Das Ziel, welches mir bei der Bearbeitung des nachfolgenden Handbuches der Eisenhüttenkunde vorschwebte, war, ein Buch zu schaffen, welches vom Standpunkte des Metallurgen dem Leser ein möglichst deutliches Bild von dem Verlaufe und den Eigenthümlich - keiten der verschiedenen für die Eisendarstellung dienenden Processe, den Hilfsmitteln zur Durchführung derselben und den Eigenschaften der durch jene Processe gewonnenen Eisensorten zu liefern bestimmt sei.
Zur Erreichung eines solchen Zieles ist zwar eine sorgfältige Be - rücksichtigung der Literatur über Eisenhüttenwesen unerlässlich; ande - rerseits aber bin ich bemüht gewesen, das Buch nicht mit dem Bal - laste eines allzu umfänglichen Eingehens auf fremde Literaturerzeug - nisse zu beschweren. Abhandlungen, welche in einer Zeitschrift das volle Interesse des Lesers beanspruchen können, wirken ermüdend, wenn sie, wie es allerdings vielfach geschieht, in einem Handbuche ihrem vollen Umfange und Wortlaute nach vorgeführt werden. Nur der wesentlichste Theil ihres Inhaltes sollte für diesen Zweck benutzt werden.
Hinsichtlich der Anordnung des Stoffes bin ich insoweit einem schon vor mir vielfach betretenen Pfade gefolgt, als ich das ganze Buch in drei Hauptabschnitte zerlegte: einen allgemeinen einleitenden Theil, alsdann die Darstellung des Roheisens und endlich die des schmied - baren Eisens. Die Grenze zwischen Roheisen und schmiedbarem Eisen ist so scharf gezogen, das für die Roheisendarstellung benutzte Ver -IVVorwort.fahren, der Hochofenbetrieb, steht so selbstständig da, dass wohl kaum ein anderer Weg zweckmässiger erscheinen kann.
Weniger leicht war die Frage nach der geeignetsten Eintheilung der genannten drei Hauptabschnitte, ganz besonders der Lehre von der Darstellung des schmiedbaren Eisens, in Unterabtheilungen zu erledigen.
Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts pflegte man die Metallurgie des kohlenstoffreicheren Stahles von der des kohlenstoffärmeren Schmiede - eisens zu trennen. Die Härtbarkeit des Stahles bildete das wesentliche Unterscheidungsmerkmal beider Eisengattungen. Durch die Einführung neuerer hochwichtiger Processe in das Eisenhüttengewerbe ist aber die Grenze zwischen Stahl und Schmiedeeisen undeutlich geworden; es ist bekannt, dass man heutzutage mit der Bezeichnung Stahl keineswegs immer den nämlichen Begriff verbindet.
Mehrfach wurde deshalb seit jener Zeit die chemische Eigenthüm - lichkeit der verschiedenen für die Darstellung schmiedbaren Eisens dienenden Processe als Mittel für die Eintheilung des ganzen Gebietes gewählt. Man unterschied Reductionsprocesse (Rennarbeiten), Frisch - processe, Kohlungsprocesse, Reinigungsprocesse.
Eine solche Eintheilung, so zweckmässig sie im ersten Augenblicke vielleicht erscheinen mag, erweist sich indess, wenn man die Processe eingehender prüft, als wenig zuverlässig und als noch weniger über - sichtlich. Bei dem Martinprocesse mit Erzen wie auch bei der selte - neren Darstellung des Uchatius-Gusstahles gehen die Oxydation der Kohle, des Siliciums, Mangans und die Reduction metallischen Eisens Hand in Hand. Beim Bessemern wie beim Martiniren findet anfäng - lich reichliche Verbrennung von Silicium, Mangan, Kohlenstoff statt; sie sind also in dem ersten Theile ihres Verlaufes wirkliche Frisch - processe. Später aber wird eine kohlenstoff - und manganhaltige Legi - rung zugesetzt, Eisenoxydul wird reducirt, Kohlenstoff und Mangan werden zugeführt; aus dem Frischprocesse ist ein Reductions - und Kohlungsprocess geworden. Wollte man also folgerecht verfahren, so müsste man den Martinprocess und das Tiegelschmelzen, je nachdem man mit oder ohne Erzen arbeitet, in ganz verschiedenen Abschnitten des Buches besprechen, ja, auch den Anfang und das Ende des Besse - mer - und Martinprocesses bei der Besprechung von einander trennen. VVorwort.Verarbeitet man aber im Martinofen Schweisseisen, so ist der Process nicht minder als die Tiegelgussstahldarstellung ein Reinigungsverfahren, bei welchem Schlacke ausgeschieden wird, und er hat volle Berechti - gung, neben dem Tiegelschmelzen an einer dritten Stelle des Buches zu erscheinen. Die ganze Anordnung des Stoffes wird solcherart schwer - fällig; man gelangt zu einer grossen Zahl scheinbar verschiedener Pro - cesse, und dem Anfänger wird es schwer, eine klare Uebersicht zu gewinnen.
Um einen kürzeren Weg einzuschlagen, wählte ich daher wie bei der ersten Eintheilung des gesammten Gebietes die Beschaffenheit der Fertigerzeugnisse als Ausgangspunkt für die Besprechung. Streng ge - sondert ist alles Schweisseisen vom Flusseisen; an diese beiden Haupt - gruppen alles schmiedbaren Eisens reihen sich das durch Glühen unter oxydirenden Einflüssen gewonnene Eisen, das Tempereisen, und end - lich der Cementstahl. Nicht minder scharf als die genannten Eisen - gruppen selbst unterscheiden sich die Processe und die Oefen für ihre Darstellung von einander; alle zu einer Eisengruppe gehörigen Arten aber besitzen gewisse Eigenthümlichkeiten, die sich vor der Besprechung der einzelnen Darstellungsmethoden gemeinschaftlich erörtern lassen. Ich brauche zur Bestätigung hierfür nur an den Schlackengehalt alles Schweisseisens, an das Verhalten alles Flusseisens beim Giessen zu erinnern.
Auf diese Weise wird die Zahl der zu besprechenden Processe geringer und die Uebersicht nicht wenig erleichtert.
Wo ich die Bezeichnung Stahl angewendet habe, ist nur das deut - lich härtbare Eisen, es möge Schweisseisen oder Flusseisen sein, dar - unter verstanden. Die Berechtigung dieser Auslegung ist in der Literatur bereits so vielfach erörtert worden, dass es keiner besonderen Be - gründung derselben an dieser Stelle bedarf. Hervorragende Metallurgen auch derjenigen Völker, welche in der Jetztzeit die Worte steel, acier in anderem Sinne gebrauchen, haben doch die grössere Zuverlässigkeit der deutschen Auslegung anerkannt.
Mehrfach sah ich mich veranlasst, in dem theoretischen Theile meines Handbuches von den Ueberlieferungen einer älteren Schule abzuweichen, wo mir dieselben einer vorurtheilsfreien Erwägung und den Fortschritten der Wissenschaft gegenüber als nicht mehr haltbarVIVorwort.erschienen. Nirgend aber habe ich neue Theorien aufzustellen ver - sucht, ohne zugleich die Gründe zu entwickeln, welche mich zu den - selben führten, sei es durch den Hinweis auf schon bekannte, aber nicht genügend beachtete, Naturgesetze, sei es durch Mittheilung der Ergebnisse zuverlässiger Versuche über den betreffenden Gegenstand. Nicht selten war ich selbst im Laufe der Jahre in der glücklichen Lage, durch eigene Versuche mir Aufklärung zu verschaffen, wenn ich Zweifel über die Ursachen dieser oder jener Erscheinung hegte; vielfach auch bin ich in meinem Bestreben durch befreundete Eisenwerke und Fach - genossen unterstützt worden. Ihnen sei an dieser Stelle mein auf - richtiger Dank ausgesprochen.
Freiberg in Sachsen, im April 1884.
A. Ledebur.
Die Ziffern an der linken Seite des Textes geben die Nummern der Figuren, die Ziffern an der rechten Seite die Seitenzahl an.
Alles technisch dargestellte und in den Handel gebrachte Eisen enthält kleinere oder grössere Mengen fremder Körper, welche dem - selben theils absichtlich, theils unabsichtlich bei der Darstellung zu - geführt wurden und seine Eigenschaften beeinflussen. Der wichtigste dieser fremden Körper, welcher, wenn auch bisweilen nur in sehr kleinen Mengen auftretend, doch in jedem Handelseisen sich findet, ist der Kohlenstoff; andere häufige Begleiter des Eisens sind Silicium, Phosphor, Schwefel, Mangan, Kupfer; weniger wichtig, obschon in kleinen Mengen fast immer nachweisbar, sind Kobalt und Nickel; mitunter finden sich Arsen, Chrom und einige andere Körper.
Eisensorten mit abweichendem Gehalte an diesen fremden Körpern zeigen oft stärkere Abweichungen in ihrem Aeussern und ihren sonstigen Eigenschaften als manche ganz verschiedene Metalle; und man trennt demnach zunächst das gesammte Handelseisen in zwei grosse Gruppen: Roheisen mit einer reichlicheren Menge jener fremden Bestandtheile und schmiedbares Eisen mit einer geringeren Menge derselben. Die physikalischen Unterschiede der beiden Eisengattungen beruhen vor - nehmlich auf der Verschiedenheit ihrer Schmelztemperaturen und ihres Verhaltens im stark erhitzten Zustande. Roheisen schmilzt leichter, d. h. in niedrigerer Temperatur und mit weniger Aufwand von Wärme, als schmiedbares Eisen; geht, ohne zu erweichen, rasch aus dem festen in den flüssigen Zustand über, wenn die Schmelztemperatur erreicht ist und umgekehrt, ist aber eben dieser letzteren Eigenschaft halber nicht schmied - bar, d. h. es erträgt, ohne geschmolzen zu werden, auch im erhitzten Zustande keine Aenderungen seiner Form durch Einwirkung äusserer Kräfte, sondern es zerbricht; schmied - bares Eisen lässt sich, wie der Name besagt, schmieden, indem es bei der Erhitzung vor dem Schmelzen allmählich erweicht, ja es besitzt häufig auch im kalten Zustande einen hohen Grad von Dehnbarkeit; aber sein Schmelz - punkt liegt höher als der des Roheisens und steigt im All - gemeinen mit der Abnahme seiner fremden Bestandtheile.
1*4Eintheilung des Handelseisens.Sofern neben Kohlenstoff keine erheblichen Mengen von fremden Körpern im Eisen zugegen sind, liegt die Grenze zwischen Roheisen und schmiedbarem Eisen bei einem Kohlenstoffgehalte von etwa 2.3 Proc.; finden sich neben Kohlenstoff aber andere Körper, insbesondere Metal - loide (Silicium, Phosphor, Schwefel), im Eisen vor, so beeinträchtigen dieselben die Schmiedbarkeit ebenfalls, das Eisen verliert schon bei einem entsprechend niedrigeren Kohlenstoffgehalte seine Schmiedbarkeit und nimmt den Roheisencharakter an.
Beide Eisengattungen zerfallen nun zunächst wieder in mehrere Klassen.
Manche Roheisensorten besitzen infolge später zu erörternder Ursachen die Eigenthümlichkeit, beim Erstarren und im glühenden Zu - stande ihren Kohlenstoff zum grossen Theile als selbstständigen Körper in Form von Graphit auszuscheiden, so dass derselbe zwischen den Krystallflächen sich einlagert, der Bruchfläche des Roheisens eine graue Farbe ertheilend, und dieses heisst alsdann graues Roheisen; bei anderen Roheisensorten verharrt der Kohlenstoffgehalt auch nach dem Erstarren im sogenannten „ gebundenen “Zustande, d. h. als ein dem Auge nicht ohne chemische Zerlegung des Roheisens erkennbarer, auf mechanischem Wege nicht von demselben trennbarer Bestandtheil des Roheisens, letzteres besitzt auf der Bruchfläche weisse Farbe und wird demzufolge weisses Roheisen genannt. In noch anderen Fällen stellt der Eisenhüttenmann für gewisse Zwecke seines Betriebes kohlenstoff - haltige Legirungen zwischen Eisen und Mangan dar, welche zwar in ihrem Aussehen und ihren Eigenschaften dem weissen Roheisen ähnlich sind, ihres hohen Mangangehaltes aber, der mitunter mehr als 80 Proc. beträgt, nicht dem Roheisen im eigentlichen Sinne zugezählt werden können und die man Ferromangane oder bei hohem Mangangehalte auch wohl Rohmangane zu benennen pflegt. Die Schmelztemperatur dieser Legirungen liegt um so höher, je reicher sie an Mangan sind; mit allen Roheisensorten aber haben sie die Eigenschaft gemein, nicht allmählich, sondern plötzlich ihren Aggregatzustand zu ändern.
Ist das Roheisen — insbesondere das graue Roheisen — durch Eingiessen in Formen zu Gebrauchsgegenständen verarbeitet (Oefen, Säulen, Gitter, Röhren u. s. w. u. s. w.), so pflegt es als Material dieser Gegenstände Gusseisen genannt zu werden. 1)Man spricht von gusseisernen Oefen, Säulen u. s. w. Die Bezeichnung als Gusseisen bleibt jedoch nur so lange gültig, als jene Gegenstände auch wirklich als Gebrauchsgegenstände zu dienen bestimmt sind. Werden sie infolge Zerbrechens oder aus anderen Ursachen dieser Bestimmung entzogen und zur Wiederverarbeitung bestimmt, so werden sie aufs Neue zu Roheisen, welches man in diesem Falle wohl Brucheisen oder Alteisen nennt, um die bereits stattgehabte Verwendung anzu - deuten.
Die an fremden Körpern, insbesondere an Kohlenstoff, reicheren Sorten des schmiedbaren Eisens besitzen die Eigenschaft der Härtbar - keit, d. h. sie zeigen, wenn sie auf etwa 500°C. erhitzt und dann rasch abgekühlt werden (durch Eintauchen in Wasser, Oel oder dergl. ), eine beträchtliche Steigerung ihrer Härte, während die Härte der kohlen - stoffärmeren Sorten durch diese Behandlung kaum merklich geändert wird. Die Grenze liegt, sofern der Gehalt des Eisens an fremden5Eintheilung des Handelseisens.Körpern neben Kohlenstoff nicht beträchtlich ist, bei etwa 0.6 Proc. Kohlenstoffgehalt, erniedrigt sich aber, wenn neben Kohle andere Körper, insbesondere Mangan, Chrom, Silicium in grösseren Mengen zugegen sind. Jene Eigenschaft der Härtbarkeit theilt das gesammte schmiedbare Eisen in zwei Klassen und zwar in: Stahl, kohlenstoff - reicher, härtbar, und Schmiedeeisen, kohlenstoffärmer, nicht härtbar.
Manche Sorten schmiedbaren Eisens erfolgen bei ihrer Darstellung in einem teigartigen Zustande, sind dabei von Schlacke durchsetzt und erfordern, um wenigstens so viel als möglich von dieser befreit zu werden, einer ausgedehnten mechanischen Bearbeitung in Schweisshitze, d. h. in derjenigen, nicht sehr weit unterhalb des Schmelzpunktes liegenden Temperatur, in welcher das schmiedbare Eisen einen weichen, bild - samen Zustand annimmt, und getrennte Eisenstäbe sich unter An - wendung eines Druckes oder von Hammerschlägen zu einem Ganzen vereinigen lassen (schweissen), während die eingeschlossenen Schlacken - theilchen durch dieselbe mechanische Einwirkung wenigstens theilweise aus dem Eisen herausgequetscht werden. Solches Eisen heisst Schweiss - eisen beziehentlich Schweissstahl. Andere Sorten dagegen erfolgen im flüssigen Zustande; eine Einmengung von Schlacke ist hierdurch ausgeschlossen, da die flüssige, specifisch leichtere Schlacke sich rasch von dem flüssigen Eisen sondert, und eine grössere Gleichmässigkeit der Eisenstäbe innerhalb desselben Querschnitts ist eine andere Folge jenes flüssigen Anfangszustandes. Man nennt diese Eisensorten Fluss - eisen (auch wohl Homogeneisen wegen jener grösseren Gleich - förmigkeit) beziehentlich Flussstahl. 1)Diese in Deutschland officiell eingeführte Eintheilung des schmiedbaren Eisens einerseits in Stahl und Schmiedeeisen gemäss der Härtbarkeit, andererseits in Schweiss - eisen und Flusseisen gemäss des ursprünglichen Aggregatzustandes, wie sie bei Ge - legenheit der Weltausstellung in Philadelphia im Jahre 1876 von einer internationalen Commission bedeutender Metallurgen vereinbart wurde, ist leider im Sprachgebrauche der Praxis, besonders in ausserdeutschen Ländern, nicht überall heimisch. In Eng - land und Nordamerika z. B. nennt man ziemlich regelmässig alles im flüssigen Zu - stande erfolgte Eisen „ Stahl “, gleichviel, ob es härtbar ist oder nicht, und unter - scheidet unter den hierher gehörigen Sorten höchstens „ harten “und „ weichen “(nicht härtbaren) Stahl; jeder Schweissstahl aber heisst ausserdem Stahl. Der Grund hierfür ist
Folgende Tabelle lässt die besprochene Eintheilung des Handels - eisens übersichtlicher erkennen.
Nicht schmiedbar, beim Erhitzen plötzlich schmelzend. Gehalt an Kohlen - stoff (Silicium, Phosphor u. s. w.) mindestens 2.3 Proc.
1. Graues Roheisen. Der grösste Theil des Koh - lenstoffs wird beim Erkalten graphitisch ausgeschieden. Farbe der Bruchfläche grau. In der Giesserei zu Guss - waaren verarbeitet heisst das graue Roheisen Gusseisen. | 2. Weisses Roheisen. Der grösste Theil des Koh - lenstoffs bleibt gebunden. Farbe der Bruchfläche weiss. Härter, spröder als graues Roheisen. | 3. Ferromangane. Kohlenstoffhaltige Eisen - manganlegirungen mit rei - chem Mangangehalte. Der grösste Theil des Kohlen - stoffs bleibt gebunden. Farbe der Bruchfläche weiss oder gelblich. |
Schmiedbar, beim Erhitzen allmählich erweichend. Gehalt an Kohlenstoff weniger als 2.3 Proc.
Die Anfänge der Eisendarstellung sind dunkel und reichen bei den meisten Völkern bis in die vorhistorische Zeit hinauf. Entgegen einer bis vor wenigen Jahrzehnten allgemein verbreiteten, jetzt noch vielfach herrschenden Annahme, dass der Bekanntschaft mit dem Eisen regelmässig eine sogenannte Bronzezeit vorausgegangen sei, unterliegt es neueren Forschungen zufolge kaum einem Zweifel, dass in Ländern, wo reine Eisenerze vorkamen, auch das Eisen schon vor der Bronze oder doch jedenfalls neben derselben dargestellt worden sei; aber die glänzenderen Eigenschaften der Bronze, insbesondere ihre leichtere Ver - arbeitbarkeit, ihre prächtige Farbe und ihre grössere Widerstandsfähig - keit gegen die Einflüsse der Feuchtigkeit, drängten das Eisen so lange in den Hintergrund, als der Bedarf an Metall überhaupt nicht be - deutend war. Nicht selten wird bei solchen Völkern, wo das Eisen schon vor der Bronze bekannt war, doch die bevorzugte Anwendung der letzteren die Eisendarstellung völlig zum Erliegen und in Vergessen - heit gebracht haben, bis schliesslich der überhand nehmende Bedarf an Metall dahin führte, das uralte Gewerbe wieder aufzunehmen. Denn dem Eisen der alten Zeit fehlte eben diejenige Eigenschaft, welche das jetzige Eisen zu dem wichtigsten aller Metalle erhoben hat: die Billig - keit im Vergleiche zu dem Preise anderer Metalle; es wurde erst billiger als die Noth dazu trieb, es in grösseren Mengen darzustellen und man hierbei erkannte, wie viel reicher die Erde an Eisen sei als an anderen Metallen.
Jedenfalls gebührt nicht einem einzigen Manne oder Volke die Ehre, das Eisen zuerst dargestellt und die Erfindung über die Erde verbreitet zu haben, sondern, wie noch jetzt vorhandene Spuren er - kennen lassen, wurde das Eisen in sehr verschiedenen Gegenden bereits von Volksstämmen dargestellt, welche gegenseitig von ihrem Dasein keine Ahnung hatten; noch heute werden durch Afrikareisende Völker angetroffen, welche, obwohl von dem Verkehre mit der Aussenwelt1)in dem Umstande zu suchen, dass man in früherer Zeit, wo die Härtbarkeit allgemein als Unterscheidungsmerkmal zwischen Stahl und Schmiedeeisen galt, nur den Stahl im eigentlichen Sinne zu schmelzen verstand, und dass mithin der flüssige Aggregat - zustand des erzeugten schmiedbaren Eisens auch so lange als ein charakteristisches Merkmal des Stahls gelten konnte, bis man durch neuere Methoden (Bessemer - process u. a.) auch nichthärtbares Eisen im flüssigen Zustande darstellen lernte.7Historisches und Statistisches.vollständig abgeschlossen, doch mit der Eisengewinnung in ihrer ein - fachsten Form sich vertraut zeigen, mit der Bronze oder dem Kupfer aber häufig unbekannt sind.
In den Schriften der historischen Völker lassen sich meistens Spuren ihrer Bekanntschaft mit dem Eisen bis zu den Anfängen aller schriftlichen Tradition hinauf verfolgen. In den Büchern Mosis wird mehrfach des Eisens erwähnt und Thubalkain, ein Abkömmling Kains im sechsten Gliede, wird ein „ Meister in Erz und allerlei Eisenwerk “genannt, ein Beweis, dass der Erzähler selbst die Kenntniss des Eisens als uralt betrachtet; da aber jene Bücher jedenfalls bald nach dem Auszuge der Juden aus Aegypten (1600 v. Chr.) geschrieben wurden, so lässt sich folgern, dass auch dort, wo die Juden sich 430 Jahre lang aufhielten, das Eisen um jene Zeit schon bekannt gewesen sein muss. Auch Homer erwähnt nicht selten des Eisens und Stahls, und zwar mehr als Material für den Ackerbau als für den Krieg, da die Waffen der damaligen Zeit noch aus Bronze gefertigt wurden. In Italien war das Eisen schon lange vor den Römern bekannt; in einer im Jahre 1853 zu Villanova bei Bologna aufgedeckten Todtenstadt aus voretruskischer Zeit wurden eine grosse Zahl eiserner Geräthe gefunden.
Berühmt war im Alterthume, besonders bei den Griechen, das Eisen der Chalyber, eines Volksstammes am schwarzen Meere; die Be - zeichnung χάλυψ für Eisen deutet darauf hin, dass jene die Lehrer der Griechen in der Eisendarstellung gewesen seien, und zahlreiche Reste alter Eisenhütten wurden zur Zeit des Kaisers Augustus in dem er - wähnten Lande gefunden. Eine ausgedehnte Eisenindustrie wurde zur Römerzeit, als das Eisen bereits das Material für Waffen, Rüstungen, Ackerbaugeräthe, Handwerkszeug aller Art u. s. w. bildete, in ver - schiedenen eisenerzreichen römischen Provinzen betrieben, insbesondere in Spanien, Gallien, England, Kärnten; noch jetzt werden in jenen Ländern Schlackenhalden, ja selbst Oefen und Schmelzgeräthe aus der Römerzeit gefunden. Besonderen Ruf jedoch hatte das Eisen der Serer, eines vermuthlich ostasiatischen Volksstammes, welches gemeinschaft - lich mit kostbaren Geweben nach Rom gebracht wurde und vermuth - lich mit dem heutigen Wootz - oder Damascenerstahle übereinstimmte.
Sehr einfach war natürlich die Technik der Eisengewinnung im Alterthume. Roh - und Gusseisen kannte man überhaupt nicht; durch Schmelzen von reinen Eisenerzen mit reichem Brennstoffaufwande in niedrigen Oefen oder Feuern stellte man unter starkem Eisenverluste durch Verschlackung einen Klumpen schmiedbaren Eisens dar, welcher dann ausgeschmiedet wurde. Alle Nachrichten und erhaltenen Spuren früherer eisenhüttenmännischen Thätigkeit weisen darauf hin, dass das Verfahren im Wesentlichen überall das nämliche war, welches noch heute in entlegenen, von der Cultur nicht erreichten Gegenden an - getroffen wird. Nur durch Zufall geschah es wohl mitunter, dass bei dem Schmelzprocesse die Reduction und Kohlung zu weit getrieben wurde, und dann entstand, wie Aristoteles von den schon erwähnten Chalybern berichtet, ein Eisen, welches „ wie Wasser “schmolz, weisse Farbe besass, dem Rosten weniger unterworfen war, aber erst einer „ Reinigung “durch wiederholtes Umschmelzen bedurfte, um schmiedbar8Historisches und Statistisches.zu werden, welches also thatsächlich weisses Roheisen oder ein Mittel - ding zwischen Roheisen und Stahl war.
So lange man keine Gebläse kannte, betrieb man die Oefen mit natürlichem Luftzuge und baute sie deshalb gern an Bergesabhänge oder auf Bergesspitzen; wo jedoch die Technik einigermaassen fort - geschritten war, benutzte man auch schon im frühen Alterthume ein - fache Gebläse (Bälge), welche durch menschliche Arbeit bewegt wurden. Die Benutzung der Wasserkraft zum Betriebe der Gebläse datirt erst aus dem 13. Jahrhunderte und brachte naturgemäss eine durchgreifende Umgestaltung im Eisenhüttenwesen hervor. Denn während man früher die Erze an ihrer Fundstätte verhüttet hatte, musste nunmehr das Vor - handensein der Wasserkraft den Ausschlag für die Wahl des Standortes der Hüttenanlage geben. Alte Anlagen mussten kalt gelegt und dem Verfalle übergeben, neue eingerichtet werden. Der ersparten mensch - lichen Arbeit für den Betrieb des Gebläses standen die bei der Mangel - haftigkeit der Verkehrsmittel gewiss nicht unbeträchtlichen Kosten für den weiteren Transport der Schmelzmaterialien gegenüber. Nicht ohne manches Bedenken werden unsere Vorväter an die neue Betriebsweise herangetreten sein, und erst dann werden sie sich zu diesem Schritte entschlossen haben, als sie durch den mehr und mehr wachsenden Bedarf an Eisen zu einer Ausdehnung ihres Betriebes gezwungen wurden.
Aber noch in anderer Hinsicht knüpften sich schwerwiegende Folgen an die neue Einrichtung. Die Möglichkeit, grössere Windmengen und stärkere Windpressungen als bisher durch Benutzung der Elementar - kraft zu erzeugen, gab Veranlassung, die Schmelzöfen zur besseren Wärmeausnutzung und Erzielung einer grösseren Production über ihr bisheriges Maass hinaus zu erhöhen; in den grösseren Ofen aber fand ein vollständigerer Reductions - und Kohlungsprocess statt, und statt des Klumpens schmiedbaren Eisens erhielt man Roheisen, dessen flüssiger Zustand bei der bereits in Blüthe stehenden Technik der Metallgiesserei auf seine Verwendbarkeit zur Gusswaarendarstellung hinwies. So be - gann die gewerbsmässige Roheisendarstellung; einen Schritt weiter, und man fand, dass beim wiederholten Umschmelzen der beim Giessen ent - stehenden Abfälle diese sich allmählich in schmiedbares Eisen um - wandelten, wodurch die bis dahin gebräuchliche Darstellung schmied - baren Eisens aus den Erzen in den Hintergrund gedrängt und die Bahn für das heutige System der Eisendarstellung im Grossen ge - brochen wurde.
Wesentliche Fortschritte seit jener Zeit traten dann erst wieder hervor, als man im 18. Jahrhunderte, durch den überhand nehmenden Holzmangel gezwungen, anfing, mineralische Brennstoffe statt der bis dahin ausschliesslich benutzten Holzkohlen für den Eisenhüttenbetrieb zu verwenden, und als anderntheils durch die Erfindung der Dampf - maschine nicht allein der Eisenindustrie ein grösseres Feld als bisher eröffnet, sondern sie auch von jener immerhin lästigen Fessel befreit wurde, durch welche sie fast ein halbes Jahrtausend an den Lauf fliessender Gewässer gebannt war. Rascher als früher in Jahrhunderten schritt jetzt in Jahrzehnten die Eisenindustrie vorwärts, und rasch folgte eine Erfindung auf die andere.
9Historisches und Statistisches.Dennoch würde das Eisenhüttengewerbe niemals auch nur annähernd jene ungeheure Ausdehnung erlangt haben, welche es in der Jetztzeit besitzt, wenn nicht an die Erfindung der Dampfkraft sich fünfzig Jahre später eine Anwendung derselben gereiht hätte, welche berufen war, die tiefsten Einflüsse auf Cultur und Wirthschaft der Völker zu üben: die Benutzung des Dampfes zum Eisenbahnbetriebe im Jahre 1825. Ein Netz eiserner Schienen, von Jahr zu Jahr wachsend und infolge des Verschleisses einer stetigen Ergänzung bedürftig, dehnte sich und dehnt sich noch heute allmählich über das bewohnte Festland aus; ausser den Schienen bestehen zahlreiche andere Hilfsmittel des Eisen - bahnbetriebes aus Eisen. Nunmehr war der Verwendung des Eisens ein Feld eröffnet, wie es schwerlich Jemand zuvor zu träumen gewagt hätte, ein Feld, welches sich von Jahr zu Jahr mit reissender Schnellig - keit erweiterte. Ein deutliches Bild dieser Steigerung des Bedarfs an Eisen erhält man durch Ziffern. Die jährliche Eisenproduction Gross - britanniens betrug
Es ist leicht erklärlich, dass in den ersten Jahrzehnten nach der Einführung der Eisenbahnen die Zunahme der Eisenerzeugung vorzugs - weise deutlich in Grossbritannien, dem Heimathlande der Dampfkraft und dem an Materialien und Hilfsmitteln für die Eisenindustrie so überaus reichen Lande, hervortrat; allmählich aber begann auch in den übrigen Ländern ein mächtiger Aufschwung der Eisenindustrie. Bei - spielsweise betrug die Roheisenproduction der ganzen Erde in Tonnen (abgerundet):
Es ergiebt sich aus dieser Tabelle, dass unter allen eisenerzeugen - den Ländern Grossbritannien den entschiedenen Vorrang behauptet; aber sein Antheil an der Gesammtproduction der Erde verringert sich naturgemäss mehr und mehr, je stärker die Eisenindustrie auch in anderen Ländern sich ausdehnt, und beträgt z. B. im Jahre 1870 50 Proc., im Jahre 1878 46 Proc., im Jahre 1880 und 1881 43 Proc. der ge - sammten Eisenerzeugung. Das stärkste Wachsthum zeigt die Eisen -10Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.industrie der Vereinigten Staaten, welche ihrer Leistung nach die zweite Stelle, und Deutschlands, welche die dritte Stelle einnimmt; in beiden Ländern stieg innerhalb elf Jahren die Menge des gewonnenen Eisens auf mehr als das Doppelte.
a. Eintheilung des Eisens.
b. Historisches.
c. Statistisches.
Verbrennung im allgemeinsten Sinne nennen wir jede chemi - sche Vereinigung eines Körpers mit Sauerstoff (Oxydation); im engeren Sinne sprechen wir von Verbrennung nur dann, wenn eine solche Wärmeentwickelung damit verknüpft ist, dass der brennende Körper ein Erglühen zeigt.
Der dem Verbrennen entgegengesetzte Vorgang ist die Reduction, d. h. die Abscheidung eines einfachen Körpers aus einem zusammen - gesetzten, beziehentlich einer sauerstoffärmeren Verbindung aus der sauerstoffreicheren; allgemein auch die Abscheidung eines Körpers, ins - besondere Metalls, aus einer Verbindung (mit Schwefel, Arsen u. s. w.).
Wird bei der Oxydation eines Körpers Wärme erzeugt, so ist genau dieselbe Wärmemenge erforderlich, um die Reduction desselben aus der Verbindung zu bewirken, welche aus dem Verbrennungs -11Verbrennung und Reduction.processe hervorging. Die Kenntniss dieser Wärmemengen ist von Wichtigkeit für das Verständniss und die richtige Beurtheilung metal - lurgischer, insbesondere auch eisenhüttenmännischer Processe.
Reduction und Oxydation (Verbrennung) gehen gewöhnlich neben einander her; zur Reduction eines Körpers wird ein anderer benutzt, dessen Vereinigungsbestreben zum Sauerstoff (beziehentlich zum Schwefel u. s. w.) grösser ist als das des ersten, so dass er diesem seinen Sauerstoff u. s. w. entzieht, dabei selbst mit demselben sich chemisch verbindend. Ist die Verbrennungswärme des reducirenden Körpers grösser als diejenige des reducirten, so wird bei diesem Vorgange Wärme gewonnen und es tritt Temperatursteigerung ein; im entgegen - gesetzten Falle wird Wärme verbraucht und muss von aussen her, d. h. aus einer besondern Wärmequelle, ersetzt werden, wenn nicht Abkühlung eintreten soll, welche unter Umständen ein Aufhören des Reductions - processes zur Folge haben kann.
Nur wenige Körper wirken bei gewöhnlicher Temperatur oxydirend beziehentlich reducirend auf einander. Bei allen hüttenmännischen Processen ist eine erhöhte Temperatur erforderlich, welche das Oxy - dationsbestreben des als Reductionsmittel dienenden Körpers (seine Ver - wandtschaft oder Affinität zum Sauerstoff u. s. w.) steigert; selbst - verständlich wird aber durch diese Einwirkung der gesteigerten Tempe - ratur überhaupt nur dann eine Reduction eintreten können, wenn nicht auch die Verwandtschaft des anderen Körpers, welcher reducirt werden soll, in dem gleichen Maasse zunimmt. Mit anderen Worten: Reduction durch Einwirkung zweier Körper im erhitzten Zustande auf einander ist die Folge einer durch die Erhitzung bewirkten einseitigen Steige - rung der Verwandtschaft des als Reductionsmittel dienenden Körpers zum Sauerstoff u. s. w.; unter Umständen auch einer durch die Er - hitzung hervorgerufenen einseitigen Verringerung der Verwandtschaft des aus einer Verbindung zu reducirenden Körpers. 1)Es ist bekannt, dass manche Körper schon durch einfache Erhitzung ohne Einwirkung eines zweiten Körpers zerlegt — diessociirt — werden. Je näher die Temperatur diesem Dissociationspunkte rückt, desto geringer wird gewöhnlich die Verwandtschaft der verbundenen Körper, desto leichter ist Reduction zu bewirken.
Diese Thatsache, so leicht verständlich sie auch ist, wird vielfach bei dem Studium metallurgischer Processe unbeachtet gelassen, und man erschwert sich dadurch nicht unwesentlich das Verständniss der - selben. Es folgt aus jenen Beziehungen zwischen Temperatur und chemischer Verwandtschaft, dass, wie die Praxis bestätigt, nicht allein die Reductionstemperaturen für verschiedene Körper und auch bei An - wendung verschiedener Reductionsmittel sehr verschieden sein können, sondern dass auch Reductionsmittel, welche in dem einen Falle benutz - bar sind, doch in anderen Fällen, d. h. bei anderen zu reducirenden Körpern, oft vollständig wirkungslos bleiben, sofern es eben nicht gelingt, ihre Verwandtschaft zum Sauerstoffe u. s. w. durch Erhitzung auf einen höheren Grad als bei dem zu reducirenden Körper zu steigern. Von diesen Umständen muss die Wahl des Reductionsmittels wie die Höhe der anzuwendenden Temperatur abhängig sein.
Bei den Reductionsprocessen der Eisendarstellung werden fast12Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.ausschliesslich Sauerstoffverbindungen (Oxyde) reducirt und es kommen dabei vorwiegend zwei Reductionsmittel zur Anwendung: Kohlenstoff und Kohlenoxydgas. Bei der Anwendung von Kohlenstoff ist das Er - gebniss des Zersetzungs - und Verbrennungsprocesses Kohlenoxydgas neben dem reducirten Körper, bei Anwendung von Kohlenoxydgas erfolgt Kohlensäure. Bezeichnet man allgemein das zu reducirende Oxyd mit RO, so lässt sich der Vorgang in beiden Fällen darstellen durch die Formeln: 〈…〉 ...... (1) 〈…〉 ...... (2)
Es bedarf keiner Erwähnung, dass unter Umständen das bei dem Vorgange Nr. 1 erfolgende Kohlenoxydgas zu einem abermaligen Reduc - tionsprocesse nach Formel 2 benutzbar bleiben kann. Das Verhalten der beiden reducirenden Körper gegenüber den verschiedenen hier in Betracht kommenden Oxyden ist jedoch ein wesentlich abweichendes.
Die Oxydationstemperatur des Kohlenstoffes liegt — abweichend nach seiner äusseren Beschaffenheit (Holzkohle, Koks, Anthracit, Graphit u. s. w.) — bei 400 — 800°C. 1)Durch freien Sauerstoff wird allerdings Kohlenstoff auch schon bei gewöhn - licher Temperatur, wenn auch sehr langsam, zu Kohlensäure oxydirt. Vergl. Poggen - dorff’s Annalen, Bd. CIX, S. 353.; unterhalb dieser Temperatur vermag also der Kohlenstoff nicht als Reductionsmittel zu wirken. Die Begierde des Kohlenstoffes, sich mit Sauerstoff chemisch zu vereinigen, seine Verwandtschaft zum Sauerstoffe, wächst aber von jener Entzündungs - temperatur an aufwärts in sehr starkem Maasse und erreicht erst in heller Weissgluth ihren höchsten Grad. Das Kohlenoxydgas aber, welches aus der Oxydation des Kohlenstoffes bei der Benutzung des - selben zur Reduction anderer Körper hervorgeht, ist auch in den höchsten in unseren Oefen erreichbaren Temperaturen beständig, es wird weder in merkbarem Grade dissociirt noch vermag es oxydirend auf andere Körper zu wirken, ein Umstand, welcher in sehr naher Beziehung zu der soeben erwähnten Steigerung der Verwandtschaft des Kohlenstoffes zum Sauerstoffe durch Temperaturzunahme steht, und ohne welchen diese nicht möglich sein würde. Körper, deren Verwandtschaft zum Sauerstoffe durch Erhitzen nicht in dem gleichen Maasse wie die - jenige des Kohlenstoffes gesteigert wird, lassen sich also häufig aus ihren Oxyden durch starke Erhitzung mit Kohlenstoff reduciren, auch wenn sie in weniger hohen Temperaturen — beispielsweise in Roth - gluth — vollständig widerstandsfähig gegenüber der Einwirkung des Kohlenstoffs sein sollten. In dieser Weise verhalten sich z. B. Kalium, Natrium, Mangan u. s. w.; und gerade jene dem Kohlenstoffe eigenthüm - liche Eigenschaft, durch Erhitzung seine Verwandtschaft zum Sauer - stoffe in stärkerem Maasse als viele andere Körper zu steigern, erhebt ihn zu einem der vorzüglichsten Reductionsmittel in hohen Tempe - raturen.
Kohlenoxyd dagegen besitzt in niedrigeren Temperaturen eine starke Neigung, durch Aufnahme eines zweiten Atomes Sauerstoff Kohlensäure zu bilden. Bei einer Temperatur von 400° wird es durch13Verbrennung und Reduction.fremden Sauerstoff oxydirt; ja, durch die Anwesenheit gewisser Körper wird es schon bei noch niedrigerer Temperatur — zwischen 300 und 400° — zum Zerfallen gebracht, indem Kohlensäure und fester Kohlenstoff entstehen: 〈…〉 , ein Vorgang, welcher später (diese Abtheilung, VII) ausführlichere Be - sprechung finden wird. Die aus der Oxydation des Kohlenoxydes hervorgehende Kohlensäure aber zeigt um so geringere Beständigkeit, je höher die Temperatur steigt. Sie beginnt schon bei ca. 1200°C. in Kohlenoxyd und Sauerstoff zu zerfallen und kann bei 2000°C. über - haupt nicht mehr bestehen. Es folgt hieraus von selbst, dass eine Ver - brennung des Kohlenoxydes zu Kohlensäure immer schwieriger wird, sobald jene Temperaturgrenze überschritten ist, und es ist leicht erklärlich, dass, wie die Erfahrung lehrt, die Kohlensäure in höheren Temperaturen kräftig oxydirend auf andere Körper einwirkt, deren Verwandtschaft zum Sauerstoffe in jenen Temperaturen höher als die des Kohlenoxydes ist. Eben deshalb verliert aber das Kohlenoxyd um so mehr an redu - cirender Kraft, je höher die Temperatur über eine gewisse Grenze hinaus steigt, welche durch die Oxydationsfähigkeit des zu reducirenden Körpers in höheren Temperaturen gegeben ist; und ein und dasselbe Gemisch von Kohlensäure und Kohlenoxyd (welches stets entsteht, sobald ein kohlenoxydhaltiger Gasstrom Reduction ausübt) kann in niedrigeren Temperaturen reducirend, in höheren Temperaturen oxydirend auf den nämlichen Körper einwirken. Nach Versuchen von L. Bell verhält sich ein Gemisch beider Gase gegenüber metallischem Eisen neutral, d. h. es wirkt weder reducirend noch oxydirend, wenn es
enthält.
Durch den gasförmigen Zustand des Kohlenoxydes wird seine Be - rührung mit zu reducirenden festen Körpern erleichtert; es umhüllt dieselben, dringt in die Poren derselben ein u. s. w. Zwischen einem festen Körper und Kohle dagegen ist die gegenseitige Berührung um so unvollkommener, je grobstückiger beide sind; sie wird vergrössert, wenn Schmelzung des ersteren eintritt.
Alle diese Unterschiede in dem Verhalten der Kohle und des Kohlenoxydes liefern eine genügende Erklärung für die Thatsache, dass für Reductionsprocesse, welche in niedrigeren Tempe - raturen ausführbar sind, Kohlenoxyd das geeignetere Reductionsmittel ist, während Kohle als Reductionsmittel um so werthvoller wird, je höher die Temperatur steigt, und in den höchsten Temperaturen unserer Oefen einzig und allein zur Reduction benutzbar bleibt. Metalle, deren Oxyde durch Kohlenoxyd reducirbar sind, nennen wir leicht redu - cirbar, solche, die nur noch durch Kohle in Weissgluth reducirt werden können, schwer reducirbar.
Aus jener oxydirenden Wirkung der Kohlensäure in höheren Temperaturen erklärt sich dann auch leicht die bekannte Erscheinung,14Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.dass Kohle durch Kohlensäure verbrannt werden kann, wobei Kohlen - oxyd entsteht: 〈…〉 ; und zwar geht diese Verbrennung des Kohlenstoffes, beziehentlich diese Reduction der Kohlensäure um so rascher, vollständiger vor sich, in je höherer Temperatur beide Körper einander berühren.
Es ergiebt sich ferner aus den geschilderten Einflüssen der Tempe - ratur auf die Verbrennung des Kohlenstoffes und des Kohlenoxydes sowie aus dem Verhalten der Kohlensäure in hohen Temperaturen der wichtige Satz: bei der Oxydation von Kohle durch atmo - sphärischen Sauerstoff entsteht in niedrigerer Temperatur vorwiegend Kohlensäure, in höherer Temperatur vor - wiegend Kohlenoxyd, sofern die ausreichende Menge Kohlenstoff zur Bildung des letzteren (wobei die doppelte Menge Kohle als bei Kohlensäurebildung durch die gleiche Menge Sauerstoff verbrannt wird) zugegen ist. 1)In vielen technischen Werken, Zeitschriften u. s. w. findet man fälschlich die entgegengesetzte Behauptung ausgesprochen, nämlich, dass Kohlensäure das Er - gebniss einer Verbrennung in hoher Temperatur sei, ja, dass zur Kohlensäurebildung überhaupt eine hohe Temperatur erforderlich sei. Manche Begriffsverwirrung ist durch diese irrige Anschauung, welche mit den Erscheinungen der Praxis im Wider - spruche steht, schon hervorgerufen worden. Eine ausführlichere Widerlegung derselben findet der Leser in der Abhandlung des Verfassers: Wird durch hohe Temperatur Kohlensäure - oder Kohlenoxyd-Bildung befördert? „ Stahl und Eisen “1882, S. 356.
Aehnlich wie Kohlenoxyd verhält sich Wasserstoff als reducirender Körper. Bei der Verbrennung desselben entsteht Wasserdampf; aber derselbe wird bereits bei 1000°C. dissociirt und wirkt schon in niedrigerer Temperatur oxydirend, wenn er mit Körpern zusammentrifft, deren Ver - wandtschaft zum Sauerstoff durch Erwärmung gesteigert wird. So wird glühende Kohle durch Wasserdampf in höherer Temperatur zu Kohlen - oxyd, in weniger hoher Temperatur zu Kohlensäure verbrannt: 〈…〉 〈…〉 und das Erzeugniss dieses Processes ist das in jüngster Zeit so vielfach besprochene Wassergas.
Es folgt hieraus, dass auch Wasserstoffgas, welches als zufälliger Bestandtheil der Gase mancher Oefen in nicht ganz unerheblichen Mengen auftritt, als Reductionsmaterial nur für leicht reducirbare Oxyde geeignet ist.
Durch Gegenwart dritter Körper, welche das Bestreben besitzen, mit den Erzeugnissen des Reductions - beziehent - lich Oxydationsprocesses Verbindungen einzugehen, wird dieser Process oft in merkbarer Weise befördert. So z. B. ist Silicium aus der Kieselsäure durch Kohle allein auch in hellster Weissgluth nicht reducirbar, besitzt aber eine starke Verwandtschaft zum Eisen. Hieraus erklärt sich, dass bei Gegenwart von metallischem15Vollständige und unvollständige Verbrennung.Eisen schon in Rothgluth Silicium reducirt und von dem Eisen auf - genommen werden kann. Eine noch stärkere Verwandtschaft zum Eisen als Silicium besitzt Phosphor. Aus geschmolzenem Eisen wird daher auch unter kräftig oxydirenden Einwirkungen Phosphor nicht abge - schieden, so lange eine kieselsäurereiche Schlacke, welche keine Neigung besitzt, Phosphorsäure aufzunehmen, zugegen ist; aber die Abscheidung gelingt bei Anwesenheit basischer Körper, welche Phos - phate zu bilden geneigt sind. Viele andere Erscheinungen der Praxis lassen sich auf ähnliche Vorgänge zurückführen.
Man nennt die Verbrennung eines Körpers vollständig, wenn die Verbrennungserzeugnisse (welche bei den gewöhnlichen Brennstoffen gasförmig sind) keine brennbaren Bestandtheile mehr enthalten. Ver - brennt man Kohle, so enthalten die Verbrennungserzeugnisse bei voll - ständiger Verbrennung neben dem etwa vorhandenen überschüssig zugeleiteten Sauerstoff nur noch Stickstoff (aus der Verbrennungsluft stammend) und Kohlensäure; verbrennt man flammende Brennstoffe, so tritt noch Wasserdampf als Verbrennungserzeugniss zu den soeben genannten. Unvollkommen würde die Verbrennung sein, wenn sich Kohlenoxyd, Kohlenwasserstoffe, Destillationserzeugnisse (Theer, Rauch) mit den Verbrennungsgasen gemischt befänden.
Sofern es sich bei der Verbrennung eines Brennstoffes darum handelt, eine möglichst grosse Wärmemenge zu erzeugen, wird man darnach trachten müssen, eine möglichst vollständige Verbrennung zu bewirken; denn jeder unverbrannt gebliebene Bestandtheil der Ver - brennungsgase ist gleichbedeutend mit einem Wärmeverluste. Obschon die Mittel, welche man zur Erreichung dieses Zieles anzuwenden hat, unter verschiedenen Verhältnissen (bei verschiedenen Brennstoffen, ver - schiedenen Feuerungseinrichtungen u. s. w.) verschieden sein können, lassen sich doch auch einige allgemein gültige Regeln dafür aufstellen.
1. Vollständige Verbrennung ist nur bei einem Ueber - schusse von Sauerstoff zu ermöglichen. Verbrennt man also gasförmige Körper durch atmosphärische Luft, so muss mit denselben soviel der letzteren gemischt werden, dass mehr Sauerstoff zugegen ist, als zur vollständigen Verbrennung erforderlich gewesen sein würde; verbrennt man festen Brennstoff auf einem Roste, so muss zwischen den Spalten des letzteren und den Stücken des ersteren hindurch so viel Luft ihren Weg finden, dass nicht allein die vom Roste auf - steigenden, die Flamme bildenden Gase dadurch verbrannt werden können, sondern dass auch noch überschüssiger Sauerstoff in dem auf - steigenden Gasgemenge zugegen ist.
2. Eine hohe Temperatur in dem Verbrennungsraume befördert die chemische Vereinigung zwischen dem Sauer - stoff und den brennbaren Bestandtheilen und erleichtert somit die vollständige Verbrennung. Der nach 1) erforder - liche Sauerstoffüberschuss kann geringer sein, wenn die Temperatur hoch ist.
16Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.Die Anwendung dieses unzweifelhaft an und für sich vollständig richtigen Lehrsatzes muss jedoch mit Vorsicht und stets unter Berück - sichtigung des Lehrsatzes 1) geschehen, wenn nicht Irrthümer und fälschliche Schlussfolgerungen daraus hervorgehen sollen.
Wir wissen z. B., dass Kohlensäure in Temperaturen über 2000°C. nicht mehr bestehen kann und schon in noch niedrigerer Temperatur (1200 — 2000°) theilweise dissociirt wird; und dass Wasserdampf sich ähnlich verhält. In Säuren, wo derartige hohe Temperaturen herrschen, kann also eine unmittelbare, rasche, vollständige Verbrennung kohlen - stoff - oder wasserstoffhaltiger Brennstoffe (Kohle, Kohlenoxyd, Kohlen - wasserstoffe) nicht stattfinden, sondern es wird Sauerstoff neben kohlen - stoffhaltigen Gasen beziehentlich neben Wasserstoff zugegen sein. Bei der Fortbewegung dieses Gasgemenges aber tritt unvermeidlich Ab - kühlung ein; und sobald infolge davon die Temperatur sinkt, erfolgt Vereinigung des Sauerstoffes mit den brennbaren Bestandtheilen. Auf diese Weise erklärt sich die Entstehung einer langen Flamme in Räumen mit sehr hoher Temperatur.
Trifft freier Sauerstoff auf Kohlen im festen Zustande, so wird eine um so grössere Menge derselben verbrannt werden und eine um so geringere Menge des Sauerstoffes unverzehrt bleiben, je höher die Temperatur an der Stelle ist, wo die Kohlen sich befinden. Gerade deshalb aber, gerade weil die Verwandtschaft des Kohlenstoffes zum Sauerstoffe in der höheren Temperatur sich steigert, entstehen, wie schon oben (S. 14) betont wurde, zunächst um so reichlichere Mengen von Kohlenoxyd (bei dessen Bildung die doppelte Menge Kohlenstoff als bei Kohlensäurebildung verbrannt wird), je stärker die Kohlen erhitzt sind. In einem Gasgenerator, in welchem atmosphärische Luft durch eine hohe Schicht glühender Kohlen geleitet wird, ist die Ausbeute an brenn - barem Kohlenoxyd um so beträchtlicher, der Gehalt des Gases an Kohlen - säure um so geringer, je höher die Temperatur im Generator ist; bei einem Roste, auf welchem Holzkohlen oder Koks verbrannt werden, sehen wir, so lange die Temperatur niedrig ist, keine Spur einer Flamme, die Verbrennungsgase bestehen aus Kohlensäure nebst Stick - stoff, wenig Kohlenoxyd und noch reichlichen Mengen unverzehrten Sauerstoffes; steigt die Temperatur, so entwickelt sich eine blaue Flamme, welche grösser und grösser wird, ein Beweis, dass zunächst auf dem Roste Kohlenoxydgas entstand, welches erst oberhalb der Kohlen - schicht durch noch vorhandenen oder von aussen zutretenden Sauerstoff verbrannt wird.
Der scheinbare Widerspruch zwischen diesen Thatsachen und der im Lehrsatze 2) ausgesprochenen Behauptung, dass eine hohe Temperatur die vollständige Verbrennung befördert, löst sich ohne Schwierigkeit, wenn man die in Lehrsatz 1) gegebene Regel in Mitberücksichtigung zieht, nach welcher eine vollständige Verbrennung — in diesem Falle also Kohlensäurebildung — nur bei einem Sauerstoffüberschusse möglich ist. Wenn aber in einem Gasgenerator, auf einem Roste und in ähnlichen Fällen durch hohe Temperatur die Verwandtschaft des Kohlen - stoffes zum Sauerstoffe gesteigert wird, so verschwindet eben infolge dieses Umstandes der freie Sauerstoff mehr und mehr, indem er zur reichlicheren Kohlenoxydgasbildung verwendet wird; und die erste Be -17Vollständige und unvollständige Verbrennung.dingung zur Erzielung einer vollständigen Verbrennung bleibt somit unerfüllt. Auch eine gewöhnliche Rostfeuerung würde bei sehr hoch gesteigerter Temperatur, in welcher rasch der zutretende Sauerstoff zur Kohlenoxydgasbildung verzehrt wird, zum Gasgenerator werden, wenn nicht in der Wirklichkeit infolge des allmählichen Verbrennens der Kohlenstücke die Zwischenräume zwischen denselben immer beträcht - licher würden, die Menge des unverzehrt hindurchgehenden, mit dem auf - steigenden Kohlenoxyd sich mischenden Sauerstoffes demnach immer mehr zunähme; und wenn nicht andererseits jede Aufschüttung frischen Brenn - stoffes auf den Rost wieder eine Temperaturerniedrigung nach sich zöge.
3. Innige Mischung der Brennstoffe mit der Verbren - nungsluft erleichtert die vollständige Verbrennung. Die Gründe hierfür sind leicht einzusehen. Wie bei jedem anderen chemischen Vorgange wird die Vereinigung durch eine ausgedehnte gegenseitige Berührung befördert, welche durch innige Mischung hervor - gerufen wird. Daher verbrennen gasförmige Brennstoffe, welche sich ohne Schwierigkeit mit der Verbrennungsluft mischen lassen, durch - schnittlich leichter und mit geringerem erforderlichen Luftüberschusse als feste; ähnlich wie gasförmige Brennstoffe verhalten sich staubförmige, welche, mit Luft innig gemischt, in den Verbrennungsraum eingeführt werden (vergl. Crampton’s Puddelofen in Abtheilung III).
4. Eine Verdünnung der chemisch thätigen Stoffe (Sauerstoff einerseits, Kohlenstoff und Wasserstoff ande - rerseits) erschwert die vollständige Verbrennung.
Die atmosphärische Luft besteht bekanntlich aus ungefähr 77 Ge - wichtstheilen Stickstoff und nur 23 Gewichtstheilen Sauerstoff. Letzterer gelangt also in stark verdünntem Zustande zur Wirkung und hieraus erklärt sich die weit kräftigere Wirkung reinen Sauerstoffgases. Ver - brennt aber ein Körper mit Flamme, d. h. unter Entwickelung und Fortbewegung brennbarer Gase, so wird an irgend einer Stelle der Flamme der noch vorhandene Sauerstoff um so stärker auch mit den bereits entstandenen Verbrennungserzeugnissen incl. des bei der bereits stattgehabten Verbrennung zurückgebliebenen Stickstoffes verdünnt sein, je weiter diese Stelle vom Entzündungspunkte, d. h. von der Wurzel der Flamme, entfernt ist. Die Verbrennung würde also nach der Spitze der Flamme zu immer schwieriger werden, wenn sie nicht andererseits durch die nach derselben Richtung hin stattfindende Zu - nahme der Temperatur — eine Folge der bereits stattgehabten theil - weisen Verbrennung — befördert würde. Trotzdem erhält man, wie bekannt, nicht selten eine an der Spitze schmauchende Flamme, wenn man nicht besondere Kunstgriffe anwendet, um die Verbrennung an dieser Stelle zu erleichtern.
Aus dem benachtheiligenden Einflusse der Verdünnung der ver - brennenden Körper durch andere Stoffe folgt auch, dass jeder Luft - überschuss, obschon nach Lehrsatz 1) für die vollständige Verbrennung unerlässlich, doch in anderer Hinsicht erschwerend auf dieselbe einwirkt; oder dass, mit anderen Worten, eine Grenze für diesen Luftüberschuss gegeben ist, abhängig von der Beschaffenheit des Brennstoffes, der Feuerung u. s. w., über welche hinaus die Vollständigkeit der Ver - brennung durch einen weiteren Ueberschuss leiden würde.
Ledebur Handbuch. 218Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.5. Bei Anwendung stückförmiger Brennstoffe wird die Verbrennung zu Kohlensäure durch verhältnissmässig geringe von denselben dargebotene Oberfläche befördert; dichte und grossstückige Brennstoffe liefern daher reich - lichere Mengen von Kohlensäure als poröse und klein - stückige.
Je geringer die von dem Brennstoffe dargebotene Oberfläche ist, desto grösser ist das Verhältniss zwischen den vorhandenen Sauerstoff - atomen und den von denselben berührten Kohlenstoffatomen, desto grösser mithin der augenblickliche Sauerstoffüberschuss, desto reichlicher entsteht Kohlensäure. Daher ist das Verhältniss der entstehenden Kohlensäure zum entstehenden Kohlenoxyd unter übrigens gleichen Verhältnissen weit grösser, wenn Koks als wenn Holzkohlen, die eine erheblich geringere Dichtigkeit besitzen, verbrannt werden. In der - selben Weise wie freier Sauerstoff verhält sich Kohlensäure, wenn die - selbe durch glühende Kohlen geleitet wird; d. h. von den letzteren wird durch die Kohlensäure eine um so geringere Menge verbrannt, die Kohlensäure wird um so unvollständiger reducirt, je dichter die Kohlen sind. Bell1)The Journal of the Iron and Steel Institute 1872 I, p. 74; Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben und Pribram Band XXI, S. 234. fand z. B. nach dem Hinüberleiten von Kohlen - säure über glühende Kohlen in dem Gasgemenge:
In naher Beziehung zu diesen Einflüssen der Dichtigkeit des Brennstoffes auf die Vollständigkeit der Verbrennung steht bei An - wendung von Gebläsewind die Thatsache, dass stark gepresster Wind Kohlenoxydgasbildung, weniger stark gepresster Kohlensäurebildung befördert. Denn in je stärker gepresstem Zustande der Wind zwischen die Stücke und in die Poren des Brenn - stoffes eindringt, je weniger Raum er selbst also einnimmt und je weniger Oberfläche er darbietet, desto grösser ist das Verhältniss der vom Brennstoffe ihm gebotenen Fläche, desto mehr Atome Kohlenstoff werden durch die gleiche Menge Sauerstoff verbrannt, desto reichlicher wird Kohlenoxydgas entstehen. Pressung des Windes wirkt also ebenso wie Porosität des Brennstoffes; und aus den nämlichen Ursachen.
6. Bei Verbrennung gasförmiger Brennstoffe wird die vollständige und rasche Verbrennung befördert, wenn die Verbrennungsluft und die zu verbrennenden Gase in ver - schiedener Richtung und mit verschiedener Geschwindig - keit auf einander treffen. Die Richtigkeit dieses Lehrsatzes lässt sich leicht aus dem Umstande herleiten, dass die Mischung von Gas und Luft durch jene Verschiedenheiten in der Richtung und Ge - schwindigkeit beider Ströme erleichtert wird; eine rasche und innige Mischung beschleunigt aber auch nach Lehrsatz 3) die Verbrennung.
Sofern ein Körper dazu bestimmt ist, als Brennstoff zu dienen, d. h. sofern die Wärmeentwickelung der hauptsächlichste Zweck seiner Verbrennung ist, hängt natürlicherweise sein Werth zum grossen Theile ab von der Wärmemenge, welche derselbe liefert. Man pflegt die von der Gewichtseinheit (z. B. 1 kg) des Körpers bei der Verbrennung ent - wickelte Wärmemenge als den absoluten Wärmeeffect desselben zu bezeichnen und misst diese Wärmemenge nach Wärmeeinheiten (in Folgendem mit W. -E. bezeichnet) oder Calorien, wobei man be - kanntlich unter einer Wärmeeinheit diejenige Wärmemenge versteht, welche erforderlich ist, die Temperatur einer Gewichtseinheit (1 kg) Wasser von Null Grad auf 1 Grad zu erhöhen.
Aber auch bei vielen solchen Körpern, welche nicht eigentlich als Brennstoffe zu dienen berufen sind, spielt die Verbrennungswärme, d. h. die bei ihrer chemischen Vereinigung mit Sauerstoff frei werdende Wärme eine wichtige Rolle.
Wenn z. B. bei einem metallurgischen Processe Oxydation einzelner Bestandtheile der in Verarbeitung begriffenen Metalle oder metallischen Verbindungen eintritt und dabei Wärme entwickelt wird, so kann diese entwickelte Wärme Einflüsse auf den Verlauf des betreffenden Processes ausüben. Anderntheils ist, wie schon oben hervorgehoben wurde, zu der Reduction eines Körpers aus seinen Verbindungen genau dieselbe Wärmemenge erforderlich, welche bei der Bildung der Verbindungen frei wurde, und dieser Wärmeverbrauch muss, wenn die Reduction gelingen soll, von aussen her gedeckt werden.
Leider ist unsere Kenntniss von der durch die Verbrennung erzeugten, beziehentlich für die Reduction erforderlichen Wärme hin - sichtlich vieler Körper, welche in den Processen der Eisendarstellung eine Rolle spielen, noch ziemlich unvollständig, und nicht selten müssen wir uns mit Schätzungswerthen oder Annäherungswerthen begnügen, wenn wir durch Rechnung uns über die Ausnutzung der Wärme bei diesem oder jenem Vorgange Rechenschaft zu geben bemüht sind. Besonders erschwert wird die Benutzung vorhandener Ermittelungen über die Verbrennungswärme in solchen Fällen, wo der betreffende Körper mehr als eine Verbindung mit Sauerstoff einzugehen im Stande ist (Eisen, Mangan u. a.); denn in fast allen Fällen ist die Verbrennungs - wärme nur bezüglich einer dieser Oxydationsstufen bestimmt, und die Beobachtung in der Praxis lehrt uns ziemlich zweifellos, dass das sogenannte Welter’sche Gesetz, nach welchem gleiche Sauerstoffmengen auch gleiche Wärmemengen bei der Verbrennung erzeugen, selbst mit der Einschränkung, dass ein und derselbe Körper verbrannt und nur verschiedentlich hoch oxydirt wird, nicht immer zutrifft.
Aber nicht allein bei der Verbindung eines Körpers mit Sauerstoff wird Wärme erzeugt. Auch die Entstehung anderer Verbindungen ist sehr häufig, wie ja als bekannt vorausgesetzt werden darf, mit einer Wärmeentwickelung, in einzelnen Fällen mit einem Wärmeverbrauche2*20Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.verbunden; und die nämliche Wärmemenge kommt wieder im entgegen - gesetzten Sinne in Betracht, wenn die Verbindung zerlegt wird. Bei der Vereinigung (Legirung) von Eisen mit Mangan oder dieser Metalle mit Kohle, Silicium, Phosphor, Schwefel u. s. w., Vereinigungen, welche eine hochwichtige Rolle in der Metallurgie des Eisens spielen, bei der Entstehung und Zerlegung von Silicaten, Phosphaten u. s. w., bei der Zerlegung der Hydroxyde und Carbonate des Eisens und Mangans, welche wichtige Erzgattungen bilden, und in ähnlichen Fällen findet unzweifelhaft nicht selten Entwickelung oder Verbrauch von Wärme statt; aber unsere Kenntniss derselben ist ziemlich gleich Null, und der alte Spruch: „ unser Wissen ist Stückwerk “bewahrheitet sich kaum in einem anderen Gebiete der Eisenhüttenkunde so deutlich als hier.
Die Ziffern für die Verbrennungswärme der wichtigsten bei der Darstellung des Eisens in Betracht kommenden Körper sind, soweit unsere jetzige Kenntniss es gestattet, in Folgendem zusammengestellt.
Kohlenstoff. Nach dem verschiedenen Molekularzustande der Kohle (Graphit, Holzkohle, Diamant u. s. w.) ist, wie Favre und Silbermann fanden1)Annales de chimie et de physique, série III, tome XXXIV., die Verbrennungswärme derselben nicht immer genau die nämliche und schwankt bei der Verbrennung zu Kohlensäure zwischen 7770 und 8080 W. -E. Der immerhin nicht sehr beträchtliche Unterschied kann bei den calorimetrischen Berechnungen eisenhütten - männischer Processe um so weniger in Betracht kommen, als es sich hierbei aus den schon berührten Gründen überhaupt nur um Annähe - rungsergebnisse handeln kann, und man kann deshalb folgende Ziffern für derartige Berechnungen benutzen:
1 kg Kohlenstoff (im festen Zustande) entwickelt:
In beiden Fällen, es mag Verbrennung zu Kohlenoxyd oder zu Kohlensäure stattfinden, ist eine Vergasung des Kohlenstoffes erforderlich, welche einen Wärmeverbrauch erheischt. Hieraus erklärt sich der grosse Unterschied in der Wärmeleistung, je nachdem das eine oder andere Verbrennungserzeugniss gebildet wird. Nimmt man an — was in diesem Falle annähernd richtig sein dürfte —, dass gleiche Sauerstoffmengen gleiche Wärmemengen entwickeln, so ergiebt sich durch eine einfache Rechnung die Vergasungswärme des Kohlenstoffes gleich 3134 W. -E. ; und es entwickelt alsdann 1 kg gasförmiger Kohlenstoff:
Kohlenoxyd. Die Wärmeentwickelung bei der Verbrennung des - selben lässt sich aus dem Vorausgehenden ableiten. Da 7 / 3 kg Kohlen - oxyd bei der Verbrennung zu Kohlensäure 8080 — 2473 = 5607 W. -E. (der Verbrennungswärme von 1 kg gasförmigem Kohlenstoffe ent - sprechend) entwickeln, so liefert
Wasserstoff. Man nimmt als Verbrennungswärme desselben 29161 W. -E. an, wenn Wasserdampf gebildet wird, 34462 W. -E., wenn flüssiges Wasser entsteht.
Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff; natürliche Brennstoffe. Eine Ermittelung der Wärmeleistung dieser Körper durch einfache Berechnung gemäss ihrer chemischen Zusammensetzung ist nicht im Stande, richtige Ergebnisse zu liefern, da einestheils diejenige Wärmemenge unbekannt ist, welche bei der Entstehung beziehentlich Zerlegung dieser Verbindungen (welche häufig auch noch Sauerstoff und Stickstoff enthalten) in Betracht kommt, und da anderntheils bei festen oder flüssigen Körpern die ebenfalls unbekannte Vergasungs - wärme des Wasserstoffes zu berücksichtigen sein würde. Die durch Versuche ermittelten Ziffern für die Verbrennungswärme natürlicher Brennstoffe (Holz, Torf, Stein - und Braunkohlen) werden unten bei der Besprechung dieser letzteren mitgetheilt werden; für gasförmige Kohlen - wasserstoffe, welche bei einigen Processen der Eisendarstellung eine, wenn auch nicht sehr wichtige, Rolle spielen, fanden Favre und Silbermann:
Eisen. Dasselbe besitzt bekanntlich mehrere Oxydationsstufen, und es ist wahrscheinlich, dass bei der Entstehung derselben die Wärme - menge nicht, wie es nach dem Welter’schen Gesetze der Fall sein würde, der verbrauchten Sauerstoffmenge proportional ist, sondern ab - weichend nach der Art jener Verbindungen.
Dulong fand bei der Verbrennung des Eisens mit Sauerstoff zu Eisenoxyduloxyd per 1 kg verbranntes Eisen 1648 W. -E. 1)Poggendorff’s Annalen Bd. 45, S. 161.; Andrews auf demselben Wege 1582 W. -E. 2)Ebend. Bd. 75, S. 45.Der Unterschied ist jedenfalls in dem Umstande begründet, dass bei der Verbrennung des Eisens nicht immer genau dieselbe Oxydationsstufe entsteht; eine Untersuchung des verbrannten Eisens auf seinen Sauerstoffgehalt fand aber in den erwähnten Fällen nicht statt. Da nun die höchste Oxydationsstufe, welche das Eisen bei der Verbrennung mit Sauerstoffgas einzugehen pflegt, nach der Formel Fe3 O4 zusammengesetzt ist, so lässt sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit annehmen, dass das Verbrennungs - erzeugniss bei Dulong’s Versuch wenigstens annähernd jener Formel entsprochen haben wird, während bei Andrews’ Versuchen ein etwas weniger hoch oxydirtes Eisen erfolgte. Die von Dulong gefundene Ziffer (1648 W. -E. bei Verbrennung zu Fe3 O4) soll deshalb auch bei den späteren Berechnungen zu Grunde gelegt werden.
Bei Bildung von Eisenoxydul (Fe O) auf nassem Wege fanden Favre und Silbermann die Wärmeentwickelung per 1 kg Eisen22Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.1352 W. -E. 1)Annales de chimie et de physique, série III, tom. XXXIV.Da Eisenoxyduloxyd (Fe3 O4) aus Fe O + Fe2 O3 bestehend gedacht werden kann, so ergiebt unter Benutzung der von Dulong, Favre und Silbermann gefundenen Ziffern eine einfache Rechnung die Wärmeentwickelung bei der Bildung des Eisenoxydes Fe2 O3 per 1 kg oxydirtes Eisen (beziehentlich den Wärmeverbrauch zur Reduction dieser Verbindung) gleich 1796 W. -E.
Wir haben also im Ganzen folgende Werthe für die Verbrennungs - beziehentlich Reductionswärme des Eisens:
a) auf 1 kg Eisen bezogen:
b) auf 1 kg verbrauchten, beziehentlich entzogenen, Sauerstoff bezogen:
Mangan. So wichtig auch die Rolle ist, welche die Verbrennungs - wärme des Mangans bei manchen Processen der Eisendarstellung zu spielen hat, so dürftig sind bis jetzt die über das Maass dieser Wärme vorliegenden Ermittelungen. Die in der Natur vorkommenden oder auf künstlichem Wege darstellbaren Oxydationsstufen des Mangans sind noch zahlreicher als die des Eisens; es unterliegt kaum einem Zweifel, dass auch hier die Wärmeerzeugung durch gleiche Mengen Sauerstoff verschieden ist, je nachdem die eine oder andere Verbindung gebildet wird, und dass jene Verbrennungswärme durchschnittlich um so geringer ausfallen wird, je sauerstoffreicher das entstehende Oxyd ist.
Aus Untersuchungen von Thomsen2)Poggendorff’s Annalen Bd. 151, S. 211. lässt sich folgern, dass bei der Höheroxydation des Oxyduls Mn O zu Mangansuperoxyd Mn O2 per 1 kg Sauerstoff 1344 W. -E. entwickelt werden. Die Verbrennungs - wärme des metallischen Mangans bei der Oxydation zu Manganoxydul Mn O pflegt man, da hierüber jeder Versuch fehlt, in Rücksicht auf die annähernd übereinstimmenden Atomgewichte des Eisens und Mangans der Verbrennungswärme des Eisens gleich zu setzen; zahlreiche Vor - gänge der Praxis weisen jedoch unwiderleglich darauf hin, dass sie ganz wesentlich höher ist. Man braucht nur gleiche Mengen mangan - armen und manganreichen Eisens im Sauerstoffstrome zu verbrennen, um durch das bedeutend stärkere Erglühen des manganreicheren Eisens davon überzeugt zu werden; ähnliche Erscheinungen zeigen sich im Grossen bei der Verarbeitung manganreicher Eisensorten. Man wird der Wahrheit jedenfalls näher kommen, wenn man die bei der Oxy - dation von 1 kg Mangan zu Mn O frei werdende Wärme zu 2000 W. -E., also die durch 1 kg Sauerstoff bei diesem Vorgange entwickelte Wärme zu 6875 W. -E. annimmt. Unter Benutzung dieser letzteren Ziffer sowie der von Thomsen gefundenen Oxydationswärme bei dem Uebergange23Wärmeerzeugung und Verbrennungstemperatur.von Mn O in Mn O2 erhält man nun folgende Werthe für die Ver - brennungs - beziehentlich Reductionswärme des Mangans:
a) auf 1 kg Mangan bezogen:
b) auf 1 kg verbrauchten, beziehentlich entzogenen Sauerstoff bezogen:
Silicium. Bei den Vorgängen der Eisendarstellung spielt nur das eine Oxyd dieses Körpers, das Kieselsäureanhydrid Si O2 (gewöhnlich kurzweg Kieselsäure genannt), eine Rolle. Nach Versuchen von Troost und Hautefeuille1)Comptes rendus, T. LXX (1870), p. 254; Dingler’s Polyt. Journal 1870, 1. Aprilheft. beträgt die Verbrennungswärme des Siliciums bei der Entstehung jener Verbindung 7830 W. -E. per 1 kg Silicium; also per 1 kg Sauerstoff 6850 W. -E.
Phosphor. 1 kg Phosphor entwickelt bei seiner Verbrennung zu Phosphorsäureanhydrid P2 O5 nach Dulong2)Poggendorff’s Annalen, Bd. 45, S. 461. 5760 W. -E. ; also 1 kg Sauerstoff 4500 W. -E.
Die bei der Verbrennung entwickelte Wärme wird zunächst von den Verbrennungsproducten (incl. des Stickstoffes der benutzten atmo - sphärischen Luft, des überschüssig in das Gasgemenge geführten Sauer - stoffes, der entstandenen Asche u. s. w.) aufgenommen, diese auf eine Temperatur erhitzend, welche abhängig ist von der Menge jener Ver - brennungsproducte wie von ihrer specifischen Wärme. Bezeichnet man mit W die gesammte entwickelte Wärme in W. -E., mit T die Tempe - ratur der Verbrennungsproducte (Verbrennungstemperatur), mit Q1 Q2 Q3 … das Gewicht der Verbrennungsproducte, mit S1 S2 S3 … die specifischen Wärmen derselben, so ist offenbar: 〈…〉 und hieraus ergiebt sich die theoretische Verbrennungstemperatur 〈…〉
Wenn z. B. Kohlenstoff von Null Grad Temperatur durch Luft von der nämlichen Temperatur zu Kohlenoxyd verbrannt wird, wobei nach Früherem 2473 W. -E. ent - wickelt werden, so bestehen die Verbrennungsproducte per 1 kg Kohlenstoff aus 2.33 kg Kohlenoxyd mit der specifischen Wärme 0.248 und 4.46 kg Stickstoff3)1 kg Kohlenstoff bedarf zur Verbrennung 4 / 3 kg Sauerstoff, welcher in der atmosphärischen Luft gemischt ist mit 〈…〉 kg Stickstoff. mit der specifischen Wärme 0.244; demnach würde die theoretische Verbrennungstemperatur sein: 〈…〉 .
24Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.In Wirklichkeit wird diese theoretische Verbrennungstemperatur dadurch abgemindert, dass immer ein Theil der gesammten Wärme zur Erwärmung fremder Körper, der Ofenwände u. s. w. sofort verbraucht wird; dennoch giebt die obige Formel ein werthvolles Hilfsmittel, die bei Anwendung verschiedener Brennstoffe sich ergebenden Temperatur - unterschiede vergleichsweise einander gegenüber zu stellen, um den Grad der Verwendbarkeit des einen oder anderen Brennstoffes für diesen oder jenen Zweck darnach zu bemessen. 1)Die theoretische Verbrennungstemperatur eines bestimmten Brennstoffes nennt man dessen pyrometrischen Wärmeeffect.Für die Einflüsse aber, welche hinsichtlich der Verbrennungstemperatur in Betracht kommen, lassen sich folgende Schlüsse aus jener Formel ableiten.
Es zeigt sich zunächst, dass die theoretische Verbrennungstemperatur unabhängig ist von der Menge des verbrauchten Brennstoffes; denn in dem nämlichen Verhältnisse steigt und fällt mit der Menge des Brenn - stoffes sowohl im Zähler der Formel die erzeugte Wärmemenge als im Nenner die Menge der Verbrennungserzeugnisse. Es lässt sich jedoch leicht ermessen, dass die wirkliche Temperatur in irgend einem Apparate durch Verbrennung reichlicherer Brennstoffmengen alsdann sofort ge - steigert werden wird, wenn die Wärmeabgabe an fremde Körper, an die Ofenwände u. s. w. nicht in dem gleichen Maasse zunimmt, eine Er - scheinung, die sich auch im gewöhnlichen Leben häufig beobachten lässt.
Eine erhebliche Steigerung der Temperatur muss eintreten, wenn man von aussen her, z. B. durch Vorwärmung der Verbrennungsluft oder der Brennstoffe Wärme, welche beim Verbrennungsprocesse nutzbar gemacht wird, zuführt; denn man erhält in diesem Falle ohne Vermehrung der Verbrennungsproducte eine grössere Wärmemenge bei Anwendung derselben Menge Brennstoff als vorher; der Werth W in obiger Formel wird grösser, während der Nenner unverändert bleibt, und die Zahl T muss daher in gleichem Verhältnisse mit W wachsen. In der Benutzung dieser Thatsache ist uns ein besonders für viele eisen - hüttenmännische Processe wichtiges Hilfsmittel zur Erzeugung hoher Temperaturen gegeben.
Es sei z. B. in dem oben mitgetheilten Beispiele die zur Verbrennung bestimmte Kohle innerhalb eines mit Schmelzmaterialien und Kohlen gefüllten Ofens allmählich den aufsteigenden heissen Verbrennungsgasen entgegengerückt und dabei selbst schon auf eine Temperatur von 1200°C. erwärmt, ehe sie in den Verbrennungsraum des Ofens gelangt, und die specifische Wärme der Kohle sei 0.22, so dass also jedes Kilogramm Kohle schon 1200 × 0.22 = 264 W. -E. in den Verbrennungsraum mitbringt; ausserdem sei die zur Verbrennung bestimmte Luft in besonderen Apparaten auf 400°C. vorgewärmt und die specifische Wärme derselben 0.237, so dass die zur Verbrennung von 1 kg Kohle erforderliche Luftmenge (1.33 + 4.46 = 5.79 kg) dem Ofen 5.79 × 400 × 0.237 = 548 W. -E. zuführt. Es ist dann die gesammte, bei Verbrennung von 1 kg Kohle gewonnene Wärmemenge 2473 + 264 + 548 = 3285 W. -E., während die Menge der erfolgenden Verbrennungserzeugnisse die nämliche bleibt als in dem früheren Beispiele; daher die Verbrennungstemperatur 〈…〉 .
25Wärmeabgabe.Das Beispiel lässt deutlich erkennen, wie erheblich schon durch eine mässige Vorwärmung der Verbrennungsluft die Temperatur ge - steigert wird.
Wie die Wärmezuführung von aussen die Verbrennungstemperatur steigert, weil hier die gewonnene Wärmemenge ohne gleichzeitige Ver - mehrung der Verbrennungserzeugnisse vergrössert wird, so wirkt um - gekehrt jede Vermehrung der Verbrennungsproducte ohne gleichzeitige entsprechende Vergrösserung der Wärmemenge auf eine Verminderung der Verbrennungstemperatur. Von zwei Brennstoffen mit gleicher Wärmeleistung wird im Allgemeinen derjenige die höhere Verbrennungs - temperatur liefern, welcher die geringere Luftmenge zur Verbrennung gebraucht; jede überschüssig in das Gemisch der Verbren - nungsgase geführte Luftmenge erniedrigt die Verbren - nungstemperatur. Nach Früherem aber ist eine vollständige Ver - brennung, welche allein die volle Ausnutzung des Brennstoffes gestattet, ohne einen Sauerstoffüberschuss nicht erreichbar, und letzterer wiederum kann geringer ausfallen, wenn die Temperatur in dem Verbrennungs - raume hoch ist. Hieraus ergiebt sich ein zweiter günstiger Einfluss jener oben erwähnten Vermehrung der Wärme durch Zuführung von aussen (Vorwärmung der Brennstoffe, der Luft u. s. w.); indem man zunächst unmittelbar eine Temperatursteigerung hervorruft, wie bereits nachgewiesen wurde, erleichtert man die Verbrennung, ermöglicht also die Abminderung des erforderlichen Sauerstoffüberschusses und erhöht dadurch abermals die Temperatur, bis eben eine Grenze erreicht ist, wo andere Vorgänge, insbesondere die schon früher erwähnte Disso - ciation der Verbrennungsgase, einer weiteren Steigerung ein Ziel setzen.
Neben überschüssiger Luft wirkt auch Wasserdampf, welcher, dem Wassergehalte des Brennstoffes oder der Verbrennungsluft entstammend, unzersetzt in das Gasgemisch geführt wurde, erniedrigend auf die Ver - brennungstemperatur, und zwar sehr kräftig, da seine specifische Wärme (0.475) beträchtlicher ist als die irgend eines anderen gasförmigen Ver - brennungserzeugnisses. Es erklärt sich hieraus leicht, dass wasser - reiche Brennstoffe niemals fähig sind, hohe Verbrennungstemperaturen zu liefern.
Umgekehrt würde aus den nämlichen Gründen eine beträchtliche Erhöhung der Verbrennungstemperatur zu erzielen sein, wenn es möglich wäre, der Verbrennungsluft den Stickstoffgehalt ganz oder doch theilweise zu entziehen (beziehentlich den Sauerstoffgehalt derselben anzureichern), und mit weit geringerem Sauerstoffüberschusse würde in diesem Falle die vollständige Verbrennung ermöglicht werden können. Leider ist bis jetzt kein Mittel, dessen Benutzung im Grossen aus - reichend billig wäre, zur Erreichung dieses Zieles bekannt.
In den meisten Fällen ist die Erwärmung fremder Körper, durch Wärmeabgabe an dieselben bewirkt, der nächste Zweck bei der Wärme - entwickelung durch Verbrennung eines Brennstoffes. Die wärme - abgebenden Körper sind die Verbrennungserzeugnisse und daher26Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.meistens — bei den Brennstoffen im engeren Sinne regelmässig — gasförmig. Verschiedene Umstände können die Wärmeabgabe beein - flussen. Sie wird begünstigt:
1. Durch grosse Temperaturdifferenz der wärmeabgebenden und wärmeaufnehmenden Körper; also allgemein durch eine hohe Temperatur der ersteren. Bezeichnet t die Temperaturdifferenz, so steigert sich nach Versuchen von Dulong und Petit bei der Zunahme derselben die Geschwindigkeit der Wärmeabgabe in dem Verhältnisse t 1·232. Es folgt hieraus, dass alle jene besprochenen Mittel, welche die Erzielung hoher Verbrennungstemperaturen bewirken, auch die Wärmeabgabe begünstigen.
2. Durch längere Zeitdauer der Einwirkung. Dieser Satz bedarf keines Beweises, erklärt aber mancherlei Vorkommnisse der Praxis. Je länger die Verbrennungsgase innerhalb eines Ofens mit den zu erhitzenden Körpern in Berührung bleiben, desto mehr Wärme können sie an diese abgeben, desto abgekühlter verlassen sie selbst den Ofen.
3. Durch grosse Berührungsfläche zwischen den wärmeabgebenden und wärmeaufnehmenden Körpern.
4. Durch ein grosses Wärmeleitungsvermögen der zu erwärmenden Körper, welche die Wärme zunächst an ihrer Aussenfläche aufnehmen und dann nach den inneren Theilen hin fortpflanzen.
5. Durch grosse specifische Wärme der wärmeaufnehmenden Körper. Sie nehmen um so grössere Wärmemengen auf und werden um so langsamer erwärmt werden, entziehen also den Verbrennungserzeugnissen um so grössere Wärmemengen, je grösser ihre specifische Wärme ist.
6. Durch entgegengesetzte Bewegung der zu erwärmenden und der wärmeabgebenden Körper. Dieser unter dem Namen Gegenstrom - princip bekannte Lehrsatz ist von grösster Bedeutung für die Wärme - abgabe bei irgend einem Processe. Man erreicht bei diesem Vorgange nicht allein eine längere gegenseitige Einwirkung, sondern, was noch wichtiger ist, man bewirkt, dass die Temperaturdifferenzen zwischen beiden Körpern weniger rasch als im andern Falle ausgeglichen werden. Denkt man sich an dem einen Ende eines geschlossenen Apparates (Ofens) die heissen Verbrennungsgase eintreten und den am entgegen - gesetzten Ende eintretenden, zu erwärmenden Körpern entgegenrücken, so werden sie auf ihrem Wege ununterbrochen Wärme an diese abgeben können und bei ausreichend langer Einwirkung den Ofen im fast, d. h. auf die Anfangstemperatur des zu erwärmenden Körpers, abgekühlten Zu - stande verlassen können; treten aber beide an derselben Stelle ein und bewegen sich in gleicher Richtung oder verharrt der zu erwärmende Körper in Ruhe, so können die wärmeabgebenden Körper natürlicher - weise stets nur auf diejenige Temperatur abgekühlt werden, welche bei der gegenseitigen Einwirkung jener Körper selbst annimmt, die Er - hitzung dieses letzteren (welche im ersteren Falle bis fast auf die Anfangs - temperatur der wärmeabgebenden Körper gesteigert werden kann) ist geringer, die Wärmeausnutzung erheblich ungünstiger.
Ueber die Wärmeentwickelung bei der Verbrennung und die Methoden zur Ermittelung derselben giebt jedes grössere Handbuch der Physik Auskunft. Aus - führlicheres, besonders über die in Vorstehendem behandelten Verbrennungserschei - nungen, findet der Leser in:
Abhandlungen.
Unter der Bezeichnung Brennstoff im weiteren Sinne kann man jeden Körper verstehen, durch dessen Verbrennung nutzbare Wärme geliefert wird, und von diesem Gesichtspunkte aus lassen sich auch Eisen, Mangan, Silicium, Phosphor unter die Brennstoffe des Eisen - hüttenmannes zählen; denn die von letzteren Körpern bei ihrer Ver - brennung entwickelte Wärme spielt thatsächlich eine wichtige Rolle bei einzelnen Processen der Eisendarstellung, und ohne diese Wärmeent - wickelung würden die betreffenden Processe mitunter unausführbar sein.
In Folgendem soll jedoch nur von denjenigen Brennstoffen die Rede sein, welche auch im engeren Sinne diese Bezeichnung verdienen, insofern die Wärmeentwickelung den hauptsächlichsten oder doch vor - nehmsten Zweck ihrer Verwendung bildet.
Dasselbe besteht im Wesentlichen aus der eigentlichen Holzsubstanz, der Cellulose, nach der chemischen Formel C6 H10 O5 zusammengesetzt; aus einer gewissen Menge anorganischer Körper, welche beim Ver - brennen als Asche zurückbleiben; und aus Wasser.
Der Aschengehalt beträgt durchschnittlich 1 Proc., zeigt übrigens auch an dem Holze von einem und demselben Baume Abweichungen und ist am stärksten in den Wurzeln und Blättern. Die Asche enthält vorzugsweise kohlensaures Calcium (50 — 70 Proc.), daneben kohlensaure28Die Brennstoffe.Alkalien (bis 25 Proc.), Kieselsäure (deren Gehalt zwischen 2 — 13 Proc. zu schwanken pflegt), sowie kleinere Mengen von schwefelsauren und phosphorsauren Salzen. Der Phosphorgehalt wird selten über 2 Proc. hinausgehen und ist gewöhnlich noch geringer.
Der Wassergehalt des Holzes ist nicht nur bei verschiedenen Holz - arten verschieden, sondern lässt sich auch durch längeres Lagern des gefällten Holzes an der Luft verringern. Frisch gefälltes älteres Holz enthält durchschnittlich:
Bei jüngeren Bäumen dagegen steigt mitunter der Wassergehalt bis auf 60 Proc.
Beim längeren (mindestens zweijährigen) Lagern des gespaltenen Holzes an einem trockenen, aber luftigen Orte vermindert sich allmählich der Wassergehalt bis auf etwa 20, bei einzelnen Holzsorten 17 Proc.; eine weitere Austrocknung ist nur möglich, wenn das Holz bei einer Temperatur zwischen 125 — 150°C. getrocknet wird. Die Zusammen - setzung dieses vollständig trockenen, demnach nur noch aus Cellulose, Asche und den stickstoffhaltigen Resten des Saftes bestehenden Holzes ist durchschnittlich folgende:
und zeigt überhaupt bei den verschiedenen Holzsorten keine grossen Unterschiede.
Die Zusammensetzung des lufttrockenen Holzes lässt sich hieraus unschwer berechnen, wenn man den Wassergehalt desselben von durch - schnittlich 20 Proc. hinzurechnet.
Erhitzt man das Holz stärker als auf 150°C., so tritt Zersetzung ein.
Das Holz von den Laubholzbäumen, insbesondere von der Buche, Eiche, Ulme, Birke pflegt man hartes, dasjenige von den Nadelholz - bäumen sowie auch von der Linde, Weide, Pappel weiches Holz zu nennen.
Das Gewicht des lufttrockenen Holzes per cbm (incl. der Zwischenräume zwischen den einzelnen Stücken) beträgt: bei hartem Holze 350 — 450 kg „ weichem „ 250 — 300 „ und schwankt nach der Form und Grösse der Holzstücke, wie nach dem noch vorhandenen Wassergehalte.
Wärmeleistung. Dieselbe, auf die Gewichtseinheit (1 kg) des Holzes bezogen, fällt natürlicherweise um so grösser aus, je geringer29Die Holzkohle.der Wassergehalt, je trockener also das betreffende Holz ist. Als Durch - schnittswerthe kann man annehmen1)Th. Erhard, Tabellen zur Feuerungskunde, Freiberg 1878.:
Darren des Holzes. Der selbst im lufttrockenen Holze noch ziemlich beträchtliche Wassergehalt verringert nicht allein