - als Weisseisendarstellung benutzt.

Ihrer Beschaffenheit nach lassen sie sich in folgende Unterabthei - lungen eintheilen.

a) Gewöhnlicher oder thoniger Sphärosiderit. Dicht, grau, grünlich oder bräunlich gefärbt; thonhaltig, nicht selten reich an orga - nischer Substanz (Kohle). Erscheint in verschiedenen Erdformationen, vorzugsweise in der Kohlenformation, dem Keuper, Jura und der Kreide.

Beispiele für die Zusammensetzung.

  • 1. Aus Yorkshire. Nach Percy (Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, 1. Abth. S. 295 ff.).
  • 2. Aus Südstaffordshire. Uebrigens wie 1.
  • 3. Aus Stanton in Derbyshire. Uebrigens wie 1.
  • 4. Aus Bleanavon in Monmouthshire. Uebrigens wie 1.
  • 5. Thoneisenstein von Euskirchen. Auf dem Eisenwerke Hörde verarbeitet (Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 1, S. 139).
  • 6. Aus Grube Sperber zu Ruppichteroth. Auf Eisenwerk Phönix in Ruhrort verarbeitet (Dürre, a. a. O.).
  • 7. Sphärosiderit von Schmiedewalde bei Meissen. Auf Eisenwerk Gröditz ver - hüttet. Im Laboratorium des Verfassers untersucht.
Ledebur, Handbuch. 11162Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.

b) Kohleneisenstein oder Blackband. Häufig enthält der Sphäro - siderit so beträchtliche Mengen von Kohle, dass er vollständig schwarz gefärbt ist und, entzündet, mitunter sogar fortbrennt. Er wird dann Kohleneisenstein oder (mit der englischen Bezeichnung) Blackband ge - nannt. Der Kohlegehalt desselben pflegt mindestens 10 Proc. zu be - tragen, steigt aber mitunter bis auf 25 Proc. Im Uebrigen stimmt sein Verhalten mit dem des gewöhnlichen Sphärosiderits überein. Man ver - arbeitet ihn nur im gerösteten Zustande, und es ist hierzu um so eher Veranlassung gegeben, als sein eigener Kohlenstoffgehalt gewöhnlich ausreichend ist, die zur Durchführung der Röstung nothwendige Wärme zu liefern, ja mitunter noch die Röstung anderer Erze in Vermischung mit dem Kohleneisenstein ohne Aufwand fremden Brennstoffes zu gestatten.

Beispiele für die Zusammensetzung.

  • 1. Von Shelton Kohlengrube in Staffordshire. Nach Percy (Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde Abth. 1, S. 300 ff.).
  • 2. Von Klosterbusch bei Kupferdreh. Auf der Wiener Ausstellung durch Eisen - werk Phönix in Ruhrort ausgestellt (Dürre, Bericht u. s. w., S. 90).
  • 3. Aus Westfalen; wird in Friedrich-Wilhelmshütte zu Mülheim a. d. Ruhr verhüttet. In Düsseldorf 1880 ausgestellt.
  • 4. Gerösteter Blackband aus Westfalen (Dürre, Anlage und Betrieb der Eisen - hütten, Bd. I, S. 136).
  • 5. Gerösteter Blackband von Klosterbusch bei Kupferdreh (Dürre, Anlage u. s. w., S. 136).
  • 6. Gerösteter Blackband aus Westfalen. Auf Friedrich-Wilhelmshütte ver - hüttet. In Düsseldorf 1880 ausgestellt.

C. Brauneisenerze.

Seiner chemischen Natur nach ist der Brauneisenstein durch einen Gehalt an chemisch gebundenem Wasser, seinem Aussehen nach durch braune bis schwarze Farbe und braunen Strich gekennzeichnet.

Die chemische Formel des eigentlichen normalen Brauneisensteines würde sein: H6 F2 O9 mit ca. 60 Proc. Eisen; doch kennt der Minera - loge eine grössere Anzahl bestimmt ausgebildeter Formen des Braun -163Die Erze. Brauneisenerze.eisensteins, deren Zusammensetzung von der obigen mehr oder minder abweicht (Göthit u. a.), und die Uebergänge sowohl zu den wasser - freien Eisenoxyden als den oxydul - und kohlensäurehaltigen Spatheisen - steinen und Sphärosideriten, aus deren Zersetzung gar häufig der Braun - eisenstein unmittelbar hervorging, sind ziemlich zahlreich. Hieraus erklärt es sich, dass auch der Wassergehalt der Brauneisenerze sich zwischen ziemlich weiten Grenzen bewegt.

Die Brauneisenerze sind ausserordentlich verbreitet und finden sich in fast allen Erdformationen. Eben deshalb treten sie uns in ziemlich mannigfaltigen äusseren Formen entgegen. Ausgezeichnet sind fast alle Brauneisenerze durch Leichtreducirbarkeit; die fremden Beimengungen derselben aber, welche neben jener Eigenschaft den Grad ihrer Ver - wendbarkeit bedingen, sind in den verschiedenen Vorkommnissen sowohl ihrer Menge als ihrer Beschaffenheit nach ziemlich verschieden. Mit - unter finden sich Brauneisensteine unmittelbar neben den Spatheisen - steinen, aus deren Umwandlung sie hervorgingen, und lassen dann nicht selten die Structur des Spatheisensteines noch deutlich erkennen, ent - halten auch, wie diese, nicht unbeträchtliche Mengen Mangan.

Im Wesentlichen lassen sich folgende Arten des Brauneisensteines unterscheiden:

a) Brauner Glaskopf. Derselbe bildet ein durch Reinheit von fremden Körpern ausgezeichnetes Erz von dunkelbrauner bis schwarzer Farbe und krystallinisch fasriger Structur bei oft kugliger oder nieren - artiger äusserer Form. Er erscheint vorwiegend in den ältesten Erd - formationen.

b) Gewöhnlicher Brauneisenstein. Unter dieser Benennung lassen sich alle diejenigen Brauneisenerze zusammenfassen, welche nicht durch ganz besondere Eigenthümlichkeiten sich vor den übrigen auszeichnen. Einzelne derselben sind, wie der braune Glaskopf, ausgezeichnet durch grosse Reinheit; andere, und zwar vorwiegend die erdigeren und derben Sorten, enthalten Kiese, Glanze, Zinkerze, auch mitunter nicht ganz unbeträchtliche Mengen von phosphorsauren Verbindungen. Besondere Benennungen für einzelne Formen dieser Erze sind Schaleneisen - stein oder Eisenniere (in schaligen oder nierenartigen Bildungen vorkommend), dichter Brauneisenstein, mulmiger oder erdiger Brauneisenstein.

Vorzügliche ältere Brauneisenerze, sowohl glaskopfartige als gewöhn - liche, finden sich in den österreichischen Alpen neben den erwähnten Spatheisensteinen, in Thüringen, am Harz, in Spanien, Nordafrika (Algier), Nordamerika (Kentucky, Tenessee, Canada) u. a. a. O.; in Oberschlesien bilden die dortigen im Trias vorkommenden mulmigen Brauneisenerze das Hauptmaterial der dortigen grossartigen Eisenindustrie.

Die Erze aus Algier und Spanien haben im Laufe der siebenziger Jahre ihres hohen Eisengehaltes bei einem gewissen Mangangehalte und ihrer Reinheit von Phosphor halber eine nicht unbeträchtliche Bedeutung für die Eisenindustrie erlangt und werden in grossen Mengen auch auf deutschen, französischen und englischen Eisenwerken verarbeitet (Bilbao, Carthagena, Almeïra).

11*164Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.

Beispiele für die Zusammensetzung von gewöhnlichen Brauneisenerzen und braunem Glaskopf.

  • 1. Brauneisenerz vom Rothen Berge bei Schwelm, in Dortmunder Union ver - hüttet (Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 1, S. 62).
  • 2. Brauneisenerz von Bilbao ( Stahl und Eisen 1882, S. 339).
  • 3. Von den Sulzbacher Gruben in Thüringen, auf Maximilianshütte verarbeitet ( Stahl und Eisen 1882, S. 35).
  • 4. Von den Crumbacher Gruben. Uebrigens wie 3.
  • 5. Ochriger Brauneisenstein vom Büchenberge am Harz (Preuss. Ztschr. für Berg -, Hütten - und Salinenwesen 1868, S. 206).
  • 6. Von Grube Tännichen bei Elbingerode am Harz. (Wie Nr. 5.)
  • 7. Ochriger Glaskopf vom Kärntner Erzberge (Verhandl. der k. k. Geologischen Reichsanstalt 1876, Bd. 26, S. 49).
  • 8. Erz von Neubeuthen in Schlesien. (Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. 1, S. 338).
  • 9. Erz von Tarnowitz (Preuss. Ztschr. 1874, S. 277).
  • 10. Brauner Glaskopf aus dem Gömörer Comitat in Ungarn, in Eisenwerk Betlér verhüttet (A. v. Kerpely, Ungarns Eisensteine u. s. w., S. 32).
  • 11. Eisenerz aus Pennsylvanien (F. Kupelwieser, das Hüttenwesen in den Vereinigten Staaten Nordamerikas, Wien 1877).

c) Bohnerze und oolithische Erze. Es sind dieses kugelförmige oder körnerförmige, auch wohl nierenförmige Erze, gewöhnlich von Nadelknopf - bis Nussgrösse, entweder in den einzelnen Körnern als loses Gerölle auftretend, häufiger durch eisenschüssigen Thon oder Quarz zu grösseren Massen verbunden. Sie finden sich in der Trias und im Tertiärgebirge in oft mächtigen Ablagerungen. Fast immer enthalten sie Phosphor und zwar in oft verhältnissmässig beträchtlichen Mengen; ihre Gewinnungskosten aber pflegen verhältnissmässig gering zu sein, und aus diesem Grunde verwendet man sie, wo sie vorkommen, nicht ungern für die Eisendarstellung.

Bohnerze finden sich im Breisgau, an einigen Orten Würtembergs, am Rande des Harzes (Wilhelmshütte, Salzgitter), u. a. a. O. Eine Ge - winnung derselben in besonders grossartigem Maassstabe findet in der Gegend von Peine statt und die dort gewonnenen Erze werden in den Hochöfen zu Ilsede bei Peine verhüttet. Sie treten dort in 7 10 m mächtigen Lagern zwischen Hilsthon als Liegendem und, wo sie nicht zu Tage ausgehen und nur von Dammerde bedeckt sind, Kalkmergel165Die Erze. Bohnerze und oolithische Erze.als Hangendem auf und bestehen aus Nieren und Kugeln, welche durch kohlensauren Kalk oder Thon unter einander verbunden sind. Zwischen den Brauneisenknollen finden sich in gleichmässiger Vertheilung Phos - phoritknollen, theils winzig klein, theils bis zu Faustgrösse, mit einem Phosphorgehalte von ca. 10 12 Proc. Da eine Trennung derselben von den Erzen nur in sehr beschränktem Maasse zu bewirken ist, so besitzen auch die letzteren, wie die unten mitgetheilten Analysen be - weisen, einen beträchtlichen Durchschnittsgehalt an Phosphor.

Auch Frankreich ist reich an Bohnerzen (Franche Comté, Berry, Champagne).

Ein eigenthümliches feinkörniges Erz, welches erst seit Anfang der sechziger Jahre Beachtung fand und den Namen Minette erhielt, seitdem aber für eine nicht unbedeutende Zahl grosser Hochofenwerke zum hauptsächlich oder ausschliesslich benutzten Material geworden ist, gehört ebenfalls den oolithischen Erzen an. Es enthält nicht selten neben dem Eisenhydroxyd noch kohlensaures Eisen (Eisenoxydul), aus dessen Umwandlung es hervorgegangen ist; seine Farbe ist, je nachdem es noch reicher an diesem kohlensauren Eisen ist oder bereits voll - ständig in Oxydhydrat überging, grünlich grau oder braun, auch wohl schwarz oder röthlich. Es ist fast immer reich an Phosphor. Eine Hauptlagerstätte dieses Erzes zieht sich von Nancy durch Elsass - Lothringen, Luxemburg bis nach Longwy in Frankreich und Athus in Belgien. Dieselbe erreicht an einzelnen Stellen, z. B. an der Luxem - burger Grenze, eine Mächtigkeit bis zu 30 m und bildet die Grund - lage eines grossartigen Hochofenbetriebes sowohl in Luxemburg als in Elsass-Lothringen und den angrenzenden deutschen und französischen Bezirken.

Beispiele für die Zusammensetzung.

  • 1. Bohnerz von Grube Eschwege bei Gebhardshagen im Braunschweigischen (Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. 1, S. 360).
  • 2. Oolithisches Liaserz aus Bayern. Im Laboratorium des Verfassers untersucht.
  • 3. Thoniges Erz von Adenstedt bei Peine, in den Ilseder Hochöfen verhüttet. Vom Verfasser untersucht.
166Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.
  • 4. Eben solches Erz wie Nr. 3, jedoch von einer anderen Gewinnung. In Ilsede untersucht. Nach erhaltener Privatmittheilung.
  • 5. Thoniges Erz von Bodenstedt bei Peine; in den Hochöfen zu Ilsede ver - hüttet. Nach einer Privatmittheilung.
  • 6. Braunes Kalkerz von Bülten bei Peine; wie 5.
  • 7. Weisses Kalkerz von Bülten bei Peine; wie 5.
  • 8. Grünliche Minette von Moyeuvre. Vom Verfasser untersucht.
  • 9. Rothe Minette von Belvaux (Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 1, S. 75).
  • 10. Braune Minette, Grube von der Heydt bei Redange (Dürre a. a. O., S. 79).

d) Rasenerze (Wiesenerze). Ablagerungen aus Wasser in sumpfigen Niederungen von oft beträchtlicher Ausdehnung, wenn auch selten in grosser Mächtigkeit. Sie besitzen theils erdige Beschaffenheit, theils kommen sie in festen Stücken vor; erstere pflegen lichtbraune Farbe, letztere dunkelbraune bis schwarzbraune Farbe zu besitzen. Rasenerze finden sich in grosser Verbreitung auf der ganzen norddeut - schen Tiefebene von Holland bis nach Russland; auch in verschiedenen anderen Gegenden Russlands, in Canada, Pennsylvanien u. a. a. O. Wichtig für die Eisenindustrie sind sie vornehmlich durch ihre ausser - ordentlich billige Gewinnung. Da sie sich dicht unter der Erdober - fläche finden und hier selten eine Mächtigkeit von mehr als 0.5 m erreichen, ja, in sehr vielen Fällen in erheblich schwächeren Lagern auftreten, dabei aber eine grosse Fläche zu bedecken pflegen, so findet ein eigentlich bergmännischer Abbau dieser Erze gar nicht statt. Sie werden mit Hacke und Spaten ausgegraben, dann wird das abgehobene Erdreich wieder in die Grube gefüllt, und wo in einem Jahre die Arbeiter der Eisenhütte für diese das metallspendende Erz zu Tage förderten, zieht im folgenden Jahre häufig der Landmann mit dem Pfluge seine Furchen, den Boden für die Körnersaat vorzubereiten; ergiebiger aber als in früherer Zeit pflegt seine Ernte auszufallen, nachdem die oft dichte, undurchlässige Erzschicht aus seinem Boden entfernt ist.

Gewöhnlich sind die Rasenerze reich an eingemengten Quarz - körnern, ein Umstand, der sie zur Darstellung siliciumreicherer Eisen - sorten (grauem Roheisen) geeigneter als für siliciumarmes Eisen (Weiss - eisen) erscheinen lässt; ein kaum jemals fehlender Begleiter ferner ist Vivianit (Eisenphosphat), der dem Erze einen oft recht beträchtlichen und für manche Eisensorten sehr nachtheiligen Phosphorgehalt zuführt. Zwischen manchen Rasenerzen finden sich solche Eisenphosphate in Form dichter weisslicher Knollen bis zu Faustgrösse, mitunter knetbar wie Thon, an der Luft aber blau werdend. Durch Auslesen derselben bei und nach der Gewinnung des Erzes lässt sich der Phosphorgehalt des letzteren abmindern.

Den Rasenerzen ihrer Entstehung nach, den Bohnerzen ihrer Form nach ähnlich sind die sogenannten Seeerze, welche auf dem Boden schwedischer und finnländischer Seen gefunden und auf dortigen Eisenwerken verarbeitet werden. Sie kommen in Körnerform von der Grösse eines Hirsekornes bis einer Nuss vor, haben meistens eine ab - geplattete, bohnenartige Form und werden mit Netzen vom Boden heraufgeholt.

167Die Erze. Rotheisenerze.

Beispiele für die Zusammensetzung.

  • 1. Rasenerz von Elsterwerda. Auf Eisenwerk Gröditz verhüttet; vom Verfasser untersucht.
  • 2. Rasenerz aus Wittenberg. Wie 1.
  • 3. Holländisches Rasenerz, in Friedrich-Wilhelmshütte bei Mülheim a. d. Ruhr verhüttet. Privatmittheilung.
  • 4. Belgisches Rasenerz. Wie 3.
  • 5. Rasenerz von Quebeck (Fr. Kupelwieser, das Eisenhüttenwesen der Ver - einigten Staaten).
  • 6. Rasenerz aus Wolhynien, Kreis Nowogradwolhynsk; vom Verfasser untersucht.
  • 7. Seeerz aus Finnland. Im Laboratorium des Verfassers untersucht.
  • 8. Seeerz aus Småland; von Svanberg untersucht (Karsten, Handbuch der Eisenhüttenk. II, 48).

D. Rotheisenerze.

Der chemischen Zusammensetzung nach aus Eisenoxyd Fe2 O3 bestehend zeichnen sich diese Erze, sofern sie nicht etwa fremde Körper in grösseren Mengen enthalten, den bisher besprochenen Eisensteins - gattungen gegenüber durch hohen Eisengehalt aus, da sie weder den für die Spathe und Sphärosiderite charakteristischen Kohlensäuregehalt noch den den Brauneisenerzen eigenthümlichen Wassergehalt besitzen. Sie besitzen rothe bis röthlich schwarze Färbung und rothen Strich.

Der äusseren Form nach unterscheidet man: Eisenglanz, rhom - boëdrisch krystallisirt, eisenschwarz bis grau von Farbe; Eisenglimmer und Eisenrahm, als dünnschalige, feinschuppige Varietäten des Eisen - glanzes zu betrachten; rothen Glaskopf (fasriges Rotheisenerz) in nierenförmigen, traubenförmigen, stalaktitischen Formen mit fasriger Structur, der Form nach mit dem braunen Glaskopf übereinstimmend, jedoch roth von Farbe; gewöhnliches erdiges oder dichtes Roth - eisenerz ohne bestimmte Form; oolithisches Rotheisenerz, den oolithischen Brauneisensteinen seiner Structur nach analog; u. a.

Der Rotheisenstein tritt in Gängen und Stöcken wie auf Lagern auf; die mächtigsten Vorkommnisse desselben bilden gleichförmige Ein - lagerungen zwischen Talk - und Chloritschiefern, Quarziten und Jaspis der azoischen Formationen; dichte Rotheisensteine finden sich vorwiegend zwischen Kalkstein und Diabas. Einige dieser Vorkommnisse sind hoch - berühmt; so die Rotheisenerze (Eisenglanze) von Elba, welche schon168Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.im Alterthume zur Eisendarstellung benutzt wurden; die Rotheisenerze von Missouri (im Iron Mountain und Pilot Knob) und vom Oberen See (Lake Superior) in Michigan; von Cumberland und Nord-Lancashire; u. a. m. Deutschlands Rotheisenerze finden sich vorwiegend im Gebiete der Lahn; nicht ganz so bedeutend sind einige Vorkommnisse an der Eiffel, in einigen Gegenden Westfalens, im Harze, im Thüringerwalde und im Erzgebirge. Oolithische Rotheisenerze in beträchtlicher Mächtig - keit werden in Belgien gewonnen; reich an vorzüglichen Rotheisen - erzen ist Spanien und Algier, und die dortigen Erze werden neben den schon erwähnten, von dort stammenden Brauneisenerzen auch in Eng - land, Belgien, Frankreich und Deutschland mehrfach verhüttet.

Das Vorkommen der Rotheisensteine im Grossen und Ganzen ist nicht so massenhaft als dasjenige der Brauneisenerze; wo sie aber auf - treten, bilden sie ein sehr geschätztes Material für die Eisendarstellung. Denn ihr Eisengehalt ist, wie erwähnt, hoch, sofern er nicht durch eingewachsene fremde Körper herabgedrückt wird, und die reineren Erze (Eisenglanz, Glaskopf) ertragen deshalb auch einen Transport auf weitere Strecken als solche Erze, bei welchen die Frachtkosten einem geringeren Eisenausbringen zur Last fallen; der Phosphorgehalt sehr vieler Rotheisenerze ist sehr gering und diese eignen sich daher vor - zugsweise zur Darstellung reiner, phosphorfreier Eisensorten. Einzelne, übrigens vorzügliche, Erze allerdings sind von Apatit durchzogen und somit phosphorhaltig; auch manche erdige und dichte, besonders die oolithischen, Erze enthalten Phosphor in solchen Mengen, dass die Her - stellung phosphorfreier Eisensorten daraus nicht möglich sein würde. Immerhin bleibt der durchschnittliche Phosphorgehalt der Rotheisenerze hinter dem durchschnittlichen Phosphorgehalte der Brauneisenerze erheb - lich zurück, um so mehr, wenn man nicht den Procentgehalt an Phosphor im Erze, sondern das Verhältniss dieses Phosphor - gehaltes zu dem anwesenden Eisengehalte, welches doch allein den Ausschlag zu geben hat, für den Vergleich heranzieht. Einem so hohen Phosphorgehalte, wie ihn die jüngeren Brauneisenerze (Bohnerze, Minette, Rasenerze) ziemlich regelmässig besitzen, begegnen wir in den Rotheisenerzen nur in Ausnahmefällen.

Nicht selten dagegen findet sich Schwefelkies; viele Rotheisenerze enthalten eingesprengte grössere oder kleinere Quarzkrystalle und eignen sich dann vorzugsweise zur Darstellung von grauem Eisen. Der Man - gangehalt der Rotheisenerze ist selten erheblich. Erzlager im Kalkstein enthalten häufig nicht unerhebliche Mengen von kohlensaurem Kalk; einzelne Rotheisenerze führen kleine Mengen Titansäure. 1)Ueber den Einfluss des Titansäuregehaltes auf die Schmelzbarkeit der Schlacke vergl. S. 153.

Die Rotheisenerze, selbst die dichten Arten derselben, sind ziem - lich leicht reducirbar; doch pflegt man anzunehmen, dass ihre Reducir - barkeit derjenigen der Brauneisenerze nachstehe.

169Die Erze. Magneteisenerze.

Beispiele für die Zusammensetzung.

  • 1. Glaskopf aus Cumberland. Im Laboratorium des Verfassers untersucht.
  • 2. Festes Rotheisenerz vom Oberen See. Durchschnittsanalyse (Wedding, das Eisenhüttenwesen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, S. 14).
  • 3. Nordafrikanisches Erz aus dem Departement Constantine (Fr. Kupelwieser, Oesterr. Ausstellungsbericht 1879, S. 10).
  • 4. Nordafrikanisches Erz, sogenanntes Moktaerz; in Dortmunder Union ver - hüttet (Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 1, S. 45).
  • 5. Nassauisches Rotheisenerz, in Friedrich-Wilhelmshütte verhüttet (Privat - mittheilung).
  • 6. Nassauisches Rotheisenerz, in Gutehoffnungshütte bei Oberhausen verhüttet (Dürre, Anlage u. s. w., S. 33).
  • 7. Kalkspathreiches Erz aus Grube Christiane in Westfalen; in Dortmunder Union verhüttet (Dürre, Anlage u. s. w., S. 34).
  • 8. Harzer Rotheisenstein von Grube Johannes bei Elbingerode. Analysirt im Laboratorium der Berliner Bergakademie (Ztschr. f. Berg -, Hütten - und Salinenwesen 1868, S. 206).
  • 9. Eisenocher aus Falun. Im Laboratorium des Verfassers untersucht.

E. Magneteisenerze.

Dieselben bestehen aus Eisenoxyduloxyd von der durchschnitt - lichen Zusammensetzung Fe3 O4, bisweilen jedoch auch Abweichungen in der Zusammensetzung zeigend. Die Farbe ist schwarz oder grünlich schwarz, der Strich schwarz; bekannt ist die magnetische Eigenschaft dieses Erzes.

Die Magneteisenerze krystallisiren im regulären Systeme, treten aber gewöhnlich in derben körnigen oder dichten Massen auf; mitunter auch an den Küsten als Magneteisensand. In Lagern, Flötzen und Stöcken findet sich das Erz zwischen den Gesteinen der Gneiss - und Glimmerschieferreihe, nicht selten in der unmittelbaren Nähe von Roth - eisenerzen. Obgleich durchschnittlich die Magneteisenerze seltener als die bisher besprochenen, auch als die Rotheisenerze, auftreten, besitzen doch einzelne dieser Vorkommnisse durch ihre ausserordentliche Mächtig - keit hohe Bedeutung und sind weit berühmt. Besonders reiche Erz - lagerstätten finden sich in Skandinavien (Dannemora in Schweden, Arendal in Norwegen, Gellivara in Lappland); am Ural; in den Ver - einigten Staaten Nordamerikas am Lake Champlain, am Lake Superior u. a. a. O.; nicht unbedeutend sind ferner einzelne Vorkommnisse Ungarns sowie im Sächsischen Erzgebirge; auch am Harze, in Thüringen, in170Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.Schlesien werden Magneteisenerze gewonnen, obschon in geringeren Mengen. Nordafrika liefert neben den erwähnten Roth - und Braun - eisenerzen auch vortreffliche Magneteisenerze an europäische Eisenwerke; auch in Corsika und Sardinien werden Magneteisenerze gewonnen. Arm an diesen Erzen dagegen ist Grossbritannien.

Unter allen Erzen besitzt das reine Magneteisenerz seiner chemi - schen Zusammensetzung gemäss den höchsten Eisengehalt. Beachtens - werth ist allerdings, dass vollständig oder annähernd reine Erze weit seltener unter den Magneteisenerzen als unter den Rotheisenerzen vor - kommen; und daher wird der Eisengehalt, wie ihn manche Eisenglanze, Glasköpfe u. s. w. besitzen, kaum jemals von den Magneteisenerzen überboten. Sein Phosphorgehalt ist in den meisten Fällen ausserordent - lich gering, obschon einzelne der Magneteisenerze durch eingewachsene Apatite verunreinigt sind. Aus diesem Grunde ist das Magneteisenerz ein besonders für Darstellung phosphorfreien Eisens gesuchtes Material und das schwedische, seiner vortrefflichen Eigenschaften halber be - rühmte Eisen, welches zum grossen Theile aus Magneteisenerzen er - blasen wurde, verdankt jenen guten Ruf zumeist seiner Reinheit von Phosphor. Einzelne Erze sind mit Quarz durchwachsen; andere enthalten Kalkspath in ansehnlichen Mengen. Häufig findet sich ein grösserer Gehalt an Schwefel -, Kupfer - oder Arsenkies; sonstige nicht seltene Begleiter des Magneteisenerzes sind Hornblende, Chlorit, Granat, Zink - blende, Bleiglanz. Eigenthümlich für manche, insbesondere skandinavi - sche und nordamerikanische Erze ist ein Gehalt an Titansäure, welcher häufiger und in beträchtlich grösseren Mengen als in Rotheisensteinen auftritt, mitunter bis zu 10 Proc. steigt und dann allerdings nachtheilig auf die Verwendbarkeit des Erzes einwirkt. 1)Vergl. S. 153.

Den erwähnten vortrefflichen Eigenschaften der Magneteisenerze steht als eine seine Verwendung erschwerende Eigenschaft seine Schwer - reducirbarkeit gegenüber. Unter allen bisher besprochenen Erzen ist der Magneteisenstein der am schwierigsten reducirbare. Durch oxydi - rende Röstung, welche das Eisenoxyduloxyd in Eisenoxyd überführt, wird das Erz in ein leichter reducirbares umgewandelt; daher ist es Regel, die Magneteisenerze nur im gerösteten Zustande zu verarbeiten.

Beispiele für die Zusammensetzung.

171Die Erze. Manganerze.
  • 1. Von der Lugnasgrube bei Carlstad in Schweden. Analysirt von Lundstrom (Jern-Kontorets Annaler 1875, S. 356).
  • 2. Von der Danielgrube in Grängesberg. Wie 1.
  • 3. Magneteisenerz von Norberg. Im Laboratorium des Verfassers untersucht.
  • 4. Schwedisches Magneteisenerz. Wie 2.
  • 5. Magneteisenerz von Berggiesshübel bei Pirna. In Königin-Marienhütte ana - lysirt (Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 1, S. 14).
  • 6. Von Grube Röddecker bei Elbingerode am Harz. Im Laboratorium der Ber - liner Bergakademie untersucht (Dürre, Anlage u. s. w., S. 15).
  • 7. Vom Lake Champlain (Wedding, Das Eisenhüttenwesen der Vereinigten Staaten von Nordamerika, S. 5).
  • 8. Aus New-Jersey (Wedding, a. a. O., S. 6).

Ein eigenthümliches Erz, welches sowohl zur Zink - als zur Eisen - gewinnung benutzt wird, ist der Franklinit. Man betrachtet denselben als ein Magneteisenerz, in welchem ein Theil des Eisenoxyduls durch Zinkoxyd, ein Theil des Eisenoxyds durch Manganoxyd vertreten ist [Formel: (Zn, Fe, Mn) O + (Fe2, Mn2) O3]. Derselbe findet sich im Staate New-Jersey in einem mächtigen Lager zwischen Franklin und Ogdens - burg. Die Erze werden zunächst in einer Zinkhütte auf Zink ver - arbeitet, welches sich verflüchtigt und in Vorlagen oder (bei Zinkweiss - darstellung) in Kammern aufgefangen wird; die Rückstände kommen zum Eisenhochofen und werden hier zur Darstellung eines mangan - haltigen Roheisens (Spiegeleisens) benutzt.

F. Kieseleisensteine.

Mitunter, jedoch, wie erwähnt, selten wegen der Schwerreducir - barkeit dieser Erze, setzt man den Beschickungen für Eisendarstellung solche natürlichen Eisensilikate zu. Hierher gehören Chamosit mit ca. 47 Proc. Eisen, 14 Proc. Kieselsäure; Knebelit mit 27.5 Proc. Eisen, 27 Proc. Mangan, 29.5 Proc. Kieselsäure; u. a. m.

G. Manganerze.

Man verwendet geröstete Manganspathe (Mn CO3), Manganite (H2 Mn2 O4), häufiger die unter dem Namen Braunstein auftretenden sauerstoffreichen Manganverbindungen (Pyrolusit, chemische Zusammen - setzung Mn O2), oder das als Wad bezeichnete Manganerz, im Wesent - lichen aus Mangansuperoxyd mit Manganoxydul und Wasser bestehend.

Reine Manganspathe und Manganite würden sich vortrefflich zur Darstellung von manganreichen Eisensorten eignen, sind aber verhält - nissmässig selten. In weit grösseren Mengen finden sich Braunsteine, theils verhältnissmässig rein, theils mit Kiesel, Kalkspath, Eisenoxyd vermengt. Für die Verwendung zur Darstellung manganreicher Eisen - legirungen sind diejenigen die werthvollsten, deren Kieselsäuregehalt möglichst gering ist; auch ein grösserer Eisengehalt ist aus nahe liegen - den Gründen nicht erwünscht.

Erschwerend auf die Verhüttung dieser Erze wirkt ihr hoher Sauer - stoffgehalt aus Gründen, welche später ausführlichere Erörterung finden werden. Derselbe lässt sich durch einfache Röstung in höherer Tempe - ratur oder durch reducirende Röstung in niedrigerer Temperatur (unter Einwirkung von Kohlenoxyd) abmindern, und das Mangansuperoxyd172Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.(Mn O2) wird hierbei in Manganoxyduloxyd (Mn2 O4) umgewandelt. 1)Versuche über diesen Umwandlungsprocess sind mitgetheilt in der Abhand - lung: A. Ledebur, Zur Theorie der Manganhochöfen. Glaser’s Annalen Bd. VIII, S. 449.Auch ein nicht ganz unbeträchtlicher Phosphorgehalt findet sich bis - weilen und verringert den Werth dieser Erze.

Fundstätten dieser Erze sind Nassau, Ungarn, Spanien (Huelva), der Kaukasus, Canada, Sardinien u. a. m.

Beispiele für die Zusammensetzung.

  • 1. Pyrolusit von Huelva. Wird auf dem französischen Eisenwerke Terrenoire sowie auf deutschen Eisenwerken verarbeitet (Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris im Jahre 1878, S. 75).
  • 2. Nassauisches Manganerz, in Hörde verarbeitet (Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 1, S. 196).
  • 3. Canadisches Eisenerz. Wie 2.
  • 4. Ungarisches Manganerz, auf Schmelzwerk Oláhpatak verarbeitet (Kerpely, Ungarns Eisensteine, S. 42).
  • 5. Ungarisches Manganerz aus dem Eisenburger Comitat (Kerpely, Ungarns Eisensteine, S. 42).

2. Die Zuschläge.

Zweck der Zuschläge ist, die den Erzen beigemengten sogenannten Gangarten d. h. fremden Gesteine in solcher Weise zu verschlacken, dass die Schmelztemperatur und chemische Beschaffenheit der Schlacke den Erfordernissen des Schmelzprocesses entspricht; mitunter auch, obschon in nur seltenen Fällen, die Menge der überhaupt entstehenden Schlacke, welche verschiedene Aufgaben beim Schmelzen des Eisens zu erfüllen hat, anzureichern.

Hieraus folgt schon von vorn herein, dass die Wahl der Zuschläge nicht nur von der Art des Schmelzprocesses, sondern auch vornehmlich von der Zusammensetzung der zur Verwendung stehenden Eisenerze abhängig sein muss.

Einem an Kieselsäure, beziehentlich Thonerde, reichen Erze wird man kalk - oder magnesiahaltige Zuschläge geben müssen. Dieser Fall ist der bei weitem häufigste und mindestens 90 Proc. aller Eisenwerke sind gezwungen, Zuschläge dieser Art zu verwenden. Man benutzt hierfür Kalkstein oder, sofern man auch den Magnesiagehalt anzu - reichern wünscht, oder sofern ökonomische Rücksichten es vortheilhaft erscheinen lassen, Dolomit.

173Die Zuschläge.

Die weite Verbreitung des Kalksteines in der Natur, welche in den meisten Gegenden die Möglichkeit für die billige Beschaffung grösserer Mengen desselben gewährt, bildet eine nicht unwichtige Unter - stützung der Eisenindustrie. Wenn man erwägt, dass manchen Erzen mehr als 40 Proc. ihres Eigengewichtes an Kalkstein zugeschlagen werden müssen, so wird man ermessen können, dass für die Dar - stellungskosten des Eisens der Preis jenes Zuschlagsmaterials nicht ohne Wichtigkeit ist.

Der Kalkstein (Calciumcarbonat Ca C O3) enthält im ganz reinen Zustande 56 Gewichtstheile Kalkerde und 44 Gewichtstheile Kohlensäure, so dass man, um 100 Thle. Kalkerde den Erzen zuzuführen, 178.6 Ge - wichtstheile des Carbonats verwenden muss. Da der Kalkzuschlag, wie erwähnt, vorzugsweise zur Verschlackung der Kieselsäure oder, richtiger, zur Herstellung eines bestimmten Verhältnisses zwischen Kieselsäure und Basen dienen soll, so verliert der Kalkstein um so mehr Werth als Zuschlagsmaterial, je reicher er selbst an Kieselsäure ist; denn nicht allein wird unmittelbar der Procentgehalt seines nutzbaren Bestand - theils dadurch abgemindert, sondern die von dem Kalkstein zugeführte Kieselsäure bindet auch wieder eine entsprechende Menge seines eigenen Kalkgehaltes und entzieht dieselbe dadurch ihrer eigentlichen Be - stimmung.

Versteinerungsreiche Kalksteine enthalten mitunter Phosphorsäure in grösseren Mengen und sind deshalb, wenn phosphorreine Eisensorten dargestellt werden sollen, nur mit Vorsicht zu verwenden; noch reicher an Phosphorsäure und zugleich reich an Kieselsäure und daher wenig brauchbar für Eisendarstellung ist sogenannter Kalktuff oder Wiesen - mergel.

Manche Kalksteine enthalten Schwefel - und Kupferkies, Bleiglanz, Galmei, Gips. Einige sind reich an Eisen und bilden, sofern ihre sonstige Zusammensetzung nicht ihre Verwendung für Eisendarstellung ausschliesst, die schon früher erwähnten Uebergänge zu den Eisenerzen.

Am werthvollsten für die Zwecke des Eisenhüttenmannes pflegt der krystallinisch körnige Kalkstein (Marmor) zu sein, weil er durch - schnittlich den grössten Gehalt an Kalk, den geringsten an schädlichen Bestandtheilen besitzt. Wo dieser nicht zu einem ausreichend billigen Preise zu erhalten ist, pflegt man einen möglichst reinen sogenannten dichten Kalkstein als Zuschlag zu verwenden, der aber mitunter durch eingeschlossene Reste von Thieren phosphorhaltig, auch nicht selten durch Thon oder Sand stark verunreinigt ist. Auch oolithischer Kalkstein, welcher jedoch ebenfalls etwas phosphorhaltig zu sein pflegt, wird an verschiedenen Orten als Zuschlag verschmolzen. Weniger häufige Verwendung für diesen Zweck findet die Kreide, theils wegen des Umstandes, dass ihr Auftreten an einzelne Gegenden gebunden ist (Dover, Rügen), theils auch wegen der eingeschlossenen Feuerstein - knollen und Thonlagen. Reiner Kreidekalk soll von Dover aus nach verschiedenen Eisenwerken Englands als Zuschlagsmaterial geliefert werden. 1)Percy-Wedding, Handbuch der Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 544; Preuss. Ztschr. f. Berg -, Hütten - und Salinenwesen 1866, S. 299.

174Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.

Wo man Magnesia neben Kalkerde in die Beschickung zu führen wünscht, schlägt man Dolomit zu, im reinen Zustande bekanntlich aus Calcium - und Magnesiumcarbonat in nicht immer gleichen gegen - seitigen Verhältnissen bestehend, durchschnittlich etwa 60 Thle. Cal - ciumcarbonat neben 40 Thln. Magnesiumcarbonat enthaltend. Derselbe tritt theils körnig, theils dicht auf; einige Dolomite enthalten als nach - theilige Beimengung grössere Mengen von Kieselsäure; auch Zinkblende, Arsenkies, Schwefelkies finden sich nicht selten.

Beispiele von der Zusammensetzung der Zuschlags - Kalksteine und Dolomite.

  • 1. Krystallinischer Kalkstein von Meissen. Auf Eisenwerk Gröditz verhüttet. Vom Verfasser untersucht.
  • 2. Ungarischer krystallinischer Kalkstein. Auf Eisenwerk Krompach verhüttet. Vom Verfasser untersucht.
  • 3. Kalkstein von Limburg a. d. Lenne, in Dortmunder Union verarbeitet (Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 1, S. 189).
  • 4. Dolomitischer Zuschlagskalkstein aus der Eiffel, in Eisenwerk Jünkerath ver - hüttet (Dürre, Anlage u. s. w., S. 191).
  • 5 Dolomitischer Zuschlagskalkstein von Ostrau in Sachsen. Auf Eisenwerk Gröditz verhüttet. Vom Verfasser untersucht.

Mitunter, jedoch nur in Ausnahmefällen, schlägt man wohl Fluss - spath an Stelle der Kalksteine oder neben denselben den Eisenerzen zu. Es wurde schon früher erwähnt, dass man durch Flussspathzusatz den Schmelzpunkt einer Schlacke zu erniedrigen vermöge. Wo also diese Aufgabe vorliegt, bildet derselbe ein zweckdienliches Mittel. Für den regelmässigen Gebrauch aber besitzt er zwei nachtheilige Eigen - schaften: erstens sein hoher Preis und zweitens die starke Abnutzung der Ofenwände durch flussspathhaltige Schlacken.

Nach Berthier’s Ansicht, welcher über die Einwirkung des Fluss - spaths auf Silikate und andere Verbindungen mehrfache Versuche an - stellte1)P. Berthier, Traité des essais etc. I, p. 480; mitgetheilt in Percy, Metal - lurgie 1. Bd., deutsch von Knapp, S. 47., beruht die durch den Zusatz desselben bewirkte Erniedrigung des Schmelzpunktes theils unmittelbar auf der Bildung von leichtflüssigen Doppelverbindungen (Silikaten und Fluoriden), theils auch auf Ver - flüchtigung eines Theils des in der Kieselsäure enthaltenen Siliciums als Siliciumfluorid und Anreicherung des Kalkgehaltes. Letzterer Vor -175Die Vorbereitungsarbeiten. Zerkleinerung.gang würde freilich nur dann eine Erniedrigung des Schmelzpunktes zur Folge haben können, wenn die Schlacke wegen allzu hohen Kiesel - säuregehaltes strengflüssig wäre, bei basischen Schlacken dagegen den entgegengesetzten Erfolg haben.

Verschiedene Erze, insbesondere Spatheisensteine, führen übrigens schon als natürliche Beimengung Flussspath in die Schlacke und be - sitzen aus diesem Grunde die Eigenschaft, leicht schmelzbare, dünn - flüssige Schlacken zu liefern.

Hat man Erze mit grossem Kalk - oder Magnesiagehalte zu ver - hütten, fehlt es also an Kieselsäure und Thonerde, so benutzt man mitunter Thonschiefer als Zuschlag, welcher beide Körper den Erzen zuführt. Die durchschnittliche Zusammensetzung des Thonschiefers lässt sich folgendermaassen annehmen:

In anderen Fällen wendet man Gabbro, Diabas, Granit an, um den Kieselsäure - und in geringeren Mengen den Thonerdegehalt anzu - reichern. Als typische Durchschnittswerthe der chemischen Zusammen - setzung dieser Gesteine lassen sich folgende annehmen:

3. Die Vorbereitungsarbeiten.

A. Die Zerkleinerung.

Für die erfolgreiche Verhüttung der Erze und Zuschläge ist es erforderlich, dass dieselben eine bestimmte, von der Art des Schmelz - processes abhängige Korngrösse besitzen.

Je kleiner die einzelnen Stücke sind, desto grösser ist das Ver - hältniss ihrer Oberfläche zu ihrem Rauminhalte, desto günstiger ge - staltet sich mithin die Wärmeabgabe an dieselben, desto zugänglicher sind sie den reducirenden Einflüssen. Wenn von diesem Gesichtspunkte aus eine möglichst weit getriebene Zerkleinerung der in Rede stehen - den Materialien unläugbar von Vortheil ist und eine Ersparung an Brennstoff und Reductionsmaterial mit sich bringt, so ist doch anderer - seits für die allzu starke Zerkleinerung eine Grenze durch den Um - stand gesteckt, dass die Gase des Schmelz -, beziehentlich Reductions - ofens, welche in den allermeisten Fällen, und zwar in jedem für diesen Zweck dienenden Schachtofen, ihren Weg durch die Anhäufung der Erze u. s. w. hindurch nehmen müssen, um so grössere Widerstände auf diesem Wege finden, je dichter jene auf einander liegen, d. h. je feinstückiger sie sind. Selbst wenn man durch grösseren mechanischen176Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.Arbeitsaufwand (durch Anwendung eines kräftigen Gebläses) jenen grösseren Widerstand überwinden und die Gase durch die Erzsäule hin - durchtreiben wollte, so wächst doch mit jenem Widerstande auch die Ungleichmässigkeit in der Bewegung der Gase, und auch aus diesem Grunde darf ein gewisses Maass bei der Zerkleinerung der Erz - und Zuschlagsstücke nicht überschritten werden.

Jene Gleichmässigkeit in der Bewegung der Gase durch die ange - häuften Erze u. s. w. hindurch wird nicht minder beeinträchtigt, wenn Stücke von sehr verschiedener Grösse zusammengehäuft sind. Es ist deshalb wünschenswerth, wenn auch praktisch nicht immer durchführ - bar, Erze u. s. w. von möglichst gleichartiger Korngrösse in einem und demselben Ofen zu verarbeiten.

Aus dem Gesagten folgt aber, dass die zweckmässigste Korngrösse der zur Verhüttung bestimmten Erze und Zuschläge von der Länge des Weges der Gase durch die Beschickungssäule hindurch, bei Schacht - öfen also von der Höhe des Ofens abhängig sein muss. Je niedriger der Ofen ist, desto stärker zerkleint man zweckmässigerweise die ein - zelnen Stücke. In den meisten Fällen dürfte Nuss - bis Faustgrösse die geeignetste sein; in grossen Kokshochöfen verarbeitet man allerdings mitunter Erzstücke von mehr als Kopfgrösse (obschon dieses Verfahren nicht gerade als nachahmungswerth empfohlen werden soll), und um - gekehrt ist man nicht selten gezwungen, auch natürlich vorkommende, fast pulverartige Erze manche Rasenerze, Bohnerze u. a. mit den anderen zu verhütten.

Alle jene Erze und Zuschläge, welche in übermässig grobstückigem Zustande von der Grube angeliefert werden, bedürfen also einer mecha - nischen Zerkleinerung auf der Hütte.

Selten geschieht diese Zerkleinerung von Hand durch Zerklopfen mit eisernen Hämmern. Das Verfahren hat allerdings den Vortheil, dass man hierbei arme oder durch schädliche Bestandtheile verunreinigte Stücke auslesen kann; ist aber kostspielig und würde bei nur einiger - maassen umfänglichem Betriebe die Anstellung einer grossen Arbeiter - reihe erforderlich machen.

Die Maschinen, welche man zur Zerkleinerung benutzt, sind folgende:

a. Pochwerke.

Dieselben bilden die älteste1)Sie stammen aus dem sechszehnten Jahrhunderte. 1507 wurde das erste Pochwerk im Erzgebirge durch Sigismund von Maltitz, 1524 das erste Poch - werk auf dem Harze durch Peter Philipp eingeführt (A. Gurlt, Bergbau - und Hüttenkunde, 2. Aufl., S. 104)., aber auch wenigstens für Eisenerze, welche nur bis zu einer bestimmten, nicht allzu kleinen Korngrösse zerkleinert werden dürfen die am wenigsten vollkommene Zer - kleinerungsvorrichtung. Während man andere Erze (Bleierze u. s. w.), welche stärker zerkleint werden, nass, d. h. unter Zufluss von Wasser zu pochen pflegt, um Verstäubung zu vermeiden, werden die Eisenerze, bei deren Zerkleinerung überhaupt kein Staub gebildet werden soll, nur trocken gepocht.

177Die Vorbereitungsarbeiten. Pochwerke.

Fig. 34 zeigt die übliche Einrichtung eines Eisensteinspochwerkes in 1 / 60 der wirklichen Grösse. 1)Nach Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde. Abth. 2, S. 521.Drei oder fünf hölzerne, in anderen Fällen gusseiserne oder auch schmiedeeiserne Pochstempel D D D tragen an ihrem unteren Ende die aus Gusseisen oder besser noch aus Gussstahl gefertigten Pochschuhe G G G, welche mit Zapfen in die Pochstempel (die an dem unteren Ende durch umgelegte eiserne Bänder gerüstet sind) eingesteckt und mit Keilen befestigt werden, so dass sie

Fig. 34.

ohne Schwierigkeit ausgewechselt werden können. In entsprechender Höhe oberhalb der Pochschuhe tragen die Pochstempel die Heblinge a a a, durchgesteckte, an der Rückseite um das erforderliche Maass vor - ragende Hölzer, an welchen die Stempel von den auf der Daumen - welle B angebrachten Hebedaumen ergriffen und angehoben werden, um dann bei weiterer Drehung der Welle wieder niederzufallen. DieLedebur, Handbuch. 12178Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.Vertheilung der Hebedaumen auf der Welle ist eine solche, dass der Anhub der Pochstempel in gleichmässiger Reihenfolge vor sich geht; von der Hubhöhe und dem Gewichte der letzteren ist natürlich die mechanische Wirkung jedes einzelnen Schlages abhängig. Stempeln der Eisensteinspochwerke pflegt man ca. 150 kg Gewicht und 20 cm Hub bei 60 Hüben per Minute zu geben. Es lässt sich hieraus unschwer die erforderliche Betriebskraft für den Betrieb berechnen, wobei man erfahrungsmässig den Nutzeffect des Pochwerkes = 0.75 zu setzen hat.

Die Pochstempel sind zwischen zwei Paar wagerechter Leit - hölzer F F geführt; diese werden an den Pochsäulen E E befestigt, welche an dem oberen Ende durch ein Querhaupt verbunden sind und mit diesem zusammen das Pochgerüst bilden.

Als Unterlage für die zu zerkleinernden Erze dient die starke gusseiserne Pochsohle H, gewöhnlich gitter - oder rostartig geformt, so dass die Erze, sobald die Zerkleinerung das erforderliche Maass erreicht hat, zwischen den Oeffnungen der Pochsohle hindurch in den Raum J J fallen, um hier entfernt zu werden.

Das abgebildete Pochwerk wird durch das Wasserrad A getrieben und die Daumen sitzen hier unmittelbar auf der Wasserradwelle B. Man pflegt dieselben aus Gusseisen zu fertigen und an einen Ring anzugiessen, welcher über die Welle geschoben wird. C ist eine Brems - scheibe mit Bremse, um das Pochwerk rasch zum Stillstand bringen zu können.

Ein Nachtheil der Pochwerke liegt in dem Umstande, dass, je dicker das unter dem Pochstempel befindliche Erzstück ist, desto ge - ringer die Fallhöhe und desto geringer also auch die Schlagwirkung ausfällt. Gerade die grösseren Stücke, welche kräftigere Schläge ver - tragen würden, ohne zu Mehl zerstampft zu werden, erhalten schwächere Schläge, die kleineren stärkere. Aus diesem Grunde ist es trotz der erwähnten Anwendung einer rostförmigen Pochsohle schwierig, Ungleich - förmigkeiten in der Korngrösse des zerkleinten Erzes ganz zu ver - meiden. Die Ausnutzung der mechanischen Arbeit ist ausserdem, wie sich schon aus dem oben mitgetheilten Coëfficienten ergiebt, eine ziem - lich ungünstige; man rechnet, dass ein Pochwerk per Pferdestärke der Betriebsmaschine in 12 stündiger Arbeit 3000 3500 kg Erz zu zer - kleinern im Stande sei, weniger, als bei den nachfolgend beschriebenen Zerkleinerungsmaschinen.

Aus diesen Gründen sind die vor dreissig Jahren noch ziemlich allgemein angewendeten Pochwerke in den Eisenhütten mehr und mehr verschwunden und haben zweckmässigeren Einrichtungen Platz gemacht. Nicht ohne einen gewissen Vortheil benutzt man sie jedoch auch jetzt noch in solchen Fällen, wo sehr harte Erze, die leicht eine Beschädi - gung des arbeitenden Theiles der Maschine herbeiführen, zerkleint werden sollen. Zwar erleiden auch die Pochschuhe eine allmähliche Abnutzung, welche von Zeit zu Zeit eine Ergänzung erforderlich macht; ihre Herstellungskosten aber sind verhältnissmässig unbedeutend, und die Härte der Erze kommt bei der Abnutzung der Pochschuhe weniger in Betracht als bei den betreffenden Theilen anderer Maschinen.

179Die Vorbereitungsarbeiten. Walzwerke.
b. Walzwerke.

Zwei gusseiserne horizontale Walzen mit glatten oder häufiger mit geriffelten Oberflächen, welche parallel neben einander in einem entsprechend eingerichteten Gerüste gelagert sind, werden durch Ge - triebe, deren Wellen durch einfache Kupplungen mit den verlängerten Walzenzapfen verbunden sind, und deren Zähne in gegenseitigem Ein - griffe stehen, in entgegengesetzte Drehung versetzt, so dass die zu zer - kleinernden Erze (Kohlen u. s. w.), welche von oben her auf die Walzen geschüttet werden, vermöge der Reibung zwischen ihnen hindurch ge - führt und dabei auf die dem Abstande der Walzenoberflächen von ein - ander entsprechende Korngrösse zerkleinert werden.

Die Anwendung geriffelter Walzen erleichtert hierbei die Mitnahme der aufgeschütteten Erzstücke; je stärker aber bei dem einmaligen Durchgange die Zerkleinerung, also auch der von den Erzen ausgeübte Widerstand ist, desto leichter sind die Riffeln (Cannelirungen) der Walzen selbst einer Beschädigung durch Abbrechen ausgesetzt. Aus diesem Grunde findet man nicht selten zwei Paar Walzen über einander an - geordnet; die oberen mit gröberen Riffeln und im weiteren Abstande von einander für die erste Zerkleinerung der aufgeschütteten Erze, die darunter befindlichen, feiner geriffelten und näher zusammengestellten für die letzte Zerkleinerung.

Um aber fernerhin eine Beschädigung der Walzen durch ausnahms - weise harte Stücke, welche dazwischen gerathen sollten, nach Möglich - keit zu vermeiden, pflegt man die Lager der einen Walze des Walzen - paares in horizontaler Richtung verschiebbar zu machen und mit einer Vorrichtung zu versehen, dass die Walze, wenn der Druck ein gewisses Maass übersteigt, ausweicht und nach beendigtem Durchgange wieder an ihre Stelle zurückkehrt.

Ein Eisensteinswalzwerk mit zwei Walzenpaaren, wie es auf ver - schiedenen Harzer und anderen Eisenhütten in Anwendung ist, ist in Fig. 35, S. 180 abgebildet. Zwei kräftig gebaute Gusseisenständer A dienen zum Tragen der Walzenlager. Von diesen sind die an der rechten Seite befindlichen in ihrer Lage festgehalten; die Lager an der linken Seite dagegen sind in Führungen der Ständer nach links verschiebbar, während diejenige Stellung derselben, welche dem normalen Abstande der Walzenoberflächen von einander entspricht, durch angegossene Vor - sprünge an den Ständern bezeichnet ist, über welche hinaus eine Ver - schiebung nach rechts nicht mehr möglich ist. In dieser Lage werden sie durch die mit Gegengewichten beschwerten Hebel b b festgehalten, deren kürzere Arme gegen die Bolzen c c und durch diese gegen die Lager drücken. Statt der, ihren Zweck übrigens vollständig erfüllen - den und nur etwas schwerfälligen Hebel mit Gegengewichten wendet man bei neueren Walzwerken auch wohl Gummibuffer zu demselben Zwecke an.

Damit die Verschiebung der Walzenlager ohne Gefahr für die Ge - triebezähne möglich sei, müssen die letzteren stark und mit breiter Theilung construirt sein.

Alles Weitere wird ohne Erläuterung verständlich sein. Die Erze werden von der in der Ebene der Oberkante der Ständer angebrachten12*180Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.Bühne aus, welche gewöhnlich vermittels einer schiefen Ebene von unten her zugänglich gemacht ist, durch den Trichter d zwischen die Walzen geschüttet.

Um die bei eintretender Abnutzung der Walzenoberflächen erfor - derliche Auswechselung weniger kostspielig zu machen, stellt man die Walzen aus zwei Theilen her, wie in der Abbildung erkennbar: einem äusseren, zum Auswechseln bestimmten Ringe aus hartem Gusseisen (am besten Hartguss) und dem Kerne, an dessen Verlängerung sich die Lauf - und Kupplungszapfen befinden. Beide Theile sind auf gleiche Durchmesser aus - beziehentlich abgedreht; bei der Befestigung erwärmt man den Ring etwas, so dass sein Durchmesser sich ein wenig ver - grössert, schiebt ihn über den Kern und befestigt ihn vollends mit

Fig. 35.

einem Keile, der, wie gewöhnlich, in eine entsprechende Nuth ein - geschoben wird.

Man pflegt den Walzen der Eisensteinswalzwerke 500 700 mm Durchmesser bei 500 900 mm Länge (excl. der Zapfen) und eine Umfangsgeschwindigkeit von 500 900 mm per Secunde zu geben. Die Leistungsfähigkeit der Walzwerke ist selbstverständlich von dem Härte - grade der Erze wie von dem Maasse der Zerkleinerung abhängig, immer - hin aber günstiger als bei Pochwerken. Durchschnittlich wird man per Pferdestärke der Betriebsmaschine in 12 stündiger Arbeit eine Leistung von 4000 kg zerkleinertem Erz veranschlagen können; Wedding führt als Beispiel an, dass ein von der Fabrik Humboldt in Kalk gebautes einpaariges Walzwerk mit ca. 700 mm starken Walzen bei 20 Um - drehungen per Minute in 12 Stunden 60000 kg Erz zerkleinere und dabei eines Arbeitsaufwandes von 15 Pferdestärken bedürfe.

Vor den Pochwerken haben die Walzwerke den Vortheil, dass die Korngrösse der in ihnen zerkleinerten Erze gleichmässiger und leichter regulirbar ist. Seit dem Anfange dieses Jahrhunderts, wo sie zuerst in181Die Vorbereitungsarbeiten. Erzquetschen.Cornwall für die Aufbereitung der Erze eingeführt wurden, haben sie daher gerade in den Eisenhütten jenes Vorzuges halber vielfach die Pochwerke verdrängt, bis sie in neuester Zeit wiederum selbst durch die sogleich zu besprechenden Steinbrecher in den Hintergrund ge - drängt wurden.

c. Erzquetschen oder Steinbrecher.

Diese im Jahre 1858 von dem Amerikaner Blake erfundenen Maschinen haben, nachdem die ihnen zuerst anhaftenden Mängel glück - lich beseitigt wurden, eine zunehmende Verbreitung gefunden und bilden jetzt auf den Eisenwerken die am häufigsten benutzten Zerkleine - rungsmaschinen für Erze und Zuschläge. Ihre Vorzüge gegenüber den bisher besprochenen Maschinen bestehen vornehmlich in einer geringen Raumbeanspruchung bei grosser Leistungsfähigkeit; den Pochwerken gegenüber zeichnen sie sich ausserdem durch grössere Gleichmässigkeit in der Korngrösse der zerkleinten Körper und Leichtregulirbarkeit dieser Korngrösse vortheilhaft aus.

Fig. 36 und 37 zeigen die Einrichtung einer solchen verbesserten Erzquetsche, von der Georgs-Marienhütte gebaut und dort zum Zer - kleinern der Erze für den Hochofenbetrieb benutzt. 1)Ztschr. d. Ingenieur - u. Architekten-Vereins für Hannover, Bd. XVII, S. 319.Der arbeitende Theil derselben besteht aus einer festen und einer beweglichen Backe c und d, aus Hartguss oder Gussstahl gefertigt und mit geriffelter Ober - fläche versehen. Die feste Backe ist in der Giebelwand des kräftigen gusseisernen Rahmens, welcher zum Tragen sämmtlicher Theile der Maschine dient, eingesetzt und mit Keilen befestigt; die Backe d ist in ähnlicher Weise in einer starken Gusseisenplatte befestigt, welche pendel - artig um die Achse C schwingt und auf diese Weise bei ihrer Hin - und Herbewegung die Backen in rascher Aufeinanderfolge abwechselnd einander nähert und von einander entfernt. Die von oben zwischen die Backen geworfenen Erzstücke rücken hierbei immer tiefer und werden zu einer dem Abstande der Backen von einander an der engsten Stelle entsprechenden Korngrösse zerdrückt. Zur Hervorbringung dieser Bewegung ist in der Mitte der Maschine die von einer Riemenscheibe aus angetriebene, mit zwei Schwungrädern versehene gekröpfte Welle A gelagert, welche die an ihrer Kröpfung angreifende Zugstange a in auf - und abgehende Bewegung versetzt. Hierdurch wird der aus zwei starken Eisenplatten gebildete Kniehebel f f abwechselnd gebeugt und gestreckt und ertheilt hierbei, wie aus Fig. 36 unschwer zu erkennen ist, der Backe d die beschriebene Bewegung. Zur grösseren Sicherung der - selben ist die erwähnte Backe an ihrer Rückseite an eine bufferartige, ebenfalls in der Abbildung erkennbare Vorrichtung angeschlossen, welche den Hub der Backe begrenzt und sie rasch zurückführt, somit ver - hindert, dass der nur lose eingesetzte Hebel zwischen Backe und Zug - stange herausfalle.

Durch Einsetzen verschieden langer Hebel lassen sich verschiedene Korngrössen erzielen; innerhalb gewisser Grenzen jedoch ist die Korn - grösse auch ohne Hebelauswechselung durch Verschiebung des an einer182Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.Schraube aufgehängten Keilstücks e regulirbar, wie ohne besondere Erläuterung leicht verständlich sein wird.

Die abgebildete Maschine ist mit Rädern versehen, um ohne Schwierigkeit transportirt werden zu können; an dem Orte ihrer Ver - wendung wird sie in irgend einer Weise befestigt und die an den Rahmen seitlich angegossenen Laschen ermöglichen die Verschraubung auf einem entsprechend hergestellten Fundamente.

Fig. 36.
Fig. 37.

Man giebt den Erzquetschen ca. 200 Hübe per Minute und kann nach Wedding rechnen, dass mit einem Arbeitsaufwande von 5 10 Pferdestärken in 12 Stunden durchschnittlich 60000 kg Erz zerkleint werden. Bei weniger harten Erzen ist die Leistung noch grösser. Die abgebildete Georgs-Marienhütter Maschine zerkleint mit einem Arbeits - aufwande von 3 4 Pferdestärken 10000 kg Spatheisenstein und Kalk in etwa Stunden auf Faust - bis Eigrösse.

183Die Vorbereitungsarbeiten. Das Waschen.

B. Das Waschen.

Mitunter, wenn auch nicht gerade häufig, unterwirft man die Erze einem Waschprocesse, um sie eines Theiles ihrer fremden Beimengungen, insbesondere des anhaftenden Thones und Sandes zu befreien. Vor - zugsweise sind es die mit Thon durchsetzten Bohnerze, welche in dieser Weise behandelt werden.

Das Verfahren beruht im Wesentlichen auf denselben Vorgängen wie das Waschen der Steinkohlen (S. 53), d. h. auf der verschiedenen Geschwindigkeit, welche verschieden schwere Körper beim Falle in ruhig stehendem oder bei der Bewegung in fliessendem Wasser anneh - men; während aber bei den Steinkohlenwäschen die nutzbaren Körper die leichteren, die schädlichen Körper die schwereren Bestandtheile des Gemisches sind, tritt bei dem Waschen der Erze der umgekehrte Fall ein: die Erze sind specifisch schwerer, die thonigen und sandigen Körper leichter und, was in diesem Falle noch die Trennung erleichtert, auch durchschnittlich von geringerer Korngrösse.

Eine Classirung der Erze nach der Korngrösse vor dem Waschen, welche aus früher erörterten Gründen in den Steinkohlenwäschen un - umgänglich ist, pflegt deshalb bei den Eisenerzwäschen entbehrlich zu sein; das ganze Verfahren ist schon aus dem Grunde gewöhnlich ein - facher als dort, weil eine so gründliche Sonderung der Erze von den Gangbestandtheilen überhaupt nicht erforderlich ist.

Die einfachste Vorrichtung zum Waschen besteht aus Gerinnen (Gräben) mit einer Neigung von 5 10 Grad gegen die Horizontale, in welchen die Erze der Einwirkung fliessenden Wassers ausgesetzt und durch eine Reihe am Rande des Grabens aufgestellter Arbeiter mit Krücken dem Strome wiederholt entgegengeführt werden. Nach Rittinger1)Lehrbuch der Aufbereitungskunde, S. 232. soll man den aus Holz gezimmerten Gerinnen ca. 0.65 m Breite, 0.30 m Tiefe und 2.5 3.75 m Länge bei einer Neigung von höchstens 18 mm auf 1 m Länge geben. Zweckmässig kann es sein, in diesen Gerinnen einzelne quer durchgehende Schwellen anzuordnen, hinter welchen das Wasser und Erz sich stauen; die obere Seite der Schwelle wird abgeschrägt, so dass sie nach rückwärts gegen den Boden des Gerinnes sich als schiefe Ebene ansetzt und die Schwelle drei - seitigen Querschnitt erhält. Das Wasser mit den Schlammtheilchen lässt man in die wilde Fluth ablaufen, die Erze werden nach beendigter Wäsche mit siebartig durchlochten Schaufeln ausgeschöpft. Bei einem Verbrauche von ¼ ½ cbm Wasser per Minute und per Gerinne beträgt die Menge des gewaschenen Erzes bis zu 10000 kg per Stunde, sofern es nicht an Arbeitskräften fehlt.

Bei den hohen Arbeitslöhnen jedoch, welche ein derartiges Ver - fahren erheischt, wendet man, wo das Waschen in grösserem Umfange durchgeführt werden soll, maschinelle Vorrichtungen dafür an.

Mitunter benutzt man halbcylindrische Tröge, in welchen eine Schraube mit horizontaler Achse sich dreht und das an einem Ende eingeschüttete Erz vorwärts schiebt, dabei vermöge der stattfindenden Reibung Sand, Thon und dergl. ablösend, während ein Wasserstrom184Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.in entgegengesetzter Richtung eingeführt wird und den Schlamm fortführt. 1)Annales des mines, 1864, 4. livr.

Häufiger und auch wohl vollkommener in ihrer Wirkung sind rotirende Trommeln aus Eisenblech. In ihrer äusseren Form sind sie den früher beschriebenen Classirtrommeln für Steinkohlenaufbereitung ähnlich und, wie diese, cylindrisch oder conisch, wobei die Vorwärts - bewegung des Erzes entweder durch spiralförmig an der Innenwand angebrachte Gänge aus Winkeleisen oder durch die geneigte Richtung der Trommelwand hervorgerufen wird; sie sind aber, da sie nicht zur Classirung verschiedener Korngrössen dienen sollen, sondern nur dazu bestimmt sind, bei ihrer Umdrehung die Erze in stetige Reibung unter sich wie mit dem eingeleiteten Wasser zu bringen, entweder gar nicht oder nur so weit gelocht, als zur Ableitung des schlammhaltigen Wassers erforderlich ist. Das Wasser wird in den meisten Fällen in umgekehrter Richtung als die Erze zu - und abgeleitet. Die Stirnflächen der Trom - meln sind so weit geschlossen, als erforderlich ist, die nöthige Wasser - menge in der Trommel zu erhalten.

Die Einrichtung der Eisenerz-Waschtrommeln im Besondern zeigt mannigfache Abweichungen. Eine ziemlich einfache derartige Wasch - vorrichtung, welche nach Kerpely’s Bericht über die Weltausstellung zu Paris im Jahre 1878 von Austruy construirt wurde und auf dem Eisen - werke zu Cuzon, Departement Lot-et-Garonne, mit gutem Erfolge sich im Betriebe befindet, ist in Fig. 38 abgebildet. 2)Die Zeichnung ist ursprünglich der Oesterr. Zeitschr. für Berg - und Hütten - wesen entnommen.Die conische, an dem

Fig. 38.

weiteren Ende mit einem cylindrischen Ansatze B versehene Trommel A ist auf der geneigten Achse a befestigt; die Neigung der letzteren ist eine solche, dass das Erz, welches aus dem Fülltrichter C bei B in die Trommel eintritt, auf dem schwach ansteigenden Boden der letzteren langsam vermöge seines eigenen Schubes nach dem entgegengesetzten Ende fortgleitet, während das Wasser, welches in einem regulirbaren Strome durch das Rohr v zutritt, den umgekehrten Weg nimmt und schliesslich sammt den mitgenommenen Thon - und Sandtheilchen über den Rand der Trommel bei D abfliesst. Acht Sieböffnungen c c an dem185Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten.engeren Ende der Trommel dienen dazu, schon hier einen Theil des Wassers mit den letzten, den Erzen noch anhaftenden Schlammtheilchen abzuführen und hierdurch die Reinigung der nachrückenden Erze zu erleichtern. Die regelmässige Zuführung der Erze wird durch eine in der Abbildung angedeutete Rüttelvorrichtung unter dem Fülltrichter C bewirkt; die gewaschenen Erze stürzen durch die Lutte E in bereit stehende Wagen. Die Bewegung der Trommel erfolgt durch einen am Anfange derselben befestigten Zahnkranz h von einem an der Trans - missionswelle befindlichen Getriebe g aus.

Die Leistung einer solchen Waschtrommel soll 10000 kg Roherz per Stunde betragen, wobei das Erz etwa 10 Minuten in der Trommel verweilt; der erforderliche mechanische Arbeitsverbrauch incl. des An - hebens des gewaschenen Erzes auf eine Höhe von 10 m sechs Pferde - kräfte. 1)Eine ausführliche Beschreibung nebst Abbildungen einer grösseren Erzwäsche, von der Fabrik Humboldt (vormals Sievers & Co. in Kalk bei Deutz) gebaut, enthält Percy-Wedding, Handbuch der Eisenhüttenkunde, Abth. 2, S. 512 ff. ; fernere Abbildungen von Eisenerzwäschen: Dürre, Anlage und Betrieb der Eisen - hütten, Bd. 1, Taf. XXXVIII, XXXIX und XL.

Die Kosten des Waschens der Erze werden sich dem abweichenden Gehalte an fremden Körpern wie den abweichenden benutzten Ein - richtungen entsprechend verschieden hoch beziffern. Wedding giebt als Beispiel die Kostenberechnung einer Wäsche auf der Königl. Eisen - steinsgrube zu Mardorf in Hessen in den Jahren 1867 1869, wobei sich ein durchschnittlicher Kostenaufwand von 7.8 Pf. per Centner (50 kg) gewaschenen Erzes (Bohnerzes) ergiebt (also 1.56 Mark per Tonne); auf französischen Wäschen sollen einer von Dürre aus einem französischen Werke entnommenen Notiz zufolge die Kosten für Eisenerze nur 0.16 Mark per Tonne betragen2)Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 1, S. 158., eine Angabe, welche so niedrig ge - griffen erscheint, dass man an einen Druckfehler zu glauben versucht ist.

C. Das Rösten.

a. Allgemeines.

Rösten der Erze nennt man eine vorbereitende Erhitzung der Erze ohne eigentliche Schmelzung. Im geschmolzenen Zustande der Erze würden chemische Einwirkungen der Bestandtheile auf einander statt - finden, welche beim Rösten nicht beabsichtigt sind und die spätere Verhüttung erschweren würden. Es würde eine Verschlackung der Eisenoxyde mit den fremden Bestandtheilen eintreten und die Erze würden durch diesen Vorgang an Reducirbarkeit verlieren, wie ja alle eisenhaltigen Schlacken schwieriger reducirbar sind, als die freien Eisenoxyde.

Aus diesem Grunde ist es beim Rösten der Eisenerze Regel, die Temperatur auch nicht einmal bis zum Sintern der Erze, d. h. beginnenden Zusammenbacken, zu steigern; Ausnahmen von dieser Regel kommen allerdings vor und sind durch besondere, später zu erörternde, Gründe gerechtfertigt.

186Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.

Der Zweck des Röstens kann ein verschiedener sein.

In einzelnen Fällen, wenn auch verhältnissmässig selten, beab - sichtigt man eine Auflockerung harter und dichter Erze durch die Temperaturveränderungen, also durch rein physikalische Einflüsse herbeizuführen. Es entstehen Risse und Spalten in den Erzstücken, das Erz wird mürbe, lässt sich weit leichter zerkleinern und ist den Einflüssen reducirender Gase leichter zugänglich. Der beabsichtigte Erfolg des Röstens wird in diesem Falle erleichtert, wenn man das noch heisse Erz mit kaltem Wasser ablöscht.

Häufiger beabsichtigt man, durch die Röstung eine Zersetzung gewisser chemischer Verbindungen, sei es der Erze selbst oder der fremden Beimengungen derselben, unter Ver - flüchtigung nachtheiliger Bestandtheile zu bewirken.

Unter den Erzen selbst treten uns als solche zersetzbare Ver - bindungen zunächst die Hydrate (Brauneisenerze) und Carbonate (Spath - eisensteine) entgegen. Brauneisenerze werden unter Abgabe ihres Wassergehaltes in Eisenoxyde, wirkliche Rotheisenerze, umgewandelt; Spatheisensteine und Sphärosiderite entlassen bei der Zersetzung ein Gemisch von Kohlensäure und Kohlenoxyd und hinterbleiben als Eisen - sauerstoffverbindungen, deren Sauerstoffgehalt in jedem Falle höher ist als der des Eisenoxyduls Fe O, jedoch nach der Höhe der angewendeten Temperatur und den sonstigen bei der Zersetzung thätigen Einflüssen Abweichungen zeigt, so dass ihre Zusammensetzung zwischen Fe6 O7 und Fe2 O3 schwanken kann. 1)Das Oxyd Fe2 O3 entsteht allerdings nur, wenn zugleich freier Sauerstoff Zutritt hat.

Auch kohlensäurehaltige Zuschläge Kalksteine und Dolomite werden durch Röstung zersetzt und es hinterbleiben die einfachen Oxyde.

Die Erfahrung hat jedoch im Laufe der Jahre gelehrt, dass jene Austreibung von Wasser und Kohlensäure aus den Erzen und Zu - schlägen durch vorausgehende Röstung nicht immer diejenigen Vortheile bei der nachfolgenden Verhüttung gewährt, als man früher, noch in der Mitte dieses Jahrhunderts, allgemein annahm. Die Ursachen dafür werden bei der Besprechung der Processe selbst, insbesondere des Hoch - ofenprocesses, verständlich werden. Insbesondere hat sich die Zersetzung der Hydrate vor der Verhüttung als vollständig erfolglos erwiesen. Deshalb sieht man jetzt ziemlich allgemein von der Röstung der Braun - eisenerze ab, sofern nicht andere Gründe dafür vorliegen.

Ebenso ist die Röstung von Kalksteinen und Dolomiten, welche als Zuschläge für die Verhüttung von Erzen im Hochofen bestimmt sind, nicht im Stande, einen wirklichen Nutzen hervorzurufen. Nur bei einem in neuester Zeit eingeführten Processe, bei welchem zur Bildung basischer Schlacken Kalk zu geschmolzenem Eisen gesetzt werden muss dem basischen Bessemerprocesse oder Thomasprocesse ist eine vorausgehende Röstung des Kalksteins erforderlich, damit nicht durch die starke Wärmebindung beim Zerlegen der Carbonate eine Ab - kühlung des geschmolzenen Eisens herbeigeführt werde.

Spatheisenerze und Sphärosiderite werden, wenn auch nicht sämmt - lich, so doch zum grossen Theile vor der Verhüttung geröstet. Die zur187Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten.Zersetzung der Carbonate erforderliche Temperatur ca. 800°C. ist höher als diejenige, bei welcher die Reduction des gerösteten Erzes beginnt, so dass aus diesem Grunde die spätere Reduction des Erzes durch die Röstung erleichtert wird; ausserdem aber wirkt aus sogleich zu erörternden Gründen auch die bei oxydirender Röstung stattfindende Umwandlung in Eisenoxyd günstig auf die Reducirbarkeit des Erzes.

Manganerze mit reichem Sauerstoffgehalte jene oben besproche - nen Braunsteine oder Pyrolusite entlassen bei starker Röstung einen Theil ihres Sauerstoffgehaltes und wandeln sich in Manganoxydoxydul Mn3 O4 um. Letzteres ist leichter verarbeitbar als jene, und diese Desoxydation durch Röstung wirkt daher förderlich auf die Verhüttung. Erleichtert wird dieselbe durch reducirende Atmosphäre (Kohlenoxydgas) beim Rösten.

Unter jenen Körpern, welche aus den fremden Gemengtheilen der Erze durch Röstung sich austreiben lassen, ist der wichtigste der Schwefel.

Als schwefelhaltige Beimengung der Eisenerze tritt uns vorzugs - weise häufig der Schwefelkies (Fe S2) entgegen; auch nicht selten der chemisch ebenso als jener zusammengesetzte Strahlkies oder Markasit; ferner Magnetkies (Fe8 S9), Kupferkies (Cu Fe S2), Arsenkies (Fe S As), Zinkblende (Zn S), Bleiglanz (Pb S). Besonders reich an diesen schwefel - haltigen Mineralien pflegen Magneteisenerze und Spatheisensteine zu sein. Das Verhalten des Schwefels beim Rösten aber kann ein verschiedenes sein, je nachdem er in dieser oder jener Verbindung auftritt.

Schwefelkies und Strahlkies werden schon in niedriger Temperatur zersetzt, indem annähernd die Hälfte Schwefel verflüchtigt wird (bei Luftzutritt zu schwefliger Säure verbrennend, bei Abschluss der Luft als Schwefeldampf entweichend) und eine Verbindung zurückbleibt, deren Zusammensetzung ungefähr der des Magnetkieses entspricht. Durch ein - fache Erhitzung ohne Luftzutritt ist nun diese niedrigere Schweflungs - stufe des Eisens nicht mehr zersetzbar. Hat jedoch der atmosphärische Sauerstoff Zutritt zu dem glühenden Schwefeleisen, so verbrennt ein weiterer Theil des Schwefels, um als schweflige Säure sich zu ver - flüchtigen; der Rest bildet zunächst mit dem übrig gebliebenen Eisen Ferrosulfat (Eisenvitriol), welches jedoch schon in Rothgluth ebenfalls zerlegt wird. Ein Theil des Sauerstoffs der Schwefelsäure wird zur Höheroxydation des Eisens benutzt, basisch schwefelsaures Eisenoxyd wird gebildet und schweflige Säure verflüchtigt; bei noch weiterer Steigerung der Temperatur wird auch dieses basische Eisensalz zerlegt, Schwefelsäure wird ausgetrieben und Eisenoxyd bleibt zurück.

Da bei dem beschriebenen Verlaufe des Zersetzungsprocesses aus dem Schwefelkies beziehentlich Strahlkies zuerst Magnetkies entsteht, so folgt von selbst, dass dieser, wo er natürlich auftritt, sich beim Rösten auch ebenso wie jener verhalten, d. h. bei ausreichendem Luftzutritt und ausreichend hoher Temperatur sich in Eisenoxyd umwandeln und seinen Schwefelgehalt abgeben wird. Theoretisch ist also durch eine entsprechend geleitete Röstung eine vollständige Entschwefelung der Eisenerze möglich, wenn deren Schwefelgehalt auf dem Vorkommen der erwähnten drei Mineralien beruht. In der Wirklichkeit wird diesem Vor - gange allerdings durch den Umstand ein Ziel gesteckt, dass zu dem188Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.Schwefelgehalte, der im Innern der Erzstücke eingeschlossen ist, die Luft immerhin nur beschränkten Zutritt erhält. Eine Zersetzung und Entschweflung dieser im Innern dichter Erzstücke eingeschlossenen Kiese ist jedoch ebenfalls möglich, wenn die Temperatur sehr hoch, d. h. bis zum Sintern der Erze gesteigert wird. Das Erz selbst dient dann ver - möge seines Sauerstoffgehaltes als Oxydationsmittel für den Schwefel; ein anderer Theil des bei der Erhitzung in jedem Falle zuerst ent - stehenden Einfachschwefeleisens schmilzt, saigert aus dem hocherhitzten Erzstücke aus und wird an der Oberfläche desselben dann ebenfalls oxydirt. 1)Jern-Kontorets Annaler 1829, p. 452; R. Åkerman, Om jernmalmers rostning, p. 28.

Kupferkies wird ohne Luftzutritt nicht zerlegt; durch oxydirende Röstung dagegen entstehen schwefelsaure Salze, welche in Wasser lös - lich sind, in sehr hoher Temperatur aber unter Hinterlassung der Oxyde und Austreibung der Schwefelsäure zersetzt werden.

Arsenkies entlässt schon in dunkler Rothgluth einen Theil seines Schwefel - und Arsengehaltes als Schwefelarsen; in höherer Temperatur und unter Luftzutritt entsteht zunächst schwefelsaures und arsensaures Eisen, welches ersteres wie bei der Schwefelkiesröstung zerlegt wird, wäh - rend das letztere unzersetzbar ist. Ein Theil des Arsens bleibt also bei dem Eisen zurück; das verflüchtigte Arsen, dessen Anwesenheit beim Rösten arsenhaltiger Erze sich gewöhnlich durch den bekannten knob - lauchartigen Geruch deutlich verräth, wird bei Luftzutritt ganz oder theilweise zu Arsenigsäureanhydrid verbrannt.

Zinkblende bildet beim Rösten unter Luftzutritt Zinkoxyd neben Zinksulfat; letzteres aber ist durch Erhitzung nur in sehr hoher Tempe - ratur zerlegbar. Seine Leichtlöslichkeit in Wasser giebt trotzdem ein Mittel an die Hand, es nach vollbrachter Röstung aus den Erzen zu entfernen.

Bleiglanz entlässt bei Luftzutritt schon in niedriger Temperatur einen Theil seines Schwefels als schweflige Säure; ein anderer Theil desselben bildet mit dem entstehenden Bleioxyd schwefelsaures Salz, welches wie das Zinksulfat einer sehr hohen Temperatur zur Zerlegung bedarf, dagegen nicht, wie dieses, in Wasser löslich ist.

Aus dem geschilderten Verhalten der verschiedenen in den Erzen auftretenden Schwefelverbindungen ergiebt sich, dass in jedem Falle ein grosser Theil des Schwefels durch Röstung der Erze ausgetrieben werden kann; dass die Ent - schweflung, in welcher Verbindung der Schwefel auftreten möge, um so vollständiger sein wird, je kleiner die Erz - stücke sind, je stärker der Luftzutritt und je höher die Temperatur beim Rösten ist; und dass in vielen Fällen die Wirkung des Röstens durch eine nachfolgende Behandlung des Erzes mit Wasser zum Ausziehen der gebildeten lös - lichen Sulfate wesentlich unterstützt werden kann.

Die in früheren Jahren verschiedentlich vorgeschlagene und ver - suchsweise durchgeführte Anwendung von Wasserdampf beim Rösten189Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten.zur vollständigeren Zerlegung der anwesenden Schwefelmetalle hat einen praktischen Erfolg nicht gehabt. Wenn auch die chemische Ein - wirkung des Wasserdampfes nicht zu läugnen ist, so ist doch die Ent - schweflung nicht vollständiger, als sie auch durch stark oxydirende Röstung ohne Wasserdampf zu erreichen ist, die Kosten des Verfahrens aber sind natürlich entsprechend höher.

Ausser in den genannten Schwefelmetallen findet sich Schwefel mitunter in natürlich vorkommenden, mit den Erzen verwachsenen Sul - faten, vornehmlich Gips, Anhydrit, Schwerspath. Eine Zerlegung der - selben durch die beim Rösten erreichbare Temperatur ist nicht möglich; eine Abminderung des in dieser Form auftretenden Schwefelgehaltes (der übrigens von vorn herein geringere Bedeutung besitzt als in den zuvor besprochenen Fällen) durch Röstung also auch nicht zu erreichen. Aus demselben Grunde wirkt auch die Anwesenheit von Kalkspath neben Zinkblende u. s. w. nachtheilig. Es entsteht Calciumsulfat, welches nicht mehr zersetzt wird und auch im Wasser sich schwierig löst.

Ein dritter Zweck der Röstung ist die Höheroxydation eisen - oxydulhaltiger Erze. Diese Erze sind Spatheisensteine, Sphäro - siderite und Magneteisensteine. Die Erfahrung lehrt und durch wissen - schaftliche Versuche ist es unzweifelhaft festgestellt worden1)Vergl. die unter Literatur erwähnte Abhandlung von H. Tholander., dass das Eisenoxyd Fe2 O3 reducirenden Einflüssen, insbesondere den Einflüssen reducirender Gase, leichter zugänglich ist als die niedrigeren Oxydations - stufen des Eisens, ganz besonders auch als das Oxyduloxyd, wie es uns im Magneteisenerze entgegentritt.

Dass Spatheisensteine und Sphärosiderite schon bei einfacher Röstung ohne Luftzutritt sich in Oxyduloxyde mit abweichendem Sauerstoff - gehalte umwandeln, wurde bereits erwähnt; bei Röstung in oxydirender Atmosphäre gehen sie schliesslich mehr oder minder vollständig in wirk - liches Eisenoxyd, durch die rothe Farbe deutlich gekennzeichnet, über.

Magneteisenerze erfordern, um in Eisenoxyd umgewandelt zu wer - den, einer längeren Einwirkung oxydirender Gase als die erwähnten Carbonate. Eine ganz vollständige Umwandlung in Oxyd wird bei jenen wie bei diesen Erzen in der Praxis kaum jemals zu erreichen sein, da immerhin die inneren Theile der Erzstücke der Einwirkung der oxy - direnden Einflüsse nur unvollständig ausgesetzt sind; je mehr Ober - fläche die Erzstücke darbieten, je kleiner also die einzelnen Stücke sind, je anhaltender die Erhitzung ist und mit je reichlicherem Luft - zutritte dieselbe vor sich geht, desto mehr wird man sich jenem Ziele der vollständigen Umwandlung des Oxyduls in Oxyd nähern.

Selbst eisenreiche Schlacken (Frischschlacken, Schweissofenschlacken), deren Eisengehalt theils als Oxyd, zum grösseren Theile aber als Oxydul zugegen zu sein pflegt und welche nicht selten neben den Erzen als Material zur Eisendarstellung benutzt werden, lassen sich durch oxy - dirende Röstung höher oxydiren. Nach Tholander’s Versuchen tritt hierbei eine förmliche Zerlegung derselben unter Ausscheidung von Kieselsäure ein, und ihre Reductionsfähigkeit wird durch diesen Vorgang bedeutend erhöht. Die Zeitdauer für diese Höheroxydation der Silikate190Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.aber ist erheblich länger, der ganze Process schwieriger durchführbar als bei den eigentlichen Erzen; und hierin liegt wohl der Grund, wes - halb man von der Röstung der Schlacken, obgleich deren erfolg - reiche Durchführung die Verhüttung erheblich erleichtern würde, doch in der Praxis nur ausnahmsweise Gebrauch macht.

Aus den bisherigen Ausführungen erklärt es sich zur Genüge, dass nur ein Theil der gesammten Erze, und zwar der kleinere Theil derselben, einer Röstung vor der Verhüttung unterworfen wird. Nicht allein die Beschaffenheit des Erzes selbst wie seiner Beimengungen, auch die Art des Verhüttungsprocesses ist hierbei maassgebend.

In den allermeisten Fällen werden die Erze im Hochofen auf Roh - eisen verarbeitet. Wird hierbei eine basische, insbesondere kalkerde - reiche Schlacke gebildet, wie es bei dem Betriebe mit Koks oder mine - ralischen Brennstoffen im Allgemeinen der Fall zu sein pflegt, so besitzt dieselbe die Fähigkeit, den Schwefel der Erze aufzunehmen; für das erfolgende Roheisen also wird derselbe unschädlich, sofern nicht die Erze eine ungewöhnlich grosse Menge von Kiesen u. s. w. enthalten. Entsteht aber, wie in den meisten mit Holzkohlen betriebenen Hoch - öfen, eine kieselsäurereichere, kalkerdeärmere Schlacke (Bi - bis Tri - silikat), so geht ein grosser Theil des anwesenden Schwefels an das Eisen und benachtheiligt dessen Eigenschaften. In diesem Falle würde demnach eine Röstung schwefelreicher Erze nicht allein zweckmässig sondern sogar nothwendig sein, wenn brauchbares Eisen daraus dar - gestellt werden soll.

Rotheisenerze werden nur ausnahmsweise geröstet, wenn ent - weder ein grosser Schwefelgehalt ausgetrieben werden oder eine mürbere Beschaffenheit der Erze hervorgerufen werden soll.

Brauneisenerze werden, wie schon erwähnt wurde, auch nur in denselben Ausnahmefällen wie die Rotheisenerze der Röstung unter - zogen, nachdem die bei der Röstung stattfindende Austreibung ihres Wassergehaltes sich als nutzlos für die spätere Verhüttung gezeigt hat.

Spatheisensteine und Sphärosiderite (sowie Kohleneisen - steine und verwandte Erzsorten) werden der Regel nach geröstet, um in Eisenoxyd umgewandelt zu werden, theilweise auch zur Austreibung ihres mitunter nicht unbeträchtlichen Schwefelgehaltes. Für Darstellung gewisser Eisensorten pflegt man allerdings neben den gerösteten Erzen auch kleinere oder grössere Mengen ungeröstete derselben Gattung mit zu verhütten.

Magneteisenerze werden fast ohne Ausnahme zur Höheroxy - dation geröstet.

Manganerze werden mitunter zur Abminderung ihres Sauerstoff - gehaltes geröstet. Je höher derselbe ist, desto zweckmässiger ist die Röstung.

Zuschlagskalksteine und Dolomite werden, sofern sie für den Hochofenbetrieb bestimmt sind, selten, für den basischen Bessemer - betrieb dagegen regelmässig geröstet (gebrannt).

191Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten.

Eisenreiche Schlacken, sofern sie als Material für den Hoch - ofenbetrieb bestimmt sind, werden in Rücksicht auf die oben erwähnte Schwierigkeit der Erlangung eines Erfolges, d. h. einer durchgreifenden Höheroxydation, nur ausnahmsweise geröstet.

Da bei der Röstung aller derjenigen Erze, bei welchen entweder eine Entschweflung oder eine Höheroxydation beabsichtigt wird, der Zweck nur erreicht werden kann, wenn eine genügende Menge freien Sauerstoffes während des Röstens Zutritt findet, in den selteneren Fällen aber, wo Eisenerze oder Zuschläge aus anderen Gründen geröstet werden, jener Zutritt der Luft wenigstens nicht nachtheilig auf den Erfolg einwirkt1)Nachtheilig kann ein unnöthig grosser Luftüberschuss auf den Brennstoff - verbrauch einwirken, indem er von der gesammten entwickelten Wärme einen Theil für die eigene Erhitzung beansprucht und dadurch die Temperatur herabdrückt., so pflegt man die Röstung der Eisenerze und Zu - schläge stets in oxydirender Atmosphäre vorzunehmen.

Nur beim Rösten von sauerstoffreichen Manganerzen würde, wie erwähnt, die beabsichtigte Umwandlung derselben in Manganoxyd durch eine Röstung in reducirender Atmosphäre nicht unerheblich erleichtert werden.

Die am zweckmässigsten anzuwendende Temperatur beim Rösten muss von der Beschaffenheit der Erze abhängig sein.

Je leichter die Erze mit den beigemengten Gangarten verschlacken, desto niedriger muss die Rösttemperatur gehalten werden. Erze, welche mit Quarz fein durchwachsen sind, ertragen deshalb durchschnittlich geringere Temperaturen als quarzfreie.

Eisenoxyd und Kalk schmelzen in hoher Temperatur zu einer weniger leicht reducirbaren Verbindung als das reine Eisenoxyd zusam - men. 2)Vergl. Tholander’s erwähnte Abhandlung, S. 118.Es folgt hieraus, dass auch für kalkige Rotheisenerze, sofern diese ausnahmsweise dem Röstprocesse unterworfen würden, eine allzu hohe Temperatur nachtheilig sein würde.

Jene Höheroxydation der Carbonate und Magnetite aber, welche in den allermeisten Fällen der Hauptzweck der Röstung ist, wird voll - ständiger durch eine längere Zeitdauer der Einwirkung freien Sauer - stoffes als durch übermässig gesteigerte Temperatur erreicht. Helle Roth - gluth ist für diesen Zweck die geeignetste Temperatur. Bei stärkerer Erhitzung wird im Gegentheile vorhandenes Eisenoxyd unter Sauer - stoffabgabe theilweise zu Oxydoxydul reducirt, der beste Beweis dafür, dass eine zu hohe Temperatur nicht förderlich für die Höheroxydation der in Rede stehenden Erze sein kann. 3)Diese schon früher bekannte Thatsache wurde durch mehrere Versuche von Tholander bestätigt. Eisenoxyd wurde durch einfache Erhitzung zum starken Glühen in Oxyduloxyd umgewandelt, dessen Sauerstoffgehalt in einzelnen Fällen noch niedriger war als der durchschnittliche Sauerstoffgehalt der Magneteisenerze.

Ist dagegen der Hauptzweck der Röstung eine weitgehende Ent - schweflung, so ist allerdings eine höhere Temperatur erforderlich als für einfache Höheroxydation der Erze; und es rechtfertigt sich hieraus192Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.der Umstand, dass man in diesem Falle, z. B. auf schwedischen Eisen - werken, schwefelkiesreiche Magneteisenerze selbst bis zur beginnenden Schmelzung erhitzt. Die Vorgänge, welche hierbei eine Austreibung des Schwefels selbst aus dem Innern dichter Erzstücke bewirken, wurden bereits auf S. 188 besprochen.

Da der Zweck der Röstung in allen Fällen, wo derselbe in einer Höheroxydation oder einer Entschweflung besteht, um so vollständiger erreicht wird, je grössere Oberfläche die einzelnen Erzstücke darbieten und je kleiner ihr Rauminhalt ist, so empfiehlt es sich, zuerst die Zer - kleinerung der Erze vorzunehmen und auf diese erst die Röstung folgen zu lassen. Wenn man trotzdem nicht selten den umgekehrten Weg einschlägt, die Zerkleinerung auf die Röstung folgen lässt, so liegt der Grund zu diesem Verfahren in dem Umstande, dass die Erze durch die Röstung weit mürber werden, sich im gerösteten Zustande also mit einem geringeren Aufwande von Arbeit zerkleinern lassen und die Zer - kleinerungsapparate weniger abnutzen.

Wo die Arbeitslöhne niedrig, die zum Rösten verwendbaren Brenn - stoffe billig, die gesammten Röstkosten also nicht hoch sind, bringt man in Rücksicht auf diese Verhältnisse wohl ein zweimaliges Rösten zur Anwendung, das erste vor, das zweite nach der Zerkleinerung.

Kennzeichen gut gerösteter Erze. Da verschiedene Erze für ihre Röstung verschiedene Temperaturen erfordern, so sind die Merk - male für ein gut geröstetes Erz auch nicht immer genau dieselben. In den meisten Fällen darf die Temperatur aus den erörterten Gründen nicht bis zum beginnenden Schmelzen der Erzstücke gesteigert werden; zeigen sich also zusammengebackene verschlackte Massen, so ist das ein Zeichen, dass die Temperatur zu hoch war.

Die Farbe der gerösteten Erze muss, da bei der Röstung Eisenoxyd gebildet werden soll, roth sein, und im Allgemeinen lässt sich ein Erz als um so besser geröstet betrachten, je deutlicher, gleichmässiger dieses Roth hervortritt. Nur jene Erze, welche zum Zwecke einer völligen Entschweflung bis zum Sintern erhitzt wurden, machen hiervon eine Ausnahme; sie zeigen gewöhnlich eine blaugraue Farbe, welche ebenso - wohl dem Eisenoxyduloxyd als dem geschmolzenen Eisenoxyd eigen - thümlich ist.

Zerschlägt man ein Stück gerösteten Erzes, so muss das Innere dasselbe Aussehen zeigen als die Oberfläche; zeigt sich ein Kern, dessen Beschaffenheit an diejenige des ungerösteten Erzes erinnert, so war die Zeitdauer der Röstung zu kurz. Dass es jedoch um so schwieriger ist, die Wirkungen des Röstprocesses gleichmässig bis auf das Innere der Erzstücke auszudehnen, je grösser der Durchmesser der letzteren ist, und dass aus diesem Grunde eine der Röstung voraufgehende Zer - kleinerung sehr am Platze ist, wurde schon öfter hervorgehoben.

Das Zerschlagen der Erzstücke muss ohne Schwierigkeit von statten gehen; einzelne Erze, insbesondere die Carbonate, lassen sich nach gut gelungener Röstung häufig schon mit der Hand in kleinere Stücke zerbrechen.

193Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten in Haufen.
b. Die Ausführung des Röstens.

Aus der Erklärung des Begriffs Rösten ergiebt sich von selbst, dass die Ausführung des Verfahrens durch Erhitzung des Erzes unter Anwendung irgend eines Brennstoffes geschieht. Derselbe kann fest oder gasförmig sein. Bei Kohleneisensteinen, welche selbst reich an brennbarer Substanz sind, pflegt ein fremder Brennstoff nicht erforder - lich zu sein, ja nicht selten reicht die bei der Röstung derselben ent - wickelte Wärme aus, auch noch andere Erze, welche zu diesem Zwecke mit jenen gemischt werden, ohne besonderen Brennstoff zu rösten.

Das Rösten in Haufen.

Wie bei der Verkohlung und Verkokung roher Brennstoffe die Anwendung von Haufen (Meilern) das älteste und einfachste Verfahren bildet, aus welchem sich erst später zur besseren Ausnutzung der erzeugten Wärme und zur sichereren Regelung des Processes die An - wendung besonderer Apparate entwickelte, so tritt uns auch als das einfachste und älteste Verfahren der Eisenerzröstung die Anwendung von Haufen entgegen, in welchen das Erz mit dem Brennstoffe ge - schichtet ist und durch die allmähliche, durch die stete Berührung mit der äusseren Luft bewirkte Verbrennung des letzteren geröstet wird.

Als Brennstoff für die Haufenröstung pflegt man, sofern nicht selbst - röstende Kohleneisensteine geröstet werden, Holzkohlen - oder Stein - kohlenklein zu benutzen.

Den Haufen giebt man die Form ganz flacher abgestumpfter Pyra - miden mit rechteckiger Grundfläche. Die Breite derselben muss, damit die äussere Luft bis in das Innere vordringen kann, von der Grösse und Form der einzelnen Erzstücke abhängig sein und pflegt bei Erzen, welche mit fremdem Brennstoffe geröstet werden, 4 6 m zu betragen, während man bei der Röstung von Kohleneisensteinen Haufen bis zu 10 m Breite anwendet. Die Länge der Haufen richtet sich nach der Menge des zu röstenden Erzes sowie der Grösse des verfügbaren Platzes und erreicht bei Kohleneisensteinen mitunter ein Maass von 60 m. Die Höhe muss sich, damit die Gase Durchgang haben, wie die Breite nach der Beschaffenheit der Erzstücke richten und schwankt zwischen 1 5 m, geht aber nur in selteneren Fällen über 2.5 m hinaus.

Man benutzt einen ebenen trockenen Platz neben der Lagerstätte der Erze, den man erforderlichen Falls durch Aufstampfen von Lehm, Pflasterung oder dergl. entsprechend vorbereitet. Bei der Röstung von Erzen ohne eigene Kohle schüttet man auf diesem Platze zunächst eine Schicht leicht entzündlichen Brennmateriales, am besten Holzscheite mit dazwischen geschütteten Spänen, Torf, Tannzapfen oder dergl., sonst auch wohl nur Holzkohlenlösche, in der Länge und Breite auf, welche die Grundfläche des Haufens erhalten soll. Diese unterste Schicht heisst das Röstbett. Nun kommt eine Schicht Erzstücke, ca. 40 50 cm hoch, dann wieder eine Schicht Brennstoff (Holzkohlenklein, Steinkohlen - klein), hierauf wieder Erz u. s. f. Die einzelnen Schichten werden mit Karren aufgefahren und mit Krücken sorgfältig geebnet; da die oberen Schichten von sämmtlichen aufsteigenden Gasen durchdrungen und hierbei erhitzt werden, so macht man die Kohlenschichten um so schwächer,Ledebur, Handbuch. 13194Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.die Erzschichten um so stärker, je weiter nach oben sie sich befinden, damit eine möglichst gleichmässige Erhitzung des ganzen Haufens erzielt werde.

Bei dem Auffahren der Schichten übereinander entsteht schon von selbst, wenn man nicht etwa durch künstliches Aufbauen besonders dazu geeigneter Erzstücke senkrechte Umfassungswände herstellt, die Form einer flachen abgestumpften Pyramide gemäss dem Böschungs - winkel des Materials.

Der ganze Haufen wird schliesslich noch mit einer Decke aus Kohlen - klein versehen und nun rings herum am Fusse entzündet.

Bei der Röstung von Kohleneisensteinen fällt, wie schon erwähnt, die Einschichtung von Brennstoff fort. Sind dieselben schwer entzünd - lich, so legt man beim Setzen des Haufens mit Hilfe grösserer Erz - stücke Zündkanäle an der Sohle an, welche bis zur Mitte führen und mit leicht brennbarem Materiale gefüllt werden.

Sehr lange Haufen steckt man auch wohl nur an einer Seite in Brand, so dass das Feuer sich von hier aus nach dem anderen Ende hin fortpflanzt; die abgerösteten Erze werden entfernt, und man kann schon das Auffahren eines neuen Haufens beginnen, ehe der alte völlig durch - geröstet ist.

Die Brennzeit beträgt je nach der Grösse der Haufen zwei Wochen bis mehrere Monate. Sehr verschieden ist auch der Brennstoffverbrauch bei den Erzen, welche nicht selbst ihren Brennstoff mitführen. Die Art des Brennstoffes, die erforderliche Rösttemperatur, die Grösse der Haufen sind hierbei maassgebend. Bei Anwendung von Steinkohlenklein wird man als durchschnittlichen Verbrauch zum Rösten von 1000 kg Erz 100 kg Kohlen rechnen dürfen; die Löhne dürften sich in den meisten Fällen auf 40 50 Pf. für dasselbe Erzquantum beziffern. 1)Nach Wedding (Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 429) verbraucht man in Ebbw Vale (Südwales) beim Rösten von Thoneisensteinen per 1000 kg Erz 75 kg Kohlenklein nebst 25 kg Stückkohlen und zahlte (in den sechziger Jahren) 42 Pf. Lohn für das Setzen und spätere Ziehen.

Da der Rösthaufen an allen Seiten wie an der Oberfläche voll - ständig frei liegt und einem steten Luftwechsel ausgesetzt ist, so ist die Ausnutzung des Brennstoffes beim Rösten in Haufen eine sehr un - günstige. Zu diesem Uebelstande kommt der andere, dass der Verlauf des Verbrennungsprocesses durch Witterungseinflüsse, insbesondere durch Stärke und Richtung des herrschenden Windes nicht unwesentlich be - einflusst wird, und dass es, ganz abgesehen von diesen zufälligen Ein - wirkungen, doch in Rücksicht auf die schon oben angedeutete Eigen - thümlichkeit der Erhitzung, welcher die oberen Schichten stärker als die unteren ausgesetzt sind, auch bei sorgfältigster Aufstellung des Haufens kaum möglich ist, eine ganz gleichmässige Röstung der Erze zu erreichen. Stets werden sich einzelne zu schwach und andere zu stark geröstete Erze in einem und demselben Haufen befinden.

Von Jahr zu Jahr hat deshalb die Haufenröstung abgenommen, seitdem man mehr als in alter Zeit durch äussere Verhältnisse ge - zwungen war, bei jedem Processe der Eisenerzeugung auf Brennstoff - ersparung und möglichste Vervollkommnung des Arbeitsverfahrens Rück -195Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten in Stadeln.sicht zu nehmen. Am häufigsten kommt die Haufenröstung noch bei Kohleneisensteinen in Anwendung, weil hier jene Rücksicht auf Brenn - stoffersparung weniger in Betracht kommt, im Uebrigen aber das Ver - fahren ausserordentlich einfach und mit geringen Kosten durchzuführen ist; und während die übrigen Erze in der Jetztzeit nur noch äusserst selten in Haufen geröstet werden, dürfte für Kohleneisensteine die Haufenröstung noch häufiger als ein anderes Röstverfahren in An - wendung sein.

Das Rösten in Stadeln.

Stadel oder Röststadel nennt man eine oben offene, gemauerte seitliche Einfassung eines Rösthaufens. Durch Oeffnungen in den Wänden, welche durch eingesetzte Steine nach Belieben geschlossen werden können, lässt sich der Luftzutritt von der Seite her reguliren; von unten her wird ebenfalls gewöhnlich Luft durch einen von aussen kommen - den Kanal zugeführt, welcher unter einem oder mehreren Rosten in der Sohle des Stadels mündet. An einer Seite ist in der Umfassungs - wand ein ausreichend breiter Schlitz ausgespart, welcher zum Füllen und späteren Entleeren des Stadels dient und während des Röstens ver - mauert oder durch eingesetzte Eisenplatten verschlossen wird.

Ein Stadel verhält sich demnach zu einem Rösthaufen ähnlich wie ein Schaumburger Verkokungsofen (S. 62) zu einem Steinkohlenmeiler. Die Wärmeverluste werden zwar bei Anwendung der Stadelröstung im Vergleiche zur Haufenröstung abgemindert, so dass man mit etwas geringerem Brennstoffverbrauche arbeitet; und durch Oeffnen und Schliessen der Zugöffnungen ist eine Regelung der Verbrennung bei wechselnder Windrichtung zu ermöglichen. Wie in einem Rösthaufen aber sind im Stadel die oberen Schichten, durch welche sämmtliche von unten aufsteigende Gase hindurchziehen, der Erhitzung in stärkerem Maasse ausgesetzt als die unteren, und an der Oberfläche des Stadels entweicht immerhin ein beträchtlicher Theil Wärme ungenutzt. Die Uebelstände der Haufenröstung sind daher bei der Stadelröstung wohl abgemindert, aber nicht beseitigt; und den durch Anwendung eines Stadels erlangten Vortheilen stehen die, wenn auch nicht beträchtlichen, Anlage - und Unterhaltungskosten und der Umstand gegenüber, dass man hinsichtlich der Menge der in einem Male zu röstenden Erze an den Fassungsraum des Stadels gebunden ist. Diese Umstände machen es erklärlich, dass die Stadelröstung in der Jetztzeit noch seltener als die Haufenröstung angetroffen wird. In Schweden, wo sie in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts sehr allgemein war, ist sie ziemlich vollständig verschwunden; auch auf deutschen Eisenwerken, wo sie ver - einzelt noch in den sechziger Jahren in Anwendung war (Ilsenburg am Harz), dürfte sie inzwischen gänzlich erloschen sein.

Das Rösten in Oefen.

Man benutzt zum Rösten der Eisenerze fast ausschliesslich Schacht - öfen. Von dem Röststadel unterscheidet sich der Röstofen theils durch seine grössere Höhe und geringere Weite, vornehmlich aber dadurch, dass in dem Ofen, welcher in dem unteren Theile mit Ausziehöffnungen für die abgerösteten Erze versehen ist, eine allmähliche Bewegung der13*196Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.in die Gicht des Ofens eingeschütteten Erze nach unten stattfindet und auf diese Weise ein ununterbrochener Betrieb des Ofens möglich ist; die Verbrennungsgase aber, welche in dem unteren Theile des Ofens, wo die Luft Zutritt hat, gebildet werden, steigen empor und begegnen den niederrückenden Erzen. Diese entgegengesetzte, allen direct wirken - den Schachtöfen eigenthümliche Bewegungsrichtung der wärmeauf - nehmenden und wärmeabgebenden Körper befördert aber früheren Dar - legungen zufolge (S. 26) in hohem Maasse die Wärmeausnutzung; und da sämmtliche in die Gicht eingeschütteten Erze auch denselben Weg zurücklegen, also der Erhitzung in dem gleichen Maasse aus - gesetzt sind, so ist die Röstung durchschnittlich auch gleichmässiger als in Haufen und Stadeln.

Diese Vortheile der Ofenröstung ununterbrochener Betrieb, ge - ringer Brennstoffverbrauch und grössere Gleichmässigkeit in der Be - schaffenheit der gerösteten Erze lassen dieselbe als die bei weitem vollkommenste aller Röstmethoden erscheinen, so dass in der Jetztzeit die Ofenröstung die Regel bildet, während Haufen - und Stadelröstung zu den Ausnahmen zählen.

Verwendet man festes Brennmaterial Kohlenklein zum Rösten, so wird dasselbe in abwechselnden Schichten mit dem Erze in die Gicht eingeschüttet und sinkt wie dieses abwärts, um allmählich durch den aufsteigenden Luftstrom verbrannt zu werden; verwendet man Gase (Gichtgase des Hochofens, Generatorgase), so werden dieselben durch entsprechend angeordnete Oeffnungen im unteren Theile des Ofens ein - geleitet. Die Verbrennungsluft lässt man gewöhnlich durch die zum Ziehen der Erze bestimmten Oeffnungen zutreten; sie muss hierbei zwischen den noch warmen Erzstücken hindurch ihren Weg nehmen, kühlt diese ab und führt die aufgenommene Wärme in den Ofen zurück. Nicht selten jedoch ordnet man ausser diesen Oeffnungen noch beson - dere Luftzuführungsöffnungen an, insbesondere dann, wenn eine stark oxydirende Röstung beabsichtigt ist. Der Luftzug wird fast immer durch den Ofen selbst, welcher hierbei als Esse wirkt, hervorgerufen; nur in wenigen Ausnahmefällen bei dicht liegenden Erzen in hohen Oefen hat man den kostspieligeren Gebläsewind zur Anwendung gebracht.

Gasfeuerung hat vor der Feuerung mit festen Brennstoffen ausser den früher schon erwähnten allgemeineren Annehmlichkeiten in diesem Falle noch den Vorzug voraus, dass die Erze nicht durch Asche der Brennstoffe verunreinigt werden; und bei der Aufgabe, eine annähernd vollständige Entschweflung kiesiger Erze herbeizuführen, giebt sie leichter die Möglichkeit, die hierfür erforderliche hohe Temperatur bei stark oxydirender Gasatmosphäre herbeizuführen. Wenn trotzdem die Gas - feuerung der Röstöfen nicht ganz so häufig als die Feuerung mit festem Brennmaterial angetroffen wird, so ist der Grund dafür zum grossen Theile in dem Umstande zu suchen, dass jenes Kohlenklein, welches in dem letzteren Falle als Brennstoff zu dienen pflegt, auf den meisten Eisenwerken fast kostenlos zu haben ist, seine Umwand - lung in brennbares Gas dagegen nicht ohne Ausgabe für Anlage und Wartung der betreffenden Gaserzeuger zu bewerkstelligen sein würde, deren Betrag nicht immer im Einklange zu dem erreichten197Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten in Oefen.Erfolge stehen dürfte; ferner, dass die Wartung des Röstofens selbst grössere Aufmerksamkeit bei Gasfeuerung als bei jener Feuerung mit Kohlenklein erheischt. Es ist ausserdem in Betracht zu ziehen, dass Gase, obwohl sie leichter als feste Brennstoffe hohe Verbrennungstempe - raturen liefern, doch auch wieder einer höheren Temperatur im Ver - brennungsraume bedürfen, um entzündet und vollständig verbrannt zu werden, und dass nur in ganz bestimmten Fällen, wie oben erläutert wurde, eine so hohe Rösttemperatur zulässig oder zweckmässig ist. Jenes oben erwähnte Missverhältniss in den Kosten des verschiedenen Brenn - stoffes erklärt es aber auch zur Genüge, dass Gasröstöfen vorzugsweise da zur Anwendung gelangen, wo Hochofengichtgase, also ein an und für sich kostenlos erfolgendes Nebenerzeugniss des Hochofens, für die Heizung derselben zur Anwendung stehen. Wo aber, wie bei der grösseren Zahl aller Eisenwerke, diese Gichtgase zur Heizung von Dampfkesseln und Winderhitzungsapparaten vollständig ausgenutzt werden können, man also bei ihrer Benutzung zum Rösten für die letzteren Zwecke noch einen Extraaufwand an werthvollerem Brennstoff, als für die Heizung der Röstöfen ausreicht, zu tragen haben würde, da wird fast immer vom haushälterischen Standpunkte aus das Rösten mit Kohlen - klein dem Rösten mit Gas vorzuziehen sein.

Ein Mittelding zwischen den eigentlichen Gasröstöfen und den Oefen mit eingeschichtetem Kohlenklein bilden solche Oefen, bei denen auf Rosten, welche ausserhalb des Ofenschachtes angebracht sind, mit dem Ofeninneren aber in Verbindung stehen, die Brennstoffe (Holz, Stein - kohlen) verbrannt werden, so dass die Verbrennungsgase durch den Ofen und die in demselben aufgeschichteten Erze hindurch ihren Weg nehmen müssen. Derartige Oefen haben mit den Gasröstöfen den Vor - theil gemein, dass jede Verunreinigung der Erze durch Asche aus - geschlossen und stärkere Oxydationswirkung als bei der Berührung der Erze mit glühenden Kohlen möglich ist; sie erfordern aber immerhin die Anwendung kostspieligerer Brennstoffe als die gewöhnlichen Röst - öfen für Kohlenklein. Man benutzt sie in einzelnen Fällen, wo die Erlangung jener Vortheile der Gasfeuerungen besonders wünschenswerth ist, Gase aber nicht zur Verwendung stehen und die Anlage besonderer Gaserzeuger nicht als zweckdienlich erscheint (so z. B. zum Brennen des Kalksteines für den basischen Bessemerprocess; in Schweden auch seit 1826 neben den Gasröstöfen zum Rösten kiesiger Magneteisenerze).

Die Form und Grösse der verschiedenen auf den Eisenwerken zur Verwendung gebrachten Röstöfen ist ausserordentlich mannigfaltig. Da von sämmtlichen vorkommenden Eisenerzen nur der kleinere Theil der Röstung unterworfen wird, so erklärt es sich leicht, dass wir den Bau und den Betrieb der Röstöfen vorwiegend in bestimmten Ländern und Bezirken ausgebildet finden, wo eben jene der Röstung bedürftigen Eisenerze (Carbonate und Magnetite) in grösseren Mengen auftreten, während in anderen Gegenden, wo man ausschliesslich Roth - und Braun - eisenerze verhüttet, auch auf bedeutenden Eisenwerken oft nicht ein einziger Röstofen angetroffen wird. Anderntheils, da die Ansprüche, welche an die Röstung gestellt werden, wiederum nach der Beschaffen - heit der Erze selbst wie nach der Art der späteren Verhüttung ver - schieden sein können (wie schon oben erläutert wurde), so lassen sich198Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.auch wiederum gewisse charakteristische Eigenthümlichkeiten in der Ein - richtung der Oefen eines ganzen Bezirkes erkennen, welche eben durch jene verschiedenen Ansprüche begründet sind.

So z. B. bilden in Cleveland und Südwales thonige Sphäro - siderite den Hauptreichthum an Eisenerz. Sie bedürfen, um leicht - reducirbar zu werden, einer oxydirenden Röstung; da sie mit Koks oder Steinkohlen verhüttet werden, ihr durchschnittlicher Schwefelgehalt überhaupt nicht sehr hoch ist, die Aufgabe der vollständigen Ent - schweflung also geringere Wichtigkeit besitzt, braucht die Temperatur nicht jenes höchste Maass zu erreichen, wie es für den letztgenannten Zweck des Röstens erforderlich sein würde; aber der massenhafte Ver - brauch an jenen Erzen stellt erhöhte Ansprüche an die Leistungsfähig - keit der Oefen. Daher zeichnen sich die Oefen jener Bezirke meistens durch bedeutende Grösse aus, welche eine entsprechend grosse Leistung mit sich bringt; als Brennstoffe dienen grösstentheils die billig zu erlangenden Steinkohlen, da Gasröstung hier wenig Vortheil bringen würde.

Ganz anders gestalten sich die Verhältnisse, wo kiesige Magnet - eisenerze mit Holzkohlen verhüttet werden sollen, also nicht allein Höheroxydation dieser schwerreducirbaren Erze sondern auch möglichst vollständige Entschweflung unerlässlich ist. In dieser Beziehung bieten die Verhältnisse Schwedens ein besonders anschauliches Bild. Für die Lösung jener Aufgabe ist nicht allein starke Oxydationswirkung, sondern auch sehr hohe Temperatur bis zur Sinterung der Erze erforderlich; hier also ist Gasheizung der Röstöfen vorwiegend am Platze. Schweden, dessen Eisenhüttenleute von jeher ihre besondere Aufmerksamkeit der Ausbildung des Röstverfahrens zugewendet haben, ist die Heimath der Gasröstöfen wie der diesen nahestehenden Röstöfen mit Rostfeuerung ausserhalb des Schachtes. Von hier aus wurden diese Constructionen nach anderen Gegenden verpflanzt, wo ähnliche Verhältnisse obwalteten (Nordamerika, Ungarn, Ural); aber eine Röstung der Erze in dem Um - fange wie in Schweden findet in kaum einem anderen Lande statt.

In den österreichischen Alpenländern sind es vorwiegend Spathe, die, um mit Holzkohlen verhüttet zu werden, zum Rösten gelangen. Ein Theil dieser Erze ist ziemlich schwefelfrei und es bedarf nur einer Zersetzung und Höheroxydation des Carbonates; andere, wie die zu Mariazell und Neuberg verhütteten Erze, sind stark mit Kiesen durch - wachsen und bedürfen der Entschweflung; jene hohe Temperatur aber, wie sie für die dichten Magneteisenerze Schwedens behufs der voll - ständigen Entschweflung erforderlich ist, würde die Spatheisensteine vollständig verschlacken und ist um so eher entbehrlich, als diese Erze bei ihrer Zersetzung ohnehin eine mürbe, poröse Beschaffenheit an - nehmen, welche auch das Innere derselben der Einwirkung der Gase leichter zugänglich macht. Einzelne Erze zerfallen sogar vollständig beim Rösten, behindern dadurch den Luftzug im Ofen und erfordern deshalb Oefen von geringer Höhe. Die Röstofenconstructionen der alpinen Eisenwerke sind daher ziemlich mannigfaltig. Reichliche und auf eine grössere Fläche vertheilte Luftzuführung, durch welche theils eine kräftige Oxydationswirkung hervorgerufen, theils eine übermässige locale Temperatursteigerung im Ofen verhindert wird, ist fast allen der -199Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten in Oefen.selben gemeinsam. 1)Besondere Verdienste um die Röstung der steirischen Spatheisensteine u. s. w. erwarb sich Bergrath Wagner in Mariazell, von welchem mehrere verschiedene, noch jetzt in Mariazell, Neuberg und a. a. O. bestehende Röstofenconstructionen herrühren.Für dicht liegende Erze sind ganz niedrige Oefen mit Gasheizung in Verwendung.

In Deutschland bilden die zu röstenden Erze durchschnittlich einen geringeren Theil der gesammten Beschickung, als in den genannten Ländern; man schmilzt in den allermeisten Fällen mit Koks, so dass eine vollständige Entschweflung kaum erforderlich ist, und die Röstung besitzt im Allgemeinen nicht jene hohe Wichtigkeit als dort. Einzelne Werke allerdings, deren Erzreichthum vorzugsweise aus Spathen und Sphärosideriten besteht, sind auch mit umfänglichen Anlagen für die Röstung derselben versehen. Die deutschen Röstöfen pflegen, diesen Verhältnissen entsprechend, mittlere Grösse zu besitzen und sich durch Einfachheit der Construction auszuzeichnen. Nicht selten röstet man mehrere Erzgattungen (Spathe, Magnetite) nach einander in dem - selben Ofen.

In früherer Zeit gab man, geleitet durch die damaligen Ansichten über Wärmeverluste durch dünne Wände, den Röstöfen einen Kern - schacht und umhüllte denselben mit einem Rauhgemäuer von oft ansehn - licher Stärke. Solche ältere Röstöfen, schwerfällig in ihrer Construction, sind noch heute auf verschiedenen Werken in Anwendung, da gewöhn - lich kein Grund vorliegt, sie, wo sie einmal vorhanden sind, abzubrechen, um sie durch moderner eingerichtete zu ersetzen.

Wo man indessen neue Oefen anlegt, pflegt man den früher erörterten Grundsätzen für den Ofenbau gemäss zu verfahren: man um - schliesst den Ofenschacht mit einer Rüstung, die bei kreisförmigem Quer - schnitte desselben aus einem aus Blechtafeln zusammengenieteten Mantel zu bestehen pflegt, mitunter auch wohl nur aus umgelegten Eisenringen gebildet ist, und lässt das Rauhgemäuer fehlen. Der ganze Ofen wird dadurch leichter, billiger und beansprucht erheblich weniger Platz, ohne deshalb an Haltbarkeit einzubüssen. Die unten gegebenen Beispiele moderner Eisenerzröstöfen werden geeignet sein, diese Construction näher zu erläutern.

Die Leistungsfähigkeit eines Röstofens, d. h. die Menge des in bestimmten Zeitabschnitten von demselben gerösteten Erzes, ist selbst - verständlich zum grossen Theile von seinem Rauminhalte abhängig; aber auch die Beschaffenheit der zu röstenden Erze, die Art der Feue - rung und selbst der Bedarf an geröstetem Erz sprechen hierbei mit. Erfahrungsmässig lässt sich der Betrieb der meisten Röstöfen, ins - besondere der mit festen Brennstoffen geheizten, innerhalb ziemlich weiter Grenzen beschleunigen oder verlangsamen, je nachdem es der Betrieb verlangt, ohne dass andere Nachtheile daraus erwachsen, als vielleicht ein bei allzu raschem Betriebe etwas erhöhter Brennstoffauf - wand. So erklärt es sich, dass, während bei zahlreichen Oefen die täg -200Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.lich verarbeitete Erzmenge per cbm Rauminhalt des Ofens nicht über 400 450 kg hinausgeht, andere Oefen die vierfache Leistungsfähigkeit besitzen, sofern man einen etwas höheren Aufwand an Brennstoff nicht zu scheuen braucht.

Eine besondere Vorrichtung ist erforderlich, um die Gicht des Ofens zugänglich zu machen. Es ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Wagen, welche Erze und Brennstoffe zuführen, bis an die Gicht - öffnung geschoben werden müssen, um hier entleert zu werden.

Ist der Grund, auf dem das Eisenwerk liegt, abschüssig, so stellt man die Röstöfen gern an einer tieferen Stelle auf und führt eine hori - zontale oder schwach ansteigende Brücke von dem höher liegenden Erz - lagerplatze nach der Ofengicht hinüber.

Ist eine derartige Anordnung nicht möglich, die Höhe der Oefen aber nicht sehr beträchtlich, so sucht man sich wohl zu helfen, indem man eine geneigte Ebene, aus Bohlen gezimmert oder aus Eisen con - struirt, von der Sohle nach der Gicht hinaufführt.

Für grössere Anlagen dagegen pflegt man mechanische Gichtauf - züge zu benutzen. Mehrere Röstöfen werden in diesem Falle durch Brücken (Bühnen) unter einander verbunden, und ein einziger Aufzug genügt für die Bedienung derselben. Die Einrichtung dieser Aufzüge ist im Wesentlichen die nämliche als man bei Hochöfen zum Hinauf - befördern der Beschickung auf die Gicht in Anwendung bringt (vergl. Abtheilung II: Darstellung des Roheisens).

Ist indessen der Stürzplatz für die rohen Erze weit entfernt von den Röstöfen, oder machen es locale Verhältnisse wünschenswerth, ihn fern von denselben anzulegen, so erlangt man durch Anlage einer Draht - seilbahn die Möglichkeit, die Erze von dort aus unmittelbar nach der Gichtbühne der Röstöfen hinauf zu befördern, ohne hierbei durch Un - ebenheiten des Bodens, ja selbst durch dazwischen liegende Gebäude und dergl. behindert zu werden.

Der Betrieb der Röstöfen pflegt sehr einfach zu sein. In gewissen Zeitabschnitten, gewöhnlich alle 6 12 Stunden, bei Gasröstöfen noch häufiger (1 3 Stunden), wird eine bestimmte Menge geröstetes Erz her - ausgeholt gezogen , die darüber befindlichen Erze rücken zur Ausfüllung des entstandenen leeren Platzes abwärts und man füllt in die Gicht eine entsprechende Menge frischen Erzes nach. Verwendet man Kohlen als Brennstoff, so werden diese zu unterst und die Erze darauf geschüttet in Lagen, deren Stärke von der Grösse der Oefen wie der Beschaffenheit der Erze abhängig ist.

Die Verbrennung schreitet bei Anwendung festen Brennstoffes von unten nach oben hin fort, das Feuer steigt auf , und beim neuen Ziehen pflegt auch die oberste Kohlenschicht bereits ins Glühen ge - kommen zu sein, wenn der Ofen nicht sehr hoch ist. Bei Gasröstöfen bleibt die Verbrennung dagegen, wie sich von selbst versteht, auf den gleichen Raum beschränkt, so lange die Gas - und Luftzuführung sich nicht ändert.

201Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten in Oefen.

In Oefen, welche leicht eine höhere Temperatur entwickeln und bei Erzen, welche zum Sintern geneigt sind, kann es geschehen, dass durch das Zusammenbacken der Erze Versetzungen entstehen und förmliche Gewölbe sich bilden, welche das Nachrücken der darüber befindlichen Erze unmöglich machen. In diesem Falle ist es natürlich erforderlich, diese Versetzungen mit Stangen loszustossen, um den Ofen im Betriebe zu erhalten. Oefen, bei welchen eine öftere Entstehung solcher Versetzungen zu befürchten ist, versieht man deshalb mit Oeff - nungen im Mauerwerk an denjenigen Stellen, wo die stärkste Tempe - ratur herrscht, also in einiger Höhe über den Lufteinströmungsöffnungen, um durch diese hindurch die zum Losbrechen der gesinterten Erze bestimmten Werkzeuge in den Ofen zu führen. Solche Oeffnungen zu diesem Zwecke heissen Störräume und die Arbeit das Stören. Zweck - mässig ist es ausserdem in solchen Fällen, die Oefen nach unten sich allmählich erweitern zu lassen; das Niederrücken der Erze wird dadurch wesentlich erleichtert, das Ansetzen der sinternden Massen an die Wände erschwert.

In der geschilderten Weise kann ein Röstofen ununterbrochen im Betriebe erhalten werden, bis er etwa infolge der allmählichen Abnutzung reparaturbedürftig geworden ist.

Dass die Wartung eines Röstofens, in welchem behufs der voll - ständigen Entschweflung Sintertemperatur herrschen muss (wie beim Rösten schwedischer Magneteisenerze), ungleich grössere Schwierigkeiten verursacht und grössere Umsicht erheischt, als die Wartung eines ge - wöhnlichen Röstofens, bedarf keiner weiteren Erläuterung.

Die Inbetriebsetzung eines kalten Ofens pflegt sehr einfach zu sein. Man bringt zu unterst eine Lage leicht entzündliches Brennmaterial, setzt dieselbe in Brand, schüttet Kohlen nach, dann, wenn diese glühen, Erze u. s. f., bis der Ofen gefüllt ist. Je höher der Ofen ist, und je dichter die Erze liegen, desto allmählicher geht man mit dem Füllen zu Werke, damit das Feuer nicht erstickt werde. Auch bei Oefen mit Gasfeuerung bringt man zunächst in die Nähe der Einströmungsöffnungen Holzstücke und dergleichen, in die Mitte derselben Erzstücke, darüber wieder Erz mit Kohle gemengt, bis der Ofen etwa zu einem Drittel oder der Hälfte gefüllt ist. Alsdann wird das Holz entzündet und der Ofen allmählich weiter gefüllt. Erst wenn im unteren Theile des Ofens durch diese Art der Feuerung Rothgluth herrscht, wird das Gas zu - gelassen, worauf nun der Betrieb seinen regelmässigen Verlauf nimmt.

Beispiele von Röstöfen.

Einen jener ungeheueren Röstöfen, wie sie in Cleveland zum Rösten der dortigen thonigen Sphärosiderite benutzt werden, zeigt die Abbildung Fig. 39 a. f. S., einen von John Gjers construirten Ofen darstellend. Der mit Blechmantel versehene Ofenschacht wird von einem Gusseisenkranze getragen, welcher auf niedrigen gusseisernen Säulen ruht. Auf diese Weise entsteht ein ringförmiger Raum zwischen der Sohle und dem Schachte, angefüllt mit den abgerösteten Erzen, zwischen denen hindurch die Luft reichlichen Zutritt in das Innere findet. Um202Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.das Abstürzen der Erze nach aussen hin zu befördern, ist in der Mitte des Ofens ein sogenannter Abrutschkegel a angebracht. b b .. sind Stör - öffnungen, um nöthigenfalls bei zu hoch gestiegener Temperatur Ver - setzungen losbrechen zu können. Der Ofenschacht ist, wie die Abbildung

Fig. 39.

zeigt, oben cylindrisch und verengt sich nach unten auf einen kleineren Durchmesser. Bei Erzen, welche einer hohen Rösttemperatur bedürfen und aus diesem Grunde leicht sintern, würde eine derartige Form,203Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten in Oefen.welche das Niederrücken erschweren und die Entstehung von Ver - setzungen in starkem Maasse befördern würde, durchaus verwerflich sein; bei Oefen mit niedriger Rösttemperatur und grossem Durchmesser dagegen ist sie zweckmässig. Die von aussen zutretende Luft nämlich wie die entwickelten Verbrennungsgase besitzen naturgemäss das Be - streben, denjenigen Weg zum Aufsteigen im Ofen zu wählen, wo sich ihnen die geringsten Widerstände entgegensetzen. Dieser Weg findet sich an den glatten Wänden des Ofens. Bei einem Ofen mit cylindri - scher Gestalt würden daher die in der Nähe der Ofenachse befindlichen Erzstücke um so weniger von dem Röstprocesse, insbesondere von der Oxydation durch die zugeführte Luft beeinflusst werden, je grösser der Ofendurchmesser ist; es würde durch die stattfindende Erhitzung mit der nur unvollständig verbrennenden Kohle eher ein Reductions - als ein Oxydationsprocess hervorgerufen werden. Indem man nun dem Ofen unten einen kleineren Durchmesser giebt, zwingt man die Luft, in einem geringeren Abstande von der Ofenachse in den Schacht einzutreten und solcherart vollständiger als in jenem Falle die Erzsäule zu durchdringen.

Quer über die Gicht des Ofens hinüber sind zwei Schienengleise von normaler Spurweite gelegt, so dass die mit den Erzen beziehent - lich mit Brennstoff beladenen Eisenbahnwagen ohne Weiteres bis hierher gerollt und hier entleert werden können. Bühnen neben den Gleisen ermöglichen den Zugang für die Arbeiter, welche das Ausladen be - wirken.

Wo mehrere solche Oefen vorhanden sind, werden sie in einer Reihe aufgestellt und durch Brücken mit Schienengleisen unter ein - ander verbunden. Gestattet es das Terrain nicht, die Oefen so tief zu legen, dass ihre Gicht ohne Weiteres zugänglich ist, so werden die Wagen mit Hilfe eines mechanischen Aufzuges emporgehoben.

Bei den zahlreichen nach diesem Systeme ausgeführten Oefen stimmen die Abmessungen nicht immer genau mit den in der Abbildung eingeschriebenen Maassen überein. Die Höhe der Oefen schwankt zwi - schen 9 15 m, während der innere Durchmesser des weitesten Theiles gewöhnlich nicht erheblich über 7.5 m hinausgeht, bei den kleinsten Oefen aber nicht geringer als in der Abbildung zu sein pflegt. Der Raum - inhalt dieser Oefen beträgt demnach 230 450 cbm.

Als Brennstoff dient Steinkohlenklein und man gebraucht per 1000 kg zu röstenden Erzes ca. 40 kg Kohle. Die von einem Ofen der kleineren Art, wie in der Abbildung, täglich verarbeitete Erzmenge beträgt ca. 100 Tonnen (à 1000 kg), bei grösseren Oefen steigert sich dieselbe auf 160 Tonnen und bei den grössten vermuthlich noch etwas mehr.

Auf 1 cbm Rauminhalt bezogen beziffert sich das Gewicht des täglich verarbeiteten Roherzes auf 400 450 kg.

Ganz ähnliche Röstöfen als der abgebildete wurden, ebenfalls in den allergrössten Abmessungen, von John Borrie auf den Cleveland - Werken von Bolckow, Vaughan & Co. erbaut. Von den beschriebe - nen Gjersöfen unterscheiden sich die Borrieöfen vornehmlich dadurch, dass die Schachtmauerung nebst dem zugehörigen Blechmantel, statt auf Säulen zu ruhen, bis auf das Fundament herunter geht, hier aber durch sechs Ausziehöffnungen unterbrochen ist, welche durch eiserne, abwärts geneigte Lutten das Erz heraus und in bereit gestellte Wagen204Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.hineinstürzen lassen, sobald ein in die letzteren eingeschalteter Schieber geöffnet wird. Die tägliche Leistung eines solchen Borrieofens von 14.25 m Höhe bei 6.25 m innerem Durchmesser wird zu 150 200 Tonnen verarbeitetes Roherz angegeben.

Fig. 40.

Als eine den deutschen Verhältnissen angepasste Abart des Gjers - schen Clevelandröstofens kann der in Fig. 40 abgebildete Schlesische205Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten in Oefen.Röstofen betrachtet werden, welcher in Königshütte in Anwendung ist. Wie jener besitzt er ein cylindrisches Obertheil mit sich verengen - dem Untertheile. Der Zweck dieser Verengung ist der nämliche wie bei jenen Oefen. Während aber bei den Clevelandöfen der Gusseisen - kranz, auf dem der Schacht ruht, unmittelbar auf den kurzen Säulen ruht, wird bei dem schlesischen Ofen jener Kranz lediglich von dem Blechmantel, in welchem er eingeschraubt ist, getragen und letzterer hängt, wie die Abbildung erkennen lässt, mit einem angeschraubten Gusseisenringe auf vier ausserhalb aufgestellten Gusseisenständern. Letztere sind auf diese Weise der Beschädigung durch die herausrollen - den heissen Erze offenbar weniger unterworfen, als wenn sie unter dem Schachte selbst ständen. Ausser dem erwähnten Gusseisenringe dient ein weiter unten angenieteter Kranz aus Winkeleisen, welcher sich auf angegossene Consolen an den Ständern legt, für die Befestigung, und schmiedeeiserne Streben führen von der Unterkante des Blech - mantels hinüber nach dem Fusse der Ständer, um hier eine dritte Ver - bindung herzustellen.

Man benutzt diese Oefen in Königshütte mit gutem Erfolge zum Rösten von Magneteisenerzen. Die tägliche Leistung bei den in der Zeichnung angegebenen Abmessungen und beim Rösten von Magnet - eisenerz beträgt 16 17 Tonnen; also, da der räumliche Inhalt des Ofens sich auf ca. 36 cbm beziffert, per cbm ca. 400 kg. Als Brenn - stoff gebraucht man per 1000 kg geröstetes Magneteisenerz 47 52 kg, durchschnittlich also etwa 50 kg Steinkohlenklein.

Die Magneteisenerze werden vor dem Rösten auf eine Grösse von 20 25 cm Durchmesser gepocht. Als Lohn für das Pochen und Rösten zusammen zahlt man 45 48 Pf. per 1000 kg, je nachdem das Erz man verarbeitet schlesische kalkhaltige und sächsische kalkfreie Magnet - eisenerze eine leichtere oder schwierigere Zerkleinerung und Röstung ermöglicht.

Als der einfachste aller Röstöfen dürfte der in Fig. 41 abgebildete Siegensche Röstofen erscheinen. Man benutzt denselben vorzugs - weise zum Rösten von Spatheisensteinen und Sphärosideriten, sowohl auf Siegerländer als anderen deutschen Eisenwerken. Die Abmessungen sind gewöhnlich annähernd dieselben als in der Abbildung1)Die eingeschriebenen Maasse des abgebildeten Röstofens sind die bei einer neueren Röstofenanlage zu Gaisweid benutzten. Eine vollständige Abbildung der ganzen Anlage findet der Leser in Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 1, Taf. II.; in Eng - land jedoch (auf den Normanby Ironworks bei Middlesborough) hat man die nämliche Form, nur mit etwas schlankerem Profile (Neigungswinkel der Seitenflächen etwa 80 Grad), auch für weit grössere Oefen benutzt, deren Fassungsraum demjenigen der oben beschriebenen Clevelandöfen nahe steht und welche in Rücksicht auf den grossen Durchmesser mit eben solchem Abrutschkegel am Boden wie letztere versehen sind.

Die Einrichtung wird ohne besondere Erläuterung verständlich sein. Von dem oben besprochenen schlesischen Röstofen unterscheiden sich206Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.diese Siegerländer vornehmlich dadurch, dass hier der ganze Schacht und nicht blos der untere Theil desselben trichterförmig gestaltet ist. Die Construction wird dadurch noch einfacher.

Die Leistungsfähigkeit dieser Oefen beim Rösten von Spathen und Sphärosideriten (wozu sie in der abgebildeten Grösse allein benutzbar sein dürften) ist eine ausserordentlich grosse. Nach Dürre röstet man zu Geisweid in einem derartigen Ofen von ca. 15 cbm Rauminhalt täg - lich 20000 kg Spatheisensteine. Auf den der Königin-Marienhütte bei Zwickau zugehörigen Gruben zu Könitz in Thüringen werden in eben - solchen Oefen mit 3.2 m oberem Durchmesser, 1.5 m unterem Durch - messer, 3.2 m Höhe des Schachtes und 0.7 m Abstand der Schachtöffnung vom Boden also ca. 17 cbm Inhalt täglich 31600 kg Spatheisen -

Fig. 41.

steine mit einem Kohlenverbrauche von 55.3 kg per 1000 kg Erz ge - röstet, und es ergiebt sich ein Röstverlust von 29 Proc. In Königin - Marienhütte selbst röstet man in einem ebensolchen Ofen als in Könitz täglich 58680 kg Zwickauer Kohleneisensteine ohne Aufwand fremden Brennstoffes mit einem Röstverluste von 30 Proc. Durchschnittlich ergiebt sich in den erwähnten Fällen eine Tagesleistung per cbm Raum - inhalt von 1500 kg rohem Spatheisenstein oder 3400 kg rohem Kohlen - eisenstein. Die Rösterlöhne betragen in Königin-Marienhütte wie in Könitz 25 Pf. per 1000 kg Roherz.

In ebensolchen Röstöfen zu Gleiwitz endlich mit 3.14 m oberem, 1.57 m unterem Schachtdurchmesser, 2.82 m Schachthöhe, 0.8 m Abstand207Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten in Oefen.vom Boden, also ca. 15 cbm Inhalt, welche ebenfalls zum Rösten von Spatheisensteinen bestimmt sind, erhält man täglich, je nach Bedarf des Hochofens, 6300 10000 kg geröstetes Erz per Ofen bei 27 Proc. Röstverlust und einem Brennstoffaufwande von 48 kg Steinkohle per 1000 kg Röstgut. Die Löhne betragen nur 17 Pf. per 1000 kg Röstgut.

Fig. 42.

Ein Röstofen, von Bergrath Wagner zum Rösten von Spatheisen - steinen des Erzberges erbaut, ist in Fig. 42 abgebildet. Derartige Oefen sind u. a. zu Eisenerz und Hüttenberg in den österreichischen Alpen, auch in Rhonitz in Ungarn in Anwendung. Wie die Abbildung er - kennen lässt, sind sie noch mit ziemlich starkem Rauhgemäuer f ver - sehen und können in dieser Hinsicht den Bau eines älteren Röstofens208Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.veranschaulichen; unten ist der Schacht zusammengezogen und an zwei gegenüberliegenden Seiten oberhalb der vorhandenen beiden Auszieh - öffnungen durch Treppenroste, aus starken eingemauerten Eisenbalken gebildet, begrenzt, welche der Luft freien Zutritt bis in das Innere des Ofens gewähren. Ein Abrutschdach führt die Erze nach den beiden unter den Treppenrosten angebrachten Ziehöffnungen hin, von wo sie durch eine Lutte in die tiefer stehenden Wagen hinabstürzen. Dieser etwas schwerfällige Unterbau ist durch locale Verhältnisse (Anordnung der Oefen am Abhange des Berges) bedingt.

Die Abmessungen der in verschiedenen Zeiten und an verschiede - nen Orten erbauten Oefen dieses Systems sind nicht immer dieselben. Bei den neueren Oefen zu Eisenerz ist der Schacht vierseitig prisma - tisch geformt; die Breite misst 2.85 m, die Länge 4.50 m und bei anderen 6.50 m; die Höhe 4 5 m. Die grösseren Oefen haben einen Raum - inhalt von 85 cbm und liefern täglich 15 20 Tonnen geröstetes Erz; röstet man nur gröbere Stücke, so steigt die Leistung auf 30 40 Tonnen. 1)Die Zahlenangaben sind der unter Literatur erwähnten Abhandlung von E. Gruner entnommen, welche ausführliche Mittheilungen über sämmtliche in Steier - mark und Kärnten angewendete Röstöfen für Eisenerze enthält.Rechnet man, dass die Spatheisensteine beim Rösten durchschnittlich 25 Proc. ihres Gewichtes verlieren, so würde jene Gesammtleistung einer täglichen Leistung von ca. 300 kg klarem beziehentlich 450 550 kg grobem Roherz per cbm, durchschnittlich etwa 450 kg per cbm ent - sprechen.

Der Brennstoffverbrauch beträgt ca. 50 kg Holzkohlenklein per 1000 kg Roherz.

Für schwefelkiesreichere Spathe, wie sie u. a. in Mariazell ver - hüttet werden, ist durch Wagner noch eine geänderte Form dieses Ofens eingeführt worden. Der Ofen ist durch eine in seiner ganzen Länge sich erstreckende Scheidewand in zwei Hälften, richtiger in zwei mit dem Rücken aneinander stossende Oefen getheilt worden, deren Breite verhältnissmässig gering ist (0.95 m), während sie eine Längen - ausdehnung von fast 20 m erhalten haben. Sowohl die äusseren Um - fassungswände als die in der Mitte befindliche Scheidewand sind von Kanälen durchzogen, welche durch zahlreiche auf den Wandflächen ver - theilte Oeffnungen Luft in den Ofen führen, so dass bei der geringen Breite des letzteren die ganze Erzsäule daran durchdrungen wird. Obschon der Brennstoffverbrauch infolge der reichlicheren Luftzuführung ungünstiger ausfällt (ca. 70 kg per 1000 kg Erz), ist die Oxydations - wirkung eine stärkere. 2)Abbildung dieses Ofens findet der Leser u. a. in Kerl’s Grundriss der Eisenhüttenkunde, S. 72, Leipzig 1875; Percy-Wedding, Handbuch der Eisen - hüttenkunde, Abth. II, S. 450. Da der Ofen aus localen Verhältnissen hervorgegangen war, ist von einer Wiedergabe der Abbildung Abstand genommen.

Es möge hier zugleich der zum Rösten klarer, dicht liegender Erze bestimmten, schon oben kurz erwähnten kärntnischen Gasröstöfen gedacht werden, welche man nach ihrem Erfinder Fillafer’sche Röstöfen zu benennen pflegt. Sie wurden zuerst auf dem Eisenwerke209Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten in Oefen.Fridau bei Vordernberg gebaut und sind dann auch auf einigen anderen Werken eingeführt worden.

Man benutzt Hochofengase zur Heizung; und die Veranlassung dazu ist in dem Umstande gegeben, dass für den Betrieb des Werkes Dampfkraft nicht erforderlich ist, also eine genügende Menge Gase für den Röstprocess zur Verwendung steht. Damit die Gase ohne An - wendung eines Gebläses die dicht liegende Erzsäule durchdringen, darf der Ofen weder hoch noch breit sein; die Höhe des vierseitig prisma - tischen Schachtes oberhalb der Gaseinströmungen beträgt nur 2.20 m, die Breite 0.55 m, die Länge 1.25 m. Je zwei Oefen stehen mit ihrer schmalen Seite aneinander und sind durch eine gemeinsame Kuppel mit Schorn - stein zur Verstärkung des Luftzuges überdeckt; in der Kuppel befinden sich die Thüren für das Einfüllen des Erzes. Von diesen Doppelöfen ist nun wieder eine grössere Zahl in einer fortlaufenden Reihe neben einander angeordnet, so dass im Ganzen zwei Reihen, mit dem Rücken (der schmalen Seite) an einander stossender Oefen gebildet sind. Zwischen je zwei benachbarten, in derselben Reihe befindlichen Oefen steigt das Gas, aus einem tiefer liegenden Kanale kommend, empor und gelangt durch eine Anzahl schmaler Spalten in den Ofen. Jeder Ofen hat dem - nach zwei einander gegenüber an den Langseiten angeordnete Reihen solcher Gaseintrittsöffnungen.

Dicht unter diesen Oeffnungen liegt, von eingemauerten Balken getragen, ein aus Eisenstäben gebildeter Rost, welcher die Erzsäule trägt und durch welchen hindurch die von unten zutretende Luft auf - wärts steigt, um auf das Gas zu treffen und dieses zu verbrennen. Die Roststäbe lassen sich durch eine mit Thür versehene Oeffnung in der Vorderwand des Ofens herausziehen. Die Erze stürzen dann hinunter in den unterhalb des Rostes angeordneten, mit Ziehöffnungen versehenen Kühlraum; die durch die Ziehöffnung eintretende Luft aber streicht durch die heissen Erze hindurch und erwärmt sich hier, ehe sie in den Ofen eintritt. 1)Abbildungen dieser Oefen: Annales des mines, série VII, tome IX, pl. XIV; Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 1, S. 175; Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde Abth. 2, S. 483; A. v. Kerpely, Fortschritte der Eisenhütten - technik 1866, S. 17. Obschon der Construction an und für sich ein gewisses Interesse gebührt, so besitzen doch die Fillafer’schen Oefen keine allgemeinere Wichtigkeit, da ihre Ein - richtung vorwiegend auf den ganz besonderen Eigenthümlichkeiten örtlicher Verhält - nisse beruht.

Der Rauminhalt eines solchen Ofens beträgt nur 1.3 cbm; die Leistung in 24 Stunden 4 Tonnen, also per cbm etwa 350 kg. Für einen nur einigermaassen beträchtlichen Bedarf an geröstetem Erz würde dem - nach eine sehr grosse Zahl solcher Oefen erforderlich sein.

Um auch bei dicht liegenden Erzen eine längere gegenseitige Be - rührung zwischen diesen und den aufsteigenden Gasen zu ermöglichen als sie in den soeben besprochenen niedrigen Oefen von Fillafer zu erreichen ist, wurden von Moser Gasröstöfen gebaut (in Eisenerz, Neuberg u. a. a. O.), welche einem Herdflammofen mit geneigter lang - gestreckter Sohle zu vergleichen sind. Die Neigung des Herdes beträgtLedebur, Handbuch. 14210Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.etwa 45°C. ; parallel der Herdsohle ist die gewölbte Decke angeordnet, so dass der ganze Ofen einem unter dem angegebenen Winkel auf - steigenden Kanale gleicht, in welchen oben das Erz eingeschüttet wird, um allmählich auf der Sohle herabzugleiten, während unten das Gas eintritt. Die Länge des Ofens, welcher ursprünglich mehr zum Trocknen sehr feuchter mulmiger Erze bestimmt war, später aber auch zum eigent - lichen Rösten benutzt wurde, beträgt 3.5 5.5 m, die Breite 1.25 1.5 m, die Höhe der Erzschicht etwa 0.15 m. Bei ausschliesslicher Verwendung des Ofens zum Trocknen beträgt die tägliche Leistung ca. 15 Tonnen Erz, beim Rösten dagegen höchstens die Hälfte. 1)Abbildungen dieses ebenfalls nur für ganz besondere Verhältnisse geeigneten Ofens enthalten die oben genannten Werke: Annales des mines, pl. XIV; Dürre, Anlage u. s. w., S. 176; ferner Berg - und hüttenmännisches Jahrbuch, Bd. 16, S. 384.

Unter allen Gasröstöfen nimmt der in Fig. 43 46 abgebildete, zum Rösten grobstückiger Magneteisenerze in Sintertemperatur bestimmte Röstofen des Schweden Westman seiner Grösse wie seiner Leistung nach die hervorragendste Stellung ein. 2)Die mitgetheilten Notizen wie die Abbildung sind dem unter Literatur auf - geführten Werke von R. Akerman entnommen.Seit der Erbauung des ersten dieser Oefen im Jahre 1851 auf dem Werke Söderfors bei Dannemora sind nicht allein in Schweden die schon damals sehr gebräuchlichen älteren Gasröstöfen die sogenannten Tenninge-Oefen mehr und mehr von demselben verdrängt worden, sondern er ist auch ausserhalb Schwedens, wo ähnliche Verhältnisse vorliegen, mehrfach in Anwendung gekommen.

Die Heizung dieses Ofens wird in Schweden ausschliesslich durch Hochofengase bewirkt; mit gleich gutem Erfolge würden voraussichtlich auch Generatorgase benutzt werden können, sofern ihr Wassergehalt nicht zu bedeutend ist. Wo aber nicht Gichtgase für den Röstprocess zur Verwendung stehen, fällt, wie schon mehrfach betont wurde, eine Hauptveranlassung zur Anwendung der Gasfeuerung in Röstöfen fort; und der andere Grund zur Einführung von Gasröstöfen, die in den - selben erreichbare vollständigere Entschweflung kiesiger und dichter Magneteisenerze, verliert, sofern der Schwefelgehalt der Erze nicht etwa ausnahmsweise hoch ist, an Bedeutung, wenn man die Erze nicht mit Holzkohlen, sondern mit mineralischen Brennstoffen verarbeitet.

Wenn unter solchen Verhältnissen die Anwendung des Westman - schen Ofens fast ausschliesslich auf diejenigen Bezirke der Eisenindustrie beschränkt bleibt, wo eben noch Holzkohlen als Brennstoff für die spätere Verhüttung der gerösteten Magneteisenerze zur Verwendung stehen, so verdient dennoch jener Ofen, da er immerhin ein bedeut - sames Glied unter den Apparaten eines für die gesammte Eisen - industrie nicht unwichtigen Landes bildet, eine etwas ausführlichere Besprechung.

Der Schacht zeigt, abweichend von den Röstöfen für niedrigere Temperaturen, eine Erweiterung nach unten, um das Ansetzen sintern - der Erze an die Wände zu erschweren, das gleichmässige Niederrücken zu erleichtern; und zwar ist diese Erweiterung am stärksten in dem

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211Die Vorbereitungsarbeiten. Das Rösten in Oefen.unteren Theile unmittelbar über den Gaseinströmungsöffnungen, wo der sogenannte Röstgürtel sich bildet, d. h. wo die stärkste Temperatur herrscht und das Erz infolge derselben einen teigartigen Zustand an - nimmt. Der Ofen besteht aus Kernschacht und Rauhgemäuer; ersterer wird von einem ringförmigen, aus einzelnen Stücken zusammengesetzten Gusseisenträger g g getragen, welcher zugleich den innern Rand der Ausziehöffnungen b b .. bildet und zwischen den letzteren auf dem Mauer - werke ruht.

Die Gase treten durch zwei bis vier senkrechte Rohre a (Fig. 44 und 45) in das auf einem Vorsprunge ruhende, rings um den Ofen herum führende Rohr c, welches unmittelbar über den Ausziehöffnungen b b .. liegt. Aus diesem Rohre c gelangen die Gase durch die Rohr - stutzen d d und die im Mauerwerke angebrachten senkrechten Kanäle e e in die Einströmungskanäle f f .. und von hier in den Ofen. Letzt - genannte Kanäle, welche unmittelbar über dem Ringträger g angeordnet sind, sind nach rückwärts verlängert und hier durch eine Kapsel oder Thür verschlossen, so dass man im Stande ist, durch dieselben hindurch Werkzeuge zum Losbrechen der Erze in den Ofen zu führen. Die Anzahl der Gaseinströmungen ist doppelt so gross als diejenige der Ziehöffnungen, und sie liegen so dicht bei einander, dass das Erz rings herum vollständig zugänglich für jene Werkzeuge bleibt; ausserdem sind sie so dicht über den Ziehöffnungen angebracht, dass auch durch diese hindurch erforderlichen Falles Versetzungen im unteren Theile des Schachtes beseitigt werden können. So nahe über den Einströmungen f f .., als es in Rücksicht auf die Haltbarkeit des Ofengemäuers irgend thunlich ist, befindet sich eine zweite Reihe Störöffnungen h h .. und über diesen eine dritte Reihe i i Sie alle liegen so dicht bei ein - ander und sind nach innen derartig erweitert, dass das sinternde Erz in der Ebene derselben gleichfalls vollständig zugänglich für die Werk - zeuge der Arbeiter ist. Ueber diesen Störöffnungen sind nun ausserdem noch vier Reihen engerer Schauöffnungen angebracht, durch welche hindurch man die Temperatur im Innern beobachten kann. Auch diese sind wie sämmtliche Störöffnungen durch Thüren geschlossen.

Die Gicht ist während des Betriebes durch einen schräg liegenden Deckel l geschlossen, welcher von dem mit Erz beladenen, durch eine mechanische Vorrichtung auf der schiefen Ebene emporgezogenen Wagen m selbstthätig zurückgeschoben wird, sobald dieser über der Gicht anlangt, worauf die ebenfalls selbstthätige Entleerung des Wagens erfolgt. Die Gichtgase aber entweichen durch vier seitlich angebrachte Rohre n n .., welche in dem gemeinschaftlichen Kasten o münden, und werden von hier aus in die mit Klappe q zur Regelung des Zuges ver - sehene, ca. 10 m hohe Esse p geführt.

Die Verbrennungsluft tritt durch die Ziehöffnungen in den Ofen und hat zunächst, ehe sie auf das Gas trifft, die im unteren Theile des Ofens befindlichen glühenden Erze zu passiren. Zur besseren Regelung des Luftzutrittes sind die Ziehöffnungen mit Thüren verschlossen, in denen sich je fünf, durch Drehschieber ganz oder theilweise verschliess - bare Zugöffnungen befinden.

Die Anzahl der Ziehöffnungen richtet sich nach dem Durchmesser des Ofens; bei den grösseren Oefen, wie in der Abbildung, welche die14*212Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.gebräuchlichsten sein dürften, sind acht Ziehöffnungen vorhanden; bei den kleinsten Oefen von 1.9 m Durchmesser im unteren Theile ist deren Zahl auf fünf beschränkt.

Bei einzelnen Westman’schen Oefen hat man Gebläseluft statt des natürlichen Luftzuges zur Anwendung gebracht, welche in das hohl gegossene Trägereisen g und durch feine Oeffnungen aus demselben in den Ofen geführt wird. Es hat sich jedoch gezeigt, dass besondere Vortheile hierdurch nicht erreicht werden.

Als Leistung des Ofens rechnet man per Ziehöffnung in 24 Stunden 5000 kg; bei 8 Ziehöffnungen mithin 40000 kg. Bei einem räumlichen Inhalte des Ofens von ca. 31 cbm würde diese Erzmenge einer Leistung von ca. 1300 kg Erz per cbm Rauminhalt entsprechen. Man pflegt in 8 stündiger Arbeitsschicht durchschnittlich sechs Mal Erze zu ziehen. Das herauskommende Erz ist noch so glühend, dass man eiserner Wagen zum Fortschaffen desselben bedarf.

Als Brennstoffverbrauch giebt Rinman ca. 300 cbm Hochofengas per 1000 kg Erze an. 1)Berg - und hüttenm. Ztg. 1872, S. 112.Um einen Vergleich mit dem Brennstoffver - brauche der bisher besprochenen Röstöfen zu erhalten, würde man an - nehmen können, dass jene 300 cbm Gichtgase annähernd gleichwerthig sind mit einer gleich grossen Menge von Generatorgasen, aus Stein - kohlen erzeugt. Zur Darstellung derselben würden etwa 70 80 kg Steinkohlen erforderlich sein. Der Brennstoffverbrauch in diesem Ofen ist also höher als bei den sämmtlichen bisher besprochenen Oefen für festes Brennmaterial, ein Umstand, der sich zur Genüge erklärt, wenn man erwägt, dass die Erhitzung der Erze eine bedeutend stärkere ist und sein soll als in jenen Oefen, und dass anderntheils auch von den noch glühend aus dem Ofen herauskommenden Erzen allerdings ein nicht ganz unbeträchtlicher Theil Wärme ungenutzt entführt wird.

Als ein Beispiel eines Röstofens mit äusserer Rostfeuerung kann der in Fig. 47 49 abgebildete Ofen zum Brennen von Kalkstein dienen, welcher im Jahre 1882 von der Gräfl. Stolbergschen Factorei zu Ilsenburg am Harz für das neu angelegte Bessemerwerk zu Peine gebaut wurde. Die Einrichtung dieses Ofens im Allgemeinen entspricht im Wesentlichen derjenigen, welche schon seit 1826 in Schweden zum Rösten von Magneteisenerzen in Anwendung ist (Röstöfen von af Uhr); aber die Höhe ist weit beträchtlicher als die der schwedischen Oefen, welche nicht über 4.5 m hoch waren. Das Einfüllen des Kalksteines geschieht durch drei mit Verschlussklappe versehene Füllöffnungen A, welche von einer entsprechend eingerichteten Gichtbühne aus zugäng - lich sind. Fünf Rostfeuerungen B, deren Einrichtung deutlich erkenn - bar ist, dienen zum Heizen des Ofens und entlassen ihre Verbrennungs - gase durch Spalten von 580 mm Breite und 400 mm Höhe in den Ofen. Die Gase treffen hier zunächst auf hoch erhitzten Kalk und werden durch Luft, welche sowohl durch die Ziehöffnungen C als durch die Störräume (Schaulöcher) D zutreten kann, vollends verbrannt, um dann aufwärts zu steigen und durch die Esse zu entweichen. Zwischen je zwei

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213Die Vorbereitungsarbeiten. Das Verwittern und Auslaugen.Feuerungen befindet sich eine Ziehöffnung C, so dass deren ebenfalls fünf vorhanden sind, und der Boden des Ofens fällt nach den Zieh - öffnungen hin ab.

Der Ofen lieferte sowohl hinsichtlich der Beschaffenheit des erfolgen - den gebrannten Kalkes als in quantitativer Beziehung sehr befriedigende Ergebnisse. Zuverlässige Durchschnittsziffern für Brennstoffverbrauch und tägliche Leistung liessen sich bei der Kürze der Zeit, während welcher er im Betriebe war, noch nicht feststellen.

D. Das Verwittern und Auslaugen.

Das Verwittern der Erze, d. h. die längere Zeit andauernde Einwirkung der Atmosphärilien, übt theils physikalische theils chemi - sche Einflüsse aus, welche beide die Verarbeitbarkeit der Erze erhöhen können, allerdings in dem einen Falle mehr, in dem andern weniger.

Unter dem Einflusse von Sonne und Feuchtigkeit, welche letztere in das Innere der Erzstücke eindringt, bekommen dieselben feine Risse, sie werden leichter zugänglich für die reducirenden Gase und lassen sich leichter zerkleinern. Einzelne Erze trennen sich hierbei von ihrer anhaftenden Gangart. Manche Sphärosiderite aus der Steinkohlenfor - mation z. B. kommen mit fest anhaftendem Thonschiefer aus der Grube; beim längeren Lagern an der Luft blättert derselbe ab. Nach Percy sollen durch Anwendung dieses Processes alljährlich in Südwales grosse Summen gespart werden, welche sonst für Scheidung ausgegeben werden müssten. In kälteren Klimaten werden durch Frostwetter diese Vor - gänge besonders befördert; das in die Poren eingedrungene Wasser erstarrt zu Eis und sprengt hierbei gewissermaassen die Stücke aus ein - ander (Ausfrieren der Erze).

Die chemischen Einflüsse des Verwitterns beruhen grösstentheils auf der Umwandlung vorhandener Schwefelmetalle in lösliche Sulfate, welche dann entweder durch die natürlichen Niederschläge im Laufe der Zeit aufgelöst und entfernt werden, oder, wo man den Process zu beschleunigen wünscht, durch künstliches Auslaugen dem Erze ent - zogen werden können.

Die in den Erzen vorkommenden Schwefelmetalle (Kiese, Bleiglanz, Zinkblende) sind jedoch dieser Umwandlung unter dem Einflusse der Atmosphärilien nicht in gleichem Maasse unterworfen; manche bleiben auch nach jahrelanger Einwirkung unverändert. Selbst die beiden chemisch ganz übereinstimmend nach der Formel Fe S2 zusammen - gesetzten Mineralien: Schwefelkies (Pyrit) und Strahlkies (Markasit) ver - halten sich in dieser Beziehung abweichend. Der im regulären Systeme krystallisirende Schwefelkies ist den Witterungseinflüssen gegenüber sehr beständig, der rhombisch krystallisirende Markasit, welcher nicht selten neben jenem in demselben Erze vorkommt, wird schon in Kurzem zer - setzt, wobei theils Sulfat, theils Schwefelsäure entsteht. Dass durch Röstung sämmtliche Schwefelmetalle zersetzt und theilweise in Sulfate übergeführt werden können, wurde früher ausführlich erörtert.

Wenn in der soeben geschilderten Weise durch länger fortgesetztes Verwittern eine Verbesserung der Beschaffenheit mancher Eisenerze zu erzielen ist, so kommt doch anderntheils dabei in Betracht, dass214Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.nicht allein in den zur Verwitterung Jahre lang aufbewahrten Erz - vorräthen ein gewisses Kapital steckt, welches, so lange die Erze nicht ihrer Bestimmung gemäss verwendet werden, zinsenlos daliegt; andern - theils, dass zum Verwittern so grosser Erzmengen, wie sie von moder - nen, mit Koks betriebenen Hochöfen verarbeitet werden, ein ungeheueres Areal erforderlich sein würde, welches ebenfalls als ein todtes Kapital erscheinen müsste. Während man daher bei dem verhältnissmässig schwachen Betriebe der früheren Zeit (in den ersten fünf Jahrzehnten dieses Jahrhunderts) das Verwittern der Erze oft ganz systematisch be - trieb, einzelne Erzhaufen nicht selten zehn Jahre hindurch und länger den Einflüssen der Atmosphärilien aussetzte, ist das Verfahren mehr und mehr ausser Gebrauch gekommen, je umfangreicher der Betrieb sich gestaltete, wenn nicht etwa, wie bei den erwähnten thonschiefer - haltigen Sphärosideriten von Südwales, in verhältnissmässig kurzer Zeit ein bestimmter Erfolg zu erreichen ist.

Das zweite erwähnte Verfahren, das Auslaugen der Erze, be - zweckt eine Entfernung löslicher Bestandtheile, insbesondere also gebil - deter Sulfate, in rascherer und vollständigerer Weise als es durch das Verwittern allein zu erreichen ist. Da solche löslichen Sulfate vor - wiegend beim Rösten entstehen, so ist es erklärlich, dass man auch fast nur geröstete Erze dem Verfahren unterwirft. Die Ausführung des Verfahrens ist, den örtlichen Verhältnissen entsprechend, mehr oder minder einfach. Gewöhnlich beschränkt man sich darauf, aus irgend einer höher gelegenen Wasserleitung von Zeit zu Zeit Wasser über die Erzhaufen hinweg zu leiten, um dann dasselbe, nachdem es die Sulfate aufgenommen hat, an einer tieferen Stelle wieder abzuleiten. Von Zeit zu Zeit wird wohl der Erzhaufen umgeschaufelt und das Verfahren wiederholt.

In besonders systematischer Weise wurde vor mehreren Jahren das Auslaugen auf der Adelbertshütte zu Cladno in Böhmen betrieben. Gemauerte mit Cement ausgekleidete Behälter von 22 m Länge, 15.5 m Breite, 2 m Tiefe dienten zur Aufnahme der Erze. Je vier solcher im Rechteck zusammenliegender Behälter bildeten zusammen eine Gruppe derartig, dass das Wasser, welches am Boden eintrat und am Rande der gegenüberliegenden Seite wieder abfloss, von dem einen in den andern Behälter hinübergeleitet wurde, wobei das frische zugeleitete Wasser stets die am längsten ausgelaugten Erze traf. Durch Bestim - mung des Schwefelsäuregehaltes in dem zuletzt abfliessenden Wasser wurde der Verlauf des Processes controlirt. Nicht uninteressant ist die Zusammensetzung des beim Eindampfen des Laugwassers bleibenden Rückstandes. Derselbe enthielt:

Die hohen Kosten des Verfahrens haben indess später die Ein - stellung desselben zur Folge gehabt.

In der oben beschriebenen einfacheren Ausführung ist das Aus - laugen vorzugsweise bei solchen Eisenwerken in Anwendung, welche geröstete, ursprünglich stark kiesige Erze (Spathe, Sphärosiderite, Mag - neteisenerze) mit Holzkohlen verhütten, ein Umstand, der sich genügend215Literatur.aus der mehrfach erwähnten Verschiedenheit der Wichtigkeit erklärt, welche ein Schwefelgehalt der Erze bei der Verhüttung derselben mit Holzkohlen oder mit mineralischen Brennstoffen besitzt.

Wie sich aus Vorstehendem ergiebt, erstrecken sich die Wirkungen des Auslaugens wie die chemischen Wirkungen des Verwitterns in der Regel nur auf eine Abminderung des Schwefelgehaltes der Erze. Phos - phor kann bei dem Auslaugen mit Wasser höchstens in kleinen Spuren entfernt werden, da die Phosphate, als deren Bestandtheil er in den Erzen erscheint (Vivianit, Apatit) so gut wie unlöslich in Wasser sind. Wohl aber lösen sich solche Phosphate in verdünnten Säuren (wässerige schweflige Säure, Salzsäure) und lassen sich, wenn man diese zum Auslaugen der Erze benutzt, zum grossen Theile den Erzen entziehen. In der That ist dieses Verfahren längere Zeit hindurch in Cladno in den oben beschriebenen Behältern neben der Entschweflung der Erze in Anwendung gebracht, wobei man schweflige Säure als Lösungsmittel benutzte, die durch Rösten von Kiesen erzeugt und in Wasser geleitet wurde. Der Erfolg war den über diese Versuche vorliegenden Nach - richten zufolge insofern befriedigend, als den Erzen der grössere Theil ihres Phosphorgehaltes entzogen wurde; aber die Kosten werden auch hier nicht im Einklange zum Erfolge gestanden haben, und dieser Um - stand wird die Ursache gewesen sein, dass auch dieses Verfahren zum Erliegen kam.

Seitdem durch neuere Erfindungen es möglich geworden ist, dem Roheisen bei seiner Umwandlung in schmiedbares Eisen den Phosphor - gehalt weit vollständiger als früher zu entziehen, spielt auch der Phos - phorsäuregehalt der Erze und die Entphosphorung derselben eine weniger wichtige Rolle als ehedem.

Literatur.

A. Grössere Werke.

  • Percy-Wedding, Handbuch der Eisenhüttenkunde, Abtheilung 1, S. 269 bis 446 (Vorkommen der Eisenerze), Abtheilung 2, S. 410 533 (Zerkleinern, Waschen, Rösten, Auslaugen).
  • E. F. Dürre, Die Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 1, S. 7 199 (Vorkommen und Zusammensetzung sowie Vorbereitung der Erze und Zuschläge).
  • A. v. Kerpely, Die Anlage und die Einrichtung der Eisenhütten. S. 278, 315, 351 (Vorrichtungen zum Zerkleinern, Waschen, Rösten).
  • A. v. Kerpely, Ungarns Eisensteine und Eisenhütten-Erzeugnisse. Wien 1877, S. 8 44.
  • Zahlreiche Notizen über Vorkommen und Zusammensetzung verschiedener Erze und Zuschläge enthalten ausserdem die Ausstellungsberichte über die Weltaus - stellungen zu Wien, Paris, Philadelphia von Dürre, Kerpely, Kupelwieser, Wedding (letzterer berichtete über das nordamerikanische Eisenhüttenwesen in der Zeitschrift für Berg -, Hütten - und Salinenwesen, Bd. XXIV).

Ueber Aufbereitung.

  • P. Rittinger, Lehrbuch der Aufbereitungskunde, Berlin 1867, S. 24 ff. (Poch - und Walzwerke, Wäschen).
216Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.

Ueber Rösten.

  • R. Åkerman, Om jernmalmers rostning. Stockholm 1879. Dasselbe Werk in deutscher Uebersetzung: Das Rösten der Eisenerze, Leipzig 1880.
  • H. Tholander, Experimentelle Untersuchungen über die Reduction von Eisenerzen und die Wirkung der Röstung auf Magneteisensteine und Hämatite. Aus Iron ins Deutsche übertragen von J. v. Ehrenwerth. Wien 1878.
  • C. F. Plattner. Die metallurgischen Röstprocesse, theoretisch be - arbeitet. Freiberg 1856.

B. Abhandlungen.

Ueber das Vorkommen von Eisenerzen. 1)Die ausserordentlich grosse Ausdehnung der Literatur über Eisenerzvor - kommnisse macht eine auch nur annähernd vollständige Aufzählung aller wichtigeren Abhandlungen über diesen Gegenstand unmöglich. Es sind deshalb nur solche Arbeiten aufgeführt worden, welche entweder in Vorstehendem für die Besprechung der Eisen - erze benutzt wurden oder aus besonderen Gründen für den Eisenhüttenmann besondere Wichtigkeit besitzen.

  • Hauchecorne, Die Eisenerze der Gegend von Elbingerode am Harz. Ztschr. für Berg -, Hütten - und Salinenwesen im preussischen Staate 1868, S. 199.
  • Das Eisenerz Minette . Berggeist 1865, Nr. 73; Dingl. Polyt. Journ., Bd. 178, S. 164.
  • M. Habets, Les minerais de fer oolithiques du Luxembourg et de la Lorraine. Rev. universelle, tome 34, p. 40.
  • Aug. Jaeger, Ueber die Eisenerzablagerungen von Lothringen-Luxem - burg und ihre Bedeutung für die Eisenindustrie. Stahl und Eisen , 1881, S. 138 und 171.
  • E. Gruner, Mémoire sur la situation de la métallurgie du fer en Styrie et en Carinthie. Première partie: Combustibles et minerais. Ann. d. mines, série VII, tome IX, p. 471.
  • H. A. Tappe, Der Bergbau und Mineralreichthum Algeriens. Berg - und hüttenm. Ztg. 1877, S. 432.
  • E. Giesler, Das oolithische Eisensteinsvorkommen in Deutsch-Loth - ringen. Ztschr. für Berg -, Hütten - und Salinenwesen 1875, S. 9.
  • W. Gill, Der Eisenerzdistrict von Bilbao. Stahl und Eisen , 1882, S. 337.

Ueber Rösten, Auslaugen etc.

  • Fr. Kupelwieser, Fortschritte der Verröstung der Eisenerze in Steier - mark. Berg - und hüttenm. Jahrb. der k. k. Bergakademieen zu Leoben etc. Bd. XVI (1867), S. 373.
  • J. v. Ruttner, Röstung und Abwässerung schwefelkieshaltiger Spath - eisensteine zu Mariazell. Rittinger, Erfahrungen etc. Jahrg. 1868, S. 15.
  • E. Gruner, Grillage des minerais en Styrie et en Carinthie. Annales des mines, série VII, tome IX, p. 540 (enthält eine ausführliche Beschreibung der Röstmethoden in den österr. Alpenländern nebst Abbildungen der Oefen).
  • Eisenerzröstöfen (Borrie’s Röstofen, Wagner’s Oefen). Berg - und hüttenm. Ztg. 1870, S. 60.
  • John Borrie, Röstofen für Eisenerze. Berggeist 1870, Nr. 4; Polyt. Centralbl. 1870, S. 536.
  • Calcination. Iron, vol. XIII, p. 163 (Abbildungen englischer Röstöfen).
  • Calcining kilns at the Ayresome Iron Works, Middlesborough. Enginee - ring vol. 13, p. 170
  • Aufzug und Senkvorrichtung für die Röstöfen der Ayresome Iron Works. Aus Engineering 1872, p. 296 im Polyt. Centralbl. 1872, S. 1181.
217Literatur.
  • Devi, Raschette’s Eisenerzröstofen. Oestr. Ztschr. für Berg - u. Hüttenwesen 1875, Nr. 43; Berg - und hüttenm. Ztg. 1875, S. 419; Polyt. Centralbl. 1875, S. 1475.
  • W. J. Taylor, An Ore roasting furnace. Transact. of the Amer. Inst. of Min. Eng. vol. IX, p. 304.
  • P. W. Hofmann, Verwerthung der Schwefelkiesrückstände auf Eisen. Ztschr. d. Ver. Deutsch. Ing., Bd. 18, S. 522; Polyt. Centralbl. 1874, S. 1477.
  • E. Röhrig und R. Hass, Die Eisenerze der Bidasoa und ihre Behandlung durch Rösten und Auslaugen. Berg - und hüttenm. Ztg. 1873, S. 357.
  • Verarbeitung von Kupferkies haltenden Spatheisensteinen auf Roh - eisen. Ztschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1872, S. 480.
  • J. Zeman, Notizen aus der Adelberthütte in Cladno. (Rösten, Auslaugen). Technische Blätter 1870, S. 149; Dingler’s Polyt. Journal, Bd. 198, S. 32.
  • J. Jacobi, Neue Methode zur Entfernung und Verwerthung der Phos - phorsäure aus Eisenerzen. Bayrisches Industrie - u. Gewerbeblatt 1871, S. 187; Dingl. Polyt. Journ., Bd. 201, S. 245.
  • Gautier, Ueber das Entphosphorn der Eisenerze in Cladno. Berg - und hüttenm. Ztg. 1876, S. 8.

VII. Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

1. Allgemeines.

Chemisch reines Eisen lässt sich zwar auf chemischem Wege her - stellen, besitzt aber keine technische Wichtigkeit. Man erhält es durch Reduction von reinem Eisenoxyd oder auch reinem Eisenchlorür im trockenen und von fremden Gasen (Arsenwasserstoff, Schwefelwasserstoff) reinem Wasserstoffstrome. Aus Eisenoxyd entsteht hierbei in niedriger Temperatur ein graues pyrophorisches Pulver; in höherer Temperatur erhält man weisslich glänzende Blättchen. Aus Eisenchlorür dagegen entsteht eine glänzende Schicht metallischen Eisens, in welcher sich mitunter deutlich ausgebildete Würfel erkennen lassen. Das reine Eisen krystallisirt demnach im regulären Systeme.

Wie sämmtliche übrige Metalle besitzt das Eisen die Fähigkeit, sich mit anderen Metallen sowohl als Metalloiden zu legiren, d. h. mit ihnen Vereinigungen von metallischem Charakter einzugehen, deren physikalische Eigenschaften oft nicht unerheblich von denen der Be - standtheile im nicht legirten Zustande abweichen, deren Zusammen - setzung aber abweichend von der Zusammensetzung einer chemi - schen Verbindung im eigentlichen Sinne unabhängig ist von den Atomgewichten und innerhalb gewisser Grenzen in beliebigen Gewichts - verhältnissen erfolgen kann, ja, nicht selten vollständig unbeschränkt ist. 1)Die aus früherer Zeit her noch vielfach gebräuchliche Beschränkung des Begriffes Legirung auf die Vereinigungen von Metallen mit Ausschluss der Metal - loide entspricht nicht dem thatsächlichen Verhalten der letztgenannten Körper, welche mit den Metallen gar häufig Legirungen von unbeschränkter Zusammensetzung ein -

218Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Eine solche Legirung kann demnach als eine gegenseitige Lösung zweier oder mehrerer einfacher Körper betrachtet werden, innerhalb welcher zwar wirkliche chemische Verbindungen der Bestandtheile ent - stehen können, ohne dass aber die Anwesenheit dieser Verbindungen nothwendig ist oder das Wesen der Legirung bedingt. 1)Ein ganz ähnliches Verhalten zeigen viele zusammengesetzte Körper. Wasser löst zahlreiche feste und flüssige Körper in beliebigen Mengen, ohne dass chemische Verbindungen nach den Gewichtsverhältnissen der Atomgewichte dabei zu entstehen brauchen, während doch die Dichtigkeit, die Erstarrungstemperatur und andere phy - sikalische Eigenschaften der Lösung oft erheblich andere sind, als dem Mittel der Eigenschaften der in einander gelösten Körper entsprechen würde. Auch das früher geschilderte Verhalten der Schlacken gehört hierher und zeigt grosse Aehnlichkeit mit dem der Legirungen.Es ist nicht unwahrscheinlich, dass äussere Verhältnisse, z. B. die Temperatur, welcher eine Legirung ausgesetzt ist, auf das Entstehen (beziehentlich Zerfallen) solcher chemischen Verbindungen innerhalb einer Legirung Einfluss haben, und dass auf diesem Umstande Abweichungen beruhen, welche mitunter in den Eigenschaften scheinbar ganz übereinstimmend zusammengesetzter Legirungen sich beobachten lassen.

Alle die verschiedenen Sorten Handelseisen, deren Haupteintheilung und wichtigste Unterschiede schon auf S. 1 6 kurz besprochen worden sind, lassen sich demnach als Legirungen des Eisens mit anderen Metallen und Me - talloiden betrachten, deren Menge in einzelnen Sorten schmiedbaren Eisens oft wenige Zehntel Procente nicht übersteigt, beim Roheisen mindestens 2.3 Procente, häufiger 8 12 Procente beträgt, in den Eisenmanganlegirungen aber nicht selten die Menge des Eisens überwiegt.

Wie andere Metalle zeigt das Eisen verschiedenen Körpern gegen - über verschiedene Legirungsfähigkeit. Dieselbe ist unbegrenzt, d. h. es kann Legirung des Eisens in jedem beliebigen Gewichtsverhältnisse statt - finden mit Mangan, Chrom, Wolfram, Nickel, Kobalt, Kupfer, Gold, Platin, Aluminium, Antimon, Arsen, Schwefel, Phosphor, Silicium u. a.; sie ist beschränkt, d. h. es kann die gegenseitige Legirung nur bis zu einem gewissen Gehalte des einen oder andern Körpers ausgedehnt werden, mit Zink, Zinn, Wismuth, Kohle; fast gar nicht legirt sich das Eisen mit Blei, Silber, Quecksilber.

Obgleich die Veränderungen, welche die Eigenschaften eines ein - fachen Metalles, und somit auch des Eisens, durch die Legirung mit einem andern Körper erleiden, nach der Beschaffenheit und der Menge dieses letzteren sehr verschiedenartig sein können, so ist doch anderer -1)zugehen im Stande sind, und steht geradezu im Widerspruche mit dem sonstigen Sprachgebrauche. Man spricht z. B. ohne Bedenken von Zinnantimonlegirungen, Blei - arsenlegirungen u. s. w., obgleich Antimon und Arsen von den Chemikern längst aus der Reihe der Metalle gestrichen sind.219Allgemeines.seits eine gewisse Regelmässigkeit in der Richtung jener durch Legirung im Allgemeinen ausgeübten Einflüsse nicht zu verkennen. Es zeigt sich ziemlich übereinstimmend Folgendes.

Die Festigkeit des legirten Metalles ist gewöhnlich grösser als die des einfachen, sofern eine gewisse Grenze in dem Gehalte des zweiten Körpers nicht überschritten wird; sobald aber diese Grenze erreicht ist, tritt rasche Abnahme der Festigkeit ein. Bei der Legirung mit Metalloiden pflegt die Grenze früher als bei der Legirung mit Metallen erreicht zu werden.

Die Härte des legirten Metalles ist regelmässig grösser als die des einfachen.

Umgekehrt wie die Härte verhalten sich die Dehnbarkeit, Schmiedbarkeit und Zähigkeit1)Dehnbarkeit kann als die Eigenschaft der Körper, im ungeschmolzenen Zustande unter Einwirkung äusserer Kräfte bleibende Formveränderungen zu ertragen, bezeichnet werden; als Schmiedbarkeit pflegt man die Dehnbarkeit der Körper im erhitzten Zustande zu bezeichnen, insbesondere, wenn die Formveränderung durch Schlagwirkung hervorgerufen wird; Zähigkeit ist das Maass des Widerstandes, welchen ein Körper der Trennung seiner Theilchen entgegensetzt, nachdem unter Ein - wirkung äusserer Kräfte die Elasticitätsgrenze überschritten ist. Sie bildet gewisser - maassen die Grundlage der Dehnbarkeit. Ihr Gegensatz ist die Sprödigkeit. der Metalle; aber das Maass des Einflusses, welchen verschiedene Körper in dieser Richtung ausüben, ist sehr abweichend.

Die Schmelztemperatur legirter Metalle liegt in Wirklichkeit gewöhnlich niedriger als die aus den Schmelztemperaturen der Bestand - theile der Legirung berechnete Durchschnittstemperatur; häufig sogar niedriger als die Schmelztemperatur jedes einzelnen Bestandtheiles.

Die Leitungsfähigkeit für Wärme und Elektricität wird durch Legirung häufig geschwächt; d. h. sie ist geringer, als sich durch Rechnung aus dem Maasse dieser Eigenschaften bei den legirten ein - fachen Körpern ergeben würde.

Eine eigenthümliche Eigenschaft vieler Legirungen ist die Saige - rung. Man versteht unter dieser Bezeichnung ein Zerfallen einer flüssigen Legirung beim allmählichen Erstarren in mehrere Legirungen von abweichender Schmelztemperatur, beziehentlich in Legirungen und ausgeschiedene einfache Körper, so dass der eine Bestandtheil vor dem andern fest wird und sich von diesem sondert. Der gleiche Vorgang, d. h. eine Trennung verschieden zusammengesetzter Körper mit ver - schiedenen Schmelztemperaturen lässt sich auch, obschon nicht so häufig, bei dem allmählichen Uebergange der Legirungen aus dem festen in den flüssigen Zustand beobachten. Je langsamer in beiden Fällen der Uebergang aus dem einen in den andern Aggregatzustand stattfand, desto stärker pflegt die Saigerung zu sein. Auch die verschiedenen im technisch dargestellten Eisen auftretenden Legirungen zeigen nicht selten diesen Vorgang, und in gewissen Fällen spielt derselbe sogar eine hochwichtige Rolle.

220Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

2. Krystallisation des Eisens.

Dass das chemisch reine Eisen im regulären Systeme krystallisire, wurde bereits erwähnt.

Auf der Bruchfläche und in Hohlräumen des technisch dargestellten Eisens aber lassen sich zwei ganz verschiedene Krystallformen unter - scheiden.

Die eine derselben gehört ebenfalls dem regulären Systeme an. Die betreffenden Krystalle jedoch erscheinen niemals in vollkommener Ausbildung, sondern sie bestehen aus Gerippen, deren Umrisse das reguläre Oktaeder erkennen lassen und welche nur aus rechtwinkligen Balken erster, zweiter und dritter Ordnung mit abnehmenden Graden der Vollkommenheit zusammengesetzt sind. 1)A. Knop, Molekularconstitution und Wachsthum der Krystalle. Leipzig 1867, S. 68.Fig. 50 zeigt das gewöhn -

Fig. 50.

liche Aussehen dieser Krystalle, die man in der Praxis einer gewissen Aehnlichkeit mit der Form eines Tannenbäumchens halber wohl als Tannenbaumkrystalle bezeichnet. Am häufigsten und grössten (mitunter mit einem Durchmesser von mehreren Centimetern) fin - den sie sich in Drusenräumen des grauen Roheisens, deren Wände oft vollständig mit diesen Krystallen bedeckt sind; aber auch im weissen Roheisen wie im gegossenen schmied - baren Eisen lassen sie sich, obschon sie hier selten die Grösse wie im grauen Roheisen erreichen, theils mit unbewaffnetem Auge, theils mit der Lupe oder dem Mikroskope deutlich erkennen.

Man pflegt nach Tunner2)Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben und Přibram, Bd. X (1861), S. 477. diese Kry - stalle als krystallisirtes reines oder freies Eisen zu betrachten, welches beim Erstarren infolge einer stattfindenden Saigerung aus dem mit anderen Körpern legirten Eisen sich trennte. Der Umstand, dass gerade solche Eisensorten besonders reich an der - artigen Bildungen zu sein pflegen, welche bei einem verhältnissmässig hohen Gehalte an reinem Eisen eine Neigung besitzen, beim Erstarren zu saigern , d. h. in verschieden zusammengesetzte Körper zu zer - fallen (die von fremden Stoffen reineren Sorten grauen Roheisens), ver - leiht jener Annahme einen ziemlich hohen Grad von Wahrscheinlich - keit. Dass bei der Analyse dieser Krystalle nicht etwa blos chemisch reines Eisen gefunden wird, sondern dass die Zusammensetzung der - selben ziemlich genau mit derjenigen übereinstimmt, welche das Mutter - eisen besitzt, spricht nicht etwa gegen die erwähnte Theorie. Die Kry - stalle sind aus der Krystallisation des erstarrenden freien Eisens her - vorgegangen; mechanisch aber enthalten sie die fremden Stoffe ein - geschlossen, welche im flüssigen Zustande mit dem Eisen legirt waren. Ihre unfertige Form ist vielleicht eine Folge der Anwesenheit dieser fremden Körper; und thatsächlich pflegen diejenigen Krystalle die221Reduction des Eisens aus seinen Verbindungen.schärfsten Umrisse zu zeigen, welche aus den reinsten Eisensorten aus - krystallisirten.

Auf Grund dieses Umstandes hat man beim Roheisen nicht ohne allen Erfolg versucht, aus der Form der Krystalle Schlüsse auf seine Reinheit und Festigkeit zu ziehen. 1)E. Schott, Die Kunstgiesserei in Eisen. Braunschweig 1873, S. 17. E. F. Dürre, Ueber die Constitution des Roheisens. Leipzig 1868, S. 69. B. Kerl, Handbuch der metallurgischen Hüttenkunde, 2. Aufl., Freiberg 1861, Bd. III, S. 26. Berg - und hüttenm. Ztg. 1863, S. 343.

Die zweite, im technisch dargestellten Eisen auftretende Gattung von Krystallen sind Prismen (Säulen, Nadeln) des rhombischen Systemes. Sie fehlen gänzlich in den reinsten Eisensorten (im schmiedbaren Eisen) wie in demjenigen Eisen, welches bei der Erkaltung einem starken Zer - fallen der Bestandtheile unterlag, und treten am deutlichsten in den Legirungen des Eisens mit Mangan und Kohlenstoff hervor, in welchen sie mitunter, wenn der Mangangehalt 30 40 Proc. beträgt, eine Länge bis zu 8 cm bei einem Durchmesser von 5 8 mm erreichen. Bei noch höherem Mangangehalte sind sie gewöhnlich kleiner, aber häufig sehr deutlich ausgebildet; bei abnehmendem Mangangehalte werden sie un - deutlicher, sind aber bei genauer Untersuchung auch noch in vielen Roheisensorten zu entdecken, deren Mangangehalt nur wenige Procente beträgt. Man kann diese Krystalle als legirtes Eisen betrachten, welches, ohne zu saigern, erstarrte. 2)Nicht alles legirte Eisen jedoch krystallisirt in Säulen. Bei Siliciumeisen z. B. glaubt Mrázek, wie unten ausführlicher erwähnt ist, Krystallisation im tesse - ralen System beobachtet zu haben.

Die Anwesenheit jenes oktaedrisch krystallisirenden Bestandtheiles der Eisensorten, des freien Eisens, pflegt sich durch eine körnige Be - schaffenheit der Bruchfläche zu verrathen, sofern eben die Menge des - selben vor der des legirten Eisens vorwiegt; letzteres dagegen ist, ab - weichend nach der Zusammensetzung der Legirung, durch eine blättrige, feinkrystallinische oder auch dichte Bruchfläche gekennzeichnet.

3. Reduction des Eisens aus seinen Verbindungen.

Wie schon früher besprochen wurde, verwendet man für die Dar - stellung des Eisens ausschliesslich Sauerstoffverbindungen (beziehentlich Carbonate und Silikate), und als Reductionsmittel für dasselbe aus diesen Verbindungen werden vorwiegend Kohlenstoff im festen Zustande oder gasförmiges Kohlenoxyd benutzt. Der chemische Vorgang bei dieser Reduction wurde durch entsprechende Formeln auf S. 12 ver - anschaulicht, wobei allerdings nur auf den Fall Rücksicht genommen wurde, dass die Zusammensetzung des zu reducirenden Körpers dem Typus R O entspricht (also Eisenoxydul reducirt wird); es wird jedoch dem Leser nicht schwer fallen, die betreffenden Formeln auch für andere Oxydstufen des Eisens (Fe3 O4, Fe2 O3) zu entwickeln. 3)Die erwähnte Formel für die Reduction durch festen Kohlenstoff: R O + C = R + C O stellt den Verlauf in der Weise dar, wie er bei der Reduction von Eisen - oxyden stattzufinden pflegt, d. h. in hoher Temperatur und bei einem Ueberschusse von Kohle. Dass in niedrigerer Temperatur auch Reduction unter Bildung von Kohlen - säure stattfinden könne, wurde durch Versuche von John Parry nachgewiesen (vergl. Literatur).

222Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Die Reduction durch feste Kohle pflegt man directe Reduction, diejenige durch Kohlenoxyd indirecte Reduction zu nennen, wobei man die letztere Bezeichnung aus der Thatsache herleitet, dass hier der Kohlenstoff, welcher doch in beiden Fällen das eigentliche Reductions - mittel bildet, zunächst in Kohlenoxyd übergeführt werden muss.

Bei der Reduction durch Kohlenstoff ist, wie sich aus den erwähnten Formeln ergiebt, das Verbrennungserzeugniss desselben mit dem ent - zogenen Sauerstoff im Wesentlichen Kohlenoxyd, bei der Anwendung von Kohlenoxyd als Reductionsmittel entsteht Kohlensäure. Da nun, wie früher (S. 20) ausführlicher erörtert wurde, 1 kg Kohlenstoff, wenn derselbe im festen Zustande sich befindet und zu Kohlenoxyd verbrennt, nur 2473 W. -E. entwickelt, wenn er dagegen gasförmig (im Kohlenoxyd) vorhanden war, 5607 W. -E. zu liefern fähig ist, so wird auch hinsicht - lich des für die Reduction der Eisenoxyde erforderlichen Wärmever - brauches sich ein gleich grosser Unterschied bemerkbar machen, je nach - dem Kohlenstoff oder Kohlenoxyd als Reductionsmittel dient.

Wenn z. B. Eisenoxydul durch festen Kohlenstoff nach Formel 1 auf S. 12 zu metallischem Eisen unter Bildung von Kohlenoxyd redu - cirt wird, so verläuft der Vorgang, den Atomgewichten der Elemente entsprechend, nach folgenden Gewichtsverhältnissen, wobei der Einfach - heit halber 1 kg als Gewichtseinheit angenommen ist:

(56 kg Eisen + 16 kg Sauerstoff) + 12 kg Kohle = 56 kg Eisen + 28 kg Kohlenoxyd.

Bezieht man den Vorgang auf 1 (statt 12) kg Kohle, so erhält man

a) (14 / 3 kg Eisen + 4 / 3 kg Sauerstoff) + 1 kg Kohle = 14 / 3 kg Eisen + 7 / 3 kg Kohlenoxyd.

Da nun früheren Erörterungen gemäss der Wärmeverbrauch zur Zerlegung einer chemischen Verbindung ebenso gross ist als der Wärme - gewinn bei der Entstehung derselben (S. 10), 1 kg Eisen aber bei der Verbrennung zu Eisenoxydul 1352 W. -E. entwickelt (S. 22), so ist das Verhältniss zwischen verbrauchter und gewonnener Wärme bei diesem Vorgange Folgendes:

  • 14 / 3 kg Eisen erheischen, um aus dem Eisenoxydul reducirt zu werden, einen Wärmeverbrauch = 14 / 3 × 1352 6309 W. -E.
  • 1 kg Kohle liefert bei der Verbrennung zu 7 / 3 kg Kohlen - oxyd einen Wärmegewinn =2473
  • also erforderlicher Nettoverbrauch an Wärme3836 W. -E.

Man kann die Rechnung in derselben Weise auch auf 1 kg des dem Eisen entzogenen Sauerstoffes oder auch auf 1 kg reducirten Eisens beziehen und erhält alsdann:

b) Netto-Wärmeverbrauch bei der Reduction des Eisenoxyduls durch Kohle

  • per 1 kg entzogenen Sauerstoffes2877 W. -E.
  • 1 reducirten Eisens822

Geschieht die Reduction nicht durch feste Kohle, sondern durch Kohlenoxyd, so gestaltet sich der Vorgang folgendermaassen:

(56 kg Eisen + 16 kg Sauerstoff) + 28 kg Kohlenoxyd = 56 kg Eisen + 44 kg Kohlensäure.

223Reduction des Eisens aus seinen Verbindungen.

Auf 1 kg des im reducirenden Kohlenoxyd enthaltenen Kohlen - stoffes bezogen:

c) (14 / 3 kg Eisen + 4 / 3 kg Sauerstoff) + 7 / 3 kg Kohlenoxyd = 14 / 3 kg Eisen + 11 / 3 kg Kohlensäure.

Demnach beträgt das Verhältniss zwischen verbrauchter und ge - wonnener Wärme:

  • 14 / 3 kg Eisen erheischen einen Wärmeverbrauch (wie in Formel a) 6309 W. -E.
  • 7 / 3 kg Kohlenoxyd liefern bei ihrer Verbrennung einen Wärmegewinn = 7 / 3 × 2403 (S. 20) 5607
  • also erforderlicher Netto-Wärmeverbrauch702 W. -E.

Durch eine gleiche Rechnung erhält man den Netto-Wärmever - brauch bei der Reduction des Eisenoxyduls durch Kohlenoxyd:

  • d) per 1 kg entzogenen Sauerstoffes527 W. -E.
  • 1 reducirten Eisens150

Prüft man den Vorgang bei anderen Oxydationsstufen des Eisens, so gelangt man zu ähnlichen Ergebnissen. So z. B. ist der Vorgang bei der Reduction des Eisenoxydes Fe2 O3

  • durch KohleFe2 O3 + 3 C = 2 Fe + 3 C O
  • KohlenoxydFe2 O3 + 3 C O = 2 Fe + 3 C O2.

Durch Einschaltung der betreffenden Zahlenwerthe unter Benutzung der auf S. 22 gegebenen Ziffern für den Wärmeverbrauch bei der Zer - legung des Eisenoxydes erhält man alsdann:

e) Wärmeverbrauch bei der Reduction des Eisenoxydes durch Kohle

per 1 kg als Reductionsmittel benutzter Kohle:

  • 28 / 9 kg Eisen erheischen 28 / 9 × 17965587 W. -E.
  • 1 Kohle liefert2473
  • Netto-Wärmeverbrauch3114 W. -E.

und ebenso

  • per 1 kg entzogenen Sauerstoffes2336 W. -E.
  • 1 reducirten Eisens1000

f) Wärmeverbrauch bei der Reduction des Eisenoxydes durch Kohlenoxyd

per 1 kg des im reducirenden Kohlenoxyd enthaltenen Kohlen - stoffes:

  • zur Zerlegung von 28 / 9 kg Eisen wie oben5587 W. -E.
  • durch Verbrennung von 7 / 3 kg Kohlenoxyd erzeugt 7 / 3 × 24035607
  • Netto-Wärmegewinn (statt Verbrauch) 20 W. -E.

und ebenso

  • per 1 kg entzogenen Sauerstoffes Wärmegewinn15 W. -E.
  • 1 reducirten Eisens Wärmegewinn7
224Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Es zeigt sich in allen Fällen bei der Reduction durch Kohle ein erheblicher Mehrbedarf an Wärme als bei der Reduction durch Kohlenoxyd, wie sich aus der geringeren Verbrennungswärme des festen Kohlenstoffes im Vergleiche zu der Verbrennungswärme des im Kohlenoxyde vorhande - nen gasförmigen Kohlenstoffes erklärt; und dieser Mehr - verbrauch muss natürlich, damit der Reductionsprocess möglich werde, durch einen entsprechend höheren Aufwand an Brennstoff gedeckt werden.

Während bei der Reduction des Eisenoxydes durch Kohlenoxyd der Wärmeverbrauch und der Wärmegewinn sich annähernd decken (Formel f), ein Aufwand fremder Wärme also nicht erforderlich ist, sofern die Körper die zur Durchführung der Reaction erforderliche Temperatur besitzen, ist bei der Reduction durch Kohlenstoff im festen Zustande für jedes zur Reduction verbrauchte Kilogramm Kohle ein Wärmeauf - wand von 3114 W. -E. erforderlich (Formel e), welches nur durch Ver - brennung einer ferneren Menge Kohlenstoff erzeugt werden kann.

Diese erhebliche Verschiedenheit in dem Wärmeverbrauche bei der Reduction der Eisenoxyde durch Kohle und Kohlenoxyd ist von grosser Wichtigkeit und liefert die Erklärung für manche sonst unverständliche Vorgänge bei der Eisendarstellung.

In wirthschaftlicher Beziehung lässt sich nun allerdings ein Aus - gleich dieses Missverhältnisses herbeiführen, sofern man das bei der Reduction durch Kohle entstandene Kohlenoxyd als Brennstoff benutzt; für die Durchführung des Reductionsprocesses selbst aber bleiben offen - bar ganz andere Maassregeln erforderlich, je nachdem Reduction in der einen oder andern Weise stattfindet.

In dem einen Falle bleibt die Temperatur durch den Reductions - process unverändert, da Wärmegewinn und Wärmeverbrauch sich aus - gleichen; in dem andern Falle muss von aussen stetig Wärme zu - geführt werden, um den stattfindenden Wärmeverbrauch zu ersetzen. Geschieht dieses nicht, so sinkt naturgemäss die Temperatur im Re - ductionsraume und der Process hört auf.

Die Reduction der Eisenoxyde durch festen Kohlen - stoff beginnt bei einer Temperatur von ca. 400°C., verläuft aber in dieser Temperatur äusserst langsam, auch wenn beide Körper innig gemischt sind. Parry, welcher künstlich dargestelltes Eisenoxyd mit einer ausreichenden Menge von Kohle zur Bildung von Kohlenoxyd (1 g Eisenoxyd mit 0,25 g Kohle) im luftleeren Raume glühte, fand, dass nach stündiger Einwirkung nur Proc. des Sauerstoffgehaltes dem Erze entgegen waren und zum grössten Theile Kohlensäure ge - bildet hatten (87,2 Vol. Kohlensäure, 12,8 Vol. Kohlenoxyd). In höherer Temperatur steigerte sich das Verhältniss des entstehenden Kohlen - oxydes zur Kohlensäure selbst dann, wenn man dem Eisenoxyd nur eine solche Menge Kohle beigemengt hatte, welche bei vollständiger Reduction eben zur Kohlensäurebildung ohne Bildung von Kohlenoxyd ausgereicht haben würde. 1)Vergl. Literatur.Es erklärt sich diese Erscheinung zur Genüge225Reduction des Eisens aus seinen Verbindungen.aus dem früher (S. 13 14) geschilderten Verhalten der Kohle und des Kohlenoxydes gegenüber dem Sauerstoff, wie der Kohlensäure gegen - über dem metallischen Eisen. Ein Gasgemisch aus Kohlensäure und Kohlenoxyd kann bei Gegenwart von metallischem Eisen um so weniger des ersteren Gases enthalten, je höher die Temperatur ist.

Theils wegen der mangelhaften gegenseitigen Berührung zwischen fester Kohle und ungeschmolzenen Eisenoxyden, theils wegen der ge - ringen Einwirkung in niedriger Temperatur ist Kohle, wie schon auf S. 13 hervorgehoben wurde, ein geeignetes Reductionsmittel vorzugs - weise in solchen Fällen, wo eine reducirende Einwirkung auf ge - schmolzene Massen hervorgerufen werden soll.

Die reducirende Einwirkung des Kohlenoxydes beginnt nach Versuchen von L. Bell wenigstens auf geröstete Cleveland - erze (Sphärosiderite) schon bei einer Temperatur von etwa 200°C.1)J. Lowthian Bell, Ueber die Entwickelung und Verwendung der Wärme in Eisenhochöfen. Deutsch von P. Tunner. Leipzig 1870, S. 106., ist aber hier nur sehr schwach, so dass bei einem derartigen Versuche 100 Theilen Erz (welche ca. 20 Proc. an Eisen gebundenen Sauerstoff enthalten dürften) per Stunde nur 0.05 Proc. Sauerstoff (also ca. 0.25 Proc. des ursprünglichen Sauerstoffgehaltes) entzogen wurden. Mit der Tem - peratur aber steigert sich das Maass der Einwirkung; dasselbe ist bei Zinkschmelzhitze (430°) etwa 20 Mal so stark als in jener Anfangs - temperatur, und nach Versuchen von Schinz2)Dokumente betreffend den Hochofen, S. 74. in Temperaturen zwischen 800 900°C. etwa 3 Mal so stark als in Zinkschmelzhitze. Auch bei Versuchen, welche Tunner innerhalb eines Hochofens an - stellte3)Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben, Přibram und Schemnitz, Bd. IX, S. 309. und auf welche inskünftige noch öfter Bezug genommen werden wird, zeigte sich, dass eine rasche, kräftige Einwirkung erst in jener Temperatur von nahezu 900°C. erreicht werde.

Immer jedoch kommt hierbei wieder der Umstand in Betracht, dass bei der Reduction der Gase durch Kohlenoxyd die entstehende Kohlen - säure vermöge ihrer Fähigkeit, oxydirend auf metallisches Eisen zu wirken, die reducirende Kraft des noch vorhandenen Kohlenoxydes um so mehr abschwächt, je höher die Temperatur ist; und dass aus diesem Grunde bei der Einwirkung eines kohlenoxydhaltigen Gasstromes auf Eisenoxyde die Erneuerung desselben um so rascher vor sich gehen, d. h. die Geschwindigkeit des Gasstromes um so grösser sein muss, je höher die in dem Reductionsraume herrschende Temperatur ist. Im andern Falle tritt Stillstand der Reduction ein. Die Verhältnisse zwi - schen Kohlenoxyd und Kohlensäure, unter denen ein Gasstrom sich in verschiedenen Temperaturen neutral sowohl gegen oxydirtes als gegen metallisches Eisen verhält, wurden auf S. 13 mitgetheilt. 4)Nach J. L. Bell-Tunner, Entwickelung und Verwendung von Wärme in Eisenhochöfen, S. 44.

Jene Abminderung der reducirenden Kraft des Kohlenoxydes durch die entstehende Kohlensäure wird offenbar vermieden, wenn neben den Eisenoxyden feste Kohle zugegen ist, welche wieder reducirend auf dieLedebur, Handbuch. 15226Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.entstehende Kohlensäure wirkt und somit einen Gleichgewichtszustand herstellt. Der Vorgang lässt sich durch die Formel 〈…〉 darstellen.

Der Wärmeverbrauch hierbei ist nun freilich derselbe, als wenn feste Kohle unmittelbar als Reductionsmaterial dient; d. h. er ist ent - schieden ungünstiger, als wenn Kohlenoxyd nicht wieder reducirt wird und Kohlensäure als das Enderzeugniss des Processes erscheint. Günstiger aber, als bei directer Reduction durch festen Kohlenstoff ist der Ver - lauf insofern, als das gasförmige Kohlenoxyd, so lange Schmelzung nicht eingetreten ist, kräftiger, rascher auf die Eisenoxyde einzuwirken ver - mag als jener. Ueber die grossen Abweichungen in der Einwirkung verschiedener Kohlensorten auf Kohlensäure vergl. S. 18.

Dass eine Verdünnung des Kohlenoxydes auch durch indifferente Gase (Stickstoff) die Reduction verzögern müsse, lässt sich von vorn herein muthmaassen, wurde aber auch durch die von Schinz angestellten, schon erwähnten Versuche über die Reduction der Eisenerze bestätigt. Derselbe fand, dass nach den Durchschnittsergebnissen mehrerer Ver - suche, bei welchen theils ein Gasstrom mit 49.3 Proc. Kohlenoxyd, theils ein solcher mit nur 34.6 Proc. dieses Gases benutzt wurde, in gleicher Zeit die doppelte Menge Sauerstoff durch das erstere als durch das letztere Gas entzogen wurde. Allerdings war bei den Versuchen mit den reicheren Gasen auch die Temperatur durchschnittlich um ca. 50°C. höher (755°C. gegenüber 707°C. bei Anwendung des ärmeren Gases) und die Geschwindigkeit des Gasstromes, d. i. die Menge des zugeleiteten Gases in der Zeiteinheit um 2 Proc. beträchtlicher; auch unter Berücksichtigung dieser etwas günstigeren Verhältnisse bleibt jedoch die Abschwächung der Einwirkung des Kohlenoxydes durch die stärkere Verdünnung unverkennbar.

Die Thatsache, dass jede Reduction, also auch die durch Kohlen - oxyd bewirkte, einer gewissen Zeit bedarf, ist so selbstverständlich, dass sie keiner besondern Erläuterung bedarf. Tunner zog aus seinen oben erwähnten Versuchen über die Reduction der Erze im Hochofen den allerdings nur in sehr allgemeiner Form zulässigen Schluss, dass bei dieser Reduction eine gesteigerte Temperatur (800 900°C. ) kräf - tiger wirke als eine längere Zeitdauer in niedrigerer Temperatur.

Dass die Reducirbarkeit verschiedener Eisensauerstoffverbindungen eine ziemlich abweichende sein könne, dass einige in niedrigerer Tempe - ratur und in kürzerer Zeit als andere ihren Sauerstoff an den redu - cirenden Körper, also vorwiegend an Kohlenoxyd, abgeben als andere, wurde schon mehrfach, insbesondere auch bei Besprechung der Eisen - erze, hervorgehoben. Unter letzteren pflegt man, auf praktische Er - fahrungen sich stützend, die Brauneisenerze, gerösteten Spathe und gerösteten Sphärosiderite als die durchschnittlich am leichtesten redu - cirbaren zu betrachten; an diese reihen sich die Rotheisenerze, dann die ungerösteten Spathe und Sphärosiderite, welche erst bei Tempe - raturen von ca. 800°C. zersetzt und der Einwirkung reducirender Körper zugänglich werden, hiernach folgen die Magneteisenerze und zuletzt die Silikate. Dass die Reducirbarkeit der Magneteisenerze wie227Reduction des Eisens aus seinen Verbindungen.der Silikate (Frischschlacken) durch oxydirende Röstung nicht unerheb - lich gesteigert werden könne, wurde ebenfalls schon erwähnt; jedoch pflegen sie auch im gerösteten Zustande den Rotheisenerzen an Redu - cirbarkeit nachzustehen.

Im Uebrigen lassen sich nur ganz allgemeine Regeln hierfür auf - stellen, da die äussere Beschaffenheit, insbesondere die Porosität, jedes einzelnen Erzstückes wie auch die Art der fremden Beimengungen des Erzes hierbei von grossem Einflusse sind. Erze, deren Gangarten bei der Erhitzung zersetzt werden, hierbei ein theilweises Zerfallen des Erzstückes oder doch eine Auflockerung desselben bewirken (kalkspath - haltige Erze), werden im Allgemeinen den reducirenden Einflüssen zu - gänglicher sein als andere, welche ihre dichte Beschaffenheit unver - ändert beibehalten oder wohl gar schon in verhältnissmässig niedriger Temperatur mit den Gangarten zusammenschmelzen; u. s. f. Wie grosse Unterschiede sich in dieser Beziehung selbst bei Erzen ergeben, welche an und für sich einander ziemlich ähnlich sind, zeigen folgende von J. L. Bell angestellte Versuche. 1)Journal of the Iron and Steel Institute, 1872, vol. I, p. 76; Jahrbuch der Berg - akademieen zu Leoben etc., Bd. XXI, S. 235.

Sechs Erzsorten und zwar

  • Nr. 1 Gerösteter unverwitterter Spatheisenstein,
  • 2 etwas verwitterter Spatheisenstein,
  • 3 in Braunerz umgewandelter Spatheisenstein,
  • 4 in braunen Glaskopf umgewandelter Spatheisenstein,
  • 5 in Blauerz umgewandelter Spatheisenstein,
  • 6 Clevelandeisenstein (Sphärosiderit)

wurden 8 Stunden hindurch bei etwa 400°C. (Zink erweicht) einem Strome von Kohlenoxydgas ausgesetzt. Die Menge des entzogenen Sauerstoffgehaltes betrug in Procenten des ursprünglichen Sauerstoff - gehaltes:

Als man statt des reinen Kohlenoxydgases ein Gemenge von gleichen Volumtheilen Kohlensäure und Kohlenoxydgas2)Durch Zersetzung von Oxalsäure erhalten. anwendete, ergab sich der Sauerstoffverlust

Nicht uninteressant sind ferner die Ergebnisse, welche man erhielt, als man eine Probe der gerösteten Spatheisensteine einerseits, gemengt mit 35 Proc. ihres eigenen Gewichtes Holzkohlenpulver, und eine Probe der gerösteten Clevelanderze andererseits, gemengt mit 40 Proc. ihres eigenen Gewichtes Kokspulver, in heller Rothgluth 45 Minuten lang der Einwirkung eines Gasstromes aussetzte, welcher bei dem zuerst ge - nannten Erze aus 64 Vol. Kohlenoxyd und 36 Vol. Kohlensäure, bei dem zweiten Erze aus 60 Vol. Kohlenoxyd und 40 Vol. Kohlensäure bestand.

15*228Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Die Spatheisensteine verloren 46.2 Proc. Sauerstoff, die Holzkohle 22 Proc. Kohle;

die Clevelanderze verloren 22.3 Proc. Sauerstoff, die Koks 5 Proc. Kohle.

Die durchschnittliche Zusammensetzung der aus dem Reductions - processe hervorgehenden Gase war

Letztere Ziffern lassen aufs Neue die stärkere Fähigkeit der Holz - kohle erkennen, Kohlensäure, welche bei der Reduction der Erze ent - standen war, wieder zu Kohlenoxyd zu reduciren.

Nicht ohne Wichtigkeit ist die Beantwortung der Frage, ob die Reduction höherer Oxydationsstufen des Eisens, insbesondere des Eisen - oxydes Fe2 O3, durch irgend einen reducirenden Körper plötzlich, ohne dass das Oxyd allmählich niedrigere Oxydationsstufen durchläuft, statt - findet, oder wie im anderen Falle diese Oxydationsstufen zusammen - gesetzt sind.

Es ist durchaus nicht zweifelhaft, dass man Eisenoxyden einen grossen Theil ihres Sauerstoffgehaltes entziehen kann, ohne dass Re - duction zu metallischem Eisen stattzufinden braucht. Besonders deut - lich ist diese Thatsache bei der Einwirkung reducirender Körper in niedrigeren Temperaturen bemerkbar. Das Eisenoxyd nimmt allmäh - lich eine schwärzliche Farbe an und die Analyse zeigt den stattgehabten Sauerstoffverlust, aber metallisches Eisen braucht deshalb noch nicht gegenwärtig zu sein. J. L. Bell ermittelte durch Versuche, dass, wenn man ein Gemisch von gleichen Volumtheilen Kohlenoxydgas und Kohlen - säure in heller Rothgluth über Eisenoxyd leitet, die Reaction aufhört, sobald das letztere ein Drittel seines Sauerstoffgehaltes abgegeben hat, also in Oxydul umgewandelt ist; und dass andererseits metallisches Eisen (Eisenschwamm, durch Reduction von Eisenoxyd dargestellt) unter denselben Einflüssen so lange oxydirt wird, bis es ebenfalls in Eisen - oxydul umgewandelt worden ist. 1)Oesterr. Ztschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 485.Einem Gasstrom von der angegebenen Zusammensetzung gegenüber verhält sich demnach in jener Temperatur nur das Oxydul neutral.

Andererseits lässt sich Kohlenoxyd vollständig in Kohlensäure um - wandeln, wenn es in beschränkter Menge über eine ausreichend grosse Menge Eisenoxyd geleitet wird, ein Vorgang, bei welchem in Anbetracht der oxydirenden Einwirkung der Kohlensäure auf Eisen die Entstehung von metallischem Eisen unmöglich ist.

Alle diese Vorgänge beweisen, dass das Eisenoxyd bei seiner Reduction in den allermeisten Fällen wenn nicht ausnahmslos allmählich niedrigere Oxydationsstufen durchläuft, bis schliesslich das metallische Eisen daraus hervorgeht.

Weniger zuverlässig aber sind die Ermittelungen über die Zusam - mensetzung dieser Oxydationsstufen.

229Reduction des Eisens aus seinen Verbindungen.

Schinz fand, dass noch Eisenoxyd Fe2 O3 neben metallischem Eisen (und jedenfalls auch neben Eisenoxydul) zugegen sein könne1)Dokumente, betreffend den Hochofen, S. 62.; Kupelwieser und Schöffel fanden in einem Erze, welches aus einem Eisenhochofen entnommen wurde, nachdem es den reducirenden Einflüssen desselben bei einer Temperatur von ca. 960°C. ausgesetzt gewesen war, nur noch Eisenoxydul neben metallischem Eisen. 2)Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben etc., Bd. XXI, S. 194.Beide Ergebnisse zusammen beweisen, dass sowohl Eisenoxyd Fe2 O3 als Eisen - oxydul Fe O neben einander, unter Umständen auch neben schon ge - bildetem metallischem Eisen, in dem in Reduction befindlichen Erze auftreten können. Die durch früher erwähnte Versuche (S. 189) zweifellos festgestellte Thatsache jedoch, dass das Eisenoxyduloxyd, wie es uns in der Natur als Magneteisenerz entgegentritt, schwieriger reducirbar ist als das Eisenoxyd, spricht entschieden gegen die Annahme, dass nun bei der Reduction des letzteren zunächst wieder ein Eisenoxyduloxyd, d. h. eine einzige chemische Verbindung mit niedrigerem Sauerstoff - gehalte als es das Oxyd und höherem Sauerstoffgehalte als es das Oxydul besitzt, gebildet werde. Auch die beim Rösten der Magneteisenerze stattfindende Auflockerung ihres Gefüges ist allein kaum ausreichend, jenen Widerspruch zu erklären.

Es lässt sich auf Grund dieser Erwägungen mit ziemlicher Wahr - scheinlichkeit annehmen, dass das Fe2 O3 bei der Reduction zunächst in Fe O, dann in metallisches Eisen übergehe, und dass, wo die Analyse eine höhere Oxydationsstufe als Fe O in dem theilweise reducirten Erze nachweist, beide Oxydationsstufen selbständig neben einander vorhanden sind. 3)Auch Scheerer sprach in seinem Lehrbuche der Metallurgie (Braunschweig 1853) Bd. II, S. 15 die Ansicht aus, dass bei der Reduction alles Oxyd zunächst in Oxydul umgewandelt werde; Schinz u. A. bekämpften dieselbe auf Grund des Um - standes, dass neben metallischem Eisen auch Eisenoxyd gefunden wurde.Die bekannte Eigenschaft des Eisenoxyduls, an der Luft sich höher zu oxydiren, erschwert natürlich ausserordentlich die Nachweisung desselben in theilweise reducirten Erzen. Verschiedene Umstände aber legen den Schluss nahe, dass die Reduction des Oxydes zu Oxydul leichter von Statten geht als diejenige des Oxyduls zu metallischem Eisen. Sowohl der Umstand, dass schon in verhältnissmässig niedrigen Temperaturen dem Eisenoxyd ein nicht unbeträchtlicher Theil seines Sauerstoffgehaltes entzogen werden kann, während metallisches Eisen erst in höherer Temperatur zu entstehen pflegt, als auch die stärkere Wärme - entwickelung, welche durch die gleiche Menge Sauerstoff hervorgerufen wird, je nachdem das metallische Eisen zu Oxydul oder dieses zu Oxyd verbrennt (S. 22), deuten hierauf hin.

Eine eigenthümliche Erscheinung zeigt sich, wenn Kohlenoxyd in niedrigeren Temperaturen vorwiegend in den Temperaturen zwischen 300 und 400°C. auf Eisenoxyd (Erze oder künstlich dargestellte Oxyde) einwirkt. Das Kohlenoxyd zerfällt unter Abscheidung von Kohlenstoff, welcher sich als schwarzes Pulver ablagert: 2CO = C + CO2.

230Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Verwendet man zu einem solchen Versuche Erze in Stücken, so schwellen dieselben gewöhnlich auf, bersten und zerfallen zu Pulver, welches mit dem abgelagerten Kohlenstoff gemischt bleibt; dieser Vor - gang aber hört nicht etwa auf, sobald ein gewisses Verhältniss zwischen Eisen und Kohlenstoff erreicht ist, sondern, so lange frisches Kohlen - oxyd zugeleitet wird, dauert, so weit die bis jetzt angestellten Unter - suchungen schliessen lassen, die Kohlenstoffausscheidung ununterbrochen fort, ja, sie nimmt mit der Zeit an Geschwindigkeit zu. Auf einem Stück Rotheisenerz, welches von mir in dieser Weise behandelt wurde, hatte sich in einem Zeitraume von 41 Stunden die fünffache Menge des Erzgewichtes an Kohlenstoff abgelagert; Wägungen, welche innerhalb bestimmter Zeiträume angestellt wurden, ergaben u. a., dass die Ab - lagerung per Stunde betrug:

  • in den ersten 6 Stunden wegen allzu niedriger Temperatur Null Proc.
  • in der 6 11. Stunde durchschnittlich1.6
  • 11 16. 3.2
  • 16 20. 4.2
  • 20 24. 4.5
  • 24 28. 7.2
  • u. s. f. 1)Berg - und hüttenm. Ztg. 1877, S. 278.

Die ersten Beobachtungen in dieser Beziehung wurden 1851 durch Stammer gemacht, welcher fand, dass beim Hinüberleiten von Kohlen - oxyd über glühendes Eisen sich eine sammetschwarze Masse auf dem - selben abschied2)Vergl. Literatur.; später, nachdem L. Bell die erwähnte Einwirkung der Eisenerze auf Kohlenoxyd beobachtet und verschiedentlich studirt hatte2)Vergl. Literatur., wies Gruner nach2)Vergl. Literatur., dass auf metallischem Eisen, wie es von Stammer benutzt wurde, nur dann diese Kohlenstoffausscheidung vor sich geht, wenn es wenigstens eine Spur von oxydirtem Eisen enthält, ein Fall, der allerdings fast regelmässig vorkommt.

In Eisenhochöfen findet man mitunter an Stellen, wo sich Gelegen - heit für eine ruhige, länger ausgedehnte Einwirkung von kohlenoxyd - haltenden Gasen auf Eisenoxyd geboten hatte, Kohlenstoffablagerungen, in denen nur wenige Procente Eisen sich finden, ein Beweis dafür, dass der Process, sobald er einmal angefangen hat, so lange fortdauert, als die äusseren Bedingungen dafür gegeben sind. 3)In einer von mir untersuchten derartigen Kohlenstoffablagerung fanden sich nur noch 2.99 Proc. Eisen.

Wie erwähnt ist die günstigste Temperatur für die beschriebene Zersetzung des Kohlenoxydes 300 400 Grad; unter 300 Grad ist die Einwirkung ausserordentlich gering oder gleich Null; in höheren Tempe - raturen tritt unter Einwirkung des Kohlenoxydes stärkere Reduction des oxydirten Eisens ein, während die Kohlenstoffablagerung ent - sprechend nachlässt. Stammer’s oben erwähnte Versuche sowie Be - obachtungen in der Praxis lassen jedoch schliessen, dass unter besonders günstigen Verhältnissen (wozu vor Allem ein reichliches Verhältniss des Kohlenoxydes im Gasstrome zu der entstehenden Kohlensäure ge -231Kohlenstoffablagerung aus Kohlenoxyd.hören dürfte), auch noch in Rothgluth Kohlenstoffablagerung statt - finden kann.

Gruner glaubt durch Versuche gefunden zu haben, dass der Process überhaupt nur möglich sei, wenn gleichzeitig metallisches und oxydirtes Eisen vorhanden sind. Verschiedene Umstände jedoch lassen diese Theorie als mindestens zweifelhaft erscheinen, vor allen die oben berührte Thatsache, dass in der Temperatur zwischen 300 und 400°C. zwar Eisenoxyd zu Oxydul, dieses aber kaum zu metallischem Eisen reducirt wird.

Nach Bell hört die Kohlenstoffablagerung auf, wenn das Volumen der Kohlensäure im Gasstrome halb so gross ist als das des Kohlen - oxydes. Da jedoch Kohlensäure auf feste Kohle um so stärker oxydirend einwirkt, je höher die Temperatur ist, so dürfte auch jene Grenze des zulässigen Kohlensäuregehaltes von der Temperatur abhängig sein und um so tiefer liegen, in je höherer Temperatur der Process vor sich geht.

Eine allseitig befriedigende Erklärung des beschriebenen wunder - baren Vorganges ist bis jetzt nicht gefunden worden. Gruner glaubt auf Grund der angestellten Versuche eine abwechselnde Reduction und Oxydation annehmen zu sollen, welche er durch die Formeln 〈…〉 (an Eisen gebunden) 〈…〉 darstellt. Dass jedoch derselbe Gasstrom abwechselnd das Eisenoxydul oxydiren und das Oxyduloxyd reduciren sollte, ist wenig wahrschein - lich; auch jene Vereinigung zwischen Eisen und Kohle, durch deren Entstehung allenfalls die Wechselwirkung erklärt werden könnte, hat um so weniger Wahrscheinlichkeit für sich, da, wie erwähnt, die Kohlen - stoffausscheidung von der Menge des anwesenden Eisens durchaus un - abhängig ist.

Für die Praxis ist der besprochene Vorgang nicht ohne Bedeutung. Es möge hier vorläufig nur an den einen Umstand erinnert werden, dass die Einwirkung des Kohlenoxydes sich auch auf eisenhaltige Zu - stellungsmaterialien der Oefen erstreckt, welche in der erwähnten Tempe - ratur dem Gase ausgesetzt sind. In den Fugen des Gemäuers, in den Poren des Steines, überall, wo sich kleine Mengen oxydirten Eisens befanden und von dem Gase getroffen wurden, setzt sich Kohlenstoff ab, häuft sich mehr und mehr an, durch den Zersetzungsprocess wird der Zusammenhang der Steine gelockert, sie werden mürbe, zerfallen wohl gar theilweise und vermögen schliesslich ihren Zweck nicht mehr zu erfüllen.

Reduction durch Wasserstoffgas. Dieselbe spielt neben der Reduction durch Kohle und Kohlenoxyd eine gewisse, wenn auch nicht sehr hervorragende, Rolle und verdient immerhin einige Beachtung. Wir verdanken die Kenntniss des Einflusses von Wasserstoff auf Eisen - oxyde und der Beeinflussung dieses Einflusses durch Temperatur und Anwesenheit anderer Körper wiederum zum grössten Theile dem mehr - fach genannten englischen Eisenwerksbesitzer Lowthian Bell.

232Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Derselbe fand1)Ueber Entwickelung und Verwendung von Wärme, deutsch von Tunner, S. 102, 107, 108.

1. dass die reducirende Einwirkung des Wasserstoffes auf Eisen - oxyde annähernd in der nämlichen Temperatur beginnt als diejenige des Kohlenoxydes (ca. 200°C.);

2. dass in hoher Temperatur (angehender Weissgluth) das Maass der durch Wasserstoff ausgeübten Reduction der Eisenoxyde sich in noch stärkerem Maasse steigert als es bei der Reduction durch Kohlen - oxyd der Fall ist. Durch ein Gasgemisch, welches aus 88.2 Volum - theilen Kohlenoxyd, 10.6 Volumtheilen Wasserstoff, 1.2 Volumtheilen Stickstoff bestand, wurden den Erzen in den verschiedenen Temperaturen folgende Sauerstoffmengen entzogen:2)Durch Analyse der Oxydationsgase ermittelt.

3. dass Wasserstoff, in Zinkschmelzhitze über Kalkstein geleitet, die Kohlensäure desselben unter reichlicher Reduction zu Koh - lenoxyd vollständig austreibt.

4. Eisen und Kohlenstoff.

Aufnahme des Kohlenstoffs durch Eisen.

Das Bestreben des Eisens, sich mit Kohlenstoff zu legiren, ist so stark, dass es kaum möglich ist, Eisen durch Kohle oder kohlenstoff - haltige Gase zu reduciren, ohne dass wenigstens kleine Mengen Kohle dabei von dem Eisen aufgenommen würden. Alles Handelseisen ist daher kohlenstoffhaltig, obgleich bei einigen Sorten schmiedbaren Eisens die Menge des Kohlenstoffgehaltes noch nicht 0.1 Proc. erreicht.

Schon durch einfache Erhitzung des Eisens mit Kohle oder kohle - haltigen festen Körpern bis zur Rothgluth geht Kohlenstoff an das Eisen über, sofern der Kohlenstoffgehalt des letzteren ein von der herrschen - den Temperatur abhängiges Maass noch nicht erreicht hatte, und ver - theilt sich von der Berührungsstelle aus durch Molekularwanderung annähernd gleichmässig durch das ganze Eisenstück hindurch. Es ist dieses ein Vorgang, auf welchem die in der dritten Abtheilung aus - führlicher besprochene Darstellung des Cementstahles beruht.

Dass Kohlenoxyd bei anhaltender Einwirkung auf Eisen in Glüh - hitze Kohlenstoff auf demselben ablagern könne (nach Gruner nur bei Anwesenheit kleiner Mengen oxydirten Eisens), wurde schon auf S. 230 erwähnt; dass in diesem Falle der abgelagerte Kohlenstoff sich theil - weise auch mit dem Eisen legiren werde, und dass wenigstens mittelbar auf diese Weise eine Kohlung des letzteren durch das Kohlenoxyd stattfindet, folgt aus dem, was soeben über die Fähigkeit des Eisens, festen Kohlenstoff aufzunehmen, gesagt wurde, von selbst. Der Um - stand, dass alles durch Kohlenoxyd reducirte Eisen kohlenstoffhaltig ist,233Eisen und Kohlenstoff.lässt sich jedenfalls auf diesen Vorgang zurückführen. Ob eine un - mittelbare Einwirkung des Kohlenoxydes auf das Eisen ohne voraus - gehende Ablagerung festen Kohlenstoffs stattfinden könne, ist mindestens zweifelhaft; und jedenfalls ist dieselbe, wie sich aus Versuchen von Percy ergiebt1)Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abtheilung 1, S. 135., sehr unbedeutend.

Dagegen entzieht das Eisen Kohlenwasserstoffen mit grosser Leich - tigkeit einen Theil ihres Kohlenstoffgehaltes. Leuchtgas, Petroleumdampf und andere kohlenwasserstoffreiche Gase erhöhen, wenn sie in Rothgluth auf kohlenstoffarmes Eisen (Schmiedeeisen) einwirken, den Kohlenstoff - gehalt desselben beträchtlich. Sogar Wasserstoff, welcher durch glühende Holzkohlen geleitet wurde, vermochte bei mehreren von Percy an - gestellten Versuchen2)Im angeführten Werke, S. 137 140. kohlend auf Eisen zu wirken, sei es, dass unter der Berührung des Gases mit den Kohlen Kohlenwasserstoff gebildet wurde oder dass die in den Kohlen gewöhnlich absorbirten Kohlen - wasserstoffe durch das Hindurchleiten einfach ausgetrieben wurden.

Auch Cyangas wirkt kräftig kohlend auf das Eisen; dass verschie - dene Cyanmetalle, insbesondere Cyankalium und Cyannatrium die gleiche Wirkung äussern, ist mehr als wahrscheinlich. Blutlaugensalz wird im Kleinbetriebe nicht selten benutzt, um durch Glühen mit Eisen den Kohlenstoff des letzteren anzureichern.

Maximal-Kohlenstoffgehalt des Eisens.

Trotz der geschilderten starken chemischen Verwandtschaft des Eisens zum Kohlenstoff ist die Menge des letzteren, welche vom Eisen aufgenommen werden kann, beschränkt. Aus Versuchen von Percy3)Ebenda, S. 147. geht hervor, dass reines Eisen beim Zusammenschmelzen mit Kohlen - stoff höchstens 4.6 Proc. desselben aufzunehmen vermag, während in den meisten Fällen der Kohlenstoffgehalt des übrigens reinen Eisens 4 Proc. nicht erheblich übersteigt.

Fremde Körper, welche neben Kohlenstoff mit dem Eisen legirt sind, beeinflussen jedoch dessen Fähigkeit, Kohlenstoff aufzunehmen.

Mangan befördert die Kohlenstoffaufnahme. Eisenmangan - legirungen mit 10 20 Proc. Mangan können, sofern sonstige Körper, welche den entgegengesetzten Einfluss ausüben, nicht zugegen sind, ca. 5 Proc. Kohle oder etwas darüber enthalten; bei 35 Proc. Mangan kann der Kohlenstoffgehalt 5.5 Proc. betragen; bei 50 Proc. Mangan 6 Proc. Kohle, bei 65 Proc. Mangan 6.5 Proc. Kohle, bei 80 Proc. Mangan, 7 Proc. Kohle, bei 90 Proc. Mangan, 7.3 Proc. Kohle (so dass die zu - letzt erwähnte Legirung nur etwa 2.7 Proc. Eisen enthalten kann).

Beeinträchtigt wird die Legirungsfähigkeit des Eisens mit Kohlen - stoff durch die Anwesenheit von Silicium, Schwefel; weniger deutlich wirkt Phosphor. Die Folge davon ist also, dass silicium - oder schwefelhaltiges Eisen niemals soviel Kohlenstoff enthält, als jenen Ziffern für den Maximalgehalt im reinen Eisen beziehentlich Eisenmangan entspricht. Annähernd, doch nicht genau, ersetzen sich diese Körper gegenseitig im Verhältnisse ihrer234Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.Atomgewichte, so dass 1 Thl. Silicium 3 / 7 Thl. Kohle, 1 Thl. Schwefel Thl. Kohle ersetzt. Eisen mit 2 Proc. Silicium und frei von Mangan enthält kaum jemals mehr als 3.8 Proc. Kohle; Eisenmangan mit 50 Proc. Mangan und 2 Proc. Silicium wird nicht erheblich über 5 Proc. Kohle enthalten. Falsch aber würde der Schluss sein, dass Eisensorten mit mehr als 11 Proc. Silicium nunmehr ganz kohlenstofffrei sein müssten, da dieser Siliciumgehalt, den Verhältnissen der Atomgewichte gemäss, jenen Gehalt von 4.6 Proc. Kohle vollständig ersetzen könnte, welcher oben als Maximalgehalt im übrigens reinen Eisen bezeichnet wurde. Man findet auch neben dem angegebenen Siliciumgehalte gewöhnlich noch etwas über 1 Proc. Kohlenstoff.

Aus Versuchen, welche im Kleinen früher von Karsten1)Karsten, Handbuch der Eisenhüttenkunde, 3. Auflage (1841), Bd. I, S. 427., später in Percy’s2)Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. 1, S. 173. Laboratorium angestellt wurden, geht zweifellos hervor, dass, wenn Schwefel von Eisen aufgenommen wird, welches seinen Maximalgehalt an Kohlenstoff besitzt, ein Theil dieses letzteren als fester Körper ausscheidet. Technisch dargestellte Eisensorten enthalten jedoch nur selten so beträchtliche Mengen von Schwefel, dass eine derartige Einwirkung desselben merkbar hervortreten kann.

Graphitbildung im Eisen.

Unter gewissen Verhältnissen zerfällt kohlenstoffhaltiges Eisen beim Erstarren und noch während des Abkühlens bis auf dunkle Rothgluth ganz oder theilweise, und es scheidet sich Kohlenstoff mit allen Kenn - zeichen des Graphits aus, welcher in hexagonalen Blättchen von mikrosko - pischer Grösse bis zu mehreren Millimetern Durchmesser sich zwischen das Gefüge des Eisens in annähernd gleichmässiger Vertheilung ein - lagert. Wird das graphithaltige Eisen wieder zum Schmelzen erhitzt, so wird der Graphit abermals vom Eisen gelöst, und das flüssige Eisen enthält keinen Graphit.

Den Beweis für diese Abwesenheit des Graphits im flüssigen Eisen erhält man u. a. leicht aus der erwähnten Thatsache, dass der Graphit im erkalteten Eisen annähernd gleichmässig vertheilt ist. Bei dem er - heblich geringeren specifischen Gewichte des Graphits (2.3, während das specifische Gewicht des Eisens ca. 7.5 beträgt) würde derselbe im flüs - sigen Eisen emporsteigen und sich vollständig an der Oberfläche sammeln. Eine derartige Erscheinung tritt allerdings dann ein, wenn das Sät - tigungsvermögen des Eisens für Kohlenstoff durch Aufnahme von Silicium abgemindert wurde, nachdem es bereits seinen, dem silicium - freien Zustande entsprechenden Maximalgehalt an Kohlenstoff auf - genommen hatte; ein entsprechender Theil des Kohlenstoffes scheidet aus dem flüssigen Eisen aus und schwimmt auf der Oberfläche. Diesen Graphit aber, welcher als eine wirkliche Ausscheidung aus dem Eisen, nicht mehr als ein Bestandtheil desselben zu betrachten ist, pflegt man in den Eisengiessereien, wo die Entstehung desselben die Herstellung fehlerfreier Güsse benachtheiligt, als Gaarschaum zu bezeichnen.

235Eisen und Kohlenstoff. Graphitbildung.

Die Ursachen, welche Graphitausscheidung hervorrufen, sind zu - nächst ein Siliciumgehalt des Eisens neben Kohle; ausserdem Ver - zögerung der Abkühlung.

Geringere Mengen Silicium können neben kleineren Mengen Kohlen - stoff im Eisen anwesend sein, ohne dass Graphitbildung beim Erstarren bemerkbar wird; geht aber der Gehalt beider Körper über ein gewisses Maass hinaus, so wird durch den Siliciumgehalt die Fähigkeit des er - kaltenden Eisens, Kohlenstoff legirt zu behalten, abgeschwächt, und das erwähnte Zerfallen tritt ein. Der Vorgang ist dem Zerfallen erkaltender anderer Legirungen (z. B. der Bronzen) ganz ähnlich. Aus dem Um - stande aber, dass jenes Zerfallen der Eisenkohlenstofflegirung erst möglich wird, wenn ein gewisses Maass des Gehaltes an Kohle, be - ziehentlich an Kohle neben Silicium überschritten ist, erklärt es sich, dass diese Graphitbildung vorzugsweise bemerkbar in gewissen Roh - eisensorten (im grauen Roheisen, vergl. S. 5) auftritt und im schmiedbaren Eisen fast gänzlich verschwindet. Das kohlenstoffarme Schmiedeeisen zeigt nie eine Spur von Graphit.

Diejenige Kohle, welche beim Erstarren und Abkühlen nicht aus ihrer Legirung mit dem Eisen ausscheidet, bezeichnet man als gebun - dene Kohle.

Aus dem soeben besprochenen Einflusse des Siliciumgehaltes auf die Graphitbildung folgt, dass, sobald jene Grenze, bis zu welcher Kohle und Silicium nebeneinander auftreten können, ohne dass Graphitbildung eintritt, überschritten ist, letztere um so vollständiger sein wird, je mehr Silicium neben dem Kohlenstoff anwesend ist. Anderntheils aber ver - ringert sich mit zunehmendem Siliciumgehalte der Gesammtkohlenstoff - gehalt, wie oben erwähnt wurde; daher kann auch der gesammte Graphitgehalt in einem Eisen, welches einen Ueberschuss an Silicium enthält, nicht so bedeutend sein als in einem solchen, welches eben nur jene, zur Graphitbildung in einem mit Kohle gesättigten Eisen erforder - liche Menge Silicium enthält.

Wie hoch jener Gehalt des Eisens an Kohle und Silicium sein kann, ohne dass Graphitbildung eintritt; oder welcher Siliciumgehalt in jedem einzelnen Falle erforderlich ist, um den anwesenden Kohlenstoff - gehalt zur Umwandlung in Graphit beim Erstarren zu zwingen, lässt sich genau nicht angeben, da hierbei, wie sogleich besprochen werden soll, die Anwesenheit anderer Körper einerseits, sowie die Abkühlungs - verhältnisse andererseits von Einfluss sind. In einem übrigens reinen Eisen, welches 4 Proc. Kohlenstoff enthält, ist gewöhnlich nur eine ge - ringe Menge Silicium erforderlich, um einen Theil jenes Kohlenstoffs zur Ausscheidung zu bringen; enthält das Eisen nur 1 Proc. oder noch weniger Kohlenstoff, so können mehrere Procente Silicium neben letzterem anwesend sein, ohne dass Graphitbildung erkennbar wird.

Mangan und Schwefel erschweren die Graphitbildung. Je grössere Mengen dieser Körper neben Kohlenstoff zugegen sind, desto mehr Silicium kann zugleich anwesend sein, ohne dass Graphitbildung eintritt. Es darf hierbei nicht ausser Acht gelassen werden, dass Mangan zugleich den Sättigungsgrad des Eisens für Kohlenstoff erhöht, Schwefel ihn verringert. Eine Eisenmanganlegirung mit 10 Proc. Mangan und 5 Proc. Kohle kann schon einige Zehntel Proc. Silicium enthalten,236Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.ohne dass Graphitbildung merkbar wird; bei 60 Proc. Mangan können neben 5 Proc. Kohle mehr als 2.5 Proc. Silicium zugegen sein, ohne Graphitbildung zu veranlassen.

Versuche, in Percy’s Laboratorium über die Einwirkung des Schwefels auf graphithaltiges Eisen angestellt, ergaben u. a.:

dass ein graphithaltiges Eisen mit 3.8 Proc. Kohle durch Zusatz von Schwefel, dessen Menge in dem erstarrten Eisen 2.1 Proc. betrug, seinen Kohlenstoffgehalt auf 3.17 Proc. verringerte und ohne Graphit - ausscheidung erstarrte;

ein graphithaltiges Eisen mit 4.39 Proc. Kohle unter Zusatz von Schwefel (im erstarrten Eisen 0.72 Proc.) sich in graphitarmes Eisen um - wandelte, wobei die Abnahme des Kohlenstoffgehaltes nicht ermittelt wurde. 1)Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. 1, S. 175 u. 176.

Leider war bei diesen Versuchen der anwesende Siliciumgehalt nicht ermittelt.

Aehnlich wie Mangan und Schwefel wirkt praktischen Beobachtungen zufolge Phosphor auf die Graphitausscheidung; d. h. dieselbe wird durch die Anwesenheit von Phosphor erschwert. Der Einfluss des Phosphors ist jedoch weit unerheblicher als der jener Körper.

Von Wichtigkeit sind die Einwirkungen, welche die Abkühlungs - verhältnisse auf die Graphitbildung ausüben. Langsame Abkühlung des erstarrenden mit Kohlenstoff gesättigten Eisens be - fördert die Graphitbildung, rasche Abkühlung erschwert sie.

Ein und dasselbe Eisen kann daher verschiedenen Graphitgehalt zeigen, je nachdem es langsam oder rasch abgekühlt wurde; ja, in ver - schiedenen Querschnitten eines und desselben Eisenstückes pflegt der Graphitgehalt verschieden zu sein, an den Rändern und in dünneren Querschnitten, wo die Abkühlung rascher vor sich ging, schwächer als in stärkeren Querschnitten und in der Mitte.

Es verdient Erwähnung, dass der Gesammtkohlenstoffgehalt des Eisens (Graphit und gebundene Kohle zusammen) sich gewöhnlich um - gekehrt verhält als der Graphit allein; er pflegt in den rascher er - starrenden Querschnitten grösser als in den langsamer erstarrenden zu sein, während in den letzteren der Siliciumgehalt sich anhäuft. So z. B. fand ich in einem gegossenen Panzerstücke für Küstenbefestigung2)Berg - und hüttenm. Ztg. 1877, S. 279.:

und in einem gusseisernen Laufrade

Auch Karsten machte schon die gleiche Beobachtung.

Durch sehr rasche Abkühlung, z. B. durch Eingiessen des flüssigen Eisens in metallene Formen, ist man im Stande, bei manchen Eisen -237Eisen und Kohlenstoff. Graphit.sorten, welche bei langsamer Abkühlung Graphit in beträchtlichen Mengen ausscheiden würden, die Graphitausscheidung vollständig zu hintertreiben. Dickere Stücke von solchem Eisen, welche vom Rande her oder an bestimmten Stellen rasch abgekühlt wurden, in der Mitte oder an anderen Stellen dagegen langsamer erkalteten, zeigen an den ersteren Stellen keine Graphitausscheidung (weisses Roheisen), während an den letzteren oft fast vollständige Umwandlung des gebundenen Kohlenstoffes an Graphit stattgefunden hat (Umwandlung in graues Roheisen). Auf diesem Vorgange beruht die Herstellung des Hart - gusses, d. h. gusseiserner Gebrauchsgegenstände, welche an einzelnen Stellen aus weissem, an anderen aus grauem Roheisen bestehen.

Durch anhaltendes Glühen bei Abschluss der Luft und allmälige Abkühlung solchen Eisens, dessen Graphitausscheidung durch rasche Wärmeentziehung beeinträchtigt worden war, lässt sich der Graphitgehalt desselben anreichern. Roheisen, welches durch rasche Abkühlung weiss geworden war, lässt sich in graues Roheisen durch das erwähnte Mittel umwandeln. Hierin liegt ein fernerer Beweis für die oben aufgestellte Behauptung, dass die Graphitbildung erst in den Temperaturen vom Erstarrungspunkte an abwärts stattfindet.

Ausdrücklich muss jedoch erwähnt werden, dass solche Eisensorten, welche mit Kohlenstoff und Silicium nebeneinander gewissermaassen übersättigt sind, auch bei raschester Abkühlung niemals verhindert werden können, einen Theil ihres Kohlenstoffes als Graphit auszu - scheiden; immerhin ist aber auch bei diesen Eisensorten das Maass der Graphitbildung bei rascher Abkühlung geringer als bei langsamer.

Ob jedoch ein mit Kohlenstoff zwar vollständig gesättigtes, aber siliciumfreies Eisen, welches wegen der Abwesenheit von Silicium bei gewöhnlicher Abkühlung ohne Graphitbildung erstarren würde, durch anhaltendes Glühen und langsame Abkühlung ebenfalls zur Graphit - bildung gezwungen werden kann, sofern nicht bei dem Glühen selbst auch sonstige chemische Einwirkungen (Aufnahme von Silicium1)Silicium kann unter Umständen schon beim Glühen des Eisens mit Kohle und kieselsäurehaltigen Körpern reducirt und vom Eisen aufgenommen werden.) statt - finden, ist mit vollständiger Sicherheit kaum nachgewiesen worden. Jeden - falls ist ein sehr lange fortgesetztes Glühen dazu erforderlich.

Sonstige Formen des Kohlenstoffs im Eisen.

Ausser der gebundenen Kohle, welche in wirklicher Legirung mit dem Eisen sich befindet, und dem Graphit, welcher infolge eines Zerfallens der Eisenkohlenstofflegirung als selbständiger Körper aus dieser sich ausscheidet, hat man mitunter Kohlenstoff nachgewiesen, der chemisch ein noch anderes Verhalten als jene beiden Formen zeigt.

Caron fand, dass, wenn man Stahl, welcher zuvor geglüht worden war, in Säuren löst, hierbei ein schwarzer Rückstand bleibt, welcher vorwiegend aus Kohlenstoff besteht, aber zugleich gewisse Mengen Eisen und unter Umständen Kieselsäure enthält; unterwirft man denselben Stahl aber einem Härtungsprocesse durch Ablöschen in kaltem Wasser,238Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.nachdem er auf Rothgluth erhitzt worden war, so hinterlässt er beim Auflösen keinen Rückstand, sondern der gesammte Kohlenstoff ver - flüchtigt sich als übelriechendes Kohlenwasserstoffgas. Auch durch an - dauerndes Hämmern des glühenden Stahles lässt sich die Menge des beim Auflösen hinterbleibenden Rückstandes abmindern. 1)Comptes rendus, tome LVI, p. 43.

Später machte Rinman die gleiche Beobachtung2)Erdmann’s Journal für praktische Chemie, Bd. 100, S. 33., deren Richtigkeit sich übrigens sehr leicht prüfen lässt und später auch noch durch ver - schiedene andere Forscher bestätigt wurde. Nach Rinman’s Ver - suchen löst sich die Kohle des nicht gehärteten Stahles auch dann vollständig, wenn man ihn sofort mit heissen Säuren behandelt; in kalten Säuren dagegen bleibt ein Rückstand, der sich nun auch beim späteren Erhitzen nicht mehr auflöst. Als Graphit kann dieser kohlen - stoffreiche Rückstand nicht betrachtet werden, da Graphit sich weder in kalter, noch in heisser Säure löst. Auch beim Auflösen ungehärteten Stahles in Salpetersäure hinterbleibt nach Woodcock3)Glaser’s Annalen, Bd. X, S. 270. ein ähnlicher Rückstand, der sich abfiltriren und trocknen lässt, beim Berühren mit einem glühenden Drahte aber wie Schiesspulver verpufft.

Es ist zweifellos, dass hier eine besondere Form des Kohlenstoffs oder was noch wahrscheinlicher ist eine Eisenkohlenstofflegirung vorliegt, welche in dem langsam abkühlenden Stahle sich von der grösseren Menge des kohlenstoffärmeren Stahles sondert, wie sich in den Bronzen zinnreichere Legirungen bei langsamer Abkühlung von kupferreicheren sondern. Bei rascher Abkühlung unter jene Temperatur, oberhalb welcher das Eisen gleichmässig von der Kohle durchdrungen ist (ca. 500°C. ), verharren dagegen beide Körper in gleichmässiger Legirung, ein Verhalten, welches sich ebenfalls bei der Bronze be - obachten lässt. Da diese Kohle in vorzugsweise grossen Mengen im unbearbeiteten Cementstahle gefunden wird, jener Stahlgattung, welche durch wochenlang fortgesetztes Glühen kohlenstoffärmeren Eisens mit Holzkohle dargestellt wird, so nannte Rinman dieselbe Cement - kohle. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich auch in vielen langsam abgekühlten Roheisensorten das gleiche Vorkommniss durch sorgfältige Untersuchung nachweisen lassen würde.

Eine ähnliche Form des Kohlenstoffes beobachtete F. C. E. Müller im Bessemerstahl. 4)Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing., Bd. XXII, S. 456.Beim Auflösen desselben in Salzsäure und Be - handeln des hierbei zurückbleibenden schwarzen Rückstandes mit heisser Salpetersäure erhielt er als letzten Rückstand einen Körper, dessen Zu - sammensetzung annähernd der Formel Fe C8 entsprach, also ebenfalls aus einer kohlenstoffreicheren Eisenlegirung bestehen dürfte, welche sich beim Erstarren und Abkühlen von dem übrigen Stahl sonderte.

Den sämmtlichen nichtgraphitischen Kohlenstoff, also die gebundene Kohle (S. 235) und die Cementkohle zusammen, pflegt man als amorphen Kohlenstoff zu bezeichnen.

239Eisen und Kohlenstoff.

Einflüsse des Kohlenstoffgehaltes auf die Eigenschaften des Eisens.

Der Graphit als selbständig ausgeschiedener Körper hat selbstver - ständlich eine unmittelbare Einwirkung auf die Eigenschaften des Eisens nicht mehr; mittelbar aber beeinflusst er dieselben in mehrfacher Weise. Indem er in dünnen Blättchen sich zwischen das Gefüge des Eisens lagert, unterbricht er den vollständigen Zusammenhang und das Eisen verliert dadurch an Festigkeit; indem aber Graphit überhaupt gebildet wird, verringert sich natürlicherweise die Menge des in gebundener Form zurückbleibenden Kohlenstoffes, und demzufolge ändern sich auch in entsprechender Weise die Eigenschaften des Eisens.

Aehnlich wie der Graphit verhalten sich die übrigen oben erwähnten, unter bestimmten Verhältnissen aus der grösseren Menge des Eisens sich aussondernden (aussaigernden) kohlenstoffreicheren Eisenkohlenstoff - legirungen (Rinman’s Cementkohle u. s. w.). Sie bleiben als ab - weichend zusammengesetzte Körper dem Eisen beigemengt; aber der in letzterem zurückbleibende Gehalt an gebundener Kohle wird durch das Ausscheiden jener verringert und die Eigenschaften werden andere, als wenn der gesammte Kohlenstoffgehalt in gebundener Form im Eisen verbleibt.

Da nun auf die Entstehung des Graphits sowohl als jener übrigen Formen des Kohlenstoffs die Abkühlungsverhältnisse von grossem Ein - flusse sind, so erklärt es sich, dass die Eigenschaften eines und des - selben Eisens erhebliche Abweichungen zeigen können, je nachdem rasche oder langsame Abkühlung des glühenden Eisens stattfand. Auch starke oder wenig starke Ueberhitzung geschmolzenen Eisens vor dem Erstarren kann Verschiedenheiten in dieser Beziehung hervorrufen.

Die Festigkeit des Eisens wird durch einen Gehalt an gebundener Kohle im Verhältnisse ihrer Menge gesteigert, und erreicht im übrigens reinen Eisen ihr höchstes Maass, wenn der Kohlenstoffgehalt etwa 1 Proc. oder weniger darüber beträgt; bei weiterer Zunahme des Kohlenstoff - gehaltes verringert sich die Festigkeit.

Die Elasticität wird durch kleinere Mengen gebundener Kohle gesteigert, erreicht aber ihr Maximum, schon ehe die höchste Festigkeit erreicht ist. Genauere Ermittelungen hierüber fehlen, da gerade diese Eigenschaft durch die vorausgehende Bearbeitung ausserordentlich beein - flusst wird.

Mit der Festigkeit, aber noch rascher als diese, steigert sich die Elasticitätsgrenze des kalten Eisens; die Folge davon ist, dass die Zähigkeit, deren Maass zum grossen Theile von der Differenz zwischen Elasticitätsgrenze und Festigkeitsmodul abhängig ist, sich verringert.

Eine der Zähigkeit nahe verwandte Eigenschaft ist die Dehnbar - keit, d. h. die Eigenschaft, bleibende Formveränderungen zu ertragen; auch sie mindert sich mit zunehmendem Kohlenstoffgehalte. Beim Er - hitzen des Eisens zum Glühen aber verliert dasselbe um so rascher an Festigkeit, je kohlenstoffreicher es ist; und die Folge davon ist eine ent - sprechende Abminderung der Schmiedbarkeit.

Die Härte des Eisens wird durch einen gebundenen Kohlenstoff - gehalt gesteigert, bis derselbe etwa 2 Proc. beträgt; bei weiterer Zunahme scheint sich die Härte etwas zu verringern, bleibt aber immerhin be -240Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.trächtlicher als diejenige der Eisensorten mit weniger als 1 Proc. Kohle. Stahl mit etwa 1 1.5 Proc. Kohlenstoff lässt sich im gehärteten Zu - stande (in welchem der Kohlenstoffgehalt vollständig gebunden ist) zur Bearbeitung weissen Roheisens mit 3 4 Proc. Kohlenstoff benutzen.

Die Schmelztemperatur des Eisens sinkt mit zunehmendem Kohlenstoffgehalte.

Aus dem Gesagten folgt, dass Eisen, welches Graphit oder Cement - kohle enthält, durchschnittlich weniger fest ist als solches, dessen Kohlenstoffgehalt im gebundenen Zustande verharrt und nicht erheblich über 1 Proc. hinausgeht; dass ersteres sich durch geringere Sprödigkeit vor dem letztern auszeichnet; dass die Härte des kohlenstoffhaltigen Eisens durch Ausglühen verringert werden kann. In letzterer Be - ziehung darf freilich nicht unerwähnt bleiben, dass die Härte des schmiedbaren Eisens wie der schmiedbaren Metalle überhaupt auch durch fortgesetzte Bearbeitung im kalten Zustande erheblich gesteigert werden kann und dass auch diese durch Bearbeitung künstlich erzeugte Härte durch Ausglühen wieder verschwindet. Verringert sich also durch diesen Process die Härte eines Eisens, so kann nur dann auf die Ent - stehung von Graphit oder Cementkohle geschlossen werden, wenn nicht der vorherige Härtegrad in der erwähnten Weise, d. h. durch Bearbeitung, hervorgerufen worden war.

Da nun Graphit an und für sich unschmelzbar ist, das bei der Graphitbildung zurückbleibende kohlenstoffärmere Eisen aber eine höhere Temperatur zum Schmelzen erfordert, als wenn es an Stelle des Graphits gebundene Kohle enthielte, da ferner für die Wiedervereinigung (Lösung) des Graphits mit dem Eisen immerhin beginnende Schmelzung des letzteren erforderlich sein wird, so erklärt es sich, dass graphit - haltiges Eisen eine höhere Schmelztemperatur besitzt als graphitfreies mit dem nämlichen Gesammtkohlenstoff - gehalte.

Theorie der Eisenkohlenstofflegirungen.

Ausgehend von der Anschauung, dass, wo eine Vereinigung zweier verschiedener Körper zu einem gleichmässigen Ganzen stattfindet, auch nothwendigerweise eine chemische Verbindung im eigentlichen Sinne, d. h. nach den Verhältnissen der Atomgewichte oder ihrer Vielfachen, vorhanden sein müsse, ist man seit dem Aufblühen der metallurgischen Wissenschaft vielfach bemüht gewesen, solche bestimmte chemische Ver - bindungen zwischen Eisen und Kohlenstoff aufzufinden und die Eigen - schaften des kohlenstoffhaltigen Eisens von der Anwesenheit dieser Ver - bindungen abzuleiten. Man nannte diese Eisenkohlenstoffverbindungen Carburete, und verschiedene Forscher glaubten verschiedene solcher Carburete gefunden zu haben. Die betreffenden Theorien sind in sämmt - lichen älteren Handbüchern der Eisenhüttenkunde mitgetheilt. 1)Eine Zusammenstellung derselben findet der Leser in Dürre, Constitution des Roheisens, Leipzig 1868, S. 9 20.

241Eisen und Silicium.

Von allen diesen Theorien erfreute sich allein eine von Tunner aufgestellte einer grösseren Wahrscheinlichkeit. Derselbe nahm an, dass nur ein einziges Carburet, das sogenannte Viertelcarburet Fe4 C existire, welches in einer Roheisensorte mit ca. 5 Proc. Kohlenstoff, dem durch sein eigenthümliches Gefüge gekennzeichneten Spiegeleisen (vgl. II. Ab - theilung) in ziemlich ausgebildeter Form auftrete, während in kohlen - stoffärmeren Eisensorten Gemische dieses Viertelcarburets mit freiem Eisen vorlägen.

Auch die Tunner’sche Theorie ist jedoch vornehmlich durch den Umstand hinfällig geworden, dass man neuerdings Eisenmanganlegi - rungen darstellt, deren Kohlenstoffgehalt erheblich über denjenigen des vermutheten Viertelcarburets hinausgeht (vergl. S. 233).

Man vergass offenbar bei jenem ängstlichen Forschen nach wirk - lichen chemischen Verbindungen zwischen Eisen und Kohlenstoff, dass, wie schon auf S. 217 erwähnt wurde, zahlreiche andere Körper sich ganz ebenso verhalten, d. h. sich in einander lösen und im gelösten Zustande mit einander erstarren, ohne dass deshalb immer chemische Verbindungen im engeren Sinne vorhanden zu sein brauchen; ja, dass zahlreiche andere Metalle ein ganz gleiches Verhalten gegenüber Metallen sowohl als Metalloiden (Schwefel, Phosphor, Arsen, Antimon u. a.) zeigen, indem sie mit diesen sich zu Legirungen in unbeschränkten Gewichtsver - hältnissen vereinigen.

Der oben (S. 218) gegebenen Erklärung des Begriffes Legirung gemäss kann man die zwischen Eisen und Kohlenstoff gebildeten Ver - einigungen, welche den Hauptbestandtheil fast alles Handelseisens aus - machen, als wirkliche Legirungen beider Körper betrachten, in welchen möglicherweise wirkliche chemische Verbindungen entstehen und unter geänderten Verhältnissen wieder zerfallen können, ohne dass aber ihre Entstehung nothwendig für die Aufnahme des Kohlenstoffs im Eisen ist.

5. Eisen und Silicium.

Reduction des Siliciums.

Obgleich Kieselerde, wenn sie ohne Weiteres der Einwirkung von Kohlenstoff ausgesetzt ist, auch in Weissgluth nicht zu Silicium reducirt wird, so gelingt doch die Reduction leicht, wenn ausser Kohle auch metallisches Eisen zugegen ist, mit welchem das reducirte Silicium im Entstehungszustande sich legiren kann. Sogar beim Glühen der drei Körper ohne Schmelzung wird Silicium vom Eisen aufgenommen.

Schmilzt man kohlenstoffhaltiges Eisen in Gefässen, deren Wände Kieselsäure enthalten, so wird, wie Troost und Hautefeuille nach - wiesen, ebenfalls durch einen Theil des Kohlenstoffgehaltes im Eisen Silicium aus den Wänden reducirt und in das Eisen geführt. 1)Comptes rendus, tome 76, p. 483.

An Stelle der Kohle vermag auch ein Mangangehalt des Eisens als Reductionsmittel für Kieselsäure zu dienen, wobei Manganoxydul gebildet und von einem andern Theile der Kieselsäure verschlackt wird: 2 Mn + Si O2 = 2 Mn O + Si. 2)Jahrb. f. d. Berg - und Hüttenwesen im Königr. Sachsen a. d. Jahr 1880, S. 7.

Ledebur, Handbuch. 16242Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Diese Thatsachen deuten auf eine starke Neigung des Eisens hin, Siliciumlegirungen zu bilden. Durch einfaches Zusammenschmelzen von Eisen mit Kohle und Quarzpulver lassen sich solche Legirungen mit mehr als 10 Proc. Silicium darstellen. Auch beim Schmelzen von Eisen - oxyd mit Kohle und Quarzpulver werden neben einander Eisen und Silicium reducirt, sofern die ausreichende Menge Kohle zugegen ist, und vereinigen sich zu den erwähnten Legirungen.

Ebenso wird aus kieselsäurehaltigen Schlacken bei dem Schmelzen derselben mit Kohle und Eisen beziehentlich Eisenoxyd leicht Silicium an das Eisen geführt und zwar um so leichter, je weniger basisch die Schlacken sind, je weniger stark demnach ihre chemische Verwandt - schaft zur Kieselsäure ist. Aber selbst aus stark basischen Schlacken lässt sich durch gleichzeitige Einwirkung von Kohle und Eisen eine nicht unbeträchtliche Menge Silicium reduciren, sofern eine ausreichend hohe Temperatur dabei angewendet wird; das Vereinigungsbestreben des Eisens zum Silicium wird augenscheinlich durch Erhöhung der Temperatur mehr gesteigert als das der Basen zu der Kieselsäure; und die Menge des reducirten Siliciums steigt mit der Temperatur.

In allen diesen Fällen enthält das erfolgende Eisen neben dem Silicium auch Kohlenstoff, dessen Menge jedoch, wie schon erwähnt wurde, im umgekehrten Verhältnisse zu der Menge des anwesenden Siliciums steht. Durch besondere Kunstgriffe lassen sich indess Silicium - eisenlegirungen auch ohne Kohlenstoff und mit sehr bedeutendem Siliciumgehalte darstellen. Hahn erhielt durch Schmelzen von Eisen - chlorür-Chlornatrium mit Kieselfluornatrium und Natrium ein Silicium - eisen mit 30.8 Proc. Silicium; Mrázek erzeugte durch Schmelzen von 100 Thl. weichem Eisendraht, 242 Thl. Quarz, 105 Thl. Flussspath, 62 Thl. Natrium eine Legirung mit 7.4 Proc. Silicium und nur jenen kleinen Mengen Kohlenstoff, welche durch den Draht zugeführt worden waren. 1)Die Anwesenheit von Flussspath neben Kieselsäure und Eisen befördert, auch wenn Kohle statt des Natriums als Reductionsmittel benutzt wird, die Reduction des Siliciums. Es entsteht höchstwahrscheinlich Kieselfluorcalcium, welches seinen Siliciumgehalt an das Eisen abgiebt.

Eigenschaften der Siliciumeisenlegirungen. Flüchtige Verbindungen des Siliciums.

Die Siliciumeisenlegirungen sind weiss und die Bruchfläche der von Mrázek dargestellten Legirung mit 7.4 Proc. Silicium deutete unzweifelhaft auf Krystallisation im tesseralen Systeme. Tritt neben dem Silicium Kohlenstoff auf, welcher beim Erstarren graphitisch ausgeschieden wird, so vermag dieser natürlich die Farbe der eigentlichen Bruch - fläche mehr oder minder vollständig zu verdecken.

Die starke Verwandtschaft des Eisens zum Silicium wird durch den früher ausführlicher erörterten Umstand bewiesen, dass durch den Siliciumgehalt nicht nur die Fähigkeit des Eisens, Kohlenstoff aufzu - nehmen, verringert, sondern auch der aufgenommene Kohlenstoff beim Erstarren graphitisch ausgeschieden, gewissermaassen aus seiner Legirung mit dem Eisen verdrängt wird. Eben diese stark ausgeprägte Neigung243Eisen und Silicium.beider Körper, sich zu legiren, erklärt es aber auch, dass Silicium in selbständiger Form, wie der Graphit aus dem Eisen auskrystallisirend, nur in sehr seltenen Fällen und auch hier kaum mit vollkommener Gewissheit beobachtet worden ist.

Wohl aber bemerkt man mitunter in Drusenräumen gegossenen siliciumhaltigen Eisens einen aus reiner Kieselsäure bestehenden Ueber - zug der Eisenoberfläche, welcher offenbar durch Verbrennung von Silicium entstanden ist. 1)Vergl. u. a. Berg - und hüttenm. Ztg. 1877, S. 279; ferner Ztschr. d. berg - und hüttenm. Vereins für Steiermark und Kärnten 1876, S. 77.Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses Sili - cium nicht im freien Zustande aus dem Eisen austrat, sondern in chemi - scher Verbindung mit einem zweiten Körper gasförmig die Druse aus - füllte und dann bei Zutritt der Luft oxydirt wurde. 2)Eine andere Erklärung hierfür giebt Rinman, welcher annimmt, dass Sili - cium aus dem Eisen durch Einwirkung von Wasserdampf oxydirt sei, welcher sich aus feuchten Gussformen entwickelte. Ztschr. des berg - und hüttenm. Vereins für Steierm. und Kärnten 1876, S. 77.Dass thatsächlich mitunter gasförmige Siliciumverbindungen im Eisenhüttenwesen eine Rolle spielen, lässt sich auch aus anderen Vorgängen schliessen. Es möge hier nur u. a. erwähnt werden, dass die Gichtgase des Hochofens bei ihrer Verbrennung einen Beschlag absetzen, welcher zum grossen Theile aus Kieselsäure besteht.

Siliciumwasserstoff wird schon bei Rothgluth zersetzt und kann deshalb hier kaum in Betracht kommen. 3)Nach Morton wurde beim Hinüberleiten von trockenem Wasserstoffgase über siliciumhaltiges Eisen beim Glühen Siliciumwasserstoff gebildet. Vergl. Literatur.

Siliciumchlorid und Siliciumfluorid können möglicherweise in einzelnen Fällen gebildet werden, sofern Chlor, beziehentlich Fluor oder leicht zerlegbare Verbindungen derselben mit Kieselsäure und Kohle in höherer Temperatur zusammentreffen, doch dürften diese Fälle nicht gerade häufig sein.

Häufigere Gelegenheit bietet sich zur Entstehung von Siliciumsul - fid (Schwefelsilicium), welches nach Frémy’s Untersuchungen4)Comptes rendus, Juli 1852, Heft 1., deren Ergebnisse später durch einige von mir angestellte Versuche5)Berg - und hüttenm. Ztg. 1878, S. 324. bestätigt wurden, sich bildet, wenn Schwefel, Kohlenstoff und Kieselsäure in Weissgluth auf einander wirken, und am einfachsten durch Hinüber - leiten von Schwefelkohlenstoffdampf über ein Gemenge von Kohle und Kieselsäure dargestellt wird. Dasselbe ist in hoher Temperatur (Weiss - gluth) flüchtig und wird, sobald es einmal Gasform angenommen hat, von dem Gasstrome auf weite Entfernungen mitgenommen. An feuchter Luft oxydirt es sich rasch unter Schwefelwasserstoffentwickelung zu Kieselsäure.

Während die Zusammensetzung des von Frémy dargestellten Siliciumsulfides der Formel Si S2 entsprach, fand Alb. Colson6)Comptes rendus, tome 94, p. 1526., dass beim Glühen von Silicium im Schwefelkohlenstoffstrome zwei ver - schieden zusammengesetzte flüchtige Verbindungen entstehen können, von denen die eine die Zusammensetzung Si S besitzt, während die andere der Formel Si SO entspricht.

16*244Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Möglicherweise spielt auch Stickstoffsilicium, welches nach Wöhler und Deville bei Einwirkung beider Körper auf einander in hoher Temperatur entsteht, durch Glühen im Wasserdampfe aber zerlegt wird1)Liebig’s Jahresberichte über die Fortschritte der reinen pharmaceutischen und technischen Chemie 1859, S. 154., mitunter eine Rolle. Nachgewiesen ist dessen Anwesenheit bei irgend einem Eisenhüttenprocesse noch nicht.

Einflüsse des Siliciumgehaltes auf die Eigenschaften des Eisens.

Dass ein Siliciumgehalt des Eisens den Sättigungsgrad desselben im flüssigen Zustande für Kohlenstoff abmindert und beim Erstarren den im flüssigen Zustande aufgenommenen Kohlenstoff ganz oder theil - weise zur Ausscheidung als Graphit veranlasst, wurde bereits mehrfach hervorgehoben und möge hier nur der Vollständigkeit halber nochmals erwähnt werden.

Im Uebrigen sind die Einflüsse, welche durch den Siliciumgehalt auf die physikalischen Eigenschaften des Eisens geübt werden, denen des Kohlenstoffes ähnlich, aber bei gleichen Mengen beider Körper weit weniger kräftig.

Die Festigkeit des Eisens wird durch einen Siliciumgehalt bis zu einer noch nicht genau ermittelten Grenze desselben erhöht; aber die Zähigkeit wird nach Müller durch einen Siliciumgehalt bis zu 0.7 Proc. weniger als durch einen Kohlenstoffgehalt, welcher die gleiche Festig - keitssteigerung hervorruft, verringert. 2)Glaser’s Annalen, Bd. X, S. 210.Dass dieser Einfluss nur in solchen Fällen sich geltend machen kann, wo nicht neben dem Silicium auch Kohlenstoff in solchen Mengen zugegen ist, dass Graphitbildung eintritt, versteht sich von selbst.

Ein Eisen mit 7.4 Proc. Silicium, von Mrázek, wie oben erwähnt, dargestellt, war in der Kälte brüchig, vollständig undehnbar; in Roth - gluth aber liess es sich mit Vorsicht, in Weissgluth mit Leichtigkeit schmieden, ein Beweis dafür, dass die Schmiedbarkeit weit weniger durch einen Siliciumgehalt als durch einen Kohlenstoffgehalt leidet.

Ebenso ist der Einfluss des Siliciums auf die Härte des Eisens ein sehr geringer. Müller fand, dass ein Stahl mit 1.5 Proc. Silicium und 0.2 Proc. Kohle weniger hart war, als selbst ein ungehärteter Stahl mit 0.4 Proc. Kohle ohne Silicium; Mrázek bestimmte die Härte des mehrfach erwähnten Siliciumeisens mit 7.4 Proc. Silicium zu 5.5 der mineralogischen Härtescala (zwischen Apatit und Feldspath), diejenige eines Siliciumeisens mit 1.4 Proc. Silicium bei 0.17 Proc. Kohle zu 4.5 5. Beim Ablöschen des glühenden Siliciumeisens in kaltem Wasser, ent - sprechend dem Verfahren zum Härten des Kohlenstahles, ist keine erhebliche Steigerung der Härte bemerkbar, die Härtungsfähigkeit des Stahles wird also durch den Siliciumgehalt nicht gesteigert. Die Ur - sachen, welche die Härtungsfähigkeit des Kohlenstahles bedingen, fallen eben hier weg.

Die Schmelztemperatur des Eisens wird durch einen Siliciumgehalt erniedrigt; aber auch in dieser Beziehung zeigt sich eine erheblich245Eisen und Phosphor.geringere Einwirkung als durch Kohlenstoff. Nach Mrázek’s Ver - suchen liegt die Schmelztemperatur jenes Siliciumeisens mit 7.4 Proc. Silicium höher als die eines graphitischen Kohlenstoffeisens mit 5 Proc. Kohlenstoff, aber niedriger als diejenige eines Stahles mit ca. 0.75 Proc. Kohlenstoff (sogenannten mittelharten Stahles).

6. Eisen und Phosphor.

Reduction des Phosphors.

Phosphor findet sich in den Erzen und Zuschlägen wie in der Asche der Brennstoffe als Phosphorsäure in Verbindung mit Calcium (Apatit, Phosphorit), Eisen (Vivianit) oder anderen Metallen. Die Re - duction des Phosphors aus diesen in der Natur vorkommenden Ver - bindungen geht in hoher Temperatur unter Einwirkung von Kohle leicht von Statten, um so leichter, wenn Eisen zugegen ist, zu dem der Phosphor ein starkes Vereinigungsbestreben besitzt. Selbst die Gegen - wart starker Basen vermag nicht bei Gegenwart von Eisen und redu - cirenden Körpern die Reduction des Phosphors und Aufnahme durch das Eisen zu hindern; bei Berührung von geschmolzenem kohlenstoff - haltigem Eisen mit Phosphaten ist ein fremdes Reductionsmittel nicht einmal erforderlich, sofern die Temperatur hoch genug ist (hohe Tempe - ratur steigert nach S. 12 die Verwandtschaft des Kohlenstoffs zum Sauerstoff stärker als die vieler anderen Körper), und der Kohlenstoff des Eisens genügt, Phosphor zu reduciren und dem Eisen zuzuführen. Auch Mangan und Silicium können, wie wenigstens sehr wahrschein - lich ist, als Bestandtheile des technisch dargestellten Eisens vermöge ihrer Leichtoxydirbarkeit reducirend auf Phosphate einwirken. Kohlen - stofffreies Eisen dagegen ist nach Karsten nicht im Stande, Phosphor - reduction herbeizuführen.

Jenes Verhalten des Phosphors erklärt es, dass beim reducirenden Schmelzen von Eisenerzen mit Kohle ein grosser Theil des in den Erzen, den Zuschlägen und der Asche enthaltenen Phosphors reducirt und vom Eisen aufgenommen wird. Annähernd vollständige Reduction des anwesenden Phosphors findet statt, wenn wie im Hochofen die Temperatur hoch und die thätigen reducirenden Einflüsse so kräftig sind, dass auch alles anwesende Eisen bis auf kleine in den Schlacken zurückbleibende Mengen reducirt wird. In diesem Falle pflegt die ent - stehende Schlacke, selbst wenn sie sehr basisch ist, nur unbedeutende Mengen von Phosphor, sei es als Phosphat oder als Phosphormetall, zurückzuhalten. Je niedriger aber die Temperatur, je eisenreicher die entstehende Schlacke ist, desto grössere Mengen des Phosphorsäure - gehaltes der Erze u. s. w. bleiben in letzterer zurück. Man kann also selbst aus phosphorreichen Erzen unter Benutzung dieses Verhaltens des Phosphors ein verhältnissmässig phosphorarmes Eisen darstellen, indem man die Erze nicht im Hochofen auf Roheisen, sondern in kleineren, im dritten Abschnitte beschriebenen Schmelzapparaten (Renn - feuern) unter Bildung einer eisenreichen Schlacke auf schmiedbares Eisen verarbeitet, eine Methode, auf welcher die gesammte Eisendar - stellung des Alterthums beruhte. Dem Vortheile eines geringeren Phos -246Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.phorgehaltes im Eisen steht hierbei der Nachtheil eines stärkeren Eisen - verlustes durch Verschlackung gegenüber.

Beachtenswerth ist, dass ein, wenn auch kleiner, Theil des Phos - phorgehaltes einer Beschickung beim reducirenden Schmelzen derselben verflüchtigt werden kann, wie durch genaue Bestimmungen des Phos - phorgehaltes vor und nach dem Schmelzen ermittelt worden ist. In welcher Form der Phosphor hierbei entweicht, ist nicht nachgewiesen. 1)Ztschr. d. berg - u. hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten, 1876, S. 229.

Phosphor und Eisen legiren sich in allen Gewichtsverhältnissen und man hat eine grössere Zahl bestimmter chemischer Verbindungen beider Körper nach Atomverhältnissen dargestellt, die jedoch kaum irgend eine Bedeutung für den Eisenhüttenmann besitzen. Die phosphor - ärmste dieser Verbindungen ist nach der Formel Fe4 P2 zusammen - gesetzt, und man pflegt deshalb, wo Phosphor im Eisen gefunden wird, anzunehmen, dass jenes Phosphid im Ueberschusse des Eisens gelöst sei.

Einflüsse des Phosphorgehaltes auf die Eigenschaften des Eisens.

Obwohl nach Freese die Eisenphosphide ohne einen Gehalt von Kohlenstoff ausserordentlich schwierig schmelzbar sind, erniedrigt doch ein Phosphorgehalt des kohlenstoffhaltigen Eisens welches hier allein in Betracht kommt merklich dessen Schmelztemperatur und verleiht dem Eisen eine gewisse Dünnflüssigkeit.

Die Härte des Eisens wird durch Phosphor gesteigert; das Maass dieses Einflusses aber ist erheblich unbedeutender als dasjenige, welches die gleiche Menge Kohlenstoff ausübt. Ohne merklichen Einfluss dagegen ist der Phosphorgehalt des Eisens auf die Härtbarkeit desselben.

Von grösster Wichtigkeit sind die Aenderungen, welche in den Festigkeitseigenschaften des Eisens durch einen Phosphorgehalt hervor - gerufen werden. Durch einen geringen Phosphorgehalt wird die Festig - keit des Eisens bei vollständig ruhiger Belastung nicht merklich beein - flusst; durch einen höheren Phosphorgehalt wird sie geschwächt. Die Elasticitätsgrenze aber sowohl als der Elasticitätsmodul werden erhöht; das Eisen verliert an Dehnbarkeit und wird spröde, Erschütterungen, oft unerheblicher Natur, rufen eine Zertrümmerung phosphorhaltigen Eisens hervor. Mitunter erfolgt der Bruch schon in dem Augenblicke, wo die Elasticitätsgrenze überschritten ist. Je niedriger die Temperatur ist, desto empfindlicher macht sich dieser Einfluss des Phosphorgehaltes bemerkbar.

Man bezeichnet die betreffende Eigenschaft des Eisens als Kalt - bruch, das phosphorhaltige Eisen als kaltbrüchig.

Zum Theil beruht das geschilderte übele Verhalten phosphorhaltigen Eisens unmittelbar auf der Veränderung, welche die Textur des Eisens durch Anwesenheit von Phosphor erfährt; das Eisen erhält durch den Phosphorgehalt ein grobkrystallinisches Gefüge. Je grössere Spaltungsflächen aber ein Körper besitzt, desto brüchiger, desto weniger dehnbar wird er im Allgemeinen sein.

247Eisen und Phosphor.

Der durch Phosphor hervorgerufene Kaltbruch wächst mit dem Gehalte des Eisens an gebundenem Kohlenstoff.

In diesem Umstande liegt eine wichtige Veranlassung, den Kohlen - stoffgehalt schmiedbaren Eisens um so niedriger zu halten, je höher der Phosphorgehalt ist; oder, mit anderen Worten, zu den kohlenstoff - reicheren Sorten schmiedbaren Eisens (Stahl) nur phosphorarmes Material zu benutzen. Während in einem kohlenstoffreichen Stahle schon einige Hundertstel Procent Phosphor von grossem Nachtheile sein können, vermag ein kohlenstoffarmes Eisen mitunter bis zu 0.4 Proc. Phosphor zu enthalten, ohne für gewöhnlichere Verwendungen unbrauchbar zu werden, wenn auch der benachtheiligende Einfluss eines solchen Phos - phorgehaltes unverkennbar ist. Im Uebrigen lehrt die Erfahrung, wie im dritten Abschnitte ausführlicher erörtert werden wird, dass auch der Herstellungsprocess des Eisens von Einfluss auf die Wirkung des Phos - phorgehaltes ist; Flusseisen erträgt weit geringere Mengen Phosphor als Schweisseisen.

Da an das Roheisen weit geringere Ansprüche hinsichtlich der Elasticität als an schmiedbares Eisen gestellt werden, Dehnbarkeit dieser Eisensorte vollständig, Zähigkeit fast vollständig abgeht, so erklärt es sich, dass der zulässige Phosphorgehalt in dem für Herstellung von Gebrauchsgegenständen bestimmten Roheisen (Gusseisen) eine weit höhere Durchschnittsziffer erreicht als im schmiedbaren Eisen.

Ein Siliciumgehalt des Eisens beeinflusst nicht, wie der Kohlenstoffgehalt, die Einwirkung des Phosphors auf die Festigkeitseigenschaften. Auch dieser Umstand ist von Wich - tigkeit. Da ein Siliciumgehalt ähnlich wie der Kohlenstoffgehalt die Festigkeit und bis zu einem gewissen Maasse auch die Härte steigert, so wird man in Fällen, wo ein gewisser Festigkeitsgrad phosphorhaltigen Eisens erforderlich ist, denselben zweckmässiger durch einen höheren Siliciumgehalt bei möglichst niedrigem Kohlenstoffgehalte hervorrufen als umgekehrt. Anderntheils, da Silicium im Roheisen Graphitbildung hervorruft, die Einwirkung des Phosphorgehaltes aber nur durch die Anwesenheit gebundenen Kohlenstoffes gesteigert wird, dessen Menge im Roheisen im umgekehrten Verhältnisse mit dem Graphit - beziehent - lich Siliciumgehalte steigt und fällt, so erträgt auch das siliciumreichere Gusseisen durchschnittlich einen höheren Phosphorgehalt als das silicium - und graphitärmere.

Der Umstand, dass phosphorhaltiges Eisen in niedrigerer Tempe - ratur schmilzt als phosphorfreies, macht es erklärlich, dass schmiedbares Eisen, ohne beim Schmieden zu zerfallen, eine um so weniger starke Erhitzung verträgt, je höher sein Phosphorgehalt ist. Nach Åkerman kommt in dieser Beziehung auch der Umstand in Betracht, dass der eigentlichen Schmelzung eine Absonderung in Krystallen vorausgeht und dass diese Neigung des Eisens zu krystallisiren um so stärker ist, je niedriger die Schmelztemperatur ist. Wollte man deshalb ein allzu hoch erhitztes phosphorhaltiges Eisen hämmern, ohne es entsprechend abkühlen zu lassen, so würde es in Körner zerfallen. Dagegen wird die Schmiedbarkeit kohlenstoffarmen Eisens in jenen Temperaturen, welche unterhalb des erwähnten Krystallisationspunktes liegen, durch einen Phosphorgehalt nicht beeinträchtigt; es ist im Gegentheile weicher,248Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.biegsamer, bei der betreffenden Temperatur leichter bearbeitbar als phosphorfreies, und erst in der Kälte tritt nun wieder der Einfluss des Phosphorgehaltes hervor.

7. Eisen und Schwefel.

Aufnahme des Schwefels im Eisen.

Die starke Verwandtschaft des Eisens zum Schwefel lässt sich leicht erkennen, indem man rothglühendes Eisen mit Schwefel berührt. Es erfolgt sofortige Vereinigung und, bei genügender Menge des Schwefels, Schmelzung. In dieser Weise lassen sich beide Körper in allen beliebigen Gewichtsverhältnissen mit einander legiren.

Dass sich bestimmte chemische Verbindungen zwischen Eisen und Schwefel theils in der Natur finden (Schwefelkies, Strahlkies, Magnet - kies, vergl. S. 187), theils künstlich darstellen lassen, ist bekannt. Die schwefelärmste dieser Verbindungen, das Eisensulphür Fe S, entsteht, wenn Eisen und Magnetkies bei Luftabschluss einer sehr hohen Tempe - ratur ausgesetzt werden. 1)Arfvedson will durch Hinüberleiten von Wasserstoffgas über glühendes basisch schwefelsaures Eisenoxyd, beziehentlich basisch schwefelsaures Eisenoxydul auch Achtel-Schwefeleisen Fe8 S und Halbschwefeleisen Fe2 S dargestellt haben. Ob hier eine wirkliche chemische Verbindung im engeren Sinne entstand, ist mindestens zweifelhaft. Vergl. Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. I, S. 38.Es hat dunkle Bronzefarbe, schwach metalli - schen Glanz, ist sehr brüchig und schmilzt in Rothgluth.

Das häufige Auftreten des Schwefels in den Eisenerzen wurde bereits mehrfach, insbesondere auch bei der Besprechung des Röstens, erwähnt. Es ergiebt sich aus dem dort Gesagten, dass ein sehr grosser Theil des Schwefelgehaltes der Erze durch zweckmässig geleitete Röstung, unter Umständen ergänzt durch ein späteres Auslaugen, entfernt wer - den kann.

Noch reicher an Schwefelverbindungen als die Eisenerze pflegen indess die zur Verhüttung derselben in der Neuzeit von Jahr zu Jahr mehr angewendeten mineralischen Brennstoffe, insbesondere die Stein - kohlen, zu sein. Durch Waschen der Steinkohlen lässt sich ihr Schwefel - gehalt um ein beträchtliches abmindern; ein anderer Theil geht bei der Ver - kokung davon (S. 83); ein gewisser Rest aber, der mitunter mehr als 2 Proc. vom Gewichte der Koks beträgt, bleibt in allen Fällen zurück und zwar bereits ganz oder doch zum grossen Theil an Eisen gebunden. Bei der erwähnten starken Verwandtschaft des Eisens zum Schwefel würde, sofern nicht besondere Gegenmaassregeln getroffen werden, der grösste Theil jenes Schwefelgehaltes von dem unter Anwendung der Koks als Reductions - und Schmelzmaterial dargestellten Eisen auf - genommen werden und die Eigenschaften desselben in einer Weise beeinflussen, dass es in vielen Fällen für technische Verwendung nicht mehr benutzbar sein würde.

Glücklicherweise giebt das Verhalten der Kalkerde gegenüber schwefelhaltigem Eisen dem Eisenhüttenmanne ein Mittel an die Hand, dem Eisen den Schwefelgehalt zu entziehen. Beim Schmelzen von249Eisen und Schwefel.schwefelhaltigem Eisen mit Kalkerde und Kohle entsteht Schwefel - calcium, welches im Eisenbade unlöslich ist und von der Schlacke auf - genommen wird, und metallisches Eisen (Roheisen). Man kann den Vorgang durch die Formel: FeS + CaO + C = Fe + CaS + CO ver - anschaulichen. Es ist hierbei nicht erforderlich, dass die Kalkerde im vollständig freien Zustande sich befinde; auch kalkerdereiche, basische Schlacken üben die nämliche Wirkung, aber um so kräftiger, je grösser ihr Kalkerdegehalt ist. Nach einer Mittheilung von R. Åkerman1)Ztschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1876, S. 160. lieferte bei Schmelzversuchen im Kleinen ein und dasselbe Erz, welches der Reihe nach mit 15 Proc. Quarzzuschlag, mit 5 Proc. Kalkstein - zuschlag und mit 20 Proc. Kalksteinzuschlag geschmolzen wurde, Roh - eisen mit 0.09, 0.04 und 0.01 Proc. Schwefel. Bei mehreren von mir selbst angestellten Versuchen wurde ein absichtlich zu diesem Zwecke dargestelltes schwefelhaltiges Eisen mit 2.33 Proc. Schwefel ein Mal mit einer Singulosilikatschlacke, ein zweites Mal mit einer Bisilikatschlacke geschmolzen. Beide Schlacken enthielten neben Kalkerde etwas Thon - erde, die Menge der Schlacke war in jedem Falle gleich der doppelten Menge des Eisens. Bei der Singulosilikatschlacke enthielt die Schlacke 1.445 Proc., das Eisen 0.079 Proc. Schwefel, bei der Bisilikatschlacke dagegen fand sich in der Schlacke 0.681 Proc., im Eisen 0.357 Proc. Schwefel. 2)Vergl. Literatur.

Ebenso wie Kalkerde wirken Alkalien.

Weit geringer ist dagegen die entschwefelnde Wirkung der Mag - nesia und der Thonerde. Magnesium besitzt eine nur geringe Ver - wandtschaft zum Schwefel; dennoch nimmt eine basische, magnesia - und thonerdehaltige Schlacke ebenfalls Schwefel aus dem Eisen auf. Als bei den erwähnten, von mir angestellten Versuchen die Kalkerde in den Schlacken durch eine chemisch äquivalente Menge Magnesia ersetzt wurde, während das Verhältniss des Thonerdegehaltes unver - ändert blieb, enthielt die Singulosilikatschlacke 1.069 Proc. Schwefel und das zugehörige Eisen 0.260; die Bisilikatschlacke 0.290 Proc. Schwefel und das zugehörige Eisen 0.391 Proc.

Bei der Verhüttung der Eisenerze im Hochofen ist daher der Kalkerdegehalt der Schlacke von grösserem Ein - flusse auf den Schwefelgehalt des erfolgenden Roheisens als der Schwefelgehalt der Erze und Brennstoffe selbst; und die Erfahrung lehrt, dass man aus einer schwefelreichen Beschickung, insbesondere bei Anwendung schwefelreicher Koks, sofern die Schlacke ausreichend basisch (Subsilikat), d. h. reich an Kalkerde, und die Schlackenmenge ausreichend gross ist, schwefelärmeres Eisen darzustellen vermag, als aus einer weniger schwefelreichen (z. B. bei Anwendung von Holzkohlen) mit kieselsäurereicher Schlacke. Roheisensorten, welche bei stark kalkerdereicher Schlacke erblasen wurden, pflegen auch bei dem Betriebe mit Koks höchstens einige Hundertstel Procent Schwefel zu enthalten.

Bei längerer Schmelzung kohlenstoff - und schwefelhaltigen Eisens250Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.verflüchtigt sich ein Theil des Schwefels mit einem Theile des Kohlen - stoffs und es hinterbleibt ein schwefelärmeres Eisen. Verschiedene Versuche, die in Percy’s Laboratorium angestellt wurden, lassen diesen Vorgang erkennen. 1)Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. 1, S. 174 176.Es mögen nur zwei derselben als Beispiele er - wähnt werden.

Vermuthlich werden die Körper in gegenseitiger Vereinigung zu Schwefelkohlenstoff (Kohlenstoffbisulfid) verflüchtigt, obgleich allerdings die Gewichtsmengen der verflüchtigten Bestandtheile nicht jener Zu - sammensetzung entsprechen. Eine Erklärung hierfür lässt sich übrigens in den Einflüssen finden, welche die Tiegelwandungen und die in den Tiegel eindringenden Gase auf die Zusammensetzung des flüssigen Eisens, insbesondere auf den Kohlenstoffgehalt desselben ausüben. Durch Re - duction von Silicium aus dem Tiegel sowohl als durch Einwirkung von Kohlensäure, welche in den Tiegel Zutritt erhielt, wird Kohle verflüchtigt.

Auch durch Schmelzen von schwefelreichem Eisen mit Holzkohle wird Schwefel ausgetrieben. 2)Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. 1, S. 42; Berthier, Traité des essais par la voie sèche, tome I, p. 488; tome II, p. 191.

Aehnlich wie Kohle wirkt Silicium auf den Schwefel; d. h. durch einen hohen Siliciumgehalt des Eisens, beziehentlich durch reichliche Reduction von Silicium aus der Schlacke wird ein Theil des Schwefels ausgetrieben. Beim Schmelzen von Einfach-Schwefeleisen mit der gleichen Gewichtsmenge Kieselsäure unter Zusatz von Holzkohle als Reductionsmittel erhielt Percy Siliciumeisen mit 15 18 Proc. Silicium und nur 1 1.7 Proc. Schwefel; etwa 95 Proc. des vorhandenen Schwefel - gehaltes waren verflüchtigt. 3)Eisenhüttenkunde, Abth. 1, S. 48.Es ist sehr wahrscheinlich, dass hier Bil - dung von Schwefelsilicium (S. 243) stattgefunden hat. Bei Erhitzung des Schwefeleisens mit Kieselsäure ohne Holzkohle fand keine Aus - treibung von Schwefel statt.

Dass durch Eisenoxyd, welches in hoher Temperatur auf Schwefel - eisen wirkt, dieses unter Bildung und Verflüchtigung von schwefliger Säure zersetzt werde, wurde schon früher (S. 188) erwähnt. Eisenoxydul - oxyd (nicht etwa metallisches Eisen) bleibt zurück. Percy erklärt den Vorgang durch folgende Formel: 〈…〉 .

Wenn es auch zweifelhaft ist, ob genau die Verbindung Fe3 O4 entsteht, so lässt sich doch aus dem Umstande, dass metallisches Eisen niemals hierbei gebildet wird, der Schluss ziehen, dass niedrigere Oxy - dationsstufen als Fe2 O3 nicht oxydirend auf Schwefeleisen einwirken. In eisenreichen Schlacken findet man deshalb neben Eisenoxyduloxyd oft nicht unbeträchtliche Mengen von Schwefelmetall.

251Eisen und Schwefel.

Einflüsse des Schwefelgehaltes auf die Eigenschaften des Eisens.

Dass durch einen Schwefelgehalt der Sättigungsgrad des Eisens für Kohle wie die Fähigkeit desselben, Kohlenstoff graphitisch auszuscheiden, abgemindert werde, wurde bereits auf S. 233 erwähnt. Bei der Roh - eisendarstellung befördert also ein Schwefelgehalt, sofern er einigermaassen beträchtlich ist, die Entstehung kohlen - stoffarmen weissen Eisens. Hinsichtlich der Grösse des Gesammt - kohlenstoffgehaltes wirkt mithin der Schwefel in demselben Sinne als Silicium, hinsichtlich des Graphitgehaltes aber umgekehrt als dieses. Schon wenige Zehntel Procent Schwefel im Roheisen genügen, diesen Einfluss deutlich erkennen zu lassen.

Die Schmelztemperatur des Eisens sinkt durch Aufnahme von Schwefel; geschmolzenes schwefelreiches Roheisen zeigt jedoch eine dick - flüssige Beschaffenheit und besitzt die Eigenschaft, mit Löchern und Blasen im Innern zu erstarren, die eine Folge von Gasbildung sind. Aus dem Eisen selbst entweicht vermuthlich Schwefelkohlenstoff, bei der Berührung desselben mit feuchten Körpern (Formsand) wird Schwefel - wasserstoff entwickelt.

Die Festigkeit des Eisens in der Kälte wird durch einen Schwefel - gehalt, welcher nicht erheblich über 0.1 Proc. hinausgeht, nicht merk - lich beeinträchtigt. Manche Eisenhüttenleute glauben sogar eine Steige - rung der Festigkeit gegossenen Eisens durch einen Schwefelgehalt be - obachtet zu haben, und wie Akerman berichtet, giebt man dem zum Geschützgusse bestimmten Roheisen von Finspong absichtlich 0.1 bis 0.15 Proc. Schwefel. Åkerman fügt allerdings hinzu, dass die Ein - wirkung des Schwefels hierbei möglicherweise die sei, die Aufnahme eines allzu reichlichen Kohlenstoffgehaltes zu verhindern; denn ein sehr festes Eisen darf keinen höheren Gehalt an gebundener Kohle als höch - stens 1.8 Proc. besitzen.

Erhitzt man aber schmiedbares Eisen, welches eine gewisse Menge Schwefel enthält, zu dunkler Rothgluth, so verliert es in dieser Tempe - ratur seinen Zusammenhang, bekommt beim Schmieden (Walzen etc.) Risse oder fällt gar in Brocken aus einander. Diese durch einen Schwefel - gehalt hervorgerufene Eigenschaft des Eisens heisst Rothbruch und das betreffende Eisen wird rothbrüchiges Eisen genannt.

Es ist klar, dass nicht allein die Verarbeitung schmiedbaren Eisens durch den Rothbruch ausserordentlich erschwert wird, sondern dass auch die Festigkeit des erkalteten, vorher in Rothgluth bearbeiteten Eisens darunter leiden kann. Bei der Bearbeitung entstehen Querrisse im Eisen, sogenannte unganze Stellen, welche nicht immer dem Auge sofort erkennbar sind und später den Bruch herbeiführen.

Glücklicherweise ist dieser Einfluss des Schwefels nicht in allen Temperaturen der nämliche. Am deutlichsten zeigt er sich, wie erwähnt, in dunkler Rothgluth, in heller Rothgluth ist er geringer. Manche Eisen - sorten, welche in dunkler Rothgluth kaum bearbeitbar sein und nur unganze Schmiedestücke geben würden, lassen sich demnach zu brauch - baren Erzeugnissen verarbeiten, wenn man die Vorsicht gebraucht, die Bearbeitung in höherer Temperatur heller Rothgluth vor - zunehmen und zu vollenden. Bei sehr beträchtlichem Schwefelgehalte252Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.würde auch dieser Kunstgriff nicht vor der Entstehung von Rissen schützen.

Die Menge des Schwefels, welche Rothbruch des schmiedbaren Eisens hervorruft oder welche ihn zu einem solchen Grade steigert, dass das Eisen unbrauchbar wird, ist nicht in allen Eisensorten die nämliche. Sehr empfindlich ist alles Schweisseisen gegen die Einflüsse des Schwefels. Nach Eggertz zeigt ein Schweisseisen mit 0.02 Proc. Schwefel schon deutlichen Rothbruch, während ein Gehalt von mehr als 0.04 Proc. das Eisen unbrauchbar machen kann. Im Flusseisen dagegen findet man nicht selten 0.1 Proc. Schwefel, ohne dass die Verarbeitbar - keit erheblich darunter litte.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Grund für diese verschiedene Einwirkung des Schwefels auf Schweisseisen und Flusseisen in der Anwesenheit anderer Körper, insbesondere des Mangans, im Flusseisen zu suchen ist, welches hier selten fehlt, während es im Schweisseisen, wenigstens in den kohlenstoffarmen Sorten desselben, im metallischen Zustande nicht oder doch nur in verschwindend kleinen Mengen auf - treten kann. Wasum fand1)Vergl. Literatur., dass ein Flusseisen mit 0.059 Proc. Schwefel und 0.695 Proc. Mangan sich vollständig tadellos walzen liess; bei 0.158 Proc. Schwefel und 0.634 Proc. Mangan zeigten sich schwache Andeutungen von Rothbruch, bei 0.201 Proc. Schwefel und 0.500 Proc. Mangan war das Eisen stark rothbrüchig.

Es scheint hieraus hervorzugehen, dass 0.15 Proc. Schwefel im manganhaltigen Flusseisen die zulässige höchste Grenze des Schwefel - gehaltes bildet, welche, ohne dass das Eisen unbrauchbar wird, nicht überschritten werden darf.

Ein Einfluss des Kohlenstoffgehaltes auf das Maass der Einwirkung des Schwefels, wie er bei dem durch Phosphor erzeugten Kaltbruch so deutlich hervortritt (S. 247), ist nicht bemerkbar. Manche Praktiker sind sogar der Meinung, dass ein kohlenstoffreicher Stahl weniger empfind - lich für jene Einwirkung sei als ein kohlenstoffarmes Eisen. Vermuth - lich spielt aber hierbei das anwesende Mangan, dessen Menge in den härteren Stahlsorten oft beträchtlicher ist als im weichen Eisen, eben - falls eine Rolle.

8. Eisen und Mangan.

Reduction des Mangans.

Das Mangan gehört zu den schwer reducirbaren Metallen und wird nur in Weissgluth durch festen Kohlenstoff reducirt. Da es sich leicht mit dem Eisen legirt, so befördert die Anwesenheit reducirten Eisens, wie es scheint, auch die Reduction des Mangans, und es erklärt sich hieraus, dass beim Verhütten manganhaltiger Erze im Hochofen, also unter Einflüssen, welche die Reduction fast sämmtlichen Eisens herbei - führen, doch regelmässig auch ein Theil des Mangangehaltes reducirt und vom Eisen aufgenommen wird, selbst wenn die Temperatur nicht so hoch sein sollte, als für die Reduction grösserer Manganmengen er - forderlich sein würde. Ebenso regelmässig bleibt aber ein anderer Theil253Eisen und Mangan.des Mangans in den Schlacken als Manganoxydul zurück, selbst wenn die reducirenden Einflüsse noch so kräftig und die Temperatur noch so hoch sein sollte.

Durch die Anwesenheit kräftiger Basen oder einer stark basischen Schlacke wird die Reduction des Mangans befördert. Es erklärt sich dieser Umstand leicht, wenn man erwägt, dass das Manganoxydul selbst als kräftige Base wirkt und um so stärkere Neigung, in ein Silikat ein - zutreten, besitzen wird, je grösser die Menge der anwesenden Kiesel - säure ist.

Bei der Reduction des Mangans durch Kohle erfolgt stets Kohlen - stoffmangan, dessen Kohlenstoffgehalt, sofern nicht noch andere Körper zugegen sind und beeinflussend hierauf wirken, etwa 7.5 Proc. zu be - tragen pflegt. Häufig aber werden kleinere oder grössere Mengen Silicium reducirt, wodurch der Sättigungsgrad für Kohlenstoff sich ver - ringert; und da kaum ein Manganerz vollständig frei von Eisen ist, so würde ein eisenfreies Mangan nur aus solchen Verbindungen sich her - stellen lassen, welche zuvor chemisch von ihrem Eisengehalte befreit sind.

Je weniger Eisen aber neben Mangan reducirt wird, desto höher liegt, wie schon erwähnt, die Reductionstemperatur des Mangans, wie auch die Schmelztemperatur der entstehenden Legirung; und zur Dar - stellung sehr manganreicher Legirungen sind Tempera - turen erforderlich, bei denen bereits ein Theil des Man - gans Gasform annimmt und sich verflüchtigt, an der Luft zu rothbraunem Manganoxyduloxyd verbrennend.

Die Schwierigkeit der Darstellung manganreicher Legirungen wächst daher mit ihrem Mangangehalte und der Preis der gleichen Menge reinen Mangans in den Legirungen steigt um so höher, je weniger Eisen neben dem Mangan zugegen ist.

Erreicht aber der Mangangehalt in den Legirungen die Höhe von 90 Proc. oder wenig darüber, so zeigt sich ein eigenthümliches Ver - halten; die Legirung berstet nach kurzer Zeit an verschiedenen Stellen, schwillt förmlich auf und zerfällt schliesslich vollständig zu Pulver. Die Ursachen dieser Erscheinung sind bislang nicht erforscht worden. Oxy - dation des Mangans ist nicht der Grund, wie sich aus Untersuchungen ergiebt, die ich mit einem solchen zerfallenen Mangan anstellte. Selbst nach Verlauf mehrerer Jahre war der Sauerstoffgehalt ein nur sehr geringer. Es ist einiger Grund zu der Annahme vorhanden, dass das flüssige Mangan Gase in reichlicher Menge zu lösen vermag, welche erst nach dem Erkalten allmählich wieder austreten, Gasform annehmen und durch ihre bedeutende Volumvergrösserung jenes Zerfallen her - beiführen.

Die Grenze des Mangangehaltes, über welche hinaus dieser Vor - gang eintritt, ist zum Theil von der Beschaffenheit der sonstigen mit dem Mangan legirten Körper abhängig. Während das von mir unter - suchte, schon oben erwähnte, zerfallene Mangan folgende Zusammen - setzung besass:

  • Mangan88.59
  • Eisen3.91
  • Kohlenstoff7.24
  • Silicium0.24,
254Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

fanden sich innerhalb desselben Kugeln von Haselnussgrösse, welche auch nach Jahren noch vollständig fest blieben und bei der Analyse die Zusammensetzung zeigten:

  • Mangan85.500
  • Eisen7.827
  • Kohlenstoff6.613
  • Silicium (aus der Differenz) 0.060

Das abweichende Verhalten scheint also hier durch den um 3 Proc. höheren Mangangehalt der ersteren Legirung bedingt zu sein.

Nach Brunner besitzt kohlenstofffreies Mangan, welches man durch Reduction von Manganchlorür mit Natrium erhält und welches stets siliciumhaltig ist, jene Eigenschaft des Zerfallens nicht1)Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. 1, S. 114.; es lässt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen, dass auch das Kohlen - stoffmangan selbst bei einem Mangangehalte von 90 Proc. oder etwas darüber noch beständig sein wird, wenn es zugleich einen etwas grösseren Siliciumgehalt besitzt als das von mir untersuchte.

Durch Schmelzen von 717 Thl. geschmolzenem Manganchlorür, 898 Thl. Quarz, 674 Thl. Kryolith, 645 Thl. Natrium erhielt Mrázek Siliciummangan mit 13.13 Proc. Silicium und 86.87 Proc. Mangan, welches selbst gegen starke Säuren (Königswasser) widerstandsfähig war2)Vergl. Literatur., eine Eigenschaft, welche auch den siliciumreichen Eisenlegirungen zukommt.

Wöhler fand in den nach Brunner’s Methode dargestellten Siliciummanganlegirungen säulenförmige Krystalle. 3)Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. 1, S. 115.

Schon früher wurde erwähnt, dass metallisches Mangan als Reduc - tionsmittel für Silicium aus Kieselsäure zu dienen vermag, sofern ein Ueberschuss der letzteren zugegen ist, um das entstehende Manganoxydul zu verschlacken. Geschmolzenes manganhaltiges Eisen, welches längere Zeit mit quarzhaltigen Ofenbaumaterialien oder mit kieselsäurereicher Schlacke in Berührung bleibt, wird mehr und mehr manganärmer und siliciumreicher. Beim Schmelzen manganreicher Eisensorten in Oefen, die mit den gewöhnlichen (nicht basischen) feuerfesten Materialien aus - gesetzt sind, lässt sich fast regelmässig diese Beobachtung machen, deutlicher noch beim Schmelzen in Tiegeln, wobei die oxydirenden Einflüsse wegfallen, welche auch eine Abminderung des Siliciumgehaltes zur Folge haben. Die grosse Verschiedenheit in den Einflüssen aber, welche durch einen Mangangehalt einerseits und einen Siliciumgehalt andrerseits auf die Eigenschaften des Eisens ausgeübt werden, erklärt es, dass durch diese chemischen Aenderungen der Zusammensetzung des Eisens beim Schmelzen oder ruhigem Stehen im flüssigen Zustande oft eine erhebliche Beeinflussung der physikalischen Beschaffenheit des Eisens stattfindet. Weisses manganreiches Roheisen (Spiegeleisen) kann durch einfache Schmelzung bei hoher Temperatur in graues Roheisen umgewandelt werden.

255Eisen und Mangan.

Einflüsse des Mangangehaltes auf die Eigenschaften des Eisens.

Es wurde schon früher als eine Eigenschaft des Mangangehaltes im Eisen bezeichnet, das Sättigungsvermögen des letzteren für Kohlen - stoff zu steigern, die Graphitausscheidung aber zu beeinträchtigen. Mangan und Silicium üben in dieser Beziehung gerade entgegengesetzte Einflüsse aus.

Eine weitere Folge dieser Einwirkung ist dann, dass das kohlen - stoffreichere Eisen, das Roheisen, härter und spröder durch einen Man - gangehalt wird, da die grössere Menge der gebundenen Kohle, wie oben erwähnt, Härte und Sprödigkeit hervorruft.

Aber auch unmittelbar wird die Härte des Eisens durch Legirung mit Mangan erhöht. Mrázek fand, dass eine Legirung mit 0.384 Proc. Kohlenstoff und 1.380 Proc. Mangan ohne Silicium, ein sogenannter Manganstahl, nach dem Schmieden und langsamen Erkalten den Härte - grad 6 besass, entsprechend der Härte eines kohlenstoffreicheren Stahles mit geringerem Mangangehalte; durch Erhitzen und Ablöschen in Wasser steigerte sich die Härte auf 7. Es ergiebt sich hieraus, dass sowohl die Härte als die Härtbarkeit des Eisens durch den Mangangehalt ge - steigert wird, und der Mangangehalt sich in dieser Beziehung ähnlich wie ein Kohlenstoffgehalt verhält; aber die Wirkung gleicher Gewichts - mengen Mangan ist ungleich schwächer als die des Kohlenstoffes. Nach F. C. G. Müller’s Ansicht, die auf Beobachtungen in der Praxis sich stützt, ist 1 Proc. Mangan in dieser Beziehung gleichwertig mit 0.2 Proc. Kohlenstoff, so dass also die fünffache Menge Mangan nothwendig ist, um die gleiche Härtesteigerung als durch die einfache Menge Kohlen - stoff hervorzubringen. 1)Glaser’s Annalen, Bd. X, S. 224.

Die Festigkeit kohlenstoffarmen Eisens wird durch einen Mangan - gehalt gesteigert; aber auch hier tritt, wie bei der Steigerung des Kohlen - stoffgehaltes bald eine Grenze ein, über welche hinaus die Festigkeit rasch wieder abnimmt. Jene Grenze wird, wie leicht begreiflich ist, um so früher erreicht werden, je mehr Kohlenstoff neben Mangan zu - gegen ist. Aus Festigkeitsversuchen, welche mit einer grösseren Zahl manganhaltiger Eisensorten angestellt wurden, schliesst Wedding2)Vergl. Literatur., dass für solches Eisen, von dem eine grosse Festigkeit verlangt wird, der Mangangehalt niemals 3 Proc. überschreiten darf, während das günstigste Verhältniss bei etwa 0.95 Proc. Kohlenstoff mit 0.5 0.6 Proc. Mangan zu liegen scheint.

Mit der Festigkeit steigert sich die Elasticitätsgrenze und zwar in noch etwas rascherem Verhältnisse als diese; die Folge ist, dass die Zähigkeit und Dehnbarkeit des Eisens mit zunehmendem Mangangehalte sich, wenn auch sehr allmählich, verringern. Auch in dieser Beziehung dürfte die Einwirkung des Mangans, verglichen mit der Einwirkung einer gleich grossen Menge Kohlenstoff, dem oben mitgetheilten, zuerst von Müller angegebenen Verhältnisse 1: 5 annähernd entsprechen.

Die Schmiedbarkeit des Eisens in Roth - und Weissgluth wird durch den Mangangehalt, soweit die bis jetzt angestellten Beobachtungen256Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.reichen, eher erhöht als verringert. Entschieden günstig scheint in dieser Beziehung, wie schon oben angedeutet wurde, ein Mangangehalt auf schwefelhaltiges Eisen zu wirken; der durch Schwefel erzeugte Rothbruch wird durch Anwesenheit von Mangan verringert; oder, mit anderen Worten, ein manganhaltiges Eisen erträgt einen grösseren Schwefelgehalt, ohne rothbrüchig zu werden, als manganfreies. Einige von Wasum erhaltene Versuchsergebnisse über diese Einwirkung wurden auf S. 252 mitgetheilt.

Eine merkliche Beeinflussung des durch Phosphor im Eisen her - vorgerufenen Kaltbruches durch gleichzeitig anwesendes Mangan findet dagegen nicht statt, weder eine Verstärkung der Phosphorwirkung (wie sie nach Früherem durch Kohlenstoff herbeigeführt wird) noch eine Ab - schwächung. Der Umstand aber, dass ein Mangangehalt ähnlich wie Kohlenstoff die Härte des Eisens steigert, im Verein mit dem soeben erwähnten einflusslosen Verhalten des Mangans gegenüber dem Phosphor im Eisen, gestattet eine praktische Nutzanwendung. Wenn die Aufgabe vorliegt, aus phosphorhaltigem Materiale ein Eisen von bestimmtem Härtegrade herzustellen (der allerdings die Härte der weicheren Stahl - sorten nicht übersteigen darf), so wird, wenn man diese Härte durch einen Mangangehalt anstatt durch einen Kohlenstoffgehalt hervorruft, das Erzeugniss weniger kaltbrüchig und deshalb brauchbarer sein als im andern Falle. 1)Vergl. auch den Einfluss des Siliciumgehaltes an Stelle des Kohlenstoff - gehaltes bei Anwesenheit von Phosphor, wenn Festigkeit hervorgerufen werden soll, auf S. 247.

Die geschilderten Einflüsse des Mangans beruhen zum grossen Theile zweifellos auf der stärkeren Verwandtschaft des Mangans als des Eisens zu anderen Körpern. Noch deutlicher zeigt sich diese Eigen - schaft des Mangans beim längeren Stehen flüssigen Eisens, welches Mangan und Schwefel neben einander enthält. Das Mangan legirt sich mit dem Schwefel; das Schwefelmangan aber ist im Eisen schwieriger löslich als das Schwefeleisen und saigert aus, solcherart eine Reinigung des Eisens vom Schwefel be - wirkend.

Schon Berthier machte bei seinen Versuchen über Schmelzbar - keit u. s. w. die Beobachtung, dass beim Schmelzen einer schwefel - haltigen und zugleich manganhaltigen Beschickung Schwefel in die Schlacke geführt werde; Caron wies später durch Versuche nach, dass auch dem Roheisen durch Schmelzen mit Mangan ein sehr grosser Theil seines Schwefelgehaltes entzogen werden könne. Ein Roheisen, welches 1.15 Proc. Schwefel enthielt und dessen Schwefelgehalt nach einfacher Schmelzung ohne Mangan sich nur auf 1.14 Proc. abgemindert hatte, wurde mit 6 Proc. Manganzusatz geschmolzen, wobei sich der Schwefelgehalt auf 0.15 Proc., der Mangangehalt auf 3.92 Proc. abmin - derte; wiederholte Versuche ergaben ähnliche Ergebnisse und theilweise noch niedrigeren Schwefelgehalt. 2)Vergl. Literatur.

257Eisen und Mangan.

Auch in der Praxis lässt sich nicht selten diese Einwirkung des Mangangehaltes beobachten. Auf der Oberfläche ruhig stehenden flüssigen Eisens (und insbesondere Roheisens) bilden sich tropfenartige Aus - scheidungen, welche früher erstarren als das darunter befindliche Eisen, als dunkele blatternartige Gebilde auf der Oberfläche umherschwimmen und in den Eisengiessereien als Wanzen bezeichnet werden. Sie be - stehen offenbar aus Absonderungen aus dem Eisen, die allerdings theil - weise infolge der oxydirenden Wirkung der Luft auf die leichter oxy - dirbaren Bestandtheile des Eisens entstanden und in diesem Falle aus oxydirten Körpern bestehen, in allen Fällen aber weit reicher an Schwefel und Mangan zu sein pflegen als das Eisen, aus dem sie sich ausschieden. Besonders deutlich zeigt sich dieser Vorgang bei folgenden von mir angestellten Analysen eines für die Giesserei bestimmten Guss - eisens nebst den von der Oberfläche desselben beim ruhigen Stehen abgeschöpften Wanzen :1)Berg - und hüttenm. Ztg. 1878, S. 322.

Gewöhnlich hat man diese Wanzen erst abgelöst, nachdem das Eisen erkaltet war. Da inzwischen aber, wie erwähnt, auch unter dem Einflusse des atmosphärischen Sauerstoffes bestimmte leichter oxydir - bare Körper aus dem Eisen austraten und in jene Wanzen über - gingen, so tritt bei der Analyse derselben die erwähnte Wirkung des Mangans weniger deutlich hervor als in obigem Falle; immerhin aber zeigt sich auch hier regelmässig ein hoher Schwefelgehalt. So z. B. fand Muck in drei Fällen die Zusammensetzung solcher Wanzen folgendermaassen:2)Dingl. Polyt. Journ., Bd. 214, S. 48.

  • Kieselsäure31.874 31.939 28.731
  • Eisenoxydul39.609 38.107 45.873
  • Manganoxydul24.612 25.876 21.108
  • Kalkerde1.580 1.363 0.615
  • Magnesia0.150 0.051 0.031
  • Phosphorsäure3.401 4.088 4.335
  • Schwefel1.602 1.701 0.824
  • 102.828 103.125 101.517.

Der Umstand, dass in allen drei Fällen die Summe der gefundenen Körper grösser ist als 100, beweist deutlich, dass ein Theil der als Oxyde aufgeführten Körper nicht als solche, sondern als Metalle, be - ziehentlich in Legirung mit dem Schwefel zugegen war. Bei dem grossen Mangangehalte kann man mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass der Schwefel vollständig an Mangan gebunden war. Woher der Gehalt an Kalkerde und Magnesia stammt, ist nicht zu ersehen.

Ich selbst fand bei einer Untersuchung solcher nach dem ErkaltenLedebur, Handbuch. 17258Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.des Roheisens abgelöster Wanzen deren Zusammensetzung folgender - maassen:

  • Kieselsäure29.30
  • Eisenoxyd13.46
  • Eisenoxydul46.73
  • Manganoxydul6.40
  • Mangansulfür (enthaltend 0.46 Schwefel) 1.25
  • Phosphorsäure2.66
  • 99.80.

Da, wie bereits erwähnt, auch bei der Verhüttung von schwefel - haltigen Erzen diese stärkere Verwandtschaft des Mangans zum Schwefel sich geltend macht und das entstehende Schwefelmangan von der Schlacke aufgenommen wird, so spielt in dieser Beziehung das Mangan eine gleiche Rolle als Kalkerde (vergl. S. 249); aber die betreffende Wirkung des Mangans ist nach Åkerman noch kräftiger als die der Kalkerde und bei gleich hoher Temperatur wird aus gleich basischen Beschickungen um so mehr Schwefel in die Schlacke geführt, je manganreicher die Beschickung ist.

Eine der besprochenen Entschweflung des Eisens durch Mangan entsprechende Einwirkung auf den Phosphorgehalt findet je - doch nicht statt, wie mehrfach durch Versuche bestätigt worden ist. In Percy’s Laboratorium erhielt man durch Schmelzen einer innigen Mischung von 20 Thl. Pyrolusit, 20 Thl. Knochenasche, 10 Thl. Kiesel - säure, 6 Thl. Lampenruss neben entstandener Schlacke ein Metall mit 21.97 Proc. Phosphor1)Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. 1, S. 94.; deutlicher noch zeigte sich dieses wirkungslose Verhalten bei Versuchen von Caron, welcher phosphorhaltiges Roh - eisen ebenso, als es hinsichtlich des schwefelhaltigen oben erwähnt wurde, mit Manganzusatz schmolz. Nach dreimal wiederholtem Schmelzen eines Eisens mit 0.82 Proc. Phosphor unter Zusatz von 6 Proc. Mangan hatte sich der Phosphorgehalt nicht mehr als auf 0.76 Proc. verringert, ein Erfolg, der vermuthlich auch ohne den Manganzusatz erreicht worden wäre. Der Mangangehalt des dreimal umgeschmolzenen Eisens betrug 1.62 Proc.

Dagegen lassen Vorgänge der Praxis schliessen, dass die Aus - scheidung des Phosphors aus flüssigem Eisen durch Oxydation erleichtert wird, wenn zugleich eine manganoxydulreiche Schlacke zugegen ist oder bei der Oxydation entsteht, welche die Phosphorsäure aufnimmt. Dieser Vorgang wird später ausführlichere Besprechung finden (vergl. Oxydation des Eisens und seiner Begleiter).

Die Schmelztemperatur des Eisens wird durch einen grösseren Gehalt an Mangan erhöht und steigt in gleichem oder annähernd gleichem Verhältnisse mit dem Mangangehalte. Jene manganreichen Legirungen, deren Mangangehalt den Eisengehalt noch übertrifft, schmel - zen nur in den höchsten in unseren Oefen erreichbaren Temperaturen. Ob nicht aber ein kleiner Mangangehalt ermässigend auf die Schmelz - temperatur des Eisens einzuwirken vermöge, ähnlich wie kleine Mengen259Eisen und Kupfer.Blei die Schmelztemperatur des Zinnes, kleine Mengen Antimon oder Silber die Schmelztemperatur des Bleies erniedrigen, ist nicht mit Sicher - heit festgestellt worden. Reiser bezweifelt diese Einwirkung aus dem Grunde, weil Stahl, welcher infolge eines Siliciumgehaltes heissbrüchig ist, durch einen Manganzusatz heissfest gemacht wird und dieser Ein - fluss auf eine Erhöhung der Schmelztemperatur schliessen lässt. 1)Glaser’s Annalen, Bd. XI, S. 25.

9. Eisen und Kupfer.

Kleine Mengen Kupfer werden ohne Schwierigkeit vom Eisen auf - genommen; und da das Kupfer leichter reducirbar und schwerer oxy - dirbar ist als das Eisen, so erklärt es sich, dass bei der Verhüttung kupferhaltiger Eisenerze der gesammte Kupfergehalt derselben mit dem reducirten Eisen sich legirt und auch durch einen Oxydationsprocess nicht wieder von demselben zu trennen ist, sondern dasselbe durch alle Stufen der verschiedenen Verarbeitung hindurch begleitet.

Glücklicherweise sind die Einwirkungen, welche durch einen solchen, aus den Eisenerzen dem Eisen zugeführten Kupfergehalt auf die Eigen - schaften desselben ausgeübt werden, nicht sehr erheblich.

Dass die Festigkeit ganz reinen Eisens durch einen Kupfergehalt bis zu einer gewissen Grenze gesteigert werden könne, wie auch um - gekehrt die Festigkeit des reinen Kupfers durch einen Eisengehalt sich erhöhen lässt2)A. Ledebur, Metallverarbeitung auf chemisch-physikalischem Wege, Braun - schweig 1882, S. 38., unterliegt keinem Zweifel; aber der in dem technisch dargestellten Eisen zufällig anwesende Kupfergehalt ist nicht bedeutend genug, um eine merkbare Einwirkung in dieser Beziehung hervorzu - bringen, und ein absichtlicher Zusatz grösserer Mengen würde in anderer Weise schädlich auf die Verwendbarkeit des Eisens einwirken.

Der einzige bemerkbare Einfluss nämlich, den ein mässiger Kupfer - gehalt des Eisens auf dieses ausübt, ist die Erzeugung von Rothbruch, ähnlich wie ihn Schwefel hervorruft; aber die Einwirkung des Kupfers in dieser Beziehung ist ganz unvergleichlich geringer als die des Schwefels. In früherer Zeit nahm man an, dass etwa 0.4 Proc. Kupfer beginnenden Rothbruch hervorrufe. Eggertz schreibt dem Kupfer - gehalte im Stahl eine stärkere Wirkung zu als im Schmiedeeisen und giebt an, dass ein Gehalt von 0.5 Proc. Kupfer ersteren unbrauchbar mache, während ein kohlenstoffarmes Eisen mit dem nämlichen Kupfer - gehalte nur Spuren von Rothbruch zeige. 3)Wagner’s Jahresbericht der chemischen Technologie, 1862, S. 9; Percy - Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. 1, S. 195 und 200.Aus neueren, von Wasum angestellten Versuchen4)Vergl. S. 252 und Literatur. ergiebt sich in der That, dass bei einem Kohlenstoffgehalte des Eisens von 0.2 0.3 Proc. die Einwirkung des Kupfers ausserordentlich gering ist; zwei Eisensorten von folgender Zusammensetzung:

17*260Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.verhielten sich beim Auswalzen zu Eisenbahnschienen tadellos und nur bei Nr. 2 zeigten sich die oberen Enden der Schienen ein wenig rissig. Selbst der bedeutende Kupfergehalt von 0.862 Proc. neben 0.06 Proc. Schwefel vermochte also kaum merklich einzuwirken. Auch ein Eisen mit 0.311 Proc. Kohle, 0.849 Proc. Kupfer, 0.107 Proc. Schwefel bei 0.514 Proc. Mangan, also noch höherem Schwefelgehalte neben reichem Kupfergehalte zeigte nur schwache Andeutungen von Rothbruch. Ob etwa der Mangangehalt auch den Einfluss des Kupfers ähnlich wie den - jenigen des Schwefels abschwäche, ist nicht ermittelt worden.

Kupferreichere Legirungen lassen sich durch Zusammenschmelzen beider Metalle herstellen, besitzen aber nicht solche Eigenschaften, welche ihre technische Herstellung als räthlich erscheinen lassen könnten. Sie sind, so lange nicht der Kupfergehalt den Eisengehalt überwiegt, hart, spröde, und zum Saigern geneigt. Je höher aber der Kohlen - stoffgehalt des angewendeten Eisens ist, desto schwieriger findet Legirung statt und desto leichter scheidet das Kupfer wieder aus, ein Umstand, der sich durch die geringe Legirungsfähigkeit zwischen Kupfer und Kohlenstoff erklären lässt. In Lüttich vor längeren Jahren angestellte Versuche, Roheisen mit Kupfer zu einer gleichartigen Legirung zusam - menzuschmelzen, blieben ohne Erfolg. 1)Annales des mines, série III, tome III, p. 233 (1833).

10. Eisen und Kobalt oder Nickel.

Beide in der Ueberschrift genannten Metalle finden sich in kleinen Mengen häufig in den Eisenerzen und verhalten sich beim reduciren - den Schmelzen der letzteren ebenso wie das Kupfer; d. h. sie werden ebenfalls reducirt, legiren sich mit dem Eisen und lassen sich auch durch oxydirende Einwirkungen nicht wieder von demselben trennen.

Die Menge des solcherart in das Eisen geführten Kobalts oder Nickels beträgt mitunter einige Zehntel -, häufiger einige Hundertstel Procente. Irgend eine Beeinflussung der Eigenschaften des Eisens durch diesen Gehalt der erwähnten Metalle ist bislang nicht nachgewiesen worden.

Durch Zusammenschmelzen lassen sich sowohl Kobalt als Nickel verhältnissmässig leicht mit dem Eisen legiren. Mehrfach angestellte Versuche, derartige Legirungen technisch zu verwenden, scheinen einen befriedigenden Erfolg nicht gehabt zu haben, wovon theils die grössere Sprödigkeit des legirten Eisens, theils der ziemlich hohe Preis der beiden Metalle die Ursache sein mögen. 2)Vergl. u. a. Liebig’s Annalen für Chemie und Pharmacie, Bd. 2, S. 237; auch Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde I, S. 228.Dass Meteorite neben Eisen gewisse Mengen Nickel und Kobalt zu enthalten pflegen, darf als bekannt vor - ausgesetzt werden.

11. Eisen und Chrom.

Wenn man chromhaltige Eisenerze verhüttet, so wird das Chrom unschwer reducirt und legirt sich mit dem Eisen. Ob durch oxydirende261Eisen und Chrom.Einwirkungen auf das geschmolzene Eisen das Chrom wieder aus dem - selben ausgeschieden werde, scheint mit Sicherheit nicht nachgewiesen zu sein, lässt sich aber mit Wahrscheinlichkeit annehmen. Dieses zufällige Auftreten von Chrom in dem technisch dargestellten Eisen ist jedoch verhältnissmässig selten.

Absichtlich stellt man Eisenchromlegirungen durch reducirendes Schmelzen der Oxyde beider Metalle oder, was noch einfacher ist, des natürlich vorkommenden Chromeisenerzes mit Kohle im Tiegel dar. Bei Benutzung des Chromeisenerzes muss dieses mit geeigneten Körpern beschickt werden, welche die fremden Beimengungen desselben ver - schlacken; Percy empfiehlt für diesen Zweck auf 100 Thl. Erz eine Mischung von 100 Thl. bleifreien Glases und 40 Thl. Borax. Auch im Hochofen hat man zu Terre-Noire in Frankreich Eisenchrom dar - gestellt. 1)A. v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris im Jahre 1879, S. 78.

Man benutzt diese Legirungen, um durch Zusatz beim Stahl - schmelzen einen chromhaltigen Stahl den im Handel vorkommenden Chromstahl darzustellen.

Ein Chromgehalt erhöht ausserordentlich die Härte des Eisens. Eben dieser Eigenschaft halber fügt man dem Stahle Chrom zu, wenn sein Härtegrad gesteigert werden soll, ohne dass der Kohlenstoffgehalt jenes Maass erreicht, wo die Schmiedbarkeit, sowie die Schweissbarkeit nur noch gering ist, und auch die Festigkeit schon abnimmt. Verhält - nissmässig kleine Mengen Chrom rufen schon eine bedeutende Härte - steigerung hervor; ein Stahl mit 0.3 Proc. Chrom ist ganz bedeutend härter als ein chromfreier mit demselben Kohlenstoffgehalte.

Mit dem Chromgehalte steigert sich aber auch bis zu einer gewissen Grenze desselben in beachtenswerther Weise die Festigkeit des Stahles, ohne dass die Zähigkeit in dem Maasse beeinträchtigt wird, als es durch einen die gleiche Festigkeit hervorrufenden Kohlenstoffgehalt der Fall sein würde. Chromstahl mit 0.5 Proc. Chrom und 0.91 Proc. Kohle, welcher auf meine Veranlassung in der Gussstahlfabrik zu Döhlen dar - gestellt und untersucht wurde, besass eine Zerreissungsfestigkeit von 86.9 kg per qmm bei 15.7 Proc. Längenausdehnung; nach Rolland soll Chromstahl aus der Gussstahlfabrik zu Brooklyn eine Festigkeit von 115 140 kg per qmm besitzen. Man hat aus diesem Grunde chromhaltiges Eisen für Constructionstheile empfohlen, welche auf starke Belastungen in Anspruch genommen sind, und die Mississippibrücke in St. Louis soll thatsächlich aus solchem Materiale gebaut sein, obschon die Kosten von wirklich chromhaltigem Eisen oder Stahl in allen Fällen beträchtlich höher sein müssen als die des gewöhnlichen chromfreien.

Jene Grenze des Chromgehaltes aber, bei deren Ueberschreiten die Festigkeit nicht mehr zu - sondern abnimmt und eine grosse Sprödigkeit an die Stelle der Zähigkeit tritt, ist bald erreicht. Zuerst zeigt sich dieser Einfluss beim Härten des Chromstahles. Bei nur 0.5 Proc. Chrom - gehalt neben etwa 1 Proc. Kohle ist schon eine grosse Vorsicht beim Härten erforderlich, um das Zerspringen des Stahles zu verhüten; 1 Proc. 262Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.Chrom dürfte der höchste zulässige Gehalt sein, den man Stahlwaaren, welche gehärtet werden, geben kann.

Noch chromreichere Legirungen zerspringen auch nach langsamer Abkühlung unter dem Hammer in Stücke; eine von mir untersuchte Legirung mit 54.5 Proc. Chrom war so spröde, dass sie sich in der Achatreibschale pulvern liess.

Diese Legirungen haben weisse Farbe und zeigen mitunter, ins - besondere bei hohem Chromgehalte, eine eigenthümliche Textur, welche augenscheinlich aus einer Anhäufung zahlreicher nadelförmiger Kry - stalle hervorgegangen ist und auf welcher gewöhnlich einzelne solcher Krystallnadeln deutlich erkennbar sind. Bei Abnahme des Chrom - gehaltes wird das Gefüge dichter, nimmt aber in dem Chromstahle ein eigenthümliches feinschuppiges Aeussere an, welches denselben ziemlich deutlich vor anderen Stahlsorten kennzeichnet.

Die Schmelztemperatur der Legirung steigt mit dem Chromgehalte.

Ob durch den Chromgehalt ein Einfluss auf das Sättigungsver - mögen des Eisens für Kohlenstoff ausgeübt wird, ist bislang nicht mit Sicherheit erwiesen. In der von mir untersuchten, oben erwähnten Legirung mit 54.5 Proc. Chrom fand ich nur 0.43 Proc. Kohlenstoff, in einer andern mit 14.4 Proc. Chrom 2.5 Proc. Kohle. Wenn sich hieraus auf eine Abminderung jenes Sättigungsvermögens schliessen lässt, so darf andererseits nicht unerwähnt bleiben, dass nach Rolland zu Unieux Eisenchrom mit 67.2 Proc. Chrom bei 5.4 Proc. Kohle, nach Kerpely zu Terre-Noire Eisenchrom mit 25.3 Proc. Chrom, 13.20 Proc. Mangan bei 4.75 Proc. Kohlenstoff dargestellt wird, was auf den gerade entgegengesetzten Einfluss zu deuten scheint. Da die von mir unter - suchten Legirungen im Tiegel dargestellt waren, so ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass es ihnen überhaupt an Gelegenheit zur Auf - nahme grösserer Mengen Kohlenstoff gefehlt habe; doch kann auch der Mangangehalt der zu Terre-Noire dargestellten Legirung die Ursache ihres höheren Kohlenstoffgehaltes gewesen sein.

12. Eisen und Wolfram.

Eisenwolframlegirungen werden zu gleichem Zwecke als Eisen - chromlegirungen dargestellt, d. h. um als Zusatz bei der Stahlerzeugung benutzt zu werden, sofern die Aufgabe vorliegt, besonders harte Stahl - sorten für bestimmte Zwecke darzustellen.

Schon im vorigen Jahrhunderte wurden durch die Gebrüder d’Elhuyar Legirungen des Wolframs mit Eisen und anderen Metallen dargestellt, ohne dass jedoch eine weitere Anwendung davon gemacht worden wäre1)Perey-Wedding, Eisenhüttenkunde, I, S. 254.; später untersuchte Berthier etwas eingehender die Eigenschaften dieser Legirungen2)Traité des essais par la voie sèche, tome II, p. 215 und 344.; in grösserem Maassstabe werden sie zu dem erwähnten Zwecke seit etwa 1855 gewonnen. 3)Berg - und hüttenm. Ztg. 1859, S. 275.

Man benutzt für die Herstellung der Eisenwolframlegirungen den natürlich vorkommenden Wolframit, dessen Zusammensetzung der Formel263Eisen und Wolfram.Fe2 Mn3 W5 O20 entspricht; oder auch Scheelit von der Zusammensetzung Ca WO4. Das Erz wird zur Austreibung des Schwefels und Arsens geröstet, ausgelaugt und hierauf mit Kohle im Tiegel geschmolzen. Auch im Hochofen zu Terre-Noire hat man nach Kerpely solche Legirungen erzeugt1)Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris im Jahre 1879, S. 78.; der Bedarf an denselben ist jedoch keinesfalls so gross, um einen dauernden Hochofenbetrieb darauf zu führen.

Von dem Mangangehalte des Wolframits geht unvermeidlicher Weise ein Theil in die Legirung mit über, sofern man nicht zuvor eine Tren - nung der Metalle auf chemischem Wege vornimmt; da jedoch dieser Mangangehalt der Verwendung der Legirung nicht gerade nachtheilig ist, so sieht man häufig von einem solchen, immerhin kostspieligen Ver - fahren ab, und die betreffenden Legirungen enthalten alsdann neben Wolfram eine gewisse Menge Mangan; mitunter ist ihr Mangangehalt sogar so beträchtlich, dass eine absichtliche Anreicherung desselben stattgefunden zu haben scheint.

Mit dem Wolframgehalte steigt ausserordentlich die Schmelztempe - ratur der Legirungen und aus diesem Grunde stellt man nur selten reichere Legirungen als mit 40 Proc. Wolfram dar. Eine von mir untersuchte Legirung aus Hannover enthielt 29.12 Proc. Wolfram, 67.93 Proc. Eisen, 1.17 Proc. Kohle, 0.61 Proc. Silicium und nur un - bedeutende Mengen Mangan; ein zu Terre-Noire im Hochofen dar - gestelltes Wolframeisen enthielt nach Kerpely 24.25 Proc. Wolfram, 30.00 Proc. Eisen, 41.50 Proc. Mangan, 5.65 Proc. Kohle, 0.14 Proc. Phosphor. Der hohe Kohlenstoffgehalt der letzteren Legirung ist ver - muthlich nicht sowohl durch den Wolframgehalt als vielmehr durch den hohen Mangangehalt bedingt.

Legirungen mit solchem Wolframgehalte sind weiss, hart, spröde. Die Härte aber, welche der Wolframgehalt dem Stahle verleiht, ist nicht so bedeutend als die durch die gleiche Menge Chrom erzeugte; während daher der Chromgehalt des Chromstahles, wie erwähnt, selten über 1 Proc. hinausgeht, pflegt der Wolframstahl 2 5 Proc. Wolfram zu enthalten und mitunter hat man den Wolframgehalt bis auf 9 Proc. gesteigert. Auch der Kohlenstoffgehalt ist mitunter beträchtlich, wodurch allerdings die Herstellung des Stahles erleichtert, die spätere Verarbei - tung aber erschwert wird. 2)Durch den Kohlenstoffgehalt wird die Schmelztemperatur erniedrigt, während sie durch einen die gleiche Härte hervorrufenden Mehrbetrag an Wolfram erhöht werden würde; die Schmiedbarkeit aber nimmt mit zunehmendem Kohlenstoff - gehalte ab.

Beispiele.

264Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Jene Stahlsorten mit etwa 8 Proc. Wolfram sind nun freilich so hart, dass sie auch im ungehärteten Zustande nicht mehr von der härtesten Feile angegriffen werden und ohne Schwierigkeit Glas ritzen. Mit der Härte aber nimmt auch die Sprödigkeit zu; eine Härtung des wolframreichen Stahles ist überhaupt kaum oder doch nur mit aller - grösster Vorsicht möglich, wenn man die Entstehung von Rissen ver - meiden will. Für feinere Werkzeuge mit dünnen scharfen Schneiden, welche leicht ausspringen, ist deshalb Wolframstahl nicht zu gebrauchen; mit Vortheil aber wird er zur Herstellung von Drehstählen und ähn - lichen Werkzeugen für Bearbeitung harter Metalle benutzt, wobei man den Schneiden des Werkzeugs eine Zuschärfung von nicht erheblich weniger als 90 Grad giebt und einer künstlichen Härtung gar nicht bedarf, sofern der Wolframgehalt ausreichend hoch ist.

Die Zerreissungsfestigkeit des Eisens (Stahles) wird durch einen Wolframgehalt, dessen Maass jedoch eine gewisse Grenze nicht über - schreiten darf, beträchtlich gesteigert; der oben erwähnte Steirische Wolframstahl mit 6.45 Proc. Wolfram besass eine Festigkeit von 134 kg per qmm; aber die stattfindende Längenausdehnung vor dem Bruche betrug nur ¾ Proc., ein Beweis, wie sehr auch die Sprödigkeit ge - steigert war.

13. Eisen und Arsen oder Antimon.

Die Legirungen zwischen Eisen und Arsen verhalten sich in mancher Beziehung ähnlich wie diejenigen zwischen Eisen und Schwefel. Beide Körper legiren sich leicht und in allen Verhältnissen. Durch ein - fache Erhitzung selbst bis zur Weissgluth lässt sich aus diesen Legi - rungen der Arsengehalt nicht vollständig austreiben; beim oxydirenden Rösten des in den Erzen mitunter auftretenden Arsenkieses aber hinter - bleibt, wie schon auf S. 188 erörtert wurde, ein Theil des Arsens als arsensaures Eisen, welches beim reducirenden Schmelzen des gerösteten Erzes wieder zu Arseneisen reducirt werden kann. Ob andere Metalle dem Eisen den Arsengehalt entziehen und in die Schlacke führen können, wie es hinsichtlich des Schwefels durch das Mangan geschieht, scheint bislang nicht erforscht zu sein. Thatsächlich finden sich in einzel - nen Eisensorten kleine Mengen Arsen, die jedoch sehr selten bedeutend genug sind, um Einflüsse auf die Eigenschaften des Eisens auszuüben.

Einen grösseren Arsengehalt hat man mitunter in Eisensorten ge - funden, die aus aussereuropäischen Ländern stammen, insbesondere in Geschossen. In Kanonenkugeln aus Algier, welche von den Franzosen im dortigen Arsenal vorgefunden wurden, fand Berthier 9.8 Proc., in anderen sogar 27.0 Proc. Arsen; in einer Kanonenkugel aus Sinope wurde in Percy’s Laboratorium 16.20 Proc. Arsen gefunden. 1)Annales des mines, série III, tome XI, p. 501; Percy-Wedding, Eisen - hüttenkunde, Abth. 1, S. 98.

Vermuthlich sind diese Geschosse unmittelbar durch Schmelzen von Arsenkies hergestellt, wozu der Umstand, dass ein so beträchtlicher Arsengehalt die Schmelztemperatur des Eisens erheblich abmindert, die erste Veranlassung gegeben haben wird. Sie zeigten weisse Bruch - fläche mit strahligem Gefüge und waren sehr hart und spröde.

265Eisen und Titan, Aluminium, Calcium, Magnesium, Kalium, Natrium.

Das Sättigungsvermögen des Eisens für Kohlenstoff wird durch einen Arsengehalt ebenso wie durch Schwefel abgemindert; schmied - bares Eisen wird durch einen Arsengehalt roth - und kaltbrüchig.

Sehr kleine Mengen Arsen hat man mitunter wohl absichtlich solchem Roheisen zugesetzt, welches für Herstellung sogenannten Hartgusses bestimmt war, d. h. für Gusswaaren, welche durch Eingiessen des Eisens in eiserne Formen eine weisse harte Kruste bei grau bleibendem Kerne erhalten sollen.

Ganz ähnliche Einflüsse als durch Arsen werden durch Antimon auf die Eigenschaften des Eisens geübt. Die Schmelztemperatur sinkt, das Eisen wird hart, spröde, roth - und kaltbrüchig. Glücklicherweise findet sich nur sehr selten Antimon in den Eisenerzen in solcher Menge, dass ein nachtheiliger Einfluss davon zu befürchten stände.

14. Eisen und Titan, Aluminium, Calcium, Magnesium, Kalium, Natrium.

Der grösste Theil der in manchen Eisenerzen enthaltenen Titan - säure geht wegen der Schwerreducirbarkeit des Titans bei der Ver - hüttung der Erze in die Schlacke, die Schmelzbarkeit derselben in der früher erwähnten Weise (S. 153) beeinflussend; und es erklärt sich hieraus, dass die aus solchen Erzen erblasenen Eisensorten selten mehr als Spuren von Titan enthalten. Die Anwesenheit der Titansäure in den Erzen ist daher wegen des erwähnten Einflusses auf die Schlacke wichtiger als wegen etwaiger unmittelbarer Einwirkung des Titangehaltes auf das erfolgende Eisen.

Auch durch reducirendes Schmelzen von Titansäure mit Eisen oder Eisenoxyden und Kohle im Tiegel ist es nur in einzelnen Fällen geglückt, titanhaltiges Eisen darzustellen. Sefström erhielt in einem derartigen Falle ein sehr hartes aber schmiedbares Eisen mit 4.78 Proc. Titan.

Erwähnenswerth ist eine eigenthümliche Verbindung des Titans, welche in Eisenhochöfen nach dem Ausblasen derselben theils in Form kupferrother würfelförmiger, metallisch glänzender Krystalle, theils als rother Ueberzug sogenannter Eisensauen angetroffen wird. Nach Wöhler’s Untersuchung bestehen dieselben aus Cyanstickstofftitan von der Formel Ti5 C N4 und sind nach Zincken in sehr hoher Tempe - ratur flüchtig.

Aluminium wird aus thonerdereicher Schlacke in hoher Tempe - ratur mitunter in kleinen Mengen reducirt und legirt sich mit dem Eisen. Mrázek erhielt beim Schmelzen von Eisendraht mit Natrium, Quarz und Kryolith (Na6 Al2 F12) eine Legirung bestehend aus 91.59 Proc. Eisen, 2.30 Proc. Aluminium, 5.95 Proc. Silicium, 0.16 Proc. Kohlen - stoff; in geringerer Menge ist Aluminium auch in einzelnen Roheisen - sorten gefunden worden. Gruner z. B. fand in einem Roheisen von Champigneulle 0.50 Proc. Aluminium bei 2.26 Proc. Silicium und 2.30 Proc. Kohlenstoff. 1)Annales des mines, série VII, tome XV, p. 135.Immerhin sind diese Fälle nicht häufig, und eine besondere Einwirkung des geringen Aluminiumgehaltes auf die Eigenschaften des Eisens nicht beobachtet.

266Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Durch Zusammenschmelzen der Metalle oder durch Schmelzen von Aluminiumchlorid mit Eisen, Kalk und Kohle lassen sich Legirungen mit beliebigem Aluminiumgehalte darstellen, welche jedoch eine tech - nische Anwendung nicht gefunden haben. Deville, sowie Calvert und Johnson, welche solche Legirungen darstellten, beschreiben sie als ausserordentlich hart und spröde.

Calcium und Magnesium legiren sich schwierig oder gar nicht mit dem Eisen. Da ausserdem eine Reduction derselben aus ihren Oxyden durch Kohle nicht möglich ist, so lässt sich annehmen, dass, wo diese Metalle im Eisen gefunden wurden, sie nicht Bestandtheile des Eisens sondern der dem Eisen beigemengten Schlacke bildeten. 1)Fresenius fand im Müsener Spiegeleisen 0.045 Proc. Magnesium und 0.091 Proc. Calcium, ausserdem aber Kieselsäure und Sauerstoff. Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. 2, S. 762; Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde, S. 42.Ebenso wie Calcium und Magnesium verhalten sich Barium und Strontium.

Kalium und Natrium dagegen sind durch Kohle reducirbar und legiren sich wie wenigstens hinsichtlich des Kaliums mit Bestimmt - heit durch Gay-Lussac nachgewiesen worden ist mit dem Eisen. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass sehr kleine Mengen beider Metalle bei der Eisendarstellung im Hochofen reducirt und mit dem Eisen legirt werden können. 2)Fresenius fand in dem erwähnten Spiegeleisen 0.063 Proc. Kalium und Spuren Natrium.Einen merkbaren Einfluss auf die Be - schaffenheit des Eisens aber besitzen diese kleinen Mengen der genannten Metalle nicht.

15. Eisen und Zinn, Blei, Zink.

Mit Zinn lässt sich Eisen ohne Schwierigkeit legiren und wird dadurch hart, spröde, rothbrüchig. Der in einzelnen seltenen Fällen in den Eisenerzen auftretende Zinngehalt ist jedoch zu unbedeutend. um einen Einfluss in dieser Beziehung üben zu können.

Blei findet sich als eingesprengter Bleiglanz nicht selten in Eisen - erzen und wird mit dem Eisen reducirt. Dass jedoch das Blei sich schwierig mit dem Eisen legire, wurde schon oben hervorgehoben. Die Folge davon ist, dass das reducirte Blei sich vermöge seines grösseren specifischen Gewichtes von dem Eisen sondert und getrennt von dem - selben gewonnen werden kann, ein Verfahren, welches thatsächlich auf verschiedenen Eisenwerken in Anwendung ist. Gewöhnlich enthält das Blei Silber, welches sich ebenfalls schwierig mit dem Eisen, sehr leicht dagegen mit dem Blei legirt und später von diesem geschieden wird. Auf verschiedenen oberschlesischen Eisenwerken bildet der Erlös für das solcherart gewonnene silberhaltige Blei einen nicht unwichtigen Theil des Gesammtertrages des Werkes.

Zink bildet ebenfalls einen nicht seltenen Begleiter der Eisenerze und wird beim Verhütten derselben reducirt. Die geringe Legirbar - keit zwischen Eisen und Zink einerseits und die Flüchtigkeit des Zinks in hohen Temperaturen andrerseits bewirken nun aber, dass das redu - cirte Zink in solchen Fällen mit dem Gasstrome davon geführt wird, um dann später bei der Berührung mit oxydirenden Gasen freiem Sauer -267Eisen und Zinn, Blei, Zink.stoff oder Kohlensäure wieder zu Zinkoxyd oxydirt zu werden. In den Eisenhochöfen, welche zinkische Erze verhütten, setzt sich dieses Zink - oxyd, vermischt mit kleineren Mengen metallischen Zinks und fremden Körpern in dem oberen kälteren Theile des Ofenschachtes rings herum an den Wänden in immer dicker werdender Schicht fest und bildet hier den sogenannten Zinkschwamm, welcher von Zeit zu Zeit los - gebrochen werden muss, damit er nicht eine Verstopfung des Ofens herbeiführe, und dann auf den Zinkhütten auf Zink verarbeitet wird.

In dem Eisen, welches aus zinkhaltigen Erzen erzeugt wurde, ist kaum jemals mehr als eine Spur Zink gefunden worden. Dennoch ist es eine den Eisengiessern bekannte, von mir selbst mehrfach beobachtete Thatsache, dass graues Gusseisen, dem man im geschmolzenen Zustande Zink zusetzt, hart, zum Weisswerden geneigt wird. Wenn also in diesem Falle eine Aufnahme von Zink durch das Eisen thatsächlich nicht stattfindet, so lässt sich jene Veränderung nur auf eine mittelbare Einwirkung des Zinks, insbesondere eine Ausscheidung von Silicium in irgend einer Vereinigung mit dem zugesetzten Zink, zurückführen. Chemische Untersuchungen hierüber liegen bislang nicht vor.

Kleinere Mengen Eisen werden dagegen von grösseren Mengen Zink ohne Schwierigkeit gelöst. Auf dem Boden eiserner Kessel, in welchen Zink längere Zeit flüssig erhalten wird, bildet sich eine Legi - rung, deren Schmelzpunkt höher liegt als der des Zinks und welche von Zeit zu Zeit entfernt werden muss, damit sie nicht die Wärme - übertragung an das Zink hindere. Sie besitzt grauweisse Farbe, ein grossblättriges Gefüge und pflegt neben Zink etwa 4 Proc. Eisen und kleinere Mengen Kohlenstoff zu enthalten. 1)Eine von mir untersuchte derartige Legirung enthielt: Eisen 4.035, Kohlen - stoff 0.327, Zink 95.638 Proc.

16. Eisen und Gase (Wasserstoff, Kohlenoxyd, Stickstoff).

Seitdem Graham zuerst die Beobachtung machte, dass viele Metalle die Eigenschaft besitzen, Gase, insbesondere Wasserstoffgas, auf - zunehmen, sich gewissermaassen mit denselben legirend (wie sich auch Kupfer mit gasförmigem Zink legirt) und sie beim Erhitzen im luft - leeren Raume wieder zu entlassen, ist dieses Verhalten der Gegenstand mannigfacher Untersuchungen gewesen.

Für den Eisenhüttenmann ist die Fähigkeit des Eisens, unter be - stimmten Verhältnissen Gase zu lösen und unter geänderten Verhältnissen wieder zu entlassen, nicht ohne Wichtigkeit. Zwar beeinflussen die Gase, so lange sie im Eisen wirklich gelöst sind, d. h. feste, beziehentlich (im ge - schmolzenen Eisen) flüssige Gestalt angenommen haben, nicht merklich die Eigenschaften des Eisens, da eine dem Rauminhalte nach schon recht bedeutende Menge Gas, wenn dasselbe mit dem Eisen sich legirt, doch immerhin nur einen sehr unbedeutenden Procentgehalt von dem Ge - wichte des Eisens ausmacht; wohl aber können die Gase, wenn sie durch Veränderungen in der Temperatur oder der chemischen Zusammen - setzung des Eisens oder durch sonstige Vorkommnisse veranlasst werden, aus ihrer Legirung mit dem Eisen auszuscheiden und wieder Gasform268Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.anzunehmen, den Verlauf dieses oder jenes Processes in oft sehr stören - der Weise beeinflussen.

Besonders ist dieses der Fall, wenn die Gasausscheidung innerhalb geschmolzenen Eisens stattfindet. Nicht allein ist mitunter ein lebhaftes Aufwallen des flüssigen Metalls, bei welchem Theilchen desselben um - hergeschleudert werden und Verletzungen der Arbeiter hervorrufen können, die Folge davon1)Beim Einwerfen kalter Eisenstücke in geschmolzenes Metall entstehen oft gefährliche Explosionen, offenbar infolge des plötzlichen Entweichens eines von dem kalten Eisen gelösten Gases.; setzt sich das Entweichen der Gase bis zum beginnenden Erstarren des Eisens fort, so können die zuletzt gebildeten Gasblasen nicht mehr aus dem bereits halbstarren Metalle austreten, sie werden in demselben zurückgehalten und sind später auf der Bruch - fläche des Eisenstückes als Löcher von rundlicher, birnenförmiger oder wurmförmiger Gestalt, theils mikroskopisch klein, theils bis zu Wall - nussgrösse oder darüber erkennbar. Es kommt vor, dass ein ganzes Eisenstück von solchen Gasblasen durchsetzt ist. Die Verwendbarkeit des Eisens aber wird durch dieselben oft erheblich beeinträchtigt. 2)Nicht zu verwechseln sind diese durch Gasblasen gebildeten Löcher mit denjenigen Hohlräumen, welche infolge der Schwindung, d. h. der allmählichen, von aussen nach innen fortschreitenden Volumenverkleinerung eines gegossenen Metall - blocks beim Erkalten sich an derjenigen Stelle zu bilden pflegen, wo das letzte flüssige Metall sich befand. Jene Gasblasen haben glatte oder doch unregelmässig gestaltete Wandflächen, die Wände der Schwindungshohlräume dagegen pflegen mit krystalli - nischen Bildungen bedeckt zu sein. Vergl. hierüber: A. Ledebur, Das Roheisen, 2. Aufl., S. 35; A. Ledebur, Verarbeitung der Metalle auf mechanischem Wege, S. 99.

Dass flüssiges Eisen fähig sei, Gase zu lösen und unter geänderten Verhältnissen ganz oder theilweise wieder zu entlassen, lehrt häufig schon der Augenschein. In nicht seltenen Fällen ist die ganze Ober - fläche geschmolzenen Eisens mit einer Schicht brennender Gase bedeckt, welche offenbar aus dem Eisen entwichen waren, und sich sofort ent - zündeten; das Aeussere dieser Flammendecke aber weist gewöhnlich auf die Anwesenheit reichlicher Mengen von Wasserstoffgas in dem Gasgemenge hin. In anderen Fällen findet ein förmliches Spratzen des Metalls statt, wobei Theile desselben durch die heftig entweichenden Gase oft weit umhergeschleudert werden.

Verschiedene Umstände können das Entweichen von vorher gelöst gewesenen Gasen herbeiführen.

War das Metall in einer stärker gepressten Gasatmosphäre ge - schmolzen, wie es z. B. im Eisenhochofen der Fall ist, und es tritt nun aus dem Schmelzofen aus, so verringert sich mit dem Gasdrucke auch das Lösungsvermögen für Gase, und ein Theil derselben entweicht. 3)Man vergegenwärtige sich, dass auch andere Flüssigkeiten, z. B. Wasser, um so reichlichere Mengen von Gasen zu lösen vermögen, einem je höheren Drucke sie ausgesetzt sind; und dass sie ebenfalls die gelösten Gase wieder entlassen, wenn der Druck aufhört (Beispiel: das Oeffnen einer mit kohlensaurem Wasser gefüllten Flasche).

Vielfach giebt auch die Bewegung des fliessenden Metalls Ver - anlassung zum Entlassen von gelösten Gasen.

Hauptsächlich aber ist es der Uebergang aus dem flüssigen in den festen Zustand, welcher eine reichliche Ausscheidung der gelösten Gase269Eisen und Gase (Wasserstoff, Kohlenoxyd, Stickstoff).mit sich zu bringen pflegt, jedenfalls infolge des Umstandes, dass das erstarrte Metall eine geringere Fähigkeit als flüssiges besitzt, Gase die in Legirung mit dem ersteren natürlich ebenfalls feste Form an - nehmen müssten in Lösung zu behalten. Der nämliche Vorgang lässt sich auch beim Erstarren anderer gashaltiger Flüssigkeiten be - obachten und das gewöhnliche Eis ist aus demselben Grunde oft massen - haft mit Gasblasen durchsetzt, die im Augenblicke des Gefrierens aus ihrer Lösung im Wasser ausschieden.

Je rascher dieses Starrwerden des flüssigen Eisens vor sich geht, desto stürmischer wird, sofern die Menge der vorher gelösten Gase die nämliche war, die Gasentwickelung eintreten. Deshalb zeigt sie sich vorzugsweise deutlich, wenn ein Eisen mit hoher Schmelztemperatur also insbesondere ein kohlenstoffarmes schmiedbares Eisen rasch abgekühlt wird, wie es beispielsweise beim Eingiessen in eiserne Formen unvermeidlich ist. Ein heftiges Kochen des flüssigen Metalls tritt ein, und besondere Maassregeln sind gewöhnlich erforderlich, zu verhüten, dass nicht ein grosser Theil des Metalls aus der Form wieder heraus - geschleudert werde.

Die Erscheinungen, welche verschiedene Eisensorten im flüssigen Zustande darbieten, lassen jedoch auch schliessen, dass die chemische Zusammensetzung des Eisens die Fähigkeit desselben, Gase zu lösen und wieder zu entlassen, nicht unerheblich beeinflusse. Manganreiche Legirungen Spiegeleisen und Ferromangane sind im flüssigen Zustande regelmässig mit einer dichten Schicht brennender Gase bedeckt, die nicht selten einen weissen, grösstentheils aus Kieselsäure bestehen - den Rauch ausstösst, ein Vorgang, der darauf hinweist, dass auch flüchtige Siliciumverbindungen davon geführt werden. Eine farblos brennende Gasschicht, aber ohne jenen starken weissen Rauch, zeigt auch flüssiges schmiedbares Eisen; in weit geringerem Maasse dagegen siliciumhaltiges manganarmes Roheisen. Nur so lange das letztere stark überhitzt ist, sind an der Oberfläche desselben kleinere Mengen bren - nender Gase bemerkbar; lässt man es abkühlen, so verschwindet sehr bald die Gasschicht, und nur ab und an sieht man noch eine vereinzelte Gasblase aus dem flüssigen Metallbade aufsteigen.

Es ist ferner erwiesen, dass die Gasentwickelung beim Giessen flüssigen schmiedbaren Eisens geringer ausfällt, wenn man vor dem Giessen dem Eisen etwas siliciumreiches Material zusetzte.

Die eigentlichen Ursachen für dieses abweichende Verhalten ver - schieden zusammengesetzter Eisensorten sind bislang mit Sicherheit noch nicht erforscht worden. Müller glaubt, dass ein Siliciumgehalt flüssigen Eisens die Fähigkeit desselben erhöhe, Gase zu binden, d. h. mit den gelösten Gasen zu erstarren, ohne dass sie wieder Gasform annehmen1)Glaser’s Annalen, Bd. X, S. 211., eine Ansicht, die zwar nicht unwahrscheinlich ist, doch aber noch wissen - schaftlicher Bestätigung bedarf.

Nicht immer jedoch, wo wir Gase aus geschmolzenem Eisen ent - weichen sehen, braucht dieser Vorgang die Folge einer vorausgegangenen Auflösung der Gase im Eisen zu sein. Auch chemische Reactionen,270Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.durch welche Gase neu gebildet werden, können diesen Vorgang her - vorrufen.

Besonders häufig tritt dieser Fall ein, wenn flüssiges kohlenstoff - haltiges Eisen Einwirkungen unterworfen wird, welche eine Oxydation des Kohlenstoffs zur Folge haben. Kohlenoxyd entsteht und entweicht, bei starker Entwickelung ein entsprechend lebhaftes Aufwallen des geschmolzenen Metalls hervorrufend.

Nicht immer, wo eine Gasentwickelung bemerkbar ist, lässt sich deshalb mit Sicherheit sagen, ob sie durch Entweichen gelöst gewesener Gase oder durch Neubildung von Gasen hervorgerufen worden sei. Man - cher diesbezügliche Vorgang ist noch dunkel, obgleich die forschende Wissenschaft der letzten Jahre auch auf diesem für den Eisenhütten - mann wichtigen Gebiete sich namhafter Erfolge erfreuen konnte.

Troost und Hautefeuille1)Vergl. Literatur. stellten eine Reihe von Unter - suchungen an, indem sie theils verschiedene Eisensorten im luftleeren Raume glühten und die dabei entweichenden Gase analysirten, theils auch, indem sie bestimmte Gase auf Eisen wirken liessen und später die hierbei von dem Eisen absorbirte Gasmenge ermittelten.

Vier Eisencylinder verschiedener Beschaffenheit, sämmtlich 500 g schwer, bei 800°C., im luftleeren Raume 190 Stunden lang erhitzt, entliessen folgende Gase:

Das manganhaltige Spiegeleisen lieferte mithin die bei weitem grösste Gasmenge; und zwar bestand dieses Gas vorwiegend aus Wasser - stoffgas, während aus dem schmiedbaren Eisen vorwiegend Kohlenoxyd erfolgte. Hierzu muss allerdings bemerkt werden, dass jene Kohlen - oxydentwickelung aus dem weichen Schmiedeeisen ebenso gut die Folge einer Gasbildung als einer Entlassung gelöst gewesenen Gases gewesen sein kann. Alles Schweisseisen enthält mechanisch eingemengte eisen - oxydreiche Schlacke; beim Glühen wirkt dieselbe oxydirend auf den Kohlenstoffgehalt des Eisens, und Kohlenoxyd entsteht.

Nach 48stündigem Glühen bei 800°C. Temperatur und unter einem Gasdrucke von 770 mm Quecksilbersäule im Wasserstoffstrome und späterem Glühen im Vacuum erhielten die genannten Forscher beim:

271Eisen und Gase (Wasserstoff, Kohlenoxyd, Stickstoff.)

Unter ganz denselben Verhältnissen im Kohlenoxydgasstrome ge - glüht enthielten die Eisensorten:

Aus allen diesen Versuchen ergiebt sich, dass alles schlackenfreie Eisen (Spiegeleisen, Holzkohlengusseisen, Gussstahl) weit grössere Mengen Wasserstoff als andere Gase nicht alleim beim Erstarren zurück - zuhalten, sondern auch später wieder aufzunehmen vermag. Da 500 g Eisen einen Rauminhalt von ca. 65 ccm besitzen, so war das Verhältniss der gefundenen Gasmenge zu dem räumlichen Inhalte des Eisens

Beim Schmiedeeisen wurde, wie erwähnt, die Richtigkeit der Er - mittelungen zweifellos durch die Anwesenheit von Schlacke getrübt, welche Kohlenoxyd erzeugte1)Die Herren Troost und Hautefeuille machen selbst auf diese Reaction zwischen Eisenoxyd und Kohlenstoff aufmerksam (Compt. rend. t. 76, p. 565), setzen aber voraus, dass dieselbe bei der angewendeten Temperatur von 800 Grad C. noch nicht eintrete.; bei dem Gussstahl ist beim Schmieden wohl ein Theil des gelösten oder eingeschlossenen Gases verdrängt worden, während der geschmiedete Stahl auch durch seine grössere Dichtigkeit an der Aufnahme reichlicherer Gasmengen verhindert wurde.

Die Herren Troost und Hautefeuille wiesen fernerhin nach, dass Gusseisen in einem Wasserstoffstrome mit ruhiger Oberfläche flüssig erhalten werden kann; vermindert man aber rasch die Gas - spannung, so tritt eine Gasentwickelung ein, wobei Metallkügelchen umhergeschleudert werden; und wenn hierbei zugleich die Temperatur erniedrigt wird, so erstarrt das Metall während der Gasentwickelung und ein förmliches Spratzen wird sichtbar. Enthält das Eisen aber Phosphor oder Silicium, so wird die Erscheinung merklich abgeschwächt; bei siliciumhaltigem Eisen liess sich erst beim Abkühlen im luftleeren Raume ein schwaches Spratzen hervorbringen.

Es lässt sich hieraus entweder schliessen, dass siliciumhaltiges Eisen überhaupt weniger Gas auflöst; oder auch, dass von demselben das gelöste Gas weniger leicht entlassen wird.

Parry fand bei mehreren Versuchen2)Vergl. Literatur., dass graues Roheisen fähig sei, die zwanzigfache Menge seines eigenen Rauminhaltes Wasserstoff - gas aufzunehmen, welches beim Erhitzen im luftleeren Raume in Vermischung mit wechselnden Mengen von Kohlenoxyd wieder abge - geben wird.

272Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Fr. C. G. Müller ermittelte durch zahlreiche Untersuchungen1)Vergl. Literatur. die Menge und Zusammensetzung derjenigen Gase, welche nach dem Erstarren des Eisens die Poren und Hohlräume desselben anfüllen, also die eigentliche Veranlassung zu der Entstehung dieser so nach - theiligen, oben erwähnten Hohlräume bilden. Zur Gewinnung dieser vom Eisen eingeschlossenen Gase benutzte Müller einen mit der Spitze nach oben gerichteten Bohrer innerhalb eines mit ausgekochtem Wasser gefüllten Gefässes. Das zu untersuchende Eisenstück wurde in der Spindel einer Bohrmaschine befestigt und unter steter Drehung gegen die Bohrspitze abwärts bewegt, so dass ein durch das Wasser abgeschlossenes Bohrloch entstand, in welchem die beim Zerspanen des Metalls frei werdenden Gase sich oberhalb des Wassers sammeln konnten, um von hier für die Untersuchung entnommen zu werden.

Die solcherart gefundenen Gasmengen betrugen ihrem Raumin - halte nach:

Da der Rauminhalt der Poren und Hohlräume, in welchen die Gase eingeschlossen waren und welcher sich annähernd aus dem Raum - inhalte des Bohrloches und dem absoluten Gewichte des zerspanten Metalls, dividirt durch das specifische Gewicht des dichten Eisens (7.8), berechnen lässt, in jedem Falle erheblich kleiner war, als die gefundene Menge der Gase, so ergiebt sich, dass dieselben unter Druck in dem Eisen eingeschlossen waren. Müller berechnet diesen Druck im erkalteten Eisenblocke zu 3 8 Atmosphären; da aber die Gase in der Erstarrungstemperatur der untersuchten Eisensorten (durchschnitt - lich 1400°C. ) einen mindestens fünfmal so grossen Raum als im kalten Zustande einnehmen, so würde sich unter Berücksichtigung dieses Um - standes ein von denselben im erhitzten Zustande ausgeübter Druck gleich 15 40 Atmosphären ergeben. Obgleich nun die meisten der untersuchten Eisensorten fest in einer starken Gusseisenform einge - schlossen waren, und hierdurch die Entstehung jenes hohen Druckes eine ausreichende Begründung finden könnte, so liegt doch andererseits die Vermuthung nahe, dass ein grosser Theil der gefundenen Gase erst später aus dem Eisen ausgetreten sei, nachdem infolge der fortschreiten - den Abkühlung die Gasspannung in den Poren abgenommen und hierbei die Löslichkeit der Gase im Eisen sich verringert hatte.

Müller’s Versuche wurden später von Stead in ganz ähnlicher Weise, jedoch mit stumpferem Bohrer wiederholt, wobei feinere Späne gebildet und demnach auch eine noch grössere Zahl von Poren frei273Eisen und Gase (Wasserstoff, Kohlenoxyd, Stickstoff).gelegt wurden; und es ergab sich hierbei eine noch reichlichere Gas - menge als bei der gröblicheren Zerspanung. 1)Iron, vol. 17, p. 414.

Die Zusammensetzung der Gase zeigte in allen Fällen einen reich - lichen Wasserstoffgehalt mit kleineren Mengen Stickstoff und mitunter einer geringen Beimischung von Kohlenoxyd; z. B.

  • Nr. 1. Bessemerschienenstahl.
  • 2. Bessemerstahl zu Federn.
  • 3. Bessemerschienenstahl vor Zusatz von Spiegeleisen.
  • 4. Derselbe Stahl nach Zusatz von Spiegeleisen.
  • 5. Dichter Stahl vor dem Schmieden.
  • 6. Dichter Stahl nach dem Schmieden, wobei sich die Gasmenge, wie oben erwähnt, verringert hatte.
  • 7. Martineisen von Bochum.
  • 8. Englisches Hämatitroheisen (manganarm).
  • 9. Roheisen von Georgs-Marienhütte (manganhaltig).

Die Versuche von Troost und Hautefeuille, Parry u. A. lehren uns, dass Gase, insbesondere Wasserstoffgas, vom festen Eisen auf - genommen und im luftleeren Raume wieder entlassen werden können; die Versuche Müller’s zeigen uns die Zusammensetzung derjenigen Gase, welche vom flüssigen Eisen gelöst waren und beim Uebergange in den festen Zustand infolge ihrer geringeren Löslichkeit im festen Eisen wieder entlassen wurden. Wie die mitgetheilten Analysen er - kennen lassen, bestehen auch diese Gase vorwiegend aus Wasserstoff.

Alle diese Untersuchungen aber lassen die Frage noch unent - schieden, ob nicht von dem erstarrten Eisen auch noch Gase festgehalten werden, in wirklicher Legirung mit demselben befindlich, welche auch beim Erhitzen im luftleeren Raume ihre ursprüngliche Gasform nicht wieder annehmen.

Dass eine zuverlässige und umfassende Beantwortung dieser Frage nicht allein wissenschaftlichen sondern auch praktischen Werth besitzen würde, ergiebt sich schon aus dem über den Einfluss eines Silicium - gehaltes auf die Gasentwickelung Gesagten. Die Praxis lehrt und durch die Versuche von Troost und Hautefeuille ist es bestätigt worden, dass ein siliciumhaltiges Eisen im Allgemeinen weniger Gase beim Erstarren entlässt und deshalb dichtere Gussblöcke liefert als ein silicium - freies; aber es ist unentschieden, ob ersteres, wie Troost und Haute - feuille meinen, überhaupt weniger Gase löst, oder ob es, wie Müller annimmt, die gelösten Gase nicht wieder entlässt. In einzelnen Fällen ist auch die Beobachtung gemacht worden, dass gerade siliciumreiches Eisen reichlich Gase entwickelte2)Ztschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1878, S. 313.; und man war nicht im Stande, eine andere Erklärung dafür zu finden, als dass dem jedesmaligen Siliciumgehalte auch ein bestimmter Sättigungsgrad des erstarrenden Eisens für Gase zukomme, und dass mithin eine Gasentwickelung auchLedebur, Handbuch. 18274Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.beim Erstarren siliciumreichen Eisens eintreten müsse, wenn die vom flüssigen Metalle gelöste Gasmenge jenen Sättigungsgrad überschritten habe.

Eine Beantwortung dieser Frage ist nur durch gewichtsanalytische Untersuchungen der verschiedenen Eisensorten auf ihren Wasserstoff -, Stickstoff - u. s. w. Gehalt zu erreichen, obgleich solche Untersuchungen bei den ausserordentlich geringen Gewichtsmengen, in welchen die Gase im Eisen auftreten, und den mancherlei Fehlerquellen, welche hierbei zu berücksichtigen sind, nicht ohne Schwierigkeit durchführbar sind und ganz besonderer Umsicht bedürfen, wenn ihre Ergebnisse nicht zu Trug - schlüssen führen sollen.

Einem Stickstoffgehalte des Eisens, den man in oft recht ansehnlichen Mengen zu finden glaubte1)So z. B. wollte Schafhäutl im weissen Roheisen 0.76 Proc., im Spiegel - eisen gar 1.20 Proc. Stickstoff gefunden haben (Philosophical Magazine 1840, vol. 16, p. 44; Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde I, S. 65)., schrieb man in früherer Zeit ganz besondere Einwirkungen auf die Eigenschaften des Eisens zu. Spätere Untersuchungen von Rammelsberg2)Monatsberichte der Berliner Akademie der Wissenschaften 1862, S. 692., sowie neuerdings von Allen3)Vergl. Literatur. haben jedoch zweifellos dargethan, dass die Gewichtsmenge des im technisch dargestellten Eisen vorkommenden Stickstoffs nur eine geringe sein kann und dass eine merkbare Einwirkung desselben auf die Eigenschaften des Eisens nicht zu erwarten ist.

Allen fand bei Untersuchung verschiedener Eisensorten folgende Stickstoffgehalte derselben:

  • Dünner Eisendraht0.0123 Proc.
  • Eisen zu Panzerplatten0.0131
  • Siemens-Martinstahl mit 0.22 Proc. Kohle0.0107
  • Gussstahl mit 1.30 Proc. Kohle0.0172
  • Spiegeleisen mit 3.80 Proc. Kohle und 20 Proc. Mangan 0.0041

Da 1 l Stickstoff bei 760 mm Barometerstand und Null Grad Temperatur 1.2544 g wiegt, so würden jenen Untersuchungen zufolge in 1 kg Eisen 32 137 cbm Stickstoffgas gelöst gewesen sein; oder, sofern man das spec. Gewicht des Eisens durchschnittlich zu 7.8 annimmt, würde das - selbe im höchsten Falle die seinem eigenen Volumen gleiche Menge Stickstoff beim Erstarren in Lösung zu behalten, beziehentlich bei späteren Processen (Glühen u. s. w.) aufzunehmen im Stande sein.

Dass übrigens unter gewissen Verhältnissen das Eisen grössere Mengen Stickstoff absorbiren könne, unterliegt nach den darüber an - gestellten Versuchen kaum einem Zweifel. Beim Glühen metallischen Eisens in Ammoniakgas nimmt dasselbe, wie früher Savart und Desprez4)Annales de chimie et de physique, tome 42, p. 122. fanden und später Buff5)Liebig’s Annalen, Bd. 83, S. 375. bestätigte, an Gewicht bis zu 11 Proc. zu, während das specifische Gewicht sich verringert und das Eisen spröde wird. In allen diesen Fällen wurde Stickstoff im Eisen gefunden, während nach Frémy’s Untersuchungen Wasserstoff nicht mit gelöst wird. 6)Annales de chimie et de physique, tome 83, p. 375.

275Eisen und Gase (Wasserstoff, Kohlenoxyd, Stickstoff).

Beim Glühen des Eisens im reinen und trocknen Stickstoffgas dagegen wird, soweit meine eigenen Beobachtungen reichen, kein Stick - stoff aufgenommen.

Wasserstoff wurde von mir durch gewichtsanalytische Bestim - mung im festen Eisen in folgenden Gewichtsmengen gefunden:1)Stahl und Eisen 1882, S. 591.

  • In Ferromangan mit 70 Proc. Mangan0.0028 Proc.
  • Siliciumeisen mit 11.29 Proc. Silicium, 2.08 Proc. Mangan, 1.59 Proc. Kohle0.0028
  • Martineisen (gegossen) mit 0.10 Proc. Kohle, 0.14 Proc. Silicium und ohne Mangan0.0017

Da 1 l Wasserstoff bei 760 mm Barometerstand und Null Grad Tempe - ratur 0.0896 g wiegt, so würde bei einem durchschnittlichen specifischen Gewichte des Eisens gleich 7.8 das Ferromangan wie das Siliciumeisen ungefähr die fache Menge seines eigenen Volumens Wasserstoff, das an Mangan, Silicium und Kohlenstoff arme Martineisen dagegen nur die fache Menge seines Volumens Wasserstoff zurückzuhalten fähig sein.

Sauerstoff in Legirung mit dem Eisen findet sich in ver - schiedenen Eisensorten, welche im flüssigen Zustande der Einwirkung freien Sauerstoffs ausgesetzt waren. Es ist wahrscheinlich, wenn auch nicht mit voller Sicherheit erwiesen, dass dieser Sauerstoffgehalt mit einer äquivalenten Menge Eisen zu Eisenoxydul chemisch vereinigt sei, welches im Eisenbade gelöst ist, wie sich u. a. auch Kupferoxydul im Kupfer löst. Die Anwesenheit einer höheren im Eisen gelösten Oxy - dationsstufe des Eisens manche Metallurgen nehmen gelöstes Eisen - oxyduloxyd an ist in Rücksicht auf den grossen Ueberschuss metal - lischen Eisens sehr unwahrscheinlich, welches im flüssigen Zustande reducirend auf sauerstoffreichere Verbindungen einwirken würde.

Nicht zu verwechseln ist dieser gelöste oder legirte Sauerstoffgehalt mit demjenigen, welcher im Schweisseisen als ein Bestandtheil mecha - nisch eingemengter Schlacke (S. 6) sich findet. Diese Schlacke, aus Eisensilikaten oder unter Umständen auch aus reinem Eisenoxyduloxyd bestehend, ist dem Schweisseisen um so reichlicher beigemengt, je mehr Gelegenheit zu der Aufnahme derselben bei der Herstellung des Eisens gegeben war und je weniger es später auf mechanischem Wege raffinirt d. h. durch Ausquetschen, Walzen oder Hämmern im weissglühenden Zustande von der Schlacke befreit worden war; und der an Eisen gebundene Sauerstoffgehalt derselben geht oft sehr beträchtlich über diejenige Grenze hinaus, welche als das höchste Maass des im Eisen überhaupt löslichen Sauerstoffs betrachtet werden kann. 2)Vergl. hierüber Stahl und Eisen 1882, S. 193.

Dieser grösste Gehalt des im Eisen löslichen Sauerstoffs beträgt, soweit meine eigenen Untersuchungen einen Schluss hierüber zulassen, etwa 0.25 Proc. oder wenig darüber. 3)Bender fand allerdings im entkohlten Bessemereisen 0.34 Proc. Sauerstoff; vergl. Dingler’s Polyt. Journ., Bd. 205, S. 231.In drei Proben sogenannten überblasenen Bessemereisens vom basischen Process aus Hörde, welche vor Spiegeleisenzusatz der Bessemerbirne entnommen wurden, fand ich:18*276Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Ein Stück geschmolzenen Schweisseisens von der Sohle eines Schweissofens, welches nach dem Kaltlegen des Ofens ausgebrochen war, enthielt 0.177 Proc. Sauerstoff neben 0.052 Proc. Kohlenstoff.

In allen diesen Fällen war dem Eisen ausreichende Gelegenheit gegeben, so viel Sauerstoff aufzunehmen, als seinem Sättigungsvermögen für Sauerstoff irgend entsprach. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass der Sauerstoffgehalt der in dem untersuchten Schweisseisen anwesenden Schlacke ursprünglich noch beträchtlicher war1)Ein Schweisseisen aus Oberhausen enthielt z. B. 0.5 Proc. Sauerstoff als Bestandtheil eingemengter Schlacke; Stahl und Eisen 1882, S. 197.; beim Schmelzen des Eisens aber löste sich in demselben eine solche Menge Eisenoxydul (Sauerstoff) aus der Schlacke auf, als seinem Sättigungsgrade entsprach, und die übrige Schlacke wurde von der sich stets bildenden Schweiss - ofenschlacke aufgenommen.

Es ist leicht erklärlich, dass ein Eisen so lange nicht sauerstoff - haltig sein kann, als es Bestandtheile in grösserer Menge enthält, welche leichter als das Eisen selbst oxydirbar und deren Oxyde im Eisen unlöslich sind. Hierher gehören Kohlenstoff, Silicium, Mangan. Kleinere Mengen dieser Körper, insbesondere des Kohlenstoffs, können allerdings, wie die oben mitgetheilten Analysen nachweisen, auch neben Sauerstoff bestehen; denn je geringer ihre Menge, oder, was dasselbe ist, je stärker ihre Verdünnung im Eisenbade ist, desto unvollkommener können sie auf den vorhandenen Sauerstoff einwirken. Daher ist auch der Sätti - gungsgrad des Eisens für Sauerstoff von dessem Gehalte an solchen oxydirbaren Körpern abhängig; und wenn die letzteren, insbesondere das Mangan und Silicium, in der Praxis benutzt werden, um durch Zusatz zu sauerstoffhaltigem Eisen diesem den Sauerstoffgehalt zu ent - ziehen, so ist eine ganz vollständige Austreibung des letzteren doch nur durch einen Ueberschuss des Zusatzes zu erreichen. Flusseisen mit 0.1 0.2 Proc. Kohle und ebensoviel Mangan kann immerhin noch einige Hundertstel Procent Sauerstoff enthalten. 2)Analysen solcher Eisensorten: Glaser’s Annalen, Bd. X, S. 181.

Wird Kohlenstoff zur Entfernung gelösten Sauerstoffs aus geschmolze - nem Eisen benutzt, so entsteht natürlich Kohlenoxyd, welches bei seinem Entweichen ein Aufwallen des Eisens hervorruft, ein Vorgang, welcher bei verschiedenen Processen der Eisendarstellung sich beobach - ten lässt.

Ein Sauerstoffgehalt von mehr als 0.1 Proc. beeinträchtigt die Schmiedbarkeit des Eisens in Rothgluth, wirkt also ganz ähnlich wie Schwefel und wird deshalb regelmässig in der schon angedeuteten Weise durch Zusatz von Mangan, Silicium u. s. w. entfernt. Sauerstoff277Das Rosten des Eisens.in Mengen von weniger als 0.1 Proc. dagegen findet sich in übrigens reinen Flusseisensorten nicht selten, ohne, wie es scheint, merklich nachtheilige Einflüsse zu üben. 1)Die Bezeichnung verbranntes Eisen oder verbrannter Stahl für solches schmiedbare Eisen, welches infolge einer Erhitzung bis nahe zum Schmelzpunkte und darauf folgender ruhiger Abkühlung ein grobkörniges Gefüge erhalten, an Festig - keit und Schmiedbarkeit eingebüsst hat, legt die Vermuthung nahe, dass die erwähn - ten übelen Eigenschaften solchen Eisens durch die Aufnahme von Sauerstoff hervor - gerufen seien. Neuere Untersuchungen haben indess dargethan, dass diese Sauerstoff - aufnahme nicht immer die Ursache der Verschlechterung und jene Bezeichnung verbranntes Eisen daher auch nicht im eigentlichen Sinne richtig ist. Vergl. die Abhandlung des Verfassers: Das Verbrennen des Eisens und Stahles im Jahrbuch für Berg - und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1883.

17. Die Oxydation des Eisens und seiner Begleiter.

Das Rosten und die Einwirkung von Flüssigkeiten auf das Eisen.

Unter Rost im weiteren Sinne pflegt man jedes unter Einwirkung irgend einer Flüssigkeit auf das Eisen entstandene basische, in Wasser unlösliche Eisensalz zu verstehen; im engeren Sinne dagegen bezeichnet man jenes braune, unter Einwirkung der Atmosphärilien entstandene Gebilde des Eisens damit, welches, anfänglich nur auf der Oberfläche bemerkbar, tiefer und tiefer eindringt, bis schliesslich ein ganzes Eisen - stück in Rost umgewandelt ist.

Dieses leichte Rosten des Eisens setzt der Verwendung desselben für viele Zwecke nicht geringe Schwierigkeiten entgegen, und Plinius bezeichnet in poetischer Weise den Rost als den Fluch, der auf dem Eisen laste als Vergeltung für die mancherlei Uebelthaten, zu denen es sich in Händen der Räuber und Mörder gebrauchen lasse.

Der Rost besteht, wie bekannt ist, im Wesentlichen aus Eisenoxyd - hydrat, und hieraus folgt schon, dass er in vollständig trockner Luft nicht entstehen kann; er enthält aber auch kleine Mengen von Kohlen - säure und wenigstens Spuren von Ammoniak. Calvert fand in dem Roste der Röhrenbrücke über den Conway 0.900 Proc. kohlensaures Eisen (Fe C O3), in einem andern 0.617 Proc.

Es lässt sich hieraus folgern, dass die Kohlensäure ebenfalls eine gewisse Rolle bei der Rostbildung zu spielen habe. Deutlicher noch zeigt sich dieser Einfluss derselben, wenn man von zwei Eisenstücken das eine der Einwirkung gewöhnlichen, also kohlensäurehaltigen Wassers, das andere der Einwirkung kohlensäurefreien Wassers aussetzt; das erstere wird rasch sich mit Rost überziehen, das letztere lange Zeit hindurch geschützt bleiben, sofern nicht auch die äussere, stets kohlen - säurehaltige Luft Zutritt hatte. Es beruht hierauf der Zusatz von etwas gebranntem Kalk oder einer geringen Menge Alkalien zu Wasser, in welchem Eisengegenstände einige Zeit aufbewahrt werden sollen.

Ist Kohlensäure im Ueberschusse zugegen, der Zutritt freien Sauer - stoffs dagegen abgehalten, so entsteht lösliches Carbonat; sobald aber die Luft zu der Lösung tritt, wird jenes zersetzt und unlösliches Eisen - oxydhydrat gebildet, ein Vorgang, der für manche Erzablagerungen die Veranlassung bildete.

278Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Bei der gemeinschaftlichen Einwirkung der Kohlensäure und des Wassers auf das Eisen wird durch Zerlegung des Wassers Wasserstoff gebildet, welcher sich mit dem Stickstoff der Luft zu Ammoniak ver - bindet. Schon 1683 wies Claude Bourdelin nach, dass bei der Ein - wirkung lufthaltigen Wassers auf Eisen Ammoniak entstände. 1)Dingler’s Polyt. Journ., Bd. 196, S. 131.

Es ist also das Zusammenwirken dreier Körper, des Wassers, des freien Sauerstoffs und der Kohlensäure erforderlich, um Rostbildung zu veranlassen; da aber alle drei in der atmosphärischen Luft regelmässig neben einander vorkommen, so ist jedem Eisen, welches nicht durch besondere Schutzmittel ihrer Einwirkung entzogen ist, ausreichende Gelegenheit zum Rosten gegeben. Fehlt einer der drei genannten Rost - bildner, so vermögen auch die übrigen beiden nicht mehr einzuwirken. Calvert zeigte, dass auch im feuchten Sauerstoffgase, sofern es frei ist von irgend einer andern Säure, die Neigung des Eisens zum Rosten ganz unbedeutend ist.

Wohl aber kann die Kohlensäure durch andere Säuren, ja auch durch Lösungen gewisser Salze (Chloride des Magnesiums und der Alkalien u. a.) ersetzt werden; und der Vorgang bei der Einwirkung solcher säure - oder salzhaltigen Flüssigkeiten bei Luftzutritt auf das Eisen ist demnach ein dem gewöhnlichen Rosten ganz ähnlicher. Selbst Fette vermögen nur so lange einen Schutz des Eisens gegen das Rosten zu bilden, als sie nicht selbst durch äussere Einwirkungen theilweise in Fettsäuren umgewandelt worden sind. 2)Vergl. Literatur (Mercier).

Die Widerstandsfähigkeit verschiedener Eisensorten gegenüber der Rostbildung wie der Einwirkung von Säuren überhaupt ist, wie die Erfahrung lehrt, ziemlich abweichend. Theils spricht die chemische Zusammensetzung des Eisens hierbei mit; theils auch die Structur und äussere Beschaffenheit desselben. Einzelne mit dem Eisen legirte Körper erschweren das Rosten, andere befördern es. Auch mechanisch ein - gemengte Körperchen, z. B. Schlacke, können, indem sie galvanische Ströme mit dem Eisen erzeugen, das Rosten befördern; eine eben solche Wirkung entsteht, wenn infolge einer Saigerung des erstarrenden Eisens sich abweichend zusammengesetzte Verbindungen neben einander ab - lagern. Auf solche Entstehung galvanischer Ströme hat man wohl nicht mit Unrecht theils das oft abweichende Verhalten scheinbar gleicher Eisen - sorten, theils die Thatsache zurückgeführt, dass doch auch an einzelnen Stellen solchen Eisens, welches in kohlensäure - und luftfreiem Wasser aufbewahrt wurde, im Laufe der Zeit mitunter Rostbildung sich zeigt.

Unter den verschiedenen Begleitern des Eisens wirken Silicium und gebundene Kohle entschieden günstig auf Verhinderung der Rost - bildung und die Widerstandsfähigkeit gegen chemische Einflüsse über - haupt. Siliciumreiche Eisensorten sind auch durch starke Säuren oft nicht in Auflösung zu bringen.

Aehnlich wie diese, aber weniger deutlich, scheint Phosphor zu wirken.

Ein Graphitgehalt des Eisens wird, indem er durch mechanische Einlagerung das Gefüge des Eisens auflockert und den Angriff der279Das Rosten des Eisens.chemisch thätigen Stoffe erleichtert, sowie in Rücksicht darauf, dass bei der Graphitbildung der Gehalt des Eisens an schützend wirkender gebundener Kohle sich verringert, an und für sich das Rosten befördern; da aber der Graphitgehalt nicht ohne einen gleichzeitigen Siliciumgehalt denkbar ist und dieser allen Beobachtungen zufolge noch kräftiger schützend als die von ihm verdrängte gebundene Kohle wirkt, so erklärt es sich, dass graphitreiche Eisensorten nicht selten dem Angriffe des Rostes wie der Säuren merklich besser widerstehen als graphitarme.

Mangan im schmiedbaren, also kohlenstoffarmen Eisen befördert allen Beobachtungen zufolge die Rostbildung; im Roheisen dagegen übt dasselbe, wenn auch vielleicht nur mittelbar, die entgegengesetzte Wirkung, indem es die Aufnahme grösserer Mengen gebundenen Kohlen - stoffs erleichtert.

Schwefel dürfte in allen Fällen nachtheilig wirken; es ist eine Beobachtung der Praxis, dass schwefelhaltiges Eisen schon unter Ein - wirkung fliessenden Wassers im Laufe der Zeit einen Theil seines Schwefels verliert. Dieser Vorgang aber ist nur durch Wasserzersetzung möglich, wobei Eisen oxydirt wird.

Versuche, bei welchen verschiedene Eisensorten in ganz gleich grossen Würfeln und unter ganz gleichen Verhältnissen der Einwirkung sehr verdünnter Schwefelsäure 65 Stunden hindurch ausgesetzt wurden1)Berg - und hüttenm. Ztg. 1877, S. 280., ergaben folgende Gewichtsverminderung des Eisens in Procenten des ursprünglichen Gewichts:

  • Spiegeleisen (mit ca. 10 Proc. Mangan, 4.5 Proc. gebundenem Kohlenstoff) 14.15 Proc.
  • Weisses kohlenstoffarmes Roheisen mit ca. 3 Proc. gebunde - nem Kohlenstoff, 0.7 Proc. Phosphor, übrigens rein19.7
  • Dunkelgraues Koksroheisen mit ca. 2.5 Proc. Silicium, 1.5 Proc. Mangan, 3.5 Proc. Graphit, Spuren geb. Kohle, 0.8 Proc. Phosphor27.6
  • Graues Holzkohlenroheisen mit ca. 1.8 Proc. Silicium, 1 Proc. Mangan, 3 Proc. Graphit, 0.5 Proc. geb. Kohle, 0.6 Proc. Phosphor37.7
  • Englischer Werkzeugstahl mit ca. 1 Proc. Kohle, übrigens rein 66.5
  • Weiches Schmiedeeisen mit ca. 0.1 Proc. Kohle88.6

Die Ziffern beweisen das oben Gesagte über den Einfluss der ver - schiedenen Begleiter des Eisens. Trotz seines hohen Mangangehaltes ist das Spiegeleisen chemischen Einwirkungen in verhältnissmässig sehr geringem Maasse unterworfen.

Wichtig sind die Versuche, welche mit verschiedenen Sorten schmiedbaren kohlenstoffarmen, zu Blechen verarbeiteten Eisens, durch W. Parker auf Veranlassung der englischen Gesellschaft Lloyds an - gestellt wurden. 2)Vergl. Literatur.Diese Bleche wurden theils 437 Tage im Hafen zu Brighton im Meerwasser versenkt gehalten, theils 240 Tage unter dem Boden des Maschinenraumes eines Oceandampfers der Einwirkung der dort vorhandenen feuchten Luft unterworfen, theils 455 Tage lang auf einem Dache der Londoner City den Einflüssen der Atmosphärilien preisgegeben. Drei fernere Reihen derselben Bleche wurden zwischen280Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.den Röhren des Wasserraumes von Marinedampfkesseln so aufgehängt, dass sie mindestens 30 cm unter der Wasserlinie blieben; und zwar befanden sich die Bleche einer dieser Reihen solcherart 361 Tage im Kessel eines Ostindienfahrers, in welchen zum Erschweren des Rostens Zink eingelegt wurde und welcher nur selten entleert wurde; die Bleche einer zweiten Reihe hingen in gleicher Weise 264 Tage hindurch im Kessel eines Chinadampfers, der, ohne Benutzung von Zink, an jeder Endstation abgeblasen und frisch mit Meerwasser gefüllt wurde; die letzte Reihe Bleche endlich reiste 336 Tage hindurch im Kessel eines Küstendampfers, welcher sein Speisewasser aus einem Theile des Flusses Tyne erhielt, welcher durch die Abflusswässer einer grossen chemischen Fabrik stark verunreinigt und angesäuert war. Die Kessel wurden in jeder zehnten Woche abgeblasen und blieben stets vier Tage während fünf unter Dampf.

Die spätere Untersuchung der Bleche ergab folgende Durchschnitts - ziffern für den Verlust durch Rost:

Das Flusseisen ist hier in fast allen Fällen das am stärksten an - gegriffene, ein Umstand, der sich auf seinen geringeren Phosphor - und höheren Mangangehalt zurückführen lässt.

Dass eine Berührung des Eisens durch Zink, welches hierbei zum elektropositiven Pole wird und bei der Wasserzersetzung sich mit dem Sauerstoffgehalte des Wassers vereinigt, das Eisen vor dem Rosten zu schützen vermag, ist bekannt, und man macht nicht selten hiervon Anwendung. Die Rostverluste der Bleche im Dampfkessel des Ostindien - fahrers, bei welchen, wie erwähnt, Zink eingelegt worden war, sind deshalb auch trotz der längeren Zeitdauer der Einwirkung geringer als in den übrigen Kesseln. Umgekehrt wird die Neigung des Eisens zum Rosten verstärkt werden, wenn es mit Metallen in Berührung sich befindet, welche, wie Kupfer, Zinn, Blei, hierbei negativ elektrisch werden. Während daher ein mit Zink überzogenes Eisenstück auch dann noch dem Rosten verhältnissmässig wenig unterworfen ist, wenn an einzelnen Stellen Beschädigungen des Ueberzuges eingetreten sein sollten, schützt ein Zinnüberzug (wie er z. B. für Weissbleche ange -281Die Oxydation des Eisens und seiner Begleiter.wendet wird) nur so lange, als er vollständig dicht ist; bei eintretender Beschädigung desselben aber tritt verstärktes Rosten ein.

Die Oxydation in höherer Temperatur.

a. Im ungeschmolzenen Zustande des Eisens.

In gewöhnlicher Temperatur übt, wie schon erwähnt wurde, voll - ständig trockner Sauerstoff keinen Einfluss auf das Eisen aus. Eine Einwirkung wird erst bemerkbar, wenn die Temperatur auf etwa 200°C. oder etwas darüber steigt. Das Eisen, sofern es vorher an der Oberfläche metallisch rein war, überzieht sich mit einer hellgelben sogenannten Anlauffarbe, hervorgegangen aus der Entstehung eines sehr schwachen Häutchens oxydirten Eisens. Bei weiterer Steigerung der Temperatur wird die Anlauffarbe dunkler und durchläuft allmählich folgende Stufenreihe:

  • bei 220 230°C. hellgelb,
  • 240°C. dunkelgelb,
  • 255 gelbbraun,
  • 265 braunroth,
  • 275 purpurroth,
  • 285 violet,
  • 295 kornblumenblau,
  • 315 hellblau,
  • 330 grau.

Man benutzt in der Praxis diese Anlauffarben, um beim Anlassen gehärteten Stahles, d. h. beim Erwärmen desselben zu dem Zwecke, ihm einen Theil seiner übermässigen Härte und Sprödigkeit zu nehmen, die einem bestimmten Härtegrade entsprechende Temperatur des Stahles zu erkennen.

Bei fernerer Steigerung der Temperatur bis zum Glühen unter Luftzutritt bildet sich an der Oberfläche des Eisens eine dicke Lage oxydirten Eisens, sogenannter Hammerschlag, seiner Zusammen - setzung nach aus Eisenoxyduloxyd mit verschiedenem Sauerstoffgehalte bestehend. Zugleich beginnt aber, sofern das Glühen einige Zeit fort - gesetzt wird, eine chemische Einwirkung des Sauerstoffs auch auf die Begleiter des Eisens sich bemerkbar zu machen. Gebundene Kohle wird zu Kohlenoxyd oxydirt und entweicht, das Eisen wird kohlen - stoffärmer; und zwar erstreckt sich diese Einwirkung nicht allein auf die Oberfläche eines Eisenstückes, sondern bei ausreichend langer Zeit - dauer der Einwirkung wandert auch der im Innern befindliche Kohlen - stoff nach aussen, um hier verbrannt zu werden, ebenso, wie bei dem Glühen kohlenstoffarmen Eisens mit Kohle eine Wanderung von aussen nach innen stattfindet (S. 232).

Graphitischer Kohlenstoff wird hierbei nicht oder nur in unbedeu - tender Weise oxydirt.

Mangan und Silicium werden, da sie in dieser Temperatur noch leichter oxydirbar sind, als Eisen, höchstwahrscheinlich ebenfalls oxydirt; aber ihre Verbrennungsgebilde bleiben, da sie nicht flüchtig sind, in dem Eisen zurück, so lange dieses nicht etwa zum Schmelzen erhitzt wird. Die Verbrennung der Kohle wird durch einen Mangan - gehalt des Eisens erheblich erschwert.

282Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Schwefel wird in merklicher Weise verflüchtigt.

Derselbe Vorgang, d. h. die Verbrennung gebundenen Kohlenstoffs beim Glühen, findet statt, wenn an Stelle freien Sauerstoffs Oxyde, welche in der betreffenden Temperatur Sauerstoff abgeben, mit dem Eisen in Berührung sind. Hierher gehören Eisenoxyd (welches sich dabei in Oxyduloxyd umwandelt), Zinkoxyd u. a. m. Man macht in der Praxis von diesem Verhalten des gebundenen Kohlenstoffs Anwen - dung, um weisses Roheisen durch Glühen in schmiedbares Eisen um - zuwandeln (Glühfrischen; siehe Abtheilung III).

Findet eine längere Zeit hindurch fortgesetzte Einwirkung oxydi - render Gase auf das Eisen statt, auch nachdem der gebundene Kohlen - stoff verbrannt worden ist, so wird das Eisen selbst weiter und weiter oxydirt, das anfänglich entstehende Eisenoxyduloxyd wandelt sich in Eisenoxyd um, das Eisenstück schwillt auf und kann schliesslich voll - ständig oxydirt werden. Graphit aber wird auch hierbei in nur unvoll - kommener Weise verbrannt. Deutlich lässt sich dieser Vorgang an Eisentheilen erkennen, welche als ein Bestandtheil von Feuerungen Monate oder Jahre hindurch der Einwirkung einer Stichflamme, also eines Gemisches von Kohlensäure, Wasserdampf und freiem Sauerstoff neben Stickstoff und kleineren Mengen unverbrannter Gase ausgesetzt gewesen sind und sich dabei in sogenanntes Brandeisen umgewandelt haben. Eine von mir untersuchte Platte eines gusseisernen Stubenofens, welche jahrelang oberhalb der Feuerung gelegen und dabei vollständig auch auf der Bruchfläche die rothe Farbe des Eisenoxydes ange - nommen hatte, zeigte folgende Zusammensetzung:

  • Eisen68.386
  • Mangan0.023
  • Kupfer, Kobalt, Nickel0.125
  • Silicium1.240
  • Schwefel0.079
  • Phosphor0.269
  • Arsen0.056
  • Graphit0.960
  • Sauerstoff28.899
  • 100.037.
b. Oxydation im flüssigen Zustande des Eisens.

Wirken freier Sauerstoff oder oxydirende Gase, beziehentlich auch geschmolzene sauerstoffabgebende Körper, auf Eisen im flüssigen Zu - stande ein, so werden neben einem Theile des Eisens selbst die fremden Begleiter desselben in der Reihenfolge oxydirt, welche durch die ver - schiedene Verwandtschaft derselben zum Sauerstoff gegeben ist, und theils durch Vergasung (Kohlenstoff), theils durch Verschlackung (Mangan, Eisen, Silicium, Phosphor) entfernt. Wurde Roheisen einer derartigen Einwirkung unterworfen, so verwandelt es sich infolge des Austretens seiner Begleiter in schmiedbares Eisen um. Dieser Vorgang, welcher die Grundlage für die Darstellung des grössten Theils alles schmiedbaren Eisens bildet, heisst Frischen oder Frischprocess.

Jene Reihenfolge der Oxydation der verschiedenen Körper aber ist283Die Oxydation des Eisens und seiner Begleiter.nicht immer die nämliche, sondern von verschiedenen Umständen ab - hängig.

Hierher gehört zunächst die Temperatur des geschmolzenen Eisens. Hohe Temperatur steigert zwar im Allgemeinen die Verwandtschaft der betreffenden Körper zum Sauerstoff; aber bei dem einen Körper im stärkeren Maasse als bei einem andern. Wie schon früher mehrfach erwähnt wurde, zeigt besonders der Kohlenstoff eine sehr kräftige Steigerung seiner Verwandtschaft zum Sauerstoff in hoher Temperatur und wird eben durch diese Eigenschaft befähigt, als Reductionsmittel für die Oxyde anderer Körper (Mangan, Silicium, Alkalien u. a.) zu dienen, deren Verwandtschaft nicht in dem gleichen Maasse bei der Erhitzung zunimmt. Aus demselben Grunde aber wird bei der Oxy - dation eines Eisens, welches Kohlenstoff, Silicium, Mangan u. s. w. ent - hält, die Verbrennung sich um so stärker auf den Kohlenstoffgehalt werfen und die übrigen Körper werden, so lange noch unverbrannter Kohlenstoff zugegen ist, um so mehr vor Verbrennung geschützt bleiben, je höher die Temperatur des Eisens ist. Hieraus erklärt es sich, dass in einer Temperatur, welche die Schmelztemperatur des gewöhnlichen Roheisens nicht erheblich übersteigt, mitunter fast der gesammte Silicium - und Mangangehalt des Eisens oxydirt werden kann, ehe überhaupt die Verbrennung des Kohlenstoffs beginnt, während in höherer Temperatur (Schmelztemperatur des schmiedbaren Eisens) der Rest des Siliciums und Mangans oft erst verbrannt werden kann, nachdem der Kohlen - stoff annähernd vollständig entfernt worden ist.

Ausserdem ist die Gegenwart anderer Körper auf den Verlauf der Verbrennung von Einfluss, wie schon auf S. 14 erwähnt wurde. Durch Anwesenheit einer kieselsäurereichen Schlacke wird das Oxydations - bestreben solcher Bestandtheile des Eisens verstärkt, welche mit dem Sauerstoff basische Verbindungen bilden (Mangan, Eisen); die Verbren - nung der Metalloide dagegen wird durch die Gegenwart basischer Körper befördert, mit denen sich ihre Oxydationserzeugnisse zu Silikaten, Phos - phaten u. s. w. vereinigen können.

Aus diesem Grunde wird Phosphor bei Anwesenheit einer kiesel - säurereichen Schlacke aus dem Eisen überhaupt nicht ausgeschieden; bei Anwesenheit basischer Schlacken erfolgt die Ausscheidung in niedriger Temperatur gleichzeitig mit der des Siliciums schon vor der Verbren - nung des Kohlenstoffs; in sehr hoher Temperatur aber ist sie wegen des geschilderten Verhaltens des Kohlenstoffs erst möglich, nachdem dieser annähernd vollständig verbrannt ist, ja durch den Kohlenstoff des Eisens wird sogar aus einer phosphorsäurehaltigen Schlacke Phosphor reducirt und an das Eisen zurückgeführt, sofern die Temperatur hoch ist. Die verschiedenen Methoden zur Abscheidung des Phosphors beim Verfrischen des Roheisens beruhen auf diesem Verhalten desselben. Man scheidet ihn durch Oxydation bei Anwesenheit basischer Körper (Eisen - oxydul, Manganoxydul, Kalkerde) entweder vor dem Kohlenstoff in niedriger Temperatur ab, oxydirt aber hierbei zugleich unver - meidlich den ganzen Siliciumgehalt des Eisens; oder man entfernt ihn in hoher Temperatur nach dem Kohlenstoff (basischer Besse - merprocess oder Thomasprocess), wobei Silicium, Mangan u. s. w. schon vor dem Phosphor neben dem Kohlenstoff abgeschieden werden.

284Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Auch die Verbrennung des Kohlenstoffs wird durch Gegenwart kieselsäurereicher Schlacken verzögert, indem diese die Verwandtschaft des Eisens und Mangans zum Sauerstoff steigern.

Das Maass der Verdünnung, in welcher sich die einzelnen Be - gleiter des Eisens im Eisenbade befinden, ist ebenfalls von Einfluss auf den Verlauf ihrer Oxydation. Je stärker ihre Verdünnung oder, mit anderen Worten, je geringer ihr Procentgehalt im Eisen ist, desto schwieriger werden sie von den oxydirenden Einflüssen erreicht werden, desto langsamer wird ihre Ausscheidung verlaufen. In allem aus dem Roheisen technisch dargestellten schmiedbaren Eisen finden sich daher noch kleine Mengen von Kohlenstoff; und ihre Oxydation würde nur möglich sein, wenn man gleichzeitig eine sehr grosse Menge des Eisens ebenfalls oxydiren wollte. Es erklärt sich ferner hieraus, dass bei allen Frischprocessen schon beim Beginn der Oxydation auch ein Theil des in reichlicher Menge vorhandenen Eisengehaltes oxydirt wird; aber sofern noch andere leichter oxydirbare Körper zugegen sind, hört diese Eisenoxydation auf, sobald ein gewisser Basen -, beziehentlich Eisen - gehalt der entstehenden Schlacke erreicht ist, dessen Maass wiederum von der Temperatur und den Einflüssen derselben auf die Oxydirbar - keit jener anderen Körper, insbesondere des Kohlenstoffs, Siliciums und Mangans, abhängt. Je höher diese Temperatur ist, desto früher wird diese Grenze erreicht werden, d. h. desto eisenärmer wird die entstehende Schlacke sein, so lange noch gewisse Mengen jener anderen Körper im unoxydirten Zustande zugegen sind.

Endlich beeinflusst auch die Art und Weise der Einwirkung der oxydirenden Körper auf das geschmolzene Eisen die Reihenfolge wie die Zeitdauer der Oxydation. Bietet z. B. das Eisen nur seine Ober - fläche der Einwirkung oxydirender Gase u. s. w. dar, so wird zweifellos der Process sehr verlangsamt werden; an der Oberfläche wird zwar Kohlenstoff verbrennen und eine eisenreiche Schlacke entstehen; aber in den unteren Schichten des Eisenbades wird sehr langsam eine Ein - wirkung erkennbar werden. Die Oxydation wird beschleunigt, wenn man entweder das geschmolzene Eisen in Tropfenform vertheilt und solcherart seine Oberfläche vergrössert (Herdfrischprocess); oder wenn man durch stetige Bewegung desselben seine Oberfläche ununterbrochen erneuert und solcherart die durch Oxydation zu entfernenden Begleiter des Eisens in ausgedehntere Berührung mit dem ursprünglichen Oxy - dationsmittel oder mit dem unter Einwirkung desselben entstandenen Eisenoxyd bringt (Puddelprocess); oder noch mehr, wenn man das Oxydationsmittel in Gasform (atmosphärische Luft) in reichlicher Ver - theilung durch das Eisenbad hindurchleitet (Bessemerprocess).

Körper, welche aus ihren Oxyden erheblich leichter reducirbar sind als das Eisen, lassen sich aus der Legirung mit demselben auch nicht durch Oxydation abscheiden, ohne dass zuvor die grösste Menge des Eisens oxydirt wird. Hierher gehören Kupfer, Kobalt, Nickel. Sie begleiten deshalb das Eisen, sofern sie einmal von demselben auf - genommen sind, durch alle Verarbeitungsstadien hindurch; und da bei Oxydationsprocessen infolge der stattfindenden Abscheidung anderer Stoffe die Gesammtmenge des Metalls, in dem sie gelöst sind, sich ver -285Literatur.ringert, so pflegt ihr Procentgehalt in dem Metalle sich bei jedem neuen Oxydationsprocesse, dem das Eisen unterworfen wird, zu erhöhen.

Schwefel wird, soweit die darüber angestellten Beobachtungen Schlüsse zulassen, bei ausreichend langer Zeitdauer des Oxydations - processes zum Theil zu schwefliger Säure verbrannt und als solche verflüchtigt; bei der sehr starken Verdünnung, in welcher der Schwefel im Eisenbade vorzukommen pflegt, ist der Erfolg jedoch nur gering. Bei Anwesenheit basischer, insbesondere manganhaltiger Schlacken pflegt ein anderer Theil des Schwefelgehaltes von diesen im nicht oxydirten Zustande (als Sulfid) aufgenommen zu werden, jedenfalls infolge der stärkeren Löslichkeit des Sulfids in der Schlacke als im Eisen; ein letzter und mitunter nicht unbeträchtlicher Theil des Schwefels aber pflegt bei dem Eisen zurückzubleiben.

Literatur.

A. Grössere Werke.

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  • J. Lowthian Bell, Ueber die Entwickelung und Verwendung der Wärme in Eisenhochöfen verschiedener Dimensionen. Frei übersetzt von P. Tunner, Leipzig 1870. (Enthält Mittheilungen über zahlreiche Versuche, die Reduction etc. der Eisenerze betreffend.)
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286Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.
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[288][289]

ZWEITE ABTHEILUNG. DAS ROHEISEN UND SEINE DARSTELLUNG.

Ledebur, Handbuch. 19[290][291]

I. Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.

1. Allgemeines.

Roheisen heisst jedes noch nicht zu Gebrauchsgegenständen ver - arbeitete Eisen, welches infolge eines grösseren Gehalts an Metalloiden, insbesondere an Kohlenstoff oder Silicium, die dem reinen Eisen eigen - thümliche Dehnbarkeit und Schmiedbarkeit verloren hat. Sind neben Kohlenstoff keine anderen Körper in erheblichen Mengen zugegen, so liegt die Grenze zwischen Roheisen und schmiedbarem Eisen bei einem Kohlenstoffgehalte von etwa 2.3 Proc.; andere Metalloide (Silicium, Phos - phor, Schwefel) beeinträchtigen die Schmiedbarkeit theils kräftiger, theils weniger kräftig als Kohlenstoff; in jedem Falle aber hört dieselbe schon bei einem niedrigeren Kohlenstoffgehalte als 2.3 Proc. auf, wenn solche Körper neben dem Kohlenstoff im Eisen anwesend sind.

Mit Hilfe derselben Processe und Apparate, auf deren Anwendung die Darstellung des Roheisens im engeren Sinne beruht, stellt der Eisen - hüttenmann für gewisse Zwecke des Eisenhüttenbetriebes auch kohlen - stoffhaltige Legirungen zwischen Eisen und Mangan dar, welche bei geringerem Mangangehalte zwar dem Roheisen zugezählt zu werden pflegen, bei höherem Mangangehalte aber Ferromangane oder Eisen - mangane genannt werden. Nicht selten ist der Mangangehalt dieser Legirungen höher als ihr Eisengehalt.

Ist das Roheisen durch Eingiessen in Formen zu Gebrauchsgegen - ständen (Gusswaaren) verarbeitet, so wird es Gusseisen genannt. Die Bezeichnung als solches beruht demnach lediglich auf der Art und Weise der stattgehabten Verarbeitung, ohne dass eine Aenderung der Eigen - schaften dadurch bedingt ist. Gusseisen, welches durch Abnutzung oder aus anderen Gründen unbrauchbar geworden ist, pflegt Bruch - eisen genannt zu werden; in Wirklichkeit ist es nichts anderes als Roheisen, und es wird wie dieses verwendet, sei es zur Herstellung von Gusswaaren durch erneutes Umschmelzen und Giessen, sei es als Material zur Darstellung schmiedbaren Eisens durch einen Frisch - process (S. 282).

19*292Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.

Die Eintheilung des gesammten Roheisens incl. des Eisenmangans kann von verschiedenen Gesichtspunkten aus geschehen.

Man kann, wie es schon auf S. 5 angegeben ist, graues Roh - eisen, weisses Roheisen und Eisenmangan unterscheiden. Nach der Art des für die Herstellung verwendeten Brennstoffs, welcher besonders beim grauen Roheisen gewisse Verschiedenheiten hervor - ruft, lässt sich Holzkohlenroheisen und Koksroheisen (richtiger: Roheisen, welches mit mineralischen Brennstoffen erzeugt ist) unter - scheiden. Endlich kann man auch nach der beabsichtigten Verwendung des Roheisens Giessereiroheisen (zur Darstellung von Gusswaaren bestimmt) und Frischereiroheisen von einander trennen.

In Folgendem soll die zuerst erwähnte Eintheilung beibehalten, dabei aber der Unterschied gebührend berücksichtigt werden, welcher aus der Anwendung verschiedenen Brennstoffs bei der Darstellung oder aus der verschiedenartigen Bestimmung des Roheisens sich ergiebt.

2. Das graue Roheisen.

Erklärung. Zusammensetzung und Constitution.

Graues Roheisen im eigentlichen Sinne ist dasjenige, welches infolge einer stattgehabten reichlichen Graphitausscheidung eine gleichmässig graue Bruchfläche erkennen lässt. Der Graphitgehalt überlagert hier die übrigen Bestandtheile und wird allein dem Auge erkennbar, dem Roheisen die erwähnte graue Färbung ertheilend.

Im Folgenden sollen jedoch, der allgemein üblichen Bezeichnungs - weise gemäss, auch solche Roheisensorten unter das graue Roheisen eingerechnet werden, bei welchen überhaupt deutliche Graphitaus - scheidung bemerkbar ist, gleichviel, ob neben dem Graphit noch andere Bestandtheile des Roheisens erkennbar sind oder nicht.

Seiner chemischen Constitution nach lässt sich das graue Roheisen als eine Legirung aus Eisen, Kohlenstoff und Silicium be - zeichnen. Diese drei Körper sind die eigentlichen Bildner des grauen Roheisens; entzieht man demselben einen dieser Bestandtheile, so hört es überhaupt auf, graues Roheisen zu sein. Sonstige im grauen Roh - eisen auftretende Körper, welche zwar selten fehlen, nicht aber die Ent - stehung desselben bedingen und demnach im Gegensatze zu jenen erst - genannten Bestandtheilen als zufällige oder Nebenbestandtheile be - zeichnet werden müssen, sind Mangan (selten mehr als 5 Proc.), Kupfer (bis zu 0.4 Proc.), Kobalt und Nickel (selten in grösseren Mengen als einigen Hundertstel Proc.), Phosphor (selten mehr als 2 Proc.), Schwefel (gewöhnlich weniger als 0.1 Proc.).

Während im flüssigen Zustande des grauen Roheisens die ge - nannten Bestandtheile desselben annähernd gleichmässig legirt sind, tritt beim Erstarren und noch im glühenden Zustande des erstarrten Eisens ein starkes Zerfallen der Legirung ein; Graphit wird in hexa - gonalen Tafeln von geringerer oder beträchtlicherer Grösse ausgeschieden und lagert sich als charakterisirender Bestandtheil des grauen Eisens zwischen das Gefüge desselben.

Aber auch die übrigen Bestandtheile verharren nicht im gleich - mässig legirten Zustande. Freies Eisen sondert sich, wie aus ver -293Das graue Roheisen.schiedenen Anzeichen sich schliessen lässt, von legirtem Eisen und krystallisirt in Drusenräumen in jenen auf S. 220 erwähnten oktaedri - schen Formen, während es, der Menge nach fast immer vorwiegend, der Bruchfläche des erstarrten Eisens körnig-krystallinische Beschaffen - heit verleiht. Das legirte Eisen (nicht zerfallenes Kohlenstoffeisen, Sili - ciumeisen, Phosphoreisen u. s. w., ferner die Legirungen des etwa anwesenden Mangans mit Kohlenstoff, Silicium u. s. w.) bleibt als blättrig - oder strahlig-krystallinischer Körper dem körnig-krystallinischen bei - gemengt, zerfällt übrigens nicht selten wiederum in Legirungen ver - schiedener Beschaffenheit.

Bei graphitreichem Roheisen lässt sich gewöhnlich die Anwesen - heit dieser verschiedenen Körper neben einander nicht ohne Weiteres erkennen, da, wie erwähnt, der ausgeschiedene Graphit die übrigen Bestandtheile dem Auge entzieht. Deutlicher zeigt sich bei graphit - armen Roheisensorten ein weisser Grundbestandtheil neben dem Graphit; und bei genauer Betrachtung mit der Lupe wird man in dem weissen Bestandtheile auch die Verschiedenartigkeit des Gefüges zu erkennen vermögen, je nachdem körniges freies Eisen oder blättriges legirtes Eisen vorliegt. Nicht selten wird es sogar möglich sein, auf einer und derselben Bruchfläche beide Körper nebeneinander zu unterscheiden.

Jene Sonderung des legirten Eisens in mehrere verschiedenartig zusammengesetzte Legirungen verräth sich in mehrfacher Weise. Auf S. 257 wurde bereits erwähnt, dass mitunter auf der Oberfläche flüssigen, im Erstarren begriffenen Roheisens sich manganreichere Legirungen ausscheiden, welche, offenbar früher erstarrend als die grössere Menge des übrigen Roheisens, an die Oberfläche emporstiegen. Anderntheils findet man nicht selten an der Aussenfläche erstarrten Roheisens Kügel - chen von mikroskopischer Kleinheit bis zu Erbsengrösse, durch grosse Härte sich von dem übrigen Eisen unterscheidend und durch die er - wähnte Form ihres Auftretens auf eine stattgehabte Aussonderung deu - tend. Sie bestehen offenbar aus Legirungen, welche, in niedrigerer Temperatur erstarrend als das übrige Eisen, innerhalb desselben im noch flüssigen Zustande eingeschlossen waren, als dieses bereits starr geworden war, und nun beim Zusammenziehen desselben tropfenförmig aus dessen Poren herausgequetscht wurden, ähnlich wie sich Quecksilber aus einem Lederbeutel herausdrücken lässt. Auch manche andere Legi - rungen, z. B. zinnreiche Bronzen, lassen einen ganz ähnlichen Vorgang erkennen, und zwar bilden sich bei diesen mitunter förmliche dendriti - sche Auswüchse des herausgedrückten leichtflüssigeren Metalls. Jene Ausscheidungen aus dem Roheisen wirken besonders nachtheilig, wenn sie bei Gusswaaren auftreten, deren Verwendbarkeit von der makel - losen Beschaffenheit ihres Aeussern abhängig ist (Kunstguss, Ornament - guss u. s. w.). Man nennt sie in den Eisengiessereien Anbrand; ihrer grossen Härte wegen in einzelnen Gegenden auch wohl Diamanteisen.

Schleift und polirt man die Bruchfläche eines Roheisenstücks und unterwirft sie der Einwirkung von Aetzmitteln, welche einzelne Be - standtheile der zerfallenen Legirung stärker als andere angreifen, oder ruft man durch vorsichtige Erwärmung Anlauffarben hervor, welche ebenfalls auf verschiedenen Bestandtheilen in verschiedener Weise er - scheinen, so lassen sich unter geeigneter Benutzung eines Mikroskops294Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.noch deutlicher als bei Betrachtung der unbearbeiteten Bruchfläche die gemengten Bestandtheile des Roheisens erkennen. Hinsichtlich der Aus - führung des Verfahrens im Besondern möge auf die unter Literatur auf - geführten verdienstlichen Arbeiten von A. Martens hingewiesen werden.

Es wurde schon früher (S. 236) darauf hingewiesen, dass das Maass der Graphitbildung im Roheisen beim Erstarren von den Abkühlungs - verhältnissen abhängig und um so beträchtlicher sei, je langsamer die Abkühlung vor sich gehe. Ein und dasselbe Roheisen wird also im erkalteten Zustande um so graphitreicher und zugleich um so grob - körniger sein, je weniger rasch die Abkühlung erfolgt; und es wurde ebenfalls schon betont, dass in einem rasch erkalteten und deshalb graphitarmen Roheisen sich der Graphitgehalt durch anhaltendes Glühen anreichern lässt.

Roheisensorten, welche einen nur mässigen Siliciumgehalt und dabei einen gewissen Mangangehalt besitzen, erstarren bei plötzlicher Ab - kühlung mit allen Merkmalen des weissen Eisens, d. h. graphitfrei und mit strahliger oder blättriger Bruchfläche, bei ruhiger Abkühlung da - gegen als graues Roheisen. Durch erneutes Schmelzen und Erstarren lässt sich derartiges graues Roheisen in weisses Eisen umwandeln und umgekehrt (S. 237).

Ist der Siliciumgehalt aber verhältnissmässig bedeutend und der Mangangehalt gering, so lässt sich auch durch plötzliche Abkühlung die Graphitausscheidung nicht ganz behindern; wohl aber wird sie geringer als bei langsamerer Abkühlung und das Gefüge des Eisens feinkörniger.

Der Siliciumgehalt des grauen Roheisens ist früheren Erklärungen zufolge die eigentliche Ursache des Zerfallens (Saigerns) der Legirung beim Erstarren unter Graphitausscheidung. Je reicher also das Roh - eisen an Silicium ist, desto vollständiger wird der anwesende Kohlen - stoff beim Erstarren in graphitischer Form ausgeschieden werden; ent - zieht man dem grauen Roheisen seinen Siliciumgehalt, so erstarrt es selbst bei langsamer Abkühlung ohne Graphitausscheidung und ist thatsächlich weisses Roheisen geworden.

Anderntheils verringert der Siliciumgehalt auch die Fähigkeit des flüssigen Eisens, Kohlenstoff aufzunehmen, und aus diesem Grunde ist der höchste Kohlenstoffgehalt, welchen ein Roheisen besitzen kann, um so niedriger, je siliciumreicher es ist. Eben deshalb muss aber auch der Graphitgehalt des Roheisens, der im äussersten Falle doch nur gleichbedeutend mit dem Gesammtkohlenstoffgehalte sein kann, ab - nehmen, wenn der Siliciumgehalt über dasjenige Maass hinaus steigt, welches für die annähernd vollständige Ausscheidung des anwesenden Kohlenstoffs als Graphit nothwendig ist. Bei manganarmen Roheisen - sorten dürfte dieses Maass des Siliciumgehaltes bei etwa 2 Proc. liegen, neben welchem etwa 4 Proc. Kohlenstoff zugegen sein können. Bei ruhiger Abkühlung solchen Eisens nimmt dann der grösste Theil dieses Kohlenstoffgehaltes graphitische Form an und unter allen Roheisen - sorten ist solches das graphitreichste.

Je weiter der Siliciumgehalt jene angegebene Grenze überschreitet, desto mehr verräth sich auch im Aeusseren des Roheisens die ver -295Das graue Roheisen. Physikalische Eigenschaften.änderte Beschaffenheit. Das körnige Gefüge des graphitreichen Roh - eisens macht schon bei 3 4 Proc. Silicium einem schuppigen Gefüge Platz, während bei sehr langsamer Abkühlung sphärische Absonderungs - flächen erkennbar werden; bei noch höherem Siliciumgehalte wird der Graphitgehalt so gering, dass neben demselben schon eine gelbweisse Grundmasse von blättrigem Gefüge sichtbar wird; bei mehr als 10 Proc. Silicium pflegt der Graphit nur noch in einzelnen grauen Flecken auf der erwähnten Grundmasse erkennbar zu sein. Derartige Roheisen - sorten mit mehr als 10 Proc. Silicium neben einem Kohlenstoffgehalte, welcher nicht erheblich über 1.5 Proc. hinausgeht, werden für gewisse, später zu erwähnende Zwecke des Eisenhüttenbetriebes seit mehreren Jahren technisch dargestellt und unter dem Namen Siliciumeisen, Ferrosilicid, oder, wenn sie neben dem Eisen auch Mangan in grösseren Mengen enthalten, Ferromangansilicid, Siliciumman - gan in den Handel gebracht. Die Franzosen nennen solches infolge eines beträchtlichen Siliciumgehaltes kohlenstoffarme und im Aeusseren dem weissen Roheisen ähnliche Eisen fonte glacée.

Ein Mangangehalt wirkt den Einflüssen des Siliciumgehaltes auf Kohlenstoffaufnahme und Graphitausscheidung entgegen (S. 255); je höher der Mangangehalt des grauen Roheisens ist, desto höher muss aus diesem Grunde auch der neben demselben anwesende Silicium - gehalt sein, um Graphitausscheidung hervorzubringen.

Physikalische Eigenschaften.

Schmelztemperatur.

Wegen des Zerfallens der im flüssigen Zustande gleichartigen Legi - rung in Körper von verschiedener Beschaffenheit und verschiedener Schmelztemperatur, aus deren Gemenge das erkaltete graue Roheisen besteht, ist es kaum möglich, genau die Schmelztemperatur des grauen Roheisens zu ermitteln. Dass aus dem nämlichen Grunde die Schmelz - temperatur des starren grauen Roheisens höher liege, als die Erstar - rungstemperatur des flüssigen, ist mindestens wahrscheinlich; und auf S. 240 wurde auch bereits der Grund erörtert, weshalb die Schmelz - temperatur graphithaltigen Roheisens durchschnittlich höher liegt als die des graphitfreien mit gleichem Gesammtkohlenstoffgehalte. Als durchschnittliche Schmelztemperatur des grauen Roheisens pflegt man 1250°C. anzunehmen, eine Temperatur, welche durch verschiedene Er - mittelungen wenigstens als annähernd richtig befunden wurde.

Durch die chemische Zusammensetzung wird jedoch die Schmelz - temperatur merklich beeinflusst. Kohlenstoff, so lange er mit dem Eisen legirt ist, und Silicium erniedrigen die Schmelztemperatur, ersterer stärker als letzteres; siliciumreiches und kohlenstoffärmeres Eisen schmilzt daher durchschnittlich schwieriger als kohlenstoffreiches und siliciumärmeres.

Auch ein Phosphorgehalt erniedrigt die Schmelztemperatur.

Mangan in grösseren Mengen erhöht vermöge seiner eigenen Schwer - schmelzbarkeit auch die des grauen Roheisens; ob nicht kleinere Mengen den umgekehrten Erfolg hervorrufen, ähnlich wie kleinere Mengen Blei die Schmelztemperatur des Zinns, kleinere Mengen Silber296Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.die Schmelztemperatur des Bleis erniedrigen, ist mit Sicherheit nicht nachgewiesen worden. Da aber ein Mangangehalt die Aufnahme von gebundenem Kohlenstoff befördert, die Graphitbildung erschwert, so lässt sich als Folge dieser Eigenschaft des Mangans auch eine Erniedrigung der Schmelztemperatur erwarten, sofern nicht der Mangangehalt über eine bisher noch nicht ermittelte Grenze hinausgeht. Es ist eine Be - obachtung der Praxis, dass graues Roheisen mit 1.5 2 Proc. Mangan verhältnissmässig leicht schmilzt.

Härte.

Nach Früherem erhöht gebundener Kohlenstoff die Härte des Eisens in bedeutendem Maasse, weniger kräftig wirkt Silicium. Aus diesem Grunde ist graues Roheisen durchschnittlich um so weniger hart, je weniger gebundenen Kohlenstoff es enthält, d. h. je graphit - reicher es ist, auch wenn neben dem Graphitgehalte ein nicht unbe - trächtlicher Siliciumgehalt zugegen sein sollte.

Das graue Roheisen ist deshalb durch Werkzeuge aus Stahl be - arbeitbar.

Nicht allein das Zerfallen des harten Kohlenstoffeisens an und für sich bei der Entstehung des grauen Roheisens ermässigt den Härtegrad, auch die Bildung und Einlagerung der weichen Graphitblättchen im Gefüge des Eisens ruft den nämlichen Erfolg hervor. Ein Körper, welcher nicht aus einem einzigen gleichartigen Stoffe besteht, sondern ein mechanisches Gemenge mehrerer solcher Stoffe von verschiedenen Härtegraden bildet, kann nicht so hart sein als der härteste seiner Einzelbestandtheile.

Die früher geschilderten Einflüsse der Abkühlung auf den Graphit - gehalt machen es begreiflich, dass rasch abgekühltes graues Roheisen regelmässig härter ist als langsam abgekühltes von der nämlichen Zu - sammensetzung. Durch anhaltendes Glühen rasch abgekühlten grauen Eisens lässt sich daher die Härte desselben verringern (Tempern der Gusswaaren).

Ein Mangangehalt steigert die Härte des grauen Roheisens in ziem - lich bedeutendem Maasse, weniger merkbar zeigt sich ein solcher Ein - fluss durch einen Phosphorgehalt.

Die Festigkeitseigenschaften.

Da ein Gehalt an gebundener Kohle, wenn er über 1 Proc. hin - ausgeht, die Festigkeit verringert, die Sprödigkeit steigert, so würde das Zerfallen des Kohlenstoffeisens wohlthätig auf die Festigkeitseigen - schaften des Roheisens einwirken, wenn nicht eben der bei diesem Vorgange entstehende Graphit sich als fremder Körper zwischen das Gefüge des Eisens lagerte. Natürlich muss hierdurch die Festigkeit, wie auch die Elasticität und Zähigkeit desselben erheblich geschwächt werden und das graue Roheisen besitzt deshalb diese Eigenschaften in geringerem Maasse als schmiedbares Eisen; Zähigkeit geht ihm häufig vollständig ab und ist nur bei den vorzüglichsten Sorten bemerkbar.

Die reinsten Sorten grauen Roheisens, d. h. diejenigen, welche nicht den Maximalgehalt an Kohlenstoff, sondern nur etwa 2.5 3 Proc. 297Das graue Roheisen. Physikalische Eigenschaften.oder wenig darüber, daneben nur soviel Silicium besitzen als zur Aus - scheidung des grösseren Theils des Kohlenstoffgehaltes in graphitischer Form nothwendig ist, und sonstige Körper, insbesondere Phosphor, nur in untergeordneten Mengen enthalten, zeichnen sich durch verhältniss - mässig grosse Festigkeit neben Elasticität und sogar einem gewissen Maasse von Zähigkeit aus. Hierher gehören vornehmlich die aus reineren Erzen, insbesondere Magnet - und Rotheisenerzen, erblasenen Roheisen - sorten. Hochberühmt wegen seiner Festigkeit und Zähigkeit ist z. B. das schwedische, mit Holzkohlen aus magneteisenerz-reichen Be - schickungen erblasene graue Roheisen; ähnliche Roheisensorten wie diese werden an verschiedenen Orten erzeugt, wo eben ein geeignetes Roh - material dafür sich findet (Steiermark, Erzgebirge, Harz, Nassau, Nord - amerika u. a. a. O.).

Ein Phosphorgehalt verringert die Festigkeit und in noch erheb - licherem Maasse die Zähigkeit und Elasticität. Da man jedoch an die Festigkeit, Zähigkeit und Elasticität des Gusseisens ohnehin nur erheb - lich geringere Ansprüche stellen darf, als beim schmiedbaren Eisen, so ist der zulässige Phosphorgehalt in ersterem durchschnittlich erheblich höher als in letzterem. Roheisensorten mit 0.3 Proc. Phosphor pflegen, sofern sie zur Gusswaarendarstellung benutzt werden, noch zu den besten gerechnet zu werden; bei 1 Proc. Phosphorgehalt macht sich schon eine recht deutliche Abminderung der Festigkeitseigenschaften bemerkbar; mehr als höchstens 1.5 Proc. Phosphor sollte kein Guss - eisen enthalten, auch wenn die Gusswaaren nicht auf Festigkeit in An - spruch genommen werden.

Mangan, obschon in kleineren Mengen der Festigkeit eher förder - lich als nachtheilig, erhöht den Gehalt an gebundener Kohle und wirkt solcherart mittelbar ungünstig auf die Festigkeitseigenschaften, wenn seine Menge beträchtlich ist. Ein bestimmtes höchstes Maass des Man - gangehaltes, über welches hinaus die Festigkeitseigenschaften ungünstiger werden, lässt sich kaum angeben, da dasselbe auch von dem anwesen - den Silicium - und Kohlenstoffgehalte abhängig sein muss; doch ent - halten die durch Festigkeit und Zähigkeit gleichzeitig ausgezeichneten Roheisensorten selten erheblich über 1 Proc. Mangan, häufig weniger. 1)Vgl. auch S. 255.

Schwefel kommt nicht in solchen Mengen im Roheisen vor, dass eine Benachtheiligung der Festigkeit davon zu erwarten sein kann. Es wurde schon früher erwähnt, dass gerade das durch aussergewöhnlich grosse Festigkeit ausgezeichnete schwedische Roheisen oft verhältniss - mässig reich an Schwefel sei (S. 251).

Da ein grobkörniges Gefüge an und für sich die Festigkeit der Körper beeinträchtigt, beim grauen Roheisen aber zugleich mit der Anwesenheit eines grossen Graphitgehaltes in naher Beziehung zu stehen pflegt, so ist rasch abgekühltes graues Roheisen, dessen Gefüge fein - körniger und dessen Graphitgehalt geringer ist, durchschnittlich fester als langsam abgekühltes; steigt aber infolge der raschen Abkühlung der Gehalt des Roheisens an gebundener Kohle über jenes bereits mehr - fach erwähnte Maass (ca. 1 Proc.), bei welchem das Maximum der Festig - keit liegt, so fällt naturgemäss die Festigkeit geringer aus. Ebenso wie298Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.die Festigkeit verhält sich die Elasticität; die Zähigkeit wird in allen Fällen durch rasche Abkühlung verringert, durch langsame Abkühlung gesteigert.

Gemäss diesen verschiedenen Einflüssen auf die Festigkeit des grauen Roheisens schwankt die Zerreissungsfestigkeit von 4 20 kg per qmm, die Bruchfestigkeit (relative Festigkeit) quadratischer Stäbe von etwa 10 50 kg. Eine Beanspruchung auf Festigkeit findet natür - licherweise nur beim Gusseisen statt, d. h. bei Gebrauchsgegenständen, welche aus dem Roheisen gefertigt sind; als mittlere Festigkeit des gewöhnlichen Gusseisens pflegt man 12.5 kg per qmm gegen Zerreissen, 25.5 kg gegen Bruch anzunehmen.

Elasticität und Zähigkeit kommen vorzugsweise bei der Bean - spruchung auf Bruchfestigkeit in Betracht und werden durch die vor - übergehende, beziehentlich durch die bleibende Einbiegung gemessen, welche ein belasteter Stab erträgt, ohne zu zerbrechen. Wendet man für derartige Versuche quadratische Stäbe von 30 mm Stärke und 1000 mm freier Auflage an, so beträgt die totale Einbiegung in der Mitte des Stabes bei den gewöhnlicheren Gusseisensorten 15 20 mm, die bleibende Einbiegung 2 4 mm; bei den vorzüglichsten Gusseisen - sorten steigt die totale Einbiegung auf etwa 26 mm, die bleibende auf 5 mm; bei sehr sprödem Gusseisen ist mitunter die Einbiegung gleich Null, d. h. der Bruch erfolgt, ohne dass irgend eine messbare Form - veränderung vorausgeht.

Besitzen die Stäbe andere Abmessungen als die angegebenen, so lassen sich die entfallenden Werthe leicht mit Hilfe der Formel 〈…〉 umrechnen, in welcher E und E1 die Einbiegungen, L und L1 die Längen, h und h1 die Stärke der geprüften Stäbe in Millimetern bezeichnen.

Die Arten des grauen Roheisens.

Seinen Entstehungsverhältnissen, seinem Aeussern und seiner che - mischen Zusammensetzung nach unterscheidet man verschiedene Arten des grauen Roheisens.

a) Holzkohlenroheisen.

Da bei Anwendung von Holzkohlen bei Darstellung des Roheisens die Temperatur niedriger, der Aschengehalt des Brennstoffs und somit auch die Schlackenmenge durchschnittlich geringer ist als bei Anwen - dung mineralischer Brennstoffe, so findet das Eisen weniger Gelegen - heit zur Aufnahme fremder Stoffe, insbesondere von Silicium und Mangan, als in diesem Falle und zeichnet sich durch grössere Rein - heit, welche wiederum eine grössere Festigkeit bedingt, vor dem mit Koks u. s. w. erblasenen Roheisen aus.

Ohne Einfluss jedoch ist die Art des Brennstoffs auf den aus den Erzen stammenden Phosphorgehalt des Roheisens, der in dem einen wie in dem andern Falle annähernd vollständig an das erzeugte Roh - eisen übergeht; und aus phosphorreichen Erzen lässt sich deshalb ebenso299Die Arten des grauen Roheisens. Holzkohlenroheisen.wenig mit Holzkohlen als mit anderen Brennstoffen ein Roheisen von grosser Festigkeit darstellen.

Der Schwefelgehalt des grauen mit Holzkohlen erblasenen Roh - eisens ist trotz des mitunter beträchtlichen Schwefelgehaltes der mine - ralischen Brennstoffe durchschnittlich grösser als in dem mit letzteren erzeugten Roheisen. Die Ursache dieser schon früher erwähnten That - sache liegt in dem Umstande, dass bei Anwendung schwefelhaltiger Brennstoffe eben in Rücksicht auf deren Schwefelgehalt die Bildung stark basischer, kalkerdereicher Schlacken zur Erzeugung eines brauchbaren grauen Roheisens erforderlich ist, durch welche dann auch der etwaige Schwefelgehalt der Erze aufgenommen wird; bei dem Betriebe mit Holz - kohlen dagegen, wo jene Rücksicht auf den Schwefelgehalt des Brenn - stoffes wegfällt, fehlt somit auch die Hauptveranlassung, grosse Mengen Kalkstein zuzuschlagen, zumal da die stark basischen Schlacken in der niedrigeren Temperatur der Holzkohlenhochöfen oft nicht einmal schmelzen würden. Man bildet also kieselsäurereichere Schlacken, deren Fähigkeit aber auch geringer ist, den Schwefelgehalt der Erze aufzunehmen.

In sehr vielen Fällen verwendet man das graue Holzkohlenroh - eisen zur Darstellung von Gusswaaren unmittelbar aus dem Hochofen, um die Umschmelzkosten zu ersparen, ein Verfahren, mittels dessen in früherer Zeit der grösste Theil sämmtlicher Gusswaaren erzeugt wurde und für dessen Anwendung gerade das Holzkohlenroheisen geeignet ist.

Das nicht auf diese Weise vergossene Roheisen wird entweder in den Giessereien aufs neue geschmolzen; oder es wird durch einen Frischprocess auf schmiedbares Eisen verarbeitet. Bei jedem Um - schmelzen des Roheisens aber finden chemische Veränderungen statt; ein Theil des Siliciumgehaltes, mitunter auch ein Theil des Kohlenstoffgehaltes wird oxydirt und das Eisen wird graphitärmer, härter, spröder. Ein Roheisen, welches zum unmittelbaren Vergiessen gut geeignet war, wird demnach durch das Umschmelzen an Brauchbarkeit einbüssen, und ein Ausgleich lässt sich nur herbeiführen, wenn man bei dem Umschmelzen zugleich ein siliciumreicheres Roheisen zusetzt, dessen grösserer Silicium - gehalt den entstehenden Verlust zu decken fähig ist. Theils aus diesem Grunde, theils wegen des höheren Preises des Holzkohlenroheisens pflegt dasselbe in den Eisengiessereien, welche nicht unmittelbar aus dem Hochofen giessen, nicht gerade häufig oder wenigstens nicht regel - mässig verwendet zu werden; seiner erwähnten Festigkeit halber ist es jedoch als Zusatzmaterial für andere weniger feste Roheisensorten beim Umschmelzen geschätzt, wenn Gusswaaren gefertigt werden sollen, welche auf ausnahmsweise grosse Festigkeit in Anspruch genommen werden.

Da ein grösserer Mangangehalt des Roheisens dasselbe hart, schwer bearbeitbar, zum Weisswerden geneigt macht, so eignen sich zur Dar - stellung solchen Roheisens, welches unmittelbar für die Giesserei be - nutzt werden soll, manganärmere Erze besser als manganreichere. Schon ein Mangangehalt von 1.5 2 Proc. kann die Verwendbarkeit des Roh - eisens für viele Zwecke der Giesserei erheblich benachtheiligen. Beim Umschmelzen wird ein Theil des Mangangehaltes ausgeschieden.

In den Handel kommt das graue Holzkohleneisen gewöhnlich in flachen Platten (Masseln, Gänzen) von ca. 40 mm Stärke, 150 bis 200 mm Breite, 300 400 mm Länge.

300Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.

Nach dem verschiedenen Graphitgehalte und der mehr oder minder grobkörnigen Beschaffenheit des grauen Holzkohlenroheisens wendet man folgende Bezeichnungen für dasselbe an:

Hochgaares (todtgaares, tiefgraues) Roheisen. Dasselbe ist mit Graphit überladen, der theilweise schon im flüssigen Zustande ausgeschieden wurde und als Gaarschaum (S. 234) die Oberfläche der Roheisenmasseln bedeckt. Es entsteht bei ausnahmsweise hoher Tempe - ratur im unteren Theile (Schmelzraume) des Hochofens und reichem Verhältnisse des Brennstoffes zum Erze. Im geschmolzenen Zustande ist es dickflüssig und stösst mitunter Graphitblätter von ansehnlicher Grösse aus, welche von dem Luftstrome davon geführt werden. Die Bruchfläche des erkalteten Roheisens zeigt tiefgraue Farbe und eine ziemlich grobkörnige Beschaffenheit. Zum unmittelbaren Vergiessen ist dieses Eisen seines übermässigen Graphitgehaltes wie seiner Dickflüssig - keit halber nicht brauchbar; wohl aber eignet es sich vortrefflich zum Umschmelzen, wobei den schon erwähnten Einflüssen zufolge eine Ab - minderung des Graphitgehaltes eintritt.

Die chemische Analyse des hochgaaren Eisens pflegt einen Silicium - gehalt von 1 2 Proc., mitunter noch darüber, bei einem Gesammt - kohlenstoffgehalte von etwa 4 Proc. zu ergeben.

Gaares (graues) Roheisen. Die für die vorige Roheisensorte charakteristische Gaarschaumbildung ist unbedeutend oder fällt ganz aus; die Bruchfläche aber zeigt noch tiefgraue, auf reichen Graphit - gehalt deutende Farbe und mässig grobes Korn. Im geschmolzenen Zustande ist es dünnflüssiger als das vorige und wird mit Vorliebe zur unmittelbaren Herstellung von Gusswaaren von dünnen, rasch erkalten - den Querschnitten benutzt, in welchen graphitärmere Roheisensorten leicht weiss werden würden. Der Silicium - und Kohlenstoffgehalt ist durchschnittlich etwas geringer als der des hochgaaren Roheisens.

Auf einzelnen Eisenwerken nennt man eine Roheisenart, welche die Uebergangsstufe zwischen diesem und dem folgenden Roheisen bildet, gaarflüssiges Roheisen wegen seiner besonders grossen Dünn - flüssigkeit.

Schwach halbirtes Roheisen. Der Graphitgehalt ist geringer, der Bruch feinkörniger, lichtgrau. Das Roheisen schmilzt ziemlich dünn ein und lässt sich bei Herstellung gröberer, langsamer erstarrender Gusswaaren zum unmittelbaren Vergiessen benutzen, da es sich eben seines geringeren Graphitgehaltes halber durch grössere Festigkeit von den oben erwähnten Arten auszuzeichnen pflegt. Vor dem Erstarren des flüssigen Roheisens zeigt sich auf der Oberfläche desselben gewöhn - lich in deutlicher Weise das sogenannte Spiel , eine Bildung von Figuren nach bestimmten Linien, welche durch das Zerreissen des unter dem Einflusse der Luft entstandenen und sich ununterbrochen neu bildenden Gusshäutchens oxydirter Körper erzeugt werden. Das gesammte Eisen ist in lebhafter Bewegung, und diese eben ist es, welche jenes Zerreissen des Gusshäutchens hervorbringt. Mitunter bleiben im Augenblicke des Erstarrens die zuletzt gebildeten Linien erhaben auf der Oberfläche zurück. Interessant ist es, dass bei der gleichen Roh - eisenart auch die Figuren des Spiels stets die nämlichen sind, bei Roh - eisensorten von verschiedenen Werken aber gewöhnlich deutliche Ab -301Die Arten des grauen Roheisens. Holzkohlenroheisen.weichungen zeigen. Die Ursachen jener selbstständigen Bewegung des Roheisens, welche das Spiel hervorruft, sind vermuthlich in dem be - ginnenden Zerfallen der Legirung und der damit im Zusammenhang stehenden Krystallisation zu suchen.

Weniger deutlich zeigt sich das Spiel bei den früher erwähnten Sorten.

Stark halbirtes Roheisen (melirtes Roheisen). Der Graphit - gehalt ist so gering, dass neben den Graphitblättchen eine weisse Grund - masse deutlich hervortritt. In der Giesserei lässt sich dieses Eisen nur für sehr grobe, langsam abkühlende Gusswaaren benutzen und zeichnet sich hier durch grosse Festigkeit vor den graphitreicheren Sorten aus; in dünneren Querschnitten aber wird es weiss, hart, spröde. Die Analyse zeigt naturgemäss einen nur geringen Graphitgehalt und in den aller - meisten Fällen auch geringen Gesammtkohlenstoffgehalt. Beim Fliessen pflegt dieses kohlenstoffarme Roheisen schwirrende Funken mit grün - lich-weissem Lichte, aus verbrennendem Eisen bestehend, auszustossen, ein Vorgang, welcher auf ein stärkeres Entweichen gelöst gewesener Gase als bei den vorigen Roheisensorten hindeutet; beim ruhigen Stehen zeigt sich häufig ein kurz andauerndes Spiel, welchem sehr bald die völlige Erstarrung zu folgen pflegt. Auf der Oberfläche des bei Luft - zutritt erstarrten Roheisens zeigen sich in stärkerem Maasse als bei den graphitreicheren Sorten jene auf S. 257 besprochenen Narben oder Wanzen und unter jeder derselben gewöhnlich eine trichterartige Ver - tiefung.

Eine andere Art stark halbirten Roheisens unterscheidet sich von dem soeben besprochenen durch einen grösseren Gehalt an gebundenem Kohlenstoff. Dasselbe entsteht vornehmlich aus manganhaltigen Be - schickungen in Hochöfen, welche auf weisses Roheisen arbeiten, wenn durch abnormale Verhältnisse Gelegenheit zur Aufnahme eines solchen Siliciumgehaltes gegeben ist, dass ein Theil des Kohlenstoffs graphitisch ausgeschieden wird; oder auch, wenn beim Betriebe auf graues Roh - eisen allzu reichliche Gelegenheit zur Aufnahme von Mangan und zu beschränkte Gelegenheit zur Aufnahme von Silicium gegeben war. Im Aeussern unterscheidet sich dieses Roheisen von dem zuerst erwähnten kohlenstoffärmeren durch das abweichende Aussehen seines weissen Grundbestandtheiles. Während derselbe bei dem kohlenstoffärmeren Roheisen als grauweisse körnige Masse mit schwachem Glanze erscheint (freies Eisen), tritt er in dem kohlenstoffreicheren Roheisen dem Auge als ein blättrig-krystallinischer Körper mit stärkerem Glanze entgegen (Kohlenstoffeisen).

Grelles Roheisen. Die Graphitausscheidung ist bis auf kleine Spuren verschwunden, das Eisen ist kohlenstoff - und meistens silicium - arm und nähert sich in dieser Beziehung dem Stahle. Es ist dick - flüssig, zeigt in verstärktem Maasse das schon beim vorigen Roheisen erwähnte Funkenwerfen und erstarrt rasch. Es ist stets das Erzeugniss eines abnormalen Betriebes und ist weder für die Giesserei noch zum Verfrischen gut brauchbar. Man sucht es auf den Hochofenwerken selbst zu verwerthen, sei es durch Umschmelzen in Vermischung mit besseren Roheisensorten, sei es, indem man es beim Hochofenbetriebe selbst wieder einschmilzt.

302Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.

Analysen von grauem Holzkohlenroheisen.

1)Ein auf der Drehbank genommener Span dieses Eisens hatte sich, statt, wie sonst das Gusseisen, kurz abzubrechen, zu einer Spirale mit 13 Windungen aufgerollt.
1)
2)Vergl. S. 243.
2)
3)Ungarns Eisensteine und Eisenhüttenerzeugnisse, S. 74 76.
3)
4)Das Hüttenwesen, Bericht über die Weltausstellung in Philadelphia, S. 68.
4)
303Die Arten des grauen Roheisens. Koksroheisen.
b) Mit mineralischen Brennstoffen, insbesondere Koks, erzeugtes Roheisen.

Die höhere Temperatur im Schmelzraume des Hochofens bei An - wendung der in der Ueberschrift bezeichneten Brennstoffe, sowie die sich bildende reichlichere Aschen - und Schlackenmenge geben aus - gedehntere Gelegenheit als beim Betriebe mit Holzkohlen zur Auf - nahme von Mangan und Silicium. Dass dagegen der Schwefelgehalt des grauen mit Koks u. s. w. dargestellten Roheisens häufig geringer sei als der des Holzkohlenroheisens, während der Phosphorgehalt bei Anwen - dung gleicher Erze keine erheblichen Abweichungen in den beiden Roh - eisengattungen erkennen lässt (sofern nicht etwa durch den Aschen - gehalt der mineralischen Brennstoffe grössere Phosphormengen in die Beschickung geführt werden), wurde bereits erwähnt.

Das Gefüge des Koks - u. s. w. Roheisens pflegt, auch wenn die chemische Zusammensetzung annähernd mit der des Holzkohlenroh - eisens übereinstimmt, eine entschieden grobkörnigere Beschaffenheit als das Gefüge des letzteren zu besitzen. Holzkohlenroheisen mit so grobem Korne, als es die graphitreicheren Sorten des Koksroheisens regelmässig besitzen, kommt überhaupt kaum vor. Der Grund hierfür liegt zum Theil in der schon erwähnten höheren Temperatur, bei welcher das Koksroheisen u. s. w. dargestellt wird; das höher erhitzte Roheisen wird allmählicher erstarren und abkühlen und hierbei ein grobkörnigeres Gefüge erhalten. Durch die Form der Masseln, in welchen dieses Roh - eisen gewöhnlich in den Handel kommt, wird jene langsamere Abküh - lung und somit die Entstehung des grobkörnigeren Gefüges ebenfalls befördert. Diese Masseln pflegen aus Barren von etwa 100 125 mm Stärke bei 80 100 mm Breite zu bestehen, welche zur Erleichterung des Zerschlagens in Abständen von etwa 250 300 mm mit eingegosse - nen Kerben versehen sind.

Zur Herstellung von Gusswaaren unmittelbar aus dem Hochofen ist das graue Koksroheisen weniger geeignet als das Holzkohlenroheisen. Die Ursache hierfür ist theilweise in dem Umstande zu suchen, dass in der, in den Kokshochöfen herrschenden, stärkeren Gasspannung auch das Roheisen reichere Mengen von Gasen löst und beim Erstarren wieder entlässt als das Holzkohlenroheisen, schwieriger mithin als dieses dichte, blasenfreie Abgüsse liefert.

Dagegen befähigt der durchschnittlich höhere Siliciumgehalt des grauen Koksroheisens dasselbe, ein öfteres Umschmelzen als das Holz - kohlenroheisen zu ertragen, ohne dadurch hart, spröde zu werden. In allen den zahlreichen Eisengiessereien, welche nicht unmittelbar aus dem Hochofen ihr flüssiges Roheisen empfangen, sondern das Roheisen in eigenen Oefen umschmelzen, bildet deshalb das Koksroheisen ein bequemer verarbeitbares Material als das Holzkohlenroheisen und wird theils aus diesem Grunde theils freilich auch seines durchschnittlich ge - ringeren Preises halber in ungleich grösseren Mengen als letzteres ver - arbeitet.

Ein grösserer Mangangehalt des für die Giesserei bestimmten Roh - eisens ruft die nämlichen übelen Eigenschaften hervor, welche das304Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.manganreichere Holzkohlenroheisen besitzt: Härte, Neigung zum Weiss - werden u. s. w. Wenn man aus diesem Grunde mit vollem Rechte soviel als thunlich für die Darstellung des Giessereiroheisens manganärmere Erze zu verwenden sucht, so verdient doch anderntheils der Umstand Erwähnung, dass beim Umschmelzen des Roheisens in den Schmelzöfen der Eisengiessereien der Mangangehalt leichter als der Siliciumgehalt oxydirt wird. So lange daher noch Mangan in dem schmelzenden Roh - eisen anwesend ist, bleibt der Siliciumgehalt stärker vor den oxydiren - den Einflüssen als in manganfreiem Eisen geschützt; und ein Roheisen mit einem Mangangehalte von 1 2 Proc. erträgt deshalb, ohne weiss zu werden, ein öfteres Umschmelzen als ein manganfreies Roheisen mit dem gleichen Siliciumgehalte. 1)Versuche über dieses Verhalten manganhaltigen Roheisens findet der Leser mitgetheilt in meiner Abhandlung: Ueber Giessereiroheisen; Jahrbuch für das Berg - und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1880, S. 1.

Die Ansprüche, welche an die Beschaffenheit des für die Dar - stellung schmiedbaren Eisens durch einen Frischprocess bestimmten grauen Roheisens gestellt werden, sind nach der Art dieses Frisch - processes verschieden und werden bei Besprechung jener einzelnen Processe in der dritten Abtheilung ausführlichere Erörterung finden. Ein Mangangehalt dieses Roheisens wird in den meisten hierher ge - hörigen Fällen eher förderlich als nachtheilig sein.

Gemäss der mehr oder minder grobkörnigen Beschaffenheit des grauen Koksroheisens pflegt man dasselbe in verschiedene Sorten zu theilen, welche im Handel mit Nummern, wie unten ausführlicher erörtert ist, bezeichnet werden. Man geht hierbei von der Voraussetzung aus, dass das grobkörnigere Roheisen auch das graphitreichere sei. Wenn nun zwar diese Annahme an und für sich in den meisten Fällen an - nähernd richtig ist, so folgt daraus doch keineswegs, dass auch beim Umschmelzen des Roheisens die grobkörnigere Sorte am längsten grau bleiben werde. Denn die Einflüsse des Umschmelzens auf den Graphit - gehalt sind zum grossen Theile von dem Siliciumgehalte abhängig; je grösser derselbe neben dem anwesenden Kohlenstoffgehalte ist und je mehr davon also beim Umschmelzen zurückbleibt, desto reichlicher wird auch nach dem Umschmelzen noch der Graphitgehalt ausfallen.

Dass auch mittelbar der Mangangehalt des Roheisens hierbei von Einfluss sei und das manganreichere Roheisen durchschnittlich länger als das manganärmere grau bleibe, wurde oben erläutert.

Es folgt hieraus, dass die erwähnte Sortirung des grauen Roh - eisens nach dem Aussehen seiner Bruchfläche, obwohl im Handel bis jetzt noch regelmässig für die Bestimmung der Verkaufspreise benutzt, doch ein sehr ungenügendes Mittel zur Beurtheilung des Verhaltens des Roheisens beim Umschmelzen abgiebt. Von diesem Verhalten aber ist der Werth des Roheisens, insbesondere bei seiner Verwendung zur Giesserei, zum grossen Theil abhängig. Zuverlässige Schlüsse auf dieses Verhalten lassen sich nur durch Ermittelung der chemischen Zusam - mensetzung des Roheisens gewinnen.

Jene Eintheilung des grauen, mit Koks (Steinkohlen, Anthraciten u. s. w.) erblasenen Roheisens pflegt folgende zu sein.

305Die Arten des grauen Roheisens.

Roheisen Nr. I. Es ist dieses die grobkörnigste aller Roheisen - sorten, grau, graphitreich, häufig Gaarschaumbildung an der Oberfläche oder in Drusen zeigend. Die Analyse pflegt einen Kohlenstoffgehalt von 3.5 4 Proc. und einen Siliciumgehalt von 2 3.5 Proc. zu ergeben. Die phosphorarmen Sorten dieses Roheisens werden grösstentheils für den Bessemerprocess benutzt, während die phosphorreicheren, zumal wenn ihr Mangangehalt nicht erheblich über 1 Proc. hinausgeht, ein geschätztes Material für die Eisengiessereien bilden, um beim Um - schmelzen graphit - und siliciumärmeren Roheisens zugesetzt zu werden und durch ihren reichen Siliciumgehalt den stattfindenden Verlust an diesem Bestandtheile auszugleichen. 1)Ueber den zulässigen Phosphorgehalt im Giessereiroheisen vergl. S. 297.

Roheisen Nr. II. Dasselbe ist etwas feinkörniger als Nr. I, steht diesem übrigens in seiner Beschaffenheit sehr nahe und wird zu den - selben Zwecken verwendet. Manche Hochofenwerke bringen das Roh - eisen Nr. II überhaupt nicht in den Handel, sondern mischen es theils mit Nr. I, theils mit Nr. III, je nachdem es seinem Aussehen nach diesem oder jenem näher steht.

Sofern die feinkörnigere Beschaffenheit des Gefüges nicht etwa blos durch zufällige raschere Abkühlung hervorgerufen ist, pflegt dieses Roh - eisen einen etwas geringeren Siliciumgehalt und Kohlenstoffgehalt als Nr. I zu besitzen.

Roheisen Nr. III. Bedeutend feinkörniger und heller an Farbe als Nr. I steht dieses Eisen dem schwach halbirten Holzkohlenroheisen nahe, ist jedoch aus den schon oben erörterten Ursachen durchschnitt - lich grobkörniger als dieses. Weisse Stellen auf der Bruchfläche sind noch gar nicht oder nur vereinzelt zu entdecken. Beim Umschmelzen wird es bedeutend graphitärmer, härter, und wird deshalb in den Eisengiessereien gewöhnlich nur unter Zusatz von Roheisen Nr. I ver - arbeitet.

Englische Hochofenwerke bringen aus diesem Grunde häufig Roh - eisen Nr. III mit Stücken von Nr. I und Nr. II untermengt als soge - nanntes Giessereiroheisen in den Handel, welches dann nach dem Umschmelzen den für die meisten Zwecke der Eisengiessereien geeig - neten Graphitgehalt besitzt.

Das eigentliche Roheisen Nr. III besitzt gewöhnlich einen Silicium - gehalt von 1 2 Proc. und einen Kohlenstoffgehalt von 3 3.5 Proc. Im geschmolzenen Zustande pflegt das Roheisen Nr. III wie auch sein Gemisch mit Nr. I ein sehr lebhaftes Spiel zu zeigen und sich übrigens ähnlich als das schwach halbirte Holzkohlenroheisen zu verhalten.

Dieser Roheisensorte im Aeussern ähnlich und bisweilen ebenfalls unter der Bezeichnung Roheisen Nr. III in den Handel gebracht ist ein Eisen, welches infolge eines noch grösseren Siliciumgehaltes, als ihn das Roheisen Nr. I zu besitzen pflegt, kohlenstoffärmer und des - halb auch graphitärmer zu sein pflegt und aus diesem Grunde mit einer feinkörnigeren Bruchfläche als dieses erstarrt. Der Siliciumgehalt dieses Roheisens beträgt meistens 3.5 5 Proc., der Kohlenstoffgehalt ist um so niedriger, je reicher das Eisen an Silicium ist und erreicht mitunter nicht 3 Proc.

Ledebur, Handbuch. 20306Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.

Dass solches Roheisen sich beim Umschmelzen vollständig ab - weichend von dem eigentlichen siliciumarmen Roheisen Nr. III ver - halten wird, ist ganz natürlich. Es würde thatsächlich im Stande sein, vielfach das Roheisen Nr. I mit Vortheil zu ersetzen; so lange aber die Korngrösse der Bruchfläche als einziges Mittel für die Sortirung benutzt wird, zählt man es dem Roheisen Nr. III zu und erhält, wenn man es ebenso wie dieses verarbeitet, einen unbefriedigenden Erfolg.

Ein geübtes Auge wird übrigens in den meisten Fällen im Stande sein, bei genauer Betrachtung solches siliciumreiche Roheisen an seiner eigenthümlich schuppig-krystallinischen Beschaffenheit und etwas ab - weichenden, ins Gelbgraue spielenden Färbung von dem eigentlichen Roheisen Nr. III zu unterscheiden.

Roheisen Nr. IV. Feinkörnig mit deutlich hervortretendem weissem Grunde. Die Eigenschaften dieses Roheisens stimmen im Wesentlichen mit denen des stark halbirten Holzkohlenroheisens überein.

Roheisen Nr. V. Fast weiss, kohlenstoff - und siliciumarm; ver - hält sich wie grelles Holzkohlenroheisen und kommt ebenso wenig als dieses in den Handel.

Eigentliches Siliciumeisen. Diese schon oben erwähnte Eisen - sorte gehört, da ihr Kohlenstoffgehalt bis auf kleine Spuren beim Er - kalten graphitisch ausgeschieden wird, ebenfalls dem grauen Roheisen an; aber der Gesammtkohlenstoffgehalt ist wegen des reichlichen Sili - ciumgehaltes, welcher mitunter mehr als 10 Proc. beträgt, oft so gering, dass zwischen den Graphitblättern die Siliciumeisenlegirung als gelblich weisser Grundbestandtheil von blättrig-krystallinischem Gefüge deutlich hervortritt.

Das Siliciumeisen ist hart und spröde. Eine unmittelbare Ver - wendung zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen durch Giessen findet dasselbe nicht. Man benutzt es als Zusatz zu geschmolzenem kohlenstoffarmem Flusseisen, um die Gasentwickelung desselben beim Giessen in Formen einzuschränken (vergl. S. 269).

Analysen von grauem Koksroheisen.

1)Vergleichende Qualitätsuntersuchungen, S. 18.
1)
307Das weisse Roheisen.
1)Stahl und Eisen 1882, S. 215.
1)
2)Vergleichende Qualitätsuntersuchungen, S. 18.
2)
3)Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris 1878, S. 76.
3)
4)Das Eisenhüttenwesen der Vereinigten Staaten von Nordamerika, S. 20.
4)

3. Das weisse Roheisen.

Erklärung. Zusammensetzung und Constitution.

Als weisses Roheisen bezeichnet man diejenigen Sorten, auf deren Bruchfläche Graphitausscheidung nicht bemerkbar ist, obschon die Analyse mitunter kleine Mengen von Graphit nachweist. Im weiteren Sinne zählt man auch solche Roheisensorten zum weissen Roheisen, welche beim Betriebe auf weisses Roheisen entstanden waren, infolge von Zufälligkeiten aber an vereinzelten Stellen Graphitausscheidung erkennen lassen. Dieselben gehören dem schon beim grauen Roheisen besprochenen halbirten Roheisen mit blättrig-krystallinischem Grund - bestandtheile an.

Das eigentliche weisse Roheisen ist als eine Legirung von Eisen und Kohlenstoff zu betrachten, in welcher Silicium entweder ganz fehlt oder nur in solchen Mengen anwesend ist, dass Graphitausschei -20*308Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.dung nicht dadurch hervorgerufen wird. Wie gross der Siliciumgehalt sein kann, ohne dass Kohlenstoff graphitisch ausgeschieden wird, hängt nach Früherem in erster Reihe von dem anwesenden Kohlenstoffgehalte selbst ab. In einem mit Kohlenstoff gesättigten Roheisen genügt schon ein sehr geringer Siliciumgehalt, jene Wirkung hervorzubringen; je kohlenstoffärmer das Roheisen ist, desto mehr Silicium kann neben dem Kohlenstoff anwesend sein, ohne Graphitbildung zu veranlassen.

Als dritter Körper tritt häufig das Mangan hinzu; und für die Entstehung gewisser Sorten weissen Roheisens ist die Anwesenheit des - selben sogar nothwendig. Mit dem Mangangehalte steigt, wie bekannt, die Fähigkeit des Eisens, Kohlenstoff aufzunehmen und im gebundenen Zustande zurückzuhalten. Aus diesem Grunde sind die manganreicheren Sorten weissen Roheisens nicht allein durchschnittlich reicher an Kohlen - stoff als die manganärmeren, sondern sie können auch, ohne sich in graues Roheisen umzuwandeln, grössere Mengen Silicium als diese neben derselben Menge Kohlenstoff enthalten.

Wie sich graues Roheisen durch Entziehung seines Siciliumgehaltes in weisses umwandeln lässt, so wird umgekehrt weisses Roheisen zur Graphitausscheidung veranlasst, also thatsächlich in graues Roheisen ver - wandelt, wenn man ihm Silicium in ausreichender Menge zuführt. Dass schon durch Glühen kohlenstoffhaltigen Eisens mit Kieselsäure Silicium reducirt und vom Eisen aufgenommen werden könne, wurde schon auf S. 241 erwähnt; leichter noch findet eine Anreicherung des Silicium - gehaltes statt, wenn das Eisen im geschmolzenen Zustande mit kiesel - säurehaltigen Körpern in Berührung bleibt. Da bei manganreichen Roh - eisensorten nicht allein der Kohlenstoffgehalt, sondern noch kräftiger der Mangangehalt des Eisens reducirend auf Kieselsäure einwirkt (vergl. S. 241), so erklärt sich hieraus zur Genüge die Neigung solcher mangan - und kohlenstoffreicher Roheisensorten, bei anhaltender starker Erhitzung über ihren Schmelzpunkt hinaus sich in graues Roheisen umzuwandeln. Der Mangangehalt verringert sich und der Siliciumgehalt wächst, zwei Vorgänge, welche beide auf graphitische Ausscheidung des vorhandenen Kohlenstoffs hinwirken.

Mitunter tritt der soeben besprochene Vorgang ein, während das kurz zuvor dargestellte Roheisen noch im Hochofen verweilt. Nicht immer mischt sich dann das siliciumhaltige manganärmere Roheisen mit dem siliciumärmeren manganreicheren; solcherart kann es geschehen, dass auf dem Querschnitte der erkalteten Masseln zwei vollständig ver - schiedene, scharf von einander getrennte Roheisensorten erkennbar sind, zu unterst weisses Roheisen, zu oberst das specifisch leichtere graue Roheisen.

Dieser, immerhin nicht gerade häufig auftretende Vorgang darf nicht verwechselt werden mit jenem andern, wenn man ein zum Weiss - werden geneigtes graues Roheisen in eiserne Formen giesst. Hier ent - steht überall da, wo durch die Berührung mit der eisernen Gussform rasche Abkühlung herbeigeführt wurde, eine Kruste weissen Roheisens, welche nach den inneren Theilen des Querschnittes zu ganz allmählich in graues Roheisen überzugehen pflegt.

Wenn der oben gegebenen Erklärung für den Begriff des weissen Roheisens zufolge jenes Zerfallen des Kohlenstoffeisens, welchem das graue Roheisen sein Entstehen verdankt, beim weissen Roheisen nicht oder309Das weisse Roheisen.nur in sehr untergeordnetem Maassstabe eintritt, so lässt sich doch auch bei diesem nicht selten die Beobachtung machen, dass beim Erstarren eine Sonderung der Legirung in mehrere Legirungen von abweichender Beschaffenheit (Saigerung) vor sich geht. In Hohlräumen zeigen sich die eigenthümlichen Oktaederkrystalle, durch welche alles im flüssigen Zustande dargestellte Eisen gekennzeichnet ist, wenn auch selten so gross wie im grauen Roheisen und häufig nur durch die Lupe oder das Mikroskop erkennbar; auf dem Gefüge oder an der Aussenfläche des Roheisens erscheinen kugel -, linsen - oder warzenartige Körperchen, in den meisten Fällen zwar mikroskopisch klein, aber deutlich mit dem beim grauen Roheisen erwähnten sogenannten Anbrande übereinstim - mend und wie dieser aus leichtflüssigen Legirungen bestehend, welche zwischen den Krystallen des erstarrenden Roheisens beim Zusammen - ziehen herausgequetscht wurden; an der der Luft ausgesetzten Oberfläche des geschmolzenen Roheisens bilden sich Ausscheidungen (Wanzen, Narben), welche, ebenfalls wie beim grauen Roheisen, anders zusam - mengesetzt, reicher an Mangan, Silicium, Schwefel und Phosphor sind, als das Muttereisen.

Als fernere Nebenbestandtheile des weissen Roheisens ausser dem schon erwähnten Mangan und beziehentlich auch Silicium treten uns ebenfalls Phosphor, Schwefel und als Körper von geringerer Bedeutung Kupfer, Kobalt, Nickel entgegen.

Da das weisse Roheisen fast ausschliesslich zur Darstellung schmied - baren Eisens mit Hilfe eines Frischprocesses bestimmt ist, bei ver - schiedenen Frischprocessen aber eine Abscheidung von Phosphor mög - lich ist und zwar durchschnittlich leichter bei weissem als bei grauem Roheisen1)Der Siliciumgehalt des grauen Roheisens erschwert die Phosphorabscheidung. Vergl. hierüber S. 283.; und da ferner die Herstellungskosten für gewöhnliches Weisseisen niedriger sich beziffern als für Graueisen, so pflegt man die phosphorreichsten Eisenerze vorwiegend auf weisses Roheisen zu ver - arbeiten, und einzelne Sorten desselben enthalten bis zu 3 Proc. Phos - phor, also eine Menge, welche nach Früherem für graues Giessereiroh - eisen durchaus unzulässig sein würde. Manganreiche Sorten weissen Roheisens dagegen pflegen arm an Phosphor zu sein; nicht etwa, weil der Mangangehalt die Aufnahme des Phosphors bei der Roheisendar - stellung erschwerte (was nur in untergeordnetem Maasse der Fall sein kann), sondern weil theils die manganreicheren Eisenerze (Spatheisen - steine) überhaupt nur sehr wenig Phosphor zu enthalten pflegen, und weil anderntheils diese manganführenden, theurer bezahlten Roheisen - sorten meistens für solche Processe bei der Darstellung schmiedbaren Eisens verwendet werden, bei welchen eine Phosphorabscheidung nicht stattfindet. Der Werth jener, in ihrer Herstellung kostspieligeren Sorten würde also durch einen Phosphorgehalt erheblich abgemindert werden, und es würde widersinnig sein, phosphorreiche Erze für die Herstellung derselben zu benutzen.

Der Schwefelgehalt des weissen Roheisens hängt theils von der Beschaffenheit des zur Herstellung benutzten Brennstoffes, theils von310Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.dem Mangangehalte des Roheisens ab. Da man für die Herstellung des gewöhnlichen manganarmen Weisseisens mit mineralischen Brenn - stoffen eine weniger basische Schlacke anwenden darf als für die Her - stellung von Graueisen, diese weniger basische Schlacke aber auch ge - ringere Fähigkeit besitzt, Schwefel aufzunehmen, so ist jenes mit schwefelhaltigen Brennstoffen erzeugte Weisseisen durchschnittlich reicher an Schwefel als das mit denselben Brennstoffen erzeugte graue Roh - eisen. Anders ist es bei dem Betriebe mit Holzkohlen. Hier pflegt die Schlacke für Graueisendarstellung kieselsäurereicher als für Weisseisen - darstellung zu sein, und das erfolgende Roheisen besitzt deshalb in dem ersteren Falle häufig einen höheren Schwefelgehalt als in dem letzteren.

Die schon früher besprochene Eigenschaft des Mangans, Schwefel zu verschlacken, erklärt es, dass manganreiche Sorten weissen Roheisens selten erhebliche Mengen von Schwefel besitzen.

Physikalische Eigenschaften.

Schmelztemperatur.

Man nimmt an, dass die Schmelztemperatur des weissen Roheisens durchschnittlich bei 1100°C., also etwas tiefer als die des grauen Roh - eisens liege. Verschiedene Sorten weissen Roheisens werden in dieser Beziehung ein ziemlich abweichendes Verhalten zeigen können. Ein reichlicher Kohlenstoffgehalt und ein Phosporgehalt erniedrigen die Schmelztemperatur unter jenes mittlere Maass, einem Mangangehalte schreibt man die entgegengesetzte Wirkung zu. Ob in Wirklichkeit auch kleinere Mengen Mangan einen derartigen Einfluss ausüben, ist kaum mit Sicherheit nachgewiesen worden1)Vergl. die Bemerkung über den Einfluss des Mangangehaltes auf die Schmelz - temperatur des grauen Roheisens auf S. 296.; ein weisses Roheisen (Spiegeleisen) mit 8 12 Proc. Mangan pflegt sich durch ausserordent - liche Dünnflüssigkeit auszuzeichnen, welche es befähigt, durch die dünn - sten Fugen des Ofengemäuers hindurch zu sickern, ein Umstand, welcher nicht gerade auf einen hoch liegenden Schmelzpunkt schliessen lässt. Bei noch höherem Mangangehalte tritt dagegen deutlich eine dick - flüssige Beschaffenheit und eine Erhöhung der Schmelztemperatur ein.

Härte.

Die Härte des weissen Roheisens ist in allen Fällen bedeutend, so dass man mit der härtesten Feile nicht oder kaum im Stande ist, das - selbe anzugreifen. Die Höhe des Kohlenstoffgehaltes ist hierbei nicht wesentlich von Belang; ein Mangangehalt erhöht die Härte.

Festigkeitseigenschaften.

Weisses Roheisen ist, wie sich schon aus den früher erörterten Beziehungen des Kohlenstoffgehaltes im Eisen zu der Festigkeit ergiebt, gegenüber dem Zerreissen oder der Biegung durchschnittlich weniger fest als graues; mit der Zunahme des Kohlenstoffgehaltes verringert sich seine Festigkeit und erhöht sich die Sprödigkeit. Die meisten311Das weisse Roheisen. Die Arten des weissen Roheisens.Sorten weissen Roheisens lassen sich ihrer grossen Sprödigkeit halber ohne Schwierigkeit im Stahlmörser pulvern.

Da das weisse Roheisen, wie erwähnt, nicht unmittelbar zur Her - stellung von Gebrauchsgegenständen benutzt zu werden pflegt, so besitzt die Festigkeit desselben nur untergeordnete Wichtigkeit.

Die Arten des weissen Roheisens.

Weniger deutlich als beim grauen Roheisen tritt beim weissen ein Unterschied hervor, je nachdem dasselbe mit Holzkohlen oder minerali - schen Brennstoffen dargestellt worden war. Es kann daher auch in Folgendem von einer derartigen Trennung, wie sie bei Besprechung des grauen Roheisens zweckmässig erschien, Abstand genommen werden.

Die Unterschiede der verschiedenen Arten beruhen vornehmlich auf den Abweichungen im Kohlenstoff - und Mangangehalte, wodurch dann wiederum das Aeussere des Roheisens beeinflusst wird.

Spiegeleisen.

Schon im vorigen Jahrhunderte stellte man auf einzelnen Hoch - ofenwerken, welche manganhaltige Erze verhütteten1)In eisenhüttenmännischen Schriften des vorigen Jahrhunderts werden diese Erze als Quicksteinerze mit Braunsteingehalt bezeichnet., eine Roheisen - sorte dar, ausgezeichnet durch ein grossblättriges Gefüge und glänzend weisse Farbe. Immerhin scheint man, da der Brennstoffverbrauch bei der Erzeugung dieses Roheisens verhältnissmässig hoch ausfiel, einen regelmässigen Betrieb auf die Gewinnung desselben nicht unterhalten zu haben; und man verwendete es wie alles übrige weisse Roheisen dessen Darstellung überhaupt eine sehr beschränkte war zu der Anfertigung von Schmiedeeisen und Stahl.

Erst nachdem seit dem Anfange des neunzehnten Jahrhunderts die Verwendung schmiedbaren Eisens an Stelle des Gusseisens eine grössere Ausdehnung bekommen und man beobachtet hatte, dass jene bis dahin seltene Roheisensorte sich als besonders geeignet zur Darstellung der reineren und kohlenstoffreicheren Sorten schmiedbaren Eisens, ins - besondere des Stahles, eigne, fing man an, zuerst im Siegenschen, dieses Roheisen[auch] im grösseren Maassstabe gewerbsmässig darzustellen und gab ihm in Rücksicht auf die erwähnten grossen, glänzend weissen Absonderungsflächen seines Gefüges, die man als Spiegel bezeichnete, den Namen Spiegeleisen.

Deutschland ist auch später, als der Bedarf an diesem Roheisen sich ausserordentlich gesteigert hatte, die Heimath für die grösste Menge desselben geblieben, und der Name Spiegeleisen ist auch in andere Sprachen übergegangen.

Das eigenthümliche, schon kurz besprochene Gefüge des Spiegel - eisens kennzeichnet dasselbe deutlich vor anderen Roheisenarten. Die einzelnen Absonderungsflächen stehen annähernd rechtwinklig gegen die Abkühlungsflächen (d. i. gegen die Aussenflächen der Roheisenmassel), kreuzen sich aber gegenseitig in den verschiedensten Richtungen, so dass aus diesen Durchkreuzungen ebener Flächen oft scheinbare Krystall -312Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.formen hervorgehen; Hohlräume des Spiegeleisens finden sich häufig durchwachsen von einzelnen dünnen Blättern, welche theils fächerartig auf und neben einander liegen, theils sich gruppenweise durchkreuzen. Vielfach hielt man jene erwähnten, aus der Durchkreuzung verschiedener Flächen hervorgehenden Prismatoide, Sphenoide u. s. w. für wirkliche Krystalle und stellte Messungen derselben an; Martens dagegen be - zeichnet infolge neuerer Untersuchungen mit sorgfältiger Benutzung des Mikroskops jedes der Blätter des Spiegeleisens als eine Reihe paralleler, dicht neben einander liegender vierseitiger Säulen des rhombischen Systems1)Vergl. Literatur.; und diese Ansicht hat sehr viel Wahrscheinlichkeit für sich. Auf den Spaltungsflächen des Gefüges aber erkennt man, mitunter schon mit Hilfe einer schwachen Lupe, zahlreiche tropfenartige oder in Oktaedern krystallisirte Ausscheidungen, welche auf die stattgehabte Saigerung beim Krystallisiren hindeuten.

Wie erwähnt, ist die Farbe der frischen Bruchfläche des Spiegel - eisens rein weiss; wo aber während der Abkühlung die Luft infolge der Entstehung eines feinen Risses beschränkten Zutritt hatte, entstehen oft prächtige Anlauffarben in Gelb, Roth oder Blau.

In chemischer Beziehung ist das Spiegeleisen ausgezeichnet durch einen im Vergleiche zu den übrigen Roheisensorten hohen Kohlenstoff - gehalt, welcher 4.5 5.1 Proc. zu betragen pflegt und einen nie ganz fehlenden Mangangehalt, dessen Betrag zwischen 5 und 25 Proc. zu schwanken pflegt. Sowohl bei niedrigerem als bei höherem Mangan - gehalte wird die Spiegelbildung auf dem Gefüge undeutlicher und das Roheisen verliert dadurch die Berechtigung, als Spiegeleisen zu gelten; die grössten Spiegel finden sich in den Sorten mit 10 15 Proc. Mangan. Durch langsame Abkühlung (unter einer Schlackendecke) wird die Ent - stehung eines grossspiegligen Gefüges begünstigt.

An Schwefel und Phosphor pflegt das Spiegeleisen aus den schon besprochenen Ursachen ziemlich arm zu sein; Schwefel wird durch den Mangangehalt verschlackt, und phosphorhaltige Erze wird man aus wirth - schaftlichen Gründen überhaupt nicht zur Darstellung des kostspieligen Spiegeleisens verwenden.

Dass das Spiegeleisen sich beim anhaltenden Schmelzen in Be - rührung mit kieselsäurehaltigen Körpern ziemlich leicht durch Aus - tausch von Mangan gegen Silicium in graues Roheisen umwandelt, findet seine Erklärung in dem über das Verhalten des Mangans gegen Kieselsäure Gesagten und dem hohen Kohlenstoffgehalte des Spiegeleisens.

Im geschmolzenen Zustande pflegt das Spiegeleisen während des Fliessens eine reichliche Menge mit farbloser Flamme verbrennender Gase zu entwickeln, welche einen dichten weissen Rauch ausstossen. Die chemische Zusammensetzung dieses Rauches scheint bislang noch wenig untersucht zu sein. Die Erscheinung deutet auf das Entweichen von Wasserstoff theils im freien Zustande, theils an andere, den Rauch erzeugende Körper gebunden. Der Uebergang aus dem flüssigen in den festen Zustand findet plötzlich statt. Die Oberfläche des erkalteteu Spiegeleisens pflegt eben zu sein, oft mit Andeutungen der sich kreuzen - den Spaltungsflächen.

313Das weisse Roheisen. Die Arten des weissen Roheisens.

Im Handel pflegt man nach der Beschaffenheit der Bruchfläche und dem Mangangehalte des Spiegeleisens (welcher in erster Reihe den Preis desselben bedingt) folgende Sorten zu unterscheiden.

Hochmanganhaltiges mit etwa 20 Proc. Mangan oder darüber. Die Spiegelflächen sind weniger stark ausgebildet, neben denselben erscheint mitunter dichter, feinkörniger Bruch.

Grobspiegel, gewöhnlich 6 15 Proc. Mangan enthaltend, aus - gezeichnet durch schön ausgebildete Spiegelflächen von oft beträcht - licher Grösse.

Kleinspiegel mit einem Mangangehalte bis zu etwa 6 Proc., häufig einige Zehntel Procente Silicium enthaltend und kohlenstoffärmer als die vorher erwähnten Sorten.

Grauspiegel oder Saumspiegel, d. i. Spiegeleisen, bei welchem infolge des oben erwähnten Vorgangs (Austausch von Mangan gegen Silicium) der Kohlenstoff theilweise graphitisch ausgeschieden wurde, sich an dem Saume der Spiegelflächen ablagernd. Dieses Roheisen pflegt bis zu 1 Proc. Silicium bei 4 6 Proc. Mangan und 5 Proc. oder mehr Kohlenstoff zu enthalten. Je höher der Mangangehalt ist, desto mehr Silicium und Kohle müssen neben einander anwesend sein, damit Graphitausscheidung erfolge. Diese Roheisensorte erfolgt nicht selten beim Betriebe auf gewöhnliches Grobspiegeleisen.

Sämmtliche Spiegeleisensorten ohne Graphitausscheidung, also das eigentliche normale Spiegeleisen, pflegt man zum Unterschiede von diesem zuletzt erwähnten Grauspiegel als Weissspiegel zu benennen.

Weissstrahl.

Infolge einer beschränkten Ausbildung jener Spiegelflächen, durch welche das Spiegeleisen gekennzeichnet ist, hat sich statt des spiegeligen ein strahliges Gefüge gebildet, dessen Strahlen wiederum, wie beim Spiegeleisen die Spiegelflächen, rechtwinklig gegen die Abkühlungs - flächen gerichtet sind. Bei den dem Spiegeleisen am nächsten stehenden Sorten des Weissstrahles ist noch deutlich die Neigung zur Spiegel - bildung wahrzunehmen; dieselbe verringert sich mehr und mehr, je mehr das Eisen in seiner Beschaffenheit sich dem unten beschriebenen gewöhnlichen Weisseisen nähert, und demgemäss wird auch die Strahlen - bildung immer undeutlicher.

Das weissstrahlige Roheisen pflegt einen Mangangehalt von 2 5 Proc. und einen Kohlenstoffgehalt von 3 4 Proc. zu enthalten. Mit - unter, besonders bei höherem Mangangehalte, finden sich neben verhält - nissmässig wenig Kohlenstoff einige Zehntel Proc. Silicium. Phosphor findet sich in den besser bezahlten Sorten (dem sogenannten Qualitäts - Weissstrahl) nur in Mengen von weniger als 1 Proc. Man pflegt eben aus den nämlichen Gründen, welche schon bei Besprechung des Spiegel - eisens erörtert wurden, um so phosphorärmere Erze zur Darstellung der verschiedenen Sorten des Weissstrahles zu verwenden, je näher die letzteren in ihrer Beschaffenheit dem Spiegeleisen stehen.

Beim Fliessen zeigt das mangan - und kohlenstoffreichere weiss - strahlige Roheisen ähnliche Erscheinungen als das Spiegeleisen, wenn auch in weniger ausgebildeter Weise; es stösst brennende Gase aus314Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.und erstarrt plötzlich mit ebener Oberfläche. Je mehr der Mangan - und Kohlenstoffgehalt abnimmt, desto deutlicher zeigt sich ein dem völligen Erstarren vorausgehender breiartiger Uebergangszustand; das Roheisen wirft beim Fliessen knisternde, weiss schimmernde Funken aus, bedeckt sich an der Oberfläche mit Narben, unter denen oft tiefe Einsenkungen bemerkbar sind und zeigt mitunter auch auf der Bruchfläche mehr oder minder zahlreiche, theils kleinere, theils grössere Hohlräume, offenbar durch Gasblasen entstanden, welche aus dem halberstarrten, teigartigen Roheisen nicht mehr entweichen konnten. In einzelnen Gegenden nennt man solches mit Gasblasen durchsetztes Weisseisen luckiges (löchriges) Roheisen.

Die hauptsächlichste Verwendung findet das weissstrahlige Roheisen beim Puddelofenbetriebe zur Darstellung schmiedbaren Eisens.

Auf deutschen Eisenwerken unterscheidet man folgende Sorten des Weissstrahles:

Spiegelig strahliges Roheisen, Halbspiegeleisen, Ueber - gangsstufe zwischen Kleinspiegel und eigentlichem Weissstrahl, gewöhn - lich 3 4 Proc. Mangan bei 3.5 4 Proc. oder mitunter noch etwas darüber Kohle enthaltend.

Hochstrahliges Roheisen. Stark ausgebildete Strahlen, jedoch ohne Spiegelflächen. Mangangehalt gewöhnlich 2 4 Proc., Kohlenstoff - gehalt 3 4 Proc.

Gewöhnlicher Weissstrahl. Die Strahlenbildung ist zwar deut - lich erkennbar, tritt jedoch weniger scharf hervor als bei der vorigen Sorte. Der Mangangehalt beträgt 1.5 4 Proc., der Kohlenstoffgehalt 2.5 3.5 Proc. ; Phosphor findet sich nicht selten in Mengen bis zu 1 Proc.

Findet das weissstrahlige Roheisen Gelegenheit zur Aufnahme grösserer Mengen Silicium, so dass theilweise Ausscheidung des Kohlen - stoffs als Graphit eintritt, so entsteht das schon auf S. 301 erwähnte manganhaltige halbirte oder melirte Roheisen, welches auf einzelnen Eisenwerken Kerneisen genannt wird.

Gewöhnliches Weisseisen.

Die Strahlenbildung ist undeutlich und verschwindet in den unter - sten Stufen dieser Roheisengattung vollständig, um einem eigenthüm - lich feinkörnigen Gefüge Platz zu machen, welches man nicht ohne Berechtigung mit dem Gefüge eines durchgebrochenen frischen Käses verglichen hat. Der Kohlenstoffgehalt ist gering und geht selten erheb - lich über 3 Proc. hinaus; der Mangangehalt ist selten bedeutend, er - reicht aber doch in einzelnen Sorten 3 Proc.

Sofern nicht das hierher gehörige Roheisen infolge zufälliger Be - triebsstörungen bei dem Betriebe auf früher erwähnte, aus phosphor - armen Erzen erblasene, Roheisensorten entstanden war, sondern absicht - lich dargestellt wurde, pflegt es durch einen grösseren Phosphorgehalt, als er in jenen besseren Sorten sich findet, gekennzeichnet zu sein. Man verhüttet eben phosphorreiche Erze (Minette, Bohnerze u. a.) auf eine solche Roheisenart, deren Herstellungskosten dem ohnehin niedrigen Verkaufspreise entsprechen. In einzelnen Fällen beträgt daher der Phos - phorgehalt bis 3 Proc.

Beim Fliessen pflegt das kohlenstoffarme Weisseisen reichliche315Das weisse Roheisen. Die Arten des weissen Roheisens.Funken zu werfen und beim Erstarren einen noch deutlicher breiartigen Uebergangszustand als das weissstrahlige Roheisen zu durchlaufen.

Man verwendet das gewöhnliche Weisseisen in allen Fällen für die Darstellung schmiedbaren Eisens; und zwar theils für den Puddel - process als sogenanntes Puddelroheisen II. Qualität, theils seit 1879 als Material für den basischen Bessemer - oder Thomasprocess, sofern die chemische Zusammensetzung desselben es für letzteren Zweck ge - eignet erscheinen lässt.

Die unterste Stufe des Weisseisens, kohlenstoffarm und bei soge - nanntem übersetztem Gange des Hochofens erfolgt, pflegt Treibeisen oder Matteisen genannt zu werden. Es steht dem auf S. 301 be - sprochenen grellen Roheisen nahe.

Analysen von Spiegeleisen und weissem Roheisen.

1)Ungarns Eisensteine und Eisenhüttenerzeugnisse, S. 80.
1)
2)Ein Vergleich der Analysen sowohl der drei verschiedenen Roheisensorten von Reschitza unter einander als auch ganz besonders der fünf Roheisensorten von Georgs-Marienhütte lässt deutlich die verschiedenen Einflüsse des Kohlenstoff -, Mangan - und Siliciumgehaltes auf die Beschaffenheit des Roheisens erkennen und ist in dieser Beziehung recht lehrreich.
2)
3)Man beachte den niedrigen Kohlenstoffgehalt dieses Roheisens. Ohne den sehr hohen Phosphorgehalt und ziemlich beträchtlichen Schwefelgehalt würde das Eisen nicht mehr als Roheisen gelten können.
3)
4)Ztschr. für Berg -, Hütten - und Salinenwesen, Bd. 22, S. 291.
4)
316Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.

4. Die Eisenmangane.

Schon bei Besprechung des Spiegeleisens, welches in Rücksicht auf seinen nie fehlenden Mangangehalt ebenfalls den Eisenmanganen zu - gesellt werden könnte, in Rücksicht auf den üblichen Sprachgebrauch jedoch unter den Arten des weissen Roheisens aufgeführt wurde, war des Umstandes Erwähnung gethan, dass die demselben eigenthümliche Spiegelbildung des Gefüges an Deutlichkeit verliert, wenn der Mangan - gehalt über 20 Proc. hinausgeht. Steigt derselbe über etwa 30 Proc., so verschwindet jede Andeutung der Spiegelbildung vollständig; die Legirung bekommt eine dichte, mitunter fast muschlig zu nennende Bruchfläche, die reinweisse Farbe des Spiegeleisens bekommt einen graugelben Ton, jene Anlauffarben aber, deren schon beim Spiegeleisen gedacht wurde, erscheinen um so leichter und in um so prächtigerer Ausbildung, je höher der Mangangehalt ist.

Diese Legirungen, deren Mangangehalt zwischen 30 und 90 Proc. schwanken kann, selten aber über 80 Proc. hinaus geht, da die Schwierigkeit der Herstellung mit dem Mangangehalte zunimmt, werden im engeren Sinne Eisenmangane (Ferromangane) genannt.

Eigenthümlich für diese Eisenmangane ist das Auftreten rhombi - scher Säulen oder Nadeln in zahlreichen Hohlräumen. Die grössten Krystalle dieser Art mitunter in Längen von 80 mm bei 5 8 mm Durchmesser finden sich in den Legirungen mit etwa 35 Proc. Mangan; bei höherem Mangangehalte nimmt zwar die Grösse der Kry - stalle ab, ein Umstand, welcher jedenfalls mit der frühzeitigeren Er - starrung der manganreicheren Legirungen im Zusammenhange steht, aber die Neigung zu krystallisiren und somit die Anzahl der Krystalle zu; Legirungen mit 60 80 Proc. Mangan erscheinen, unter der Lupe betrachtet, dem Auge oft als Anhäufungen lauter feiner, unter einander verwachsener Krystallnadeln.

Die Eisenmangane sind ausserordentlich hart und spröde und lassen sich ohne Schwierigkeit pulvern. Ihre Schmelztemperatur steigt, wie früher schon erwähnt wurde, mit dem Mangangehalte in beträchtlichem Maasse; auch schon bei den weniger manganreichen dieser Legirungen liegt die Erzeugungstemperatur höher als die Verdampfungstemperatur des nicht legirten Mangans, und infolge davon wird ein Theil des letzteren dampfförmig verflüchtigt (vergl. S. 253). Jedenfalls wird durch die Legirung des Mangans mit Eisen, Kohle u. s. w. auch die Ver - dampfungsfähigkeit desselben abgeschwächt, so dass die gebildete Legirung auch die stärkere, zum Schmelzen erforderliche Temperatur erträgt, ohne den Mangangehalt zu entlassen, ein Umstand, welcher auch bei anderen Metallen zu Tage tritt (z. B. beim Zink in der Legi - rung mit Kupfer, Nickel u. a. m.).

Alle Eisenmangane zeichnen sich durch einen höheren Kohlenstoff - gehalt vor dem eigentlichen Roheisen aus; in den manganreichsten erreicht derselbe eine Höhe von 7.5 Proc., ist aber mitunter theilweise durch einen Siliciumgehalt von mehreren Procenten vertreten, ohne dass bei dem hohen Mangangehalte sichtbare Graphitausscheidung durch den - selben veranlasst würde.

317Eisenmangane. Literatur.

Schwefel wird ebenso wenig als im Spiegeleisen in erheblichen Mengen in den Eisenmanganen vorkommen. Schwieriger ist es, den Phosphor bei der Darstellung fern zu halten, da nur wenige der erfor - derlichen Manganerze so rein von Phosphor sind, als die grössere Menge der für die Spiegeleisendarstellung benutzbaren Spatheisensteine.

Man verwendet die Eisenmangane vorwiegend bei der Flusseisen - darstellung als Reductionsmittel für Eisenoxydul, welches im flüssigen Eisen gelöst ist.

Analysen von Eisenmanganen.

1)Ungarns Eisensteine und Eisenhüttenerzeugnisse, S. 80.
1)
2)Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris 1878, S. 78.
2)

Literatur.

a. Selbstständige Werke.

  • E. F. Dürre, Ueber die Constitution des Roheisens und den Werth seiner physikalischen Eigenschaften zur Begründung eines allgemeinen Constitutionsgetzes für dasselbe. Leipzig 1868.
  • R. Wachler, Vergleichende Qualitätsuntersuchungen rheinisch-west - fälischen und ausländischen Giesserei-Roheisens. Sonderabdruck aus Glaser’s Annalen für Gewerbe und Bauwesen. Berlin 1879.
  • A. Ledebur, Das Roheisen mit besonderer Berücksichtigung seiner Ver - wendung für die Eisengiesserei. Zweite vollständig umgearbeitete Auf - lage. Leipzig 1879.

b. Abhandlungen.

  • Hortmann, Die Beziehungen zwischen der äusseren Erscheinung des Roheisens und seinen inneren Eigenschaften. Zeitschr. d. Vereins deutsch. Ing. 1878, S. 39; Deutsche Industrie-Ztg. 1878, S. 115.
  • A. Martens, Ueber die mikroskopische Untersuchung des Eisens. Zeitschr. d. Vereins deutsch. Ing. 1878, S. 11.
  • A. Martens, Zur Mikrostructur des Spiegeleisens. Zeitschr. d. Vereins deutsch. Ing. 1878, S. 205, 481.
318Der Hochofen.
  • A. Martens, Ueber das mikroskopische Gefüge und die Krystallisation des Roheisens, speciell des grauen Roheisens. Zeitschr. d. Vereins deutsch. Ing. 1880, S. 398.
  • A. Martens, Ueber die mikroskopische Untersuchung des Eisens. Sitzungsberichte d. Vereins zur Beförd. des Gewerbfleisses 1882, S. 233.
  • Besprechung der gegenwärtigen Lage und der neueren Fortschritte der deutschen Roheisenerzeugung. Stahl und Eisen 1882, S. 208.

II. Der Hochofen.

1. Historisches.

Den zur Darstellung von Roheisen und Eisenmanganen im Grossen benutzten Ofen nennt man in Rücksicht auf seine beträchtliche Höhe Hochofen, hoher Ofen oder Hohofen. Wie der Hochofen nach Ein - führung der Anwendung von Wasserkraft zum Betriebe der Gebläse allmählich aus den kleineren zur Darstellung schmiedbaren Eisens aus den Erzen benutzten Oefen sich entwickelte, ist bereits auf S. 8 ge - schildert worden.

Die ersten Spuren der gewerbsmässigen Roheisendarstellung finden sich im Anfange des 13. Jahrhunderts im Siegerlande und bei Schmal - kalden. 1)Adolf Gurlt, Bergbau - und Hüttenkunde, 2. Auflage, S. 128.Die ersten dafür benutzten Oefen wurden Bla-Oefen oder Blau-Oefen (Blaseöfen) genannt und hatten kaum mehr als 3 m Höhe; gegen Ende des Jahrhunderts erhöhte man im Elsass die Oefen bis auf 5 m und verlieh ihnen nun erst den Namen Hochöfen. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde die Roheisendarstellung, welche regel - mässig Hand in Hand mit der unmittelbaren Verwendung des Roh - eisens zur Gusswaarenerzeugung ging, in England eingeführt, in den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts beginnt sie am Harze sich ein - zubürgern.

Die Production der Hochöfen der damaligen Zeit war im Ver - gleiche zu der Leistungsfähigkeit moderner Hochöfen winzig klein. Der im Jahre 1544 zu Ilsenburg am Harze angelegte Hochofen lieferte, wie aus überkommenen Hüttenrechnungen hervorgeht, gegen Ende des 16. Jahrhunderts täglich 15 Ctr. (etwa 750 kg) Eisen2)Wedding, Beiträge zur Geschichte des Eisenhüttenwesens im Harz. ein Hochofen der Jetztzeit vermag nicht selten die hundertfache Menge Roheisen zu erzeugen und unter günstigen Verhältnissen noch mehr.

Während des vorigen und theilweise schon während des 17. Jahr - hunderts stellte man, veranlasst durch den überhand nehmenden Holz - mangel Grossbritanniens, beharrlich fortgesetzte Versuche an, anstatt der bis dahin ausschliesslich verwendeten Holzkohlen mineralische Brenn - stoffe für den Hochofenbetrieb zu verwenden. 1625 wurde schon in Dudley ein Ofen versuchsweise mit Steinkohlen betrieben; der erste regelmässige Betrieb wurde, nachdem man gelernt hatte, brauchbare Koks darzustellen, durch Abraham Darby im Jahre 1735 zu Cole - brookdale in Shropshire, bald darauf auch in Horsehay eingerichtet. 3)Gurlt, a. a. O.319Historisches. Die Form und der Bau des Hochofens.Auch die Leistungsfähigkeit der ersten Kokshochöfen war gering und bezifferte sich z. B. bei jenem Ofen zu Horsehay auf etwa 3000 kg per Tag. Auf dem Continente errichtete man in den Jahren 1794 und 1795 den ersten Kokshochofen zu Gleiwitz (Oberschlesien), welcher eine Höhe von 12.9 m bei einem Fassungsraume von 40.3 cbm erhielt und 1796 angeblasen wurde. Anfänglich lieferte derselbe nur etwa 1000 kg per Tag, welche Leistung sich jedoch bereits im Jahre 1800 auf etwas mehr als das Dreifache gesteigert hatte. 1)Ztschr. für Berg -, Hütten - u. Salinenwesen im Preuss. Staate, Bd. 22, S. 253.

Da in Rücksicht auf die schon erwähnte Verwendung des grössten Theils alles erzeugten Roheisens für die Giesserei man vorzugsweise auf graues Roheisen arbeitete, so erklärt es sich, dass in Gegenden, wo manganreiche, für Weisseisendarstellung mehr als für Gusseisen - erzeugung geeignete Erze verhüttet wurden, man sich verhältnissmässig langsam entschloss, die frühere Methode, Darstellung von Stahl und Schmiedeeisen unmittelbar aus den Erzen, aufzugeben und zur Roh - eisendarstellung überzugehen. Erst als nach Erfindung der Dampf - kraft und Einführung der Eisenbahnen mit Dampfbetrieb der Bedarf an Eisen im Ganzen und an schmiedbarem Eisen insbesondere in’s Ungeheure stieg2)Vergl. S. 9., gewann die Darstellung weissen Roheisens, welches seiner Reinheit von Silicium halber sich rascher als graues in schmied - bares Eisen umwandeln lässt, eine erhöhte Bedeutung, und die Menge des auschliesslich zum Verfrischen erblasenen grauen und weissen Roheisens überwog bald die Menge des für die Giesserei bestimmten um ein Beträchtliches.

Der gesteigerte Bedarf an Roheisen überhaupt liess sich jedoch nur durch Anwendung von Koks für den Hochofenbetrieb decken; und je mehr das Eisenbahnnetz sich über die eisenerzeugenden Gegenden ausbreitete, desto reichlichere Gelegenheit zur Beschaffung verhältniss - mässig billiger Koks bot sich auch solchen Eisenwerken, welche fern von den Steinkohlenlagern belegen waren. So minderte sich die Zahl der Holzkohlenhochöfen von Jahr zu Jahr, während die Kokshochöfen sich rasch vermehrten. Die schon früher erörterten Umstände aber, insbesondere die geringere Verwendbarkeit des Koksroheisens für den unmittelbaren Guss aus dem Hochofen und die wachsende Zahl der Eisengiessereien fern von einem Hochofenwerke, liessen auch da, wo man Giessereiroheisen erzeugte, die alte Betriebsweise die Ver - einigung der Eisengiesserei mit dem Hochofen mehr und mehr ver - schwinden, sobald man zum Betriebe mit Koks überging.

2. Die Form und der Bau des Hochofens.

a) Die innere Form oder das Profil des Hochofens.

Die verschiedenen Hochofenprofile und ihre Beziehungen zum Hoch - ofenprocesse.

Der Hochofen ist ein direct wirkender Schachtofen (S. 106), in dessen obere Oeffnung, die Gicht, die zur Heizung und Reduction bestimmten Brennstoffe Holzkohlen, Koks, auch wohl rohe Stein -320Der Hochofen.kohlen, Anthracite, Braunkohlen und neben den Holzkohlen rohes Holz in abwechselnden Lagen mit den zu verhüttenden Erzen und Zuschlägen (S. 172) eingeschüttet werden, während in dem untersten Theile des Ofens durch zugeführte Gebläseluft Verbrennung des Brenn - stoffs stattfindet.

Solcherart entsteht die jedem direct wirkenden Schachtofen eigen - thümliche, auf S. 107 geschilderte entgegengesetzte Bewegungsrichtung der gasförmigen Verbrennungserzeugnisse und der festen Körper, welche eine ausgedehnte Berührung beider ermöglicht und dem Schachtofen ein so entschiedenes Uebergewicht über andere Ofengattungen verleiht. Die Gase steigen empor, um aus der Gicht zu entweichen, die festen Körper sinken abwärts, die den Gasen entzogene Wärme wieder nach unten führend, um hier theils als Brennstoff zu dienen, theils reducirt und geschmolzen zu werden. Roheisen und Schlacke, die beiden End - erzeugnisse des zuletzt erwähnten Vorgangs, sammeln sich unterhalb der Windeinströmungsöffnungen (Formen), sondern sich vermöge der Verschiedenheit ihres specifischen Gewichts (specifisches Gewicht des Roheisens ca. 7.3, der Schlacke 2.8) von einander und lassen sich ge - trennt dem Hochofen entziehen.

Die erwähnten Gase des Hochofens haben eine doppelte Aufgabe zu erfüllen. Sie bilden erstens, wie in jedem Schachtofen, die Träger der bei ihrer Erzeugung gebildeten Wärme, um diese an die ihnen begegnenden festen Körper abzugeben; sie sollen aber zweitens auch als Reductionsmaterial für die Erze dienen.

Aus den früheren Erörterungen über die Reduction der Eisenerze folgt, dass diese sowohl durch Kohlenoxydgas als durch festen Kohlen - stoff bewirkt werden kann; die Ziffern auf S. 222 und 223 zeigen, wie erheblich grösser der Wärmeverbrauch ist, wenn feste Kohle als wenn Kohlenoxydgas für die Reduction benutzt wird.

Unter übrigens gleichen Verhältnissen wird mithin ein Hochofen um so weniger Brennstoff zur Darstellung der gleichen Menge Roh - eisen gebrauchen, je vollständiger die Erze durch Kohlenoxyd, je weniger sie durch feste Kohle reducirt werden.

Reduction durch Kohlenoxyd aber kann nur so lange stattfinden, als die Erze nicht geschmolzen und dabei verschlackt sind; von dem Augenblicke des Schmelzens an muss die Reduction durch Kohlenstoff an ihre Stelle treten. Hieraus folgt, dass jenes Ziel, möglichste Aus - dehnung der Reduction durch Kohlenoxyd, um so leichter erreichbar sein wird, je rascher beim Aufsteigen der Gase die vor den Formen des Hochofens zur Durchführung des Schmelzprocesses erforderliche hohe Temperatur unter jene Grenze sinkt, wo die Schlackenbildung und die Aufnahme des noch nicht reducirten Eisens in die Schlacke beginnt. Anderntheils ist eine annähernd vollständige Reduction des überhaupt in der Beschickung vorhandenen Eisens nur möglich und die Oxydation schon reducirten Eisens vor den Formen lässt sich nur vermeiden, wenn sich der Sauerstoff der eingeblasenen atmosphärischen Luft hier rasch und vollständig mit Kohlenstoff zu Kohlenoxyd ver - einigt; beim Aufsteigen der Gase aber kann, ohne dass dieselben ihre Eigenschaft als Reductionsmaterial einbüssen, ihr Gehalt an Kohlen -321Die Form und der Bau des Hochofens.säure um so mehr zunehmen, je mehr ihre Temperatur sich vermindert (S. 13 und 225).

Die Aufgabe des dem Hochofen zugeführten Brennstoffs lässt sich demnach folgendermaassen bezeichnen: derselbe soll, um die zur Durch - führung des Schmelzprocesses erforderliche Wärme zu liefern, durch den Sauerstoff des Gebläses zu Kohlenoxyd verbrannt werden, welches bei seinem Aufsteigen im Ofen die Reduction der niederrücken - den Erze bewirkt. Die bei diesem Reductionsprocesse entstehende Kohlensäure aber soll so wenig als möglich wieder zu Kohlenoxyd reducirt werden; denn jedes Gewichtstheil Kohlenstoff, welches im oberen Theile des Hochofens zur Reduction der Kohlensäure verbraucht und dem Ofen hierdurch entführt wird, geht seiner eigentlichen Be - stimmung verloren. Je weniger Brennstoff zur directen Reduction des Erzes wie zur Reduction von Kohlensäure verbraucht und hierdurch jener Aufgabe, Wärme zu entwickeln, entzogen wird, desto günstiger gestaltet sich die Leistung des Hochofens.

Diesem kurz geschilderten Verlaufe des Hochofenprocesses ent - sprechend muss die Form des Ofeninnern eingerichtet sein.

Die einfachste Form würde ein Cylinder sein; aber dem Zwecke des Hochofens würde dieselbe nur ungenügend entsprechen. Diese durch die Erfahrung von Jahrhunderten bestätigte Thatsache erklärt sich durch folgende Betrachtung.

Damit die Gase gleichmässig die Schmelzsäule, d. h. die in dem Ofen angehäuften festen Körper, durchdringen, ist es zunächst erforder - lich, dass die Verbrennung, aus welcher jene Gase hervorgehen, auch gleichmässig innerhalb des ganzen Ofenquerschnittes stattfinde, d. h. also, dass der Gebläsewind bis zur Achse des Ofens vordringe. Je weiter die Ofenachse aber von dem Umfange, an welchem die Luft eintritt, entfernt ist, desto schwieriger ist dieses Ziel erreichbar, desto grössere Geschwindigkeit muss die eintretende Luft besitzen, eine desto grössere mechanische Arbeit zur Erzeugung dieser Geschwindigkeit ist erforderlich. Ein enger Durchmesser des Ofens an der Stelle, wo die Gebläseluft eintritt (in der Formebene) befördert also die Gleichmässig - keit der Verbrennung. Wollte man nun aber dem Ofen bis zur Gicht den gleichen Durchmesser, also in Wirklichkeit cylindrische Form, geben, so würde für einen gegebenen Rauminhalt, von welchem immer - hin die Leistungsfähigkeit des Ofens abhängig ist, eine sehr beträchtliche Höhe nothwendig sein; je grösser aber die Ofenhöhe ist, desto grössere Widerstände finden die Ofengase beim Durchdringen der Schmelzsäule, desto grösser ist ihre Spannung im untern Theile des Ofens und desto grösser muss demnach auch die Spannung des eintretenden Gebläse - windes sein, welche wiederum nur durch erhöhten Aufwand an mecha - nischer Arbeit zu erzielen sein würde. Was durch Anwendung eines engeren Durchmessers gewonnen wird, ginge durch die erforderliche grössere Höhe wieder verloren. Man beschränkt also den engen Durch - messer des Ofens auf den unteren Theil in der Formgegend und lässt von hier an nach oben den Ofen sich zunächst erweitern, um bei geringerer Höhe einen grösseren Rauminhalt zu erlangen.

Ledebur, Handbuch. 21322Der Hochofen.

Durch dieses einfache Mittel wird noch ein anderer Vortheil er - reicht.

Infolge der Reibung, welche die niederrückende Schmelzsäule an den Wänden des Ofens erleidet, findet ein Voreilen der einzelnen Stücke nach der Achse des Ofens hin statt; die Bewegung ist hier rascher als an den Wänden und die einzelnen Stücke liegen dichter auf einander. Besonders werden die specifisch schwereren Bestandtheile der Schmelzsäule, also die Erze und Zuschläge, nach der Achse hin drängen, während die Brennstoffe, je weiter nach unten, um so mehr nach den Wänden des Ofens hingeschoben werden. Die Gase aber werden infolge dieser ungleichmässigen Vertheilung der Bestandtheile der Schmelzsäule denjenigen Weg wählen, wo sich ihnen die gering - sten Widerstände entgegenstellen: sie werden das Bestreben haben, an den Ofenwänden aufzusteigen, wo die Schmelzsäule am wenigsten dicht liegt. Je stärker sie diesem Bestreben Folge geben können, desto mehr werden die in der Mitte des Ofenquerschnittes sich anhäufenden Erze ihrer Einwirkung entzogen werden, desto grössere Mengen unredu - cirten Eisens werden in den Schmelzraum des Ofens gelangen und hier durch festen Kohlenstoff reducirt werden müssen. Offenbar wird diesem für die Brennstoffausnutzung im Hochofen nachtheiligen Bestreben der Gase entgegen gewirkt werden, wenn man die Verbrennung, d. h. die Entwicklung der Gase, auf einen engeren Querschnitt rings um die Ofenachse her beschränkt und von hier aus den Ofen sich erweitern lässt, so dass die Gase erst allmählich bei ihrem Aufsteigen nach dem Umfange hin gelangen können.

Wollte man nun aber jene oberhalb der Formebene stattfindende Erweiterung des Ofens bis zur Gicht hin sich fortsetzen lassen, so würden andere Nachtheile dadurch entstehen. Die Gicht würde einen sehr grossen Durchmesser erhalten und die gleichmässige Vertheilung der aufzuschüttenden Schmelzmaterialien würde dadurch erschwert wer - den; die schon erwähnte Reibung der letzteren an den Ofenwänden aber würde durch die Trichterform des Ofenschachtes erheblich ver - stärkt werden und die geschilderten nachtheiligen Einflüsse derselben auf den Verlauf der Reduction würden in noch empfindlicherer Weise hervortreten. Man begnügt sich daher, den Ofenschacht bis zu einem Theile der ganzen Ofenhöhe sich erweitern zu lassen, von hier aus nach der Gicht aber zur Innehaltung des normalen Gichtdurchmessers allmählich wieder zu verengen.

Auf diese Weise entsteht die in Fig. 51 skizzirte Urform der Hoch - öfen, welche schon vor Jahrhunderten auf Grund empirischer Versuche eingeführt wurde und noch jetzt bei verschiedenen Hochöfen z. B. in den östreichischen Alpen für Weisseisendarstellung in Anwendung ist: zwei Kegel, welche mit ihren breiten Grundflächen an einander stossen. Die Ebene a b, in welcher der Ofen seinen grössten Durch - messer besitzt, heisst der Kohlensack.

Der gleichmässigste Niedergang der Schmelzmaterialien wird statt - finden, wenn die Höhenlage des Kohlensacks eine solche ist, dass von hier aus abwärts die mit der Vergasung der Brennstoffe und Schmelzung der Erze Hand in Hand gehende Verkleinerung des Rauminhaltes der aufgegichteten Schmelzmaterialien beginnt.

323Die Form und der Bau des Hochofens.

Als eine Abart dieser Ofenform kann die in Fig. 52 skizzirte be - trachtet werden. Der Herd des Ofens, d. h. der unterhalb der Formen befindliche Sammelraum für Roheisen und Schlacken, ist hier etwas geräumiger als bei der ersten Form.

Will man graues Roheisen darstellen, so ist hierfür in Rücksicht auf die erforderliche Reduction von Silicium wie auf die grössere Streng - flüssigkeit der Beschickung eine höhere Temperatur im Schmelzraume des Hochofens unmittelbar über den Formen erforderlich als für Weiss - eisendarstellung. Durch einen engen Querschnitt des Ofens an dieser Stelle lässt sich die Erzielung einer höheren Temperatur erleichtern; denn je enger der Querschnitt ist, desto rascher werden die Gase hin - durchziehen, desto weniger Wärme werden sie innerhalb dieses Quer - schnittes abgeben, desto weniger abgekühlt werden sie denselben ver - lassen. Auf diesem Umstande beruht die Anwendung einer Ofenform,

Fig. 51.

Fig. 52.

Fig. 53.

wie sie in Fig. 53 dargestellt ist, und welche in den meisten Ländern schon seit alter Zeit wohl am häufigsten angewendet wird, wenn Grau - eisen dargestellt werden soll, jedoch auch nicht selten zur Weisseisen - darstellung benutzt wird. Ein solcher Ofen besteht, wie die Skizze er - kennen lässt, aus drei Theilen. Zu unterst, den Verbrennungsraum und Schmelzraum einschliessend, findet sich das Gestell a, cylindrisch (in einzelnen Fällen prismatisch) geformt oder ganz schwach nach oben sich erweiternd, eng im Durchmesser und nach unten wieder in dem Herde endigend; auf das Gestell setzt sich als Mittelstück die nach oben sich stark erweiternde Rast b; den oberen Theil des Ofens bildet der Schacht (im engeren Sinne) c. Die Trennungsebene zwischen Rast und Schacht da, wo der Ofen seinen grössten Durchmesser besitzt, heisst auch hier der Kohlensack.

21*324Der Hochofen.

Je enger und höher das Gestell ist, desto leichter wird man eine hohe Temperatur daselbst erzielen können; aber desto grösser ist auch die Gasspannung im Gestelle und desto grösser die erforderliche Arbeit zur Verdichtung des einzublasenden Windes. Mit voller Berechtigung hat man deshalb ein allzu enges und hohes Gestell einem Hemmschuh verglichen, welcher einem Wagen auf ebener Strasse angelegt wird1)E. Schinz, Studien über den Hochofen, S. 80.; man erhöht entweder die erforderliche Arbeit zur Fortbewegung des Wagens, d. i. zum Betriebe des Hochofens, oder man verlangsamt die Bewegungsgeschwindigkeit, d. h. man verringert die Leistungsfähigkeit des Hochofens. Seitdem man daher durch Erhitzung des Gebläsewindes ein anderes bewährtes Mittel gefunden hat, eine hohe Temperatur vor und unmittelbar über den Formen des Ofens hervorzubringen, sind jene übermässig engen und hohen Gestelle, welche man noch um die Mitte dieses Jahrhunderts für Graueisendarstellung als unerlässlich zu betrachten pflegte, fast ganz verschwunden; man begnügt sich, dem Gestell einen Durchmesser zu geben, welcher das Vordringen des Windes bis zur Ofenachse ermöglicht, und beschränkt die Höhe auf ein ge - ringeres Maass als früher. Ob durch Anwendung eines eigentlichen Gestelles bei Anwendung heissen Windes ein wirklicher Vortheil er - reicht wird, bleibt immerhin etwas zweifelhaft; denn die Erfahrung lehrt, dass sehr bald der obere Theil des Gestelles wie der untere Theil der Rast wegzuschmelzen pflegen, wie es durch die punktirten Linien in Fig. 53 angedeutet ist, und der Ofen infolge dieses Vor - ganges eine Form annimmt, welche der in Fig. 52 skizzirten sehr ähn - lich ist, ohne dass in den meisten Fällen eine Verschlechterung des Ofenganges dabei zu beobachten wäre.

Alle scharfen Uebergänge in dem Ofenprofile werden naturgemäss Veranlassung zu Ungleichmässigkeiten in dem Niedergange der Schmelz - materialien geben können. Auf der Erwägung dieses Umstandes be - ruht die Anwendung einer Hochofenform, wie sie durch Fig. 54 dar - gestellt ist. Als vermittelndes Glied zwischen Rast und Schacht ist ein Cylinder eingeschaltet, dessen Höhe bei einigen Oefen nur wenige Decimeter beträgt, bei anderen dagegen einen beträchtlichen Theil der Gesammthöhe ausmacht. Da dieser Cylinder, wie der Kohlensack der bisher besprochenen Ofenformen, den weitesten Theil des ganzen Ofens bildet, so pflegt man ihn ebenfalls als Kohlensack zu bezeichnen.

In weiterer Verfolgung des Bestrebens, scharfe Uebergänge in den Linien des Ofenprofiles zu vermeiden, gelangt man dahin, das Profil curvenförmig zu construiren (Fig. 55), eine Methode, welche jedenfalls häufiger in Anwendung wäre, wenn nicht die Herstellung der für den Aufbau eines solchen Ofens erforderlichen passenden Steine mit etwas grösseren Schwierigkeiten als bei gradliniger Begrenzung verknüpft wäre.

Eine allmähliche Zusammenziehung des Ofenschachtes nach der Gicht zu, wie sie bei den bisher besprochenen Ofenformen Anwendung findet, erleichtert, wie schon erörtert wurde, das gleichmässige Nieder - gehen der Gichten , d. h. der in die Gicht eingeschütteten Materialien, und zugleich die Bedienung der Gicht selbst. Ein Uebermaass in dieser Beziehung, d. h. eine zu starke Verengung der Gicht und zu rasche325Die Form und der Bau des Hochofens.Convergenz des Profils ruft jedoch andere Uebelstände hervor. Ein enger Gichtendurchmesser bedingt eine beschleunigte Geschwindigkeit der austretenden Gase, die wiederum eine erhöhte Gasspannung im

Fig. 54.

Fig. 55.

Ofeninnern zur Folge hat und nur durch verstärkte Leistung der Ge - bläsemaschine zu erreichen ist; eine zu starke Neigung der Seiten -

Fig. 56.

Fig. 57.

wände macht eine rasche Ausbreitung der Gichten bei ihrem Nieder - gange nothwendig, welche leicht eine Auflockerung an den Wänden,326Der Hochofen.also gerade da, wo eine dichtere Lagerung erwünscht ist, zur Folge hat und somit das Gegentheil des beabsichtigten Erfolges bewirkt. Nach - dem diese Nachtheile einer zu engen Gicht, insbesondere die dadurch hervorgerufene Beschränkung der Leistungsfähigkeit eines Ofens, ver - schiedentlich beobachtet, die Vortheile weiterer Gichten erkannt worden waren, gab man auf verschiedenen Werken die übliche Kegelform des oberen Schachtes auf und ging zu einer cylindrischen Form über, wo - durch dann die in Fig. 56 skizzirte Ofenform entstand. Wenn that - sächlich in vielen Fällen, besonders da, wo der Kohlensackdurchmesser des Ofens nicht sehr gross war, durch eine derartige Construction merkbare Nachtheile für den Ofengang nicht hervorgerufen wurden, so kann doch eine Form, wie sie Fig. 57 darstellt und wie sie mitunter auf englischen Eisenwerken zur Anwendung gebracht ist, um auch bei engerer Gicht einen grösseren Schachtdurchmesser zu erhalten, nur durch besondere Verhältnisse (Einrichtung der mechanischen Aufgebe - vorrichtung) gerechtfertigt erscheinen.

Abgesehen von den zahlreichen Abweichungen in dem Profile der Hochöfen, von denen natürlicherweise nur die am meisten charakte - ristischen Formen in Vorstehendem beschrieben werden konnten, lassen sich nach der Einrichtung des Herdes, d. h. des unterhalb der Wind - formen befindlichen Sammelraumes für Roheisen und Schlacke zwei wesentlich abweichende Ofengattungen unterscheiden.

Bei den zu der ersten dieser Ofengattungen gehörigen Oefen, welche man als Hochöfen mit geschlossener Brust (auch wohl als Tiegelöfen) zu bezeichnen pflegt, ist der Herd, wie es die Skizze Fig. 58 erkennen lässt, ringsum geschlossen und bildet somit lediglich eine Verlängerung des Gestelles nach unten. In der Seitenwand des Herdes unmittelbar über dem Boden ist an einer geeigneten Stelle eine ausreichend grosse Oeffnung zum Ablassen des Roheisens angebracht, der Roheisenstich oder das Stichloch, welche durch Sand oder feuerfesten Thon geschlossen gehalten und nur von Zeit zu Zeit ge - öffnet wird, wenn das Abstechen des Roheisens vor sich gehen soll. An einer höher gelegenen Stelle, etwas unterhalb der Formebene und gewöhnlich an einer andern Seite des Ofens als der Eisenstich ist eine zweite kleinere Oeffnung, die Schlackenöffnung oder der Schlackenstich angebracht, durch welche man die gebildete Schlacke entweder ununterbrochen abfliessen lässt oder von Zeit zu Zeit absticht. Die Lage dieser Schlackenöffnung bezeichnet also die Höhe, bis zu welcher überhaupt die geschmolzenen Massen im Ofen ansteigen können.

Diese Einrichtung ist die bei den ältesten aller Hochöfen, den schon erwähnten Blauöfen, angewendete, und man bezeichnet deshalb in einzelnen Gegenden auch jetzt noch die Hochöfen mit geschlossener Brust als Blauöfen. Das Innere des Gestelles und Herdes ist nur durch die verhältnissmässig engen Windformen und den Schlackenstich zugänglich; die Bildung einer dünnflüssigen Schlacke ist deshalb bei Anwendung der geschlossenen Brust nothwendig, damit nicht durch erstarrte Massen Versetzungen im Innern entstehen, welche den Fort -327Die Form und der Bau des Hochofens.gang des Schmelzprocesses in Frage stellen können und sich nur mit grosser Schwierigkeit beseitigen lassen würden.

Bei der zweiten Ofengattung, den in Fig. 59 dargestellten Hoch - öfen mit offener Brust oder Sumpföfen, ist durch eine Oeff - nung a in der Herdwand, welche bis ungefähr zur Formebene hinan - reicht, das Innere des Herdes von aussen her zugänglich gemacht und zugleich ein grösserer Sammelraum für das geschmolzene Roheisen, der sogenannte Eisenkasten geschaffen; an der vorderen Seite wird der

Fig. 58.

Fig. 59.

letztere durch den von einer der nach aussen verlängerten Seiten - wände quer zur andern hinübergehenden Wall oder Wallstein ab - geschlossen. In dem Wallsteine, gewöhnlich an einer Seite desselben, befindet sich das Stichloch für das Roheisen; über den obern Rand desselben hinweg fliesst die Schlacke ab oder wird bei mangelnder Dünnflüssigkeit von Zeit zu Zeit abgezogen. Bei flüssiger Schlacke (Laufschlacke) pflegt man, wie in der Abbildung angedeutet ist, vor dem Wallsteine an der einen Seite desselben aus Sand und Kohlen -328Der Hochofen.lösche eine schiefe Ebene die Schlackentrift aufzustürzen und in dieser eine Gosse auszusparen, in welcher die Schlacke ab - fliessen kann.

Damit die flüssige Schlacke nicht bis zu den Windformen ansteige, muss die Oberkante des Wallsteines bei zähflüssiger Beschaffenheit der Schlacke (Betrieb mit Holzkohlen) ein wenig tiefer, bei dünnflüssiger Schlacke wenigstens nicht erheblich höher als diese liegen. Die im Innern des Ofens herrschende Gasspannung treibt alsdann die Schlacke über den Wallstein hinweg.

Den Stein b des Gestellmauerwerks, welcher die erwähnte Oeff - nung a von oben abschliesst, nennt man Tümpel oder Tümpelstein. Die Unterkante desselben muss ungefähr in gleicher Höhenlage mit der Oberkante des Wallsteines sich befinden oder darf nur wenig höher liegen, damit nicht die Gase des Hochofens unter dem Tümpel hinweg ihren Weg nach aussen nehmen und solcherart nutzlos für den Hoch - ofenprocess entweichen können.

Die Einrichtung der Oefen mit offener Brust, welche nach Gurlt schon gegen Ende des 13. Jahrhunderts, also jedenfalls sehr bald nach Erfindung der Roheisendarstellung überhaupt, eingeführt wurde, fusst jedenfalls auf dem Umstande, dass die mit kaltem Winde und einer zähflüssigen Schlacke auf graues Roheisen betriebenen Hochöfen unter häufigen Versetzungen zu leiden hatten, die sich nur beseitigen liessen, wenn man das Ofeninnere durch Oeffnen der Brust für Haken, Brech - stangen u. s. w. zugänglich machte, welche unter dem Tümpel hin - durch in den Ofen geschoben werden können. Jahrhunderte hindurch bis in die neueste Zeit hinein bildeten sie dann die Regel, die Oefen mit geschlossener Brust die Ausnahme. In manchen Ländern, z. B. in Grossbritannien und Belgien, sind noch jetzt die Oefen mit offener Brust häufiger als mit geschlossener Brust anzutreffen.

Dennoch besitzen die ersteren unläugbar gewisse Nachtheile. Am deutlichsten treten dieselben hervor, wenn nach dem Ablassen des Roh - eisens die Oberfläche der Schlacke im Herde sinkt, die Unterkante des Tümpels frei zu liegen kommt und die Hochofengase unter demselben ihren Weg nach aussen finden. Um die Entstehung einer langen unter dem Tümpel herausschlagenden Flamme zu vermeiden, welche das Arbeiten vor dem Ofen unmöglich machen würde, muss das Gebläse während des Abstechens zum Stillstand gebracht werden; dann wird der Herd gereinigt, mit Lösche gefüllt und nun erst kann das Blasen wieder beginnen. Durch diesen längeren Stillstand des Gebläses wird nicht allein unmittelbar die Leistung des Ofens geschmälert; es tritt auch eine Abkühlung des Gestelles ein, welche nicht selten Unregel - mässigkeiten des Schmelzganges zur Folge hat und durch erhöhten Brennstoffaufwand wieder ausgeglichen werden muss.

Nachdem man daher durch Einführung des Betriebes mit erhitzter Gebläseluft die Möglichkeit erlangt hatte, die Temperatur im Gestell der Hochöfen beträchtlich zu steigern und auf diese Weise auch bei Graueisendarstellung eine dünnflüssigere, weniger rasch erstar - rende Schlacke zu bekommen, und als ferner durch eine Einrichtung, welche unten ausführlichere Besprechung finden wird (Lürmann’sche Schlackenform), der bei den älteren Oefen mit geschlossener Brust häufig329Die Form und der Bau des Hochofens.zu Tage tretende Uebelstand, dass durch die dünnflüssige Schlacke der Schlackenstich rasch ausgefressen und erweitert wird, glücklich be - seitigt worden war, kehrte man vielfach und mit bestem Erfolge zu der uralten Einrichtung der Oefen mit geschlossener Brust wieder zurück.

Constructionsregeln für das Hochofenprofil.

In Vorstehendem wurden verschiedene Formen von Hochöfen und ihre Beziehungen zu dem Verlaufe des Hochofenprocesses besprochen. Es ergiebt sich hieraus, dass es unmöglich ist, eine einzige Form als die unter allen Umständen geeignetste zu bezeichnen, und dass viel - mehr in jedem einzelnen Falle die Hochofenform von den Betriebs - verhältnissen Beschaffenheit der Schmelzmaterialien, des darzustellen - den Roheisens, Temperatur des Gebläsewindes u. s. w. abhängig sein sollte. Es ist aber auch unläugbar, dass selbst verschiedene Hoch - ofenformen unter übrigens gleichen Verhältnissen doch auch gleich befriedigende Erfolge liefern können, wie schon durch den bereits oben angedeuteten Umstand bewiesen wird, dass ein und derselbe Hochofen, auch wenn durch fortgesetzten Betrieb seine inneren Abmessungen sich erheblich verändert haben, doch oft noch gleich gut als im An - fange benutzbar bleibt. Auch der andere Umstand, dass in einem und demselben Hochofen abwechselnd die verschiedensten Gattungen von Roheisen ohne Schwierigkeit dargestellt werden können wie es in der Praxis häufig vorkommt beweist, dass man bei der Construction des Hochofenprofils nicht mit allzu grosser Aengstlichkeit zu Werke zu gehen braucht.

Zwischen den einzelnen Abmessungen eines Hochofenprofils aber müssen, wie sich aus den früheren Besprechungen ergiebt und durch die Erfahrungen der Praxis bestätigt wird, immerhin gewisse Verhält - nisse inne gehalten werden, wenn bei dem Betriebe befriedigende Er - folge erreicht werden sollen.

Rauminhalt der Hochöfen. Von dem Rauminhalte ist unter übrigens gleichen Verhältnissen die Leistungsfähigkeit des Hochofens, d. h. die Grösse der Roheisenerzeugung innerhalb eines bestimmten Zeitraums, abhängig. Diese Thatsache bedarf keines Beweises. Je grösser der Raum - inhalt ist, desto mehr Erze, Zuschläge und Brennstoffe können inner - halb der gleichen Zeit vorbereitet, geschmolzen, verbrannt werden. Während daher im Anfange dieses Jahrhunderts, so lange der Roheisen - bedarf noch verhältnissmässig gering war, die meisten der mit Holz - kohlen betriebenen Hochöfen nicht mehr als 6 10 cbm, die damals erst im Entstehen begriffenen Kokshochöfen selten mehr als 50 cbm Inhalt besassen, steigerte man mit dem zunehmenden Bedarfe an Roheisen mehr und mehr den Fassungsraum der Hochöfen. Da dieser gesteigerte Roheisenbedarf vorzugsweise durch die Einführung der Eisenbahnen hervorgerufen wurde, so erklärt sich, dass diese Zunahme der Ofengrösse vorzugsweise von dem Jahre 1830 an bemerkbar wird. In den fünf - ziger Jahren pflegte man neuen Kokshochöfen bereits einen räumlichen Inhalt von 120 150 cbm zu geben; 1860 gab es in Schottland und Wales Oefen mit einem Inhalte bis zu 230 cbm. 1861 wurden zu Thornaby drei Hochöfen mit einem Rauminhalte von je 362 cbm330Der Hochofen.errichtet, 1864 steigerte man bei den Hochöfen zu Southbank den Rauminhalt auf 450 cbm, 1866 bei den Hochöfen zu Tees-Side auf 566 cbm, 1867 in Norton auf 736 cbm, 1868 in Middlesborough auf 815 cbm und 1870 in Ormsby auf 1165 cbm.

Eine fernere Steigerung der Grösse der Hochöfen hat nicht statt - gefunden. Die Erfahrung lehrte, dass, wenn auch der grössere Ofen naturgemäss die grössere Leistungsfähigkeit besitzt, doch die Zunahme der letzteren nicht in demselben Maasse als die Zunahme des Raum - inhaltes stattfindet und immer unbedeutender wird, je mehr der Ofen - inhalt vergrössert wird. Der kleinste Ofen besitzt im Allgemeinen per cbm seines Rauminhalts die grösste Production. Folgende Ziffern können als Beweis hierfür dienen:

1)Annales des mines, série 7, tome 9, p. 528.
1)

Mit zunehmender Grösse eines Hochofens verringert sich der Ver - brauch an Brennstoff zur Darstellung der nämlichen Menge Roheisen; aber diese Abnahme des Brennstoffverbrauchs hält ebenfalls nicht gleich - mässig Schritt mit jener Zunahme des Rauminhalts, sondern wird immer331Die Form und der Bau des Hochofens.unbedeutender, je grösser der letztere bereits war. Ein Vergleich der Einflüsse, welche die verschiedene Grösse der Hochöfen auf den rela - tiven Brennstoffverbrauch ausübt, ist nur möglich, wenn die betreffen - den Oefen unter übrigens gleichen Verhältnissen betrieben wurden, insbesondere also, wenn auf einem und demselben Eisenwerke die Hochöfen nach und nach vergrössert wurden, ohne dass die übrigen Betriebsverhältnisse wesentliche Aenderungen erfuhren.

Nachstehende Ziffern, den unter Literatur aufgeführten Abhand - lungen von M. L. Gruner entnommen, mögen den Einfluss der Grösse des Hochofens auf den Brennstoffverbrauch veranschaulichen.

1)Die günstigeren Betriebsergebnisse des grösseren Ofens beruhen nur theil - weise auf der Vergrösserung des Rauminhalts, zum grossen Theile jedenfalls auch auf der inzwischen eingeführten Anwendung erhitzten Windes.
1)

Die Ursachen, weshalb weder die Leistungsfähigkeit des Hochofens noch die Abnahme des relativen Brennstoffverbrauchs mit der Grössen - zunahme des Ofens Schritt hält und weshalb insbesondere die Er - sparung an Brennstoff ziemlich vollständig aufhört, sobald die Grösse des Ofens ein gewisses Maass erreicht hat, stehen in naher Beziehung zu einander und werden bei der später folgenden ausführlicheren Be - sprechung des Hochofenprocesses eingehender erörtert werden. Ganz selbstverständlich ist es, dass es ein gewisses geringstes Maass des Brennstoffverbrauchs geben muss, welches niemals unterschritten werden kann, wenn der erforderliche Wärmeaufwand für Reduction, Schmel - zung u. s. w. gedeckt werden soll; und je mehr der wirkliche Brenn - stoffverbrauch sich jenem Maasse nähert, desto unerheblicher wird die Verringerung desselben bei weiterer Zunahme der Ofengrösse sein.

Mit der Grösse und insbesondere der Höhe des Ofens, welche letztere, wie sogleich erläutert werden soll, mit dem Rauminhalte wachsen muss, wenn der Betrieb befriedigende Ergebnisse liefern soll,332Der Hochofen.steigern sich nun aber in beträchtlichem Maasse die Anlage - und Be - triebskosten. Es braucht nur darauf hingewiesen zu werden, dass die grössere Ofenhöhe auch eine vermehrte mechanische Arbeit zum Hin - aufschaffen der Schmelzmaterialien wie zur Verdichtung der Gebläseluft, welche bedeutend grössere Widerstände im Ofen zu überwinden hat, erheischt. Da nun aber, wie soeben besprochen wurde, die aus einer Vergrösserung des Hochofens erwachsenden Vortheile immer unbedeu - tender ausfallen, je grösser der Ofen bereits ist, so muss es ein Maass der Ofengrösse geben, welches nicht ohne praktischen Nachtheil über - schritten werden kann. In England ist man bereits von der Anlage jener übermässig grossen Hochöfen, wie sie gegen Ende der sechziger und Anfang der siebenziger Jahre errichtet wurden, zurückgekommen; auf dem Continente pflegt man für den Betrieb mit Koks in der Jetztzeit die Oefen nicht kleiner als 200 cbm und nicht erheblich grösser als 400 cbm zu bauen. Ob nicht doch später mit der fortschreitenden Vervollkommnung der maschinellen Ein - richtungen für die Bedienung des Ofens jenes letzterwähnte Maass über - schritten werden wird, lässt sich im Voraus nicht sagen.

Zum Theil muss die Höhe des Ofens und somit auch der Raum - inhalt von der Beschaffenheit der zur Verwendung stehenden Brenn - stoffe abhängig sein. Je leichter zerdrückbar dieselben sind, desto weniger gross darf der Ofen sein, damit nicht durch die grössere Last der Schmelzsäule ein Zerdrücken herbeigeführt werde. Die Erfahrung lehrt, dass allzu kleinstückige Brennstoffe im Hochofen ungünstiger als grobstückige sich verhalten, hauptsächlich infolge des Umstandes, dass die von ihnen dargebotene grössere Oberfläche der aufsteigenden Kohlensäure reichere Gelegenheit zur Kohlenoxydbildung, d. i. zur nutzlosen Entführung von Kohle aus dem Ofen, liefert. Daher baut man Holzkohlenhochöfen durchweg erheblich kleiner als Kokshochöfen und geht kaum jemals über 100 cbm Inhalt, selten nur über 70 cbm Inhalt hinaus; viele bestehende Holz - kohlenhochöfen sind noch erheblich kleiner.

Aus dem bereits Gesagten ergiebt sich, dass bei verschiedener Grösse der Oefen auch verschiedene Beziehungen zwischen Rauminhalt und Leistungsfähigkeit obwalten; aber auch durch die verschiedenen Betriebsverhältnisse der Hochöfen erleiden jene Beziehungen erhebliche Aenderungen. Für Darstellung von gewöhnlichem weissem Roheisen ist eine geringere Durchsetzzeit der Erze erforderlich als für graues Roheisen oder Eisenmangan, der nämliche Hochofen liefert daher in dem gleichen Zeitraume grössere Mengen des ersteren als des letzteren; bei Verhüttung einer reichen Beschickung, welche verhältnissmässig wenig Schlacke liefert, wird derselbe Ofen eine grössere Roheisenpro - duction besitzen als bei einer armen; bei leicht reducirbaren Erzen eine grössere als bei schwer reducirbaren; bei Anwendung hoch er - hitzten Gebläsewindes eine grössere als bei schwächer erhitztem oder kaltem Winde.

Aus diesen Gründen schwankt, wie auch schon die früher mit - getheilten Ziffern beweisen, der erforderliche Rauminhalt des Hoch - ofens zur Darstellung bestimmter Roheisenmengen in bestimmter Zeit innerhalb weiter Grenzen und beträgt per 1000 kg in 24 Stunden dar -333Die Form und der Bau des Hochofens.zustellenden Roheisens unter den günstigsten Verhältnissen (kleiner Ofen, leichtreducirbare reiche Erze, Weisseisendarstellung) mitunter weniger als 2 cbm, während unter schwierigeren Verhältnissen der für die Darstellung der gleichen Menge Roheisen erforderliche Raum - inhalt auf mehr als 12 cbm steigen kann. Die schon auf S. 330 mit - getheilten Ziffern über das Verhältniss zwischen Rauminhalt und Leistungsfähigkeit, welche zunächst den Einfluss der Grösse des Ofens unter übrigens ähnlichen Verhältnissen darlegen sollten, mögen noch durch folgende, grösstentheils auf deutsche Eisenwerke bezügliche An - gaben ergänzt werden.

Durchschnittlich wird man, sofern die Grösse der Oefen nicht über 400 cbm für Koksbetrieb, und nicht über 50 cbm bei Holzkohlenbetrieb hinausgeht, folgende Verhältnisszahlen annehmen können.

Erforderlicher Rauminhalt des Hochofens zur Darstellung von 1000 kg Roheisen in 24 Stunden:

  • 1) Für Darstellung von gewöhnlichem Weisseisen aus sehr leicht reducirbaren reichen Erzen3 cbm
  • 2) desgl. aus weniger leicht reducirbaren oder ärmeren Erzen4
  • 3) Für Spiegeleisendarstellung5
  • 4) Graueisendarstellung7.5

Verhältniss zwischen Durchmesser und Höhe der Oefen. Sowohl durch eine allzu beträchtliche Höhe des Hochofens im Verhältnisse zum Ofendurchmesser (im Kohlensack) als umgekehrt durch einen zu reichlichen Durchmesser bei gegebener Ofenhöhe werden nachtheilige334Der Hochofen.Einwirkungen auf den Schmelzgang hervorgerufen. Bei engem Durch - messer und grosser Höhe sind die Widerstände, welche die Gichten bei ihrem Niedergange und die Gase bei ihrem Aufsteigen finden, beträchtlicher; eine höhere Windspannung ist erforderlich, um die gleiche Menge Wind als bei einem niedrigeren Ofen einzuführen, und diese stärkere Windspannung kann nur durch vermehrte Arbeitsleistung der Betriebsmaschine hervorgebracht werden.

Je weiter aber der Ofen im Durchmesser ist, desto ungleichmässiger werden in einem und demselben Ofenquerschnitte die Gase und die festen Körper vertheilt sein, desto stärker wird jenes oben erwähnte Voreilen der specifisch schwereren Bestandtheile der Schmelzsäule ein - treten, desto weniger werden die in der Achsengegend des Ofens sich anhäufenden Erze von den Gasen erreicht werden und eine desto grössere Menge derselben wird unvollständig reducirt in den Schmelz - raum gelangen.

Auf Erfahrungsresultaten fussend pflegt man daher das Verhältniss der Höhe zum Kohlensackdurchmesser selten kleiner als 3 und selten grösser als 4 zu nehmen; bei den meisten Oefen beträgt dasselbe 3.2 3.6. Für den Brennstoffverbrauch ist eine schlanke Form des Hoch - ofenprofils (grosse Höhe bei geringem Durchmesser) eher günstig als nachtheilig; bei Hochöfen, in welchen ausschliesslich Weisseisen dar - gestellt werden soll, sind grosse Durchmesser weniger nachtheilig als bei solchen für Graueisendarstellung. (Vergl. die unten gegebenen Bei - spiele verschiedener Hochofenprofile.)

Gichtdurchmesser. Der Einflüsse, welche durch eine zu enge wie durch eine zu weite Gicht auf den Schmelzgang ausgeübt werden, ist bereits oben (S. 334) gedacht worden. Theoretisch sollte der Gicht - durchmesser abhängig sein von der Menge der in gewisser Zeit aus - strömenden Gase, damit nicht durch allzu engen Ausflussquerschnitt die Gasspannung im Ofen unnöthig erhöht werde. Es würde hier - bei ebensowohl die Menge des in der Zeiteinheit vergasten Brenn - stoffs als die Menge der Wasserdämpfe und Gase, welche durch Zer - setzung der Hydrate und Carbonate in der Beschickung gebildet werden, in Betracht kommen; auch die Temperatur der entweichenden Gase müsste berücksichtigt werden. Da es unmöglich ist, alle diese Um - stände von vorn herein mit ausreichender Sicherheit zu bemessen, fusst man auf praktisch erlangten Erfahrungen. In den zahlreicheren Fällen haben weitere Gichten günstigere Ergebnisse geliefert als enge, ins - besondere ist die Leistung der Oefen aus den schon besprochenen Gründen beträchtlicher; andererseits ist eine allmähliche Verengung des Ofens vom Kohlensack aufwärts, durch welche das sogenannte Auf - hängen der Gichten erschwert wird, für einen gleichmässigen Schmelz - gang von Nutzen. Auch der ebenfalls schon erwähnte Umstand, dass mit dem Gichtendurchmesser die Schwierigkeit einer regelrechten Auf - gichtung wächst, kommt in Betracht. Besonders aus letzterem Grunde geht man selten über 4 m Gichtdurchmesser hinaus, sofern nicht etwa die Mitte der Gicht durch ein in dieselbe eingehängtes Gasentziehungs - rohr (vergl. unten Gasfänge) eingenommen ist, um welches herum das Aufgichten stattfinden muss; in diesem Falle sind allerdings Gicht - durchmesser von 5 m und darüber nicht selten.

335Die Form und der Bau des Hochofens.

Auf den Kohlensackdurchmesser bezogen findet man das Ver - hältniss des Gichtdurchmessers bei den meisten Hochöfen wie 1: 1 (cylindrischer Schacht) bis 1: 2; am günstigsten für den Schmelzgang dürfte ein Verhältniss gleich 3: 4 bis 5: 6 sein.

Rastwinkel und Lage des Kohlensacks. Da durch einen steileren Rastwinkel ein allmählicherer Uebergang von dem grössten Ofendurch - messer nach dem Gestell hin als durch einen weniger steilen herbei - geführt wird, und da dieser allmählichere Uebergang das gleichmässige Niederrücken der Schmelzsäule begünstigen wird, so pflegt man bei neueren Hochöfen Rastwinkel von mindestens 60 Grad, häufiger noch von 70 80 Grad anzuwenden. Zum Theil muss der Rastwinkel von der Höhe des Gestelles und der Höhe des ganzen Hochofens abhängig sein; denn bei gegebener Gestellhöhe wird offenbar der Kohlensack um so höher im Ofen hinaufrücken, je steiler die Rast ist. Gewöhnlich beträgt die Höhe des Kohlensacks über dem Boden ½ der ganzen Ofenhöhe; eine höhere Lage desselben dürfte dem regelmässigen Verlaufe des Hochofenprocesses nicht günstig sein.

Dass übrigens auch ganz flache, tellerartige Rasten, wie sie noch in den sechziger Jahren auf mehreren Eisenwerken des Harzes seit Alters her üblich waren und vielleicht jetzt noch hier und da zur Anwendung kommen (Fig. 60), unter Umständen ganz gute Erfolge geben können, unterliegt keinem Zweifel. Auf der flachen Rast baut sich, wie es durch Schraffirung in der Skizze angedeutet ist, aus Kohlen ein sogenannter todter Mantel auf, innerhalb dessen die Schmelzsäule niedergleitet; es

Fig. 60.

entsteht eine natürliche Rast, deren Form von der Beschaffenheit der Materialien abhängig ist und vielleicht gerade deshalb am besten dem Zwecke entspricht.

Durchmesser und Höhe des Gestelles; beziehentlich Durchmesser des Ofens vor den Formen. Die Gründe, welche zu der für alle Eisen - hochöfen eigenthümlichen Zusammenziehung des Ofenprofils in der Formgegend Veranlassung gaben, sowie die Nachtheile eines zu engen und hohen Gestelles wurden bereits auf S. 332 besprochen. Mit je grösserer Geschwindigkeit der Wind in den Ofen geführt wird, desto weiter kann das Gestell sein; je höher die Temperatur des Windes ist, desto niedriger kann dasselbe auch bei Graueisendarstellung sein. Bei den meisten Oefen findet man das Verhältniss des Ofendurchmessers in der Formebene zu dem Kohlensackdurchmesser wie 1: 1.7 1: 2.5; engere Durchmesser als in dem Verhältnisse 1: 2.5 würden eine Beein - trächtigung der Leistung des Ofens herbeiführen.

Die Höhe des Gestelles bei Holzkohlenhochöfen, welche auf graues Roheisen arbeiten, sollte der ganzen Ofenhöhe nicht übersteigen; beim Betriebe mit Koks und hocherhitztem Winde oder beim Betriebe auf Weisseisen ist ein niedrigeres Gestell (1 / 12 1 / 8 der Ofenhöhe) ent - schieden vorzuziehen; oder man lässt, wie bei der Urform Fig. 51 und 52, das eigentliche Gestell unmittelbar in die, in diesem Falle steile, Rast übergehen.

336Der Hochofen.

Beispiele von Hochofenprofilen. Die Abbildungen Fig. 61 74 zeigen eine Reihe neuerer Hochofenprofile von Oefen, welche zum grossen Theile noch jetzt im Betriebe sind und wenigstens theilweise schon in Vorstehendem erwähnt wurden. Einer besonderen Erläuterung werden die Abbildungen nicht bedürfen.

Anordnung der Formöffnungen. Von der Höhe der Formöffnungen über dem Boden ist die Menge des Roheisens abhängig, welche ange - sammelt werden kann, ehe zum Abstiche geschritten wird; aber für den Hochofenprocess selbst, d. h. für die Reduction und Schmelzung, geht offenbar diese Höhe verloren und anderntheils, je höher die Form - öffnungen liegen, desto schwieriger wird es sein, den Boden des Herdes genügend warm zu erhalten, damit nicht das angesammelte Roheisen theilweise erstarre. Je grösser die Production des Hochofens ist, desto höher können die Formen liegen; bei Weisseisendarstellung deshalb im Allgemeinen höher als beim Betriebe auf Graueisen oder Eisenmangan; bei Oefen mit geschlossener Brust höher als bei solchen mit offener Brust. Bei grösseren Hochöfen findet man diese Abmessung gleich 1 1.3 m, bei kleineren Oefen für Holzkohlenbetrieb und mit offener Brust gewöhnlich nicht über 0.5 m.

In alter Zeit, noch in der Mitte dieses Jahrhunderts, waren Holz - kohlenhochöfen mit einer einzigen Windform nicht selten. Je grösser aber der Ofen ist, eine desto grössere Zahl von Formen macht sich erforderlich. Man befördert durch Vertheilung des Windes auf mehrere Formen einestheils die Gleichmässigkeit der Verbrennung innerhalb des Ofenquerschnittes; und anderntheils, indem man die Oberfläche des eintretenden Windes durch diese Vertheilung in einzelne Strahlen ver - grössert, erleichtert man die Berührung mit dem Brennstoff und be - fördert die Raschheit der Verbrennung, d. h. man beschränkt den Raum, wo noch freier Sauerstoff oder Kohlensäure, die im ersten Augen - blicke gebildet sein könnte, sich finden, auf engere Grenzen. In diesem raschen Verschwinden allen freien Sauerstoffs wie der Kohlensäure liegt eine wesentliche Förderung des Hochofenprocesses.

Aus diesem Grunde wendet man in der Jetztzeit auch bei den kleinsten Hochöfen mindestens zwei, häufiger noch drei Windformen an; bei grösseren Oefen findet man fünf bis sieben, bei einzelnen schottischen Hochöfen sogar zwölf Formen. Eine Grenze für die Ver - mehrung der Formen ist immerhin durch den Umstand gegeben, dass die Durchbrechung des Gestellmauerwerks durch die Formöffnung eine Schwächung der Standfestigkeit desselben zur Folge hat; mit anderen Worten: zwischen den einzelnen Formen muss ein ausreichend starker Steinkörper zum Tragen der darüber befindlichen Theile bleiben. Man wird in den meisten Fällen eine ganz passende Zahl bekommen, ohne das Mauerwerk zu sehr zu schwächen, wenn man den Oefen mit ge - schlossener Brust so viele Formöffnungen giebt, als der Umfang des Gestelles (im Innern) in Metern beträgt (also z. B. bei einem Gestell von 1.8 m lichter Weite oder 1.8. 3.14 = 5.6 m Umfang 5 6 Formen), Oefen mit offener Brust, bei welchen die Brustöffnung einen Theil des ganzen Umfangs einnimmt, eine Formöffnung weniger als den Oefen mit geschlossener Brust, in allen Fällen aber mindestens zwei Form - öffnungen anbringt.

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337Die Form und der Bau des Hochofens.

Nicht ganz gleichgültig ist ferner die Anordnung der Formöffnungen gegen einander. Die einfachste und für die Gleichmässigkeit der Wind - vertheilung vortheilhafteste Anordnung derselben würde allerdings eine solche sein, dass sie alle in gleichem Abstande von einander sich be - finden; die Rücksicht auf die äusseren Theile des Hochofens sowie auf die Lage des Eisenkastens und Wallsteines bei offener Brust gestattet jedoch nicht immer, genau in dieser Weise zu verfahren. Viele Hoch - ofeningenieure sehen es auch nicht gern, wenn die eine Form genau in der verlängerten Richtung der gegenüber - liegenden sich befindet, damit nicht die von entgegengesetzter Richtung gegen einander treffenden Windströme gegenseitige Stauung hervorbringen. Dieser Fall würde eintreten, wenn man eine gerade Anzahl Formöffnungen gleichmässig in dem Umfange vertheilen und die Formen genau radial einlegen wollte. Er wird vermieden, wenn man eine ungerade Zahl Formöffnungen (drei, fünf, sieben) gleichmässig oder eine gerade Zahl ungleichmässig vertheilt. Die Abbildung Fig. 75, einen Horizontalabschnitt durch die Formebene eines Hochofens darstellend, kann

Fig. 75.

die letztere Anordnung veranschaulichen. Hier sind sechs Oeffnungen o o für ebenso viele Windformen angebracht; p ist eine siebente Oeff - nung, welche durch den Tümpel abgedeckt und vorn durch den Wallstein geschlossen wird (offene Brust).

Im Uebrigen lässt sich, auch wenn die Form - öffnungen diametral einander gegenüberstehen, doch jene Gefahr einer Stauung der Windströme verhüten, wenn man die Formen selbst und die Düsen (die Ausströmungsenden der Windleitung) nicht radial, son - dern derartig einlegt, dass ihre verlängerte Richtung nicht genau das Ofenmittel trifft. Fig. 76 lässt diese Anordnung erkennen.

Fig. 76.

Von der Einrichtung der Formen selbst, d. h. der metallenen Hülsen, welche in die Formöffnungen eingesetzt werden, wird später die Rede sein.

b. Der Bau der Hochöfen.

Hochöfen mit Rauhgemäuer.

Auf der Ueberzeugung fussend, dass ein Ofen, in welchem eine so beträchtliche Wärmemenge entwickelt wird und eine so hohe Tempe - ratur erzeugt werden muss, wie in dem Eisenhochofen, nur dann seinen Zweck vollkommen erfüllen könne, wenn er vor Wärmeverlusten an die umgebende Luft thunlichst geschützt sei, umgaben unsere Vor - fahren den Hochofen mit einer möglichst dicken Hülle von Mauerwerk, in welcher nur die eben erforderlichen Oeffnungen für die Zuleitung des Windes und die Wartung der Formen sowie für das Ablassen des Roheisens und der Schlacke ausgespart waren. Die Skizze Fig. 77Ledebur, Handbuch. 22338Der Hochofen.

Fig. 77.

Fig. 78.

und 781)Aus Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde. zeigt die Einrichtung eines solchen Ofens aus ver - gangener Zeit, wie sie bis gegen Anfang der fünfziger Jahre die - ses Jahrhunderts ganz allgemein war und jetzt noch, besonders bei Holzkohlenhochöfen, ver - einzelt angetroffen wird, wäh - rend zahlreichere ältere Oefen zwar umgebaut wurden, immer - hin aber noch heute den ur - sprünglichen Typus erkennen lassen (z. B. in Oberschlesien).

Auf dem soliden, von Ka - nälen G und H durchzogenen Fundamente, dessen Einrich - tung später ausführlichere Er - örterung finden wird, werden zunächst aus Bruchsteinen vier mächtige Eckpfeiler errichtet, zwischen denen, wie der Grund - riss Fig. 78 erkennen lässt, die drei Oeffnungen für die Formen und eine Oeffnung für die Wartung des Stichloches und Schlackenabflusses ausgespart bleiben. Bei Oefen mit nur zwei Formen wird die dritte Form - öffnung an der Rückseite des Ofens vermauert; beabsichtigt man mit mehr als drei Formen zu blasen, so legt man je zwei derselben in eine gemeinschaft - liche Oeffnung neben einander. Ein ringförmiger, innerhalb der Eckpfeiler gelassener Gang R, welcher von Oeffnung zu Oeff - nung führt, erleichtert, ohne je - doch gerade unbedingt erfor - derlich zu sein, bei dem be - trächtlichen Umfange des Ofens den Verkehr von Form zu Form. Die vier Eckpfeiler zusammen pflegt man Vierpass zu nennen.

Je zwei benachbarte Eck - pfeiler sind nun in entsprechen - der Höhe durch Gewölbe, welche339Die Form und der Bau des Hochofens.nach aussen hin ansteigen, oder auch durch quer hinüber gelegte Guss - eisenträger, welche ebenfalls treppenartig nach aussen hin ansteigen, mit einander verbunden, und auf diesen Gewölben beziehentlich Trägern ruht nun das, meistens aus Bruchsteinen aufgeführte Rauhgemäuer n, welches den ganzen Ofen einschliesst und dem man in früherer Zeit oft eine ganz erhebliche Stärke verlieh. Da dasselbe, der Schachtform des Ofens folgend, sich nach oben zu verjüngen pflegt, so erhält der Ofen äusserlich die Form einer abgestumpften vierseitigen Pyramide. In einzelnen Fällen gab man, mehr aus Schönheitsrücksichten als aus anderen Gründen, den Eckpfeilern im äussern Umrisse Kreis - statt quadratischer Form, wodurch dann der Ofen die Form eines abgestumpf - ten Kegels annahm.

Das Rauhgemäuer ist zur Ableitung der Feuchtigkeit und zur Ver - minderung der Entstehung von Rissen bei der Ausdehnung von wage - rechten und senkrechten, an der Aussenfläche mündenden Kanälen durchzogen und gut verankert. Die Erfahrung lehrte jedoch häufig, dass bei der Ausdehnung des Rauhgemäuers auch die stärksten Anker zerrissen, allerdings, ohne dass in den meisten Fällen die Haltbarkeit des Gemäuers dadurch erhebliche Einbusse erlitten hätte.

In das Rauhgemäuer wird[nun] der den obern Theil des Hoch - ofeninnern umschliessende Schacht eingesetzt. Gewöhnlich besteht das Schachtmauerwerk aus zwei concentrischen, vollständig von einander getrennten Schächten i und m, zwischen denen sich die aus eingeschütte - ten Kohlenstückchen und dergl. bestehende Füllung l befindet. Auch zwischen dem äusseren Schachte m und dem Rauhgemäuer muss, was in der Abbildung nicht erkennbar ist, ein Zwischenraum bleiben, damit die Ausdehnung des Schachtes bei der Erhitzung nicht durch das Rauh - gemäuer behindert werde.

Beide Schächte werden, wie auch in Fig. 77 erkennbar ist, vom Rauhgemäuer getragen und sind vollständig unab - hängig von der Rast[und] dem Gestell. Letztere Theile lassen sich daher herausnehmen und durch neue ersetzen, ohne dass der Schacht ebenfalls entfernt zu werden braucht; und das Einsetzen der - selben, das sogenannte Zustellen des Hochofens, erfolgt erst, nachdem der Schacht vollendet ist.

Der abgebildete Hochofen hat, wie sich aus Fig. 77 leicht ergiebt, offene Brust; d ist der Wallstein, welcher quer vor den Steinen des Gestelles hindurchgeht und zwischen den Eckpfeilern sich leicht be - festigen lässt (in Fig. 78 ist der Wallstein weggenommen gedacht), r ist der Tümpel, f der Herd, t sind die Formöffnungen. An der Aussenseite des Wallsteines ist in Fig. 77 die Schlackentrift sichtbar. Das Gestell hat vierseitig prismatische Form und geht erst oben in die kegelförmige Rast über, eine Construction, welche früher häufiger war als jetzt. Sie beruhte theils auf der leichteren Herstellung bei Benutzung natürlich vorkommender feuerfester Steine, theils auch auf dem Umstande, dass Ansätze an den seitlichen Formen sich mit Stangen, welche unter dem Tümpel hindurch eingeschoben werden, leichter erreichen und losbrechen lassen, übt aber leicht nachtheilige Einflüsse auf die Gleichmässigkeit im Aufsteigen der Gase aus.

22*340Der Hochofen.
Fig. 79.
Fig. 80.

Bei einem Ofen der ab - gebildeten Form ist auch das Gestell zum grossen Theil von dem Rauhgemäuer ein - geschlossen und nur da frei - gelegt, wo die Formöffnun - gen befindlich sind. Da - durch wird allerdings die Abkühlung des Gestelles von aussen her nach Möglich - keit vermieden; aber eben deshalb sind die Gestell - steine dem Wegschmelzen leichter unterworfen und Reparaturen sind während des Betriebes, da das Ge - stell von aussen nicht zu - gänglich ist, unmöglich. Die - ser Nachtheil trat empfind - licher als früher zu Tage, nachdem durch Einführung der Winderhitzung die Tem - peratur im Verbrennungs - raume der Hochöfen gestei - gert worden war. Man ging deshalb auch bei vielen Oefen mit Rauhgemäuer später dazu über, das Gestell rings herum frei zu legen, wo - durch es der Einwirkung der äusseren Luft und einer etwaigen künstlichen Küh - lung mit Wasser (von wel - cher später die Rede sein wird) zugänglich gemacht und Reparaturen auch wäh - rend des Betriebes ermög - licht wurden. Zugleich er - langte man hierdurch bei grösseren Oefen den Vor - theil, in bequemerer Weise als bisher die Formen ver - theilen zu können. Der Zweck wird einfach dadurch erreicht, dass man die vier Eckpfeiler nicht bis ganz an das Gestell hinantreten lässt; der Schacht ruht entweder, wie bei den vorher beschrie - nen Oefen mit eingebautem341Die Form und der Bau des Hochofens.Gestell, im Rauhgemäuer, oder er wird, wie bei dem in Fig. 79 und 80 abgebildeten Hochofen1)Ofen zu Rothehütte am Harz im Jahre 1867. Ztschr. f. Berg -, Hütten - und Salinenwesen in Preussen, Bd. XIX, Taf. V., von einem starken Gusseisenringe getragen, welcher seinerseits auf Säulen seine Auflage hat. a a sind die Säulen, b b (Fig. 79) der mit drei aufrecht stehenden Rippen versehene Kranz. Letzterer wird ausserdem noch durch die vier starken von Pfeiler zu Pfeiler hinübergehenden Trageisen c c gestützt. Das Rauhgemäuer ruht auf den Uförmigen Gusseisenträgern, welche in Fig. 79 deutlich erkenn - bar sind. Zwischen Rauhgemäuer und Schacht befindet sich wiederum eine breite Füllung. Da der Fuss des Schachtes bei diesem Ofen ziem - lich weit herunter geht, befinden sich die Steine der Rast innerhalb desselben, sind aber ebenfalls durch einen Zwischenraum, welcher ihre freie Ausdehnung ermöglicht, von den Schachtsteinen geschieden. Dass auch bei diesem Ofen die Rast und das Gestell sich auswechseln lassen, während der Schacht unverändert an seiner Stelle bleibt, ist aus Fig. 79 unschwer zu ersehen.

d in Fig. 80 ist der Wallstein.

Hochöfen ohne Rauhgemäuer.

Die vorbeschriebene Einrichtung der Hochöfen ist, selbst wenn man das Gestell freilegt, schwerfällig und in allen Fällen kostspielig; diese Nachtheile wachsen mit der Grösse des Ofens. Als man daher, wie früher geschildert wurde, im Anfange der vierziger Jahre, gedrängt durch die mächtigen Steigerungen des Roheisenbedarfes, anfing, die bis dahin gebräuchlichen Grenzen für den Rauminhalt der Hochöfen be - trächtlich zu überschreiten, stellte sich die Nothwendigkeit heraus, auch dem Aufbau der Hochöfen eine andere Construction zu geben.

In Schottland war es, wo man in jener Zeit zuerst mit den von Alters her überlieferten Regeln brach, das Rauhgemäuer der Hochöfen ganz fehlen liess, den Schacht (beziehentlich die Schächte) auf einen von Säulen getragenen Gusseisenkranz stellte und nur mit einem Blech - mantel einhüllte.

Der Erfolg bestätigte in vollem Maasse die Berechtigung dieser Construction. Die Schottischen Hochöfen, wie man sie alsbald benannte, waren billiger, haltbarer, für Reparaturen auch während des Betriebes zugänglicher; eine merkbare Erhöhung des Brennstoffauf - wandes aber oder eine Verschlechterung des Hochofenganges, Uebel - stände, welche jedenfalls von den allermeisten Hochofenleuten erwartet worden waren, stellten sich nicht ein. So breitete sich jene Hochofen - construction allmählich auch in anderen Gegenden aus, obgleich vor - sichtige Hochofenleute des Continents sich offenbar nur schwer und langsam dazu entschliessen konnten, die traditionelle Ueberzeugung von dem wohlthätigen Einflusse dicker Wände auf den Hochofenprocess fallen zu lassen; baute man doch noch in den sechziger Jahren, nach - dem also bereits eine mehr als zehnjährige Erfahrung über den Betrieb der Schottischen Hochöfen vorlag, auf dem Continente zahlreiche Oefen mit Rauhgemäuer und benutzte dabei jene Erfahrungen nur so weit,342Der Hochofen.

Fig. 81.

Fig. 82.

dass man wenigstens das Ge - stell, wie oben beschrieben, frei legte und den Schacht von Säu - len tragen liess.

Einer der neuesten Oefen dieser Art, welcher gegen Mitte der siebenziger Jahre zu Fried - rich-Wilhelmshütte bei Mülheim a. d. Ruhr erbaut wurde, ist in Fig. 81 83 abgebildet. 1)Glaser’s Annalen für Gewerbe und Bauwesen 1879, Nr. 52.

Auf den Ständern a a, welche zugleich vermittelst an - geschraubter Consolen als Unter - stützung des Windleitungsrohres w dienen, ruht der mit auf - stehenden Rippen versehene, kräftig gegossene Kranz, welcher zum Tragen des Schachtes be - stimmt ist. Den Kranz giesst man in einzelnen Segment - stücken, welche auf den Säulen zusammenstossen und in ein - facher Weise, z. B. vermittelst an - gegossener Zapfen an den Enden und warm umgelegter Schmie - deeisenringe, unter einander wie mit den Säulen verbunden werden.

Zunächst, ehe der Schacht aufgemauert werden kann, muss nun der Blechmantel, welcher zur Umhüllung desselben be - stimmt ist, an Ort und Stelle gebracht werden. Derselbe stützt sich unten ebenfalls auf den Tragkranz für den Schacht und besteht aus einzelnen Eisen - blechtafeln von 10 bis 20 mm Stärke, welche gewöhnlich ver - nietet, bei dem abgebildeten Ofen dagegen, wie Fig. 81 er - kennen lässt, in den unteren neun Lagen verschraubt sind, damit man im Stande sei, die - selben während des Betriebes einzeln herauszunehmen und etwa erforderliche Reparaturen vorzunehmen. Jede einzelne Tafel ist zu diesem Ende mit343Die Form und der Bau des Hochofens.einem aufgenieteten Kranze aus Winkeleisen eingefasst, so dass nach aussen vorstehende Flantschen gebildet werden, durch welche die Ver - bindungsschrauben hindurchgehen. Der obere Theil des Blechmantels

Fig. 83.

dient zur Befestigung weit ausladender, gewöhnlich aus Blech gefertigter Consolen, welche das Gichtplateau zu tragen bestimmt sind (vergl. Fig. 81).

Zwischen Blechmantel und Schacht muss wiederum in Rücksicht auf die stärkere Ausdehnung des letzteren ein ausreichend (10 20 cm) 344Der Hochofen.breiter Zwischenraum bleiben, der entweder ganz leer bleibt oder mit lockeren Körpern ausgefüllt wird. Lässt man den Zwischenraum zu schmal, oder liegt die Ausfüllung desselben zu dicht, so ist ein Zer - platzen auch des stärksten Blechmantels die Folge davon.

Endlich werden, nachdem der Schacht fertig aufgeführt ist, Rast und Gestell eingesetzt.

Bei neueren Oefen dieser Art begnügt man sich gewöhnlich mit einem einzigen, entsprechend starken Schachte; bei älteren Oefen findet man nicht selten, wie bei den früheren Oefen mit Rauhmauerwerk (vergl. Fig. 77 auf S. 338) zwei Schächte hinter einander und zwischen denselben eine Füllung. Beide Schächte ruhen in diesem Falle auf dem gemeinschaftlichen Tragkranze.

Die Säulen oder Ständer, welche den letzteren tragen, werden aus Gusseisen oder aus Eisenblech gefertigt.

Der abgebildete Ofen hat 7 Windformen und geschlossene Brust. Die Stelle der achten Windform nimmt die sogenannte Schlackenform (Schlackenabflussöffnung) ein. Fig. 83 zeigt zugleich im Durchschnitt die Stichöffnung für das Roheisen.

Wenn durch die vorstehend beschriebene Construction der Hoch - öfen eine wesentliche Vereinfachung gegen früher erreicht worden war, so bildete immerhin der bei derselben angewendete Blechmantel des Schachtes, den man ursprünglich jedenfalls als Schutz gegen äussere Beschädigungen angebracht hatte, einen Constructionstheil, welcher die Zugänglichkeit des Schachtes während des Betriebes erschwerte, selbst wenn man, wie bei dem beschriebenen Friedrich-Wilhelmshütter Hoch - ofen, die einzelnen Blechtafeln zum Herausnehmen einrichtete, und dessen Herstellung immerhin ziemlich erhebliche Kosten verursacht. Bei unbefangener Beurtheilung aber wird man sich sagen, dass der Schutz, welchen der Blechmantel den Schachtsteinen zu verleihen im Stande ist, ebenso gut durch umgelegte eiserne Anker erreicht wer - den kann.

Aus solcher Erwägung ging die Construction von Hochöfen mit vollständig frei stehendem Schachte hervor, welcher nur durch umgelegte Anker eine Rüstung erhält. Seit Ende der sechziger Jahre haben derartige Oefen eine immer grössere Ausdehnung gefunden und werden voraussichtlich berufen sein, die Oefen mit Blechmantel ziem - lich vollständig zu verdrängen.

Ein derartiger Ofen und zwar einer der ersten, welcher in dieser Weise gebaut wurden (Hochofen Nr. 1 zu Ilsede bei Peine), ist in Fig. 84 87 abgebildet.

Die Construction des eigentlichen Ofens wird aus der Abbildung selbst mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich sein. Fig. 87 lässt die Verankerung des Schachtes, aus umgelegten Reifen und senkrechten Stäben bestehend, erkennen. In vielen Fällen lässt man die senkrechten Stäbe ganz fehlen und begnügt sich, um jede dritte oder vierte Stein - lage einen Reifen von 70 100 mm Breite, 10 20 mm Stärke zu legen. Die Erfahrung hat gelehrt, dass eine derartige Rüstung vollständig aus - reichend ist.

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345Die Form und der Bau des Hochofens.

Damit die Reifen bei der Ausdehnung des Ofens nicht springen, müssen sie anfänglich ganz locker umgelegt werden und mit einer Vor - richtung versehen sein, welche ein Lockern und Anziehen ermöglicht. Man kann in verschiedener Weise diesen Verschluss einrichten. Fig. 88 zeigt eine einfache Anordnung desselben mit Hilfe von Keilen. a a ist der Anker, dessen Enden hakenartig umgelegt sind und ziemlich stark sein müssen; b b sind zwei schmiedeeiserne Bänder, ebenfalls mit um -

Fig. 88.

gebogenen Enden. Durch Anziehen der Keile c c wird, wie leicht ersicht - lich ist, der Durchmesser des Reifens (Ankers) verkleinert.

In Fig. 89 ist eine Verbindung der Anker (Reifen) durch Schrauben

Fig. 89.

dargestellt, deren Einrichtung ohne Weiteres verständlich sein wird und welche vielfache Anwendung gefunden hat. Bei Reifen von grossem Durchmesser sind in jedem Falle mehrere solcher Verbindungen erforder - lich, da jeder einzelne immerhin nur ein beschränktes Maass der Er - weiterung beziehentlich Verengung ermöglicht.

Durch Vorsprünge des Mauerwerks oder durch Vernietung mit einzelnen, senkrecht an der Ofenwand aufgestellten Eisenstäben lassen sich die Reifen vor dem Hinabgleiten bewahren.

Während bei den Hochöfen mit Blechmantel der letztere zugleich als Träger für die Konsolen dient, auf denen das Gichtplateau ruht (wie oben beschrieben wurde), fällt bei den Oefen der in Rede stehenden Gattung die Möglichkeit dieser Befestigungsweise weg, und es muss für eine anderweitige Unterstützung des Gichtplateaus Sorge getragen werden. Durch diesen Umstand wird allerdings ein Theil der durch Weglassung des Blechmantels erzielten Ersparung wieder ausgeglichen; und die grosse Annehmlichkeit, welche jene Unterstützung durch den Blechmantel bietet, mag noch öfters den Ausschlag für die Wahl jenes Ofensystems gegeben haben, auch nachdem schon die Oefen ohne Mantel als vollständig bewährt erfunden worden waren.

Eine Unterstützung des Gichtplateaus durch den Schacht selbst346Der Hochofen.würde vollständig unzulässig sein, theils, weil beim Wachsen des Schachtes durch die Erwärmung das Plateau ebenfalls gehoben werden würde, ausserdem auch, weil die Haltbarkeit des Schachtes unter den beständigen Erschütterungen, welche das Plateau durch das Befahren mit den zum Aufgichten benutzten Karren u. s. w. erleidet, beträcht - liche Einbusse erfahren würde.

Bei dem abgebildeten Ofen (Fig. 84 87) wird daher das Gicht - plateau durch vier starke eiserne Säulen getragen, welche sowohl unter sich als mit den Säulen des Nachbarofens verschiedentlich verstrebt und solcherart zu einem ausreichend festen Gerüste verbunden sind.

a ist die Leitung für den heissen Wind, welche in der aus der Abbildung erkennbaren Art und Weise getragen wird.

f f sind kleine Gusseisensäulen zur Unterstützung der Wasserleitungs - rohre u. s. w.

Der Ofen hat fünf Windformen und geschlossene Brust. Fig. 84 zeigt den Schnitt links durch eine Wind - formöffnung, rechts durch die Schlackenform - öffnung.

Unter dem Namen Büttgenbach - sches Hochofensystem1)Von dem Hüttendirector Büttgenbach in Heerdt bei Düsseldorf, wo der erste derartige Hochofen gebaut wurde, construirt. wurde im An - fange der siebenziger Jahre in verschiede - nen Ländern eine Hochofenform patentirt, welche mit der soeben beschriebenen den vollständig frei stehenden, nur von einzel - nen schmiedeeisernen Bändern umgebenen Schacht gemein hat. Eine Eigenthümlichkeit des Büttgenbach’schen Hochofens ist die Anwendung gemauerter, oben durch ge - wölbte Bogen unter einander verbundener Pfeiler zum Tragen des Schachtes an Stelle der eisernen Säulen und des gusseisernen Tragkranzes; ausserdem, was nicht gerade nachahmungswerth sein dürfte, die Benutzung der zur Ableitung der Gichtgase bestimmten Röhren zur Befestigung des Gichtplateaus.

Fig. 90 zeigt einen solchen Hochofen im halben Aufriss. 2)Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde.b ist einer der erwähn - ten im Kreise aufgestellten Mauerpfeiler, a der freistehende Schacht, e das Gasleitungs - rohr, an welchem das Gichtplateau f be - festigt ist.

Ausser in Heerdt (Neusser Hütte) wur - den verschiedene Oefen des Büttgenbach - schen Systems in Frankreich und Oester - reich gebaut und mit befriedigendem Erfolge betrieben.

Fig. 90.
347Die Form und der Bau des Hochofens.

Wenn man auch, nachdem man angefangen hatte, die Anwendung eines starken Rauhgemäuers beim Hochofenbau zu unterlassen, sich bald überzeugte, dass eine Erhöhung des Brennstoffverbrauches nicht dadurch herbeigeführt werde, so sind doch alle Versuche werthvoll, welche zuverlässige Vergleiche über den Brennstoffverbrauch in Hoch - öfen mit und ohne Rauhgemäuer ermöglichen. Sind doch bis jetzt die Zweifel noch nicht ganz verstummt, ob nicht doch jene Beobachtung auf Selbsttäuschung zu Gunsten der neueren Hochöfen beruhe.

Solche Versuche wurden in den siebenziger Jahren bei den Hoch - öfen der Königlichen Eisengiesserei zu Gleiwitz angestellt. 1)Zeitschr. für Berg -, Hütten - und Salinenwesen, Bd. XXII, S. 260.

Bei dem einen von zwei vorhandenen Hochöfen, welche ursprüng - lich beide mit starkem Rauhgemäuer und eingebautem Gestell versehen gewesen waren, wurde das Rauhgemäuer von der Gicht abwärts bis etwas oberhalb der Kohlensackebene abgebrochen, das Gestell rings herum frei gelegt und der Ofen mit frei stehendem Schacht ohne Blech - mantel versehen. Der noch stehen bleibende Rest des Rauhgemäuers, welcher nur als Unterstützung für anderweitige Theile der Hochofen - anlage beibehalten wurde, bildete solcherart eine Art Gürtel von ca. 3.5 m Höhe rings um den Ofen in der Gegend der Rast, mit welchem jedoch das eigentliche Ofengemäuer ohne alle Verbindung gelassen war, so dass zwischen Ofen und Rauhgemäuer ein freier Zwischenraum von 0.47 m Breite ausgespart blieb.

Es zeigte sich zunächst, dass bei dieser Anordnung, wo also inner - halb jenes Zwischenraumes ein lebhafter, die Abkühlung des Ofen - gemäuers in der Kohlensackgegend befördernder Luftwechsel stattfand, der relative Koksverbrauch (bezogen auf die Gewichtseinheit dargestellten Roheisens) unter übrigens gleichen Betriebsverhältnissen nicht grösser war als bei dem zweiten Hochofen mit starkem Rauhgemäuer.

Man füllte nun den erwähnten Zwischenraum mit Kokslösche, also einem schlechten Wärmeleiter aus und ermittelte aufs Neue die Be - triebsergebnisse während mehrerer Wochen. Es zeigte sich keine Ver - ringerung des Koksverbrauchs.

Nachdem später die Füllung wieder entfernt, der Luftwechsel rings um den Schacht her wieder hergestellt worden war, ergab sich sogar als Durchschnitt während einer längeren Betriebszeit eine Ersparung an Koks gegenüber dem Betriebe mit Ausfüllung des Zwischenraumes, welche mitunter bis auf 19 Proc. stieg.

Wenn dieses überaus günstige Ergebniss auch vielleicht durch andere Nebenumstände mit herbeigeführt ist, so lassen die mitgetheilten Versuche doch die für die Praxis wichtige Schlussfolgerung als ganz zweifellos erscheinen, dass durch die vollständige Freilegung des Schachtes eine Verschlechterung des Hochofenganges nicht eintritt.

Eine fernerweit sowohl in Gleiwitz als auf anderen Hochofen - werken gemachte Beobachtung ist, dass die freistehenden Schächte ohne Blechmantel sich nach dem Anblasen des Hochofens sowohl im Durch - messer als in der Höhe weniger ausdehnen als die Oefen mit Mantel348Der Hochofen.oder Rauhgemäuer. Der freistehende Schacht in Gleiwitz wuchs in der Höhe nur um 78 mm, während frühere eingebaute Schächte bis 235 mm gestiegen waren. Der Unterschied findet seine ausreichende Erklärung in der weniger starken Erhitzung des freistehenden Schachtes. Für die Haltbarkeit desselben ist die Beschränkung der Ausdehnung nicht ohne Wichtigkeit.

Die Construction und Herstellung einzelner Theile des Hochofens.

Das Fundament. Es ist selbstverständlich, dass in allen Fällen bei der Anlage eines Hochofens für eine ausreichend sichere Fundamenti - rung gesorgt werden muss, damit nicht etwa später Senkungen ein - treten, welche die Haltbarkeit des ganzen Hochofens in Frage stellen können. Da jedoch ein Hochofen mit starkem Rauhgemäuer eine erheb - lich grössere Belastung ausübt und eine grössere Grundfläche bedeckt als ein Hochofen neueren Systems mit Blechmantel oder ganz freistehen - dem Schachte, so erklärt es sich, dass für die Fundamentirung jener älteren Oefen eine fast noch grössere Sorgfalt angewendet wurde als in der Jetztzeit, selbst wenn die inneren Abmessungen derselben erheb - lich geringer waren, als jetzt.

War ein genügend sicherer Untergrund nicht vorhanden, so pflegte man in früherer Zeit einen Pfahlrost mit eingerammten Pfählen in der Ausdehnung des Fundaments herzustellen. In einfacherer und nicht minder zuverlässiger Weise schafft man bei modernen Hochofenbauten eine entsprechende Unterlage, indem man aus Beton, d. h. einem Ge - menge von hydraulischem Kalk (Cement) mit Sand und Steingrus oder Kies1)Z. B. 3 Thl. Portland-Cement, 5 Thl. Sand, 4 Thl. zerklopfte Steine, 3 Thl. Ziegelmehl; oder 5 Thl. Portland-Cement, 12 Thl. Steine, 1 Thl. Sand; oder ähnlich., welcher zwischen einer Bretterverschalung in die durch Aus - schachtung hergestellte Grube eingebracht wird, einen rasch erhärten - den Steinkörper von ¾ 1 m Stärke (Höhe) und einer dem Umfange des Fundaments entsprechenden Länge und Breite herstellt.

Auf dieser Unterlage, beziehentlich ohne Weiteres auf dem festen Baugrunde, wird nun, gewöhnlich aus Bruchsteinen in Cement, das eigentliche Fundament aufgeführt. In früherer Zeit pflegte man dem - selben eine Höhe von etwa 3 m zu geben und, theils zur Material - ersparung, hauptsächlich auch zur besseren Verhütung von Rissen beim Trocknen des starken Mauerkörpers, zwei sich rechtwinklig durchkreu - zende, überwölbte Gänge in demselben auszusparen, wie es bei dem in Fig. 77 auf S. 338 abgebildeten Hochofen mit Rauhgemäuer erkenn - bar ist; nachdem jedoch verschiedentliche Male Eisendurchbrüche vor - gekommen sind, pflegt man in neuerer Zeit das Fundament massiv aufzuführen oder nur mit kleinen Kanälen von einigen Centimetern Durchmesser zu durchsetzen, während man sich mit einer Stärke von 1.5 2 m, soweit das Fundament sich unterhalb der Erde befindet, begnügt.

Auf dieses eigentliche Fundament pflegt sich eine, um 0.5 1 m aus dem Boden vorragende Mauerschicht aufzusetzen, welche den Boden -349Die Form und der Bau des Hochofens.stein des Ofens einschliesst. Ausserdem werden bei Oefen mit frei - stehendem Schachte in dem oberen Theile des Fundaments prismatische Mauerkörper aufgeführt oder Quader eingelassen, auf welchen mit Anker - schrauben die zur Aufnahme der Tragsäulen oder Ständer bestimmten gusseisernen Fussplatten befestigt werden.

Die Construction des Rauhgemäuers bei älteren, der Säulen, be - ziehentlich Ständer nebst Tragkranz bei neueren Hochöfen wurde bereits oben besprochen. Auf den soeben besprochenen Fussplatten werden die Säulen oder Ständer in irgend einer einfachen Weise be - festigt, welche die genaue Stellung derselben sichert.

Die Schächte. Man benutzt zu ihrer Herstellung natürlich vor - kommende feuerfeste Materialien (Quadersandsteine u. a.), häufiger Chamottesteine, welche genau der Form des Schachtes entsprechend gefertigt werden. Die Anwendung eisenoxydhaltigen Materials ist hier mit grösster Vorsicht zu vermeiden, da die aufsteigenden kohlenoxyd - reichen Gase sonst leicht Kohlenstoff ablagern (vergl. S. 230) und die Steine schon in kurzer Zeit zum Zerfallen bringen können. 1)Ein Vorfall dieser Art, welchen Limbor mittheilt, ist folgender. Im Jahre 1875 wurde nach neunmonatlichem Betriebe ein Hochofen der Friedrich-Wilhelms - hütte, dessen Schacht aus Garnkirksteinen hergestellt war, ausgeblasen. Es zeigte sich, dass die Schachtsteine allen Zusammenhang verloren hatten und mit einer schwarzen Substanz durchsetzt waren, welche neben 20 Theilen Eisenoxyd 24 Theile Kohlenstoff enthielt. Die noch unbenutzten Steine enthielten 6.23 Proc. Eisenoxyd. Vergl. Wochenschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1878, S. 259. Ein ähnlicher Fall wurde von Pattinson auf den Tees-Iron-Works in Middlesborough beobachtet (Journal of the Iron and Steel Inst. 1876).

Für die Benutzung zur Herstellung freistehender Schächte ohne Blechmantel müssen die Steine fernerhin widerstandsfähig gegen die Einflüsse der Atmosphärilien sein, eine Eigenschaft, welche nicht alle, übrigens ausreichend feuerfesten, Chamottesteine besitzen. Glaubt man in dieser Beziehung Befürchtungen hegen zu müssen, so überzieht man den fertigen Schacht wohl mit einem Anstriche aus heissem Theer.

Von der Anwendung zweier concentrischer, durch eine Füllung von einander getrennter Schächte, welche in früherer Zeit sowohl bei Oefen mit als ohne Rauhgemäuer sehr gebräuchlich war, kommt man, da sie in Wirklichkeit einen besonderen Nutzen nicht gewährt, mehr und mehr ab.

Die Stärke der Schachtsteine (d. h. die Differenz zwischen dem inneren und äusseren Radius des Hochofens) muss zum Theil von der Höhe des Hochofens abhängig und in Rücksicht auf den Umstand be - messen sein, dass die untersten Steinlagen das Gewicht des ganzen Ofenschachtes tragen müssen, ohne der Gefahr der Zerdrückung aus - gesetzt zu werden. Zweckmässig ist es deshalb, die Stärkeabmessungen der Steine von unten aufwärts allmählich abnehmen zu lassen, wodurch das Gewicht verringert und Material gespart wird. Bei mittelgrossen Oefen (15 20 m Höhe) pflegt eine Stärke der Schachtsteine im Fusse des Schachtes von 750 800 mm vollständig ausreichend zu sein, wäh - rend an der Gicht 600 mm Stärke genügt.

Bei den meisten Schächten entspricht die Länge der einzelnen Steine (in der Richtung des Ofenradius gemessen) der Stärke des350Der Hochofen.Schachtes, und jedenfalls ist die Wahl derartiger Steine vorzuziehen, wo man sie in der betreffenden Grösse und in gleich guter Beschaffen - heit als kleinere Steine erhalten kann. Bei künstlich dargestellten feuer - festen Steinen aber wächst mit ihrer Grösse die Schwierigkeit, sie gleich - mässig zu brennen; auch ist bei grossen Steinen die Handhabung beim Einmauern offenbar schwieriger, die Gefahr des Zerbrechens grösser als bei kleineren. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, bei Steinen, welche die ganze Dicke des Ofenschachtes zur Länge haben, die Höhe und Breite des Steines nicht allzu beträchtlich zu nehmen (bei Anwendung künstlicher feuerfester Steine aus bewährten Fabriken überlässt man am besten die Bestimmung der beiden letztgenannten Abmessungen dem Ermessen der Fabrik); manche Hochofenleute dagegen ziehen es vor, den Schacht aus kleineren Steinen herzustellen, von denen zwei bis drei auf die Mauerdicke kommen und welche im Verband zusam - mengefügt werden.

Für den Aufbau des Schachtes selbst kommen dieselben Regeln zur Anwendung wie für den Ofenbau überhaupt (vergl. S. 134).

Bodenstein, Gestell und Rast. Die Theile umschliessen den heisse - sten Theil des Hochofeninnern, und es ist deshalb bei der Auswahl des Materiales dafür eine fast noch grössere Sorgfalt erforderlich als für die Schachtsteine. Letztere sind vorwiegend chemischen Einflüssen durch die Gase des Hochofens und mechanischen Einflüssen durch die nieder - rückende Schmelzsäule unterworfen, haben aber selten eine Temperatur auszuhalten, welche über 1000°C. hinausgeht und in den höheren Schichten erheblich hinter dieser Ziffer zurückzubleiben pflegt; die Steine für Bodenstein, Gestell und Rast werden den höchsten Temperaturen ausgesetzt, welche überhaupt in unseren Oefen erzeugt werden, und haben dabei noch die chemischen Einwirkungen der geschmolzenen Körper und der Gase zu ertragen.

Für Holzkohlenhochöfen, welche graues Roheisen darzustellen be - stimmt sind, verwendet man mitunter Quadersandsteine oder Pudding - steine, wo solche in ausreichend fester Beschaffenheit und frei von eisen - schüssigen Stellen zu haben sind. Kokshochöfen erfordern, wenigstens für Rast und Gestell, ein anderes Material, theils wegen der in den - selben entwickelten höheren Temperatur, theils auch wegen des stärkeren Angriffs der beim Betriebe mit mineralischen Brennstoffen gebildeten basischeren Schlacke auf kieselsäurereiche feuerfeste Körper. Das vor - züglichste Material hierfür sind jedenfalls Chamottesteine aus einer Fabrik, deren Erzeugnisse bereits für diesen Zweck Bewährung ge - funden haben. Die berühmtesten Steine dieser Art sind die von Garn - kirk in Schottland; und da für einen derartigen Zweck die An - schaffungskosten eine nur geringere Wichtigkeit besitzen können als die geringere oder grössere Dauerhaftigkeit des Materials, so benutzt man auch auf vielen Hochofenwerken ausserhalb Grossbritanniens jene Garnkirksteine für den genannten Zweck. 1)Damit soll keineswegs gesagt sein, dass nicht auch einzelne Fabriken des Continents, insbesondere Deutschlands, Gestellsteine zu liefern im Stande seien, welche sich den Garnkirksteinen ebenbürtig zur Seite stellen können.Für den Bodenstein dagegen351Die Form und der Bau des Hochofens.und auch wohl für den Herd, welche Theile dem Wegschmelzen nicht ganz in dem Maasse als die Theile oberhalb der Formöffnungen unter - worfen sind, benutzt man auch bei Kokshochöfen nicht selten aus Billigkeitsrücksichten ein anderes Material, Chamottesteine aus inländi - schen Fabriken oder auch natürlich vorkommende feuerfeste Steine (z. B. Puddingsteine).

Verhältnissmässig selten, aus den schon auf S. 134 entwickelten Gründen, wendet man jetzt Massezustellungen für Hochöfen an.

Den Bodenstein pflegte man in früherer Zeit nicht unmittelbar auf das Fundament zu legen, sondern man führte zunächst auf dem Fundamente aus Ziegelsteinen eine Anzahl sich kreuzender Kanäle von etwa 10 cm Höhe und Breite auf, welche in einzelnen grösseren zu Tage führenden Kanälen mündeten. Die Abbildungen Fig. 77 auf S. 338 und Fig. 91 lassen diese Kanäle erkennen. Bei Oefen mit Rauhgemäuer pflegten jene kleine - ren Kanäle unterhalb des Boden - steines in zwei sich rechtwinklig kreuzende Hauptkanäle auszulau - fen, welche in der Mitte je zweier Eckpfeiler in senkrechten Kanälen mündeten; letztere führten inner - halb des ganzen Rauhgemäuers nach oben und bewirkten ebenso wie eine Esse die Ableitung der unten sich bildenden Dämpfe. Jene beiden erwähnten, kreuzförmig sich durchschneidenden Hauptkanäle werden ihrer Form halber das Andreaskreuz genannt.

Sämmtliche Kanäle, soweit der Bodenstein sich erstreckt, wurden nun durch eiserne Platten abge - deckt, auf diese kam gewöhnlich

Fig. 91.

eine Sandschicht (o in Fig. 91), welche äusserlich durch Mauerwerk begrenzt wurde, und auf die Sandschicht wurde nun erst der Boden - stein gelegt.

Auch bei neueren Hochöfen behält man die Anordnung von Ka - nälen unterhalb des Bodensteins in denjenigen Fällen bei, wo man bleiische Erze verhüttet, damit das durch den Bodenstein hindurch entweichende Blei sich innerhalb der Kanäle sammeln und nach aussen abfliessen könne. Die Anordnung der Kanäle für diesen Zweck muss eine solche sein, dass sie nach einem oder mehreren Hauptkanälen hin abfallen; letztere, welche ebenfalls nach aussen hin entsprechenden Fall haben, münden gewöhnlich in einer schachtartigen, von oben her zugänglichen Vertiefung innerhalb des Fundaments. Durch Unter -352Der Hochofen.haltung eines Koksfeuers vor den Kanälen verhütet man das vorzeitige Erstarren des Bleis. 1)Eine Abbildung eines derartigen Kanalsystems findet der Leser in Perey - Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. II, Bd. 2, S. 915.

Wo dagegen dieser Zweck nicht vorliegt, pflegt man bei neueren Hochöfen die Kanäle ganz fehlen zu lassen und den Bodenstein un - mittelbar auf das Fundament zu legen.

Da der Durchmesser des Bodensteins ungefähr so gross sein muss, als der äussere Durchmesser des Gestelles, so ist auch bei kleinen Hochöfen die Herstellung desselben aus einem einzigen Stücke nur selten möglich, und er muss in den meisten Fällen aus mehreren neben einander liegenden Stücken zusammengefügt werden.

Damit nicht das flüssige hocherhitzte Roheisen in die Fugen ein - dringe und den Stein beschädige, müssen letztere mit Sorgfalt hergestellt werden und die einzelnen Stücke müssen genau aneinander passen; damit aber nicht etwa einzelne dieser Stücke aus ihrer Lage kommen, durch das geschmolzene Metall in die Höhe gehoben werden können, müssen sie in solcher Weise verbunden werden, dass immer ein Stück das andere unverrückbar in seiner Lage festhält.

Verhältnissmässig einfach lässt sich diese Aufgabe lösen, wenn der Boden aus natürlich vorkommenden feuerfesten Steinen, die in grösseren Stücken zu haben sind, gefertigt wird und der Durchmesser des Ge - stelles nicht sehr gross ist. Fig. 91 auf S. 351 lässt die in diesem Falle ge - bräuchliche Anordnung erkennen. Der Boden wird aus einzelnen verhält - nissmässig langen Stücken a a gefertigt, welche von einer Seite des Ofens zur andern hinübergehen und auf denen die Seitenwände des Gestelles aufruhen. In der vorliegenden Abbildung, welche das vierseitig pris - matische Gestell eines Holzkohlenhochofens darstellt, bestehen die Seiten - wände b aus je einem einzigen Stücke (den sogenannten Backensteinen), welches über sämmtliche Stücke des Bodens a a hinüber reicht. Natür - lich ist auf solche Weise eine grosse Sicherheit für die feste Lage des letzteren gegeben.

Bei Benutzung von Chamottesteinen für Herstellung des Bodens würde es nicht möglich sein, denselben die erforderliche Länge für eine derartige Anordnung zu geben. Man hilft sich in diesem Falle gewöhnlich, indem man den mittleren Stücken des Bodens Keilform giebt und die daran stossenden in schräger Stellung dagegen legt, ähn - lich als wenn man einen umgekehrten scheitrechten Bogen herstellen wollte. Die Abbildungen von Kokshochöfen Fig. 83 (S. 343) und Fig. 84 (Tafel) lassen diese Anordnung erkennen. Die äussersten dieser Steine treten unter die Steine des Gestelles und werden von diesen in ihrer Stellung festgehalten, während sie selbst es den übrigen Steinen unmög - lich machen, aus ihrer Lage zu weichen. Gewöhnlich werden zwei Schichten solcher Steine über einander angebracht, wobei natürlich die Fugen der unteren Schicht durch die Steine der oberen abgedeckt werden. Rings herum pflegt man aus horizontal liegenden Steinen, welche sich kreissegmentförmig an das von den inneren Steinen ge - bildete Quadrat anschliessen, eine äussere Begrenzung des Bodensteins herzustellen.

353Die Form und der Bau des Hochofens.

Die Stärke des Bodensteins beträgt bei Holzkohlenhochöfen ge - wöhnlich 30 40 cm, bei Kokshochöfen und Herstellung aus Chamotte - steinen kaum unter 1 m, häufiger 1.25 1.5 m.

In allen Fällen muss die Oberkante des Bodensteins so weit über die Erdoberfläche hervorragen, dass für das aus dem Ofen abfliessende Roheisen das nöthige Gefälle bis zum Giessbette hin gewahrt bleibt.

Die Anordnung der Gestellsteine ist ziemlich einfach. Die oben gegebene Abbildung Fig. 91 zeigt die Art und Weise, wie die aus natürlich vorkommendem Materiale bestehenden Steine eines pris - matischen Holzkohlenhochofen-Gestelles zusammengefügt werden. b ist, wie schon erwähnt, der eine von zwei parallelen Backensteinen, welche sich von vorn bis nach hinten erstrecken; an der Rückseite schliessen sie den Rückenstein c ein, vorn, auf beiden Backensteinen aufruhend, schliesst der Tümpelstein f das innere Gestell ab, während der Wall - stein d gewöhnlich vor den Backensteinen hindurch geht und zwischen den Pfeilern des Rauhgemäuers endigt. Die Einfügung der übrigen Gestellsteine e, g, h bietet kaum etwas Bemerkenswerthes.

Kreisrunde Gestelle aus Chamottesteinen stellt man aus einzelnen Lagen segmentförmiger Steine her. Freistehenden Gestellen für Koks - hochöfen pflegt man eine Mauerstärke von 0.9 1 m zu geben. Ob man dazu Steine benutzt, deren Länge jedesmal gleich der ganzen Mauer - stärke ist oder ob man kürzere Steine in mehreren Schichten hinter - einander zusammenfügt, hängt auch hier, wie bei der Herstellung des Schachtes, vornehmlich von der Beschaffenheit der Steine selbst ab; doch dürfte erstere Methode bei der Gestell - und Rastmauerung mehr noch als bei der Schachtmauerung den Vorzug verdienen, und sie ist deshalb auch die bei weitem üblichere. Für die Anbringung der Formen, des Stichs u. s. w. müssen selbstverständlich die entsprechenden Oeff - nungen gelassen werden, und man muss von vorn herein bei Her - stellung der Steine hierauf Rücksicht nehmen.

Erhält der Ofen bei freistehendem Gestell offene Brust, so muss der Wallstein zwischen den Steinen des Gestelles seine Stellung er - halten und die letzteren müssen in Rücksicht hierauf an der betreffen - den Stelle entsprechend weit vorspringen, wie die Abbildung Fig. 92 auf S. 354 erkennen lässt. Die vorderen Flächen dieser Vorsprünge werden mit starken gusseisernen Platten a a (Fig. 92 94) bekleidet, um gegen Beschädigungen geschützt zu sein; und in den Platten giesst man ge - wöhnlich Löcher ein zur Befestigung von Haken, welche zur Unter - stützung schwerer, beim Betriebe benutzter Werkzeuge Verwendung finden können.

Die Befestigung der Platten geschieht theils durch Schrauben, welche in die Gestellsteine eingelassen werden, theils durch Bänder, welche an den Platten befestigt sind und um das Gestell herumlaufen, während ein Paar Queranker oben und unten die beiden Platten unter sich verbinden (vergl. Fig. 92 und 93).

An diesen Stirnplatten des Gestelles kann nun auch die als Schutz für den Wallstein dienende Wallplatte b durch Haken und Keile oderLedebur, Handbuch. 23354Der Hochofen.in ähnlicher Weise befestigt werden. An der Oberkante derselben und zwar ganz an dem einen Ende des Wallsteines wird bei Oefen, deren

Fig. 92.

Fig. 93.

Fig. 94.

Schlacke von selbst abfliesst (sämmtlichen Kokshochöfen und den auf weisses Roheisen arbeitenden Holzkohlenhochöfen), ein Einschnitt c an - gebracht, die Schlackenspur genannt, durch welche die Schlacke aus -355Die Form und der Bau des Hochofens. Massezustellung.tritt, um auf der schon erwähnten Schlackentrift hinab zu fliessen. An der entgegengesetzten Seite befindet sich das Stichloch d.

Die Breite der Brustöffnung ist bei kleinen Oefen gleich dem Durchmesser des Gestelles. Hat das letztere, wie bei älteren Holz - kohlenhochöfen, quadratischen Querschnitt, so werden durch diese Ein - richtung allerdings, wie schon erwähnt wurde, die Windformen, an denen vorzugsweise sich erstarrte Massen anzusetzen pflegen, sehr leicht von aussen her erreichbar. Bei grossen Oefen mit weiten Gestellen würde jedoch eine dem Durchmesser gleiche Breite der Brustöffnung mancherlei Unzuträglichkeiten mit sich führen. Man pflegt deshalb in diesen Fällen jener Oeffnung eine Breite von nicht über 1 m zu geben, zumal da bei diesen grossen Oefen, welche mit hocherhitztem Winde betrieben zu werden pflegen, jener ursprüngliche Zweck der Einrichtung einer offenen Brust, die Ermöglichung des Losbrechens erstarrter Massen in der Formgegend, eine geringere Bedeutung besitzt, als es früher beim Betriebe mit kaltem Winde und zäher Schlacke der Fall war.

Den Tümpel e Fig. 93 mauert man bei Benutzung von Chamotte - steinen aus einzelnen Keilstücken als sogenannten scheitrechten Bogen und giebt zu diesem Zwecke den als Widerlager dienenden Seitenwänden der Brustöffnung eine entsprechende Abschrägung. Die Höhe jener Oeffnung des Gestelles, in welche der Tümpel eingesetzt wird, pflegt man etwas beträchtlicher zu nehmen als gerade für den Tümpel allein erforderlich sein würde, und dann den oberen Theil derselben durch eingesetzte Steine f f zu schliessen. Das Tümpeleisen g Fig. 94, welches die untere und gewöhnlich auch die Vorderseite des Tümpels vor Be - schädigungen zu schützen bestimmt ist, wird unten1)Vergl. : Die Kühlungen. eingehendere Besprechung finden (in Fig. 93 ist das Tümpeleisen weggenommen gedacht).

Von der gegenseitigen Stellung des Wallsteines, Tümpels und der Windformen war bereits auf S. 328 die Rede.

Die Anordnung der Raststeine ist aus den bereits gegebenen Abbildungen (Fig. 83, 84, 94) erkennbar. Sie bestehen aus einzelnen Segmentstücken, welche äusserlich in Rücksicht auf die erforderliche Verankerung durch Cylinderflächen begrenzt sind.

Gewöhnlich lässt man die oberste Schicht der Raststeine, wie bei Fig. 83 und 84, keilartig auslaufen. Eine andere Anordnung, vornehm - lich zu dem Zwecke, die hierbei entstehende scharfe Kante der oberen Raststeine zu vermeiden, zeigt Fig. 94. Die bei h h gebliebene Fuge schliesst sich beim Anheizen des Ofens infolge des Wachsens des Ge - stelles von selbst.

Die Einrichtung einer Massezustellung ist aus Fig. 79 auf S. 340 zu ersehen; und die Herstellung derselben ist bereits auf S. 134 kurz erwähnt worden.

Man benutzt für die Massezustellung der Hochöfen so viel als thunlich die alte Masse, welche nach dem Ausblasen des Hochofens23*356Der Hochofen.herausgeschlagen wird, zerstösst und siebt dieselbe, versetzt sie mit so viel feuerfestem Thon und Magerungsmitteln (gepochten Feuerstein - knollen oder dergl. ), als zur Herstellung der erforderlichen Bildsamkeit einerseits und zum Ersatze des stattgehabten Verlustes an Masse anderer - seits erforderlich ist, weicht das Gemenge in Wasser ein und lässt es durch Treten auf einer Holzunterlage oder unter Benutzung einer Misch - maschine sorgfältig vermengen. Die Menge des zugesetzten Wassers darf nur eine solche sein, dass die Masse unter starkem Drucke eben bildsam ist, ohne an den Händen zu kleben. 1)Auf den Eisenwerken, wo man Massezustellungen verwendet, ist das beste Mischungsverhältniss der einzelnen Bestandtheile gewöhnlich durch langjährige Er - fahrung erprobt; z. B. 4 Maasstheile gepochter Quarz, 1 Maasstheil feuerfester Thon, 12 Thle. alte Masse; oder ähnlich.

Zunächst beginnt das Einstampfen des Bodens. Derselbe ist rings herum von Ziegelmauerwerk in gleicher Höhe umgeben, welches bereits fertig hergestellt sein muss, ehe das Stampfen beginnen kann. Nun schüttet man von der fertig zubereiteten Masse eine Lage von mehreren Centimetern Höhe in die Vertiefung, breitet sie flach aus und stampft sie mit Hilfe eiserner, an hölzernen Stielen befestigter Stampfer, welche zuvor etwas angewärmt wurden, allmählich so fest, bis sie vom Nagel des Schuhes keinen Eindruck mehr annimmt. Dann kratzt man, damit die folgende Schicht sich besser mit der ersten verbinde, die Oberfläche mit einem scharfen Werkzeuge etwas rauh, schüttet eine frische Lage Masse ein und fährt in dieser Weise fort, bis der Bodenstein in seiner ganzen Höhe fertig zugestellt ist.

Auch das Gestell und die Rast, sofern letztere überhaupt in Masse gefertigt werden soll2)Mitunter begnügt man sich, nur den Boden und das Gestell in Masse her - zustellen, die Rast aber aus Chamottesteinen zu mauern., müssen äusserlich durch Mauerwerk aus feuer - festen oder gewöhnlichen Ziegeln begrenzt sein, welches vorher fertig gestellt und innerhalb dessen das Einstampfen vorgenommen wird. Man bringt nun ein aus Brettern oder auch aus dünnen Gusseisenplatten zusammengefügtes und gut versteiftes Modell, dessen äussere Umrisse genau den inneren Umrissen des herzustellenden Gestelles u. s. w. ent - spricht, in den Ofen, schüttet Masse rings herum und fährt nun in der - selben Weise wie bei der Herstellung des Bodensteins mit dem Stampfen fort. Zur Erleichterung des Einstampfens lässt man das Modell aus mehreren Abtheilungen über einander bestehen, welche der Reihe nach erst eingesetzt werden, wenn das untere Stück fertig umstampft ist. Schliesslich zieht man das Modell, welches zu diesem Zwecke zerlegbar sein muss, nach oben heraus.

Der Wallstein wird erst eingesetzt, beziehentlich eingestampft, wenn alles Uebrige vollständig fertig ist.

Nun folgt ein sehr allmähliches Trocknen der Massezustellung durch ein vor dem Ofen unterhaltenes Feuer, welches mehrere Wochen hindurch ununterbrochen fortgesetzt wird. Trocknet man zu rasch, so entstehen Risse, oder es werden wohl gar Theile der Zustellung durch die sich entwickelnden Wasserdämpfe zum Abblättern veranlasst.

Erst wenn in solcher Weise das Wasser vollständig verflüchtigt ist, kann man die Temperatur steigern, indem man die Feuerung in357Die Form und der Bau des Hochofens. Kühlungen.den Ofen selbst verlegt, und solcherart zu dem Anwärmen über - gehen, welches die erste Arbeit des später beschriebenen Anblasens eines Hochofens ist.

Das erwähnte langsame Austrocknen der Massezustellung ver - zögert natürlich die Fertigstellung des Hochofens für den Wiederbeginn des Betriebes beträchtlich, ein Umstand, welcher mitunter allein schon ausreichend sein kann, der Steinzustellung den Vorzug einzuräumen.

Die Kühlungen.

Seit der Einführung der Anwendung erwärmten Windes beim Hochofenbetriebe stellte sich mehr und mehr die Nothwendigkeit heraus, einzelne dem Wegschmelzen vorzugsweise stark unterworfene Theile durch eine künstliche Kühlung zu schützen. Für diesen Zweck ist allein Wasserkühlung benutzbar; Luftkühlung würde aus den auf S. 131 be - sprochenen Gründen und in Rücksicht auf den ununterbrochenen Be - trieb eines Hochofens (wobei jede periodische Abkühlung desselben weg - fällt) einen nur sehr unerheblichen Erfolg liefern können.

Die Wasserkühlung wird ausgeführt, indem man einen höher gelegenen, ausreichend grossen Behälter anordnet, welcher ununter - brochen mit Wasser gefüllt erhalten wird und von welchem aus das letztere durch Rohrleitungen am bequemsten sind Bleirohre den betreffenden Theilen zugeführt wird, um dann durch Ableitungsrohre nach einer Schleusse oder dergleichen entfernt zu werden.

Da in verschiedenen Hochöfen die Temperaturen nicht immer die - selben sind, so erklärt es sich, dass auch der Umfang der angewendeten Kühlvorrichtungen ziemlich grosse Abweichungen zeigt. Mit je heisserem Winde man arbeitet, desto höher ist auch die vor den Formen ent - wickelte Temperatur, desto sorgfältiger müssen die umgebenden Theile gekühlt werden; beim Betriebe auf graues Roheisen ist eine höhere Temperatur erforderlich als beim Betriebe auf gewöhnliches silicium - und manganarmes; beim Betriebe mit Koks, Steinkohlen, Anthraciten werden durchgängig höhere Temperaturen als beim Betriebe mit Holz - kohlen im Verbrennungsraume erzeugt; u. s. f.

Die Windformen. So lange man die Hochöfen nur mit kaltem Winde betrieb, bestanden die Windformen häufig nur aus einer kupfernen, conisch gestalteten (nach innen sich verengenden) Hülse, welche in die betreffende Oeffnung des Gestelles eingesetzt und mit feuerfestem Thon umstampft wurde.

Sobald man aber anfing, erwärmten Wind anzuwenden, zeigte sich eine derartige Form als vollständig unbrauchbar infolge des Umstandes, dass die Verbrennung jetzt rascher, also in grösserer Nähe der Form, vor sich ging und die hierbei entwickelte höhere Temperatur die Form oft schon nach Verlauf weniger Stunden zum Schmelzen brachte.

Bei allen Hochöfen wendet man deshalb jetzt wassergekühlte For - men an.

Im Laufe der Zeit sind ziemlich zahlreiche verschiedene Einrich - tungen für die Kühlung der Formen getroffen worden. Die üblichste ist die in Fig. 95 in 1 / 15 der wirklichen Grösse abgebildete. Die schlank conische Form hat doppelte Wände und an der Rückseite zwei Rohr -358Der Hochofen.ansätze a und b, durch welche das Wasser ein - und austritt und welche zu diesem Ende mit der Bleirohrleitung verbunden werden. Am besten lässt man das Wasser durch den unteren Stutzen ein - und durch den oberen austreten; man erreicht dadurch, dass stets die ganze Form mit Wasser gefüllt bleibt und Dampfbildung nicht eintreten kann, so lange der Zu - und Abfluss nicht unterbrochen ist.

Das am häufigsten für die Herstellung derartiger Formen benutzte Material ist Bronze, aus welcher die Formen in einem Stücke gegossen werden. Die Herstellung erfordert aber, wenn die Form haltbar sein soll, Umsicht und praktische Erfahrung, und man sollte deshalb diese Formen nur aus Fabriken beziehen, welche die Anfertigung als Specia -

Fig. 95.

lität betreiben. Phosphorbronze1)Bekanntlich eine durch geringen Zusatz von Phosphorzinn oder Phosphor - kupfer zur Zerstörung gelöster Oxyde veredelte Bronze. wird als besonders geeignet für diesen Zweck bezeichnet.

Der mit Wasser gefüllte Raum einer derartigen Form ist nun aber, so lange sie in Benutzung ist, vollständig unzugänglich. In demselben wird sich aus dem hindurchfliessenden Wasser allmählich Schlamm und unter Umständen Kesselstein ablagern, und zwar werden sich diese Ablagerungen vorzugsweise in dem nach dem Ofen hin gewendeten engeren Ende der Form, dem sogenannten Rüssel, anhäufen, wo die stärkste Erhitzung stattfindet. Es wird dadurch nicht allein der Durch - fluss des Wassers erschwert, sondern, je stärker die abgelagerte Schicht anwächst, desto weniger wird auch der dem Feuer ausgesetzte Theil der Form noch gekühlt werden, desto leichter wird ein Leckwerden derselben eintreten.

359Die Form und der Bau des Hochofens. Die Windformen.

Je mehr feste Bestandtheile das zur Kühlung bestimmte Wasser ablagert, desto häufiger wird ein Auswechseln derartiger Formen erfor - derlich werden, desto weniger geeignet sind sie für ihren Zweck.

Aus diesem Grunde hat man verschiedentlich Formen in Anwen - dung gebracht, welche hinten offen sind, somit eine Reinigung von abgelagerten Körpern gestatten und nur durch eingespritztes Wasser kühl erhalten werden. Eine der einfachsten Einrichtungen dieser Art ist die von G. Hilgenstock, Hüttendirector in Hörde, construirte Form

Fig. 96.

(D. R. P. Nr. 8867), welche auf verschiedenen Hochofenwerken mit gutem Erfolge eingeführt wurde und in Fig. 96 in 1 / 15 der wirklichen Grösse abgebildet ist. a ist die eigentliche Form, aus Eisenblech gefertigt und an der Rückseite vollständig offen. In dem oberen Zwischenraume zwi - schen innerer und äusserer Wand befindet sich das mit zahlreichen Oeffnungen versehene Wasserleitungs-Mundstück b von schaufelartiger Form, welches sich leicht an dem Zuleitungsrohre befestigen lässt, und aus dem das Wasser in einzelnen Strahlen gegen die Wände der Form gespritzt wird, um dann abwärts zu rieseln und schliesslich durch das360Der Hochofen.Rohr c entfernt zu werden. Auf diese Weise ist nicht allein eine Reinigung der Form möglich, sondern auch ein eigentliches Leckwerden und Eintreten von Wasser in den Ofen ein Vorfall, der bei den Formen der zuerst beschriebenen Gattung gar nicht selten ist und die übelsten Folgen nach sich ziehen kann ganz vermieden. 1)Formen von ähnlicher Einrichtung als die Hilgenstock’sche wurden früher schon von Teichmann (Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. 2, S. 384), Hodgett (Berg - u. hüttenm. Ztg. 1870, S. 447), Plum (Journal of the Iron and Steel Institute 1878, No. I, p. 299) und Lloyd (Grothe’s Polyt. Ztschr. 1876, Nr. 29, 30) in Anwendung gebracht.

Die Länge aller Hochofenformen pflegt 30 40 cm zu betragen. Der Durchmesser des Auges der Form, d. h. der dem Ofen zugekehrten Oeffnung, durch welche der Wind austritt, ist gewöhnlich gleich dem Durchmesser der Düse (des Mundstückes der Windleitung) oder nur wenig grösser als dieser und demnach von der Windmenge, Wind - temperatur, Windpressung und Anzahl der Formen abhängig. Bei den meisten Hochöfen beträgt dieser Durchmesser 5 10 cm.

Ueber die Stellung der Formen gegen einander ist bereits auf S. 337 das Erforderliche mitgetheilt worden. Die Richtung der Form - achse ist meistens horizontal.

Wichtiger als kleine Abweichungen in dieser Beziehung ist die Lage des Formrüssels im Ofen selbst. In früherer Zeit schob man die Formen in der Formöffnung des Gestelles nur so weit vor, dass die Ebene des Formauges mit der Ofenwand abschnitt. Ein Hineinragen der stets kühl erhaltenen Form in den Gestellraum würde in der That, so lange man nicht mit stark erhitztem Winde blies, leicht die Bildung erstarrter und schwierig zu beseitigender Ansätze von Schlacke oder Eisen an der Form bewirkt haben, wodurch, besonders bei engem Durchmesser des Gestelles, der regelmässige Verlauf des Schmelzganges beeinträchtigt werden kann. Deshalb pflegt man auch jetzt noch bei Holzkohlenhochöfen, insbesondere wenn sie zur Graueisendarstellung bestimmt sind, diese Anordnung beizubehalten. Der durch die Form eintretende Wind wird nun allerdings vermöge seiner lebendigen Kraft theilweise bis gegen die Mitte des Gestelles vordringen, sofern seine Pressung ausreichend gross ist; ein anderer Theil aber wird auch durch die Widerstände im Ofen schon in geringer Höhe über den Formen an die Wände zurückgedrängt werden, um hier empor zu steigen. Die Folge hiervon ist einestheils jene schon mehrfach erwähnte Verringerung der in der Mitte des Ofens aufsteigenden Gasmenge und Anhäufung der - selben an den Wänden, wodurch der Reductionsprocess benachtheiligt wird; anderntheils ein rasches Wegschmelzen der Gestellwände in einigem Abstande über den Formen, weil hier in unmittelbarer Berührung der - selben die Verbrennung durch die aufsteigende Gebläseluft stattfindet. Gewöhnlich entsteht an dieser Stelle eine förmliche Ausbauchung, wäh - rend der obere Theil des Gestelles sofern dasselbe hoch genug ist seinen Durchmesser weit langsamer erweitert.

Lässt man dagegen, wie bei den in Fig. 95 und 96 abgebildeten Formen, den Rüssel in das Gestell hineinragen, so wird dieser Uebel - stand abgemindert. Der Wind wird bei vorgeschobenen Formen in einem weiteren Gestelle mit derselben Leichtigkeit bis zur Ofenmitte gelangen361Die Form und der Bau des Hochofens. Die Windformen.als in einem engeren mit zurückstehenden Formen; ja, der Umstand, dass die Widerstände in dem weiteren Gestelle geringer sind als in einem engeren, wird jenes Vordringen des Windes und die gleich - mässige Vertheilung desselben noch erleichtern. Man erlangt also durch Vorschieben der Formen auch bei Anwendung weiterer Gestelle, deren Vorzüge früher erörtert wurden, wenigstens theilweise die Vortheile, welche man früher durch enge Gestelle zu erreichen strebte, ohne deren grosse Nachtheile mit in Kauf nehmen zu müssen.

Natürlicherweise giebt es auch in dieser Beziehung eine Grenze, welche nicht ohne Nachtheil für die Leistungsfähigkeit, den Brennstoff - verbrauch und die Gleichmässigkeit des Schmelzganges eines Hochofens überschritten werden darf. Diese Grenze ist von der Form und Grösse des Ofens, von der Windpressung und Windtemperatur, von der Be - schaffenheit der Schmelzmaterialien abhängig. Nach Cochrane1)Vergl. Literatur. stei - gerte sich bei einem Ofen, dessen Gestelldurchmesser 2.44 m war, während die Formen um 305 mm in denselben hineinragten, die Wochen - production von 483 t auf 599 t, nachdem man die Formen soweit zu - rückgezogen hatte, dass sie nur noch 150 mm hineinragten. Der Brenn - stoffverbrauch per Woche nahm hierbei nur von 603 auf 630 t zu, war also, auf die Gewichtseinheit dargestellten Roheisens bezogen, ebenfalls entschieden günstiger, nachdem die Formen zurückgezogen worden waren.

Bei kleineren Hochöfen setzt man die Formen häufig unmittelbar in die entsprechend grössere Formöffnung ein und schliesst den rings herum bleibenden Raum mit feuerfester Masse; bei grösseren Hochöfen dagegen und insbesondere bei vorgeschobenen Formen benutzt man einen Rahmen zur Befestigung der letzteren, welcher selbst mit Wasser gekühlt und zum Auswechseln eingerichtet ist. Die obigen Abbildungen Fig. 95 und 96 lassen zwei verschiedene Einrichtungen dieses Rahmens oder Kastens erkennen. Bei Fig. 95 besteht derselbe aus Gusseisen mit eingegossenen schmiedeeisernen Rohren, welche ihn in verschiedenen Windungen durchziehen und durch welche ununterbrochen Wasser ge - leitet wird. Die unten mitgetheilten Abbildungen Fig. 97 99 lassen noch deutlicher die Construction eines solchen Kühlkastens erkennen. Damit der Kasten leicht ausgewechselt werden kann, macht man die zur Aufnahme desselben bestimmte Oeffnung im Gestell etwa 70 mm höher und 55 mm breiter als die Abmessungen des Kastens betragen und mauert nach beendigtem Einsetzen den Zwischenraum mit feuer - festen Steinen aus. Die hintere Seite des Kastens schliesst mit der inneren Fläche des Gestelles ab.

Bei der Form Fig. 96 besteht der Kasten aus Schmiedeeisen, ist hinten offen und wird wie die Form selbst durch eingespritztes Wasser kühl erhalten, welches bei d zufliesst und bei c gemeinschaftlich mit dem Kühlwasser der Form abfliesst.

Die Schlackenformen. Trotz der bereits erwähnten Vortheile, welche die Anwendung einer geschlossenen Brust bei Eisenhochöfen gewährt, war diese Einrichtung bis zur Mitte der sechziger Jahre nur sehr ver - einzelt und zwar bei Holzkohlenhochöfen, welche bei leichtflüssiger Schlacke weisses Roheisen darstellten, in Anwendung. Der Grund hierfür362Der Hochofen.wurde bereits früher angedeutet: für eine zähflüssige Schlacke, wie sie noch jetzt in Holzkohlenhochöfen für Graueisendarstellung zu erfolgen pflegt, ist die geschlossene Brust wegen der leicht entstehenden Ver - setzungen überhaupt nicht anwendbar; eine dünnflüssige Schlacke aber, sei es, dass sie an und für sich schon infolge ihrer chemischen Beschaffen - heit einen niedrigen Schmelzpunkt besitzt und deshalb dünnflüssig ist, sei es, dass sie infolge starker Ueberhitzung beim Betriebe mit Koks und hocherhitztem Winde diese Beschaffenheit angenommen hat, wird, sofern man sie ohne Weiteres durch eine Oeffnung im Gestellsteine auslaufen lässt, diese bald erweitern und eine Auswechselung des Steines nothwendig machen.

Fig. 97.

Diese Schwierigkeiten werden beseitigt, wenn man die Schlacken - öffnung aus einer ebenfalls mit Wasser gekühlten Metallhülse bestehen lässt; und auf dieser Thatsache beruht die Einrichtung der von Fr. Lür - mann in Osnabrück erfundenen sogenannten Lürmann’schen Schlackenform.

Die Abbildungen Fig. 97 99 zeigen die Einrichtung derselben in 1 / 15 der wirklichen Grösse.

B ist die eigentliche Schlackenform, aus Bronze nach Art der bronzenen Windformen mit doppelten Wänden und Wasserkühlung363Die Form und der Bau des Hochofens. Lürmann’s Schlackenform.gefertigt. Das dem Ofeninnern zugekehrte Auge derselben hat 25 bis 40 mm Durchmesser, je nachdem die Schlacke mehr oder weniger dünn - flüssig und die Menge dersel - ben, welche in der Zeiteinheit abfliessen muss, geringer oder beträchtlicher ist. Die Lage der Schlackenform muss eine solche sein, dass sie sich 35 bis 40 mm tiefer als die Wind - formen und an einer solchen Stelle des Ofens befindet, von wo die ausfliessende Schlacke leicht entfernt werden kann. Unzweckmässig würde es des - halb sein, die Schlackenform in die Nähe des Eisenstich - loches zu legen, weil in die - sem Falle die an beiden Stel - len vorzunehmenden Arbei - ten einander behindern wür - den. Für das Einsetzen der Schlackenform wird im Mau - erwerk des Gestelles zunächst eine entsprechend grosse (ge - wöhnlich 70 cm hohe, 50 cm breite) Oeffnung ausgespart und oben mit Eisenplatten C C abgedeckt. Die Platten halten sich auch ohne Küh - lung ausreichend gut und

Fig. 98.

schmelzen nur so weit weg, als das Gestell sich allmählich erweitert. In diese Oeffnung kommt zunächst der wassergekühlte gusseiserne

Fig. 99.

Kasten A, dessen Einrichtung aus den Abbildungen zu ersehen ist und mit derjenigen des schon oben erwähnten Kühlkastens für die Windform364Der Hochofen.Fig. 95 ziemlich genau übereinstimmt. Das zur Kühlung desselben bestimmte Schmiedeeisenrohr wird vor dem Gusse des Kastens ent - sprechend gebogen und dann in die Gussform eingelegt. Die Windungen desselben sind aus Fig. 97 und 98 zu ersehen. Die hintere Fläche des Kastens schneidet auch hier mit der Gestellwand ab.

In dem Kasten ist die Oeffnung zum Einsetzen der Schlackenform ausgespart und über derselben ein einfacher Riegel c angebracht, welcher, sobald er in seine tiefste Stellung geschoben wird, die eingesetzte Schlackenform in ihrer Lage festhält und vor dem Herausfallen schützt. Jene kreisrunde Oeffnung in dem Kühlkasten zur Aufnahme der Schlackenform hat an der Seite noch eine rechteckige Erweiterung d (Fig. 98), welche für gewöhnlich mit Thon verschlossen gehalten wird. Dieselbe hat einen doppelten Zweck. Sie wird zum Ablassen der Schlacke benutzt, wenn dieselbe aus irgend einem Grunde nicht durch die Schlackenform selbst zum Abfliessen zu bringen sein sollte; muss aber die Schlackenform ausgewechselt werden, so schiebt man durch diese Oeffnung einen Haken in den Ofen und reisst sie mit Hilfe des - selben heraus, nachdem der Riegel c gelöst worden ist.

Vor der Schlackenform stellt man in der Oeffnung des Gestelles zwei Gusseisenplatten e e in einer Entfernung von etwa 4 cm von den Seitenwänden auf und bildet zwischen denselben aus Thon oder Lehm die Rinne für die abfliessende Schlacke. Der 4 cm breite Raum hinter den Platten kann zum Einlassen von Wasser benutzt werden, sofern die Platten zu stark erhitzt werden sollten.

Seit Einführung der Lürmann’schen Schlackenform sind in Rück - sicht auf die bedeutenden Vortheile, welche dieselbe für den Betrieb des Hochofens gewährt, die meisten Hochöfen Deutschlands und zahl - reiche Hochöfen Nordamerikas, Frankreichs und anderer Länder mit derselben versehen worden, sowohl neu gebaute als auch solche, welche früher mit offener Brust eingerichtet waren. Weniger häufig findet sich die Lürmann’sche Schlackenform in Grossbritannien, und in Belgien ist sie bislang noch gar nicht eingeführt worden; man stellt dort die meisten Oefen in früherer Weise mit offener Brust zu. Eine ähnliche Einrichtung ist in England durch Ch. Wood in Vorschlag gebracht. 1)Vergl. Literatur.

Der Roheisenstich. Eine ebenfalls von Lürmann eingerichtete Kühlung der Eisenabstichöffnung bei Oefen mit geschlossener Brust ist in Fig. 100 und 101 abgebildet und wird einer besonderen Erläuterung nicht bedürfen. Die horizontale Deckplatte F wird ununterbrochen mit Wasser gekühlt. Die senkrechte Platte G wird überhaupt erst ein - gesetzt, wenn durch das Wegschmelzen die Stärke der Gestellwand am Stichloche geringer als 200 mm geworden ist. Mitunter aber genügt in diesem Falle die Abkühlung durch die Kühlplatte allein nicht mehr, das völlige Wegschmelzen und den Durchbruch des flüssigen Roheisens zu verhüten. Man hilft sich in diesem Falle, indem man vor dem Stichloche aus Thon einen Damm aufführt und den solcherart gebildeten Sumpf mit Wasser anfüllt, welches dann etwa Stunden vor dem Abstiche abgelassen wird, damit die Laufrinne für das flüssige Roh - eisen hergestellt und getrocknet werden kann.

365Die Form und der Bau des Hochofens. Das Tümpeleisen.
Fig. 100.
Fig. 101.

Bei Oefen mit offener Brust befindet sich das Stichloch, wie be - kannt, in dem Wallsteine. Eine besondere Kühlvorrichtung für das - selbe pflegt in diesem Falle nicht angewendet zu werden, da der Wall - stein, wenn es erforderlich sein sollte, sich ohne grosse Schwierigkeit auswechseln lässt; wohl aber kühlt man mitunter, doch nicht regel - mässig, die Wallplatte und versieht sie zu diesem Zwecke ebenfalls mit eingegossenen, zum Hindurchleiten von Wasser bestimmten Schmiede - eisenrohren in ähnlicher Weise wie es bei der Platte G Fig. 100 ge - schehen ist.

Der Tümpel. Eine Kühlung des Tümpeleisens, welches der steten Berührung der flüssigen Schlacken ausgesetzt ist, ist für eine längere Dauer desselben unerlässlich. Man fertigt zu diesem Zwecke das Tümpel - eisen aus Gusseisen und bewirkt die Kühlung wiederum mit Hilfe eines eingegossenen Rohres. Die Form des letzteren ist von der Construction des Tümpeleisens selbst abhängig. Bei kleineren Holzkohlenhochöfen besteht das letztere häufig aus einem Balken von quadratischem Quer - schnitte (vergl. die Abbildung Fig. 91), welcher nur die Vorderkante des Tümpelsteines schützt und nur durch ein von einem Ende zum andern hindurchgehendes Rohr ohne Windungen gekühlt wird; bei grösseren Hochöfen pflegt man dem Tümpeleisen die Form eines rechten Winkels zu geben, dessen einer Schenkel unter den aus mehreren Stücken zusammengefügten Tümpelstein greift (Fig. 93 und 94), ihm solcherart einen festeren Halt verleihend. In diesem Falle pflegt das Kühlrohr in verschiedenen Windungen in dem Tümpel hin und her geführt zu sein, um die Kühlung vollständiger zu machen. Die bisher mitgetheilten Beispiele gekühlter Gusseisenplatten (A in Fig. 97 und 98, G in Fig. 100) werden ausreichend sein, diese Einrichtung gekühlter Tümpeleisen auch ohne besondere Abbildung verständlich zu machen.

Die Ofenwände. Durch die in die Gestellwände eingelassenen wassergekühlten Formen nebst ihren ebenfalls gekühlten Kästen (Fig. 95,366Der Hochofen.96, 97) werden auch die in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Gestellsteine in gewissem Maasse kühl erhalten. Bei grösseren mit Koks und heissem Winde betriebenen Hochöfen aber reichen diese Vorrich - tungen allein nicht immer aus, das Gestell vor rascher Erweiterung zu schützen, und man bringt deshalb ausser denselben häufig noch be - sondere Kühlvorrichtungen zur längeren Erhaltung des Ofengemäuers an.

Dieser Zweck lässt sich in verschiedener Weise erreichen.

Die eine Methode der Kühlung beruht auf der Anwendung eiserner Kühlkästen, welche an verschiedenen Stellen des Ofengemäuers, ähnlich wie die früher besprochenen Formkühlkästen, eingelassen und ununter - brochen durch zugeleitetes Wasser kühl erhalten werden. Die Abbildung Fig. 83 auf S. 343 lässt mehrere solcher Kühlkästen erkennen. Die - selben werden aus Gusseisen oder aus Schmiedeeisen gefertigt. Damit nicht die Gefahr einer Explosion bei etwaiger Dampfentwickelung ent - stehe, empfiehlt es sich, an der Rückseite derselben einen Spalt offen zu lassen, durch welchen der Dampf entweichen kann. Zwischen der Wand des Kühlkastens und dem Ofeninnern pflegt man eine 30 40 cm starke Steinschicht zu lassen, während an der äusseren Seite der Kasten mit der Gestellwand abschneidet.

Bei einer andern Methode werden die Gestellsteine von aussen mit Wasser bespritzt, welches aus rings herum laufenden, mit feinen Oeffnungen versehenen Rohren ausströmt. Da jedoch die feuerfesten Steine durch diese unmittelbare Berieselung häufig stark angegriffen werden, so hat man sie mitunter mit einer Schicht hydraulischen Kalkes überzogen.

Endlich hat man auch in einzelnen Fällen Rinnen aus Eisenblech, welche oben offen sind und deren innere Seite durch die Gestellwand gebildet wird, rings um das Gestell herum gelegt und mit Wasser ge - füllt erhalten, so dass das ganze Gestell von Wasser umgeben ist. Eine häufige Anwendung hat jedoch diese sehr energische Kühlvorrichtung nicht gefunden.

Den Bodenstein sucht man nicht selten zu kühlen, indem man in einem Abstande von etwa 10 cm von der Gestellwand einen ringförmigen oben offenen Kanal, etwa 20 cm tief, in demselben anbringt und diesen mit Wasser gefüllt erhält.

Die Rast ist der Erhitzung in geringerem Maasse als das Gestell preisgegeben und eine Kühlung derselben seltener erforderlich. Man pflegt alsdann Kühlkästen, wie für die Kühlung des Gestelles, dafür zu benutzen.

Noch seltener als die Rast bedarf der Schacht einer Kühlung.

Wasserbedarf für die Kühlung. Da das Kühlwasser herbei ge - schafft, gehoben und nach den einzelnen gekühlten Theilen des Hoch - ofens hin vertheilt werden muss, so ist die Frage nach der erforder - lichen Menge desselben voll berechtigt. Man pflegt den Zufluss so zu regeln, dass die Temperatur des abfliessenden Wassers nicht mehr als etwa 40°C. beträgt. Nach der Grösse der gekühlten Theile selbst, nach der Temperatur, welcher dieselben ausgesetzt sind, und nach der ver - schiedenen Einrichtung der Kühlvorrichtungen kann nun allerdings der Wasserbedarf für diesen Zweck ein ziemlich verschiedener sein. Eine367Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.kleine Form für Holzkohlenhochöfen, deren Rüssel nur bis zur Innen - kante des Gestelles vorgeschoben ist, wird nicht mehr als 25 l Wasser per Minute gebrauchen; eine vorgeschobene grössere Form bei Koks - betrieb 60 75 l ohne das erforderliche Wasser für den Kasten, in welchem sie befestigt ist; grössere Kühlkästen erfordern 75 100 l.

Mit Hilfe von Hähnen, welche in den Zu - und Ableitungsrohren angebracht werden, regelt man den Wasserverbrauch jedes einzelnen Stückes gemäss der Temperatur des abfliessenden Wassers.

Bei der Kühlung des Gestelles durch eingemauerte Kühlkästen leitet man bisweilen das aus einem höher gelegenen Kasten austretende Wasser zunächst in einen tieferen, um an Wasser zu sparen; ebenso benutzt man zu der beschriebenen Kühlung des Bodensteines gewöhn - lich das aus den Formen austretende Wasser. Selbstverständlich aber kann der Erfolg der Kühlung nur um so unbedeutender sein, je wärmer das zugeleitete Wasser bereits war.

3. Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.

Die Eigenthümlichkeiten des Eisenhochofen-Processes machen es unvermeidlich, dass die im Hochofen gebildeten Gase, wenn sie an der Gicht anlangen, um dort zu entweichen, noch eine ziemlich bedeutende Menge von Kohlenoxyd enthalten, also eines Brennstoffs von hohem Brennwerthe. Die Menge desselben richtet sich nach der Zusammen - setzung der Beschickung und der Art des Betriebes, beträgt aber durch - schnittlich etwa 24 Volumprocent von der Gesammtmenge der Gase, also ungefähr ebenso viel, als in den aus Steinkohlen im Generator erzeugten Gasen enthalten ist (S. 89); und daneben finden sich gewöhn - lich noch einige Procente Wasserstoff und Kohlenwasserstoff.

Welche ungeheuren Mengen nutzbaren Brennstoffs in dieser Weise täglich aus dem Hochofen entweichen, lässt sich unschwer berechnen, wenn man erwägt, dass in einem mittelgrossen Hochofen für Koks - betrieb also von etwa 300 cbm Rauminhalt täglich mindestens 50000 kg Kohle verbrannt werden und dass per 1 kg verbrannter Kohle in den Gichtgasen noch etwa 1.2 cbm Kohlenoxyd enthalten sind. Täg - lich entweichen also 60000 cbm Kohlenoxydgas; und da 1 cbm bei der Verbrennung zu Kohlensäure 3000 W. -E. zu entwickeln fähig ist1)1 cbm Kohlenoxydgas wiegt 1.25 kg; und 1 kg Kohlenoxydgas entwickelt bei seiner Verbrennung 2403 W. -E. (S. 20.), so beträgt die theoretische Wärmeleistung per Secunde etwa 2000 W. -E., welche nach dem mechanischen Aequivalent der Wärme einer theoretischen Arbeitsleistung von mehr als elftausend Pferdestärken entsprechen würden.

Wenn nun auch in Rücksicht auf die unvermeidlichen Wärme - und Arbeitsverluste bei unseren Feuerungsanlagen und Maschinen von jener theoretischen Leistung nur ein verhältnissmässig kleiner Theil wirklich nutzbar gemacht werden kann, so erklärt es sich aus jener Berechnung zur Genüge, dass die Wärmeleistung der Gichtgase bei nur einigermaassen zweckmässigen Einrichtungen vollständig ausreichend368Der Hochofen.ist, ebensowohl den erforderlichen Dampf für die zum Betriebe des Hochofens erforderlichen Maschinen (Gebläse, Gichtaufzüge, Pumpen) zu liefern als auch daneben den Gebläsewind auf eine hohe Temperatur zu erwärmen.

Obschon also wirthschaftliche Gründe eine genügende Veranlassung zur Benutzung der Gichtgase zu geben vermögen und obschon die leb - hafte, unter starker Wärmeentwicklung aus der Gicht heraus schlagende Flamme eines Hochofens, dessen Gase nicht entzogen wurden, längst auf den Brennwerth derselben hätte aufmerksam machen können, liess man doch bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts diese Gase ziemlich unbenutzt entweichen oder verwendete höchstens die von der Gicht - flamme selbst ausgehende Wärme zum Trocknen von Gussformen oder für ähnliche untergeordnete Zwecke. Da die Hochöfen der damaligen Zeit meistens noch mit Wasser betrieben, die Winderhitzung aber weit später eingeführt und die Preise des Brennstoffs verhältnissmässig gering waren, so fehlte eben die Veranlassung zu energischeren Versuchen in dieser Richtung.

Diese Verhältnisse erklären es auch zur Genüge, dass die ersten umfänglicheren Versuche zur Benutzung der Gichtgase, welche 1792 durch Christie auf der Devonhütte in Schottland1)A. Gurlt, Bergbau - und Hüttenkunde, 2. Aufl., S. 121., 1811 durch den Franzosen Aubertot auf einer Eisenhütte des Cher-Departements2)Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. 2, S. 314; Berthier, Sur plusieurs moyens imaginés pour employer la flamme perdue des hauts-fourneaux, des foyers de forge etc. Journ. des mines, Juin 1814. angestellt wurden, sich auf die Heizung von Apparaten erstreckten, welche ohne alle Beziehung zum Hochofenprocesse standen: Cementir - öfen, Kalkbrennöfen u. a. Man baute die betreffenden Apparate auf die Gicht des Ofens und liess die Gichtflamme, ohne die Gase dem Hoch - ofen selbst zu entziehen, hindurchstreichen.

Die ersten erfolgreichen Versuche, die Gase im unverbrannten Zustande dem Hochofen zu entziehen, um sie an einem beliebigen andern Orte zu verbrennen, wurden erst im Beginn der vierziger Jahre ziemlich gleichzeitig von Taylor in Marseille3)Percy-Wedding, a. a. O. und Faber du Faur in Wasseralfingen gemacht und gaben dann letzterem die An - regung zur weiteren Ausbildung der Gasfeuerung überhaupt und zur Darstellung von Heizgasen in besonderen Generatoren. 4)Vergl. S. 85.

Ziemlich lange dauerte es jedoch, bis diese Methode sich einer allgemeineren Anwendung erfreuen konnte. Obgleich inzwischen die vermehrte Anwendung von Dampfkraft für den Hochofenbetrieb sowie die Einführung der Anwendung erhitzten Windes die Veranlassung zur Benutzung der Gichtgase weit näher als früher gerückt hatte, so gelang es doch häufig nicht, die Gase in solcher Weise dem Hochofen zu entziehen, dass nicht eine Schädigung des normalen Verlaufs des Hoch - ofenprocesses damit verknüpft gewesen wäre. Man beging den Fehler, die Gase aus einer allzu tiefen Zone des Hochofens abzuleiten, ehe sie noch ihre Aufgabe, als Reductionsmittel zu dienen, annähernd voll -369Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.ständig erfüllt hatten; und bei der geringeren Höhe der damaligen Oefen rächte sich dieser Fehler in empfindlicher Weise durch Ver - mehrung der directen Reduction und demnach Erhöhung des Brenn - stoffverbrauchs. Was auf der einen Seite gewonnen wurde, ging durch diese übele Folge der falsch angelegten Gasentziehung wieder verloren.

Man begnügte sich in den meisten Fällen damit, in ähnlicher Weise, wie es schon früher Christie und Aubertot gethan hatten, die zu heizenden Apparate Dampfkessel und Winderhitzer auf die Gicht des Ofens zu verlegen, und noch in den siebenziger Jahren konnte man bei einzelnen kleineren Holzkohlenhochöfen eine derartige Einrichtung antreffen.

Je höher aber die Oefen gebaut wurden, desto schwerfälliger, un - praktischer musste eine solche Anordnung erscheinen, während gleich - zeitig die nachtheiligen Einflüsse der Gasentziehung sich verringerten, wenn der Ofen grösser war, und schliesslich vollständig beseitigt wurden, nachdem man zweckmässigere Einrichtungen als früher für die Ableitung derselben getroffen hatte.

Es ist deshalb in der Jetztzeit allgemeine Regel, die Gase im unverbrannten Zustande dem Hochofen zu entziehen und sie in Leitungen nach den auf ebener Erde befindlichen, von ihnen zu heizenden Appa - raten zu führen. Die Einrichtungen aber, mit deren Hilfe dieses Ziel erreicht wird, sind ziemlich mannigfaltig.

Die Gasentziehungsapparate oder Gasfänge.

Im Wesentlichen lassen sich zwei Hauptsysteme der Gasentziehung unterscheiden.

Bei dem einen derselben werden die Gase an einer unterhalb der Gicht befindlichen Stelle abgeleitet, und die Beschickungssäule selbst ober - halb dieser Stelle bewirkt das Austreten der Gase in den Ableitungs - kanal, wo sie einen geringeren Widerstand finden als beim Aufsteigen zwischen der Beschickung.

Bei dem zweiten Systeme werden die Gase erst abgeleitet, nach - dem sie die Beschickungssäule vollständig durchströmt haben; also ober - halb der Beschickungsoberfläche. Die Gicht muss zu diesem Zwecke verschlossen gehalten werden und die Einrichtung ist weniger einfach als die zuerst erwähnte; jenes Ziel aber, die Gase erst zu verwenden, nachdem sie ihre Aufgabe im Hochofen vollständig erfüllt haben, wird hier ebenso vollständig und in weniger schwerfälliger Weise erreicht als durch die geschilderte frühere Methode, bei welcher die zu heizenden Apparate auf die übrigens offene Gicht gelegt wurden.

Gasfänge unterhalb der Beschickungsoberfläche.

Da bei diesen Apparaten, wie soeben erwähnt wurde, die Be - schickungssäule oberhalb der Entziehungsstelle den Abschluss bilden muss, durch welchen die Gase in den Ableitungskanal hinein getrieben werden, so folgt, dass die Entziehung um so vollständiger sein wird, je tiefer jene Entziehungsstelle liegt; aber die nämliche Höhe geht, sofern sämmtliche Gase entzogen werden, für den Hochofenprocess thatsächlichLedebur, Handbuch. 24370Der Hochofen.verloren. Je höher der Ofen an und für sich ist, desto weniger bemerkbar wird dieser Nachtheil bleiben; bei kleineren Holzkohlenhochöfen legt man deshalb diese Stelle nicht tiefer als 1 m, bei grösseren Kokshoch - öfen nicht tiefer als höchstens 2.5 m unter die Gichtöffnung, selbst wenn ein Theil der Gase dabei noch aus der Gicht entweichen sollte.

Bisweilen ermöglicht man es durch Anbringung eines Gichtver - schlusses (Deckels), welcher an Ketten hängt und beim Beschicken des Ofens mit Hilfe eines Hebels oder dergleichen gehoben wird, die Gase sämmtlich abzuleiten, ohne dass die Entziehungsstelle allzu tief zu liegen braucht. In jedem Falle aber muss die letztere so tief unterhalb der Gicht angebracht sein, dass auch beim niedrigsten Stande der Be - schickungsoberfläche (unmittelbar vor dem Aufgeben frischer Materia - lien) sie noch von der Beschickung bedeckt gehalten wird, damit nicht atmosphärische Luft von aussen her angesogen werde und durch die Vermischung mit den in den Rohren befindlichen Gasen Knallgas erzeuge.

Bei den älteren dieser Apparate, welche von Faber du Faur für das Eisenhüttenwerk Wasseralfingen construirt und dann auf mehreren anderen Eisenwerken eingeführt wurden, brachte man in der Höhen - lage, wo die Gasentziehung stattfinden sollte, Oeffnungen im Schacht - mauerwerke an, durch welche die Gase aus dem Schachte austreten konnten, um sich in einem gemeinschaftlichen, ringförmig um den Kernschacht herumlaufenden, im Rauhgemäuer ausgesparten Kanale zu sammeln und von hier durch Röhren nach dem Orte ihrer Bestimmung weiter geführt zu werden.

Diese Methode besass jedoch den Nachtheil, dass jene Austritts - öffnungen leicht der Beschädigung und der Verstopfung durch Staub ausgesetzt waren, eine Reparatur, beziehentlich Reinigung derselben aber schwierig durchzuführen war. In der Jetztzeit pflegt man deshalb, sofern überhaupt Gasentziehung unterhalb der Gicht stattfindet, ohne Ausnahme eine der beiden in Folgendem beschriebenen Einrichtungen anzuwenden, bei welchen jener Uebelstand vermieden ist.

Pfort’scher Gasfang oder Trémie, von dem Hüttenmeister Pfort in Veckerhagen im Jahre 1842 construirt1)C. Pfort, der Flammofenbetrieb mit brennbaren Gasen zu Veckerhagen. Studien des Göttingen’schen Vereins bergmännischer Freunde, 1842, S. 1. und seitdem bis zum heutigen Tage auf zahlreichen Eisenwerken benutzt. Die Abbildung Fig. 102 lässt die Einrichtung desselben erkennen. In die Gicht wird ein aus Gusseisen oder Eisenblech gefertigter Cylinder a eingehängt, dessen innerer Raum die eigentliche Gichtöffnung bildet. Zwischen demselben und der Ofenwand ist ein ringförmiger Kanal von 25 50 cm Breite ausgespart, in welchen die Gase eintreten, um von hier durch das Rohr c ihrem Verbrauchsorte zugeführt zu werden. Nicht selten hat man auch statt des einen Ableitungsrohres deren mehrere an ver - schiedenen Stellen des Umfanges angebracht, um solcherart der Gefahr zu begegnen, dass die Gase beim Aufsteigen zu sehr nach einer Seite des Ofens, wo jenes Rohr sich befindet, hingezogen werden.

Der Kanal b wird am besten in der Weise hergestellt, wie es die371Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.Abbildung veranschaulicht, d. h. durch eine Erweiterung des gemauerten Schachtes an der betreffenden Stelle. Der Durchmesser des Eisen - cylinders stimmt dann mit dem Schachtdurchmesser unterhalb dieser Stelle überein und die Ofenbeschickung rückt gleichmässig abwärts. Bisweilen allerdings führt man auch den Ofenschacht ohne jene Er - weiterung bis zur Gicht und giebt dem Cylinder dann einen entsprechend kleineren Durchmesser, so dass die Beschickung, sobald sie unter den Rand des Cylinders gelangt, eine plötzliche Ausbreitung erfährt.

Den Cylinder pflegt man an seinem oberen Ende mit einem herum - laufenden Borde zu versehen, mit welchem er in einem Gusseisen - kranze hängt, der auf dem Ofenschachte aufruht. Auf diese Weise ist eine leichte Auswechselung möglich. Nicht selten hat man auch, wie bei dem Ofen der Friedrich-Wilhelmshütte, Fig. 83 auf S. 343, den obersten Theil des Ofenschachtes vollständig aus Eisen hergestellt, gewissermaassen als Aufsatz auf den gemauerten Schacht, wodurch das

Fig. 102.

Einhängen des Cylinders, sowie die Anbringung der Abzugsrohre noch erleichtert wird.

Darby’sches oder Central-Rohr. Die Anwendung eines Gasfanges, bei welchem die Hochofengase, wie bei der vorstehend beschriebenen Einrichtung, an den Wänden abgeleitet werden, wird sehr leicht dem für den gleichmässigen Verlauf des Hochofenprocesses nachtheiligen Bestreben der Gase, reichlicher an den Wänden als in der Mitte auf - zusteigen, einen ferneren Vorschub leisten. Umgekehrt wird jenem Bestreben entgegen gewirkt werden, wenn man die Gase, statt am Rande, aus der Mitte des Ofenquerschnittes abzieht.

Diese Aufgabe wird durch den in den fünfziger Jahren von Darby eingerichteten Gasfang gelöst, dessen jetzt übliche Form in der Ab - bildung Fig. 103 auf S. 372 veranschaulicht ist.

a ist das aus Eisenblech gefertigte Centralrohr, welches an seinem oberen Ende in das horizontale Ableitungsrohr endigt. Letzteres ist nach der entgegengesetzten Seite hin etwas verlängert, theils, damit24*372Der Hochofen.hier eine Reinigungsvorrichtung b zur Entfernung von abgelagertem Gichtstaube aus dem Rohre angebracht werden kann, hauptsächlich auch in Rücksicht auf die nothwendige Unterstützung des Apparates. Letztere wird entweder durch eiserne Ständer, die auf der Gicht unterhalb der Horizontalrohre aufgestellt werden, bewirkt, oder besser noch benutzt man, wo eine eiserne Gichteinfassung (in der Abbildung mit c bezeichnet)

Fig. 103.

vorhanden ist, diese zu demselben Zwecke, indem man die horizontalen Rohre von derselben tragen lässt.

Das Rohr a ist entweder vollständig cylindrisch oder, wie bei dem abgebildeten Gasfange, schwach nach unten verjüngt, wodurch die Reibung zwischen denselben und der niederrückenden Schmelzsäule ver - ringert wird. Je grösser der Durchmesser des Rohres ist, desto leichter373Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.und vollständiger werden natürlich die Gase in dasselbe eintreten, aber desto enger wird auch der rings um das Rohr herum bleibende Raum zum Aufgichten der Schmelzmaterialien ausfallen, und desto stärker müssen die letzteren unterhalb des Rohres nach der Mitte hin sich aus - breiten. Es darf daher ein gewisses Verhältniss zwischen Rohrdurch - messer und Gichtdurchmesser nicht überschritten werden. Gewöhnlich findet man den Rohrdurchmesser annähernd gleich einem Drittel des Gichtdurchmessers oder wenig grösser. Eine weite Gicht ist besonders bei Anwendung eines solchen Gasfanges von Vortheil, da mit derselben auch der Durchmesser des Rohres wachsen kann und von der für das Aufgichten bleibenden freien Gichtfläche ohnehin der Querschnitt des letzteren in Abzug kommt.

Jene erwähnte Ausbreitung der Schmelzmaterialien nach der Mitte des Ofens zu, sobald sie unter den Rand des eingehängten Central - rohres gelangt sind, hat eine Auflockerung derselben in der Mitte zur Folge, wodurch fernerhin das Aufsteigen der Gase in der Mitte des Ofens befördert wird. Unter Umständen wird diese Ableitung der Gase nach der Mitte hin in so kräftiger Weise sich geltend machen, dass thatsächlich am Umfange des Ofens eine zu geringe Menge derselben aufsteigt und der Ofen mithin an dem entgegengesetzten Uebel als bei Anwendung des Pfort’schen Gasfanges leidet.

Zur Vermeidung dieser Gefahr und zur vollständigeren Entziehung der Gase hat man in neuerer Zeit nicht selten beide Gasfänge gemein - schaftlich an einem und demselben Ofen angebracht und die entzogenen Gase dann später in derselben Leitung vereinigt. Eine solche Anordnung findet sich z. B. bei dem in Fig. 81 83 auf S. 342 343 abgebildeten Hochofen der Friedrich-Wilhelmshütte und wird ohne besondere Er - läuterung verständlich sein.

Die erwähnte Abbildung (Fig. 83) zeigt zugleich die Anwendung eines Gichtverschlusses bei Gasfängen der beschriebenen Art. Derselbe besteht aus einem in Eisenblech ausgeführten Deckel, dessen Rand man gewöhnlich in eine mit Wasser gefüllte Rinne eintauchen lässt, um voll - ständig dichten Abschluss zu erzielen. Der Deckel hängt, wie die unten be - schriebenen Gasverschlüsse für Gasentziehung oberhalb der Beschickungs - säule, in Ketten und wird mit Hilfe von Gegengewichten oder eines Hebelwerkes gehoben. Man erlangt durch diese Einrichtung die Mög - lichkeit, die Gase vollständig ableiten zu können, ohne den Gasfang allzu tief in die Beschickungssäule einhängen zu müssen.

Gasfänge oberhalb der Beschickungsoberfläche.

Die Eigenthümlichkeiten dieser Gasfänge wurden schon oben (S. 369) besprochen. Ihr Hauptvorzug beruht darin, dass die Gase im Hochofen selbst voll ausgenutzt werden; ein Nachtheil dagegen liegt unleugbar in dem Umstande, dass die Gicht stets verschlossen gehalten werden muss, und man deshalb nicht im Stande ist, die Oberfläche der nieder - rückenden Beschickung zu beobachten. Aus demselben Grunde ist bei allen diesen Gasfängen eine mechanisch wirkende Beschickungsvor -374Der Hochofen.richtung erforderlich, durch welche das Einfüllen der vorher in Bereit - schaft gehaltenen Materialien in kürzester Zeit, während welcher aller - dings ein Oeffnen des Gichtverschlusses unumgänglich ist, bewirkt werden kann; und damit nicht während dieses Oeffnens von aussen her Luft in das Gasableitungsrohr eintrete und Explosionen hervorrufe, muss ausserdem eine Vorrichtung vorhanden sein, welche in Form eines Schiebers oder Ventils am besten selbstthätig wirksam die Leitung in dem Augenblicke absperrt, wo der Gichtverschluss geöffnet wird. In einfacher Weise lässt sich diese selbstthätige Wirkung des Apparates her - vorbringen, indem man durch Ketten, die in entsprechender Weise über Rollen geführt sind, jene Verschlussvorrichtung für die Leitung mit dem Mechanismus zum Oeffnen des Gichtverschlusses verbindet, so dass beide Theile gleichzeitig bewegt werden müssen.

Parry’s Gasfang. Diese auch unter der Bezeichnung Parry’scher Trichter bekannte Vorrichtung ist in Fig. 104 abgebildet. 1)Gasfang des Hochofens Nr. 1 der Bochumer Gussstahlfabrik.Der

Fig. 104.

Apparat wurde von Parry im Jahre 1850 zuerst auf den Ebbw-Vale Eisenwerken angewendet und hat seitdem in Grossbritannien eine sehr häufige Anwendung gefunden; seltener sieht man denselben in dieser ursprünglichen Form auf deutschen Eisenwerken.

Er besteht aus zwei Haupttheilen, dem gusseisernen festliegenden Trichter a und dem aus Blech oder Gusseisen gefertigten Kegel b, welcher an Ketten aufgehängt ist und mit Hilfe derselben gehoben und gesenkt werden kann. Den Trichter pflegt man in zwei Stücken zu giessen, deren unteres a mit einem Rande in einem Ringe des oberen Stückes c aufruht, so dass es ohne Schwierigkeit herausgenommen wer - den kann, während das Stück c fest eingemauert ist. Der grösste Durch - messer des Kegels b aber ist etwas kleiner als der engste Durchmesser des Stückes c, so dass auch jener aus dem Ofen entfernt werden kann,375Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.sobald a herausgenommen ist. Diese Einrichtung ist in Rücksicht auf etwa erforderlich werdende Reparaturen des Kegels b nothwendig.

Es ist leicht ersichtlich, dass in der gezeichneten Stellung des Kegels b die Gicht vollständig geschlossen ist und die Gase gezwungen sind, in den seitlich angebrachten Gasabzug zu entweichen. In dieser Stellung wird der Raum zwischen Trichter a c und Kegel mit den auf - zugichtenden Materialien (Kohlen, Erzen, Zuschlägen) gefüllt. Senkt man nun den Kegel in die punktirt gezeichnete Stellung, so stürzen jene Materialien zunächst abwärts auf den Kegel und werden von diesem rings herum gegen die Wand des Ofens vertheilt. Steht hierbei die Ober - fläche der Beschickung noch tief unter der Unterkante des Kegels, so werden die gegen die Wand anprallenden Stücke von dieser zurück und nach der Mitte des Ofens hin geworfen werden; ist dagegen der Kegel bis unmittelbar über die Beschickungsoberfläche gesenkt, so werden die abgleitenden Materialien an der Wand des Ofens liegen bleiben. Man hat hierdurch ein Mittel, die Vertheilung der Materialien zu regeln. Im Allgemeinen wird man, da die Erze ohnehin das Be - streben haben, nach der Mitte des Ofens hin vorzudringen, darnach trachten, beim Aufgichten diese mehr an dem Rande, die Kohlen da - gegen mehr in der Mitte anzuhäufen. Gichtet man also die Kohlen zuerst auf, wo die Oberfläche der Beschickung noch niedrig steht, und erst nach den Kohlen die Erze und Zuschläge bei entsprechend tiefer Senkung des Kegels, so wird jener Aufgabe Genüge geleistet werden können.

Im Uebrigen ist auch die Form des Kegels wie die Grösse der einzelnen Brennstoffgichten (der in einem Male aufgegebenen Brenn - stoffmengen) hierbei von Einfluss. Gewöhnlich giebt man dem Kegel eine solche Form, dass seine Seiten einen Winkel von 90 Grad oder wenig darüber einschliessen. Je steiler der Kegel ist, desto weniger stark werden unter übrigens gleichen Verhältnissen die gegen die Ofen - wand anprallenden Körper von dieser zurückgeworfen werden; andrer - seits, je grösser die Menge der in einem Male aufgegichteten Materia - lien ist, desto weniger stark wird eine übermässige Anhäufung der - selben am Rande eintreten können, da die zuletzt hinabstürzenden Körper immerhin auf der concaven Oberfläche der zuerst hinein gefalle - nen und am Rande liegen gebliebenen Materialien nach der Mitte zu hinrollen werden.

Die plötzliche starke Zusammenziehung des Ofenprofiles an der Gicht bei vielen mit Parry’schem Gasfang versehenen Hochöfen (auch bei dem abgebildeten Hochofen) erklärt sich aus dem Umstande, dass selbstverständlich zwischen Kegel und Ofenwand ein ausreichend breiter Zwischenraum für das Hinabfallen der Schmelzmaterialien bleiben muss, eine allzu flache Form des Trichters a c aber, welcher ein grösserer Gichtdurchmesser entsprechen würde, dem raschen Hinabgleiten der Materialien beim Oeffnen nicht günstig sein würde.

Bei englischen Hochöfen wendet man zum Heben und Senken des Kegels häufig eine hydraulische, von Whrightson construirte Vor - richtung an. Die Kolbenstange eines senkrecht stehenden hydraulischen Cylinders greift an das eine Ende eines um horizontale Zapfen schwin -376Der Hochofen.genden eisernen Hebels, an dessen anderem Ende die Ketten hängen, welche den Kegel tragen. 1)The Journal of the Iron and Steel Institute 1872, II, p. 236.

Von Hoff’scher Gasfang. Bei dem Parry’schen Trichter müssen, wie bei dem früher besprochenen Pfort’schen Gasfange, die Gase an der Wand des Ofens abgeleitet werden. Der Gasstrom wird dadurch ebenso wie dort leicht eine einseitige Bewegungsrichtung im Ofen an -

Fig. 105.

nehmen, deren Nachtheile bereits verschiedentlich erörtert wurden. Der Uebelstand wird vermieden, wenn die Gase in der Mitte der Gicht statt am Rande ihren Abzug nehmen.

Auf diesem Umstande beruht die Einrichtung des zuerst auf dem Eisenwerk Hörde angewendeten, nach seinem Erfinder benannten von Hoff’schen Apparates, welcher als eine jenem Ziele entsprechend ge -377Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.änderte Form des Parry’schen Trichters angesehen werden kann und besonders auf deutschen Eisenwerken sich einer ziemlich grossen Ver - breitung erfreut. Fig. 105 stellt den von Hoff’schen Apparat eines westfälischen Eisenwerkes dar. 1)Nach S. Jordan, Album du cours de métallurgie, Pl. XXI, Fig. 1.

Die Einrichtung des eigentlichen Trichters ist im Wesentlichen die nämliche wie bei dem Parry’schen Apparate. Der als Verschluss dienende Kegel aber endigt nicht wie bei jenem in einer geschlossenen Spitze, sondern läuft in ein weites, nach oben gerichtetes Rohr aus; an dem oberen Rande dieses Rohres ist eine rings herum laufende, tiefe Wasserrinne angebracht, und in dieselbe taucht das untere Ende des eigentlichen Gasableitungsrohres c ein. Der Kegel kann auf diese Weise gesenkt werden, ohne dass seine Verbindung mit dem festliegen - den Rohre unterbrochen wird.

Für die Bewegung des Kegels dienen zwei parallele, durch Streben unter einander verbundene eiserne Hebel a, welche links und rechts neben dem Rohre b vorbeigehen und an deren Enden Ketten angeschlossen sind, an welchen der Kegel hängt. Mit Hilfe einer Winde b kann die Bewegung des Kegels bewirkt werden.

An der rechten Seite des abgebildeten Apparates sieht man die Kette, welche zur Absperrung der Rohrleitung im Augenblicke des Oeffnens des Apparates bestimmt ist. Es lässt sich leicht erkennen, dass dieselbe ohne Schwierigkeit sich mit dem Hebel a in solcher Weise verbinden lassen würde, dass das Oeffnen und Schliessen von dem Hebel aus erfolgt, sobald dieser den Gichtverschluss bewegt.

Der etwas unterhalb der Gicht im Innern des Schachtes angebrachte Gusseisenkranz ist zum Schutze des Schachtmauerwerkes gegen die anprallenden Stücke der Beschickung bestimmt.

Langen’s Gasfang, von dem früheren Hüttendirector Langen in Friedrich-Wilhelmshütte bei Troisdorf in den sechziger Jahren con - struirt und seitdem bis heute vielfach benutzt. Fig. 106 auf S. 378 zeigt die Einrichtung desselben. 2)Jordan, Album du cours de métallurgie, Pl. XXVI, Fig. 3.In die Hochofengicht ist ein Gusseisentrichter a eingebaut und in demselben ruht etwas oberhalb des unteren Randes der glockenartige Gichtverschluss b. Derselbe besteht aus zwei zusam - mengefügten Theilen: der inneren gusseisernen Glocke, deren oberer Rand, wie die Abbildung zeigt, in eine Wasserrinne des Gasableitungs - rohres c eintaucht, so lange die Gicht geschlossen ist; und einem äusser - lich an der Glocke befestigten Blechringe, welcher nach oben sich ein wenig erweitert, und noch etwas über die Glocke hinausragt. Zwischen diesem Blechringe und dem festliegenden Trichter a werden die zu gichtenden Materialien eingeschüttet; dann wird der ganze Gichtver - schluss (Glocke nebst Ring) gehoben, und die Materialien stürzen in die Gicht hinein. Der Zweck des Ringes hierbei wird leicht ersichtlich sein; ohne denselben würden die in den Trichter geschütteten Körper theil - weise die Glocke bedecken und das Anheben derselben wesentlich er - schweren.

Die Bewegung des Langen’schen Gichtverschlusses wird wie bei dem von Hoff’schen Apparate mit Hilfe zweier unter einander ver -378Der Hochofen.bundener Hebel und einer Winde e bewirkt. Alles Uebrige ergiebt die Abbildung von selbst.

Die Wirkung dieses Apparates beim Aufgichten ist offenbar anders als beim Parry’schen und von Hoff’schen Apparate. Bei letzteren beiden werden die Materialien beim Hineinstürzen gegen den Kegel, von diesem gegen die Ofenwand und von der Ofenwand erst theilweise zurück nach der Mitte des Ofens hin geworfen; bei dem Langen’schen Apparate stürzen sie ohne Weiteres nach der Mitte des Ofens hin und rollen erst, wenn hier sich eine kegelförmige Anhäufung gebildet hat, von dieser seitwärts den Wänden zu. In allen Fällen wird man auch hier die Kohlen zuerst einschütten, damit sie jene Anhäufung in der Mitte bilden, und dann die Erze nachfüllen.

Als ein Vorzug des Langen’schen Apparates kann es angesehen werden, dass der Ofen bis unmittelbar unter die Glocke gefüllt werden

Fig. 106.

kann, während bei dem Parry’schen und von Hoff’schen Apparate immerhin der zum Senken des Kegels erforderliche Raum bleiben muss. Ausserdem bleibt die Oberfläche der Beschickung bei dem Langen - schen Apparate von aussen her in gewissem Maasse zugänglich, sobald die Glocke gehoben ist, während sie bei den anderen beiden Apparaten vollständig durch den Kegel der Beobachtung entzogen ist, ein Um - stand, der wenigstens in einzelnen Fällen von Nutzen sein kann.

Buderus Gasfang. Bei dem Parry’schen, von Hoff’schen und Langen’schen Apparate, so vortrefflich dieselben auch im Allgemeinen ihren Zweck erfüllen, kann es doch unter besonderen Verhältnissen vor - kommen, dass die Vertheilung der Schmelzmaterialien nicht in der Weise erfolgt, wie es dem günstigen Verlaufe des Hochofenprocesses entspricht, und dass infolge dessen Störungen des normalen Hochofen - ganges eintreten. Solche Störungen werden ebensowohl stattfinden, wenn die Beschickung in der Mitte des Ofens zu dicht liegt und die379Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.Erze sich hier anhäufen, als umgekehrt, wenn eine übermässige An - häufung von Kohlen in der Mitte bewirkt worden war.

Um in solchen Fällen die Vertheilung der Materialien sicherer regeln zu können, construirte G. Buderus 1874 den in Fig. 107 abgebildeten Gasfang, welcher seit jener Zeit bei den Hochöfen der Main-Weserhütte wie der Sophienhütte mit sehr befriedigendem Erfolge in Anwendung ist.

Derselbe kann als eine Vereinigung des von Hoff’schen und Langen’schen Apparates betrachtet werden. b b ist die dem Langen - schen Apparate entnommene Gichtglocke, c der Kegel des von Hoff - schen Apparates, jedoch von diesem dadurch unterschieden, dass er nicht unter den Rand des Trichters a greift, sondern einen etwas kleineren Durchmesser als dieser besitzt und daher durch die Oeffnung

Fig. 107.

desselben hindurch bewegt werden kann. Er hängt an einer eisernen Stange, welche in der Mitte des senkrechten Gasableitungsrohres befind - lich ist, oben aus demselben heraus ragt und an einem Hebel d hängt, mit dessen Hilfe die Bewegung erfolgt; ein Paar Hebel c dienen ausser - dem, wie bei dem Langen’schen Apparate, zum Heben und Senken der Glocke b.

Soll die Beschickung, welche in den Trichter geschüttet ist, in die Mitte des Ofens fallen, so wird zunächst der Kegel c aufwärts in die punktirte Stellung c1 bewegt und dann die Gichtglocke gehoben; der Apparat wirkt dann genau wie ein Langen’scher Apparat. Soll die Beschickung an den Umfang geworfen werden, so senkt man den Kegel in die punktirte Stellung c2; die Beschickung stürzt auf den Kegel und von diesem gegen die Ofenwand.

Die etwas schwerfälligere Einrichtung und umständlichere Hand - habung des Buderus’schen Apparates im Vergleich mit dem von Hoff -380Der Hochofen.schen oder Langen’schen Apparate wird die hauptsächlichste Ursache sein, dass derselbe trotz der bei seiner Anwendung erlangten günstigen Erfolge eine häufigere Anwendung bislang nicht gefunden hat.

Ausser den besprochenen Gasfängen, beziehentlich Gichtverschlüssen und Aufgebevorrichtungen, sind in älterer und neuerer Zeit zahlreiche Einrichtungen in Vorschlag und auch theilweise zur Anwendung ge - bracht worden, ohne jedoch eine grössere Wichtigkeit für den Hoch - ofenbetrieb im Allgemeinen zu erlangen. 1)Hierher gehört z. B. Navay’s Apparat, Kerpely, das Eisen auf der Wiener Weltausstellung, Taf. IV, Fig. 8, Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde, S. 123, Fig. 153; Coingt’s Apparat, Berg - u. hüttenm. Ztg. 1857, S. 350; 1864, S. 258, 287, 288; Sattler’s Apparat, D. R. P. Nr. 1826; u. a. m.Manche derselben sind nur Abarten der besprochenen Apparate; und nicht selten hat man sie auf den Werken selbst, wo sie versuchsweise eingeführt wurden, später als unpraktisch wieder beseitigt. Es wird daher gerechtfertigt erscheinen, wenn dieselben einer besonderen Besprechung nicht unterzogen werden.

Wahl eines Gasentziehungsapparates.

Wenn es aus schon erörterten Gründen für den Betrieb eines Hoch - ofens durchaus nicht gleichgültig ist, welchen Apparat man für die Gasentziehung anwendet, so ist es doch andererseits unmöglich, einen einzigen Apparat als den für alle Fälle geeignetsten zu bezeichnen. Die Form des Ofens, die Stückgrösse der Beschickung, das Verhältniss zwischen der Grösse der Erzstücke zu der Grösse der Kohlen, der Feuchtigkeitsgehalt der Beschickung und verschiedene andere Umstände sprechen hierbei mit. Die Mannigfaltigkeit der hier in Betracht kom - menden Einflüsse macht es deshalb erklärlich, dass es nicht immer möglich ist, von vorn herein mit vollkommener Sicherheit den für be - stimmte Verhältnisse zweckdienlichsten Apparat zu wählen. Es ist nicht selten vorgekommen, dass ein Hochofen kränkelte, nachdem man ihm einen bei anderen Hochöfen vortrefflich bewährten Gasfang gegeben hatte; und dass die Betriebsergebnisse günstiger wurden, sobald man die Gase in anderer Weise entzog.

Nur allgemeine Regeln lassen sich für die Wahl des Gasfanges aufstellen, und der praktische Versuch wird schliesslich den Ausschlag zu geben haben, ob man richtig gewählt hat.

Zunächst entsteht die Frage, ob offene Gicht (Pfort’scher oder Darby’scher Gasfang ohne Gichtverschluss) oder geschlossene Gicht zu wählen sei.

Letztere Einrichtung gewährt die volle Ausbeute aller Gase; wo aber wasserreiche Erze verhüttet werden, geht selbstverständlich auch der gesammte Wasserdampf in die Leitung, beeinträchtigt erheblich den Brennwerth der Gase, und steigert, da er das Volumen der Gase ver - mehrt, die Gasspannung im Ofen, ein Umstand, der entweder eine erhöhte Arbeitsleistung der Gebläsemaschine erforderlich macht oder andernfalls erniedrigend auf die Leistungsfähigkeit des Hochofens ein -381Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.wirkt. In solchen Fällen also wird man regelmässig bei Anwendung einer offenen Gicht günstigere Betriebsergebnisse erlangen, da alsdann ein grosser Theil des Wasserdampfes schon oberhalb der Gasaustritts - öffnungen verflüchtigt wird und aus der Gicht entweicht.

Unter den beiden genannten Gasentziehungsapparaten bei offener Gicht wird in fast allen Fällen das Centralrohr in Rücksicht auf die schon oben geschilderte Einwirkung desselben auf die Vertheilung der Schmelzmaterialien den Vorzug verdienen. Ganz besonders aber treten die Vortheile desselben bei dichtliegenden, feinstückigen Erzen hervor. Dieselben drängen stärker als grobstückige nach der Achse des Ofens hin, hier den Gasen das Aufsteigen erschwerend. Es ist also von Wichtig - keit, eine Auflockerung der Schmelzsäule in der Mitte zu bewirken und zugleich die Bewegungsrichtung der Gase durch Entziehung derselben aus der Mitte des Ofens zu beeinflussen; und beide Aufgaben werden durch das Centralrohr gelöst.

Bei weniger dichter Beschickung kann eine Vereinigung beider Apparate (Fig. 83 auf S. 343) gute Dienste leisten; und wenn die Rück - sicht auf den Wassergehalt der Erze ausser Betracht kommt, so kann man durch Anwendung eines Gichtdeckels auch hierbei eine volle Ge - winnung der Gase herbeiführen, während die Gicht nach dem Oeffnen des Deckels zugänglich bleibt.

Als weniger zweckmässig kann sich die Anwendung eines in die Gicht eingehängten Centralrohres (mit oder ohne Tremie) bei Verhüttung wasserarmer Erze gerösteter Sphärosiderite, Rotheisenerze, Magnet - eisenerze erweisen; die Hochofengase, welche nicht durch Ver - dampfung des Wassers abgekühlt werden, verlassen leicht die Gicht im heisseren Zustande und wirken zerstörend auf das eingehängte Rohr.

Unter den verschiedenen Apparaten, welche die Gase erst oberhalb der Beschickungssäule ableiten und deshalb mit selbstthätiger Be - schickungsvorrichtung versehen sein müssen, wird der durch verhältniss - mässig einfache Construction sich auszeichnende Parry’sche Trichter nur bei lockerer, leicht reducirbarer Beschickung mit Vortheil anwendbar sein. In Cleveland bei Verhüttung gerösteter Sphärosiderite von gleich - mässiger Stückgrösse ist deshalb dieser Apparat fast ohne Ausnahme in Anwendung; wo aber dichtere Erze verhüttet werden (z. B. Minette), oder wo feinstückigere neben grobstückigen zum Verschmelzen gelangen, hat man nicht selten übele Erfahrungen mit demselben Apparate ge - macht und ihn gewöhnlich bald wieder beseitigt. Unreducirte Erze, in der Mitte des Ofens niedergehend, gelangten von Zeit zu Zeit vor die Formen und störten den normalen Schmelzgang. 1)Vergl. Iron, vol. XI, p. 678.Je höher der Ofen ist, einen je längeren Weg die Erze also zurückzulegen haben, und je dichter die Schmelzsäule liegt, desto leichter werden solche Uebelstände zu Tage treten.

Die Eigenthümlichkeit des dem Parry’schen Trichter ähnlichen von Hoff’schen Apparates, die Gase in der Mitte der Gicht statt am Rande abzuleiten, schwächt jene übele Einwirkung ab. Im Uebrigen ist es leicht ersichtlich, dass, wie schon erwähnt, bei beiden Apparaten auch die jedesmaligen Abmessungen, insbesondere das Verhältniss des382Der Hochofen.Durchmessers des beweglichen Kegels zum Gichtdurchmesser wie der Winkel, den die Aussenfläche des Kegels gegen die Ofenwand ein - schliesst, ferner die Menge der in einem Male aufgegichteten Materialien und endlich die Höhe, um welche der Kegel beim Hineinstürzen der Materialien sich noch über der Beschickungsoberfläche befindet, für die Wirkung des Apparates von Wichtigkeit sind, ohne dass sich be - stimmte Regeln für einzelne Fälle geben liessen. Die allgemeineren Gesichtspunkte, welche hierbei in Betracht kommen, wurden schon oben erörtert.

Bei Oefen, welche zinkische Erze verarbeiten und in welchen sich demzufolge zinkhaltige Ansätze unterhalb der Gicht, sogenannter Zink - schwamm1)Bei Besprechung der Hochofenproducte ausführlicher erwähnt. Vergl. auch S. 267., zu bilden pflegen, hat der Parry’sche beziehentlich von Hoff’sche Trichter sich mitunter als ungeeignet aus dem Grunde erwiesen, weil durch die gegen die Ofenwand anprallenden Materialien der Zinkschwamm losgestossen wurde, hierbei unter die Ofenbeschickung gelangte und den Ofengang verschlechterte. 2)Eine derartige Folge der Anwendung des von Hoff’schen Apparates zeigte sich z. B. in Gleiwitz. Vergl. Zeitschr. f. Berg -, Hütten - u. Salinenwesen, Bd. 22, S. 263.

Günstiger dürfte in solchen schwierigeren Verhältnissen der Lan - gen’sche Apparat sich verhalten, zumal da er, wie schon erwähnt, eine Nachhilfe beim Aufschütten mit Krücken ermöglicht; oder der Buderus’sche Apparat, mit dessen Hilfe eine noch leichtere Regelung der Vertheilung der Materialien zu erzielen ist.

Die Leitungsrohre und Reinigungsvorrichtungen.

Für die Herstellung der Leitungsrohre pflegt man Eisenblech zu benutzen, und man giebt ihnen bei kleineren Holzkohlenhochöfen Durchmesser von 0.3 0.5 m, bei grösseren mit Koks betriebenen Hoch - öfen 1 1.5 m und mitunter darüber.

Bei dem Betriebe mehrerer Hochöfen lassen sich die sämmtlichen Gase in einem gemeinschaftlichen Sammelrohre vereinigen.

Bei Oefen mit geschlossener Gicht ist die Anbringung einer Vor - richtung zweckmässig, welche die Entlassung eines etwaigen Gasüber - schusses ermöglicht, falls aus irgend einem Grunde eine augenblick - liche Verwendung dafür fehlt. Dieselbe besteht am einfachsten aus einer Haube auf der höchsten Stelle des Entziehungsrohres, welche durch Hebel und Kette geöffnet werden kann. Die Abbildungen Fig. 105 auf S. 376 und Fig. 106 auf S. 378 lassen diese Einrichtung erkennen. Wenn beim Aufgichten die Gasleitung abgesperrt wird, wie es aus schon erörterten Gründen bei den Apparaten, welche die Gase oberhalb der Beschickungssäule entziehen, nothwendig ist, so pflegt man die Haube zu öffnen, damit die Gase hier ihren Ausweg nehmen können und nicht durch ein massenhaftes Entweichen aus der offenen Gicht die Bedienung derselben erschweren.

Sämmtliche Gichtgase führen theils Wasserdämpfe, theils staub - förmige Körper mit, sogenannten Gichtstaub, dessen Zusammensetzung383Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.und sonstige Beschaffenheit unter den Nebenproducten des Hochofens weiter unten besprochen ist.

Die Menge des Wasserdampfes richtet sich nach dem Wasser - gehalte der Beschickung, die Menge des Gichtstaubes nach der Zusam - mensetzung derselben und der im Hochofen herrschenden Temperatur. Er tritt bei stark basischen Beschickungen und hoher Temperatur durch - weg reichlicher auf als bei kieselsäurereicheren Beschickungen und weniger hoher Temperatur.

Beide Körper, der Wasserdampf wie der Gichtstaub, erniedrigen durch ihre Anwesenheit natürlicherweise die Verbrennungstemperatur der Gichtgase, schmälern dadurch die Wärmeausnutzung und können, wenn sie in grösseren Mengen auftreten, sogar die Entzündbarkeit der Gase vollständig aufheben.

Es ist mithin von Wichtigkeit, die Gichtgase, ehe sie an den Ort ihrer Verwendung gelangen, so viel als thunlich von diesen schädlichen Beimengungen zu befreien.

Wasserdampf wird in längeren Leitungen infolge der stattfindenden Abkühlung von selbst verdichtet werden, und man pflegt deshalb von der Anordnung besonderer Condensationsvorrichtungen abzusehen. Mit - unter, bei wasserreichen Beschickungen, hat man wohl eine Brause an einer geeigneten Stelle des Leitungsrohres angebracht, um mit Hilfe eingespritzter Wasserstrahlen eine stärkere Verdichtung des mitgeführten Wasserdampfes hervorzubringen.

Staub lagert sich während der Fortbewegung der Gase in um so reichlicheren Mengen in den Leitungsröhren selbst ab, je langsamer die Bewegung der Gase in den letzteren, d. h. je grösser der Durchmesser derselben ist.

Es ist mithin erforderlich, an den Leitungsröhren Vorkehrungen anzubringen, welche es ermöglichen, von Zeit zu Zeit die verdichteten, beziehentlich abgelagerten Körper zu entfernen, und, so viel als irgend thunlich, die Ansammlung derselben auf gewisse Stellen der Leitung zu concentriren.

An den Enden der Leitungsrohre, sowohl der wagerechten, als senkrechten oder geneigten, bringt man leicht zu öffnende Verschluss - klappen an, welche die Entfernung des Staubes gestatten, nachdem das Gas abgesperrt worden ist. Bei den Abbildungen Fig. 83 auf S. 343, Fig. 103 auf S. 372, Fig. 105 auf S. 376, Fig. 106 auf S. 378 sind diese Reinigungsverschlüsse deutlich erkennbar. Die Verschlussklappe selbst besteht aus Gusseisen, dreht sich in einem Scharnier und liegt, wenn sie sich am oberen Ende eines senkrechten Rohres befindet, horizontal auf der entsprechenden, mit gusseisernem abgedrehtem oder glatt gehobeltem Flantsche versehenen Oeffnung auf; an dem Ende horizontaler Röhren giebt man, wie aus den genannten Abbildungen zu ersehen ist, den Klappen eine etwas geneigte Lage, so dass sie von selbst auf der zugehörigen Oeffnung aufliegen und eine andere Be - festigung oder Verdichtung als etwa ein Verstreichen der Fuge mit Lehm nicht erforderlich ist. In solcher Anordnung erfüllen sie zugleich den andern Zweck, als Sicherheitsvorrichtung bei vorkommenden Ex - plosionen in der Gasleitung zu dienen; sie werden dann durch die384Der Hochofen.Explosion geöffnet und fallen von selbst wieder zu, sobald dieselbe vorbei ist.

Auch an dem unteren Ende senkrechter Röhren lässt sich mit Hilfe eines Hebels und Gegengewichtes ein solcher selbstthätig wirken -

Fig. 108.

Fig. 109.

der Klappenverschluss anbringen. Die Skizze Fig. 108 zeigt diese an und für sich leicht verständliche Einrichtung. Derselbe Zweck lässt sich jedoch und in den meisten Fällen in noch zweckmässigerer Weise durch einen Wasserverschluss des unteren Rohrendes er - reichen. Bei dem in Fig. 83 auf S. 343 ab - gebildeten Hochofen sieht man unten rechts eine derartige Vorrichtung; Fig. 109 zeigt die - selbe im Durchschnitte. In dem Wassergefässe, welches den unteren Theil des Apparates bildet, sammelt sich sowohl der in dem Rohre nieder - fallende Staub wie das verdichtete Wasser. Letzteres fliesst von selbst über den vorderen Rand des Gefässes ab, und der Staub kann mit Hilfe einer entsprechend geformten Krücke ebenfalls über diesen Rand hinweg von Zeit zu Zeit entfernt werden, ohne dass eine Ab - sperrung des Gases statt zu finden braucht. Entsteht aber eine Explosion, so drückt dieselbe das Wasser aus dem Behälter heraus und das explodirende Gas findet hier leicht einen Ausweg.

Jene eigentlichen Staubsammler, welche den Zweck haben, die Staubansammlung (beziehentlich auch Wasseransammlung) auf bestimmte Stellen der Leitung zu concentriren, bestehen aus weiten Gefässen, ge - wöhnlich an dem unteren Ende eines senkrechten Rohres, in denen die Gase sehr langsam sich bewegen. Giebt man dem in Fig. 109 gezeichneten Apparate einen grossen freien Querschnitt oberhalb des Wasserspiegels und zugleich eine grosse Länge in der Achsenrichtung (8 10 m), so dass er die Form eines liegenden, vorn offenen Rohres

Fig. 110.

bekommt, durch welches das Gas von dem einen Ende zum andern sich langsam fortbewegt, so bildet er einen vorzüglichen Staub - und Wassersammler. Fig. 110 zeigt eine etwas andere Form dieser Vorrichtung, welche man wohl als Lothringischen Reinigungsapparat oder S-Apparat (wegen einer entfernten Aehnlichkeit mit einem deutschen S) bezeichnet.

Eine noch andere Form eines Staubfanges mit Wasserverschluss zeigt Fig. 111. Die Gase ziehen hier, wenn sie aus dem oberen senkrechten Rohre austreten, zunächst vermöge der ihnen inne wohnenden Geschwindigkeit noch um ein gewisses Maass abwärts und wenden sich dann, um an dem oberen Ende des geräumigen, das Rohr umschliessenden Behälters durch ein oder mehrere Abzweigungsrohre ihrem Bestimmungsorte zugeführt zu werden; der Staub aber fällt in den untergestellten Wassertopf, um von hier, wie oben erwähnt, entfernt zu werden.

385Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.

Dass hier statt des Wassertopfes auch eine Verschlussklappe an - gewendet werden kann, bedarf kaum einer Erwähnung.

In seiner Wirkung dem soeben beschriebenen Staubsammler ähnlich ist der in Fig. 112 skizzirte. Die Gase gelangen abwärts kommend in den ge - räumigen Kasten a, werden durch die Scheidewand b bis zum Boden geführt und entweichen dann oben durch ein zweites Rohr. Der Staub wird von Zeit zu Zeit durch eine an geeigneter Stelle ange - brachte Reinigungsklappe entfernt.

Solche Staubfänge ohne Wasserverschluss nennt man trockne. Sie sind besonders an solchen Stellen, welche dem Froste stark ausgesetzt sind, am Platze, zumal, wenn wasserarme Beschickungen verhüttet werden und die Ableitung condensirten Wassers demnach weniger Bedeutung hat.

Ausser der schon erwähnten Absperrungsvor - richtung im Anfange der Hauptgasleitung ist in

Fig. 111.

jeder der von dieser abgezweigten Leitungen, welche das Gas einem bestimmten Heizapparate zuführt, ebenfalls eine Absperr - und Regulir - vorrichtung für den Gasstrom erforderlich. Am geeig - netsten hierfür sind Ventile, nach Art des in Fig. 106 auf S. 378 innerhalb der dort gezeichneten Gasleitung angeordneten Ventiles construirt. Sie bestehen aus einem Gusseisenteller, welcher sich innerhalb des Ventilgehäuses auf den vorstehenden, glatt bearbeiteten Rand des Leitungsrohres auflegt. Das Ventilgehäuse muss mit Reinigungsklappe versehen sein, damit der abgelagerte Staub von Zeit zu Zeit entfernt werden kann. Soll das

Fig. 112.

Ventil, wie bei den Abzweigungsröhren, nicht allein zur Absperrung sondern auch zur Regulirung benutzt werden, mithin höher oder nie - driger stellbar sein, so empfiehlt es sich, das aus dem Gehäuse heraus - stehende Ende der Ventilstange mit Schraubengewinde zu versehen und die Bewegung durch Drehung einer Schraubenmutter zu bewirken, welche in der Nabe eines Handrades sich befindet und in einem, auf dem Deckel des Ventilsitzes befindlichen Stuhle drehbar gelagert ist.

Auch Drosselklappen lassen sich, zumal für engere Leitungen unmittelbar vor dem Austritte des Gases, zur Absperrung und Regu - lirung des Gases benutzen. Weniger geeignet dagegen sind Schieber. Unter dem Einflusse der häufigen Temperaturwechsel verziehen sie sich, die Führungen des Schiebers setzen sich bald voll Staub und die Hand - habung wird sehr erschwert oder ganz unmöglich.

Die Verbrennung der Gichtgase wird nach den auf S. 115 gegebenen allgemeinen Regeln für Verbrennung von Gasen überhaupt bewirkt. Insbesondere ist es bei Verwendung derselben zur Heizung von eisernen Winderhitzungsapparaten oder Dampfkesseln nothwendig oder minde - stens zweckmässig, vor dem eigentlichen Erhitzungsapparate eine vonLedebur, Handbuch. 25386Der Hochofen.feuerfesten Steinen eingeschlossene Verbrennungskammer einzurichten, in welcher die Mischung von Gas und Luft erfolgt, damit nicht die Berührung des unverbrannten Gases mit dem verhältnissmässig kalten Apparate die Verbrennung erschwere. Durch entsprechend angeordnete Oeffnungen lässt man dann die verbrennenden Gase aus der Kammer in den zu heizenden Apparat austreten.

Gas und Luft lässt man, soweit es angeht, unter rechtem Winkel auf einander treffen.

Empfehlenswerth ist es, in der erwähnten Verbrennungskammer einen Rost anzuordnen, auf dem mit Brennmaterialabfällen ein schwaches Feuer unterhalten wird. Die Verbrennungsluft tritt, wie gewöhnlich, durch den mit Verschlussthür versehenen Aschenfall unterhalb des Rostes zu und steigt durch die Rostspalten hindurch aufwärts; die Gase werden unmittelbar oberhalb des Rostes durch eine oder mehrere horizontale Oeffnungen in den Verbrennungsraum geleitet. Man bewirkt auf diese Weise eine sofortige Wiederentzündung der Gase, sobald sie einmal durch irgend einen Zufall z. B. durch Absperrung beim Auf - gichten, Stillstand des Gebläses oder dergleichen erloschen sein sollten und verhütet die Entstehung von Explosionen durch entstehendes Knall - gas; ausserdem erhält man durch Anordnung des Rostes die Möglich - keit, in besonderen Fällen durch Benutzung fester Brennstoffe die Gas - feuerung zu ergänzen oder zu ersetzen.

In allen Fällen muss der Luftzutritt durch eine Stellvorrichtung in der Aschenfallthür regulirbar sein.

Die unten gegebenen Abbildungen von Winderhitzungsapparaten werden das über Verbrennung der Gase Gesagte zu ergänzen im Stande sein.

Die Fortbewegung der Gase in den Leitungsröhren erfolgt zwar bei geschlossener Gicht schon infolge des Umstandes, dass ihnen that - sächlich kein anderer Ausweg gelassen ist, und bei offener Gicht wird das Verhältniss zwischen der Menge der durch die Röhren abziehenden Gase zu den durch die Gicht entweichenden sich nach den verschiede - nen Widerständen richten, welche sich der Bewegung auf beiden Wegen entgegensetzen. Begünstigt wird die Fortbewegung in den Röhren durch die Abkühlung in dem von der Gicht abwärts führenden Rohre und durch das Aufsteigen der verbrannten heissen Gase in dem Heiz - apparate. Durch Anordnung einer Esse lässt sich dieses Aufsteigen und somit die Fortbewegung der Gase in den Röhren befördern; nothwendig ist die Essenwirkung, wenn die Gase in dem Heizapparate nicht auf - wärts sich bewegen, sondern wagerecht oder auf - und abwärts geführt werden sollen.

Je kräftiger der Essenzug wirkt, desto mehr verringert sich natur - gemäss die Gasspannung nicht nur in der Leitung, sondern auch im Hochofen selbst, desto geringer ist mithin auch die vom Gebläse zu leistende Arbeit, desto vollständiger werden selbst bei offener Gicht die Gase in die Leitung eintreten.

Entschieden fehlerhaft aber würde es sein, wenn man die Essen - wirkung in solcher Weise verstärken wollte, dass ein wirkliches Ab -387Das Gichtplateau.saugen der Gase aus dem Hochofen stattfände oder, mit anderen Worten, dass der Gasdruck in der Leitung niedriger wäre, als der Druck der atmosphärischen Luft. Die Erfahrung lehrt, dass der Hochofengang durch Entstehung sogenannten Oberfeuers, d. h. durch Aufsteigen der Schmelztemperatur in den zur Reduction bestimmten Theil des Hoch - ofens leidet, wenn die Gasspannung allzu stark verringert wird; schlimmer aber noch ist die Entstehung von Explosionen in der Leitung infolge des Umstandes, dass wegen des niedrigen Druckes nunmehr durch jeden Spalt, jede zufällige Oeffnung Luft von aussen her angesaugt wird.

Es ist deshalb nothwendig, durch Stellung der vor jeder Ausfluss - öffnung des Gases anzubringenden Drosselklappe beziehentlich eines Schiebers die Bewegung der Gase so zu regeln, dass an jeder Stelle der Leitung bis zum Austritte der Gase in den Heizapparat ein, wenn auch nur geringer, Ueberdruck vorhanden ist. Durch Anbringung eines einfachen Manometers in der Nähe der Ausflussöffnung kann man sich leicht von der Erfüllung dieser Bedingung überzeugen.

4. Das Gichtplateau.

Rings um die Gichtöffnung des Hochofens herum muss ein aus - reichend grosser Raum das sogenannte Gichtplateau für das Auf - und Abfahren der mit Schmelzmaterialien beladenen Karren und für den Aufenthalt der mit der Wartung der Gicht beauftragten Arbeiter geschaffen werden.

Verhältnissmässig einfach liess sich in früherer Zeit bei den Oefen mit starkem Rauhgemäuer diese Aufgabe lösen. Die obere Fläche des Rauhgemäuers selbst war gewöhnlich ausreichend gross genug, um als Gichtplateau zu dienen. Man hatte nur nöthig, sie mit eisernen Platten als Schutz gegen Nässe und Beschädigungen abzudecken und rings herum mit einer etwa 3 m hohen Wand einzufassen, um den Gicht - arbeitern einen Schutz gegen Sturm zu gewähren.

Bei den Oefen mit Blechmantel benutzt man diesen zur Befestigung eiserner, am besten schmiedeeiserner Consolen, welche das Gichtplateau zu tragen bestimmt sind. Fig. 81 auf S. 342 lässt diese Anordnung erkennen. Die benachbarten Consolen werden durch aufgeschraubte Schmiedeeisenträger verbunden, zwischen welchen nach Erforderniss wieder kürzere Querstücke eingeschaltet werden können; schliesslich wird das ganze Trägernetz mit aufgeschraubten gerippten Eisenblechen abgedeckt. Eine am Umfange befestigte Wand aus Eisenblech verleiht auch hier den Arbeitern den erforderlichen Schutz.

Die Art und Weise, wie man bei Hochöfen mit freistehendem Schachte das Gichtplateau unterstützt, ist durch die früher gegebene Abbildung des Ilseder Hochofens (Fig. 84 87) veranschaulicht. Es wurde schon bei der Beschreibung dieser Ofenconstruction erwähnt, dass den grossen Vortheilen, welche unleugbar die Anwendung eines frei stehenden Schachtes gewährt, doch als Nachtheil diese grössere Schwierig - keit einer sicheren Auflagerung des Gichtplateaus gegenüber stände. Eine Anzahl hoher, unter einander verstrebter Säulen oder Ständer ist erforderlich, welche rings um den Ofen herum aufgestellt werden und25*388Der Hochofen.auf welchen das Gichtplateau in ganz ähnlicher Weise wie auf den Consolen der Oefen mit Blechmantel befestigt wird.

In allen Fällen muss, wie schon früher betont wurde, der Kernschacht des Ofens vollständig unabhängig von dem Gichtplateau bleiben und darf nicht etwa als Unter - stützung desselben benutzt werden; und damit der Schacht beim Anblasen des Ofens sich in der Höhenrichtung frei ausdehnen (wachsen) könne, muss zwischen der Oberkante desselben und dem Gichtplateau ein Abstand bleiben, für welchen man pro 1 m Höhe des ganzen Ofens 2 3 cm an - nehmen kann. Aus nahe liegenden Ursachen wachsen die Schächte der Oefen mit Rauhgemäuer durchschnittlich am stärksten, diejenigen der Oefen mit vollständig frei stehendem Schacht am wenigsten; doch wird allerdings dieser Unterschied bei Bemessung jenes Zwischen - raumes zum Theile durch den Umstand ausgeglichen, dass das am Rauhgemäuer oder am Blechmantel befestigte Gichtplateau mit diesem ebenfalls um ein gewisses Maass ansteigt.

Ohne jene Vorsichtsmaassregel würde nicht allein das Gichtplateau durch den Schacht gehoben und unter Umständen theilweise von seiner Unterlage losgerissen werden, sondern der Schacht würde auch durch die beim Fahren mit Karren vom Gichtplateau aus auf denselben über - tragenen Erschütterungen leicht Beschädigungen erleiden.

Die Gichtplateaus benachbarter Hochöfen von gleicher Höhe werden durch eine eiserne Brücke mit einander verbunden. Ebenso wird der Gichtaufzug (siehe unten) mit dem Gichtplateau in Verbindung gesetzt. Eine Treppe gewöhnlich eine eiserne Wendeltreppe an geeigneter Stelle ermöglicht die Befestigung des Plateaus.

Literatur.

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  • E. F. Dürre, Die Anlage und der Betrieb der Eisenhütten. Bd. 2 (noch unvollendet). Leipzig 1882.
  • W. Hupfeld und W. Schermeng, Hochofenanlage des Cöln-Müsener Bergwerks-Actienvereins zu Kreuzthal bei Siegen. Halle 1871.

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  • F. Lürmann, Besprechung des Vortrages von Ch. Wood: Ueber fernere Verbesserungen der Hochofengestelle. Dingl. Polyt. Journ., Bd. 221, S. 28.
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  • P. Tunner, Fortschritte bei den Eisenhochöfen in Cleveland. Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben und Přibram, Bd. XX (1872), S. 242.

III. Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.

1. Die Gebläse.

Allgemeines.

Zum Betriebe der Hochöfen werden in jetziger Zeit ausschliesslich Cylindergebläse benutzt. Kein anderes Gebläsesystem ist im Stande, die für einen Hochofen erforderliche Windmenge und Windpressung unter gleich günstiger Ausnutzung der von der Betriebsmaschine ge - leisteten Arbeit als ein gut construirtes Cylindergebläse zu liefern; und390Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.die früher erwähnte beträchtliche Leistungsfähigkeit der jetzigen Hoch - öfen würde nicht erreichbar gewesen sein, wenn nicht mit der Ver - grösserung der Hochöfen auch eine Vergrösserung und Vervollkomm - nung der Cylindergebläse Hand in Hand gegangen wäre.

Die Cylindergebläse entwickelten sich aus den früher üblichen hölzernen Kastengebläsen, nachdem die letzteren sich als unzureichend für Erzeugung der stärkeren Pressung erwiesen hatten, welche durch Anwendung von Koks und Erhöhung der Oefen erforderlich geworden war. Das erste Cylindergebläse wurde 1780 auf der Carronhütte in Schottland in Betrieb gesetzt. 1)A. Gurlt, Bergbau - und Hüttenkunde, 2. Aufl., S. 123.

Die allgemeine Einrichtung eines Cylindergebläses darf als bekannt vorausgesetzt werden. Es kann deshalb an dieser Stelle nur die Auf - gabe vorliegen, die Eigenthümlichkeiten der für den Hochofen - betrieb benutzten Cylindergebläse hervorzuheben und die Vortheile und Nachtheile der verschiedenen Systeme von Cylindergebläsen bei ihrer Verwendung für den Hochofenbetrieb einander gegenüber zu stellen.

Die Windspannung, mit welcher die Hochöfen betrieben werden, schwankt nach der Höhe der Oefen, der Dichtigkeit der Beschickung und der Verbrennlichkeit des Brennstoffs zwischen 0.03 1.0 kg per qcm, obschon allerdings Windspannungen von mehr als 0.5 kg nicht gerade häufig und fast nur für Anthracithochöfen zur Anwendung gelangen.

Das Cylindergebläse muss also im Stande sein, diese Windspan - nung zu erzeugen. Da aber der Hochofen Jahr ein Jahr aus ununter - brochen im Betriebe ist, und jeder Stillstand, verursacht durch erforder - liche Reparaturen am Gebläse, nicht allein einen Ausfall in der Roh - eisenerzeugung mit sich bringt, sondern auch störende Nachwirkungen auf den Verlauf des Schmelzganges ausübt, so muss das Cylindergebläse auch in solcher Weise gebaut sein, dass jene Reparaturen auf ein mög - lichst geringes Maass beschränkt bleiben.

Der Betrieb der Hochofengebläse geschieht meistens durch Dampf - kraft, für deren Erzeugung die Gichtgase des Hochofens bei zweck - mässiger Einrichtung der Gasentziehung, Feuerungsanlage wie der Dampfmaschine auch dann vollständig auszureichen pflegen, wenn ein anderer Theil derselben, wie gewöhnlich, zur Erhitzung des Gebläse - windes benutzt wird. Selbst da, wo eine Wasserkraft zum Betriebe des Gebläses verfügbar ist, pflegt man deshalb neben derselben eine Re - servedampfmaschine in Bereitschaft zu halten, um bei Wassermangel nicht genöthigt zu sein, den Betrieb einzuschränken.

Wo Verkokungsöfen neben der Hochofenanlage sich befinden, lassen sich unter Umständen auch die Gase dieser zur Heizung der Dampfkessel für die Gebläsemaschine mit benutzen. In jedem Falle wird jenes Ziel, die Gebläsemaschine ohne Aufwand fremden Brennstoffs und ohne Schädigung der Winderhitzung nur durch die eigenen Gase des Hochofens zu betreiben, um so leichter erreicht werden können, je geringer der relative Dampfverbrauch der Maschine ist; daher sind Condensationsmaschinen recht geeignet, sofern die nöthige Wassermenge dafür zu beschaffen ist, und in jedem Falle ist Expansion von Nutzen.

391Die Gebläse.

Man wendet ein - und mehrcylindrige (zwei - oder dreicylindrige) Gebläsemaschinen für den Hochofenbetrieb an. Eincylindrige sind bei derselben Leistung billiger in der Anlage, machen aber die Anlage eines Regulators (siehe unten) erforderlich, um die Ungleichmässigkeiten des Windstromes auszugleichen, und besitzen den Uebelstand, dass jede erforderliche Reparatur auch einen Stillstand des ganzen Gebläses mit sich bringt. Bei mehrcylindrigen Gebläsen dagegen kann unter Um - ständen, wenn die Reparatur längere Zeit beansprucht, der Betrieb mit Hilfe des unversehrt gebliebenen Cylinders weiter geführt werden, nach - dem der andere ausgeschaltet wurde; durch entsprechende Anordnung der Kolbenstellungen lassen sich jene Ungleichmässigkeiten des Wind - stromes und, bei stehenden Gebläsemaschinen, auch die Ungleichheiten in dem Arbeitsverbrauche bei Auf - und Niedergang der Kolben ab - mindern; und bei sehr grossem Windbedarfe kommt noch hinzu, dass der Durchmesser des einzelnen Cylinders bei mehrcylindrigen Gebläsen entsprechend kleiner als bei eincylindrigen ausfällt, welcher Umstand in mehr als einer Hinsicht vortheilhaft ist.

Alle neueren Cylindergebläse sind mit Kurbelwelle und gewöhn - lich mit Schwungrad versehen. Wenn man früher zur Vereinfachung der Construction verschiedentlich Gebläse ohne jene Theile gebaut hat, so besitzen dieselben doch entschiedene Schwächen. Durch Anwendung einer Kurbel mit Schubstange ist das Maass des Hubes der Kolben aufs genaueste bestimmt; ohne Gefahr kann der Kolben bis nahe an die Cylinderdeckel bewegt und der sogenannte schädliche Raum dadurch auf ein kleinstes Maass beschränkt werden. Fehlt die Kurbel, so muss vorzeitige Umsteuerung stattfinden, damit nicht eine Zertrümmerung der Cylinderdeckel eintrete, und es entsteht ein grosser schädlicher Raum; oder es müssen zur Begrenzung des Hubes starke Widerlager angebracht werden, gegen welche die bewegten Theile stossen, und hierdurch wer - den starke Erschütterungen hervorgerufen. Eine Kupplung mehrerer Cylinder macht an und für sich schon die Anwendung der Kurbel - welle nothwendig.

Durch Anordnung eines Schwungrades sollen, wie gewöhnlich, Ungleichförmigkeiten, insbesondere Stösse, während der Bewegung ver - mieden werden, und eben hierdurch gewährt dieselbe die Möglichkeit, stärkere Expansionsgrade anzuwenden, also mit geringerem Dampfver - brauche zu arbeiten, als ohne Schwungrad.

Bei dem Betriebe des Gebläses durch Wasserkraft kommen diese Vortheile des Schwungrades grösstentheils ausser Betracht, und das Wasserrad selbst vertritt hier die Stelle desselben.

Obwohl man durch einen raschen Gang des Cylindergebläses den Vortheil erreicht, dass für eine verlangte Windmenge der Durchmesser sowohl des Cylinders als aller übrigen damit zusammenhängenden Theile geringer ausfällt, das Gebläse daher leichter und in der Anlage billiger wird, die Arbeitsverluste durch Reibung wegen des geringeren Gewichts der bewegten Theile ebenfalls sich entsprechend verringern und hier - durch eine günstigere Ausnutzung der geleisteten Arbeit erreicht wird, vermeidet man doch gerade bei Hochofengebläsen nach Möglichkeit eine übermässige Geschwindigkeit, durch welche die Gefahr häufiger Be -392Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.schädigungen nahe gelegt werden könnte. Im Durchschnitt beträgt die mittlere Kolbengeschwindigkeit neuerer Hochofengebläse 1 m per Sec. ; Gebläsesysteme, deren Einrichtung grössere Gewähr für Haltbarkeit giebt, haben wohl eine etwas grössere, andere eine etwas geringere Kolbengeschwindigkeit, bedeutende Abweichungen jedoch sind selten und finden sich fast nur bei älteren Gebläsen mangelhafter Construction.

Ausserordentlich mannigfaltig ist die Einrichtung der Ein - und Auslassvorrichtungen für den Wind. Man hat kreisrunde Tellerventile aus Metall mit Filz, Leder oder Gummirand als Dichtung; oder an Stelle derselben Scheiben aus Leder, Filz u. s. w., welche ebenfalls ventilartig bewegt werden und auf rostartige Gitter schlagen, um nicht eingebogen zu werden; oder gewöhnliche Blechklappen mit Leder - oder Gummidichtung, welche zugleich das Gelenk der Klappe bildet, oder noch häufiger Klappen aus starkem Leder oder Filz, auf Gitter auf - schlagend; u. a. m. Die Wahl der einen oder andern Einrichtung hängt theils von der Art des Gebläsesystems (ob liegend oder stehend), theils von der zu erzeugenden Windspannung, zum grossen Theile aber auch von den persönlichen Neigungen des Erbauers ab. Für Gebläse mit einer Windspannung bis zu 0.5 kg per qcm haben sich Klappenventile, sowohl die aus Blech mit Leder - oder Filzdichtung als die unmittelbar aus Leder oder Filz gefertigten, stets als zweckmässig bewährt; als weniger brauchbar für diesen Zweck erwies sich Kautschuk wegen seiner ge - ringern Haltbarkeit. Liegende Gebläse sind fast nur mit solchen Klappen - ventilen versehen; bei stehenden Gebläsen dagegen, besonders wenn sie für hohen Druck bestimmt sind, wendet man für die Saugöffnungen häufig Tellerventile an, während man die Drucköffnungen auch hier mit Klappen zu versehen pflegt.

Als Liderung für den Gebläsekolben benutzt man bei liegenden Maschinen Leder, Filz, Hanf, Segelleinewand und ähnliche Körper, bei stehenden Gebläsen mitunter Metall, welches in Form von Ringen in die Seitenwand des Kolbens eingelassen und durch Federn oder auch durch den gepressten Wind, welcher durch Kanäle hinter die Ringe tritt, gegen die Cylinderwand gedrückt wird.

Zum Schmieren des Kolbens dient feingepulverter Graphit, von welchem man eine Hand voll an die Saugöffnung hält, so dass er von der einströmenden Luft mitgenommen wird. Seltener und auch wohl weniger zweckmässig schmiert man mit Talg. Bei Metallliderungen lässt sich mitunter, wenn die Liderung nicht gar zu fest gegen die Cylinderwand gepresst und die Kolbengeschwindigkeit nicht allzu be - trächtlich ist, das Schmieren vollständig ersparen, ohne dass ein Warm - laufen eintritt.

Das Cylindergebläse nebst Dampfmaschine muss in einem beson - deren Gebäude aufgestellt werden, um gegen Staub und sonstige äussere Einflüsse nach Möglichkeit geschützt zu sein. In diesem Gebäude pflegt nun aber die Luft infolge des Entweichens von Wasserdampf aus den unvermeidlichen undichten Stellen der Dampfleitung oder bei Ge - bläsen mit Wasserkraft infolge der Nähe des Wassergrabens mit Feuchtigkeit gesättigt zu sein; der Hochofen erhält also, sofern die Gebläseluft unmittelbar von hier entnommen wird, zugleich eine grosse393Die Gebläse.Menge Wasserdampf, durch dessen Zersetzung im Verbrennungsraume die dort herrschende Temperatur erniedrigt werden muss. Grosse Ge - bläse aber werden innerhalb eines geschlossenen Gebläsehauses leicht einen luftverdünnten Raum erzeugen, wodurch die Leistung des Ge - bläses beeinträchtigt und starke Zugluft, begleitet von Staubentwicke - lung, beziehentlich eine Erschütterung der Thüren und Fenster hervor - gerufen werden kann. Eine zuerst auf englischen Eisenwerken ein - geführte Einrichtung zur Vermeidung dieses Uebelstandes verdient daher Beachtung. Sämmtliche Saugöffnungen sind in einem Gehäuse ein - geschlossen, welches durch ein weites Rohr mit der äusseren Luft in Verbindung steht. Die gesammte Gebläseluft wird auf diese Weise von aussen und zwar von einer beliebig zu wählenden Stelle her zugeführt und die Luft im Gebläsehause bleibt von dem Gange des Gebläses unbeeinflusst.

Sind mehrere Hochöfen vorhanden, welche gleichzeitig betrieben werden, so empfiehlt es sich, jedem derselben eine eigene Gebläse - maschine beizuordnen. Es sind verschiedene Umstände hierfür maass - gebend. Der Wirkungsgrad der Maschine leidet, sobald sie etwa beim Kaltliegen des einen Hochofens nicht ihrer eigentlichen Be - stimmung gemäss ausgenutzt werden kann; der Betrieb der verschiedenen Hochöfen bleibt unabhängig von einander, so lange sie nicht auf eine gemeinsame Gebläsemaschine angewiesen sind, und insbesondere wird bei erforderlichen Reparaturen eines Gebläses auch nur der eine Hoch - ofen zum Stillstehen gelangen; die Abmessungen jedes einzelnen Ge - bläses halten sich zumal bei grossen Hochöfen leichter innerhalb der Grenzen des Zweckmässigen, wenn nur ein Hochofen mit demselben betrieben, als wenn der Windbedarf mehrerer von demselben gedeckt werden soll; u. a. m.

Die Gebläsesysteme.

Liegende Gebläse. Die Achse des Gebläsecylinders und, wenn Dampfkraft zum Betriebe benutzt wird, auch des Dampfcylinders, ist wagerecht. Bei Betrieb durch Dampf pflegt die Kolbenstange des Dampf - cylinders mit der des Gebläsecylinders gekuppelt, der Gebläsecylinder an dem einen Ende, der Dampfcylinder in der Mitte, das durch Kurbel und Schubstange betriebene Schwungrad am andern Ende angeordnet zu sein. Fig. 113, ein von der Friedrich-Wilhelmshütte zu Mülheim a. d. Ruhr gebautes liegendes Gebläse für das Hochofenwerk zu Berge-Borbeck1)Aus J. Schlink, Ueber Gebläsemaschinen., stellt eine solche Anordnung bei zwei Cylindern mit einem gemein - schaftlichen Schwungrade in 1 / 120 der wirklichen Grösse dar. Es ist leicht zu ersehen, dass ein eincylindriges Gebläse dieser Gattung in ganz derselben Weise, nur unter Weglassung des zweiten Dampf - und Gebläsecylinders, angeordnet werden kann.

Weniger zweckmässig ist es, bei zweicylindrigen Gebläsen aus Billigkeitsrücksichten nur einen einzigen Dampfcylinder anzuordnen, welcher dann zwischen beiden Gebläsecylindern in der Mitte liegt (so dass seine Achse den Achsen der letzteren parallel ist) und vermittelst394Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.

Fig. 113.

einer Schubstange und Kurbel die gemeinschaft - liche Kurbelwelle treibt. Es sind dann zwei Schwungräder der gleich - förmigen Belastung hal - ber erforderlich, so dass auf jeder Seite der Dampf - cylinderkurbel sich ein Schwungrad befindet.

Bei den Gebläsen mit gekuppelter Kolben - stange (wie in der Ab - bildung dargestellt) trägt ein kräftiger Gusseisen - rahmen, am besten in einem einzigen Stücke ge - gossen, die zu einander gehörigen Dampf - und Ge - bläsecylinder nebst dem zugehörigen Kurbelwel - lenlager, wodurch die ganze Anordnung eine grosse Standfestigkeit und Sicherheit bekommt.

Die liegenden Ge - bläse sind in ihrer An - lage verhältnissmässig billig, nicht nur an und für sich, sondern auch hinsichtlich der Kosten für Fundamentirung und Gebläsehaus, sind leicht zu übersehen und leicht zugänglich und deshalb bequem in ihrer War - tung. Diese Vortheile haben denselben seit ihrer Einführung bis zur Jetzt - zeit auch bei Hochofen - werken eine ziemlich ausgedehnte Verbreitung verschafft. Als hauptsäch - lichster Nachtheil steht diesen Vorzügen der Um - stand gegenüber, dass durch das Gewicht der horizontal bewegten Kol - ben leicht eine einseitige Abnutzung der Cylinder -395Die Gebläse.wände herbeigeführt wird. Aus diesem Grunde würde auch eine Metall - liderung des Gebläsekolbens, welche bei stehenden Gebläsen, wie schon erwähnt, nicht selten benutzt wird, bei liegenden Gebläsen nicht an - wendbar sein. Sie würde durch ihre grössere Härte jene einseitige Abnutzung noch mehr befördern.

Zur Abminderung dieses offenbaren Uebelstandes sind bei der Construction der liegenden Gebläse verschiedene Rücksichten erforder - lich. Die Kolben selbst, insbesondere die ihrem Durchmesser nach grösseren Gebläsekolben, müssen möglichst leicht, die Kolbenstangen, um gegen Durchbiegung so viel als thunlich geschützt zu sein, stark im Durchmesser und deshalb hohl construirt sein und an beiden Seiten der Cylinder in Führungen gleiten. Da aber mit dem Durchmesser des Gebläsekolbens auch sein Gewicht, mit der Länge des Gebläse - cylinders die Durchbiegung, welche die Kolbenstange in der Mitte des Cylinders erleidet, zunimmt, so geht man zweckmässigerweise sowohl hinsichtlich des Durchmessers als der Hublänge der liegenden Gebläse nicht über ein gewisses Maass hinaus. Nur verhältnissmässig wenige liegende Gebläse haben grössere Durchmesser des Gebläsecylinders als 2.25 m bei höchstens 2 m Hub; das Verhältniss der Hublänge zum Cylinderdurchmesser pflegt zu sein; doch findet man mitunter auch das Verhältniss 1 / 1.

Von dem Durchmesser der Gebläsecylinder ist bei gegebener Nor - malgeschwindigkeit des Kolbens (welche bei liegenden Maschinen in Rücksicht auf die grosse Standhaftigkeit derselben etwas über das oben mitgetheilte Maass hinausgehen und bis 1.1 oder 1.2 m per Secunde gesteigert werden kann), die gelieferte Windmenge abhängig; hieraus folgt dann schon bei grossem Windbedarfe von selbst die Nothwendig - keit, mehrcylindrige Maschinen anzuwenden, falls der Durchmesser eines einzigen Cylinders jene zulässige Grenze überschreiten sollte.

Je geringer aber die Hublänge eines Gebläses ist, desto grösser fällt selbstverständlich bei derselben Geschwindigkeit des Gebläsekolbens die Hubzahl in der Zeiteinheit aus. Jeder Hubwechsel aber hat nicht allein eine Ungleichförmigkeit des Windstromes zur Folge, sondern ist auch mit einer Beeinträchtigung der Leistung des Gebläses verbunden, da der Kolben bei dem Beginne des Hubes sowohl infolge des schäd - lichen Raumes als der kaum ganz zu vermeidenden Ungenauigkeiten in der Arbeit der Ventile erst einen gewissen Weg, ohne zu saugen, zurücklegt. In diesem Umstande liegt ein, wenn auch nicht sehr erheblicher Nachtheil, welchen die liegenden, mit kurzem Hube ver - sehenen Gebläse mit anderen kurzhübigen Gebläsesystemen gemein haben.

Balanciergebläse. Dieselben gehören zu den ältesten aller Cylinder-Gebläsesysteme und sind ihrer grossen Standfestigkeit und Dauerhaftigkeit halber, welche Eigenschaften im Vereine mit der senk - rechten Stellung der Cylinder zugleich den Vortheil grosser Hublängen gewähren, auch jetzt noch vielfach in Anwendung, obschon sie aller - dings in der neueren Zeit verschiedentlich durch andere stehende Ge - bläse verdrängt worden sind. Unter allen Cylindergebläsen ist näm - lich das Balanciergebläse am kostspieligsten in seiner Anlage; ausser396Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.den eigentlichen Anschaffungskosten erfordert dasselbe eine sehr sorg - fältige Fundamentirung, ein Gebläsehaus von ansehnlicher Höhe und Länge, und die Beaufsichtigung und Wartung der Maschine ist, wenig - stens im Vergleiche zu den liegenden Maschinen, erschwert.

Fig. 114 zeigt in 1 / 175 der wirklichen Grösse eine gebräuchliche Anordnung eines eincylindrigen Balanciergebläses mit Kurbel und Schwungrad. 1)Gebläse des Eisenwerkes Vulkan, Schlink, a. a. O.Rechts steht der Dampfcylinder, links der Gebläse - cylinder, durch Vermittelung des auf eisernen Säulen gelagerten Ba - lanciers von jenem aus angetrieben. An den Enden der Kolbenstangen sind die sogenannten Parallelogramme erkennbar, dazu bestimmt, die

Fig. 114.

Geradführung der Kolbenstangen bei der schwingenden Bewegung der Angriffspunkte am Balancier zu sichern.

Bei Betrieb durch Wasserkraft wird von dem Wasserrade (be - ziehentlich der Turbine) aus die Kurbelwelle angetrieben und von hier aus die Bewegung durch die Schubstange auf den Balancier über - tragen. Da der Dampfcylinder in Wegfall kommt, kann die Kurbel - welle alsdann senkrecht unter der Angriffsstelle der Schubstange am Balancier liegen.

Mehrcylindrige Maschinen sind ziemlich selten, da man dem stehen - den Gebläsecylinder ohne Nachtheil einen grösseren Durchmesser als dem Cylinder der liegenden Gebläse geben kann. Bei denselben ist für jedes Cylinderpaar (Dampf - und Gebläsecylinder) ein besonderer Balancier erforderlich und die Schubstangen treiben die gemeinschaft -397Die Gebläse.liche Kurbelwelle, deren Kurbeln unter entsprechendem Winkel (bei zwei Gebläsecylindern 90°) gegen einander gestellt sind.

Da der Durchmesser und das Gewicht des Gebläsecylinderkolbens ungleich grösser ist als der Durchmesser und das Gewicht des Dampf - cylinderkolbens, so ist beim Aufsteigen des ersteren bei gleichzeitigem Niedergange des letzteren eine grössere mechanische Arbeit erforderlich, als im umgekehrten Falle, sofern nicht Gewichtsausgleichung stattfindet. Dieselbe lässt sich ohne Schwierigkeit durch Anbringung von Gegen - gewichten an dem betreffenden Ende des Balanciers herstellen.

Die in Fig. 114 gezeichnete Anordnung der Kurbelwelle zwischen Dampfcylinder und Balancierzapfen bei schräg stehender Schubstange hat den Nachtheil, dass von der letzteren aus ein starker Seitendruck gegen den Ba - lancierzapfen ausgeübt wird. Dieser Nachtheil wird abge - mindert, wenn man, wie es fast noch üblicher ist, die Schubstange nicht senkrecht über der Kolbenstange des Dampfcylinders, sondern zwi - schen Kolbenstange und Schwingungspunkt des Ba - lanciers angreifen lässt, und am geringsten ist offenbar jener Druck, wenn der An - griffspunkt der Schubstange am Balancier senkrecht über der Kurbelachse liegt (Fig. 115). Hierdurch aber wird ein anderer, unter Umstän - den noch schwerer wiegen - der Uebelstand herbeigeführt. Der Dampfcylinder greift nun - mehr an einem längeren He - belsarme an als die Schub - stange; die Folge davon ist, dass der von ersterem aus - geübte Druck im umgekehr - ten Verhältnisse der Hebels - längen, also jedenfalls in verstärktem Maasse, auf die

Fig. 115.

Fig. 116.

Schubstange übertragen wird, wodurch die letztere sowohl als der Kurbelzapfen und die Lager der Schwungradwelle stark beansprucht werden.

Ausserdem wird durch die Anordnung der Schwungradwelle zwi - schen Dampfcylinder und Balanciersäulen die Zugänglichkeit der ganzen Maschine, insbesondere der genannten Welle selbst, verringert.

Die erwähnten Nachtheile lassen sich vermeiden oder doch abmin - dern, wenn man, wie in Fig. 116, den Balancier über den Angriffspunkt398Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.der Dampfkolbenstange hinaus verlängert und die Schubstange nun - mehr am Ende des Balanciers angreifen lässt, eine Einrichtung, welche zuerst in England, später auch vielfach in Deutschland und Oester - reich angewendet wurde. Die Verlängerung des Balancierarmes aber bringt nothwendigerweise auch eine grössere Länge der Kurbel mit sich und diese macht wieder, damit die Bewegungsübertragung nicht ungünstig ausfalle, eine grössere Länge der Schubstange erforderlich. Man giebt also dem Balancier die Form eines Winkelhebels (Balan - cier mit Horn), wie in der Abbildung, wodurch man eine grössere Länge der Schubstange und zugleich eine geringere Länge der Kurbel erhält, als wenn derselbe geradlinig und der Abstand des Angriffs - punktes der Schubstange von demjenigen der Kolbenstange gleich gross wäre. Eine fernere Verlängerung der Schubstange aber lässt sich erreichen, wie es ebenfalls in der Skizze Fig. 116 angedeutet ist, indem man die Kurbelwelle tiefer in das Fundament verlegt.

Man pflegt Balancier-Gebläsen Cylinderdurchmesser bis zu 3.5 m (selten allerdings über 3 m), und Hubhöhen bis zu 3 m (Verhältniss der Hubhöhe zum Durchmesser 6 / 5) zu geben.

Stehende direct wirkende Gebläse mit doppelten Kurbel - stangen oder Serainggebläse. Die Einrichtung dieser Gebläse, welch eseit Anfang der fünfziger Jahre in besonders grosser Zahl von der Firma John Cockerill in Seraing gebaut wurden und ihre grösste Verbreitung gegen Ende der sechziger und im Anfange der siebziger Jahre fanden, ist durch die Abbildung Fig. 117 dargestellt (Gebläse zu Biskupitz in 1 / 84 der wirklichen Grösse, von A. Borsig in Berlin 1867 gebaut).

Auf einem von vier Säulen oder Ständern getragenen Rahmen ist der Gebläsecylinder befestigt und die abwärts gerichtete Kolbenstange desselben ist mit der Kolbenstange des unten befindlichen Dampf - cylinders gekuppelt. Zwischen beiden Cylindern ist an die Kolben - stangen in deren Vereinigungspunkte ein in senkrechten Führungen gleitendes Querhaupt angeschlossen, an dessen nach beiden Seiten hin vorstehenden Endzapfen die beiden Kurbelstangen angreifen. Mit dem andern Ende sind die letzteren an die als Kurbelscheiben benutzten Naben zweier Schwungräder angeschlossen, welche zwischen Kurbel - stange und Dampfcylinder angeordnet sind und deren Welle unterhalb des Dampfcylinders im Fundamente gelagert ist.

Sehr gebräuchlich ist das Woolf’sche Dampfmaschinensystem und Condensation für den Betrieb dieser Gebläse. Bei Anwendung Woolf - scher Maschinen greifen die Kolbenstangen beider Dampfcylinder an das gemeinschaftliche Querhaupt, während die Kolbenstange des Ge - bläsecylinders in der Mitte desselben, wie auch bei der oben abgebil - deten Maschine, angeschlossen ist. Zum Betriebe der Pumpen bei Con - densationsmaschinen pflegt man einen Balancier anzuordnen, welcher von jenem Querhaupte aus durch eine Schubstange bewegt wird.

Der Umstand, dass zwischen Dampf - und Gebläsecylinder dieser Gebläse ein ausreichender Raum für die Bewegung des Querhauptes bleiben muss, bedingt eine beträchtliche Höhe derselben, und mit der Höhe des Gebläses wächst ebensowohl die Höhe des erforderlichen Ge -399Die Gebläse.bäudes als auch die Schwierigkeit der Beaufsichtigung. Die ganze Anordnung eignet sich vor - zugsweise für eincylindrige Gebläse, und mehrcylindrige bilden seltene Ausnahmen. Bei allen stehenden direct wirkenden Gebläsen aber findet, da beim Aufgange der Kolben die sämmtlichen bewegten Theile gehoben wer - den müssen, beim Nieder - gange aber durch ihr Ge - wicht Beschleunigung der Bewegung hervorrufen, eine ungleichmässige Benutzung der von dem Motor geleiste - ten Arbeit und somit un - gleichförmige Bewegung statt, sofern nicht Ausgleichung geschaffen wird. Gekuppelte mehrcylindrige Gebläse ge - währen den Vortheil, dass durch entsprechende Stellung der einzelnen Kurbeln gegen - einander eine gegenseitige Ausgleichung zu erreichen ist; bei den eincylindrigen Seraingmaschinen dagegen müssen besondere Vorkeh - rungen für diesen Zweck ge - schaffen werden, und die - selben sind um so wichtiger, da das Gewicht der bewegten Theile ein sehr bedeutendes zu sein pflegt (dasselbe be - trägt z. B. bei einer Ma - schine von 2.5 m Durchmesser des Windcylinders und 2.5 m Hub gewöhnlich mehr als 8000 kg). Man benutzt hier - für gewöhnlich Gegenge - wichte, welche am Kranze der Schwungräder befestigt werden; mitunter auch sucht man durch Anwendung ei - nes Differenzialkolbens der Dampfmaschine den Uebel - stand abzuschwächen, d. h.

Fig. 117.

durch Anwendung einer dickeren Kolbenstange, welche den freien Cylin - derquerschnitt oberhalb des Kolbens entsprechend verringert; und wo400Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.Pumpen vom Querhaupte aus in der schon angedeuteten Weise ange - trieben werden, benutzt man wohl einfach wirkende Pumpen, deren Hub bei dem Niedergange des Gebläsekolbens stattfindet.

Diesen unverkennbaren Schwächen der Serainggebläse stehen je - doch auch grosse Vorzüge gegenüber. Hierher gehört im Vergleiche zu den Balanciermaschinen die unmittelbare Kraftübertragung, wodurch alle Zwischentheile entbehrlich werden; die Möglichkeit, grosse Kolben - hübe1)Man vergegenwärtige sich, dass die Schubstangen dieser Gebläse eine be - trächtliche Länge besitzen, welche mit der Hublänge wächst; hierdurch wird die Gefahr vermieden, dass bei langem Hube das Verhältniss der Kurbellänge zur Länge der Schubstange zu gross ausfalle. Jene Bedenken aber, welche bei liegenden Ma - schinen gegen starke Hublängen sprechen, kommen hier, wie bei allen stehenden Maschinen, ausser Betracht. und, wenn erforderlich, grosse Cylinderdurchmesser anzuwenden; die geringe Grösse der erforderlichen Grundfläche und die einfache Fundamentirung, da die Haupttheile des Gebläses vollständig unter ein - ander verbunden sind und durch einen gemeinschaftlichen Fundament - rahmen aus Gusseisen getragen werden.

Man pflegt die Seraingmaschinen in Grössen bis zu 3 m Gebläse - cylinderdurchmesser und 3 m Hubhöhe zu bauen; die Hubhöhe der meisten grösseren Maschinen beträgt 2.5 2.8 m. Das Verhältniss der Hublänge zum Durchmesser des Gebläsecylinders ist gewöhnlich an - nähernd .

Als eine Uebergangsform zwischen den Seraing - und den Balan - ciergebläsen kann ein, jetzt allerdings wohl kaum noch zur Anwen - dung gelangendes, Gebläsesystem bezeichnet werden, bei welchem die beiden Cylinder in der nämlichen Weise wie bei den Seraingmaschinen über einander angeordnet sind; an der Verbindungsstelle der beiden Kolbenstangen aber ist statt des Querhauptes das eine Ende eines Balanciers angeschlossen, welcher vermittelst einer Schubstange die Kurbel der Schwungradwelle treibt. Solche Gebläse besitzen die Nach - theile der Seraingmaschinen, lassen aber einen Hauptvorzug derselben, die einheitliche Fundamentirung und geringe Raumbeanspruchung, vermissen.

Stehende direct wirkende Gebläse mit einer Kurbel - stange oder Cleveland-Gebläse. Dampf - und Gebläsecylinder stehen unmittelbar über einander und werden von Säulen oder Ständern getragen; die nach unten verlängerte Kolbenstange des unteren der beiden Cylinder endigt in einem zwischen senkrechten Führungen gleitenden Kreuzkopfe, an welchen die Kurbelstange angreift; die Kurbel - und Schwungradwelle befindet sich zu ebener Erde.

Bei einzelnen dieser Gebläse befindet sich der Dampfcylinder zu oberst und der Gebläsecylinder darunter. Diese vorzugsweise häufig in Cleveland, der Heimath dieser Gebläse, angewendete Anordnung hat den Vortheil eines gefälligen Aeusseren, ist aber insofern ungünstig, als das aus der Stopfbuchse des Dampfcylinders herabtröpfelnde con - densirte Wasser sich auf dem Deckel des Gebläsecylinders ansammelt. 401Die Gebläse.Fig. 118 zeigt in 1 / 136 der wirklichen Grösse drei derartige, in einem gemeinschaftlichen Gebläsehause angeordnete, übrigens von einander

Fig. 118.

unabhängige Gebläse der Ayresome Iron Works. 1)Schlink a. a. O.; Engineering 1877, vol. II.Die Gebläsecylinder haben Durchmesser von 2438 mm, die Dampfcylinder solche von 1016 mm, die Hublängen betragen 279 mm. Die einzelnen Theile der MaschinenLedebur, Handbuch. 26402Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.werden leicht erkennbar sein. Jede Schubstange treibt eine entsprechend gekröpfte Kurbelwelle, auf deren Enden zwei Schwungräder befindlich sind, eine Einrichtung, welche die Erzielung eines gleichmässigeren Ganges zum Zwecke hat, nicht aber allgemein gebräuchlich ist.

Aus der gegebenen, durch Fig. 118 ergänzten Charakteristik der Clevelandgebläse folgt, dass sie in ihrer Wirkungsweise mit den Seraing - gebläsen viele Aehnlichkeit besitzen; der hauptsächlichste Unterschied liegt in dem Umstande, dass hier der Angriffspunkt der Kurbelstange unterhalb beider Cylinder, bei den Serainggebläsen zwischen denselben liegt, welcher Umstand eben bei letzteren die Anwendung eines breiten Querhauptes mit zwei Kurbelstangen erforderlich macht. Dem geringen Vortheile, welchen in dieser Beziehung die Construction der Cleveland - gebläse gewährt, steht jedoch der grössere Nachtheil gegenüber, dass bei gleichen Hublängen beider Gebläsesysteme die Gesammthöhe des Clevelandgebläses noch beträchtlicher ausfällt als bei den Seraing - gebläsen. Die Ursache hierfür ist bei einem Vergleiche der beiden ver - schiedenen Anordnungen leicht erkennbar; bei den Serainggebläsen befinden sich die Kurbelstangen, deren Länge in einem bestimmten Verhältnisse zu der Hublänge stehen muss, neben dem Dampfcylinder und mit der Höhe der Cylinder nimmt auch, was schon oben als ein Vortheil jener Gebläse bezeichnet wurde, die Länge der Schubstangen zu, bei den Clevelandgebläsen muss unterhalb der Führungen für den Kreuzkopf noch eine der Länge der Kurbelstange entsprechende Höhen - abmessung zugegeben werden.

Man giebt deshalb diesen Clevelandgebläsen geringere Hubhöhen, damit die Gesammthöhe des Gebläses nicht allzu beträchtlich ausfalle, und hieraus ergiebt sich dann die eigenthümliche gedrückte Form, durch welche die Cylinder dieser Gebläse gekennzeichnet zu sein pflegen. Die Nachtheile kurzer Hublängen wurden schon mehrfach erörtert.

Wenn aus diesen Gründen eincylindrige Clevelandgebläse kaum den Vorzug vor Serainggebläsen beanspruchen können, so ist doch nicht zu verkennen, dass, sofern man mehrcylindrige Gebläse bauen will, sich das Clevelandsystem hierfür besser eignet als das Seraingsystem. Man hat deshalb auf verschiedenen Eisenwerken zweicylindrige, mit - unter sogar dreicylindrige Clevelandgebläse in Anwendung, welche vor mehrcylindrigen Balanciergebläsen den Vortheil grösserer Billigkeit, ein - facherer Fundamentirung und directer Kraftübertragung, vor mehr - cylindrigen liegenden Gebläsen alle die schon früher erörterten Vortheile der stehenden Gebläse voraus haben.

Ist das Gebläse zweicylindrig, so pflegt man die Kurbeln an den Enden der Schwungradwelle und das Schwungrad in der Mitte zwischen beiden Kurbeln und Gerüsten anzuordnen. Stellt man hierbei, wie es bei liegenden und Balanciergebläsen üblich ist, die Kurbeln unter 90 Grad gegen einander, so findet zwar Ausgleichung der Ungleich - mässigkeiten des Windstromes statt, nicht aber völlige Ausgleichung der durch das Gewicht der bewegten Theile verursachten Ungleichmässig - keiten in der Benutzung der von der Dampfmaschine geleisteten Arbeit; stellt man dagegen, wie es üblicher und jedenfalls auch wohl zweck - mässiger ist, die Kurbeln um einen Winkel von 180 Grad gegen ein -403Die Regulatoren.ander, so gleichen sich die Gewichte der bewegten Theile gegenseitig aus, aber für die Erzielung eines gleichmässigen Windstromes ist die Anwendung eines Regulators erforderlich.

Bei Drillingsgebläsen werden die Kurbeln um 120 Grad gegen einander verstellt, wodurch ebensowohl Gewichtsausgleichung als Aus - gleichung der Ungleichmässigkeiten des Windstromes erreicht wird. 1)Abbildung eines dreicylindrigen Gebläses zu Friedrich-Wilhelmshütte: Ztschr. des Ver. deutsch. Ing. 1876, Juliheft.

Auch das Woolf’sche beziehentlich Compound-Dampfmaschinen - system ist für Zwillingsmaschinen dieser Art verschiedentlich mit bestem Erfolge in Anwendung gebracht und zwar derartig, dass die eine Kolben - stange, beziehentlich Kurbel, von dem Hochdruckcylinder, die andere von dem Niederdruckcylinder angetrieben wird und beide Kurbeln wieder um 180 Grad (Woolf’sches System) beziehentlich 90 Grad gegen einander verstellt sind. 2)Abbildung eines zweicylindrigen Gebläses mit Woolf’scher Maschine: En - gineering 1871, Juli 21; eines Gebläses mit Compoundmaschine: Stahl und Eisen 1882, S. 105.

Die beschriebenen Gebläse sind seit Anfang der sechziger Jahre besonders in Cleveland, wo sie zuerst gebaut wurden, ausserordentlich verbreitet, aber auch ausserhalb Englands und insbesondere auch in Deutschland verschiedentlich zur Anwendung gekommen. Man giebt den Gebläsecylindern Durchmesser bis zu 3 m, in den zahlreicheren Fällen 2 2.5 m, während die Hublänge selten mehr als 1.5 m beträgt, so dass sich bei den meisten Maschinen ein Verhältniss des Hubes zum Durchmesser wie ¾ bis ergiebt.

2. Die Regulatoren.

In Vorstehendem ist bereits verschiedentlich erwähnt worden, dass bei Anwendung eincylindriger Gebläse eine besondere Vorrichtung ein Regulator in die Windleitung eingeschaltet werden müsse zu dem Zwecke, die beträchtlichen Unregelmässigkeiten des Windstromes auszugleichen, welche durch den steten Wechsel in der Bewegung des Gebläsekolbens hervorgerufen werden. Unter den verschiedenen für diesen Zweck vorgeschlagenen Constructionen findet bei Hochofen - anlagen nur eine einzige Verwendung: ein geräumiger Behälter, durch welchen der Gebläsewind hindurchströmt und welcher demnach ununter - brochen mit gepresster Luft gefüllt ist. Die Wirkung dieser eingeschlosse - nen Luft ist der einer Feder oder eines Schwungrades nicht unähnlich; bei plötzlich gesteigerter Leistung der Gebläsemaschine wird sie stärker gespannt, nimmt also zunächst den grössten Theil der überschüssig geleisteten Arbeit auf und schafft durch Abgabe derselben Ausgleich, sobald die Leistung des Gebläses plötzlich ermattet. Es ist leicht zu ermessen, und die Lehrsätze der Aërostatik liefern den Beweis dafür, dass die Leistung des Regulators um so vollständiger sein wird, je grösser sein Rauminhalt ist. Nach Hauer beträgt bei eincylindrigen Gebläsen der Inhalt des Regulators gewöhnlich das 20fache von dem Inhalte des Gebläsecylinders; ebenso wird bei Zwillingsmaschinen,26*404Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.deren Kurbeln um 180 Grad gegen einander gestellt sind (Cleveland - maschinen), der 20 fache Inhalt beider Gebläsecylinder erforderlich sein. Für zweicylindrige Maschinen mit Kurbeln, unter 90 Grad gegen ein - ander gestellt, würde dagegen, falls man überhaupt hier zur Erlangung eines noch gleichmässigeren Windstromes einen Regulator anwenden will, ein geringerer Rauminhalt etwa das 10 fache der Gebläsecylin - der genügen.

Für die Herstellung der Regulatoren pflegt man, nachdem die in früherer Zeit mitunter angewendeten gemauerten Regulatoren sich nicht haltbar genug erwiesen, Eisenblechtafeln zu verwenden, welche luftdicht vernietet werden. Man pflegt den Regulatoren Cylinderform zu geben, welche sich leichter herstellen lässt und bezüglich der Aufstellung weniger Platz beansprucht als die vor Jahrzehnten häufiger angewendete Kugelform, welche allerdings den Vortheil geringeren Materialver - brauchs bei gleichem Inhalte besitzt.

Ob der cylinderförmige Regulator senkrechte oder wagerechte Stel - lung erhält, wird von dem zu seiner Aufstellung verfügbaren Platze abhängig sein müssen; letztere Anordnung dürfte übrigens die häufi - gere sein.

Empfehlenswerth ist es, auf dem Scheitel des Regulators ein ent - sprechend belastetes Sicherheitsventil anzubringen.

3. Die Winderhitzer.

Nachdem schon 1822 durch E. F. Leuchs1)Handbuch für Fabrikanten, Bd. 8, S. 388. der Vorschlag gemacht worden war, erwärmte Luft zum Betriebe metallurgischer Feuerungen zu verwenden, wurde der erste diesbezügliche Versuch im Jahre 1829 durch den Gasingenieur J. B. Neilson bei dem Hochofenbetriebe der Clydehütte in Schottland angestellt. Trotz der Unvollkommenheit des zuerst angewendeten Winderhitzungsapparates2)Man bediente sich eines schmiedeeisernen Kastens, welcher durch Rostfeue - rung von aussen geheizt und durch welchen die Luft hindurchgeleitet wurde. war doch der Erfolg ein überraschend befriedigender; der Brennstoffverbrauch für Darstellung gleicher Mengen Roheisen verringerte sich, und die Leistungsfähigkeit des Hochofens stieg. Neilson selbst verbesserte sehr bald die Ein - richtung seiner Winderhitzer, und wenige Jahre später wurden bereits fast sämmtliche Hochöfen Schottlands mit warmem Winde betrieben. In der Jetztzeit gehört ein mit kaltem Winde betriebener Hochofen zu den grössten Seltenheiten, nachdem man gelernt hat, einer etwaigen Benachtheiligung der Eigenschaften des erfolgenden Roheisens, welche durch Erhitzung des Windes herbeigeführt werden könnte, durch zweck - mässige Zusammensetzung der Hochofenbeschickung entgegen zu wirken.

Ziemlich mannigfaltig ist die Einrichtung der für die Winderhitzung benutzten Apparate. Im Grossen und Ganzen jedoch lassen sich zwei Hauptsysteme dieser Apparate unterscheiden.

Bei dem einen Systeme wird der Wind durch eiserne Röhren hin -405Die Winderhitzer.durchgeführt, welche innerhalb einer gemauerten Kammer eines Ofens von aussen erhitzt werden; man kann sie als eiserne Wind - erhitzer oder Röhrenapparate bezeichnen.

Bei dem andern Systeme strömt der Wind abwechselnd durch eine von zwei mit feuerfesten Steinen ausgesetzte Kammern, deren andere geheizt wird, während die erste einen Theil der in ihr schon zuvor aufgespeicherten Wärme zur Erhitzung des Windes abgiebt. Von Zeit zu Zeit wird umgeschaltet, der Wind nimmt seinen Weg durch die inzwischen geheizte Kammer, während die erste nunmehr aufs neue geheizt wird. Die Einrichtung beruht also genau auf denselben Vor - gängen wie die aller Siemensöfen (S. 116). Man kann diese Apparate als steinerne oder Kammer-Winderhitzer bezeichnen; eine andere sehr gebräuchliche, wenn auch logisch unrichtige Bezeichnung ist Regenerativ-Winderhitzer. 1)Vergl. die Erörterungen auf S. 116.

Eiserne Apparate gestatten auf die Dauer kaum eine stärkere Er - hitzung des Windes als 450°C., obschon man in neuen Apparaten Temperaturen von über 550 Grad hervorbringen kann. Das Eisen ver - liert aber um so rascher an Wärmeleitungsfähigkeit und wird über - haupt um so rascher in Brandeisen (vergl. S. 282) umgewandelt, bekommt Risse und Sprünge, je stärker es erhitzt wird. In steinernen Apparaten dagegen lassen sich auch nach längerer Benutzung derselben Windtemperaturen von 750 800°C. hervorbringen. Wo also eine solche hoch gesteigerte Erhitzung förderlich für den Hochofenprocess, insbesondere für Darstellung bestimmter Roheisensorten ist, sind die steinernen Apparate den eisernen entschieden vorzuziehen; aber sie erfordern wegen der nothwendigen Wechsel eine unausgesetzte Wartung und wegen der stattfindenden Ablagerung von Staub bei Anwendung staubreicher Gase als Brennstoff eine öftere, schwieriger als bei letzteren ausführbare Reinigung, sind also in ihrer Benutzung weniger bequem als diese. Eine vergleichende Zusammenstellung der Anlagekosten eiser - ner und steinerner Apparate ist am Schlusse der Besprechung der Winderhitzung gegeben.

Die Erhitzung der Winderhitzungsapparate, sie mögen dem einen oder andern Systeme angehören, geschieht fast regelmässig durch die dem Ofen entzogenen Gichtgase; und erst seit man gelernt hatte, diese Gasentziehung ohne Nachtheil für den Hochofenprocess zu bewirken, konnte auch die Winderhitzung zu dem jetzigen Grade der Vollkom - menheit sich ausbilden. Auf dem Eisenwerke Wasseralfingen, wo durch die rastlosen Bestrebungen Faber du Faur’s die Benutzung der Gicht - gase und die Gasfeuerung überhaupt eine so wesentliche Förderung erhielt, scheint auch zuerst die Verwendung der Gichtgase, beziehent - der Gichtflamme, zur Heizung der Winderhitzer praktisch durchgeführt worden zu sein, nachdem die von Neilson erbauten Apparate durch gewöhnliche Rostfeuerung erhitzt worden waren.

Dass in Wirklichkeit die Menge der Gichtgase fast aller Hochöfen vollständig ausreichend ist, nicht allein die Winderhitzer sondern auch406Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.die Dampfkessel für den Betrieb der Gebläse, Aufzüge u. s. w. zu heizen, wurde schon oben hervorgehoben und durch Rechnung er - läutert.

Die eisernen Röhren-Winderhitzer.

Nach der verschiedenen Stellung der Röhren, durch welche der Wind hindurchströmt, pflegt man liegende, stehende und hängende Apparate zu unterscheiden. Die Vor - und Nachtheile dieser ver - schiedenen Gattungen werden bei jeder derselben einzeln erörtert werden.

Bei den älteren, für kleinere Hochöfen bestimmten Apparaten dieser Art pflegte man den gesammten zu erhitzenden Wind durch einen einzigen Rohrstrang hindurchzuleiten, welcher aus geraden Muffenrohren und Krümmlingen zusammengesetzt in verschiedenen Windungen sich durch die Erhitzungskammer hindurchzog. Je grösser aber der Querschnitt eines solchen Rohres ist, desto ungünstiger ist das Verhältniss seiner wärmeaufnehmenden Aussenfläche zu dem inneren Querschnitte, desto ungünstiger also auch die Ausnutzung der in dem Apparate entwickelten Wärme. In Rücksicht auf diesen Umstand ver - theilt man bei neueren Apparaten regelmässig den Wind in eine grössere Zahl einzelner Rohrstränge, welche von der Hauptwindleitung abge - zweigt und selbstständig durch den Apparat hindurchgeführt werden, um später sich wieder in dem Hauptwindrohre für den heissen Wind zu vereinigen. Den Rohren innerhalb des Apparates aber giebt man oblongen Querschnitt und erzielt auch hierdurch eine Vergrösserung der Heizfläche gegenüber den Röhren mit kreisförmigen Querschnitten.

Da eine allzu beträchtliche Ausdehnung der Abmessungen eines einzigen Apparates benachtheiligend auf die Gleichmässigkeit der Er - hitzung in den einzelnen durch den Apparat hindurchgehenden Röhren einwirken würde, so ordnet man, sofern grössere Windmengen zu erhitzen sind, mehrere Winderhitzungsapparate an, deren jeder nur einen Theil des gesammten Windes zu erhitzen bestimmt ist. Sowohl in dem Eintritts - als Ausgangsrohre jedes Apparates werden Absper - rungsvorrichtungen (Schieber, Klappen, Ventile) angebracht, so dass nöthigenfalls auch ein einzelner Apparat zur Vornahme von Reparaturen ausgeschaltet und kalt gelegt werden kann, ohne dass die übrigen in Mitleidenschaft gezogen zu werden brauchen.

Je grösser die Heizfläche eines Winderhitzungsapparates in Bezug auf eine bestimmte Menge zu erhitzenden Windes ist und je langsamer der Wind innerhalb der Röhren sich fortbewegt, d. h. je grösser der Querschnitt der neben einander angeordneten Rohre ist, desto weniger stark brauchen offenbar die Rohre selbst erhitzt zu werden, um dem Winde eine bestimmte Temperatur zu verleihen, desto günstiger wird die entwickelte Wärme ausgenutzt werden können, desto seltener wer - den Auswechselungen schadhaft gewordener Rohre erforderlich werden und desto geringer ist die Gefahr, dass durch Undichtigkeiten Wind - verluste entstehen. Je grösser die Heizfläche ist, desto grösser wird im Allgemeinen auch der Querschnitt sein, obschon sich, wie soeben schon besprochen wurde, durch die Form des Querschnittes und durch mehr oder minder weit gehende Vertheilung des Windes in einzelne Rohr -407Die Winderhitzer. Röhren-Apparate.stränge, sowie endlich auch durch eine grössere Längenausdehnung des Weges, welchen der Wind innerhalb des Apparates zurücklegt, das Verhältniss der Heizfläche zum Querschnitte günstiger oder weniger günstig gestalten lässt.

Jedenfalls steigt mit der Grösse des gesammten Röhrenquerschnittes, beziehentlich mit der Grösse der Heizfläche auch der Betrag der Anlage - kosten des Apparates in Bezug auf eine bestimmte Menge zu erhitzen - den Windes. Es erklärt sich hieraus, dass man bei den vorhandenen eisernen Winderhitzungsapparaten hinsichtlich des Verhältnisses der Heiz - fläche zur Windmenge und hinsichtlich der Geschwindigkeit des Windes in den Röhren ziemlich bedeutende Abweichungen findet, je nachdem man davon ausging, mit geringen Anlagekosten den Apparat zu bauen, oder die Wärme günstig auszunutzen und dem Apparate eine grössere Dauerhaftigkeit zu verleihen.

Bei einzelnen Apparaten beträgt die Heizfläche per Cubikmeter Wind, welcher per Minute hindurchgeht, 1.5 Quadratmeter und die mittlere Geschwindigkeit des Windes in den Röhren per Secunde 40 m, bei anderen findet man für die gleiche Menge Wind eine Heizfläche bis zu 4 qm und die Geschwindigkeit des Windes weniger als 10 m. 1)Da man den Röhren sowohl am Anfange als am Ende des Apparates aus Rücksicht auf die einfachere Herstellung den gleichen Querschnitt zu geben pflegt, so steigert sich die Geschwindigkeit des hindurchgehenden Windes während der Er - hitzung nach dem Verhältnisse v1 = v (1 + 0.00366 t) und pflegt beim Austritte aus den Röhren doppelt bis dreimal so gross als beim Eintritte zu sein. Unter mitt - lerer Geschwindigkeit ist diejenige verstanden, welche der Wind im Mittel zwischen kaltem und heissem Zustande besitzt.

Zweckmässig dürfte es sein, nicht weniger als 2 qm Heizfläche per Cubikmeter Wind in der Minute und keine grössere mittlere Ge - schwindigkeit des Windes als 15 m per Secunde anzunehmen. Je grösser diese Geschwindigkeit ist, desto stärker sind auch die Pressungsverluste, desto ungünstiger ist mithin die Ausnutzung der vom Gebläse ver - richteten Arbeit.

Die Anordnung der Röhren in dem Apparate wird man in jedem Falle so zu treffen suchen, dass der kalte Wind da in den Apparat eintritt, wo die Verbrennungsgase denselben verlassen, während der erhitzte Wind in der Nähe des Verbrennungsraumes, also an der Stelle, wo die höchste Temperatur herrscht, aus dem Apparate austritt. Mit anderen Worten: die Verbrennungsgase und der Wind müssen inner - halb des Apparates eine entgegengesetzte Bewegungsrichtung erhalten. 2)Vergl. Gegenstromprincip auf S. 26.

Als Material zu den Röhren dient ausschliesslich Gusseisen. Man pflegt die Röhren mit Wandstärken von 15 25 mm zu giessen. Auf die Haltbarkeit derselben ist die Wahl des Materiales von grossem Ein - flusse. Phosphorreiches Gusseisen neigt zum Zerspringen und ist des - halb entschieden zu verwerfen; ein mässiger Mangangehalt des Guss - eisens, sofern er nicht so beträchtlich ist, um die Graphitbildung ent - schieden zu beeinträchtigen, scheint eher förderlich als nachtheilig für die Haltbarkeit der Röhren im Feuer zu sein. Am geeignetsten dürften sich Gusseisensorten für diesen Zweck erweisen, welche nicht über408Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.0.5 Proc. Phosphor, ausserdem 3 3.5 Proc. Gesammtkohlenstoff, 1.0 bis 1.5 Proc. Silicium, 0.5 1 Proc. Mangan enthalten.

Auch die Technik bei Herstellung der Rohre in der Giesserei ist von Einfluss auf ihre Haltbarkeit. Fallen z. B. die Wandstärken an verschiedenen Stellen eines und desselben Rohres ungleich aus, oder werden die noch glühenden Rohre einer einseitigen Abkühlung unter - worfen, so ist sehr leicht ein Zerspringen im Feuer die Folge davon.

Beim Aufbau der Apparate empfiehlt es sich, für die der Erhitzung am stärksten ausgesetzten Stellen diejenigen Rohre auszuwählen, deren Wände am dicksten ausgefallen sind und welche die gleichmässigste Wandstärke besitzen.

Beispiele ausgeführter Röhrenapparate. a) Apparate mit liegenden Röhren.

Westfälischer oder Langen’scher Apparat. Die Abbil - dungen Fig. 119 und 120 zeigen die Einrichtung dieses besonders gegen Ende der sechziger und Anfang der siebenziger Jahre sehr häufig an - gewendeten, auch jetzt noch nicht selten benutzten Apparates. Der kalte Wind kommt durch das Rohr a und wird aus demselben durch sechs angegossene Rohrstutzen von oblongem Querschnitte in ebenso viel parallele Rohrstränge vertheilt. 1)Die Anzahl der Rohrstränge pflegt bei den verschiedenen Apparaten dieser Art zwischen vier bis acht zu schwanken.Fig. 120 lässt erkennen, wie in diesen Rohrsträngen der Wind mit Hilfe von Krümmlingen immer weiter ab - wärts geführt wird, um schliesslich in dem Heisswindrohre b wieder vereinigt zu werden.

Die geraden Rohre, welche den Haupttheil des Apparates bilden und allein dem Feuer ausgesetzt sind, endigen in angegossenen Muffen, in welchen die Krümmer eingekittet werden. 2)Zum Verkitten benutzt man Rostkitt, dargestellt durch Vermischen von 60 Thl. feingesiebten Eisenfeilspänen, 2 Thl. Salmiak, 1 Thl. Schwefelblumen und soviel Essig, dass das Ganze dickbreiige Consistenz erhält. Der Kitt wird bald nach dem Mischen mit Hilfe eines Stabes in die Fuge getrieben und muss mindestens einige Tage erhärten, ehe der Apparat angeheizt werden darf.Da sie unter dem Ein - flusse starker Erhitzung leicht sich ausbauchen, besonders, wenn die Pressung des hindurchströmenden Windes bedeutend ist, hat man sie, wie Fig. 119 erkennen lässt, mit eingegossenen Verstärkungsrippen ver - sehen, eine Einrichtung, welche erst in neuerer Zeit üblich geworden ist und allerdings das Gewicht des Apparates vergrössert. Mitunter giebt man deshalb diese Rippen nur den unteren Rohren und lässt sie in den oberen fehlen.

Zum Tragen der Rohre dient die Umfassungsmauer des Apparates. Damit indessen der richtige Abstand zwischen zwei über einander lie - genden Rohren besser gewahrt bleibe und damit andererseits die Aus - dehnung und Zusammenziehung der Rohre beim Erhitzen und Abkühlen nicht behindert sei, legt man sie nicht unmittelbar in das Mauerwerk, sondern auf eiserne Träger, welche jedesmal zwischen zwei über ein - ander befindlichen Rohren eingeschaltet sind, und umgiebt sie nur lose

[figure]

409Winderhitzungs-Apparate mit liegenden Röhren.mit Mauerwerk (Fig. 120). Zweckmässig ist es, die Oberkante dieser Träger mit Einschnitten zu versehen, in welche die Muffen sich hinein - legen. Der Abstand der Rohre jeder Horizontalreihe von einander wird auf diese Weise genau bestimmt und die Rohre selbst erhalten dadurch eine sicherere Lage.

Die Krümmer liegen ausserhalb des Feuers, sind aber, um vor Abkühlung thunlichst geschützt zu sein, von einer zweiten Wand um - geben. Bei dem abgebildeten Apparate besteht dieselbe aus eisernen, von gusseisernen Trägern unterstützten, mit Bord versehenen Platten, welche sich einzeln herausnehmen lassen, damit die Muffen zugänglich bleiben. In anderen Fällen stellt man die Wand aus Mauerwerk her und versieht sie mit Oeffnungen, welche durch Schieber oder Thüren geschlossen sind.

Das zur Heizung des Apparates bestimmte Gas kommt durch den Kanal c, steigt in der Mitte des Apparates empor und tritt durch vier Oeffnungen d d .. in die Verbrennungskammer. Die Verbrennungsluft tritt unterhalb der beiden Roste durch die Aschenfallthüren ein, steigt durch die Roste (deren Zweck schon auf S. 386 besprochen wurde) empor und mischt sich mit den Gasen. Durch sieben Schlitze in der gewölbten Decke der Verbrennungskammer gelangen die Gase alsdann in den eigentlichen Erhitzungsapparat, um zwischen den Röhren auf - zusteigen und schliesslich aus der Esse (welche häufig mit einer Re - gulirungsklappe versehen ist) zu entweichen.

Statt der einen Esse bringt man bisweilen mehrere an verschie - denen Stellen an, um das gleichmässigere Aufsteigen der Gase zu befördern.

Doppelröhrenapparat, auch wohl Lothringer Apparat ge - nannt. Bei dem beschriebenen westfälischen Apparate bildet das Gewicht der ausserhalb des Feuers liegenden Krümmlinge einen nicht unbe - trächtlichen Theil des Gesammtgewichts aller Röhren; und dieser Um - stand vertheuert natürlich die Anlagekosten eines Apparates in Bezug auf eine bestimmte Heizfläche desselben. Vereinigt man nun zwei gerade Rohre zu einem einzigen mit Vor - und Rückwärtsbewegung des Windes in der Weise, wie es die Abbildung Fig. 1211)Kerl, Grundriss der Allg. Hüttenkunde, Fig. 292. auf S. 410 dar - stellt, so wird die Hälfte der bei dem zuerst erwähnten Apparate erforder - lichen Krümmlinge erspart und die Anlagekosten werden für eine vor - geschriebene Heizfläche geringer. Der abgebildete Doppelröhrenapparat, dessen erste Anwendung verschiedenen Persönlichkeiten zugeschrieben wird, wurde im Laufe der siebziger Jahre ziemlich häufig an Stelle des älteren westfälischen Apparates mit einfachen Röhren eingeführt. Den Doppelröhren pflegt man 600 700 mm Höhe bei 200 300 mm Breite und 2.5 3 m Gesammtlänge (incl. Muffe) zu geben. Obschon die eingegossene Scheidewand an und für sich schon dem Rohre eine grössere Sicherheit gegen das Ausbauchen verleiht, hat man doch in neuerer Zeit ausser derselben mitunter noch je eine Verstärkungsrippe in jeder Rohrhälfte eingegossen, so dass in diesem Falle der Durchschnitt durch das Rohr drei parallele Rippen erkennen lässt, deren mittlere die410Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.Scheidewand zwischen oberer und unterer Rohrhälfte bildet. An der Rückseite sind die Rohre mit angegossener Fussplatte versehen, welche, ebenso wie die Muffe des vorderen Rohrendes, auf Eisenträgern (in der Abbildung mit h bezeichnet) aufruht. Der Zweck dieser Einrichtung wurde schon bei dem vorigen Apparate besprochen. Bei b ist die Art

Fig. 121.

und Weise angedeutet, wie man im Stande ist, durch Einsetzen von entsprechend längeren Krümmungsstücken eine Horizontalreihe der ge - raden Rohre auszuschalten, falls hier etwa undichte Stel - len sich bemerkbar gemacht haben sollten; in den mei - sten derartigen Fällen aller - dings dürfte es vorzuziehen sein, den ganzen Apparat kalt zu legen und die schad - haften Rohre auszuwechseln. Die Krümmlinge wird man zweckmässigerweise nicht, wie in der Abbildung, in die freie Luft hinausragen lassen, sondern ebenso wie bei dem in Fig. 119 und 120 abge - bildeten Apparate durch An - ordnung einer zweiten äusse - ren Wand vor beträchtlicher Abkühlung schützen. A ist das Zuleitungsrohr für den kalten Wind, von welchem in ganz ähnlicher Weise wie bei dem westfälischen Appa - rate die entsprechende An - zahl (sechs bis acht) paralle - ler Rohrstränge abgezweigt werden; B ist das Heiss - windrohr. Die Verbrennungs - kammer f ist wie gewöhn - lich eingerichtet und mit Rosten e versehen; die Zu - leitung des Gases kann in gleicher Weise wie bei Fig. 119 und 120 bewirkt werden.

Dem schon erwähnten Vorzuge dieses Doppelröhrenapparates steht als Nachtheil der grössere Widerstand entgegen, welchen der Wind infolge der schärferen Krümmung am Ende des Rohres zu überwinden hat. Ausserdem ist nicht ausser Acht zu lassen, dass ein Doppelrohr immerhin nicht die volle Heizfläche besitzt als zwei einfache Röhren, deren Querschnitt mit dem Querschnitte einer Rohrhälfte des ersteren411Winderhitzungs-Apparate mit stehenden Röhren.übereinstimmt; zur Erzielung einer vorgeschriebenen Heizfläche wird demnach eine etwas grössere Zahl Doppelröhren als die Hälfte der ein - fachen erforderlich sein, und mit derselben wächst auch die Anzahl der erforderlichen Krümmer. Trotzdem bleibt der Unterschied in dem Gusseisengewichte der beiden Apparate nicht unerheblich.

Die liegenden Winderhitzungsapparate, deren beide wichtigsten Arten in Vorstehendem beschrieben wurden, besitzen die Eigenthüm - lichkeit, dass die aufsteigenden Gase rechtwinklig gegen die Rohre treffen und somit ihre Einwirkung auf dieselben in kräftigster Weise geltend machen können; sie gewähren die Möglichkeit, durch ent - sprechende Ausdehnung in der Höhenrichtung den Gasen den grössten Theil ihrer Wärme zu entziehen; und durch die allmähliche Bewegung des Windes von oben nach unten ist dem Gegenstromprincipe in ziem - lich vollständiger Weise Rechnung getragen. Die Ausnutzung der Wärme in den liegenden Apparaten ist demnach eine verhältnissmässig günstige, der Brennstoffverbrauch gering; und hierin beruht der Haupt - vorzug dieser Gattung von Winderhitzern.

Ihre Anordnung aber ist ziemlich schwerfällig, und dieser Nach - theil wächst mit der Höhe des Apparates; die Länge der Röhren darf ein gewisses, von dem Querschnitte abhängiges Maass nicht übersteigen, wenn die Gefahr eines Bruches derselben im erhitzten Zustande unter dem Drucke ihres Eigengewichtes vermieden werden soll und die An - lagekosten dieser Apparate sind infolge des schon erwähnten Umstandes, dass die Krümmer ausserhalb des Feuers liegen, verhältnissmässig bedeutend. 1)Zur Beseitigung dieses Uebelstandes hat man wohl den Versuch gemacht, auch die Krümmer durch eine besondere Feuerung zu heizen, ohne dass jedoch diese Einrichtung sich bewährt hätte. Jedenfalls werden die Dichtungen in den Muffen sehr leicht hierdurch beschädigt werden.

Letzterer Umstand ist wohl hauptsächlich die Ursache, dass in der neuesten Zeit die Anwendung liegender Apparate im Vergleiche zu früher sich erheblich verringert hat.

b) Apparate mit stehenden Röhren.

Bei allen den hierher gehörigen Apparaten wird der Wind in senk - recht oder schwach geneigt stehenden Röhren abwechselnd auf und nieder geführt. Geschieht diese Bewegung nicht innerhalb eines ein - zigen mit Scheidewand versehenen Rohres, sondern sind je zwei oben durch einen Krümmer verbundene Röhren für jene Auf - und Abwärts - bewegung bestimmt, so pflegt man die betreffenden Apparate Hosen - röhren - oder Syphon-Apparate (syphon = Heber) zu nennen.

Calderapparat. Dieser von Neilson zuerst auf der Calderhütte in Schottland erbaute Apparat gehört zu den ältesten aller Hosen - röhrenapparate und ist Jahrzehnte hindurch auf zahlreichen Eisenwerken in Anwendung gewesen. Obgleich er in seiner ursprünglichen Form nunmehr ziemlich vollständig verschwunden sein dürfte, bildete doch seine Einrichtung die Grundlage für verschiedene spätere Constructio -412Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.nen, und aus diesem Grunde sei eine kurze Beschreibung desselben gestattet.

Fig. 122 zeigt die Anordnung der Röhren. Der von aussen kom - mende Wind tritt zunächst in das mit aufgegossenen Muffen versehene wagerecht liegende Fussrohr a und zieht aus diesem durch sechs bis neun parallele, hinter einander angeordnete Hosenröhren b ursprüng - lich mit kreisrundem, später mit oblongem Querschnitte hinüber

Fig. 122.

nach dem gegenüber liegenden Fussrohre c. In einer zweiten Abtheilung des Apparates gelangt der Wind aus einer Verlängerung des Rohres c wiederum durch ebensolche Hosenröhren auf die Seite des Rohres a, jedoch selbstverständlich in ein besonde - res, von a durch eine Scheidewand getrenn - tes Rohr; und dann in einer dritten Ab - theilung aus einer Verlängerung dieses Rohres wieder nach der Seite von c, von wo aus der heisse Wind gewöhnlich dann den Appa - rat verlässt.

Die zum Heizen bestimmten Gase stei - gen vom Roste d aus empor; zur besseren Ausnutzung der Wärme aber pflegt man die einzelnen Abtheilungen des Apparates durch Scheidewände von einander zu sondern; aus der ersten Abtheilung gelangen die Gase durch einen Schlitz in der Scheidewand unterhalb der Decke in die zweite, werden hier abwärts geführt, um am Boden in die dritte Abtheilung ein - zutreten, und entweichen von hier in die Esse.

Der Hauptnachtheil der Calderapparate ist die geringe Haltbarkeit der Hosenröhren. Beide gegenüber liegende Fussröhren sind durch die Hosenröhren fest mit einander verbunden und bilden mit den letzteren ein zusammenhängendes Ganze. Durch die Erhitzung aber treten leicht Formveränderungen der Röhren ein, und sobald dieselben nicht gleich - mässig sämmtliche zu einander gehörende Röhren betreffen, liegt die Gefahr eines Bruches sehr nahe; gerade da aber, wo diese Gefahr am grössten ist, im Scheitel der Hosenröhren, sind dieselben der Stichflamme ungeschützt preisgegeben.

Dieser Uebelstand wird vermieden oder doch abgemindert, wenn man, wie es bei fast allen neueren Apparaten mit stehenden Röhren geschieht, den Wind nicht von einem Fusskasten zum andern hinüber - führt, sondern ihn von vorn herein in zwei parallele Rohrstränge son - dert, in welchen er, abwechselnd auf - und absteigend, durch den Apparat hindurchzieht, um erst ausserhalb desselben sich in einem gemeinschaftlichen Leitungsrohre wieder zu vereinigen. Die Lösung dieser Aufgabe aber ist in ziemlich mannigfaltiger Weise bewirkt worden.

Pistolenröhrenapparate. Fig. 123 zeigt den Querschnitt eines solchen Apparates. Wie bei dem früher besprochenen Doppelröhren - apparate mit liegenden Röhren (Fig. 121) sind hier zwei Röhren zu413Winderhitzungs-Apparate mit stehenden Röhren.einem Ganzen vereinigt; um aber den Röhren einen sichereren Stand zu geben, hat man die Köpfe zweier gegenüberstehenden Röhren gegen einander gekrümmt, wodurch sie die eigenthümliche, einem Pistolen - kolben ähnliche Form erhalten, und sie mit an - gegossenen Nasen versehen, welche sich gegen einander legen.

Der Wind wird ausserhalb des Apparates in zwei getrennte Rohre vertheilt, deren eines mit der Abtheilung h des links befindlichen Fuss - kastens und deren anderes mit der Abtheilung a des rechts befindlichen Fusskastens verbunden ist. Auf jedem Fusskasten sind sechs bis neun Pisto - lenröhren angebracht, in welche der Wind gleich - zeitig eintritt, um, wie es die Pfeile andeuten, in der einen Hälfte auf - und in der andern abwärts zu ziehen, worauf derselbe in die Abtheilungen g und b der Fusskästen gelangt. Aus den Ver - längerungen dieser Abtheilungen g und b steigt der Wind in der zweiten Hälfte des Apparates wiederum in eben solchen Pistolenröhren, jedoch selbstverständlich in entgegengesetzter Richtung als

Fig. 123.

zuvor, auf - und abwärts, gelangt hierbei in die in der Verlängerung von h und a liegenden Abtheilungen der Fusskästen (welche von h und a durch eine Scheidewand getrennt sind) und wird von hier aus gewöhn - lich nach aussen in das gemeinschaftliche Heisswindrohr geführt.

Die Pistolenröhrenapparate, welche im Anfange der sechziger Jahre zuerst auftauchten und dann rasch eine ziemlich ausgedehnte Ver - breitung fanden, zeichnen sich vor den Calderapparaten durch eine grössere Haltbarkeit aus, geben aber wegen der starken Krümmung, welche der Wind innerhalb der einzelnen Röhren zurückzulegen hat, Veranlassung zu starken Pressungsverlusten, während jener Beweg - grund, der bei den liegenden Apparaten zur Anwendung von Doppel - röhren führte, die Ersparung an Krümmlingen, hier ausser Betracht kommt, da bei allen stehenden Apparaten ohnehin die Röhren voll - ständig im Feuer liegen.

Aus diesen Gründen sind die Pistolenröhrenapparate in der Jetzt - zeit selten geworden und werden voraussichtlich bald vollständig ver - schwunden sein.

Cleveländer Doppelröhrenapparate. Diese seit Anfang der siebziger Jahre zuerst in Cleveland, später auch auf verschiedenen con - tinentalen Hochofenwerken zur Anwendung gebrachten Apparate haben mit den Pistolenröhrenapparaten die Vereinigung zweier Röhren zu einem Ganzen gemeinsam, unterscheiden sich jedoch übrigens sehr wesentlich von denselben. Die Abbildungen Fig. 124 und 125 zeigen die Einrichtung derartiger neuerdings in Gleiwitz für den dortigen Hoch - ofenbetrieb erbauter Apparate. 1)Ztschr. für Berg -, Hütten - u. Salinenwesen in Preussen, Bd. 30, Texttafel f.

414Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.
Fig. 124.
Fig. 125.

Der Wind wird vor dem Eintreten in den Apparat wie bei allen modernen eisernen Winderhitzern in mehrere im vorliegenden Falle415Winderhitzungs-Apparate mit stehenden Röhren.drei parallele Rohrstränge vertheilt, welche die einzelnen Wind - erhitzungsrohre enthalten. Jedes der letzteren ist, wie soeben schon erwähnt wurde, durch eine mittlere Scheidewand in zwei Hälften ge - theilt, in deren einer der Wind aufwärts und in deren anderer der - selbe abwärts strömt. Jede dieser Hälften aber ist bei dem abgebildeten Apparate mit einer eingegossenen Verstärkungsrippe versehen.

Wegen der bequemeren Herstellung und der leichteren Vermeidung von Spannungen sind die Erhitzungsröhren am Scheitel offen und mit aufgegossenem Rande versehen. Bei der Aufstellung der Apparate wird diese Oeffnung durch zwei eingekittete Deckel geschlossen. Am unteren Ende läuft jedes Rohr in zwei kurze Füsse aus, welche in Fusskasten mit aufgegossenen Muffen endigen, wie Fig. 124 deutlich erkennen lässt.

Der Weg, welchen die Gase nehmen, nachdem sie in der unter - halb des Apparates angeordneten Verbrennungskammer verbrannt wur - den, ist ebenfalls leicht in Fig. 124 zu erkennen.

Jedes einzelne Rohr des abgebildeten Apparates besitzt einen Quer - schnitt von 650 mm Länge und 240 mm Breite im Lichten; eine Quer - schnittsfläche von 0.1436 qm. Die Höhe der Rohre ist 5.65 m; die äussere Heizfläche 8.89 qm. Ein aus 18 einzelnen Röhren bestehender Apparat besitzt demnach eine äussere Heizfläche von 160 qm. Drei solcher Apparate werden in Gleiwitz benutzt, um 160 cbm Wind per Minute auf 400 500°C. zu erwärmen. Einer dieser Apparate ist bereits seit fünf Jahren im Betriebe, ohne dass eine Auswechselung von Röhren sich erforderlich gemacht hätte. Eine besondere Aufmerksamkeit ist bei dem gleichzeitigen Betriebe mehrerer mit einander verbundener Appa - rate nothwendig. Steigt nämlich in dem einen Apparate die Tempe - ratur höher als in dem andern, so dass die Differenz mehr als 50°C. beträgt, so wird der heissere Wind in dem betreffenden Apparate durch den kälteren, dichteren zurückgedrängt; die Folge davon ist, dass durch den kälteren Apparat der Wind mit immer zunehmender Geschwindig - keit hindurchgeht und immer kälter wird, während die Röhren des andern immer stärker erhitzt und dadurch dem Verbrennen ausgesetzt werden.

Gjers Winderhitzungsapparat. Derselbe wurde zuerst auf den Linthorpe Iron Works zur Anwendung gebracht und zählt jetzt zu den gebräuchlichsten aller eisernen Winderhitzer. Fig. 126 128 zeigen die Einrichtung solcher zu Georgs-Marienhütte bei Osnabrück im Betriebe befindlicher Apparate. Von den vorstehend beschriebenen Cleveländer Apparaten unterscheidet sich der Gjers-Apparat vornehm - lich durch die Anwendung von Hosenröhren statt der Doppelröhren, ein Umstand, durch welchen die Heizfläche vergrössert und der Reibungs - widerstand, welchen der Wind innerhalb der Röhren erleidet, verringert wird. Die Hosenröhren sind, damit die der Beschädigung leicht aus - gesetzten Dichtungen vermieden werden, in einem Stücke gegossen, am Scheitel aber ebenso wie die Röhren des Cleveland-Apparates mit ein - gegossener Oeffnung versehen, die durch einen Deckel verschlossen wird. Eingegossene Verstärkungsrippen a a .. verleihen den Röhren eine grössere Widerstandsfähigkeit gegen das Ausbauchen; ausserdem sind416Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.zwischen den Schenkeln einzelne Querstege b b .. angebracht, welche die Schenkel unter sich besser versteifen.

Der Weg, welchen der Wind innerhalb des Apparates beschreibt, ist aus den Abbildungen deutlich zu ersehen. Das zum Heizen be - stimmte Gas wird bei c (Fig. 127) durch ein nicht mit abgebildetes Rohr in die Verbrennungskammer d geführt, hier mit Luft gemischt, welche, wie gewöhnlich von unten her zuströmt, und gelangt dann durch die in der Decke der Verbrennungskammer angebrachten Schlitze in den eigentlichen Heizraum. Eine Scheidewand e, welche den ganzen Apparat in zwei Hälften theilt, zwingt die Gase, zuerst aufwärts, dann abwärts sich zu bewegen, um schliesslich an der Seite, von wo der kalte Wind eintritt, nach einer für mehrere Apparate gemeinschaftlichen Esse zu entweichen.

In der gewölbten Decke des Heizraumes sind zwischen je zwei Röhren Reinigungsverschlüsse angebracht, durch welche der an den Röhren sich ansetzende Staub von Zeit zu Zeit entfernt werden kann.

Bei der ursprünglichen Anordnung des Gjers-Apparates sind die einander gegenüber befindlichen Röhren, statt lothrecht zu stehen, gegen einander geneigt, so dass sie am Scheitel mit angegossenen Nasen sich gegen einander lehnen. Die Wärmeabgabe wird hierdurch begünstigt, da die Gase unter einem Winkel die Röhren treffen, statt parallel mit denselben zu ziehen; leichter aber als senkrechte Rohre werden vor - aussichtlich die schräg stehenden unter dem Drucke ihres eigenen Ge - wichts Verbiegungen ausgesetzt sein.

Die stehenden Winderhitzer sind unter allen eisernen Winder - hitzungsapparaten in der Jetztzeit die am häufigsten benutzten. Sie haben vor den liegenden den Vortheil geringerer Anlagekosten bei gleicher Heizfläche voraus, da sie fast vollständig im Feuer zu liegen pflegen und da jedenfalls das Verhältniss der erhitzten Theile zu den ausserhalb des Feuers befindlichen ein erheblich günstigeres ist als bei jenen. Da die Muffen der Fussröhren nicht unmittelbar der Stichflamme preisgegeben sind, so ist die Gefahr des Undichtwerdens nicht gross, auch wenn diese Fussröhren im Heizraume selbst angeordnet sind.

Die Länge der einzelnen Röhren ist in Rücksicht auf die senk - rechte Stellung derselben weniger beschränkt als bei den liegenden Apparaten; je länger aber die geraden Röhren sind, desto geringer ist bei gegebener Heizfläche die Zahl der Rohrkrümmer, welche die Bewegung des Windes erschweren und hierdurch Pressungsverluste hervorrufen.

Andererseits lässt sich aus der Anordnung der stehenden Apparate schliessen, dass die Wärmeausnutzung weniger günstig als in liegenden sein wird; oder mit anderen Worten, dass bei gleicher gegebener Heiz - fläche mehr Brennstoff in den stehenden als in den liegenden erforder - lich sein wird, um gleich hohe Windtemperaturen hervorzubringen. Da die Gase in den Heizräumen auf - und abwärts, der Richtung der Er - hitzungsröhren annähernd parallel, sich bewegen, so ist eben, wie schon oben erwähnt wurde, die Wärmeabgabe weniger günstig, als wenn sie, wie bei den liegenden Apparaten, rechtwinklig die Richtung der Röhren kreuzen.

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417Winderhitzungs-Apparate mit hängenden Röhren.
e) Apparate mit hängenden Röhren.

Bei der Construction dieser Apparate ging man von der Voraus - setzung aus, dass, wenn die Erhitzungsröhren frei in den Heizraum von oben her eingehängt seien, sie sich auch frei ausdehnen und zu - sammenziehen können und demnach dem Reissen verhältnissmässig wenig unterworfen sein werden.

Man benutzte Doppelröhren, welche oberhalb des Heizraumes durch Krümmer verbunden waren. Fig. 129 lässt wenigstens die allgemeinere Anordnung dieser Apparate erkennen, wenn auch die Anordnung im

Fig. 129.

Besondern bei verschiedenen Anlagen nicht immer die gleiche ist. Von dem Hauptwindleitungsrohre A, welches verschiedenen Apparaten den Wind zuführt, geht das Vertheilungsrohr B aus, und von diesem sind nun mehrere, gewöhnlich vier, parallele Rohrstränge abgezweigt, welche durch eine gemeinschaftliche Heizkammer hindurchführen. Letztere ist oben durch Eisenplatten abgedeckt, welche sich genau um die einzelnen Heizrohre herum legen und auf angegossenen Vorsprüngen an den Rohren aufruhen, während die Krümmer sich oberhalb derselben be - finden. Die Gase kommen von unten in die Kammer, steigen empor und entweichen oben durch Schlitze in den Seitenwänden nach abwärts führenden Essenkanälen.

Ledebur, Handbuch. 27418Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.

Die Erwartungen, welche man auf die Anwendung hängender Röhrenapparate setzte, haben sich nicht erfüllt. Das frei hängende Rohr wird durch sein eigenes Gewicht auf Zerreissungsfestigkeit in Anspruch genommen, welcher es geringeren Widerstand entgegensetzt als der rückwirkenden Festigkeit; ist einmal ein Riss entstanden, so erweitert sich derselbe zusehends, während er bei stehenden Apparaten durch das Gewicht des oberen Rohrstückes zusammengedrückt wird und unter Umständen längere Zeit bestehen kann, ohne dass ein erheblicher Nach - theil dadurch hervorgerufen wird. Mit den liegenden Apparaten theilen die hängenden den Nachtheil, dass die Krümmer ausserhalb des Feuers liegen, also ein verhältnissmässig grosser Theil des gesammten Guss - eisengewichtes für den eigentlichen Zweck des Apparates unbenutzt bleibt; und die Wärmeausnutzung ist, wie sich leicht erkennen lässt, mindestens nicht günstiger als in stehenden.

Aus diesen Gründen sind die Hängeapparate in der Jetztzeit ziem - lich vollständig wieder verschwunden, nachdem sie im Laufe der sech - ziger und noch bis gegen die Mitte der siebziger Jahre nicht selten benutzt wurden.

Die steinernen Winderhitzer oder Kammerapparate.

Die allgemeine Einrichtung dieser Apparate wurde schon auf S. 405 besprochen. Der Umstand, dass ein Theil der gesammten in einer der Kammern aufgespeicherten Wärme das Mittel zur Erhitzung des Windes bildet, erklärt es, dass, je längere Zeit der Wind hindurch geht und je kleiner der Inhalt der Kammer ist, um so mehr die Temperatur des austretenden Windes sich verringern wird; es muss deshalb zur Ver - meidung erheblicher Temperaturschwankungen um so öfter mit den Apparaten gewechselt werden, je kleiner sie sind.

Unter der Voraussetzung, dass die inneren Theile der Kammer gleich stark erhitzt sind, lässt sich ohne Schwierigkeit die Abkühlung berechnen, welche der Wind innerhalb eines gewissen Zeitraumes erfährt. So z. B. enthielt nach Gruner1)Gruner-Kupelwieser, Abhandlungen über Metallurgie, Bd. 1, S. 411. ein derartiger Apparat, welcher dazu bestimmt war, 180 cbm Luft per Minute oder 10800 cbm = 13390 kg Luft per Stunde zu erhitzen, 134 cbm = 241000 kg feuerfeste Ziegeln. Soll der Wind auf 800 Grad Celsius erwärmt werden, so sind dafür, sofern man die specifische Wärme der gewöhnlichen, etwas feuchten Luft = 0.239 annimmt, 13390 × 800 × 0.239 = 2557490 W. -E. erforderlich, welche von den Ziegeln abgegeben werden müssen. Bei einer specifischen Wärme der heissen Ziegeln = 0.23 würde mithin die Abkühlung derselben sein: 〈…〉 .

In Wirklichkeit jedoch ist der Vorgang noch etwas anders. An der Stelle, wo die Gase in den Apparat eintreten und verbrennen, wer - den die Ziegeln stärker erhitzt sein, d. h. mehr Wärme aufgenommen haben als da, wo die Gase den Apparat verlassen; den zu erhitzen -419Die steinernen Winderhitzer oder Kammerapparate.den Wind aber führt man in allen Fällen an der am wenig - sten heissen Stelle, also da, wo die Gase austreten, ein und lässt ihn den entgegengesetzten Weg als diese nehmen. An der Eintrittsstelle des Windes werden demnach die Ziegeln auf eine niedrige Temperatur abgekühlt werden, während sie an dem entgegen - gesetzten Ende, wo sie nur mit dem schon hoch erhitzten Winde in Berührung kommen, verhältnissmässig wenig Wärme abgeben.

Es ist jedoch leicht zu ermessen, dass für die Leistung eines Appa - rates nicht allein der räumliche Inhalt der in demselben angeordneten, als Wärmesammler dienenden feuerfesten Ziegeln maassgebend ist, son - dern dass auch die von den letzteren dargebotene Oberfläche eine sehr wesentliche Rolle hierbei spielt. Denn immerhin wird an der Ober - fläche der Ziegeln die stärkste Erhitzung stattfinden und je weiter irgend eine Stelle von derselben entfernt ist, desto weniger hoch wird sie erhitzt werden und desto langsamer wird sie ihre Wärme abgeben. Die in den Kammerapparaten zur Erhitzung einer bestimmten Wind - menge erforderliche Heizfläche muss entschieden beträchtlicher ausfallen als bei den eisernen Röhrenapparaten, theils, weil ja nur die Hälfte der in den zu einander gehörigen Apparaten überhaupt vorhandenen Heiz - fläche innerhalb eines und desselben Zeitraumes zur Wärmeabgabe benutzt werden kann, die andere Hälfte aber inzwischen erhitzt wird, theils auch, weil man die Kammerapparate überhaupt nur dann anzu - wenden pflegt, wenn eine stärkere Erhitzung beabsichtigt ist, als sich in den Röhrenapparaten erreichen lässt. Man giebt daher per Cubik - meter Wind in der Minute den zusammengehörigen Apparaten eine Gesammtheizfläche von mindestens 10 Quadratmeter, mitunter 20 qm und darüber.

Die Geschwindigkeit des durch den Apparat hindurchgehenden Windes ist in allen Fällen erheblich geringer als bei den eisernen Röhrenapparaten, ein Umstand, welcher schon durch die grösseren Reibungswiderstände geboten ist. Bei den meisten hierher gehörigen Apparaten dürfte die Geschwindigkeit des kalten Windes 1.5 bis höch - stens 2 m per Secunde, des erhitzten Windes 5 8 m betragen.

Sämmtliche Apparate sind äusserlich durch einen luftdicht genieteten Mantel aus Eisenblech umgeben, ohne welchen es nicht möglich sein würde, beträchtliche Windverluste zu vermeiden. Da sich in den Zügen regelmässig Staub ablagert, welcher von den Gichtgasen mitgeführt wurde, auch wenn dieselben einer noch so sorgfältigen Reinigung unter - zogen wurden, so sind Vorrichtungen unentbehrlich, durch welche von Zeit zu Zeit eine Reinigung der Apparate vorgenommen werden kann.

Als Material für die Aufnahme der von den verbrennenden Gasen entwickelten Wärme dienen ausschliesslich feuerfeste Ziegeln, mit denen die Apparate in geeigneter Weise ausgesetzt und aus denen die von den Gasen durchströmten Kanäle gebildet sind. Dieselben gewähren den Vortheil, dass sie auch in hoher Temperatur wenig verändert wer - den und deshalb lange benutzbar bleiben; und dass sie eine ziemlich bedeutende specifische Wärme besitzen (Gruner fand dieselbe in höheren Temperaturen = 0.23 0.26), mithin auch fähig sind, ent - sprechend grosse Wärmemengen aufzunehmen und wieder abzugeben, bevor erhebliche Aenderungen der Temperatur eintreten.

27*420Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.

Aus der Wirkungsart der steinernen Apparate folgt von selbst, dass in jedem Falle mindestens zwei solcher sich gegenseitig ergänzender Apparate erforderlich sind; und sofern die Grösse derselben mit der Menge des zu erhitzenden Windes im Einklange steht, würden die - selben allerdings ausreichend sein, auch den für einen grossen Hoch - ofen erforderlichen Wind zu erhitzen. Immerhin aber ist bei der An - lage auf den schon erwähnten Umstand Rücksicht zu nehmen, dass nicht allein von Zeit zu Zeit Reparaturen erforderlich werden können, sondern dass auch innerhalb gewisser Zeiträume eine Reinigung von angesetztem Gichtstaube nothwendig wird, für welche die Apparate mindestens einige Tage hindurch der Benutzung entzogen werden müssen. Aus diesen Gründen empfiehlt es sich, für den einzelnen Hochofen drei solcher Apparate, für zwei Hochöfen fünf, u. s. f. anzuordnen, so dass minde - stens ein Apparat in jedem Falle als Reserve bereit steht.

Beispiele ausgeführter steinerner Apparate.

Cowperapparat. Schon im Jahre 1860, also ziemlich gleich - zeitig mit der Einführung des Siemens’schen Feuerungssystems (S. 116) wurde von Cowper ein auf denselben Grundsätzen beruhender Wind - erhitzungsapparat auf der Ormesbyhütte in Cleveland gebaut, welcher durch directe Feuerung geheizt wurde. Später ging man dazu über, Gichtgase für die Heizung dieser Apparate zu benutzen; und die bald gemachte Erfahrung, dass die in denselben erreichbaren höheren Tempe - raturen sich als besonders förderlich bei Graueisendarstellung oder Spiegel - eisendarstellung erwiesen, gaben auch deutschen Eisenwerken mehrfach Veranlassung, solche Apparate einzuführen.

Die Cowperapparate der ersten Jahre litten jedoch an verschiede - nen erheblichen Mängeln. Die zur Aufnahme der Wärme bestimmten Ziegeln waren in gleicher Weise als in den Regeneratoren der Sie - mens’schen Oefen gruppirt; eine Reinigung derselben von aussen war unmöglich und die sämmtlichen Steine mussten bei den häufig erfor - derlichen Reinigungen aus dem Heizraume entfernt werden. Die an den verschiedenen Zu - und Ausgangsrohren angebrachten Schieber oder Ventile aber wurden infolge der starken Erhitzung und der Ablage - rung von Gichtstaub bald undicht und versagten den Dienst. So kam es, dass man, wenigstens auf dem Continente, mehrere Jahre hindurch die bereits eingeführten Cowperapparate wieder kaltlegte und zu den eisernen Apparaten zurückkehrte.

Erst seit dem Jahre 1870 gelang es Cowper im Vereine mit Siemens, die erwähnten Mängel durch geänderte Anordnung der Züge und Absperrvorrichtungen zu beseitigen und seinem Apparate dadurch eine ausgedehntere Anwendung als bisher zu verschaffen. Fig. 130 zeigt die Einrichtung eines solchen neueren Cowperapparates.

Derselbe hat cylindrische Form und endigt oben in einer Kuppel. Die zum Heizen bestimmten Hochofengase treten durch den Stutzen a ein, gelangen in die senkrecht aufsteigende, aus feuerfesten Ziegeln schachtartig gemauerte Röhre c, werden hier mit Luft gemischt, welche durch die mit Verschlussvorrichtung versehene Oeffnung b zuströmt und steigen im Schachte c aufwärts. Der ganze übrige innere Raum d421Cowper’s Winderhitzer.der Kammer ausserhalb c ist, wie die Abbildung erkennen lässt, aus - gefüllt mit zahlreichen (800 900) senkrecht gerichteten Kanälen oder Schächten, deren Wände aus ca. 60 mm breiten feuerfesten Ziegeln bestehen und deren lichte Weite 120 180 mm zu betragen pflegt. Unten ruhen diese Schächte auf einem Gitter, welches von Guss - eisenstützen getragen wird. Solcher - art entsteht unterhalb der Schächte ein freier Raum e, in welchen bei der Reinigung des Apparates der Staub hinabfällt und welcher von aussen durch Mannlöcher f zu - gänglich ist.

Die Verbrennungsgase, nach - dem sie das Rohr c verlassen haben, wenden sich abwärts, ver - theilen sich in den einzelnen Ka - nälen d und gelangen schliess - lich, nachdem sie entsprechend abgekühlt worden sind, durch den Raum e in den Essenkanal g.

Ist der Apparat ausreichend erhitzt, so wird das Essenventil, der Gasschieber in der Verlänge - rung des Rohres a und die Zu - flussöffnung für die Luft (bei b) geschlossen, die Eintrittsöffnung für den kalten Wind dagegen, welche dicht neben der Austritts - öffnung g für die Gase liegt und in der Abbildung nicht sichtbar ist, und die bei h angeordnete Austrittsöffnung für den heissen Wind geöffnet. Der Wind nimmt nunmehr den entgegengesetzten Weg als vorhin die Gase und ge - langt durch h in die Leitung nach dem Hochofen.

Zur Ermöglichung der Reini - gung des Apparates ist im Scheitel ein Mannloch i angebracht, welches während des Betriebes durch einen eingesetzten Stein verschlossen ge - halten wird. Der Apparat wird kalt gelegt, nach Verlauf von drei Tagen steigt ein Arbeiter hinein

Fig. 130.

422Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.und reinigt mit Hilfe eines gleichen Verfahrens, als es der Essenkehrer zum Reinigen der sogenannten russischen Röhren benutzt1)Bekanntlich mit Hilfe einer eisernen, an einem Stricke hängenden Kugel, an welcher ein Besen befestigt ist., nach ein - ander die verschiedenen Schächte. Der abgekehrte Staub wird dann in der schon erwähnten Weise aus dem Apparate entfernt.

Beim Anheizen eines zuvor kalten Apparates wird durch die Oeff - nung b ein Korb mit glühenden Koks in den Raum c geschoben, so dass die Gase sofort bei ihrem Eintritte auf diese treffen und ver - brannt werden. Ist der Apparat einmal erhitzt, so bleibt der untere Theil des Raumes c heiss genug, um die Entzündung der nach dem Umsteuern frisch zutretenden Gase zu veranlassen.

Die neueren Cowperapparate besitzen eine Höhe von 18 m bei 6.5 m äusserem Durchmesser; das Rohr c ist 13 m hoch und 1.5 m weit. Die Heizfläche eines derartigen Apparates beträgt 4800 qm.

Die Heizgase und der Gebläsewind werden innerhalb der Cowper - apparate auf einen verhältnissmässig grossen Querschnitt vertheilt; ihre Bewegungsgeschwindigkeit sowohl als die zu überwindenden Wider - stände sind demnach nicht sehr bedeutend. Durch die Vertheilung der Gase in zahlreiche Schächte aber wird eine sehr grosse Heizfläche ge - wonnen. Jene langsame Bewegung und die beträchtliche Grösse der Heizfläche bilden die wichtigsten zu Gunsten der Cowperapparate sprechenden Eigenthümlichkeiten derselben.

Mat hat wohl versucht, die Heizfläche dieser Apparate noch ferner - hin zu vergrössern, indem man statt der vollen Umfassungswände der einzelnen Schächte durchbrochene anwendete. Dadurch verringert sich aber das Gewicht der erforderlichen Ziegeln, welches doch immerhin für die Wirkung des Apparates von Einfluss ist; die Oeffnungen setzen sich bald voll Staub, und die Reinigung wird erheblich schwieriger.

Je mehr Staub aber die Gase noch mit sich führen, desto rascher werden bei allen Cowperapparaten die verhältnissmässig engen Kanäle verstopft werden, desto öfter wird eine Reinigung sich nothwendig machen, desto mehr werden die Cowperapparate an Zweckmässigkeit verlieren. Durchschnittlich setzen die Gase derjenigen Hochöfen den meisten Staub ab, deren Schlacken am reichsten an Kalkerde sind. Hierin liegt wohl zum Theile die Ursache, dass in Grossbritannien, wo die chemische Zusammensetzung der als Eisenerze vorzugsweise benutzten thonigen Sphärosiderite einen geringeren Kalkerdegehalt der Schlacken erforderlich macht als bei vielen deutschen Eisenwerken, die Cowperapparate häufigere Anwendung gefunden haben als hier, wo sie nur vereinzelt in Anwendung sind.

Whitwellapparat. Die Einrichtung dieses von Thomas Whit - well in Stockton-on-Tees construirten Apparates wurde durch die grossen Schwierigkeiten hervorgerufen, welche die Reinigung der älteren Cowper - apparate verursachte. Während aber Cowper diese Schwierigkeiten abminderte, indem er die Gase, statt durch gitterförmig angeordnete Ziegeln, durch zahlreiche senkrecht stehende, an und für sich ziemlich enge, aber einen grossen Gesammtquerschnitt darbietende, von oben her zu reinigende Kanäle gleichzeitig hindurchströmen liess, erreichte423Whitwell’s Winderhitzer.Whitwell das nämliche Ziel, indem er die Gase in einem einzigen verschiedentlich gewundenen und von aussen zugänglichen breiten Kanale durch den Apparat hindurchführte. In der Wirkung des Appa - rates treten dadurch erhebliche Verschiedenheiten gegenüber der Wir - kung des Cowperappa - rates ein, wie unten ausführlicher bespro - chen werden wird.

Die ersten Whit - wellapparate wurden 1869 gebaut; auf dem Continente fanden sie vorzugsweise seit 1873 Eingang, nachdem die Weltausstellung zu Wien Gelegenheit ge - boten hatte, die Be - kanntschaft mit der Ein - richtung derselben und mit den erlangten Be - triebsergebnissen in weiteren Kreisen zu verbreiten.

Ein älterer Whit - wellapparat, wie diesel - ben bis zum Jahre 1876 in zahlreichen Exem - plaren gebaut wurden und noch heute ver - schiedentlich in Be - nutzung sind, ist in Fig. 131 und 132 in 1 / 150 der wirklichen Grösse abgebildet. Die zum Heizen bestimmten Gase treten aus dem Kanale B durch das Ventil C in den Apparat und werden hier durch Zu - führung atmosphäri - scher Luft verbrannt, welche durch die ver - schliessbare Oeffnung i (Fig. 132) zunächst in Kanäle innerhalb

Fig. 131.

Fig. 132.

des Mauerwerkes gelangt, um hier vorgewärmt zu werden, und dann erst durch horizontale Oeffnungen in den Apparat selbst eintritt. Wie Fig. 131 erkennen lässt, ist auch in der vierten Scheidewand a eine abermalige Luftzuführung angeordnet.

Durch die Scheidewände a a .., welche abwechselnd oben und unten424Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.mit Durchgangsöffnungen versehen sind, werden nun die Gase ge - zwungen, schlangenförmig auf - und abwärts zu ziehen, um schliesslich durch das Ventil D nach dem Essenkanale E zu entweichen. Drei parallele Querwände b b dienen theils dazu, den Wänden a eine grössere Haltbarkeit zu verleihen, theils auch, die Heizfläche zu vergrössern. Durch Oeffnungen in diesen Querwänden, welche in Fig. 131 sichtbar sind, stehen die einzelnen Abtheilungen mit einander in Verbindung.

Nach erfolgter Erhitzung des Apparates werden die Gasventile geschlossen und der kalte Wind durch das an der Rückseite von D befindliche, mit Schieber versehene Rohr zugeleitet. Nachdem derselbe in entgegengesetzter Richtung, als zuvor die Gase, den Apparat durch - strömt hat, tritt er durch das Ventil F aus, um dem Hochofen zuge - führt zu werden.

Die Reinigung des Apparates von angesetztem Staube geschieht durch die in der Decke angebrachten Verschlüsse e e; der von den Wänden abgekehrte Staub sammelt sich am Boden und wird von hier durch die Verschlüsse e1 e1 (Fig. 132) entfernt.

Whitwellapparaten der abgebildeten Art pflegte man bis gegen die Mitte der siebziger Jahre 6.7 m äusseren Durchmesser bei 8 9 m Höhe zu geben. Die Stärke der Scheidewände in diesen älteren Apparaten beträgt ca. 0.22 m mit Ausnahme der ersten, welche 0.33 m stark ist; der Querschnitt der Kanäle an derjenigen Seite, wo die Verbrennung stattfindet, beziehentlich wo der heisse Wind austritt, etwa 2.50 qm, an der gegenüber liegenden kälteren Seite 0.8 0.9 qm. Ein solcher Apparat besitzt eine Heizfläche von ungefähr 800 qm.

Später steigerte man die Höhe dieser Apparate, ohne den Durch - messer wesentlich zu ändern, bis auf 18 m und vergrösserte dadurch die Heizfläche auf 1500 1600 qm.

Vergleicht man diese Ziffern mit den oben bezüglich der Cowper - apparate mitgetheilten, so zeigt sich, dass letztere bei annähernd gleicher Höhe und gleichem Durchmesser etwa die dreifache Heizfläche als die bisher besprochenen Whitwellapparate besitzen. Die zahlreichen Krüm - mungen aber, welche die Heizgase wie der Gebläsewind innerhalb der älteren Whitwellapparate zurückzulegen haben, erschweren deren Be - wegung, machen also, wie die Erfahrung genugsam gelehrt hat, die Anwendung kräftig saugender, hoher und weiter Essen1)50 m dürfte die geringste erforderliche Essenhöhe sein; verschiedentlich zeigte sich, dass niedrigere Essen nicht ausreichten, den Apparat in gutem Betriebe zu erhalten. nothwendig, um die Gase mit der für eine kräftige Erhitzung des Apparates erfor - derlichen Geschwindigkeit hindurchzuführen, und verringern erheblich die Pressung des Gebläsewindes.

Zur Abminderung dieses Uebelstandes, welcher unter ungünstigen Verhältnissen die Brauchbarkeit des Apparates vollständig in Frage stellen kann, gab William Whitwell (nach dem Tode Thomas Whitwell’s) den Apparaten die in Fig. 133 und 134 abgebildete Form. Die aus e kommenden Gase steigen zunächst in dem weiten Kanale A, in dessen unterem Theile sie mit Luft gemischt werden, auf, vertheilen sich425Whitwell’s Winderhitzer.

Fig. 133 und 134.

[figure]

426Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.dann in die drei abwärts führenden Züge B B1 B2, vereinigen sich unten wieder, um in dem breiteren Kanale C empor zu steigen und wenden sich oberhalb desselben abermals abwärts, um in sieben Zügen D D1 .. nach dem Ausgangsventile F hin geführt zu werden. Die Ge - bläseluft tritt bei G in den Apparat und entweicht an der gegenüber - liegenden Seite durch das Rohr H. Zugleich wurde die Wandstärke der Scheidewände gegen früher nicht unerheblich vermindert, so dass die schwächeren nur eine Stärke von ca. 0.13 m erhielten, eine Aende - rung, durch welche eine Vermehrung der Zahl derselben ohne Ver - grösserung des Durchmessers des Apparates ermöglicht wurde.

An Stelle der neun Krümmungen, welche die Gase und Luft in den älteren Apparaten zu überwinden hatten, sind in diesem ver - besserten Apparate drei getreten, ein Umstand, welcher nicht ohne grossen Nutzen für die Wirkung desselben bleiben kann; die Heiz - fläche aber ist durch Einschaltung zahlreicherer Querwände (sieben statt drei) nicht unerheblich vergrössert und beträgt bei einem Apparate von der abgebildeten Grösse (6.7 m Durchmesser, 19.8 m Höhe) ungefähr 2400 qm.

In neuester Zeit hat man auf einigen englischen Werken noch etwas höhere Whitwellapparate angewendet (20.7 m hoch), welche 2600 qm Heizfläche besitzen. Der neuere Whitwellapparat nähert sich demnach in seiner Wirkungsweise dem Cowper’schen, wenn auch die dargebotene Heizfläche noch erheblich geringer ist. Nicht ganz so schwer, als es im ersten Augenblicke vielleicht erscheint, fällt jedoch dieser letztere Umstand zu Ungunsten der Whitwellapparate ins Ge - wicht. Man erwäge, dass bei allen Kammerapparaten von der Grösse der Heizfläche bei gegebener Windmenge zunächst die Zahl der erfor - derlichen Wechsel abhängig ist, wenn eine bestimmte Temperatur nicht unterschritten werden soll; je grösser die zu erhitzende Windmenge ist, desto öfter muss umgeschaltet werden. Thatsächlich lässt sich also auch in einem Apparate mit geringerer Heizfläche, sofern letzterer Be - dingung genügt wird, eine ebenso hohe und ebenso gleichmässige Tempe - ratur als in einem Apparate mit grösserer Heizfläche erreichen, wenn es auch selbstverständlich eine Grenze für die Grösse der Heizfläche geben muss, unter welche man nicht hinabgehen kann, ohne die Mög - lichkeit für die Erlangung bestimmter Temperaturen einzubüssen.

Bei den Whitwellapparaten neuerer Construction lassen sich 450 bis 500 cbm Wind per Minute auf eine Temperatur von ca. 700°C. erhitzen; bei einstündigem Wechsel treten dabei Temperaturschwankungen von 50 60 Grad ein.

In Cowperapparaten von ungefähr derselben äusseren Form, aber doppelt so grosser Heizfläche (S. 422) betragen unter übrigens gleichen Verhältnissen die Temperaturschwankungen 33 55 Grad.

Eine andere Frage, von deren Beantwortung allerdings ebenfalls die Zweckmässigkeit des einen oder andern Apparates abhängig ist, betrifft die Ausnutzung der entwickelten Wärme, d. i. die Menge der zur Erhitzung einer bestimmten Windmenge erforderlichen Gase. Um zuverlässige Schlüsse hierüber zu erhalten, müsste man die Menge der einem jeden Apparate in bestimmten Zeiträumen zugeführten Gase und ihren Brennwerth ermitteln; derartige Untersuchungen scheinen in427Whitwell’s Winderhitzer.Rücksicht auf die Umständlichkeit derselben bislang nicht angestellt worden zu sein. Es lässt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen, dass in dieser Beziehung die Cowperapparate sich günstiger verhalten werden.

Ein entschiedener Vortheil der neueren Whitwellapparate gegenüber den letztgenannten beruht dagegen in der grösseren Leichtigkeit der Reinigung, da die Kanäle breiter, erheblich geringer an Zahl und von aussen her zugänglich sind. Während bei den Cowperapparaten ein Arbeiter in die Kammer selbst einsteigen muss, und selbstverständ - lich dieses nur möglich ist, nachdem dieselbe annähernd vollständig erkaltete, werden die Whitwellapparate von aussen gereinigt. Wie schon erwähnt, gewinnt dieser Umstand um so mehr an Wichtigkeit, je grösser die von den Gasen mitgeführten Staubmengen sind, je öfter also eine Reinigung stattfinden muss. Die Abbildung Fig. 133 lässt die ziemlich einfache Vorrichtung zur Ausführung der Reinigung er - kennen. Der von den Wänden abgestossene Staub wird, wie gewöhn - lich, durch die Mannlochöffnungen i i .. (Fig. 134) entfernt. Durch die an der gegenüberliegenden Seite angebrachten, mit Verschlussvorrichtung versehenen Oeffnungen h h wird während des Heizens des Apparates die Verbrennungsluft angesaugt. Dieselbe wird in Kanälen, welche theils in der Sohle, theils in der ersten und vierten Scheidewand angeordnet sind, vorgewärmt, um dann zunächst in dem Kanale A, später noch - mals in C mit dem Gase vermischt zu werden. Die Abbildungen zeigen deutlich die Anordnung der Luftkanäle.

Wie durch die verschiedene Schraffirung in den beiden Abbildungen angedeutet ist, pflegt man für die Ausmauerung der Whitwell - wie auch der sonstigen steinernen Apparate feuerfeste Ziegeln verschiedener Qualität anzuwenden, an den der Erhitzung am meisten ausgesetzten Stellen erste Qualität, an den weniger heissen Stellen zweite Qualität zu benutzen. Zwischen Blechmantel und Mauerwerk muss auch bei diesen Apparaten wie in allen ähnlichen Fällen ein Zwischenraum bleiben, der mit lockerem Sande oder dergleichen ausgefüllt werden kann, damit nicht bei der Ausdehnung des Mauerwerkes Beschädigungen eintreten.

Unter allen steinernen Winderhitzungsapparaten ist der Whitwell - apparat der am meisten verbreitete, und er dankt diesen Umstand vor - nehmlich, wie schon erwähnt wurde, der verhältnissmässig grossen Leichtigkeit, mit welcher seine Reinigung zu bewirken ist. Eben hieraus folgt aber, dass Aenderungen des Whitwellapparates, welche die Heiz - fläche zu vergrössern streben, jedoch auf Kosten jener Leichtigkeit der Reinigung, kaum einen besondern Erfolg haben werden. 1)So z. B. eine von Lévêque vorgeschlagene Construction, die von den Gasen zuletzt durchströmten Kanäle ähnlich wie die Cowperapparate mit Steinen auszu - setzen; u. a. m. Jede Verengung der Züge des Whitwellapparates schmälert den Hauptvorzug derselben.

Massicks und Crooke’s Apparat. Diese erst seit 1881 in die Praxis eingeführte und bis jetzt nur vereinzelt angewendete Con - struction soll den Vortheil des Whitwellapparates, die Leichtigkeit der Reinigung, mit dem Vortheile des Cowperapparates, geringe Wider -428Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.stände, vereinigen. Die Züge für Gas und Gebläsewind sind ringförmig concentrisch um einander angeordnet und durch radiale Wände, welche zugleich die Heizfläche vergrössern, abgesteift. Die zur Heizung be - stimmten Gase treten zunächst in die mittleren, unter einander ver - bundenen Kanäle, steigen hier empor, gelangen am Scheitel des Appa - rates in die äusseren, ebenfalls unter einander verbundenen Kanäle, um in denselben abwärts zu ziehen und dann nach der Esse zu entweichen. Nach dem Umschalten nimmt der Wind, wie bei allen derartigen Appa - raten, den entgegengesetzten Weg. Es ist demnach nur eine einzige Krümmung nothwendig, wodurch zweifellos die Bewegung erleichtert wird.

Die Abmessungen der bisher erbauten Massicks-Crooke - Apparate sind etwas geringer als diejenigen der neueren Whitwell - und Cowperapparate, 5.5 m äusserer Durchmesser bei 15.25 m Höhe. Eine solche Kammer besitzt 1440 qm Heizfläche.

Schon bei den älteren Cowperapparaten hatte man den Schacht für Gasführung in die Mitte der Kammer statt wie jetzt (vergl. Fig. 130) an die Seite gelegt. Es zeigte sich jedoch, dass die Gase nach ihrem Austreten aus dem mittleren Schachte sich nicht gleichmässig in die abwärts führenden Kanäle vertheilten, sondern, wie leicht erklärlich ist, vorzugsweise die Richtung nach derjenigen Seite hin nahmen, an welcher sie schliesslich aus dem Apparate austraten. Es ist zu erwarten, dass auch bei den Massicks-Crooke-Apparaten sich eine ähnliche Ungleich - mässigkeit in der Bewegung der Gase ergeben wird, welche die Aus - nutzung der Wärme benachtheiligt.

Die Ventile der steinernen Winderhitzer.

Seit der ersten Anwendung der in Vorstehendem besprochenen, auf dem Wechsel der Zuleitung von Gas und Gebläsewind beruhenden Winderwärmungsapparate machte sich in nicht geringem Maasse die Schwierigkeit geltend, Verschlussvorrichtungen für die abwechselnd ausser Benutzung tretenden Zu - und Ableitungsöffnungen anzubringen, welche, ohne undicht oder gar durch die starke Erhitzung zerstört zu werden, doch eine verhältnissmässig leichte Handhabung ermöglichen, eine Auf - gabe, deren Lösung theils durch die hohe und wechselnde Temperatur, theils durch die Ablagerungen von Staub an den Dichtungsflächen erschwert wird. Bei dem ziemlich bedeutenden Umfange, welchen die Querschnitte der betreffenden Oeffnungen besitzen, und der starken Pressung, mit welcher bei grösseren Hochöfen der Wind durch die Kammer hindurchzieht, hat jede an und für sich nicht einmal sehr erhebliche Undichtigkeit in dem Verschlusse jener Oeffnungen einen bedeutenden Windverlust zur Folge; und der ziemlich geringe Erfolg, welchen die früheren Cowperapparate im Laufe der sechziger Jahre fanden, beruhte wenigstens zum Theil auch auf der Mangelhaftigkeit jener Verschlüsse, welche sich bald verzogen und dermaassen undicht wurden, dass wegen allzu bedeutender Windverluste die Apparate wieder ausser Thätigkeit gesetzt werden mussten.

Am einfachsten offenbar kann die Einrichtung zur Absperrung des kalten Windes sein. Ein gut gearbeiteter Schieber vermag hier den Zweck zu erfüllen.

In dem Heisswindrohre dagegen würde ein Schieber sehr bald sich429Die Ventile der steinernen Winderhitzer oder Kammerapparate.verziehen und nicht mehr zu bewegen sein. Ein Tellerventil ist an dieser Stelle die am häufigsten benutzte Einrichtung. Das Ventil und der eiserne ringförmige Ventilsitz sind sorgfältig zusammengearbeitet und letzterer ist zum Auswechseln eingerichtet.

Bei den im Laufe der siebziger Jahre erbauten Apparaten, ins - besondere den Whitwellapparaten, findet man vielfach wassergekühlte Ventile. Das aus Eisenblech gefertigte Ventil hat linsenartige Gestalt, ist hohl, und in der Ventilstange sind zwei in das Innere des Ventils führende Röhren angebracht, an deren Enden Kautschukschläuche an - geschlossen sind, um das kalte Wasser zu - und das erwärmte abzuleiten. Durch eine Kurbel mit Getriebe und Zahnstange wird die Bewegung des ausserdem mit Gegengewicht versehenen Ventils bewirkt. Auch der gusseiserne Ventilsitz ist hohl und wird durch hindurchfliessendes Wasser kühl erhalten. Bei den neuesten derartigen Winderhitzungsapparaten hat man indess diese immerhin etwas schwerfällige Ein - richtung wieder beseitigt und einfache sorgfältig gearbeitete Tellerventile der oben erwähnten Art angewendet.

Auch für die Zu - und Auslassöffnun - gen der Gasleitung pflegt man Ventile zu benutzen; und zwar war für die der Erhitzung vorzugsweise preisgegebenen Zulassventile ebenfalls Wasserkühlung län - gere Zeit in Gebrauch. Entschieden zweck - mässiger hierfür ist eine von F. Burgers in Gelsenkirchen eingerichtete, bereits mehrfach erprobte Verschlussvorrichtung. Fig. 135 und 136 zeigt ein derartiges Ein - lassventil. Das aus Eisenblech gefertigte Rohr a taucht mit seinem unteren Rande in eine Wasserrinne und wird von drei seitlich befestigten Rollen r r getragen, eine Vorrichtung, durch welche eine leicht auszuführende Drehung desselben um seine Achse ermöglicht ist. Seitlich ist an dem Rohre der Krümmer b be - festigt, welcher mit dem ersteren gedreht wird und dessen Mündung mit einem glatt bearbeiteten Gusseisenringe ver - sehen ist. An dem Mantel der Heizkam - mer ist der gusseiserne Rahmen S be - festigt. Soll das Gas in die Kammer ein - treten, so dreht man das Rohr a soweit

Fig. 135.

Fig. 136.

herum, dass die Mündung des Krümmers k sich hart an S anlegt, öffnet das in gewöhnlicher Weise construirte Tellerventil A, welches durch Zahnstange und Getriebe bewegt wird1)Auch ein in dieselbe Wasserrinne wie das Rohr a eintauchendes Glocken - ventil aus Eisenblech lässt sich an Stelle des Tellerventils benutzen., und regelt den Gas -430Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.zufluss mit Hilfe der Drosselklappe d. Zum Zwecke der Umschaltung dagegen, d. h. zur Absperrung des Gases dreht man das Rohr zur Seite in die durch Fig. 136 dargestellte Lage, bringt durch Drehung des Hebels e den Gusseisenteller c vor die Oeffnung des Rahmens S, welche genau von demselben abgedeckt wird, und drückt ihn durch Anziehen der Schraube i fest gegen den Rand derselben, so dass in wenigen Secunden ein vollständig luftdichter Abschluss der Oeffnung hergestellt ist. Der Arm e1 des Kniehebels greift dabei, um der Schraube den

Fig. 137.

Fig. 138.

erforderlichen Gegendruck zu verschaffen, mit seinem bügelartig um - geschmiedeten Ende hinter eine angegossene Nase des Rahmens S.

Nicht minder leicht geht die Oeffnung des Verschlusses und die Einschaltung der Leitung vor sich. Ein am Teller c angeschlossenes Gegengewicht h erleichtert hierbei das Empordrehen desselben, nachdem die Verschlussschraube gelöst wurde.

Der wesentliche Vortheil dieser Einrichtung liegt in dem Um - stande, dass der Ventilteller A nur zur Absperrung des bereits ab - gekühlten Gases dient und nicht, auch wie bei den früheren Einrichtungen, das Austreten des heissen Windes verhindern soll, somit kalt bleibt431Die Ventile der steinernen Winderhitzer oder Kammerapparate.und von aussen her zugänglich ist, also gereinigt und nöthigenfalls ausgewechselt werden kann, während die Oeffnung S durch eine ausserordentlich einfache, leicht auswechselbare Vorrichtung dicht ab - geschlossen ist.

Aehnlich ist die in Fig. 137 und 138 gezeichnete Anordnung des Auslassventiles für das Gas nach der Esse. Die Auslassöffnung am Mantel des Apparates ist auch hier mit dem Gusseisenrahmen G ver - sehen, welcher, so lange der Wind durch die Kammer hindurchgeht, durch den mit Bügel und Druckschraube versehenen Deckel S luft - dicht geschlossen ist (Fig. 137), während beim Heizen der Kammer der Rohrstutzen d, wie es in Fig. 138 gezeichnet ist, dagegen geschoben und mit Hilfe von einem Paar Klammern fest angedrückt wird. Die Bewegung des letzteren aber erfolgt in Rücksicht auf die beträchtlichere Grösse desselben nicht, wie bei dem Zulassventile, durch Drehung, son - dern durch Verschiebung des Gehäuses a in dem zu diesem Zwecke oblongen Wasserverschlusse, auf dessen Rande das Gehäuse fahrbar mit vier Rollen aufruht. Die Verschiebung wird mit Hilfe des Hebels f bewirkt.

Durch das in Wasser eintauchende Glockenventil b, welches mit Hilfe einer Kurbel und Seilrolle W bewegt wird, erfolgt der Verschluss des Essenkanales während der Zeit, wo die Verbindung zwischen dem - selben und dem Apparate gelöst ist, damit nicht kalte Luft eintrete und den Essenzug in der andern Kammer schmälere. Die Drosselklappe D kann zur Regulirung des Essenzuges benutzt werden.

Anlagekosten verschiedener Winderhitzer.

Die Eigenthümlichkeiten der verschiedenen in Vorstehendem be - sprochenen Systeme von Winderhitzern, ihre Vorzüge und ihre Nach - theile hinsichtlich ihrer Benutzung, wurden bereits mit thunlichster Ausführlichkeit geschildert, so dass es einer nochmaligen vergleichen - den Zusammenstellung derselben kaum bedürfen wird.

Für die Zweckmässigkeit der Anlage irgend eines Apparates ist jedoch die Höhe seiner Anlagekosten nicht ganz ohne Wichtigkeit.

Bei dem Vergleiche der Anlagekosten verschiedener Winderhitzungs - apparate, insbesondere eiserner Apparate gegenüber den steinernen, wird man immerhin Rücksicht auf den Umstand nehmen müssen, dass bei der beschränkten Grösse, welche die erstgenannten besitzen, eine grössere Zahl derselben erforderlich zu sein pflegt, um die Leistung von einem Paar steinerner Apparate hinsichtlich der Menge des zu erhitzenden Windes zu ersetzen; andererseits würde ein Vergleich der Anlagekosten, bezogen auf die gleiche Heizfläche, eine Schlussfolgerung über die Kostspieligkeit zweier verschiedener, für gleichen Zweck dienen - der Apparate nicht zulassen, da, wie oben erwähnt wurde, die Grösse der erforderlichen Heizfläche bei eisernen und bei steinernen Apparaten eine sehr verschiedene ist.

Man wird also entweder die Anlagekosten der per Hochofen erforderlichen Apparate einander gegenüber zu stellen haben, wobei jedoch wiederum der verschiedene Windbedarf verschieden grosser Hochöfen leicht zu Fehlschlüssen führen kann; oder, was jedenfalls am432Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.zuverlässigsten ist, die Kosten der erforderlichen Heizfläche, um 1 Cubik - meter Wind per Minute zu erhitzen. Aus einer derartigen von Fr. Lür - mann nach Ergebnissen der Praxis gefertigten Zusammenstellung1) Stahl und Eisen 1883, S. 32. mögen folgende Ziffern hier Platz finden.

Es betrug bei Hochöfen mit einem Windbedarfe von 450 cbm per Minute2)Wo der Windbedarf in der Wirklichkeit ein anderer war, wurden die Ziffern entsprechend umgerechnet.:

3)Für zwei Hochöfen fünf Apparate.
3)

Es ergiebt sich zunächst, dass die eisernen Apparate selbst bei möglichster Beschränkung der Heizfläche (1.51 qm per cbm Wind) nicht erheblich billiger sind, als steinerne, sofern man von den allerdings sehr kostspieligen älteren Whitwellapparaten absieht; ja, dass sie als ver - hältnissmässig theuer erscheinen müssen, sofern man berücksichtigt, dass die in denselben erreichbare Windtemperatur um durchschnittlich 200°C. niedriger ist als in den steinernen Apparaten. Unter den ver - schiedenen Systemen eiserner Apparate aber dürften diejenigen von Gjers noch zu den billigsten zählen und für manche andere, ins - besondere für liegende Apparate würde voraussichtlich ein noch un - günstigeres Verhältniss sich ergeben. Ebenso fallen selbstverständlich die Kosten entsprechend höher aus, wenn man wie es für die Aus - nutzung der Wärme und für die bessere Erhaltung der Apparate förder - lich sein würde den eisernen Winderhitzern eine grössere Heizfläche giebt; die verschiedenen Kostenbeträge für die drei als Beispiele be - nutzten eisernen Apparate mit 1.5, 2.1 und 3 qm Heizfläche per cbm Wind veranschaulichen deutlich diesen Unterschied.

Auch die Reparaturkosten werden bei eisernen Apparaten in Rück - sicht auf die von Zeit zu Zeit nothwendige Auswechselung verbrannter Röhren mindestens nicht geringer sein als in steinernen.

Unter den steinernen Apparaten sind diejenigen von Cowper die433Die Windleitung und Windvertheilung.in der Anlage kostspieligsten, Massicks und Crooke’s Apparate, welche die geringste Heizfläche besitzen, die billigsten. Eben die ge - ringe Heizfläche lässt aber Sparsamkeit in der Benutzung des Brenn - stoffs bei den letztgenannten Apparaten schwerlich erwarten.

Das Verhältniss in den Preisen der Cowperapparate zu denen der neueren Whitwellapparate stellt sich in Wirklichkeit etwas günstiger als in der obigen Tabelle, wenn man berücksichtigt, dass für einen Hochofen nur 2.5 Whitwellapparate, dagegen 3 Cowperapparate in Ansatz gebracht worden sind, während für zwei Hochöfen voraussicht - lich ebenfalls nur 2.5 Cowperapparate ausgereicht haben würden. Es ermässigt sich dann der Preis der letzteren per Hochofen auf 100000 , per cbm Wind auf 222 .

Es lässt sich den mitgetheilten Verhältnissen zufolge erwarten, dass selbst da, wo jene in den steinernen Apparaten erreichbaren hohen Windtemperaturen nicht erforderlich sind bei Darstellung gewöhn - lichen Weisseisens, beim Betriebe mit Holzkohlen doch die letzteren in einer der benöthigten Windtemperatur entsprechenden Anordnung berufen sein werden, die eisernen Apparate mehr und mehr zu ver - drängen. Je mehr es gelingt, die Reinigung der Apparate zu erleichtern, desto mehr werden sie sich auch auf solchen Hochofenwerken ein - bürgern, wo der grössere Staubgehalt der Gichtgase oder die chemische Zusammensetzung dieses Gichtstaubes (z. B. ein Zinkgehalt derselben) noch ein Bedenken gegen ihre Einführung bildete.

4. Die Windleitung und Windvertheilung.

Man benutzt Eisenblechröhren, seltener Gusseisenröhren, welche in geeigneter Weise unter einander verbunden sind. Je grösser der Durch - messer derselben ist, desto geringer sind die Pressungsverluste, welche der Wind infolge der Reibung erleidet, aber desto höher die Her - stellungskosten. Nach Hauer soll die Geschwindigkeit des Windes in den Leitungsröhren 10 15 m per Secunde betragen, woraus sich dann leicht für eine gegebene Windmenge der Querschnitt der Röhren für den kalten Wind berechnen lässt. Für die Heisswindleitung ist die be - deutende Volumenvergrösserung (vw = (1 + 0.00366 t) v) des Windes durch Erhitzung gebührend zu berücksichtigen.

Bei Anordnung der Heisswindleitung muss Vorsorge getroffen werden, dass der Wind nicht durch Abkühlung von aussen einen grossen Theil seiner Wärme verliere. Windleitungen für Hochöfen mit eisernen Erhitzungsapparaten, in denen also der Wind nicht über 500°, selten erheblich über 400° erhitzt wird, umhüllt man aussen mit schlechten Wärmeleitern in derselben Weise wie es bei Dampfleitungen üblich ist. Schlackenwolle, Lehm oder ähnliche Körper werden als Packungsmate - rial benutzt und äusserlich durch umgelegtes Blech, getheerte Pappe und dergleichen und umgewickelten Bindedraht festgehalten.

Eiserne Röhren dagegen, in welchen stärker erhitzter Wind fort - geleitet werden soll, werden, damit sie nicht selbst durch die gleich - zeitige Einwirkung der Hitze und des Sauerstoffs zerstört werden, imLedebur, Handbuch. 28434Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.Innern mit einer dicken Lage feuerfesten Materiales ausgekleidet. Die Auskleidung kann durch Ausmauern mit feuerfesten Steinen oder auch durch Ausstampfen mit feuerfester Masse bewerkstelligt werden.

Nicht mindere Rücksicht aber ist bei längeren Leitungen auf den Umstand zu nehmen, dass die Leitungsröhren für den heissen Wind bei der Erhitzung sich ausdehnen, ihre Länge vergrössern, und bei ein - tretender Erkaltung sich wieder zusammenziehen. Für je 100 Grad C. beträgt die Längenausdehnung des Eisens 0.00111; eine Leitung von 10 m Länge verlängert sich demnach bei der Erhitzung auf 400 Grad um 4.5 cm. Um hierbei Brüche zu verhüten, müssen Vorkehrungen getroffen werden, um der Leitung eine gewisse Beweglichkeit zu sichern.

Solche in die Leitung eingeschaltete, eine Verlängerung und Ver - kürzung ermöglichenden Vorrichtungen heissen Compensatoren.

Die einfachste Einrichtung eines Compensators zeigt die Abbildung Fig. 139 (Scheibencompensator). An die Leitungsrohre sind die beiden

Fig. 139.

Rohrstutzen a und b befestigt, deren Enden über einander greifen und sich um ein gewisses Maass in einander verschieben lassen. Damit hierbei keine Klemmung entstehe, ist der äussere Durch - messer des Rohrstutzens b einige Millimeter schwächer gehalten als der innere Durchmesser des Endes von a. Aus gut federndem Eisen - blech von 2 3 mm Stärke sind zwei kreisrunde Scheiben von grossem Durchmesser an a und b befestigt, wie die Abbildung erkennen lässt, und an ihrem äusseren Rande durch einen eingelegten luftdicht vernieteten Metallring mit einander ver - bunden. Dehnt sich die Leitung aus, so werden die beiden Scheiben zusammengedrückt, um beim Erkalten ihre ursprüngliche Stellung wieder ein - zunehmen.

Eine andere Gattung dieser Vorrichtungen nennt man Stopfbuchsencompensatoren. Das Ende des einen Rohres ist abgedreht und schiebt sich in dem mit Stopfbuchse versehenen Ende des andern. Als Packungsmaterial für die Stopfbuchse dient Asbest, da der sonst üb - liche Hanf in der Temperatur des erhitzten Win - des verkohlt werden würde.

So viel als irgend thunlich sucht man in - dess die Zahl der erforderlichen Compensatoren durch Abkürzung der Leitungen für den heissen Wind einzuschränken.

Ein ringförmig um den Hochofen herum laufendes Vertheilungs - rohr nimmt schliesslich den Wind auf, um ihn durch Zweigröhren den einzelnen Formen des Hochofens zuzuführen. Früher, so lange man die Hochöfen mit Rauhgemäuer baute, pflegte man das Vertheilungs -435Compensatoren. Düsenständer.rohr vertieft in einen gemauerten Kanal zu legen und von hier den Wind aufsteigen zu lassen; bei den modernen Hochöfen, deren Schacht von Säulen getragen wird, zieht man es vor, das Vertheilungsrohr rings um die Rast herum zu legen und den Wind abwärts zu führen. Die ganze Anordnung wird dadurch übersichtlicher und leichter zugänglich. Gewöhnlich lässt man das Rohr auf Consolen ruhen, welche an den zum Tragen des Schachtes bestimmten Säulen angegossen oder ange - schraubt sind (vergl. Fig. 81 auf S. 342). Da das Rohr bei der Er - hitzung seinen Durchmesser vergrössert, ist auch hier eine gewisse Beweglichkeit nothwendig, damit nicht etwa ein nachtheiliger Schub auf die Säulen ausgeübt werde. Bei dem in Fig. 81 abgebildeten Hoch - ofen ist dieser Zweck in sehr vollkommener Weise erreicht, indem man das Rohr in Lagern ruhen lässt, die von eisernen, als Rollen wirken - den Rundstäben getragen werden.

Aus dem Vertheilungsrohre gelangt der Wind durch den Düsen - stock oder Düsenständer zur Düse, d. h. zu dem Endstücke der Leitung, aus welchem er in den Ofen eintritt.

Der Düsenstock besteht aus einer gegen die Düse zu horizontalen Windleitung, welche durch ein Knie mit dem Vertheilungsrohre ver - bunden ist.

Damit aber die Düse ohne Schwierigkeit eingesetzt und ausge - wechselt, damit ihre Lage genau geregelt werden könne, lässt man den Düsenständer aus mehreren Theilen bestehen, welche eine gewisse Ver - schiebung unter einander gestatten.

Ausserdem ist es, wenn nicht unbedingt nothwendig, so doch räth - lich, in jedem Düsenstocke eine besondere Absperrvorrichtung für den Wind anzubringen, theils um erforderlichen Falles ohne weitere Um - stände die eine oder andere Düse ausser Thätigkeit setzen zu können, ausserdem auch, um beim Stillstand des Gebläses das Eintreten von Kohlenoxydgas in den Düsenständer und die Bildung von Knallgas durch Schliessen der erwähnten Vorrichtung zu verhüten. Der Um - stand, dass der Düsenständer während des Blasens mit erhitzter Luft angefüllt war, die bei längerem Stillstand sich mehr und mehr abkühlt, ihr Volumen dabei verringernd und Gas aus dem Ofen nachsaugend, giebt leicht Gelegenheit zu jener Knallgasbildung, die nicht selten schon gefährliche Explosionen zur Folge gehabt hat.

Bei kleineren Oefen mit schwächerer Pressung dient hierzu eine von Hand verstellbare Drosselklappe, welche geschlossen wird, sobald man den Wind abstellen will; bei grösseren Hochöfen empfiehlt es sich, an Stelle derselben oder, besser noch, ausser derselben eine be - sondere Klappe in unmittelbarer Nähe der Düse anzubringen, welche durch den Winddruck geöffnet wird und selbstthätig zufällt, sobald der Windstrom aufhört, solcherart das Eintreten der Gase in die Leitung verhindernd.

Je strengflüssiger die Schlacke, je niedriger die Temperatur im Hochofen und je enger das Gestell ist, desto häufiger wird die Noth - wendigkeit eintreten, Ansätze, die sich an den kälteren Formen gebildet28*436Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.hatten, zu entfernen, indem man einen Haken durch die Formöffnung in den Ofen führt, nachdem die Düse zurückgezogen worden war. Aus diesem Umstande erklärt es sich, dass man, wo jene Verhältnisse eine häufige Reinigung der Formen nothwendig machen, also ins - besondere bei Holzkohlenhochöfen, welche mit nur mässig erwärmtem Winde und in engen Gestellen graues Roheisen darstellen, den Düsen - ständern eine oft ziemlich complicirte Einrichtung giebt zu dem Zwecke, die Düsen, auch ohne dass eine Abstellung des Windes nothwendig wird, vor - und rückwärts bewegen zu können. Fig. 140 zeigt die Ein - richtung eines solchen Düsenständers. a ist das Vertheilungsrohr, b das Gehäuse für die Drosselklappe c. In das untere Ende von b ist das Rohrstück f verschiebbar eingepasst zu dem Zwecke, die Höhenlage des horizontalen Theiles des Düsenstocks veränderlich zu machen, je nachdem die Formen etwas höher oder tiefer eingelegt sind. Mit Hilfe der Schrauben e wird die Feststellung in der richtigen Höhe bewerk -

Fig. 140.

stelligt. Durch den Krümmer d tritt der Wind in das Rohr h, welches in einer Führung des ersteren horizontal verschiebbar ist und sammt der Düse nebst Zwischenstücken l und g zurückgeschoben wird, wenn eine Reinigung der Form nothwendig ist. Die Verschiebung erfolgt durch Drehung der Schraube k in der leicht zu ersehenden Art und Weise. i ist ein Kugelgelenk, durch dessen Einschaltung die Düse eine gewisse Beweglichkeit in verschiedenen Richtungen erhält; l l sind Federn, welche mit Haken in Einschnitte an der Aussenfläche des Stückes h eingreifen und dadurch die Düse in der gewählten Stellung festhalten. g ist die Düse, n die Form. Bei m ist ein durch eine Kapsel mit Glimmerplatte verschlossenes Visir angebracht, durch welches man die Vorgänge vor den Formen des Ofens beobachten kann.

Bei Oefen mit hoher Temperatur, dünnflüssiger Schlacke und weiten Gestellen lassen sich einfacher eingerichtete Düsenständer verwenden. In Fig. 141 ist ein Düsenständer abgebildet, wie er jetzt für grössere Hochöfen sehr gebräuchlich ist. Ausser der Düse d besteht derselbe nur aus drei Stücken, dem horizontalen Stücke c, dem Krümmer b und437Die Düsenständer.dem von dem Vertheilungsrohre abgezweigten Rohre a. b ist an a und c an b durch einfach eingerichtete Kugelgelenke angeschlossen. Zur Herstellung der Verbindung werden die Schmiedeeisenbänder e e über die an die Rohrstücke angegossenen Zapfen übergeschoben und durch Schrauben f f fest angezogen; auf diese Weise lässt sich in wenigen Secunden die Verbindung lösen und wieder herstellen, wenn eine veränderte Lage der Düse nothwendig werden sollte.

In dem Rohrstücke c ist zu dem schon oben erwähnten Zwecke eine sich selbstthätig öffnende und schliessende Klappe angebracht. Da

Fig. 141.

der Drehungspunkt derselben oberhalb des Rohrmittels liegt, muss das Rohr an dieser Stelle vierseitigen Querschnitt erhalten, damit die Drehung der Klappe möglich werde. Auf amerikanischen Eisenwerken hat man dem Klappengehäuse einen durchbrochenen Deckel gegeben; so lange der Wind durch den Düsenständer hindurchgeht und die Klappe geöffnet erhält, schliesst diese die Durchbrechungen, so dass kein Wind austreten kann; ist der Wind abgestellt und die Klappe zugefallen, so können die Gase, welche etwa aus der Form austreten sollten, durch jene Oeffnungen entweichen. 1)A. v. Kerpely, Bericht über die Fortschritte der Eisenhüttentechnik im Jahre 1878, S. 143; Polyt. Review, vol. 5, p. 181; Dingl. Polyt. Journ., Bd. 230, S. 123.

438Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.

Bei g ist der abgebildete Düsenständer durch eine einfache Vor - richtung an den Säulen für den Schacht oder irgend einem andern festliegenden Theile des Hochofens aufgehängt. Bei i befindet sich eine ebenso eingerichtete Schauöffnung wie bei dem oben beschriebenen Düsenständer.

Die Einfachheit der Einrichtung dieses Düsenständers gestattet es, ihn fast vollständig mit schlechten Wärmeleitern einzuhüllen, ohne dass seine Beweglichkeit beeinträchtigt wird, ein Umstand, welcher um so vortheilhafter ist, je stärker erhitzt der Wind zugeführt wird. Mitunter auch hat man sich auf Anwendung eines einzigen Kugelgelenkes be - schränkt, wodurch die Einrichtung noch einfacher wird.

Die Düse besteht aus einer schwach konischen Hülse aus Guss - eisen, seltener aus Eisenblech, welche über das Ende des Düsen - ständers übergeschoben wird und sich leicht auswechseln lassen muss. Mitunter befestigt man sie, wie in Fig. 141 durch Punktirung ange - deutet ist, durch einen Bayonnetverschluss, so dass eine einfache Drehung genügt, sie zu lösen; mitunter auch schiebt man sie ohne sonstige Be - festigungsvorrichtung nur einfach über das Rohrende, wie bei dem Düsen - ständer Fig. 140. Die Seitenconvergenz der Düse soll etwa be - tragen, weil bei dieser Form sich der günstigste Ausflusscoëfficient ergiebt.

Von dem Querschnitte der Düsenöffnung ist natürlich bei gegebener Windpressung die ausgeblasene Windmenge und bei gegebener Wind - menge die erforderliche Pressung abhängig. Bei den kleinsten Holz - kohlenhochöfen beträgt der Durchmesser dieser Oeffnung mitunter nicht über 25 mm, bei grossen Hochöfen mitunter mehr als 100 mm. Dass der Durchmesser des Formauges gleich dem Durchmesser der Düse oder nur wenig grösser als dieser sei, wurde schon früher erwähnt.

Je heisseren Wind man anwendet, desto mehr stellt sich die Noth - wendigkeit heraus, mit geschlossener Form zu arbeiten, d. h. den Zwischenraum zwischen innerer Formwand und Düse zu schliessen, während man in früherer Zeit beim Betriebe mit kälterem oder über - haupt nicht erhitztem Winde denselben meistens offen liess, um die Vorgänge vor den Formen besser als durch das Visir an der Rück - seite des Düsenständers beobachten zu können. Bei einer zur Form - achse concentrischen Lage der Düse sind allerdings Windverluste durch die offene Form nicht zu befürchten; wohl aber wird durch den sich rasch fortbewegenden Windstrahl, zumal wenn der Durchmesser des Formauges etwas reichlich bemessen ist, kalte Luft in nicht unbeträcht - licher Menge von aussen her angesaugt und mit in den Ofen geführt, somit der Zweck der Winderhitzung theilweise vereitelt. Man kann sich hiervon leicht überzeugen, wenn man leichte Körper, Papier - schnitzel, Federn oder dergleichen in die Nähe der offenen Form bringt; sie werden von dem Luftzuge nach der Form hin bewegt und in den Ofen geführt.

Der Zweck, die Form zu schliessen, lässt sich in mehrfacher Weise erreichen. Bei Fig. 141 ist die Düse mit herumlaufendem Wulst ver - sehen und wird soweit vorgeschoben, dass dieser Wulst den Verschluss bewirkt. Will man aus besonderen Gründen die Düse nicht so weit als hier vorschieben, so kann man statt des Wulstes eine Scheibe auf derselben befestigen, welche an einem weiter rückwärts gelegenen439Manometer.Theile der Form genau in dieselbe hineinpasst. Noch häufiger versieht man die Form mit einem abgedrehten Einsatzstücke, gegen welches das ebenfalls gedrehte Ende der Düse genau sich anlegt; eine der - artige Einrichtung ist bei dem Düsenstock Fig. 140 zu erkennen.

5. Spannungs - und Temperaturmessungen; Wind - berechnung.

a) Manometer.

Zur Beaufsichtigung des Hochofenbetriebes sind tägliche öftere Beobachtungen der Windspannung (Pressung) innerhalb der Leitungs - röhren erforderlich. Hängt doch von dieser Windspannung unter übrigens gleich bleibenden Verhältnissen die Menge des dem Hochofen zuge - führten Windes ab; mit dieser Windmenge aber steht die Geschwindig - keit der Verbrennung, somit auch der ganze Verlauf des Hochofen - betriebes und die Grösse der Roheisenerzeugung des Hochofens in sehr naher Beziehung.

Zum Messen der Windspannung bedient man sich des Mano - meters.

Es möge jedoch im Voraus bemerkt werden, dass eine vollständig genaue Messung der durchschnittlichen Windspannung kaum möglich ist. Einestheils unterliegt bei jedem Cylindergebläse die Windspannung selbst unausgesetzten Schwankungen, wie sich am Manometer selbst sofort erkennen lässt. Anderntheils herrscht an verschiedenen Stellen der Leitung auch eine verschiedene Spannung; dieselbe nimmt infolge der von dem Windstrome zu überwindenden Reibung um so mehr ab, je länger der bereits zurückgelegte Weg ist, je enger die Leitungs - röhren und je grösser und zahlreicher die Widerstände innerhalb der - selben (Krümmungen, Querschnittsverengungen u. a. m.) sind. Bei Be - nutzung des Manometers zur Berechnung der Windmenge (siehe unten) wird man es daher in unmittelbarer Nähe der Düse anbringen müssen. Auch innerhalb eines und desselben Querschnittes aber ist die Span - nung nicht überall dieselbe; sie ist geringer in der Nähe der Röhren - wand, wo durch die Reibung Spannungsverluste (Abminderung der Bewegungsgeschwindigkeit) hervorgerufen werden, grösser in der Mitte des Querschnittes. Endlich kommt in Betracht, dass durch das in die Leitung eingesenkte Manometerrohr leicht Stauungen, Wirbel in dem Windstrome hervorgebracht werden, welche ebenfalls die Richtigkeit der Messung beeinträchtigen.

Für die Windberechnung vermag daher das Manometer nur An - näherungswerthe zu geben; für die regelmässige Beaufsichtigung des Hochofenbetriebes aber besitzen jene[Ungenauigkeiten] eine nur unter - geordnete Bedeutung. Hierbei liegt nicht sowohl die Aufgabe vor, in bestimmten Ziffern die Geschwindigkeit oder Menge des eingeblasenen Windes anzugeben, als vielmehr, ganz allgemein zu prüfen, ob der Hochofen eine gewisse, durch Erfahrung ermittelte normale Windmenge erhalte, die durch einen bestimmten Stand des Manometers angezeigt wird; oder in anderen Fällen, diese Windmenge aus besonderen Grün - den zu vergrössern oder zu verringern. Für eine derartige allgemeinere440Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.Ueberwachung aber bildet das Manometer ein sehr einfaches, auch dem ungebildetsten Arbeiter leicht verständliches Mittel.

Man pflegt, sofern das Manometer nur für den soeben erwähnten Zweck benutzt werden soll, dass Rohr desselben derartig an der Wind - leitung zu befestigen, dass es rechtwinklig gegen die Achse des Wind - leitungsrohres gerichtet ist und dass seine Kante mit der Innenwand des letzteren abschneidet. In diesem Falle misst man allerdings nur den - jenigen Druck, den der Wind gegen die Rohrwand ausübt. Für ge - nauere Messungen z. B. für eine genauere Berechnung der Wind - menge würde es sich empfehlen, das Manometerrohr an seinem Ende rechtwinklig umzubiegen, es bis zur Mitte des Windleitungsrohres ein - zuführen, und hier so zu stellen, dass es der Windrichtung genau parallel und dem Strome entgegen gerichtet ist. Durch Ausziehen des dem Winde zugekehrten Endes zu einer feinen Spitze, über deren coni - sche Seiten der Wind hingleiten kann, würde sich die durch die Stauung des Windes entstehende Unrichtigkeit abmindern lassen. 1)C. Schinz, Studien über den Hochofen zur Darstellung von Roheisen. S. 83.Dass aber auch bei dieser Stellung des Manometers nur die Spannung an der be - treffenden Stelle, nicht die mittlere Spannung innerhalb des ganzen Quer - schnittes gemessen wird, wurde schon erwähnt.

Dass übrigens das Manometer selbst unmittelbar auf der Wind - leitung angebracht werde, ist keineswegs erforderlich. Meistens wird es bequemer sein, dasselbe an einer geschützten Stelle der Wand, wo es leicht sichtbar ist, zu befestigen und durch eine Leitung aus schmiede - eisernen Röhren mit der Windleitung zu verbinden. Pressungsverluste innerhalb dieses Rohres können nicht eintreten, da ja eine Bewegung des Windes innerhalb desselben nicht stattfindet.

Häufig ordnet man zwei Manometer an verschiedenen Stellen der Windleitung an; das eine in der Gebläsestube im Anschlusse an die Leitung für den kalten Wind, ein zweites am Düsenständer. Der Unter - schied in der von beiden Manometern angegebenen Spannung ergiebt den Spannungsverlust in der Leitung.

Sofern man das Manometer ausschliesslich für die allgemeine Be - aufsichtigung des Ganges des Gebläses benutzen will, begnügt man sich auch wohl mit dem einen Manometer für den kalten Wind, dessen Herstellung einfacher ist; man verliert aber dadurch auch jede Beur - theilung für den Betrag der Spannungsverluste, welcher für die Aus - nutzung der vom Gebläse geleisteten Arbeit von grossem Einflusse ist.

Für die Kaltwindleitung pflegt man ein Quecksilbermano - meter zu benutzen, bestehend aus einem U-förmig gebogenen, theil - weise mit Quecksilber gefüllten Rohre, dessen einer Schenkel mit der Windleitung verbunden ist. Die Höhe, welche die Oberkante der Queck - silbersäule in beiden Schenkeln einnimmt, so lange kein Winddruck herrscht, bildet den Nullpunkt; die Differenz in dem Höhenstande in den beiden Schenkeln, sobald auf das eine Ende der gepresste Wind drückt, ergiebt die Höhe der Quecksilbersäule, welche mit dem vor - handenen Winddrucke im Gleichgewichte steht. An dem offenen Schenkel pflegt man eine Scala, von dem Nullpunkte beginnend, anzubringen;441Manometer. Pyrometer.in Rücksicht auf den Umstand, dass in dem zweiten Schenkel das Quecksilber ebenso tief unter als in dem ersten über dem Nullpunkte steht, muss man, um die wirkliche Spannung zu finden, die abgelesene Höhe über dem Nullpunkte verdoppeln, oder man theilt von vorn herein die Scala so ein, dass man ohne Weiteres die wirkliche Höhendiffe - renz abliest. 1)Ist die Scala z. B. nach Millimetern eingetheilt, so würden 5 mm Höhen - abstand über dem Nullpunkte 10 mm wirkliche Quecksilberhöhe angeben und dem - nach mit 10 statt 5 zu bezeichnen sein; u. s. f.

Will man die Windpressung nicht nach der Höhe der Quecksilber - säule, sondern nach Kilogrammen per Quadratcentimeter Querschnitt angeben, so lässt sich die Scala leicht darnach ändern. Eine Queck - silbersäule von 757.96 mm Höhe übt einen Druck von 1.03 kg per qcm aus (Atmosphärendruck); 736 mm Gesammthöhe der Quecksilbersäule oder 368 mm über dem Nullpunkte entsprechen also 1 kg Druck, und durch Eintheilung dieser Höhe in Hundertstel lassen sich Ablesungen in ziemlich engen Grenzen bewirken.

Zur Ermittelung der Spannung erhitzten Windes lassen sich aus nahe liegenden Gründen Quecksilbermanometer nicht gut benutzen. Man pflegt sich hierfür der Federmanometer zu bedienen, welche nach denselben Grundsätzen wie die Manometer zur Ermittelung der Dampfspannung bei Dampfkesselanlagen eingerichtet sind. Fig. 142, ein derartiges Manometer aus der rühmlichst bekannten Fabrik von Schäffer & Budenberg in Buckau darstellend, zeigt die innere Ein - richtung desselben. Die in dem unteren Theile des Manometers angebrachte gewellte Plat - tenfeder wird unter der Spannung des Win - des emporgedrückt, wirkt dabei durch Ver - mittelung der auf ihr befestigten Stange auf einen kleinen Winkelhebel, der hierbei eine entsprechende Drehung ausführt und die - selbe durch ein Getriebepaar auf den ausser - halb der Scala angebrachten Zeiger überträgt.

Da durch anhaltende starke Erhitzung die Feder bald leiden würde, empfiehlt es sich, das Zweigrohr, auf dessen Ende das Manometer befestigt ist, ausreichend lang zu machen, so dass die in demselben einge - schlossene Luft kühl bleibt. Eine Beein - trächtigung der Richtigkeit in den Angaben des Manometers wird durch die Abkühlung selbstverständlich nicht herbeigeführt, da ja

Fig. 142.

die in dem Zweigrohre eingeschlossene Luft, sie mag kalt oder warm sein, demselben Drucke ausgesetzt bleibt, welcher im Leitungsrohre herrscht.

b) Pyrometer.

Nicht minder wichtig als die Messung der Windspannung ist für die Leitung des Hochofenbetriebes die öftere Messung der Windtempe -442Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.ratur, da durch starke Schwankungen der letzteren erhebliche Aende - rungen im Verlaufe des Hochofenprocesses herbeigeführt werden können.

Leider giebt es kaum ein Messinstrument, welches in den höheren Temperaturen des erhitzten Gebläsewindes fast ausnahmslos über 300° und häufig über 600°C. vollständig zuverlässig und zugleich bequem zu handhaben ist.

Sogenannte Metallpyrometer, deren Wirkung auf der Aus - dehnung eines Metallstabes oder auf der verschiedenen Ausdehnung zweier Stäbe aus verschiedenen Metallen beruht, verlieren schon nach kurzem Gebrauche vollständig ihre Zuverlässigkeit.

Geeigneter für diesen Zweck dürfte das von Klinghammer er - fundene, von Schäffer und Budenberg in Buckau-Magdeburg ge - fertigte Thalpotasimeter (Wärmespannungsmesser) sein. Ein eisernes, äusserlich durch ein weiteres Schutzrohr mit Bleifüllung umkleidetes und vor Oxydation geschütztes Rohr ist bis zu einer gewissen Höhe mit einer Flüssigkeit gefüllt, welche beim Erhitzen theilweise Dampf - form annimmt. Durch ein gewöhnliches Federmanometer ist das obere Ende des Rohres geschlossen. Die entwickelten Dämpfe üben eine von der Höhe der herrschenden Temperatur abhängige Spannung aus, welche den Zeigerapparat des Manometers in Bewegung setzt; das Zifferblatt desselben ist mit einer Scala versehen, welche, auf den von Regnault ermittelten Beziehungen zwischen Temperatur und Spannung der Dämpfe fussend, die unmittelbare Ablesung der Temperatur ermöglicht. 1)Dingler’s Polyt. Journ., Bd. 236, S. 306.

Als Füllung der Röhre dient bei Thalpotasimetern für Tempera - turen über 350 Grad Quecksilber. Bis zu einer Temperatur von 600 Grad soll das Thalpotasimeter zufrieden stellende Ergebnisse liefern; bei höheren Temperaturen wird die Benutzung infolge der beginnenden Erweichung des Schmiedeeisens, aus dem das Rohr besteht, misslicher, doch hat man Temperaturen bis zu 750°C. damit gemessen.

Weniger bequem zur Messung der Windtemperatur ist die An - wendung von Metallen oder Legirungen mit bestimmten Schmelz - punkten, von welchen verschiedene gleichzeitig der Einwirkung des Windes ausgesetzt werden.

Es dürften folgende Metalle und Legirungen, deren Schmelztempe - raturen durch Versuche ermittelt worden sind2)Da der Schmelzpunkt der Legirungen keineswegs dem arithmetischen Mittel zwischen den Schmelzpunkten der legirten Einzelmetalle entspricht, so sind Ziffern, die nur auf Berechnung der Schmelztemperaturen beruhen, oft nicht einmal an - nähernd richtig., sich für diesen Zweck eignen.

Temperaturen bis zu 300° oder wenig darüber lassen sich übrigens weit bequemer mit Hilfe des Quecksilberthermometers messen; anderer - seits nimmt bei Temperaturen über 400 Grad hinaus die Zuverlässig - keit der Anwendung von Metallen oder Legirungen schon sehr ab, da bis jetzt so gut wie gar keine zuverlässigen Bestimmungen der Schmelz -443Pyrometer.temperaturen von Metallen und Legirungen vorliegen, die zwischen 400 800 Grad schmelzen. Man hat Bleisilberlegirungen für diesen Zweck vorgeschlagen, die Schmelztemperaturen derselben aber nicht durch Versuche gefunden, sondern berechnet. Eine Legirung aus 82.7 Thl. Blei mit 17.3 Thl. Silber soll bei 450°, aus 75.5 Thl. Blei mit 24.5 Thl. Silber bei 500°, aus 72.2 Thl. Blei mit 31.8 Thl. Silber bei 550°, aus 61.0 Thl. Blei mit 39.0 Thl. Silber bei 600°, aus 54.3 Thl. Blei mit 45.7 Thl. Silber bei 650°, aus 46.9 Thl. Blei mit 53.1 Thl. Silber bei 700° schmelzen1)Eine von Mayrhofer berechnete Tabelle dieser Legirungen ist ausführlich wiedergegeben in Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 166.; und so fort. Das Verhalten anderer Legirungen und das bekannte Verhalten einiger Bleisilberlegirungen lassen jedoch schliessen, dass die wirklichen Schmelztemperaturen wenigstens theil - weise erheblich niedriger liegen werden als jene berechneten. Dass z. B. silberhaltiges Blei mit etwa 1.5 Proc. Silber in niedrigerer Temperatur schmilzt als reines oder silberärmeres Blei, ist eine bekannte Thatsache, auf welcher bei der Silbergewinnung die Durchführung des Pattinson - Processes beruht.

Auch der Umstand, dass schon geringe zufällige Beimengungen, welche die Metalle enthalten, ihren Schmelzpunkt verändern, macht die Anwendung dieser Methode misslich. Für wissenschaftliche Unter - suchungen ist sie nicht zuverlässig genug, für die tägliche Beaufsichti - gung des Betriebes aber, bei welcher allerdings Vergleichsergebnisse schon ausreichend sein würden, zu unbequem.

Zuverlässigere Ergebnisse dürfte ein Calorimeter in der ihm von Weinhold gegebenen Form liefern. Eine Kugel aus Eisen, besser noch aus Platin, wird der Einwirkung des heissen Windes ausgesetzt, bis sie die Temperatur desselben angenommen hat, dann in das mit Wasser gefüllte Calorimeter geworfen. Besondere Vorrichtungen ver - hindern die Wärmeverluste durch Abgabe nach aussen und ermög - lichen eine rasche Wärmeausgleichung. Sobald diese stattgefunden hat, wird mit Hilfe eines in Zehntelgrade getheilten Thermometers die Tempe - raturzunahme ermittelt; aus dieser, dem Gewichte des Wassers und der specifischen Wärme der Metallkugel berechnet man die Temperatur der letzteren vor dem Einwerfen in das Wasser und somit auch die Tempe - ratur des erhitzten Windes.

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die specifische Wärme des Eisens beziehentlich Platins mit der Temperatur sich verändert. Durch Benutzung einer von Weinhold ausgearbeiteten Tabelle2)Eine ausführliche Beschreibung dieses Calorimeters, sowie die Anleitung für dessen Benutzung findet der Leser in dem Werke: Jul. Post, Chemisch-technische Analyse. Braunschweig 1881, S. 55 62, Tabellen auf S. 68 und 69. Das Calorimeter selbst kann durch Mechaniker Lorenz iu Chemnitz zum Preise von 36 Mark excl. Thermometer bezogen werden. über die Wärmemengen, welche 1 kg Eisen bei verschiedenen Temperaturen ent - hält, wird die hieraus erwachsende Schwierigkeit für die Berechnung leicht umgangen.

Bei einiger Uebung in der Benutzung dieses Calorimeters erfordert der ganze Versuch kaum mehr als einige Minuten Zeit, so dass die444Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.Anwendung nicht allein für wissenschaftliche Versuche, sondern auch für die tägliche Beaufsichtigung geeignet erscheinen dürfte.

Für wissenschaftliche Untersuchungen kann die Anwendung des von Siemens construirten elektrischen Pyrometers1)Jul. Post, Chemisch-technische Analyse, S. 62; Dingler’s Polyt. Jonrnal, Bd. 201, S. 41; Bd. 209, S. 419; Bd. 217, S. 291; Bd. 221, S. 468. zweck - mässig sein, besonders dann, wenn sehr hohe Temperaturen zu messen sind. Die Einrichtung desselben beruht auf dem Umstande, dass der elektrische Leitungswiderstand metallischer Körper mit der Temperatur zunimmt. Setzt man also einen Platindraht, durch welchen ein elektri - scher Strom hindurchgeht, der zu messenden Temperatur aus, so wird der letztere um so mehr an Stärke einbüssen, je höher die Temperatur ist. Der von einer Batterie kommende Strom ist in zwei Leitungen getheilt; die eine geht durch den erhitzten Platindraht nach einem Voltameter (Wasserzersetzungsapparat), die andere, ohne erhitzt zu werden, durch einen Neusilberwiderstand von 17 Siemens-Einheiten nach einem zweiten Voltameter. Je schwächer der erstere Strom wird, desto stärker wird die Intensität des zweiten. Die Volumina des in beiden Voltametern entstehenden Knallgases, welche an Scalen abgelesen werden können, sind den Widerständen in den beiden Leitungen umgekehrt proportional, und da man alle Widerstände ausser dem des erhitzten Platindrahtes kennt, so lässt sich auch dieser und somit die Temperatur dieses Drahtes berechnen. Für den praktischen Gebrauch ist alle Rechnung durch eine dem Pyrometer beigegebene Tabelle erspart. 2)Das Pyrometer ist käuflich zu erhalten durch Siemens Brothers, London S. W. Queen Annes Gate. Der Preis beträgt 450 Mark.

Für den täglichen Gebrauch dürfte sich indess das Siemens - sche Pyrometer der sorgfältigen Behandlung halber, welche dasselbe erheischt, kaum besonders gut eignen.

c) Die Windberechnung.

Um ein vollständiges Bild aller bei dem Betriebe eines Hochofens maassgebenden Verhältnisse zu erhalten, wird der Eisenhüttenmann ver - schiedentlich in die Lage kommen, die Menge des dem Hochofen in bestimmten Zeiträumen (per Minute) zugeführten Windes zu ermitteln.

Zur Lösung dieser Aufgabe giebt es verschiedene Wege.

Die einfachste Methode, welche allerdings nur Annäherungswerthe innerhalb ziemlich weiter Grenzen liefert, beruht auf dem Kohlenstoff - verbrauche des Hochofens innerhalb der bestimmten Zeit.

Aller Kohlenstoff, welcher vor die Formen des Hochofens gelangt, wird hier durch den Sauerstoff des eingeblasenen Windes zu Kohlen - oxyd verbrannt. Da das Verhältniss zwischen dem Sauerstoffgehalte der Gebläseluft zu ihrer Gesammtmenge bekannt ist, so würde man, sofern aller dem Hochofen durch die Gicht zugeführte Kohlenstoff auch bis vor die Formen gelangte, mit Leichtigkeit im Stande sein, auf Grund jenes Verhältnisses die Menge der zugeführten Luft zu berechnen. Wenn A den Brennstoffverbrauch des Hochofens in 24 Stunden, p den445Die Windberechnung.Kohlenstoffgehalt von 1 kg des benutzten Brennstoffs, Q den Windver - brauch per Minute bezeichnet, so wäre 〈…〉 .

Ein Theil des Kohlenstoffs aber wird in jedem Hochofen zur un - mittelbaren Reduction der Erze verbraucht, ohne vor die Formen zu gelangen; ein anderer wird durch das Eisen aufgenommen und mit demselben wieder aus dem Ofen geführt. Der wirkliche Windverbrauch ist also wesentlich geringer, und man wird, um einen Annäherungs - werth zu erhalten, die obige Ziffer mit einem Coëfficienten zu multipli - ciren haben, welcher bei den meisten Hochöfen zwischen 0.75 0.85 schwanken dürfte und durchschnittlich um so niedriger ausfällt, je schwieriger reducirbar die Erze sind.

Eine andere nicht minder einfache, aber ebenfalls nur Annäherungs - werthe liefernde Methode stützt sich auf die Grösse der Kolbenfläche und der Kolbengeschwindigkeit des Gebläses per Minute. Theoretisch wird offenbar von einem Cylindergebläse eine Windmenge geliefert, welche dem Producte aus Kolbenfläche und Kolbengeschwindigkeit gleich ist; wegen des vorhandenen schädlichen Raumes sowie der Un - vollständigkeit in der Wirkung der Verschlussklappen oder Ventile saugen aber die Cylindergebläse niemals die volle, dem Inhalte der Cylinder entsprechende Windmenge an, und ein Theil des angesaugten Windes geht auf dem Wege nach dem Hochofen wieder verloren. Nach Hauer1)Hüttenwesensmaschinen, S. 63. darf man den Windeffect des Gebläses sammt Wind - leitung nicht höher als 0.7 annehmen; beträgt also Q die Windmenge, welche der Hochofen per Minute erhält, F die Kolbenfläche sämmt - licher zu einander gehöriger Gebläsecylinder in Quadratmetern, G die Geschwindigkeit der Gebläsekolben per Minute in Metern, so ist 〈…〉

Bei mangelhaft ausgeführten oder im Stande erhaltenen Gebläsen oder Windleitungen wird allerdings Q noch erheblich niedriger aus - fallen können.

Ist die Geschwindigkeit des aus der Düse ausströmenden Windes und der Düsenquerschnitt bekannt, so giebt das Product beider, mul - tiplicirt mit einem durch Erfahrung festgestellten Coëfficienten für den Ausfluss die ausströmende Windmenge von der im Ausflussquerschnitte herrschenden Spannung und Temperatur; und durch entsprechende Correction lässt sich aus dieser die entsprechende Luftmenge von Null Grad Temperatur und gewöhnlicher Spannung (760 mm Barometerstand) berechnen. Die Geschwindigkeit der austretenden Luft ergiebt sich aus der durch das Manometer gemessenen Windspannung.

Bezeichnet Q die per Düse gelieferte Windmenge in Cubikmetern446Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.pro Minute, reducirt auf den angegebenen Barometerstand und Null Grad Temperatur, h1 die am Manometer abgelesene Windspannung, ausgedrückt durch die Höhe einer Quecksilbersäule in Metern, h2 die im Ofen vor den Formen herrschende Spannung, ebenso wie h1 ge - messen, d den Durchmesser der Düse in Metern, f einen Corrections - coëfficient, welcher von der Temperatur des Windes (t1) und dem Barometerstande b abhängig ist; λ einen Correctionscoëfficienten, welcher infolge des Umstandes nothwendig wird, dass die Luft bei höheren Windspannungen auch ihre Temperatur ändert (bei geringeren Pres - sungen kann λ = 1 gesetzt werden), so ist 〈…〉 .

Für f gelten folgende Werthe:

Für λ ist zu setzen:

Ausführlichere Tabellen enthält das schon genannte Buch: J. v. Hauer, die Hüttenwesensmaschinen, 2. Aufl., S. 509, aus welchem die Tabellen auch im Sonderabdrucke erschienen sind.

Die Berechnung mit Hilfe der mitgetheilten Formel und der er - wähnten Tabellen würde zweifellos ziemlich genaue Ergebnisse liefern, wenn es möglich wäre, die durchschnittlich richtigen Werthe für h1 und h2, d. h. für die Windspannung in der Düse und die Gasspannung im Ofen zu ermitteln. Die Gründe, weshalb h1 nur mit annähernder Richtigkeit gemessen werden kann, wurden schon oben erörtert; noch grösser ist die Schwierigkeit, für h2 einen richtigen Werth zu finden. Eine Messung mit Hilfe eines in den Ofen geschobenen Rohres, an dessen447Die Windberechnung.äusserem Ende das Manometer befestigt ist, liefert jedenfalls zweifel - hafte Ergebnisse, da die Gasspannung in einem und demselben Quer - schnitte des Gestelles noch weit grössere Abweichungen zeigen wird als in der Windleitung; eine von Rittinger vorgeschlagene Methode, den Wind aus derselben Düse, welche ihn zuerst in den Ofen führte, dann bei gleicher Anzahl Spiele des Gebläses in die freie Luft aus - strömen zu lassen und die Spannung zu messen, um dann ohne Weiteres (da jetzt h2 = Null ist) die ausgeblasene Windmenge zu berechnen, dürfte doch, wenn sie richtig ausgeführt werden soll, wenigstens beim Hochofenbetriebe nicht unerheblichen praktischen Schwierigkeiten be - gegnen. 1)Vergl. C. Schinz, Studien über den Hochofen zur Darstellung von Roh - eisen. Augsburg 1871, S. 83.

Eine letzte Methode der Windberechnung, die allerdings nur aus - nahmsweise angewendet werden kann, dann aber die zuverlässigsten Ergebnisse liefern dürfte, stützt sich auf den Umstand, dass der Stick - stoff der eingeblasenen Luft unverändert, ohne erheblich vermehrt oder verringert zu werden, in den Gichtgasen wieder gefunden wird. Ist also die Zusammensetzung der letzteren und die Menge derselben inner - halb bestimmter Zeiträume bekannt, so lässt sich, da in der atmosphä - rischen Luft 79 Raumtheile Stickstoff neben 21 Raumtheilen Sauer - stoff enthalten sind, mithin 100 Raumtheile Stickstoff 126.5 Raumtheilen atmosphärischer Luft entsprechen, die Menge der eingeblasenen Luft ohne Schwierigkeit berechnen.

Die Zusammensetzung der Gichtgase wird durch chemische Analyse ermittelt; ihre Menge ergiebt sich aus der Menge des in bestimmten Zeiträumen theils durch den Brennstoff, theils durch die kohlensäure - haltigen Erze und Zuschläge dem Hochofen zugeführten Kohlenstoffs, von welchem die durch das Roheisen aufgenommene kleine Menge in Abzug zu bringen ist. Aller übrige Kohlenstoff findet sich in den Gichtgasen wieder.

Es sei

  • k1 der durch den Brennstoff,
  • k2 der durch den Kalkstein und kohlensäurehaltige Erze dem Hochofen zugeführte Kohlenstoff per Minute in Kilogrammen;
  • k3 der von dem per Minute erzeugten Roheisen aufgenommene Kohlenstoff, ebenfalls in Kilogrammen,

so entweichen aus der Gicht per Minute k1 + k2 k3 kg Kohlen - stoff. Dieser Kohlenstoff tritt gewöhnlich in drei verschiedenen Ver - bindungen in den Gichtgasen auf: in der Kohlensäure, dem Kohlenoxyd und dem Kohlenwasserstoff. Kohlensäure enthält 0.2727 ihres eigenen Gewichts Kohlenstoff, Kohlenoxyd 0.4286, leichtes Kohlenwasserstoffgas 0.75. Aus der Zusammensetzung der Gichtgase ergiebt sich also leicht die Menge Kohlenstoff, welche von jedem der erwähnten Bestandtheile derselben aus der Gicht geführt wird; und da die Gesammtmenge des per Minute entweichenden Kohlenstoffs nach obigem = k1 + k2 k3 ist, so lässt sich leicht auch die Menge der per Minute ausströmenden448Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.Gase ermitteln. Aus dem Procentgehalte des Stickstoffs in den Gicht - gasen ergiebt sich dann der gesammte per Minute ausströmende Stick - stoffgehalt und aus diesem die Menge der eingeblasenen Luft.

Ein von Stöckmann1)C. Stöckmann, Die Gase des Hochofens und der Siemens-Generatoren. Ruhrort 1876, S. 35. gegebenes, der Praxis entnommenes Bei - spiel möge als Erläuterung hierfür dienen.

Bei einem Hochofen des Eisenwerks Phoenix zu Laar bei Ruhrort betrug die Zusammensetzung der Gichtgase:

  • Stickstoff55.76 Raumproc. oder 54.79 Gewichtsproc.
  • Kohlensäure9.99 15.42
  • Kohlenoxyd24.88 24.45
  • Kohlenwasserstoff CH40.40 0.22
  • Wasserstoff0.97 0.07
  • Wasserdampf8.00 5.05
  • 100.00 Raumproc. oder 100.00 Gewichtsproc.

Mithin enthalten die Gase Kohlenstoff:

  • in der Kohlensäure15.42. 0.2727 = 4.21 Gewichtstheile
  • in dem Kohlenoxyd42.86. 0.4286 = 10.48
  • in dem Kohlenwasserstoff 0.22. 0.75 = 0.17
  • Summa 14.86 Gewichtstheile

und es vertheilt sich 1 Kilogramm des in den Gichtgasen enthaltenen Kohlenstoffs folgendermaassen auf die einzelnen Bestandtheile der Gichtgase:

  • Kohlensäure0.283 kg
  • Kohlenoxyd0.705
  • Kohlenwasserstoff0.012
  • 1.000 kg.

Bei einer täglichen Roheisenerzeugung des Hochofens von 40000 kg, einem Koksverbrauche von 1300 kg per 1000 kg Roheisen und einem Kohlenstoffgehalte der Koks von 77 Proc. beträgt die durch den Brennstoff dem. Hochofen in 24 Stunden zugeführte Kohlenstoffmenge 40040 kg.

Die Erze sind frei von Kohlensäure. Der Kohlensäuregehalt des Kalksteins beträgt 43 Proc. oder der Kohlenstoffgehalt 11.73 Proc.; der tägliche Verbrauch an Kalkstein beziffert sich auf 48000 kg. Demnach ist die Menge des durch den Kalkstein dem Hochofen in 24 Stunden zugeführten Kohlenstoffs 5630 kg.

Das erzeugte Roheisen enthält 4 Proc. Kohle; mithin beträgt die Gesammtmenge des in 24 Stunden von dem Roheisen aufgenommenen Kohlenstoffs 40000. 0.04 = 1600 kg.

In den Gichtgasen werden also in 24 Stunden 40040 + 5630 1600 = 44070 kg aus dem Ofen geführt.

Der oben mitgetheilten Vertheilung des Kohlenstoffs auf die ein - zelnen Gasarten gemäss würde man berechnen können, wie viel Ge - sammtkohlenstoff in 24 Stunden auf jedes dieser Gase entfällt; es genügt indessen, die Ermittelung für eins der Gase anzustellen und dann aus dem Gehalte des letzteren in dem Gasgemische die Menge des letzteren zu berechnen.

449Windberechnung. Literatur.

So z. B. entfällt, da nach den obigen Ziffern von je 1 kg Gesammt - kohlenstoff 0.705 kg im Kohlenoxyd auftreten, auf dieses letztere Gas eine Kohlenstoffmenge in 24 Stunden = 44070. 0.705 = 31069 kg.

Diese 31069 kg Kohlenstoff sind enthalten in 72494 kg Kohlen - oxyd, welche da 1 cbm Kohlenoxyd 1.25456 kg wiegt einen Raum - inhalt von 58000 cbm einnehmen. Da nun die Gichtgase der mit - getheilten Analyse zufolge 24.88 Raumprocent Kohlenoxydgas enthalten, so beträgt die gesammte in 24 Stunden der Gicht entströmende Gas - menge 233120 cbm; oder 〈…〉 .

Diese 162 cbm Gas enthalten 55.76 Proc. oder 90 cbm Stickstoff, welche unverändert durch den Ofen hindurchgehen. 90 cbm aber ent - sprechen 114 cbm Luft, welche dem Hochofen durch das Gebläse per Minute zugeführt wurden.

Der Kohlensäuregehalt der atmosphärischen Luft kann seiner Ge - ringfügigkeit halber bei dieser Rechnung vernachlässigt werden, ohne dass das Ergebniss dadurch erheblich an Richtigkeit einbüsst.

Literatur.

A. Grössere Werke.

  • Julius v. Hauer, Die Hüttenwesensmaschinen. Zweite Aufl. Leipzig 1876. S. 1 202. (Gebläse und Windleitung.)
  • J. Schlink, Ueber Gebläse-Maschinen. Sonderabdruck aus Glaser’s Annalen für Gewerbe und Bauwesen. Berlin 1880.
  • L. Gruner, Abhandlungen über Metallurgie; übersetzt von Franz Kupel - wieser. Paris 1877. Bd. 1, S. 317 333 (Gebläse), S. 346 366 (Windleitungen und Windberechnung), S. 368 421 (Winderhitzer).
  • J. Weisbach, Ingenieur - und Maschinenmechanik, bearbeitet von G. Herr - mann. Dritter Theil, 2 Abtheilung. 2. Aufl. Braunschweig 1881, S. 1081 bis 1190 (Gebläse).

B. Abhandlungen.

Ueber Winderhitzung.

  • M. L. Gruner, Notice sur les appareils à air chaud. Annales des mines, série 7, tome 2, p. 305.
  • J. M. Hartmann, Regenerative stoves, a sketch of their history and notes of their uses. Transactions of the American Institute of Mining Engi - neers, vol. VIII, p. 53.
  • F. W. Gordon, The Whitwell firebrick hotblast stove and its recent improvements. Transactions of the American Inst. of Min. Eng. vol. IX, p. 480.
  • Thomas Massicks, Ueber einen neuen Winderhitzungsapparat mit feuer - festen Steinen. Oesterr. Ztschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 507.
  • Wiebner, Ueber die Wirksamkeit der neuen eisernen Winderhitzungs - apparate auf Gleiwitzer Hütte. Ztschr. f. Berg -, Hütten - und Salinen - wesen im Preuss. Staate 1882, S. 178.
  • Fr. Lürmann, Ueber Winderhitzungsapparate. Vortrag, gehalten in der Generalversammlung des Vereins deutscher Eisenhüttenleute. Stahl und Eisen 1883, S. 23.

Ueber Düsenständer.

  • H. Dornbusch, Ueber Düsenvorrichtungen bei Hochöfen. Ztschr. d. Ver. deutsch. Ing. Bd. 21, S. 103.
Ledebur, Handbuch. 29450Die Gichtaufzüge.

IV. Die Gichtaufzüge.

Nur in seltenen Fällen ist die Lage eines Hochofens eine solche, dass man im Stande ist, die mit Erzen, Zuschlägen oder Brennstoffen beladenen Karren von einem entsprechend hoch gelegenen Lagerplatze aus ohne Weiteres über eine Brücke nach der Gicht zu befördern. Weit häufiger ist man genöthigt, eine mechanische Hebevorrichtung anzuordnen, mit deren Hilfe jene Karren emporgehoben und nach be - wirkter Entleerung wieder herabgelassen werden.

Diese Hebevorrichtung heisst der Gichtaufzug.

Zur Aufnahme der erwähnten Karren dient eine entsprechend grosse Plattform oder Förderschale, welche gehoben und gesenkt wird. Einzelne Gichtaufzüge besitzen nur eine einzige derartige Plattform, so dass abwechselnd nur Aufgang oder nur Niedergang stattfinden kann, und heissen einfach wirkend; andere sind mit zwei Platt - formen versehen, von denen die eine steigt, während die andere sinkt, und diese heissen doppelt wirkende Aufzüge.

Die Bewegung erfolgt, sofern nicht ganz besondere Verhältnisse die Anordnung einer Bahn auf geneigter Ebene rechtfertigen, in senk - rechter Richtung. Die Plattform bewegt sich dabei, um vor Schwankungen geschützt zu sein, zwischen Führungen, und das Ganze ist in einem Gichtthurme, bei neueren Anlagen noch häufiger in einem ein - fachen, aus Schmiedeeisen construirten Fahrgerüste angeordnet.

Der Gichtthurm oder das Fahrgerüst steht seitlich neben dem Hoch - ofen und ist mit demselben durch eine, am zweckmässigsten aus Eisen construirte, Brücke verbunden. Sind mehrere Hochöfen vorhanden, so pflegt man für je zwei Hochöfen einen gemeinschaftlichen Gichtaufzug anzuordnen, welcher dann zwischen beiden seine Stelle erhält und mit jedem derselben durch eine gemeinschaftliche Gichtbrücke in Ver - bindung steht.

Damit die auf der Gicht angelangte Plattform nicht etwa vorzeitig durch irgend einen Zufall wieder sinke und damit die Entladung und Wiederbeladung derselben ohne jede Gefahr bewirkt werden könne, pflegt man eine selbstthätig wirkende Feststellung für die im höchsten Stande angelangte Plattform anzubringen. Dieselbe besteht aus einigen Nasen oder Knaggen, welche sich unter die Plattform legen. Beim Aufsteigen der letzteren werden sie von dieser selbst zurückgeschoben, damit der Weg frei werde, um dann durch den Druck eines Gegen - gewichtes oder einer Feder sofort wieder in ihre richtige Lage zurück - geführt zu werden, sobald die Plattform vorüber ist.

Ausserdem ist es zweckmässig, den Zugang von der Gichtbrücke zu der Plattform im Gichtthurme oder Fahrgerüste durch ein senkrecht ver - schiebbares Gitter zu schliessen, welches erst durch die Schale gehoben wird, wenn sie im höchsten Stande anlangt, damit nicht Unglücksfälle durch das Hineinstürzen von Personen oder Gichtwagen in die leere Oeffnung entstehen.

Um heftige Stösse zu vermeiden, wenn die Plattform unten an - kommt, bringt man mitunter Buffer an, auf welche sie sich aufsetzt;451Gichtaufzüge mit unmittelbarer Kraftübertragung.oder man versieht den Aufzug mit einer Bremsvorrichtung, mit deren Hilfe man die Bewegungsgeschwindigkeit gegen Ende des Hubes ab - mindert. Die Einrichtung des Aufzuges selbst muss darüber ent - scheiden, welche dieser Maassregeln die geeignetste sei.

Nur in sehr seltenen Fällen wird man sich noch der menschlichen Arbeit an einem Haspel wirkend zum Betriebe des Gichtauf - zuges bedienen. In den allermeisten Fällen benutzt man Dampfkraft, in einzelnen Wasserkraft. Verschieden aber ist die Art und Weise, in welcher diese Elementarkraft für die Bewegung des Gichtaufzuges nutzbar gemacht wird, und man unterscheidet demnach verschiedene Systeme von Gichtaufzügen, deren wichtigste in Folgendem besprochen wer - werden sollen.

a) Gichtaufzüge mit unmittelbarer Kraftübertragung.

Dieselben sind bei Hochofenanlagen fast regelmässig doppeltwirkend. Die beiden Förderschalen hängen an Drahtseilen weniger gut eignen sich Hanfseile oder Ketten welche oberhalb der Gicht über eine oder zwei Seilscheiben geschlungen sind. Durch abwechselnde Be - wegung der Seilscheiben in der einen oder andern Richtung erfolgt Auf - und Niedergang der Scheiben.

Meistens sind diese Aufzüge für den Betrieb durch eine Dampf - maschine eingerichtet und bilden in dieser Form die grösste Zahl sämmt - licher Gichtaufzüge. Die verhältnissmässige Einfachheit ihrer Anord - nung, die Billigkeit der Anlage und Wartung sind entschiedene Vor - züge derselben.

Bei kleinen Hochöfen mit langsamem Gichtenwechsel legt man mitunter die zum Betriebe dieser Aufzüge erforderliche Dampfmaschine auf die Gicht und erlangt dadurch den Vortheil, dass die Gichtarbeiter selbst die Bedienung der Maschine übernehmen können, ohne dass ein besonderer Maschinenwärter dafür erforderlich ist. Eine kleine, mit Umsteuerungsmechanismus versehene Dampfmaschine treibt unmittelbar die Seilscheibe, über welche das zum Tragen der beiden Förderschalen dienende Seil gelegt ist.

Dampfmaschinen für den Betrieb grösserer Hochöfen dagegen, welche eine entsprechend grössere Leistungsfähigkeit und grössere Ab - messungen verlangen, lassen sich, um sicher fundirt zu werden, nicht wohl auf der Gicht des Hochofens anordnen. Es kommt hinzu, dass mit der Höhe des Ofens auch die Länge der Dampfleitung nach der Gicht hinauf zunehmen muss; die Nothwendigkeit aber, den Dampf nach der Gicht zu leiten, bildet entschieden eine schwache Seite jener Anordnung. Man stellt also in diesem Falle die Dampfmaschine zu ebener Erde in einem besonderen Maschinenhause auf und pflegt eine liegende Zwillingsmaschine ohne Schwungrad dafür zu wählen. Diese Dampfmaschine treibt nun zunächst eine ebenfalls unten liegende Seil - trommel, von welcher aus zwei sich in entgegengesetzter Richtung auf - und abwickelnde Seile nach der Gicht und hier über zwei Seilscheiben geführt sind. An den entgegengesetzten Enden der Seile hängen die Förderschalen.

Aehnlich wie in letzterem Falle kann die Einrichtung sein, wenn29*452Die Gichtaufzüge.man ein Wasserrad für den Betrieb benutzt. Man wendet ein Kehr - rad an, d. h. ein in zwei Abtheilungen mit entgegengesetzter Schaufe - lung getheiltes Rad, welches sich in der einen oder andern Richtung dreht, je nachdem man das Wasser in diese oder jene Abtheilung leitet.

Bei kleinen Hochöfen lässt man auch wohl den Gichtaufzug von einer für mehrere Zwecke gemeinsamen Betriebsmaschine aus durch Einschaltung einer Transmissionswelle betreiben. Da in diesem Falle die Betriebsmaschine selbst nicht umgesteuert werden kann, muss von der Haupttransmissionswelle aus eine Seitentransmission nach dem Aufzuge abgezweigt werden, welche mit Ein - und Ausrückung sowie mit einer Vorrichtung für die Bewegungsumkehr versehen wird. Für letztgenannten Zweck giebt es verschiedene auch für den Betrieb von Werkzeugmaschinen und andere Zwecke vielfach benutzte Mechanismen, deren besondere Besprechung hier kaum erforderlich sein dürfte. 1)Beispiele eines derartigen Gichtaufzuges: Ledebur, Verarbeitung der Metalle auf mechanischem Wege, S. 68.

Man pflegt den in Rede stehenden Gichtaufzügen bei kleineren Hochöfen eine Bewegungsgeschwindigkeit von 0.5 1 m, bei grösseren von 1 2 m per Secunde zu geben.

b) Wassertonnenaufzüge.

Auch diese Aufzüge sind doppeltwirkend. Beide Schalen hängen an den Enden eines über eine Seilscheibe oberhalb der Gicht gelegten Seiles. Unter jeder Förderschale befindet sich ein aus Eisenblech zusammen genietetes Wassergefäss, welches an der Gicht mit Wasser gefüllt wird. Durch das hierbei entstehende Uebergewicht wird die oben befindliche, mit den entleerten Gichtkarren belastete Schale zum Niedergange gebracht, während die unten mit den gefüllten Karren beladene Schale steigt. Sobald die sich abwärts bewegende Schale unten angekommen ist, öffnet sich selbstthätig ein im Boden derselben angebrachtes Ventil und das als Füllung dienende Wasser strömt aus.

Die Skizze Fig. 143 lässt diese Einrichtung erkennen. B und C sind die beiden Förderschalen, durch ein über die Scheibe A gelegtes Seil verbunden, D und E sind Wasserbehälter zur Zuleitung des Wassers, welches nach dem Oeffnen der Hähne d und e durch eine Oeffnung in dem Deckel der Schale in das unter derselben befind - liche Gefäss einströmt, b und c sind die erwähnten Ventile, welche unten durch Aufstossen auf die Stifte K K geöffnet werden und das Wasser abfliessen lassen.

Ein gewisses Uebergewicht an Wasser ist erforderlich, um die erste Bewegung hervorzubringen; ausserdem ist es zur Ueberwindung der Reibungswiderstände nothwendig, dass eine etwas grössere Wasser - menge von dem Gefässe aufgenommen werde als der zu hebenden Last allein entsprechen würde. Man pflegt die Gefässe daher doppelt so gross zu construiren, als zur einfachen Gewichtsausgleichung noth - wendig sein würde, und unterbricht den Zufluss des Wassers, sobald man an dem Rucken der Schale merkt, dass ein genügendes Ueber - gewicht vorhanden ist.

453Wassertonnenaufzüge.
Fig. 143.

Den Gesetzen des Falles gemäss tritt während des Niederganges eine zunehmende Beschleunigung der Geschwindigkeit ein. Das Ge - wicht der abwärts bewegten Theile aber vergrössert sich während des Niederganges infolge des Umstandes, dass das Seilgewicht beim Beginne der Bewegung grösser an der Seite des Aufganges war, wo die Schale sich unten befand, hier aber, je weiter die Schale steigt, immer geringer wird und an der entgegengesetzten Seite wächst. Wollte man also die Schalen sich selbst überlassen, so würden sie mit heftigem Stosse unten aufschlagen. Zur Vermeidung dieser Gefahr ist die Anbringung einer Bremse (R in Fig. 143) unerlässlich, mit deren Hilfe die Bewegungs - geschwindigkeit geregelt werden kann. Auch bei den grössten Hoch - öfen pflegt die Zeitdauer eines Aufganges nicht über 3 Minuten zu betragen, da erst gegen Ende des Hubes jene Abminderung der Be - schleunigung nothwendig wird.

Gerade bei diesen Aufzügen ist auch jene oben erwähnte Vor - richtung zum Festhalten der auf der Gicht angelangten Schale unent - behrlich. Ohne dieselbe würde es sehr leicht geschehen können, dass vorzeitiger Niedergang eintritt, wenn die untere Schale vom Wasser entleert ist, ehe die Karren von der oben befindlichen abgefahren sind.

Wendet man zum Füllen der auf der Gicht befindlichen Wasser - behälter eine von der Betriebsmaschine für das Gebläse betriebene Druckpumpe an, welche unausgesetzt das Wasser empor befördert, so genügt eine verhältnissmässig geringe Arbeitsleistung derselben, um die für den Betrieb des Aufzuges periodisch erforderlichen Wasser - mengen in den Behältern anzusammeln, und die Anlage einer besondern Betriebsmaschine für den Aufzug wird entbehrlich. Noch einfacher gestaltet sich die Anlage, wenn man wie es in gebirgigen Gegenden454Die Gichtaufzüge.mitunter der Fall ist ein natürliches Gefälle zur Zuleitung des Wassers benutzen kann.

In diesem Umstande liegt der Hauptvortheil der Wassertonnenauf - züge. Sie erfordern unter sämmtlichen Systemen von Gichtaufzügen die geringsten Anlagekosten, sehr geringe Betriebskosten und sind ausserordentlich leicht zu bedienen, so dass die Einsicht des rohesten Arbeiters ausreicht, ihre Wartung zu übernehmen.

Ein entschiedener Nachtheil dagegen tritt bei Frostwetter zu Tage; nicht allein frieren die zur Gicht hinaufführenden Wasserleitungsröhren leicht ein, zerspringen wohl gar durch Einwirkung des Frostes und müssen sorgfältig geschützt werden; auch der zur Ableitung des ver - brauchten Wassers dienende Kanal kann, wenn er lang ist und ver - hältnissmässig geringes Gefälle besitzt, durch Eisbildung verstopft wer - den. Je länger die Wasserleitung je höher also der Hochofen und je kälter das Klima ist, desto empfindlicher tritt dieser Uebelstand zu Tage.

Hierin liegt vornehmlich der Grund, weshalb man bei neueren Anlagen die Wassertonnenaufzüge, welche in früherer Zeit ihrer erwähn - ten Vortheile halber zu den am häufigsten benutzten zählten, verhält - nissmässig selten zur Anwendung bringt.

c) Hydraulische oder Wassersäulenaufzüge.

Dieselben sind einfach wirkend.

In einem senkrecht stehenden Cylinder wird durch Wasserdruck ein Kolben mit nach oben gerichteter Kolbenstange bewegt, auf deren oberem Ende die Plattform befestigt ist. Dieselbe wird also mit dem Kolben gehoben und gesenkt. Das Anheben erfolgt durch Zuleitung von Druckwasser unter den Kolben, der Niedergang durch das eigene Gewicht des Kolbens nebst Plattform, sobald dem für den Aufgang benutzten Wasser durch Oeffnen eines Hahnes oder Ventiles Auslass verschafft ist.

Das Druckwasser kann durch Röhren von einem entsprechend hoch gelegenen Behälter aus zugeleitet werden; in den meisten Fällen wird man jedoch vorziehen, einen Accumulator in der Nähe des Aufzuges anzuordnen. Im Wesentlichen besteht derselbe aus einem entsprechend belasteten senkrechten Kolben in einem Cylinder, welcher erstere durch die ununterbrochene Thätigkeit einer Druckpumpe gehoben wird und auf das in dem Cylinder befindliche Wasser einen seiner Belastung entsprechenden Druck ausübt. Durch eine Rohrleitung wird dieser Druck auf den Treibcylinder des Aufzuges fortgepflanzt, sobald beide durch das Oeffnen eines Ventiles oder Hahnes mit einander in Verbindung gesetzt worden sind. Der Accumulator kann demnach gewissermaassen als Behälter für das durch die Pumpe geförderte Druck - wasser betrachtet werden, von welchem dasselbe in bestimmten Zeit - räumen an den Treibcylinder abgegeben wird.

Aus der geschilderten Anordnung des hydraulischen Gichtaufzuges folgt, dass der Treibcylinder desselben ebenso viel, als die Förderhöhe beträgt, unter die Hüttensohle hinabreichen muss, damit die Plattform455Hydraulische und pneumatische Gichtaufzüge.bis zu letzterer gesenkt werden kann. Damit aber der Treibcylinder nebst Röhrenleitung u. s. w. zugänglich bleibe, muss ein ausreichend tiefer Schacht angelegt werden, in welchem der Cylinder aufgestellt wird. Hierdurch wird die ganze Anlage schwerfällig und kostspielig; und dieser Uebelstand wächst mit der Höhe des Ofens. Durch Ein - schaltung einer Umsetzung, d. h. indem man die Kolbenstange des Treibcylinders nicht unmittelbar mit der Plattform verbindet, sondern die letztere an einem Seile befestigt, welches über eine von der Kolben - stange getragene Rolle gelegt ist, lässt sich der erwähnte Nachtheil abmindern und die Hubhöhe des Treibcylinders auf die Hälfte, be - ziehentlich (durch Einschaltung von noch mehr Rollen) auf noch weniger abmindern. Man kann sogar bei einer derartigen Anordnung statt des senkrechten Treibcylinders einen horizontalen anwenden, indem man das erforderliche Seil über eine an entsprechender Stelle angebrachte Rolle führt, und solcherart die Herstellung des Schachtes ganz ent - behrlich machen; aber die Hauptvortheile der hydraulischen Aufzüge in der zuerst beschriebenen Anordnung, die unmittelbare Kraftüber - tragung und die fast vollständige Gefahrlosigkeit, gehen hierbei ver - loren. Je mehr Rollen angewendet werden, desto grösser sind die zu überwindenden Widerstände, desto ungünstiger also die Arbeitsaus - nutzung; und die Gefahr eines Seilbruches wächst ebenso wohl mit der Zahl der Rollen als der Länge des Seiles.

Während die hydraulischen Aufzüge zum Heben von Lasten auf geringere Höhen nicht selten Benutzung finden, verringert sich den geschilderten Verhältnissen zufolge ihre Zweckmässigkeit, wenn die Förderhöhe zunimmt; und es erklärt sich hieraus leicht, dass sie bei dem Betriebe der Hochöfen ziemlich vollständig ausser Anwendung gekommen sind, seitdem die Höhe der letzteren erheblich über das frühere durchschnittliche Maass hinaus gesteigert wurde.

d) Pneumatische Gichtaufzüge.

Auch diese sind, wie die hydraulischen, einfach wirkend. Als Mittel zur Bewegung dient gepresste, beziehentlich auch verdünnte Luft, welche von einem Gebläse (einer Luftpumpe) geliefert wird.

Man kennt zwei verschiedene Anordnungen solcher pneumatischen Aufzüge. Die ältere derselben, von Benjamin Gibbon stammend1)Revue universelle, vol. I, p. 285; Dingler’s Polytechn. Journ., Bd. 115, S. 17., ist in Fig. 144 auf S. 456 abgebildet. In einem wasserdicht gemauerten, mit Wasser gefüllten Schachte befindet sich der aus Eisenblech ge - fertigte Cylinder A B, auf dessen oberem Ende die Plattform befestigt ist. Durch Gegengewichte R R, an über Rollen geführten Seilen oder Ketten hängend, ist das Gewicht des Cylinders sammt Plattform bei - nahe ausgeglichen. Der Querschnitt des Cylinders ist derartig be - messen, dass derselbe sammt der Last Q gehoben wird, sobald man Luft von bestimmter Spannung in das Innere einleitet, wobei nach Hauer ein Wirkungsgrad des Aufzuges von 0.6 anzunehmen ist. Die Zuführung der Luft erfolgt durch das gekrümmte Rohr E G, dessen Mündung selbstverständlich etwas oberhalb des Wasserspiegels liegen456Die Gichtaufzüge.muss. Ist die Förderschale im höchsten Stande angelangt, so wird der Zufluss des Windes geschlossen; soll Niedergang eintreten, so hebt man das Ventil S, die im Cylinder eingeschlossene Luft entweicht durch den Auslass V ins Freie, und das eigene Uebergewicht des Cylinders sammt der etwa darauf befindlichen Last (entleerte Gicht - karren u. s. w.) bewirkt den Niedergang. Durch mehr oder minder voll -

Fig. 144.

ständiges Oeffnen des Auslassventiles lässt sich die Zeitdauer des Niederganges un - schwer regeln.

Damit die Förderschale nicht schwanke, ist der Luftcylinder zwischen Rollen K K und ausserdem zwischen den Leitstangen L L geführt.

Das Wasser rings um den Cylinder herum dient als Liderungsmaterial, wo - durch die Reibungswiderstände auf ein sehr kleines Maass zurückgeführt werden.

Der Gang eines solchen pneumatischen Aufzuges ist ein ausserordentlich sanfter, Stösse sind vollständig vermieden und Un - glücksfälle fast unmöglich; denn wenn auch wirklich ein Reissen der Seile stattfinden sollte, an welchen die Gegengewichte hän - gen, so kann, da der Cylinder immerhin mit verdichteter Luft gefüllt bleibt, ein plötzliches Niederstürzen der Förderschale doch nicht dadurch herbeigeführt werden.

Mit dem hydraulischen Aufzuge aber theilt der beschriebene pneumatische den Uebelstand, dass die Anlage eines Schachtes erforderlich ist, dessen Herstellungskosten mit der Förderhöhe in beträchtlichem Maasse zunehmen; und in kalten Klimaten kann während des Winters die Eisbildung auf dem Wasser mancherlei Unzuträglichkeiten mit sich führen.

Häufiger als die soeben beschriebene Form eines pneumatischen Aufzuges ist aus diesen Gründen eine von Gjers in den sechziger Jahren eingeführte Construction1)Engineering 1872, p. 343. in Anwendung gekommen, bei welcher die Anwendung des unterirdischen Schachtes und des Wassers ganz wegfällt. Fig. 145 und 146 zeigen die Einrichtung desselben. a ist ein gusseiserner, aus mehreren genau zusammenpassenden, sorgfältig ausgebohrten, kürzeren Stücken zusammengesetzter Cylinder, in welchem der Kolben b auf und nieder beweglich ist. Durch vier über Rollen c c geführte Seile ist mit dem Kolben die Plattform d verbunden, so dass diese steigt, wenn jener sinkt und umgekehrt. Das Gewicht des Kolbens pflegt so bemessen zu sein, dass das Gewicht der Plattform nebst dem Gewichte der Gichtwagen und einem Theile von dem Gewichte der Wagenladung dadurch ausgeglichen wird, und die Plattform steigt in457Pneumatische Gichtaufzüge.diesem Falle selbstthätig, so lange keine Belastung vorhanden ist und der Luft unterhalb des Kol - bens Auslass gegeben ist. Bei voller Belastung der Schale be - darf es dagegen einer nur ver - hältnissmässig geringen Luftver - dünnung unter dem Kolben, um jene zu heben; und wenn Nie - dergang der mit den entleerten Wagen belasteten Schale statt - finden soll, so braucht die Luft unterhalb des Kolbens nur so weit verdichtet zu werden, als dem Uebergewichte des Kolbens entspricht.

In anderen Fällen hat man die Gewichtsausgleichung derartig bemessen, dass auch die nur mit den leeren Karren beladene Schale etwas schwerer ist als der Kolben und selbstthätig sinkt, sobald sie sich selbst überlassen wird. Es ist mithin nur für den Aufgang der Schale eine Thätig - keit der Luftpumpe zur Verdün - nung der Luft unter dem Kolben erforderlich. Die Einrichtung wird hierdurch etwas vereinfacht, wenn auch selbstverständlich in Rück - sicht auf die nunmehr erforder - liche stärkere Luftverdünnung eine Arbeitsersparung nicht da - durch erreicht wird; der Wir - kungsgrad des Aufzuges dürfte sogar etwas ungünstiger als bei der letzteren Anordnung aus - fallen.

Das im unteren Theile des Cylinders angebrachte Zweigrohr e dient zur Zuführung, beziehent - lich zum Ansaugen der Luft unter dem Kolben. Man bedient sich hierzu einer Zwillingsma - schine ohne Schwungrad mit zwei Dampf - und zwei Luftpumpen - cylindern. Letztere sind einfach - wirkend und daher an der einen Seite mit Saugventil, an der gegen - überliegenden Seite mit Druck -

Fig. 145.

Fig. 146.

458Der Hochofenprocess.ventil versehen; die Saugventile sowohl als die Druckventile münden in je ein gemeinschaftliches Saugrohr und ein dergleichen Druckrohr. Beide Rohre endigen in einem Steuerungskasten mit Schieber an dem Ende des Rohres e. Durch entsprechende Stellung des Schiebers setzt man, wenn die Förderschale steigen, der Kolben b sich abwärts be - wegen soll, das Saugrohr der Luftpumpe mit dem Innern des Rohres a, das Druckrohr mit der äusseren Luft in Verbindung, die Luft unter dem Kolben wird verdünnt; für die entgegengesetzte Bewegung tritt das Druckrohr in Verbindung mit a und die erforderliche Luft wird durch das Saugrohr von aussen her angesaugt.

f f sind die Träger der Gichtbrücke, unter sich durch die Quer - träger g g versteift. In dem obersten Theile des Cylinders a sind einige Oeffnungen i i angebracht, damit man leicht zum Kolben gelangen kann, wenn derselbe geschmiert werden soll. Die Liderung des Kolbens besteht aus Hanf, welcher mit Unschlitt getränkt ist.

Aufzüge der abgebildeten Art zeichnen sich, wie alle pneumati - schen Aufzüge, durch sanften Gang und grosse Sicherheit gegen Un - glücksfälle aus. Dieser Vorzüge halber sind sie nicht allein auf eng - lischen sondern auch auf continentalen Eisenwerken (Bochumer Guss - stahlfabrik, Schwechat bei Wien u. a. a. O.) mehrfach und mit befriedi - gendem Erfolge zur Anwendung gebracht. Ihre Anlagekosten aber dürften in Rücksicht auf die ziemlich kostspielige Herstellung des Treib - cylinders nicht unbeträchtlich sein; und ihr Wirkungsgrad verringert sich um so mehr, je stärker die zur Bewegung des Kolbens erforder - liche Verdichtung beziehentlich Verdünnung der Luft, je kleiner also der Querschnitt des Kolbens im Verhältnisse zu dem Gewichte der zu fördernden Last ist. In den meisten Fällen beträgt der erforderliche Ueberdruck ½ Atmosphäre (0.3 0.5 kg per Quadratcentimeter).

Literatur.

  • J. v. Hauer, Die Hüttenwesensmaschinen. Zweite Auflage. Leipzig 1876, S. 260 288.
  • J. Weisbach, Ingenieur - und Maschinenmechanik. Bearbeitet von G. Her - mann. Dritter Theil, zweite Abtheilung. Zweite Aufl. Braunschweig 1880, S. 97 150.

V. Der Hochofenprocess.

1. Verlauf des Hochofenprocesses.

Die allgemeinen Vorgänge im Hochofen. Schon auf S. 320 war eine kurze Darstellung des Hochofenprocesses zur Begründung der inneren Form des Hochofens gegeben. Es geht aus dem Gesagten hervor, dass die Entstehung des Roheisens aus den Erzen im Wesent - lichen auf drei sich an einander reihenden Vorgängen beruht: Reduction, Kohlung und Schmelzung. Ehe aber die Reduction beginnen kann,459Verlauf des Hochofenprocesses.muss das fast immer im kalten Zustande aufgeschüttete Erz auf die Reductionstemperatur (S. 224) erwärmt werden; von der ganzen Höhe des Ofens kommt also ein gewisser Theil von der Gicht abwärts für diese Vorwärmung in Benutzung, und dieser Theil geht für die übrigen erwähnten Processe verloren.

Der besseren Uebersichtlichkeit halber hat man wohl den Hochofen in einzelne Zonen getheilt, die man Vorwärmzone, Reductionszone und Schmelzzone benannte. Die Vorwärmzone nimmt den Raum unmittelbar an der Gicht ein, die Reductionszone erstreckt sich bis zum unteren Theile der Rast, und unten schliesst sich an dieselbe die Schmelz - zone an. 1)Die Benennungen wurden zuerst von Scheerer in seinem Lehrbuche der Metallurgie (1853) angewendet und sogar durch eine Abbildung des durch horizon - tale Ebenen in Zonen getheilten Ofens veranschaulicht. Zwischen Reductions - und Schmelzzone schaltete Scheerer noch eine Kohlungszone ein; insofern diese Ein - theilung auf der Annahme beruht, dass die Kohlung erst beginnt, wenn die Reduction beendet sei, ist sie irrthümlich, wie sogleich erläutert werden soll.

Eine derartige Eintheilung darf jedoch, wenn sie nicht irrthüm - liche Anschauungen hervorrufen soll, nur mit Vorbehalt benutzt werden.

Einestheils sinken die in die Gicht eingeschütteten Schichten nie - mals in gleichmässig horizontaler Anordnung abwärts. An den Wänden entsteht Reibung und infolge davon ist die Bewegung hier langsamer als in der Mitte. Aus den ursprünglich flachen Schichten werden auf diese Weise Trichter; die dichteren und weniger rauhen Bestandtheile der Beschickung aber, also die Erze und Zuschläge, stürzen natur - gemäss der tiefsten Stelle des Trichters zu und gelangen auf diese Weise früher nach unten als die gleichzeitig aufgeschütteten Brennstoffe.

Schon bei Besprechung der Gichtgasfänge wurden die Nachtheile einer solchen Entmischung, d. h. einer Anhäufung der Erze nach der Achse des Ofens hin, der Kohlen an den Wänden, erwähnt und zu - gleich darauf hingedeutet, wie man im Stande sei, durch eine geeignete Methode des Aufgichtens jener Entmischung entgegen zu wirken; die Trichterbildung aber bleibt immerhin durch die Art des Aufgichtens unbeeinflusst. Hieraus folgt, dass man jene Zonen sich wenigstens nicht durch Horizontalebenen begrenzt vorstellen darf; je weiter nach unten, desto stärker sind die in der Mitte befindlichen Theile den übrigen vorangeeilt.

Es kommt hinzu, dass die Gase, diese Träger der Wärme und Vermittler der Reduction, ebenfalls nicht gleichmässig innerhalb der Ofenquerschnitte vertheilt sind, sondern vorzugsweise da aufsteigen, wo sich ihnen die geringsten Widerstände entgegensetzen. Meistens wird dieses an den Wänden des Ofens der Fall sein.

Den Vorgang der Reduction und Kohlung des Eisens darf man sich nun keineswegs so vorstellen, dass ein Stück Eisenerz erst voll - ständig zu metallischem Eisen reducirt werde, bevor die Kohlung beginnen könne. Beide Vorgänge gehen, wie schon aus dem früher Gesagten (S. 224 233) sich folgern lässt, Hand in Hand und schreiten von der Aussenfläche des Erzes nach Innen fort. Aeusserlich kann schon kohlenstoffhaltiges Eisen vorhanden sein, während der Kern noch460Der Hochofenprocess.aus Eisenoxydul besteht. Der Vorgang der Reduction aber setzt sich regelmässig oder doch in den allermeisten Fällen, auch nachdem bereits Schmelzung eingetreten ist, unter Einwirkung der weissglühenden Kohlen auf die Schlacke fort; oder mit anderen Worten: ein, wenn auch bei regelmässigem Betriebe verhältnissmässig kleiner Theil des Eisens wird unreducirt verschlackt und aus der Schlacke erst im unteren Theile des Hochofens durch Kohlenstoff reducirt.

Jenes oben erwähnte Voraneilen der specifisch schwereren Theile der Beschickung lässt sich bei verschiedenen Vorkommnissen der Praxis beobachten. Bei dem Füllen des Ofens vor dem Anblasen lässt sich ermitteln, wie viele Gichten1)Gicht ist hier der Inbegriff der in einem Male in den Ofen eingeschütteten Materialien. Man unterscheidet Brennstoffgichten und Erzgichten; beide zu - sammen bilden eine volle Gicht. derselbe fasst; aus der Zahl der in 24 Stunden durchgesetzten Gichten lässt sich demnach berechnen, wie lange durchschnittlich eine Gicht gebraucht, um von der Gichtöffnung vor die Formen zu gelangen. 2)Wenn die Grösse und Anzahl der beim Füllen des Hochofens vor dem An - blasen gesetzten Erzgichten auch geringer ist als später während des regelrechten Betriebes, der frisch gefüllte Ofen demnach weniger Erze enthält als der im vollen Betriebe befindliche, so erwächst doch hieraus keine erhebliche Unrichtigkeit für die in Rede stehende Ermittelung, da die Erzgichten einen sehr beschränkten Raum ein - nehmen und zwischen den Brennstoffgichten sich zu vertheilen pflegen.Aendert man nun die Beschickung in einer Weise, dass die geänderte Zusammensetzung auch vor den Formen sich bemerkbar macht etwa durch andere Beschaffenheit des ent - stehenden Roheisens oder der Schlacke , so lässt sich regelmässig beobachten, dass diese Erzgichten früher unten anlangen, als der durch - schnittlichen Durchsetzzeit entspricht. Noch rascher als die Erze pflegen Roheisenstücke zu eilen, welche aus irgend einem Grunde mit jenen aufgegeben wurden, zumal wenn sie rundliche, gedrungene Form be - sitzen und deshalb wenig Widerstände auf ihrem Wege finden. Um - gekehrt pflegt ein Wechsel in der Art des Brennstoffs später bemerkbar zu werden, als man nach der Gichtenzahl erwarten sollte; jedenfalls pflegen Stücke des zuerst benutzten Brennstoffs noch nach sehr langer Zeit vor den Formen zum Vorscheine zu kommen.

Letzterer Umstand steht jedenfalls in naher Beziehung zu der schon früher (S. 335) erwähnten Entstehung eines sogenannten todten oder trägen Mantels rings an den Wänden des Ofens, aus zur Seite gedrängten Brennstoffen bestehend. Je stärker die Uebergänge in dem Ofenprofile, je rauher die Wände, je sperriger und specifisch leichter die Brennstoffe sind, desto langsamer werden sich die letzteren an den Wänden abwärts bewegen.

Auch hierfür erhält man in der Praxis mitunter deutliche Belege. Auf dem Eisenwerke zu Rübeland am Harz wurden, ungefähr im Jahre 1860, Versuche angestellt, bei dem mit Holzkohlen unter Zusatz von rohem Holze betriebenen Hochofen, letzteres durch Tannzapfen zu ersetzen. Wie sich wohl erwarten liess, war der Erfolg des Versuchs unbefriedigend, und nachdem derselbe etwa acht Tage lang durch - geführt worden war, kehrte man zu der alten Betriebsweise zurück. 461Verlauf des Hochofenprocesses.Von jenen Tannzapfen aber kamen noch vier Wochen später einzelne vor den Formen zum Vorschein.

Verfolgt man nun eingehender die chemischen und physikalischen Umwandlungen, welche die in den Hochofen eingeschütteten Erze und Zuschläge erleiden, so ergiebt sich Folgendes.

Unmittelbar nach dem Aufschütten beginnt durch die Berührung mit den aufsteigenden warmen Gasen die Erwärmung der Materialien sowie die Austreibung des vorhandenen hygroskopischen Wassers. Die Folge hiervon ist eine Erniedrigung der Temperatur in der Gicht und es erklären sich hieraus leicht die bedeutenden Schwankungen dieser Temperatur vor und nach dem Aufgichten, welche sich bei manchen Hochöfen beobachten lassen und mitunter mehr als 100 Grad betragen. Auch die durchschnittliche Gichttemperatur wird unter übrigens gleichen Verhältnissen niedriger sein, wenn wasserreiche als wenn trockene Erze verhüttet werden. Noch andere Verhältnisse kommen jedoch hierbei in Betracht. Je grösser die Wärmemenge ist, welche schon in den tiefer gelegenen Theilen des Ofens für die verschiedenen Vor - gänge verbraucht wird, und je langsamer die Gase im Hochofen auf - steigen, je geringer also ihre Menge im Verhältnisse zu dem Quer - schnitte des Ofens ist, desto abgekühlter werden sie den Ofen ver - lassen. Während daher jene Durchschnittstemperatur an der Gicht bei einzelnen Hochöfen nicht erheblich über 50°C. hinausgeht, erreicht sie bei anderen eine Höhe bis zu 500°C. und mitunter noch darüber.

Dieser verschiedenen Temperatur entsprechend liegt auch die Stelle, wo nunmehr die Reduction der niederrückenden Erze beginnt, tiefer oder weniger tief unter der Gicht. Da einzelne Erze schon bei Tempe - raturen von weniger als 300°C. unter Einwirkung von Kohlenoxyd Sauerstoff abgeben (S. 225), so wird bei jenen Hochöfen mit warmer Gicht und trockenen Erzen sehr bald nach dem Aufgichten eine theil - weise Reduction eintreten; aber das Maass derselben bleibt immerhin in den oberen Theilen des Hochofens ein beschränktes, und metallisches Eisen wird hier überhaupt noch nicht gebildet.

Als Reductionsmittel in der oberen Hälfte des Hochofens dient fast ausschliesslich das Kohlenoxyd der Gase. Unter günstigen Ver - hältnissen, d. h. bei ausreichend langem Verweilen der Erze in einer Temperatur von etwa 400°C. tritt jener auf S. 229 231 geschilderte Vorgang ein: aus dem Kohlenoxyd lagert sich fester Kohlenstoff auf den Erzstücken und innerhalb derselben ab, welcher mit denselben wieder abwärts geführt wird und später reducirend wirkt.

Enthielten die Erze gebundenes Wasser (Brauneisenerze), so wird dasselbe mehr oder minder rasch nach dem Einschütten ausgetrieben.

Einige Brauneisenerze zerfallen schon bei einer Temperatur, welche wenig über 100°C. hinausgeht, andere werden erst bei 400 500°C. voll - ständig zersetzt. Bei Versuchen, von Ebelmen mit Bohnerzen angestellt, welche im Hochofen der Einwirkung der Gase und Wärme ausgesetzt wurden, ergab sich, dass der Wassergehalt der Erze in einer Tiefe von 2.5 m unterhalb der Gicht und in einer Temperatur unter Rothgluth sich während zweier Stunden auf etwa ein Drittel der ursprünglichen Menge462Der Hochofenprocess.verringert hatte, in einer Tiefe von 4.3 m dagegen in dunkler Rothgluth also bei einer Temperatur von ungefähr 500°C. nach Verlauf von Stunden annähernd vollständig ausgetrieben war. 1)Trav. Scient. 2, p. 185; daraus in Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 659.Jedenfalls ergiebt sich hieraus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Reduction der Erze, welche in den angegebenen Temperaturen, wie bereits erwähnt wurde, auf ein ziemlich unbedeutendes Maass beschränkt bleibt, durch den gebundenen Wassergehalt der Erze nicht herbeigeführt werden kann, und es erklärt sich hieraus die vielfach beobachtete Thatsache, dass eine vorausgehende Röstung der Brauneisenerze zu dem Zwecke, sie ihres Wassergehaltes zu berauben, für den Hochofenprocess ohne Nutzen ist.

In einem niedriger gelegenen Theile des Hochofens dagegen erfolgt die Zersetzung vorhandener Carbonate, der aus kohlensaurem Eisen bestehenden Erze wie des Kalksteins. Nach Versuchen von Schinz beginnt die Zersetzung und Reduction der Spatheisensteine in einem Gasstrome, welcher etwa 34 Proc. Kohlenoxyd neben Stickstoff enthält, erst in Temperaturen, welche nicht erheblich unter 800°C. liegen2)Dokumente, betreffend den Hochofen, S. 70.; es erklärt sich hieraus, dass die gerösteten Eisencarbonate erheblich leichter reducirbar sind als die ungerösteten (vergl. auch S. 187).

Auch die Zerlegung des Calciumcarbonats erfordert eine Tempe - ratur von nicht unter 800°C. Schöffel fand in einer kalkspath - haltigen Erzprobe, deren Kohlensäuregehalt ursprünglich 12.11 Proc. gewesen war, noch 5.01 Proc. Kohlensäure, also mehr als ein Drittel der ursprünglichen Menge, nachdem das Erz im Hochofen der Ein - wirkung des aufsteigenden Gasstromes in einer Temperatur von etwa 900°C. ausgesetzt gewesen war. 3)Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben u. s. w., Bd. XXI, S. 194.

Zur Zerlegung der Carbonate wird Wärme verbraucht. Wenn trotzdem eine vorausgehende Röstung des Kalksteins sich fast immer als wenig nutzbringend für den Hochofenbetrieb erwiesen hat4)Vergl. unter Literatur die diesen Gegenstand betreffende Abhandlung von L. Bell. Versuche, die ich selbst bei einem kleinen Holzkohlenhochofen über das Verhalten des rohen und gerösteten Kalksteins anstellte, liessen das Rösten als zwecklos er - scheinen. In anderen Fällen hat man eine geringe Productionsvermehrung oder eine Abminderung des Brennstoffverbrauches bei Anwendung gebrannten Kalkes statt rohen Kalksteins beobachtet; selten aber sind die erlangten Vortheile so erheblich ge - wesen, dass sie nicht durch die Kosten des Brennens wieder ausgeglichen worden wären., so lässt sich dieser Umstand durch verschiedene Ursachen erklären. Eines - theils nimmt gebrannter Kalk, wenn er nicht unmittelbar nach dem Brennen aufgegichtet wird, sondern vielleicht wie es mitunter ge - schieht erst Tage oder Wochen lang, den Einflüssen der Atmo - sphärilien preisgegeben, lagert, sehr bald Wasser und später auch Kohlen - säure auf; der Zweck des Brennens geht also ganz oder doch zum grossen Theile wieder verloren. Anderntheils aber ist jene Temperatur - erniedrigung, welche bei Anwendung rohen Kalksteins durch den Wärme - verbrauch für die Zersetzung des Carbonats und durch die hierbei stattfindende Vermehrung der Gasmenge hervorgerufen wird, in allen463Verlauf des Hochofenprocesses.den Fällen günstig für den Verlauf des Hochofenprocesses, wo durch Aufsteigen der Schmelztemperatur in eine Gegend des Ofens, in welcher noch beträchtliche Mengen unreducirter Erze vorhanden sind, eine vor - zeitige Verschlackung derselben herbeigeführt werden würde. Letzter Umstand erklärt es jedenfalls auch, dass selbst eine theilweise An - wendung ungerösteter Spatheisensteine und Sphärosiderite mitunter sich als förderlich für den Verlauf des Hochofenprocesses erwiesen hat.

Wird der Hochofen ganz oder theilweise mit unverkohlten Brenn - stoffen gespeist, so findet bei deren Niedergange Zersetzung statt. Die Zersetzung rohen Holzes beginnt schon bei etwa 150°C. (S. 28), und ist bei 400°C. ziemlich vollständig beendigt, obschon kleine Mengen Wasserstoff noch in heller Rothgluth zurückgehalten und vermuthlich erst bei der Verbrennung der Kohle vollständig verflüchtigt werden. Die Zersetzung der Steinkohlen geht in einer Temperatur vor sich, welche nach der Beschaffenheit der Kohlen verschieden sein kann, jedenfalls aber höher liegt als die Zersetzungstemperatur des Holzes. Auch dieser Vorgang ist mit einem Wärmeverbrauche und einer Er - niedrigung der Temperatur im Hochofen verknüpft.

Die Temperatur, wo nun die Sinterung der nicht reducirten Be - standtheile der Erze und Zuschläge ihren Anfang nimmt, ist unter verschiedenen Verhältnissen verschieden und sowohl von der minera - logischen Beschaffenheit der einzelnen Stücke als von der chemischen Zusammensetzung der gesammten Beschickung abhängig. In ersterer Beziehung kommt der Umstand in Betracht, dass oft einzelne Bestand - theile der Beschickung Quarz, Kalk, Magnesia u. v. a. an und für sich unschmelzbar sind, die Sinterung also erst vor sich gehen kann, wenn zugleich eine Vereinigung mehrerer Körper stattfindet. Da aber diese Vereinigung, d. i. die Schlackenbildung, oft eine erheblich höhere Temperatur verlangt, als diejenige, bei welcher die fertig ge - bildete Schlacke flüssig wird (S. 150), jedenfalls eine um so länger fortgesetzte gegenseitige Einwirkung nöthig macht, je weniger hoch die herrschende Temperatur über der Schmelztemperatur der fertigen Schlacke liegt, so werden Gemenge von Erzen und Zuschlägen, die chemisch ganz ähnlich zusammengesetzt sind, dennoch in jener Beziehung ein wesentlich abweichendes Verhalten zeigen können, je nachdem die äussere Form ihrer Bestandtheile die Vereinigung mehr oder weniger erleichtert. Enthielt z. B. die Beschickung Silikate, also bereits fertig gebildete, schmelzbare Verbindungen, so wird die Sinterung frühzeitiger beginnen, als wenn die Bestandtheile dieser Silikate im getrennten Zustande, d. h. als selbstständige Körper, zugegen waren; und das schmelzende Silikat wird verhältnissmässig leicht auch noch andere Bestandtheile der Beschickung auflösen und solcherart zum Schmelzen bringen. Ein Eisenerz, welches mit fein vertheiltem Quarz durch - wachsen, dicht und der Reduction schwer zugänglich ist, wird, wenn es im unvollständig reducirten Zustande einer höheren Temperatur aus - gesetzt wird, Neigung zeigen, zu verschlacken; ein anderes Erz von der nämlichen chemischen Zusammensetzung, dessen Kieselsäuregehalt aber aus Anhäufungen einzelner grober Quarzkrystalle besteht, welche wenig Berührung mit dem Eisengehalte oder den sonstigen Bestand - theilen der Erzstücke besitzen, wird einer länger fortgesetzten Erhitzung464Der Hochofenprocess.bedürfen, um verschlackt zu werden. Letzteres Erz wird demnach im Hochofen längere Zeit als ersteres im ungeschmolzenen Zustande der reducirenden Einwirkung des Gasstromes ausgesetzt bleiben; die ent - stehende Schlacke ist eisenärmer, das Maass der directen Reduction (S. 222) geringer.

Die chemische durchschnittliche Zusammensetzung der gesammten schlackenbildenden Bestandtheile besitzt für die Bildungstemperatur der Schlacke insofern Wichtigkeit, als diese immerhin von der Schmelz - temperatur abhängig bleibt. Ueber die Beziehungen zwischen chemi - scher Zusammensetzung und Schmelztemperatur der Schlacke wurden auf S. 150 153 bereits die bis jetzt vorliegenden Beobachtungs - und Erfahrungsresultate mitgetheilt.

Schinz fand bei Versuchen im Kleinen, bei welchen quarzhaltige Erzstücke in verschiedenen Temperaturen der Einwirkung kohlenoxyd - haltiger Gasgemenge ausgesetzt wurden, dass bei Abwesenheit von Kalk schon bei 800°C. Eisensilikat im weich gewordenen Zustande sich durch die Erze vertheilte; bei Anwesenheit von Kalk war dies weniger der Fall, der Kalk verschwand zum Theil und durchdrang die Erzstücke, diese aufschwellend, ohne ihre Form zu verändern, und die so durchdrungenen Erze waren porös und leicht zerdrückbar. 1)Dokumente betreffend den Hochofen, S. 78.

Erhard und Schertel fanden die Entstehungstemperatur einer Hochofenschlacke, welche 50 % Si O2, 17 % Al2 O3, 30 % Ca O, 3 % Fe O enthielt, bei 1392°C., die Schmelztemperatur der fertigen Schlacke bei 1166°C. 2)Jahrbuch für Berg - und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1879, S. 168.; im Hochofen jedoch wird die Entstehungstemperatur inso - fern gewöhnlich eine andere sein, als hier anfänglich Körper mit in die Schlacke eingehen Eisenoxydul, Manganoxydul u. a. m. , welche erst bei dem weiteren Verlaufe des Processes zum Theil wieder aus derselben abgeschieden werden. Die zuerst entstehende Schlacke hat demnach eine andere Zusammensetzung als die aus dem Hoch - ofen hervorgehende Endschlacke, und ihre Entstehungstemperatur wird oft nicht unerheblich tiefer liegen, als wenn sie bereits ebenso wie bei Beendigung des Processes zusammengesetzt wäre.

Aus demselben Grunde wird bei Verhüttung kalkerdereicher, basi - scher Beschickungen die Schlackenbildung durchschnittlich erst in einer höheren Temperatur erfolgen als bei Verhüttung kalkerdearmer mit grösserem Kieselsäuregehalte; denn wenn auch vielleicht die Entstehungs - und Schmelztemperatur derjenigen Schlacke, wie sie zuletzt aus dem Hochofen hervorgeht, in beiden Fällen die nämliche ist, so ist doch bei jener basischen Beschickung die Neigung der schlackengebenden Bestandtheile geringer, unreducirte Metalloxyde (Eisenoxydul, Mangan - oxydul) aufzulösen, und weniger als bei kieselsäurereicher Beschickung wird die Entstehungstemperatur der sich bildenden Schlacke durch die Aufnahme jener ebenfalls basischen Körper erniedrigt werden.

Eben deshalb tritt auch eine vorzeitige Verschlackung von unredu - cirtem Eisen weniger leicht bei basischer als bei kieselsäurereicher Be - schickung ein.

465Verlauf des Hochofenprocesses.

Während dieser beginnenden Sinterung der schlackenbildenden Körper hat nun das reducirte Eisen infolge seiner Berührung mit glühenden Kohlen mehr und mehr Kohlenstoff aufgenommen und da - durch seine Schmelztemperatur erniedrigt; es beginnt ebenfalls zu schmelzen (Schmelztemperatur 1100 1200 Grad). Es ist wahrschein - lich, dass das Eisen, ehe es diejenige Menge Kohlenstoff aufgenommen hat, welche ihm die Eigenschaft als Roheisen verleiht, bereits zu er - weichen beginnt und in diesem Zustande schon einen Theil jener Körper aufnimmt, welche später durch die Analyse nachgewiesen wer - den. Silicium kann, wie schon auf S. 241 hervorgehoben wurde, bei Gegenwart von Eisen durch Kohle ohne Schmelzung reducirt werden; es erklärt sich hieraus, dass leicht reducirbare Eisenerze, welche mit Quarzkrystallen grob durchwachsen oder auch nur gemengt sind manche Rotheisenerze, Rasenerze u. a. m. , sich besonders zur Her - stellung siliciumreichen Roheisens eignen. Auch Mangan in kleineren Mengen wird schon, ehe vollständige Schmelzung eingetreten ist, redu - cirt und vom Eisen aufgenommen werden können, da die Reductions - temperatur desselben. um so tiefer liegt, je mehr metallisches Eisen zugegen ist, um sich mit dem reducirten Mangan zu legiren (S. 252). Dass Phosphor, Schwefel, Kupfer und andere verhältnissmässig leicht reducirbare Körper ebenfalls schon in dieser Zone der Erweichung, wie sie sich am treffendsten bezeichnen lässt, mit dem Eisen sich ver - einigen, unterliegt keinem Zweifel.

Je weiter nun aber die schmelzenden Massen nach unten rücken, einer desto höheren Temperatur werden sie ausgesetzt, desto mehr steigert sich infolge davon die Verwandtschaft des Kohlenstoffs zu dem Sauerstoff der noch anwesenden Oxyde. Aus der schon gebildeten Schlacke wird durch die weissglühenden Kohlen noch Eisen reducirt; ebenso unter günstigen Verhältnissen Silicium und Mangan. Der Um - stand, dass Eisen leichter reducirbar ist, als die beiden zuletzt genannten Körper, erklärt es, dass, sofern eine eisenreiche Schlacke entstanden war, ein silicium - oder manganreiches Eisen nicht gebildet werden kann; der Silicium - oder Mangangehalt selbst würde sogar bei der Berührung zwischen Schlacke und Eisen als Reductionsmittel für den Eisenoxydulgehalt der ersteren dienen.

Je höher die Temperatur im Schmelzraume ist, desto grössere Mengen jener Körper werden hier noch reducirt. Die Reduction des Mangans erfolgt leichter und vollständiger aus stark basischer Schlacke; Silicium wird zwar aus einer kieselsäurereicheren Schlacke, sofern die - selbe nicht grössere Mengen Eisenoxydul enthält, leichter als aus basi - scher reducirt werden; aber auch basische Beschickungen liefern silicium - haltiges Eisen, sofern die Temperatur hoch genug ist (S. 242).

Endlich gelangen die geschmolzenen Massen in den Verbrennungs - raum des Ofens, tropfen hier wie sich durch die Formen beobachten lässt zwischen den weissglühenden Kohlen hindurch und sammeln sich im Herde, das Roheisen zu unterst, die Schlacke zu oberst.

Ledebur, Handbuch. 30466Der Hochofenprocess.

Zu den geschilderten Veränderungen, welche die festen Körper bei ihrem Niedergange im Ofen erleiden, stehen die Veränderungen, welchen die Zusammensetzung des Gasgemenges bei dem Aufsteigen von der Formgegend bis zur Gicht unterworfen ist, in naher Be - ziehung.

Durch die Formen wird gepresste atmosphärische Luft eingeblasen, im Wesentlichen bestehend aus einem Gemenge von Stickstoff und Sauerstoff, daneben aber auch kleine Mengen Kohlensäure und Wasser - dampf enthaltend.

Sobald die Luft auf die bei ihrem Niedergange schon stark erhitzten Kohlen trifft, beginnt die Verbrennung. Dieselbe verläuft um so rascher, d. h. der eingeblasene Sauerstoff wird um so früher verzehrt, je höher die Temperatur in dem Verbrennungsraume und je vollständiger, aus - gedehnter die gegenseitige Berührung zwischen Luft und Brennstoff ist. Daher befördern Erhitzung des Windes, Vertheilung desselben in zahlreiche einzelne Strahlen mit grösserer Gesammtoberfläche, poröse Beschaffenheit des Brennstoffs und bis zu einem gewissen Grade auch stärkere Pressung des Windes, durch welche er befähigt wird, zwischen den Stücken des Brennstoffs hindurch seinen Weg bis in die Mitte des Ofens zu nehmen, und welche ihn in innigere Berührung mit dem Brennstoffe bringt, die rasche Verbrennung. Das Enderzeugniss der Verbrennung ist in allen Fällen Kohlenoxyd, wie sich leicht aus dem Umstände erklärt, dass der Gasstrom immer aufs Neue mit glühenden Kohlen in Berührung tritt; dabei ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass bei der ersten augenblicklichen Berührung zwischen Brennstoff und Sauerstoff gewisse Mengen von Kohlensäure gebildet werden, welche erst allmählich bis auf kleine etwa zurückbleibende Theile wieder ver - schwinden; und ebenso erklärt es sich leicht, dass in den Gasen, die unmittelbar über den Formen dem Hochofen entnommen werden, auch noch unverzehrter Sauerstoff gefunden werden kann. Je höher aber die Temperatur vor den Formen ist, desto rascher verschwindet aller freie Sauerstoff; und Kohlensäure kann überhaupt in sehr hohen Tempe - raturen nicht mehr bestehen.

Der nächste Zweck der Verbrennung der Kohlen vor den Formen ist die Erzeugung der für den Schmelzprocess erforderlichen Tempe - ratur. Diese Verbrennungstemperatur ist natürlich abhängig von der Wärmeleistung des Brennstoffs, ausserdem aber von der stattgehabten Vorwärmung der Brennstoffe und Schmelzmaterialien bei ihrem Nieder - gange, von der Temperatur des Gebläsewindes, von dem Verhältnisse zwischen der Menge des Brennstoffs und der zu erhitzenden Körper. Es ist leicht zu ermessen, dass unter übrigens gleichen Verhältnissen die Temperatur im Verbrennungsraume sinken muss, wenn das Ver - hältniss des Erzsatzes zum Brennmaterial gesteigert wird; denn wenn die Menge der wärmeaufnehmenden Körper zunimmt, muss die Tempe - ratur abnehmen (vergl. S. 23).

Im Uebrigen ist, wie sich aus dem über den Verlauf der Ver - brennung schon Gesagten ergiebt, diese Temperatur nicht an allen Stellen des Ofenquerschnittes die nämliche. Der Wind tritt strahlen - förmig in den Ofen, und wo diese Windstrahlen auf die Kohlen treffen,467Verlauf des Hochofenprocesses.herrscht die höchste Temperatur; zwischen zwei benachbarten Formen ist sie am wenigsten hoch. 1)Versuche über diese Abweichungen in der Temperatur an verschiedenen Stellen des Ofenquerschnittes wurden durch Tunner angestellt. Derselbe bediente sich einer eisernen Stange, welche horizontal in den Ofen eingeschoben wurde und deren verschieden starkes Erglühen an verschiedenen Stellen die Temperaturunter - schiede erkennen liess. Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben etc., Bd. IX, S. 296.

Die von der Luft mitgebrachte Kohlensäure bleibt, da ihre Menge ohnehin sehr unbeträchtlich ist (0.04 Volumprocent), ohne merklichen Einfluss für den Hochofenprocess. Nicht ganz so unwesentlich ist der Wassergehalt des Windes. Bekanntlich steigt die Fähigkeit der atmo - sphärischen Luft, Wasserdampf aufzulösen, mit der Temperatur; bei Null Grad Temperatur vermag die Luft 0.35 Proc. ihres Eigengewichtes Wasserdampf aufzunehmen, bei 10°C. 0.70 Proc., bei 20°C. 1.34 Proc. Zur Verbrennung von 1 kg Kohlenstoff im Hochofen ist 5.65 kg atmo - sphärische Luft erforderlich; bei einem Wassergehalte derselben von 0.70 Proc., wie er im Sommer auch bei trockenem Wetter nicht selten sein dürfte, wird also per kg verbrannter Kohle ca. 0.04 kg Wasser in den Ofen geführt. Dieser Wasserdampf zersetzt sich in Berührung mit den glühenden Kohlen in Wasserstoffgas und Kohlenoxyd; der hierbei stattfindende Wärmeverbrauch beziffert sich, da 1 kg Wasserdampf bei dieser Umsetzung 1591 W. -E. mehr verbraucht als erzeugt (S. 96), auf ca. 64 W. -E. Da 1 kg Kohle bei der Verbrennung zu Kohlenoxyd 2473 W. -E. entwickelt, so beträgt jener Wärmeverbrauch in dem ange - führten Beispiele 2.5 Proc. von der erzeugten Wärme; und eine grössere Menge Brennstoff ist erforderlich, um eine bestimmte Temperatur im Verbrennungsraume aufrecht zu erhalten. Unter ungünstigen Verhält - nissen kann der Wassergehalt erheblich beträchtlicher sein als oben angenommen wurde, und in demselben Maasse wird sich alsdann auch der Brennstoffverbrauch steigern.

Jedenfalls erklärt sich hieraus die besonders an kleineren Hochöfen häufig beobachtete Erscheinung, dass im Winter der Brennstoffbedarf zur Darstellung einer gleichen Menge Roheisen geringer ausfällt als im Sommer.

In der hohen Temperatur unmittelbar über den Formen bleibt selbst der Stickstoff nicht ganz chemisch unthätig. Aus der Kohle, dem Stickstoff und dem Alkaligehalt der Beschickung wie der Asche, bilden sich Cyanide der Alkalien, welche in dieser Temperatur flüchtig sind und mit dem Gasstrome aufsteigen. Bell fand in den Gasen eines mit Koks betriebenen Hochofens von 24 m Höhe, welche 2.5 m oberhalb der Form entnommen waren, als Durchschnitt aus sechs verschiedenen Proben per cbm Gas 15 g Cyan neben 29 g Kalium und Natrium2)Oesterr. Ztschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 485.; verschiedentlich sind bereits früher Vorschläge gemacht worden, das im Hochofen vorhandene Cyankalium durch Einlassen einer Röhre in den Raum oberhalb der Formen, wo die grösste Menge dieses Salzes vor - handen ist, für technische Zwecke zu gewinnen. 3)Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 258.Verhältnissmässig reichlicher noch als in Kokshochöfen dürfte das Vorkommen bei An -30*468Der Hochofenprocess.wendung von Holzkohlen als Brennstoff sein, deren Asche bekanntlich vorwiegend aus Kaliumcarbonat besteht.

Durch die in dem Schmelzraume des Ofens stattfindende directe Reduction1)Ueber directe und indirecte Reduction vergl. S. 222. von Mangan, Silicium und Eisen aus den bereits voll - ständig oder theilweise verschlackten Oxyden mehrt sich häufig der Kohlenoxydgehalt des aufsteigenden Gasgemenges, bis dasselbe nun in jene Gegend des Hochofens einrückt, wo das Kohlenoxyd seine redu - cirende Einwirkung auf vorhandene Eisenoxyde beginnt. Von nun an würde bei ideellem Verlaufe des Hochofenprocesses der Kohlenoxyd - gehalt der Gase bis zur Gicht immer mehr ab -, der Kohlensäuregehalt immer mehr zunehmen. Nicht immer jedoch zeigt sich sofort diese Erscheinung. Nicht allein die Erze, auch die niederrückenden Kohlen sind der Einwirkung des aufsteigenden heissen Gasstromes ausgesetzt; durch die sich bildende Kohlensäure wird ein Theil derselben ver - brannt und es entsteht aufs Neue Kohlenoxyd. Dieser Vorgang ist, sofern die Menge des vor den Formen gebildeten Kohlenoxydes allein ausreicht, die Reduction der Erze zu bewirken, gleichbedeutend mit einem Mehraufwande an Kohlenstoff; denn der solcherart vergaste Kohlenstoff entweicht alsdann, ohne irgend für den Hochofenprocess nützlich gewesen zu sein, aus dem Hochofen. Eine Beschränkung dieser Verbrennung von Kohlenstoff durch gebildete Kohlensäure ist also wünschenswerth für die günstigere Ausnutzung des Brennstoffs.

Befördert wird die Reduction der Kohlensäure vermittelst Kohlen - stoffs durch hohe Temperatur, durch längere Zeitdauer der gegenseitigen Einwirkung, durch grosse vom Kohlenstoff dargebotene Berührungs - fläche. Es folgt hieraus, dass eine allzu hohe Temperatur in dem Theile des Ofens oberhalb des eigentlichen Schmelzraumes, welche durch vor - zeitige Verschlackung unreducirten Eisens den Verlauf des Processes benachtheiligt, auch durch reichlichere Vergasung von Kohlenstoff den Brennstoffverbrauch erhöht; und es erklärt sich, dass auch in dieser Beziehung eine Abkühlung des Ofens in jener Gegend, welche durch Zersetzung rohen Kalksteines oder roher Brennstoffe herbeigeführt werden kann, nicht selten eher günstig als nachtheilig auf die Brennstoffaus - nutzung im Hochofen einwirkt. Da aber besonders bei Anwendung rohen Kalksteines die Gelegenheit zur Kohlenstoffvergasung durch die ausgetriebene Kohlensäure erheblich ausgedehnt wird, so beweist eben dieser Umstand, dass jene mit der Zersetzung verknüpfte Abkühlung ein kräftiges Gegenmittel gegen diese Reduction der Kohlensäure durch Kohlenstoff bildet. Ebenso erklärt sich hierdurch leicht die mehrfach besprochene Thatsache, dass die leichtere Bauart der neueren Hochöfen keine nachtheiligen Einflüsse auf die Brennstoffausnutzung hat erkennen lassen. 2)Vergl. unter anderm die Mittheilungen auf S. 347, vergleichende Versuche über die Einwirkung verschiedener Bauarten auf den Brennstoffverbrauch bei dem Hochofen zu Gleiwitz betreffend.

Auch der Umstand, dass eine übermässige Erhöhung der Hoch - öfen sich erfahrungsmässig als ziemlich nutzlos für die Brennstoffaus - nutzung erwiesen hat, lässt sich wenigstens zum Theil auf die ver -469Verlauf des Hochofenprocesses.mehrte Vergasung von Kohlenstoff durch Kohlensäure in höheren Oefen zurückführen; denn je höher der Ofen ist, desto länger bleiben Erze und Brennstoffe der Einwirkung des aufsteigenden Gasstromes aus - gesetzt, desto umfangreichere Gelegenheit findet sich zwar für die indirecte Reduction der Erze, daneben aber auch für die Reduction der entstandenen Kohlensäure; und sobald die Höhe des Ofens ausreichend ist, um jene indirecte Reduction der Erze ihr höchstes Maass erreichen zu lassen, muss eine fernere Erhöhung durch die längere Einwirkung der entstehenden Kohlensäure auf die niederrückenden Kohlen eine vermehrte Vergasung der letzteren herbeiführen.

Holzkohlen werden leichter verbrannt, als Koks; poröse Koks leichter als dichte, diese leichter als Anthracite. Die Grenze, wo eine weitere Erhöhung des Ofens aufhört, nutzenbringend für die Brenn - stoffausnutzung zu sein, wird aber auch wenn man von der leichteren Zerreiblichkeit der weniger dichten Brennstoffe ganz absieht um so früher erreicht werden, je leichter verbrennlich der Brennstoff ist, wie sich unschwer aus dem soeben Gesagten über die Folgen einer länger fortgesetzten Einwirkung der Gase auf den Brennstoff ableiten lässt. Auch von diesem Gesichtspunkte aus erscheint die Regel vollständig berechtigt, dass die Höhe des Ofens um so beträchtlicher sein kann, ehe die Grenze des Zweckmässigen erreicht wird, je schwerer verbrenn - lich, dichter der angewendete Brennstoff ist.

Kleinstückige Brennstoffe bieten eine grössere Oberfläche dar, liefern also eine ausgiebigere Gelegenheit zu der Reduction von Kohlensäure in dem obern Theile des Ofens als grobstückige.

Aus dem Einflusse der längeren Zeitdauer der gegenseitigen Ein - wirkung auf die Vergasung des Kohlenstoffs durch gebildete Kohlen - säure folgt aber der wichtige, durch die Erfahrungen der Praxis bestätigte Satz, dass es für den aufsteigenden Gasstrom eine gewisse Normalgeschwindigkeit giebt, welche nicht ohne Nachtheil, d. h. ohne Vermehrung des Brennstoffverbrauches, unterschritten werden darf; denn jede Verringerung dieser Geschwindigkeit ist gleichbedeutend mit einer längeren Zeitdauer der Einwirkung der Kohlensäure auf den niederrückenden Kohlenstoff, d. i. mit einer vermehrten Vergasung des letzteren. Dass auch das umgekehrte Extrem, eine zu grosse Be - schleunigung in der Bewegung des Gasstromes, nachtheilig für den Verlauf des Hochofenprocesses sein muss, versteht sich von selbst; die Erze werden unvollständiger durch die Gase reducirt und erhitzt, und die Folge hiervon ist ein Mehrbedarf an Brennstoff im Schmelzraume des Ofens für die directe Reduction und Erzeugung der erforderlichen Temperatur. Bei Hochöfen von gegebenen Querschnittsabmessungen ist die Geschwindigkeit des Gasstromes vornehmlich abhängig von der Menge des in gleichen Zeiträumen verbrannten Brennstoffs, diese aber von der Menge des eingeblasenen Windes.

Es ergiebt sich hieraus, dass die günstige Ausnutzung des Brenn - stoffs ebensowohl durch Zuführung einer zu geringen als einer zu bedeutenden Windmenge benachtheiligt wird. Je höher der Ofen ist, desto grösser sollte auch die Geschwindigkeit des Gasstromes sein, um allzu lange Berührung mit den Kohlen zu verhüten; da aber mit der Geschwindigkeit des Gasstromes auch die von demselben zu überwin -470Der Hochofenprocess.denden Widerstände wachsen, so würde auch die erforderliche Leistungs - fähigkeit der Gebläsemaschine unverhältnissmässig gross ausfallen müssen, wenn jener Bedingung Genüge geschehen sollte.

Die über den Formen gebildeten Cyanide zerfallen theilweise, wenn sie bei ihrem Aufsteigen auf glühende unreducirte Erze treffen, und wirken kräftig reducirend auf dieselben. Bell fand an denselben Tagen, wo die Hochofengase über den Formen, wie oben mitgetheilt wurde, in einem Cubikmeter 15 g Cyan nebst 29 g Alkalimetallen enthielten, in den Gichtgasen desselben Hochofens nur noch 3.8 g Cyan neben 9 g Kalium und Natrium. 1)A. a. O.Von der ursprünglich vorhandenen Menge waren mithin 80 Proc. Cyan und 69 Proc. Alkalien verschwunden. Dass Cyangas sowohl als Cyanmetalle die Eigenschaft besitzen, redu - cirend auf Eisenoxyde und kohlend auf metallisches Eisen einzuwirken, ist bereits durch Gay-Lussac nachgewiesen2)Vergl. Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. I, S. 133; Abth. II, S. 265.; auch durch Bell wurde in dem soeben besprochenen Falle die reducirende Fähigkeit des Cyans noch durch besondere Versuche erwiesen.

Jene aus dem Gasstrome ausgetretenen Alkalien müssen von der Schlacke aufgenommen und wieder nach unten geführt werden, wo sie erneute Gelegenheit zur Bildung von Cyaniden finden. Auf diese Weise wird ein Kreislauf eingeleitet, und nach dem Anblasen eines Hochofens wird sich die Menge der über den Formen gebildeten Cyanide infolge der stetig stattfindenden neuen Zuführung von Alkalien mehr und mehr anreichern, bis schliesslich vermuthlich ein Gleichgewichts - zustand eintritt, bei welchem die überschüssig zugeführten Alkalien theils flüchtig aus der Gicht entweichen, theils von der Schlacke aus dem Ofen geführt werden.

Waren rohe oder unvollständig verkohlte Brennstoffe aufgegeben, so mischen sich die flüchtigen Zersetzungsgebilde derselben vor - nehmlich Kohlenwasserstoffe und Kohlenoxyd mit den aufsteigenden Gasen. Schweres Kohlenwasserstoffgas, sofern solches überhaupt bei der Zersetzung entsteht, zerfällt alsbald, indem es reducirend auf die Erze einwirkt; leichtes Kohlenwasserstoffgas hinterbleibt.

Unter fortschreitender Vermehrung ihres Sauerstoffgehaltes ge - langen die Gase in die Nähe der Gicht, nehmen hier den ausge - triebenen Wasserdampf auf und entweichen schliesslich mit diesem aus dem Ofen.

Dem geschilderten Verlaufe entsprechend bestehen sie an der Gicht aus Stickstoff, Kohlenoxyd, Kohlensäure, Kohlenwasserstoffgas und Wasserstoff; daneben enthalten sie den erwähnten Wasserdampf und ausserdem gewisse Mengen theils noch flüchtiger, theils bereits conden - sirter aber noch mitgerissener Salze und Verbindungen, unter welchen auch die schon erwähnten Salze der Alkalien sich befinden. Die che - mische Zusammensetzung dieser als Gichtstaub sich an kälteren Theilen ablagernden Körper wird unter den Nebenerzeugnissen des Hochofens besprochen werden.

Dass ein Hochofengang, bei welchem alles vorhandene Kohlenoxyd zur Reduction der Eisenerze verbraucht worden ist, überhaupt nicht471Verlauf des Hochofenprocesses.möglich sei, ergiebt sich aus den früheren Erörterungen über die Reduction der Eisenerze (S. 13 und 225). 1)Die a. a. O. erwähnten Versuche Bell’s sind neuerdings durch R. Åkerman weiter ausgedehnt worden. Es ergab sich unter anderm aus denselben, dass die Reduction von Eisenoxydul zu metallischem Eisen in einer Temperatur von 850 bis 900°C. durch Kohlenoxyd nur dann möglich ist, wenn dasselbe nicht mehr als sein halbes Volumen Kohlensäure beigemischt enthält; und dass bei 350°C. das Eisen - oxyduloxyd nicht weiter reducirt wird, wenn der Kohlensäuregehalt des Gasgemenges das 2.1 fache Volumen des Kohlenoxyds beträgt. Vergl. Literatur.Dennoch kennzeichnet das Verhältniss, in welchem Kohlensäure und Kohlenoxyd in den Gicht - gasen sich finden, in gewisser Weise die mehr oder minder günstige Ausnutzung des Brennstoffs im Hochofen. Denn da zur Durchführung des Processes, d. h. zur Darstellung einer bestimmten Menge Roheisen auch eine bestimmte Wärmemenge erforderlich ist, die Wärmeentwicke - lung aber bei der Oxydation des Kohlenstoffs zu Kohlenoxyd erheblich geringer sich beziffert als bei der Oxydation zu Kohlensäure (S. 20), so wird immerhin für die Erzeugung jener Wärmemenge ein um so grösserer Brennstoffaufwand nothwendig sein, je grösser das Verhältniss des in den Gichtgasen noch anwesenden Kohlenoxydes zu der Kohlen - säure ist. In naher Beziehung hierzu steht die schon erwähnte und leicht verständliche Thatsache, dass jede Reduction von Kohlensäure durch Vergasung von Kohle in den oberhalb des Verbrennungsraumes gelegenen Ofentheilen mit einem Verluste dieser Kohle gleichbedeutend ist, sowie ferner der Mehrverbrauch an Kohle bei directer Reduction gegenüber der indirecten (S. 224). In beiden Fällen, bei Vergasung festen Kohlenstoffs durch Kohlensäure wie bei vermehrter directer Re - duction, wird das Verhältniss der Kohlensäure zum Kohlenoxyd in den Gichtgasen geringer.

Einfluss der Winderhitzung auf den Hochofenprocess. Nach - dem auf Neilson’s Vorschlag die Anwendung erwärmten Windes zuerst in Schottland versucht worden war (S. 404), zeigte sich bald, dass schon eine sehr mässige Erwärmung ausreichend sei, eine nicht unwesent - liche Ersparung an Brennstoff und Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Ofens herbeizuführen. Diese günstige Einwirkung wuchs, als man durch Verbesserung der Winderhitzer sich befähigt sah, höhere Wind - temperaturen als im Anfange hervorzubringen; aber gleichzeitig beobach - tete man, dass die Eigenschaften des erfolgenden Roheisens andere wurden, wenn man mit erhitztem als wenn man mit kaltem Winde arbeitete. Erst nachdem man gelernt hatte, durch passende Aenderung der Zusammensetzung der Beschickung jenen Einflüssen auf die Be - schaffenheit des Roheisens entgegen zu wirken, verstummten die Gegner der Anwendung heissen Windes, welche ziemlich beträchtlich an Zahl in der vermeintlichen, durch die Winderhitzung hervorgerufe - nen Verschlechterung des Roheisens einen grösseren Nachtheil zu sehen glaubten, als durch die oben erwähnten Vortheile ausgeglichen wer - den könne.

Als man nun später anfing, den Einfluss des heissen Windes wissen - schaftlich zu untersuchen, ergab sich in zahlreichen Fällen die über -472Der Hochofenprocess.raschende Thatsache, dass durch die Vorwärmung des Windes nicht unerheblich mehr Brennstoff erspart werde, als zur Erzeugung der vom Winde mitgebrachten Wärme erforderlich gewesen sein würde; ausser - dem liess sich ziemlich regelmässig die Beobachtung machen, dass die Gicht des Hochofens um so kühler wurde, je stärker man den Wind erhitzte.

Beide Wahrnehmungen stehen in naher Beziehung zu einander und finden unschwer ihre Erklärung. Der Hochofen bedarf für jedes Kilogramm darzustellenden Roheisens einer gewissen Wärmemenge; und die Erzeugung dieser Wärmemenge ist, wie schon erwähnt wurde, der erste Zweck der Verbrennung von Kohle durch eingeblasene Luft. Jedes Kilogramm der zu diesem Zwecke verbrannten Kohle liefert eine bestimmte Gasmenge, welche im Ofen emporsteigt. Wenn nun aber ein Theil jener erforderlichen Wärme, statt durch Verbrennung von Kohle erzeugt zu werden, durch den erwärmten Gebläsewind von aussen zugeführt wird, so wird offenbar die entstehende Gasmenge um ebenso viel geringer ausfallen müssen, als jener Ersparung an Brennstoff ent - spricht; die geringere Menge Gase aber giebt ihre Wärme rascher und vollständiger an die entgegen rückenden festen Körper ab als die grössere Menge Gase bei kaltem Winde; die Wärme wird also günstiger ausgenutzt als in letzterem Falle und hierdurch wird eine zweite Menge Brennstoff gespart; die Folge davon ist aber, dass die Gase in abge - kühlterem Zustande den Ofen verlassen, die Gichttemperatur sinkt.

Nun würde aber in den meisten Fällen eine allzu langsame Be - wegung des Gasstromes im Ofen jenen oben erwähnten Nachtheil, eine vermehrte Vergasung von Kohle durch gebildete Kohlensäure, zur Folge haben, obgleich die raschere Abkühlung der aufsteigenden Gase ohnehin diese Gefahr vermindert. Hieraus ergiebt sich dann von selbst die Ver - anlassung zu einer Beschleunigung des Betriebes; und die Production des Hochofens in den gleichen Zeiträumen wird grösser.

Durch die Zuführung der Wärme von aussen, welche beim Ver - brennungsprocesse nutzbar gemacht wird, steigt, wie sich in der Praxis leicht beobachten lässt, bei Anwendung erhitzten Windes die Verbren - nungstemperatur vor den Formen (vergl. S. 24); durch die höhere Temperatur wird die Verwandtschaft des Kohlenstoffs zum Sauerstoff gesteigert, und rascher als bei dem Betriebe mit kaltem Winde geht der Verbrennungsprocess vor sich, d. h. verschwinden der freie Sauer - stoff wie die vielleicht augenblicklich gebildete Kohlensäure. Die Wärme - entwickelung wird, wie man in der Praxis sich auszudrücken pflegt, bei Anwendung heissen Windes auf einen kleineren Raum im Ofen concentrirt.

Jene höhere Temperatur vor den Formen aber sinkt theils aus den schon erörterten Gründen, theils wegen eben dieser Einengung der Verbrennung auf einen kleineren Raum rascher als bei dem Betriebe mit kaltem Winde. Die für den Verlauf des Processes und die Aus - nutzung des Brennstoffs so nachtheilige Erscheinung, die Entstehung von Oberfeuer (Aufsteigen der Schmelztemperatur nach oben) wird also durch Anwendung heissen Windes vermieden oder doch auf seltenere Fälle beschränkt. Anderntheils aber muss durch die Erniedrigung der Gichttemperatur auch die Vorbereitung der Erze in dem oberen Theile473Einfluss der Winderhitzung.des Ofens verzögert werden; die Reduction beginnt später und die indirecte Reduction kann unter Umständen hierdurch eingeschränkt werden. Je weniger hoch der Ofen ist, je weniger lange mithin die Erze der Einwirkung des Gasstromes ausgesetzt bleiben, desto leichter werden die Folgen hiervon bemerkbar werden.

Jene Verbrennung von Kohlenstoff vor den Formen hat aber neben der Erzeugung von Wärme noch den andern nicht minder wichtigen Zweck, das als Reductionsmaterial erforderliche Kohlenoxyd zu liefern. Wird durch Erwärmung des Gebläsewindes ein Theil jenes Kohlen - stoffs erspart, so verringert sich naturgemäss dadurch auch die Menge des entstehenden Kohlenoxyds; es muss also bei weiterer Verringerung des Brennstoffs eine Grenze erreicht werden, wo die Menge des vor den Formen entstehenden Kohlenoxyds nicht mehr ausreichend ist, die indirecte Reduction durchzuführen1)Man vergegenwärtige sich, dass ohne einen Ueberschuss von Kohlenoxyd, dessen Betrag mit der Temperatur zunimmt, die Reduction zu metallischem Eisen überhaupt nicht möglich ist; und dass metallisches Eisen überhaupt nur in höheren Temperaturen entsteht. Vergl. die Bemerkung auf S. 471., wo also directe Reduction, gleich - bedeutend mit einem erhöhten Wärmeverbrauche (S. 224), an deren Stelle tritt. Je weniger Brennstoff schon bei kaltem Winde zur Durch - führung des Hochofenprocesses, d. h. zur Darstellung einer bestimmten Menge Roheisen erforderlich war, desto früher wird offenbar jener Zeit - punkt eintreten; bei einer leichtreducirbaren Beschickung also früher als bei einer schwerreducirbaren; bei Darstellung von gewöhnlichem silicium - und manganarmem Weisseisen früher als bei Darstellung von Graueisen oder manganreichem Roheisen, bei welchen Roheisensorten die directe Reduction von Silicium oder Mangan ohnehin einen erheb - lich grösseren Aufwand von Kohle und Wärme nothwendig macht als bei jenem.

Endlich werden aber die Vortheile jener oben erwähnten Be - schränkung des Verbrennungsprocesses auf einen kleineren Raum um so deutlicher hervortreten, je schwerer verbrennlich der angewendete Brennstoff ist; bei Anthraciten mehr als bei Koks, bei diesen mehr als bei Holzkohlen.

Aus allem dem Gesagten folgt nun, dass die Grenze der Windtemperatur, über welche hinaus eine fernere Steigerung aufhört, Nutzen zu bringen, ja, unter Umstän - den nachtheilig wirkt, um so tiefer liegt,

  • je kleiner der Ofen ist;
  • je leichter reducirbarer die Erze sind;
  • je weniger silicium - oder manganreich das erfolgende Roheisen werden soll;
  • je leichter verbrennlich der Brennstoff ist.

Die Beobachtungen der Praxis bestätigen im Wesentlichen diese Schlussfolgerungen. Während bei grossen mit Koks (Steinkohlen, An - thraciten) gespeisten Hochöfen, welche graues oder manganreiches Roh - eisen erzeugen, selbst mit einer, nur in steinernen Apparaten erreich - baren, Windtemperatur von 800°C. die Grenze des Zulässigen noch474Der Hochofenprocess.nicht überschritten, ja bei Verhüttung weniger leicht reducirbarer Mate - rialien vermuthlich noch nicht einmal erreicht ist, pflegt bei Weisseisen - darstellung in denselben Oefen eine Steigerung der Windtemperatur über 400 500°C. hinaus wenig Nutzen zu bringen, ja sogar die Entstehung des normalen, graphitfreien Weisseisens zu erschweren, da in der höheren Temperatur vor den Formen leichter Silicium reducirt wird. Beim Betriebe mit Holzkohlen in weniger grossen Oefen geht man auch bei Graueisendarstellung mit der Erhitzung des Windes selten über 400 500°C. hinaus, und bei Weisseisendarstellung aus leicht - reducirbaren Erzen mit Holzkohlen dürfte schon bei 300°C. die Grenze des Zweckmässigen erreicht, in manchen Fällen sogar überschritten sein. 1)Vergl. Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben u. s. w. Bd. XXI, S. 357 (Tunner).

Ich selbst machte bei dem Betriebe eines sehr kleinen, mit Rasen - erzen (also leicht reducirbaren Erzen) auf graues Roheisen betriebenen Holzkohlenhochofens die Beobachtung, dass eine Steigerung der Wind - temperatur über 300°C. hinaus vollständig nutzlos blieb, weder eine Steigerung der Production noch eine Verringerung des Brennstoffver - brauches zur Folge hatte; und nach mehrwöchentlichem Betriebe mit hocherhitztem Winde sah man aus diesem Grunde davon ab, den Wind stärker als auf die angegebene Temperatur zu erhitzen.

Auch auf die chemische Beschaffenheit des erfolgenden Roheisens, welche mit den physikalischen Eigenschaften desselben in so naher Be - ziehung steht, werden beachtenswerthe Einflüsse durch die Erhitzung des Windes ausgeübt. Wie erwähnt, steigt die Temperatur vor den Formen, und die nächste Folge hiervon ist eine gesteigerte Verwandtschaft des Kohlenstoffs zum Sauerstoff; eben hierdurch aber wird die Reduction von Silicium und Mangan befördert. Dieser Umstand bildet eine zweite Ursache, weshalb eine hoch getriebene Winderhitzung gerade für Dar - stellung silicium - oder manganreicher Roheisensorten förderlich ist, wäh - rend umgekehrt die stärkere Anreicherung dieser Körper in solchem Roh - eisen, welches unmittelbar aus dem Hochofen, ohne umgeschmolzen zu werden, zu Gusswaaren verarbeitet werden soll2)Bei dem Umschmelzen des Roheisens geht immer ein Theil seines Silicium - und Mangangehaltes verloren. Für diesen Zweck ist also ohnehin ein siliciumreiche - res Roheisen erforderlich, ein manganreicheres weniger nachtheilig als für unmittel - baren Guss aus dem Hochofen. In den ersten Jahrzehnten nach Einführung der Winderhitzung aber wurde wenigstens in Deutschland noch die grössere Zahl aller Hochöfen unmittelbar für die Eisengiesserei betrieben; und jene Trennung der Eisengiesserei vom Hochofenbetriebe, welche ein Umschmelzen des Roheisens noth - wendigerweise mit sich bringt, brach sich erst allmählich Bahn, wie schon früher ausführlicher geschildert wurde., Jahrzehnte hin - durch den Haupteinwand gegen die Anwendung erhitzten Windes bildete. Durch Verhüttung kieselsäureärmerer, beziehentlich manganärmerer Be - schickungen lässt sich jenen Einflüssen der Winderhitzung entgegen wirken; aber auch bei dem Betriebe auf gewöhnliches Weisseisen zeigt sich, wie schon erwähnt wurde, leichter die Neigung desselben, durch Siliciumaufnahme grau zu werden, wenn man den Hochofen mit über - mässig erhitztem Winde betreibt.

Einfluss der Windpressung und Windmenge. Obgleich die Beeinflussungen, welche der Hochofenprocess durch Abweichungen in475Einfluss der Windpressung und Windmenge.der Pressung und Menge des zugeführten Windes erleidet, bereits mehr - fach erwähnt wurden, möge doch der bessern Uebersichtlichkeit halber eine gedrängte Zusammenstellung derselben hier folgen.

Durch stärkere Pressung wird der Wind befähigt, kräftiger zwi - schen den Stücken des Brennmateriales hindurch und weiter im Ofen vorzudringen. Die Sauerstoffmoleküle treten gewissermaassen infolge der grösseren lebendigen Kraft, mit welcher sie gegen die Kohlenstücke anprallen, in innigere Berührung mit diesen, die Verbrennung zu Kohlenoxyd wird dadurch beschleunigt, der Verbrennungsprocess auf einen kleineren Raum beschränkt. In dieser Beziehung wirkt mithin stark gepresster Wind ähnlich wie erhitzter Wind; je dichter, d. i. schwerer verbrennlich, der Brennstoff ist, desto höhere Pressung ist von Nutzen.

Durch das stärkere Vordringen im Ofen aber wird innerhalb des Ofenquerschnittes eine gleichmässigere Verbrennung erzielt; es wird verhütet, dass dieselbe vorzugsweise in der Nähe der Ofenwände stattfinde und die Mitte des Ofens davon unberührt bleibe. Infolge davon werden die in der Mitte niederrückenden Erze besser als bei zu schwacher Pressung erwärmt und reducirt, das Maass der indirecten Reduction wird ausgedehnt. Hierdurch kann früheren Erörterungen zufolge Brennstoff gespart werden.

Die Pressung muss also, damit dieser Zweck erreicht werde, von dem Ofendurchmesser abhängig und um so beträchtlicher sein, je grösser dieser ist. Damit nicht zwei in entgegengesetzter Richtung mit starker Pressung eintretende Windströme gegenseitige Stauung hervorrufen, ist eine Anordnung der Formen zweckmässig, wie sie auf S. 337 in Fig. 75 dargestellt ist. Dass durch ein Vorschieben der Formen bei weiten Gestellen das Vordringen des Windes bis zur Mitte des Ofens erleichtert werde, ohne dass eine übermässige, nur durch einen be - trächtlichen Arbeitsaufwand der Betriebsmaschine erreichbare Wind - spannung erforderlich ist, wurde auf S. 360 erörtert.

Der mit Hilfe des Manometers messbaren Windspannung im Aus - flussquerschnitte stellt sich jedoch die im Ofen herrschende Gasspan - nung entgegen; je höher die letztere ist, desto höher muss auch die erstere sein, um im Ofen zur Geltung zu gelangen. Die Gasspannung im Ofen aber wächst im Allgemeinen mit der Höhe desselben, da sie durch die Widerstände hervorgerufen wird, welche die Gase beim Durch - dringen der Schmelzsäule finden; hieraus folgt dann, dass das Maass der Windpressung nicht allein mit dem Durchmesser des Ofens und der Dichtigkeit des Brennstoffes, sondern auch mit der Höhe des Ofens zunehmen muss.

Erhöht man bei einem Hochofen die Windpressung, ohne den Düsenquerschnitt zu verringern, so führt man naturgemäss eine grössere Windmenge in den Ofen. Mehr Brennstoff wird in der Zeiteinheit ver - brannt, eine grössere Wärmemenge wird erzeugt, die Production des Ofens wächst. Die Gase steigen, da ihre Menge im geraden Verhält - nisse zu der Menge des verbrannten Kohlenstoffs steht, mit beschleu - nigter Geschwindigkeit im Ofen auf und verlassen denselben im heisseren Zustande; die Gichttemperatur steigt. Die Ausnutzung der Wärme wird hierdurch ungünstiger; unter Umständen kann aber diesem Nach - theile der grössere Vortheil gegenüber stehen, dass bei der rascheren476Der Hochofenprocess.Bewegung des Gasstromes geringere Mengen von Kohlensäure in dem oberen Theile des Ofens wieder durch Kohle reducirt werden (S. 468), und dass in der höheren Temperatur die Reduction der Erze durch Kohlenoxyd erleichtert wird. Dieser Fall tritt ein, wenn eben der Gas - strom jene Normalgeschwindigkeit nicht besass, deren Maass, wie schon oben besprochen wurde, abhängig sein muss von der Reducirbarkeit der Erze und der Verbrennlichkeit der Kohlen. Steigert man dagegen mit der Windpressung auch die Windmenge über jenes Maass hinaus, so gelangen die Erze infolge allzu beschleunigten Schmelzganges un - genügend vorbereitet in den Schmelzraum und werden hier verschlackt; es tritt vermehrte directe Reduction ein, die Folge davon ist ein erhöhter Wärmeverbrauch und eine Abkühlung des Ofens gerade in demjenigen Theile, wo hohe Temperatur nothwendig ist, und der Process geräth ins Stocken, wenn nicht Abhilfe eintritt.

Es folgt aus alle diesem, dass sich theoretisch von vorn herein nicht mit Sicherheit die für einen Hochofen von gegebenen Abmessungen und Betriebsverhältnissen geeignetste Pressung und Menge des Gebläse - windes ermitteln lässt. Die Pressung muss, wie erwähnt, vornehmlich abhängig sein von dem Durchmesser des Ofens, seiner Höhe und der Dichtigkeit des Brennstoffs; und sie schwankt demzufolge bei ver - schiedenen Oefen zwischen den schon auf S. 390 mitgetheilten Grenzen; die zugeführte Windmenge dagegen, von welcher in erster Reihe die Production des Ofens abhängt, muss sich nach dem Rauminhalte des Ofens, der Reducirbarkeit der Erze und der Beschaffenheit des dar - zustellenden Eisens richten. Je grösser der Ofen ist, je leichter redu - cirbar die Erze sind und je weniger hoch die Temperatur im unteren Theile des Hochofens zu sein braucht, je weniger Silicium oder Mangan also reducirt werden soll, desto grösser kann die zugeführte Wind - menge sein.

Von der Grösse des Ofens und der Windmenge ist endlich die Durchsetzzeit der Erze, d. h. die Zeitdauer, während welcher sie im Ofen verweilen, abhängig. Bei kleinen mit Holzkohlen und leicht - reducirbaren Erzen auf Weisseisen betriebenen Hochöfen, wie sie in den österreichischen Alpen vorzugsweise häufig sind, genügt oft schon eine Durchsetzzeit von nicht mehr als 6 Stunden; in grösseren Oefen dagegen, in denen mit mineralischen Brennstoffen graues Roheisen dar - gestellt wird, verweilen die Erze mitunter länger als 60 Stunden, und die Erfahrung hat erwiesen, dass eine Abkürzung dieser Zeit nur durch erhöhten Brennstoffaufwand für die gleiche Menge durchzusetzenden Erzes zu erreichen war. 1)Oesterr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 479 (Bell).

Gaargang und Rohgang. Verläuft der Process in der geschil - derten regelrechten Weise, so geht der Hochofen gaar; treten Störungen ein, so zeigt sich Rohgang.

Die eigentlichen Ursachen des Rohgangs können sehr mannigfaltig sein; fast immer aber entsteht aus diesen ersten Ursachen zunächst eine Vermehrung der directen Reduction über das normale Maass hin - aus. Die Folge hiervon ist dann ein erhöhter Verbrauch an Wärme und demnach eine Abkühlung des Ofens; bei fortdauerndem Rohgange477Gaargang und Rohgang.wird auf diese Weise der Ofen kälter und kälter, die Reduction erlahmt, der Schmelzprocess hört auf und der Ofen erstickt oder friert ein .

Hand in Hand mit jener Zunahme der directen Reduction und der Abkühlung des Ofens gehen Veränderungen in der Beschaffenheit der Schlacken und des Eisens. Der Eisengehalt der ersteren wird um so grösser, je mehr der Rohgang zunimmt, und dieser grössere Eisen - gehalt verräth sich sofort durch eine Aenderung in der Farbe und Er - höhung der Dünnflüssigkeit; das Roheisen wird ärmer an Kohlenstoff, Silicium und Mangan. Statt grauen Roheisens entsteht halbirtes oder bei starkem Rohgange grelles; statt des Spiegeleisens erfolgt bei gelindem Rohgange Weissstrahl, bei stärkerem Rohgange Treibeisen oder ebenfalls grelles Roheisen.

Entstand der Rohgang infolge eines zu stark erhöhten Verhält - nisses zwischen Erz und Brennstoff, so pflegt man ihn übersetzter Gang zu nennen; aber auch manche Zufälligkeiten können denselben herbeiführen.

Sinkt z. B. die Temperatur des Windes unter das den übrigen Betriebsverhältnissen entsprechende Maass, so wird dadurch dem Ofen weniger Wärme zugeführt, derselbe wird abgekühlt, die Reduction wird beeinträchtigt, es entsteht Rohgang. Der nämliche Erfolg zeigt sich, wenn durch ein Lecken der wassergekühlten Formen Wasser in den Schmelzraum gelangt, zu dessen Verdampfung und Zerlegung eine bedeutende Menge Wärme verbraucht wird; auch eine Explosion kann unter ungünstigen Verhältnissen die Folge dieses Vorganges sein. Waren dagegen bei anhaltendem Regenwetter die Schmelzmaterialien stärker als gewöhnlich mit Feuchtigkeit durchtränkt, so wird durch die Ver - dunstung der letzteren an der Gicht Wärme gebunden und die Gicht abgekühlt. Die Reduction der Erze beginnt später und geht langsamer von statten; sie gelangen unvollständiger reducirt in den Schmelzraum und es tritt vermehrte directe Reduction ein. 1)Hiermit im Widerspruche scheint die Thatsache zu stehen, dass auf nicht wenigen Hochofenwerken durch vieljährige Erfahrung das Verfahren sich als förder - lich für den Hochofengang erwiesen hat, die Erze vor dem Aufgichten bei trockenem Wetter mit Wasser zu begiessen. Der Grund für den günstigen Erfolg dieses Ver - fahrens dürfte in dem Umstande zu suchen sein, dass klare (feinstückige) Erze leichter im trockenen als im feuchten Zustande zwischen den gröberen Kohlenstücken hin - durchrieseln und solcherart Gelegenheit zu stärkerer Anhäufung in der Mitte des Ofens finden.

Einen ganz gleichen Erfolg haben Unregelmässigkeiten, welche sich die mit dem Aufgichten beauftragten Arbeiter zu Schulden kom - men lassen. Sinkt die Oberfläche der Schmelzsäule zu tief, bevor frisch aufgegichtet wird, so wird der Ofen stärker abgekühlt und die Schmelz - materialien, welche kürzere Zeit der Einwirkung des Gasstromes aus - gesetzt blieben, gelangen weniger vorbereitet nach unten. Auch Ver - setzungen, welche im Ofen entstehen, sei es durch Sinterung der Massen, sei es durch zufällige Stockungen an engeren Stellen, und welche das regelmässige Niedergehen der Schmelzsäule verhindern, rufen die näm - liche Wirkung hervor. Unterhalb dieser Versetzungen geht der Schmelz - gang fort und es entsteht ein hohler Raum; nun bricht plötzlich die478Der Hochofenprocess.Decke desselben zusammen, die darüber befindlichen Massen stürzen, bisweilen mehrere Meter tief, abwärts und gelangen unvorbereitet in den Schmelzraum. Das Vorhandensein solcher Versetzungen verräth sich durch das Stillstehen der Gichten, bis dann mit einem Male der Niedergang erfolgt.

Eine fehlerhafte Zusammensetzung der Beschickung, welche vor - zeitige Schmelzung hervorruft, kann ebenfalls Ursache des Rohganges sein. Auch längere Stillstände des Ofens haben fast immer, indem sie eine Abkühlung herbeiführen, Rohgang zur Folge.

Je kleiner der Ofen ist, desto empfindlicher pflegt derselbe gegen solche Einflüsse zu sein, desto sorgfältiger muss die Begichtung des - selben, die Regelung der Windtemperatur und Windspannung u. s. w. beaufsichtigt werden.

Die Mittel zur Beseitigung des Rohganges müssen naturgemäss von den Ursachen desselben abhängig sein und zuerst soviel als thun - lich auf eine Beseitigung dieser Ursachen hinzielen (Entfernung un - dichter Wasserformen u. s. w.). In den meisten Fällen führt eine Ver - ringerung des Erzsatzes zum Ziele; aber je länger die Durchsetzzeit des Ofens ist, desto länger währt es, bis der Erfolg dieses Mittels ein - treten kann. Rascher lässt sich bisweilen durch eine Erhöhung der Windtemperatur der Rohgang beseitigen oder abmindern. Durch Ver - minderung der Windmenge wird ein allzu beschleunigter Schmelzgang verzögert, die Erze erhalten längere Zeit zur Vorbereitung, die directe Reduction wird auf ein kleineres Maass zurückgeführt, und es ist dieses ein besonders bei kleineren Hochöfen vielfach bewährtes Mittel, zumal, wenn gleichzeitig der Erzsatz verringert wird; in anderen, aller - dings selteneren Fällen kann eine Verstärkung der Windpressung von Nutzen sein.

Bei Besprechung des Hochofenbetriebes werden die Mittel zur Erkennung und Beseitigung des Rohganges ausführlicher erörtert werden.

Heissgaar pflegt man einen Gang des Ofens zu nennen, bei welchem die Temperatur im Schmelzraume infolge eines reichlich be - messenen Verhältnisses des Brennstoffes zum Erze über das erforder - liche Maass hinaus gesteigert ist. Es entsteht ein kohlenstoffreiches und gewöhnlich siliciumreiches Roheisen.

2. Die Mittel zur Erkennung und Beurtheilung des Hochofenprocesses.

Jahrhunderte hindurch beruhte die Führung des Hochofenbetriebes lediglich auf empirisch erworbenen Regeln. Von den Vorgängen im Innern des Hochofens, auf welchen die Roheisendarstellung beruht, wusste man wenig oder nichts. Der Brennstoff war billig, das ge - gewonnene Eisen dagegen wurde verhältnissmässig theuer bezahlt; so war es nicht schwer, auch ohne die Unterstützung der Wissenschaft in hergebrachter Weise unter reichlichem Aufwand von Brennstoff Roh - eisen zu gewinnen.

Erst die Vervollkommnung der chemischen Wissenschaft gab dem Eisenhüttenmanne das Mittel zur Hand, jene in Vorstehendem geschil - derten Vorgänge, auf deren Zusammenwirken der Hochofenprocess479Untersuchungen der Gase.beruht, ihrem Wesen nach zu erforschen. Durch diese Erkenntniss aber wurde er befähigt, den Process zu beherrschen und seinen Zwecken gemäss zu regeln; und die bedeutenden Fortschritte, welche das neun - zehnte Jahrhundert auch in der Roheisendarstellung zu verzeichnen hat, beruhen zum nicht geringen Theile auf den Erfolgen, welche das Streben nach Erkennung des Processes sich erwarb.

Dank den mühseligen Arbeiten hervorragender Chemiker und Me - tallurgen liegt der Verlauf des Hochofenprocesses im Grossen und Ganzen ziemlich klar vor unseren Augen, wenn auch einzelne Vor - kommnisse noch der Erforschung harren; die Eigenthümlichkeiten im Betriebe jedes einzelnen Hochofens aber lassen sich nur erkennen und beurtheilen, wenn durch besondere Untersuchungen alle hierbei in Betracht kommenden Verhältnisse klar gelegt worden sind.

In welcher Weise sich dieses Ziel erreichen lässt, und zugleich, in welcher Weise man schon früher zu der Erkenntniss des Hochofen - processes gelangte, soll in Folgendem besprochen werden.

Chemische Untersuchungen.

a) Untersuchungen der Veränderungen, welche die Gase bei ihrem Aufsteigen und die festen Materialien bei ihrem Niedergange im Hochofen erleiden.

Derartige Untersuchungen waren es zumeist, denen wir die erste sichere Kenntniss von dem Verlaufe des Hochofenprocesses im All - gemeinen verdanken. Insbesondere traten durch die Untersuchungen der Gase aus verschiedenen Gegenden des Ofens vollständig neue Ge - sichtspunkte für die Beurtheilung des Processes hervor.

Gasuntersuchungen. Die ersten von durchgreifendem Erfolge ge - krönten derartigen Untersuchungen wurden im Jahre 1839 von Bunsen bei dem kleinen Holzkohlenhochofen zu Veckerhagen bei Kassel ange - stellt; spätere Untersuchungen wurden durch Ebelmen in Frankreich, Rinman und Fernquist in Schweden, Bunsen und Playfair in England, Tunner und Richter, sowie neuerdings durch Kupel - wieser und Schoeffel in Steiermark durchgeführt. 1)Bunsen’s Untersuchungen in Veckerhagen: Poggendorff’s Annalen Bd. 46 (1839), S. 193; Ebelmen’s Untersuchungen: Annales des mines, sér. 3, t. 20, p. 395; sér. 4, t. 5, p. 24; sér. 4, t. 19, p. 117; Bunsen’s und Playfair’s Untersuchungen: Report of the British Association 1846, p. 170. Hinsichtlich der bei steirischen Hoch - öfen ausgeführten Untersuchungen vergl. Literatur. Eine Zusammenstellung der Ergebnisse aller wichtigeren bis zum Jahre 1866 ausgeführten derartigen Untersuchungen findet sich in Percy-Wedding, Eisen - hüttenkunde, Abth. II, S. 217 ff.

Um zu ermessen, in welcher Weise solche Gasuntersuchungen im Stande sind, den Verlauf des Hochofenprocesses zu beleuchten, möge man Folgendes erwägen.

Der gesammte Sauerstoffgehalt der Hochofengase an irgend einer beliebigen Stelle entstammt zwei verschiedenen Quellen. Ein Theil ist durch das Gebläse von aussen her zugeführt, und zwar seiner grösseren Menge nach als freier Sauerstoff, in kleinerer Menge als Bestandtheil des Feuchtigkeitsgehaltes des Gebläsewindes. Da dieser Feuchtigkeits - gehalt vor den Formen unter Wasserstoffbildung zerlegt wird, so ergiebt480Der Hochofenprocess.die Menge des in den Gasen unmittelbar über den Formen gefundenen Wasserstoffs leicht die zugehörige Menge Sauerstoff; 2 Raumtheile Wasser - stoff entsprechen 1 Raumtheil Sauerstoff. Der Stickstoffgehalt der ein - geblasenen Luft bleibt, sofern man von der für eine solche Berechnung immerhin nicht sehr wesentlichen Bildung von Cyan und Cyaniden im unteren Theile des Ofens absieht, unverändert. Da nun in der atmo - sphärischen Luft 100 Raumtheile Stickstoff annähernd genau 26.5 Raum - theilen Sauerstoff entsprechen, so lässt sich berechnen, wie viel des in den Gasen enthaltenen Sauerstoffs durch die Gebläseluft eingeführt wurde. Findet sich nun, wie es fast immer der Fall sein wird, ein grösserer Sauerstoffgehalt in den Gasen, so muss derselbe der Be - schickung entstammen und zwar entweder durch Reduction der Erze oder durch Zerlegung von Carbonaten oder auch aus sauerstoffhaltigen Brennstoffen in das Gasgemisch geführt sein. Eine chemische Unter - suchung der betreffenden Schmelzmaterialien an der Stelle, wo die Gase entnommen sind, und ein Vergleich mit der Zusammensetzung der Endproducte (Roheisen, Schlacke) würde erforderlichen Falles ge - nauen Aufschluss hierüber geben können. Findet sich dagegen ein geringerer Sauerstoffgehalt in den Gasen, als von aussen zugeführt wurde, so lässt dieser Umstand, sofern nicht Unrichtigkeiten in den Ergebnissen der Untersuchung die Schuld tragen, auf eine stattgehabte Oxydation fester oder flüssiger Körper (Mangan, Silicium, Eisen) schliessen.

Die Berechnung des gesammten Sauerstoffgehaltes der Gase ist nicht schwierig, da derselbe mit Kohle theils zu Kohlensäure, theils zu Kohlenoxyd verbunden ist. 1 Raumtheil Kohlensäure enthält die gleiche Raummenge Sauerstoff, 1 Raumtheil Kohlenoxyd die Hälfte.

Da die Gesammtmenge der Gase sich beim Aufsteigen im Ofen verändert, die Menge des Stickstoffs dagegen annähernd unverändert bleibt, so bezieht man am geeignetsten die Ziffern für den an ver - schiedenen Stellen des Ofens gefundenen Sauerstoff auf 100 Raumtheile Stickstoff. Z. B.:

An irgend einer Stelle des Ofens möge die Zusammensetzung des Gasgemenges folgende sein: 58.80 Raumthle. Stickstoff, 11.20 Raumthle. Kohlensäure, 25.30 Raumthle. Kohlenoxyd, 3.60 Raumthle. Wasserstoff, 0.90 Raumthle. Kohlenwasserstoff (C H4). Der Wasserstoffgehalt ent - stammt, sofern er in höher gelegenen Theilen des Ofens gefunden wurde, jedenfalls zum Theil dem Brennstoffe; eine Bestimmung desselben über den Formen lässt erkennen, wie viel desselben durch den Gebläsewind zugeführt wurde. In dem vorliegenden Falle möge der Wasserstoff - gehalt der Gase über den Formen 0.70 Raumthle. betragen haben; die - selben entsprechen alsdann 0.35 Raumthln. in Form von Wasserdampf durch die Gebläseluft eingeführten Sauerstoffs. Mit jenen 58.80 Raumthln. Stickstoff gelangten 〈…〉 58.80 = 15.58 Raumthle. freier Sauerstoff in den Ofen; also Gesammtmenge des von aussen her zugeführten Sauerstoffs 15.58 + 0.35 = 15.93 Raumthle. In den Gasen findet sich:

  • Sauerstoff der Kohlensäure11.20 Raumthle.
  • des Kohlenoxyds ½. 25.3012.65
  • Summa Sauerstoffgehalt der Gase23.85 Raumthle.
481Untersuchungen der Gase.

Aus der Beschickung stammen also 23.85 15.93 = 7.92 Raum - theile; oder auf 100 Raumtheile Stickstoff bezogen 〈…〉 .

Wie erwähnt, würde eine genaue Ermittelung darüber, ob dieser aus der Beschickung stammende Sauerstoff durch Reduction der Erze oder durch Zerlegung von Carbonaten und Brennstoffen in den Gas - strom geführt sei, durch Untersuchung der Schmelzmaterialien zu er - reichen sein; der Ort, an welchem die Gase entnommen wurden, sowie die ursprüngliche Zusammensetzung der Beschickung lassen jedoch immerhin schon einige Schlussfolgerungen zu.

Fernere Aufschlüsse erhält man durch Berechnung des in der Kohlensäure und im Kohlenoxyd auftretenden Kohlenstoff - gehaltes der Gase, wiederum bezogen auf 100 Raumtheile anwesenden Stickstoffes. 1 Raumthl. Kohlensäure enthält ½ Raum - theil Kohlenstoffdampf, 1 Raumthl. Kohlenoxyd ebenso viel. Jenes Gas - gemenge mit 58.80 Raumthlen. Stickstoff, 11.20 Raumthlen. Kohlensäure, 25.30 Raumthlen. Kohlenoxyd enthält demnach Kohlenstoff (in Gasform): ½ (11.20 + 25.30) = 18.25; oder auf 100 Raumthle. Stickstoff 31.03 Raumtheile.

Zeigt sich nun bei der Vergleichung des Kohlenstoffgehaltes der Gase in verschiedenen Ofenzonen eine Zunahme desselben während des Aufsteigens der Gase, so weist dieselbe hin entweder auf stattgehabte directe Reduction der Erze; oder auf Vergasung von Kohlenstoff durch vorhandene Kohlensäure, ein Vorgang, welcher hinsichtlich seines Ein - flusses auf den Brennstoffverbrauch im Ofen jenem sehr ähnlich ist; oder auf stattgehabte Zerlegung von Carbonaten. Eine Abnahme des Kohlenstoffgehaltes dagegen würde in dem oberen Theile des Ofens auf ein Zerfallen von Kohlenoxyd unter Ablagerung von Kohlenstoff oder auch bei Anwendung gebrannten Kalksteines oder gerösteter kalk - spathhaltiger Erze auf eine Bindung der Kohlensäure durch das Calciumoxyd der Beschickung hindeuten. In dem unteren Theile des Ofens dagegen würde eine Abnahme des Kohlenstoffgehaltes zu berech - tigten Zweifeln an der Richtigkeit der Ermittelung der durchschnitt - lichen Zusammensetzung des Gasgemenges innerhalb des Ofenquer - schnittes Veranlassung geben; denn die Menge der kohlenhaltigen Gase, welche etwa von den schmelzenden Massen gelöst und solcherart dem Gasgemenge entzogen werden, oder die Menge des Kohlenstoffes, welcher aus den Gasen an Roheisen abgegeben werden kann, ist zu unbedeutend, um in dieser Weise erkennbar zu werden.

Dass es in der That sehr schwierig ist, die durchschnittliche Zusammensetzung des Gasstromes in einem und demselben Ofenquer - schnitte zu bestimmen, soll sogleich näher erläutert werden.

Jene aus dem Kohlenstoffgehalte der Gase sich ergebenden Schluss - folgerungen erhalten eine weitere Ausdehnung durch Ermittelung des Verhältnisses zwischen dem Kohlensäure - und Kohlen - oxydgehalte. Durch die Verbrennung der Kohle mit atmosphärischem Sauerstoff vor den Formen entsteht, wie durch sämmtliche vorliegende Gasanalysen nachgewiesen wird und wie aus früher erörterten GründenLedebur, Handbuch. 31482Der Hochofenprocess.leicht erklärlich ist, fast ausschliesslich Kohlenoxyd, und die an ein - zelnen Stellen des Ofenquerschnittes in der Formgegend vielleicht nach - gewiesene Kohlensäure verschwindet um so rascher, je stärker erhitzt der Wind und je leichter verbrennlich der Brennstoff ist. Das Ver - hältniss der Kohlensäure zum Kohlenoxyd ist also in dieser Gegend des Ofens sehr unbedeutend. Bei regelrechtem Verlaufe des Betriebes aber muss dasselbe um so grösser werden, je mehr die Gase sich der Gicht nähern, theils infolge der stattfindenden indirecten Reduction, theils bei kohlensäurehaltiger Beschickung infolge der stattfinden - den Zerlegung von Carbonaten; auch jenes schon erwähnte Zerfallen von Kohlenoxyd in sich ablagernden Kohlenstoff und Kohlensäure in der Nähe der Gicht kann die Ursache einer Zunahme dieses Verhält - nisses sein. Tritt der umgekehrte Fall ein, eine Abnahme des Kohlen - säuregehaltes unter Zunahme des Kohlenoxydgehaltes, so darf man mit Sicherheit auf stattfindende directe Reduction der Erze oder Vergasung von Kohlenstoff durch vorhandene Kohlensäure schliessen.

Der Wasserstoffgehalt der Gase stammt, wie schon erwähnt wurde, theils aus der Feuchtigkeit der Gebläseluft, theils aus dem Wasserstoffgehalte der Brennstoffe. Ersterer entsteht in unmittelbarer Nähe der Formen; tritt also beim Aufsteigen der Gase eine Anreiche - rung ein, so lässt dieselbe auf die zweite Ursache schliessen. Kleine Abminderungen des Wasserstoffgehaltes würden in einzelnen Fällen auf stattgehabte Reduction durch Wasserstoffgas schliessen lassen.

Kohlenwasserstoffe entstehen aus der Zerlegung kohlenwasser - stoffhaltiger Brennstoffe. Auch verkohlte Brennstoffe können noch Kohlen - wasserstoffe entlassen; weit bedeutender ist die Menge derselben natür - lich bei Verwendung roher oder unvollständig verkohlter Brennstoffe. Rinman erhielt bei der Erhitzung von Holzkohle auf 800°C. ein Gasgemisch, welches 20.4 Proc. C H4 enthielt; ebenso fand Bunsen in den aus Holzkohlen durch einfache Erhitzung entwickelten Gasen 11 21 Proc. C H4. Generatorgase aus Holzkohlen enthielten nach Rinman auf 100 Thl. Stickstoff 0.5 Thl. Kohlenwasserstoff. 1)Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 281.In den Hochofengasen findet sich leichtes Kohlenwasserstoffgas (C H4), sofern der Hochofen mit verkohlten Brennstoffen betrieben wurde, in Mengen bis zu etwa 3 Proc., bei Anwendung roher Brennstoffe mitunter bis 8 Proc. oder etwas darüber und zwar, wie leicht erklärlich ist, vor - wiegend in der oberen Hälfte des Ofens. Dass schweres Kohlenwasser - stoffgas (C H2) überhaupt nur in Oefen, welche rohe Brennstoffe erhalten, gefunden werde und sich rasch zersetze, wurde schon früher erwähnt.

So wichtig nun auch die Aufschlüsse sind, welche wir derartigen Untersuchungen verdanken, so darf dennoch ein schon oben angedeu - teter Umstand nicht unerwähnt bleiben, durch welchen allerdings die Richtigkeit der Ermittelungen, sofern sich dieselben nicht allein auf den Verlauf des Processes im Grossen und Ganzen, sondern auch auf Einzel - heiten erstrecken, nicht unwesentlich getrübt werden kann; es ist483Untersuchungen der Gase.dieses die ungleichmässige Vertheilung und Zusammensetzung der Gase innerhalb eines und desselben Ofenquerschnittes. Da in den meisten Oefen, wie schon vielfach erwähnt wurde, eine Anhäufung der Brenn - stoffe an den Wänden, der Erze und Zuschläge in der Mitte eintritt, die Gase aber zumal bei seitlicher Entziehung der Gichtgase das Bestreben besitzen, an den Wänden ihren Weg zu suchen, so wird in den allermeisten Fällen eine Gasprobe aus der Mitte des Ofens sauerstoffreicher sein als eine solche von den Wänden, während diese wiederum einen grösseren Kohlenoxydgehalt als jene besitzt. Der Unter - schied kann ein ganz beträchtlicher sein, und manche Auffälligkeit in der Zusammensetzung der Gase findet ihre ausreichende Erklärung, wenn man diesen Umstand berücksichtigt. 1)Schon früher machten Rinman (Berg - und hüttenm. Zeitung 1865, S. 266), neuerlichst wieder Jaumain (vergl. dessen Abhandlung unter Literatur) auf diesen Umstand aufmerksam.

Die Entziehung der Gasproben pflegt mit Hilfe schmiedeeiserner Röhren bewirkt zu werden, welche man entweder von der Seite her durch Oeffnungen in dem Mauerwerke in den Ofen einschiebt oder von der Gicht aus mit der Beschickung allmählich einsenkt. Um bei der Entnahme von Gasen aus heissen Stellen des Ofens etwaige chemische Einwirkungen derselben auf das Eisen zu verhüten, empfiehlt es sich, innen emaillirte Röhren anzuwenden. 2)Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben etc., Bd. XXI, S. 232.

Beispiele. Schöffel untersuchte 1871 und 1872 die Gase eines mit Holzkohlen betriebenen, der Innerberger Hauptgewerkschaft ge - hörigen Hochofens zu Eisenerz. 3)Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben etc., Bd. XXI, S. 188.Derselbe bestand, wie die meisten alpinen Hochöfen, aus zwei mit der breiten Fläche gegen einander stehenden Kegeln ohne eigentliches Gestell. Die Höhe des ganzen Ofens war 13.3 m, die Höhe des unteren Theiles bis zum Kohlensack 3.8 m, des oberen Theiles also 9.5 m; Durchmesser unten 1.5 m, im Kohlensack 2.6 m, in der Gicht 1.7 m, innerer Durchmesser des ein - gehängten Gichtcylinders (Pfort’schen Gasfanges) 0.9 m; Rauminhalt des ganzen Hochofens 35 cbm. Durch vier Windformen erhielt der Ofen per Minute 35 cbm Wind. Die Beschickung bestand aus ge - rösteten Spatheisenerzen mit ca. 50 Proc. Roheisenausbringen nebst Proc. ihres Gewichtes Zuschlagsthonschiefer und 2 Proc. sogenann - tem Wascheisen (Eisenkörnern aus den Schlacken, welche auf diese Weise wieder zu Gute gemacht werden). Das Erz enthielt noch 12 Proc. Kohlensäure, welche erst im Ofen ausgetrieben werden musste; unmittel - bar aus den Röstöfen, also noch heiss, wurden die Erze in die Hoch - ofengicht eingeschüttet, und es erklärt sich hieraus leicht, dass die Gichttemperatur nahezu 500°C. erreichte, also ausnahmsweise hoch war. Der Ofen lieferte in 24 Stunden 18.5 Tonnen weisses Roheisen nebst ca. 13.5 Tonnen Schlacken und gebrauchte zur Darstellung von 100 kg Roheisen nur ca. 75 kg Holzkohlen. Die Durchsetzzeit für die Beschickung betrug nur etwa 7 Stunden.

31*484Der Hochofenprocess.

Die Gasanalysen lieferten folgende Ergebnisse:1)Wo in der angegebenen Quelle mehrere Bestimmungen angeführt sind, wur - den die Durchschnittsziffern angenommen; einzelne der zahlreichen Bestimmungen, deren Zuverlässigkeit etwas zweifelhaft erschien (8 m und 8.8 m unter der Gicht), wurden ganz ausgelassen.

Betrachtet man zunächst die Zunahme des Sauerstoffgehaltes aus der Beschickung2)Bei der Berechnung desselben wurde angenommen, dass der Wasserstoff - gehalt in der Formgegend von der Feuchtigkeit des Gebläsewindes herrühre, die Anreicherung des Wasserstoffgehaltes beim Aufsteigen der Gase dagegen aus dem Wasserstoffgehalte der Holzkohlen abzuleiten sei., so zeigt sich, wie es dem Verlauf des Processes ent - spricht, eine stetige Zunahme desselben von den Formen an aufwärts bis zur Höhe von 4.4 m unter der Gicht; und zugleich lässt ein Ver - gleich der einzelnen Ziffern erkennen, dass diese Zunahme von den Formen an bis zu der Höhe von 10.1 m unter der Gicht (ungefähr der Gegend des Kohlensackes) sehr rasch, von da an allmählich statt - gefunden hat. Die Reduction ging also vorzugsweise in dem unteren Theile des Hochofens vor sich, ein Umstand, welcher durch gleichzeitig vorgenommene Untersuchung der Erze aus diesem unteren Theile bestätigt wurde und seine ausreichende Erklärung in dem raschen Verlaufe des Processes (der kurzen Durchsetzzeit) findet. Auffällig dagegen muss die Sauerstoffabnahme an der Gicht erscheinen, welche, wie man sieht, mit einer Kohlenstoffabnahme Hand in Hand geht. Theilweise lässt sich dieser Umstand vielleicht auf eine Auf - nahme von Kohlensäure durch den Kalkgehalt der gerösteten Erze zurückführen, zum grösseren Theile aber dürfte er auf einer Ent - mischung des Gasstromes, befördert durch die unterhalb der Gicht stattgehabte Entziehung eines Theils der Gase, beruhen. Jedenfalls deutet die Zusammensetzung der Gase an der Gicht darauf hin, dass eine Reduction der Erze in diesem oberen Theile des Ofens noch nicht stattgefunden hat.

Der Kohlenstoffgehalt der Gase steigt von der Formgegend an aufwärts bis zur Höhe von 10.1 m (Kohlensack), ein Umstand, welcher theils durch die Zersetzung des Restes von Carbonaten erklärt485Untersuchungen der Gase.wird1)In den Erzen wurden in der Höhe von 10.7 m unter der Gicht noch 5 Proc. Kohlensäure gefunden., zugleich aber auch auf wenigstens theilweise directe Reduction oder Vergasung von Kohle durch Kohlensäure hinweist. Dass jedoch neben der directen Reduction auch die indirecte Reduction noch eine bedeutende Rolle in diesem unteren Theile des Ofens spielt und dass nicht alle aus der indirecten Reduction oder dem Zerfallen der Carbo - nate hervorgegangene Kohlensäure wieder zu Kohlenoxyd reducirt wird, beweist die starke Zunahme des Verhältnisses 〈…〉 in eben derselben Gegend.

Von da an bis 5.7 m unter der Gicht bleibt der Kohlenstoffgehalt der Gase annähernd unverändert, während das Verhältniss 〈…〉 all - mählich zunimmt, ein Beweis, dass in dieser Zone des Ofens die indirecte Reduction vorherrschte, wenn auch das Maass derselben nicht sehr be - deutend war. Die stärkere Zunahme des Kohlenstoffgehaltes in dem Raume bis 4.4 m unterhalb der Gicht dürfte auf eine Austreibung des ersten Theiles der in den aufgegichteten Erzen vorhandenen Kohlen - säure zurückzuführen sein; auch die fernere Steigerung des Verhält - nisses 〈…〉 deutet hierauf hin. Die muthmaasslichen Ursachen der Abnahme des Kohlenstoffgehaltes an der Gicht wurden bereits erörtert.

Als ein Beispiel, wie verschiedenartig die Zusammensetzung der Gase an den Wänden und in der Mitte des Ofens zu sein pflegt, mögen die folgenden von Rinman mitgetheilten Ergebnisse dienen, welche bei einem mit gerösteten Magneteisenerzen betriebenen schwedischen Holzkohlenhochofen von 12.02 m Höhe von der Form bis zur Gicht erhalten wurden. 2)Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 226.

Ermittelt man aus diesen Ziffern wiederum den aus der Be - schickung aufgenommenen Sauerstoff, den Kohlenstoffgehalt und das Verhältniss 〈…〉 , so erhält man als Durchschnittswerthe:486Der Hochofenprocess.

Die Ziffern lassen sofort grosse Abweichungen in dem Schmelz - gange des Ofens im Vergleiche mit dem des oben besprochenen Ofens zu Eisenerz erkennen. Der Sauerstoffgehalt der Gase findet hier erst in einer Höhe von fast 7 m über den Formen, also etwas oberhalb der Mitte der ganzen Ofenhöhe eine wesentliche Anreicherung, ein Beweis, dass die Reduction zum grossen Theile in der oberen Hälfte dieses Ofens vor sich geht. Dieser Umstand findet seine Erklärung in dem weit langsameren Verlaufe des Schmelzganges. Wie nämlich aus den a. a. O. mitgetheilten Notizen (3 Windformen à 50 mm Durchmesser, Windspannung 43 mm Quecksilbersäule, Windtemperatur 75°C. ) her - vorgeht, erhielt der Ofen per Minute höchstens 20 cbm Wind1)Die in der angegebenen Quelle gemachte Mittheilung, dass der Ofen in 24 Stunden 59.4 cbm Wind verbraucht habe (Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 247), kann nur auf einem Druckfehler beruhen., also etwa halb so viel als der Eisenerzer Ofen, während der räumliche Inhalt beider Oefen annähernd gleich, das Verhältniss des Erzsatzes zum Brennstoff aber in dem Eisenerzer Ofen etwas höher war als in dem schwedischen. Die Durchsetzzeit der Erze war also erheblich länger, die Gichttemperatur, über welche leider keine Notizen vorliegen, ver - muthlich hoch.

Die Verbrennung des Kohlenstoffs zu Kohlenoxyd durch den Ge - bläsewind verlief ziemlich langsam, wie aus der anfänglichen Abnahme des Verhältnisses 〈…〉 zu ersehen ist und aus der niedrigen Tempe - ratur des Gebläsewindes sich erklärt; dann aber tritt, wie es aus der in der Höhe von 4.38 m beginnenden Zunahme jenes Verhältnisses sich schliessen lässt, indirecte Reduction ein und neben derselben auch theilweise directe Reduction oder Vergasung von Kohlenstoff durch die entstehende Kohlensäure (daher Anreicherung des Kohlenstoffgehaltes in den Gasen).

Veränderungen der festen Körper. Die Untersuchungen hierüber wurden theils in Verbindung mit Gasanalysen, theils für sich allein von Ebelmen, Tunner, Kupelwieser u. A. ausgeführt. Tunner und später Kupelwieser benutzten zur Aufnahme der Erze eine Blechkapsel, mit entsprechenden Durchbohrungen für das Hindurch - ziehen der Gase versehen, welche an einer Kette, bei den späteren Versuchen aber an dem unteren Ende des zur Entnahme der Gas - proben bestimmten Rohres befestigt wurde, nachdem sich ergeben hatte, dass die Kette von den Schmelzmaterialien schneller niedergezogen487Chemische Untersuchungen.wurde, als die Probekapsel nachfolgen konnte. Da die Ergebnisse dieser Versuche, soweit sie für die Erkennung des Hochofenprocesses von Wichtigkeit waren, schon bei Besprechung des letzteren mehrfach er - wähnt wurden, kann auf das dort Gesagte Bezug genommen werden.

b) Untersuchungen der Schmelzmaterialien und Enderzeugnisse.

Sofern man nicht beabsichtigt, den Hochofenprocess in seinen ein - zelnen Stadien zu verfolgen, sondern nur ein Bild von den Umwand - lungen, welche die Schmelzmaterialien im Grossen und Ganzen erfuhren, und zumal Auskunft über die Verwendung erhalten will, welche der Brennstoff im Ofen fand, kann man der mühseligen und aus den erörterten Gründen immerhin etwas zweifelhaften Analysen der Gase, beziehentlich auch der Erze, aus verschiedenen Stellen des Hochofens entbehren; es genügt eine Gegenüberstellung der Zusammensetzung der Schmelzmaterialien Erze, Zuschläge, Brennstoffe und des Gebläse - windes einerseits und der Enderzeugnisse des Roheisens, der Schlacken und der Gichtgase andererseits unter Berücksichtigung der Gewichtsverhältnisse, unter welchen jene dem Hochofen zugetheilt und diese demselben entnommen wurden. Die sämmtlichen Bestand - theile der Materialien müssen in den Erzeugnissen sich wiederfinden; aber die Form, in welcher sie erscheinen, ganz besonders das Ver - hältniss der Kohlensäure zum Kohlenoxyd in den Gichtgasen, ist anders, je nachdem die Reduction der Erze in reicherem oder weniger reichem Maasse durch festen Kohlenstoff statt durch Kohlenoxyd stattfand oder was hinsichtlich der Ausnutzung des Brennstoffs damit gleichbedeu - tend ist je nachdem grössere oder geringere Mengen der bei indi - recter Reduction entstandenen Kohlensäure durch Vergasung von Kohle wieder zu Kohlenoxyd reducirt wurden. Wie viel des in den Gicht - gasen enthaltenen Kohlenoxyds dieser Quelle entstammt und wie viel vor den Formen durch den Gebläsewind gebildet wurde, lässt sich berechnen, wenn jene Unterlagen bekannt sind.

Zu beachten ist auch hierbei, dass die aus der Gicht entwei - chenden Gase an verschiedenen Stellen des Gichtquerschnittes nicht immer die gleiche Zusammensetzung besitzen; sie pflegen sauerstoff - reicher in der Mitte, kohlenstoffreicher am Umfange zu sein, wie leicht erklärlich ist. Ist der Hochofen mit geschlossener Gicht versehen, und werden sämmtliche Gase durch ein gemeinschaftliches Rohr abgeleitet (z. B. bei den Gasfängen von Parry, von Hoff, Langen), so lässt sich eine annähernd richtige durchschnittliche Zusammensetzung erhalten, wenn man aus diesem Rohre die Probe in geeigneter Weise entnimmt1)Gruner benutzte ein Kupferrohr, welches quer durch das Gasableitungsrohr hindurchgeht und innerhalb desselben seiner Länge nach geschlitzt ist, so dass die Gase aus dem ganzen Rohrquerschnitt in das Kupferrohr eintreten können (Analyti - sche Studien über den Hochofen, deutsch von J. H. C. Steffen, S. 23).; entweicht aber ein Theil der Gase aus der Gicht, während ein anderer Theil unterhalb derselben abgeleitet wird, oder wird vielleicht gar ein Theil durch ein eingehängtes Darby’sches Rohr (Centralrohr), ein anderer durch einen Pfort’schen Gasfang abgeleitet, so ist in der That die Gefahr sehr gross, dass die gefundene Zusammensetzung der Gicht -488Der Hochofenprocess.gase von der durchschnittlichen wirklichen Zusammensetzung ganz er - heblich abweiche. 1)Jaumain fand z. B. an einigen Oefen der letzteren Art den Gehalt der Gicht - gase an Kohlensäure und Kohlenoxyd:Vergl. dessen Abhandlung unter Literatur.

Für die Ausführung der Berechnung ist es erforderlich, dass die Zusammensetzung der Gichtgase in Gewichtsprocenten statt, wie sonst üblich, in Raumtheilen angegeben werde. Eine Umrechnung einer nach Raumtheilen ausgeführten Analyse in Gewichtsprocente ist unschwer zu bewirken.

Beispiel der Rechnung. 2)Nach F. Friderici, Oesterr. Ztschr. f. Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 2.In dem mit Holzkohlen betriebenen Hochofen Nr. 2 zu Vordernberg wurde weisses für den Puddelbetrieb bestimmtes Roheisen dargestellt, und es betrug der Verbrauch an Schmelzmaterialien zur Darstellung von 100 kg Roheisen durchschnittlich:

  • Erz212.69 kg
  • Zuschlagsthonschiefer13.90
  • Holzkohle74.00

Die Erze wurden zu etwa ein Drittel im ungerösteten, zu zwei Drittel im gerösteten Zustande verwendet, und die Zusammen - setzung des Erzgemisches (Möllers) excl. des Zuschlagthon - schiefers war folgende:

Zusammensetzung des Zuschlagthonschiefers

489Chemische Untersuchungen und Rechnungen.

Zusammensetzung der Holzkohlen

Eine Zusammenstellung der sämmtlichen dem Hochofen per 100 kg dargestellten Roheisens zugeführten Körper er - giebt also:

1)Bei der Geringfügigkeit des Aschengehaltes ist derselbe vollständig als Alka - lien in Rechnung gestellt, während die Holzkohlenasche in Wirklichkeit neben den Alkalien Kohlensäure u. s. w. enthält.
1)

Diese sämmtlichen Körper müssen sich in dem Roheisen, der Schlacke und den Gichtgasen wiederfinden.

490Der Hochofenprocess.

Das Roheisen enthielt einer angestellten Analyse zufolge:

  • C3.122
  • Si0.152 (entstanden aus der Reduction von 0.33 kg Si O2)
  • Mn2.220 (entstanden aus der Reduction von 3.08 kg Mn3 O4)
  • Fe94.506
  • 100.000

In die Schlacke gehen demnach folgende Bestandtheile:

Die berechnete Zusammensetzung der Schlacke wie das Verhält - niss der Schlackenmenge zum Roheisen (64.38: 100) wurde durch Ana - lyse, beziehentlich durch Wägen der erfolgenden Schlacke geprüft und als ziemlich genau übereinstimmend mit der Wirklichkeit befunden.

Die Analyse der Gichtgase ergab in Gewichtsprocenten (unter Vernachlässigung des Wassergehaltes):

  • CO222.37 mit 6.10 C
  • CO23.84 10.22
  • CH40.37 0.28
  • H0.09
  • N53.33
  • 100.00 mit 16.60 C.

Da per 100 kg darzustellenden Roheisens der oben gegebenen Zu - sammenstellung zufolge der Hochofen insgesammt 68.98 kg Kohlenstoff erhält (aus der Holzkohle und dem Kohlensäuregehalt der Erze), von diesem aber der mitgetheilten Roheisenanalyse zufolge 3.122 kg durch das Roheisen aufgenommen werden, so finden sich in den Gasen 68.98 3.122 = 65.858 kg Kohlenstoff wieder, und die Menge der Gichtgase per 100 kg Roheisen beträgt demnach

  • CO288.76 kg mit 24.22 kg C, 64.54 kg O, kg H
  • CO94.58 40.54 54.04
  • CH41.46 1.09 0.37
  • H0.35 0.35
  • N211.58
  • 396.73 kg mit 65.85 kg C, 118.58 kg O, 0.72 kg H.

Von dem Kohlensäuregehalte dieser Gase entstammten, wie oben nachgewiesen wurde 19.05 kg aus der Beschickung; 88.76 19.05 = 69.71 kg gingen mithin aus der Reduction der Erze durch Kohlenoxyd hervor, und es wurden hierbei 4 / 11 69.71 = 25.35 kg Sauerstoff den Erzen entzogen. Die Gesammtmenge des Sauerstoffs, welche bei der Reduction den Erzen entzogen wurde, betrug aber:

491Chemische Untersuchungen und Rechnungen.
  • An Eisen gebundener Sauerstoff 39.22 0.4738.75 kg
  • Mangan gebundener Sauerstoff 2.95 1.591.36
  • Silicium gebundener Sauerstoff 11.38 11.210.17
  • 40.28 kg.

Von dem gesammten Sauerstoffgehalte der reducirten Körper wur - den mithin

  • durch indirecte Reduction25.35 kg oder 62 Proc.
  • directe Reduction (beziehentlich unter Wie - derreduction der entstandenen Kohlensäure zu Kohlenoxyd) 14.93 38
  • 40.28 kg oder 100 Proc.

denselben entzogen.

In derselben Weise kann man sich über das Verhalten der übrigen Körper Rechenschaft geben.

  • Der gesammte Sauerstoffgehalt der Gichtgase beträgt per 100 kg Roheisen118.58 kg
  • Hiervon entstammen dem Reductionsprocesse40.28 kg
  • Kohlensäuregehalte der Erze und Holz - kohlen13.85
  • Kohlenoxydgehalte der Holzkohlen0.57
  • 54.70
  • Mithin sind durch den Gebläsewind zugeführt63.88 kg,

wobei allerdings der aus der Feuchtigkeit des Gebläsewindes stammende Sauerstoff - gehalt unberücksichtigt geblieben ist. 1)Derselbe würde sich aus dem Wasserstoffgehalte der Gichtgase nach Abzug des aus den Brennstoffen stammenden Wasserstoffgehaltes ermitteln lassen; jedoch scheint in der Bestimmung dieser Wasserstoffgehalte in dem vorliegenden Beispiele eine kleine Unrichtigkeit obzuwalten. Es beträgt nämlich der Gesammt-Wasserstoffgehalt der Gichtgase per 100 kg Roheisen0.72 kgDavon stammen:aus dem CH4 der Holzkohlen0.14 kg H 0.05 0.19 mithin bliebe für die Feuchtigkeit der Gebläseluft0.53 kg Hentsprechend 4.24 kg H2 O, was offenbar zu hoch ist. Sofern die Richtigkeit der Analysen, insbesondere die Bestimmung des Wasser - stoffgehaltes der Holzkohle vollständig richtig wäre, würde man auf eine Zerlegung von Feuchtigkeit aus der Beschickung schliessen müssen.

Jene 63.88 kg Sauerstoff entsprechen 〈…〉 100 = 277.7 kg oder 215.2 cbm atmosphärischer Luft per 100 kg Roheisen. Die Menge des in 24 Stunden erzeugten Roheisens betrug 15000 kg, also per Minute 10.4 kg; mithin Windmenge per Minute 〈…〉 = 22.4 cbm.

Ein annähernd gleiches Ergebniss ergiebt natürlich die Berechnung aus dem Stickstoffgehalte der Gichtgase. Dieselben enthalten per 100 kg dargestellten Roheisens 211.58 kg oder 169.2 cbm Stickstoff, welche 〈…〉 100 = 214.2 cbm atmosphärischer Luft entsprechen; mithin Wind - menge per Minute 〈…〉 = 22.2 cbm.

492Der Hochofenprocess.

Eine Berechnung der Windmenge aus Düsenquerschnitt und Wind - spannung nach den Hauer’schen Tabellen ergab in dem vorliegenden Falle 23 cbm per Minute.

Temperaturbestimmungen.

Neben den besprochenen chemischen Untersuchungen sind Tempe - raturbestimmungen in verschiedenen Gegenden des Hochofens nicht selten als Mittel benutzt worden, den Gang des Ofens zu beurtheilen. In der That sind derartige Ermittelungen nicht unwichtig; denn da jede der verschiedenen Reactionen im Hochofen auch einer gewissen Temperatur bedarf es möge nur auf den früher besprochenen Ein - fluss der Temperatur auf den Reductionsprocess der Erze hingedeutet werden so lassen sich aus den gefundenen Temperaturen und aus den Temperaturunterschieden an verschiedenen Stellen eines und des - selben Hochofens auch Schlüsse auf den Verlauf des Processes ziehen.

Immerhin stellen sich der Bestimmung der Temperatur in einem bestimmten Ofenquerschnitte ähnliche Schwierigkeiten entgegen wie der Entnahme richtig zusammengesetzter Durchschnittsproben der Gase. Die Temperatur am Umfange des Ofens ist oft eine erheblich andere als in der Mitte, bisweilen höher, bisweilen niedriger, wie sich aus der ungleich - mässigen Vertheilung der Materialien und Gase erklärt. Ein anderer Umstand kommt hinzu, den Werth der bis jetzt vorliegenden Tempe - raturbestimmungen abzumindern. Man bediente sich für dieselben fast regelmässig bestimmter Metalllegirungen, welche in einem Eisenstabe befestigt waren und nach deren Abschmelzen man die Temperatur be - urtheilte; die Schmelztemperaturen dieser Legirungen aber waren nicht durch unmittelbare Bestimmung gefunden sondern berechnet, und die entfallenden Werthe theilweise entschieden zu hoch.

Von den Temperaturänderungen jedoch innerhalb eines und des - selben Hochofens geben derartige Untersuchungen ein ganz anschauliches Bild, selbst wenn die Ziffern im Einzelnen Zweifel verdienen.

Beispiele.

In dem mit gerösteten, heiss aufgegichteten Spatheisensteinen be - triebenen Holzkohlenhochofen zu Eisenerz, dessen Abmessungen und Betriebsverhältnisse auf S. 483 besprochen wurden, fand Kupelwieser folgende Temperaturen:

Für Weisseisendarstellung, wie in dem in Rede stehenden Ofen, ist vor den Formen eine nur mässige Temperatur erforderlich, welche von da an, wie in jedem Hochofen, zunächst rasch unter die Schmelz - temperatur des Eisens und der Schlacke sinkt, dann aber in dem vorliegenden Falle sehr allmählich abnimmt. Die Erklärung für diese sehr langsame Abnahme der Temperatur liefert der Umstand, dass die Erze heiss aufgegichtet wurden.

Einen entschiedenen Gegensatz zu diesem Ofen hinsichtlich der493Temperaturbestimmungen.herrschenden Temperaturen wie der Betriebsverhältnisse überhaupt bildet ein auf graues Roheisen betriebener Holzkohlenhochofen zu Rothe - hütte am Harz, dessen Temperaturen durch Jüngst gemessen wurden. 1)Ztschr. f. Berg -, Hütten - und Salinenwesen im Preussischen Staate, Bd. XIX.Die Abmessungen dieses Hochofens ergeben sich aus der Abbildung Fig. 79 auf S. 340; es sei deshalb nur erwähnt, dass die Höhe von der Formebene bis zur Gicht 13 m betrug. Zur Verhüttung gelangten Roth - und Brauneisenerze mit einem durchschnittlichen Eisengehalte von 30 Proc.; die Windtemperatur betrug 300°C., die Production in 24 Stun - den 4.5 Tonnen Roheisen (also nur etwa ein Viertel von der Production des Eisenerzer Hochofens, während der räumliche Inhalt beider Oefen annähernd gleich war).

Die Temperaturmessungen ergaben:

Vor den Formen herrscht, wie es zur Darstellung grauen Roh - eisens erforderlich ist, eine höhere Temperatur als in dem zuerst be - sprochenen Hochofen; aber rascher als dort nimmt dieselbe ab und sinkt schon bei etwas mehr als einem Drittel der Ofenhöhe auf das auffallend niedrige Maass von 360°C. Die grössere Hälfte des Ofens dient also für die Vorbereitung der Erze, d. h. die Austreibung des Wassergehaltes; erst bei 5.4 m Höhe über der Form, 7.6 m unterhalb der Gicht, in welcher Gegend eine Temperatur von 230°C. oder etwas darüber herrscht, kann die Reduction beginnen, wird aber hier immer - hin noch auf ein unbedeutendes Maass beschränkt bleiben, und die grösste Menge des Sauerstoffes wird erst innerhalb der Rast inner - halb des Raumes, welcher 2 4 m über der Form liegt entzogen. Aus diesem Grunde muss die Durchsetzzeit lang, die Production ent - sprechend gering sein. Durch Beschleunigung des Ofenganges, d. h. durch Vermehrung der zugeführten Windmenge würde vermuthlich eine Steigerung der Production zu erreichen gewesen sein, nicht aber ohne Vermehrung des Brennstoffverbrauches per 100 kg dargestellten Roheisens. Die Gase würden heisser die Ofengicht verlassen und dem - nach mehr Wärme mitgeführt haben, die directe Reduction wäre ver - mehrt worden; dieser grössere Wärmeverbrauch hätte eben durch jene Erhöhung des Brennstoffaufwandes gedeckt werden müssen, wenn nicht Rohgang die Folge sein sollte.

Als letztes Beispiel mögen die Temperaturbestimmungen eines mit Koks auf gewöhnliches Weisseisen betriebenen Hochofens zu Gleiwitz dienen. 2)Ztschr. f. Berg -, Hütten - und Salinenwesen im Preussischen Staate, Bd. XXII, S. 289 (Wiebner).Der Ofen maass 13.6 m von der Formebene bis zur Gicht; Durchmesser in der Formebene 2.56 m, im Kohlensack 5.34 m, in der Gicht 3.92 m, Rauminhalt des Ofens 215 cbm. Die Windtemperatur betrug 350°C., Windmenge ca. 150 cbm per Minute. Die Beschickung bestand per Gicht aus 180 kg Frischschlacken, 135 kg Brauneisenstein, 135 kg Spatheisenstein (von letzterem die Hälfte roh, die andere Hälfte494Der Hochofenprocess.geröstet) nebst 165 kg Zuschlagskalkstein. Die Durchsetzzeit war fast 24 Stunden, die Production in 24 Stunden 36 Tonnen, der Koksver - brauch zur Darstellung von 100 kg Roheisen 155 kg.

Die gemessenen Temperaturen waren folgende (in Graden Celsius):

Die Ergebnisse bieten insbesondere durch den Umstand Interesse, dass sie die Temperaturunterschiede an verschiedenen Stellen desselben Ofenquerschnittes erkennen lassen. In der Mitte und unmittelbar an den Wänden herrschte ziemlich regelmässig die höchste Temperatur und dazwischen befand sich ein kühlerer Ring. In dem oberen Theile des Ofens aber zeigte sich auch an den Wänden eine rascher fort - schreitende Abkühlung als in der Mitte des Ofens.

Letztere Erscheinung lässt sich aus dem Umstande erklären, dass beim Aufgichten die Erze mehr an dem Umfange, die Koks mehr in der Mitte des Ofens angehäuft wurden; erstere aber verbrauchen wegen ihres grösseren Wassergehaltes sofort reichlichere Wärmemengen als letztere. Die höhere Temperatur an den Ofenwänden im Vergleich zu der Temperatur zwischen Wand und Ofenmitte findet ihre Erklärung aus dem Bestreben der Gase, an den Wänden aufzusteigen.

Die Ziffern im Ganzen zeigen eine noch allmählichere Temperatur - abnahme von unten nach oben als bei dem zuerst besprochenen, eben - falls auf Weisseisen betriebenen Holzkohlenhochofen. In letzterem wurden ausschliesslich leicht reducirbare reiche Erze verhüttet und der Brennstoffverbrauch war deshalb aussergewöhnlich niedrig; die Be - schickung des Gleiwitzer Ofens bestand zum grossen Theile aus schwer reducirbaren Frischschlacken, auch der Eisengehalt der Beschickung war geringer, und der Brennstoffverbrauch war demzufolge hoch; die grössere Menge Brennstoffe aber entwickelt eine entsprechend grössere Menge Gase, welche langsamer abgekühlt werden. Erst die Austreibung des Wassers unterhalb der Gicht hat hier eine rasche Abnahme der Temperatur zur Folge.

3. Die Wärmebilanz des Hochofens.

Der Hochofen empfängt Wärme, beziehentlich das Material zur Erzeugung derselben; er verbraucht die empfangene Wärme für die Durchführung des Hochofenprocesses, und ein Theil der letzteren geht mit den austretenden Gichtgasen, durch Ausstrahlung der Wände u. s. w. verloren.

Durch Gegenüberstellung der Wärmeeinnahme und Wärmeausgabe, deren Gesammtbeträge sich natürlicherweise decken müssen, erhält man die Wärmebilanz.

495Die Wärmebilanz des Hochofens.

Die Aufstellung einer solchen Wärmebilanz zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Betriebsverhältnissen besitzt nicht allein theore - tisches Interesse. Wie der Geschäftsmann über den Stand seines Ge - schäfts, über die Ursachen, welche Mindererträge oder Verluste in dem einen Falle, reichere Erträge in dem andern Falle herbeiführten, erst einen klaren Ueberblick erhält, indem er die stattgehabten Einnahmen und Ausgaben, nach Conten oder Titeln geordnet, in der Bilanz ein - ander gegenübergestellt und nun die Beträge, welche jene Conten unter verschiedenen Verhältnissen erreichten, vergleicht, so erhält auch der Eisenhüttenmann durch die Wärmebilanz seines Hochofens erst ziffern - mässige Belege für die Ursachen der Abweichungen in dem Brenn - stoffverbrauche zu verschiedenen Zeiten oder unter verschiedenen Ver - hältnissen. Die Wärmebilanz zeigt ihm in solcher Weise den Weg, ungünstig wirkende Einflüsse zu beseitigen, oder bewahrt ihn in anderen Fällen vor erfolglosen Versuchen.

Für die Aufstellung der Wärmebilanz ist, wie für die Erkennung der Vorgänge im Ofen, die Analyse der sämmtlichen Materialien und Erzeugnisse und die Kenntniss von den gegenseitigen Gewichtsverhält - nissen erforderlich, in welchen dieselben verbraucht und gewonnen werden; ausserdem bedarf man der Werthe für die Wärmemengen, welche bei der Oxydation der einzelnen in Betracht kommenden Körper gewonnen, bei der Reduction verbraucht werden und auf S. 20 23 aufgeführt wurden; findet eine Zerlegung von Carbonaten oder anderer chemischer Verbindungen statt, so muss die hierfür erforderliche Wärme berücksichtigt werden; ferner muss die specifische Wärme des Gebläse - windes und der Gichtgase sowie die Temperatur bekannt sein, mit welcher der erstere dem Ofen zugeführt wird und die letzteren denselben verlassen; und endlich müssen die Wärmemengen ermittelt werden, welche von dem Roheisen und den Schlacken beim Verlassen des Ofens mitgenommen werden.

Die hierfür erforderlichen Ziffern, soweit sie nicht schon in Früherem mitgetheilt wurden, sind folgende.

Zerlegungswärme der Carbonate. Kohlensaurer Kalk (Kalk - stein) erfordert nach Thomsen, um in Kalk und Kohlensäure zerlegt zu werden, per 1 kg des ursprünglichen Materials 425 W. -E. 1)Wagner’s Jahresbericht für chemische Technologie 1880, S. 397. Schinz fand, indem er Kohlensäure in gelöschten Kalk einleitete, welcher in Wasser sich befand, nur eine Wärmeentwickelung von 251 W. -E. per 1 kg Kohlensäure, welche von dem Kalke aufgenommen wurde, scheint hierbei aber den Wärmeverbrauch zur Zerlegung des vorhandenen Hydrats unberücksichtigt gelassen zu haben.Da 1 Gewichtstheil Calciumcarbonat 0.56 Ca O und 0.44 C O2 enthält, so beträgt der Wärmeverbrauch, um 1 kg Kohlensäure auszutreiben, 943 W. -E.

Ueber die Zerlegungswärme des kohlensauren Eisens (Spatheisen - steins u. s. w.) liegen bislang leider keine Ermittelungen vor; wo dieser Fall vorkommt, wird man deshalb vorläufig einen gleichen Wärmever - brauch per Gewichtseinheit ausgetriebener Kohlensäure wie bei der Zer - legung des Kalksteins annehmen müssen.

Auch die Zerlegungswärme der Hydrate des Eisens ist mit Sicherheit nicht bekannt. Die verhältnissmässig geringe Neigung des496Der Hochofenprocess.Eisenoxyds, das gebundene Wasser festzuhalten, lässt darauf schliessen, dass die eigentliche Verbindungs - beziehentlich Zerlegungswärme nicht sehr beträchtlich sei; wohl aber erfordert die Verdampfung des Wassers, welches in den Erzen im festen Zustande vorhanden war, eine be - deutende Wärmemenge, welche in Rechnung gestellt werden muss. 1 kg Wasser erfordert, um aus dem festen in den flüssigen Zustand übergeführt zu werden, 79 W. -E., um aus dem flüssigen Zustande in Dampfform übergeführt zu werden 536 W. -E., im Ganzen also 615 W. -E. Als gesammte Zerlegungswärme der Brauneisenerze incl. der Wärme zur Verdampfung des entstehenden Wassers wird man demnach etwa 700 W. -E. per 1 kg verflüchtigtes Wasser zu rechnen haben.

Ueber die Bildungs - und Zerlegungswärme der Silikate liegen keine Ermittelungen vor, und man pflegt dieselbe zu vernach - lässigen.

Specifische Wärme

  • des Wasserdampfes0.480 (Regnault)
  • der atmosphärischen Luft0.237
  • des Kohlenoxydes0.245
  • der Kohlensäure0.216
  • des Wasserstoffes3.409
  • des Grubengases0.593
  • des Stickstoffes0.243
  • der Gichtgase durchschnittlich0.237.

Die von dem flüssigen Roheisen, sowie den Schlacken mitgeführte Wärme würde sich in jedem einzelnen Falle durch Eingiessen einer bestimmten Menge derselben in Wasser ermitteln lassen; Gruner fand bei derartigen Versuchen1)Gruner-Steffen, Analytische Studien über den Hochofen, S. 129.:

  • die von grauem Roheisen mitgeführte Wärme280 285 W. -E.
  • weissem 260 265
  • der Schlacke bei Graueisendarstellung mitgeführte Wärme500
  • der Schlacke bei Weisseisendarstellung mitgeführte Wärme450

In den meisten Fällen dürften diese Ziffern der Wahrheit aus - reichend nahe kommen, um ohne Anstellung besonderer Versuche be - nutzbar zu sein.

Für die Aufstellung der Wärmebilanz ist ein Studium der Zwi - schenreactionen im Hochofen, bei welchen Wärme erzeugt oder ver - braucht wird, nicht erforderlich. 1 kg Kohlenstoff giebt in allen Fällen bei der Verbrennung zu Kohlenoxyd als Enderzeugniss die nämliche Wärmemenge, gleichviel, ob derselbe sofort vollständig zu Kohlenoxyd verbrannt wurde oder ob erst die Hälfte desselben Kohlensäure bildete, welche dann unter Umwandlung in Kohlenoxyd die zweite Hälfte der Kohle vergaste. 1 kg Eisenoxyd bedarf, um zu metallischem Eisen reducirt zu werden, in allen Fällen die gleiche Gesammtwärme, gleich - viel, ob die Reduction sofort vollständig oder erst unter Bildung von497Die Wärmebilanz des Hochofens.Zwischenstufen vor sich ging, gleichviel auch, ob sie durch Kohlenoxyd oder durch feste Kohle erfolgte; denn der Unterschied in dem Wärme - verbrauche bei indirecter und directer Reduction liegt allein in dem Umstande, dass bei ersterer Kohlensäure, bei letzterer Kohlenoxyd als Enderzeugniss der Verbrennung des Reductionsmittels hervorgeht. Daher genügt, wie schon oben erwähnt wurde, die Zusammensetzung der Materialien und Enderzeugnisse des Hochofenprocesses.

Da aber in den meisten Fällen der Wasserstoff - und Kohlenwasser - stoffgehalt der Gichtgase für die Wärmebildung wenig oder gar nicht in Betracht kommen, so ist auch eine vollständige Analyse der Gicht - gase nicht einmal unbedingt erforderlich; es genügt worauf Gruner zuerst aufmerksam machte1)Annales des mines, sér. VII, t. II, p. 18; Gruner-Steffen, Analytische Studien, S. 15. das Verhältniss 〈…〉 in den Gicht - gasen zu kennen, um die übrigen erforderlichen Ziffern daraus abzu - leiten. Man weiss, wie viel Brennstoff und wie viel Beschickung zur Darstellung von 1 kg Roheisen verbraucht wurden; weiss ferner aus der Analyse dieser Körper, wie viel Kohlenstoff durch dieselben dem Ofen zugeführt wurde; endlich, wie viel dieses Kohlenstoffs von dem erzeugten Roheisen aufgenommen wurde. Aller übrige Kohlenstoff muss in den Gichtgasen sich wiederfinden. Das Gewicht desselben (per 1 kg Roheisen) sei = p, das Gewicht des in den Gichtgasen per 1 kg er - zeugten Roheisens enthaltenen Kohlenoxydes = y, das durch Analyse ermittelte Verhältniss 〈…〉 = m (also das Gewicht der Kohlensäure = m y), so ergeben sich folgende einfache Beziehungen: 〈…〉 〈…〉

Man erhält hierdurch das absolute Gewicht des in den Gichtgasen enthaltenen Kohlenoxydes wie der Kohlensäure per 1 kg erzeugten Roh - eisens und ist mit Hilfe dieser Ziffern befähigt, die Wärmebilanz auf - zustellen.

Erstes Beispiel. Bei dem Holzkohlenhochofen zu Vordernberg, dessen Be - triebsverhältnisse zum grossen Theil schon auf S. 488 besprochen wurden, stellt sich die Wärmebilanz folgendermaassen:

1) Wärmeeinnahme.

a) Durch Verbrennung von Kohlenstoff. Der verbrannte Kohlenstoff gleich - viel ob er durch atmosphärischen Sauerstoff oder durch den Sauerstoff der Erze ver - brannt wurde findet sich in den Gichtgasen theils als C O2, theils als C O. Wie schon durch die früher angestellte Berechnung (S. 490) nachgewiesen wurde, ent - hielten die Gichtgase per 1 kg2)Zur Vermeidung allzu grosser Ziffern ist die Wärmebilanz auf 1 kg Roheisen bezogen, während die frühere Berechnung die Darstellung von 100 kg Roheisen be - traf. Eine Division jener früheren Ziffern durch 100 giebt sofort die für die vor - liegende Rechnung entfallenden Werthe. dargestellten Roheisens 0.8876 kg Kohlensäure, vonLedebur, Handbuch. 32498Der Hochofenprocess.welcher 0.1905 kg unmittelbar aus der Beschickung stammte; für die Verbrennung der Kohle hinterbleibt 0.6971 kg Kohlensäure, entsprechend 0.1901 kg Kohlenstoff.

Der Kohlenoxydgehalt der Gichtgase per 1 kg dargestellten Roheisens betrug 0.9458 kg, wovon 0.01 kg der Holzkohle entstammten; durch Verbrennung von Kohle entstanden also 0.9358 kg Kohlenoxyd, entsprechend 0.4011 kg Kohlenstoff.

Daher lieferte der verbrennende Kohlenstoff Wärme:

  • 0.1901 kg zu Kohlensäure verbrennend à 8080 W. -E. 1536 W. -E.
  • 0.4011 Kohlenoxyd à 2473 992
  • Summa 2528 W. -E.

b) Durch den erhitzten Wind. Die durch Messung gefundene Temperatur desselben war 300°C., die Menge per 1 kg erzeugten Roheisens, wie auf S. 491 be - reits berechnet, 2.777 kg, die specifische Wärme 0.237; mithin die von dem Winde mitgebrachte Wärme 2.777. 0.237. 300 = 198 W. -E. Hierbei ist der Feuchtigkeits - gehalt des Windes ausser Acht gelassen; die hieraus entstehende Abweichung ist jedoch unwesentlich.

2. Wärmeausgabe.

  • a) Zur Reduction.
    • 0.8215 kg Fe (vergl. S. 489) aus Fe2 O3 reducirt, erforderten 0.8215 × 1796
      1)S. 22.
      1)1475 W. -E.
    • 0.1403 0.0167 = 0.1236 kg Fe aus Fe O reducirt erforder - ten 0.1236 × 1352167
    • 0.0222 kg Mn aus Mn3 O4 reducirt erforderten 0.0222 × 2100
      2)Die Wärmeentwickelung bei der Verbrennung von Mn zu Mn3 O4 ist hypo - thetisch. Vergl. S. 23.
      2)46
    • 0.0015 kg Si aus Si O2 reducirt erforderten 0.0015 × 783012
    • 1700 W. -E.
  • b) Von dem Roheisen mitgenommene Wärme per 1 kg265 W. -E.
  • c) Von der Schlacke mitgenommene Wärme. Die Menge der erfol - genden Schlacke betrug per 1 kg Roheisen 0.6438 kg (S. 490); also mit - genommene Wärme 0.6438 × 450260
  • d) Durch die Gichtgase mitgenommene Wärme. Die Menge der Gichtgase per 1 kg Roheisen ist 3.967 kg (S. 490); ihre durch Messung gefundene Temperatur 173°C. ; ihre specifische Wärme durchschnittlich 0.237 (für sehr genaue Rechnungen würde man die von den einzelnen Bestandtheilen mitgeführte Wärme getrennt berechnen müssen). Gesammte mitgenommene Wärme 3.967 × 173 × 0.237188
  • e) Zur Verdampfung des Wassergehaltes und Erhitzung des Wasserdampfes auf die Temperatur der Gichtgase erforderliche Wärme. Der Wassergehalt der Beschickung und der Kohlen ist als hygroskopi - sche Feuchtigkeit zugegen und beträgt per 1 kg Roheisen 0.1514 kg (S. 489). Bei einer Durchschnittstemperatur der aufgegebenen Materialien von 7°C. musste dieser Wassergehalt um 93°C. erhitzt und dann verdampft wer - den; die hierzu erforderliche Wärme ist (93 × 536) 0.1514 =95 W. -E.
  • Hierzu kommt die zur Höhererhitzung des Wasserdampfes erforderliche Wärme: 0.1514 × 73 × 0.485
  • 100 W. -E.
  • f) Zur Zerlegung der Carbonate erforderliche Wärme. Aus den Erzen wurden per 1 kg Roheisen 0.1664 kg Kohlensäure ausgetrieben; also Wärmeverbrauch 0.1664 × 943 =157 W. -E.
  • g) Zur Erwärmung des Kühlwassers der Formen verbrauchte Wärme. 4 Formen gebrauchten per Minute 6 l Wasser, dessen Tempe - ratur um 13°C. stieg; und da per Minute 10.4 kg Roheisen erzeugt wur - den, so entfallen per 1 kg Roheisen 0.58 l Wasser; also Wärmeverbrauch 0.58 × 137 W. -E.
499Die Wärmebilanz des Hochofens.

Wärmebilanz.

Zweites Beispiel. In einem mit Koks betriebenen Hochofen zu Ormesby von 23.2 m Höhe, 584 cbm Inhalt wurden in 24 Stunden 63000 kg graues Roheisen Nr. 3 erzeugt. 1)Die Betriebsdaten sind theils Gruner’s mehrfach erwähnter Abhandlung (Annales des mines, sér. VII, t. II, p. 52), theils den Mittheilungen von L. Bell (Bell-Tunner, Entwickelung und Verwendung der Wärme in Eisenhochöfen) ent - nommen. Obgleich die Ziffern grossentheils nur Annäherungswerthe darstellen, so dürften sie doch ausreichend sein zur Erreichung des Zweckes: den Wärmever - brauch in einem grossen mit Koks auf graues Roheisen betriebenen Hochofen dem Wärmeverbrauche des zuerst besprochenen Hochofens gegenüber zu stellen.Zur Darstellung von 1 kg Roheisen war erforderlich:

  • 1.1 kg Koks mit 92.5 Proc. Kohle; also Verbrauch an Kohlenstoff per 1 kg Roh - eisen 1.017 kg.
  • 2.44 Erz (gerösteter Blackband, dessen Eisengehalt bei der Röstung in Fe2 O3 übergegangen war).
  • 0.625 Kalkstein mit 43 Proc. Kohlensäure, d. i. mit 0.073 kg Kohlenstoff, 0.197 kg Sauerstoff; also verflüchtigte Kohlensäure per 1 kg Roheisen 0.27 kg. Die Menge der per 1 kg Roheisen erfolgenden Schlacke betrug 1.48 kg. Windtemperatur 780°C. Gichttemperatur 412°C. Verhältniss 〈…〉 (m, vergl. S. 497) = 0.542.

Die durchschnittliche Zusammensetzung des erzeugten Roheisens, welche in der genannten Quelle nicht mitgetheilt ist, wird, der gewöhnlichen Zusammensetzung des Clevelandroheisens Nr. III entsprechend, folgendermaassen angenommen werden können:

  • C3.4 Proc.
  • Si1.2
  • Mn0.5
  • P1.3
  • Fe93.6
  • 100.0 Proc.

Der Hochofen erhielt per 1 kg dargestellten Roheisens Kohlenstoff:

  • aus den Koks1.017 kg
  • dem Kalkstein0.073
  • 1.090 kg
  • Von dem Roheisen aufgenommene Kohle0.034
  • mithin in den Gichtgasen enthalten1.056 kg
  • Die Menge des Kohlenoxydes in den Gichtgasen per 1 kg Roheisen (S. 497) ist also 〈…〉 1.831 kg
  • Kohlensäure in den Gichtgasen m y = 0.542. 1.831 =0.992

Hieraus wird in folgender Weise die Gesammtmenge der Gichtgase und das Gewicht des dem Ofen zugeführten Gebläsewindes abgeleitet.

32*500Der Hochofenprocess.
  • Der gesammte Sauerstoffgehalt der Gichtgase beträgt: Sauerstoff in 1.831 kg C O1.046 kg
  • 0.999 C O20.721
  • 1.767 kg

Hiervon entstammte der Beschickung:

  • aus der Kohlensäure des Kalksteines0.197 kg
  • Reduction von 1.337 kg Fe2 O3 zu 0.936 kg Fe0.401
  • Reduction von 0.025 kg Si O2 zu 0.012 kg Si0.013
  • Reduction von 0.007 kg Mn O zu 0.005 kg Mn0.002
  • Reduction von 0.029 kg P2 O5 zu 0.013 kg P0.016
  • 0.629
  • mithin durch den Gebläsewind zugeführt1.138 kg

Diese 1.138 kg Sauerstoff führten Stickstoff in den Ofen 〈…〉 1.138 = 3.810; also

  • Gewicht des trockenen Gebläsewindes per 1 kg Roheisen 1.138 + 3.8104.948 kg
  • Gewicht der trockenen Gichtgase per 1 kg Roheisen:
    • C O1.831
    • C O20.992
    • N3.810
    • 6.633 kg

1) Wärmeeinnahme.

  • a) Durch Verbrennung von Kohlenstoff. Die Gichtgase enthalten per 1 kg Roh - eisen 0.992 kg C O2; hiervon entstammen 0.197 kg der Beschickung; mithin sind 0.795 kg durch Verbrennung von Kohle erzeugt. 0.795 kg C O2 entsprechen 0.217 kg Kohle. Im Ganzen ist Kohlenstoff verbrannt 1.017 0.034 = 0.983 kg; hiervon ab jene 0.217 kg, welche zu C O2 verbrannten, giebt 0.766 kg für die Verbrennung zu C O.
  • Also Wärmeerzeugung:
    • Durch Verbrennung zu C O2 0.217 × 80801753 W. -E.
    • C O 0.766 × 24731894
    • 3647 W. -E.
  • b) Durch den erhitzten Wind. 4.948 kg auf 780°C. erhitzter Wind führten Wärme in den Ofen 4.948 × 780 × 0.237914 W. -E.

2) Wärmeausgabe.

  • a) Zur Reduction.
    • 0.936 kg Fe aus Fe2 O3 reducirt 0.936 × 17961681 W. -E.
    • 0.012 Si aus Si O2 reducirt 0.012 × 783094
    • 0.005 Mn aus Mn O reducirt 0.005 × 200010
    • 0.013 P aus P2 O5 reducirt 0.013 × 5760 (S. 23) 75
    • 1860 W. -E.
  • b) Von dem grauen Roheisen mitgenommene Wärme (S. 496) 280 W. -E.
  • c) Von der Schlacke mitgenommene Wärme. Die Menge der Schlacke betrug 1.48 kg; die Wärme derselben per kg 500 W. -E. (S. 496); also Gesammtwärme 1.48 × 500740
  • d) Durch die Gichtgase mitgenommene Wärme 6.633 × 412 × 0.237647
  • e) Zur Verdampfung und Ueberhitzung des Wassergehaltes der Beschickung. Die hygroskopische Feuchtigkeit der Erze ist nicht angegeben, dürfte aber auf 4 Proc. des Erzgewichtes zu schätzen sein; Feuchtigkeit der Koks Proc. Es wurden also Wasser verdampft501Die Wärmebilanz des Hochofens.
    • aus 2.44 kg Erz0.097 kg
    • 1.10 Koks0.028
    • 0.125 kg
    • Verdampfungswärme 0.125 (90 + 536) 78 W. -E.
    • Für die Ueberhitzung auf 412°: 312 × 0.125 × 0.48 18 96 W. -E.
  • f) Zur Zersetzung des Kalksteines 0.27 × 943254 W. -E.

Wärmebilanz.

In dem mit Koks auf graues Roheisen betriebenen Hochofen sind fast sämmtliche Ausgabeposten höher; und die Erklärung dafür lässt sich in den Verschiedenheiten der Betriebsverhältnisse finden.

Der Wärmeverbrauch für die Reduction ist höher, weil die Re - duction des in dem grauen Roheisen enthaltenen Siliciums, Mangans und Phosphors grössere Wärmemengen verbraucht. Die von dem ge - bildeten Roheisen aus dem Hochofen mitgenommene Wärme aber ist bei grauem Roheisen ohnehin beträchtlicher als bei Weisseisen, wenn auch der Unterschied nicht gross ist.

Ein weit erheblicherer Unterschied zeigt sich bei der von den Schlacken mitgenommenen Wärme, welche bei der Graueisendarstellung mit Koks fast dreimal so hoch sich beziffert als bei der Weisseisen - darstellung. Der Grund liegt in dem Umstande, dass die Clevelanderze und die Koksasche nicht allein an und für sich schon mehr schlacken - gebende Bestandtheile enthalten als die Erze und Holzkohlenasche des Vordernberger Ofens, sondern auch einer noch grösseren Menge Zu - schläge bedürfen, damit die für Graueisendarstellung erforderliche basi - sche Beschaffenheit der Schlacke entstehe. Die Schlackenmenge bei der Graueisendarstellung ist also mehr als doppelt so gross als in dem andern Hochofen; jedes Kilogramm Schlacke bei dem ersteren Betriebe nimmt aber auch mehr Wärme aus dem Ofen mit fort als bei dem letzteren.

Aehnlich ist es bei der durch die Gichtgase entführten Wärme. Zur Deckung des Wärmeverbrauches für Reduction, Schlackenschmelzen u. s. w. erfordert der auf graues Roheisen betriebene Kokshochofen eine grössere Wärmemenge als der andere, welche durch erhöhten Brenn - stoffverbrauch erzeugt wird. Die Menge der Gichtgase und somit auch die von ihnen mitgenommene Wärmemenge ist demnach grösser.

Die grössere Menge Kohlensäure in der Beschickung des auf graues Roheisen betriebenen Hochofens erfordert auch eine grössere Wärmemenge zu ihrer Austreibung.

502Der Hochofenprocess.

Der Unterschied in dem Wärmeverbrauche für Kühlwasser und Ausstrahlung erklärt sich zum Theil aus der relativ geringeren Leistung des Kokshochofens. Derselbe liefert bei einem Rauminhalte von 584 cbm täglich 63000 kg, per cbm also 108 kg, der Holzkohlen - hochofen zu Vordernberg liefert bei 31.9 cbm Inhalt täglich 15000 kg oder per cbm 470 kg Roheisen, d. i. mehr als viermal so viel als jener. Hierzu kommt aber noch der Umstand, dass die Temperatur in dem mit Koks auf graues Roheisen betriebenen Hochofen beträchtlich höher ist und nothwendigerweise höher sein muss, als in dem andern Ofen; die Ofenwände werden stärker erhitzt, bedürfen einer ausgedehnteren Kühlung, strahlen reichlicher Wärmemengen aus, und der Wärmever - brauch fällt höher aus.

Literatur.

A. Einzelne Werke.

  • Percy-Wedding, Handbuch der Eisenhüttenkunde, Abth. 2, S. 215 306 (Analysenr von Hochofengasen u. s. w.); S. 658 682 (Veränderungen der festen Körper).
  • E. F. Dürre, Die Anlage und der Betrieb der Eisenhütten. Bd. 2, S. 8 ff.
  • M. L. Gruner, Analytische Studien über den Hochofen. Nach dem Fran - zösischen bearbeitet von J. H. Steffen. Wiesbaden 1875.
  • R. Åkerman, Studien über die Wärmeverhältnisse des Eisenhochofen - processes. Deutsch von P. Tunner. Leipzig 1872.
  • J. L. Lowthian Bell, Ueber die Entwickelung und Verwendung der Wärme in Eisenhochöfen verschiedener Dimensionen (vergl. S. 285).

B. Abhandlungen.

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  • Th. Scheerer und Chr. Lang, Untersuchung der Gichtgase eines nor - wegischen Eisenhochofens. Poggend. Annalen, Bd. 60 (2. Reihe, Bd. 30), S. 489.
  • L. Rinman und B. Fernquist, Untersuchungen über Zusammensetzung, Pressung und Temperatur der Hochofengase. Berg - und hüttenm. Zeitg. 1865, S. 257.
  • G. Wepfer, Versuche über den Niedergang der Gichten im Hochofen. Berg - und hüttenm. Zeitg. 1865, S. 398.
  • A. Tamm, Researches on the composition of the gases escaping from the Swedish Blast-furnaces. Iron vol. XVI, p. 23, 46, 310, 400, 411; vol. XVII, p. 22, 58.
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503Literatur.
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  • P. Tunner, Ein Beitrag zur Kenntniss des Hochofenprocesses durch directe Bestimmungen. Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben u. s. w. Bd. IX, S. 280; Bd. X, S. 491.
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  • P. Tunner, Zur Beurtheilung des Werthes von hocherhitztem Winde. Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben u. s. w., Bd. XXI, S. 345.
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VI. Der Hochofenbetrieb.

1. Die praktischen Arbeiten beim Hochofenbetriebe.

a) Das Austrocknen, Anwärmen und Anblasen des Hochofens.

In den Poren und in den Fugen der Steine eines neu errichteten oder neu zugestellten Hochofens befindet sich Feuchtigkeit, welche, wenn man den Hochofen sofort nach Beendigung der Zustellung rasch erhitzen wollte, durch eine massenhafte Dampfentwickelung leicht zu einer Lockerung des Steinverbandes oder gar zum Zerspringen einzelner Steine Veranlassung geben würde. Es ist daher ein allmähliches Aus -504Der Hochofenbetrieb.trocknen und Anwärmen des Hochofens erforderlich, bevor man zu dem eigentlichen Anblasen schreiten kann.

Dass bei Hochöfen mit Massezustellung die Gefahr einer Be - schädigung der letzteren durch die entweichenden Dämpfe noch grösser ist als bei Oefen mit Steinzustellung, ist leicht erklärlich, und jene Oefen erfordern daher eine ganz besonders vorsichtige Behandlung.

Man bewirkt das Austrocknen und erste Anwärmen des Hochofens, indem man vor demselben eine einfache Rostfeuerung anlegt und die Verbrennungsgase in dem Schachte des Ofens, welcher hierbei als Esse wirkt, aufsteigen lässt. Die Anlage der Feuerung ist sehr einfach. Ein gewöhnlicher Rost von ½ 1 qm Fläche wird von Ziegelsteinen ge - tragen und oberhalb desselben wird eine Verbrennungskammer ein - gerichtet, die man in das Ofeninnere münden lässt. Als Zugang in das Ofeninnere dient bei Oefen mit offener Brust diese selbst, in welche man den Wallstein und auch den Tümpelstein noch nicht eingesetzt hat; bei Oefen mit geschlossener Brust lässt man eine Oeffnung in der Gestellwand, welche erst später durch eingesetzte Steine ge - schlossen wird.

Ist bei dem Austrocknen ganz besondere Vorsicht erforderlich z. B. bei den Oefen mit Massezustellung , so legt man auch wohl die Feuerung anfänglich in einiger Entfernung von dem Ofen an und lässt die Verbrennungsgase ohne Einschaltung eines Kanales durch den Ofenschacht ansaugen, so dass sie reichlich mit Luft vermischt und nur im lauwarmen Zustande in den Ofen eintreten. Allmählich nähert man dann die Feuerung dem Ofen in dem Maasse wie die Austrock - nung fortschreitet. In jedem Falle darf beim Beginne der Arbeit die Feuerung nur schwach sein und erst nach und nach verstärkt werden, muss aber ununterbrochen Tag und Nacht hindurch unterhalten werden, damit nicht Wiederabkühlung eintrete.

Man verwendet flammende oder verkohlte Brennstoffe. Letztere entwickeln am wenigsten Wasserdampf und wirken daher am kräftig - sten austrocknend. Um den gewöhnlich übermässig starken Zug abzu - schwächen und die Gase mit den Wänden des Ofens in ausgedehntere Berührung zu bringen, auch zur Verhütung, dass Regen oder Schnee in den Ofen gelange, deckt man (bei offener Gicht) zweckmässigerweise die Gichtöffnung durch eiserne Platten ab, welche auf Querträgern auf - ruhen. Die Gase werden hierdurch gezwungen, an dem Rande ihren Austritt zu nehmen. Soll der Ofen mit einem Gichtverschluss ver - sehen werden, so wird dieser mitunter erst später angebracht, ohne dass jedoch hierfür eine bestimmte Regel maassgebend wäre. Manche Hochofenleute z. B. schliessen den Ofen, der mit Langen’schem, von Hoff’schem oder ähnlichem Gasfange versehen ist, während des An - wärmens mittelst desselben und lassen die Gase durch das am oberen Ende geöffnete Centralrohr entweichen.

Die Zeitdauer dieses Austrocknens und Anwärmens richtet sich nach der Beschaffenheit des Zustellungsmateriales, auch zum Theil nach der jedesmaligen Geschäftslage. Drängt dieselbe nicht sehr zu einem beschleunigten Vorgehen, so setzt man, um desto sicherer zu gehen, das Anwärmen wohl einige Tage länger fort als unter anderen Ver - hältnissen, zumal da der Brennstoffaufwand hierfür nicht sehr beträcht -505Das Anblasen des Hochofens.lich ist. Bei Oefen mit Steinzustellung wird man mindestens 10 Tage, besser 14 Tage hierauf verwenden müssen, während bei Massezu - stellungen vier bis sechs Wochen dafür erforderlich zu sein pflegen. In jedem Falle muss das Anwärmen so lange fortgesetzt werden, bis die Gestell - und Raststeine auch aussen deutlich warm geworden sind.

Manche legen, nachdem das Anwärmen durch den Ofen von aussen geraume Zeit gedauert hat, einen Rost in das Gestell selbst und erhalten auf diesem einige Tage hindurch ein Koks - oder Holzkohlenfeuer, um die Gestellsteine bis nahe zum Glühen zu erhitzen. Hierbei tritt aber der Uebelstand ein, dass der Boden kalt bleibt, während gerade eine gute Vorwärmung desselben von Wichtigkeit ist. Man muss also in diesem Falle schliesslich auch den Rost beseitigen und auf dem Boden selbst ein Feuer unterhalten, nachdem man die im Gestelle von aussen nach innen führende Oeffnung durch einen senkrecht stehenden Rost geschlossen hat.

Die Windformen setzt man gewöhnlich erst ein, wenn das An - wärmen sein Ende erreicht hat, und hält inzwischen die betreffenden Oeffnungen durch eingesetzte Steine verschlossen.

Ist das Austrocknen und Anwärmen beendet, so entfernt man die dafür benützte Feuerung, reinigt den Ofenherd von Asche und schreitet zum Anblasen.

In früherer Zeit wurde diese Arbeit in ausserordentlich umständ - licher, zeitraubender Weise ausgeführt. Nachdem die Oeffnungen im Gestell durch eingesetzte Steine, auch die Formöffnungen durch Thon geschlossen worden waren, so dass nur noch ganz beschränkter Luft - zutritt stattfinden konnte, wurden glühende Kohlen in den Herd ge - bracht und eine Lage frischer Kohlen (oder Koks) darauf geschüttet. Man wartete nun gewöhnlich, bis an der Oberfläche der eingeschütteten Kohlen sich brennbares Gas zeigte und schüttete dann erst, um dem Ersticken des Ofens vorzubeugen, aufs Neue Kohlen nach. Durch theil - weises Oeffnen oder vollständiges Schliessen der Oeffnungen im Ge - stelle regelte man den Luftzug, verzögerte aber aus übertriebener Vor - sicht nicht selten absichtlich die Verbrennung möglichst lange und fuhr in dieser Weise fort, allmählich den Ofen mit Kohlen bis zur Gicht oder doch wenigstens bis nahe unterhalb der Gicht zu füllen. Auch bei kleineren Oefen währte es in Anbetracht der Pausen zwischen dem Nachfüllen frischer Kohlen und dem Erscheinen der Flamme an deren Oberfläche mindestens mehrere Tage, bis das Füllen vollbracht war; bei grösseren Oefen mit Koksfeuerung oft einige Wochen. Inzwischen sammelte sich aber im Herde Asche von den verbrannten Kohlen, welche von Zeit zu Zeit entfernt werden musste, um einer Verstopfung des Gestelles durch dieselbe vorzubeugen. Diese Entfernung der Asche geschah mit Hilfe eines Verfahrens, welches für die beschriebene Me - thode des Anblasens charakteristisch ist und nach welchem dieselbe benannt zu werden pflegt: des sogenannten Rostschlagens. Man entfernte die Steine, mit welchen der Zugang in den Herd verschlossen war (bei den Oefen mit offener Brust war der Wallstein während des Füllens noch nicht eingesetzt und der Kanal unterhalb des Tümpel - steines in der erwähnten Weise zugesetzt), legte eine starke Eisenstange in horizontaler Lage quer vor die Oeffnung, so dass ihre Enden durch506Der Hochofenbetrieb.untergelegte Steine oder in anderer Weise unterstützt waren und ihre Oberkante ein wenig tiefer lag als der obere Rand der Oeffnung, und schob nun über diese Querstange hinweg eine Anzahl langer Eisen - stangen in das Gestell bis zur Rückwand des Ofens. Zwischen den einzelnen Stangen liess man soviel Zwischenraum, dass die Asche und kleineren Kohlenstücke hindurchfallen konnten, die grösseren Stücke aber nicht. Die Stangen, deren aussen befindliche Enden durch Arbeiter oder durch irgend eine einfache Vorrichtung festgehalten wurden, bildeten demnach einen horizontalen Rost, unter welchem nunmehr die angesammelte Asche mit langen Krücken ausgeräumt wurde. Wegen der von den glühenden Kohlen ausgestrahlten grossen Hitze war dieses Rostschlagen eine mühselige Arbeit, musste aber doch mindestens alle 12 Stunden wiederholt werden, so dass bei grösseren Oefen nicht selten ein 50 60 maliges Rostschlagen erforderlich war.

War der Hochofen in der beschriebenen Weise mit Brennstoff gefüllt, so begann man schwache Erzgichten zu setzen. Sehr vor - sichtige Hochofenmeister liessen auch jetzt noch die Verbrennung der Kohlen lediglich durch den natürlich zutretenden Luftzug bewirken, bis die erste Schlacke sich zeigte; gewöhnlich jedoch öffnete man, nachdem die erste Erzgicht gesetzt worden war, die Formen und blies mit sehr schwacher Pressung Gebläsewind ein. In jedem Falle musste, so lange noch keine geschmolzene Schlacke sich zeigte, auch jetzt noch das Rostschlagen fortgesetzt werden, und erst, wenn flüssige Schlacke vor die Formen trat, wurde der Wallstein eingesetzt, beziehentlich das Gestell vollständig geschlossen. Der Erzsatz wurde allmählich gesteigert und nach Verlauf von 4 8 Wochen, vom Beginne des Füllens an gerechnet, pflegte der Ofen in vollen Betrieb gekommen zu sein.

Noch jetzt wird bei Holzkohlenhochöfen mitunter diese Methode des Anblasens befolgt. Sie gewährt eine grosse Sicherheit für den späteren guten Gang des Hochofens, und ihre hauptsächlichsten Nach - theile grosser Kohlenverbrauch und lange Zeitdauer fallen um so unbedeutender aus, je kleiner der Ofen ist.

Umgekehrt aber musste die seit den vierziger Jahren zunehmende Vergrösserung der mit Koks betriebenen Hochöfen nothwendigerweise zu einer Vereinfachung jener Methode des Anblasens führen, welche bei ungeänderter Anwendung für die grossen Oefen der Jetztzeit ausser - ordentlich grosse Opfer an Kohlen, Arbeitslöhnen und Zeit erheischen würde. Zuerst kürzte man in England das Verfahren, indem man zu unterst Holz in den Ofen brachte, darüber Koks; mit dem Erzsatze begann man, wenn der Ofen bis zu etwa der Hälfte seiner Höhe ge - füllt war, entzündete alsdann das Holz und füllte nun allmählich den Ofen, worauf der Wind eingelassen wurde. 1)Nach Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde (Abth. 2, S. 734), wurde der erste Ofen in dieser Weise im Jahre 1863 durch Parry zu Ebbw Vale angeblasen.Durch Lürmann in Georgs-Marienhütte wurde das Verfahren noch weiter vervollkommnet und insbesondere das so lästige und zeitraubende Rostschlagen voll - ständig beseitigt.

Dieses abgekürzte, jetzt bei grossen Hochöfen ganz allgemein507Das Anblasen des Hochofens.angewendete Verfahren des Anblasens verläuft im Wesentlichen folgen - dermaassen.

In das Gestell und den unteren Theil der Rast bis ungefähr zur Mitte oder bei sehr hohen Rasten bis zu einem Drittel der Höhe der - selben bringt man trockenes Holz (Scheite), welches den Zweck hat, später eine rasche Entzündung der Koks zu bewirken, darüber eine grössere Lage Koks. Die hierfür zweckmässigerweise zu verwendende Menge Koks wird man bemessen können, wenn man für je 100 cbm Rauminhalt des ganzen Ofens 4000 kg Koks rechnet. Bei grossen Oefen wird das Verhältniss etwas knapper genommen werden können, bei kleinen empfiehlt sich ein etwas reichlicheres Verhältniss. Den Koks aber schlägt man eine ihrem Aschengehalte entsprechende Menge Kalk - stein zu, damit aus jener Asche eine leichtflüssige Schlacke gebildet werde. Nur hierdurch ist es begreiflicherweise möglich, das Rost - schlagen zu umgehen. Auf 1 Thl. Koksasche kann man 1.5 Thl. Kalk - stein rechnen. Nun kommen einige Koksgichten, deren Grösse der - jenigen bei vollem Betriebe gleich sein kann und auf jede Koksgicht wiederum Kalkstein, zugleich aber auch eine gewisse Menge Hochofen - schlacke. Die Menge der Schlacke und des Kalksteines kann dem Gewichte der Koks annähernd gleich sein; ist die Schlacke an und für sich schon sehr kalkerdereich und der Aschengehalt der Koks nicht sehr beträchtlich, so kann auch der Kalksteinzuschlag nunmehr ganz in Wegfall kommen und Schlacke an dessen Stelle treten. Die schmel - zende Schlacke nimmt vermöge ihrer ziemlich beträchtlichen specifischen Wärme1)Schinz fand dieselbe bei 1250° = 0.29, die des Roheisens nur ungefähr halb so gross (Documente, betreffend den Hochofen S. 33 und 34). eine entsprechend grosse Wärmemenge auf, führt dieselbe nach unten, bereitet in solcher Weise den Herd des Ofens vor und bildet für das später nachfolgende Roheisen ein an Wärme reiches Bad, welches dasselbe vor Abkühlung und Erstarrung schützt.

Auf die Gichten mit Schlackenzusatz folgen nun schwache Erz - gichten, zuerst gewöhnlich 5 6 Gichten mit ungefähr ein Drittel des Erzsatzes, welcher bei vollem Betriebe gegeben wird, nebst Hochofen - schlacke; dann ebensoviel Gichten mit dem halben Satze; u. s. f. In dieser Weise wird der Hochofen ganz oder bis nahe zum Rande gefüllt.

Damit aber der Ofen nicht durch allzu dichte Lagerung der ein - gefüllten Materialien beim Anblasen ersticke, dürfen dieselben nicht, wie es bei der älteren Methode des Anblasens geschehen konnte, von oben her mit der Schaufel eingeworfen werden, sondern man muss sie in Körben an einem Seile von oben herunter befördern und dann be - hutsam und gleichmässig ausbreiten. Die Gichtverschlüsse müssen zu diesem Zwecke entfernt werden, und ein über der Gicht aufgestellter Haspel dient zweckmässigerweise zum Hinunterlassen der gefüllten Körbe.

Wenn der Ofen in dieser Weise gefüllt ist, setzt man die im Ge - stell etwa noch fehlenden Steine ein, prüft, ob alle Theile sich in gutem Zustande befinden, leitet das Kühlwasser zu den Formen und sonstigen gekühlten Theilen und bringt durch das Stichloch Feuer in den Herd. Die Formen bleiben einstweilen geschlossen (durch Thonkugeln oder508Der Hochofenbetrieb.dergleichen). Das Holz entzündet sich und nach einiger Zeit treten auch glühende Koks vor die Formen. Sobald die erste Schlacke sich zeigt, pflegt man den Wind mit schwacher Pressung anzulassen. Der Abstich wird vorher mit feuerfester Masse, welche fest eingestampft wird, soweit geschlossen, dass nur eine engere (durch Einlegen eines Holzmodelles beim Einstampfen der Masse frei gehaltene) Oeffnung, die eigentliche Stichöffnung für das Roheisen, noch offen bleibt1)Die in dem Wallsteine oder, bei Oefen mit geschlossener Brust, in einem Gestellsteine ausgesparte Oeffnung muss beträchtlich grösser sein als die eigentliche Stichöffnung, damit man nöthigenfalls Versetzungen beseitigen kann, ohne den Stein zu beschädigen u. s. w. Sobald sich bei der öfteren Benutzung die in der Masse - ausfüllung gelassene engere Stichöffnung allzu sehr erweitert hat, wird die Ausfüllung erneuert.; gewöhn - lich lässt man, um den Boden des Ofens noch besser vorzuwärmen, anfänglich die Gase durch dieselbe austreten (sofern nicht die Brust des Ofens offen ist) und schliesst sie erst, wenn die Schlacke anfängt, aus derselben auszufliessen.

Die Winderhitzungsapparate werden, sofern es irgend angeht, zuvor mit natürlichem Brennstoffe geheizt, damit der Wind bereits erhitzt dem Ofen zugeführt werde. Bei eisernen Apparaten, welche regel - mässig mit Rostfeuerung versehen zu sein pflegen, ist dieses leicht zu bewirken; bei steinernen Apparaten wird man nur dann mit warmem Winde blasen können, wenn Gase eines andern schon im Betriebe befindlichen Ofens zur Heizung der Apparate verfügbar sind.

Die Gasfänge und Gichtverschlüsse werden vor dem Anlassen des Windes an Ort und Stelle gebracht und in gehörigen Stand gesetzt; die Benutzung der Hochofengase zur Heizung der Kessel, Winderhitzer u. s. w. beginnt, sobald sie sich als brennbar erweisen.

In dem Maasse, wie die Beschaffenheit des erfolgenden Roheisens und der Schlacke es als zulässig erscheinen lassen, steigert man nun - mehr die Windpressung wie den Erzsatz, und nach Verlauf von drei bis vier Tagen pflegt der Betrieb des Ofens in völlig regelrechtem Gange sich zu befinden.

Beispiele.

1) Anblasen des Hochofens zu Meppen im Juli 1869. 2)Kerpely, Bericht über die Fortschritte der Eisenhüttentechnik im Jahre 1869, S. 120.Raum - inhalt des Ofens ca. 135 cbm. Zu unterst Holzfüllung wie beschrieben; darauf 250 kg Holzkohlen, 5000 kg Koks. Alsdann 62 Gichten à 700 kg Koks, die ersten derselben erhielten einen Erzsatz von 700 kg (incl. Kalksteinzuschlag), welcher bei den letzten vier bis auf 1280 kg ge - steigert wurde.

2) Anblasen eines Hochofens zu Hoerde. 3)Privatnotiz.Höhe des Ofens 15.7 m. Auf die Holzfüllung kamen 5000 kg Koks mit 500 kg Kalkstein, dann 6000 kg Koks mit abermals 500 kg Kalkstein, hierauf Koksgichten von je 1100 kg, und zwar 1 Gicht mit 1100 kg basischer Hochofenschlacke, 5 Gichten mit à 850 kg Möller (incl. des erforderlichen Kalkzuschlages) 509Die Arbeiten während des gewöhnlichen Betriebes.und 250 kg Schlacke, 5 Gichten mit 1100 kg Möller und 150 kg Schlacke u. s. f., bis der höchste Satz von 2250 kg Möller erreicht war.

3) Anblasen eines Hochofens zu Zeltweg im Jahre 1874. 1)Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben u. s. w. 1874, S. 263; Kerpely, Bericht über die Fortschritte der Eisenhüttentechnik im Jahre 1874, S. 128.Raum - inhalt des Ofens ca. 200 cbm. Zu unterst wurde in rostartiger Ver - theilung Holz eingebracht, hierauf 12 Bund Stroh, dann 2600 kg Holz - kohlen. Auf diese kamen Koksgichten in folgender Reihenfolge: 1 Gicht à 2200 kg Koks, 300 kg Kalk, 625 kg Hochofenschlacke; 1 Gicht à 2600 kg Koks, 400 kg Kalk, 625 kg Hochofenschlacke; 1 Gicht à 2500 kg Koks, 400 kg Kalk, 625 kg Hochofenschlacke; 1 Gicht à 2500 kg Koks, 500 kg Kalk, 1000 kg Hochofenschlacke, 500 kg Erz; 2 Gichten à 2000 kg Koks, 550 kg Kalk, 1250 kg Schlacke, 1000 kg Erz; alle folgenden Gichten à 1500 kg Koks mit abnehmendem Zusatze von Schlacke und zunehmendem Erzsatze, bis dieser bei den drei letzten Gichten (der 36 38. Gicht) auf 1750 kg Erz mit 500 kg Kalkzuschlag gesteigert war. Der übrige Verlauf wie gewöhnlich.

b) Die Arbeiten während des gewöhnlichen Betriebes.

Dieselben erstrecken sich im Wesentlichen auf das Herbeischaffen der Schmelzmaterialien von ihren Lagerplätzen, Abmessen oder Abwägen derselben in den erforderlichen gegenseitigen Verhältnissen, Hinauf - befördern auf die Gichtebene und Einschütten in die Gicht, sobald die Oberfläche der Beschickungssäule um das entsprechende Maass gesunken ist; ferner die Beaufsichtigung der Windformen und Reinigung der - selben, wenn nöthig, von erstarrten Ansätzen, sowie die Beaufsichtigung des Schlackenabflusses und die Entfernung der erfolgenden Schlacken; endlich die Herrichtung des sogenannten Gussbettes zur Aufnahme des Roheisens und das Ablassen desselben in bestimmten Zeiträumen.

Den Inbegriff des Erzgemisches, wie es der Hochofen zur Dar - stellung dieser oder jener Roheisensorte erhält, heisst der Möller, die Arbeit des Mischens die Möllerung. Um die Arbeit abzukürzen und nicht gezwungen zu sein, auch bei Nacht die Erze von ihren oft ent - fernt liegenden Lagerplätzen herbeizuholen, hat man bei den meisten Hochofenwerken unmittelbar hinter den Oefen ein besonderes Möller - haus eingerichtet, in welchem während des Tages die den Bedarf des Ofens während 24 Stunden deckende Menge von Erzen und Zuschlägen aufgespeichert wird, um von hier aus in bestimmten Einzelposten von Gicht zu Gicht nach dem Hochofen befördert zu werden. Das Verfahren der Möllerung aber ist nach der Grösse des Hochofens und nach der Anzahl der Erzsorten, welche gattirt werden, verschieden.

Je kleiner der Hochofen ist und je grösser die Zahl der gattirten Erze, desto empfindlicher ist der erstere gegen jede zufällige Unregel - mässigkeit in der Zusammensetzung der Beschickung. Deshalb pflegt bei Holzkohlenhochöfen, insbesondere den auf graues Roheisen betriebe - nen, eine ganz besondere Sorgfalt auf die Möllerung verwendet zu werden. In dem Möllerhause fährt man auf dem mit Eisenplatten abgedeckten Fussboden die einzelnen Erzsorten in flachen Schichten510Der Hochofenbetrieb.mit rechteckiger Grundfläche über einander auf, so dass ein regelmässiger Haufen in Form einer ganz flachen abgestumpften Pyramide von ¾ 1 m Höhe entsteht. Jede Schicht eines einzelnen Erzes wird, ehe die nachfolgende darüber aufgeschüttet wird, mit Holzkrücken geebnet und gleichmässig auf der ganzen Fläche vertheilt. Sind Zuschläge erforderlich, so werden auch diese zwischen den Erzen eingeschaltet. Von diesem Möller wird nun mit der Keilhacke und Schaufel durch senkrechte Schnitte ein Theil nach dem andern losgetrennt, gut durch einander geschaufelt, und von dieser Mischung erhält alsdann der Hochofen die erforderliche Menge per Gicht. Bevor der erste Möller in dieser Weise verbraucht ist, muss an einer andern Stelle des Möller - hauses bereits ein zweiter fertig aufgefahren sein, damit nicht Mangel eintrete.

Weit einfacher pflegt das Verfahren bei grossen, mit Koks be - triebenen Hochöfen zu sein. Hier schüttet man im Möllerhause die einzelnen Erze und Zuschläge gewöhnlich getrennt in Bretterver - schlägen oder in ähnlicher Weise auf, entnimmt für das jedesmalige Aufgichten so viel von jeder Sorte als der vorgeschriebenen Zusammen - setzung des Möllers entspricht, und schüttet die Materialien, ohne sie vorher besonders zu mischen, ohne Weiteres in die Gicht, so dass erst in dem Ofen selbst die Mischung erfolgt. Wo der Stürzplatz für die Erze in unmittelbarer Nähe des Hochofens sich befindet, umgeht man auch wohl die Anlage eines Möllerhauses ganz und befördert die Mate - rialien von dem Stürzplatze ohne Weiteres nach dem Gichtaufzuge.

Zur Beförderung der Materialien von den Lagerplätzen nach dem Möllerhause und von hier nach dem Hochofen bedient man sich vier - rädriger Karren (Hunde), welche auf Schienen laufen. Die zur Mölle - rung dienenden können aus Holz gefertigt sein. Die eine Längswand des prismatischen Kastens ist dann gewöhnlich zum Herausnehmen ein - gerichtet, so dass die Entleerung leicht von Statten geht. Die Gicht - wagen dagegen, welche die Schmelzmaterialien auf die Gichtebene befördern und unmittelbar in die Gichtöffnung entleert werden, müssen aus Eisenblech gefertigt sein. Um das Entleeren in kürzester Zeit be - wirken zu können, pflegt man sie als Kippwagen einzurichten, deren Kasten um eine horizontale Achse so weit drehbar ist, dass beim Aufkippen desselben der Inhalt rasch und vollständig herausstürzt. Fig. 147 und 148 stellen zwei übliche Formen solcher Kippkarren für Eisenhochöfen dar. Bei beiden ist a die Achse, um welche der Kasten beim Kippen gedreht wird. Bei dem Karren Fig. 147, welcher besonders häufig zum Aufgichten der Erze benutzt wird, stürzt der Inhalt, wie leicht ersichtlich ist, ohne Weiteres heraus, sobald der Kasten ent - sprechend weit aufgekippt ist. Bei dem Karren Fig. 148, welcher weniger für Erze als für Brennstoffe geeignet sein dürfte, ist die Stirn - wand zum Aufklappen eingerichtet und wird durch einen Riegel fest - gehalten; da ihre Drehungsachse oben liegt, öffnet sie sich von selbst, wenn der Riegel zurückgezogen und der Kasten aufgekippt wird.

Bei Holzkohlenöfen mit enger Gicht und ohne Centralrohr benutzt man mitunter Karren mit beweglichem Boden, welche auf Schienen bis über die Mitte der Gicht gefahren und hier entleert werden. Der Boden der Kohlenkarren besteht in diesem Falle aus zwei Klappen,511Die Arbeiten während des gewöhnlichen Betriebes.welche nach unten aufschlagen und die Kohlen in die Mitte der Gicht stürzen lassen; ein einfacher Hebelmechanismus dient dazu, das Oeffnen und Schliessen der Klappen zu bewirken. Der Boden der Erzkarren dagegen hat die Form eines an einer senkrechten Stange hängenden

Fig. 147.

Fig. 148.

Kegels, welcher mit Hilfe einer Schraube oder eines Hebels gesenkt wird und die Erze rings nach den Wänden des Ofens hin vertheilt.

Den Karren für Erze pflegt man einen räumlichen Inhalt von 3 4 Hektolitern, denen für Brennstoffe einen Inhalt von 4 6 Hekto - litern zu geben.

Die aufzugichtenden Erze, Zuschläge und Brennstoffe werden ent - weder gewogen (auf einer im Möllerhause aufgestellten Centesimal - waage) oder gemessen (wobei die Gichtkarren selbst gewöhnlich als Messgefässe dienen), und man ermittelt in dem letzteren Falle von Zeit zu Zeit das Durchschnittsgewicht einer bestimmten Maasseinheit der Schmelzmaterialien, um durch eine einfache Rechnung das Gewicht der gesammten aufgegichteten Materialien zu erhalten. Letztere Methode hat den Vortheil der grösseren Einfachheit, da das jedesmalige Wägen wegfällt; und man vermeidet bei der Berechnung der Betriebsergebnisse eher die Unrichtigkeiten, welche die Schwankungen in dem Wasser - gehalte der im Freien lagernden Schmelzmaterialien bei verschiedenen Witterungsverhältnissen leicht herbeiführen. Besonders bei Verhüttung dichter, mulmiger Brauneisenerze zeigen sich in dieser Beziehung oft ganz erhebliche Abweichungen bei Regen und bei trockenem Wetter. Anderntheils lässt sich nicht leugnen, dass das specifische Gewicht der Brennstoffe, insbesondere der Holzkohlen und Koks, auch wenn sie derselben Bezugsquelle entstammen, doch häufig Schwankungen unter - liegt, man also Gefahr läuft, beim Messen statt Wägen derselben dem Hochofen per Gicht verschiedene Mengen Kohlenstoff auf die gleiche Erzmenge zuzuführen, wodurch dann selbstverständlich Aenderungen im Gange des Hochofens herbeigeführt werden.

Da der Gang des Ofens aber auch bei sorgfältigster Beachtung aller maassgebenden Verhältnisse nicht vollständig von Schwankungen frei bleibt, so lässt sich während des Betriebes nicht ein vollständig unver - ändertes Verhältniss zwischen Brennstoff und Erzsatz beibehalten, son - dern dem wechselnden Ofengange gemäss muss dieses Verhältniss ge - ändert werden. Eine derartige Aenderung würde nun ebensowohl durch Vergrösserung beziehentlich Verkleinerung der Brennstoffgichten als der Erzgichten zu erreichen sein; die Regel ist aber, die Brennstoffgichten512Der Hochofenbetrieb.unverändert zu lassen und die Grösse der Erzgichten bei wechselndem Hochofengange zu verändern. Der Grund hierfür ist, dass die Erze bei ihrem bedeutend grösseren specifischen Gewichte und ihrer geringeren Stückgrösse im Hochofen weniger Raum einnehmen als die Brennstoffe, obgleich ihr Gesammtgewicht doppelt bis dreifach so gross zu sein pflegt als das der letzteren; in der Vertheilung der Materialien und in dem Niedergange derselben im Ofen würden deshalb grössere Veränderungen eintreten, wenn man die Grösse der Brennstoffgichten ändern wollte als im andern Falle.

Die Grösse des jedesmaligen Brennstoffsatzes per Gicht aber muss im Wesentlichen von der Grösse des Hochofens abhängig sein. Es kommt hierbei vornehmlich in Betracht, dass, je grösser die einzelnen Gichten sind, desto tiefer die Beschickungsoberfläche sinken muss, bevor frisch aufgegichtet werden kann, und dass mithin die durch das Ein - schütten kalter Materialien in den Ofen hervorgebrachte Abkühlung bei grösseren Gichtsätzen nicht allein stärker ist als bei kleineren, sondern auch sich bis zu einer grösseren Tiefe im Ofen erstreckt. Wenn von diesem Gesichtspunkte aus kleinere Gichtsätze vortheilhafter sind als grosse, so giebt es doch auch in dieser Beziehung eine Grenze des Zweckmässigen. Mit abnehmender Grösse der einzelnen Gichten wird natürlich ihre Zahl per Tag grösser; es wächst hierdurch auch die erfor - derliche Arbeit, und bei Oefen mit geschlossener Gicht, wo beim jedes - maligen Aufgichten ein Oeffnen des Gichtverschlusses stattfinden muss, ist hiermit zugleich ein Gasverlust verknüpft. Bei den Oefen mit selbst - thätiger Aufgichtung aber (Parry’scher, von Hoff’scher, Langen - scher Gasfang) ist die Vertheilung der Schmelzmaterialien beim Auf - gichten sehr wesentlich von der Grösse der einzelnen Gichten abhängig, wie schon bei der Besprechung jener Apparate erläutert wurde, und es giebt hier eine bei den einzelnen Hochöfen durch Erfahrung ermittelte Normalgrösse des Brennstoffsatzes, welche nicht ohne Nachtheil für den Verlauf des Schmelzganges unterschritten werden kann.

Da die Holzkohlen specifisch leichter sind als Koks, d. h. in dem Ofen einen grösseren Raum als diese einnehmen, und da anderntheils die Holzkohlenhochöfen einen erheblich geringeren Rauminhalt als Koks - hochöfen zu besitzen pflegen, so ist auch die Grösse der Brennstoff - gichten dem Gewichte nach bei ersteren durchweg kleiner als bei letzteren. Die kleinsten Holzkohlenöfen erhalten Brennstoffgichten von nur 50 kg, bei den meisten dürfte das Gewicht jedoch 100 150 kg betragen, selten geht es über 200 kg hinaus. Die Brennstoffgichten der Kokshochöfen dagegen sind jetzt selten kleiner als 1000 kg, häufiger beträgt ihr Gewicht 2000 3000 kg; und in dem nur 215 cbm grossen Hochofen zu Gleiwitz wurde der Betrieb günstiger, als man bei An - wendung eines Langen’schen Gasfanges den Kokssatz von 2500 auf 4200 kg erhöhte. 1)Zeitschr. für Berg -, Hütten - und Salinenwesen in Preussen, Bd. 22 (1874), S. 265.

Als Richtschnur für die Zusammensetzung des Möllers oder, falls nicht besonders gemöllert wird, der einzelnen Erzgichten dient eine im Möllerhause oder sonst an geeigneter Stelle aufgehängte Tafel, auf513Die Arbeiten während des gewöhnlichen Betriebes.welcher von dem Betriebsbeamten des Hochofens die einzelnen zu gattirenden Erzsorten ihrer Menge nach vorgeschrieben werden. Lässt man besondere Möller von bestimmtem Inhalte auffahren, so ergiebt die Anzahl der in bestimmten Zeiträumen verbrauchten Möller ohne Weiteres den Erzverbrauch; im andern Falle erhält man denselben als Product aus der Anzahl der eingeschütteten Gichten mal ihrem Inhalte. In jedem Falle muss die Zahl dieser Gichten auf der soge - nannten Gichtentafel notirt werden, da aus derselben gewöhnlich auch der stattgehabte Brennstoffverbrauch berechnet wird, und der Betriebs - leiter aus dieser Zahl ausserdem seine Schlussfolgerungen für den mehr oder minder raschen Verlauf des Schmelzganges ziehen muss.

Die Entfernung der Schlacke aus dem Hochofen ist ziemlich ein - fach, wenn dieselbe dünnflüssig genug ist, um von selbst abzufliessen, ein Fall, welcher bei allen mit heissem Winde betriebenen Kokshoch - öfen und auch bei den auf Weisseisen arbeitenden Holzkohlenhochöfen vorliegt. An die Schlackenform (S. 361) beziehentlich an die Schlacken - spur bei Oefen mit offener Brust (S. 354) wird eine mit Masse aus - gekleidete Rinne angeschlossen, welche die Schlacke einem Sammelorte zuführt. Die Aufgabe des Schmelzers ist es dann nur, dafür zu sorgen, dass die Austrittsöffnung für die Schlacke aus dem Ofen nicht ver - stopft werde.

Die Art und Weise des Ansammelns der flüssigen und Fort - schaffens der erstarrten Schlacke richtet sich nach der beabsichtigten Verwendung derselben, von welcher im siebenten Abschnitte die Rede sein wird. In den meisten Fällen lässt man die Schlacke unmittelbar aus der höher liegenden Schlackenrinne in gusseiserne Wagen laufen, in denen sie erstarrt und an einen entfernt liegenden Stürzplatz ge - fahren wird. Diese Wagen, welche auf Schienen laufen, sind vierrädrig; auf den Achsen ruht eine starke Gusseisenplatte, welche den Boden des zur Aufnahme der Schlacke bestimmten Eisenkastens bildet. Der Kasten ist aus vier unter einander und mit dem Boden verdübelten Platten zusammengesetzt, so dass er sich auseinander nehmen lässt, und pflegt ca. 1 m lang, 0.6 0.7 m breit und hoch zu sein, doch werden auch noch grössere Abmessungen angewendet. Bisweilen giebt man ihm die Form eines abgestumpften Kegels, so dass man ihn, wenn an dem Stürz - platze ein Krahn vorhanden ist, ohne ihn auseinander zu nehmen, von dem erstarrten Schlackenkörper abheben kann, um diesen alsdann zu beseitigen; stehen die Wände des Kastens dagegen senkrecht, so pflegt man den Kasten nach Lösung der Dübel auseinander zu nehmen, wenn die erstarrte Schlacke entfernt werden soll.

Die Aufgabe, die Schlacke über den obern Rand des Kastens hinweg in denselben einfliessen zu lassen, lässt sich in den meisten Fällen ohne Schwierigkeit lösen; man legt eben, wie schon früher erwähnt wurde, von vorn herein den Bodenstein des Ofens so hoch über die Ebene der Hüttensohle, dass sowohl hierfür als für das Ab - lassen des Roheisens der nöthige Fall gewahrt bleibt.

Bei Holzkohlenhochöfen, welche graues Roheisen für die Giesserei liefern, pflegt die Schlacke nicht so dünnflüssig zu sein, dass ein regel - mässiges Abfliessen derselben in der soeben geschilderten Weise mög -Ledebur, Handbuch. 33514Der Hochofenbetrieb.lich wäre, und man pflegt auch aus diesem Grunde, wie früher erörtert wurde, diese Oefen nicht mit geschlossener, sondern mit offener Brust zu versehen. Die Oberfläche der zwischen Tümpel und Wallstein stehenden Schlacke wird mit einer Schicht Holzkohlenlösche bedeckt gehalten, um sie vor allzu rascher Abkühlung zu schützen; von Zeit zu Zeit, wenn die Oberfläche der Schlacke im Ofen steigt, hebt man mit einer Eisenstange die vor dem Tümpel befindliche halberstarrte Schlackendecke empor, zieht sie mit einer eisernen Krücke über die Oberkante des Wallsteines hinweg, fährt, wenn nöthig, mit einem langen eisernen Haken unter dem Tümpel hinweg bis in das Gestell des Ofens, um erstarrte Schlackenansätze loszubrechen und der Schlacke den Weg nach vorn hin frei zu machen, und schüttet dann frische Lösche auf.

Wenn das Roheisen im Herde des Ofens sich soweit angesammelt hat, dass nur noch eine niedrige Schlackendecke auf demselben schwimmt, wird abgestochen . Im Verlaufe von 24 Stunden pflegt dieses Ab - stechen zwei - bis fünfmal erforderlich zu sein, abweichend nach dem Fassungsraume des Herdes und der Leistungsfähigkeit des Ofens.

In den Pausen zwischen den einzelnen Abstichen muss das Guss - bett zur Aufnahme des flüssigen Roheisens vorgerichtet werden. Zur Erzielung des nöthigen Falles von dem Stichloche des Ofens nach dem Gussbette hin muss das letztere tiefer als ersteres liegen, doch aber in nicht allzu grosser Entfernung vor demselben (gewöhnlich etwa 4 8 m) angeordnet sein. Es besteht aus einer Lage mässig feinkörnigen, für Gase durchlässigen Sandes, wie er auch in Eisengiessereien für Her - stellung sogenannten Herdgusses benutzt wird; in demselben stellt man mit Hilfe eines Modelles die Gussformen her, in welchen das flüssige Roheisen erstarren soll. Diese Gussformen sind oben offen und haben demnach die Form flacher oder halbcylindrischer Rinnen, entsprechend der Form, welche man den Roheisengänzen (Masseln) zu geben beab - sichtigt; damit aber das Anfüllen derselben mit dem aus dem Stich - loche des Hochofens kommenden Roheisen in regelrechter Weise ver - laufe, müssen sie nach einem Systeme neben und hinter einander angeordnet sein.

Zu diesem Zwecke führt man jene Rinne oder Gosse, welche das Roheisen zunächst aufnimmt, von dem Stichloche aus an dem Rande des Gussbettes entlang; von hier aus werden quer über das Gussbett hinüber eine Anzahl paralleler Rinnen in Abständen von etwa 2 m von einander abgezweigt und an jede derselben schliessen sich nun, wie die Zinken eines Kammes an den Quersteg desselben, die dicht neben einander liegenden eigentlichen Ganzformen von etwa 1.5 m Länge an. Mit Hilfe sogenannter Abstichschaufeln, spatenartig ausgeschmie - deter Eisenstäbe, welche mit Lehm überzogen sind und quer in die Rinnen gesteckt werden, um dieselben abzusperren, regelt man die Vertheilung des Roheisens. Zunächst lässt man dasselbe in die erste Reihe der Gänze eintreten, indem man den Hauptkanal unmittelbar hinter der ersten Abzweigung absperrt; dann in die zweite Reihe, u. s. f.

Statt der Sandformen wendet man bei Darstellung gewöhnlichen Weisseisens nicht selten gusseiserne Formen an, welche, nachdem sie515Die Arbeiten während des gewöhnlichen Betriebes.entleert wurden, nur wieder an der betreffenden Stelle und in der richtigen Reihenfolge in das Sandbett eingegraben zu werden brauchen, um aufs Neue zur Aufnahme des Roheisens bereit zu sein. Man spart dadurch die Arbeit des Einformens der Gänze, und, was gerade für die Verwendung des Weisseisens nicht ohne Belang ist, die Masseln bleiben frei von Sand, der an den im Sande gegossenen Masseln in oft nicht unerheblicher Menge haften bleibt. Durch das häufig wieder - holte Erhitzen und Abkühlen aber pflegen diese Gusseisenformen einer ziemlich raschen Zerstörung unterworfen zu sein, so dass sie einer öfteren Auswechselung bedürfen, und eine eigentliche Ersparung dürfte deshalb mit ihrer Anwendung kaum verknüpft sein. Für graues Roh - eisen und Spiegeleisen dagegen sind solche gusseiserne Formen über - haupt nicht gut anwendbar. Durch die raschere Abkühlung in den - selben werden Einflüsse auf die Textur des Eisens ausgeübt, welche zwar den wirklichen Werth desselben nicht beeinträchtigen, wohl aber im Handel, wo die Textur den ersten Maassstab für die Beurtheilung der Beschaffenheit des Roheisens zu bilden pflegt, leicht zu einer un - günstigen Beurtheilung der Roheisenqualität verleiten würden. Graues Roheisen wird feinkörniger, graphitärmer, Spiegeleisen feinspiegeliger, unter Umständen strahlig.

Auf vielen englischen und auch auf mehreren deutschen Hoch - ofenwerken hat man das Gussbett vollständig im Freien angeordnet; bei anderen Anlagen, insbesondere bei fast allen älteren deutschen Werken, findet man vor dem Hochofen eine überdachte Giesshalle, welche den darin beschäftigten Arbeitern Schutz vor Regen und Schnee gewährt, auch das Gussbett selbst und die darin hergestellten Guss - formen vor Zerstörung und allzu starker Durchweichung bei plötzlichen Regengüssen bewahrt.

Wenn Alles zu dem Abstiche bereit ist, wird bei den Oefen mit offener Brust das Gebläse abgestellt, weil sonst eine mächtige Flamme unter dem Tümpel hervorbrechen und den Aufenthalt vor demselben unmöglich machen würde, sobald die Oberfläche der geschmolzenen Massen im Herde zu sinken beginnt; bei Oefen mit geschlossener Brust pflegt man auch während des Abstechens zu blasen und selbst noch mit dem Blasen einige Zeit fortzufahren, nachdem das Roheisen ausgeflossen ist, um hierdurch den Herd möglichst zu reinigen. Erst dann wird das Gebläse abgestellt, nachdem die Sicherheitsklappen in den Düsen - ständern, welche das Zurücktreten der Gase verhindern sollen, ge - schlossen worden sind, das Stichloch von etwa gebildeten Ansätzen gereinigt und dann mit einem Pfropfen aus feuerfester Masse oder Thon und Sand wieder geschlossen. Dann beginnt das Blasen aufs Neue. Die Schlackenöffnung (Schlackenform) bei den Oefen mit geschlossener Brust wird nun so lange mit Thon verschlossen gehalten, bis die Schlacke aufs Neue zu den Formen emporgestiegen ist.

Bei den Oefen mit offener Brust pflegt man, nachdem der Herd entleert worden ist, den Wind für kurze Zeit zuzulassen, um so viel als thunlich eine Reinigung von Lösche und dergleichen zu bewirken, dann stellt man aufs Neue das Gebläse ab und reinigt nun mit langen eisernen Stangen (Rengeln) und Haken (Schaffhaken), welche unter33*516Der Hochofenbetrieb.dem Tümpel hindurch eingeschoben werden, den Herd von allen An - sätzen ( Ausarbeiten des Herdes), füllt den vor dem Tümpel befind - lichen Theil des Herdes mit Kohlenlösche oder Thon, legt bei Oefen mit stärkerer Windpressung eine Gusseisenplatte darauf, um das Aus - treten der Gase unter dem Tümpel hervor unmöglich zu machen, und lässt nun erst das Gebläse wieder an. Der Nachtheile für den Schmelz - gang und die Leistungsfähigkeit des Hochofens, welche dieser erforder - liche längere Stillstand des Gebläses bei den Oefen mit offener Brust nach sieh zieht, wurde schon oben bei Besprechung der Lürmann - schen Schlackenform gedacht (S. 328).

c) Die Betriebsstörungen der Hochöfen.

Wie bereits mehrfach erwähnt wurde, verläuft auch bei sorgfältig - ster Wartung des Hochofens der Betrieb nicht immer in der gleichen regelmässigen Weise, sondern von Zeit zu Zeit tritt mehr oder minder heftiger Rohgang ein. Die Ursachen, welche die Entstehung des Roh - ganges herbeiführen, wurden schon bei Besprechung des Hochofen - processes erörtert (S. 477) und können ziemlich mannigfaltig sein. Un - regelmässigkeiten beim Aufgichten, grosser Feuchtigkeitsgehalt der Schmelzmaterialien bei anhaltendem Regenwetter, schlechte Beschaffen - heit der Brennstoffe, unrichtige Zusammensetzung der Beschickung, Abkühlung des Gebläsewindes, Lecken der Formen oder sonstigen wassergekühlten Theile, Ungleichmässigkeiten in dem Niederrücken der Beschickung, welche besonders häufig bei schon längere Zeit im Be - triebe befindlichen Hochöfen durch das unregelmässige Profil derselben herbeigeführt werden, allzu grosse Beschleunigung oder auch allzu grosse Verlangsamung des Schmelzganges durch unrichtige Wind - führung dürften die am häufigsten vorkommenden Ursachen des Roh - ganges sein. Mitunter ist es schwierig, die wirkliche Ursache eines bestimmten Falles zu erforschen. Eine Vermehrung der directen Re - duction aber ist die erste Folge des Rohganges; hieraus erwächst eine Abkühlung des Ofens, welche wiederum eine Zunahme des Rohganges nach sich zieht; solcherart kühlt der Ofen, wenn nicht rechtzeitig Gegen - maassregeln getroffen werden, mehr und mehr ab und das Ende ist das sogenannte Einfrieren des Hochofens, dem Sterben belebter Wesen vergleichbar: der Schmelzraum ist mit erstarrten Massen verstopft, der Wind vermag nicht mehr durchzudringen, die Gluth erlischt und der ganze Ofen wird kalt.

Eine Hauptsorge jedes Hochofenmannes ist es daher, die Kenn - zeichen des eintretenden, beziehentlich zunehmenden Rohganges recht - zeitig wahrzunehmen, um nöthigenfalls Mittel zur Beseitigung des - selben ergreifen zu können. Diese Merkmale des Rohganges wie die anzuwendenden Gegenmittel wurden theilweise schon auf S. 477 be - sprochen.

Am deutlichsten pflegt die Beschaffenheit der Schlacken den be - ginnenden Rohgang zu verrathen. Helle Schlacken werden dunkler, grün, zuletzt schwarz. Infolge der noch im Schmelzraume fortgesetzten Reduction von Eisen aus den Schlacken werden sie durch das hierbei517Die Betriebsstörungen der Hochöfen.entstehende Kohlenoxyd aufgebläht und zeigen sich nach dem Erstarren von Gasblasen durchsetzt, eine Erscheinung, welche besonders deutlich bei den saigeren Schlacken der mit Holzkohlen auf graues Roheisen betriebenen Hochöfen hervorzutreten pflegt. Die Schlackenmenge wird reichlicher, da eine grössere Menge Körper (Eisen, Mangan, Silicium) unreducirt verschlackt wird; die Schlacke selbst wird durch den grösseren Eisen - und Manganoxydulgehalt dünnflüssiger, erstarrt aber gewöhn - lich rasch. Nimmt jedoch die Abkühlung des Ofens zu, so bleibt auch die erfolgende Schlacke kälter und verliert dann ihre Dünnflüssigkeit. Ist man mit der äusseren Beschaffenheit (Farbe, Dünnflüssigkeit) der normalen Schlacke eines Hochofens bei dem Betriebe auf diese oder jene Roheisensorte vertraut, so geben die bei Rohgang eintretenden Veränderungen dieser Beschaffenheit ein sehr zuverlässiges Merkmal für den Beginn des Rohganges.

Sieht man durch die Formen in den Ofen, so gewahrt man bei Gaargang, sobald sich das Auge an das blendende Licht gewöhnt hat, die verbrennenden Kohlen und die gleichmässig niedertropfenden flüssigen Massen. Die Weissgluth deutet auf hohe Temperatur, Ansätze an den Formen sind wenig bemerkbar und lassen sich ohne Schwierigkeit ent - fernen. Bei Rohgang verlieren die Formen an Helligkeit, die schmel - zende Schlacke zeigt sich in unruhiger Bewegung, erzeugt durch die unter Kohlenoxydgasbildung vor sich gehende Reduction von Eisen aus derselben. Kommt das unmittelbar über den Formen reducirte, also noch kohlenstoffarme, schwerschmelzige Eisen in Berührung mit den kälteren Ofenwandungen, insbesondere mit dem Rüssel der Formen oder sonstigen gekühlten Theilen, so setzt es sich hier als sogenanntes Frischeisen fest dasselbe ist thatsächlich schmiedbares Eisen , Ansätze bildend, welche, wenn sie nicht beseitigt werden, immer mehr wachsen und Veranlassung zu einer vollständigen Verstopfung des Ofens geben können. Die Beseitigung dieses zähen, fest an den Wänden haftenden Frischeisens aber ist weit schwieriger als die Be - seitigung von entstandenen Schlackenansätzen.

Bei Oefen, welche mit Koks und hocherhitztem Winde betrieben werden, tritt diese Erscheinung weit weniger bemerkbar hervor als bei Holzkohlenbetrieb und weniger heissem Winde, besonders, wenn man in letzteren graues Roheisen darstellt. Eisenhüttenleute, welche noch den Betrieb mit kaltem Winde gekannt haben, erinnern sich sehr wohl der ausserordentlich beschwerlichen Arbeit, welche das Losbrechen dieser Frischeisenansätze veranlasste. Schwere eiserne Stangen Rengel wurden unter dem Tümpel hinweg in den Ofen geführt, und durch Stossen und Drücken mit denselben wurde das angesetzte Eisen entfernt. Seit Einführung der Winderhitzung ist auch bei Holz - kohlenhochöfen die Arbeit des Rengelns seltener und weniger be - schwerlich geworden; aber die Construction der Oefen mit offener Brust verdankt, wie schon früher erwähnt wurde, unzweifelhaft dem Umstande ihre Entstehung, dass bei geschlossener Brust die Entfernung der Frisch - eisenansätze kaum möglich ist.

Auch das Aeussere der Gichtflamme lässt, sofern der Ofen mit offener Gicht arbeitet, oft mit grosser Deutlichkeit den Eintritt von Roh -518Der Hochofenbetrieb.gang erkennen. Sie verliert an Lebhaftigkeit, die beim Gaargange blaue Farbe wird gelblich, der weisse Beschlag, welchen besonders bei Graueisendarstellung die Gichtflamme abzusetzen pflegt, verschwindet oder wird geringer und nimmt gelbliche Färbung an. Auch hier ist jedoch, da die Beschaffenheit der Flamme unter verschiedenen Betriebs - verhältnissen nicht die gleiche ist, eine genaue, nur durch eigene Beobachtung zu erlangende Kenntniss ihrer Eigenthümlichkeiten bei dem einzelnen Betriebe erforderlich, wenn man Schlussfolgerungen daraus auf den Hochofengang ziehen will.

Der Mittel, welche zur Beseitigung des Rohganges in Anwendung zu bringen sind, wurde schon auf S. 478 gedacht. Sie müssen natur - gemäss darauf gerichtet sein, die Temperatur im Schmelzraume zu stei - gern, das Maass der indirecten Reduction zu vergrössern. Verringerung des Erzsatzes, wo es angeht stärkere Erhitzung des Gebläsewindes, Verlangsamung des Schmelzganges durch Verminderung der Wind - menge sind die üblichsten derselben. Der Einsicht des Betriebsleiters muss es überlassen bleiben, die Ursachen des Rohganges zu erforschen und die entsprechenden Gegenmittel unter Umständen andere, als die genannten zu ergreifen.

Besondere Schwierigkeiten bietet die Beseitigung von Ver - setzungen im Hochofen, die unter Umständen auch ohne eigentlichen Rohgang entstehen können. Sehr strengflüssige Beschickungen, ins - besondere sehr kalkerdereiche, geben ziemlich leicht die Veranlassung zur Entstehung solcher Versetzungen, wenn durch einen Zufall die Temperatur im Schmelzraume abnahm, wenn durch Unregelmässig - keiten beim Aufgichten oder beim Niedergehen der Gichten die schlacken - bildenden Bestandtheile in unrichtiger Mischung in den Schmelzraum gelangten, und dergleichen. 1)Versetzungen, durch übermässigen Kalkgehalt der Beschickung erzeugt, pflegt der Hochofenmann das Kalkelend zu benennen.

So lange in diesem Falle die Versetzungen noch nicht ein solches Maass erreicht haben, dass der Wind nicht mehr durchdringen kann, wird man natürlich Alles daran setzen, sie durch Steigerung der Temperatur über den Formen zum Schmelzen zu bringen. Eine starke Verringerung des Erzsatzes, unter Umständen das Aufgeben mehrerer leerer Gichten (Brennstoffgichten ohne Erze) ist in jedem Falle am Platze, vermag aber allein nicht immer die Versetzung zu beseitigen, da, bevor die Gichten an der Stelle der letzteren anlangen, der Ofen schon vollständig zugesetzt und erstickt sein kann. Man wird also häufig darnach trachten müssen, Brennmaterial von unten her in den Ofen zu bringen und durch möglichst stark erhitzten Gebläsewind zu verbrennen. Zur Erreichung dieses Zieles ist man mitunter gezwungen, den Ofen an einer geeigneten Stelle aufzubrechen, eine Arbeit, welche natürlich ausserordentlich beschwerlich ist und grosse Umsicht erheischt. Befindet sich die Versetzung in grösserem Abstande über den Formen, so wird man mitunter genöthigt sein, eine oder mehrere besondere Formen in der betreffenden Höhe einzulegen, um die Stelle der grössten519Das Dämpfen und Ausblasen der Hochöfen.Wärmeentwickelung jener Versetzung zu nähern. Auch das Einlegen einer Form oberhalb der Versetzung, um hier Verbrennung und grössere Wärmeentwickelung hervorzurufen, ist mitunter von gutem Erfolge begleitet gewesen.

So lange in solchen Fällen die Gase noch Durchgang finden, ver - ringert sich, wenn man schwächere Gichten aufgegeben hat, von Stunde zu Stunde die Gefahr eines völligen Einfrierens; ist aber der Ofen bereits vollständig verstopft, so kann nur ein rasches und energisches Einschreiten noch Erfolg haben. Ein Aufbrechen des Ofens ist un - erlässlich, um die erstarrten Massen (den sogenannten Bär) zu beseitigen, sei es durch Einbringen von Kohlen, sei es durch Losbrechen mit eisernen Stangen.

Drastische Mittel sind auf amerikanischen Eisenwerken mitunter zur Anwendung gebracht worden, um die Versetzungen zu zerstören. In einem derartigen Falle hat man mit Anwendung von Pulver, welches, in Holzkästen verpackt, unter den Bär gebracht wurde, eine Sprengung desselben bewirkt; in einem andern Falle wurde durch Kanonenschüsse aus einem aufrecht gerichteten Geschütze die Zertrümmerung bewirkt. 1)Transactions of the American Inst. of Mining Eng. vol. IX, p. 46 und 64.Auch die Anwendung von Petroleum, welches aus einem Fasse in einem entsprechend starken Strahle unmittelbar unter die erstarrten Massen geleitet und hier durch zugeführte Luft verbrannt wurde, soll guten Erfolg gehabt haben, während sie in einem andern Falle nutzlos blieb.

d) Das Dämpfen und Ausblasen der Hochöfen.

Besondere Verhältnisse können es erforderlich machen, dass der Gang des Hochofens auf einige Zeit Tage oder auch Wochen zum Stillstand gebracht wird, ohne dass ein eigentliches Ausblasen statt - findet, welches immerhin die Erneuerung der Ofenzustellung und ein kostspieliges Wiederanblasen erforderlich macht. Dieser Fall kann z. B. eintreten, wenn durch äussere Vorkommnisse Krieg, Unwetter oder dergleichen die Zufuhr der Materialien auf einige Zeit abgeschnitten ist; wenn Reparaturen des Hochofenschachtes vorgenommen werden müssen, die nur von innen aus bewerkstelligt werden können; u. s. w. Man schreitet dann zum Dämpfen des Hochofens. Hat man die aus - reichende Zeit, so giebt man am besten einige leere Gichten, welche bei aschenreichen Brennstoffen nur mit soviel Kalkstein beschickt wer - den, als zur Verschlackung der Asche nothwendig ist, entfernt dann alles flüssige Roheisen nebst Schlacken aus dem Hochofen, stellt das Gebläse ab, schliesst sämmtliche Oeffnungen möglichst luftdicht durch Verstreichen mit Masse oder Thon und füllt nur von Zeit zu Zeit, wenn die Oberfläche der Beschickung gesunken ist, frische Kohlen nach. Auf diese Weise lässt sich ein Ofen Monate hindurch dämpfen und dann in verhältnissmässig kurzer Zeit wieder in regelrechten Betrieb setzen. Nach dem Wiederbeginne des Betriebes wird anfänglich schwach geblasen, um nicht grössere Mengen unreducirter Erze in den Schmelz - raum zu führen, bis der Ofen seine normale Temperatur wieder520Der Hochofenbetrieb.erlangt hat. Sollten Versetzungen im Ofen entstanden sein, so müssen dieselben in der vorstehend beschriebenen Art und Weise beseitigt werden.

Zur Vornahme von Arbeiten im Innern des Ofenschach - tes (Losbrechen sogenannten Zinkschwammes, Auswechseln schadhaft gewordener Steine und dergleichen) giebt man einige schwächere Erz - gichten als gewöhnlich, zuletzt zweckmässigerweise einige Schlacken - gichten und lässt dann die Beschickung, ohne weiter aufzugichten, bis zu der erforderlichen Tiefe niedergehen. Nun wird das Gebläse abgestellt, die Formen u. s. w., wie oben erwähnt, geschlossen und auf die Be - schickungsoberfläche eine Decke feingepochter Hochofenschlacke ge - schüttet, um das Aufsteigen der kohlenoxydreichen Gase möglichst zu hindern. Beansprucht die erforderliche Arbeit längere Zeit, so ist es empfehlenswerth, durch einen oder mehrere auf der Gicht aufgestellte Exhaustoren die Gase aus dem Schachte unmittelbar über der Be - schickungsoberfläche abzusaugen. Auch ein öfterer Wechsel der im Schachte beschäftigten Arbeiter ist nothwendig, um sie vor der längeren Einwirkung der Ofengase zu schützen. Auf diese Weise hat man selbst einen grossen Theil der gesammten Schachtmauerung eines Hochofens erneuert, ohne denselben auszublasen. 1)Vergl. unter Literatur: Burgers, Einbau eines neuen Schachtes u. s. w., Wochenschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1879, S. 354.

Soll wegen allzu ausgedehnter Beschädigungen der Ofenzustellung, welche eine fortgesetzte Benachtheiligung des Ofenganges zur Folge haben, der Ofen neu zugestellt werden, oder soll aus irgend einem andern Grunde der Hochofenbetrieb eingestellt werden, so erfolgt das Ausblasen des Hochofens.

An und für sich ist diese Arbeit sehr einfach. Man hört mit Auf - gichten auf, bläst so lange, bis vor den Formen keine schmelzenden Massen mehr erscheinen, bricht dann den Ofen unten auf (durch Ent - fernung des Wallsteines oder bei geschlossener Brust eines Gestell - steines), räumt mit langen Eisenkrücken die noch im Innern befind - lichen glühenden, halbgeschmolzenen Massen aus und lässt ihn erkalten.

Bei einem derartigen Niederblasen aber entwickelt sich aus der Gicht des Ofens eine immer länger und heisser werdende Flamme, da die aufsteigenden Gase nicht mehr von frisch aufgeschütteten Materialien abgekühlt werden und die Widerstände, welche der Wind im Ofen findet, sich immer mehr verringern. Die Gichtverschlüsse müssen, um vor Zerstörung durch die Flamme bewahrt zu bleiben, abgenommen werden, und in Gegenden, wo das Ausblasen noch in dieser Weise bewirkt wird, ist es üblich, zuvor in der ganzen Umgegend Kunde davon zu geben, damit nicht bei Nacht durch den weithin leuchtenden Feuerschein Feueralarm entstehe.

Durch ein sehr einfaches, seit Ende der sechziger Jahre ziemlich allgemein angewendetes Mittel ist man jedoch im Stande, der Entwicke - lung dieser Flamme vorzubeugen und dadurch auch den Ofenschacht521Der Betrieb auf verschiedene Roheisensorten.gegen die zerstörenden Einwirkungen derselben zu schützen. Sobald die Flamme anfängt, grösser zu werden, schüttet man Kalkstein nach und wiederholt dieses Nachschütten so oft, als es erforderlich erscheint, bis das Ausblasen beendet ist. Der untere Raum des Ofens füllt sich hierdurch mit gebranntem, unschmelzbarem Kalk, welcher später aus - geräumt wird und zur Mörteldarstellung benutzt werden kann.

2. Der Betrieb auf verschiedene Roheisensorten. Allgemeines.

Aus den früheren Darlegungen über den Hochofenprocess geht hervor, dass die Beschaffenheit des erfolgenden Roheisens im Wesent - lichen von folgenden Umständen abhängig ist:

1. Von der chemischen Zusammensetzung der einzelnen verhütteten Erzsorten an und für sich. Aus einem manganarmen Erze kann natür - licherweise niemals ein manganreiches Roheisen entstehen; aus einem phosphorreichen Erze kein phosphorarmes Roheisen.

2. Von der chemischen Zusammensetzung der gesammten Be - schickung. Reduction von Mangan wird durch eine stark basische Be - schaffenheit der schlackengebenden Bestandtheile der Beschickung er - leichtert; Schwefel wird durch eine stark basische Schlacke aufgenom - men. Ausserdem ist aber die Schmelztemperatur der erfolgenden Schlacke von ihrer chemischen Zusammensetzung abhängig. Je mehr fremde, schwieriger als Eisen reducirbare Körper (Silicium, Mangan) reducirt und mit dem Eisen legirt werden sollen, desto höher muss im All - gemeinen die Schmelztemperatur der Schlacke liegen. Die Gründe hierfür ergeben sich aus den früheren Erörterungen über den Hoch - ofenprocess.

3. Von der mineralogischen Beschaffenheit der Bestandtheile der Beschickung. Schon auf S. 464 ist darauf hingewiesen worden, dass die Bildungstemperatur der Schlacke noch wichtiger als die Schmelz - temperatur für die Beschaffenheit des erfolgenden Roheisens, insbesondere auch für den Siliciumgehalt desselben, sei und dass diese Bildungs - temperatur sehr wesentlich von der äusseren Form abhänge, in welcher die schlackengebenden Bestandtheile sich in der Beschickung finden. Auch die verschiedene Reducirbarkeit verschiedener Erze kommt hier in Betracht. Bei Verhüttung schwierig reducirbarer Erze werden grössere Mengen Eisen als bei Verhüttung leichtreducirbarer verschlackt werden; es wird also auch in ersterem Falle schwieriger sein, kohlenstoff -, silicium - oder manganreiche Roheisensorten darzustellen als in letzterem.

4. Von der Temperatur im Schmelzraume des Ofens. Die Re - duction von Mangan und Silicium in grösseren Mengen erfordert hohe Temperaturen; daher lassen sich silicium - oder manganreiche Roheisen - sorten nicht in kalt gehenden Hochöfen darstellen. Die Temperatur im Ofen ist abhängig von der Temperatur des Gebläsewindes, der Beschaffen - heit des Brennstoffes, dem Verhältniss der Menge des Brennstoffes zum Erzsatze und dem Wärmeverbrauche des Ofens; letzterer aber ist be - trächtlicher, wenn grössere Mengen Mangan und Silicium reducirt522Der Hochofenbetrieb.werden und bei Verhüttung schwer reducirbarer Erze, als im umge - kehrten Falle. 1)Mangan und Silicium werden nur direct reducirt und erfordern dazu grosser Wärmemengen; bei Verhüttung schwer reducirbarer Erze ist das Maass der directen Reduction und mithin auch der Wärmeverbrauch grösser als bei Verhüttung leicht reducirbarer Erze.Alle diese Umstände zusammen machen einen um so grösseren Brennstoffverbrauch und Anwendung stärker erhitzten Windes erforderlich, je silicium - oder manganreicher das Roheisen werden soll.

5. Von der Windmenge, welche der Ofen in der Zeiteinheit erhält; oder richtiger von dem Verhältnisse dieser Windmenge zu dem Raum - inhalte des Hochofens. Je mehr Wind der Ofen empfängt, desto rascher verläuft der Schmelzprocess; desto grösser ist die Menge des dargestellten Roheisens; aber desto leichter tritt vorzeitige Verschlackung unredu - cirten Eisens ein und desto unbedeutender wird die Reduction von Silicium oder Mangan ausfallen. Ein Hochofen, welcher auf gewöhn - liches Weisseisen betrieben wird, verträgt daher und erfordert sogar eine stärkere Beschleunigung des Schmelzganges als ein solcher, welcher graues oder manganreicheres Roheisen darstellen soll.

Durch entsprechende Gattirung mehrerer Erzsorten oder durch Beschicken derselben mit geeigneten Zuschlägen ist man im Stande, verschiedenartige Roheisensorten aus den gleichen Erzen darzustellen, wenn auch die ursprüngliche Beschaffenheit der Erze sie oft mehr geeignet für den einen als für den andern Zweck erscheinen lässt. Rasenerze, mit Quarzkörnern durchmengt oder quarzige Rotheisenerze werden fast immer die Graueisenbildung befördern; manganreiche Spathe dagegen werden, auch wenn sie auf graues Roheisen verarbeitet werden, immerhin demselben die Neigung ertheilen, bei rascher Abkühlung weiss zu werden, leichter aber auf weisses Roheisen oder Spiegeleisen sich verarbeiten lassen. Ein grösserer Thonerdegehalt der Erze macht sie gewöhnlich geeigneter für Graueisen - als für Weisseisendarstellung, da er die Bildungs - und Schmelztemperatur der Schlacke erhöht; um - gekehrt wird die Graueisendarstellung schwieriger, wenn nur thonerde - freie Erze zur Verhüttung vorliegen.

Selbstverständlich ist es, dass man für Darstellung bestimmter Roheisensorten nicht Erze benutzen wird, durch welche Bestandtheile, nachtheilig für die Verwendung jener Roheisensorten, denselben zuge - führt werden. Die Verwendung des Spiegeleisens erheischt möglichste Reinheit von Phosphor; dasselbe ist bei dem für den älteren Bessemer - process bestimmten grauen Roheisen der Fall. Es würde widersinnig sein, hier phosphorreiche Erze verhütten zu wollen. Weniger von Belang ist ein Phosphorgehalt in dem Giessereiroheisen und dem ge - wöhnlichen Weisseisen; der basische Bessemerprocess (Thomasprocess) verlangt sogar ein Roheisen mit grösserem Phosphorgehalte. Hier also sind phosphorhaltige Erze verwendbar. Ein höherer Mangangehalt aber ist für Giessereiroheisen von Nachtheil, da er demselben die Eigen - schaft, leicht hart, weiss zu werden verleiht; für die Verwendung des Weisseisens ist er eher förderlich als nachtheilig. Phosphorhaltige man -523Berechnung der Beschickung.ganreichere Erze eignen sich demnach mehr für Weisseisendarstellung, während manganarme für beide Zwecke brauchbar sind, häufig aber, besonders bei grösserem Thonerdegehalte, mehr die Graueisen - als die Weisseisendarstellung befördern. Von solchen Erwägungen muss zu - nächst die Benutzung der zur Verfügung stehenden Erze abhängig sein.

Berechnung der Beschickung.

Wie oben erläutert wurde, ist die Entstehung bestimmter Roh - eisensorten geknüpft an die Bildungs - und Schmelztemperatur der mit - erfolgenden Schlacke; die erste Aufgabe für die Darstellung einer be - stimmten Roheisensorte muss also sein, die Beschickung in solcher Weise zusammenzusetzen, dass eine Schlacke von der entsprechenden Beschaffenheit, d. i. von der richtigen chemischen Zusammensetzung erfolgt.

Dieses Ziel lässt sich, wie es früher ganz allgemein geschah, auf empirischem Wege erreichen, indem man verschiedene Beschickungen versuchsweise am sichersten zunächst im Tiegel schmilzt, bis der gewünschte Erfolg erreicht ist. Rascher gelangt man durch Berechnung, d. h. auf stöchiometrischem Wege, zum Ziele.

Für die Benutzung des letzteren Weges muss man sich klar darüber sein, welche Zusammensetzung der Schlacke die geeignetste für die Darstellung dieser oder jener Roheisensorte unter den gegebenen Verhältnissen (Betrieb mit Holzkohlen oder Koks, Anwendung stärker oder weniger stark erhitzten Windes u. s. w.) ist. Zuverlässige Ana - lysen von Hochofenschlacken, welche unter bestimmten Betriebsverhält - nissen gefallen waren, müssen daher die Grundlage der Berechnung in allen diesen Fällen bilden, indem man darnach trachtet, die Beschickung in solcher Weise zusammenzustellen, dass eine der gewählten Normal - schlacke möglichst ähnliche Schlacke erfolgt. 1)Einige solcher Analysen sind unten bei der Besprechung der Beschickungs - verhältnisse für einzelne Roheisensorten mitgetheilt.Da es nun aber bei der ziemlich grossen Zahl der in den Hochofenschlacken auftretenden Körper und der Mannigfaltigkeit in der Zusammensetzung der verhütteten Materialien unmöglich sein würde, aus vorhandenen Erzen und Zu - schlägen eine Beschickung zu berechnen, deren Zusammensetzung in allen Stücken genau mit derjenigen einer gegebenen Normalschlacke übereinstimmt, so begnügt man sich, eine Schlacke zu bilden, welche wenigstens in den wesentlichsten, die Schmelzbarkeit bedingenden Um - ständen jene Uebereinstimmung zeigt. Hierher gehört vor allen Dingen das Verhältniss der Kieselsäure zu den Basen; in zweiter Reihe das Verhältniss der Thonerde zu den stärkeren Basen (Kalkerde und Mag - nesia); endlich auch, wenn irgend möglich, das gegenseitige Verhältniss der beiden zuletzt genannten Basen. Es lässt sich in der Praxis häufig die Beobachtung machen, dass dieses gegenseitige Verhältniss von Kalk - erde und Magnesia keineswegs gleichgültig für die Schmelzbarkeit der Schlacke ist; eine Schlacke mit höherem Magnesia - und geringerem524Der Hochofenbetrieb.Kalkerdegehalte ist bei gleichem Silicirungsgrade gewöhnlich streng - flüssiger als im umgekehrten Falle. 1)Vergl. auch S. 152.

Bei der Berechnung ist jedoch nicht allein die Zusammensetzung der Schlacke sondern auch die Menge derselben im Verhältnisse zu dem erfolgenden Roheisen und das Ausbringen an Roheisen aus der Beschickung zu berücksichtigen. Je reichlicher die Schlackenmenge ist, desto mehr Wärme wird zu der Schmelzung derselben verbraucht, desto mehr Brennstoff muss auf Erzeugung jener Wärme verwendet werden; je geringer die Schlackenmenge ist, desto rascher ändert sie ihre Zu - sammensetzung bei vorkommenden Unregelmässigkeiten im Ofengange, desto empfindlicher ist der Ofen gegen jede Einwirkung, desto leichter tritt Rohgang ein. Ein Hochofenbetrieb ohne Schlacke ist überhaupt nicht denkbar. Im Allgemeinen wird man mit schlackenarmen Be - schickungen leichter gewöhnliches Weisseisen als Graueisen oder Spiegel - eisen darstellen können. Immerhin ist der Fall selten, dass man ge - zwungen ist, lediglich zur Vermehrung der Schlackenmenge ent - sprechende Zuschläge zu geben.

Auf steirischen und kärntnischen Eisenwerken, welche aus leicht - reducirbaren Erzen mit Holzkohlen Weisseisen darstellen, ist das Ver - hältniss der erfolgenden Schlacke zum Eisen mitunter nicht erheblich grösser als 0.6: 1; bei Cleveländer Hochöfen, welche mit Koks auf Giessereiroheisen betrieben werden, beziffert sich dasselbe wie 1.5: 1; mitunter steigt es auf 2: 1. Eine reichere Schlackenmenge als in dem letzteren Falle würde den Brennstoffverbrauch in einer Weise erhöhen, dass der Betrieb nur ausnahmsweise noch als ökonomisch vortheilhaft erscheinen kann.

Mit dem Schlackengehalte der Beschickung steht das Ausbringen an Roheisen aus der Beschickung in naher Beziehung. In den meisten Fällen wird dasselbe zwischen 25 und 40 Proc. schwanken. Bei jenen erwähnten alpinen Hochöfen steigt dasselbe mitunter bis fast auf 50 Proc.; bei einem niedrigeren Ausbringen als 25 Proc. dagegen wird man nur unter ganz besonderen Verhältnissen in der Lage sein, einen nutzenbringenden Betrieb zu führen. 2)Vergl. auch S. 158.

Zur Erleichterung der Aufgabe, aus gegebenen Erzen und Zu - schlägen eine Beschickung zu berechnen, aus welcher eine Schlacke von vorgeschriebener Zusammensetzung erfolgt, deren Menge zugleich sich innerhalb der angegebenen Grenzen hält, sind verschiedene Vor - schläge gemacht worden. In Folgendem soll eine von Mrázek er - sonnene Methode, welche für die praktische Benutzung die geeignetste sein dürfte, eingehender besprochen werden. 3)Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben u. s. w., Bd. 18, S. 282.

Auf Grund der durch genaue Durchschnittsanalysen ermittelten chemischen Zusammensetzung der Erze und Zuschläge, beziehentlich auch der Koksasche, wird eine Tabelle aufgestellt, welche folgende Einrichtung besitzt.

525Berechnung der Beschickung.

Stöchiometrische Erz - und Zuschlagstabelle der Eisenhütte zu ......

526Der Hochofenbetrieb.

Rubrik 1 5 enthält die durch Analyse gefundene Menge der in einer Gewichtseinheit des Erzes, der Zuschläge, der Koksasche ent - haltenen schlackengebenden Bestandtheile. Ist zu erwarten, dass ein Theil der Bestandtheile des Erzes ausser dem Eisen reducirt werde z. B. ein Theil des Mangan - oder Siliciumgehaltes , so ist hierauf Rücksicht zu nehmen. In den meisten Fällen wird man der Wahrheit ziemlich nahe kommen, wenn man annimmt, dass die Hälfte des Man - gangehaltes verschlackt, die andere Hälfte reducirt werde. Die Reduction des Siliciums kann bei Weisseisendarstellung vernachlässigt werden; bei Graueisendarstellung wird man annehmen können, dass ein Kiesel - säuregehalt, welcher 1 / 25 des Eisengehaltes im Erze ausmacht (ent - sprechend etwa 2 Proc. Silicium im Roheisen) reducirt werde; bei einigermaassen beträchtlicher Schlackenmenge wird man jedoch auch hierbei die Reduction des Siliciums vernachlässigen können, da die ganze Berechnung wegen der mancherlei vorkommenden unberechen - baren Vorgänge im Hochofen (Verflüchtigung verschiedener Körper in Form von Chloriden, Cyaniden, Sulfiden, Zurückbleiben unreducirten Eisens in den Schlacken u. s. w.) immerhin nur Annäherungswerthe zu liefern im Stande ist, welche später durch den praktischen Versuch Ausgleichung finden müssen.

Rubrik 6 enthält die Summe sämmtlicher schlackenbildender Be - standtheile, Rubrik 7 den Eisengehalt (welchem bei Reduction beträcht - licher Mengen Mangan dieses hinzuzurechnen sein würde). Beide Rubriken ermöglichen später eine leichte Ermittelung des Verhältnisses zwischen Schlacke und Eisen in einer berechneten Beschickung sowie des Eisenausbringens aus derselben.

In den Rubriken 8 13 folgen die Sauerstoffgehalte der in den Rubriken 1 5 aufgeführten Gewichtsmengen der einzelnen Körper. Eine Addition der in den Rubriken 8 11 enthaltenen Ziffern ergiebt die Ziffer für Rubrik 12, d. h. den gesammten in Basen auftretenden Sauerstoff (mit B bezeichnet), während Rubrik 13 (S) den Sauerstoff - gehalt der Kieselsäure angiebt. Das Verhältniss 〈…〉 giebt offenbar den Silicirungsgrad des betreffenden Erzes, Zuschlags u. s. w. an.

Hieraus lassen sich nun in sehr einfacher Weise die Ziffern für Rubrik 14 17 berechnen, welche angeben, wie viel Sauerstoff ent - weder die Basen oder die Kieselsäure des betreffenden Erzes u. s. w. überschüssig enthalten, wenn irgend ein vorgeschriebenes Silikat gebildet werden soll. In der als Beispiel benutzten Tabelle ist die Rechnung für Singulosilikat - und für Bisilikatbildung durchgeführt worden; mit derselben Leichtigkeit würde sie für Subsilikat, Vierdrittelsilikat und jede andere Silicirungsstufe, entsprechend der Zusammensetzung der zu bildenden Schlacke, sich haben anstellen lassen.

Bei dem unter 1 aufgeführten Liaserze z. B. beträgt nach Rubrik 12 der Sauerstoff der Basen 0.0321, nach Rubrik 13 der Sauerstoff der Kieselsäure 0.0832 Gewichtstheile in 1 Gewichtstheil Erz. Für Bildung einer Singulosilikatschlacke, in welcher der Sauerstoffgehalt der Basen gleich dem der Kieselsäure sein soll (S. 149), besitzt demnach das Erz überschüssigen Sauerstoff der Kieselsäure und zwar 0.0832 0.0321 =527Berechnung der Beschickung.0.0511 Gewichtsth. ; diese Ziffer kommt in Rubrik 15. Soll dagegen Bisilikatschlacke gebildet werden, bei welcher der Sauerstoffgehalt der Kieselsäure doppelt so gross ist als der der Basen, so würden für die 0.0321 Gewichtstheile Basensauerstoff 2 × 0.0321 = 0.0642 Gewichts - theile Sauerstoff der Kieselsäure erforderlich sein; es ist also immer noch ein Ueberschuss des Sauerstoffes der Kieselsäure = 0.0832 0.0642 = 0.0190 Gewichtstheile vorhanden (Rubrik 17).

Bezeichnet man (wie in der Tabelle bereits geschehen) die Ziffern der Rubrik 12 allgemein mit B, der Rubrik 13 mit S, der Rubrik 14 beziehentlich 16 mit β, der Rubrik 15 beziehentlich 17 mit σ, so hat man

  • für Silikatbildungβ = B S σ = S B
  • für Singulosilikatbildungβ = B S σ = S B
  • für 4 / 3 Silikatbildungβ = B ¾ S σ = S 4 / 3 B
  • für Bisilikatbildungβ = B ½ S σ = S 2 B

allgemein für die Bildung eines Silikates, in welchem das Verhältniss des Sauerstoffgehaltes der Kieselsäure zu dem der Basen = n ist 〈…〉 〈…〉

Als reciproke Werthe 〈…〉 der Ziffern in den soeben be - sprochenen Rubriken ergeben sich nun durch einfache Division die Ziffern der Rubriken 18 21. Dieselben geben an, wie viel Gewichts - theile des Erzes, Zuschlages u. s. w. erforderlich sind, um 1 Gewichts - theil des neben einem Singulosilikate, Bisilikate u. s. w. überschüssigen Sauerstoffes in die Beschickung zu bringen. Wenn 1 Gewichtstheil Erz β Gewichtstheile Sauerstoff in den Basen mehr enthält, als zur Bildung eines vorgeschriebenen Silikates nothwendig ist, so bedarf man offenbar, um 1 Gewichtstheil dieses überschüssigen Basensauerstoffes in die Beschickung zu bringen, 〈…〉 Gewichtstheile des betreffenden Erzes; die nämliche Beziehung ergiebt sich, wenn das Erz nicht über - schüssigen Basensauerstoff sondern Kieselsäuresauerstoff enthält. Das Liaserz Nr. 1 enthält für Singulosilikatbildung in 1 Gewichtstheil Erz 0.0511 überschüssigen Kieselsäuresauerstoff; zur Einbringung von 1 Ge - wichtstheil dieses überschüssigen Kieselsäuresauerstoffes sind demnach 〈…〉 Gewichtstheile Erz erforderlich (Rubrik 19).

Die Ziffern dieser Rubriken, in der Ueberschrift als stöchiometri - sche Aequivalente bezeichnet, geben also offenbar diejenigen Gewichts - mengen der verschiedenen Erze u. s. w. an, durch welche bei bestimm - ter Silikatbildung die gleichen Mengen Sauerstoff in die Beschickung geführt werden. Alle in derselben Rubrik über einander erscheinenden Ziffern sind betreffs der Silikatbildung einander gleichwerthig; sie geben528Der Hochofenbetrieb.an, wie viel des einen Erzes u. s. w. erforderlich ist, um ein anderes zu ersetzen, ohne dass eine Aenderung in dem Kieselsäuregehalte der erfolgenden Schlacke eintritt.

Jedes basische Aequivalent giebt mit so vielen Säure - äquivalenten, als der Silicirungsgrad der zu bildenden Schlacke angiebt, eine Schlacke von dem verlangten Sili - cirungsgrade; für Singulosilikatbildung (Rubriken 18 und 19) hat man je ein basisches Aequivalent mit je einem Säure - äquivalente zusammenzustellen; für Bisilikatbildung (Ru - briken 20 und 21) je ein basisches Aequivalent mit je zwei Säureäquivalenten; u. s. f.

Die Tabelle zeigt uns z. B. sofort, dass es ohne Anwendung sonstiger Zuschläge möglich ist, aus den sub 1 und 2 aufgeführten Erzen eine Singulo - wie eine Bisilikatschlacke zu bilden; in beiden Fällen liefert das Liaserz Nr. 1 das Säureäquivalent, der Spatheisen - stein Nr. 2 das basische Aequivalent.

Für Singulosilikatschlacke ist ein Aequivalent oder 19.59 Gewichts - theile Liaserz mit 1 Aequivalent oder 12.72 Gewichtstheilen Spatheisen - stein zu vereinigen. 1)Wenn der Spatheisenstein, wie es gewöhnlich der Fall ist, nicht im rohen sondern im gerösteten Zustande verhüttet wird, so muss selbstverständlich auch die chemische Zusammensetzung des gerösteten Steines der Berechnung zu Grunde ge - legt werden.

Beweis.

  • 19.59 Gewichtsthle. Liaserz enthalten Sauerstoff der Basen 19.59 × 0.03210.629
  • 12.72 Gewichtsthle. Spatheisenstein enthalten Sauerstoff der Basen 12.72 × 0.08451.075
  • 1.704
  • 19.59 Gewichtsthle. Liaserz enthalten Sauerstoff der Kiesel - säure 19.59 × 0.08321.629
  • 12.72 Gewichtsthle. Spatheisenstein enthalten Sauerstoff der Kieselsäure 12.72 × 0.00590.075
  • 1.704.

Für Bisilikatschlacke sind zwei Aequivalente oder 2 × 52.62 = 105.24 Gewichtstheile des Liaserzes mit einem Aequivalente oder 12.27 Gewichtstheilen des Spatheisensteines zu vereinigen.

Beweis.

  • 105.24 Gewichtsthle. Liaserz enthalten Sauerstoff der Basen 105.24 × 0.03213.378
  • 12.27 Gewichtsthle. Spatheisenstein enthalten Sauerstoff der Basen 12.27 × 0.08451.036
  • 4.414
  • 105.24 Gewichtsthle. Liaserz enthalten Sauerstoff der Kiesel - säure 105.24 × 0.08328.756
  • 12.27 Gewichtsthle. Spatheisenstein enthalten Sauerstoff der Kieselsäure 12.27 × 0.00590.072
  • 8.828.

Da die Zusammensetzung der einzelnen Erze bekannt und, so weit sie die schlackenbildenden Bestandtheile betrifft, in den Rubriken 1 5529Berechnung der Beschickung.enthalten ist, so lässt sich leicht auch die gesammte Zusammensetzung der Schlacke berechnen, nachdem man die Beschickung in der soeben erläuterten Weise zusammengestellt hat. Jene Singulosilikatschlacke aus 19.59 Gewichtstheilen Liaserz und 12.72 Gewichtstheilen Spatheisen - stein würde z. B. enthalten:

  • Mn O aus dem Liaserz 19.59 × 0.0070.137 Gewichtsthl.
  • Spatheisenstein 12.72 × 0.023 0.292 0.429 Gewichtsthl.
  • Ca O aus dem Liaserz 19.59 × 0.000
  • Spatheisenstein 12.72 × 0.1592.022
  • Mg O aus dem Liaserz 19.59 × 0.000
  • Spatheisenstein 12.72 × 0.0851.081
  • Al2 O3 aus dem Liaserz 19.59 × 0.0651.273
  • Spatheisenstein 12.72 × 0.000
  • Si O2 aus dem Liaserz 19.59 × 0.1563.057 Gewichtsthl.
  • Spatheisenstein 12.72 × 0.011 0.139
  • 3.196
  • 8.001 Gewichtsthl.

32.31 Gewichtsthle. Beschickung aus den beiden Erzsorten liefern mithin 8.001 Gewichtsthle. Schlacke, deren procentale Zusammensetzung sich nunmehr ohne Schwierigkeit berechnen lassen würde. Handelt es sich nur darum, die Gesammtmenge der erfolgenden Schlacke, nicht ihre Zusammensetzung, zu ermitteln, so würde man kürzer durch Benutzung der in Rubrik 6 enthaltenen Ziffern zum Ziele gelangt sein. Das Ver - hältniss der Thonerde zu den übrigen Basen in der Schlacke beträgt 1.273: 3.532 = 1: 2.7. 1)Ueber die Einflüsse des Thonerdegehaltes der Silikate auf die Schmelzbar - keit der Schlacken vergl. S. 151.

Der Eisengehalt der berechneten Beschickung würde betragen (Rubrik 7):

  • 19.59 × 0.4288.384 Gewichtsthle.
  • 12.72 × 0.2262.874
  • 32.31 Gewichtsthle. Beschickung enthalten 11.258 Gewichtsthle.,
  • d. i. 34.8 Proc. Eisen.

Das Ausbringen an Roheisen würde sich wegen des Kohlen - stoffgehaltes desselben etwas höher beziffern und etwa 36 Proc. be - tragen. Das Verhältniss der erfolgenden Schlackenmenge zum Eisen ist 8.001: 11.258 = 0.7: 1, lässt sich demnach als ein für den Betrieb günstiges bezeichnen.

Geschieht die Verhüttung mit Brennstoffen, welche bedeutende Aschenmengen hinterlassen, so muss man diesen Aschengehalt bei der Berechnung berücksichtigen. Es kann dieses in folgender Weise ge - schehen. Man ermittelt die Menge des Aschengehaltes sowie die chemi - sche Zusammensetzung desselben und trägt die letztere ebenso wie die der übrigen Bestandtheile der Beschickung in die Tabelle ein (vergl. die oben mitgetheilte Tabelle). Nun veranschlagt man den zur Ver - hüttung von 100 kg Erzen und Zuschlägen erforderlichen Koksver - brauch, welcher in den meisten Fällen 30 40 kg, durchschnittlich also 35 kg betragen wird, und berechnet hiernach den Koksverbrauch zur Verhüttung der die berechnete Beschickung bildenden Erz - und Zu -Ledebur, Handbuch. 34530Der Hochofenbetrieb.schlagsmengen. Aus dem Koksverbrauche ergiebt sich die erfolgende Aschenmenge und man hat dann nur nöthig, aus der Tabelle zu ent - nehmen, welche Menge eines entgegengesetzt zusammengesetzten Erzes oder Zuschlages zur Verschlackung derselben erforderlich ist.

Es möge z. B. die Verhüttung der oben für Singulosilikatschlacke be - rechneten, aus 19.59 Gewichtsthln. Liaserz und 12.72 Gewichtsthln. Spath - eisenstein bestehenden Beschickung mit Koks bewirkt werden, deren Aschengehalt 10 Proc. beträgt, und die chemische Zusammensetzung der Koksasche entspreche den in Horizontalreihe 5 der früheren Tabelle enthaltenen Ziffern. 32.21 Gewichtsthle. Beschickung werden zu ihrer Verhüttung etwa 12 kg Koks erfordern, welche 1.2 kg Asche liefern. Bei Singulosilikatbildung sind 7.2 Gewichtsthle. Koksasche 1 Säure - äquivalent (Rubrik 19), 1.2 Gewichtsthle. Koksasche mithin Aequi - valent. Es ist also basisches Aequivalent zur Verschlackung der Koksasche erforderlich; benutzt man hierzu wiederum den Spatheisen - stein, so würden demnach noch . 12.72 = 2.12 Gewichtsthle. Spath - eisenstein mehr, als oben berechnet wurde, in die Beschickung geführt werden müssen, und dieselbe besteht dann aus

  • 19.59 Gewichtstheilen Liaserz
  • 14.84 Spatheisenstein.

Hält man es aus irgend einem Grunde für zweckmässiger, die Verschlackung nicht durch Vermehrung des Spatheisensteines, sondern durch einen besonderen Zuschlag von Kalkstein zu bewirken, dessen Zusammensetzung u. s. w. in der Horizontalreihe 4 aufgeführt ist, so würden, da das Aequivalent desselben für Singulosilikatbildung = 7.31 ist (Rubrik 18), . 7.31 = 1.22 Gewichtsthle. Kalkstein der Beschickung zugeschlagen werden müssen.

In derselben Weise, wie es in dem vorstehenden Beispiele für eine Beschickung aus nur zwei Erzen entwickelt wurde, lässt sich eine Beschickung aus beliebig vielen Erzen und Zuschlägen zusammen - setzen, sofern man auch hier die Regel befolgt, dass die Summe sämmtlicher Säureäquivalente sich zu der Summe sämmt - licher basischen Aequivalente verhält, wie es die durch den Silicirungsgrad der zu bildenden Schlacke angege - bene Verhältnisszahl vorschreibt. Je ein basisches Aequivalent muss bei Singulosilikatbildung durch ein, bei Bisilikatbildung durch zwei, bei Zweidrittelsilikatbildung durch Säureäquivalente gedeckt werden; u. s. f. Treten hierbei mehrere basische oder mehrere saure Schmelzmaterialien neben einander auf, so muss das zweckmässigste gegenseitige Verhältniss derselben unter einander nach ihren sonstigen Eigenthümlichkeiten bemessen werden. Hierher gehört ihr verschiedener Thonerdegehalt in Rücksicht auf den Umstand, dass dieser weder zu beträchtlich noch zu gering ausfallen darf, wenn die Schlacke nicht zu strengflüssig werden soll, und dass es demnach wünschenswerth ist, das Verhältniss desselben zu den übrigen Basen in möglichste Ueber - einstimmung mit der gewählten Normalschlacke zu bringen; dasselbe ist hinsichtlich des Verhältnisses der Magnesia zur Kalkerde der Fall. Sodann kommt der Eisengehalt der berechneten Beschickung in Betracht531Berechnung der Beschickung.sowie das Verhältniss der erfolgenden Schlacke zu dem Roheisen; ferner die Menge der fremden Bestandtheile Phosphor, Mangan, unter Um - ständen Schwefel , welche dem Roheisen aus dem einen oder andern Erze zugeführt werden und die Eigenschaften desselben beeinflussen. Endlich darf auch das Preisverhältniss der einzelnen zur Verhüttung stehenden Erze und Zuschläge nicht unberücksichtigt bleiben, von welchem sehr wesentlich der Preis des erfolgenden Roheisens abhängt.

Es liege z. B. die Aufgabe vor, aus dem Liaserze (Nr. 1), dem Rasenerze (Nr. 3) unter Zuschlag von Kalkstein eine Beschickung für Bisilikatschlacke zusammenzustellen, in welcher das Verhältniss der Thonerde zu Kalkerde plus Magnesia ¼ bis beträgt. Auch von dem Spatheisenstein kann, sofern es sich als zweckmässig heraus - stellen sollte, eine entsprechende Menge in Mitverwendung genommen werden.

Für Bisilikatbildung muss je ein basisches Aquivalent zwei Säure - äquivalenten gegenüberstehen. In dem vorliegenden Falle treten, wie die Rubriken 20 und 21 nachweisen, das Liaserz und das Rasenerz als Säureäquivalente, der Kalkstein und der Spatheisenstein als basi - sche Aequivalente auf; ohne Zusatz eines der beiden zuletzt genannten Materialien würde mithin die Verhüttung der Lias - und Rasenerze mit Bisilikatbildung überhaupt nicht möglich sein.

Stellt man zunächst versuchsweise eine Beschickung ohne Spath - eisenstein und je 1 Aequivalent der beiden Erze enthaltend zusammen, so besteht dieselbe aus:

Der Gehalt an Al2 O2, einerseits sowie Ca O + Mg O andererseits in dieser Beschickung beträgt:

Das Verhältniss der Thonerde zur Kalkerde u. s. w. ist also viel zu hoch. Die Menge des Liaserzes muss bedeutend abgemindert, die des Rasenerzes erhöht werden.

Nimmt man von ersterem nur 0.2 Aequivalent, so besteht nunmehr die Beschickung aus:

und es hat sich demnach jenes Verhältniss auf 1: 3.5 ermässigt.

34*532Der Hochofenbetrieb.

Der Eisengehalt dieser zuletzt berechneten Beschickung würde betragen:

Unter Berücksichtigung des Kohlenstoffgehaltes ist also ein Roh - eisenausbringen von etwa 38 Proc. zu erwarten, und die Beschickung würde in dieser Beziehung als vollkommen schmelzwürdig erscheinen, ohne dass eine Anreicherung des Eisengehaltes etwa durch Ersatz des Kalksteines durch Spatheisenstein nothwendig erschiene. Eine andere Veranlassung dazu könnte jedoch der Umstand sein, dass jene Lias - und Rasenerze reich an Phosphor wären und eine Abminderung des Phosphorgehaltes als nothwendig oder wünschenswerth erschiene. Das Liaserz möge 0.5 Proc. Phosphor, das Rasenerz 1.2 Proc. Phosphor enthalten. Nimmt man an, dass derselbe vollständig von dem Eisen aufgenommen werde was wenigstens annähernd der Fall ist , so beträgt der Phosphorgehalt des erfolgenden Roheisens:

  • 10.52 Gewichtsthle. Liaserz liefern Phosphor0.052 Gewichtsthle.
  • 54.54 Rasenerz 0.654
  • 0.706 Gewichtsthle.

Diese 0.706 Gewichtsthle. Phosphor werden von 26.47 Gewichtsthln. Eisen, welche der oben angestellten Berechnung zufolge in den Erzen enthalten sind, aufgenommen; der Gehalt des erfolgenden Roheisens an Phosphor wird mithin etwa 2.6 Proc. betragen.

Der Spatheisenstein sei frei von Phosphor. Ersetzt man nun ver - suchsweise den gesammten Zuschlagskalkstein durch eine äquivalente Menge Spatheisenstein, so erhöht man das Eisenausbringen der Be - schickung und erniedrigt auf diese Weise den Phosphorgehalt des erfolgenden Eisens. Man erhält alsdann folgende neue Beschickung:

Verhältniss der Thonerde zu Kalk und Magnesia = 1: 3,

Eisengehalt der Beschickung 37.8,

Phosphorgehalt des Eisens etwa 2.4 Proc.

Die Abminderung des Phosphorgehaltes würde mithin in diesem Falle nicht sehr erheblich sein.

Es würde dann noch die Frage entstehen, wie sich die Kosten der beiden berechneten Beschickungen gegen einander verhalten. Ein Ver - gleich in dieser Beziehung ist nur möglich, wenn man diese Kosten nicht auf die Gewichtseinheit der Beschickung sondern auf die Ge - wichtseinheit des in der Beschickung enthaltenen Eisens bezieht. Beispielsweise mögen die Kosten der verschiedenen Erze incl. des Transportes nach der Hütte folgende sein:

533Berechnung der Beschickung.
  • für 1000 kg Liaserz9
  • 1000 Rasenerz6
  • 1000 Spatheisenstein8
  • 1000 Kalkstein4

so kosten bei der zuerst berechneten Beschickung ohne Spatheisenstein:

  • 10.52 kg Liaserz mit 4.50 kg Eisen0.095
  • 54.54 Rasenerz 21.97 0.327
  • 7.02 Kalkstein 0.028
  • 26.47 kg Eisen0.450

26.47 kg Eisen in der Beschickung kosten 0.450 , also 1000 kg Eisen 17 .

Bei der zweiten Beschickung mit Spatheisenstein würden die Kosten betragen:

  • 10.52 kg Liaserz mit 4.50 kg Eisen0.095
  • 54.54 Rasenerz 21.97 0.327
  • 12.27 Spatheisenstein 2.77 0.098
  • 29.24 kg Eisen0.520 ,

also kosten 1000 kg Eisen in der Beschickung 17 78 ., d. i. 78 . mehr als in der ersten phosphorreicheren Beschickung, und um annähernd ebenso viel würde sich der Selbstkostenpreis des erfolgenden Roheisens erhöhen. Man würde in diesem Falle von der Verwendung des Spatheisensteins voraussichtlich absehen.

Soll die Verhüttung mit Koks geschehen, so würde es auch hier, wie in dem früher mitgetheilten Beispiele, zweckmässig sein, den Aschen - gehalt derselben zu berücksichtigen. Rechnet man wiederum einen Koksverbrauch von 35 kg per 100 kg zu verhüttender Beschickung, und einen Aschengehalt der Koks = 10 Proc. mit der in der Tabelle angegebenen Zusammensetzung, so würden bei Verhüttung der zuerst berechneten Beschickung mit Kalkstein auf 72.08 Gewichtstheile Be - schickung etwa 24 Gewichtsthle. Koks mit 2.4 Gewichtsthln. Asche kommen. Da für Bisilikatbildung das Aequivalent der Koksasche = 89.28 ist, so entsprechen jene 2.4 Gewichtsthle. ungefähr 1 / 37 Aequivalent und es würden zu ihrer Verschlackung 1 / 74 basische Aequivalente, bei Be - nutzung von Kalkstein also etwa 0.10 Gewichtsthle. erforderlich sein, welche den schon vorhandenen 7.02 Gewichtsthln. Kalkstein hinzutreten.

Will man nun auch die vollständige Zusammensetzung der erfolgen - den Schlacke berechnen, so ergiebt sich dieselbe folgendermaassen:

Wo eine derartige Tabelle mit den sämmtlichen für die Ver - hüttung bestimmten Schmelzmaterialien einmal berechnet worden ist, lässt sich, wie die im Vorstehenden besprochenen Beispiele beweisen, in sehr kurzer Zeit eine Beschickung für eine vorgeschriebene Zusam - mensetzung der Schlacke berechnen; oder, wo die Beschaffenheit der534Der Hochofenbetrieb.zu gattirenden Erze es überhaupt unmöglich macht, diese oder jene Schlacke zu bilden, giebt die Tabelle sofort den Nachweis darüber.

Ebenso leicht als die Berechnung ganz neuer Beschickungen lassen sich Aenderungen vorhandener Beschickungen mit Hilfe der Tabelle vornehmen, wenn z. B. der Vorrath einer Erzsorte zu Ende geht, wenn ein neues Erz in die Beschickung eingeschaltet werden soll, wenn der Phosphorgehalt abgemindert oder der Mangangehalt erhöht werden soll; und dergleichen mehr. In der Praxis kommt dieser Fall noch häufiger vor als die Berechnung einer neuen Beschickung; und die Lösung dieser Aufgabe ist insofern leichter, als hier gewöhnlich bereits eine Schlacke von bewährter Zusammensetzung vorhanden ist und es also nur darauf ankommt, die Zusammensetzung der Beschickung zu ändern, ohne dass die Zusammensetzung der Schlacke wesentliche Aenderungen erfährt. In allen derartigen Fällen bleibt der Silicirungs - grad der Schlacke derselbe, sofern man die verschiedenen Erze oder Zuschläge in dem Gewichtsverhältnisse, in welchem ihre stöchiometrischen Aequivalente zu ein - ander stehen, sich gegenseitig vertreten lässt. 19.59 Ge - wichtstheile Liaserz sind bei Singulosilikatbildung, wie Rubrik 19 der oben mitgetheilten Tabelle ohne Weiteres angiebt, gleichwerthig mit 23.92 Gewichtstheilen Rasenerz; enthält also eine Beschickung 25 Ge - wichtstheile Liaserz, welche durch Rasenerz ersetzt werden sollen, so würden dazu 〈…〉 25 = 30.5 Gewichtstheile des letztern Erzes erfor - derlich sein. Der Silicirungsgrad der Schlacke würde in diesem Falle also unverändert bleiben; der Thonerdegehalt der Beschickung aber würde, wie sich leicht erkennen lässt, bei dem Ersatze des Liaserzes durch Rasenerz geringer ausfallen. Soll dieses vermieden werden, so würde ein Zusatz eines thonerdereicheren Materiales, etwa Thonschiefer, erfor - derlich sein; und sobald dessen Zusammensetzung und Aequivalent - zahl ermittelt worden ist, würde die Tabelle wiederum erkennen lassen, in welcher Weise ein solcher Zusatz zu ermöglichen ist.

Darstellung des grauen Roheisens.

Die Reduction des Siliciums, dieses nothwendigen Bestandtheiles alles grauen Roheisens, erfordert einestheils eine hohe Temperatur im Schmelzraume und ist anderntheils nur möglich, wenn nicht eine vor - zeitige Verschlackung des unreducirten Eisens stattfindet. Die Gegen - wart einer eisenreichen Schlacke macht die Reduction grösserer Mengen Silicium unmöglich; die Reduction des letzteren durch Kohle gelingt überhaupt nur, wenn bereits reducirtes Eisen vorhanden war, mit dem es im Entstehungszustande sich legiren konnte (S. 241).

Es kommt also bei Graueisendarstellung darauf an, die indirecte Reduction der Erze soviel als möglich auszudehnen, die reducirten Erze aber einer nunmehr rasch steigenden Temperatur auszusetzen. Verlangsamter Schmelzgang, starke Erhitzung des Gebläsewindes, reich - liches Verhältniss des Brennstoffes zum Erz (zur Deckung des für die Reduction des Siliciums stattfindenden Wärmeverbrauches) und eine535Darstellung des grauen Roheisens.Schlacke, deren Entstehungstemperatur hoch liegt, sind die hauptsäch - lichsten Mittel zur Darstellung grauen Roheisens.

Bei dem Betriebe mit Holzkohlen, welcher überhaupt nicht die Erreichung so hoher Temperaturen als es bei Koksbetrieb möglich ist, gestattet, verleiht man gern der Schlacke durch höheren Kiesel - säuregehalt die erforderliche Strengflüssigkeit und erleichtert dadurch zugleich die Reduction von Silicium. Die Bildung einer kieselsäure - reichen Schlacke liegt hier gewöhnlich um so näher, als die meisten Erze ohnehin einen Ueberschuss von Kieselsäure besitzen und des - halb basischer Zuschläge bedürfen; je grösser aber der Kieselsäure - gehalt der Schlacke sein kann, desto geringere Mengen solcher, den Eisengehalt der Beschickung abmindernder Zuschläge sind erforder - lich. Der Procentgehalt an Kieselsäure dieser bei Graueisendarstellung mit Holzkohlen aus kieselsäurereicheren Erzen gebildeten Schlacken beträgt in den meisten Fällen 55 65 Proc., und steigt in einzelnen Fällen auf 70 Proc. Besonders üblich sind bei Verhüttung sand - reicher Rasenerze solche Schlacken mit mehr als 60 Procent Kiesel - säure.

Bei Verhüttung von Beschickungen aus quarzführenden Roth - und älteren Brauneisenerzen pflegt dagegen der Kieselsäuregehalt der Schlacke nicht unter 50 und nicht über 60 Proc. zu betragen und durchschnittlich um so niedriger zu sein, je höher der daneben an - wesende Thonerdegehalt ist. In fast allen diesen Fällen steht der Sili - cirungsgrad der Schlacke zwischen Bi - und Trisilikat und nur bei Beschickungen aus Rasenerzen wird mitunter das Trisilikat erreicht.

Basischere Schlacken zwischen Singulo - und Bisilikat stehend und gewöhnlich 40 45 Proc. Kieselsäure enthaltend treten nicht selten bei Verhüttung von Spathen oder anderen an basischen Gang - arten reichen Erzen auf. Eine Bildung kieselsäurereicherer Schlacken würde hier nur durch entsprechende Zuschläge zu erreichen sein, welche den Eisengehalt der Beschickung abmindern würden; sind die Erze aber reich an Magnesia, wie es z. B. bei vielen Spathen der Fall ist, so würde, wie die Erfahrung lehrt, ein Betrieb mit hohem Kiesel - säuregehalte gar nicht möglich sein, ja man ist z. B. auf ungari - schen Eisenwerken nicht selten gezwungen, den schon basischen Erzen noch einen Kalksteinzuschlag zu geben, um neben der Magnesia auch soviel Kalk in die Beschickung zu führen, dass die Menge des - selben die der Magnesia überwiegt.

Folgende Beispiele zeigen die Zusammensetzung solcher Schlacken, welche bei Verhüttung verschiedenartiger Erze, theils in früherer, theils in neuester Zeit, entstanden sind. In allen Fällen wurden die Hochöfen, denen die Schlacken entstammen, mit erwärmtem Wind betrieben.

536Der Hochofenbetrieb.

Schlacken bei Darstellung grauen Roheisens mit Holzkohlen.

Sowohl der Silicirungsgrad als die Zusammensetzung der Schlacken im Allgemeinen bewegen sich, wie schon oben erwähnt wurde, in ziem - lich weiten Grenzen, ein Beweis, dass es auch unter abweichenden Verhältnissen möglich sein kann, Graueisen mit Holzkohlen darzu - stellen. Einige Schlacken dagegen, in weit von einander entlegenen Gegenden und zu verschiedenen Zeiten erblasen, zeigen wieder eine auffallende Uebereinstimmung (z. B. die Schlacken von Pfeilhammer und Ilsenburg, ferner von Krompach und Neuberg u. a.) und gewöhn - lich wird sich in solchen Fällen auch eine Uebereinstimmung in der Beschaffenheit der verwendeten Erze nachweisen lassen. Weder jener Unterschied zwischen einzelnen noch die Aehnlichkeit zwischen anderen Schlacken wird auffällig erscheinen, wenn man sich des Umstandes erinnert, dass nicht allein die Schmelztemperatur sondern nicht minder auch die Entstehungstemperatur der Schlacken die Beschaffenheit des erfolgenden Roheisens beeinflusst, jene Entstehungstemperatur aber sehr wesentlich auch von der äusseren Form der schlackenbildenden Körper abhängt.

Bei dem Betriebe mit Koks auf graues Roheisen muss die erforderliche Strengflüssigkeit der Schlacke in den meisten Fällen durch hohen Basengehalt hervorgerufen werden. Der Silicirungsgrad dieser Schlacken steht deshalb gewöhnlich unter dem Singulosilikate und bei dem Betriebe auf die graphitreichsten Sorten (Nr. I) oft dem Zwei - drittelsilikat nahe. Der Procentgehalt an Kieselsäure in diesen Schlacken537Darstellung des grauen Roheisens.geht daher nur selten erheblich über 35 Proc. hinaus und beträgt mit - unter weniger als 30 Proc.

Zwei Ursachen sind es vornehmlich, welche diese stark basische Beschaffenheit der Schlacken beim Betriebe mit Koks nothwendig machen. Zunächst wird die Bildungstemperatur der Schlacken dadurch erhöht und somit die erste Bedingung zur Erzielung von Graueisen erfüllt; zweitens wird der oft beträchtliche Schwefelgehalt der Koks dadurch in die Schlacke geführt und für das Roheisen unschädlich gemacht, ein Umstand, dessen schon früher öfter gedacht wurde. Letzterer Zweck wird in besonders vollkommener Weise durch grossen Kalkerdegehalt der Schlacken erreicht; weniger deutlich zeigt sich dieser Erfolg, wenn die Kalkerde zum grossen Theile durch Magnesia oder Thonerde ersetzt ist (vergl. S. 249).

Andrerseits erschweren die beiden zuletzt genannten Basen weniger als die stark basische Kalkerde die erforderliche Reduction von Silicium; und erfahrungsmässig pflegen thonerdereiche Erze besonders gut zur Darstellung von Graueisen geeignet zu sein (z. B. die thonigen Sphäro - siderite Clevelands und Schottlands), ein Umstand, welcher ebensowohl durch jene weniger stark basische Beschaffenheit der Thonerde als durch den Einfluss eines höheren Thonerdegehaltes auf die Schmelz - temperatur der Schlacke seine Erklärung finden dürfte. Dennoch er - fordern auch thonerdereiche Erze gewöhnlich einen bedeutenden Kalk - steinzuschlag, weil die entstehenden Schlacken ohne denselben gar nicht schmelzbar sein würden. Die unten mitgetheilten Analysen eng - lischer Schlacken sind für einen derartigen Betrieb charakteristisch.

Wo aber kalkerdeärmere Schlacken gebildet werden, da darf in Rücksicht auf die soeben besprochene Aufgabe der Kalkerde der Schwefel - gehalt der Brennstoffe oder der Erze nicht sehr hoch sein, wenn nicht ein schwefelreiches Roheisen entstehen soll; und bei dem Betriebe mit schwefelarmen Koks findet man mitunter Schlacken, deren Zusam - mensetzung nicht erheblich von derjenigen abweicht, welche die bei Holzkohlenbetrieb gebildeten basischeren Schlacken besitzen. Im Uebri - gen spielt auch die Temperatur des Gebläsewindes hierbei eine Rolle. Je stärker derselbe erhitzt wird, desto basischer muss die Schlacke sein, wenn die Entstehung eines allzu siliciumreichen Roheisens ver - mieden werden soll; und umgekehrt muss auch der Wind um so stärker erhitzt werden, je basischer die Schlacke ist, damit die zum Schmelzen derselben erforderliche hohe Temperatur vor den Formen erzeugt werde.

Andrerseits dürfte die Darstellung jener Siliciumeisenlegirungen, welche auf S. 242 und 306 besprochen wurden, nur bei weniger basi - scher Schlacke möglich sein und aus diesem Grunde die Anwendung schwefelarmer Brennstoffe erfordern. Starke Verlangsamung des Schmelz - ganges und reichliches Verhältniss des Brennstoffsatzes zum Erz sind ebenfalls Bedingungen, deren Erfüllung für die Reduction reichlicher Mengen Silicium nothwendig ist.

538Der Hochofenbetrieb.

Schlacken bei Darstellung grauen Roheisens mit Koks (Anthraciten, Steinkohlen).

Darstellung des Spiegeleisens.

Es soll ein mangan - und kohlenstoffreiches, siliciumarmes Roh - eisen erzeugt werden. Die Reduction des Mangans erfolgt nur direct durch festen Kohlenstoff; sie kann nicht früher oder doch in erheb - lichem Maasse nicht früher stattfinden, bevor nicht das leichter redu - cirbare Eisen annähernd vollständig reducirt worden ist. Ein mangan - haltiges Roheisen und eine eisenreiche Schlacke würden bei ihrer Be - rührung ihre Bestandtheile gegen einander austauschen derartig, dass das Mangan in die Schlacke geführt und der Eisengehalt der letzteren dafür reducirt würde. Aus diesem Grunde ist die Anwendung leicht reducirbarer Erze von Vortheil; geröstete manganhaltige Spatheisen -1)Nimmt man bei den drei thonerdereichen englischen Schlacken an, dass die Thonerde nicht als Base zugegen sei, sondern die Stelle der Kieselsäure vertrete (durch Bildung von Aluminaten), so beträgt der Silicirungsgrad aller drei Schlacken ungefähr 1.5.539Darstellung des Spiegeleisens.steine pflegen das Hauptmaterial für die Spiegeleisendarstellung zu bilden, und man gattirt sie mit manganhaltigen Brauneisenerzen, Roth - eisenerzen u. s. w. Die Leichtreducirbarkeit der Erze befördert zugleich die Aufnahme von Kohlenstoff; denn je später die Reduction des Eisens stattfindet, desto weniger Zeit findet dasselbe, noch Kohlenstoff auf - zunehmen.

Dass man zur Darstellung des Spiegeleisens nicht phosphorreiche Erze benutzen werde, wurde bereits auf S. 309 erläutert.

Für hochmanganhaltiges Spiegeleisen reicht der Mangangehalt der Spathe selten aus und man ist genöthigt, den Eisenerzen wirkliche Manganerze zuzusetzen.

Die Reduction des Mangans wird durch hohe Temperatur im Schmelz - raume und basische Beschaffenheit der Schlacke befördert. Die Erzielung der erforderlichen hohen Temperatur wird, wie bei der Darstellung von Graueisen, durch Anwendung hocherhitzten Windes und von Koks statt Holzkohlen erleichtert; die directe Reduction des Mangans aber bedingt einen hohen Wärmeverbrauch, welcher durch einen vermehrten Auf - wand an Brennstoff gedeckt werden muss. Ihrem Silicirungsgrade nach pflegt die Schlacke einem Singulosilikate nahe zu stehen oder noch basischer als dieses zu sein. Mitunter freilich findet man auch Ana - lysen mit höherem Kieselsäuregehalte; aber neben demselben auch dann regelmässig einen höheren Mangangehalt. Vorwiegend entstammen solche Schlacken dem Betriebe mit Holzkohlen und weniger stark erhitztem Winde, wobei die zum Schmelzen kalkreicherer und mangan - ärmerer basischer Schlacken erforderliche hohe Temperatur nicht erreicht werden konnte.

Die Bedingungen für Bildung des Spiegeleisens sind somit denen für Bildung von tiefgrauem Roheisen ähnlich; nothwendig für Spiegeleisenerzeugung ist aber immerhin auch bei Bil - dung kalkreicher basischer Schlacken die Gegenwart eines gewissen Mangangehaltes in der Schlacke. Ohne den - selben erfolgt halbirtes oder graues Roheisen. Die Regel ist, dass bei Anwendung von Koks und hocherhitztem Winde 40 50 Proc. des Mangangehaltes der Beschickung in der Schlacke zurückbleiben müssen. Durch Verlangsamung des Schmelzganges und Erhöhung des Brenn - stoffsatzes zum Erze würde man zwar im Stande sein, grössere Mengen Mangan zu reduciren; neben denselben aber wird bereits Silicium in reicherem Maasse reducirt, und das erfolgende Roheisen zeigt Graphit - bildung. Die Wirkung dieses Mangangehaltes in der Schlacke ist unschwer zu erkennen. Da die Schlacke stark basisch ist, wird die Reduction des Siliciums erschwert oder unmöglich gemacht, so lange in der Schlacke noch reichlichere Mengen einer durch Kohlenstoff redu - cirbaren Base in dem vorliegenden Falle Manganoxydul zugegen sind; je mehr aber infolge der stattfindenden Reduction der Gehalt an Manganoxydul abnimmt, welches einen Schutz für den Kieselsäure - gehalt der Schlacke gegen die Reduction zu bilden bestimmt ist, und je mehr dadurch die Schlacke zugleich an basischer Beschaffenheit ein - büsst, desto ungehinderter werden die reducirenden Einflüsse des Hochofens nunmehr auch auf den Kieselsäuregehalt der Schlacke sich ausdehnen.

540Der Hochofenbetrieb.

Ein hoher Thonerdegehalt der Schlacke erschwert die Spiegeleisenbildung. Der Umstand, dass die Thonerde als sehr schwache Base, sofern sie an Stelle stärkerer Basen zugegen ist, die Reduction des Siliciums und somit die Entstehung von Graueisen be - günstigt und die Reduction des Mangans wenigstens nicht in dem Maasse als stärkere Basen erleichtert, erklärt leicht jene Thatsache.

Es ist kaum zu bezweifeln, dass die Schmelztemperatur der bei Spiegeleisenerzeugung entstandenen Schlacken tiefer liegt, als wenn ihr Mangangehalt durch Kalkerde, Magnesia oder Thonerde ersetzt wäre; und somit auch tiefer als diejenige vieler bei Graueisendarstellung mit Koks gefallenen Schlacken. Ob dasselbe auch mit der Bildungstempe - ratur der Schlacke der Fall sei, lässt sich mit geringerer Sicherheit behaupten. Es kommt hierbei in Betracht, dass die sich bildende Schlacke, welche noch fast den ganzen Mangangehalt der Beschickung aufzunehmen hat, basischer ist als die Endschlacke, während bei Grau - eisendarstellung mit Koks, wo aus der Schlacke mehr und mehr Silicium reducirt wird, das Umgekehrte der Fall ist. Ein Grund für die in Abhandlungen und Lehrbüchern vielfach ausgesprochene Theorie, dass für Spiegeleisenbildung die Bildungstemperatur der Schlacke nicht erheb - lich höher liegen dürfe als die Schmelztemperatur des entstehenden Roheisens ist kaum vorhanden. Wenn Spiegeleisen auch aus Be - schickungen erfolgt, welche Schlacken mit niedriger Entstehungstempe - ratur liefern, so ist der Grund dafür vornehmlich in der Leichtreducir - barkeit der verwendeten Erze zu suchen, welche auch in diesem Falle die annähernd vollständige Beendigung der Eisenreduction vor dem Beginne der Schlackenbildung ermöglicht.

Schlacken bei Darstellung von Spiegeleisen.

541Darstellung des weissstrahligen und gewöhnlichen weissen Roheisens.

Darstellung des weissstrahligen und gewöhnlichen weissen Roheisens.

Bei Darstellung eines gewöhnlichen manganarmen Weisseisens kommt es zunächst darauf an, die Reduction grösserer Mengen Silicium, welche Graphitausscheidung hervorrufen würden, zu hindern. Das ein - fachste und am nächsten liegende Mittel hierfür ist niedrige Temperatur im Schmelzraume; also reichlicheres Verhältniss des Erzsatzes zum Brennstoff als bei Darstellung von Graueisen oder Spiegeleisen. Damit aber in dieser niedrigeren Temperatur nicht Versetzungen des Ofens ein - treten können, muss auch die Bildungs - und Schmelztemperatur der Schlacke tiefer liegen als bei Darstellung jener Roheisensorten. Man er - reicht dieses Ziel durch Gattirung der Erze und Zuschläge in solchen Verhältnissen, dass eine Singulosilikatschlacke oder eine Zwischenstufe zwischen Singulo - und Bisilikat mit nur mässigem Thonerdegehalte erfolgt. Da weder Mangan noch Silicium reducirt zu werden brauchen, so ist eine um so stärkere Beschleunigung des Schmelzganges zulässig, je geringeren Werth man zugleich auf einen hohen Kohlenstoffgehalt des erfolgenden Roheisens legt. Auch ein grosser Phosphorgehalt der Beschickung ermöglicht eine stärkere Beschleunigung des Schmelzganges; denn da der Phosphorgehalt des Roheisens dessen Schmelztemperatur erniedrigt, so bleibt auch das bei beschleunigtem Schmelzgange erfolgende kohlenstoffärmere Roheisen noch ausreichend flüssig, sofern es eine grössere Menge Phosphor enthält.

Diese Beschleunigung des Schmelzganges ist gleichbedeutend mit einer günstigeren Ausnutzung des Hochofens, d. h. mit Erzielung einer höheren Production; aber sie befördert, zumal bei Verhüttung von schwieriger reducirbaren Erzen, die Entstehung einer eisenreicheren Schlacke, deren Eisengehalt als gleichbedeutend mit einem Eisenver - luste zu betrachten ist. Steigt der Eisengehalt der Schlacke über - mässig bei wirklichem Rohgange , so entsteht das auf S. 301 und 315 besprochene geringwerthige grelle Roheisen oder Treibeisen, und der Betrieb wird wegen der Abkühlung des Ofens sehr misslich.

Für das eigentliche strahlige und hochstrahlige Roheisen, welches durch einen höheren Kohlenstoffgehalt und gewöhnlich durch einen Mangangehalt von einigen Procenten ausgezeichnet zu sein pflegt, müssen die Betriebsverhältnisse des Hochofens den für Spiegeleisendarstellung zu erfüllenden Bedingungen um so mehr entsprechen, je näher das dar - zustellende Roheisen selbst in seiner Beschaffenheit dem Spiegeleisen stehen soll. Manganhaltige Erze, stärker basische Schlacke, verringerter Erzsatz u. s. w. sind die hauptsächlichsten Mittel, um statt des gewöhn - lichen Weisseisens jene Uebergangsstufen zwischen diesem und dem Spiegeleisen zu erzeugen. Nicht gerade selten ist der Fall, dass beim Betriebe auf hochstrahliges Roheisen wirkliches Spiegeleisen erfolgt, wenn die Verhältnisse im Hochofen sich gerade ausnahmsweise günstig für die Reduction des Mangans gestalteten; häufiger freilich kommt es vor, dass beim Betriebe auf Spiegeleisen strahliges Roheisen erfolgt, wenn eine Abkühlung des Ofens eintrat oder aus sonstigen Gründen die Manganreduction beeinträchtigt wurde.

Ist aber beim Betriebe auf strahliges oder gewöhnliches weisses Roheisen die Temperatur im Schmelzraume hoch, so wird, zumal bei542Der Hochofenbetrieb.manganarmer, wenig basischer Schlacke, die Reduction von Silicium befördert und es entsteht das schon mehrfach (S. 301, 314) erwähnte halbirte Weisseisen. Aus diesem Grunde ist es, wie schon erwähnt, bei Anwendung hocherhitzten Windes schwieriger als bei kälterem Winde, normales, d. i. graphitfreies Weisseisen darzustellen.

Schlacken bei Darstellung von Weissstrahl und gewöhnlichem Weisseisen.

Darstellung der Eisenmangane.

Grössere Mengen Mangan als für Darstellung des Spiegeleisens sollen reducirt werden. Jene oben besprochenen, die Manganreduction betreffenden Bedingungen müssen also in erhöhtem Maasse erfüllt werden: hohe Temperatur, stark basische Schlacke, Mangangehalt der Schlacke, verzögerter Schmelzgang, reiches Verhältniss des Brennstoffs zum Erz. Je höher der Mangangehalt werden soll, desto mehr wirk - liche Manganerze müssen der Beschickung zugeschlagen werden, und bei Darstellung der reichsten Eisenmangane besteht dieselbe nur aus Manganerzen mit den entsprechenden schlackenbildenden Zuschlägen.

Da die Erzeugungstemperatur dieser Legirungen höher liegt als die Verdampfungstemperatur des Mangans, so wird ein Theil des letzteren verflüchtigt (S. 253). In dem oberen Theile des Hochofens oxydirt sich543Darstellung der Eisenmangane.dasselbe unter der Einwirkung von Kohlensäure, Wasserdampf oder dem Sauerstoff der Erze, wird aber in feiner Vertheilung von den Gasen mit empor geführt und entweicht als brauner Rauch aus dem Hochofen. Nach Schilling1) Stahl und Eisen Jahrg. 2, S. 223. gehen bei Darstellung von Eisenmanganen mit 60 70 Proc. Mangan durch Verflüchtigung bis zu 17 Proc. des ursprünglichen Mangangehaltes, bei 80 procentigen Legirungen noch weit mehr verloren.

Infolge des Umstandes, dass dem aufsteigenden Gasstrome durch den geringeren Erzsatz weniger Wärme als bei gewöhnlichem Betriebe entzogen wird, tritt eine starke Erhitzung des ganzen Ofens ein; ver - hüttet man aber Manganerze, deren Sauerstoffgehalt grösser ist als der des Oxyds oder Oxyduloxyds unvorbereitete Braunsteine u. s. w. , so werden dieselben schon im oberen Theile des Hochofens durch den heissen kohlenoxydreichen Gasstrom zu Oxyduloxyd oder unter Um - ständen zu Oxydul reducirt, ein Vorgang, welcher von einer beträcht - lichen Wärmeerzeugung begleitet ist. Besteht z. B. das Erz aus Hyper - oxyd Mn O2, und wird dieses durch Kohlenoxyd zu Oxydul reducirt, so ist dazu ein Wärmeverbrauch von 1344 W. -E. per 1 kg Sauerstoff, welcher den Erzen entzogen wird, erforderlich (S. 22). Diesem Wärme - verbrauche steht eine Wärmeerzeugung durch Oxydation des als Re - ductionsmittel dienenden Kohlenoxyds gegenüber. Da der chemische Vorgang nach der Formel Mn O2 + C O = Mn O + C O2 verläuft, so entwickelt hierbei 1 kg Sauerstoff 4205 W. -E. 2)Nach den Mittheilungen auf S. 20 beträgt die Wärmeentwickelung bei Ver - brennung von 1 kg Kohlenoxyd mit 7 / 4 kg Sauerstoff 2407 W. -E. ; mithin erzeugt 1 kg Sauerstoff 7 / 4 2407 = 4205 W. -E.; der reine Wärmegewinn beträgt mithin 4205 1344 = 2861 W. -E. Da die Reduction der sauer - stoffreicheren Manganerze zu niedrigeren Oxydationsstufen im Kohlen - oxydstrome schon bei einer Temperatur von annähernd 300°C. vor sich gehen kann, die Gase aber, wie erwähnt, ziemlich heiss in dem Ofen aufsteigen, so findet jene Wärmeentwickelung vorwiegend in dem oberen Theile des Ofens statt; die Folge davon ist eine fernere Temperatur - steigerung, d. h. eine Verstärkung des ohnehin durch den reichlichen Brennstoffsatz hervorgerufenen Oberfeuers. 3)Auf mein Ersuchen wurden bei dem Eisenwerk Hoerde im Jahre 1881 einige Ermittelungen über diese durch Anwendung sauerstoffreicher Manganerze hervor - gerufene Temperatursteigerung angestellt. Die Oxydationsstufe der rohen Erze ent - sprach annähernd dem Verhältnisse Mn5 O8. Die Temperatur der Gichtgase war bei drei Messungen zu verschiedenen Zeiten an zwei auf einander folgenden Tagen 650°, 600° und 725°, durchschnittlich also 660°C. Bei Verhüttung der nämlichen Erze, welche jedoch durch vorausgehendes Rösten in Mn3 O4 umgewandelt worden waren, während alle übrigen Betriebsverhältnisse unverändert geblieben waren, war dagegen die Temperatur der Gichtgase 525°, 600°, 475° und 525°, durchschnittlich also 530°C. Die Temperaturerniedrigung bei Verhüttung der sauerstoffärmeren Erze betrug mithin 130°C.Dieses Oberfeuer erschwert ausserordentlich den Betrieb der Manganhochöfen. Es wirkt zerstörend auf die Schachtsteine, sofern nicht dieselben durch besondere Kühlungen geschützt sind, und ein öfteres Durchbrennen derselben ist die Folge; im Vereine mit dem erwähnten starken Gichtrauche macht es das Ab - fangen der Gichtgase unmöglich, da alle Gichtgasfänge in der hohen544Der Hochofenbetrieb.Temperatur zerstört werden würden, und wie die Hochöfen der alten Zeit entlassen noch heute die Manganhochöfen ihre Gichtgase als eine hoch aufsteigende rothe Flamme in die freie Luft; es vermehrt endlich die directe Reduction des Eisens, indem es eine vorzeitige Verschlackung desselben herbeiführt, und erhöht dadurch den Brennstoffverbrauch.

Je höher der Mangangehalt in der darzustellenden Legirung aus - fallen soll, desto grösser wird der Manganverlust durch Verflüchtigung und Verschlackung, desto höher der erforderliche Brennstoffverbrauch, desto stärker das Oberfeuer und die aus demselben hervorgehenden Schwierigkeiten.

Es ist daher leicht erklärlich, dass der Selbstkostenpreis der gleichen Menge metallischen Mangans sich weit höher beziffert, wenn dasselbe in einer manganreicheren als wenn es in einer manganärmeren Legirung enthalten ist.

Um nicht bei Abstechen der Eisenmangane aus dem Hochofen Verlust durch Oxydation zu erleiden, wird der Wind zuvor abgestellt, das Abstechen findet ohne sogenanntes Ausblasen des Herdes statt (vergl. die Beschreibung des Abstechens auf S. 515).

Schlacken bei Darstellung von Eisenmanganen.

3. Der Betrieb mit verschiedenen Brennstoffen.

Der Betrieb mit Koks oder Holzkohlen.

Koks in dem einen, Holzkohlen in dem andern Falle bilden die eigentlichen normalen Brennstoffe des Hochofenbetriebes; und nur besondere örtliche Verhältnisse können die Verwendung anderer, ins - besondere roher, Brennstoffe an Stelle der oben genannten oder neben545Der Betrieb mit Koks oder Holzkohle.denselben rechtfertigen. Der Umstand, dass sie, bereits verkohlt, bei der Erhitzung keine Gase oder Dämpfe in grösseren Mengen mehr ent - wickeln, welche mit den Verbrennungsgasen sich mischen und die Gasspannung im Ofen erhöhen würden, verleiht ihnen allen rohen Brennstoffen gegenüber ein Uebergewicht für den Betrieb aller Schacht - öfen und somit auch des Hochofens; hierzu kommt der Umstand, dass auch die Veränderungen in der Form und Stückgrösse wegfallen, welche rohe Brennstoffe bei ihrer Erhitzung zu erleiden pflegen, und welche nicht unerhebliche Störungen im Verlaufe des Schmelzprocesses herbeiführen können. Man vergegenwärtige sich z. B. das bedeutende Schwinden des Holzes beim Verkohlen; gefährlicher noch würde die Eigenschaft des Backens einzelner Steinkohlensorten, des Zerfallens zu Pulver anderer Steinkohlensorten sein. Beide Eigenschaften können zu Versetzungen im Hochofen Veranlassung geben, welche schwer zu beseitigen sind. Bei der Koksbereitung aus backenden Steinkohlen aber tritt auch der schon früher betonte Vortheil in den Vordergrund, dass hier eine vorausgehende Zerkleinerung und Aufbereitung der Kohlen möglich ist, durch welche der für die Verwendung immerhin nach - theilige Aschengehalt auf ein bedeutend geringeres Maass zurück - geführt werden kann.

Auf die Unterschiede in der zweckmässigsten Grösse und Form des Hochofens wie in der Leitung des Betriebes, welche aus der ver - schiedenen Dichtigkeit, Verbrennlichkeit und dem verschiedenen Aschen - gehalte der Koks einerseits und der Holzkohlen andererseits sich ergeben, wurde bereits früher verschiedentlich hingewiesen, und es genügt deshalb eine kurze zusammenfassende Wiederholung des schon Gesagten.

Koks sind weniger leicht zerdrücklich als Holzkohlen1)So bedeutend als man häufig annimmt, ist freilich der Unterschied nicht. In den Vereinigten Staaten Nordamerikas giebt man Holzkohlenhochöfen eine Höhe, welche derjenigen zahlreicher Kokshochöfen nicht nachsteht; und der Erfolg lässt Nichts zu wünschen übrig., aber dichter und schwerer verbrennlich. Die erstere Eigenschaft ermöglicht die An - wendung grösserer, insbesondere auch höherer Oefen als beim Holz - kohlenbetriebe; die Thatsache, dass in dem grösseren Ofen die Wärme - ausnutzung günstiger zu sein pflegt, lässt diese Anwendung sogar als zweckmässig erscheinen. Die Schwerverbrennlichkeit der Koks wie die in dem grösseren Ofen gesteigerte Gasspannung machen die Anwen - dung stärker gepressten Windes nothwendig; auch durch stärkere Er - hitzung desselben wird den Nachtheilen, welche die Schwerverbrenn - lichkeit hervorrufen könnte, in erfolgreicher Weise vorgebeugt.

Der höhere Aschengehalt der Koks sowohl als die chemische Be - schaffenheit der Koksasche an und für sich machen die Anwendung reichlicherer Zuschläge beim Koksbetriebe zur Verschlackung der Asche erforderlich; der selten fehlende Schwefelgehalt der Koks aber lässt die Bildung stärker basischer Schlacken als beim Holzkohlenbetriebe in zahlreichen Fällen als nothwendig erscheinen, ein Umstand, welcher besonders deutlich beim Betriebe auf graues Roheisen zu Tage tritt. Die kalkerdereichen Schlacken, welche sich für Darstellung von tief -Ledebur, Handbuch. 35546Der Hochofenbetrieb.grauem Koksroheisen oder auch von hochprocentigen Eisenmanganen als zweckmässig oder nothwendig erwiesen haben, würden in der niedrigeren Temperatur der Holzkohlenhochöfen oft kaum zum Schmelzen zu bringen sein.

Der Betrieb mit Steinkohlen.

Steinkohlen neben Koks verwendet man mitunter, wo nicht - backende schwefelarme Kohlen in ausreichender Stückgrösse zu haben sind, theils aus Ersparungsrücksichten, theils auch, weil in manchen Fällen eine günstige Beeinflussung des Hochofenprocesses durch einen mässigen Zusatz von rohen Steinkohlen beobachtet wurde. Besonders ist dieses der Fall bei dem Betriebe auf graues Roheisen. Eine Er - klärung dafür lässt sich in dem Umstande finden, dass bei Oefen, die an Oberfeuer leiden, durch die bei der Zersetzung der Steinkohlen stattfindende Wärmebindung dieses abgemindert und die Oxydation von Kohlenstoff durch Kohlensäure in dem oberen Theile des Hochofens beschränkt wird; ferner auch darin, dass die flüchtigen Zersetzungs - gebilde der Steinkohlen, grossentheils aus Kohlenwasserstoffen bestehend, die Menge der reducirenden Bestandtheile im Gasstrome anreichern, die Reductionswirkung desselben auf die Erze verstärken und, indem sie die gebildete Kohlensäure verdünnen, auch die Vergasung festen Kohlen - stoffs durch Kohlensäure erschweren.

Selbst bei kleinen Holzkohlenhochöfen, welche graues Roheisen unmittelbar für die Giesserei darstellen, kann es, wie ich aus eigener Beobachtung weiss, mitunter zweckmässig sein, einen wenn auch nur geringen Theil der Holzkohlen (etwa 1 / 10 ihres Gewichts) durch aschenarme, nicht backende, gasreiche Steinkohlen zu ersetzen. 1)Bei dem jetzt zum Erliegen gekommenen Hochofenbetriebe zu Gröditz in Sachsen verwendete man viele Jahre hindurch zu diesem Zwecke Russkohle (S. 44) aus dem Zwickauer Steinkohlenbecken.Es gelingt hierbei leichter, dem Eisen einen gewissen, für die Benutzung zur Giesserei erforderlichen Silicium - und Graphitgehalt zu wahren.

Auf oberschlesischen Hütten, deren Hochöfen für Koksbetrieb be - stimmt sind, lässt man mitunter ein Drittel der Brennstoffgicht aus rohen nichtbackenden Stückkohlen bestehen. In Rücksicht auf den Umstand jedoch, dass der Preis dieser Stückkohlen im Vergleiche zu dem Preise von Koks aus backenden Kleinkohlen ziemlich bedeutend zu sein pflegt, hat man es häufig als ökonomisch vortheilhafter ge - funden, zu der alleinigen Verwendung von Koks zurückzukehren. 2)Ztschr. f. Berg -, Hütten - und Salinenwesen in Preussen, Bd. XXII, S. 284.

Als ausschliesslicher Brennstoff für den Hochofenbetrieb finden rohe Steinkohlen vorzugsweise in Schottland Verwendung, wo die meisten oder sämmtliche Hochöfen in Ermangelung von verkokungsfähigen backenden Steinkohlen mit den in reichen Mengen auftretenden aschen - armen und gasreichen, grossstückigen, auf S. 43 beschriebenen mageren oder sehr schwach backenden Kohlen betrieben werden.

Geschieht nun bei Benutzung solcher Steinkohlen die Verhüttung in eben solchen Oefen als bei Koksbetrieb, so übt unläugbar die ausser -547Der Betrieb mit Steinkohlen.ordentlich starke Gasentwickelung und die mit derselben verknüpfte Abkühlung des Ofens (welche, wie oben erwähnt wurde, bei beschränk - tem Zusatze von Steinkohlen unter Umständen günstig wirken kann) nachtheilige Einflüsse auf den Verlauf des Hochofenprocesses aus, und der stattfindende Wärmeverlust muss durch einen beträchtlich erhöhten Aufwand von Brennstoff gedeckt werden. Durch Anwendung weiter Gichten und hoch erhitzten Windes ist man wohl im Stande, jene Uebelstände abzumindern, nicht aber sie gänzlich zu beseitigen.

Als zweckmässig hat sich dagegen eine von Ferrie seit dem Jahre 1870, zuerst auf den Monkland-Eisenwerken, später auch bei anderen Hochöfen, eingeführte Einrichtung erwiesen, welche den Zweck hat, die Entgasung (Verkokung) der rohen Steinkohlen in dem Hochofen selbst durch einen Theil der Gichtgase des letzteren bewirken zu lassen.

Zu diesem Zwecke ist der obere Theil des Hochofenschachtes bis auf eine Tiefe von etwa 6 m unterhalb des Gichtgasfanges durch vier radial stehende, von gemauerten Bogen getragene Scheidewände in ebenso viele Kammern getheilt, welche selbstverständlich oben und unten offen sind, und in welchen, wie in einem gewöhnlichen Hochofen - schachte, die oben in abwechselnden Lagen eingeschütteten Kohlen und Erze sich abwärts bewegen. Jene, etwa 20 cm starken Scheidewände sowohl als die Aussenwände des oberen Schachtes, wo die Scheide - wände sich befinden, sind von einem Kanalsysteme durchzogen, in welches ein Theil der durch einen Parry’schen oder andern Gasfang abgeleiteten Gase hineingeführt wird, um hier durch Vermischung mit atmosphärischer Luft verbrannt zu werden. Der Zug in den Kanälen wird durch Essen hervorgebracht, welche auf der Gicht des Hochofens aufgestellt sind und die verbrannten Gase ableiten. Die erwähnten vier, von den Scheidewänden und dem Ofenmauerwerk eingeschlossenen Kammern wirken demnach wie Retorten und besitzen eine gewisse Aehn - lichkeit mit Appolt’schen Verkokungsöfen, jedoch mit dem Unter - schiede, dass bei letzteren das Füllen und Entleeren periodisch statt - findet, während bei dem Ferrie’schen Hochofen die zu entgasenden Kohlen (und mit ihnen die zu verhüttenden Erze) ununterbrochen durch die Kammern hindurch sich bewegen.

Der Vortheil dieser Einrichtung liegt offenbar in dem Umstande, dass die zur Entgasung der Steinkohle erforderliche Wärme nicht dem Ofen entzogen sondern von aussen her zugeführt wird und zwar wie bei den meisten Verkokungsöfen unter Benutzung der aus den Kohlen selbst entwickelten Gase. Der Steinkohlenverbrauch im Ofen zur Darstellung einer bestimmten Menge Roheisen wird hierdurch erniedrigt, und zwar hat man auf den Monkland-Eisenwerken im Jahre 1871 eine Ermässigung desselben von 2600 kg auf etwa 1700 kg per 1000 kg Roheisen beobachtet. Allerdings darf hierbei nicht unerwähnt bleiben, dass der nach Ferrie’s System gebaute Hochofen beträchtlich grösser war (Gesammthöhe ca. 25 m) als der frühere Ofen und somit auch eine günstigere Ausnutzung der Wärme ermöglichte, welcher wenigstens theilweise jene günstigeren Ergebnisse zuzuschreiben sein dürften.

Neuerdings hat man bei schottischen Hochofenwerken (Gartsherry) den Betrieb mit rohen Kohlen noch lohnender zu machen gesucht,35*548Der Hochofenbetrieb.indem man Einrichtungen traf, um das mit den Gichtgasen entweichende Ammoniak, aus der Destillation der Kohlen entstanden, zu gewinnen (vergl. Literatur).

Je mehr Gichtstaub aber die Hochofengase absetzen, desto öfter wird eine Reinigung jener Züge nothwendig werden, und es ist kaum anzunehmen, dass diese Reinigung in leichter Weise ausführbar sein wird. Hierin dürfte ein Grund liegen, weshalb ausserhalb Schottlands von dem Ferrie-Hochofen nur in vereinzelten Fällen Anwendung ge - macht worden ist. Auf denjenigen oberschlesischen Eisenwerken z. B., wo für den Hochofenbetrieb den schottischen Steinkohlen ähnliche Kohlen zur Verwendung stehen (Königshütte, Borsigwerk u. a.) zieht man es vor, sie in gewöhnlichen Meilern oder in Schaumburger Ver - kokungsöfen zu entgasen; und der Zinkgehalt der oberschlesischen Eisenerze dürfte dieses Verfahren vollständig rechtfertigen.

Der Betrieb mit Anthraciten.

Obwohl im weiteren Sinne die Anthracite ebenfalls den Stein - kohlen sich beigesellen lassen, so zeigt doch ihr Verhalten sowohl im Allgemeinen als auch insbesondere bei ihrer Benutzung für den Hoch - ofenbetrieb so erhebliche Abweichungen gegenüber dem Verhalten der soeben besprochenen gasreichen Kohlen, dass eine besondere Be - sprechung der Eigenthümlichkeiten des Anthracit-Hochofenbetriebes noth - wendig erscheint.

Besonders reich an Anthraciten ist Pennsylvanien, und eine grosse Anzahl nordamerikanischer Hochöfen in den Districten östlich vom Alleghanygebirge benutzt den Anthracit als ausschliesslichen Brennstoff für den Hochofenbetrieb.

Wie schon aus den auf S. 46 gegebenen Mittheilungen hervor - geht, ist der Anthracit die kohlenstoffreichste, gasärmste aller natürlich vorkommenden Kohlensorten und steht in chemischer Beziehung dem Koks nahe. Eine Verkokung des Anthracits würde daher, ganz abgesehen von der Schwierigkeit des Verfahrens, in den allermeisten Fällen zweck - los sein. In physikalischer Beziehung aber unterscheidet sich der Anthracit sehr wesentlich von dem Koks. Er ist dicht, schwer ver - brennlich und besitzt oft in starkem Maasse die Neigung, beim Erhitzen in zahlreiche kleine Stücke zu zerspringen. Diese Eigenschaften erschweren erheblich die Verwendung des Anthracits beim Hochofenbetriebe.

Neuere amerikanische Anthracithochöfen besitzen eine Höhe von ca. 22.5 m, Kohlensackdurchmesser 5.5 m, Gestelldurchmesser 3.2 m, Gicht - durchmesser ca. 4 m. Der Durchmesser der Düsen beträgt etwa 108 mm, ihr Vorragen in den Ofen 250 mm, ihre Zahl 7. 1)Oestr. Zeitschr. f. Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 489 (Hartmann).

Die Schwerverbrennlichkeit des Anthracits lässt eine Anwendung desselben in geringerer Stückgrösse zweckmässig erscheinen, wodurch die dem Winde dargebotene Oberfläche vergrössert wird; als am geeig - netsten sollen sich Stücke von ungefähr 100 mm im Durchmesser erweisen. Ein anderes Mittel zur Beförderung der Verbrennung ist starke Windpressung; und in Rücksicht auf die soeben erwähnte geringe549Der Betrieb mit Anthraciten und Braunkohlen.Stückgrösse und auf den Umstand, dass, wie schon erwähnt wurde, häufig noch ein Zerspringen der Stücke in ganz kleine Würfel statt - findet, ist eine hohe Windpressung sogar nothwendig, um den Gasen das Durchdringen der dicht liegenden Beschickung zu ermöglichen. Man construirt deshalb die Gebläse so, dass sie im Stande sind, nöthigen - falls mit einer Pressung von 1.5 kg per qcm zu blasen, während aller - dings während des gewöhnlichen Betriebes selten eine höhere Wind - spannung als 0.6 1 kg per qcm erforderlich ist; immerhin bedeutend höher als bei den meisten mit Koks betriebenen Hochöfen.

Auch hoch getriebene Winderhitzung befördert naturgemäss die Verbrennung der Anthracite, und man ersetzt aus diesem Grunde mehr und mehr die älteren eisernen Winderhitzungsapparate durch steinerne.

Eine besondere Schwierigkeit liegt jedoch in der öfteren Ent - stehung von Versetzungen im Hochofen, gebildet durch ein Gemenge von Anthracitpulver, welches durch das Zerspringen von Anthracit - stücken entstanden war, mit Schlacken oder gesinterten Massen. Be - sonders häufig entstehen solche Versetzungen nach dem Abstiche, wenn das Gebläse abgestellt ist. Pulver, zur Hälfte aus Anthracitstaub, zur andern Hälfte aus zerfallenen Erzen bestehend, welches an den Rast - wänden ringförmig sich aufgebaut hatte, rollt dann mit einem Male vor die Formen und droht, das Feuer zu ersticken. Anwendung sehr hoch erhitzten Windes (sofern die Apparate nicht inzwischen ebenfalls abgekühlt sein sollten) und sehr starker Pressung, welche es dem Winde ermöglicht, die dicht liegenden Massen zu durchdringen, hat in solchen Fällen häufig gute Dienste gethan und die Beseitigung des Hinder - nisses zu Wege gebracht. In anderen Fällen sucht man, sofern nicht bereits Erstarrung zu einem einzigen festen Klumpen eingetreten ist, den Staub durch Kratzen und Schaufeln aus dem Ofen zu ziehen, bis die gröberen Stücke des Brennstoffs nachrutschen und der Wieder - beginn des Blasens ermöglicht ist. Liegt jedoch die Versetzung höher im Ofen, so bleibt gewöhnlich nichts Anderes übrig, als den Ofen hier aufzubrechen und nun in irgend einer Weise den Bär zu zerbrechen, zu schmelzen oder zum Niedergehen zu bringen.

Bei Erwägung dieser Schwierigkeiten findet man die Anwendung der a. a. O. schon erwähnten, auf nordamerikanischen Eisenwerken bis - weilen angewendeten Mittel zur Beseitigung jener Versetzungen (Sprengen mit Pulver u. s. w.) wohl erklärlich.

Der Betrieb mit Braunkohlen.

In Gegenden, wo früher die Hochöfen ausschliesslich mit Holz - kohlen betrieben wurden, Koks nur aus sehr weiten Entfernungen zu erlangen sind, Braunkohlen dagegen zu einem mässigen Preise zu beschaffen sein würden, hat man verschiedentlich Versuche angestellt, diese an Stelle von Holzkohle, beziehentlich auch an Stelle von Koks, als Brennmaterial für den Hochofenbetrieb zu benutzen.

Zwei Eigenschaften der Braunkohlen sind es hauptsächlich, welche diese Verwendung erschweren: der grosse Gas - und Wassergehalt der - selben einerseits und andererseits das Zerfallen der meisten Braunkohlen550Der Hochofenbetrieb.in kleine Stücke, eine Eigenschaft welche, wie schon früher (S. 41) erwähnt wurde, auch das Verkohlen derselben erschwert.

Dass überhaupt nur aschenarme Braunkohlen für die Benutzung zum Hochofenprocesse in Frage kommen können, bedarf kaum einer Erwähnung. Da der Kohlenstoffgehalt derselben den eigentlich nutz - baren Bestandtheil beim Hochofenprocesse ausmacht, so ist der gleiche Aschengehalt bei Braunkohlen nachtheiliger als bei Steinkohlen oder Koks, welche reicher als jene an Kohlenstoff sind. Das Vorkommen solcher aschenarmen Braunkohlen ist aber, so ausgedehnt auch das Auftreten der Braunkohlen im Allgemeinen ist, nicht gerade häufig.

Besonders in den österreichischen Alpenländern ist man seit Jahr - zehnten darauf bedacht gewesen, Braunkohle als theilweisen Ersatz anderer Brennstoffe beim Hochofen zu verwerthen; auch in Ungarn hat man zeitweise einzelne Holzkohlenhochöfen mit Zusatz von Braun - kohle betrieben.

Es ergiebt sich aus den hierbei erlangten Resultaten, dass eine aus - schliessliche Benutzung von Braunkohlen für den Hochofenbetrieb mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, während allerdings ein Zusatz von Braunkohlen zu anderen Materialien (in Zeltweg und Prävali zu Koks, in Vordernberg zu Holzkohlen) zweckmässig sein kann, sofern der Preis der Braunkohlen ausreichend billig ist. Auch bei dieser Art der Benutzung hat sich jedoch ergeben, dass ein zuvoriges Abflammen der Kohlen, d. h. eine theilweise Verkohlung nothwendig ist, um die Nachtheile der allzu starken Gasentwickelung im Hochofen abzu - mindern.

Die in Vordernberg verwendete Braunkohle (aus dem Köflacher Revier), Lignit mit Holzstructur, enthielt:

  • Kohlenstoff41.80 Proc.
  • Gase28.86
  • Wasser26.00
  • Asche3.34

Nachdem sich herausgestellt hatte, dass eine einfache Trocknung der Braunkohlen bei 70°C. nicht ausreichend sei, ihre Verwendung im Hochofen als nützlich erscheinen zu lassen, ging man dazu über, eine Verkohlung derselben in besonderen Kammern vorzunehmen, welche eine Erhitzung bis zu 300°C. ermöglichten. 1)Einrichtung und Betrieb dieser Kammern: Oestr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 45.Das Ausbringen an Kohle hierbei betrug 45 48 Proc. mit einem Kohlenstoffgehalt von 80.5 Proc. und 7.1 Proc. Asche; die Verkohlungskosten für Feuerung, Arbeitslöhne und Amortisation stellten sich per 100 kg fertiger Kohle auf ca. 25 Pfennig.

Von der erhaltenen Kohle, welche zum grossen Theile sich als mürbe und zerreiblich erwies, waren etwa 130 kg erforderlich, um 100 kg Fichtenholzkohle zu ersetzen. Die kleinstückige Beschaffenheit der Braunkohlen steigerte die Schwierigkeiten des Betriebes, indess war es, da der benutzte Ofen nicht sehr hoch war (10.8 m), möglich, bis 40 Proc. der Holzkohlen durch Braunkohlen zu ersetzen.

551Der Betrieb mit Torf, Torfkohle und rohem Holze.

Auch in den grösseren mit Koks betriebenen Hochöfen zu Zeltweg und Prävali hat man zeitweise 40 Proc. der Koks durch Braunkohlen zu ersetzen vermocht.

Der Betrieb mit Torf und Torfkohle.

Roher Torf dürfte seines grossen Wasser - und Gasgehaltes halber ebenso wenig als rohe Braunkohle geeignet sein, grössere Mengen anderen, werthvolleren Brennstoffs im Hochofen zu ersetzen; gedarrter oder theilweise verkohlter Torf dagegen hat mitunter neben Holzkohle beziehentlich auch neben Koks eine nützliche Verwendung gefunden.

Umfänglichere Versuche über die Benutzbarkeit des Torfs beim Hochofenbetriebe wurden in den siebenziger Jahren in Vordernberg angestellt. 1)Vergl. unter Literatur die Abhandlung von A. Enigl.Man benutzte sogenannten Kugeltorf, d. h. Torf, welcher zu Kugeln gepresst worden war, eine Form, welche sich als besonders geeignet für die in Rede stehende Benutzung erwies. Im lufttrockenen Zustande enthielt derselbe 31 Procent Kohle (Destillationsrückstand), 1.7 4 Proc. Asche, und 100 kg dieses lufttrockenen Torfes waren erforderlich, um 34 kg Holzkohle zu ersetzen. In den auf S. 38 be - sprochenen Verkohlungsöfen von Barff und Thursfield verkohlt enthielt derselbe 64.5 Proc. Kohle, 30.8 Proc. brennbare Gase, 4.6 Proc. Asche, und 100 kg dieses halbverkohlten Torfes ersetzten im Hochofen ca. 91 kg Holzkohle.

Sowohl bei Zusatz des lufttrockenen als des verkohlten Torfes blieb der Betrieb noch durchführbar, wenn man zwei Drittel der Brenn - stoffgicht aus Torf bestehen liess.

Der Betrieb mit rohem Holze.

Wegen der beträchtlichen Gasentwickelung und des Schwindens beim Verkohlen des Holzes dürfte eine ausschliessliche Anwendung des - selben als Brennstoff für den Hochofenbetrieb kaum durchführbar sein; wohl aber hat man mit Vortheil bei Holzkohlenhochöfen nicht selten einen Theil der Holzkohlen durch rohes Holz ersetzt, welches zweckmässiger - weise zuvor in warmen Räumen einer Trocknung unterworfen worden war. Verschiedene, inzwischen grossentheils zum Erliegen gekommene Hochöfen des Harzes wurden in den fünfziger und sechziger Jahren dieses Jahrhunderts unter Mitbenutzung von rohem Holze, dessen Menge mitunter dem Gemässe nach die Hälfte des gesammten Brennstoffes, dem Gewichte nach also noch mehr betrug, betrieben. Es zeigte sich hierbei, dass das rohe Holz eine grössere Menge Holzkohlen zu ersetzen im Stande war, als bei der gewöhnlichen Verkohlung aus demselben erfolgt sein würde. Diese Erscheinung findet ihre genügende Erklärung, wenn man erwägt, dass bei der Verkohlung, zumal wenn sie in Meilern geschieht, eine theilweise Verbrennung von Kohlenstoff unumgänglich ist, und dass fernerhin, wie schon hinsichtlich der rohen Steinkohlen oben hervorgehoben wurde, die bei der Zersetzung des Holzes im Hoch - ofen entwickelten Gase die Menge der reducirenden Bestandtheile ver -552Der Hochofenbetrieb.mehren, mindestens aber den Kohlensäuregehalt der Hochofengase durch ihr Hinzutreten verringern und hierdurch die Reduction der schon vorhandenen Kohlensäure zu Kohlenoxyd auf Kosten der Holzkohle im oberen Theile des Ofens erschweren. Dass unter Umständen auch die mit der Zersetzung des Holzes verknüpfte Temperaturerniedrigung in dieser Beziehung von Vortheil sein könne, wurde schon früher erwähnt.

Wo aber das Holz im Walde, fern von der Hütte, verkohlt wird, die Fracht nach dem Hochofen also einen nicht unbeträchtlichen Theil der Selbstkosten des Holzes, beziehentlich der Holzkohlen ausmacht, da kommt der Umstand in Betracht, dass aus 100 kg Holz nur etwa 22 kg Holzkohlen zu erfolgen pflegen, man also mehr als die vier - fachen Frachtkosten zu tragen hat, wenn man das rohe Holz statt der Kohlen nach der Hütte abfahren lässt. Dieser Preisunterschied darf nicht übersehen werden und dürfte es hauptsächlich erklären, dass die Anwendung rohen Holzes beim Hochofenbetriebe im Allgemeinen ziem - lich selten geblieben ist.

Der Betrieb mit Gasen.

Verschiedentlich sind schon Vorschläge, theilweise auch Versuche gemacht worden, den Hochofen mit zugeleiteten Gasen Generator - gasen zu betreiben. Die Eigenthümlichkeiten des Hochofenprocesses legen jedoch die Schlussfolgerung nahe, dass es ohne Anwendung festen Brennstoffs kaum möglich sein wird, einen regelmässigen Hochofen - process nutzenbringend zu führen.

Der feste Kohlenstoff hat, wie oben ausführlich erörtert wurde, im Hochofen einen doppelten Zweck zu erfüllen: er soll durch Verbrennung zu Kohlenoxyd das Reductionsmaterial für die Erze liefern, bei dieser Verbrennung aber zugleich die zur Durchführung des ganzen Processes nothwendige Wärme erzeugen. Wird diese Wärme durch Verbrennung von Gasen erzeugt, so bestehen die Verbrennungsgebilde aus Kohlen - säure und bei Benutzung gasförmiger Kohlenwasserstoffe aus Wasserdampf, also Gasen, welche in der Schmelztemperatur des Roh - eisens oxydirend auf die Bestandtheile desselben statt reducirend auf vorhandene Sauerstoffverbindungen einwirken würden. Eine sehr starke Verdünnung der Verbrennungsgase durch unverbrannte, d. h. die Zuleitung eines sehr grossen Gasüberschusses, ist mithin nothwendig, um jene oxydirende Einwirkung aufzuheben oder ausreichend abzu - schwächen. Mit der Menge der unverbrannt bleibenden Gase, welche ebenfalls auf die Temperatur des Schmelzraumes erhitzt werden müssen und später das eigentliche Reductionsmaterial bilden, steigt aber die Schwierigkeit, jene erforderliche Temperatur hervorzubringen. Durch starke Vorwärmung der Gase wie des Gebläsewindes würde sich aller - dings die Menge der für die Temperaturerzeugung im Schmelzraume erforderlichen Gase und somit auch die Menge der aus demselben her - vorgehenden Kohlensäure verringern lassen; dass aber ein wirthschaft - lich günstiger Erfolg hierdurch erreicht werden könnte, ist nicht anzunehmen.

Nicht ganz so aussichtslosdürfte vielleicht der Gedanke sein, dem553Die Betriebsergebnisse.mit festen Brennstoffen betriebenen Hochofen von aussen her noch reducirende Gase zuzuführen, um die Reduction der Erze durch Kohlen - oxyd zu erleichtern und insbesondere die Oxydationswirkung der bei der Reduction entstandenen Kohlensäure auf feste Kohle oberhalb des Schmelzraumes abzuschwächen. Dass die vielfach beobachtete günstige Einwirkung eines Zusatzes unverkohlter Brennstoffe beim Hochofen - betriebe jedenfalls theilweise auf der hierdurch bewirkten Vermehrung der reducirenden Gase beruhe, wurde oben erwähnt. In den meisten Fällen jedoch wird die Erzeugung und Zuleitung solcher reducirenden Gase grössere Kosten verursachen, als der durch Anwendung dieses Mittels erreichbaren Ersparung an Brennstoff im Hochofen entsprechen würde.

In der That bildet, wie schon von anderen Metallurgen (z. B. Lürmann) hervorgehoben worden ist, jeder zur Darstellung von Roh - eisen bestimmte Hochofen gemäss der früher besprochenen Bestimmung der ihm zugeführten Kohlen einen Gasgenerator, in welchem ein Theil der Gase sogleich zur Reduction der mit den Kohlen aufgegebenen Erze verbraucht wird, während die bei der Vergasung frei werdende Wärme das Mittel zur Erlangung der für Reduction und Schmelzung erforder - lichen Temperatur bildet. Es liegt, so lange der Hochofen zur Roh - eisenerzeugung bestimmt ist, schwerlich ein triftiger Grund vor, eine örtliche Trennung dieser mit Wärmebildung verbundenen Gaserzeugung von der Gasverwendung einzuführen. Anders ist es bei der Darstellung schmiedbaren Eisens aus den Erzen, wo die durch Anwendung fester Brennstoffe begünstigte Aufnahme fremder Körper Kohle, Silicium, Mangan verhindert werden muss.

In der dritten Abtheilung dieses Buches werden jedoch die Gründe erörtert werden, weshalb auch in diesem Falle ein mit Gasen betriebener Schachtofen voraussichtlich keine Aussicht auf eine allgemeine Ein - führung besitzt.

4. Die Betriebsergebnisse.

Auf Grundlage der von den Aufsehern geführten täglichen Notizen über den Verbrauch an Erzen, Zuschlägen, Kohlen und über den Erfolg an Roheisen wird das Schmelzbuch (auch Betriebsbuch, Betriebsregister genannt) geführt, welches in übersichtlicher Weise neben einander den stattgehabten Verbrauch wie den Roheisenerfolg erkennen lässt, und zwar zunächst in täglichen Summen, aus denen sich durch Addition alsdann die Summen per Woche, per Monat u. s. w. ergeben. Neben dieser Abrechnung pflegt das Schmelzbuch tägliche Notizen über Pressung und Temperatur des Windes, Beschaffenheit des erfolgten Roheisens und über alle jene Vorkommnisse zu enthalten, deren Kenntniss von Belang für die Beurtheilung des Hochofenganges ist. Auf diese Weise bildet ein mit Sorgfalt geführtes Schmelzbuch eine Chronik des Hoch - ofenbetriebes, lehrreich für den, welcher sie mit Aufmerksamkeit studirt.

In bestimmten Zeitabschnitten aber, häufig allwöchentlich, jeden - falls monatlich und der Regel nach auch am Jahresschlusse, berechnet man aus den Summen des stattgehabten Materialienverbrauches und gewonnenen Roheisens die durchschnittlichen Betriebsergebnisse, bezogen554Der Hochofenbetrieb.auf die Einheit der Zeit, des Gewichts an verbrauchten Materialien, an erfolgtem Roheisen u. s. w.; und ein Vergleich dieser Betriebs - ergebnisse, welche zu verschiedenen Zeiten, unter Umständen auch bei verschiedenen Oefen, erlangt wurden, giebt einen Maassstab für den mehr oder minder günstigen Verlauf des Hochofenbetriebes und spornt dazu an, den Ursachen nachzuforschen, welche diese Abweichungen, insbesondere die ungünstigeren Ergebnisse, hervorriefen.

Dass übrigens Hochöfen, welche einen verschiedenen Rauminhalt besitzen, welche verschiedene Erze verhütten, verschiedene Brennstoffe benutzen, verschiedene Roheisensorten darstellen u. s. w., auch sehr abweichende Betriebsergebnisse liefern können und oft naturgemäss liefern müssen, versteht sich nach den Eigenthümlichkeiten des Hoch - ofenprocesses von selbst. Lehrreich ist ein Vergleich der Betriebs - ergebnisse auch in diesen Fällen, indem er auf die Einflüsse hinweist, welche durch Rauminhalt des Ofens, Reducirbarkeit und Eisengehalt der Erze u. s. w. auf den Ausfall der Betriebsergebnisse ausgeübt werden.

Die wichtigsten dieser Betriebsergebnisse sind folgende.

a) Roheisenerzeugung des Hochofens in bestimmter Zeit (per Tag oder per Woche). Während in früheren Jahrhunderten ein Hochofen in 24 Stunden oft nicht mehr als 0.7 t Roheisen lieferte, dürfte in der Jetztzeit die geringste Leistung eines auch unter den ungünstig - sten Verhältnissen arbeitenden Hochofens kaum sich niedriger als etwa 2.5 t beziffern. Auch diese Leistung gehört jedoch zu den Ausnahmen. 5 t Roheisen in 24 Stunden dürfte als die durchschnittliche Leistung der noch aus früheren Jahrzehnten überkommenen, auf graues Giesserei - roheisen für den directen Guss arbeitenden kleineren Holzkohlenhoch - öfen anzunehmen sein; dieser Minimalleistung der modernen Hochöfen steht eine allerdings nur vereinzelt erreichte Maximalleistung von fast 300 t gegenüber. Der Hochofen D der Edgar Thomson Steel Works in Pittsburgh lieferte z. B. in der Woche vom 22. 28. Mai 1882 im Ganzen 1807 t, durchschnittlich täglich 258.5 t1) Stahl und Eisen 1882, S. 388.; der Hochofen Nr. II der Ilseder Hütte, dessen Leistung zu der bedeutendsten der europäi - schen Hochöfen gehört, lieferte vom 1. Januar bis letzten April 1882 durchschnittlich 135 t per Tag, verschiedene lothringensche und rheinisch - westfälische Hochöfen vermögen 90 100 t per Tag zu erzeugen.

Die Beziehungen zwischen Rauminhalt und Leistungsfähigkeit des Ofens sowie die Thatsache, dass die letztere nicht gleichmässig mit dem ersteren zunimmt, wurden auf S. 330 bereits ausführlich erörtert.

Der Umstand, dass man aus schon erörterten Gründen Holzkohlen - hochöfen durchschnittlich niedriger baut, als solche für mineralische Brennstoffe, erklärt es leicht, dass auch die durchschnittliche Leistungs - fähigkeit der Holzkohlenhochöfen hinter derjenigen der letzteren Oefen zurückbleibt. Auch hierbei sind die nordamerikanischen Holzkohlen - hochöfen den europäischen voraus. Ein Hochofen zu Elk Rapids in Michigan lieferte 1880 durchschnittlich 47 t per Tag, eine Ziffer, welche kaum von einem andern Holzkohlenhochofen überschritten sein dürfte. 555Die Betriebsergebnisse.In Europa zeichnen sich vorzugsweise die Holzkohlenhochöfen der österreichischen Alpen durch grosse Leistungsfähigkeit aus (z. B. Ofen Nr. III in Vordernberg mit einer Tagesproduction bis zu 40 t); schwedi - sche Holzkohlenhochöfen liefern durchschnittlich 12 t per Tag, welche Leistung in einzelnen Fällen sich auf 18 t steigert.

Neben der Grösse des Ofens beeinflusst die Beschaffenheit des erzeugten Roheisens sehr wesentlich die Leistung per Tag, wie sich schon aus den früheren Erörterungen über den Hochofenprocess und Hochofenbetrieb ergiebt. Bei Darstellung gewöhnlichen Weisseisens ist die Leistung am grössten. Die Leistungsfähigkeit eines und desselben Hochofens bei der Erzeugung verschiedener Roheisensorten dürfte sich ungefähr folgendermaassen verhalten:

Jene oben erwähnten hohen Productionen einzelner Oefen (Edgar Thomson Steel Works, Ilseder Hütte, Holzkohlenhochofen in Vordern - berg) bestehen ausschliesslich in weissem Roheisen. Bei Erzeugung von grauem Roheisen Nr. I ist man bei amerikanischen Anthracit - hochöfen bis auf 160 t per Woche gekommen, während jene grossen auf S. 330 erwähnten Hochöfen Clevelands häufig weniger als 100 t lieferten.

Auch die Reducirbarkeit der Erze und der Eisengehalt derselben beeinflusst sehr wesentlich die Leistungsfähigkeit der Hochöfen. Dass bei Verhüttung leicht reducirbarer Erze der Schmelzgang stärker als bei Verhüttung schwer reducirbarer beschleunigt werden kann und dass in dem nämlichen Verhältnisse auch die Leistung des Ofens sich steigert, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Aus eisenreichen Beschickungen aber erfolgt bei gleicher Durchsetzzeit im Hochofen naturgemäss auch eine grössere Menge Roheisen als aus eisenärmeren.

b) Erzsatz auf die Gewichtseinheit (1000 kg) des Brennstoffes. Derselbe ist grösser bei Darstellung von gewöhnlichem Weisseisen als bei Spiegeleisen - oder Graueisendarstellung, übrigens aber auch von der Reducirbarkeit und dem Eisengehalte der Erze, der Grösse des Hochofens, dem Grade der Winderhitzung, der Beschaffenheit der Brenn - stoffe u. s. w. abhängig. In den meisten Fällen wird der Erzsatz (incl. der Zuschläge) per 1000 kg Koks 2000 3000 kg, per 1000 kg Holz - kohlen 2000 3500 kg betragen. Bei Harzer Holzkohlenhochöfen, welche auf graues Roheisen betrieben werden, beträgt bei einem Eisengehalte der Beschickung von 33 Proc. der Erzsatz durchschnittlich 2600 kg (in Rothehütte im Jahre 1870 sogar 4000 kg bei 30 procentiger Be - schickung); bei dem mehrfach erwähnten Hochofen zu Vordernberg, welcher aus einer sehr reichen Beschickung (Eisengehalt der Beschickung ca. 44½ Proc.) weisses Roheisen darstellt, beträgt der Erzsatz incl. Zuschläge 3330 kg, bei einem kleineren Ofen daselbst 3000 kg. In schwedischen Holzkohlenhochöfen, deren Beschickung aus reichen und grossentheils schwer reducirbaren Erzen besteht, beträgt bei Weiss - eisendarstellung der Erzsatz ca. 2400 kg, bei Graueisendarstellung nur556Der Hochofenbetrieb.ca. 2100 kg. Aehnliche Verhältnisszahlen ergeben sich bei nordamerika - nischen Holzkohlenöfen.

Die mit leicht reducirbaren Sphärosideriten auf graues Roheisen betriebenen Kokshochöfen Clevelands ermöglichen einen Erzsatz von 2700 2800 kg; Luxemburger und Lothringer Hochöfen bei Weiss - eisendarstellung aus Minette einen Erzsatz von 2800 3000 kg, rheinisch - westfälische Hochöfen bei Graueisendarstellung einen solchen von etwa 2300 kg, bei Weisseisendarstellung von 2500 3000 kg.

c) Roheisenausbringen aus dem Möller, beziehentlich aus den Erzen. Die Berechnung, welche sich ohne Schwierigkeit aus dem Ge - wichte der verbrauchten Erze (beziehentlich des Möllers) und dem Gewichte des erfolgten Roheisens anstellen lässt und deren Ergebniss in Procenten des Erz - oder Möllergewichtes ausgedrückt zu werden pflegt, ist einestheils erforderlich, um den Nachweis zu liefern, ob das Ausbringen in verschiedenen Zeiten unverändert geblieben ist (eine Aenderung bei gleich bleibender Zusammensetzung der Beschickung aus den verschiedenen Erzsorten würde auf eine Aenderung des Eisen - gehaltes der Erze schliessen lassen), anderntheils muss auch bei Be - urtheilung der übrigen Betriebsergebnisse das Ausbringen in Berück - sichtigung gezogen werden. Die tägliche Leistung eines Ofens wird durchschnittlich grösser, der Kohlenverbrauch per 1000 kg dargestellten Roheisens geringer sein, wenn das Ausbringen hoch als wenn es niedrig ist. Da ein kleiner Theil des Eisengehaltes der Erze verschlackt zu werden pflegt, das Roheisen aber neben Eisen jedenfalls Kohlenstoff, häufig Silicium, Phosphor, Mangan u. s. w. in erheblichen Mengen ent - hält, so kann das Ausbringen nicht mit dem durch Analyse gefundenen durchschnittlichen Eisengehalte übereinstimmen. Nur bei sehr starkem Rohgange, wobei grosse Eisenmengen verschlackt werden, kann das Ausbringen niedriger als der Eisengehalt sein. Am nächsten wird es bei Darstellung gewöhnlichen manganarmen Weisseisens mit demselben übereinstimmen; bei Graueisendarstellung und bei Spiegeleisendarstellung wird es regelmässig um einige Procente höher sein.

In den meisten Fällen beträgt das Ausbringen aus dem Möller 30 35 Proc. In einzelnen Fällen, wo die Preise der Erze und Kohlen billig sind, lassen sich auch Beschickungen mit nur 25 Proc. oder weniger Ausbringen noch mit Nutzen verhütten, in anderen günstigen Fällen bei Verhüttung reicher Erze auf Weisseisen ist man in der Lage, ein Ausbringen von mehr als 40 Proc. zu erzielen.

Im Allgemeinen wird bei Darstellung von Graueisen und Spiegel - eisen das procentale Ausbringen aus dem Möller geringer als bei Weiss - eisendarstellung sein theils in Rücksicht auf den Umstand, dass, wenig - stens bei Anwendung mineralischer Brennstoffe, für die Darstellung der erstgenannten Roheisensorten grössere Mengen von Zuschlägen erforder - lich zu sein pflegen, um eine ausreichend basische Schlacke zu bilden, theils auch, weil eine grössere Schlackenmenge überhaupt, also ein nicht zu hoher Eisengehalt der Beschickung, den Betrieb auf jene Roh - eisensorten erleichtert.

d) Verbrauch an Brennstoff zur Darstellung einer bestimmten Menge gewöhnlich 1000 kg Roheisen. Die öftere Berechnung557Die Betriebsergebnisse.dieser Ziffer ist von Wichtigkeit. Sie giebt einen Maassstab für die Wärmeausnutzung im Hochofen und beeinflusst sehr wesentlich die Selbstkosten des Roheisens.

Der Umstand, dass, wenn Kohlenoxyd bei einer Temperatur von 800 900°C. vorhandenes Eisenoxydul vollständig reduciren soll, das bei diesem Processe entstehende Gasgemisch höchstens 1 Raumtheil Kohlensäure auf 2 Raumtheile Kohlenoxyd enthalten darf1)R. Åkerman, Om syrsatt jerns reduktion med koloxid. Jernkontorets Annaler 1882; in deutscher Uebersetzung in Stahl und Eisen 1883, S. 149., giebt ein Mittel zur Berechnung, wie viel Kohle im Hochofen mindestens zur Reduction der Erze erforderlich ist, vorausgesetzt, dass diese Reduction vollständig durch Kohlenoxyd erfolge. 2)Die Formel für den Vorgang ist in diesem Falle Fe O + 3 CO = Fe + 2 CO + CO2. In einer niedrigeren Temperatur als 800°C. wird die Reduction des Eisenoxyduls kaum möglich sein.Nach Akerman beträgt diese geringste Menge der vor den Formen des Hochofens zu Kohlenoxyd zu verbrennenden Kohle unter jener Voraussetzung 643 kg für 1000 kg zu reducirenden Eisens. Liefern nun diese 643 kg Kohle bei ihrer Verbrennung zu Kohlenoxyd zugleich die für die Durchführung des Hochofenprocesses erforderliche Wärmemenge, oder wird der fehlende Wärmebedarf durch Erhitzung des Windes gedeckt, so würde diese Kohlenmenge unter Hinzurechnung der von dem Roheisen aufgenomme - nen Kohle zugleich die geringste Menge der zur Darstellung von 1000 kg Roheisen erforderlichen Kohle darstellen, wie erwähnt unter der Vor - aussetzung, dass die Reduction der Erze ausschliesslich durch Kohlen - oxyd bewirkt werde. Rechnet man einen Kohlenstoffgehalt des Roh - eisens von 4 Proc., so würden in diesem Falle zur Darstellung von 1040 kg Roheisen 683 kg Kohle, also zu 1000 kg Roheisen 657 kg Kohle erforderlich sein. 3)Obgleich Eisenoxydul im freien Zustande niemals dem Hochofen zugeführt wird, so entsteht dasselbe doch, wie bekannt, in dem oberen Theile des Hochofens unter Einwirkung des kohlenoxydhaltigen Gasstromes.

Erfolgt aber die Reduction der Erze theilweise durch festen Kohlen - stoff, so wird, sofern der bei diesem Vorgange stattfindende grosse Wärmeverbrauch nicht durch einen Mehrverbrauch an Kohle, sondern durch Erhitzung des Windes gedeckt wird, jener Bedarf an Kohle zur Darstellung bestimmter Roheisenmengen unter Umständen noch niedriger als bei ausschliesslicher Reduction durch Kohlenoxyd sein können; und es zeigt sich mithin in diesem Falle das überraschende Ergebniss, dass durch theilweise directe Reduction der Erze bei Anwendung hoch - erhitzten Windes eine Brennstoffersparung gegenüber alleiniger indirecter Reduction erreichbar ist. 4)R. Åkerman a. a. O.Die Erklärung hierfür liegt auf der Hand. Bei directer Reduction entsteht aus Kohlenstoff Kohlenoxyd; der Formel Fe O + C = Fe + CO entsprechend bedürfen also 1000 kg Eisen, um aus Eisenoxydul reducirt zu werden, nur 214 statt 643 kg Kohle, sofern der Wärmeverbrauch hierbei gedeckt wird. Eine Grenze für diese Ersparung an Brennstoff durch Vermehrung der directen Reduction und stärkere Erhitzung des Windes tritt freilich sehr bald ein; denn der558Der Hochofenbetrieb.schon früher vielfach besprochene bedeutende Mehrverbrauch an Wärme bei directer Reduction wird naturgemäss um so schwieriger Deckung durch Anwendung erhitzten Windes finden, je mehr der Bedarf an Wind überhaupt sich ermässigt; dieser aber ist von der Menge der vor den Formen verbrannten Kohlen abhängig.

Es lässt sich also mit Sicherheit behaupten, dass auch unter den allergünstigsten Verhältnissen jener berechnete Bedarf an reiner Kohle nicht erheblich unterschritten werden kann. Bei einem schwedischen Hochofen fand Tamm1) Stahl und Eisen 1883, S. 159 (Åkerman). einen Verbrauch an reiner Kohle von 584 kg, bei dem Vordernberger Hochofen, dessen Betriebsverhältnisse auf S. 488 besprochen wurden, betrug der Kohlenstoffverbrauch 629 kg, bei einem grösseren Ofen (Nr. III) ebendaselbst sogar nur 536 kg. Diese Ergeb - nisse dürften zu den günstigsten gehören, welche sich überhaupt er - reichen lassen.

Der Hochofen erhält aber nicht reinen Kohlenstoff, sondern Brenn - material, welches stets wasserhaltig ist, regelmässig Asche sowie kleinere Mengen Wasserstoff, Kohlenwasserstoff u. s. w. enthält. Die im Schuppen lagernde Holzkohle enthält kaum mehr als 80 Proc. festen Kohlenstoff (S. 34); Holzkohlen, die im Freien der Einwirkung von Regen und Schnee ausgesetzt waren, und aschenreiche Koks enthalten oft noch erheblich weniger. Der erforderliche geringste Brennstoffbedarf zur Darstellung von 1000 kg Roheisen im Hochofen wird demnach auch unter den allergünstigsten Verhältnissen kaum erheblich weniger als 650 kg betragen können.

Aus den früheren Darlegungen über den Hochofenprocess, den Wärmeverbrauch im Hochofen u. s. w. ergiebt sich, dass die Dar - stellung gewöhnlichen Weisseisens unter allen Roheisensorten den ge - ringsten Wärmeverbrauch erheischt, und dass der letztere mit dem Siliciumgehalte wie mit dem Mangangehalte des Roheisens steigt. Bei Verhüttung reicher Beschickungen oder leicht reducirbarer Erze wird der Brennstoffverbrauch durchschnittlich niedriger sein, als bei Ver - hüttung armer Beschickungen oder schwer reducirbarer Erze; bei grossen Oefen und Anwendung hoch erhitzten Windes durchschnittlich niedriger als bei kleineren Oefen und kälterem Winde.

Die Erfahrung lehrt auch, dass bei Anwendung von Holzkohlen der Brennstoffverbrauch unter übrigens ähnlichen Verhältnissen niedriger zu sein pflegt als bei Anwendung von Koks. Der Grund hierfür liegt hauptsächlich in dem grösseren Aschengehalte der letzteren. Der Pro - centgehalt an Kohlenstoff ist natürlich in einem aschenreichen Brenn - stoffe geringer als in einem aschenarmen, und man gebraucht deshalb von dem ersteren eine entsprechend grössere Menge, um dieselbe Menge Kohlenoxyd zu erhalten, dieselbe Wärme zu entwickeln; die Asche selbst aber bedarf, um geschmolzen (verschlackt) zu werden, einer ge - wissen Wärmemenge, welche ebenfalls einen Mehraufwand von Brenn - stoff erforderlich macht; und hierzu kommt noch der Umstand, dass gerade die Koksasche gewöhnlich noch einer entsprechenden Menge von Zuschlägen (Kalkstein) bedarf, um eine Schlacke von der erforder - lichen Zusammensetzung zu liefern, wodurch also die Gesammtmenge559Die Betriebsergebnisse.der entstehenden Schlacke sowohl als der Wärmebedarf zum Schmelzen derselben noch fernerhin erhöht wird.

Auf einigen Werken Steiermarks und Kärntens, wo man geröstete leicht reducirbare Spatheisensteine, welche nur geringer Zuschlags - mengen bedürfen, mit Holzkohlen auf gewöhnliches Weisseisen ver - arbeitet, ist der Brennstoffverbrauch zur Darstellung von 1000 kg Weiss - eisen nicht erheblich höher als 650 kg1)Bei dem schon erwähnten Hochofen Nr. III zu Vordernberg beträgt der Kohlenverbrauch nach Friderici’s Angabe sogar nur 630 kg (Oestr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 3).; auf anderen dortigen Werken, deren Oefen kleiner sind oder deren Beschickung eisenärmer ist, rechnet man 750 kg Holzkohlen per 1000 kg Roheisen, immerhin ein ausser - ordentlich günstiges Ergebniss. Schwedische Holzkohlenhochöfen, welche auf weisses Roheisen betrieben werden, weisen einen Brennstoffver - brauch von durchschnittlich 920 kg auf, welcher bei Graueisen - darstellung auf 1025 kg steigt. 2)Oestr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 481 (Bell).Dass jedoch bei einzelnen dieser Oefen der Brennstoffverbrauch niedriger als diese Durchschnittsziffern sei, wurde schon oben erwähnt.

Auf nordamerikanischen Eisenwerken, welche mit Holzkohle auf weisses Roheisen betrieben werden, beträgt der Kohlenverbrauch per 1000 kg Roheisen 820 900 kg und steigt bei Graueisendarstellung auf 1200 kg, mitunter noch etwas höher. 3)Kupelwieser, Das Hüttenwesen auf der Weltausstellung zu Philadelphia; H. Wedding, Das Eisenhüttenwesen der Vereinigten Staaten von Nordamerika.

In den (jetzt theilweise erloschenen) Holzkohlenhochöfen des Harzes, welche aus Roth -, Braun - und Magneteisenerzen graues Roheisen für den directen Guss aus dem Hochofen darstellten, gebrauchte man in den sechziger Jahren 960 1200 kg Kohlen, verschieden nach der Grösse des einzelnen Ofens und der Temperatur des Gebläsewindes; in dem grösseren Hochofen zu Rothehütte am Harz (Abbildung des - selben auf S. 340) im Jahre 1870 sogar nur 830 kg.

Beim Betriebe der Kokshochöfen beträgt der Koksverbrauch per 1000 kg Roheisen, sofern Weisseisen dargestellt wird, auch bei günstigen Verhältnissen (leicht reducirbaren Erzen, aschenarmen Koks, grosser Leistungsfähigkeit des Ofens) kaum jemals weniger als 900 kg (Ilsede 930 kg, Burbacher Hütte 960 980 kg, Rümlingen 1050 1100 kg, Esch 1100 kg). 4) Stahl und Eisen 1882, S. 220 (Tiemann).Bei Graueisendarstellung dürften die grossen Hoch - öfen Clevelands die günstigsten Ergebnisse hinsichtlich des Brennstoff - verbrauches aufzuweisen haben. Sie verarbeiten die schon mehrfach erwähnten leichtreducirbaren, thonigen und wegen ihres Thonerde - gehaltes besonders für Graueisendarstellung geeigneten Sphärosiderite Clevelands mit aschenarmen Koks und hoch erhitztem Winde; hierbei ergiebt sich ein Koksverbrauch von 1000 1200 kg, in einzelnen Fällen sogar noch etwas weniger. Der Brennstoffverbrauch wird höher, wenn man, wie auf vielen deutschen Eisenwerken, gezwungen ist, eine weniger leicht reducirbare ärmere Beschickung unter reichlichem Zu - schlage von Kalkstein zu verhütten (Friedrich-Wilhelmshütte zu Mül - heim a. d. Ruhr 1700 1800 kg, Gutehoffnungshütte 1700 kg; Cambria560Der Hochofenbetrieb.Iron Works in Pennsylvanien 1600 kg, Lucy Furnace ebenda 1400 kg u. s. f.). Bei Verarbeitung sehr armer Erze kann der Koksverbrauch bis auf 2000 kg steigen.

Spiegeleisendarstellung mit Koks erfordert, sofern der Mangangehalt nicht erheblich mehr als 12 Proc. beträgt, zwar einen höheren Brenn - stoffverbrauch als gewöhnliches Weisseisen, ohne dass derselbe jedoch die Höhe wie bei Darstellung tiefgrauen Roheisens erreichte. In Rhein - land und Westfalen gebraucht man gewöhnlich 1100 1250 kg Koks für 1000 kg Grobspiegel. Bei hochhaltigem Spiegeleisen (20 Proc. Mangan) steigt der Koksverbrauch auf 1500 1800 kg Koks, bei Dar - stellung von Eisenmangan mit hohem Mangangehalt bis auf 3000 kg und darüber.

Der Brennstoffverbrauch beim Betriebe von Anthracithochöfen stellt sich dem der Kokshochöfen annähernd gleich, sofern den Eigenthüm - lichkeiten des Brennstoffes bei der Anlage und Betriebsführung gebüh - rend Rechnung getragen ist.

e) Selbstkosten des erzeugten Roheisens. Insofern von den Selbstkosten und dem Verhältnisse derselben zu dem Verkaufspreise des Roheisens in erster Reihe das Gedeihen eines Hochofenwerkes ab - hängt, bilden dieselben das wichtigste aller Betriebsergebnisse, zugleich aber auch dasjenige, dessen genaue Ermittelung am wenigsten einfach ist. Diese Selbstkosten setzen sich aus folgenden Einzelwerthen zu - sammen.

1. Ausgabe für die Erze zur Darstellung einer be - stimmten Menge (1000 kg) Roheisen. Die Menge der verbrauchten Erze für die verschiedenen Roheisensorten ergiebt das Schmelzbuch, den Preis der einzelnen Erzsorten incl. der Ausgaben für Frachten, Abladen u. s. w. das Contobuch. Falls die Erze geröstet werden, müssen natürlicherweise auch die Kosten hierfür in Betracht gezogen werden. Im Allgemeinen wird sich der Preis nach dem Eisengehalte und dem Gehalte an nachtheiligen Bestandtheilen richten; und je eisenreicher das Erz ist, desto weiter lässt sich dasselbe verfrachten, ohne wegen übermässiger Vertheuerung für den Hochofenprocess unbrauchbar zu werden.

    • 2. Ausgabe für Zuschläge (Kalkstein)
    • 3. Ausgabe für Brennstoffe
    ergeben sich aus den - selben Büchern wie 1.

4. Löhne. Der Gesammtbetrag der gezahlten Löhne lässt sich unschwer aus den Lohntabellen oder dem Contobuche entnehmen; der auf die Gewichtseinheit des dargestellten Roheisens entfallende Betrag ergiebt sich dann leicht durch Rechnung. Letzterer hängt zwar zum Theil von örtlichen Verhältnissen, d. h. von den üblichen Lohnsätzen am Orte des Hochofenwerkes, weit mehr aber von der Leistung des Hochofens ab. Je grösser die letztere ist, desto niedriger fallen die Löhne per Gewichtseinheit des dargestellten Roheisens aus. Aus diesem Grunde sind trotz der in England üblichen hohen Lohnsätze die dort per Tonne Roheisen gezahlten Löhne durchschnittlich nicht höher als bei deutschen Hochofenwerken; der Betrieb von Holzkohlenhochöfen erfordert durchschnittlich höhere Löhne per Tonne Roheisen als der Betrieb von Kokshochöfen, die Darstellung des grauen Roheisens oder561Die Betriebsergebnisse.des Eisenmangans höhere Löhne als die Darstellung gewöhnlichen Weisseisens.

In den meisten Fällen wird sich der Betrag der per Tonne ge - zahlten Löhne auf 4.00 4.50 beziffern, unter sehr günstigen Ver - hältnissen (Weisseisendarstellung, grosse Leistung der Oefen u. s. w.) allerdings sich mitunter auf 3.00 ermässigen und unter ungünstigeren Verhältnissen auf mehr als 5.00 steigen.

5. Die Insgemeinkosten. Man versteht hierunter eine grosse Anzahl von Ausgaben, deren Betrag im Einzelnen zu geringfügig ist, um besonders in Rechnung gestellt zu werden, während sämmtliche verschiedene Ausgaben zusammen genommen eine ganz ansehnliche Summe darstellen. Hierher gehört z. B. die Wartung der Maschinen (Löhne, Schmiermaterialien, Reparaturkosten), die Instandhaltung des Gezähes und Inventars (der Werkzeuge, Gicht - und Schlackenwagen u. s. w.), Besoldungen der Beamten und Aufseher, Bureaukosten, Steuern, Amortisation, Beleuchtung u. s. w. u. s. w.

Enthält das Eisenwerk neben der Hochofenanlage noch Anlagen für andere Betriebszweige, so werden einzelne dieser Insgemeinkosten nur im Ganzen sich ermitteln lassen (Steuern, Besoldungen, Bureau - kosten u. a.); es muss dann nach einer als geeignet befundenen Regel eine Vertheilung derselben auf die einzelnen Betriebszweige bewirkt werden. In den meisten Fällen dürfte das Verhältniss der bei diesem und jenem Betriebszweige gezahlten Löhne einen passenden Maassstab für die Vertheilung jener Insgemeinkosten abgeben.

Berechnet man die Selbstkosten des Roheisens für einen längeren Zeitabschnitt, z. B. ein Jahr, so ergiebt ein Auszug aus den Büchern ohne Weiteres die Summe jener Insgemeinkosten; will man aber für einen kürzeren Zeitabschnitt, z. B. einen Monat, eine Selbstkosten - berechnung des Roheisens aufstellen, so würde man auf diese Weise kaum auf ein zuverlässiges Ergebniss rechnen können, da manche der hierher gehörigen Ausgaben überhaupt nur in einer oder in wenigen grösseren Summen im Laufe eines Jahres aufzutreten pflegen (z. B. Steuern).

In solchen Fällen wird man also die Insgemeinkosten, früheren Ergebnissen entsprechend, in Ansatz zu bringen haben; und zwar dürfte auch hier eine Berechnung derselben nach dem Verhältnisse der gezahlten Löhne das zuverlässigste Ergebniss liefern. Mit den Löhnen, d. h. mit der Zahl der beschäftigten Arbeiter, steigen und fallen fast sämmtliche der zu den Insgemeinkosten gehörenden Ausgaben; stellt der per Tonne Roheisen gezahlte Lohnbetrag sich günstig, so wird das - selbe fast immer auch hinsichtlich der Insgemeinkosten der Fall sein, und umgekehrt.

Gewöhnlich wird der Betrag der per Tonne Roheisen entfallenden Insgemeinkosten des Hochofenbetriebes dem Betrage der Löhne annähernd gleich sein.

Aus der Verschiedenheit des Brennstoffverbrauches, der Leistungs - fähigkeit des Ofens, der Löhne u. s. w. bei verschiedenen Roheisen - sorten, sowie ferner aus dem Umstande, dass phosphorarme Erze erheb -Ledebur, Handbuch. 36562Der Hochofenbetrieb.lich höher bezahlt zu werden pflegen als phosphorreiche, erklärt sich leicht, dass unter allen Roheisensorten phosphorreiches Weisseisen die niedrigsten Selbstkosten zu besitzen pflegt; dann kommen die phosphor - ärmeren, manganreicheren Sorten Weisseisens, sowie die silicium - ärmeren Sorten Giessereiroheisens (Nr. III); hierauf das tiefgraue, siliciumreiche Giessereiroheisen (Nr. I) sowie Spiegeleisen; am kost - spieligsten ist die Herstellung der Eisenmangane wie des eigentlichen Siliciumeisens, und es steigt aus den früher erörterten Gründen der Herstellungspreis dieser Legirungen rasch mit ihrem Mangan - beziehent - lich Siliciumgehalte.

Beispiele.

1. Es mögen, um zunächst die Art der Berechnung zu erläutern, auf einem Hochofenwerke zur Darstellung von 1 Tonne (1000 kg) grauem Roheisen während des letztverflossenen Monats durchschnittlich die in nachfolgender Zusammenstellung angegebenen Schmelzmaterialien zu den ebenfalls angegebenen Einheitspreisen verbraucht worden sein; die Höhe der per Tonne gezahlten Löhne möge 4.82 betragen haben und das Verhältniss der Insgemeinkosten zu den Löhnen möge nach dem Abschlusse der letzten Jahresrechnung = 1.1: 1 sein; so ergiebt sich der Betrag der Selbstkosten per Tonne Roheisen in dem betreffen - den Monate:

  • 1430 kg gerösteter Kohleneisensteinà t 9.66 13.81
  • 550 Rotheisensteinà t 15.00 8.25
  • 390 Frischschlackenà t 6.00 2.34
  • 675 Kalksteinà t 5.00 3.37
  • 1720 Koksà t 11.80 20.29
  • Löhne 4.82
  • Insgemeinkosten 1.1 × 4.82 5.30
  • Summa der Selbstkosten 58.18.

2. Die Selbstkosten des in Cleveland aus gerösteten Sphärosideriten dargestellten grauen Giessereiroheisens (mit ca. 1.4 Proc. Phosphor) be - trugen im Jahre 1872 per Tonne durchschnittlich:1)Wachler, Vergleichende Qualitätsuntersuchungen rheinisch-westfälischen und ausländischen Giessereiroheisens, S. 34.

  • Erze 12.58
  • Koks 13.33
  • Kalkstein 2.50
  • Löhne 4.08
  • Insgemeinkosten 3.91
  • 36.40.

3. Die Selbstkosten der besten (phosphorärmsten und siliciumreichen) Sorten rheinisch-westfälischen Giessereiroheisens betrugen im Jahre 1878 per Tonne durchschnittlich:2)Wachler, a. a. O., S. 30 und 33.

  • Erze 27.95
  • Koks 17.40
  • Kalkstein 4.30
  • Löhne 4.36
  • Insgemeinkosten 6.05
  • 60.06.
563Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.

4. Bei dem mit Anthracit betriebenen Cedar Point Hochofen zu Port Henry am Lake Champlain betrugen die Selbstkosten des erzeugten Bessemerroheisens während des Jahres 1875 per Tonne nach einer Ver - anschlagung von Kupelwieser:1)Kupelwieser, Das Hüttenwesen, S. 80. Bei der Berechnung ist 1 Dollar 4 angenommen worden.

  • Erze 32.40
  • Anthracit 30.00
  • Kalkstein 2.32
  • Löhne 6.00
  • Insgemeinkosten 8.00
  • 78.70
  • Hierzu die Verzinsung und Amortisation des Anlagekapitals von 2.4 Millionen Mark zu 10 Proc. bei einer Jahreserzeugung von 15000 t 16.00
  • Summa 94.70.

Dagegen betrugen die Selbstkosten bei sämmtlichen pennsylvani - schen Anthracithochöfen während des Jahres 1875 nach einer Zusam - menstellung des Secretairs der Eastern Iron Masters Association durch - schnittlich per Tonne:2)Kupelwieser, a. a. O., S. 77.

  • Erze 43.28
  • Anthracite 28.84
  • Kalkstein 4.12
  • Löhne 10.28
  • Insgemeinkosten 7.44
  • 93.96
  • Hierzu Verzinsung des Anlagecapitals 6.48
  • Summa 100.44.

Die Verzinsung des Anlage - und Betriebscapitals muss, sofern sie, wie bei den letzten Beispielen, überhaupt in Rechnung gezogen wird, als besondere Summe aufgeführt werden. Der Unterschied zwischen Selbstkosten - und Verkaufspreis bildet den erzielten Nutzen und somit erst die in Wirklichkeit stattgehabte Verzinsung.

5. Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.

Da das Roheisen das Material nicht allein für die unmittelbare Herstellung von Gebrauchsgegenständen durch Giessen, sondern auch für die Gewinnung der überwiegend grössten Menge alles auf der Erde gefertigten schmiedbaren Eisens bildet, so pflegt der Hochofen - betrieb eines Landes zugleich ein ziemlich sicherer Maassstab für den Umfang der gesammten Eisenindustrie desselben überhaupt zu sein.

Grossbritannien.

Wie aus den auf S. 9 mitgetheilten Ziffern sich ergiebt, nimmt Grossbritannien unter allen eisenerzeugenden Ländern den ersten Rang ein; und es hat diese Stelle behauptet, so lange überhaupt statistische36*564Der Hochofenbetrieb.Nachrichten über Eisendarstellung vorliegen. Es erscheint daher wohl gerechtfertigt, wenn auch bei der Besprechung der Eisenindustrie ver - schiedener Länder dieses den übrigen vorausgestellt wird.

Kein anderes Land der Erde ist von der Natur mit so ausser - ordentlich reichen Hilfsquellen für die Eisenindustrie versehen als Gross - britannien. Mächtige Lager reicher, leicht reducirbarer Erze, nicht weniger mächtige Lager vorzüglicher Steinkohlen und der erforderliche Zuschlagskalkstein finden sich gewöhnlich nahe bei einander, nicht selten über einander in einer und derselben Erdformation; ein Netz schiffbarer Kanäle und Flüsse in Verbindung mit zahlreichen Eisen - bahnen erleichtern den Verkehr der Hochofenwerke nicht allein mit den Fundstätten der Schmelzmaterialien, sondern auch mit dem das Land rings einschliessenden Meere, welches den Transport des Eisens auch auf weite Entfernungen in billiger Weise ermöglicht. So erklärt es sich leicht, dass auch kein anderes Land so billiges Eisen, insbesondere Roheisen darzustellen vermag, als Grossbritannien, und dass gross - britannisches Eisen im Stande ist, in den fernsten Ländern trotz der oft hohen Schutzzölle derselben dem einheimischen Eisen Concurrenz zu bereiten.

Dass unter solchen Verhältnissen die Versuchung für die britischen Eisenhüttenleute nahe lag, zur Steigerung der Leistungsfähigkeit ihrer Schmelzöfen und sonstigen Apparate die Grösse derselben auf ein Maass auszudehnen, welches bisweilen über die Grenze des Zweckmässigen hinausgeht (Hochöfen, Röstöfen), ist leicht begreiflich.

Grossbritannien besitzt im Ganzen nahe an 1000 Hochöfen (am 31. Dec. 1881 waren nach einer Statistik der British Iron Trade Asso - ciation 968 Hochöfen vorhanden), von denen 160 auf Schottland, die übrigen auf England entfallen. Unter dieser grossen Zahl befinden sich noch 6 mit Holzkohlen betriebene Hochöfen; alle übrigen benutzen als Brennmaterial Koks oder Steinkohlen.

Wenige oder gar keine Hochöfen finden sich im Norden Schott - lands und im südöstlichen England, dem Gebiete der Themse, Gegenden, welche arm an nutzbaren Eisenerzen sind. In fast allen übrigen Bezirken Grossbritanniens aber wird die Roheisendarstellung in mehr oder minder grossem Umfange betrieben.

Die bedeutendsten Hochöfen Schottlands finden sich auf dem Landstriche zwischen der Mündung des Clyde bei Glasgow an der Westküste bis zur Mündung des Forth an der Ostküste bei Edinburg; Glasgow ist der Haupthandelsplatz für das hier erzeugte Roheisen. Das Material für den schottischen Hochofenbetrieb bilden die in der erwähnten Gegend massenhaft auftretenden Kohleneisensteine (Blackbands) und thonigen Sphärosiderite; als Brennstoff dienen die in der nämlichen Forma - tion vorkommenden langflammigen, wenig backenden, aber nicht aschen - reichen Steinkohlen, welche eine Verkokung nicht gut ermöglichen und deshalb im rohen Zustande verwendet werden. Der Eigenthümlich - keiten dieses Betriebes wurde bereits mehrfach, insbesondere auch auf S. 546 gedacht.

Hervorragende Hochofenwerke Schottlands sind die Hütten Coltness, Langloan, Gartsherry, Monkland u. a. m.

565Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.

Die Beschaffenheit der Schmelzmaterialien weist die meisten Hoch - ofenwerke zunächst auf die Darstellung grauen Roheisens hin; die billige Gewinnung jener Materialien und die Lage der Werke in der Nähe des Meeres oder schiffbarer Flüsse ermöglicht einen ausgedehnten Export nach allen Weltgegenden, und das graue Roheisen Schottlands, ins - besondere das von den obengenannten Werken stammende, erfreut sich, obwohl es nicht gerade arm an Phosphor ist, als Material für die Eisengiesserei einer ausserordentlich ausgedehnten Verbreitung.

Das unter der Bezeichnung Nr. I in den Handel gebrachte Roh - eisen der Werke Coltness, Langloan, Gartsherry besitzt im Wesent - lichen die nämliche Zusammensetzung und enthält durchschnittlich 3.5 Proc. Kohlenstoff, 2.5 Proc. Silicium, 1.2 Proc. Mangan, 0.8 Proc. Phosphor, 0.03 Proc. Schwefel (vergl. auch die Analysen auf S. 306). Diese Zusammensetzung, insbesondere der hohe Siliciumgehalt bei mässigem Mangangehalte, befähigen das Eisen, ein öfteres Umschmelzen zu ertragen, ohne durch die unvermeidlichen oxydirenden Einflüsse des Umschmelzens graphitarm und dadurch hart, schwer bearbeitbar und spröde zu werden; auch in den dünnsten Querschnitten, wo also die Abkühlung rasch verläuft, bleibt das eingegossene Roheisen noch grau, weich, gut bearbeitbar. In dieser Eigenschaft liegt bei der Verwendung jenes Roheisens für die Giesserei ein nicht zu unterschätzender Vorzug, welchem es zum nicht geringen Theile seine erwähnte grosse Aus - breitung verdankt; es dient vorzugsweise als Zusatzmaterial zu anderen, von Natur oder infolge öfteren Umschmelzens graphitärmeren Roheisen - sorten, um beim Umschmelzen deren Verwendbarkeit zu erhöhen, sie weicher, leichter bearbeitbar zu machen. Der Phosphorgehalt aber, obschon nicht ohne allen Nachtheil in solchen Fällen, wo eine besonders grosse Festigkeit des Gusseisens verlangt wird, erreicht doch bei den erwähnten besseren Sorten schottischen Roheisens nicht jenes Maass, wo bei gewöhnlichen Eisengusswaaren die nachtheilige Einwirkung des - selben merklich hervortritt. 1)Ueber den zulässigen Phosphorgehalt in dem für die Giesserei bestimmten Roheisen vergl. S. 297.

Südwestlich von Schottlands Grenze an der Westküste des nörd - lichen Englands befinden sich in der Umgegend von Whitehaven, des Hauptverschiffungsplatzes dieses Bezirkes, die Hochöfen Cumber - lands, welche die bei Whitehaven in Lagern bis zu 15 m Mächtigkeit auftretenden vorzüglichen Rotheisensteine Glasköpfe verhütten. Die Reinheit dieser Erze von Phosphor verleiht ihnen eine ganz be - sondere Wichtigkeit. Man arbeitet meistens auf tiefgraues Roheisen mit einem Siliciumgehalte von 2.5 3 Proc., welches in Grossbritannien sowohl als auch auf dem Continente ein gesuchtes Material für den Bessemerprocess bildet. Der Phosphorgehalt dieses Roheisens pflegt nicht über 0.05 Proc. hinauszugehen; bemerkenswerth ist auch der ausser - gewöhnlich geringe Mangangehalt desselben (ca. 0.1 Proc.), welcher in einzelnen Fällen, wo ein grosser Mangangehalt nachtheilig sein würde, dem Eisen einen gewissen Vorzug gegenüber anderen Roheisensorten verleiht (z. B. für Darstellung schmiedbaren Gusses, vergl. Abth. III).

566Der Hochofenbetrieb.

Eines der berühmtesten der Cumberländer Hochofenwerke ist die Hematite Iron Company, unmittelbar bei Whitehaven am Meere gelegen, deren Roheisen gewöhnlich unter der Bezeichnung Hematitroheisen auf den Markt gebracht wird.

Südlich von Cumberland, unmittelbar an dieses grenzend, beginnt das ebenfalls durch reiche Vorkommnisse von Rotheisenerzen wichtige Gebiet von Lancashire. In der Umgegend von Ulverstone, nördlich von Lancaster und der Morecambe-Bay bedecken diese theilweise sehr mächtigen Erzlager eine ansehnliche Fläche. Zahlreiche Hochöfen in Lancashire verhütten theils diese Rotheisenerze theils die im süd - lichen Theile dieses Bezirkes und in Staffordshire auftretenden Sphäro - siderite.

Eine fast noch grössere Bedeutung als hier besitzt die Roheisen - darstellung in der weiter südwestlich gelegenen Provinz Wales, ins - besondere dem südlicheren Theile derselben in der Nähe der Städte Cardiff und Merthyrtidfil. Hier befinden sich die in Früherem theil - weise schon erwähnten Eisenwerke Dowlais, Ebbw Vale u. v. a. Süd, wales ist nicht nur reich an Sphärosideriten aus der Kohlenformation sondern enthält auch Brauneisensteine, Rotheisensteine und Spatheisen - steine, welche letztere auch südlich von Wales in mitunter beträcht - licher Mächtigkeit auftreten und das Material für eine in Wales neuer - dings lebhaft betriebene Spiegeleisendarstellung bilden.

Oestlich und nordöstlich von Wales befinden sich die Gebiete von Staffordshire und Derbyshire, reich besonders an Sphärosideriten, zwischen Kohlenlagern auftretend, welche hier die Grundlage für einen ebenfalls nicht unbedeutenden Hochofenbetrieb bilden. Berühmt durch seine Eisenindustrie ist das mit dem Namen black country bezeichnete Gebiet in Staffordshire mit der Stadt Dudley als Mittelpunkt und den Städten Birmingham, Stourbridge u. a.

Die Leistung der bis jetzt besprochenen Gebietstheile Gross - britanniens in der Roheisendarstellung wird jedoch weit durch jenen Bezirk überboten, welcher im nordöstlichen Theile Englands nördlich von York an der Küste sich hinzieht, und welcher in Früherem bereits mehrfach unter der allgemein gebräuchlichen Bezeichnung Cleveland erwähnt wurde. 1)Weder in geographischen Handbüchern noch auf geographischen Karten ist diese den britischen und fremden Eisenhüttenleuten ganz geläufige Benennung zu finden. Der Name Nord-Yorkshire dürfte im Wesentlichen denselben Begriff dar - stellen.Vorzugsweise ist es der Fluss Tees mit dem Handelsplatze Middlesborough, in dessen Nähe sich die Roheisen - erzeugung Clevelands zusammendrängt. Nördlich und westlich von hier nach Schottland und Cumberland zu, aber in nächster Nähe dieses Bezirks, finden sich die berühmten Steinkohlenlager von Durham und Northumberland, welche allein fast ein Viertel der gesammten Stein - kohlenerzeugung Grossbritanniens decken, und zwar ist es vorwiegend Durham (nördlich vom Teesfluss), welches sich durch ungeheure Vor - kommnisse von Steinkohlen auszeichnet. Diese Steinkohlen, welche ihrer567Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.Beschaffenheit nach theilweise den langflammigen, theilweise den ge - wöhnlichen Backkohlen (S. 44) zuzurechnen sein dürften, sind ver - kokungsfähig und zeichnen sich durch geringen Aschengehalt aus, welcher häufig weniger als 4 Proc. beträgt. Theilweise werden sie, und zwar naturgemäss die aschenreicheren Sorten, einem Vorbereitungs - processe durch Waschen unterzogen, theilweise aber auch ohne Weiteres verkokt, und zwar bedient man sich vielfach noch der alten sogenannten Bäckeröfen oder Bienenkörbe (S. 62) zur Verkokung, ein Verfahren, welches wegen des Gasreichthums der dortigen Steinkohlen als das ge - eignetste betrachtet wird. Thatsache ist es, dass die Hochofenleute die in diesen Oefen aus jenen Steinkohlen gewonnenen Koks den aus den - selben Steinkohlen in liegenden, schmalen Oefen erzeugten vorzuziehen pflegen. Das Koksausbringen beträgt 60 65 Proc., und die Koks ent - halten gewöhnlich 5.5 6.5 Proc. Asche.

Derselben Formation, welcher diese Kohlenlager angehören, ent - stammt auch der Kalkstein, welcher bei den Hochöfen Clevelands als Zuschlagsmaterial benutzt wird. Die meisten dortigen Hochöfen ge - winnen einen durch grosse Reinheit ausgezeichneten Kalkstein1)Nach einer von L. Bell mitgetheilten Analyse enthält dieser Kalkstein: in der Nähe der Stadt Stanhope.

Zwei Sphärosideritlager sind es hauptsächlich, welche den Erz - reichthum Clevelands ausmachen. Das eine, das obere Lager (top-stone) genannt, tritt unter einem mächtigen Sandsteinlager auf, erreicht mit - unter eine Mächtigkeit von mehr als 3.7 m, ist übrigens weniger regel - mässig und wird vorzugsweise bei Rosedale Abbey abgebaut; das zweite Lager, welches die grössere Zahl der Hochöfen mit Erzen versorgt, bedeckt eine Fläche von etwa 52000 Hektaren, bei einer Mächtigkeit von 2.5 3 m, an einzelnen Stellen von mehr als 4 m, ist aber häufig durch eingelagerte Schichten von Thonschiefer unterbrochen, welcher fest an den Erzen haftet, und den Eisengehalt herabdrückt. Den Midd - lesborougher Fabrikanten Bolckow und Vaughan gebührt das Verdienst, die Wichtigkeit dieser Erzlager, welche bis zum Jahre 1840 ziemlich unbeachtet geblieben waren, zuerst erkannt und dadurch den Grund zu einer Hochofenindustrie gelegt zu haben, welche an Grossartigkeit diejenige aller anderen Länder übertrifft. Ungefähr 170 Hochöfen sind für die Verhüttung dieser Erze bestimmt, und unter denselben befinden sich die ihrer ungeheuren Abmessungen halber früher mehrfach er - wähnten Hochöfen von Consett, Ferryhill, Clarence, Middlesborough u. a. Das Werk Eston & Middlesborough zählt allein 14 Hochöfen, Clarence 12, Ferryhill 10; sonstige Hochofenwerke des Clevelandbezirks, deren Namen vielfach genannt werden, sind Clay Lane, Tees Side, Linthorpe, Ayre - some, Newport, Stockton, u. v. a.

Der in dem zuletzt erwähnten Lager auftretende Sphärosiderit ent - hält neben etwa 27 Proc. metallischem Eisen (welches als Carbonat vorhanden ist) 6 12 Proc. Thonerde, 8 12 Proc. Kalk und Mag - nesia, 10 Proc. Kieselsäure, 1 1.5 Proc. Phosphorsäure. Man röstet568Der Hochofenbetrieb.die Erze in den auf S. 201 beschriebenen Röstöfen, deren Abmessungen zu denen der colossalen Hochöfen zwar im passenden Verhältnisse stehen, jedoch theilweise, ebenso wie letztere, jedenfalls die Grenze des Zweckmässigen überschreiten.

Die Zusammensetzung der Erze, insbesondere ihr beträchtlicher Thonerdegehalt, erleichtert wesentlich die Darstellung von grauem Roh - eisen. Der nie fehlende Phosphorgehalt, welcher in sämmtlichen besseren Roheisensorten ziemlich regelmässig 1.4 Proc. zu betragen pflegt und demnach nicht unerheblich höher ist als im schottischen Roheisen, mindert zwar den Werth des Clevelandroheisens ab; diesem Nachtheile stehen aber die ausserordentlich billigen Herstellungskosten des Roh - eisens gegenüber, und diese erklären es, dass das graue Cleveland - Roheisen in noch grösserem Umfange als das schottische exportirt und in continentalen Eisengiessereien mit Vorliebe als Material für Dar - stellung von Gusswaaren niederer Gattung verwendet wird. Durch Ver - mischen des phosphorreichen, aber billigen Roheisens mit einer ent - sprechenden Menge eines phosphorärmeren ist man beim Umschmelzen in den Giessereien leicht im Stande, die unleugbar nachtheiligen Ein - flüsse des hohen Phosphorgehaltes abzumindern.

Ein ungefähres Bild über den Umfang des Hochofenbetriebes in den einzelnen Bezirken Grossbritanniens erhält man durch folgende Zusammenstellung. Im Jahre 1882 betrug die Roheisenerzeugung:

  • in Schottland1126000 Tonnen
  • Cumberland1001000
  • Lancashire783000
  • Wales932000
  • Staffordshire, Derbyshire und Notts1161000
  • Cleveland2689000
  • dem übrigen England801000
  • Insgesammt8493000 Tonnen.

Die Vereinigten Staaten von Nordamerika.

Der ungeheure Eisenbedarf des gewerbthätigen und sich mehr und mehr ausdehnenden Landes, das Vorkommen verschiedener reicher Eisenerz - und Kohlenlager, der bekannte praktische Sinn und die gegen Schwierigkeiten zähe Ausdauer der Nordamerikaner, sowie endlich ein nicht unbeträchtlicher Schutzzoll gegen die Einfuhr fremden Eisens vereinigten sich, die Eisenindustrie der Vereinigten Staaten binnen einigen Jahrzehnten in einer Weise zu entwickeln, dass die letzteren in der Jetztzeit unter allen eisenerzeugenden Ländern den zweiten Rang einnehmen.

Erschwerend für die Roheisenindustrie der Vereinigten Staaten wirkt der Umstand, dass Erze und Kohlen häufig weit auseinander liegen, und dass daher mindestens eins dieser Materialien oft hohe Frachtkosten zu tragen hat, ehe es an den Ort der Verhüttung gelangt. Der im Westen der Vereinigten Staaten noch vorhandene grosse Holz - reichthum dagegen erklärt es zur Genüge, dass noch ziemlich viele Hochöfen mit Holzkohlen betrieben werden; aber freilich wird sich ihre Zahl voraussichtlich mehr und mehr mindern, je weiter die Verkehrs -569Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.mittel ausgedehnt werden und je mehr der Holzreichthum sich ver - ringert. 1)Vorläufig allerdings scheint eher eine Zunahme als eine Abnahme des Be - triebes mit Holzkohlen stattzufinden. Im Jahre 1882 wurde mehr als doppelt so viel Holzkohlenroheisen erzeugt, als im Jahre 1878, während die Gesammtmenge des erzeugten Roheisens sich nur in dem Verhältnisse 1.7: 1 steigerte.Ein wichtiges und gerade für den Hochofenbetrieb der Ver - einigten Staaten eigenthümliches Brennmaterial bildet dagegen der Anthracit, dessen Benutzung für die Roheisendarstellung in Früherem verschiedentlich erwähnt wurde.

Im Jahre 1881 besass Nordamerika

  • Holzkohlenhochöfen272 (davon 112 ausser Betrieb)
  • Anthracithochöfen238 ( 76 )
  • Kokshochöfen219 ( 68 )
  • Insgesammt729 (davon 256 ausser Betrieb).

Ganz anders als die Zahl der Hochöfen aber stellt sich, wie leicht erklärlich ist, ihre Leistung; es betrug nämlich in demselben Jahre

  • die Erzeugung von Holzkohlenroheisn639000 t
  • Anthracitroheisen1735000
  • Koksroheisen2268000
  • Insgesammt4642000 t

Unter den verschiedenen Vorkommnissen von Eisenerzen besitzen einzelne eine besonders hervorragende Bedeutung. Hierher gehören:

Die Erze am Oberen See (Lake superior) im Staate Michigan. Dieselben bestehen theils aus mulmigen, theils aus festen Rotheisen - erzen, theils aus Magneteisenerzen. Die mulmigen Erze werden, da sie wegen eines nur mässigen Eisengehaltes (50 55 Proc.) Verfrachtung auf sehr weite Strecken nicht vertragen, grossentheils in der Nähe des Oberen Sees verhüttet; die festen und reicheren Roth - und Magnet - eisenerze dagegen, deren Eisengehalt annähernd 65 Proc. zu betragen pflegt, bilden ein wichtiges Material für die Eisenwerke westlich vom Alleghanygebirge in den Staaten Pennsylvanien, Ohio, Illinois u. a. m.

Die Erze im Staate New York am westlichen Ufer des Lake Champlain. Reine, feste Magneteisenerze, deren Gehalt an fremden Körpern sehr oft nicht mehr als 3 Proc. beträgt, bilden den Erzreichthum dieser Gegend. Man verhüttet sie theils in unmittelbarer Nähe des genannten Sees (Cedar Point-Hütte, Port Henry-Hütte u. a.), theils verschifft man sie auf dem Hudson, um sie in den Eisenwerken Pennsylvaniens, Ohios u. s. w. neben den Erzen des Oberen Sees zu verwenden.

Die grösstentheils aus Magneteisenerzen bestehenden Erzlager des Staates New Jersey, welche ihrer Menge nach zu den wichtig - sten Vorkommnissen der Vereinigten Staaten gehören, durchschnittlich aber hinter den vorstehend erwähnten Erzen an Eisengehalt und guter Beschaffenheit zurückstehen. Ein geringerer Theil derselben wird in New Jersey selbst verarbeitet, der grössere Theil an die Hochöfen Pennsylvaniens geliefert.

Die Erze Pennsylvaniens (Lebanon County), grossentheils570Der Hochofenbetrieb.Magneteisenerze mit oft reichem Kupfergehalte, so dass einzelne der - selben auf Kupfer verarbeitet werden. Die weniger kupferreichen werden in den Hochöfen Pennsylvaniens verhüttet.

Die Eisenerze des Iron Mountain und Pilot Knob in Missouri; Eisenglanz, welcher zum geringen Theile in Holzkohlen - hochöfen des eigenen Bezirks verarbeitet, in grösseren Mengen über St. Louis auf dem Ohio nach Pennsylvanien verfrachtet wird.

Auch die Staaten Westvirginien, Alabama, Kentucky sind reich an Eisenerzen mit theilweise grossem Eisengehalte; thonige Brauneisen - erze finden sich am östlichen Abhange des Alleghanygebirges; Black - bands und Sphärosiderite in Ohio.

Der grosse Eisengehalt der meisten nordamerikanischen Erze erleichtert nicht wenig die Erzielung jener hohen, früher mehrfach erwähnten Productionsziffern, welche für den Hochofenbetrieb Nord - amerikas eigenthümlich sind; selten dagegen sind manganreichere Erze, und manche sonst vorzügliche Erze enthalten mehrere Zehntel Procent Phosphor, ein Umstand, der nicht unerheblich ihren Werth verringert.

Den grössten Reichthum an mineralischen Kohlen besitzt unter allen Staaten Nordamerikas Pennsylvanien. Im Osten Pennsylvaniens bilden die Anthracite (vergl. S. 46) eine fast unerschöpfliche Quelle des Reichthums an Brennstoffen; im westlichen Theile finden sich mächtige Lager sogenannter bituminöser Kohle, d. h. einer verkokungsfähigen Steinkohle, deren Koks neben den Anthraciten das Hauptmaterial für den Hochofenbetrieb bilden.

Einzelne gasreiche magere Kohlen des Staates Ohio werden wie die Kohlen Schottlands im unverkokten Zustande theils allein, theils mit Koks gemengt, für den Hochofenbetrieb benutzt.

In kohlenreichen Gegenden entwickelt sich naturgemäss eine leb - hafte Industrie, welche wiederum einen erhöhten Verbrauch an Eisen, sei es für den eigenen Bedarf, sei es für die Anlage und Unterhaltung der Eisenbahnen nach sich zieht. Hieraus erklärt es sich denn, dass auch die Roheisenerzeugung Nordamerikas sich vorzugsweise in den kohlenreicheren Bezirken zusammendrängt, und man es vorzieht, die Erze nach den Kohlen zu verfrachten statt den umgekehrten Weg ein - zuschlagen. 1)Sofern es nur darauf ankäme, billiges Roheisen darzustellen, würde der um - gekehrte Weg der zweckmässigere sein, da man beim Hochofenbetriebe auf 1000 kg Koks mindestens 2000 kg, häufiger 3000 kg Erze verbraucht, welche, ihrer grösseren Menge entsprechend, auch höhere Frachtkosten verursachen. Die Weiterverarbeitung des Roheisens aber verursacht abermals Kosten, und jener Unterschied in den Fracht - kosten wird allein hierdurch oftmals ausgeglichen.Von der gesammten Eisenerzeugung der Vereinigten Staaten, welche, wie oben mitgetheilt, im Jahre 1881 sich auf 4642000 t bezifferte, lieferte allein Pennsylvanien 2191000 t, Ohio 710546 t; beide benachbarte Staaten zusammen also mehr als die Hälfte.

Auch ein grosser Theil der gesammten Holzkohlenhochöfen be - findet sich in den genannten beiden Staaten; Pennsylvanien besitzt etwa 39 Holzkohlenhochöfen, Ohio 37. Die übrigen vertheilen sich vor - zugsweise auf die Staaten Michigan (welcher Staat der Menge des571Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.erzeugten Holzkohlenroheisens nach den übrigen Staaten voranzustehen pflegt), Virginia, Kentucky, Missouri, New York; u. a. m.

Einige der grösseren Hochofenanlagen Nordamerikas wurden be - reits in Früherem mehrfach erwähnt; für ein eingehenderes Studium der nordamerikanischen Verhältnisse möge auf die unten gegebene Literatur verwiesen werden.

Deutschland.

Nicht so leicht als den britischen Eisenhüttenleuten ist den deut - schen die Lösung der Aufgabe gemacht, ihrer Industrie eine hervor - ragende Stellung sowohl unter den verschiedenen Gewerbszweigen ihres eigenen Landes als innerhalb der gesammten Eisenindustrie der Erde zu sichern. Zwar besitzt Deutschland verschiedene wichtige Eisenerz - lagerstätten; auch Steinkohlen treten in mitunter ausgedehnten Lagern auf (Oberschlesien, Sachsen, Rheinland-Westfalen); beide Materialien finden sich aber seltener als in Grossbritannien in unmittelbarer Nach - barschaft, die Steinkohlen sind häufiger als dort aschenreich, und vor allen Dingen vertheuert die geographische Beschaffenheit des Landes weit mehr als dort die Verfrachtung sowohl der verschiedenen Materia - lien zu einander als der Erzeugnisse nach den Absatzgebieten. Ist doch die Wasserfracht von einem der Häfen Grossbritanniens nach der deut - schen Küste und von hier auf einem der schiffbaren Ströme hinauf bis zum Herzen Deutschlands, ja selbst bis nach Böhmen, oft kaum bedeutender als die Eisenbahnfracht von einem deutschen Eisenwerke nach derselben Stelle.

In den Vereinigten Staaten walten, wie schon erwähnt wurde, ähnliche Verhältnisse ob; dort aber erleichtern die grössere Entfernung von anderen eisenerzeugenden Ländern und ein höherer Schutzzoll nicht unwesentlich den Kampf mit der Concurrenz des Auslandes.

Während daher die Eisenindustrie Grossbritanniens vornehmlich durch ihre Grossartigkeit, die Eisenindustrie Nordamerikas durch die oft kühne Ueberwindung technischer Schwierigkeiten und die rasche Entfaltung innerhalb kurzer Zeiträume unser Interesse erweckt, lehrt die deutsche Eisenindustrie vornehmlich, wie man im Stande ist, durch thunlichste Vervollkommnung der Apparate, möglichst ausgedehnte Be - nutzung aller auf Brennstoffersparung u. s. w. gerichteten Mittel, und Leitung des Betriebes nach wissenschaftlichen, aber durch die Praxis erprobten Grundsätzen auch unter äusseren ungünstigen Verhältnissen noch mit Nutzen zu arbeiten.

Nicht darf hier verschwiegen werden, dass, wie schon aus dem früher Gesagten zum grossen Theile hervorgeht, die deutschen Eisen - hüttenleute eine grosse Zahl ihrer Einrichtungen, auch was den Hoch - ofenbetrieb anbelangt, ursprünglich dem britischen Erfindungsgeiste und der älteren britischen Eisenindustrie verdanken (Cylindergebläse, Be - trieb mit Koks, Winderhitzung u. a.); aber diese Einrichtungen mussten den oft abweichenden deutschen Betriebsverhältnissen angepasst werden und wurden oft nicht unwesentlich verbessert (Langen’scher, von Hoff’scher, Buderus’scher Gasfang an Stelle des Parry’schen Trichters, u. a. m.).

572Der Hochofenbetrieb.

Unter den verschiedenen Erzvorkommnissen Deutschlands ver - dienen als besonders wichtig hervorgehoben zu werden die mulmigen, blei - und zinkhaltigen Brauneisenerze Oberschlesiens, die von der Ilseder Hütte verarbeiteten oolithischen Brauneisenerze bei Peine (S. 164), die Kohleneisensteine, Sphärosiderite und Brauneisensteine Westfalens, die Spathe und Brauneisenerze des Siegerlandes, die Roth - und Braun - eisenerze aus dem Gebiete der Lahn, die Minetteerze Lothringens und Luxemburgs. Auch die im Harze (bei Elbingerode) auftretenden Roth -, Braun - und Magneteisenerze sowie die am Fusse des Harzes (Harz - burg, Salzgitter) geförderten oolithischen Erze verdienen als Material für den Betrieb mehrerer Hochofenwerke (Blankenburger Hütte, Mathil - denhütte bei Harzburg sowie einiger mit Holzkohlen betriebener Hoch - öfen) Erwähnung; ferner die Spatheisensteine des Thüringerwaldes (Kamsdorf mit der Maximilianshütte), sowie die Braun -, Roth - und Magneteisenerze des Erzgebirges, welche theils im Erzgebirge selbst (Königin-Marienhütte, Schwarzenberger Hütte), theils auswärts ver - arbeitet werden. Rasenerze der norddeutschen Tiefebene werden theils auf kleineren mit Holzkohlen betriebenen Hochöfen1)Eine grössere Zahl dieser Holzkohlenhochöfen, welche unmittelbar für die Giesserei arbeiteten, ist allerdings in den letzten Jahren infolge der geänderten Handelsverhältnisse eingegangen; so die Hochöfen zu Lauchhammer, Gröditz, Sterk - rade u. a. verarbeitet, theils den Beschickungen der rheinischen und westfälischen Hochöfen zuge - setzt; eine noch grössere Menge Rasenerze beziehen die letzteren, be - sonders die am Rhein und der Ruhr gelegenen, aus Holland. Zur Dar - stellung phosphorarmen grauen Roheisens für den Bessemerprocess, beziehentlich auch Spiegeleisens, werden Roth - und Brauneisenerze von Spanien und Algier bezogen (vergl. die Analysen dieser Erze auf S. 164 und 169); Oberschlesien verhüttet zur Darstellung phosphor - armen Weisseisens Spatheisensteine aus Ungarn.

Das geschilderte Vorkommen der Erze und Steinkohlen erklärt es, dass vorzugsweise in Nord - und Mitteldeutschland wie in Lothringen die Roheisendarstellung betrieben wird, während in Baiern, Würtemberg und Baden nur vereinzelte Werke dem Hochofenbetriebe obliegen. Die Holz - bestände Deutschlands aber würden, wenn man sie zur Deckung des Brennstoffbedarfs der im Betriebe stehenden Hochöfen verwenden wollte, in kürzester Zeit verbraucht sein; und auch in Deutschland ist daher der Hochofenbetrieb der Jetztzeit nur durch ausgedehnte Verwendung mineralischer Brennstoffe, und zwar der Koks, möglich. Von den im Jahre 1871 erzeugten 2900000 t Roheisen entstammten nur 42000 t dem Betriebe mit Holzkohlen.

Wo Erze und Kohlen nicht bei einander liegen, findet man das Hochofenwerk häufiger an der Lagerstätte der Kohlen als an der der Erze, obgleich für die Darstellung einer bestimmten Menge Roheisen eine grössere Gewichtsmenge Erze als Kohlen erforderlich zu sein pflegt und verfrachtet werden muss. Die Gründe hierfür sind die nämlichen, welche schon bei Besprechung der nordamerikanischen Roheisenindustrie erläutert wurden: das Roheisen findet seine hauptsächlichste Verwen - dung da, wo das Vorkommen von Steinkohlenlagern die Grundlage573Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.einer ausgedehnten Gewerbthätigkeit bildet, und die höheren Fracht - kosten für die Erze bei der Verhüttung am Fundorte der Brennstoffe werden durch den Umstand ausgeglichen, dass im anderen Falle das Roheisen, dessen Selbstkosten am Erzeugungsorte vielleicht etwas niedriger sein würden, entsprechend weiter verfrachtet werden muss, um Absatz zu finden. Es kommt noch hinzu, dass viele Hochofen - werke gezwungen sind, aus verschiedenen, von einander getrennt liegen - den Fundstätten ihre Erze zu beziehen; und nur wo dieses nicht der Fall ist, die benutzten Erze vielmehr in einem und demselben Bezirke nahe bei einander liegen, findet man auch Hochofenwerke in der Nähe der Erzlagerstätten, welche ihre Brennstoffe von fern her beziehen (die oben genannten Hochöfen zu Blankenburg und Harzburg am Harz, die Ilseder Hütte, die Maximilianshütte in Thüringen u. a. m.).

Abgesehen von diesen zuletzt genannten, für die Ausbeutung ein - zelner Erzlagerstätten bestimmten, vereinzelt liegenden Hochofenanlagen lassen sich im Wesentlichen drei grosse Gruppen von Hochofenwerken unterscheiden.

Im Osten Deutschlands gegen Galiziens und Russlands Grenze zu entwickelte sich, Dank dem Auftreten ausgedehnter Steinkohlenlager Schlesiens, insbesondere Oberschlesiens Hochofenbetrieb zu nicht geringer Bedeutung. Etwa ein Neuntel des gesammten deut - schen Roheisens entstammt Oberschlesiens Hochöfen; und der Umstand, dass die oberschlesischen Erze nicht fern von der Fundstätte der Kohlen, in der an das Kohlengebirge anschliessenden Triasformation, aufzutreten pflegen, wies schon frühzeitig auf die Verhüttung derselben mit Stein - kohlen, beziehentlich Koks, hin. Auf dem Continente wurde der Hoch - ofenbetrieb mit Koks zuerst in Oberschlesien eingeführt.

Wie aber die früher schon mehrfach erwähnten Eigenthümlich - keiten der Oberschlesischen Steinkohlen die Veranlassung sind, dass dort noch wie in England Verkokungsmethoden angetroffen werden, welche im Westen Deutschlands vollständig verschwunden sind, so ist anderntheils die Beschaffenheit der zur Verwendung stehenden Erze die Ursache, dass auch beim Hochofenbetriebe manche Einrich - tungen einer früheren Zeit noch nicht durch neuere ersetzt wurden. Die Hochöfen, auch die neu erbauten, sind in Rücksicht auf die mul - mige Beschaffenheit der Erze, welche den Gasen nur schwierig Durch - gang gestatten, fast durchweg kleiner als die neueren Oefen anderer Gegenden; der Zinkgehalt der Erze, welcher zum grossen Theil von den Gichtgasen davongeführt wird, schreckte die oberschlesischen Eisen - hüttenleute bislang vor der Einführung steinerner, schwierig zu reini - gender Winderhitzer zurück, und noch bis heute sind sämmtliche oberschlesischen Hochofenwerke nur mit eisernen Apparaten ver - sehen. 1)Einer kürzlich in Stahl und Eisen 1883, S. 211 gemachten Mittheilung zufolge ist die versuchsweise Anwendung von Whitwellapparaten auf einem der ober - schlesischen Werke für die nächste Zeit in Aussicht genommen.

Der häufig ziemlich beträchtliche Phosphor - und Mangangehalt der oberschlesischen Brauneisenerze weist vornehmlich auf die Darstellung weissstrahligen Roheisens für den Puddelbetrieb hin. Vielfach werden574Der Hochofenbetrieb.die eisenreichen Schlacken der Puddel - und Schweissöfen neben den Erzen in den Hochöfen wieder auf Roheisen verhüttet, ein Verfahren, welches hier wegen der dicht liegenden Beschaffenheit und dem oft geringen Eisengehalte der Erze doppelte Berechtigung erhält. Bei ein - zelnen Hochöfen hat man mitunter die Hälfte der Beschickung aus Frischschlacken bestehen lassen; durchschnittlich betrug im Jahre 1881 der Schlackenzusatz von dem Gewichte der Erze.

In der Jetztzeit beschäftigen sich 13 schlesische Werke mit etwa 50 Hochöfen mit der Roheisendarstellung (Königshütte, Laurahütte, Gleiwitz, Redenhütte, Donnersmarkhütte, Borsigwerk u. a.).

Der auf mehreren Werken, welche bleiische Erze verhütten, be - triebenen Bleigewinnung (unterhalb des Bodensteins) ist schon früher gedacht worden. Das gewonnene zugleich silberhaltige Blei liefert einen nicht unwesentlichen Beitrag zu dem jährlichen Erlöse; im Jahre 1881 betrug die Bleigewinnung in den Eisenhochöfen 1832 t.

Eine zweite, grössere Gruppe umfasst die Hochöfen Rhein - lands und Westfalens. Ungefähr die Hälfte des gesammten deut - schen Roheisens wird in diesem Gebiete erzeugt; und zwar erstreckt sich der rheinisch-westfälische Hochofenbetrieb nicht allein auf die Dar - stellung des gewöhnlichen weissen Puddelroheisens, sondern auch die besseren, d. h. phosphorarmen Roheisensorten werden und zwar in bedeutenden Mengen hier gewonnen (Spiegeleisen, Weissstrahl, Besse - merroheisen, Eisenmangan). Man benutzt hierfür theils eigene, theils spanische und algierische Erze. Auch die Darstellung eines tiefgrauen Roheisens für Giessereizwecke, welches an Festigkeit und Zähigkeit dem schottischen Roheisen überlegen ist, hat eine gewisse Bedeutung erlangt, seitdem durch ausgedehnte Qualitätsuntersuchungen verschiedener aus - ländischer und rheinisch-westfälischer Roheisensorten, welche im Jahre 1877 unter Leitung eines von der preussischen Regierung dazu be - auftragten Eisenhüttenmannes ausgeführt wurden, die Ebenbürtigkeit des inländischen Giessereiroheisens mit dem schottischen dargethan wurde. 1)R. Wachler, Vergleichende Qualitätsuntersuchungen rheinisch-westfälischen und ausländischen Giessereiroheisens. Berlin 1879.

Eine dichte Gruppe theilweise hochberühmter Hochofenwerke drängt sich in dem verhältnissmässig kleinen Dreiecke zwischen den Städten Hörde und Dortmund, Ruhrort und Düsseldorf als Eckpunkten des Dreiecks zusammen (Dortmunder Union, Hörde, Bochumer Gussstahl - fabrik, Gutehoffnungshütte in Oberhausen, Schalke, Phönix bei Ruhrort, Niederrheinische Hütte, Johannishütte und Vulkan in Duisburg, Fried - rich-Wilhelmshütte bei Mülheim a. d. Ruhr. u. v. a.). Andere, theil - weise bedeutende Hochofenwerke finden sich im Gebiete der Inde bei Aachen (Eschweiler); wichtiger noch ist aber die Roheisenindustrie des Siegerlandes östlich und südöstlich von Cöln. Hier ist die eigentliche Heimath der Spiegeleisendarstellung, für welche die Siegener Spath - eisensteine das Material liefern; Spiegeleisen sowie das demselben ver - wandte Roheisen (Weissstrahl) bilden noch jetzt im Siegerlande die vor - zugsweise erzeugte Roheisengattung (Hochöfen zu Geisweid, Wissen, u. a. m.).

575Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.

Südöstlich vom Siegerlande finden sich verschiedene Hochofen - werke, welche die Rotheisenerze und Brauneisenerze aus dem Lahn - gebiete verarbeiten und grossentheils graues Giessereiroheisen daraus herstellen (Hochöfen zu Sophienhütte bei Wetzlar, Mainweserhütte bei Giessen u. a.); im südlichsten Theile Rheinpreussens dagegen, im Ge - biete der Saar, treten einzelne Hochofenwerke auf, welche theilweise unter ähnlichen Verhältnissen als die sogleich zu erwähnenden Hoch - öfen Lothringens und Luxemburgs betrieben werden und grossentheils gewöhnliches Weisseisen für den Puddelbetrieb liefern (Neunkirchen, Burbach, Saarbrücken u. a.).

Nördlich von der gesammten rheinisch-westfälischen Gruppe liegt nahe bei Osnabrück das berühmte Werk Georgs-Marienhütte, Braun - und Spatheisenerze, welche aus dem Zechstein in der Nähe von Osna - brück stammen, mit Koks verhüttend, bekannt durch eine Reihe wesentlicher Verbesserungen bei dem Hochofenbetriebe, welche hier zuerst eingeführt wurden (u. a. die Lürmann’sche Schlackenform).

Eine dritte Gruppe wird durch die Hochöfen Lothringens und des benachbarten, ebenfalls zum deutschen Zollvereine gehörigen Luxem - burgs gebildet. Hier bilden die auf S. 165 besprochenen Minetteerze die Grundlage eines Hochofenbetriebes, welcher besonders seit dem Anfange der siebenziger Jahre eine bedeutende Ausdehnung erlangt hat. Man stellt grösstentheils ein phosphorhaltiges Weisseisen für den Puddelprocess oder basischen Bessemerprocess dar, daneben allerdings auch Giessereiroheisen, welches zwar dem Giessereiroheisen der rhei - nisch-westfälischen Werke wegen seines grösseren Phosphorgehaltes nachsteht, doch aber seiner Billigkeit halber auch in den östlicheren Theilen Deutschlands mitunter verwendet wird (Hochofenwerke zu Moyeuvre, Römlingen, Hayange u. a. in Lothringen, Esch, Dommel - dingen, Eich u. a. in Luxemburg).

Frankreich.

Frankreich ist nicht sehr reich an Eisenerzen; und die französi - schen Eisenhütten haben mit ähnlichen, theilweise vielleicht mit noch grösseren Schwierigkeiten als die deutschen zu kämpfen. Wenn es trotzdem den französischen Eisenhüttenleuten gelang, der Eisenindustrie Frankreichs eine der Grösse und Bedeutung des Landes entsprechende Entfaltung zu verschaffen, so gebührt ihrer Thatkraft und ihrer durch Wissenschaftlichkeit gestützten Umsicht dafür alle Anerkennung.

Rotheisensteine in grösserer Mächtigkeit treten im Departement Ardèche bei den Orten Veyras, Privas und La Voulte (Rhonegebiet südlich von Lyon) auf. Häufiger finden sich Brauneisenerze, theils als brauner Glaskopf in den Pyrenäen, theils als mulmiger, aber gewöhn - lich phosphorreicher Brauneisenstein in der Champagne, theils als oolithisches Erz und Bohnerze in der Franche-Comté und weiter nörd - lich in dem französischen Lothringen, wo die Minette ebenso wie in Deutsch-Lothringen und Luxemburg ein wichtiges Erzvorkommniss bildet. Spatheisensteine treten in den Alpen und Pyrenäen auf, Magnet - eisenerze sind ziemlich selten.

Reicher als an Erzen ist Frankreich an Steinkohlen; und das576Der Hochofenbetrieb.Brennmaterial für die Roheisenindustrie Frankreichs ist deshalb im Wesentlichen Koks. Im Norden erstreckt sich von der Grenze Belgiens in westlicher Richtung durch die beiden Departements Nord und Pas de Calais ein Kohlenbecken mit zahlreichen Flötzen (Valenciennes, Anzin u. s. w.), theils anthracitartige, theils gut zur Verkokung geeig - nete Kohlen enthaltend. Ein zweites Becken, das Burgunder Kohlen - becken erstreckt sich am rechten Ufer der Saône innerhalb des Saône - und Loiredepartements von Autun bis Charolles und enthält Flötze von theilweise bedeutender Mächtigkeit (Creusot, Epinac, Blanzy); wich - tiger noch ist ein südlich von diesem im Loiredepartement bei den Städten Lyon, Rive de Gier, St. Etienne gelegenes Becken, welches verschiedene grössere Eisenwerke mit Kohlen und Koks versorgt. Bei Alais im Garddepartement, westlich von dem unteren Laufe der Rhone, finden sich ebenfalls bedeutende Steinkohlenlager, welche besonders den südlichen Eisenwerken die Brennstoffe liefern; auch ein im Allier - departement westlich vom Flusse Allier bei den Städten Commentry, Bezenet auftretendes Steinkohlenbecken besitzt grössere Bedeutung.

Dem geschilderten Vorkommen der wichtigsten Eisenerzlager und Kohlenbecken entsprechend beschränkt sich die Eisenindustrie Frank - reichs, insbesondere die Roheisendarstellung, vornehmlich auf den öst - lichen und südöstlichen Theil, und ist ziemlich unbedeutend im Westen und Nordwesten.

Eine Gruppe von theils grösseren, theils kleineren Hochofenwerken befindet sich in der Nähe der belgischen Grenze und verhüttet sowohl die dort auftretenden oolithischen und thonigen Brauneisenerze als auch Erze aus Afrika und Spanien, letztere, um Roheisen für den Bessemer - process daraus darzustellen (Eisenwerke Denain, Anzin, Marquise u. a.). Südöstlich von hier in der Nähe von Nancy trifft man auf eine zweite Gruppe von Hochofenanlagen, welche ebenso wie die benachbarten Werke Deutsch-Lothringens grossentheils die Verhüttung der dort auf - tretenden Minette zum Zwecke haben (Pont à Mousson, Pompey, Frouard, Jeuve u. a.); und südwestlich von diesen auf der linken Seite der Marne liegen zahlreiche kleinere Werke, welche die phosphorreichen Brauneisenerze der Champagne verarbeiten.

Grössere Bedeutung als diese letztgenannten Werke besitzen die im Gebiete der Loire und Rhone gelegenen Hochöfen. Hier befindet sich das grossartig angelegte Werk Creusot in der Nähe des oben erwähnten Burgunder Steinkohlenbeckens; weiter südlich zwischen Lyon und St. Etienne das nicht minder berühmte Eisenwerk Terre - Noire, u. a. m.

Im Departement Allier ist das Eisenwerk Montluçon mit neun Hoch - öfen erwähnenswerth; im Süden bei Marseille das Werk St. Louis, welches grossentheils ausländische (italienische, spanische, algierische) Erze verhüttet.

Belgien.

Aehnliche Verhältnisse als diejenigen, welche die britische Eisen - industrie zu der grossartigsten der Erde erhoben, liessen in Belgien eine im Verhältnisse zu der Grösse des Landes immerhin bedeutende Eisenindustrie emporblühen. Jene vielfach erwähnten Minettelager577Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.Lothringens und Luxemburgs setzen sich bis nach Belgien hinein fort; Roth - und Brauneisenerze, theils oolithisch, theils erdig finden sich in Lagern von mitunter 3 m Mächtigkeit im Gebiete der Maas und nörd - lich von Namur bis Ligny. Steinkohlen liefert das auch im Nordosten Frankreichs auftretende oben erwähnte Steinkohlenbecken, welches als verhältnissmässig schmaler Streifen vom Nordabfalle der Ardennen das Maasthal entlang über Namur, Lüttich quer durch ganz Belgien hin - durch bis nach Rheinpreussen hinein sich erstreckt. In diesem Land - striche, wo Erze und Kohlen nahe bei einander liegen, wo ein Netz zahlreicher Eisenbahnen und schiffbarer Gewässer den Verkehr mit dem Binnenlande wie mit dem nahen Meere ausserordentlich erleichtert, finden sich die wichtigsten Eisenwerke Belgiens (Seraing, Ougrée, Espé - rance, Tilleur-Sclessin, sämmtlich bei Lüttich, weiter südwestlich bei Charleroy Providence, Monceau u. a. m.). Man erzeugt theils weisses Roheisen für den Puddelprocess aus den phosphorhaltigeren Erzen, theils, unter Mitbenutzung ausländischer reiner Erze, Bessemerroheisen.

Oesterreich-Ungarn.

Oesterreich und Ungarn besitzen zwar einzelne, durch Mächtigkeit wie durch Reinheit von Phosphor ausgezeichnete Erzvorkommnisse; selten dagegen und meistens weit von den Erzlagern entfernt treten mineralische Brennstoffe auf, welche mit Vortheil für den Hochofen - betrieb benutzt werden könnten. Diese Schwierigkeiten werden durch die Lage der genannten Länder und die theilweise noch beschränkten Verkehrsverhältnisse erhöht; so erklärt es sich leicht, dass, obgleich Oesterreichs Eisenerzeugnisse ihrer Qualität nach zu den vorzüglichsten der Erde gehören und die Einrichtungen einzelner österreichischer Werke das Interesse aller Fachleute verdienen, doch die Eisenindustrie Oesterreich-Ungarns hinsichtlich der Menge des erzeugten Eisens, ins - besondere Roheisens, selbst dem kleinen Belgien nachsteht.

In Böhmen in der Nähe von Prag und Komorau finden sich ziemlich mächtige Lager von körnigen Roth - und Brauneisenerzen, welche auf verschiedenen Werken theils mit Holzkohlen theils mit Koks (aus dem böhmischen Steinkohlenbecken) verhüttet werden (Adel - bertshütte bei Kladno).

In Steiermark und Kärnten wurde schon zu der Römerzeit Eisenindustrie betrieben; die vorzüglichen Spatheisensteine der Alpen sowie die aus deren Zersetzung hervorgegangenen Braun - und Roth - eisenerze bilden noch jetzt das Material für den Betrieb zahlreicher Hochöfen. Der Mangangehalt dieser Erze und ihre Reinheit von Phosphor verweisen auf ihre Verwendung zur Darstellung der besseren Sorten Weisseisens oder auch Bessemerroheisens; weniger geeignet sind sie, wenigstens die grössere Menge derselben, für Giessereiroheisen. Bei dem Mangel brauchbarer Steinkohlen jedoch ist der Betrieb grössten - theils auf die Benutzung von Holzkohlen beschränkt, wodurch nicht allein die Erzeugungskosten gesteigert werden, sondern auch eine Ausdehnung der Roheisenerzeugung über diejenige Grenze hinaus unmöglich gemacht ist, welche durch die Menge des für die Eisen - hütten verfügbaren Holzes gesteckt ist. Der Bestrebungen, HolzLedebur, Handbuch. 37578Der Hochofenbetrieb.ganz oder theilweise durch Braunkohle zu ersetzen, wurde schon früher gedacht.

Verschiedene Kokshochöfen sind im Laufe der siebenziger Jahre erbaut worden; aber sie sind gezwungen, ihre Koks aus ziemlich weiten Entfernungen zu beziehen (Mähren, England), wodurch deren Preis natürlich sich entsprechend vertheuert (Hochöfen bei Wien, zu Prävali in Kärnten, Zeltweg in Steiermark zu Schwechat). 1)Eine ausführliche Darstellung sämmtlicher Verhältnisse des Hochofenbetriebes in Steiermark und Kärnten findet der Leser in der unter Literatur aufgeführten, schon früher mehrfach erwähnten Abhandlung von M. E. Gruner.

Auch in Ungarn verhindert der Mangel an geeigneten Stein - kohlen für den Hochofenprocess wie an billigen Verkehrsmitteln ein lebhafteres Aufblühen des Hochofenbetriebes. Erze, und zwar theil - weise vorzügliche Erze, sind in einzelnen Gegenden in grosser Mächtig - keit und Ausdehnung vorhanden. Spatheisensteine liefern das Zipser, Abaújer, Tornaer, Sohler, Liptauer und Szörényer Comitat, und die Lagerstöcke dieser Erze erreichen an einzelnen Stellen eine Mächtig - keit von mehr als 36 m (Dobschauer Erzberg). Brauneisenerze treten theils neben diesen Spatheisensteinen als Zersetzungsgebilde derselben, theils selbstständig auf; der Gömörer Erzberg bei Röcze, aus mulmigen oder lockeren Brauneisenerzen bestehend, ist in einer Erstreckung von km und in einer Mächtigkeit von 4 37 m aufgeschlossen; von noch grösserer Bedeutung ist der Erzberg im Hunyader Comitate, dessen Haupterzlager bei Gyalár eine Mächtigkeit von 100 m erreicht, während die Gliederungen dieses Eisensteinzuges auf mehr als 30 km Erstreckung bekannt sind. Neben den Brauneisenerzen liefert dieser Erzberg auch Rotheisensteine. An anderen Orten findet sich Magnet - eisenstein in mächtigen Stöcken (Reschitza) und Eisenglanz. Von den 68 Hochöfen Ungarns werden 64 ausschliesslich mit Holzkohlen, einer zur Hälfte mit Holzkohlen und Koks (Theissholz), einer mit Steinkohlen und Koks (Kalán) und einer mit Koks allein (Reschitza) betrieben.

Die Erze aber werden, sofern ihre Lage die Abfuhr ermöglicht, nicht selten auf auswärtigen Werken verarbeitet. Oberschlesische Hoch - öfen setzen ihren eigenen Erzen ungarische Spatheisensteine zu, wenn sie phosphorreinere Roheisensorten darstellen wollen; grosse Mengen Braun - und Rotheisenerze bezieht alljährlich das Eisenwerk Witkowitz in Mähren aus einem vom Staate gepachteten Erzrevier im Borsoder Comitate; auch Eisenwerke in Oesterreichisch-Schlesien besitzen Spath - eisensteingruben im Zipser Comitate und beziehen von dort den grössten Theil ihres Erzbedarfes.

Russland.

Jenes Hemmniss für das lebhafte Aufblühen der Eisenindustrie in manchen anderen erzreichen Ländern, die grossen Entfernungen zwischen der Lagerstätte der Erze und derjenigen mineralischer Brennstoffe, be - ziehentlich auch zwischen dem Erzeugungsorte des Roheisens und dem Verbrauchsorte desselben bei beschränkten Verkehrsmitteln, zeigt in Russland noch deutlicher als in den zuletzt besprochenen Ländern seinen579Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.Einfluss. Russland ist keineswegs arm an Eisenerzen; Holz, welches im verkohlten Zustande vorläufig noch das vorzugsweise benutzte Material für den Hochofenbetrieb bildet, ist an manchen Orten noch im Ueberflusse vorhanden, Steinkohlenlager sind wenigstens in einigen Gegenden aufgeschlossen. Die ungeheueren Entfernungen aber zwischen einzelnen dieser Vorkommnisse und den Küstengebieten, wo natur - gemäss der lebhaftere Handel auch einen stärkeren Eisenverbrauch mit sich bringt, und der erforderliche Landtransport vertheuern in einer Weise das Eisen, dass trotz eines hohen Schutzzolles ausländisches Eisen oft billiger als einheimisches und an einen Export kaum zu denken ist.

Besonders reich an Eisenerzen ist der Ural. Mächtige Lager von Magneteisenerzen finden sich in den Regierungsbezirken Perm und Orenburg; der Ort Visokaja-Gora im Permer Bezirk liefert allein jähr - lich mehr als eine Million Tonnen vortrefflicher Magneteisenerze an verschiedene umliegende Eisenhütten. Auch Lager hochhaltiger Braun - eisenerze werden an verschiedenen Punkten des Ural abgebaut (Je - katharinenburg, Ir-Kiskan u. a. a. O.). Jüngere Brauneisenerze und Sphärosiderite, häufig phosphorhaltig, werden in den südlich von Moskau gelegenen Bezirken (Tula, Kaluga, Orlow, Tambow u. s. w.) sowie in Polen gewonnen; Rasenerze sind sehr verbreitet in verschiedenen Be - zirken; Eisenglanz findet sich am Tulmsee, 42 km vom Ladogasee ent - fernt, in der Nähe der Grenze Finnlands sowie im Süden Russlands bei Cherson.

Die abgetrennte Lage einzelner russischer Hochofenwerke, die Schwierigkeiten, mit denen eben infolge dieser Lage dieselben zu kämpfen haben, erklären es, dass auf einzelnen solcher Werke die Ein - richtungen noch im Wesentlichen die nämlichen sind als sie vor fünfzig Jahren auf deutschen, mit Holzkohlen betriebenen Werken angetroffen wurden. Andere günstiger gelegene Werke sind dagegen sowohl in der Construction der Hochöfen als in der Betriebsleitung mit der Zeit fortgeschritten, und einige besitzen Hochöfen neuester Construction (Nischnje-Saldinsk, Nischnje-Tagilsk).

Das Haupterzeugniss ist graues Roheisen, theils für die Giesserei zum unmittelbaren Gusse, theils auch für den Bessemerprocess be - stimmt: Spiegeleisen mit 10 12 Proc. Mangan wird aus Brauneisen - erzen von Visokaja-Gora auf dem Eisenwerke Jurjazan, Ferromangan wird in Tagilsk erzeugt.

Schweden.

Die eisenindustriellen Verhältnisse Schwedens besitzen mit den oben geschilderten Verhältnissen der österreichischen Alpenländer inso - fern eine gewisse Aehnlichkeit, als auch Schweden reich ist an vor - züglichen Eisenerzen, während mineralische Brennstoffe fast vollständig fehlen. Es kommt hinzu, dass der Besitz der ausgedehnten Erzlager oft ausserordentlich zersplittert ist, ein Umstand, der wieder die Aus - beutung derselben im grossartigen Maassstabe etwa unter Benutzung fremder Koks nicht wenig erschwert. Aus diesem Grunde ist Holz - kohle, unter Umständen in Gemeinschaft mit rohem Holze, das für den37*580Der Hochofenbetrieb.Hochofenbetrieb fast ausschliesslich benutzte Brennmaterial; nur ver - einzelt setzt man den Holzkohlen Koks zu.

Die wichtigsten Eisenerzlager Schwedens, sofern sie die Grundlage für die schwedische Eisenindustrie bilden, finden sich zwischen dem 59. und 61. Breitengrade in einem Gürtel, welcher von Nordost nach Südwest durch den südlichen Theil von Gefleborgs-Län, den südöst - lichen Theil von Kopparbargs-Län, den nördlichen Theil von Westerås - Län, den grössten Theil von Oerebro-Län und das östliche Wermland hindurchzieht. Mächtige, im Norden auftretende, Lager besitzen vor - läufig wegen mangelnder Verkehrsmittel und dünner Bevölkerung für die Eisenindustrie keine besondere Bedeutung; wichtiger und theilweise hochberühmt sind die weiter südlich auftretenden Vorkommnisse in Upsala-Län, Stockholm-Län, Jönköpings-Län u. a. Zu diesen gehören das berühmte Dannemora und der Eisenberg zu Taberg an der Süd - spitze des Wetternsees in Småland. In den genannten Bezirken hat sich daher die schwedische Hochofenindustrie vorzugsweise entfaltet.

Die hier auftretenden Erze bestehen vornehmlich aus Magnet - eisenerzen, Eisenglanz und Rotheisensteinen, und man pflegt diese Erz - gattungen in Schweden mit dem gemeinschaftlichen Namen Bergerze zu bezeichnen; Seeerze und Raseneisensteine werden in Småland ge - wonnen. Die erwähnten Bergerze sind ausgezeichnet durch geringen Phosphorgehalt; seiner Reinheit von Phosphor und der auf derselben beruhenden grossen Zähigkeit verdankt das schwedische Eisen eine Berühmtheit, die demselben sowohl dem Roheisen als dem schmied - baren Eisen auch im Auslande eine gewisse Verbreitung gesichert hat. Man erzeugt weissstrahliges und halbirtes Roheisen für den Herd - frischprocess, Spiegeleisen, graues Roheisen für die Giesserei und den Bessemerprocess. Der Menge nach dürfte das halbirte Roheisen für den Frischprocess vorwiegen.

In wissenschaftlicher Beziehung findet die schwedische Eisen - industrie eine kräftige Stütze durch die Stockholmer Bergakademie und die Veröffentlichungen des Jernkontoret (Eisencontor), dessen Annaler in den zahlreichen seit Anfang der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts erschienenen Jahrgängen eine Fülle hochwichtiger Ergebnisse wissen - schaftlicher und praktischer Untersuchungen im Gebiete des Eisen - hüttenwesens einschliessen.

Literatur.

A. Einzelne Werke.

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  • P. Tunner, Das Eisenhüttenwesen in Schweden. Freiberg 1858.
  • P. Tunner, Ueber die Eisenindustrie Russlands. Petersburg 1870.
  • P. Tunner, Russlands Montanindustrie, insbesondere dessen Eisen - hütten wesen. Leipzig 1871.
  • P. Tunner, Das Eisenhüttenwesen der Vereinigten Staaten von Nord - amerika. Wien 1877.
581Literatur.
  • Fr. Kupelwieser, Das Hüttenwesen mit besonderer Berücksichtigung des Eisenhüttenwesens in den Vereinigten Staaten Amerikas. Wien 1877.
  • A. v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung in Paris im Jahre 1878. Leipzig 1879 (enthält eine Schilderung des Eisenhüttenbetriebes in Frankreich überhaupt).
  • Die Eisenerze Oesterreichs und ihre Verhüttung. Aus Anlass der Pariser Weltausstellung verfasst im k. k. Ackerbau-Ministerium. Wien 1878.
  • A. v. Kerpely, Das Eisenhüttenwesen in Ungarn, sein Zustand und seine Zukunft. Schemnitz 1872.
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  • J. Pechar, Kohle und Eisen in allen Ländern der Erde. Berlin 1878.

B. Abhandlungen.

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  • F. Witherbee, Notes on two scaffolds at the Cedar Point furnace. Trans - actions of the American Institute of Mining Engineers, vol. IX, p. 41.
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  • Thomas Whitwell, The construction and management of blast-furnaces. Iron, vol. IX, p. 677, 745, 806; vol. XII, p. 456, 486.
  • J. Wolters, Des meilleurs moyens pratiques d’obtenir économiquement une grande production dans les hauts-fourneaux sans nuire à la qualité. Revue universelle 1878, tome II, p. 73; tome III, p. 17; tome IV, p. 770; in deutscher Uebersetzung in der Ztschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten, Jahrg. 1878 und 1879.
  • H. Schellhammer, Studien über die Windführung beim Hochofen. Oestr. Ztschr. 1882, S. 421.
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  • Burgers, Einbau eines neuen Schachtes bei gedämpftem Hochofen. Wochenschrift des Ver. deutsch. Ing. 1879, S. 354.
  • Besprechung der gegenwärtigen Lage und der neueren Fortschritte der deutschen Roheisenerzeugung. Stahl und Eisen 1882, I, S. 208 (Schlink), S. 211 (Limbor), S. 217 (Tiemann), S. 221 (Schilling), S. 223 (Hilgenstock).
  • W. Mrázek, Ueber stöchiometrische Entwürfe von Eisenhochofen-Be - schickungen und Hilfstabellen für dieselbe. Jahrbuch der Berg - akademieen zu Leoben, Přibram und Schemnitz, Bd. XVIII, S. 282.
  • W. Mrázek, Schnelle stöchiometrische Methode zum Entwerfen von Eisenhochofen-Beschickungen. Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben u. s. w. Bd. XIX, S. 375.
  • H. Wedding, Ueber den Hochofenbetrieb mit rohen Steinkohlen. Ztschr. f. Berg -, Hütten - und Salinenwesen in Preussen, Bd. XIX, S. 5.
582Der Hochofenbetrieb.
  • Anwendung von Steinkohlen beim Hochofenbetriebe. Berggeist 1869, S. 313.
  • Ferrie’s selbstkokender Steinkohlenhochofen. Dingl. Polyt. Journ., Bd. 201, S. 108 und 515; Berg - und hüttenm. Ztg. 1871, S. 390.
  • W. Ferrie, Neuerungen an Hochöfen. Stahl und Eisen 1882, II, S. 567.
  • J. M. Hartmann, Ueber amerikanische Anthracit-Hochöfen. Oestr. Ztschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 489.
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  • F. Friederici, Ueber Verwendung von Braunkohlen im Hochofen. Oestr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 1.
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  • J. Schlink, Die Roheisenindustrie Deutschlands. Vortrag gehalten auf dem Meeting des Iron and Steel-Instituts zu Düsseldorf im August 1880. Mülheim a. d. Ruhr 1880 (nicht im Buchhandel).
  • L. Bell, Les progrès de l’industrie sidérurgique du Cleveland. Revue universelle 1878, tome III, p. 717.
  • M. S. Jordan, Note sur les ressources de l’industrie du fer en France. Revue universelle 1878, tome IV, p. 329.
  • M. E. Gruner, Mémoire sur la situation de la métallurgie du fer en Styrie et en Carinthie. Annales des mines, série 7, tome 9, p. 471 (1876).
  • P. Tunner, Die Lage der Eisenindustrie in Steiermark und Kärnten. Oestr. Zeitschr. f. Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 463.
  • A. v. Kerpely, Das Eisenhüttenwesen in Ungarn. Oestr. Zeitschr. f. Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 467.
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  • R. Åkerman, Sur l’état actuel de l’industrie de fer en Suède. Rev. univ. sér. II, t. III, p. 525 (1878).
  • R. Åkerman, Die schwedische Eisenindustrie. Zeitschrift des berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1877, S. 87.
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583Die Gichtgase.

VII. Die Nebenerzeugnisse des Hochofen - betriebes und ihre Verwendung.

1. Die Gichtgase.

Bei dem bedeutenden Brennwerthe, welchen die Gichtgase besitzen und wegen der Eigenthümlichkeiten des Hochofenprocesses nothwendiger - weise besitzen müssen, bilden dieselben ein werthvolles Nebenerzeugniss des Hochofenbetriebes. Die Abhängigkeit der Zusammensetzung der Gichtgase von dem Verlaufe des Hochofenprocesses, von der Reducir - barkeit der Erze u. s. w. ergiebt sich aus dem früher Gesagten von selbst; gewöhnlich wird die Zusammensetzung innerhalb folgender Ziffern sich bewegen:

1)Die Gase des Hochofens und der Siemens-Generatoren, S. 20.
1)

Die Wärmeleistung eines Cubikmeters oder eines Kilogramms trocke - ner Gichtgase lässt sich aus der chemischen Zusammensetzung unschwer berechnen; ebenso der für die Verbrennung theoretisch erforderliche Luftbedarf.

Es lässt sich leicht ermessen, dass, wenn der Kohlensäuregehalt der Gichtgase vor ihrer Benutzung zu Kohlenoxyd reducirt würde etwa durch Hindurchleiten der Gase durch glühende Kohlen in einem584Die Nebenerzeugnisse des Hochofenbetriebes und ihre Verwendung.Apparate, welcher dem zur Wassergaserzeugung benutzten (S. 97) ähn - lich sein könnte man hierdurch ein Gasgemenge erhalten würde, welches einen geringeren Stickstoffgehalt als sämmtliche Generatorgase enthielte und deshalb diesen hinsichtlich des Brennwerthes und pyro - metrischen Wärmeeffects (S. 24) überlegen wäre. Der Grund hierfür liegt in dem Umstande, dass bei allen Generatorgasen jedes Gewichts - theil Sauerstoff, welches zur Vergasung des Brennstoffs erforderlich ist, eine bestimmte Menge Stickstoff mit in das Gasgemenge führt; im Hochofen dagegen entstammt nur ein Theil des gesammten Sauerstoff - gehaltes dem zugeführten Winde, ein anderer nicht unbeträchtlicher Theil ist bei den Reductionsprocessen aus den Erzen und deshalb ohne den begleitenden Stickstoff in das Gasgemenge geführt.

Eine praktische Nutzanwendung dieses Umstandes ist bislang nicht gemacht worden, hauptsächlich wohl deshalb nicht, weil die Gichtgase auch in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung schon für die Heizung der Winderhitzer und Dampfkessel auszureichen pflegen, und ein Mehr - bedarf von Brennstoff beim Hochofenbetriebe selten vorliegt.

Ausser jenen eigentlich gasförmigen Bestandtheilen enthalten aber die Gichtgase regelmässig Wasserdampf, dessen Menge bei wasser - reichen Beschickungen ganz ansehnlich sein kann; und den schon mehrfach erwähnten Gichtstaub, welcher, wenn er in grossen Mengen auftritt, die Entzündbarkeit und Brennbarkeit der Gichtgase benach - theiligen kann. Dass derselbe bei heissem Gange und basischer Be - schickung reichlicher aufzutreten pflegt als umgekehrt, wurde schon früher erwähnt. Von der chemischen Zusammensetzung desselben wird unten die Rede sein. In 1 cbm Gas fand Stöckmann1)Die Gase des Hochofens u. s. w., S. 32. 1.7 2.1 g Staub, während der Hochofen mit Koks auf weissstrahliges Qualitäts - roheisen betrieben wurde; bei Graueisendarstellung oder Darstellung hochmanganhaltiger Legirungen wird die Menge mitunter erheblich be - trächtlicher sein.

Von der Ableitung, Reinigung und Verbrennung der Gichtgase ist schon auf S. 367 387 ausführlich die Rede gewesen, und es kann deshalb hier auf das dort Gesagte verwiesen werden.

2. Schlacken.

Die chemische Zusammensetzung der Hochofenschlacken und die Einflüsse, welche diese chemische Zusammensetzung auf die Beschaffen - heit des miterfolgenden Roheisens ausübt, wurden schon früher, theils beim Hochofenprocesse, theils auf S. 536 ff. besprochen und durch Bei - spiele erläutert.

Vergegenwärtigt man sich, dass die grössere Zahl Hochöfen an - nähernd gleiche Gewichtsmengen Roheisen und Schlacke liefern, zahl - reiche Hochöfen sogar noch mehr Schlacke als Roheisen, während das specifische Gewicht der Schlacke nur ungefähr ein Drittel so gross ist als das des Roheisens, so wird man sich sagen, dass, wenn die Schlacke nur eines einzigen grösseren Hochofens auf die Halde gestürzt werden sollte, dazu im Laufe der Zeit eine beträchtliche Grundfläche erforder -585Schlacken.lich sein würde, und Eisenwerke mit zahlreichen Hochöfen würden sehr bald vor der Unmöglichkeit stehen, ihre Schlacke in dieser Weise fernerhin unterzubringen.

Dieser Umstand allein schon ist für die Hochofenleute eine ge - nügende Veranlassung, nach irgend einer Verwendung ihrer Schlacke zu suchen; lässt sich diese Verwendung aber in einer solchen Weise erreichen, dass für den Hochofenbetrieb noch ein unmittelbarer Geld - gewinn daraus erzielt wird, so vereinigt man das Nützliche mit dem Nothwendigen und befördert das Gedeihen des Betriebes.

Die Verwendungsarten der Hochofenschlacke, welche im Laufe der Zeit entstanden, sind ziemlich mannigfaltig.

Verwendung zu Strassen - und Dammbauten.

Diese Verwendungsart ist ausserordentlich einfach; und wo die Beschaffenheit der Schlacke eine solche Verwendung ermöglicht und der Bedarf an solchem Baumaterial vorliegt, ist dieselbe sehr üblich.

Vorzugsweise eignen sich steinige, nicht allzu kalkreiche Schlacken hierfür, welche der Zersetzung unter dem Einflusse der Atmosphärilien möglichst wenig unterworfen sind. Nach der Beschaffenheit des aus - zuführenden Baues ist die Form, in welcher die Schlacke hierbei zur Verwendung kommt, verschieden. In einzelnen Fällen benutzt man ohne Weiteres die Blöcke, zu denen die Schlacke in den Schlacken - wagen (S. 513) erstarrt. Bei den Dammbauten am Teesflusse in Cleve - land stellte man in dieser Weise Blöcke mit einem Gewichte bis zu t her, welche auf dem Schlackenwagen selbst bis zum Damme eine Entfernung von ca. 10 km gefahren wurden. In jedem Falle ist ein möglichst grosser räumlicher Inhalt des Schlackenblockes, welcher die Abkühlung verzögert, wünschenswerth; je langsamer die Erkaltung vor sich geht, desto mehr verliert die Schlacke an Sprödigkeit. Aus diesem Grunde lässt man Schlacken, welche leicht spröde werden, auch wohl, statt in dem eisernen Kasten, in einer Grube, welche mit Koks - lösche ausgefüttert ist, und unter einer Decke von Schlackengrus erstarren. Die grossen Blöcke werden dann gewöhnlich zerschlagen und die er - folgenden Stücke besitzen die Festigkeit des Basalts, mitunter eine noch grössere.

Schlackensand.

Man gewinnt denselben durch Zerkleinerung der Schlacke bis zur sandigen Beschaffenheit. Der Schlackensand lässt sich zu mancherlei Zwecken vortheilhaft verwenden. Wo ein natürlich vorkommender Sand von geeigneter Beschaffenheit fehlt, benutzt man ihn als Material für Fusswege und Pflasterungen; bei der Mörtelbereitung bildet der - selbe einen vorzüglichen Zusatz zum Kalk an Stelle der sonst hierbei gebräuchlichen Zusätze; in noch anderen Fällen dient er als Material für Ziegeldarstellung nach der unten beschriebenen Methode.

Die Bereitung des Schlackensandes, d. h. die Zerkleinerung der Schlacke, wird in verschiedener Weise bewirkt.

Bei den Holzkohlenhochöfen, welche auf graues Roheisen für den unmittelbaren Guss betrieben werden, pflegt die erfolgende zähe Schlacke586Die Nebenerzeugnisse des Hochofenbetriebes und ihre Verwendung.eine nicht unbeträchtliche Menge Eisenkörner eingeschlossen zu ent - halten. Man verbindet in diesem Falle die Zerkleinerung der Schlacke mit der Aufgabe, jenes Eisen wieder zu gewinnen, und bedient sich dazu eines Pochwerkes (S. 177), welches mit einer Flutherwäsche (S. 183) verbunden ist. Die Pochsohle befindet sich zu diesem Zwecke in einem Kasten, dessen eine schmale Seite niedriger als die übrigen ist und nur etwa 10 cm oder weniger über die Pochsohle vorragt. Vor diesem Kasten befindet sich ein flaches Gerinne, welches schliesslich in einen noch etwas flacheren Graben ausmündet. Einzelne flache Quer - schwellen in dem Gerinne, in derselben Weise angeordnet wie bei den auf S. 183 beschriebenen Eisensteinswäschen, dienen zum Zurückhalten der Eisenkörnchen. Die Schlackenstücke werden, wenn sie sehr gross sind, zunächst durch Hämmer in kleinere Stücke zerschlagen und diese werden dann unter dem Pochwerke vollends zerkleint. Während des Pochens lässt man von einem höher liegenden Gerinne aus einen starken Wasserstrahl durch den Kasten des Pochwerkes fliessen, welcher alle feineren Theilchen mit fortnimmt, die gröberen Stücke aber sowie die ausgepochten Eisenkörner zurücklässt. In dem Gerinne und Graben setzt sich nun der Schlackensand ab; zunächst fallen die etwa zufällig mitgerissenen Eisenkörner nieder, dann der gröbere Sand, zuletzt der feinere, so dass man auf diese Weise auch im Stande ist, Sandsorten von verschiedener Korngrösse zu trennen.

Die ausgewaschenen Eisenkörner, welche man Wascheisen nennt, werden gesammelt und in den meisten Fällen, da sie dem Rosten stark unterworfen sind, beim Hochofen wieder aufgegeben. Auch bei kleine - ren Hochöfen ist die Menge des im Verlaufe eines Jahres erfolgenden Wascheisens oft nicht unbeträchtlich.

Schlacken, welche im dünnflüssigen Zustande aus dem Ofen kom - men und demnach höchstens Spuren eingeschlossener Eisenkörnchen enthalten können die Schlacken aller Kokshochöfen und der auf Weisseisen betriebenen Holzkohlenhochöfen pflegt man, um die Zer - kleinerung zu erleichtern, zu granuliren, d. h. durch Einleiten un - mittelbar aus der Schlackenrinne des Hochofens in bewegtes Wasser zu zertheilen. Die Schlacken nehmen dabei die Form dünner unregel - mässig geformter Blättchen oder Körnchen von einigen Millimetern Durchmesser an, welche für die meisten Zwecke schon in diesem Zu - stande benutzbar sind, jedenfalls mit Leichtigkeit eine weitere Zer - kleinerung durch Zermahlen oder dergleichen zulassen.

Das einfachste, überall anwendbare Mittel der Granulirung ist das Einleiten der Schlacke in einen aus Holz, Eisen oder Mauerung her - gestellten Behälter, in welchem ununterbrochen Wasser ein - und aus - fliesst. Das von den gekühlten Formen abfliessende Wasser lässt sich hierzu benutzen.

Wo grosse Mengen Schlacken granulirt werden, pflegt man mit dieser Vorrichtung eine andere zum Herausheben der granulirten Schlacke zu verbinden. Ein von einer Transmissionswelle aus ange - triebenes Becherwerk (Paternosterwerk, S. 57) schöpft vom Boden des Behälters ununterbrochen die Schlacke empor und schüttet sie in einen seitlich stehenden, auf Schienen laufenden Wagen. Auch weniger ein - fache Einrichtungen sind mitunter an Stelle des Paternosterwerkes587Schlacken.benutzt worden (Georgs-Marienhütte, Cleveland), haben jedoch ihrer grösseren Kostspieligkeit halber eine ausgedehntere Anwendung nicht gefunden.

Schlackenwolle.

Wenn man flüssige Hochofenschlacke einen Dampf - oder Wind - strahl passiren lässt, so wird sie in einzelne, feine Körnchen zertheilt, deren jedes einen mehr oder minder langen Schlackenfaden, wie einen Schweif, nach sich zieht. Diese Fäden bilden die Schlackenwolle.

Auch das Verfahren der Herstellung von Schlackenwolle ist dem - nach sehr einfach. Unter die Rinne, aus welcher die Schlacke in die Wagen fällt, braucht man nur ein Dampfrohr mit einer Mündung von 6 8 mm Weite zu legen, so dass die Schlacke während des Hinunter - fliessens von dem Dampfstrahle getroffen wird. Der Schlackenstrahl darf hierbei keinen grösseren Durchmesser als 10 15 mm haben. In einer dahinter stehenden, nach der Seite des Rohres zu offenen Kammer aus Eisenblech von mindestens 2 m Länge, in deren Decke eine Abzugs - öffnung für den Dampf angebracht ist, kann die Schlackenwolle gesam - melt werden. Theilt man die Kammer durch ein horizontal eingelegtes Blech in eine untere und obere Hälfte, so sammeln sich die schwereren Körnchen zu unterst, und in der oberen Abtheilung findet sich die feinere Wolle. Ein noch besseres Material als Eisenblech für die Kammer ist Drahtgewebe, an welchem die Wolle leicht haftet, und welches zu - gleich dem Dampfe den Durchgang verstattet. 1)Abbildung einer solchen aus Drahtgewebe hergestellten Kammer findet der Leser im Journal of the Iron and Steel Institute 1877. Im Uebrigen ist die Ein - richtung sehr einfach und wird kaum einer besondern Abbildung bedürfen.

Die Schlackenwolle ist ein sehr schlechter Wärmeleiter und findet deshalb vornehmlich als Verpackungsmaterial für Gegenstände Anwen - dung, welche stark erhitzt werden und vor Wärmeverlusten geschützt werden müssen, Leitungsröhren für Dampf, heissen Wind u. s. w. Eine übele Eigenschaft derselben ist jedoch ihre Zersetzbarkeit unter dem Einflusse von Feuchtigkeit und Luft. In besonders starkem Maasse sind die kalkerde - und schwefelreichen Schlacken mancher Kokshochöfen dieser Zersetzung unterworfen (hinsichtlich des chemischen Vorganges bei der Zersetzung des Schwefelcalciums vergl. S. 154). Aus der ur - sprünglich wolligen Substanz wird durch Entstehung von Carbonaten und Sulfaten des Calciums mitunter ein völlig harter, steinartiger Körper; wo schwefelreiche Schlackenwolle mit metallischem Eisen in Berührung war, entsteht Schwefeleisen, welches allmählich in Eisenvitriol umge - wandelt wird, so dass eine völlige Zerstörung des eisernen Gegen - standes die Folge davon sein kann; in bewohnten Räumen, wo man wohl Schlackenwolle als Fussbodenfüllung zu benutzen versucht hat, macht der sich entwickelnde Schwefelwasserstoff den Aufenthalt unerträglich.

Diese übelen Eigenschaften mancher Schlackenwolle machen es erklärlich, dass die Anwendung derselben, welche während der sieben - ziger Jahre eine sehr ausgedehnte geworden war, doch seitdem erheb - lich sich verringert hat. Viele Werke, welche früher grosse Mengen588Die Nebenerzeugnisse des Hochofenbetriebes und ihre Verwendung.von Schlackenwolle lieferten, haben in den letzten Jahren die Her - stellung ganz eingestellt. Vielleicht ist man, abgeschreckt durch ein - zelne Misserfolge, auch in der abfälligen Beurtheilung der Anwend - barkeit der Schlackenwolle zu weit gegangen. Schlackenwolle, aus schwefelarmer und nicht allzu kalkreicher Schlacke erzeugt, wird immer - hin ein geeignetes und billiges Material für die oben erwähnten Zwecke bleiben; denn die Wärmeleitungsfähigkeit derselben ist sehr gering. Nach Versuchen von C. E. Emery leitet die Schlackenwolle die Wärme nur so gut als atmosphärische Luft. 1)Engineering and Mining Journal, vol. XXXII, p. 219; Oesterr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1881, S. 615.

Vorzugsweise dürfte die Schlacke von Holzkohlenhochöfen wegen ihres geringeren Schwefel - und grösseren Kieselsäuregehaltes zur Dar - stellung guter Schlackenwolle sich eignen.

Schlackenziegel.

Die Herstellung von Schlackenziegeln, d. h. geformter, für bau - liche Zwecke an Stelle gewöhnlicher Thonziegel bestimmter Steine, dürfte in den meisten Fällen, wo die erforderlichen Vorrichtungen dafür einmal vorhanden sind, die lohnendste Verwendung der Hochofen - schlacken bilden, sofern nicht eben örtliche Verhältnisse, z. B. ein aus - nahmsweise niedriger Preis anderer Bausteine, der Verwendung der Ziegel hinderlich sind.

Die Methoden zur Herstellung derselben sind verschieden. Schein - bar am einfachsten würde man, wie es auch vielfach versucht worden ist, Ziegel durch Eingiessen der flüssigen Schlacke in Formen erhalten. Hierbei kommt aber in Betracht, dass die Schlacke, wie schon oben hervorgehoben wurde, um so spröder wird, je rascher man sie abkühlt. Auch wenn man den einzelnen Ziegeln die zehnfache Grösse eines gewöhnlichen Thonziegels geben wollte, würde doch sehr leicht ein Zer - springen derselben eintreten. Zur Vermeidung dieses Uebelstandes hat man bisweilen die glühenden geformten Steine in Temperöfen gebracht, in welchen sie nun, wie Glaswaaren, einer ganz allmählichen Abküh - lung während einiger Tage unterworfen werden. Hierdurch aber wird nicht unerheblich die Herstellung vertheuert.

Auf anderen Eisenwerken mischt man, um das Zerspringen der Steine zu verhüten, die noch flüssige Schlacke mit Körpern, welche ähnlich wie die sogenannten Magerungsmittel bei der Verarbeitung des Thones wirken: Koks - oder Holzkohlenlösche, grobe Quarzkörner, Ziegel - stücke oder dergleichen. Diese Körper nehmen, wie sich von selbst versteht, innerhalb der Form einen gewissen Raum ein, verringern also die Menge der reinen Schlacke, welche zur Ausfüllung der Form nothwendig ist und führen dadurch die Schwindung beim Abkühlen auf ein geringeres Maass zurück; sie verringern aber auch unmittelbar die grosse Sprödigkeit des Schlackenkörpers, indem sie als eingelagerte feste Körper das Material gewissermaassen auflockern, den Molekülen des - selben eine gewisse Beweglichkeit ertheilend, welche die Entstehung von Sprüngen abmindert und die Ausdehnung der entstandenen Risse589Schlacken.auf ein kürzeres Maass zurückführt. Das Einmischen jener Körper geschieht am besten mit Hilfe einer Schaufel in der Schlackenrinne, durch welche die Schlacke in die Gussform einläuft. Letztere wird aus vier gusseisernen Seitenplatten hergestellt, welche sich leicht aus ein - ander nehmen lassen, auf einer gusseisernen Bodenplatte aufstehen und durch einen aufgelegten Deckel, der nach Bedürfniss durch Gewichts - stücke beschwert werden kann, geschlossen werden. Auch bei dieser Methode ist eine möglichst langsame Abkühlung des Schlackensteines von Vortheil.

Sehr kieselsäurereiche Schlacken mancher Holzkohlenhochöfen, welche überhaupt nicht dünn fliessen, dagegen vor der völligen Erstar - rung einen weichen, bildsamen Zustand durchlaufen (saigere Schlacken) gestatten eine derartige Verarbeitung nicht. In folgender Weise jedoch lassen sich auch aus diesen brauchbare Ziegel herstellen. Die halb - flüssige Schlacke wird, wenn sie mit der Schaufel aus dem Herde des Ofens entfernt ist, auf einer eisernen, als Bodenbelag dienenden Platte oberflächlich abgekühlt, so dass ein formloser Schlackenkuchen entsteht, der zwar noch bildsam, äusserlich aber doch schon halb erstarrt ist. In diesem Zustande knetet man nun die Schlacke mit der Schaufel und unter Benutzung einer hölzernen Stange in die bereit stehende, aus vier gusseisernen Seitenplatten auf gusseiserner Bodenplatte bestehende Form, indem man Vorsorge trifft, dass die schon am meisten abgekühlten Stellen des Schlackenklumpens in die Mitte der Form gedrückt werden, die heisseren Theile an die Wände kommen. Solcherart erzielt man eine gleichmässigere Abkühlung und vermeidet das Zerspringen. Der - artige Ziegel besitzen, für Wohngebäude, Fabrikräume und dergleichen benutzt, eine völlig ausreichende Haltbarkeit; im Freien aber der Ein - wirkung starken Frostes ausgesetzt, ehe sie eingemauert wurden, zer - springen sie leicht und müssen deshalb möglichst bald verwendet werden.

In allen den bisher besprochenen Fällen empfiehlt es sich, für die Schlackenziegel ein grösseres Format als für gewöhnliche Ziegel zu nehmen. Theils verzögert man dadurch die Abkühlung, theils spart man bei der Verwendung Arbeit und Mörtel. Damit aber die Mög - lichkeit nicht ausgeschlossen sei, gewöhnliche Ziegelsteine neben den Schlackenziegeln und in Verband mit denselben zu verwenden, wie es in Rücksicht auf die grössere Sprödigkeit der Schlackenziegel an ein - zelnen, der Beschädigung vorzugsweise unterworfenen Stellen der Ge - bäude (Ecken, Thür - und Fensteröffnungen u. s. w.) zweckmässig sein kann, empfiehlt es sich, das Format der Schlackenziegel so zu wählen, dass jede einzelne Abmessung derselben in einem einfachen Verhältnisse (doppelt, dreifach, vierfach) zu der betreffenden Abmessung des üblichen Ziegelformates incl. der Mörtelfuge steht.

Für die kalkreichen Schlacken vieler Kokshochöfen ist das nach - stehend beschriebene Verfahren zur Anfertigung von Schlackenziegeln entschieden das vollkommenste. Dasselbe ist zwar nicht ganz so ein - fach als die früher besprochene Methode, zeichnet sich aber durch Gleichmässigkeit und Güte der erfolgenden Ziegel wesentlich vor der - selben aus. Dieses Verfahren wurde im Anfange der sechziger Jahre590Die Nebenerzeugnisse des Hochofenbetriebes und ihre Verwendung.zuerst durch Lürmann auf der Georgs-Marienhütte bei Osnabrück ausgebildet; später entstand zur umfangreicheren Ausbeutung desselben eine grössere Fabrik in Osnabrück, welche das Material für die Ziegel - darstellung von den Georgs-Marienhütter Hochöfen bezog, und seitdem ist die Methode bei zahlreichen anderen Hochofenwerken zur Anwen - dung gekommen, so z. B. in besonders grossartigem Maassstabe in Cleveland.

Die Schlacke, welche zu dieser Art der Schlackenziegeldarstellung bestimmt ist, wird zunächst in der oben beschriebenen Weise durch Granulirung in Schlackensand verwandelt. Dieser Schlackensand dient ohne Weiteres als Material für Herstellung gewöhnlicher Mauerziegel; für Ziegel jedoch, von denen ein sehr vollendetes Aeussere verlangt wird, wird derselbe fein gemahlen. Alsdann mischt man ihn im noch feuchten Zustande mit gebranntem, ungelöschtem Kalke in einem Ver - hältnisse, welches theils von der chemischen Zusammensetzung, ins - besondere dem Kalkerdegehalte, theils auch von den Ansprüchen ab - hängt, welche an die Festigkeit des fertigen Steines gestellt werden. Englische Ziegel, nach dieser Methode hergestellt, enthielten ca. 30 Proc. Kalkerde, 25 Proc. Kieselsäure, 22 Proc. Thonerde, 10 Proc. Wasser, übrigens Magnesia, Eisenoxyd u. s. w.1)Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1880, S. 361., in keinem Falle wird also bei Verwendung basischer Schlacken der erforderliche Zusatz sehr be - deutend sein. In England mischt man dem Kalke eine kleine Menge Gyps und Eisenoxyd bei und gebraucht von dieser Mischung etwa 3 kg zu 1000 Stück Ziegeln gewöhnlichen Formats.

Ein Zusatz von Wasser ist nicht erforderlich, da die granulirte Schlacke mehr Wasser mitzubringen pflegt, als für die Bindung noth - wendig ist.

Jene Mischung von Kalk und Schlacke kommt nun in eine guss - eiserne, mit Stahlplatten ausgelegte Form, welche die Abmessungen des herzustellenden Ziegels besitzt, und wird in derselben einem kräftigen Drucke ausgesetzt. Für den Betrieb dieser Presse pflegt Dampfkraft oder hydraulischer Druck benutzt zu werden, da Handarbeit nicht im Stande ist, den zur Erzielung grosser Festigkeit erforderlichen Druck hervorzubringen. Bei einer von Wood construirten Maschine für Schlackenziegel2)Abgebildet im Journal of the Iron and Steel Institute 1877; ferner Kerpely, Fortschritte der Eisenhüttentechnik, Jahrg. 15, Taf. V. wird durch zwei in einem oberen Stockwerke mündende Trichter Kalk und Schlacke in regulirbarem Strome in einen darunter befindlichen Mischapparat mit umlaufenden Messern geführt, in welchem die Masse durchgearbeitet wird, um dann aus einer unten befindlichen Oeffnung nach den Formen hin auszutreten. Von diesen sind sechs in einer drehbaren Tischplatte angeordnet, von welchen jedesmal zwei gleichzeitig gefüllt, zwei gepresst und zwei entleert werden, worauf eine entsprechende Drehung des Tisches erfolgt. Die Formen sind rahmenartig mit eingelegter Bodenplatte gestaltet. Unter die Boden - platte drückt, sobald die Form an der betreffenden Stelle angelangt ist, ein vermittelst eines Daumens in senkrechter Richtung bewegter Stahl - kolben; von oben her ist die Form in dieser Stellung durch einen591Schlacken.Deckel geschlossen, welcher an einem mit Gegengewicht belasteten Hebel befestigt ist. Durch stärkere oder geringere Belastung des Hebels lässt sich der Druck entsprechend der Grösse des Ziegels reguliren, und man vermeidet Beschädigungen der Maschine durch übermässigen Druck in dem Falle, dass die Form zu stark gefüllt sein sollte.

In der folgenden Stellung des Tisches werden die gepressten Ziegel durch einen andern Kolben aus der Form nach oben herausgedrückt und dann abgehoben, um unter einem Bretterdache der Erhärtung unter dem Einflusse der Luft ausgesetzt zu werden. Nach 6 8 Tagen bringt man sie ins Freie, um für neu gefertigte Ziegel Platz zu machen und nach 5 6 Wochen sind die Ziegel steinhart, für den Gebrauch fertig.

Eine Maschine, wie oben beschrieben, mit zwei Stempeln vermag täglich 10000 Stück Ziegel zu liefern.

Vor den gebrannten Thonziegeln besitzen die nach dieser Methode gefertigten Schlackenziegel mancherlei Vorzüge. Die aus granulirter (nicht gemahlener) Schlacke hergestellten Ziegel sind leichter als Thon - ziegel bei mindestens gleicher Festigkeit; die aus granulirter und ge - mahlener Schlacke hergestellten sind zwar ebenso schwer als gebrannte Thonziegel, aber fester. Versuche, in der Königl. Gewerbeakademie mit verschiedenen Ziegeln angestellt, ergaben als Bruchbelastung per qcm:

Dagegen besassen Schlackenziegel, die mit der Handpresse ge - fertigt waren, nur eine Festigkeit von 31 kg beim Beginne des Reissens und 32.1 kg bei völliger Zerstörung.

Mit dem Alter der Schlackenziegel wächst ihre Festigkeit ebenso wie diejenige ähnlicher Körper (Mörtel).

Die Porosität und Permeabilität der Schlackenziegel ist nach Ver - suchen von Prof. Pettenkofer grösser als die der Thonziegel, ein Umstand, welcher hinsichtlich ihrer Verwendung für Wohngebäude nicht unwichtig ist. Unter gleichem Drucke liessen trockene Schlacken - ziegel die vier - bis fünffache Menge Luft hindurch als Thonziegel. 1)Zeitschr. des Vereins deutsch. Ingenieure, Bd. 19, S. 186.

Für gewöhnliche Verwendungen pflegt man den gepressten Schlacken - ziegeln das übliche Ziegelformat zu geben. Allzu grosse Steine würden schwieriger eine gleichmässige Pressung erhalten. Ausser den gewöhn - lichen Mauerziegeln lassen sich jedoch unter Anwendung der betreffen - den Formen auch zahlreiche andere Gegenstände, sogenannte Façon - steine, fertigen.

592Die Nebenerzeugnisse des Hochofenbetriebes und ihre Verwendung.

Darstellung von Cement (hydraulischem Mörtel).

Schon oben wurde erwähnt, dass Schlackensand, durch Granu - lirung hergestellt, ein vortreffliches Material als Zusatz bei der Mörtel - bereitung an Stelle anderer für diesen Zweck benutzter Körper bilde. Man mischt den gelöschten Kalk mit drei bis fünf Theilen Schlacken - sand, und ein derartiger Mörtel besitzt häufig bei entsprechender Be - schaffenheit der Schlacke, wenn auch vielleicht nicht immer, hydrau - lische Eigenschaften, d. h. die Fähigkeit auch unter Wasser zu erhärten. Versuche, welche über die Zerdrückungsfestigkeit gewöhnlichen, d. h. mit scharfem Mauersande beziehentlich Mauersande und rheinischem Trass zubereiteten Mörtels, und Schlackenmörtels angestellt wurden, ergaben, dass die Festigkeit des letzteren beim Erhärten an der Luft 9 16 mal so gross als die des nur mit Mauersand bereiteten Mörtels, doppelt bis dreifach so gross als die des mit Mauersand und rheinischem Trass bereiteten Mörtels war, während beim Erhärten in feuchtem Erdreich die Festigkeit des Schlackenmörtels doppelt bis vierfach so gross war als bei Zusatz von rheinischem Trass und Mauersand. Der Festigkeit des Portlandcements aber stand in beiden Fällen die Festigkeit des Schlackenmörtels erheblich nach (Verhältniss 1: 2 1: 3). 1)Zeitschr. d. Ingenieur - und Architecten-Vereins für das Königreich Hannover, Bd. XIII (1867), S. 303.

Dass übrigens auch Portlandcement, wenn er mit Schlackensand statt mit anderen sonst üblichen Körpern gemischt wird, sich ent - schieden günstiger verhalten müsse, unterliegt keinem Zweifel; haben doch sogar einzelne Cementfabrikanten den gebrannten Cement schon in Vermischung mit Schlackensand in den Handel gebracht. 2)Ludw. Roth, Der Bauxit u. s. w. Vergl. Literatur.Ein dem Port - landcement gleichwerthiges Baumaterial lässt sich aus Hochofenschlacke nur darstellen, wenn man unter Beachtung der chemischen Zusammen - setzung der Schlacke sie mit Zusätzen versieht, und das Gemisch in einer Weise zubereitet, dass auch die Zusammensetzung mit derjenigen des Portlandcementes übereinstimmt. Letzterer enthält:

  • Kalkerde55 63, durchschnittlich 60 Proc.
  • Thonerde6 10, 7,5
  • Kieselsäure22 26, 24
  • Daneben kleine Mengen Eisenoxyd, Alkalien u. s. w.

In allen Fällen wird also für jenen Zweck eine Anreicherung des Kalkerdegehaltes der Schlacke, in den meisten Fällen auch eine An - reicherung des Thonerdegehaltes erforderlich sein. Ein einfaches Mischen der Körper aber würde kaum den Zweck vollständig erreichen lassen; vollständiger führt ein Brennen des Gemisches zum Ziel. Als Material zur Anreicherung des Thonerdegehaltes empfiehlt Roth (vergl. dessen unter Literatur erwähnte Schrift) den Bauxit, ein Mineral, dessen durch - schnittliche Zusammensetzung bereits auf S. 137 angegeben ist. Sämmt - liche erforderliche Materialien, also Hochofenschlacke, Bauxit und Kalk - stein beziehentlich gebrannter Kalk, werden im fein gemahlenen Zu - stande in solchen Verhältnissen gemischt, dass die Zusammensetzung593Schlacken. Zinkschwamm.der Mischung nach dem Brennen derjenigen des Portlandcementes ent - spricht, dann zu Ziegeln geformt und ebenso wie der Portlandcement gebrannt. Durch den Wassergehalt des Bauxits soll beim Glühen eine Zersetzung des Schwefelcalciumgehaltes der Schlacke unter Schwefel - wasserstoffentwickelung herbeigeführt werden, ein Vorgang, welcher den Werth des Enderzeugnisses nicht unerheblich erhöhen würde.

Sehr thonerdereiche Schlacken, z. B. diejenigen englischer Hoch - öfen (vergl. die Analysen auf S. 538), bedürfen eines thonerdehaltigen Zuschlages überhaupt nicht; man mischt sie mit pulverisirtem Kalk - stein und brennt sie. Die Festigkeit des daraus dargestellten Cements soll diejenige gewöhnlichen Portlandcements noch übertreffen. 1)Zeitschr. d. berg - u. hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1880, S. 25.

Glasdarstellung.

Bei der grossen Aehnlichkeit, welche die Zusammensetzung mancher für gewöhnliche Zwecke benutzten Gläser, insbesondere des sogenannten Flaschenglases, mit der Zusammensetzung der Hochofenschlacken be - sitzt, liegt der Gedanke nahe, die letzteren unter Anwendung ent - sprechender Zusätze für die Glasdarstellung zu verwenden. Nach Britten2)Zeitschr. d. berg - u. hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1877, S. 407. ist die Zusammensetzung des Flaschenglases ungefähr folgende:

  • Kieselsäure45 60 Proc.
  • Kalkerde18 28
  • Magnesia0 7
  • Thonerde6 12
  • Alkali2 7
  • Eisenoxydul2 6

und es wird deshalb oft nur geringer, vorwiegend kieselsäurehaltiger, Zusätze zur Hochofenschlacke bedürfen, um eine gleiche Zusammen - setzung zu erzielen; ja, manche Holzkohlenhochofenschlacken stimmen in ihrer Zusammensetzung schon ziemlich genau mit jener überein und erstarren in dünneren Querschnitten thatsächlich mit allen Merk - malen grünlichen Glases. Die Hochöfen zu Finedon in Northamton - shire liefern für mehrere Glasfabriken das Material, welches aus einer Schlacke mit 38 Proc. Kieselsäure besteht. In dem Schmelzherde der Glasfabrik wird die Schlacke mit Alkalien und Sand, färbenden und entfärbenden Materialien, je nach Beschaffenheit des herzustellenden Glases, versetzt.

3. Zinkschwamm.

Der Entstehung dieses, auch Gichtschwamm oder Ofenbruch genannten Körpers wurde bereits bei Besprechung des Hochofenpro - cesses mehrfach gedacht. Sie beruht auf der Reduction und Verflüch - tigung von Zink in dem unteren Theile des Hochofens, welches dann bei seinem Aufsteigen durch den an Kohlensäure und Wasserdampf immer mehr sich anreichernden Gasstrom allmählich wieder oxydirt wird und nun in einer gewissen Entfernung unterhalb der GichtLedebur, Handbuch. 38594Die Nebenerzeugnisse des Hochofenbetriebes und ihre Verwendung.sich ringsum an den Wänden festsetzt, hier einen Ring bildend, dessen Stärke mehr und mehr zunimmt. Bricht man den Zinkschwamm los, so findet man einen Körper von graugrüner Farbe und schiefrigem Gefüge, dessen Spaltungsflächen parallel den Ofenwänden liegen. Die Analyse zeigt vorwiegend Zinkoxyd; daneben Eisenoxydul, mitunter etwas metallisches Blei und mechanisch eingemengten Sand. Ebelmen fand in einem Zinkschwamme vom Hochofen zu Treveray Zinkoxyd 91.6 Proc., Eisenoxydul 3 Proc., Bleioxyd 1.6 Proc., Schwefelblei 1.6 Proc., metallisches Blei 1.4 Proc., Sand 0.8 Proc. 1)Trav. Scient. I, p. 304; Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 760.

Die Stelle, wo im Hochofen der Gichtschwamm gefunden wird, ist von der Höhe des Ofens und Gichttemperatur abhängig und befindet sich meistens 1 2 m unterhalb der Gicht.

Damit nicht durch den angesetzten Zinkschwamm der Ofenquer - schnitt allzu sehr verengt werde, und hauptsächlich auch, damit nicht grössere Mengen des Zinkschwammes sich von selbst ablösen, mit der Beschickung nach unten gehen und nachtheilig auf den Ofengang und die Roheisenbeschaffenheit einwirken, ist es bei Oefen, welche zink - reiche Erze verarbeiten, nothwendig, von Zeit zu Zeit den Zinkschwamm loszubrechen und durch die Gicht aus dem Ofen zu entfernen. Das hierbei angewendete Verfahren wurde schon auf S. 520 beschrieben.

Der Zinkschwamm wird an die Zinkhütten zur Verarbeitung auf metallisches Zink geliefert. Im Jahre 1881 wurden von 31 im Betriebe befindlichen oberschlesischen Hochöfen 1580 t Zinkschwamm geliefert; jedenfalls ist der Erfolg bei einzelnen Oefen erheblich grösser als der Durchschnittsziffer (51 t) entsprechen würde.

4. Blei.

Des Verfahrens, mittelst dessen bei Hochöfen, welche bleiische Erze verhütten, das Blei gewonnen werden kann, wurde bereits mehrfach gedacht (S. 351); auch dass dieses Blei silberhaltig zu sein pflegt, wurde erwähnt. Im Jahre 1881 erfolgte in den Hochöfen Oberschlesiens 1832 t silberhaltiges Blei; die Hubertushütte allein lieferte per Hoch - ofen 177 t.

5. Gichtstaub.

An den kälteren Theilen der Gicht, in den Gasleitungsröhren, in den Winderhitzungsapparaten, in den Zügen der Dampfkesselöfen setzt sich ein weisslicher oder gelblicher, staubförmiger Beschlag ab, welcher aus mechanisch mitgerissenen, theilweise ursprünglich flüchtigen Körper - chen besteht. Manche dieser Körperchen waren zweifellos in anderer Form in dem Gasstrome enthalten, als sie in dem abgelagerten Staube gefunden werden und wurden erst durch Oxydation oder sonstige chemische Einwirkungen umgewandelt.

Nicht nur die Menge dieses Staubes sondern auch seine chemische Zusammensetzung ist bei verschiedenen Hochöfen sehr verschieden. Regelmässig enthält derselbe Kieselsäure, welche vermuthlich zum Theil595Gichtstaub. Zufällige Nebenerzeugnisse.ohne Weiteres aus mitgerissenem Erzstaube stammt, zum anderen Theile aber auch durch Oxydation flüchtiger Siliciumverbindungen entstanden sein dürfte; ebenso regelmässig finden sich Alkalien, theils als Cyanide, theils als Chloride, als Sulfate oder als Carbonate, letztere höchstwahrscheinlich durch Zersetzung von Cyaniden entstanden, wäh - rend Sulfate aus der Umwandlung von Sulfiden hervorgegangen sein dürften; Eisenoxyd, Kalkerde, Magnesia sind ebenfalls regelmässig vor - kommende Bestandtheile und dürften zum grössten Theil einfach mit - gerissen sein1)Eisenoxyd kann auch durch Umwandlung verflüchtigten Eisenchlorids ent - stehen.; bei Hochöfen aber, welche zinkische Erze verarbeiten, pflegt sich auch in dem Gichtstaube ein beträchtlicher Zinkoxydgehalt und bei bleiischen Erzen ein Bleioxydgehalt vorzufinden.

Beispiele der Zusammensetzung solchen Gichtstaubes oder Gicht - rauches sind folgende:

Sofern der Gichtstaub reich genug an Zink oder Blei ist, um eine Verarbeitung auf diese Metalle lohnend erscheinen zu lassen, wird er gesammelt und an die Zink - oder Bleihütten geliefert; im anderen Falle pflegt er als werthlos auf die Halde gefahren zu werden. Die im Betriebe gewesenen 31 oberschlesischen Hochöfen lieferten im Jahre 1881 6286 t Zinkstaub ab, per Ofen durchschnittlich 202 t.

6. Zufällige Nebenerzeugnisse.

Solche zufällige Nebenerzeugnisse, welche zwar eine praktische Bedeutung nicht besitzen, wohl aber manche interessanten Streiflichter auf die Eigenthümlichkeiten des Hochofenprocesses zu werfen im Stande sind, finden sich ziemlich häufig. Besonders reich an denselben pflegt die nach dem Ausblasen des Hochofens im Herde zurückbleibende so - genannte Ofensau zu sein. Schon das Eisen dieser Sau an und für sich zeigt infolge der sehr langsamen Abkühlung, welcher es unter - worfen war, manches Bemerkenswerthe. Gewöhnlich ist es kohlenstoff - arm, schmiedeeisenartig, mit grobblättrigem Gefüge. An anderen Stellen,38*596Die Nebenerzeugnisse des Hochofenbetriebes und ihre Verwendung.besonders da, wo ein kohlenstoffreicheres Eisen mit kieselsäurereichen Theilen der Gestellwände in Berührung war und sehr langsam erstarrte, finden sich mitunter Stücke, deren Gefüge an das des Spiegeleisens erinnert, die jedoch mit Graphit bedeckt sind und deren Analyse einen nur geringen Kohlenstoffgehalt ( Proc.) bei hohem Silicium - gehalt (3 4 Proc.) erkennen lässt. Diese Ofensau enthält auch jene auf S. 265 erwähnten rothen Würfel von Cyan-Stickstofftitan, die man in alter Zeit für metallisches Kupfer, später für metallisches Titan hielt, bis Wöhler ihre Zusammensetzung ermittelte. Sie lassen sich von dem Eisen, welches von ihnen durchwachsen ist, trennen und in oft grosser Menge sammeln, wenn man das Eisen in Salzsäure auflöst.

Mitunter findet sich an einzelnen Stellen des ausgeblasenen Hoch - ofens haarförmig oder nadelförmig krystallisirte Kieselsäure, vermuth - lich durch Zersetzung von Siliciumsulfid (S. 243) entstanden. Häufig sind auch zinkische Verbindungen mit Kieselsäure, in Nadeln krystalli - sirt, theils zwischen den Fugen der Gestellwände, theils als Ueberzug derselben, theils in der Ofensau auftretend.

Zu den zufälligen Nebenerzeugnissen des Hochofenbetriebes kann auch Cyankalium gerechnet werden, welches zwar regelmässig in den Oefen gebildet wird und beim Aufsteigen mit dem Gasstrome zum grossen Theile wieder zerfällt, mitunter aber auch an absonderlichen Stellen des Ofens sich sammelt. In einer vermauerten Formöffnung des Hörder Hochofens fand sich ein weisses Salz, welches nach meiner Untersuchung 34 Proc. Kaliumcarbonat, höchstwahrscheinlich aus der Zersetzung von Cyankalium hervorgegangen, 9 Proc. Chlorkalium, 27 Proc. Zinkoxyd, übrigens Eisen, Mangan, Kalkerde u. s. w. enthielt. Bei dem Holzkohlenhochofen zu Mariazell sammelte sich in den vierziger Jahren Cyankalium in solcher Menge an der Aussenseite einer in der Brust angebrachten Oeffnung eines sogenannten Lichtloches, aus welchem man während der Nacht eine Flamme zur Beleuchtung der Hütte aus - treten liess , dass es gesammelt und zu galvanischen Arbeiten ver - wendet werden konnte. 1)Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 47 (1843), S. 150; Percy-Wed - ding, Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 261.Auch in den Gasleitungsröhren dieses Hoch - ofens wurde Cyankalium in reichlicher Menge gefunden.

Literatur.

A. Einzelne Werke.

  • Percy-Wedding, Handbuch der Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 741 (Schlacken), 756 (Nebenerzeugnisse).
  • C. Stöckmann, Die Gase des Hochofens und der Siemens-Generatoren. Ruhrort 1876.
  • L. Roth, Der Bauxit und seine Verwendung zur Herstellung von Ce - ment aus Hochofenschlacke. Wetzlar 1882.

B. Abhandlungen.

  • F. Lürmann, Ueber Hochofenschlacken und deren Verwendung. Ztschr. des Architecten - und Ingenieur-Vereins für Hannover, Bd. XIII, S. 297; Ztschr. des Vereins deutsch. Ing., Bd. XII, S. 32.
597Literatur.
  • F. Lürmann, Ueber die Fortschritte der Schlackenziegelfabrikation in Osnabrück und über andere Schlackenpräparate. Ztschr. d. Vereins deutsch. Ing., Bd. XIX (1875), S. 185; Polyt. Centralbl. 1875, S. 695.
  • E. Paschen, Ueber Ausnutzung der Hochofenschlacken durch Granu - lation. Ztschr. d. Ver. deutsch. Ing., Bd. XVIII (1874), S. 321.
  • Schmidhammer, Vorrichtung zur Granulation der Hochofenschlacken mittelst Wasserstromes. Rittinger Erfahrungen 1868, S. 19; Berg - und hüttenm. Ztg. 1870, S. 59.
  • Ch. Wood, The utilization of slag. The Journal of the Iron and Steel Inst. 1873, p. 186.
  • Ch. Wood, On the progress of the slag industries during the last four years. The Journal of the Iron and Steel Institute 1877, II, p. 443; Dingler’s Polytechn. Journ., Bd. 230, S. 440.
  • P. Tunner, Der Fortschritt der Schlackenindustrie während der letzten vier Jahre. Ztschr. des berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1877, S. 404.
  • Ueber Verwendungsarten der Schlacken in Grossbritannien. Ztschr. d. berg - u. hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1880, S. 353.
  • Chr. Meinecke, Chlorverbindungen im Hochofen. Berg - und hüttenm. Ztg. 1875, S. 47.
  • G. Williger, Bleigewinnung im Hochofen. Berg - u. hüttenm. Ztg. 1882, S. 81.

VIII. Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.

1. Allgemeines.

Nur in verhältnissmässig seltenen Fällen schliesst sich die weitere Verarbeitung des Roheisens, sie möge nun die Darstellung von Ge - brauchsgegenständen durch Giessen des flüssigen Roheisens in Formen bezwecken (Eisengiesserei) oder eine Umwandlung des Roheisens in schmiedbares Eisen durch irgend einen der in der dritten Abtheilung dieses Buches beschriebenen Frischprocesse bewirken, unmittelbar an die Darstellung desselben im Hochofen an. Obgleich diese weitere Ver - arbeitung fast ausnahmslos im flüssigen Zustande des Roheisens ge - schieht, und man demnach bei unmittelbarer Aufeinanderfolge der Dar - stellung und Verarbeitung die Kosten für die abermalige Verflüssigung das Umschmelzen des Roheisens ersparen würde, so entspricht doch weder die Menge des bei einem vorhandenen Hochofenbetriebe erfolgenden Roheisens noch die Qualität desselben (welche nach Früherem auch bei einem und demselben Hochofen einem öfteren unbeabsichtigten Wechsel unterworfen ist) immer genau den Ansprüchen, welche der Verarbeitungsprocess stellt. Häufig gattirt man für den letzteren mehrere Roheisensorten, um sie gemeinschaftlich zu schmelzen und hierdurch ein Material zu erlangen, welches besser als die einzelne Sorte den Eigenthümlichkeiten des betreffenden Processes entspricht; häufig auch würden örtliche Verhältnisse es nicht einmal gestatten, die Anlagen598Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.für die Darstellung und Verarbeitung des Roheisens einander so nahe zu bringen, dass jene unmittelbare Aufeinanderfolge beider Processe überhaupt stattfinden kann.

Es sind also Schmelzöfen erforderlich, in welchen die abermalige Verflüssigung des Roheisens bewirkt wird. Wo eine Umwandlung des Roheisens in schmiedbares Eisen der Zweck der Verarbeitung ist, benutzt man mitunter den nämlichen Ofen, in welchem diese Arbeit vor - genommen wird, auch zum vorausgehenden Schmelzen des Roheisens; die Einrichtung dieser Oefen wird demgemäss in Abtheilung III Be - sprechung finden. In anderen Fällen dagegen benutzt man für das Umschmelzen des Roheisens besondere Oefen, deren einziger Zweck eben dieses Umschmelzen ist; das Roheisen geht wiederum als solches aus dem Ofen hervor, um dann erst weiter verarbeitet zu werden, sei es durch Eingiessen in Formen zu Eisengusswaaren, sei es durch einen Frischprocess in einem besonderen Apparate zu schmiedbarem Eisen.

Auch bei diesem Umschmelzen lässt sich jedoch eine chemische Beeinflussung des Roheisens nicht ganz vermeiden. Am geringsten würde dieselbe ausfallen, wenn man das Roheisen entweder, wie im Hochofen, in einer kohlenoxydreichen Gasatmosphäre schmelzen, oder wenn man es durch Einschliessen in einen schützenden Tiegel vor der Berührung mit den Verbrennungsgasen aus dem Brennstoffe schützen wollte. In Rücksicht auf die ungleich ungünstigere Wärmeleistung der Brennstoffe bei der Verbrennung des Kohlenstoffs zu Kohlenoxyd statt zu Kohlensäure (S. 20) lässt sich ersteres Mittel nicht ohne einen be - deutenden Mehrverbrauch an Brennstoff anwenden; noch ungünstiger wird dieser Brennstoffverbrauch beim Tiegelschmelzen, wo mehrere Um - stände zusammenkommen, um die Wärmeausnutzung auf ein sehr ge - ringes Maass herabzudrücken.

Nur in seltenen Fällen, und zwar nur dann, wenn eine möglichste Einschränkung jeder Aenderung der chemischen Zusammensetzung des Roheisens Bedingung für das Gelingen des betreffenden Processes und die Menge des zu schmelzenden Roheisens nicht beträchtlich ist, wird man das Tiegelschmelzen benutzen, dessen Kosten noch obenein durch den Verbrauch an Tiegeln beträchtlich gesteigert werden. Auch beim Schmelzen ohne Tiegel (in Schacht - oder Herdflammöfen) wird man meistens als erstes Ziel eine thunlichste Einschränkung des Brennstoff - verbrauches ins Auge fassen; und dieses Ziel wird sich um so eher erreichen lassen, je vollständiger der Brennstoff in dem Schmelzofen zu Kohlensäure und Wasser verbrannt wird.

Bei einem derartigen Schmelzen in oxydirender Atmosphäre ist nun freilich eine theilweise Oxydation der Bestandtheile des Roheisens unvermeidlich; dieselbe wird um so weniger bedeutend sein, je rascher der Schmelzprocess verläuft, je rascher also das Roheisen den Ein - wirkungen desselben entzogen wird. Einer etwaigen Benachtheiligung der Verwendbarkeit des Roheisens für diesen oder jenen Zweck durch jene Verringerung einzelner Bestandtheile lässt sich entgegen wirken, indem man von vorn herein ein Roheisen zum Einschmelzen verwendet, welches einen entsprechenden Ueberschuss der austretenden Körper enthält.

599Allgemeines.

Von diesem einfachen Mittel wird z. B. in den Eisengiessereien täglich ein ausgiebiger Gebrauch gemacht. Für die meisten Gusswaaren ist ein mässig graphitreiches und wegen seines Graphitgehaltes durch schneidende Werkzeuge (Meissel, Drehstahl u. s. w.) leicht bearbeit - bares Roheisen erforderlich. Da der Graphitgehalt nur bei einem ge - wissen Siliciumgehalte bestehen kann, dieser aber beim Umschmelzen sich zu verringern pflegt, so wird das Roheisen beim Umschmelzen auch graphitärmer, und ein Material, welches an und für sich gut brauchbar für einen bestimmten Zweck wäre, würde an Brauchbarkeit verlieren, wenn es zuvor umgeschmolzen werden müsste. Ein mehrmals wiederholtes Umschmelzen würde schliesslich eine Umwandlung des grauen Roheisens in weisses, silicium - und kohlenstoffarmes Eisen her - beiführen. Man schmilzt also ein an Silicium um so viel reicheres Roheisen ein, als dem Siliciumverluste beim Umschmelzen entspricht. Nun aber ist man vielfach gezwungen, auch ein siliciumärmeres Material, insbesondere ein schon umgeschmolzenes Roheisen Abfälle in der Giesserei, Ausschussgussstücke und dergleichen mit aufzuarbeiten; und gerade für diesen Fall gelangt nun der Werth jenes früher be - sprochenen silicium - und graphitreichen Roheisens Nr. I (S. 305) zur Geltung, durch dessen Zusatz der fehlende Siliciumgehalt wieder gedeckt wird, und welches deshalb ein unentbehrliches Material in allen den Eisengiessereien bildet, wo man das Roheisen in eigenen Schmelzöfen umschmelzt.

Ebenso wie in der Giesserei verfährt man beim Umschmelzen des Roheisens für andere Processe, bei denen eine bestimmte Zusammen - setzung des geschmolzenen Materials erforderlich ist (Bessemerprocess).

Das Maass der Aenderungen, welche das Roheisen beim Um - schmelzen erfährt, d. h. die Gesammtmenge der ausscheidenden Bestand - theile, hängt von der Einrichtung des Schmelzofens, der Beschaffen - heit des Brennstoffs, der Zeitdauer des Schmelzens ab; die Reihenfolge aber, in welcher die Körper austreten, ist theils durch die Zusammen - setzung des verwendeten Roheisens, theils durch die Temperatur beim Umschmelzen, theils auch durch die Beschaffenheit der Ofenbaumate - rialien, sowie etwa absichtlich zugesetzter schlackenbildender Körper bedingt.

In je grösseren Mengen ein Bestandtheil im Roheisen gegenwärtig ist, desto leichter wird er, auch wenn er an und für sich schwieriger oxydirbar sein sollte als mancher andere anwesende Bestandtheil, von der Oxydationswirkung betroffen; je unbedeutender seine Menge, je stärker verdünnt er also im Roheisen zugegen ist, desto stärker wird er durch die übrigen Bestandtheile geschützt. Hieraus erklärt es sich z. B., dass von dem Eisengehalte des Roheisens beim Umschmelzen stets ein gewisser Theil oxydirt wird, lange bevor die anwesenden leichter oxydirbaren Körper Mangan, Silicium, Kohle vollständig ausgeschieden sind. Bei einem manganreichen Roheisen dagegen (Spiegel - eisen, Eisenmangan) wird vorzugsweise der ohnehin leicht oxydirbare Mangangehalt von der Oxydationswirkung des Umschmelzens getroffen, Silicium, Kohle und andere Bestandtheile werden dadurch geschützt werden; ja, es kann geschehen, dass bei geringem Siliciumgehalte des Roheisens noch Silicium aus kieselsäurehaltigen Ofenwänden oder kiesel -600Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.säurereicher Schlacke durch das ausscheidende Mangan reducirt und der Siliciumgehalt des Roheisens solcherart angereichert statt verringert wird (vergl. S. 241 und 254).

Die Einflüsse der verschiedenen Temperatur wurden bereits auf S. 283 besprochen. Es möge deshalb hier nur an das in dieser Be - ziehung vorzugsweise wichtige Verhalten des Kohlenstoffs erinnert werden, dessen Verwandtschaft zum Sauerstoff mit der Temperatur in raschem Maasse steigt (vergl. auch S. 12). Wird das Roheisen in einer die Schmelztemperatur desselben nur wenig übersteigenden Temperatur geschmolzen, so kann es geschehen, dass infolge des Austretens anderer Körper Silicium, Mangan, Eisen der Procentgehalt an Kohlen - stoff in dem umgeschmolzenen Roheisen noch etwas höher ausfällt als zuvor; je höher die Temperatur steigt, desto mehr wird auch der Kohlenstoffgehalt des Roheisens der Verbrennung ausgesetzt.

Auch die Einflüsse der Zusammensetzung anwesender dritter Körper auf den Verlauf der Oxydation wurden schon auf S. 14 und 283 erörtert, und es kann hier auf das dort Gesagte Bezug genommen werden.

Neben dieser Ausscheidung einzelner Bestandtheile aus dem Roh - eisen durch Oxydation beim Umschmelzen kann unter Umständen auch eine Anreicherung anderer Körper herbeigeführt werden. Dass Silicium durch ausscheidendes Mangan in das Roheisen geführt werden könne, wurde schon erwähnt; aus der Asche schwefelhaltiger Brennstoffe kann, sofern dieselbe mit dem schmelzenden Roheisen in Berührung tritt und der Schwefelgehalt nicht durch einen reichlichen Kalkzuschlag gebunden wird, Schwefeleisen in das Roheisen übergehen; sogar eine Reduction von Phosphor aus phosphorsäurehaltiger Asche durch den Kohlenstoff - oder Mangangehalt des Roheisens ist nicht ausgeschlossen, sofern die Temperatur hoch und der Kieselsäuregehalt der entstehenden Schlacke beträchtlich ist.

Die Zahl der zuverlässigen Untersuchungen, welche bislang über die chemischen Veränderungen des Roheisens beim Umschmelzen an - gestellt wurden, ist ziemlich gering.

E. v. Köppen fand bei einmaligem Umschmelzen verschiedener Roheisensorten im Cupolofen (Schachtofen) folgende Aenderungen des Mangan -, Kohlenstoff - und Siliciumgehaltes1)Dingler’s Polyt. Journ., Bd. 232, S. 53.:

601Allgemeines.

In allen Fällen fand hier neben starkem Manganverluste eine Zu - nahme des procentalen Silicium - und Kohlenstoffgehaltes statt, welche sich theils aus der Verringerung der Gesammtmenge des Roheisens theils aus der stattgehabten Siliciumreduction durch Mangan erklärt; der Umstand, dass Kohlenstoff nicht verbrannt wurde, lässt auf niedrige Temperatur beim Umschmelzen schliessen.

In Gutehoffnungshütte wurden durch Scheffer in einem eigens für diese Versuche bestimmten kleinen Cupolofen mit gewöhnlichem kieselsäurereichem Futter drei verschiedene Sorten grauen Roheisens eine jede einem viermaligen Umschmelzen in hoher Temperatur unter - zogen, und nach jedem Umschmelzen wurde von mir die Zusammen - setzung des Roheisens ermittelt. Die Zusammensetzung vor dem ersten und nach dem vierten Umschmelzen war folgende:1)Die Zusammenstellung der Ergebnisse sämmtlicher Untersuchungen (auch nach dem ersten, zweiten und dritten Umschmelzen) findet der Leser im Jahrbuche für Berg - und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1880, S. 5.

Hier verringerte sich regelmässig ebensowohl der Kohlenstoff - gehalt als der Mangan - und Siliciumgehalt. Die Abnahme des Kohlenstoff - gehaltes ist am geringsten in dem manganreichsten Roheisen (Gleiwitz) und beträgt hier 0.49 Proc., am bedeutendsten im manganärmsten Roh - eisen (Gutehoffnungshütte), wo dieselbe 0.69 Proc. beträgt.

Schärfer noch tritt diese Verschiedenheit in den Einflüssen des Umschmelzens bei verschiedener Zusammensetzung des Roheisens bei einem Vergleiche des Mangan - und Siliciumgehaltes hervor. Das man - ganreichste Roheisen verliert auch die grösste Menge Mangan; aber je mehr Mangan austritt, desto unbedeutender ist die Beeinflussung des Siliciumgehaltes. Das manganarme Roheisen von Gutehoffnungshütte verliert 0.50 Proc. Silicium, während das manganreiche Gleiwitzer Roh - eisen nur 0.19 Proc. einbüsst. Der Mangangehalt schützt also, indem er selbst den Oxydationswirkungen sich aussetzt, den Kohlenstoff - und mehr noch den Siliciumgehalt des Roheisens vor dem Wegbrennen; es folgt hieraus, dass, obgleich ein Mangangehalt an und für sich dem Roheisen die Neigung ertheilt, weiss, hart zu werden, doch ein graues Roheisen ein um so öfteres Umschmelzen in Oefen mit kieselsäurereichem Futter erträgt, ohne infolge des Silicium - und Kohlenstoffverlustes weiss zu werden, je reicher es ursprünglich an Mangan war. Weniger deutlich würde vor - aussichtlich der Einfluss des Mangangehaltes sein, wenn nicht dem602Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.entstehenden Manganoxydul durch die Gegenwart freier Kieselsäure Gelegenheit zur Sättigung mit derselben gegeben wäre.

Der Phosphorgehalt zeigt bei allen drei Roheisensorten eine deut - liche Zunahme.

Da bei dem Umschmelzen des Roheisens in Schmelzöfen ohne Tiegel der Gehalt desselben an fremden Körpern Silicium, Kohlen - stoff, Mangan stärker als der Eisengehalt sich zu verringern pflegt, der procentale Eisengehalt also steigt, so ist jeder derartige Um - schmelzprocess in gewissem Sinne auch ein Reinigungsprocess des Roheisens; denn je mehr fremde Körper aus demselben austreten, desto mehr nähert sich dasselbe in seiner Beschaffenheit derjenigen des reinen Eisens.

Damit ist nun freilich keineswegs gesagt, dass das reinere Roh - eisen auch unter allen Umständen das werthvollere sei. Das für die Eisengiesserei bestimmte Roheisen muss sogar, wie schon oben hervor - gehoben wurde, einen gewissen Siliciumgehalt besitzen, ohne welchen es unbrauchbar für seine Bestimmung wird; der Preis des Spiegel - eisens steigt und fällt mit seinem Mangangehalte; und für einen neueren Process der Darstellung schmiedbaren Eisens aus Roheisen, den Thomas - oder basischen Bessemerprocess ist sogar ein bestimmter Phosphorgehalt des Roheisens nothwendig, ohne welchen der Process nicht durchführbar ist.

Von der Bestimmung des umgeschmolzenen Roheisens sowie von seiner ursprünglichen Zusammensetzung hängt es also ab, ob die ge - schilderten Einflüsse des Umschmelzens als vortheilhaft oder ungünstig bezeichnet werden müssen. Immerhin kann der Fall eintreten, dass eine möglichst weit getriebene Ausscheidung einzelner bestimmter Körper aus dem Roheisen, sei es innerhalb des zum Umschmelzen bestimmten Schmelzofens selbst, sei es in einem besonders hierfür bestimm - ten Apparate, förderlich für seine weitere Verarbeitung ist. Wenn graues Roheisen durch einen Frischprocess (S. 282) in schmiedbares Eisen umgewandelt werden soll, so wird der eigentliche Frischprocess abgekürzt werden können, wenn man dem Roheisen durch einen Vor - bereitungsprocess seinen Siliciumgehalt entzieht; soll ein phosphor - reiches Roheisen das Material zur Darstellung schmiedbaren Eisens mit Hilfe eines Processes bilden, welcher nur eine beschränkte Phosphor - abscheidung ermöglicht, so wird man ein vorzüglicheres Enderzeugniss erhalten, wenn man schon durch einen Vorbereitungsprocess das Roh - eisen eines Theils seines Phosphorgehaltes beraubt; eine Entschwefelung schwefelreichen Roheisens würde, sofern sie mit ausreichend einfachen Mitteln durchführbar ist, den Werth desselben für beinahe alle Ver - wendungen erhöhen; u. s. f.

Bestimmte Verhältnisse können also die Anwendung gewisser Hilfs - mittel rechtfertigen, durch welche eine weiter gehende Reinigung des Roheisens, als sie durch einfaches Umschmelzen zu erreichen ist, herbei - geführt wird, ohne dass, wie bei den Frischprocessen, auch der Kohlen - stoffgehalt hierbei unter jene Grenze abgemindert wird, wo eben das Roheisen seinen Charakter als solches verliert und zu schmiedbarem603Allgemeines.Eisen wird. Eine Entsilicirung des Roheisens zu dem oben erörterten Zwecke nennt man gewöhnlich das Feinen desselben, eine Entphos - phorung bezeichnet man mitunter als Raffination, ein Ausdruck, welcher allerdings ebenso gut die Ausscheidung aller übrigen fremden Körper bedeuten kann. 1)Die mitgetheilten Ausdrücke werden jedoch keineswegs regelmässig in dem gleichen Sinne gebraucht. Auch unter der Bezeichnung Feinen versteht man häufig jede Reinigung des Roheisens, sie möge die Abscheidung von Silicium, Phosphor, Schwefel oder Mangan zum Zwecke haben; und die ursprüngliche Bedeutung des Wortes bezog sich auch wohl keineswegs allein auf die Entfernung des Siliciums.

Das oben und auf S. 283 geschilderte Verhalten des Roheisens beim Umschmelzen zeigt den Weg, auf dem man zu der Abscheidung einzelner Bestandtheile gelangen kann. In allen Fällen ist, wenn dieser Reinigungsprocess nicht auch zum theilweisen Frischprocesse werden soll, bei welchem Kohlenstoff verbrannt wird, eine Temperatur erforder - lich, welche die Schmelztemperatur des zu reinigenden Roheisens nicht sehr erheblich übersteigt. Erhält man nun in einer solchen Temperatur das Roheisen unter oxydirenden Einwirkungen Darüberleiten von Gebläsewind, Vermischen mit Eisenoxyden, Braunstein oder anderen oxydirenden Körpern längere Zeit flüssig, so werden in jedem Falle Silicium und Mangan ausgeschieden werden. Das Silicium wird um so rascher austreten, je mehr Gelegenheit zur Entstehung einer basi - schen Schlacke gegeben ist, und auch in dieser Beziehung wirkt die Anwesenheit jener Metalloxyde förderlich, mit deren niedrigeren Oxy - dationsstufen die entstehende Kieselsäure sich zu Silikaten vereinigen kann.

Auch eine Abscheidung des Phosphors findet in niedriger Tempe - ratur vor der Verbrennung des Kohlenstoffs unter oxydirenden Ein - flüssen statt, sofern eine stark basische Schlacke zur Aufnahme der entstehenden Phosphorsäure zugegen ist. Die Erfüllung dieser letzteren Bedingung ist freilich für die Abscheidung des Phosphors unumgäng - lich. In einem Ofen mit kieselsäurereichem Futter, welches der vor - handenen Schlacke stets aufs Neue Gelegenheit zur Sättigung mit Kiesel - säure giebt, ist deshalb eine Entphosphorung des Roheisens unmöglich; gewöhnlich wird der Phosphorgehalt höher statt niedriger, da andere Körper an Stelle desselben austreten. Steigt aber die Temperatur eines Ofens, in welchem nach stattgehabter Entphosphorung die phosphorsäure - haltige Schlacke noch mit dem Roheisen in Berührung war, so wird um so leichter eine Reduction der Phosphorsäure und Zurückführung an das Roheisen durch den Kohlenstoffgehalt desselben bewirkt werden, je weniger stark basisch die Beschaffenheit jener Schlacke ist.

Eine theilweise Entschweflung des Roheisens lässt sich, wie schon mehrfach erwähnt wurde, ebenfalls durch Einwirkung einer basischen, zumal kalkerdereichen, Schlacke herbeiführen, ohne dass jedoch hierbei eine Oxydationswirkung stattzufinden braucht. Das Sulfid wird einfach in der Schlacke gelöst.

Vielfach ist von Chemikern Wasserdampf als Reinigungsmittel für Roheisen von Phosphor und Schwefel vorgeschlagen worden, ohne dass jedoch die zahlreichen mit der Anwendung desselben bereits angestellten604Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.Versuche irgend einen praktischen Erfolg aufzuweisen gehabt hätten. Die Erklärung hierfür liegt nahe genug. Wenn im Laboratorium Schwefeleisen oder Phosphoreisen, welches im Wasserdampfstrome ge - glüht wird, thatsächlich Schwefelwasserstoff, beziehentlich Phosphor - wasserstoff entlässt, so ist doch die Verwandtschaft des Schwefels und Phosphors zum Eisen zweifellos eine weit stärkere, wenn sie im Roh - eisen, legirt mit weit grösseren Mengen freien Eisens, auftreten; auch die höhere Temperatur des geschmolzenen Roheisens im Vergleiche mit der Temperatur, wie sie bei Laboratoriumsversuchen angewendet zu werden pflegt, dürfte die beabsichtigte Zerlegung der Eisenlegirungen durch Wasserdampf eher erschweren als erleichtern. Aus denselben Gründen ist das erwähnte Mittel auch für Reinigung des flüssigen schmiedbaren Eisens von jenen Körpern ohne jeden Erfolg geblieben.

2. Die Schmelzöfen.

A. Die Cupolöfen.

Cupolöfen nennt man die zum Umschmelzen des Roheisens be - stimmten Schachtöfen. Wenn der Cupolofen mit dem Hochofen darin übereinstimmt, dass dieser ebenfalls ein Schachtofen ist, welcher als Enderzeugniss flüssiges Roheisen liefert, so unterscheidet er sich doch sehr wesentlich von demselben dadurch, dass in dem Hochofen aller vor die Formen gelangender Kohlenstoff durch den Sauerstoff zu Kohlen - oxyd verbrannt werden muss, damit der Reductionsprocess möglich werde, während im Cupolofen die Brennstoffausnutzung um so günstiger ist, je weniger Kohlenoxyd und je mehr Kohlensäure vor den Formen entsteht. In früherer Zeit, selbst noch in den sechziger Jahren dieses Jahrhunderts, wurde dieser Unterschied nicht gebührend beachtet. Man sah den Cupolofen etwa wie einen jüngeren, kleineren Bruder des Hochofens an und construirte ihn demzufolge im Wesentlichen nach denselben Regeln als diesen; die Folge davon war, dass der Brennstoff vor den Formen grossentheils zu Kohlenoxyd verbrannt wurde, und man die dreifache Menge Brennstoff als bei einem zweckmässiger con - struirten Ofen gebrauchte. Noch heute findet man bisweilen auf einsam liegenden Eisenhütten Cupolöfen, welche eher Gaserzeugern als Schmelz - öfen gleichen, und deren lange blaue Gichtflamme unverkennbar den grossen Kohlenoxydgehalt des austretenden Gasgemisches verräth.

Zur Lösung jener Aufgabe, vor den Formen Kohlensäure statt Kohlenoxyd zu erzeugen, ist die Erfüllung nachfolgender Bedingungen erforderlich.

Anwendung dichter Brennstoffe (vergl. S. 18). Holzkohlen liefern daher im Gegensatze zum Hochofenbetriebe in allen Fällen ungünstigere Ergebnisse als Koks.

Rasches Aufsteigen der Gase, um eine allzu lange aus - gedehnte Berührung mit den entgegen rückenden Brennstoffen und eine dadurch beförderte Reduction von Kohlensäure zu Kohlenoxyd auf Kosten des Brennstoffes zu vermeiden; also rascher Schmelzgang, herbeigeführt durch reichlich zugeführte Windmengen.

Mässige Höhe des Ofens, ebenfalls zur Vermeidung einer allzu ausgedehnten Berührung zwischen Gasen und Brennstoff.

605Die Cupolöfen.

Schwache Pressung und reichliche Vertheilung des einströmenden Windes. Die Wirkung dieses Mittels hinsichtlich der reichlicheren Kohlensäurebildung wurde auf S. 18 erläutert. Es kommt hinzu, dass bei gleicher Arbeitsleistung der Betriebsmaschine das Gebläse um so reichlichere Windmengen liefern wird, je geringer die Windspannung ist; reichliche Windmengen aber befördern nach Obigem ebenfalls die Brennstoffausnutzung. Die Ausflussquerschnitte aus der Windleitung müssen so reichlich bemessen sein, dass die in der Leitung messbare Spannung fast nur durch den Widerstand, welchen die Gase im Ofen selbst finden, hervorgerufen wird. 0.04 kg Wind - spannung per qcm (40 cm Wassersäule) dürfte die höchste zweck - mässigerweise anzuwendende Pressung beim Cupolofenbetriebe sein.

Nachtheilig ist Erhitzung des Gebläsewindes, da sie die Verbrennung zu Kohlenoxyd befördert (S. 14, 16). Der geringen Er - sparung an Brennstoff, welche durch die vom heissen Winde zugeführte Wärme erreicht wird, steht der grössere Mehrverbrauch durch reich - lichere Kohlenoxydgasbildung gegenüber. Nach der Einführung der Wind - erhitzung bei Hochöfen ging man, angespornt durch die hierbei er - langten günstigen Ergebnisse und befangen in unklaren Anschauungen über die eigentliche Wirkungsweise des heissen Windes, vielfach daran, auch bei dem Cupolofenbetriebe dieses Mittel anzuwenden; aber bald überzeugte man sich von der Zwecklosigkeit desselben, welche um so deutlicher hervortrat, je mehr man lernte, durch Befolgung der in Vorstehendem aufgeführten Regeln den früheren hohen Brennstoffver - brauch der Cupolöfen auf ein geringeres Maass abzumindern.

Wie beim Hochofenbetriebe kennzeichnet die Zusammensetzung der Gichtgase eines Cupolofens die stattgehabte Ausnutzung des Brenn - stoffes. Zur Veranschaulichung des über den Einfluss der Windführung auf die Brennstoffausnutzung Gesagten möge daher eine Gegenüber - stellung von Gichtgas-Analysen einiger älterer und neuerer Cupolöfen dienen. Die älteren Oefen waren, wie schon oben erwähnt wurde, ähn - lich den Hochöfen mit engen Windeinströmungen versehen, wurden mit stark gepresstem Winde und verhältnissmässig geringen Windmengen be - trieben; die neueren Oefen waren den oben entwickelten Grundsätzen gemäss eingerichtet. Sämmtliche Cupolöfen wurden mit Koks betrieben.

1)Annales des mines, sér. IV, t. 5, p. 61 (1844).
1)
2)Dingl. Polyt. Journal, Bd. 231, S. 39.
2)
606Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.
Constructionsregeln für Cupolöfen.

Form und Querschnitt des Schachtes. Auf die Schacht - form eines Cupolofens kommt nicht gerade viel an. Die einfachste Form ist der Cylinder; bisweilen jedoch giebt man dem Schachte die Form eines abgestumpften Kegels, d. h. man macht den Gichtdurch - messer ein wenig kleiner als den Durchmesser im unteren Theile, um das Aufhängen sperriger Roheisenstücke an den Wänden zu erschweren. Nicht selten auch findet man Cupolöfen, deren Schacht unten, ähnlich wie bei Hochöfen, verengt ist (vergl. u. a. die Abbildung Fig. 149), theils um das Vordringen des Windes bis zur Mitte des Ofens zu erleichtern, theils auch, um hier, wo die Schachtsteine am raschesten wegschmelzen, eine etwas grössere Steinstärke zu erhalten. Bei sehr weiten Oefen empfiehlt sich ein oblonger Querschnitt mit den Wind - einströmungsöffnungen an den beiden Langseiten, damit der Wind gleich - mässiger bis zur Mitte vordringe.

Als erforderlichen Schachtquerschnitt im Schmelzraume, um per Stunde 1000 kg Roheisen zu schmelzen, kann man rechnen:

bei vorzüglichen Koks und raschem Schmelzgange (reichlichen Windmengen) 700 qcm;

bei mittelguten Koks und weniger raschem Schmelzgange 800 bis 1000 qcm;

unter noch ungünstigeren Verhältnissen 1100 1400 qcm.

Ein geringerer Schachtdurchmesser als 0.5 m im Innern ist jedoch in keinem Falle zweckmässig, da es kaum möglich sein würde, Repa - raturen eines solchen Ofens vorzunehmen.

Grösse und Anordnung der Windeinströmungen. Für die Grösse derselben kann man ½ des engsten Schachtquer - schnittes rechnen, ohne fürchten zu müssen, zu viel zu thun; ihre Anordnung, d. h. die Vertheilung der einzelnen Oeffnungen im Ofen kann eine ausserordentlich mannigfaltige sein, und die zahlreichen so - genannten Cupolofensysteme, welche im Laufe der Jahre in die Praxis eingeführt wurden, unterscheiden sich gewöhnlich im Wesentlichen nur durch diese verschiedene Anordnung der Windeinströmungen. Besondere Vorzüge des einen oder andern Systems sind dabei kaum zu erkennen, sofern nur der oben gegebenen allgemeinen Regel: reichlicher Quer - schnitt und reichliche Vertheilung des Windstromes genügt wird. Bei einzelnen Cupolöfen gelangt der Wind durch einfache kreisrunde Oeff - nungen in den Ofen; bei anderen sind zwei Reihen solcher Oeffnungen in Abständen von 0.5 1 m über einander angebracht; noch andere Oefen haben längliche Schlitze als Einströmungen mit geringer Breite und bedeutender Höhe, wodurch allerdings die Vertheilung des Windes auf einen grossen Raum erleichtert wird; u. s. f. Die unten gegebenen Beispiele ausgeführter Cupolöfen werden einzelne dieser Anordnungen näher erläutern.

Höhe des Ofens. Dieselbe soll erfahrungsmässig nicht unter 2.5 m oberhalb der Windeinströmungen betragen, während auch bei grossen Oefen eine grössere Höhe als 4 m kaum als zweckmässig607Construction der Cupolöfen.erscheinen dürfte, sofern die übrigen Abmessungen des Ofens richtig bemessen sind.

Herd (Sammelraum für das geschmolzene Roheisen). Derselbe wird entweder in gleicher Weise wie bei Hochöfen mit geschlossener Brust unmittelbar unter den Windöffnungen angeordnet; oder man bringt neben dem Schachte einen sogenannten Vorherd an (vergl. unten Fig. 149), in welchem die geschmolzenen Massen sich sammeln. Letztere Einrichtung, von Krigar eingeführt, empfiehlt sich besonders dann, wenn grosse Mengen Roheisen angesammelt werden sollen, ehe zum Abstiche geschritten wird; der Schmelzprocess im Ofenschachte bleibt alsdann ganz unbeeinflusst von dem höheren oder niedrigeren Stande des Roheisens im Herde. Das an der tiefsten Stelle des Herdes befind - liche Stichloch pflegt 50 90 cm über dem Fussboden der Hütte an - gebracht zu werden. Soll, wie in den Eisengiessereien, das ausfliessende Roheisen in einer Giesspfanne aufgefangen werden, so pflegt man eine mit Lehm ausgekleidete eiserne Rinne vor dem Stichloche zu befestigen, unter welche die Pfanne gestellt wird.

Ofenmantel und Schachtfutter. Kühlungen. Man pflegt den Ofen mit einem Mantel zu umgeben, der, besonders bei kreis - rundem Querschnitte des Ofens, am geeignetsten aus Eisenblech von etwa 10 mm Stärke gefertigt wird. Die Stärke des, gewöhnlich aus feuerfesten Thonziegeln gefertigten, Schachtfutters pflegt mindestens 150 mm, häufiger 200 400 mm im Schmelzraume zu betragen. Die Zeitdauer, während welcher der Cupolofen im Betriebe erhalten wird, spricht hierbei mit. Cupolöfen der Eisengiessereien pflegen täglich nur einige Stunden im Betriebe zu sein und dann abzukühlen; Cupolöfen der Bessemerwerke sollen mehrere Tage und Nächte hindurch im Be - triebe bleiben. Erstere erhalten deshalb gewöhnlich schwächere Schacht - stärken als letztere.

Kühlungen, ähnlich den Kühlungen der Hochöfen, sind bislang nur vereinzelt zur Anwendung gebracht, obwohl sich mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen lässt, dass die Kosten derselben durch die längere Haltbarkeit der Ofenfutter bald ausgeglichen sein würden. Dagegen wurde im Eisenwerke Gröditz vor mehreren Jahren ein Cupol - ofen angelegt, dessen Schmelzraum, ohne Anwendung von Steinen, nur aus gekühltem Eisenblech hergestellt war. 1)Berg - und hüttenm. Ztg. 1878, S. 149.Zu diesem Zwecke war der wasserdicht vernietete Eisenblechcylinder, welcher den Schmelz - raum bildete, concentrisch von einem zweiten Eisenblechcylinder um - geben, so dass zwischen beiden ein Zwischenraum von 90 mm blieb, und dieser Zwischenraum war mit ununterbrochen zu - und abfliessen - dem Wasser ausgefüllt. Die Höhe des gekühlten Theiles betrug 1.25 m; darüber befand sich ein aus nicht gekühlten Gusseisensegmenten von förmigem Querschnitte hergestellter Aufsatz von 1.35 m Höhe; der Herd dagegen war, wie es zur Vermeidung einer raschen Abkühlung des sich sammelnden Roheisens zweifellos erforderlich ist, aus feuerfesten Thonziegeln hergestellt. Als Windeinströmungen dienten cylindrische Hülsen, welche durch den Kühlraum hindurch gingen und selbstver -608Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.ständlich wasserdicht mit den Wänden desselben verbunden waren. Der Wasserbedarf betrug bei einem inneren Durchmesser des Ofens von 700 mm 65 l per Minute und die Temperatur des Kühlwassers stieg dabei um 20 25 Grad. Der Ofen war mehrere Jahre hindurch mit befriedigendem Erfolge in Anwendung, bis er wegen Abbruchs des betreffenden Giessereigebäudes ebenfalls ausser Anwendung kam.

Eine im Wesentlichen ganz gleiche Einrichtung eines wasser - gekühlten Cupolofens, wie sie soeben beschrieben wurde und seit 1878 schon in Gröditz in Anwendung war, ist neuerdings in Oesterreich und Deutschland patentirt worden .1)Oestr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 526..

Beispiele verschiedener Cupolofenformen.

Einen Cupolofen der einfachsten Art stellen die Abbildungen Fig. 149 152 dar (Cupolofen zu Königin-Marienhütte bei Zwickau). Der Wind strömt durch vier in der Schachtmauerung ausgesparte Oeff - nungen in den Ofen. Bei a ist die Einfüllöffnung für die Schmelz - materialien; dieselbe liegt höher über den Windeinströmungen als sonst üblich, eine Einrichtung, welche in dem vorliegenden Falle allerdings eine günstigere Ausnutzung des Brennstoffes herbeigeführt haben soll. Das geschmolzene Roheisen sammelt sich in einem Krigar’schen Vor - herde, dessen Einrichtung ohne Weiteres verständlich sein wird. b b b sind Oeffnungen in der Seitenwand des Vorherdes, zum Ablassen der Schlacke beim allmählichen Ansteigen des Roheisens bestimmt. c ist die Stichöffnung, d eine Oeffnung, durch welche nöthigenfalls eine Stange in den Vorherd geschoben werden kann, um den Kanal zwischen Ofen - schacht und Vorherd frei zu halten. Durch einen eingesetzten Stein wird dieselbe verschlossen gehalten. An der Rückseite des Ofens be - findet sich die zum Einsteigen in den Ofenschacht dienende Oeffnung e, welche während des Betriebes vermauert ist und erst nach dem Kalt - legen des Ofens geöffnet wird.

Beachtenswerth ist die Einrichtung der Düsenvorrichtungen dieses Cupolofens (in Fig. 151 und 152 in grösserem Maassstabe gezeichnet). Von dem rings um den Ofen herum geführten Vertheilungsrohre f aus sind die vier Düsenständer abgezweigt, welche von Consolen, an dem Blechmantel des Ofens befestigt, getragen werden. Durch eine kreis - runde Oeffnung in jedem Düsenständer gelangt der Wind in das kurze Düsenstück g, welches jedoch nicht an den ersteren angegossen ist, sondern mit einem aus zwei Hälften verschraubten Ringe denselben umschliesst. Will man zur Form gelangen, um eine Reinigung der - selben vorzunehmen oder zu einem andern Zwecke, so dreht man das Düsenstück zur Seite; hierdurch aber wird selbstthätig der Wind ab - gesperrt, da der Ring, an welchem das Düsenstück sitzt, nunmehr die Auslassöffnung aus dem senkrechten Düsenständer schliesst. Umgekehrt erhält der Wind sofort wieder Zulass, sobald das Düsenstück in seine richtige Stellung zurückgedreht ist.

Statt der einzelnen Düsenständer für jede Windeinströmungsöffnung benutzt man häufig einen rings um den Ofen herumlaufenden und mit

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609Beispiele verschiedener Cupolofenformen.demselben verbundenen Vertheilungskanal, welcher durch jene Oeff - nungen unmittelbar in das Ofeninnere mündet. Falls der Ofen mit einem Blechmantel versehen ist, pflegt man jenen Kanal ebenfalls aus Eisenblech zu fertigen und an den Mantel anzunieten. Eine solche

Fig. 153.

Fig. 154.

Anordnung ist um so bequemer, je grösser die Zahl der Windein - strömungen ist. Einen derartigen Cupolofen mit herumlaufendem, an den Blechmantel angenietetem Vertheilungskanale zeigen die Abbil - dungen Fig. 153 und 154.

Der Ofen hat zwei Reihen Windöffnungen über einander, eineLedebur, Handbuch. 39610Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.Einrichtung, welche zuerst von dem Engländer Ireland eingeführt und dann später bei zahlreichen Cupolöfen zur Anwendung gebracht worden ist. Sie ermöglicht die Anbringung zahlreicherer Oeffnungen als eine einzelne Reihe und befördert unmittelbar die Ausbreitung des Windes auf einen grösseren Raum. Bei dem abgebildeten Ofen ent - hält die untere Reihe drei grössere, die obere sechs kleinere Oeff - nungen. Das Verhältniss des Querschnittes der unteren und oberen Oeffnungen findet man mitunter derartig bemessen, dass sämmtliche Oeffnungen der oberen Reihe zusammen den halben Querschnitt sämmt - licher unterer Oeffnungen besitzen; ein etwas geringerer Querschnitt der oberen Reihe im Vergleiche zu derjenigen der unteren dürfte jeden - falls zweckmässig sein. Dass bei dem abgebildeten Ofen die oberen Oeffnungen quadratischen, die unteren kreisrunden Querschnitt besitzen, ist nebensächlich.

Ausserdem empfiehlt sich eine Theilung des Vertheilungskanales durch eine Scheidewand in eine obere und untere Hälfte, damit man im Stande sei, beim Anblasen des Ofens zunächst allein durch die unteren Oeffnungen zu blasen. Indem man hierbei die Verbrennung auf den unteren Theil des Ofens beschränkt, wärmt man denselben stärker an und verhütet leichter eine Abkühlung des später ankom - menden flüssigen Roheisens. Die Abbildung lässt diese Einrichtung erkennen. Der Wind gelangt durch das Rohr a von aussen in die untere Abtheilung des Vertheilungskanales, durch das mit Drossel - klappe versehene Rohr b in die obere Abtheilung.

Damit man die Vorgänge im Innern beobachten und nöthigenfalls Reinigungen der Windöffnungen vornehmen könne, ist hinter jeder der letzteren in der Aussenwand des Vertheilungskanales ein durch eine Glimmerplatte verschlossenes Visir angebracht, welches sich öffnen lässt, wenn eine Eisenstange eingeschoben werden soll. Fig. 154 lässt ver - schiedene dieser Visire erkennen.

Die Oeffnung zum Einsteigen in den Ofen befindet sich in diesem Falle an der Vorderseite. Sie wird während des Schmelzens wie ge - wöhnlich vermauert, wobei unten eine entsprechend weite Stichöffnung gelassen wird. Damit nicht der Druck des sich sammelnden Roheisens die eingesetzten Steine aus ihrer Lage bringe, wird vor der Oeffnung eine Eisenblechthür befestigt, an welcher hier eine Gussrinne aus Eisen - blech angenietet ist. Die Thür wird von einem Stück Winkeleisen ge - tragen, welches unterhalb derselben an den Blechmantel des Ofens angenietet ist.

Eine eigenthümliche Art der Windvertheilung findet sich bei den von H. Krigar in Hannover gebauten und nach demselben benannten Cupolöfen, deren Einrichtung durch die Abbildung Fig. 155 ver - anschaulicht ist (1 / 50 der wirklichen Grösse). Auch hier ist ein rings um den Mantel des Ofens herum laufender Vertheilungskanal d ange - ordnet; aus demselben aber gelangt der Wind nicht, wie bei dem früher besprochenen Ofen, durch zahlreiche horizontal gerichtete Oeff - nungen in den Ofen, sondern derselbe tritt zunächst durch zwei abwärts führende Kanäle oder Schlitze f f, welche einander gegenüber angebracht611Beispiele verschiedener Cupolofenformen.sind, in breite überwölbte Oeffnungen, welche bis auf den Boden herabgehen, und durch diese in das Innere. Die Breite jeder dieser Oeffnungen und somit auch der Schlitze f f pflegt des ganzen inneren Ofenumfanges zu betragen, die Höhe der Oeffnungen schwankt zwischen 400 und 700 mm, je nachdem der Ofen mit oder ohne Vor - herd versehen ist.

Die Einrichtung des Vorherdes g unterscheidet sich nicht wesent - lich von derjenigen des früher besprochenen Ofens Fig. 149. s und t sind auch hier Oeffnun - gen zum Ablassen der Schlacke. Vorn ist der Vorherd des abgebilde - ten Ofens durch eine Thür o verschlossen, an welcher die Gussrinne p befestigt ist. q und r sind Visire mit Glimmer - platten.

Eigenthümlich ist bei diesem Ofen die Ein - richtung des Bodens un - ter dem Schmelzraume. Derselbe besteht aus einem stark gegossenen Gusseisenrahmen n, an welchem der Eisenblech - mantel des Ofens be - festigt ist und welcher durch die gusseiserne Rückwand m des Vor - herdes und zwei kurze Gusseisensäulen getra - gen wird (von denen nur die eine in der Abbil - dung sichtbar und mit m bezeichnet ist). In der Mitte des Rahmens n befindet sich eine Oeff - nung, deren Durchmesser ungefähr dem inneren

Fig. 155.

Durchmesser des Ofenschachtes entspricht. Eine Klappe k, durch einen Riegel oder Vorreiber festgehalten, schliesst während des Schmelzens die Oeffnung; und eine Lage festgestampfter und getrockneter Masse, aus welcher, wie gewöhnlich, die Herdsohle hergestellt ist, schützt die Klappe vor dem Glühendwerden. Nach Beendigung des Schmelzens wird der Verschluss der Klappe gelöst, dieselbe schlägt auf und alle noch im Ofen befindlichen glühenden Massen, welche sonst durch lange eiserne Haken durch die Thür des Ofens entfernt werden müssen, stürzen heraus.

39*612Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.

Der Krigar’sche Cupolofen hat seit Mitte der sechziger Jahre, wo er in die Praxis eingeführt wurde, eine häufige Anwendung in und ausserhalb Deutschlands gefunden.

Die Gebläse der Cupolöfen.

Der Cupolofen bedarf, um einen befriedigenden Erfolg zu liefern, reichlicher Windmengen von schwacher Pressung. Verschiedene Ge - bläsesysteme sind geeignet, diese Aufgabe zu erfüllen.

Das Cylindergebläse, zur Beschaffung grosser und zugleich stark gepresster Windmengen, wie sie u. a. der Eisenhochofen ver - langt, allein brauchbar, ist doch kostspielig in seiner Anlage, erfordert reichlichen Platz für seine Aufstellung, und die Ausnutzung der von der Betriebsmaschine zu leistenden Arbeit wird ungünstiger, wenn die erforderliche Windspannung auf jenes für Cupolöfen übliche Maass sinkt. Der Grund hierfür liegt in dem Umstande, dass die zu überwinden - den Reibungswiderstände, welche in jedem Falle ziemlich beträchtlich sind, annähernd unverändert bleiben, gleichviel ob starke oder schwache Verdichtung des Windes stattfindet; bei starker Verdichtung, welche einen grösseren Aufwand mechanischer Arbeit erheischt, bildet dem - nach die Ueberwindung jener Reibungswiderstände einen geringeren Theil der gesammten zu leistenden Arbeit als bei schwacher Ver - dichtung.

Aus diesen Gründen ist mit vollem Rechte das Cylindergebläse zum Betriebe der Cupolöfen von Eisengiessereien nur sehr vereinzelt in Anwendung. Hier, wo der Betrieb nur periodisch stattfindet und das Gebläse während der Nacht in allen Fällen, häufig auch während der grösseren Zeit des Tages zu stehen pflegt, kommt auch jener Ver - zug des Cylindergebläses, die grosse Dauerhaftigkeit desselben im Ver - gleiche zu anderen Gebläsesystemen, wenig in Betracht.

Häufiger findet man, eben dieses Vorzuges halber, Cylindergebläse in solchen Fällen, wo ein andauernder Betrieb bei Tag und Nacht erfor - derlich ist: zum Umschmelzen des Roheisens in Bessemerhütten und in ähnlichen Fällen. Immerhin bleibt zu erwägen, dass auch in solchen Fällen die Kosten der Anlage zweier anderer, einfacherer Gebläse, deren eins als Reserve bei vorkommenden Beschädigungen zu dienen bestimmt wäre, noch bei Weitem nicht die Kosten eines einzigen Cylin - dergebläses von gleicher Leistungsfähigkeit erreichen würden.

Centrifugalgebläse, gewöhnlich Ventilatoren genannt, bilde - ten in den sechziger Jahren und noch bis gegen die Mitte der sieben - ziger Jahre das zum Betriebe der Cupolöfen in Eisengiessereien am häufigsten benutzte Gebläse. Bekanntlich bestehen dieselben aus einem mit grosser Geschwindigkeit (mitunter 100 m per Secunde) umlaufen - dem Flügelrade innerhalb eines Gehäuses, an dessen Umfange sich ein tangential gegen denselben gerichteter Auslass für die Luft befindet, während durch Oeffnungen rings um die Achse des Flügelrades herum frische Luft zutreten kann. Vermöge der Centrifugalkraft wird die Luft innerhalb des Gehäuses an dem Umfange desselben verdichtet und aus613Die Gebläse der Cupolöfen.dem erwähnten Auslasse hinausgedrückt, während in der Nähe der Achse frische Luft nachströmt. 1)Näheres über die Einrichtung dieser Gebläse: P. Rittinger, Centrifugal - ventilatoren und Centrifugalpumpen 1858, S. 268; E. F. Dürre, Handbuch des Eisen - giessereibetriebes 1870, Bd. I, S. 579; A. Ledebur, Handbuch der Eisengiesserei 1882, S. 65.

Je geringer die zu erzeugende Windspannung ist, desto günstiger ist der Wirkungsgrad der Centrifugalgebläse, desto vortheilhafter ist ihre Anwendung. Die Windspannung aber, welche ein solches Gebläse zu erzielen vermag, ist lediglich abhängig von der Umlaufsgeschwindig - keit der Flügel und unabhängig von der Grösse des Ausflussquerschnittes. Nur wenige Centrifugalgebläse vermögen höhere Windspannungen als 30 cm Wassersäule zu liefern; bei vielen bleibt die erreichbare Wind - spannung nicht unerheblich hinter dieser Ziffer zurück. Mit wachsen - der Umlaufsgeschwindigkeit der Flügel steigt auch die Gefahr, dass durch ihre Centrifugalkraft eine Zertrümmerung der Maschine herbei - geführt werde, ein Vorgang, durch welchen Menschenleben bedroht werden können. Für rasches Schmelzen im Cupolofen, welches in Rück - sicht auf den grösseren Widerstand, den die Gase beim Durchdringen der Schmelzsäule finden, immerhin Windspannungen von mindestens 30 cm Wassersäule erforderlich macht, eignen sich deshalb Centrifugal - gebläse nicht; bei lange andauerndem Betriebe pflegen häufige Repara - turen erforderlich zu werden. In Bessemerhütten sind sie aus diesem Grunde wenig oder gar nicht in Gebrauch. Ihre Anlagekosten aber sind geringer als die aller übrigen Gebläse; und dieses ist der Grund, weshalb sie trotz jener Mängel in Eisengiessereien mit beschränkter Schmelzzeit auch jetzt noch vielfach in Anwendung sind.

Das Kapselgebläse oder Roots’sche Gebläse enthält zwei in entgegengesetzter Richtung innerhalb eines gusseisernen Gehäuses um - laufende Flügel, welche sich dicht an die Gehäusewand anlegen und somit die vor ihnen befindliche Luft vor sich her und aus einem ent - sprechend angeordneten Auslassstutzen hinaus drücken. 2)Näheres über die Einrichtung dieser Gebläse: B. Kerl, Grundriss der Allgem. Hüttenkunde, 2. Aufl., S. 331; A. Ledebur, Handbuch der Eisengiesserei, S. 67.Sie sind roti - renden Kolben vergleichbar; und die Wirkung dieses Gebläses beruht demnach nicht, wie die des Centrifugalgebläses, auf der durch grosse Geschwindigkeit des Umlaufes erzeugten Verdichtung des Windes, sondern sie ist, wie die eines Cylindergebläses abhängig von dem räumlichen Inhalte des Gebläses, der Bewegungsgeschwindigkeit der Flügel und der Dichtigkeit der Anschlüsse zwischen Gehäusewand und Flügel. Hierdurch kommt der Hauptübelstand der Centrifugalgebläse, die erforderliche ausserordentlich grosse Umfangsgeschwindigkeit, in Wegfall. Das Kapselgebläse liefert auch bei mässiger Umfangsgeschwin - digkeit (200 300 Umgänge per Minute) grössere Windspannungen als das Centrifugalgebläse; aber allerdings verringert sich mit zunehmender Windspannung der Wirkungsgrad dieses Gebläses nicht unerheblich, da ein so dichter Abschluss zwischen den Flügeln unter sich wie mit der Gehäusewand als zwischen dem Kolben und der Cylinderwand eines Cylindergebläses niemals zu erreichen ist, und die Windverluste614Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.demnach mit der Windspannung sich steigern. Für einen Hochofen - betrieb wird das Kapselgebläse deshalb niemals das Cylindergebläse ersetzen können; beim Cupolofenbetriebe in Bessemerhütten kann es, zumal wenn ein Reservegebläse vorhanden ist, an Stelle des Cylinder - gebläses recht wohl benutzt werden, und es gewährt hierbei den Vor - theil geringerer Anlagekosten und geringerer Raumbeanspruchung; in den Eisengiessereien hat es mit voller Berechtigung das ältere Centri - fugalgebläse bereits vielfach verdrängt.

Eine Berechnung der vom Gebläse gelieferten Wind - menge ist beim Cupolofenbetriebe nur möglich, wenn man die Menge des per Minute verbrannten Kohlenstoffs und die Zusammensetzung der Gichtgase als Mittel für die Berechnung benutzt. Eine Berechnung aus Windspannung und Einströmungsquerschnitt würde hier, wo die Windspannung zum allergrössten Theile durch die Gasspannung im Ofeninnern hervorgerufen wird, vollständig falsche, unbrauchbare Er - gebnisse liefern. Nach Fischer’s oben mitgetheilten Analysen der Cupolofen-Gichtgase kann man annehmen, dass dieselben bei den Oefen der Jetztzeit durchschnittlich 21 Gewichtstheile Kohlensäure, 5.3 Ge - wichtstheile Kohlenoxyd und 73.7 Gewichtstheile Stickstoff enthalten. Aus dem Verhältnisse des Kohlensäure - zum Kohlenoxydgehalte würde sich als erforderliche Luftmenge zur Verbrennung von 1 kg Kohlenstoff cbm ergeben; aus dem Verhältnisse des Stickstoff - zum Kohlen - stoffgehalte dagegen würden sich 9.1 cbm ergeben. Im Durchschnitte wird man also rechnen können, dass im Cupolofen per 1 kg ver - brannter Kohle (natürlich excl. Asche, Wasser u. s. w.) 8.5 cbm atmosphärischer Luft vom Gebläse zugeführt werden müssen.

Der Betrieb der Cupolöfen.

Derselbe ist ziemlich einfach. Nachdem der Schacht und Herd reparirt worden sind, entzündet man auf dem Boden des Herdes ein Feuer aus Holz, Torf oder dergleichen, schüttet dann allmählich Koks in die Gluth, damit auch diese sich entzünden, und füllt nun den Ofen bis etwa zur Hälfte seiner Höhe mit Koks. Durch das noch offene Stich - loch, sowie durch etwa offen gelassene Visiröffnungen kann inzwischen von aussen her Luft zuströmen, um das Feuer zu unterhalten. Sind die Koks vor den Windöffnungen in volle Gluth gekommen, so kann der Ofen mit abwechselnden Gichten von Koks und Roheisen vollständig gefüllt und dann das Gebläse angelassen werden. Man bläst sogleich mit voller Spannung. Das Stichloch bleibt vorläufig noch geöffnet, damit ein Theil der Gase hier entweiche und den Herd anwärme. Erst wenn das Roh - eisen anfängt auszufliessen, wird das Stichloch geschlossen.

Jeder Koksgicht giebt man eine gewisse Menge zu feinen Stücken zerpochten Kalksteines bei, um die Koksasche und den an den Roh - eisenstücken haftenden Sand zu verschlacken. Die Menge des Zuschlag - kalksteines kann per Gewichtstheil Koksasche zwei bis zwei und einhalb Gewichtstheil Kalkstein betragen. Dass bei zu geringem Kalkstein - zuschlage das Roheisen leicht Schwefel aus dem Brennstoffe aufnimmt, wurde schon früher erwähnt.

Das Verhältniss zwischen Roheisen - und Koksgichten richtet sich615Flammöfen.nach der Beschaffenheit der Koks, der Einrichtung des Ofens, der Windführung und der Ueberhitzung, welche das geschmolzene Roh - eisen erhalten soll. In den günstigsten Fällen kann man 20 Gewichts - theile Roheisen mit 1 Gewichtstheil Koks schmelzen; häufiger beträgt der Roheisensatz nur das 10 15 fache vom Gewichte der Koks; dauert das Schmelzen längere Zeit (in Bessemerhütten), so pflegt jenes Ver - hältniss ungünstiger zu sein, als bei einem Schmelzen von wenigen Stunden, wo die von den Füllkoks beim Beginne des Schmelzens ent - wickelte reichliche Wärmemenge eine anfängliche starke Erhitzung des ganzen Ofens herbeiführt, die alsdann auch dem Schmelzprocesse zu Gute kommt. Fehlerhaft würde es deshalb sein, wenn man etwa, wie beim Anblasen eines Hochofens, mit schwächeren Roheisengichten be - ginnen und später den Satz steigern wollte.

Die zweckmässigste Grösse jeder einzelnen Koksgicht hängt vom Gichtdurchmesser ab. Als passendes Verhältniss kann man per qm Gicht - querschnitt einen einmaligen Kokssatz von 80 kg rechnen und den Roheisensatz den oben besprochenen Verhältnissen entsprechend be - messen. Die Erfahrung muss schliesslich für die zulässige Höhe des Roheisensatzes den Ausschlag geben.

Mit dem Aufgichten von Koks, Roheisen und Kalkstein wird so lange fortgefahren, als das Schmelzen währen soll. Alsdann bläst man wieder, öffnet, wenn alles Roheisen geschmolzen ist, den Ofen, räumt die noch rückständigen Koks (welche, nachdem sie mit Wasser gelöscht wurden, zum Füllen wieder benutzt werden können) aus und lässt den Ofen erkalten, um am folgenden Tage das Schachtfutter, die Herd - sohle u. s. w. einer Reparatur zu unterziehen.

Die früher besprochene Oxydation einzelner Bestandtheile des Roheisens sowie der stattfindende mechanische Verlust durch Ver - spritzen des flüssigen Roheisens beim Abstechen u. s. w. erklären es, dass das Gewicht des umgeschmolzenen Roheisens stets etwas geringer ausfällt als dasjenige des aufgegichteten. Den entfallenden Gewichts - unterschied pflegt man Abgang oder Abbrand zu nennen. Derselbe beträgt unter verschiedenen Verhältnissen gewöhnlich 3 5 Proc. vom ursprünglichen Roheisengewichte.

B. Flammöfen.

Die Einrichtung derselben entspricht im Wesentlichen der auf S. 109 130 geschilderten Einrichtung der Flammöfen überhaupt. Wie alle diese gestatten sie zwar die Anwendung unverkohlter Brennstoffe; aber die Ausnutzung der Wärme ist erheblich ungünstiger als in Cupol - öfen, in welchen die Gase den Ofen im fast abgekühlten Zustande ver - lassen können, und der Kostenaufwand für den zum Betriebe erforder - lichen Brennstoff pflegt deshalb nicht unerheblich höher zu sein als in letzteren.

Während in den Cupolöfen das Schmelzen ununterbrochen fortgeht, muss in einem Flammofen gewöhnlich die ganze Menge des zu schmel - zenden Roheisens mit einem Male eingesetzt werden, und dasselbe bleibt dann mehrere Stunden hindurch der Einwirkung der Flamme preisgegeben, bis es vollständig geschmolzen ist. Nicht allein verliert616Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.hierdurch der Betrieb an Einfachheit, auch das Roheisen bleibt längere Zeit als im Cupolofen der Einwirkung oxydirender Gase preisgegeben und wird stärker dadurch beeinflusst.

Diese Umstände erklären es zur Genüge, dass, während die Anwen - dung der Cupolöfen die Regel bei dem Schmelzen des Roheisens bildet, die Anwendung von Flammöfen zu den Ausnahmen zählt. Man be - dient sich ihrer in Eisengiessereien, wenn sehr grosse Gussstücke aus einem graphitarmen Materiale hergestellt werden sollen; seltener noch in den Bessemerhütten, wo ihre Anwendung sich nur dann recht - fertigen lässt, wenn ein zum Flammofenbetriebe brauchbares, aber nicht verkokungsfähiges Material (z. B. magere, gasreiche Steinkohlen, Braun - kohlen) zu billigem Preise zur Verfügung steht, Koks dagegen kost - spielig sein würden.

Da in den Eisengiessereien die Flammöfen auch da, wo sie vor - handen sind, nicht regelmässig im Betriebe bleiben, sondern nur für bestimmte Fälle stundenweise in Benutzung genommen und dann wieder kalt gelegt werden, so beschränkt man sich bei ihrer Anlage gewöhn - lich auf directe Feuerung (S. 110). Bicheroux - oder Boëtiusöfen (S. 122, 123) kommen mitunter, jedoch selten zur Anwendung; Siemensöfen (S. 116), deren Vortheile erst nach Verlauf einer Zeit zur Geltung kommen können, während welcher das Schmelzen in Oefen mit directer Feuerung bereits beendigt zu sein pflegt, würden für Eisengiessereien vollständig unpraktisch sein.

Ein solcher Flammofen mit directer Feuerung, wie er für Eisengiessereien gewöhnlich angewendet wird, ist in den Abbildungen Fig. 156 158 dargestellt.

Wie Fig. 157 erkennen lässt, befindet sich der Sammelraum für das geschmolzene Roheisen unmittelbar hinter der Feuerbrücke, und nach Beendigung des Schmelzens wird das flüssige Metall durch ein an der vorderen Langseite des Ofens angebrachtes Stichloch (a in Fig. 158) abgelassen. Das Einsetzen des Roheisens erfolgt durch die Oeffnung b, welche alsdann mit Steinen zugesetzt wird, und zwar bringt man die Roheisenstücke möglichst in die Nähe des Fuchskanales. Das Roheisen fliesst dann beim Schmelzen auf der geneigten Sohle des Herdes abwärts den Gasen entgegen, um sich an der schon bezeich - neten Stelle zu sammeln. Damit die Sohle dieses Sammelherdes (Sumpfes) gut vorgewärmt werde und das Roheisen während des Stehens daselbst nicht abkühle, muss die gewölbte Decke des Ofens hier mög - lichst tief herunter gezogen werden (Fig. 157), so dass auch die Flammen gezwungen sind, nahe über der Sohle hinwegzuziehen. Die Erfüllung dieser Bedingung ist unerlässlich; aber das Gewölbe leidet gewöhnlich stark, wenn es allzu tief herunter geht, und muss deshalb mit besonderer Vorsicht hergestellt werden. c ist eine kleine Thür, welche die Be - obachtung des geschmolzenen Roheisens, das Losbrechen etwa ent - standener Ansätze u. s. w. ermöglicht.

Bei dem abgebildeten Ofen lässt sich der Aschenfall durch eine Klappe schliessen, wenn man mit Unterwind statt mit natürlichem Essen - zuge arbeiten will. Das Rohr d dient alsdann zur Zuleitung des Ge - bläsewindes. Die Einrichtung hat sich jedoch nur bewährt, wenn starke Oxydationswirkungen beabsichtigt werden.

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617Flammöfen.

Seltener findet man für Roheisenschmelzöfen in Eisengiessereien eine Form ähnlich derjenigen, wie sie in Fig. 17 auf S. 110 dargestellt ist, und bei welcher das geschmolzene Roheisen sich an der von der Feuerbrücke am weitesten entlegenen Stelle unterhalb der Esse sammelt. Die Esse befindet sich dann unmittelbar am Ende des Herdes, und statt des Fuchses d führt eine in der Decke des Ofens angebrachte Oeffnung in die Esse.

Als Constructionsregeln für derartige Flammöfen mit directer Feue - rung lassen sich folgende Verhältnisszahlen annehmen:

Grösse der Herdfläche (von der Feuerbrücke bis zum Beginn des Fuchses) per 1000 kg des in einem Einsatze zu schmelzenden Roh - eisens 0.5 1 qm (bei Oefen mit kleinem Einsatze mehr, mit grossem Einsatze weniger).

Länge des Herdes 3 4 m.

Grösse der gesammten Rostfläche der Herdfläche.

Grösse des Flammenloches 0.5 0.7 der gesammten Rostfläche.

Fuchsquerschnitt = 1 / 9 1 / 10 der gesammten Rostfläche.

Essenquerschnitt an der engsten Stelle = der gesammten Rostfläche.

Essenhöhe ca. 25 m.

Die Zeitdauer des Schmelzens, vom Beginn des Anheizens an gerechnet, pflegt 5 6 Stunden zu sein; verarbeitet man mehrere Einsätze nach einander, so dass das Roheisen in den schon glühen - den Ofen eingesetzt wird, so beschränkt sich die Schmelzzeit gewöhn - lich auf 3 4 Stunden.

Am häufigsten benutzt man Steinkohlen als Brennmaterial. Auch in den günstigsten Fällen wird der Brennstoffverbrauch zum Schmelzen von 1000 kg Roheisen nicht weniger als 350 kg Steinkohlen betragen; häufiger beziffert sich derselbe auf 500 700 kg; unter besonders ungünstigen Fällen auf 1000 kg und darüber. Bei Anwendung von Braunkohlen, Torf oder Holz würde der Brennstoffverbrauch in dem - selben Maasse höher sein, als der Brennwerth derselben niedriger ist (vergl. die betreffenden Angaben auf S. 29, 37, 41 u. s. w.).

Der Abbrand beim Flammofenschmelzen pflegt infolge der stärkeren Oxydation höher als beim Cupolofenschmelzen zu sein und 5 7 Proc. zu betragen.

Siemensöfen, welche unter besonderen, schon oben erörterten Verhältnissen mitunter in Bessemerhütten zum Schmelzen des Roheisens Verwendung finden, können in Rücksicht auf die Eigenthümlichkeiten dieses Feuerungssystems nicht jenes unsymmetrische Profil wie der oben abgebildete Flammofen mit directer Feuerung erhalten, sondern müssen mit einem muldenförmigen Herde versehen sein, über welchen die Flamme abwechselnd in der einen und andern Richtung hinzieht. Von dem in Fig. 19 24 (S. 116) abgebildeten Siemensofen unterscheiden sich diese Schmelzöfen im Wesentlichen nur durch die Form des Herdes, welcher, wie erwähnt, muldenartig geformt ist und in der Bewegungs - richtung der Flamme eine grössere Ausdehnung besitzt; letzterer Um - stand bedingt dann auch eine etwas andere Führung von Gas und618Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.Luft, damit eine längere Flamme gebildet werde (vergl. die Bemerkungen auf S. 115). Die in der dritten Abtheilung enthaltene Abbildung eines Martinofens mit Siemensfeuerung (vergl. Martinprocess) wird noch besser als die soeben erwähnte die Einrichtung eines solchen Schmelzofens für Roheisen veranschaulichen.

Mehrere derartige Oefen sind im Teplitzer Bessemerwerke im Be - triebe. Sie werden mit Braunkohlengas geheizt, welches zuvor durch Condensation eines grossen Theils seines Wassergehaltes beraubt wurde (S. 95). Jeder Ofen fasst 6.5 t Roheisen; die Herdlänge ist 3.8 m, die Herdbreite 2.0 m. Das geschmolzene Eisen nimmt die ganze Herdbreite, von der Länge dagegen nur 3 m ein und steht in der Mitte 0.3 m tief. Die Regeneratoren für Luft enthalten 15.5 cbm, diejenigen für Gas 14.5 cbm. Die Gesammtrostfläche der Generatoren beträgt per Ofen 5 8 qm. Das Schmelzen der oben genannten Roheisenmenge währt, wenn die Oefen einmal in Gluth sind, ca. 2 Stunden; in 24 Stunden werden 8 Einsätze verarbeitet. 1)Für das Einsetzen und Abstechen des Roheisens ist mithin etwa 1 Stunde Zeit erforderlich.Der Brennstoffverbrauch zum Schmelzen von 1000 kg Roheisen beträgt 450 kg Teplitzer Braunkohle (Nusskohle).

Beachtenswerth ist die bedeutende Verringerung des Mangan - gehaltes des Roheisens in diesen Oefen. Ein (weisses) Roheisen mit 2 Proc. Mangan enthält nach dem Schmelzen nur noch 0.6 Proc. 2) Stahl und Eisen 1883, S. 214.

C. Tiegelöfen.

Noch seltener als Flammöfen kommen Tiegelöfen zum Schmelzen des Roheisens in Anwendung. Der Brennstoffverbrauch hierbei beträgt mindestens das Zehnfache als beim Schmelzen in Cupolöfen; der Ver - brauch an Tiegeln vertheuert fernerhin das Verfahren; die Menge des in einem einzigen Tiegel zu schmelzenden Metalles aber ist beschränkt und geht selten über 50 kg hinaus, so dass für grössere Schmelzen auch eine grosse Anzahl Tiegel erforderlich sein würden. Diesen schwer wiegenden Nachtheilen des Tiegelschmelzens vermag der Umstand, dass die chemische Zusammensetzung des Roheisens weniger als bei anderen Schmelzmethoden geändert wird, nur in Ausnahmefällen das Gegen - gewicht zu halten. In der That findet das Tiegelschmelzen des Roh - eisens nur bei einem einzigen Zweige des Eisenhüttenbetriebes, der in der dritten Abtheilung besprochenen Darstellung sogenannten schmied - baren Gusses, Verwendung; und auch hierbei ersetzt man in der Neuzeit den Tiegelofen mehr und mehr durch den billiger arbeitenden Cupolofen.

Die einfachste und zum Roheisenschmelzen auch am häufigsten angewendete Form eines Tiegelofens ist ein niedriger Schacht, unten durch einen Rost abgeschlossen, auf dem die Tiegel stehen, um durch die rings herum eingeschütteten Kohlen (Koks) erhitzt zu werden. Man hat Oefen für einen und für mehrere Tiegel; da aber die Schwierig - keit, eine gleichmässige Erhitzung mehrerer Tiegel zu erreichen, mit ihrer Anzahl wächst, so geht man selten über vier bis fünf, fast niemals über neun Tiegel hinaus. Der Querschnitt durch den Schacht ist kreis - förmig, quadratisch oder oblong.

619Tiegelöfen.

Einen Tiegelschachtofen für zwei Tiegel zeigen die Abbildungen Fig. 159 und 160.

Da die Temperatur unmittelbar über dem Roste, wo die kalte Luft eintritt, verhältnissmässig niedrig ist, würde der Fuss des Tiegels, wenn man ihn unmittelbar auf den Rost stellen wollte, kalt bleiben. Man giebt deshalb jedem Tiegel einen Untersatz aus feuerfestem Thon, ge -

Fig. 159.

Fig. 160.

wöhnlich Käse genannt, dessen Höhe 7 10 cm betragen kann. Die Höhe des Tiegelofens pflegt annähernd doppelt so gross zu sein als die Höhe der Tiegel; die Weite wird derartig bemessen, dass zwischen Tiegel und Ofenwand ein Raum von mindestens 60 mm bleibt. Der be - quemeren Bedienung halber pflegt man die Oefen, wie die Abbildung zeigt, vertieft in den Boden einzubauen, so dass nur die Gichtöffnung um620Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.einige Centimeter aus demselben hervorragt. Damit in diesem Falle der Luftzug unter den Rost nicht leide, muss neben dem Ofen ein aus - reichend weiter Schacht angebracht sein, von welchem aus der Aschen - fall zugänglich ist und welcher zugleich die Bedienung des Rostes ermög - licht. Um Unglücksfälle durch Hineinfallen von Personen zu verhüten, deckt man den Schacht gewöhnlich mit durchbrochenen Gusseisenplatten ab, welche sich leicht entfernen lassen.

Oberhalb der Tiegel befindet sich in der Rückwand des Ofens der Fuchskanal, welcher die Gase entweder nach einer unmittelbar hinter dem Ofen stehenden Esse oder nach einem für mehrere Oefen gemein - schaftlichen Essenkanale wie in der Abbildung führt. Bei Oefen mit oblongem Grundrisse vertheilt man, um eine gleichmässigere Ver - brennung zu erzielen, die Gase gern in zwei oder noch mehr Fuchs - kanäle, wie bei dem abgebildeten Ofen, so dass hinter je einem Tiegel oder einer Tiegelreihe sich ein solcher Fuchs befindet. Der Querschnitt der sämmtlichen zu einem Ofen gehörenden Füchse pflegt ¼ des Ofenquerschnittes zu betragen.

Damit nicht durch die Gichtöffnung Luft nach dem Fuchse hin angesaugt werde, hierdurch den Essenzug schwäche und eine Ver - brennung der Kohlen schon im oberen Theile des Ofens herbeiführe, deckt man jene Oeffnung durch einen Deckel ab, welcher aus einem Gusseisenrahmen mit eingesetzten feuerfesten Steinen zu bestehen pflegt. Bei kleineren Oefen hebt man ihn, wenn Brennmaterial nachgeschüttet oder der Tiegel herausgenommen werden soll, vermittelst einer Hand - habe ab; bei grösseren Oefen richtet man ihn zum Aufklappen ein und befestigt an der vorderen Seite eine über eine Rolle geführte Kette mit Gegengewicht, durch welches das Gewicht der Klappe ausgeglichen wird.

Bei der geringen Höhe, welche die Tiegelöfen besitzen, genügt in allen Fällen die Wirkung einer Esse, den erforderlichen Luftzug her - vorzubringen; aber damit dieselbe ihren Zweck erfülle, muss sie minde - stens 10 m, besser 15 m hoch und ihr Querschnitt gleich des Ofenquerschnittes sein. Durch Anbringung eines Registers lässt sich eine zu kräftige Wirkung der Esse abmindern; bei zu schwachem Essenzuge geht das Schmelzen langsam von Statten, die Kohlenoxyd - bildung wird vermehrt, die Temperatur im Ofen bleibt niedrig, und der Brennstoffverbrauch ist hoch.

Bei den feststehenden Tiegelöfen, wie sie soeben besprochen wurden, muss der Tiegel, nachdem das Metall geschmolzen und die Brennstoff - schicht entsprechend weit gesunken ist, mit Hilfe einer Zange aus der Gicht des Ofens herausgehoben werden, um alsdann nach dem Orte seiner Bestimmung getragen und hier entleert zu werden. Diese Arbeit ist nicht allein umständlich, sondern sie bewirkt auch eine rasche Abnutzung der Tiegel theils durch die mechanische Einwirkung der Zange, theils durch die rasche Abkühlung nach dem Ausgiessen. Zweck - mässiger in solchen Fällen, wo nur ein einziger Tiegel in den Ofen eingesetzt wird, ist deshalb ein von dem Franzosen Piat construirter tragbarer Tiegelofen, in welchem der Tiegel feststeht, und aus welchem die Entleerung bewirkt wird, ohne dass der Tiegel herausgenommen wird. Fig. 161 zeigt die Einrichtung eines solchen Ofens im Innern, Fig. 162 die Handhabung beim Giessen. Der Ofen ist mit einem Eisen -621Tiegelöfen.blechmantel eingefasst, und an demselben ist ein starkes, rings herum laufendes Schmiedeeisenband befestigt, welches zwei einander diagonal gegenüberstehende starke Zapfen trägt. Mit denselben hängt der Ofen, wie Fig. 161 erkennen lässt, während des Schmelzens in gusseisernen Lagerböcken, sofern man nicht vorzieht, ihn auf einen gemauerten Untersatz zu stellen; beim Tragen und Ausgiessen aber dienen die Zapfen, deren En - den zu diesem Zwecke vier - kantig ausgeschmiedet sind, zum Aufstecken von Hand - haben, deren Einrichtung ganz die nämliche ist als derjenigen, welche in Eisen - giessereien täglich zum Tra - gen und Entleeren von grös - seren Giesspfannen benutzt werden. Ist das Gewicht des Ofens sammt Inhalt zu schwer, um durch mensch - liche Kraft bewegt zu wer - den, so hängt man den Ofen mit den erwähnten Zapfen in den Bügel eines Krahnes, ebenfalls in der Weise, wie

Fig. 161.

es beim Bewegen grosser Giesspfannen geschieht, bringt ihn mit Hilfe desselben an den Ort seiner Bestimmung und entleert ihn, während er im Krahne hängt, vermittelst der schon erwähnten Handhaben.

Fig. 162.

Die Art und Weise, wie der Ofen mit der Esse in Verbindung gesetzt wird, sowie die Einrichtung des Ausgusses zeigt Fig. 161622Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.ausreichend deutlich, um eine besondere Erklärung entbehrlich zu machen.

Die Piatöfen werden in verschiedenen Grössen mit Tiegelinhalten von 20 120 kg gebaut. Auf der Pariser Ausstellung 1878 wurde die Einrichtung durch Verleihung der goldenen Metaille ausgezeichnet; in Deutschland aber scheinen sie bislang weder in Eisenwerken noch in Metallschmelzereien ausgedehntere Anwendung gefunden zu haben. 1)Weniger zweckmässig als die geschilderte Einrichtung des Ofens an und für sich dürfte eine von Piat mit derselben verbundene andere Einrichtung sein, dazu dienend, die abziehende Wärme in einem zwischen Ofen und Esse eingeschalteten Lufterhitzungsapparate zum Vorwärmen der zuströmenden Verbrennungsluft zu be - nutzen. Die Wirkung heisser Luft ist dieselbe wie bei Cupolöfen: die Kohlenoxyd - gasbildung wird vermehrt und der Vortheil der Wärmezurückführung geht hierdurch wieder verloren.

Aus denselben Gründen, welche beim Cupolofenbetriebe den Koks als Brennstoff ein entschiedenes Uebergewicht über Holzkohlen ver - leihen, liefern auch beim Tiegelschmelzen in den beschriebenen Oefen erstere ungleich günstigere Ergebnisse. Nur die Abnutzung der Tiegel, deren Wände durch die Asche der Koks oft stark angegriffen werden, ist beim Koksschmelzen beträchtlicher, und aus diesem Grunde ist die Wahl möglichst aschenarmer Koks von Nutzen.

Der Brennstoffverbrauch beim Roheisenschmelzen pflegt durch - schnittlich per 1000 kg Roheisen 1000 kg Koks zu betragen, ist übrigens verschieden, je nachdem ein oder mehrere Tiegel in einen Ofen ein - gesetzt werden, je nachdem die Koks dichter oder weniger dicht, aschen - reicher oder aschenärmer sind, u. s. f.

Der Abgang ist unbedeutend und dürfte sich in den meisten Fällen kaum auf 2 Proc. beziffern.

Wenn eine grosse Zahl Tiegel mit einem Male eingesetzt werden soll und der Betrieb ununterbrochen fortgeht ein Fall, der übrigens beim Schmelzen von Roheisen sehr selten vorkommen dürfte , so besitzen Oefen mit Gasfeuerung vor den besprochenen Tiegelschachtöfen mit Koksheizung entschiedene Vortheile. Die Tiegel kommen nicht mit der Asche der Brennstoffe in Berührung und werden mehr geschont; das Herausnehmen der Tiegel ist weniger beschwerlich, da man nicht auf das Niedergehen der Koks zu warten braucht; die Anwendung roher Brennstoffe statt der Koks kann aus Ersparungsrücksichten wün - schenswerth sein. Die für diesen Zweck benutzten Oefen sind Herd - flammöfen mit ebenem Herde von geringer Ausdehnung, auf welchem die Tiegel in Parallelreihen aufgestellt sind. Das Einsetzen und Her - ausnehmen der Tiegel erfolgt durch Oeffnungen in der Decke des Ofens über dem Herde. Die Feuerung muss so eingerichtet sein, dass eine kurze, heisse Flamme entsteht; besonders geeignet hierfür ist das Sie - mens’sche System. Die Abbildungen Fig. 19 24 (S. 116) stellen einen solchen Siemensofen zum Tiegelschmelzen dar, welcher ebenso wohl zum Roheisenschmelzen als zum Schmelzen anderer Metalle sich623Das Feinen (die Entsilicirung) des Roheisens.benutzen lässt. Hinsichtlich der Einrichtung dieses Ofens kann auf das a. a. O. Gesagte Bezug genommen werden.

Der Brennstoffverbrauch bei solchen Oefen mit Siemensfeuerung und Anwendung von Steinkohlen dürfte 1300 1600 kg per 1000 kg Roheisen betragen.

3. Das Feinen (die Entsilicirung) des Roheisens.

In früherer Zeit, als graues Roheisen für die Giesserei das Haupt - erzeugniss der meisten Hochöfen bildete und man nur das für die Giesserei entbehrliche Roheisen auf schmiedbares Roheisen zu verarbeiten pflegte, spielte das Feinen dieses letzteren eine nicht unwichtige Rolle unter den eisenerzeugenden Processen. Indem man durch diesen Vorbereitungs - process das Roheisen seines Siliciumgehaltes (und Mangangehaltes, falls solcher zugegen war) beraubte, das graue Roheisen in weisses und zugleich manganarmes Roheisen umwandelte, kürzte man den späteren eigentlichen Frischprocess ab, welcher nunmehr nur noch die Aus - scheidung des Kohlenstoffes zu bewirken hatte; der Frischapparat wurde stärker ausgenutzt, die Leistung desselben vergrössert.

In allen Fällen beruhte, wie sich von selbst versteht, das Feinen auf einer Oxydation durch den Sauerstoff der Luft oder zugesetzter sauerstoffabgebender Körper. Die hierfür benutzten Methoden aber waren ziemlich mannigfaltig.

Im Hochofen selbst bewirkte man mitunter das Feinen, indem man durch eine abwärts gerichtete Düse Wind auf die Oberfläche des im Herde stehenden Roheisens blies. Der Process war beendet, wenn das Eisen anfing Funken zu werfen, ein Zeichen der eintretenden Ver - brennung von Kohle. Oder man liess durch die Formen feingepulverte Eisenerze, eisenoxydreiche Frischschlacke oder dergleichen vom Winde in den Ofen blasen, ein Verfahren, welches man Futtern des Hochofens nannte, und welches einen mehrtägigen Rohgang desselben nach sich zu ziehen pflegte.

In Oberschlesien bediente man sich in den vierziger Jahren ver - schiedentlich eines mit Gas geheizten Flammofens, auf dessen Herde das Roheisen geschmolzen und durch darüber geleiteten Gebläsewind gefeint wurde. Da der Herd aus Quarz oder kieselsäurereichem Mate - riale hergestellt wurde, blieben die wiederholt angestellten Versuche, den Process auch als Mittel für eine Entphosphorung zu benutzen, erfolglos. Der Ofen, unter dem Namen Eck’scher Feinofen, wurde s. Z. ausführlich in Zeitschriften und metallurgischen Handbüchern be - sprochen. Noch im Jahre 1882 fand ich auf einem oberschlesischen Eisenwerke einen derartigen, jetzt unbenutzt stehenden oder für Neben - zwecke dienenden Feinofen als Reliquie aus verflossenen Jahrzehnten.

In anderen Fällen bediente man sich eines niedrigen, von ge - kühlten Gusseisenplatten gebildeten Feuers zum Feinen1)Unter der Bezeichnung englisches Feinfeuer in zahlreichen Werken über Eisenhüttenkunde besprochen., in welchem das Roheisen unter sehr hohem Koksverbrauche zwischen zwei ein -624Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.ander gegenüberliegenden Reihen Düsen niedergeschmolzen wurde. Setzte man hierbei reichliche Mengen eisenreicher Schlacken zu, so war auch eine theilweise Entphosphorung möglich; aber auch der ge - sammte Abbrand war hoch und betrug mitunter mehr als 16 Proc.

Bei allen diesen Methoden wird, sofern die Temperatur nicht allzu hoch steigt und der Process nicht allzu lange ausgedehnt wird, vorzugs - weise Silicium und Mangan abgeschieden. Phosphor kann, wie erwähnt, theilweise in die Schlacke geführt werden, sofern diese ausreichend basisch ist, Kohlenstoff wird nicht verbrannt und ist seinem Procent - gehalte nach in dem gefeinten Eisen oft reichlicher vorhanden als in dem rohen. Infolge der Abscheidung des Siliciums wird das graue Roh - eisen in weisses umgewandelt.

Anders verläuft der Process, wenn die Temperatur sehr gesteigert wird, z. B. durch Anwendung heissen Windes statt kalten. Die Ver - brennung wirft sich alsdann theilweise auf den Kohlenstoffgehalt des Roheisens und der Siliciumgehalt wird weniger als im andern Falle beeinflusst. In dieser Beziehung interessant, wenn auch übrigens ohne praktische Wichtigkeit, ist ein Verfahren, welches vor einigen Jahren auf französischen Eisenwerken unter dem Namen Hamoirprocess durch - geführt wurde und im Wesentlichen auf dem Einblasen heissen Windes in das aus dem Hochofen fiiessende Roheisen beruhte. Die Analyse eines derartig behandelten Roheisens zeigte, dass der Kohlenstoffgehalt von 4.10 Proc. auf 2.80 Proc., der Siliciumgehalt von 1.16 Proc. auf 0.69 Proc., der Phosphorgehalt von 1.71 Proc. auf 1.44 Proc. sich ver - ringert hatte. 1)Vergl. Literatur.

Seitdem man gelernt hat, beim Hochofenbetriebe die Beschaffenheit des erfolgenden Roheisens fast beliebig zu regeln, und solcherart unmittel - bar Roheisensorten zu erzeugen ähnlich denjenigen, wie sie früher erst durch den Feinprocess aus grauem Roheisen gewonnen wurden; seitdem ferner der Bedarf an diesem weissen Roheisen den Bedarf an grauem Roheisen ganz erheblich überstiegen hat, und somit jene frühere Betriebs - weise, bei der nur die Abfälle von der Gusswaarendarstellung durch Feinen in Weisseisen umgewandelt wurden, zur Deckung des Bedarfes an letzterem überhaupt unmöglich geworden ist, hat auch das Feinen des Roheisens seine frühere Wichtigkeit vollständig verloren. Im Hoch - ofen lässt sich, wie aus den früheren Darlegungen hervorgeht, ein siliciumarmes Weisseisen nicht unerheblich billiger als Graueisen dar - stellen; durch den Feinprocess aber werden die Kosten des letzteren noch fernerhin vertheuert.

Wohl aber führt man unabsichtlich mitunter einen Feinprocess aus, wo eine Entphosphorung des Roheisens nach einer der im Nach - folgenden beschriebenen Methoden der Hauptzweck ist; denn es ist kein Verfahren bekannt, durch welches grössere Mengen Phosphor aus dem Roheisen ohne gleichzeitige Abscheidung des ganzen Silicium - gehaltes entfernt werden könnten.

625Die Entphosphorung des Roheisens.

4. Die Entphosphorung des Roheisens.

Schon bei den verschiedenen Methoden des Roheisenfeinens hatte man mit mehr oder minder Erfolg versucht, auch den Phosphor - gehalt zur Abscheidung zu bringen; aber unbekannt mit den Grund - bedingungen für die Durchführung dieses Processes Anwesenheit basischer Schlacke und um so niedrigere Temperatur, je mehr Kohlen - stoff noch anwesend ist hatte man gewöhnlich den Oefen ein kiesel - säurereiches Ofenfutter gegeben und dadurch von vorn herein eine umfänglichere Entphosphorung vereitelt.

Dass in dem zur Darstellung schmiedbaren Eisens aus dem Roheisen bestimmten Puddelofen, dessen Herd mit eisenoxydreichen Schlacken ausgesetzt ist, ein grosser Theil des Phosphors sich abscheiden lässt, sofern die Temperatur nicht zu hoch steigt, ist schon seit vielen Jahr - zehnten bekannt; eine Entphosphorung des Roheisens aber als beson - derer Process, unabhängig von der späteren Verarbeitung und ohne gleichzeitige Verbrennung des Kohlenstoffes, wurde zuerst von L. Bell in den siebenziger Jahren durchgeführt, nachdem derselbe durch mehr - jährige verdienstliche Versuche das Verhalten des Phosphors in dieser Beziehung studirt hatte.

Das Bell’sche Entphosphorungsverfahren beruht im Wesentlichen auf denselben Vorgängen, welche auch im Puddelofen die Phosphor - abscheidung bewirken. Das geschmolzene Roheisen wird mit eben - falls geschmolzenen oder doch gut vorgewärmten eisenoxydreichen Körpern Hammerschlag, Frischschlacken, Eisenerzen in möglichst innige Mischung gebracht und dann, nachdem die Einwirkung statt - gefunden hat, durch Abstechen von der specifisch leichteren phosphor - säurehaltigen Schlacke getrennt. Als Mischapparat diente ein mit Eisen - oxyden ausgefutterter, länglicher, trogartiger, oben überwölbter Behälter von ca. 4 m Länge, welcher sich wie ein Balancier um zwei horizon - tale Zapfen in schwingende Bewegung versetzen liess; eine Dampf - maschine diente dazu, diese Bewegung hervorzubringen. Das Schwingen wurde 10 Minuten lang wiederholt, wobei das Roheisen mit der zuge - setzten Schlacke 60 80 Mal hin - und herfloss. Das Einlassen des Roh - eisens geschah unmittelbar vom Hochofen oder von einem Cupolofen.

Es gelang auf diese Weise, graues Clevelandroheisen mit ca. 1.5 Proc. Phosphor in weisses Roheisen mit durchschnittlich 0.22 Proc. Phosphor und mitunter erheblich weniger umzuwandeln. Der Siliciumgehalt ver - ringerte sich hierbei von 1.8 Proc. auf 0.05 Proc. Bei Verwendung gerösteter Clevelanderze als Entphosphorungsmaterial betrug der Ver - brauch an denselben ca. 50 Proc. von dem Gewichte des Roheisens.

Fast zu derselben Zeit (1877), als Bell in England seine Versuche anstellte und die Ergebnisse derselben dem Iron and Steel Institute vorlegte, nahm Alfr. Krupp in Essen ein Patent auf ein Entphos - phorungsverfahren für Roheisen, welches auf ganz ähnlichen Grund - sätzen beruhte. Während jedoch Bell, wie es scheint, den Mangan - gehalt des Roheisens unberücksichtigt liess, empfiehlt Krupp aus - drücklich die Verwendung eines etwas manganhaltigen Roheisens. Der Mangangehalt hat hierbei eine doppelte Aufgabe zu erfüllen: er schütztLedebur, Handbuch. 40626Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.als leichtoxydirbarer Körper den Kohlenstoff vor dem Verbrennen; und das entstehende Manganoxydul erhöht als kräftige Base die Neigung des Phosphors, aus dem Roheisen auszutreten, um Phosphate zu bilden.

Das Krupp’sche Verfahren ist in Essen und auf einigen anderen, besonders ausserdeutschen Werken in Anwendung.

Als Mischapparat pflegt ein mit Siemensfeuerung versehener Pernot - ofen (S. 128) benutzt zu werden, dessen Herd mit Eisenerzstücken aus - gekleidet ist. Der äussere Durchmesser des in Essen angewendeten Ofenherdes beträgt 3.6 m, die Tiefe 0.9 m, die Stärke des Futters an den Wänden 0.33 m, am Boden 0.23 m, so dass sich eine innere Weite des Herdes von 2.94 m und eine Tiefe von 0.67 m ergiebt. An einer Stelle des Umfanges ist eine Abstichöffnung angebracht. Der jedes - malige Roheiseneinsatz (welcher in Essen, wo keine Hochöfen vor - handen sind, im Cupolofen geschmolzen wird) beträgt gewöhnlich 5 t. Als Entphosphorungsmaterial pflegt man Erze, gemischt mit Hammer - schlag, zu benutzen, deren Kieselsäuregehalt nicht über 15 Proc. betragen soll; bei Verarbeitung von Roheisen mit mehr als 1 Proc. Silicium wird den Erzen eine gewisse Menge Kalk zugeschlagen. Ein geringer Kieselsäuregehalt dagegen (mindestens 6 Proc.) ist erforder - lich, jedenfalls, um der Schlacke die erforderliche Schmelzbarkeit zu verleihen. Die erforderliche Menge des Zuschlages beträgt durchschnitt - lich 20 Proc. vom Roheisengewichte, bei sehr hohem Phosphorgehalte jedoch mehr. Die Erze werden vor dem Roheisen in den Ofen ge - bracht und am Rande des Herdes vertheilt, während dieser langsam gedreht und ziemlich stark erhitzt wird. Nach dem Einlassen des Roh - eisens wird die Drehung des Ofens beschleunigt (11 Umgänge per Minute); sobald sich deutliche Kohlenoxydgasbildung zeigt, was nach Verlauf von 5 8 Minuten der Fall zu sein pflegt, wird das Eisen abgestochen. Für die ganze Verarbeitung eines Einsatzes incl. Reparatur des Herdfutters, Einlassen, Abstechen u. s. w. ist eine Gesammtzeit von etwa 75 Minuten erforderlich, so dass in 24 Stunden 9 Einsätze ver - arbeitet werden können. Der Gewichtsverlust pflegt 1.5 2 Proc. vom Roheisengewichte zu betragen.

Ueber den chemischen Erfolg des Processes geben folgende von Holley mitgetheilte1)Vergl. Literatur. Analysen Aufschluss.

Die erfolgende Schlacke enthielt:

627Die Entphosphorung des Roheisens.

Ilseder Roheisen, welches unter Verwendung von Ilseder Erzen entphosphort wurde, enthielt:

und die entstandene Schlacke bestand aus:

Es werden also 75 80 Proc. des ursprünglichen Phosphorgehaltes des Roheisens entfernt. Der Brennstoffverbrauch im Pernotofen beträgt ungefähr 90 kg Steinkohlen per 1000 kg Roheisen; die Löhne 0.90 , die Reparaturkosten für den Ofen 0.35 1)Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1880, S. 60. Hierzu kommen die Kosten für die erforderlichen Zuschläge wie für den Betrieb der Dampfmaschine zur Bewegung des Ofens und, sofern das Roheisen nicht unmittelbar aus dem Hochofen entnommen werden kann, die Kosten des Cupol - ofenschmelzens, so dass die Gesammtkosten sich auf 4 6 per 1000 kg Roheisen excl. des Cupolofenschmelzens, 8 10 incl. des - selben beziffern dürften.

Die örtlichen Verhältnisse eines Eisenwerkes werden darüber ent - scheiden müssen, ob trotz dieser Kosten die Entphosphorung noch loh - nend sein kann, oder ob nicht die Verwendung eines von vorn herein aus phosphorärmeren Erzen erblasenen Weisseisens zweckmässiger erscheint. In zahlreichen Fällen dürfte letzteres der Fall sein.

Es unterliegt keinem Zweifel, dass eine theilweise Entphosphorung des Roheisens sich auch ohne Weiteres im Cupolofen erreichen lassen wird, sofern hier die Bedingungen für Entstehung einer basischen Schlacke und für die Oxydation des Phosphors erfüllt werden. Vor allen Dingen ist es zur Erreichung dieses Zweckes erforderlich, dass der Cupolofen nicht mit kieselsäurereichen Körpern ausgefuttert sei; basische Ofenbaumaterialien (S. 141) oder vielleicht besser noch ein mit Wasser gekühlter eiserner Ofen (S. 607) sind hier am Platze. Eine Schwierigkeit erwächst aus dem Umstande, dass eisenoxydreiche Körper, welche bei dem Bell’schen und Krupp’schen Verfahren als Oxydationsmittel und gleichzeitig als Basen dienen, im Cupolofen bei der längeren Berührung mit dem Roheisen auch ein völliges Frischen desselben herbeiführen würden; daher muss die Oxydation vorwiegend durch den Windstrom bewirkt und die basische Beschaffenheit der Schlacke durch Kalksteinzuschlag hervorgerufen werden. Damit aber die kalkreiche Schlacke ausreichend schmelzbar bleibe, ist ein Zusatz von Flussspath zweckmässig (vergl. S. 174).

40*628Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.

Nach Rollet1)Vergl. Literatur. kann der Kalkzuschlag 100 350 kg per 1000 kg Roheisen, der Flussspathzuschlag 38 50 kg betragen. Bei Versuchen, welche in Givors angestellt wurden, erhielt man nach Rollet’s An - gabe folgende chemische Aenderungen des Roheisens:

Der Gehalt der Schlacken an Kieselsäure und Phosphorsäure darf nach den in Givors gemachten Beobachtungen nicht über 18 Proc. hinausgehen, und es muss die Menge des erforderlichen Zuschlages dieser Bedingung entsprechend bemessen werden.

5. Die Entschweflung des Roheisens.

Da man bei der Verhüttung der Eisenerze im Hochofen im Stande ist, theils durch entsprechende Vorbereitung derselben (Rösten, Aus - laugen), theils durch Bildung basischer Schlacken den grössten Theil des Schwefelgehaltes sowohl der Erze als der Brennstoffe von dem Roheisen fern zu halten, so besitzt eine Entschweflung des Roheisens als besonderer Process nur selten eine gewisse Wichtigkeit. Das ein - fachste Mittel dafür würde ein Schmelzen des Roheisens mit reich - lichem Kalksteinzuschlage, unter Umständen mit Flussspathzusatz sein. Bei den oben besprochenen, von Rollet in Givors angestellten Ver - suchen, im Cupolofen eine Reinigung des Roheisens herbeizuführen, war nicht allein die Entphosphorung, sondern auch die Entschweflung beabsichtigt, und man scheint sogar absichtlich ein besonders schwefel - reiches Roheisen für diesen Zweck dargestellt zu haben; die mit - getheilten Analysen lassen erkennen, dass in Wirklichkeit die Ent - schweflung in noch vollkommnerem Grade als die Entphosphorung gelungen ist. Während aber die Entphosphorung aus den früher erörterten Gründen durch eine niedrige Temperatur befördert wird, tritt der Schwefel erfahrungsmässig um so vollständiger aus dem Roheisen aus, in je höherer Temperatur dasselbe mit der basischen Schlacke in Berührung gebracht wird.

Dass auch beim Krupp’schen Entphosphorungsprocess der grösste Theil des anwesenden Schwefels mit dem Mangan aus dem Roheisen austritt, zeigen die auf S. 626 mitgetheilten Analysen eines Roheisens von dem Eisenwerke Phönix.

629Literatur.

Literatur.

A. Grössere Werke.

Ueber Schmelzöfen für Roheisen

  • E. F. Dürre, Wissenschaftlich-technisches Handbuch des gesammten Giessereibetriebes. Leipzig 1875.
  • A. Ledebur, Handbuch der Eisengiesserei. Weimar 1882, S. 46.

Ueber die älteren Methoden der Reinigung des Roheisens, insbesondere des Feinens:

  • H. Wedding, Die Darstellung des schmiedbaren Eisens. Braunschweig 1875, S. 24.

B. Abhandlungen.

Ueber Schmelzöfen.

  • F. Fischer, Ueber Cupolöfen. Dingl. Polyt. Journal, Bd. 231, S. 38.
  • A. Ledebur, Ueber Cupolöfen. Civilingenieur, Bd. 13, Heft 8.
  • G. Ahlemeyer, Der Ibrügger’sche Cupolofen. Glaser’s Annalen für Gewerbe und Bauwesen, Bd. IX, S. 231.
  • H. Frey, Der Fauler’sche Cupolofen Ztschr. d. berg - und hüttenm. Ver. f. Steiermark und Kärnten 1881, S. 321.
  • Voisin’s Cupolofen. Dingl. Polyt. Journal, Bd. 218, S. 490.
  • Lawrence’s Cupolofen. Dingl. Polyt. Journal, Bd. 224, S. 401.
  • Amerikanische Cupolöfen für Bessemerhütten Dingl. Polyt. Journ. Bd. 241, S. 296 (aus Engineering 1880, S. 592).
  • A. Ledebur, Cupolofen mit Wasserkühlung. Berg - und hüttenm. Ztg. 1878, S. 150.
  • O. Gmelin, Ein neuer Cupolofen mit Wasserkühlung. Oestr. Ztschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 526; Stahl und Eisen 1882, S. 306.
  • Wagner, Ueber den Bau von Gussflammöfen und deren Betrieb. Oestr. Ztschr. f. Berg - und Hüttenwesen 1857, S. 115.
  • K. Wittgenstein und A. Kurzwernhart, Ueber die Fabrikation von Stahl - schienen mit Braunkohlen in Teplitz (Siemens-Flammofen zum Roh - eisenschmelzen). Stahl und Eisen 1883, S. 211.

Ueber Reinigung des Roheisens.

  • L. Bell, On the separation of carbon, silicon, sulphur and phosphorus in the refining and puddling furnaces. The Journal of the Iron and Steel Institute 1877, p. 108, 322; deutsch bearbeitet in der Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1877, S. 385.
  • L. Bell, On the separation of phosphorus from pig-iron. The journal of the Iron and Steel Institute 1878, p. 17.
  • J. E Stead, Phosphor und Eisen. Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1878, S. 67 (aus Iron).
  • A. Holley, Washing phosphoric pig-iron for the open-hearth process at Krupp’s works. Transactions of the American Institute of Mining Engi -630Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.neers, vol. VIII, p. 156; deutsch in der Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1879, S. 413.
  • C. Petersen, Die Entphosphorung des Roheisens nach Krupp’s Patent. Wochenschrift des Ver. deutscher Ing. 1880, S. 36.
  • A. Rollet, Der Cupolofen als Reinigungsapparat für Roheisen. Stahl und Eisen 1883, S. 305.
  • P. Tunner, Der Hamoirprocess. Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. f. Steier - mark und Kärnten 1878, S. 1.
[631]

DRITTE ABTHEILUNG. DAS SCHMIEDBARE EISEN UND SEINE DARSTELLUNG.

[632][633]

I. Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.

1. Eintheilung.

Wie schon auf S. 5 besprochen worden ist, lässt sich fast alles schmiedbare Handelseisen in Schweisseisen und Flusseisen ein - theilen. Ersteres wird im ungeschmolzenen, aber stark erweichten Zustande gewonnen und ist mit Schlacke durchsetzt, welche bei dem Darstellungsprocesse gebildet wurde und zwischen den Eisenkörnchen zurückblieb; letzteres erfolgt im vollständig flüssigen Zustande und ist schlackenfrei.

Sowohl das Schweisseisen als das Flusseisen zerfallen nach den für ihre Darstellung benutzten Methoden in verschiedene Arten, wie sich aus der später folgenden Besprechung der einzelnen Processe ergeben wird.

Ausserdem giebt es jedoch einige Arten schmiedbaren Eisens, welche ihrer Entstehung und ihrer Beschaffenheit gemäss weder un - mittelbar dem Schweisseisen noch dem Flusseisen zugerechnet werden können, obgleich sie mitunter als Zwischenerzeugnisse zur Darstellung der einen oder andern dieser Eisengattungen benutzt, oder auch aus denselben erst durch einen nachfolgenden Process erzeugt wurden.

Glüht man z. B. ein graphitfreies, silicium - und manganarmes Roh - eisen, ohne es zu schmelzen, in Berührung mit sauerstoffabgebenden Körpern (Eisenoxyden, atmosphärischer Luft), so wird, wie schon auf S. 281 und 282 geschildert wurde, der Kohlenstoff verbrannt und das Roheisen in schmiedbares Eisen umgewandelt, welches man allgemein als Tempereisen bezeichnen kann und welches seiner Darstellung und Bestimmung gemäss wieder in zwei verschiedene Arten (schmied - barer Guss und Glühstahl) zerfällt.

Glüht man aber kohlenstoffarmes schmiedbares Eisen mit Kohle, so nimmt es Kohlenstoff auf und wandelt sich dadurch in Cement - stahl um (S. 232).

Weniger scharf als die soeben besprochene Eintheilung des schmied - baren Eisens ist die Unterscheidung des Stahles vom Schmiede - eisen.

Ledebur, Handbuch. 41634Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.

Nach den Erörterungen auf S. 4 und 5 soll die Härtbarkeit das Unterscheidungsmerkmal des ersteren vom letzteren bilden. Schwierig oder unmöglich ist es aber, die Grenze genau zu ermitteln, wo die Härtbarkeit anfängt oder aufhört. In neuerer Zeit kommt, die Unter - scheidung erschwerend, der andere, ebenfalls schon erwähnte Umstand hinzu, dass zahlreiche, besonders britische Eisenhüttenleute gewöhnt sind, alles Flusseisen als Stahl zu bezeichnen, gleichviel, ob es härtbar ist oder nicht. Dass alles, auch das weichste und am wenigsten härt - bare Flusseisen in seinen Eigenschaften dem Stahle näher steht als weiches Schweisseisen, ist nicht in Abrede zu stellen.

Wie es in Deutschland üblich ist, soll in Folgendem unter der Bezeichnung Stahl, wo dieselbe überhaupt zur Anwendung kommt, nur ein kohlenstoffreicheres, deutlich härtbares Eisen verstanden werden, dessen Gegensatz das nicht härtbare Schmiedeeisen bildet; die Aus - drücke Schweisseisen und Flusseisen dagegen sind allgemeine Bezeichnungen, welche ebensowohl auf kohlenstoffreicheres, härtbares als kohlenstoffärmeres, nicht deutlich härtbares schmiedbares Eisen be - zogen werden können.

2. Die Schmiedbarkeit und Dehnbarkeit.

Ein Körper heisst schmiedbar im eigentlichen Sinne, wenn er befähigt ist, im erhitzten, aber ungeschmolzenen Zustande unter Ein - wirkung von Hammerschlägen bleibende Formveränderungen zu er - tragen, ohne zertrümmert zu werden. Der Zweck der Erhitzung hierbei ist eine Verringerung seines Widerstandes gegen jene Formveränderung, d. i. seiner Härte.

Nicht selten jedoch dehnt man den Begriff der Schmiedbarkeit weiter aus und versteht darunter die Fähigkeit der Körper, in irgend einer beliebigen Temperatur Formveränderungen durch Hammerschläge zu ertragen.

In jedem Falle bildet die Schmiedbarkeit eine besondere Art der allgemeineren Eigenschaft, welche man als Dehnbarkeit bezeichnet, d. h. die Fähigkeit, unter Einwirkung irgend einer äusseren Kraft (Druck, Zug u. s. w.) Formveränderungen im ungeschmolzenen Zustande zu ertragen.

Sowohl die Schmiedbarkeit im engeren als die Dehnbarkeit im weiteren Sinne können, da sie nur auf bleibende Formveränderungen bezogen werden, erst zur Geltung gelangen, nachdem unter der Wirkung des ausgeübten Schlages, Druckes, Zuges u. s. w. die Elasticitätsgrenze des betreffenden Körpers in der jedesmal angewendeten Temperatur überschritten ist; sie verlieren ihre Geltung, wenn das Maass der angewendeten äusseren Kraft grösser ist als die Festigkeit des beein - flussten Körpers. Demnach wird eine beabsichtigte Formveränderung im Allgemeinen um so leichter durchführbar sein, je weiter die Elasti - citätsgrenze und Festigkeit aus einander liegen.

Für die Elasticitätsgrenze und Festigkeit eines und desselben Körpers entfallen nun aber gewöhnlich ganz verschiedene Werthe, je nachdem die eine oder andere Art der äusseren Einwirkung (Druck, Zug) stattfindet, und je nachdem die Temperatur hierbei höher oder635Die Schmiedbarkeit und Dehnbarkeit.niedriger ist. Es folgt hieraus einestheils, dass ein Körper, dessen Dehn - barkeit unter anderen Einflüssen vielleicht beträchtlich ist, doch nicht immer gut schmiedbar zu sein braucht; und anderntheils, dass die Schmiedbarkeit eines und desselben Körpers auch unter verschiedenen Temperaturen grosse Abweichungen zeigen kann.

Nicht immer steigert sich die Schmiedbarkeit im geraden Verhält - nisse mit der Temperatur. Bei manchen Metallen, und insbesondere auch bei gewissen Arten des schmiedbaren Eisens, fallen z. B. in einer bestimmten höheren Temperatur, gewöhnlich dunkler oder heller Roth - gluth, die Werthe für Elasticitätsgrenze und Festigkeit so nahe zu - sammen, dass schon Zertrümmerung eintritt, sobald die erstere über - schritten wird; das Metall ist in dieser Temperatur nicht schmiedbar, es ist rothbrüchig. Häufig aber ist die Schmiedbarkeit vorhanden ebensowohl, wenn die Temperatur unter jenem gefährlichen Punkte bleibt, als wenn sie über denselben hinaus gesteigert wird.

Dehnbarkeit und Schmiedbarkeit stützen sich auf die Zähigkeit, d. h. das Maass des Widerstandes, welchen ein Körper nach dem Ueber - schreiten der Elasticitätsgrenze der Zertrümmerung entgegensetzt.

Das Maass der Schmiedbarkeit eines Körpers ist im Wesentlichen von zwei Umständen abhängig. Erstens von dem grösseren oder ge - ringeren Widerstande, welchen derselbe der stattfindenden Formver - änderung entgegensetzt, d. h. seiner Härte; der Körper ist um so leichter schmiedbar, je weniger hart er ist. Zweitens von der Grösse der Form - veränderung, welche er, ohne zertrümmert zu werden, unter einer einmaligen Schlagwirkung ertragen kann, und welche natürlich von der Intensität dieser Schlagwirkung abhängig ist. Je kräftigere Schläge der Körper aushält, ohne zu zerfallen, desto rascher schreitet die Formveränderung vorwärts, desto besser schmiedbar ist der Körper.

Reines Eisen ist leicht schmiedbar und gut dehnbar. Die Schmied - barkeit und Dehnbarkeit verringern sich mit zunehmendem Gehalte fremder Körper.

Nicht alle fremden Bestandtheile des Eisens jedoch beeinflussen jene Eigenschaften gleich stark. Während ein Mangangehalt von selbst mehreren Procenten die Schmiedbarkeit des Eisens in höherer Temperatur oft nicht merklich verringert, ruft ein Schwefelgehalt von weniger als 0.1 Proc. häufig einen solchen Rothbruch hervor, dass das Eisen unverarbeitbar ist; dieser Einfluss des Schwefelgehaltes wird abgemindert, wenn neben demselben Mangan zugegen ist (vergl. S. 251 und 256). Anders ist es in gewöhnlicher Temperatur.

Ein Mangangehalt, indem er die Härte des schmiedbaren Eisens steigert, verringert merklich, wenn auch bei mässigem Gehalte nicht erheblich die Dehnbarkeit; ein Schwefelgehalt, welcher starken Roth - bruch hervorruft, wirkt dagegen auf die Dehnbarkeit des kalten Eisens oft kaum nachtheilig ein. Dass ein rothbrüchiges Eisen sich auch in Weissgluth oft ohne Schwierigkeit schmieden lässt, wurde bereits mehr - fach erwähnt.

Aehnlich wie Schwefel beeinflusst ein im Flusseisen sich findender Sauerstoffgehalt (Eisenoxydulgehalt) die Dehnbarkeit und Schmied -41*636Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.barkeit desselben. Ein Sauerstoffgehalt von mehr als 0.1 Proc. kann das Eisen vollständig rothbrüchig machen; aber in Weissgluth pflegt dasselbe Eisen gut schmiedbar zu sein, und in der Kälte besitzt es einen oft hohen Grad von Dehnbarkeit (S. 276).

Phosphor verringert, auch wenn er in mehreren Zehntelprocenten zugegen ist, die Schmiedbarkeit in Rothgluth nicht merklich, ja, viele Sorten phosphorhaltigen Eisens zeichnen sich durch vorzügliche Schmied - barkeit aus; über Rothgluth hinaus aber erträgt das Eisen, ohne zu zerfallen, weniger starke Erhitzungen als phosphorärmeres, dessen Schmelzpunkt höher liegt; und in gewöhnlicher Temperatur werden die Zähigkeit und Dehnbarkeit des schmiedbaren Eisens durch einen Phos - phorgehalt in starkem Maasse benachtheiligt. Elasticitätsgrenze und Festigkeit liegen nahe bei einander; das Eisen ist spröde (S. 246).

Silicium im übrigens reinen Eisen beeinflusst die Schmiedbar - keit in Weissgluth und Rothgluth nicht sehr erheblich, sofern sein Gehalt nicht über das gewöhnliche Maass (einige Zehntelprocente) hin - ausgeht; stärker scheint die Dehnbarkeit in der Kälte durch einen Siliciumgehalt benachtheiligt zu werden, obschon der Einfluss des Siliciums erheblich schwächer ist als der des Phosphors. Die Erken - nung desselben wird durch das regelmässig stattfindende Vorkommen anderer Körper, insbesondere von Kohlenstoff neben dem Silicium, erschwert (vergl. auch S. 244).

Die Einwirkung eines Kupfergehaltes wurde schon auf S. 259 besprochen.

Kohlenstoff, dieser niemals ganz fehlende Begleiter alles tech - nisch gewonnenen Eisens, beeinträchtigt die Schmiedbarkeit in der Wärme und, indem er die Härte steigert, auch die Dehnbarkeit in der Kälte. Da die Schmelztemperatur des Eisens mit zunehmendem Kohlen - stoffgehalte rasch abnimmt, so erträgt dasselbe beim Schmieden um so weniger starke Erhitzungen, je kohlenstoffreicher es ist. Dass im übrigens reinen Eisen ein Kohlenstoffgehalt von etwa 2.3 Proc. die Grenze be - zeichnet, wo die Schmiedbarkeit völlig aufhört und das Eisen dem - nach die Eigenschaften des Roheisens annimmt, wurde schon auf S. 4 erwähnt; da aber die meisten anderen Metalloide, welche neben Kohlen - stoff im Eisen aufzutreten pflegen (Silicium, Phosphor, Schwefel), ähn - lich wie dieser, aber verschieden kräftig, einwirken, so erklärt es sich, dass es überhaupt nicht möglich ist, genau anzugeben, welches der höchste Gehalt an fremden Körpern incl. des Kohlenstoffes im Eisen sein darf, ohne dass dasselbe seine Schmiedbarkeit einbüsse.

Flusseisen enthält durchschnittlich eine grössere Menge fremder, chemisch gebundener (legirter) Körper als Schweisseisen, welches be - sonders von Mangan und Silicium frei zu sein pflegt. Hieraus erklärt sich dann, dass bei gleichem Kohlenstoffgehalte ersteres nicht ganz so gut schmiedbar zu sein pflegt, oder doch einen höheren Arbeitsauf - wand beim Schmieden erheischt, als letzteres. Deutlicher noch als im kohlenstoffarmen Eisen pflegt im Stahle dieser Unterschied beider Eisen - gattungen hervorzutreten.

637Die Schweissbarkeit.

3. Die Schweissbarkeit.

Schweissbar nennen wir ein Metall, wenn sich zwei Stücke des - selben unter Einwirkung eines äussern Druckes zu einem Ganzen ver - einigen lassen. Der Druck hat hierbei die Aufgabe zu erfüllen, eine Näherung der Moleküle an den Berührungsflächen in solchem Grade herbeizuführen, dass die Cohäsionskraft zwischen den vorher getrennt gewesenen Theilchen in Wirksamkeit tritt. Für dieses genaue Zusam - menpassen der Berührungsflächen aber ist ein erweichter Zustand der zu vereinigenden Stücke erforderlich; derselbe wird durch Erhitzung jener Stücke herbeigeführt. 1)Eine der Schweissbarkeit im Wesentlichen ganz gleiche Eigenschaft besitzen auch verschiedene nichtmetallische Körper, deren Stücke im erwärmten und dadurch erweichten Zustande sich ebenfalls leicht zu einem Ganzen vereinigen lassen: Glas, Wachs, Pech u. a.

Nicht alle Metalle sind gleich gut schweissbar; viele, welche plötz - lich in den flüssigen Zustand übergehen, ohne zuvor jenen für die Schweissung nothwendigen, bildsamen Zustand zu durchlaufen, lassen sich in dem gewöhnlichen Sinne überhaupt nicht schweissen. Unter allen übrigen Metallen aber zeichnen sich gewisse Arten schmiedbaren Eisens durch Leichtschweissbarkeit aus, und diese Eigenschaft gewährt eine wichtige Unterstützung für ihre Darstellung wie für ihre spätere Verarbeitung.

Wie bei den Metallen im Allgemeinen, so ist auch bei den ein - zelnen Arten des Eisens im Besondern die Schweissbarkeit eine ver - schiedene, je nachdem der Uebergang aus dem festen in den flüssigen Zustand plötzlicher oder allmählicher stattfindet. Eine je stärkere und allmählichere Erweichung vor der völligen Verflüssigung eintritt, desto besser schweissbar wird der Regel nach das Eisen sein. Im All - gemeinen ist daher das reinste Eisen auch das am leichte - sten schweissbare; denn fast alle fremden Körper erniedrigen die Schmelztemperatur und bewirken theils hierdurch, theils auch, indem sie unmittelbar die Härte und Sprödigkeit des Eisens in der unter dem Schmelzpunkte liegenden Temperatur steigern, einen plötzlicheren Ueber - gang aus dem festen in den flüssigen Zustand. Aus diesem Grunde ist weder das Roheisen noch das an fremden Körpern reichere schmied - bare Eisen überhaupt schweissbar.

Das Maass des Einflusses, welchen gleiche Mengen verschiedener Körper in dieser Beziehung ausüben, ist jedoch ein sehr verschiedenes. Es erklärt sich dieser Umstand leicht, wenn man erwägt, dass auch die Schmelztemperatur und die Härte des nahe zum Schmelzen erhitzten Eisens in verschieden starkem Maasse durch jene im Eisen auftreten - den Körper beeinflusst werden.

Kohlenstoff verringert mit zunehmendem Gehalte die Schweiss - barkeit merklich; aber ein Stahl mit 1 Proc. Kohlenstoff pflegt, sofern er von sonstigen, die Schweissbarkeit benachtheiligenden Körpern frei ist, immerhin noch ohne grosse Schwierigkeit schweissbar zu sein; ja selbst bei 1.2 Proc. Kohlenstoff zeigen einige Stahlsorten, wenn sie mit Vor - sicht behandelt werden, noch Schweissbarkeit. Ueber diese Grenze638Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.hinaus hört aber die Schweissbarkeit völlig auf; und sie erreicht schon bei weit geringerem Kohlenstoffgehalte ihr Ende, wenn neben demselben noch andere, die Schweissbarkeit benachtheiligende Körper (Silicium, Phosphor, Chrom, Wolfram, Mangan u. s. w.) zugegen sind.

Silicium verringert zweifellos die Schweissbarkeit um so stärker, je kohlenstoffreicher das Eisen ist. Eine Grenze des Siliciumgehaltes, wo bei fehlendem oder sehr geringem Kohlenstoffgehalte die Schweiss - barkeit aufhört, ist nicht ermittelt worden.

Phosphor zeigt, sofern das Eisen kohlenstoffarm ist, nur geringen Einfluss auf die Schweissbarkeit. Schweisseisen mit 0.4 Proc. Phosphor und 0.1 Proc. oder weniger Kohlenstoff ist gewöhnlich mit grosser Leichtigkeit schweissbar; kohlenstoffreichere Eisensorten dagegen büssen an Schweissbarkeit ein, wenn sie neben dem Kohlenstoff auch Phosphor enthalten.

Schwefel, der zwar die Schmiedbarkeit des Eisens in Rothgluth beeinträchtigt, weit unerheblicher aber in Weissgluth, d. i. derjenigen Temperatur, in welcher die kohlenstoffarmen Eisensorten überhaupt geschweisst zu werden pflegen, wirkt aus eben diesem Grunde auf die Schweissbarkeit dieses Eisens nicht sehr nachtheilig ein, sofern seine Menge nicht allzu beträchtlich ist; und da man schon in Rücksicht auf den durch Schwefel erzeugten Rothbruch einen Schwefelgehalt von mehr als 0.1 Proc. im Flusseisen und von mehr als 0.04 Proc. im Schweiss - eisen so viel als thunlich zu vermeiden sucht, so bleibt die jedenfalls geringe Einwirkung dieses niedrigen Schwefelgehaltes auf die Schweiss - barkeit ohne praktische Bedeutung.

Sauerstoff (Eisenoxydul) verhält sich dem Schwefel ähnlich; d. h. im kohlenstoffarmen Eisen, welches Erhitzung auf Weissgluth erträgt, beeinträchtigt er die Schweissbarkeit nicht erheblich. Ein durch den Thomasprocess dargestelltes Flusseisen mit 0.037 Proc. Kohlenstoff und 0.244 Proc. Sauerstoff, welches in Rothgluth unter dem Hammer in Stücke zerfiel, liess sich in Weissgluth ohne Schwierigkeit schweissen. 1)Jahrbuch für Berg - und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1883, S. 22.

Arsen und Antimon, welche freilich nur in seltenen Fällen im schmiedbaren Eisen auftreten, verringern stark die Schweissbarkeit.

Mangan in grösseren Mengen, welche überhaupt nur im Fluss - eisen vorkommen können, wirkt nachtheilig auf die Schweissbarkeit ein. Flusseisensorten mit mehr als 0.3 Proc. Mangan sind selten schweissbar; doch kommt auch hierbei jedenfalls die Anwesenheit anderer Körper neben dem Mangan mit in Betracht.

Bei Untersuchung einer grösseren Zahl theils schweissbarer, theils nicht schweissbarer Eisensorten (allerdings nur solcher, deren Kohlen - stoffgehalt in keinem Falle über 0.3 Proc. hinausging) zeigte sich, dass die Schweissbarkeit völlig aufhörte, wenn die Summe aller fremden Körper über 1 Proc. hinaus ging; die gut schweissbaren enthielten nicht erheblich mehr als 0.6 Proc. 2)Glaser’s Annalen, Bd. X, S. 181.Dass indess ein übrigens reiner Stahl auch noch bei 1 Proc. Kohle ziemlich leicht schweissbar sein kann, wurde schon erwähnt.

639Die Schweissbarkeit.

Durchschnittlich ist übrigens alles Schweisseisen leichter schweissbar als Flusseisen. Manche Sorten Flusseisen sind unschweissbar, selbst wenn ihr Gehalt an fremden Körpern nicht mehr als 0.5 Proc. beträgt. Ein Bessemereisen von Königshütte z. B. mit

zeigte keine Schweissbarkeit. Die Ursache dieses abweichenden Ver - haltens ist mit Sicherheit nicht aufgeklärt. Vermuthen lässt sich, dass in der höheren Erzeugungstemperatur des Flusseisens die Atomgruppi - rung eine andere werde als in der niedrigeren Temperatur, in welcher Schweisseisen entsteht, und dass demzufolge auch die Eigenschaften in dem einen und andern Falle verschieden ausfallen. Auch bei den Legirungen anderer Metalle lässt sich bisweilen beobachten, dass ihre Eigenschaften durch die Entstehungstemperatur beeinflusst werden.

Damit die Schweissung möglich werde, ist vollständige Reinheit der zu vereinigenden Flächen von Oxyden oder anderen Körpern er - forderlich. Eine mechanische Reinigung der Flächen durch Befeilen oder dergleichen würde Nichts nützen, da das Eisen schon in weit niedrigeren Temperaturen als Schweisshitze sich sofort wieder mit Oxyden überzieht. Man hilft sich, indem man vor der Schweissung die Ver - bindungsflächen mit irgend einem Pulver bestreut, welches mit den entstehenden Oxyden eine in der Schweisstemperatur flüssige Schlacke bildet, die alsdann unter dem beim Schweissen angewendeten Drucke aus der Fuge herausgequetscht wird. Dieses Pulver heisst Schweiss - pulver. Die Zusammensetzung desselben muss sich nach der höheren oder niederen Schweisstemperatur der betreffenden Eisensorte richten; diese aber liegt um so tiefer, je härter das Eisen (der Stahl), d. h. je höher sein Kohlenstoffgehalt ist.

Offenbar wird aber die Wahl des Schweisspulvers um so leichter sein, je höher die Schweisstemperatur liegt, je stärker also die ent - stehende Schlacke selbst erhitzt wird. Bei den kohlenstoffarmen Eisen - sorten genügt schon ein Bestreuen mit Sand oder Thonmehl zur Er - reichung des Zweckes; bei kohlenstoffarmem, schlackenreichem Schweiss - eisen ist sogar die Anwendung eines besonderen Schweisspulvers nicht einmal unbedingt erforderlich, sondern die eingeschlossene Schlacke genügt häufig, auch die neugebildeten Oxyde aufzulösen, um dann mit denselben aus der Schweissfuge auszutreten. Auch dieser Umstand erklärt wohl zum Theil die leichtere Schweissbarkeit dieses schlacken - reichen Schweisseisens im Vergleiche zum Flusseisen; und eine soge - nannte saftige Schweisshitze , bei welcher unter den die Schweissung bewirkenden Hammerschlägen oder dem Drucke der Walzen reich - liche Schlackenmengen aus der Schweissfuge ausfliessen, pflegt ein Merkmal einer gut gelingenden Schweissung zu sein.

Für solches kohlenstoffarme Eisen ist Weissgluth die richtige Schweisstemperatur, mittelharter Stahl dagegen lässt sich nur in Gelb - gluth, harter in beginnender Gelbgluth (Hellrothgluth) schweissen. Auch640Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.der Schweissstahl enthält weit geringere Mengen eingeschlossener Schlacke als jenes leicht schweissbare sehnige Schweisseisen; hier also müssen besondere, leicht schmelzbare und die Oxyde leicht auflösende Schweiss - pulver zur Anwendung kommen. Häufig setzt man diesen, die Schmelzung der Schlacke bewirkenden Bestandtheilen auch solche zu, welche dem Stahle Kohlenstoff zuführen und hierdurch einen Ausgleich für den Verlust an Kohlenstoff herbeizuführen bestimmt sind, welchen der Stahl beim Glühen erleiden könnte. Das üblichste Mittel hierfür ist Blutlaugensalz.

Die besondere Zusammensetzung der verschiedenen zum Stahl - schweissen vorgeschlagenen Schweisspulver aber ist ausserordentlich mannigfaltig. Gewöhnlich enthalten sie Alkalien, da diese stärker als die meisten anderen Basen die Schmelztemperatur der Schlacken ab - mindern; nicht selten Baryt (Schwerspath), welcher ebenfalls dünn - flüssige Schlacken bildet; Borax oder Borsäure in Rücksicht auf die auflösende Wirkung der letzteren; u. a. m. Beispiele altbewährter Schweisspulver für Stahl sind z. B.:

  • Borsäure41.5 Gewichtsthl.
  • Kochsalz35.0
  • Blutlaugensalz15.5
  • Gebranntes kohlensaures Natron8.5

oder

  • Borax8
  • Blutlaugensalz1
  • Salmiak1

u. a. m.

Die Schweissbarkeit des Eisens gewährt ein vortreffliches Mittel ebensowohl, um bei der Herstellung von Gebrauchs-Gegenständen getrennte Stücke oder (bei ringförmigen Körpern) Enden zu einem Ganzen zu vereinigen, als auch, um bei der Herstellung des gewöhn - lichen Handelseisens aus Schweisseisen eine weitergehende Reinigung desselben von Schlacke herbeizuführen. Letzterer Vorgang beruht auf dem Umstande, dass bei der mechanischen Bearbeitung Streckung des Eisens die Reinigung von Schlacke um so vollständiger sein wird, auf je dünnere Querschnitte das Eisen gestreckt wurde; indem man also zunächst Stäbe oder Platten von dünneren Querschnitten erzeugt, diese zerschneidet, zusammenschweisst, abermals ausstreckt und nach Befinden dieses Verfahren nochmals wiederholt, wird man ein reineres, besseres Enderzeugniss erhalten, als wenn man das frisch dargestellte Schweisseisen ohne Weiteres zu der vorgeschriebenen Form ausarbeiten wollte. Auch Abfälle, Ausschussstücke oder Alteisen werden vermöge ihrer Schweissbarkeit wieder verwerthet, indem man sie zu - sammenschweisst und aufs Neue ausstreckt, hierbei zugleich eine fernere Verfeinerung derselben bewirkend.

Dennoch darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass man nach stattgehabter Schweissung zweier Eisenstücke nicht im Stande ist, ohne Anstellung einer mechanischen Prüfung der Schweissstelle mit Sicher - heit zu erkennen, ob auch die Schweissung gelungen ist; und es muss641Das Gefüge.ausdrücklich betont werden, dass auch die gelungenste Schweis - sung fast niemals die volle Festigkeit des ungeschweissten Eisens besitzt. Häufig wird man durch mehrmals wiederholtes Hin - und Herbiegen einer Schweissstelle mit scheinbar gut gelungener Schweissung die Verbindung wieder lösen können.

Bei Versuchen, welche durch eine vom Vereine zur Beförderung des Gewerbfleisses ernannte Commission über die Schweissbarkeit des Eisens angestellt wurden, ergab sich, dass die Festigkeit

ungeschweissten harten Flusseisens (mit ca. 0.2 Proc. C, 0.2 bis 0.3 Proc. Mn) 1.725 mal so gross war als die des geschweissten;

ungeschweissten weichen Flusseisens (mit ca. 0.1 Proc. C, 0.2 Proc. Mn) 1.410 mal so gross als die des geschweissten; und

ungeschweissten Schweisseisens 1.229 mal so gross als die des ge - schweissten. 1)Vergl. Literatur.

Dieser Umstand verleiht allem Flusseisen, welches einer Reinigung von Schlacke und demnach jener Schweissung, mit deren Hilfe die - selbe herbeigeführt wird, nicht bedarf, ein entschiedenes Uebergewicht über das Schweisseisen in solchen Fällen, wo vorwiegend Festigkeit und Haltbarkeit verlangt werden. Gegenstände aus ungeschweisstem Flusseisen besitzen in fast allen diesen Fällen eine weit längere Dauer, als aus Schweisseisen. Eisenbahnschienen, aus Schweisseisen (Schweiss - stahl) gefertigt, splittern unter der Einwirkung der darüber rollenden Räder im Laufe der Zeit auf, indem die Schweissfugen allmählich sich lösen; ähnlich verhalten sich zahlreiche andere Gegenstände, die auf Abnutzung durch mechanische Einflüsse in Anspruch genommen werden.

4. Das Gefüge.

Das eigentliche, ursprüngliche Gefüge des schmiedbaren Eisens lässt sich als krystallinisch-körnig bezeichnen. Alles im flüssigen Zu - stande gewonnene und noch nicht weiter verarbeitete schmiedbare Eisen besitzt ein solches krystallinisch-körniges Gefüge. Auch bei dem unter Hämmern oder Walzen bearbeiteten schmiedbaren Eisen lässt sich, wenn der Bruch in richtiger Weise bewirkt wird, dieses krystallinisch-körnige Gefüge fast immer erkennen.

Die Grösse der Absonderungsflächen (des Korns) hängt theils von der chemischen Zusammensetzung, theils von der vorausgegangenen Bearbeitung des Eisens ab. Kohlenstoff, Mangan, Wolfram erzeugen ein feinkörniges, Phosphor ein grobkörniges Gefüge. Da die zuerst genannten Körper zugleich die Härte des schmiedbaren Eisens steigern, und ein höherer Kohlenstoffgehalt in chemischer Hinsicht das Haupt - unterscheidungsmerkmal des Stahles vom Schmiedeeisen bildet, so ist Stahl feinkörniger als Schmiedeeisen und mit der Härte desselben nimmt die Feinheit des Gefüges zu. Bei den härteren Stahlsorten (Werk - zeugstahl) sind die einzelnen Absonderungsflächen oft so klein, dass sie mit unbewaffnetem Auge nicht mehr sich erkennen lassen, und die642Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.Bruchfläche nimmt infolge dieses Umstandes ein sammetartiges, glanz - loses Aussehen an.

In Rücksicht auf den erwähnten Einfluss des Phosphors auf das Gefüge sowie auf den Umstand, dass Phosphor Kaltbruch erzeugt, pflegt man ein grobkörniges Gefüge des schmiedbaren Eisens als Zeichen des Kaltbruches zu betrachten. Dieses Merkmal muss jedoch, wenn es nicht zu Trugschlüssen führen soll, mit Vorsicht benutzt werden. Auch ein sehr kohlenstoffarmes und von sonstigen Beimengungen freies Eisen kann, sofern es in entsprechender Weise abgebrochen wurde, ein ziem - lich grobkörniges Gefüge zeigen, während es, seiner Zusammensetzung entsprechend, sich durch grosse Zähigkeit auszeichnet (schwedisches Frischfeuereisen). Grobkörniges kaltbrüchiges, d. h. phosphorreiches Eisen pflegt sich durch stärkeren Glanz und bläuliche Farbe auf der Bruchfläche von dem kohlenstoffarmen und deshalb ebenfalls grobkör - nigeren Eisen, dessen Farbe mehr gelblich erscheint, zu unterscheiden. Nur ein geübtes Auge vermag indess diese Unterscheidungsmerkmale wahrzunehmen. Immerhin ist jenes grobkörnige Eisen mit geringem Phosphorgehalte selten, und in den allermeisten Fällen ist daher die erwähnte Beziehung richtig.

Durch mechanische Bearbeitung des Eisens im ungeschmolzenen Zustande (Hämmern, Walzen) wird das Gefüge feinkörniger und zwar in um so[stärkerem] Maasse, je niedriger die Temperatur war, in welcher die Bearbeitung vorgenommen wurde. Ein kohlenstoffarmes und auch sonst reines Eisen zeigt, wenn es zu Blöcken gegossen wurde, ein so grob-krystallinisches Gefüge, dass man es als blättrig-krystallinisch statt körnig-krystallinisch bezeichnen könnte; in der Nähe der Ab - kühlungsflächen gruppiren sich die blättrigen Absonderungsflächen zu strahlenartigen Bildungen, welche rechtwinklig gegen die Abkühlungs - flächen gerichtet sind und von diesen allmählich nach innen verlaufen. Dasselbe Eisen aber, in heller Rothgluth zu einem Stabe von einigen Centimetern Durchmesser ausgestreckt, nimmt ein vollständig anderes, ziemlich feinkörniges Gefüge an, dessen Absonderungsflächen um so feiner sind, je dünner der Querschnitt des fertigen Stabes ist und je tiefer die Temperatur desselben bei der Beendigung der Arbeit gesunken war.

Durch Erhitzung auf eine dem Schmelzpunkte nahe liegende Tempe - ratur ohne darauf folgende Bearbeitung wird das Gefüge eines durch fortgesetzte Bearbeitung feinkörnig gewordenen Stabes wieder gröber. Das höchste Stadium dieser Veränderung, welche unter Umständen auch von chemischen Aenderungen (Oxydation von Kohlenstoff, Mangan, Silicium, Auflösung von Eisenoxydul) begleitet sein kann, nennt man das Verbrennen des Eisens und Stahles. Das Eisen sprüht Funken und zeigt nach dem Erkalten ein grobkörniges, stark glänzendes Ge - füge; es ist brüchig und schwieriger schmiedbar geworden. Hatten chemische Aenderungen hierbei nicht stattgefunden, so lässt sich das verbrannte Eisen oder der Stahl durch vorsichtiges Wiedererhitzen und Ausschmieden regeneriren ; im andern Falle gelingt begreiflicher - weise eine vollständige Wiederherstellung der früheren guten Eigen - schaften nicht (vergl. auch S. 277).

Aus jenen Thatsachen folgt, dass das Gefüge allein nicht im Stande ist, einen Maassstab für den Kohlenstoffgehalt, die Härte u. s. w. des643Das Gefüge.schmiedbaren Eisens abzugeben, wenn nicht auch die vorausgegangene Bearbeitung in Rücksicht gezogen wird. Gegossenes Eisen hat in allen Fällen ein anderes, weniger feinkörniges und weniger gleichmässiges Bruchaussehen als geschmiedetes oder gewalztes; und jenes ausser - ordentlich feinkörnige, gleichmässige, sammetartig aussehende Gefüge der harten Stahlsorten entsteht nur unter dem Einflusse einer lange fortgesetzten Bearbeitung.

Sehnenbildung im schmiedbaren Eisen. Wenn man einen Stab schmiedbaren Eisens rings herum einfeilt, und wenn man dann durch einen scharfen kurzen Schlag an dieser Stelle einen Bruch her - beiführt, so wird in fast allen Fällen die Bruchfläche ein mehr oder minder gleichmässiges körniges Gefüge zeigen.

Wird aber jener Stab nur an der einen Seite mit einem, durch Einhauen mit dem Meissel hervorgebrachten Einschnitte versehen und man ruft nunmehr den Bruch durch ganz allmähliches Umbiegen des Stabes nach der jenem Einschnitte entgegengesetzten Seite hervor (so dass sich der Einschnitt auf der convexen Seite befindet), so wird, sofern das Eisen Zähigkeit genug besitzt, um ein starkes Umbiegen vor dem Bruche zu ertragen, bei gewissen Eisensorten, insbesondere beim kohlenstoffarmen Schweisseisen, ein Gefüge sichtbar werden, welches durch zahlreiche neben einander liegende Fasern oder Sehnen gebildet zu sein scheint und welches man demnach als sehniges Gefüge zu be - zeichnen pflegt.

In allen Fällen liegen diese Sehnen in derjenigen Richtung, in welcher bei der Formgebung des Eisens die letzte Streckung stattfand, also bei einem Stabe in der Längenrichtung desselben. Ihre Entstehung ist eine Folge der Verschiebungen, welche die einzelnen Krystalle bei der Streckung in einer Temperatur erlitten, welche bereits tiefer als diejenige lag, bei welcher eine völlige, dem Schmelzen vorausgehende Erweichung eintritt.

Diese Verschiebungen finden zunächst in der Weise statt, dass Kry - stalle, welche vor dem Strecken über einander lagen, schräge Stellung gegen einander erhalten (vergl. unten Fig. 182); solcherart bilden sich in der Richtung der Streckung Fasern aus zusammenhängenden Kry - stallen, die mit den Nachbarfasern einen nur geringeren Zusammen - hang besitzen, und es ist daher die Festigkeit sehnigen Eisens in der Querrichtung merklich geringer als in der Richtung der Fasern.

Durch jene Biegung des erkalteten Eisens zum Zwecke des Ab - brechens wird nun eine fernere Verschiebung der Fasern über ein - ander herbeigeführt, und die Fasern selbst werden erst hierdurch dem Auge blossgelegt. Bricht man den Stab dagegen, ohne ihn zu biegen, kurz ab, wie oben zuerst beschrieben wurde, so gewahrt man auf der rechtwinklig gegen die Faserrichtung stehenden Bruchfläche eben nur die äusseren Begrenzungsflächen der neben einander liegenden Krystalle, also ein körniges Gefüge oder höchstens an einigen Stellen eine An - deutung des sehnigen. Eisen, welches überhaupt eine derartige starke Biegung nicht erträgt, sondern kurz abbricht, zeigt deshalb niemals sehniges Gefüge; hierher gehört alles phosphorreiche und deshalb kalt - brüchige Eisen sowie auch die kohlenstoffreicheren Eisensorten.

Bei letzteren wird die Sehnebildung auch jedenfalls durch den644Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.Umstand erschwert, dass sie, wie oben erörtert wurde, weniger leicht schmiedbar sind als kohlenstoffarme, und deshalb auch vorsichtiger, langsamer bearbeitet werden müssen, wobei jene Verschiebungen der Krystalle über einander, welche die Sehnebildung hervorrufen, ver - mieden oder doch beschränkt werden. Noch ein dritter Umstand kommt hinzu, um die Erklärung dafür zu liefern, dass kohlenstoffreichere Eisen - sorten niemals Sehnebildung zeigen. Die Entstehung des sehnigen Ge - füges wird nämlich, wie die Beobachtungen der Praxis erweisen, durch einen reichlichen Gehalt an mechanisch eingemengter Schlacke befördert. Die Wirkung der Schlacke hierbei ist wohl die, dass sie den Zusam - menhang lockert, das Gleiten der Krystalle über einander erleichtert. Kohlenstoffreichere Eisensorten aber sind, wie sich aus der Beschreibung ihrer Herstellungsmethoden später ergeben wird, durchweg reiner an Schlacke als kohlenstoffarmes Schweisseisen. Aus demselben Grunde lässt sich bei Flusseisen, auch wenn dasselbe noch so kohlenstoffarm ist, überhaupt nur ausnahmsweise die Andeutung eines sehnigen Ge - füges hervorrufen.

Gewalztes Eisen neigt stärker zur Sehnebildung als gehäm - mertes, jedenfalls infolge des Umstandes, dass beim Walzen jene Ver - schiebungen in der Längsrichtung in stärkerem Maasse stattfinden als beim Hämmern.

Sehr dicke Eisenstäbe zeigen besonders im Innern niemals sehniges Gefüge. Sie wurden eben bei der Bearbeitung weniger abgekühlt, ver - harrten in einem weicheren Zustande als dünnere, und die Krystalle bewahrten deshalb auch in der Querrichtung ihren vollständigen Zu - sammenhang.

Sehniges Eisen, zur Weissgluth erhitzt und alsdann nur so lange bearbeitet als die Temperatur noch hoch war, wird in körniges Eisen umgewandelt.

Da die Sehnebildung, wie erwähnt, überhaupt nur in kohlenstoff - und phosphorarmen Eisensorten auftritt, so lässt sie, wo sie bemerkbar ist, auf das Vorhandensein eines solchen Eisens schliessen, welches durch Leichtschmiedbarkeit, Leichtschweissbarkeit und Zähigkeit sich auszeichnet. Falsch aber würde der umgekehrte Schluss sein, dass alles Eisen, von welchem die genannten Eigenschaften verlangt werden, nun auch bei dem Bruche sehniges Gefüge erkennen lassen müsse. Das oben Gesagte über die Entstehung der Sehnen giebt die Erklärung hierfür.

Eisen aber, auf dessen Bruchfläche Sehnebildung und körniges Gefüge durch einander in unregelmässiger Vertheilung erkennbar sind, pflegt wenig gleichartig zu sein und deshalb nur geringe Brauchbarkeit zu besitzen.

5. Die Härte und Härtbarkeit.

Das chemisch reine Eisen ist verhältnissmässig weich, und seine Härte wächst mit dem Gehalte an legirten fremden Körpern. Die Ein - flüsse dieser letzteren auf die Härte des Eisens wurden bereits in der ersten Abtheilung (S. 239, 244, 246, 255, 261, 263) besprochen. Es geht daraus hervor, dass von den in dem Handelseisen häufiger auftreten - den Körpern vorzugsweise Kohlenstoff und Mangan deutliche Härte -645Die Härte und Härtbarkeit.steigerung hervorrufen, gleiche Mengen des ersteren aber in dieser Beziehung bedeutend kräftiger wirken als des letzteren. Unter den selteneren Körpern, die mitunter absichtlich der durch sie bewirkten Härtesteigerung halber mit dem Eisen legirt werden, besitzen Chrom und Wolfram eine grössere Wichtigkeit; und zwar legirt man Chrom in Gewichtsmengen bis zu 1 Proc., Wolfram bis zu 8 Proc. mit dem Eisen (S. 262 und 263).

Diejenige Härte, welche das gegossene oder das in Rothgluth be - arbeitete und dann an der Luft abgekühlte schmiedbare Eisen besitzt, also seine eigentliche normale Härte, nennt man die Naturhärte desselben. Diese Naturhärte lässt sich in mehr oder minder starkem Maasse steigern, wenn das Eisen im kalten Zustande anhaltend be - arbeitet, einer Formveränderung unterworfen wird; zweitens auch, wenn man dasselbe, insbesondere die kohlenstoffreicheren Sorten, auf eine Temperatur von etwa 500 Grad C. (dunkle Rothgluth) erhitzt und dann rasch abkühlt, z. B. durch Eintauchen in Wasser.

Die erstere Eigenschaft, die Zunahme der Härte bei stattfindender Formveränderung im kalten Zustande, theilt das Eisen mit allen übrigen Metallen; aber das Maass dieser Härtesteigerung durch die nämliche Formveränderung zeigt wieder bei verschiedenen Metallen sowohl als bei den verschiedenen Eisensorten beachtenswerthe Abweichungen. Im Allgemeinen nimmt die Härte um so rascher zu, je grösser sie bereits im unbearbeiteten Metalle war; und da durch Legirung mit anderen Körpern stets die Härte eines reinen Metalls gesteigert wird, so tritt jene durch Bearbeitung hervorgerufene Härtesteigerung auch deut - licher in Legirungen als in reinen Metallen, deutlicher in kohlenstoff -, mangan -, chrom - oder wolframhaltigem Eisen als in reinem Eisen hervor.

Diese Härtezunahme der Metalle bei der Bearbeitung im kalten Zustande verdient alle Beachtung. Mit ihr geht, wie unten noch aus - führlicher erörtert werden wird, eine Steigerung der Sprödigkeit Hand in Hand, und infolge hiervon würde eine fernere Bearbeitung über - haupt sehr bald unmöglich werden, wenn nicht glücklicherweise durch ein sehr einfaches Mittel die Möglichkeit gegeben wäre, die gesteigerte Härte und Sprödigkeit auf ihr ursprüngliches Maass wieder zurück - zuführen: ein Ausglühen des hart gewordenen Metalles. Welche Tempe - ratur hierbei anzuwenden ist, richtet sich nach der Beschaffenheit des Metalles; bei den verschiedenen Eisensorten und den meisten in hoher Temperatur schmelzenden Metallen ist Rothgluth die geeignetste.

Die Härtungsfähigkeit der kohlenstoffreicheren Sorten schmied - baren Eisens ist schon mehrfach als das wesentlichste Unterscheidungs - merkmal des Stahles vom kohlenstoffarmen Schmiedeeisen bezeichnet worden. Bei übrigens reinem Eisen liegt die Grenze der deutlichen Härtbarkeit und somit die Grenze zwischen Stahl und Schmiedeeisen bei einem Kohlenstoffgehalte von etwa 0.6 Proc.; jedoch zeigt auch in dieser Beziehung das Flusseisen einen Unterschied vom Schweisseisen, indem es leichter als dieses auch bei niedrigem Kohlenstoffgehalte Härtung erkennen lässt.

Einen gleichen Einfluss auf die Härtungsfähigkeit wie Kohle übt Mangan, jedoch schwächer als diese (S. 255); auch Chrom und Wolfram646Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.steigern die Härtungsfähigkeit, während Silicium keinen Einfluss in dieser Beziehung erkennen lässt. Ueberhaupt pflegt ein Stahl auch um so leichter härtbar zu sein, d. h. für die Härtung einer um so weniger kräftig wirkenden Wärmeentziehung zu bedürfen, und durch die Här - tung einen um so höheren Härtegrad zu erlangen, je grösser schon seine Naturhärte ist.

In jedem Falle tritt Härtung überhaupt nur dann ein, wenn der Stahl auf die Härtungstemperatur, welche bei etwa 500 Grad C. liegt1)Nach Reiser zwischen 700 800 Grad C., erhitzt worden war, ehe die Abkühlung stattfand. Eine Erhitzung auf eine niedrigere Temperatur erzeugt nicht etwa eine schwächere Härtung, sondern bleibt überhaupt wirkungslos; eine stärkere Erhitzung als auf jene Härtungstemperatur ist nicht allein nutzlos, da sie keineswegs zur Erreichung höherer Härtegrade beiträgt, sondern bewirkt auch leicht eine Verschlechterung der Stahlbeschaffenheit. Geschieht das Härten durch Eintauchen des glühenden Stahles in Wasser, so kann durch die übermässige Erhitzung sogar der Erfolg des Härtens verringert werden, indem die überschüssige, von dem Stahle aufgenommene Wärme zu - nächst, ehe Härtung eintritt, an das Wasser abgegeben und zur Er - wärmung desselben verbraucht wird; ist alsdann der Stahl auf die Härtungstemperatur abgekühlt, so geht die fernere Abkühlung desselben durch das wärmere Wasser weniger rasch vor sich, und die Härtung fällt schwächer aus.

In der Praxis erkennt man den Zeitpunkt der Erhitzung, bei welchem die Härtung des Stahles vorgenommen werden muss, an dem Grade des Erglühens desselben; dunkle Rothgluth zeigt bei härterem, Kirschrothgluth bei weicherem Stahle die geeignete Temperatur an.

Die durch Härtung erzeugte Härte vermindert sich durch Erwär - mung des gehärteten Stahles, und der letztere nimmt seine Naturhärte wieder an, wenn er bis zur Härtungstemperatur erhitzt und dann der ruhigen Abkühlung überlassen wird. Das Maass, um welches bei der Erwärmung die künstlich erzeugte Härte sich verringert, ist von dem Grade der Erwärmung unmittelbar abhängig; eine stärkere Erwärmung ruft stärkere Abminderung der Härte hervor, d. h. der Stahl wird weicher, und umgekehrt. Aber auch die Zeitdauer der Erwärmung ist hierbei von grossem Einflusse. Soll daher eine Abminderung der Härte nur bis zu einem genau vorgeschriebenen Grade bewirkt werden, so ist ein Ablöschen des Stahles in Wasser in dem Augenblicke erforder - lich, wo jener Zeitpunkt erreicht ist; andernfalls würde der Stahl, auch ohne dass die künstliche Erwärmung fortgesetzt wird, durch die bereits aufgenommene Wärme eine fernere Einbusse an seiner Härte erleiden.

Schon eine verhältnissmässig unbedeutende Erwärmung des Stahles ruft, wenn sie lange fortgesetzt oder öfters wiederholt wird, eine deut - liche Abminderung der Härte hervor. Eine gute Hausfrau weiss sehr wohl, auch wenn sie die Ursache nicht kennt, dass Tischmesser, wenn sie öfters in heissem statt in lauwarmem Wasser gewaschen werden, leicht sich abstumpfen, d. h. an Härte verlieren.

647Die Härte und Härtbarkeit.

Das Verfahren, dem gehärteten Stahl durch Erwärmung einen Theil seiner Härte zu nehmen, nennt man das Anlassen desselben. Man erhält hierdurch ein vortreffliches Mittel, Gegenständen aus einem und demselben Stahle sehr verschiedene Härtegrade zu ertheilen, je nach - dem er für diesen oder jenen Zweck bestimmt ist; und es ist diese Regelung des Härtegrades durch das Anlassen um so wichtiger, da der härtere (weniger stark angelassene) Stahl auch der sprödere ist, d. h. leichter unter dem Einflusse von Erschütterungen zerspringt, es also in Rücksicht auf die grössere Haltbarkeit wünschenswerth ist, dem Stahle keine grössere Härte zu verleihen, als die Verwendung des Stahlgegenstandes es erfordert.

Gehärteten und nicht angelassenen Stahl nennt man glashart. Gegenstände aus solchem glasharten Stahle finden wegen der soeben besprochenen Beziehungen zwischen Sprödigkeit und Härte nur da Verwendung, wo eben der höchste Härtegrad Erforderniss ist (z. B. für Feilen). Der durch Anlassen erzeugte Härtegrad, welcher zwischen Glashärte und Naturhärte liegt, heisst die Anlasshärte.

Beim Anlassen, welches gewöhnlich durch Erhitzen des gehärteten Stahlgegenstandes in einem Holzkohlenfeuer bewirkt wird, erkennt man den gewünschten Härtegrad an den sogenannten Anlauffarben, welche an einer blank geschabten Stelle des Stahlstückes infolge der Erwärmung erscheinen. Sie werden durch die Entstehung eines Oxyd - häutchens hervorgerufen, welches immer stärker und daher anders - farbiger wird, je stärker die Erhitzung fortschreitet. Obgleich die ein - zelnen Farbentöne dieser Anlauffarben bei verschiedenen Stahlsorten nicht immer ganz genau übereinstimmen, so zeigt sich doch hinsicht - lich des Erscheinens und Verschwindens der Farben im Grossen und Ganzen stets die nämliche Reihenfolge. Zuerst, bei einer Temperatur von etwas über 200°C., erscheint hellgelbe Farbe; bei 240°C. wird dieselbe dunkler, um bei etwa 250°C. einen bräunlichen Ton anzu - nehmen und bei 265°C. in Braunroth überzugehen. Bei 275°C. erscheint purpurrothe Farbe; bei 285°C. bekommt sie einen Stich ins Blaue (violet), bei 295°C. ist sie kornblumenblau, wird bei 315°C. hellblau oder graublau und bei 330°C. grau.

Wie sich aus dem oben Gesagten ergiebt, ist es zur Erreichung des einer bestimmten Anlauffarbe entsprechenden Härtegrades erforder - lich, dass der betreffende Gegenstand, sobald die betreffende Anlauf - farbe erscheint, durch Eintauchen in Wasser abgekühlt werde. Im anderen Falle würde durch das längere Warmbleiben der Härtegrad stärker abgemindert werden als beabsichtigt war.

Es verdient ausserdem hervorgehoben zu werden, dass gleiche Anlauffarben auch nur dann gleichen Härtegraden entsprechen können, wenn die Naturhärte der betreffenden Stahlgegenstände dieselbe ist. Wie ein Stahl mit 1.2 Proc. Kohlenstoff sowohl vor als nach dem Härten einen bedeutend grösseren Härtegrad zeigt als ein solcher mit 0.6 oder 0.7 Proc. Kohlenstoff, so wird auch beim Anlassen auf eine bestimmte Anlauffarbe der kohlenstoffreichere Stahl naturgemäss immer - hin der härtere bleiben. Von der Verwendung des Stahles muss daher zunächst die Wahl der Stahlsorte ob härter oder weicher ab - hängig sein, und in zweiter Reihe erst wird sich entscheiden lassen,648Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.bis zu welcher Anlauffarbe der übrigens fertige Gegenstand (in den meisten Fällen ein Werkzeug zur Metall -, Holz - oder Steinbearbeitung) angelassen werden kann.

Es ist kaum zu bezweifeln, dass die eigentliche Ursache des Härtens und Anlassens in den Veränderungen zu suchen ist, welche die Legirung des Eisens mit dem Kohlenstoff erleidet, wenn in einem Falle plötzliche Abkühlung des glühenden Stahles, in dem andern Falle allmähliche Erwärmung des gehärteten Stahles herbeigeführt wird. Die chemischen Untersuchungen Caron’s, Rinman’s u. A. über die abweichenden Formen des Kohlenstoffs im gehärteten und ungehärteten Stahle, sowie die Schlussfolgerungen, welche sich aus jenen Unter - suchungen für die Theorie des Härtens und Anlassens ziehen lassen, wurden bereits auf S. 237 und 238 besprochen.

Durch das Härten des Stahles wird das specifische Gewicht des - selben verringert. Der durch die Erhitzung ausgedehnte Körper kann sich offenbar bei der plötzlichen Abkühlung nicht so rasch zusammen - ziehen, als er seine Wärme verliert, und sobald die Abkühlung beendet ist, muss auch die Zusammenziehung aufhören; die Abmessungen bleiben grösser als vor dem Härten. Ein gehärteter Stempel passt nicht mehr in eine Oeffnung, in welche er vorher genau hineingepasst war; ein gehärteter Draht geht nicht mehr durch eine Oeffnung, durch welche er sich vor dem Härten hindurchziehen liess. Es verdient jedoch Be - achtung, dass diese Vergrösserung nur bei den Querschnittsabmessungen, nicht auch bei der Längenabmessung eines stabförmigen Gegenstandes wahrnehmbar ist; letztere wird sogar, wie Caron zuerst nachwies, beim Härten verkürzt. Aus eben diesem Grunde wird ein Stahlring kleiner im Durchmesser, wenn man ihn härtet.

Das Maass jener Verringerung des specifischen Gewichtes beziehent - lich der Vergrösserung der Querschnittsabmessungen beim Härten ist im Allgemeinen um so bedeutender, je härter der Stahl ist und je stärker er vor dem Härten erhitzt wurde. Metcalf und Langley, welche verschieden harte Stahlsorten theils stärker, theils weniger stark erhitzten und dann härteten, fanden dabei folgende Aenderungen der specifischen Gewichte1)Zeitschr. d. berg - u. hüttenm. Vereins für Steiermark und Kärnten 1880, S. 109.:

649Die Festigkeitseigenschaften.

Beim Anlassen des gehärteten Stahles nimmt das specifische Ge - wicht desselben wieder zu, und beim Erscheinen der grauen Anlauf - farbe hat dasselbe annähernd das ursprüngliche Maass, welches es vor dem Härten besass, erreicht.

Ist der Stahl an und für sich sehr hart und die stattfindende Ab - kühlung beim Härten sehr bedeutend, so kann infolge der ungleichen Zusammenziehung der äusseren und inneren Theile der Stahl Risse bekommen oder in Stücke zerspringen. Die Gefahr wächst, wenn ein Gegenstand mit sehr verschiedenen Querschnitten gehärtet wird. Statt des kalten Wassers zum Ablöschen wendet man in solchen Fällen schwach erwärmtes oder auch Flüssigkeiten an, welche die Wärme weniger gut als Wasser leiten (z. B. Oel, Seifenwasser, Kalkmilch). Weniger harter Stahl dagegen, welcher der Gefahr des Zerspringens in geringerem Maasse unterworfen ist, lässt sich stärker härten, wenn er in gut wärmeleitenden Flüssigkeiten (schwefelsäurehaltigem Wasser oder dergl. ) abgelöscht wird.

Die Veränderungen, welche die Festigkeitseigenschaften durch das Härten erfahren, werden unten Besprechung finden.

6. Die Festigkeitseigenschaften.

Unter den verschiedenen Arten der Festigkeit, welche die Mechanik uns unterscheiden lehrt, kommt beim schmiedbaren Eisen vorzugs - weise die Zerreissungsfestigkeit in Betracht. In Folgendem ist daher auch vorzugsweise auf diese Bezug genommen.

Bei Verwendung der Körper zu Constructionstheilen müssen jedoch auch noch andere, der Festigkeit nahe stehende Eigenschaften berück - sichtigt werden.

Hierher gehört zunächst die Zähigkeit, welche schon auf S. 635 als das Maass des Widerstandes bezeichnet wurde, welchen der Körper nach dem Ueberschreiten der Elasticitätsgrenze dem Zerreissen ent - gegensetzt. Wie die Festigkeit, so wird auch die Zähigkeit eine ver - schiedene sein können, je nachdem der Körper auf Zerreissen, Zer - drücken, Biegen u. s. w. in Anspruch genommen wird. Bei Ermittelung der Zerreissungsfestigkeit pflegt man die Zähigkeit entweder nach der stattgehabten Längenausdehnung des geprüften Stabes vor dem Zer - reissen oder auch nach der Contraction des Stabquerschnittes an der Zerreissungsstelle zu schätzen. Es wurde schon oben erläutert, dass die Zähigkeit gewissermaassen die Grundlage der Dehnbarkeit bilde; je zäher aber ein Körper ist, um so weniger plötzlich wird eine Zer - trümmerung desselben stattfinden können, und desto ungefährlicher werden vorübergehende äussere Einwirkungen Erschütterungen u. s. w. bleiben.

Um diese Thatsache zu verstehen, braucht man nur zu erwägen, dass für die durch die Zähigkeit eines Materiales bedingte Formver - änderung vor dem Zerreissen eine mechanische Arbeit erforderlich ist, welche durch die stattfindende äussere Einwirkung vollbracht werden muss und für welche deren mechanische Leistung ganz oder theil - weise verbraucht wird, sofern eben jene Einwirkung nur vorüber - gehend war.

Ledebur, Handbuch. 42650Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.

Durchschnittlich wird die Zähigkeit um so grösser sein, je weiter die Festigkeit und die Elasticitätsgrenze aus einander liegen. Sie ver - ringert sich daher, wenn die Elasticitätsgrenze steigt, ohne dass auch die Festigkeit zunimmt.

Elasticität ist bekanntlich die Eigenschaft der Körper, vorüber - gehende Formveränderungen unter dem Einflusse von Kräften zu ertragen, deren Maass unterhalb der Elasticitäsgrenze bleibt. Auch für diese vorübergehenden Formveränderuugen ist ein Arbeitsverbrauch erforderlich; und aus diesem Grunde ist auch ein elastischer Körper plötzlichem Zerspringen weniger ausgesetzt als ein weniger elastischer.

Körper, welche weder Zähigkeit noch Elasticität besitzen, also weder vorübergehende noch bleibende Formveränderungen ertragen, heissen spröde. Die Elasticitätsgrenze derselben liegt sehr nahe bei der Festigkeit.

Die Festigkeit des schmiedbaren Eisens sowie die verwandten soeben besprochenen Eigenschaften desselben sind abhängig von der chemi - schen Zusammensetzung, der Herstellungsmethode und der der Prüfung vorausgegangenen mechanischen Bearbeitung. Die Grenzwerthe dieser Eigenschaften liegen deshalb bei verschiedenen Eisensorten häufig sehr weit aus einander; so beträgt beispielsweise die Zerreissungsfestigkeit einiger zwar geringwerthiger aber immerhin für untergeordnete Zwecke noch brauchbarer Eisensorten nicht mehr als 25 kg per qmm und steigt bei anderen auf mehr als 100 kg.

Im Allgemeinen besitzen diejenigen Eisensorten, deren Festigkeit das höchste Maass erreicht, eine nur geringe Zähigkeit; und umgekehrt wird die grösste Zähigkeit nur bei solchem Eisen gefunden, dessen Festigkeit nicht über das mittlere Maass hinausgeht.

Je vorzüglicher das Eisen ist, desto grösser wird allerdings das Maass beider Eigenschaften neben einander sein. In Rücksicht auf diese Thatsache schreiben verschiedene Eisenbahnverwaltungen nach Wöhler’s Vorgange für Eisenlieferungen eine sogenannte Qualitäts - ziffer vor, welche durch die Summe der Zerreissungsfestigkeit per qmm in Kilogrammen und der Contraction des Querschnittes an der Zer - reissungsstelle in Procenten des ursprünglichen Querschnittes gebildet wird. Besitzt z. B. ein Eisen eine Zerreissungsfestigkeit von 57 kg per qmm und eine Contraction des Querschnittes von 40 Proc., so ist die Qualitätsziffer 57 + 40 = 97; ein anderes Eisen möge eine Festig - keit von 43 kg und eine Contraction von 45 Proc. besitzen, so ist seine Qualitätsziffer 43 + 45 = 88; u. s. f. Da es aber für eine bestimmte Verwendung des Eisens nicht gleichgültig ist, ob dasselbe bei gleicher Qualitätsziffer eine hohe Festigkeit und geringe Zähigkeit oder hohe Zähigkeit und geringe Festigkeit besitzt, so ist es bei Benutzung einer solchen Qualitätsziffer als Maassstab für die Güte des Eisens immerhin erforderlich, auch für jede der beiden Eigenschaften ein zulässiges geringstes Maass vorzuschreiben, wobei die Summe der beiden Minimal - ziffern niedriger ausfallen muss, als die vorgeschriebene Qualitätsziffer,651Die Festigkeitseigenschaften.damit ein gewisser Spielraum für das Maass jener Eigenschaften ge - wahrt bleibe.

Das reinste Eisen besitzt durchschnittlich die grösste Zähigkeit, aber eine nur mässige Zerreissungsfestigkeit. Durch die Anwesenheit fremder Körper wird in allen Fällen die Zähig - keit verringert; die Festigkeit wird durch einzelne Körper, sofern ihre Menge eine gewisse Grenze nicht überschreitet, gesteigert, durch andere verringert. Körper, welche die Entstehung eines feinkörnigen Gefüges befördern, pflegen auch die Festigkeit zu erhöhen; hierher gehören Kohlenstoff, Mangan, Chrom, Wolfram. Die Grenze, über welche hinaus eine fernere Anreicherung dieser Körper im Eisen keine Festigkeitssteigerung mehr hervorbringt sondern eher nachtheilig wirkt, liegt für den Kohlenstoff bei etwa 1 Proc., für Mangan bei etwa 3 Proc.1)Vergl. S. 255., für Chrom bei etwa 1 Proc. und für Wolfram bei 6 Proc.; jedoch ist hierbei nicht ausser Acht zu lassen, dass diese Einflüsse immerhin durch die gemeinschaftliche Anwesenheit mehrerer Körper neben einander nicht unwesentliche Aenderungen erleiden.

Silicium neben wenig Kohlenstoff erhöht die Festigkeit; die Grenze des Siliciumgehaltes, wo dieser Einfluss aufhört, ist bislang nicht ermittelt (vergl. S. 244).

Phosphor verleiht dem Eisen ein grobkörnigeres Gefüge und verringert, wenn er in grösseren Mengen auftritt, die Festigkeit; stärker noch wird die Zähigkeit des Eisens dadurch beeinträchtigt, dasselbe wird kaltbrüchig, spröde. Dass dieser Einfluss des Phosphors sich um so kräftiger geltend mache, je mehr Kohlenstoff neben demselben zu - gegen sei, wurde schon auf S. 247 besprochen. Auch wurde bereits früher erwähnt, dass Flusseisen durchschnittlich empfindlicher gegen diese Einflüsse des Phosphorgehaltes ist und deshalb, selbst bei niedri - gem Kohlenstoffgehalte, nur geringere Mengen Phosphor erträgt als Schweisseisen.

Schwefel in den Mengen, wie er im schmiedbaren Eisen auf - zutreten pflegt, übt in der Kälte keine erhebliche Einwirkung auf die Festigkeitseigenschaften desselben aus. Dass in Rothgluth die Festig - keit des Eisens durch Schwefel erheblich abgemindert, es dadurch roth - brüchig werde, ist bereits verschiedentlich hervorgehoben worden (u. a. auf S. 251).

Kupfer, Kobalt, Nickel sind für die Festigkeit des Eisens eher günstig als nachtheilig; ein nachtheiliger Einfluss auf die Zähig - keit ist bei den kleinen Mengen, in welchen diese Metalle im Eisen aufzutreten pflegen, nur selten bemerkbar.

Durch mechanische Einlagerung fremder Körper, welche da, wo sie sich befinden, den Zusammenhang unterbrechen, wird die Festig - keit des Eisens wie jedes anderen Materiales geschwächt; und auch die Zähigkeit muss erheblich darunter leiden. Einen deutlichen Beweis hierfür liefert ein Vergleich der Festigkeit und Zähigkeit des mit Graphitblättchen durchsetzten Gusseisens mit der des schmiedbaren42*652Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.Eisens; die Festigkeit des Gusseisens ist bedeutend geringer, seine Zähigkeit pflegt fast gleich Null zu sein (vergl. S. 296 298).

Auch bei den verschiedenen Gattungen des schmiedbaren Eisens zeigt sich dieser Einfluss mechanisch eingemengter fremder Körper. Schweisseisen ist von Schlacke durchsetzt, Flusseisen ist schlackenfrei; daher besitzt bei ähnlicher chemischer Zusammensetzung Flusseisen eine grössere Festigkeit und grössere Zähigkeit als Schweisseisen. Der Unterschied in der Festigkeit beider Eisen - gattungen bei ähnlicher chemischer Zusammensetzung, insbesondere bei gleichem Kohlenstoffgehalte, pflegt mindestens 10 Proc. zu betragen, ist aber häufig noch erheblich grösser.

Enthält das Flusseisen dagegen, wie es nicht selten ist, Mangan oder Silicium in einigermaassen erheblichen Mengen, so mindern diese Körper seine Zähigkeit, obschon sie die Festigkeit erhöhen. In den kohlenstoffarmen Sorten des Schweisseisens kommen dieselben nicht vor; und in solchem Falle kann bei gleichem Kohlenstoffgehalte das Schweisseisen zäher sein als Flusseisen.

Wie früher erörtert wurde, entsteht das sogenannte sehnige Gefüge nur in phosphor - und kohlenstoffarmem, überhaupt von chemisch ge - bundenen Körpern (mit Ausnahme des Schwefels) möglichst freiem Eisen, insbesondere dem Schweisseisen. Solches Eisen aber zeichnet sich eben wegen seiner Reinheit von legirten fremden Körpern durch grosse Zähigkeit und wegen seiner Reinheit von Phosphor durch eine im Verhältniss zu seiner grossen Zähigkeit immerhin nicht unbedeutende Festigkeit aus. Aus diesem Grunde pflegt man sehniges Gefüge des schmiedbaren Eisens, besonders des Schweisseisens, als das Merkmal grosser Zähigkeit bei entsprechender Festigkeit zu betrachten. Dass aber solches sehnige Eisen in der Querrichtung durchschnittlich eine geringere Festigkeit besitzt, als in der Richtung der Sehnen, dabei zum Aufsplittern geneigt und deshalb weniger gut brauchbar ist, wo es in dieser Hinsicht beansprucht wird, ergiebt sich aus dem über Sehne - bildung früher Gesagten.

Folgende Beispiele von Festigkeits-Versuchsergebnissen mögen die Beziehungen zwischen chemischer Zusammensetzung und Festigkeit (beziehentlich Zähigkeit, Elasticität), sowie den Unterschied in dem Maasse dieser Eigenschaften beim Schweisseisen und Flusseisen veranschau - lichen. Sämmtliche Ziffern beziehen sich auf gewöhnlich, d. h. in der Wärme, bearbeitetes (gestrecktes), nicht gehärtetes Eisen und geben die Festigkeit u. s. w. desselben bei gewöhnlicher Temperatur an. Hinsicht - lich der Längenausdehnung, welche die geprüften Stäbe erfuhren, muss auf den Umstand aufmerksam gemacht werden, dass eine Benutzung derselben als vergleichender Maassstab der Zähigkeit nur dann mög - lich ist, wenn dieselbe auf die gleiche ursprüngliche Länge bezogen wurde. In der Nähe der Bruchstelle ist diese Längenausdehnung am beträchtlichsten; von da an nimmt sie mehr und mehr ab. Je grösser also die ursprüngliche Länge war, deren Ausdehnung gemessen wurde, ein desto niedrigeres Verhältniss der stattgehabten Ausdehnung zu der Gesammtlänge wird sich ergeben. Wo daher in den benutzten Ver - öffentlichungen die ursprüngliche Länge, auf welche die Ausdehnung653Die Festigkeitseigenschaften.bezogen wurde, angegeben worden ist, wird dieselbe auch in Folgendem mitgetheilt werden.

Inwiefern auch durch die vorausgegangene Bearbeitung sämmt - liche Festigkeitseigenschaften des Eisens Aenderungen erleiden, wird unten erörtert werden.

Beispiele für den Einfluss des Kohlenstoffgehaltes.

1)A. v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris im Jahre 1878, S. 89 ff.
1)
2)Auf 200 mm Länge bezogen.
2)
3)A. v. Kerpely, im genannten Werke, S. 160.
3)
4)Auf 250 mm Länge.
4)

Beispiele für den Einfluss des Mangangehaltes.

5)A. v. Kerpely, a. a. O., S. 92.
5)
6)Auf 200 mm Länge.
6)
7)A. v. Kerpely, Ungarns Eisensteine und Eisenhüttenerzeugnisse, S. 78.
7)
654Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.

Beispiele für den Einfluss des Chromgehaltes und Wolframgehaltes.

1)Jahrbuch für Berg - und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1879, S. 115.
1)
2)Ebenda, S. 119.
2)

Beispiele für den Einfluss des Phosphorgehaltes.

3)A. v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris, S. 177.
3)
4)Auf 200 mm Länge.
4)

Eine Verringerung der durchschnittlichen Festigkeitsziffer hat selbst bei einem Gehalte von 0.25 Proc. Phosphor noch nicht stattgefunden; wohl aber zeigt sich deutlich an der geringeren Längenausdehnung des phosphorreicheren Eisens die Abnahme der Zähigkeit. Auch die Con - traction des Querschnittes beim Zerreissen liess in den vorstehend er - wähnten Fällen wenigstens im Grossen und Ganzen denselben Einfluss des Phosphors erkennen; dieselbe betrug bei dem

Durch mechanische Bearbeitung des erhitzten Eisens, welche mit einer Querschnittsverdünnung verbunden ist,655Die Festigkeitseigenschaften.wird die Festigkeit regelmässig gesteigert, die Dehnungs - fähigkeit fast immer verringert. Von zwei aus demselben Materiale geschmiedeten oder gewalzten Stäben mit verschiedenen Quer - schnitten wird demnach der durch eine länger fortgesetzte Bearbeitung auf einen dünneren Querschnitt ausgestreckte Stab die grössere Festig - keit per qmm besitzen und eine geringere Dehnung beim Zerreissen zeigen als der dickere.

Beispiele. 1)Nach Brauns, Stahl und Eisen 1883, S. 4.

Bei der Verarbeitung (dem Ausstrecken) des Eisens im kalten Zustande wird neben der Härte (S. 644) die Festig - keit, die Elasticitätsgrenze und, sofern die Verarbeitung ein gewisses Maass nicht überschreitet, auch die Elasti - cität erhöht, die Dehnungsfähigkeit aber erheblich ver - ringert; durch Ausglühen lassen sich diese Eigenschaften auf das ursprüngliche Maass zurückführen.

Es ist z. B. bekannt, dass kalt gezogene Eisendrähte eine bedeu - tend grössere Festigkeit besitzen als geglühte; aber ihre Elasticitäts - grenze fällt schliesslich nahe mit der Festigkeit zusammen und ein weiteres Ausziehen derselben ist deshalb ohne vorausgegangenes Glühen nicht möglich. Wertheim2)Annales de chimie et de physique, sér. III, tome 12. fand:

656Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.Ebenso bekannt ist es, dass der kalt gezogene Draht seiner Elasticität halber zu Sprungfedern und dergleichen benutzt werden kann, durch das Ausglühen aber biegsam wird, seine Spannkraft verliert. Aber auch ein allzu lange fortgesetztes Ausziehen würde, indem es seinen Elasticitätsmodul (die erforderliche Kraft zur Erzeugung vorübergehender Formveränderungen) übermässig steigerte, seiner Elasticität nachtheilig sein.

Je grösser die Festigkeit und Elasticität des Eisens an und für sich, je grösser also insbesondere sein Kohlenstoffgehalt ist, desto früh - zeitiger, merkbarer treten bei der Verarbeitung im kalten Zustande jene Veränderungen auf. Bei der Verarbeitung des Stahles zu Gebrauchs - gegenständen, welche hart und zugleich elastisch sein sollen (Federn, Klingen u. a. m.) ist es deshalb ein vielfach benutztes Mittel, sie im kalten Zustande zu hämmern.

Transmissionswellen verleiht man mitunter durch Walzen im kalten Zustande eine grössere Steifigkeit und Elasticität und befähigt sie dadurch, stärkere Kraftleistungen als im weichen Zustande ohne Gefahr für Torsion zu übertragen (Verfahren von Jones und Laughlins in Pittsburg).

Nach Versuchen von W. M. Made1)F. Kupelwieser, Das Hüttenwesen auf der Weltausstellung zu Philadelphia, S. 132. betrug bei

Durch das Ablöschen oder Härten (S. 645) wird die Festig - keit, die Elasticitätsgrenze und der Elasticitätsmodul des Eisens und Stahles gesteigert, die Dehnungsfähigkeit ver - ringert. Durch Anlassen des gehärteten Stahles wird die entgegengesetzte Wirkung hervorgebracht, und durch Er - hitzung bis zum Glühen und langsames Erkalten werden jene Eigenschaften auf ihr ursprüngliches, unter Um - ständen sogar auf ein noch geringeres Maass zurück - geführt.

Die Steigerung des Elasticitätsmoduls durch Härten ist sehr be - trächtlich, und die Folge davon ist eine grössere Sprödigkeit des ge - härteten Eisens (Stahles). Auch diese Eigenschaft wird durch das An - lassen wieder abgemindert.

Mit der Härtbarkeit des Stahles, also mit seinem Kohlenstoffgehalte, steigert sich auch das Maass jener Aenderungen der Festigkeitseigen - schaften; und bei einem und demselben Stahle ist ebenso wie der Härtegrad, welchen der Stahl beim Härten erlangt, auch der Grad jener Eigenschaften von der mehr oder minder raschen Abkühlung abhängig. Während aber die Härtbarkeit erst beim eigentlichen Stahle, dem kohlenstoffreicheren schmiedbaren Eisen, deutlich zu Tage tritt, zeigt sich die besprochene Einwirkung des sogenannten Härtens auf die Festigkeitseigenschaften auch bei gewöhnlichem kohlenstoffarmem Eisen. 657Die Festigkeitseigenschaften.

1)Die Beispiele sind der unter Literatur aufgeführten Abhandlung von R. Åker - man: On hardening iron and steel entnommen.

Es ergiebt sich aus diesen, wie aus den früher mitgetheilten Ziffern, in wie hohem Grade die Festigkeitseigenschaften des schmiedbaren Eisens658Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.von der vorausgegangenen Behandlung abhängig sind. Die Festigkeit des gewalzten oder gehämmerten Eisens wird verringert, aber die Aus - dehnungsfähigkeit gesteigert, wenn man dasselbe glüht und langsam abkühlen lässt; umgekehrt steigt die Festigkeit und die Elasticitäts - grenze durch Ablöschen des rothglühenden Eisens, aber die Ausdeh - nungsfähigkeit wird geringer. Diese Thatsachen, welche zwar früher schon bekannt, aber doch ihrer Bedeutung nach nicht immer voll gewürdigt waren, sind nicht allein geeignet, manche scheinbare Gegensätze in dem Verhalten des Eisens, sofern es auf Festigkeit beansprucht wird, auf - zuklären, sondern geben auch dem Praktiker ein Mittel an die Hand, die Eigenschaften eines und desselben Eisens durch verschiedene Be - handlung desselben seinem Zwecke entsprechend zu regeln.

Besonders deutlich treten jene Veränderungen, welche durch Ab - löschen (Härten), beziehentlich Anlassen oder Glühen hervorgebracht werden, bei dicht (d. h. ohne Gasblasen im Innern) gegossenem Fluss - eisen hervor. Dass gegossenes, übrigens unbearbeitet gebliebenes Fluss - eisen beim Glühen und Ablöschen seine Eigenschaften ebenso wie be - arbeitetes ändert, ergiebt sich schon aus den beiden letzten der oben mitgetheilten Beispiele; erhitzt man nun aber das abgelöschte (gehärtete) Eisen abermals bis zum Glühen und lässt es ruhig abkühlen, so zeigt sich, dass nicht allein die Ausdehnungsfähigkeit, sondern auch die Festigkeit grösser ist als diejenige des rohen Metalls; dass also das Verfahren des Härtens und Wiederausglühens in jeder Beziehung eine Verbesserung der Festigkeitseigenschaften hervorgerufen hat ähnlich derjenigen, welche durch mechanische Bearbeitung vermittelst Hämmerns, Walzens oder dergleichen hervorgebracht wird. Dieser Umstand, auf welchen schon früher Chernoff aufmerksam machte, wurde bei Gelegen - heit der Pariser Weltausstellung 1878 durch eine Reihe von Versuchs - ergebnissen veranschaulicht, welche von dem Eisenwerk Terrenoire veröffentlicht wurden. 1)Vergl. die Ausstellungsberichte von Kupelwieser und Kerpely; ferner die schon erwähnte Abhandlung von R. Åkerman On hardening iron and steel .Beispielsweise betrug bei

659Die Festigkeitseigenschaften.

In Terrenoire macht man bei Herstellung von Gussgegenständen aus Flusseisen von diesem Verhalten desselben eine öftere Benutzung. 1)Besondere Verdienste um die Ausbildung des betreffenden Verfahrens erwarb sich der dortige Werksdirector Pourcel.

Mit zunehmender Temperatur des Eisens verringert sich stetig seine Festigkeit; die Ausdehnungsfähigkeit nimmt im Allgemeinen bis zu einer gewissen Temperatur zu, um dann bei fernerer Temperatursteigerung sich eben - falls zu verringern. Durch Styffe2)Vergl. dessen Abhandlung unter Literatur. wurde nachgewiesen, dass die bei starker Winterkälte eintretende Zunahme von Brüchen an Rad - reifen, Achsen u. s. w. bei Eisenbahnwagen keineswegs auf einer Ver - ringerung der Festigkeit durch die Kälte beruhe. Dagegen wächst mit abnehmender Temperatur, wie ebenfalls durch Styffe nachgewiesen wurde, die Elasticitätsgrenze und der Elasticitätsmodul; das Eisen wird spröder, und hierin dürfte vorwiegend die Ursache jener häufigeren Brüche unter dem Einflusse starker Erschütterungen zu suchen sein.

Durch Kollmann wurde eine umfassende Reihe von Versuchen über das Verhalten des Eisens in verschiedenen Temperaturen angestellt, von deren Ergebnissen einige hier Platz finden mögen. 3)Vergl. Literatur.

Sehniges Schweisseisen aus Gutehoffnungshütte mit 0.10 Proc. Kohlen - stoff, 0.34 Proc. Phosphor (also ziemlich kaltbrüchiges Eisen).

Feinkörniges Schweisseisen mit 0.12 Proc. Kohlenstoff, 0.20 Proc. Phosphor, 0.11 Proc. Silicium, 0.14 Proc. Mangan.

660Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.

Bessemereisen mit 0.23 Proc. Kohlenstoff, 0.30 Proc. Silicium, 0.09 Proc. Phosphor, 0.86 Proc. Mangan, 0.05 Proc. Schwefel.

Die grösste Ausdehnungsfähigkeit lag demnach in den Tempera - turen zwischen 400 und 500 Grad. Dass übrigens die Beeinflussung, welche die Zähigkeit und Dehnbarkeit des Eisens durch Temperatur - wechsel erleiden, auch sehr wesentlich von der chemischen Zusammen - setzung desselben abhängt, beweist das Verhalten des rothbrüchigen (schwefel - oder sauerstoffhaltigen) Eisens, bei welchem das Maass dieser Eigenschaften in Rothgluth am geringsten ist und wieder zunimmt, wenn die Temperatur auf Weissgluth gesteigert wird.

Vielfach will man schon seit früherer Zeit die Beobachtung ge - macht haben, dass Eisen, welches anhaltenden Erschütterungen aus - gesetzt ist, z. B. Achsen von Eisenbahnwagen, Krahnketten u. s. w., infolge einer Aenderung seines Gefüges an Festigkeit und Zähigkeit einbüsse; insbesondere auch, dass sehniges zähes Eisen auf diese Weise allmählich in körniges, sprödes Eisen umgewandelt werde und dass in diesem Vorgange mitunter die Ursache vorgekommener Brüche von Gegenständen zu suchen sei, welche Jahrzehnte hindurch, ohne zu brechen, ihrem Zwecke genügt hatten. Die anhaltende Erschütterung würde also in diesem Falle eine ganz ähnliche Einwirkung ausüben wie Erhitzung bis nahe zum Schmelzpunkte und allmähliches Abkühlen (Verbrennen des Eisens; vergl. S. 642).

Da es, wenn ein Bruch erfolgt ist und das Eisen an dieser Stelle körniges Gefüge zeigt, gewöhnlich unmöglich ist, nachzuweisen, ob nicht doch dieses Gefüge schon von Anfang an bestanden habe und der Bruch durch irgend eine Zufälligkeit herbeigeführt worden sei, so ist die Frage noch keineswegs mit Sicherheit beantwortet, ob in Wirk - lichkeit eine derartige Aenderung der Eigenschaften des Eisens mög - lich sei. Versuche, welche durch Bauschinger im Jahre 1878 über die Beschaffenheit von Kettengliedern einer im Jahre 1829 erbauten Bamberger Kettenbrücke angestellt wurden, weisen auf eine Beant - wortung jener Frage im verneinenden Sinne hin. Da hier noch Re - servekettenglieder aus der Zeit der Herstellung der Brücke vorhanden waren, welche aus demselben Materiale als die benutzten gefertigt worden und inzwischen unbenutzt geblieben waren, so lag hier der seltene Fall vor, dass ein zuverlässiger Vergleich des benutzten und unbenutzten Eisens sich ermöglichen liess. Die Versuche ergaben:661Die Prüfung des schmiedbaren Eisens.

Die Bruchfläche der zerrissenen Glieder liess keinen durch die Benutzung herbeigeführten Unterschied erkennen; die benutzten Glieder zeigten zum grossen Theil sehniges Gefüge.

Bei schmiedeeisernen Hängebolzen einer hölzernen Eisenbahnbrücke der Allgäubahn, welche vor der Benutzung auf ihre Festigkeitseigen - schaften geprüft worden waren und dann durch Bauschinger nach 25 jähriger Benutzung wiederum geprüft wurden, zeigte sich ebenfalls keine Verschlechterung der Festigkeitseigenschaften. Es betrug als Durch - schnitt aus mehreren Versuchen:

7. Die Prüfung des schmiedbaren Eisens.

Die Verschiedenheit der Ansprüche, welche an die Eigenschaften des schmiedbaren Eisens gestellt werden, je nachdem dasselbe für den einen oder andern Zweck bestimmt ist, erklärt es, dass auch die Me - thoden für die Prüfung desselben ziemlich mannigfaltig sind. Für be - sondere Arten oder Formen des schmiedbaren Eisens (Bleche, Träger, Eisenbahnschienen u. s. w.) können auch ganz besondere Prüfungs - methoden am Platze sein; und die Prüfung wird um so wichtiger, je grösser die Gefahr ist, welche durch ungenügende Beschaffenheit des Eisens z. B. bei einer Eisenbahnschiene oder dem Radreifen eines Eisenbahnwagens herbeigeführt wird.

Nicht selten wird man eine, wenn auch vielleicht nur vorläufige, Prüfung unmittelbar auf die Herstellung folgen lassen, um sich von der Beschaffenheit des in einem Male dargestellten Eisens zu über - zeugen. Je grösser die Menge dieses Eisens ist und je mehr Werth auf eine bestimmte Beschaffenheit desselben gelegt wird, desto noth - wendiger ist ein solches Verfahren. Einige unten beschriebene Methoden zur Prüfung der Schmiedbarkeit, Zähigkeit u. s. w., welche sich in Zeit von wenigen Minuten ausführen lassen, sind hierfür geeignet und besonders bei Darstellung des Flusseisens ziemlich regelmässig in Anwendung. 1)Bei den Methoden zur Darstellung des Flusseisens pflegt nicht nur die Menge des in einem Male (bei einem Einsatze) erfolgenden Eisens bedeutend grösser zu sein als bei der Schweisseisendarstellung, sondern auch die Beschaffenheit des Erzeug - nisses ist durchschnittlich mehr von Zufälligkeiten abhängig als in letzterem Falle.

662Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.

a) Chemische Untersuchung. Bei den engen Beziehungen, welche zwischen chemischer Zusammensetzung und physikalischen Eigenschaften des Eisens bestehen, ist eine chemische Untersuchung überall da uner - lässlich, wo man sich ein klares Bild über die Eigenschaften einer bestimmten Eisensorte und die Ursachen, welche diese Eigenschaften hervorriefen, verschaffen will. Die Einflüsse, welche durch die ein - zelnen im schmiedbaren Eisen auftretenden Körper auf dessen Eigen - schaften ausgeübt werden, sind bereits in der ersten Abtheilung dieses Buches (Abschnitt VII) sowie in den vorstehenden Besprechungen über die Eigenschaften des schmiedbaren Eisens ausführlich erörtert worden.

Eine vollständige chemische Untersuchung irgend einer Eisensorte aber erfordert, wie bekannt, einige Tage Zeit. So wichtig sie auch in einzelnen Fällen werden kann, so wenig geeignet ist sie, als Mittel zur täglichen Beaufsichtigung des Betriebes zu dienen. Nicht selten aber und zwar besonders häufig bei Darstellung des an legirten Körpern ohnehin reicheren Flusseisens sind es einzelne bestimmte Körper, von deren Gehalte im Eisen die Verwendbarkeit desselben für den einen oder andern Zweck vorwiegend abhängt, sei es, dass eine gewisse Menge derselben für die gewünschte Beschaffenheit des Eisens noth - wendig ist, während ein allzu beträchtlich gesteigerter Gehalt die Brauch - barkeit beeinträchtigen würde (Kohlenstoff, Mangan), sei es, dass ein möglichst geringer Gehalt an denselben in jedem Falle wünschenswerth ist (Phosphor, Schwefel). Hier also kann es von grossem Nutzen sein, die Darstellung des Eisens durch eine regelmässig wiederholte Be - stimmung jener einzelnen Bestandtheile zu überwachen; die Lösung dieser Aufgabe aber ist nur dann möglich, wenn die betreffenden Unter - suchungsmethoden so rasch zum Ziele führen, dass eben ohne einen übermässigen Aufwand von Arbeitskräften eine grössere Zahl von Be - stimmungen im Laufe eines einzigen Tages ausgeführt werden kann.

Für verschiedene der hier in Betracht kommenden Körper giebt es solche Bestimmungsmethoden, und mit Nutzen macht man von den - selben Gebrauch. Auf schwedischen und österreichischen Stahl - und Flusseisenwerken bestimmt man mit Hilfe der Eggertz’schen oder colorimetrischen Kohlenstoffprobe1)Ueber die Ausführung derselben vergl. A. Ledebur, Leitfaden für Eisen - hütten-Laboratorien, S. 51., welche im Laufe weniger Stunden die gleichzeitige Untersuchung verschiedener Stahlsorten ermög - licht, regelmässig den Kohlenstoffgehalt des gewonnenen Erzeugnisses, von welchem, wie bekannt, gerade die Eigenschaften des eigentlichen Stahles in erster Reihe abhängen. Auf nordamerikanischen und neuer - dings auch auf deutschen Eisenwerken ermittelt man in solchen Fällen, wo ein bestimmter Mangangehalt nothwendig ist (bei gewissen Fluss - eisensorten zu Blechen, Eisenbahnschienen und anderen Zwecken) diesen vermittelst einer colorimetrischen Manganprobe2)Berg - und hüttenm. Zeitung 1882, S. 417; Stahl und Eisen 1882, S. 626., welche im Zeitraume von ungefähr einer Stunde ausführbar ist; auch ein Schwefelgehalt, obgleich dieser nur ausnahmsweise in Betracht zu663Schmiedeprobe.kommen pflegt, lässt sich wenigstens annäherungsweise vermittelst der Eggertz’schen Schwefelprobe1)A. Ledebur, Leitfaden, S. 55. in sehr kurzer Zeit bestimmen.

Für Bestimmung von Phosphor und Silicium giebt es bislang leider keine Methoden, welche bei ausreichender Genauigkeit in der kurzen Zeit wie jene erwähnten zum Ziele führen.

So gross nun aber auch die Wichtigkeit ist, welche die chemische Untersuchung als Hilfsmittel zur Erforschung der Eigenschaften des schmiedbaren Eisens und besonders zur Ueberwachung der Darstellung desselben sich in neuerer Zeit errungen hat, so darf doch niemals der Umstand ausser Acht gelassen werden, dass die Beschaffenheit des Eisens nicht allein von der chemischen Zusammensetzung abhängig, sondern dass auch die stattgehabte mechanische Bearbeitung hierbei von grösstem Einflusse ist. Die vorausgegangenen Erörterungen dieses Abschnittes werden zur Genüge dargethan haben, dass die Festig - keit, Zähigkeit, Dehnbarkeit, Härte u. s. w. u. s. w. eines und desselben Eisens ganz bedeutende Abweichungen zeigen können, je nachdem das Eisen längere oder kürzere Zeit, in höherer oder in niedrigerer Tempe - ratur bearbeitet, rascher oder weniger rasch abgekühlt worden war u. s. w., Abweichungen, welche oft nicht minder bedeutend sind, als sie durch sehr verschiedene chemische Zusammensetzung hervorgerufen werden.

Zur Prüfung der mechanischen Eigenschaften des schmiedbaren Eisens genügt mithin die chemische Analyse allein nicht; mechanische Prüfungsmethoden sind hier unerlässlich, wenn man mit einiger Sicher - heit Auskunft über die Beschaffenheit des Eisens erhalten will.

b) Schmiedeprobe. Es kommt hierbei in Betracht, dass die Schmiedbarkeit des Eisens durchschnittlich geringer wird, wenn der Kohlenstoffgehalt zunimmt, und dass man aus diesen Gründen an einen harten Stahl nicht die nämlichen Ansprüche hinsichtlich der Schmiedbarkeit stellen kann wie an weiches, kohlenstoffarmes Eisen. Immerhin muss auch ein Stahl mit einem Kohlenstoffgehalte bis zu etwa 1 Proc. oder wenig darüber die nachfolgend beschriebenen Proben aushalten können, sofern seine Beschaffenheit gut ist und bei den Proben einige Rücksicht auf seinen höheren Kohlenstoffgehalt genom - men wird.

Ein Stück des zu prüfenden Eisens wird im Schmiedefeuer auf Hellrothgluth erwärmt und nun auf dem Ambos mit der Finne (der schmalen Seite) des Hammers theils in der Längenrichtung gestreckt, theils in der Breitenrichtung ausgebreitet. 2)Streckung wird bewirkt, indem man das Eisenstück beim Schmieden so hält, dass die Eindrücke der Hammerschläge quer über dasselbe hinübergehen, beim Aus - breiten ist die Richtung der Hammerschläge mit der Längenrichtung des Eisen - stückes parallel. Vergl. unten: Theorie des Schmiedens unter II.Es dürfen hierbei weder im vollen Eisen noch an den Kanten Risse entstehen, auch wenn das Ausschmieden bis auf einen Querschnitt von nur wenigen Millimetern Stärke fortgesetzt wird. Kühlt bei lange fortgesetztem Ausschmieden das Probestück allzu sehr ab, so ist, zumal beim Prüfen härteren Mate - rials, eine abermalige Erhitzung erforderlich.

664Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.

Den auf einen geringen Querschnitt ausgeschmiedeten Streifen kann man in Rothgluth bandartig mehrmals zusammenlegen (Fig. 163), wobei

Fig. 163.

derselbe, wenn er ganz frei ist von Roth - bruch, keine Risse bekommen darf. Je kleiner der Durchmesser des zusammen - gebogenen Eisenstückes (der Schleife) inner - halb der Biegung ist, ohne dass Risse ent - stehen, desto besser schmiedbar ist das Eisen; ein nicht rothbrüchiges Eisen wird sich, falls sein Querschnitt gering ist, vollständig glatt zu - sammenlegen lassen. Schwach rothbrüchiges, aber übrigens gut schmied - bares Eisen wird zwar in gewöhnlicher Rothgluth Risse bekommen, in Gelbgluth oder beginnender Weissgluth dagegen die Behandlung er - tragen, ohne zu reissen.

Ein Rundstab oder Quadratstab von etwa 30 mm Durchmesser wird erwärmt und in Rothgluth, ohne zuvor ausgeschmiedet zu werden, über einem Dorne zu einer einfachen Schleife (Fig. 164) zusammen -

Fig. 164.

gebogen. Es ist klar, dass hierbei um so leichter Risse entstehen, je dicker der Stab ist; und umgekehrt, dass der letztere um so vorzüglicher schmiedbar ist, auf einen je kleineren Schleifen - durchmesser er das Biegen erträgt, ohne Risse zu bekommen. Verwendet man zu dieser Probe Quadratstäbe (beziehentlich Flachstäbe), so kann man die Kanten derselben, welche am leichtesten Risse bekommen, zuvor mit der Feile etwas abrunden. Ein gut schmiedbares Eisen lässt sich auch bei 30 mm Stärke voll - ständig zusammenhämmern, ohne zu reissen.

Bei Flach - und Quadratstäben kann der Versuch auch in der Weise angestellt werden, dass man sie um die scharfe Amboskante statt über einen runden Dorn biegt und dann allmählich zusammen - hämmert.

Dieselben Versuche können, wenn das stärkere Eisen sie nicht besteht, mit schwächeren Stäben (25, 20, 15 mm stark) wiederholt werden. Steht eine Presse zur Verfügung, so können Knickproben, bei denen das Eisen in der Mitte seiner Länge um einen bestimmten Winkel (90°, 120° u. s. f.) gebogen wird, an Stelle der Schmiedeproben treten oder neben denselben ausgeführt werden.

Ein Rund - oder Quadratstab, dessen Länge gleich dem doppelten Durchmesser ist, wird zur Hellrothgluth erwärmt, aufrecht auf den Ambos gestellt und durch Hammerschläge auf die obere Stirnfläche gestaucht, d. h. in seiner Längenabmessung verkürzt (Stauchprobe). Die Probe ist mehr für die besseren Sorten weichen Schweisseisens als für Flusseisen oder Stahl geeignet. Von gutem Schweisseisen verlangt man, dass es sich in dieser Weise auf ein Drittel seiner Länge zusam - menstauchen lasse, ohne Risse zu zeigen.

Eine empfindlichere Probe auf Rothbruch als durch einfaches Um - biegen, wie oben beschrieben wurde, lässt sich in folgender Weise665Kaltbiegeprobe.anstellen. Ein Stück Flacheisen, etwa 25 30 mm breit, 10 mm stark, wird in Rothgluth an dem einen Ende auf eine Länge von 50 60 mm mit Hilfe des Schrotmeissels aufgespalten, die hierbei entstehenden zwei Lappen werden alsdann nach den beiden Seiten hin umgebogen und schliesslich, sofern sie nicht etwa wegen Rothbruches abbrechen, voll - ständig nach rückwärts an das Eisenstück angelegt (Fig. 165). An einer andern Stelle des Eisenstabes (bei a in Fig. 165) schlägt man mit Hilfe des Durchschlages und Lochringes durch das rothglühende Eisen ein Loch, dessen Durchmesser mindestens gleich der hal - ben Breite des Stabes ist (so dass zwi - schen demselben und der äusseren Kante des Stabes nur noch eine schmale Eisen - stärke bleibt) und biegt nun, wenn nicht

Fig. 165.

schon bei dem Lochen ein Reissen des Eisens an den schmalen Stellen eintrat, den Stab an dieser Stelle um 180 Grad zusammen. Roth - brüchiges Eisen bekommt hierbei Risse oder bricht vollständig durch.

Prüft man Stahl in dieser Weise, so ist eine geringere Stärke des Probestabes, als oben angegeben wurde, erforderlich; 3 5 mm genügt in diesem Falle.

c) Kaltbiegeprobe. Dieselbe kommt vorzugsweise bei solchen Eisen - sorten zur Anwendung, bei welchen grosse Zähigkeit ein Haupterforder - niss ist; weniger häufig bei Stahl. Will man letztere in dieser Weise prüfen, so kann es nur in gut ausgeglühtem Zustande geschehen.

Die Ausführung lässt sich, gemäss der verschiedenen Form des zu prüfenden Eisens, in verschiedener Weise bewirken.

Stäbe biegt man entweder im Schraubstocke oder mit Hilfe einer besonderen Biegevorrichtung zu einer Schleife zusammen, deren lichter Durchmesser theils von der Stärke des Stabes, theils von der erforder - lichen Beschaffenheit abhängig ist. Kohlenstoff - und phosphorarmes, sehr zähes Eisen muss bei 15 mm Stärke eine Biegung zu einer Schleife ertragen, deren innerer Durchmesser nicht grösser ist als die Stärke des Probestabes; bei weniger zähem Eisen genügt die doppelte Stärke des Eisens als Durchmesser der Schleife. Schwächere Stäbe (3 5 mm stark) müssen, wenn sie aus zähem Eisen gefertigt sind, sich vollständig um 180 Grad biegen und flach zusammenschlagen lassen. Haben die Stäbe vierseitigen Querschnitt (Flach - und Quadrateisen), so empfiehlt sich auch hier, wie bei der Schmiedeprobe, eine zuvorige Abrundung der Kanten durch Befeilen.

Prüft man Stäbe, welche aus Blechen ausgeschnitten sind, in dieser Weise, um die Beschaffenheit der Bleche kennen zu lernen, so kommt in Betracht, dass, wenigstens bei Schweisseisenblechen, die Biegsamkeit in der Richtung der Längsfaser grösser ist als gegen dieselbe, ferner dass die für Dampfkessel, Träger u. s. w. bestimmten Bleche in ziem - lich abgekühltem Zustande das Walzwerk verlassen und, ohne aus - geglüht zu werden, in den Handel kommen. Ihre Festigkeit ist daher grösser, ihre Biegsamkeit aber geringer, als wenn sie, wie die meisten anderen Eisensorten, glühend aus der Verarbeitung hervorgingen. Nach dem Uebereinkommen des Vereins deutscher Eisenhüttenleute sollenLedebur, Handbuch. 43666Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.z. B. Schweisseisenbleche bester Qualität bei 6 7 mm Stärke eine Biegung in der Längsfaser um 110 Grad, in der Richtung gegen die Faser um 90 Grad aushalten; bei 10 11 mm Stärke soll die Biegung 90, beziehentlich 70 Grad betragen; bei 20 21 mm Stärke 60 beziehent - lich 30 Grade. Für geringwerthigere Bleche ist auch die erforderliche Biegung geringer. 1) Stahl und Eisen 1881, S. 32.

Ausgeglühte Bleche dagegen, insbesondere auch solche aus Fluss - eisen, müssen sich, ohne zu reissen, um 180 Grad biegen lassen, wobei der Halbmesser der Biegung je nach der Beschaffenheit und Stärke des Bleches gleich der halben bis 1 ½ fachen Blechdicke sein kann.

Flusseisenblöcke mit geringem Kohlenstoffgehalte prüft man mit - unter, ehe sie weiter verarbeitet werden, in folgender Weise auf ihre Biegungsfähigkeit (Zähigkeit beim Biegen). Man schmiedet eine kreis - runde Scheibe von ungefähr 150 mm Durchmesser, 5 mm Stärke und faltet dieselbe nach dem Erkalten in der Mitte um 180 Grad zusammen. Hält die Probe diese Biegung aus, so wird sie ein zweites Mal gefaltet (so dass sie, wie ein Papierfilter, Viertelkreisform annimmt) und unter dem Hammer vollständig zusammengeschlagen. Nur sehr weiches, ge - schmeidiges Eisen erträgt diese Probe, ohne Risse zu bekommen.

d) Schlag - und Wurfprobe. Dieselbe hat den Zweck, das Eisen auf Widerstandsfähigkeit gegen Stösse und Erschütterungen zu prüfen.

Die Schlagprobe wird, sofern das zu prüfende Eisen Stabform besitzt, gewöhnlich in der Weise ausgeführt, dass man das Eisen auf zwei in entsprechender Entfernung von einander angebrachte Stütz - punkte frei auflegt und nun einen Fallbär aus bestimmter Höhe auf die Mitte des frei liegenden Probestückes niederfallen lässt. Am häufig - sten kommt diese Schlagprobe bei der Prüfung von Eisenbahnschienen in Anwendung. So z. B. sollen nach den Vorschlägen des Vereins deutscher Eisenhüttenleute Schienen im Gewichte von mehr als 30 kg per Meter und einer Profilhöhe von ungefähr 130 mm bei 1 m freier Auflage zwei Schläge mit einem Fallbär von 600 kg aus einer Höhe von 5 m ohne Bruch aushalten; bei Schienen im Gewichte von 20 bis 24 kg und einer Profilhöhe von 100 mm dagegen soll bei ebenfalls 1 m freier Auflage und 600 kg Gewicht des Fallbäres die Fallhöhe nur 2 m betragen; u. s. f.

Bleche hat man bisweilen, um einen Vergleich über die Wider - standsfähigkeit verschiedener Sorten zu erhalten, durch die Schlag - probe geprüft, indem man kreisrunde Scheiben aus denselben aus - schnitt, dieselben mit Schrauben auf einem cylindrischen Rahmen be - festigte und nun den Fallbär auf die Mitte des freiliegenden Bleches aufschlagen liess. Bei Versuchen, welche vom Jernkontoret in Stock - holm zum Vergleiche des Verhaltens von Blechen aus Schweisseisen und Flusseisen durchgeführt wurden, hatten die Bleche 9.3 mm Stärke, der innere Durchmesser des Rahmens betrug 537 mm, das Gewicht des Fallbäres 872 kg. Flusseisenbleche mit 0.14 0.22 Proc. Kohlenstoff, 0.01 0.03 Proc. Phosphor ertrugen 5 9 Schläge aus 4.5 m Höhe; Schweisseisenbleche mit etwa 0.10 Proc. Kohlenstoff, 0.01 0.02 Proc. 667Schlagprobe. Zerreissprobe.Phosphor rissen oft schon beim ersten Schlage, ertrugen dagegen aus nur 1.5 m Fallhöhe 4 11 Schläge; Staffordshireblech mit 0.24 Proc. Phosphor brach schon beim ersten Schlage aus 1 m Höhe. 1)v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung in Paris im Jahre 1878, S. 172.

Die Wurfprobe wird mitunter (besonders beim Herdfrischfeuer - betriebe) zur Prüfung von Stangeneisen angewendet. Ein Arbeiter hebt die zu prüfende Stange, welche eine Länge von 3 4 m haben kann, mit gestreckten Armen über den Scheitel empor und wirft sie in hori - zontaler Lage mit voller Wucht quer auf die schmale Bahn eines am Boden aufgestellten gusseisernen Amboses; und zwar mehrmals nach einander mit verschiedenen Stellen. Kaltbrüchiges oder schlecht ge - schweisstes Eisen zerspringt hierbei.

e) Zerreissprobe. Dieselbe bezweckt die Ermittelung der Zer - reissungsfestigkeit des zu untersuchenden Eisens sowie der sonstigen zu dieser in Beziehung stehenden Eigenschaften (Ausdehnungsfähigkeit, Elasticität u. s. w.). Sie ist wichtig in allen Fällen, wo das Eisen auf Zerreissungsfestigkeit in Anspruch genommen wird und wo durch den Bruch ein grösserer Unglücksfall herbeigeführt werden kann; und da zu der Zerreissungsfestigkeit des schmiedbaren Eisens auch die relative (Durchbiegungs -) Festigkeit in naher Beziehung zu stehen pflegt, eine Prüfung auf erstere aber in Rücksicht auf die grosse Biegsamkeit dünnerer Stäbe aus schmiedbarem Eisen gewöhnlich leichter durch - führbar ist als letztere, so pflegt man die Zerreissprobe überhaupt da anzuwenden, wo eine gewisse Festigkeit des Eisens unumgänglich noth - wendig ist, damit der aus demselben dargestellte Gebrauchsgegenstand die Eisenbahnschiene, der Träger, der Dampfkessel u. s. w. seinen Zweck ohne Gefahr für Leben und Gesundheit der Menschen erfülle.

Zur Ausführung der Zerreissprobe ist eine Festigkeitsprobirma - schine erforderlich, welche in ziemlich verschiedener Weise eingerichtet sein kann. 2)Näheres über die Einrichtung solcher in der Praxis bewährter Probir - maschinen unter Literatur.Der auszuübende Druck wird entweder durch allmähliche Gewichtsbelastung hervorgebracht und durch ein Hebelsystem verviel - fältigt; oder man benutzt hydraulischen Druck.

Da jede derartige Maschine nur für eine bestimmte Maximal - belastung eingerichtet sein kann, so kommt es darauf an, wenn stärkere Eisensorten probirt werden sollen, Probirstücke aus denselben von solchen Querschnittsabmessungen herzustellen, als der Leistungsfähigkeit der Maschine entspricht. Schmieden oder Auswalzen des Probestückes auf jene Abmessungen muss jedoch in Rücksicht auf die früher be - sprochenen Einflüsse dieser Arbeiten auf die Festigkeitseigenschaften des Eisens ausgeschlossen sein, sofern man genaue Ergebnisse über das Maass dieser Eigenschaften bei dem ursprünglich vorhandenen Eisenstücke erhalten will; es ist vielmehr erforderlich, auf der Dreh - bank oder Hobelmaschine das Probestück aus dem vollen Eisen heraus - zuarbeiten.

43*668Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.

Neben der Zerreissungsfestigkeit pflegt man bei solchen Versuchen die stattfindende Längenausdehnung des Probestabes vor dem Zerreissen, oder die Contraction des Querschnittes, oder beide Veränderungen zu - sammen zu ermitteln, um sie als Maassstab für die Zähigkeit des Eisens zu benutzen. Vollständig genaue Schlussfolgerungen für die Zähigkeit des Materiales gewährt nun freilich weder die Längenausdehnung noch die Contraction, wie schon aus der Thatsache sich ergiebt, dass bei einem und demselben Eisen ziemlich abweichende Ziffern für beide Vorgänge zu entfallen pflegen, je nachdem man Stäbe von kreisrundem, quadratischem oder rechteckigem Querschnitte der Probe unterwirft, während der Zerreissungsmodul nicht durch die Form des Querschnittes beeinflusst wird1) Stahl und Eisen 1881, S. 7.; immerhin wird man wenigstens im Allgemeinen von einem Eisen, welches, ehe es reisst, eine bedeutende Längenausdehnung zeigt oder seinen Querschnitt an der Zerreissungsstelle stark verringert, auch eine grössere Zähigkeit erwarten können, als wenn diese Ver - änderungen nur unbedeutend sind und der Bruch somit plötzlich ein - tritt. Ob aber Längenausdehnung oder Querschnittscontraction das zuverlässigere Maass für die Zähigkeit bilde, darüber sind die Techniker keineswegs einig. Während von einigen Seiten, insbesondere von den Verwaltungen der Eisenbahnen, die Querschnittscontraction als maass - gebend für die Zähigkeit betrachtet wird und man aus der Summe der Contraction in Procenten und der Festigkeit per qmm in Kilogrammen die sogenannte Qualitätsziffer bildet (S. 650), wird von anderer Seite mit vollem Rechte darauf hingewiesen, dass die Contraction in höherem Maasse als die Längenausdehnung von Zufälligkeiten abhängig und deshalb auch weniger zuverlässig als diese sei. Die früher mitgetheilten Beispiele der Festigkeitseigenschaften verschiedener Eisensorten werden erkennen lassen, dass auch bei einem und demselben Eisen die Längen - ausdehnung und Contraction keineswegs immer in gleichem Verhältnisse ab - und zunehmen, wenn durch Bearbeitung, Ausglühen, Härten u. s. w. die Festigkeitseigenschaften überhaupt sich ändern; während aber die Aenderung der Ausdehnungsfähigkeit ziemlich regelmässig im umge - kehrten Verhältnisse zu den Aenderungen der Festigkeit steht, lässt sich hinsichtlich der Contraction eine gleiche Regelmässigkeit nicht immer wahrnehmen. 2)Vergl. u. a. die Ziffern auf S. 655, den Einfluss des Ausschmiedens auf die Festigkeitseigenschaften betreffend.

Dass es erforderlich sei, die stattgehabte Längenausdehnung auch auf eine bestimmte Längeneinheit zu beziehen, sofern man sie für einen Vergleich verschiedener Eisensorten benutzen will, wurde schon früher erörtert. In der Nähe der Zerreissungsstelle ist die Längenausdehnung regelmässig am stärksten; auf eine je kleinere Längeneinheit man sie also bezieht, desto grössere Ziffern wird man erhalten. In der Praxis pflegt man 150 oder 200 mm Länge als Einheit anzunehmen und dieses Maass mit Körnerpunkten auf dem eingespannten Stabe anzuzeichnen.

f) Härtungsprobe. Da kohlenstoffarmes Eisen überhaupt keine oder nur sehr undeutliche Härtungsfähigkeit zeigt, so kommt die Härtungs - probe nur bei den kohlenstoffreicheren Sorten, dem Stahle, in Betracht;669Härtungsprobe.und sie besitzt eine besondere Wichtigkeit bei dem zur Herstellung von Werkzeugen bestimmten Stahle, weil gerade hier die Brauchbar - keit zum grossen Theile von der Härtungsfähigkeit abhängt. Reiser1)Härten des Stahles, S. 48 (vergl. Literatur). empfiehlt, die Untersuchung in folgender Weise auszuführen.

Zuerst stellt man eine Vorprüfung an zur Ermittelung der geeig - netsten Härtungstemperatur. Ein geschmiedetes oder gewalztes Stück Stahl von vielleicht 20 mm Durchmesser wird in Abständen von 15 zu 15 mm mit etwa neun herumlaufenden Kerben versehen und dann in einem Schmiedefeuer derartig erhitzt, dass nur das erste eingekerbte Stück der Gluth unmittelbar preisgegeben ist, und die übrigen sich ausserhalb des Feuers befinden. Ist das erste Stück bis zum Funken - sprühen, also bis zum Verbrennen (S. 642) erhitzt, während die Er - hitzung des letzten Stückes bis zur dunkeln Braunröthe vorgeschritten ist, so löscht man die Stange rasch in Wasser ab und trocknet sie mit einem Tuche oder dergleichen sorgfältig ab. Man prüft nun zunächst mit einer harten Feile die Härte der einzelnen Stücke. Das erste, ver - brannte Stück wird in jedem Falle ziemlich hart sein. An der Aussen - seite desselben haben sich sogenannte Hartkörner gebildet, vermuth - lich ausgesaigerte, leichter schmelzbare Legirungen von Mangan, Eisen, Silicium, Phosphor u. s. w., ähnlich dem Anbrande des Roheisens (S. 293).

Das zweite, nicht verbrannte Stück dagegen ist weicher; da aber seine Erhitzung die normale Härtungstemperatur des Stahles bereits überschritten hatte, so ist es auch weicher, als wenn es nur bis zu dieser erhitzt worden wäre. Aus eben diesem Grunde ist das dritte Stück wieder härter als das zweite, das vierte härter als das dritte; und bei fortschreitender Untersuchung wird man, gewöhnlich zwischen dem sechsten und zehnten Stücke, schliesslich auf ein Stück treffen, welches unter allen das härteste ist und dessen Temperatur mithin die geeignetste für das Härten war. Von diesem Stücke bis zu dem zweiten Ende des Stahlstabes vermindert sich die Härte wieder bis zur Naturhärte des Stahles.

Mit dieser Aenderung der Härte steht die Aenderung des beim Abschlagen der einzelnen Stücke erkennbaren Gefüges in naher Be - ziehung. Das verbrannte Stück zeigt, wie gewöhnlich, eine grobkry - stallinische glänzende Bruchfläche; dasjenige Stück, welches die zum Härten geeignetste Temperatur besass, ist am feinkörnigsten.

Harter Stahl wird bei dieser Vorprobe nicht selten reissen, ein Vorgang, welcher jedoch an und für sich keineswegs ein Beweis für eine ungenügende Beschaffenheit desselben ist.

Nachdem man in solcher Weise erkannt hat, ob die Härtungs - temperatur des zu prüfenden Stahles höher oder niedriger liegt (im Allgemeinen wird sie bei härterem Stahle tiefer als bei weniger hartem liegen), schmiedet man aus demselben eine Stange von quadratischem Querschnitte und etwa 15 20 mm stark, erwärmt sie zu der als ge - eignet befundenen Härtungstemperatur und härtet sie in Wasser von 20°C. Temperatur. Ein nicht sehr harter Stahl muss, ohne zu reissen,670Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.diese Härtung aushalten. Beachtenswerth ist, dass ein Rundstab weniger leicht als ein quadratischer Risse bekommt, gerade deshalb aber sich auch weniger gut für eine scharfe Probe eignet.

Sobald der Stahl im Wasser vollständig erkaltet ist, wird er her - ausgenommen und abgetrocknet. Je weniger vollständig der Stahl hierbei seinen Glühspan abgeworfen hat (man nennt dieses Abwerfen Abschütten), desto weniger hart pflegt er zu sein. Alsdann unter - sucht man ihn mit einer Feile. Nur die weichsten Stahlsorten (mit einem Kohlenstoffgehalte bis zu 0.6 Proc.) werden von derselben etwas angegriffen, auf allem härteren Stahle gleitet die Feile.

Auf der Kante des Amboses schlägt man nun ein Stück ab. Harter Stahl springt beim ersten Schlage, weicher erträgt mehrere Schläge. Das Aussehen der Bruchfläche giebt ein weiteres Merkmal für die Be - schaffenheit.

Bei sehr harten Stahlsorten, welche die beschriebene Härtung bei quadratischem Querschnitte nicht, ohne zu reissen, ertrugen, kann das Verfahren wiederholt werden, nachdem der Stab rund geschmiedet worden war; schützt auch dieses Mittel nicht vor dem Reissen, so wendet man Härtung in Oel an.

Recht zuverlässige Ergebnisse über die Brauchbarkeit eines Stahles für Werkzeuge erhält man, wenn man aus demselben einen Meissel fertigt, ihn härtet, bis zur purpurrothen oder violetten Farbe anlässt (S. 647) und nun auf Gusseisen, Schmiedeeisen oder weichem Stahl probirt. Staucht sich hierbei die Schneide (welche unter einem Winkel von 60 70 Graden angeschliffen zu werden pflegt), so besitzt der Stahl geringe Härte und Härtungsfähigkeit; springen aus derselben Stückchen aus, so ist der Stahl spröde und wenigstens für Werkzeuge mit schärferen Schneiden nicht geeignet. 1)Da mit der Härte auch die Sprödigkeit zu wachsen pflegt, so wird man für Werkzeuge einen um so weniger harten Stahl anzuwenden haben, je schärfer ihre Schneide ist. Für Meissel, Lochstempel und dergleichen pflegt man Stahl mit 0.7 bis 0.8 Proc. Kohlenstoff zu verwenden; für Dreh - und Hobelstähle für Metallbearbeitung solchen mit 1 1.3 Proc. Kohle.

g) Aetzprobe. Dieselbe bildet ein in vielen Fällen nützliches Mittel zur Erkennung sowohl des inneren Gefüges der Eisensorten als auch mitunter von Fehlstellen (unganzen Schweissstellen und dergleichen), welche ohne Aetzung der Beobachtung leicht entgehen. Sie beruht auf der Einwirkung starker Säuren auf die zu untersuchende Stelle des Eisens. Gewöhnlich wird man, sofern nicht besondere Veranlassung zur Untersuchung einer ganz bestimmten Stelle vorliegt, zur Prüfung den Querschnitt eines Eisenstabes wählen, wie er durch Abschneiden auf der Kreissäge oder durch Abbrechen und Befeilen erhalten wird. Auf einem Schleifsteine glättet man dann noch die zu ätzende Schnitt - fläche und polirt sie schliesslich, so dass mit unbewaffnetem Auge keine einzelnen Schleif - oder Feilstriche mehr zu erkennen sind.

Für gewöhnlichere Untersuchungen, bei denen es sich nur darum handelt, Fehlstellen zu entdecken oder ein allgemeines Bild von der inneren Beschaffenheit des Eisens zu erhalten, genügt es auch, wenn die zu ätzende Fläche mit einer Schlichtfeile möglichst glatt gefeilt wird.

671Aetzprobe.

Als Aetzmittel lassen sich verschiedene Säuren oder Säuregemische benutzen. Einige verwenden ein Gemisch von drei Theilen concen - trirter Salzsäure mit einem Theil rauchender Salpetersäure; ich pflege mich eines Gemisches aus zwei Raumtheilen gewöhnlicher Salpetersäure mit einem Raumtheile englischer Schwefelsäure zu bedienen.

Lässt sich der zu prüfende Stab in senkrechter Stellung hängend befestigen, so bringt man am geeignetsten die Aetzflüssigkeit in eine nicht allzu flache Porzellanschale und lässt den Stab von oben her in die Säure eintauchen, ohne dass er den Boden der Schale berührt; ist es dagegen nicht möglich, ihn in dieser Weise zu befestigen oder soll nur eine bestimmte Stelle auf einer grösseren Fläche einer Blech - tafel, einem Schmiedestücke u. s. w. untersucht werden, so umgiebt man diese Stelle oder Fläche mit einem Wachsrande und giesst die Säure hinein. Für tiefe Aetzungen ist eine Einwirkung von einer bis zwei Stunden erforderlich. Es empfiehlt sich, das Eisenstück, wenn es angeht, während dieser Zeit einige Male aus der Flüssigkeit heraus - zunehmen, mit Wasser gut abzuspülen und die geätzte Fläche mit einer harten Zahnbürste von abgelagertem Kohlenstoff und dergleichen zu reinigen, auch wird es bisweilen nothwendig sein, die Säure zu erneuern, sofern das Aufhören der Gasentwickelung zeigt, dass sie nicht mehr einwirkt.

Schliesslich spült man das Probestück sehr sorgfältig in fliessendem Wasser ab, bringt es hierauf, sofern seine Grösse es gestattet, mit der geätzten Fläche in kochendes Wasser, lässt es so lange darin verweilen, bis auch der nicht im Wasser befindliche Theil heiss geworden ist und nimmt es heraus, worauf das anhaftende Wasser von dem heissen Eisenstücke in wenigen Augenblicken verdunstet.

Will man die Proben etwa längere Zeit aufbewahren, so empfiehlt es sich, sie vor dem Einbringen in heisses Wasser, aber nach dem Abspülen in kaltem, zunächst in Kalkwasser zu tauchen, und schliess - lich, nachdem sie aus dem heissen Wasser kommen, sie noch heiss in geschmolzenes ziemlich stark erhitztes Wachs einige Secunden ein - zulegen. Mit reinem Fliesspapier wischt man, wenn sie herauskommen, das überschüssige flüssige Wachs ab und es hinterbleibt dann immerhin noch eine ausreichend starke Wachsschicht, um sie vor dem Rosten zu schützen, ohne ihrem Aussehen zu schaden.

Der Erfolg der Aetzprobe nun beruht auf dem Umstande, dass durch die Säure dichtere Stellen des Eisens weniger stark als lockere, härtere, insbesondere kohlenstoffreichere, weniger stark als weichere, kohlenstoffärmere angegriffen werden. Ersterer Umstand erklärt es z. B., dass bei sehnigem Eisen die einzelnen Sehnen oder Fasern, welche vielleicht auf der Bruchfläche gar nicht erkennbar waren, nach dem Aetzen reliefartig sich von den übrigen Partien abheben und dem Auge sich darstellen. Wie schon früher erörtert wurde, bestehen diese Sehnen aus fest zusammenhängenden Krystallreihen, welche wie die Strähnen eines Taues neben einander liegen und sich verschlingen, gegenseitig aber verhältnissmässig wenig Zusammenhang besitzen. Zwi - schen den einzelnen Sehnen also dringt die Säure leicht in das Gefüge ein und löst hier das lockere Eisen auf, während die Sehnen selbst erst allmählicher angegriffen werden.

672Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.

Dieselbe Ursache erklärt es, dass auch Fehlstellen im Eisen durch das Aetzen leichter wahrnehmbar werden. Eine solche Fehlstelle besteht aus einem Spalte, welcher durch unvollständige Schweissung, durch Rothbruch beim Schmieden oder auch im kalten Zustande durch irgend eine äussere Einwirkung entstanden war. Beim Aetzen dringt die Säure in den Spalt ein, erweitert denselben und macht ihn dem Auge er - kennbar.

Härtere Stellen pflegen beim Aetzen erhaben vor den weicheren herauszutreten.

Eigenthümlich für alles Schweisseisen beim Aetzen ist die Ent - stehung von Löchern in unregelmässiger Vertheilung und oft grosser Zahl auf der geätzten Fläche, deren Durchmesser und Tiefe mitunter einige Millimeter erreicht. Sie sind offenbar eine Folge des Schlacken - gehaltes des Schweisseisens. An der Stelle jedes solchen Loches befand sich ursprünglich ein Schlackenkörnchen, welches bei der Erweiterung der Oeffnung herausfiel und so der Säure Gelegenheit zu einer raschen ferneren Erweiterung der Oeffnung gab. An dem Boden des Gefässes, in welchem das Aetzen vorgenommen wurde, lassen sich mitunter die Reste dieser Schlackenkörnchen entdecken.

Da sehniges Schweisseisen durchschnittlich am meisten Schlacke zu enthalten pflegt, so ist auch bei diesem die Zahl jener Löcher am grössten. Je vollständiger das Eisen durch vorausgegangene mecha - nische Bearbeitung von Schlacke gereinigt worden war, desto mehr verschwinden auch diese Anzeichen des Schlackengehaltes.

Da alles Flusseisen seiner Entstehungsweise gemäss nicht nur frei von Schlacke sondern auch durch und durch annähernd gleich - artig zusammengesetzt und gleichartig in seinem Gefüge ist, so treten bei diesem die Wirkungen des Aetzens weit weniger charakteristisch hervor als beim Schweisseisen. Man erblickt eine ebene, matte Fläche, auf der wohl bisweilen einige zerstreute schwarze Pünktchen, aus schwerer lös - lichen Bestandtheilen bestehend, erhaben hervortreten. Einen praktischen Zweck kann das Beizen des Flusseisens nur haben, wenn es sich darum handelt, Fehlstellen desselben, bei der mechanischen Bearbeitung ent - standen, zu entdecken.

Literatur.

A. Einzelne Werke.

  • Knut Styffe, Die Festigkeitseigenschaften von Eisen und Stahl. Deutsch von C. M. v. Weber. Weimar 1870.
  • Fr. Reiser, Das Härten des Stahles in Theorie und Praxis. Leipzig 1881.
  • A. v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris im Jahre 1878. Leipzig 1879, S. 159, 160, 169 (Festigkeitsversuche).

B. Abhandlungen.

  • M. Janoyer, Untersuchungen über die Textur des Schmiedeeisens. Mit Bemerkungen von L. Gruner. Aus den Annales des mines, série 7, tome V in deutscher Uebersetzung in der berg - und hüttenm. Ztg. 1853, S. 53.
  • A. Ledebur, Beiträge zur Metallurgie des Eisens (Schweissbarkeit). Glaser’s Annalen Bd. X, S. 179.
673Literatur.
  • Fr. Reiser, Beiträge zur Theorie der Schweissbarkeit des Eisens. Glaser’s Annalen, Bd. XI, S. 25.
  • R. Howson, On welding iron. The Journal of the Iron and Steel Institute 1876, p. 357.
  • Dr. Böhme, Bericht der vom Vereine zur Beförderung des Gewerb - fleisses berufenen Commission für die Untersuchung der Schweiss - barkeit des Eisens. Verhandlungen des Ver. zur Beförd. des Gewerbfleisses 1883, S. 146.
  • Jarolimek, Ueber das Härten des Stahles. Oestr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1876, S. 69.
  • P. v. Tunner, Ueber das Härten des Stahles, seine Ursachen und Wirkungen. Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1879, S. 307.
  • W. Metcalf, Ueber das Härten des Stahles. Zeitschr. des berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1880, S. 103.
  • R. Åkerman, On hardening iron and steel. The Journal of the Iron and Steel Institute 1879, II.
  • A. Martens, Ueber das Härten des Stahles. Centralzeitung für Optik und Mechanik 1883.
  • H. Caron, Études sur l’acier. Comptes rendus, tome 56, p. 43 et 211.
  • A. Ledebur, Das Verbrennen des Eisens und Stahles. Jahrbuch für Berg - und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1883, S. 19.
  • J. Bauschinger, Ueber Einrichtungen und Ziele von Prüfungsanstalten für Baumaterialien, insbesondere für Eisen und Stahl. Zeitschr. des Ver. deutsch. Ing. 1879, S. 50.
  • J. Bauschinger, Ueber die Erhöhung der Elasticitätsgrenze der Me - talle. Dingl. Polyt. Journal, Bd. 224, S. 1.
  • J. Bauschinger, Das Krystallinischwerden und die Festigkeitsver - minderung des Eisens durch den Gebrauch. Dingl. Polyt. Journal, Bd. 235, S. 169.
  • Knut Styffe, Ueber die Elasticität, Dehnbarkeit und absolute Festig - keit des Eisens und Stahles. Aus Jernkontorets Annaler auszugsweise in der Oesterr. Ztschr. für Berg - und Hüttenwesen 1867, S. 67; Dingl. Polyt. Journal, Bd. 185, S. 205 (vergl. die vollständige Abhandlung unter A).
  • F. Kosch, Die Festigkeitseigenschaften der Metalle, namentlich des Eisens und Stahles. Zeitschr. des Ver. deutsch. Ing. 1882, S. 636, 703.
  • C. P. Sandberg, Eisen und Stahl hinsichtlich ihrer Verwendung zu Con - structionszwecken. Stahl und Eisen 1882, S. 362.
  • Versuche mit Platten aus Schweisseisen und aus Flusseisen. Stahl und Eisen 1882, S. 137.
  • Ed. Richards, Ueber gewisse Eigenschaften des weichen Stahles. Glaser’s Annalen Bd. X, S. 271.
  • H. Wedding, Der Einfluss des Mangans auf die Festigkeit des Eisens. Verh. des Ver. zur Beförd. des Gewerbfl. 1881, S. 509; Dingl. Polyt. Journal, Bd. 243, S. 333.
  • F. Gautier, Ueber die Festigkeit des Eisens und Stahles bei Tempera - turen unter Null Grad. Dingl. Polyt. Journal, Bd. 242, S. 288.
  • G. Pisati und G. Saporito-Ricca, Festigkeit des Eisens bei verschiede - nen Temperaturen. Beiblätter zu Poggend. Annalen der Physik und Chemie, Bd. 1 (1877), S. 305.
  • J. Kollmann, Ueber die Festigkeit des erhitzten Eisens. Verh. des Ver. zur Beförd. des Gewerbfleisses 1880, S. 92.
  • Brauns, Bericht der zur Revision der Classificationsbedingungen für Eisen und Stahl eingesetzten Commission des Vereins deutscher Eisenhüttenleute. Stahl und Eisen 1881, S. 3.
  • Brauns, Ueber Qualitätsuntersuchungen von Eisen und Stahl und An - stellung von Zerreissproben. Stahl und Eisen 1883, S. 3.
674Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.
  • In Sachen: Classification von Eisen und Stahl. Stahl und Eisen 1883, S. 112.
  • L. Tetmajer, Zur Frage der Qualitätsuntersuchungen von Eisen und Stahl. Stahl und Eisen 1881, S. 100.
  • L. Tetmajer, Zur Frage der Classification von Eisen und Stahl. Stahl und Eisen 1881, S. 190.
  • L. Tetmajer, Zur Frage der Qualitätsbestimmung zäher Constructions - metalle. Stahl und Eisen 1882, S. 365.
  • F. C. G. Müller, Wird die Zähigkeit durch die Dehnung oder durch die Lokalcontraction eines zerrissenen Probestabes gemessen? Stahl und Eisen 1882, S. 100.
  • Instruction für Prüfung der für Dampfkessel der kaiserlichen Marine bestimmten Eisensorten. Glaser’s Annalen, Bd. XII, S. 280.
  • V. Pohlmeyer, Probir - und Zerreissmaschine. Stahl und Eisen 1881, S. 236.
  • W. Wedding, Maschine für Festigkeitsversuche in der Königl. Ver - suchsanstalt zu Berlin. Verh. d. Ver. zur Beförd. d. Gewerbfl. 1881, S. 206.

II. Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.

Alles Schweisseisen ist, wie schon verschiedentlich hervorgehoben wurde, von Schlacke durchsetzt, und, sofern man nicht etwa durch einen Schmelzprocess das Schweisseisen in Flusseisen umwandelt, lässt sich ein Theil dieser Schlacke nur entfernen, indem man das Eisen im schweisswarmen, stark erweichten Zustande einem starken Drucke oder öfters wiederholten Schlägen unterwirft. Flusseisen enthält gewöhnlich Hohlräume im Innern, theils durch entwickelte Gase erzeugt, theils infolge der Schwindung entstanden, welche sich beseitigen lassen, sofern das Eisen, ebenfalls im schweisswarmen Zustande, einer mechanischen Bearbeitung unterzogen wird, wobei ein kräftiges Zusammendrücken desselben erfolgt.

Diese Verdichtung des Schweisseisens und Flusseisens ist nun aber nothwendigerweise mit einer Formveränderung verknüpft; es liegt daher für den Eisenhüttenmann die Veranlassung nahe, diesen Process in solcher Weise durchzuführen, dass das Enderzeugniss in einer solchen Form aus demselben hervorgeht, welche dasselbe ohne Weiteres als Handelswaare erscheinen lässt.

Solcherart gehen Verdichtung (beziehentlich Reinigung von Schlacke) und Formgebung des schmiedbaren Eisens stets Hand in Hand; und je stärker die Aenderungen sind, welche die Form des Eisens hierbei erleidet, je stärker insbesondere die stattfindenden Querschnittsverdün - nungen, desto vollständiger pflegt auch, zumal beim Schweisseisen, die Reinigung und Verdichtung zu sein.

Dass mit dieser mechanischen Bearbeitung auch eine Aenderung der Festigkeitseigenschaften, insbesondere eine Steigerung der Festigkeit selbst, verknüpft sei, wurde schon oben erörtert; zum Theil ist diese Festigkeitszunahme erst die Folge der Reinigung und Verdichtung.

675Die Hämmer.

Eine mechanische Bearbeitung des dargestellten Eisens zu dem besprochenen Zwecke würde durch Handarbeit etwa durch Aus - schmieden mit dem Handhammer nur möglich sein, wenn das Eisen - stück selbst nicht gross und der Umfang der gesammten Eisenerzeugung sehr beschränkt wäre. Solche Handarbeit für die Verdichtung und Form - gebung finden wir in den Anfängen der Eisendarstellung, sowohl im Alterthum bei allen eisenerzeugenden Völkern als noch jetzt in ent - legenen Gegenden. In allen Kulturstaaten dagegen ist jene einfache Handarbeit längst durch Maschinenarbeit ersetzt, und die moderne Eisen - industrie verdankt zum nicht geringen Theile ihre gewaltige Ausdehnung der Leistungsfähigkeit der für die Verdichtung und Formgebung des schmiedbaren Eisens benutzten Maschinen.

1. Die Hämmer.

Unter allen formgebenden Apparaten bei der Darstellung schmied - baren Eisens sind die Hämmer die ältesten. Aus dem seit Jahrtausen - den benutzten Schmiedehammer, welcher von dem Arme des Schmiedes geführt wird, entwickelte sich, nachdem die Anwendung der Wasser - kraft beim Hüttenwesen Eingang gefunden hatte, die ältere Form des Maschinenhammers, dessen Stiel, an dem hinteren Ende um Zapfen schwingend, durch Hebedaumen emporgehoben wurde.

Die Wirkung des Hammers bei der Verdichtung und Formgebung des schmiedbaren Eisens beruht auf der Ausübung zahlreicher, rasch auf einander folgender Schläge. Die theoretische Wirkung eines Schlages lässt sich, wenn M die sogenannte Masse1)Masse = 〈…〉 des niederfallenden Ham - mers, v die Endgeschwindigkeit desselben bezeichnet, durch die Formel 〈…〉 bezeichnen. Hieraus würde sich folgern lassen, dass für eine vorgeschriebene Leistung des Hammers es gleichgültig sein müsse, ob die Masse, beziehentlich das Gewicht des Hammers gross und die Endgeschwindigkeit klein sei oder umgekehrt, sofern nur das Product 〈…〉 die vorgeschriebene Grösse erreiche.

In der Wirklichkeit stellt sich jedoch die Nothwendigkeit heraus, das Gewicht des Hammers in jedem Falle um so reichlicher zu nehmen, je grösser das Gewicht des zu bearbeitenden Eisenstückes und je grösser der Härtegrad desselben in der beim Schmieden angewendeten Temperatur ist.

Verschiedene Umstände liefern die Erklärung für diese Thatsache.

Offenbar verlangen grössere Eisenstücke auch eine grössere Schlag - wirkung als kleinere, härtere eine grössere Schlagwirkung als weniger harte, sofern diese Wirkung sich nicht blos auf die Oberfläche des Arbeitsstückes erstrecken soll, sondern auch eine Verdichtung der inneren Theile bezweckt. Für die Endgeschwindigkeit v aber giebt es naturgemäss ein gewisses grösstes Maass, welches nicht ohne Nachtheil für die Zweckmässigkeit und Haltbarkeit der Hammeranlage überschritten676Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.werden kann; ist dieses Maass erreicht, so kann eine grössere Leistung nur noch durch Vergrösserung des Hammergewichtes erzielt werden.

Andererseits werden die Abmessungen eines Hammers naturgemäss um so kleiner sein, je geringer sein Gewicht ist. Bei allzu geringen Abmessungen im Verhältniss zu der hervorgebrachten Schlagwirkung würde der Hammer selbst der Gefahr einer Zertrümmerung unterliegen. Je kleiner aber die Abmessungen des Hammers sind, auf eine desto kleinere Fläche des Arbeitsstückes wird die Wirkung des einzelnen Schlages zusammengedrängt werden. An der getroffenen Stelle nun wird zwar eine stärkere Formveränderung hierdurch hervorgebracht werden, als wenn bei Anwendung eines grösseren Hammers mit gleicher Schlagwirkung auch eine grössere Fläche getroffen worden wäre; eben hierdurch aber wird die gleichmässige Bearbeitung erschwert und unter Umständen eine Beschädigung des Arbeitsstückes herbeigeführt werden.

Diese Verhältnisse erklären es, dass das Gewicht der in der Eisen - industrie benutzten Hämmer immer mehr gesteigert wurde, je mehr die Abmessungen der Eisenblöcke zunahmen, welche unter denselben be - arbeitet werden sollten, und dass die schwersten Hämmer, welche über - haupt gebaut wurden, für die Bearbeitung des Flussstahles (Tiegelguss - stahles, Bessemerstahles u. s. w.) bestimmt sind, welcher in erheblich grösseren Blöcken als Schweissstahl und Schweisseisen zur Verarbeitung gelangt und auch in der Schmiedetemperatur wesentlich härter ist als Schweisseisen.

Jeder Hammer wird durch den, gewöhnlich aus Gusseisen gefer - tigten Ambos ergänzt, welcher als Unterlage für das in Verarbeitung befindliche Schmiedestück dient.

Die beiden einander zugekehrten, glatt bearbeiteten Flächen des Hammers und Ambos, von denen das Schmiedestück berührt wird, nennt man die Hammer - und Ambosbahn.

Der Ambos ruht auf dem Hammerstocke oder der Chabotte, dazu bestimmt, die überschüssig geleistete, d. h. nicht zu einer Form - veränderung des Arbeitsstückes verbrauchte, Schlagwirkung aufzunehmen und dadurch allzu beträchtliche Erschütterungen der Umgebung des Hammers zu vermeiden. Es ist leicht zu ermessen, dass dieser Zweck um so vollständiger erfüllt werden wird, je grösser das Gewicht dieser Unterlage des Ambos und je elastischer dieselbe fundamentirt ist. Allen grösseren Hämmern giebt man daher gusseiserne Chabotten, deren Gewicht mit dem Gewichte des Hammers zunimmt und oft ins Unge - heure steigt. v. Hauer giebt für die Bemessung dieses Chabotten - gewichtes (insbesondere bei Dampfhämmern) die Formel

  • für weiches Eisen 〈…〉
  • Stahl. 〈…〉
  • worin Q das Chabottengewicht in Kilogrammen
  • G Hammergewicht
  • v die Endgeschwindigkeit in Metern
  • g Fallbeschleunigung (9.810 m) bezeichnet.
677Stirnhämmer und Brusthämmer.

Für den Guss der Chabotten zu schweren Hämmern, welche, sofern es angeht, in einem einzigen oder doch in wenigen grösseren Stücken gegossen werden, ist gewöhnlich die Aufstellung ganz besonderer Schmelzapparate an Ort und Stelle erforderlich, da ein Transport dieser Ungeheuer nicht möglich sein würde. Die Art und Weise der Anord - nung der Chabotte ergiebt sich aus den unten mitgetheilten Beispielen einzelner Hämmer.

Der Betrieb der in den Eisenhütten gebräuchlichen Hämmer pflegt durch unmittelbare Uebertragung von einem Wasserrade oder einer Dampfmaschine aus zu geschehen. Unter den ziemlich mannigfaltigen Hammerconstructionen, welche die Neuzeit geschaffen hat, kommen für die Darstellung des Eisens vorwiegend die nachstehend beschriebenen in Betracht. 1)Hinsichtlich der verschiedenen Constructionen kleinerer Hämmer, welche ausschliesslich für die Verarbeitung der Metalle bestimmt sind, muss auf die gegebene Literatur verwiesen werden.

a) Stirnhämmer und Brusthämmer.

Fig. 166 zeigt die Einrichtung eines Stirnhammers. 2)Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde, Fig. 166.Der Ham - mer B ist mit dem Stiel zusammen in einem Stücke aus Gusseisen gefertigt und hat die Form eines liegenden T, dessen beide Arme die Schwingungsachse bilden und mit Zapfen in Lagern A ruhen. In dem

Fig. 166.

Kopfe des Hammers ist der als besonderes Stück aus hartem Guss - eisen oder Stahl gefertigte und zum Auswechseln eingerichtete Pellert b, d. h. ein mit der Hammerbahn versehenes Einsatzstück, mit durch - gehendem Zapfen und Holzkeilen befestigt; unter demselben befindet sich die Chabotte D auf einem aus starken Eichenschwellen hergestellten Fundamente.

678Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.

Vor dem Kopfe des Hammers liegt, parallel zu der Schwingungs - achse desselben, die Daumentrommel a, von einem Wasserrade mit Schwungrad und Bremsvorrichtung (zur rascheren Verlangsamung des Ganges erforderlich) aus angetrieben. Die Vorrichtung f an der Rück - seite der Chabotte dient zum Auffangen des Hammers, sobald die Arbeit beendigt ist. Da, wo die Hebedaumen den Kopf des Hammers ergreifen, ist derselbe mit einer eingesetzten und zum Auswechseln bestimmten Gussstahlplatte, der sogenannten Streichbahn, versehen.

Man giebt solchen Stirnhämmern ein Gewicht von 2.5 8 Tonnen (incl. des Stieles und der Arme), eine Hubhöhe von 0.3 0.6 m und 50 100 Schläge per Minute.

Da ein grosser Theil des Hammergewichtes in dem Stiele und den Armen enthalten ist, so ist die Ausnutzung dieses Gewichtes ungünstig, d. h. für Erzielung einer bestimmten Schlagstärke ist ein verhältniss - mässig bedeutendes Gewicht erforderlich1)Es ist leicht zu ermessen, dass bei allen um eine horizontale Achse schwin - genden Hämmern, den sogenannten Stielhämmern, das Gewicht des Hammers nebst Stiel um so günstiger ausgenutzt wird, je mehr dieses Gewicht im Kopfe des Ham - mers zusammengedrängt ist oder, mit anderen Worten, je näher der Schwerpunkt des Ganzen dem Kopfe liegt. In dieser Beziehung besitzen die nachstehend be - schriebenen Hämmer mit Holzstiel einen entschiedenen Vorzug. und die Anlage wird dadurch kostspielig. Ein fernerer, nicht zu unterschätzender Nachtheil des Stirn - hammers liegt auch in dem Umstande, dass derselbe nur von einer einzigen Seite aus bequem zugänglich ist, wodurch die Handhabung der Schmiedestücke erschwert wird.

Aus diesen Gründen ist die Anwendung des Stirnhammers selten. Nur in Gegenden, welche reich sind an Wasserkraft, benutzt man ihn mitunter zum Zängen (d. h. zum Ausquetschen der Schlacke) der Luppen des Puddelbetriebes.

Jener Nachtheil der Schwerzugänglichkeit wird vermieden, wenn man die Daumentrommel nicht am Kopfe, sondern zwischen Kopf und Drehungspunkt derartig anordnet, dass ihre Drehungsachse unter dem Hammer liegt und ihre obere Hälfte innerhalb eines eingegossenen Schlitzes des ebenfalls gusseisernen Hammers den nöthigen Spielraum findet. An der dem Hammerkopfe zunächst liegenden Kante dieses Schlitzes befindet sich die Streichbahn für den Angriff der Daumen. Aus dem Stirnhammer wird dann ein Brusthammer, dessen Ambos nunmehr von drei Seiten her zugänglich ist, während er im Uebrigen dem Stirnhammer ähnelt und mit diesem den Uebelstand theilt, dass das für eine vorgeschriebene Schlagwirkung erforderliche Hammer - gewicht bedeutend ist. Auch die Brusthämmer sind aus diesem Grunde nicht häufig.

b) Aufwerfhämmer.

Mit diesem Namen bezeichnet man Stielhämmer mit hölzernem Stiele, bei welchen, wie beim Brusthammer, der Angriff der Daumen zwischen Kopf und Drehungsachse erfolgt; während aber bei jenem die Achse der Daumentrommel parallel zur Drehungsachse gerichtet ist, liegt sie beim Aufwerfhammer, wie es in Rücksicht auf die Verwendung679Aufwerfhämmer.von Holz zum Hammerstiele kaum anders möglich sein würde, parallel neben dem Stiele, die Richtung der Drehungsachse kreuzend.

Fig. 167 lässt die Einrichtung eines solchen Aufwerfhammers er -

Fig. 167.

kennen. 1)Weisbach, Ingenieur - und Maschinen-Mechanik.B ist der aus Schmiedeeisen mit verstählter Bahn, seltener aus Gusseisen gefertigte Hammerkopf, durch Holzkeile an dem aus zähem Holze gefertigten Stiele oder Helme A befestigt. Das hintere Ende des Helmes steckt in einem mit zwei angegossenen Zapfen versehenen Guss - eisenringe, der Hülse D; letztere ruht mit ihren Zapfen, deren Mittellinie die Schwingungsachse des Hammers bildet, in sogenannten Büchsen, d. i. Lagern, welche in den Büchsensäulen T T be - festigt sind. Die Daumenwelle W pflegt aus Holz gefertigt zu sein und dient häufig zugleich als Wasserradwelle, so dass das Wasserrad unmittelbar auf dem

Fig. 168.

Ende derselben befestigt ist. Der gusseiserne Ring K mit den Daumen E E, Fig. 168, wird mit Keilen auf der Welle an der Stelle befestigt,680Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.wo der Angriff erfolgen soll, und der Hammerhelm wird da, wo er von den Daumen erfasst wird, durch ein umgelegtes eisernes Band vor rascher Abnutzung geschützt. Die gusseisernen Daumen aber versieht man an derjenigen Seite, mit welcher sie den Hammerhelm berühren, zum ferneren Schutze des letzteren mit einem angelegten Holzstücke F in Fig. 168 (Frosch genannt), welches durch ein übergeschobenes Schmiedeeisenband mit dem Daumen verbunden wird.

Nun wird offenbar in jedem derartigen Hammer, sobald er von dem Daumen angehoben wird, eine gewisse lebendige Kraft erzeugt, vermöge deren er noch um ein bestimmtes Maass emporsteigt, nach - dem der Angriff des Daumens bereits aufgehört hat; die lebendige Kraft und somit auch die Höhe, zu welcher der Hammer emporgeworfen wird, wächst mit der Anfangsgeschwindigkeit, d. h. mit der Geschwindig - keit der angreifenden Daumen. Zur Hervorbringung starker Schläge bei gegebenem Gewichte ist mithin eine grosse Umlaufsgeschwindigkeit der Daumentrommel erforderlich; je schwächer die Schläge werden sollen, desto langsamer müssen die Daumen sich bewegen. Natürlicherweise wird nun aber mit zunehmen - der Geschwindigkeit der Daumen die Zeitdauer sich verkürzen, während welcher ein neuer Daumen in die Angriffsstellung einrückt; geschieht dieses früher als der Hammer wieder niedergefallen ist, so wird der - selbe von dem nachfolgenden Daumen gefangen, und der Schlag findet überhaupt nicht statt. Durch Verringerung der Daumenzahl würde zwar dieser Uebelstand sich beseitigen lassen; aber die Zahl der in gegebener Zeit erfolgenden Schläge würde dadurch in demselben Ver - hältnisse sich verringern.

Lässt man nun aber den Hammer nicht bis zu seiner vollen, der Anfangsgeschwindigkeit entsprechenden Hubhöhe aufsteigen, sondern, bald nachdem er den Daumen verlassen hat, gegen einen elastischen Körper schlagen, welcher ihn in die Anfangsstellung zurückwirft, so wird er mit annähernd der gleichen Endgeschwindigkeit niederfallen und die Wirkung des Schlages wird annähernd ebenso gross sein, als wenn er frei aufgestiegen wäre; aber die Zeitdauer des Hubes ist ent - sprechend abgekürzt und man erhält auf diese Weise die Möglichkeit, auch bei grosser Endgeschwindigkeit zahlreiche Schläge auszuführen. Eine derartige Vorrichtung zur Unterbrechung des Hubes bei raschem Gange des Hammers nennt man die Prellung. Aus je elastischerem Materiale sie gefertigt wurde, desto vollständiger wird sie ihren Zweck erfüllen.

Bei dem Aufwerfhammer dient ein aus elastischem Holze gefer - tigter Balken H, den man Reitel nennt, als Prellung. Er ist in der Mitte in der Reitelsäule K, am Ende in der Hintersäule L befestigt und ragt mit dem vorderen Ende, gegen welches der Hammerhelm schlägt, frei aus der Reitelsäule heraus.

Nun wird aber offenbar ein und derselbe Daumen um so länger innerhalb der Bewegungsebene des Hammerhelmes verweilen, je schwächer die Krümmung, d. h. je grösser der Durchmesser des Kreises ist, in welchem der Daumen sich bewegt. Mit dem Durchmesser des Daumenkreises wächst also auch die erforderliche wirkliche Hubhöhe des Hammers bis zum Reitel; je grösser diese Höhe ist, desto weniger681Aufwerfhämmer.Schläge kann der Hammer ausführen, ohne von den Daumen gefangen zu werden. Ein möglichst kleiner Durchmesser des Daumenkreises begünstigt also die Erzielung einer grossen Hubzahl; dieser kleine Durchmesser ist nur möglich, wenn die Daumenwelle dicht neben dem Hammer liegt. Aus diesem Grunde pflegt man den Zapfen der oben erwähnten Hammerhülse ungleiche Längen zu geben. Den Zapfen C (Fig. 168) an der Seite der Daumenwelle macht man so kurz als mög - lich, damit die Büchsensäule nicht der Welle im Wege sei; der ent - gegengesetzte Zapfen C1 ist länger, damit das Ganze zugänglicher bleibe. Hieraus entsteht dann die unsymmetrische Form der beiden Büchsensäulen (Fig. 167).

Damit nicht das Ganze durch die starken Erschütterungen, welche der Reitel zu erleiden hat, seinen Zusammenhalt verliere, ist eine sorg - fältige Verbindung und Unterstützung desselben erforderlich. Ein aus durchbrochenen Gusseisenplatten gebildeter, mit Erdreich gefüllter Kasten Q R Q1 R1, welcher auf einer Holzunterlage O P ruht, dient als Fundament; die Reitelsäule und die Hintersäule, welche durch die Erschütterungen der Hammerschläge vorzugsweise beansprucht werden, gehen durch die Deckplatte des Kastens hindurch und sind in der Sohlplatte desselben bei M und N verkeilt; die Büchsensäulen stehen in Schuhen t, welche auf der Deckplatte angegossen sind und werden am oberen Ende durch eine Kopfplatte S zusammengehalten, welche an die Reitelsäule angegossen ist.

Der gusseiserne Ambos ist, vollständig unabhängig von dem Ham - merwerke, in einem eichenen Hammerstocke X befestigt, welcher unten auf hölzernen Schwellen Y Z aufruht.

Die Aufwerfhämmer werden mit einem Gewichte des Hammer - kopfes von 150 500 kg bei 0.5 0.8 m Hubhöhe und 80 150 Schlägen per Minute gebaut. Vor den Stirnhämmern haben sie den Vortheil der günstigeren Ausnutzung des Fallgewichtes infolge theils der An - wendung des hölzernen statt des gusseisernen Helmes theils der Prel - lung. Eben durch diese Eigenthümlichkeiten ist aber auch der Grösse und Leistungsfähigkeit der Hämmer eine Grenze gesteckt, welche nicht gut überschritten werden kann.

Unter allen Hammerformen gehört der Aufwerthammer zu den ältesten, und noch heute dient derselbe in wasserreichen Gegenden als eine aus früherer Zeit überkommene Construction nicht gerade selten zum Verdichten und Ausschmieden des Eisens. Noch in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts besass er als Zubehör einer Frischfeuer - anlage (siehe unten Herdfrischen) eine hervorragende Wichtigkeit; später wurde er nicht selten auch zum Zängen der Puddelluppen an Stelle des kostspieligeren und schwieriger zu handhabenden Stirnhammers benutzt. Durch die Wandlungen, welche seitdem der Eisenhütten - betrieb erfuhr, insbesondere durch die Zusammendrängung der Eisen - darstellung auf grössere Werke und der damit im nahen Zusammen - hange stehenden vermehrten Benutzung der Dampfkraft hat der nur bei vorhandener Wasserkraft zweckmässige Aufwerfhammer an Wichtig - keit verloren.

Ledebur, Handbuch. 44682Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.

c) Schwanzhämmer.

Der hölzerne Stiel oder Helm des Hammers ist über die Drehungs - achse hinaus nach rückwärts verlängert und wird hier durch die Daumen der hinter dem Hammer angeordneten, zur Drehungsachse parallelen Daumentrommel niedergedrückt, wobei der Hammerkopf steigt. Fig. 169 lässt diese Einrichtung erkennen. W ist die Daumentrommel, L der durch umgelegte Eisenbänder verstärkte Schwanz des Hammers, C der Ambos auf dem in gleicher Weise wie beim Aufwerfhammer eingerichteten Hammerstocke D. Zur Abkürzung der Hubzeit ist auch hier eine Prellung eingerichtet, bestehend in einem eisernen Klotze,

Fig. 169.

welcher in dem hölzernen Reitel - oder Prellstocke S befestigt ist und auf welchen der Hammerhelm mit seinem Ende aufschlägt.

In seiner äusseren Form dem Aufwerfhammer ähnlich besitzt der Schwanzhammer vor diesem unläugbar verschiedene Vorzüge. Durch die Anordnung der Prellung im Erdboden ist die ganze Construction des Hammergerüstes einfacher und beschränkt sich auf die Anordnung zweier hölzerner oder eiserner Büchsensäulen, welche oben und unten verbunden sind und von Längshölzern getragen werden, die auch den Prellklotz stützen. Die Anordnung der Daumenwelle hinter dem Ham - mer gewährt die Möglichkeit, derselben einen kleineren Durchmesser als beim Aufwerfhammer zu geben; wie aber oben ausführlicher erörtert wurde, kann bei dem kleineren Durchmesser auch die wirkliche Hub - höhe geringer, die Anzahl der Daumen (beziehentlich die Umfangs - geschwindigkeit derselben) grösser sein. Man ist hierdurch im Stande, einen Schwanzhammer zahlreichere Hübe als einen Stirnhammer ausführen zu lassen. Endlich kommt noch in Betracht, dass der Raum an der einen Seite des Hammers nicht, wie beim Aufwerfhammer, durch die Daumenwelle in Anspruch ge - nommen ist; der Ambos ist von drei Seiten zugänglich.

Diese Vorzüge des Schwanzhammers, insbesondere die grosse er - reichbare Hubzahl und die Leichtzugänglichkeit, kommen ganz be -683Schwanzhämmer. Dampfhämmer.sonders beim Schmieden, d. h. bei der Herstellung von Gebrauchs - stücken aus Handelseisen, zur Geltung; und sie machen es im Ver - eine mit der verhältnissmässigen Billigkeit der Anlage erklärlich, dass man selbst da, wo Dampf als Betriebskraft dient, in Schmiedewerk - stätten mitunter einen kleinen Schwanzhammer an Stelle kostspieligerer Einrichtungen verwendet, indem man ihn unmittelbar von der Dampf - maschine oder auch von einer Transmissionswelle aus antreiben lässt. Wie beim Aufwerfhammer ist aber die Grösse des Hammers und die erreichbare Schlagwirkung durch die Eigenthümlichkeiten der Form und die Anwendung des Holzes begrenzt; bei grösseren Schwanz - hämmern macht sich im Vergleiche zu den Aufwerfhämmern ein häufigeres Abbrechen des hölzernen Stieles in nachtheiliger Weise be - merkbar.

Je nachdem der Schwanzhammer vorwiegend zum raschen Aus - schmieden kleinerer Eisengegenstände oder für die Verdichtung be - stimmt ist, giebt man ihm ein Gewicht von 50 350 kg; den kleinsten eine Hubzahl, welche bis zu 300 per Minute gesteigert werden kann bei einer Hubhöhe von mitunter nicht mehr als 150 mm; den grösseren eine Hubzahl bis zu 120 per Minute bei einer Hubhöhe bis zu 480 mm.

d) Dampfhämmer.

Obschon man als Dampfhammer im allgemeinen Sinne jeden durch Dampfkraft betriebenen Hammer bezeichnen könnte also z. B. auch einen durch eine Dampfmaschine betriebenen Schwanzhammer , so versteht man doch regelmässig unter jener Benennung einen solchen Hammer, dessen Fallstück, welches man den Bär des Hammers nennt, unmittelbar an der Kolbenstange des darüber angeordneten Dampf - cylinders befestigt ist und mit dieser von dem Dampfkolben gehoben wird. Die unten gegebenen Abbildungen von Dampfhämmern ver - anschaulichen genugsam diese Anordnung.

Während bei den bisher besprochenen Hämmern, welche man gemeinsam als Stielhämmer zu bezeichnen pflegt, die Bewegung des Hammerkopfes nach einer Kreisbogenlinie stattfand, geht sie beim Dampfhammer geradlinig vor sich. Bei den ersteren Hämmern giebt es nur eine einzige Stellung, in welcher die Hammer - und Ambosbahn vollständig parallel zu einander stehen, bei dem Dampfhammer behalten sie ihre gegenseitige Stellung unverändert bei, man mag dickere oder dünnere Stücke darunter bearbeiten.

Grösser noch ist der Vortheil, welchen die leichtere Regelung der Schlagstärke dem Dampfhammer gewährt. Bei einem Stielhammer lässt sich eine stärkere Schlagwirkung nur durch Beschleunigung des Ganges hervorbringen, durch welchen die theoretische Hubhöhe vergrössert wird (vergl. die Erläuterungen auf S. 680); arbeitet der Hammer, wie der Stirn - und Brusthammer, ohne Prellung, so tritt hierbei sehr bald die Grenze des Zulässigen ein, damit er nicht von den rascher folgenden Daumen gefangen werde; bei Anwendung einer Prellung wird mit der Schlagstärke auch die Schlagzahl unvermeidlich gesteigert. Nicht immer jedoch ist eine solche gemeinschaftliche Steigerung der Schlagstärke44*684Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.und Schlagzahl wünschenswerth; gerade die schwersten Arbeitsstücke, welche die kräftigsten Schläge erfordern, lassen sich am schwierigsten handhaben, und aus diesem Grunde pflegt ein langsamerer Gang des Hammers für ihre Bearbeitung erforderlich zu sein.

Bei dem Dampfhammer kann man in jedem beliebigen Stande des Bäres den Hub unterbrechen, indem man den Dampfzufluss ab - sperrt, also mit geringerer und grösserer Hubhöhe arbeiten; man kann den Bär beliebig lange in der Höhe schwebend erhalten, wodurch das erforderliche Drehen und Wenden des Arbeitsstückes vor erfolgendem Schlage natürlicherweise ganz erheblich erleichtert wird; man kann endlich auch bei einem schweren Hammer die Schlagwirkung ganz beliebig abmindern, indem man vor dem beendigten Niederfallen wieder frischen Dampf unter den Kolben zutreten lässt. Es ist ein bekanntes Kunststückchen der Führer schwerer Dampfhämmer, eine auf dem Ambos liegende Nuss zu zerknacken, ohne den Kern zu beschädigen.

Diese Vorzüge allein schon genügen, dem Dampfhammer beim Grossbetriebe, wo seine höheren Anlage - und Unterhaltungskosten weniger in Betracht kommen, ein entschiedenes Uebergewicht über jene älteren und einfacheren Stielhämmer zu verleihen. Es kommt aber noch hinzu, dass die Leistungsfähigkeit (Schlagwirkung) eines Stielhammers aus schon erörterten Gründen über ein gewisses ziemlich beschränktes Maass hinaus nicht gut gesteigert werden kann, diejenige eines Dampfhammers dagegen durch Vergrösserung der Fallhöhe und des Fallgewichtes in fast unbegrenzter Weise und jedenfalls weit über die Leistung auch des grössten Stielhammers hinaus sich ausdehnen lässt. Dieser Um - stand macht den Dampfhammer unentbehrlich, wo sehr schwere Eisen - blöcke verarbeitet werden sollen; und die Fortschritte, welche die Neu - zeit in der Herstellung grosser Schmiedestücke gemacht hat, würden ohne Anwendung der Dampfhämmer unmöglich gewesen sein.

Folgende Zusammenstellung giebt ein ungefähres Bild von dem Gewichte und der Hubhöhe, welche man Dampfhämmern für ver - schiedene Zwecke zu geben pflegt.

Der grösste aller bis jetzt gebauten Dampfhämmer, dessen Ver - hältnisse den Ziffern der letzten Reihe entsprechen, wurde Ende der siebenziger Jahre zu Creusot in Frankreich errichtet; die Chabotte685Dampfhämmer.desselben besitzt das ansehnliche Gewicht von 622 t (vergl. unten die Abbildung desselben in Fig. 175 auf S. 693). Lange Zeit hindurch war ein schon in früheren Jahrzehnten von Fr. Krupp in Essen gebauter Hammer von 50 t bei 3 m Hubhöhe der grösste der Erde.

Schon James Watt, der Erfinder der Dampfmaschine, nahm im Jahre 1784 ein Patent auf die Construction eines Dampfhammers; aber er erlebte nicht die Ausführung seiner Idee. Das Bedürfniss für die Benutzung derselben lag noch nicht vor. Der Bedarf an schmiedbarem Eisen überhaupt war nicht bedeutend; Schmiedestücke von grösseren Abmessungen, wie sie der Maschinenbau der Jetztzeit verlangt, waren nicht erforderlich. Die schon seit lange benutzten Wasserhämmer ge - nügten vollkommen allen Ansprüchen der damaligen Zeit, waren billiger in der Anlage und erforderten nicht den Brennstoffaufwand zur Er - zeugung des Dampfes.

Erst sechzig Jahre später, im Jahre 1842, wurden ziemlich gleich - zeitig auf zwei weit von einander entlegenen Eisenwerken, dem Eisen - werke Creusot in Frankreich und der Königin-Marienhütte in Sachsen, die ersten beiden Dampfhämmer gebaut, beide nach einer Construction des Ingenieur Nasmyth zu Patricoft bei Manchester.

Inzwischen aber hatte die Lage der Eisenindustrie sich wesentlich geändert. Der Bedarf an schmiedbarem Eisen war seit Einführung der Eisenbahnen ausserordentlich gestiegen, die Eisenwerke waren mächtig vergrössert worden, und eben infolge dieser Vergrösserungen war die Dampfkraft mehr und mehr an die Stelle der früher ausschliesslich benutzten Wasserkraft für den Betrieb der erforderlichen Maschinen getreten; der mehr und mehr aufblühende Maschinenbau aber stellte auch hinsichtlich der Grösse der aus den Eisenwerken hervorgehenden Schmiedestücke Ansprüche, die nur durch kräftiger wirkende Hämmer als bisher erfüllt werden konnten. So dehnte sich die Anwendung der Dampfhämmer rasch aus, und jedes neue Jahrzehnt brachte Verbesse - rungen in der Einrichtung derselben.

Bei den verschiedenen Dampfhämmern erfolgt das Niederfallen des Bäres entweder lediglich infolge der Schwere, nachdem man dem unter dem Kolben befindlichen, zum Anheben benutzten Dampfe Auslass ins Freie verschafft hat, und solche Hämmer heissen einfachwirkende; oder man lässt, nachdem umgesteuert wurde, auch frischen Dampf über den Kolben treten, um das Niederfallen zu beschleunigen, die Schlag - wirkung zu verstärken, die Hubzeit abzukürzen, und nennt die Häm - mer der letzteren Art doppeltwirkende oder Hämmer mit Unter - und Oberdampf. Je grösser nun bei einem doppeltwirkenden Hammer die freie Cylinderfläche oberhalb des Dampfkolbens ist, desto grösser wird die Beschleunigung beim Niedergange sein, desto geringer kann also für eine geforderte theoretische Schlagwirkung das Gewicht des Bäres und die Hubhöhe ausfallen; je geringer aber die Hubhöhe und je grösser die Beschleunigung des Hammerbäres ist, desto zahl -686Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.reichere Schläge können in derselben Zeit ausgeführt werden. Auf diesen Umständen beruht die Einrichtung der in kleinen Schmiedewerk - stätten mit Nutzen verwendeten sogenannten Schnellhämmer, welche durch verhältnissmässig grossen Cylinderquerschnitt und geringe Hub - höhe befähigt sind, oft bis zu 400 Schläge per Minute auszuführen. Je kleiner das Arbeitsstück ist, desto rascher kühlt es ab und desto vortheilhafter ist demnach eine grosse Hubzahl.

Dass aber mit der Grösse des zu bearbeitenden Eisenstückes auch nothwendigerweise das Gewicht des Hammerbäres wachsen müsse, wurde schon oben erörtert; umgekehrt verringert sich mit zunehmen - der Grösse des Schmiedestückes die Nothwendigkeit einer grossen Hub - zahl, da das schwerere Stück nicht nur weniger rasch abkühlt, son - dern auch weniger rasch sich in die zum Schmieden erforderliche Lage bringen lässt. Aus diesem Grunde sieht man durchschnittlich um so häufiger von der Anwendung des Oberdampfes ab (welche immerhin die Einfachheit der Construction beeinträchtigt), je grösser der Hammer ist. Während die Hämmer mit einem Gewichte bis zu 1000 kg fast ohne Ausnahme mit Oberdampf arbeiten, ist die An - wendung desselben bei den grössten Hämmern verhältnissmässig selten.

Wie bei jeder andern Dampfmaschine unterscheidet man bei dem Dampfhammer eine innere Steuerung, d. h. diejenigen Theile, durch welche der Zu - und Abfluss des Dampfes regulirt wird, und eine äussere Steuerung, bestehend in einem Systeme von Hebeln und Zugstangen, durch welche die innere Steuerung ihre Bewegung erhält.

Für die innere Steuerung benutzt man bei kleinen Hämmern am häufigsten Schieber, welche leicht eine rasche und genaue Umsteue - rung ermöglichen; je grösser aber der Hammer wird, je grösser also auch der Schieber und der auf demselben lastende Dampfdruck ist, desto mehr verliert die Benutzung des Schiebers als Steuerungsmecha - nismus an Zweckmässigkeit, da mit dem Dampfdrucke auch die erfor - derliche Kraft zur Bewegung des Schiebers zunehmen muss. Bei sehr grossen Hämmern mit Schiebersteuerung findet man deshalb wohl einen besondern kleinen Dampfcylinder angeordnet, durch dessen Kolben - stange erst der Schieber des grossen Cylinders bewegt wird; die ganze Einrichtung aber wird dadurch schwerfälliger. Sogenannte entlastete Plattenschieber haben sich wenig bewährt; wohl aber findet man Napier’sche Röhrenschieber bei grösseren und kleineren Hämmern in Anwendung.

Für grosse Hämmer dürfte die Ventilsteuerung mit entlastetem Doppelsitzventil am gebräuchlichsten sein. Hahnsteuerung (Wilson - scher Hahn) wird mitunter bei kleinen und mittelgrossen Hämmern benutzt; Kolbensteuerung ist wegen rascher Abnutzung wenig in Ge - brauch.

Die äussere Steuerung ist bei allen Schnellhämmern selbstthätig, so dass der Hammer ununterbrochen fortarbeitet, sobald er einmal in Betrieb gesetzt ist; aber in jedem Falle kann durch eine Verstellung687Dampfhämmer.der Steuerung von Hand in jedem Augenblicke der Hub abgekürzt und beim Niederfallen vorzeitig frischer Unterdampf zugeleitet, die Schlagstärke also beliebig geregelt werden.

Für grosse Hämmer, deren Hubzeit länger ist, bei denen also der Hammerwärter vollauf Zeit hat, die Umsteuerung zu bewirken, verliert die selbstthätige Steuerung an Werth. Man begnügt sich hier gewöhnlich, in dem höchsten zulässigen Stande des Hammerbäres eine selbstthätig wirkende Hubbegrenzung einzuführen, durch welche einer Beschädigung des Dampfcylinders vorgebeugt wird.

Einen einfach wirkenden Dampfhammer des Eisenwerkes Neuberg in Kärnten mit 17.5 t Fallgewicht, 2.7 m Hubhöhe und Ventilsteuerung von Hand stellen die Abbildungen Fig. 170 und 171 auf S. 688 und 689 dar. Die Einrichtung des aus Eisenblech gefertigten Hammergerüstes wird ohne Erläuterung verständlich sein. Zwischen den beiden mit guss - eisernen Führungsleisten g versehenen Ständern N gleitet der lang - gestreckte gusseiserne Hammerbär B auf und ab. Der Hammerführer befindet sich auf der an der linken Seite des Hammers angebrachten Bühne Q, zu welcher er auf einer (abgebrochen gezeichneten) Treppe gelangt und von welcher aus er die Arbeiten auf dem Ambos über - sehen kann. Soll der Hammer in Thätigkeit versetzt werden, so öffnet er zunächst den in dem Dampfzuleitungsrohre a angeordneten Dampf - schieber m1, worauf der Dampf in das Ventilgehäuse eintritt. Ein - und Auslassventil sind vorläufig geschlossen. Durch Bewegung der Steue - rungsstange n nach rechts wird nun die an dem linken Hammer - ständer gelagerte senkrechte Steuerungswelle b um ein gewisses Maass gedreht, und durch Vermittelung eines an dem oberen Ende derselben befindlichen Hebels nebst Zugstange wird das Einlassventil geöffnet; der Bär steigt. An der vorderen Seite des Bäres nun befindet sich eine angegossene, oben durch eine schräge Fläche begrenzte Rippe u. Sobald der Bär eine gewisse Höhe erreicht hat, stösst jene schräge Fläche gegen einen mit Rolle versehenen, an die erwähnte senkrechte Welle angeschlossenen Arm r und schiebt denselben nach auswärts. Die Welle wird dadurch in entgegengesetzter Richtung gedreht als zuvor, das Einlassventil geschlossen. Der Dampf expandirt. Beim weiteren Aufsteigen des Bäres erhält auch der Arm r, sowie die Welle b eine fernere Drehung; jetzt öffnet sich das Auslassventil. Der Bär steigt noch vermöge seiner lebendigen Kraft um eine gewisse Höhe; dann beginnt der Rückgang und er fällt mit einer der erreichten Hub - höhe entsprechenden Geschwindigkeit auf das Arbeitsstück nieder.

Eine Abminderung der Schlagwirkung ist möglich, indem der Wärter das Einlassventil wieder öffnet kurz bevor der Schlag erfolgt. Durch eine besondere Vorrichtung ist jedoch bei dem abgebildeten Hammer diese Regelung der Schlagstärke noch erleichtert. Eine Spiral - feder c (Fig. 171) ertheilt dem Einlassventil das Bestreben, geöffnet zu bleiben, sobald es sich selbst überlassen ist. Der Hammerbär würde also, sofern es nicht in der geschlossenen Stellung festgehalten wird, sofort wieder emporsteigen, ohne einen Schlag ausgeführt zu haben, sobald die Rippe u den Arm r frei lässt, und dieses Spiel würde sich688Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.

Fig. 170.

689Dampfhämmer.unausgesetzt wiederholen. Nun ist aber die Steuerungsstange n nicht unmittelbar an die Welle b angeschlossen, sondern sie bewegt zunächst einen Klinkhebel q, welcher mit einem zweiten an der Welle b be -

Fig. 171.

festigten Hebel p im Eingriffe steht. Fig. 172 zeigt diesen Mechanis - mus in vergrössertem Maassstabe. Bei der Umsteuerung durch die Rippe des Hammerbäres wird der Hebel p ebenso wie der oben erwähnte Arm r nach aussen gedreht; der Zug - stange n ist durch eine Feder das Bestreben ertheilt, sich nach links zu bewegen. Sobald also die Um - steuerung beendet, das Einlassventil vollständig ge - schlossen ist, klinkt der Hebel q in p ein (wie in Fig. 172) und hält ihn in seiner Stellung fest; der

Fig. 172.

Schlag erfolgt jetzt mit voller Wucht. Soll er abgemindert werden, so wird q nach rechts gedrückt, so dass p ganz oder theilweise frei wird, und Dampf strömt ein.

Durch Höher - oder Niedrigerstellen des Armes r, welches mit Hilfe einer Kette K und eines Hebels d (Fig. 170) sich ermöglichen lässt, kann man auch die Hubhöhe verändern.

Der verbrauchte Dampf entweicht durch das Rohr e. Durch ein Seitenrohr w steht dieses letztere mit dem Raume über dem Kolben in Verbindung. Bei dem Niederfallen des letzteren tritt somit der Dampf zunächst in jenen Raum ein, die Entstehung einer Luftver - dünnung verhütend; erst beim abermaligen Aufsteigen entweicht er ins Freie.

Die Einrichtung und Fundamentirung der Chabotte des abgebil - deten Dampfhammers ist in Fig. 173 dargestellt. Die Chabotte selbst, 170 t schwer, ist in fünf Stücken gegossen, welche durch Keile und starke Schrauben unter einander verbunden sind, und auf dem obersten Stücke wird in einer schwalbenschwanzförmigen Nuth der Ambos be - festigt. Der Untersatz für die Chabotte ist aus senkrecht stehenden690Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.starken Holzstücken zusammengefügt und durch zahlreiche Schmiede - eisenbänder wie durch hindurchgehende Anker zu einem festen Ganzen verbunden. Ein Schacht aus Quadermauerwerk schliesst die Chabotte nebst ihrer Unterlage ein, jedoch so, dass eine unmittelbare Berührung an keinem Punkte stattfindet, damit nicht die Erschütterungen der Chabotte auf das Mauerwerk übertragen werden. Auf dieser gemauer - ten Einfassung, also ebenfalls unabhängig von der Chabotte und den Erschütterungen derselben, stehen die Pfeiler, welche das Hammer - gerüst tragen.

Fig. 173.

Ohne eine wesentliche Aenderung in der äusseren Form hätte der be - schriebene Hammer auch als doppeltwirkender construirt werden können. Statt der zwei Ventile hätten deren vier eingerichtet werden müssen, und ein Dampfkanal an der Seite des Cylinders würde die Verbindung zwischen den beiden Ventilen für den Oberdampf und dem Innern des Cylinders hergestellt haben. Fig. 174 zeigt das Aeussere eines solchen Dampfhammers mit Unter - und Oberdampf. 1)Von G. Brinkmann & Co. in Witten a. d. Ruhr gebaut.Das Fallgewicht desselben beträgt 5 t. In der Abbildung bezeichnet

  • E U Einlassventil für den Unterdampf,
  • A U Auslassventil
  • E O Einlassventil für den Oberdampf,
  • A O Auslassventil
Fig. 174.
691Dampfhämmer.

Hubbegrenzung findet bei diesem Hammer durch das am Bär be - festigte Röllchen r statt, welches beim Aufsteigen gegen die Verlänge - rung des Hebels f schlägt, das linke Ende desselben empor, das rechte Ende abwärts drückt. In der aus der Abbildung leicht ersichtlichen Art und Weise wird hierbei zunächst das Einlassventil für den Unter - dampf geschlossen, der Dampf expandirt. Durch eine horizontale Zug - stange stehen die Ventile für den Unterdampf mit denen für den Ober - dampf in Verbindung. Bei weiterem Aufsteigen des Bäres wird also das Auslassventil für den Oberdampf geschlossen, der noch ein - geschlossene Dampf wird zusammengedrückt; alsdann öffnet sich das Auslassventil für den Unterdampf und schliesslich das Auslassventil für den Unterdampf; der Kolben wird mit beschleunigter Geschwindigkeit abwärts geworfen.

Durch Empordrücken des Hebels f an der rechten Seite leitet der Hammerführer einen neuen Hub ein; und durch Umsteuerung von Hand kann er leicht den Hub unterbrechen, ehe selbstthätige Umsteue - rung eintritt.

Ebenso kann man, da das Oberdampfeinlassventil erst ganz zuletzt geöffnet wird, bei rechtzeitiger Unterbrechung der Steuerung auch ohne Oberdampf arbeiten. Eine excentrische Scheibe i, gegen welche der Hebel f bei Niedergange schlägt, und welche mit Hilfe der Klinke k höher oder niedriger gestellt werden kann, dient dazu, diese Unter - brechung herbeizuführen.

e ist ein Ventilgehäuse, durch welches die Dampfzuleitung aus dem Kessel nach dem Hammer stattfindet.

Die Ständer des abgebildeten Hammers sind aus Gusseisen und durch die Schienen a mit einander verbunden. g und h sind Funda - mentschrauben. c c sind Schmiedeeisenringe, durch welche die pris - matischen Führungen des Hammerbäres an den Ständern festgehalten werden. b b sind Holzstücke, gegen welche der Bär im höchsten zu - lässigen Stande schlägt; m m Ausflussröhen für condensirtes Wasser.

Während bei kleinen und mittelgrossen Hämmern das zu be - arbeitende Eisenstück mit Hilfe einer Zange erfasst und von einem oder mehreren zusammen angreifenden Arbeitern gehandhabt wird, ist bei der Bearbeitung grosser Schmiedeeisenstücke, insbesondere der schweren Flusseisen - und Flussstahlblöcke, welche in der Neuzeit für mannigfache Zwecke gefertigt werden, eine derartige Handhabung nicht mehr möglich. Hier muss Maschinenarbeit an Stelle der Hand - arbeit treten. Krahne, von Dampfkraft bewegt, heben und wenden den in Ketten hängenden Eisenblock, und die Handarbeit beschränkt sich auf die Nachhilfe beim Drehen und Wenden mit eisernen Stangen und Haken.

Jene oben erwähnten schweren Hämmer, für diesen Zweck be - stimmt, müssen deshalb in jedem Falle durch einen oder mehrere ausreichend kräftig gebaute Krahne ergänzt werden; und gewöhnlich gruppirt man den Hammer, die Krahne und die zum Erhitzen der Eisenblöcke erforderlichen Oefen in solcher Weise, dass ein und der - selbe Krahn dazu dient, den Block aus dem Ofen zu holen und dem Hammer zuzuführen.

692Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.

Fig. 175 giebt ein Bild einer derartigen vollständigen Hammer - hütte mit dem schon oben erwähnten 80 t Hammer zu Creusot, bis jetzt dem grössten der Erde. 1)Nach v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris im Jahre 1878.Derselbe steht in der Mitte der ganz aus Eisen construirten Halle, deren Höhe bis zum Dachstuhlgebinde 17 m beträgt. Sein Gerüst A ist aus hohlen Gusseisenständern ge - bildet, welche in Form eines A verschraubt und oben durch ein guss - eisernes Querstück verbunden sind. Der Hammer ist einfach wirkend. Der Durchmesser des Dampfcylinders beträgt 1.9 m, Durchmesser der Kolbenstange 36 cm, also freier Cylinderquerschnitt unterhalb des Kolbens 2.734 qm. Der grösste Kolbenhub ist 5 m; die Weite zwischen den Füssen des Ständers 7.5 m. Die Steuerung geschieht durch Ventile von Hand. Das Fundament ruht in 11 m Tiefe unter dem Boden auf einem Felsen; auf diesem ist zunächst 4 m hohes Cementmauerwerk hergestellt, dann folgt eine Eichenholzbettung von 1 m Höhe und auf dieser ruht die 622 t schwere Chabotte, welche aus elf Theilen zusam - mengesetzt ist. Auch bei diesem Hammer ist die Fundamentirung der Chabotte vollständig unabhängig von der des Hammergerüstes, wie die Abbildung erkennen lässt.

Vier Krahne C C zwei an jeder Seite des Hammers sind zur Bedienung desselben bestimmt. Drei derselben besitzen eine Trag - kraft von 100 t, der vierte eine solche von 160 t. Sie sind aus Eisen - blech construirt, und jeder derselben ist mit einer am Ständer be - festigten 60 pferdigen Dampfmaschine versehen. Der Halbmesser des Auslegerkreises ist 9.35 m.

Jedem Krahne entspricht ein Glühofen D. Schienengleise ver - binden die Hammerhütte mit der in der Nähe gelegenen Stahlhütte, in welcher die Blöcke erzeugt werden.

e) Die Theorie des Schmiedens.

Wenn mit dem Hammer ein Schlag auf eine beliebige Stelle eines durch Erhitzung erweichten Eisenstückes ausgeführt wird, so entsteht an dieser Stelle ein Eindruck, d. h. eine Verdünnung des Querschnittes. Je kleiner die Stelle war, auf welche die Schlagwirkung ausgeübt wurde, desto tiefer muss bei übrigens gleicher mechanischer Wirkung des Schlages der Eindruck, desto stärker die Querschnittsverdünnung ausfallen.

Wenn es sich also nicht sowohl darum handelt, durch die Ham - merschläge weitgehende Querschnittsveränderungen hervorzubringen als vielmehr ein Auspressen von Schlacke aus weichem Schweisseisen, eine Verdichtung blasigen Flusseisens herbeizuführen, so wird man jeden einzelnen Schlag möglichst auf die ganze Oberfläche des auf dem Ambos ruhenden Arbeitsstückes einwirken lassen, d. h. einen Hammer mit breiter Bahn verwenden. Dass aber auch hierbei das Gewicht und die Fallhöhe des Hammers mit der Dicke des zu bearbeitenden Eisen - stückes im Einklange stehen müssen, wenn die Wirkung der Schläge693Die Theorie des Schmiedens.

Fig. 175.

694Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.sich nicht nur auf die Oberfläche des letzteren erstrecken soll, wurde schon früher erörtert.

Auch bei einer solchen Bearbeitung der ganzen Oberfläche eines Arbeitsstückes vermittelst eines Hammers mit breiter Bahn findet nun naturgemäss eine allmähliche Querschnittsverdünnung unter entsprechen - der Ausbreitung statt. Ist eine derartige Formveränderung nicht be - absichtigt, so ist es nicht schwierig, ihr entgegen zu arbeiten; man braucht nur das Arbeitsstück von Zeit zu Zeit um 90 Grad zu wenden (es auf die hohe Kante zu stellen), um nunmehr durch die Hammer - schläge eine Verkürzung in der Richtung der zuvorigen Ausbreitung, eine Verdickung in der Richtung der zuvorigen Querschnittsverdünnung herbeizuführen.

Uebt man vermittelst eines Hammers, dessen Bahn kreisrunde Form von nicht allzu beträchtlichem Durchmesser besitzt und etwas convex gewölbt ist, einen Schlag auf eine Stelle eines platten - förmigen Arbeitsstückes aus, welche in der Mitte oder wenigstens nicht am Rande sich befindet, so entsteht hier eine Beule, d. h. infolge der stattfindenden Querschnittsverdünnung muss das Metall aus der Ebene heraustreten; und wenn man zahlreiche solche Beulen in bestimmter Folge an einander reiht, so nimmt allmählich die ganze Platte eine ausgebauchte Form an, es entsteht ein Hohlkörper. Es ist dieses eine Arbeit, die zwar bei der Herstellung und ersten Formgebung des Eisens selten oder gar nicht in Anwendung kommt, bei der Verarbeitung der Metalle zu Gebrauchsgegenständen aber seit Alters her eine grosse Wichtigkeit besitzt und Treiben genannt wird.

Benutzt man einen Hammer mit langgestreckter schmaler Bahn und führt man mit Hilfe desselben einen Schlag aus, welcher quer über das ganze Arbeitsstück hinübergeht, so entsteht an dieser Stelle eine entsprechende Furche. Der Querschnitt wird hier verdünnt; und die nächste Folge davon ist eine Längenausdehnung in der Richtung rechtwinklig gegen die Richtung jener Furche. Bei dem Arbeitsstücke

Fig. 176.

Fig. 176 muss die Entstehung der Furche a b eine Verlängerung in der Richtung des Pfeiles zur Folge haben. Reiht man nun zahlreiche solcher Parallelfurchen eine dicht neben die andere, so wird das ganze Arbeits - stück, ohne erheblich verbreitert zu werden, eine entsprechende Längen - ausdehnung und gleichzeitige Querschnittsverdünnung erfahren. Diese Arbeit, Längenausdehnung und Querschnittsverdünnung ohne Verbreite - rung, welche sowohl bei der ersten Formgebung als bei der späteren Verarbeitung des Eisens und anderer Metalle ausserordentlich häufig in Anwendung kommt, wird Strecken genannt. Je schmaler die Bahn des beim Strecken benutzten Hammers ist, desto stärker fällt die durch jeden einzelnen Schlag hervorgebrachte Querschnittsverdünnung aus, desto rascher ist der Verlauf des Streckens, desto geringer die statt - findende Ausbreitung des Arbeitsstückes.

Je dichter nun die benachbarten Hammerschläge, welche das Strecken bewirkten, neben einander liegen, desto weniger bemerkbar werden offenbar die Spuren derselben auf der Oberfläche des Arbeits - stückes zurückbleiben. Vollständig lassen dieselben sich tilgen, wenn695Die Theorie des Schmiedens.nach beendigtem Strecken das Arbeitsstück mit wenigen Schlägen einer Hammerbahn bearbeitet wird, deren Längenrichtung mit der Längen - richtung des gestreckten Arbeitsstückes übereinstimmt, während ihre Breite mindestens so gross ist als die Breite des Arbeitsstückes. Die Schlagwirkung wird hierbei auf eine grosse Fläche vertheilt, und eine erhebliche Querschnittsverdünnung beziehentlich Ausbreitung findet nicht statt; aber die mit Furchen bedeckte Oberfläche wird geglättet. Diese Vervollkommnung der Oberfläche eines durch Hammerschläge ge - streckten Arbeitsstückes heisst Schlichten.

Die entgegengesetzte Arbeit des Streckens ist das Stauchen, eine Verkürzung der Längenabmessung (beziehentlich auch Breiten - abmessung) unter Vergrösserung der Dicke. Dasselbe wird, wie schon oben erwähnt wurde, ausgeführt, indem man das Arbeitsstück hoch - kantig auf den Ambos stellt und Schläge auf die Stirnfläche ausführt. Natürlicherweise lässt sich ein Maschinenhammer hierfür nur benutzen, sofern die Länge des Arbeitsstückes, welche verkürzt werden soll, nicht schon beträchtlicher ist, als die Hubhöhe des Hammers.

Der geschilderte Verlauf des Streckens, Schlichtens und Stauchens, welche Arbeiten bei jedem Hammer zur Ausführung kommen, der nicht etwa zum Treiben bestimmt und deshalb mit besonders geformter Bahn versehen ist, erklärt die übliche Form und Anwendung der Hammer - bahnen.

Den Aufwerf - und Schwanzhämmern der Herdfrischhütten, welche die Bestimmung haben, zum Ausschmieden des Eisens zu Stäben benutzt zu werden, pflegt man, wie schon oben erwähnt wurde, eine rechteckige, lang - gestreckte Bahn zu geben. Je schma - ler die Bahn ist (deren Form mit der - jenigen der Ambosbahn übereinstim - men muss), desto rascher geht das Strecken unter dem Hammer vor - wärts; aber in Rücksicht auf das nach - folgende Schlichten darf die Breite der Bahn immerhin nicht geringer sein als diejenige der zu schmiedenden Stäbe.

Beim Strecken nun wird man den Stab so halten, dass er quer über dem Ambos liegt (Fig. 177), beim Schlichten legt man ihn von der Stirnseite des Hammers aus der Länge nach auf den Ambos. Soll die Breitenrichtung verkürzt oder sollen die Kanten ge -

Fig. 177.

ebnet werden, so wird er mit der schmalen Seite auf den Ambos gelegt.

Grösseren Hämmern dagegen Stirnhämmern, Brusthämmern, Dampfhämmern pflegt man eine Hammer - und Ambosbahn, wie in Fig. 178 im Grundrisse skizzirt ist, d. i. mit Tförmiger Grundfläche zu geben. Die beiden rundlichen Ansätze in den Ecken dienen nur zur Verstärkung. Beim Strecken wird man, je nachdem dasselbe696Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.rascher oder weniger rasch verlaufen soll, das Arbeitsstück entweder in der Richtung A B oder C D quer über einen der Schenkel legen;

Fig. 178.

beim Schlichten nach der Richtung E F oder G H. Der mittlere Theil der Bahn in der Nähe der Kreuzungsstelle dient zum Stauchen, welches besonders bei der ersten Verdichtung und Reinigung der Eisenblöcke und Luppen ziemlich regelmässig erforderlich ist.

Im Uebrigen muss bei der Construction der Hammer - und Ambosbahn auch die An - ordnung des Hammergerüstes in Betracht kom - men, von welcher die Zugänglichkeit des Amboses abhängt.

Sonstige Arbeiten des Schmiedens kommen mehr bei der späteren Verarbeitung als bei der ersten, in den Eisenhütten bewirkten Form - gebung in Anwendung und sind ihrer Theorie nach so einfach, dass sie einer eingehenderen Erörterung nicht bedürfen. Hierher gehört das Schmieden in Gesenken, formgebenden, aus Eisen hergestellten Er - gänzungsstücken zum Hammer und Ambos, welche beim Schmieden einen ganz ähnlichen Zweck zu erfüllen haben als die Gussformen beim Giessen; das Abhauen einzelner Stücke vom Ganzen mit Hilfe des Schrotmeissels und Abschrotes; die Herstellung einer durch - gehenden Oeffnung vermittelst des Durchschlages und Lochringes; u. a. m. In jeder kleineren und grösseren Schmiedewerkstatt kann man die hierfür benutzten Geräthe und ihre Anwendung täglich in Augenschein nehmen.

2. Die Walzwerke.

a) Allgemeine Erörterungen.

Ein Walzwerk für Eisen - oder Metallbearbeitung nennen wir eine Vorrichtung, bei welcher das zu bearbeitende Metallstück zwischen zwei

Fig. 179.

sich in entgegengesetzter Richtung drehen - den, gewöhnlich horizontal liegenden, Walzen hindurchgeführt wird, um hierbei eine Ver - dünnung seines Querschnittes zu erleiden (Fig. 179). Die Walzen erhalten hierbei ihren Antrieb von aussen her; das zu walzende Arbeitsstück wird infolge der Reibung der Walzenoberflächen von den Walzen ergriffen und zwischen ihnen hindurchgeführt.

Ein Walzwerk mit nur zwei parallelen Walzen, wie Fig. 179, heisst Duowalz - werk und man unterscheidet bei demselben die Oberwalze a und die Unterwalze b; ordnet man eine dritte Parallelwalze an zu dem Zwecke, das Walzstück, nachdem es zwischen der ersten und zweiten Walze hindurchgegangen ist, zwischen der zweiten und dritten wieder zurückführen zu können (Fig. 180), so697Die Walzwerke.heisst das Walzwerk Triowalzwerk oder Walzentrio mit Ober - walze, Mittelwalze und Unterwalze. Ein Triowalzwerk ermöglicht, wie leicht zu erkennen ist, eine grössere Beschleunigung der Arbeit als ein Duowalzwerk und seine Anwendung ist deshalb vorzugsweise zweck - mässig beim Walzen von Gegenständen mit dünneren Querschnitten, welche rascher erkalten; aber die Ab - nutzung der drei Walzen ist ungleich, da die Mittel - walze doppelt so oft als die anderen beiden in An - spruch genommen wird.

Gewöhnlich erfolgt die Bewegung der Walzen durch in einander greifende Getriebe, deren Wellen mit den Zapfen der Walzen gekuppelt sind und von welchen eins seinen Antrieb von der Betriebsmaschine (Wasserrad, Dampfmaschine) aus erhält; in einzelnen besonderen Fällen jedoch treibt man unter Weg - lassung der Getriebe nur die eine Walze an und lässt die zweite, beziehentlich die zweite und dritte nur durch die Reibung des von der ersten Walze mitgenommenen Arbeitsstückes in Drehung ver - setzen. Solche Walzen ohne äusseren Antrieb heissen Schleppwalzen.

Fig. 180.

Sollen plattenförmige Körper (Bleche) gewalzt werden, so ist die Oberfläche der Walzen glatt; sollen dagegen stabförmige Körper von bestimmter Querschnittsform hergestellt werden, so ist die Oberfläche mit ringförmig herumlaufenden Profilbegrenzungen bedeckt, welche das hindurchgehende Walzstück einschliessen und Kaliber genannt werden. Sie vertreten gewissermaassen die Stelle des Gesenkes beim Schmieden, der Gussform beim Giessen. Auf der einzelnen Walze erscheinen sie theils als Einschnitte oder Furchen, theils als Ringe, welche in die Furche der zweiten Walze eingreifen (vergl. unten Fig. 183 auf S. 701). Natürlicherweise müssen die Kaliber der zu ein - ander gehörenden Walzen genau einander ergänzen, zu einander passen.

Der Vorgang beim Walzen besitzt eine gewisse Aehnlichkeit mit dem oben geschilderten Vorgange des Streckens unter dem Hammer. Die Unterwalze vertritt beim Walzen die Stelle des Amboses, die Ober - walze diejenige des Hammers; in beiden Fällen, beim Strecken durch Hämmern wie beim Walzen beruht die Streckung vornehmlich auf dem Umstande, dass das quer über das ganze Arbeitsstück hinüber - gehende Werkzeug (der Hammer in dem einen, die Walze in dem zweiten Falle) an der Berührungsstelle einen Eindruck, eine Quer - schnittsverdünnung erzeugt, welche eben die Ursache der normal gegen die Richtung des entstandenen Eindruckes stattfindenden Verlängerung des Arbeitsstückes ist.

Beim Hämmern aber muss das Arbeitsstück nach jedem stattgehabten Schlage weitergeschoben werden, der Hammer muss emporgehoben werden und wieder niederfallen, damit ein neuer Schlag erfolge; bei dem Walzen bewirken die Walzen selbstthätig ununterbrochen den Vorschub des Arbeitsstückes, und der Zeitverlust für das Anheben und Niederfallen des Hammers kommt in Wegfall. Aus diesem Grunde ist die Leistungsfähigkeit eines Walzwerkes beim Strecken eine ungleichLedebur, Handbuch. 45698Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.grössere als die des Hammers, und überall, wo die Aufgabe vorliegt, rasch grössere Metallmengen durch Strecken zu verarbeiten, hat das Walzwerk den Hammer verdrängt. Die Einrichtung eines Walzwerkes aber ist, wie sich aus der später folgenden Beschreibung der verschiedenen Gattungen von Walzwerken ergeben wird, weniger einfach als die eines Hammers, der Raumbedarf grösser; daher konnte das Walzwerk seine jetzige Wichtigkeit überhaupt erst dann erlangen, nachdem die ge - änderten Zeitverhältnisse in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts mehr und mehr zu einer Massenerzeugung des schmiedbaren Eisens hindrängten. 1)Blechwalzwerke zum Strecken von Münzzainen waren schon seit 1553 in Anwendung, und als ihr Erfinder wird der Franzose Brulier genannt; für die Ver - arbeitung des Eisens kamen sie versuchsweise in der ersten Hälfte des vorigen Jahr - hunderts zur Verwendung. Das erste Patent auf ein Kaliberwalzwerk zur Darstellung von Stäben wurde 1784 dem Engländer Henry Cort, dem Erfinder des Puddel - processes ertheilt; in Deutschland wurde das erste Kaliberwalzwerk 1825 zu Rassel - stein bei Neuwied in Betrieb gesetzt.Das Walzwerk aber vermag nur zu strecken und ent - weder Bleche oder in Kalibern stabförmige Körper von bestimmten Querschnittsformen zu erzeugen. Die Benutzbarkeit des Hammers ist ungleich vielseitiger; und ein vollständiger Ersatz desselben durch das Walzwerk ist deshalb nicht denkbar.

Beim Hammer fällt, wie oben besprochen wurde, die durch jeden einzelnen Schlag hervorgebrachte Streckung in der Längenrichtung um so stärker, die Ausbreitung um so geringer aus, je schmaler die Ham - merbahn ist; eine ganz ähnliche Erscheinung zeigt sich beim Walzen. Hier ist die Berührungsstelle zwischen der Walzenoberfläche und dem Arbeitsstücke offenbar um so schmaler und der gleiche ausgeübte Druck ruft deshalb eine um so stärkere Querschnittsverdünnung hervor, je stärker die Krümmung der Walzenoberfläche d. h. je kleiner der Walzen - durchmesser ist. Daher ist bei Walzen mit kleinem Durch - messer die Streckung grösser, die Ausbreitung in der Walzenachse geringer als bei Walzen mit grösserem Durch - messer, vorausgesetzt, dass der ausgeübte Druck und die Umfangsgeschwindigkeit in beiden Fällen gleich gross sei.

Bei dem Walzen in Kalibern wird durch die immerhin statt - findende Ausbreitung ein Seitendruck erzeugt, welcher zwar die Aus - bildung scharfer Umrisse des entstehenden Querschnittsprofiles ermög - licht, andererseits aber, wenn er zu beträchtlich ist, zu einem Fest - klemmen des Arbeitsstückes und zu anderen Uebelständen führen kann. Das Maass dieses Seitendruckes ist abhängig von dem Walzendurch - messer, von der Grösse des überhaupt ausgeübten Druckes (d. i. der stattfindenden Querschnittsverkleinerung) und besonders auch von dem Verhältnisse der Breite des Kalibers zu der Breite des eingeführten Walzstückes. Je grösser dieses Verhältniss ist, d. h. je mehr Gelegen - heit dem Walzstücke zur Ausbreitung gegeben ist, desto schwächer muss der Seitendruck ausfallen.

Wenn es zufolge den oben erörterten Beziehungen zwischen dem Walzendurchmesser und dem Maasse der Streckung zweckmässig er - scheint, möglichst kleine Walzendurchmesser anzuwenden, wo eine rasche Streckung erforderlich ist, so muss doch anderntheils der Walzen -699Die Walzwerke.durchmesser immerhin in einem gewissen Verhältnisse zu der Stärke des Walzstückes stehen, wenn das letztere noch von den Walzen ergriffen und zwischen ihnen hindurchgeführt werden soll. Es lässt sich diese Thatsache durch folgende Betrachtung erklären.

An der Stelle, wo das Walzstück die Walzenoberfläche berührt, wird ein radialer Druck P (Fig. 181) erzeugt, welcher in eine Hori - zontalkraft Q und eine Verticalkraft R zerlegt gedacht werden kann. Erstere strebt das Walzstück zurückzu - stossen, letztere erzeugt Reibung und vermöge derselben Fortbewegung des Walzstückes. Je kleiner R ist, desto grösser fällt Q aus; R verringert sich aber, wie leicht zu ermessen ist, mit ab - nehmendem Walzendurchmesser, sofern der Walzenabstand von einander und die Stärke des vor die Walzen gebrachten Walzstückes unverändert bleibt. Es tritt daher eine Grenze ein, wo die erzeugte Reibung nicht mehr ausreichend ist, das Zurückstossen des Walzstückes zu hin - dern, wo dieses nicht mehr mitgenom - men wird. Als Erfahrungsregel nimmt man an, dass der Walzendurchmesser mindestens 10 mal so gross sein müsse als die Stärke des Walzstückes vor dem Durchgange durch die Walzen, oder min - destens 20 mal so gross als die Stärke desselben nach dem Durchgange.

Fig. 181.

Ueber die Vorgänge beim Walzen sind bereits zahlreiche Unter - suchungen angestellt und Theorien entwickelt worden (vergl. Literatur), ohne dass der Gegenstand bis jetzt völlig erschöpfend behandelt worden wäre. Jedenfalls sind diese Vorgänge, insbesondere die Verschiebungen der Theilchen beim Walzen, etwas anders, wenn das Metall, wie das Eisen, heiss als wenn es, wie z. B. das Blei, kalt gewalzt wird. Im ersteren Falle wird die von den kälteren Walzen berührte Aussenfläche des Walzstückes abgekühlt, sie verliert dadurch an Geschmeidigkeit, während der Kern weicher bleibt; beim Kaltwalzen fällt dieser Unter - schied weg. Hieraus erklärt es sich, dass die Enden heiss gewalzter Metalle einen convexen Rand, kalt gewalzter einen concaven Rand zu besitzen pflegen. In der Mitte des Walzstückes aber sind in beiden Fällen, man mag heiss oder kalt walzen, die stattfindenden Ver - schiebungen im Wesentlichen dieselben; eine diesbezügliche Beobach - tung lässt sich anstellen, wenn man in dem Walzstücke hindurch - gehende Stiftchen in genau gleichen Abständen von einander befestigt, welche rechtwinklig gegen die beiden Oberflächen stehen und genau mit denselben abschneiden. 1)Hollenberg benutzte abgedrehte Stiftchen sehnigen Rundeisens 6 7 mm stark, welche in genau ausgebohrte Löcher des erhitzten Eisenstabes eingetrieben und somit beim Erkalten desselben fest eingepresst wurden. Der Abstand der StifteDer Stab wird dann, nachdem ein Theil45*700Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.desselben zwischen den Walzen hindurchgegangen, ein anderer Theil noch zurückgeblieben ist, der Länge nach zerschnitten, und die Form - veränderung, welche jene Stiftchen erlitten haben, lässt nunmehr die stattgehabten Verschiebungen erkennen. Fig. 182 giebt ein ungefähres Bild derselben. Unter dem Drucke der Walzen entsteht bei a b, d. h. vor dem Eintreten des Stabes, eine Verdickung; auch der austretende Stab hat nicht genau die Stärke des Abstandes der beiden Walzen -

Fig. 182.

oberflächen von einander, sondern ist ein wenig dicker, ein Umstand, welcher bei Herstellung von Stäben mit genau vorgeschriebenen Ab - messungen Beachtung verdient.

Die Geschwindigkeit des Walzstückes ist beim Eintreten zwischen die Walzen geringer als die der Walzenoberfläche; die Reibung reicht eben nicht aus, dem Walzstücke die volle Geschwindigkeit zu ertheilen und in der Nähe der Eintrittsstelle gleiten deshalb die Walzenober - flächen auf der Oberfläche des ersteren. Die stattfindende Streckung aber muss naturgemäss eine Beschleunigung der Bewegungsgeschwindig - keit desselben während des Durchganges hervorbringen; und beim Aus - treten aus den Walzen ist daher diese Bewegungsgeschwindigkeit regel - mässig grösser als die Umfangsgeschwindigkeit der Walzen. Je stärker die Streckung, desto stärker ist auch dieses Voreilen des Walzstückes.

Die allgemeine Einrichtung eines Duowalzwerkes ist durch die Ab - bildung Fig. 183 veranschaulicht. A A sind die Walzenständer, in denen sich die Lager für die Walzenzapfen befinden, B B zwei Paar kalibrirter Walzen. Je zwei zu einander gehörige Walzenständer bilden zusammen ein Walzgerüst und sind oben und unten durch Ankerschrauben mit einander verbunden (die unteren Anker sind in der Abbildung durch die Rippen der Fundamentplatte V verdeckt und deshalb nicht sichtbar). Ein Walzwerk oder eine Walzstrecke kann unter Umständen nur ein einziges Walzgerüst mit den zugehörigen Walzen enthalten; häufiger sind, wie in der Abbildung, zwei Walzgerüste mit einander gekuppelt,1)von einander betrug 25 mm. Durch Aetzen der nach dem Walzen hergestellten Schnittfläche wurden dann die stattgehabten Veränderungen deutlich sichtbar. Vergl. Literatur.701Die Walzwerke.

Fig. 183.

702Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.und mitunter enthält die Strecke sogar drei bis sieben Walzgerüste. Die Verbindung der Walzen zweier benachbarter Walzgerüste unter sich sowie der Walzen mit den Getrieben oder, wie man häufiger sich auszudrücken pflegt, Kammwalzen E, von welchen aus die Be - wegung auf die Walzstrecke fortgepflanzt wird, erfolgt durch Kupp - lungen, bestehend aus Kupplungsmuffen C und Kupplungsspindeln D. Die Einschaltung solcher Kupplungsspindeln (statt einer unmittelbaren Verkupplung der betreffenden Theile) ist nothwendig, theils um den Walzen eine gewisse Beweglichkeit in der Höhenlage zu sichern, ohne dass die benachbarten Theile, insbesondere die Getriebe, bei dem Heben oder Senken der Walze in Mitleidenschaft gezogen werden, theils auch, um das Auswechseln der Walzen zu erleichtern.

Mit dem unteren der beiden Getriebe pflegt die Antriebswelle ge - kuppelt zu werden, welche entweder unmittelbar von der Betriebs - maschine aus oder, sofern mehrere Walzstrecken von derselben Maschine betrieben werden, vermittelst einer Transmission (Seil - oder Riemen - transmission) ihre Bewegung empfängt. Wendet man ein Schwungrad an, dessen Weglassung nur bei einer einzigen Gattung von Walz - werken, den unten besprochenen Kehrwalzwerken, zu rechtfertigen sein würde, so erhält dasselbe zwischen Betriebsmaschine und Walzwerk seinen Platz, um die nachtheiligen Folgen der von letzterem ausgehen - den Stösse abzumindern.

Ein Triowalzwerk unterscheidet sich im Aeussern von dem abge - bildeten Duowalzwerke im Wesentlichen nur durch das Vorhandensein dreier Walzen in einem Walzgerüst sowie dreier Getriebe. Der Antrieb pflegt hier von dem mittleren Getriebe aus zu geschehen.

b) Die einzelnen Theile des Walzwerkes.

Die Walzen.

Dieselben sind bei den Eisenwalzwerken fast ohne Ausnahme aus Gusseisen gefertigt. Den in der Mitte befindlichen Haupttheil a der Walze (Fig. 184), nennt man den Walzenbund; an diesen schliessen sich die beiden in den Lagern der Walzenständer ruhenden Lauf -

Fig. 184.

zapfen b, und die beiden Enden werden durch die aus den Ständern herausragenden Kupplungszapfen c gebildet, welche zum Ueberschieben der Muffe bestimmt sind und profilirten Querschnitt erhalten, damit sie die Bewegung zu übertragen fähig sind, ohne in der Muffe zu gleiten.

Die Grundform des Walzenbundes ist in allen Fällen cylindrisch. Auch für Kaliberwalzen giebt man dem Bunde beim Giessen zunächst Cylinderform und dreht später die Kaliber ein; nur bei den allergröb - sten Walzen giebt man schon von vorn herein eine Andeutung der Kaliber beim Giessen, um die Arbeit des Eindrehens abzukürzen und den Materialverlust durch Zerspanung abzumindern.

Die Verhältnisse, von denen der Durchmesser der Walzen abhängig ist, wurden schon oben erörtert. Je rascher die Streckung vor sich703Walzwerke. Die Walzenständer nebst Zubehör.gehen soll und je dünner die Walzstücke sind, desto geringer kann der Walzendurchmesser sein. Mit dem Durchmesser verringern und erhöhen sich das Gewicht, die Herstellungskosten und die Zapfen - reibung. Versuche, die Walzen hohl zu giessen, um bei bestimmtem Durchmesser ein geringeres Gewicht zu erhalten, sind bis jetzt auf vereinzelte Fälle beschränkt geblieben. Es ist zu befürchten, dass die Widerstandsfähigkeit der Walzenzapfen gegen das Abbrechen durch das Hohlgiessen allzu sehr beeinträchtigt werden würde.

Selten findet man bei den Eisenwalzwerken geringere Walzen - durchmesser als 200 mm, und grössere als 800 mm.

Je grösser der Walzendurchmesser ist, desto grösser kann auch die Länge des Walzenbundes sein, ohne dass die Gefahr für das Ab - brechen der Walze oder eine starke Durchbiegung allzu nahe tritt. Bei Blechwalzwerken ist diese Länge zugleich von der Breite der zu walzen - den Bleche abhängig, und bei sehr breiten Blechen muss dieser Um - stand mitunter auch für den Walzendurchmesser den Ausschlag geben, damit die lange Walze nicht zu schwach ausfalle; bei Kaliberwalzen kommt die Anzahl und Breite der Kaliber in Betracht, welche die Walze erhalten soll. Gewöhnlich schwankt, entsprechend diesen ver - schiedenen Verhältnissen, die Bundlänge der Eisenwalzen zwischen 500 mm bei den kleinsten und 1400 mm bei den grössten und im Durch - messer stärksten Walzen.

Bei Kaliberwalzen pflegt man die am tiefsten eingeschnittenen Kaliber in die Nähe der Walzenzapfen zu verlegen, wo sie am wenig - sten die Festigkeit der Walze gegen das Abbrechen beeinträchtigen.

Für die Bemessung des Zapfendurchmessers giebt Hauer die Formel 〈…〉 , worin d den Zapfen - und D den Walzendurchmesser bezeichnet. Die Länge l der Lagerschalen ist durchschnittlich 1 = 〈…〉 ; für die gesammte Länge des Laufzapfens giebt man dieser Abmessung noch 10 20 mm zu.

Den Durchmesser der Kupplungszapfen nimmt man bei kleinen Walzen um einige Millimeter, bei sehr grossen Walzen um mehrere Centimeter kleiner als den der Laufzapfen; die Länge der Kupplungs - zapfen pflegt 0.7 0.9 ihres Durchmessers zu betragen.

Die Walzenständer nebst Zubehör.

Die Ständer haben die Form eines starken gusseisernen Rahmens, in welchem die Lager der beiden, beziehentlich der drei Walzen in geeigneter Weise befestigt sind.

Das Lager der Unterwalze ruht in jedem Falle im Fusse des Ständers und besteht gewöhnlich nur aus der unteren Lagerhälfte, da ein Anheben der Unterwalze aus ihrem Lager durch den von oben her wirkenden Druck von selbst ausgeschlossen ist. Anders ist es hin - sichtlich der Lagerung der Oberwalze. Auf diese wirkt von unten her während des Hindurchgehens des Walzstückes der Widerstand des -704Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.selben gegen die stattfindende Querschnittsverdünnung und strebt sie emporzudrücken. Eine allzu starre Lagerung der Oberwalze würde häufige Zapfenbrüche zur Folge haben, sobald jener Widerstand ein bestimmtes Maass überschreitet. Man ertheilt daher der Oberwalze eine gewisse Beweglichkeit in der Höhenrichtung, indem man das Oberlager derselben durch eine Stell - oder Druckschraube festhält, welche durch den Kopf des Ständers hindurchgeht (vergl. unten Fig. 185), bei über - mässiger Steigerung des Druckes aber selbstthätig aufwärts gedreht wird und dem Zapfenlager einen entsprechenden Spielraum zum An - heben überlässt.

Hinsichtlich der Art und Weise aber, wie das Zapfenlager mit der darin ruhenden Oberwalze getragen wird, lassen sich zwei verschiedene Systeme unterscheiden.

Bei fast allen Kaliberwalzen kommt es darauf an, dass die Kaliber der beiden zu einander gehörigen Walzen genau auf einander schliessen, dass also auch die beiden Walzenachsen einen ganz bestimmten nor - malen Abstand von einander erhalten. Jedes einzelne Kaliber dient eben nur zur Ausbildung einer ganz bestimmten Querschnittsform, eine Näherung oder Entfernung der Walzen findet abgesehen von jenem selbstthätigen Heben der Oberwalze bei zu starkem Drucke nicht statt. Es giebt also eine gewisse Normalstellung der Walzen gegen einander, und es kommt darauf an, ihre Lagerung so einzurichten, dass sie durch festes Anziehen der Druckschraube vor jedem Durch - gange des Walzstückes ohne Weiteres in jene Normalstellung gebracht werden.

Bei Duowalzwerken pflegt man daher den Walzenständern für derartige Walzen mit unveränderlichen Kalibern die in Fig. 185 188 gezeichnete Einrichtung zu geben. 1)Die Abbildung zeigt einen Walzenständer aus den sechziger Jahren dieses Jahrhunderts, wie er noch heute bei zahlreichen Walzwerken gefunden wird. Auf Abweichungen in den Einzelheiten, welche bei neueren Walzwerken eingeführt wurden, wird später besonders aufmerksam gemacht werden.Das Oberwalzenlager besteht aus den zwei Hälften c und d, in denen die aus Rothguss oder Hartblei gefertigten Lagerpfannen eingelassen sind, und ist an den zwei Bolzen h h aufgehängt, welche durch Bohrungen beider Lagerhälften wie des Ständers hindurchgehen und oben durch Schraubenmuttern getragen werden. Durch Drehung dieser Schraubenmuttern lässt sich die Höhen - lage des Lagers, beziehentlich der Walze genau regeln, während andern - theils das Emporsteigen bei zu starkem Drucke des Walzstückes nicht behindert ist. e ist die erwähnte Stell - oder Druckschraube, oben mit vierkantig geschmiedetem Kopfe zum Aufstecken eines Schlüssels ver - sehen (in der Abbildung Fig. 183 auf S. 701 ist der Schlüssel an dem rechtsseitig befindlichen Ständer sichtbar), durch dessen Drehung die Schraube wieder in ihre richtige Stellung zurückgedreht wird, wenn sie beim Durchgange des Walzstückes emporgedreht sein sollte. f ist die zugehörige Schraubenmutter aus Flusseisen oder Bronze.

Zwischen Druckschraube und Oberlager schaltet man eine sogenannte Brechkapsel i ein, aus einem kastenartigen Gussstücke bestehend, welches zertrümmert wird und hierdurch den Walzenzapfen vor dem705Walzwerke. Die Walzenständer nebst Zubehör.Abbrechen schützt, wenn einmal ein ausnahmsweise heftiger Stoss oder Druck zwischen den Walzen erzeugt werden sollte.

m ist das offene Unterlager, dessen Höherstellung durch unter - geschobene Keile geregelt werden kann.

Der Walzenständer a wird regelmässig in einem einzigen Stücke gegossen. Die Füsse desselben sind an der unteren Seite mit soge - nannten Arbeitsleisten versehen, welche vollständig eben behobelt

Fig. 185.

Fig. 186.

Fig. 187.

Fig. 188.

werden und mit denen er auf entsprechenden Arbeitsleisten der Sohl - platte aufruht. An der den Walzen zugekehrten Seite sind Falze t t (Fig. 188) ausgespart, in welche die Lager mit angegossenen Vorsprüngen eingreifen, um vor Verschiebung nach aussen geschützt zu sein, wäh - rend sie an der Innenseite durch die Walzen selbst in ihrer Lage fest - gehalten werden. Bei Walzwerken für feinere Eisensorten freilich pflegt man durch Schrauben, welche bei t t durch den Ständer hindurchgehen und deren Enden gegen die Vorsprünge der Lager drücken, die Stellung der letzteren noch genauer festzustellen.

706Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.

n n sind die durchgehenden Löcher für die schon oben erwähnten Verbindungsschrauben zweier zu einander gehörenden Ständer, b b sind eingegossene Nuthen, zur Befestigung von Eisenstäben dienend, welche, von einem zum andern Ständer hinüberreichend, einen Bestandtheil der Vorrichtungen für die Unterstützung des Walzstückes vor und nach dem Hindurchgehen bilden.

Bei einer Lagerung der Oberwalze wie in Fig. 185 wird offenbar die Zapfenreibung der Oberwalze um so grösser werden, je stärker man die Stellschraube e anzieht, um eine genaue Lagerung zu erzielen. Dieser Nachtheil fällt weg, wenn man der Lagerung eine Einrichtung giebt, wie sie in Fig. 189 dargestellt und bei neueren Walzwerken vielfach zur Anwendung gekommen ist. 1)Nach dem Vorschlage von R. M. Daelen, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1872, S. 661.Hier hängt nur die obere Hälfte des Lagers an den Schrauben h, und die untere Hälfte ist

Fig. 189.

mit besonderen Schrauben an dieser befestigt. Offenbar bleibt nun - mehr der von der Druckschraube ausgeübte Druck vollständig ohne Einfluss auf die Zapfenreibung.

Eine andere bei neueren Walzwerken sehr gebräuchliche Ab - weichung von der oben beschriebenen Einrichtung eines Walzenständers ist das Weglassen der Falze t (Fig. 188), gegen welche die Vorsprünge der Lager sich stemmen. Die Feststellung der Lager erfolgt in diesem Falle durch Spannbügel, welche eine genaue Regelung der Stellung ermöglichen. Die Abbildungen Fig. 190 192, welche zugleich die Construction eines grösseren Triowalzenständers veranschaulichen2) Stahl und Eisen 1881, Heft 2, Blatt 4., lassen jene Einrichtung erkennen. a a sind die schmiedeeisernen Spann - bügel. Ein durch den Ständer hindurchgesteckter Bolzen, dessen vier - kantig geschmiedeter Kopf an der gegenüberliegenden Seite in einer707Walzwerke. Die Walzenständer nebst Zubehör.entsprechenden Oeffnung festgehalten wird, geht durch die Mitte des Bügels und trägt ausserhalb desselben eine Schraubenmutter, durch deren Anziehen das eine Ende des Bügels gegen das Lager gedrückt wird.

Fig. 190.
Fig. 191.
Fig. 192.
708Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.

Bei allen Triowalzenständern muss zur Vermeidung übermässiger Reibungsverluste auf eine Einrichtung Bedacht genommen werden, durch welche der beim Hindurchgehen des Walzstückes ausgeübte Druck auf die Druckschraube übertragen werde, ohne dass dadurch auch die Zapfen der dritten Walze in Mitleidenschaft gezogen werden. Am einfachsten wird dieser Zweck erreicht, indem man die Lager aus Einbaustücken bestehen lässt, welche eins von dem andern getragen werden, so dass durch diese der Druck übertragen wird. Bei dem abgebildeten Ständer ist das Unterlager, welches hier ebenso wie bei Duowalzwerken nur aus einer Hälfte besteht, ohne Weiteres mit dem Ständer in einem Stücke gegossen, eine Einrichtung, die nur dann zulässig ist, wenn die Welle der Antriebsmaschine mit dem unteren (statt dem mittleren) Getriebe gekuppelt ist. Die Lagerschale wird dann durch untergeschobene Keile höher oder niedriger gestellt. Die untere Hälfte des Mittelwalzenlagers wird vom Ständer getragen und ihre Höherstellung wird durch Keile (bei b b) geregelt. Der Zapfen der Unterwalze bleibt mithin völlig unbeeinflusst, wenn zwischen Ober - und Mittelwalze ein Arbeitsstück hindurchgeht. Das Oberlager der Mittelwalze und das Unterlager der Oberwalze bestehen aus einem Stücke; auf diesem ruht oben das Obertheil des Oberwalzenlagers. Zwischen die getrennten Theile kommen Einlegestücke, welche den Druck von dem einen zum andern fortpflanzen und zugleich den Ab - stand derselben von einander regeln. Mitunter benutzt man hierfür Holzstücke; genauer lässt sich eine Regelung bewirken, wenn man, wie bei dem abgebildeten Ständer, Stahlkeile anwendet, an Bolzen c c befestigt, welche durch den Ständer hindurchgehen und durch Mutter und Gegenmutter festgehalten werden.

Einen Triowalzenständer eines Feineisenwalzwerkes, dessen Ein - richtung zwar im Wesentlichen auf denselben Grundsätzen beruht wie die des vorstehend besprochenen Schienenwalzenständers, in den Einzel - heiten aber doch verschiedene Abweichungen erkennen lässt, zeigen die Abbildungen Fig. 193 und 194. 1)Ständer des Feineisenwalzwerkes im Eisenwerk Phönix. Stahl und Eisen 1882, Heft 5, Taf. II.Sämmtliche Lager werden auch hier durch Spannbügel in der richtigen Horizontalstellung eingestellt und festgehalten. Bei Fig. 193 sind die Spannbügel an der dem Be - schauer abgewendeten Seite des Ständers gedacht und man sieht daher nur die vierkantigen Köpfe a a .. der Schraubenbolzen, welche durch die Ständer hindurchgehen und die Stellung der Bügel vermitteln. Durch Punktirung sind übrigens die Stellen angedeutet, wo die Füsse der Bügel auf dem Ständer und den Lagern aufliegen. Das Lager der Unterwalze ist als selbstständiges Stück gefertigt, da die Betriebs - maschine dieses Walzwerkes mit dem mittleren Getriebe gekuppelt ist, und ein Keil bewirkt in der leicht erkennbaren Art und Weise die Verstellung des Unterwalzenlagers in der Höhenrichtung. Die untere Hälfte des Mittelwalzenlagers ruht wieder im Ständer; die untere Hälfte des Oberwalzenlagers aber besteht hier nicht, wie bei dem vorigen Triowalzenständer, mit der Oberhälfte des Mittelwalzenlagers aus einem Stücke, sondern ist in der schon früher besprochenen Art und Weise709Walzwerke. Die Walzenständer nebst Zubehör.durch starke Schrauben an der oberen Hälfte des Oberwalzenlagers befestigt. Die Lager werden hierdurch unabhängiger von einander als bei der früheren Einrichtung. Für die Druckübertragung von einem Lager zum andern und für die Regelung der Höhenstellung dienen auch hier Stahlkeile b b, welche jedoch nicht von der schmalen Seite der Ständer aus, sondern in der Richtung der Walzenzapfen verschoben werden und zwar, wie Fig. 194 erkennen lässt, mit Hilfe von Bügeln c c, welche gegen die Lager selbst sich stemmen.

Fig. 193.
Fig. 194.

Sollen die Walzen nicht, wie bei den bisher besprochenen Walzen - ständern, eine einzige normale Lage gegen einander einnehmen, son - dern soll ihr Abstand von einander veränderlich sein, so lässt sich eine Lagerung der Oberwalze in der beschriebenen Weise nicht an - wenden. Die Lager beider Zapfen der Oberwalze müssen in der Höhen - richtung sich verstellen lassen; und diese Aufgabe wird am einfachsten erfüllt, indem man das Gewicht der Oberwalze sammt Lagern durch Gegengewichte ausgleicht, so dass die Walze gewissermaassen schwebend erhalten wird und nun durch die Stellung der Druckschrauben den Abstand der Walzen von einander regelt.

Es ist dieses das zweite System der Walzenständer, von dem ersten unterschieden durch die Gewichtsausgleichung der Oberwalze. Vorzugsweise findet es beim Walzen von Blechen Anwendung, wobei710Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.

Fig. 195.

nach jedem Durchgange der Tafel eine Näherstellung der glatten (nicht kalibrirten) Walzen bewirkt wird, um bei abermaligem Durchgange eine fernere Querschnittsverdünnung herbeizuführen. Nur in Ausnahme - fällen findet sich diese Einrichtung bei Kaliberwalzen; und aus nahe liegenden Gründen ist sie hier auch nur da anwendbar, wo lediglich eine erste, ganz rohe Formgebung beabsichtigt ist (amerikanische Block - walzwerke zur Verdichtung von Flusseisenblöcken).

Ein zwar älteres Blechwalzwerk, dessen Einrichtung jedoch im Wesentlichen keine erheblichen Unterschiede gegenüber der Einrichtung der neueren Walzwerke mit Gewichtsausgleichung der Oberwalze er - kennen lässt, ist in Fig. 195 und 196 abgebildet. Die Einrichtung711Walzwerke. Die Walzenständer nebst Zubehör.

Fig. 196.

712Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.des Ständers an und für sich ist die nämliche wie bei den Walzwerken ohne Gewichtsausgleichung; er besteht aus einem starken Gusseisen - rahmen, in dessen Kopfe die Schraubenmutter der Druckschraube ein - gelassen ist. Das Lager der Oberwalze aber wird von zwei Stahl - stangen getragen, welche, durch Bohrungen des Ständerfusses hin - durchgehend, unten durch ein Querhaupt verbunden sind, und ver - mittelst desselben auf das kürzere Ende eines ungleicharmigen Hebels b b1 c c1 drücken, an dessen längerem Ende ein Gegengewicht hängt. Für jedes Ständerpaar sind demnach zwei Hebel erforderlich, deren jeder die zwei Stangen eines Lagers trägt. Gewöhnlich belastet man jeden dieser beiden Hebel selbstständig; bei dem abgebildeten Walz - gerüste dient ein gemeinsames Gegengewicht zur Belastung beider Hebel, welche durch Zugstangen mit demselben verbunden sind.

Damit eine leichte Regelung der Belastung möglich sei, besteht das Gegengewicht aus einzelnen kreisrunden Gusseisenscheiben mit je einem radialen Schlitze, welcher es gestattet, die Scheiben über die zum Tragen dienende Stange überzuschieben und wieder abzu - nehmen.

Bei einem derartigen Walzwerke ist es nun natürlicherweise von grosser Wichtigkeit, dass die Verstellung beider Zapfen der Oberwalze stets ganz gleichmässig erfolge, und die horizontale Lage derselben unverändert bleibe. Aus diesem Grunde ist es nothwendig, eine Vor - richtung anzuordnen, mit deren Hilfe beide Druckschrauben gleich - zeitig ihre Verstellung um genau dasselbe Maass erhalten. Zu diesem Zwecke sind auf den oberen Enden derselben Schneckenräder g g (Fig. 195) befestigt, welche durch zwei auf einer gemeinschaftlichen horizontalen Welle befindliche Schnecken oder Schrauben in der einen oder andern Richtung gedreht werden können. Die Welle wird von Hand mit Hilfe des an dem Ende befestigten Rades h (Fig. 196) ge - dreht. Auch Winkelräder statt der Schneckenräder hätten zur Be - wegungsübertragung von der Welle aus dienen können und sind bei neueren Walzwerken noch häufiger als diese in Anwendung, da sie bei starkem Drucke ein selbstthätiges Zurückdrehen ermöglichen und daher die Gefahr eines Zapfenbruches der Walze vermindern (vergl. unten die Abbildung Fig. 197). Die Lager der horizontalen Welle müssen natürlicherweise, damit die Bewegungsübertragung in jedem Höhenstande der Druckschrauben stattfinde, mit diesen gehoben und gesenkt werden. Bei dem abgebildeten Walzwerke ist dieser Zweck dadurch erreicht, dass man sie auf einer gemeinschaftlichen Guss - eisenplatte befestigte, welche über die cylindrisch gedrehten Köpfe der Druckschrauben übergeschoben wurde.

Jene in Fig. 189 auf S. 706 dargestellte Lagerung der Oberwalze zur Abminderung der Zapfenreibung bei starkem Drucke lässt sich selbstverständlich auch bei Walzenständern mit Gewichtsausgleichung der Oberwalze ebenso gut und mit gleichem Vortheile als in jenem ersteren Falle anwenden. An die Stelle der Hängebolzen zum Auf - hängen des Oberlagers treten bei entlasteter Walze die oben besproche - nen, von Hebeln getragenen Stangen, welche von unten her das Ober - lager tragen.

713Walzwerke. Die Walzenständer nebst Zubehör.

Auch auf Triowalzwerke hat man das System der Gewichtsaus - gleichung der Oberwalze ausgedehnt. Ein derartiges, von Lauth construirtes Trioblechwalzwerk, welches seit Anfang der siebenziger Jahre auf verschiedenen Eisenwerken Anwendung gefunden hat, ist in Fig. 197 199 in 1 / 64 der wirklichen Grösse dargestellt. Die Oberwalze ist in ganz derselben Weise, wie bei dem oben beschriebenen Walz - werke, durch Anordnung senkrechter Tragstangen und Hebel mit Gegengewichten entlastet; die Mittelwalze wird entweder durch das Walzstück selbst gehoben, wenn es zwischen Unter - und Mittelwalze

Fig. 197.

hindurchgeht; oder die Lager derselben hängen an Seilen, mit denen sie emporgezogen werden. Erstere einfachere Einrichtung ist die üb - lichere, selbstverständlich aber nur bei kleinen Walzwerken anwendbar. In jedem Falle muss das Gewicht der Mittelwalze möglichst gering sein, theils damit das Anheben möglich sei, theils auch, damit sie nicht mit allzu heftigem Stosse auf die Unterwalze niederfalle, wenn das Walzstück hindurch gegangen ist. Man giebt ihr also einen wesent -Ledebur, Handbuch. 46714Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.lich kleineren Durchmesser als der Ober - und Unterwalze, befördert aber freilich dadurch die stärkere Erhitzung und Abnutzung.

Die Mittelwalze dieses Lauth’schen Walzwerkes ist stets Schlepp - walze und wird durch die Reibung des Arbeitsstückes mitgenommen. Geht das letztere zwischen Unter - und Mittelwalze hindurch, so wird der Druck durch Mittel - und Oberwalze, welche dicht auf einander

Fig. 198.

liegen, auf die Druckschrauben übertragen; beim Hindurchgehen zwi - schen Mittel - und Oberwalze ruht die Mittelwalze auf der Unterwalze und pflanzt auf diese den Druck fort. Bei grösseren derartigen Walz - werken kuppelt man die Ober - und Unterwalze mit dem oberen und unteren dreier im Eingriff stehender Getriebe; bei kleineren Walz - werken, wie dem in der Abbildung dargestellten, lässt man die Getriebe ganz fehlen, kuppelt die Unterwalze mit der Antriebswelle der Betriebs -715Walzwerke. Die Walzenständer nebst Zubehör.maschine, und lässt auch die obere Walze als Schleppwalze laufen. Beim Hindurchgehen des Walzstückes zwischen Mittel - und Oberwalze muss also die erstere durch die Reibung der Unterwalze mitgenommen werden, um die solcherart empfangene Bewegung auf das Walzstück zu übertragen.

Unter den schon oben kurz erwähnten amerikanischen Triowalz - werken mit verstellbaren Kalibern zum Verdichten der Flusseisenblöcke lassen sich zwei verschiedene Systeme unterscheiden.

Bei dem Fritz’schen Walzwerk sind die Ober - und die Unter - walze durch Gegengewichte in derselben Weise wie die Oberwalze der soeben besprochenen Walzwerke entlastet; das Getriebe der festliegen -

Fig. 199.

den Mittelwalze ist mit der Antriebswelle gekuppelt. Die Verstellung der Oberwalze erfolgt in der nämlichen Weise, wie bei gewöhnlichen Blechwalzwerken, d. h. vermittelst je einer Druckschraube oberhalb jedes Zapfens, deren Mutter in dem Ständerkopfe befestigt ist; eine eben solche Druckschraube nun geht durch den Ständerfuss nach unten und ermöglicht die Verstellung der Unterwalze. 1)Abbildung des Fritz’schen Walzwerkes: The Journal of the Iron and Steel Institute 1874, II.

Bei dem Holley’schen Walzwerke dagegen liegen die Ober - und die Unterwalze fest, die mittlere Walze wird verstellt. Zu diesem Zwecke hängt das Lager derselben an zwei Bolzen mit Schrauben - gewinden, deren Muttern in dem Lager befestigt sind. Eine Drehung der Bolzen in der einen oder andern Richtung bewirkt Höher - oder Niedrigerstellung. Auf den Köpfen der Bolzen sind Getriebe befestigt,46*716Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.und ein Paar gekuppelter paralleler Zahnstangen, von einem horizontal liegenden hydraulischen Cylinder aus bewegt, bewirkt die gleichzeitige Drehung sämmtlicher zu einem Walzgerüste gehöriger vier Bolzen. 1)Abbildung: Tunner, Das Eisenhüttenwesen der Vereinigten Staaten, Taf. I.

Walztische, Abstreif - und Ueberhebvorrichtungen.

Die in der Ueberschrift genannten Vorrichtungen haben theils den Zweck, das Einlassen des Walzstückes zwischen die Walzen zu er - leichtern, also eine Unterstützung und bei Kaliberwalzen eine Führung für dasselbe zu bilden, theils sollen sie das herauskommende Walzstück aufnehmen und insbesondere das Umwickeln desselben um eine der Walzen verhindern, und endlich bei schweren Walzstücken dienen sie dazu, das Walzstück auf die Höhe der Oberkante der Oberwalze bei Duowalzwerken, der Mittelwalze bei Triowalzen zu heben, um das Zurückgeben desselben zu ermöglichen.

Zur Unterstützung des hineingehenden wie herauskommenden Walz - stückes dienen die Walztische, Eisenplatten, deren Oberkante annähernd tangential gegen die Oberkante der Unterwalze gerichtet ist. Zu ihrer Unterstützung dienen Stäbe, welche in den früher erwähnten Nuthen der Walzenständer (b bei Fig. 185 und 188) befestigt werden. Bei dem Walzenständer Fig. 196 auf S. 711 ist rechts der zum Einlassen der Bleche dienende Walztisch (l), links, punktirt gezeichnet, der zur Auf - nahme der herauskommenden Bleche bestimmte Tisch (m).

Kommt es darauf an, dass das Walzstück ganz genau einem be - stimmten Kaliber zugeführt werde (besonders bei Feineisenwalzen), so bringt man vor den Kalibern Einlässe in Form von Rinnen oder Büchsen an, welche ebenfalls an den Stäben vor den Walzen befestigt werden.

Durch die Reibung an der Walzenoberfläche bekommt das Walz - stück leicht die Neigung, sich aufzuwickeln. Ein solcher Vorgang aber würde nicht allein eine Beschädigung des Walzstückes nach sich ziehen, sondern unter Umständen ein Zerbrechen der Walze zur Folge haben können. Es ist klar, dass dieses Aufwickeln leichter bei Kaliberwalzen als bei glatten Walzen (Blechwalzen) eintreten wird, leichter bei tief eingeschnittenen Kalibern mit steilen Wänden als bei flachen.

Um zunächst die Gefahr des Aufwickelns auf die Unterwalze zu beschränken, wo die Vorrichtungen zur Vermeidung desselben am leichtesten anzubringen sind, befolgt man die Regel, der oberen Walze sowohl bei Blech - als bei Kaliberwalzen einen etwas grösseren Durchmesser als der unteren zu geben. Die Streckung an der oberen Seite wird dadurch etwas grösser, das Walzstück wird nach unten ge - krümmt. 2)Bei Triowalzwerken ist die Befolgung dieser Regel nicht immer möglich. Bei dem auf S. 713 abgebildeten Lauth’schen Walzwerke ist die Mittelwalze sogar bedeutend kleiner als die Unterwalze.Zur Verhütung des Aufwickelns dienen Abstreifplatten oder bei Kaliberwalzen auch einzelne Stäbe (Abstreifmeissel), welche, mit dem einen Ende auf den mehrfach erwähnten Längsstäben auf - ruhend, mit dem andern, meisselartig zugeschärften Ende sich gegen717Die Walzwerke und ihre Theile.den Walzenumfang anlegen, so dass das herauskommende Walzstück buchstäblich abgestreift wird. Bei dem Walzwerke Fig. 196 ist links die Anordnung dieser Abstreifplatte, welche hier zugleich den Tisch für das herauskommende Walzstück bildet, deutlich zu erkennen.

Das zwischen den Walzen herauskommende Walzstück muss nun, so lange das Walzen noch fortgesetzt werden soll, emporgehoben werden, um bei Duowalzwerken über die Oberwalze zurückgegeben, bei Trio - walzwerken zwischen Mittel - und Oberwalze zurückgewalzt zu werden. Leichte Walzstücke lassen sich von Hand emporheben; bei mittel - schweren benutzt man wohl eine Einrichtung, wie sie in Fig. 183 auf S. 701 dargestellt ist. Ein eiserner Hebel hängt an einer Kette und dient zum Ergreifen und Anheben des Walzstückes; die Kette aber ist an einer Rolle befestigt, welche auf einer in der Höhe angebrachten Schiene läuft und sich leicht nach jeder beliebigen Stelle des Walz - werkes bewegen lässt.

Für schwere Walzstücke jedoch, insbesondere auch für lange und breite Bleche, reicht eine derartige Vorrichtung nicht aus. Man benutzt hier bewegliche Walztische, welche das ganze Walzstück aufnehmen und emporheben. Die Abbildungen des Lauth’schen Walzwerkes Fig. 198 und 199 auf S. 714 u. 715 zeigen einen derartigen Walztisch der einfachsten Art. Derselbe ist gitterartig aus Eisenstäben zusammen - gesetzt, und zwischen den Stäben sind Rollen eingelassen, deren Ober - kante ein wenig über die Stäbe hervorragt, so dass das Walzstück auf ihnen gleitet. Die beiden äussersten Glieder des Gitters sind weit nach rückwärts verlängert und ruhen hier mit horizontalen Zapfen in Lagern. Die Bewegung des Walztisches kann, wenn das Gewicht des - selben gering ist, auf die in Fig. 198 skizzirte Art und Weise ge - schehen, d. h. von Hand mit Hilfe zweier gekuppelter Hebel, an welchen der Tisch in Ketten hängt; schwerere Walztische dagegen erfordern eine maschinelle Vorrichtung zum Heben. Häufig dient ein Dampfcylinder hierfür, welcher entweder vertieft unterhalb des Tisches oder in der Höhe angebracht und dessen Kolbenstange mit dem Ende des Tisches verbunden ist; mitunter auch benutzt man hydraulischen Druck; seltener lässt man vom Walzwerke selbst aus durch Frictions - scheiben mit Seil die Bewegung ausführen, eine Vorrichtung, die zwar den Vortheil der Einfachheit für sich hat, bei welcher aber der Seil - verbrauch sehr bedeutend zu sein pflegt.

Ist das Gewicht des Walzstückes einigermaassen bedeutend, so pflegt man statt des einen Walztisches deren zwei (am beiden Seiten der Walzen) anzuordnen, welche gleichzeitig gehoben und gesenkt werden. Man vermeidet hierdurch die Stösse, welche das zwischen Ober - und Mittelwalze oder bei Duowalzwerken über die Oberwalze zurück - kommende Walzstück bei seinem Niederfallen verursachen würde, und die Beschädigungen, welche es bei diesem Niederfallen erleiden könnte. Die Bewegung beider Walztische lässt sich ohne Schwierigkeit mit Hilfe einer und derselben Vorrichtung bewirken.

Bei den schon oben (S. 715) erwähnten amerikanischen Block - walzwerken hat man Walztische angebracht, welche eine selbstthätige Bewegung der zu verdichtenden Flusseisenblöcke ermöglichen. Die Rollen dieser Tische nehmen die ganze Breite derselben ein und tragen718Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.an dem einen Ende je ein Getriebe; durch Vermittelung je eines Zwischengetriebes zwischen den Getrieben zweier benachbarten Rollen erhalten dieselben sämmtlich Drehung nach der gleichen Richtung, sobald nur eine derselben gedreht wird. Die den Walzen zunächst gelegene Rolle ist nun zugleich mit einer Frictionsscheibe verbunden und an dem Walzenständer sind zwei andere Frictionsscheiben über einander, den beiden Stellungen des Walzentisches entsprechend, ge - lagert, welche sich in entgegengesetzter Richtung drehen und durch einen Hebel leicht gegen die Frictionsscheibe des Tisches gedrückt werden können. Die Rollen des letzteren werden demnach auch ver - schiedene Drehung erhalten, je nachdem sie in der oberen oder unteren Stellung des Tisches ihren Antrieb erhalten, d. h. je nachdem das Walz - stück die Walzen verlässt oder hineingeführt werden soll. Die Ein - richtung ist ziemlich complicirt; beim Herauskommen aber wird das Walzstück durch die Walzen selbst ausreichend weit fortgeschoben, so dass jene selbstthätige Bewegung hier wenigstens entbehrlich sein dürfte. 1)Abbildungen dieses selbstthätigen Walztisches: Wedding, Darstellung des schmiedbaren Eisens, S. 790; Zeitschr. f. Berg -, Hütten - und Salinenwesen, Bd. XXIV (Wedding, Eisenhüttenwesen der Vereinigten Staaten).

Kupplungen.

Dieselben bestehen aus den Kupplungsmuffen und den zwischen den gegenüberstehenden Zapfen der zu kuppelnden Walzen oder Ge - triebe eingeschalteten Kupplungsspindeln. Der Zweck der letzteren wurde schon früher erwähnt: sie sollen den durch das hindurchgehende Walzstück in Anspruch genommenen Walzen, insbesondere der Ober - und Mittelwalze, eine gewisse Beweglichkeit in der Höhenrichtung ge - statten, ohne dass die Nachbarwalze oder gar die Getriebe dadurch in Mitleidenschaft gezogen würden. Dieser Zweck lässt sich nur erreichen, wenn die Kupplungsspindeln sowie die Kupplungszapfen der Walzen innerhalb der Muffen einen gewissen Spielraum finden, d. h. nicht allzu dicht von denselben umschlossen werden; anderntheils ist eine grosse Länge der Spindeln förderlich hierbei, da jede Veränderung in der Höhenlage einer Walze offenbar die Richtung der Spindel um so weniger bemerkbar beeinflussen wird, je länger die letztere ist.

In jedem Falle muss die Länge der Kupplungsspindeln mindestens doppelt so gross sein als die Länge der Kupplungsmuffen, damit die beiden zu einer Kupplung gehörenden Muffen gemeinschaftlich auf die Spindel geschoben und mit dieser zwischen den Zapfen herausgenommen werden können. Nach Hauer soll die Länge der Spindeln das 15 bis 20 fache der Höhe betragen, auf welche die Walzen gehoben werden; daher ist sie bei groben Blechwalzwerken am bedeutendsten und be - trägt hier bisweilen einige Meter, während sie bei Feineisenwalzwerken mitunter nicht 0.5 m erreicht.

Die Länge der Muffen soll gleich der doppelten Länge der Kupp - lungszapfen2)Hinsichtlich der Länge der Kupplungszapfen vergl. S. 703. plus 10 20 mm sein.

719Die Walzwerke und ihre Theile.

Den Muffen pflegt man äusserlich kreisrunde Form zu geben; der Querschnitt der Oeffnung muss natürlich der Querschnittsform der Zapfen und Spindeln entsprechen und nur aus dem schon angeführten Grunde etwas grösser im Durchmesser als dieser sein. Fig. 200 zeigt als Beispiel, wie sich eine passende Querschnittsform construiren lässt, damit die Hebung der Walzen in jedem Stande der sich drehenden Wellen möglich sei. 1)Nach von Hauer.

Die geringste Wandstärke der Muffe beträgt durchschnittlich ¼ des grössten Durchmessers der Kupplungsspindeln.

In der Mitte giebt man den Kupplungsspin - deln häufig einen etwas geringeren Durchmesser als an den Enden, wo sie in den Muffen stecken (vergl. Fig. 183). Man lenkt dadurch die Gefahr

Fig. 200.

eines Abbrechens bei starken Widerständen oder Stössen von den Kupplungszapfen der kostspieligen Walzen ab und auf die Spindeln, welche ohne erhebliche Kosten und rasch zu ersetzen sind.

Die Getriebe oder Kammwalzen nebst Ständern.

In Rücksicht auf die beträchtlichen Stösse, welche vom Walzwerke ausgehen, müssen die Zähne der Getriebe ausnahmsweise kräftig con - struirt sein; man wählt daher die Zahl der Zähne für einen vorge - schriebenen Theilkreisdurchmesser so gering, als es irgend möglich ist, ohne den Eingriff zu benachtheiligen und giebt ihnen eine beträcht - lichere Länge (in der Achsenrichtung des Walzwerkes) als bei gewöhn - lichen Getrieben. Zur Verstärkung der Zähne werden an beiden Seiten Scheiben angegossen (vergl. Fig. 183) und wenn die Länge der Zähne sehr gross ist, werden sie nicht selten auch in der Mitte ihrer Länge durch eine dritte Scheibe verstärkt, welche das Getriebe in zwei Hälften theilt (vergl. Fig. 201). Sämmtliche Scheiben werden nach dem Theil - kreisdurchmesser abgedreht, so dass die Scheiben der in einander greifen - den Getriebe auf einander laufen.

Bei neueren Walzwerken wendet man vielfach Getriebe mit Winkel - zähnen an (Fig. 201), welche zwar etwas kostspieliger in der Herstellung,

Fig. 201.

dem Abbrechen der Zähne aber weniger als bei der gewöhnlichen Zahn - form unterworfen sind.

Man giesst die Getriebe aus Gusseisen, Gussstahl oder mitunter aus Bronze. Grössere Getriebe werden zweckmässigerweise in zwei Stücken gefertigt, dem Zahnkranze und der Achse mit den Lauf - und Kupplungszapfen. Beide Stücke werden genau aus - beziehentlich abge - dreht, über einander geschoben und mit Nuth und Feder befestigt.

Die Ständer für die Getriebe versieht man, abweichend von den Walzenständern, mit einem aufgeschraubten Deckel, statt sie in einem720Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.Stücke zu giessen, wodurch das Einlegen der Getriebe erleichtert wird. Im Uebrigen pflegen sie in ihrer äusseren Form den Walzenständern ähnlich zu sein. Druckschrauben kommen selbstverständlich nicht zur Anwendung, da die Lage der Getriebe unverändert bleibt.

Das Schwungrad.

Dasselbe soll die während des Leerganges von der Betriebs - maschine überschüssig geleistete Arbeit ansammeln, um sie während des Durchganges des Walzstückes nutzbar zu machen. Je schwerer das Schwungrad und je länger jene Pausen sind, während welcher die Walzen leergehen, desto schwächer kann die Betriebsmaschine sein; anderntheils wird auch das erforderliche Gewicht des Schwungrades mit der Grösse der überhaupt aufzuwendenden Arbeit für das Walzen zunehmen müssen. Bei einem kleinen Walzwerke würde ein allzu schweres Schwungrad den Arbeitsverlust durch Zapfenreibung unver - hältnissmässig vergrössern. Selten jedoch beträgt auch bei Walz - werken für feinere Eisensorten das Schwungradgewicht weniger als 15 t; bei gröberen Walzwerken steigt es auf 30 t; neuere, rasch lau - fende Schienenwalzwerke haben Schwungräder bis zu 50 t Gewicht.

Sohlplatten und Fundament.

Die Walzenständer sowohl als die Getriebeständer werden auf starken gusseisernen Sohlplatten in solcher Weise befestigt, dass eine Verschiebung in der Achsenrichtung der Walzen ohne grosse Schwierig - keit möglich ist, wenn Walzen von anderer Länge eingelegt werden sollen. Die Sohlplatten sind rahmenartig geformt; die üblichste Art und Weise der Befestigung der Ständer auf denselben ist diejenige, wie sie die Abbildungen Fig. 190, S. 707 und Fig. 196, S. 711 erkennen lassen. Zwischen den aufwärts gerichteten, kräftig geformten Rippen, welche die Ständer der Sohlplatte an den Langseiten bilden, werden die Ständer mit hölzernen und eisernen Einlegestücken verkeilt. Dass der Fuss der Ständer an der Unterseite, sowie die Oberfläche der Sohl - platte mit gehobelten, gut auf einander schliessenden Arbeitsleisten ver - sehen werden müsse (vergl. Fig. 190), wurde schon früher erwähnt.

Eine andere, vornehmlich bei neueren Walzwerken zur Anwen - dung gekommene Befestigung der Ständer auf der Sohlplatte zeigt Fig. 193, S. 709. Schraubenbolzen, welche in den Schlitzen der auf die Sohlplatte aufgegossenen Rippen verschiebbar sind, stellen die Ver - bindung her.

Die Sohlplatte wird mit kräftigen Ankerschrauben auf einem in Cement gemauerten Steinfundamente befestigt. Holzfundamente, welche in früherer Zeit vielfach angewendet wurden, sind nicht mehr üblich, da sie einer raschen Zerstörung unterworfen zu sein pflegen. In Fig. 196 ist die Fundamentirung eines Walzenständers erkennbar.

c) Kehrwalzwerke.

Die Arbeit des Anhebens des Walzstückes auf die Oberkante der Mittelwalze bei Triowalzwerken, der Oberwalze bei Duowalzwerken,721Kehrwalzwerke.um es auf die andere Seite des Walzwerkes zurückzugeben, lässt sich vermeiden, wenn man den Walzen, sobald das Walzstück dieselben verlassen hat, eine entgegengesetzte Drehung ertheilt, so dass nun - mehr auch das Walzstück in umgekehrter Richtung als zuvor zwischen ihnen hindurchgeführt werden kann. Derartige Walzwerke mit abwech - selnder Bewegungsrichtung heissen Kehr - oder Reversirwalzwerke.

Diese Kehrwalzwerke vermeiden zugleich den Nachtheil des mit dem leeren Rückgange bei Duowalzwerken verknüpften Zeitverlustes, sowie der ungleichen Abnutzung der Walzen bei Triowalzwerken. Sie würden dieser Vortheile halber ungleich häufiger in Anwendung sein als es der Fall ist, wenn nicht mit der Umkehr der Bewegung auch ein erhöhter Arbeitsverbrauch verknüpft wäre. In den sich drehenden Theilen des Walzwerkes ist eine beträchtliche lebendige Kraft ent - halten, welche bei dem plötzlichen Stillstande vernichtet und bei dem Beginne der entgegengesetzten Drehung von Neuem erzeugt werden muss. Eine Umsteuerung des Schwungrades aber würde der eigent - lichen Bestimmung desselben geradezu widersprechen; ohne sehr lange Pausen zwischen den einzelnen Durchgängen würde dieselbe überhaupt unausführbar sein.

Nun lässt sich allerdings eine Einrichtung treffen, welche eine Umsteuerung des Walzwerkes ermöglicht, ohne dass auch das Schwungrad seine Bewegung ändert. Die Skizze Fig. 202 auf S. 722 lässt den Grundsatz einer solchen Anordnung erkennen. Auf der rechts sichtbaren Schwung - radwelle sitzt das kleine Getriebe B im Eingriffe mit dem grösseren C. Von hier aus kann nun die Bewegung in zweierlei Weise auf die Triebwelle des Walzwerkes fortgepflanzt werden; erstens mit einmaliger Uebersetzung vermittelst des mit C im Eingriffe stehenden Rades E; zweitens mit zweimaliger Uebersetzung durch die Räder G H J. Offen - bar laufen die beiden Räder E und J in entgegengesetzter Richtung; und so wird die Welle F in verschiedener Richtung sich drehen, je nachdem die Bewegungsübertragung durch das eine oder andere dieser Räder erfolgt. Damit die entgegengesetzte Drehung der genannten Räder überhaupt möglich sei, müssen sie lose auf ihrer Welle sitzen und es kommt also darauf an, abwechselnd das eine und das andere so mit der Welle zu kuppeln, dass dieselbe nunmehr die Bewegung des Rades annimmt, während das zweite Rad unverändert in seiner Drehungsrichtung beharrt. Zu diesem Zwecke sind Klauen K K an den Naben beider Räder angegossen und zwischen denselben sitzt, auf der Welle durch Nuth und Feder verschiebbar befestigt, die Klauen - muffe L, welche vermittelst eines langen Hebels M sowohl nach links als rechts verschoben und hierdurch mit einer der beiden Klauen K in Eingriff gebracht werden kann. Da die Triebwelle F mit der Muffe L durch eine Feder verbunden ist, also auch jede Drehung derselben mitmachen muss, so wird sie sofort in der Richtung des betreffenden Rades sich drehen, sobald Einrückung erfolgt ist; beim Ausrücken tritt Stillstand ein, beim Einrücken in das zweite Rad entgegengesetzte Drehung.

Durch eine derartige Umsteuerungsvorrichtung würde also der Haupt - nachtheil aller Kehrwalzwerke, der Verlust an geleisteter mechanischer Arbeit, auf ein geringes Maass beschränkt werden; der praktischen722Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.Anwendung dieser Einrichtung aber stellt sich die Schwierigkeit ent - gegen, eine Kupplung herzustellen, welche den heftigen Stössen beim Einrücken den nöthigen Widerstand entgegensetzt. Klauenkupplungen der abgebildeten Art, welche in früherer Zeit hierfür benutzt wurden, erwiesen sich auch in den stärksten Abmessungen nicht als zuverlässig genug. Günstiger verhalten sich Frictionskupplungen, welche den Vor - theil eines allmählichen Eingriffes besitzen; die Schwierigkeit bei Be - nutzung derselben liegt aber in der Herstellung jenes hohen Druckes, wie er zur Uebertragung der bedeutenden Arbeitsleistung eines Walz - werkes durch Friction erforderlich ist. Auf einigen englischen Walz -

Fig. 202.

werken wendet man für diesen Zweck hydraulischen Druck an und führt das Druckwasser in der hohlen Kupplungswelle den Frictions - scheiben zu. Eine ausgedehntere Anwendung hat diese etwas compli - cirte Einrichtung bislang nicht gefunden. 1)Näheres über die hierbei angewendeten Constructionen unter Literatur.

Es bleibt noch ein zweiter Ausweg zur Vermeidung einer Um - steuerung des Schwungrades: Anlage eines Walzwerkes ohne Schwung - rad mit Umsteuerung der Betriebsmaschine.

Thatsächlich ist dieser Weg der bei Anlage von Kehrwalzwerken am häufigsten betretene in Rücksicht auf die unleugbaren Schwächen, welche die soeben geschilderte Einrichtung eines Kehrwalzwerkes mit723Walzwerke. Die Kalibrirung der Walzen.Schwungrad besitzt. Die Betriebsmaschine hat bei einem solchen Walz - werke nunmehr die volle Arbeit beim Durchgange des Walzstückes zu liefern und muss dementsprechend bedeutend kräftiger als bei einem Walzwerke mit Schwungrad gebaut sein, ihre Anlagekosten sind höher, der Verbrauch an Elementarkraft (Dampf, Wasser) ist beträchtlicher.

Aus diesen Gründen pflegt man die Anwendung der Kehrwalz - werke auf diejenigen Fälle zu beschränken, wo schwere Arbeitsstücke, insbesondere Bleche, gewalzt werden, deren Anheben und Zurück - geben nicht ohne umfangreiche maschinelle Vorrichtungen und ohne grossen Zeitverlust zu ermöglichen sein würde.

Benutzt man, wie gewöhnlich, Dampfkraft für den Betrieb eines solchen Kehrwalzwerkes ohne Schwungrad, so ist eine Zwillingsmaschine erforderlich, deren Kurbeln unter rechtem Winkel gegen einander ge - stellt sind. Expansion ist nur in beschränktem Maasse anwendbar, damit nicht die Umsteuerung an bestimmte Kurbelstellungen gebunden sei; auch hierdurch wird der Dampfverbrauch verhältnissmässig hoch.

d) Die Kalibrirung der Walzen.

Von der zweckmässig gewählten Form der Kaliber (S. 697) hängt zum grossen Theile die Leistung des Walzwerkes sowohl in qualitativer als quantitativer Beziehung ab; und die Kalibrirung der Eisenwalzen ist daher eine Aufgabe von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit.

Kaliber, welche gleichmässig auf Ober - und Unterwalze vertheilt sind, so dass jede der letzteren eine Hälfte des Kalibers als furchen - artigen Einschnitt enthält (wie bei den rechts befindlichen Walzen in Fig. 183, S. 701) nennt man offene; tritt dagegen die Oberwalze mit einem vorspringenden Rande in die Furche der Unterwalze, wie bei den linksseitigen Walzen der genannten Abbildung, so heisst das Kaliber geschlossen. Geschlossene Kaliber, bei denen die Furche in der Oberwalze, der Rand in der Unterwalze liegt, kommen nur ausnahms - weise vor, da es aus schon früher erörterten Gründen in allen Fällen wünschenswerth ist, dass der Durchmesser der Oberwalze innerhalb des Kalibers grösser sei als der der Unterwalze.

Je zwei benachbarte Kaliber sind durch einen dazwischen liegen - den Rand oder Ring getrennt. Man pflegt demselben 10 25 mm Breite zu geben. Je breiter die Ringe sind, desto mehr Walzenlänge geht für die Benutzung zu Kalibern verloren; sehr schmale Ringe dagegen brechen leichter aus.

In allen Fällen muss das Arbeitsstück, um verdichtet zu werden und eine bestimmte Endform zu erhalten, nach einander verschiedene Kaliber durcheilen, deren Querschnitt für jeden neuen Durchgang kleiner ist. Der Querschnitt des letzten oder Endkalibers entspricht dem Querschnitte des fertigen Stabes; von hier bis zum ersten Kaliber aufwärts bilden sämmtliche Kaliber eine zusammenhängende Reihe mit allmählichen Uebergängen sowohl der Querschnittsgrösse als Quer - schnittsform.

Je allmählicher diese Uebergänge stattfinden, desto mehr Kaliber sind für eine und dieselbe Endform erforderlich, desto länger ist die Zeitdauer des Auswalzens, desto mehr kühlt das Walzstück während724Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.der Arbeit ab, und desto öfter muss es unter Umständen neu erhitzt werden; raschere Uebergänge tragen zur Beschleunigung der Arbeit bei, machen aber eine höhere Leistung der Betriebsmaschine erforder - lich und vergrössern die Gefahr einer Beschädigung des Walzstückes unter dem Einflusse eines allzu starken Streckens.

Je mehr Eisensorten von verschiedenen Querschnittsformen auf einem und demselben Eisenwerke gefertigt werden, und je mehr Kaliber für eine und dieselbe Endform erforderlich sind, desto grösser ist natür - licherweise der Bedarf an Walzen. Nicht selten aber lassen sich gleiche Anfangskaliber für verschiedene, wenn auch ähnliche Endformen be - nutzen. Indem man nun bei einer Walzstrecke mit zwei oder mehreren Walzgerüsten die Kaliber so vertheilt, dass die Walzen des einen Ge - rüstes, die Vorwalzen, nur Anfangskaliber, für mehrere Endformen brauchbar, die Walzen des zweiten Gerüstes, die Fertigwalzen, nur die letzten, für eine einzige Endform benutzbaren Kaliber enthalten, erlangt man verschiedene Vortheile. Man kommt weniger häufig in die Nothwendigkeit, die Walzen auswechseln zu müssen, theils weil die Vorwalzen ohnehin für verschiedene Zwecke brauchbar sind, theils auch, weil die Länge der Fertigwalzen häufig ausreichend gross ist, um nun - mehr die Kaliber verschiedener Endformen aufzunehmen; und man ermöglicht eine Beschleunigung der Arbeit, da nunmehr gleichzeitig in den Vorwalzen und in den Fertigwalzen gearbeitet werden kann.

Eine horizontale Linie, durch die Mitte der Kaliber gelegt, nennt man die Walzlinie. Da, wie schon erwähnt wurde, der Durch - messer der oberen Walze innerhalb des Kalibers etwas grösser zu sein pflegt als der der unteren, so legt man die Walzlinie entsprechend tiefer als die Mittellinie zwischen beiden Walzenachsen. Bei offenen Kalibern (wie auch bei Blechwalzen) pflegt der Unterschied 3 mm zu be - tragen, bei flachen geschlossenen Kalibern 2 8 mm, bei tief ein - geschnittenen geschlossenen Kalibern liegt oft mehr als der Kaliber - höhe unter der Mittellinie, und der Abstand der letzteren über der Walzlinie beträgt mitunter mehr als 25 mm.

Die stärkere Streckung, welche hierbei durch die obere Walze mit grösserem Durchmesser und deshalb grösserer Umfangsgeschwindigkeit ausgeübt wird, nennt man Oberdruck.

Die Querschnittsabnahme, welche das Walzstück beim Durchgange durch ein Kaliber erfährt, nennt der Praktiker den Druck des Ka - libers. Das Verhältniss des Querschnittes eines nachfolgenden Kalibers zu dem des vorausgegangenen heisst der Abnahmecoëfficient.

Die Wahl eines geeigneten Abnahmecoëfficienten ist begreiflicher - weise von grösster Wichtigkeit für die Kalibrirung. Von der Grösse desselben ist zunächst unmittelbar die Anzahl der Kaliber oder Stiche1)Kaliber ist, wie erläutert, die auf der Walze angebrachte Profilbegrenzung an und für sich; den Ausdruck Stich gebraucht der Praktiker für das Kaliber, wenn damit der Begriff seiner Benutzung verbunden werden soll. abhängig, welche das Walzstück im Ganzen zu durchlaufen hat, also auch, wie schon oben hervorgehoben wurde, die Zeitdauer des Walzens, die Höhe der Arbeitslöhne, die Anzahl der erforderlichen Erhitzungen. 725Walzwerke. Die Kalibrirung der Walzen.Je grösser der Coëfficient ist, je geringer also der Druck, desto zahl - reichere Kaliber sind erforderlich.

In der Praxis nun pflegt man bei der Construction der Kaliber nicht einen bestimmten Abnahmecoëfficienten als maassgebend für die Zahl der Kaliber anzunehmen, sondern man schlägt den umgekehrten Weg ein: nach den bereits vorliegenden Erfahrungen mit ähnlichen Profilen bestimmt man zunächst die Anzahl der erforderlichen Stiche oder Kaliber, und aus dieser lässt sich dann leicht, da die Querschnitte des ersten und letzten Kalibers gegeben sind, der durchschnittliche Abnahmecoëfficient berechnen. Ist der Anfangsquerschnitt = H, der Endquerschnitt = h und die Anzahl der Stiche = n, so ist der Ab - nahmecoëfficient α = 〈…〉 .

Je weicher, bildsamer das zu walzende Eisen, je grösser die Arbeitsleistung der Maschine und je grösser die Umfangsgeschwindig - keit der Walzen ist, je rascher also die letzteren strecken und je weniger das Eisen während des Streckens abgekühlt wird, desto kleiner kann der Abnahmecoëfficient, desto geringer die Anzahl der Kaliber sein. Kohlenstoff - und schwefelarmes Schweisseisen erträgt starke Ab - nahme, rothbrüchiges Eisen oder harter Stahl geringe.

In den meisten Fällen schwankt der Abnahmecoëfficient zwischen 0.7 und 0.9 und beträgt durchschnittlich bei der ganzen Reihe der zu einander gehörigen Kaliber annähernd 0.8. Betrachtet man jedoch die Abnahmecoëfficienten einer solchen Reihe einzeln, so zeigt sich, dass dieselben keineswegs immer übereinstimmen. Bisweilen, wo die Kalibri - rung rein empirisch vorgenommen wurde, bewegen sich jene Ab - weichungen in ganz zufälligen, regellosen Schwankungen; in anderen Fällen dagegen haben die stattfindenden Abweichungen ihre volle Be - rechtigung und lassen eine gewisse Gesetzmässigkeit erkennen. In dem ersten Kaliber ist das Walzstück am heissesten, am weichsten; je mehr Kaliber es durchläuft, desto mehr wird es abgekühlt und desto härter wird es, desto grösser ist also auch der erforderliche Arbeitsaufwand, um den Stab durch das Kaliber hindurchzuführen. Dieser Umstand könnte es mithin rechtfertigen, wenn der Abnahmecoëfficient stetig zu -, der Druck der Kaliber stetig abnehme.

Andererseits giebt man, um einem Zerbrechen der Walze thun - lichst vorzubeugen, den in der Mitte gelegenen Kalibern gern einen etwas weniger starken Druck, also einen grösseren Abnahmecoëfficienten, als denjenigen, welche in der Nähe der Walzenenden angeordnet sind.

Auf graphischem Wege kann man unschwer dahin gelangen, bei Bemessung der Kaliberquerschnitte diesen Umständen Rechnung zu tragen. In allen Fällen muss entweder die Anzahl der Stiche oder der durchschnittliche Abnahmecoëfficient als gegeben betrachtet werden; ferner ist die Grösse des ersten und des letzten Kaliberquerschnittes gegeben. Unter der vorläufigen Annahme, dass der Abnahmecoëfficient bei allen Kalibern unverändert bleibe, lässt sich alsdann leicht die Grösse der einzelnen Kaliber berechnen. Trägt man nun die Anzahl der erforderlichen Stiche als Abscisse, die Grösse der Kaliberquerschnitte als Ordinaten eines rechtwinkligen Coordinatensystems auf, so erhält726Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.man eine Curve, welche anfangs steil abfallend sich nach dem Ende hin mehr und mehr verflacht.

Es verhalte sich z. B. der Querschnitt des Anfangskalibers für irgend einen zu walzenden Stab zu dem des Endkalibers = 120: 16.28, und man habe sich für 12 anzuwendende Kaliber entschieden, so ist der durchschnittliche Abnahmecoëfficient ± = 〈…〉 = 0.847. 1)Nach E. Blass, Beitrag zur Theorie der Abnahmecoëfficienten bei der Walzenkalibrirung. Stahl und Eisen 1882, S. 189.

Berechnet man mit Hilfe desselben die Kaliberquerschnitte für den Fall, dass der Abnahmecoëfficient unverändert bleibt, so erhält man folgende Ziffern

  • 0 Stich120.0
  • 1 101.37
  • 2 86.02
  • 3 61.67
  • 6 44.21
  • 8 31.69
  • 10 22.66
  • 12 16.28

und trägt man nun diese Werthe als Ordinaten ein, so erhält man die in Fig. 203 als volle Linie verzeichnete Curve.

Hätte man in den ersten Kalibern in Rücksicht auf die höhere Temperatur des Eisenstabes einen kleineren Coëfficienten (stärkeren Druck), in den Endkalibern dagegen einen höheren Coëfficienten (schwächeren Druck) als den mittleren gewählt, so würde man, wie leicht zu ermessen ist, eine Curve erhalten haben, welche anfänglich steiler abfiel als die gezeichnete, um später flacher als diese auszulaufen. Umgekehrt wird man, wenn man zuvor eine derartige Curve entwirft, leicht die ent - fallenden Querschnitte aus der Länge der Ordinaten abnehmen und die jedesmaligen Abnahmecoëfficienten daraus berechnen können.

Läge andererseits die Aufgabe vor, die erforderlichen Kaliber auf zwei Walzgerüste mit je 6 Stichen zu vertheilen, den in der Mitte der Walzen gelegenen Kalibern aber einen geringeren, den an den Enden gelegenen einen stärkeren Druck, als der mittlere ist, zu geben, so würde sich eine Curve von der punktirt gezeichneten Form ergeben. Diejenigen Kaliber, bei welchen die punktirte Linie am flachsten ist (3 und 9), haben den grössten Abnahmecoëfficienten, d. h. geringsten Druck und müssen in der Mitte der Walze liegen.

Bei der Construction der Kaliber ist vor Allem der Umstand zu berücksichtigen, dass die Abnahme des Querschnittes nur in der Höhenrichtung, niemals in der Breite stattfinden kann. Mit anderen Worten: jedes Kaliber muss mindestens ebenso breit sein als das Walz - stück, welches hindurchgehen soll; gewöhnlich nimmt man das Kaliber etwas breiter, um die Entstehung eines allzu beträchtlichen Seiten - druckes zu vermeiden. Ist dieser Seitendruck zu gross, so haftet nicht727Walzwerke. Die Kalibrirung der Walzen.allein das Metall fester an den Walzen, sondern es entstehen leicht sogenannte Bärte durch das Hineindrücken des weichen Metalles in die Fugen zwischen beiden Walzen, welche sich oft nur schwierig und unvollkommen entfernen lassen. Je ausgiebigere Gelegenheit dem Eisen zur Ausbreitung gegeben ist, je geringer der Seitendruck also ausfällt, desto stärker kann die Abnahme der Höhenabmessung eines Kalibers

Fig. 203.

sein. Auf diesem Umstande beruht die beim Walzen feinerer Eisen - sorten von quadratischem oder kreisrundem Querschnitte übliche Ein - schaltung sogenannter Ovalkaliber〈…〉〈…〉, durch zwei flache Kreisbogen begrenzt, welche bei starkem Höhendrucke eine fast unbegrenzte Aus - breitung ermöglichen.

Jene Thatsache nun, dass eine Querschnittsabnahme nur in der Höhenrichtung stattfinden kann, eine, wenn auch geringe Ausbreitung in wagerechter Richtung dagegen nothwendig ist, führt eine stete Ver - breiterung des Walzstückes herbei, sofern dasselbe stets in derselben728Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.Lage durch die verschiedenen Kaliber geführt wird. Ist eine solche Verbreiterung nicht beabsichtigt, so lässt sich Abhilfe schaffen, indem man das Walzstück, nachdem es durch ein oder mehrere Kaliber hin - durch gegangen ist, um 90 Grad dreht, so dass nunmehr in dem folgenden Kaliber eine Verkleinerung derjenigen Abmessung herbei - geführt wird, welche in dem vorausgehenden Kaliber verbreitert wurde.

Stäbe mit Profilen regelmässiger Form (Quadratstäbe, Rundstäbe), welche auf geometrisch ähnliche Profile verkleinert werden sollen, pflegt man nach jedem Durchgange um 90 Grad zu drehen. Jedes folgende Kaliber erhält mindestens die Höhe des vorausgegangenen zur Breite und eine dem Abnahmecoëfficienten entsprechende geringere Höhe, hat also eine gedrückte Form; indem man den Stab durch das letzte Kaliber zwei oder mehrere Male nach steter Drehung um 90 Grad hindurchführt, berichtigt man die anfänglich zu grosse Breite.

Fig. 204.

So z. B. lässt sich ein Rund - eisenkaliber in folgender Weise construiren. 1)Nach Daelen; vergl. Literatur.C D und N O in Fig. 204 sind Viertelkreisbogen, deren Durchmesser C O gleich dem Durchmesser des herzu - stellenden Stabes ist. Mit der Weite C D beschreibt man von den Ecken C, D, N, O aus Bogen, welche die Durchmesser C O und D N schneiden, und in den Durchschnittspunkten L u. s. w. liegen nun die Mittel - punkte für die Kreisbogen C I, D K, I N, K O, welche die seit - liche Begrenzung des Kalibers bilden. In den Eckpunkten I und K, wo die Fuge der bei - den Walzen liegt, rundet man das Kaliber durch eine schwache Ver - breiterung ein wenig aus, um die Walze vor Rissen zu schützen. Der Durchmesser des einzuführenden Stabes darf, wie erwähnt, nicht grösser sein als I K und nach einmaligem Durchgange wird derselbe um 90 Grad gedreht und nochmals hindurchgeführt, damit auch jene Ab - messung auf den kleinsten Kaliberdurchmesser verringert werde.

In ähnlicher Weise werden sogenannte Spitzbogenkaliber Fig. 205 construirt, welche als Vorkaliber bei Verarbeitung des Schweisseisens mannigfache Verwendung finden. Ist A B die Diagonale des zu walzen - den Eisenblockes oder Packets, 7 / 8 der Abnahmecoëfficient, so nehme man E F = E H = 7 / 8 A E und erhält hierdurch die Höhe des Kalibers. Die begrenzenden Bogen lassen sich in folgender Weise zeichnen. Mit dem Halbmesser F J = ¾ A B beschreibt man die Kreisbogen A F, F B, B H und A H, worauf man, wie bei dem be - sprochenen Rundkaliber, die Ecken mit einer schwachen Erweiterung

[figure]

729Walzwerke. Die Kalibrirung der Walzen.abrundet. Sollen zwei oder mehr Spitzbogenkaliber auf einander folgen, so erhält das folgende die Höhe des vorausgangenen zur Breite, also E K = E F. Die Höhe E L wird, sofern der frühere Ab - nahmecoëfficient beibehalten wird, = 7 / 8 E K; die Bogen werden wie vorhin gezeichnet.

Aehnlich wie Spitzbogen - kaliber, d. h. mit senkrecht stehender Diagonale, wer - den Quadrateisenkaliber con - struirt. Die Höhe derselben ist aus den erörterten Grün - den etwas geringer als die Breite; in Wirklichkeit be - sitzen sie also die Form eines Trapezes, dessen oberer und unterer Winkel 92 bis 92½ Grad (statt 90 Grad) beträgt.

Bei weniger symmetri - schen Formen, deren Breite

Fig. 205.

grösser ist als die Dicke, ist ein solches Drehen des Walzstückes um 90 Grad nach jedem Durchgange natürlicherweise nicht erforderlich; wohl aber schaltet man, wenn nach dem Hindurchgange durch mehrere Kaliber die Ausbreitung allzu beträchtlich geworden sein sollte, ein sogenanntes Stauchkaliber ein, dessen Zweck es ist, eine Zusammen - drückung jener zu gross gewordenen Abmessung zu bewirken, nach - dem das Walzstück um 90 Grad gedreht wurde. Dieser Fall tritt z. B. bei Eisenbahnschienenwalzen ein, deren Kalibrirung bei Besprechung der Anfertigung der Schienen ausführlicher erörtert werden wird, in ihrer allgemeinen Anordnung bei Duowalzwerken jedoch durch die Abbildungen Fig. 206 und 2071)Aus J. Thime, Indicatorversuche beim Walzen von Rohschienen auf Pouti - loffhütte. St. Petersburg 1883. veranschaulicht werden kann. Fig. 206 sind die Vorwalzen, Fig. 207 die Fertigwalzen. Die Kaliber 3, 5 und 8 sind Stauchkaliber.

Die Kalibrirung der Walzen für Profile, welche an verschiedenen Stellen sehr verschieden starke Querschnittsabmessungen besitzen, wird durch den Umstand erschwert, dass die schwächeren Theile rascher abkühlen als die stärkeren, dadurch härter werden und dem Zerreissen leichter unterworfen sind. Man sucht diese Schwierigkeit dadurch zu umgehen, dass man die stärkeren Querschnitte zuerst, die schwächeren, rascher erkaltenden zuletzt ausbildet.

Eine andere, mitunter noch grössere Schwierigkeit gewähren solche Profile, deren Kaliber an einzelnen Stellen des Querschnittes erheblich tiefer als an anderen eingeschnitten sind, an den ersten also der Walzenachse auch näher liegen als an den letzteren. Bei dem KaliberLedebur, Handbuch. 47730Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.einer Eisenbahnschiene, welche naturgemäss in liegender Stellung ge - walzt werden muss, bildet der Fuss der Schiene eine solche ein - geschnittene Stelle; in noch stärkerem Maasse ist dieses bei vielen Sorten T - und Doppelt-T eisen der Fall, dessen Steg in dem Kaliber wagerecht liegt, während die Schenkel als senkrechte Einschnitte erscheinen. Offenbar ist hier die Umfangsgeschwindigkeit der Walze und somit auch das Maass der Streckung an den tief eingeschnittenen Stellen des Kalibers geringer als an den höher liegenden; es tritt eine

Fig. 208.

Zerrung ein, welche eine Beschädigung des Walz - stückes oder Spannung in dem fertigen Stabe erzeu - gen kann. Es kommt bei derartigen Formen der Um - stand hinzu, dass die Aus - bildung der im Kaliber senkrecht stehenden Flä - chen (des Fusses der Schie - nen, der Schenkel des Tei - sens) nur durch Seiten - druck erfolgen kann; und es wächst aus diesen Grün - den die Schwierigkeit der Herstellung mit der Breite jener Theile, welche in dem Kaliber als schmale und tiefe Einschnitte erscheinen.

Bei Triowalzen wird die Aufgabe, fortschreitend abnehmende Kaliberquer - schnitte anzuordnen, durch den Umstand erschwert, dass hier die in der Mittel - walze enthaltene Kaliber - hälfte ebensowohl mit dem Kaliber der Unterwalze als dem der Oberwalze zusam - menpassen muss. Am ein - fachsten gestaltet sich noch die Lösung dieser Aufgabe, wenn in offenen Kalibern einfache Quer - schnitte gewalzt werden, bei denen es auf genaue Symmetrie nicht ankommt.

Fig. 208 zeigt z. B., wie man bei der Construction von Spitz - bogenkalibern für Triowalzen verfahren kann. Der Abnahmecoëfficient sei hier wieder 7 / 8; A B die Diagonale des durch das erste Kaliber hindurchgehenden Walzstückes. Man nimmt also C D = 7 / 8 A B, ver - theilt jedoch die gesammte Abnahme derartig, dass nur ein Drittel derselben in die Unterwalze, zwei Drittel in die Mittelwalze fallen; es wird also C E = A E . 1 / 8 A B = 11 / 24 A B; D E = A E 731Walzwerke. Die Kalibrirung der Walzen.. 1 / 8 A B = 10 / 24 A B; C E + D E = C D = 7 / 8 A B. Die Bogen werden ebenso wie bei den Spitzbogenkalibern der Duowalzen (Fig. 205) verzeichnet, d. h. man nimmt die Weite ¾ A B in den Zirkel, be - schreibt aus den gefundenen Eckpunkten A, D, B, C die Bogen, welche in den Punkten i i .. sich schneiden, und aus diesen Kreuzungs - punkten die das Kaliber begrenzenden Bogen. Bei A und B giebt man auch hier eine schwache Erweiterung. Das zweite Kaliber liegt zwischen Mittel - und Oberwalze; die untere Hälfte desselben wird durch die nämliche Furche der Mittelwalze gebildet, welche als obere Kaliberhälfte des ersten zwischen Mittel - und Unterwalze liegenden Kalibers diente. F H G muss also gleich A B D sein. Alsdann nimmt man H J = 7 / 8 C D und erhält so die vier Eckpunkte des zweiten Kalibers. Das dritte Kaliber liegt wieder zwischen Mittel - und Unter - walze; die Breite desselben ist gleich der Höhe des zweiten, also L M = H J; die Eckpunkte N und O werden ebenso gefunden wie bei dem ersten Kaliber; u. s. f.

Hinsichtlich der Art und Weise, wie man auch bei Herstellung weniger einfacher Formen, z. B. Eisenbahnschienen, in Triowalzwerken versucht hat, jenem Umstande bei der Kalibrirung Rechnung zu tragen, dass das Kaliber der Mittelwalze ebensowohl mit dem der Ober - als Unterwalze zusammengreift, muss auf die unten gegebene Literatur, insbesondere die Abhandlungen von Daelen, Hollenberg und Diek - mann über Walzenkalibrirung, verwiesen werden.

Gewöhnlich freilich schlägt man in solchen Fällen einen ein - facheren Weg ein, die in Rede stehende Schwierigkeit zu umgehen: man verlegt die oberen und unteren Kaliber derartig, dass jedes Kaliber der Mittelwalze entweder einem Kaliber der Oberwalze oder einem solchen der Unterwalze, nicht aber beiden zugleich angehört, oben und unten also abwechselnd immer nur ein benutztes Kaliber erscheint, während über jedem unteren und unter jedem oberen benutzten Kaliber ein sogenanntes Blindkaliber, eine einfache Furche, in welcher der Ring der Mittelwalze Platz findet, angebracht ist.

Die soeben erwähnte Vertheilung der Kaliber hat jedoch die Folge, dass die Walzen ungünstiger ausgenutzt werden; für die gleiche An - zahl Kaliber ist die doppelte Zahl Walzen erforderlich als bei einem Triowalzwerke, dessen Walzen in der zuerst erwähnten Weise kalibrirt sind, die anderthalbfache Zahl als bei einem Duowalzwerke mit der gleichen Kaliberzahl. Eine kalibrirte Walze aber ist ein kostspieliges Inventarstück und jede grössere Walze ruft auch eine grössere Zapfen - reibung hervor. In Rücksicht hierauf hat man, zuerst in Belgien, neueren Triowalzwerken mitunter eine derartige Anordnung gegeben, dass in einem und demselben Walzgerüste immer nur zwei Walzen über einander liegen, die Stelle der dritten aber durch eine Kupplung eingenommen wird, welche die Bewegung auf das benachbarte Walz - gerüst überträgt. Die Skizze Fig. 209 auf S. 732 zeigt diese Einrich - tung. Die beiden in einem Gerüste liegenden Walzen können nun - mehr ebenso wie Duowalzen kalibrirt werden, d. h. die Blindkaliber fallen weg, und die Zahl der erforderlichen Walzen beträgt nur zwei47*732Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.Drittel von derjenigen, welche bei Anwendung von Blindkalibern erforderlich gewesen sein würde; das Walzstück aber muss, um zurück - gewalzt werden zu können, nach dem benachbarten Gerüste hinüber - geschafft werden. Letzterer Umstand mindert unleugbar die Vortheile dieses Walzwerkssystemes beim Walzen schwererer Gegenstände ab; sehr geeignet ist dasselbe zum Walzen von Feineisen, welches in den Fertigwalzen eine sehr bedeutende Länge annimmt und aus diesem

Fig. 209.

Grunde, noch ehe es das eine Paar Walzen ganz verlassen hat, an dem vorderen Ende umgebogen und in den Walzen eines andern Gerüstes zurückgewalzt wird, so dass es unter Umständen gleichzeitig in vier oder fünf Kalibern gestreckt wird.

Einige besondere Kaliberformen verdienen noch kurze Erwähnung.

Wenn man auf der Oberfläche einer glatten Walze oder innerhalb eines Kalibers einzelne bestimmte Vertiefungen oder Erhabenheiten anbringt, so werden dieselben naturgemäss auf dem hindurchgehenden Stabe sich abdrücken und ein längerer Stab wird eine ganze Reihen - folge solcher Abdrücke aufweisen. Man nennt solche Kaliber periodi - sche und benutzt sie für verschiedene Zwecke, deren Besprechung freilich mehr dem Gebiete der Metallverarbeitung als dem der Eisen - hüttenkunde angehört. Es sei deshalb nur erwähnt, dass sich bei - spielsweise Fabrikzeichen, Ziffern, Inschriften u. s. w. auf diese Weise leicht einwalzen lassen; Hufstabeisen mit vorstehenden Buckeln wird ebenso gewalzt; u. s. f.

Giebt man dem Umfange der einen von zwei zu einander ge - hörigen Walzen excentrische Form, so lassen sich Gegenstände mit keilförmigem Querschnitte dazwischen walzen. Auch diese Verwendung des Walzwerkes gehört in das Gebiet der Metallverarbeitung. 1)Abbildungen solcher Walzen: A. Ledebur, Die Verarbeitung der Metalle auf mechanischem Wege, S. 493 und 495.

Bei Herstellung von Flacheisen (mit flach rechteckigem Quer - schnitte) wendet man bisweilen, um an Walzenlänge zu sparen, Walzen mit offenen Kalibern an, zwischen denen die Ränder fehlen, so dass der Durchmesser der Walzen von dem einen Ende zum andern terrassen -733Die Universalwalzwerke.artig mehr und mehr abnimmt. Solche Walzen heissen Staffel - oder Stufenwalzen. Da der Seitendruck in den Kalibern fehlt, kann zwar das Strecken rasch vorwärts gehen, die Ränder des Eisens aber werden nur unvollkommen ausgebildet.

Wenn es bei der Herstellung stabförmiger Eisensorten auf genaue Innehaltung bestimmter Querschnittsabmessungen ankommt, so ist der Umstand in Betracht zu ziehen, dass das glühende Eisen, nachdem es das letzte Kaliber verlassen hat, sich abkühlt und demnach zusammen - zieht. Man muss also den Abmessungen des letzten Kalibers so viel zugeben, als dieser Zusammenziehung, d. h. dem Schwind - oder Schrumpfmaasse des Eisens entspricht. Diese Schwindung jedoch ist nicht in allen Fällen gleich gross; sie ist abhängig von der Be - schaffenheit der Eisensorte, welche gewalzt wird, und von der Tempe - ratur, mit welcher der Eisenstab die Walzen verlässt, und pflegt 1 / 50 1 / 64 der linearen Abmessungen zu betragen.

Im Uebrigen können auch Zufälligkeiten die Schwindung beein - flussen. Wenn das Walzwerk nach längerem Stillstande angelassen wird, sind die Walzen kalt und wirken stark abkühlend auf den hin - durchgehenden Stab; bei länger fortgesetzter Benutzung erwärmen sie sich1)Walzen für gröbere Eisensorten pflegt man zwar durch hinüber rieselndes Wasser zu kühlen, ohne dass jedoch dadurch eine Anwärmung derselben völlig ver - hindert würde., auch der Stab kommt demnach wärmer aus dem letzten Kaliber heraus und schwindet stärker als im Anfange. Dass auch die physika - lischen Eigenschaften, die Härte, Festigkeit, Zähigkeit u. s. w. durch diesen Unterschied in der Temperatur des Walzstückes beeinflusst werden müssen, ergiebt sich aus dem über diese Einflüsse der Tempe - ratur früher Gesagten von selbst.

e) Die Universalwalzwerke.

Wenn man bei einem Walzwerke ausser einem Paar horizontaler Walzen mit entlasteter, verstellbarer Oberwalze auch ein Paar vertikaler unmittelbar vor oder hinter den ersteren anordnet, deren Abstand von einander ebenfalls verstellbar ist, und welche die Seitenflächen des hin - durchgehenden Walzstückes bearbeiten, so lassen sich mit Hilfe dieser zwei Paar Walzen offenbar Eisenstäbe von sehr verschiedenen Quer - schnittsabmessungen herstellen, ohne dass die Anwendung besonderer Kaliber dafür erforderlich wäre.

Eine derartige Einrichtung, d. h. eine Vereinigung zweier Walzen - paare mit horizontalen und vertikalen Achsen, bildet die Haupteigen - thümlichkeit fast aller sogenannter Universalwalzwerke, deren erstes durch Daelen in Hoerde in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts erbaut wurde und welche seitdem eine ziemlich verbreitete Anwendung gefunden haben. Naturgemäss eignen sich dieselben besonders gut zur Herstellung von Flacheisenstäben, und die ursprüngliche Bestimmung derselben war die Anfertigung jener vorzugsweise in der Dampfkessel -734Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.fabrikation vielfach erforderlichen mehr oder minder schmalen Streifen, welche man bis dahin aus Blechen auszuschneiden pflegte. Auch für Herstellung profilirter Eisensorten, insbesondere für Doppelt-T eisen, hat

Fig. 210.

man jedoch später das Universalwalzwerk verschiedentlich mit mehr oder minder günstigem Erfolge in Anwendung gebracht.

In Fig. 210 ist ein Daelen’sches Universalwalzwerk in 1 / 32 der wirklichen Grösse abgebildet. A A sind die wagerechten, B B die senk - rechten Walzen. Erstere erhalten wie gewöhnlich ihren Antrieb durch735Die Universalwalzwerke.die beiden Getriebe C C und sind mit Hilfe der unterhalb der Sohl - platte sichtbaren Hebel entlastet; auf die senkrechten Walzen wird die Bewegung durch Vermittelung der von dem oberen Getriebe C aus angetriebenen Räder D und E übertragen. In Rücksicht auf den Um - stand, dass die Bewegung des Walzstückes vor dem Eintreten zwischen die wagerechten Walzen langsamer, nach dem Herauskommen aber rascher als diejenige der Walzenoberfläche ist, die Bewegungsgeschwin - digkeit der Walzenoberflächen B B mithin auch eine etwas andere sein muss als diejenige der Walzen A A, eine ganz genaue Regelung dieser Geschwindigkeit von vorn herein aber nicht immer möglich sein wird, sitzt das Getriebe E nicht fest auf seiner Welle, sondern es ist zwischen zwei Frictionsscheiben eingeklemmt, welche demselben bei grösseren Widerständen eine gewisse Beweglichkeit sichern, um Stauchung oder Zerrung des Walzstückes zu vermeiden.

Die verschiebbar auf ihrer Welle befestigten Winkelräder n n m m übertragen die Bewegung auf die Achsen der senkrechten Walzen, welche letztere aus Gussstahl gefertigt und auf den Wellen be - festigt sind.

Die Verstellung der Walzen A A in senkrechter Richtung erfolgt in der bei Blechwalzen üblichen, oben erläuterten Art und Weise; die Verstellung der Walzen B B in wagerechter Richtung geschieht mit Hilfe der gekröpften Spindeln c c. Jede der beiden Walzenachsen steckt in zwei Lagern a a, welche mit horizontalen Schraubenspindeln f f fest ver - bunden sind. Die Muttern dieser Schraubenspindeln sind in den Walzen - ständern befestigt, so dass durch Drehung der Spindeln auch eine ge - radlinige Vor - oder Rückwärtsbewegung derselben sowie der an ihnen befestigten Lager mit den Walzen hervorgebracht wird. Auf den nach auswärts gerichteten Köpfen der Schraubenspindeln sind Schnecken - räder befestigt, welche von den an den Enden der Spindeln c c sicht - baren Schnecken d d angetrieben werden. Die Lager der Spindeln c c sind mit einer Hülse über die Hälse der Schrauben f f geschoben, so dass sie von diesen bei ihrer Fortbewegung mitgenommen werden und der Eingriff der Schnecken in die betreffenden Räder unverändert bleibt.

Von dem Umstande, ob die senkrechten Walzen vor oder hinter den wagerechten liegen, hängt die Form der Ränder des herauskom - menden Walzstückes ab. Liegen sie vor denselben, geht das Walz - stück also zuletzt zwischen den wagerechten Walzen hindurch, so erhält es hier Oberdruck, wird ein wenig ausgebreitet und bekommt einen rundlichen convexen Rand; liegen die senkrechten Walzen hinter den wagerechten, so wird der Rand hier gestaucht und tritt gratartig über die Fläche des Walzstückes hinaus. Gewöhnlich zieht man die erstere Anordnung der letzteren vor, da der abgerundete Rand des Walz - stückes für die Verwendung weniger nachtheilig als der aufgeworfene zu sein pflegt.

In neuerer Zeit sind verschiedene abweichende Constructionen von Universalwalzwerken vorgeschlagen worden, welche sämmtlich den Zweck verfolgen, den zuletzt erwähnten Uebelstand des Daelen’schen736Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.Universalwalzwerkes, die mangelhafte Ausbildung des Randes zu ver - meiden. Bei verschiedenen derselben (Walzwerk von Hutchinson, Flotat, Ed. Daelen) sind statt der vier Walzen des älteren Universal - walzwerkes nur zwei wagerechte Walzen mit je einem aufgeschobenen Ringe angewendet, welcher letzterer als seitliche Kaliberbegrenzung dient und in eine Furche der zweiten Walze eingreift. Eine Ver - breiterung oder Verengung des Kalibers wird erzielt, indem man die eine der beiden Walzen, welche zu diesem Zwecke mit entsprechender Vorrichtung versehen ist, in wagerechter Richtung verschiebt, wobei sie den Ring der zweiten Walze mitnimmt; in der Höhenrichtung erfolgt die Verstellung wie gewöhnlich.

Das Walzwerk von Wenström dagegen enthält, wie das be - schriebene Universalwalzwerk von Daelen, vier Walzen, deren Achsen jedoch in einer gemeinschaftlichen Vertikalebene sich drehen und von denen nur die beiden wagerechten eigenen Antrieb besitzen, während die senkrechten rollenartig durch das Walzstück gedreht werden. Die eine dieser letzteren berührt mit ihrem Umfange die Stirnfläche der oberen Horizontalwalze, mit ihrer unteren Stirnfläche dagegen den Um - fang der Unterwalze und ist nicht verschiebbar; die zweite Rolle be - rührt mit ihrem Umfange die Stirnfläche der Unterwalze, mit ihrer oberen Stirnfläche den Umfang der Oberwalze und ist mit der Unter - walze in wagerechter, mit der Oberwalze in senkrechter Richtung ver - stellbar. Alle vier Walzen zusammen begrenzen demnach ein Kaliber, dessen Abmessungen durch die Verstellung der Walzen geändert werden können.

Hinsichtlich der ausführlicheren Beschreibung dieser Universal - walzwerke, welche wenigstens zum Theile bislang wohl nur auf dem Papiere existiren, muss auf die gegebenen Literaturnachweise wie auf die Patentschriften verwiesen werden. 1)Hutchinson’s Walzwerk: D. R. P. Nr. 8895; Wenström’s Walzwerk: D. R. P. Nr. 12 860; E. Daelen’s Walzwerk: Stahl und Eisen 1883, S. 161; Flotat’s Walzwerk: Armengaud, Publications industrielles, vol. 27.

f) Die Walzenzugsmaschinen.

Die zum Betriebe eines Walzwerkes erforderliche Maschine pflegt man als Walzenzugsmaschine zu bezeichnen.

Nur in verhältnissmässig seltenen Fällen ist eine ausreichend grosse Wasserkraft verfügbar; weit häufiger findet die Dampfmaschine Ver - wendung.

Während man ziemlich allgemein noch bis zum Anfange der sieben - ziger Jahre die Regel befolgte, die Dampfmaschinen für den Betrieb der Walzwerke möglichst einfach zu bauen, damit sie den Stössen des Walzwerkes gegenüber widerstandsfähiger seien, sie aus diesem Grunde höchst selten oder nie mit Condensation versah, die Anwendung der Expansion auf ein geringes Maass beschränkte und ziemlich regel - mässig jeder grösseren Walzenstrecke auch eine eigene Dampfmaschine zutheilte, welche dann, im unmittelbaren Anschlusse an die Walzen - strecke, gewöhnlich in dem von Staub, Rauch und Wasserdämpfen737Walzwerke. Die Walzenzugsmaschinen.erfüllten Hauptgebäude der Walzhütte ihren Platz erhielt, ist man seit jener Zeit, veranlasst durch die bedeutende Dampfverschwendung bei einer solchen Anlage wie durch die gemachten Fortschritte im Maschi - nenbau, ziemlich allgemein zu den fast entgegengesetzten Anschauungen hinsichtlich der Construction der Walzenzugsmaschinen übergegangen; und der Erfolg hat die Richtigkeit der neueren Grundsätze bestätigt. Expansion kommt regelmässig, Condensation häufig zur Anwendung. Woolf’sche und Compounddampfmaschinen haben sich bereits gut bewährt. Eine einzige grössere Maschine treibt nicht selten mehrere Walzstrecken; zur Bewegungsübertragung pflegt man Riemen - oder besser Seiltransmissionen statt der bei kleinen Walzwerken in früherer Zeit üblichen Getriebe zu benutzen.

Wichtig ist die Bemessung der erforderlichen Leistungsfähigkeit einer anzulegenden Walzenzugsmaschine. Eine allzu reichliche Ver - anschlagung der Kraftleistung vertheuert die Anlagekosten und erhöht den Dampfverbrauch; schlimmer noch ist eine zu geringe Leistung der Maschine: das Walzen wird verzögert, die Arbeitslöhne u. s. w. werden gesteigert.

Die gesammte von der Maschine zu leistende Arbeit setzt sich zu - sammen aus der zum Strecken und Hindurchziehen des Walzstückes und der zur Ueberwindung der Reibung erforderlichen Arbeit. Erstere ist von der Beschaffenheit und Temperatur des zu walzenden Materiales wie von dem Abnahmecoëfficienten abhängig; letztere von der Art und Weise der Lagerung, der Instandhaltung der Lager und dem durch die Druckschrauben der Ständer ausgeübten Drucke. Wendet man aber, wie bei allen nur in einer Richtung laufenden Walzwerken, ein Schwung - rad an, so kommt die von diesem während des Durchganges des Walz - stückes abgegebene Arbeit von der obigen Summe in Abzug, und die erforderliche Leistungsfähigkeit der Maschine fällt deshalb, wie schon früher erwähnt wurde, um so kleiner aus, je grösser die Pausen zwischen den Durchgängen sind (während deren das Schwungrad Arbeit auf - speichert) und je grösser das Gewicht des Schwungrades ist.

Es folgt aus diesen Darlegungen, dass eine theoretische Berech - nung der erforderlichen Leistungsfähigkeit der Betriebsmaschine eines Walzwerkes allein kaum ausreichend sein wird, ein zuverlässiges Er - gebniss zu liefern. Man ist gezwungen, sich auf praktische Beobach - tungen zu stützen.

In neuerer Zeit, wo man, durch äussere Verhältnisse dazu ver - anlasst, die Leistungsfähigkeit der Walzwerke zur Abminderung der Selbstkosten der Erzeugnisse mehr und mehr zu vergrössern suchte, indem man die Geschwindigkeit der Walzen beschleunigte, statt der Duowalzwerke Triowalzwerke einführte, die Pausen zwischen den Durch - gängen der Walzstücke abkürzte u. s. f., war man deshalb auch ge - zwungen, kräftigere Maschinen als früher zum Betriebe zu benutzen. Für sogenannte Rohschienenwalzwerke, Duo - oder Triowalzwerke zum ersten Auswalzen des Schweisseisens bestimmt, genügt eine Arbeits - leistung der Maschine von 50 80 Pferdestärken; Duowalzwerken für gewöhnlichere Sorten Handelseisen mittlerer Abmessungen (Quadrat - eisen, Rundeisen u. s. w.), welche etwa 75 Umgänge per Minute machen, pflegt man 75 100 pferdige Maschinen zu geben; sogenannte Schnell -738Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.walzwerke für feine Eisensorten (Walzdraht) mit etwa 400 Umgängen per Minute und 6 8 Walzgerüsten erhalten Maschinen von 400 500 Pferdestärken. Kleine Blechwalzwerke mit Schwungrad für dünne Eisen - sorten (Schwarzblech) lassen sich bei 40 Umgängen per Minute schon mit einer 20 30 pferdigen Maschine treiben; für Kesselbleche wendet man 100 200 pferdige Maschinen an und zu dem Betriebe eines Kehr - walzwerkes ohne Schwungrad für die Darstellung der schwersten Blech - sorten ist eine 600 800 pferdige Maschine erforderlich.

Am deutlichsten zeigt sich die Steigerung der Ansprüche, welche man an die Leistungsfähigkeit der Walzenzugsmaschinen stellt, bei den Eisenbahnschienen-Walzwerken. Während man in den sechziger Jahren, wo man sich der Duowalzwerke zum Auswalzen bediente und Schweiss - eisen als Material für die Schienen verwendete, Maschinen mit 250 Pferde - stärken als ausreichend betrachtete, pflegt man in der Jetztzeit den Schienenwalzwerken 600 800 pferdige Maschinen zu geben und dadurch ihre Leistungsfähigkeit auf oft das Dreifache der früheren Zeit zu steigern.

3. Die Luppenquetschen und Luppenmühlen.

Alle unter die in der Ueberschrift enthaltenen Benennungen fallen - den Vorrichtungen sind lediglich dazu bestimmt, die weichen, von flüssiger Schlacke durchsetzten, formlosen Eisenklumpen, Luppen ge - nannt, welche das erste rohe Erzeugniss der Schweisseisendarstellung zu bilden pflegen, einer vorläufigen Reinigung von Schlacke zu unter - ziehen. Zur Verdichtung von Flusseisenblöcken oder für eine weiter - gehende Formgebung des Eisens sind sie nicht geeignet.

Geschieht jene Reinigung durch mehrfach wiederholtes Drücken des weichen Eisens, so heisst der Apparat Luppenquetsche oder Luppen - presse; wird dagegen die Luppe zwischen Walzen gerollt und dabei ausgedrückt, so pflegt man die Vorrichtung als Luppenmühle zu be - zeichnen.

Mannigfache Constructionen sind im Laufe der Zeit für den ge - nannten Zweck ersonnen worden, von denen jedoch nur eine sehr beschränkte Zahl sich einer allgemeineren Anwendung zu erfreuen vermochte.

Die am häufigsten benutzte Vorrichtung dieser Art, welche in fast jeder Puddelhütte angetroffen werden kann, ist die in Fig. 211 abgebildete Luppenquetsche, welcher man ihrer eigenthümlichen Form halber auch wohl scherzweise den Namen Alligatorquetsche gegeben hat. Sie besteht aus einem um horizontale Zapfen schwingenden, kräftig gebauten Gusseisenhebel, dessen längeres Ende durch eine Schubstange oder ein Excenter auf - und niedergehende Bewegung erhält. Das kürzere Ende dieses Hebels bildet gewissermaassen den Oberkiefer des Maules. An der Unterseite desselben ist eine aus - wechselbare Platte aus Hartguss oder Stahl eingesetzt, welche mit nach rückwärts gerichteten Zähnen zum besseren Erfassen der Luppe ver - sehen zu sein pflegt. Die untere Hälfte des Maules bildet der fest - liegende, aber ebenfalls auswechselbare Ambos. An der vorderen Kante desselben befindet sich ein treppenstufenartiger Absatz, welcher eine739Die Luppenquetschen und Luppenmühlen.Stauchung der während des Auspressens zu einem prismatischen Blocke geformten Luppe in der Längenrichtung ermöglicht.

Man giebt den Luppenquetschen einen Hub von 0.25 0.30 m am äussersten Ende. Die Länge des vorderen Hebelarmes beträgt bis zum Drehungspunkte etwa 1.3 m, die Länge des hinteren Hebelarmes etwa 2 m. Die Breite des vorderen Theiles ist ungefähr 0.5 m. Bei 60 100 Hüben per Minute und einem Arbeitsaufwande von 10 12 Pferdestärken ist eine solche Luppenquetsche im Stande, 12 16 Puddel - öfen zu bedienen. 1)v. Hauer, Hüttenwesensmaschinen.

Vor den Dampfhämmern oder Stirnhämmern, welche zu demselben Zwecke wie die Luppenquetschen benutzt werden können, haben die letzteren den Vortheil der billigeren Anlage, einfacheren Bedienung und geringerer Reparaturbedürftigkeit voraus. Andererseits ist die Grösse der zu zängenden (auszuquetschenden) Luppen an gewisse

Fig. 211.

Grenzen gebunden, und das Auspressen selbst erfolgt, wie wenigstens behauptet wird und sich leicht begründen lassen würde, weniger voll - ständig als beim Zängen unter dem Hammer.

Luppenmühlen sind ziemlich selten in Anwendung. Sie sind zweifel - los häufigeren Reparaturen als die Quetschen unterworfen, während die Nachtheile der letzteren, insbesondere die Nothwendigkeit, eine be - stimmte Grösse der Luppen inne zu halten, noch schärfer hervortreten. Es wird aus diesen Gründen gerechtfertigt erscheinen, wenn hinsicht - lich der besonderen Einrichtung derselben auf die gegebene Literatur, ins - besondere auf v. Hauer, Hüttenwesensmaschinen sowie auf Wedding, Darstellung des schmiedbaren Eisens verwiesen wird, in welchen beiden Werken die meisten oder sämmtliche vorgeschlagenen Constructionen dieser Maschinen mit ausreichender Ausführlichkeit besprochen wor - den sind.

740Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.

Literatur.

A. Grössere Werke.

  • J. v. Hauer, Die Hüttenwesensmaschinen. Zweite Aufl., Leipzig 1876 (S. 290 bis 468 Hämmer, S. 470 477 Luppenpressen und Luppenmühlen, S. 478 562 Walzwerke).
  • S. Jordan, Album du cours de métallurgie. Paris 1875 (Tafel 84 88 Dampf - hämmer, Taf. 74, 75, 89 103, 114 122 Walzwerke).
  • P. v. Tunner, Ueber die Walzenkalibrirung für Eisenwalzen. Leipzig 1867.
  • Daelen, Hollenberg und Diekmann, Die Kalibrirung der Eisenwalzen. Drei von dem Vereine zur Beförderung des Gewerbfleisses preisgekrönte Ab - handlungen. Im Sonderabdrucke in Berlin (Nicolai) 1870.
  • F. Neveu et L. Henry, Traité pratique du laminage de fer. Paris 1881.
  • A. Ledebur, Die Verarbeitung der Metalle auf mechanischem Wege. Braunschweig 1877 (S. 395 467 Hämmer, S. 480 526 Walzwerke).

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  • A. Trappen, Neue Walzenzugsmaschine der Märkischen Maschinen - bauanstalt. Stahl und Eisen 1881, S. 47.
  • Ernst Klein, Ueber die Kraftübertragung bei Drahtstrassen. Stahl und Eisen 1882, S. 234.

III. Die Darstellung des Schweisseisens.

1. Allgemeines.

Alles bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts dargestellte schmied - bare Eisen war Schweisseisen; noch um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts war die Menge des erzeugten und verbrauchten Fluss - eisens verschwindend klein gegen den Bedarf an Schweisseisen. Erst die Erfindung neuerer Processe in der zweiten Hälfte dieses Jahr - hunderts, welche die Darstellung grösserer Mengen Flusseisen und zu billigeren Gestehungskosten als bisher ermöglichten, bereitete einen Kampf vor zwischen Schweisseisen und Flusseisen um die Herrschaft auf dem Eisenmarkte, der zwar heute kaum schon entschieden ist, dessen Ende aber voraussichtlich dereinst in einem Siege des Fluss - eisens bestehen wird.

Die schon vielfach erwähnte hauptsächlichste Eigenthümlichkeit des Schweisseisens ist sein Gehalt an eingemengter Schlacke. Diese Schlacke beeinträchtigt als eingelagerter fremder Körper die Festigkeit742Die Darstellung des Schweisseisens.wie die Dehnbarkeit des Eisens und lässt sich nur theilweise durch fortgesetzte mechanische Bearbeitung entfernen, niemals aber auch hier - durch vollständig. Je höhere Ansprüche an die Eigenschaften des Schweisseisens gestellt werden, desto länger muss demnach jene Be - arbeitung fortgesetzt, auf desto dünnere Querschnitte muss das Eisen dabei ausgestreckt werden.

Im gewöhnlichen Handelseisen beträgt jener Schlackengehalt mitunter mehr als 2 Procent; in besseren Eisensorten, zumal im Schweissstahl, ist er erheblich geringer. Die Schlacke besteht zum grossen Theil aus Eisenoxyden. War bei der Herstellung des Schweisseisens die äussere Luft von der Oberfläche desselben abgeschlossen, so wird die Zusam - mensetzung der dem erfolgenden Eisen beigemengten Schlacke ziem - lich genau mit der Zusammensetzung der im Ofen, welcher für den Process benutzt wurde, zurückbleibenden Schlacke übereinstimmen; waren aber die entstehenden Eisenkrystalle zeitweise der Einwirkung der Luft oder oxydirender Gase ausgesetzt (z. B. im Puddelofen), so wird die eingemengte Schlacke erheblich eisenreicher als die zurück - bleibende sein können.

In jedem Falle wird der Gehalt des Schweisseisens an zurückbleibender Schlacke um so geringer sein, je kleiner die Menge des mit einem Male dargestellten Eisens ist, je höher die angewendete Temperatur war (weil in der höheren Temperatur die Schlacke leichter aus dem Eisen ausfliesst), je dünnflüssiger die Schlacke an und für sich ist und je weniger die gebildeten Eisenkrystalle noch oxydirenden Einflüssen unterworfen wurden.

Die Darstellung des Schweisseisens geschah im Alterthume und in den ersten Zeiten des Mittelalters bis zur Erfindung der Roheisendar - stellung lediglich aus Erzen. Als man dann Roheisen zu gewinnen und zu benutzen gelernt hatte, trat neben jene sogenannte directe Methode die Verarbeitung des Roheisens zu schmiedbarem Eisen, das Frischen, anfangs jedenfalls nur vereinzelt und erst allmählich sich aus - bildend, dann aber besonders im 18. Jahrhundert zu einem wichtigen Zweige des Eisenhüttengewerbes sich entfaltend und die ältere Methode mehr und mehr verdrängend. In der Jetztzeit bildet die Benutzung des Roheisens die Regel, die Darstellung des Schweiss - eisens unmittelbar aus den Erzen die Ausnahme.

Diese Thatsache kann vielleicht auffallend erscheinen, wenn man erwägt, dass doch der Natur der Sache nach die Darstellung aus dem Roheisen umständlicher sein muss, als die Darstellung unmittelbar aus den Erzen. Eine ausreichende Erklärung hierfür liefert jedoch der Umstand, dass eine annähernd vollständige Reduction des Eisens aus seinen Erzen durch Kohle in so hoher Temperatur, dass die Gangarten der Erze dabei zum Verschlacken kommen, nicht möglich sein würde, ohne dass nicht das entstehende Eisen zugleich grössere Mengen Kohlenstoff aufnimmt, sich dadurch in ein stahl - oder roh - eisenartiges Erzeugniss umwandelnd. Ein kohlenstoffarmes Eisen kann nur entstehen, wenn die Reduction unvollständig743Allgemeines. Die älteren Rennarbeiten.bleibt, d. h. wenn ein grösserer Theil des Eisens verschlackt wird. Es entsteht also stets bei diesen Processen eine eisenreiche Schlacke; die Verschlackung des Eisens aber ist gleichbedeutend mit einem Eisen - verluste, dessen Bedeutung um so schwerer wiegt, je höher die Erze im Preise stehen.

Aehnliche Schwierigkeiten zeigen sich, wenn man die Reduction, statt durch Kohle, durch Kohlenoxyd in einer niedrigeren Temperatur, als zum Schmelzen der Schlacke nothwendig ist, bewirkt und soge - nannten Eisenschwamm darstellt. Die Gangarten bleiben hier natürlich dem reducirten Eisen beigemengt und vor allen Dingen ist deshalb die Anwendung möglichst reiner Erze erforderlich. Eine vollständige Re - duction aber ist auch hier kaum möglich, ohne dass Kohle aus dem Kohlenoxyd sich ablagert und von dem Eisen aufgenommen wird (vergl. S. 230), und erfahrungsmässig bleibt deshalb ein Theil der Erze unvoll - ständig reducirt; endlich kommt noch hinzu, dass das solcherart redu - cirte Eisen seiner lockeren Beschaffenheit halber sehr leicht oxydirbar ist, wenn es erhitzt wird, ein Umstand, welcher zu einem aber - maligen Eisenverluste bei der erforderlichen weiteren Verarbeitung Ver - anlassung giebt.

Ein Phosphorsäuregehalt der Erze wird bei der directen Dar - stellung schmiedbaren Eisens weniger vollständig reducirt als im Hoch - ofen, wie schon auf S. 245 erwähnt wurde. Dieselbe eisenreiche Schlacke, welche die Aufnahme grösserer Mengen von Kohlenstoff durch das ent - stehende Eisen verhindert, tritt auch der Phosphorreduction hemmend in den Weg. Dieses Verhalten des Phosphors ist jedenfalls zum Theile die Veranlassung dafür, dass man in einzelnen Gegenden (Nordamerika, Finnland), wo reiche aber phosphorhaltige Erze und neben denselben Holzkohlen zu billigen Preisen zur Verwendung stehen, noch heute uralte Processe zur directen Darstellung schmiedbaren Eisens in Be - nutzung findet. Man erzeugt hierbei ein verhältnissmässig phosphor - armes schmiedbares Eisen, welches, solange Holzkohlen das Brenn - material bilden, in dieser Qualität durch einen Frischprocess kaum zu erlangen sein, vielleicht auch kostspieliger ausfallen würde.

Trotz jener unverkennbaren Schwächen der auf directe Darstellung schmiedbaren Eisens gerichteten Methoden haben die Versuche, in loh - nenderer Weise als bisher Schweisseisen, beziehentlich Eisenschwamm, aus den Erzen darzustellen, nicht aufgehört. Auch den neueren hierher gehörigen Processen lässt sich jedoch um so weniger eine Zukunft vor - hersagen, als voraussichtlich, wie schon erwähnt wurde, das gesammte Schweisseisen von Jahr zu Jahr durch das Flusseisen mehr verdrängt werden wird, je grössere Vervollkommnung die für Darstellung des letzteren bestimmten neueren Methoden erlangen.

2. Die älteren Rennarbeiten.

Unter Rennarbeit pflegt man allgemein die Darstellung schmied - baren Eisens aus Erzen, vorzugsweise aber die älteren Methoden hier - für, zu verstehen.

Die Art und Weise, wie man vor Jahrtausenden Eisen darstellte, lässt sich mit ziemlicher Deutlichkeit aus den noch vorgefundenen744Die Darstellung des Schweisseisens.Ueberresten alter Eisenhütten schliessen. Die Beschränktheit der frühe - ren Hilfsmittel erklärt es leicht, dass die Methoden der früheren Zeit auch in verschiedenen Ländern im Wesentlichen einander sehr ähn - lich sind; und auch heutigen Tages noch werden in entlegenen Gegen - den Methoden der Eisendarstellung angetroffen, welche offenbar aus uralter Zeit fast unverändert fortgepflanzt sind und daher ziemlich genau mit jenen im Alterthume gebräuchlichen Methoden übereinstimmen dürften.

Kleine Schachtöfen, aus Lehm oder Steinen erbaut, deren Höhe mitunter nicht über 0.5 m hinausgeht, dienten im Alterthume1)Ein aus der Römerzeit stammender derartiger Ofen, welcher zu Arles im vorigen Jahrhunderte aufgefunden wurde, hatte die Form einer umgekehrten Glocke von 3 m Höhe, oben 2.5 m Durchmesser; Oefen in Kärnten, in deren einer Schlacken - halde eine Münze des Königs Nerva gefunden wurde, hatten 1 m Durchmesser und 2 m Höhe. und dienen noch heute in jenen Gegenden als Apparate für die Eisendar - stellung. Mitunter und in ältester Zeit wohl regelmässig musste natürlicher Luftzug die Verbrennung unterhalten, und man stellte in diesem Falle den Ofen gern an dem Abhange oder auf der Spitze eines Berges auf, wo noch heute die Schlackenhalden jenes alten Betriebes gefunden werden; später gelangten einfache Gebläse zur Anwendung, welche den Wind durch eine in einiger Höhe über dem Boden an - gebrachte Formöffnung einführten. Eine Oeffnung an der tiefsten Stelle diente zum Ablassen der Schlacke. Das Erz wurde mit Holzkohlen niedergeschmolzen. In der niedrigen Temperatur dieser Oefen entstand eine eisenreiche Schlacke und ein mit Schlacke durchsetzter Eisen - klumpen, welcher entweder, wenn der Ofen niedrig genug war, aus der Gicht, oder durch eine besondere im unteren Theile befindliche und während des Schmelzens verschlossen gehaltene Oeffnung heraus - geholt wurde, um dann ausgeschmiedet zu werden. Solche Schacht - öfen zur Darstellung schmiedbaren Eisens aus Erzen nennt man Stücköfen, der erfolgende Eisenklumpen heisst das Stück, der Deul oder die Luppe.

In jener einfachen Weise der alten Zeit wird noch jetzt in Central - indien, in Südafrika und in anderen Gegenden der Erde die Eisendar - stellung betrieben. C. v. Schwarz, Ingenieur in Gwalior in Central - indien, beschreibt das dort übliche Verfahren folgendermaassen. 2)Vergl. Literatur.Der Ofen ist aus Lehm hergestellt, 0.3 m im Quadrate weit, 1 m hoch. Die Form, welche aus Lehm gebrannt ist, liegt 0.25 m über dem Boden und hat 23 mm Durchmesser. Das Gebläse besteht aus zwei Ziegen - bälgen; das Schwanzende derselben ist aufgeschnitten und in die ent - standenen Lappen sind zwei Bambusstäbe eingenäht, welche am einen Ende fest, am andern lose mit einander verbunden sind, so dass sie federn und einen offenen konischen Schlitz bilden, durch welchen Luft eintreten kann, wenn der Balg aufgezogen wird, während beim Zu - sammendrücken des Balges der Schlitz sich schliesst und die Luft gezwungen wird, durch die aus Bambusrohr gebildete Düse auszutreten, welche im Kopfende des Balges durch Schnüre befestigt ist. Das Auf - ziehen des Balges geschieht durch Lederriemen mit der Hand oder auch745Die älteren Rennarbeiten. in anderen Gegenden mit Hilfe einer aus einem Bambusstabe gebildeten Feder, an welche der Riemen angeschlossen ist; das Zu - sammendrücken durch Treten mit dem Fusse. Das Aufziehen und Zusammendrücken der beiden Bälge geschieht immer abwechselnd.

Man schmilzt jedesmal 20 kg Eisenstein (meistens Rotheisenstein) ohne Zuschlag mit etwa 20 kg Holzkohlen und gebraucht dazu einen Zeitraum von ungefähr 2 Stunden. Es erfolgt ein Eisenklumpen von 9 kg Gewicht, welcher durch eine Zange aus der Gicht heraus - geholt und dann mit Handhämmern bearbeitet und ausgeschmiedet wird. Zur Bedienung eines Ofens sind in 24 Stunden vier Arbeiter und ein Meister erforderlich, welche erstere sich am Gebläse ablösen, während letzterer das Ausbrechen des Eisenklumpens, die Herstellung der Formen, das Ausbessern des Ofens u. s. w. besorgt.

In Kulturländern hatte man im 17. und 18. Jahrhunderte den Stück - öfen erheblich grössere Abmessungen gegeben, nachdem man durch Ver - vollkommnung der Gebläse die Möglichkeit erlangt hatte, grössere Windmengen, wie sie der grössere Ofen erfordert, zu erzeugen. Dass schon seit dem 13. Jahrhunderte sich aus diesen Stücköfen der zur Roheisendarstellung dienende Hochofen allmählich entwickelte, wurde schon früher erwähnt.

In ziemlich grossem Umfange wurden noch im vorigen Jahrhunderte in den österreichischen Alpenländern und in der Gegend von Schmal - kalden Stücköfen betrieben. Die Form dieser Stücköfen war derjenigen sehr ähnlich, wie sie heutigen Tages noch viele österreichische Holz - kohlenhochöfen besitzen: zwei Kegel, welche mit den breiten Flächen zusammenstossen, bilden das Innere des Ofens (vergl. die Skizze Fig. 51 auf S. 323). Die Höhe derselben betrug mitunter beinahe 5 m, so dass sie auch in dieser Beziehung sich nicht wesentlich von manchen der damals gebräuchlichen Hochöfen unterschieden und nur die Art und Weise des Betriebes den eigentlichen Unterschied bedingte. Man schmolz in einem solchen Ofen nach und nach so viel Eisenerz, dass ein Deul von 200 300 kg Gewicht erfolgte; dann wurde niedergeblasen, der Deul durch eine unten befindliche Oeffnung ausgebrochen und weiter verarbeitet. Täglich wurden drei solcher Deule erzeugt. 1)Näheres über den Betrieb dieser Stücköfen im vorigen Jahrhunderte findet der Leser in folgenden Werken: J. Ch. Quantz, Praktische Abhandlung über die Eisen - und Stahlmanipulation in der Herrschaft Schmalkalden, Nürnberg 1799; G. Jars, Voyages métallurgiques, Lyon 1774, t. I.; C. J. B. Karsten, Handbuch der Eisenhüttenkunde, 3. Aufl., Berlin 1841, Bd. 4.In einer Schlacke dieses Stückofenbetriebes fand Karsten:

  • Si O229.1
  • Fe O51.7
  • Al2 O34.3
  • Ca O2.6
  • Mg O9.2
  • Mn O2.9
  • 99.8.

In den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts minderte sich die Zahl der vorhandenen Stücköfen in den erwähnten Ländern zusehendsLedebur, Handbuch. 48746Die Darstellung des Schweisseisens.und gegen die Mitte des Jahrhunderts waren sie ziemlich vollständig verschwunden. Eine gewisse Wichtigkeit hat sich dagegen der Stück - ofenbetrieb in Finnland bewahrt, wo man noch heute die directe Darstellung schmiedbaren Eisens in verhältnissmässig grossem Um - fange betreibt.

Später als Schachtöfen kamen Feuer zur Darstellung schmied - baren Eisens aus Erzen zur Anwendung, niedrige, grubenartige Oefen, welchen der Wind von oben her, d. h. über den Rand des Feuers hinweg durch eine schräg abwärts gerichtete Düse zugeführt wurde. Sie haben vor den Stücköfen den Vortheil einer bequemeren Arbeit voraus, da das erfolgende Eisen leichter zu erreichen ist, erfordern aber naturgemäss einen stärker gepressten Windstrom als er durch die einfachen Gebläse des Alterthums sich erzielen liess.

Man nennt den in diesen Feuern gewonnenen Eisenklumpen ge - wöhnlich Luppe und die Arbeit selbst wird in älteren Werken über Eisenhüttenkunde gewöhnlich als Luppenfrischarbeit bezeichnet, obgleich dieser Ausdruck mit der früher gegebenen Erklärung des Wortes Frischen keineswegs im Einklange steht. 1)Vergl. S. 282.Besser dürfte die Bezeichnung Rennfeuerarbeit dafür sein.

In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts war diese Renn - feuerarbeit in verschiedenen Theilen Deutschlands, wo nicht etwa Stück - öfen betrieben wurden, noch ziemlich verbreitet; in Oberschlesien erloschen die Rennfeuer erst beim Beginne des jetzigen Jahrhunderts. Dagegen finden sich noch heute solche Rennfeuer in einzelnen Theilen Spaniens sowie in den Vereinigten Staaten Nordamerikas (in der Um - gebung des Lake Champlain in den Staaten New York und New Jersey), wo man gewöhnlich schwer reducirbare und deshalb für den Hochofen - betrieb weniger gut geeignete Magneteisenerze mit Hilfe dieses Ver - fahrens verarbeitet. Man nennt die dort übliche Methode die cataloni - sche, obgleich sie dem Bau des Feuers wie der praktischen Ausführung zufolge mehr mit der früher in Deutschland ausgebildeten Methode, wie sie u. a. in Karsten’s Handbuche der Eisenhüttenkunde, Bd. IV, ausführlich beschrieben ist, als mit der in Catalonien üblichen oder üblich gewesenen übereinstimmt.

Die Einrichtung dieser amerikanischen Rennfeuer ist im Wesent - lichen die nämliche als diejenige der Herdfrischfeuer, welche zum Ver - frischen des Roheisens bestimmt und unten ausführlicher beschrieben sind; d. h. sie bestehen aus gemauerten vierseitigen niedrigen Behältern, welche mit gusseisernen Platten ausgesetzt sind. Im Ganzen sind für jedes Feuer fünf Platten erforderlich, eine für den Boden und vier für die Umfassung. Die Seitenplatten stehen senkrecht, die vordere und hintere Platte haben häufig eine schwache Neigung nach aussen. Der Boden ist hohl und mit Wasser gekühlt. Ueber die eine Seitenplatte ragt die stark geneigte, ebenfalls wassergekühlte Form in das Feuer. Die Länge der Feuer pflegt etwa 0.6 m, die Breite 0.7 m, die Tiefe 0.3 m zu sein. Durch einen gemauerten Mantel, welcher nach oben sich zu einer Esse verengt und nur an der Arbeitsseite eine Oeffnung747Die älteren Rennarbeiten.frei lässt, ist das Feuer eingeschlossen, und in dem Mantel befindet sich ein gusseiserner Winderhitzungsapparat, welcher durch die ab - ziehenden Gase des Feuers geheizt wird. 1)Abbildungen verschiedener solcher Oefen mit allen Einzelheiten enthält die unter Literatur aufgeführte Abhandlung von T. Egleston: The American bloomary process.

Die zur Verhüttung bestimmten Erze werden geröstet und zu Erbsengrösse gepocht.

Als Brennmaterial dient Holzkohle. Wenn das Feuer in Betrieb gesetzt werden soll, wird zunächst eine Lage Holzkohlenlösche auf den Boden gebracht, dann Holzkohle nachgeschüttet und entzündet, worauf das Gebläse angelassen und eine gewisse Menge Schlacke von dem vorausgegangenen Schmelzen in das Feuer gebracht wird. Sobald die Kohlen in Gluth gekommen sind, wird mit einer Schaufel eine gewisse Menge Erz etwa 10 15 kg in gleichmässiger Vertheilung auf dieselben geschüttet. Das Erz sickert durch die Kohlen hindurch, wird hierbei theilweise reducirt und sammelt sich am Boden. Inzwi - schen ist durch die Verbrennung die Oberfläche der Kohlen gesunken, frische Kohlen werden nachgeschüttet, dann kommt wieder eine Lage Erz u. s. f. Mit einer langen Brechstange untersucht der Arbeiter von Zeit zu Zeit den Boden, schweisst das reducirte Eisen zusammen, und an der Beschaffenheit der an der Stange beim Herausziehen haftend bleibenden Schlacke wie des Eisens erkennt er den Verlauf des Processes. Auch die Beschaffenheit der Flamme muss ihm als Merkmal hierbei dienen. Eine weisse statt blauer oder röthlicher Farbe derselben deutet auf allzu hohe Temperatur, bei welcher leicht stahlartiges Eisen erfolgt. Er muss dann durch Aufspritzen von Wasser die Temperatur mässigen.

Von Zeit zu Zeit wird die Schlacke abgelassen. Je härter, kohlen - stoffreicher das Eisen werden soll, desto öfter muss dieses geschehen; je weicher, desto mehr Schlacke lässt man mit dem Eisen in Berührung.

Man schmilzt mit einem Male etwa 250 kg Erz und gewinnt daraus eine Luppe von ca. 150 kg Gewicht, wobei der Aufwand an Holzkohlen dem Gewichte nach ungefähr doppelt so viel zu betragen pflegt als das Gewicht des erfolgenden Eisens. Die Zeitdauer des Processes ist un - gefähr drei Stunden.

Die erhaltene Luppe wird unter einem schweren Hammer gezängt, d. h. von Schlacke befreit und zu einem flachen Kuchen oder einem prismatischen Blocke ausgeschmiedet, welcher nun durch Schweissen weiter verarbeitet wird.

Drei Schlacken dieses Processes enthielten nach Egleston:

  • Eisenoxydul48.57 49·74 49.67
  • Eisenoxyd8.06 4.93 11.17
  • Mangan0.61 0.40 0.64
  • Thonerde1.60 0.80
  • Kalk5.54 5.37 6.16
  • Magnesia2.29 2.22 2.29
  • Titansäure1.36 6.26 4.46
  • Phosphorsäure0.03 0.40 0.05
  • Kieselsäure26.38 24.60 25.93
  • Schwefel0.25 0.37 0.00
  • Metallisches Eisen
    2)Metallisches Eisen und Kohle als mechanisch eingemengte Körper.
    2)3.19 3.68 1.24
  • Kohle
    2)Metallisches Eisen und Kohle als mechanisch eingemengte Körper.
    2)1.18 0.33 0.22.
48*748Die Darstellung des Schweisseisens.

Der Gehalt dieser Schlacke an Kieselsäure und Eisen stimmt also im Wesentlichen mit dem Gehalte der oben erwähnten Stückofen - schlacke an diesen Körpern überein. Der verhältnissmässig geringe Phosphorsäuregehalt dagegen lässt schliessen, dass hier wenigstens der Phosphorsäuregehalt der Erze nicht die Veranlassung zu der Bei - behaltung des Rennfeuerbetriebes war; in der That enthielten die verhütteten Magneteisenerze, deren Zusammensetzung ebenfalls von Egleston mitgetheilt wird, nicht mehr als 0.16 Proc. Phosphorsäure, einzelne erheblich weniger.

Von dem soeben beschriebenen amerikanischen Processe unter - scheidet sich der eigentliche catalonische Rennfeuerbetrieb vor - nehmlich dadurch, dass hier nicht, wie bei jenem, das Erz lagenweise mit den Holzkohlen in das Feuer gebracht wird, um allmählich nieder - geschmolzen zu werden, sondern die ganze Menge des für die Ver - arbeitung in einem Male bestimmten Erzes ungefähr 500 kg kommt auf die der Form gegenüberliegende Seite des Feuers auf einem Bette von Kohlen zu liegen. Die grössere Hälfte des Feuers an der Formseite ist dagegen vollständig mit Kohlen erfüllt, die bis zur Höhe der Oberkante des Erzhaufens aufgeschüttet werden. Die stark geneigte Form bläst zunächst in diese Kohlen, und man leitet den Process so, dass das sich entwickelnde kohlenoxydreiche Gasgemenge durch den Erzhaufen hindurch seinen Weg nehmen muss, hierbei die Erze theil - weise reducirend. Die solcherart vorbereiteten Erze sinken nun ab - wärts, fangen an zu sintern, gelangen durch die glühenden Kohlen hindurch auf den Boden, wobei eine fernere Reduction und theilweise Kohlung stattfindet, und aus dem reducirten Eisen bildet sich schliess - lich auf dem Boden die Luppe, welche, wenn alles Erz geschmolzen ist, herausgeholt und wie gewöhnlich bearbeitet wird. Die Zeitdauer des ganzen Verfahrens ist ungefähr 6 Stunden. Der Holzkohlenver - brauch ist, soweit die vorliegenden Notizen reichen, bedeutend höher als bei dem amerikanischen Verfahren und beträgt das fache von dem Gewichte des erfolgenden Eisens. Der Eisengehalt der Schlacke beträgt etwas über 30 Proc., wenn man manganreiche Erze verhüttet, bei manganärmeren vermuthlich noch etwas mehr. 1)Eine eingehende Beschreibung dieser, wie auch der sonstigen älteren Renn - feuerprocesse enthalten die Werke: F. Richard, Etudes sur l’art d’extraire immé - diatement le fer de ses minerais sans convertir le métal en fonte, Paris 1838; ferner J. François, Recherches sur le gisement et le traitement direct des minerais de fer dans les Pyrénées, particulièrement dans l’Ariége. Paris 1843. Auch Percy - Wedding, Eisenhüttenkunde enthält in Abth. I, S. 519 ff. sehr ausführliche Aus - züge aus den genannten Werken.

3. Der Siemensprocess.

Dieser Process wurde durch W. Siemens im Anfange der sieben - ziger Jahre in die Praxis eingeführt und auf der Eisenhütte zu Tow - cester in Northampton ausgebildet.

Eisenerze, welche mit Zuschlägen in solchen Gewichtsverhältnissen beschickt werden, dass eine ausreichend flüssige Schlacke sich bilden749Der Siemensprocess.kann, werden im zerkleinten Zustande mit gepulverter Kohle gemischt und in einem Flammofen bis zur Schweisstemperatur des Eisens erhitzt. Durch die Einwirkung der Kohle und der sich aus dieser entwickeln - den Gase wird das Eisen reducirt, um dann eine Luppe zu bilden, die herausgeholt und weiter verarbeitet wird.

Fig. 212.

Man benutzt zur Ausführung des Verfahrens einen Drehofen von der in Fig. 212 und 213 gezeichneten Einrichtung. a ist der eigent -

Fig. 213.

liche Ofen, aus Eisenblechmantel mit feuerfestem Futter bestehend, in der Mitte cylindrisch, nach beiden Enden hin konisch zulaufend. Bei neueren (amerikanischen) derartigen Oefen ist die Länge des Ofens 3.6 m,750Die Darstellung des Schweisseisens.der Durchmesser des Mantels 3.4 m, die Stärke des aus feuerfesten Ziegeln hergestellten Futters 115 mm. An der Vorderseite des Ofens befindet sich die Thüröffnung, durch eine mit feuerfesten Ziegeln aus - gekleidete Schiebethür i in der aus Fig. 213 ersichtlichen Art und Weise geschlossen. In der Thür i ist eine kleinere Oeffnung h (Fig. 212) angebracht, durch welche während der Arbeit Werkzeuge in den Ofen geschoben werden können, wenn die Eisenbrocken zusammengeschweisst, Ansätze losgebrochen werden sollen, u. s. w.

Ein Schlackenstich, in Fig. 212 sichtbar, befindet sich ebenfalls an der Vorderseite. Die Schlacke fliesst nach dem Oeffnen des Stiches durch die Rinne m in den unten stehenden Wagen n.

Der Ofen ruht auf vier Rollen k k (Fig. 213). Die Drehung wird demselben von der Welle e aus ertheilt, welche durch Vermittelung einer Schnecke oder eines Getriebes das auf dem Mantel des Ofens sitzende Getriebe p antreibt. Für den Betrieb ist eine etwa dreipferdige Dampfmaschine erforderlich. Bei neueren Oefen sind die erwähnten Rollen k statt in feststehenden Lagern auf einem vierrädrigen niedrigen Wagen angebracht, so dass der ganze Ofen, wenn er neu ausgefuttert oder sonst reparirt werden soll, mit Leichtigkeit entfernt und durch einen andern ersetzt werden kann.

Die Heizung des Ofens geschieht mit Gas. Bei älteren Oefen, wie dem abgebildeten, sind, wie bei allen Siemensöfen, vier Regenera - toren A in einer Reihe neben einander angeordnet, von denen, wie gewöhnlich, zwei für die Erhitzung des Gases, zwei für die Erhitzung der Luft bestimmt sind. Durch den Kanal e tritt das aus dem Regene - rator kommende Gas, durch g und f die Luft zu. In q findet die Ver - mischung statt. Eine senkrechte Wand trennt die Kanäle e, f und q von eben solchen, hinter denselben liegenden Kanälen, welche mit dem zweiten Regeneratorenpaare in Verbindung stehen. Die in den Ofen eintretenden verbrennenden Gase gelangen also vermöge ihrer lebendigen Kraft bis gegen die Thür, wenden sich hier und ziehen nun durch das zweite Kanalsystem und das dazu gehörige Regenera - torenpaar nach der Esse. Nach Verlauf einer bestimmten Zeit wird umgesteuert, Gas und Luft nehmen den entgegengesetzten Weg, wie es schon auf S. 116 ausführlicher beschrieben worden ist.

Bei neueren amerikanischen Oefen für den Siemensprocess hat man die Einrichtung dadurch vereinfacht, dass man den Gasgenerator un - mittelbar an den Ofen legte, um die Gase noch heiss in den Ofen gelangen zu lassen, und nur die Verbrennungsluft erhitzt. Die Zahl der erforderlichen Regeneratoren verringert sich dadurch auf zwei, und die ganze Einrichtung ist ihrem Wesen nach die nämliche wie bei der auf S. 126 beschriebenen Feuerung von Pütsch. 1)Abbildung eines solchen neueren Ofens: Transactions of the American Insti - tute of Mining Engineers, vol. VIII, p. 322.

Bevor der Ofen in Betrieb genommen werden kann, ist es erfor - derlich, auf das eingesetzte feuerfeste Futter ein zweites Futter von eisenreichen Schlacken aufzuschmelzen. Man benutzt Hammerschlag, Walzensinter und dergleichen. Die Masse wird in einzelnen Lagen ein - gebracht und erhitzt, wobei der Ofen langsam gedreht wird. Ist eine751Der Siemensprocess.Lage gleichmässig vertheilt, so lässt man sie erstarren, bringt eine zweite darauf u. s. f., bis das Schlackenfutter eine Stärke von 150 bis 200 mm erreicht hat. Zuletzt wirft man grössere Brocken Rotheisen - erz oder eisenreicher Schlacke hinein, so dass sie in dem Futter fest - schmelzen, diesem aber eine rauhe Aussenfläche ertheilen, welche das Gleiten der in Verarbeitung befindlichen Erze und Kohlen bei der Drehung verhüten soll. Dieselben sollen rollen, sich überstürzen und auf solche Weise sich stets aufs neue mischen. Eine neuere von Siemens getroffene Einrichtung zu demselben Zwecke ist die An - bringung von Längsrippen, welche durch Einlegen von wassergekühlten und mit dem Schlackenfutter überzogenen Eisenröhren gebildet werden. Die Zeitdauer für die Herstellung des Schlackenfutters ist 24 48. Stunden.

Als Material für die Eisendarstellung benutzte man in Towcester theils ein thoniges in der Nähe der Hütte vorkommendes Erz, welches im gerösteten Zustande etwa 40 Proc. Eisen und mehr als 2 Proc. Phosphorsäure enthielt, daneben geröstete Kohleneisensteine mit ca. 60 Proc. Eisen und etwas Schweissofenschlacke; auf einem amerikani - schen Werke (Tyrone forges bei Altona in Pennsylvanien) verwendet man Brauneisenerze mit 52 58 Proc. Eisen und 0.06 0.16 Proc. Phosphor. Als Zuschlag dient Kalkstein in solchen Mengen, dass eine mässig basische Schlacke entsteht. Eine zu kieselsäurereiche Schlacke würde das Schlackenfutter stark angreifen und eine reichlichere Ver - schlackung des Eisens befördern; eine allzu basische Schlacke dagegen ist zu strengflüssig, sondert sich schwierig von dem Eisen und setzt sich am Ofenfutter fest.

Als Reductionskohle dient Steinkohle; am geeignetsten ist eine fette, gasreiche Kohle, welche leicht oxydirbar ist und deshalb kräftig reducirend wirkt. Die Menge des Steinkohlenzusatzes richtet sich nach dem Eisengehalte der Erze und pflegt ein Sechstel bis ein Viertel des Erz - und Zuschlagsgewichtes zu betragen.

Die Erze werden auf Erbsen - bis Bohnengrösse, die Kohlen auf Weizenkorngrösse oder noch feiner zerkleint und das Ganze gemischt. Das Gesammtgewicht des Einsatzes pflegt bei den neueren, grösseren Oefen etwa t zu betragen, während man den älteren Oefen nur etwa die Hälfte dieses Einsatzes gab; z. B.

Aelterer Ofen zu Towcester im Jahre 1877:

  • Geröstetes Towcester-Erz425 kg
  • Gerösteter Kohleneisenstein350
  • Schweissofenschlacke100
  • Kalkstein50
  • Steinkohle275
  • 1200 kg.

Neuerer Ofen zu Tyrone im Jahre 1879:

  • Erz2000 kg
  • Schlacke400
  • Kalkstein125
  • Steinkohle325
  • 2840 kg.
752Die Darstellung des Schweisseisens.

Nachdem die Mischung durch die Einsatzthür in den schon er - hitzten Ofen gebracht worden ist, wird diese geschlossen, und Gas und Luft werden zugelassen. Um das Verstäuben der Kohle zu vermeiden, wird der Ofen zunächst einige Minuten der Ruhe überlassen, dann beginnt die Drehung mit 12 15 Umgängen per Stunde. Nach Ver - lauf von 3 Stunden tritt Sinterung ein und es zeigt sich etwas flüssige Schlacke. Die Temperatur wird nun ganz allmählich gesteigert, die Menge der entstehenden Schlacke mehrt sich, und ein Theil der - selben wird abgelassen. Gegen Ende des Processes steigert man die Temperatur bis zur beginnenden Weissgluth, die Drehung des Ofens wird etwas beschleunigt, und mit Hilfe einer eingeschobenen eisernen Krücke befördert man das Zusammenschweissen der Eisenbrocken zu einzelnen Luppen, welche schliesslich herausgeholt und unter dem Hammer gezängt werden.

Die Zeitdauer des Processes ist 6 Stunden, so dass im Laufe von 24 Stunden 4 5 Einsätze verarbeitet werden können.

Das Eisenausbringen pflegt 73 77 Proc. von dem in den Erzen enthaltenen Eisen zu betragen, so dass also 27 23 Proc. desselben verschlackt werden.

Der Steinkohlenverbrauch per Tonne erhaltenen Eisens beträgt

  • für die Gaserzeugung1.6 1.7 t
  • Reduction0.4 0.45

also zusammen ungefähr das Doppelte von dem Gewichte des erzeugten Eisens oder noch etwas mehr. Unter günstigen Verhältnissen Ver - arbeitung reicher Erze ermässigte sich dieser Verbrauch auf etwa 1.5 t per Tonne erzeugten Eisens. 1)Transactions of the American Institute of Mining Engineers, vol. X, p. 280.

Zur Bedienung des Ofens, Fortschaffen der Schlacke u. s. w. sind 4 Arbeiter per Schicht erforderlich; ausserdem zur Wartung der Gas - generatoren 2 Mann, zum Zerkleinern der Erze 1 Mann und zum Zängen der Luppen ebenfalls 1 Mann. Bei grösserem Betriebe würde die durchschnittliche Kopfzahl der Arbeiter per Ofen voraussichtlich etwas niedriger ausfallen können.

Interessant sind einige von Tunner2)Das Eisenhüttenwesen der Vereinigten Staaten, S. 71. mitgetheilte Analysen über den Betrieb in Towcester, weil sie zeigen, in wie reichem Maasse eine Phosphorabscheidung bei diesem Processe möglich ist. Dass die dortigen Erze mehr als 2 Proc. Phosphorsäure enthielten, war bereits erwähnt. Die Schlacken enthielten:

Das Eisen dagegen enthielt nur 0.07 Proc. Phosphor, 0.03 Proc. Schwefel, 0.12 Proc. Kohlenstoff.

Der Eisengehalt der Schlacken ist auch hier annähernd derselbe wie bei den Schlacken der amerikanischen Rennfeuer (S. 747) und der Stücköfen.

753Der Siemensprocess.

Das von dem Erfinder des Siemensprocesses ins Auge gefasste und mit zäher Ausdauer ein Jahrzehnt hindurch verfolgte Ziel war, mit Hilfe des Processes aus phosphorhaltigen Erzen ein Schweisseisen darzustellen, welches seinen Eigenschaften zufolge dem aus phosphor - armem Roheisen erzeugten Schweisseisen ebenbürtig zur Seite treten könnte, ohne doch kostspieliger als dieses zu sein.

Dieses Ziel ist in vollem Umfange nicht erreicht worden. Die Erfahrung lehrte, dass die entstehenden Luppen reichlich von einer theilweise strengflüssigen Schlacke durchsetzt waren, deren Entfernung nur durch eine abermalige Erhitzung in einem besondern Ofen und fortgesetzte Bearbeitung möglich war. Die lockere Beschaffenheit der Luppen aber gab bei dieser Erhitzung Gelegenheit zu reichlicher Oxy - dation, und alle diese Umstände vereinigten sich, die Erzeugungskosten des fertigen Eisens zu erhöhen. An mehreren Orten, wo der Process versuchsweise eingeführt wurde (1873 zu Prävali in Kärnten, 1878 zu Pittsburg) und wo man gleichfalls nur darauf ausging, geschweisstes Eisen als Enderzeugniss (Fertigwaare) darzustellen, waren die Ergeb - nisse unbefriedigend, und selbst in Towcester ist der Betrieb schliess - lich eingestellt worden.

Günstiger sind die Aussichten für die Lebensfähigkeit des Pro - cesses, wenn man davon absieht, ihn zur Darstellung von geschweiss - tem Handelseisen zu benutzen, und dagegen die erhaltenen Luppen als Material für Flusseisenerzeugung verwendet. Bei dem Schmelzen wird die Schlacke leicht und vollständig abgeschieden; die Haupt - schwierigkeit für die Verwerthung des Processes ist hierdurch be - seitigt. Für diese Bestimmung wurde der oben mehrfach erwähnte Ofen zu Tyrone gebaut; und nachdem die dort erlangten Ergebnisse be - friedigend ausfielen, wurde im Jahre 1881 von derselben Firma (Sie - mens-Anderson Steel Company) ein zweites grösseres Werk mit vier Drehöfen nahe bei Pittsburg am Monongahela-Flusse errichtet.

In gleicher Weise wird auf den Landore-Steelworks in England der Process jetzt durchgeführt, nachdem schon in früheren Jahren dort ein Theil der in Towcester erzeugten Luppen ebenfalls auf Flusseisen verarbeitet worden war. 1)Näheres über den Betrieb in Landore: Stahl und Eisen 1883, S. 259.

Da der chemischen Natur des Processes zufolge ein gewisser Eisen - gehalt der erfolgenden Schlacke nothwendig ist, so wird mit der Menge der erfolgenden Schlacke auch der Verlust an Eisen zunehmen. Die Menge der Schlacke aber ist abhängig von der Menge der Gangarten des Erzes. Es folgt hieraus, dass der Process vorzugsweise für Ver - arbeitung reicher Erze geeignet ist.

4. Sonstige Processe für Darstellung von Schweisseisen oder Eisenschwamm aus Erzen.

Die scheinbar grössere Einfachheit der unmittelbaren Darstellung schmiedbaren Eisens aus Erzen macht es erklärlich, dass der Erfin - dungsgeist der neueren Zeit sich gerade diesem Gebiete mit besonderer Vorliebe zuwandte, seitdem die chemische Forschung die Vorgänge754Die Darstellung des Schweisseisens.klar gelegt hatte, auf denen die Reduction des Eisens aus den Erzen beruht. Zahlreiche Methoden für Gewinnung schmiedbaren Eisens aus den Erzen sind im Laufe des Jahrhunderts vorgeschlagen worden; verhältniss - mässig wenige derselben gelangten über das Versuchsstadium hinaus; die meisten scheiterten entweder an der Kostspieligkeit des Verfahrens, oder an der mangelhaften Beschaffenheit des erzeugten Eisens, oder an beiden Klippen zugleich. Derjenige dieser neueren Processe, welcher die meiste Aussicht auf längere Lebensdauer, wenn auch nicht auf eine sehr ausgebreitete Anwendung besitzt, der Siemensprocess, ist in Vorstehendem bereits ausführlicher besprochen worden; einige andere, welche wenigstens nicht ganz bedeutungslos im Strome der Zeit ver - schwanden, sollen in Folgendem ihrem Wesen nach kurze Erörte - rung finden.

Chenot’s Process. Derselbe, von dem Franzosen Adrien Chenot erfunden, besteht in einer Reduction reicher Eisenerze durch Glühen mit beigemischter Holzkohle in senkrechten gemauerten Retorten von 8.5 m Höhe, 2 m Länge, 0.5 m Breite, welche, ähnlich wie die Retorten der Appolt’schen Verkokungsöfen (S. 65) in einem Rauh - gemäuer eingebaut sind, durch herumlaufende Feuerzüge von aussen erhitzt und nach unten entleert werden. Das herausstürzende reducirte Eisen fällt zunächst in einen Abkühlungsraum, in welchem es vor der Berührung mit der Luft und somit vor Oxydation geschützt ist.

Das zu reducirende Erz wird zu Stücken von etwa 30 ccm zer - kleint und mit ungefähr soviel Holzkohle gemischt als zur Reduction theoretisch erforderlich sein würde, wenn man den reinen Kohlenstoff - gehalt der Holzkohle als Reductionsmittel betrachtet und annimmt, dass derselbe zu Kohlenoxyd verbrannt werde (bei 55 Proc. Eisengehalt des Erzes mischte man zu 1000 Gewichtsthl. Erzen ungefähr 200 Gewichtsthl. Holzkohle). Die Reductionszeit beträgt 2 3 Tage, der Fassungsraum einer Retorte 4500 kg, so dass also die durchschnittliche tägliche Durch - satzmenge einer Retorte sich auf etwa 1500 2000 kg Erz beziffert. 1)Auf dem Werke d’El Desierto bei Bilbao lieferte ein Ofen im Jahre 1879 wöchentlich 10 t reducirtes Eisen, für dessen Darstellung 17.5 t Erz durchgesetzt werden mussten.Der Brennstoffverbrauch zum Heizen der Retorten betrug bei dem schon erwähnten Eisenwerke zu d’El Desierto im Jahre 1879 durchschnitt - lich 630 kg Steinkohlen per 1000 kg erzeugten Eisens, der Verbrauch an Reductionskohle (Kohlenlösche) 320 kg.

Es entsteht bei diesem Verfahren ein Eisenschwamm, weich, porös und leicht oxydirbar, dessen specifisches Gewicht nicht erheblich höher ist als 1.25. Unter einem Drucke von 3000 Atmosphären lässt sich derselbe alsdann kalt auf seines ursprünglichen Rauminhaltes zu - sammendrücken, wodurch seine für die weitere Verarbeitung ausser - ordentlich nachtheilige Leichtoxydirbarkeit abgemindert wird.

Der Umstand, dass eine Schmelzung bei diesem Verfahren über - haupt nicht stattfindet, die sämmtlichen fremden Bestandtheile des Erzes mithin auch dem entstehenden Eisenschwamm beigemengt bleiben, knüpft die Möglichkeit der Durchführung des Verfahrens an das Vor - handensein sehr reiner, insbesondere auch phosphorfreier Erze. Andern -755Chenot’s Process; Blair’s Process.theils ist eine annähernd vollständige Reduction der Erze um so schwieriger durchführbar, je grösser die in die Retorte gebrachten Erz - stücke sind; und wenn von diesem Gesichtspunkte aus eine möglichst weit getriebene Zerkleinerung vortheilhaft sein würde, so befördert diese doch wiederum die spätere Oxydation des gepressten Eisen - schwammes und erschwert die Verarbeitung desselben. Aus diesem Grunde erwies sich auch natürlich vorkommendes pulverförmiges Erz als wenig brauchbar für den Process.

Auf der Weltausstellung zu Paris im Jahre 1855 erhielt Chenot von der französischen Jury die goldene Medaille; mehrere Werke in Spanien, Frankreich und Belgien richteten Anlagen für die Durch - führung des Chenotprocesses ein. Die soeben geschilderten Schwächen desselben lassen es begreiflich finden, dass das Verfahren trotzdem niemals eine hervorragende Wichtigkeit erlangen konnte und der Be - trieb auf den meisten der betreffenden Werke nach kürzerer oder längerer Frist wieder eingestellt wurde. Auf der Pariser Weltaus - stellung von 1878 hatten indess noch zwei spanische Eisenwerke Proben des Chenotprocesses ausgestellt. 1)Ausführliche Mittheilungen über den Chenotprocess enthält die Abhandlung: Ed. Grateau, Mémoire sur la fabrication de l’acier fondu par le procédé Chenot. Revue universelle, tome VI, p. 1; Betriebsnachrichten aus dem Jahre 1879 von dem Werke d’El Desierto: M. Baills, Traitement de la Vena dulce dans les fours à reduction Chenot. Annales des mines, série VII, tome XV, p. 229.

Blair’s Process. Dieselbe Idee, welche dem Chenotprocesse zu Grunde lag, eine Reduction der Eisenerze durch Glühen in senkrechten Retorten in Berührung mit Reductionsmitteln zu bewirken, wurde in den siebenziger Jahren von dem Amerikaner Blair wieder aufgenom - men und mehrere Jahre hindurch auf dem Eisenwerke zu Glenwood bei Pittsburg zu praktischer Verwendung gebracht. Bei dem Blair - schen Verfahren dient Kohlenoxyd, welches in einem neben dem Re - ductionsofen stehenden Generator durch Verbrennung von Koks erzeugt wird, statt fester Holzkohle als Reductionsmittel auch Chenot hatte schon diese Aenderung seines ursprünglichen Verfahrens ins Auge gefasst und die bei der Vergasung der Kohle frei werdende, von dem Gasstrome mitgeführte Wärme sollte die Heizung des Ofens be - wirken, so dass jede äussere Heizung ausgeschlossen war. Letztere Eigenthümlichkeit bildet den Hauptunterschied gegenüber dem Chenot - processe.

Der Reductionsraum des Blair’schen Ofens hatte cylindrische oder schwach nach oben sich verjüngende Form, 4.8 m Höhe, 2 m Durch - messer und wurde, wie der Schacht eines modernen Hochofens, von eisernen Säulen getragen. Unten endigte derselbe in einen zwischen den Säulen befindlichen Kühlraum, aus Eisenblech gefertigt und mit herumlaufender Wasserrinne versehen, aus dem der Eisenschwamm nach beendigter Abkühlung herausgeholt wurde. Das aus dem Generator kommende Gas strömte unmittelbar oberhalb des Kühlraumes in den Ofenschacht und ein Exhaustor diente dazu, die verbrauchten Gase aus der Gicht abzusaugen, um solcherart die für den Betrieb erforderliche Zuggeschwindigkeit aufrecht zu erhalten.

756Die Darstellung des Schweisseisens.

Ein Ofen der beschriebenen Art reducirte wöchentlich 200 t Erz. 1)Näheres über Construction und Betrieb des Blairofens: Journal of the Iron and Steel Institute 1878, p. 47.

Der Blair’sche Process theilt offenbar manche Schwächen des Chenotprocesses: zu der Ausführung sind reine Erze erforderlich, eine vollständige Reduction des Erzes ist um so schwieriger, je grösser die einzelnen Erzstücke sind, und anderntheils wird, wenn man in Rück - sicht hierauf die Erzstücke kleiner nimmt, die Oxydirbarkeit des er - folgenden Eisenschwammes erhöht. Wenn auch die innere Heizung des Reductionsofens durch die von den Gasen mitgebrachte Wärme als ein Fortschritt erscheinen mag, so hat der Process bis jetzt den - noch nicht vermocht, wirthschaftlich günstige Ergebnisse zu liefern, und der Betrieb ist nach mehrjährigen Versuchen wieder eingestellt worden.

Dupuy’s Process. Das feingemahlene Erz wird mit einer zur Reduction ausreichenden Menge Holzkohlen -, Koks - oder Anthracit - pulver sowie mit den erforderlichen Zuschlägen zur Bildung einer schmelzbaren Schlacke gemischt, in Eisenblechbüchsen verpackt und in denselben etwa fünf Stunden lang auf beginnende Weissgluth erhitzt. Es entsteht metallisches Eisen mit beigemengter flüssiger Schlacke; durch Zängen unter dem Hammer oder der Luppenquetsche wird die Schlacke ausgepresst, worauf die Luppe sofort unter dem Walzwerke zu Rohschienen ausgewalzt wird.

Jede Blechbüchse fasst 50 100 kg und hat die Form eines Cylinders mit durchgehender innerer Oeffnung (also ringförmigem Quer - schnitte), um die gleichmässige Erhitzung des Inhaltes zu erleichtern. 10 20 Büchsen werden mit einem Male erhitzt.

Als besonderen Vortheil führt der Erfinder den Umstand an, dass der Phosphorgehalt der Erze fast vollständig von der Schlacke aufgenom - men werde, ein Umstand, welcher allerdings die Entstehung einer zugleich eisenreichen Schlacke, wie bei anderen derartigen Processen, voraussetzen lässt.

Das Verfahren, von welchem Proben auf der Pariser Weltaus - stellung im Jahre 1878 ausgestellt waren, ist auf einigen pennsylvani - schen Eisenwerken (Crescent Steel Works in Pittsburg, Sligo Iron Works ebenda u. a.) zur Anwendung gebracht worden, ohne jedoch eine grössere Ausdehnung zu gewinnen.

5. Das Herdfrischen.

Einleitung.

Das Herdfrischen bildet die älteste aller Methoden zur Darstellung schmiedbaren Eisens aus Roheisen.

Zur Durchführung desselben dient das Frischfeuer, ein niedriger, vierseitiger Behälter, über dessen Rand hinweg eine schräg abwärts gerichtete Düse Wind zuführt. Die Einrichtung im Wesentlichen ist also die nämliche wie bei den oben besprochenen Rennfeuern zur Dar - stellung schmiedbaren Eisens aus Erzen.

757Das Herdfrischen.

Als Brennmaterial dienen Holzkohlen. Koks würden in Rück - sicht auf ihren Aschen -, insbesondere Schwefelgehalt und auf die statt - findende unmittelbare Berührung zwischen Brennstoff und Eisen nicht anwendbar sein. Die Umwandlung des Roheisens in schmiedbares Eisen erfolgt, indem man ersteres tropfenweise vor dem Windstrahle niederschmilzt, wobei Silicium, Mangan und Kohlenstoff oxydirt werden und dieses Verfahren so oft wiederholt, bis jene Körper vollständig oder bis zu dem erforderlichen Maasse ausgeschieden sind. Von der Beschaffenheit des verwendeten Roheisens wie von der gewünschten Beschaffenheit des darzustellenden schmiedbaren Eisens hängt es ab, wie oft dieses Niederschmelzen stattfinden muss. In einzelnen Fällen genügt schon ein einmaliges Schmelzen, häufiger ist ein zweimaliges, mitunter ein dreimaliges oder noch öfteres Schmelzen des ganzen Ein - satzes oder der am wenigsten von der Oxydationswirkung betroffenen Theile desselben erforderlich.

Die geschilderten Eigenthümlichkeiten des Herdfrischprocesses, ins - besondere die Nothwendigkeit, das zu verfrischende Roheisen ganz nach und nach und zu wiederholten Malen einzuschmelzen, machen es erklär - lich, dass die Leistung eines einzigen Frischfeuers nur eine sehr be - schränkte sein kann. Die Nothwendigkeit, Holzkohlen zu benutzen, knüpft den Process an das ausreichende Vorkommen dieses Brenn - stoffes und vertheuert das Enderzeugniss in allen den Gegenden, wo Holzkohlen schwierig zu erlangen sind; sie macht sogar eine Aus - breitung des Processes über jene Grenzen hinaus unmöglich, welche durch den jährlichen Zuwachs an Holz und die damit zusammen - hängende jährliche Erzeugung von Holzkohlen gesteckt sind. Alle Holz kohlen der Erde zusammen würden nicht ausreichen, wenn der Bedarf der Jetztzeit an schmiedbarem Eisen durch den Herdfrischprocess ge - deckt werden sollte.

Aus diesen Gründen verlor das Herdfrischen, welches noch in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts den wichtigsten Process zur Darstellung schmiedbaren Eisens bildete, mehr und mehr an Bedeutung, als der Bedarf an schmiedbarem Eisen durch die Einführung der Eisen - bahnen so ausserordentlich stieg, während die Holzkohlen sich mehr und mehr vertheuerten. In grossen Bezirken, wo noch vor fünfzig oder sechzig Jahren die Herdfrischerei in ausgedehnter Weise betrieben wurde, sind die Frischfeuer seitdem vollständig verschwunden.

Andererseits besitzt der Herdfrischprocess eine Eigenthümlichkeit, die ihn in gewisser Hinsicht vortheilhaft auszeichnet. Wie schon früher hervorgehoben wurde, fällt bei allen Processen der Schweisseisendar - stellung der Gehalt des erfolgenden Schweisseisens an eingemengter Schlacke, welche die Güte desselben so empfindlich benachtheiligt, um so geringer aus, und das Eisen selbst ist in seiner Beschaffenheit um so gleichartiger, je weniger Eisen mit einem Male dargestellt wird, und je dünnflüssiger die dabei erfolgende Schlacke ist. Im Frischfeuer lassen sich seiner ganzen Einrichtung nach überhaupt nur kleine Mengen Eisen mit einem Male verarbeiten1)Man verarbeitet selten mehr als 150 kg, häufig weniger., die Temperatur innerhalb des758Die Darstellung des Schweisseisens.Feuers ist hoch; dieser Umstand sowie das tropfenweise Schmelzen befördern die Abscheidung der Schlacke und die Entstehung eines Eisens von gleichmässiger Beschaffenheit.

Das Frischfeuereisen zeichnet sich aus diesem Grunde gegenüber anderen Sorten Schweisseisen, insbesondere dem durch den später zu besprechenden Puddelprocess dargestellten Eisen durch Zähigkeit und Dehnbarkeit aus. Dieser Umstand liefert die Erklärung dafür, dass der Frischfeuerbetrieb bis heutigen Tages wenn auch nicht in grosser Ausdehnung noch in einzelnen Gegenden aufrecht erhalten wird, wo im Uebrigen nicht die mindeste Veranlassung dafür vorliegen würde. Im Erzgebirge (Erlahammer bei Schwarzenberg) betreibt man Frischfeuer, um aus dem erfolgenden Eisen die feinen Schwarzbleche darzustellen, deren die Erzgebirgische Blechwaarenindustrie zur An - fertigung mannigfacher Gebrauchsgegenstände bedarf; zu ähnlichen Zwecken vermuthlich wird noch auf einigen Werken Oberschlesiens der Frischfeuerbetrieb aufrecht erhalten; selbst in England, dem Lande der Steinkohlen und der Massenproduction, sollen noch Frischfeuer im Betriebe sein, deren Eisen das Material für die Weissblechanfer - tigung bildet; denn bekanntlich müssen an das nur im kalten Zustande verarbeitbare Weissblech die höchsten Ansprüche hinsichtlich der Dehn - barkeit gestellt werden.

Diesem unleugbaren Vorzuge des Frischfeuerbetriebes steht der Nachtheil gegenüber, dass der Process weniger gut als der Puddel - process geeignet ist, Phosphor aus dem Roheisen zur Abscheidung zu bringen. Die stattfindende Berührung mit den glühenden Holzkohlen, die weniger ausgedehnte Berührung mit der Schlacke und die ver - hältnissmässig hohe Temperatur machen diesen Umstand erklärlich. Allerdings geht ein Theil des Phosphorgehaltes auch bei dem Herd - frischprocess aus dem Roheisen in die Schlacke; aber die Menge des - selben ist durchschnittlich geringer, und aus phosphorhaltigem Roh - eisen erfolgt leichter als bei dem Puddelprocesse kaltbrüchiges Eisen. Soll also der erwähnte Vortheil der Schlackenreinheit des Herdfrisch - eisens nicht durch den grösseren Nachtheil des Kaltbruches aufgehoben werden, sollen die Eigenschaften des Eisens auch mit seinen verhält - nissmässig hohen Erzeugungskosten im Einklange stehen, so ist die Benutzung reiner, phosphorfreier Roheisensorten zum Verfrischen erforderlich.

Alle diese Verhältnisse zusammen bilden die Begründung dafür, dass der Herdfrischprocess trotz seiner beschränkten Leistungsfähigkeit auch in der Jetztzeit noch eine verhältnissmässig wichtige Rolle in solchen Ländern zu spielen vermag, wo phosphorfreie Erze das Material der Roheisendarstellung bilden, mineralische Brennstoffe selten und kostspielig, Holzkohlen dagegen in reichlichen oder doch ausreichenden Mengen zu beschaffen sind. Hierher gehört vor allen anderen Ländern Schweden, dessen Herdfrischeisen sich Weltruf erwarb; auch die öster - reichischen Alpenländer halten den Frischfeuerbetrieb, wenn auch gegen früher im beschränkten Maasse, aufrecht und erzeugen neben gewöhn - lichem Schmiedeeisen einen auch im Auslande geschätzten Stahl; ver - schiedene waldreiche Gegenden Russlands gehören hierher; u. a. m. 759Das Herdfrischen.Auch in Nordamerika wird noch vereinzelt Herdfrischerei betrieben, und im Jahre 1876 gab es dort noch 59 Frischfeuer.

Die Oxydation des Kohlenstoffes, Siliciums, Mangans u. s. w. beim Herdfrischen wird theils unmittelbar durch den Sauerstoff des Gebläse - windes theils durch die entstehende oder absichtlich zugesetzte eisen - oxyduloxydreiche Schlacke bewirkt. Der Umstand, dass unter dem Einflusse des Windes thatsächlich eine eisenreiche Schlacke entstehen kann, ehe jene genannten Körper oxydirt worden sind, und dass trotzdem nachher eben dieselbe Schlacke oxydirend auf die Körper einzuwirken vermag, erklärt sich, ebenso wie bei ähnlichen Oxydations - processen, leicht aus der starken Verdünnung der in Rede stehenden Körper im Eisenbade. Die Berührung des freien Sauerstoffes mit dem Eisen ist eine weit ausgedehntere als mit den anderen Bestandtheilen des Roheisens; daher werden von ersterem augenblicklich auch grössere Mengen oxydirt und zwar bei ausreichend grosser dargebotener Ober - fläche nicht allein zu Oxydul, sondern theilweise auch zu Oxyd. Bleibt nun aber die Schlacke in längerer Berührung mit dem Roheisen, so tritt hierbei Ausgleich ein; vorhandenes Eisenoxyd wird zu Oxydul reducirt, unter Umständen (in ausreichend hoher Temperatur) auch Oxydul zu metallischem Eisen, während der Sauerstoff der Eisenoxyde nun - mehr die Oxydation jener oben erwähnten Bestandtheile des Roheisens bewirkt.

In der Temperatur, welche im Frischfeuer erreicht wird, sind Mangan und Silicium leichter oxydirbar als Kohlenstoff. Die Verbren - nung des letzteren ist daher unbedeutend, so lange von ersteren noch grössere Mengen zugegen sind; erst nach der Ausscheidung derselben verläuft die Verbrennung des Kohlenstoffes rascher. 1)Ueber die Einflüsse der Temperatur auf die Reihenfolge der Verbrennung vergl. S. 283, sowie auch S. 599.Kleine Mengen Silicium und Mangan können immerhin in dem Eisen zurückbleiben, zumal wenn der Process rasch verläuft; die durch Analyse gefundenen Gewichtsmengen dieser Körper im Herdfrischeisen gehören allerdings häufig, wie sich mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen lässt, nicht sowohl dem Eisen selbst als vielmehr der eingemengten Schlacke an.

Phosphor kann überhaupt erst ausgeschieden werden, wenn eine eisenreiche Schlacke zugegen ist.

Je reicher das zu verfrischende Roheisen an auszuscheidenden Körpern, je grösser insbesondere sein Gehalt an Silicium und Mangan ist, desto langsamer wird offenbar der Verlauf des Frischprocesses sein. Von diesem Gesichtspunkte aus nennt man graues oder mangan - reiches weisses Eisen, welches wegen seines Gehaltes an Silicium und Mangan einer verhältnissmässig langen Zeit zur Umwandlung in schmiedbares Eisen bedarf, rohfrischend, manganarmes Weisseisen, bei dem jene Umwandlung rasch eintritt, gaarfrischend; ein be - schleunigter Verlauf des Frischens heisst Gaargang, ein verzögerter Rohgang.

760Die Darstellung des Schweisseisens.

Ausser der Beschaffenheit des Roheisens können auch äussere Umstände den Verlauf des Frischens beeinflussen.

Hohe Temperatur im Feuer verlangsamt den Frischprocess. Die hauptsächlichste Ursache dieser im ersten Augenblicke auffälligen Er - scheinung dürfte in der vermehrten Kohlenoxydgasbildung aus dem Brennmateriale zu suchen sein. Die Verwandtschaft des Kohlenstoffes zum Sauerstoff wird mächtig gesteigert; die Holzkohlen verbrennen rascher und zwar auf Kosten nicht allein des Sauerstoffes im Gebläse - winde, sondern auch des Sauerstoffes der Schlacken; letztere werden eisenärmer und in der kohlenoxydreicheren Atmosphäre finden sie weniger Gelegenheit, sich aufs Neue mit Eisen zu sättigen.

Starke Neigung der Form und geringe Höhe derselben über dem Boden des Feuers befördern den Gaargang. Die Ursachen hierfür liegen nahe. Je schwächer die Kohlenschicht ist, welche der Wind zu durchdringen hat, ehe er zum Boden gelangt, desto mehr unver - zehrter Sauerstoff kommt mit dem am Boden sich sammelnden Eisen nebst Schlacken in Berührung, desto stärker ist die hier stattfindende Oxydation.

Durch den Gaargang des Feuers wird Zeit und Brennstoff ge - spart; schwieriger aber ist bei dem rascheren Verlaufe des Processes die Erzielung eines gleichmässigen Enderzeugnisses, und grösser pflegt der Eisenabbrand zu sein. Daher ist ein allzu starker Gaargang keines - wegs vortheilhaft, und durch entsprechende Auswahl der Roheisensorten wie durch entsprechende Leitung des Processes sucht man denselben zu vermeiden. Besonders wichtig ist die Verlangsamung des Ganges bei Herstellung von Stahl; denn je kohlenstoffreicher das Enderzeugniss ausfallen soll, desto sorgfältiger muss selbstverständlich eine zu rasche und übermässige Entkohlung vermieden werden.

Das Frischfeuer.

Die übliche Einrichtung eines gewöhnlichen Frischfeuers ist durch die Abbildungen Fig. 214a und 214b veranschaulicht. 1)Nach Tunner, Stabeisen - und Stahlbereitung in Frischherden.Dasselbe ist von Mauerwerk eingefasst und mit starken gusseisernen Platten aus - gesetzt, welche Zacken genannt werden. Jeder derselben hat seine besondere Benennung. Zu unterst liegt der Frischboden; derjenige Zacken, über welchen die Form in das Feuer hineinragt, heisst der Formzacken, der gegenüberliegende Gichtzacken; an der Vorder - seite des Feuers befindet sich der Schlackenzacken, so genannt, weil er mit Oeffnungen zum Ablassen der Schlacke versehen ist (bei dem abgebildeten Feuer eine grössere am Boden und acht kleinere an beiden Seiten derselben), und an der Rückseite ist das Feuer durch den Hinterzacken abgeschlossen. Bisweilen stellt man auf den Hinterzacken einen zweiten Zacken zu dem Zwecke, das Zurückfallen der Flugasche in das Feuer zu verhindern, und nennt denselben als - dann Aschenzacken. Die Zacken stehen entweder senkrecht oder geneigt. Bei dem abgebildeten Feuer sind der Schlacken - und der761Das Herdfrischen.Formzacken nach aussen geneigt; in anderen Fällen findet man wohl einen Formzacken mit einer schwachen Neigung nach einwärts; u. s. f.

Der Boden wird häufig durch Wasser gekühlt; eine einfache Vor - richtung dafür zeigt die Abbildung.

In Fig. 214a stellt der Stab rechts einen Roheisenbarren dar, welcher auf Rollen allmählich in das Feuer vorgeschoben wird, um hier abzuschmelzen; von links her ist eine Zange mit einem Stücke der schon gezängten und in einzelne Theile zerlegten Luppe in das

Fig. 214a.

[figure]

Feuer geschoben, damit letztere, welche zum Ausschmieden bestimmt ist, auf Schweisshitze erwärmt werde.

Ein oder auch zwei Feuer gemeinschaftlich befinden sich unter einem von Säulen getragenen oder durch Mauerwerk unterstützten Rauchfang mit Schornstein. Häufig allerdings benutzt man die abzie - henden Gase zum Vorwärmen des zu verfrischenden Roheisens und, sofern man erhitzten Wind anwen - det, auch zur Heizung desselben. In diesem Falle muss das Feuer überwölbt und mit der Esse durch einen Feuerkanal verbunden sein, in welchem die betreffenden Vor - richtungen Vorglühherd, Wind - erhitzungsapparat angeordnet wer -

Fig. 214b.

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den. Fig. 215 auf S. 762 zeigt die Einrichtung eines derartigen Frisch - feuers aus den fünfziger Jahren. 1)Tunner, Stabeisen - und Stahlbereitung in Frischherden.A ist das eigentliche Frischfeuer oder der Herd; B der Vorglühherd für das Roheisen, welches durch die an der Längswand befindliche Thür eingesetzt wird; C der aus horizontalen Röhren bestehende Winderhitzungsapparat; D die Esse. Gewöhnlich ist neben dem Winderhitzungsapparate noch ein zweiter Kanal angebracht, durch welchen die Gase der Esse zugeführt werden können, wenn mit kaltem Winde geblasen werden soll.

Die Abmessungen der Feuer sind in verschiedenen Gegenden undLedebur, Handbuch. 49762Die Darstellung des Schweisseisens.

Fig. 215.

unter verschiedenen Betriebsverhältnissen verschieden. Länge und Breite sind selten oder niemals geringer als 0.5 m, gewöhnlich 0.6 bis 0.7 m, während die Tiefe unter der Form 0.16 0.26 m zu betragen pflegt.

Das Arbeitsverfahren.

Es ist leicht erklärlich, dass ein Verfahren, welches ganz allmählich im Laufe der Jahrhunderte und in Zeiten ausgebildet wurde, wo der Verkehr der Menschen unter einander weit beschränkter als jetzt war, eine Fachliteratur aber fast vollständig fehlte, auch in verschiedenen Gegenden ziemlich abweichende äussere Formen annehmen konnte. Schon die verschiedene Beschaffenheit des zur Verwendung stehenden Roheisens macht, wie oben erläutert wurde, Abweichungen in der Aus - führung des Verfahrens nothwendig; nicht minder der Umstand, ob man beabsichtigt, weiches, d. h. kohlenstoffarmes Eisen (Schmiede - eisen) oder Stahl darzustellen. Hierzu kommen nun aber die noch zahlreicheren Verschiedenheiten, welche durch den Bau des Feuers, die Grösse des Einsatzes und die Handhabungen bedingt sind und zum grossen Theile auf jahrelangen Gewohnheiten beruhen. Solcherart konnte Tunner in seinem bereits erwähnten, im Jahre 1858 in zweiter Auflage erschienenen Werke: Die Stabeisen - und Stahlbereitung in Frischherden nicht weniger als 14 verschiedene Arten des Frisch - feuerbetriebes für Schmiedeeisenerzeugung und ausserdem fünf ver - schiedene Arten des Frischfeuerbetriebes für Stahlerzeugung unter - scheiden; und auch hier waren nur die hauptsächlichsten Typen der verschiedenen Arten berücksichtigt worden.

Wesentliche Unterschiede zeigen sich, je nachdem man ein man - gan - und siliciumarmes, entweder aus geeigneten Erzen unmittelbar erblasenes oder durch einen Feinprocess aus grauem Roheisen erhaltenes Roheisen verwendet und mit einmaligem Niederschmelzen763Das Herdfrischen.in schmiedbares Eisen umwandelt, oder ein rohschmelziges Roheisen (graues Roheisen, manganreiches Weisseisen) verarbeitet, wobei dann das geschmolzene Eisen aufgebrochen werden muss, um abermals nieder - geschmolzen zu werden. Alle der zuerst erwähnten Methode zugehörige Verfahrungsarten pflegt man als Einmalschmelzerei zu bezeichnen, während die anderen dem Aufbrechfrischen oder der Deutschen Frischmethode angehören.

Ein anderer Unterschied beruht in der Art und Weise, wie das gewonnen Eisen geschweisst wird, um weiter verarbeitet zu werden. In manchen Fällen geschieht die Erhitzung in dem Frischfeuer selbst und das Ausschmieden erfolgt, während der folgende Einsatz eingeschmolzen wird; besonders war dieses Verfahren seiner grösseren Einfachheit halber in älterer Zeit üblich. In anderen Fällen wird das Frischfeuer nur zum Frischen selbst benutzt, die gezängte Luppe aber wird in einem besonderen Ofen erhitzt, welcher mit anderem Brennmateriale (Steinkohlen, Gas) geheizt werden kann. Man nennt alle die in dieser letzteren Weise betriebenen Methoden das Wallonfrischen. Der Ver - brauch an Holzkohlen ist beim Wallonschmieden geringer, die Beschaffen - heit des geschweissten Eisens durchschnittlich günstiger. Aus diesem Grunde hat in der Neuzeit, wo in fast allen Ländern das Preisverhältniss zwischen Holzkohlen und mineralischen Brennstoffen für die ersteren immer ungünstiger wurde und man durch die geänderten Zeitverhält - nisse gezwungen war, da, wo der Frischfeuerbetrieb überhaupt noch beibehalten wurde, den grössten Werth auf möglichst vorzügliche Be - schaffenheit des erfolgenden Eisens zu legen, das Wallonfrischen die anderen Methoden in den meisten Ländern, wo dieselben früher in Anwendung waren, verdrängt. Auch das Wallonfrischen aber zerfällt wieder in mehrere verschiedene Arten.

Es kann nicht in dem Ziele dieses Buches liegen, eine Beschreibung aller der in den früheren Jahrzehnten dieses Jahrhunderts üblichen Frischmethoden zu liefern, von denen manche zweifellos inzwischen voll - ständig aus der Praxis verschwunden sind. Als Beispiel für die Durch - führung des Herdfrischens überhaupt möge deshalb eine Beschreibung derjenigen Methode folgen, welche in der Jetztzeit die am meisten verbreitete sein dürfte und z. B. auch in den meisten Frischhütten Schwedens in Anwendung ist. Dieselbe, ursprünglich in England aus - gebildet und Lancashire-Frischen genannt1)Nach Percy ist die Bezeichnung Lancashire-Frischen insofern unrichtig, als die Methode nicht aus Lancashire, sondern aus Süd-Wales stammt und durch süd - waleser Arbeiter nach Schweden verpflanzt wurde., gehört der Gruppe der Wallonfrischmethoden an.

Die Feuer dieser Lancashireschmieden sind sämmtlich, wie das in Fig. 215 abgebildete, mit Vorglühherd versehen, Winderhitzungs - apparate dagegen sind, wo sie früher eingeführt waren, vielfach wieder beseitigt worden; oder man begnügt sich, mit einer Temperatur von nicht über 100°C. zu blasen. Dass eine Ersparung an Brennstoff durch Anwendung heissen Windes beim Herdfrischen kaum zu erreichen sein wird, lässt sich aus den Einflüssen der Winderhitzung auf den Verbrennungsprocess (Vermehrung der Kohlenoxydgasbildung) sowie aus49*764Die Darstellung des Schweisseisens.den oben erwähnten Einflüssen einer hohen Temperatur auf den Ver - lauf des Frischprocesses schliessen; und letztere Einflüsse, zumal die Verzögerung der Verbrennung von Silicium und Mangan in hoher Temperatur, lassen auch die mehrfach aufgestellte Behauptung gerecht - fertigt erscheinen, dass in gewissen Fällen eine Verschlechterung der Eisenbeschaffenheit durch die Erhitzung des Windes herbeigeführt werde. Bei sehr gaarfrischendem Eisen dagegen wird die Anwendung erwärmten Windes durch Verzögerung des allzu raschen Gaarens wiederum vortheilhaft wirken können.

Die schwedischen Lancashirefeuer sind abweichend von der älteren in Fig. 214a und 214b skizzirten Einrichtung mit zwei ein - ander gegenüber liegenden Formen versehen, deren Düsen 24 mm im Durchmesser weit sind, während die Windpressung 94 100 mm Queck - silbersäule beträgt.

Man verwendet ein lichtgraues (stark halbirtes) oder weisses, also ziemlich gaarfrischendes Roheisen und verarbeitet Einsätze von 65 bis 140 kg, abweichend nach der Grösse des Feuers.

Auf den Boden des Feuers bringt man etwas Holzkohlenlösche, auf diese einige Schaufeln voll eisenoxydreicher Frischschlacke (Gaar - schlacke) oder Hammerschlag, dann Holzkohlen. Das Roheisen pflegt in einzelnen Stücken von 25 50 mm Stärke, 150 300 mm Länge und Breite verarbeitet zu werden. Es wird während der Verarbeitung des vorausgehenden Einsatzes stark angewärmt, alsdann auf die ein - geschütteten Kohlen gebracht und mit einer Lage Kohlen bedeckt, worauf das Gebläse angelassen wird. Hat in dieser Weise der Betrieb begonnen, so schüttet man wohl zu oberst auf die Kohlen nochmals Gaarschlacke oder Hammerschlag.

Während des nun beginnenden Schmelzens des Roheisens verhin - dert der Arbeiter durch Wuchten mit einer eisernen Brechstange, dass einzelne Roheisenstücke ungeschmolzen durch die Kohlen hindurch - fallen und am Boden liegen bleiben. Je weniger gaarfrischend das Roh - eisen ist, desto mehr muss der Process des Einschmelzens verzögert werden, damit die Oxydation vollständiger sei und nicht allzu dünn - flüssiges Eisen auf den Boden gelange. Nach Beendigung des Schmelzens werden die aus Eisen und Schlacke bestehenden Ansätze, welche an den Zacken sich gebildet haben, mit einer Stange losgebrochen und nochmals niedergeschmolzen, damit das Eisen derselben von der Schlacke getrennt werde. Ist es erforderlich, so wird jetzt ein Theil der zu oberst befindlichen Schlacke abgelassen.

War der Process des Niederschmelzens günstig verlaufen, so soll das Eisen sich jetzt in einem teigigen Zustande am Boden befinden. Ist dieses nicht der Fall, so wird Gaarschlacke (eine gegen Ende des Processes entstehende eisenoxydreiche Schlacke) nachgetragen und fort - gesetzt mit kaltem Winde geblasen.

Die Zeitdauer dieser ersten Periode ist etwa 30 Minuten.

Mit einer starken Brechstange wird nunmehr das am Boden be - findliche Eisen in einzelne Brocken zertheilt, diese werden in der Mitte des Feuers angesammelt und schliesslich mit der Brechstange bis zur Oberkante des Feuers emporgehoben, um aufs Neue vor dem Winde765Das Herdfrischen.niedergeschmolzen zu werden. Befand sich noch flüssiges Eisen am Boden, so wird die Bodenplatte durch darunter geleitetes Wasser ge - kühlt, wodurch das Eisen zum Erstarren kommt und zum Aufbrechen tauglich wird.

Das jetzt niederschmelzende und zuerst am Boden anlangende Eisen wird, noch während das Einschmelzen des übrigen Eisens statt - findet, abermals aufgebrochen und wieder nach oben auf das noch ungeschmolzene Eisen gebracht, um ein drittes Mal niedergeschmolzen zu werden, und dieses Verfahren wird so lange wiederholt, bis das aufgebrochene Eisen eine zusammengeschweisste, mehr oder minder poröse Masse bildet, aus der auch nach längerer Zeit kein flüssiges Eisen mehr aussaigert. Mit diesem Zeitpunkte ist die zweite Periode, das Aufbrechen, beendet, welche ebenfalls etwa 30 Minuten Zeit zu be - anspruchen pflegt. Die Entkohlung des Eisens ist jetzt soweit fort - geschritten, dass dasselbe stahlartige Beschaffenheit besitzt. Dieses wieder - holte Aufbrechen des Eisens in kleinen Mengen, welches eine umfang - reiche Durcharbeitung desselben ermöglicht, trägt nicht wenig zur Erlangung einer gleichmässigen Beschaffenheit bei und bildet einen wesentlichen Vortheil der Lancashiremethode. Es kommt hierbei in Betracht, dass gerade die am wenigsten gaaren Theile des Eisens am raschesten schmelzen und deshalb auch am häufigsten wieder auf - gebrochen und aufs Neue vor die Form gebracht werden.

Es folgt nun die dritte Periode, das Luppenmachen oder Gaar - frischen. Das Eisen wird jetzt, ohne durchgebrochen zu werden, in einem einzigen Klumpen emporgebracht und in hoher Temperatur, welche durch starke Windpressung und, wo es angeht, Erhitzung des Windes erzeugt wird, niedergeschmolzen. Für diese Arbeit sind 15 bis 30 Minuten erforderlich. Hat der Arbeiter sich mit der Brechstange überzeugt, dass alles Eisen richtig am Boden angekommen, flüssiges Eisen nirgends mehr vorhanden ist, die einzelnen, etwa zerstreut ge - wesenen Brocken gut zusammengeschweisst sind, so wird der Wind abgestellt, die Luppe ausgebrochen und der Herd für ein neues Frischen in Bereitschaft gesetzt.

Die erhaltene Luppe wird unter einem Hammer gezängt und dann in zwei oder mehr Stücke zertheilt, welche nunmehr den Schweissöfen überwiesen werden.

Der ganze Process von Einsatz zu Einsatz beansprucht etwa 2 Stunden Zeit. Ein Feuer liefert wöchentlich, je nach der Grösse des Einsatzes 6, 8 15 t; der Verbrauch an Holzkohlen per 1000 kg Luppen - eisen beträgt 800 1000 kg, der Abbrand (Verringerung des Eisen - gewichtes) durchschnittlich 13 Proc. vom Gewichte des verarbeiteten Roheisens. Für die Ausführung der verschiedenen Arbeiten sind per Schicht drei bis vier Arbeiter erforderlich.

Schwieriger als die Herstellung kohlenstoffarmen Schmiedeeisens ist die Herstellung von Stahl durch Herdfrischen. Während es bei der Schmiedeeisenerzeugung nur darauf ankommt, durch wieder - holtes Aufbrechen nach und nach alle noch roheren Theile des Ein - satzes der Oxydationswirkung auszusetzen, bis der Kohlenstoff bis auf766Die Darstellung des Schweisseisens.kleine Mengen (etwa 0.1 Proc.) verbrannt ist, ist es bei der Stahl - erzeugung erforderlich, nicht allein den Process zu unterbrechen, sobald der Kohlenstoffgehalt durchschnittlich sich auf den gewünschten Grad verringert hat, sondern auch zu verhüten, dass einzelne Theile des Einsatzes etwa zufällig stärker von der Oxydationswirkung als andere betroffen und dadurch kohlenstoffärmer als diese werden.

Aus diesem Grunde ist ein allzu gaarfrischendes Eisen zu ver - meiden; der jedesmalige Einsatz darf nicht allzu beträchtlich sein (75 90 kg); das Verhältniss der zugesetzten Schlacke dagegen, welche eine Decke über dem am Boden sich sammelnden Eisen bilden soll, muss reichlich bemessen sein. Das Feuer hat, entsprechend dem ge - ringeren Einsatze, geringe Länge und Breite (ca. 0.6 m lang, 0.55 m breit), dagegen ziemlich bedeutende Tiefe (ca. 0.3 m unterhalb der Form) ebenfalls zu dem Zwecke, allzu beschleunigten Gaargang zu vermeiden. Die Anwendung heissen Windes verzögert die Entkohlung und ist des - halb vortheilhafter als bei Schmiedeeisenerzeugung.

Am geeignetsten zum Verfrischen ist ein Weisseisen mit mässigem Mangangehalte, wie es aus Spatheisensteinen sich erblasen lässt, und es wurde schon bei einer früheren Gelegenheit erwähnt, dass gerade in spatheisenerzreichen Bezirken von Alters her die Stahldarstellung geblüht habe, lange bevor man die eigentlichen Ursachen kannte, wes - halb gerade das aus diesen Erzen erblasene Roheisen sich besonders gut für Stahlerzeugung eigne.

Der Mangangehalt dieses Eisens hat einen doppelten Zweck zu erfüllen. Erstens verzögert derselbe die Entkohlung, macht das Eisen rohschmelziger; zweitens ertheilt er, sobald er in die Schlacke geht, dieser eine dünnflüssigere Beschaffenheit, die Schlacke trennt sich leichter vom Eisen, man bekommt, was für den Stahl doppelt wichtig ist, ein schlackenärmeres Enderzeugniss, und sie hält im Feuer das Eisen gleichmässiger bedeckt. Als dritter Umstand, welcher gerade die aus Spatheisenerzen erblasenen Roheisensorten als geeignet für Herdfrisch - stahlerzeugung erscheinen lässt, kommt deren Reinheit von Phosphor hinzu; es wurde schon mehrfach betont, dass die Einwirkungen des Phosphorgehaltes auf die Eigenschaften des Eisens um so empfindlicher sich geltend machen, und dass aus diesem Grunde der Phosphorgehalt um so niedriger sein muss, je kohlenstoffreicher das betreffende Eisen (der Stahl) ist.

In vielen Gegenden, wo bis gegen die Mitte dieses Jahrhunderts die Stahldarstellung durch Herdfrischen noch in umfangreicher Weise betrieben wurde, sind die Feuer inzwischen erloschen, der Process ist durch neuere, in ihrer Leistung gewaltigere und mit mineralischen Brennstoffen ausführbare Methoden ersetzt worden (Siegerland); eine gewisse Bedeutung besitzt in der Jetztzeit die Herdfrischstahlerzeugung noch in Steiermark. Man bedient sich des Verfahrens der steirischen Einmalschmelzerei, d. h. man schmelzt das Roheisen vor der Form nieder und lässt es dann durch die Einwirkung der Schlacke am Boden vollends gaaren. Während des Einschmelzens werden die Schirbeln (durch Theilung erhaltenen Stücke) des vorigen Deuls im Feuer selbst ausgeheizt, um unter dem Hammer gestreckt zu werden. Hinsichtlich der Ausführung des Verfahrens im Einzelnen möge auf Tunner’s767Das Herdfrischen.mehrfach erwähntes Werk über Stabeisen - und Stahlbereitung in Frisch - herden verwiesen werden.

Der Kohlenverbrauch bei der Stahlerzeugung ist, wie sich aus der Verzögerung des Gaarens und der Benutzung des Feuers zum Aus - heizen der Schirbeln erklärt, erheblich höher als bei der Schmiede - eisendarstellung im Lancashirefeuer und dürfte sich durchschnittlich auf 1600 kg Holzkohlen per 1000 kg Stahl beziffern. Der Abbrand beträgt gewöhnlich 9 10 Proc., die Zeitdauer der Verarbeitung eines Einsatzes etwa 2 Stunden.

Chemische Untersuchungen.

Da der Herdfrischprocess bereits an Wichtigkeit verlor, als man anfing, die chemische Analyse für die Erforschung eisenhüttenmänni - scher Processe nutzbar zu machen, so liegen nur wenige chemische Untersuchungen über den Verlauf des Processes vor; und nicht alle der veröffentlichten Analysen sind hinsichtlich ihrer Richtigkeit über jeden Zweifel erhaben. Das meiste Vertrauen dürfte folgende von Botischew1)Vergl. Literatur. Eine in der nämlichen Abhandlung enthaltene zweite Analysenreihe verdient Misstrauen, da bei dieser der gesammte Kohlenstoffgehalt des Roheisens mit 6.53 Proc. bei nur 0.17 Proc. Mangan angegeben ist. Einen solchen Kohlenstoffgehalt können nur manganreiche und siliciumarme Eisenmangane ent - halten. angestellte Ermittelung über die Zusammensetzung des Eisens in verschiedenen Stadien des Processes auf dem Eisenwerke Nischneturinski verdienen.

Der Analyse zufolge war das verwendete Roheisen grau, ziemlich rohfrischend. Die stattfindenden Veränderungen in der Zusammen - setzung des Eisens entsprechen ziemlich genau dem oben S. 759 in allgemeinen Zügen geschilderten Verlaufe des Herdfrischprocesses.

Zuerst verbrennt Eisen in grösseren Mengen, die Menge desselben vermindert sich. Es ist daher nicht auffällig, dass der Procentgehalt an Kohlenstoff in den ersten 30 Minuten des Schmelzens etwas zu - nimmt. Einige Bedenken erregt jedoch die gleichzeitige Anreicherung768Die Darstellung des Schweisseisens.des Siliciumgehaltes. Sofern hier nicht ein Irrthum der Analyse vor - liegt, darf man schliessen, dass das Schmelzen in kohlenoxydreicher Atmosphäre, also unter Anwendung heissen Windes und bei Gegen - wart einer wenig basischen Schlacke vor sich ging. Alsdann aber ver - mindert sich der Siliciumgehalt rasch bis auf kleine Mengen, die zweifel - los noch zum grossen Theile der eingemengten Schlacke angehören; ebenso verbrennt der Kohlenstoffgehalt, und der ohnehin nicht beträcht - liche Mangangehalt ist schon in der ersten Stunde fast vollständig ver - schwunden.

Zu bedauern ist, dass die Ermittelungen nicht auch auf das Ver - halten des Phosphors und Schwefels ausgedehnt wurden.

Fig. 216.

Stellt man den Verlauf des Processes nach Maassgabe der vor - liegenden Analysen graphisch durch Curven dar, deren Ordinaten dem Procentgehalte der einzelnen Bestandtheile und deren Abscisse der Zeitdauer entsprechen, so erhält man das in Fig. 216 zur Anschauung gebrachte Diagramm.

Die Erzeugnisse des Herdfrischprocesses.

Auf die Eigenschaften, durch welche das Herdfrischeisen vor anderen Sorten Schweisseisen ausgezeichnet ist, wurde schon früher hingewiesen: bei sorgfältiger Ausführung des Processes ist es möglich, ein gleichmässigeres und schlackenreineres, deshalb bei fehlendem Phos - phorgehalte zäheres, für Formveränderungen im kalten Zustande besser geeignetes Eisen als durch andere Processe der Schweisseisendarstellung zu erzeugen; aber Phosphor wird nur sehr unvollständig abgeschieden,769Die Erzeugnisse des Herdfrischprocesses.und zur Erreichung jenes Zieles ist deshalb die Anwendung möglichst phosphorfreier Roheisensorten erforderlich. Selbstverständlich ist es, dass bei nachlässiger Arbeit auch im Herdfrischprocesse ein nicht minder ungleichartiges und schlackenhaltiges Eisen als durch andere Processe erfolgen wird; und die Anforderungen, welche an die Ge - schicklichkeit und Aufmerksamkeit des Arbeiters gestellt werden, sind gerade bei diesem Processe höher als bei vielen anderen. Das Eisen selbst ist fast während des ganzen Verlaufes durch die bedeckenden Kohlen dem Auge entzogen; nur aus äusseren Kennzeichen, dem Aus - sehen der Flamme, dem Funkenwerfen, und aus dem Gefühle beim Untersuchen des am Boden befindlichen Eisens mit der Brechstange vermag der Arbeiter seine Schlüsse zu ziehen.

Neben dem Eisen erfolgt Schlacke in mehr oder minder reich - licher Menge. Ausser dem Kohlenstoff gehen alle übrigen aus dem Roheisen ausscheidenden Bestandtheile, deren Gesammtgewicht den Ab - brand ausmacht, im oxydirten Zustande in die Schlacke; nur Schwefel kann auch, ohne oxydirt zu werden, von der Schlacke aufgenommen werden.

Wie aus dem Verlaufe des Herdfrischprocesses sich ergiebt, ist jede dabei erfolgende Schlacke reich an Eisen. Theils ist dasselbe als Oxydul, theils als Oxyd zugegen; und die Menge des letzteren pflegt mit dem gesammten Eisengehalte zuzunehmen. Selbstverständlich wird die Oxydationswirkung der Schlacke auf den Kohlenstoff des mit der - selben in Berührung befindlichen Eisens auch um so kräftiger sein, je sauerstoffreicher sie ist, d. h. je höher ihr Eisengehalt oxydirt ist. 1)In welcher Beziehung die beiden Oxydationsstufen des Eisens, welche durch die Analyse gefunden werden, zu einander wie zu der Kieselsäure der Schlacke stehen, dürfte mit Sicherheit kaum zu ermitteln sein. Die von Metallurgen vielfach ausgesprochene Theorie, dass Eisenoxyduloxyd Fe3 O4 im Singulosilikate d. h. in einer wirklichen chemischen Verbindung des Eisenoxyduls und der Kieselsäure gelöst sei, ist meines Wissens durch Nichts bewiesen und erscheint mir mindestens zweifelhaft. Vergl. die Erörterungen auf S. 146. Wenn aber in mehreren metallurgischen Werken die Theorie aufgestellt ist, dass bei jedem Frischprocesse zunächst, so lange noch unoxydirtes Silicium zugegen sei, regelmässig eine Bisilikatschlacke sich bilde, die sich nach dem Verbrennen des Siliciums in Singulosilikat umwandele, um nunmehr Eisenoxyduloxyd aufzulösen, und dass dann erst dieses gelöste Oxyduloxyd im Stande sei, Kohlenstoff zu ver - brennen, so widerspricht eine solche Anschauung geradezu den wirklichen That - sachen. Je höher die Temperatur beim Frischen ist, desto stärker wirken Kohlen - stoff und oxydirtes Eisen auf einander ein, desto eisenärmer bleibt auch die Schlacke.Dass das Eisenoxyd, beziehentlich Eisenoxyduloxyd weit leichter zu Oxydul als dieses zu metallischem Eisen reducirt werde, wurde bereits verschiedentlich (u. a. auf S. 229) erörtert.

Der Eisengehalt der Schlacke ist jedoch in den verschiedenen Stadien des Herdfrischprocesses und bei verschiedenen Roheisensorten verschieden. Verarbeitet man silicium - oder manganreiches Eisen, so scheiden sich diese beiden Körper zuerst ab; man bekommt eine um so eisenärmere Schlacke, je grösser der Gehalt an jenen Körpern war. Lässt man nun diese zuerst gebildete Schlacke abfliessen, so reichert sich rasch der Eisengehalt der zurückbleibenden Schlacke an, und die - jenige Schlacke, welche schliesslich beim Zängen der Luppen abfliesst, pflegt naturgemäss die eisenreichste zu sein.

770Die Darstellung des Schweisseisens.

Eisenärmere Schlacken, welche im Anfange des Herdfrischens ent - stehen, nennt man Rohschlacken, eisenreichere, gegen Ende des Processes gebildet, Gaarschlacken. Erstere sind verhältnissmässig dünnflüssig, zum Krystallisiren geneigt, schwarz oder, in dünnen Blätt - chen, braungrün gefärbt mit starkem Glanze; letztere fliessen träge, erstarren aber allmählicher als die Rohschlacken und krystallisiren des - halb weniger leicht, sind schwarz mit Metallglanz und besitzen ein bedeutendes specifisches Gewicht.

Einige Beispiele der chemischen Zusammensetzung sind folgende:

Durchschnittlich wird man den Kieselsäuregehalt der Rohschlacken zu 30 Proc., der Gaarschlacken zu 12 Proc. annehmen können, wäh - rend der Eisengehalt der ersteren etwa 47 Proc., der letzteren etwa 60 Proc. betragen dürfte.

In früherer Zeit stürzte man die Frischfeuerschlacken häufig als werthlos auf die Halde oder benutzte sie allenfalls zur Wegebesserung; neuerdings gräbt man nicht selten alte Schlackenhalden wieder auf und verhüttet die Schlacken beim Hochofen.

Dass ein Theil der Gaarschlacke beim Frischen selbst wieder zu - gesetzt zu werden pflegt, wurde bei der Beschreibung des Verfahrens erwähnt. Ohne diesen Zusatz würde eine entsprechend grössere Menge Eisen oxydirt werden müssen, um die Schlacke zu bilden. Der Ab - brand würde höher ausfallen, der Process verlangsamt werden.

6. Das Puddeln in feststehenden Oefen.

Einleitung.

Als im Laufe des vorigen Jahrhunderts der Bedarf an Eisen mehr und mehr zunahm, während die Wälder von Jahr zu Jahr stärker sich lichteten und die Holzkohlen in gleichem Verhältnisse theuerer und seltener wurden, drängten diese Umstände unaufhaltsam zu Ver - suchen, auch bei der Darstellung des schmiedbaren Eisens, wie schon vorher beim Hochofenbetriebe, mineralische Brennstoffe statt der bis771Das Puddeln in feststehenden Oefen.dahin ausschliesslich verwendeten Holzkohlen zur Anwendung zu bringen.

In dem älteren zur Darstellung schmiedbaren Eisens benutzten Apparate, dem Frischfeuer, war eine Benutzung mineralischer, stets schwefelhaltiger, Kohlen nicht möglich. Man musste einen Ofen con - struiren, in welchem das zu verarbeitende Eisen nicht mit dem Brenn - stoffe selbst in Berührung kam, sondern nur durch die entwickelte Flamme erhitzt wurde, und man erlangte alsdann den andern, nicht zu unterschätzenden Vortheil, dass man rohe, unverkohlte Brennstoffe zur Verwendung bringen konnte. Auf den einzuschlagenden Weg wies die Einrichtung der schon seit Jahrhunderten benutzten Flamm - öfen zum Schmelzen anderer Metalle hin.

Durch diese Verhältnisse angeregt erfand der Engländer Henry Cort im Jahre 1784 das Flammofenfrischen oder, wie es in Rück - sicht auf die Eigenthümlichkeiten des Arbeitsverfahrens häufiger ge - nannt wird, das Puddeln. 1)To puddle = umrühren.

Der Cort’sche Flammofen genügte nun allerdings dem Zwecke, die Verwendung von Steinkohlen an Stelle der Holzkohlen für die Darstellung schmiedbaren Eisens zu ermöglichen; er war aber noch weit davon entfernt, als eine Verbesserung des bisherigen Verfahrens auch in anderer Beziehung zu erscheinen. Nach dem Muster aller übrigen bis dahin benutzten Flammöfen besass der Cort’sche Ofen einen Herd aus quarzreichem Materiale, auf welchem die Bildung einer stark basischen, Eisenoxydreichen Schlacke unmöglich war. Die Schlacke vermochte demnach auch nicht, eine starke Oxydationswirkung auf den im Eisenbade befindlichen Kohlenstoff auszuüben, und die Ver - brennung des letzteren musste vorwiegend durch unmittelbare Ein - wirkung des Gasstromes erfolgen, während die von dem Eisen dem Gasstrome dargebotene Oberfläche bedeutend geringer war als bei dem tropfenweisen Niederschmelzen im Frischfeuer. Auch das schon von Cort in Anwendung gebrachte unausgesetzte Rühren des Metallbades mit eisernen Stangen vermochte diesen Uebelstand nur in beschränktem Maasse abzumindern.

Die Zeitdauer der Umwandlung des Roheisens in schmiedbares Eisen war aus diesen Gründen lang; in der längeren Zeit aber wurden grössere Mengen Eisen oxydirt und Brennstoff verbraucht.

Wo also nicht durch einen gänzlichen Mangel an Holzkohlen eine dringende Veranlassung zur Einführung des neuen Verfahrens gegeben war, sah man noch davon ab und Cort starb im Jahre 1800, ohne von seinem Patente besonderen Nutzen gehabt zu haben.

Einen entschiedenen Fortschritt machte das neue Verfahren erst, als im Jahre 1818 Baldwin Rogers in Glamorganshire die Puddel - öfen mit einer eisernen Herdeinfassung, insbesondere einem eisernen Boden versah, und als dann einige Jahre später Joseph Hall, eben - falls ein Engländer, den eisernen Herd mit eisenoxydreichen Materia - lien ausfutterte. Nunmehr erst waren die Vorbedingungen gegeben, damit die Entstehung einer eisenoxydreichen Schlacke befördert und772Die Darstellung des Schweisseisens.der Process beschleunigt werden konnte. In der That stieg alsbald nach Einführung dieser Verbesserungen die Leistung eines Ofens auf das Dreifache, während der Abbrand und Brennstoffverbrauch sich ver - ringerten. Im Vergleiche zu dem Herdfrischprocesse bot jetzt das Puddelverfahren nicht allein den Vortheil der Benutzung roher und mithin billigerer Brennstoffe, sondern auch der grösseren Leistungs - fähigkeit des einzelnen Apparates. 1)Die wöchentliche Leistung eines Frischfeuers ist zwar bei den einzelnen Methoden verschieden, dürfte sich aber durchschnittlich auf 8 t beziffern lassen; als durchschnittliche wöchentliche Leistung eines Puddelofens wird man etwa die doppelte Eisenmenge annehmen können.Als nun bald darauf die Ein - führung der Eisenbahnen nicht allein den Verbrauch des schmied - baren Eisens ausserordentlich steigerte, sondern auch in Gegenden, welche selbst arm an Steinkohlen waren, den Bezug derselben zu verhältnissmässig billigen Preisen ermöglichte, konnte es nicht aus - bleiben, dass der in der geschilderten Weise verbesserte Puddelprocess nunmehr in allen Ländern, wo in grösserem Maasse die Eisenerzeugung betrieben wurde, sich Eingang verschaffte und den älteren Herdfrisch - process verdrängte; ja, dass selbst da, wo Steinkohlen noch zu kost - spielig waren, man daran ging, Puddelöfen mit Anwendung von Holz, Torf oder Braunkohlen als Brennstoffen, theils im rohen Zustande, theils nach vorausgegangener Vergasung, zu errichten.

In den ersten Jahrzehnten nach Einführung des Puddelns stellte man ausschliesslich ein kohlenstoffarmes Eisen Schmiedeeisen im Puddelofen dar. Die schon seit lange geübte Praxis der Stahldar - stellung im Frischfeuer musste die Anregung dazu geben, auch im Puddelofen die unmittelbare Herstellung von Stahl durch rechtzeitige Unterbrechung des Processes zu versuchen. Ziemlich lange jedoch währte es, bis diese Versuche von durchgreifendem Erfolge gekrönt waren. Deutschland und Oesterreich, wo der Herdfrischstahl seit Alters her erzeugt wurde, lieferten auch den ersten Puddelstahl. Nach Tunner2)Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben und Přibram 1853, S. 281. wurde 1835 von einem kärntnischen Eisenwerke Puddel - stahl dargestellt; in den vierziger Jahren beschäftigten sich bereits ver - schiedene westfälische Eisenwerke mit der Anfertigung desselben. All - gemein bekannt wurde der Puddelstahl erst seit der Londoner Welt - ausstellung im Jahre 1851, auf welcher verschiedene westfälische Firmen Proben desselben zur Anschauung gebracht hatten.

Der chemische Verlauf des Puddelprocesses stimmt im Wesent - lichen mit demjenigen des Herdfrischprocesses überein. Während bei letzterem der Gebläsewind die Oxydation einleitet und man durch Zusatz eisenoxydreicher Schlacken die Wirkung desselben unterstützt, sind es im Puddelofen die an Kohlensäure und Wasserdampf reichen und zugleich noch freien Sauerstoff enthaltenden Verbrennungsgase, welche bereits, während sie über das schmelzende Roheisen hinziehen,773Das Puddeln in feststehenden Oefen.oxydirend auf dasselbe wirken. 1)Fischer fand die Gase der Puddelöfen folgendermaassen zusammengesetzt: Kohlensäure 11 16 Proc., Kohlenoxyd höchstens Spuren, freier Sauerstoff 2.5 bis 12 Proc., Stickstoff 79.7 81.8 Proc. Wasserdampf scheint nicht bestimmt zu sein. Dingl. Polyt. Journ. Bd. 238, S. 420.Zunächst werden auch hier vor - wiegend Mangan, Silicium und Eisen oxydirt; erstere, weil sie an und für sich leicht oxydirbar sind, letzteres, weil es der Menge nach so bedeutend vorwiegt und deshalb der Oxydation stärker preisgegeben ist. Kohlenstoff verbrennt im Anfange des Processes nicht, sofern grössere Mengen Mangan und Silicium zugegen sind, welche die Ver - brennung auf sich ziehen und ihn schützen.

In solcher Weise würde nun auch ohne Weiteres eine eisenreiche Schlacke entstehen, und theils unter Einwirkung derselben, theils unter unmittelbarer Einwirkung der Ofengase würde allmählich der Kohlen - stoff verbrennen, sobald Silicium und Mangan ausgeschieden sind.

Offenbar wird aber der Process beschleunigt, der Eisenverlust ver - ringert werden, wenn man, statt durch Verschlackung von Eisen aus dem Roheisen eine eisenreiche Schlacke zu bilden, schon von vorn - herein eine solche Schlacke oder andere eisenoxydreiche Körper (Ham - merschlag, Eisenerze) zusetzt und diese als Oxydationsmittel auf den Kohlenstoff -, Silicium - und Mangangehalt des eingesetzten Roheisens einwirken lässt. Es ist in der That denkbar, dass hierbei, wenn ein Theil des Oxydulgehaltes der Schlacke durch jene austretenden Körper, insbesondere durch den Kohlenstoff, zu Metall reducirt würde, der Abbrand nicht nur ganz vermieden, sondern sogar ein noch höheres Ausbringen als der Einsatz erzielt werden könnte. 2)Man erwäge, dass bei dem Vorgange 〈…〉 für je 16 Gewichtsthl. aus dem Eisen austretenden Kohlenstoff 56 Gewichtsthl. Eisen reducirt und mit dem vorhandenen Eisen vereinigt werden.

In dem gewöhnlichen Puddelofen wird nun freilich dieser Fall kaum jemals eintreten. Die Temperatur desselben ist aus einem so - gleich zu erörternden Grunde gerade während der Oxydationsperiode ziemlich niedrig und deshalb für die Reduction des Oxyduls zu metalli - schem Eisen nicht günstig; das hauptsächlichste Oxydationsmittel bildet das in der Schlacke enthaltene Eisenoxyd, welches hierbei zu Oxydul reducirt wird, während durch die unausgesetzte Berührung mit dem Gasstrome eine erneuerte Oxydation des letzteren stattfindet.

Diese Einwirkung der theils gebildeten, theils zugesetzten Schlacke auf das Eisen würde nun aber eine sehr oberflächliche, langsame sein, wenn man beide ruhig einander überlassen wollte. Die Schlacke würde auf dem Eisen schwimmen, nur die Oberfläche des letzteren würde von derselben beeinflusst werden können.

Durch ein unausgesetztes Umrühren beider Körper, welches schon oben als die charakteristische Eigenthümlichkeit des Puddelns bezeichnet wurde, ruft man also eine stets erneuerte Berührung und kräftige Ein - wirkung derselben auf einander hervor. Ein dickflüssiger Zustand hierbei befördert offenbar die Mischung, ein dünnflüssiger erschwert774Die Darstellung des Schweisseisens.sie; und aus diesem Grunde wirkt eine niedrige Temperatur förderlich auf den Oxydationsprocess.

Wie beim Herdfrischen unterscheidet man beim Puddeln roh - frischende, d. h. silicium - oder manganreiche Roheisensorten, bei denen die Entkohlung durch den grösseren Gehalt an den genannten, leicht oxydirbaren Körpern verzögert wird, und gaarfrischende, bei denen die Entkohlung wegen der Abwesenheit jener Körper rasch beginnt und rasch verläuft. Hier wie dort aber kommt der Umstand in Be - tracht, dass, je kürzer die Zeitdauer des Processes ist, es um so schwieriger ist, ein gleichmässig entkohltes und gleichartiges End - erzeugniss zu erhalten, während auch die Abscheidung anderer Körper, insbesondere des Phosphors, weniger vollkommen von Statten geht; und eine allzu gaarfrischende Beschaffenheit des Roheisens ist deshalb unvortheilhaft für die Beschaffenheit des erfolgenden schmiedbaren Eisens, während durch Anwendung eines allzu rohfrischenden Eisens der Brennstoffverbrauch und Abgang erhöht werden. Für die Wahl des Roheisens muss demnach die verlangte Beschaffenheit des dar - zustellenden schmiedbaren Eisens entscheidend sein.

Der Puddelofen.

Die überwiegend grösste Zahl aller vorhandenen Puddelöfen ist mit sogenannter directer Feuerung (S. 110) versehen. Die Gründe, wes - halb man gerade in diesem Zweige des Eisenhüttenbetriebes die Gas - feuerung verhältnissmässig selten zur Anwendung brachte, sind ziem - lich mannigfaltig. Eine Eigenthümlichkeit der Gasfeuerungen, welche in manchen anderen Fällen die Hauptveranlassung zu ihrer Einführung gab, d. i. die leichtere Erzeugung hoher Verbrennungstemperaturen, fällt beim Puddelofenbetriebe ausser Betracht, weil man hier niemals höherer Temperaturen bedarf, als auch bei directer Feuerung leicht zu erreichen sind; andererseits ist gerade beim Puddelofenbetriebe ein öfteres rasches Wechseln der Temperatur erforderlich, welches sich bei directer Feuerung ziemlich leicht, bei manchen Gasfeuerungen weniger leicht erzielen lässt; gegen die Anwendung von Siemensfeuerungen insbesondere spricht einestheils der Umstand, dass der hierbei erforder - liche Wechsel der Richtung des Gasstromes die Arbeit im Puddelofen erschwert, andererseits auch die verschiedentlich gemachte Beobachtung, dass gerade bei Puddelöfen die Regeneratoren der Siemensöfen leichter als bei anderen Processen durch Flugstaub verstopft werden und des - halb einer öfteren Reparatur bedürfen. 1)Die Ursachen dieser Erscheinung sind kaum ganz aufgeklärt. Da die An - sätze in den Regeneratoren sehr eisenoxydreich zu sein pflegen, hat man eine Ver - flüchtigung von Eisenchlorid unter der Einwirkung des mitunter in den Puddelofen eingegossenen, stets etwas chlorhaltigen Wassers annehmen zu können geglaubt; näher liegt die Erklärung, dass bei dem heftigen Kochen des Eisenbades während der Kohlenstoffverbrennung Eisen und Schlacke mechanisch mit fortgerissen und in den Regeneratoren abgelagert werden.Wo aber nicht Wasserkraft für den Betrieb der beim Puddelprocesse erforderlichen Zängevor - richtungen und Luppenwalzwerke vorhanden ist, bedürfen die alsdann unentbehrlichen Dampfkessel bei Puddelöfen mit Siemensfeuerung eines775Der Puddelofen.besonderen Aufwandes von Heizmaterial, während bei directer Feue - rung und auch bei einfacherer Gasfeuerung die abziehenden heissen Gase des Puddelofens erfahrungsmässig vollständig zur Erzeugung des erforderlichen Dampfes ausreichen. Hierdurch wird allerdings die bei Siemensfeuerungen erreichbare Brennstoffersparung zum grossen Theile wieder ausgeglichen. Endlich mag auch der Umstand hinzukommen, dass in jener Zeit, wo auch einfacher eingerichtete, billigere und für die Durchführung des Puddelprocesses unleugbar gut geeignete Feue - rungen (z. B. Bicherouxfeuerung) anfingen, bekannter zu werden (in den siebenziger Jahren dieses Jahrhunderts), das Zeitalter des Puddelns bereits seinen Höhepunkt überschritten hatte und im Niedergange be - griffen war, man also neue Puddelhütten nicht mehr anlegte und weniger Veranlassung fand, vorhandene Feuerungseinrichtungen noch zu ändern.

Ein in den siebenziger Jahren erbauter Puddelofen mit directer Feuerung ist in Fig. 217 221 abgebildet. Die allgemeine Einrichtung desselben ist die nämliche wie bei allen anderen derartigen Herdflamm - öfen (S. 110) und wird leicht aus der Abbildung ersichtlich sein. An der einen Seite des Ofens liegt der Rost, welcher, gemäss der ver - schiedenen Beschaffenheit des zur Verwendung kommenden Brenn - stoffes, als Planrost oder als Treppenrost eingerichtet sein kann und von einer Schüröffnung an der Vorderseite des Ofens aus bedient wird; über die Feuerbrücke hinweg gelangt die Flamme auf den Herd, um, nachdem sie diesen verlassen hat, durch einen Fuchskanal entweder unmittelbar nach einer Esse oder was weit häufiger ist zunächst nach einem Dampfkessel und von hier nach der Esse geführt zu werden.

Eigenthümlich ist die Einrichtung des Herdes, wie sie der Zweck des Ofens bedingt. Die Grundform desselben entspricht keineswegs den früher (S. 110 ff. ) erörterten Bedingungen für eine möglichst günstige Ausnutzung der entwickelten Wärme; sie ist jedoch noth - wendig, damit man im Stande sei, von einer einzigen bestimmten Stelle an der Vorderseite des Ofens aus da, wo die kleine Thüröffnung sich befindet, mit einer eingeschobenen Eisenstange sämmtliche Stellen des Herdes zu erreichen. Wenn also der Abstand der Feuerbrücke von der Fuchsbrücke, d. i. die Länge des Herdes, sowie die Breite desselben an der Fuchs - oder Feuerbrücke bestimmt sind, so beschreibt man von jenem Punkte aus einen Bogen, welcher die rückseitige Be - grenzung des Herdes bildet; und durch gerade Linien verbindet man die Thüröffnung mit der Feuerbrücke und Fuchsbrücke.

Die Sohle des Ofenherdes wird, wie schon oben erwähnt wurde, durch Gusseisenplatten gebildet, welche quer von einer Seite des Ofens zur andern hinübergehen und frei auf eisernen Trägern oder ge - mauerten Pfeilern aufliegen, so dass die Luft von unten her zutreten und abkühlend auf die Platten wirken kann.

Auch die Seitenbegrenzungen des Herdes sind gekühlt. Am voll - kommensten wird dieser Zweck in der durch die Abbildung veranschau - lichten Art und Weise erreicht. Ein hohl gegossenes sogenanntes Herdeisen oder Legeeisen umschliesst den ganzen Herd mit Aus - nahme der Thüröffnung und wird durch hindurchgeleitetes Wasser kühl776Die Darstellung des Schweisseisens.erhalten. Man giesst das Legeeisen entweder in einem oder der leichteren Herstellung halber in zwei Stücken, welche an der Rück - seite zusammenstossen und in geeigneter Weise verbunden sind (vergl. Fig. 219). Die beiden Enden des Legeeisens ragen vorn neben der Ofenthür aus dem Ofen heraus und sind hier mit eisernen Röhren verbunden, durch deren eines von einem höher gelegenen Behälter aus das Kühlwasser zufliesst, um, nachdem es den Herd umkreist hat, durch das zweite Rohr abzufliessen. Zweckmässig ist es, den Abfluss so einzurichten, dass das Wasser durch die freie Luft in ein Abfallrohr mit Trichter oder in einen neben dem Ofen befindlichen Wassertrog hinabfliesst, damit man sofort bemerkt, wenn etwa eine Verstopfung der Leitung eingetreten sein sollte. Der erforderliche Wasserbedarf zur Kühlung des Legeeisens beträgt etwa 12 15 kg per Minute.

In anderen Fällen hat man sich darauf beschränkt, nur die Fuchs - und Feuerbrücke vermittelst eines hindurchgehenden Rohres zu kühlen, die Rückwand nicht; und mitunter auch hat man sich mit einer Luft - kühlung statt der Wasserkühlung begnügt. Hinsichtlich der bedeutend geringeren Wirkung der Luftkühlung, zumal wenn nur der natür - liche Luftzug dafür benutzt wird, möge auf das auf S. 131 Gesagte verwiesen werden.

Es ist unleugbar, dass eine sehr energische Kühlung, wie sie ein rings herum laufendes Legeeisen bewirkt, auch eine gewisse Erhöhung des Brennstoffverbrauches erheischt; die Kosten hierfür aber sind ge - wöhnlich geringer als die Mehrkosten, welche die geringere Haltbarkeit eines weniger stark gekühlten Ofens verursacht.

Wie schon früher erwähnt wurde, erhält der gusseiserne Herd, ehe er in Benutzung genommen werden kann, eine Ausfutterung aus eisenoxydreichen Schlacken. Man bestreicht zu diesem Zwecke die Bodenplatte und die innere Seite des Legeeisens mit Thon, schüttet die Schlacken, welche zu Wallnuss - bis Faustgrösse zerschlagen wurden, hinein, breitet sie aus und feuert nunmehr den Ofen an. Zeigt sich an der Oberfläche die beginnende Sinterung, so bricht man mit einer eisernen Stange die Schlacken auf, bringt die unterst liegenden Theile nach oben u. s. w., bis das Ganze eine gleichmässig dickbreiige Con - sistenz angenommen hat. Alsdann schüttet man Hammerschlag, Eisen - drehspäne oder ähnliche Körper hinein, welche entweder von vorn herein schon sehr eisenoxyduloxydreich sind oder unter der oxydiren - den Einwirkung des Gasstromes doch leicht in Eisenoxyduloxyd um - gewandelt werden und die Strengflüssigkeit des Futters erhöhen; ver - theilt sie möglichst gleichmässig, schliesst dann die Thüren und giebt mehrere Stunden hindurch starke Hitze. Alsdann öffnet man die Thür, vertheilt die Masse, welche unter der Einwirkung der durch die Thür eintretenden kalten Luft rasch teigig wird, gleichmässig am Boden und ringsum an den Wänden, so dass der Herd Muldenform bekommt, und lässt nun allmählich erkalten. Ein gut gelungener Herd darf weder Risse noch Vorsprünge an der Oberfläche zeigen, welche letztere leicht zu der Bildung grösserer Ansätze geschweissten Eisens Ver - anlassung geben.

Die Stärke des Schlackenherdes pflegt in der Mitte 100 120 mm, an den Rändern 120 150 mm zu betragen.

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777Der Puddelofen.

Nach jedem Einsatze wird der Herd nachgesehen und, wenn nöthig, ausgebessert. Ist er allzu schadhaft geworden, was regelmässig nach Verlauf einiger Monate, mitunter auch nach kürzerer Zeit geschieht, so wird er nach dem Kaltlegen des Ofens ausgeschlagen und neu hergestellt.

Die Einrichtung der schon erwähnten, an der Vorderseite des Ofens befindlichen Einsatzthür ist aus Fig. 217 und 221 ersichtlich. Sie besteht aus einem kastenförmigen Gussstücke, und ist an der dem Ofeninnern zugekehrten Seite mit feuerfesten Ziegeln oder feuerfester Masse ausgefuttert. Mit Hilfe eines Hebels und einer Kette wird sie emporgezogen und wieder niedergelassen, wobei sie gewöhnlich zwi - schen senkrechten, an die gusseisernen Umkleidungsplatten des Ofens angegossenen Leisten geführt ist. Damit nun aber nicht während der lange andauernden Arbeiten mit Rührhaken und Brechstangen im Ofen die ganze Thür emporgezogen zu werden braucht wobei reichliche Mengen äusserer Luft eintreten und den Ofen abkühlen würden , ist an der unteren Seite derselben eine kleinere Oeffnung, etwa 120 bis 150 mm breit und hoch, die Arbeitsthür genannt, ausgespart, durch welche jene Werkzeuge in den Ofen hineingeschoben werden können. Da die Ränder dieser Oeffnung durch die Werkzeuge stark zu leiden haben, so pflegt man sie mit einem besonderen Einsatzstücke aus Gusseisen zu versehen, welches nach Bedarf ausgewechselt werden kann. In Fig. 217 und 221 ist dasselbe zu erkennen.

Auf englischen Eisenwerken verwendet man nicht selten wasser - gekühlte Thüren, denen das Wasser durch Kautschukschläuche zugeführt wird. Sie sind haltbarer, und für den Arbeiter ist der Aufenthalt in der unmittelbaren Nähe der Thür dadurch weniger beschwerlich.

Unterhalb der Thür befindet sich eine starke, horizontal liegende Gusseisenplatte, die Schwelle, auf welcher die Thür, wenn sie ge - schlossen ist, aufruht. Dieselbe bildet zugleich die Unterstützung für die mehrfach erwähnten Rührhaken und Brechstangen und pflegt durch die unausgesetzte Hin - und Herbewegung derselben ziemlich rasch abgenutzt zu werden. Häufig (auch bei dem abgebildeten Ofen) giebt man ihr in Rücksicht hierauf einen Einsatz aus hartem Stahle unter - halb der Arbeitsthür, welcher der Abnutzung länger widersteht und sich ohne Schwierigkeit auswechseln lässt.

Doppelpuddelöfen. Je grösser der Einsatz ist, welcher mit einem Male im Puddelofen verarbeitet werden soll, je grösser also auch die Herdfläche des Ofens ist, desto schwieriger wird die Lösung der Aufgabe, mit Hilfe eines einzigen, durch die besprochene Thüröffnung eingeführten Rührhakens das ganze Bad durchzuarbeiten, desto länger fällt mithin auch die Zeitdauer des ganzen Processes aus. Anderer - seits wird aus naheliegenden Gründen der Brennstoffverbrauch, bezogen auf die gleiche Menge dargestellten Luppeneisens, günstiger sein, wenn man grössere, als wenn man kleinere Mengen Roheisen verarbeitet; und wenn es gelingt, auch den grösseren Einsatz in gleicher oder nicht erheblich längerer Zeit als den kleineren zu verarbeiten, so müssenLedebur, Handbuch. 50778Die Darstellung des Schweisseisens.in Rücksicht auf die grössere Leistung des einzelnen Ofens die Selbst - kosten des erfolgenden Eisens auch insofern sich erniedrigen, als alle jene Nebenkosten für Ofenreparaturen, Amortisation u. s. w. nunmehr entsprechend geringer ausfallen.

Um es also zu ermöglichen, auch grössere Einsätze zu verarbeiten, giebt man mitunter dem betreffenden Puddelofen statt einer Thür deren zwei einander gegenüber, so dass nunmehr von beiden Seiten her gearbeitet werden kann. Einen derartigen Puddelofen nennt man Doppelpuddelofen. Die Grundform desselben weicht insofern von der - jenigen des oben abgebildeten Ofens ab, als der Herd zur Erzielung der grösseren Herdfläche breiter und an beiden Langseiten durch jene schrägen, von der Fuchs - und Feuerbrücke nach den Thüröffnungen hin verlaufenden Linien statt durch die Bogenlinie an der Rückseite des einfachen Ofens begrenzt ist.

Immerhin ist die Anwendung der Doppelpuddelöfen trotz der ge - schilderten Vortheile derselben seltener als die der einfachen. Es wurde schon früher verschiedentlich darauf hingewiesen, dass bei allen Pro - cessen der Schweisseisendarstellung die Aufgabe, ein durchaus gleich - mässig entkohltes Erzeugniss zu erhalten, schwieriger wird, wenn die Grösse des Einsatzes wächst; auch der Gehalt an eingemengter Schlacke nimmt im Allgemeinen mit der Grösse des Einsatzes ab und zu. Die grössere Leistung eines Doppelpuddelofens wird daher gewöhnlich auf Kosten der guten Beschaffenheit des erzeugten Eisens erzielt; der Er - sparung an Brennstoff und Nebenkosten aber pflegt erfahrungsmässig ein etwas höherer Abgang an Eisen gegenüberzustehen, welcher sich aus der stärkeren Oxydationswirkung der durch beide Thüren ein - strömenden Luft erklären lässt.

Diese Nachtheile der Doppelpuddelöfen wiegen schwer genug, um eine Erklärung für ihre seltenere Anwendung zu geben. Häufiger als bei directer Feuerung sind bei Anwendung von Gasfeuerung (Siemens - öfen, Bicherouxöfen) solche Doppelöfen gebräuchlich. Gasfeuerungen gewähren die Möglichkeit, auch bei geringerem Sauerstoffüberschuss eine vollständige Verbrennung zu erzielen, und jener Nachtheil einer stärkeren Oxydation in Doppelpuddelöfen wird hierdurch vermieden oder doch abgeschwächt.

Constructionsregeln. Die Grösse der Rostfläche muss theils von dem Brennwerthe des Feuerungsmateriales, theils von der Grösse des Einsatzes abhängig sein. Auf 100 kg Einsatz bezogen findet man bei den meisten Puddelöfen eine totale Rostfläche von 0.28 0.32, durchschnittlich 0.30 qm. Bei Brennstoffen mit grosser Wärmeleistung und grossen Einsätzen wird man das Verhältniss etwas knapper, im umgekehrten Falle etwas reichlicher bemessen. Der gewöhnliche Ein - satz bei einfachen Puddelöfen pflegt 220 250 kg zu betragen, und demzufolge schwankt die Grösse der Rostfläche bei diesen Oefen ge - wöhnlich zwischen 0.7 und 0.9 qm.

Das Verhältniss der freien zur totalen Rostfläche ist in den meisten Fällen annähernd = 0.4.

Die Breite des Rostes (von der Schüröffnung nach der Rückseite des Ofens gemessen) darf ein gewisses Maass nicht übersteigen, damit779Der Puddelofen.das Schüren nicht erschwert werde, und beträgt gewöhnlich 0.9 0.95 m, muss übrigens theilweise auch von der Form des Herdes abhängig sein.

Aus der Rostfläche und der Rostbreite ergiebt sich die Länge des Rostes (in der Richtung der Roststäbe) von selbst.

Die Tiefe des Rostes unter der Oberkante der Feuer - brücke beträgt gewöhnlich 0.35 0.50 m, für grobstückige Brennstoffe und gaarfrischendes Roheisen mehr, für dichtliegende Brennstoffe und rohfrischendes Eisen weniger.

Die Herdabmessungen müssen abhängig sein theils von der Grösse des Einsatzes, theils von der Beschaffenheit des zu verfrischenden Roheisens, theils auch von der Beschaffenheit des Brennstoffes. Es kommt hier in Betracht, dass eine grosse Herdfläche, auf der das Metall in dünner Schicht ausgebreitet ist, zwar eine günstigere Aus - nutzung der Wärme ermöglicht, dagegen das gleichmässige Durch - arbeiten erschwert. Insbesondere ist eine grosse Länge in dieser Be - ziehung nachtheilig. Puddelöfen für 220 250 kg Einsatz pflegt man Herdlängen (im Innern des Legeeisens gemessen) von nicht über 1.8 m bei langflammigen Brennstoffen, häufiger von 1.5 1.7 m zu geben, während die Breite des Herdes von der Einsatzthür bis nach der Rück - wand gemessen gewöhnlich 1.3 1.4 m beträgt, so dass das Verhältniss der grössten Breite zur Herdlänge annähernd gleich 0.8 ist. Bei Doppel - puddelöfen geht man mit der Länge bis auf 2 m und mit der Breite ebenso weit. Die Länge der Feuerbrücke, welche den Herd auf der einen Seite begrenzt, ist gleich der Breite des Rostes (0.9 0.95 m), die Länge der Fuchsbrücke gewöhnlich 0.4 0.6 m.

Die Tiefe des Herdes von der Oberkante des Legeeisens bis zur gusseisernen Herdsohle pflegt mit 0.25 0.3 m bemessen zu werden; in einzelnen Fällen findet man diese Abmessung nicht grösser als 0.2 m, in anderen steigt sie bis auf 0.4 m. Mit der Oberkante des Lege - eisens liegt die Thürschwelle und die Unterkante der Fuchsöffnung in gleicher Ebene; ist also jene Abmessung sehr gering bemessen, so treten bei dem heftigen Aufkochen des Eisens während der Kohlenstoffver - brennung leicht grössere Schlacken - und Eisenmengen aus diesen Oeff - nungen aus; eine zu bedeutende Höhe dagegen erschwert die Wärme - abgabe. Es muss also diese Abmessung zum Theil von der Art und Weise des Arbeitsverfahrens und der Beschaffenheit des Roheisens ab - hängig sein; setzt man reichliche Schlackenmengen zu oder giebt das Roheisen selbst Gelegenheit zur Bildung reichlicher Schlackenmengen, welche nicht etwa abgelassen werden wie es z. B. beim Stahlpuddeln der Fall ist , so muss der Herd tiefer sein als im andern Falle. Den Herden der Stahlpuddelöfen giebt man deshalb kaum geringere Tiefen als 0.3 m.

Die Feuerbrücke wird durch aufgelegte Steine erhöht, damit die flüssigen Massen nicht über dieselben hinweg auf den Rost gelangen können. Eine Abmessung von 0.10 m hierfür genügt. Es ist auch hierbei zu erwägen, dass die Wärmeabgabe um so ungünstiger aus - fällt, je höher die Feuerbrückenoberkante über der Herdsohle liegt. 1)Bei dem oben abgebildeten Ofen ist diese Abmessung entschieden zu reich - lich genommen.

50*780Die Darstellung des Schweisseisens.

Die Höhe des Gewölbes über der Herdsohle in der Mitte des Ofens pflegt 0.6 0.7 m zu betragen. Je tiefer der Herd ist, desto grösser muss auch diese Abmessung sein, damit für die Einsatzthür wie für das Flammenloch die erforderliche Höhe bleibe; daher ist bei Stahlpuddelöfen mit tiefem Herde jene Höhe gewöhnlich beträchtlicher als bei Puddelöfen mit flachem Herde für sehniges Eisen und steigt mitunter bis auf 0.75 m. In der Mitte der Feuerbrücke beträgt der Abstand des Gewölbes über der Feuerbrückenoberkante 0.25 0.35 m.

Bei Puddelöfen mit nur einer Arbeitsthür pflegt man jedoch die Decke nicht symmetrisch über der Sohle zu wölben, sondern man lässt sie, wie die obige Abbildung Fig. 221 erkennen lässt, von der Rückseite nach der Vorderseite hin ansteigen. Man erreicht hierdurch einen doppelten Zweck. Erstens erlangt man, ohne den Querschnitt des Ofens übermässig vergrössern zu müssen (wodurch der Brennstoff - verbrauch gesteigert werden würde), an der Vorderseite die erforder - liche Höhe für die Anbringung der Thüröffnung, welche 0.55 0.57 m hoch zu sein pflegt (bei 0.45 0.50 m Breite); zweitens werden bei einer solchen Querschnittsform die Gase veranlasst, vorwiegend an der Vorderseite des Ofens ihren Weg zu nehmen, wo durch die offen gehaltene Arbeitsthür ununterbrochen kalte Luft in den Ofen strömt, und man verringert auf diese Weise die nachtheiligen Folgen jener Lufteinströmung, sowohl hinsichtlich der Abkühlung des Ofens als einer übermässigen Oxydation.

Bei Doppelpuddelöfen, deren Einsatzthüren einander gegenüber - liegen, ist eine derartige Querschnittsform nicht anwendbar; das Gewölbe hat in der Mitte seine grösste Höhe, und der bei diesen Oefen be - obachtete grössere Abbrand dürfte zum Theil auch auf diesen Umstand zurückzuführen sein.

Die Grösse des Fuchsquerschnittes beträgt bei den meisten Oefen ungefähr von der Grösse der totalen Rostfläche. Die Breite des Fuchses ist durch die Länge der den Herd begrenzenden Fuchs - brücke (0.4 0.6 m) gegeben; aus Querschnitt und Breite ergiebt sich die Höhe, deren Maass jedoch nicht geringer als 0.2 0.25 m sein sollte, damit nicht Verstopfungen durch Schlacken oder Eisen herbeigeführt werden. Den Fuchskanal lässt man entweder ansteigen (wie bei dem abgebildeten Ofen) oder fallen. Erstere Einrichtung giebt leichter Ver - anlassung zu Versetzungen durch Schlacken als letztere, bei welcher jedoch an der tiefsten Stelle des Kanals ein Abfluss für die Schlacken geschaffen werden muss; andererseits pflegt die Decke bei steigendem Fuchse haltbarer zu sein als bei fallendem. Im Uebrigen spricht auch die Anordnung und Form der Dampfkessel, nach welchen die Gase geleitet werden, hierbei mit.

Puddelöfen mit Vorwärmherd. Wenn man die abziehende Wärme des Puddelofens benutzt, das für den nächsten Einsatz be - stimmte Roheisen vorzuwärmen, so dass es im glühenden Zustande in den Ofen gebracht wird, so wird offenbar die Zeit der Verarbeitung des Einsatzes abgekürzt, der Ofen besser ausgenutzt, der Brennstoff - verbrauch zur Darstellung einer bestimmten Menge Luppeneisen ver - ringert werden. Der Zweck lässt sich ohne Schwierigkeit erreichen,781Der Puddelofen.wenn man, wie es in Fig. 222 und 223 dargestellt ist1)Die Abbildung stellt einen in den sechziger Jahren auf der Carolihütte zu Donawitz bei Leoben erbauten Puddelofen dar., hinter dem Puddelherde einen zweiten Herd, einen sogenannten Vorwärmherd oder Vorherd, anordnet, über welchen die Flamme hinwegstreicht, ehe sie zur Esse beziehentlich zum Dampfkessel gelangt. Der Wärmeverbrauch zur Erhitzung dieses zweiten Herdes ist immerhin nicht sehr bedeutend, so dass die Gase auch bei Einschaltung desselben noch zur Heizung der Kessel ausreichen. Die Sohle des Vorherdes besteht aus Gusseisen - platten, welche durch aufgelegte feuerfeste Ziegeln oder eine Lage feuer - fester Masse vor dem Verbrennen geschützt sind. Damit nicht Schlacke in den Vorherd gelange, pflegt man der Zwischenbrücke zwischen Puddel - und Vorherd dieselbe Höhe wie der Feuerbrücke zu geben.

Man will durch Anwendung der Vorherde in einzelnen Fällen eine Brennstoffersparung von mehr als 25 Proc. und eine Vergrösserung

Fig. 222.

Fig. 223.

der Leistungsfähigkeit des Ofens von mehr als 50 Proc. erzielt haben; zweifellos sind jedoch diese Ziffern zu hoch, um als Durchschnitts - ergebnisse gelten zu können. Eine Brennstoffersparung von 15 Proc. und eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit in dem gleichen Verhältnisse dürfte ungefähr als der zu erzielende Nutzen angesehen werden können. Jedenfalls würde dieses Vortheils halber die Anordnung der Vorherde eine weit häufigere Anwendung finden als es thatsächlich der Fall ist, wenn nicht der Uebelstand eines stärkeren Abbrandes beim Roheisen damit verknüpft wäre. Während des längeren Glühens oxydirt sich ein verhältnissmässig grosser Theil des Eisens und geht dann, wenn das Schmelzen im Puddelherde beginnt, in die Schlacke. Nicht alle Roh -782Die Darstellung des Schweisseisens.eisensorten sind diesem Vorgange in gleichem Maasse unterworfen; weisses, etwas manganhaltiges Roheisen durchschnittlich weniger als graues. Daher erklärt es sich, dass in einzelnen Gegenden die Vor - herde ziemlich verbreitet sind (Steiermark, Lothringen), in anderen dagegen sich des hohen Abbrandes wegen als unvortheilhaft erwiesen haben.

Die gegebene Abbildung Fig. 222 lässt zugleich die Anordnung eines Treppenrostes, wie er für Braunkohlenfeuerung üblich ist, erkennen. Links ist der untere Theil des stehenden Dampfkessels, welcher durch die abziehenden Gase geheizt wird, sichtbar.

Dampfkessel und Esse. Nur in Gegenden, wo das Brenn - material ausserordentlich billig ist, wird man noch Puddelöfen antreffen, bei welchen die abziehenden Gase unmittelbar, ohne weiter benutzt zu werden, durch den Fuchs nach der, in diesem Falle dicht neben dem Ofen stehenden Esse geleitet werden. Dieselbe pflegt alsdann eine Höhe von etwa 15 m bei 0.25 qm Querschnitt zu besitzen und ist an der oberen Mündung mit einer von unten zu handhabenden Verschluss - klappe versehen, eine Einrichtung, welche allerdings die Regelung der Temperatur im Ofen wie der Oxydationswirkung der Flamme wesent - lich erleichtert.

Leitet man dagegen die Gase nach einem Dampfkessel und wendet, wie bei dem Ofen Fig. 222, einen stehenden Kessel an, so dient der Kesselofen selbst mit seinem Aufsatze auch als Esse für den Puddelofen; bedient man sich liegender Kessel, wie es der bequemeren Bedienung halber häufiger der Fall ist, so pflegt man die Gase mehrerer Puddel - beziehentlich Dampfkesselöfen durch einen gemeinschaftlichen, in der Sohle angeordneten Sammelkanal nach einer Centralesse zu leiten, welche alsdann eine Höhe von 40 m oder darüber bei entsprechender Weite erhält.

Ob man jedem Puddelofen einen besonderen Dampfkessel giebt oder mehrere Oefen (gewöhnlich zwei, seltener drei bis vier) neben einem gemeinschaftlichen Kessel gruppirt, hängt von localen Verhält - nissen und der Einrichtung der Dampfkessel selbst ab.

Es ist leicht erklärlich, dass bei einem so ausserordentlich häufig angewendeten Processe, wie es der Puddelprocess seit den ersten Jahr - zehnten dieses Jahrhunderts war und bis heute geblieben ist, zahl - reiche Abweichungen von der oben beschriebenen einfachen Einrichtung des Ofens vorgeschlagen und mit mehr oder minder günstigem Erfolge zur Anwendung gebracht worden sind. Viele dieser Abänderungen sind keineswegs allein für den Puddelofen bestimmt, sondern für alle Arten von Flammöfen anwendbar.

Hierher gehört z. B. die Vorwärmung der unter den Rost strömenden Luft, indem man sie durch Züge im Mauerwerk des Ofens oder unter der Herdplatte desselben hindurchführt; oder auch die Anwendung von Unterwind statt des natürlichen Luftzuges. Beide Einrichtungen sind unleugbar geeignet, Brennstoff zu ersparen; aber sie machen die Anwendung eines geschlossenen Aschenfalles er -783Der Puddelofen.forderlich, wodurch die Reinigung des Rostes erschwert wird; und je aschenreicher der Brennstoff ist, desto unangenehmer wird sich dieser Umstand geltend machen. Es kommt hinzu, dass in dem ersteren Falle die Einrichtung des Ofens an Einfachheit einbüsst, während im zweiten Falle Kosten für die Erzeugung und Fortleitung des Gebläsewindes entfallen; so erklärt es sich, dass derartige Einrichtungen wenigstens in Deutschland ziemlich selten geblieben sind. Ziemlich häufig findet man dagegen auf englischen Eisenwerken, wo man mit aschenarmen Kohlen arbeitet, Puddelöfen mit Unterwind.

Ziemlich mannigfaltig sind auch die Wege, welche man im Laufe der Zeit einschlug, um Gasfeuerung für den Betrieb der Puddel - öfen zu verwenden. Eine der ersten Verwendungen der Hochofen - gichtgase war die Heizung eines Puddelofens. Später, in den fünfziger Jahren, ehe das Eisenbahnnetz eine solche Ausdehnung erlangt hatte, um die Verfrachtung von Steinkohlen auch auf weitere Entfernungen zu ermöglichen, baute man vielfach Puddelöfen für Benutzung von Holz oder Torf; und um trotz der geringeren Wärmeleistung dieser Brennstoffe die erforderliche Temperatur zu erzielen, wurden sie im ver -

Fig. 224.

gasten Zustande und mit Anwendung von Oberwind verbrannt. Ein solcher Puddelofen für Holz - oder Torfgasfeuerung, deren Einrichtung zuerst in den österreichischen Alpenländern ausgebildet, später auch am Harze, in Schweden und anderen Ländern in Anwendung gebracht wurde, ist in Fig. 224 abgebildet. 1)Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde, Fig. 152.a ist der schachtförmige Generator, mit Unterwind betrieben, welcher durch das Rohr d in den Generator gelangt. Durch den Kanal f treten die Gase dann auf den Herd, um hier durch Oberwind verbrannt zu werden, welcher aus einem Wind - kasten i zuströmt. 2)Der Grund, weshalb durch Oberwind eine kräftigere Verbrennung hervor - gerufen und deshalb eine höhere Temperatur erzeugt wird als durch natürlichen Luft - zug, wurde auf S. 114 und 115 erörtert.Ehe aber der Oberwind in den Ofen gelangt, wird er durch das Legeeisen hindurchgeführt, um dieses zu kühlen und dabei auf eine Temperatur von etwa 200°C. erwärmt zu werden.

Die sonstige Einrichtung des ebenfalls mit Vorherd versehenen Ofens ergiebt sich aus der Abbildung.

Holz und Torf müssen, um in solchen Oefen befriedigende Ergeb -784Die Darstellung des Schweisseisens.nisse zu liefern, zuvor einer künstlichen Trocknung in besonderen Darrkammern unterworfen werden. Diese Darrkammern aber erheischen eine Grundfläche, welche gewöhnlich grösser ist, als die der Puddel - hütte selbst; ihre Heizung macht einen Brennstoffaufwand, ihre Be - dienung einen Aufwand an Löhnen erforderlich. Dadurch wird die ganze Methode schwerfällig und kostspielig. Je mehr daher die Aus - dehnung des Eisenbahnnetzes fortschritt und je billiger infolge davon die Steinkohlen auch in entlegeneren Gegenden wurden, desto seltener wurden die soeben beschriebenen Puddelöfen. Vielfach wurden sie durch Steinkohlenpuddelöfen mit directer Feuerung ersetzt; in anderen Fällen auch ging man zum Siemens’schen Feuerungssystem über, welches bei Anwendung geringwerthiger Brennstoffe eine Condensation der Wasserdämpfe innerhalb der Gasleitung ermöglichte und dadurch jene umfänglichen Darrvorrichtungen, zugleich aber auch die immerhin lästige Anwendung von Gebläsewind entbehrlich machte.

Die Gründe, weshalb Siemenspuddelöfen für Steinkohlenfeuerung ziemlich selten geblieben sind, wurden schon oben erörtert. Am häufig - sten dürften sie bei Benutzung von Braunkohlen Verwendung gefunden haben, welche, obwohl dem Holze und Torfe an Heizwerth voran - stehend, doch bei directer Feuerung des Puddelofens nicht immer be - friedigende Ergebnisse liefern. Nach einem Berichte von Borbély will man auf dem Ungarischen Eisenwerke Salgó-Tarján in Siemens - puddelöfen mit Braunkohlenfeuerung die dreifache Production als in Oefen mit directer Feuerung erlangt haben, während der Brennstoff - aufwand per 1000 kg Luppeneisen incl. der bei Gasfeuerung erforder - lichen Kohlen zur Kesselheizung annähernd gleich blieb, Arbeitslöhne und Abbrand aber sich verringerten. 1)Vergl. Literatur.

Unter den neueren einfacheren Systemen der Gasfeuerung, welche allerdings für Benutzung von Steinkohlen geeigneter sind als für Be - nutzung weniger heizkräftiger Brennstoffe, dürfte der Bicherouxofen der in Puddelwerken am häufigsten angewendete sein. Die allgemeine Einrichtung desselben wurde bereits auf S. 123 besprochen. 2)Eine ausführliche Abbildung eines Bicheroux-Puddelofens enthält Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 3.Man pflegt bei Puddelöfen dieses Systems die Verbrennungsluft zunächst unter der gusseisernen Herdplatte hindurchzuführen, um diese zu kühlen, worauf sie, wie schon früher beschrieben wurde, in eine Kammer an der Rückseite des Ofens gelangt, um von hier im erhitzten Zustande durch zahlreiche Oeffnungen hinter der Feuerbrücke in den Ofen ein - zutreten und sich mit dem Gase zu mischen. Die hauptsächlichsten Vortheile, welche durch Anwendung der Bicherouxfeuerung bei Puddel - öfen erlangt wurden, sind Brennstoffersparung und Verringerung des Abbrandes. Auf dem Eisenwerke zu Ougrée verringerte sich der Brenn - stoffaufwand seit Einführung der Bicherouxöfen beim Puddeln von etwa 950 kg Steinkohle auf 600 kg per 1000 kg Luppeneisen, der Ab - brand von etwa 14 Proc. auf 9.5 Proc. 3) Stahl und Eisen 1882, S. 430.Die Abnahme des Brenn - stoffverbrauches ist eine Folge theils der günstigeren Ausnutzung des785Das Arbeitsverfahren beim Puddeln in feststehenden Oefen.Brennstoffes bei Gasfeuerungen mit erwärmter Verbrennungsluft über - haupt, theils aber auch des Umstandes, dass die Bicherouxöfen des genannten Werkes als Doppelöfen eingerichtet sind und die doppelten Einsätze als die älteren Oefen mit directer Feuerung verarbeiten. Die Verringerung des Abbrandes erklärt sich aus dem schon früher erwähnten Umstande, dass für die Verbrennung der Gase mit erwärmter Luft ein nur geringerer Luftüberschuss erforderlich ist, als bei directer Feuerung, die durch den Ofen hindurchziehenden Gase mithin auch weniger freien Sauerstoff als in letzterem Falle enthalten.

Das Arbeitsverfahren und die Betriebsergebnisse.

Die Arbeit beginnt mit dem Einsetzen des Roheisens in den be - reits vollständig erhitzten Ofen.

Verschiedentlich hat man in früherer Zeit versucht, das Roheisen in besonderen Oefen, insbesondere Cupolöfen, zu schmelzen, um den Puddelofen besser auszunutzen und an Brennstoff zu sparen. 1)Eine Brennstoffersparung würde insofern möglich sein, als die Wärmeaus - nutzung im Cupolofen bedeutend günstiger ist als in jedem Flammofen. Vergl. S. 130.Ein Nutzen ist jedoch hierbei nicht erreicht worden. Die Erklärung hierfür liegt in dem Umstande, dass während des Einschmelzens im Puddel - ofen selbst schon chemische Veränderungen des Roheisens herbei - geführt werden, durch welche der Process späterhin abgekürzt wird. Die Ersparung an Zeit bei Anwendung geschmolzenen Roheisens ist mithin nicht so beträchtlich, als man im ersten Augenblicke anzunehmen geneigt sein dürfte; das Herdfutter wird stärker angegriffen, die Arbeit der Puddler, welche während des Einschmelzens im Puddelofen eine Ruhepause haben, wird beschwerlicher und eine Vermehrung der Arbeiterzahl ist deshalb erforderlich.

Die Gesichtspunkte, welche für die Wahl der Roheisensorten maass - gebend sind, wurden schon früher hervorgehoben. Je gleichartiger, schlackenfreier das darzustellende schmiedbare Eisen und je höher sein Kohlenstoffgehalt sein soll, desto weniger gaarfrischend darf der Ein - satz sein, aber desto länger ist freilich die Zeitdauer des Processes, desto höher der Brennstoffaufwand und der Abbrand. Gewöhnlich gattirt man mehrere Roheisensorten; den Grundbestandtheil der Beschickung aber pflegt ein weisses, mehr oder minder manganhaltiges Roheisen zu bilden. Für Darstellung von Feinkorneisen2)Feinkorneisen ist, wie bekannt, die zwischen eigentlichem Stahle und dem kohlenstoffärmsten sehnigen Eisen stehende Eisensorte mit etwa 0.3 Proc. Kohle, ausgezeichnet durch hohe Festigkeit und geringeren Schlackengehalt als das sehnige Eisen. oder Stahl ist die An - wendung eines manganhaltigen Roheisens unerlässlich; der schon mehr - fach erwähnte Zweck des Mangans hierbei ist die Verzögerung der Entkohlung und Bildung einer dünnflüssigen, leicht zwischen den Eisenkrystallen ausfliessenden Schlacke. Jene manganreichen Sorten Weissstrahl oder Spiegeleisen bilden für diesen Zweck ein unentbehr - liches Material, sei es für sich, sei es als Zusatz zu manganärmerem Roheisen.

786Die Darstellung des Schweisseisens.

Graues Roheisen dagegen findet aus nahe liegenden Gründen weniger häufig als weisses Verwendung beim Puddeln. Allzu gaar - frischendem Weisseisen setzt man wohl zur Verzögerung der Ent - kohlung gewisse Mengen Graueisen zu. Stark halbirtes Graueisen da - gegen (Nr. IV), jene Uebergangsstufe vom grauen zum weissen Roh - eisen, welches für andere Zwecke schlecht verwendbar zu sein pflegt, wird in manchen Gegenden in ziemlich bedeutenden Mengen ver - puddelt.

Da eine Phosphorabscheidung im Puddelofen zwar möglich ist, das Enderzeugniss aber immerhin von dem ursprünglichen Phosphorgehalte um so reichlichere Mengen zurückhalten wird, je höher derselbe war, so ist die Anwendung eines phosphorarmen Roheisens nothwendig, wenn das erfolgende schmiedbare Eisen frei von Kaltbruch sein soll. Ins - besondere können deshalb auch für Feinkorneisen - und Stahldarstellung nur phosphorarme Roheisensorten Verwendung finden.

Die Höhe des jedesmaligen Einsatzes pflegt beim Arbeiten in ein - fachen Oefen 220 250 kg zu betragen; in Doppelpuddelöfen, besonders solchen mit Gasfeuerung, 450 600 kg, mitunter noch etwas mehr. Auch beim Stahlpuddeln in einfachen Oefen ist die Grösse des Einsatzes selten weniger als 220 kg.

Das Roheisen wird auf einer breiten Schaufel durch die Einsatz - thür in den Ofen geschoben und hier in der Mitte des Herdes in solcher Weise ausgebreitet, dass es der Flamme möglichst preisgegeben ist. Gewöhnlich ist noch von der Verarbeitung des vorausgegangenen Einsatzes Schlacke im Herde zurückgeblieben; häufig setzt man auch schon beim Einschmelzen des Roheisens Gaarschlacke oder Hammer - schlag zu; in anderen Fällen giebt man den Zusatz erst, wenn das Schmelzen beendet ist. Oertliche Gewohnheiten wie die Beschaffenheit des zu verarbeitenden Roheisens sind hierfür maassgebend. Es kommt hierbei in Betracht, dass durch den Schlackenzusatz der Ofen abgekühlt wird. Nun schmilzt graues Roheisen, dessen Schmelztemperatur höher liegt, nicht nur langsamer ein als weisses, sondern es wird auch ebendes - halb, ehe es zum Schmelzen gelangt, stärker oxydirt. Ein rasches Ein - schmelzen in hoher Temperatur ist also wünschenswerth; wird aber aus dem geschmolzenen Roheisen das Silicium oxydirt, so tritt dabei wegen der bedeutenden Verbrennungswärme desselben (vergl. S. 19) eine fernere Temperatursteigerung ein und eine Abkühlung des Ofens ist noth - wendig. In diesem Falle also pflegt man den Schlackenzusatz erst zu geben, wenn das Einschmelzen beendet ist. Anders bei siliciumärmerem Weisseisen, welches ohnehin rascher einschmilzt und während des Glühens weniger stark oxydirt wird. Hier setzt man die Schlacke ge - wöhnlich schon mit dem Roheisen oder vor demselben ein und zwar die Schlacke zu unterst, das Eisen darauf.

Auch die Menge der zugesetzten Schlacke ist verschieden und sowohl von der Zusammensetzung des Einsatzes als der Beschaffenheit, welche das Enderzeugniss erhalten soll, abhängig. Beim Sehnepuddeln aus weissem phosphorarmem Roheisen reicht mitunter die im Herde zurückbleibende Schlacke des vorigen Einsatzes allein aus, und nur von Zeit zu Zeit, d. h. nach Verarbeitung mehrerer Einsätze, lässt man sie ab, um sie durch frische, möglichst phosphorfreie Schlacke (Schweiss -787Das Arbeitsverfahren beim Puddeln in feststehenden Oefen.ofenschlacke, Hammerschlag) zu ersetzen; verarbeitet man aber phos - phorreiches Roheisen, so würde, wenn man die nämliche Schlacke wieder anwenden wollte, dieselbe immer phosphorreicher und infolge davon die Abscheidung des Phosphors aus dem Roheisen immer spärlicher werden. Man lässt also in diesem Falle die phosphorsäurereiche Schlacke ab und setzt Hammerschlag, Schweissofenschlacke oder Eisenerze dafür ein. Der Zusatz pflegt alsdann 25 50 Proc. von dem Gewichte des Roheisens zu betragen.

Wenn das Einsetzen beendet ist, wird die Einsatzthür geschlossen, vor die Arbeitsthür stellt man eine Blechplatte mit einem kleinen Schau - loche, durch welches man die Vorgänge auf dem Herde beobachten kann, auf die Thürschwelle aber legt man neben die Fugen der Thüren einige Kohlen, welche sich rasch erhitzen und langsam verbrennen, dadurch das Einströmen freien Sauerstoffes in den Ofen verhindernd.

Einstweilen überlässt man nun das Roheisen ohne Weiteres der Erhitzung. Beginnt dasselbe zu schmelzen, was nach 20 25 Minuten der Fall zu sein pflegt, so wird es aufgestochen , d. h. mit einer eisernen Brechstange gewendet, so dass die untere, weniger stark erhitzte Seite nach oben zu liegen kommt, wobei man Stücke, die etwa am Boden festsitzen, losbricht und überhaupt dafür sorgt, dass nicht ungeschmolzene Stücke unter der Schlacke zurückbleiben. Im Ganzen pflegt das Einschmelzen eine Zeit von 35 40 Minuten zu be - anspruchen.

Verarbeitet man weisses manganarmes Eisen, so pflegen schon beim Einschmelzen die ersten Spuren der beginnenden Kohlenstoffver - brennung bemerkbar zu werden. An der Oberfläche der flüssigen Schlacke, welche das Eisen bedeckt hält, zeigen sich Gasbläschen und das entweichende Gas verbrennt mit blauer Flamme. Bei grauem Roh - eisen ist dieser Vorgang weniger oder gar nicht bemerkbar; die Oxy - dation wirft sich auf den Siliciumgehalt, und der Kohlenstoffgehalt bleibt geschützt.

Es folgt nun die Arbeit des Rührens mit dem Rührhaken oder der Kratze , einer eisernen, vorn hakenartig umgebogenen Stange von 2.5 3 m Länge. Der Arbeiter schiebt dieselbe durch die Arbeits - öffnung in den Ofen, setzt sie an der Fuchsbrücke ein, so dass der Haken den Boden berührt und bewegt sie nun abwechselnd vor und rückwärts durch das Eisenbad, gewissermaassen radiale Furchen durch dasselbe ziehend, deren eine dicht neben der andern liegt, bis er mit dem Haken an der entgegengesetzten Seite des Ofens, der Feuerbrücke angekommen ist. Alsdann nimmt er denselben Weg unter steter Vor - und Rückwärtsbewegung des Hakens rückwärts u. s. f. Ist der Haken nach einigen Minuten des Rührens hellrothglühend geworden, so wird er gegen einen frischen, den ein zweiter Arbeiter führt, umgetauscht.

Alsbald zeigt sich nun die Folge der durch das Rühren bewirkten Mischung von Eisen und Schlacke. Die Kohlenoxydgasbildung wird stärker, das Bad geräth allmählich in eine kochende Bewegung, die sogenannte Kochperiode des Puddelprocesses beginnt. Wie schon früher erwähnt wurde, wirkt eine allzu hohe Temperatur in dieser Periode verzögernd auf die Entkohlung, da sie die Entmischung der beiden auf einander wirkenden Körper, des Eisens und der Schlacke, durch grössere788Die Darstellung des Schweisseisens.Dünnflüssigkeit befördert; man schliesst also die Essenklappe, oder sucht in sonstiger Weise die Temperatur zu ermässigen.

Die Schmelztemperatur des Eisens aber wird höher, je mehr der Kohlenstoffgehalt desselben abnimmt, und bald zeigen sich daher Eisen - körnchen, welche schaumartig auf der flüssigen Masse schwimmen. Immer stärker wird die Kohlenoxydgasbildung, immer dickflüssiger das Eisen, und das Bad steigt bis zur Höhe der Thürschwelle, wobei gewöhnlich ein Theil der Schlacke über die Schwelle abfliesst. Die Koch - periode hat jetzt ihren Höhepunkt erreicht; seit dem Beginne des Rührens sind etwa 15 Minuten bei gaarfrischendem Roheisen, 20 bis 30 Minuten bei rohfrischendem verflossen.

Dieser Zustand währt mehrere Minuten. Alsdann aber verräth die veränderte Beschaffenheit des Eisens und der Schlacken deutlich die fortgeschrittene Entkohlung. Mehr und mehr Eisenkörner erscheinen an der Oberfläche; die Arbeit des Rührens wird immer schwieriger, da immer grössere Mengen des entstandenen schmiedbaren, nicht mehr flüssigen Eisens sich der Bewegung des Hakens entgegensetzen. Die Temperatur im Ofen wird gesteigert, um eine vorzeitige Erstarrung des Eisens zu hintertreiben. Die Gasbildung lässt nach, die Schlacke sinkt, und bald sieht man grössere Gruppen zusammengeschweisster Eisen - körner aus derselben hervorragen.

Die Kochperiode hat nunmehr ihr Ende erreicht, das Rühren mit dem Haken ist nicht mehr möglich und würde auch keinen Zweck haben. Soll Stahl erzeugt werden, so kommt es nunmehr darauf an, das Eisen möglichst gleichmässig auszubreiten und von der Schlacke bedeckt zu halten, damit nicht die Gase auf die herausragenden Theile oxydirend einwirken; arbeitet man auf sehniges Eisen, so folgt die sogenannte Gaarfrischperiode, während welcher unter der Einwirkung der Gase wie der Schlacke eine fortgesetzte Entkohlung stattfindet.

Zunächst kommt es zur Erlangung eines gleichmässig entkohlten Eisens darauf an, zu verhüten, dass einzelne Theile stärker, andere weniger stark von der Oxydationswirkung betroffen werden. Mit Hilfe theils einer Brechstange (der Spitze), theils der schon benutzten Kratzen arbeitet man also unausgesetzt die Eisenhaufen um, so dass das unter der Schlacke befindliche Eisen zu oberst, die oberen Theile nach unten kommen, zertheilt grössere Anhäufungen, damit nicht die inneren Theile roh, d. h. kohlenstoffreich bleiben, kratzt das in den Ecken befindliche Eisen los und bringt es in die Mitte. Während dieses Durcharbeitens aber sucht man das Eisen schon in einzelnen Haufen abzutheilen, deren jeder das ungefähre Gewicht einer Luppe erhält, und schiebt schliess - lich diese noch locker auf einander liegenden Haufen nach der Fuchs - brücke hinüber. Diese Arbeit heisst Umsetzen. Gewöhnlich verarbeitet man den ganzen Einsatz zu 4 6 Luppen, so dass also jeder Haufen etwa 35 kg Eisen enthält.

Arbeitet man auf Stahl, so verläuft diese Arbeit des Umsetzens rascher und das Eisen (der Stahl) wird von Schlacke bedeckt gehalten.

Nun folgt das Luppenmachen. Mit der Brechstange drückt man die einzelnen Haufen zusammen, so dass die Eisenkörnchen zusammen - schweissen und möglichst viel Schlacke herausfliesst, formt sie, so gut789Das Arbeitsverfahren beim Puddeln in feststehenden Oefen.es gehen will, zu Kugeln und rollt dieselben auf der Herdsohle hin und her, um die hier noch zerstreut liegenden Eisenkörnchen anzu - schweissen. Ist eine Luppe in dieser Weise geformt, so rollt man sie hinüber zur Feuerbrücke und setzt sie hier, während man mit der Formung einer neuen beginnt, einer starken Hitze aus, um das Aus - fliessen der Schlacke zu befördern.

Ist alles Eisen in dieser Weise verarbeitet, so schliesst man wohl auf kurze Zeit die Arbeitsthür durch ein vorgesetztes Blech, um möglichst hohe Temperatur im Ofen zu erlangen; dann beginnt das Zängen.

Ein aus Eisenstäben hergestellter zweirädriger Karren wird bis vor die Thürschwelle geschoben, die Einsatzthür wird geöffnet, und mit einer Zange wird die zuerst gefertigte Luppe herausgeholt, um dann rasch nach dem Zängeapparate (Hammer, Luppenquetsche) gefahren zu werden. Hier packt sie der bereit stehende Arbeiter und formt sie nun allmählich zu einem prismatisch vierseitigen Blocke mit abgestumpf - ten Kanten. Im Anfange des Zängens giebt man nur schwache Schläge oder schwachen Druck, um einer Zertrümmerung vorzubeugen; reich - liche Schlackenmengen fliessen aus und das Eisen schweisst mehr und mehr zusammen. Schliesslich lässt man den vollen Druck oder den vollen Schlag des Hammers auf den Block wirken.

Das Verhalten der Luppe beim Zängen giebt schon ein Merkmal für die Beschaffenheit. Ein gleichmässig entkohltes Eisen schweisst mit Leichtigkeit zusammen. Zeigen sich an einzelnen Stellen blaue Flämm - chen, so deutet diese Erscheinung auf noch rohe Stellen; das Eisen schweisst hier schlecht und die Luppe muss mit grösserer Vorsicht behandelt werden; sehr rohe Luppen fallen mitunter in Stücken aus einander und müssen aufs Neue in den Ofen zurückgebracht werden, obgleich auch hierdurch eine gründliche Verbesserung nicht mehr zu erreichen ist.

Während des Zängens der ersten Luppe wird die zweite herbei - geholt, u. s. f. Inzwischen aber ist das in der Nähe des Zängeapparates aufgestellte Luppen - oder Rohschienenwalzwerk angelassen, die Arbeiter zur Bedienung desselben haben ihre Plätze eingenommen und die noch glühende Luppe wird rasch zum Walzwerk hingeschleift, um hier sofort zu Rohschienen ausgewalzt zu werden.

Die Einrichtung eines Luppenwalzwerkes ist aus Fig. 183 auf S. 701 ersichtlich. Statt des Duowalzwerkes sind in dem letzten Jahr - zehnte auch verschiedentlich Triowalzwerke zur Anwendung gebracht worden. Es pflegt zwei Walzgerüste zu enthalten, das eine zum Vor - walzen in Spitzbogenkalibern, das andere mit geschlossenen Flach - kalibern. Zur Bedienung desselben sind vier bis fünf Mann er - forderlich.

Das Zängen und Rohschienenwalzen geht nun ununterbrochen fort, bis alle Luppen aus dem Ofen herausgeholt und in Rohschienen um - gewandelt sind. Die letzteren, gewöhnlich Flacheisenstäbe, werden, sobald sie die Walzen verlassen haben, auf eine gusseiserne Richtplatte gezogen, hier mit hölzernen Hämmern gerichtet und der Erkaltung überlassen. Sie haben ein rissiges, unganzes Aeussere, sind reichlich von Schlacke durchsetzt und bilden das Material für die weitere Ver -790Die Darstellung des Schweisseisens.arbeitung, gewöhnlich durch Schweissen und Auswalzen, zu Handels - waare (vergl. unten Verarbeitung des Schweisseisens), mitunter durch einen Schmelzprocess zu Flusseisen. Zunächst jedoch werden sie ge - wogen, dann gewöhnlich unter einer Presse durchgebrochen, so dass die Bruchfläche erkennbar wird, und dem Aussehen dieser Bruchfläche zufolge (ob sehnig, feinkörnig, grobkörnig oder melirt) sortirt.

Wenn der Puddelofen entleert ist, wird der Herd nachgesehen und nöthigenfalls ausgebessert, der Rost gereinigt und zu einem neuen Ein - satze geschritten. Die gesammte Zeitdauer der Verarbeitung eines Ein - satzes bis zu dem Wiederbeginn des Einsetzens pflegt abweichend nach der Beschaffenheit des Roheisens 2 Stunden zu sein, so dass also in 24 Stunden 12 16 Einsätze verarbeitet werden. Ein ein - facher Puddelofen wird der Regel nach von 2 Arbeitern per Schicht bedient, während durch einen dritten Arbeiter, der für mehrere Oefen gemeinschaftlich angestellt zu sein pflegt, die Handlangerarbeiten (Her - beiholen der Materialien, Hilfe beim Luppentransporte u. s. w.) besorgt werden. Nach 12 stündiger Schicht findet gewöhnlich Ablösung statt, so dass bei ununterbrochenem Betriebe im Ganzen 4 Puddler nebst dem Handlanger zur Bedienung eines Ofens erforderlich sind.

Der Abbrand des Roheisens pflegt zwischen 8 und 15 Proc. zu schwanken. Er ist abhängig theils von der Beschaffenheit des Roheisens und naturgemäss um so grösser, je mehr fremde, beim Frischen aus - tretende Bestandtheile neben Kohlenstoff dasselbe enthält, theils aber auch von der Einrichtung des Ofens und der Leitung des Processes. Je heisser eingeschmolzen wird, je weniger lange also das Eisen im ungeschmolzenen Zustande der Einwirkung der Flamme preisgegeben ist, desto niedriger wird im Allgemeinen der Abbrand sein. Mangel an oxydreicher Schlacke im Puddelofen muss zu erhöhtem Abbrande Veranlassung geben; u. s. f.

Jenem Abbrande entsprechend sind also zur Darstellung von 1000 kg Rohschienen etwa 1140 kg Roheisen erforderlich.

Der Brennstoffverbrauch zur Darstellung von 1000 kg Roh - schienen pflegt bei Anwendung von Steinkohlen und einfachen Oefen mit directer Feuerung 800 900 kg zu betragen, wenn man gewöhn - liches Weisseisen auf sehniges schmiedbares Eisen verarbeitet; bei Dar - stellung von Stahl steigt der Brennstoffverbrauch auf 1300 kg und darüber. Der Grund hierfür liegt in der längeren Zeitdauer des Pro - cesses wie der Nothwendigkeit, hohe Temperatur bei wenig oxydirender Flamme im Ofen zu erhalten.

Dass bei Doppelöfen mit Gasfeuerung der Brennstoffverbrauch mit - unter erheblich niedriger ausfalle (600 kg bei Sehneeisendarstellung aus gewöhnlichem Weisseisen), wurde schon oben erwähnt.

Ungünstiger ist der Brennstoffaufwand bei Verwendung von Braun - kohlen. Abgesehen von der an und für sich geringeren Wärmeleistung dieser Brennstoffe müssen reichlichere Mengen derselben verbrannt werden, lediglich um die erforderliche Temperatur im Ofen hervorzu - bringen. Nach Borbély gebraucht man auf ungarischen Eisenwerken bei directer Feuerung 2500 3000 kg Braunkohlen per 1000 kg Luppen - eisen; nach Einführung von Doppelöfen mit Siemensfeuerung ermässigte791Die Puddelmaschinen.sich der Kohlenverbrauch zum Puddeln auf etwa 1450 kg, während für die Kesselheizung noch ausserdem 870 kg erforderlich waren. Jeden - falls lässt dieser sehr hohe Verbrauch auf eine geringwerthige Be - schaffenheit der zur Benutzung stehenden Kohlen schliessen. In den österreichischen Alpen pflegt der Braunkohlenverbrauch 1200 1400 kg per 1000 kg Rohschienen bei directer Feuerung zu betragen. 1)Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde, S. 353.

Die Puddelmaschinen.

Je mehr in anderen Zweigen der Gewerbthätigkeit die Anwendung von Maschinen zum Ersatze menschlicher Arbeit sich ausbreitete, desto näher musste den Eisenhüttenleuten der Gedanke gelegt werden, auch beim Puddelbetriebe die so mühselige Arbeit des Rührens, beziehent - lich auch des Umsetzens u. s. w., durch Maschinenarbeit ausführen zu lassen.

Der erste, welcher diesen Gedanken in die Wirklichkeit übertrug, war Professor Schafhäutl in München. Er baute im Jahre 1836 eine Puddelmaschine, welche nicht allein die Arbeit des Rührens besorgen, sondern auch bei dem späteren Umsetzen mitwirken sollte, und brachte dieselbe auf einem englischen Eisenwerke zur Anwendung. 2)Beschreibung derselben: Bayrisches Kunst - und Gewerbeblatt 1867, S. 132; auch Dingl. Polyt. Journal Bd. 185, S. 242.Die Maschine erforderte eine eigene Dampfmaschine und einen Ofen mit sehr grossem Fassungsraume; ihre Anlage war jedenfalls kostspielig, und die gehegten Erwartungen wurden nicht erfüllt.

Eine grosse Zahl späterer Constructionen von Puddelmaschinen hat einfach die Bestimmung, die immerhin beschwerliche Arbeit des Rührens mit der Kratze auszuführen, während die späteren Arbeiten vollständig dem Arbeiter überlassen bleiben; die meisten dieser Maschinen werden, statt durch eine eigene Dampfmaschine, von einer für mehrere Oefen gemeinschaftlichen Transmissionswelle aus angetrieben. Dadurch wird ihre Anordnung einfacher, billiger und für die Benutzung geeigneter.

Zur besseren Ausnutzung der Maschinen pflegt man sie für Doppel - puddelöfen (mit 400 500 kg Einsatz) in Anwendung zu bringen, in welchen dann von beiden Seiten her wie beim Handpuddeln gerührt wird. Die Einrichtung der Oefen zeigt keine erhebliche Abweichung gegenüber der Einrichtung beim Handpuddeln.

Als ein Beispiel, in welcher Weise die Aufgabe gelöst werden kann, die Bewegung des Rührhakens in der nämlichen Weise, wie sie durch die Hand des Arbeiters erfolgt, durch maschinelle Arbeit be - wirken zu lassen, möge die Beschreibung einer von Dumény und Lemut construirten Puddelmaschine hier Platz finden, welche auf einigen französischen und lothringenschen Werken in Anwendung ist. Die Skizzen Fig. 225 227 auf S. 792 können als Erläuterung dabei dienen.

k und k1 sind die beiden Rührhaken, welche wie gewöhnlich durch die Arbeitsthür hindurchgehen und mit den hinteren Enden aus dem Ofen herausragen. Mit Hilfe je eines leicht lösbaren Kugelgelenkes792Die Darstellung des Schweisseisens.sind sie an die Stangen h h1 angeschlossen, welche mit ihren oberen Enden an dem Gebälk aufgehängt sind, so dass sie leicht in jeder Richtung schwingen können. In einer gewissen Höhe sind diese Stangen an die Schubstangen l l1 angeschlossen, deren gegenüber liegende Enden mit der Warze der Kurbelscheibe b verbunden sind und somit eine hin - und hergehende Bewegung auf die Stangen h h1 wie auf die beiden Rührhaken übertragen. Die Kurbelscheibe b empfängt ihre Bewegung

Fig. 225.

Fig. 226.

durch die Welle w von einer auf deren Ende befindlichen Riemen - scheibe aus. Zur Lösung der Aufgabe nun, dass die beiden Rühr - haken ausser der Vor - und Rückwärtsbewegung auch eine allmähliche

Fig. 227.

Seitenbewegung ausführen und somit nach und nach, wie bei der Hand - arbeit, den ganzen Herd bearbeiten, ist folgende Einrichtung getroffen.

Von der Welle w aus wird ver - mittelst einer Schnecke das Schnecken - rad a in ganz langsame Drehung ver - setzt, und durch die Welle dieses Schneckenrades wird diese Drehung auf die zwei Kurbelscheiben c c1 über - tragen. Von hier aus werden durch Vermittelung der beiden Lenkstangen m m1 die doppelarmigen Hebel g g1 in hin - und hergehende Bewegung ver - setzt, welche mit ihren gegabelten Enden die senkrechten Stangen h h1, an welchen die Rührstangen befestigt sind, umfassen und somit auch jenen eine sehr langsam hin - und hergehende Bewegung (rechtwinklig gegen die Hauptbewegung der Rührhaken) ertheilen. Da nun die Rühr - haken innerhalb der schmalen Arbeitsthüren geführt sind, hier also gewissermaassen ihren Drehungspunkt haben, wenn ihre Enden bewegt werden, so müssen sie naturgemäss jede neue Vor - und Rückwärts - bewegung in etwas anderer Richtung als die vorausgegangene aus - führen; sie müssen, mit anderen Worten, ebenso wie bei der Hand -793Die Zuschläge beim Puddeln.arbeit radiale Furchen durch das Metallbad ziehen, deren jede neben der vorausgegangenen liegt.

Selbstverständlich müssen, damit diese Seitenbewegung möglich sei, die Schubstangen l l1 in solcher Weise an die Kurbelwarze der Scheibe b (Fig. 227) angeschlossen sein, dass auch sie in horizontaler Ebene die erforderliche Beweglichkeit besitzen.

Hinsichtlich sonstiger Constructionen von Puddelmaschinen muss auf die gegebene Literatur verwiesen werden.

Erfahrungsgemäss liegt der Hauptvortheil bei Anwendung von Puddelmaschinen weniger in einer Ersparung an Arbeitslöhnen als viel - mehr in einer Erleichterung der allerdings beschwerlichen Arbeit des Puddelns, wodurch es den Eisenwerken dann wieder leichter gemacht ist, die genügende Arbeiterzahl auch für einen ausgedehnten Betrieb zu gewinnen. Von der natürlichen Veranlagung der Arbeiter selbst wie von dem Angebote an Arbeitskräften in einer bestimmten Gegend wird es demnach vorwiegend abhängen, ob die Benutzung der Puddel - maschinen vortheilhaft sei oder nicht. Vergleicht man die Betriebs - ergebnisse der mit Maschinen betriebenen Doppelpuddelöfen mit den - jenigen einfacher Oefen ohne Maschinen, so wird naturgemäss eine grössere Leistung und ein geringerer Brennstoffverbrauch der ersteren sich ergeben; diese günstigeren Betriebsverhältnisse aber sind zunächst nicht eine Folge der Anwendung von Maschinen obgleich deren Anwendung gerade die Benutzung eines Doppelofens erleichtern mag sondern der Verarbeitung eines grösseren Einsatzes.

In England werden Puddelmaschinen verschiedener Construction ziemlich häufig benutzt; weit seltener sind sie auf dem Continente, wo ihre Anwendung fast ganz sich auf einige Hüttenwerke der Saar und Mosel beschränkt.

Zuschläge beim Puddeln.

Seitdem der Puddelprocess anfing, eine hervorragende Stellung unter den die Darstellung schmiedbaren Eisens bezweckenden Processen einzunehmen, ist man vielfach bemüht gewesen, durch fremde Zu - schläge beim Puddeln (neben der Schlacke) theils die Entkohlung zu beschleunigen, hauptsächlich aber die Abscheidung des Phosphors und daneben auch des Schwefels zu befördern.

Viele der in dieser Beziehung gemachten und auch theilweise ver - suchsweise angewendeten Vorschläge verrathen von vorn herein eine solche Unkenntniss des metallurgischen Verhaltens des Eisens, dass sie mit Stillschweigen übergangen werden können1)Eine ausführliche Zusammenstellung der in dieser Beziehung gemachten, oft lächerlich unpraktischen, oft rein empirischen Vorschläge enthält Wedding, Dar - stellung des schmiedbaren Eisens, S. 257 286.; andere dagegen erfüllen unleugbar den Zweck, die Abscheidung von Phosphor und häufig auch Schwefel zu erleichtern.

Die Wirkung dieser letzteren Mittel erstreckt sich in zweierlei Richtung. Die einen wirken oxydirend, d. h. sie geben bei starkerLedebur, Handbuch. 51794Die Darstellung des Schweisseisens.Erhitzung leicht einen Theil ihres Sauerstoffes ab; die anderen und diese Mittel sind gerade diejenigen, deren Wirkung sich am vortheil - haftesten bewährte erhöhen gleichzeitig die basische Beschaffenheit der Schlacken und erniedrigen die Schmelztemperatur derselben. Es ist bekannt, dass Phosphor und Schwefel leichter von basischen als von sauren Schlacken aufgenommen werden (ersterer als Phosphat, letzterer als Schwefelmetall), und dass auch schon die Anwesenheit einer eisenreichen Schlacke allein ausreicht, einen grossen Theil des Phosphors zu verschlacken, sofern die Temperatur nicht allzu hoch ist; mit dem Eisengehalte aber steigt die Schmelztemperatur der Schlacke und sie wird schliesslich so dickflüssig trocken sagt man in den Puddelwerken , dass sie die Erzielung eines brauchbaren Eisens erschwert. Durch den Hinzutritt anderer Basen, insbesondere Mangan - oxydul oder Alkalien, lässt sich, wie bekannt, dieser Uebelstand ab - mindern, und die genannten Körper gewähren obenein den Vortheil, als kräftigere Basen zu wirken.

Gewisse Verbindungen, welche verschiedentlich angewendet worden sind, erstrecken ihre Wirksamkeit gleichzeitig in beiden erwähnten Richtungen als Oxydationsmittel und als Basenbildner; hierher gehören Braunstein und Salpeter.

Häufig hat man Chloride oder Fluoride zur Anwendung gebracht: Kochsalz, oder ein Gemisch desselben mit Chlorcalcium (Scheerer - sches Pulver), auch Stassfurter Kalisalze, oder Flussspath. Die in früherer Zeit vielfach gehegte Ansicht, dass durch den Chlor - oder Fluorgehalt dieser Körper Phosphor verflüchtigt werde, hat sich zwar nicht bestätigt, da sich der ganze Phosphorgehalt in der Schlacke wieder - findet, während sowohl die Alkalien wie Chlor und Fluor im Verlaufe des Processes allmählich verflüchtigt werden; eine gewisse Wirksam - keit ist indess jenen Verbindungen nicht abzusprechen, indem sie wenig - stens im Anfange des Processes, wo die Phosphorabscheidung in der niedrigeren Temperatur am leichtesten von Statten geht, die Bildung basischer und doch leichtflüssiger Schlacken befördern. Flussspath bildete im Laufe der siebenziger Jahre ein nicht selten benutztes Zu - satzmittel beim Verpuddeln phosphorreichen Eisens.

Einen ungefähren Maassstab für die Wirkung solcher Zusätze erhält man durch einen Vergleich folgender Analysen von Eisen und Schlacke, theils mit, theils ohne Zuschlag unter übrigens ganz gleichen Verhältnissen im Puddelofen erzeugt. 1)Die Analysen wurden von mir im Jahre 1876 für ein befreundetes Eisen - werk angestellt, welches sich von der Wirkungsweise der Zuschläge überzeugen wollte.Als Material diente ein weisses, etwas manganhaltiges, sehr phosphorreiches Roheisen von Ilseder Hütte. 2)Vollständige Analysen Ilseder Roheisens auf S. 315.Als Zuschlag wurde ein Gemisch von Flussspath mit Braunstein, Chlor - natrium und Chlorkalium gegeben. Es enthielt:

a) Das Eisen:

795Die Zuschläge beim Puddeln.

b) Die Schlacken (am Ende des Processes dem Ofen entnommen):

ohne Zuschlag gepuddelt
    • Fe O60.18
    • Fe2 O311.31
    Fe = 54.72
  • Mn O5.14
  • Mg O0.00
  • Ca O0.00
  • P2 O516.05
  • Si O26.10
  • S0.57
  • Mn0.98
  • Alkalien0.00
  • 100.33
mit Zuschlag gepuddelt
    • Fe O53.04
    • Fe2 O37.94
    Fe = 46.81
  • Mn O11.22
  • Mg O1.92
  • Ca O1.06
  • P2 O517.42
  • Si O25.86
  • S0.56
  • Ca0.70
  • Alkalienn. best.
  • 99.72

Die Einwirkung der Zuschläge ist sowohl bei der Zusammen - setzung des Eisens als derjenigen der Schlacken deutlich bemerkbar, aber sie ist nicht sehr erheblich. Die Zusammensetzung der ohne Zu - schlag erzeugten Schlacke lässt erkennen, dass auch die eisenreiche Schlacke an und für sich schon geeignet ist, reiche Mengen von Phos - phor aufzunehmen; und es würde jedenfalls ein noch phosphorärmeres Eisen aus dem phosphorreichen Roheisen dargestellt werden können, wenn man im Stande wäre, mit grösseren Schlackenmengen auf das Roheisen zu wirken. Die Eigenthümlichkeit des Puddelprocesses wie der Fassungsraum des Ofens aber setzen in dieser Beziehung eine Grenze. In solchen Fällen also würde eine vorausgehende Entphosphorung des Roheisens vor dem Verpuddeln desselben (S. 625) am Platze sein. Die Gründe, weshalb auch dieses Verfahren verhältnissmässig selten zur Anwendung gebracht wird, wurden theilweise schon auf S. 627 berührt. Die Entphosphorung ist nicht ohne Kosten zu bewirken, und der seit Ende des achten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts in die Praxis ein - geführte Thomasprocess giebt ein Mittel, auch die phosphorreichsten Roheisensorten ohne besondere Vorbereitungsprocesse in fast phosphor - freies Flusseisen umzuwandeln.

Im Uebrigen lassen die oben mitgetheilten Analysen erkennen, dass der durch Anwendung chemischer Zuschläge beim Puddeln erlangte Erfolg kaum immer mit den Kosten dieser Zuschläge im Einklange stehen dürfte.

Chemische Untersuchungen.

Ziemlich häufige Untersuchungen sind im Laufe der Zeit von ver - schiedenen Forschern zur Erkennung des Puddelprocesses, insbesondere der allmählichen Umwandlungen, welche das Eisen dabei erfährt, an - gestellt worden. 1)Die ersten diesbezüglichen Untersuchungen dürften von Calvert und Johnson herrühren, welche die erlangten Ergebnisse im Philosophical Magazine 1857 veröffentlichten. Auch in Wedding, Darstellung des schmiedbaren Eisens, sind dieselben auf S. 233 mitgetheilt.Es folgt aus dem früher Gesagten, dass der Verlauf dieser Umwandlungen nicht immer genau derselbe sein kann. Er wird von der Beschaffenheit des angewendeten Roheisens selbst, der Tempe - ratur im Ofen, der Menge und chemischen Beschaffenheit der zugesetzten Schlacke, dem Zeitpunkte, wann dieser Schlackenzusatz stattfand, end -51*796Die Darstellung des Schweisseisens.lich auch von der Beschaffenheit, welche das Enderzeugniss erhalten sollte, abhängig sein.

Beispiele.

1. Darstellung von gewöhnlichem kohlenstoffarmem (also sehnigem) Schweisseisen aus halbirtem, mässig gaarfrischendem Roheisen auf einem englischen Eisenwerke. Puddelofen mit Unterwind. Der Herd wurde vor dem Einsetzen des Roheisens mit etwa 50 kg Hammerschlag be - setzt, worauf alsdann als Roheisen (200 kg) eingebracht wurde. Analysen von H. Louis. 1)The Journal of the Iron and Steel Institute 1879, p. 219.

Die Analysen zeigen eine rasche Abnahme des Siliciums, eine all - mähliche und ziemlich gleichmässige Abnahme des Kohlenstoffes, wäh -

Fig. 228.

797Chemische Untersuchungen des Puddelprocesses.rend Phosphor vorzugsweise im Anfange und dann während des Luppen - machens austritt. Es lässt sich jedoch mit Sicherheit annehmen, dass hier wie bei allen ähnlichen Untersuchungen der in den vor - letzten Proben gefundene Phosphor zum Theile von der eingemengten Schlacke herrührt; und dass diese Schlackenmenge nicht gering war, ergiebt sich aus der Menge der zugleich in den Proben gefundenen Kieselsäure, welche z. B. in der beim Beginne des Umsetzens genom - menen Probe 1.37 Proc. betrug.

Eine graphische Darstellung des Verlaufes dieses Processes in der Weise, wie auch der Herdfrischprocess dargestellt wurde (S. 768), giebt, wenn man die muthmaassliche Zusammensetzung des Roheisens ein - fügt, die in Fig. 228 verzeichneten Curven.

2. Darstellung von Feinkorneisen aus silicium - und mangan - reichem, rohfrischendem Roheisen in einem gewöhnlichen Steinkohlen - Puddelofen auf einem oberschlesischen Eisenwerke. Schlackenzusatz wurde erst nach dem Einschmelzen des Roheisens gegeben. Analysen von J. Kollmann. 1)Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ingenieure 1874, S. 326.

Die Analysenreihe ist recht charakteristisch für den Verlauf des Processes bei Verarbeitung von sehr siliciumreichem und zugleich manganhaltigem, also stark rohfrischendem Roheisen. Silicium und Mangan treten rasch aus, die Gesammtmenge des Eisens nimmt infolge davon ab und der Procentgehalt an Kohlenstoff wächst, bis schliesslich auch dessen Verbrennung beginnt.

Die graphische Darstellung des Verlaufes ist durch Fig. 229 auf S. 798 gegeben.

798Die Darstellung des Schweisseisens.
Fig. 229.

3. Darstellung von Stahl aus einem silicium - und manganhaltigen, mässig rohfrischenden Roheisen in einem (jetzt nicht mehr vorhande - nen) Holzgaspuddelofen auf dem Eisenwerke zu Zorge. Einrichtung des Ofens wie in Fig. 224 auf S. 783 dargestellt. Analysen von A. Schilling. 1)Berg - und hüttenm. Zeitg. 1863, S. 313.

799Chemische Untersuchungen des Puddelprocesses.

Das hier verwendete Roheisen war weit weniger silicium - und manganreich als das des vorigen Beispiels, die Temperatur im Gas - puddelofen muthmaasslich höher als in jenem Ofen mit directer Feue -

Fig. 230.

rung; daher verbrennt hier schon Kohlenstoff beim Einschmelzen neben Mangan und Silicium. Fig. 230 zeigt den Verlauf des Processes in diesem Falle.

In allen den besprochenen, wie auch in anderen Fällen wurden auch die Schlacken des Puddelprocesses in den verschiedenen Stadien desselben der Untersuchung unterworfen. Obgleich nun allerdings die Zusammensetzung derselben theilweise von Nebenumständen (Einwerfen fremder Schlacke u. s. w.) abhängig ist, so zeigen doch im Grossen und Ganzen die Aenderungen, welche die Zusammensetzung der Schlacke während des Processes erfährt, eine weit grössere Ueberein - stimmung in verschiedenen Fällen als beim Eisen. Der Kieselsäure - gehalt zeigt während des Processes selten sehr erhebliche Abweichungen, sofern nicht etwa nach beendigter Oxydation des Siliciumgehaltes des Roheisens Schlacke abgelassen wird; der Eisenoxydgehalt (Fe2 O3) nimmt regelmässig beim Beginne des Processes ab, um erst am Schlusse wieder auf den ursprünglichen Stand zurückzukehren. Dieser Umstand beweist deutlich, dass, wie schon früher hervorgehoben wurde, gerade das Eisenoxyd im Puddelofen als kräftiges Oxydationsmittel auf Kohle, Silicium, Phosphor, Mangan einwirkt.

Als Beispiele mögen die zu den oben mitgetheilten Roheisen - analysen zugehörigen Schlackenanalysen folgen.

800Die Darstellung des Schweisseisens.

1. Sehneeisendarstellung auf einem englischen Eisenwerke.

Die bedeutende Abnahme des Kieselsäure - und Phosphorgehaltes der Schlacke im letzten Stadium des Processes erklärt sich hier aus dem Umstande, dass vor der Entnahme der Schlackenprobe Schlacke abgelassen wurde. Unter der fortgesetzten Einwirkung der Ofengase auf die bereits fertigen Luppen aber wurde unausgesetzt Eisen oxydirt und eine sehr eisenreiche, kieselsäure - und phosphorsäureärmere Schlacke gebildet.

2. Feinkorneisendarstellung aus silicium - und manganreichem Roh - eisen auf einem oberschlesischen Eisenwerke.

3. Stahldarstellung in Zorge.

Die Erzeugnisse.

Die Rohschienen, das erste Erzeugniss des Puddelprocesses, sind, wie schon oben hervorgehoben wurde, von Schlacke reichlich durchsetzt und erfordern eine fernere Reinigung durch Schweissen,801Das Puddeln in Drehöfen.und Walzen, sofern man sie nicht als Material für Flusseisendar - stellung benutzen will.

Die charakteristischen Eigenthümlichkeiten des geschweissten Puddeleisens im Vergleiche zu anderm Schweisseisen, insbesondere zum Herdfrischeisen wurden schon früher erwähnt: aus vorzüglichem Roheisen lässt sich zwar im Frischfeuer ein schmiedbares Eisen dar - stellen, welches sich vor dem Puddeleisen durch grössere Geschmeidig - keit auszeichnet; aber aus geringwerthigeren, besonders phosphor - reichen Roheisensorten gelingt es leichter im Puddelofen als im Frisch - feuer, ein noch brauchbares Eisen zu erzeugen.

Die Schlacken des Puddelprocesses sind, wie die oben mitgetheilten Analysen nachweisen, den Frischfeuerschlacken sehr ähnlich und wie diese reich an Eisenoxyden, aber auch, sofern man phosphorreiches Roheisen verarbeitete, reich an Phosphorsäure (vergl. die Analyse auf S. 795). Die phosphorsäurereichen Schlacken kommen auf die Halde oder werden beim Hochofenbetriebe wieder zugesetzt; die phosphor - säureärmeren bleiben im Puddelofen, bis auch ihr Phosphorgehalt sich soweit angereichert hat, dass ein Ersatz geboten erscheint.

7. Das Puddeln in Drehöfen.

Einleitung.

Derselbe Zweck, welchen man bei Einführung der Puddelmaschinen im Auge hatte, die Ersparung an menschlicher Arbeit, lässt sich auch erreichen, wenn man, statt die Mischung der Schlacke und des Roh - eisens durch Rühren zu bewirken, den Herd des Ofens beweglich macht und durch dessen Drehung eine stets erneuerte Mischung jener Körper herbeiführt. Hierdurch fällt dann allerdings jene charakteristische Eigen - thümlichkeit des Puddelverfahrens, das Rühren, ganz weg, welche dem Processe den Namen gegeben hat; dennoch hat man die Bezeichnung Puddeln auch für dieses Verfahren beibehalten.

Der chemische Verlauf des Processes ist in der That demjenigen in feststehenden Oefen ausserordentlich ähnlich. Auch hier ist es die zugesetzte eisenreiche Schlacke, welche die Oxydation des Siliciums, Phosphors, Kohlenstoffes und Mangans bewirkt, indem der Eisen - oxydgehalt derselben zu Oxydul, der Oxydulgehalt theilweise zu metalli - schem Eisen reducirt wird. Dennoch sind einige Unterschiede be - achtenswerth.

Da bei dem Drehofen die Arbeit des Rührens wegfällt, so kann derselbe während der ganzen Zeit der chemischen Thätigkeit geschlossen gehalten werden. Die Einströmung äusserer Luft und die damit ver - knüpfte Abkühlung und Oxydation fällt weg, der Brennstoffverbrauch ist günstiger, der Abbrand geringer.

Während in dem feststehenden Puddelofen die Mischung des Eisens und der Schlacke in jedem Augenblicke nur an einer Stelle vor sich geht, da, wo der Rührhaken sich gerade befindet, und man durch niedrige Temperatur einer allzu raschen Entmischung der Körper vor - beugen muss, wird in dem Drehofen die Mischung der ganzen ge - schmolzenen Masse ununterbrochen erneuert. Die Reaction wird dadurch802Die Darstellung des Schweisseisens.gleichmässiger; man ist aber auch im Stande, den Process in höherer Temperatur durchzuführen. Letzterer Umstand ruft dann eine energi - schere chemische Thätigkeit hervor; neben dem Eisenoxyd tritt das Eisenoxydul als kräftiges Oxydationsmittel in Wirksamkeit, metallisches Eisen wird aus demselben reducirt und auch infolge hiervon wird der Abbrand geringer. Jenes Ziel, ohne Abbrand zu arbeiten, indem man die Oxydation der verschiedenen ausscheidenden Körper durch Eisen - oxydul bewirken lässt und für dieselben metallisches Eisen zuführt, wird daher erfahrungsmässig im Drehofen leichter als im stehenden Puddelofen erreicht. 1)Es sei gestattet, daran zu erinnern, dass obige Erörterungen vorläufig nur theoretischer Natur sind, um darzulegen, welche Vortheile ein Drehofen gegenüber dem feststehenden Ofen gewähren kann. Die Einrichtung des Ofens selbst spricht natürlich sehr wesentlich bei den Erfolgen mit. Thatsache ist es, dass das Aus - bringen in Drehöfen im Allgemeinen günstiger ist als in feststehenden und mit - unter schon höher war als das Gewicht des eingesetzten Roheisens.

Der Umstand aber, dass das Rühren des Eisens mit der Kratze wegfällt, ermöglicht den Zusatz reichlicherer Mengen oxydirender Körper (Schlacken) als im feststehenden Ofen; der andere Umstand, dass der Zutritt der äusseren, oxydirend wirkenden Luft beschränkt ist, macht diesen reichlicheren Zusatz sogar nothwendig. Je grösser aber die Menge der anwesenden eisenreichen Schlacke ist, desto kräftiger vermag sie auf den Phosphorgehalt des eingesetzten Eisens einzuwirken; und hieraus erklärt es sich, dass im Drehofen durchschnittlich eine weitergehende Entphosphorung herbeigeführt wird, als im feststehenden.

Wenn trotz dieser unleugbaren Vorzüge die Drehöfen beim Puddel - betriebe sich nur sehr vereinzelt Eingang zu verschaffen vermochten, so sind die Gründe dafür in verschiedenen Umständen zu suchen. Die Bewegung des Ofens erfordert einen mechanischen Arbeitsaufwand, der nicht ohne Kosten zu bestreiten ist; und in manchen Fällen werden diese Kosten kaum erheblich niedriger sein als die Ersparung an Arbeits - löhnen. Die Einrichtung eines Drehofens ist weit kostspieliger als die eines feststehenden, die erforderlichen Reparaturen sind naturgemäss häufiger als bei letzterem. Insbesondere ist die Herstellung des Futters eines Drehofens schwieriger, da desselbe nicht allein gegen die chemi - schen Einflüsse des Processes widerstandsfähig sein, sondern auch den Erschütterungen u. s. w. beim Drehen des Ofens gegenüber sich als haltbar erweisen muss; und öfter als im feststehenden Ofen muss das Futter erneuert werden. Damit die höheren Anlagekosten des Dreh - ofens vortheilhafter ausgenutzt werden, wird man denselben für grössere Einsätze herrichten; während aber der Einsatz des feststehenden Ofens in mehrere kleine Luppen getheilt wird, die dann einzeln gezängt und ausgewalzt werden, erfolgt in den meisten Drehöfen und zwar gerade in denjenigen, deren Ergebnisse am günstigsten waren unter Aus - schluss fast aller Handarbeit eine einzige sehr grosse Luppe, die als - dann, um gezängt und gewalzt zu werden, ganz besonderer umfang - reicher Apparate bedarf.

Dennoch würde das Drehpuddeln zweifellos eine ausgedehntere Anwendung gefunden haben, nachdem die ersten Schwierigkeiten über -803Die Drehpuddelöfen.wunden worden waren, welche sich, wie so häufig bei neuen Ein - richtungen, auch bei der Einführung der Drehöfen zeigten, wenn der Bedarf an geschweisstem Eisen mit dem Bedarfe an schmiedbarem Eisen überhaupt Schritt gehalten hätte. Jene Zeit aber, wo man anfing, ver - besserte Constructionen von Drehpuddelöfen in die Praxis einzuführen (Anfang der siebenziger Jahre dieses Jahrhunderts), grenzte schon hart an die neueste Epoche des Eisenhüttengewerbes, in welcher das Fluss - eisen allem Schweisseisen mehr und mehr den Rang streitig macht, und in welcher voraussichtlich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt die Schweiss - eisendarstellung überhaupt an Wichtigkeit und Umfang verlieren wird.

So erklärt es sich leicht, dass für die meisten Eisenwerke die Ver - anlassung fehlte, neue und kostspielige Anlagen für Schweisseisen - darstellung zu begründen.

Die Drehpuddelöfen.

Die erste Construction eines Drehpuddelofens rührt von dem Schweden Oestlund her, welcher im Jahre 1859 einen solchen auf dem Eisenwerke zu Finspong erbaute. Derselbe bestand aus einem topfartigen Gefässe an dem oberen Ende einer schräg stehenden, sich drehenden Welle. Die Heizung fand durch Gase statt, welche in die Mündung des Gefässes einströmten; eine besondere Vorrichtung diente dazu, die Welle sammt dem Gefässe nach beendigter Umwandlung des Roheisens zu kippen, um die Luppe herausrollen zu lassen. Ausser in Finspong hat der Oestlund’sche Ofen in seiner ursprünglichen Form keine Anwendung gefunden. 1)Abbildung dieses Ofens und Beschreibung des Betriebes: Jahrbuch der Berg - akademieen zu Leoben und Přibram, Bd. IX, S. 162; Revue universelle des mines, sér. II, tom. III, p. 100; Wedding, Darstellung des schmiedbaren Eisens, S. 296.

Auch eine in den siebenziger Jahren von den Engländern Godfrey und Howson auf einigen Eisenwerken Clevelands eingeführte ver - besserte Form des Oestlund’schen Ofens hat einen nennenswerthen oder zur Nachahmung anregenden Erfolg nicht gehabt. 2)Abbildung: The Journal of the Iron and Steel Institute 1877, p. 416.

Der auf S. 128 besprochene Tellerofen von Pernot war ur - sprünglich für den Puddelprocess bestimmt. Da aber das Umsetzen und Luppenmachen hier durch Handarbeit geschehen musste, so wurde verhältnissmässig wenig menschliche Arbeit bei der Anwendung des - selben gespart; der Ofen besass, sofern er zum Puddeln diente, die Nachtheile aller Drehöfen ohne die Vortheile mancher derselben, und seine Anwendung gelangte deshalb nicht über das Versuchsstadium hinaus.

Erfolgreicher waren solche Oefen, die schon auf S. 127 kurz erwähnt und als Cylinderöfen bezeichnet wurden: mit cylindrischem oder tonnenförmigem Herde und wagerechter Drehungsachse, also im Wesentlichen ebenso angeordnet, wie der auf S. 719 abgebildete Sie - mens’sche Drehofen für directe Eisendarstellung (Fig. 212 und 213).

Schon im Jahre 1862 wurde in Finspong an Stelle des älteren Oestlund’schen Topfofens ein solcher Cylinderofen durch Ekman804Die Darstellung des Schweisseisens.gebaut1)Revue universelle des mines sér. II, tome III, p. 110.; verschiedene ähnliche Constructionen wurden im Laufe der sechziger Jahre vorgeschlagen2)Wedding, Darstellung des schmiedbaren Eisens, S. 298., ohne praktische Bedeutung zu erlangen. Manche derselben scheiterten an der Schwierigkeit, ein oxydirendes und bei der Drehung ausreichend haltbares Futter herzustellen. Besseren Erfolg hatte ein von dem Amerikaner Danks im Jahre 1871 erbauter Ofen, welcher mit einigen, später von dem Eisenwerke Creusot in Frankreich angebrachten Verbesserungen in Fig. 231 234 abge - bildet ist. 3)Aus A. v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris im Jahre 1878.

Fig. 231 stellt den Längsschnitt durch den ganzen Ofen dar. Links befindet sich die feststehende Feuerung, mit geschlossenem Aschenfall und Unterwind versehen. Erforderlichen Falles kann durch die beiden Schlitze a a auch Oberwind aus dem über dem Feuerungsraume befind - lichen Windsammelraume b zugeführt werden. Durch eine gekühlte Feuerbrücke ist der Feuerungsraum von dem Mitteltheile des Ofens, dem drehbaren Herde getrennt.

Wie die Abbildungen Fig. 232, 233 und 234 erkennen lassen, ist der letztere von einem cylindrischen Eisenmantel umgeben und wird von vier Rollen c c getragen. Auf dem Mantel ist ein Zahnkranz d befestigt, der mit einem seitlich gelagerten Getriebe im Eingriffe steht (Fig. 232) und die von einer Transmissionswelle ausgehende Bewegung auf den Ofen überträgt.

Das ganze Drehstück der in Creusot gebauten Oefen ist mit Wasser gekühlt, wodurch die Haltbarkeit des Futters erheblich vergrössert wird. Wie Fig. 231 erkennen lässt, ist zu diesem Zwecke ein doppelter Mantel angebracht; zwischen welchem das Kühlwasser hindurchfliesst. Damit aber der Zu - und Abfluss desselben bei der Drehung des Ofens nicht unterbrochen werde, ist der Zuflussstutzen k (Fig. 234) an einem Ringe angebracht, in welchem der Ofen sich dreht, und durch Oeff - nungen des äusseren Mantels tritt nun das Wasser in den Zwischen - raum ein, um in ganz ähnlicher Weise unten abgeleitet zu werden.

In der Mitte des Ofens ist eine mit Wasser gekühlte Brücke l angebracht (Fig. 231 und 234), welche ebenfalls eine Eigenthümlichkeit der in Creusot gebauten Oefen bildet und den Zweck hat, den ge - sammten Einsatz in zwei Hälften zu sondern, so dass am Schlusse des Processes zwei Luppen statt einer erfolgen.

Aus dem Herde gelangen die Gase in einen an der rechten Seite (Fig. 231) befindlichen Fuchs, welcher ebenfalls mit Kühlvorrichtung versehen ist, und von hier aus durch einen seitlichen Kanal q (Fig. 233) nach der Esse. Dieser Fuchs ist, damit das Ofeninnere zugänglich sei und die Beschickung wie die Entleerung des Ofens ohne Schwierigkeit bewirkt werden kann, ebenfalls beweglich, und zwar lässt er sich bei dem abgebildeten Ofen nach oben hin aufklappen. Fig. 233 lässt diese Einrichtung mit ausreichender Deutlichkeit erkennen. Zur Ausführung der Bewegung dient ein unter dem Boden angebrachter, in Fig. 233 abgebrochen gezeichneter Cylinder, dessen Kolben eine Zahnstange auf

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[figure]

805Das Arbeitsverfahren beim Drehpuddeln.und nieder bewegt. Die Zahnstange greift in ein auf der Drehungs - achse des Fuchses befindliches Getriebe und führt solcherart die Drehung desselben aus.

Das Futter des Danks’schen Ofens pflegt aus einem möglichst reinen Rotheisenerze mit Hammerschlag zu bestehen, welches in einzelnen Lagen eingebracht und bis zum Schmelzen erhitzt wird, worauf man Erzstücke, Drehspäne u. s. w. in die flüssige Masse eindrückt. Da das Futter jedesmal nur auf denjenigen Theil des Umfangs aufgeschmolzen werden kann, welcher sich gerade unten befindet, und der Ofen dann, wenn das eingebrachte Futter erhärtet ist, gedreht werden muss, damit an einer andern Stelle die Arbeit fortgesetzt werden könne, so erhält das Ofeninnere hierdurch von selbst den vier - oder mehrseitigen Quer - schnitt, wie er in Fig. 232 zu erkennen ist.

Danksöfen sind vorzugsweise in England (Middlesborough) in An - wendung gekommen, weniger in Nordamerika, dem Vaterlande des Erfinders. In Creusot waren im Jahre 1878 zwei Oefen der abgebildeten Art im Betriebe; in Deutschland haben die Danksöfen keine Ver - wendung gefunden.

Ein anderer Drehofen, ebenfalls mit wagerechter Drehungsachse, wurde sehr bald nach Erfindung des Danksofens durch Crampton im Arsenale zu Woolwich erbaut. Er gewährt durch den Umstand besonderes Interesse, dass zu seiner Heizung staubförmiges Brenn - material (Steinkohle) dient, welches in Vermischung mit der zur Ver - brennung erforderlichen Luft durch ein Gebläse von der Stirnseite her in den glühenden Ofen geführt wird, dessen hohe Temperatur sofort die Entzündung bewirkt. Der Austritt der Verbrennungsgase findet an derselben Seite wie der Eintrit des Brennstoffes statt; das Kopfstück mit den Ein - und Auslassvorrichtungen ist, wie der Fuchs des Danks’schen Ofens, drehbar, die Rückseite des Ofens ist geschlossen. 1)Abbildung eines solchen Ofens: The Journal of the Iron and Steel Institute 1874, p. 384; Revue universelle des mines, tome XXXVII.

Die erforderlichen Einrichtungen zur Zerkleinerung des Brenn - stoffes, Vermischung desselben mit Luft, u. s. w. machen die ganze Anlage eines solchen Ofens oder einer solchen Ofengruppe etwas schwer - fällig, und ausser in Woolwich hat deshalb der Cramptonofen keine Benutzung gefunden.

Das Arbeitsverfahren.

Die nachfolgenden Angaben beziehen sich vorzugsweise auf den Danksofen, welcher, wie schon erwähnt wurde, unter allen Drehöfen am häufigsten verwendet worden ist.

Da die Erfahrung lehrte, dass das Einschmelzen des Roheisens (während dessen eine Drehung des Herdes kaum stattfinden kann) in dem Puddelofen selbst ziemlich langsam von Statten geht, so zieht man es zur besseren Ausnutzung des Ofens gewöhnlich vor, besondere Schmelzöfen Cupolöfen oder, wie in Creusot, Flammöfen dafür zu verwenden. Der jedesmalige Roheiseneinsatz betrug bei den ersten Danksöfen nicht mehr als 400 450 kg, der oben abgebildete Ofen zu Creusot dagegen ist für einen Einsatz von 1000 kg bestimmt.

806Die Darstellung des Schweisseisens.

Zunächst wird Schlacke in den Ofen gebracht, dann lässt man das flüssige Roheisen hinein. Der Fuchs wird geschlossen und eine lang - same Drehung des Ofens beginnt. Wie im feststehenden Ofen tritt alsbald ein lebhaftes Aufkochen der flüssigen Masse ein, welche bis zum Schauloche emporsteigt. Im Anfange hält man die Temperatur etwas niedriger, später, wenn die Ausscheidung der Eisenkörner be - ginnt, wird sie gesteigert. Infolge der ununterbrochenen Drehung ballen sich die schweissbaren Eisenkörnchen zu einer kugelförmigen Luppe zusammen (bei dem Ofen zu Creusot zu zwei Luppen), und der Arbeiter unterstützt diese Luppenbildung, indem er mit einer eisernen Stange die Eisentheilchen nach der Mitte des Ofens hinschiebt.

Schliesslich wird die Luppe herausgeholt und gezängt.

Da die Zahl der überhaupt im Betriebe gewesenen Danksöfen nicht gross ist, manche dieser Oefen sogar wieder kalt gelegt worden sind, ehe sie das Versuchsstadium überschritten hatten, so zeigen die Ziffern der an verschiedenen Orten erlangten Betriebsergebnisse oft sehr ab - weichende Werthe. In Creusot gebraucht man nach Kerpely etwa 30 Minuten Zeit, um den im geschmolzenen Zustande gegebenen Roh - eiseneinsatz von 1000 kg in schmiedbares Eisen umzuwandeln, und ein Ofen kann in 24 Stunden 10 t Luppen liefern, wobei allerdings das Ofenfutter nach Verarbeitung von 10 12 Einsätzen einer gründlichen Reparatur unterworfen werden muss. Der Abgang in Creusot beträgt etwa 15 Proc., so dass aus den eingesetzten 1000 kg Roheisen durch - schnittlich 850 kg Luppeneisen erfolgen. Bei dem Besuche einer von dem englischen Iron and Steel Institute sehr bald nach Erfindung der Danksöfen nach Nordamerika entsendeten Commission1)The Journal of the Iron and Steel Institute 1872. soll dagegen das Ausbringen an Luppeneisen sogar höher gewesen sein, als der Einsatz an Roheisen (Ausbringen bis 105 Proc.); auch in Middles - borough erfolgten im Jahre 1872 nach dem Berichte einer von Belgien dorthin entsendeten Commission aus 1000 kg Roheisen ca. 1035 kg Luppeneisen. Dass die Möglichkeit eines so hohen Ausbringens nicht ausgeschlossen ist, wurde schon früher erläutert; wahrscheinlich bleibt es indess, dass dasselbe in den erwähnten Fällen zum grossen Theile durch das Gewicht der noch reichlich eingemengten Schlacke herbei - geführt wurde. Auch bei den später in England betriebenen Danksöfen ist kaum jemals ein so günstiges Ergebniss erreicht worden.

Der Verbrauch an Brennstoff im Danksofen selbst (d. h. excl. des zum Schmelzen des Roheisens erforderlichen Brennstoffes) beziffert sich in Creusot auf 450 500 kg per 1000 kg erzeugten Luppeneisens, in kleineren Oefen entsprechend höher. In Middlesborough betrug im Jahre 1872 der Kohlenverbrauch incl. der Kohlen zum Schmelzen 850 kg per 1000 kg Luppeneisen.

Chemische Untersuchungen.

Von einigen durch Snelus ausgeführten Untersuchungen2)Vergl. Literatur. über den Verlauf des Processes im Dankspuddelofen mögen folgende als Beispiel hier Platz finden.

807Literatur.

Bei der Verarbeitung eines grauen Derbyshire-Roheisens ergab sich folgende Zusammensetzung des Eisens:

Ausserdem wurden in der Luppe 0.52 Proc. Titansäure gefunden (der Ofen war mit titansäurereichem Erze ausgefuttert), offenbar ein Bestandtheil eingemengter Schlacke und auf die grosse Menge dieser Schlacke hindeutend. Auch der Umstand, dass der Siliciumgehalt der Luppe höher als derjenige der vorausgehenden Probe gefunden wurde, lässt sich nur durch den grossen Schlackengehalt der Luppe erklären, von welchem das gefundene Silicium herrührt.

Die Schlacke dieses Processes enthielt:

Literatur.

A. Grössere Werke.

  • Percy-Wedding, Handbuch der Eisenhüttenkunde. Braunschweig 1864. Abtheilung 1, S. 487 606 (directe Darstellung schmiedbaren Eisens aus Erzen).
  • H. Wedding, Die Darstellung des schmiedbaren Eisens. Braunschweig 1875 (S. 54 112 Herdfrischen; S. 113 332 Puddeln).
  • P. Tunner, Die Stabeisen - und Stahlbereitung in Frischherden. 2 Bde. 2. Auflage. Freiberg 1858.

B. Abhandlungen.

Ueber directe Darstellung des Schweisseisens.

  • C. v. Schwarz, Ein Eisenwerk Centralindiens. Zeitschr. d. berg - u. hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1879, S. 1.
  • E. Fuchs et E. Saladin, Métallurgie du fer chez les Khouys. Annales des mines, sér. VIII, tome II, p. 287.
  • T. Egleston, The American bloomary process for making iron direct from the ore. Transactions of the American Institute of Mining Engineers, vol. VIII, p. 515.
  • W. Siemens, Some further remarks regarding the production of iron and steel by direct process. The Journal of the Iron and Steel Institute 1877, p. 345.
808Die Darstellung des Schweisseisens.
  • A. L. Holley, Notes on the Siemens direct process. Transactions of the American Institute of Mining Engineers, vol. VIII, p. 321; im deutschen Aus - zuge in der Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1880, S. 140.
  • Late developments in the Siemens direct process. Transactions of the American Institute of Mining Engineers, vol. X, p. 274; deutsch in Stahl und Eisen 1883, S. 253.
  • P. Tunner, Neuere Fortschritte in der directen Darstellung des Eisens aus seinen Erzen (Siemensprocess). Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. f. Steiermark und Kärnten 1881, S. 253.
  • J. Ireland, Some recent improvements in the manufacture of iron sponge. The Journal of the Iron and Steel Institute, 1878, p. 47.
  • Der Process Dupuy zur directen Eisendarstellung. Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1879, S. 13.
  • Dupuy’s directe Eisendarstellung. Dingl. Polyt. Journ., Bd. 242, S. 290.

Ueber Herdfrischen.

  • Botischew, Ueber Veränderungen, welche das Roheisen während des Frischprocesses erleidet. Oesterr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1862, S. 228 aus dem Russischen Berg-Journal 1862, Bd. 1, S. 238.
  • R. Åkerman, Die schwedische Eisenindustrie. Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. f. Steiermark und Kärnten 1877, S. 120.

Ueber Puddeln und Drehpuddeln.

  • K. List, Beitrag zur Theorie des Puddelprocesses. Programm der Gewerb - schule zu Hagen 1860, S. 4; Wagner’s Jahresbericht der chemischen Tech - nologie für 1860, S. 46.
  • K. List, Ueber das Verhalten des Siliciums beim Frischen des Roh - eisens. Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ingenieure, Bd. IX, S. 380.
  • K. List, Anmerkungen über die Wichtigkeit des Eisenoxydgehaltes der Frischschlacken. Zeitschr. des Ver. deutsch. Ingenieure, Bd. XIX (1875), S. 19.
  • J. Kollmann, Beiträge zur Untersuchung des Puddelprocesses. Ztschr. d. Vereins deutsch. Ingenieure, Bd. XVIII (1874), S. 325.
  • A. Schilling, Beiträge zur Kenntniss des Puddelprocesses. Berg - u. hüttenm. Ztg. 1863, S. 313; Wagner’s Jahresbericht der chemischen Tech - nologie, Bd. 9, S. 61.
  • Chr. Lan, Studien über die Reactionen beim Verfrischen des Guss - eisens. Berg - und hüttenm. Ztg. 1860, S. 181 aus den Annales des mines, série V, tome XV.
  • Dr. Drassdo, Ueber die chemischen Vorgänge bei Ueberführung des Roheisens in Stabeisen durch den Puddelprocess. Zeitschr. f. Berg -, Hütten - und Salinenwesen 1863, S. 170.
  • G. J. Snelus, Die chemischen Vorgänge beim Puddeln im Danksofen. Dingl. Polyt. Journal, Bd. 204, S. 216.
  • H. Louis, On the chemistry of puddling. The Journal of the Iron and Steel Institute 1879, p. 219.
  • L. Bell, Ueber die Ausscheidung des Phosphors vom Eisen bei der Raffinirung im Puddelofen. Zeitschr. des berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1877, S. 385.
  • Petersen, Der Puddelprocess mit Bezug auf die Entphosphorungsfrage. Wochenschr. d. Ver. deutsch. Ingenieure 1880, S. 35.
  • P. Roberts, The puddling process, past and present. Transactions of the American Institute of Mining Engineers, vol. VIII, p. 355; Deutsch in der Zeitschr. d. berg - u. hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1880, S. 191.
809Literatur.
  • Zusammenstellung über die Betriebsverhältnisse von Puddel - und Schweissöfen. Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ingenieure, Bd. XVI (1872), S. 673.
  • L. Bell, Price’s retort furnace. The Journal of the Iron and Steel Institute 1875, p. 451.
  • A. Raze, Note sur l’application du système Bicheroux aux fours à puddler. Revue universelle des mines, série II, tome I (1877), p. 196.
  • J. de Macar, Note sur l’application du système Boëtius au puddlage. Revue universelle des mines, série II, tome I, p. 202.
  • Anwendung des Bicheroux-Systems auf Puddelöfen in der Eisenhütte zu Ougrée. Stahl und Eisen 1882, S. 429.
  • R. v. Borbely, Ueber den Betrieb der Regenerativ-Puddelöfen. Zeitschr. des berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1878, S. 208.
  • Dr. Kosmann, Ueber den Puddelbetrieb in dem Siemens’schen Gas - regeneratorofen. Zeitschr. für Berg -, Hütten - und Salinenwesen, Bd. 18 (1870), S. 145.
  • S. Jordan, Notice sur le puddlage mécanique en Suède. Revue universelle des mines, série II, tome III (1878), p. 100.
  • H. Kirk, On puddling in ordinary and rotary furnaces. The Journal of the Iron and Steel Institute 1876, p. 367; 1877, p. 140.
  • T. R. Crampton’s revolving furnace and its products. The Journal of the Iron and Steel Institute 1874, p. 384.
  • R. Howson, On mechanical puddling. The Journal of the Iron and Steel Institute 1877, p. 416.
  • Ueber die Anwendung von Maschinen beim Puddelbetriebe. Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ingenieure, Bd. XI (1867), S. 107.
  • E. Fisher-Smith, On the Casson-Dormoy puddling furnace. The Journal of the Iron and Steel Institute 1876, p. 109.
  • Report of the Belgian commission on the working of the Danks rotary puddling furnace. The Journal of the Iron and Steel Institute 1872, p. 311.
  • Duree’s Petroleum-furnace. Iron, vol. XXI, p. 494.
  • Fr. Kupelwieser, Studien über die Benutzung der Abhitze von Puddel - und Schweissöfen. Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben und Přibram, Bd. 19, S. 289.
  • Dr. Kollmann, Die Anordnung und Construction der Luppenwalzwerke, Berg - und hüttenm. Ztg. 1878, S. 53.

IV. Die Darstellung des Flusseisens.

1. Ueber einige Eigenthümlichkeiten des Flusseisens und die Erzielung dichter Güsse.

Infolge seines flüssigen Entstehungszustandes ist das Flusseisen, wie schon mehrfach hervorgehoben worden ist, schlackenfrei und inner - halb eines und desselben Gussblockes gleichartig zusammengesetzt.

Die letztere Eigenschaft, die Gleichartigkeit der Zusammensetzung, hat jedoch, was wohl zu beachten ist, ihre Grenzen.

Auf S. 218 wurde alles technisch dargestellte Eisen als eine Legi - rung des Eisens mit anderen Körpern Kohlenstoff, Silicium, Phos - phor, Schwefel, Mangan u. s. w. bezeichnet. Wie zahlreiche andere Legirungen besitzt diese die Eigenschaft zu saigern, d. h. bei allmäh -Ledebur, Handbuch. 52810Die Darstellung des Flusseisens.licher Abkühlung in Legirungen von verschiedener Zusammensetzung und verschiedener Erstarrungstemperatur zu zerfallen (S. 219). Deut - lich zeigt sich eine solche Saigerung bei dem Roheisen, dessen Gehalt an fremden Körpern verhältnissmässig gross ist (S. 293); eine genauere Untersuchung lässt auch beim Flusseisen den nämlichen Vorgang erkennen. Die Folge davon ist, dass doch auch in der Zusammen - setzung eines und desselben Flusseisenblockes oder Gussstückes an verschiedenen Stellen wahrnehmbare Unterschiede auftreten können. Je langsamer die Abkühlung stattfand, je grösser also der gegossene Eisenblock ist und je grösser die Menge der in ihm enthaltenen fremden Körper, desto deutlicher werden diese Unterschiede sich zeigen. Zur besseren Beleuchtung dieses Verhaltens des Flusseisens liess Snelus einen sehr grossen Flusseisenblock 0.48 m im Durchmesser, 2.13 m hoch, dessen Schwefel - und Phosphorgehalt absichtlich etwas angereichert war, sehr langsam erstarren und fand dann folgende abweichende Zusam - mensetzung zweier Platten, deren eine in der Nähe des oberen Endes und deren andere unweit vom Boden ausgeschnitten war. 1)Vergl. Literatur. Die oben mitgetheilten Ziffern sind die Durchschnittswerthe aus mehreren in der Originalabhandlung mitgetheilten, übrigens gut übereinstimmen - den Analysen.

Auch in der Zusammensetzung am Rande und in der Mitte des Blockes (wo das Eisen zuletzt flüssig bleibt) zeigten sich nicht unerheb - liche Abweichungen; so z. B. zeigten sechs Proben, welche der Reihe nach an sechs Punkten einer von der Ecke nach der Mitte gezogenen Diagonale genommen wurden, folgende Gehalte an Kohlenstoff, Schwefel und Phosphor (Probe Nr. 1 ist die zunächst am Rande, Nr. 6 die aus der Mitte des Blockes genommene):

Wie man sieht, sind hier die Unterschiede am oberen Ende weit bedeutender als am unteren.

Auch bei kleineren und deshalb rascher erstarrenden Blöcken mit geringerem Gehalte an legirten Körpern zeigten sich an verschiedenen811Ueber einige Eigenthümlichkeiten des Flusseisens.Stellen ziemlich deutliche, wenn auch selbstverständlich nicht so scharf wie in dem ersten Falle hervortretende Unterschiede; z. B. bei einem Blocke aus Martinflusseisen 1.06 m hoch, 0.53 × 0.43 m stark:

Letztere Analysenreihe lässt erkennen, dass allerdings in den wenigsten Fällen die durch Saigerung hervorgerufenen Abweichungen der chemischen Zusammensetzung gross genug sein werden, um eine besondere praktische Bedeutung zu besitzen. Mehrere der Abweichungen sind nicht bedeutender als die auch bei den genauesten Analysen vor - kommenden kleinen Unterschiede.

Auch jene Folge der Saigerung, welche beim Gusseisen als An - brand bezeichnet zu werden pflegt (S. 293), ist beim Flusseisen mit - unter deutlich zu erkennen. Tropfen einer Legirung mit niedriger Schmelztemperatur werden beim Erstarren und Zusammenziehen des übrigen Metalles zwischen den Poren desselben aus dem Innern her - ausgequetscht und erstarren an der Aussenfläche des Gussblockes in Form rundlicher oder plattgedrückter Kügelchen.

Zertheilt man einen gegossenen, übrigens noch unbearbeiteten Flusseisenblock oder ein anderes aus dem Flusseisen gefertigtes Guss - stück in zwei Hälften, so wird man nur in einzelnen Fällen eine voll - ständig dichte Bruchfläche erkennen; mit Hilfe einer Lupe wird man fast immer mehrere, wenn auch bisweilen nur kleine, Hohlräume auf der Bruchfläche wahrnehmen können; häufig treten solche Hohlräume in grösserer Zahl und in grösseren Abmessungen (bis zu einigen Centi - metern Durchmesser und Länge) auch dem unbewaffneten Auge deut - lich entgegen; und in einzelnen Fällen ist die ganze Bruchfläche mit solchen Hohlräumen durchsetzt.

Die Eigenschaft, solche Hohlräume im Innern beim Uebergange aus dem geschmolzenen in den festen Zustand zu bilden, theilt das Flusseisen mit zahlreichen anderen Metallen (Kupfer, Nickel, Silber u. s. w.); und je stärker ausgeprägt diese Eigenschaft hervortritt, desto weniger gut eignet sich begreiflicherweise das betreffende Metall zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen durch Giessen. Auch manche Sorten Gusseisen, besonders manganreichere und siliciumärmere, lassen jene Eigenschaft erkennen.

Bei dem Flusseisen benachtheiligt diese Entstehung von Hohl - räumen im Innern die Brauchbarkeit auch dann, wenn der gegossene Gegenstand nicht etwa unmittelbar als Gebrauchsgegenstand (Guss - waare) dienen soll, sondern, wie es weit häufiger der Fall ist, zuvor einer mechanischen Bearbeitung durch Hämmern oder Walzen unter - zogen wird; und in der That ist die Eigenschaft des Flusseisens, solche Hohlräume zu bilden, die schwächste Seite desselben.

52*812Die Darstellung des Flusseisens.

Ist das Flusseisen gut schweissbar und wird die mechanische Ver - arbeitung der Blöcke bald nach dem Giessen in Schweisshitze vor - genommen, so können allerdings jene Hohlräume durch Zusammen - schweissen beseitigt werden; nicht alles Flusseisen aber besitzt, wie schon früher erörtert worden ist, die Eigenschaft der Schweissbarkeit, und ein Mittel, mit Sicherheit gut schweissbares Flusseisen darzustellen, ist noch nicht bekannt.

Noch ein anderer Umstand aber macht auch bei schweissbarem Flusseisen die Entstehung solcher Hohlräume gefährlich für die weitere Verarbeitung. Viele derselben stehen nämlich durch engere oder weitere Kanäle mit der Aussenfläche des Blockes und mit der äusseren Luft in Verbindung; kühlt sich der heisse Block ab, so tritt von aussen her Luft in das Innere des Hohlraumes und die Wände desselben über - ziehen sich mit einem dünnen Häutchen oxydirten Eisens; lagert aber der Block wohl gar längere Zeit an der Luft, ehe er verarbeitet wird, wie es nicht selten der Fall ist, so tritt auch Feuchtigkeit ein und es entsteht Rost. Eine vollkommene Schweissung aber erfordert, wie be - kannt, metallisch reine Flächen; jene mit Oxyduloxyd oder Rost über - zogenen Stellen schweissen unvollständig zusammen und der aus dem Blocke hergestellte Gegenstand zeigt hier einen Fehler, eine sogenannte unganze Stelle.

Die Entstehung jener Hohlräume beruht auf zwei ganz verschiede - nen Ursachen. Die eine derselben ist die Schwindung, d. h. die Verkleinerung der Abmessungen, welche das Metall bei dem Erkalten erleidet. In dem Augenblicke, wo das flüssige Metall in die zur Auf - nahme desselben dienende Gussform eingegossen wird, findet rings an dem Umfange infolge der Wärmeentziehung durch die Gussformwände Erstarrung, Abkühlung und Schwindung statt; mit anderen Worten, es entsteht hier sofort eine Kruste, welche das noch flüssige Metall einschliesst und nicht mehr so stark als dieses schwinden kann. Nun - mehr beginnt dieses zu erstarren, indem es sich mehr und mehr an die vorhandene Kruste ansetzt; da es hierbei seinen Rauminhalt ver - kleinert, während der Umfang der zuerst erstarrten Rinde nicht mehr in dem gleichen Maasse abnimmt, muss im Innern ein Hohlraum ent - stehen, welcher immer mehr anwächst, je mehr die Erkaltung fort - schreitet und sich an derjenigen Stelle findet, wo das Metall am längsten flüssig war. Bei prismatischen Blöcken liegt diese Stelle in der Nähe der Achse; bei weniger einfachen Formen ge - wöhnlich in der Mitte der stärksten Querschnitte, an Kreuzungs - punkten u. s. w.

Diese Schwindungshohlräume sind deutlich durch die rauhe, zackige Form ihrer Wandungen gekennzeichnet, welche durch das Bestreben des Metalles zu krystallisiren erzeugt worden ist. Mitunter finden sich deutlich ausgebildete Tannenbaum - krystalle, wie sie in Fig. 50 auf S. 220 abgebildet sind, wenn auch von geringerer Grösse als sie im grauen Roheisen angetroffen werden. Bei Abgüssen, deren Länge, Breite und Höhe nicht sehr von einander abweichen, pflegen jene Hohlräume, ohne in einer bestimmten Richtung813Ueber einige Eigenthümlichkeiten des Flusseisens.hin sich weit auszudehnen, die Mitte einzunehmen; haben die Abgüsse eine längere Achse, so erstrecken sie sich kanalartig in der Richtung derselben und erscheinen auf dem Querschnitte oft nur als eine durch Bildung selbstständiger Krystalle verursachte Unterbrechung des dichten Gefüges. Dass im Uebrigen auch die Art und Weise der Abkühlung die Lage und Gestaltung der Hohlungen bedingt, je nachdem sie gleich - mässig von allen Seiten her oder von einer Seite stärker als von der andern auf das Metall einwirkt, folgt aus dem schon Gesagten von selbst.

Sofern nun die Hohlräume bei ihrer Entstehung nicht etwa durch Gase, welche aus dem Metalle austreten, angefüllt werden, sind sie leer in der buchstäblichen Bedeutung des Wortes. Von aussen her drückt aber die Atmosphäre auf die Oberfläche des Metalles; so kann es geschehen, dass, so lange das Metall noch weich ist, die Oberfläche eingedrückt wird und die Luft sich einen Kanal durch die weiche Masse bohrt, um das Vacuum im Innern auszufüllen. Diesen Vorgang nennt man Lungern oder Saugen. Es entsteht dabei eine trichterförmige Oeff - nung an der Oberfläche (der Saugtrichter), welche nach Innen verläuft. Fig. 235 zeigt den Quer - schnitt durch einen gegossenen prismatischen Metallblock mit dem Saugtrichter an der Ober - fläche und dem kanalförmig von oben nach unten sich erstreckenden Schwindungshohlraume.

Die Grösse dieser Hohlräume d. h. ihr ge - sammter Rauminhalt innerhalb eines bestimmten Abgusses wird um so beträchtlicher sein, je grösser der Schwindungscoëfficient (das Verhält - niss der stattfindenden Verkürzung der Abmes - sungen zu der Gesammtlänge derselben) des ein - gegossenen Metalles ist, je stärker es über seinen Schmelzpunkt erhitzt war, als es eingegossen wurde und je grösser der Rauminhalt des Ab - gusses selbst ist. Die Begründung dieser That - sachen liegt nahe und kann in jedem Handbuche über Giessen der Metalle nachgesehen werden. Es möge deshalb hier nur noch erwähnt werden, dass der Schwindungscoëfficient des an fremden

Fig. 235.

Körpern reineren Flusseisens nicht unerheblich grösser ist als der des Giessereiroheisens; ersterer beträgt 1 / 50 1 / 72 der linearen Abmessungen und ist im Allgemeinen um so grösser, je kohlenstoffärmer das Metall ist; als Schwindungscoëfficient des Gusseisens dagegen nimmt man 1 / 96 an. Aus diesem Grunde ist es schwieriger, aus geschmolzenem schmied - baren Eisen als aus Gusseisen Abgüsse zu erzielen, welche frei von jenen Schwindungshohlungen sind.

Die zweite Ursache zur Entstehung von Hohlräumen im Innern gegossener Metalle sind Gase, welche vor oder während des Erstarrens sich entwickelten und, ohne noch entweichen zu können, zurück - gehalten wurden. Gerade beim Flusseisen besitzt diese Entstehungs - weise von Hohlräumen eine hervorragende Wichtigkeit, da die Grösse der letzteren die Grösse der durch Schwindung entstandenen oft ganz bedeutend übersteigt. Solche Hohlräume sind also thatsäch -814Die Darstellung des Flusseisens.lich Gasblasen, und die glatte Form ihrer Wände unter - scheidet sie deutlich von den Schwindungshohlräumen.

Der Fähigkeit des flüssigen Eisens, Gase, insbesondere Wasserstoff, zu lösen und beim Abkühlen und Erstarren ganz oder theilweise zu entlassen, ist schon auf S. 268 gedacht worden. Theilweise allerdings können die entweichenden Gase auch das Ergebniss einer chemischen Reaction sein, welche innerhalb des flüssigen Eisens stattfand. Alles technisch dargestellte Flusseisen enthält noch Kohlenstoff, obgleich dessen Menge bei einzelnen Sorten oft weniger als 0.1 Proc. beträgt; geschah das Schmelzen des Eisens in Berührung mit der atmosphärischen Luft oder oxydirenden Gasen und ist nicht etwa Mangan noch in grösseren Mengen zugegen, so enthalten die kohlenstoffärmeren Flusseisensorten Sauerstoff, beziehentlich Eisenoxydul, in Lösung (S. 275). Die grösste Sauerstoffmenge, welche kohlenstoffarmes Eisen zu enthalten vermag, beträgt nach den auf S. 276 mitgetheilten Analysen etwa 0.25 Proc.

Der im Bade anwesende Kohlenstoff und der Sauerstoff wirken nun unaufhörlich auf einander, und es entsteht Kohlenoxyd, welches entweicht; wegen der starken Verdünnung beider Körper aber verläuft diese Einwirkung ziemlich langsam und sie verlangsamt sich immer mehr, je mehr die Verdünnung infolge der gegenseitigen Einwirkung zunimmt. Es ist das eine Thatsache, die sich auch bei anderen chemi - schen Reactionen innerhalb einer Lösung täglich beobachten lässt; je stärker die Verdünnung ist, desto langsamer erfolgt die Einwirkung.

Die Kohlenoxydgasbildung wird also immer schwächer und schwächer; aber immerhin entweicht neben den etwa gelöst gewesenen Gasen in solchem Falle auch das neu gebildete Gas; und die Bildung desselben würde stundenlang andauern können, wenn das Eisen so lange flüssig erhalten würde. Die Reaction könnte erst ihr Ende erreichen, nachdem infolge derselben entweder der Kohlenstoff oder der Sauerstoff vollständig aus dem Bade verschwunden wären.

In der Praxis wartet man nun diesen Zeitpunkt nicht ab, sondern man setzt zur rascheren Ausscheidung des Sauerstoffes, welcher, sofern er im Eisen zurückbliebe, Rothbruch erzeugen würde (S. 276), eine Eisenmanganlegirung zu, welche zugleich regelmässig Kohlenstoff und häufig Silicium enthält (vergl. S. 316). Nunmehr ist die Menge der auf den Sauerstoff wirkenden Bestandtheile des Eisenbades beträchtlich angereichert; eine heftige Reaction tritt ein, Mangan, Kohlenstoff und auch Silicium, sofern dieses zugegen war, werden oxydirt. 1)Die gegenseitigen Gewichtsverhältnisse, in welchen die drei genannten Körper oxydirt werden, lassen sich im Voraus nicht mit Sicherheit bestimmen. Je höher die Temperatur des Bades ist, desto reichlicher wird Kohlenstoff verbrennen; An - wesenheit einer kieselsäurereichen Schlacke befördert die Oxydation von Mangan, Anwesenheit einer basischen Schlacke bewirkt reichlichere Oxydation des Siliciums.Unmittel - bar nach dem Zusatze pflegt deshalb eine lebhafte Kohlenoxydgas - bildung einzutreten; aber sie erlahmt bald, je mehr der Sauerstoff aus dem Bade verschwindet. Erstarrt nun das Metall, so hört die chemi - sche Einwirkung ziemlich vollständig auf, selbst wenn noch Sauerstoff neben Kohlenstoff zugegen sein sollte; gelöst gewesene Gase aber können auch aus dem fest gewordenen Metalle sich noch entwickeln, wie815Gasblasen im Flusseisen.die auf S. 270 mitgetheilten Versuche von Troost und Haute - feuille, Parry u. A. beweisen.

Hieraus und aus dem Umstande, dass flüssiges Eisen weit grössere Mengen Wasserstoff als Kohlenoxyd zu lösen vermag, erklärt es sich dann, dass in solchen Fällen das Verhältniss des Kohlenoxydes zu dem Wasserstoff in den aus dem flüssigen Eisen entweichenden Gasen in dem Augenblicke zunimmt, wo zur Beseitigung des im Bade an - wesenden Sauerstoffes eine kohlenstoffhaltige Legirung zugesetzt wurde, von hier an aber bis zum Erstarren sich wieder verringert, und dass alsdann die im erstarrten Eisen eingeschlossenen oder von demselben entlassenen Gase nur noch wenig Kohlenoxyd zu enthalten vermögen.

Analysen der in den Hohlräumen des erkalteten Flusseisens eingeschlossenen Gase wurden bereits auf S. 273 mitgetheilt; nach - folgende Analysen von Müller1) Stahl und Eisen 1883, S. 443. zeigen die Zusammensetzung der aus dem noch flüssigen Metalle austretenden Gase.

Dass die Gase verschiedener Eisensorten ziemlich erhebliche Ab - weichungen erkennen lassen, insbesondere auch, dass die Gase des Martinflusseisens schon vor dem Zusatze einer kohlenstoffhaltigen Legi - rung weit kohlenoxydreicher sind als die der anderen Eisensorten, erklärt sich aus den später zu erörternden Eigenthümlichkeiten dieser Processe. Die Gase des Martineisens nach Zusatz des Eisenmangans wurden leider nicht untersucht. In allen Fällen aber ist der Kohlenoxydgehalt dieser Gase erheblich grösser als der in dem erstarrten Eisen zurückbleiben - den (S. 273).

Die Entwickelung der Gase aus dem Flusseisen, sie mögen nun einer einfachen Lösung oder einer stattgehabten chemischen Reaction entstammen, äussert sich in verschiedener Weise. Die Oberfläche des816Die Darstellung des Flusseisens.noch vollständig flüssigen Metalles ist mit einer brennenden Gasschicht bedeckt, welche bei längerem Stehen gewöhnlich schwächer wird; häufig werden, besonders wenn die Oberfläche des Metalles sich abkühlt, knisternde, schwirrende Funken, aus Theilchen des Metalles bestehend, ausgeworfen (Spratzen). Giesst man nun das Metall in eine oben offene Form, so zeigt sich, wenn das Gas reich ist an gelösten Gasen, kurz vor dem völligen Erstarren eine eigenthümliche Erscheinung. Das Metall, dessen Oberfläche bereits starr ist, bläht sich auf, es wächst in der Form und ein prismatischer Block kann unter Umständen fast die doppelte Höhe als vorher erlangen. Diesen Vorgang nennt man das Steigen des Flusseisens; er ist offenbar die Folge einer im Innern stattfindenden Gasentwickelung und die Ursache jener für die Ver - wendung des Flusseisens so nachtheiligen Gasblasen im Innern.

Jedenfalls tritt diese Gasentwickelung gerade in dem Augenblicke, wo der Uebergang aus dem flüssigen in den festen Zustand des Eisens stattfindet, noch einmal besonders heftig auf; und da bei jedem Ab - gusse die Erstarrung von aussen nach innen vorschreitet, so müssen dann die im Innern entwickelten Gase im Eisen zurückbleiben.

Aus diesem Umstande erklärt sich auch die Gleichartigkeit in der Anordnung dieser Blasen. An der zuerst erstarrenden Kruste des Abgusses bildet sich ein Gasbläschen, welches wie die Gasbläschen an den Wänden eines mit Wasser gefüllten Glases hier sich ansetzt, zumal da die schon dickflüssige Beschaffenheit des Metalles das Auf - steigen erschwert. Die Erstarrung schreitet fort, mehr Gas wird ent - wickelt, das Gasbläschen wächst in radialer Richtung von aussen nach innen, vergrössert aber auch seinen Durchmesser, da die grössere Gas -

Fig. 236.

menge immer nach den noch weichen Theilen des Abgusses, also nach innen, hingedrängt wird. So entsteht eine birnenartige Form der Gasblase mit wagerechter und normal gegen die Abküh - lungsfläche gerichteter Achse; bei sehr grossem Gasgehalte ein wurmartiger Kanal. Der Quer - schnitt durch einen prismatischen Flusseisen - block mit mässiger Gasentwickelung besitzt dem - nach das Ansehen Fig. 236.

Entsteht in der Mitte des Blockes ein Schwindungshohlraum, so drängen die Gase dorthin, den luftleeren Raum auszufüllen; jenes oben erwähnte Lungern tritt daher nur bei Eisensorten ein, welche kein Gas beim Erstarren entwickeln und demnach wenig oder gar keine Gasblasen enthalten.

Die starke Benachtheiligung, welche die Brauchbarkeit alles Fluss - eisens durch solche undichte Stellen Hohlräume im Innern erleidet, ist von jeher eine dringende Veranlassung zum Aufsuchen von Mitteln gewesen, durch welche die Entstehung derselben sich vermeiden lässt und dichte Güsse erzielt werden. Die für diesen Zweck angewendeten Mittel sind ziemlich vielseitig und ihre Wahl muss von der Beschaffenheit des betreffenden Metalles wie von der Einrichtung der Gussform abhängig817Ueber Erzielung dichter Güsse.sein. Die wichtigsten derselben sollen ihrem Wesen nach in Folgendem erörtert werden.

1. Regelung der chemischen Zusammensetzung des Eisens. Es ist eine schon früher erwähnte Erfahrung der Praxis, dass ein mässiger Siliciumgehalt des Flusseisens (welcher aber wegen seiner sonstigen Einflüsse auf die Eigenschaften des Eisens unter 1 Proc. bleiben muss und gewöhnlich 0.2 0.5 Proc. beträgt) der Gasentwicke - lung beim Erstarren entgegen wirkt und somit die Entstehung dichter Abgüsse befördert. Ein Siliciumzusatz kurz vor dem Ausgiessen des Eisens ist daher ein häufig angewendeter Kunstgriff in allen solchen Fällen, wo jener Siliciumgehalt nicht nachtheilig wirkt. Der Zusatz wird in Form von grauem Roheisen, Siliciumeisen (S. 306) oder Sili - ciumeisenmangan (S. 317) gegeben, je nachdem die Beschaffenheit des Eisens es wünschenswerth erscheinen lässt. Mitunter auch lässt sich der Process, welcher zur Darstellung des Flusseisens diente, von vorn herein so leiten, dass das fertige Metall bereits den erforderlichen Siliciumgehalt besitzt (Tiegelgussstahldarstellung, Bessemerprocess). Je höher aber der Kohlenstoffgehalt des dargestellten Eisens ist, desto leichter treten die übeln Einflüsse eines Siliciumgehaltes hervor, desto niedriger muss deshalb der letztere sein. Glücklicherweise pflegt nun aber die Fähigkeit der kohlenstoffreicheren Flusseisensorten, des eigent - lichen Flussstahles, Gase zu entwickeln, ohnehin geringer zu sein als die der kohlenstoffärmeren Sorten, so dass bei jenen auch das Bedürf - niss eines Siliciumgehaltes sich weniger geltend macht.

2. Abstehenlassen des flüssigen Eisens in dem Schmelz - oder Giessapparate vor dem Eingiessen in die Gussform. Je länger das Metall stehen kann, ehe es durch das Eingiessen zu rascher Erstarrung gebracht wird, desto reichlicher können vor dem Erstarren gelöste Gase entweichen. Natürlich muss das Metall, damit dieses Abstehen möglich sei, ohne dass vorzeitige Erstarrung eintritt, entsprechend hoch über seine Erstarrungstemperatur hinaus erhitzt sein.

Auch die Schwindungshohlräume bilden sich, wie schon erwähnt wurde, leichter und nehmen grössere Abmessungen an, je stärker erhitzt das Metall in die Gussform eingegossen wurde; auch aus diesem Grunde ist also ein Abstehen zweckmässig, wenn eine Ueberhitzung (die ge - wöhnlich auch auf die übrigen Eigenschaften des Flusseisens günstig einwirkt) stattgefunden hat.

3. Anwendung eines verlorenen Kopfes. Man versteht unter einem verlorenen Kopfe einen Aufsatz auf dem Abgusse, welcher für die Verwendung des letzteren ohne Belang ist und daher nach dem Erkalten desselben entfernt wird. Der einfachste und beim Giessen des Flusseisens am häufigsten vorkommende Fall ist der Guss eines pris - matischen Blockes mit senkrechter Achse. Ist nun beispielsweise für irgend einen Zweck ein solcher Block erforderlich, dessen Höhe netto 500 mm betragen müsste und man giesst ihn statt dessen 600 mm hoch, so hat er einen verlorenen Kopf von 100 mm Höhe, welcher auf der Drehbank oder in anderer Weise entfernt werden kann.

Ein solcher verlorener Kopf wirkt in mehrfacher Weise günstig.

Nach dem Giessen bildet sich an der Oberfläche des ruhig stehen -818Die Darstellung des Flusseisens.den Metalles eine erstarrte Kruste, welche das Entweichen von Gasen, die aus dem noch flüssigen Innern aufsteigen, unmöglich macht, und wenn man, wie es gewöhnlich geschieht, die Gussform von oben durch einen aufgelegten kalten Deckel schliesst, so tritt sogar unterhalb des - selben infolge der plötzlichen Abkühlung eine eben solche Entwicke - lung gelöst gewesener Gase ein, wie an den Wänden. Alle diese Gas - blasen sammeln sich also in dem oberen Theile des Abgusses und machen denselben in stärkerem Maasse undicht. Giebt man nun dem Abgusse einen verlorenen Kopf, so nimmt dieser die Gasblasen auf, und der eigentliche Abguss wird dichter.

Auch der Saugtrichter bei lungerndem Eisen bleibt im verlorenen Kopfe. Noch in anderer Weise jedoch wirkt der Kopf in diesem Falle wohlthätig. Er dient, so lange das Metall in seinem Innern aus - reichend flüssig bleibt, als Behälter, aus welchem dasselbe nach unten fliesst, um die infolge der Schwindung entstehenden Hohlräume aus - zufüllen; der Kopf wird also hohl und der darunter befindliche Abguss dicht. Diese Aufgabe freilich vermag der verlorene Kopf nur dann zu erfüllen, wenn er ausreichend lange warm bleibt, dass die Erstarrung früher im Abgusse als im Kopfe eintritt. Wo es sehr auf grosse Dichtigkeit der Abgüsse ankommt (bei Herstellung von sogenanntem Formguss oder Façonguss, d. h. gegossener Gebrauchsgegenstände, welche einer Bearbeitung durch Schmieden oder Walzen nicht mehr unterworfen werden), sucht man dieses Ziel wohl zu erreichen, indem man dem Kopfe ein bedeutendes Gewicht bei gedrungener Form giebt1)Hinsichtlich der zweckmässigen Construction des verlorenen Kopfes in den letzteren Fällen, deren Erörterung mehr in das Gebiet der Giessereikunde als der Eisenhüttenkunde gehört, muss auf die betreffende Literatur verwiesen werden; z. B. Ledebur, Verarbeitung der Metalle auf mechanischem Wege, S. 100.; oder man sucht in anderer Weise den Kopf möglichst lange warm zu er - halten. Beachtung verdient in letzterer Hinsicht ein von dem Schweden de Laval angewendetes Verfahren. Derselbe benutzt als Gussform für den Kopf einen ringförmigen Aufsatz aus feuerfestem Materiale, welcher unmittelbar vor dem Giessen auf Weissgluth erhitzt worden war, dann auf die eigentliche Gussform aufgesetzt und sofort nach dem Giessen mit einem Deckel, welcher ebenfalls zum Weissglühen erhitzt worden war, bedeckt wird (D. R. P. Nr. 10295). Denselben Zweck erreicht Fr. Krupp in Essen, indem er die Gussform des Kopfes mit einem Mantel umgiebt und den Zwischenraum zwischen beiden mit flüssiger Schlacke anfüllt (D. R. P. Nr. 21324).

Immerhin erfordert die spätere Entfernung des verlorenen Kopfes Arbeit, und der Kopf selbst kann nur durch erneutes Schmelzen (welches Brennstoffaufwand und Abbrand verursacht) wieder nutzbar gemacht werden. Wo daher nicht eine dringende Veranlassung zur Anwendung des verlorenen Kopfes vorliegt, sucht man dieselbe gern zu vermeiden oder beschränkt wenigstens die Abmessungen des Kopfes auf die äusser - sten Grenzen.

4. Herstellung möglichst grosser Abgüsse. Das Mittel ist natürlich nur da anwendbar, wo die Abgüsse (Blöcke) nicht als Fertig - erzeugnisse, sondern als Zwischenstufen für die weitere Verarbeitung819Ueber Erzielung dichter Güsse.durch Walzen u. s. w. dienen; und wo eine etwa erforderliche Zer - theilung derselben ohne Benachtheiligung ihrer Verwendbarkeit mög - lich ist. Wenn z. B. für Herstellung einer einzigen Eisenbahnschiene in gewöhnlicher Länge ein Flusseisenblock von 300 kg erforderlich ist, so würde man ebenso gut Blöcke für doppelte Schienenlängen à 600 kg Gewicht giessen und die Schienen nach der Vollendung theilen können; u. s. f.

Die Wirkung dieses Mittels beruht auf dem Umstande, dass, je grösser das Gewicht des Blockes ist, desto allmählicher die Erstarrung vor sich geht; es wird hierdurch jene plötzliche Gasentwickelung bei rascher Abkühlung vermieden und die entwickelten Gase können ruhiger noch entweichen.

Je grösser aber die gegossenen Blöcke sind, desto umfänglicherer Vorrichtungen bedarf es für ihre Verarbeitung. Jene oben erwähnten amerikanischen Blockwalzwerke mit selbstthätigem Vorschube der Blöcke sind eben für die Verdichtung solcher schweren Flusseisenblöcke be - stimmt, deren jeder für Herstellung von drei Eisenbahnschienen aus - reicht.

5. Giessen von unten. Man versteht hierunter eine derartige Einrichtung, dass das Metall, statt von oben her in die Gussform zu fallen, durch einen Kanal in der Nähe des Bodens eingeleitet wird, um von hier in der Gussform emporzusteigen. Natürlich muss jener seitliche Zuleitungskanal, welcher der anzufüllenden Gussform gegenüber gewissermaassen die Stelle eines sogenannten communicirenden Rohres einnimmt, mindestens ebenso hoch sein, als diese, und er bleibt nach beendigtem Gusse mit Metall gefüllt, welches dort erstarrt.

In mehrfacher Weise vermag solcher aufsteigender Guss die Er - zielung dichter Abgüsse zu erleichtern.

Lässt man flüssiges Metall in eine hohe Gussform von oben her einstürzen, so zerstäubt das zuerst unten ankommende Metall in rasch erstarrende Körner, welche von dem nachfolgenden Metalle empor - gehoben werden. Jedes dieser Körner ruft nun in seiner unmittelbaren Umgebung wiederum eine plötzliche Abkühlung und dadurch eine Gasentwickelung hervor, bietet aber zugleich dem sich entwickelnden Gasbläschen wiederum Gelegenheit zur Adhäsion, d. h. verhindert es am Aufsteigen. Ueber - ziehen sich aber diese Körnchen, wie es wohl vorkommen kann, mit einem Häutchen oxydirten Eisens, ehe sie von dem nachfolgenden Metalle aufgenommen werden, so ver - mag dieses oxydirend auf den Kohlenstoff des flüssigen Metalles zu wirken und auch hierdurch entsteht ein Gas - bläschen in der Umgebung des Körnchens. Auf der Bruch - fläche solcher Abgüsse sieht man dann gewöhnlich jene Körnchen am Boden der birnförmigen oder rundlichen Gasblase (Fig. 237). Diese Körnerbildung und somit die Ursache zur Entstehung solcher Bläschen fällt weg, wenn das Metall vom Boden aus in der Gussform aufsteigt.

Fig. 237.

Bei Gussformen, welche oben offen sind und alle zur Her - stellung prismatischer, für die weitere Verarbeitung bestimmter Blöcke820Die Darstellung des Flusseisens.dienenden Gussformen pflegen offen zu sein , wird durch das heftig einstürzende Metall Luft mit in die Gussform gerissen, welche ebenso wie die sich entwickelnden Gase in dem Metalle zurückbleiben und hier Blasenbildung verursachen kann. Auch dieser Uebelstand wird vermieden, wenn man das Metall von unten her durch einen seitlichen Kanal zuströmen lässt, dessen Querschnitt so eng bemessen ist, dass er während des Giessens bis nahe zum Rande mit Metall gefüllt bleibt, eine Bedingung, deren Erfüllung auch in Rücksicht auf die zuerst erwähnte Aufgabe des steigenden Gusses nothwendig ist.

Endlich aber kommt in Betracht, dass jene aufsteigende Bewegung des Metalles das Entweichen der schon entwickelten, aber an der ge - bildeten Kruste haftenden Gasbläschen befördern muss. Auch in einem Wasserglase werden die an den Wänden haftenden Bläschen zum Auf - steigen gebracht, wenn das Wasser bewegt wird; und eine Bewegung nach oben muss natürlich in dieser Beziehung am vortheilhaftesten wirken.

In der Eisengiesserei wie bei der Herstellung von Formguss aus Flusseisen wird der Guss von unten zur Erhöhung der Dichtigkeit nicht selten angewendet; weniger häufig findet er Benutzung beim Gusse einfacher prismatischer Blöcke für die weitere Verarbeitung. Die Ein - richtung der Gussformen wird dadurch umständlicher (vergl. unten: Gussformen), und das Metall, welches den Zuleitungskanal ausfüllt, kann nicht anders als durch erneutes Schmelzen zu gute gemacht werden. Dadurch entstehen Mehrkosten, die in diesem Falle nicht immer mit dem erzielten Nutzen im Einklange stehen.

6. Erstarrenlassen des gegossenen Metalles unter hohem Drucke. Die Entwickelung der in einer Flüssigkeit gelösten Gase wird, wie allgemein bekannt ist, gehindert, wenn die Flüssigkeit einem entsprechend hohen Drucke ausgesetzt ist; und die etwa bereits ent - wickelten Gase werden auf einen um so kleineren Raum zusammen - gedrängt werden, die Gasblasen im Innern werden also um so un - bedeutender ausfallen, unter je stärkerem Drucke das Metall erstarrt.

Wiederholt hat man versucht, diese Wirkung eines auf dem Metalle lastenden Druckes zur Erzielung dichter Flusseisenblöcke nutz - bar zu machen. Die angewendeten Mittel zur Erzeugung dieses Druckes aber sind ziemlich verschiedenartig.

Ein sehr einfaches und häufig angewendetes Mittel, um ein allzu starkes Steigen des in eine oben offene eiserne Gussform eingegossenen Flusseisens zu vermeiden, besteht darin, dass man die Gussform nicht ganz bis zum Rande mit dem flüssigen Metalle anfüllt, sondern einen Raum von 6 10 cm Höhe frei lässt, alsdann trockenen Sand, gepul - verten Lehm oder Masse auf die Oberfläche des noch flüssigen Eisens schüttet, so dass die Schüttung bis etwas über den Rand der Guss - form hinaus ragt, einen eisernen Deckel darauf legt und mit Keilen festzieht. Fig. 238 zeigt diese Einrichtung. Die schmiedeeisernen Bügel, durch welche der Keil hindurchgesteckt wird, sind in die Guss - form eingegossen. Die Einrichtung ermöglicht zwar nur die Erzielung eines beschränkten Druckes, besitzt aber den Vortheil grosser Einfach - heit. Ist die Gasentwickelung sehr heftig, so kommt es vor, dass821Ueber Erzielung dichter Güsse.flüssiges Metall zwischen der Sandfüllung und dem Deckel heraus - gequetscht wird.

In dem Eisenwerke von Joseph Whitworth & Co. in Man - chester wendet man hydraulischen Druck an, um die Gasentwickelung zu verhüten. Die Gussformen bestehen aus über einander gesetzten und unter einander verbundenen Stahlringen, ausgekleidet mit feuer - festem Futter, in welchem aufsteigende Kanäle für die entweichenden Gase angebracht sind. Die mit flüssigem Metalle angefüllte Form wird auf einem fahrbaren Tische unter die hydraulische Presse geschoben, der senkrecht stehende, an der Unterseite mit feuerfester Masse be - kleidete Kolben derselben wird gesenkt und mit einem Drucke von mehr als 600 kg per qcm gegen die Oberfläche des Metalles gedrückt, welches diesem Drucke 20 45 Minuten, ab - weichend nach der Grösse des Blockes, ausgesetzt bleibt.

Die solcherart gepressten Blöcke zeigen in der Nähe der Achse gewöhn - lich einen grösseren Hohlraum1)Vergl. den unter Literatur erwähnten Bericht von W. Annable., jeden - falls infolge der Schwindung entstanden, deren Wirkung natürlich durch das Pressen nicht oder nur theilweise be - einträchtigt werden kann; der Hohl - raum pflegt mit brennbaren Gasen aus - gefüllt zu sein, welche aus dem Metalle austraten und sich hier sammelten. Der Erfolg des Pressens ist also keineswegs ganz vollkommen, und in dem genann - ten Eisenwerke wird dasselbe hauptsäch - lich da benutzt, wo ringförmige Körper

Fig. 238.

(Radreifen, Luftkessel u. s. w.) aus dem gegossenen Blocke hergestellt werden sollen und der mittlere undichte Theil durch Ausbohren ent - fernt wird. Bei der geraumen Zeit, während welcher die Blöcke dem Drucke ausgesetzt bleiben, würden für eine grössere Erzeugung ge - presster Blöcke auch zahlreiche Pressen erforderlich sein und die ganze Anlage würde dadurch ungemein kostspielig werden.

Auf einigen amerikanischen und englischen Eisenwerken benutzt man Dampf, welcher durch sehr starke Kautschukröhren oder auch, was jedenfalls zweckmässiger sein dürfte, durch genau schliessende, leicht einzuschaltende Knieröhren in die nach dem Gusse sofort luft - dicht verschlossene Gussform geleitet wird, um den Druck auf die Ober - fläche des Metalles hervorzubringen. Der bei diesem Verfahren erreich - bare Druck ist freilich geringer als bei Anwendung einer hydraulischen Presse und dürfte kaum über 70 kg per qcm hinausgehen; doch will man auch bei noch erheblich schwächerem Drucke (7 kg per qcm) recht befriedigende Erfolge erlangt haben. 2)Zeitschr. d. berg - u. hüttenm. Vereins für Steiermark und Kärnten 1880, S. 329.

822Die Darstellung des Flusseisens.

In noch einfacherer Weise erreicht W. Siemens einen gleichen Zweck. In Fig. 239 ist g ein Deckel, welcher auf die entsprechend starke Gussform aufgelegt und durch einen Keil wie gewöhnlich fest - gehalten wird. Oben auf dem Deckel befindet sich eine mit Hahn versehene Oeffnung I und eine zweite Oeffnung H, auf welcher ein

Fig. 239.

gewöhnliches Sicherheitsventil wie bei Dampfkesseln angebracht ist. Damit der eiserne Deckel nicht durch das flüssige Eisen angegriffen werde, bestreicht man ihn mit Graphit. Die Gussform wird soweit mit Metall gefüllt, dass der an der Unterseite des Deckels be - findliche Bord in dasselbe eintaucht, nachdem der Deckel aufgelegt und durch Anziehen des Verschluss - keiles befestigt wurde. Nun lässt man durch den Hahn I Wasser auf die Oberfläche des Metalles fliessen, worauf der Hahn sofort geschlossen wird. Da in der ausser - ordentlich hohen Temperatur des Metalles das Wasser nicht sofort verdampft, sondern zunächst Tropfenform annimmt (Leidenfrost’sche Tropfen), kann man das Einlassen desselben ohne Schwierigkeit aus - führen. Alsdann aber beginnt die Verdampfung. Das in dem inneren Raume des Deckels befindliche Metall wird, wie die Skizze es darstellt, niedergedrückt und in den Raum ausserhalb des Deckelbordes ge - drängt, woselbst es rasch erstarrt, hier einen dampfdichten Abschluss bewirkend; und das übrige Metall erstarrt nun unter dem Drucke des entwickelten Dampfes, der vermittelst des Sicherheitsventiles regulirbar ist und bis auf 75 kg per qcm oder darüber gesteigert werden kann. 1)Patentschrift des deutschen Reiches Nr. 12037.

Statt des Dampfes wendet Fr. Krupp Kohlensäuregas an, welches aus flüssiger oder fester Kohlensäure entwickelt wird. Die Gussform, welche durch einen Deckel verschlossen ist, steht durch ein seitliches, unterhalb des Deckels mündendes Rohr mit dem durch ein Ventil ge - schlossenen schmiedeeisernen Behälter in Verbindung, welcher die flüssige oder feste Kohlensäure enthält. Nach dem Eingiessen des Eisens wird auf die Oberfläche Sand oder Schlacke als schlechter Wärme - leiter geschüttet, dann wird der Deckel aufgelegt und das Ventil des Kohlensäurebehälters geöffnet. Letzterer steht in Wasser, Oel oder der - gleichen, welche Flüssigkeit durch Zuleiten von Dampf beliebig erwärmt werden kann; durch die Erwärmung wird die Spannung des sich bei Oeffnung des Ventiles sofort entwickelnden Gases regulirt. Der von der flüssigen Kohlensäure ausgeübte Druck beträgt bei 15°C. 52 kg, bei 35°C. 82 kg, bei 100°C. 400 kg, bei 200°C. 800 kg per qcm.

Trotz des unleugbaren Erfolges, welcher durch Anwendung kräf - tigen Druckes auf das im Erstarren befindliche Metall unter gewissen Verhältnissen erreicht werden kann, sind doch die Fälle, wo man ohne Anwendung dieses Mittels arbeitet (abgesehen von dem durch Fig. 238 auf S. 821 erläuterten einfachen Verfahren), weit häufiger als die Fälle mit Anwendung desselben. Die Schwierigkeiten, welche sich der An - wendung hydraulischen Druckes entgegensetzen, wurden schon oben geschildert; aber auch die Anwendung von Dampfdruck oder Gasdruck823Die Giessvorrichtungen.nach Siemens, Krupp’s oder einem andern Verfahren ist nicht ohne Mehrkosten für Arbeitslöhne und Vorrichtungen zu bewirken. Mehr und mehr hat man aber in den letzten Jahrzehnten gelernt, durch Anwendung einfacherer Mittel, insbesondere durch Regelung der chemi - schen Zusammensetzung und durch Benutzung der unter 2 4 be - schriebenen Kunstgriffe, die Entwickelung von Gasen beim Giessen zu beschränken; und natürlicherweise hat das umständlichere Erstarren - lassen unter Druck hierdurch nicht unwesentlich an Wichtigkeit verloren.

2. Die Giessvorrichtungen.

In denjenigen Fällen, wo grössere Mengen Flusseisen in einem gemeinschaftlichen Apparate hergestellt werden und in verschiedene Gussformen vertheilt werden sollen, pflegt man sich für diesen Zweck einer ausreichend grossen Giesspfanne zu bedienen, welche das sämmt - liche Metall aufnimmt und mit Hilfe maschineller Vorrichtungen nach den einzelnen Gussformen hin bewegt wird, um hier nach und nach entleert zu werden. Fig. 2401)Aus Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde. zeigt das Aeussere einer solchen Giess - pfanne mit der darunter stehenden Gussform (B). Die Pfanne wird aus Eisenblech von etwa 10 mm Stärke gefertigt, vor dem Ge - brauche mit einer 70 100 mm starken Schicht feuerfester Masse ausgestrichen, sorgfältig getrocknet und schliesslich bis zum beginnen - den Rothglühen erhitzt, indem man sie in umgekehrter Lage über ein Koksfeuer oder eine Gasfeuerung stellt. Die Ausfutterung hält längere Zeit aus, muss aber nach jedes - maliger Benutzung der Pfanne nachgesehen und, wenn erforderlich, ausgebessert werden. Die Entleerung erfolgt durch eine Oeffnung im Boden in der Nähe der Wand, welche durch einen wie ein Ventil wirkenden Stopfen verschlossen gehalten wird. In Fig. 240 ist die Stange b, an welcher der Stopfen a sitzt, soweit sie sich im Innern der Pfanne be -

Fig. 240.

findet, punktirt gezeichnet. Oberhalb des Pfannenrandes ist sie nach aussen umgebogen und an einem Schieber befestigt, welcher in Führungen c und d mit Hilfe des Handhebels f auf - und abbewegt werden kann, so dass man leicht im Stande ist, die Ausflussöffnung zu schliessen oder beliebig weit zu öffnen.

Fig. 241 auf S. 824 zeigt die Einrichtung dieses Auslasses im ver - grösserten Maassstabe. Im Boden der Pfanne ist unten eine entsprechend weite Oeffnung ausgespart und mit einem Ringe, welcher einen kurzen Auslassstutzen bildet, eingefasst. In diese Oeffnung kommt die aus bestem feuerfesten Thon in einer eisernen Form gefertigte und gut gebrannte Hülse i und wird mit feuerfester Masse umstampft. Die schmiede - eiserne Ventilstange b endigt unten mit einer Hülse, in welcher der824Die Darstellung des Flusseisens.ebenfalls aus feuerfestem Thon gebrannte Stopfen a in der aus der Abbildung leicht erkennbaren Art und Weise befestigt wird. Die Stange selbst wird mit feuerfester Masse umkleidet und getrocknet. l ist der

Fig. 241.

Schieber, in dessen Kopfe die Ventilstange mit Hilfe eines Bolzens befestigt wird; c und d sind, wie bei Fig. 240, die Führungen für den Schieber, f ist der Hebel zur Bewegung desselben.

Ungefähr in der Mitte der Höhe der Pfanne ist an derselben ein starker schmiede - eiserner Ring g (Fig. 240 und 241) befestigt, an welchem zwei zum Tragen der Pfanne dienende Zapfen sich befinden.

Diese Giesspfanne würde nun, wie es in Eisengiessereien üblich ist, mit Hilfe eines gewöhnlichen Hand - oder Dampfkrahnes (Lauf - oder Drehkrahnes) bewegt werden können; in Anbetracht der im Laufe eines Tages sich vielfach wiederholenden Benutzung der Giess - pfanne in den Flusseisenwerken und der grossen Unglücksfälle, welche bei gewöhnlichen Krah - nen durch Reissen einer Kette oder durch das Schwanken der in Ketten hängenden Giess - pfanne herbeigeführt werden können, zieht man es jedoch hier fast regelmässig vor, hydraulische Hebevorrichtungen anzuwenden, deren Bewegung gleich - mässiger und bei denen vor allen Dingen die Anwendung von Ketten oder Seilen ganz ausgeschlossen ist.

In jedem Falle muss der für diesen Zweck dienende hydraulische Krahn ein Heben und Senken der Pfanne um ein gewisses, wenn auch nicht gerade sehr beträchtliches Maass gestatten, damit die Pfanne so - wohl während der Aufnahme des flüssigen Metalles aus dem Ofen als während der Entleerung in Gussformen von verschiedener Höhe leicht in die geeignetste Stellung hierfür gebracht werden kann. Ausserdem ist selbstverständlich eine Vorwärtsbewegung in wagerechter Ebene erforderlich.

Nach der Einrichtung der letzteren lassen sich zwei verschiedene Systeme dieser hydraulischen Giesskrahne unterscheiden.

Bei dem einen derselben ist der Krahn als Drehkrahn eingerichtet, d. h. die Pfanne befindet sich an dem vorderen Ende eines wagerechten Armes oder Auslegers, welcher auf dem Kopfe des senkrecht beweg - lichen hydraulischen Kolbens befestigt ist und um denselben im Kreise herumbewegt werden kann. Es ist dieses diejenige Einrichtung, welche insbesondere bei fast allen älteren Bessemerwerken gefunden wird. Die anzufüllenden Gussformen werden im Kreise in einer etwa 1 1.3 m tiefen, kreisförmigen durch Mauerwerk begrenzten Vertiefung des Bodens aufgestellt, in deren Mittelpunkte der hydraulische Druck - cylinder, eingelassen im Boden, sich befindet, und durch Drehung des825Die Giessvorrichtungen.Krahnarmes wird die Pfanne nach einander über die verschiedenen Gussformen gebracht.

Die Abbildungen Fig. 242 und 243 zeigen in 1 / 60 der wirklichen Grösse eine derartige Einrichtung (Giesskrahn der Bessemerhütte zu

Fig. 242.

Fig. 243.

Königin-Marienhütte). In der Mitte steht in einem ausgemauerten Schachte der gusseiserne Druckcylinder a, welchem durch den unten befindlichen seitlichen Rohrstutzen das von einer Druckpumpe oderLedebur, Handbuch. 53826Die Darstellung des Flusseisens.einem Accumulator1)Die üblicheren Einrichtungen dieser Accumulatoren finden später eine kurze Besprechung. kommende Wasser zugeführt wird, wenn der Kolben b steigen soll; das Gewicht des Kolbens sammt seiner Be - lastung drückt das Wasser aus dem Cylinder heraus, sobald der Zulass geschlossen, der Auslass geöffnet wird, und der Kolben sinkt. Die Führung des Kolbens in einer Stopfbüchse des Cylinders ergiebt sich mit ausreichender Deutlichkeit aus der Abbildung. In dem hohlen Kolben nun ist die senkrechte Welle c drehbar gelagert, und an der - selben ist das aus zwei parallelen Eisenblechträgern gebildete Quer - haupt (der Krahnausleger) befestigt, welches noch durch vier Anker in der aus der Abbildung ersichtlichen Art und Weise in seiner Lage festgehalten wird. An dem rechten Arme des Auslegers ist die Giess - pfanne befestigt. Sie ruht mit ihren früher erwähnten Zapfen in einem kräftigen Bügel an einer horizontalen Welle d, welche zwischen den beiden Trägern in einer langen Gusseisenhülse drehbar gelagert ist. Auf dem entgegengesetzten, aus der Hülse herausragenden Ende der Welle ist ein Schneckenrad (Fig. 242) befestigt, welches durch den Eingriff einer oberhalb desselben gelagerten Schnecke (vergl. Fig. 243) in Drehung versetzt wird und diese Drehung auf die Giesspfanne über - trägt, sobald man die Schnecke vermittelst einer über das vierkantig geschmiedete Ende ihrer Welle gesteckten Kurbel in Umdrehung ver - setzt. Diese Einrichtung ist nothwendig, theils um die Pfanne beim Anwärmen auf den Kopf stellen zu können, theils auch, um eine Ent - leerung zu ermöglichen, falls einmal bei zu niedriger Temperatur des Eisens sich die Oeffnung im Boden mit erstarrtem Metalle zugesetzt haben sollte.

Auf dem entgegengesetzten Arme des Auslegers befindet sich zur Ausgleichung des von der Pfanne ausgeübten einseitigen Druckes ein Gegengewicht in Form eines vierrädrigen eisernen, nach Bedarf be - schwerten Wagens, welcher, je nachdem die Pfanne stärker oder weniger stark gefüllt ist, weiter von dem Mittelpunkte ab oder näher demselben eingestellt wird. Zur Verschiebung dient eine unter dem Wagen be - findliche Zahnstange, welche von der Kurbel e aus bewegt wird.

Die Bewegung des Auslegers im Kreise geschieht bei dem abge - bildeten Krahne durch Haken, mit denen Arbeiter die Arme erfassen.

Bei manchen derartigen Krahnen ist die Pfanne auch in radialer Richtung verstellbar, d. h. man kann sie in verschiedenen Abstand vom Mittelpunkte des Krahnes bringen, und man erhält dadurch die Mög - lichkeit, mehrere in concentrischen Kreisen aufgestellte Reihen von Gussformen damit anzufüllen. Der Bewegungsmechanismus hierfür ist dann derselbe oder ähnlich wie bei der Pfanne des unten abgebildeten und beschriebenen Krahnes Fig. 244 und 245.

Ein Drehkrahn der abgebildeten Art hat den Vortheil einer ein - fachen Anordnung und einfachen Handhabung. Je grösser aber die Zahl der Gussformen ist, welche aus der Pfanne gefüllt werden sollen, desto grösser muss natürlich der Durchmesser des Kreises sein, in827Die Giessvorrichtungen.welchem sie aufgestellt werden; und der grössere Kreis bedeutet nicht allein einen Mehrverbrauch an Grundfläche innerhalb des Giessraumes, welcher für andere Zwecke verloren geht1)Man vergegenwärtige sich, dass die Fläche des Kreises im quadratischen Verhältnisse mit seinem Halbmesser zunimmt., sondern vertheuert auch nicht unerheblich die Construction des Krahnes. Diese Uebelstände steigern sich noch erheblich, wenn ein sehr rascher Betrieb stattfindet, so dass schon eine zweite Reihe Gussformen aufgestellt sein muss, ehe die zuvor gefüllten entleert und entfernt werden konnten, man also den doppelten oder dreifachen Raum als im andern Falle verfügbar haben muss.

Unter solchen Verhältnissen hat man bei neueren Anlagen mit Vortheil das zweite System von Giesskrahnen zur Anwendung ge - bracht: Rollkrahne, welche auf Schienen geradlinig fortbewegt werden und solcherart eine beliebig lange Reihe von Gussformen zu bedienen im Stande sind. Besonders zweckmässig sind solche Rollkrahne da, wo, wie z. B. in Thomaswerken, eine grössere Zahl von Oefen (Birnen) abwechselnd das flüssige Metall liefern, welches von der Giesspfanne aufgenommen und durch den Krahn fortbewegt werden soll. Eine Auf - stellung von mehr als zwei, höchstens drei solcher Apparate im Kreise rings um einen Drehkrahn herum würde nicht möglich sein, ohne den Raum für die Gussformen allzu sehr zu beengen; man würde also unter solchen Umständen gezwungen sein, jene Apparate um mehrere Drehkrahne zu gruppiren, während ein einziger Rollkrahn auch für ihre Bedienung ausreicht, sofern sie in gerader Linie neben einander auf - gestellt sind.

Einen solchen Rollkrahn, von der Märkischen Maschinenbauanstalt in Wetter a. d. Ruhr für verschiedene deutsche Eisenwerke neuer - dings gebaut (Hörder Eisenwerk, Peiner Walzwerk), zeigen die Ab - bildungen Fig. 244 und 245 auf S. 828. 2)Nach Stahl und Eisen 1882, S. 405.

Auf dem starken von sechs Stahlrädern getragenen Wagen be - findet sich der hydraulische Cylinder b, dessen hohler Kolben auf dem Wagen feststeht, während der Cylinder gehoben wird, sobald durch den Kolben Wasser zugeleitet wird. Die Zuführung erfolgt vermittelst der beiden Pumpen c c (Fig. 245), welche dasselbe aus dem unter dem Wagen befindlichen Behälter d (Fig. 244) entnehmen und von der mit den Pumpen gekuppelten, in Fig. 245 sichtbaren Zwillingsdampf - maschine aus betrieben werden. Auch die Rohrleitung hierfür ist in Fig. 245 sichtbar.

An dem hydraulischen Cylinder ist nun das Querhaupt oder der Ausleger f befestigt, um mit diesem gehoben und gesenkt zu werden. Dieser Ausleger ist ähnlich wie derjenige des vorigen Krahnes aus schmiedeeisernen Trägern mit entsprechenden Verbindungsstücken con - struirt und gestattet eine Drehung im Kreise um 180 Grad für den Fall, dass, wie es häufig zweckmässig sein kann, die Gussformen an der einen Seite des Wagens, die Oefen an der andern Seite sich befinden. Das vordere Ende des Auslegers trägt die Giesspfanne, das53*828Die Darstellung des Flusseisens.

Fig. 244 und Fig. 245.

[figure]

829Die Gussformen.andere nach rückwärts verlängerte Ende dient zur Aufnahme des Gegen - gewichtes g.

Der Abstand der Giesspfanne vom hydraulischen Cylinder ist ver - änderlich gemacht, so dass man unter Umständen zwei Reihen Guss - formen damit anfüllen kann. Zu diesem Zwecke ruht dieselbe mit ihren Zapfen in zwei kleinen Wagen h, welche mit horizontalen Zugstangen gekuppelt sind. Letztere endigen in je einer Zahnstange, und beide Zahnstangen lassen sich von dem Griffrade k aus durch Vermittelung der in Fig. 245 sichtbaren Getriebe leicht vor - oder rückwärts bewegen, hierbei die Giesspfanne mitnehmend. Die Verstellbarkeit der Giess - pfanne in wagerechter Linie beträgt 1 m, die Hubhöhe des Auslegers ebenfalls 1 m.

Das Kippen der Pfanne geschieht durch Vermittelung einer Schnecke, welche in ein auf dem einen Zapfen der Pfanne befestigtes Schnecken - rad eingreift. Beide Abbildungen lassen diese Einrichtung erkennen. Die Welle der Schnecke ist in ihren Lagern verschiebbar, so dass ihr Eingriff auch bei geänderter Stellung der Pfanne unbeeinträchtigt bleibt.

Die Kolbenstangen der schon erwähnten Dampfcylinder e e sind nach rückwärts verlängert und wirken hier durch Schubstangen mit Kurbel auf ein Rädersystem, von welchem aus das mittlere Lauf - räderpaar des Wagens Drehung empfängt, sobald Vorwärtsbewegung auf den Schienen stattfinden soll (Fig. 244). Die anderen zwei Lauf - räderpaare wirken als Rollen ohne selbständige Bewegung. Mit Hilfe einer Klauenkuppelung kann diese Bewegung leicht ausgerückt werden, wenn der Wagen stehen, die Maschine aber zum Betriebe der Pumpen benutzt werden soll.

l ist ein senkrechter Röhrenkessel zur Erzeugung des erforder - lichen Dampfes. m ist eine Dampfpumpe, theils zur Speisung des Kessels bestimmt, theils auch an Stelle der schon erwähnten Pumpen zur Zuführung von Druckwasser nach dem Krahne dienend, während die Dampfmaschine e zur Bewegung des Wagens benutzt wird und jene Pumpen ausgerückt sind. Die Wasserzufuhr durch die Pumpe m beschränkt sich hierbei auf den Ersatz des durch die Stopfbüchse des hydraulischen Kolbens entweichenden Wassers, um ein Sinken des Cylinders zu verhindern.

Der Krahn ist für eine Tragfähigkeit von 10 t berechnet; der von den Pumpen ausgeübte Druck beträgt 20 kg per qcm. Die Dampf - maschine und Räderwerke sind durch geriffelte Bleche, mit denen der Wagen belegt ist, gegen Beschädigung durch umhersprühende Funken, Schlackentheilchen u. s. w. geschützt.

3. Die Gussformen.

Nach der Beschaffenheit des für die Gussformen verwendeten Materiales lassen sich zwei Gruppen derselben unterscheiden.

Die eine umfasst solche Gussformen, welche aus einem bildsamen, nichtmetallischen Materiale mit Hilfe eines Modelles oder einer Scha - blone hergestellt geformt wurden. Sie finden da Verwendung, wo man den schon erwähnten Formguss erzeugen will, Gusswaaren,830Die Darstellung des Flusseisens.die, ohne eine weitere Veränderung ihrer Form durch Walzen, Schmieden, Pressen u. s. w. zu erfahren, sogleich als Fertigwaare, als Gebrauchs - gegenstände dienen können, wie es auch mit den zahlreichen aus Guss - eisen in den Eisengiessereien gefertigten Gegenständen der Fall ist. Man giesst in dieser Weise zahlreiche Maschinentheile, welche eine grössere Festigkeit erhalten sollen als sie das Gusseisen besitzt, Getriebe, Kurbeln, Laufräder u. v. a. 1)Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts verstand man nicht, flüssiges schmied - bares Eisen durch Giessen ohne Weiteres zu Gebrauchsgegenständen zu verarbeiten. Die Gasentwickelung beim Giessen, die starke Schwindung, endlich auch die hohe Schmelztemperatur des Metalles, welche beim Eingiessen in Formen eine rasche Er - starrung herbeiführt und die vollständige Ausfüllung der Gussformen erschwert, zugleich aber auch die Herstellung von ausreichend widerstandsfähigen Gussformen schwieriger macht, stellten sich einer solchen Verwendung des Eisens (Stahles) ent - gegen. Die Bochumer Gussstahlfabrik war es, welche zuerst diese Schwierig - keiten überwand und im Jahre 1851 gegossene Gussstahlglocken lieferte. Auf der Gewerbeausstellung zu Düsseldorf im Jahre 1852 erhielt das genannte Eisenwerk für solche Glocken die silberne Medaille.

In diesen Fällen kommt es also ganz besonders darauf an, dichten, d. h. von Hohlräumen freien, Guss zu erzielen, und die oben erwähnten Mittel zur Erreichung dieses Zieles, insbesondere die Regelung der chemischen Zusammensetzung und Anwendung eines verlorenen Kopfes, müssen hier mit doppelter Sorgfalt und Umsicht zur Anwendung ge - bracht werden.

Metallene Gussformen würden hier unverwendbar sein. Erstens würde in Rücksicht auf die äussere Form vieler solcher Gussstücke die sofort nach dem Giessen eintretende Schwindung innerhalb der Gussform gar nicht möglich sein, ohne dass ein Zerreissen des Abgusses stattfände. Man vergegenwärtige sich z. B. das Zusammenziehen eines Radkranzes innerhalb einer metallenen, also vollständig starren Guss - form. Der Durchmesser des ersteren nimmt ab, während die Gussform unverändert bleibt; der Kranz presst sich fester und fester um den inneren Theil der Gussform und reisst schliesslich ab.

Zweitens aber würde in Rücksicht auf die raschere Abkühlung, welche innerhalb der metallenen Gussform stattfindet, auch die Gas - entwickelung plötzlicher, stärker eintreten und es würde weit schwieriger sein, dichte Güsse zu erzielen; ja in Anbetracht der verhältnissmässig dünnen Querschnitte, welche viele solcher Abgüsse besitzen, würde eine vollständige Ausfüllung der Gussform oft durch die vorzeitige Er - starrung des eingegossenen Metalles unmöglich gemacht werden.

Man benutzt also für derartige Zwecke ein Material, welches aus - reichend bildsam sein muss, um die Herstellung der Gussformen zu ermöglichen, dabei widerstandsfähig genug gegen die mechanischen Einwirkungen beim Giessen wie gegen die hohe Temperatur des ein - gegossenen Metalles, doch aber ausreichend nachgiebig, um nicht die Schwindung zu behindern, schlechter Wärmeleiter, um allzu plötzliche Abkühlung zu vermeiden, und etwas durchlässig für Gase und Dämpfe, welche während des Giessens auch aus dem Formmaterial sich zu ent - wickeln pflegen, damit diese nicht durch das flüssige Metall hindurch ihren Weg zu nehmen brauchen.

831Die Gussformen.

Die seit Jahrhunderten entwickelte Technik der Gusswaarendar - stellung aus Roheisen zeigte den Weg zur Auswahl eines geeigneten Formmateriales auch für diesen Zweck; aber die höhere Temperatur des geschmolzenen schmiedbaren Eisens machte strengere Anforderungen als dort an die Beschaffenheit des Materiales erforderlich. Gussformen aus sogenanntem nassen Formsande, die in den Eisengiessereien, ohne getrocknet zu werden, vielfache Verwendung finden, sind für diesen Fall nur selten benutzbar. Man muss ein Material wählen, welches, nachdem es im feuchten und dadurch bildsamen Zustande geformt wurde, eine starke Trocknung in hoher Temperatur erträgt, ohne an Festigkeit zu verlieren.

Das üblichste Formmaterial ist Masse (S. 134), bestehend aus feuer - festem Thon mit Zusatz von so viel Magerungsmitteln, dass derselbe die Eigenschaft verliert, beim Trocknen zu schwinden, und eine ge - wisse Durchlässigkeit gegen Gase wie auch, selbst im gebrannten Zu - stande, eine gewisse Nachgiebigkeit gegenüber dem Schwinden des Metalles bekommt. In Rücksicht auf den Umstand, dass die Menge des frisch zugesetzten Thones weit hinter der Menge der als Mage - rungsmittel dienenden Körper zurückzustehen pflegt, lässt sich die Masse vielleicht noch richtiger bezeichnen als ein Gemisch von feuerfesten, beim Trocknen und Brennen nicht schwindenden Kör - pern in Körnerform mit so viel feuerfestem Thon, dass das Ganze, mit etwas Wasser angefeuchtet, Bindekraft bekommt, d. h. sich for - men lässt.

Die letztere Erklärung des Begriffes Masse macht es begreiflich, dass man als Grundbestandtheil derselben das Material der schon be - nutzten Gussformen zu verwenden pflegt, d. h. alte Masse, welche durch das stattgehabte Brennen die Eigenschaft zu schwinden, zugleich aber die Fähigkeit verloren hat, durch Befeuchtung mit Wasser bildsam zu werden. Man vermengt sie also mit soviel frischem feuerfestem Thon als erforderlich ist, diese letztere Eigenschaft wieder hervorzurufen. Ausserdem pflegt man gewisse Mengen Steinkohle, auch wohl Holz - kohle oder Koks, dem Gemische zuzusetzen. Man beabsichtigt damit, einestheils die Masse durchlässiger für Gase, nachgiebiger für die Schwindung des Metalles zu machen, hauptsächlich aber auch das Zu - sammensintern der Masse und das Festbrennen derselben an dem Ab - gusse zu erschweren. Jene Zusätze wirken hierbei theils mechanisch, indem sie als vollständig unschmelzbare Körper die Berührung der anderen Bestandtheile einschränken, theils auch, indem sie im Augen - blicke des Giessens kleine Mengen Gase entwickeln, welche ebenfalls die innige Berührung besonders zwischen dem Abgusse und dem Form - materiale erschweren.

Die Masseformen werden nach ihrer Herstellung in besonderen Trockenkammern getrocknet und mitunter bis zur beginnenden Roth - gluth erhitzt, um den Wassergehalt zu verflüchtigen. Man pflegt in die noch warme Gussform das Metall einzugiessen.

Für das Giessen von Eisensorten mit hoher Schmelztemperatur hat man in neuerer Zeit als Gussformmaterial mit Vortheil möglichst chemisch reinen Quarzsand angewendet, dem man durch Zusatz organi -832Die Darstellung des Flusseisens.scher Körper (Melasse, Mehl oder dergleichen) die nöthige Bildsamkeit verleiht. 1)H. D. Cowing in Cleveland (V. St.) liess sich die Anwendung dieses Mate - riales patentiren. D. R. P. Nr. 10114.

Die Herstellung der Gussformen aus den erwähnten Materialien geschieht im Wesentlichen in derselben Weise wie die Herstellung der Gussformen in den Eisengiessereien. Eine Beschreibung des betreffen - den, rein mechanischen Verfahrens gehört nicht in den Rahmen des vorliegenden Werkes und kann in jedem Handbuche der Eisengiesserei nachgesehen werden.

Wie schon oben angedeutet wurde und leicht sich erklärt, wächst die Schwierigkeit der Herstellung brauchbarer Gussformen mit der Schmelztemperatur des zum Gusse bestimmten Metalles; die Schmelz - temperatur aber steigt, wie bekannt, in demselben Maasse, wie der Kohlenstoffgehalt abnimmt. Während für die kohlenstoffreichsten, dem Roheisen nahe stehenden Stahlsorten thatsächlich eben solche Guss - formen wie zum Giessen des Gusseisens sich benutzen lassen und man aus solchem Stahle sogar Abgüsse in gewöhnlichem, nicht getrocknetem Formsande darstellt, sind für kohlenstoffärmeres, weniger hartes aber auch weniger sprödes Eisen nur Gussformen brauchbar, welche den höchsten Grad von Unschmelzbarkeit besitzen. In den ersten Jahr - zehnten, nachdem man gelernt hatte, Gusswaaren aus schmiedbarem Eisen durch unmittelbares Eingiessen desselben in Formen zu erzeugen, beschränkte man aus jener Ursache die Anwendung des Verfahrens auf die Verarbeitung des eigentlichen Stahles, dessen Kohlenstoffgehalt selten erheblich weniger als 1 Procent zu betragen pflegte; erst in neuerer Zeit hat man die Technik des Schmelzens sowohl2)Es kommt hier in Betracht, dass bei der Herstellung des Formgusses eine oft starke Ueberhitzung des Metalles über seinen Schmelzpunkt hinaus erforderlich ist, damit es geeignet sei, die gewöhnlich ziemlich schwachen Querschnitte der Guss - formen, ohne vorzeitig zu erstarren, auszufüllen; und jene Ueberhitzung muss um so beträchtlicher sein, damit noch vor dem Giessen das für die Erzielung dichter Abgüsse förderliche Abstehen (S. 817) möglich sei. als der Her - stellung der Gussformen soweit vervollkommnet, um auch kohlenstoff - ärmeres Eisen zu Gusswaaren verarbeiten zu können.

Jene Gussformen aus bildsamem Materiale aber, welche für den besprochenen Zweck unentbehrlich sind, lassen sich nur für einen ein - maligen Guss benutzen. Beim Gusse selbst wie bei der Schwindung des Metalles und dem Herausnehmen des Abgusses werden sie be - schädigt, und für jeden neuen Guss müssen sie wie es ja auch bei der Herstellung von Abgüssen aus anderen Metallen in derartigen Gussformen der Fall ist neu hergestellt werden.

Der zuletzt erwähnte Uebelstand der Gussformen aus bildsamem Materiale ihre nur einmalige Benutzungsfähigkeit ist bei der zweiten Gruppe von Gussformen vermieden, welche aus festem Guss - eisen oder auch aus Stahl gegossen werden. Wie schon erörtert wurde, ermöglichen sie nur die Herstellung ganz einfach gestalteter Abgüsse, deren Zusammenziehung nach dem Gusse nicht durch die Wände der Gussform behindert ist und deren Querschnittsabmessungen reichlich833Die Gussformen.genug sind, dass nicht vorzeitige Erstarrung des eintretenden Metalles eintrete, ehe die Gussform ausgefüllt ist. Man benutzt sie deshalb fast ausschliesslich zur Herstellung jener Blöcke1)Englisch Ingots, ein Ausdruck, welcher auch auf deutschen Eisenwerken mitunter angewendet wird., welche für die weitere Verarbeitung durch Hämmern oder Walzen bestimmt sind.

Man pflegt diesen Blöcken vierseitigen Querschnitt mit abgerun - deten Ecken zu geben. Der obere Durchmesser ist ein wenig kleiner als der untere, wodurch das Abheben der Gussform von dem erstarrten Blocke erleichtert wird, und letzterer besitzt daher die Form einer abgestumpften Pyramide, deren Seitenflächen jedoch so wenig conver - giren, dass eine fast prismatische Form entsteht.

Nicht ohne Wichtigkeit ist das Verhältniss des Durchmessers des Blockes zur Höhe. Nimmt man für ein vorgeschriebenes Gewicht den Durchmesser sehr klein im Verhältniss zur Höhe, so wird dadurch allerdings die spätere Arbeit des Ausstreckens auf einen geringeren Querschnitt verringert, aber, wie früher erörtert wurde, ist es in dünneren Querschnitten schwieriger, dichten Guss zu erzielen, und jene Verbesse - rung der Eigenschaften des Eisens, welche nach früheren Erörterungen mit der mechanischen Verarbeitung Hand in Hand geht, fällt natür - lich ebenfalls geringer aus, wenn diese Verarbeitung eingeschränkt wird. Giesst man umgekehrt den Block allzu dick bei geringerer Höhe, so vertheuert man nicht allein die spätere Bearbeitung, sondern es können auch besonders beim Giessen harten Stahles infolge der grösseren Schwindung des Umfanges Risse an den äusseren Flächen entstehen, welche unter Umständen den Block unbenutzbar machen. Gewöhnlich ist das Verhältniss der Breite (Seitenlänge) zur Höhe des Blockes an - nähernd wie 1: 3, wobei man dann der Höhe für die Gussform noch etwa 10 cm hinzuzurechnen pflegt, damit dieselbe nicht bis zum Rande gefüllt zu werden braucht, um das erforderliche Metall aufzunehmen. Im Uebrigen spricht die spätere Verwendung der Blöcke, die Grösse der vorhandenen Kaliber u. s. w. hierbei mit.

Eine derartige Gussform für Flusseisenblöcke erhält demnach ihre einfachste Gestalt, wenn man sie in einem Stücke, oben und unten offen, herstellt, und beim Giessen einfach eine ebene Platte als Unterlage der Gussform benutzt. Wo die Gussformen nicht verkeilt werden sollen oder wo die Anwendung eines andern Mittels zur Er - zielung von Druck nach dem Giessen nicht beabsichtigt ist, genügen diese Gussformen vollständig ihrem Zwecke.

Soll aber von oben her Druck angewendet werden, etwa durch Aufschütten von Sand und Festkeilen eines Deckels, so muss die Guss - form mit einem besonderen Boden versehen sein, der fest mit der - selben verbunden werden kann. Die auf S. 821 abgebildete Gussform Fig. 238 ist in dieser Weise eingerichtet. Das Bodenstück derselben ist mit seitlich angegossenen kräftigen Ohren a versehen, in welchen schmiedeeiserne, aufrecht stehende Dübel befestigt sind. Letztere endigen oben in einem vierseitig geschmiedeten, mit Keilöffnung versehenen Kopfe, welcher genau zwischen zwei an dem Obertheile angegossenen Vorsprüngen b b hindurchgeht, und die Verbindung wird durch Keile834Die Darstellung des Flusseisens.bewerkstelligt, wie die Abbildung erkennen lässt. Die Flächen des Obertheiles und Bodens müssen gut auf einander schliessen. Damit der Boden durch das hineinstürzende Metall nicht allzu rasch ausgefressen werde, bringt man wohl, wie in der Abbildung ersichtlich ist, an seiner oberen Seite eine Aussparung von 20 30 mm Tiefe an, welche mit feuerfester Masse ausgefuttert wird.

Die Wandstärke der Gussformen pflegt, abweichend nach der Grösse derselben, 60 100 mm zu betragen. Um sie vor dem Reissen zu schützen oder auch, um sie noch benutzen zu können, wenn sie bereits gerissen sein sollten, umgiebt man sie bisweilen mit umgelegten Ankern.

Erfahrungsmässig pflegen solche Risse nicht in den Ecken, son - dern am unteren Rande in der Mitte der Seiten der Form zuerst zu entstehen. Eine Verstärkung der Seitenwände in der Mitte ist daher

Fig. 246.

zweckmässig; und man erreicht dieses Ziel, indem man der Gussform den in Fig. 246 gezeichneten Quer - schnitt giebt.

Auch eine Herstellung der Gussform aus zwei gleichen Hälften, deren senkrechte Trennungsebene diagonal durch zwei gegenüberliegende Ecken geht, wird mitunter angewendet, um das Reissen zu er - schweren. Die beiden Hälften sind mit nach aussen vorspringenden Laschen versehen und werden durch Dübel und Keile verbunden. Die Herstellung wird aber dadurch kostspieliger, die Hälften verziehen sich leicht und passen dann nicht mehr zu - sammen.

Will man aufsteigenden Guss anwenden (S. 819), so ist eine be - sondere Vorrichtung hierfür erforderlich. Gewöhnlich gruppirt man in diesem Falle mehrere Gussformen um ein gemeinschaftliches Ein - gussrohr, von welchem aus durch wagerechte Kanäle das Eisen den einzelnen Gussformen zuströmt. Die Kanäle müssen aus feuerfesten Ziegeln hergestellt sein, damit man sie nach beendigtem Gusse öffnen und das darin befindliche Eisen herausnehmen kann. Auch das Ein - gussrohr wird mit feuerfestem Thon ausgekleidet, damit das flüssige Eisen nicht frühzeitig erstarre. Fig. 247 und 248 zeigen eine solche Einrichtung. In der Mitte steht der Einguss, entsprechend höher als die Gussformen, damit diese ohne Schwierigkeit angefüllt werden. Rings herum stehen die vier zugehörigen Gussformen. Als Unterlage für das Ganze dient ein starker Gusseisenrahmen, an der oberen Seite aus - gefuttert mit feuerfesten Ziegeln, in welchen die Kanäle für das Metall ausgespart sind. Eine Befestigung der Gussformen und des Eingusses auf der Platte ist, wenn solche überhaupt erforderlich sein sollte, leicht durch Dübel in ähnlicher Weise zu bewirken wie bei der oben be - sprochenen Gussform Fig. 238.

Die Kanäle müssen nach jedem Gusse erneuert werden und das Verfahren wird dadurch kostspielig.

Sämmtliche gusseiserne Formen erhalten, ehe sie in Benutzung genommen werden, einen dünnen isolirenden Ueberzug, um vor der835Die Hebevorrichtungen und Accumulatoren der Flusseisenhütten.unmittelbaren Einwirkung des eingegossenen Metalles geschützt zu sein. Man benutzt dazu Graphit, mit etwas Thonwasser angerührt,

Fig. 247

und 248.

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Kalkwasser oder dergleichen. Vor der Benutzung müssen die Formen angewärmt werden, wenn sie nicht etwa noch von dem vorausgegange - nen Gusse her warm sein sollten.

4. Die Hebevorrichtungen und Accumulatoren der Flusseisenhütten.

Krahne.

Zum Aufstellen und Fortbewegen der Gussformen, zum Anheben der Blöcke und zu ähnlichen Zwecken sind Hebevorrichtungen Krahne erforderlich. Nun kann allerdings jeder gewöhnliche Krahn diesen Zweck erfüllen; häufiger aber bedient man sich gerade in diesem836Die Darstellung des Flusseisens.Falle hydraulischer Krahne, besonders dann, wenn die Einrichtung zur Erzeugung des hydraulischen Druckes ohnehin für den Betrieb ähn - licher Vorrichtungen (z. B. des Giesskrahnes) bereits vorhanden ist.

Die Einrichtung eines solchen hydraulischen Krahnes ist in diesem Falle sehr einfach und stimmt im Wesentlichen mit derjenigen des Giesskrahnes Fig. 242 auf S. 825 überein. Der hydraulische Cylinder befindet sich alsdann natürlicherweise nicht, wie bei letzterem, unter - halb der Hüttensohle, sondern steht auf derselben; an die Stelle der Giesspfanne tritt beim Hebekrahn eine Kette mit Haken, an dem die Vorrichtung zum Erfassen der Gegenstände hängt.

Da weder die erforderliche Hubhöhe noch die Belastung dieser Krahne gross zu sein pflegt, zeichnet sich eine solche Krahncon - struction durch Einfachheit aus.

Accumulatoren.

Der Druck zum Betriebe der hydraulischen Hebeapparate kann zwar, wie bei dem fahrbaren Giesskrahne Fig. 244 und 245 auf S. 828, unmittelbar durch die Arbeit einer oder zweier gekuppelter Druck - pumpen hervorgebracht werden; für feststehende Krahne empfiehlt sich jedoch die Einschaltung eines Accumulators zwischen Druckpumpe und Hebevorrichtung, d. h. eines Behälters zur Ansammlung grösserer Mengen Druckwasser, welche durch die ununterbrochen stattfindende Arbeit der Pumpe hierher befördert werden. Man erreicht hierdurch den Vortheil, mit Hilfe eines einzigen Accumulators von ausreichen - der Grösse mehrere Hebevorrichtungen zugleich betreiben zu können.

Die Einrichtung der Accumulatoren ist verschieden.

Bei dem Accumulator von Armstrong, dem ältesten und auch jetzt noch am häufigsten benutzten, wird ein senkrecht stehender, durch Gewichte belasteter Kolben in einem hydraulischen Cylinder durch das von der Druckpumpe zugeführte Wasser gehoben; öffnet man die Leitung nach dem zu betreibenden Hebeapparate, so strömt Druckwasser dorthin und der Kolben sinkt. Von dem Querschnitte des Accumulatorkolbens und der Hubhöhe ist die anzusammelnde Menge des Druckwassers abhängig, aus dem Gesammtgewichte des Kolbens nebst Belastung und dem Kolbenquerschnitte ergiebt sich der per Flächeneinheit (qcm) ausgeübte Druck, welcher durch die Leitung fort - gepflanzt wird. Nach der Anzahl der Krahne oder sonstigen Hebe - vorrichtungen, welche vom Accumulator aus betrieben werden sollen, wie nach der Grösse der angewendeten Belastung, sind daher die Ab - messungen desselben sehr verschieden. Auf einzelnen Werken findet man Accumulatoren mit 600 700 mm Kolbendurchmesser bei 4 5 m Hubhöhe; auf anderen begnügt man sich mit 400 mm Durchmesser und 2 m Hubhöhe, wendet dagegen stärkere Belastung an. Bei ver - schiedenen Anlagen pflegt diese Belastung zwischen 10 30 kg per qcm zu schwanken.

Bei Tweddell’s Differenzial-Accumulator, welcher auf einigen amerikanischen Eisenwerken zur Anwendung gebracht ist, steht (wie bei dem hydraulischen Cylinder des Giesskrahnes Fig. 244) der Kolben fest und der entsprechend belastete Cylinder wird gehoben,837Die Flusseisendarstellung aus Erzen.wenn durch den hohlen Kolben Wasser zugeführt wird. Die Wirkung hierbei ist natürlich die nämliche wie bei dem Armstrong-Accumulator. Damit der Cylinder auch bei grösserem Hube nicht schwanke, ist er am Kolben selbst zweimal geführt, d. h. der letztere geht mit einer Verlängerung durch eine Stopfbüchse auch im Obertheile des Cylinders hindurch und endigt in einem von Säulen getragenen Querhaupte. Damit aber das Heben des Cylinders möglich werde, muss diese Ver - längerung des Kolbens kleiner im Durchmesser sein als die untere Hälfte, so dass der freie Cylinderquerschnitt oben entsprechend grösser als unten wird; daher die Bezeichnung Differenzial-Accumulator.

Die einfachste Art aller Accumulatoren sind die sogenannten Luftaccumulatoren, welche eben ihrer Einfachheit halber nicht selten benutzt werden. Ein luftdicht genieteter Eisenblechcylinder mit senkrechter Achse ist auf einem gusseisernen, ringförmigen Untersatze befestigt, an welchem die Rohrstutzen für die Zuleitung wie für die Ableitung des Druckwassers sich befinden. Durch das im Behälter an - steigende Wasser wird die darüber befindliche Luft zusammengedrückt und wirkt demnach wie ein elastischer Kolben auf die Wasserober - fläche. Durch Anbringung eines Manometers an geeigneter Stelle lässt sich der im Innern vorhandene Druck beobachten. Da durch die unvermeidlichen kleinen Undichtigkeiten immerhin eine gewisse Menge der stark gepressten Luft verloren geht, lässt man durch die Druck - pumpe auch stetig etwas Luft neben dem Wasser zuführen, indem man an dem Saugventilkasten ein kleines Rückschlagventil anbringt. Man pflegt diesen Accumulatoren 2 3 m Höhe bei 0.8 1.5 m Durchmesser zu geben, auch wohl zwei derselben mit einander zu verbinden. 1)Abbildung der Luftaccumulatoren in Eisenwerk Phönix: Glaser’s Annalen, Bd. VIII, S. 346.

5. Die Flusseisendarstellung aus Erzen.

Wenn man Roheisen und Eisenerze oder eisenreiche Schlacken in geeigneten Gewichtsverhältnissen unter Verhältnissen schmilzt, welche nicht etwa die Aufnahme grösserer Mengen Kohlenstoff von aussen her ermöglichen, so muss schmiedbares Eisen erfolgen und zwar Fluss - eisen, wenn die Temperatur hoch genug ist, um das Enderzeugniss flüssig zu erhalten. Es ist dieses ein Vorgang, welcher offenbar grosse Aehnlichkeit mit der Reduction von Eisen aus dem Herdfutter oder den eisenreichen Zuschlägen im Puddelofen besitzt und sich im Wesent - lichen nur durch die für die Flusseisendarstellung erforderliche höhere Temperatur von letzterer unterscheidet. Als Abart anderer Processe findet diese Erzverarbeitung mitunter Verwendung und bei Besprechung jener Processe (Tiegelgussstahlerzeugung, Martinprocess) wird dieselbe ausführlicher erwähnt werden.

Verschiedene Vorschläge und Versuche sind jedoch auch gemacht worden, um ohne Mitverwendung von Roheisen ausschliesslich aus Erzen Flusseisen zu erzeugen.

Bei starkem Rohgange im Hochofen erfolgt thatsächlich mitunter ein hochgrelles Eisen, welches seiner chemischen Zusammensetzung wie838Die Darstellung des Flusseisens.seinem Verhalten nach sich als harter Stahl bezeichnen lässt. Auf die Dauer aber lässt sich, wie aus den Erörterungen über den Hochofen - process sich ergiebt, ein solcher Betrieb nicht fortführen. Die Tempe - ratur des Ofens sinkt in einem Maasse, dass ein Einfrieren desselben alsbald eintritt, wenn nicht Abhilfe geschaffen wird; die stärkste Wind - erhitzung aber ist allein nicht im Stande, hier zu helfen, sondern das Verhältniss des Brennstoffes zum Erze muss erhöht werden. Hierdurch aber wird die Reduction und Kohlung befördert, und es entsteht wieder Roheisen.

Die Schwierigkeiten würden noch grösser sein, wenn man ver - suchen wollte, statt jenes ausnahmsweise im Hochofen erfolgenden, wenig brauchbaren, immerhin noch verhältnissmässig kohlenstoffreichen Eisens ein kohlenstoffärmeres darzustellen. Im Stückofen, welcher ja seiner Form nach als kleinerer Hochofen betrachtet werden kann, ver - meidet man das Einfrieren, indem man davon absieht, einen ununter - brochenen Betrieb zu führen und nur immer bestimmte Einsätze schmelzt, worauf der Ofen ausgeräumt wird; aber das Erzeugniss ist Schweiss - eisen. Jene für Flusseisenerzeugung nothwendige Temperatur würde auch hier nicht ohne Vermehrung des Brennstoffes erzielt werden können, und diese Vermehrung des Brennstoffes würde eben wieder eine stärkere Kohlung des Eisens unvermeidlich nach sich ziehen.

Diese Hindernisse für die directe Darstellung von Flusseisen im Schachtofen versucht Bull in Liverpool dadurch zu umgehen, dass er als Brennstoff Wassergas (S. 96) anwendet, welches also eine nur verhältnissmässig geringe kohlende Wirkung auf das Eisen ausübt. Das Gas sowohl als der Verbrennungswind werden in steinernen Erhitzungs - apparaten auf eine möglichst hohe Temperatur erwärmt und im unteren Theile des Ofens eingeführt.

Bei unbefangener Erwägung der mehrfach erörterten Bedingungen für die Reduction der Eisenerze durch Gase wird man jedoch sofort eine andere, nicht leicht zu beseitigende Schwierigkeit für die Durch - führung des Processes erkennen. Je höher die Temperatur ist, desto grösser muss der Ueberschuss der reducirenden Gase sein, wenn nicht statt Reduction von Eisenoxyden Oxydation metallischen Eisens statt - finden soll. Das Schmelzen des Flusseisens lässt sich, wie bekannt, nur in den höchsten in unseren Oefen erreichbaren Temperaturen be - wirken; diese erforderliche Temperatur aber ist durch Vorwärmung der Gase allein nicht erreichbar (eine stärkere Erhitzung derselben als auf etwa 800 Grad C. ist überhaupt bis jetzt praktisch unmöglich); es muss vielmehr Verbrennung in dem unteren Theile des Ofens stattfinden und zu diesem Zwecke wird, wie schon erwähnt, Gebläsewind zugeführt. Die Folge der Verbrennung der Gase aber ist die Entstehung eines oxydirenden Gasgemisches; und wollte man durch Zuführung eines sehr grossen Ueberschusses von Reductionsgasen dieses Hinderniss zu be - seitigen, die Oxydationsgase zu verdünnen versuchen, so sinkt selbst - verständlich sofort wieder die Temperatur, weil die erzeugte Wärme dazu verbraucht wird, die grössere Menge Gase zu erhitzen.

Dieselben Verhältnisse also, welche den Versuch, einen Hochofen mit Gasen auf Roheisen zu betreiben, erfolglos erscheinen lassen (S. 552), kommen auch hier in Betracht; aber die Schwierigkeiten sind noch839Die Flusseisendarstellung im Cupolofen.grösser als in jenem Falle, weil die Schmelztemperatur des Flusseisens höher liegt. Das einzige Mittel, die gleichzeitige Erzeugung einer aus - reichend reducirenden Gasatmosphäre und ausreichend hohen Tempe - ratur im unteren Theile des Hochofens zu bewirken, ist die Anwendung von Kohlen (Holzkohlen, Koks) neben den Gasen, welche, wie im Hochofen für Roheisendarstellung, gemeinschaftlich mit den Erzen auf - gegichtet werden; und die bis jetzt veröffentlichten Erfahrungen über den Verlauf des Bull’schen Processes zeigen auch, dass derselbe ohne dieses Mittel nicht durchführbar ist. Sobald man versuchte, ohne Kohlen zu arbeiten, trat, wie sich voraussehen liess, Abkühlung des Ofens ein.

Bei Anwendung von Kohlen aber wächst wieder die Schwierig - keit, ein kohlenstoffarmes Flusseisen zu gewinnen.

Bei Versuchen, welche im Jahre 1881 in Seraing angestellt wur - den1)Vergl. Literatur. Abbildungen des Ofens nebst Zubehör: Iron, vol. XXI, p. 89; sowie die Patentschrift des deutschen Reiches, Kl. 18, Nr. 22993., erfolgte ein Eisen von sehr wechselnder Zusammensetzung und zwar enthielt dasselbe 0.5 2.5 Proc. Kohlenstoff, war also in dem letzteren Falle schwerlich noch schmiedbar, 0.1 3.40 Proc. Silicium, 0.3 1.3 Proc. Schwefel (!), 1 1.7 Proc. Phosphor. Der Verbrauch an Koks zur Vergasung und zum unmittelbaren Aufgichten im Ofen be - zifferte sich auf 2500 3000 kg per 1000 kg erzeugten Eisens. Die oben gegebenen Erörterungen legen den Schluss nahe, dass eine erheb - liche Verringerung dieses Brennstoffverbrauches auch kaum zu erreichen sein wird.

Trotz dieser keineswegs ermuthigenden Ergebnisse, welche im vollen Einklange zu der besprochenen Theorie des Processes stehen, soll sich in England eine Gesellschaft mit bedeutendem Anlagecapitale zur Benutzung des Verfahrens gefunden haben.

6. Die Flusseisendarstellung im Cupolofen.

Wenn man in einem gewöhnlichen Cupolofen, wie er auf S. 604 ff. beschrieben worden ist, Roheisen und schmiedbares Eisen in geeig - neten Gewichtsverhältnissen und in ausreichend hoher Temperatur zusammen einschmilzt, so lässt sich, wie von vorn herein zu erwarten ist, flüssiges schmiedbares Eisen Flusseisen beziehentlich Flussstahl darstellen, dessen Kohlenstoffgehalt theils von dem Kohlenstoff - gehalte des Gemisches, theils von der Oxydationswirkung des Schmelz - ofens abhängig ist.

Ein Schmelzen schmiedbaren Eisens im Cupolofen ohne Roheisen - zusatz würde zwar möglich sein, macht aber die Anwendung eines Cupolofens mit weniger stark oxydirender Gasatmosphäre als gewöhn - lich erforderlich. Enge Windeinströmungen und stark gepresster, am besten erhitzter Wind, daneben reichlicheres Verhältniss des Brennstoff - satzes zum Eisensatze würde hier erforderlich sein. Das Verfahren würde dadurch kostspieliger ausfallen als bei Roheisenzusatz.

Vielfach sind schon Versuche gemacht worden, den Process prak - tisch zu verwerthen. Dass derselbe wenig geeignet ist, ein brauch -840Die Darstellung des Flusseisens.bares kohlenstoffarmes Flusseisen zu liefern, lässt sich im Voraus annehmen und wird durch die bis jetzt vorliegenden Erfahrungen be - stätigt. Je kohlenstoffärmer das Eisen ist, desto leichter nimmt es Sauerstoff auf und desto stärkere Neigung besitzt es, Gase zu lösen. Für beide Vorgänge findet sich im Cupolofen eine ausgiebige Gelegen - heit. Sauerstoffaufnahme von aussen würde nur durch Schmelzung in reducirender Atmosphäre vermeidlich sein; hierdurch aber wird Ge - legenheit zur Kohlenstoffaufnahme durch die Berührung mit den glühen - den Kohlen gegeben und die Erzielung der hohen Schmelztemperatur wird schwieriger. Verwendet man aber Schweisseisen zum Schmelzen, so giebt die demselben beigemengte eisenoxydulreiche Schlacke aus - reichende Gelegenheit zur Lösung des Eisenoxyduls durch das flüssige Eisen und nur durch Zusatz eines silicium - oder manganhaltigen Eisens würde dieses Eisenoxydul zerstört werden können. Anderntheils aber befördern die Vertheilung des Metalles in Tropfen beim Schmelzen ebensowohl wie die in jedem Gebläseschachtofen herrschende höhere Gasspannung die Lösung von Gasen im flüssigen Metalle.

Diese Schwierigkeiten vermindern sich, wenn man kohlenstoff - reicheres Eisen Stahl darstellt. In beiden Fällen aber wirkt der Erzeugung eines in jeder Beziehung gut verwendbaren Eisens die unmittelbare Berührung des tropfenförmig schmelzenden Metalles mit den Kohlen entgegen, welche die Aufnahme fremder Körper, zumal von Schwefel aus den Koks, befördert. Durch Anwendung von Holz - kohlen statt Koks würde zwar letzterer Uebelstand vermieden werden können; der Brennstoffverbrauch aber würde dabei erheblich höher ausfallen (S. 604), der Betrieb würde schwieriger, die Gelegenheit zur reichlicheren Aufnahme von Kohlenstoff durch das Eisen vermehrt werden.

Aus diesen Gründen sieht man davon ab, durch Cupolofenschmelzen ein zur weiteren Verarbeitung durch Schmieden oder Walzen geeig - netes Material zu erzeugen, und beschränkt sich auf die Herstellung von Gusswaaren (Formguss), bei denen jener grössere Gehalt an Schwefel und anderen dem Brennstoffe entstammenden Körpern weniger in Be - tracht kommt. Der erwähnte Umstand aber, dass die Schwierigkeiten des Verfahrens geringer bei Darstellung kohlenstoffreicherer Eisensorten ausfallen, und dass insbesondere auch die Erzielung dichter, von Gas - blasen freier Güsse leichter aus kohlenstoffreichem als aus kohlenstoff - armem Eisen gelingt, erklärt es, dass man das Verfahren fast nur zur Darstellung eines Eisens benutzt, welches seiner chemischen Zu - sammensetzung wie seinem Verhalten nach dem Roheisen nahe steht.

Solches Eisen nun ist zwar fester als Roh - beziehentlich Guss - eisen, aber hart und spröde. In neuerer Zeit pflegt man daher die aus dem Cupolofeneisen dargestellten Gusswaaren nicht als unmittelbare Gebrauchsgegenstände, sondern erst als Material für einen ferneren hüttenmännischen Process zu benutzen, bei welchem denselben durch Glühen in oxydirenden Körpern ohne Schmelzung, also auch ohne Veränderung der bereits vorhandenen äusseren Form ein Theil ihres Kohlenstoffgehaltes entzogen und sie in ein weicheres, weniger sprödes schmiedbares Eisen verwandelt werden. Dieser Process (Darstellung841Die Tiegelgussstahldarstellung.des Tempereisens) findet in einem besonderen Abschnitte ausführlichere Besprechung.

Man pflegt für derartige Zwecke Schmiedeeisenabfälle verschiedener Art zu benutzen und mit einem Zusatze von 10 15 Proc. ihres Ge - wichtes grauen, mässig siliciumreichen Roheisens (Holzkohlenroheisen)1)Ein gewisser Siliciumgehalt ist zweckmässig, um den Sauerstoffgehalt des Eisens rasch zu entfernen und die Gasentwickelung aus dem flüssigen Eisen ein - zuschränken. zusammen einzuschmelzen. Da eine Phosphorabscheidung selbstver - ständlich nicht stattfindet, ist die Wahl eines phosphorarmen Roheisens empfehlenswerth. Je schwefelreicher die Koks sind, desto reicherer Kalksteinzuschlag muss gegeben werden, um eine allzu starke Schwefel - aufnahme durch das Eisen zu hindern. Anwendung von Flussspath als Flussmittel (S. 174) würde hier gute Dienste thun können.

Dass man im Stande sei, auch durch Zusatz kleinerer Mengen schmiedbaren Eisens (10 20 Procent) zu einem verhältnissmässig silicium -, mangan - oder phosphorreichen Roheisen beim Cupolofen - schmelzen dessen Verwendbarkeit für gewisse Zwecke der Eisengiesserei, insbesondere dessen Festigkeit, wesentlich zu erhöhen, ergiebt sich aus den Beziehungen zwischen chemischer Zusammensetzung und physika - lischen Eigenschaften des Eisens von selbst. Es ist dieses ein Mittel, welches in den Eisengiessereien zu dem erwähnten Zwecke nicht selten angewendet wird; das Erzeugniss aber ist, wenn eben die Menge des Roheisens in dem Gemische vorwiegt, nicht schmiedbares Eisen, son - dern Gusseisen.

7. Die Tiegelgussstahldarstellung.

Einleitung.

Irgend ein Rohstahl Herdfrischstahl, Puddelstahl, Cementstahl oder dergleichen wird entweder für sich allein oder gattirt mit anderen Eisensorten Roheisen, Eisenmangan, Schmiedeeisen im Tiegel unter Ueberhitzung eingeschmolzen und das flüssige Metall nach ausreichend langem Abstehen in Gussformen ausgegossen.

Der ursprüngliche Zweck des Verfahrens, wenn es in dieser Weise durchgeführt wird, ist die Umwandlung von Schweissstahl in Fluss - stahl, welcher frei von Schlacke und gleichmässig in seiner Zusammen - setzung ist; in verschiedener Weise aber lässt sich das Verfahren abändern. Man kann z. B., wenn es sich darum handelt, Stahl dar - zustellen und nicht nur umzuschmelzen, Roheisen und Schmiede - eisen in solchen Gewichtsverhältnissen zusammen schmelzen, dass das Erzeugniss den gewünschten Kohlenstoffgehalt besitzt; ja, man kann sogar Erze und Roheisen in entsprechenden Verhältnissen zusammen im Tiegel schmelzen, wobei der Eisengehalt der Erze durch den Mangan - und Siliciumgehalt wie durch einen Theil des Kohlenstoffgehaltes des Roheisens reducirt wird und das Enderzeugniss ebenfalls flüssiger Stahl ist (Uchatius-Stahl).

Da die Erhitzung des Metalles auf sehr hohe Temperaturen im Tiegel schwieriger ausfällt als bei unmittelbarer Berührung zwischen MetallLedebur, Handbuch. 54842Die Darstellung des Flusseisens.und Brennstoff, auch die Haltbarkeit der Tiegel um so grössere Gefahr läuft, je höher die Temperatur ist, so pflegt man das Verfahren auf die Erzeugung eigentlichen Stahles zu beschränken, dessen Schmelz - temperatur niedriger liegt als diejenige des kohlenstoffärmeren Eisens; Gussstahl, welcher seiner Zusammensetzung nach etwa auf der Grenze zwischen wirklichem Stahl und nicht deutlich härtbarem Eisen stehen dürfte (Kohlenstoffgehalt etwa 0.3 Proc.), wird allerdings nicht selten erzeugt.

Der Tiegelgussstahl bildet die älteste aller Sorten Flussstahl und die einzige, deren Erfindung schon aus dem vorigen Jahrhunderte stammt. Wie man erzählt, wurde ein in der Gegend von Sheffield wohnender Uhrmacher, Namens Benjamin Huntsman, welcher um die Mitte des vorigen Jahrhunderts lebte, auf die Idee der Gussstahl - erzeugung durch die Schwierigkeiten geführt, welche ihm die Be - schaffenheit der aus Schweissstahl gefertigten feinen Uhrfedern bereitete. Kleine unganze Stellen, eingemengte Schlackenkörnchen oder der - gleichen machten viele solche Uhrfedern unbrauchbar; so verfiel er auf den Gedanken, durch Schmelzen den Stahl gleichförmiger zu machen. Noch heute betreiben die Nachkommen Huntsman’s die Tiegelguss - stahldarstellung, und auch in den meisten deutschen Eisenhandlungen bildet der sogenannte Huntsmanstahl einen besonders für Werkzeuge zur Metallbearbeitung geschätzten Verkaufsgegenstand.

Lange Zeit beschränkte sich jedoch das Verfahren auf die Dar - stellung kleiner, zum Ausschmieden bestimmter Blöcke, deren Grösse durch den Inhalt des einzelnen Tiegels bestimmt war. Der Firma Fr. Krupp in Essen gelang es zuerst, durch Vereinigung des Inhaltes zahlreicher Tiegel in einer einzigen Gussform schwerere Blöcke dar - zustellen und diese Blöcke durch Anwendung ausreichend kräftiger Dampfhämmer zu verdichten. Hierdurch erst war dem Tiegelgussstahle, welcher bis dahin fast nur für Werkzeuge, Federn und ähnliche Gegen - stände geringeren Gewichtes Verwendung gefunden hatte, ein weiteres Feld der Verwendung eröffnet (Geschütze, Maschinentheile u. s. w.); die Benutzung desselben zum Formguss gelang zuerst der Bochumer Gussstahlfabrik, wie schon oben erwähnt wurde.

Durch neuere Methoden der Flussstahldarstellung, welche in weniger kostspieliger Weise ein ähnliches Erzeugniss liefern, ist die Verwendung des Tiegelgussstahles auf manchen Gebieten eingeschränkt worden, wo er noch vor zwei Jahrzehnten die Alleinherrschaft besass; dennoch bildet auch heute noch seine Darstellung ein wichtiges Glied der ge - sammten Eisenerzeugung, und aus Gründen, die unten bei Be - sprechung seiner Eigenschaften ausführlichere Erörterung finden werden, ist auch nicht zu erwarten, dass diese Darstellung einmal vollständig aufhören werde.

Die Tiegel und Schmelzöfen.

Man benutzt Tiegel, deren Form mit der gewöhnlichen und all - gemein bekannten Form aller für Metallschmelzen benutzten Tiegel übereinstimmt. Die Grösse der Tiegel pflegt, abweichend nach der Ver -843Die Tiegelgussstahldarstellung.wendung des erzeugten Stahles und örtlichen Verhältnissen, für einen Inhalt von 10 35 kg berechnet zu sein; bei Anwendung maschineller Vorrichtungen zum Heben, Fortschaffen und Ausgiessen der Tiegel wie sie z. B. durch Benutzung eines Piat’schen Schmelzofens (S. 621) ermöglicht ist kommen auch noch grössere Tiegel zur Verwendung.

Zum Schutze des Tiegelinhaltes gegen die unmittelbare Einwirkung des Brennstoffes pflegt der Tiegel mit einem aufgelegten Deckel ver - sehen zu sein, welcher eine runde Oeffnung besitzt, dazu dienend, das Einstecken einer Eisenstange zu ermöglichen, mit welcher der Tiegel - inhalt untersucht werden kann, ohne dass der Deckel abgehoben zu werden braucht. Während des Schmelzens lässt sich durch einen Thon - pfropfen die Oeffnung verschliessen.

Bei der hohen Temperatur, welcher die Tiegel ausgesetzt sind, ist möglichst grosse Haltbarkeit derselben also sorgfältigste Auswahl des Materiales und sorgfältigste Herstellung von allergrösster Wichtig - keit. Gute Tiegel können zwei bis drei Schmelzungen aushalten, weniger gute nur eine Schmelzung; bei ungenügender Beschaffenheit kann es vorkommen, dass der Tiegel schon beim ersten Schmelzen leck wird und der Einsatz ausfliesst. In Rücksicht auf den Schaden, welcher durch das Auslaufen eines Tiegels entsteht, benutzt man auf manchen Werken zur besseren Vermeidung der Gefahr auch gute Tiegel doch nur ein einziges Mal.

Es ist aber bei der Auswahl der Tiegel auch der Umstand zu beachten, dass durch die Tiegelmasse, insbesondere durch den Kiesel - säure - und etwaigen Kohlenstoffgehalt derselben, auf das eingeschlossene Metall chemische Einwirkungen ausgeübt werden, welche unten aus - führlichere Besprechung finden werden. Von der chemischen Zusam - mensetzung der Tiegelmasse sind diese Einwirkungen abhängig. Ob dieselben als wohlthätig oder als nachtheilig zu bezeichnen sind, hängt von der Bestimmung des erzeugten Stahles wie von der ursprünglichen chemischen Zusammensetzung des Einsatzes ab; in jedem Falle aber müssen diese durch die Tiegel hervorgerufenen Aenderungen von vorn herein bei der Auswahl der Tiegel in Betracht gezogen werden. In verschiedenen Tiegeln wird man unter übrigens gleichen Verhält - nissen Gussstahl von wesentlich abweichender Beschaffenheit erhalten können.

In Rücksicht auf diese Verhältnisse, auf die grosse Wichtigkeit, welche das Verhalten und die Beschaffenheit der Tiegel für den gedeih - lichen Betrieb einer Gussstahlhütte besitzt, sowie auf den grossen jähr - lichen Bedarf an Tiegeln pflegen grössere Werke die Herstellung der - selben in eigenen Werkstätten auszuführen.

Den Grundbestandtheil oder, vielleicht noch richtiger ausgedrückt, das Bindemittel für die übrigen Bestandtheile der Tiegel bildet in allen Fällen feuerfester Thon, welcher mit gebranntem feuerfesten Thon oder gepulverten Tiegelscherben vermengt wird (vergl. S. 139), ausserdem aber regelmässig einen Zusatz kleinerer oder grösserer Mengen Graphit zu erhalten pflegt.

Der Graphitgehalt der Tiegel hat bei dem Gussstahlschmelzen mehr als eine Aufgabe zu erfüllen. An und für sich unschmelzbar, sofern54*844Die Darstellung des Flusseisens.er nicht durch fremde leichtschmelzige Beimengungen verunreinigt ist1)Es versteht sich von selbst, dass für diesen Zweck nur der beste, von Alkalien, Erden, Eisenoxyd u. s. w. möglichst freie Graphit brauchbar ist. Sehr unreinen Graphit unterwirft man einem Reinigungsprocesse durch Schlämmen, Glühen bei Luftabschluss und nachfolgende Behandlung mit verdünnten Säuren oder in ähn - licher Weise., erhöht der Graphit in gewissem Grade die Feuerbeständigkeit; er verhindert das Eindringen oxydirender Gase Sauerstoff, Kohlen - säure, Wasserdampf durch die Poren des weissglühenden Tiegels in das Innere, indem er eine Umwandlung derselben in Kohlenoxyd, beziehentlich Kohlenoxyd und Wasserstoff herbeiführt; und er erschwert theils hierdurch, theils durch seine unmittelbare Berührung mit dem eingeschlossenen Metalle die Verringerung des Kohlenstoffgehaltes des letzteren, ja, er giebt sogar unter gewissen Verhältnissen Gelegenheit zu einer Anreicherung des Kohlenstoffgehaltes, und in jedem Falle befördert er die Reduction von Silicium aus den Tiegelwänden. Ob diese letzteren Einflüsse vortheilhaft für die Beschaffenheit des erfolgen - den Gussstahles sind, muss freilich, wie schon oben hervorgehoben wurde, von der Bestimmung desselben wie von der chemischen Zu - sammensetzung des eingesetzten Eisens (Stahles) abhängig sein; in jedem Falle lässt sich aber auf jene Einflüsse durch entsprechende Zusammensetzung des Einsatzes von vorn herein Rücksicht nehmen.

Sowohl die Rücksicht auf diese Einwirkungen eines grösseren Graphitgehaltes als auch die ursprüngliche Beschaffenheit des zur Ver - wendung stehenden feuerfesten Thones muss über das Verhältniss des letzteren zu den sogenannten Magerungsmitteln Tiegelchamotte und Graphit entscheiden. Fetter Thon erträgt und verlangt einen grösseren Zusatz, magerer einen geringeren. Meistens wird die Menge des frischen feuerfesten Thones zwischen 33 66 Proc. der Tiegelmasse betragen; der Rest besteht aus jenen Magerungsmitteln. Verwendet man nun gepulverte alte Graphittiegel wieder als Zusatz, so führt man auch durch diese wiederum Graphit in das Gemisch, und es ist hierauf Rücksicht zu nehmen, wenn man einen bestimmten Kohlenstoffgehalt der Tiegel erhalten will. Der gesammte Graphitgehalt der Tiegel incl. des durch die Tiegelchamotte wieder zugeführten Graphits pflegt zwischen 20 bis 75 Proc. zu schwanken; bei dem verhältnissmässig hohen Preise des Graphits steigen mit dem Graphitgehalte der Tiegel auch die Herstellungs - kosten derselben. Da jedoch auch der gereinigte Graphit niemals aus chemischreiner Kohle besteht, so beziffert sich der Kohlenstoffgehalt jener Tiegel entsprechend niedriger als der Graphitgehalt und dürfte gewöhn - lich 15 60 Proc. betragen.

Die Bestandtheile der Tiegelmasse werden mit Hilfe maschineller Vorrichtungen gemahlen und gemischt, mit Wasser befeuchtet, dann zu Tiegeln geformt. Das Formen geschieht entweder von Hand auf einer Töpferscheibe2)Dieselbe ist in jeder Töpferwerkstatt zu sehen. Eine horizontale Scheibe an dem oberen Ende einer senkrechten Welle wird durch einen Fusstritt gedreht. Der vor der Scheibe sitzende Arbeiter bringt den Thonklumpen in die Mitte der Scheibe und formt mittelst Daumens und Zeigefingers, während jene sich dreht, die Wand des Gefässes. oder in einer Form durch Pressen, die durch845Die Tiegelgussstahldarstellung.eine Schraube, Dampfdruck oder hydraulischen Druck bewegt werden. Die von Hand geformten Tiegel pflegt man, obgleich sie etwas kost - spieliger zu sein pflegen, den mit der Maschine geformten vor - zuziehen.

Nach dem Formen lässt man die Tiegel erst vorsichtig an der Luft trocknen, dann kommen sie in ganz schwach erwärmte Räume, von hier in stärker erhitzte Kammern, um schiesslich jedoch erst unmittelbar vor der Benutzung in Rothgluth gebrannt zu werden. Diese Arbeit des Trocknens erfordert einen Zeitraum von mehreren Monaten, so dass für eine grössere Gussstahlhütte stets eine ziemlich bedeutende Zahl von Tiegeln in Vorbereitung begriffen sein muss.

Als Schmelzöfen für die Tiegelgussstahldarstellung bediente man sich bis gegen die Mitte der sechziger Jahre fast ausschliesslich der mit Koks geheizten Tiegelschachtöfen von der nämlichen Einrichtung, wie sie durch die Abbildungen Fig. 159 und 160 auf S. 619 dargestellt ist. Flammofenheizung mit directer Feuerung gab nicht den erforder - lichen Temperaturgrad, auch die Gasfeuerung war bis zu jener Zeit noch nicht ausreichend ausgebildet, um befriedigende Erfolge zu ver - sprechen.

In kleineren Schmelzwerken ist auch heute noch der Tiegelschacht - ofen mit Rost und Essenzug der am häufigsten benutzte. Man hat ein - und mehrtieglige Oefen; geht die Zahl der Tiegel, welche in einen Ofen eingesetzt werden sollen, über drei hinaus, so pflegt man sie in Parallelreihen aufzustellen, deren jede drei bis vier Tiegel enthält; dass aber mit der Anzahl der Tiegel auch die Schwierigkeit wächst, eine gleichmässige Erhitzung derselben herbeizuführen, wurde schon bei der früheren Besprechung eines Tiegelschmelzofens erwähnt. Zwölf dürfte die grösste Zahl der Tiegel sein, welche überhaupt in einen gemein - schaftlichen Ofen eingesetzt werden, gewöhnlich sind es weniger.

Zur Erzielung der erforderlichen hohen Temperatur ist ein kräftiger Essenzug nothwendig. Deshalb giebt man in der Regel jedem Schmelz - ofen eine besondere Esse, obschon man mitunter auch Anlagen findet, bei welchen die Gase mehrerer Oefen durch einen sehr weiten Sammel - kanal einer gemeinschaftlichen Centralesse zugeführt werden.

Sämmtliche vorhandene Oefen werden in Reihen einer neben dem andern aufgestellt und zwar in der Weise, wie es die schon erwähnten Abbildungen Fig. 159 und 160 erkennen lassen, d. h. mit ihrer Gicht - öffnung in der Ebene des Giessraumes oder nur wenig darüber. Die Roste sämmtlicher Oefen sind von einem ausreichend geräumigen Kellerraume aus leicht zugänglich, und es muss bei der Anlage Vorsorge getroffen werden, dass der Luftzutritt nach den Rosten nicht behindert und ein leichter Verkehr zwischen den Arbeitern im Giessraume wie den Arbeitern bei der Feuerung möglich sei.

Der Koksverbrauch zum Schmelzen von 1000 kg Stahl in solchen Oefen pflegt, abweichend nach der Grösse und Zahl der Tiegel eines Ofens wie nach der Beschaffenheit der Koks, zwischen 2000 und 5000 kg zu schwanken, in den meisten Fällen 2500 3000 kg zu betragen.

846Die Darstellung des Flusseisens.

In neuerer Zeit hat man besonders in französischen Schmelze - reien verschiedentlich den Piatofen (S. 621) an Stelle der feststehen - den Oefen mit gutem Erfolge eingeführt. In einzelnen Fällen, wo man denselben Ofen und Tiegel zu mehreren unmittelbar auf einander folgen - den Schmelzungen benutzte, ergab sich ein Koksverbrauch von angeb - lich nicht mehr als 1150 kg per 1000 kg Gussstahl.

Durch Erfindung der Siemensfeuerungen im Jahre 1861 (S. 116) erhielt man ein Mittel, beim Tiegelgussstahlschmelzen auch durch Flammenfeuerung die erforderliche Temperatur hervorzubringen. Gerade für diese Verwendung besitzt das erwähnte Feuerungssystem unleugbar verschiedene erhebliche Vorzüge.

Bei dem Schmelzen mit Koks in Schachtöfen geht der bei weitem grösste Theil der entwickelten Wärme ungenutzt in die Esse. Eine Ausnutzung dieser aus dem Ofen entweichenden Wärme ist nicht gut möglich. Eine Einschaltung anderer zu erhitzender Apparate würde nicht nur leicht zur Schmälerung des Essenzuges Veranlassung geben, sondern auch in Rücksicht auf den Umstand unthunlich sein, dass der einzelne Ofen nur periodisch mit Brennstoff gefüllt, während des Einsetzens und Herausnehmens der Tiegel aber leer ist; eine Erhöhung des Ofens zu dem Zwecke, die niederrückenden Koks durch die auf - steigenden Gase vorwärmen zu lassen, würde, wie bei allen Tiegel - schachtöfen, nicht nur ebenfalls den Essenzug beeinträchtigen, sondern, was noch nachtheiliger sein würde, auch eine vermehrte Kohlenoxyd - gasbildung zur Folge haben, also eher nachtheilig als günstig auf den Brennstoffverbrauch einwirken; denselben Erfolg, eine Vermehrung der Kohlenoxydgasbildung, würde es haben, wenn man die abziehenden Gase etwa zur Vorwärmung der zuströmenden Verbrennungsluft ver - wenden wollte (vergl. die Anmerkung auf S. 622).

Bei den Siemensöfen wird, wie bekannt, die abziehende Wärme in den sogenannten Regeneratoren aufgespeichert und durch das zu - strömende Gas wie die Verbrennungsluft dem Ofen zum grossen Theile wieder zugeführt, also nutzbar gemacht. Die Brennstoffausnutzung ist also eine günstigere. Ausserdem aber ermöglichen diese Oefen, wie alle Flammöfen, die Anwendung unverkohlter, also billigerer Brenn - stoffe und zwar nicht allein der Steinkohlen, sondern auch bei ent - sprechender Einrichtung der Braunkohlen, des Torfes, des Holzes; und dieser Umstand fällt natürlich gerade in solchen Gegenden für ihre Anwendung ins Gewicht, wo Koks hoch im Preise stehen. End - lich aber ist es ein nicht zu unterschätzender Vortheil aller Flam - menfeuerungen, dass die Tiegel mit dem festen Brennstoffe und der Asche desselben gar nicht in Berührung kommen. Sie sind in jedem Augenblicke des Betriebes zugänglich, während man bei den Koks - schachtöfen erst die Brennstoffschicht niederbrennen lassen muss, um zu den Tiegeln zu gelangen; und sie werden von der Asche nicht angegriffen, welche bei den anderen Oefen oft als dicke Schlacken - kruste an die Tiegelwände sich ansetzt und zerstörend auf dieselben einwirkt.

Dieser Vorzüge halber haben die Flammöfen mit Siemensfeuerung seit der erwähnten Zeit vielfach die alten Schachtöfen mit Koks -847Die Tiegelgussstahldarstellung.feuerung verdrängt; aber freilich sind sie ganz erheblich kostspieliger in der Anlage, und sie erfordern, damit sie ihre Aufgabe erfüllen können, einen möglichst ununterbrochenen Betrieb. 1)Vergl. die Erörterungen auf S. 119.Aus diesen Gründen eignen sie sich weit mehr für einen Betrieb im grossen Maass - stabe als für kleine Anlagen.

Ein Tiegelschmelzofen mit Siemensfeuerung wurde bereits in Fig. 19 bis 24 auf S. 116 mit allen Einzelheiten abgebildet; den Herd eines solchen Ofens zeigt in vergrössertem Maassstabe Fig. 249. 2)Aus J. S. Jeans, Steel, its history, manufacture, properties and uses.Durch Scheidewände pflegt der Ofen in mehrere Abtheilungen getheilt zu sein (vergl. oben Fig. 19), deren jede vier bis sechs Tiegel aufnimmt, so dass der ganze Ofen gewöhnlich 18 20 Tiegel enthält. Die Tiegel pflegt man, wie Fig. 249 erkennen lässt, in zwei oder auch drei Reihen hinter einander aufzustellen. Ueber den Tiegeln jeder Abtheilung be -

Fig. 249.

findet sich in der Decke des Ofens eine gemeinschaftliche Einsatz - öffnung, welche durch einzelne, dicht neben einander liegende Deckel abgedeckt ist. Die Einrichtung der Deckel ergiebt sich aus Fig. 249 und Fig. 19; jeder Deckel bedeckt zwei Tiegel und hängt an einer auf einer Eisenschiene laufenden Rolle, so dass er leicht zur Seite bewegt werden kann, nachdem er mit Hilfe der in der Abbildung erkennbaren Handhabe emporgehoben wurde.

In der eisernen Herdplatte sind unterhalb der Tiegel Oeffnungen angebracht, die durch Thondeckel geschlossen sind. In der Abbildung ist eine solche Oeffnung im Schnitte sichtbar. Ist ein Tiegel leck geworden, so durchstösst man mit einer Eisenstange die Thondeckel,848Die Darstellung des Flusseisens.und der Stahl nebst Schlacke werden aus dem Ofen entfernt. Dann wird eine neue Thonplatte aufgelegt.

Bei der kurzen Herdlänge eines solchen Ofens ist es von Wichtig - keit, die Verbrennung so zu leiten, dass eine kurze heisse Flamme erfolgt. Gas und Luft müssen, damit dieser Zweck erreicht werde, unter verschiedener Richtung und mit verschiedener Geschwindigkeit auf einander treffen (vergl. S. 115). Die Abbildungen lassen erkennen, in welcher Weise diese Aufgabe gelöst wird. Aus dem am Ende des Ofens gelegenen etwas grösseren Regenerator tritt die Luft in einen wagerechten Kanal; gegen dieselbe unter einem Winkel von fast 90 Graden trifft das aus dem zweiten Regenerator durch einen engen Schlitz, also mit grosser Geschwindigkeit austretende Gas. Die Abwärts - neigung der Decke aber an der Stelle, wo die Gase in den Herd ein - treten, giebt ihnen die Richtung nach unten, wodurch verhütet wird, dass der Fuss der Tiegel kalt bleibe.

Der Brennstoffverbrauch eines solchen Ofens mit 18 20 Tiegeln beträgt bei Anwendung vorzüglicher Steinkohlen, wie sie in Gross - britannien für diesen Zweck benutzt werden, oft nicht mehr als 1200 kg per 1000 kg erzeugten Stahles; bei aschenreicheren Steinkohlen kann man 1500 1600 kg annehmen; auf der Gussstahlhütte Kapfenberg in Steiermark verwendet man geringwerthige Leobener Braunkohlen mit 24 Proc. Asche und beträchtlichem Wassergehalte zur Gaserzeugung und gebraucht davon 3500 4000 kg per 1000 kg Gussstahl. Ein Ver - gleich dieses Brennstoffverbrauches mit dem oben besprochenen Ver - brauche an Koks in Tiegelschachtöfen lässt die grossen Vortheile der Gasfeuerung deutlich erkennen. Ein solcher Ofen mit 18 20 Tiegeln à 25 30 kg Inhalt aber liefert im Laufe von 24 Stunden 2000 bis 3000 kg Stahl, und ohne wesentliche Erhöhung des relativen Brenn - stoffverbrauches würde es nicht möglich sein, diese Leistung zu be - schränken.

Das Arbeitsverfahren.

Wie schon oben erwähnt wurde, pflegt Schweissstahl Puddel - oder Herdfrischstahl den Grundbestandtheil für die Beschickung der Tiegel zu bilden. Bei der Kostspieligkeit der Tiegelgussstahldarstellung kann dieselbe überhaupt nur dann lohnend werden, wenn der ge - wonnene Stahl sich in jeder Beziehung als vorzüglich erweist; hierzu ist aber in erster Reihe grosse Reinheit von nachtheiligen Beimengungen, insbesondere von Phosphor und Schwefel erforderlich. Da eine Ab - scheidung des Phosphors beim Tiegelschmelzen gar nicht, eine Ab - scheidung von Schwefel nur in sehr beschränktem Maasse stattfinden kann, so muss auch bei der Auswahl der zu verwendenden Stahlsorten hierauf Rücksicht genommen werden. Cementstahl, welcher sich durch grosse Reinheit vor anderen Stahlsorten auszeichnet und leicht auch mit grösserem Kohlenstoffgehalte darzustellen, dagegen erheblich kost - spieliger als Puddel - und Herdfrischstahl ist, findet für Darstellung von Gussstahl Verwendung, der für feine Werkzeuge, Feilen und der - gleichen bestimmt ist; andere Flussstahlsorten (Bessemerstahl, Martin - stahl) werden mitunter wohl in kleineren Mengen zugesetzt, ohne dass jedoch eine andere Absicht, als sie durch Einschmelzen zu Gute zu849Die Tiegelgussstahldarstellung.machen, dabei vorliegen dürfte. Da sie bereits schlackenfrei sind, kann eine Verbesserung ihrer Beschaffenheit kaum durch das Tiegelschmelzen erreicht werden; wohl aber enthalten sie gewöhnlich legirte fremde Körper in grösserer Menge als die erwähnten Sorten Rohstahl und wirken dadurch benachtheiligend auf die Beschaffenheit des erfolgenden Tiegelgussstahles.

Für Darstellung weniger harter Stahlsorten setzt man Schmiede - eisen Herdfrisch - oder Puddeleisen, aus reinen Roheisensorten erzeugt dem Stahle zu. Häufig giebt man für härteren wie auch für weniger harten Stahl einen Zusatz von Eisenmangan in kleinen Mengen oder von Spiegeleisen. Man verhindert durch den Mangangehalt des Einsatzes nicht allein die Oxydation von Kohlenstoff, sondern man erleichtert auch die Reduction von Silicium aus den Tiegelwandungen und befördert dadurch die Erzielung dichterer, d. h. von Gasblasen freier Güsse, Grund genug, um in zahlreichen Fällen jenen Zusatz als wohlthätig erscheinen zu lassen. Ein Theil des zugesetzten Mangans wird in jedem Falle oxydirt und geht in die Schlacke, ein anderer Theil aber bleibt im Stahle zurück und beeinflusst immerhin dessen Eigenschaften. Die Härte wird gesteigert; zugleich aber auch die Sprödig - keit, besonders bei hohem Kohlenstoffgehalte. Da nun jene Ein - wirkungen, welche man durch einen Manganzusatz herbeizuführen beabsichtigt, ohnehin bei kohlenstoffreicherem Stahle weniger als bei kohlenstoffärmerem in Betracht kommen, so pflegt bei Darstellung des ersteren der Manganzusatz auch durchschnittlich geringer zu sein als bei Darstellung der weniger harten Sorten.

Nicht selten auch giebt man einen Zusatz von Siliciumeisen, um einen gewissen Siliciumgehalt zuzuführen und die Gasentwickelung abzuschwächen. Je höher aber der Kohlenstoffgehalt des Stahles ist, desto nachtheiliger beeinflusst ein gleichzeitig anwesender Silicium - gehalt die Eigenschaften desselben; daher ist auch dieser Zusatz mehr für die weicheren und mittelharten Stahlsorten als für die harten, ganz besonders für den zu Formguss bestimmten Stahl geeignet. Zweck - mässiger als ein Zusatz des Siliciumeisens vor dem Schmelzen dürfte ein solcher nach dem Schmelzen vor dem Ausgiessen des Stahles sein.

Sehr harte Stahlsorten, zur Anfertigung von Werkzeugen für Be - arbeitung harter Metalle bestimmt, erzeugt man durch Zusatz der auf S. 260 und 262 besprochenen Eisenchrom - oder Eisenwolframlegirungen in solchen Gewichtsmengen, dass der fertige Stahl bis zu 1 Procent Chrom oder bis zu 8 Proc. Wolfram, selten allerdings mehr als 0.5 Proc. Chrom oder 4 Proc. Wolfram enthält. Die Eigenschaften, welche diese Metalle neben der grösseren Härte dem Stahle verleihen, wurden bereits a. a. O. besprochen.

Unter sonstigen Zusätzen, welche bisweilen keineswegs regel - mässig zur vermeintlichen oder wirklichen Verbesserung der Stahl - beschaffenheit gegeben werden, ist der üblichste Braunstein (Mn O2). Die Wirkung desselben ist ziemlich vielseitig. Es entsteht bei An - wendung desselben eine manganreiche und deshalb leichtflüssige Schlacke, welche zwar leicht von dem Stahle sich sondert, aber auch die Tiegel - wände stark angreift. Der grosse Mangangehalt der Schlacke befördert die Aufnahme von Schwefel, und aus diesem Grunde kann beim Ver -850Die Darstellung des Flusseisens.schmelzen schwefelreichen Stahles der Zusatz wohlthätig wirken. Durch den Kohlenstoffgehalt des Tiegels wie des Stahles selbst wird in hoher Temperatur Mangan reducirt; theils infolge der starken Verwandtschaft des Mangans zum Kohlenstoff, theils infolge der auflösenden Ein - wirkung der manganreichen Schlacke auf die Tiegelwände, durch welche der Kohlenstoffgehalt der letzteren blossgelegt und der unmittelbaren Berührung des Stahles preisgegeben wird, wird die Aufnahme von Kohlenstoff in Stahle befördert, und durch die Anreicherung ebenso - wohl seines Mangan - wie Kohlenstoffgehaltes wird derselbe härter (vergl. unten Chemische Untersuchungen). Durch Zusatz von Eisenmangan ist dasselbe Ziel einfacher, wenn auch vielleicht mitunter in nicht ganz so billiger Weise zu erreichen.

Der einzusetzende Stahl wird zu quadratischen Stäben von etwa 20 mm Stärke ausgereckt und glühend in Wasser geworfen. Er wird dadurch hart und spröde und lässt sich ohne Schwierigkeit in Stücke zerbrechen, welche nach dem Bruchaussehen sortirt werden. Auch die übrigen einzusetzenden Materialien werden derartig zerkleinert, dass der Tiegel möglichst dicht gefüllt werden kann.

Auf einzelnen Werken füllt man die Tiegel kalt, setzt sie dann in einen Glühofen, in welchem sie nunmehr überhaupt erst gebrannt werden, und bringt sie aus dem Glühofen, in welchem sie bis zur dunkeln Rothgluth erwärmt wurden, unmittelbar in den schon glühen - den Schmelzofen; in anderen Fällen erhitzt man die leeren Tiegel in einem Glüh - oder Vorwärmofen auf die angegebene Temperatur, bringt sie aus diesem unmittelbar in den Schmelzofen und füllt sie erst hier mit Hilfe eines aus Eisenblech gefertigten Fülltrichters.

Wenn das Füllen, beziehentlich Einsetzen der schon gefüllten und geglühten Tiegel beendet ist, die Deckel aufgelegt sind, beginnt das Schmelzen. Dasselbe pflegt bei Gasfeuerung etwa vier Stunden, bei Koksfeuerung und grossen Oefen fünf bis sechs Stunden Zeit zu beanspruchen, wobei die Zeit für das Einsetzen und Herausnehmen der Tiegel mit eingerechnet ist.

Aller Schweissstahl enthält, wie bekannt ist, eingemengte Schlacke, grossentheils aus Oxyden des Eisens bestehend. Die einzelnen Stahl - oder Eisenstücke aber, welche eingesetzt werden, pflegen, wie alles im heissen Zustande dargestellte oder bearbeitete Eisen, mit einer dünnen Schicht Eisenoxyduloxyd überzogen zu sein. Sobald das Metall flüssig wird, äussern diese Eisenoxyde eine chemische Einwirkung auf andere in dem Stahle anwesende und in der Schmelztemperatur leichter oxydir - bare Körper. War der Einsatz frei von Mangan oder Silicium, so wird durch die Oxydationswirkung jener Eisenoxyde lediglich der Kohlen - stoff des Stahles sowohl als der Tiegel betroffen, und es entsteht unter lebhaftem Aufwallen des flüssigen Metalles Kohlenoxydgas. Je mehr sich der Eisenoxydulgehalt der sich bildenden Schlacke verringert, desto ruhiger wird das Metall. Waren dagegen Mangan oder Silicium anwesend, so werden diese schon während des Einschmelzens zum Theil neben Kohlenstoff oxydirt, das Wallen ist schwächer. Je höher aber die Temperatur steigt, desto stärker wird die Verwandtschaft des Kohlenstoffes zum Sauerstoff, desto weniger vermögen jene Körper den851Die Tiegelgussstahldarstellung.Kohlenstoff vor Verbrennung zu schützen. In der Temperatur, auf welche schliesslich der Stahl erhitzt werden muss, wird sogar Silicium durch den Kohlenstoff - beziehentlich Mangangehalt des Stahles oder durch den Kohlenstoffgehalt der Tiegelwände reducirt, und in allen Fällen, wo Kohlenstoff als Reductionsmittel diente, ist Kohlenoxydgas das Erzeugniss seiner Verbrennung.

Immerhin geht diese Reduction von Silicium langsam von Statten und der Stahl wird ruhig, wenn die grösste Menge des zuerst anwesen - den Eisenoxydules, beziehentlich Eisenoxydes zerstört ist.

Mit Hilfe einer Eisenstange, welche durch die früher erwähnte Oeffnung des Tiegeldeckels hindurchgesteckt wird, untersucht der Schmelzer die Beschaffenheit des Metalles. Er fühlt, ob die Stange leicht bis auf den Boden des Tiegels hindurchgeht, und beurtheilt nach der Beschaffenheit der an derselben haftenden Schlacke beziehentlich des Stahles den Verlauf des Processes. Die Schlacke ist im Anfange schwarz und wird später infolge des Austretens von Eisenoxydul heller; eine bestimmte Färbung derselben kann nicht für alle Fälle maass - gebend sein, da dieselbe wesentlich von der Beschaffenheit des Ein - satzes abhängt. Nur im Anfange des Processes zeigt sich erstarrter Stahl an der Probirstange; später, wenn der Stahl gaar wird, d. h. wenn das Wallen aufgehört hat, ist die Temperatur derartig gestiegen, das geschmolzene Metall so dünnflüssig geworden, dass die Stange ziemlich frei von anhaftendem Stahl wieder herauskommt.

Man lässt nun, nachdem der Stahl vollständig dünnflüssig ge - worden ist, und die Gasentwickelung aufgehört hat, denselben eine Zeitlang im Ofen abstehen , d. h. man überlässt ihn der ruhigen Er - hitzung (ohne jedoch im Schachtofen frische Koks nachzuschütten), wodurch erfahrungsmässig die Gefahr des Steigens desselben in der Gussform verringert wird, und schreitet alsdann zum Giessen.

Der Ofendeckel wird abgehoben, der Arbeiter erfasst den Tiegel mit einer Zange, hebt ihn heraus und befördert ihn nach der Stelle, wo der Guss stattfinden soll. Beim Heben schwerer Tiegel hängt die Zange an einer Kette, welche an einem Hebel befestigt ist; eine Rolle, an welcher der letztere hängt, dient zum leichteren Fortschaffen. Wäh - rend das Herausheben mit einer Zange geschehen muss, welche den Tiegel von oben her erfasst, deren Schenkel also senkrecht stehen, ergreift nunmehr ein anderer Arbeiter den Tiegel, welcher an Ort und Stelle gebracht und hier auf dem Boden abgesetzt ist, mit einer Zange mit wagerecht liegenden Schenkeln und entleert ihn durch allmäh - liches Kippen, während ein dritter Arbeiter die auf der Oberfläche des Stahles schwimmende Schlacke u. s. w. mit Hilfe eines eisernen Stabes zurückhält.

Sollen mehrere Tiegel in eine gemeinschaftliche Form entleert werden, so ist es unbedingt erforderlich, das Ausgiessen so zu regeln, dass der Metallstrahl gleichmässig und ununterbrochen in die Form einfliesst. Tritt nur für einen Augenblick eine Unterbrechung ein, so entsteht an dieser Stelle infolge der Oxydation an der Oberfläche eine unganze Stelle, wo der Zusammenhang des Stahles unvollständig ist, und das Gussstück ist meistens unbrauchbar. Mit der Grösse der zu852Die Darstellung des Flusseisens.giessenden Blöcke oder Abgüsse, mit der Anzahl der Tiegel also, welche entleert werden müssen, wächst natürlich die Schwierigkeit der Erfüllung jener Bedingung. Eine mit feuerfester Masse ausgekleidete Rinne wird nach der Form geleitet, und in diese Rinne entleeren die Arbeiter in genau vorgeschriebener Aufeinanderfolge ihre Tiegel.

Brauchbarer Tiegelgussstahl muss ruhig fliessen und darf in der Form nicht steigen, ein Beweis, dass er gelöste Gase nicht in bedeuten - der Menge enthielt. Steigender Stahl pflegt als Ausschuss behandelt zu werden.

Ueber den Brennstoffverbrauch beim Schmelzen wurde schon bei Besprechung der Schmelzöfen das Erforderliche mitgetheilt.

Der Abgang, d. h. der Verlust an Stahl beim Schmelzen, ist aus naheliegenden Gründen gering (sofern nicht etwa durch Zufälligkeiten, z. B. Auslaufen der Tiegel, Verluste herbeigeführt werden) und dürfte gewöhnlich 3 4 Proc. vom Gewichte des Einsatzes betragen.

Wie schon in der Einleitung erwähnt worden ist, lässt sich das Verfahren der Tiegelgussstahldarstellung in mehrfacher Weise abweichend gestalten.

Vielfach hat man vorgeschlagen und mit mehr oder minder glück - lichem Erfolge versucht, Roheisen und Schmiedeeisen ohne Zusatz von Stahl im Tiegel zusammenzuschmelzen, um solcherart Tiegelgussstahl zu bilden; in manchen Lehr - und Handbüchern wird der in solcher Art dargestellte Stahl sogar als eine ganz besondere Stahlgattung auf - geführt. Im Wesentlichen ist jedoch, wie sich von selbst versteht, der Process der nämliche, als wenn man heutzutage Spiegeleisen, Eisen - mangan, graues Roheisen, auch wohl gewöhnliches Weisseisen dem Stahle zu gewissen Zwecken zusetzt und unter Umständen auch Schmiedeeisen beifügt. Der Vortheil bei ausschliesslicher Anwendung von Roheisen und Schmiedeeisen ohne Stahl würde in der Ersparung des kostspieligeren Schweissstahles liegen. Die Ausführung des Ver - fahrens aber und die Erzielung eines dem gewöhnlichen Tiegelgussstahl ebenbürtig zur Seite stehenden Erzeugnisses ist insofern schwieriger, als die sehr abweichend zusammengesetzten Körper weniger leicht sich mischen und deshalb der Stahl häufig ungleichartig ausfällt; ins - besondere aber auch, weil das angewendete Roheisen grössere Mengen nachtheiliger Bestandtheile Phosphor, Schwefel zu enthalten pflegt, als ein aus demselben dargestellter Schweissstahl, und diese Körper bei der unmittelbaren Verwendung des Roheisens zur Darstellung von Tiegelgussstahl unvermeidlich dem letzteren zugeführt werden. Aus diesen Gründen hat das Verfahren nicht gerade häufige praktische An - wendung gefunden.

Eine andere Form der Tiegelgussstahldarstellung ergiebt sich, wenn man statt des Stahles Schmiedeeisen in so innigem Gemische mit kohlenstoffhaltigen Körpern einschmilzt, dass es seinen Kohlenstoff - gehalt anreichert und sich in Stahl umwandelt. Der Process hat nur853Die Tiegelgussstahldarstellung.eine einzige Anwendung gefunden und zwar in Centralindien zur Dar - stellung des sogenannten Wootz - oder Damaststahles, bekannt als vorzügliches Material für Hieb - und Stichwaffen.

Kleine Stücke des in Stücköfen direct aus Erzen dargestellten Schweisseisens werden zusammen mit Holzstücken in einen Tiegel gepackt und stark erhitzt. Wo das Holz, welches natürlich rasch ver - kohlt, mit dem Eisen in Berührung war, wird ein kohlenstoffreicheres und deshalb in niedrigerer Temperatur schmelzendes Eisen gebildet, welches flüssig wird und die Zwischenräume zwischen den nicht ge - schmolzenen Stücken ausfüllt. Man lässt den Tiegel erkalten und zer - schlägt ihn. Es entsteht also in Wirklichkeit ein Klumpen Schweiss - eisen, mit zahlreichen Gussstahladern durchzogen, ein Material, welches die Zähigkeit des ersteren mit der Härte des letzteren vereinigt. Das - selbe wird ausgeschmiedet und weiter verarbeitet; die fertigen Waffen aber werden mit Säuren gebeizt. Die kohlenstoffärmeren Theile werden von den letzteren stärker angegriffen als die kohlenstoffreicheren und so entstehen jene unregelmässigen Figuren auf der Oberfläche, welche das eigenthümliche Merkmal dieses Stahles bilden und mitunter mit Gold oder Silber ausgelegt werden.

Auch durch Zusammenschmelzen von Eisenerzen und Roheisen hat man verschiedentlich versucht, Tiegelgussstahl zum Ersatze des in gewöhnlicher Weise erzeugten darzustellen. Der chemische Vorgang hierbei wurde schon auf S. 841 angedeutet; der Mangan -, Silicium - und Kohlenstoffgehalt des Roheisens wirkt reducirend auf den Eisenoxyd - gehalt der Erze und es entsteht ein Stahl, dessen Kohlenstoffgehalt von dem Verhältnisse der eingesetzten Materialien zu einander wie von der chemischen Zusammensetzung derselben abhängig ist.

Eine gewisse Bedeutung erlangte dieses Verfahren durch Uchatius in den fünfziger Jahren, weshalb man dem auf diese Weise dar - gestellten Stahl die Bezeichnung Uchatiusstahl gab. Auf einigen Werken Oesterreichs, Russlands, Schwedens, Englands war das Ver - fahren längere Zeit in Anwendung. Das zu verwendende Roheisen, welches natürlich möglichst rein von schädlichen Beimengungen sein musste, wurde durch Eingiessen in Wasser granulirt und mit eben - falls möglichst reinen, gepulverten Erzen zusammen in einen Graphit - tiegel eingesetzt. Ausser den Eisenerzen pflegte man auch etwas Braun - stein beizufügen; z. B. 100 Thl. Roheisen, 25 Thl. Spatheisenstein, 1.5 Thl. Braunstein oder ähnlich. Für weniger harten Stahl setzte man noch ausserdem 12 20 Theile Schmiedeeisen auf 100 Theile Roh - eisen zu.

Das Verfahren verfolgt offenbar denselben Zweck, wie das schon ältere Verfahren der Stahldarstellung aus Roheisen und Schmiedeeisen: die Benutzung des ziemlich kostspieligen Schweissstahles wird ent - behrlich. Es leidet aber auch an denselben Schwächen wie jenes Ver - fahren, d. h. fast alle fremden schädlichen Bestandtheile des Roheisens, zu denen hier noch diejenigen der Erze hinzukommen, gehen in den Stahl über. Aus diesen Gründen ist der Betrieb überhaupt nur da möglich, wo sehr reine Erze zur Verwendung stehen, und auf vielen854Die Darstellung des Flusseisens.Werken, wo derselbe eingeführt wurde, ist er später wieder ein - gegangen.

Noch heute ist derselbe auf dem schwedischen Werke Wikmans - hyttan in Anwendung.

Chemische Untersuchungen.

Die bis jetzt veröffentlichten Untersuchungen über die chemischen Einflüsse des Tiegelschmelzens sind ziemlich vereinzelt. Wie auf S. 241 bereits erwähnt wurde, wiesen Troost und Hautefeuille nach, dass beim länger fortgesetzten Schmelzen kohlenstoffhaltigen Eisens in kieselsäurehaltigen Tiegeln Silicium aus den Wänden der letzteren durch den Kohlenstoffgehalt des Eisens reducirt und an das Eisen ge - führt werde, der Siliciumgehalt des letzteren sich also mehr und mehr anreichere, während der Kohlenstoffgehalt sich verringere. Dieser Vor - gang ist seitdem verschiedentlich beobachtet worden, und vermuthlich rührt der günstige Einfluss eines längeren Abstehens des flüssigen Eisens theilweise von einer Siliciumaufnahme her. Das Maass der letzteren wird, wie sich von selbst versteht, von der Zeitdauer der Einwirkung und der Temperatur des flüssigen Stahles abhängig sein; sie wird aber auch wesentlich befördert werden, wenn nicht allein der Kohlenstoffgehalt des Roheisens als Reductionsmittel zu dienen braucht, sondern wenn auch die Tiegelwände selbst den Kohlenstoff für diesen Zweck liefern; und je reicher ihr Graphitgehalt ist, desto leichter wird Silicium reducirt werden.

Einen Beweis hierfür liefern folgende von Reiser angestellte Untersuchungen. 1)Persönliche Mittheilung des Herrn Hüttendirector Reiser in Kapfenberg.In drei Tiegeln mit verschiedenem Graphitgehalte wurden gleiche Einsätze, bestehend aus 30 Thl. Rohstahl und 70 Thl. Schmiedeeisen, geschmolzen. Nach dem Schmelzen ergab die Analyse einen Siliciumgehalt der drei Stahlsorten:

in Bauxittiegeln mit etwa 9 Proc. reinem Kohlenstoffgehalt ge - schmolzen Si = 0.144;

in gewöhnlichen Tiegeln mit etwa 28 Proc. reinem Kohlenstoff - gehalte geschmolzen Si = 0.274;

in gewöhnlichen Tiegeln mit etwa 40 Proc. reinem Kohlenstoff - gehalte geschmolzen Si = 0.392.

Aber auch ein etwa anwesender Mangangehalt befördert die Re - duction von Silicium. Auf S. 241 wurde bereits erwähnt, dass metalli - sches Mangan in hoher Temperatur reducirend auf Kieselsäure ein - wirke, sofern eine kieselsäurereiche Schlacke zugegen ist, zu welcher das entstehende Manganoxydul ein starkes Vereinigungsbestreben be - sitzt; auf S. 600 wurden einige Beispiele einer solchen Siliciumreduction beim Schmelzen im Cupolofen gegeben. Aber auch die Anwesenheit des Mangans selbst befördert durch die starke Verwandtschaft desselben zum Silicium die Reduction des letzteren durch den Kohlenstoff der Tiegelwände.

Zur genaueren Untersuchung des Einflusses eines Mangangehaltes auf die Siliciumreduction wurde auf meinen Wunsch in einer Gussstahl -855Die Tiegelgussstahldarstellung.fabrik Herdfrischstahl theils mit theils ohne Zusatz von Eisenmangan wie gewöhnlich geschmolzen, worauf die Gussstahlblöcke von mir unter - sucht wurden.

Die durch den Mangangehalt veranlasste Vermehrung des Silicium - gehaltes ist bedeutend; aber eine einfache Rechnung giebt auch die Bestätigung dafür, dass Mangan hier zum grossen Theile mittelbar, d. h. einfach durch seine Anwesenheit im Eisen, die Siliciumreduction herbeiführte. Wirkt das Mangan selbst als Reductionsmittel, so müssen nach der Formel: 2 Mn + Si O2 = 2 Mn O + Si für jedes Gewichts - theil reducirtes Silicium 〈…〉 Gewichtstheile Mangan oxydirt werden, d. h. aus dem Eisen austreten. Der unter Manganzusatz ge - schmolzene Stahl enthält 0.25 Proc. Silicium mehr als der ohne diesen Zusatz geschmolzene; wären diese 0.25 Proc. Silicium lediglich durch Mangan reducirt, so hätten dafür 3.93 × 0.25 = 0.98 Proc. Mangan aus dem Stahle austreten müssen, während in Wirklichkeit die Mangan - abnahme nur 0.26 Proc. beträgt.

Was das Verhalten des Kohlenstoffes beim Tiegelgussstahlschmelzen betrifft, so lassen die vorstehend mitgetheilten Analysen erkennen, dass beim Verschmelzen manganarmen Stahles in kohlenstoffarmen Tiegeln eine Kohlenstoffabnahme eintritt oder eintreten kann; dass diese Ab - nahme unbedeutender ist, oder dass eine Zunahme des Kohlenstoffgehaltes eintreten kann, wenn das Schmelzen in kohlenstoffreicheren Tiegeln vor sich geht; und dass ein anwesender Mangangehalt sehr wesentlich die Kohlenstoffanreicherung befördert.

Noch ein anderer schon früher erwähnter Umstand jedoch wird beim Schmelzen manganhaltigen Eisens dazu beitragen, die Kohlen - stoffaufnahme aus den Tiegelwänden zu befördern; es ist dieses die stark auflösende Wirkung, welche Manganoxydul auf den Kieselsäure - und Thonerdegehalt des Tiegels ausübt. Grössere Mengen Kohle werden dadurch frei gelegt und der Aufnahme durch den Stahl preisgegeben.

Die schon oben erwähnte Thatsache, dass bei Braunsteinzusatz aus demselben Mangan reducirt und dann ebenso wie zugesetztes metallisches Mangan die Eigenschaften des Stahles beeinflussen könne, wird durch folgende durch Reiser angestellte und mir freundlichst mitgetheilte Untersuchung bestätigt. Gussstahl, in Tiegeln mit 40 Proc. Kohlenstoffgehalt ohne Braunsteinzusatz geschmolzen, enthielt 0.104 Proc. Mangan, mit Zusatz von 0.4 Proc. Braunstein geschmolzen dagegen 0.211 Proc. Mangan.

856Die Darstellung des Flusseisens.

Aus der Schlacke und dem Oxydüberzuge des eingesetzten Schweiss - stahles, in reicherem Maasse aus dem verschlackten Mangangehalte und den Bestandtheilen des Tiegels, unter Umständen auch aus zugesetzten fremden Körpern (Braunstein, Alkalien u. a.) entsteht eine Schlacke, welche auf dem flüssigen Stahle schwimmt und deren Zusammen - setzung im Verlaufe des Processes nicht unwesentlichen Aenderungen unterworfen sein wird. Untersuchungen über diese Veränderungen der Tiegelgussstahlschlacke liegen bis jetzt leider nicht vor; aus dem metal - lurgisch-chemischen Verhalten der hier in Betracht kommenden Körper lässt sich jedoch schliessen, dass diese Schlacke anfänglich ziemlich eisenreich sein wird, dann, indem sie Thonerde und Kieselsäure aus dem Tiegel auflöst und andererseits Eisenoxydul infolge der durch den Kohlenstoffgehalt des Tiegels wie des Stahles bewirkten Reduction des Eisens abgiebt, immer eisenärmer wird.

Eine von mir untersuchte Tiegelgussstahlschlacke aus Bochum, beim Ausgiessen des Tiegels auf dem Stahle schwimmend, enthielt:

Der bedeutende Mangangehalt lässt entweder auf Zusatz von Braun - stein oder einer manganreichen Legirung schliessen.

Der Tiegelgussstahl.

Unter allen Sorten Flussstahl gebührt unstreitig, was die Vorzüg - lichkeit der Eigenschaften anbetrifft, dem aus geeignetem Rohstahle und bei richtigem Verlaufe des Processes gefertigten Tiegelgussstahle der Preis. Wäre dem nicht so, würde man längst aufgehört haben, diesen, gegenüber anderen Stahlsorten weit kostspieligeren Stahl zu fertigen.

Verschiedene Gründe liefern die Erklärung für diese Thatsache.

Der Umstand, dass der Stahl im Tiegel eingeschlossen und äusseren chemischen Einwirkungen mehr als andere Stahlsorten bei ihrer Dar - stellung entzogen ist, ermöglicht leichter eine Regelung der chemischen Zusammensetzung. Insbesondere auch ist es im Tiegel leichter als bei anderen Processen, einen durch hohen Kohlenstoffgehalt harten, übrigens aber reinen und deshalb bei gleicher Härte weniger spröden Stahl dar - zustellen. Obgleich die Tiegelwände nicht vollkommen undurchdring - lich für Gase, insbesondere für Wasserstoffgas sind (welches in den Gasen der mit Koks gefeuerten Schachtöfen sowohl wie in denjenigen der Herdöfen mit Gasheizung auftritt), ist doch die Auflösung solcher Gase jedenfalls beschränkter als bei anderen Flussstahlsorten, welche während ihrer Darstellung ununterbrochen mit denselben in Berührung bleiben; der Stahl entwickelt also auch beim Giessen weniger Gase, die Gussstücke sind dichter, und, wie schon oben erwähnt wurde, pflegt man Blöcke, bei deren Guss der Stahl stieg, zu verwerfen. Die Gründe wurden früher erörtert, weshalb auch das durch Hämmern oder Walzen verdichtete Flusseisen weniger vorzüglich zu sein pflegt, wenn die Gussblöcke blasig als wenn sie dicht waren. 1)Vergl. S. 812.

857Der Martinprocess.

Eine gewisse Wahrscheinlichkeit besitzt endlich die Ansicht mancher Praktiker, dass auch der im erstarrten Stahle im legirten, d. h. fest gewordenen Zustande zurückgebliebene Wasserstoffgehalt der Stahl - sorten nicht ohne nachtheiligen Einfluss auf ihre physikalischen Eigen - schaften sei; und dass der Tiegelgussstahl, der überhaupt weniger Gelegenheit zur Auflösung von Wasserstoff findet, auch aus diesem Grunde sich vor anderen Flussstahlsorten vortheilhaft auszeichne.

Obgleich, wie sich aus der Besprechung der Tiegelgussstahldar - stellung ergiebt, die Zusammensetzung des Stahles ausserordentlich mannigfaltig sein kann, so mögen doch einige Analysen bewährter Tiegelgussstahlsorten als Beispiele dafür dienen, wie man diese Zusam - mensetzung für die verschiedene ins Auge gefasste Verwendung regelt.

1)Berg - und hüttenm. Zeitung 1870, Nr. 29.
1)

Analysen von Wolframstahl wurden bereits auf S. 263 mitgetheilt; Chromstahl zu Werkzeugen stellt man, wie schon erwähnt wurde, mit einem Chromgehalte von selten mehr als 1 Proc., gewöhnlich nur 0.3 0.5 Proc. bei einem Kohlenstoffgehalte von etwa 1 Proc. oder etwas weniger dar.

Tiegelgussstahl für Feilen, Grabstichel, harte Drehstähle u. s. w. pflegt 1 1.2 Proc. Kohlenstoff, für Gewindebohrer, Schneidbacken, Reibahlen u. s. w. 0.8 1 Proc. Kohlenstoff, für Prägstempel, Meissel 0.75 Proc. Kohlenstoff zu enthalten.

8. Der Martinprocess.

Einleitung.

Man versteht unter der Bezeichnung Martinprocess die Darstellung von Flusseisen auf dem Herde eines Flammofens (englisch open-hearth - process). Schon in den vierziger und fünfziger Jahren dieses Jahr - hunderts wurden verschiedentliche Versuche gemacht, durch Zusammen - schmelzen von Roheisen und Schmiedeeisen im Herdflammofen Stahl zu erzeugen; einen befriedigenden Erfolg ergaben diese Versuche erst, nachdem man durch Einführung der Siemensfeuerungen die Möglich - keit erlangt hatte, höhere Temperaturen als bisher bei Flammöfen zu erreichen. Im Jahre 1865 führten zuerst die Gebrüder Martin in Sireuil in einem von W. Siemens zu diesem Zwecke gebauten Ofen einen regelmässigen Betrieb ein.

Die Materialien für die Herstellung des Martineisens können, wieLedebur, Handbuch. 55858Die Darstellung des Flusseisens.bei der Tiegelgussstahldarstellung, verschieden sein; Rücksicht jedoch muss in jedem Falle auf den Umstand genommen werden, dass die Oxydation des mit grosser Oberfläche stundenlang der Einwirkung des Gasstromes ausgesetzten Metalles weit kräftiger ist als beim Tiegel - schmelzen. Es ist deshalb Regel, von vorn herein Roheisen als Zusatz zu verwenden, dessen Kohlenstoff -, beziehentlich Mangan - und Silicium - gehalt neben anderen Aufgaben, deren später gedacht werden wird, auch vornehmlich den Zweck zu erfüllen hat, durch eigene Oxydation das Eisen vor der sonst unfehlbar eintretenden reichlichen Verschlackung zu schützen.

Das Hauptmaterial dagegen pflegt aus schmiedbarem Eisen zu be - stehen: Flusseisenabfälle aller Art, Ausschussstücke vom Walzen, ebenso Alteisen; mitunter Rohschienen des Puddelprocesses, die, aus mässig phosphorhaltigem Roheisen unter Abscheidung eines Theils des Phos - phors dargestellt, auf diesem Wege ein phosphorärmeres Flusseisen liefern, als wenn das Roheisen unmittelbar auf Flusseisen verarbeitet worden wäre.

In jedem Falle giebt also der Martinprocess eine vortreffliche Ge - legenheit zur Aufarbeitung der bei der Darstellung von Handelswaare aus Schweiss - oder Flusseisen unvermeidlicher Weise entstehenden Abfälle wie der unbrauchbar gewordenen Gebrauchsgegenstände aus schmiedbarem Eisen (z. B. alter Eisenbahnschienen); in manchen Fällen aber können örtliche Verhältnisse, insbesondere das Preisverhältniss zwischen dem zur Verwendung stehenden schmiedbaren Eisen und Roheisen es wünschenswerth erscheinen lassen, eine stärkere Ver - wendung des letzteren unter Abminderung des Verbrauches an schmied - barem Eisen eintreten zu lassen, ohne jedoch den Kohlenstoff -, Sili - cium - oder Mangangehalt des darzustellenden Flusseisens durch den grösseren Roheisenzusatz zu erhöhen. Der Zweck lässt sich durch Verstärkung der Oxydationswirkung beim Schmelzen erreichen; und das einfachste Mittel hierzu ist der Zusatz von Eisenerzen zum Roh - eisen, deren Sauerstoffgehalt die Oxydation bewirkt, während das reducirte Eisen vom Metallbade aufgenommen wird. Die Anwendung von Eisenerzen für diesen Zweck ist weniger schwierig als beim Tiegelschmelzen, weil sich durch Rühren des Bades eher eine Mischung von Eisen und Erzen erreichen lässt, und besonders auch, weil der Zusatz hier nicht, wie bei jenem Verfahren, von vorn herein in einem Male gegeben werden muss, sondern allmählich in kleinen Mengen in dem Metallbade aufgelöst werden kann. Der Nachtheil aber, welcher durch die etwa stattfindende Aufnahme schädlicher Körper aus den Erzen (Phosphor) herbeigeführt werden kann, fällt hier weniger in Betracht, weil man an die Beschaffenheit des billiger herzustellenden Martineisens auch durchschnittlich geringere Ansprüche zu stellen pflegt als an diejenige des kostspieligen Tiegelgussstahles.

Die Zusammensetzung des fertigen Metalles, zumal der Kohlenstoff - gehalt desselben, hängt vornehmlich von der Zusammensetzung des Ein - satzes, daneben von der stattfindenden Oxydationswirkung und der herrschenden Temperatur ab. Ein kohlenstoffreicherer Einsatz wird auch ein kohlenstoffreicheres Enderzeugniss liefern; und ein anwesender Mangangehalt wirkt ebenfalls auf Erzielung eines kohlenstoffreicheren859Der Martinprocess.Flusseisens, indem er wenigstens zum Theil durch seine eigene Oxy - dation den Kohlenstoff vor Verbrennung schützt.

Je kohlenstoff - und manganärmer aber das flüssige Eisen wird, desto grössere Mengen Sauerstoff vermag es aufzulösen (vergl. S. 275), welcher Rothbruch erzeugt. Es ist daher Regel, nach Beendigung des Schmelzens eine gewisse Menge Spiegeleisen, Eisenmangan, auch wohl Siliciumeisenmangan oder Siliciumeisen neben Eisenmangan zur Aus - scheidung dieses Sauerstoffgehaltes zuzusetzen; ein Siliciumgehalt des Zusatzes verfolgt den schon mehrfach erwähnten Zweck, die Gasaus - scheidung zu verringern, also zur Erzielung dichter Blöcke beizu - tragen.

Je kohlenstoffärmer das Eisen im Ofen geworden ist, desto grösser ist sein Sauerstoffgehalt, desto wichtiger ein solcher Zusatz. Nun führt man aber mit dem Mangan, welches vornehmlich als Desoxydations - mittel bestimmt ist, auch Kohlenstoff in das Bad. Ein Theil desselben wird zwar durch den anwesenden Sauerstoffgehalt oxydirt, ein anderer, gewöhnlich grösserer Theil bleibt im Eisen zurück, dessen Kohlenstoff - gehalt anreichernd. Je manganärmer nun der Zusatz ist, eine desto grössere Menge desselben ist erforderlich, um eine bestimmte Mangan - menge, entsprechend der anwesenden Sauerstoffmenge, in das Bad zu führen; die grössere Menge der zugesetzten Legirung aber führt dem Bade auch grössere Mengen Kohlenstoff zu. Dieser Umstand erklärt die Wichtigkeit, welche die manganreichen Eisenmangane gerade für die Darstellung kohlenstoffarmen Flusseisens besitzen; man bedarf nur eines geringen Zusatzes derselben, um dem Bade den Sauerstoff zu entziehen und reichert deshalb durch den Zusatz auch den Kohlenstoff - gehalt des letzteren nur unbedeutend an.

Der Martinofen.

Man verwendet in der Jetztzeit Oefen für Einsätze von 2 25 t, also in ausserordentlich abweichenden Grössen. Je grösser der Ofen ist, desto geringer pflegt aus nahe liegenden Gründen der Brennstoff - verbrauch zur Darstellung einer bestimmten Menge Eisen zu sein, und desto länger kann er im Betriebe erhalten werden, ohne einer Erneue - rung der dem Feuer ausgesetzten Theile zu bedürfen; aber desto schwieriger wird auch die Bedienung des Ofens, insbesondere die Er - zielung eines gleichförmigen Erzeugnisses. Eine Grösse des Ofens für einen Einsatz von etwa 8 t berechnet pflegt man daher in der Jetzt - zeit als die geeignetste zu betrachten.

Die Abbildungen Fig. 250 253 stellen die Einrichtung eines im Jahre 1883 auf einem deutschen Eisenwerke nach englischem Vorbilde erbauten Martinofens für 7.5 t Einsatz mit Siemensfeuerung dar.

Die Einrichtung der Gaszuführung und der Regeneratoren ist im Wesentlichen die nämliche wie bei allen Siemensöfen (vergl. S. 116). Die Regeneratoren A A für das Gas haben je 8.56 cbm, die Regenera - toren B B für Luft je 12.48 cbm Inhalt. Aus den Gasgeneratoren führen je zwei Kanäle a, aus den Luftregeneratoren je drei Kanäle b nach dem Verbrennungsraume. Fig. 253 zeigt die Anordnung dieser Kanäle neben einander, Fig. 250 die Art und Weise, wie Luft und Gas55*860Die Darstellung des Flusseisens.zusammengeführt werden. Statt der fünf Zuleitungskanäle findet man bei einigen Oefen nur zwei, die eine für Gas, die andere für Luft, bei anderen drei, bei noch anderen sieben. Im Allgemeinen dürfte eine grössere Zahl dieser Oeffnungen insofern vortheilhafter sein, als dadurch die Mischung von Gas und Luft erleichtert, die Verbrennung befördert wird; aber die Construction verliert dadurch an Einfachheit und die Gefahr, dass öftere Reparaturen erforderlich werden, nimmt zu. Häufig auch sind die Einströmungsöffnungen in ganz gleicher Höhe unmittel - bar neben einander angeordnet. Den Querschnitt sämmtlicher Gas - öffnungen nimmt man einer praktischen Regel zufolge gleich 4 / 3 der freien Rostfläche der Generatoren, den Querschnitt der Luftöffnungen um die Hälfte grösser als den der Gasöffnungen.

Der Herd ruht auf starken Gusseisenplatten, welche frei, um von unten her kühl erhalten zu werden, auf Mauerpfeilern aufliegen. Un - mittelbar auf die Platten kommt gewöhnlich eine Lage von auf die Längskante gestellten Dinasziegeln, dann das eigentliche Herdfutter (der Boden). Bei den meisten Martinöfen wird dasselbe aus möglichst reinem Quarz hergestellt, welcher bis zu Erbsengrösse gepocht und dann mit etwa 2 5 Proc. feuerfestem Thon als Bindemittel vermischt wird. Das Futter wird entweder im feuchten Zustande eingestampft, dann getrocknet und schliesslich allmählich bis zur vollen Temperatur erhitzt; oder man sintert es ein, indem man zunächst eine nur etwa 20 mm hohe Lage einschüttet, diese bis zum Sintern erhitzt, dann eine zweite Lage auf die erste bringt, wiederum erhitzt u. s. f., bis die gewünschte Dicke erreicht ist. In Oesterreich benutzt man häufig zur Herstellung des Bodens einen bei Wien vorkommenden Sand, welcher neben etwa 87 Thl. Quarz etwas Feldspath und Erden enthält und sich ohne be - sonderen Zusatz zum Sintern bringen lässt, ohne zu schmelzen.

Ist eine Entphosphorung während des Schmelzens beabsichtigt, so lässt sich in Rücksicht auf das bekannte Verhalten des Phosphors (S. 15, 625) ein kieselsäurereiches Futter des Ofenherdes nicht an - wenden, sondern stark basische Körper müssen als Material desselben dienen. Die auf S. 141 besprochenen basischen Ofenbaumaterialien gelangen hier zur Verwendung. Dolomit, gebrannt, gepulvert und mit etwas Theer als Bindemittel versetzt, ist ein häufig hierfür verwendetes Material.

Die Stärke des Bodens soll an der schwächsten Stelle mindestens 0.5 m betragen.

Die Länge, Breite und Tiefe des Herdes hängt theils von der Grösse des Einsatzes, theils auch von der chemischen Zusammen - setzung desselben ab. Je tiefer das geschmolzene Metall in dem Herde steht, je weniger flach also der letztere gebaut ist, desto weniger gross ist die von dem Metalle den Gasen dargebotene Oxydationswirkung, desto ungünstiger aber auch die Wärmeübertragung, welche eben nur an diese Oberfläche stattfindet. Bei einzelnen Oefen beträgt die Tiefe des Bades nur 0.25 m, bei anderen 0.5 m, mitunter noch mehr. Je weniger Veranlassung man hat, das Eisen vor der Oxydationswirkung zu schützen, desto flacher wird man den Herd bauen und mit desto weniger Brennstoff wird man den Process durchführen können. Das Verhältniss der Breite des Ofenherdes zur Länge pflegt annähernd wie

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861Der Martinprocess.2: 3 zu sein. Bei zu geringer Herdlänge kann es geschehen, dass die Verbrennung erst jenseits des Herdes beendet ist und die Regenera - toren übermässig erhitzt werden. Im Ganzen giebt man, wenn man ohne Erzzusatz zu arbeiten beabsichtigt, dem Herde einen um etwa 12 Proc., bei Erzzusatz um 30 Proc. grösseren Fassungsraum, als dem Rauminhalte des einzusetzenden Metalles entsprechen würde.

Durch die reichliche Schlackenmenge bei der Arbeit mit Erzen wird der Herd stark angegriffen. Durch eingelegte, rings herum laufende Kühlröhren in der Höhe der Schlackenschicht lässt sich derselbe schützen; eine ausgedehntere Verwendung hat jedoch diese von W. Siemens vorgeschlagene Einrichtung1)D. R. P. Nr. 19 289. bislang nicht gefunden, vermuthlich des - halb nicht, weil die Kühlung des Herdes auch leicht Gelegenheit zur Bildung erstarrter Ansätze geben wird.

Auch die Feuerbrücken hat man mitunter mit Wasserkühlung versehen (Wittener Waffenfabrik), doch zeigte sich auch hierbei eine empfindliche Abkühlung des Metalles in der Nähe derselben. Dagegen baut man sie, wie bei dem abgebildeten Ofen, fast regelmässig hohl, so dass sie von unten her durch Luft gekühlt werden, und lässt sie von einer Eisenplatte tragen, welche sich an die eiserne Herdplatte anlegt. Die Breite der Feuerbrücken, in der Richtung des Gasstromes gemessen, darf nicht zu gering sein, damit Schlacken und Eisenkörn - chen, welche beim Spratzen des Metalles von den Gasen mit fortgerissen werden, nicht in die Regeneratoren gelangen, sondern auf der Brücke niederfallen und von hier nach dem Herde zurückfliessen. Aus dem - selben Grunde muss auch die Oberfläche der Feuerbrücken eine Neigung nach dem Herde zu erhalten.

An den Seitenwänden sind mehrere, mit senkrecht aufgehenden Schiebethüren versehene Oeffnungen angebracht, durch welche das Ein - setzen, Rühren u. s. w. bewirkt wird. Bei kleinen Oefen beschränkt man sich mitunter auf eine einzige Thür, grösseren giebt man gewöhn - lich zwei bis drei; bei englischen und französischen Martinöfen (wie auch bei dem abgebildeten Ofen) ordnet man nicht selten auch an der Rückseite des Ofens Thüren an, welche jedoch fast nur bei Repara - turen des Bodens benutzt werden. Auch von den drei an der Vorder - seite grösserer Oefen befindlichen Thüren pflegt für die gewöhnlichen Arbeiten fast nur die mittlere, etwas kleinere Thür benutzt zu werden, während die beiden anderen vorwiegend für die Ermöglichung von Reparaturen der Feuerbrücken und des Bodens, daneben freilich auch zum Einbringen ausnahmsweise grosser Eisenstücke bestimmt sind.

Unterhalb der Einsatzthür befindet sich gewöhnlich das Stichloch, etwa 150 200 mm breit und hoch und aussen in eine mit feuer - fester Masse ausgekleidete Eisenrinne endigend, durch welche das Eisen in die davor gestellte Giesspfanne (S. 823) oder auch wohl unmittelbar in die auf einem Wagen aufgestellten Gussformen abfliesst. Der Herd - boden muss natürlicherweise nach dem Stichloche hin abfallen, so dass beim Oeffnen desselben alles flüssige Metall ausfliessen kann. Mitunter findet man auch die Einsatzthür an der einen, das Stichloch an der862Die Darstellung des Flusseisens.entgegengesetzten Seite des Ofens angebracht (vergl. unten die Ab - bildung Fig. 255).

Die gewölbte Decke des Ofens fällt gewöhnlich auch bei dem oben abgebildeten Ofen von den Stirnseiten nach der Mitte zu ab, solcher -

Fig. 254.

art der muldenförmigen Gestalt des Herdes folgend, so dass die Flammen gezwungen sind, möglichst dicht über der Oberfläche des Metallbades hinzustreichen. Es ist dieses jedenfalls diejenige Ofenform, welche die

Fig. 255.

günstigste Ausnutzung der Wärme gestattet; aber unleugbar wird hierbei das Gewölbe selbst sehr stark erhitzt und der Gefahr einer raschen Zerstörung preisgegeben. Es ist deshalb unerlässlich, dasselbe aus dem vorzüglichsten Material (Dinassteine) und nicht allzu stark863Der Martinprocess.herzustellen, damit es durch die äussere Luft entsprechend kühl er - halten werde.

Eine grössere Dauerhaftigkeit des Gewölbes wird zweifellos erreicht, wenn man, wie es zuerst bei den Martinöfen des Schienenwalzwerkes zu Graz, später auch bei den Oefen einiger anderer Eisenwerke bewirkt worden ist, dasselbe nach der Mitte des Ofens nicht niedergehen, sondern ansteigen lässt, wenn auch zu vermuthen ist, dass die Wärmeabgabe dadurch etwas erschwert werde. Die örtlichen Verhältnisse, insbesondere auch die Dauerhaftigkeit der zur Verwendung stehenden feuerfesten Materialien, werden entscheiden müssen, welcher Anordnung der Vor - zug zu geben ist.

Die Abbildungen Fig. 254 und 255 zeigen die Einrichtung eines solchen Martinofens zu Graz. 1)Construction von J. Prochaska, Hüttendirector in Graz.Die tiefste Stelle des Gewölbes liegt, wie in Fig. 254 zu sehen ist, an der Stelle, wo Gas und Luft zusam - mentreffen; von da an steigt dasselbe nach beiden Seiten hin an.

Die Construction des abgebildeten Ofens ist noch in mehrfacher anderer Hinsicht beachtenswerth. Statt der sonst üblichen hohen Rege - neratoren unter den Oefen sind hier liegende Regeneratoren vor den Oefen angebracht (Fig. 255), wodurch die Zugänglichkeit derselben erhöht wird, eine Einrichtung, der man ziemlich häufig in den Alpenländern begegnet; Gas und Luft gelangen durch nur je einen Kanal in den Ofen (Fig. 255), und die Construction ist dadurch sehr einfach. Die Oefen in Graz halten durchschnittlich 500 Einsätze, mitunter darüber aus, ohne einer Reparatur des Gewölbes zu bedürfen, während bei Oefen mit tief niedergezogener Decke oft nicht die Hälfte jener Einsätze verarbeitet werden kann, ohne dass die Decke erneuert werden muss.

Verschiedentlich hat man versucht, an Stelle der in ihrer Anlage und Unterhaltung kostspieligen Siemensöfen einfachere Feuerungs - systeme (Bicherouxfeuerung, Ponsardfeuerung u. a.) für den Betrieb der Martinöfen anzuwenden. Die erlangten Erfolge haben jedoch dargethan, dass den Siemensöfen zweifellos in allen jenen Fällen der Vorrang gebührt, wo, wie beim Martinschmelzen, die Erzielung einer sehr hohen, den Schmelzpunkt auch des kohlenstoffarmen schmiedbaren Eisens über - steigenden und dabei gleichmässigen Temperatur die Hauptaufgabe ist. Wenn jene anderen Feuerungssysteme sich zwar als brauchbar erwiesen, wenn wirklicher Stahl mit verhältnissmässig niedrigem Schmelzpunkte erzeugt werden sollte, so verloren sie um so mehr an Benutzungs - fähigkeit, je kohlenstoffärmer das Eisen war, welches man darzustellen beabsichtigte.

Eine andere erwähnenswerthe Abweichung ist die Anwendung von Drehöfen nach Pernot’s System (S. 128). Dieselben haben in St. Chamond, dem Wohnorte des Erfinders, sowie auf einigen anderen französischen und nordamerikanischen Eisenwerken Eingang gefunden. Dass die Mischung des Metalles auf einem drehbaren Herde leichter als auf einem feststehenden zu bewirken sein wird, lässt sich nicht864Die Darstellung des Flusseisens.bezweifeln; man darf auch annehmen, dass die Wärmeausnutzung günstiger sein wird, da ein Theil der Ofensohle stets von Neuem wieder unmittelbar durch die Flamme erhitzt wird, das Metall also nicht allein von der Oberfläche aus Wärme aufnimmt. Diesen Vortheilen gegenüber stehen aber als Nachtheile die Kosten für den Betrieb und die Instandhaltung des Bewegungsmechanismus sowie für die häufiger nothwendigen Reparaturen. Letztere Umstände erklären es zur Genüge, dass die Anwendung der Pernotöfen ziemlich vereinzelt geblieben ist und auch kaum Aussicht hat, eine grössere Ausdehnung zu finden.

Das Arbeitsverfahren.

Hat der Ofen kalt gelegen, so ist es zunächst erforderlich, ihn anzuheizen und auf die zum Schmelzen erforderliche Temperatur zu bringen. Bei frisch zugestellten Oefen geht dem Anheizen ein fünf - bis achttägiges anwärmen voraus, durch welches die zurückgebliebene Feuchtigkeit ausgetrieben und einem Zerspringen der Ziegel vorge - beugt wird.

Ist das Anheizen beendet, der Herd in der früher besprochenen Weise fertig hergestellt, so folgt das Einsetzen.

Es ist Regel, das Roheisen zuerst einzusetzen und erst, nachdem dieses geschmolzen und stark überhitzt ist, das schmiedbare Eisen sowie die etwa zuzusetzenden Erze nach und nach in kleineren Mengen in dem Bade aufzulösen. Der Grund für dieses Verfahren liegt nahe. Die Schmelztemperatur des Roheisens liegt verhältnissmässig niedrig, es schmilzt leicht und dünnflüssig ein und lässt sich also ohne irgend eine Gefahr für den Ofen ausreichend stark überhitzen, um später auch die Zusätze rasch zum Schmelzen zu bringen. Ausserdem kommt in Betracht, dass das zuerst eingesetzte Material, weil es ungeschützt den Gasen preisgegeben ist, auch am stärksten oxydirt wird. Wollte man schmiedbares Eisen zuerst einsetzen, so würde es sehr allmählich erweichen, dabei Gefahr laufen, am Boden festzuschweissen und Ansätze zu bilden, welche nur schwierig zu beseitigen sein würden, und der Verlust an metallischem Eisen würde stärker sein als beim Roheisen, dessen Eisengehalt durch den anwesenden Kohlenstoff -, Mangan - und Siliciumgehalt stärker vor Oxydation geschützt ist.

Deshalb findet man nur sehr wenige Ausnahmen von dieser Regel, und nur ganz besondere Verhältnisse würden eine solche Ausnahme rechtfertigen können.

Die Wahl der Roheisensorten ist zum Theile von der beabsichtigten Beschaffenheit des darzustellenden Eisens abhängig. Es wurde schon oben darauf hingewiesen, dass ein Mangan - und Siliciumgehalt des Roheisens die Entkohlung erschwere, ja es kann sogar ein Theil beider Körper in dem Eisen zurückbleiben, wenn ihre Menge gross genug und die Temperatur des Ofens hoch genug war, um die Oxydations - wirkung stärker auf den Kohlenstoffgehalt des Einsatzes zu lenken.

Aus diesen Gründen würde zwar die Anwendung eines silicium - und manganarmen Weisseisens zur Erzielung eines möglichst reinen Martineisens am geeignetsten sein; dennoch zieht man es meistens vor,865Der Martinprocess.ein Roheisen zu verwenden, welches wenigstens gewisse Mengen Mangan und Silicium enthält. Ein Mangangehalt verzögert die Ent - kohlung beim Einschmelzen und verhütet dadurch, dass die Schmelz - temperatur des Eisens allzu rasch steige, wodurch das Metall leicht beim Beginne des Processes einen dickflüssigen, für die Auflösung der später zu gebenden Zusätze wenig geeigneten Zustand annehmen würde. Häufig aber beabsichtigt man sogar, ein etwas manganhaltiges End - erzeugniss mit verhältnissmässig niedrigem Kohlenstoffgehalte herzu - stellen (für Eisenbahnschienen, Formguss und andere Zwecke); und dieses Ziel wird offenbar leichter erreicht werden, wenn schon von vorn herein ein gewisser Mangangehalt zugegen war. Silicium ver - leiht theils schon unmittelbar dem Eisen, mit dem es legirt ist, eine gewisse Dünnflüssigkeit und erleichtert hierdurch das Verfahren, theils ruft es bei seiner Verbrennung eine bedeutende Temperaturerhöhung des Eisenbades hervor, welche ebenfalls nicht wenig förderlich für die Durchführung des Processes ist.

Den Beweis für die letztere, schon bei Besprechung des Puddel - verfahrens kurz erwähnte Einwirkung eines Siliciumgehaltes liefert nicht allein die praktische Beobachtung, sondern mit einiger Annäherung lässt sich auch aus der Verbrennungswärme des Siliciums (S. 23) und der specifischen Wärme des Metalles diese Temperatursteigerung be - rechnen. 1 kg Silicium liefert bei seiner Verbrennung 7830 W. -E. ; enthält also das Roheisen 1 Proc. Silicium, so würden durch die Ver - brennung desselben 78.3 W. -E. entwickelt werden. Diese Wärmeent - wickelung kommt grösstentheils dem Eisenbade zu Gute; setzt man die specifische Wärme des hocherhitzten Eisens = 0.2, so würde dem - nach die Temperatursteigerung desselben, welche durch jedes Procent verbrennenden Siliciums hervorgerufen wird, 〈…〉 Grad C. sein. Ein Theil der entwickelten Wärme freilich wird zur Erhitzung der sich bildenden Schlacke und auch zur Höhererhitzung der die Oxydation veranlassenden Ofengase verbraucht; immerhin ist die durch Verbren - nung des Siliciums hervorgerufene Temperatursteigerung beträchtlich. Geringer ist der Einfluss eines Mangangehaltes in dieser Beziehung wegen der geringeren Verbrennungswärme desselben; unwesentlich der Einfluss des Kohlenstoffgehaltes, welcher nicht nur langsamer ver - brennt, sondern dessen Verbrennungserzeugniss auch rasch aus dem Bade entweicht, ohne einen Wärmeausgleich zu ermöglichen.

Ein aus Quarzsand hergestellter Herd würde durch das entstehende Manganoxydul stark angegriffen werden, wenn man ein manganreiches Roheisen ohne Siliciumgehalt einschmelzen wollte; ein basischer, für die Entphosphorung bestimmter Herd würde stark leiden und das Ver - fahren würde erschwert werden, wenn man siliciumreiches Roheisen ohne Mangan verarbeiten wollte.

Nach Maassgabe dieser Einflüsse der chemischen Zusammensetzung, sowie des Gewichtsverhältnisses zwischen Roheisen und schmiedbarem Eisen, welches man anwenden will, trifft man die Wahl des einzu - setzenden Roheisens. Häufig verwendet man ein Roheisen mit etwa 2 Proc. Silicium und 3 Proc. oder noch mehr Mangan; nicht selten866Die Darstellung des Flusseisens.auch gattirt man mehrere Roheisensorten. Da Phosphor im Martinofen mit Quarzboden nicht abgeschieden wird, muss hierauf Rücksicht ge - nommen werden, damit der Phosphorgehalt des erfolgenden Flusseisens nicht zu hoch ausfalle. Die Verwendung des letzteren muss hierfür entscheidend sein. Eigentlicher Stahl verträgt, wie bekannt, nur sehr wenig Phosphor; Eisenbahnschienen enthalten, zumal wenn sie mangan - reich sind, mitunter 0.15 Proc. Phosphor oder noch etwas mehr.

In Oefen mit basischem Herdboden dagegen wird der Phosphor abgeschieden, sofern man durch Zuschlag von Kalkstein die Bildung einer stark basischen Schlacke befördert, und man verarbeitet hier Roheisensorten mit bisweilen mehr als 1.5 Proc. Phosphor. Dem eingesetzten Roheisen pflegt man in diesem Falle schon etwas Kalk - stein zuzusetzen und zwar etwa 6 Proc. vom Gewichte des ganzen Einsatzes.

Ist das Roheisen vollständig geschmolzen und stark erhitzt, so beginnt nun das Einsetzen des schmiedbaren Eisens. Das Verhältniss zwischen der Menge desselben und der Menge des eingesetzten Roh - eisens muss, wie schon hervorgehoben wurde, von der Oxydations - wirkung des Ofens, der chemischen Zusammensetzung beider Eisen - gattungen und der beabsichtigten Zusammensetzung des darzustellenden Eisens abhängig sein.

Verwendet man ein mangan - und siliciumreiches Roheisen und hat man nicht Ursache, mit der Verwendung schmiedbaren Eisens sparsam zu sein und aus diesem Grunde absichtlich stark oxydirend zu arbeiten, so beträgt der Roheiseneinsatz häufig weniger als 10 Proc. des ganzen Einsatzes; bei Verwendung weissstrahligen siliciumarmen Roheisens mit etwa 2 Proc. Mangan pflegt man etwa 25 Theile Roh - eisen neben 75 Theilen schmiedbarem Eisen einzusetzen; erfordern aber die örtlichen Verhältnisse, d. i. die Preisverhältnisse zwischen dem zur Verwendung stehenden Roheisen und schmiedbarem Eisen, mög - lichste Sparsamkeit bei Verwendung des letzteren, so geht man mit dem Roheisensatze mitunter auf 50 60 Proc. hinauf, besonders wenn man kohlenstoffreicheres Eisen darzustellen beabsichtigt.

Die Verarbeitung eines nur aus Roheisen ohne schmiedbares Eisen bestehenden Einsatzes durch Zusatz einer entsprechenden Menge von Erzen oder anderen Eisenoxyden würde zwar theoretisch möglich sein; der praktischen Durchführung eines solchen Verfahrens stellt sich jedoch die Schwierigkeit entgegen, dass das kieselsäurereiche Herdfutter stark durch die sich bildenden eisenreichen Schlacken angegriffen wird; auch würde die Zeitdauer des Processes verlängert und der Brennstoffver - brauch erhöht werden. Auch die Anwendung basischer Materialien zur Herstellung des Herdfutters ist bis jetzt nicht im Stande gewesen, dem - selben in solchen Fällen eine ausreichend lange Haltbarkeit zu sichern. Kalk geht mit Eisenoxyd eine in Weissgluth schmelzbare Verbindung ein (S. 191); ein Ofenfutter aus Magnesia zerfiel nach einigen Tagen des Betriebes zu Pulver. 1)Vergl. unter Literatur: Odelsterna, Notizen u. s. w.

Eine andere Methode, den Zusatz einer grösseren Roheisenmenge867Der Martinprocess.zu ermöglichen, ist das Einblasen von Wind in das flüssige Metall zur rascheren Verbrennung von Mangan, Silicium und Kohlenstoff.

Die Lösung dieser Aufgabe ist bereits in verschiedener Weise be - wirkt worden. Ponsard benutzte auf dem Eisenwerke Thy-le-Château in Belgien einen Pernotofen, durch dessen hohle Drehungsachse Wind in einen unter dem Boden des drehbaren Tellers befindlichen radial gerichteten Kanal geleitet wurde, um durch eine am Rande des Tellers befindliche Düse auf den Herd zu strömen. Wird der Herd so gedreht, dass die Düse den tiefsten Punkt einnimmt, so muss der Wind durch das Metallbad aufsteigen. Die Construction des Ofens, welchen Ponsard als Fornoconvertisseur bezeichnete und im Modelle 1878 auf der Pariser Ausstellung zur allgemeineren Anschauung brachte, ist, wie die jedes Drehofens, kostspielig und hat deshalb keine oder nur sehr vereinzelte Nachahmung gefunden.

Auf dem Eisenwerke Phönix bei Ruhrort leitet man dagegen nach einem von Würtemberger ausgebildeten Verfahren seit 1879 den Wind in das Metallbad durch ein oder mehrere Düsenrohre, welche leicht an eine vor dem Ofen angebrachte Leitung angeschlossen und ebenso leicht von demselben abgenommen werden können und mit feuerfester Masse als Schutz gegen das Schmelzen bekleidet sind. 1)Abbildung dieser Vorrichtung: Oesterr. Ztschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, Taf. X, sowie Patentschrift des D. R. Nr. 13 679.Die Ausströmungsöffnung jedes Rohres ist aus feuerfestem Thon gebrannt und hat gewöhnlich einen inneren Durchmesser von 20 25 mm.

Der Erfolg dieser Methode ist unleugbar günstig. Man ist im Stande, aus einem Einsatze, welcher neben 65 Proc. schmiedbaren Eisens 35 Proc. weissstrahliges Roheisen enthält, Eisen mit 0.1 bis 0.2 Proc. Kohlenstoff ohne Anwendung anderer Oxydationsmittel dar - zustellen. Die Temperatur des Bades steigt, wie die praktische Be - obachtung zeigt, durch die rasche Verbrennung von Mangan und Silicium beträchtlich. Das Blasen währt 15 20 Minuten und man bedarf dabei, um den Druck des flüssigen Metalles zu überwinden, einer Windspannung von ca. 0.75 kg per qcm; die eingeblasene Wind - menge während der angegebenen Blasezeit berechnet Kupelwieser zu 20.4 cbm. Die Erzeugung jener hohen Windspannung aber ist nicht ohne ein kräftiges Cylindergebläse zu bewirken; und wo ein solches nicht etwa für andere Zwecke schon vorhanden ist und für den in Rede stehenden Zweck nebenbei in Mitbenutzung genommen werden kann, dürften die Kosten für die Anlage und Unterhaltung desselben wohl nur selten durch den Nutzen des besprochenen Verfahrens aus - geglichen werden können. Hierin liegt der Grund, weshalb die An - wendung auch dieses Verfahrens ziemlich vereinzelt geblieben ist.

Sehr häufig ist dagegen in der Jetztzeit zu dem erwähnten Zwecke ein theilweiser Zusatz von Erz zu dem Roheisen neben schmied - barem Eisen. Die meisten englischen und sehr viele festländische Werke arbeiten in dieser Weise. Man nennt das Verfahren, welches von Siemens zuerst auf dem Landore-Eisenwerke in England eingeführt wurde, häufig nach jenem Werke den Landore-Process.

868Die Darstellung des Flusseisens.

In England pflegt die Zusammensetzung der Einsätze bei diesem Verfahren ungefähr folgende1)Oesterr. Ztschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 295 (Kupelwieser). zu sein:

  • Graues Roheisen Nr. III55 Proc.
  • Schmiedbares Eisen (Abfälle) 17.3
  • Spiegeleisen5.4
  • Erz20.0
  • 97.7 Proc.
  • Hierzu, nach Beendigung der Oxydation zur Beseitigung des gelösten Sauerstoffgehaltes, Eisenmangan und Siliciumeisen2.3
  • 100.0 Proc.

Selbstverständlich ist das reinste Erz für den in Rede stehenden Zweck das geeignetste. Mit Vorliebe benutzt man auf englischen und deutschen Eisenwerken die unter dem Namen Moktaerze aus Nord - afrika eingeführten Rotheisenerze mit etwa 62 Proc. Eisengehalt. 2)Vergl. S. 169.

Von dem Eisengehalte dieser Erze wird nur ein Theil durch den Kohlenstoff -, Silicium - und Mangangehalt des Eisens reducirt, ein anderer Theil geht in die Schlacke. Nach Kupelwieser wird bei einem Einsatze von der oben mitgetheilten Zusammensetzung ungefähr die Hälfte des Eisengehaltes verschlackt. Das ist ein Umstand, durch den allerdings der Vortheil des Erzzusatzes nicht unwesentlich abge - schwächt wird und dessen Bedeutung natürlicherweise mit dem Preise des Erzes steigt. Auf anderen Werken beschränkt man deshalb den Erzzusatz auf eine geringere Menge und benutzt ihn bei Verarbeitung siliciumreichen Roheisens hauptsächlich, um das Zurückbleiben eines Siliciumgehaltes im Bade zu verhüten.

In jedem Falle wird das Erz erst zugesetzt, wenn das gesammte Eisen vollständig in Fluss gekommen ist. Der Zusatz erfolgt ebenso wie der des schmiedbaren Eisens in einzelnen kleineren Posten, damit das Bad nicht allzu sehr abgekühlt und ein heftiges Aufkochen ver - mieden werde.

Während dieser Arbeit wird das Bad mit eisernen Stangen mit - unter umgerührt, um das Auflösen der Zusätze und die gleichmässige Mischung zu befördern. Da die Schmelztemperatur des Metalles steigt, je mehr der Kohlenstoffgehalt abnimmt, also je mehr schmiedbares Eisen oder Erz zugesetzt wird, giebt man, je weiter der Process fort - schreitet, immer kleinere Einsätze mit einem Male, um allzu starke Abkühlung zu vermeiden, und steigert durch Regelung des Gas - und Luftzuflusses die Temperatur mehr und mehr. Gegen Ende des Pro - cesses muss das Metallbad so heiss sein, dass der Rührhaken schon nach kurzem Durchrühren vorn abgeschmolzen ist.

Wenn der ganze Einsatz geschmolzen, der letzte, aus Eisenman - gan oder Siliciumeisenmangan bestehende Zusatz aber noch nicht gegeben ist, nimmt man gewöhnlich eine Probe, um sich von der Be - schaffenheit des Metalles zu überzeugen. Taucht man eine kalte Eisen - stange in das Eisenbad und zieht sie bald wieder heraus, so bleibt an derselben eine Schlackenkruste sitzen, in der sich, wenn man die Stange869Der Martinprocess.tief genug eintauchte, Eisenkügelchen von einigen Millimetern Durch - messer befinden. Man taucht die Stange in Wasser, und schlägt mit einem Hammer die Schlacke ab. Die Farbe derselben giebt den ersten und, wenn man Einsätze von bekanntem Verhalten verarbeitete, ziem - lich sicheren Anhalt, wie weit die Entkohlung vorgeschritten ist. Mit abnehmendem Kohlenstoffgehalte des Eisens nimmt der Eisengehalt der Schlacke zu, dieselbe wird schwarz, blasig, während sie bei geringerem Eisengehalte auf dem Bruche eine olivengrüne bis graugrüne Färbung, durch den gewöhnlich reichlichen Mangangehalt hervorgerufen, zu be - sitzen pflegt, an der Aussenfläche aber gewöhnlich ebenfalls schwarz ist.

Sondert man durch Zerklopfen der Schlacke die Eisenkügelchen von derselben und schlägt sie auf einem Ambose mit dem Hammer flach, so erhält man durch den Widerstand, welchen sie dem Hämmern entgegensetzen, einen Maassstab für die Härte oder die Dehnbarkeit derselben, welche Eigenschaften, wie bekannt, vornehmlich von dem noch anwesenden Kohlenstoffgehalte abhängig sind. Kohlenstoffärmeres Eisen lässt sich mit Leichtigkeit und ohne Kantenrisse zu bekommen platt schlagen, härterer Stahl reisst. 1)Die Probe mit den Eisenkörnchen ist für Bessemereisen seit Jahrzehnten auf der Königin-Marienhütte in Anwendung und hat den Vortheil grosser Einfachheit. Ob sie beim Martinbetriebe irgendwo angewendet wird, ist mir nicht bekannt; sie dürfte dort nicht minder brauchbar sein als beim Bessemerbetriebe.

Häufig auch nimmt man mit einer schmiedeeisernen, mit Thon - wasser ausgestrichenen und etwas angewärmten Schöpfkelle in ihrer Form einer grossen Suppenkelle ähnlich einige Kilogramm des Metalles aus der Mitte des Bades heraus, nachdem dasselbe gut durch - gerührt wurde, giesst die Probe in eine eiserne Form, kühlt den Block in Wasser ab und zerbricht ihn unter dem Dampfhammer, um nach dem Bruchaussehen die Beschaffenheit des Eisens zu beurtheilen. Je feinkörniger der Bruch ist, desto grösser ist noch der Kohlenstoffgehalt.

Sicherer noch führt eine Schmiedeprobe (S. 663) mit einem Stücke des gegossenen Blockes zum Ziele; dieselbe erfordert jedoch etwas längere Zeit und wird deshalb häufig unterlassen oder nur als spätere Controle der Beschaffenheit des Metalles benutzt.

Besonders wichtig ist die Anstellung solcher Proben bei dem Zu - satze reichlicher Erzmengen zum Eisenbade, weil hier die Beschaffen - heit mehr noch als bei der Arbeit ohne Erz von Zufälligkeiten Temperatur des Ofens, Zusammensetzung der Erze u. s. w. abhängt. Gewöhnlich nimmt man hierbei mehrere Proben nach einander in be - stimmten Zeitabschnitten und richtet dann den ferneren Erzzusatz nach dem Ausfalle der Probe ein.

Hat man sich nun überzeugt, dass die gewünschte Beschaffenheit des Eisens erreicht ist, und ist das Bad vollständig dünnflüssig ge - worden, so erfolgt der Zusatz der Manganlegirung zur Entziehung des gelösten Sauerstoffgehaltes. Der Verschiedenheit des Erfolges, je nach - dem man eine manganärmere Legirung (Spiegeleisen) oder eine mangan - reichere für diesen Zweck verwendet, ist schon oben gedacht worden: von der manganärmeren gebraucht man grössere Mengen und man führt demnach auch eine grössere Kohlenstoffmenge in das Eisen. Auch870Die Darstellung des Flusseisens.die wohlthätige Wirkung eines gleichzeitigen Siliciumzusatzes sei es, dass man eine siliciumhaltige Eisenmanganlegirung als Zusatz wählt, oder dass man neben der Eisenmanganlegirung Siliciumeisen besonders hinzufügt wurde bereits mehrfach erwähnt.

Das Gewicht des Zusatzes richtet sich theils nach der chemischen Zusammensetzung desselben, theils auch darnach, ob man für diesen oder jenen Zweck ein manganreicheres oder manganärmeres Metall dar - zustellen beabsichtigt.

Die Menge des zur Ausscheidung des anwesenden Sauerstoff - gehaltes erforderlichen Mangans ist zwar von dem Betrage dieses Sauer - stoffgehaltes selbst abhängig, welcher in stark entkohltem Eisen natur - gemäss höher sich beziffert als in noch kohlenstoffreicherem; auch wenn der jedesmalige Sauerstoffgehalt bekannt wäre, würde aber eine genaue Berechnung des erforderlichen Mangangehaltes nicht wohl möglich sein, weil theils, wie schon erwähnt wurde, auch Kohlenstoff neben Mangan verbrennt, hauptsächlich auch, weil auch der Eisenoxydulgehalt der Schlacke oxydirend auf den Mangangehalt wirkt. Durchschnittlich wird man annehmen können, dass 0.3 0.5 Proc. Mangan (auf das Gewicht der gesammten Eisenmenge bezogen) oxydirt und verschlackt werden, sofern das Eisen nach bewirktem Zusatze nicht etwa noch längere Zeit hindurch der Einwirkung der Ofengase und der Schlacke preis - gegeben wird.

Hiernach würde der erforderliche Zusatz sich ungefähr berechnen lassen, wenn ein möglichst manganarmes Eisen erzeugt werden soll. Häufig aber beabsichtigt man Eisen mit einigen Zehntel Proc. Mangan darzustellen und bemisst demnach den Zusatz entsprechend höher. Es verdient Erwähnung, dass eine vollständige Sauerstoffentziehung ohne einen Manganüberschuss kaum möglich sein wird, dass aber freilich kleine Sauerstoffmengen die Eigenschaften des Metalles auch kaum merklich beeinflussen.

Diesen verschiedenen Verhältnissen entsprechend pflegt der Zusatz an Eisenmangan und Siliciumeisen 0.5 3 Proc., bei der jetzt selteneren Anwendung von Spiegeleisen 5 10 Proc. vom Gewichte des Einsatzes zu betragen.

Die Stücke der Legirung werden angewärmt, unter Umständen bis zum Rothglühen erhitzt und in das Bad eingeworfen. Ein tüchtiges Rühren ist zur Erzielung einer gleichmässigen Mischung erforderlich.

Alsdann folgt das Abstechen. Das Luftventil wird etwas geschlossen, damit die Flamme weniger stark oxydirend wirke, aus der Abstichrinne wird die äussere, das Stichloch von vorn schliessende Sandschicht durch Wegkratzen entfernt, bis die innere glühende und zusammengefrittete Sandmasse zum Vorschein kommt; dann wird diese mit einer meissel - artig zugeschärften Stange durchstossen und das Metall fliesst aus. Giebt man Siliciumzusatz, so löst man nicht selten die Stücke des - selben erst in dem bereits in der Giesspfanne befindlichen Eisen auf.

Man verwendet das Metall entweder zur Herstellung von pris - matischen Blöcken, welche zum Auswalzen bestimmt sind, in den früher beschriebenen Gussformen, oder zu Formguss. In letzterem Falle ist eine besondere Zusammensetzung und Behandlung des Metalles noth -871Der Martinprocess.wendig, damit es dichten Guss liefere. In Terrenoire, wo die An - wendung des Martineisens zum Giessen von Gebrauchsgegenständen durch Pourcel zuerst ausgebildet wurde, verwendet man als Einsatz ein sehr manganreiches Roheisen (Mangangehalt 6 12 Proc.), welchem dann die sechs - bis achtfache Menge schmiedbaren Eisens nach und nach zugesetzt wird, und man leitet den Process so, dass der schliess - liche Zusatz der Manganlegirung erfolgt, ehe der letzte Rest des ur - sprünglich im Bade anwesenden Mangans vollständig verzehrt ist. Die Beschaffenheit der Schlacke muss als Merkmal hierfür dienen, sie muss dunkelgrün aussehen, darf aber nicht schwarz werden. Als Zusatz verwendet man siliciumreiche Legirungen neben Eisenmangan und zwar ziemlich bedeutende Mengen ( 12 Proc. des Einsatzes). Das fertige Metall enthält für harte Gegenstände 0.55 0.65 Proc. Kohlen - stoff, 0.40 0.50 Proc. Silicium, 0.95 1 Proc. Mangan; für mittelharte 0.42 0.45 Proc. Kohlenstoff, 0.27 0.35 Proc. Silicium, 0.75 1.1 Proc. Mangan; für weiche 0.26 0.32 Proc. Kohlenstoff, 0.26 0.30 Proc. Silicium, 0.41 0.48 Proc. Mangan. Die Gegenstände werden geglüht, unter Umständen in Oel oder Wasser gehärtet und in gewissen Fällen ein zweites Mal erhitzt (angelassen). 1)Ueber die Einflüsse dieses Verfahrens auf die Festigkeitseigenschaften vergl. S. 657.

Gewöhnlich und bei Herstellung von Formguss regelmässig lässt man das Metall in eine gemeinschaftliche Sammelpfanne (S. 823) ablaufen, um es aus dieser den Gussformen zuzuführen. Vor der Be - nutzung muss die Pfanne über einem Koksfeuer oder einer Gasfeuerung stark angewärmt werden, damit die Wände derselben nicht allzu stark abkühlend auf das Metall wirken.

Ein anderes bei Herstellung von Blöcken mitunter angewendetes Verfahren ist die Aufstellung der Gussformen in einer langen Reihe auf einem oder mehreren dicht hinter einander befindlichen Wagen, welche auf Schienen in einer zu diesem Zwecke vor dem Ofen ange - brachten Vertiefung unter der Gussrinne vorbeigeschoben werden, so dass eine Gussform nach der andern gefüllt wird. Das Verfahren macht die kostspielige Anlage einer maschinellen Hebe - und Bewegungs - vorrichtung für die Pfanne entbehrlich; aber es besitzt der Anwendung einer Sammelpfanne gegenüber zwei nicht zu unterschätzende Nach - theile. Die Entleerung des Ofens geht langsamer vor sich, da das Vor - schieben der Wagen, sobald eine Gussform gefüllt ist, einer gewissen Zeit bedarf, während welcher das Ausfliessen jedesmal durch Vor - halten eines Stopfers unterbrochen werden muss; der Ofen wird also ungünstiger ausgenutzt. Fast noch nachtheiliger aber wirkt der Um - stand, dass die Zusammensetzung des Metalles in den verschiedenen nach einander hergestellten Blöcken oft nicht unbedeutende Ab - weichungen erkennen lässt. Kerpely fand in verschiedenen Blöcken desselben Abstiches Schwankungen des Kohlenstoff - und Mangangehaltes von mehr als 0.1 Proc. 2)Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1880, S. 2.Die Erklärung dafür liegt nahe. Das Metall - bad ist lediglich an seiner Oberfläche den Einwirkungen der Gase preisgegeben; während des Abstechens selbst dauert diese Einwirkung872Die Darstellung des Flusseisens.noch fort. Die Zusammensetzung des der Oberfläche zunächst befind - lichen Metalles wird also eine andere sein als diejenige des am Boden befindlichen. Durch das Einlassen in eine Pfanne wird eine Mischung des ganzen Bades bewirkt und die Zusammensetzung der Blöcke fällt gleichmässiger aus.

Aus diesen Gründen ist jenes einfachere Verfahren doch in der Neuzeit ziemlich selten geworden.

Nachdem der Ofen entleert ist, wird der Herd nachgesehen, ent - standene Ansätze werden losgebrochen und aus dem offenen Stichloche herausgekrückt oder aus der Einsatzthür herausgeholt, schadhafte Stellen des Herdfutters werden durch Einwerfen frischer Herdmasse aus - gebessert. Dann wird die Stichöffnung ebenfalls durch eingebrachte Herdmasse von innen und aussen geschlossen, der Ofen wieder in volle Temperatur gebracht und mit dem Einsetzen einer neuen Menge Eisen begonnen.

Betriebsergebnisse. Die Zeitdauer der Verarbeitung eines Ein - satzes pflegt incl. aller Nebenarbeiten (Einsetzen, Abstechen, Reparatur des Bodens) 8 10 Stunden zu sein, so dass im Laufe von 24 Stunden 3 Einsätze verarbeitet werden können, sofern nicht durch länger dauernde Reparaturen die Arbeit verzögert wird. Die Zeitdauer ist zum Theil von dem Verhältnisse des schmiedbaren Eisens zum Roheisen abhängig; je grösser die Menge des ersteren ist, welches nur nach und nach eingesetzt werden kann, desto länger wird auch die erforderliche Zeit zur Verarbeitung des Einsatzes sein.

Auch der Abgang ist theilweise von dem Verhältniss der beiden Eisengattungen zu einander wie von der chemischen Zusammensetzung des Roheisens abhängig. Bei Verwendung weissstrahligen Roheisens und einem Verhältnisse desselben zum schmiedbaren Eisen wie 1: 3 beträgt der Abgang gewöhnlich nicht mehr als 4 Proc.; bei grösserem Roheisenzusatze steigt er auf 5 6 Proc. Nur selten ist er höher, wenn man nicht etwa Erze zusetzt und den Eisengehalt derselben in Rech - nung zieht. In diesem Falle geht, wie schon oben erwähnt wurde, etwa die Hälfte des Eisengehaltes der Erze in die Schlacke und die grössere Menge des verarbeiteten Roheisens vergrössert ausserdem den Abgang. Nach Kupelwieser erfolgen auf englischen Eisenwerken aus 5600 kg Roheisen Nr. III, 1730 kg schmiedbarem Eisen, 540 kg Spiegeleisen, 2000 kg Moktaerz mit 60 62 Proc. Eisen, 125 kg Ferro - silicium und 125 kg Eisenmangan, in Summa aus 10 120 kg Einsatz, ungefähr 8000 kg Gussblöcke. Setzt man statt der 2000 kg Moktaerz die entsprechende Eisenmenge in die Rechnung ein, welche bei 60 Proc. Eisengehalt 1200 kg beträgt, so ist das Eisengewicht des Einsatzes 9320 kg, der Abgang 1320 kg oder 14 Proc.

Von der Zeitdauer des Schmelzens wie von der Grösse des Ofens hängt der Brennstoffverbrauch ab. Unter sehr günstigen Verhältnissen beträgt derselbe per 1000 kg dargestellten Martineisens nicht mehr als 400 kg Steinkohlen, häufiger 500 700 kg. In sehr grossen Oefen ist der Brennstoffverbrauch erheblich geringer als in kleinen; so z. B. wurden in zwei Oefen des Grazer Südbahnwalzwerkes von je 12.5 t Fassungsraum während einer etwa neunmonatlichen Betriebsdauer in den Jahren 1882 und 1883 nur etwa 690 kg Braunkohle (davon873Der Martinprocess.260 kg zum Vorwärmen der Einsätze) gebraucht, was einem Stein - kohlenverbrauche von kaum 400 kg entsprechen dürfte. In kleineren Oefen desselben Werkes (für 5.5 t Einsatz) betrug dagegen der Braun - kohlenverbrauch 880 kg, wovon 200 kg zum Wärmen benutzt wurden.

Weniger günstig stellen sich die Betriebsergebnisse bei dem so - genannten basischen Verfahren mit Anwendung phosphorhaltigen Roh - eisens. Zur Bildung einer basischen Schlacke müssen Zuschläge von Kalk gegeben werden, welche zu ihrer Schmelzung Wärme bedürfen; die reichliche Schlackenmenge, welche das Metall bedeckt hält, erschwert die Erhitzung desselben und giebt zu einer Verzögerung des Processes wie zu erhöhtem Brennstoffaufwande Veranlassung. 1)Auf dem Eisenwerke Alexandrowsky bei St. Petersburg gab man im Jahre 1882 beim Einsetzen des Roheisens einen Zuschlag von 6 Proc. Kalk, später noch gepresste Ziegeln aus gelöschtem Kalk und Walzsinter. Durchschnittlich wurden täglich zwei Einsätze von etwa 9 t Gewicht verarbeitet, wobei sich ein Abgang von 11 Proc. und ein Steinkohlenverbrauch von 905 kg per t Eisen ergab.Die stark basi - sche Schlacke aber greift da, wo sie zufällig (durch Umherspritzen) mit dem Ofengemäuer in Berührung kommt, dieses stark an, und häufiger als beim gewöhnlichen Verfahren sind Ergänzungen desselben nothwendig. Nun wird offenbar das schmiedbare Eisen, welches zur Verarbeitung im Martinofen gelangt, allein kaum so viel Phosphor ent - halten, dass deshalb eine besondere Entphosphorung nothwendig sein könnte; für Verarbeitung phosphorhaltigen Roheisens auf phosphor - armes Flusseisen aber giebt der unten besprochene Thomasprocess eine weit ausgiebigere Gelegenheit.

Nur sehr vereinzelt hat deshalb dieses, überhaupt noch neue, Ver - fahren bis jetzt Anwendung gefunden (Alexandrowsky in Russland, Creusot in Frankreich).

Zur Bedienung der Martinöfen sind ausser einem Schmelzer an jedem Ofen, welcher die Hauptarbeiten auszuführen hat, mehrere Hilfs - arbeiter erforderlich, welche beim Einsetzen und Abstechen helfen, die Gussformen aufstellen und wieder entfernen u. s. f., bei grösserem Be - triebe aber für mehrere Oefen gemeinschaftlich thätig sein können. Der Betrag der Löhne per 1000 kg fertiger Blöcke dürfte sich bei grösserem Betriebe auf etwa 5 , bei kleinerem Betriebe auf 7 8 beziffern.

Ungefähr denselben Betrag wie die Löhne werden in den meisten Fällen die Kosten für Reparaturen der Oefen, Gussformen u. s. w., kurz alle jene Kosten, die man als Insgemeinkosten zu bezeichnen pflegt (S. 561), erreichen.

Chemische Untersuchungen.

Gewöhnlich beschränkt man sich bei den chemischen Unter - suchungen des Martinprocesses auf die Analyse des Einsatzes und des fertigen Eisens. Der Unterschied in der Zusammensetzung ergiebt die Menge der durch Oxydation ausgetretenen Körper.

In dieser Beziehung werden sich jedoch Abweichungen zeigen können, nicht allein bedingt durch die Verschiedenheit der ursprüng - lichen chemischen Zusammensetzung, sondern auch durch die ver -Ledebur, Handbuch. 56874Die Darstellung des Flusseisens.schieden hohe Temperatur. Je höher die letztere schon beim Ein - schmelzen ist, je weniger sie durch das Einsetzen der Eisenstücke erniedrigt wird, desto stärker wird die Verbrennung sich auf den Kohlenstoffgehalt werfen, desto mehr Mangan und insbesondere Silicium werden im Bade zurückbleiben können.

Auf dem Martinwerke des Grazer Südbahnwalzwerkes wurden im Jahre 1879 nach Lilienberg1)Jernkontorets Annaler 1879, S. 488; Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. f. Steiermark und Kärnten 1880, S. 397. Einsätze gegeben, bestehend aus 25.5 bis 28.7 Proc. Roheisen (grau), 42.5 63.7 Proc. alten Eisenbahnschienen, 8.2 26 Proc. Abfällen und schliesslich 2.5 3.4 Proc. Spiegeleisen, deren chemische Zusammensetzung durchschnittlich folgende war:

Dagegen enthielten die dargestellten Gussblöcke:

Von dem Kohlenstoffgehalte wurde also 1 Proc. des Eisengewichtes oder 77 Proc. des ursprünglichen Kohlenstoffgehaltes, von dem Mangan 0.9 Proc. oder 82 Proc. des ursprünglichen Mangangehaltes abgeschieden.

Zu bedauern ist, dass diese Untersuchungen nicht auch auf den Siliciumgehalt des fertigen Eisens sowie auf die Zusammensetzung des Eisenbades vor dem Spiegeleisenzusatze ausgedehnt wurden.

Eingehendere Untersuchungen wurden von Kollmann2)Vergl. Literatur. bei dem Martinprocess der Gutehoffnungshütte zu Oberhausen angestellt. Man verarbeitete Einsätze, bestehend aus: 400 kg grauem Roheisen mit 4.05 Proc. Kohlenstoff, 2.50 Proc. Silicium, 0.08 Proc. Phosphor, 0.02 Proc. Schwefel, 3.5 Proc. Mangan; 3000 kg Flusseisenblockenden mit 0.23 Proc. Kohlenstoff, 0.40 Proc. Silicium, 0.10 Proc. Phosphor, Spur Schwefel; 0.80 Proc. Mangan; 1000 kg Flusseisenblechabfällen mit 0.16 Proc. Kohlenstoff, 0.20 Proc. Silicium, 0.10 Proc. Phosphor, Spur Schwefel, 0.50 Proc. Mangan; 600 kg Schweisseisenblechabfällen mit 0.03 Proc. Kohlenstoff, 0.02 Proc. Phosphor, übrigens frei von anderen Körpern. Das Gewicht des gesammten Einsatzes excl. des später hinzugefügten Eisenmangans war demnach 5000 kg und die durchschnittliche Zu - sammensetzung desselben:

Nach Verlauf von 7 8 Stunden nach dem Beginne des Einsetzens, nachdem das Bad vollständig geschmolzen, auf die höchste Temperatur erhitzt und in starkes Wallen gerathen war, ergab sich folgende Zu - sammensetzung:

Es waren also von dem ursprünglichen Kohlenstoffgehalte 88 Proc., von dem Siliciumgehalte 69 Proc., von dem Mangangehalte fast 100 Proc. 875Der Martinprocess.weggebrannt, während Phosphor und Schwefel keine Abminderung erfahren hatten.

Die verhältnissmässig geringe Abminderung des Siliciumgehaltes im Vergleiche zu der Abminderung des Kohlenstoffes und Mangans lässt auf eine sehr hohe Endtemperatur im Ofen schliessen, bei welcher bekannt - lich sogar Silicium aus dem quarzreichen Herdfutter reducirt werden kann, falls Kohlenstoff oder Mangan als Reductionsmittel zugegen sind.

Nunmehr wurden 300 kg Moktaerze dem Bade zugesetzt und die Zusammensetzung war alsdann:

Die Oxydation hat sich also, dem eigentlichen Zwecke des Zusatzes in diesem Falle entsprechend, vorzugsweise auf den Siliciumgehalt ge - worfen. Die durch den Zusatz bewirkte augenblickliche Abkühlung des Bades wie die basische Beschaffenheit des Zusatzes geben eine aus - reichende Erklärung hierfür.

Es folgte jetzt der Zusatz von 70 kg Eisenmangan mit 4.65 Proc. Kohlenstoff, 0.14 Proc. Silicium, 0.20 Proc. Phosphor, Spur Schwefel, 60 Proc. Mangan. Fände keine chemische Einwirkung durch den im Bade anwesenden Sauerstoffgehalt statt, so müsste die Zusammen - setzung des Eisens sein:

Statt dessen ergab die Analyse folgende Zusammensetzung der gegosse - nen Blöcke:

Hier also wirkte fast nur das Mangan als Desoxydationsmittel, wie sich leicht aus der weit stärkeren Verdünnung des Kohlenstoffes und Siliciums im Bade erklärt. 0.46 Proc. Mangan wurden verschlackt.

Bei dem mehrfach erwähnten basischen Verfahren in Alexandrowsky betrug der Phosphorgehalt des Einsatzes 0.64 0.69 Proc., derjenige des fertigen Martineisens 0.037 0.042 Proc. Etwa 0.60 Proc. Phosphor des Eisengewichtes oder 93 Proc. des ursprünglichen Phosphorgehaltes wurden demnach abgeschieden.

Die Schlacken des Martinprocesses werden, sofern man auf quarzreichem Herde arbeitet, stets reichliche Mengen von Kieselsäure, daneben vorwiegend Eisenoxydul - und Manganoxydul enthalten. Der Manganoxydulgehalt der Schlacke wächst mit dem Mangangehalte des Einsatzes; aber auch die Schlackenmenge wird bei grösserem Mangan - gehalte beträchtlicher, da die grössere Menge Manganoxydul entsprechend reichlichere Mengen Kieselsäure aus dem Ofenfutter auflöst. Die Folge davon ist, dass der Procentgehalt der Schlacke an Eisen geringer aus - fällt, wenn ein manganreiches Eisen verarbeitet wurde, als umgekehrt.

Aber auch der Kohlenstoffgehalt des fertigen Eisens und die Tempe - ratur im Ofen sind für den Eisengehalt der Schlacke maassgebend. In Rücksicht auf die reducirende Einwirkung des Kohlenstoffes auf Eisen -56*876Die Darstellung des Flusseisens.oxydul und auf die Steigerung dieser Einwirkung mit zunehmender Temperatur muss der Eisengehalt der Schlacke um so niedriger aus - fallen, je kohlenstoffreicher das fertige Eisen und je heisser der Ofen ist.

Auch bei der Arbeit mit Erzen ist die Zusammensetzung der Schlacke, insbesondere ihr Eisengehalt, nicht wesentlich anders als ohne Erzzusatz. Das aus den Erzen unreducirt zurückbleibende Eisenoxydul löst eben aus dem Herdfutter so viel Kieselsäure auf, bis die Zusam - mensetzung der Schlacke mit der herrschenden Temperatur und dem Kohlenstoffgehalte des erzeugten Eisens im Einklange steht.

Eisenoxyd (Fe2 O3), welches in den Schlacken des Herdfrisch - und Puddelprocesses, wie früher besprochen wurde, in nicht ganz unbeträcht - lichen Mengen aufzutreten pflegt, kann in den Schlacken des Martin - ofens nur in unbedeutender Menge zugegen sein; und wenigstens zum Theil wird das durch die Analyse nachgewiesene Eisenoxyd erst beim Erkalten der Schlacke unter Einwirkung der äusseren Luft entstanden sein. In der hohen Temperatur wie bei der stärkeren Verwandtschaft der Kieselsäure zum Eisenoxydul ist das Eisenoxyd wenig beständig und die reducirenden Einwirkungen des Kohlenstoff -, Silicium - und Mangangehaltes im Eisen werden zu allererst die Umwandlung des Oxydes zu Oxydul herbeiführen, falls solches überhaupt zugegen war.

Folgende Beispiele von Schlackenanalysen des Martinprocesses werden das Gesagte veranschaulichen können. 1)Sämmtliche Analysen wurden von mir selbst ausgeführt.

877Der Martinprocess.

Ueber die Zusammensetzung der Schlacken des basischen Martin - processes sind bis jetzt keine Ermittelungen veröffentlicht. Es lässt sich erwarten, dass diese Zusammensetzung derjenigen des unten besprochenen basischen Bessemerprocesses (Thomasprocesses) ähnlich sein wird.

Das Martineisen.

Wenn man bei der Einführung des Martinprocesses jedenfalls ur - sprünglich das Ziel im Auge hatte, durch das Erzeugniss desselben den weit kostspieligeren Tiegelgussstahl zu ersetzen, so lässt sich nicht leugnen, dass jene Erwartungen zum Theile ihre Erfüllung gefunden haben. Ebenso wenig aber darf man verkennen, dass es bislang nicht möglich gewesen ist und voraussichtlich auch nicht möglich werden wird, im Martinofen Stahl zu erzeugen, welcher dem besseren im Tiegel dargestellten Stahle sich ganz ebenbürtig zur Seite stellen könnte. Die Gründe hierfür wurden theilweise schon bei Besprechung der Eigen - schaften des Tiegelgussstahles erörtert. Die Eigenthümlichkeiten des Martinschmelzens, der in Rücksicht auf die stattfindende Oxydation grössere Zusatz von Roheisen und der erforderliche spätere Zusatz von Spiegeleisen machen es erklärlich, dass der Martinstahl bei gleichem Kohlenstoffgehalte durchschnittlich mehr fremde und nachtheilig wirkende Körper als der Tiegelgussstahl enthält; einen noch übleren Einfluss hat jedenfalls der Umstand, dass das Metall des Martinofens, stunden - lang auf offenem Herde der Einwirkung der vorüberziehenden Gase preisgegeben, grössere Mengen derselben auflöst als der Tiegelgussstahl, welche dann durch stärkere Blasenbildung beim Giessen in der mehr - fach besprochenen Weise die gute Beschaffenheit des Stahles schmälern, möglicherweise auch unmittelbar, indem sie theilweise mit dem Eisen legirt bleiben (mit demselben fest werden), auf dessen Eigenschaften einwirken.

Wenn daher der Tiegelgussstahl als Material für Werkzeuge und dergleichen, überhaupt für solche Gegenstände, welche bei einem vor - geschriebenen Härtegrade doch ein möglichst hohes Maass von Elasti - cität und Zähigkeit besitzen sollen, kaum jemals durch das Metall des Martinofens wird ersetzt werden können, so wurde er doch in der Verwendung für gröbere Gegenstände vielfach durch letzteres verdrängt. Es ist leicht erklärlich, dass der Ersatz des Tiegelgussstahles durch Martinstahl um so leichter gelingen wird, je geringer der für einen ins Auge gefassten Zweck erforderliche Kohlenstoffgehalt, je weniger hart also das Metall sein soll. Einestheils verringert sich der nach - theilige Einfluss der neben Kohlenstoff anwesenden Körper, besonders des Phosphors, mit dem Kohlenstoffgehalte (S. 247); andererseits wächst die Schwierigkeit der Herstellung mit abnehmendem Kohlenstoffgehalte beim Tiegelgussstahle weit beträchtlicher als beim Martinstahle.

Für Eisenbahnradreifen, geschmiedete Maschinentheile aus unge - schweisstem Materiale, u. s. f., überhaupt gröbere Gegenstände, welche einen Kohlenstoffgehalt von 0.3 0.5 Proc. zu besitzen pflegen, und früher aus Tiegelgussstahl hergestellt wurden, wendet man jetzt mit Vorliebe den billigeren Martinstahl an. Ebenso bildet derselbe ein geschätztes Material zur Herstellung von Eisenbahnschienen, eine Verwendung, für878Die Darstellung des Flusseisens.welche allerdings der Tiegelgussstahl kaum anders als ausnahmsweise herangezogen worden ist.

Dass auch bei Herstellung von Formguss das Martinmetall bereits Verwendung findet und zwar mit gutem Erfolge, sofern der Process diesem Zwecke entsprechend geleitet wird, wurde schon oben erwähnt (S. 871). Es lässt sich erwarten, dass auf diesem Gebiete der Tiegel - gussstahl dereinst ziemlich vollständig verdrängt werden wird.

Ein sehr wichtiges Feld aber eroberte sich der Martinprocess, nachdem es gelungen war, die Haltbarkeit der Oefen auch in sehr hohen Temperaturen durch zweckmässige Wahl der Ofenbaumaterialien und entsprechende Ofenconstruction zu dem erforderlichen Maasse zu steigern: es ist dieses die Herstellung weicherer Eisensorten mit Kohlen - stoffgehalten von 0.3 Proc. abwärts bis zu wenigen Hundertstel Pro - centen. Aus dem über das Arbeitsverfahren und den Verlauf des Processes Gesagten ergiebt sich, dass, sofern jener Bedingung einer grossen Feuerbeständigkeit des Ofens genügt wird, die Herstellung solchen kohlenstoffarmen, weichen Martineisens keine besondere Schwierig - keit bietet. Man setzt den Process bis zur erforderlichen Entkohlung fort und verwendet als sauerstoffentziehenden Zusatz eine möglichst manganreiche Legirung, um mit dem zur Beseitigung des Sauerstoffes erforderlichen Mangan möglichst wenig Kohlenstoff dem Bade zuzu - führen.

Auf diesem Gebiete ist der Tiegelgussstahlprocess dem Martin - processe weder vorausgegangen noch wird er demselben nachfolgen; die schwierigere Erhitzung des Metalles in den Tiegeln setzt eben, wie schon bei Besprechung des ersteren Processes erwähnt wurde, der Her - stellung kohlenstoffärmeren Eisens im Tiegel eine Grenze, welche nicht ohne sehr grosse Schwierigkeiten überschritten werden kann.

Dieses kohlenstoffarme Martineisen bildet bereits jetzt ein geschätztes Material für alle solche Verwendungen, wo eine grössere Festigkeit, als sie das Schweisseisen besitzt, wünschenswerth, eine Schweissung aber nicht unbedingt erforderlich ist1)Dass alles Flusseisen und somit auch das Martineisen durchschnittlich weniger gut schweissbar ist als Schweisseisen, wurde schon mehrfach erwähnt.: für Nieteisen, Hufstabeisen, Wellen und ähnliche Maschinentheile, Achsen, auch Drähte u. s. f.; auch bei Herstellung von Blechen für den Schiffsbau, für Dampfkessel u. s. w. besitzt jenes weiche Martineisen bereits eine hohe Bedeutung, und es lässt sich erwarten, dass auch hier das Puddeleisen allmählich, wenn auch noch nicht in kürzester Zeit, vollständig durch ersteres verdrängt werden wird.

Aus dem früher Gesagten ergiebt sich, dass eine Regelung der Zusammensetzung des Martineisens innerhalb sehr weiter Grenzen mög - lich ist. Die chemische Zusammensetzung des Einsatzes wie die mehr oder minder starke Oxydationswirkung beim Schmelzen, endlich die Höhe der Temperatur im Ofen, bedingen die Zusammensetzung des fertigen Metalles. Eine Mittheilung von Analysen an dieser Stelle würde daher kaum irgend einen Nutzen haben können; um so weniger, als schon sowohl bei Besprechung der Festigkeitseigenschaften des schmied - baren Eisens als des Darstellungsverfahrens des Martineisens und der879Der Bessemer - und der Thomasprocess.chemischen Vorgänge dabei zu öfterem Analysen verschiedener Sorten von Martineisen mitgetheilt wurden, auf welche hier verwiesen wer - den kann.

9. Der Bessemer - und der Thomasprocess.

Einleitung.

Bei beiden in der Ueberschrift genannten Processen wird gepresste Luft Gebläsewind durch flüssiges Roheisen geleitet, welches in einem entsprechend geformten Behälter befindlich ist und vorher in einem besonderen Apparate geschmolzen wurde (S. 597 ff.). Bei diesem Hindurchleiten werden die fremden Bestandtheile des Roheisens, ins - besondere Kohlenstoff, Silicium und Mangan, unter gewissen Bedin - gungen auch Phosphor, oxydirt und das Roheisen in schmiedbares Eisen umgewandelt.

Der Engländer Henry Bessemer nahm im Jahre 1855 ein Patent auf das Hindurchblasen von Luft oder Dampf1)Dass Dampf für diesen Zweck nicht benutzbar ist, da seine Zerlegung eine grosse Wärmemenge erfordert, welche dem Bade entzogen werden müsste, lässt sich leicht nachweisen. durch flüssiges Roh - eisen zur Umwandlung desselben in Stahl. Mehrere Jahre währte es, bis die ersten nicht geringen Schwierigkeiten, welche sich der prakti - schen Anwendung des Verfahrens entgegenstellten, glücklich über - wunden waren; seit dem Beginn der sechziger Jahre aber fand das - selbe rasch Eingang auf verschiedenen Werken und erreichte alsdann bald eine Ausdehnung, welche es vollkommen ebenbürtig den älteren Processen der Darstellung schmiedbaren Eisens zur Seite stellte und vollständige Umwälzungen in der Eisenindustrie hervorbrachte.

Bessemer benutzt zur Ausfutterung seines für die Durchführung des Processes bestimmten Apparates ein kieselsäurereiches Material. Die bei dem Frischen entstehenden Oxyde haben demnach, ebenso wie im Martinofen mit Quarzfutter, ausreichende Gelegenheit sich mit Kiesel - säure zu sättigen; Phosphor wird aus diesem Grunde ebenso wenig als in anderen Fällen, wo eine kieselsäurereiche Schlacke sich bilden kann, abgeschieden. Um phosphorreines schmiedbares Eisen darzu - stellen, ist man gezwungen, phosphorreines Roheisen zu verwenden.

Dieser Umstand bildet eine Erschwerung für die Anwendung des Processes in solchen Gegenden, wo phosphorfreie Erze nicht vorhanden sind. Grosse Mengen spanischer und afrikanischer Erze sind seit der Einführung des Bessemerprocesses auf englischen, deutschen und fran - zösischen Eisenwerken in Ermangelung eigener passender Erze ver - hüttet worden, um daraus ein für jenen Process geeignetes phosphor - armes Roheisen darzustellen.

Dass es möglich sein werde, eine Entphosphorung des Roheisens beim Bessemern herbeizuführen, wenn es gelänge, durch basische Aus - futterung des Apparates und Anwendung basischer Zuschläge eine stark basische Schlacke zu bilden, war schon öfters als Vermuthung, die durch Experimente im Kleinen gestützt wurde, ausgesprochen880Die Darstellung des Flusseisens.worden1)Besonders durch Snelus. Vergl. unter Literatur dessen Abhandlung im Journal of the Iron and Steel Institute.; die praktische Ausführung des Verfahrens im Grossen aber scheiterte an der Schwierigkeit, ein basisches Futter herzustellen, welches in der hohen Schmelztemperatur des flüssigen Eisens ausreichend halt - bar ist. Eisenoxydreiche Schlacken, dieses bewährte Futter der Puddel - ofenherde, sind für den Bessemerprocess, wo flüssiges schmiedbares Eisen erzeugt werden soll, bei Weitem nicht haltbar genug; und die stattfindende Reduction der Eisenoxyde durch Kohlenstoff würde eine Abkühlung des Bades herbeiführen (vergl. die Erörterungen auf S. 222 bis 224).

Den Engländern Thomas und Gilchrist gelang es im Jahre 1878 durch Anwendung eines aus gebranntem Dolomit hergestellten Futters (S. 141) für den Bessemerapparat und Zuschlag von gebranntem Kalk zu dem flüssigen Eisen diese Schwierigkeiten zu überwinden. Die ersten von Erfolg gekrönten Versuche im kleineren Maassstabe wurden auf dem Blaenavon Eisenwerke in Wales ausgeführt; ihnen folgten bald weitergehende Versuche in den Eston-Eisenwerken von Bolkow, Vaughan & Co. bei Middlesborough. Schon im Jahre 1879 wurde von den deutschen Eisenwerken Hörde und Rheinische Stahlwerke bei Ruhrort das Verfahren eingeführt und wesentlich vervollkommnet. Seit - dem sind besonders in Deutschland, Frankreich und Nordamerika zahlreiche Werke für den neuen Betrieb eingerichtet worden. Die Erfahrung lehrte, dass die Entphosphorung vollständiger in dem Besse - merapparate als im Puddelofen zu bewirken sei; phosphorreiche Roh - eisensorten, welche in früherer Zeit nur in beschränktem Maasse Ver - wendung finden konnten, erhielten durch das neue Verfahren erhöhte Wichtigkeit.

Den Namen der Erfinder entsprechend pflegt man das allgemeine Verfahren der Herstellung schmiedbaren Eisens vermittelst Hindurch - leitens von Luft durch Roheisen als Bessemerprocess zu bezeichnen; die Arbeit mit kieselsäurereichem Futter ohne Phosphorabscheidung heisst der ältere oder saure Bessemerprocess; die Arbeit mit basischem Futter zum Zwecke der Phosphorabscheidung der Thomas - process oder basische Bessemerprocess.

Die früher besprochene hier und da eingeführte Anwendung eines basischen Futters für den Martinofen zum Zwecke der Entphosphorung des Eisens wurde erst versucht, nachdem dieses Mittel beim Bessemern sich so vorzüglich bewährt hatte. Die Gründe, weshalb der basische Martinprocess niemals eine so hervorragende Bedeutung erlangen wird, als der basische Bessemerprocess, liegen nahe und wurden bereits früher erwähnt.

Damit der Process überhaupt möglich sei und damit flüssiges schmiedbares Eisen aus demselben hervorgehe, ist es erforderlich, dass die Temperatur des ursprünglich aus Roheisen bestehenden Eisenbades während der Umwandlung desselben in schmiedbares Eisen nicht allein nicht verringert, sondern sogar über die Erstarrungstemperatur des881Der Bessemer - und der Thomasprocess.letzteren hinaus, also gewöhnlich um mehrere hundert Grade gesteigert werde. Fremder Brennstoff aber zur Erhitzung des Bades gelangt nicht zur Anwendung; es ist also zur Durchführung des Bessemerprocesses nothwendig, dass das Roheisen selbst eine ausreichende Menge solcher Körper enthalte, welche bei ihrer Verbrennung die zur Hervorbringung jener Temperatursteigerung erforderliche Wärmemenge entwickeln. Be - fördert wird ausserdem die Erreichung jenes Zieles durch raschen Ver - lauf des Processes und Verarbeitung grosser Eisenmengen mit einem Male, so dass die stattfindenden Wärmeverluste durch Ausstrahlung u. s. w. verhältnissmässig unbedeutend ausfallen; endlich auch, wie sich von selbst versteht, durch starke vorausgehende Ueberhitzung des Roheisens beim Schmelzen.

Mit einiger Annäherung lässt sich durch Rechnung ermitteln, wie die einzelnen der Verbrennung unterworfenen Bestandtheile des Roh - eisens sich hinsichtlich der erforderlichen Temperatursteigerung ver - halten. Zur Verbrennung dient atmosphärische Luft; jedes Gewichts - theil Sauerstoff, welcher die Verbrennung bewirkt, führt demnach 3.35 Gewichtstheile Stickstoff als Ballast mit. Dieser Stickstoff sowohl als das entstehende Verbrennungserzeugniss (Kieselsäure, Manganoxydul, Eisenoxydul, Kohlenoxyd, Phosphorsäure) müssen auf die Temperatur des Eisenbades erwärmt werden und gebrauchen dazu einen bestimmten Theil der entwickelten Wärme, welche sich ergiebt aus ihrem Eigen - gewichte mal ihrer specifischen Wärme mal der Temperatur des Eisen - bades; der noch übrig bleibende Rest der entwickelten Wärme kommt dem Eisenbade zu Gute und steigert dessen Temperatur um 〈…〉 Grade, in welcher Formel W die an die Gewichtseinheit Eisen abgegebene Wärme, s die specifische Wärme des flüssigen Eisens bedeutet. 1)Specifische Wärme des Eisens in gewöhnlicher Temperatur 0.11, bei 900 Grad C. nach Weinhold 0.15. Mit der Temperatur steigt bekanntlich die specifi - sche Wärme fester und flüssiger Körper.Ist wie bei dem basischen Process eine grössere Menge Schlacke zugegen, so nimmt auch diese Wärme auf und die Temperatursteigerung fällt entsprechend geringer aus; in Folgendem, wo es sich vorwiegend um einen Vergleich des Einflusses handelt, den die verschiedenen Körper bei ihrer Verbrennung auf die Temperatur des Eisenbades ausüben, ist die von der Schlacke aufgenommene Wärme jedoch unberücksichtigt geblieben. Auch diejenige Wärme, welche bei der stattfindenden Zer - legung der Eisenlegirungen verbraucht und welche andererseits bei der Neubildung von Silikaten und Phosphaten frei wird, konnte, da sie nicht bekannt ist, nicht in Rechnung gezogen werden; und ebenso musste die sogenannte latente oder Schmelzungswärme der im flüssigen Zustande befindlichen und verbrennenden Körper als nur theilweise bekannt vernachlässigt werden. 2)Letzterer Umstand kommt weniger bei denjenigen Körpern in Betracht, welche vor und nach dem Verbrennen flüssige Form besitzen (Silicium, Eisen, Mangan) als beim Kohlenstoff, welcher vor dem Verbrennen flüssig, nach dem Verbrennen gasförmig ist. Die Verbrennungswärme des festen Kohlenstoffes und die des gas - förmigen ist bekannt (S. 20), nicht aber die des flüssigen.

Bei der Verbrennung des Eisens zu Eisenoxydul werden882Die Darstellung des Flusseisens.(nach S. 22) 1352 W. -E. per 1 kg Eisen entwickelt. Die Verbrennungs - erzeugnisse sind 1.28 kg Eisenoxydul, dessen specifische Wärme zu 0.20 angenommen werden kann, und 0.94 kg Stickstoff mit der specifischen Wärme 0.25. Demnach nehmen die Verbrennungserzeugnisse, wenn t die Temperatur ist, welche das Eisenbad besitzt, eine Wärmemenge auf = (1.28. 0.20 + 0.94. 0.25) t = 0.491 t. Zu der durch Verbren - nung entwickelten Wärme kommt diejenige Wärme, welche der ver - brennende Körper schon vorher besass, d. i., wenn man die durch - schnittliche specifische Wärme des Eisens zwischen Null und t Grad zu 0.18 annimmt, 0.18 t; es ist also die gesammte dem Eisenbade durch Verbrennung von 1 kg Eisen zu Gute kommende Wärme W = 1352 + 0.18 t 0.491 t = 1352 0.311 t. Betrug z. B. die Temperatur t des Eisenbades 1500 Grad, so ist W = 886 W. -E. für jedes Kilogramm verbrennenden Eisens; setzt man die specifische Wärme des Eisens bei 1500 Grad = 0.20, so ist die durch ein Procent verbrennenden Eisens hervorgerufene Temperatursteigerung 〈…〉 = 44 Grad. Sie ist also keinesfalls sehr beträchtlich und das verbrennende Eisen allein würde nicht im Stande sein, die zur Durchführung des Processes er - forderliche Temperatursteigerung hervorzubringen.

Etwas beträchtlicher ist der Einfluss des Mangans. Bei der Ver - brennung desselben entsteht grösstentheils Manganoxydul, dessen speci - fische Wärme ebenfalls, wie die des Eisenoxyduls = 0.20 angenommen werden möge1)In gewöhnlicher Temperatur nach Regnault 0.157.; und 1 kg metallisches Mangan liefert 1.29 kg Mangan - oxydul, wobei 0.97 kg Stickstoff mit erhitzt werden müssen. Setzt man die specifische Wärme des metallischen Mangans wie die des Eisens = 0.18, und die Verbrennungswärme nach S. 23 = 2000 W. -E., so ist die gesammte für die Temperatursteigerung frei werdende Wärme W = 2000 + 0.18 t (1.29. 0.20 + 0.97. 0.25) t = 2000 0.42 t. Bei einer Temperatur des Eisenbades = 1500 Grad würde W = 1370 W. -E. und die durch 1 Proc. verbrennenden Mangans hervorgebrachte Tempe - ratursteigerung = 69 Grade sein.

Kohlenstoff wird, wie die unten mitgetheilten Gasanalysen (vergl. Chemische Untersuchungen) lehren und wie es die hohe Tempe - ratur des Eisenbades als selbstverständlich erscheinen lässt, fast nur zu Kohlenoxyd verbrannt. 1 kg fester Kohlenstoff entwickelt hierbei 2473 W. -E. Die Verbrennungswärme des flüssigen Kohlenstoffes ist, wie schon erwähnt wurde, unbekannt.

Die Verbrennungserzeugnisse sind 2.33 kg Kohlenoxyd mit der spe - cifischen Wärme 0.25 und 4.47 kg Stickstoff, ebenfalls mit der specifischen Wärme = 0.25. Setzt man endlich die specifische Wärme des unver - brannten Kohlenstoffes in hoher Temperatur = 0.25, so erhält man die dem Bade durch Verbrennung von 1 kg Kohlenstoff zu Gute kommende Wärme W = 2473 + 0.25 t (2.33. 0.25 + 4.47. 0.25) t = 2473 1.45 t.

Bei 1500 Grad Temperatur des Eisenbades ist mithin W = 298 und die Temperatursteigerung, welche durch 1 Proc. verbrennender883Der Bessemer - und der Thomasprocess.Kohle hervorgebracht wird, nur etwa 6 Grade. Es ist leicht zu erkennen, dass mit der Zunahme von t, d. i. der Temperatur, welche das Eisen - bad schon besitzt, die durch Verbrennung der Kohle hervorgebrachte Steigerung derselben immer geringer und schliesslich negativ wird, d. h. dass die Verbrennungserzeugnisse mehr Wärme gebrauchen, um auf die Temperatur des Bades erhitzt zu werden, als die Verbrennung liefert; die Temperatur des Bades muss also in diesem Falle bei Verbrennung des Kohlenstoffes abnehmen. Unter Vor - aussetzung, dass die oben angenommenen Ziffern die Verbrennungs - wärme des Kohlenstoffes, die specifische Wärme des Kohlenoxydes und Stickstoffes genau richtig und auch in höheren Temperaturen unver - änderlich wären, würde jener Zeitpunkt in einer Temperatur von etwa 1700 Graden eintreten; in jedem Falle aber liefert die obige Rechnung das für die Beurtheilung des Bessemerprocesses wichtige und durch die Beobachtungen der Praxis be - stätigte Ergebniss, dass die Verbrennung des Kohlen - stoffes im Roheisen nicht im Stande ist, wesentliche Tempe - raturänderungen im Eisenbade hervorzubringen. Auch wenn man für die Verbrennungswärme des flüssigen Kohlenstoffes eine erheb - lich höhere Ziffer annehmen wollte, würde sich immerhin nur eine ver - hältnissmässig geringe Temperatursteigerung durch die Verbrennung des Kohlenstoffes ergeben. 1)So z. B. wäre, wenn man für die Verbrennungswärme des flüssigen Kohlen - stoffes 4000 W. -E. statt 2473 W. -E. annimmt, die durch 1 Proc. Kohlenstoff hervor - gerufene Temperatursteigerung in einem auf 1500 Grad erwärmten Eisenbade etwa 90 Grade.

1 kg Silicium entwickelt bei der Verbrennung zu 2.14 kg Kiesel - säure 7830 W. -E. (S. 23), wobei durch den erforderlichen Sauerstoff 3.82 kg Stickstoff mitgeführt werden. Die specifische Wärme des Siliciums in hoher Temperatur kann = 0.18, die der Kieselsäure = 0.19 an - genommen werden. Es ist alsdann W = 7830 + 0.18 t (2.14. 0.19 + 3.82. 0.25) t = 7830 1.18 t. Bei 1500° ist mithin W = 6060 W. -E. ; und die durch 1 Proc. verbrennenden Siliciums hervorgerufene Tem - peratursteigerung etwa 300 Grad C. Auch wenn diese Ziffer wegen der mehrfach erwähnten Ungenauigkeit der Werthe für specifische Wärme u. s. w. etwas zu hoch sein sollte, so ergiebt sich doch aus der Berechnung mit Sicherheit, dass, wie die Praxis längst bestätigt hat, schon kleine Mengen Silicium ausreichend sind, durch ihre Ver - brennung bedeutende Temperatursteigerungen des Eisenbades hervorzu - bringen.

Für die Beurtheilung des Thomasprocesses endlich ist auch das calorische Verhalten des Phosphors wichtig. 1 kg Phosphor entwickelt bei seiner Verbrennung zu 2.29 kg Phosphorsäureanhydrid 5760 W. -E., wobei 4.00 Gewichtstheile Stickstoff mit erhitzt werden. Die specifische Wärme des Phosphors kann = 0.18, diejenige der Phosphorsäure = 0.25 angenommen werden. Es ist demnach W = 5760 + 0.18 t (2.29. 0.25 + 4.00. 0.25) t = 5760 1.39 t. Bei einer Temperatur des Eisenbades von 1500 Grad ergiebt sich W = 3675 W. -E. ; und die durch 1 Proc. Phosphor hervorgerufene Temperatursteigerung = 183 Grad C.

884Die Darstellung des Flusseisens.

Die vorstehenden Berechnungen liefern den Beweis, dass unter den verschiedenen der Oxydation beim Frischen unterworfenen Bestand - theilen des Bessemerprocesses im Wesentlichen nur zwei befähigt sind, als Brennstoffe zu dienen, d. h. durch ihre Verbrennung die zur Er - zeugung von Flusseisen nothwendige Temperatursteigerung hervorzu - bringen; es sind dieses Silicium und Phosphor.

Es erklärt sich hieraus, dass bei dem sauren Processe, wo Phosphor überhaupt nicht verbrennt, nur ein silicium - haltiges also ein graues Roheisen Verwendung finden kann; und zwar muss der Siliciumgehalt, je nachdem das Roheisen vor dem Beginne des Frischens stark oder weniger stark über seinen Schmelzpunkt erhitzt war, und je nachdem man das Frischen nur bis zur Ausscheidung eines Theils des Kohlenstoffes oder bis zur annähernd vollständigen Entkohlung ausdehnen will (in welchem Falle die Schmelz - temperatur des dargestellten Eisens entsprechend höher liegt), minde - stens 1 Proc., häufiger 1.5 2 Proc. betragen. Auch noch silicium - reichere Roheisensorten (bis 2.5 Proc.) kommen mitunter zur Anwendung. Die Unkenntniss dieser Aufgabe des Siliciums beim Bessemern hat in der ersten Zeit nach der Erfindung des Processes manchen Misserfolg herbeigeführt.

Unterstützt wird die Wirkung des Siliciumgehaltes durch einen neben demselben anwesenden Mangangehalt; aber ein vollständiger Ersatz des ersteren durch Mangan ist nicht möglich, wie die oben mitgetheilten Ziffern sowohl als die Erfahrungen der Praxis lehren.

Bei dem basischen Processe dagegen bildet auch der Phosphor ein Brennmaterial von hoher Wärmeleistung; 1.6 Gewichtstheile Phosphor rufen gleiche Temperatursteigerungen hervor wie 1 Thl. Silicium, ein Um - stand, auf den sofort nach Erfindung dieses Processes v. Ehrenwerth aufmerksam machte. 1)Abhandlungen über den Thomas-Gilchrist-Process, S. 44.Man ist also bei dem basischen Processe im Stande, ein siliciumärmeres, weisses oder schwach hal - birtes Roheisen zu verarbeiten, sofern sein Phosphorgehalt hoch genug ist. Dieser Umstand ist von nicht geringer Wichtigkeit. Wie aus den Darlegungen in Abth. II der Eisenhüttenkunde sich ergiebt, ist die Darstellung eines siliciumreichen Roheisens kostspieliger als die eines siliciumarmen; die Darstellung phosphorreichen Roheisens dagegen bietet keine Schwierigkeit. Je siliciumärmer aber das Roheisen ist, desto phosphorreicher kann dasselbe sein, ohne dass die Entphosphorung behindert wird; der mehrfach geschilderte Einfluss, welchen ein Kiesel - säuregehalt der Schlacke auf das Verhalten des Phosphors ausübt, liefert die Erklärung hierfür. Es zeigt sich somit bei dem basischen Bessemerprocesse die interessante Erscheinung, dass, während bei allen anderen Processen der Darstellung schmiedbaren Eisens ein möglichst geringer Phosphorgehalt des als Material dienenden Roheisens wün - schenswerth und für die gute Beschaffenheit des Enderzeugnisses noth - wendig ist, hier der Verlauf des Processes sogar gefördert wird, wenn der Phosphorgehalt des Roheisens nicht allzu gering ist. Die später mitgetheil - ten chemischen Untersuchungen liefern verschiedene Beispiele dafür, wie885Der Bessemer - und der Thomasprocess.das gegenseitige Verhältniss von Phosphor und Silicium im Roheisen gewählt wird. Selten verarbeitet man Roheisensorten mit erheblich weniger als 2 Proc. Phosphor; häufig enthalten sie über 3 Proc.

Dennoch würde der Phosphor die soeben geschilderte Rolle, als Brennstoff beim basischen Bessemerprocess zu dienen und das Silicium entbehrlich zu machen, nicht erfüllen können, wenn er nicht zugleich die Eigenschaft besässe, die Schmelztemperatur des Eisens bedeutend zu erniedrigen, also in dieser Beziehung ebenso wie Kohlenstoff zu wirken. Bei Verarbeitung eines siliciumreichen Roheisens verbrennt ein grosser Theil des Siliciums schon im Anfange des Processes, die Temperatur des Bades steigt dadurch sofort und erreicht schon, ehe der Kohlenstoff ausgetreten ist, rasch diejenige Höhe, welche erforder - lich ist, das entstehende schmiedbare Eisen flüssig zu erhalten. Phos - phor aber verbrennt gemäss seinem früher geschilderten Verhalten gegen - über Kohlenstoff und Eisen (S. 245, 283) zum grössten Theile erst dann, nachdem der grösste Theil des Kohlenstoffes ausgetreten ist. Das Eisen würde also vor der Verbrennung des Phosphors dickflüssig oder gar starr werden, wenn bei der Kohlenstoffverbrennung die Schmelz - temperatur des Eisens in demselben Maasse stiege als bei phosphor - freiem Eisen. Auch in dieser Beziehung kann ein hoher Phosphorgehalt nur wohlthätig wirken.

Wie schon oben erwähnt wurde, wird die Erreichung der zur Durchführung des Processes erforderlichen Temperatur durch Ver - arbeitung grosser Roheisenmengen mit einem Male und thunlichste Be - schleunigung des Processes befördert. Die Grösse der zu verarbeitenden Eisensätze hängt beim Bessemerprocesse im Wesentlichen nur ab von dem Fassungsraume des Apparates und der Leistungsfähigkeit des Ge - bläses, welches den Wind auf die zum Durchdringen des Eisenbades erforderliche Spannung zu verdichten hat; jene Beeinträchtigung der Gleichförmigkeit des Erzeugnisses, welche bei anderen Processen die Verarbeitung grösserer Einsätze erschwert, fällt hier weg, da das erzeugte Eisen flüssig ist und durch den Wind selbst in stets erneuerter Mischung erhalten wird. Daher verarbeitet man in der Jetztzeit selten kleinere Einsätze als 5 t; häufiger 6 8 t, in einzelnen Fällen 10 t.

Die Zeitdauer des Processes aber ist abhängig von der Menge des zugeführten Windes. Man regelt sie nach der Beschaffenheit des zur Verwendung stehenden Roheisens; sehr siliciumreiches Roheisen, welches schon im Anfange eine rasche Temperatursteigerung erfährt, wird im Allgemeinen langsamer, siliciumarmes rascher verarbeitet werden müssen. In den meisten Fällen schwankt die Zeitdauer der Verarbeitung zwischen 10 20 Minuten.

Kein anderer metallurgischer Process ist im Stande, in so kurzer Zeit die Verarbeitung so gewaltiger Massen von Metall zu ermöglichen.

Die stets erneuerte Berührung des Metalles mit freiem Sauerstoff begünstigt beim Bessemerprocesse weit mehr noch als beim Martin - processe die Aufnahme von Sauerstoff. Daher pflegt man auch hier nach Beendigung des Blasens einen Mangan -, beziehentlich Silicium -886Die Darstellung des Flusseisens.manganzusatz zu geben, und gerade beim Bessemerprocesse ist die Wirkung dieses Mittels zuerst erprobt worden, um dann erst auf den Martinprocess übertragen zu werden. 1)Der Erfinder des Manganzusatzes ist Rob. Mushet, welcher 1856, also sofort nach Bessemer’s Erfindung, sich das Verfahren in England patentiren liess.Nothwendig ist ein solcher Zusatz in allen den Fällen, wo das Blasen soweit fortgesetzt war, dass nur noch wenig Kohlenstoff im Bade zurückblieb; als zweckmässig hat er sich verschiedentlich auch da bewährt, wo man, um unmittelbar kohlenstoffreichere Eisensorten darzustellen, das Blasen unterbrach, sobald der ursprüngliche Kohlenstoffgehalt auf das verlangte Maass abgemindert worden war. Dass schon neben Kohlenstoff Sauerstoff im Bade vor - kommen kann und dass die Einwirkung der beiden Körper auf ein - ander um so mehr verlangsamt, je mehr durch diese Einwirkung ihre Gewichtsmengen verringert werden, wurde schon mehrfach hervor - gehoben.

Je nachdem man zur Beseitigung des Sauerstoffgehaltes grössere Mengen einer manganärmeren Legirung oder kleinere Mengen einer manganreicheren Legirung anwendet, also mehr oder weniger Kohlen - stoff dem Bade zuführt, hat man es auch hier, wie beim Martinprocesse, in der Hand, den Kohlenstoffgehalt desselben nach Belieben anzureichern, wenn die Entkohlung weiter fortgeführt sein sollte, als dem Zwecke des fertigen Metalles entspricht.

Der Bessemerapparat.

Allgemeine Einrichtung.

In der ersten Zeit nach Erfindung des Bessemerns benutzte man einen Apparat, in seiner äussern Form einem Cupolofen nicht unähn - lich, oben mit einem schräg stehenden Halse versehen, durch welchen die Gase entweichen konnten. Das geschmolzene Roheisen wurde durch eine seitliche, in entsprechender Höhe angebrachte verschliessbare Oeff - nung eingefüllt; der Wind strömte durch eine Anzahl Düsen in den Ofen, welche rings herum am Umfange dicht über dem Boden angebracht waren. Die Entleerung erfolgte durch Oeffnung eines Stichloches wie bei Cupolöfen.

Eine solche Einrichtung besitzt mancherlei Nachtheile. Ist das Bad durch irgend einen Zufall nicht heiss genug, so versetzt sich das Stichloch, und da eine Erhitzung von innen nicht möglich ist, kann eine vollständige Erstarrung des Metalles eintreten. Ebenso kann es geschehen, dass die Düsen verstopft werden; endlich ist die Reparatur des Ofens umständlich und zeitraubend.

Aus diesen Gründen hat man ziemlich überall diese ursprüng - liche Einrichtung aufgegeben und wendet Bessemerapparate an, deren Anordnung von Bessemer selbst sehr bald nach der Erfindung des Processes eingeführt wurde und im Wesentlichen bis heute unver - ändert geblieben ist. Die wichtigste Eigenthümlichkeit derselben besteht darin, dass sie mit zwei horizontalen Drehungszapfen aufgehängt sind und mit Hilfe einer maschinellen Vorrichtung um diese Zapfen gedreht werden können, um gefüllt beziehentlich entleert zu werden.

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887Der Bessemer - und der Thomasprocess.

Man pflegt sie ihrer birnenähnlichen Form halber Bessemer - birnen oder in Rücksicht auf die eben erwähnte, ein Umkippen ermög - lichende Eigenthümlichkeit mit dem englischen Ausdrucke Converter zu bezeichnen.

Die Abbildungen Fig. 256 258 lassen die Einrichtung einer neueren Bessemerbirne erkennen. Sie besteht aus einem schmiedeeisernen Mantel mit feuerfestem Futter kieselsäurereichem oder basischem Futter, je nach der Art des Processes und ist in vier Theile zerlegbar, welche die Haube (a), das Mittelstück (b) und das Bodenstück (c) mit dem Boden (d) genannt werden. Mitunter auch werden Mittel - und Bodenstück in eins gefertigt, der Boden aber bildet bei allen neueren Birnen ein selbständiges Stück.

Die Haube läuft nach oben in einen verengten Hals aus, dessen Mündung eine solche Stellung haben muss, dass beim Kochen des Metalles möglichst wenig desselben herausgeschleudert werden kann. Man bringt sie deshalb nicht in der Mitte der Birne, sondern seitlich an; bei älteren Birnen findet man oft sogar zur stärkeren Ausbildung des Halses eine Einkehlung unterhalb desselben, so dass die Birne das in Fig. 259 dargestellte Profil erhält, eine Einrichtung, welche die Her - stellung des Mantels wie des Futters unnöthiger - weise erschwert. In jedem Falle muss die Mün - dung so angebracht sein, dass man, wenn die Birne auf dem Rücken liegt1)Den Rücken der Birne nennt man logischer Weise die der Halsmündung gegenüberliegende, bei Fig. 257 also die links befindliche Seite., die Achse der - selben also wagerechte Stellung angenommen hat, im Stande ist, durch die Mündung den Boden zu sehen, um etwaige Beschädigungen desselben, Verstopfungen der Windeinströmungen u. s. w. wahrnehmen zu können.

An dem Mittelstücke ist ein kräftiger Ring befestigt, an welchem sich die beiden einander

Fig. 259.

gegenüberstehenden, zum Tragen und Kippen der Birne dienenden Zapfen befinden. Der Ring ist bei älteren Birnen häufig geschmiedet, bei neueren gewöhnlich aus Gusseisen oder Stahl gegossen und zwar mit den Zapfen in einem einzigen Stücke. Beide Zapfen ruhen in gewöhnlichen, entsprechend stark gebauten Lagern. Auf dem einen Zapfen (dem linken Zapfen in Fig. 256) ist ein Getriebe befestigt, durch dessen Vermittelung die Drehung beim Kippen und Wiederauf - richten der Birne übertragen wird. Zur Ausführung dieser Bewegung benutzt man bei einzelnen Anlagen eine kleine mit Umsteuerungs - mechanismus versehene Dampfmaschine, von welcher eine mit dem erwähnten Getriebe im Eingriffe stehende Schnecke betrieben wird; häufiger benutzt man einen hydraulischen Presscylinder, dessen Kolben eine jenes Getriebe erfassende Zahnstange vor - oder rückwärts bewegt, je nachdem Druckwasser vom Accumulator (S. 835) vor oder hinter den Kolben geleitet wird. Diese Einrichtung, welche sich überall da,888Die Darstellung des Flusseisens.wo Druckwasser zur Verfügung steht, durch Einfachheit vor der An - wendung einer Dampfmaschine auszeichnet, ist auch bei der abgebildeten Birne benutzt. Die Achse des in der Abbildung nicht erkennbaren Presscylinders steht senkrecht und die Zahnstange wird demnach eben - falls senkrecht bewegt; häufig auch findet man einen liegenden Cylinder mit wagerechter Bewegung der Zahnstange. Letztere Anordnung giebt, wenn die Zahnstange unter dem Rade mit nach oben gerichteten Zähnen angebracht ist, leichter Veranlassung zu Zahnbrüchen durch Eisen - oder Schlackentheile, welche beim Kochen des Metalles herausgeschleu - dert wurden und zwischen die Zähne geriethen.

Von dem zweiten Zapfen aus wird der Gebläsewind nach dem Boden der Birne geleitet. Zu diesem Zwecke ist derselbe hohl und durch eine Stopfbüchse mit dem Windzuleitungsrohre verbunden, so dass die Drehung der Birne vor sich gehen kann, ohne dass die Wind - zuströmung unterbrochen zu werden braucht. Fig. 256 lässt diese Ein - richtung erkennen.

Der Boden d wird von einer Gusseisenplatte getragen, unterhalb welcher der Windkasten d sich befindet. Derselbe steht, wie in Fig. 256 ersichtlich ist, durch ein gekrümmtes Rohr mit dem Windzapfen und der Windleitung in Verbindung und hat die Aufgabe, die Vertheilung des Windes zu bewirken, welcher von hier aus durch zahlreiche, durch den Boden hindurchgehende Oeffnungen in das Innere der Birne ge - langt. An der Unterseite ist der Windkasten durch eine Eisenplatte geschlossen, welche sich leicht entfernen lassen muss, damit man nöthigen - falls von aussen zu den Windöffnungen gelangen kann, falls diese ver - stopft sein sollten. Die Windeinströmungen sind entweder, wie bei der abgebildeten Birne, gleichmässig im Boden vertheilt; oder sie befinden

Fig. 260.

sich in einzelnen gewöhnlich 13 17 aus feuer - festem Thone besonders gefertigten Einsatzstücken Formen oder Feren genannt , deren jedes 7 12 durchgehende Oeffnungen zu enthalten pflegt. Fig. 260 zeigt eine solche Fere innerhalb des Bodens; sämmt - liche Feren mit Ausnahme einer, welche in der Mitte steht, werden im Kreise angeordnet. Letztere Ein - richtung, welche die ältere und jetzt noch gebräuch - lichere ist, hat den Vortheil, dass die Feren in Rück - sicht auf die besonders in der Umgebung der Wind - einströmungsöffnungen stattfindende stärkere Abnutzung des Bodens mit besonderer Vorsicht aus erprobtem Materiale gefertigt und vor der Benutzung gebrannt werden können; erstere, durch von Lilienstern eingeführte Einrich - tung gewährt den Vortheil einer gleichmässigeren Windvertheilung und hat sich bei vorsichtiger Herstellung des Bodens auch als haltbar genug erwiesen.

Abmessungen.

Die cylindrische Form des Mitteltheiles der Birne entspricht, wie schon bei anderen Gelegenheiten verschiedentlich hervorgehoben wurde, am besten der Aufgabe, die Wärmeverluste durch Ausstrahlung auf ein möglichst kleines Maass zu ermässigen; die Verengung des Halses889Der Bessemer - und der Thomasprocess.und die Anbringung der Halsöffnung an der Seite soll, wie oben erwähnt wurde, das Herausschleudern von flüssigem Eisen erschweren. 1)In Witkowitz hat man neuerdings eiförmige Birnen, deren Mündung in der Achse liegt, zur Anwendung gebracht. Vergl. Stahl und Eisen 1881, S. 183.

Wenn die Birne auf den Rücken gelegt, d. h. in wagerechte Lage gebracht ist, müssen die Windöffnungen sich vollständig frei oberhalb des flüssigen Eisens befinden, damit dieses nicht in dieselben eintreten kann; aus diesem Grunde ist der Boden kleiner im Durchmesser als das Mittelstück, und als vermittelndes Glied ist das kesselförmige Bodenstück eingeschaltet.

Bei grossem Durchmesser einer Birne von vorgeschriebenem In - halte ist natürlicherweise die Höhe des flüssigen Metalles in derselben geringer als bei kleinerem Durchmesser; mit dieser Höhe aber steht die erforderliche Spannung des Windes, welcher den Druck des Metalles zu überwinden hat, und die erforderliche Arbeitsleistung des Ge - bläses in geradem Verhältnisse. Eine zu geringe Höhe des Metalles würde dagegen zur Folge haben, dass ein Theil des eingeblasenen Sauerstoffes unverbraucht durch dasselbe hindurchgeht, die Arbeit des Gebläses also ungünstig ausgenutzt und das Frischen verlang - samt wird.

In jedem Falle muss die Gesammthöhe der Birne beträchtlich genug sein, um dem Metalle bei dem stattfindenden heftigen Aufkochen ausreichenden Raum zu gewähren und andererseits beim Kippen auf den Rücken demselben eine hinlängliche Ausbreitung zu ermöglichen, damit die Windöffnungen frei werden.

Gewöhnlich beträgt die äussere Höhe der Birne für 5 6 t Inhalt von der Oberkante des Windkastens bis zur höchsten Stelle des Blech - mantels an der Mündung gemessen annähernd 4 m oder etwas dar - über; Birnen für 8 t Inhalt giebt man eine Höhe bis zu 4.5 m, für 10 t Inhalt bis zu 5 m.

Der innere Durchmesser des Mittelstückes pflegt bei Birnen für 5 t Inhalt etwa 1.7 m zu betragen und sich am Boden auf 0.85 0.9 m zusammenzuziehen. Birnen für 6 t Inhalt haben einen inneren Durch - messer von 1.8 2 m in der Mitte und 1 1.2 m am Boden; sehr grosse Birnen sind in der Mitte bis zu 2.7 m weit bei 1.3 1.5 m Boden - durchmesser.

Die Stärke des feuerfesten Futters ist im Boden, welcher am rasche - sten abgenutzt wird, am bedeutendsten; überdies bei Birnen für den basischen Process gewöhnlich grösser als bei solchen für den sauren Process. Den Böden für den sauren Process pflegt man 0.4 0.5 m Höhe zu geben, für den basischen Process 0.55 0.65 m. Im Mittel - stücke dagegen giebt man dem Futter Wandstärken von 0.2 0.3 m, wenn es für den sauren Process bestimmt ist, 0.35 0.45 m für den basischen Process. Nach der Mündung kann das Futter allmählich schwächer werden.

Der äussere Durchmesser der meisten Birnen für 5 6 t Inhalt pflegt daher 2.2 2.4 m zu sein, wenn sie für den sauren, 2.6 3 m,Ledebur, Handbuch. 57890Die Darstellung des Flusseisens.wenn sie für den basischen Process bestimmt sind. Bei den Birnen für 10 t Inhalt beträgt der äussere Durchmesser etwa 3.5 m.

Die Halsmündung ist gewöhnlich 0.55 0.70 m im Lichten weit; ein allzu geringer Durchmesser kann besonders beim basischen Pro - cesse leicht eine Verstopfung durch emporgeworfene Schlacken zur Folge haben. Die Höhe der Haube pflegt 1.5 1.6 m zu betragen.

Der Durchmesser der im Boden befindlichen Windeinströmungs - öffnungen pflegt 10 20 mm zu betragen; ihre Zahl schwankt von 40 in solchen Fällen, wo sie gleichmässig vertheilt sind, bis 150 bei Anwendung besonderer Feren. Ihr Gesammtquerschnitt per Tonne des zu verarbeitenden Roheisens beträgt bei neueren Anlagen gewöhnlich nicht weniger als 15 qcm und steigt bei Verarbeitung siliciumarmer Roheisensorten, insbesondere auch beim basischen Processe, mitunter auf 25 qcm, so dass als durchschnittliches Maass hierfür 20 qcm an - genommen werden kann.

Herstellung des Futters.

Wie bei Oefen für andere Zwecke kann man das Futter ent - weder aus fertig gebrannten Ziegeln mauern oder aus Masse stampfen. Letzteres Verfahren, obschon etwas zeitraubender als das erste, dürfte doch in der Jetztzeit das am häufigsten angewendete sein und hat auch bei den Birnen für den basischen Process jenes Ausmauern vielfach verdrängt.

Da der Boden durchschnittlich nicht länger als für die Verarbeitung von 14 Einsätzen aushält, mitunter schon noch früher schadhaft wird, das Futter der übrigen Theile dagegen 80 100 Einsätze auszudauern pflegt, ehe es einer grösseren Reparatur bedarf1)Erhebliche Unterschiede in der Dauer des Futters aus kieselsäurereichem und aus basischem Materiale sind nicht mehr vorhanden, seitdem man auch die Herstellung der basischen Futter wesentlich vervollkommnet hat. Vergl. hierüber Stahl und Eisen 1881, S. 185., so ist es nothwendig oder doch zweckmässig, dass der Boden als selbständiges Stück gefertigt und zum Auswechseln eingerichtet werde.

Zur Herstellung des Futters für den sauren Process benutzt man mit Vorliebe einen feuerfesten, etwas thonhaltigen Sandstein, welcher u. a. in geeigneter Beschaffenheit in der Umgegend von Sheffield sowie bei Düsseldorf gefunden wird und den man mit einer aus dem Englischen überkommenen Bezeichnung Ganister zu benennen pflegt. Man mahlt denselben, und mischt ihn nach Erforderniss mit noch etwas feuer - festem Thon, um ihm die erforderliche Bildsamkeit zu geben, und mit möglichst wenig Wasser, um nun entweder die zum Ausmauern der Birne bestimmten Formsteine oder unmittelbar, wie bei der auf S. 356 beschriebenen Massezustellung eines Hochofens, das Birnen - futter selbst daraus durch Einstampfen herzustellen. Im Uebrigen muss sich die Wahl des Materiales natürlich auch nach lokalen Verhält - nissen richten.

Für den basischen Process benutzt man am häufigsten gebrannten magnesiahaltigen Kalkstein (vergl. S. 141), welcher gepulvert, gesiebt891Der Bessemer - und der Thomasprocess.und mit 8 10 Proc. eingedicktem Gastheer vermischt wird, um dann ebenso wie die Masse für die Birnen des sauren Processes entweder zu Steinen, die zum Ausmauern bestimmt sind, geformt zu werden oder als Material für das Einstampfen des Futters zu dienen.

In letzterem Falle pflegt man die einzelnen, oben erwähnten Theile, aus denen der Mantel zusammengeschraubt ist, aus einander zu nehmen und einzeln auszufuttern. Ein hölzernes oder eisernes Modell, dessen äussere Umrisse die inneren Begrenzungen des Futters angeben, wird auf einer ebenen Unterlage aufgestellt, in entsprechendem Abstande

Fig. 261.

von dem Blechmantel umgeben. Alsdann füllt man den Zwischenraum mit der zubereiteten Masse in einzelnen Lagen nach und nach aus und stampft jede einzelne Lage mit eisernen Stampfern so fest ein, dass sie vollständig hart ist.

Für die Herstellung des Bodens dient als Modell ein konischer Gusseisenring, welcher auf die Bodenplatte (den Deckel des Windkastens) genau aufpasst. Fig. 261 zeigt das Modell und zugleich die aus Stahl gefertigten Nadeln, welche man benutzt, wenn der Boden nach Lilien - stern’s Methode mit einzelnen, gleichmässig vertheilten Windöffnungen an Stelle der Feren versehen werden soll. 1)Zeichnungen der Hütte 1881, Blatt 37. Die Form des hier abgebildeten Bodens ist etwas anders in Fig. 257; das Verfahren der Herstellung aber bleibt im Wesentlichen das nämliche.Zu unterst steht der Wind - kasten a, auf dessen oberen abgedrehten Flantsch das ebenfalls abge -57*892Die Darstellung des Flusseisens.drehte Modell aufgesetzt wird. Die erwähnten Stahlnadeln stecken unten, wie sich von selbst versteht, in den betreffenden Löchern der Boden - platte und werden oben durch Schmiedeeisenringe festgehalten, welche von vier an das Modell angeschraubten Winkeln c c c mit diametralen Verbindungsstegen getragen werden.

Wendet man Feren an, welche, wie erwähnt, vorher aus feuer - festem Thon gefertigt und gebrannt werden, so befestigt man dieselben, ehe das Einstampfen beginnt, mit ihren Zapfen in entsprechenden Oeff - nungen der Bodenplatte und stampft dann rings herum die Masse fest (vergl. oben Fig. 260). Häufig auch richtet man dieselben zum Aus - wechseln ein. In diesem Falle dürfen sie natürlicherweise unten nicht in einem Zapfen kleineren Durchmessers endigen, sondern der Durch - messer der Verlängerung, mit der sie in die Bodenplatte eintreten, muss mit dem grössten Durchmesser der Fere selbst übereinstimmen. Ein kleiner Riegel oder eine ähnliche Vorrichtung an der Unterseite der Bodenplatte dient dazu, die Feren vor dem Herausfallen zu schützen.

Ist das Einformen des Futters beziehentlich Bodens beendet, so lässt man, sofern die Herstellung aus gewöhnlicher kieselsäurereicher Masse geschah, einige Tage an der Luft, dann in einem geheizten Raume trocknen, setzt die Theile zusammen und verstreicht die Fugen mit Masse. Der Boden wird erst eingesetzt, nachdem die Birne an Ort und Stelle gebracht worden ist. Durch ein in der Birne unterhaltenes Feuer vollendet man schliesslich die Trocknung und erhitzt das Futter bis zum beginnenden Glühen.

Bei basischen Ausfütterungen fällt das Trocknen an der Luft weg; dieselben werden sofort gebrannt, sei es in besonderen Kammern oder durch ein im Innern unterhaltenes Koksfeuer. Im Anfange des Er - hitzens erweicht die mit Theer durchsetzte Masse; später, nachdem eine Verflüchtigung der Kohlenwasserstoffe stattgefunden hat, wird sie steinhart.

In jedem Falle erfordert die Herstellung des Futters incl. des Trocknens und Brennens mehrere Tage, oft zwei bis drei Wochen. Jedes Bessemerwerk muss daher mit einer genügenden Zahl vorräthiger, fertig gebrannter Böden und Birnen versehen sein, um nicht Gefahr zu laufen, den Betrieb einstellen zu müssen.

Das Auswechseln der Böden und Birnen.

Aus dem über die Haltbarkeit des Futters der Birnen Gesagten folgt, dass während des Betriebes ein öfteres Auswechseln der Birnen und ein noch weit häufigeres Auswechseln der Böden erforderlich wird. Je rascher dieses Auswechseln stattfinden kann, je geringer also die dadurch hervorgerufenen Störungen des Betriebes sind, desto grösser ist die Leistungsfähigkeit der Anlage.

Aus diesem Grunde ist es vor Allem nothwendig, die Verbindung zwischen dem Boden und dem darüber befindlichen Stücke in solcher Weise zu bewirken, dass sie in wenigen Minuten hergestellt und gelöst werden kann. Man benutzt, wie die oben mitgetheilten Abbildungen893Der Bessemer - und der Thomasprocess.erkennen lassen, schmiedeeiserne Bolzen mit hindurchgesteckten Keilen, um den Boden an der Birne zu befestigen. Für das Herausnehmen des alten, beziehentlich Einsetzen des neuen Bodens aber pflegt folgende Einrichtung vorhanden zu sein. Unterhalb jeder Birne befindet sich in einer gemauerten Vertiefung des Bodens ein senkrechter hydraulischer Cylinder, dessen nach oben gerichtete Kolbenstange eine wagerechte Tischplatte zur Aufnahme des Bodens sammt Windkasten trägt. Der Kolben kann soweit gesenkt werden, dass die ganze Vorrichtung wäh - rend des Betriebes durch einen auf die Vertiefung gelegten Deckel vollständig abgeschlossen und vor Beschädigung geschützt werden kann. Ein vierrädriger, auf Schienen laufender Wagen, dessen Obertheil nur aus einem eisernen Rahmen besteht, dient zum Fortschaffen des Bodens; dieser Rahmen ist so breit, dass die erwähnte Platte des hydraulischen Cylinders innerhalb desselben sich auf - und niederbewegen kann, wenn der Wagen oberhalb des Cylinders steht.

Soll nun ein Boden herausgenommen werden, so wird die Birne in senkrechte Stellung gebracht und der Wagen unter dieselbe ge - schoben. Nun lässt man den Kolben des hydraulischen Cylinders ansteigen, bis die Platte unterhalb des Windkastens sich befindet, löst die Verbindungsbolzen, welche den Windkasten nebst Boden am Birnen - mantel festhalten, und senkt den Kolben wieder, wobei der Boden vom Wagen aufgenommen wird. In umgekehrter Reihenfolge der Arbeiten findet das Einsetzen des neuen Bodens statt, nachdem derselbe auf dem Wagen an Ort und Stelle gebracht worden war. Sind die Verbindungsbolzen eingesteckt, die Keile angezogen, so wird die Platte gesenkt und der Wagen entfernt. Nun stellt man die Birne mit Hilfe der früher besprochenen Wendevorrichtung auf den Kopf und ver - stampft von aussen den Zwischenraum zwischen Boden und Birnenfutter.

Das Verdienst, das Verfahren des Auswechselns der Birnenböden in dieser Weise ausgebildet zu haben, gebührt dem Amerikaner Holley. 1)Vergl. Literatur.Man ist hierbei im Stande, innerhalb einer Stunde die Birne wieder betriebsfähig zu machen, sofern der neue Boden bereit steht. Für die Anwendung des Verfahrens aber ist es erforderlich, dass wie bei der oben abgebildeten Birne (Fig. 257) der Spalt zwischen dem Boden und dem Futter von aussen her zugänglich sei, um in der erwähn - ten Weise durch Einstampfen von Masse geschlossen werden zu kön - nen. Bei älteren Birnen ist die Einrichtung gewöhnlich anders. Der Windkasten schliesst sich, wie Fig. 262 zeigt, fest an den Mantel, so dass von aussen her keine Ver -

Fig. 262.

dichtung der Fuge möglich ist. Die kegelförmige Aussenfläche des Bodens ist steiler als bei der oben beschriebenen Einrichtung geformt;894Die Darstellung des Flusseisens.vor dem Einsetzen wird diese Fläche mit etwas feuchter Masse be - strichen, und nun wird der Boden mit der oben beschriebenen hydrau - lischen Presse in die Oeffnung hineingedrückt, deren Durchmesser nur so viel grösser ist als der des Bodens, um das Einsetzen ohne Be - schädigung des Futters zu ermöglichen. Dennoch bleibt gewöhnlich eine Fuge, welche verdichtet werden muss; diese Verdichtung ist aber nur von innen möglich und zu diesem Zwecke muss die Birne erst abkühlen. Es pflegen also mehrere Stunden zu vergehen, ehe die Arbeit beendet ist.

Kaum noch oder doch nur in seltenen Fällen üblich dürfte die in früherer Zeit gebräuchliche Herstellung des Bodens durch Einstampfen innerhalb der Birne selbst sein.

Jedoch nicht allein der Boden, sondern auch die Birne selbst muss, wenn sie neu ausgefuttert werden soll, von ihrem Platze entfernt und durch eine andere ersetzt werden. Gewöhnlich bedient man sich eines Laufkrahnes hierzu, welcher, nachdem die Verbindung des Wind - zapfens der Birne mit der Windleitung gelöst ist, die Deckel der Zapfen - lager abgenommen sind, sie mit Hilfe von Ketten emporhebt und auf einen bereit stehenden Wagen niederlässt, welcher sie in die Werkstatt überführt, wo die Ausfutterung vorgenommen wird. In Rücksicht auf das bedeutende Gewicht der ganzen Birne, welches 30 40 t betragen kann, zerlegt man dieselbe vor dem Herausheben häufig in ihre ein - zelnen Theile, welche dann eins nach dem andern in der beschriebenen Weise entfernt werden. Ebenso erfolgt das Wiedereinsetzen der repa - rirten oder neu ausgefutterten Birne. Immerhin ist diese Arbeit ziem - lich umständlich.

Sie wird erleichtert, wenn man die Birne nicht fest mit ihrem Ringe verbindet, sondern zum Herausnehmen einrichtet. Der Ring bleibt dann an Ort und Stelle, die Zapfenlager und die Verbindung mit der Windleitung brauchen nicht auseinandergenommen zu werden; nur das Windrohr zwischen dem Windkasten und dem Windzapfen wird entfernt. Holley1)Revue universelle des mines, sér. II, tome XI, pl. 1, fig. 1; auch Patent - schrift des deutschen Reiches Nr. 12830. lässt zu diesem Zwecke die Birne mit ange - nieteten Winkeln auf dem Ringe ruhen, dessen Durchmesser ausreichend gross ist, um das Herausnehmen zu ermöglichen; jeder Winkel ist durch einen stählernen Bolzen mit Kopf und Splint, welcher durch eine Oeffnung des Ringes hindurchgeht, mit diesem verbunden und diese Bolzen sichern zugleich die genaue Stellung des Birnenmantels im Ringe. Soll die Birne herausgenommen werden, so wird sie auf den Kopf gestellt, ein passend gebauter, zu ihrer Aufnahme bestimmter Wagen wird darunter gefahren, mit Hilfe der hydraulischen Hebevor - richtung soweit gehoben, dass die Birne auf ihm ruht, dann löst man die erwähnten Bolzen und senkt nun den Wagen sammt der Birne, während der Ring an Ort und Stelle bleibt. Selbstverständlich muss die Höhenlage der Birnenachse eine solche sein, dass nach beendigtem Niedergange des Wagens auch die Birne unter dem Ringe weggefahren werden kann.

895Der Bessemer - und der Thomasprocess.
Zahl und Gruppirung der Birnen.

Obwohl man im Stande ist, durch die neueren, oben beschriebenen Einrichtungen zum Auswechseln des Bodens wie der Birne selbst die erforderliche Zeit für diese Arbeiten auf ein gegen früher sehr unbe - deutendes Maass zu beschränken, würde es doch nicht möglich sein, den Betrieb eines Bessemerwerkes ohne mancherlei hemmende Unter - brechungen zu führen, wenn man nur mit einer einzigen Birne arbeiten wollte. Jede Bessemeranlage enthält deshalb mindestens zwei Birnen, welche abwechselnd im Betriebe sein können; mitunter drei oder noch mehr. Die Gruppirung dieser Birnen gegen einander wie gegen die übrigen Hilfsapparate Giesspfannenkrahn, Schmelzöfen u. s. w. ist von nicht geringer Wichtigkeit für die Leistungsfähigkeit eines Bessemer - werkes. Es haben sich in dieser Beziehung eine Anzahl von Systemen ausgebildet, auf welche sich die meisten Anlagen ihrer Grundidee nach zurückführen lassen, obschon naturgemäss die Ausführung in den Ein - zelnheiten zahlreiche Abweichungen zeigen kann.

Zunächst kommt hier in Betracht, dass die Zapfen der Birnen, damit diese die erforderlichen Drehungsbewegungen ausführen und in die darunter befindliche Giesspfanne entleert werden können, ent - sprechend hoch über dem Boden angeordnet sein müssen. Diese Höhe pflegt, abweichend nach der Grösse der Birne selbst wie nach der Art der sonstigen Einrichtungen 2 4 m zu betragen. Die Gussformen werden bei den meisten Bessemerwerken in einer Giessgrube aufgestellt, deren Sohle 1 1.5 m unter der Hüttensohle zu liegen pflegt; erst bei neueren Anlagen ist man dazu übergegangen, die Gussformen zu ebener Erde aufzustellen. Die Birnenzapfen werden gewöhnlich höher über dem Erdboden liegen müssen, wenn man die letztere Einrichtung wählt, als wenn die Gussformen vertieft stehen und auch der Giesspfannen - krahn sich in der Giessgrube befindet.

Damit aber die Birnen, nachdem sie auf den Rücken gelegt wurden (so dass ihre Achse wagerechte Lage angenommen hat), von oben her gefüllt werden können, ist die Anordnung einer noch etwas höher als die Drehungszapfen liegenden Bühne hinter den Birnen erforderlich, von welcher aus das flüssige Metall durch eine eiserne, mit Thon aus - gekleidete Rinne in die nach oben gerichtete Mündung der Birne ein - strömen kann. Der Höhenabstand zwischen dieser Ebene und der Ebene der Birnenzapfen pflegt 1.5 3 m zu betragen. Auf diese Bühne wird das flüssige Roheisen, sofern die Schmelzöfen Cupolöfen, Flammöfen, unter Umständen der Hochofen sich zu ebener Erde befinden, mit Hilfe eines hydraulischen Aufzuges gehoben, welcher die zum Kippen eingerichtete, mit ihren Drehungszapfen auf einem Wagen ruhende Giesspfanne aufnimmt; häufiger stellt man die Cupol - oder Flammöfen selbst auf diese Bühne, um aus dem Stichloche derselben das Metall unmittelbar der Birne zuzuleiten. Wendet man, wie es fast regelmässig geschieht, Cupolöfen zum Schmelzen des Roheisens an, so ist hinter denselben die Anordnung einer noch höher liegenden Ebene, der Gicht - bühne, erforderlich, von welcher aus das Aufgeben der Schmelzmateria - lien erfolgt.

896Die Darstellung des Flusseisens.

In dem Aufrisse einer Bessemerhütte wird man also regelmässig verschiedene, terrassenartig hinter einander aufsteigende Höhenlagen für die Aufstellung der einzelnen Apparate antreffen, deren Anzahl ver - schieden ist, je nachdem man mit oder ohne vertiefte Giessgrube arbeitet und je nachdem das Schmelzen des Roheisens zu ebener Erde oder ebenfalls auf einer erhöhten Ebene vorgenommen wird.

Ziemlich erhebliche Abweichungen findet man jedoch in dem Grundrisse der verschiedenen Anlagen.

Bei allen älteren und überhaupt bei den meisten der in der Jetzt - zeit bestehenden Bessemerhütten dient ein hydraulischer Drehkrahn (S. 825) zur Bewegung der Giesspfanne, in welche der Inhalt der Birne

Fig. 263.

ausgegossen wird, um nach den einzelnen Gussformen vertheilt zu werden. Letztere also sind im Kreise aufgestellt; die Giessgrube ist durch einen Kreisbogen begrenzt.

Bei der ältesten Anordnung dieser Art, dem englischen System, stehen, wie die Skizze Fig. 263 erkennen lässt, zwei Birnen a a ein - ander diametral gegenüber, und die Giessgrube b, beziehentlich der zum Aufstellen der Gussformen verfügbare Raum, falls eine eigentliche Giessgrube nicht vorhanden ist, hat demnach halbkreisförmigen Grund - riss. An dem Rande der Giessgrube stehen zwei, seltener drei hydrau - lische Krahne, welche das Einsetzen und Ausheben der Gussformen, Fortschaffen der Blöcke u. s. w. zu besorgen haben. Die Kreise c c be - zeichnen die Stellung dieser Krahne; innerhalb der Giessgrube sieht man die aufgestellten Gussformen durch kleine Quadrate angedeutet. 897Der Bessemer - und der Thomasprocess.d d d sind Cupolöfen, von denen der kleinere in der Mitte für das Schmelzen des später zuzusetzenden Spiegeleisens bestimmt ist. Hinter denselben ist die Gichtbühne e angeordnet. f f sind zwei Schornsteine zur Ableitung der aus den Birnen entweichenden Gase und Dämpfe. Die Giessgrube dieser Anlagen pflegt einen Durchmesser von 6 7 m, bei neueren Anlagen 8 9 m zu besitzen. Mit dem Durchmesser der Grube wächst zwar die Zahl der Gussformen, welche sich mit einem Male in derselben aufstellen lassen, zugleich aber der erforderliche Durchmesser des Krahnes und mit diesem sein Gewicht, also einestheils seine Anlagekosten und anderntheils die erforderliche Arbeit zu seiner Bewegung.

Je grösser aber die Leistung eines Bessemerwerkes ist, d. h. je

Fig. 264.

mehr Einsätze in bestimmter Zeit verarbeitet werden, desto mehr Raum muss für die Aufstellung der Gussformen vorhanden sein.

Bei einer Gruppirung der Birnen nach dem beschriebenen Systeme geht immerhin die volle Hälfte des ganzen Kreises, in welchem die Giesspfanne sich bewegt, für die Aufstellung der Gussformen verloren. Dieser Uebelstand wird abgeschwächt, wenn man die Birnen, statt sie diametral einander gegenüber zu stellen, näher an einander bringt, so dass der Giesskrahn nunmehr einen grösseren Bogen bestreichen kann. Entweder stellt man in diesem Falle die Birnen parallel neben einander (Fig. 264), so dass ihre Drehungsachsen in einer geraden Linie liegen, und nennt diese Anordnung das amerikanische System; oder die Birnen sind radial gegen den Drehungspunkt des Giesskrahnes gestellt. Je geringer der Abstand der Birnen von einander ist, desto mehr Raum898Die Darstellung des Flusseisens.bleibt für die Aufstellung der Gussformen; andererseits darf die Ent - fernung zwischen den Birnen nicht gar zu knapp bemessen werden, damit für die Windleitung, für die Rinne, welche das Roheisen den Birnen zuführt, u. s. w. der erforderliche Raum bleibe. Gewöhnlich lässt man für den Giessraum annähernd eine Dreiviertelkreisfläche frei, in einzelnen Fällen etwas mehr, in anderen etwas weniger, so dass die Radien, welche von den Mittelpunkten der beiden Birnen nach dem Drehungspunkte des Krahnes gezogen werden, einen Winkel von 70 bis 100 Graden gegen einander einschliessen. Aeusserlich pflegt der Giess - raum von drei, bisweilen vier Blockkrahnen (b b b) umgeben zu sein.

Wie Fig. 264 erkennen lässt, beschränkt man sich bei Anlage der Giessgrube (a) mitunter darauf, einen ringförmigen Graben, in welchem die Gussformen Platz finden, herzustellen, den mittleren Theil aber, wo der Druckcylinder für den Krahn steht, in der Ebene der Hüttensohle aufzuführen. Der Krahn wird hierdurch leichter zugänglich; aber die Drehungsachsen der Birnen kommen hierdurch etwas höher zu liegen, da die Giesspfanne während des Entleerens der Birnen nicht so tief gesenkt werden kann, als wenn der Krahn innerhalb der Grube selbst sich bewegt. Erwähnt wurde bereits, dass bei einzelnen Anlagen die Gussformen statt in einer Grube zu ebener Erde aufgestellt werden.

c ist ein hydraulischer Aufzug zum Emporheben der mit Roheisen gefüllten Giesspfanne.

Mitunter stellt man bei diesem Systeme auch drei Birnen statt zweier an eine gemeinschaftliche Giessgrube. Die Drehungsachsen der - selben liegen dann nicht, wie bei der skizzirten Anlage, in einer Linie, sondern stehen rechtwinklig gegen die vom Krahnmittelpunkte gezogenen Linien, jede Birne also steht radial gegen den Mittelpunkt.

Eine andere bei neueren Anlagen verschiedentlich zur Anwendung gebrachte Aenderung besteht darin, dass man den Giessraum vollständig von dem Birnenraume trennt. Zwei Krahne sind erforderlich; der erste nimmt das Eisen von den Birnen auf und befördert es nach dem zweiten, für welchen nun die ganze von ihm bestrichene Kreisfläche zum Giessen benutzbar bleibt.

Als drittes Hauptsystem kann das in neuester Zeit auf einigen deutschen für den basischen Process bestimmten Werken (Hörde, Peine) eingeführte bezeichnet werden: mehrere Birnen stehen in einer Reihe; ein fahrbarer Krahn, wie auf S. 828 abgebildet, trägt die Giesspfanne und bewegt dieselbe nach den ebenfalls in einer oder zwei geradlinigen Reihen innerhalb eines Grabens oder zu ebener Erde aufgestellten Gussformen.

Hinsichtlich der zahlreichen, mehr oder minder wesentlichen Ab - weichungen in der Anordnung der Bessemerwerke von den beschriebe - nen Systemen muss auf die gegebene Literatur verwiesen werden. 1)Insbesondere möge auf die Abhandlungen von J. de Macar und A. Greiner aufmerksam gemacht werden.

Die Gebläse.

Die Luftmenge, welche das Roheisen bedarf, um in schmiedbares Eisen umgewandelt zu werden, richtet sich zwar nach der chemischen899Der Bessemer - und der Thomasprocess.Zusammensetzung, welche das Eisen vor und nach dem Blasen besitzt, wie nach dem von äusseren Umständen, insbesondere der Temperatur des Eisens beim Beginne des Blasens, abhängigen Verlaufe des Pro - cesses1)Wie die später mitgetheilten Gasanalysen beweisen, wird bei hoher Tempe - ratur der eintretende Sauerstoff rasch und vollständig verzehrt, die Kohle verbrennt zu Kohlenoxyd; in niedriger Temperatur entsteht neben Kohlenoxyd auch Kohlen - säure und sogar Sauerstoff geht unverbraucht durch das Metall., lässt sich aber durchschnittlich zu 300 cbm per t verarbeitetes Roheisen veranschlagen. Bei einem Nutzeffecte der Gebläseanlage von 60 70 Proc. würde also das Gebläse für eine anzusaugende Luft - menge von 450 500 cbm für jede zu verarbeitende Tonne Roheisen zu berechnen sein. Für einen gegebenen Inhalt der Birne und eine vorgeschriebene Zeitdauer des Processes welche letztere von der Zusammensetzung des Roheisens abhängig sein muss, wie früher erläutert wurde würde sich also die per Minute zu beschaffende Windmenge unschwer berechnen lassen.

In den meisten Fällen wird die eingeblasene Luftmenge zwischen 150 250 cbm, die theoretisch angesaugte zwischen 250 400 cbm per Minute schwanken.

Diese Luft muss, damit sie im Stande sei, den Druck des flüssigen Metalles sowie die Widerstände in den engen Durchgangsöffnungen des Birnenbodens zu überwinden, auf eine Spannung von 1.5 2 Atmo - sphären (1.5 2 kg Druck per qcm) verdichtet werden.

Kein anderer metallurgischer Process verlangt eine so hohe Wind - spannung, und nur ein Cylindergebläse ist im Stande, dieselbe zu liefern. Eben dieser hohe Druck macht besondere Maassregeln bei der Anlage der Cylindergebläse für den Bessemerprocess nothwendig.

Durch die Verdichtung wird eine starke Erwärmung der Luft her - vorgerufen. Dem nachtheiligen Einflusse derselben auf die Dichtungen und Liderungen sucht man zwar häufig entgegen zu wirken, indem man den Gebläsecylinder mit einem Blechmantel umgiebt und in dem Zwischenraume Wasser zur steten Abkühlung des Gebläsecylinders circuliren lässt; dennoch vermag dieses Mittel nur in beschränktem Maasse Schutz zu gewähren. Kautschukventile oder - platten, welche sich für die Ein - und Auslassvorrichtungen der Hochofengebläse häufig als recht zweckmässig erwiesen und deshalb eine Zeit lang auch bei Bessemergebläsen nicht selten verwendet wurden, erwiesen sich ge - wöhnlich als wenig haltbar. Brauchbarer ist Filz als Dichtungsmittel für Klappen, auch Leder wird für Klappen und Ventile dem Kaut - schuk vorgezogen. Mitunter wendet man metallene Tellerventile ohne besonderes Dichtungsmittel an, so dass Metall auf Metall schlägt; die - selben sind zwar haltbar und dicht, verursachen aber ein lautes Geräusch. Auch Schiebersteuerungen, welche, wie die Steuerungen des Dampf - cylinders, von der Schwungradwelle aus bewegt werden, hat man, be - sonders für die Einlassöffnungen, in Anwendung gebracht.

Den Gebläsekolben giebt man trotz der Kühlung der Cylinder - wand mit Vorliebe Metallliderung.

Die meisten Bessemergebläse sind zweicylindrig, von zwei Dampf - cylindern aus angetrieben. Die Einrichtung im Allgemeinen ist also die900Die Darstellung des Flusseisens.nämliche wie bei den Zwillingsmaschinen der Hochofengebläse (z. B. Fig. 113 auf S. 394). Der Grund, weshalb eincylindrige Gebläse weit seltener als beim Hochofenbetriebe zur Anwendung kommen, ist haupt - sächlich in dem Umstande zu suchen, dass der Betrieb des Bessemer - gebläses nur periodisch ist, dasselbe im Laufe eines Tages vielfach in und ausser Betrieb gesetzt werden muss. Wendet man nun ein ein - cylindriges Gebläse an, so würde ein annähernd gleichmässiger Wind - strom nur durch Einschaltung eines Regulators (S. 403) erzielt werden können; die Wirkung des Regulators aber bringt es mit sich, dass die volle Windspannung in der Leitung erst erreicht wird, nachdem das Gebläse bereits einige Zeit im Betriebe war, und ebenso, dass noch, nach - dem das Gebläse bereits zum Stillstand gebracht wurde, ein länger fort - dauerndes Ausblasen stattfindet. Während dieser Umstand bei ununter - brochenem Betriebe ohne Belang ist, kann er bei den häufigen Pausen des Bessemerbetriebes lästig werden und veranlasst jedenfalls Wind - verlust. Zweicylindrige Gebläse machen den Regulator entbehrlich.

Nur auf einigen nordamerikanischen Eisenwerken hat man ein - cylindrige Gebläse mit Regulator in Anwendung gebracht.

Wie beim Hochofenbetriebe findet man stehende und liegende Ge - bläse; verhältnissmässig häufiger als dort sind jedoch die letzteren in Anwendung. Ihre Vortheile geringe Anlagekosten, einfache Wartung, grosse Uebersichtlichkeit kommen auch beim Bessemerbetriebe in Betracht; ihre Nachtheile aber, insbesondere die ungleichmässige Ab - nutzung der Kolben - und Cylinderflächen, besitzen hier geringere Be - deutung, weil jene Abnutzung wegen des nur unterbrochen stattfinden - den Betriebes des Gebläses in gleichen Zeitabschnitten überhaupt ge - ringer ausfällt, als bei dem ununterbrochen arbeitenden Hochofengebläse.

Man pflegt die zweicylindrigen Bessemergebläse mit Gebläse - cylindern von 1 1.5 m Durchmesser, Dampfcylindern von 0.9 1.2 m Durchmesser bei 1.4 1.7 m Hublänge zu bauen. Die Anzahl der Umgänge per Minute beträgt gewöhnlich 20 35.

Da der Dampf zum Betriebe des Gebläses in allen Fällen durch Heizung der Kessel mit besonderen Brennstoffen erzeugt werden muss Abhitze von anderen Oefen, welche zur Heizung benutzt werden könnte, ist im Bessemerwerke selbst nicht verfügbar , die erforder - liche Leistung der Dampfmaschine aber in Anbetracht der hohen Wind - spannung eine sehr beträchtliche ist, so ist es von nicht geringer Wichtigkeit, dass durch geeignete Einrichtung der Dampfmaschine der Dampfverbrauch auf ein möglichst geringes Maass beschränkt werde. Nicht selten finden aus diesem Grunde Condensationsmaschinen Ver - wendung.

Das Arbeitsverfahren und der äussere Verlauf des Processes.

Das zu verarbeitende Roheisen wird entweder unmittelbar vom Hochofen entnommen und in einer ausreichend grossen, auf einem Wagen fahrbaren Pfanne nach den Birnen transportirt oder im Cupol - ofen geschmolzen. Die Schwierigkeiten, welche sich der Anwendung des ersteren Verfahrens entgegensetzen, wurden schon auf S. 597 kurz berührt; hauptsächlich ist es die wechselnde Beschaffenheit des im Hoch -901Der Bessemer - und der Thomasprocess.ofen erfolgenden Roheisens, welche den Betrieb unsicher macht und eine der Verwendung vorausgehende Sortirung, welche nur im kalten Zustande möglich ist, wünschenswerth erscheinen lässt. Aus diesem Grunde ist jenes Verfahren, obgleich erheblich billiger, doch das seltenere.

Noch weniger gebräuchlich ist das Umschmelzen in Flammöfen. Die Gründe, weshalb in den allermeisten Fällen der Cupolofen dem Flammofen vorzuziehen ist, sowie die Umstände, welche in Ausnahme - fällen die Anwendung der Flammöfen für den in Rede stehenden Zweck rechtfertigen können, wurden früher (S. 616) erörtert.

Die Abmessungen der Schmelzöfen richten sich nach der ins Auge gefassten Leistungsfähigkeit des Werkes und würden den früher (S. 606) gegebenen Regeln für die Construction dieser Oefen ent - sprechend zu bemessen sein; die Zahl der erforderlichen Oefen ist mindestens drei, damit die erforderlichen Schachtreparaturen ausgeführt

Fig. 265.

werden können, ohne dass eine Unterbrechung des Betriebes einzutreten braucht. Mindestens ein Ofen liegt regelmässig kalt, um sofort angeheizt werden zu können, wenn ein anderer reparaturbedürftig wird.

Während das Roheisen geschmolzen wird, erhitzt man die Birne durch ein in derselben unterhaltenes Koksfeuer zum Rothglühen. Die Verbrennung der Koks erfolgt durch einen schwachen, vom Gebläse zugeführten Windstrom. Alsdann kippt man die Birne in umgekehrte Stellung, um die noch in derselben zurückgebliebenen Koks und die Asche zu entfernen und legt sie auf den Rücken, mit der Mündung nach oben, um das Roheisen einlaufen zu lassen (Fig. 265). Eine ent - sprechend gekrümmte, mit feuerfester Masse ausgekleidete Rinne, welche, um leicht bewegt werden zu können, in Ketten zu hängen pflegt, wird von dem Stichloche des Schmelzofens, beziehentlich von der Ausguss - stelle der zum Emporheben des Roheisens von unten dienenden Pfanne nach der Birnenmündung gelegt, worauf das Einlassen des Roheisens beginnt. Sobald dasselbe beendet ist, wird die Rinne entfernt, das902Die Darstellung des Flusseisens.Gebläse wird angelassen und die Birne aufgekippt. Der Frischprocess beginnt.

Der Verlauf desselben wird nun je nach der höheren oder niederen Temperatur, welche das Roheisen beim Beginne des Blasens besass, und nach der abweichenden chemischen Zusammensetzung desselben wesentliche Verschiedenheiten zeigen können. Aufgabe des Betriebs - leiters ist es also, diese verschiedenen hierbei in Betracht kommenden Verhältnisse so in Einklang zu bringen, dass ein seinem Zwecke ent - sprechendes Enderzeugniss erfolgt.

Vornehmlich ist der schon mehrfach erörterte Umstand zu berück - sichtigen, dass die Verwandtschaft des Kohlenstoffes zum Sauerstoff durch Erhöhung der Temperatur über eine gewisse Grenze hinaus kräftiger gesteigert wird als die des Siliciums, Mangans, Eisens u. s. w. (S. 12); bei Reductionsprocessen im Hochofen werden deshalb jene Körper um so reichlicher reducirt, je höher die Temperatur ist; bei Oxydationsprocessen wird aus demselben Grunde durch eine hohe Temperatur ihre Verbrennung verlangsamt werden, so lange noch Kohlen - stoff zugegen ist (S. 283). Während also in niedriger Temperatur Silicium und Mangan annähernd vollständig aus dem Eisen ausscheiden können, bevor eine grössere Menge Kohlenstoff verbrannt ist (wie beim Puddelprocesse), wird man in hoher Temperatur ein noch verhältniss - mässig silicium - und manganreiches Enderzeugniss erhalten können, selbst wenn der Kohlenstoffgehalt desselben nur noch gering ist. Eine hohe Temperatur des Eisenbades aber lässt sich ebensowohl durch eine beim Schmelzen des Roheisens bewirkte starke Ueberhitzung desselben als durch einen reichlichen Siliciumgehalt herbeiführen, welcher, wie früher (S. 883) nachgewiesen wurde, durch seine theilweise Verbrennung ausserordentlich kräftig die Temperatur des Bades steigert. Auch durch Beschleunigung des Verlaufes des Processes, d. h. durch Zuführung reichlicher Windmengen, lässt sich die Temperatursteigerung befördern, indem die Wärmeverluste verringert werden.

Umgekehrt kann man eine Abkühlung des Bades, falls solche zweckdienlich erscheinen sollte, herbeiführen, indem man schwach an - gewärmte Stücke schmiedbaren Eisens, Enden von gewalzten Eisen - bahnschienen, Ausschussstücke u. s. w., in das flüssige Eisen einwirft, ein Mittel, welches nicht selten auch zu dem Zwecke in Anwendung gebracht wird, jene Eisenstücke kostenlos wieder nutzbar zu machen.

Wie abweichend unter dem Einflusse dieser verschiedenen Ver - hältnisse sich der Verlauf des Processes gestalten kann, ergiebt sich aus dem Gesagten. In Folgendem sollen einige besonders scharf aus - geprägte Formen dieses Verlaufes ihren Grundbedingungen wie ihren äusseren Kennzeichen und ihrem Erfolge gemäss beschrieben werden; in der Praxis aber sind die Uebergänge zwischen den einzelnen als Urbilder geschilderten Formen, beziehentlich Methoden des Processes zahlreich.

1. Das Roheisen enthält bei seinem Einlassen in die mit saurem Futter versehene Birne mindestens 1.8 Proc. Silicium, häufiger 2 Proc. oder darüber und ist beim Schmelzen nur soweit über seine Schmelz - temperatur erhitzt, als erforderlich ist, es beim Beginne des Blasens903Der Bessemer - und der Thomasprocess.vollständig flüssig zu erhalten; also auf eine Temperatur von vielleicht 1250 oder 1300 Grad C. (sogenannter englischer Process). Der Mangangehalt des Roheisens geht selten über 1 Proc. hinaus.

Sobald das Einlassen beendet, die Birne aufgekippt und der Wind zugelassen ist, schlägt eine kurze röthlichgelbe Flamme von nur ge - ringer Leuchtkraft, untermischt mit zahlreichen Funken, aus dem Halse der Birne hervor. Silicium, Mangan und Eisen werden oxydirt; Kohlen - stoff wird wenig oder gar nicht verbrannt. Man hört im Innern der Birne ein gurgelndes Geräusch, hervorgerufen durch den das Eisenbad durchdringenden Wind, dessen Sauerstoffgehalt zur Verbrennung der genannten Körper verbraucht wird, so dass die entweichenden Gase grösstentheils aus Stickstoff bestehen. Die Färbung der Flamme wird vorwiegend durch mechanisch mitgerissene glühende Theilchen bewirkt.

Man hat diese erste Periode, während welcher, wie erwähnt, Kohlen - stoff nicht in erheblichen Mengen verbrennt, ja, der Procentgehalt an Kohlenstoff im Metalle sogar mitunter zunimmt, da die Gesammtmenge des letzteren sich verringert, die Feinperiode des Bessemerprocesses genannt.

Nach Verlauf einiger Zeit, deren Dauer von der zugeführten Wind - menge abhängig ist, gewöhnlich nach 4 6 Minuten, bemerkt man deutlich eine Aenderung in der Beschaffenheit der Flamme. Die Farbe derselben wird bläulich weiss, sie nimmt die Form eines langen spitzen Kegels an und beginnt stark zu leuchten; die Zahl der Funken und ihre Grösse verringert sich. Diese Zeichen deuten auf die beginnende Verbrennung des Kohlenstoffes neben Silicium. Infolge der inzwischen stattgehabten Steigerung der Temperatur ist das Bad dünnflüssiger geworden, das Gebläse hat geringere Widerstände zu überwinden, der Gang desselben beschleunigt sich.

Durch die noch andauernde Verbrennung von Silicium steigt die Temperatur des flüssigen Metalles immer höher; die Folge davon ist, dass die Verbrennung des Kohlenstoffes zunimmt, diejenige des Sili - ciums, dessen Menge sich nun ohnehin schon beträchtlich verringert hat etwa 0.8 1 Proc. Silicium sind inzwischen verbrannt , nach - lässt. Die sogenannte Kochperiode des Processes beginnt.

Jene Anzeichen, welche schon am Ende der Feinperiode den Be - ginn der Kohlenstoffverbrennung verriethen, nehmen an Deutlichkeit zu. Die Flamme ist blendend weiss, heftig und erreicht im höchsten Stadium der Periode eine Länge bis zu 6 m; das gurgelnde Geräusch, welches den Beginn des Processes begleitete, verwandelt sich mehr und mehr in ein donnerndes Getöse, hervorgerufen durch die massenhafte Ent - wickelung von Kohlenoxydgas im engen Raume; Schlacken und Eisen - körner werden durch die heftig entweichenden Gase aus dem Birnen - halse herausgeschleudert. Der Gang des Gebläses wird verlangsamt, wenn ein allzu heftiges Kochen grössere Eisenverluste durch Auswerfen befürchten lässt.

Die Temperatur des Bades steigt, da immerhin noch gewisse Mengen Silicium neben dem Kohlenstoff verbrennen, auch während der Koch - periode und gegen Ende dieser Periode beginnt die Entwickelung eines dicken braunen Rauches, grossentheils aus verflüchtigtem und ver - brennendem Mangan und Eisen bestehend. Die Zeitdauer dieser Koch -904Die Darstellung des Flusseisens.periode pflegt 6 8 Minuten oder ungefähr der Zeitdauer des ganzen Processes zu sein.

Allmählich aber erlahmt die Verbrennung des Kohlenstoffes, dessen Menge nun während der Kochperiode sich erheblich verringert hatte. Die Flamme wird schwächer, unruhiger, durchsichtig, während jener schon erwähnte braune Rauch sich mehrt und die Spitze der Flamme vollständig einhüllt; das Getöse im Innern der Birne wird wieder schwächer. Die sämmtlichen äusseren Erscheinungen werden denen im Anfange des Blasens wieder ähnlich; nur der sich massenhaft ent - wickelnde braune Rauch und die Abwesenheit der Funken in der Flamme liefern deutliche Unterscheidungsmerkmale. Die dritte Periode des Processes, welche man die Gaarperiode genannt hat, ist ein - getreten. Kohlenstoff verbrennt fortdauernd, aber wegen seiner stärkeren Verdünnung im Bade langsamer; daneben wird Eisen oxydirt. Enthielt das Roheisen nicht mehr als etwa 1.8 Proc. Silicium, so war der Rest desselben bereits während der Kochperiode annähernd vollständig ver - brannt; war der Siliciumgehalt höher, so verbrennt dasselbe unaus - gesetzt neben Kohlenstoff auch in dieser Periode.

Die Gaarperiode pflegt nur einige Minuten, mitunter noch kürzere Zeit, zu dauern. Die Flamme wird immer undeutlicher, ein Beweis, dass nur noch wenig Kohlenstoff im Bade zurück ist. Verarbeitete man ein siliciumreiches Roheisen, so entsteht infolge der fortschreitenden Ver - brennung des Siliciums eine sehr heisse Endperiode, welche erfahrungs - mässig günstig auf die Beschaffenheit des Erzeugnisses einwirkt, be - sonders auch die Entstehung dichter Güsse befördert. 1)Da die heisse Endperiode bei der beschriebenen Methode nur durch den hohen Siliciumgehalt hervorgerufen werden kann, dieser aber, wie schon vielfach besprochen worden ist, auch unmittelbar die Gasentwickelung aus dem flüssigen Eisen beeinträchtigt, so liegt der Schluss nahe, dass nicht sowohl jene hohe Temperatur oder wenigstens sie nicht allein den günstigen Erfolg hervorbringe, sondern dass derselbe auch hauptsächlich dem unmittelbaren Einflusse des Siliciumgehaltes zuzu - schreiben sei.Nutzlos aber würde es sein und nur den Eisenabbrand erhöhen, wollte man jetzt, nachdem das Aufhören der Flamme die Beendigung der Kohlenstoff - verbrennung anzeigte, das Blasen noch fortsetzen; die Birne wird also auf den Rücken gelegt, der Wind abgestellt. Auch das annähernd entkohlte Metall kann jetzt noch Silicium enthalten, sofern der ursprüng - liche Gehalt desselben hoch genug war.

Das Metall ist nun sauerstoffhaltig, rothbrüchig. Es folgt also der Spiegeleisenzusatz zur Entziehung des Sauerstoffes. Ueber die Wahl des Zusatzes und die Menge desselben, je nachdem man ein kohlen - stoffarmes oder kohlenstoffreicheres Enderzeugniss erzielen will, ist schon mehrfach das Erforderliche gesagt; den verschiedenen Verhältnissen ent - sprechend pflegt die Grösse des Zusatzes 4 10 Proc. vom Gewichte des Einsatzes zu betragen. Grössere Mengen, die beim Einwerfen im ungeschmolzenen Zustande das Bad allzu sehr abkühlen würden, werden in einem kleinen Cupolofen, seltener Flammofen geschmolzen; aber ein Manganverlust ist dabei unvermeidlich.

Sofort bei dem Einlassen, beziehentlich nach dem Einwerfen des manganhaltigen Zusatzes entsteht die sogenannte Spiegeleisenreaction. 905Der Bessemer - und der Thomasprocess.Das Bad geräth für kurze Zeit ins Kochen, eine lebhafte Flamme schlägt aus dem Halse hervor. In einzelnen Fällen ist eine heftige Explosion durch die plötzliche Gasentwickelung hervorgerufen worden.

Die chemische Einwirkung des Zusatzes wurde schon mehrfach besprochen. Gelöstes Eisenoxydul wird durch den Mangan - und theil - weise auch durch den Kohlenstoffgehalt des Zusatzes zerstört, der Rest dieser Körper bleibt im Bade zurück. Silicium kann aus dem Birnen - futter durch den Mangangehalt des Eisens reducirt werden.

Gewöhnlich kippt man die Birne nach beendigtem Zusatze auf und bläst noch einige Secunden hindurch, um die Mischung zu be - fördern. Alsdann wird die zuvor über einem Koksfeuer (auf einigen Werken über einer Gasflammenfeuerung) zur Rothgluth erhitzte Giess - pfanne unter die Birne gebracht, worauf die Entleerung der letzteren durch Kippen erfolgt. Das Ausgiessen des Metalles aus der Pfanne in die Gussformen erfolgt in der schon bei Besprechung dieser Apparate erörterten Art und Weise.

2. Das soeben beschriebene Verfahren, in den sechziger Jahren sehr verbreitet, ist jetzt in seiner ursprünglichen Form selten geworden. Ein ähnlicher Erfolg aber, wie ihn ein hoher Siliciumgehalt hervorruft, lässt sich herbeiführen, wenn man das Roheisen beim Schmelzen stärker überhitzt; der Mehrverbrauch an Koks hierbei wird durch die geringeren Kosten des siliciumärmeren Roheisens oft reichlich aus - geglichen.

Häufig hat man das Ziel im Auge, ein silicium - und mangan - haltiges Enderzeugniss zu erlangen, insbesondere dann, wenn man gezwungen ist, etwas phosphorhaltige Roheisensorten (0.10 0.15 Proc. Phosphor) auf schmiedbares Eisen von vorgeschriebener Festigkeit und Härte zu verarbeiten. Der Phosphorgehalt wirkt dann weniger nach - theilig auf die Zähigkeit und Elasticität des Eisens ein, wenn man jene Eigenschaften durch Einführung eines gewissen Silicium - und Mangan - gehaltes bei niedrigerem Kohlenstoffgehalte als wenn man sie lediglich durch einen entsprechend hohen Kohlenstoffgehalt im übrigens reinen Eisen hervorruft (S. 247, 255). Durch Anwendung eines sehr silicium - und manganreichen Roheisens würde sich dieses Ziel erreichen lassen; billiger aber gelangt man gewöhnlich zum Zwecke, wenn man ein weniger siliciumreiches Roheisen von vorn herein so stark überhitzt (nach Müller auf 1400 Grad C., vermuthlich jedoch liegt in den meisten Fällen die Temperatur noch etwas höher), dass die Verbrennung des Kohlenstoffes schon sofort neben derjenigen des Siliciums beginnt.

Man hat diesen Process den deutschen Bessemerprocess genannt1)Vergl. unter Literatur: F. C. G. Müller, Untersuchungen über den deut - schen Bessemerprocess., obgleich nicht in Abrede zu stellen ist, dass derselbe auch ausserhalb Deutschlands bereits durch die Praxis ausgebildet war, noch ehe man die Grundbedingungen desselben vollständig klar erkannt hatte.

Die Eigenthümlichkeiten dieses Verfahrens sind folgende. Ein Roh - eisen mit etwa 1.3 2 Proc. Silicium und gewöhnlich 1 3 Proc. Mangan, mitunter weniger, selten mehr, wird im überhitzten ZustandeLedebur, Handbuch. 58906Die Darstellung des Flusseisens.der Birne zugeführt; es beginnt sofort die Kohlenstoffverbrennung, und die des Siliciums tritt um so mehr zurück, je höher bereits die Anfangs - temperatur war; das Enderzeugniss aber ist um so silicium - und mangan - reicher, je grösser die Menge dieser Körper in dem verarbeiteten Roh - eisen war und je stärker das letztere überhitzt wurde.

Ein allzu reichlicher Mangangehalt des Roheisens ist nicht er - wünscht. Erstens nimmt der Mangangehalt des Enderzeugnisses mit dem des Roheisens zu, und das Ueberschreiten einer gewissen, von der Be - stimmung des fertigen Eisens abhängigen Grenze seines Mangangehaltes ist nicht zweckmässig; zweitens steigt erfahrungsmässig das fertige Eisen in den Gussformen leichter, der Guss wird blasiger, wenn das Roh - eisen allzu reich an Mangan war. Man gattirt also, wo sehr mangan - reiche Roheisensorten zur Verarbeitung vorliegen, diese gern mit einem manganarmen (z. B. dem aus reinen Rotheisenerzen erblasenen Cumber - länder Roheisen, S. 565), um den Mangangehalt des Gemisches abzu - mindern.

Der äussere Verlauf dieses Processes unterscheidet sich von dem des oben beschriebenen sogenannten englischen Processes durch das Wegfallen oder die kürzere Zeitdauer der ersten Periode mit schwacher gelbgefärbter Flamme und schwachem Geräusch. Die Kohlenstoffver - brennung beginnt rasch und alle Merkmale derselben treten deshalb auch frühzeitiger ein. Am Ende des Processes zeigt sich die nämliche starke Entwickelung braunen Rauches wie beim englischen Processe; auch das Verfahren des Zusatzes von Spiegeleisen oder Eisenmangan ist das nämliche.

3. Eine dritte Form des Bessemerprocesses entsteht, wenn man ein noch siliciumärmeres Roheisen als in dem vorstehend besprochenen Falle verwendet und den Process unterbricht, sobald die Siliciumver - brennung ihr Ende erreicht hat, während der Kohlenstoffgehalt noch beträchtlich sein kann. Ein weiter fortgesetztes Blasen würde hier die Gefahr nahe legen, dass das Bad, dessen Temperatur nicht mehr zu -, sondern eher abnimmt, während der Schmelzpunkt steigt, vorzeitig erstarre. Da das flüssige Eisen aber, so lange noch Kohlenstoff in grösseren Mengen zugegen ist, Sauerstoff nicht oder nur in unerheb - lichen Mengen enthalten kann, so ist der bei den früher besprochenen Methoden unumgängliche Zusatz eines mangan - und kohlenstoffhaltigen Desoxydationsmittels entbehrlich. Man erzielt also auf diese Weise unmittelbar, d. h. durch Unterbrechung des Verbrennungsprocesses vor beendigter Entkohlung, ein silicium - und, sofern man nicht ausnahms - weise ein manganreiches Roheisen verwendete, manganfreies, kohlen - stoffhaltiges Eisen, unter Umständen wirklichen Stahl, der sich vor dem durch die erstbesprochenen Methoden gewonnenen Stahle durch seine Reinheit von Silicium und Mangan auszeichnet. Ob dieser Umstand vortheilhaft oder nachtheilig für seine Verwendbarkeit sei, muss frei - lich von seiner Bestimmung abhängen.

Die Ausbildung dieses Verfahrens ist aus der manchen Eisenwerken obliegenden Nothwendigkeit hervorgegangen, auch siliciumärmere Roh - eisensorten für den Bessemerprocess nutzbar zu machen. Diese Auf - gabe wird besonders häufig da auftreten, wo man gezwungen ist, schwer reducirbare Eisenerze mit Holzkohlen zu verhütten. Ein Land, dessen907Der Bessemer - und der Thomasprocess.Roheisendarstellung vorzugsweise auf diesen Bedingungen fusst, wäh - rend die Erze durch grosse Reinheit von Phosphor ausgezeichnet und gerade deshalb auch für Darstellung kohlenstoffreicherer Sorten schmied - baren Eisens vorzüglich geeignet sind, ist Schweden; es erklärt sich daher leicht, dass jene Methode vorzugsweise hier ausgebildet wurde und dass man sie aus diesem Grunde als den schwedischen Bessemer - process zu benennen pflegt.

Scheinbar am einfachsten, da die Rückkohlung wegfällt, ist doch dieser Process in seiner Durchführung der am wenigsten leichte. Es kommt hierbei in Betracht, dass einestheils inmitten der Kohlenstoff - verbrennung nunmehr der Zeitpunkt ermittelt werden muss, wo die Entkohlung ihr vorgeschriebenes Maass erreicht hat; anderntheils, dass jene Reinheit des fertigen Eisens von Silicium und Mangan überhaupt nur dann wohlthätig die Eigenschaften desselben zu beeinflussen ver - mag, wenn der Phosphorgehalt sehr niedrig ist, und also der Einfluss des letzteren auch bei dem nothwendigen höheren Kohlenstoffgehalte unbedeutend bleibt.

Gewöhnlich verwendet man für diesen schwedischen Process ein Roheisen mit 0.8 1.2 Proc. Silicium und 0.6 1 Proc. Mangan; die Ueber - hitzung des Roheisens im Schmelzofen hängt ab theils von dem ur - sprünglichen Siliciumgehalte, theils von dem Kohlenstoffgehalte, den das Enderzeugniss erhalten soll. Je siliciumreicher das Roheisen ist und je kohlenstoffreicher das fertige Eisen ausfallen soll, je vorzeitiger also das Blasen unterbrochen werden muss, desto weniger stark wird das Roh - eisen überhitzt; andererseits muss bei gleich starker Ueberhitzung das verwendete Roheisen begreiflicherweise um so siliciumreicher sein, je kohlenstoffärmer das fertige schmiedbare Eisen werden soll.

Der Verlauf des schwedischen Processes unterscheidet sich im Aeussern von dem des deutschen hauptsächlich durch den Wegfall der dritten Periode, wo die Flamme allmählich abstirbt. Im Anfange treten die Anzeichen der Kohlenstoffverbrennung weisse, leuchtende Flamme und heftiges Geräusch auch hier um so rascher ein, je heisser das Metall in die Birne eingelassen wurde; bald nachdem der Höhepunkt der Kochperiode überschritten ist, pflegt die Unterbrechung des Pro - cesses einzutreten.

Auch der schwedische Process ist, wie der englische, in seiner ursprünglichen reinen Form jetzt seltener geworden. Häufig findet man ein zwischen der deutschen und schwedischen Methode stehendes Ver - fahren derartig ausgebildet, dass man zwar nicht bis zum völligen Erlöschen der Flamme, also bis zur annähernd vollständigen Entkohlung bläst, doch aber, ehe das Metall ausgegossen wird, ihm einen mässigen Zusatz (1 2 Proc.) eines hochmanganhaltigen Eisenmangans giebt. Die Erfahrung lehrt und die Analyse bestätigt es, dass immerhin kleine Sauerstoffmengen auch schon neben mehreren Zehntel Procent Kohlenstoff im Eisen auftreten können, da die starke Verdünnung dieser Körper im Eisenbade eine sofortige Ausscheidung verhindert; mit der Abnahme des Kohlenstoffgehaltes nimmt der Sauerstoffgehalt zu. Durch Manganzusatz erhöht man die Menge der auf den gelösten Sauerstoff - gehalt einwirkenden Körper, seine Ausscheidung wird befördert und58*908Die Darstellung des Flusseisens.die Beschaffenheit des fertigen Eisens verbessert, sofern der zurück - bleibende Mangangehalt für die Verwendung desselben nicht nachtheilig ist. Je kohlenstoffärmer also das Eisen werden soll, je mehr Sauerstoff es bei Beendigung des Blasens schon aufgenommen hatte, desto zweck - mässiger wird ein solches Verfahren sein.

4. Der Entphosphorungsprocess in der Birne mit basi - schem Futter (Thomasprocess). Dieser in der Jetztzeit zu hoher Bedeutung gelangte, in allgemeinen Zügen schon oben geschilderte Process verläuft folgendermaassen.

Man benutzt ein Roheisen, welches 1.5 3 Proc. Phosphor, mit - unter noch etwas mehr, 0.0 1.5 Proc. Silicium und bis zu 3 Proc. Mangan enthält. Die Gründe, weshalb ein hoher Phosphorgehalt die Durchführung des Verfahrens erleichtert, wurden schon oben besprochen; über 3 Proc. geht man jedoch nicht gern hinaus, da mit dem Phosphor - gehalte auch der Abbrand wächst. Je höher der Phosphorgehalt ist und je stärker das Roheisen beim Schmelzen überhitzt wurde, desto niedriger kann der Siliciumgehalt sein. Ein mässiger Mangangehalt befördert die Dünnflüssigkeit der basischen Schlacke wie die Ausscheidung des in den benutzten Roheisensorten gewöhnlich reichlicher als im grauen Roheisen vorhandenen Schwefels.

Vor dem Einlassen des Roheisens wird der erforderliche Kalk - zuschlag in die Birne gebracht. Derselbe beträgt gewöhnlich 14 bis 16 Proc. vom Gewichte des Roheisens. Möglichst reiner Kalkstein wird gebrannt1)Abbildung eines Kalkbrennofens vergl. Fig. 47 49 auf S. 212. und gewöhnlich unmittelbar aus dem Brennofen der Birne zugeführt. Auf einigen Werken setzt man dem Kalke, um dünnflüssigere Schlacken zu erhalten, kleine Mengen Flussspath zu (in Creusot Proc. vom Gewichte des Eisens). Alsdann beginnt das Einlassen des Roh - eisens, das Blasen und das Aufkippen der Birne.

Bei dem gewöhnlich geringen Siliciumgehalte und der Nothwendig - keit, mit hoher Anfangstemperatur zu arbeiten, beginnt sofort die Ver - brennung des Kohlenstoffes, an den mehrfach erwähnten Merkmalen erkennbar. Während der Koch - und Gaarperiode unterscheidet sich der Verlauf des Processes äusserlich nicht wesentlich von dem Verlaufe bei anderen Methoden des Bessemerprocesses; die Flamme wird anfäng - lich immer lebhafter, um dann ziemlich rasch zu verschwinden. Nun aber tritt beim Thomasprocess ein wichtiger Unterschied ein. Bei Be - endigung der Kohlenstoffverbrennung ist die grösste Menge des Phos - phors noch im Eisen enthalten; an die Gaarperiode muss sich mithin eine vierte Periode reihen, das sogenannte Nachblasen, während welcher der Phosphor verschlackt wird. Auf einigen Werken kippt man vor dem Beginne des Nachblasens die Birne, lässt die Schlacke abfliessen und schlägt aufs Neue 5 6 Proc. Kalk zu (Creusot); ge - wöhnlich reicht die vorhandene Schlacke aus, die Entphosphorung zu bewirken und das Nachblasen reiht sich ohne Unterbrechung an die Entkohlung. Die Zeitdauer des Nachblasens pflegt 4 5 Minuten zu betragen, wenn für die Entkohlung 8 10 Minuten erforderlich waren.

909Der Bessemer - und der Thomasprocess.

Nunmehr wird in jedem Falle die Birne gekippt und die in reich - licher Menge vorhandene phosphorsäurereiche Schlacke in einen bereit stehenden eisernen Wagen abgegossen, der sie rasch aus dem Giess - raume entfernt. Während des Ablassens der Schlacke wird ein kleiner Probeblock gegossen, ausgeschmiedet und zerbrochen. Die Bruchfläche, ob grob - oder feinkörnig, sowie das Verhalten des Eisens beim Biegen, giebt ein Merkmal, ob die Entphosphorung beendet ist oder ob ein fortgesetztes Nachblasen erforderlich ist. Nunmehr erst erfolgt der Zu - satz von Spiegeleisen oder Eisenmangan in der üblichen Weise, gewöhn - lich im ungeschmolzenen aber stark vorgewärmten Zustande. Der Zusatz der Manganlegirung vor dem Ablassen der Schlacke würde eine Re - duction von Phosphor aus der letzteren und Zurückführung in das Eisen zur Folge haben. Die Menge des Zusatzes richtet sich, wie bei anderen Methoden, nach der Zusammensetzung desselben und dem Kohlenstoffgehalte, welchen man dem Eisen zu geben beabsichtigt.

Aus den vorausgegangenen Erörterungen folgt, wie grosse Wichtig - keit eine der chemischen Zusammensetzung des Roheisens entsprechende Anfangstemperatur für den Verlauf des Processes und die Beschaffen - heit des fertigen Eisens besitzt. Auch äussere Verhältnisse, Temperatur der Birne u. s. w. beeinflussen den Process. Ausser dem regelrechten Verlaufe des Processes, wie er soeben für verschiedene Voraussetzungen geschildert wurde, unterscheidet man demnach einen heissen Gang, vorzugsweise hervorgerufen durch allzu hohen Siliciumgehalt (3 Proc. oder darüber); und einen kalten Gang, welcher die Folge eines zu niedrigen Siliciumgehaltes oder einer im Verhältnisse zu dem vor - handenen Siliciumgehalte zu niedrigen Anfangstemperatur ist.

Bei dem heissen Gange pflegt die Flamme während der Koch - periode durchsichtiger, bläulicher zu sein als beim gewöhnlichen Gange; der Process verläuft bei gleichem Gange des Gebläses langsamer, das Erlöschen der Flamme am Ende des Blasens findet allmählicher statt. Da das Bad sich in einem ausserordentlich dünnflüssigen Zustande befindet, ist das Geräusch während der Kochperiode weniger heftig, und das Manometer an der Windleitung zeigt schwächere Windspan - nung, sofern das Gebläse nicht mehr Umgänge als bei gewöhnlichem Gange zurücklegt. Bei Spiegeleisenzusatz ist die Flammenentwickelung heftig, die Flamme lang und spitz. Im Uebrigen werden die Kenn - zeichen des heissen Ganges unter verschiedenen Betriebsverhältnissen kaum immer genau dieselben sein; die Abweichungen in der Zusam - mensetzung des Roheisens werden z. B. auch hier verschiedene Merk - male hervorrufen können.

Dass man durch Einwerfen von Schienenenden und dergleichen die bei dem heissen Gange stattfindende übermässige Wärmeentwickelung nutzbar zu machen pflege, wobei zugleich die Einflüsse desselben auf die Beschaffenheit des Enderzeugnisses (allzu hoher Siliciumgehalt) abgemindert werden, wurde schon oben erwähnt.

Bei dem kalten Gange zeigt sich schon von vornherein der Ein - fluss der dickflüssigeren Beschaffenheit des Bades. Dicke Funken,910Die Darstellung des Flusseisens.Eisenkügelchen, werden in der ersten Periode aus dem Halse der Birne herausgeschleudert; der Wind findet stärkeren Widerstand, der Gang des Gebläses verlangsamt sich, die Windspannung steigt; an den Windröhren bilden sich Ansätze erstarrten Metalles. Da in der niederen Temperatur des Bades die Kohlenstoffverbrennung später beginnt und da die zugeführte Windmenge wegen der höheren erforderlichen Wind - spannung geringer ist, entwickelt sich die eigentliche Kochperiode lang - samer als beim regelmässigen Gange, die Gaarperiode dauert nur kurze Zeit und die Flamme erlischt plötzlich. Kippt man nun die Birne um, so zeigt die Schlacke dickflüssige Beschaffenheit und setzt sich an den Wänden fest; die Flamme bei Spiegeleisenzusatz ist schwach, die Gasentwickelung unbedeutend. Das Eisen selbst fliesst matt und erstarrt rasch; mitunter versetzt sich die Ausflussöffnung aus der Giesspfanne mit starr gewordenem Metalle, und man ist gezwungen, die Entleerung durch Kippen zu bewirken.

Merkmale zur Beurtheilung des Processes.

Damit der Process rechtzeitig unterbrochen werde, ist es wichtig, Merkmale zu besitzen, an denen der Zeitpunkt mit Sicherheit erkannt werden kann, wo die Entkohlung den gewünschten Grad erreicht hat.

Wie aus der vorstehenden Beschreibung des Verlaufes des Besse - merprocesses sich ergiebt, liefert in allen den Fällen, wo eine annähernd völlige Entkohlung beabsichtigt ist, das Erlöschen der Flamme ein ziem - lich sicheres Merkmal für das Eintreten dieses Zeitpunktes. Schwieriger ist die Erkennung des richtigen Zeitpunktes, wenn entweder die Ent - kohlung schon vorzeitig unterbrochen werden soll (beim schwedischen Processe und den Uebergängen desselben zum deutschen) oder wenn ein Nachblasen erforderlich ist (beim basischen Processe).

In dem ersteren Falle benutzt man vielfach das Spectroskop zur Erreichung des Zieles. 1)Von Professor Roscoe im Jahre 1863 auf einem Eisenwerke in Sheffield zuerst versucht.Ein kleines Taschenspectroskop reicht für diesen Zweck aus. Die Anwendung desselben beruht auf dem Um - stande, dass unter sonst gleichen Verhältnissen auch die Erschei - nungen und ihr Wechsel stets dieselben bleiben, welche man bei Be - obachtung der Bessemerflamme mit dem Spectroskope gewahrt. Hat man also einmal ermittelt, welches Ansehen das Spectrum in dem Augenblicke besitzt, wo die Entkohlung den gewünschten Grad erreicht hat, so ist es nicht schwer, in allen künftigen Fällen genau diesen Zeit - punkt anzugeben, sobald man wiederum die Vorgänge mit dem Spec - troskope verfolgt. Wie ersichtlich ist, bedarf es zur Benutzung des Spectroskopes für diesen Zweck keineswegs einer wissenschaftlichen Vorbildung; auch der Arbeiter, der die Ventile zum Kippen der Birne und zum Abstellen des Windes handhabt, lernt sehr bald die Benutzung desselben. Der Versuch, für die verschiedenen Erschei - nungen, die sich bei Benutzung des Spectroskopes dem Auge dar - bieten, die Erklärung zu liefern, ist zwar verschiedentlich gemacht911Der Bessemer - und der Thomasprocess.worden, ohne dass jedoch die Frage als vollständig gelöst betrachtet werden könnte. 1)Näheres über diese Theorien: H. Wedding, Darstellung des schmiedbaren Eisens, S. 401.

Bei der Anwendung des Spectroskopes für den in Rede stehenden Zweck darf man nicht vergessen, dass verschiedene Roheisensorten bei ihrer Verarbeitung auch verschiedene Merkmale liefern können, man also auch nur so lange vor Irrthümern geschützt ist, als dieselbe Roh - eisensorte verarbeitet wird.

Beim Beginne des Blasens zeigt sich, so lange die Flamme noch wenig leuchtet, regelmässig ein schwaches ununterbrochenes Spectrum ohne helle Linien. Steigt die Temperatur, so wird das Spectrum deut - licher, breitet sich aus, und nun mit einem Male blitzt eine gelbe Linie (Natriumlinie) auf, deutlich sich abhebend. Anfänglich erscheint und verschwindet sie rasch mehrmals hinter einander, alsdann wird sie heller und bleibt beständig. Ausser der einen starken gelben Linie erscheinen häufig mehrere schwächere neben derselben. Nach der Natriumlinie tritt gewöhnlich links davon eine Linie in Roth auf, unter Umständen auch mehrere rothe Linien, rechts grüne Linien, noch weiter rechts blaue. Letztere entstehen, wie es scheint, nicht regelmässig, sondern nur bei einzelnen Roheisensorten.

In der umgekehrten Reihenfolge, als die Linien erschienen, ver - schwinden sie wieder, d. h. die zuletzt erschienenen verschwinden zuerst; aber die Periode des Verschwindens, welches während des Gaarfrischens eintritt, verläuft rascher als das Erscheinen. Zuletzt bleibt noch die gelbe Natriumlinie. Soll der Process bei bestimmtem Kohlenstoffgehalte des Bades unterbrochen werden, so giebt gewöhnlich das Verschwinden der einen oder anderen dieser Linien das Merkmal dafür an.

Bei dem basischen Processe lässt sich, wenn die Kohlenstoffver - brennung beendet ist, die erforderliche Zeit für das Nachblasen mit Hilfe der Uhr bestimmen; oder, was noch sicherer sein dürfte, man versieht die Gebläsemaschine mit einem Hubzähler und bläst so lange, als bis die durch Erfahrung als zweckentsprechend befundene Anzahl Hübe zurückgelegt ist.

Auch bei Benutzung des Spectroskopes pflegt man jedoch be - sonders bei Unterbrechung des Processes vor beendigter Entkohlung , ehe der Zusatz von Spiegeleisen oder Eisenmangan gegeben wird, Proben des erblasenen Eisens wie der Schlacke zu nehmen, um sich von der Beschaffenheit desselben zu überzeugen. Das Verfahren dabei ist im Wesentlichen das nämliche wie es schon bei Besprechung des Martin - processes beschrieben wurde. Das Aeussere der Schlacken ist auch beim Bessemerprocesse verschieden, je nachdem man ein mangan - ärmeres oder manganreicheres Roheisen verarbeitete, und je nachdem die Entkohlung vorzeitig unterbrochen oder annähernd vollständig durch - geführt wurde; eben der letztere Umstand aber, der grössere Eisen - gehalt der Schlacke bei stärkerer Entkohlung und die durch diesen grösseren Eisengehalt hervorgerufene Schwarzfärbung, giebt unter übrigens gleichen Verhältnissen gewöhnlich ein ziemlich sicheres Merk - mal für den Grad der stattgehabten Entkohlung.

912Die Darstellung des Flusseisens.

Auf vielen Werken begnügt man sich, neben der Besichtigung der Schlacke eine Kügelchenprobe anzustellen, wie sie beim Martin - processe beschrieben wurde.

Erwähnt wurde bereits, dass bei dem basischen Processe es üblich sei, Schmiede - und Bruchproben mit einem vor Spiegeleisenzusatz ge - gossenen kleinen Blocke anzustellen, um den Nachweis über die statt - gehabte Entphosphorung zu erlangen.

Wie bei anderen Processen hat man beim Bessemern verschiedent - lich versucht oder vorgeschlagen, durch Zuschläge theils die Beschaffen - heit des Enderzeugnisses zu verbessern, theils die Verwendung eines siliciumärmeren Roheisens zu ermöglichen. Ausser dem für die Durch - führung des basischen Processes erforderlichen Kalksteinzuschlage hat keiner dieser Zuschläge einen derartigen Erfolg gehabt, dass man Veranlassung zu fortgesetzter Anwendung desselben gefunden hätte; und die Eigenthümlichkeiten des Bessemerprocesses machen es sehr unwahrscheinlich, dass überhaupt eine Verbesserung des Verfahrens auf diesem Wege zu erreichen sein werde. 1)Näheres über die in dieser Beziehung gemachten, oft recht wunderlichen Vorschläge (z. B. Einleiten von Leuchtgas, Chlorgas, Einblasen von Salmiak u. a. m.) findet der Leser in Wedding’s Darstellung des schmiedbaren Eisens, S. 449 458.

Auch erhitzter Gebläsewind statt des kalten ist versuchsweise zur Anwendung gekommen. Es zeigte sich dabei, dass man zwar durch Erhitzung des Windes die Möglichkeit erlange, ein siliciumärmeres Roheisen für den Process zu verwenden, dass aber trotzdem die weit raschere Zerstörung des Birnenbodens im Vereine mit den Mehrkosten der Winderhitzung das Verfahren nicht als zweckmässig erscheinen liess. 2)Vergl. Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben u. s. w. Bd. XXII, S. 436.

Die Betriebsergebnisse.

Der Brennstoffverbrauch in den Cupolöfen zum Schmelzen des für den Bessemerprocesss bestimmten Roheisens pflegt etwas höher zu sein als in Giessereicupolöfen und beziffert sich gewöhnlich auf 150 200 kg per t ungeschmolzenes Roheisen, abweichend nach der Einrichtung des Ofens, der Beschaffenheit der Koks und der erforderlichen Ueber - hitzung.

In Flammöfen mit Siemensfeuerung pflegt man 300 400 kg Stein - kohlen oder 450 550 kg Braunkohlen zum Schmelzen einer Tonne Roheisen zu bedürfen (vergl. S. 618).

Bei Verarbeitung des Roheisens unmittelbar aus dem Hochofen fällt natürlich der Brennstoffverbrauch zum Umschmelzen weg.

Der Eisenverlust (Abgang) beim Bessemern ist theils von der chemischen Zusammensetzung des Roheisens theils von der Art des Processes abhängig. Ein Theil dieses Abganges entsteht durch den mechanischen Verlust beim Herausschleudern von Eisenkörnchen wäh - rend der Kochperiode. Bei dem sauren Processe beziffert sich der Abgang durchschnittlich auf 12 Proc., so dass ein Ausbringen an Guss -913Der Bessemer - und der Thomasprocess.blöcken gleich 88 Proc. des Roheisengewichtes erfolgt; steigt aber in einzelnen Fällen bis auf 16 Proc. und fällt in anderen bis auf 10 Proc. Beim basischen Processe ist der Abgang wegen des infolge des Nach - blasens grösseren Eisenverlustes etwas beträchtlicher und beziffert sich auf durchschnittlich 15 Proc.; also Ausbringen an Gussblöcken 85 Proc.

Bei der Arbeit unmittelbar aus dem Hochofen wird der Abgang gewöhnlich 2 3 Procente weniger betragen als bei vorausgehendem Umschmelzen im Cupol - oder Flammofen. Zwar ist die Gesammt - menge des austretenden Mangan - und Kohlenstoffgehaltes in beiden Fällen annähernd dieselbe; aber eine Oxydation metallischen Eisens findet doppelt statt, wenn das Roheisen umgeschmolzen wird; und für den sauren Process ist in letzterem Falle ein siliciumreicheres Roheisen nothwendig als bei der Arbeit aus dem Hochofen, damit der Silicium - verlust, welcher beim Umschmelzen stattfindet, gedeckt werde. Auch kleine mechanische Verluste sind beim Umschmelzen unvermeidlich.

Die Leistungsfähigkeit einer Bessemerbirne, beziehentlich einer Bessemerhütte, hängt, sofern die Beschaffung der ausreichenden Menge flüssigen Roheisens gesichert ist, vornehmlich ab von der Haltbarkeit des Futters, der Geschwindigkeit, mit welcher ein schadhaft gewordenes Futter reparirt, ein unbrauchbar gewordener Boden ausgewechselt werden kann, und von der Möglichkeit, die zur Aufnahme des erzeugten Metalles dienenden Gussformen rechtzeitig aufzustellen und rechtzeitig wieder zu entfernen. Was sich in dieser Beziehung erreichen lässt, haben die Nordamerikaner gezeigt. Während man in Bessemerhütten mit zwei bis drei Birnen noch bis gegen die Mitte der siebenziger Jahre selten mehr als 12 18 Einsätze im Laufe von 24 Stunden verarbeitete, die Verarbeitung von 24 Einsätzen aber schon als eine ausserordent - liche Leistung betrachtete, hat man seit jener Zeit in den Vereinigten Staaten die Leistung zweier Birnen theilweise auf 60 und mehr Einsätze per Tag gesteigert. So z. B. wurden auf den Cambria Ironworks im Jahre 1880 im Ganzen 19612 Einsätze, täglich also durchschnittlich etwa 66 Einsätze, im Januar 1881 täglich sogar 80 Einsätze ver - arbeitet; bei einem Fassungsraume der Birnen von t betrug das Gewicht des im Jahre 1880 verarbeiteten Roheisens 126194 t, täglich also etwa 420 t, während sowohl in dem genannten als in anderen amerikanischen Eisenwerken an einzelnen Tagen mitunter mehr als 600 t Blöcke erzeugt wurden. Im Ganzen lieferte Nordamerika 1881 in 24 Birnen 1374248 t, durchschnittlich per Birne 56500 t, England dagegen in 82 Birnen 1441719, also durchschnittlich per Birne nur 17582 t. Diese ausserordentlich grossen Leistungen der amerikanischen Werke sind nur möglich geworden durch die Vervollkommnung aller maschinellen Apparate, entsprechende Grösse des Giessraumes, An - wendung von Birnen mit leicht auswechselbaren Böden und Anordnung aller für Hilfsarbeiten Reparatur der Birnen u. s. w. dienenden Räumlichkeiten in solcher Weise, dass der Betrieb der eigentlichen Bessemer - und Giesshütte nicht durch jene Arbeiten gestört wird.

Dennoch darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Er - zielung so grosser Leistungen auf die Dauer nur dann möglich sein kann, wenn auch die Verwendung des erzeugten Eisens gesichert ist. Europäische Bessemerhütten aber dürften, auch wenn sie mit allen914Die Darstellung des Flusseisens.Hilfsmitteln zur Darstellung so grosser Mengen Bessemereisen ver - sehen wären, doch vorläufig nur sehr ausnahmweise die lohnende Ver - wendung dafür finden können.

Die Arbeiter einer Bessemerhütte bestehen aus den Schmelzern an den Schmelzöfen nebst ihren Gehilfen, den Arbeitern zur Wartung der Birnen, zur Bedienung der Giessgrube (Aufstellung der Gussformen, Fortschaffen der Blöcke u. s. w.), zur Reparatur der Giesspfanne und Birnen u. a. m. Beispielsweise beschäftigte ein westdeutsches Eisen - werk im Jahre 1882 bei dem Betriebe zweier Birnen für den basi - schen Process im Ganzen 84 Mann; hierunter befanden sich 16 Mann, welche lediglich für den Betrieb und die Reparaturen der Schmelzöfen bestimmt waren (einschliesslich vier Maurer), 5 Mann bei den Birnen, 18 Mann für die Bedienung der Giessgrube und die Entfernung der Schlacken, 28 Mann zur Herstellung der Birnenfutter und Böden; 13 Mann zur Bedienung der Brennöfen für Kalkstein und Dolomit, Mahlen des letzteren, u. s. f.

Auf den Kopf der in der Bessemerhütte beschäftigten Arbeiter bezogen beziffert sich die Jahreserzeugung der amerikanischen Werke auf etwa 555 t, diejenige der europäischen auf 420 t. 1)Vergl. Stahl und Eisen 1882, S. 54.Die per t gezahlten Löhne betragen bei verschiedenen Werken 3.5 8

Der Steinkohlenverbrauch für die Heizung der Dampfkessel pflegt 250 500 kg per t erzeugten Eisens zu betragen, abweichend vor - nehmlich nach der Höhe der Gesammterzeugung an Eisen wie nach der Construction der Dampfkessel und Dampfmaschinen.

Aus den Ausgaben für Roheisen, Brennstoff, Löhnen unter Hin - zurechnung der Kosten für feuerfeste Materialien wie der sogenannten Insgemeinkosten (S. 561) und beim basischen Processe der Kosten für den Kalkzuschlag lassen sich die Selbstkosten des Bessemereisens zu - sammenstellen. Jene Insgemeinkosten werden gewöhnlich annähernd den Betrag der Löhne ausmachen. Vergleicht man die Kosten des älteren (sauren) Bessemerprocesses mit denen des basischen, so ergiebt sich, dass den höheren Kosten des für den erstgenannten Process erforderlichen siliciumreichen und phosphorarmen Roheisens bei dem basischen Processe gegenüberstehen die Mehrkosten für Kalk, für das kostspieligere basische Futter, für den höheren Abbrand und für Löhne, welche die Mehrarbeit für Einbringen des Kalkes, Beseitigung der Schlacken u. s. w. verursacht. Im Ganzen pflegen diese Kosten 4 6 per t erzeugten Eisens zu betragen; hierzu kommt in der Jetztzeit die Patentgebühr.

Je niedriger daher in einem Lande der Preis des phosphorreichen, für den Thomasprocess geeigneten Roheisens im Vergleiche zu dem des phosphorarmen Bessemerroheisens ist, desto triftiger ist die Ver - anlassung zur Einführung des basischen Verfahrens.

915Der Bessemer - und der Thomasprocess.

Chemische Untersuchungen.

Der Umstand, dass bei Erfindung des Bessemerprocesses die ana - lytische Chemie bereits zu hoher Vollkommenheit ausgebildet war und man die Wichtigkeit chemischer Untersuchungen für die Beurtheilung und Leitung metallurgischer Processe vollkommen erkannt hatte, wäh - rend anderntheils das neue Verfahren von Jahr zu Jahr an Bedeutung zunahm, erklärt es, dass die Zahl der chemischen Untersuchungen, welche über den Verlauf gerade dieses Processes (einschliesslich des Thomasprocesses) angestellt wurden, ziemlich erheblich ist. In Folgen - dem sollen einige dieser Untersuchungen, deren Ergebnisse besonders charakteristisch für bestimmte Arten des Processes sind, mitgetheilt werden.

Eisenuntersuchungen.

1. Englischer Process. Einsatz, auf dem Werke von John Brown in Sheffield in den siebenziger Jahren verarbeitet. Analysen von E. Barker. 1)Zeitschr. für Bauwesen, Jahrgang XXVI (1876), S. 427.

Fig. 266.
916Die Darstellung des Flusseisens

Der Verlauf kennzeichnet deutlich den englischen Process mit sehr siliciumreichem, aber nur wenig überhitztem und manganarmem Roh - eisen. Kohlenstoff verbrennt anfänglich gar nicht; erst nachdem die Temperatur des Bades durch Verbrennung von mehr als 1.25 Proc. Silicium erheblich gesteigert ist, beginnt auch die Kohlenverbrennung. Stellt man die Analysenreihe graphisch dar, wie es schon früher beim Puddel - und Herdfrischprocess geschehen ist, so erhält man die in Fig. 266 auf S. 915 verzeichneten Curven.

Ganz ähnliche Ergebnisse erhielt Kessler bei zwei auf einem norddeutschen (nicht näher bezeichneten) Eisenwerke im Anfange der siebenziger Jahre angestellten Untersuchungen. 1)Vergl. Literatur.Die eine dieser Ana - lysenreihen, welche durch einen erheblich höheren Mangangehalt des verarbeiteten Roheisens sich von der oben mitgetheilten unterscheidet, ist folgende:

Beachtenswerth ist die Zunahme des Siliciumgehaltes nach Spiegel - eisenzusatz. Obgleich eine Analyse des Spiegeleisens nicht mitgetheilt ist, so unterliegt es kaum einem Zweifel, dass diese Zunahme auf einer Siliciumreduction aus der Schlacke oder dem Birnenfutter durch Mangan beruhe. Die hohe Temperatur, welche das Bad durch die reichliche Verbrennung von Silicium erhalten hat, muss diese Reduction erheb - lich befördert haben, während aus derselben Ursache der Kohlenstoff des Zusatzes grossentheils durch den im Bade anwesenden Sauerstoff verbrannt wurde und die Kohlenstoffanreicherung nur unerheblich ist.

2. Als Beispiel für den Verlauf des Processes bei Verarbeitung eines weniger siliciumreichen Roheisens, aber starker Ueberhitzung desselben im Schmelzofen, den sogenannten deutschen Process917Der Bessemer - und der Thomasprocess.möge zunächst folgende, von Müller auf dem Stahlwerk Osnabrück genommene Analysenreihe dienen. 1)Zeitschr. des Ver. deutsch. Ing. 1878, S. 390.Der Einsatz bestand aus 70 Theilen Georgsmarienhütter und 30 Theilen Cumberländer Roheisen.

Fig. 267 zeigt die graphische Darstellung dieses Processes, durch die steil abfallende Kohlenstofflinie und die flachere Siliciumlinie deut - lich von der oben gegebenen Darstellung des englischen Processes unterschieden. Der Umstand, dass nach Spiegeleisenzusatz noch einige

Fig. 267.

Zeit (40 Secunden) geblasen wurde, erklärt zur Genüge die Abnahme des Siliciumgehaltes auch während dieser Periode.

Ebenfalls von Müller2)Ebenda, S. 392. wurde folgender Verlauf des Processes auf der Gussstahlfabrik Bochum gefunden.

918Die Darstellung des Flusseisens.

Hier ist der Siliciumgehalt noch geringer als in dem vorigen Bei - spiele; da aber ein Nachblasen nach Spiegeleisenzusatz nicht stattfindet, zeigt sich auch hier, wie bei der oben mitgetheilten Untersuchung von Kessler eine Anreicherung des Siliciumgehaltes durch die Einwirkung des zugesetzten Manganes auf das Birnenfutter. Eine graphische Dar - stellung dieses Processes würde ganz ähnliche Linien wie Fig. 267 ergeben.

3. Als Beispiel des schwedischen Processes, jedoch unter Anwendung eines Spiegeleisenzusatzes am Ende des Blasens, kann

Fig. 268.

919Der Bessemer - und der Thomasprocess.folgende Analysenreihe eines auf dem schwedischen Eisenwerke Sand - viken im Jahre 1877 verarbeiteten Einsatzes dienen. 1)Iron, vol. XIV, p. 3 (Tamm). Die Analysen sind ausgeführt durch Görans - son und Magnuson.

Fig. 268 zeigt den Verlauf in graphischer Darstellung. Der Ver - lauf des reinen schwedischen Processes ohne Spiegeleisenzusatz würde im Wesentlichen der nämliche gewesen sein. Silicium und Mangan sind schon bis auf sehr kleine Mengen verschwunden, als der Kohlen - stoffgehalt noch 1.30 beträgt, und der Process hätte von hier an jeder - zeit unterbrochen werden können; aber der ausserordentlich rasche Verlauf desselben würde es doppelt erschwert haben, einen bestimmten höheren Kohlenstoffgehalt genau inne zu halten. Auch als schliesslich das Blasen eingestellt wird, enthält das Eisen noch 0.33 Proc. Kohlenstoff.

4. Für den Verlauf des Thomasprocesses mögen die Ergeb - nisse zweier von Finkener angestellter Untersuchungen als Beispiele dienen. 2)Mittheilungen aus den Königl. technischen Versuchsanstalten zu Berlin, 1883, S. 31.

Bei der Verarbeitung eines Einsatzes in Hoerde im December 1879 ergab sich:

Die Analysenreihe ist besonders auch wegen des hohen Schwefel - gehaltes des verarbeiteten Roheisens interessant. Es zeigt sich, dass bei dem basischen Processe der Schwefelgehalt zum Theile ausgeschieden wird, dass jedoch diese Ausscheidung erst gegen Ende des Processes vermuthlich durch die Steigerung der Temperatur des Eisenbades begünstigt eintritt. Weniger deutlich zeigt sich bei den früher mit - getheilten Analysen des sauren Processes die Schwefelabminderung. 920Die Darstellung des Flusseisens.Wie aus den (unten folgenden) Analysen der Schlacken des basischen Processes sich ergiebt, wird der Schwefel grossentheils von diesen und zwar im nicht oxydirten Zustande aufgenommen.

Fig. 269.

Fig. 269 zeigt graphisch den Verlauf des soeben besprochenen Processes.

Bei der Verarbeitung eines Einsatzes auf den Rheinischen Stahl - werken bei Ruhrort im December 1879 ergab sich:

Die Analysenreihe verdient des hohen Siliciumgehaltes des ver - arbeiteten Roheisens halber Beachtung. Es zeigt sich, dass in diesem Falle, wie bei dem englischen sauren Processe, die Kohlenstoffver - brennung nicht sogleich beim Beginne des Blasens, sondern erst dann ihren Anfang nimmt, wenn der grösste Theil des Siliciums ausge - schieden ist. Während aber bei dem englischen Processe die Ursache921Der Bessemer - und der Thomasprocess.dieser Erscheinung vornehmlich in der niedrigen Anfangstemperatur zu suchen ist, welche bei Gegenwart grösserer Mengen Silicium die Verbrennung von Kohlenstoff erschwert, beruht sie in dem vorliegen - den Falle zweifellos in der Anwesenheit stark basischer Schlacken, welche ein starkes Vereinigungsbestreben zur Kieselsäure besitzen und somit auch die Verbrennung des Siliciums beschleunigen.

Von dem Schwefelgehalte des Eisens wird auch hier ein Theil, etwa ein Drittel, abgeschieden.

Der Umstand, dass bei der Verarbeitung des Einsatzes auf den Rheinischen Stahlwerken der Phosphorgehalt schliesslich trotz des niedrigeren Kohlenstoffgehaltes höher ist als in Hörde, erklärt sich zum grössten Theile aus der unten mitgetheilten Zusammensetzung der End - schlacke; die Hörder Schlacke war, jedenfalls infolge eines verhältniss - mässig reichlicheren Kalkzuschlages, phosphorärmer und vermochte des - halb auch kräftiger entphosphorend zu wirken.

Schlackenuntersuchungen.

Die Eigenthümlichkeiten des Bessemerprocesses legen von vorn herein die Schlussfolgerung nahe, dass die Schlacken desselben erheb - lich eisenärmer sein müssen als diejenigen anderer, in niedrigerer Temperatur verlaufender Frischprocesse (Puddeln, Herdfrischen). Die ausserordentlich hohe Temperatur in der Bessemerbirne steigert die Verwandtschaft des Kohlenstoffes zum Sauerstoff in einem Maasse, dass trotz des grossen Ueberschusses an metallischem Eisen die Verbrennung desselben nicht sehr bedeutend ist, so lange noch Kohlenstoff ver - brennen kann; beim sauren Processe kommt hinzu, dass die entstehende Schlacke stets Gelegenheit findet, Kieselsäure aus dem Birnenfutter auf - zulösen, wodurch also der Procentgehalt an Eisen in der Schlacke erniedrigt werden muss; beim basischen Processe wirkt die grosse Menge des zugeschlagenen Kalkes verdünnend auf den Eisengehalt und zugleich erschwert die basische Beschaffenheit der Schlacke und des Birnenfutters die Oxydation von Eisen, bei welcher eine fernere An - reicherung des schon reichlich vorhandenen Basengehaltes stattfinden müsste. Im Wesentlichen sind die Einflüsse, von deren Zusammen - wirken die Zusammensetzung der Schlacken abhängt, denen ähnlich, welche für die Schlackenbildung des Martinprocesses maassgebend sind: eine hohe Temperatur während des Processes, ein hoher Kohlenstoff - gehalt des fertigen Eisens und ein hoher Mangangehalt des Einsatzes bewirken eine Erniedrigung des procentalen Eisengehaltes der Schlacken. Immerhin müssen die Bessemerschlacken bei gleicher Zusammensetzung des Enderzeugnisses fast immer eisenärmer sein als die Martinschlacken. Die Schlackenmenge des Bessemerprocesses, bei welchem nur Roheisen verarbeitet wird, und der Mangangehalt dieser Schlacken ist beträcht - licher; das oxydirte Eisen wird stärker als beim Martinprocesse durch fremde Körper verdünnt, sein Procentgehalt in der Schlacke fällt niedriger aus.

Die geringe Beständigkeit des Eisenoxydes Fe2 O3 in hoher Tempe - ratur gegenüber der Kieselsäure und gegenüber reducirenden Ein - flüssen (selbst die Berührung mit metallischem Eisen kann als solcherLedebur, Handbuch. 59922Die Darstellung des Flusseisens.gelten, auch wenn man von der Einwirkung des Kohlenstoffgehaltes absieht) erklärt es zur Genüge, dass fast nur das Eisenoxydul Fe O in den Bessemerschlacken des sauren Processes gefunden wird. In den Schlacken des basischen Processes tritt neben dem Oxydul auch das Oxyd auf; ob aber dasselbe nicht theilweise erst bei der Erkaltung der Schlacken durch Sauerstoffaufnahme gebildet sei, erscheint zweifelhaft. Die stark basische Beschaffenheit dieser Schlacken macht eine stärkere äussere Einwirkung des Sauerstoffes auf das bereits in der Schlacke enthaltene Oxydul wohl erklärlich.

Bei der Verarbeitung eines ziemlich stark überhitzten Einsatzes mit 0.49 Proc. Mangan und 2.39 Proc. Silicium also jedenfalls in sehr hoher Temperatur verlaufend und bei Darstellung eines Stahles mit 0.37 Proc. Kohlenstoff und 1.17 Proc. Mangan auf den Bethlehem Eisenwerken in Pennsylvanien fand King folgende Zusammensetzung der Schlacken in den verschiedenen Stadien des Processes1)Vergl. Literatur. Die Aenderungen in der chemischen Zusammensetzung des Eisens während des Processes, welche in der Originalarbeit ebenfalls mitgetheilt sind, wurden hier nicht wiedergegeben, da sie sich von den oben gegebenen Beispielen des englischen Processes nur durch den infolge der höheren Anfangstemperatur etwas zeitigeren Beginn der Kohlenstoffverbrennung unterscheiden.:

Dagegen besassen die Schlackenproben bei der Verarbeitung eines Einsatzes mit nur 1.96 Proc. Silicium, aber 3.46 Proc. Mangan und bei Darstellung eines Enderzeugnisses mit 0.23 Proc. Kohlenstoff und 0.14 Proc. Mangan auf dem Eisenwerke Neuberg im Jahre 1866 folgende Zusammensetzung. 2)Oestr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1867, Nr. 23; Dingl. Polyt. Journal, Bd. 185, S. 30. Die Analysen wurden im General-Münzprobiramte in Wien ausgeführt.Die Reihenfolge ist dieselbe, in welcher die Proben entnommen wurden.

923Der Bessemer - und der Thomasprocess.

Hier war die Temperatur in der Birne entschieden niedriger als bei dem vorigen Falle, während dort der Kohlenstoff - und Mangan - gehalt des Enderzeugnisses beträchtlich höher war; es erklärt sich hier - aus leicht der grössere Eisengehalt der Neuberger Schlacke trotz des beträchtlichen, die Verbrennung des Eisens behindernden Mangan - gehaltes des Roheisens, welcher rasch oxydirt und von der Schlacke aufgenommen wird. Eine beträchtliche Anreicherung des Eisengehaltes der Schlacke tritt in beiden Fällen naturgemäss ein, nachdem der grösste Theil des Silicium -, Kohlenstoff - und Mangangehaltes verbrannt ist; die gesammte Schlackenmenge wird durch das Hinzutreten des Eisenoxyduls vermehrt und der Kieselsäuregehalt der Schlacke sinkt.

Als drittes Beispiel möge die Zusammensetzung der Schlacken des schwedischen Processes dienen, welche mit den Eisenproben, deren Zusammensetzung auf S. 919 mitgetheilt ist, genommen wurden. Die Schlacken enthielten1)Iron, vol. XIV, p. 3.:

Die Endschlacke nach Spiegeleisenzusatz wurde leider nicht untersucht.

Der Mangangehalt des verarbeiteten Roheisens war, wie die er - wähnte Analyse des letzteren erkennen lässt, erheblich geringer als in dem Roheisen des vorigen Falles; dass trotzdem der Mangangehalt der Schlacke ziemlich beträchtlich ausfällt, beweist eben, dass die gesammte Schlackenmenge gering gewesen sein muss. Der Eisengehalt ist gerade wegen des geringen Mangangehaltes beträchtlich; eine deutliche Ab - nahme aber ist in der zweiten Probe erkennbar, wo das Bad infolge der stattgehabten Verbrennung des Siliciums und Mangans seine höchste Temperatur erreicht hat, der Kohlenstoffgehalt des Eisens aber noch ziemlich beträchtlich ist (1.3 Proc.).

Schwieriger als bei dem sauren Processe ist es bei dem basischen, Schlackenproben von durchschnittlich richtiger Zusammensetzung wäh - rend des Processes zu bekommen, da der reichlich zugeschlagene Kalk erst allmählich wirklich verschlackt wird, der gebildeten Schlacke aber grossentheils mechanisch in grösseren oder kleineren Stücken ein - gemengt bleibt. Dieses Verhalten des Kalkes erklärt es auch, dass die wirklich gebildete Schlacke im Anfange des Processes verhältnissmässig reich ist an Kieselsäure; erst nach und nach wird mehr Kalk ver - schlackt; aber gleichzeitig beginnt dann die Bildung und Verschlackung59*924Die Darstellung des Flusseisens.der Phosphorsäure, die Schlackenmenge wird grösser, und so kommt es, dass zwar der Kieselsäuregehalt der Schlacke immer geringer wird, der Kalkerdegehalt aber trotz der fortschreitenden Verschlackung des Kalkes keine sehr beträchtliche Anreicherung erkennen lässt.

Finkener fand bei der Verarbeitung des Einsatzes in den Rheini - schen Stahlwerken, dessen Veränderungen durch die auf S. 920 mit - getheilten Analysen veranschaulicht wurden, folgende Zusammensetzung der zugehörigen Schlacken:

Der Schwefel war selbstverständlich nicht als solcher im freien Zustande, sondern in Vereinigung mit Calcium oder Mangan zugegen; von der gefundenen Kalkerde beziehentlich dem Manganoxydul würde also eine äquivalente Menge für diese Verbindung in Abzug zu bringen sein.

Schwefelsäure findet sich neben dem Schwefelmetalle ziemlich regel - mässig in den Schlacken des basischen Processes. Der Umstand, dass die Sulfate in sehr hoher Temperatur sämmtlich unter Austreibung des Schwefelsäureanhydrits zersetzt werden, legt die Vermuthung nahe, dass diese gefundene Schwefelsäure erst bei der Erkaltung der Schlacken unter Einwirkung der Luft entstanden sei.

Der Phosphorsäuregehalt beträgt am Ende des Blasens 18 Proc. und fällt nach Spiegeleisenzusatz auf 17 Proc. Es dürfte dieses der höchste Phosphorsäuregehalt sein, welcher neben dem Kieselsäure - gehalt von etwa 12 Proc. in der Schlacke zugegen sein konnte, worauf auch die nicht ganz unbeträchtliche Menge des in dem Eisen zurück - gebliebenen Phosphors hindeutet (vergl. die betreffenden Analysen auf S. 920). Bei dem in Hörde verarbeiteten Einsatze, dessen Zusammen - setzung in den verschiedenen Stadien des Processes ebenfalls auf S. 919 mitgetheilt wurde, enthielt die Endschlacke neben 11.47 Proc. Kieselsäure nur 12.11 Proc. Phosphorsäure; das Verhältniss des zuge - schlagenen Kalkes zu dem im Eisen anwesenden Silicium und Phos - phor war jedenfalls günstiger und daher auch die Entphosphorung voll - ständiger, wie schon oben hervorgehoben wurde.

Verarbeitet man siliciumärmere und phosphorreichere Roheisen - sorten, so kann der Phosphorsäuregehalt der Schlacke nicht unerheb - lich über obiges Maass hinausgehen. Bei Verarbeitung Ilseder Roh -925Der Bessemer - und der Thomasprocess.eisens mit etwa 3 Proc. Phosphor und nur wenigen Hundertstel Proc. Silicium auf dem Bessemerwerke zu Peine enthielt die Endschlacke1)Oestr. Zeitschr. f. Berg - und Hüttenwesen 1883, S. 504.:

  • Kieselsäure2.45
  • Phosphorsäure22.23
  • Thonerde2.85
  • Eisenoxyd5.74
  • Eisenoxydul15.10
  • Manganoxydul2.75
  • Kalkerde45.88
  • Magnesia1.14
  • Schwefel0.54
  • Calcium0.68
  • Schwefelsäure0.38

Der Phosphorgehalt des fertigen Eisens betrug etwa 0.07 Proc.

Gasuntersuchungen.

Durch die Windöffnungen der Birne wird atmosphärische Luft in das Eisen geblasen, im Wesentlichen bestehend aus 79 Raumtheilen Stickstoff und 21 Raumtheilen Sauerstoff, oder auf 100 Raumtheile Stickstoff 26.5 Raumtheile Sauerstoff enthaltend. Der Stickstoff geht unverändert durch das Eisen hindurch; der Sauerstoffgehalt wird voll - ständig oder zum grössten Theile zur Verbrennung von Silicium, Mangan, Eisen, Kohlenstoff und beim basischen Processe Phosphor verbraucht. Verbrennt Kohlenstoff, so finden sich die Verbrennungs - gebilde desselben, Kohlenoxyd oder Kohlensäure, in den aus der Birne entweichenden Gasen neben dem Stickstoff wieder; ein Raumtheil Kohlensäure enthält die gleiche Raummenge Sauerstoff, ein Raumtheil Kohlenoxyd die Hälfte. Die Verbrennungserzeugnisse aller übrigen Körper bleiben in der Birne zurück. Untersucht man also die Zu - sammensetzung der entweichenden Gase, so liefert das Verhältniss des in denselben noch enthaltenen, theils freien, theils mit Kohlenstoff chemisch vereinigten Sauerstoffes zum Stickstoff ein Bild über das Ver - halten des durch den Gebläsewind zugeführten Sauerstoffes während seines Hindurchganges durch das Bad.

Enthielt der Gebläsewind, wie es regelmässig der Fall sein dürfte, Wasserdampf, so pflegt ein Theil desselben zersetzt zu werden. Den Beweis dafür erhält man durch den Wasserstoffgehalt der Birnengase, und zwei Raumtheile dieses Wasserstoffes entsprechen einem Raum - theil Sauerstoff, welcher ebenfalls in den Gasen an Kohle gebunden oder in der Schlacke enthalten sein muss.

Auch in der Zusammensetzung der Gase wird demnach der Ver - lauf des Processes sich wiederspiegeln. Diese Zusammensetzung wird durch die chemische Zusammensetzung des Roheisens, durch die Tempe - ratur des Bades, durch die Art und Weise der Vertheilung der ein - tretenden Luft beeinflusst werden. In niedriger Anfangstemperatur, bei Verarbeitung siliciumarmen Roheisens und bei ungenügender Ver - theilung des Windes kann es geschehen, dass noch unverzehrter Sauer - stoff durch das Eisenbad hindurchgeht und neben Kohlensäure, unter926Die Darstellung des Flusseisens.Umständen sogar neben Kohlenoxyd, im Gasgemenge gefunden wird. Mit der Temperatur steigt aber die Verwandtschaft aller betheiligten Körper zum Sauerstoff; der freie Sauerstoff verschwindet, die Menge der Kohlensäure wird geringer, diejenige des Kohlenoxydes beträcht - licher1)Ob überhaupt innerhalb des Eisenbades selbst schon Kohlensäure gebildet werde, ist zweifelhaft. Mir ist es wahrscheinlicher, dass erst später das durch die Verbrennung von Kohlenstoff entstandene Kohlenoxyd durch den unverzehrt durch das Metall hindurchgegangenen Sauerstoff zu Kohlensäure verbrannt werde.; gleichzeitig erscheint Wasserstoff als Zersetzungserzeugniss des mitgeführten Wasserdampfes.

War im Anfange des Processes eine eisenoxydulreiche Schlacke gebildet, so kann in höherer Temperatur während der Kochperiode Eisen aus derselben durch Kohlenstoff wieder reducirt werden; enthält nun das Eisenbad in diesem Zeitabschnitte neben Kohlenstoff überhaupt keine oxydirbaren Körper, so kann wegen jener Reduction von Eisen - oxydul die in dem Gasstrome gefundene Sauerstoffmenge unter Um - ständen grösser sein, als die mit dem anwesenden Stickstoff dem Bade zugeführte.

Die ersten derartigen Untersuchungen wurden von Snelus auf einem englischen Eisenwerke ausgeführt. 2)The Journal of the Iron and Steel Institute 1871, p. 247.Derselbe fand folgende Zusammensetzung der Gase in verschiedenen Zeitabschnitten (nach Volumprocenten):

Wendet man die oben erörterte Berechnungsweise für die Ermitte - lung desjenigen Sauerstoffgehaltes an, welcher in den einzelnen Zeit - abschnitten im Bade zurückblieb, so ergiebt sich beispielsweise:

Nach 2 Minuten wurde dem Bade Sauerstoff zugeführt

  • durch 90.31 Raumtheile Stickstoff 〈…〉 =23.93 Raumthle.
  • 0.00 Wasserstoff0.00
  • 23.93 Raumthle.

Die Gase enthielten:

  • freien Sauerstoff0.51 Raumthle.
  • in 9.12 Raumtheilen Kohlensäure9.12
  • 0.06 Kohlenoxyd0.03
  • 9.66
  • mithin zur Verbrennung von Silicium, Mangan und Eisen verbraucht14.27 Raumthle.
927Der Bessemer - und der Thomasprocess.

Dagegen wurde nach 10 Minuten dem Bade Sauerstoff zugeführt:

  • durch 74.83 Raumtheile Stickstoff 〈…〉 =19.8 Raumthle.
  • 2.00 Wasserstoff1.0
  • 20.80 Raumthle.

Die Gase enthielten:

  • in 3.58 Raumtheilen Kohlensäure3.58 Raumthle.
  • 19.59 Kohlenoxyd9.79
  • 13.37
  • mithin zur Verbrennung von Silicium, Mangan und Eisen verbraucht7.43 Raumthle.
  • u. s. f.

Tamm untersuchte verschiedentlich die Gase auf zwei schwedi - schen Eisenwerken. 1)Vergl. Literatur.Zu Westanfors ergab sich bei einem derartigen Versuche während der Verarbeitung eines Einsatzes mit 4.07 Proc. Kohlenstoff, 4.66 Proc. Mangan, und 1.39 Proc. Silicium folgende Zu - sammensetzung der Gase zu verschiedenen Zeitabschnitten:

Der Umstand, dass trotz des langsamen Verlaufes des Processes ununterbrochen freier Sauerstoff durch das Eisenbad hindurchgeht, lässt auf eine sehr geringe Höhe des Eisenbades in der Birne oder auf eine sehr ungenügende Vertheilung des Windes, zugleich aber auch auf ziem - lich niedrige Temperatur des Metalles schliessen. Im Uebrigen zeigt sich, wie bei der Analysenreihe von Snelus, eine stete Abnahme des Kohlensäuregehaltes, je weiter der Process fortschreitet. Ein Theil des eingeblasenen Sauerstoffes wird, wie die Berechnung leicht ergiebt, in allen Zeitabschnitten zur Bildung nichtflüchtiger Oxyde verbraucht; am geringsten ist diese Menge während der zweiten Probenahme, am be - deutendsten während der vierten.

Bei der im Ganzen nur Minuten währenden Verarbeitung eines Einsatzes mit 4.34 Proc. Kohlenstoff, 0.66 Proc. Mangan und nur 0.83 Proc. Silicium auf dem Eisenwerke Sandviken dagegen ergab sich:

928Die Darstellung des Flusseisens.

Die geringe Menge des freien Sauerstoffes lässt auf eine hohe Anfangstemperatur schliessen, welche auch wegen des geringen Silicium - gehaltes des verarbeiteten Roheisens erforderlich gewesen sein wird. Nach 2 $$\frac{2}{4}$$ Minuten wird dieselbe ihren höchsten Stand erreicht haben, um dann wieder abzunehmen. Es beträgt nämlich nach Minuten die Menge des zugeführten Sauerstoffes:

  • durch 64.39 Raumtheile Stickstoff 〈…〉 26.517.06 Raumthle.
  • 1.68 Wasserstoff0.84
  • 17.90 Raumthle.

Die Gase enthielten:

  • freien Sauerstoff0.12
  • in 4.87 Raumtheilen Kohlensäure4.87
  • in 28.94 Kohlenoxyd14.47
  • 19.46

Die Gase enthielten mehr Sauerstoff als durch den Gebläsewind zugeführt wurde; d. h. also: ein Theil des in den ersten 2 Minuten oxydirten Eisens wurde jetzt wieder durch den Kohlenstoffgehalt redu - cirt, nachdem durch die Verbrennung des anwesenden Siliciumgehaltes die Temperatur des Eisenbades um etwa 250 Grade gesteigert worden war. 1)S. 883.In dem Abschnitte des Processes gegen Beendigung desselben, wo die zweite Gasprobe genommen wurde, ergiebt dagegen eine gleicher - weise wie oben angestellte Rechnung, dass die Gase weniger Sauerstoff enthielten, als dem Bade zugeführt wurde; der Kohlenstoff war seiner grössten Menge nach verbrannt (das fertige Eisen enthielt nur 0.06 Proc.), die Temperatur gesunken; jetzt wurde wieder Eisen oxydirt und ver - schlackt. In der That ergab die Analyse der Endschlacke bei Ver - arbeitung dieses Einsatzes den hohen Eisenoxydulgehalt von 33.44 Proc. neben 18.28 Proc. Mangan, 45.04 Proc. Kieselsäure, 2.46 Proc. Thonerde und Kalk.

Hinsichtlich der übrigen von Tamm auf den genannten Eisen - werken ausgeführten Untersuchungen möge auf die betreffende Abhand - lung selbst verwiesen werden. Vorstehende Mittheilungen werden aus - reichend sein, die Beziehungen zwischen der Zusammensetzung der Gase und dem Verlaufe des Processes zu erörtern.

Die Erzeugnisse.

Unter allen Flusseisensorten ist das Bessemer - und Thomas - eisen dasjenige, welches durchschnittlich am reichsten ist an ein - geschlossenen Gasen und deshalb auch am schwierigsten dichte Güsse liefert. Die Eigenthümlichkeiten des Herstellungsverfahrens, die ununter - brochene Einwirkung stark gepressten, niemals wasserfreien, Windes auf das flüssige Eisen erklären zur Genüge diese Thatsache. Daher ist auch die Benutzung dieses Eisens zur Herstellung von Gebrauchs - gegenständen in Formguss schwieriger als bei dem Martin - und Tiegel - gussstahlprocesse, und nur sehr ausnahmsweise hat man das Erzeugniss der Bessemerbirne für diesen Zweck verwendet.

929Der Bessemer - und der Thomasprocess.

Mehr als bei dem Martinprocesse ist die Beschaffenheit des fertigen Eisens oder Stahles von Zufälligkeiten Anfangstemperatur, Wind - menge u. s. w. abhängig, und grösser als dort sind deshalb die Abweichungen in der Zusammensetzung und den physikalischen Eigenschaften desselben auch bei scheinbar gleichen Entstehungsver - hältnissen.

Aus diesen Gründen ist Bessemerstahl weniger noch als Martin - stahl geeignet, den Tiegelgussstahl bei gewissen, früher schon be - sprochenen Verwendungen desselben zu ersetzen, wo eben eine genau geregelte chemische Zusammensetzung und Reinheit von den durch Gasblasen erzeugten unganzen Stellen die wichtigsten Bedingungen sind. Für Massenanfertigung gewisser gröberer Gegenstände dagegen ist das Bessemereisen kaum minder geeignet, als Martineisen; und die ungeheuere Leistungsfähigkeit des Processes weist gerade auf eine der - artige Verwendung hin. Die in der Jetztzeit wichtigste und ausgedehn - teste Verwerthung des Bessemererzeugnisses ist daher die Herstellung von Eisenbahnschienen und verwandter Gegenstände für den Eisen - bahnbedarf.

Die Eigenthümlichkeiten des Thomasprocesses, insbesondere das erforderliche Nachblasen, erklären es, dass bei diesem leichter als bei dem sauren Processe ein sehr kohlenstoffarmes, zugleich aber auch siliciumfreies, manganarmes, also sehr reines Eisen sich darstellen lässt, welches sich durch Zähigkeit und Dehnbarkeit bei geringer Härte, zu - gleich auch fast immer durch Leichtschweissbarkeit auszeichnet. Man benutzt dieses kohlenstoffarme Thomaseisen zur Darstellung von Blechen und anderen Sorten Handelseisen, für welches in früherer Zeit die besten, phosphor - und schlackenfreiesten Sorten Schweisseisen verwendet zu werden pflegten.

Von der Schlacke des sauren Processes, deren Menge ohnehin nicht beträchtlich ist, macht man kaum einen besonderen Gebrauch. 1)Da die Zusammensetzung dieser Schlacken derjenigen mancher Holzkohlen - hochöfen ähnlich ist, würde sie sich ähnlich wie diese verwenden lassen, zu Schlacken - sand und dergleichen; vergl. S. 585.Für die phosphorreichen Schlacken des Thomasprocesses dagegen sind verschiedene Verwendungsarten vorgeschlagen und theilweise auch bereits in Anwendung gebracht worden, welche fast alle darauf hinaus - laufen, Phosphate daraus darzustellen, welche als Düngemittel benutz - bar sind. Eine Beschreibung der einzelnen Processe für diesen Zweck würde, als in das Gebiet der chemischen Technologie fallend, um so weniger in den Rahmen dieses Buches passen, als die Verarbeitung auch wohl nur ausnahmsweise auf dem Eisenwerke selbst, häufiger in chemischen Fabriken ausgeführt wird, an welche das Eisenwerk die Schlacke liefert.

930Die Darstellung des Flusseisens.

Literatur.

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  • F. A. Krupp, Verfahren zur Herstellung dichter Güsse. Dingler’s Polyt. Journal, Bd. 245, S. 20; Bd. 248, S. 504; Stahl und Eisen 1882, S. 161.
  • Ueber Stahlfaçonguss. Stahl und Eisen 1881, S. 143.
  • W. D. Allen, Bessemerstahl im gegossenen und ungeschmiedeten Zu - stande. Stahl und Eisen 1883, S. 342.

Ueber Giessvorrichtungen, Gussformen u. s. w.

  • A. Musil, Die hydraulische Einrichtung in den Bessemerhütten. Zeitschr. des berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1877, S. 275, 309; Kerpely, Fortschritte der Eisenhüttentechnik, Jahrgang 13 und 14, S. 405.
  • R. Daelen, Die Hydraulik in den Bessemerwerken. Glaser’s Annalen Bd. VII, S. 242; Bd. VIII, S. 342.
  • R. M. Daelen, Die Giessvorrichtungen in den Stahlwerken. Stahl und Eisen 1882, S. 152.
931Literatur.
  • A. Trappen, Neuer Giesskrahn für Bessemerhütten. Stahl und Eisen 1882, S. 405.
  • Ueber Bessemerkrahne. Mittheilungen von R. M. Daelen und F. Wrightson. Stahl und Eisen 1883, S. 667.
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Ueber Flusseisendarstellung aus Erzen.

  • J. v. Ehrenwerth, Zur directen Darstellung von Stahl. Oestr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 279.
  • Bulls Iron and Steel direct process. Iron, vol. XXI, p. 89; Stahl und Eisen 1882, S. 325.

Ueber Tiegelgussstahldarstellung.

  • H. Wedding, Die Darstellung des schmiedbaren Eisens. Braunschweig 1875, S. 606 695.

Ueber den Martinprocess.

  • Fr. Kupelwieser, Studien über den Martinprocess. Jahrbuch der Berg - akademieen zu Leoben u. s. w. Bd. XX, S. 396.
  • Fr. Kupelwieser, Studien über den Martinprocess. Oestr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 293.
  • A. v. Kerpely, Beitrag zur Kenntniss des Martinstahles. Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1880, S. 1.
  • P. v. Tunner, Zum Martiniren. Zeitschr. d. berg - u. hüttenm. Ver. für Steier - mark und Kärnten 1880, S. 395.
  • Der Siemens-Martinprocess zu Terre Noire. Berg - und hüttenm. Ztg. 1878, S. 311.
  • A. Barnes, A comparison of certain forms of ports for steel melting furnaces. Transactions of the American Institute of Mining Engineers, vol. IX, p. 48.
  • P. v. Odelsterna, Notizen über die Erzeugung des Martinmetalles. Oestr. Zeitschr. f. Berg - und Hüttenwesen 1883, S. 201.
  • Julius Prochaska, Notizen über den Siemens-Martinprocess auf dem Grazer Südbahn-Walzwerke. Oestr. Zeitschr. f. Berg - und Hüttenwesen 1883, S. 475; Stahl und Eisen 1883, S. 586.
  • J. v. Ehrenwerth, Ueber Flussstahlerzeugung unter Mitverwendung von Erzblooms. Zeitschr. des berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1880, S. 296.
  • J. v. Ehrenwerth, Ueber den Martinprocess mit Erzen. Oestr. Zeitschr. für Berg - und Hüttenwesen 1882, S. 542.
  • Das Martinstahlwerk zu Alexandrowsky bei St. Petersburg. Stahl und Eisen 1882, S. 478; 1883, S. 184.
  • O. T. Tellander, Ueber den basischen Martinprocess auf dem Stahl - werke zu Alexandrowsky bei St. Petersburg. Stahl und Eisen 1882, S. 599.

Ueber den Bessemer - und Thomasprocess.

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  • A. Musil, Ueber Bessemergebläse. Zeitschr. d. berg - und hüttenm. Ver. für Steiermark und Kärnten 1876.
  • J. Schlink, Ueber Gebläsemaschinen. Berlin 1880, S. 56: Gebläse für Besse - merwerke.
  • R. M. Daelen, Die Gebläse für den Bessemerprocess. Zeitschr. des Vereins zur Beförd. des Gewerbfleisses 1883, S. 174.
932Die Darstellung des Flusseisens.
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  • J. de Macar, Note sur les acieries allemandes et belges en 1882. Revue universelle des mines, série II, tome XII, p. 143.
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  • F. Kessler, Einiges über den Bessemerprocess. Dingler’s Polyt. Journal, Bd. 205, S. 436.
  • J. Garcke, Untersuchungen über die Bruchfähigkeit des Schienenstahles unter besonderer Berücksichtigung des Bessemermetalles (mit Analysen über den Verlauf des Bessemerprocesses). Zeitschr. für Bauwesen, Bd. XXVI, S. 423.
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  • E. Heyrowsky, Ueber Bessemern mit heissem Winde. Jahrbuch der Berg - akademieen zu Leoben u. s. w., Bd. XXII, S. 436.
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  • J. v. Ehrenwerth, Studien über den Thomas-Gilchristprocess. Sonder - abdruck aus der Oestr. Zeitschr. f. Berg - und Hüttenwesen 1880 und 1881. Wien 1881.
933Literatur.
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  • M. Delafond, Note sur la fabrication de l’acier au moyen de fontes phosphoreuses aux usines de Creusot. Annales des mines, sér. VIII, tome I, p. 366; auszugsweise in Stahl und Eisen 1882, S. 595.
  • Ueber die Nutzbarmachung der beim basischen Entphosphorungs - processe fallenden Schlacke in der Landwirthschaft. Stahl und Eisen 1882, S. 303.

V. Die Darstellung des Tempereisens und schmiedbaren Gusses.

1. Allgemeines.

Roheisen wird im glühenden Zustande, ohne geschmolzen zu werden, oxydirenden Einflüssen ausgesetzt, durch welche sein Gehalt an gebundenem Kohlenstoff verbrannt und es in schmiedbares Eisen umgewandelt wird. Man pflegt diesen Vorgang als Glühfrischen zu bezeichnen, um ihn von dem Frischen des flüssigen Roheisens zu unter - scheiden (S. 282).

Das Verfahren ist schon ziemlich alt und scheint bereits im sieben - zehnten Jahrhunderte, vielleicht noch früher geübt worden zu sein. Die erste Beschreibung desselben findet sich in dem Werke Réaumur’s, L’art de convertir le fer forgé en acier et l’art d’adoucir le fer fondu, Paris 1722; sowie in dem andern Buche desselben Verfassers: Nouvel art d’adoucir le fer fondu et de faire des ouvrages de fer fondu aussi finis que de le fer forgé. Vielfach ging das Verfahren Hand in Hand mit einem sehr ähnlichen Verfahren, dem einfachen Ausglühen ge - gossener Gegenstände in Körpern, die eine besondere chemische Ein - wirkung nicht ausüben und nur die Berührung mit der Luft verhindern sollen, Holzkohle, Asche oder dergleichen. In letzterem Falle wird ein - fach ein Zerfallen der Eisenkohlenstofflegirung herbeigeführt; Cement - kohle (S. 238) oder in gewissen Fällen Graphit wird gebildet. Beim Glühfrischen wird gebundene Kohle verbrannt und verflüchtigt; in beiden Fällen also wird der Gehalt des Eisens an gebundener Kohle verringert. Der Erfolg ist deshalb auch in beiden Fällen ein ähnlicher: Das Eisen wird weicher, geschmeidiger, mit schneidenden Werkzeugen leichter bearbeitbar und unter Umständen schmied - bar. Letzteres Ziel allerdings ist nur dann erreichbar, wenn nicht in allzu reichem Maasse Graphitbildung (beim Glühen siliciumreichen Eisens) stattfindet.

Wegen der Aehnlichkeit in der Ausführung beider Methoden und der Aehnlichkeit des Erfolges hat man beiden den gemeinschaftlichen934Die Darstellung des Tempereisens und schmiedbaren Gusses.Namen Tempern (vergl. S. 296) gegeben. Den eigentlichen Unter - schied erkannte man jedenfalls erst, nachdem das Verfahren schon lange Zeit geübt worden war; noch heute pflegen Empiriker denselben unbeachtet zu lassen.

Als Oxydationsmittel beim Glühfrischen von diesem allein kann hier die Rede sein, da das einfache Ausglühen ohne Oxydation einer besonderen Beschreibung nicht bedarf dient in einzelnen Fällen atmosphärische Luft; häufiger benutzt man Metalloxyde, welche einen Theil ihres Sauerstoffes leicht an den Kohlenstoff des Roheisens abgeben. Als besonders geeignet für diesen Zweck erscheinen eisenoxydreiche Eisenerze: Rotheisenerze, geröstete Spath - oder Brauneisenerze. Geröstete Magneteisenerze und Hammerschlag finden ebenfalls nicht seltene Ver - wendung theils für sich allein oder in Vermischung mit den erstge - nannten Erzen, wirken aber nicht ganz so kräftig; auch ausgelaugte Kiesabbrände (Purple ores) bilden ein für diesen Zweck geschätztes Material. In einigen Fällen benutzt man Zinkoxyd, sofern dieses aus - reichend billig zu haben ist.

Die als Glühmittel dienenden Oxyde werden gepulvert, und das zu glühende Roheisen wird in dieselben eingepackt. Infolge der statt - findenden Einwirkung wird das Glühmittel sauerstoffärmer; bei aus - reichend hoher Temperatur und lange fortgesetztem Glühen kann es sogar theilweise zu Metall reducirt werden, ja es kann sogar geschehen, dass kohlenstoffhaltiges Eisen erfolgt. Soll deshalb das Glühmittel aufs Neue benutzt werden, so ist eine Aussonderung der stärker reducirten Theilchen und ein Zusatz frischer Oxyde erforderlich.

Bei Anwendung atmosphärischer Luft als Glühmittel fallen die Kosten für die stete Erneuerung der Oxyde weg; aber eine unmittel - bare und ungeschwächte Einwirkung der Luft auf das zu glühende Eisen würde eine starke Glühspanbildung hervorrufen. Nach Tunner’s Vorschlage vermeidet man diesen Uebelstand, indem man die zu glühen - den Eisenstücke in grobkörnigen Quarzsand einpackt, welcher nur einen beschränkten Luftzutritt zu der Oberfläche derselben gestattet. Dennoch ist dieses letztere Verfahren nur vereinzelt geblieben.

Beachtenswerth ist die Thatsache, dass die Entkohlung sowohl bei Anwendung fester Glühmittel als freien Sauerstoffes sich nicht allein auf die Oberfläche des geglühten Eisenstückes beschränkt, son - dern sich auch auf die innersten Theile desselben erstreckt, sofern das oxydirende Glühen ausreichend lange fortgesetzt wird. Es findet also offenbar eine Wanderung des Kohlenstoffes statt. Wenn am Rande des Eisenstückes die Menge des Kohlenstoffes sich verringert, fliesst gewissermaassen von innen her Kohlenstoff nach, damit Ausgleich statt - findet. Am besten wird man sich einen Begriff des Vorganges machen können, wenn man sich den Verlauf derartig vorstellt, dass von Molekül zu Molekül des Eisens Kohlenstoff abgegeben wird, sobald das eine Molekül kohlenstoffärmer als das andere geworden ist; solcherart findet935Allgemeines.während des oxydirenden Glühens eine unausgesetzte Bewegung des Kohlenstoffes von innen nach aussen statt.

Der umgekehrte Vorgang, eine Wanderung des Kohlenstoffes von aussen nach innen, bildet die Grundlage des später beschriebenen Cementirprocesses.

Immerhin werden, sofern der Process vor beendigter annähernd vollständiger Entkohlung unterbrochen wird, die der Oberfläche zunächst gelegenen Theile kohlenstoffärmer sein als die inneren, wie sich schon aus der soeben gegebenen Schilderung des Verlaufes schliessen lässt; je dicker das Eisenstück ist, desto deutlicher wird diese Ungleich - mässigkeit wahrnehmbar sein, und eine desto längere Zeitdauer des Glühens ist überhaupt erforderlich, um eine bestimmte Entkohlung herbeizuführen. Aus diesem Grunde pflegt man das Verfahren auf die Verarbeitung von Eisenstücken mit dünneren Querschnitten (die Stärke derselben beträgt selten mehr als 25 mm) zu beschränken.

In den allermeisten Fällen unterwirft man Gusswaaren dem Processe des Glühfrischens, d. h. Gegenstände, welche schon durch eine vorausgehende mechanische Verarbeitung (Eingiessen des flüssigen Roh - eisens in Formen, ebenso eingerichtet, wie die in allen Eisengiessereien gebräuchlichen Gussformen) eine bestimmte äussere Form erhalten hatten. Die geglühten Waaren sind also bereits geeignet, als Gebrauchs - gegenstände zu dienen. Durch die stattgehabte Umwandlung in schmied - bares Eisen aber erhielten sie eine weit grössere Festigkeit und zu - gleich grössere Zähigkeit als das gewöhnliche Gusseisen, während andererseits die Formgebung des Roheisens durch Giessen sich in zahl - reichen Fällen mit geringeren Kosten bewirken lässt als die Herstellung eines gleich geformten Gegenstandes aus schmiedbarem Eisen durch Schmieden, Pressen und dergleichen. Derartige Gegenstände, durch oxydirendes Glühen von Eisengusswaaren dargestellt, werden schmied - barer Guss genannt. Man verwendet sie für mannigfache Zwecke. Zahlreiche kleinere Maschinentheile für Nähmaschinen, Metallbearbeitungs - maschinen, landwirthschaftliche Maschinen u. s. w. werden aus schmied - barem Gusse gefertigt; ebenso Schlosstheile und Schlüssel für gewöhn - liche Schlösser; selbst für Herstellung von Messern und Scheeren, an deren Güte freilich nur bescheidene Ansprüche gestellt werden dürfen, hat man das Verfahren benutzt.

Bei einem andern, von Tunner eingeführten Verfahren werden dünne flache Eisenstäbe durch oxydirendes Glühen in schmiedbares Eisen, sogenannten Glühstahl, umgewandelt, dessen Kohlenstoffgehalt jedoch oft erheblich tiefer als der des wirklichen Stahles liegt, so dass die allgemeinere Bezeichnung Tempereisen geeigneter dafür sein dürfte. Der Process wird nur vereinzelt in Steiermark (Eisenwerk Donawitz bei Leoben) betrieben. Das Erzeugniss findet vorzugsweise als Zusatz beim Tiegelgussstahlschmelzen Verwendung, besonders dann, wenn man kohlenstoffärmere Stahlsorten im Tiegel darstellen will. Man benutzt in diesem Falle ein stark entkohltes Tempereisen (dessen Kohlen - stoffgehalt oft weniger als 0.1 Proc. beträgt), um durch dessen Zusatz zu kohlenstoffreicheren Stahlsorten den durchschnittlichen Kohlenstoff - gehalt des Einsatzes zu erniedrigen; die Erfahrung hat gelehrt, dass936Die Darstellung des Tempereisens und schmiedbaren Gusses.ein solcher Einsatz leichter einschmilzt, als wenn man statt des Temper - eisens ein geschmiedetes oder gewalztes Eisen von gleichem Kohlen - stoffgehalte verwendet. Die durch das Glühen hervorgerufene lockere Beschaffenheit des Eisens dürfte die Ursache dieser Leichtschmelzbar - keit sein.

2. Die Wahl des Roheisens.

Der Einfluss des Glühfrischens erstreckt sich nur auf den in ge - bundener Form anwesenden Kohlenstoffgehalt des Roheisens; Graphit wird höchstens da verbrannt, wo er in unmittelbarer Be - rührung mit dem Glühmittel sich befindet. Da nun aber der Graphit gerade derjenige Körper ist, welcher durch seine mechanische Einlagerung die Festigkeit des grauen Roheisens benachtheiligt (S. 296), so würde es nicht möglich sein, aus graphithaltigem, d. i. grauem, Roh - eisen durch Glühfrischen ein brauchbares schmiedbares Eisen zu erhalten. Es ist also ein weisses Roheisen als Material für diesen Zweck erforderlich.

Ein Mangangehalt des Roheisens verzögert ganz erheblich die Entkohlung. Zahlreiche Beobachtungen haben diese Thatsache zweifel - los erwiesen. Ein Mangangehalt von 0.6 Proc. dürfte als Grenzwerth betrachtet werden können, unterhalb dessen der Process noch gut durchführbar ist; bei 1 Proc. Mangan ist derselbe bereits erheblich erschwert; bei einem Mangangehalte von etwa 5 Proc. findet auch bei mehrtägigem Glühen kaum eine bemerkenswerthe Abminderung des Kohlenstoffgehaltes statt.

Silicium würde, wenn es in einem kohlenstoffreichen Roheisen neben viel Kohlenstoff auftritt, Graphitbildung veranlassen, sei es beim Erstarren des flüssigen Eisens, sei es beim späteren Glühen. Aus diesem Grunde ist auch ein siliciumreiches Roheisen nicht anwendbar.

Phosphor und Schwefel bleiben beim Glühen unverändert im Eisen zurück1)Beim Glühen in Berührung mit freiem Sauerstoff will man bisweilen eine Abnahme des Schwefelgehaltes bemerkt haben. und beeinflussen dessen Eigenschaften ebenso wie die jedes andern schmiedbaren Eisens. Daher darf auch der Gehalt des als Material dienenden Roheisens an diesen Körpern nicht grösser sein als den an die Beschaffenheit des darzustellenden schmiedbaren Eisens gestellten Ansprüchen entspricht. 0.25 Proc. Phosphor und 0.10 Proc. Schwefel dürfte in den gewöhnlicheren Fällen (bei Herstellung schmied - baren Gusses) die höchste zulässige Grenze sein.

In jedem Falle würde also ein von fremden Körpern möglichst reines Roheisen das geeignetste sein, um als Material für den Glüh - frischprocess zu dienen, sofern eben nur die Rücksicht auf die Durch - führung des Glühprocesses in Betracht gezogen wird; und da der Process um so längere Zeit beansprucht, je mehr Kohlenstoff aus - geschieden werden muss, d. h. je höher der ursprüngliche Kohlenstoff - gehalt war, und da fernerhin bei dem Glühen um so leichter Graphit - bildung herbeigeführt wird, je mehr Gesammtkohlenstoff neben einem gewissen, selten ganz fehlenden Siliciumgehalte zugegen ist, so ist es937Die Wahl des Roheisens.wünschenswerth, dass auch der Kohlenstoffgehalt ein mittleres Maass etwa 3 3.5 Proc. nicht erheblich überschreite.

Durch die Erfüllung dieser Bedingungen bei der Auswahl des Roheisens wird nun freilich der dem Glühen vorausgehende Process, die Formgebung durch Giessen, und die Erzielung brauchbarer Abgüsse nicht unerheblich erschwert, ein Umstand, welcher bei Darstellung schmiedbaren Gusses nicht selten die Ursache von Misserfolgen bildet.

Es kommt hierbei zunächst in Betracht, dass das geschmolzene Roheisen um so dickflüssiger zu sein pflegt, je geringer sein Gehalt ist an Silicium, Kohlenstoff, Phosphor. Gerade das graue, für das Glüh - frischen nicht benutzbare, Roheisen füllt unter sämmtlichen Eisen - sorten die Gussformen am leichtesten und schärfsten aus, und diese Eigenschaft erleichtert nicht wenig die Verwendung desselben für die Giesserei.

Einen nicht minder nachtheiligen Einfluss übt der Umstand, dass jenes reine, d. h. graphitfreie, Roheisen stärker als graues schwindet, d. h. nach dem Giessen seine Abmessungen verkürzt, als graues Roh - eisen. Die Folge davon ist theils die leichtere Entstehung von Span - nungen oder Rissen in den Abgüssen, wenn bei ungleichmässiger Materialvertheilung die Abkühlung der einzelnen Theile nicht gleich - mässig von statten geht; und anderntheils die Entstehung kleiner oder grösserer hohler Stellen im Inneren der Abgüsse da, wo das Metall zuletzt erstarrte (z. B. in den Kreuzungspunkten verschiedener Quer - schnitte). 1)Näheres über diese Folgen der Schwindung findet der Leser in meinem Handbuche der Eisengiesserei, Weimar 1883, S. 28.Diese Hohlräume verringern natürlich die Festigkeit des Abgusses, geben sogar mitunter Veranlassung zu einem Senken der Oberfläche desselben (in den Giessereien Lungern oder Aussaugen genannt) und können seine Verwendbarkeit vollständig vereiteln.

Endlich aber besitzt das reinere weisse Roheisen stärkere Neigung als graues, Gase zu lösen und sie beim Erstarren zu entlassen, ein Umstand, der nicht minder als die stärkere Schwindung die Erzielung dichter Abgüsse erschwert.

Erfahrungsgemäss lässt sich durch einen mässigen Siliciumgehalt des verwendeten Roheisens das Maass dieser die Herstellung brauch - barer Abgüsse so sehr erschwerenden Eigenschaften des weissen Roh - eisens abmindern, und die Giesser benutzen deshalb mit Vorliebe ein Roheisen, welches einige Zehntel Procente (bis 0.6 Proc.) Silicium enthält; je höher aber der Siliciumgehalt ist, desto geringer muss der Kohlen - stoffgehalt sein, damit nicht Graphitbildung herbeigeführt werde. Ein Mangangehalt bis zu der oben angegebenen Grenze kann die Erzielung brauchbarer Abgüsse erleichtern, indem er die Anwendung eines etwas siliciumreicheren Materiales gestattet, ohne dass Graphitbildung zu be - fürchten ist.

Die Form und Grösse der herzustellenden Abgüsse werden viel - fach entscheiden müssen, welche Zusammensetzung des Roheisens die geeignetste für jeden einzelnen Fall sei. Je mehr die Erzielung dichter Abgüsse durch die äussere Form und Grösse derselben begünstigt wird, ein desto reineres, insbesondere siliciumärmeres Material kannLedebur, Handbuch. 60938Die Darstellung des Tempereisens und schmiedbaren Gusses.man wählen, und desto vortrefflicher fällt das Enderzeugniss aus. Dass alle jene Kunstgriffe, die in den Eisengiessereien zur Erzielung dichter Abgüsse angewendet zu werden pflegen, hier eine erhöhte Wichtigkeit besitzen, versteht sich von selbst. 1)Vergl. u. a. Handbuch der Eisengiesserei, S. 275.

Mit Vorliebe benutzt man in den meisten Giessereien für Dar - stellung schmiedbaren Gusses als Grundmaterial ein aus den reinen Rotheisenerzen Cumberlands (S. 565) bei übersetztem Hochofengange erblasenes weisses Roheisen, welches nur sehr wenig Mangan (unter 0.1 Proc.) und wenig Phosphor enthält und nicht reich an Kohlenstoff ist. Nach Erforderniss mischt man dieses Roheisen mit anderen Roheisen - sorten. Insbesondere setzt man gern etwas graues Roheisen zu, um den Siliciumgehalt anzureichern, soweit es geschehen kann, ohne dass das Gemisch ebenfalls grau wird.

Selbstverständlich muss das gewählte Roheisen, um in Formen vergossen werden zu können, einem Schmelzprocesse unterzogen werden, und die Einflüsse des Umschmelzens auf die chemische Zusammen - setzung müssen von vorn herein berücksichtigt werden (vergl. S. 597 bis 602). Sehr häufig schmilzt man im Tiegel, um jene Einflüsse auf ein unbedeutendes Maass zu beschränken; besonders da, wo nur ganz kleine Gegenstände aus schmiedbarem Gusse gefertigt werden, ist das Tiegelschmelzen die Regel. Für Herstellung grösserer Gegenstände dürfte der Cupolofen als Schmelzapparat seiner billigeren Betriebskosten halber vorzuziehen sein, obschon die höhere Gasspannung in demselben und die stattfindende unmittelbare Berührung des Eisens mit den Gasen erhöhte Gelegenheit zu einer Auflösung derselben und somit zur Ent - stehung blasiger Güsse giebt.

Auf S. 840 wurde bereits das Verfahren besprochen, durch Schmelzen einer aus Roh - und schmiedbarem Eisen bestehenden Beschickung im Cupolofen ein für grössere Stücke schmiedbaren Gusses bestimmtes, stahlartiges Eisen herzustellen, welches wie das für kleinere Stücke bestimmte Gusseisen in Formen gegossen wird. Die Abgüsse aus diesem Materiale werden in besonderen Oefen sehr allmählich abgekühlt, weil sie bei rascher Abkühlung leicht Risse und Sprünge bekommen würden, und dann ebenso getempert wie die Abgüsse aus dem eigentlichen Roheisen. Das Verfahren ist schwieriger als die Verarbeitung eines kohlenstoffreicheren Materiales, gewährt aber die Möglichkeit, auch grössere Stücke aus schmiedbarem Gusse zu fertigen.

Unmittelbar aus dem Hochofen pflegt man das Roheisen nur für die schon erwähnte Herstellung des als Material für Gussstahldar - stellung bestimmten Tempereisens (Glühstahles) in Steiermark zu ver - wenden. Das Roheisen in dem Holzkohlenhochofen zu Eisenerz erzeugt wird zu flachen Schienen ausgegossen, welche später auf dem oben genannten Eisenwerke dem Glühprocesse unterworfen werden.

3. Die Temperöfen nebst Zubehör.

Die Einrichtung der zum oxydirenden Glühen bestimmten Oefen ist ziemlich mannigfaltig. Ein wesentlicher Unterschied beruht in der939Die Temperöfen nebst Zubehör.Art und Weise, wie das Einpacken der zu glühenden Gegenstände in das Glühmittel bewirkt wird. Für kleinere Gegenstände pflegt man gusseiserne oder schmiedeeiserne Glühtöpfe zu benutzen, welche ausser - halb des Ofens gefüllt und dann eingesetzt werden. Ihre Form ist cylindrisch, ihr Durchmesser gewöhnlich 250 300 mm, ihre Höhe 300 500 mm. Durch einen eisernen Deckel werden sie nach beendigter Füllung geschlossen. Mitunter ver - sieht man sie mit angegossenen Füssen, damit sie auch von unten her Wärme aufnehmen können; doch vermehrt sich dadurch ihr Raumbedarf im Ofen.

Grössere Gegenstände packt man in Behälter, die aus feuerfesten Zie - geln innerhalb des Heizraumes auf - geführt sind, also einen Theil des Ofens selbst bilden. Man spart da - durch die nicht unbeträchtliche Aus - gabe für Glühtöpfe, aber das Be - schicken und die Entleerung der Behälter wird beschwerlicher und zeitraubender.

Fig. 270 und 271 zeigen einen Ofen zum Glühen in Töpfen. 1)Aus C. Rott, Die Fabrikation des schmiedbaren und Tempergusses.Je drei Töpfe sind über einander ge - stellt, und der Ofen fasst 12 solcher Topfsätze, also im Ganzen 36 Glüh - töpfe. Unterhalb der gemauerten Sohle des Ofens liegt, in der ganzen Länge des Ofens sich erstreckend, der überwölbte Rost, und die Feue - rungsgase gelangen durch 20 Züge, welche in Fig. 270 im Durchschnitte, in Fig. 271 von oben zu sehen sind, in gleichmässiger Vertheilung in den Ofen. Nachdem sie zwischen den Töpfen emporgestiegen sind, wenden sie sich den beiden Längsseiten zu, ziehen durch 12 senkrechte in den Ofenwänden angebrachte Kanäle a a.. abwärts, um in die beiden wage - rechten Kanäle b b zu gelangen und

Fig. 270

271.

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werden schliesslich durch die vier in den Ecken des Ofens angebrachten Schornsteinröhren c c.. ins Freie geführt.

Das Besetzen des Ofens erfolgt durch Thüröffnungen in den beiden Stirnseiten, welche vor dem Anfeuern vermauert werden.

Beim Glühen ohne Töpfe steht der aus feuerfesten Ziegeln gebaute, zur Aufnahme der zu glühenden Gegenstände dienende Behälter in der60*940Die Darstellung des Tempereisens und schmiedbaren Gusses.Mitte des Feuerungsraumes und wird rings von den Gasen umspült. Der Rost liegt entweder, wie bei dem oben abgebildeten Ofen, unter der Sohle; oder, wenn man mit Koksfeuer heizt, ordnet man eine Zahl Feuerungen in den Seitenwänden des Ofens zu ebener Erde rings um den zu erhitzenden Behälter an, so dass sie von aussen bedient werden und die Gase unmittelbar in den Heizraum eintreten. Häufig lässt man die Gase an den Aussenwänden des Behälters emporsteigen und durch senkrechte Kanäle, welche in der Mitte des Behälters angebracht sind, abwärts nach dem Essenkanale entweichen.

Zur Darstellung des Tunner’schen Tempereisens (Glühstahles) in Steiermark pflegt man Oefen mit gemauerten Kisten zu benutzen, wie sie zur Darstellung des Cementstahles Anwendung finden. Dieselben sind unten bei Besprechung des Cementstahlprocesses ausführlicher be - schrieben. Sie wurden nach dem ursprünglichen Verfahren, wenn sie zur Glühstahldarstellung dienen sollten, mit grobkörnigem Sande gefüllt, in welchen die Eisenstäbe eingebettet werden; seit mehreren Jahren jedoch zieht man es vor, auch hierfür Erzklein zu verwenden, dessen Anwendung besonders für Darstellung kohlenstoffärmeren Eisens sich als geeigneter erwies.

Seit Einführung der Gasfeuerungen hat man auch diese ver - schiedentlich zur Heizung der Glühöfen benutzt. Selbst Siemensfeue - rungen haben auf englischen Werken für diesen Zweck Verwendung gefunden, wie es jedoch scheint, und wie sich aus dem häufig erforder - lichen Wechsel der Temperatur des Ofens erklärt, ohne rechten Erfolg. Alle Beachtung dagegen verdient eine von der Fischer’schen Weich - eisen - und Stahlgiesserei zu Traisen in Niederösterreich eingeführte Ofeneinrichtung1)D. R. P. Kl. 31, Nr. 14885., welche die Vortheile der Gasfeuerung mit den Eigen - thümlichkeiten des bekannten, zum Brennen von Ziegeln vielfach an - gewendeten Hofmann’schen Ringofens verbindet, und, sofern der Betrieb umfangreich genug ist, hinsichtlich einer günstigen Ausnutzung der Wärme jedenfalls Vollkommenes leistet. Eine grössere Zahl Oefen in Traisen zwölf sind unter einander zu einem gemeinschaftlichen Systeme verbunden derartig, dass die Verbrennungsgase aus dem einen Ofen der Reihe nach durch die folgenden hindurchgeleitet werden können, während jeder einzelne Ofen durch einen besondern, mit Ab - sperrvorrichtung versehenen Kanal mit dem gemeinschaftlichen Essen - kanale in Verbindung gesetzt werden kann. Durch Oeffnen dieses Kanales in einem bestimmten Ofen und Absperrung der Verbindung desselben Ofens mit dem nächstfolgenden wird also hier die Weiter - bewegung des Gases unterbrochen und dasselbe nach der Esse abgeleitet. Ein auf Schienen fahrbarer Gasgenerator dient zur Heizung.

Der Betrieb erfolgt in der Weise, dass ein Theil der sämmtlichen Oefen gewöhnlich drei geheizt wird, indem das Gas in einen derselben einströmt, hier verbrannt wird und dann der Reihe nach durch die übrigen hindurchzieht, um aus dem letzten nach der Esse zu entweichen; ein anderer Theil der Oefen, welche zuvor geheizt waren, wird der Abkühlung durch hindurchstreichende Luft überlassen, welche941Die Temperöfen nebst Zubehör.sich hier erhitzt und dann zur Verbrennung des Heizgases benutzt wird; der Rest der Oefen wird inzwischen seines Inhaltes entleert und neu besetzt.

Fig. 272 stellt zwei derartige benachbarte Oefen dar. Sämmtliche Oefen können entweder, wie die Kammern des Hofmann’schen Ring - ofens, in einem kreisrunden oder elliptischen Ringe oder auch, wie es in Traisen der Fall ist, in zwei Parallelreihen angeordnet werden, zwischen denen der fahrbare Generator sich befindet. Bei der letzteren Einrichtung müssen die an den Enden jeder Reihe befindlichen Oefen durch Querkanäle mit den Endöfen der Nachbarreihe in Verbindung gebracht werden. Der Heizraum a jedes Ofens ist nur etwa 0.5 m hoch und besitzt 4.5 qm Grundfläche. Die Besetzung und Entleerung ge - schieht von oben; die flach gewölbte mit einem eisernen Rahmen ein - gefasste Decke des Ofens ist zu diesem Zwecke abnehmbar und ein Krahn, welcher auf den Oefen läuft, bewirkt das Abnehmen und Wieder - auflegen derselben. An der einen Seite jedes Ofens ist ein wagerechter Kanal b angebracht, welcher nach aussen führt, durch ein Ventil jedoch luftdicht abgesperrt werden kann. An die äussere Mündung dieses

Fig. 272.

Kanales kann durch eine einfache Vorrichtung das Gasleitungsrohr des Generators angeschlossen werden. Ist also diese Verbindung her - gestellt, so tritt das Gas aus dem Generator in den Kanal b und aus diesem durch drei parallele Spalten, deren eine in der Abbildung im Durchschnitte sichtbar ist, in den Ofen.

Es möge z. B. der in der Abbildung links befindliche Ofen in dieser Weise geheizt werden. In diesem Falle dient der rechts daneben befindliche Ofen, welcher bereits früher geheizt worden war, zur Vor - wärmung der Verbrennungsluft. Dieselbe wird durch den Kanal b des rechts gelegenen Ofens angesaugt, durchströmt den Ofen, gelangt durch den Verbindungskanal c in den Nachbarofen, steigt hier empor und trifft auf das eintretende Gas, um dieses zu verbrennen. Die Flamme durchstreicht alsdann den Heizraum a, zieht aus diesem weiter nach dem zunächst links gelegenen Ofen, um auch diesen zu erhitzen, und erst aus dem dritten oder vierten Ofen werden die inzwischen abge - kühlten Verbrennungsgase dem Essenkanale d zugeführt. Die Zug - führung wird mit Hilfe zweier von aussen beweglicher Schieber e und f an jedem Ofen bewirkt. Ist e geöffnet und f geschlossen, so entweichen die Gase des rechts davon gelegenen Ofens nach der Esse; sollen sie942Die Darstellung des Tempereisens und schmiedbaren Gusses.dagegen weiter ziehen, so wird e geschlossen und f geöffnet. In der Regel wird man auch die Verbrennungsluft nicht nur durch einen, sondern durch mehrere hinter einander liegende Oefen hindurchziehen lassen, um eine allmählichere Abkühlung der letzteren und eine stärkere Erhitzung der Luft zu bewirken. Der Betrieb wird nun derartig ge - leitet, dass der zuletzt besetzte, also noch kälteste Ofen auch von den am meisten abgekühlten Gasen durchströmt wird, unmittelbar ehe sie nach der Esse entweichen; inzwischen wird der links davon befind - liche Ofen frisch besetzt; das Gas aber tritt in denjenigen Ofen ein, welcher bereits am längsten erhitzt worden war. Ist dieser letztere nun ausreichend lange dem Glühen unterworfen gewesen, so wird die Gas - leitung an den links davon befindlichen Ofen angeschlossen; durch den noch glühenden Ofen tritt jetzt die Luft zu; der letzte der Oefen aber, welche bis jetzt zur Luftzuführung dienten, wird durch Schliessung des Schiebers f seines linken Nachbarofens ausgeschaltet und kann nun entleert werden. In solcher Weise findet ein ununterbrochener Betrieb statt, indem die Heizung und Abkühlung in bestimmten Zeit - abschnitten von Ofen zu Ofen fortschreitet.

4. Das Arbeitsverfahren.

Die zu glühenden Gussstücke werden nach dem Giessen langsam abgekühlt und dann sorgfältig von anhaftendem Formmaterial gereinigt. Kleinere Gegenstände bringt man zu diesem Zwecke häufig in um - laufende Trommeln, wo sie selbst sich gegenseitig abscheuern; grössere werden mitunter an einem Schleifsteine bearbeitet.

Alsdann folgt das Einpacken in die Glühtöpfe oder in die ge - mauerten Behälter des Glühofens. Benutzt man eiserne Gefässe, so pflegt man die Innenfläche derselben mit Kalkmilch zu bestreichen, um ein Anfritten der Tempermasse zu verhindern. Ueber die Wahl der letzteren (des Glühmittels) ist schon oben das Erforderliche gesagt worden.

Zunächst kommt auf den Boden des Gefässes eine mehrere Centi - meter hohe Schicht des als Glühmittel dienenden Erzes oder der - gleichen, auf diese werden die Stücke des einzubettenden Gusses in möglichst gleichmässiger Vertheilung gelegt, doch so, dass sie weder sich unter einander noch die Wände des Gefässes berühren. Die Zwi - schenräume werden sorgfältig mit dem Glühmittel ausgefüllt, oben dar - auf kommt wieder eine Schicht des letzteren, auf welcher abermals eine Lage Gussstücke eingebettet wird u. s. f. Die Arbeit des Ein - packens muss sehr sorgfältig ausgeführt werden, wenn der Zweck des Glühens erreicht werden soll. Bei mangelhafter Verpackung der Gegen - stände, deren Folge eine ungenügende Berührung derselben mit dem Glühmittel ist, kann es vorkommen, dass von zwei ganz gleichen Guss - stücken das eine beinahe völlig entkohlt ist, während das andere kaum stahlartige Beschaffenheit angenommen hat.

Sind die Gefässe in der beschriebenen Weise gefüllt, so giebt man zu oberst noch eine Lage des Glühmittels und dann als Verschluss einen Deckel, welcher bei eisernen Gefässen aus Gusseisen oder Blech besteht, beim Einbetten im Ofen selbst aus Ziegelsteinen gebildet wird.

943Das Arbeitsverfahren.

Nun werden die Glühtöpfe, falls man solche benutzte, an Ort und Stelle gebracht, die Einsatzöffnungen werden geschlossen, und das An - feuern kann beginnen.

Die Zeitdauer, während welcher die Gegenstände der Erhitzung preisgegeben werden, richtet sich zwar nach der Grösse derselben und dem beabsichtigten Grade der Entkohlung; für gewöhnliche kleinere Gegenstände indess, welche bis zur Schweissbarkeit entkohlt werden sollen, pflegt eine volle Woche erforderlich zu sein, wobei 2 Tage auf das Anfeuern und die allmähliche Steigerung der Temperatur, 3 Tage auf das Vollfeuer und 2 Tage auf die allmähliche Abkühlung zu rechnen sind. Grössere Gegenstände müssen noch ein bis zwei Tage länger im Vollfeuer erhalten werden. Die erforderliche Temperatur ist Hellroth - gluth. Eine genaue Regulirung derselben ist von Wichtigkeit. In zu niedriger Temperatur verläuft der Process zu langsam und die Gegen - stände bleiben zu kohlenstoffreich; in zu hoher Temperatur ist eine Beschädigung der Glühgefässe, ein Zusammensintern des aus der Tempermasse reducirten Metalles mit dem zu glühenden Eisen oder eine Umformung der allzu weichen Eisentheile durch den Druck der Tempermasse zu befürchten.

Wenn schliesslich die Abkühlung beendet ist, wird der Ofen ge - öffnet, die Gefässe werden ihres Inhaltes entleert, die geglühten Gegen - stände werden einzeln mit Hammer und Feile geprüft, ob sie weich und dehnbar genug sind, und, wenn die Prüfung ein befriedigendes Ergebniss geliefert hat, werden sie wiederum in umlaufenden, etwas scharfkantigen Sand enthaltenden Trommeln von der anhaftenden Tem - permasse gereinigt. Zu hart befundene Stücke werden zurückgelegt, um einem abermaligen Tempern unterzogen zu werden.

Die Ausgabe für Brennstoff beim Glühen pflegt nach Rott 30 bis 35 per 1000 kg geglühter Waare zu betragen, so dass also beim Glühen mit Steinkohlenfeuerung etwa 3 t Brennstoff per t ge - glühten Eisens erforderlich sein dürften. Die Einrichtung der Oefen, insbesondere auch der Umfang des Betriebes wird jedoch diese Ziffern nicht unwesentlich beeinflussen können.

Auf die Abweichungen in dem Verfahren, wenn statt des schmied - baren Gusses Tempereisen für Tiegelgussstahldarstellung nach Tunner’s Verfahren dargestellt werden soll, wurde zum Theil bereits hin - gewiesen.

5. Chemische Untersuchungen.

Die lehrreichsten, bis jetzt angestellten Untersuchungen über den Verlauf des Temperprocesses rühren von Davenport her. 1)Vergl. Literatur. Die Ergebnisse neuerer von Forquignon angestellter Untersuchungen bedürfen in gewisser Beziehung erst der Bestätigung, da sie manche auffällige Widersprüche gegenüber älteren Beobachtungen enthalten. Auch die letztere Abhandlung ist unter den Literaturnachweisen aufgeführt.Der - selbe benutzte für seinen Zweck Probestücke, aus einem weissen Holz -944Die Darstellung des Tempereisens und schmiedbaren Gusses.kohlenroheisen gegossen, welche zwei Mal geglüht und sowohl vor als nach jedem Glühen chemisch untersucht wurden.

Es ergab sich hierbei folgende chemische Zusammensetzung:

Eine wesentliche Aenderung der chemischen Zusammensetzung des Eisens beim Glühfrischen ist nur hinsichtlich des Kohlenstoffes wahr - nehmbar. Der Gehalt an Silicium, Phosphor und Mangan bleibt unver - ändert. Die in beiden Fällen stattgehabte Anreicherung des Schwefel - gehaltes dürfte auf eine Aufnahme von Schwefel aus dem Glühmittel zurückzuführen sein.

Die Bruchfläche der Eisenstücke nach dem ersten Glühen zeigte eine weisse, fast kohlenstofffreie Kruste von etwa mm Stärke, welche einen dunkeln Kern einschloss; nach dem zweiten Glühen war dieser dunkele Kern vollständig verschwunden. Letzterer Umstand lässt schliessen, dass die Färbung des Kernes nicht sowohl von Graphit herrühre, welcher auch bei starkem Glühen unverbrennlich ist, sondern durch eine der auf S. 238 besprochenen Cementkohle gleiche oder ähn - liche Bildung hervorgerufen worden sei. Dass übrigens beim starken Glühen eines verhältnissmässig siliciumreichen Eisens auch wirkliche Graphitbildung stattfinden könne, ist kaum zu bezweifeln.

Abweichend von den Ergebnissen der obigen Untersuchungen über die chemischen Veränderungen beim Glühen in Eisenoxyden will man bei dem Glühen bei beschränktem Luftzutritte dem ursprüng - lichen, jetzt nicht mehr angewendeten Verfahren zur Darstellung von Glühstahl eine Abminderung des Silicium -, Mangan - und auch des Schwefelgehaltes bemerkt haben. Eine Verringerung des Silicium - und Mangangehaltes kann offenbar nur dann möglich sein, wenn die ent - stehenden Oxyde leichtflüssige Verbindungen eingehen, welche aus dem Eisen in hoher Temperatur aussaigern; Schwefel kann ebenso - wohl als Sulfid aussaigern als in Form von schwefliger Säure ver - flüchtigt werden. Richter1)Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde S. 272. fand z. B. bei zwei derartigen Proben:

945Literatur.

Ein von mir untersuchtes Stück Tempereisen, durch Glühen von Roheisenschienen in Erzklein dargestellt und für Tiegelgussstahlerzeugung bestimmt, enthielt:

Die Analyse kann als Beispiel dienen, wie weit die Entkohlung bei diesem Processe getrieben werden kann.

Literatur.

  • C. Rott, Die Fabrikation des schmiedbaren und Tempergusses. Separat - abdruck aus dem Praktischen Maschinenconstructeur. Leipzig 1881.
  • H. Wedding, Die Darstellung des schmiedbaren Eisens. Braunschweig 1875, S. 464 491.
  • E. F. Dürre, Bemerkungen über die Darstellung des schmiedbaren Gusses. Deutsche Industriezeitung 1871, Nr. 36; Dingler’s Polyt. Journal, Bd. 202, S. 20.
  • R. Davenport, Chemische Untersuchungen über einige Punkte der Dar - stellung schmiedbaren Gusses. Dingl. Polyt. Journal, Bd. 207, S. 51 (aus Mechanics Magazine 1872, p. 392).
  • M. Forquignon, Recherches sur la fonte malléable et sur le recuit des aciers. Annales de chimie et de physique, série V, tome XXIII, p. 433 (1881).
  • Herstellung von Panzerplatten durch Glühen. D. R. P. Kl. 18, Nr. 18251 und 19154.

VI. Die Darstellung des Cementstahles.

1. Allgemeines.

Kohlenstoffarmes Eisen Schmiedeeisen wird anhaltend in Be - rührung mit Holzkohlen, ausnahmsweise auch wohl mit anderen kohlen - stoffhaltigen Körpern, geglüht. Es nimmt dabei Kohlenstoff auf und wandelt sich in Stahl um.

Das Verfahren ist schon ziemlich alt und scheint bereits im 17. Jahrhunderte bekannt gewesen zu sein. Es lässt sich diese That - sache aus dem Umstande schliessen, dass dasselbe in dem mehrfach erwähnten, im Jahre 1722 erschienenen Werke Réaumur’s1)L’art de convertir le fer forgé en acier et l’art d’adoucir le fer fondu. schon vollständig beschrieben wird. In England wurde der Process während des 18. Jahrhunderts vielfach geübt; in der Remscheider Gegend, wo jetzt die Hauptstätte der deutschen Cementstahldarstellung sein dürfte, wurde dieselbe um 1811 eingeführt; in Oesterreich noch später.

Der oben kurz geschilderte Weg für die Cementstahldarstellung ist offenbar umständlicher, das Verfahren ist erheblich kostspieliger als die unmittelbare Darstellung von Stahl im Herdfrischfeuer, im Puddelofen, in der Bessemerbirne, im Martinofen. Der Grund, weshalb es trotzdem in Anwendung ist und voraussichtlich auch stets in Anwendung bleiben wird, ist in dem Umstande zu suchen, dass die fremden Be -946Die Darstellung des Cementstahles.standtheile des Roheisens Mangan, Silicium, auch Phosphor und Schwefel um so vollständiger ausgeschieden werden, je weiter die Entkohlung getrieben wird. Man erhält mithin einen reineren und deshalb für viele Verwendungen geeigneteren Stahl durch die Cementi - rung des kohlenstoffarmen Eisens als durch die unmittelbare Her - stellung aus Roheisen. Die höheren Kosten des Cementstahles aber setzen seiner ausgedehnteren Verwendung eine Grenze und beschränken dieselbe auf die Herstellung feinerer Werkzeuge, Feilen und dergleichen, wobei derselbe in den meisten Fällen erst wieder als Material zur Dar - stellung von Tiegelgussstahl benutzt wird.

Der Umstand, dass Schweisseisen, wenn man von der mechanisch eingemengten Schlacke desselben absieht, chemisch reiner zu sein pflegt als Flusseisen letzteres enthält bekanntlich ziemlich regelmässig Mangan, nicht selten Silicium und grössere Mengen Schwefel als Schweisseisen erklärt es, dass man fast nur ersteres zur Cement - stahldarstellung benutzt. Die dem Schweisseisen eingemengte Schlacke wird bei dem anhaltenden reducirenden Glühen zum grossen Theile unter Reduction ihres Eisengehaltes zerstört; wird der Cementstahl später in Tiegeln geschmolzen, so wird sie, wie es stets bei der Tiegel - gussstahldarstellung der Fall ist, vollständig entfernt.

Immerhin verdient auch für die Cementstahldarstellung das schlacken - reinere Eisen den Vorzug, schon deshalb, weil durch die Anwesenheit eisenoxydulreicher Schlackenkörnchen die Kohlung an Gleichmässigkeit verlieren muss. Geschätzt ist deshalb für diesen Zweck Herdfrischeisen, ganz besonders das durch seine Reinheit von Phosphor ausgezeichnete schwedische derartige Eisen; häufiger freilich findet in Ländern, wo der Frischfeuerbetrieb eingegangen ist, Puddeleisen, aus reinen Roheisen - sorten mit Vorsicht erzeugt, Verwendung; so in Westfalen, in Eng - land u. s. w.

2. Der Cementirofen.

Die zu cementirenden Gegenstände werden in gemauerte Kisten verpackt, welche 2.75 3.5 m lang, 0.80 1.2 m hoch und 0.8 1 m breit zu sein pflegen. Ein Ofen enthält in den meisten Fällen zwei solcher Kisten; dreikistige Oefen sind verschiedentlich versucht worden, haben sich aber wegen der grösseren Ungleichmässigkeit der Erhitzung nicht besonders bewährt, auch einkistige sind seltener. Eine Kiste pflegt für die Aufnahme von 8 14 t Eisen eingerichtet zu sein.

Die Einrichtung des Ofens, in welchem die Kisten eingemauert sind, zeigt insofern in allen Gegenden Uebereinstimmung, als bei directer Feuerung der Rost, von welchem aus die Heizung bewirkt wird, unter - halb der Kisten liegt und sich in der ganzen Längenausdehnung der - selben erstreckt, während eine Anzahl Kanäle die Feuerungsgase unter dem Boden und an den Seitenwänden der Kisten vertheilen, bis sie schliesslich oberhalb der Kisten nach einer Esse entweichen; in den Einzelheiten der Construction aber zeigen sich ziemlich häufige Ab - weichungen.

Bei den englischen Cementiröfen, welche auch in anderen Ländern ausserhalb Englands vielfach zur Anwendung gekommen sind, dient eine gemeinschaftliche Rostfeuerung zur Heizung zweier Kisten. Fig. 273947Der Cementirofen.und 274 zeigen in 1 / 100 der wirklichen Grösse diese Einrichtung. 1)Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde Fig. 199 und 200.A A sind die beiden Kisten, parallel neben einander stehend mit soviel Zwischenraum zwischen sich, als die Breite der Züge für die zwischen den Kisten aufsteigenden Gase betragen soll. a ist der Rost, von beiden

Fig. 273.

Fig. 274.

Seiten des Ofens aus zugänglich. Die Gase steigen von hier aus theils unmittelbar zwischen den Kisten empor, theils gelangen sie in die unter den Böden der Kisten angebrachten Querzüge c c (Fig. 273), um schliesslich an den entgegengesetzten Seiten der Kisten aufzusteigen. 948Die Darstellung des Cementstahles.In Fig. 274 sind die oberen Mündungen der senkrechten Seitenzüge ebenfalls mit c c bezeichnet als schwarze Rechtecke erkennbar. Beide Kisten stehen demnach auf und zwischen einem Systeme von Kanälen, geschieden durch schmale Mauerkörper, welche zum Tragen der Kisten und zur Unterstützung der Seitenwände dienen. Eine Zug - regulirung in dem Falle, dass die Kisten an einzelnen Stellen zu stark, an anderen zu schwach erhitzt werden sollen, ist unschwer durch voll -

Fig. 275

und 276.

[figure]
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ständige oder theilweise Abdeckung einzelner Züge an den zu heissen Stellen zu bewirken. Beide Kisten sind durch ein Gewölbe überspannt, in welchem sich einzelne, gleichmässig vertheilte Oeffnungen d d .. für die entweichenden Gase befinden; das Ganze befindet sich unter der Kuppel B mit der Rauchabzugsöffnung e. Zur Verstärkung des Zuges, haupt - sächlich auch zur besseren Verdünnung des Rauches in der Atmosphäre pflegt man den letzteren aus e nicht unmittelbar ins Freie austreten zu lassen, sondern in einen entsprechend hohen Schornstein zu führen,949Das Arbeitsverfahren und die Betriebsergebnisse.welcher entweder, wie z. B. auf österreichischen Werken, cylindrisch geformt ist und unmittelbar auf der Kuppel B steht, oder welcher wie es in der Gegend von Sheffield üblich ist Kegelform besitzt und unten so weit im Durchmesser ist, dass er, von besonderen, auf dem Erdboden ruhenden Pfeilern getragen, den ganzen Ofen sammt seiner Kuppel einschliesst.

f f sind Oeffnungen im Mauerwerke, durch welche das Einbringen und Herausnehmen der Stäbe besorgt wird; zwischen den beiden Oeffnungen befindet sich ein in der Abbildung nicht angedeutetes Mannloch in der Ofenmauer, durch welches die zum Füllen und Ent - leeren bestimmten Arbeiter in den Ofen einsteigen können. Vor dem Anheizen des Ofens wird dieses Mannloch vermauert.

Etwas einfacher ist die Einrichtung der Cementiröfen, welche in der Remscheider Gegend benutzt werden. Ein derartiger Ofen ist in Fig. 275 und 276 dargestellt. 1)Zeitschr. d. Vereins zur Beförderung des Gewerbfleisses 1879, Taf. 2, Fig. 3 und 4 (nach Mannesmann).Jede Kiste hat hier ihre eigene Feuerung, so dass man im Stande ist, erforderlichen Falles zur Erlangung verschiedener Härtegrade die Kisten verschieden stark zu erhitzen; wegen des Wegfalles der gemeinschaftlichen Kuppel ist die ganze An - lage billiger.

Auch Gasfeuerung hat man verschiedentlich zur Heizung der Kisten benutzt, obgleich wegen der gewöhnlich complicirteren und deshalb kost - spieligeren Einrichtung erheblich seltener als Rost - feuerung. 2)Abbildung eines amerikanischen Cementirungsofens mit Gasfeuerung, bei welchem Gas und Luft in Kanälen des Ofengemäuers erhitzt werden: Zeitschr. für Berg -, Hütten - und Salinenwesen in Preussen, Bd. XXIV, S. 482 (Wedding).

Die Kisten werden entweder aus Masse ge - stampft oder häufiger aus feuerfesten Steinen Sandsteinen oder Chamottesteinen gemauert. Von Wichtigkeit ist es hierbei, dass die Fugen dicht genug schliessen, um während des Glühens den Zutritt atmosphärischer Luft von aussen in die Kiste abzuhalten. Die Wände und der Boden wer - den daher gewöhnlich aus mehreren hinter be -

Fig. 277.

ziehentlich über einander angebrachten Steinlagen hergestellt, deren Fugen sich decken, so dass selbst bei der Erweiterung der einzelnen Fuge der dahinter liegende Stein dieselbe noch verdeckt. Mitunter auch benutzt man besondere, in einander greifende Formsteine, um einen dichteren Verband zu erzielen. Fig. 277 zeigt als Beispiel den Stein - verband an den Zügen und Seitenwänden einer Remscheider Kiste.

3. Das Arbeitsverfahren und die Betriebsergebnisse.

Die Arbeit beginnt mit dem Laden der Kisten. Ein Arbeiter be - giebt sich durch das Mannloch in den Ofen, ein anderer reicht von aussen her die erforderlichen Materialien hinein.

950Die Darstellung des Cementstahles.

Die Eisenstäbe müssen in jedem Falle etwas kürzer sein als die Kiste, damit sie Platz finden, beim Erhitzen sich auszudehnen; Flach - stäbe von rechteckigem Querschnitte, unter dem Hammer oder dem Walzwerke ausgestreckt, eignen sich am besten zum Cementiren, da der Kohlenstoff um so leichter und gleichmässiger den Stab durch - dringt, je flacher sein Querschnitt ist. Die Stärke dieser Flachstäbe pflegt 10 20 mm, ihre Breite 50 100 mm zu sein.

Ueber die erforderliche chemische Beschaffenheit des zu wählenden Eisens ist schon oben das Erforderliche gesagt worden.

Als Cementirpulver dient gesiebte Holzkohle von Nuss - bis Erbsen - grösse und darunter. Laubholzkohle cementirt kräftiger als Nadelholz - kohle; des geringeren Preises wegen findet jedoch auch letztere eine häufige Anwendung. Erfahrungsmässig verliert die Holzkohle bei der Benutzung an cementirender Kraft, und es ist deshalb erforderlich, einen ziemlich ansehnlichen Theil der benutzten Kohle jedesmal zurückzulassen und durch frische zu ersetzen. Gewöhnlich mischt man 1 Theil alte Kohle mit 2 Theilen frischer; oder man beseitigt die alte Kohle, nachdem sie höchstens zweimal benutzt worden ist, ganz und ersetzt sie vollständig durch frische. 1)Ueber die Ursachen dieser Abnahme der Cementirungsfähigkeit der Holz - kohle sind verschiedene Theorien aufgestellt worden. Es unterliegt indess keinem Zweifel, dass die Ursache lediglich in der durch das Glühen herbeigeführten stärkeren Verdichtung der Holzkohle zu suchen sei. Geübte Arbeiter können schon durch das Gefühl der Finger frische Holzkohle von benutzter unterscheiden. Vergl. hierüber die unter Literatur erwähnte Abhandlung von R. Mannesmann.

Zusätze zur Holzkohle, welche man früher als förderlich für die Cementirung betrachtete, haben sich praktisch wenig bewährt und sind deshalb ziemlich allgemein wieder ausser Anwendung gekommen. Hierher gehören Alkalien oder deren Lösung in Wasser, mit welcher die Holz - kohle getränkt wird, kohlensaurer Baryt, Knochenkohle, Blutlaugen - salz u. a. m.; überhaupt Körper, welche die Entstehung von Cyaniden befördern. Man schrieb früher der Bildung dieser Cyanide eine be - sonders förderliche Wirkung auf die Cementirung des Eisens zu, nach - dem man die Eigenschaft derselben, in hoher Temperatur kohlend auf das Eisen einzuwirken, erkannt hatte (S. 233).

Auf den Boden der Kiste bringt man gewöhnlich eine Lage feinen Sandes, Chamottemehles oder dergleichen, welche den Zweck hat, die bei der Ausdehnung der Kiste etwa entstehenden Fugen zu decken und den Eintritt der Luft zu hindern. Nun kommt die erste Lage Holzkohlenpulver, etwa 60 80 mm hoch, auf diese eine Lage Eisen - stäbe. Letztere müssen sorgfältig in die Kohle eingeklopft werden, so dass sie überall dicht von derselben eingeschlossen sind, und dürfen sich gegenseitig nicht berühren. Auf die Eisenstäbe kommt wieder eine Schicht Holzkohlen, dann kommen wieder Eisenstäbe u. s. f.

Um eine Prüfung der Eisenstäbe während des Glühens zu ermög - lichen, pflegt man in der einen Giebelwand der Kisten etwas unterhalb des oberen Randes derselben eine auch in der Aussenwand des Ofens sich fortsetzende Oeffnung anzubringen, aus welcher die Enden einiger als Proben dienender Stäbe herausragen, so dass man diese heraus -951Das Arbeitsverfahren und die Betriebsergebnisse.nehmen kann, wenn man sich überzeugen will, wie weit der Process vorgeschritten ist.

Die Kisten werden mit Eisenstäben und Holzkohlen bis auf eine Höhe von etwa 100 mm unterhalb des oberen Randes gefüllt. Auf die oberste Holzkohlenschicht kommt schliesslich eine möglichst luftdicht schliessende Decke, zu unterst aus altem Cementirpulver, darüber aus Ziegelmehl oder dergleichen bestehend.

Ist das Laden der Kiste beendet, vermauert man die Mannlöcher, schliesst die Eintragsöffnungen durch eingesetzte Steine, verstreicht die Oeffnungen für die Probestäbe mit Thonmörtel und schreitet zum An - feuern des Ofens. Allmählich steigert man die Temperatur bis zur hellen Rothgluth (Gelbgluth), welche nach Verlauf von etwa Tagen, vom Beginne des Anfeuerns an gerechnet, erreicht zu sein pflegt. In dieser Temperatur erhält man den Ofen 7 9 Tage, je nachdem weicherer oder härterer Stahl erzeugt werden soll und je nachdem die Stäbe schwächeren oder stärkeren Querschnitt besassen.

Durch Herausnehmen einer Probestange nach Ablauf einer be - stimmten Zeit und durch Prüfung derselben überzeugt man sich, wie weit der Process vorgeschritten ist. Man lässt sie abkühlen und zer - bricht sie, um den Bruch zu besichtigen, schmiedet sie aus und härtet sie, biegt ein nicht gehärtetes Stück nach dem Ausschmieden kalt um (S. 665) u. s. f. Zu beachten ist, dass der in der Kiste befindliche Stahl auch während des Abkühlens des Ofens noch seinen Kohlenstoffgehalt anreichert, die Probe also entsprechend weniger hart sein muss als es der fertige Stahl werden soll.

Das Abkühlen des Ofens findet allmählich statt, indem man das Feuern einstellt und die Luftzuführungsöffnungen (bei directer Feuerung den Aschenfall) schliesst. Erst wenn die Temperatur unter Rothgluth gesunken ist, beschleunigt man durch allmähliches Oeffnen des Ofens (der Eintragsöffnungen u. s. w.) die Abkühlung, so dass nach Verlauf von etwa 5 7 Tagen von der Beendigung des Feuerns an das Aus - tragen der Kisten beginnen kann.

Im Ganzen pflegt die Zeitdauer für das Anfeuern, Vollfeuer und Abkühlung 15 20 Tage zu sein; hierzu kommt die Zeit für das Laden und Austragen der Kisten, abhängig von der Grösse derselben, da nicht gut mehr als zwei Arbeiter dabei beschäftigt werden können, und gewöhnlich 6 8 Tage beanspruchend, so dass die gesammte Zeitdauer eines Brandes einschliesslich der Vor - und Nacharbeiten 21 28 Tage zu betragen pflegt.

Die ausgetragenen Stahlstangen werden kalt zerbrochen und ihrem Bruchaussehen gemäss sortirt.

Da der Zweck des in Rede stehenden Processes eine Kohlenstoff - anreicherung ist, muss das Gewicht des eingesetzten Eisens ent - sprechend grösser werden. Diese Gewichtszunahme beträgt thatsäch - lich 0.5 0.75 Proc., je nachdem man kohlenstoffärmeren oder kohlen - stoffreicheren Stahl darstellte.

Der Verbrauch an frischen Holzkohlen pflegt per Tonne fertigen Stahles etwa 30 kg zu betragen, der Brennstoffaufwand bei Anwendung952Die Darstellung des Cementstahles.von Steinkohlen 800 1000 kg; die Arbeitslöhne 5 6 Die ge - sammten Darstellungskosten des rohen Cementstahles (ausschliesslich des Preises für das zu cementirende Eisen) beziffern sich daher ungefähr folgendermaassen per Tonne:

  • Löhne5 bis 6
  • Holzkohle3 4
  • Heizkohle9 10
  • Reparaturkosten0.5 1
  • Insgemeinkosten, Zinsen und Amortisation2.5 4
  • 16 bis 25

Ein dem Cementiren ähnliches Verfahren, die sogenannte Ober - flächenhärtung, wird mitunter bei der späteren Verarbeitung des Eisens in Maschinenfabriken und anderen Werkstätten angewendet, um den aus gewöhnlichem Schmiedeeisen gefertigten, in ihrer Form fertigen Gegenständen eine der mechanischen Abnutzung besser widerstehende und zugleich politurfähigere Oberfläche zu verleihen. Es kommt hierbei in Betracht, dass, wenn man jene Gegenstände von vorn herein ganz aus Stahl fertigen wollte, die Ausgabe für das Material höher, die Ver - arbeitung bedeutend schwieriger, die Zähigkeit, beziehentlich die Wider - standsfähigkeit gegen Erschütterungen geringer sein würde als bei der Verwendung von Schmiedeeisen, welches später nur an seiner Ober - fläche in Stahl verwandelt wird. Man verpackt die betreffenden Gegen - stände mit Holzkohlenpulver, nicht selten auch mit stickstoffhaltigen Körpern (Knochenkohle, Lederabfällen, Blutlaugensalz) in Blechkasten und setzt sie einige Stunden hindurch der Hitze eines auf einem Roste unterhaltenen Koksfeuers aus. Nach dem Herausnehmen werden die Gegenstände sofort durch Eintauchen in Wasser gehärtet.

4. Chemische Untersuchungen.

Vielfach hatten die in früheren Jahrzehnten angestellten chemi - schen Untersuchungen des Cementirungsprocesses lediglich die Beant - wortung der Frage im Auge, ob wirklich feste Kohle im Stande sei, sich mit dem ebenfalls ungeschmolzenen Eisen zu legiren und bis in die inneren Theile des Eisenkörpers vorzudringen, oder ob nicht viel - mehr Gase, aus den Kohlen entwickelt, die Cementirung bewirkten, indem sie, in die Poren des Eisens eindringend, hier Kohlenstoff abgäben.

Die Frage ist zweifellos zu Gunsten des festen Kohlenstoffes ent - schieden. Man würde vermuthlich auch früher weniger Bedenken ge - tragen haben, eine Cementirung durch festen Kohlenstoff für möglich zu halten, wenn man zugleich den entgegengesetzten Process ins Auge gefasst hätte, die schon besprochene Darstellung des Tempereisens oder das Glühfrischen, bei welcher dem ebenfalls ungeschmolzenen Eisen Kohlenstoff entzogen wird. Beide Processe beruhen auf einer Wande - rung des Kohlenstoffes von Molekül zu Molekül, indem das kohlenstoff - reichere Molekül seinen Ueberschuss an das kohlenstoffärmere abgiebt; bei dem Glühfrischen wandert auf diese Weise der Kohlenstoff von innen nach aussen, bei der Cementirung von aussen nach innen.

Die neuesten Untersuchungen sowohl über die soeben erwähnte Frage als auch über die Einflüsse der Temperatur, Zeitdauer u. s. w. 953Chemische Untersuchungen.auf den Verlauf der Cementirung wurden von Mannesmann angestellt. 1)Vergl. Literatur.Zur Beantwortung der Frage über das Verhalten des festen Kohlen - stoffes beim Cementiren glühte derselbe Eisenstangen, welche zur Hälfte in gesiebten Ceylongraphit, bei anderen Versuchen in Zuckerkohle oder Russ, zur anderen Hälfte in gesiebte Chamottestücke verpackt und dann luftdicht in glasirte Tiegel eingeschlossen waren. In allen Fällen zeigte sich die im festen Kohlenstoff befindliche Hälfte stark cementirt, die andere nicht beeinflusst. Aeussere Gase hatten bei diesem Versuche keinen Zutritt; die aus dem Graphit etwa entwickelten Gase aber würden beide Hälften der Stangen haben beeinflussen können. Noch deutlicher wurde der Beweis der Kohlenstoffwanderung durch einen Versuch geliefert, bei welchem ein Schmiedeeisenstück vollständig mit Spiegeleisen umgossen (durch Einlegen des ersteren in das im Er - starren befindliche Spiegeleisen) und dann geglüht wurde. Schon nach 21 Minuten langem Glühen hatte sich am Umfange des eingeschlossenen Eisenstückes eine 1 mm starke Stahlschicht gebildet. 2)Dass manche kohlenstoffhaltige Gase cementirend wirken können, unter - liegt keinem Zweifel (vergl. hierüber S. 233); aber bei dem Cementirungsprocesse, wie er bis jetzt ausgeführt wird, besitzen diese Gase keine Wichtigkeit.

Fernerhin lässt sich aus Mannesmann’s Versuchen folgern, dass die Kohlenstoffmenge, welche das Eisen bei der Cementirung über - haupt aufzunehmen vermag, d. i. der Sättigungsgrad des Eisens für Kohlenstoff, mit der angewendeten Temperatur steigt; und in jedem Falle geht die Cementirung um so rascher vor sich, je höher die dabei angewendete Temperatur ist. Ein Schmiedeeisenstück, in Holzkohle ein - gepackt und bis zur Weissgluth erhitzt, zeigte schon nach 45 Minuten eine Kruste weissen Roheisens von 3 5 mm Stärke mit 4.76 Proc. Kohlenstoff, also dem höchsten Kohlenstoffgehalte, den das Eisen muth - maasslich aufnehmen konnte. Ein Eisenstab, in der Cementirkiste der üblichen Temperatur (Hellrothgluth) ausgesetzt, zeigte dagegen vom 13. Tage an unverändert 1.2 Proc. Kohlenstoff, auch nachdem das Cemen - tiren noch 3 Tage hindurch fortgesetzt worden war. Je höher aber der Kohlenstoffgehalt des Eisens steigt, desto niedriger wird die Schmelz - temperatur desselben; und die Schwierigkeit, hochgekohltes Eisen ohne Schmelzung zu erzeugen, wächst daher mit dem Kohlenstoffgehalte.

Andererseits ergiebt sich aus denselben Versuchen, dass die Cemen - tirung eines Eisenstückes um so ungleichmässiger ausfällt, d. h. dass bei einem gleichen durchschnittlichen Kohlenstoffgehalte eines cementirten Eisenstückes der Kohlenstoffgehalt des Kernes um so stärker von dem der Kruste abweicht, je höher die angewendete Temperatur und je kürzer demnach die Zeitdauer des Processes war. Eben jene Eisenstücke, welche binnen 45 Minuten durch Anwendung von Weiss - gluth äusserlich in Roheisen umgewandelt worden waren, zeigten unter der Roheisenschicht eine etwa mm starke Stahlschicht und darunter noch unverändertes Schmiedeeisen; mitunter auch liess sich äusserlich Roheisen und unmittelbar darunter Schmiedeeisen in scharf geson - derten Schichten von einander unterscheiden. Probestangen dagegen,Ledebur, Handbuch. 61954Die Darstellung des Cementstahles.in der gewöhnlichen Weise in der Kiste des Cementirofens geglüht, zeigten

  • nach 7 Tagen eine nur ½ mm starke Stahlschicht mit 0.65 Proc. Kohlenstoff;
  • 8 1 mm starke Stahlschicht mit 0.94 Proc. Kohlenstoff;
  • 9 2 mm 0.95
  • 10 2.6 mm 1.1
  • 11½ 3 mm 1.2
  • 13½ einen annähernd gleichmässig durch das ganze Stück vertheilten Kohlenstoffgehalt von 1.2 Proc.

Dieser zuletzt erreichte Kohlenstoffgehalt nahm auch bei länger fort - gesetztem Glühen nicht mehr zu, wie schon soeben erwähnt wurde. Eine annähernd gleichmässige Cementirung eines Eisenstückes ist daher in jedem Falle nur dann erreichbar, wenn die Zeitdauer des Glühens der Stärke des Eisenstückes entspricht; und die Höhe des hierbei erreichten Kohlenstoffgehaltes ist von der angewendeten Temperatur abhängig.

Erwähnenswerth ist, dass in einzelnen Fällen beim Glühen in hoher Temperatur Graueisen mit amorphem (nichtgraphitischem) Kohlen - stoff1)Vergl. S. 238. entstand. Eine nähere Untersuchung dieses Kohlenstoffes oder dieser Kohlenstofflegirung, welche der Bruchfläche die graue Färbung ertheilte, scheint nicht stattgefunden zu haben.

Boussingault dehnte seine Untersuchungen auch auf das Ver - halten des Schwefels, Phosphors und Siliciums aus. 2)Vergl. Literatur.Er fand, dass der Schwefelgehalt des Eisens regelmässig eine Verringerung erfahre. Es entspricht diese Beobachtung vollständig dem auf S. 250 geschil - derten Verhalten des Schwefels in kohlenstoffhaltigem Eisen. Aller - dings wird man in Rücksicht auf die hohen Ansprüche, welche an die Beschaffenheit des Cementstahles gestellt werden müssen, kaum jemals ein schwefelreiches Eisen zur Darstellung desselben benutzen; so erklärt es sich, dass auch die beobachtete Abnahme nicht sehr bedeutend sein konnte. Schwedisches Eisen mit 0.055 Proc. Schwefelgehalt enthielt nach dem Cementiren nur noch 0.019 Proc.; eine andere Sorte schwedi - schen Eisens mit 0.04 Proc. Schwefel enthielt nach dem Cementiren 0.02 Proc. Zahlreiche andere Versuche bestätigten dieselbe Wahr - nehmung. Als man weisses Roheisen mit 0.101 Proc. Schwefel 35 Tage lang in Holzkohlen glühte, hatte sich der Schwefelgehalt auf 0.036 Proc. verringert.

Der Silicium - und Phosphorgehalt dagegen liessen bei den ange - gestellten Untersuchungen mitunter eine, allerdings nicht bedeutende Zunahme erkennen. 3)Bei einem derartigen Versuche betrug z. B. der Gehalt an:Sollte dieselbe nicht auf der ungleichen Ver - theilung dieser Stoffe im Eisen oder auf kleinen Unrichtigkeiten der Analyse beruhen, so würde die Erklärung dieser Anreicherung leicht in der stattfindenden Reduction dieser Körper aus der Asche der immer -955Chemische Untersuchungen.hin theilweise verbrennenden Holzkohle zu suchen sein. Eine prakti - sche Bedeutung für die Beschaffenheit des Cementstahles besitzt jeden - falls dieser Vorgang nicht.

Als ein nicht ganz unwichtiger chemischer Vorgang beim Cemen - tiren bleibt schliesslich die Reduction der in allem Schweisseisen mecha - nisch eingeschlossenen Eisenoxyde zu erwähnen. Dass eine solche Reduction stattfinde, lässt sich, obschon unmittelbare Versuche darüber nicht angestellt zu sein scheinen, aus dem Verhalten der Eisenoxyde gegen Kohlenstoff bei fortgesetztem Glühen mit Sicherheit schliessen; mittelbar wird der Beweis durch die Entstehung von Blasen an der Oberfläche des cementirten Eisens (Stahles) geliefert, welche dem rohen Cementstahle eigenthümlich sind und ihm in England den Namen Blister-steel (Blasenstahl) verschafft haben. Sie treten in Durchmessern von 2 20 Millimetern auf; sticht man eine solche Blase des frisch aus der Kiste genommenen noch glühenden Stahles auf, so lässt sich mitunter das Entweichen eines brennbaren Gases beobachten. Die Blasen sind durch das Kohlenoxydgas hervorgerufen, welches bei dem erwähnten Reductionsprocesse entstand und, in dem weichen Eisen eingeschlossen, dasselbe aufblähte. Flusseisen zeigt daher, wie Percy durch einen Versuch nachwies, diese Blasenbildung nicht.

5. Der Cementstahl.

Infolge des anhaltenden Glühens besitzt der rohe Cementstahl ein grobblättriges Gefüge von eigenthümlich gelblicher Farbe und ist brüchig. Durch mechanische Bearbeitung in Schmiedetemperatur lässt er sich in normalen feinkörnigen Stahl mit den seinem Kohlenstoff - gehalte entsprechenden Festigkeitseigenschaften umwandeln.

Dennoch pflegt man ihn nicht ohne Weiteres in dieser Weise zu verwenden. Sein Kohlenstoffgehalt ist nicht immer ganz gleichmässig vertheilt; auch wenn der Process lange genug fortgesetzt war, um das Eindringen des Kohlenstoffes bis zum Kerne der Eisenstücke zu ermög - lichen, bedingen doch Zufälligkeiten Temperaturunterschiede an verschiedenen Stellen der Kiste, ungleiche Berührung mit den Holz - kohlen, u. a. m. leicht Abweichungen in dem Kohlenstoffgehalte eines und desselben Stahlstückes.

Man beseitigt oder verringert diesen Uebelstand, indem man ent - weder den Cementstahl zu geschweisstem Stahle (Gärbstahl) verarbeitet, d. h. ihn auf dünne Querschnitte ausstreckt, die ausgestreckten Stäbe auf einander schweisst und abermals streckt; oder indem man ihn, wie schon oben erwähnt wurde, als Material für Darstellung von Tiegel - gussstahl benutzt.

Da der Cementstahl aus den erörterten Gründen nur aus den reinsten Eisensorten dargestellt zu werden pflegt, so zeigen auch die Analysen desselben nichts Bemerkenswerthes. Phosphor, Schwefel, Sili - cium, Mangan, Kupfer pflegen nur in wenigen Hundertstel Procenten anwesend zu sein; der Kohlenstoffgehalt aber richtet sich nach der Bestimmung des fertigen Stahles und pflegt 0.8 1.3 Proc. zu betragen.

61*956Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.

Literatur.

  • H. Wedding, Darstellung des schmiedbaren Eisens. Braunschweig 1875, S. 572 589.
  • Reinhard Mannesmann, Studien über den Cementstahlprocess. Zeitschr. d. Ver. für Beförderung des Gewerbfleisses 1879, S. 31.
  • Boussingault, Études sur la transformation du fer en acier par la cemen - tation. Annales de chimie et de physique, série V, tome V, p. 145.
  • J. Percy, On the cause of the blisters on blister-steel. The Journal of the Iron and Steel Institute 1877, p. 460.

VII. Die Weiterverarbeitung des schmied - baren Eisens.

1. Einleitung.

Nur in verhältnissmässig seltenen Fällen dient das schmiedbare Eisen in der Gestalt, wie es aus dem erzeugenden Processe hervor - ging, als Handelswaare oder als Material für die unmittelbare Her - stellung von Gebrauchsgegenständen. Nur die mehrfach erwähnten Form - gussstücke aus Flusseisen und der schmiedbare Guss finden, ohne eine wesentliche Veränderung ihrer Form zu erleiden, Verwendung; fast alle übrigen Sorten schmiedbaren Eisens werden in den Eisenhütten selbst einer Umformung unterzogen, bevor sie als fertiges Erzeugniss in den Handel gebracht werden.

Der erhaltenen Form gemäss pflegt das schmiedbare Handelseisen als Stangeneisen, Blech oder Draht bezeichnet zu werden; hierzu kommen noch die unter dem Hammer erzeugten Schmiedestücke mannigfacher Art. Das Stangeneisen wird seinem Querschnitte ent - sprechend wieder in Quadrateisen, Flacheisen, Rundeisen und die zahl - reichen Sorten sogenannten Profileisens eingetheilt, welche letztere Benennung alle Eisenstäbe mit weniger einfachen Querschnittsformen umfasst. Es gehören hierher Winkeleisen, T - und Doppelt-T-Eisen, U-Eisen, Eisenbahnschienen und zahlreiche andere Eisensorten, deren Formen, den Fortschritten der Technik entsprechend, einem häufigen Wandel unterworfen sind.

Insofern diese Formgebung des schmiedbaren Eisens ein mechani - scher Process ist, gehört die Beschreibung derselben eher in das Gebiet der mechanischen Technologie als der Eisenhüttenkunde; der Eisen - hüttenmann aber erreicht durch jene Arbeit noch einen andern Zweck: er ruft eine Veredlung der Eigenschaften des von ihm erzeugten schmied - baren Eisens hervor.

Die Einflüsse, welche unmittelbar durch die mechanische Be - arbeitung auf die Festigkeit, Härte u. s. w. des schmiedbaren Eisens ausgeübt werden, sowie die Abweichungen hierbei, je nachdem die Bearbeitung in höherer oder niedrigerer Temperatur stattfand, wurden schon früher ausführlich erörtert (vergl. unter andern S. 645 und 655). 957Die Verarbeitung des Schweisseisens.Wichtiger aber noch ist in den meisten Fällen die Thatsache, dass durch die mechanische Verarbeitung des schmiedbaren Eisens in ausreichend hoher Temperatur, insbesondere durch die bei dieser Verarbeitung statt - findende Querschnittsverdünnung, eine Reinigung desselben von ein - gemengter Schlacke (beim Schweisseisen), eine Beseitigung von Hohl - räumen im Innern (beim Flusseisen) herbeigeführt werden kann. In dieser Beziehung also gehört die Beschreibung dieser Processe auch dem Gebiete der Eisenhüttenkunde an; das Verfahren bei der Ver - arbeitung aber wird nicht unwesentlich verschieden sein, je nachdem Schweisseisen, welches von Schlacke gereinigt werden muss, oder schlackenfreies Flusseisen, welches nur einer Verdichtung bedarf, dem Processe unterzogen wird.

2. Die Verarbeitung des Schweisseisens.

Allgemeines.

Schon verschiedentlich wurde die Thatsache erörtert, dass der Schlackengehalt des Schweisseisens unmittelbar nach der Darstellung des letzteren aus Roheisen oder aus Erzen um so beträchtlicher zu sein pflege, je grössere Mengen desselben mit einem Male dargestellt wurden, und je weniger dünnflüssig die bei dem Darstellungsprocesse gebildete Schlacke war. Jene uralten Processe der Schweisseisendarstellung, bei denen eine oft nur wenige Kilogramm schwere Luppe erfolgt, sind des - halb unleugbar zur Gewinnung eines schlackenarmen Eisens am geeig - netsten; und mit den ausserordentlich einfachen mechanischen Hilfs - mitteln, welche für die Verarbeitung dieser kleinen Luppen benutzt zu werden pflegen und im Alterthume ausschliesslich benutzt wurden, lässt sich eben nur ein so schlackenarmes Material in ein brauchbares Fertigerzeugniss umwandeln.

Je schlackenreicher das dargestellte Schweisseisen ist, eine desto ausgedehntere mechanische Verarbeitung desselben ist nothwendig, um die erforderliche Reinigung von Schlacke zu bewirken. Diese länger fortgesetzte mechanische Bearbeitung aber verursacht einen grösseren Aufwand an Arbeitslöhnen und Brennstoff, einen erhöhten Eisenver - lust durch Abbrand. Zum Theile wird also die Ersparung, welche durch die Herstellung grösserer Eisenmengen in einem Einsatze erzielt werden kann, durch jene Mehrausgaben wieder ausgeglichen; und bei allen Processen der Schweisseisendarstellung ist, wie schon früher hervor - gehoben wurde, durch diesen Umstand für die Vergrösserung des Ein - satzgewichtes eine ziemlich niedrige Grenze gesteckt, welche nicht ohne Nachtheil überschritten werden kann.

Aus derselben Ursache sah man sich aber auch gezwungen, form - gebende Apparate von immer grösserer Kraftwirkung anzuwenden, je mehr die Steigerung des Eisenbedarfes dazu drängte, die Leistungs - fähigkeit des einzelnen Ofens durch Vergrösserung der Einsätze wenig - stens bis an die äusserste zulässige Grenze auszudehnen. Aus dem Handhammer des Alterthums entwickelte sich der während mehrerer Jahrhunderte fast ausschliesslich benutzte Wasserhammer; dieser wurde dann durch das leistungsfähigere Walzwerk und den kräftiger wirken - den Dampfhammer bei Seite geschoben.

958Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.

Aber auch das Arbeitsverfahren muss ein anderes sein, je nach - dem kleinere, schlackenärmere oder grössere, schlackenreichere Luppen verarbeitet und dabei von Schlacke gereinigt werden sollen.

In allen Fällen ist diese Reinigung durch mechanische Verarbeitung nur in einer Temperatur möglich, in welcher das Eisen völlig weiche, teigartige Consistenz annimmt, die Schlacke aber flüssig wird, so dass sie aus dem Eisen herausgequetscht werden kann; es ist Schweiss - temperatur dafür erforderlich. Wird nun ein ohnehin nicht sehr schlacken - reiches Schweisseisen verarbeitet und dabei auf einen verhältnissmässig dünnen Querschnitt ausgestreckt, so genügt mitunter dieses einmalige Ausstrecken schon, eine ausreichende Reinigung von Schlacke herbei - zuführen, um das gestreckte Eisen als brauchbares Fertigerzeugniss gelten zu lassen. Dieser Fall kommt z. B. häufig beim Herdfrisch - processe vor. Die Luppen werden, nachdem sie unter dem Hammer gezängt wurden (S. 765), in mehrere Stücke zerschroten, diese werden schweissarm gemacht und nun gewöhnlich ebenfalls unter dem Hammer zu dünnen Flachstäben ausgestreckt.

Aus schlackenreicheren Luppen jedoch, wie sie der Puddelprocess liefert, lässt sich durch diese einfache Arbeit noch kein brauchbares Fertigerzeugniss herstellen. Wie auf S. 789 beschrieben wurde, pflegt man die Puddelluppen, unmittelbar nachdem sie gezängt wurden, im Luppenwalzwerke zu sogenannten Rohschienen auszuwalzen, d. h. zu Flachstäben, deren rohes Aeussere schon auf ihre unfertige Beschaffen - heit hinweist, und welche noch reichlich mit Schlacke durchsetzt sind. Man setzt also die Reinigung fort, indem man die Rohschienen zer - schneidet, eine grössere Zahl dieser kurzen Stücke zu einem vierseitig prismatischen Bündel, einem Packete, in geeigneter Weise zusam - menlegt, das Packet auf Schweisshitze erwärmt, unter dem Hammer oder weit häufiger in Spitzbogenkalibern zusammenschweisst und nun abermals ausstreckt. In nicht seltenen Fällen wird das ausgestreckte Eisen aufs Neue schweisswarm gemacht, um nun auf noch dünnere Querschnitte, sogenanntes Feineisen, ausgestreckt zu werden; oder man benutzt es wiederum, nachdem es zerschnitten worden ist, als Material für ein neues Packet; u. s. f.

Das Packetiren bildet demnach das Mittel zu einer fortgesetzten Reinigung des Schweisseisens; aber auch noch andere Vortheile werden durch diese Arbeit erreicht. Die Rohschienen des Puddelprocesses sind nicht immer gleichartig in ihrer Beschaffenheit. Nicht allein finden sich Abweichungen bei verschiedenen Einsätzen; auch bei einem und dem - selben Einsatze lassen die Rohschienen verschiedener Luppen oft deut - liche Unterschiede, durch das abweichende, theils grobkörnige, theils feinkörnige, theils sehnige Gefüge der Bruchfläche sich verrathend, erkennen. Indem man also dieselben ihrer Bruchfläche gemäss sortirt, erhält man ein Mittel, sie für die Packetirung der Beschaffenheit des in jedem einzelnen Falle darzustellenden Eisens entsprechend auszu - wählen und zu verwenden, körnige und sogenannte melirte Stücke1)Melirte Rohschienen nennt man solche, deren Bruchfläche nicht ein gleich - artiges Gefüge erkennen lässt. Vergl. auch S. 790.959Die Verarbeitung des Schweisseisens.auszuschliessen, wenn ein gleichmässig sehniges Eisen verlangt wird, umgekehrt für Feinkorneisen alle grobkörnigen oder sehnigen Stücke bei Seite zu legen, u. s. f.

Nicht minder wichtig ist der andere Umstand, dass man durch das Packetiren ein Mittel erhält, in verhältnissmässig einfacher Weise die ziemlich bedeutenden Mengen von Abfällen schon geschweissten Eisens wieder aufzuarbeiten, welche auf einem Eisenwerke bei der Arbeit selbst regelmässig entstehen: Ausschussstücke, abgeschnittene Enden der Fertigerzeugnisse, u. s. w. Auch Alteisen, d. h. zum An - kaufe gebrachtes oder aus dem eigenen Inventar des Eisenwerkes stam - mendes schmiedbares Eisen lässt sich zum grossen Theile durch die Packetirung wieder nutzbar machen. Alles dieses Eisen ist bereits ge - schweisst und deshalb schlackenärmer als Rohschienen; nicht selten wird es mit den Rohschienen zusammen in geeigneter Weise in einem und demselben Packete vereinigt, wenn man auch durch nur ein - malige Schweissung ein Fertigerzeugniss mit niedrigerem Schlacken - gehalte erzeugen will, als es aus den Rohschienen allein erfolgen würde.

Diesen unleugbar grossen Vortheilen, welche das Verfahren der Packetirung gewährt, steht der Nachtheil gegenüber, dass, dem Ver - laufe der Arbeit entsprechend, jedes aus einem Packete gewalzte Eisen - stück als ein Bündel zusammengeschweisster und miteinander aus - gestreckter Stäbchen oder Plättchen zu betrachten ist, deren gegenseitiger Zusammenhang niemals ein so vollkommener sein kann als der des ungeschweissten Eisens. Durch Aetzen (S. 670) eines solchen Eisen - stückes lassen sich die Schweissfugen deutlich erkennbar machen; durch wiederholtes Hin - und Herbiegen lösen sich nicht selten die geschweiss - ten Stellen; auch bei anhaltender Beanspruchung auf Torsion oder bei vielfach wiederholten heftigen Erschütterungen kann dieser Uebelstand eintreten. Bei den kohlenstoffreicheren Eisensorten, insbesondere beim Stahle, kommt aber noch hinzu, dass an jeder Schweissstelle auch eine chemische Beeinflussung des Materiales stattfindet. Kohlenstoff ver - brennt, theils durch unmittelbare Einwirkung oxydirender Gase beim Erhitzen, theils durch die Einwirkung des zuerst entstandenen Glüh - spans, theils während des Schweissens, theils während der späteren Ver - arbeitung. Das fertige Erzeugniss enthält demgemäss kohlenstoffärmere, weichere Stellen neben härteren; und je weniger Vorsorge zur Ver - meidung der Oxydation und Glühspanbildung beim Erhitzen getroffen wurde, desto empfindlicher macht sich dieser Umstand geltend.

Trotz dieser Nachtheile ist aus den schon erörterten Gründen das Verfahren des Packetirens nicht zu umgehen, wenn entweder eine weitgehende Reinigung schlackenreichen Schweisseisens erforderlich ist oder wenn Eisen beziehentlich Stahl, aus dem Erzeugungsprocesse in ungleichartiger Beschaffenheit hervorgehend, nach vorausgegangener Sortirung zu Handelswaare von bestimmter gleichartiger Beschaffenheit verarbeitet werden soll.

960Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.

Die Schweissfeuer und Schweissöfen.

a) Die Schweissfeuer und ihr Betrieb.

Man benutzt sie theils für den Betrieb im kleineren Maassstabe, z. B. zum Erhitzen der Luppen eines Frischfeuers, theils auch für das Schweissen kohlenstoffreicheren Stahles, welcher vor Oxydation geschützt werden soll.

Die einfachste Form eines Schweissfeuers für Schmiedeeisenluppen ist die eines grösseren Schmiedefeuers, wie es in allen Schmiedewerk - stätten benutzt wird. Die in einem gemauerten oder auch gusseisernen Herde angebrachte Feuergrube pflegt 250 300 mm tief, 350 450 mm breit, 500 600 mm lang zu sein. Von der einen Seite oder senk - recht vom Boden aus strömt der Wind in das Feuer. Als Brenn - material pflegen backende Steinkohlen von Nussgrösse benutzt zu werden, welche vermöge ihrer Backfähigkeit ein im Innern glühendes Gewölbe über dem Eisenstücke bilden. Soll Brennmaterial nachgeschüttet werden, so stösst der Schweisser die Kohlendecke ein und bringt die frischen Kohlen oben darauf, welche alsbald zusammenbacken und eine neue Decke bilden. Mit dem Eisen kommen auf diese Weise nur die ent - schwefelten und bereits entgasten Kohlen in Berührung; ohne diesen Kunstgriff würde die Beschaffenheit des Eisens wesentliche Einbusse erleiden können. Der Windverbrauch eines solchen Feuers dürfte ge - wöhnlich 2 3 cbm per Minute betragen, die Windspannung 150 bis 200 mm Wassersäule. Der Steinkohlenverbrauch per Tonne geschweissten Eisens richtet sich nach der Grösse der eingesetzten Eisenstücke wie nach der Zahl der nach einander erforderlichen Erhitzungen und wird für jede erforderliche Schweisshitze etwa 500 kg betragen. Dabei findet ein Metallverlust (Abbrand) von 8 12 Proc. bei jeder Erhitzung statt.

Stahl erträgt um so weniger gut eine Erhitzung im Steinkohlen - oder Koksfeuer, je höher sein Kohlenstoffgehalt ist. In der kohlensäure - reichen Gasatmosphäre, welche bei Verbrennung dieser Brennstoffe ent - steht, findet eine theilweise Verbrennung seines Kohlenstoffgehaltes statt. Zu seiner Erhitzung ist deshalb ein leichter verbrennlicher, reich - lichere Mengen von Kohlenoxydgas liefernder Brennstoff erforderlich. Holzkohlen sind das geeignetste Material für diesen Zweck; und ihr geringer, fast nur aus Carbonaten der Erden und Alkalien bestehender Aschengehalt macht sie in anderer Hinsicht gerade zum Schweissen des Stahles besonders tauglich. In Rücksicht auf das geringere specifische Gewicht der Holzkohlen und die Nothwendigkeit, den zu erhitzenden Stahl vollständig mit Holzkohlen zu umgeben, baut man die Holz - kohlenfeuer tiefer (500 600 mm tief) als die Steinkohlenfeuer und giebt ihnen häufig eine gemauerte Decke zur leichteren Erzielung einer gleichmässigen Temperatur im Innern. Die Abbildungen Fig. 278 und 279 zeigen die Einrichtung zweier solchen Holzkohlenfeuer aus älterer Zeit. 1)Aus Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde.a ist der Feuerungsraum, etwa 370 mm breit, 700 mm lang, 550 mm tief, in welchen von der Seite her der Wind zugeführt wird. Die Bedienung des Feuers erfolgt durch die an der Vorderseite961Die Schweissfeuer und Schweissöfen.angebrachte Oeffnung b (Fig. 279), und unterhalb derselben an der tiefsten Stelle des Feuers befindet sich das Schlackenloch e. Die Gase beider Feuer entweichen durch den gemeinschaftlichen Rauchfang f.

In Rücksicht auf den Umstand, dass durch die einseitige Wind - zuführung an einer einzigen Stelle des Feuers leicht die Gleichmässig - keit der Erhitzung beeinträchtigt werden kann, hat man, besonders für Erhitzung längerer Stäbe, auch Stahlschweissfeuer mit natürlichem, von unten her zutretendem Luftzuge in Anwendung gebracht. Der ganze Boden eines solchen Feuers besteht aus einem Roste, auf welchem die Holzkohlen verbrennen.

Die Brennstoffausnutzung in einem Holzkohlenfeuer muss, eben weil der Brennstoff fast nur zu Kohlenoxydgas verbrannt wird, durch -

Fig. 278.

Fig. 279.

schnittlich ungünstiger sein, als im Steinkohlen - oder Koksfeuer. 1 t Stahl pflegt zu einmaliger Schweissung 500 800 kg Holzkohlen zu bean - spruchen; der Abbrand dabei beträgt gewöhnlich 8 12 Proc.

b) Die Schweissöfen und ihr Betrieb.

Als solche dienen Flammöfen (S. 109), auf deren Herde das zu schweissende Eisen erhitzt wird. Sie sind unentbehrlich für den Gross - betrieb, nicht allein, weil sie die gleichzeitige Erhitzung einer grösseren Anzahl eingesetzter Eisenstücke oder Packete ermöglichen, sondern auch hauptsächlich deshalb, weil die gleichmässige Erhitzung grösserer Stücke in denselben weit leichter als in einem Feuer erreichbar ist, in welchem die Wärmeentwickelung immerhin nur auf einen ziemlich kleinen Raum beschränkt bleibt.

Wie bei fast allen anderen Flammöfen kommt ebensowohl directe als Gasfeuerung zur Heizung der Schweissöfen zur Anwendung; Schweissöfen mit Gasfeuerung sind ziemlich häufig. Die gleichmässig962Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.hohe Temperatur, welche in einem Schweissofen erhalten werden muss, lässt die Benutzung der Gasfeuerung für diesen Zweck als besonders geeignet erscheinen; Schwierigkeiten, welche sich ihrer ausgedehnteren Anwendung für den Puddelbetrieb entgegensetzen und oben ausführ - licher geschildert wurden, fallen beim Schweissofenbetriebe weg. Ins - besondere gilt dieses auch von der Siemensfeuerung.

Die abziehenden Gase, welche aus dem heissen Ofen naturgemäss eine bedeutende Menge Wärme entführen, pflegt man bei den Oefen mit directer Feuerung, sowie auch bei denjenigen Gasöfen, deren Eigen - thümlichkeit nicht, wie die der Siemensöfen, diese Verwendung aus - schliesst, zum Heizen der Dampfkessel zu benutzen, welche den zum Betriebe der Walzwerke erforderlichen Dampf liefern. Die Anordnung der Oefen und Dampfkessel gegen einander ist in diesem Falle ganz die nämliche wie bei Puddelöfen. Auch hier pflegt die Abhitze der Oefen zur Heizung der Dampfkessel vollständig auszureichen.

Fig. 280.

Die üblichste Einrichtung eines Schweissofens mit directer Feue - rung ist in Fig. 280 282 in 1 / 50 der wirklichen Grösse dargestellt. Der Herd des Ofens ist flach und wird gewöhnlich durch eine Sand - schüttung auf Gusseisenplatten gebildet, welche von einer Seitenwand zur andern hinübergehen. Wasserkühlung, wie bei Puddelöfen, ist selten oder gar nicht in Anwendung, da hier die zerstörende Einwirkung der Schlacken wegfällt; der Feuerbrücke dagegen giebt man nicht selten eine Luftkühlung (Fig. 280), aus einem hindurch gehenden Kanale bestehend, welchen man an der Rückseite des Ofens in ein senkrechtes als Esse wirkendes Rohr ausmünden lässt. Die Feuerbrücke ist um so niedriger, je stärker das auf dem Herde befindliche Eisen erhitzt wer - den muss und je weniger es vor der Oxydationswirkung der Gase geschützt zu werden braucht; bei Oefen also, welche ausschliesslich zum Schweissen von sehnigem Eisen bestimmt sind, niedriger als bei solchen für Feinkorneisen oder Stahl.

Damit die aus dem oxydirten Eisen und dem Herdmateriale sich963Die Schweissöfen.bildende Schlacke abfliessen könne, giebt man dem Herde eine Neigung abwärts, sowohl in der Richtung des Gasstromes als nach der Rück - seite des Ofens zu. Durch den steil abfallenden Fuchs gelangt alsdann die Schlacke in eine Vertiefung, aus welcher sie durch eine in der Seitenwand des Fuchskanales angebrachte Oeffnung ununterbrochen in

Fig. 281.

einen ausserhalb befindlichen Sumpf (a in Fig. 280 und 281) abfliesst, wo sie erstarrt.

Die Grösse der Thüröffnung muss dem Durchmesser der einzu - setzenden Packete und Eisenstücke entsprechend bemessen sein. Die Thür besteht, wie die anderer Flammöfen, aus einem Gusseisen - rahmen mit eingesetzten feuer - festen Steinen und wird durch Hebel und Kette zwischen Füh - rungsleisten emporgezogen.

Nach einer vom technischen Vereine für Eisenhüttenwesen im Jahre 1872 gefertigten Zusam - menstellung1)Vergl. Literatur. sind die üblichsten Abmessungen der Schweissöfen mit directer Steinkohlenfeuerung folgende:

Uebliche Grösse der

Fig. 282.

Einsätze für Feineisen und Walzdraht 600 850 kg, für mittel - starke Eisensorten 600 1250 kg, für grobe 1400 2500 kg.

Je grösser die eingesetzten Stücke oder Packete sind, desto längerer Zeit bedürfen sie, um schweisswarm zu werden; daher beträgt

die Anzahl der Einsätze in 24 Stunden 9 24, gewöhn - lich jedoch 16 20; und

die Gesammtmenge des in 24 Stunden eingesetzten Eisens 8 22 t, gewöhnlich 12 14 t.

Grösse der Rostfläche bei den kleinsten Oefen 0.8 qm, bei den mittelgrossen etwa 1 qm, bei den grössten bis 1.3 qm.

964Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.

Herdfläche von der Feuerbrücke bis zum Fuchse 2.2 bis 3 qm; Herdbreite von der Rückwand bis zur Thüröffnung 1.3 1.8 m.

Tiefe des Rostes unter der Feuerbrückenoberkante 0.35 0.70 m; Höhe der Feuerbrückenoberkante über dem Herde 0.10 0.40 m.

Verhältniss des Fuchsquerschnittes zur Rostfläche durchschnittlich wie 1: 7.

Durch Anwendung von Unterwind (bei geschlossenem Aschenfall) lässt sich ebenso wie bei anderen Flammöfen eine günstigere Aus - nutzung der Wärme, also eine Ersparung an Brennstoff und eine erhöhte Leistungsfähigkeit des Ofens erzielen. Je aschenreicher aber die zur Verwendung stehenden Kohlen sind, desto schwieriger wird, wie schon früher erörtert wurde, die Wartung des Rostes bei geschlossenem Aschen - fall, und aus diesem Grunde sind auch die Schweissöfen mit Unter - wind durchschnittlich weit seltener als solche mit natürlichem Luft - zuge. Es kommt hierbei noch in Betracht, dass die Oxydationswirkung eines mit Unterwind betriebenen Schweissofens höher zu sein pflegt als ohne Unterwind; der Abbrand fällt also gewöhnlich beträchtlicher aus, und je kleiner die eingesetzten Eisenstücke und Packete sind, je grösser also das Verhältniss ihrer dem Gasstrome dargebotenen Ober - fläche zu ihrem Gewichte ist, desto ungünstiger wird dieser Nachtheil der Anwendung von Unterwind sich geltend machen.

Unter den verschiedenen, in den letzten Jahrzehnten in die Praxis eingeführten Systemen der Gasfeuerung, deren wichtigste bereits in der ersten Abtheilung dieses Buches ihrer Einrichtung gemäss besprochen wurden, giebt es kaum eins, dessen Anwendung nicht auch hier oder da beim Schweissofenbetriebe erprobt worden wäre; manche derselben waren ursprünglich ganz besonders für den Schweissofenbetrieb bestimmt.

Zu den in der Jetztzeit gebräuchlichsten Gasschweissöfen gehört der auf S. 123 beschriebene Bicherouxofen, ausgezeichnet durch Einfachheit der Construction bei verhältnissmässig günstiger Ausnutzung des Brennstoffes.

Zwar weniger einfach in seiner Einrichtung, unleugbar aber gut anwendbar in solchen Fällen, wo es sich um weitgehende Ausnutzung des Brennstoffes, zumal eines geringwerthigeren Brennstoffes, handelt, ist ein von Lürmann erbauter Schweissofen, welcher, nachdem seine Zweckmässigkeit bereits seit mehreren Jahren durch die Praxis erprobt wurde1)Unter anderen im Eisen - und Stahlwerk Osnabrück., voraussichtlich berufen sein wird, den bewährtesten Flamm - öfen der Eisenhütten gleichberechtigt sich zur Seite zu stellen. Die Skizzen Fig. 283, 284 und 285 (in etwa 1 / 100 der wirklichen Grösse) können zur Veranschaulichung der Einrichtung dieses Ofens dienen; Fig. 283 stellt den Aufriss nach der Linie 1, 2 in Fig. 284 dar, Fig. 3, 4 ist der Grundriss nach der Linie 3, 4 in Fig. 283, Fig. 285 zeigt einen senkrechten Schnitt nach der Linie 5, 6 in Fig. 284.

965Die Schweissöfen.

Auf der rechten Seite der Abbildungen gewahrt man den Gas - generator nach Gröbe-Lürmann’s System, dessen eigenthümliche Einrichtung bereits auf S. 93 besprochen und durch eine besondere Abbildung in grösserem Maassstabe erläutert wurde. Der Generator des

Fig. 283.

Fig. 284.

abgebildeten Ofens enthält vier Entgasungsräume (Retorten) A A .. und den Vergasungsraum B. Durch den mit Hilfe eines Schiebers absperr - baren Kanal c gelangen die entwickelten, hoch erhitzten Gase unmittel - bar nach dem Ofen. Sollte es erforderlich sein, so lässt sich ein Theil dieser Gase, ohne nach dem Ofen geführt zu werden, durch den mit einem Schieber verschliessbaren Kanal d (in Fig. 285) ableiten, um durch den Raum e ohne Weiteres nach den Retorten A A be - ziehentlich nach dem (in der Abbildung nicht gezeichneten) Dampfkessel zu strömen (z. B. beim Beginne des Betriebes, so lange die sämmtlichen Theile noch kalt sind). Während des vollen und regelmässigen Betriebes da - gegen dienen die vom Schweissofen kommen - den Verbrennungsgase zum Heizen der ge -

Fig. 285.

nannten Apparate. Sie verlassen den Ofen durch den Kanal n (Fig. 283 und 284), ziehen durch die drei schmalen aber hohen Parallelkanäle m m m rückwärts nach dem schon erwähnten Sammelkanale e, um von966Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.hier aus zunächst in die um die Retorten herumführenden Kanäle ge - führt zu werden (vergl. Fig. 284 sowie die Abbildung Fig. 16 auf S. 93, in welcher diese Kanäle mit D bezeichnet sind) und dann an der ent - gegengesetzten (in der Abbildung rechts befindlichen) Seite nach dem Dampfkessel zu strömen. Die kleinen Kanäle i i i (Fig. 283) haben den Zweck, eine Ableitung eines Theils dieser Gase durch den Kanal k unmittelbar nach dem Kessel zu ermöglichen, sofern der Essenzug nicht ausreichend sein sollte, alle Gase durch die zur Heizung der Retorten bestimmten Kanäle hindurch zu führen.

Die zur Verbrennung der Gase im Schweissofen bestimmte Luft strömt von aussen durch den Kanal f (Fig. 283 und 285) zu, steigt durch die in Fig. 284 im Durchschnitte sichtbaren, in Fig. 283 durch Punktirung angedeuteten senkrechten Kanäle, welche zwischen den schon besprochenen Gaskanälen m m angeordnet sind, empor, um in denselben durch die Abhitze des Ofens vorgewärmt zu werden, und tritt dann durch den gemeinschaftlichen Kanal l (Fig. 283) in den Ofen, um hier mit dem durch c zuströmendem Gase zusammen zu treffen.

Neben dem Vortheile einer besonders günstigen Ausnutzung der entwickelten Wärme gewährt der Lürmann’sche Ofen vermöge der Eigenthümlichkeit seines Generators die Möglichkeit, auch gasarme, schwer verbrennliche, oder sehr feinstückige und deshalb dicht liegende Steinkohlen für den Schweissofenbetrieb nutzbar zu machen, welche für Oefen mit directer Feuerung oder mit einfacheren Generatoren nicht anwendbar sein würden. So z. B. bestand bei einem derartigen Ofen im Stahlwerke Osnabrück im Monate April 1880 der Brennstoffver - brauch aus 52.3 t Anthracitstaubkohle, 0.8 t Koksklein, 32 t Wäsche - schlamm und 37 t sonstigen Steinkohlen; die Menge der verbrauchten unverkokbaren Kohlen (Anthracite und Koksklein) stieg nicht selten auf mehr als 50 Proc. von dem Gesammtverbrauche. Im Vergleiche zu den Siemensöfen desselben Werkes stellte sich der Brennstoff - verbrauch des Lürmannofens, bezogen auf die nämliche Menge erhitzten Eisens, günstiger, selbst wenn man die bei ersterer Feuerung für die Heizung der Dampfkessel erforderlichen Kohlen ausser Betracht liess; erheblich war der Unterschied zu Gunsten des Lürmannofens, wenn man die letzteren in Betracht zog. 1)Man darf jedoch hierbei nicht vergessen, dass immerhin die Eigenthümlich - keit der zur Verwendung stehenden Kohlen von nicht geringem Einflusse für die Betriebsergebnisse des einen oder andern Ofensystemes sein wird. In Osnabrück wurde der Erfolg des Lürmannofens in pecuniärer Beziehung noch wesentlich durch den Umstand begünstigt, dass er die Verwendung grösserer Mengen Anthracitstaub - kohle (von Piesberg) ermöglichte, deren Preis in dortiger Gegend nicht halb so hoch ist als der gasreicherer, für Siemensgeneratoren geeigneter Kohlen. Dadurch wurde es möglich, während eines 20 monatlichen Zeitraumes bei Anwendung des Lürmann - ofens etwa 50 Proc. der Brennstoffkosten gegenüber der Anwendung von Siemens - öfen zu sparen, wenn man die auch bei der Dampfkesselfeuerung ersparten Kohlen in Betracht zieht; bei den Oefen allein (ohne die Dampfkessel) betrug die Ersparung an Kosten etwa 30 Proc.

Ein Ponsardschweissofen wurde bereits auf S. 124 abgebildet und beschrieben. Er ermöglicht, wie der jüngere Lürmannofen, eine Benutzung der Abhitze auch zur Kesselheizung; ausserhalb Frank -967Die Schweissöfen.reichs ist derselbe aus den schon früher erörterten Gründen wenig oder gar nicht zur Verwendung gelangt.

Siemensschweissöfen, bei deren Benutzung immerhin ein be - sonderer Brennstoffaufwand für die Kesselheizung erforderlich wird, sind,

Fig. 286.

Fig. 287.

wo Steinkohlen das Material für die Vergasung bildeten, zwar nicht gerade selten zur Anwendung gekommen, ohne dass jedoch das Ofen - system gerade für diesen Zweck eine überwiegende Bedeutung erlangt hätte. Verhältnissmässig häufiger und jedenfalls mit grösserem Nutzen be - dient man sich der Siemensöfen zum Schweissen in solchen Gegenden, wo billige, aber wasserreichere Brenn - stoffe, insbesondere Braunkohlen, zur Benutzung stehen, die bei directer Feuerung oder bei einer der ein - facheren Gasfeuerungen nicht oder nur schwierig und bei hohem Brenn -

Fig. 288.

stoffaufwande die zum Schweissen erforderliche Temperatur zu liefern vermögen. Es wurde schon mehrfach als ein Vortheil der Siemensöfen968Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.in derartigen Fällen der Umstand hervorgehoben, dass dieselben die Erzeugung eines brauchbaren Gasgemisches auch aus wasserreichen Brennstoffen ermöglichen, sofern man in die Gasleitung einen Conden - sationsapparat für den Wassergehalt des Gases einschaltet; und die hier - durch herbeigeführte Abkühlung des Gases kommt für die Leistung des Ofens weniger als bei anderen Gasöfen in Betracht, da dasselbe ohnehin in den Regeneratoren aufs Neue erhitzt wird. Auch ohne Anwendung der Condensation jedoch ermöglichen die Siemensöfen eben wegen der stattfindenden starken Vorwärmung von Gas und Luft die Erzielung höherer Verbrennungstemperaturen aus wasserhaltigen Brennstoffen als andere Oefen; und die Beschaffenheit der zur Verwendung genommenen Kohlen wird darüber entscheiden müssen, ob überhaupt Condensation nothwendig ist oder nicht.

Die Abbildungen Fig. 286 288 auf S. 967 zeigen den Herd eines Siemensschweissofens eines mitteldeutschen Eisenwerkes, welcher mit Braunkohlengas geheizt wird und nach dem Muster derartiger, in den österreichischen Alpen im Betriebe befindlicher Oefen gebaut wurde. Der Ofen ist, wie der auf S. 862 (Fig. 254 und 255) abgebildete Sie - mens-Martinofen mit liegenden Regeneratoren, stark gewölbter Decke und einfach angeordneter Gas - und Luftzuführung versehen; er unter - scheidet sich im Wesentlichen von jenem Ofen nur durch die flachere Form des Herdes. Letzterer besteht, wie bei den Oefen mit directer Feuerung, aus einer Lage Quarzsand und wird von eisernen Platten getragen. Der Schlackenabfluss befindet sich an der Rückseite des Ofens bei a, und der Herd fällt von allen Seiten her nach dieser Stelle hin ab. Die Feuerbrücken sind durch Luftröhren gekühlt, welche mit den kleinen Essenröhren b b (Fig. 287) in Verbindung stehen.

Statt der gewölbten Form der Decke des abgebildeten Ofens, welche unleugbar Gewähr für eine grosse Dauerhaftigkeit giebt, findet man häufig eine solche, welche der günstigeren Wärmeausnutzung halber, wie die Decke des in Fig. 250 (S. 860) abgebildeten Martinofens, der Form des Herdes folgt, also von den Enden des Ofens nach der Mitte zu abfällt. Auch die Anordnung der Gas - und Lufteinströmungen zeigt, wie bei den Siemensöfen für andere Zwecke, mannigfache Abweichungen von der abgebildeten Form (vergl. unter andern die Anordnung der - selben bei dem soeben erwähnten Ofen Fig. 251 und 252).

Das Arbeitsverfahren für die Bedienung der Schweissöfen ist einfach. Die zu erhitzenden Packete oder Eisenstücke werden mit Hilfe einer breiten Schaufel durch die geöffnete Thür in den Ofen geschoben und an geeigneter Stelle der Flamme preisgegeben. Kurz vor dem Herausnehmen pflegt man sie zu wenden, so dass die zu unterst befind - liche weniger stark erhitzte Seite oben zu liegen kommt; dann werden sie mit Hilfe einer Zange herausgeholt und auf einem eisernen Wagen nach dem Walzwerke gefahren. Zuerst werden die an der heissesten Stelle des Ofens (in der Nähe der Feuerbrücke) befindlichen Stücke nach einander herausgenommen; während diese ausgewalzt werden, bringt man, sofern es erforderlich ist, die übrigen an die von den969Die Schweissöfen.ersteren im Ofen vorher eingenommene Stelle, um auch diese der höheren Temperatur auszusetzen.

Der Brennstoffverbrauch richtet sich nach der Einrichtung und Grösse der Oefen wie nach der Grösse der Packete. Bei Schweiss - öfen mit directer Feuerung pflegt der Steinkohlenverbrauch per 1000 kg einmal geschweissten Eisens 400 700 kg zu betragen. Bei Gasschweiss - öfen ist der Verbrauch entsprechend niedriger; Siemensöfen mit Stein - kohlengasfeuerung erfordern gewöhnlich 200 350 kg Steinkohlen per 1000 kg Eisen. Bei Braunkohlengasfeuerung fällt der Brennstoffverbrauch natürlich um so viel höher ans, als der Brennwerth der Kohlen ge - ringer ist, und es kann derselbe 400 800 kg per 1000 kg Eisen be - tragen.

Der Gewichtsverlust (Abbrand) beim Schweissen richtet sich theils nach dem Schlackengehalte des zu schweissenden Eisens, theils nach der Form und Grösse der eingesetzten Stücke, theils auch nach der Einrichtung des Ofens und der Beschaffenheit des Brennstoffes. Bei der ersten Schweissung von Packeten pflegt der Abgang 9 12 Proc. des ursprünglichen Gewichtes zu betragen; wird das ausgewalzte Packet ein zweites Mal erhitzt, so ist der Abbrand hierbei geringer und be - trägt gewöhnlich etwa 4 5 Proc.

Ueber die Anzahl und Grösse der Einsätze, welche in einem Schweissofen von bestimmter Grösse im Laufe eines Tages verarbeitet werden können, wurden schon auf S. 963 einige Mittheilungen gemacht. Auf 1 qm Herdfläche bezogen dürfte das Gewicht des in 24 Stunden erhitzten Eisens sich gewöhnlich auf 4.5 6.5 t beziffern.

Das Arbeiterpersonal pflegt in jeder Schicht aus 2 Mann an jedem Ofen, einem Vorarbeiter und einem Gehilfen, zu bestehen.

Als ein Nebenerzeugniss des Schweissofenbetriebes entsteht die Schweissofenschlacke, in ihrem Aussehen und ihrer Zusammen - setzung der Puddel - oder Herdfrischschlacke ähnlich und wie diese reich an Eisen. Die meisten derartigen Schlacken enthalten 20 bis 30 Proc. Kieselsäure, 50 Proc. oder etwas darüber an Eisen, grössten - theils in Form von Oxydul, theilweise jedoch auch höher oxydirt, daneben gewöhnlich Phosphorsäure, sowie kleine Mengen Thonerde, Schwefel u. s. w.

Da der Phosphorsäuregehalt der Schweissofenschlacken aus nahe liegenden Gründen geringer zu sein pflegt als derjenige der Frischfeuer - oder Puddelschlacken, welche bei der Darstellung des zu schweissenden Eisens gebildet waren, und selten erheblich über 1 Proc. hinausgeht, so bilden jene Schlacken ein gesuchtes Material sowohl als Zusatz beim Puddeln wie für die Verhüttung im Hochofen.

Beispiele der Verarbeitung des Schweisseisens.

Darstellung des Gärbstahles.

Der durch Frischen erzeugte Schweissstahl (Herdfrischstahl, Puddel - stahl) ist, wie alles Schweisseisen, nicht immer gleichartig in seiner Beschaffenheit und mehr oder minder von Schlacke durchsetzt. DassLedebur, Handbuch. 62970Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.auch der rohe Cementstahl den Fehler einer ungleichartigen Beschaffen - heit, eines abweichenden Kohlenstoffgehaltes an verschiedenen Stellen des nämlichen Stabes, zu besitzen pflege, wurde schon bei der Be - sprechung der Eigenthümlichkeiten desselben erwähnt.

Eine Verbesserung der Eigenschaften dieser Stahlsorten ist mög - lich, wenn sie dem schon in allgemeinen Zügen geschilderten, für alles Schweisseisen anwendbaren Verarbeitungsprocesse unterzogen werden, d. h. wenn man sie auf dünne Querschnitte ausstreckt, die gestreckten Stäbe zusammenschweisst, abermals ausstreckt und unter Umständen dieses Verfahren nochmals wiederholt. Der Process wurde in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zuerst durch Crawley in England eingeführt, und der auf diese Weise dargestellte Stahl blieb viele Jahr - zehnte hindurch der vorzüglichste zur Darstellung von Werkzeugen u. s. w., bis man durch Erfindung der Tiegelgussstahldarstellung ein Mittel erhielt, einen noch gleichmässigeren, dabei vollständig schlackenfreien und ungeschweissten Stahl zu gewinnen. Der Umstand aber, dass der Tiegel - gussstahl, wie aller Flussstahl, schwieriger verarbeitbar, insbesondere schwieriger schweissbar ist, als jener Schweissstahl, erklärt es, dass er trotz seiner Vorzüge bislang nicht im Stande war, denselben voll - ständig zu verdrängen. Insbesondere wird noch in den österreichischen Alpenländern die Darstellung dieses raffinirten Schweissstahles betrieben. Man benutzt als Material für denselben den Rohstahl vom Frischfeuer - betriebe und verwendet ihn zur Anfertigung von Sensen, Sicheln, Messern, Federn, gröberen Werkzeugen u. s. w.

Das Packet, durch dessen Zusammenschweissen und Ausrecken der Stahl hergestellt wird, heisst eine Garbe; das Verfahren der Veredlung des Stahles in dieser Weise wird Gärben genannt, und der fertige Stahl hat demnach den Namen Gärbstahl erhalten. 1)In England pflegt man den Stahl Shear steel zu nennen, da er ursprünglich vielfach zur Herstellung grosser, bei der Tuchanfertigung früher benutzter Scheeren Verwendung fand.

Das Verfahren im Grossen und Ganzen ist ziemlich einfach, wenn auch von der bei demselben angewendeten Umsicht und Sorgfalt sehr wesentlich die Beschaffenheit des fertigen Stahles abhängt. Man streckt zunächst den Rohstahl im Walzwerke oder unter dem Hammer zu Stäben von 8 15 mm Stärke und wirft dieselben noch rothglühend in Wasser, um sie nachher leichter zerschlagen zu können. Aus vier bis acht Lagen dieser in entsprechend kürzere Stücke zerbrochenen Stäbe bildet man eine Garbe, gewöhnlich im Gewichte von etwa 15 kg, bringt dieselbe mit Hilfe einer Zange in das mit Holzkohlen geheizte Schweissfeuer, um sie hier unter Beachtung aller der Vorsichtsmaass - regeln, welche das Erhitzen und Schweissen des Stahles erheischt, auf Schweisstemperatur zu erhitzen, schweisst sie unter einem Hammer zusammen und streckt sie unter wiederholter Erhitzung zu den fer - tigen Stäben aus.

Für Darstellung zweimal gegärbten Stahles biegt man die solcher - art erhaltenen Stäbe in der Mitte zusammen, schweisst sie und streckt sie abermal aus; seltener bildet man eine vollständig neue Garbe aus den zerbrochenen Stäben von dem ersten Gärben.

971Beispiele der Verarbeitung des Schweisseisens.
Darstellung des Grobeisens.

Man versteht unter Grobeisen die stärkeren Eisensorten mit qua - dratischem, rechteckigem, kreisrundem, seltener sechs - oder achteckigem Querschnitte, welche aus Packeten durch einmalige Schweissung der - selben hergestellt werden. Eine bestimmte, allgemein gültige Grenze zwischen Grobeisen und Feineisen giebt es nicht; örtliche Gebräuche, insbesondere auch die Leistungsfähigkeit der Walzwerke einer Eisen - hütte, sind hierfür maassgebend.

Zu den Packeten benutzt man theils Rohschienen, theils Alteisen und Abfälle. Das Gewicht eines Packetes muss, wie auch bei Dar - stellung aller anderer Eisensorten, gleich sein dem Gewichte des fertigen Stabes plus dem Abbrande und dem Gewichte der abfallenden Enden. Die zu packetirenden Stäbe werden in Stücke von der entsprechenden Länge zerschnitten (gewöhnlich 450 600 mm) und dann derartig zu - sammengelegt, dass die Fugen gegen einander versetzt sind und die Zwischenräume möglichst klein ausfallen. Die Form der einzelnen zu packetirenden Stücke muss für ihre Anordnung maassgebend sein, und eine gewisse Uebung und Umsicht ist für eine gute Packetirung uner - lässlich.

Sollte das Packet wegen der ungünstigen Form der packetirten Stücke zum Auseinanderfallen geneigt sein, so bindet man es wohl mit Bindedraht zusammen.

Das Schweissen des entsprechend erhitzten Packetes pflegt in Spitz - bogenkalibern (S. 728) vorgenommen zu werden; man lässt es durch mehrere derartige Kaliber hindurchgehen, bevor es in die Fertigkaliber gelangt.

Rundeisen pflegt in Spitzbogenkalibern fortschreitend bis auf den vorletzten Querschnitt gestreckt zu werden; dann erhält es in einem einzigen Rundkaliber seine Vollendung (S. 728), durch welches es zwei Male unter Drehung um 90 Grad hindurchgeführt wird. Auch Quadrat - eisen, dessen Endkaliber überhaupt sich von den Spitzbogenkalibern nur durch die weniger stark gewölbte Form der Seitenflächen unter - scheidet, wird in dieser Weise gewalzt. Flacheisen wird, nachdem das Packet in Spitzbogenkalibern geschweisst worden ist, in geschlossenen Kalibern der Vollendwalzen fertig gestreckt, dabei ausgebreitet und nach jedem Durchgange um 180 Grad gedreht. Die Einrichtung der Flacheisenkaliber ist im Wesentlichen die nämliche wie bei den links - seitig befindlichen Walzen des auf S. 701 (Fig. 183) abgebildeten Roh - schienenwalzwerkes.

Feineisen und Walzdraht.

Man stellt diese Eisensorten dar, indem man Packete im Grob - eisenwalzwerke schweisst und zu Stäben auswalzt, diese zu kürzeren Stücken zerschneidet, welche Prügel oder Knüttel genannt werden, abermals Schweisshitze giebt (ohne Packetirung) und nun auf dünnere Querschnittsabmessungen auswalzt. Feineisen hat die nämlichen Quer - schnittsformen wie das Grobeisen, nur in entsprechend geringeren Ab - messungen; Walzdraht nennt man insbesondere die schwächsten Sorten62*972Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.des durch Walzen hergestellten Rundeisens, deren Durchmesser mit - unter nur wenige Millimeter beträgt. 1)Meistens 5 mm; weniger als 4 mm selten.Man benutzt denselben theils unmittelbar für die mannigfachsten Zwecke, theils auch zur Herstellung des gezogenen noch feineren Drahtes, einer Arbeit, deren Besprechung nicht mehr in das Gebiet der Eisenhüttenkunde fällt, sondern der mecha - nischen Technologie angehört.

Da die Eisenstäbe um so rascher abkühlen und demnach das Aus - walzen um so stärker beschleunigt werden muss, je dünner ihr Quer -

Fig. 289.

schnitt ist, so sind für die Feineisen - darstellung rasch laufende Walzwerke nach dem Triosystem erforderlich. Für die feineren Rundeisensorten pflegt man drei bis sechs Walzgerüste zu kuppeln, so dass ein und derselbe Stab, nach - dem er in den Vorwalzen rasch auf eine bedeutende Länge gestreckt und dann umgebogen war, nunmehr schlan - genartig durch mehrere Walzgerüste gleichzeitig hindurcheilt. Man pflegt in Spitzbogen - oder Quadratkalibern, zwi - schen denen man zur Beschleunigung der Arbeit Ovalkaliber (S. 727) ein - schaltet, zu strecken und erst, wie bei Darstellung gröberen Rundeisens, in einem Rundkaliber die Vollendung zu geben.

Da die Arbeit des Drahtziehens er - heblich kostspieliger ist als die des Walzens, so liegt es im Interesse des Fabrikanten, Walzdraht von möglichst geringem Durchmesser herzustellen. Er - hebliche Fortschritte sind in dieser Be - ziehung während der letzten Jahrzehnte gemacht und insbesondere sind die Drahtwalzwerke zu grosser Vollkom - menheit ausgebildet worden. Es kommt hierbei nicht allein darauf an, dass das Walzwerk rasch strecke, d. h. mit grosser Umfangsgeschwindigkeit laufe, sondern es sind auch Vorrichtungen erforderlich, um das Einführen des zwischen den Walzen herauskommenden Endes des glühenden Stabes in das folgende Kaliber in möglichst kurzer Zeit und mit möglichster Genauigkeit zu ermöglichen; und es ist hierbei zugleich zu berücksichtigen, dass der Draht, um fernerhin gestreckt zu werden, eine Drehung um 90 Grade erleiden muss, ehe er in ein neues Kaliber eintritt. Häufig benutzt man für diesen Zweck Führungen, welche den Draht bei seinem Herauskommen aufnehmen; zur noch grösseren Erleichterung des Hinüberleitens hat man auch wohl parallele,973Beispiele der Verarbeitung des Schweisseisens.hinter einander aufgestellte Walzstrecken angeordnet, so dass der Draht von einer zur andern hinüber geht. Jenes Wenden des Drahtes um 90 Grad aber lässt sich ersparen, wenn man abwechselnd Walzen mit wagerechten und senkrechten Drehungsachsen anordnet, zwischen welchen der Draht der Reihe nach hindurchgeht. Bei einem derartigen von Johnson eingerichteten Walzwerke sind 16 derartige Walzenpaare von 200 mm Durchmesser, immer abwechselnd mit wagerechten und senk - rechten Achsen und mit zunehmender, der stattfindenden Streckung ent - sprechender Beschleunigung, in gleichzeitiger Wirksamkeit, welche in neunstündiger Schicht 15 t Stäbe von 30 mm Durchmesser auf 4 mm Durchmesser auswalzen. 1)P. Tunner, Das Eisenhüttenwesen der Vereinigten Staaten Nordamerikas, S. 134.Auch bei einem von R. Daelen entworfenen Drahtwalzwerke (D. R. P. Nr. 11 838) ist der nämliche Grundsatz, die abwechselnde Benutzung senkrechter und wagerechter Walzen, zur An - wendung gebracht.

Winkeleisen.

Man walzt dasselbe gewöhnlich in zwei Hitzen aus Packeten mit quadratischem Querschnitte. Die obere und untere Seite des Packetes lässt man gern aus je einer einzigen geschweissten Platte, einer so - genannten Deckplatte bestehen, welche aus Blechabfällen hergestellt werden kann. Man erzielt dadurch sauberere Oberflächen und macht das Eisen geeigneter, die Herstellung von Nietlöchern ohne Beschädi - gung des Materiales zu ertragen. Die Art und Weise der Kalibrirung der Fertigwalzen ergiebt sich aus der Skizze Fig. 289. Auch ungleich - schenkliges Winkeleisen wird in dieser Weise gewalzt.

Einfach - und Doppelt-T-Eisen.

Man walzt diese Eisensorten aus profilirten Packeten, deren Quer - schnitt schon eine gewisse Aehnlichkeit mit der Querschnittsform des fertigen Eisens besitzt. Für Einfach-T-Eisen lässt sich z. B. die Packetirung in der Weise bewirken, wie es Fig. 290 darstellt. a a sind geschweisste Schienen, b Rohschienen. Aehnlich werden die Packete für Doppelt-T-Eisen gebildet.

Das Auswalzen pflegt in zwei Hitzen bewirkt zu werden. In den Kalibern für Doppelt-T-Eisen liegt der mittlere Steg des Eisens wagerecht, die Flügel senk -

Fig. 290.

recht (〈…〉〈…〉). Letztere also können nur durch den Seitendruck in den Kalibern ausgebildet werden; und je grösser ihre Breite ist, desto schwieriger fällt naturgemäss die Herstellung des Eisens aus. Für solche Eisensorten mit breiten Flügeln hat man wohl das Universalwalzwerk (S. 733) zur Anwendung gebracht.

Einfach-T-Eisen dagegen lässt sich, wenn es erforderlich sein sollte, ohne Schwierigkeit in Kalibern walzen, welche abwechselnd liegend und stehend angeordnet sind, so dass in dem einen Kaliber Oberdruck auf den Steg, in dem folgenden auf die Flügel ausgeübt wird.

974Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.
Blech.

Man pflegt Schwarzbleche, Kesselbleche und Panzerplatten zu unter - scheiden. Ein hohes Maass von Zähigkeit wird von sämmtlichen Blech - arten verlangt; nur phosphor - und schlackenarmes Eisen ist deshalb für ihre Herstellung brauchbar.

Schwarzbleche sind die feinsten Blechsorten mit einer Stärke - abmessung bis zu etwa 5 mm. Häufig verwendet man dieselben zur Anfertigung von Gegenständen, welche durch Drücken, Prägen oder ähnliche Arbeiten im kalten Zustande hergestellt werden; nur ein sehr dehnbares Material ist hierfür geeignet.

Man benutzt gewöhnlich für die Herstellung des Schwarzbleches Flachstäbe, welche entweder aus einem Packete oder auch, wo noch Frischfeuerbetrieb für diesen Zweck unterhalten wird (vergl. die Erörte - rungen auf S. 758), aus der Luppe des Frischfeuers gewalzt beziehent - lich geschmiedet werden. Die Stäbe zertheilt man in Stücke von solcher Länge, dass jedes derselben eine Blechtafel giebt. Diese Stücke, ge - wöhnlich Stürze genannt, werden im Schweissofen erhitzt, dann im Blechwalzwerke (S. 710 ff. ) zunächst in der Längenrichtung gestreckt, bis ihre Länge gleich der Breite des herzustellenden Bleches ist, hierauf in entgegengesetzter Richtung (quer) unter öfters wiederholtem Erhitzen bis zur hellen Rothgluth (nicht Schweisstemperatur) zu der vorgeschriebe - nen Stärke ausgewalzt. Um die Arbeit zu beschleunigen, legt man eine grössere Zahl Tafeln auf einander, sobald ihre Querschnittsverdün - nung ein gewisses Maass erreicht hat, und führt sie gemeinschaftlich zwischen den Walzen hindurch.

Man benutzt gewöhnlich Duowalzwerke mit einem oder auch mit zwei Walzgerüsten und bewirkt die Querschnittsverdünnung durch An - ziehen der Stellschraube nach jedem Durchgange. Auch das Lauth’sche Triowalzwerk (S. 713) hat sich für diesen Zweck als recht geeignet erwiesen.

Schliesslich ist ein Ausglühen der beim Walzen hart gewordenen Bleche erforderlich. Man benutzt dazu Flammöfen mit hoher Feuer - brücke, stark schmauchender (reducirender) Flamme und horizontalem Herde; sehr feine Bleche werden auch wohl in besonderen Gefässen geglüht. Bei diesem Ausglühen nehmen die Bleche jene schwarze Farbe an, der sie ihren Namen verdanken.

Kesselbleche pflegen eine Stärke von 5 20 mm zu besitzen. Man stellt sie aus Packeten dar, welche aus kreuzweise über einander gelegten Schienen gebildet werden. Bis vor wenigen Jahren pflegte man allgemein diese Packete, wenn sie schweisswarm geworden waren, unter einem schweren Dampfhammer (10 t Hammer) zusammenzu - schweissen und zu einem flachen, vierseitig prismatischen Blocke einer sogenannten Bramme auszuschmieden, welcher abermals auf Schweisshitze erwärmt und dann ausgewalzt wurde. Bei sorgfältiger Auswahl des Eisens und zweckentsprechender Packetirung hat man in neuerer Zeit das Schmieden der Packete entbehrlich gefunden. Man versieht die Packete oben und unten mit Deckplatten aus schon ge - schweisstem Eisen und schweisst sie zwischen den Blechwalzen selbst zusammen, bringt sie abermals in den Ofen und walzt sie weiter aus. 975Blechdarstellung aus Schweisseisen.Bis zur Vollendung pflegen noch eine oder zwei Erhitzungen des Bleches, jedoch nur auf helle Rothgluth, erforderlich zu sein. Gewöhn - lich sind zwei Walzgerüste vorhanden, deren eins zum Vorwalzen dient, während das zweite für das Fertigwalzen bestimmt ist. Für Herstellung schwerer Kesselbleche kommen nicht selten Kehrwalzwerke (S. 720) zur Anwendung.

Die vorgeschriebene Länge und Breite der Blechtafel wird erzielt, indem man die letztere bald der Länge, bald der Quere nach zwischen den Walzen hindurchgehen lässt, so dass Streckung in beiden Richtungen stattfindet. Man erreicht hierdurch den andern Zweck, eine allzu ein - seitige Ausbildung der Fasern nach der einen Richtung zu vermeiden, mit welcher eine übermässige Schwächung der Festigkeit in der Rich - tung gegen die Faser Hand in Hand gehen würde. Die Fasern des fertigen Bleches erstrecken sich naturgemäss in derjenigen Richtung, in welcher das Blech zuletzt gewalzt wurde; dass immerhin die Festig - keit des Bleches in dieser Richtung grösser sei als in der entgegen - gesetzten, wurde schon früher erwähnt.

Um zu verhüten, dass der Hammerschlag, welcher auf den Blech - tafeln sich bildet, eingewalzt werde und die Reinheit der Oberfläche beeinträchtige, entfernt man denselben vor jedem neuen Durchgange durch Abkehren mit einem Besen.

Schliesslich wird die noch glühende Blechtafel auf einer eisernen Richtplatte mit Holzhämmern geebnet.

Panzerplatten, welche in der Neuzeit zum Schiffsbau wie zur Küstenbefestigung eine hervorragende Wichtigkeit erlangt haben, werden, sofern sie nur aus Schweisseisen bestehen, in Stärken bis zu 250 mm gefertigt. Sollen stärkere Panzer gegeben werden, so legt man mehrere Platten hinter einander (Sandwichsystem); häufig verwendet man jedoch in der Jetztzeit Panzer, welche an der einen Seite aus Schweisseisen, an der andern aus Flusseisen beziehentlich Flussstahl bestehen, nach einem von Wilson erfundenen, unten kurz besprochenen Verfahren gefertigt und Compoundplatten genannt werden.

Zur Herstellung der Schweisseisenplatten, sie mögen nun für sich allein den Panzer bilden oder zur Herstellung der Compoundplatten bestimmt sein, walzt man aus sehnigem Eisen zunächst Bleche von etwa 35 mm Stärke, 1100 mm Länge und 500 mm Breite und benutzt dieselben als Deckplatten für Packete, deren Einlage aus Stäben von 25 mm Stärke und 150 180 mm Breite gebildet wird, und deren Gewicht etwa 1 t beträgt. Aus vier solchen Packeten walzt man in je 2 Hitzen Platten von 50 60 mm Stärke, legt dieselben zu einem neuen Packete auf einander und stellt daraus Platten dar von 75 bis 80 mm Stärke bei etwa 3500 mm Länge und 1300 mm Breite. Von diesen werden so viele, gewöhnlich 5 7, auf einander gelegt, als für die vorgeschriebenen Abmessungen des fertigen Panzers erforderlich ist, auf etwa die doppelte Länge ausgewalzt, und in zwei gleiche Theile zerschnitten, welche nun wiederum zusammengelegt, geschweisst und zu der fertigen Platte ausgewalzt werden. Schliesslich wird die noch glühende Platte auf einer gusseisernen Unterlage durch Darüberrollen einer schweren Gusseisenwalze gerichtet.

976Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.

Selbstverständlich sind für die Walzarbeit schwere Kehrwalzwerke erforderlich.

Für die Herstellung jener oben erwähnten Compoundplatten fertigt man in der soeben beschriebenen Art und Weise zunächst eine Schweiss - eisenplatte von etwa 300 mm Stärke, 3 m Länge, 1.8 m Breite und verbindet dieselbe mit einer aus weichem Martinstahle mit 0.45 Proc. Kohlenstoff gewalzten 50 mm starken Platte, so dass zwischen beiden ein Raum von 125 mm Stärke frei bleibt. Die Skizze Fig. 291 zeigt

Fig. 291.

diese Art der Verbindung. a ist die Schweisseisenplatte, b die Deckplatte aus Martinstahl; zwischen beiden ist an den Längsseiten die Leiste c einge - schoben. Der Raum d dient nun zur Aufnahme des Flussstahles, welcher etwas härter ist als die Deckplatte und etwa 0.55 Proc. Kohlenstoff enthält. Man erhitzt die verschraubten Platten zur Hellrothgluth, stellt sie aufrecht in eine entsprechend vorbereitete Gussform und giesst nun den im Martinofen erzeugten Stahl hinein. Später wird die Platte im Walzwerke auf die vorgeschriebenen Ab - messungen ausgestreckt.

3. Die Verarbeitung des Flusseisens.

Allgemeines.

Da bei der Verarbeitung des Flusseisens jene Reinigung von Schlacke ausser Betracht kommt, welche bei der Verarbeitung des Schweisseisens so wesentlich den Verlauf der Arbeit bedingt, so ist das Verfahren im Grossen und Ganzen einfacher als in dem letzteren Falle. Es kommt im Wesentlichen nur darauf an, jene prismatischen Blöcke, welche die erste Form des gegossenen Flusseisens zu bilden pflegen, zu verdichten, d. h. die in ihnen enthaltenen Hohlräume durch Zu - sammenpressen zu entfernen, und bei dieser Arbeit zugleich ihnen eine für die spätere Benutzung geeignete Form zu geben.

Das bei der Verarbeitung des Schweisseisens gewöhnlich unum - gängliche Packetiren fällt demnach bei der Verarbeitung des Fluss - eisens weg. Es ist nicht nur entbehrlich, sondern es würde sogar durch die Bildung von Schweissstellen den Werth der fertigen Waare sehr wesentlich abmindern. Die Herstellung der letzteren geschieht aus dem vollen, ungeschweissten Blocke, dessen Grösse von vorn herein dem Gewichte des zu fertigenden Stückes angepasst werden kann; und in dieser Abwesenheit aller Schweissstellen liegt ja, wie schon früher bei verschiedenen Gelegenheiten erörtert worden ist, ein wesentlicher Vorzug des Flusseisens. 1)Nur in solchen Ausnahmefällen wird Flusseisen packetirt und geschweisst, wenn es mit Schweisseisen in einem und demselben Stücke vereinigt werden soll. Dieser Fall kam bis gegen das Ende der siebenziger Jahre ziemlich häufig bei der Herstellung von Eisenbahnschienen vor, deren Fuss und Steg aus Schweisseisen gebildet wurde, während der Kopf aus Bessemerstahl bestand. Wie die fertige Schiene bestand das Packet theils aus Schweisseisen theils aus Flusseisen.

977Die Verarbeitung des Flusseisens.

Jene oben erwähnte Beseitigung der in den Flusseisenblöcken enthaltenen hohlen Stellen kann in vollkommener Weise nur dann ge - lingen, wenn ein Zusammenschweissen ihrer, unter dem ausgeübten Drucke platt gedrückten, Wände dabei stattfindet. Im andern Falle verschwindet zwar unter der Einwirkung der mechanischen Bearbeitung der eigentliche Hohlraum; an seiner Stelle aber hinterbleibt eine Fuge von geringerer oder grösserer Ausdehnung, eine unganze Stelle, welche den Zusammenhang des Metalles unterbricht und den fertigen Gegen - stand vollständig unbrauchbar machen kann, mindestens seine Güte erheblich beeinträchtigt. Nun ist aber alles Flusseisen durchschnittlich schwieriger schweissbar als Schweisseisen; manches Flusseisen ist sogar unschweissbar; und es erklärt sich hieraus, wie schon früher hervor - gehoben wurde, die grosse Wichtigkeit, welche bei der Darstellung des Eisens die Erzielung dichter Gussblöcke besitzt.

Nun wird offenbar diese besprochene Verdichtung des Flusseisens um so vollkommener ausfallen, je stärker die auf den Block ausgeübte Kraftwirkung ist; andererseits muss die Schwierigkeit, auch in den innersten Theilen des Blockes eine vollständige Verdichtung herbeizu - führen, mit dem Durchmesser desselben zunehmen. Diese Umstände erklären es, dass man in den ersten Jahrzehnten nach Einführung der neueren Processe zur Flusseisendarstellung ziemlich ausnahmslos für die erste Verdichtung der Blöcke schwere Dampfhämmer benutzte, deren Schlagwirkung entschieden günstiger für die Verdichtung ist, als die Wirkung des Walzens, und sich ausserdem durch Vergrösserung des Fallgewichtes und der Fallhöhe in fast unbegrenzter Weise steigern lässt. Andererseits aber ist das Schmieden eine zeitraubende und des - halb kostspielige Arbeit; es erfordert wegen der öfter nothwendigen Erhitzungen der Blöcke einen erhöhten Aufwand an Kohlen, und wenn die Blöcke während des Schmiedens an der Aussenfläche allzu sehr abkühlen, so kann es geschehen, dass sie hier kleine Risse bekommen, welche, wenn sie nicht vor dem erneuerten Erhitzen mit dem Meissel ausgehauen werden, die Entstehung unganzer Stellen in dem Fertig - erzeugnisse veranlassen. Je mehr man daher lernte, durch Benutzung der früher erörterten Mittel, insbesondere auch durch entsprechende Regelung der chemischen Zusammensetzung des Flusseisens, schon beim Giessen dichte Gussblöcke zu erzeugen, eine desto triftigere Veranlassung erhielt man, die Verdichtung der Blöcke durch Schmieden zu umgehen und sie sofort dem Walzwerke zu übergeben, damit dieses ebenso wohl die Verdichtung als Formgebung bewirke. Viele Dampfhämmer, welche ursprünglich für die Verdichtung der Flusseisenblöcke erbaut wurden, sind infolge dieser Aenderung des Betriebsverfahrens ausser Anwendung gekommen; dass jedoch nunmehr in allen Fällen die Verdichtung durch Schmieden entbehrlich werden wird, ist kaum zu erwarten. Die Be - schaffenheit des gegossenen Flusseisens und die Ansprüche, welche an die Beschaffenheit des Fertigerzeugnisses gestellt werden, müssen den Ausschlag für die Wahl des Verfahrens geben.

Dass in solchen Fällen, wo das Fertigerzeugniss überhaupt nicht durch Walzarbeit herstellbar ist, sondern nur durch Schmieden sich erzeugen lässt, der Dampfhammer unersetzlich ist, versteht sich von selbst; und durch Vergrösserung der Leistungsfähigkeit der hierfür978Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.bestimmten Dampfhämmer wie durch Vervollkommnung der zugehörigen Hilfsapparate in den letzten Jahrzehnten erhielt man die Möglichkeit, entsprechend grosse Flusseisenblöcke ohne Schweissung zu Schmiede - stücken zu verarbeiten, deren Darstellung früher für unmöglich ge - halten sein würde.

Die Wärmöfen und Heizgruben.

Die Temperatur, auf welche das Flusseisen, um verarbeitet zu werden, erhitzt werden muss, liegt durchgängig niedriger als diejenige, deren das Schweisseisen bedarf, um geschweisst und von Schlacke ge - reinigt zu werden. Nur die kohlenstoffärmsten Sorten Bessemer - oder Martineisens ertragen eine Temperatur, welche der Schweisstemperatur des sehnigen Schweisseisens nahe liegt; je reicher an Kohlenstoff, Silicium oder Mangan das Flusseisen ist, desto leichter ist es der Gefahr des Verbrennens (S. 642) beziehentlich des beginnenden Schmelzens unterworfen, in desto weniger hoher Temperatur muss es verarbeitet werden. Auch Schweissstahl erträgt und verlangt stärkere Erhitzung für eine günstig verlaufende Verarbeitung als Flussstahl mit dem gleichen Kohlenstoffgehalte.

Aus diesem Grunde pflegt man die Oefen, in welchen die Er - hitzung der Flusseisenblöcke vorgenommen wird, wohl als Wärmöfen zu bezeichnen, um sie von den für stärkere Erhitzung bestimmten, früher besprochenen Schweissöfen zu unterscheiden.

Da nun aber die Flusseisenblöcke, nachdem sie gegossen wurden, ohnehin allmählich sämmtliche Temperaturen von der Schmelzhitze bis zur völligen Abkühlung durchlaufen, so muss der Gedanke nahe liegen, sie zur Ersparung einer besonderen Erhitzung sofort der Verarbeitung zu unterziehen, sobald sie nach dem Erstarren auf die dafür geeignete Temperatur abgekühlt sind. Ohne Weiteres ist nun freilich ein solches Verfahren nicht ausführbar. Die Abkühlung der Blöcke geht natur - gemäss nicht gleichmässig innerhalb des ganzen Querschnittes vor sich, sondern beginnt rasch an der Aussenfläche und setzt sich dann ganz allmählich nach innen fort. Die äussere Kruste ist bereits hart und spröde, während der Block im Innern noch vollständig weich, unter Umständen noch flüssig ist. Wollte man denselben in diesem Zustande schmieden oder walzen, so würde das weiche Metall aus dem Innern herausgedrückt werden und die Kruste Risse bekommen.

Immerhin lässt sich ein beträchtlicher Theil Brennstoff ersparen, wenn man die Blöcke noch heiss in den Ofen bringt, wo sie nunmehr wieder von aussen erwärmt werden. Es findet rasch Wärmeausgleichung statt, und die Erhitzung fällt gleichmässiger aus, als wenn ein kalter Block in den Ofen eingesetzt wird. Ein derartiges Verfahren ist des - halb überall da in Anwendung, wo die Betriebsverhältnisse es gestatten, dass die Verarbeitung der Blöcke sich unmittelbar an die Herstellung anreihe.

Ist jedoch der Betrieb umfangreich genug, dass die Einsätze rasch auf einander folgen, die Blöcke also kurze Zeit, nachdem sie gegossen wurden, zur Verarbeitung gelangen, so lässt sich selbst ohne An - wendung jeden Brennstoffes eine gleichmässige Durchwärmung979Die Verarbeitung des Flusseisens. Heizgruben.derselben herbeiführen, wenn man sie, in engen aus schlechten Wärme - leitern gebildeten Räumen, die immer wieder für die Blöcke des nächsten Einsatzes benutzt werden und deren Wände deshalb ununterbrochen warm bleiben, einige Zeit sich selbst überlässt.

Dieses Verfahren, von John Gjers im Jahre 1882 zuerst auf den Darlington Steel and Iron Works ausgebildet, ist seitdem bereits auf verschiedenen grösseren Eisenwerken eingeführt worden und wird vor - aussichtlich in nicht ferner Zeit überall da zur Anwendung gelangen, wo die Betriebsverhältnisse die letztere ermöglichen.

Fig. 292.
Fig. 293.

Gjers benutzt für den genannten Zweck grubenförmige, mit feuer - festen Steinen eingefasste Räume1)Gjers nennt diese Räume soaking pits Durchweichungsgruben. Die Be - zeichnung Heizgruben oder Selbstheizgruben dürfte für die deutsche Sprech - weise besser geeignet sein als die wörtliche Uebersetzung., deren jeder nur einen einzigen Block aufnimmt und daher im Durchmesser und in der Höhe nur wenig grösser ist als dieser. Fig. 292 und 293 zeigen die Einrichtung einer Gruppe von acht solcher Gruben. Sie sind, wie erwähnt, durch Mauerwerk von feuerfesten Ziegeln eingefasst und oben durch je einen Deckel geschlossen, welcher aus einem eisernen Rahmen mit ein -980Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.gesetzten feuerfesten Steinen besteht. Die Sohle der Gruben wird aus eingeschüttetem Sande, mit zerkleinerten feuerfesten Steinen gemischt, gebildet, eine Einrichtung, welche eine beliebige Verringerung der Höhe der Gruben ermöglicht, wenn niedrigere Blöcke eingesetzt werden sollen. Der Durchmesser der Gruben muss natürlich von dem Durch - messer der einzusetzenden Blöcke abhängig sein; man pflegt ihn so zu wählen, dass am Fusse des Blockes, wo derselbe seinen grössten Durch - messer besitzt, rings herum etwa 35 40 mm Spielraum bleibt.

Die Blöcke kann man, wie es bei den beiden in Fig. 292 links - seitig gezeichneten Blöcken geschehen ist, mit einem aus feuerfestem Materiale hergestellten Deckel, welcher eben noch willig in die Grube hineinpasst, abdecken, um den Kopf wärmer zu halten; unbedingt noth - wendig ist jedoch dieses Verfahren nicht.

Die Gruben befinden sich in der Nähe des Giessraumes, so dass derselbe Krahn, welcher die Gussformen ab - und die Blöcke empor - hebt, auch dazu dient, sie unmittelbar in die Gruben einzusetzen. Die Blöcke bleiben 20 30 Minuten in den Gruben und werden dann sofort dem Walzwerke oder Hammer überwiesen.

Die Oefen, welche man zum Wärmen der Blöcke benutzt, die letzteren mögen nun kalt oder warm eingesetzt werden, sind Flamm - öfen und den früher beschriebenen Schweissöfen in ihrer Einrichtung um so ähnlicher, auf je höhere Temperatur die Blöcke erhitzt werden sollen, und je weniger sie vor Oxydation geschützt zu werden brauchen, je kohlenstoffärmer also das zu erhitzende Eisen ist. Durch eine etwas höhere Feuerbrücke, als sie die Schweissöfen für Sehneisen besitzen, pflegt man in allen Fällen die Blöcke einer allzu unmittelbaren Be - rührung der Flamme zu entziehen, welche hier nachtheiliger als beim Erhitzen des Schweisseisens einwirken würde.

Auch für diesen Zweck ist ebenso wohl directe als Gasfeuerung in Anwendung. Siemensöfen finden sich besonders häufig auf eng - lischen und amerikanischen Werken; ihrer allgemeinen Anwendung tritt auch bei der Verarbeitung des Flusseisens der Umstand hinderlich entgegen, dass ihre Abhitze nicht, wie bei anderen Oefen (Bicheroux - ofen, Lürmannofen u. s. w.), für die Kesselfeuerung verwendbar bleibt.

Eine eigenthümliche Nutzanwendung hat man vielfach in neuerer Zeit von dem Umstande gemacht, dass die Flusseisenblöcke leicht, zumal auf etwas abschüssiger Bahn, ein Fortrollen ermöglichen. Man giebt dem Ofen einen nach dem Fuchse hin ansteigenden Herd von bedeu - tender Länge, so dass die Gase ziemlich abgekühlt den Ofen verlassen, setzt die Blöcke an der kältesten Stelle, also am Ende des Herdes ein und rollt sie allmählich dem Gasstrome entgegen, um sie schliesslich in der Nähe der Feuerbrücke dem Ofen zu entnehmen. Da der ganze Ofen mit Blöcken gefüllt erhalten wird, welche, dem Gegenstrom - principe (S. 26) entsprechend, in immer heissere Gegenden des Ofens einrücken, je mehr Wärme sie selbst bereits aufgenommen haben, ist die Wärmeausnutzung eine sehr günstige. Man nennt derartige Oefen Rollöfen und baut sie ebenso wohl mit directer als mit Gasfeuerung.

981Die Verarbeitung des Flusseisens. Wärmöfen.

Einen Rollofen der ersteren Art zeigen die Abbildungen Fig. 294 und 295. 1)Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ingenieure 1880, Taf. XIV.Die Länge des Herdes von der Feuerbrücke bis zum ent - gegengesetzten Ende, wo die Blöcke eingesetzt werden, beträgt 7.25 m; die Steigung desselben entspricht ungefähr dem Verhältnisse 1: 9. Die Einsatzöffnung nimmt die ganze Breite des Herdes ein und ist durch eine Thür geschlossen, bestehend aus einem mit feuerfesten Ziegeln ausgesetzten Rahmen, welche zwischen senkrechten Führungen ver - mittelst Ketten und Gegengewichten emporgezogen wird. Zur Erleichte - rung des Einsetzens ist ausserhalb des Ofens unmittelbar vor der Thür - öffnung eine hydraulische Hebevorrichtung angebracht, welche die Blöcke

Fig. 294

u. 295.

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emporhebt. An der andern Seite der Thür im Innern des Ofens sind in der Sohle des Ofenherdes zwei Fuchsöffnungen angeordnet, durch welche die Gase abwärts nach dem Essenkanale entweichen. An beiden Langseiten des Ofens befinden sich in Abständen von je 75 cm zahl - reiche kleine Thüröffnungen, zum Einführen eiserner Stangen dienend, mit deren Hilfe das Rollen der Blöcke bewirkt wird. Sie sind durch Schiebethüren geschlossen, welche, wie Fig. 294 erkennen lässt, an Ketten mit Gegengewichten hängen.

Durch die in unmittelbarer Nähe der Feuerbrücke befindliche Thür a erfolgt das Ausziehen der Blöcke. Zur Erleichterung dieser Arbeit ist vor dem Ofen in einiger Höhe über den Thüren die hori - zontale Welle b gelagert, welcher von dem hydraulischen Plunger aus eine bestimmte Drehung ertheilt werden kann. Vor der Auszieh -982Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.öffnung ist an der Welle ein abwärts gerichteter Hebel c befestigt, welcher bis zur Thüröffnung hinabreicht und an welchen ein eiserner Haken mit Hilfe einer kurzen Kette angeschlossen werden kann, deren letztes Glied über das Ende des Hebels geschoben wird. Der in den Ofen geschobene Haken erfasst den Block; dann wird die Welle in Bewegung gesetzt, der Hebel schlägt nach aussen und zieht den Block auf den vorgefahrenen Karren.

Bei ausreichender Länge des Herdes verlassen die Gase bereits in so abgekühltem Zustande den Ofen, dass eine Benutzung derselben zur Kesselfeuerung nicht mehr thunlich ist. Vor den Siemensöfen, mit welchen sie diese Eigenthümlichkeit theilen, haben sie den Vortheil der grösseren Einfachheit voraus, während ihr Brennstoffverbrauch kaum ungünstiger ist. In Rollöfen mit directer Feuerung zum Erhitzen von Blöcken für Eisenbahnschienen gebraucht man in Westfalen per 1000 kg Blöcke etwa 190 kg Steinkohlen, wenn die Blöcke kalt, 100 kg Stein - kohlen, wenn sie heiss eingesetzt wurden1)Nach F. Braune; vergl. Literatur.; amerikanische Siemensöfen für den nämlichen Zweck gebrauchen nach Holley2)Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde, S. 420. 160 180 kg Steinkohlen, englische nach Jordan3)Album du cours de metallurgie, texte, p. 153. 170 215 kg.

Ein Ofen in den abgebildeten Abmessungen fasst 30 Blöcke für je zwei Eisenbahnschienen und jeder warm eingesetzte Block verweilt etwa 3 Stunden im Ofen.

Als ein Beispiel jener grossen Glühöfen, welche insbesondere zum Wärmen der für Herstellung schwerer Schmiedestücke bestimmten Guss - blöcke aus Tiegelgussstahl, Martin - oder Bessemereisen erforderlich sind, möge der in Fig. 296 298 in 1 / 200 der wirklichen Grösse abgebildete Ofen des Eisenwerkes Creusot dienen. 4)A. v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris.Vier solcher Oefen liefern die Blöcke für den in Fig. 175 auf S. 694 abgebildeten 80 t Hammer, und ihre Stellung gegen den Hammer ist aus der genannten Abbildung zu ersehen.

Die Oefen sind mit Siemensfeuerung versehen. Die Anordnung der Regeneratoren ist aus Fig. 298 ersichtlich. Das Gas tritt durch fünf Kanäle a a .. in den Ofen; die Luft steigt aus den mittleren Regeneratoren in ebenfalls fünf Kanälen b empor, um dann durch den breiten Spalt c oberhalb des Gases in den Heizraum zu gelangen. Die Feuerbrücken sind hoch, die Decke stark gewölbt. Feuerbrücken und Bodenplatte sind durch hindurchgehende Luftkanäle kühl erhalten. Die Einsatzthür besteht, wie bei anderen Oefen, aus einem Gusseisenrahmen mit feuerfestem, aus Ziegeln hergestelltem Futter; wegen des bedeuten - den Gewichtes dieser 3.7 m breiten, 2.5 m hohen Thür aber reicht jene einfache Vorrichtung zum Aufziehen, wie sie bei kleineren Oefen üblich ist Hebel mit Kette oder Kette mit Gegengewichten , nicht mehr aus. Wie Fig. 296 erkennen lässt, ist auf der Sohle des Schachtes, in welchem der Fuss des Ofens steht, ein wagerechter hydraulischer983Die Verarbeitung des Flusseisens. Wärmöfen.Cylinder angeordnet, von welchem aus vermittelst zweier Zahnstangen und Getrieben die Kettentrommeln d d bewegt werden, über welche die zum Aufziehen der Thür dienenden Ketten gelegt sind. Die Steuerung

Fig. 296.

Fig. 297.

des hydraulischen Cylinders wird von der Hüttensohle aus bewirkt; e in Fig. 296 stellt die betreffende Steuerungsvorrichtung dar.

Brennstoffverbrauch, Abbrand. Ueber den Brennstoffver - brauch in verschiedenen Arten der Wärmöfen für Flusseisenblöcke wurden bereits auf S. 982 einige Mittheilungen zu dem Zwecke eines Vergleiches der Rollöfen mit den Siemensöfen gemacht. Ein wesent - licher Unterschied im Vergleiche mit dem Brennstoffverbrauche der Schweissöfen wird nur dann sich ergeben, wenn die Blöcke noch heiss in den Ofen eingesetzt wer - den; wie die oben mitgetheilten Ziffern beweisen, lässt sich in diesem Falle annähernd die Hälfte des Brennstoffes ersparen. Im andern Falle begünstigt zwar der Umstand, dass die Blöcke auf eine niedrigere Temperatur als Schweiss - eisen erhitzt zu werden brauchen, die Ersparung an Brennstoff, wäh -

Fig. 298.

rend andererseits die Nothwendigkeit, die Blöcke vor der unmittelbaren Einwirkung einer oxydirenden Flamme zu schützen, die günstige Aus - nutzung der Wärme erschwert.

984Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.

Dagegen pflegt der Abbrand wesentlich geringer zu sein als beim Schweisseisen und sich bei jeder Erhitzung auf nur 2 4 Proc. vom Gewichte des eingesetzten Eisens zu beziffern. Die Gründe dafür liegen nahe. Die Blöcke bieten der oxydirenden Einwirkung der Ofengase eine weit geringere Oberfläche dar als die aus zahlreichen Stücken bestehenden Packete; die Erhitzung ist weniger stark und die Blöcke werden absichtlich der Oxydationswirkung so viel als thunlich entzogen; hauptsächlich aber kommt in Betracht, dass ein grosser Theil des beim Schweisseisen sich ergebenden Abbrandes aus dem Verluste an ein - gemengter Schlacke besteht, deren Entfernung ja in erster Reihe der Zweck des Schweissens war, dieser Gewichtsverlust aber beim Erhitzen und Verarbeiten des Flusseisens in Wegfall kommt.

Beispiele.

Der Tiegelgussstahl, die älteste Art alles Flusseisens, diente viele Jahrzehnte lediglich zur Darstellung von Werkzeugen, Uhrfedern und ähnlichen kleinen Gegenständen. Man streckte die Blöcke unter dem Hammer zu Stäben aus, welche als Material für die genannten Ver - wendungen in den Handel kamen. Erst als es Fr. Krupp gelungen war, aus einer grösseren Zahl Tiegel einen einzigen fehlerfreien Block darzustellen, erlangte man die Möglichkeit, den Tiegelgussstahl auch für Herstellung grösserer Gegenstände Geschütze, Maschinen - theile u. s. w. , welche fast ausnahmslos durch Schmieden ihre erste Form erhielten, zu benutzen. Einer sehr ausgedehnten Verwendung des Tiegelgussstahles aber stand sein hoher Preis hindernd entgegen.

Erst nachdem man durch Erfindung des Bessemer - und Martin - processes den Weg gefunden hatte, Flusseisen in billigerer Weise zu erzeugen und in beliebig grosse Blöcke zu giessen, konnte dem Schweiss - eisen eine ernstliche Concurrenz durch das Flusseisen erwachsen; mächtig aber dehnte sich die Verwendung des letzteren aus, nachdem man gelernt hatte, auch jene kohlenstoffarmen Sorten Flusseisens darzu - stellen, welche, nicht minder dehnbar als weiches Schweisseisen, sich durch grössere Festigkeit vor diesem auszeichnen.

Zahlreich sind in der That heutigen Tages die Verwendungen des Flusseisens, und viele jener Eisensorten, deren Herstellung aus Schweiss - eisen theilweise oben besprochen wurde, werden von Jahr zu Jahr in grösseren Mengen auch aus Flusseisen dargestellt. Man fertigt Flach -, Quadrat - und Rundstäbe, Walzdraht, Bleche und mannigfache Sorten sogenannten Profileisens. Das Arbeitsverfahren hierbei ist, da die Schweissung der Packete wegfällt, im Ganzen einfacher als bei der Herstellung aus Schweisseisen. Die Blöcke werden erhitzt, in einzelnen Fällen zunächst gehämmert, häufiger sofort in einer oder mehreren Hitzen ausgewalzt.

Unleugbar die wichtigste aller Verwendungen des Flusseisens jedoch ist in der Jetztzeit die Herstellung von Eisenbahnschienen1)Von Millionen Tonnen Bessemer - und Martineisen, welche im Jahre 1882 auf der Erde erzeugt wurden, verarbeitete man allein 4 Millionen Tonnen zu Eisen - bahnschienen (Glaser’s Annalen, Bd. XIV, S. 59).; und985Die Herstellung der Eisenbahnschienen.als Beispiel für die Verarbeitung des Flusseisens überhaupt möge des - halb eine kurze Beschreibung des Verfahrens bei diesem Betriebszweige der Eisenhütten dienen.

Bis gegen die Mitte der sechziger Jahre dieses Jahrhunderts be - nutzte man allgemein Schweisseisen zur Herstellung der Eisenbahn - schienen. Ziemlich regelmässig bestand der Kopf der Schiene aus Puddel - stahl oder Feinkorneisen, der Fuss aus Sehneeisen. Durch geeignetes Packetiren, Schweissen und Auswalzen wurden die verschiedenen Eisen - sorten bei der Herstellung der Schienen mit einander verbunden. Später vertauschte man den Puddelstahl vielfach mit Bessemerstahl und solche Schienen mit sehnigem Fusse und Stahlkopf wurden noch in der Mitte der siebenziger Jahre ziemlich häufig gefertigt.

Eine derartige aus Schweisseisen gefertigte Schiene besteht dem - nach, wie jeder aus einem Packete hervorgehende Eisenstab, aus zahl - reichen, neben und auf einander liegenden, durch Schweissung ver - bundenen Streifen. Unter der Einwirkung der darüber hinrollenden Räder lösen sich allmählich die Schweissstellen, die Schiene fängt an aufzusplittern und wird unbrauchbar, ehe noch die eigentliche Abnutzung des Kopfes ein Auswechseln derselben erforderlich gemacht haben würde.

Es ist klar, dass dieser Uebelstand vermieden, die Schiene halt - barer werden muss, wenn sie aus ungeschweisstem Materiale, aus Fluss - eisen, gefertigt wird.

Die ersten Versuche, ungeschweisste Schienen aus Flusseisen anzu - wenden, wurden sehr bald nach Einführung des Bessemerprocesses, im Anfange der sechziger Jahre, angestellt. Man beschränkte ihre An - wendung anfänglich auf die vielbenutzten Gleise der Bahnhöfe und auf starke Steigungen. Zwei Umstände waren es vornehmlich, die sich einer raschen Ausbreitung der Anwendung entgegensetzten. Der eine war die grössere Kostspieligkeit des Bessemereisens in damaliger Zeit; der andere der Mangel an Erfahrungen über die zweckmässigste chemi - sche Zusammensetzung. Um die Schienen möglichst widerstandsfähig zu machen, glaubte man ein zugleich sehr festes und hartes Material, wirklichen Stahl, verwenden zu müssen, dessen vorschriftsmässige Zer - reissungsfestigkeit mitunter 75 kg per qmm oder noch mehr betragen sollte. Bei einer so bedeutenden Festigkeit kann die Zähigkeit nur eine geringe sein; die Schienen waren zu spröde, um lange haltbar zu sein.

Erst nachdem im Laufe der siebenziger Jahre durch die Vervoll - kommnungen in den Bessemer - und Walzwerken die Möglichkeit ge - schaffen war, Bessemereisenschienen ebenso billig als früher geschweisste Schienen zu liefern, und als dann die Erfahrungen über die zweck - mässigste Wahl und Behandlung des Materiales immer reicher wurden, verdrängte die Flusseisenschiene ziemlich rasch die geschweisste, und seit Beginn der achtziger Jahre hat die Anfertigung der letzteren fast ganz aufgehört.

Gross ist in der That der Unterschied in der Dauer der beiden Schienengattungen. Wenn zwar ein vollständig zuverlässiger Vergleich insofern schwierig ist, als hierbei die Anzahl und Grösse der einzelnenLedebur, Handbuch. 63986Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.Züge in Betracht zu ziehen sein würde, welche über die Schiene wäh - rend ihrer Benutzung hinrollten, so ergiebt sich doch aus den vor - liegenden Ermittelungen zweifellos, dass auf einer und derselben Bahn - strecke die Dauer der Flusseisenschiene ein Vielfaches von derjenigen der Eisenbahnschiene beträgt. So z. B. mussten von den seit 1869 verlegten Schweisseisenschienen der Eisenbahngesellschaft Grand Central Belge bis zum Schlusse des Jahres 1882 41 Proc. ausgewechselt werden; von den seit dem nämlichen Zeitabschnitte gelegten Flusseisenschienen dagegen betrug die auszuwechselnde Zahl nur 0.42 Proc. 1) Stahl und Eisen 1883, S. 488.Das sind Erfolge der Eisenindustrie, welche eine ausserordentlich grosse volks - wirthschaftliche Bedeutung besitzen.

Nicht ganz übereinstimmende Ansichten herrschen noch jetzt über die zweckmässigste chemische Zusammensetzung des Schienenmateriales. Dass eine allzu grosse Härte Sprödigkeit hervorrufe und aus diesem Grunde nachtheilig sei, wurde bereits erwähnt; die Erfahrung hat aber auch gelehrt, dass sie nicht einmal günstig zur Erzielung einer grösseren Widerstandsfähigkeit gegenüber der stattfindenden mechanischen Ab - nutzung des Schienenkopfes sei. Einig ist man deshalb darüber, dass die Schiene zweckmässigerweise keinen höheren Kohlenstoffgehalt als 0.40 0.45 Proc. besitzen dürfe, auch wenn fremde Körper, welche die Härte erhöhen, nicht in erheblich grösseren Mengen zugegen sind; in den meisten Fällen, und zwar zumal dann, wenn das Eisen nicht ganz siliciumarm ist, pflegt man nur etwa 0.25 0.35 Proc. Kohlenstoff zu geben.

Dass der Gehalt an Phosphor, diesem die Sprödigkeit des Fluss - eisens so ausserordentlich steigernden Körper, möglichst gering aus - fallen muss, wenn die Schiene brauchbar sein soll, versteht sich von selbst. Ueber 0.1 Proc. sollte der Phosphorgehalt nicht hinausgehen; wünschenswerth ist es, wenn ein noch phosphorärmeres Material ver - wendet werden kann.

Abweichendere Ansichten findet man hinsichtlich des zweckmässig - sten Silicium - und Mangangehaltes. Beide Körper beeinflussen die Eigenschaften des Eisens ähnlich, aber in schwächerem Maasse, als Kohlenstoff, sie steigern die Härte und die Festigkeit; die Schmied - barkeit aber wird durch einen hohen Siliciumgehalt wie durch den Kohlenstoffgehalt beeinträchtigt, während ein Mangangehalt derselben eher förderlich als nachtheilig ist. 2)Vergl. die Erörterungen auf S. 244 und 255.Von der Schmiedbarkeit (Walz - barkeit) des Materiales aber hängt selbstverständlich in nicht geringem Maasse die Beschaffenheit der fertigen Schiene ab.

Dass ein sehr hoher Siliciumgehalt neben Kohlenstoff das Eisen brüchig, spröde mache, ist ebenfalls nicht zu bezweifeln.

Aus diesen Gründen pflegt ein mässiger Mangangehalt, insofern derselbe die Verwendung eines etwas kohlenstoffärmeren und deshalb leichter verarbeitbaren Eisens ermöglicht, allgemein als nützlich be - trachtet zu werden, und nur über die zulässige Höhe desselben gehen die Ansichten aus einander. Während französische Eisenwerke ihren987Die Herstellung der Eisenbahnschienen.Schienen einen Mangangehalt bis zu 1.1 Proc. geben, findet man in gut bewährten amerikanischen Schienen mitunter weniger als 0.3 Proc.

In Rücksicht auf die erwähnten Einflüsse eines hohen Silicium - gehaltes dagegen strebt man mitunter dahin, ein siliciumarmes Eisen zu verwenden. Dudley1)Vergl. Literatur., welcher eine grosse Zahl Schienen der Pennsylvaniabahn untersuchte, fand folgende durchschnittliche Zusam - mensetzung der als gut bewährten Schienen:

  • Kohlenstoff0.334 Proc.
  • Silicium0.060
  • Phosphor0.078
  • Mangan0.491

und glaubt auf Grund dieser Untersuchungen als anzustrebendes Ziel bei der Herstellung folgende Zusammensetzung vorschlagen zu müssen:

  • Kohlenstoff 0.25 0.35, durchschnittlich 0.30 Proc.
  • Silicium nicht über 0.04 Proc.
  • Phosphor 0.10
  • Mangan0.30 0.40, durchschnittlich 0.35 Proc.

Eine derartige Schlussfolgerung ist zweifelhaft einseitig, weil sich die Untersuchungen, auf welche sich dieselbe stützt, nur auf die Schienen eines einzelnen Gebietes erstreckten.

Aber auch viele englische Eisenhüttenleute halten einen Silicium - gehalt für nachtheilig. Eine auf verschiedenen englischen Eisen - werken angewendete Vorschrift für die anzustrebende Zusammen - setzung ist folgende:2)Vergl. unter Literatur die Abhandlung von Snelus.

  • Kohlenstoff0.30 0.45 Proc.
  • Silicium0.06
  • Phosphor0.06
  • Manganunbestimmt.

Diesen Vorschriften steht jedoch ein Umstand gegenüber, welcher in sehr vielen Fällen die Erzielung eines höheren Siliciumgehaltes als wünschenswerth erscheinen lassen dürfte; es ist dieses die schon ver - schiedentlich berührte Thatsache, dass dichte Flusseisenblöcke weit leichter aus einem Eisen erfolgen, dessen Siliciumgehalt einige Zehntel Procente beträgt als aus einem solchen, dessen Zusammensetzung der obigen Vorschrift entspricht. Eine gut haltbare Schiene aber lässt sich mit Sicherheit nur aus einem dicht gegossenen Blocke walzen; bei Verarbeitung eines undichten Blockes ist stets zu befürchten, dass infolge unvollständigen Zusammenschweissens der undichten Stellen die Schiene bei der Verarbeitung unganze Stellen, Längsrisse bekomme. In jedem Falle muss der Kohlenstoffgehalt um so niedriger sein, je höher der Siliciumgehalt ist; und hierbei kommt dann der fernere, schon auf S. 247 besprochene Umstand in Betracht, dass der nach - theilige Einfluss des anwesenden Phosphorgehaltes um so weniger be - merkbar auftritt, je weniger Kohlenstoff neben dem Phosphor im Eisen anwesend ist.

63*988Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.

Aus diesen Gründen pflegt man in deutschen Eisenwerken dem für Schienen bestimmten Flusseisen einen Siliciumgehalt von minde - stens 0.10 Proc., mitunter erheblich darüber, zu geben, ohne dass eine nachtheilige Einwirkung des höheren Siliciumgehaltes zu beobachten gewesen wäre. Braune1)Vergl. Literatur. führt als Zusammensetzung eines als aner - kannt guten deutschen Schienenmateriales folgende an:

  • Kohlenstoff0.25 Proc.
  • Silicium0.185
  • Phosphor0.087
  • Schwefel0.05
  • Mangan0.405
  • Kupfer0.156

Müller dagegen fand folgende Zusammensetzung zweier durch hohe Festigkeit und Zähigkeit ausgezeichneter Flusseisensorten für Schienendarstellung:2)Glaser’s Annalen Bd. X, S. 210.

also einen hohen Silicium - und Mangangehalt bei geringem Kohlenstoff - gehalte, eine Zusammensetzung, welche allerdings hier durch die Höhe des anwesenden Phosphorgehaltes geboten war.

Immerhin sind Silicium und Mangan kostspielige Bestandtheile des Eisens, und schon aus diesem Grunde wird eine Zusammensetzung, wie die zuletzt mitgetheilte, nur in Ausnahmefällen als zweckmässig erscheinen können; die Ziffern dürften jedoch den Beweis liefern, dass ein Siliciumgehalt des Schienenmateriales bei sonst entsprechend ge - regelter Zusammensetzung nicht den nachtheiligen Einfluss ausübt, welcher ihm von manchen amerikanischen und englischen Eisenhütten - leuten zugeschrieben wird.

Die geringste Zerreissungsfestigkeit des Schienenmateriales soll nach den Vereinbarungen des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen vom Jahre 18793)Vergl. hierüber unter anderm Wedding, Bedingungen der deutschen Eisen - bahnverwaltungen für Schienenlieferungen; Glaser’s Annalen Bd. X, S. 63. 50 kg per qmm bei mindestens 20 Proc. Contraction des ursprünglichen Querschnittes betragen; die Summe beider durch den Versuch gefundener Ziffern zusammen aber soll nicht weniger als 85 sein. 4)Hinsichtlich dieser sogenannten Qualitätsziffer vergl. S. 650.Einzelne Eisenbahnverwaltungen dagegen, sowohl inländische als ausländische, schreiben nicht unwesentlich höhere Ziffern vor. Ausser durch Zerreissproben pflegen die Schienen durch Schlag - und Biege - proben (vergl. S. 666) geprüft zu werden, deren Ausführung von dem Schienenprofile wie von den besonderen für jede Lieferung gegebenen Vorschriften abhängt.

989Die Herstellung der Eisenbahnschienen.

Das Material für die Schienen bildet vorzugsweise Bessemereisen, weniger häufig Martineisen. Tiegelgussstahl bleibt selbstverständlich wegen seiner grösseren Kostspieligkeit von der Verwendung für Schienen - anfertigung ausgeschlossen. Die Verarbeitung der Blöcke nun aber ist verschieden; sie hängt ab theils von der grösseren oder geringeren Dichtigkeit derselben, theils von der Leistungsfähigkeit des vorhandenen Walzwerkes und seiner Betriebsmaschine.

In jedem Falle ist eine ein - oder mehrmalige Erhitzung der Blöcke nothwendig. Für die erste Erhitzung lassen sich bei ausreichend um - fangreichem Betriebe die oben besprochenen Heizgruben von Gjers benutzen; gerade für die Schienendarstellung, bei welcher in kurzer Zeit grosse Eisenmengen verarbeitet werden und welche deshalb leicht dem Bessemerbetriebe sich anschliessen lässt, sind dieselben vortrefflich geeignet. Stehen solche Gruben nicht zur Verwendung, so benutzt man vielfach Rollöfen (S. 980), welche ebenfalls ihrer grossen Leistungs - fähigkeit halber besonders gut für Schienenwalzhütten sich eignen; Siemensöfen mit Herdlängen von 6 6.5 m bei 2 3.5 m Breite sind auf englischen und amerikanischen Eisenwerken für diesen Zweck vielfach in Anwendung; mitunter auch benutzt man gewöhnliche, den oben beschriebenen Schweissöfen mit directer Feuerung ähnliche, nur mit etwas höherer Feuerbrücke versehene Oefen.

Das Gewicht der Blöcke muss natürlicherweise gleich dem Ge - wichte der zu walzenden Schiene unter Hinzurechnung des entstehenden Abbrandes und der abzuschneidenden Schienenenden sein. Die übliche Länge einer einzelnen Schiene pflegt 9 m zu sein; Abbrand für jede erforderliche Erhitzung etwa 3 Proc. ; Länge jedes der beiden abzu - schneidenden Enden ungefähr 0.5 m. Aus dem Schienengewichte per laufenden Meter1)Dasselbe pflegt bei verschiedenen Bahnen 26 33 kg zu betragen. lässt sich hiernach leicht das erforderliche Blockgewicht im Voraus ermitteln.

Wo aber die vorhandenen Einrichtungen es ermöglichen, insbe - sondere wo die Leistungsfähigkeit des vorhandenen Walzwerkes nebst seiner Dampfmaschine gross genug ist, wird man es meistens vor - ziehen, nicht eine einzige Schiene aus einem Blocke zu walzen, sondern den letzteren so gross zu giessen, dass Schienen von doppelter, unter Umständen dreifacher Länge daraus erfolgen, welche erst nach be - endigtem Walzen in die entsprechenden Stücke von kürzerer Länge zertheilt werden. Man erlangt dadurch mancherlei Vortheile. Die Zahl der entstehenden Abfallenden wird geringer; auch der Abbrand fällt etwas niedriger aus, da das Verhältniss der von den grösseren Blöcken dargebotenen Oberfläche zu ihrem Gewichte geringer ist, als bei kleinen. Die Arbeitslöhne beim Walzen und die Kosten der Erhitzung sind niedriger. Grössere Blöcke aber lassen sich leichter dicht giessen als kleinere, und auch dieser Umstand bildet einen nicht unwesentlichen Vorzug des Walzens in doppelten oder dreifachen Schienenlängen.

Ein Block für doppelte Schienenlängen also 18 m Gesammtlänge wird, wenn die Schiene per laufenden Meter 30 kg wiegt und nur eine einmalige Erhitzung nothwendig ist, ein Gewicht von etwa 590 kg besitzen müssen; bei dreifacher Schienenlänge würde das Gewicht990Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.ungefähr 870 kg betragen. Für schwere Schienen, welche in dreifacher Länge gewalzt werden, können Blöcke bis zu 1100 kg Gewicht erforder - lich sein. Je schwerer aber die Blöcke sind, desto umfänglichere Vor - richtungen sind zum Transportiren und Bewegen derselben beim Walzen erforderlich.

Den Blöcken giebt man, wie gewöhnlich den Flusseisenblöcken, die schon früher besprochene Form einer schlanken, abgestumpften, vierseitigen Pyramide mit abgeschrägten oder abgerundeten Kanten. Der Durchmesser der Blöcke mit bestimmtem Gewichte muss zwar von der Grösse der vorhandenen Vorwalzen-Kaliber abhängig sein; immer - hin kommt hierbei der schon früher besprochene Umstand in Betracht, dass mit dem Durchmesser die Anzahl der erforderlichen Walzenstiche zunimmt, während eine allzu bedeutende Länge die Erzielung dichter Blöcke erschweren würde. Auch die Art der Verarbeitung ob mit oder ohne Ausschmieden unter dem Hammer ist hierbei maass - gebend. Gewöhnlich sind die Blöcke unten 230 320, oben 200 bis 300 mm stark.

In früherer Zeit, noch in der ersten Hälfte der siebenziger Jahre, betrachtete man ziemlich allgemein eine dem Walzen vorausgehende Verdichtung der Blöcke unter dem Dampfhammer als unerlässlich. Bei diesem Verfahren werden die Blöcke gewöhnlich für nur eine Schienen - länge in einer Stärke von ungefähr 350 mm am dicksten Ende ge - gossen, erhitzt und unter einem Dampfhammer von 8 10 t Fall - gewicht auf ungefähr 200 mm Stärke ausgeschmiedet. Dann lässt man sie gewöhnlich erkalten, um die etwa entstandenen Risse besser erkennen und mit dem Meissel ausarbeiten zu können, und giebt eine zweite Hitze, in welcher nun der geschmiedete Block in 11 13 Stichen ausgewalzt wird. Dieses Verfahren ist noch jetzt auf solchen Eisenwerken üblich, wo die vorhandenen Einrichtungen das Verwalzen stärkerer Blöcke nicht ermöglichen, wo also insbesondere Walzwerke mit schwachen Walzendurchmessern, langsamem Gange und mit Walzenzugsmaschinen von beschränkter Arbeitsleistung zur Verwendung stehen. Mitunter werden noch Duowalzwerke, aus früherer Zeit überkommen, benutzt; häufiger allerdings sind sie auch bei diesem Verfahren durch rascher arbeitende Triowalzwerke ersetzt. Die Herstellungskosten der Schienen bei diesem Verfahren sind jedoch wegen des erforderlichen Schmiedens und der geringen Leistung des Walzwerkes hoch; mehr und mehr wird dasselbe in der Jetztzeit durch billiger arbeitende Methoden ersetzt.

Zuerst auf amerikanischen Walzwerken ging man dazu über, das Vorschmieden durch Vorwalzen der Blöcke behufs ihrer Verdichtung zu ersetzen. Es sind also auch bei diesem Verfahren mindestens zwei Erhitzungen erforderlich. Da die Handhabung der Blöcke beim Walzen weniger beschwerlich als beim Schmieden ist, pflegt man dieselben in grösseren Abmessungen zwei oder drei, mitunter bis zu sechs Schienenlängen zu giessen und das Blockwalzwerk von vorn herein für die Bearbeitung dieser schweren Blöcke einzurichten. Auf einzel - nen amerikanischen Eisenwerken hat man für diesen Zweck jene oben (S. 715) besprochenen Triowalzwerke mit verstellbaren Kalibern und selbstthätigem Vorschub der Blöcke auf den Walztischen (S. 717) in Benutzung; auf europäischen Walzwerken bedient man sich nicht selten991Die Herstellung der Eisenbahnschienen.eines Kehrwalzwerkes mit Walzen von 750 1000 mm Durchmesser, deren obere durch Gegengewichte entlastet und durch die Druck - schrauben gegen die untere verstellbar gemacht ist, so dass auch hier eine Verengung der Kaliber und eine Benutzung eines und desselben Kalibers für den mehrmaligen Durchgang des Blockes möglich ist. Der Betrieb der Walzen erfolgt durch eine Zwillingsmaschine ohne Schwung - rad mit Umsteuerung (S. 722). Man pflegt 5 6 Kaliber anzuwenden und den Block durch jedes Kaliber mindestens zweimal, mitunter vier - bis sechsmal unter Drehung um 90 Grade hindurchzuführen; nach jedem Durchgange des Walzstückes wird durch Anziehen der Druck - schrauben die Oberwalze der Unterwalze genähert. Fig. 299 zeigt die Art und Weise der Kalibrirung eines Paares derartiger Blockwalzen.

Die solcherart verdichteten Blöcke kommen nun, wie bei der Ver - dichtung durch Schmieden, ein zweites Mal in den Glühofen und werden dann im Schienenwalzwerke, gewöhnlich einem Triowalzwerke mit Vor - und Fertigwalzen, bisweilen einem Kehrwalzwerke1)Die in Fig. 206 und 207 (S. 729) abgebildeten Walzen gehören einem solchen Kehrwalzwerke an., in einer

Fig. 299.

Hitze mit 11 13 Stichen ausgewalzt. Wo die Einrichtung des Schie - nenwalzwerkes es nicht gestattet, doppelte oder dreifache Schienen - längen zu walzen, werden die Blöcke, unmittelbar nachdem sie das Blockwalzwerk verlassen haben, mit Hilfe einer Kreissäge in Längen für je eine Schiene zertheilt.

Wo man die Anlagekosten eines besonderen Blockwalzwerkes für schwere Blöcke scheute, führt man dasselbe Verfahren auch wohl in der Weise aus, dass man die Blöcke nur für eine Schienenlänge giesst, sie in bestimmten Kalibern der Vorwalzen des Schienenwalzwerkes dichtet, abermals erhitzt und nun fertig auswalzt.

Gegenüber der zuerst besprochenen Methode vermeidet man auf diese Weise das zeitraubende Schmieden und spart, insofern man die verdichteten Blöcke noch heiss in den Glühofen zurückgiebt, an Brennstoff.

Je mehr man jedoch lernte, die Blöcke schon von vorn herein dicht zu giessen, insbesondere, indem man auf einen gewissen Silicium -992Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.gehalt des Eisens hinarbeitete, dessen Einfluss auf die Dichtigkeit der Flusseisenblöcke schon vielfach hervorgehoben wurde, desto entbehr - licher wurde die Anwendung eines besonderen, für die vorausgehende Verdichtung der Blöcke bestimmten Blockwalzwerkes. Solcherart ent - wickelte sich als Folge jener Fortschritte eine noch einfachere Methode der Schienendarstellung: Auswalzen der Blöcke in nur einer Hitze zu der fertigen Schiene.

Man spart solcherart eine Erhitzung und die mit derselben ver - knüpften Kosten; dieses Verfahren, welches seit Mitte des vorigen Jahrzehnts nach und nach auf zahlreichen Eisenwerken eingeführt wurde, dürfte daher in nicht ferner Zeit die älteren Methoden voll - ständig verdrängen. Zur Ausübung desselben aber sind verschiedene Bedingungen zu erfüllen.

Zunächst müssen, wie erwähnt, die Blöcke dicht gegossen sein; also Regelung der chemischen Zusammensetzung des Flusseisens in solcher Weise, dass dieses Ziel erreicht wird, und zugleich Herstellung grösserer Blöcke für doppelte Schienenlänge. Mit einem Walzwerke früherer Construction, ausgerüstet mit einer Dampfmaschine von viel - leicht 250 Pferdestärken oder wenig darüber, würde jedoch das Aus - walzen der Blöcke in einer Hitze und die Herstellung brauchbarer Schienen nicht möglich sein. Es ist bekannt, wie erheblich die Tempe - ratur, bei welcher das Eisen verarbeitet wird, dessen Eigenschaften beeinflusst. Die Schiene muss, damit sie nicht beim Auswalzen spröde werde und Spannungen bekomme, noch hellrothglühend die Walzen verlassen; das Auswalzen muss also mit möglichst grosser Beschleuni - gung von Statten gehen. Rasch laufende Triowalzwerke, deren Walzen bei etwa 650 mm Durchmesser 100 120 Umdrehungen per Minute machen, also eine Umfangsgeschwindigkeit von 3.3 4 m per Secunde besitzen, sind erforderlich. Jedes Walzwerk enthält, wie gewöhnlich, Vor - und Fertigwalzen und das Walzstück pflegt bei doppelter Schienen - länge in 15 Stichen ausgewalzt zu werden. Die Abbildungen Fig. 300 und 301 können als Beispiel der Kalibrirung solcher Walzen dienen. 1)Nach F. Braune. Vergl. dessen Abhandlung unter Literatur.Wie man sieht, sind Blindkaliber (vergl. S. 731) nur in den Fertigwalzen angeordnet, während in den Vorwalzen, wo es auf eine symmetrische Form der entstehenden Querschnitte nicht ankommt, die Kaliberhälfte der Mittelwalze ebenso wohl in der Ober - als in der Unterwalze durch eine zweite Hälfte ergänzt wird. Bei der Verzeichnung des Fertig - kalibers (von welchem natürlich bei der Construction der übrigen Kaliber ausgegangen werden muss) ist das Schwindmaass des Eisens zuzugeben. Dasselbe beträgt in diesem Falle etwa 2 Proc.; in Rück - sicht auf die bald eintretende Erweiterung des Kalibers jedoch pflegt man sich mit einem etwas geringeren Maasse, gewöhnlich 1,7 Proc., zu begnügen, damit nicht das Kaliber allzu rasch unbrauchbar werde. 2)Selbstverständlich werden die ersten Schienen in dem zu engen Kaliber etwas zu leicht ausfallen; der Umstand ist jedoch ohne grossen Belang, da von den Eisenbahnverwaltungen eine Gewichtstoleranz von ± 1.5 Proc. gewährt zu werden pflegt.Aus dem prismatischen Blocke entwickelt sich beim Hindurchgehen

[figure]

993Die Herstellung der Eisenbahnschienen.durch die Kaliber in der durch Nummern bezeichneten Reihenfolge allmählich das Schienenprofil. In den ersten Kalibern ist der Block noch sehr heiss, weich, und die Abnahme kann demnach beträchtlich sein. Sie beträgt, auf den Querschnitt des Blockes am dicksten Ende bezogen, ¼. Selbstverständlich wird der Block mit dem dünneren Ende voran in das Kaliber gestossen und hier von den Walzen leicht gefasst. Nach dem Durchgange muss durch das Kaliber Nr. 2 zurück - gewalzt werden, nachdem der Block um 90 Grade gedreht worden war; jetzt also muss derselbe mit dem noch dicken Ende (dessen Abmessung in dem ersten Kaliber doch nur in der Höhenrichtung verkleinert werden konnte, die jetzt zur Breitenrichtung geworden ist) in das Kaliber voraus. Der Druck darf hier nicht so bedeutend sein als im ersten Kaliber und wird nur so bemessen, dass auch das dünne Ende noch von den Walzen erfasst wird und nicht etwa im Kaliber stecken bleibt. Nach Verlassen des Kalibers 4 wird der Stab wieder um 90 Grade gedreht und dann in den Kalibern 5 8 flach gewalzt. Das erste Kaliber der Fertigwalzen (Nr. 9) ist ein Stauchkaliber (S. 729), in welchem die Höhe der Schiene auf das erforderliche Maass gebracht und zugleich die Dickenabmessung des Fusses durch den Oberdruck der Mittelwalze ausgebildet wird. In den folgenden Kalibern bis zum vorletzten beträgt die Abnahme 1 / 7, die Breitung 1.75 mm, die Ab - nahme des Fertigkalibers ist 1 / 10 und die Breitung in demselben 1.5 mm. Die meisten Entwickelungskaliber sind geschlossen; das Stauchkaliber ist ein offenes, und in allen Fällen muss auch das Fertigkaliber (Nr. 15) offen sein, weil nur in einem solchen die Abrundung des Kopfes in der erforderlichen Vollkommenheit gelingt. In Rücksicht auf die schon erwähnte Abnutzung des Fertigkalibers pflegt man zwei gleiche solche Kaliber anzuordnen, deren zweites in Benutzung kommt, wenn das erste unbrauchbar geworden ist.

In Rücksicht auf den erforderlichen schnellen Gang dieser Trio - walzwerke und die bedeutende Länge der Schienen sowie fernerhin auf den Umstand, dass man gewöhnlich gleichzeitig in den Vor - und Fertigwalzen arbeitet, d. h. die nachfolgende Schiene bereits vorwalzt, während die vorausgehende noch durch die Kaliber der Fertigwalzen hindurchgeht, sind zum Betriebe derselben Dampfmaschinen von sehr bedeutender Leistungsfähigkeit erforderlich. Man pflegt 600 800 pfer - dige Maschinen zu benutzen und dem Walzwerke ein Schwungrad von 30 50 t Gewicht zu geben.

Die Leistungsfähigkeit solcher rasch laufender Schienenwalzwerke ist eine sehr bedeutende, sofern die nöthigen Vorkehrungen getroffen sind, dass das Erhitzen und Zuführen der Blöcke mit dem Auswalzen derselben Schritt hält. Das Walzwerk läuft fast ununterbrochen fort; auf diese Weise sind derartige Walzwerke, wie sie auf verschiedenen westfälischen Eisenwerken (Bochumer Gussstahlfabrik, Krupp u. a.) betrieben werden, im Stande, in 24 stündiger Arbeitszeit 1400 1600 Schienen, jede Minute etwa eine Schiene, zu liefern. Dem Gewichte nach beziffert sich diese Leistung auf etwa 300 t per Tag. Benutzt man Rollöfen von der auf S. 981 abgebildeten Form und Grösse zum Erhitzen der Blöcke, so würden, da jeder Ofen 30 Blöcke für zusam - men 60 Schienen fasst und jeder Block 3 Stunden im Ofen verweilt,994Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.3 4 solcher Oefen gleichzeitig im Betriebe sein müssen. Benutzt man Siemensöfen mit Herdlängen von etwa 6.5 m bei 3 3.25 m Breite, so würden, da ein solcher Ofen täglich 80 100 t Blöcke erhitzt, ebenfalls 3 4 derselben erforderlich sein.

Noch grösser freilich kann die Leistung eines Schienenwalzwerkes ausfallen, wenn die Blöcke, wie es oben beschrieben wurde, in einem besonderen Blockwalzwerke verdichtet und dabei schon auf schwächere Abmessungen verdünnt werden, ehe sie zum Schienenwalz - werke gelangen.

Die grossartigsten Leistungen in dieser Beziehung weisen nord - amerikanische Walzwerke auf. So z. B. lieferten die Edgar Thomson Steel Works im Jahre 1880 im Ganzen etwa 100000 t Schienen; in einzelnen Wochen dagegen betrug die Leistung 2500 t, mitunter 2800 t oder 11300 Stück. 1)Glaser’s Annalen Bd. IX, S. 178.Man giesst Blöcke für 4 6 Schienen, befördert dieselben durch eine Locomotive nach den fünf mit Siemensfeuerung versehenen Glühöfen des Blockwalzwerkes, dann nach dem Verlassen des letzteren sofort nach den Glühöfen des Schienenwalzwerkes, welches als Triowalzwerk eingerichtet ist.

Hinter dem Fertigwalzengerüste des Schienenwalzwerkes pflegt in dem Fussboden des Arbeitsraumes ein Rollbahn angebracht zu sein, bestehend aus einer Anzahl paralleler, ziemlich breiter eiserner Rollen, deren Oberkante ein wenig über den Fussboden emporragt. Sie hat den Zweck, eine rasche Beförderung der glühenden Schienen nach den in der Nähe des Walzwerkes angeordneten Kreissägen zu ermöglichen, welche zum Abschneiden der Enden und Zertheilen der in mehrfachen Längen gewalzten Schienen in einfache bestimmt sind. In grossen Walzwerken pflegen die Rollen mit Hilfe von Getrieben und einer Ein - und Ausrückvorrichtung in selbstthätige Drehung versetzt zu werden, so dass die Schienen durch die Rollen selbst an ihren Be - stimmungsort befördert werden. Durch zwei Kreissägeblätter auf gemein - schaftlicher Welle, deren Abstand von einander gemäss der vorge - schriebenen Länge der Schiene verstellbar ist, erfolgt gleichzeitig das Abschneiden an beiden Seiten.

Nach dem Abschneiden werden die Schienen auf dem sogenannten Warmlager2)Eine aus parallelen, freiliegenden Eisenbalken oder alten Schienen gebildete Unterlage. der Abkühlung überlassen, dann mit Hilfe einfacher Pressen gerade gerichtet, schliesslich an beiden Endflächen parallel zur Achse gefräst und mit gebohrten Laschenlöchern versehen. Es sind dieses Arbeiten, welche vollständig in das Gebiet der mechanischen Technologie fallen und deshalb eine eingehendere Besprechung hier nicht finden können. 3)Die verschiedenen Werkzeugmaschinen zum Fräsen, Bohren u. s. w. sind in meinem Lehrbuche der mechanisch-metallurgischen Technologie (Braunschweig 1879) ausführlich besprochen.Man pflegt die gesammten hierher gehörigen Arbeiten mit dem Namen Ajustage oder Adjustirung der Schienen995Die Maschinen zur Zertheilung der Arbeitsstücke.zu bezeichnen. Zur Fertigstellung von 1500 Stück Schienen per Tag sind nach Braune 6 Richtpressen, 6 Stirnfräsen, 36 Bohrspindeln, 1 Klinkfräse und ausserdem 2 Kaltsägen für Passstücke zu Weichen und Kreuzungen erforderlich.

Ueber den Brennstoffverbrauch und Abbrand beim Glühen der Blöcke zur Schienendarstellung ist das Erforderliche schon oben bei Besprechung der Oefen mitgetheilt worden. Zu dem Brennstoffe für die Heizung der Oefen kommt bei Siemensöfen, Rollöfen und selbstverständlich auch bei Anwendung von Heizgruben (S. 979) der Brennstoffverbrauch für die Dampfkesselheizung, welcher bei grösserem Betriebe 120 140 kg Stein - kohlen per 1000 kg fertiger Schienen beträgt. Die Löhne beim Glühen und Walzen pflegen 2.00 2.50 per t zu betragen, die Löhne für das Adjustiren und alle Nebenarbeiten annähernd ebenso viel. Der Aus - schuss am unbrauchbaren Schienen beziffert sich gewöhnlich auf 2 bis 4 Proc.

4. Die Maschinen zur Zertheilung der Arbeitsstücke.

In Vorstehendem war verschiedentlich von einer Zertheilung der Arbeitsstücke die Rede. Rohschienen des Puddelprocesses werden in kurze Stücke zerschnitten, um packetirt und geschweisst zu werden; von gewalzten Stäben und Blechen werden die Enden abgeschnitten, welche stets unvollständig ausgebildet sind; Schienen, die in mehr - fachen Längen gewalzt worden waren, werden zu einfachen Längen getheilt; u. s. f.

Auch in kleinen Eisenwerken geschieht diese Arbeit durch Maschi - nen, welche nicht selten von der Betriebsmaschine des Walzwerkes selbst ihren Antrieb empfangen, in grösseren Anlagen dagegen zweck - mässigerweise von einer besonderen, für mehrere derartige Maschinen gemeinschaftlichen Dampfmaschine betrieben werden. Die Vorgänge hierbei sind rein mechanischer Natur; bei der Unentbehrlichkeit jener Maschinen auch für den eigentlichen Eisenhüttenbetrieb möge jedoch eine kurze Besprechung der wichtigsten Formen derselben hier folgen.

Hebelscheeren.

Dieselben gehören zu den ältesten aller Zertheilungsmaschinen. Ihre Wirkungsweise ist im Wesentlichen die nämliche wie diejenige der für die mannigfachsten Zwecke täglich benutzten Handscheeren: eine aus Stahl gefertigte Schneide, ge - wöhnlich unter einem Winkel α = 75 85 Grad (Fig. 302) angeschliffen, gleitet dicht an einer zweiten, ebenso an - geschliffenen Schneide vorbei, dabei das dazwischen ge - brachte Arbeitsstück zertheilend. Schliessen die Schneiden nicht dicht an einander an, sondern haben einigen Ab - stand, so wird das Arbeitsstück, statt zertrennt zu wer - den, um so leichter durch die niedergehende Schneide umgebogen werden, je dünner es ist, und eine Klemmung der Schneiden ist die Folge davon.

Fig. 302.
996Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.

Eine übliche Anordnung solcher Hebelscheeren ist durch die Ab - bildung Fig. 303 in 1 / 40 der wirklichen Grösse veranschaulicht. Von den beiden Schneiden, welche aus hartem Gussstahl gefertigt und zum Auswechseln eingerichtet sein müssen, ist die eine, die bewegliche, in einem kräftigen, um horizontale Drehungszapfen schwingenden Guss - eisenhebel a, die andere in dem Lagerstuhle b befestigt. Ein zweiter

Fig. 303.

gegenüberstehender Lagerstuhl trägt den andern Zapfen des Hebels; eine mit Stellschrauben in demselben befestigte Metall - platte (in der Abbildung punk - tirt gezeichnet) hat den Zweck, ein festes Andrücken des Hebels gegen die festliegende Schneide zu ermöglichen. Der Hebel der abgebildeten Scheere hat Win - kelform und wird durch eine Schubstange bewegt; nicht min - der häufig ist die Anwendung eines geradlinigen Hebels, dessen längerer wagerecht liegender Arm an seinem Ende auf einer excentrischen Scheibe aufruht und durch die Drehung der - selben gehoben und gesenkt wird.

Der Drehungspunkt der beweglichen Schneide liegt bei der abge - bildeten Scheere tiefer als die Oberkante der festliegenden, eine Ein - richtung, welche ein allmählich verlaufendes Abtrennen auch beim Zertheilen dünner Arbeitsstücke zur Folge hat, andererseits aber ein Herausdrücken derselben aus dem geöffneten Scheerenmaule um so leichter herbeiführt, je grösser ihre Dicke ist. Bei den zum Zertheilen dickerer Arbeitsstücke bestimmten Scheeren legt man deshalb den Drehungspunkt etwas höher als die Oberkante der festen Schneide, so dass beide Schneiden in parallele Stellung kommen, schon ehe sie sich vollständig berühren.

Man pflegt diese Scheeren mit 30 60 Hüben per Minute arbeiten zu lassen und für den Betrieb einer Arbeit von 2 6 Pferdestärken, abweichend nach der Stärke der zu zertheilenden Arbeitsstücke, zu bedürfen.

Zum Zertheilen von Rohschienen, zum Abschneiden der Enden an gewöhnlichem Handelseisen sind derartige Hebelscheeren ihrer ein - fachen Einrichtung halber ziemlich gebräuchlich; sie verlieren jedoch um so mehr an Zweckmässigkeit, je breiter und stärker die zu zer - theilenden Arbeitsstücke sind. Es erklärt sich diese Thatsache leicht aus dem Umstande, dass einerseits die Kraftübertragung um so un - günstiger ausfällt und ein Herausdrücken des Arbeitsstückes aus dem Scheerenmaule um so leichter stattfinden muss, je weiter dasselbe ge - öffnet werden muss, um das Arbeitsstück einzulassen, während anderer - seits wieder das Verhältniss der Hebelsarmlängen um so ungünstiger für die Leistung der Scheere wird, je weiter die Schnittstelle vom997Die Maschinen zur Zertheilung der Arbeitsstücke.Drehungspunkte entfernt ist. Je dicker aber das Arbeitsstück ist und je näher dem Drehungspunkte das Schneiden stattfinden soll, desto weiter muss das Maul geöffnet werden; je breiter das Arbeitsstück ist, desto ungleichförmiger ist die Schnittwirkung.

Aus letzterem Grunde pflegt man mit der Länge der Schneiden selten über 0.50 m hinaus zu gehen, häufiger noch sind dieselben kürzer. Sollen breitere Arbeitsstücke, z. B. Bleche, mit Hilfe solcher Scheeren zerschnitten werden, so würde dieses nur durch mehrere auf einander folgende Schnitte zu bewirken sein, zwischen denen das Arbeits - stück jedesmal um die Schnittlänge weiter geschoben wird; eine solche Arbeit aber ist zeitraubend und liefert leicht fehlerhafte Schnitte.

Parallelscheeren.

Der soeben erwähnte Nachtheil eines veränderlichen Scheerwinkels und verschiedener Kraftwirkung an verschiedenen Stellen der Schneide fällt weg, wenn man die bewegliche Schneide, statt im Bogen mit Hilfe eines doppelarmigen Hebels, geradlinig mit Hilfe einer Druckstange sich gegen die festliegende Schneide bewegen lässt. Derartige Scheeren heissen Parallelscheeren oder, da die Schneide innerhalb einer rahmen - artigen Führung sich bewegt, Rahmenscheeren. Sie gewähren ausser den soeben erwähnten Vortheilen noch die Möglichkeit, beliebig lange Schneiden anzuwenden und sind deshalb vorzugsweise zum Zertheilen sehr breiter Arbeitsstücke, zumal der Bleche, von Nutzen, werden übrigens in entsprechend kleineren Abmessungen auch an Stelle der Hebelscheeren nicht selten zum Zertheilen von Stäben benutzt.

Die untere Schneide liegt auch bei diesen Scheeren fest und be - sitzt eine horizontale Oberkante; die obere wird in der schon erwähnten Weise, also senkrecht, gegen die untere bewegt. Damit nun aber das zu zertheilende Arbeitsstück nicht mit einem Male in seiner ganzen Breite von den Schneiden erfasst werde ein Vorgang, welcher einen beträchtlichen Stoss erzeugen und die Entstehung ungenauer Schnitt - flächen zur Folge haben würde , giebt man der oberen Schneid - kante eine Neigung von 7 Graden gegen die Horizontale, so dass beim Niedergange der Schneide der Schnitt an der tiefsten Stelle be - ginnt und allmählich nach dem entgegengesetzten Ende hin verläuft.

Eine grosse derartige Scheere, von der Friedrich-Wilhelmshütte zu Mülheim a. d. Ruhr für verschiedene rheinisch-westfälische Eisen - werke gebaut, ist in Fig. 304 in perspectivischer Ansicht darge - stellt. 1)Nach Engineering 1873, p. 77.Die Scheere ist mit einer eigenen Dampfmaschine versehen, deren Cylinder an der Rückseite des Ständers theilweise zu sehen ist. Durch ein Getriebepaar wird die Bewegung auf die Hauptwelle der Maschine übertragen, von welcher durch Vermittelung eines an ihrem vorderen Ende sitzenden excentrischen Zapfens die Druck - stange a in auf - und niedergehende Bewegung versetzt wird. Dieselbe bewegt sich innerhalb eines Schlitzes des senkrecht geführten Schiebers b, an dessen unterem Ende die Gussstahlschneide c befestigt ist; und die998Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.Breite dieses Schlitzes ist reichlich doppelt so gross als die Breite der Druckstange, so dass die letztere mit Hilfe der an der Vorderseite des Gerüstes sichtbaren Querstange mit Handhebel und Gegengewicht leicht nach rechts oder links hinüber gedrückt werden kann. Die Unterkante des Schlitzes aber ist, wie die Abbildung erkennen lässt, an der rechten Seite tiefer als links; wird also die Druckstange nach rechts gedrückt (wie in der Abbildung), so findet sie in dem Schlitze ausreichenden Spielraum zum Auf - und Niedergehen, ohne dass der Schieber b, auch wenn er in seinem höchsten Stande sich befindet, dadurch beeinflusst wird; man kann also das zu zertheilende Arbeitsstück einschieben und in seine richtige Lage bringen, ohne dass auch bei ununterbrochenem Gange der Maschine ein vorzeitiger Schnitt zu befürchten ist. Drückt man aber die Stange a nach links, so setzt sie sich auf die dort im Schlitze angebrachte Erhöhung, der Schieber wird niedergedrückt und der Schnitt erfolgt. Da jedoch die Druckstange den Schieber nur abwärts, nicht auch aufwärts bewegt, so ist eine besondere Vorrich - tung erforderlich, um ihn nach beendigtem Schnitte in die Anfangs - stellung zurückzuführen. Diesem Zwecke dient der doppelarmige Hebel d d. Mit dem einen Ende erfasst derselbe vermittelst eines Bügels den Schieber, das andere, in der Abbildung nicht sichtbare Ende ist mit einem Gegengewichte belastet. Beim Niedergange des Schiebers steigt das Gegengewicht empor; sobald die Druckstange den Schieber loslässt, wird er durch das Gegengewicht gehoben.

Die Länge der Schneiden der abgebildeten Maschine beträgt 940 mm, der Abstand der beiden hohlen Gusseisenständer, welche die seitliche Begrenzung der Maschine bilden, von einander 3.4 m. Die Form der Ständer ermöglicht leicht ein Vorschieben des Arbeitsstückes in der Schnittrichtung, wenn die Breite desselben grösser sein sollte als die Länge der Schneiden; im Uebrigen baut man derartige Scheeren mit Schneiden bis zu 3 m Länge.

Kreisscheeren.

Zwei kreisrunde Scheerenblätter, deren Schneidkanten so viel über einander greifen, als der Dicke des zu zertrennenden Arbeitsstückes entspricht, werden um ihre Achsen durch Vermittelung von Getrieben in entgegengesetzter Richtung mit grosser Geschwindigkeit gedreht. Das vor die Schneiden gebrachte Arbeitsstück wird demnach von ihnen erfasst und ähnlich wie beim Walzen während des Schneidens selbstthätig vorwärts bewegt. Da die Schneiden endlos sind, ist auch die Länge des Schnittes unbegrenzt, und hierin liegt ein Hauptvorzug der Kreisscheeren; aber der Durchmesser der Scheerenblätter muss, damit das Arbeitsstück ergriffen werde, mindestens fünfzig Mal so gross sein als die Stärke des letzteren, und aus diesem Grunde eignen sich diese Maschinen weniger gut zum Zertheilen dickerer als sehr dünner Arbeitsstücke (Schwarzbleche). Sie werden thatsächlich weit häufiger in den Werkstätten für Metallverarbeitung als für Eisendarstellung benutzt. 1)Näheres über Kreisscheeren: A. Ledebur, Die Verarbeitung der Metalle auf mechanischem Wege, S. 579.

Fig. 304.
999Die Maschinen zur Zertheilung der Arbeitsstücke.

Ordnet man mehrere Kreissägeblätter von bestimmter Stärke in solchen Abständen nebeneinander an, dass die Blätter der beiden Wellen genau in einander greifen (Fig. 305), so entsteht ein Eisenschneidwerk oder Eisen - spaltwerk, welches früher häufig in den Eisen - walzwerken benutzt wurde, um einen gewalzten, noch glühenden Flachstab bei einem einmaligen Durchgange in zahlreiche schmale Stäbe, ge - wöhnlich Quadratstäbe, zu zertheilen. Durch die Vervollkommnung der Walzwerke sind die Spalt - werke jetzt seltener geworden.

Fig. 305

Kreissägen.

Obwohl die Hebel - und Parallelscheeren sehr geeignete Werkzeuge sind, wo es sich um Zertheilung von Gegenständen mit nicht allzu dicken und einfach gestalteten Querschnitten handelt, so werden sie doch unbenutzbar, wenn Fertigerzeugnisse mit stark profilirten Quer - schnitten Träger, Eisenbahnschienen u. a. m. zertheilt werden sollen. Diese würden, wie leicht zu ermessen ist, theilweise zerdrückt werden, ehe das Abtrennen erfolgt; in keinem Falle würden sich genaue Schnittflächen erzielen lassen.

In solchen Fällen tritt die Kreissäge an Stelle der Scheeren; auch zum Zertrennen solcher stabförmigen Gegenstände, für welche die Scheere ganz gut brauchbar sein würde, benutzt man die Kreissäge nicht selten in Rücksicht auf ihre vollkommene Wirkung und die ver - hältnissmässige Billigkeit ihrer Anlage und ihres Betriebes.

Eine kreisrunde, am Umfange verzahnte Eisen - oder Stahlscheibe ist zwischen zwei kleineren zum Festhalten dienenden Gusseisenscheiben auf einer wagerechten Welle befestigt und empfängt von dieser rasche Drehung. Während derselben wird entweder das Arbeitsstück gegen die Säge oder diese gegen das Arbeitsstück allmählich vorgeschoben; auf diese Weise nimmt jeder einzelne Zahn Spänchen von dem Arbeits - stücke ab, und es entsteht eine sich mehr und mehr vertiefende Furche, welche die Abtrennung bewirkt. Offenbar findet durch die Zerspanung ein Materialverlust statt, welcher von der Breite des Sägeblattes ab - hängig ist; ausserdem wächst mit der Breite des letzteren der erforder - liche Arbeitsverbrauch, insofern derselbe von der Menge des zu zer - spanenden Metalles abhängig ist. Wenn aus diesen Gründen die Anwendung eines möglichst dünnen Sägeblattes zweckmässig erscheinen dürfte, so muss doch andererseits die Stärke desselben mit seinem Durch - messer im Einklange stehen, damit nicht ein Verbiegen der Zähne oder des ganzen Blattes eintrete; und der Durchmesser muss wiederum abhängig sein von den Querschnittsabmessungen des zu zertheilenden Arbeitsstückes. Gewöhnlich pflegt der Durchmesser der neuen Sägen 0.8 1.5 m zu sein; ausnahmsweise hat man Sägeblätter mit einem Durchmesser bis zu 2 m in Anwendung gebracht. Die Stärke jener gewöhnlichen Sägeblätter dürfte gemeiniglich 3 6 mm betragen.

Wo es angeht, zertheilt man die Arbeitsstücke im noch glühenden Zustande, unmittelbar nachdem sie das letzte Kaliber des Walzwerkes1000Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.verlassen haben. Der Widerstand gegen die Zertheilung und der dafür erforderliche Arbeitsverbrauch ist im heissen Zustande ungleich geringer, die Zeitdauer des Abschneidens kürzer. Nur für Nacharbeiten (das Adjustiren der Eisenbahnschienen u. s. w.) findet mitunter eine Zer - theilung im kalten Zustande durch die Kreissäge statt. Die Abmessungen des Sägeblattes, die Zahnform und die Geschwindigkeit der Drehung müssen hiervon abhängig sein.

Heisssägen können, da sie einen geringeren Widerstand finden, dem Verbiegen also weniger ausgesetzt sind, grössere Durchmesser erhalten als Kaltsägen. Um die Wegnahme starker Späne (durch raschen Vorschub beim Sägen) zu ermöglichen, haben die Zähne eine beträchtliche Höhe von der Wurzel zur Spitze (15 25 mm); infolge davon ist auch ihr Abstand von einander die Zahntheilung bedeutend (damit die Zähne die ihrer Höhe entsprechende Stärke erhalten können und in der Zahnlücke der erforderliche Raum für die entstehenden Späne bleibe) und pflegt 25 35 mm zu betragen. Um die starke Reibung zu vermeiden, welche das Sägeblatt selbst in der gebildeten Furche erzeugen und deren Maass mit der Tiefe dieser Furche zunehmen würde, pflegt man die Zähne in der gleichen Weise, wie es bei Holzsägen üblich ist, etwas zu schränken, d. h. aus der Ebene des Sägeblattes abwechselnd nach der einen und andern Seite herauszubiegen, so dass die Schnittbreite etwas beträchtlicher ausfällt als der Stärke des Sägeblattes entsprechen würde. Man giebt diesen Heisssägen 800 2000 Umläufe per Minute, so dass ihre Um - fangsgeschwindigkeit per Secunde 60 80 m beträgt.

Kaltsägen sind kleiner im Durchmesser; ihre Dicke ist im Ver - hältniss zum Durchmesser beträchtlicher; die Zähne sind erheblich niedriger und stehen näher bei einander, da der Vorschub weit lang - samer als bei den Heisssägen von Statten geht und die Späne dem - entsprechend kleiner ausfallen. Ein Schränken der Zähne ist nicht gut zulässig, da der Widerstand des kalten Metalles allzu sehr durch das seitliche Schneiden gesteigert werden würde; man erreicht daher den - selben Zweck, wenn auch nicht ganz so vollkommen als durch Schränken, indem man die Zähne staucht, d. h. ihren Rand durch Bearbeitung mit dem Hammer und einem entsprechend geformten Stempel, dem Staucheisen, nach beiden Seiten hin ein wenig aufwirft, so dass nun - mehr die entstehende Schnittfuge ebenfalls etwas breiter ist als das Sägeblatt. Die Geschwindigkeit dieser Kaltsägen ist erheblich geringer als die der Heisssägen und beträgt oft nicht mehr als 0.5 m per Secunde.

Wird der Vorschub beim Sägen durch das Arbeitsstück aus - geführt, so pflegt dasselbe auf einem in wagerechten Führungen glei - tenden Schlitten (Schieber) gelagert und durch Vorsprünge auf der der Säge entgegengesetzten Seite festgehalten zu werden, so dass es genau rechtwinklig gegen die Ebene des Sägeblattes liegt; mit Hilfe eines Hebels, eines Getriebes mit Zahnstange oder irgend einer andern einfachen Vorrichtung wird alsdann, sobald das Arbeitsstück auf den Schlitten gelegt worden ist, dieser gegen das Sägeblatt vorgeschoben.

Soll die Säge selbst den Vorschub ausführen, so wird ihre Welle gewöhnlich in zwei pendelartig beweglichen, entsprechend langen Hänge - stücken gelagert, welche durch Vermittelung eines Getriebes mit Zahn -1001Literatur.kranzsegment oder in ähnlicher Weise gegen das festliegende Arbeits - stück bewegt werden. Die Sägewelle trägt auch hier die für die Be - wegungsübertragung dienende Riemenscheibe; die Antriebsriemenscheibe sitzt auf einer Welle, deren Achse mit der Schwingungsachse der erwähnten Pendel zusammenfallen muss, damit der Abstand der Riemen - scheiben von einander ungeändert bleibe.

Dass man für das Zerschneiden von Eisenbahnschienen, Trägern u. s. w. sehr häufig zwei Sägeblätter auf gemeinschaftlicher Welle in verstellbarem Abstande von einander anbringe, um die beiden erforder - lichen Parallelschnitte gleichzeitig ausführen zu können, wurde schon oben erwähnt.

Literatur.

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  • S. Jordan, Album du cours de métallurgie. Paris 1875. Pl. LXXVIII bis LXXXIII (Schweiss - und Glühöfen), Pl. CV und CXVIII Scheeren, pl. CVIII Kreissägen, pl. CXI Glühöfen für Bleche.
  • A. Petzholdt, Fabrikation, Prüfung und Uebernahme von Eisenbahn - material. Wiesbaden 1872 (enthält Abbildungen von Schweissöfen, Glühöfen, Kreissägen u. s. w. von belgischen Eisenwerken, sowie verschiedene Betriebs - notizen).

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About this transcription

TextHandbuch der Eisenhüttenkunde
Author Adolf Ledebur
Extent1109 images; 367849 tokens; 26822 types; 2726567 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationHandbuch der Eisenhüttenkunde Für den Gebrauch in der Praxis wie zur Benutzung beim Unterrichte bearbeitet Adolf Ledebur. . XVI, 1012 S. FelixLeipzig1884.

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