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Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart.
Dem Andenken an August Grisebach in dankbarer Verehrung gewidmet vom Verfasser.
Fast gleichzeitig mit der ehrenvollen Aufgabe, die Abteilung „ Pflanzenverbreitung “in Berghaus’ physikali - schem Atlas zu bearbeiten, traf mich die nicht minder verpflichtende Aufforderung des Herrn Herausgebers dieser „ Handbücher “, die Pflanzengeographie in dem Rahmen dieses ansprechenden und von einer ausgezeich - neten Verlagsfirma liebevoll gepflegten Unternehmens darzustellen. Ein besonderer Reiz für die Uebernahme dieser doppelten Aufgabe lag in der inneren Ergänzung, welche dieselben gegenseitig verknüpft, indem Karten durch den ausführlichen Text des Handbuches, die Dar - stellungen des Handbuches aber durch die sonst nicht in diesem Maße verfügbare Kartographie des Atlas zu ver - anschaulichen waren. Trotzdem die Durcharbeitung des un - geheueren Quellenmaterials in der Auswahl, welche über - haupt durch den Zweck und durch die Pflicht geboten war, in absehbarer Zeit die mir gewordene Aufgabe abzuwickeln, zunächst gleichmäßig für beide selbständige Veröffent - lichungen vorgenommen wurde, sind dann doch noch nach Bearbeitung des 1887 erschienenen „ Atlas der Pflanzenver - breitung “weitere 5 Jahre mit dem Abschluss dieses Handbuches hingegangen. Um der Masse des Materials nur einigermaßen gerecht zu werden, ist sein Umfang um die Hälfte des ursprünglich dafür bestimmten Um - fangs vergrössert. Und doch wäre der spezielle Teil zu dürftig, wenn nicht andere grosse Werke zu seiner Er -VIIIVorwort.gänzung daständen, und wenn nicht gerade ein kürzeres Handbuch der Pflanzengeographie als Bedürfnis erschienen wäre.
Gegen Arbeiten der hier vorliegenden Art erhebt sich nicht selten der Vorwurf der Kompilation ohne eigene ausreichende Erfahrung; denn selbst diejenigen Forscher, welche in drei Kontinenten Studien und Beob - achtungen sammeln konnten, haben nur Bruchstücke einer Kenntnis der gesamten Vegetation der Erde heim - gebracht, und was ihr Wissen an Ausdehnung gewonnen hat, geht ihm an Vertiefung ab. Es ist daher richtig, dass Spezialabhandlungen und Reiseberichte in einer zu - sammenfassenden Pflanzengeographie mit grösserem Ge - wichte dastehen, als Monographien in den anderen Ge - bieten der organischen Welt, welche meistens in ihren wichtigsten Punkten selbständig nachgeprüft werden können.
Wer aber sich in den Geist dieses Handbuches hinein - zudenken die Mühe nehmen will, der wird, wie ich hoffe, die Selbständigkeit des Ganzen erkennen. Hoch und frei stehen die wissenschaftlichen Ziele der Pflanzengeo - graphie da als Ergründung der Kausalität in der Ver - breitungsgeschichte der Pflanzenwelt und als Ergründung der Wechselbeziehungen zwischen Landesnatur und Vege - tationsteppich, innig angeschlossen an umfangreiche Ma - terien der botanischen Systematik, Physiologie und be - sonders Biologie, und der anderweiten Disziplinen der physischen Erdkunde, zu deren Gliede sich die Pflanzen - geographie selbständig ausgestaltet.
In dieser freien Entwickelung richtet sie ihr eigenes Lehrgebäude auf, und die zahllosen Gegenstände, welche der vergleichenden Pflanzengeographie aus allen Teilen der Erde zufliessen, erhalten hier erst den richtigen Platz angewiesen, ihre Bedeutung für das Allgemeine erst hier klargestellt.
Bei der Menge von Einzelheiten, welche zur Aus - füllung des Rahmens notwendig sind, können sich je nach dem Zustande der Forschungen in diesem oder jenem Florengebiete Ungenauigkeiten und Fehler in die Dar - stellung einschleichen; die Geschichte der Kritik vonIXVorwort.Grisebachs Vegetation der Erde gibt Zeugnis davon. Ich habe von jeher der Richtigstellung bis in kleine Einzel - heiten hinein grosse Mühe gewidmet, auch zeigen die Litteraturregister zumal im Schlussabschnitt, in wie weit ich mich an die botanischen Hauptquellen, die Floren - werke, gehalten habe; aber dennoch ist mir das Allge - meine wertvoller als die Einzelheit, deren Berichtigung den Arbeiten geographischer Floristen, welche thatkräftig sich zu Meistern bestimmter Vegetationsgebiete machen, anheimfällt, und deren durchdringende Darstellung sowie zweckentsprechende Verwendung einen langsamen, aber stetigen Fortschritt in unserem Wissen von der geo - graphischen Ausgestaltung der Vegetation der Erde im Gefolge hat.
Bezüglich der Litteraturangaben durfte nach meiner Meinung, welche sich ganz an Prof. Günthers Ausspruch im Vorwort zum Handbuch der mathematischen Geo - graphie anschliesst, ein derartiges „ Handbuch “nicht zu dürftig ausfallen; ist doch sein Nutzen dann schon ein grosser, wenn Anderen in zweckmäßiger Zusammenstel - lung die Quellen erschlossen werden. Und im speziellen Teile der Pflanzengeographie war dies um so mehr nötig, als die grundlegenden floristischen Arbeiten in Hinsicht der Vegetationsanordnung nur quellenmäßig anzunehmen und zu verwerten sind. Daher geht in diesem Abschnitt jeder Länderabteilung eine Litteraturübersicht voraus, auf welche in den dann folgenden Auseinandersetzungen Be - zug genommen wird, und welche ich grösstenteils im Original benutzt habe. Es sind daher diese Litteratur - übersichten zugleich meine Quellennachweise.
Seit dem Jahre 1878, wo ich an Grisebachs Stelle die pflanzengeographischen Berichte im Gothaer „ Geo - graphischen Jahrbuch “herauszugeben begann, sind nun schon 24 Bogen solcher Berichte gedruckt worden, ausser kürzeren Zusammenfassungen viele kritisch gesichtete Auszüge enthaltend. Diese zur Verwertung heranzu - ziehen lag nahe, und es wird daher bei seinen häufigen Anführungen das Geographische Jahrbuch mit G. J., Band und Seite, abgekürzt. Grisebachs Berichte in dem -XVorwort.selben „ Jahrbuch “von 1866 — 1876 sind nach seinem Tode noch einmal abgedruckt in dem Bande: „ Gesammelte Abhandlungen und kleinere Schriften zur Pflanzengeographie, Leipzig 1880 “, S. 335 — 556; dieser Sammelband wird an Stelle derselben Berichte im „ Jahrbuch “angeführt im Texte mit Griseb. Abh. Seite ..; noch ältere Berichte von Grisebach sind, reich an Inhalt, über die pflanzen - geographische Litteratur der Jahre 1841 — 1853 in Wieg - manns Archiv erschienen, und werden gelegentlich als solche (Griseb. Ber. für 1841 u. s. w.) angeführt. Bei der innigen Bezugnahme auf desselben Verfassers Vege - tation der Erde, deren lebensvolle Bilder in dem engen Rahmen dieses „ Handbuches “zur Ergänzung oft ange - führt werden, ist in der Abkürzung: Griseb. V. d. E., Band und Seitenzahl der neuen Ausgabe (Leipzig 1884), gemeint. Als andere häufige Abkürzungen sind ausser - dem zu nennen: DC. Géogr. bot. für Alph. de Candolles Géographie botanique raisonnée, Paris und Genf 1855, ferner: Engl. Entw. d. Fl., für Englers Versuch einer Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt, Leipzig 1879 und 1882; und Dr. Fl. d. E. für meine im Ergänzungsheft Nr. 74 der Geographischen Mitteilungen, Gotha 1884, entworfene kartographische Darstellung der Florenreiche der Erde.
Einige kartographische Beigaben waren, trotz der von mir früher erschienenen geobotanischen Erd - und Länderkarten, auch in diesem Handbuche nicht zu ent - behren, sind aber in methodischer Einfachheit der Dar - stellung gehalten. Nur eine die klimatische Grundlage der Florensonderungen in den gleichen Kontinenten dar - stellende Hauptkarte von etwas genauerer Linien - und Farbengebung beizufügen war mein Wunsch, und es zeigte sich hier eine sehr günstige Gelegenheit, die Botaniker mit einem für die Zwecke der Darstellung des Zusammen - hanges zwischen Klima und organischer Welt eigens ge - schaffenen Entwurfe der Klimagürtel der Erde bekannt zu machen. Im Juniheft der „ Meteorologischen Zeit - schrift “vom Jahre 1884 war ein Aufsatz des Herrn Dr. W. Köppen in Hamburg über die Wärmezonen derXIVorwort.Erde, nach der Dauer der heissen, gemässigten und kalten Zeit und nach der Wirkung der Wärme auf die organische Welt betrachtet, erschienen, und die ihn begleitende Karte liegt, mit freundlicher Zustimmung ihres Verfassers, unter den für unsere Zwecke passenden Veränderungen der Hauptkarte dieses Handbuches zu Grunde.
Zur Vervollständigung des Zweckes, dem die Karte hier zu dienen hat, bedurfte es jedoch noch der Hinzu - fügung der zwingend in die Vegetationsverhältnisse ein - greifenden Hauptverteilung der Niederschläge, für welche Hanns Darstellungen in Berghaus’ physikalischem Atlas die weitere Grundlage boten; und so mag man diese Karte als einen, wie ich glaube ersten, Versuch ansehen, alle der Pflanzenwelt gegenüber mächtig eingreifenden klima - tischen Einflüsse auf einem einzigen Blatte vereinigt zur Unterlage der Florenreiche verwendet zu finden, deren Grenzen sich somit häufig in ein richtigeres Licht stellen, als wenn die Flora selbst zur Hauptfarbengebung ver - wendet wird. Zugleich vermag dieses Kartenbild zu illu - strieren, was Grisebach mit seinem grossen Werke wollte, „ die Vegetation der Erde nach ihrer klimatischen An - ordnung “.
Noch bedarf endlich die hier angewendete Unter - bringung des floristisch-systematischen Materials einer Erläuterung. Ein Handbuch der Pflanzengeographie darf dasselbe nicht zu dürftig ausfallen lassen; ist doch ein Teil der Geographen, der Forschungsreisenden unserer Zeit mit der Flora innig vertraut, und ist doch zu hoffen, dass, wie so viele Geographen treffliche Geognosten ge - worden sind, auch stets mehr tüchtig geschulte Floristen sich unter ihnen entwickeln und der Botanik ein lebens - frisches Element neuer und thatkräftiger Jünger zuführen werden! Andrerseits würde die Auseinandersetzung der Grundzüge für die Verteilungsweise der Pflanzen im strengen Anschluss an das Pflanzensystem hier lähmend oder ermüdend wirken, wo eine andere Kette von Ge - danken sich durchflechten soll. So ist denn versucht, nach einer Probe von 7 Ordnungen als Prüfsteinen der geographischen Botanik die übrigen Hinweise an dieXIIVorwort.Vegetationsformationen anzuschliessen, wo ihr natürlicher Platz erscheint. Unter den einzelnen Ländergebieten sind dann nur kurze, registerartige Auszüge enthalten und nur einzelne besonders wichtige Charakterarten mit längeren Erklärungen versehen.
Was für Erfolge auf geographischem Gebiete sich an die Lebensarbeit Grisebachs, meines verewigten Lehr - meisters, angeschlossen haben, ist unverkennbar, und all - seitig trotz mancher die Rolle der Entwickelungstheorie betreffender Einwände gewürdigt. Möchte es diesem viel bescheidener auftretenden Handbuche vergönnt sein, nur einen kleinen Teil dieser Anregungen zum Spüren und Forschen in den hier zusammengefassten Richtungen zu bewirken, nur einen kleinen Teil dieses Fortschritts in die strebsame geographisch-botanische Forscherwelt hinauszutragen!
Dresden, im Oktober 1890.
Oscar Drude.
Begriff und Aufgabe der Pflanzengeographie. Entstehung der Pflanzengeographie als eigener Wissenschaftszweig. Richtungen in der Pflanzengeographie. Stellung der Pflanzengeographie zu der physikalischen Geographie.
Begriff und Aufgabe der Pflanzengeographie. Unter Pflanzengeographie verstehen wir die wissenschaft - liche Betrachtungsweise der Flora im Lichte der phy - sikalischen Geographie; ihre Aufgabe besteht in der Erforschung der Gesetzmässigkeit der verschieden - artigen Verbreitung von den Elementen dieser Flora über die Erdoberfläche, und in der Erforschung der Wechselbeziehungen zwischen der Erscheinungs - weise des Pflanzenlebens und seinen mit der geogra - phischen Lage sich verändernden äusseren Bedingungen.
Die Pflanzengeographie ist zwar eine botanische Disziplin, welche der systematisch ebenso wie biologisch geschulte Florist allein ihrem ganzen Umfange nach zu bewältigen vermag; aber sie bewegt sich in der glück - lichen Verknüpfung mit den mannigfachsten RichtungenDrude, Pflanzengeographie. 12Gesichtspunkte der Pflanzengeographie.anderer geographisch arbeitender Disziplinen, mit der speziellen Länderkunde als ihrer Grundlage, mit der geographischen Geologie und Zoologie, der Klimatologie und Hydrographie. Dadurch rückt die Pflanzengeographie aus dem engeren Rahmen rein botanischer Forschung heraus und stellt sich in den Kreis derjenigen Wissen - schaftsgebiete, welche in ihren gegenseitigen Beziehungen die physikalische Geographie weitesten Umfanges bilden. Selbst mit der Kulturgeographie steht sie in nächster Verknüpfung.
Grisebach unterschied bei seiner Besprechung des Standpunktes der Pflanzengeographie i. J. 1866 (siehe Abhandl. S. 307) als deren Teile eine topographische, eine klimatologische und eine geologische Geobotanik. Mit gewissen Umstellungen und Erweiterungen können wir diese Einteilung auch heute noch zu der wissen - schaftlichen Grundlage machen, indem wir folgende Ge - sichtspunkte aufstellen:
Diesen drei Gesichtspunkten wird durch den Ein - fluss, welchen der Mensch auf die Umgestaltung der Erd - oberfläche genommen hat und weiter nimmt, noch ein vierter beigefügt:
3Flora, Vegetation und Physiognomie.Auch jede vollständige Landesflora bietet in geson - derter oder gemischter Behandlung diese drei (bez. vier) verschiedenartigen Gesichtspunkte: sie beginnt zumeist mit dem statistischen Katalog aller dort wild wach - senden oder eingeführten Pflanzensippen, erörtert dann die Biologie aller derselben im Anschluss an die durch die geographische Lage gebotene Jahresperiodizität und an die besonderen Bedingungen der orographischen Glie - derung und aller klimatologischen Einzelheiten, und sie knüpft daran die Schilderung der die Erdoberfläche und die Meeresküsten bedeckenden Pflanzenbestände von einer bestimmten Physiognomie, welche sich nach der Tracht und Lebensweise der häufigsten und in dichter Geselligkeit vorherrschenden Sippen richtet. Man pflegt den ersten, der Pflanzensystematik entlehnten und das gesamte Sippenmaterial von Ordnungen, Gattungen, Arten darstellenden Teil als „ Flora “kurz zu bezeichnen, wäh - rend man die biologischen Eigentümlichkeiten und die hauptsächlich durch letztere in ihrer Allgemeinheit beein - flusste Erscheinungsweise der Pflanzendecke unter „ Ve - getation “zusammenfasst. Gründliche biologische Unter - suchungen auf geographischer Unterlage, zumal für tropische und südliche Floren, sind noch jüngere Litte - raturerscheinungen und daher in ihrer Eigenart bisher weniger allgemein anerkannt. Dagegen bildeten die Florenstatistiken den überwiegenden und oft einzigen Teil der schon seit langer Zeit und mit zunehmender Voll - endung von Botanikern ausgearbeiteten „ Floren “, wäh - rend die Vegetation in ihrer physiognomischen Eigen - heit und Mannigfaltigkeit hauptsächlich in den Berichten der Reisenden zur Schilderung gelangte und aus diesen in die allgemeine Geographie übergegangen ist.
Die verschiedenen Teile der Pflanzengeographie wer - den daher auch in verschiedener Weise gefördert: wäh - rend Reisen in allen Weltteilen das Pflanzenmaterial zu - sammenbringen, durch die beigefügten Einzelbemerkungen4Arbeitsmethode der Pflanzengeographie.ebenso wie durch verständnisreiche Analyse und Schil - derung der Pflanzendecke im Zusammenhange mit dem Bodenrelief und Substrat beleben und geographisch ver - wertbar machen, bearbeitet der zusammenfassende Pflan - zengeograph in den botanischen Museen das aus allen Ländern zusammenströmende Material und kann die aus - führliche Litteratur zahlreicher, speziellen Landeskunden entsprechender Floren kleinerer Gebiete dabei nicht ent - behren; er entwirft die Fundamente der Verteilungsweise für die grösseren und kleineren Sippen des natürlichen Systems, und ganz von selbst ergeben sich ihm dabei die Grundlinien einer danach vollzogenen floristischen Einteilung der Erdoberfläche. Er greift von dem aus der lebendigen Pflanzenwelt abgeleiteten Florenbilde der Erde zurück in die vergangenen Erdperioden, um das mit steigendem Alter undeutlicher erhaltene und unbrauch - barer werdende fossile Pflanzenmaterial in den erhaltenen Spuren seiner Verbreitungsweise mit den verwandten Sippen der Gegenwart zu vergleichen und dadurch ein Bild von ihrer wechselnden Verteilungsweise, von der Aufeinanderfolge verschiedener Florenbilder an demselben Orte, von der ursächlichen Bedingtheit des jetzigen Zu - standes durch die jüngst oder länger vorausgegangenen verschiedenartigen Zustände, abzuleiten. So steht er in inniger Verbindung mit der Paläontologie und mit der Erdgeschichte überhaupt. Andererseits prüft der Pflanzen - geograph als Biolog in freier Natur, im physiologischen Laboratorium und an den lebenden Pflanzen der bota - nischen Gärten die Beziehungen zwischen deren Lebens - äusserungen und den verschiedenen Einflüssen klimatischer Elemente, der täglichen und jährlichen Lichtperiode, der ernährenden Unterlage, der Abhängigkeit vom Wasser, um dann ausgerüstet mit den im kleinen gewonnenen Er - fahrungen in die grosse Natur mit hellem Blicke einzu - treten und die sich ihm darbietenden wechselvollen Ver - hältnisse auf ihre nächstwirkenden Umstände zurückzu - führen, um die Lebensarbeit der Einzelpflanzen an ihrem Standorte zwischen bestimmten gleichartigen und un - gleichartigen organischen Mitbewohnern zu würdigen, und5Geschichte der Pflanzengeographie.um auf diesem Wege die in ihrer Masse mit fesselndem Liebreiz auf ihn einwirkenden Vegetationsbilder in ihren Einzelzügen verstehen zu lernen. — So zeigt sich auch in der Verbindung von Arbeiten, welche dem tiefsten Wesen der Botanik angehören, mit solchen, welche auf geographischer Grundlage stehend in die geologischen und klimatologischen Sphären hineingreifen, die Stellung der Pflanzengeographie als einer die organischen Naturwissen - schaften mit der physikalischen Geographie innig ver - knüpfenden Disziplin.
Entstehung der Pflanzengeographie als eigener Wissenschaftszweig. Als die ersten Bausteine der Pflan - zengeographie müssen solche Floren genannt werden, welche das Wesen der Floristik richtig erfassten und sie auf geographische Grundlage stellten, dabei also über den Rahmen der Artbeschreibungen eines willkürlich abge - grenzten Landbezirkes hinausgingen. Die älteste vor - zügliche Landesflora von solcher Beschaffenheit scheint Linnees Flora Lapponica (1737), später dessen Flora Suecica (1745) gewesen zu sein; in beiden alten Werken ist eine bewunderungswürdige Vielseitigkeit der Anschau - ungen reich verarbeitet, und es verdiente Linnee durch diese seine Originalarbeiten viel mehr als durch seine unbrauchbar gewordene Systemanordnung der Nachwelt als berühmtes Vorbild vorgehalten zu werden. Gleich darauf folgte, ebenfalls im alt-botanischen Stil, Gmelins umfangreiche Flora Sibirica (1757), in deren Vorrede für die damalige Zeit fruchtbare geographisch-botanische Gedanken entwickelt sind. Die nordischen Floren sollten also den Hebel ansetzen, um die botanische Wissenschaft auch auf das geographische Gebiet zu leiten, und ihnen folgten dann in der Geschwindigkeit, wie der Stoff es zuliess, vollständige oder fragmentarische Floren südlicherer Länder, welche allmählich den Blick erweitern halfen und die Idee von der vorhandenen durchgehenden Verschie - denheit in den Floren entlegener Länder um so mehr befestigten, als die ersten noch unvollkommenen Kennt - nisse über tropische Floren fast nur den Blick auf den6Geschichte der Pflanzengeographienordischen Floren durchaus fremde Pflanzenarten und Gattungen eröffneten. Dennoch fehlte der Gedanke an eine einheitliche geographische Disziplin der Botanik bis zu den ersten Jahren unseres Jahrhunderts, wo als ihre Begründer A. v. Humboldt, Pyr. de Candolle und Rob. Brown auftraten. „ Es ist wunderbar — so äussert sich Alph. de Candolle (Géogr. bot. S. VI) darüber — wie diese drei Männer eigenartig von ganz verschiedenen Ideen ausgingen, entsprechend ihren besonderen Studien und den Ländern, aus denen sie ihre Eindrücke schöpften. A. v. Humboldt zeigte sich durchaus als physikalischer Geograph, und ausserdem verstand er infolge einer sehr seltenen Kombination von Fähigkeiten ein Gemälde der schönen äquatorialen Vegetation gleichsam in dichterischer Form zu entwerfen. P. de Candolle beschäftigte sich mit der europäischen Flora und den Beziehungen, welche zwischen Ackerbau und den physiologischen Bedingungen des Pflanzenlebens bestehen. R. Brown endlich, mit ernsten Studien über die natürliche systematische Methode in der Ergründung der Verwandtschaft beschäftigt, die er zuerst auf die fremdartige Flora Australiens anwendete, lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Verteilung der grossen Klassen und Ordnungen des Gewächsreiches über die Erde (1810 — 1814); etwas später (1818), bei Gelegenheit der Verarbeitung des ersten Herbariums aus der Flora des Congo, richtete er seine scharfsinnigen Untersuchungen auf den Ursprung einzelner Kulturpflanzen, auf die Ueber - tragungen durch Luft - und Meeresströme, sowie auf das ihm seltsam erscheinende Vorkommen einzelner Arten in verschiedenen Tropenfloren zugleich, da nämlich die Verschiedenheit weit entlegener Floren auch im tropischen Gürtel bis dahin schon als Grundgesetz erkannt war. “
Aber alle diese Arbeiten, so geistreich sie der da - maligen Zeitlage nach erdacht waren, bildeten zuerst nur zerstreute und unter sich nicht zusammenhängende Frag - mente, bei deren Ausarbeitung der eine Schriftsteller kaum durch die Resultate der anderen berührt wurde; es bedurfte erst noch der Zusammenfassung, der Dar - stellung der gemeinsamen Ziele, um die Pflanzengeo -7von Humboldt bis Schouw.graphie als solche zu begründen. Und hier hat wohl schon A. v. Humboldts Arbeit, die Prolegomena in den Nova genera et species plantarum (Bd. I, 1815; vergl. Dr., Fl. d. E. S. 9) die erste sichere Grundlage ge - legt, wie er schon in seinen Ideen zu einer Geographie der Pflanzen (1805) den Anfang damit gemacht hatte. Aus diesem Grunde darf man sagen, dass Humboldt mit demselben Rechte der Begründer der Pflanzengeographie zu nennen sei, wie Darwin der Begründer der Deszendenz - lehre. Beide haben das dazu Gehörige durchaus nicht allein gemacht; im Gegenteil waren so viele Naturforscher von Rang auf demselben Gebiete thätig, dass man be - haupten kann, die Forschung selbst hätte auch ohne jene den Fortgang in der angegebenen Richtung nehmen müssen. Aber beide machten aus diesen sie eine Zeit lang vor allen anderen beschäftigenden Gegenständen eine Spezialwissenschaft, führten sie als solche ein und behandelten das vielseitige Thema nicht nur als Ausfluss oder Anhang anderer Forschungen. Und wie es oft nur darauf ankommt, dass ein allgemein interessanter Gegen - stand durch eine besondere Bezeichnung Aufmerksamkeit in weiteren Kreisen errege, so war es auch hier der Fall, indem durch A. v. Humboldts Schriften die Pflanzen - geographie als besonderer Zweig in der botanischen und geographischen Wissenschaft hingestellt und weiter über - liefert wurde.
Als nächste grössere, auf weitem Grunde aufbauende und die Ideen der Vorgänger sammelnde Generalarbeit erschienen dann die Grundzüge einer allgemeinen Pflanzen - geographie von Schouw (1823), welcher später Meyens Grundriss der Pflanzengeographie (1836) folgte. In diese Zeit fiel auch eine sehr lebhafte Thätigkeit auf dem Ge - biete exotischer Floristik, wozu zahlreiche Expeditionen, sowie intensivere Forschung in den alten Ländern Ver - anlassung gaben; infolgedessen erwuchs ein stattliches Material, welches an die schon vorhandenen pflanzen - geographischen Grundlinien angepasst und zu ihrer Ver - besserung benutzt werden musste. Diese Periode legte den Grund zu der heutigen fachgemässen Quellenlitteratur.
8Biologische und systematische Floristik.Richtungen in der Pflanzengeographie. Die drei der Natur der Sache nach gegebenen Hauptrichtungen der Pflanzen - geographie sind oben schon besprochen; hier folgen noch einige ausführlichere Auseinandersetzungen darüber, weil in ihrer Behand - lungsweise Meinungsverschiedenheiten vorhanden sind. — Am natür - lichsten liegen die Verhältnisse der biologischen Richtung: Wir sehen, selbst ohne physiologische Kenntnisse tief-wissenschaftlicher Art, die Pflanzenwelt aller Orten in Abhängigkeit von den Jahres - zeiten, welche einen scharfen Klimawechsel zur Folge haben; wir sehen sie ferner in ihrer Standortsverteilung offenbar durch die Unterlage und durch die Bewässerung bedingt, zugleich auch ab - hängig von den durch die grossen Pflanzenbestände selbst hervor - gerufenen sekundären Bedingungen, indem gewisse Arten beispiels - weise den Waldesschatten aufsuchen, andere ihn fliehen. Es kann daher diese Richtung keinen anderen Weg nehmen, als den, an der Hand der experimentellen Physiologie die Grundlage der geo - graphisch und topographisch verschieden verteilten Lebensbe - dingungen zu erforschen, um dadurch eine Einsicht zu erzielen, wie es sich mit den Anpassungserscheinungen der Pflanzenwelt an den Charakter jeder einzelnen Landschaft verhält. Die Wege dazu mögen verschieden sein, falsche Voraussetzungen mögen neben richtigen dazwischen laufen: die Forschung auf diesem Gebiete wird ihr Recht behalten, wenn dies Ziel im Anschluss an Experi - mentalphysiologie fest im Auge behalten wird. — Die ver - gleichende systematische Floristik hat eine sehr einfache und unabweisliche Grundlage. Für Länder von bestimmter geographi - scher Begrenzung werden vollständige Florenkataloge entworfen, und in diesen bei den einzelnen Sippen die Häufigkeit, die Vertei - lung nach Genossenschaften, eventuell das Aufhören des Areals an bestimmten Stellen, hinzugefügt. Der geographisch-wissenschaft - liche Schwerpunkt liegt aber naturgemäss in der Vergleichung der Florenkataloge verschiedener Länder, um daraus eine Kenntnis von der Arealgrösse aller das Interesse auf sich lenkenden Sippen abzuleiten, diese unter gemeinsame Gesichtspunkte zu bringen, und zum Nutzen der physikalischen Geographie besonders die Gemein - samkeiten und Verschiedenheiten der grösseren oder kleineren Länderkomplexe darzustellen. Das Endziel und das Material liegen also auch hier klar; aber da sich für die Wissenschaft stets er - klärende Gründe notwendig machen, unter deren Lichte erst das statistische Material plastische Wirksamkeit erlangen kann, so stösst hier überall die nach erklärenden Gründen verlangende Frage auf, warum die Areale der Pflanzensippen diese und nicht etwa eine andere Gestalt angenommen haben, warum oft mitten in einem Ländergebiete starke Arealgrenzen sich zeigen, warum ein Teil der Meere gleichsam als Sperre zwischen Arealen, ein anderer Teil aber wie eine Brücke zur Vergrösserung anderer Areale gedient hat? Bei den nahen Beziehungen, welche zwischen Klima und Pflanzenleben seit alter Zeit beobachtet sind, konnte man nicht unschwer feststellen, dass wirklich das Klima in erster Linie die9Anschluss an die Geologie.Grenzen bestimmt, welche man den Sippenarealen mitten im Lande gesetzt fand, oder noch besser gesagt: die Zusammenwirkung zwischen Boden und Klima. In der ersten Periode der Pflanzen - geographie wurde daher nur die eine Meinung laut, dass das Klima überall die Veranlassung einer bestimmten Flora gewesen sei, und zwar dachte man dabei nur an das Klima in seiner gegenwärtigen Erscheinungsweise auf der Erde. Zwischen 1840 und 1850 jedoch traten die ersten methodisch wirkungsvollen Verbesserungen dieser Erklärungsweise ein, welche in allmählicher Erweiterung zu einer Reform geführt haben. Man muss nämlich in den Erklärungen unterscheiden, warum eine bestimmte Pflanze an einer bestimmten Lokalität auftritt, und mit welchen äusseren und inneren Mitteln sie daselbst ihre fortdauernde Erhaltung erzielt. Der letzte Teil der geforderten Erklärung ist nämlich wiederum biologisch und steht daher in unmittelbarem Zusammenhange mit dem zuerst besprochenen Gesichtspunkte: hier ist die Mitwirkung von Klima und allen übrigen äusseren Lebensbedingungen selbst - verständlich; beispielsweise kann eine auf warme stehende Gewässer angewiesene Pflanze auch nur nach ähnlichen warmen Gewässern hin sich verbreiten. Aber das Auftreten einer solchen Pflanze hier und dort, das Vorhandensein in dem betreffenden Lande überhaupt, ist als eine ganz getrennte Frage zu behandeln: die betreffende Wasserpflanze kann durch wandernde Vögel mitgeschleppt und von einem Teich zum anderen übertragen sein, sie kann hier oder dort als Art zuerst auf der Erde entstanden, sie kann als Relikt in einem kleinen Tümpel übrig geblieben sein, als derselbe durch orographische Umgestaltungen von einem grösseren See, in welchem sie allgemein verbreitet war, abgeschnitten wurde. Auf diesem Gebiete der Fragestellung herrscht ein anderes Wesen, als auf dem biologischen; fremdartige Teile der Naturforschung werden berührt, mit Vorsicht und umsichtiger Erwägung ist von den verschie - denen Möglichkeiten die wahrscheinlichste zu wählen, durch Zu - sammentreffen vieler Wahrscheinlichkeiten sind Erklärungen aufzu - stellen, welche der wissenschaftlichen Wahrheit möglichst nahe kommen; doch wird immerhin die Hypothese hier, wo auch die dunkle erste Entstehung der Arten der Zeit nach in Frage kommt, ein freieres Spiel haben. Hier schliesst sich nun die Pflanzen - geographie in ihrer ganzen Methode an die Geologie an und entlehnt ihr auf geographischer Grundlage das Gerüst, mit welchem sie ihre einzelnen Glieder aufzubauen gedenkt; und für das, was sie der geographischen Geologie, der Entwickelungsgeschichte der Oberfläche der Erde in ihrem gegenwärtigen orographischen Auf - bau mit seinen alten und jungen Organismen, verdankt, zahlt sie derselben Disziplin ihre eigenen Aufschlüsse zurück, welche oft sichernd da auftreten, wo die Geologie selbst andere Methoden nicht besitzt. Man bedenke, dass man die alten Klimate nach den Pflanzenresten beurteilt, welche in den zugehörigen Schichten abgelagert sind, von der Voraussetzung ausgehend, dass die klima - tische Sphäre bestimmter Sippen des Pflanzenreichs in alter Zeit10Die Physiognomik alsund Gegenwart ziemlich gleich gewesen sein möchte. In der Frage nach dem Ursprunge der Sippen und nach der Erzielung ihres jetzigen Areals ist daher die Pflanzengeographie in eine geolo - gische (erd-entwickelungsgeschichtliche) Methode zu ihrem Heile eingelenkt, so dass A. de Candolle jetzt mit Recht die neuere, strenger wissenschaftliche Richtung unserer Disziplin von diesem Zeitpunkte an rechnet.
Man möge nur nicht denken, dass dadurch die Wirkungs - weise der im Klima, im Boden, in der Konkurrenz der anderen Organismen liegenden äusseren Lebensbedingungen durch die geo - logische Methode irgendwie beeinträchtigt sei; es handelt sich nur darum, dass das heutige Klima im Anschluss an die heutige Orographie der Erde nicht die ganze Verteilung der Pflanzen - sippen, so wie sie vor unseren Augen steht, bewirkt hat, sondern dass diese Verteilungsweise in ihren Grundzügen sich herleitet von der der vorangegangenen Erdperioden, und dass die vergangene Orographie und die Klimate vergangener Perioden dabei auch mit - gewirkt haben; das heutige Klima hält nur die Auslese von alle - dem, was es im Anschluss an die jüngste Erdentwickelung vorfindet, vernichtet hier diese Sippen, fördert dort jene zur kräftigen Aus - breitung, erlaubt den Verschlagungen hier eine bleibende, dort eine nur vorübergehende Ansiedlungsstätte, hat aber nichts absolut Verändertes geschaffen.
Es ist bekannt, dass Grisebach in seiner „ Vegetation der Erde “deswegen, weil er — wie schon der Name des Werkes anzeigt — die Wechselbeziehungen zwischen Klima und Pflanzenleben darzu - stellen beabsichtigte, die geologische Seite der Pflanzengeographie nicht nur für besondere Behandlung ausgelassen, sondern auch vielfach den Versuch gemacht hat, Fragen auf dem Wege klima - tologischer Untersuchung zu lösen, wo der florenentwickelungs - geschichtliche Weg vornehmlich zur Lösung berufen gewesen wäre. Es ist dies besonders da der Fall, wo getrennte Areale und auf - fällige Verbreitungsverhältnisse durch die im Augenblick wirksamen Kräfte auffälliger Verschlagung und abnormer Ausbreitung erklärt werden sollen, während ein Zurückgreifen auf geologische Zustände von dem jüngsten Tertiär, von der Eiszeit vielleicht, den Schlüssel dazu bieten würde. Wenn es bedauerlich ist, dass in dem gross - artigen Werke so mancher Raum mit einer Hypothese der Art ge - füllt ist, so muss doch anderseits auch betont werden, dass Grise - bach die geologische Richtung selbst in ihrem vollen Werte aner - kannte; vergl. in der oben angegebenen Abhandlung (1866) „ Geo - logische Geobotanik “(Griseb. Abh. S. 324 — 334).
Die physiognomische Richtung der Pflanzengeographie als letztgenannter Gesichtspunkt, den man besser als Lehre von den Vegetationsformationen bezeichnet, hat ohne eigent - liche feste Bahnen sich nach Ideen einzelner Pflanzengeographen gebildet, welche vielfach voneinander abwichen. Der Grund dafür ist leicht einzusehen: mit der biologischen Richtung einerseits und mit der vergleichenden Betrachtung der Areale der Systemsippen11Lehre von den Formationen.sind die beiden natürlichen botanischen Gesichtspunkte erschöpft, und mit der Physiognomik fängt ein eigener Gesichtspunkt der physikalischen Geographie in Hinsicht auf das den Ländern in ihrer Pflanzendecke verliehene organische Kleid an. Das zeigen schon die Begriffe: Wälder, Wiesen, Moore, Steppen, Tundren etc., welche zwar sich auf Pflanzenbestände beziehen, aber doch zunächst keine Begriffe der analytischen Botanik sind. Daher urteilte man auch sehr verschieden über die Fixierung dieser Begriffe; am meisten verbreitet war früher die Meinung, es handle sich bei der Physio - gnomik um malerische Schilderungen der Landschaftsbilder in wirk - lich dem Wesen der Kunst entlehnter Auffassung. So z. B. denkt auch Kabsch (1865) darüber. Das würde dann aber aus dem Rahmen der strengen Naturwissenschaft heraustreten und die Physiognomik als ein fremdartiges Anhangsgebilde behandeln heissen.
Das Aussehen der Pflanzendecke richtet sich zunächst nach der Vegetationsform, welche hier oder da die herrschende ist, nach dem Auftreten von Bäumen, Gesträuchen, immergrün oder blatt - wechselnd, blattlos u. s. w. Nun aber treten in derselben Vege - tationsform alle möglichen Sippen auf und geben ihr ein sehr ver - schiedenartiges Aussehen; alle deutschen Laubbäume gehören zu den blattwechselnden, sind aber doch als Eichenwald, Birkenwald, Buchenwald verschieden genug. Es ist also die Tracht der Ge - wächse jedes Landes gleichzeitig bestimmt durch seine Vegetations - formen und die unter diesen auftretenden morphologischen Träger, d. h. durch die systematischen Ordnungen, Gattungen, Arten der Landesflora. Es läge daher in Betrachtungen darüber gar nichts Neues, als schon unter biologischer und systematischer Richtung zur Erörterung gelangt war, wenn nicht durch den Geselligkeits - anschluss selbst eine bestimmte organische Kraftwirkung von hoher Bedeutung hervorgerufen würde, welche zu den ersten Erkennungs - merkmalen der Landschaft und ihrer klimatischen Verhältnisse ge - hört. Die Pflanzenbestände daher wissenschaftlich zusammen - zufassen und ihre gleichartige oder ungleichartige Verbreitung in Abhängigkeit von den grossen Zügen der Bodenwirkung und Klima - verteilung über die Erde zu verfolgen, ist eine unumgänglich notwendige Aufgabe der Pflanzengeographie als Glied der physi - kalischen Geographie.
Stellung der Pflanzengeographie zu der physi - kalischen Geographie. Aus dem Vorhergehenden ergibt sich schon klar, was die „ Geobotanik “der allgemeinen und der im einzelnen schildernden Geographie nützen kann; es zeigt sich deutlich die Pflanzengeographie als eine Disziplin, welche mit rein botanischen Fragen an - hebend und nur die Methoden der botanischen Richtungen befolgend Urteile fällt, die neben der Botanik auch die biologischen, klimatologischen und geologischen Seiten12Die Pflanzengeographie einder physikalischen Geographie tief berühren und sich dort in unlöslichen Zusammenhang mit ihr setzen; sie tritt endlich hervor als eine Disziplin, welche, durch den geo - graphischen Gesichtspunkt selbst angeregt, Fragen auf - wirft und Methoden ersinnt, die zunächst der abstrakte Botaniker nicht im Rahmen seiner Gedanken vorfindet und die daher auf wirklich geographische Gebiete überführen. Alles in allem stellt sich also die Pflanzengeographie als eine die reine Botanik mit der reinen physikalischen Geo - graphie verbindende selbständige Disziplin dar, und es könnte die Frage aufgeworfen werden, wie denn in einer Sammlung „ geographischer Handbücher “die Interessen der Geographie zu wahren und vor Beeinträchtigung durch die botanischen Gesichtspunkte zu schützen seien. Gegen solche Zerteilung aber wehrt sich die Einheit der jeder selbständigen Disziplin unterliegenden Grundgedanken, welche nicht auf andere Weise frei und befruchtend aus - gebildet werden können, als wenn sie jede ängstliche Rücksichtnahme auf eine herkömmliche Einteilung der Wissenschaften, welche nicht in allen Stücken eine not - wendige ist, vermeidet. Mit dem Bewusstsein völliger innerer Uebereinstimmung möge hier auf Ratzels erstes Handbuch dieser von ihm veranstalteten Sammlung (An - thropo-Geographie, S. 12, 13) hingewiesen werden, auf die Bemerkung, dass bei diesen logischen Klassifikationen die Wissenschaften nicht gefasst werden, wie sie wirklich sind und betrieben werden, sondern wie sie im Geiste sich gegeneinander abgrenzen.
„ Ueberhaupt, wieviel von der Grenzausdehnung einer Wissenschaft hängt nur von der Thätigkeit ab, welche auf ihrem Gebiete entwickelt wird! Darum haben die Grenz - fragen, unphilosophisch und im Detail aufgefasst, etwas Müssiges, was kräftige Geister abstösst. Von den streitigen Gebieten, die jede Wissenschaft an ihren Grenzen besitzt, gilt dies durchaus. “
Es wird daher auch in diesem pflanzengeographischen Handbuche der Grundsatz gelten, dass kein von der Wissenschaft selbst rechtmässig geforderter Gesichtspunkt ausser acht bleibt, unbekümmert um seine Dependenz von der einen oder der anderen botanischen Richtung,13Glied der physikalischen Geographie.oder um seinen vollen Anschluss an die geographischen Methoden. Denn nur dadurch kann sich die Pflanzen - geographie als ein würdiges Glied in den Kreis der phy - sikalisch-geographischen Disziplinen einreihen, dass sie selbständig den ganzen Umfang der ihr anheimfallenden Thatsachen beleuchtet.
In der Ausführung der Einzelheiten freilich, wo ja doch stets eine Beschränkung eintreten muss, ist es angemessen, da, wo es sich um Förderung der physika - lischen Geographie handeln soll, die rein geographischen Beziehungen in den Vordergrund treten und die rein bo - tanischen nur in dem notwendigen Umfange auftreten zu lassen, besonders also das ungeheuere systematisch-flo - ristische Material auf gedrängte Auszüge zu beschränken.
Mit vollem Rechte wollen die Geographen daher in dem, was für sie aus der Pflanzengeographie nützlich er - scheint, zwischen dem chorographischen Moment, das bei den organischen Naturwissenschaften zu deren eigener Vervollständigung bearbeitet werden muss, und dem auf die Organismen bezüglichen geographischen Moment einen Unterschied machen und gemacht wissen; es ist dies der bezüglich der Pflanzengeographie früher oft gemachte Unterschied zwischen geographischer Botanik und bota - nischer Geographie. Das ist von ihrem Standpunkte aus recht; aber wenn man [wie Beck, vergl. G. J. Bd. X, 1884, S. 584] so weit geht, die Verbreitungsgebiete der Pflanzen - und Tierformen als bedeutungslos für die geo - graphischen Einteilungsglieder, für die Erdoberflächen - teile selbst hinzustellen, so scheint das doch nur aus Be - quemlichkeit für die Geographie zu geschehen, aus der Besorgnis, sich in Fragen einarbeiten zu müssen, denen der Einzelne nicht immer gewachsen sein kann. Nur die Massenhaftigkeit des Vorkommens soll dieser Ansicht zu - folge von Bedeutung sein; — aber wie, liegen nicht die wichtigsten Zeugnisse des geographischen Werdens und Seins in solchen Thatsachen, dass keine arktische Insel organische Formen für sich besitzt, welche auf eine längere Zeit hindurch andauernde abgeschlossene Ent - wickelung derselben hinweisen, dass dagegen auf die Süd -14Bedeutung der Pflanzengeographie.westecken Afrikas und Australiens eine Fülle eigener Formen beschränkt ist, als wenn diese Ecken, ozeanischen Inseln vergleichbar, durch unübersteigliche Grenzwälle von ihren Nachbargebieten abgeschlossen geblieben wären? Was nützt hier die Massenhaftigkeit irgend einer Sippe bei solchen Fragen, die die Entwickelungsgeschichte der Festländer und Inseln betreffen! Sie sind nicht von der geologischen Methode zu trennen und betreffen die eigen - sten geographischen Grundfragen für ihre Einteilungs - glieder.
Zwar kann nicht jeder Geograph in diesen Dingen selbständig eintretend schaffen; insofern soll die Pflanzen - geographie eine seiner Hilfswissenschaften sein, welche für sich bearbeitet sein will. Die allgemeinen Resul - tate der Geographie der Organismen aber auch in nur einem natürlichen Gesichtspunkte, den sie zeigt, zu ver - nachlässigen, würde das Fundament der allumfassenden physikalischen Geographie in einer stützenden Säule er - schüttern heissen.
Aufgabe der geographischen Biologie der Pflanzen. 1) Geo - graphisch wirkende Agentien: Sonnenlicht. — Wärme; höchste und tiefste Temperaturen ohne Beschädigung der Vegetation. — Nieder - schläge und Luftfeuchtigkeit. — Periodicität in der Einwirkung der geographischen Agentien. Phänologie. 2) Topographisch wir - kende Agentien: Orographischer Aufbau. Lebenslage durch orga - nische Mitbewohner. 3) Biologische Verschiedenheit der Organi - sation unter den Wirkungen der geographisch-topographischen Agentien. Vegetationsformen. Vegetationszonen der Erde: ver - einigte periodische Zusammenwirkung von Licht, Wärme, Feuch - tigkeit.
Aufgabe der geographischen Biologie der Pflan - zen. Es ist im ersten Abschnitt die Richtung, welche die biologische Pflanzengeographie einzuschlagen hat, im allgemeinen gekennzeichnet; die hauptsächlichen Themata sind hier nun einzeln zu nennen. Zuvörderst ist wohl selbstverständlich, dass die Pflanzengeographie bei der16Die äusseren Agentien inPrüfung der Beziehungen zwischen äusseren Einflüssen und Pflanzenleben ihr Augenmerk nur auf die Agentien zu lenken hat, welche nicht gleichmässig an allen Orten vorkommen, sondern welche entweder nach den grossen Ländermassen verschieden verteilt sind, oder welche in jeder Ländermasse je nach deren orographischem Auf - bau in einander entsprechender Weise die mittleren Lebensbedingungen jedes Landes wiederum nach dieser oder jener Richtung hin schwanken machen und mannig - faltig gestalten. Wir haben es also hier zu thun nur mit den im Sinne geographisch und topogra - phisch verschiedener Verteilung wirkenden äus - seren Agentien, indem wir die Bezeichnung „ geogra - phisch wirkend “auf die, die Hauptzüge der Verteilungs - weise bewirkenden Einflüsse beschränken, die Bezeichnung „ topographisch wirkend “aber auf die Regulatoren der Verteilungsweise nach Standorten in jedem nach grossen Grenzen schon fertig abgesteckten Vegetationsbilde. Dass eine scharfe Unterscheidung zwischen geographisch und topographisch wirkenden Agentien nicht immer durchzu - führen ist, ist uns als Naturforschern, die an solche Dinge in der organischen Welt überhaupt gewöhnt sind, weder unbekannt noch störend, denn für die Darstellungsweise wird doch dadurch gewonnen. Dass die mit der geogra - phischen Lage an sich, so und so viel Grade vom Aequator entfernt mit einem für jede Jahreszeit bestimmten Nei - gungswinkel der Sonnenstrahlen zur Erdoberfläche, zu - sammenhängenden Einflüsse zu der ersten Kategorie ge - hören, die vom Relief bedingten Verhältnisse der Wasser - verteilung im Boden oder das Auftreten von Kalksteinen hier und von Sandsteinen dort zu der zweiten, mag als Beispiel für die im Prinzip festgestellte Unterscheidung dienen.
Ausgeschlossen von der Betrachtung sind daher alle das Pflanzenleben noch so sehr beeinflussenden Lebens - bedingungen, wenn sie gleichmässig oder in für die Ver - teilungsweise der Pflanzen gleichgültiger Abstufung über die ganze Erde verteilt sind. Dahin gehört z. B. die An - knüpfung pflanzlichen Lebens an das Vorhandensein der17der Verteilung der Pflanzen.Kohlensäure zum Zweck der Ernährung; denn dieselbe, obgleich auch im Prozentgehalte der Atmosphäre schwan - kend, ist überall genug vorhanden, um das pflanzliche Leben in voller Energie aufrecht zu halten. Wenn wir daher in einem Lehrbuch der Pflanzenphysiologie und auch in solchen biologischen Zusammenstellungen, wie sie Wiesner (Elem. d. wiss. Bot., Bd. III, Biologie, 1889) überliefert hat, die einzeln aufgeführten Agentien in Bezug auf ihre gleichmässig überall ausgeübte Wirkungsweise oder Wirkungsmöglichkeit, oder auf ihre nach geogra - phisch-topographischer Verschiedenheit stattfindende Ab - änderungsfähigkeit prüfen, so haben wir dadurch eine Auswahl der äusseren Bedingungen zu pflanzengeogra - phischen Zwecken vorgenommen, indem wir die erstere Kategorie beiseite lassen und uns nur mit der Wirkungs - weise der zweiten beschäftigen. Zu dieser letzteren Ka - tegorie gehören die Wirkungen des Sonnenlichtes, der Wärme, der Niederschläge und der Luftfeuchtig - keit in ihrer verschiedenartigen Verteilung über die Erde als geographisch wirkende Agentien ersten Ranges; ferner der jeweilige orographische Aufbau mit den durch ihn bewirkten Bewässerungsverhältnissen, ange - knüpft an ein bestimmtes Substrat (Bodenkrume oder Wasser), und die durch die organischen Bewohner der Erde selbstgeschaffenen Umänderungen als weitere Lebens - bedingungen (welche wir kurz unter der Bezeichnung von „ Lebenslage “zusammenfassen wollen), alle diese als Agentien von topographischer Wirkung.
1. Geographisch wirkende Agentien. — Sonnen - licht. In der Wirkungsweise des Erdumlaufs um die Sonne im Jahreswechsel und in der des Wechsels von Tag und Nacht, welche die grosse jährliche und die kleinen täglichen Perioden des Pflanzenlebens erzeugen, pflegt man stets von der Wärmewirkung zu sprechen, ohne dem Lichte die gebührende Rolle zuzuerteilen. Und dennoch muss diese vorangestellt werden, da die sich aus der atmosphärischen Kohlensäure ernährenden grünen Pflanzenorgane zwar diese ihre fundamentale organischeDrude, Pflanzengeographie. 218Beziehungen zum solaren Klima.Arbeit durch Acclimatisation bei verhältnismässig niederen Temperaturen (über Null) auszuführen lernen, aber nie - mals das Licht entbehren können. Die Lichtperiode ist daher der oberste Regulator des pflanzlichen Lebens.
Es gilt dieses Gesetz nicht von einer einzigen Vegetations - erscheinung, welche in merkwürdiger scheinbarer Unabhängigkeit vom Vorhandensein des Lichtes bekannt geworden ist, nämlich von den Entwickelungserscheinungen ozeanischer Tange unter dem Eise in arktischen Breiten zur Zeit der Polarnacht, von welchen unten (Absch. 6, Kap. 4) die Rede sein wird; eine völlige Unabhängigkeit von der Licht periode ist aber auch hier nicht vorhanden.
Es ist daher zur Beurteilung der Vegetationsenergie und deren Verteilung auf die verschiedenen Jahreszeiten der Vergleich des „ solaren Klimas “notwendig, welches Hann (Handbuch der Klimatologie, S. 55 u. ff. ) über - sichtlich darstellt. Die Verteilung der Wärme, welche nach diesem solaren Klima theoretisch beurteilt werden soll, interessiert uns dabei weniger, weil der Pflanzen - geograph mit den thatsächlich stattfindenden Verhält - nissen allein zu rechnen hat; die Verteilung des Lichtes aber, welche nur durch Bewölkung abgeändert, und nicht wie die Wärme durch Luftströmungen und die Eigen - schaften des Erdreichs und Wassers umgestossen werden kann, ist nach diesem solaren Klima allein zu beurteilen: die Grösse der geleisteten organischen Arbeit (mit an - deren Worten die „ Vegetationsfülle “) muss bei sonst gleichen äusseren Bedingungen der Lichtintensität ent - sprechen.
Eingehendere Litteratur zu diesem Zwecke siehe G. J. Bd. VIII S. 231 u. 232.
Deshalb sind Betrachtungen, wie solche, dass die Ver - teilung der Strahlenmengen (pro Tag) zur Zeit der nörd - lichen Sommer-Sonnenwende sich verhält wie
Nordpol | 62° N. | 43 ½° N. | Aequator | 66 ½° S. |
1203 | 1092 | 1109 | 881 | 0 |
wenn die den Aequator am 20. März treffende Strahlen - menge gleich 1000 gesetzt wird; ferner die Betrachtung, dass der Unterschied der Bestrahlungsintensität am Aequator nur 12 % vom Mittel beträgt, dass dagegen schon unter 30° N. die Strahlenmengen zwischen 520 und19Bedeutung der Tageslänge.1088, unter 50° N. zwischen 197 und 1105, unter 70° N. zwischen 0 und 1130 im Winter und Sommer schwan - ken (Hann), höchst lehrreich zur Beurteilung der zwin - genden Lebensbedingungen, welche vom Sonnenstande als Lichtquelle allein schon auferlegt werden. Denn wenn z. B. durch Eigenwärme der Erde auf ihrer Oberfläche eine überall das Pflanzenleben aufrecht erhaltende Tem - peratur geschaffen wäre, so würde die verschiedene Ver - teilungsweise der Bestrahlung allein schon klimatische Zonen hervorrufen und diesen durch den verschiedenen Ausschlag der jährlichen Periodizität einen besonderen Stempel aufdrücken müssen.
Wie die angeführten Zahlen zeigen, holen die po - laren Länder durch eine starke, auf kurze Zeit zusammen - gedrängte Intensität der Bestrahlung nach, was ihnen an Gleichförmigkeit einer zur Aufrechterhaltung grüner Ve - getation nötigen Bestrahlung abgeht; inwiefern diese zu - sammengehäufte Lichtfülle in kurzer Zeit eine besonders nützliche Lebensbedingung, vielleicht auch die Ursache mancher Besonderheiten polarer Vegetationsformen ist, kann man schwieriger beurteilen, weil die in der Natur selbst angestellten Beobachtungen (s. unten) nur die Wirkung von Licht in Kombination mit Wärme erläutern. Am leichtesten kann man sich noch durch in unseren Laboratorien ausgeführte Experimente darüber unter - richten, wo wir bei gleicher Wärme die Beleuchtung in unserer Gewalt haben, indem wir Topfpflanzen zum Teil das ganze Tageslicht geniessen lassen, zum anderen Teil durch Hineinstellen in Dunkelschränke während bestimmter Tagesstunden des Vorteils der langen Sommertage be - rauben und am Schluss des Sommers durch die Wage die an beiden Teilen geleistete organische Arbeit ver - gleichen. Hier wissen wir schon durch Sachs’ Versuche, dass bei einem Vergleich von lichtbedürftigen Sommergewächsen teils in 14stündiger, teils in 7stündiger Beleuchtung die erstere Hälfte nicht etwa die doppelte, sondern die vier - fache Gewichtszunahme (als geleistete organische Arbeit durch Assimilation der Kohlensäure am Licht unter Hinzutritt der übrigen für die Ernährung notwendigen Substanzen) 20Insolation im hohen Norden.aufzuweisen hatte; die erstere Hälfte blühte üppig und setzte Früchte an, die in 7 stündiger Beleuchtung er - zogene dagegen vermochte keine Blüthenknospe zur Ent - wickelung zu bringen. Der besondere Vorzug der unaus - gesetzten Bestrahlung ohne Wechsel von Tag und Nacht im Polarsommer für die dortige kurzlebige Vegetation lässt sich hiernach deutlich beurteilen, wenngleich der niedere Sonnenstand selbst einer ausgiebigen Wirkung ent - gegensteht. — Doch lässt sich aus den Wärmewirkungen auf das Insolations-Thermometer ersehen, wie gross that - sächlich im arktischen Hochsommer die Sonnenkraft eines einzelnen Tages sein kann.
Bei der Seltenheit derartiger Beobachtungen möge eine von Warming am 26. Juli 1884 zu Kristianshaab gemachte Messung hier mitgeteilt werden:
Schwarze Thermometer-Kugel:
6 ½ h Vm. | 7 ½ h Vm. | 8 ½ h Vm. | 9 h Vm. | 1 h Nm. | 2 h Nm. | 4 h Nm. |
18°C. | 22 ½°C. | 23°C. | 30°C. | 33°C. | 35°C. | 31 ½°C. |
Blanke Thermometer-Kugel:
6 ½ h Vm. | 7 ½ h Vm. | 8 ½ h Vm. | 9 h Vm. | 1 h Nm. | 2 h Nm. | 4 h Nm. |
15°C. | 20 ½°C. | 19°C. | 24 ½°C. | 30°C. | 31°C. | 27°C. |
Zu Tesuisak wurden am 29. Juli Vm. 11 ½ h 31°, 12 ½ h als Maximum 40°C. an der Insolationskugel abgelesen, während die blanke Kugel 36 ½°C. zeigte. (Meddelelser om Grönland, XII. 100.)
Dieser Insolationswirkung entspricht eine für hohe Breiten unerwartete Totalerwärmung, deren Wirkung sogleich hier kurz erwähnt werden mag. Auch in Grön - land treten Zeiten ein, „ wo der flachgründige Boden durch und durch erhitzt wird und eine sengende Dürre im Boden und in der Luft herrscht; die Flechten stehen trocken und spröde, die Moose zusammengeschrumpft; dass die Gefässpflanzen eigens eingerichtet sein müssen, um solche Verhältnisse ertragen zu können, ist einleuchtend. So merkwürdig es auch lautet, ist es doch wahr, dass wir in einem arktischen, ein ungeheueres Eisfeld umschliessen - den und vom Eis umschlossenen Lande wie Grönland Vegetationsformationen finden, nämlich Heide und Fjeld - formation, welche anatomische Verhältnisse im Blattbau darbieten, wie sie auch in südlichen Steppen und Wüsten zu finden sind “(Warming).
21Schutzmittel. Licht im Ozean.Die anatomischen Verhältnisse, auf welche hier hin - gedeutet wird, bewirken sowohl Verdunstungsschutz, als auch Schutz gegen die Zerstörung des Chlorophylls in den zu intensiv besonnten Blättern, und sind, wie es scheint, ziemlich gleichmässig über die Kontinente im Bereich analoger, das offene Land und Steppenwüsten auszeichnender Pflanzenbestände verbreitet. Wiesner hat eine Abhandlung über die „ Natürlichen Einrichtungen zum Schutze des Chlorophylls “(1876) herausgegeben, in welcher als Schutzmittel gegen Lichtzerstörung die Lage und Form der Blätter, ihr Oberhautbau und die Wirkung von Behaarung genannt werden. —
Wie im letzten Abschnitt bei Betrachtung der See - tangvegetation näher besprochen werden wird, bildet die durch Absorption im Meereswasser schwindende Licht - menge den zwingenden Grund des Abschlusses ozeanischer Flora in geringen Tiefen von meistens nur 200 m; ohne Licht keine Ernährung. Um so überraschender war es, dass die Plankton-Expedition 1889 in Tiefen von 1000 bis 2200 m des Atlantischen Ozeans zahlreiche Exemplare einer kleinen Alge: Halosphaera viridis, fand, welche als zweite Ausnahme gegen die sonstige Allgewalt des Lichtes, wiederum im Ozean, dastehen.
Wärme. Die Temperatur ist derjenige meteoro - logische Faktor, dessen Wirkungsweise auf die organische Welt, insbesondere auch auf das Pflanzenleben, von jeher am meisten durchforscht und durchdacht ist; es liegt dies dem Menschen um so näher, als er selbst von ihm viel stärker in Mitleidenschaft gezogen wird als vom Licht, dessen Mangel sich wenigstens nicht sogleich in Funktionsstörungen seines Organismus äussert, wie es bei den Pflanzen der Fall ist. Die Temperatur tritt übrigens, wenngleich an die Polhöhe in erster Linie gebunden, doch in so ganz anderer Verteilungsweise als die Licht - menge auf, zeigt weder ihre Maxima unter dem Aequator selbst, noch ihre Minima an den Polen, ist sogleich nach Luft und Boden, Land und Wasser, so verschiedenartig abgestimmt, dass man sich dieser Verschiedenheiten wohl22Spezifische Nullpunkte.bewusst bleiben muss, wenn man, wie es gewöhnlich ge - schieht, Licht und Wärme als beide der Sonnenquelle entstammend einer gemeinsamen Betrachtungsweise ihres Einflusses auf das Pflanzenleben unterwirft.
Das Grundgesetz, nach welchem alle Einzelerschei - nungen in dieser Beziehung zu beurteilen sind, ist das Gesetz der „ spezifischen Nullpunkte “: alle Vegetations - erscheinungen sind an bestimmte Temperaturen gebunden, welche verschieden sind sowohl für die verschiedenen Pflanzenarten und - Individuen, als für die verschiedenen Lebensprozesse in dem einzelnen Individuum und daher spezifisch genannt werden; jede Lebenserscheinung tritt erst mit einer bestimmten niederen Temperatur ein, nimmt mit steigender Temperatur an Lebhaftigkeit zu, bis sie bei einer viel höheren Temperatur kulminiert und dann mit weiterer Temperaturzunahme an Lebhaftigkeit ab - nimmt, um endlich eine zweite bestimmte obere Tempe - raturgrenze zu erreichen.
Die unteren Grenzwerte der Temperatur verraten meistens schon ziemlich deutlich das durchschnittliche Wärmeklima, in welchem eine Pflanze zu vegetieren als erbliche Anforderung überkommen hat; sie liegen in den seltensten Fällen unter dem Gefrierpunkte des Wassers, liegen wenig über demselben bei arktischen und hoch - alpinen Arten, hoch über ihm bei den Arten der feucht - heissen Tropen. Diejenigen Lebenserscheinungen, welche in kühleren Jahreszeiten vor sich gehen müssen, sind an niedriger liegende untere Grenzwerte gebunden als die - jenigen, für welche dem relativen Normalklima zufolge höhere Temperaturen zu Gebote stehen.
Die Lebensprozesse der Ernährung, des Wachstums und der Vermehrung werden ganz entschieden schon sicher bei Tempera - turen unter dem Gefrierpunkte des Wassers ausgeübt bei den die sogenannte „ Schnee - und Eisflora “bildenden niederen Algen Chlamydomonas nivalis (Sphaerella n.), Pleurococcus etc., deren Re - gister Wittrock jüngst für Grönland sorgfältig zusammengestellt hat (G. J., Bd. XI. S. 116). Kjellman hat während der Ueber - winterung auf Spitzbergen 1872 / 73 mehr als 20 Arten von See - tangen mit deutlicher Reproduktionsthätigkeit mitten in der Polar - nacht unter dem Eise in — 1° bis — 2° kaltem Meerwasser beobachtet (G. J., Bd. VII. S. 174.). Auch bei niederen Algen unserer mittel -23Schwelltemperaturen; Grenzwerte.europäischen Flora hat man bei Frostgraden Lebenserscheinungen in aller mikroskopischen Deutlichkeit festgestellt. Sonst kann man sagen, dass erst über dem Gefrierpunkt des süssen Wassers die Vegetationsprozesse ihren unteren spezifischen Nullpunkt haben. Die Keimungstemperaturen für tropische Gewächse liegen wohl alle höher als 10°C. ; Gurken und Melonen keimen erst bei 14°C. unsere Getreidearten bei 4°, die Samen einer grossen Anzahl von alpinen Gewächsen dagegen schon bei 2°C.
Die Temperaturen unterhalb der spezifischen Null - punkte sind für das Pflanzenleben wirkungslos und führen, wenn sie nicht vielleicht durch physiologische Wirkungen des Frostes töten, zu einem Schlaf - oder Starrezustand, welcher so lange anhält, bis eine wenigstens zu dem spezifischen Nullpunkte ansteigende Temperatur ihn aus - löst. Wenn demnach irgend ein Same + 8° unteren Grenzwert für seine Keimung hat, so kann er in Boden - temperaturen von 0 bis 8° niemals keimen trotz Bewäs - serung und wird eher verfaulen, als ein Pflänzchen ent - wickeln. Den unteren spezifischen Nullpunkt hat man daher auch wohl „ die Schwelle “oder die Schwelltem - peratur genannt, deren Ueberschreiten erst zu der erwar - teten Lebenserscheinung führt. Was die Bodentempe - raturen für die Keimung, ebenso für das Austreiben der im Erdreich schlummernden Knollen, Zwiebeln, Wurzel - stöcke und für die Wasserzufuhr durch die Wurzeln zur Folge haben, beeinflussen die Lufttemperaturen hinsicht - lich der Wachstumserscheinungen der Stengel und Blätter, hinsichtlich der Ernährungsweise durch die Assimilation der Kohlensäure, hinsichtlich der Oeffnungs - und Schlies - sungsbewegungen an Blütenorganen zum Zweck einer kräftigen Befruchtung, und — wie schon gesagt — an jeder einzelnen Pflanze pflegen die Grenzwerte für jede dieser Lebenserscheinungen andere zu sein, spezifisch für jede Organfunktion, aber selbstverständlich einander sehr ähnlich für die Flora eines kleinen Gebietes an einheit - lichem Standorte.
Nach den bisher gemachten Beobachtungen mögen die günstigsten Temperaturen für die Mehrzahl der Ge - wächse gemässigter Klimate zwischen 20 und 25°, die oberen Grenzwerte etwa bei 35 und 40°C. liegen; letztere24Höchste Wärme - und Kältegrade,werden auch bei den Tropengewächsen wohl schwerlich stark in die Höhe gerückt sein, doch fehlt es darüber noch an Beweismaterial. Jedenfalls tritt bei Temperaturen oberhalb des oberen spezifischen Nullpunktes eine „ Wärmestarre “ein und die Lebenserscheinungen werden erst wiederum durch sinkende Temperaturen neu erweckt, sofern nicht eine zu hohe Temperatur (bis etwa 50°C. steigend oder höher) überhaupt den Tod der Pflanze her - vorgerufen hat.
Höchste und tiefste Temperaturen ohne Beschä - digung der Vegetation. Es ist nicht uninteressant zu überlegen, wie weit die beobachteten Temperaturextreme über die durchschnittlichen spezifischen Nullpunkte der Vegetation der Erde (zwischen 0° und 40°) nach oben und unten hinausgreifen. Zu den heissesten Gegenden der Erde gehören die südlichen Küsten des Roten Meeres, wo die Brunnentemperaturen in 4 bis 5 m Tiefe 34 bis 35°C., die Lufttemperaturen 54 bis 56°C. erreichen sollen (Hann, Klimatologie, S. 261). Trotzdem ist hier durchaus keine vegetationslose Wüste, obwohl die Tem - peratur eine in den physiologischen Laboratorien als sichere Tötung geltende Höhe erreicht; um dieselbe zu überstehen, schützt sich die Pflanzenwelt durch Austrock - nung aller oberirdischen Organe zur heissen Jahreszeit, Abwerfen der Blätter etc., und vermag auf diese Weise im wärmestarren Zustande ruhend dem Tode zu entgehen.
Für die höchsten Kältegrade, welche die Vegetation auszuhalten vermag, hat Göppert eine Zusammenstellung gemacht (Gartenflora 1881, S. 172). Es sind bekanntlich nicht die baumlosen hocharktischen Inseln die Gebiete der intensivsten Kälte, und wenn sie es wären, würde man nicht wissen, wie viel Schutz man der Schnee - bedeckung für die dortige Vegetation von Stauden und niederen immergrünen Halbsträuchern zumuten darf. Viel stärkere Kältegrade herrschen in Nordsibirien noch im Bereich der letzten Wälder, und hier ist (nach Wild) der Ort Werchojansk unter 67 ½° N. an der Yana mitten im Bereich einer grossen Waldoase von Beständen der sibi -25welche ertragen werden können.rischen Lärche durch seine furchtbaren Kältegrade aus - gezeichnet; der Januar hat als Mittel — 49°C., als Mi - nimum — 60° und als Maximum — 28°, während zu Jakutsk mit dem weniger kalten Monatsmittel von fast — 43° doch noch ein tieferes Minimum, nämlich — 62°C. beobachtet ist. Innerhalb der Temperatur von — 40°C., bei welcher Quecksilber gefriert, liegt Werchojansk für die ganze Dauer des November, Dezember, Januar und Februar, Jakutsk nur für Dezember und Januar, Ust - jansk dagegen unter fast 71° N. an der Mündung der Yana hat nur im Januar das tiefe Mittel. Der weniger kalte nordamerikanische Kältepol fällt nördlich der Baum - linie; doch treten an der Mündung des Yukon im Bereich der nördlichsten Alaska-Waldungen ebenfalls einzelne Kältegrade bis — 52°C. auf, welche immerhin an die sibirischen nahe heranreichen. — Diese Kälten über - stehen die Bäume, ebenso die auf ihnen befestigten Flechten; und wenn man auch der Schneedecke einen noch so grossen Schutz zuschiebt, was übrigens nach neueren biologischen Beobachtungen im höchsten Norden kaum sehr berechtigt zu sein scheint, so müssen doch sehr viele Stauden mit ihren überwinternden Organen den dem Januarmittel in Nordsibirien entsprechenden Tem - peraturen von — 40° ausgesetzt sein und überstehen die - selben, durch besondere uns im einzelnen noch unbekannte Organisation geschützt, im tiefsten Winterschlaf, um unter dem belebenden Einflusse des Aufsteigens der Tem - peratur über die gewiss schon bei 0° liegende Schwelle unbeirrt in den neuen Sommer zu treten; und anderer - seits werden heissen Ländern entstammende Pflanzen auch im Zustande ihrer Vegetationsruhe und mit lederigen Blättern besetzt durch den leisesten wirklichen Frost getötet.
Die eigentliche Todesursache beim Erfrieren der Pflanzen, ob bei Temperaturen wenig oder tief unter Null, ist noch unbekannt; die Idee, dass die Eisbildung in den Zellen den Tod bewirke, kann nur selten richtig sein, denn in der Mehrzahl der Fälle kommt es zu gar keiner Eisbildung daselbst, obgleich der Tod vielleicht schon bei — 1° eintritt. Die Temperaturerniedrigung erzielt also molekulare Vorgänge, welche die eine Pflanze leicht, die andere schwer, andere gar nicht ertragen.
26Schutzmittel gegen Frost.Sehr auffällig ist der Unterschied in der Frostwirkung, je nachdem dieselbe die ruhenden oder die vegetierenden Organe trifft. Unsere Bäume ertragen ohne Beschwerde starke Fröste im eigentlichen Winter, ein leichter Maifrost vernichtet ihr Laub. So kann es kommen, dass Alpenpflanzen, in der viel wärmeren Ebene kultiviert, häufig erfrieren müssen, da das wechselnde Klima der Ebene ungleich ungünstiger für sie ist, als die lange Winterruhe alpiner Höhen mit regelrecht eintretendem Frühling.
Auf solche Pflanzen übt die Schneedecke einen vorteilhaften Schutz, indem sie dieselben vor zu raschem Austreiben bewahrt. Dass sie den arktischen Pflanzen einen besonderen Schutz als Wärmemittel liefere, bestreitet Kjellman (G. J., Bd. XI. S. 115). Denn grosse Flächen der Polargegenden zeigen sich im Winter schneefrei, wo trotzdem im Sommer eine arktische Flora reichlich vertreten ist, und überhaupt haben die arktischen Pflanzen die überwinternden Teile keineswegs vollständig in den Boden einge - bettet, sondern vieles von den zarteren Stamm - und Blattteilen befindet sich oberhalb der Erde und ist ohne Schneebedeckung dem Froste völlig frei ausgesetzt.
Niederschläge und Luftfeuchtigkeit. Der dritte und letzte grosse geographische Faktor von den meteoro - logischen Einflüssen auf das Pflanzenleben ist die Ver - teilung des aus der Atmosphäre zugeführten Wassers, sei es, dass dasselbe in tropfbarer Form die Pflanze be - netzt, das Erdreich durchfeuchtet und den Wurzeln auf diese normale Art zu Gebote gestellt wird, sei es, dass dasselbe im dampfförmigen Zustande die Atmosphäre er - füllt, die Verdunstungsthätigkeit der saftigen Organe ein - schränkt, sich bei Temperaturerniedrigungen an den kühlen Organen der Pflanze selbst und ebenso in der Bodenoberfläche niederschlägt und auf diesem Umwege den Wurzeln selbst ebenfalls in kleinem Maßstabe zu gute kommt.
Wasser verbrauchen alle Pflanzen, die einen viel, die anderen wenig, und alle haben sich mit den durchschnitt - lichen Niederschlagsmengen ihrer Heimat so in Ausgleich gesetzt, dass sie ihre Ausgaben im Wasserkapital mit den zu ihrer Vegetationszeit vorhandenen Einnahme-Möglichkeiten decken; und wie ein dürftiger Mann oft merkwürdige Kunstgriffe erlernen muss, um seine Ausgaben mit An - stand zu bestreiten, die sein reicher Nachbar ohne Mühe macht, so finden wir auch in der Vegetation ähnliche27Wasserversorgung und Verdunstungsschutz.Kunstgriffe in Hinsicht der Wasserversorgung und Wasser - ersparnis gegenüber den Gewächsen, welche wie die Sumpf - und Schwimmpflanzen in ihrem regulären Lebens - verlauf keine besonderen Anstrengungen in dieser Be - ziehung zu machen brauchen.
Die Pflanzen verbrauchen das Wasser beim Wachs - tum zum Aufbau neuer Organe und eine gewöhnlich noch viel grössere Menge als „ Transspirationswasser “infolge der Verdunstung ihrer oberirdischen Organe und zumal der flachen grünen Blätter. In trockenen Klimaten lassen die Gewächse zumeist schon durch Verlangsamung des Wachstums eine Wasserersparnis eintreten, in noch viel höherem Maße durch alle Möglichkeiten von Verdun - stungsschutz. Dieser besteht in erster Linie in Ein - ziehung der grossen saftig ausgebreiteten Blätter, welche entweder auf kleine (glänzend-grüne) harte, mit stark cuticularisierter Oberhaut versehene Organe beschränkt werden, oder welche Ersatz durch Dornen und Stacheln finden (Cactaceae, Euphorbia, Stapelia), wobei dann freilich die Kohlensäureernährung in die Oberfläche der Stengel - oder Stammorgane gelegt werden muss; oder welche sich (wie bei Agave, Aloë etc.) in dickfleischige Körper mit Ver - dunstungsschutz ringsum in der wachsdurchzogenen Ober - haut verwandeln. Ein anderer Verdunstungsschutz be - steht in der Ausbildung von verhältnismässig viel hartem Holz, dessen jugendlich-saftige Zellen die oft sehr kurze Jahreszeit zur Entwickelung wählen, in der das Wasser einigermaßen reichlich vorhanden ist, und in der dürren Jahreszeit mit dem geringeren Wassergehalt fertigen Holzes dastehen. Ein wiederum anderer vermeidet das Ueberdauern der trockenen Perioden im safterfüllten Zu - stande und reift rasch vor Schluss der feuchteren Pe - riode seine Samen, welche selbst gegen Trocknis durch ihre eigene Gewebsbildung geschützt sind, und lässt die Mutterpflanzen absterben (einjährige Gewächse von kurzer Vegetationsdauer). Im Bau der Oberhäute an Stengeln und Blättern sind in neuerer Zeit die wundervollsten Unterschiede, auf klimatologischer Unterlage sogleich zu verstehen, beobachtet worden.
28Bedeutung des WasserdampfesStatt vieler Abhandlungen mag hier nur auf eine derselben verwiesen werden: Tschirsch, Ueber einige Beziehungen des ana - tomischen Baues der Assimilationsorgane zu Klima und Standort, in Linnaea Bd. XLIII, Hft. 3 u. 4. In dieser Abhandlung ist der geographische Standpunkt gewahrt. Andere Litteratur vergleiche in G. J., Bd. IX, S. 149, und Bd. XI, S. 107, sowie unten: Vege - tationsformen.
Dass diese die Wasserzufuhr und Transspiration be - treffenden biologischen Einrichtungen nicht nur nach Klimaten, sondern — wie auch der Titel von Tschirschs gerühmter Abhandlung besagt — auch nach Standorten ausgewählt sind, dass also hier ein geographisch und ein topographisch wirkendes Moment höchsten Ranges vor - liegt, bedarf nur eines kurzen Hinweises; in diesem Hand - buch der Pflanzengeographie sind aber die für das All - gemeinste wichtigen biologischen Faktoren in erklärendem Sinne aufzuführen.
Die Pflanzen erhalten bekanntlich ihr Verbrauchs - wasser in der Regel durch die Wurzeln zugeführt, die Wurzeln zeigen dementsprechende Organisation, breiten sich flach aus oder dringen mit einer unverhältnismässigen Länge merkwürdig tief durch die oberen dürren Schichten des Erdreichs vor zu den wasserreicheren Tiefen, und man denkt dabei für gewöhnlich nur an das durch Regenfälle zugeführte flüssige Wasser. Allein schon der Umstand, dass es regenarme, ja (im beschränkten Sinne) regenlose Länder gibt, welche trotzdem nicht vegetationslos sind, gibt Veranlassung, darüber nachzudenken, woher diese Pflanzen ihr Wasser entnehmen. Es kann ja ausserdem nur noch das im gasförmigen Zustande in der Atmo - sphäre mit einer sehr verschieden starken partiären Pres - sion vorhandene Wasser in Betracht kommen, dessen Menge sich übrigens im allgemeinen so reguliert, dass da, wo es viel flüssiges Wasser aus Niederschlägen gibt, auch viel Wasserdampf in der Atmosphäre vorhanden ist, wo es wenig oder nichts gibt, dementsprechend wenig. Doch lässt uns der Umstand, dass die von grossen Wasser - flächen oder von regenreichen Ländern her wehenden Winde auch beträchtliche Mengen von Wasserdampf in die regenarmen oder wüsten Gegenden herüberführen,29für das Pflanzenleben.ohne sie dort gerade in der gewöhnlichen Form als Regen absetzen zu können, in ihnen einen Aus - gleichungsfaktor erkennen, der vielleicht allein im stande ist, hinsichtlich des Wassers eine dürftige Vegetation da aufrecht zu halten, wo sonst vielleicht organisationslose Wüste wäre.
Inwiefern kommt nun den Pflanzen der atmosphä - rische Wasserdampf zur Befriedigung ihres Bedürfnisses nach flüssigem Wasser zu gute? Früher neigte man zu der einfachen Behauptung, dass die Pflanzen kein Wasser bekämen als das, was in tropfbarer Form den Boden erreichte und dadurch den Wurzeln zugänglich würde. Diese absprechende Meinung, nach welcher die Mengen von Wasserdampf in der Luft nur als Verdunstungsregu - latoren im weitesten Sinne wirkten, indem ein um so ge - ringerer Wasserverbrauch durch die Pflanze nötig wird, je feuchter die Atmosphäre ist, würde gerade den trockenen Klimaten (und dürren Standorten) die bei ihnen am meisten nötige Wasserzufuhr versagen; wir sehen aber, dass sie da ist, z. B. in der Garuaregion von Peru.
Nun muss man sich aber der näheren Umstände er - innern, welche bei der Entnahme von Wasser aus dem Erdreich durch die Wurzeln in Betracht kommen, und es mag bei ihrer Erwähnung daher auf die topographisch - regulierenden Bodenwirkungen verwiesen werden. Längst nicht alles Wasser, welches der Boden zugeführt erhalten hat, wird an die Wurzeln der Pflanzen in ihm abgegeben, sondern es steht letzteren nur ein um so kleinerer Bruch - teil davon zu Gebote, je stärker das Wasseranziehungs - und Absorptionsvermögen der betreffenden Bodensorte für Wasser ist. Ein Rest von Wasser verbleibt im Boden; die Wurzeln der Pflanzen suchen ihm im Notfall auch diesen Rest zu entziehen, aber er bleibt an die Erd - teilchen hygroskopisch gebunden. Nun vermag hygro - skopisches Erdreich — und jede Bodensorte ist mehr oder weniger hygroskopisch — aus dampferfüllter Luft Wasser selbständig zu kondensieren, und ist dadurch sein Wasser - gehalt wieder etwas über den äussersten Grad von Trocken - heit gestiegen, so vermag dieser Boden auch wieder eine30Wasseraufnahme in Blättern.neue, wenn auch geringe Wassermenge an die Wurzeln der Gewächse in ihm abzugeben. Es scheint, dass in trockenen Klimaten mehr, als man bisher glaubt, die Ge - wächse auf diese Wasserzufuhr angewiesen sind, da in ihnen vielfältig in den kühlen Nächten ein starkes An - steigen der relativen Feuchtigkeit bis zur Taubildung eintritt.
Dann ist aber auch ausser Zweifel, dass die Pflanzen unter gewissen Umständen im stande sind, nicht nur Regentropfen mit ihren oberirdischen Organen (Blättern, weichen Stengelteilen, besonders Haaren) aufzunehmen, sondern auch auf demselben Wege den atmosphärischen Wasserdampf für ihre eigene Wasserversorgung zu ver - wenden, denselben auf die eine oder andere Weise zu kondensieren. Wenn dies auch in unseren Fluren und Kulturen nicht beobachtet werden konnte und vielleicht nie geschieht, da es nicht nötig ist, so findet es sicher in den Wüstenvegetationen statt.
Die einzigen bisher gewonnenen sicheren Beobachtungen sind an wenigen Wüstenpflanzen angestellt. Volkens untersuchte die Wasserversorgung von Reaumuria hirtella, einem ½ — 1 m hohen Strauche der ägyptisch-arabischen Wüste (Sitzungsberichte der K. Preuss. Akad. d. Wiss., Berlin 1886, Heft VI, S. 70 und Flora d. ägypt. - arab. Wüste, G. J., Bd. XIII, S. 338). Derselbe übersteht durch Ausscheidung eines stark hygroskopischen Salzes aus Stengeln und Blättern die dortige lange Periode absoluten Regenmangels; diese Salzmasse gibt sich als ein körniger, weisslicher Ueberzug zu erkennen, auf dem Haufen würfelförmiger Krystalle bis zu Steck - nadelkopfgrösse unregelmässig zerstreut sind. Betrachtet man im Frühjahr Stöcke mit frischen Sprossen am Abend eines regnerischen Tages, so erscheinen sie sämtlich lebhaft grün, jede Spur der Salz - decke ist aufgelöst und fortgespült. Am nächsten Vormittage je - doch bemerkt man auf allen Blättern über Oberhautdrüsen sehr kleine Wassertröpfchen in regelmässigen Abständen; bei steigender Verdunstungsgrösse mit dem Sonnenstande verschwinden die Tröpf - chen und werden durch kleine Krystallconglomerate ersetzt. Folgt nun eine längere regenfreie Zeit, so sieht man stets nachts und früh am Morgen die Pflanzen hellgrün, mit Wassertröpfchen besät, am Tage erscheinen sie mit einem grauweisslichen Ueberzuge, der sich leicht fortwischen lässt; dabei nimmt die Salzbedeckung all - mählich entschieden zu, indem auch unabhängig von den Drüsen der Oberhaut einzelne Tröpfchen zusammenfliessen und die Fläche allgemeiner benetzen; so entsteht schliesslich eine zusammenhän - gende Salzdecke.
31Begünstigung durch Regenmenge.Diese Ausscheidung von Salzlösung zur Nachtzeit findet jedoch nur so lange statt, als den Wurzeln genügendes Bodenwasser zur Verfügung steht, wahrscheinlich infolge relativ starken Wurzel - drucks. Trotzdem aber findet man zur regenlosen Sommerzeit und im Herbste und Winter in allen Nächten die Büsche der Reaumuria oft von Wasser förmlich triefend in völlig dürrer Umgebung, und dieses Wasser kann nur der Atmosphäre entstammen; die Salz - massen, welche schon beim Anhauchen leicht zerfliessen, haben dasselbe hygroskopisch niedergeschlagen. Durch Experimente konnte nachgewiesen werden, dass die mit Salzlösung überzogenen Blätter allein sich in der Sonne frisch und grün erhalten, während der nassen Salzmasse beraubte Blätter verdorren; daraus geht aber hervor, dass die Pflanze atmosphärischen, durch ihre eigenen Or - gane, allerdings auf seltenem Wege, kondensierten Wasserdampf zur Erhaltung ihres Lebens braucht und verwendet, wenn auch nur während der Periode anhaltender Dürre. — Gegen die Annahme einer allgemeinen Gültigkeit dieser Art der Wasserversorgung für Wüstenpflanzen hat Marloth in den Berichten d. deutsch. botan. Gesellsch. 1887, S. 319 berechtigte Einwände erhoben.
Es ist natürlich, dass sich dieser Teil der Biologie mehr mit den Einrichtungen beschäftigt, welche die Pflanzen trockener Klimate mit spärlicher oder inter - mittierender Wasserversorgung angehen, als mit den Lebensvorrichtungen im Wasserüberfluss. Nur die Frage bleibt zu erörtern, ob die Länder mit den reichsten Niederschlägen eine ganz besondere Vegetation hervor - bringen. Es muss dabei allerdings, da doch so häufig die Rede davon ist, dass diese oder jene Vegetation durch Wassermangel ausgeschlossen sei von dieser oder jener Gegend, um zu einem physiologisch klaren Schluss zu kommen, von den in der Natur vielfach mit sehr hohen Niederschlägen verbundenen Nebenumständen, wie Umwölkung und Mangel an Sonnenlicht, Nebelbildungen u. dergl., abgesehen und die Fragestellung auf das unter sonst gleichen Umständen im Uebermaß, im normalen Mittel, oder in kleineren Bruchteilen desselben gebotene Wasser beschränkt werden. Alsdann ist die Antwort, wie es scheint, sicher, dass nicht etwa übermässig hohe Wassermengen im Boden begünstigend wirken, wohl aber die zu geringfügigen Mengen hindernd. Experi - mente mit deutschen Kulturpflanzen haben gezeigt, dass ihre Ernten ziemlich gleich blieben bei Schwan -32Notwendigkeit des periodischen Cyklus.kungen des Wassergehaltes im Boden zwischen 80 und 40 %; aber die mit 20 % Wassergehalt erzogenen gaben nur die Hälfte, die mit 10 % erzogenen nur ein Achtel der Normalernte der ersteren. Und so sieht man denn auch die sehr regenreichen Striche in einem sonst ein - heitlich angelegten Florengebiete nicht so sonderlich verschieden in ihrer Vegetation von den minder regen - reichen, während die regenarmen Klimate sich von den „ minder regenreich “genannten sogleich auffällig durch sogenannte „ xerophile “Vegetationsformen unterscheiden.
Periodizität in der Einwirkung der geographi - schen Agentien. Die eben in ihrer Wirkungsweise genann - ten und für die geographische Verteilung der Pflanzen im grossen wirksamen Agentien zeichnen sich nun vor den fol - genden, topographisch wirksamen Agentien aus durch ein alljährliches Schwanken ihrer Einwirkung, durch ein im Verlaufe eines Jahres sich regelmässig unter Ansteigen und Fallen abwickelndes Bild von begünstigender und ver - zögernder oder hemmender Wirkung. Im Gegensatz dazu bleibt z. B. die Wirkungsweise des Bodens, die Be - ziehungen einer Pflanze zu ihrer Umgebung, sich durch - aus gleich, oder wenn auch sie periodisch verschieden ausfällt, verdankt sie ihre Periodizität gleichfalls den jährlich wechselnden klimatischen Agentien.
Dieser periodische Wechsel im Cyklus eines Jahres, dem sich die gesamte organische Welt nicht zu entziehen vermag und der nach dem Lauf der Gestirne selbst das Menschenleben bis in seine kleinsten Einzelheiten mit sich reisst, hat nun in dem Gewächsreiche den in seiner Regel - mässigkeit wundervollen Wechsel der Vegetationserschei - nungen zur Folge, dessen Eigentümlichkeiten den ersten und sichersten pflanzengeographischen Charakter jeder natürlichen klimatischen Zone bilden. Nicht nur dass mit dem Wechsel von Tag und Nacht kleine Perioden im Leben jeder vegetierenden Pflanze verknüpft sind, viel durch - greifender sind die Verschiedenheiten der grossen Periode im Jahresverlauf, und es scheint wohl so, als wenn keine Gewächsgruppe der Erde ohne Jahresperiode existierte. 33Vegetations - und Ruheperioden.Man könnte eine solche überhaupt nur in der heissen Zone suchen, wo Licht, Wärme und Feuchtigkeit bei günstiger Zusammenwirkung das ganze Jahr hindurch genügend vorhanden sein können; trotzdem aber gibt es auch hier ein rhythmisches Ansteigen oder Abfallen dieser zwei Fak - toren ein - oder zweimal im Jahre, und so sehr scheinen die Gewächse das Bedürfnis nach Unterscheidung von Wachstums - und Ruheperioden zu haben, dass sie sich günstigere Zeiten im Jahr zu den ersteren auswählen, um in den ungünstigeren zu ruhen, wenn auch die dort „ ungünstigeren “Perioden für ausserhalb der Tropen lie - gende Klimate vielfältig eine nie gesehene Gunst der Verhältnisse bieten würden.
Welches der drei genannten geographisch wirksamen Agentien in der Hervorbringung der periodischen Er - scheinungen des Pflanzenlebens die grösste Rolle spielt, ist kaum möglich zu sagen; bald wird es die wechselnde Intensität des Lichtes, bald die zu - und abnehmende Temperatur, bald die auf bestimmte Jahreszeiten ent - fallende grössere Niederschlagsmenge, welche mit trocke - nen Perioden wechselt, sein, der das grösste Gewicht für ein gegebenes Land zufällt; immer aber liegt der Ur - grund der Periodizität im Jahresumlauf der Erde um die Sonne auf schiefgeneigter Bahn, und am häufigsten werden alle in dieser einen Hauptursache begründeten Einzelerscheinungen sich zum Hervorrufen der perio - dischen Erscheinungen des Pflanzenlebens vereinigen.
So teilt sich jährlich das Pflanzenleben nach der äusserlichen (klimatisch begründeten) Gunst oder Ungunst der Verhältnisse in eine Vegetationsperiode und eine damit abwechselnde Ruheperiode, und jedes Land ist nicht nur scharf charakterisiert durch ein bestimmtes mittleres Maß, in Tageszahlen ausgedrückt, während welcher die Hauptmasse seiner Gewächse in Vegetationsthätigkeit sich befindet, sondern auch durch ein bestimmtes mittleres Datum, an welchem seine hervorragenden Vegetations - formen in die Vegetation eintreten und dieselbe be - schliessen. Theoretisch betrachtet kann es Länder geben, in welchen jährlich zwei Vegetationsperioden mit denenDrude, Pflanzengeographie. 334Länge der Vegetationsperiode.der Ruhe abwechseln, z. B. Länder mit im Winter durch Frost bedingter Winterschlafzeit und gleichzeitig mit im Sommer durch Dürre bedingtem Trockenheitsschlaf; mehr oder weniger findet es sich so auch in den Subtropen nahe den Grenzen der Frostwirkungen, doch nicht in einer sich auf alle Gewächse gleichmässig erstreckenden Wirkung.
Die Länge der Vegetationsperiode in Tageszahlen als Maß auszudrücken, ist selbstverständlich und schon lange gebräuchlich. Den Beginn und Schluss der Vegetationsperiode findet man überall nur durch Datumangaben bezeichnet, wodurch ja freilich die all - gemeinst-verständliche Angabe gemacht ist, soweit die Kalender - rechnung die gleiche ist. Da das nicht überall der Fall ist und da ein Vergleich von weit entlegenen Gegenden, z. B. Deutschland und Südaustralien, dadurch in Bezug auf die Einwirkung der regu - lierenden Faktoren erschwert ist, mag man an Einführung einer absoluten Zählung hier und für die alsbald zu besprechenden phäno - logischen Erscheinungen denken, welche als Nullpunkte die Sonnen - wenden in den nördlichen und südlichen Gebieten wählt, in denen von da an durch Rückkehr des Lichtes und der Wärme das bald rascher bald langsamer vor sich gehende Erwachen der Vegetation vorbereitet wird. Für die nördlichen Länder fällt also der Null - punkt auf den 21. Dezember, und die mittlere Belaubung der Wälder einer Gegend auf den 15. April würde demnach durch den 115. Tag zu bezeichnen sein.
An allen Orten sind die heimischen Gewächse an die mit dem Klima des Ortes notwendig verbundene Vege - tationsperiode gewöhnt, befinden sich im normalen Cyklus ihrer eigenen Lebenserscheinungen. Sie sind aber nicht so streng an die spezielle Periodizität dort gebunden, dass sie nicht leicht geringere Abweichungen davon ertrügen und zuweilen sogar sehr starke. Das Gewöhnen an eine mehr und mehr abweichende Jahresperiode, allmählich oder plötzlich, dem die Gewächse bald leichter, bald schwerer folgen, nennt man deren Acclimatisation, und von dem Grade der Acclimatisationsfähigkeit hängt in erster Linie, gute Wanderungsfähigkeiten vorausgesetzt, die Ausbreitung einer Pflanzenart auf ein grösseres Areal ab (siehe Abschnitt III).
Man hat darüber gestritten, ob die eigene Vege - tationsperiode der Gewächse ausschliesslich auf äussere Bedingungen zurückzuführen oder ob sie eine erbliche35Acclimatisation.Erscheinung sei. Beides ist richtig; es ist unmöglich, ihr Zustandekommen anders aufzufassen, als durch die gemeinsame Einwirkung der klimatischen Agentien her - vorgerufen, als physiologische Anpassung an die gege - benen Verhältnisse; aber gleichzeitig ist diese Biologie - Aeusserung auch mit dem bestimmten Organismus durch die durch Tausende von Generationen hindurch gleich - mässig erhalten gebliebene Rhythmik so innig verwachsen, dass sie sich von demselben nicht ohne weiteres trennen lässt, ebensowenig wie die morphologischen Spezies - Charaktere, und bei grosser Schmiegsamkeit über gewisse Grenzen der Periodenverschiebung nicht hinausgeht.
Wie weit sich die Acclimatisation treiben lässt, zeigen die Kulturen in den botanischen Gärten, die auch bei uns für die Tropenpflanzen ein künstliches Klima durch Gewächshauseinrich - tungen erzeugen, um wenigstens Wärme und Feuchtigkeit der Heimat einigermassen entsprechend verteilen zu können. Für das Sonnenlicht allerdings gibt es zur Zeit des nordischen Winters keinen Ersatz, und die schlimme Wirkung davon, dass eine Art von Schlafzustand durch die trüben Wintertage bei Tropenbewohnern erregt wird, die damit nie zu rechnen haben, ist augenscheinlich. Dennoch blühen immerhin nicht wenige derselben bei uns. — Viele nordische Laubbäume hat man nach Madeira verpflanzen können, wo sie aber dennoch der durch Laubabfall sich kenn - zeichnenden Winterruhe, trotz des günstigsten Klimas, unterliegen. Nach Heer (Verhandl. d. Schweiz. naturf. Gesellschaft 1851, S. 54) bleibt die Buche auf dieser durch die Gleichförmigkeit ihrer Tem - peratur während des ganzen Jahres ausgezeichneten Insel 149 Tage blattlos, die Eiche 110 Tage, der amerikanische Tulpenbaum (Liriodendron) 87 Tage; der Weinstock ruht blattlos 157 Tage, und dieses alles bei einer Temperatur, welche der des Sommers in Mitteleuropa sehr ähnlich ist, und bei einer Beleuchtung, welche nicht entfernt an den nordischen Spätherbst erinnert. Aber in Cu - mana trägt, wie schon Humboldt berichtete, die dort stets belaubte Rebe Europas fortwährend Blüten und Früchte. — Die amerikani - schen Cactus (Opuntia) sind in Südeuropa ohne irgendwelche be - merkbare Schädigung bei annähernd gleicher Vegetationsperiode wie wild geworden; aber die Agave americana, welche in ihrer amerikanischen Heimat in der Zeit von meist nur 5 Jahren ihr Leben mit der Blüte und Fruchtreife beenden soll, wird schon auf den Kanaren doppelt so alt und erreicht in unseren Gärten ein „ hundertjähriges “Alter bis zu demselben Entwickelungszustande.
Am stärksten erblich und also umgekehrt am langsamsten veränderlich scheinen bei der Mehrzahl der Gewächse die unteren spezifischen Nullpunkte ihrer Vegetationsprozesse zu sein; daher36Phänologische Erscheinungen.können wir leicht hochnordische und hochalpine Pflanzen in Kalt - häusern überwintern, wo sie bei viel höheren Temperaturen (+ 3°, ohne Frost) als in ihrer Heimat im Winter ruhen; aber tropische Gewächse, in Winterszeit in Kalthäusern gehalten, sterben wegen der unter ihre Vegetationsnullpunkte erniedrigten Temperatur ab.
Auch in den Erscheinungen des täglichen Blattschlafes zeigt sich bei der einzelnen Pflanze ein zähes Festhalten bis zu gewissen Punkten, wofür Experimente mit tropischen Bohnen in höheren Breiten sprechen (siehe Griseb. Ber. für 1850, S. 61).
Phänologie. Die Wichtigkeit der Länge und Zeit - lage der Vegetationsperiode eines Landes für die dar - stellende Geographie hat seit lange zu strengeren sta - tistischen Feststellungen darüber geführt, welche besonders für die Länder der nördlich gemässigten Zone von Wich - tigkeit sind, wo der Einzug des Frühlings mit Sehnsucht erwartet wird und wo eine Verfrühung oder Verspätung desselben gleichbedeutend ist mit höherer oder geringerer Anbaufähigkeit fremder, längere Wachstumzeit erfor - dernder Gewächse. Nun sollen zwar streng genommen für die Beurteilung der Vegetationsperiode eines einzelnen Gewächses dessen beginnende Wachstumserscheinungen in Bildung neuer Blätter etc. und der Schluss dieser Thätigkeit, der Beginn und das Ende der erst dann in voller Intensität anhebenden Ernährungsthätigkeit, und endlich die Entwickelung und der Reifeprozess seiner Vermehrungsorgane (Blüte - und Fruchtbildung, Sporen - reifung) in Betracht gezogen werden; ausserdem setzt sich die Vegetationsperiode eines bestimmten Landes zu - sammen aus den verschiedenen Perioden seiner einzelnen Pflanzenbürger und beginnt z. B. in Deutschland mit dem Treiben des Schneeglöckchens und endet kaum mit dem Blätterfall des letzten Baumes. Doch hat man hier, um sich nicht in Einzelheiten zu verlieren, für jedes Land charakteristische Erscheinungen des Pflanzenlebens, welche einen deutlichen Markstein in seiner Physiognomie be - dingen, herausgegriffen zur Beobachtung und notiert deren Eintritt als „ phänologische Erscheinungen “, wählt als solche die aus dem Schnee hervorlugenden Blüten in Grönland, die Belaubung der Wälder in Deutschland, die ersten Blütenbildungen an den nach der trockenen Jahres -37Zusammenwirkende Ursachen.zeit vorschnell damit beginnenden Bäumen in Dekhan u. s. w. Während wir auf die charakteristischen Einzel - erscheinungen selbst unter den einzelnen Ländern (s. Ab - teilung 6) einzugehen haben werden, ist hier die theo - retische Betrachtung der Grundlagen der Phänologie, des Zusammenhanges dieser Beobachtungen mit dem Klima, am rechten Ort, um so mehr, als die Klimato - logie selbst daran reges Interesse nimmt (siehe Hann, Klimatologie S. 52 — 54).
Es hat von jeher nicht an Versuchen gefehlt, die Beziehungen zwischen phänologischen Erscheinungen und Klima auf Gesetzmässigkeiten in letzterem zurückzuführen, welche ja in irgend einer Form versteckt liegen müssen. Thatsache ist, dass man zu bestimmten Zeiten in jedem Lande auf eine bestimmte Physiognomie der Vegetations - decke rechnen kann, und zu denselben Zeiten ebenso auf ein bestimmtes Klima. Nun kennt man die Beziehungen der Vegetation zur Temperatur im allgemeinen seit lange, und da lag es nahe, einen parallelen Gang beider für möglich zu halten. Zuvor sei aber von neuem hervor - gehoben, dass Licht, Wärme und Feuchtigkeit zu - sammen das Pflanzenleben in seiner Vegetationsperiode bestimmen, dass wir aber kaum im stande sind, die Kraft dieser Faktoren einzeln gegenseitig abzuwägen. Wir nehmen an, dass die Temperaturerhöhung im Frühjahr unsere Bäume zum Austreiben bringt, und physiologisch scheint gegen diese Annahme nichts vorzuliegen; aber das hat man schon längst in Erfahrung gebracht, dass es nicht die Temperaturen allein bewirken, sondern eine inhärente Rhythmik der Bäume, welche sich mit dem durch - schnittlichen Klima in Ausgleich gesetzt hat. Ist aber erst einmal der erste Schritt gethan, sind die ersten Blatt - knospen entfaltet, so sind mindestens von dem Augen - blick an gleichzeitig die innigsten Beziehungen zwischen Baumleben und Lichtwirkung, Feuchtigkeit, neben den früheren der Wärme vorhanden. Schon Alphons de Can - dolle spricht in dieser Hinsicht die Meinung aus (Géogr. bot. S. 45), dass der Anfangspunkt der wiederbeginnen - den Vegetation (in unserem Klima) gleichsam der Null -38Beurteilung der Wärmewirkungpunkt eines auf die spezifischen Eigenschaften der Pflanze begründeten Thermometers sei, dass aber von da an das organische Leben einer unter dem Einflusse von Wärme und Licht weitergehenden Maschine gleiche, welche nichts von dem aufhebt, was sie schon geleistet. Das Quecksilber im Thermometer steigt und sinkt, aber die Pflanze schreitet niemals wieder zurück; sie kann bei später eintretenden Frösten einen intermittierenden Still - stand zeigen, aber sie fährt bei rückkehrender Wärme da fort, wo der Frost sie traf.
Und wenn diese Verhältnisse bei uns herrschen, noch deutlicher im hohen Norden, so darf man sie nicht im geringsten übertragen auf die wärmeren Klimate; alle an - gestellten Beobachtungen zeigen, dass in den trockenen Tropen der Beginn der Vegetationsperiode von dem Ein - tritt der Regenzeit abhängt, ja dass sich einige regel - mässige Vegetationserscheinungen schon vor deren Ein - tritt mit einer Lebhaftigkeit zeigen, welche beweist, dass die Rhythmik schon an sich in diesen Fällen eine Cha - raktereigenschaft geworden ist, dass sie nicht erst durch den Eintritt von Regenfällen, durch zunehmende Bewöl - kung, ausgelöst zu werden nötig hat. Die die Periode bestimmenden Faktoren sind daher geographisch ver - schieden, wirken aber niemals isoliert. Diese Anschauung mit einer gewissen Freiheit aufgefasst scheint die ganze theoretische Phänologie beherrschen zu müssen, wenn sie sich mit den meteorologischen Daten und unseren physio - logischen Kenntnissen in Einklang setzen will.
Ueber die Beziehungen des Steigens und Sinkens der Temperatur zum Beginn und Schluss der Vegetations - periode in den nördlich-kalten und gemässigten Ländern sind allein genügende, oft sogar umständliche Beobach - tungen angestellt und haben vielseitige Beachtung ge - funden. Alphons de Candolle lieferte (Géogr. bot. Livre Ier) eine vielseitige Erörterung darüber, klassisch für die da - malige Zeit; eine die historische Entwickelung klar zu - sammenfassende Arbeit ist die von Hult (G. J. Bd. IX, S. 162), dessen eigene Ableitungen ein grosses Interesse beanspruchen.
39in der Phänologie.Die Pflanzengeographie leidet in dieser Beziehung darunter, auf die meteorologischen Tabellen hingewiesen zu sein, während sie solche im innigsten Zusammenhange mit den Beobachtungspflanzen angestellt benutzen sollte; die phänologischen Beobachtungen erstrecken sich auf an verschiedenen Orten zerstreute Pflanzen, die meteoro - logischen sind dagegen meist nur an einer Stelle gemacht und gelten meist nur für Schatten. Die Variationen zwischen Mittags-Sonnentemperatur und Nachtkühle ge - langen in keinem Berechnungsmittel zum Ausdrucke. Auch die Höhe des Thermometers über dem Boden be - einflusst die abgelesenen Temperaturen so sehr, dass man die Blüte des Schneeglöckchens und der Kornelkirsche durchaus nicht nach einem Instrument beurteilen darf, wenn es sich bezüglich der dabei wirksamen Tempera - turen um absolute Zahlen handeln soll. Auch ist es klar, dass die Temperaturen des Erdbodens selbst in bestimmter Tiefe das Hervortreiben der Frühlings-Zwiebelpflanzen u. a. aus der Erde beeinflussen, während deren Blüte durch die Lufttemperaturen dicht über der Erde beeinflusst wird. Für die Sonnenpflanzen, welche meistens zur Be - obachtung gewählt werden, sind Insolationsthermometer unerlässlich und sind deshalb auch schon seit lange in Giessen in Gebrauch, aber nur selten an anderen Orten. Diese Bemerkungen enthalten so viel Einwände gegen die Beobachtungsmethoden und teilweise unlösbare Schwie - rigkeiten, dass, selbst wenn vom Standpunkt der Theorie aus ein fester Zusammenhang konkreter Art zwischen Temperatur und Vegetationsphasen zugegeben werden müsste, man sich nicht wundern dürfte, wenn derselbe noch nicht in irgend einer Form gefunden wäre. Nun ist aber nicht einmal vom theoretischen Standpunkte aus ein konkretes Verhältnis zwischen Temperatur (in irgend welcher Form der meteorologischen Beobachtungen) und Vegetationsphasen der Zeit nach zu fordern.
Denn nicht eine einzelne Temperatur bewirkt für sich den Eintritt eines Gewächses in eine bestimmte Phase, sondern die Phase ist angewiesen gewesen zugleich auf die Temperaturen der ihrem Eintritt vorhergehenden Tage. 40Temperatursummen.Man ist daher schon seit lange darauf verfallen, Tempe - ratursummen zu bilden, z. B. für unser Klima Summen von Temperaturen vom 1. Januar an bis zu dem Tage, wo die bestimmte Phase eintrat, um diese Temperatur - summe als den von der Pflanze in Hinsicht auf die be - stimmte Entwickelungsphase geforderten Wärmebedarf anzunehmen. Hier treten nun vielerlei neue Schwierig - keiten auf: Von welchem Tage an soll man die Tempe - raturen summieren? Soll man die täglichen Durchschnitte oder die Maxima, im Schatten oder in der Sonne ge - messen, summieren? Soll die Summe aus allen beobach - teten Temperaturen gebildet werden? Alle diese Fragen haben verschiedenartige Behandlungen erfahren.
So liess A. de Candolle, von der richtigen Voraus - setzung ausgehend, dass für unsere Landpflanzen die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt des Wassers die Ve - getation nicht vorwärts bringen, dass sie aber auch nicht (als negativ) von der übrigen Temperatursumme in Ab - zug zu bringen sind, die ersteren fort und bildete Summen nur aus den über Null gemessenen Wärmegraden der meteorologischen Stationen; zugleich aber auch in Er - wägung dessen, dass längst nicht sogleich über Null die meisten Vegetationsprozesse ausgelöst werden, sondern dass die oben erwähnten „ spezifischen Nullpunkte “viel - fach hoch über Null selbst für unsere Breiten liegen, berechnete er andere, gewissermaßen zur Auswahl gestellte Summen über den Schwelltemperaturen von 1°, 2°, 3° bis zu 20° Wärme. Es zeigen sich auf diese Weise die so gewonnenen meteorologischen Tafeln in einem neuen, von der Klimatologie sonst nicht gekannten Lichte, welches wir in dem neuen Prinzipe, Temperaturkarten ganzer Länder nach der Andauer gewisser Temperaturen zu entwerfen, wiederfinden.
Die Idee von den spezifischen Schwelltemperaturen, schon von Martins in klaren Grundzügen befürwortet, ist von Oettingen (siehe G. J., Bd. VIII, S. 231) aufgegriffen und zur Grundlage einer ganz neuen Berechnungsweise gemacht. Da dieser Schriftsteller aber überhaupt auf dem Standpunkte steht, dass die spezifischen Nullpunkte,41Schwelltemperaturen.oberhalb welcher die Temperaturen erst mit verschie - dener Kraft zu wirken beginnen, nicht durch ein physio - logisches Experiment gefunden, sondern durch Berech - nungen selbst abgeleitet werden sollen, so leidet seine ganze Methode an Unklarheit, da wir ja mit ihr in ein Raten und Probieren verfallen, wo wir messen und be - obachten sollten.
Hoffmann dagegen (G. J., Bd. VII, S. 180; XIII, S. 309) summiert vom 1. Januar an bis zum Eintritt der betreffenden Phase die an einem Insolationsthermometer ab - gelesenen höchsten Tagestemperaturen mit Hinweglassung der etwa unter Null liegenden und findet bei wiederholten Nachrechnungen, dass sich dabei für einen und denselben Ort (Giessen) gute Resultate ergeben, während seine Be - rechnungen nach Oettingens Methode nicht überein - stimmende Werte ergaben, ein Urteil, welches auch noch durch Staub an ungarischen phänologischen Be - obachtungen bestätigt wurde (Englers botan. Jahrbücher, Band III, Seite 431). Aber Schaffer, welcher nach schweizerischen Beobachtungen Summenwerte auf dem von Hoffmann vorgeschriebenen Wege berechnete, fand auch diesen letzteren zu keinem Resultate führend, da die Temperatursummen, welche annähernd gleich sein sollten, je nach dem früheren oder späteren Eintritt der Vegetationsphasen erhebliche Schwankungen zeigten, z. B. für die Blütenentfaltung des Berg-Ahorns zwischen 863 und 1801 Graden C. bei 13 Tagen gegen das Mittel ver - frühter oder bei 10 Tagen verspäteter Blütezeit (siehe G. J., Bd. VIII, S. 230).
Nirgends aber wird in einer Methode die Schwie - rigkeit überwunden, einen natürlichen Anfangspunkt der Zählungen zu finden. Während dieser Anfangspunkt bei einjährigen Pflanzen (Getreidesorten) sich von selbst er - gibt, entweder der Tag der Saat eines gleichmässig vor - bereiteten Samens oder der Tag des ersten Keimstadiums für die Temperatursummen der Weiterentwickelung ist, liegen bei den perennierenden Kräutern (Stauden) und allen Holzgewächsen ganz andere Verhältnisse vor, welche man nur im allgemeinen physiologisch versteht und nach42Vorbereitende Wirkungeiner eingehenden Untersuchung von Askenasy (Botan. Zeitg. 1877, vergl. G. J., Bd. VII, S. 179) noch besser beurteilen kann.
Dieser Autor stellte an der Vogelkirsche (Prunus arium) eine Studie darüber an, ob die winterliche Ruhe der Bäume scheinbar oder wahr sei, da bis dahin nur eine Untersuchung Geleznoffs darüber vorlag mit dem Resultate, dass der Stillstand in der Knospenentwickelung nur ein scheinbarer wäre und dass bei Tem - peraturen unter Null (die Untersuchung hatte in Moskau mit da - maligem Januarmittel von — 14,5° stattgefunden) die Insolations - wirkung den Knospen die zur Weiterentwickelung nötige Wärme gewähre. Askenasy machte eigene Beobachtungen in Heidelberg und zwar während der ganzen Vegetationsperiode. Je 100 oder 200 Knospen wurden gewogen, ihre Trockensubstanz ermittelt und gemessen. In 3 Beobachtungsjahren ergab sich gleichmässig: „ Die Entwickelung der Blütenknospen der Kirsche zerfällt in zwei Perio - den, welche durch eine Periode der Ruhe oder sehr geringen Wachs - tums getrennt sind. Die erste (Sommerperiode) zeigt eine gleich - mässige aber langsame Zunahme; in der zweiten (Frühjahrsperiode des folgenden Jahres) ist der Massenzuwachs anfangs langsam, nimmt aber dann stetig zu und erfolgt zuletzt rapide. “ Die Ruhe - periode ihrerseits schwankte zwischen 2 — 3 Monaten, nämlich von Anfang November bis gegen Mitte Februar, und es standen die geringen Schwankungen in keinem Verhältnis zu der grossen Tem - peraturverschiedenheit in jenen drei Wintern; doch fand in einem sehr milden Winter nach völliger Ruhe im November schon ein äusserst geringes Wachstum während der beiden folgenden Monate statt, welche sonst ebenfalls unbedingte Ruhe zeigen. In den letzten zwei Wochen vor dem Aufblühen steigerte sich die Zunahme stetig, obgleich damals mehrfach Rückschläge in der Temperatur vor - kamen; die klimatisch begünstigten Jahre zeigten hier selbstver - ständlich im Knospenwachstum raschere Fortschritte.
Gleichzeitig wurden Versuche mit abgeschnittenen Kirsch - zweigen gemacht, welche bei 15 — 20°C. im Treibhause ausschlagen konnten: bei diesen war der Einfluss der Wärme um so günstiger, je mehr das Datum des Abschneidens im Freien sich der normalen Blütezeit der Kirsche näherte. Im Herbst wirkte das Treibhaus schädlich; zu Ende Oktober abgeschnittene Zweige blieben unver - ändert und gingen nach längerem Aufenthalte im Hause zu Grunde. Im folgenden sind die Tageszahlen mitgeteilt, nach welchen das verfrühte Aufblühen im Treibhause je nach dem Termin des Ab - schneidens erfolgte:
Dabei war aber der äussere und der sich im Gewichte zeigende Zustand der Knospen im Freien vom Dezember bis Anfang März ungeändert geblieben, und Askenasy macht daraus den Rückschluss, dass die Blütenknospen auch in ihrer Ruheperiode eine innere (wahrscheinlich chemische) Aenderung erleiden, die sich nicht in Gewichts - oder Grössenzunahme sogleich zu erkennen gibt. Auf diese Weise wirkt dann also die Zeitdauer der Winterruhe auch bei Temperaturen unter Null und erst recht nahe unterhalb der eigentlichen Schwelle dennoch als ein positiv förderndes Mittel.
Es ist dieses eine Beispiel ausführlicher mitgeteilt, nicht nur um den in den phänologischen Beobachtungen fast stets gesuchten Zusammenhang zwischen Temperatur und Vegetationsphase auf ein begründetes Maß zu be - schränken, sondern auch um einmal wenigstens zu zeigen, wie das physiologische Experiment auf diesem Gebiete der Pflanzengeographie eine Grundlage zu schaffen be - stimmt ist, während alle auf Rechnung allein begründeten Anschauungen den Keim der Schwäche in sich tragen. Denn nach diesen Versuchen lässt sich sogleich eine sach - liche Erörterung über den Anfangstermin der Temperatur - beobachtungen zu phänologischen Zwecken machen; man kann sagen, dass dieselben vom Beginn der Ruheperiode an zu summieren seien, oder vom Beginn der Treibfähig - keit an; jedenfalls scheint der 1. Januar schon etwas zu spät, und um doch einen natürlichen mittleren Anfangs - punkt zu wählen, sollte man die Temperaturen von der Wintersonnenwende an für nordische Frühjahrsphasen summieren, vielleicht schon vom 1. Dezember an.
Wichtiger ist noch das weitere Resultat, was auch mit tausendfältigen anderen Beobachtungen übereinstimmt, dass die Zeitdauer der Ruheperiode an sich mitwirkt bei der Beschleunigung, welche Temperaturerhöhungen für den Eintritt einer Phase ausüben können. Es zählen daher die Tage mit Temperaturen unter Null, welche bei der Summenbildung fortgelassen werden, doch auch in etwas mit, insofern als es Ruhetage an sich sind und eine bestimmte Zahl von Ruhetagen verstrichen sein muss, bevor auch unter den günstigsten Tempera - turen eine normale Phasenentwickelung eintreten kann. Umgekehrt drängt sich die Phase von selbst auch bei44Anschluss an die Klimaperiode.ungünstigeren Temperaturen durch, wenn die normale Ruhezeit weit überschritten ist. Es stellt sich also immer wieder heraus, dass die periodischen Erscheinungen der direkte Ausfluss einer inneren Rhythmik sind, welche sich selbst aber wie jede andere biologische Eigenschaft mit den äusseren Bedingungen in einen deren mittlerem Zustande entsprechenden Ausgleich gestellt hat.
In diesem Sinne nun haben alle angestellten Be - rechnungen, auf Vergleiche von Minimal - und Maximal -, Schatten - und Sonnentemperaturen gestützt, wieder neuen Reiz und Wert, den man ihnen absprechen muss, wenn sie sich das Ziel setzen, das Pflanzenleben in der hier vorliegenden Beziehung auf einfache Wärmewirkungen zurückzuführen. Nicht darum kann es sich handeln, son - dern um die Erforschung der mittleren klimatischen Be - dingungen, auf welche das periodische Pflanzenleben im Anschluss an die Klimaperiode jedes Landes und Stand - ortes rechnet, auf welche es rechnen kann, weil die jähr - lichen Schwankungen des Klimas ein bestimmtes Maß nicht überschreiten, und weil die Lebensäusserungen der heimischen Gewächse seit Jahrtausenden an das mittlere Klima mit Einschluss seiner Schwankungen gewöhnt sich mit diesem in ein Gleichgewicht gestellt haben, welches als eine biologische Eigenschaft vererbbar nicht ohne weiteres aufgegeben wird, sondern erst allmählichen Um - formungen durch die Möglichkeit anderer Acclimatisation unterliegt. Nur in diesem Sinne war es gerechtfertigt, den vorstehenden Untersuchungen und Versuchen so viel Raum zu gewähren.
Denn es verleiht einen hohen Reiz, mit solchen Untersuchungen sich eine Idee von dem Spielraum zu verschaffen, den das Klima der Lebensthätigkeit einer bestimmten Pflanze gewährt, der ihr das Gedeihen in weiten Länderräumen oft gestattet, ihr aber an bestimmten Punkten angelangt zugleich ein zwingendes Halt entgegen - setzt. Der Vergleich der Lebensthätigkeit einer solchen an entlegenen Punkten mit verschiedenem Klima wachsen - den Pflanze (z. B. zwischen Brüssel und Petersburg) ist eine unzweifelhaft richtige biologisch-geographische Auf -45Linssers phänologische Regeln.gabe, und da wir an jedem Orte nicht nur verschiedene Tage für dieselben Vegetationsphasen beobachten, sondern auch finden, dass sowohl die einleitenden als ausführen - den Temperaturen sich an beiden Orten ungleich ver - halten, so versteht es sich von selbst, dass die Natur - forschung sich nicht mit der einfachen Nachweisung einer bestehenden Verschiedenheit begnügen darf, sondern die - selbe in die dabei zu beobachtenden einzelnen Momente auflöst und gewisse Regeln abzuleiten sucht, welche innerhalb der Beobachtungsschwierigkeiten mit der theo - retischen Anschauung sich decken.
Auf diesem Gebiete stehen noch immer unübertroffen zwei Abhandlungen von Linsser (Die periodischen Er - scheinungen des Pflanzenlebens, Mémoires de l’ Académie d. sc. St. Pétersb., VII. Ser., XI. Bd., Nr. 7; XIII. Bd., Nr. 8, 1867 u. 1869) da, welche theoretische, nur für die nördlich-gemässigten Klimate gültige Regeln gestützt auf eine schwerwiegende Zahl phänologischer Beobach - tungen abzuleiten suchen; kein Experiment ist dabei über den Einfluss dieses oder jenes Agens gemacht, wir haben es also nur mit phänologisch-klimatologischen (thermo - metrischen) Vergleichungen zu thun. Diese Korrelationen drückt Linsser folgendermassen aus: „ Die an zwei ver - schiedenen Orten den gleichen Vegetationsphasen zuge - hörigen Summen von Temperaturen über 0° sind den Summen aller positiven Temperaturen beider Orte pro - portional. “
Beispiel von Brüssel und St. Petersburg. Es wer - den 6 Gruppen von Gewächsen gebildet, deren erste die frühesten Frühlingsblüten (Anemone, Haselstrauch) und alle folgenden die immer später blühenden Pflanzen enthält, die sechste z. B. die Winterlinde und Thymian. Die Blüten - und Belaubungszeiten dieser Gruppen sind zu einem gemeinsamen Mittelwert verrechnet, um statt vieler Einzelzahlen wenige sichere zu haben. Gleichzeitig sind für die Stationen Temperatursummen aus allen positiven Tem - peraturen gebildet, für Brüssel z. B. vom tiefsten Punkte der Tem - peraturkurve am 16. Januar an, für Petersburg von dem Eintritt der Temperatur in den Nullpunkt am 8. April an. Der mittlere Tag der Gruppe (Blütezeit) ist für Brüssel als Datum ausgedrückt, für Petersburg in der durch + n-Tage angegebenen Verspätung. 46Verhältnis von Vegetationsphasen
Die ganzen Summen aller Temperaturen über Null betragen nun für Brüssel: 3687°C., für Petersburg 2253°C.
Dividiert man mit diesen Summen die den einzelnen Gruppen (1 — 6) entsprechenden angeführten Einzelsummen, so erhält man folgende Zahlen, welche die den gleichen Vegetationsphasen ent - sprechenden Bruchteile der ganzen vorhandenen Summe der posi - tiven Temperaturen (der totalen Wärmesumme) bedeuten:
In ähnlichen, sehr gleichmässig ausschauenden Ziffern be - wegen sich die Bruchteile der aus den Wärmesummen der übrigen 13 dazu benutzten Stationen abgeleiteten Werte, so dass Linsser das obengenannte Gesetz auch noch mit anderen Worten so aus - zudrücken berechtigt ist: „ Ein jedes Pflanzenindividuum besitzt die Fähigkeit, seinen Lebenslauf so zu durchlaufen, wie es die Wärme - summe seines Heimatortes erfordert und wie es seine voraus - gegangenen Generationen gewohnt geworden sind, indem Individuen gleicher Art an verschiedenen Orten zu gleichen Entwickelungs - stadien gleiche Portionen der ihnen gewohnten Wärmesummen ver - wenden. Gegen den Verlauf der Temperaturkurve unterhalb des Nullpunktes verhält sich die Pflanzenwelt (soweit es sich nur um Lebensäusserungen handelt) indifferent. “
Der Raum verbietet, auf die weiteren sich daran anschliessenden Auseinandersetzungen, sowie auf Bemer - kungen, welche man vom physiologischen Standpunkte aus dazu machen kann, einzugehen; hinsichtlich der letzteren ist nur noch einmal wie bei Hult (Phénomènes périodi - ques, S. 38) an das Gesetz der spezifischen Nullpunkte für den Eintritt jeder Funktion, also auch für das Zustande - kommen jeder Phase zu erinnern, welche nach Pflanzen und nach Heimatorten weit verbreiteter Pflanzen ver - schieden sind; eine genauere Darstellung an dem Beispiel der weit verbreiteten Birke wird hierfür im Abschnitt 5 mit Hinweis auf die zugehörigen Temperaturkurven47zu den Temperatursummen.folgen. So ergibt auch ein Vergleich der Insolations - maxima für die Blütezeit der Bäume in Hessen und in der Schweiz, dass die letzteren höhere Werte haben als die ersteren. Acclimatisationen sind also nach solchen Grundlagen zu beurteilen, wobei dann aber noch für die Ernährungsthätigkeit, Fruchtreife und andere die ganze Vegetationsperiode beanspruchende organische Kraftäusse - rungen die Lichtmenge und die Niederschlagsverteilung mit vollem Gewichte eintreten. Bezüglich der Abhängig - keit von den Niederschlägen in regenreichen und regen - armen Klimaten bietet die zweite Abhandlung Linssers ebenfalls eine für weitergehende Untersuchungen nützliche Grundlage, — Endlich mag noch daran erinnert werden, dass der Gedanke, den Phaseneintritt bei verschiedenen Pflanzen derselben Flora als einfache Funktion der Tem - peratursummen, welche sie dazu nötig haben, anzusehen, schon dadurch allein widerlegt wird, dass nicht in jedem Jahre eine gleiche Reihenfolge in dem Aufblühen der verschiedenen Arten hintereinander stattfindet, auch wenn die Beobachtungen an denselben Individuen angestellt werden; man bezeichnet dies als „ phänologische Inversion “(vergl. G. J., Bd. X. S. 150).
Von theoretischem wie praktischem Interesse sind die mit Getreidearten angestellten vergleichenden Kultur - versuche, da die Cerealien in alle einzelnen Länder, die zum Vergleich dienten (westliches, mittleres und nörd - liches Europa) erst eingeführt worden sind und von ur - sprünglich — wie anzunehmen ist — vorhandener bio - logischer Einförmigkeit in jeder Art sich so verschieden - artig an die Länder ihres Kulturareales angeschmiegt haben, dass klimatische Rassen von allerdings schwacher Beständigkeit sich daraus herausgebildet haben. Es hat sich dabei ein von Alphons de Candolle aufgestellte Ablei - tung bestätigt (Sur la méthode des sommes de température etc., in Bibl. univ. de Genève 1875, vergl. Griseb. Abh. S. 493), nach welcher unter annähernd gleichen Breiten die Temperatursummen für dieselbe Funktion in den westlichen Gegenden Europas wegen des Seeklimas höher sind, als in den östlichen. Es zeigte sich dabei ferner,48Phänologische Karten.dass, je weiter man von Osten nach Westen fortschreitet, aus demselben Grunde stets mehr Tage zur Vegetation erfordert werden (s. G. J., Bd. VII. S. 178).
Es handelte sich hier immer um die biologische Grundlage der Phänologie im Vergleich mit dem Klima, für die nordischen Gebiete besonders mit der Wärmekurve, um die Versuche, irgendwelche thermometrischen Funk - tionen mit den Entwickelungszeiten zu parallelisieren; es ist nur noch hinzuzufügen, dass die geographische Sta - tistik der phänologischen Erscheinungen, welche zunächst ganz unabhängig von der Klimatologie arbeitet, ein höchst wertvolles Charakteristikum der einzelnen Gebiete einer natürlichen Vegetationszone oder eines Abschnittes daraus bildet. Die Aufblühzeiten allgemein verbreiteter Pflanzen und die Belaubungszeiten der Bäume etc. kartographisch als Mittelwerte zahlreicher Beobachtungen darzustellen, wie es Hoffmann so schön für Europa ausgeführt hat, ist eine unabhängige, für die Geographie höchst wichtige Aufgabe, zumal mit Rücksicht auf menschliche Kultur.
2. Topographisch wirkende Agentien. Die vor - her besprochenen Agentien würden in ihrer zwingenden Gewalt auf das Pflanzenleben auch dann sich zeigen, wenn die Kontinente aus einer gleichmässig ebenen Bodenkrume von überall gleicher Beschaffenheit beständen; die periodi - sche Wirkung von Licht, Wärme und Niederschlägen würde sogar alsdann am reinsten hervortreten. Die Erd - oberfläche ist aber reich gegliedert und mannigfach zu - sammengesetzt; die verschiedenartigsten Gesteine bilden für die mineralische Ernährung ganz verschiedene Be - dingungen und besitzen zugleich der Insolation gegenüber höchst verschiedene Eigenschaften; durch den orographi - schen Aufbau werden nicht nur in Gebirgshebungen und Thalsenkungen Verschiebungen der sonst entlang den Breitenkreisen über die Erdoberfläche laufenden Klimate hervorgerufen, nicht nur klimatische Inseln in ganz fremd - artiger Umgebung geschaffen, sondern auch durch un - gleiche Verteilung des fliesenden Wassers eine der Erde sonst fremde Mannigfaltigkeit der Standorte erzeugt. End -49Orographischer Aufbau.lich sind fast alle Länder mit einer dichten oder dünnen Vegetationsdecke überzogen, welche ihrerseits mit neuen bedingenden Eigenschaften für solche Pflanzen auftritt, die sich zwischen ihr ansiedeln wollen, indem sie ihnen bald dichten Schatten, bald reiche Lichtfülle in den Baum - wipfeln zuweist und einen stetig wirkenden Kampf um den Standort hervorruft; ausserdem ist überall eine Tier - welt neben den Pflanzen angesiedelt, welche zu ihrer Be - fruchtung beiträgt, ihre Samen verbreitet, oder sich feind - lich ihnen gegenüberstellt: und so finden wir hier ausser den periodisch wirkenden Agentien noch eine Kette anderer Einflüsse auf die Biologie der Pflanzen, nicht direkt an die Umlaufszeit der Erde um die Sonne und an die geo - graphische Breite gebunden, auch nicht im grossen Maß - stabe, sondern nur im kleineren Rahmen wirksam (sofern wir von den durch die Gebirgserhebungen bedingten klimatischen Verschiebungen der Zonen ineinander ab - sehen wollen); und diese Faktoren sollen hier als Wir - kungen des orographischen Aufbaues und der durch die organischen Mitbewohner veranlassten allgemeinen Lebens - lage gekennzeichnet werden.
Orographischer Aufbau. Es ist dieser eigentlich erst das Mittel, um den Klimaten der Erde die vorhandene grosse Mannigfaltigkeit und ihre faktischen Grenzen zu verleihen; aber in dieser Beziehung sind die Gebirge und Ebenen der allgemeinen Jahresperiodizität unter - worfen und fallen in das Gebiet der vorstehend gemachten klimatologischen Untersuchungen, immer allerdings neue Beziehungen schaffend im Zusammenwirken von Licht, Wärme und Niederschlägen.
Der Lauf der Thäler, die Erhebung einzelner Piks, schafft sehr verschiedenartige Bedingungen für die Besiede - lung durch die Exposition gegen intensive Sonnenstrah - lung oder gegen rauhe Regenwinde; nicht nur die Höhen - grenzen ganzer Formationen wie einzelner Bestandesglieder werden dadurch namhaft verschoben, sondern es können gegenüberliegende Thalgehänge durch verschiedene Exposi - tion geradezu von verschiedenartigen Floren besiedelt sein.
Drude, Pflanzengeographie. 450Exposition.Ein gutes Beispiel liefern die Messungen Sendtners über den Einfluss der Exposition auf die Höhengrenze der Buche im bay - rischen Alpen - und Waldgebiet; die Zahlen sind, ausgedrückt in bayrischen Fussen, folgende:
Den Wechsel der Formationen entsprechend der Lage des Thalgehänges kann man allerorts da beobachten, wo verschiedene Regionen den Kampf um das Grenzgebiet führen. Als Beispiel führe ich das wilde Thal der Reuse im Schweizer Jura an. Auf dem rechten Ufer erhebt sich bis gegen 1500 m Höhe aus dem 700 m hohen Thal das steile Kalkmassiv des Creux-du-Van mit Exposition gegen NO, dicht von Laub - und Nadelholz bewaldet, am Gehänge mit zahlreichen Alpenpflanzen bis gegen die Thal - sohle hin besetzt: Bellidiastrum, Dentaria pinnata, Saxifraga ro - tundifolia, Gentiana lutea, Arabis alpina. Gegenüber türmt sich auf dem linken Ufer zwischen Noiraigue und Chambrelien von 850 — 1200 m ein wilder Höhenzug auf, dessen gegen S und SO gerichtete sonnige Gehänge mit lichtem Laubwald, Gebüschen und Felsformationen bedeckt sind; Dianthus silvestris, Melittis Melis - sophyllum, Teucrium-Arten, Rosa pimpinellifolia, Coronilla Emerus und montana sind hier die Charakterpflanzen, von den alpinen der anderen Seite keine Spur.
Warming schildert in seinen in Abschnitt 6 anzuführenden Arbeiten über Grönlands Flora die merkwürdige Wirkung, welche dort zuweilen die Sonnenlage im Verein mit dem Schmelzwasser ausübt. — Aus den tropischen Gebirgen wird bisher über keinen anderen Einfluss der Exposition, als den der Windseiten, berichtet.
Dann handelt es sich um die Wirkung des Sub - strates, der Bodensorten von verschiedener Zusammen - setzung, welche selbst noch für Wasserpflanzen nicht be - deutungslos sind, für Landpflanzen aber eine sehr wichtige Rolle spielen.
Wichtigste Litteratur, in welcher die Bodenfrage prin - zipiell erörtert ist:
Thurmann, Essai de phytostatique appliquée à la chaîne du Jura etc., 2 Bde., Bern 1849. (Griseb. Ber. für 1849, S. 14). Saint - Lager, Etude de l’influence chimique exercée par le sol etc., An - nales d. l. Société botan. de Lyon, 4 ann. 1877 Nr. 1. — Contejean, Géographie botanique. Influence du Terrain sur la Végétation. Paris 1881; 143 S. (G. J. Bd. IX., S. 150). Magnin, Recherch. sur la Géogr. botan. du Lyonnais; Paris 1879; und: La Végétation de la région Lyonnaise etc. Lyon 1886, S. 278 u. folg. — Vallot, Recherch. physico-chimiques sur la terre végétale et ses rapports avec la distri - bution géograph. des plantes, Paris 1883. — Höck, Einige Haupt -51Wirkung des Substrates.ergebnisse der Pflanzengeographie in den letzten 20 Jahren, in Monatl. Mittl. d. nat. Ver. Frankfurt 1888. — Drude im G. J. Bd. XIII. S. 295 — 297; und Berichte d. deutsch. bot. Ges. 1887, S. 286. — Müller, Studien über die natürlichen Humusformen u. d. Einwirkung auf Vegetation und Boden, 1887. — Planchon, Vé - gétation spéciale des dolomies etc., Bull. Soc. botan. de France Bd. l. S. 218, und Bull. Soc. Languedoc. de Géographie 1879. — Sendtner, Vegetationsverhältnisse von Südbayern 1854, und des bayrischen Waldes, 1860. — (Ein genaues Litteraturregister von 62 Seiten Länge findet sich bei Vallot a. a. O.)
Die verschiedenen Wirkungen der Bodenzusammen - setzung sind auffällig und seit den Zeiten genauerer Florenkunde weder übersehen noch gering erachtet. In den triasischen Gebieten des mittleren Deutschlands sieht man die Flora in recht bestimmten Zügen wechseln, je nachdem man sich auf Muschelkalk oder Buntsandstein und Keupersandstein befindet; mitten im alluvialen Sande am Südrande der Lüneburger Heide treten auf einigen kleinen Kalkdurchbrüchen die Pflanzen des südlichen Hannover wieder auf; in den Alpen findet man grosse Gegensätze in der Flora kalkhaltiger Bodenmischungen und der kalkarmen Urgesteine; die Kalkmassen des Jura haben viele Aufschlüsse erteilt, da einzelne Kieselbänke dazwischen laufen und die Gegensätze zur Kalkflora auf - recht halten; das südöstliche Frankreich, zumal die Um - gebung von Lyon, zeigt nach den neuesten Beobach - tungen die Flora wirklich nach Bodengebieten geson - dert. Die edle Kastanie stand lange Zeit in dem Rufe, niemals auf Kalkgestein zu vegetieren (es ist dies an gewissen Stellen in Oesterreich dennoch der Fall); in der mediterranen Vegetation findet man besondere Art - genossenschaften auf besonderem Boden und ihre Grenzen mit deren Verbreitung zusammenfallend; bei den flüch - tigeren Beobachtungen in tropischen Gebieten hat sich doch gerade dort eine bedeutende Bodenwirkung ergeben, indem z. B. die sogenannte Lateritformation in Barma sich auszeichnet durch blattwechselnde offene Waldungen im Gegensatz zu den tropisch-immergrünen. Sehr natür - lich erscheint, dass die salzreichen Steppengebiete an Stelle ausgetrockneter Seen und ebenso die Strandvege - tationen ihre besonderen Arten haben.
52Bodenklassen.Diese Beispiele mögen die beobachteten Thatsachen bezeichnen; sie lassen sich so zusammenfassen, dass be - sondere Gegensätze zwischen folgenden Gesteinen und den von ihnen gebildeten reinen oder gemengten Boden - sorten bestehen: Urgesteine und Basalt, Dolomite, Kalk - gesteine, Sandsteine, Gerölle oder Geschiebe aus irgend einem dieser Gesteine, Kochsalz als bedeutendes Beige - mengsel zu den übrigen Bestandteilen des Bodens, Gehalt an Nitraten im lockeren Humus. Dass die Gerölle als besondere Bodengattung aufgeführt sind, geschieht den Beobachtungen zufolge, dass gewisse Pflanzen ebenso gern auf Kieselsand als Kalksand auftreten, wenn sie nur über - haupt einen sandartigen Detritus für sich vorfinden, und es ist wohl ziemlich klar, dass dieser besonders durch sein lockeres Gefüge für ihre Vegetationsmittel sorgt. Wollen wir diese etwa 10 Bodenklassen, welche in sich selbstverständlich reiche Gliederungen auch mit Rücksicht auf ihre Vegetationseinflüsse zeigen, auf alle zu beobach - tenden grössten Gegensätze hin zusammenfügen und die Pflanzen darnach benennen, so kommen die 3 Haupt - kategorien der Kieselpflanzen, Kalkpflanzen, Salz - pflanzen („ Halophyten “) zusammen, und je nachdem man die verschiedenen Arten von Pflanzen auf eine be - stimmte Kategorie von Bodenarten mehr oder weniger fest angewiesen zu finden glaubt, nennt man sie kiesel - stet, kieselhold, kalkstet, kalkhold u. s. w., und die un - bestimmt verbreiteten, wie z. B. eine Pflanzenart des Kalksandes ebenso gut wie des Kieselsandes: bodenvag.
Man ist nun jetzt ziemlich allgemein darüber einig, dass es eine streng und ausnahmslos durchgeführte Boden - stetigkeit nicht gibt (ausgenommen vielleicht noch nicht genauer bekannte Salzsteppenbewohner, deren physiolo - gischer Aufbau vielleicht mit grossem Chlornatriumgehalt rechnet), sofern man darunter die Unmöglichkeit einer bestimmten Pflanzenart, anders als auf einer der genannten Hauptbodenklassen ihre Lebensprozesse zu vollführen, ver - steht. Für sehr viele Arten, welche man in einem be - stimmten Florengebiet in Gebundenheit an bestimmten Boden beobachtet, findet man schon andere Substratver -53Kalk - und Kieselpflanzen.hältnisse in einem entlegenen, zumal in einem wärmeren oder kälteren Gebiete, und es scheint die Bodenstetig - keit auch bei Beschränkung der Fälle auf die sicherer in dieser Beziehung geprüften Arten doch nur Gültigkeit zu haben für die gesamten Vegetationsverhältnisse eines einzelnen, natürlich abgegrenzten und nicht zu umfang - reichen Florenbezirks. Was z. B. in der Bodenauswahl für die Flora von Lyon gilt, gilt in dem Maße nicht mehr für Mitteldeutschland in Hinsicht auf die hier und dort gemeinsam vorkommenden häufigen oder selteneren Arten, und in der Kultur (z. B. in botanischen Gärten) gedeiht die Mehrzahl mehr oder weniger gut auf ganz anderem Boden. Zwar muss man hinzufügen, dass die Mehrzahl der Bodenbeobachtungen etwas flüchtig gemacht wird, ohne chemische Analyse, und dass dabei sowohl ein Nebenbestandteil von Kalk als ein solcher von Kiesel - säure unbemerkt bleiben kann. Aber mit diesen Neben - bestandteilen ist immer zu rechnen, weil ja überhaupt keine Pflanze ohne Kalkgehalt wie ohne Magnesiagehalt und ohne die übrigen unentbehrlichen mineralischen Nähr - stoffe im Boden existieren kann, und es handelt sich dann nur noch um die Frage, wo das geringste unentbehrliche Maß solcher Nährstoffe aufhört und jenes Uebermaß beginnt, welches schon zu der Benennung „ Kalkpflanze, Kieselpflanze “berechtigt. Erfahrungsmäßig, d. h. im Anschluss an die wirklich beobachteten Vegetationsver - schiedenheiten auf verschiedenen Böden, setzt Magnin den Unterschied so fest, dass zu dem Begriffe eines Kalk - bodens mindestens noch ein Gehalt von 2 — 3 % Calcium - carbonat gehört, während Böden mit weniger als 1 — 2 % als Kieselböden gelten; die Zwischenstufe mit 2 % ent - behrt des ausgesprochenen Charakters. — Auch bemerkt man noch bei einigen selteneren Gesteinen, bei keinem mehr als beim Serpentin, eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Einwirkung auf seine Vegetations - decke, welche gewisse seltene Arten in sich zu schliessen und andere auszuschliessen pflegt. (Asplenium Serpentini in der deutschen Flora, Schlesien, Sachsen, eine Boden - varietät.)
54Physikalische und chemischeDamit tritt man in das andere, weniger der dar - stellenden Geographie als der experimentellen Physiologie unterworfene Gebiet der Frage ein, ob nämlich die ver - schiedenen Bodenarten ihren Einfluss auf die Bildung einer bestimmten Vegetationsdecke in Auswahl aus allen Arten des betreffenden Florengebietes ihren chemischen oder ihren physikalischen Eigenschaften zu verdanken haben? Der chemische Einfluss kann insofern gar nicht geleugnet werden, als der Boden die Quelle der unent - behrlichen Nährstoffe ist, unter denen, wie schon gesagt, Kalk niemals fehlen darf; aber von dieser zur Aufrecht - erhaltung der notwendigen chemischen Umsatz - und Organbildungsprozesse in der Pflanze nötigen minimalen Menge soll hier nicht die Rede sein, da sie nirgends zu fehlen scheint, ebensowenig wie Eisen, Phosphate und Sul - fate, Kali und Nitrate. Inwiefern nun überhaupt die grösseren Mengen von Kalk oder anderen Mineralstoffen im Orga - nismus wirken, ist zur Zeit noch unaufgeklärt, und daher ist die Anschauung der chemischen Bodenwirkung noch jetzt nicht sicher gestützt. Vor bald 40 Jahren erregte Thurmanns Werk über den Jura in dieser Beziehung grosses Aufsehen, indem es auf das entschiedenste für die physikalische Rolle der Bodenwirkung eintrat. Der Boden wird sich unzweifelhaft in Bezug auf sein Wärme - leitungs - und Strahlungsvermögen, sowie in Bezug auf sein Absorptionsvermögen für Wasser und den von der aufgenommenen Menge abgebbaren Bruchteil an die in ihm wurzelnden Pflanzen seiner Zusammensetzung gemäss ganz verschieden verhalten, und Thurmann fusste be - sonders auf seiner verschiedenartigen mechanischen Zer - kleinerung. Die Kalkpflanzen z. B. sollten auf Kalk wachsen, weil dieser Boden bei geringerem Zerfall fest und trocken sei; er zeigte, dass die Wurzelbildung der meisten Kalkpflanzen einer schwach entwickelten und periodischer Dürre unterworfenen Erdkrume entspräche, dass Pflanzen mit kriechenden Wurzelstöcken vorherrsch - ten, dass sie wenige Zweige, häufiger Grundrosetten - blätter zu entwickeln pflegten. Dagegen sollten andere Pflanzen auf kieseligen Gesteinen wachsen, weil diese55Einwirkung des Bodens.ihnen einen für sie nötigen tiefen und lockeren Boden lieferten.
Diese Anschauungen litten an einer grossen Einseitig - keit, obwohl sie sehr richtige Momente herausgegriffen haben, welche viele Forscher wenigstens im Beginn ihrer Studien in der Flora für sich einnahmen. Der bayrische Botaniker Sendtner zeigte alsbald, und später Nägeli durch höchst sorgfältige Untersuchungen in der Verbrei - tungsweise der Alpenpflanzen, die Unhaltbarkeit von Thur - manns Lehre; und die oben angeführte Litteratur fran - zösischer Botaniker, welche für die Bodenfrage in neuerer Zeit ein besonderes Interesse an den Tag gelegt haben, kommt darin überein, dass dennoch den chemischen Ein - flüssen des Bodens das erste und hauptsächliche Gewicht in seiner Wirkung auf die Verteilung der Pflanzen zu - komme, den physikalischen Eigenschaften ein geringeres, in zweite Linie fallendes Gewicht. Sehr gut möglich ist es einstweilen, die chemische Rolle des Bodens haupt - sächlich als einen Ausschlag gebend in dem Kampfe der Gewächse um den Platz anzusehen, so nämlich, dass die Kalkflora allein im stande ist, dieses Uebermaß von Kalk im Boden auszuhalten und dem entsprechend Gegenmaß - regeln in ihrer Organisation zur Ausbildung zu bringen, während die Kieselpflanzen dem Uebermaß von Kalk nicht gewachsen sind. Umgekehrt würden die letzteren auf Silikatboden herrschen, weil sie dort mit ihrer Organi - sation den Sieg über die geschwächten Kalkpflanzen davontragen, wie wir ja stets einen bestimmten äusseren Zug der Natur auch entsprechend vertreten finden durch dafür geeignete Organisation.
So ungefähr fasst auch Contejean die Sachlage auf, indem er darauf hinweist, dass wesentlich nur zwei in Menge vorkommende Mineralsubstanzen die geographische Verbreitung der Pflanzen beeinflussen, nämlich Kalk (als kohlensaure oder schwefelsaure Verbindung) und Chlor - natrium. Beide sind im stande, eine eigenartige Flora herbeizurufen, und zwar dadurch, dass sie die einen Pflanzen so ausschliesslich auf sich wohnen lassen, dass man bei ihnen von einem Bedürfnis nach so hohem Kalk -56Vereinigte Einwirkung deroder Salzgehalt sprechen zu müssen glaubt, während andere Pflanzen sich gleichgültiger gegen ihre Menge im Erd - reich verhalten und endlich andere geradezu von ihnen abgestossen werden. Auf die letzteren ist aber die schäd - liche Wirkung von Kalk und Kochsalz sehr viel grösser, als auf die sogenannten „ kalk - und salzsteten “Pflanzen die direkt (chemisch) fördernde Wirkung; denn diese ge - deihen in besonderer Pflege oder oft auch in der Natur sehr gut ohne Kalk bezw. Salz, haben dabei aber nun einen um so stärkeren Kampf um den Platz mit der grossen Menge „ kieselsteter “Pflanzen auszufechten, denen sie meistens nicht gewachsen sind, wenigstens nicht unter den obwaltenden Verhältnissen desselben Florenbezirks.
Wenn auch dies alles als richtig gelten muss, so ist es deswegen doch nicht nötig, die Untersuchungen Thur - manns als überflüssig zu verwerfen. Warum soll gerade immer in erster Linie der Charakter des Substrats chemisch, dann erst physikalisch in Betracht kommen? Warum nicht hier und da (vielleicht seltener) auch umgekehrt, warum endlich nicht beiderlei Eigenschaften oft mit gleichem Gewichte? Denn es lassen sich nun doch die Eigen - schaften in der Natur nicht trennen, und wie der Kalk - boden chemisch ausgezeichnet ist durch Calcium, so ist er es auch stets zugleich durch besondere Eigenschaften in Hinsicht auf Wasserzufuhr und Wärmeabgaben an Wurzeln. Auf beiderlei Eigenschaften müssen die kalk - steten und kalkholden Pflanzen eingerichtet und in dieser ihrer einseitigen Anpassung ohne Kalk schwächlich sein. In Hinsicht der physikalischen Eigenschaften selbst treten dann noch bei jeder Gesteinsart darin Modifikationen auf, dass der Boden ein harter, nur von Rissen und Sprüngen durchzogener Fels, oder ein sandiges Gerölle, feiner Sand oder endlich ein aus den feinsten Partikelchen besonderer Gesteine zusammengeschlemmter Lehm ist; um die gröbsten Unterschiede auszudrücken, bezeichnet man die Pflanzen danach als Fels -, Sand - oder Thon - (Lehm -) Bewohner.
Thurmann schuf die Bezeichnungen dysgeogen und eu - geogen für die harten und weicheren Gesteine und die aus ihnen herstammenden Bodenarten, deren physikalischem Verhalten er57Eigenschaften des Bodens.den maßgebenden Einfluss auf die Vegetation zuschrieb. Das schwer verwitternde („ dysgeogene “) Kalkgestein zerfällt in fein - pulverigen („ pelischen “) Detritus, ist für Wasser sehr permeabel oder lässt dasselbe rasch abfliessen, und schafft daher einen rasch trocknenden, für xerophile Bestände gut geeigneten flachgründigen Boden. Die kalkfreien Gebirgsarten, welche leicht verwittern und „ eugeogen “zu sandigem oder sandig-lehmigem (psammitischem “oder „ pelopsammitischem “) Detritus zerfallen, erhalten wegen ge - ringerer Permeabilität für das Wasser ihre tiefe Erdkrume feuchter, lassen dieselbe daher für solche Gewächse besser geeignet erschei - nen, welche an stete Befeuchtung ihrer Wurzeln höheren Anspruch erheben. In sehr lehrreicher Weise hat Thurmann gezeigt, dass die Wurzelbildung der meisten Kalkpflanzen einer schwach ent - wickelten und periodischer Dürre unterworfenen Erdkrume ent - spricht: annuelle Arten sind selten; von den perennen haben viele kriechende oder auf dem Boden hingestreckte Rhizome; die niederen Stengel entwickeln mehr Grundblätter in Rosetten als Verzwei - gungen; ausserdem sind wirklich weithingehende soziale Arten viel seltener, das Vegetationsgemisch viel bunter und auf stete Erneuerung an günstigen Plätzen hingewiesen.
Mir selbst ist es durchaus nicht zweifelhaft, dass diese von Thurmann hervorgehobenen Eigenschaften des Bodens, welche nicht durchaus an den Kalkgehalt oder Kalkmangel geknüpft sind, Veranlassung bieten, dass gar nicht so selten „ Kalkpflanzen “auf trockenem Silikatfelsgeröll vorkommen und umgekehrt „ Kiesel - pflanzen “im Kalk aushalten. In oben genannter Abhandlung habe ich gezeigt, dass in Sachsen Carex humilis und andere „ kalkstete “Felspflanzen in granitischem Geröll von weniger als 2 % Kalk - gehalt vorkommen; sie teilen dort den Platz mit der als „ kiesel - stet “geltenden Viscaria vulgaris, welche ich aber wiederum an anderen Stellen Sachsens direkt in Plänerkalk-Felsspalten wachsend beobachtet habe. Cytisus nigricans, den andere Floren als kalk - hold anführen, meidet in Sachsen die Plänerhügel und bewohnt dicht daneben den Syenit, Granit und Gneiss. Vallot gibt in seinem ausgezeichneten Werke Artemisia campestris und Eryngium campestre als Kalkpflanzen an, und ich selbst habe sie zumal im süd - lichen Frankreich so gesehen; in Sachsen stehen sie auf Böden, deren schwacher Kalkgehalt mir aus Analysen verbürgt ist, und so scheint es mit der Hauptmasse ihrer norddeutschen Standorte zu sein.
Es ist also unmöglich, die Ersatzfähigkeit chemischer Boden - eigenschaften durch physikalische zu leugnen; jede einseitige Erklärung der Bodenwirkung muss zu Fehlschlüssen führen. In welcher Weise die Substratverteilung in jeder Flora wirke, ist un - befangen zuvörderst festzustellen; Planchon erklärt z. B. die Wir - kung des Kalkes in der Flora von Montpellier für von geringerer Bedeutung als in vielen nördlicheren Floren, hat aber ebenda eine eigenartige Dolomitvegetation, besonders durch Armeria juncea aus - gezeichnet, vor den anderen Gesteinsklassen wohl charakterisiert beschrieben.
58Wasseraufnahme. Humus.Kaum bedarf es der Hindeutung, dass dann ausser - dem der orographische Aufbau die Niederschläge, oder die Schmelzwasser fern gelegener Schnee - und Eismassen, derartig verteilt, dass überall neben den grossen klimati - schen Trennungen nach regenreichen und regenarmen Ländern kleine „ Standortsklimate “in Hinsicht der Be - wässerung oft dicht nebeneinander geschaffen werden, indem Binnengewässer neben trockenen Geländen, dürre neben berieselten Felsen in allen Abstufungen zu finden sind und, unterstützt durch die Verschiedenheit des Sub - strates, die grösste Mannigfaltigkeit in die Standorts - verhältnisse jedes nicht ganz monoton aufgebauten Landes hineinbringen. In der Mitwirkung des Wassers aber zeigen sich bestimmte physikalische Eigenschaften des Bodens erst im rechten Lichte, indem sie erhaltend oder verschwendend wirken und ausserdem sehr verschiedene Sättigungsgrade mit Wasser annehmen, ebenso auch in der Abgabe des letzten Restes von Wasser zu Zeiten trockener Sonnentage sich verschieden verhalten.
Die Anhäufungen von Humus sind im stande, da, wo sie hohe Schichten gebildet haben, die Wirkungen des unterliegenden Gesteins zu überdecken. So kann man auf trocknem Kalkgebirge Heidel - und Preissel - beeren da bemerken, wo im Schutze alter Fichten ein kleines Torflager sich gebildet hat. Hier spielt die Eigenschaft des Humus selbst, die Durchlüftung oder Ansäuerung des Erdreichs die wichtigste Rolle, welche man nach dem Vorhandensein oder Fehlen der Regen - würmer gut beurteilen kann. Ueber diese Humussorten hat Müller aus den dänischen Forsten ausgezeichnete Beobachtungen mitgeteilt (s. oben).
Die Wichtigkeit des Substrates für die Natur der Pflanzenbestände wie für das Vorkommen der Einzelarten ist also, nach allen Seiten hin betrachtet, eine sehr hohe, die Gründe dafür aber sind mannigfaltig. Stets wird durch den Boden aus dem gesamten Bestande von Arten im Florengebiet hinsichtlich der Auswahl und Häufigkeit der Standorte eine bestimmte Auslese getroffen.
59Beziehungen zur organischen Welt.Lebenslage durch organische Mitbewohner. Nur kurz braucht hier auf die Veränderungen hingewiesen zu werden, welche die Erdoberfläche durch die Massen zu - mal gesellig lebender Gewächse erlitten hat und wodurch neben jenen durch die Verschiedenheit des anorganischen Substrates bedingten Lebensverhältnissen wiederum neue, organisch verursachte, erstehen. Die Wälder bilden eine tiefe humusreiche Erdschicht, in welcher zahlreiche Be - wohner mit grossem oder geringem Lichtbedürfnis ihre eigenartigen Existenzbedingungen finden und gezwungen sind, ihre eigene Periodizität sich nach dem wechselnden Zustande der mächtigeren Genossen richten zu lassen. So blühen in den deutschen Wäldern zahlreiche Anemo - nen und Primeln vor der Belaubung der Bäume und vollenden nahezu ihre ganze Lebensperiode im Frühjahr, da der Sommer sie durch den Laubschmuck des Waldes des nötigen Lichtes beraubt; im Hochsommer dagegen kommen die chlorophylllosen Saprophyten, Pilze und seltenere Blütenpflanzen, aus dem tiefgründigen Humus zum Vorschein, in ihrer Ernährung auf das angewiesen, was vorjährige Assimilationsleistungen der Bäume für sie übrig gelassen. In den immergrünen Tropenwaldungen findet man niemals die lichterfüllte Frühlingsperiode am Boden der nordischen Wälder, und es fehlen daher auch alle die darauf bezüglichen Gewächse, während zahlreiche Epiphyten hoch in den Kronen ihre Wohnstätte einge - richtet haben und nun also, der steten Wasserzufuhr aus dem Erdreich beraubt, auf neue Einrichtungen zur Ge - winnung der nötigen Feuchtigkeit sich umwandeln müssen. Alle Parasiten teilen naturgemäss die Verbreitungsgrenzen ihrer Wirte, sind aber unabhängiger von deren Lebens - periode. Die Moore und Wiesen bieten andere Beispiele für die Abhängigkeit vieler Pflanzenarten von den Lebens - gewohnheiten der grösseren Menge ihrer Umgebung; eine Menge der dort zahlreich und weit verbreiteten Gewächse kommt in der Natur nur schwierig an anderen Stand - orten fort, da sie die wassersammelnde Eigenschaft des Sumpfmooses in einem, der dichte Rasenwuchs von Gräsern im anderen Falle unterstützt oder im Kampfe um den60Insektenwelt und Befruchtung.Standort beschützt. Auch diese Arten sind aber gezwungen, ihre Periode an die des Sumpfmooses oder der Wiesen - gräser anzulehnen, die lichtvollen Zeiten auszunutzen, mit dem in die Höhe wuchernden Moose selbst in die Höhe zu wachsen, die durch den nassen Untergrund be - wirkte Dauer niederer Bodentemperaturen zu ertragen.
Neue Beziehungen schafft die Tierwelt durch ihre Beihilfe bei der Befruchtung der Blüten und als Verbrei - tungsmittel notwendiger oder fördernder Art für Früchte oder Samen. Die auf die Insektenkreuzung angewiesenen Blüten müssen in ihrer Entwickelungsperiode die Flugzeit der ersteren treffen, sie müssen auch ihre Blüten den Insekten gegenüber zur Schau stellen. Johows Erörterungen darüber (s. G. J., Bd. XI, S. 108) bieten gewiss ein bio - logisch nicht zu unterschätzendes Moment, indem sie an die Blüten nicht in morphologischer Hinsicht herangehen, sondern sie in ihrer auf die Augen wirkenden Gesamt - masse auffassen, wo sie nicht selten auch auf das Zu - standekommen eines bestimmten physiognomischen Land - schaftsbildes einen bedeutenden Einfluss üben. Die Gross - blumigkeit der zierlichen arktischen und hocharktischen Gewächse ist bekannt und seit lange auf die Seltenheit der Insekten in diesen Gegenden als biologisches Moment zurückgeführt. Die Stellung und verhältnismässige Klein - heit der Blüten an den meisten stolzen Tropenbäumen hat Wallace mit Geschick auf die ganz anders in ihren Lebensgewohnheiten sich verhaltende Insektenwelt zurück - geführt, wovon in der fünften Abteilung dieses Handbuches die Rede sein wird. Ebenso hat man Eigentümlichkeiten in den Schauapparaten der Blüten von der neuseeländi - schen Flora auf bestimmende Unterschiede der dortigen Insektenwelt bezogen.
Auf der anderen Seite sind Ausbreitungen gewisser Pflanzenarten, deren Samen mit Haftorganen versehen sind oder deren Fleischfrüchte gefressen werden, ja auch Ver - schleppungen ganzer lebender Pflanzenteile (bei Wasser - gewächsen) durch Züge von Vögeln, durch den Pelz weidender Tiere, bekannt genug, um den Einfluss auch dieser Organismen auf Areale und Heimatverschiebungen61Organbildung in äusserer Anpassung.der Pflanzenwelt erkennen zu lassen. Die mit Haftor - ganen ausgerüsteten „ Klettpflanzen “sind zum Teil die wanderungsfähigsten von allen; ihren biologischen Ein - richtungen hat Huth eine neuere Abhandlung gewidmet (G. J., Bd. XIII. S. 294).
So werden durch diese organischen Mitwirkungen die Verwickelungen in den Lebensbedingungen grösser und im Rahmen der grossen klimatischen Periode kleine Stand - orts - und Gelegenheitsbedingungen geschaffen, welche die sonst einfach verteilten biologischen Grundbedingungen zu oft unentwirrbaren, im einzelnen wenigstens nur lang - sam und schwierig auf die besonderen wirkenden Ursachen zurückführbaren Erscheinungen umgestalten.
3. Biologische Verschiedenheit der Organisation unter den Wirkungen der geographisch und topographisch wirkenden Agentien. — Alle vorstehend aufgeführten Faktoren wirken nun zusammen zur Erzeugung von Ve - getationsbildern, denen die grossen Züge durch die perio - dischen Wirkungen, die kleinen durch die Standortsver - schiedenheiten aufgedrückt sind. Denn wenn z. B. in Mittel - europa der Frühling einzieht, so zeigt sein Einzug nur kleine Zeitverschiedenheiten in offenem oder bedecktem Gelände, in Wald oder Wiese, Heide und Moor; überall erwacht das Pflanzenleben ungefähr gleichzeitig, nur ein - zelne Standorte sind im stande, gewissermaßen ein be - sonderes Klima mit kürzerer, oder umgekehrt mit länger ausgedehnter Periode hervorzurufen. Dagegen zeigen sich in Teichen, Sümpfen, Wiesen, Waldungen, an trockenen sonnigen Abhängen oder in feuchten Thalschluchten die mannigfachsten Verschiedenheiten im Charakter der Pflanzenformen, indem jedes Gewächs aus dem ihm ge - botenen Wasser, Licht, Insolationswärme und Bodenwir - kungen mit besonderen erblichen Eigenschaften sich einen eigenartigen Aufbau mit besonderer Vegetationsperiode nach Wachstum, Ernährung und Fortpflanzung gut ge - gliedert errichtet hat. Indem man die Gewächse aller Länder auf ihre Wuchsformen in Anpassung an Klima und Standortsverhältnisse vergleichend betrachtet, ohne62Die Vegetationsformen.jedoch dabei an ihre Stellung im morphologischen System zu denken, kommt man zu dem Begriffe der Vegeta - tionsformen; und indem man die Hauptunterschiede in der Periodizität und Verteilungsweise der Vegetations - formen zusammenfasst und zu einer Einteilung der Erde zu verwerten sucht, kommt man zu dem Begriffe der Vegetationszonen. In beiden Begriffen kommen also die Beziehungen der äusseren Agentien auf das in be - stimmten morphologischen Bahnen sich dennoch frei be - wegende Pflanzenleben zum reinen Ausdruck.
Die Vegetationsformen sind biologisch aufzufassen und vom eigentlichen (natürlich-morphologischen) System des Pflanzenreichs, welches zugleich den von der Wissen - schaft den Pflanzenarten zuerteilten Namen anzeigt, ge - trennt zu halten. Indem man sie wiederum zu höheren Einheiten vereinigt, kommt man zum Begriffe der „ Vege - tationsklassen “; es führen also diese Betrachtungen schliess - lich zur Aufstellung eines eigenen, biologischen Systemes. Dies letztere hat aber eine nicht so einheitliche Grund - lage als das morphologische (sogenannte „ natürliche “) System; denn man kann die Ausgangspunkte für die Merkmale der einzelnen Vegetationsformen sehr verschieden wählen, wie die botanische Litteratur zeigt. Man könnte nach Wasser - und Landpflanzen, nach chlorophyllführen - den und chlorophylllosen, nach licht - und schattenbedürf - tigen Arten, nach dem Bau der Oberhäute in Bezug auf die Wasserverdunstung durch dieselbe hindurch, oder nach vielen anderen vegetativ wichtigen Punkten die Ein - teilung wählen, könnte auch nach den Schauapparaten der Blüten, nach Wind - und Insektenbestäubung Unter - teile wählen und mit den vorigen kombinieren. Dennoch gibt es auch hier eine einigermaßen natürliche Grund - lage, indem der gesunde Verstand des Menschen seit lange eine Summe biologischer Eigentümlichkeiten zu - sammenfassend eine Reihe von Begriffen bildete, welche als natürliche Vegetationsklassen zu betrachten sind. Als solche gelten z. B. Bäume und Stauden; die ersteren,63Einteilung der Vegetationsklassen.mit Holzstamm und einem grossen Apparat von Einrich - tungen der Wasserzufuhr und Schutz vor Dürre und Frost in freier Luft, die letzteren mit Krautstengeln, welche in jeder Vegetationsperiode von neuem aus der sie während der Ruhezeit schützenden Erddecke hervor - brechen, umfassen als die beiden grössten Vegetations - klassen eine ungeheure Menge von Pflanzen, welche bei aller systematischen Verschiedenheit und bei aller Ver - schiedenheit des Aussehens doch eine grosse Menge von Lebensäusserungen gleichsinnig verrichten, und deren zu - gehörige Vegetationsformen auch — worauf hier das Hauptgewicht zu legen ist — nach der grossen klimati - schen Periode unter sich starke Verschiedenheiten zeigen und dadurch ein Mittel an die Hand geben, die Vegeta - tionszonen der Erde scharf zu kennzeichnen. Diesen aus - dauernden Vegetationsklassen der Blütenpflanzen stehen die einjährigen Kräuter, welche ihre ganze Reproduktion in je einer Vegetationsperiode vollenden, gegenüber und sind auf enger beschränkte Klimate hingewiesen.
Es bedarf hier weder einer ausführlichen Auseinander - setzung über die trennenden Unterschiede der hauptsäch - lichsten Vegetationsklassen (vergl. die Ausführungen in Schenks Handbuch der Botanik, Bd. III, T. 2, S. 486 bis 489, und in Neumayers Handbuch für Reisende, Bd. II, S. 155), noch ist es nötig, hier schon die hervorragen - den Träger im Vegetationsbilde der Erde für die einzelnen Vegetationsformen zu nennen, da Abschnitt 5 dieselben unter dem erweiterten Gesichtspunkt der Formationslehre bringen wird. Nur in Kürze sollen die Vegetationsklassen hier aufgeführt werden.
Die Bäume und Sträucher, unter sich durch die sanftesten Uebergänge verbunden (wie fast alle biologi - schen Vegetationsklassen), aber trotzdem als zwei ge - trennte Klassen aufrecht zu halten, umschliessen die Hauptmasse aller oberirdisch ausdauernden Holzpflanzen. Den Charakter beständiger oder periodischer Belaubung zu ihrer weiteren Einteilung zu verwenden, liegt nach allem, was über die klimatischen Einflüsse gesagt war, am nächsten. Die periodisch sich belaubenden Bäume64Holzgewächse. Succulenten.tragen sämtlich eine verzweigte Krone, deren zahlreiche Laubknospen die neue Belaubung für jede Vegetations - periode liefern; und je nachdem die Vegetationsperiode bei ihnen durch erhöhte Temperatur oder durch den Ein - tritt von Regenzeiten in gleichmässig hoch temperiertem Klima eingeleitet wird, mögen sie als sommergrüne und als regengrüne Wipfelbäume bezeichnet werden. Die immergrünen Bäume sind entweder ebenfalls Wipfelbäume, d. h. sie sind in reicher Verästelung gegliedert und mit grosser Blattzahl begabt; oder sie be - sitzen nur eine, stetig die wenigen grossen Blätter aus sich erzeugende Gipfelknospe am Hauptstamm oder an seinen wenigen Gabelungen, und mögen dann Schopf - bäume genannt werden. Für die Sträucher gelten die gleichen Grundideen.
Die Klassen der Lianen und Mangroven, fast ganz, bezw. ganz auf die Tropen beschränkt, enthalten in ihrer Anpassung an die Standortsverhältnisse der heissesten Ur - wälder und der Meeresküsten besondere biologisch aus - gezeichnete Vegetationsformen.
Tragen die erstgenannten Klassen ständig oder perio - disch Blätter, so folgen nun blattlose Holzgewächse, denen die Trockenheit des Klimas oder des Standortes die bio - logische Notwendigkeit der Kohlensäureernährung durch den grünen Stamm selbst oder seine Zweige ganz oder fast ganz aufzwingt. Entweder sind dabei Stamm und Aeste fleischig angeschwollen, meistens stacheltragend an Stelle der Blätter (wie bei Cactus, vielen Euphorbia), und diese führen den Namen Stammsucculenten; oder die schlanken Zweige werfen die beim ersten Austreiben ent - wickelten kleinen Blätter rasch ab und stehen so auch in der Vegetationsperiode unbelaubt da, und diese Ge - wächse sollen einfach blattlose Gesträuche genannt werden, zu denen auch die zahlreichen Dornsträucher trockener subtropischer Klimate gehören.
Den Stammsucculenten reihen sich in manchen Eigen - heiten der Organisation am innigsten die Blattsuccu - lenten an, welche so kurze oder so niedere Stämme be - sitzen, dass sie nur selten noch zu den Holzgewächsen65Halbsträucher. Rosettenträger. Epiphyten.gezählt werden können; dagegen erreichen sie (wie die Agave) oft bedeutende Dimensionen im Blatt und ertragen die Trockenperioden, ohne die Blätter abzuwerfen, durch die fleischige Textur derselben mit besonderem Verdun - stungsschutz in der Oberhaut.
Zwei andere Uebergänge von den eigentlichen Holz - gewächsen zu den Kräutern bilden zunächst die Halb - sträucher, deren Gezweig nach wenigen Vegetations - perioden abstirbt und durch neue aus dem Wurzelstock hervorschiessende Sprosse ersetzt wird, so dass sie — wie die gewöhnliche Heide und Heidelbeere — stets niedrige Gesträuche bilden, dabei selbst entweder immergrün oder periodisch belaubt sind; und zweitens die Rosetten - träger, unter welchem Namen die grossen, viele Jahre ausdauernden und über der Erdoberfläche frei sich ent - wickelnden Gewächse verstanden werden mögen, welche wie die Banane (Musa) oft noch in der Grösse an kleine Bäume erinnern, und auch noch einen kurzen, vollständig in Blattscheiden eingehüllten „ Krautstamm “besitzen, oder welche wie die grossen Rosettenfarne auf ganz kurzem nackten Holzstamm stehen.
Die Epiphyten, welche ihren Wohnplatz auf an - deren Gewächsen, vornehmlich Bäumen, nehmen, ohne jedoch von ihren Quartiergebern mehr als den Platz und das Regenwasser mit dem Staube ihrer Rinde zu ver - langen, bilden dann eine wiederum reich in den Tropen gegliederte Vegetationsklasse, deren Formenkreise von Schimper höchst lehrreich in Hinsicht auf ihre Ernäh - rungsweise gezeichnet sind (G. J., Bd. XI, S. 104). Wir werden sie in der tropischen Waldformation ausführlicher zu besprechen haben (s. Abschn. 5).
Nun folgen die eigentlichen Kräuter mit selbständigen Wohnplätzen in den Ozeanen: Seewassergewächse (grösstenteils Tange, sonst Seegräser), oder in den Binnen - gewässern: Süsswassergewächse, teils mit Schwimm - organen auf der Oberfläche, teils untergetaucht; dann die auf dem festen Lande. Die Landgewächse zerfallen in pe - rennierende Kräuter oder Stauden, in zwei - oder ein - jährige Kräuter, welche alle feste Blattorganisation mitDrude, Pflanzengeographie. 566Biologische Einteilung der Stauden.Verdunstungsschutz durch eine besondere Oberhaut haben. Die Klasse der Stauden ist ausgezeichnet durch eine reiche Mannigfaltigkeit der Einrichtungen zum Ueberdauern der Winter - oder Dürrperiode. Manche zeigen oberirdisch immergrüne Blätter und gehen so in die Klasse der Blatt - succulenten über; die Mehrzahl aber wirft die Blätter alljährlich ab und schlummert mit einer vorgebildeten Winterknospe; andere lassen den unterirdischen Stamm oder die denselben umkleidenden Niederblätter fleischig anschwellen, entsprechen also dadurch teilweise den Suc - culenten, aber mit in der Erde steckenden Organen: Dies sind die biologischen Vegetationsformen der Knollen - und Zwiebelgewächse.
Die letzteren zeigen deutlich den bestimmenden Ein - fluss von Klima und Standort auf ihr Auftreten; denn wo sie zahlreich sind, ist eine kurze Vegetationsperiode und häufig die Notwendigkeit eines guten Verdunstungs - schutzes während einer langen und trocknen Ruheperiode das typische. Diese beiden Gesichtspunkte: Ausdauern und Anpassung der ernährenden Assimilations - organe (Blätter!) an die Vegetationsperiode und den Feuchtigkeitsgehalt der Atmosphäre in ihr, muss man zur Grundlage einer weiteren biologischen Einteilung der Hauptmasse der übrigen Kräuter, die Gräser als nur eine Hauptform derselben mit eingeschlossen, machen. Nur in diesem Sinne kann ja der Unterschied zwischen aus - dauernden und einjährigen Kräutern von geographisch - biologischer Bedeutung sein, wie denn die ersteren in polaren Klimaten fast gänzlich fehlen und auch in den trocknen Klimaten mit Leichtigkeit die einzige, verhält - nismässig bequeme Zeit der Wasserversorgung aussuchen können. Anders die Stauden und Gesträuche deren Ve - getation sich nicht so rasch vollzieht; ihre Organisation muss sehr verschiedenartig ausfallen, je nach dem Winter - schutz ihrer Knospen und nach dem Sommerschutz ihrer verdunstenden Blätter. In letzterer Beziehung lassen sich für die trockenen subtropischen Klimate, wo A. de Candolles später (Abschn. III) zu nennenden Xerophilen - Gruppen herrschen, besonders 8 Schutzeinrichtungen67Trockenschutz.nennen, welche bald mehr bei Kräutern, bald mehr bei Holzgewächsen anzutreffen sind:
In diesen xerophilen, wie in den entgegengesetzt wirkenden Einrichtungen beobachten wir stets eine all - mählich erst im einzelnen und genauer bekannt werdende Harmonie zwischen Bau und Funktion der Or - gane. Die Funktion aber steht in Abhängigkeit von den äusseren Lebensbedingungen; soll daher das Auf - stellen besonderer biologischer Gruppen von Vegetations - formen eine natürliche Grundlage haben, so kann sie nur auf Grund dieser Harmonie gesucht werden.
Den Kräutern schliessen sich leichtverständlich schon deswegen, weil das morphologische System hier in ge - wisser Weise mit dem biologischen übereinkommt, die Klassen der Moose und Flechten (Lichenes) an, aus - gezeichnet die ersteren durch grüne Blätter ohne Ver - dunstungsschutz, die letzteren als Thalluspflanzen. Nun folgen endlich noch die Pilze als hauptsächlichste Klasse von parasitären oder saprophytischen Gewächsen, während man die Parasiten und Saprophyten unter den Blüten - pflanzen als Anhang zu den Stauden oder gar zu den Holzgewächsen unter besonderen Vegetationsformen be - handeln kann.
So ergibt sich eine Einteilung, welche, wenn es nicht der Zufall anders macht, sich frei hält von der eigent - lichen Pflanzensystematik. Während mit der letzteren die Periodizität und die Standortsbedingungen an sich nichts zu thun haben, schaffen sie alles aus den biologischen Vegetationsformen; es sind daher sogar schon viele Klassen derselben ganz oder vorwiegend an bestimmte klimatische Zonen der Erde gebunden, während die spe - ziellen Vegetationsformen mit bestimmter Organisation nur selten aus einer einzelnen Hauptzone heraustreten.
Die Notwendigkeit, biologische Grundformen frei vom69Die Vegetationszonen.morphologischen System zu halten, obwohl auch hier durch das Gesetz der Vererbung wichtige Beziehungen sekundär entstehen, ist früh erkannt und von Humboldt, Grisebach, auch von Reiter (in dessen Werke über die Konsolidation der Physiognomik 1885, siehe G. J., Bd. XI, S. 95) befolgt. Nur hat der Versuch, bestimmte Formen mit bestimmten Namen zu belegen, hier schädlich ge - wirkt, indem er das reine biologische Prinzip nicht zum Durchbruch kommen liess. Eine weitere Hauptfrage wird immer noch die bleiben, welche Beziehungen in der Har - monie zwischen Bau und Funktion der Organe so sehr die wichtigsten sind, dass sie als Grundlage der Vege - tationsklassen gelten können. Es scheint, dass das Aus - dauern der Organe und die Hilfsmittel gegen Schädi - gungen während der Ruheperiode die natürlichste Grund - lage bleiben.
Die weitergehende Rücksicht auf die biologische Periodizität in den verschiedenen Gliedern der eben kurz angeführten Vegetationsklassen führt zu einer Einteilung der Erde in Vegetationszonen, welche, zwar unabhängig von den klimatologischen Zonen der Meteorologie, doch mit denselben wenigstens Vergleiche zulassen oder sogar notwendig machen, um für die grossen Hauptzüge des Vegetationsbildes unserer Erde die bestimmende Wirkung der vereinigten Haupt - und Nebenfaktoren auf das Pflan - zenleben in einer bestimmten Gesetzmässigkeit abzuleiten.
Die Vegetationszonen fassen die analogen Glieder aus den Vegetationsformen, ausgezeich - net durch gleiche Hauptperiode und auf den - selben Zweck hinzielende Anpassungserschei - nungen, sowie Schutzmittel, nach ihrer geo - graphischen Ausbreitung auf der Erde zusammen.
Man muss sich dabei auf die wesentlichsten Gruppen von Vegetationsformen stützen, dieselben auch, wie es immer hier geschehen ist, biologisch und nicht systematisch auf - fassen, die nadelabwerfende Lärchentanne also beispiels - weise mit den ähnlich biologisch beanlagten nordischen70Wichtigste VegetationsformenLaubbäumen zusammenstellen, und die trotz immergrüner Nadeln in tiefer Winterkälte schlafenden nordischen Fichten wohl unterscheiden von den, Frostwirkungen nicht ertra - genden wärmeren Araucarien, obwohl beides Coniferen sind, endlich andererseits die Vegetationsweise der grossen baumförmigen Palmen für am nächsten verwandt mit der der Pandanusarten halten, obwohl beide zu verschiedenen Ordnungen des natürlichen Systems gehören.
Nicht alle Klassen von Vegetationsformen sind gleich gut geeignet, die Beziehungen zwischen Klima und be - sonders eingerichteter Periodizität zu zeigen; wenn wir die wichtigsten herausgreifen wollen, obgleich schliesslich auch die unwichtigeren sich der durch sie scharf bezeichneten Periode mehr oder weniger ohne Aenderung anschliessen, so sind die Bäume in ihren nach grossen Grundzügen ge - schiedenen Vegetationsformen voranzustellen, ausserdem mehrere auf einzelne Zonen fast allein beschränkte Vege - tationsklassen wie die Mangroven, Lianen, Epiphyten, Stamm - und Blattsucculenten, Dornsträucher, glaciale Stauden und die xerophilen Formen der Staudenklasse.
Es zeigt sich das Baumleben, fast zugleich auch stets das der grösseren, üppigeren Wuchs aufweisenden blätter - tragenden Sträucher, ausgeschlossen von bestimmten Teilen der Erde durch zu lange anhaltende niedere Temperaturen oder durch zu lange anhaltende Trockenperioden oder durch stets ungenügenden Wasservorrat im Boden und in der Atmosphäre; die mit Baumvegetation versehenen Land - schaften scheiden sich in solche, wo Wipfelbäume allein vorhanden sind oder diese gemischt mit wenigen oder vielen Formen von Schopfbäumen; die Landschaften, in welchen die Belaubung der blattwechselnden Wipfelbäume durch ansteigende Licht - und Wärmemenge hervorgerufen wird, sind fast scharf geschieden von denjenigen, in welchen die belaubte und unbelaubte Periode zusammenfällt mit einer niederschlagsreichen und - armen klimatischen Periode. Und so wie es hier in groben Zügen mit der Sonderung einzelner Unterklassen der Baumformen geschah, kann man alle weiterverbreiteten Vegetationsformen nach der in ihrem Leben sich aussprechenden Periode und71des Landschaftsbildes.nach den bestimmten darauf hinzielenden inneren Organisationseinrichtungen einteilen. Dabei findet man höchst interessante Einzelbeziehungen zwischen äus - seren Einflüssen und innerer Ausgestaltung heraus, eine Aufgabe, deren weites Feld der Hauptsache nach noch eingehender Bearbeitung bedarf und bei deren Lösung sich auch die geographische Richtung der Botanik als Natur - forschung lebender, und in jedem Zuge nur das fein - fühligste Leben verratender Organisation glänzend aus - breiten wird. Man findet aber auch stets wichtige Ein - richtungen der Lebensweise zahlreich in vielen Umge - staltungen verteilt an sehr verschiedene, im natürlichen System weit voneinander entfernt stehende Gewächse, nur gebunden an bestimmte Klimate, daher gebunden an be - stimmte Zonen und dieselben höchstens an einzelnen durch besondere Standortseinflüsse umgewandelten Stellen über - schreitend.
Während diese grossen pflanzenbiologischen, nach der Gesamtperiode und den durch sie beeinflussten Wuchs - verhältnissen abgegrenzten „ Vegetationszonen “in Berghaus’ physikalischem Atlas, Pflanzenverbreitung Bl. III (Nr. 46) in einer die thatsächlichen Vegetationsgrenzen möglichst genau wiedergebenden Karte zur Darstellung gebracht sind, während auch Englers Karte (Entwickel. d. Floreng., Bd. II) in ihrem Flächenkolorit deren Dar - stellung in ähnlicher Weise bezweckt, ist hier eine Karte beigefügt, welche die klimatischen Grundlagen selbst in möglichst den pflanzenbiologischen Verhältnissen Rechnung tragender Weise wiedergibt und dadurch die Haupt - positionen aller Vegetationszonen zugleich auf die sie be - einflussenden Agentien zurückführt. Der Vergleich dieser Karte mit der genannten im physikalischen Atlas wird zeigen, dass nicht immer, und nicht immer streng, die klimatischen Zoneneinteilungen mit den Vegetationszonen zusammenfallen, dass dies aber doch in der Hauptsache wirklich der Fall ist und dass die Abweichungen zum Teil auch darin ihren Grund haben, dass die zur beider - seitigen Einteilung verwendeten Prinzipien stets etwas an Erzwungenheiten leiden, manchen Uebergängen oder72Köppens Wärmezonen.manchen zwischentretenden neuen Erscheinungen keinen Raum geben, aber bei sachlicher Erörterung befriedigend erklärt werden können.
Die drei geographischen, die Periodizität regulieren - den Faktoren: Licht, Wärme, Feuchtigkeit, stellt die Karte in ihrer Zusammenwirkung dar; das Licht durch die Einteilung nach Breitenkreisen, aus der allein die faktisch mögliche periodisch verschieden verteilte Licht - menge zu ermessen ist, ohne Berücksichtigung allerdings der aus der Bewölkung sich ergebenden Abzüge von dieser höchsten überall möglichen Lichtfülle; die Wärme - zonen sind nach Köppens Einteilung in der originellen Darstellung ihres Verfassers hier unverändert wieder - gegeben (siehe G. J., Bd. XI, S. 98); für die Nieder - schlagsmengen, aus denen die Luftfeuchtigkeit eben - falls einigermaßen beurteilt werden kann, sind an zerstreuten Stellen der Karte Signaturen angebracht.
Die Wärmezonen nach Köppens Darstellung sind für unsere pflanzengeographischen Verhältnisse zunächst etwas eingehender zu erörtern, da sie besser als irgend eine andere bisher gemachte thermographische Darstellung des Erdzustandes klimatisch-pflanzengeographischen Unter - suchungen entsprechen; und daher ist zu hoffen, dass bei späterer erneuter Bearbeitung dieses Gegenstandes und auch besonders infolge der stetig aus bisher unerforschten Ländern reicher zufliessenden Materialien die Präzision der Abgrenzungslinien eine vervollkommnete werde. Dieser inneren Vorzüge wegen, welche bei Köppens Karte in dem für seine Wärmezonen verwendeten Einteilungsprinzipe liegen, ist dieselbe als Unterlage für die im nächsten Abschnitt zu besprechenden „ Florenreiche “gewählt, deren eigene Grenzen zu den hier vorliegenden Zwecken nicht noch einmal ausführlich dargestellt zu werden brauchten, und für deren Abgrenzung innerhalb derselben Kontinen - talmasse die Wärmekurven Köppens einigermaßen gültig sind, wenn sie mit den Xerophytengrenzen verbunden werden.
Worin ihre Bedeutung liegt, mag aus einigen vor - hergeschickten Betrachtungen über die Korrelation be -73Nördliche Baumgrenze.stimmter Temperatur - und Zonengrenzen sich heraus - stellen: Die nördliche Baumgrenze, welche die Grenze der ersten und zweiten Vegetationszone bildet und welche ihrer ganzen Natur nach auf die Wärme in irgend welcher Gestalt als ersten klimatischen Faktor zurückzuführen ist, fällt ziemlich gut zusammen mit der Juliisotherme von 10°, so allerdings, dass dieselbe an einigen Stellen zu weit nach Norden greift und gerade dort einige kleine Ver - besserungen durch die Lage der Jahresisotherme von 0° erfahren könnte. Ist hier ein mittleres Temperaturextrem von bestimmendem Einfluss (und es ist ja in der That das Zusammenfallen von der 10°-Linie mit der Baum - grenze kein Zufall), so sehen wir sogleich, dass an an - deren Stellen die entsprechenden Extreme nicht von gleichem Einfluss sind. Denn es sind z. B. die von der 30°-Juliisotherme eingeschlossenen Länder zwar noch ge - meinsam heisse Wüsten, nicht aber die Glanzpunkte der Tropenvegetation; und die Januarisothermen von — 40°, — 20° schneiden ebenso wie die von 0°C. mitten in die bewaldeten nordischen Länder hinein. Auf der + 20° - Juliisotherme der Temperaturkarten liegt Paris, Jakutsk und die nordamerikanische Seengegend, alle drei zwar zu derselben Vegetationszone gehörig, aber doch in sehr un - gleichen Nebenumständen und in sehr verschiedener Nachbarschaft; die 10°-Juliisotherme hat also schon bei 20°-Isotherme ihren auffälligen Einfluss verloren, weil sich nun auch das Jahresmittel, resp. die Winterkälten bestimmend eindrängen und weil es doch nicht ohne Ein - fluss sein kann, ob ein Ort wie Paris über der 0°-Januar - isotherme liegt, oder wie Jakutsk von der — 40°-Januar - isotherme mit umschlossen. So sehen wir auch die Tropenvegetationszone viel mehr als die äussersten nörd - lichen und südlichen Zonen vom Temperatur-Jahresmittel abhängig, in der Hauptmasse ihres Gebietes etwa in die 24°-Jahresmittel umschliessenden Isothermen hineinfallend, wobei aber sowohl einerseits eine Erniedrigung des Jahres - mittels auf 20° die tropische Vegetation noch nicht aus - schliesst (z. B. in Südbrasilien), andererseits eine Erhöhung eher die Wüstenbildung als den Reichtum der Tropen -74Beziehungen zwischen Temperatur -flora begünstigt; (Chartum und Timbuktu liegen in einer schmalen Fläche von über 30° Jahresmittel eingeschlos - sen!). Was wir dagegen im Gebiet der tropischen Vegetationszone maßgebend bemerken, ist der geringe Aus - schlag ihrer Extreme, der geringe Abstand, welchen dort z. B. die 20°-Isotherme im Jahresmittel, im Januar und im Juli haben, so dass natürlicherweise die Gleichförmig - keit vor der kurz andauernden Ueberhitzung den Vorrang hat; die Linien gleicher Wärmeschwankung von 5°, ein höchst niedriger Betrag für das Jahr, fallen daher überall noch mitten in die Tropenvegetation hinein.
Noch viel auffälliger würden die hier besprochenen Erscheinungen werden, wenn wir, anstatt von Monats - mitteln zu reden, deren mittlere Extreme im Schatten oder die mittleren Insolationstemperaturen ausserdem zur Verfügung hätten und nun Vergleiche anstellen könnten, für welche einstweilen noch die grundlegenden Beobach - tungen in der Mehrzahl der Länder fehlen.
Selbst wenn wir uns also mit den einfachsten Tem - peraturdarstellungen (Mitteltemperatur im Schatten) be - gnügen müssen, so haben uns die vorhergehenden Betrach - tungen gezeigt, dass die verschiedensten Momente des Temperaturganges in seiner jährlichen Periode zur Ge - staltung der Vegetationszonen zusammenwirken, bald die höchsten, bald die mittleren, bald die tiefsten Tempera - turen, bald das geringste Maß, bald ein sehr hohes Maß jährlicher Wärmeschwankung unter und über das Mittel. Daher sind die auf einer einfachen Mittelnahme basier - ten Temperaturzonen, wie die von Supan (Geogr. Mittlg. 1879, S. 349, T. 18) bei allem meteorologischen Interesse für unsere Zwecke weniger brauchbar, und es bedarf viel - mehr einer besonderen Ideenkombination, um diejenigen thermometrischen Momente klar zusammenzufassen, welche in der Gliederung der Erdoberfläche nach Vegetations - zonen und Ländern verschieden in Wirkung treten, um diese als „ organische Wärmezonen “mit bestimmtem, leicht fasslichen Charakter zu versehen.
Ausgehend von der Betrachtung, dass die Vegeta - tionserscheinungen der verschiedenen Pflanzen an ver -75und Vegetationszonen.schiedene Minimalwerte der Temperatur gebunden sind, dass aber ausserdem, wie oben ausführlicher besprochen, die Temperatursummen eine wichtige Rolle durch die Notwendigkeit der Anhäufung organischer Kraft in einer nicht unter ein bestimmtes Maß sinkenden Zeit spielen, hat daher Köppen seine „ Wärmezonen der Erde, nach der Dauer der heissen, gemäßigten und kalten Zeit und nach der Wirkung der Wärme auf die organische Welt betrachtet “, auf die Zeitdauer begründet, während welcher sich die Temperatur über oder zwischen gewissen Grenz - werten hält. Die Annahme der Grenzwerte ist zwar immer etwas willkürlich, doch lassen sich durch Vergleich der Vegetation in räumlicher Anordnung mit dort bestehen - den höchsten oder mittleren Temperaturen mit ziemlicher Genauigkeit solche Werte wählen, welche in der Unter - scheidung der Hauptvegetationsformen eine bedeutendere Rolle spielen; so lässt sich z. B. die Temperatur von 10° Wärme für einen Monat Dauer als geringste For - derung des Baumlebens erkennen; von ähnlicher Bedeu - tung hat man schon seit lange die um 20°C. liegenden Temperaturen für sommerliche Monatsmittel gefunden.
Köppen unterscheidet daher 7 Wärmezonen, von denen jede nördlich wie südlich vom Aequator wiederkehrt; 1. Die tro - pische Zone umfasst die Teile der Erdoberfläche, an denen die normale Mitteltemperatur aller Monate über 20° liegt; gleich - mäßig hohe Wärme mit sehr geringer jährlicher Schwankung ist ihr Charakterzug das ganze Jahr hindurch, in welches nur die Niederschläge eine periodische Teilung schärferer Art hineinbringen.
2. In den beiden sich an die Tropen anschliessenden Zonen sinkt die Temperatur mindestens 1 Monat lang, höchstens aber 8 Monate lang, unter die tropische Temperatur von 20°, während in einer mindestens 4 Monate währenden heissen Jahreszeit der hohe Stand der Sonne zur vollen Geltung kommt. Zwei oder drei Unterabteilungen dieser Zone, in der Karte durch einen roten und blauen Strich geschieden, ergeben sich durch die Andauer der kühleren Jahreszeit (weniger oder mehr als 4 Monate) und durch das Herabsinken des kühlsten Monats nicht bis zu 10° Wärme - mittel oder unter diese, schon sehr gemäßigte Wärmestufe.
3. — 5. werden als gemäßigte Zonen den ersten beiden (tro - pischen) gegenübergestellt; sie haben unter sich das gemeinsam, dass die heissen Temperaturen (20° und darüber) höchstens noch 4 Monate anhalten können und in den nördlicheren Breiten ganz verschwinden, während die eigentlichen „ gemäßigten “Temperaturen76Die Wärmezonen der Erde.von 10° — 20° mindestens noch 4 Monate (an der nördlichen Grenze der fünften Zone), meistens aber ungefähr die Hälfte des Jahres hindurch anhalten, und unter 10° Wärmemittel liegende Monate allerhöchstens zwei Drittel des Jahres dauern. Diese drei Zonen, unter sich ziemlich innig und oft mit verschlungenen Grenzen zusammenhängend, gliedern sich naturgemäß ab, je nachdem sie entweder noch einige Monate hindurch die heissen Temperaturen der Tropenzone teilen, oder sie sich im Gegenteil einige Monate lang durch unter 10° sinkende Temperaturen an die kalten Klimate anschliessen. Ueber den Ozeanen und an einigen kleinen Stellen der Kontinente ist als eine besondere, „ konstant gemäßigte “Zone diejenige abgehoben, in welcher kein Monat über 20° oder unter 10° Temperaturmittel zeigt; diese dritte konstant gemäßigte und die vierte, sommerheisse Zone vertreten sich gegenseitig nebeneinander, während die fünfte Zone polwärts sich an beide anschliesst; die Grenze zwischen Zone 3 und 5 bildet dabei die Isotherme von 10° des kältesten Monats, die Grenze zwischen Zone 4 und 5 aber die Isotherme von 22° des wärmsten Monats, da dem Verf. durch 22° eine bessere Grenze als durch 20° erzielt zu werden schien. — Auch ich halte dies für nützlich, weil anderenfalls die vierte Zone viel zu weit polwärts sich ausdehnen würde, zumal da anderen Karten zufolge die 22°-Isotherme des Juli weiter nach Norden ausgreift als in Köppens Darstellung.
6. Die kalte Zone, in den Ländern der nördlichen Halbkugel ungleich stärker entwickelt als im Süden, besitzt höchstens 4 Monate lang, mindestens aber 1 Monat hindurch die gemäßigten Tempe - raturen von 10°C. und darüber; ihre nördliche Grenze bildet die oben besprochene Juliisotherme von 10°, deren Natürlichkeit schon hervorgehoben wurde; dort ist der Juli der einzige noch „ gemäßigt “auftretende Monat; alle anderen Monate sind mit ihren niedrigeren Mitteln „ kalt “. In dieser Zone verläuft, an manchen Stellen sogar seiner Südgrenze ziemlich genähert, die Südgrenze des stets gefrorenen Erdreiches nach ungefähren An - gaben; von da an nordwärts thaut der Boden, welcher ja von einer gewissen Tiefe an (23 m vollständig!) auch im Sommer die mittlere Jahrestemperatur beibehält, wegen des sehr niederen Jahresmittels gar nicht mehr auf in den der jährlichen Sonnen - wirkung entzogenen Tiefen, obwohl nicht nur hochstämmige Wälder, sondern zum Teil auch noch Kornfelder auf seiner Oberfläche recht gut gedeihen.
7. Die Polarzone nimmt dann den jenseits der 10°-Isotherme des wärmsten Monates liegenden Rest der Erde ein, abgesehen von den hochalpinen Regionen der Hochgebirge, welche bei dem kleineren Maßstabe der Karte keine Darstellung fanden. — Für sie ist von Interesse noch die Untersuchung Supans über die 0°-Isotherme des wärmsten Monats, welche der Berechnung nach am Nordpol (mit + 0,45° Julitemperatur) noch nicht erreicht sein würde, dagegen auf der südlichen Hemisphäre ungefähr mit dem südlichen Polar - kreise zusammenfällt. Da dort nach allen unseren Wahrnehmungen77Mitwirkung der Niederschläge.dem Leben höherer Blütenpflanzen ein Ziel gesteckt sein muss, so wäre der noch unbekannte kälteste Gürtel der Erde einer neuen, eigenen Wärmezone würdig.
Das Prinzip, Temperaturzonen auf die Dauer gewisser, nicht unter ein bestimmtes Maß sinkender Werte zu begründen, scheint sich in fachmännischen Kreisen erhöhter Bedeutung zu erfreuen und beginnt für einzelne Teile der Erdoberfläche noch genauer ausgearbeitet zu werden. So besonders von Supan für Europa (siehe G. J., Bd. XIII, S. 809) in gesonderter Darstellung der An - dauer der Frostperiode, der warmen und der heissen Periode. Es ist klar, dass diese vollständigeren Ausarbeitungen das höchste Maß der Wünsche von seiten pflanzengeographischer Forschung erfüllen, und für kein Land lassen sich daher die klimatologischen Begründungen von Vegetationslinien und der gesamten Vegeta - tionsabsonderung in der Genauigkeit allgemein überblicken, als eben für Europa nach dem Erscheinen der genannten Arbeit Su - pans, wenn man die Extremtemperaturkarten noch dazu nimmt. Nur die Insolationswirkungen entbehren noch zusammenhängender Darstellung.
In diese Wärmezonen bringt nun die Verteilung der Niederschläge und Luftfeuchtigkeit neue und höchst ge - wichtige Charakterzüge hinein. Dieser dritte Faktor kann naturgemäß nicht eine primäre Ursache der Abgrenzung von den Hauptvegetationszonen auf der Erdoberfläche sein, weil er erst dann wirksam eintritt, wenn Licht und Wärme die Verwendung des Wassers durch die Pflanzenorgani - sation gestatten; die Niederschläge und eine grosse Luft - feuchtigkeit können für eine durch Licht - und Wärme - mangel zum Winterschlaf gebrachte Vegetation nicht nützlich sein; die Niederschläge wirken vielleicht durch Aufspeicherung im Erdreich auch auf den Beginn der Vegetationsperiode noch nach, aber die Luftfeuchtigkeit geht spurlos vorüber. Deshalb sehen wir diese Faktoren innerhalb des durch die geographische Lage verursachten Grundzustandes der Vegetationsperiode mit scharfen Charak - terzügen einschneiden.
Dies vorausgeschickt ist es von hohem Interesse, die Verteilung der trockenen und feuchten Klimate allgemein und in ihrer Wirkung auf die Vegetation zu verfolgen, z. B. in der von Peschel (Ausland 1866; s. Griseb. Abh. S. 335) gegebenen Darstellung, nach welcher die Ver - teilung der fruchtbaren und öden Vegetationsgebiete an78Steppen - und Wüstenzonen.die charakteristische Konfiguration der einzelnen Konti - nente gebunden ist. Die Massenausdehnung des Fest - landes der östlichen Hemisphäre durch nahezu 160 Län - genkreise von 20° N. im Westen der Ländermasse bis 50° N. in deren Osten bedingt im Bereiche des Passatwindes den breiten, von WSW. nach ONO. gerichteten Streifen von Steppen und Wüsten, mit der westlichsten Sahara beginnend und der östlichen Gobi abschliessend in fast lückenlosem Zusammenhange, indem die Niederschläge um so seltener werden, je grösser der Abstand von dem den Wasserdampf durch bestimmte Luftströmungen zuführen - den Meere ist. Es hängen mit ähnlichen Umständen die beiden grossen Steppen - und Wüstenbildungen im Süden der östlichen Halbkugel, in Australien und Südafrika, zu - sammen, wo beidemal die Ostküste der Kontinente selbst regenreich, fruchtbar und mit mannigfaltiger hygrophiler Vegetation bedeckt auftritt, während sie ein westlich sich anschliessendes dürres Hinterland erzeugt; auf wiederum dieselben Verhältnisse lässt sich die Verteilung der un - fruchtbaren Steppen und Wüsten in Amerika zurück - führen, wo die schmalere Gestalt des Kontinentes und besonders der hart an den Westrand gerückte Zug der Andenkette eine viel geringere Fläche der Wüsten von Kalifornien bis Utah auf der nördlichen, in Chile nahe dem Wendekreise und in Patagonien auf der südlichen Hälfte dieses Erdteils zur Entwickelung gebracht hat.
Die Feuchtigkeit, welche ein Land nach seiner festen geographischen Lage überhaupt bekommen kann, wird nun sowohl in ihrer absoluten Menge als auch in deren Verteilungsweise innerhalb der Vegetationsperiode durch die Pflanzendecke selbst stark beeinflusst, wovon die ver - schiedene Verdunstungsgrösse verschiedener Vegetations - decken (s. G. J., Bd. VIII, S. 232) und die durch die - selben auf Windrichtung und Windheftigkeit ausgeübte mechanische Wirkung, sowie ihr beschattender Einfluss auf die feuchte Erdbodenfläche die Veranlassung ist. Dies drückt sich in dem Schlagwort zur Charakterisierung Nord - afrikas aus: „ Afrikas dürrer Sand — wo nichts wachsen kann, weil’s dort nicht regnet — und wo’s nicht regnen79Klimatische Wirkung der Wälder.kann, weil dort nichts wächst “, und gipfelt in der oft besprochenen Rückwirkung der Wälder auf das Klima, welche jüngst von Woeikof (s. G. J., Bd. XI, S. 99) wie - derum so gemäßigt und aufklärend zugleich behandelt ist. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, dass die ganz regenarmen Länder, wenn man ihnen plötzlich eine fertige Walddecke geben könnte an Stelle ihrer Wüsten - und Steppenformationen, deshalb doch nicht Regenfälle genügend erhalten würden zur Aufrechthaltung der Wälder, sondern letztere verdorren lassen müssten; dass aber in den waldbedeckten Ländern der Wald durch Feuchtigkeitsregulierung selbst für seine Erhaltung auf das günstigste sorgt, ist ebenso unzweifelhaft, wie dass in einigen Ländern, wo die absolute Menge der Nieder - schläge und ihre schroffe Abwechselung nach trockenen und feuchteren Jahreszeiten eine Waldbedeckung fraglich macht, die vorhandene Walddecke die Einrichtungen zu ihrer Erhaltung besitzt, während sie — einmal vernich - tet — schwer und nur mit Hilfe künstlicher Bewässerung oder im langsamen Kampf jahrhundertelanger Neuent - wickelung wiedererstehen würde. Die allgemeine Frage gliedert sich selbst wiederum in ganz verschiedene Ge - biete je nach der klimatischen Grundverfassung des be - treffenden Landes und verhält sich in den gemäßigten Zonen anders als in den subtropischen und tropischen, immer unter Mitberücksichtigung der durch die Vegeta - tionsdecke zugleich mit veränderten täglichen Temperatur - periode.
Während die Waldwirkungen auf das mitteleuropäische ge - mäßigte Klima schon durch die forstlichen meteorologischen Stationen bekannt geworden sind, ist es weniger der Fall mit den in den Tropen ausgeübten. Wir lassen daher in diesem Punkte Woeikofs Meinung als Beleg folgen: „ Was den Einfluss der dichten Wälder warmer Erdstriche auf die Regen betrifft, so bin ich der Meinung, dass, wenn die allgemeinen, klimatischen Verhältnisse den Regen entgegen sind, auch in grossen Waldkomplexen kein Regen fällt. Dies ist der Fall, wenn der Wind beständig ein ab - steigender ist oder aus kühleren, trockeneren Himmelsstrichen weht, wie vom November bis Februar in Assam, wo Nord-Ost-Winde vor - walten. Ist eine mächtige Luftströmung aus wärmeren und feuchteren Himmelsstrichen vorhanden, namentlich wenn sie noch eine auf - steigende Bewegung hat, so sind die Verhältnisse dem Regen80Kartographische Signaturengünstig, sei die Gegend vorwaltend Wald, Feld oder Steppe. Aber bei weitem nicht immer gibt es so scharf ausgeprägte Wettertypen. Sehr oft, und namentlich in der Nähe des Aequators, sind die Winde veränderlich oder lokal, oder es herrschen Windstillen. In solchen Verhältnissen müssen dichte Wälder dem Regen günstig sein, weil sie den Winden ein Hindernis entgegensetzen und da - durch die Luft zum Aufsteigen zwingen, ausserdem die Luft im Walde schon feucht ist. Das eine und das andere ist einer Kon - densation günstig. Bei derselben Windrichtung muss es in wald - losen Gegenden nicht oder weniger regnen. Bei Windstillen und heiterer Witterung nach einer langen regenlosen Periode ist der aufsteigende Strom über Wäldern viel feuchter, als über unbe - waldeten Gegenden, wo der Boden ausgetrocknet, die Vegetation verwelkt ist, daher dort wieder günstigere Verhältnisse für Regen. Auch die Windstille selbst ist günstig für Regen des aufsteigenden Stromes; ich erinnere nur an die häufigen Nachmittagsgewitter in gut geschützten Alpenthälern. Gerade der häufig vorkommende frühere Anfang der Regen in bewaldeten Tropengegenden beweist die Richtigkeit des oben Gesagten. “
Für die Einwirkung der Niederschlagsmengen und ihrer Verteilung auf die Absonderung der Vegetations - zonen bedarf es besonderer Karten, welche nicht nur die jährliche Regenmenge nebeneinander stellen, sondern viel - mehr die Regenmenge im Verhältnis zu der faktisch statt - findenden Vegetationsperiode kennzeichnen sollten. Es ist ein solches Verfahren dadurch angedeutet, dass in unserer Wärmezonenkarte Eintragungen über die Nieder - schläge in Gestalt von Signaturen hinzugefügt sind.
Vier Windfahnen sind in der Reihenfolge der vier allgemeinen meteorologischen Jahreszeiten De - zember-Februar (links oben), März - Mai (links unten), Juni-August (rechts oben), September-November (rechts
unten) an einem Mittelstrich gezeichnet; sind ihre Felder hell, so fallen zu der betreffenden Jahreszeit zur Aufrechterhaltung der in Thätigkeit befindlichen Vegetation genügende Niederschläge, sind ihre Felder dunkel, so fehlen dieselben und veranlassen Rückgang oder Vegetationsruhe zu der betreffenden Jahreszeit, so dass also ein Mittelstrich mit einer hellen Fahne links unten und einer rechts oben Niederschläge innerhalb der Vegetationsperiode vom März bis August bedeuten würde. Die Dürre zu allen Jahreszeiten ist durch die Signatur einer runden, schwarz umränderten Scheibe an Stelle der Windfahnen ausgedrückt. Das Aphoristische dieser Darstel - lungsweise liegt auf der Hand; doch da eine klimatologische Karte mit Rücksicht auf die Vegetationszonen allen drei Agentien: Licht,81für die Niederschläge.Wärme, Feuchtigkeit, gleichmäßig gerecht werden soll, und da sich die Verteilung der Lichtperiode auf die Jahreszeiten aus den Breitenkreisen zugleich ergibt, so sind die Niederschläge wenigstens im Prinzip ihrer Wirkung bezeichnet. Von besonderer Wichtig - keit sind die Erdstriche mit Regenarmut in allen Monaten, da sie starke Sperren für die an sie angrenzenden Floren darstellen. Die Ausdehnung dieser trockenen Länder, der natürlichen Entwicke - lungsherde der Xerophilen oder Xerophyten im Sinne A. de Can - dolles, ist daher noch genauer angegeben durch Darstellung der Grenzlinien, bis zu welchen die jährliche Niederschlagshöhe 20 cm auf der nördlichen und 60 cm auf der südlichen Hemisphäre nicht übersteigt. Als Quelle dienten dafür Hanns Karten im physikali - schen Atlas. Thatsächlich rahmen diese, für den Norden und Süden mit Absicht ungleich gewählten Niederschlagsgrenzen, be - sonders interessante, eigenartige Florenbilder ein.
Noch 5 Gebiete sind durch rote Sterne hervorgehoben, das mexikanische Hochland und die peruanische Küste, Somali-Land mit Südarabien, die südafrikanische Heimat der Welwitschia, end - lich das tropische Savanengebiet in Australien. Es sind dies Länder, in welchen die Charaktere von ihrer geographischen Lage nach tropischen Gebieten unter Ausschluss der die regelmäßige Befeuchtung nicht entbehren könnenden Gattungen aus tropischen Xerophilen von Euphorbiaceen, Cucurbitaceen, Apocynaceen, Legu - minosen, Liliaceen etc. bestehen und sehr vereinzelt gebliebene Sippen aufweisen; von diesen Xerophilenfloren wird im 6. Abschnitt weiter die Rede sein.
Der Vergleich meteorologischer allgemeiner Regen - und Temperaturkarten belehrt uns, dass in den Tropen bei gleichmäßig hoher, aber nicht excessiver Tempe - ratur die höchsten Niederschlagsmengen das Jahr hin - durch fallen (Länder mit vielfach über 200 cm erreichender jährlicher Regenhöhe), während die excessiven Hitzegrade mit den geringsten Niederschlagsmengen vereinigt das Wüstenklima zu stande bringen. So (immer Hanns An - gaben in Berghaus’ physik. Atlas folgend) im nordhemi - sphärischen Sommer das Gebiet vom Grossen Salzsee in Utah bis zum nördlichen Wendekreise in Mexiko mit 30 bis 36° Julitemperatur und Niederschlägen grossenteils unter 20 cm im Jahr; ferner die Sahara, Arabien, Persien bis Jarkand mit über 34° Julitemperatur und ebenfalls der niedrigsten Regenstufe (unter 20 cm), welche letztere sich allerdings in Zentralasien noch weiter nordwärts gegen die hohen Bergketten (Altai, Sajan) ausdehnt, ohne dass hier die von 30° auf 24° und teilweise 22° Juli -Drude, Pflanzengeographie. 682Bildung von sechs Vegetationszonen.mittel sinkende Temperatur in gleicher Weise die Wüsten - bildung förderte. Aehnlich im südhemisphärischen Som - mer, wo in Südafrika über der Kalahari dieselbe niedrigste jährliche Regenstufe (< 20 cm) mit einem Januarmittel von mehr als 30° zusammenfällt, ebenso im Innern Au - straliens bei Zusammentreffen der niedrigsten Regenstufe mit einer 32° und sogar 34° übersteigenden Januar - temperatur; nirgends geschieht dies aber in gleicher Weise in Südamerika, wo die Atacamawüste schon von nur 20°-Januarisotherme geschnitten wird und also ihre Vegetationsöde der Regenlosigkeit in erster Linie allein verdankt.
Das Interesse, welches der Vergleich von Temperatur - und Niederschlagskarten bietet und zugleich der im all - gemeinen in der jetzigen Periode parallele Gang von Licht - und Wärmeverteilung, könnten darüber hinweg - täuschen, dass man Vegetationskarten allein auf Tempe - raturen und Feuchtigkeitsverhältnissen errichten könnte; allein, wenn auch die Verteilung des Lichtes nicht wie die der Wärme und Feuchtigkeit in ihrer jährlichen Schwankung kartographiert worden ist, so scheint jede Vegetationskarte ohne Berücksichtigung dieses primären Agens ungenügend. Aus dem Grunde erscheint es auch nicht geeignet, die Vegetationszonen selbst auf die Verteilung verschiedengradiger „ thermophiler “und „ hygrophiler “(bezw. „ xerophiler “) Vegetationsformen allein zu begrün - den, sondern auf die vereinigten periodischen Er - scheinungen, welche alle drei Faktoren zum Urgrund haben.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ergeben sich uns sechs ziemlich scharf geschiedene Vegetations - zonen (hier auf die Karte der Wärmezonen bezogen, in genauerer Darstellung in Berghaus’ physik. Atlas, Bl. Nr. 46); eine entspricht der tropischen Wärmezone zu beiden Seiten des Aequators, drei den gemäßigten und kalten Wärme - zonen der nördlichen Hemisphäre, nur zwei dagegen den gemäßigten und kalten Wärmezonen der südlichen Hemi - sphäre, welche wir jetzt in vom Norden her südwärts vor - schreitender Aufzählung kurz charakterisieren wollen,83Zone I und II.indem wir zahlreiche Einzelheiten den Schilderungen des 6. Abschnittes dieses Handbuches überlassen.
I. Arktische Glacial - und Tundrazone. Am Rande dauernder, abgesehen von einzelnen eingestreuten Algen - flecken oder schneefreien Oasen vegetationsloser Eiswüsten beginnend, erstreckt sich dieselbe bis zur nördlichen Baumgrenze und hat als vorwiegenden Charakter die Ent - wickelung wenig mannigfaltiger Halbstrauch - und Stau - denformationen von kurzer Vegetationsperiode, neben Moosen und Flechten, für welche alle die Hauptentfaltung in den Juli fällt. Nicht nur die Vegetationsformen der Bäume und normalen Sträucher sind durch die zu kurze Zeit hindurch anhaltenden Temperaturen von 10° im durchschnittlichen Tagesmittel ausgeschlossen, sondern auch alle zweijährigen, fast alle einjährigen Kräuter, von der Klasse der Süsswassergewächse fast alle zu den Blüten - pflanzen gehörigen Vegetationsformen, die Succulenten, und ohne Ausnahme die den höheren Gewächsen ange - hörenden Epiphyten, Lianen, Parasiten. Die Vegetations - periode erreicht bis zu 3 Monaten Zeit, und wo sich in den Hochländern der nördlichen Hemisphäre durch Tem - peraturerniedrigung dieselbe Verkürzung der Periode, auch bei vorhandener Lichtmenge, einstellt, gesellen sich die - selben in ganz analogen Vegetationserscheinungen dieser ersten Zone zu, wie z. B. am ausgedehntesten auf dem 5000 m Höhe vielfach überragenden Hochland von Tibet. — Diese Zone fällt ziemlich genau mit Köppens nörd - licher Polarzone zusammen.
II. Zone der Zapfen - und sommergrünen Laubbäume, der sommergrünen Moore und Wiesen. Von der nörd - lichen Waldgrenze an erstreckt sich dieselbe südwärts bis dahin, wo in Waldländern die Vegetationsformen immer - grüner Laubwipfelbäume und Laubsträucher vielfältig und tonangebend in der Physiognomie der Landschaft hervor - treten, und wo in baumlosen Grasländern an Stelle der freudig auch im Sommer grünenden und blühenden Wie - sen - und Heideflächen eine sommerdürre, im Hoch - sommer verbrannte Vegetation eintritt. In dieser Zone ist der Stillstand nur durch die winterlichen niederen84Charakter von Zone II.Temperaturen mit anhaltender oder rasch vorübergehen - der Schneebedeckung bedingt, während die Vegetations - periode 3 — 7 Monate währt und in ihrer Mitte den Juli als Zeit der höchsten Entwickelung einschliesst.
Von Vegetationsformen finden sich in dieser Zone besonders die sommergrünen Wipfelbäume und die zuge - hörigen Sträucher, welche im Herbst die Blätter gänzlich abwerfen und mit Winterknospen die Ruhezeit überdauern; neben ihnen die immergrünen Nadelhölzer, welche hier nicht so sehr in ihrem systematischen Range gemeint sind als in der Hinsicht, dass sie frostharte immergrüne Be - laubung bilden können durch den physiologischen Schutz des Harzes in den Blattzellen gegenüber der oft sehr strengen Winterkälte. Nächstdem sind hier die Vegeta - tionsklassen der Halbsträucher und Stauden, der Moose und Flechten in einer die nordpolare Glacial - und Tundra - zone meistens übertreffenden Mannigfaltigkeit entwickelt, die ein - und zweijährigen Kräuter treten an entsprechen - den Plätzen ein, Süsswassergewächse entfalten sich in grösserem Reichtum auch von Blütenpflanzen; auch schwache Vertretung einiger anderer Vegetationsklassen tritt auf.
Diese zweite Zone fällt ziemlich scharf mit Köppens nördlichem „ kalten Gürtel “(1 — 4 Monate gemäßigt, die übrigen kalt) und dem daran südlich sich anschliessenden, durch „ gemäßigten Sommer und kalten Winter “charak - terisierten Gürtel zusammen. Die Grenzlinie, welche Köppen zwischen dem kalten und nördlich gemäßigten Gürtel gezogen hat, und welche in Nordamerika um den 50° N. schwankt, in der Alten Welt dagegen vom südlichen Skandinavien über den Oberlauf der Wolga nach Sibirien unter 55° N. zieht und endlich am Amur verschwindet, hat auch für uns Bedeutung, indem sie eine nördliche Abteilung der Zone mit 3 — 5 Monate währender, und eine südliche Abteilung mit 5 — 7 Monate währender Ve - getationsperiode trennt und in der südlicheren selbstver - ständlich den Reichtum an Vegetationsformen wesentlich erhöht erscheinen lässt.
Für botanische Zwecke ist es aber natürlicher, die Regenfälle in ihrer Verteilungsweise zur Bildung von85Abteilungen der Zone II.Hauptabteilungen in dieser wie in den anderen Zonen heranzuziehen und die eigentlichen Waldländer mit stetigen Niederschlägen von den sommergrünen Grasländern zu trennen. Letztere breiten sich an den Südgrenzen der Zone einmal in der Rocky-Mountains-Gegend und deren östlichem Abfall in Nordamerika, zweitens vom Unterlauf der Donau an über den Dnjepr und untere Wolga zur Ba - rabasteppe und in die Mongolei hin aus, zeigen teilweise sogar schon durch im Hochsommer verdorrende Vegetation grosse Verwandtschaft mit den Steppenländern der fol - genden Zone. Da der nördliche kalte Gürtel mit 3 bis 5 Monate langer Vegetationsperiode nur Waldländer ent - hält, der nördlich gemäßigte Gürtel dagegen teils Wald - länder mit 5 — 7 Monate währender Periode, teils die ge - nannten Grasländer, so ergeben sich aus Vereinigung der Temperatur - und Formationsteilung die 3 Hauptteile dieser Zone:
III. Nördliche Zone immergrüner, mit sommergrünen gemischter Sträucher, Laub - und Zapfenbäume, und der sommerheissen Steppen und Wüsten. Indem wir die Be - grenzung der Tropenzone (IV) bei dieser selbst geben, sei über diese dritte Zone nichts weiter bemerkt, als dass sie vom Südrande der zweiten Zone an die gesamten Vegetationsgebiete bis zum Nordrande der Tropenzone in Anspruch nimmt. Sie kennzeichnet sich in einer kürzeren, durch Frost und wenig Schnee, oder häufiger durch nie - dere Wärmegrade über Null bedingten und um den Januar liegenden Vegetationsruhe, allerdings mit merkwürdigem Wechsel in den winterlichen Temperaturen, da die nörd - lichsten Gebiete dieser Zone noch Januarisothermen unter — 10° haben, die südlichsten dagegen an die + 20° Januarisotherme anstossen!
Wo, wie in Nordamerika westlich und östlich der Felsen - gebirge, ebenso auch in den zentralasiatischen weit zusammen -86Zone III.hängenden Steppen, ein weites Steppen - und Grasland durch viele Breitengrade sich erstreckt, ist die Grenze des von diesem zur Zone II gehörigen Anteils von dem zu dieser Zone gehörigen in der Regel, wo sonst keine natürlichen Grenzen vorlagen, in die Juliisotherme von 22° gelegt, da diese Isotherme die gemässigten Sommer von den heissen als klimatische Linie scheiden soll. Selbstverständlich gehört noch ein grosser Teil der Hochgebirgs - wiesen aus der immergrünen und Steppenzone in die zweite (Wiesen -) Zone hinein.
Fast regelmäßig aber wird, wo nicht dauernde und hohe Niederschläge das Gegenteil bewirken, die früh im Jahre schon üppig beginnende Vegetationsperiode durch eine hochsommerliche Trockenheit unterbrochen, auf welche dann nochmals im Herbst ein kurzer Rest der ganzen Vegetationsperiode bei genügender Wärme folgt; denn diese Zone umfasst die heissesten, schon früher ge - nannten Länder mit über 30° hinausgehender Julitempe - ratur, eine Höhe, welche interessanterweise nach dem Nordrande der Tropenzone selbst wiederum abfällt!
Von Vegetationsformen bringt diese Zone neben jenen der vorigen besonders die zahlreichen Formen immer - grüner belaubter Wipfelbäume und Gebüsche, sowohl von mannigfaltigen Dikotylen als von den Nadelhölzern ge - bildet, welche letztere aber hier kaum noch frostharte Organisation zeigen. Die immergrünen Schopfbäume treten nur höchst vereinzelt als bestimmte Ausnahme - erscheinungen auf, meistens auf strauchartige Zwergformen herabgedrückt. Stamm - und Blatt-Succulenten sind hier vielfältig entwickelt, die Klasse der blattlosen (zumal dornigen) Gesträuche reich vertreten; von den Stauden gehören verhältnismäßig viele zu der Vegetationsform der Zwiebelpflanzen, viele andere zeigen Schutzmittel gegen Dürre; neben ihnen sind die einjährigen Formen der Gräser und Kräuter besonders zahlreich. Erdflechten sind schon stark zurückgedrängt.
Diese dritte Zone umschliesst von Köppens Wärme - zonen zunächst die beiden noch übrigen (südlicheren, für uns kaum verschiedenen) gemäßigten Gürtel, nämlich den „ sommerheissen “und den „ konstant gemäßigten “; aber hier ist noch kein vollständiger Abschluss erreicht,87Abteilungen der Zone III.sondern auch der nördlichste Teil des „ subtropischen Gür - tels “, in dem etwas über 4 Monate lang die heissen (20°C. übersteigenden) Temperaturmittel herrschen, fällt in dieselbe Vegetationszone. Man sieht in der subtro - pischen Wärmezone eine dicke rote Linie verlaufen, welche die Gegenden mit wenigstens 4 Monate lang währender kühlerer Zeit (Temperatur unter 20° im Mittel) von den Sub - tropen mit sehr verkürzter kühler Zeit abtrennt: diese Linie fällt ungefähr mit der Südgrenze unserer dritten Vege - tationszone zusammen. Dass hier keine genauere Ueber - einstimmung herrscht, ist leicht erklärlich; wie oben ge - sagt, fallen die mit der grössten excessiven Hitze im nordhemisphärischen (ähnlich auch im südhemisphärischen) Sommer begabten Länder durchaus nicht mit den Glanz - punkten der Tropenflora zusammen, sind im Gegenteil wüste Steppenländer. Die auf die Temperaturen im Sinne von Köppens Methode gegründeten Wärmezonen müssen daher hier im Vergleich mit den Vegetations - zonen den Dienst versagen; hier tritt ein anderes Ele - ment ein, nämlich das der Vermeidung der höchsten Hitzegrade. Und dies wird durch einen anderen meteoro - logischen Charakter bewirkt, den wir deshalb zusammen mit der Gleichförmigkeit der Temperatur als maßgebend betrachten, durch den Eintritt tropischer Sommer - regen; die Niederschlagssignaturen in der Karte geben von dieser Grenzbildung eine Vorstellung. — Auch hier ergeben sich uns drei natürliche Abteilungen der Vege - tationszone:
IV. Zone der tropischen immergrünen, oder je nach den Regenzeiten periodisch belaubten Vegetiationsformen. Dieselbe umfasst alle Länder, in welchen eine durch Kälte bedingte Winterruhe gar nicht existiert, in welcher bei gleichförmig hohen Temperaturen eine der Vegetation durchaus feindliche und zur Wüstenbildung führende Hitze durch tropische Sommerregen verhindert wird, und in denen die Entwickelung der Vegetationsformationen von der Verteilung der Niederschläge über das ganze Jahr zerstreut oder über bestimmte Abschnitte desselben aus - gedehnt ganz allein abhängt, ohne dass die Trocken - periode zu biologischen Verhältnissen führte, wie sie die subtropischen Wüsten auszeichnen.
Eine Fülle besonderer Vegetationsformen, einige cha - rakteristische und dieser Vegetationszone fast ausschliesslich angehörige Vegetationsklassen zeichnen sie vor den übrigen aus. Dahin gehören besonders die allein oder beigemischt Wälder bildenden immergrünen grossbeblätterten Schopf - bäume, deren Vegetation von keinem anderen Klima er - halten werden kann (Palmen, Pandaneen etc.), und neben diesen die Entwickelung vieljähriger Stauden, deren Blatt - rosette auf einem scheidenumhüllten Stamm frei in die Luft ragt (Musa). Die Vegetationsklasse der immergrünen Wipfel - bäume ist neben jener der periodisch-regengrünen die Hauptmasse des Waldes bildend; letztere (die regen - grünen Bäume) sind für diese Zone eigentümlich. An den Meeresküsten finden sich die Mangroven ein; die Binnen - wälder erhalten durch die beigemischten Lianen und Epi - phyten ein verändertes Gepräge, und beide Vegetations - klassen umfassen in dieser Zone allein einen grossen Formenreichtum. Selbst Holzparasiten und Saprophyten finden hier die reichste Entwickelung, dazu fehlen auch Stamm - und Blatt-Succulenten nicht, während die unter der polaren Glacial - und Tundrazone genannten Vegeta -89Charakter der Zone IV.tionsformen fast ganz, die Moose ausgenommen, hinter den anderen genannten Organisationen zurücktreten.
Die geographischen Grenzen der Zone sind daher nach dem Auftreten von „ tropischen Waldungen “mit den genannten Charakteren, zugleich mit dem klimatischen Charakter regelmäßiger Sommerregen oder immerwäh - render Niederschläge verbunden, abzustecken. Die Nord - grenze ist also in Nordamerika am Stillen Ozean etwa unter 26° N. um das mexikanische Hochland südwärts ausbiegend zum Golf von Mexiko (unter 24° N.), und von da die Südspitze Floridas schneidend und die Bahama-Inseln noch einschliessend durchgeführt, in der Alten Welt nord - wärts der Cap Verde-Inseln und des Senegal über das nördliche Knie des Niger, in einem Bogen um den Tsad - see herum und zu den Gestaden des Roten Meeres (24° N.), von wo sie um den Küstensaum Südarabiens herum nach Indien geführt wird, hier an der Indischen Wüste vorbei zum Südhange des Himalaya und diesem folgend die Oberläufe des Irawadi, Saluen und Mekong schneidet und endlich an der Küste von Hanoi — Hong - kong den Stillen Ozean wieder erreicht. Die Südgrenze ist am Westhange der Peruanischen Anden zweifelhaft, am Osthange beginnt sie etwa unter 18° S. am Mamore in Bolivien, senkt sich südostwärts zum Wendekreise und erreicht, um das brasilianische Hochland nordwärts aus - biegend, in einem schmalen Küstensaume von Rio de Ja - neiro bis Sa. Catharina den Atlantischen Ozean; in Afrika läuft sie nördlich vom Cunene (16° S.) zum Südgestade des Ngamisees und erreicht unter etwa 24° S. den In - dischen Ozean, schliesst Madagaskar und die Maskarenen ein, durchschneidet Australien in einer um den 20° S. gebogenen Linie (an der Ostküste sich bis über 26° S. senkend) und umfasst noch die von den Wendekreisen umschlossenen Inseln Polynesiens.
Von Köppens Wärmezonen fällt der „ tropische Gür - tel “vollständig in unsere tropische Vegetationszone hinein, von dem subtropischen Gürtel aus den schon angedeu - teten Gründen im Norden und Süden des Aequators un - gefähr das durch die rote Grenzlinie (der 4 Monate90Abteilungen der Zone IV.anhaltenden kühlen Zeit unter 20°) abgeschnittene Stück.
Von Abteilungen haben wir hier folgende zu unter - scheiden:
Die beiden Vegetationszonen der südlichen Hemisphäre. In der Meteorologie findet man, welche Abgrenzungs - prinzipien auch verwendet sein mögen, stets dieselben Zonen nördlich und südlich vom Aequator wiederkehrend. Eine derartige Zonenbildung darf meiner Meinung nach in der Pflanzengeographie nicht stattfinden, denn sie würde eine Aehnlichkeit nördlicher und südlicher Breiten vorstellen, welche den Thatbeständen nicht entspricht. Die tropische Zone selbst, in einer die Wendekreise fast überall nicht erreichenden und nur selten überschreitenden Breite, ist einheitlich, wie das nicht anders erwartet werden kann; aber nördlich und südlich derselben herrschen nicht gleich - artige Verhältnisse, sondern auch bei gleichartigem Klima nur Analogien. Dies ist schon darin begründet, dass nördlich und südlich der beiden Wendekreise keine gemeinsam vorkommende wichtige Vege - tationsform von denselben Pflanzen repräsen - tiert wird, dass ferner viele einander geradezu gegen - seitig vertretende Vegetationsformen neben diesen sich hervorheben. Dazu kommt noch der folgende wichtige Umstand: wie man auf Köppens Wärmezonenkarte be - merkt, kommt zwar der gemäßigte winterkalte und der auf 1 — 4 Monate allein gemäßigte, übrigens kalte Gürtel91Zone V.auf der nördlichen wie südlichen Hemisphäre in einander entsprechenden Breiten vor, doch in der letzteren viel weniger weit polwärts ausgedehnt und auf eine viel klei - nere Länderfläche beschränkt. Dazu fehlt es im Süden an einem starken Wärmeausschlage zwischen Sommer und Winter. Daher findet sich die diesen Umständen ihr Dasein und ihren Charakter verdankende zweite Zone (der Zapfen - und sommergrünen Laubbäume etc.) im Süden nicht vertreten; der Süden lässt daher nur zwei (statt drei) auf die Tropen folgende Vegetationszonen unterscheiden, deren Grenze am einfachsten, wenn auch nicht scharf, durch das Aufhören des Baumwuchses be - zeichnet wird. Auch der Süden hat blattwechselnde sommergrüne Laubbäume; eine chilenische Buche z. B. ist der europäischen in der Tracht ähnlich; die Vegeta - tionsform selbst fehlt also dort nicht. Aber sie setzt keinen eigenen Zonencharakter zusammen, sie verschwindet unter den immergrünen Wipfelbäumen, welche in der südlichsten Zone zu Strauchformen herabsinken, ohne ihre immergrüne Belaubung aufzugeben; und dies mag als ein wichtiger Zonenunterschied beider Hemisphären betrachtet werden.
V. Südliche Zone immergrüner und periodisch be - laubter Laubholz-Wipfelbäume und Zapfenbäume, der immer - grünen und Dorngebüsche und sommerdürrer Steppen. Dieselbe lässt von den auf die Tropenzone südwärts fol - genden Ländern nur das südlichste Amerika etwa vom 46° S. und das andine Hochplateau, ferner die Maluinen, Kerguelen und andere südlich von 48° S. gelegene kleinere Inseln, sowie endlich Bergländer auf Tasmanien und Neu-Seeland für die folgende (VI.) Zone frei. Die Vegetationsperiode in ihr wird durch die um den Juli mehr oder weniger ausgedehnte Winterruhe, nahe der Tro - penzone auch noch durch eine um den Januar liegende Sommerdürre unterbrochen, Verhältnisse, welche analogen Ursachen entspringen, wie den unter der III. Zone ge - nannten.
Der ganze südliche Wärmegürtel Köppens mit „ ge - mäßigtem Sommer, Winter kalt “fällt mit dieser Zone92Abteilungen der Zone V.zusammen, und ausserdem der ganze südliche sommer - heisse Gürtel und der vom subtropischen Gürtel übrig gebliebene, oben genannte Rest. Während diese Wärme - zonen schon für sich wichtige Unterschiede in dieser Zone ergeben, werden noch andere durch die Verteilung der Niederschläge gebildet:
VI. Antarktische Zone immergrüner niederer Busch - und periodischer Gras - und Staudenvegetation. Sie nimmt die unter der vorigen Zone genannten Reste der süd - lichen Festländer und Inseln ein bis zu der im tiefen Süden wahrscheinlichen dauernden Eisbedeckung aller aus den Ozeanen hervorragenden Felsgestade und fällt mit Köppens südlichem „ kalten Gürtel “(1 — 4 Monate ge - mäßigt, die übrigen kalt) bis zu dem dann folgenden süd -93Zone VI.polaren Gürtel zusammen. Die Vegetationsformationen sind im Namen der Zone schon angegeben; es sind hier, wie im hohen Norden, die Moose, Erd - und Stein - flechten zur Ergänzung noch hinzuzufügen. Die immer - grünen Gebüsche würden bei stärkerer Sonnenwärme im Sommer immergrüne Bäume darstellen; aber da die 10° Januarisotherme das Feuerland in steil aufwärts gegen Valdivien hin gerichtetem Bogen schneidet, so ersieht man daraus hier unter schon verhältnismäßig niederen Breiten die uns aus dem hohen Norden her bekannte, mit der dortigen Baumgrenze zusammenfallende Be - dingung des Baumlebens erschöpft. Da aber zugleich die Juliisothermen bis zum Feuerlande und den südlichsten bekannten Inseln hin (letztere beiden nicht mehr einge - schlossen) noch einige Grade über Null liegen, so wird die Buschvegetation weniger gestört und sie hört erst in Köppens südpolarem Gürtel allmählich oder endlich vollständig auf. Dadurch, und unter Berücksichtigung der Niederschläge, erhalten wir hier drei Abteilungen (während die arktische Vegetationszone keiner weiteren Teilung bedurfte):
Anschluss an den zweiten Abschnitt. Naturalisationen. Die Grundlagen der Arealbetrachtung. Ausbreitungstrieb, Wanderungs - vermögen und Schranken der Wanderung. Vegetationslinien. Grösse der Areale. Geologische Entwickelung; Sonderung klima - tischer Pflanzengruppen. Geographische Abgeschiedenheit führt zu eigenartiger Entwickelung der Flora. Die Fauna verhält sich bis zu gewissem Grade analog. Arealabhängigkeit von biologischen Wechselwirkungen. Endemische und Repräsentativ-Formen; ihr verschiedener systematischer Rang und ihr verschiedenes Alter. Flora der Inseln, hoher Gebirgsketten, der Wüstengebiete. Abge - sonderte und gemeinsame Entwickelung. Haupt-Entwickelungs - länder und ihre Scheidelinien. Abgrenzung der Florenreiche und ihrer Gebiete.
Les Géologues ne peuvent guère juger des climats et de l’isolement ou de la contiguïté des anciennes régions, que par la nature des espèces animales ou végétales qui s’y retrouvent à l’état fossile. Mais sur les autres questions, sur l’âge, l’origine et le développement des espèces, nous devons nous efforcer tous, géologues et naturalistes, d’arriver à une solution. On dirait en quelque sorte le siége d’une forteresse que nous faisons ensemble par des côtés différents. Il faut nous entendre, nous pénétrer du rôle de chacun dans cette attaque. Nous occupons, nous autres naturalistes, la ligne la plus importante, car c’est à nous de bien étudier l’espèce et ses rapports avec les climats, avant que les géo - logues tirent des conclusions du mode de distribution des êtres organisés dans diverses époques. A nous donc d’en -95Veränderlichkeit biologischer Arealgrenzen.visager en face la question si ardue de l’espèce, de sa nature, de ses modifications, de son origine.(Alph. de Candolle, Géogr. botan. 1855. )
Der vorige Abschnitt zeigte, dass sich aller Orten die Vegetation im Einklang mit den auf das verschieden - artigste ausgeprägten Lebensbedingungen befindet, mit anderen Worten, dass in Ländern und auf Standorten mit besonderen Eigenschaften hinsichtlich der grund - legenden äusseren Bedingungen auch eine diesem ent - sprechend eigenartig organisierte Pflanzenwelt das Feld behauptet.
Jede mit den äusseren Lebensbedingungen im Wider - spruch stehende Organisation muss entweder den Wider - spruch aufgeben, sich „ ummodeln “, oder sie muss an diesem Widerspruch zu Grunde gehen, und so sehen wir denn in der Gegenwart, unter den ziemlich gleichmäßigen Einwirkungen eines nur wenig nach Jahrgängen schwanken - den Klimas und unter gleichbleibenden Standortsbe - dingungen, in der vom Menschen und seiner Kultur nicht beeinflussten freien Natur die Masse der Pflanzen - arten durch Grenzen, wie sie ihnen ihre Lebens - bedingungen vorzeichnen, gesondert, und wir dürfen annehmen, dass da, wo eine Art mitten im Kon - tinent eine bestimmte Grenze erreicht hat, auch irgend welche auf Klima, Boden, allgemeine Lebenslage etc. zurückführbare Ursachen dafür vorhanden sind und von der biologischen Forschung aufgedeckt werden können. Nur selten kann man die Grenzen der Arten andeutungsweise mit den Oscillationen des Klimas schwanken sehen, indem z. B. die Fröste eines ausnahmsweise harten Winters die äussersten Vorposten im Areale einer Pflanzenspezies an ihrer Frostgrenze zurückschieben, bis dieselbe sich vielleicht in milden Jahren wieder erholt und neue Austriebe aus den kümmerlichen Resten jenes strengen Winters macht.
Aus diesen richtig beobachteten und grundlegenden Thatsachen könnte man die falsche und übertriebene Vor - stellung von einer solchen Wirkungsweise des Klimas ableiten, als wenn dasselbe überall auf der Erde eine96Naturalisation an fremdem Ort.Organisation geschaffen hätte, welche unbedingt so sein müsse und welche in vollkommenster Anpassung an die äusseren Verhältnisse keinen Raum für andere Gewächse übrig liesse: als wenn also die Ausbreitungsfähigkeit aller Pflanzenarten durch die gegenwärtige klimatische Ab - sonderung vollkommen und bis zur Aenderung der äusseren Faktoren dauernd geregelt wäre, als wenn endlich neben den genannten biologischen Bedingungen keine anderen geographischen Ursachen auf die Areal - grenzen einwirkten. Diese irrtümliche Auffassung, welche in Wirklichkeit in der älteren Pflanzengeographie Jahr - zehnte hindurch geherrscht hat und sich bis zur Gegen - wart in schwachen Spuren erhält, vernachlässigt die geologischen Bedingungen für eine bestimmte Ge - stalt der Areale aller Pflanzen. Diese neue Reihe von Bedingungen ist begründet in Trennungen der Kontinente, in der Veränderung der Oberflächengestalt der Erde in langen Perioden, in der Veränderung der klimatischen Bedingungen mit den orographischen Umgestaltungen, in Verschiebungen sekundärer Art hinsichtlich der Substrate und hinsichtlich der durch die Mitwelt verursachten Lebens - lage. Alle biologischen Bedingungen sind in geologischer Umgestaltung dauernd begriffen.
Den allgemeinsten Hinweis auf die Thatsache, dass die äusseren Bedingungen nicht etwa absolut fixierte Areale geschaffen haben, erblicken wir in den zahlreichen Naturalisationen neuer Arten in einer alten Flora, wo - rauf A. de Candolle sich schon vor 35 Jahren gegenüber klimatischen Uebertreibungen berief (Géogr. bot. S. 608). Wir verstehen darunter die Erscheinung, dass irgend eine Art, welche durch eine bekannte oder unbekannte Ur - sache von ihrer Heimat fort zu einem mit ihr nicht zu - sammenhängenden Lande gelangt, z. B. aus Peru nach Mitteleuropa, sich dort wie eine wilde Pflanze zu verhalten beginnt und, ohne dass der Mensch sie in Pflege nimmt, ihr Areal vergrössert bis zu den ihr in der neuen Heimat gesetzten Grenzen der äusseren Lebensbedingungen. Sie nimmt sogar nicht selten mit grossem Erfolge den Kampf gegen eine mit dem Klima des fremden Landes voll -97Beispiele für Naturalisationen.kommen in Einklang befindliche fremde Vegetation auf, wie z. B. die peruanische Galinsoga parviflora als nord - deutsches Gartenunkraut. Daraus geht hervor, dass die Flora eines Landes durchaus nicht im Verlaufe der jetzigen Erdperiode alle die Pflanzenarten bekommen hat, welche seine Lebensbedingungen überhaupt zu erhalten vermögen, und es vermögen auch die in einem bestimm - ten Lande herrschenden Lebensbedingungen nicht etwa durch Transmutation aus den dort schon vorhandenen Arten jene Fülle von Formen selbst zu erzeugen, welche die Flora ertragen kann. Dagegen muss natürlicherweise alles, was in einem Lande wächst, dem dortigen Klima, Boden und Bewässerung entsprechend organisiert sein.
Die Naturalisationen haben schon zur Zeit die Gesamtflora der Erde nicht unerheblich umgestaltet, besonders durch Umwand - lung ursprünglicher Formationen in Kulturland, welches neben den eigentlichen Kulturpflanzen eine grosse Zahl gemeiner Un - kräuter aufgenommen hat; so entsteht die „ Flora adventitia “, noch vermehrt durch Gartenflüchtlinge, welche sich den natürlichen Beständen einmischen und deren Wanderungen aufmerksam beob - achtet werden. Für die deutsche Flora sind die meisten Acker - unkräuter mediterranen Ursprungs, die meisten Eindringlinge in die natürlichen Formationen sind dagegen nordamerikanische Bür - ger (Oenothera, Mimulus, Rudbeckia), die nordamerikanischen Un - kräuter dagegen sind meistens europäisch.
In den Tropen haben sich in den Küsten - und Niederungs - floren der drei Kontinentalgruppen ebenfalls gemeinsame Pflanzen - arten vom Unkraut-Charakter herausgebildet, welche die Zahl der Afrika, Indien und den Antillen gemeinsamen Spezies nicht unbeträchtlich erhöhen; von manchen Arten ist die ursprüngliche Heimat kaum noch zu bestimmen.
Im Auckland-Distrikt von Neuseeland, wo die natürliche Flora vielleicht nur 500 Arten zählt, sind nicht weniger als 387 Arten naturalisiert (G J., Bd. XI, S. 141), von denen 280 aus Europa, nur 14 aus Nordamerika, nur 10 aus Australien, 21 vom Kapland, 9 aus Chile, 53 Arten aus den Tropen und Subtropen beider Hemisphären stammen (nach Cheeseman).
Die ursprüngliche Flora von St. Helena ist durch derartige Naturalisationen auf ein höchst bescheidenes Maß eingeschränkt; weitere Beispiele für Umgestaltungen dieser Art liefern die Nach - weise, welche Philippi für Chile und Semler für Kalifornien in jüngerer Zeit in den Geographischen Mitteilungen geliefert haben.
Die Grundlagen der Arealbetrachtung. Indem wir nun die Areale, welche die einzelnen Pflanzenformen inDrude, Pflanzengeographie. 798Areale der Spezies.der gegenwärtigen Erdperiode angenommen haben, zur Grundlage der weiteren Betrachtungen machen, müssen wir dieselben auf bestimmte Einheiten des Pflanzensystems beziehen.
Wir hatten bei den Vegetationsformen die Bequem - lichkeit, uns allgemein und ohne Beziehung auf die Ab - grenzungen des Systems auszudrücken; ein tropischer, feuchtheisses Klima und immerwährende Bodenbefeuch - tung fordernder Schopfbaum galt uns gleich, ob er zu dieser oder jener Gattung von Palmen, Pandaneen oder Liliaceen gehörte; die blattwechselnde Lärchentanne des Nordens liess sich mit den dortigen Birken gut zu demselben biologischen Typus vereinigen. Hier hört diese Bequemlichkeit auf: wir sind gebunden an die genauen Trennungen des morphologischen Systems und zunächst auf die Spezies hingewiesen.
„ Die Verteilung der Pflanzenarten “, sagt A. de Can - dolle (Geogr. bot. S. 69), „ über die Oberfläche der Erde ist die Grundlage von fast allen Betrachtungen der Pflanzengeographie. Wenn man gut versteht, warum diese in bestimmte Grenzen eingeschlossen sind, kann man viel Dinge betreffs der Gattungen und Familien be - greifen, denn diese Gruppen sind nur Gemeinschaften von Arten. Genau so, wie man in der beschreibenden Bo - tanik nicht wohl die Gattungen aufstellen kann, ohne die Arten zu studieren, so muss man sich in der Pflanzen - geographie auf die die Arten betreffenden Einzelheiten stützen, um sich zu verallgemeinernden Gesetzen zu er - heben. “
Hier liegt die Ursache jener nicht selten ausgesprochenen Meinung (vergl. Cooley, G. J., Bd. X, S. 582 in Wagners Bericht), dass die Geographie gar nicht bei dem Wesen der Tier - und Pflanzengeographie beteiligt sei, sondern dass diese Disziplinen nur zur Zoologie und Botanik gehörten. Allein es soll nur der Grund dafür sein, dass auch die Geographie der Organismen mit dem ausgedehnten Wissen der organischen Naturwissenschaften sich verknüpfe. — Es ist dies wiederum der Grund, wesshalb andere Geographen nur mit dem Teile der Pflanzengeographie sich be - schäftigen wollen, der die grossen „ Formationen “vergleichend zusammenstellt; aber auch diese Formationen bestehen aus einzel - nen Arten, die in der ganzen Tragweite des Speziesbegriffes dabei99Sippen niederen, höheren Ranges.in Betracht kommen und ohne welche die Formationslehre zu einer nicht charakteristischen Schilderung heruntersinkt. Jedes wissenschaftliche Fundament liefern Areal und Biologie der „ Spe - zies “; daher die Veranlassung, die „ vergleichende Florenstatistik “mit ihren planmäßigen Listen von Arten als eine notwendige Grundlage jeder weiteren Betrachtung der Charakterzüge eines einzelnen Landes anzusehen.
Für manche schwierige Einzelbetrachtungen reicht noch nicht einmal der Begriff der wohlabgerundeten „ Art “in dem von alten Zeiten überlieferten Sinne aus; es be - darf zuweilen der Aufstellung von „ Unterarten “, von „ Spielarten (Varietäten) “zur Auseinandersetzung feiner Unterschiede. So z. B., wenn es sich darum handelt, nachzuweisen, dass nach der Glacialperiode in den nor - dischen Ländern unter geographischer Isolierung sich schwächere neue Entwickelungsgebiete herausgebildet haben, wofür arktische Weiden auf Nowaja Semlja, Ha - bichtskräuter in den Sudeten Beispiele liefern. — Ander - seits kann für sehr viele Betrachtungen eine umfang - reichere systematische Gruppenbildung angewendet werden. Lenkt man die Aufmerksamkeit von kleinen geographi - schen Einheiten auf immer grössere, so verschwinden in den starken Charakterzügen der letzteren die Dinge, in denen die Art allein mit ihren Unterabteilungen zum vollen Rechte gelangt; die ähnlichen, die nächstverwand - ten Artgruppen treten dafür ein, in vielen Fällen so - gleich die ganze Gattung, sofern nämlich deren einzelne Arten eine gleichmäßige, eine homogene Entwickelungs - weise auf der Erde durchlaufen haben. Ja, wir werden sehen, dass für die grössesten pflanzengeographisch zu - sammenzufassenden Länderkomplexe der Begriff der Ord - nungen (Familien) des natürlichen Systems in vielen Fällen zur statistischen Grundlage gewählt werden kann.
Bleibt also auch der Artbegriff für unsere Betrach - tungen der in Wahrheit grundlegende und der die Einzel - heiten allein genügend erschöpfende, so hält sich die Pflanzengeographie doch nach Möglichkeit an die höheren Einheiten des Systems. Um daher mit kurzem Worte systematische Einheiten irgend welchen Ranges zu be - zeichnen, soll der Begriff „ Sippe “angewendet werden. 100Kampf um den Standort.Sippen niederen Ranges sind die Unterarten und Arten, Sippen höheren Ranges Gruppen verwandter Arten und Gattungen, Sippen hohen und höchsten Ranges sind die Tribus und Ordnungen (beziehungsweise Unterfamilien und Familien) des natürlichen Systems.
Ausbreitungstrieb, Wanderungsvermögen, Schran - ken der Wanderung. Die Areale der Sippen sind etwas Schwankendes. Eine jede erzeugt unter normalen Ver - hältnissen fortwährend eine grössere Zahl fortpflanzungs - fähiger Individuen; diese Nachkommenschaft sucht die alten Plätze festzuhalten, neue Plätze dazu zu erwerben, aber ihr stehen als Konkurrenten auf demselben Boden andere Sippen mit einem ähnlichen Ausbreitungstrieb hindernd gegenüber, nicht selten auch die notwendig enge Verteilung der Standorte überhaupt. So hat der Aus - breitungstrieb in der sich selbst überlassenen und gleich - bleibenden Natur selten Gelegenheit, im grossen Maßstabe wirksame Ausbreitung zu erzielen, da sich unter gleich - bleibenden äusseren Verhältnissen die Arten mit ihrem gegenseitigen Kampfe in eine Art von Gleichgewicht ein - gestellt haben, welches den Eindruck einer wirklichen stationären Ruhe hervorruft, während thatsächlich sich ein steter Wechsel der Anordnung im kleinsten Maße offenbart und dadurch Zeugnis von dem Vorhandensein eines stillen Kampfes um den Standort gibt.
Der Ausbreitungstrieb wird auch im Pflanzenreich durch ein bald mehr bald weniger stark entwickeltes Wanderungsvermögen unterstützt. Wandern können alle Pflanzen schon dadurch, dass ihre Ausläufer auf Zoll - oder Fussesweite vom Standort des Mutterstockes weiter - kriechen, dass die Samen beim Herausfallen aus der ge - reiften Kapsel durch den Wind eine kleine Strecke weit fortbewegt werden; diese kleinen Schritte häufen sich in Jahrhunderten und machen schliesslich, wenn die Um - stände der Ausbreitung einer Art sonst günstig sind, meilenweite, länderdurchmessende Strecken aus. Andere Arten und Gattungen sind durch besondere organische Eigenschaften über den Durchschnitt des Wanderungs -101Verbreitungsmittel.vermögens hinausgehoben, haben in Flugapparaten an den Samen, in hakenförmigen Stacheln der Fruchtkapseln auf eine starke Hilfe des Windes oder wandernder Tiere, in deren Pelz sich die Früchte festhaken, zu rechnen, werden in ihren fleischigen Früchten durch Beerenfresser verbreitet, oder (bei Wasserpflanzen) als losgerissene Stücke durch ziehende Vogelschwärme in die Weite ge - führt. [Litteratur: Hildebrand, Verbreitungsmittel der Pflanzen.]
Zuweilen wirkt ein durch besondere Wanderungs - organisation unterstütztes Ausbreitungsvermögen mit eigen - tümlichen, in der äusseren Welt liegenden günstigen Umständen zusammen, um das bis dahin beschränkte Areal einer Art oder Sippe höheren Ranges sehr rasch um bedeutende Flächen zu erweitern; solche Pflanzen können ihren Eroberungszug um die ganze Erde nehmen und sind die deutlichsten Beispiele der „ Pflanzenwande - rung “. So sind, wie oben bemerkt, der europäischen Kultur gewisse anspruchslose Pflanzenansiedler nach den fernen Gestaden Nordamerikas oder der südlichen Länder gefolgt, wo sie oft ihnen sehr zusagende äussere Lebens - bedingungen fanden.
Auf diese Weise haben viele Pflanzen in jüngerer Zeit ein ausserordentlich weites Areal erhalten, was bei den Genossen der Feldfrüchte weniger bemerkenswert ist als bei solchen Pflanzen, welche wüste Plätze, Schutthaufen, Uferdämme u. s. w. besiedeln. Unter diesen ragen die Xanthiumarten (Compositen-Ambrosiaceen), Kräuter mit hakigen Früchten, als gut untersuchte Beispiele her - vor (Dr. E. Ihne in dem Ber. d. Oberh. Gesellsch. f. Natur - und Heilk. Bd. XIX, S. 65). Die eine Art, X. spinosum, ist sogar in ihrem Vaterlandsrecht zweifelhaft, indem neben der Meinung, dass sie aus Südrussland entsprungen sei, die andere besteht, wonach Südamerika ihre Heimat gewesen wäre. Hier ist sie seit 1830 in Chile, Argentinien, Südbrasilien als gemein bemerkt; Frauenfeld sah (1860) sich herumtreibende Pferde, deren Schweife und Mäh - nen von Tausenden der stachligen Früchte zu einem unförmlichen Klumpen von Mannesdicke verfilzt waren, unter dessen Last die Tiere fast erlagen.
In Europa ist X. spinosum überall mit Ausnahme des höheren Nordens zerstreut oder gemein, alle Anzeichen sprechen für die russische Heimat oder für Russland wenigstens als sekundäres Ursprungsgebiet; in Deutschland ist dieses Xanthium erst seit dem Anfange dieses Jahrhunderts wildwachsend bekannt, ebenso in102Schranken der Wanderung.England; in Frankreich ist es nach 1700 von Montpellier aus ein - gebürgert. Weiter hat es sich im Verlauf unseres Jahrhunderts nach Nord - und Südafrika, Australien und nach Nordamerika ver - breitet. In Australien hat es den Süden (mit Tasmanien) und Osten ergriffen; nach Schomburgk zuerst um 1850 dort bemerkt, gehört es jetzt in Südaustralien zu den Kulturunkräutern und ebenso zu den Ansiedlern in den natürlichen Formationen, wo es die Weiden verschlechtert und die Viehzucht stellenweise fast zur Unmöglichkeit macht. — Solche Ausbreitungsfähigkeit ist eine sehr seltene Erscheinung.
Aber auch die für Wanderung am besten ausge - rüstete Art begegnet früher oder später festen, richtiger gesagt: „ nur wenig und langsam verschiebbaren “Schranken, welche trotz zahlreicher Nachkommenschaft mit demselben Wanderungsvermögen das Areal in sich selbst erhalten. An jedem Orte begegnet sie solchen Schranken in der Verschiedenheit der Standorte, welche jeder Sippe nur ein ganz kleines Stückchen desjenigen Erdbodens zu eigen gibt, den die äusseren Grenzen ihres Areals umspannen; nur die wenigsten Pflanzenarten bedecken mit einer Masse von geselligen Individuen grössere Landstrecken nahezu allein, und auch diese sind überall von den Standorten anderer Pflanzen unterbrochen und haben meistens kein starkes Wanderungsvermögen für die Ferne. Die Schranken der Umfangsgrenzen des gesamten Areals sind im natür - lichen Verlauf der Dinge entweder rein geographischer Natur, oder in der Zusammenwirkung der Lebensbe - dingungen enthalten. Die grossen Ozeane, wasserlosen Einöden, die Gletschermassen der Polargegenden und Ge - birgskämme, das sind rein geographische Schranken der Areale, über welche nur ein Zufall oder die Absicht des Menschen einzelne Arten hinausbringen kann; der Wechsel von Höhenregionen in einem Hochgebirge, welches sich mitten im Lande erhebt, der Wechsel von Sand - und Kalkstein, das Begegnen von kontinentalen Frösten und Seeklima in bestimmten Erdstrichen, die Grenze von Sommer - oder Winterregen, Mangel oder Ueberfluss an Luftfeuchtigkeit: das sind einzelne Züge jener anderen Gattung von Schranken, welche unter „ Zusammenwir - kung der Lebensbedingungen “gemeint ist. Die geographischen Schranken begründen sich auf die Unbe -103Vegetationslinien.wohnbarkeit bestimmter Teile der Erde für ganze Vege - tationsklassen; die Lebensbedingungsschranken begründen sich auf Modifikationen im Zusammenwirken von Klima, Boden und Konkurrenz der Organismen, welche einen allmählichen Wechsel der Arten herbeiführen; erstere bewirken daher gewöhnlich scharfe Grenzlinien, letztere lassen die Lücken im Wohngebiet einer Art grösser und grösser werden bis zum völligen Verschwinden.
Vegetationslinien. Die Grenzlinien der Areale von Arten — denn nur von Sippen im Artrange kann hier eigentlich die Rede sein — bezeichnet man als „ Vegeta - tionslinien “, sofern sich in ihnen irgend ein bestimmtes Moment der physischen Lebensbedingungen darstellt. Die Vegetationslinien können daher ebensowohl in den weiten Räumen einer vom Ozean allmählich zu kontinentalen Klimaten überleitenden Tiefebene, als in rascherer Auf - einanderfolge an den verschiedenen Erhebungsstufen eines Gebirges zur Beobachtung gelangen, wenn nur die Er - scheinung natürlicher Grenzen auf klimatisch-biologischen Ursachen im weitesten Umfange beruht.
Ebenso, wie daher die geographischen Grenzen der Länder und Inseln, welche einer übergrossen Zahl von Pflanzenarealen ein festes Ziel setzen, niemals als „ Vegetationslinien “zu betrachten sind, fallen auch die Grenzen notwendiger Standorte nicht unter diesen Begriff. Pflanzen stehender Gewässer finden also da eine geographische Arealbegrenzung, wo der orographische Aufbau des Landes jenen ein Ende macht; von Vegetationslinien dieser Süss - wassergewächse würde erst da die Rede sein, wo etwa die Sommer - temperatur zahlreich vorhandener Gewässer nicht genügend hoch für deren Lebensprozesse steigt. Dass strenge Halophyten nur dort vorkommen, wo Salz im Boden reichlich vorhanden ist, erscheint an sich verständlich, und die Verteilung grösserer Salzmengen im Boden ist eine rein geographische Ursache des Auftretens hier, des Fehlens dort. Sonst ist die Frage nach der Bodenwirkung nicht unwichtig für die Unterscheidung von Vegetationslinien, da an den Grenzen ihres Areals die meisten Pflanzen auf ganz be - stimmte physische Eigenschaften des Substrates angewiesen sind, um im Sinne ihrer biologischen Forderungen das Klima durch den Standort zu modifizieren (d. h. durch warmen trockenen Boden die Jahreswärme voller zur Geltung kommen zu lassen, oder durch dauernde Nässe die Sommerhitze zu dämpfen u. dergl.). Vergl. Drude, Die Anwendung physiologischer Gesetze zur Erklärung der104Klimatische BegründungVegetationslinien, Göttingen 1876, wo zahlreiche Einzelfälle, in denen die Lebensbedingungen zu einer Vegetationslinie führen können, methodisch geordnet und durch Beispiele erläutert sind.
Es ist kaum möglich, hier im einzelnen zu verfolgen, welcher einzelne Zug oder welche mit einander in Ver - bindung tretenden Züge von Wirkungen der Beleuchtung, der Wärme, der Boden - und Luftfeuchtigkeit unter steter Berücksichtigung der physischen Eigenschaften des Sub - strates und der besonderen Standortsverhältnisse Vege - tationslinien veranlassen können; bei der Möglichkeit un - glaublich zahlreicher Abänderungen in den Ursachen müssen wir bekennen, dass es meistens recht schwierig ist, den wahren Grund einer thatsächlich beobachteten reinen Vegetationslinie zu ermitteln. Es ist dies zwar eine hohe Aufgabe der wissenschaftlichen Floristik, aber wenig Arbeiten zu ihrer Lösung sind auch noch in den am besten untersuchten mitteleuropäischen Floren unter - nommen, wenige Untersuchungen von Pflanzengeographen angestellt. Eine Untersuchungsreihe verdient besonders unsere Anerkennung, da sie wenigstens in eine sehr tiefe Erörterung des Temperatureinflusses auf Pflanzen der nördlich gemäßigten und kalten Zone eingeht; dies ist A. de Candolles Untersuchung über die Polar -, Aequa - torial - und Höhengrenzen europäischer Pflanzen, zumal von Holzgewächsen (Géogr. botan. S. 74 — 330).
Von letzteren finden sich dort ausführliche und höchst wert - volle, nur durch die neueren meteorologischen Beobachtungen zu ergänzende Angaben über Ilex Aquifolium, Amygdalus nana, Cha - maerops humilis, Fagus silvatica, Fraxinus excelsior, Abies pecti - nata (alba), Picea excelsa u. a. m. Und dennoch kann das Resul - tat selbst insofern kein befriedigendes sein, als jedenfalls nicht in den der Betrachtung zu Grunde gelegten Temperaturen schlecht - hin die begründende Ursache der Vegetationslinien liegen wird, wenigstens nur in den seltensten Fällen, und insofern, als die bio - logischen Bedürfnisse der untersuchten Arten nicht experimentell festgestellt werden konnten.
In manchen Fällen erkennt man die Ursachen der Vegetationslinien aus übereinstimmenden Gründen schärfer; dafür ist ein Beispiel von Martins mitgeteilt (G. J., Bd. VII, S. 185). In der Olivenregion des südlichen Frankreichs finden sich zahlreiche zur Mediterranflora gehörige Pflanzen -105der Vegetationslinien.arten, deren Grenzgebiet gegen Nordwest durch die immer strenger werdenden extremen Fröste abgeschlossen wird. So wie diese extreme Kältegrade (nach 25jährigem Mittel in Montpellier — 9°, Marseille — 6°, Perpignan — 4°, Nizza — 1°) ordnen sich die Mediterran-Arten nach ihrer Empfindlichkeit, indem in ausnahmsweise harten Wintern eine Anzahl von ihnen bis auf die Wurzel erfriert, aber im kommenden Frühjahre wieder neu ausschlägt. Wo nun also das Abfrieren bis zum besser geschützten Wurzel - stock so oftmals stattfindet, dass die milderen Zwischen - zeiten nicht zur völligen Wiederaufrichtung des blühenden Bestandes genügen, muss die Vegetationslinie, hier eine Frostgrenze, ziehen. Einzelne klimatische Ueberschrei - tungen werden von der Flora, trotz empfindlicher momen - taner Schädigung, ausgehalten; ein einziger Schneesturm dieses Jahres (1890) hat in Montpellier die Schönheit fast aller alten Pinus halepensis-Bestände vernichtet; aber neue Generationen werden ungeschwächt heranwachsen.
Es ist oben darauf hingewiesen (S. 25), dass die nördliche Baumgrenze in Sibirien und Kanada ganz anderen Ursachen folgt, dass die stärksten Fröste dort nicht die endgültige Wirkung ausmachen. Jeder einzelne Fall ist daher für sich zu untersuchen. Im allgemeinen jedoch gilt die Regel von A. de Candolle (Géogr. botan. S. 394), dass in mittleren und polaren Breiten die Tem - peratur die hauptsächliche Rolle spielt, dass aber weder die jährlichen Temperaturmittel, noch die der Jahreszeiten, noch diejenigen einzelner Jahresperioden hier die Grund - lage für die Vegetationslinien bieten, sondern, wenn es nicht irgend welche Extreme anzeigen, am ehesten die über einem gewissen Temperaturminimum liegenden Wärme - summen während der Vegetationszeit. In antarktischen Klimaten dürfte sich vielleicht auch dieses ändern und vielmehr das Erreichen für kurze Zeit eines bestimmten Temperaturmaximums im Sommer von grösserer Bedeu - tung sein. In den Tropen und Subtropen dagegen ist die Trockenheit oder Feuchtigkeit des Erdreichs und der Atmosphäre von hauptsächlichster Bedeutung für die Begrenzung der Arten, und — wie oben gezeigt wurde —106Wechselnder Umfangsteht ja auch die Wärmeverteilung damit im bestimmten Zusammenhange; die Trockenheit des Bodens während einer bestimmten Jahreszeit ist auch noch von prinzipieller Bedeutung für die Vegetationslinien der Steppenpflanzen Europas, Mittelasiens und der nördlichsten Prairien.
Grösse der Areale. Die Areale der Arten, und durch sie die der Sippen von höherem Range, sind nach den vorhergegangenen Betrachtungen einmal von den geographischen Schranken, und zweitens von den mit ihrer Acclimatisationsfähigkeit zusammenhängenden Vege - tationslinien abhängig.
So sind fast alle Pflanzenarten, ja die überwiegende Anzahl der Gattungen, in den amerikanischen Tropen und in denen der Alten Welt auf je einen Kontinent be - schränkt, da der Atlantische und Stille Ozean als geo - graphische Sperren, und in den aussertropischen Breiten die eine oder die andere Vegetationslinie, oder eine Wüste als neue geographische Sperre, sie zurückhalten. Die - selben Gründe lassen die meisten Areale von Südafrika, dem extratropischen Australien, Neuseeland, dem extra - tropischen Südamerika voneinander gesondert, ohne dass die hier und da stattgefundenen Verbindungen als Ver - schlagungen erklärlicher Art besonderes Aufsehen zu er - regen brauchen. Dagegen sind vom mittleren und nörd - lichen Europa, Asien und Nordamerika viele weit aus - gedehnte Areale zu nennen, weil deren geographische Grenzen durch Aneinanderrücken der Kontinente an der Behringsstrasse noch jetzt nicht einmal eng gesteckt sind und hier also acclimatisationsfähige Arten innerhalb weiter Vegetationslinien sich grosse Länderflächen erobern konnten. Immer ist aber diese Möglichkeit nur von einem Bruch - teil der Arten befolgt, und überall zeigen sich in den Kontinenten aus besonderen biologischen Grundursachen weite Areale mit besonders engen gemischt.
Arten, welche weit zerstreut unter allen möglichen Breiten und im Osten und Westen zugleich entsprechend dem oben (S. 101) angeführten Beispiel von Xanthium spinosum vorkommen, sind äusserst selten und fehlen107der Areale.naturgemäß wenigstens dem polaren Klima, während eine geschickte Vereinigung von tropischer und gemäßigter Anpassung mit notwendigen Beschränkungen möglich ist. Unkräuter, Ruderal - und Wasserpflanzen haben von allen biologischen Pflanzenformen die weiteste Verbreitung, und von solchen mag es etwa 25 Arten geben, deren Areal einen Raum gleich der halben Landoberfläche des Erdballs umspannt, und mehr als etwa 100 Arten mit einem Arealraum gleich einem Drittel Landoberfläche. Allein dies sind doch immer nur verschwindende Aus - nahmen gegen die allgemeine Regel, dass die Arten sich innerhalb der Grenzen ihres bestimmten Florenreichs samt dessen Ausstrahlungen halten, dass die Mehrzahl von ihnen aber nur sehr viel kleinere Räume mit ihren äusser - sten Grenzen umspannt, indem sie bestimmte natürliche Glieder eines einzelnen Florenreichs bewohnen. Ein Blick auf die beigefügte Karte, in welcher die Florenreiche eingetragen sind, zeigt daher die durchschnittlich grösseste Ausdehnung der Areale solcher Arten, welche nicht der menschlichen Kultur gefolgt sind. Viel mehr Arten endlich, als wir wirklich weit über grosse Länderstrecken verbreitet finden, sind im Gegenteil auf sehr enge Räume beschränkt, auf eine einzelne Insel, auf ein bestimmtes Bergland, ja auf einzelne kleine Stücke eines Gebirges. Man sieht daher, dass die Arealgrösse der Arten etwas sehr Wechselvolles ist, abhängig von dem Ausbreitungstrieb, der Wanderungsfähigkeit, der Acclimatisationsfähigkeit und der Mitwirkung oder der Versagung von äusseren Hilfskräften für die Verbreitung.
Die Gattungen und Sippen höheren Ranges nehmen an diesem Wechsel der Arealgrösse ebenso teil, über - treffen natürlich die durchschnittliche Arealgrösse der Arten in dem Verhältnis ihres zunehmenden Formen - reichtums.
Geologische Entwickelung. Es ist bisher immer in der Weise die Rede gewesen von den geographischen Grenzen, der Verteilung der äusseren Lebensbedingungen und den durch sie bedingten Vegetationslinien einer be -108Umformung der Artenstimmten Arealgrösse und Arealform der Sippen, wie wir sie jetzt vor uns sehen. Längst nicht das meiste von dem, was die pflanzengeographische Forschung in dieser Hinsicht enthüllt hat, ist aber nach diesem gegenwärtigen Verteilungszustande von Wanderungsmöglichkeiten und Lebensbedingungen zu erklären; mit einer schwer wiegen - den Menge grundlegender Thatsachen werden wir zur Erklärung auf die Verhältnisse, wie sie allmählich ge - worden sind, hingewiesen. Zweierlei ist dabei im Zu - sammenhange zu erwägen: 1. die Umformung der organischen Welt von einer zur anderen Erdperiode, die Entstehung neuer Sippen neben den alten, so dass die verschiedenen im selben Lande nebeneinander woh - nenden Sippen sehr verschiedenes geologisches Alter haben können, so aber, dass der Reichtum an Formen mit zu - nehmendem Alter der Erde stetig wächst; 2. die Um - formung der äusseren Wanderungs -, Verteilungs - und Lebensbedingungen dadurch, dass die geographi - schen Grenzen der Kontinente sich verändert haben, dass Stücke von ihnen in dieser oder jener Periode als Inseln abgetrennt nun einer umschränkten Selbstentwickelung überlassen bleiben oder umgekehrt Inselgruppen sich zu neuen Ländermassen vereinigten; ferner die Umformung der Bedingungen durch Erhebung neuer Gebirgsketten mit wesentlichem Einfluss auf Verteilung der Nieder - schläge und die Hydrographie des von ihnen abhängigen Flachlandes, endlich durch die jede Erdperiode beglei - tende allgemeine Temperaturänderung der Erde und durch die, kosmischen oder geographischen Ursachen zuzu - schreibenden periodischen Oscillationen des Klimas, welche z. B. in dem der Gegenwart jüngst vorhergegangenen Zeitabschnitt die Eisbedeckung einer gewaltigen Länder - masse in mittleren und höheren Breiten der nördlichen Hemisphäre hervorgerufen und wieder zum Verschwinden gebracht haben.
Die Umformung der Pflanzenwelt durch Transmu - tation und die Umgestaltung ihrer Wohnorts - und Wan - derungsbedingungen ist in Zusammenwirkung die Grund - ursache der gegenwärtigen Verteilungsweise bestimmter109und ihrer Areale.systematischer Sippen nach bestimmten Ländern. Die vorhin ausführlich betrachteten, der gegenwärtigen Beobachtung und dem Experiment zugänglichen Wir - kungen äusserer Agentien auf die Ausbreitung oder Be - schränkung der jetzigen Arten verlieren dadurch nicht im geringsten an Wert; sie erscheinen aber nur als ein einziges, uns am genauesten bekanntes Glied in einer langen Kette ununterbrochen gleichsinnig (aber mit schwankender Energie) wirkender Einflüsse, welches ebenso auf die künftigen Jahrhunderte und Jahrtausende eine nachhaltige Wirkung ausüben wird, wie die in den Vorzeiten dagewesenen Glieder ihre damalige Wirkung noch um so schärfer ausgeprägt hinterlassen haben, je näher sie der Gegenwart stehen. Aus dem Grunde sind die durch geologische Forschung bekannt gewordenen Um - änderungen, welche die Erdoberfläche während oder nach der Tertiärperiode erlitt, im Zusammenhang mit den phytopaläontologischen — leider nur zu oft fragmentari - schen — Bestimmungen aus jenen Perioden für uns die wichtigsten zur Erklärung derjenigen Verteilungsverhält - nisse, welche nicht als unmittelbare Wirkungen der Gegenwart dastehen.
Das Klima, welches als wirksames Mittel die gegen - wärtigen Vegetationszonen auf der Erdoberfläche von - einander scheidet, muss auf die im Laufe der Erdent - wickelung vorgekommenen Veränderungen in den grossen Klimazonen von bestimmendem Einfluss gewesen sein. Auch die letzteren sind also geworden, haben sich all - mählich auf den Zustand ihrer heutigen Abgrenzung herausgebildet. Wenn wir nun über veränderte Licht - perioden im Lauf der geologischen Perioden nichts Sicheres wissen und wohl annehmen dürfen, dass die frühere Licht - verteilung der jetzigen immer sehr ähnlich, wenn nicht gleich gewesen sein wird, so ist doch aus geophysischen Forschungen eine bedeutende Veränderung der Durch - schnittstemperaturen unter hohen und mittleren Breiten von den primären und sekundären Perioden durch das Tertiär hindurch bis zur Gegenwart hervorgegangen, und eine ganz andere Verteilung der Niederschläge in alten110Erblichkeit klimatischer Ansprüche.und jüngeren Zeiten ist ebenfalls sicher. Dieses allge - meine Wissen ist nun durch den Vergleich der früheren Verteilung charakteristischer biologischer Vegetations - formen (wie z. B. immergrüner Schopfbäume) mit der gegenwärtigen, soweit die Paläontologie einen solchen Vergleich sicher zulässt, bedeutend erhöht, indem man dabei von der Voraussetzung ausgegangen ist, dass in älteren wie jüngeren geologischen Epochen die biologi - schen Vegetationsformen ziemlich gleichmässig in ihren Ansprüchen hinsichtlich der Vermeidung bestimmter Temperaturminima, im Verlangen nach bestimmten Durch - schnittsmaßen der Jahrestemperatur und der ihnen jetzt zukommenden Wärmesummen, und ebenso hinsichtlich genügender Feuchtigkeit während der Vegetationsperiode geblieben sind. Diese Voraussetzung begründet sich wiederum auf bestimmte organische Erfahrungen; so kann man die morphologischen Charaktere einer festen Art viel leichter durch Bildung von Spielarten zu einem bunten Wechsel (innerhalb der durch die Kürze solcher Versuche bedingten engen Grenzen) veranlassen, als dass man bei ihr einen wirklich durchgreifenden Periodizitätswechsel hervorzurufen oder sie an erheblich niedere Durchschnitts - temperaturen und Flüssigkeitsverbrauchsmengen zu ge - wöhnen vermag. Es ist die Annahme daher sehr be - rechtigt, dass, bevor eine Sippe von bestimmtem biolo - gischen Charakter denselben aufgibt, sie schon lange vorher durch Transmutation ihre früheren morphologischen Charaktere aufgegeben habe. Und darin spricht sich also der Grundgedanke aus, dass die biologischen Vegetations - formen solcher Zonen, welche, wie die arktische und ant - arktische, in alten Zeiten der Erde nicht existiert haben, zwar aus den in alten Zeiten an derselben oder an be - nachbarter Stelle angesiedelten biologischen Vegetations - formen mit anderen klimatischen Ansprüchen entstanden sind, aber dass sie nicht ohne gänzlichen Formenwechsel äusserer Art, d. h. nicht ohne neue Arten, Gattungen oder Sippen von höherem Range zu bilden, diese ihre alten biologischen Ansprüche und Eigenschaften verlieren und mit neuen vertauschen konnten. Umgekehrt darf111Entstehung der Vegetationszonen.man dann also schliessen, dass da, wo wir im Tertiär oder etwa in einer noch älteren Erdperiode paläonto - logisch eine wohl charakterisierte Vegetationsform von bestimmten Durchschnittsansprüchen biologischer Art an das Klima nachweisen können, dass da in jener älteren Periode ein Klima geherrscht habe, entsprechend dem, unter welchem wir dieselbe Vegetationsform noch heute kraftvoll sich entfalten sehen.
Daraus geht dann also gleichzeitig hervor, dass die Sippen des Systems nicht wie zufällig zerstreut sein können, sondern dass ihre Heimat den biologischen Gewohnheiten gemäß beschränkt ist. Diese Beschränkung gilt sogar noch für die grössere Zahl der Sippen vom Ordnungs - range, weil nämlich die in dem morphologischen System miteinander verwandten Glieder des Pflanzenreichs zu - gleich auch biologische Verwandtschaft zu besitzen pflegen, oder anders ausgedrückt, weil auch in Sippen von höherem Range möglichst lange gleichartige Lebensgewohnheiten festgehalten werden.
Sonderung klimatischer Pflanzengruppen. Die Phyto-Paläontologie gibt also durch Vergleich der früheren Verbreitung systematisch und biologisch wohlbekannter Sippen, wie es z. B. die Palmen sind, mit deren heutigem Areal eine langsame, aber gewaltige Verschiebung der Vegetationszonen zu erkennen, sie zeigt eine allmäh - liche Entstehung der von uns für die Gegenwart unterschiedenen Vegetationszonen. Hierüber hat A. de Candolle eine lehrreiche Studie angestellt (Archives des sciences de la Biblioth. univers., Genève 1874), indem er zuvörderst eine Einteilung der Gewächse in biologische Gruppen ganz allein nach ihrem Verhalten gegen Wärme, bezüglich gegen Wärme mit Feuchtigkeit zusammen und unter Vernachlässigung der Lichtperiode, vollzog, welche einigermaßen der Grundlage unserer oben betrachteten Vegetationszonen entspricht. Die 5 Abteilungen sind folgende;
1. Megathermen (deutlicher gesagt „ Hydromegathermen “) mit den Ansprüchen an hohe Temperaturen (20°C. und darüber) 112A. de Candolles’ physiologische Gruppen.ohne Jahresschwankung und zugleich an starke Feuchtigkeit. Tropenbewohner der Gegenwart.
2. Xerophilen. Auch diese beanspruchen hohe Tempera - turen, lieben aber zugleich Trockenheit und stärkere Temperatur - ausschläge. Sie bewohnen die Tropen mit längeren Trockenperio - den und die subtropischen Wüsten und Wüstensteppen.
3. Mesothermen. Diese Gruppe beansprucht gemäßigte Wärme (15 — 20°C. ) und gemäßigte Feuchtigkeitsmengen, ein Teil von ihnen verlangt hohe Sommertemperaturen, ein anderer Teil meidet niedere Wintertemperaturen, ein dritter Teil meidet im Gegensatz zu dem ersten die mit hohen Sommertemperaturen ver - bundene Trockenheit. — Diese Gruppe bewohnt heute die Azoren und Canaren, Mittelmeerländer, China-Japan, die südlichen Ver - einigten Staaten, und auf der südlichen Halbkugel Chile, Argen - tinien, Tasmanien und das südliche Australien, Neuseeland.
4. Mikrothermen, mit Ansprüchen an mittlere Jahres - temperaturen von 14° bis Null, weniger hoher Sommerwärme und Ertragungsfähigkeit von Frost. Jetzige Bewohner unserer zweiten Vegetationszone, sowie auf der südlichen Halbkugel des südlichen Chiles bis zum Cap Horn, der Falklandsinseln etc.
5. Hekistothermen, die biologischen Pflanzengruppen der arktischen, und der strauchlosen antarktischen Vegetationszone umfassend, welcher ich selbst auch allerdings die Kergueleninseln anschliesse; es sind dies Pflanzen mit den geringsten Wärme - ansprüchen.
Die Gleichheiten und Ungleichheiten dieser Einteilung ent - gegen unserer, auf die Zusammenwirkung aller geographischer Agentien begründeten Vegetationszonen-Einteilung sind von selbst klar; mit Ausnahme der Xerophilen lässt sie einen direkten Ver - gleich mit Köppens Wärmezonen zu und stellt ebenso wie diese ihre Gruppen symmetrisch auf beide Seiten des Aequators. Eine wesentliche Aufgabe sucht alsdann de Candolle im paläontologischen Verfolgen dieser physiologischen Gruppen in den verschiedenen Ländern der Erde, worüber er höchst anregende Einzelheiten vorführt.
Eine Wärme-Feuchtigkeitsgruppe ist heutzutage kaum mehr auf der Erde vertreten, nämlich die als „ Megistothermen “zu bezeichnenden Algen heisser (30°C.) Quellen; sie lassen sich zwar nicht als Abkömmlinge, doch als analoge biologische Erscheinungen mit den - jenigen Gewächsen vergleichen, welche in den ältesten geologischen Epochen das Feld wahrscheinlich beherrscht haben und als deren Nachfolger auf der Erde wir die Algen, Farne, Lycopodiaceen und Equisetaceen der Stein - kohlenperiode betrachten. Die Megathermen, welche in den sekundären Erdformationen ausser ersteren wohl allein113Deren geologische Entwickelung.vorhanden gewesen sind und auch im Tertiär noch eine enorme Ausdehnung besessen haben, sind gegenwärtig (seit dem Eocän) auf einen einzigen, schmal gewordenen äquatorialen Gürtel beschränkt, und einen grossen Teil ihrer Plätze haben die Xerophilen eingenommen, deren reichliche Gegenwart auch im Tertiär paläontologisch noch nicht hinreichend erwiesen ist und welche daher als eine biologische Gruppe jüngeren Alters erscheinen. Die Mesothermen waren, nach den über sie am besten be - kannt gewordenen paläontologischen Verbreitungsfeststel - lungen, noch im älteren Tertiär von Spitzbergen, Island, Grönland durch das nördliche Europa hindurch bis zu ihren heutigen Plätzen in Südeuropa hin verbreitet, wäh - rend sie jetzt durch die Nordgrenze immergrüner Laub - bäume von den nördlichen (und ebenso südlichen, palä - ontologisch noch nicht untersuchten) Gebieten ausge - schlossen sind. Diese sind von den Mikrothermen und Hekistothermen an ihrer Stelle erfüllt, und während der zu beiden Seiten des Atlantischen Ozeans ausgebreiteten Vergletscherung zur Glacialzeit haben die Hekistothermen sogar nach mittleren Breiten hin eine grössere Ausdeh - nung besessen und Plätze inne gehabt, aus denen sie durch erhöhte Jahrestemperaturen geographischer Klima - umformung von den Mikrothermen wiederum verdrängt sind. So sind die Vegetationszonen allmählich entstanden. Fügen wir nun noch hinzu, dass, wie schon zu Beginn dieser Betrachtung hervorgehoben, jede thermo-hygro - phile Gruppe vorzugsweise von besonderen Sippen des Systems getragen wird, dass also auch die jüngeren Grup - pen (Xerophilen, Mikro - und Hekistothermen) auf durch Transmutationswege entstandenen geologisch jüngeren Arten, Gattungen, Gattungsgruppen oder Sippen von noch höherem Range, aufbauen, so haben wir dadurch ein Bild von dem Umwandlungsgange der Vegetation der Erde im Anschluss an deren grosse Klimazonen und die in diesen vorgegangenen Veränderungen im Verlaufe langer geologischer Perioden.
Das Eigentümliche und wissenschaftlich Neue der angeführten Gruppenbildung von A. de Candolle bestehtDrude, Pflanzengeographie. 8114Primäre Charaktere der Flora.darin, dass sie weder auf das System, noch auf die geo - graphisch abgegrenzten Floren der Erde, noch endlich auf die sonstige Einteilung der Gewächsformen nach Bäumen, Stauden in ihren verschiedenen Trachten, Wasser - pflanzen etc. zurückgreift, sondern alles dieses nur unter dem Gesichtspunkte eines gleichen klimatischen Grund - bedürfnisses zusammenfügt. Insofern sind es wirklich, was der Verfasser wollte, groupes physiologiques applicables à la géographie botanique ancienne et moderne. Es besagt die Nützlichkeit dieser Gruppenbildung, welche sich am leichtesten auf Erdkarten darstellen lässt (siehe Englers Karte im Vers. Entw. d. Fl. Bd. II. ) und in den „ Vege - tationszonen der Erde “in Berghaus’ physikalischem Atlas eine entsprechende Erweiterung gefunden hat, dass in diesen Bedürfnissen sich entsprechende Kreise von Ord - nungen und Gattungen einerseits, von biologischen Lebe - formen andererseits zusammenfinden, und dass diese für die primären Charaktere der Flora und Vegetation um - fassender, analog gebildeter Erdräume einen Vorrang behaupten. Es finden sich z. B. in der Gruppe (2) der Xerophilen, welche hauptsächlich den Strich beider Wende - kreise einnehmen und bis in die Mediterranregion, nach China und in die Prairien Nordamerikas vordringen, von Familien bestimmte Tribus und Gattungen der Labiaten und Borragineen, Asclepiadeen und Compositen, auch wiederum von den zugleich ganz andere Klimate auf - suchenden Palmen und Liliaceen, Myrtaceen und selbst Cycadeen, und besonders charakteristisch sind fleischige Euphorbiaceen in Vertretung mit Cacteen, die Zygophyl - leen, Ficoideen und Proteaceen, letztere allerdings im Wasserbedürfnis zu der dritten Gruppe hinneigend. Diese und andere Systemgruppen finden sich daselbst zusammen in den Lebeformen von Blatt - und Stammsucculenten, von Zwiebel - und Knollengewächsen, von dornigen Ge - sträuchen mit periodischer Belaubung oder mit Trocken - schutzeinrichtungen, welche wie bei den Blättern der Stauden alle jene mannigfaltigen Mittel durchmachen; oder sie finden sich als rasch ihre Vegetation durchlaufende annuelle Gewächse. Diese ganzen System - und Organi -115Die beiden Grundlagen der Florenreiche.sationsverschiedenheiten werden in dem einen Ausdruck „ Xerophilen “zusammengefasst, welcher durch direkte Beziehung auf bestimmte Eigenschaften der Länder zu höherer geographischer Bedeutung gelangt. Das Problem, wie stark die Erblichkeit in den Eigenschaften dieser Gruppen die Veränderungen in geologischen Zeiträumen überdauert, ist allerdings zur Zeit nicht zu beurteilen.
Geographische Abgeschiedenheit führt zu eigen - artiger Entwickelung der Flora. Die vorhergehenden Auseinandersetzungen bringen in Erinnerung, dass in der nach Erdperioden vollzogenen Scheidung der Klimate die eine Wurzel der Scheidung in „ Florenreiche “enthalten lag. Wenn Pflanzengruppen einer bestimmten Verwandt - schaft sich am liebsten unter einem bestimmten Maß klimatischer Einflüsse entwickeln, so bilden die Vege - tationszonen auch eine Grundlage der Florenreiche. Aber auch nur eine; diese Beziehung sagt nur aus, dass den tropischen Vegetationszonen auch tropische Florenreiche entsprechen werden, und thatsächlich gibt Hooker jüngst an, dass er die primäre Scheidung der Floren auf der Erde ansehe als eine solche zwischen tropischen und temperierten Gliedern. Aber analoges Klima hat in geo - graphisch weit getrennten, niemals nachweislich in direk - tem Zusammenhange gestandenen Länderräumen nie zur Entstehung gleichartiger Formen des Pflanzenreichs ge - führt; getrennte Räume haben verschiedene Gestalten des Systems mit sich proportional den Zeiten steigernden Verschiedenheiten ihrer erblichen Organisation zur Ent - wickelung gebracht, während andererseits die Fälle häufig sind, wo eine bestimmte Sippe des Systems aus ihrer engeren klimatischen Sphäre hinaustretend sich in geo - graphisch benachbarten Gebieten unter biologischer An - passung einheimisch gemacht hat: bestehen doch die Ordnungen der Palmen, Bromeliaceen, Cycadeen und viele andere sowohl aus Megathermen, als Xerophilen und Mesothermen. Die andere Grundlage der Florenreiche lässt sich daher so ausdrücken: Die in gleichartige Klima - gürtel der Erde fallenden geographisch selbständigen116Geographische Isolierung der Sippen.Ländergebiete haben, bei Aufrechthaltung ihrer Abge - schlossenheit, eine eigenartige Flora zur Entwickelung gebracht; die beigemischten gleichartigen Züge, welche als Verbindungsglieder fremder Floren auftreten, sind entweder den gleichartigen Ausgängen zu verdanken, welche die Pflanzenwelt in älteren Erdperioden besass, oder der Wanderungsmöglichkeit unter Zuhilfenahme von Verschlagungen aller Art, welche in selteneren Fällen sehr weite geographische Entfernungen überbrückt.
Um diese Grundsätze richtig anzuwenden, vergleicht man zweckmäßig gewisse weite und reich gegliederte, aber geographisch weit entlegene Ländergebiete, in denen man bei ihrer Vielgestaltigkeit des Bodens mit wechseln - der Geneigtheit und Niederschlags-Empfänglichkeit nicht ängstlich zu fragen braucht, ob wirklich die äusseren klimatischen Bedingungen gleichartig sind und früher gewesen sind. Solche Länder sind z. B. Mexiko bis zum tropischen Centralamerika hin, der Orient von Griechen - land bis Turkestan und zu den indischen Grenzgebirgen, endlich Australien mit Ausschluss des eigentlichen Tropen - anteils; alle diese 3 Länder vermitteln in wechselnder Gestaltung zwischen dürren Steppen oder Wüsten und reichen Tropengebieten. Aber nach Hemsleys Zusammen - stellungen sind von 1100 Gattungen der höheren Gewächse des Orients weniger als 400, und von den zugehörigen 9500 Arten des Orients weniger als 350 überhaupt in Amerika. Sind in diesen beiden Vergleichsgebieten wenigstens noch die meisten Ordnungen der Mono - und Dikotylen die gleichen, so wird der Unterschied noch stärker beim Vergleich mit Australien: 50 mexikanische Ordnungen fehlen daselbst. Die absoluten Verschieden - heiten in der Flora steigern sich natürlich mit dem Grade der nicht gemeinsam vorhandenen Sippen; die höchsten Verschiedenheiten drücken sich aus im ungleichen Auf - treten der Mehrzahl von Ordnungen, deren Verschieden - heit an sich schon die Möglichkeit gleicher Gattungen und Arten ausschliesst; dann folgt die besonders in den Gattungen liegende Verschiedenheit bei einer Hauptsumme gleicher Ordnungen; der geringste Grad eigenartiger117Undeutlichkeit der Grenzbildungen.Entwickelung zeigt sich in dem Besitz einer grösseren oder geringeren Menge ungleicher Arten, welche aber zu einer Hauptmasse gleicher Gattungen gehören.
In den „ Florenreichen “S. 6 ist dies näher ausgeführt und dabei diesen drei Graden von Verschiedenheiten folgend der Cha - rakter gesonderter Florenreichsgruppen, einzelner Florenreiche und einzelner Florengebiete bezeichnet.
Lägen alle Länder so geographisch abgeschlossen wie die der herausgegriffenen drei Beispiele, hingen diese letzteren selbst nicht mit Nord - und Centralamerika, nicht mit Nordafrika und Westeuropa und dem Pontus, nicht mit den indischen Tropen auf das innigste zu - sammen, so würden sich die Florenreichsgrenzen voraus - sichtlich scharf umzogen und allseitig verständlich ab - heben; aber die Unnatürlichkeit geographischer Abgren - zung macht auch den Charakter der Florenreiche unsicher. So sind zur Zeit die Prinzipien klar erkannt und allseitig anerkannt, doch Unbestimmtheit liegt im Ausdruck dessen, was in bestimmte Form unter Vernachlässigung der Ueber - gänge gegossen werden soll. Kein eigentlicher Wider - streit der Meinungen, nur langsames Vorschreiten zur Anerkennung gewisser Kernpunkte der Florenentwicke - lung beherrscht dies Feld.
Vergleich der Fauna. Hier ist der Ort, zum ersten - male nachdrücklich die Beziehungen sowohl direkter Art als in Gestalt von Analogien zwischen Pflanzen - und Tierwelt, zwischen Floren und Faunen hervorzuheben. Beide organischen Reiche haben an gleichem Orte eine gemeinsame, vielfältig voneinander abhängige Entwicke - lung in gegenseitiger Förderung oder Bekämpfung er - fahren; wo Wanderungswege für Pflanzen offen und zu - gänglich waren, sind sie es im allgemeinen auch für Tiere gewesen, nur hat stets beider Reiche verschiedene Orga - nisation auch verschiedenartige Wirkungen im Gefolge gehabt. Das Pflanzenreich ist stets unmittelbar vom Klima abhängig; Schutzmittel in Gestalt von Anpassungs - vorkehrungen sind möglich und zahlreich vorhanden, aber nur in biologischer Reihenfolge nachweisbar, beson -118Aehnliche Absonderung der Fauna.ders in der Knospenbildung und in der mannigfaltigsten Gestaltung der Blattorgane und ihrer Oberhäute. Die Tierwelt ergreift andere Schutzmaßregeln; Eingraben in Erdlöcher, periodisches Fortwandern bis zur Wiederkehr der günstigeren Jahreszeit, täglicher Besuch spärlicher Wasserquellen sind Dinge, welche der Pflanzenwelt ver - sagt bleiben. Die Wanderungsfähigkeit der Tiere er - scheint auf den ersten Blick als die grössere und ist es auch bei kleinen trennenden Zwischenräumen; bei ge - nauerer Betrachtung stellt sich aber heraus, dass die Pflanzen sich durchschnittlich viel leichter zum Ver - schlagen auf weite Erdräume hin eignen, als jene. Schon die verschiedene Fortpflanzung und die Bildung ruhender, auf das höchste geschützter Samen lässt die Pflanzen zum Ueberspringen weiter trennender Hindernisse geeig - neter erscheinen, während ein einzelnes verschlagenes Tier in der Regel nicht zur Fortpflanzung gelangt, und fortgetriebene Eier bei der Hilflosigkeit der Jugend - zustände so sehr vieler Tierklassen in diesen ihre Aus - breitungswirkung verfehlen. So überwindet die Pflanzen - welt, trotz engerer klimatischer Lebenssphäre, dennoch leichter die durch Entwickelung in bestimmtem geogra - phischen Gebiet gezogenen Grenzen, und so ist es auch wohl zu erklären, dass zumal eine ganz besonders auf - fällige Verbreitungsgrenze der Fauna durchaus nicht in dem gleichen Maße von Schärfe in der Flora auftritt. Diese Grenze ist der Abschluss Australiens, Neuseelands und der malayischen Inselwelt bis nach Celebes gegen - über Indien und der übrigen Welt ringsum in Hinsicht auf seine höheren Tierklassen. Auch einige andere Gegen - sätze in Tier - und Pflanzengrenzen von geringerer Be - deutung lassen sich namhaft machen; das Gebiet der Antillen ist z. B. in faunistischer Hinsicht viel mehr ab - geschlossen und reicher an eigentümlichen Formen als in Bezug auf seine Flora. Nachdem also diese Einschrän - kungen gemeinsamer Verbreitungsgesetze für Tier - und Pflanzenwelt beleuchtet sind, bleibt trotzdem im allge - meinen der Satz bestehen, dass der Absonderung eigen - tümlicher Floren auch eine analoge eigentümlicher Faunen119Gleichheit der Einflüsse.entspricht, dass ein gleichartiges Entwickelungsgesetz die organische Welt beherrscht.
Wallace hat in seiner „ Geographical distribution of Animals “(Bd. I, S. 35) die Hauptfaktoren aufgezählt, welche zur Absonderung oder Vermischung der Faunen je nach dem Grade ihres Auftretens in Wechselwirkung hinzielen; dieselben sind: 1. Proportion von Land und Wasser; 2. Grenzen und Verteilungsweise der Konti - nente; 3. Tiefe der Ozeane und Seen, Richtung und Ge - schwindigkeit der ozeanischen Ströme; 4. Lage von In - seln; 5. Höhe, Richtung und Anschluss von Gebirgs - ketten; 6. Lage und Ausdehnung von Wüsten, Seen, Waldgebieten; 7. Herrschende Windrichtungen und Stürme; 8. Klima und seine Jahresschwankung in Tem - peratur, Regenmenge, Eis - und Schneefall sowohl in Mitteln als Extremen; 9. Rückwirkung des Vegetations - wechsels. Alle diese Faktoren lassen sich ohne weiteres, oder in Umkehrung der Wechselwirkungen zwischen beiden organischen Reichen in gleichem Einfluss auf die Absonderung oder Vermischung der Floren aufführen: Punkt 1 — 5 sind rein geographische Grundlagen dazu, teilweise auch Punkt 6. Wenn sich einmal ein Land zur Bedeckung mit weitausgedehnten und zusammenhängen - den Wäldern eignet, so bildet dieser Waldgürtel, so lange als er stationär ist, selbst eine Vegetationsschranke gegen fremde Elemente, schützt dagegen in seinem Bereich die kleineren an ihn angelehnten Gewächse. Punkt 8 aber fällt für die Pflanzenwelt als biologischer Kausalfaktor in erste Linie und Punkt 9 verwandelt sich in die Wechsel - beziehungen zum Tierreich. Punkt 7 ist gleichsinnig und bedeutet die Ausstreuungsrichtung der Samen; es ist ja z. B. beim Föhn im Alpengebiet nachgewiesen, in wel - cher Weise derselbe nachhaltig für Besiedelung süd - licherer Pflanzenarten in den seiner Streichrichtung ge - öffneten Thälern wirkt. Was Wallace nicht besonders genannt hat, für die im Erdreich wurzelnde Pflanzenwelt aber unerlässlich hinzuzufügen bleibt, ist dann noch die physikalisch-chemische Eigenschaft des Substrats. Durch die Vegetationsdecke wirkt dieselbe dann auch schwächer120Förderung der Verbreitungauf das Tierreich zurück. Fauna und Flora der Erde sind bestimmt, die gleichen Schicksale, wie sie das Erd - bild schafft, zu teilen, aber sie unterliegen nicht in ganz gleichem Grade denselben Einflüssen.
Die Geographie hat längst das Bedürfnis erkannt, an der Einheit in der organischen Welt, insoweit als sie sich hinsicht - lich bestimmter Verbreitungs - und Absonderungsverhältnisse nach - weisen lässt und auf gleiche treibende Kräfte hinweist, festzuhalten und über die Verschiedenheiten im Ausdruck bestimmter Floren - und Faunenreiche hinwegsehend das Gemeinsame im Grundgedanken ausgesprochen-eigenartiger Entwickelungen zu erfassen. Nirgends finde ich dasselbe schärfer und richtiger betont, als bei Supan (Grundz. d. phys. Erdk. Kap. X). Es war nur richtig, dass Zoo - logie und Botanik zunächst selbständig ihre eigenen Gebiete ohne gegenseitige Rücksicht durchmusterten und ihre Ableitungen in bestimmter Form hinstellten. Die Geographie dagegen hat die Aufgabe, aus diesen Ableitungen noch höher stehende Allgemein - regeln zu schöpfen. Denn es kommt darauf an, im Sinne der geographischen Wissenschaft die Wechselwirkungen zu erläutern, in denen die Pflanzenwelt teils bedingt erscheint, teils selbst im Einfluss auf die allgemeine physische Natur zurückwirkt. Und die meisten der hier aufgeworfenen Fragen können sogleich be - züglich der Tierwelt wiederholt werden. Solche allgemein gegebene geographische Bedingungen sind aber die Lage, Form und das geologische Alter der Kontinente samt der Geschichte ihrer oro - graphischen Gliederung, der Einfluss von Höhen und Tiefen mit dem Klima zusammen als Scheiden, der Einfluss bestimmt gerich - teter Luft - und Wasserströmungen als Verbindungswege.
Biologische Wechselwirkungen. Auch die gegen - seitigen Anpassungen eines Organismus an den anderen, sowohl von verschiedenen Pflanzen unter sich als von Pflanzen und Tieren untereinander, sind solche geo - graphische Wechselwirkungen, welche mit der Grösse der Areale, mit der Möglichkeit weiterer Verbreitung und Ansiedelung in fremden Erdteilen bei zufälligen Verschlagungen je nach Umständen innig zusammen - hängen. Während oben die Vegetationslinien auf ihre im Klima und Boden liegenden Grundursachen zurück - geführt wurden, tritt hier also ein neues Moment hinzu, organisch bedingte Verbreitungsmittel und Verbreitungs - schranken. Von ersteren sind viele bekannt oder in ihrer Wirkung leicht zu durchschauen. Im Schutze der Wäl - der, oder in den Tropen auf ihren Aesten, gedeihen viele121durch organische Wechselwirkung.Pflanzen, welche ohne dieselben kaum geeignete Wohn - plätze finden würden; nicht wenige derselben sind direkt von der Verbreitung gewisser Waldbaumformationen ab - hängig, zumal die Schmarotzer und Humuspflanzen. Die Sumpfmoose gewähren mit ihrer eigentümlichen Organi - sation in ihrer zusammenhängenden Decke manchen Arten Wohnstätten, welche ohne sie häufig genug im Sommer durch periodische Dürre Schaden erleiden würden; ihre massenhafte Vegetation sorgt also auch für die Verbrei - tung der beigemischten Arten. Weidende Tiere ver - schleppen die in ihrem Fell hängenbleibenden Stachel - früchte; beerenfressende Vögel streuen die Samen ihrer Futterpflanzen auf weite Entfernungen aus, und in den Floren ozeanischer Inseln gehören daher die beerentragen - den Arten, welche oft nicht gering an Zahl sind, zu den am leichtesten auf weitere Wanderzüge zurückzuführenden Formen, ohne dass sie selbständig und ohne Mitwirkung wandernder Tiere diese Verbreitung hätten erreichen können.
Nach den organischen Verbreitungsmitteln der Samen kann man überhaupt 6 Kategorien unter diesen unterscheiden, nämlich 1. die Einbettung in eine süsse Fruchtmasse, welche Tiere zum Fressen anlockt; 2. der Besitz von Haken und Stacheln, mittels derer sie sich an wandernde Tiere anheften können; 3. Flugapparate an Samen oder Früchten, welche auch schwerere Körper auf weite Strecken hin transportfähig gestalten; 4. Kleinheit der Samen, welche wie bei Orchideen und Pyrolaceen, Rhododendron, Nepen - thes etc. eine Verschlagung mit Stürmen ebenso leicht gestattet; 5. elastisches Aufspringen und Fortschnellen der Früchte, was zumal bei Berührungen durch ein Tier wirken kann; 6. Erhaltung der Keimkraft im Meereswasser verbunden mit Schwimmfähigkeit. Die beiden ersten Kategorien rechnen absolut mit der Verbreitungs - weise durch Tiere. — Beccari setzt auseinander (Malesia III), dass ein Vogel, welcher auf einem Berge im Innern der Insel Ceram eine Mahlzeit von Vaccinium-Früchten eingenommen hätte, nach 3 oder 4 Stunden deren Samen auf einem Berge Neuguineas ab - setzen könnte. — Auf dieselbe Verbreitungsweise nimmt Hemsley in seinen Untersuchungen über die Floren der Inseln ausgedehnte Rücksicht und man handelt richtig, jede einzelne Flora auf die Verbreitungsorganisation hin zu prüfen.
Am interessantesten werden diejenigen Wechselbe - ziehungen, in denen ein bestimmter, abgeschlossener or - ganischer Formenkreis mit einem anderen bestimmt abge -122Wirkung der Insekten-Befruchtung.schlossenen Formenkreise im gegenseitigen Nützlichkeits - verhältnis steht. Am weitesten ausgedehnt ist dieses zu beobachten zwischen Blumen mit klebrigem Pollen und den von diesem oder von Zuckersäften der Blumen lebenden Insekten, welche zugleich durch Wechselbefruchtung eine samentüchtige Nachkommenschaft erzielen.
Dies umfangreiche biologische Kapitel kann hier nur in seiner geographischen Wirkung angedeutet werden. Eine ausgedehnte Litteratur ist darüber vorhanden, aus welcher hier nur einige all - gemein zusammenfassende Schriften genannt werden mögen: Hildebrand, Die Geschlechterverteilung bei den Pflanzen und das Gesetz der vermiedenen und unvorteilhaften stetigen Selbstbefruch - tung; Leipzig 1867. — Darwin, The Effects of Cross - and Self - Fertilisation, London 1876 (übersetzt 1877). — Kerner, Schutz - mittel der Blüten gegen unberufene Gäste, Wien 1876. — Dr. H. Müller, Die Befruchtung der Blumen durch Insekten und die gegenseitigen Anpassungen beider, Leipzig 1873; ergänzt durch desselben Verf. : Alpenblumen, ihre Befruchtung durch Insekten, Leipzig 1881. — Erréra, Sur la structure et les modes de fécon - dation des fleurs, Gand 1878 (Bull. Soc. roy. de botan. de Belgi - que XVII). — Schenks Handbuch d. Botan. Bd. 1. S. 1 — 112. — In Verbindung mit anderen Abhängigkeitsverhältnissen der Fort - pflanzung und Verbreitung bespricht Wiesner den Gegenstand in klarer Zusammenfassung in „ Elemente d. wiss. Botanik “, Bd. III (Pflanzenbiologie) unter den biologischen Verhältnissen der Fort - pflanzung; mit Recht ist in diesem einzigen Lehrbuch der Biologie die Wechselwirkung der Organisation in Anschluss an geographi - sche Verbreitung gebracht.
Die Wirkung dieses Gegenseitigkeitsverhältnisses ist in der grossen Natur eine zwiefache: erstens die Wirkung auf die Ausbreitung, die Areale, mithin auf den Charakter der Florengebiete, und zweitens die Wirkung auf die Physiognomie der Vegetation, insofern als in der Schau - stellung der Honig darbietenden und auf Kreuzbefruch - tung wartenden Blumen neben den unscheinbareren sich selbst mit Hilfe der Luftströmungen befruchtenden „ Wind - blütlern “und in der Bevorzugung der einen vor den anderen ein bestimmter landschaftlicher Eindruck hervor - gerufen werden kann.
Die Wirkung auf das Areal ist natürlich nur dann eine zwingende, wenn bestimmte Insekten auf bestimmte Blumen oder umgekehrt angewiesen sind. So ist es neuerdings für die Aconitum - und Bombus-Arten von Kronfeld dargelegt.
123Aconitum und Bombus.Das Beispiel erscheint so lehrreich, dass es ausführlicher be - sprochen werden mag unter Beihilfe der Originalfigur aus den Botan. Jahrbüchern für Systematik etc. Bd. XI. S. 19. Kronfeld hat gefunden, dass die Blüten des Eisenhutes, der Ranunculaceen - Gattung Aconitum, dem Insektenbesuche zur Kreuzungsvermitte - lung von Hummeln, ja so gut wie ausschliesslich aus Gründen der
Körpergrösse und Blütenorganisation dem Besuch von der Hyme - nopteren Gattung Bombus angepasst sei; wo immer Aconitum blühend angetroffen wurde, sah man die Blüten von Hummeln besucht. Zur Erzielung kräftigen Samens ist demnach die Gattung Aconitum von Bombus abhängig, und zwar viel mehr, als Bombus zum Nahrungsgewinn von Aconitum, da nicht eine einzige Bom -124Endemismus.busart bisher nur auf Aconitum sammelnd beobachtet ist. Hier - mit steht die Geographie beider Gattungen im vollsten Einklang, indem das Areal von Aconitum in das von Bombus hineinfällt. In Amerika ist das Areal von Bombus beträchtlich über den Aequator südwärts ausgedehnt, während Aconitum sich in den gemeinsamen Grenzen vieler borealer Gattungen hält.
Was hier von solchen Wechselwirkungen gesagt oder auch nur angedeutet ist, das muss für beide organische Reiche im Anschluss an die Deszendenztheorie und Trans - mutationslehre in seiner Entwickelung nach Dauer von Erdperioden ermessen werden. So kann, oder vielmehr so muss es kommen, dass die geographische Trennung immer weiter wirkend einander fremdartige Organisa - tionen erzeugt, indem irgend eine neu aufgetretene Be - ziehung ansteckend wirkt und nachhaltige Umformungen hervorruft: „ every change becomes the centre of an ever - widening circle of effects “(Wallace, Geogr. distrib. Anim. I. 44).
Endemische Formen. Ist irgend eine Pflanzensippe mit abgeschlossenem Formenkreise zu einer bestimmten Erdperiode weit verbreitet in zusammenhängendem Areal gewesen, haben sich aus ihr im Sinne der Deszendenz - theorie an verschiedenen Stellen dieses Areals verschie - dene, einander verwandte Formen herausgebildet, während zugleich das Schicksal der weiteren Erdentwickelung es mit sich gebracht hat, dass in das zusammenhängende Areal oder in die dort herrschenden Verbreitungsmöglich - keiten grosse Lücken gerissen wurden, so sind die neu entstandenen Formen mit Beziehung auf das kleine, zu - nächst von ihnen eingenommene Areal in demselben „ endemisch “. Die verschiedenen, neu entstandenen Ableitungsformen weisen in ihren verschiedenen Ursprungs - orten auf einen gemeinsamen Anfang ihrer Bildung hin, sind „ korrespondierende “oder „ vicariierende “Formen, „ Repräsentativformen “. Andere endemische Formen, gewöhnlich ohne repräsentative Schwesterformen, ent - stehen dadurch, dass die Lebensbedingungen einer ur - sprünglich sehr weit verbreiteten Art in der weiteren Erdentwickelung nur in einem beschränkten Areal sich125Endemische Sippen verschiedenen Ranges.noch erhalten: sie bilden die Relikt-Endemismen dieses Areals. Durch frühere Verdrängung hier und Fortwandern dorthin kann dieses Areal in ein Land fallen, in welchem die betreffende Art niemals ihre Entstehung genommen hat; es gibt also Endemismen, welche im Ge - biet entstanden, und solche, welche zugewandert sind. Die letzteren entwickeln sich dann häufig noch durch weitere Transmutation ihrer morphologischen Charaktere zu sekundär an Ort und Stelle entstandenen, besser ge - sagt „ umgeformten “Endemismen. Diese werden mit Rücksicht auf ihre jüngeren Merkmale und Eigenschaften richtig im Gebiete endemisch. Mit Bezug auf das oben (S. 99) Gesagte gibt es Endemismen von sehr verschie - denem morphologischen Range, endemische Sippen vom Range blosser Varietäten, Unterarten, Arten, Gattungs - sektionen, Gattungen, Tribus natürlicher Ordnungen, ganzer Ordnungen des natürlichen Systems. Der Wert der endemischen Sippen für die geographische Charakte - risierung steigt mit ihrem morphologischen Range: Ge - biete mit eigenen, auf ein kleines Gebiet beschränkten Tribus und Ordnungen sind durch diese sehr ausgezeichnet und im allgemeinen als von sehr abgeschlossen selbständiger Entwickelung zu betrachten.
Die Sippen vom höheren Range gebrauchen zwar im allgemeinen mehr Zeit zu ihrer Herausbildung als diejenigen niederen Ranges; doch kann es auch anders sein, da wir die endemischen Bildungen lokal entstandener und diejenigen durch Aussterben ringsum lokal erhaltener Art nur selten unterscheiden können. Aber auch die Sippen von einheitlichem Range, z. B. gleichwertige Arten, sind sehr ungleich alt, und während es solche gibt, welche seit der Pliocenzeit und seit länger sich anscheinend nicht verändert haben, wie die Conifere Taxodium distichum im jetzigen nordamerikanischen Florenreich mit früher weit-borealer Verbreitung, sind viele andere unzweifelhaft jung. Um so mehr wird das Alter der endemischen Arten, d. h. die Zeit, während welcher eine Art ein bestimmtes Gebiet charakterisierte, schwankend sein.
126Verschiedenes Alter der Endemismen.Die auf den Hochgebirgen der boreal-gemäßigten Zone zahl - reich zerstreuten Saxifraga-Arten liefern für Pyrenäen, Alpen, Kaukasus, Himalaya, Rocky Mts. etc. zahlreiche Endemismen, welche gleichzeitig repräsentativ sind; bei naher Verwandtschaft wird ihr Alter im Artcharakter nicht hoch sein. Die auch die Ostalpen zierende Scrophulariacee Wulfenia ist in nur 4 Arten beschränkt auf dieses Gebirge, auf das westliche Asien und den Himalaya und hat dabei Repräsentativarten. Die Gattung Erica mit 400 Arten beschränkt sich auf die Alte Welt von Mittel - und Südeuropa und Südafrika; das tropische Afrika scheidet die Arten der beiden Hauptgebiete vollkommen, und die Hauptmasse jener 400 ist im südwestlichen Kaplande auf sehr beschränktem Areal endemisch; aber nicht ganz wenige Arten sind repräsentativ. — Salis - burya oder Gingko biloba, diese merkwürdige Conifere, hat nur noch eine Art lebend in Ostasien; in früheren Erdperioden ist die - selbe formenreich und weit in den borealen Gebieten verbreitet gewesen; die Gattung ist also endemisch durch Aussterben ge - worden, die lebende Art als solche mag in Ostasien ursprünglich sein. — Grönland besitzt eine Reihe endemischer Unterarten, welche sonst nirgends vorkommen, aber alle sehr nahe verwandt sind mit übrigens weit arktisch-boreal verbreiteten Arten; sie sind vielleicht alle inter - oder postglacialen Ursprungs durch lokale Transmuta - tion ihrer morphologischen Charaktere unter dem Einfluss der be - sonderen Existenzbedingungen. — Scalesia ist eine 10 Arten zäh - lende, auf den Galapagos-Inseln endemische und dort den Busch - wald bildende Compositengattung; die verschiedenen Arten aber schliessen sich aus und bewohnen repräsentativ die verschiedenen Inseln.
Der Begriff des Endemismus schwankt mit der Grösse des der Betrachtung zu Grunde gelegten Areals und mit dessen pflanzengeographischer „ Natürlichkeit “. Deutsch - land z. B. ist ein pflanzengeographisch unhaltbarer Be - griff und besitzt keine endemische Art; die Alpenkette ist natürlich abgegrenzt und von nicht grosser Ausdeh - nung, sie besitzt circa 200 starke endemische Arten. Für die Beurteilung der eigenartigen Entwickelung spielen die endemischen Sippen höheren Ranges die wichtigste Rolle; nach ihrer Erstreckung werden die Ländergebiete abgegrenzt und gelten als um so natürlicher, je mehr endemische Sippen bei der Form der gewählten Grenzen in dieselben fallen. Diese, einem circulus vitiosus bis zu gewissem Grade unterworfene Operation bildet die wissen - schaftliche Unterlage der Florenreiche: einem Floren - reich gehört nicht nur die Hauptmasse der Arten, sondern127Flora der Inseln.auch der überwiegende Teil von eng umgrenzten Gat - tungen und ausserdem Sektionen aus den weit verbreiteten Gattungen zu eigen an, auch können einzelne Tribus oder kleine Ordnungen in ihm endemisch sein; das Florenreich zerfällt in Gebiete, welche sich durch den Besitz von Repräsentativarten der Charaktergattungen auszeichnen.
Litteraturhinweise: Alph. de Candolle, Géogr. bot. rais. S. 1278. — Hookers Vortrag über die Eigentümlichkeiten ozeanischer Insel - floren zu Nottingham, British Association 1866; vergl. Griseb. Abh. S. 336, und Kny in Zeitschr. für Erdk., Berlin 1867. — Peschel, Die Tier - und Pflanzenwelt der Inseln in „ Neue Probleme d. vergl. Erdk. “ Abh. 4. — Wallace, Island Life, London 1880. — Grisebach, Vegetation der Erde, Kap. XXIV. (2. Aufl. II. S. 472). — Hemsley, Introduction to Reports on insular Floras (Challenger Reports, Botany, London 1885). —
„ Eine hohe Wichtigkeit kommt jenen entlegenen Archipelen und Inseln des Ozeans zu, wo die Bahnen, auf denen die Vermischung der Floren erfolgt ist, sich leichter erkennen lassen, wo die endemischen Gewächse selbst von denen aller Festländer oft bedeutend in ihrem Bau abweichen und wo die ursprüngliche Anordnung der Centren sich reiner als anderswo erhalten hat. “ Mit diesen Worten bezeichnet Grisebach das für die Floren - entwickelung in den Inselgebieten liegende Charakte - ristische und Lehrreiche, lehrreich auch für die geogra - phische Auffassung und Einteilung der Inseln überhaupt; denn dieselben sind sowohl einer geologischen Charakte - risierung fähig, wie es Peschel in seiner Abhandlung über den „ Ursprung der Inseln “zeigte, als der aus dem Pflanzen - und Tierreiche entnommenen und damit im innigen Zusammenhang stehenden biologischen. Wenn nach Hahns „ Inselstudien “das erstere in der Geographie zum Leitgedanken erhoben ist, so sollte doch die Wich - tigkeit des biologischen Momentes niemals ausser acht gelassen werden.
Seit Darwins epochemachenden Untersuchungen und Werken, in denen die Inselwelten als Beispiele scharfer Fragestellungen und Antworten für die Entstehung der128Abgeschlossene Entwickelung der Inseln.Arten eine wichtige Rolle spielen, ist der Grundsatz herrschend geworden, dass die endemischen Inselfloren eine Transformation der kontinentalen Hauptstämme aus den zugehörigen Florenreichen mit Einschluss fremder Ein - wanderungen seien. Was Grisebach dagegen anzuführen unternahm (Abh. S. 337), ist mehr geeignet, die Schwie - rigkeiten einer einheitlichen Erklärung zu erläutern und vor gewissen einseitigen Uebertreibungen zu warnen, als dass es ein wirklich neues Moment hinzugefügt hätte. Das Hauptmoment aber, was durch vergleichende Unter - suchungen erfahrener Floristen allmählich klarer zum Bewusstsein gekommen ist, liegt darin, dass die Flora der Inseln nicht etwa nur als Transmutation der jetzt lebenden Kontinentalfloren erfasst werden darf, sondern dass auf vielen Inseln unzweifelhaft eine Weiterentwicke - lung alter, vielleicht den Charakter irgend einer älteren tertiären Periode repräsentierender Stammfloren statt - gefunden hat, welche sich hier im Schutze der Abge - schiedenheit fern von dem Einfluss kontinentaler Um - wälzungserscheinungen sicher erhalten konnten. Durch diesen Charakter zeichnen sich auch die Inselfloren vor den oft mit ihnen in Bezug auf reiche Entfaltung des Endemismus verglichenen Hochgebirgsfloren aus, deren Vertreter viel weniger selten einen direkt verwandtschaft - lichen Anschluss an Formen der kontinentalen Tiefländer zeigen.
Durch diese Hinzufügung wird die theoretische Lösung für das reiche Bild der gesammelten und einander oft scheinbar widersinnigen Beobachtungen zwar ermöglicht, die Erklärung einer einzelnen Inselflora in ihrem gegen - wärtigen Zustande aber erschwert. Denn wir sehen die Einwanderungsfähigkeit vieler kontinentaler Arten durch besondere weitwirkende Verbreitungsmittel (s. oben S. 121) vor unseren Augen; dieselbe Einwanderungsfähigkeit an - derer, älterer Arten muss in den vergangenen Erdperioden ebenfalls bestanden haben und hat dann einen ganz anderen Grundstock geliefert; es können aber damals die Einwanderungswege durch veränderte Windrichtung, Meeresströme, Gestalt und Ausdehnung der Kontinente129Die Atlantis.selbst im Vergleich mit der uns allein gut bekannten Gegenwart andere gewesen sein, und es können die jetzigen Inseln mehr oder weniger vollständig in Land - oder Insel - reihenverbindung gestanden haben und dadurch dem breiten Einwanderungswege einer ganz bestimmten Flora eröffnet gewesen sein.
Für die Canaren, Madeira und Azoren, die an endemischen Formen reiche makaronesische Inselgruppe mit vorwiegend medi - terran-westeuropäischem Florencharakter, war wohl die Idee zuerst aufgestellt und durch sichere Hinweise, den Vergleich ihrer jetzigen Flora mit der westeuropäischen Tertiärflora, gestützt, dass diese Endemismen von tertiärem Charakter seien. Die damals in Europa verbreiteten Persea -, Phoebe - und Laurus-Arten, Arbutus etc., sind seit jener Periode transformiert und repräsentativ zerstreut. Lau - rus und Arbutus canariensis repräsentieren die jetzt mediterranen Laurus nobilis und Arbutus Unedo, A. Andrachne; Persea und Phoebe sind nur noch in Makaronesien; die Sapotacee Sideroxylon auf Madeira ist wenigstens familiär mit Argania Sideroxylon in Ma - rokko verwandt, beide bilden sonst aber die einzigen Formen dieser Gruppe im atlantischen Florengebiet der Jetztwelt; der einzige endemische Baum von Madeira, Clethra arborea, gehört zu einer unstreitig alttertiären, den Ericaceen nahestehenden Lebeform, deren Repräsentanten jetzt in Europa fehlen, in Amerika von Virginien bis Brasilien häufig sind. Hier haben wir einige Thatsachen, auf welche hin die Hypothese der „ Atlantis “als eines atlantischen, Westeuropa und Amerika auf Wanderungswegen verbindenden und jetzt versunkenen Festlandes von Unger 1850 ausgesprochen und von Heer 1855 scharfsinnig unterstützt wurde. In diesem ozeani - schen, von keiner Glacialzeit gestörten Klima hätten sich die Ab - kömmlinge der tertiären Mischflora viel reiner erhalten können, doch ist es selbstverständlich, dass ihre Artcharaktere im Kreise der gemeinsamen Gattungen, oft auch die letzteren selbst, reprä - sentativ geworden sind; der europäische Gesamtcharakter dagegen erklärte sich durch die geographische Lage und durch die viel länger bestehende Verbindung dieser Inseln mit Europa (vergl. „ Oswald Heer, Lebensbild “von Schröter, Zürich 1888, S. 313). Diese Idee der Atlantis ist in Rücksicht auf ein ganz anderes Floren - gebiet unhaltbar, mindestens unnötig, gemacht: Miquel hatte die grosse Verwandtschaft zwischen der Flora Japans und des öst - lichen Nordamerikas hervorgehoben, Asa Gray diese Thatsache in vorzüglicher Weise zur Grundlage pflanzengeographischer Betrach - tungen gemacht, und die damals gemachte Ableitung gilt auch heute, dass nämlich die Gemeinsamkeit nicht aus Wanderungen von Japan nach Carolina oder umgekehrt herrührt, sondern aus der altgeologischen Gemeinsamkeit der vom Norden her in beide völlig getrennte Ländergebiete einwandernden Besiedelungselemente, welche hier wie dort repräsentativ umgebildet sind. In diesemDrude, Pflanzengeographie. 9130Bedingungen der Inselfloren.Sinne ist auch der Florencharakter des makaronesischen Inselge - bietes zu erklären: es ist schon zur Tertiärzeit auf Wegen, deren Wirkung wir noch heute sehen, von Elementen besiedelt, welche seit jener Zeit in Europa geschwunden, zerstreut oder transformiert sind; die Inseln boten für diese ein günstiges Erhaltungs - und Weiterentwickelungsgebiet, von „ ursprünglichem Schöpfungsgebiet “kann dabei keine Rede sein, wenigstens in keinem höheren Grade als von jeder Stelle, wo Transformismus einer älteren Stammform einen eigenen Endemismus hervorrief.
Fassen wir nach diesem, die verschiedenen Probleme und Hypothesen erläuternden Beispiel die Charaktere der Inselfloren nach einzelnen zur Beurteilung dienenden Hauptpunkten zusammen.
1. Die Flora jeder Insel ist abhängig von der Zeit, seit welcher sie entweder durch Auftauchen aus dem Meere, oder durch Untersinken der sie mit dem Festlande in Verbindung haltenden Landstriche, entstand. Diese Art des Entstehens ist schon von Grund aus bedeutungs - voll, da im ersteren Fall eine jeder Besiedelung offene Vegetationsöde geschaffen ist, im letzteren Fall dagegen ein der selbständigeren Weiterentwickelung überlassenes und vegetationsbedecktes Festlandsstück von anfänglich bestimmtem Florencharakter. Die Flora ist ferner ab - hängig von den auch im Inselcharakter in bestimmte Bahnen gelenkten Besiedelungen, denen sie durch Nähe einer Kontinentalflora und durch von dort kommende oder dieser Richtung entgegenwirkende Verbreitungswege aus - gesetzt ist. Sie ist endlich abhängig von den bleibenden oder periodisch veränderlichen Existenzbedingungen, welche aus der ursprünglich schon vorhandenen oder durch Be - siedelung dort ansässig gewordenen Vegetation eine be - günstigte Auswahl treffen, dieselbe zu stärkerer Ent - wickelung gegenüber anderen unterdrückten Formen bringen, alte Repräsentanten deswegen leichter erhalten, weil durch die geographische Isolierung die Gefahren rasch wechselnder kontinentaler Invasionen bedeutend herabgesetzt sind, und weil in der Regel das insulare Klima zu grösserer Gleichmässigkeit hinneigt als das der Festländer. Dadurch wird der Einfluss klimatisch wech - selnder Perioden auch für aussertropische Inselgebiete bedeutend herabgesetzt.
131Insulare Endemismen.2. Abhängig von der Zeit ihrer Entstehung und den für die Anfangsflora maßgebenden Ursachen ist der jetzt sich zeigende und im Prozentsatz der Gesamtflora sich ausdrückende endemische Charakter der Insel - flora, welcher durch die später erfolgenden Besiedelungen eine jüngere, häufig fremdartige Verstärkung erfährt, sofern die äusseren Umstände der Insel zu einem Trans - formismus der neuen Ansiedler drängen. Das letztere wird besonders durch die biologischen Eigentümlichkeiten der schon vorhandenen Organisation unter Mitwirkung des insularen Klimas erzielt; Zeit im geologischen Sinne ist dazu um so mehr erforderlich gewesen, je grösser die morphologische Differenz zwischen den verwandten Insel - und Festlandssippen ist. Daher ist der Besitz eigener endemischer Gattungen von viel höherer Bedeutung als der von eigenen Arten; am niedersten stehen Inseln mit wenig von Festlandsarten abweichenden Formen (Unter - arten und Varietäten) in der Entwickelung ihrer ende - mischen Charaktere.
3. Es lassen sich daher die ozeanischen Inseln nach dem Werte ihres endemischen Charakters in absteigende Reihen zusammenstellen, deren Beurteilung nur dadurch einer erheblichen Schwankung unterworfen ist, dass dem Werte von Gattungsendemismen häufig eine grössere Zahl von Artendemismen gegenübersteht. Es folgt hier eine Tabelle der wichtigeren Inseln, in welcher die Mehrzahl der angegebenen Gattungs - und Artenzahlen Hemsleys schöner Arbeit entlehnt ist; einige Zahlen sind nach neueren Floren verbessert, bei einigen ist eine erklärende Bemerkung hinzugefügt. Die Tabelle schliesst alle jene Inselgruppen aus, welche sich ihrem ganzen floristischen Verhalten nach wie eigene Festlandsflorenreiche oder wie dicht nebeneinander liegende Teile eines solchen Fest - landsflorenreichs verhalten, also Madagaskar, die Philip - pinen, Sundainseln und die einzelnen polynesischen Insel - gruppen (in welchen letzteren ein einheitlicher Floren - reichscharakter mit verschiedener Ausprägung und starker endemischer Isolierung der einzelnen Teile enthalten ist), die Antillen, die Küsteninseln Kaliforniens, die mediter -132Statistik derranen Inseln, Grossbritannien etc. In Bezug auf Neu - seeland kann man zweifelhaft sein, ob man dieses grosse Gebiet als selbständig oder insular in Bezug auf die Florenreichsgliederung hinstellen soll; es ist das letztere hier geschehen und Neuseeland mit seinem sehr stark endemischen Element vorangestellt; es folgen dann aber Inseln mit noch stärkerer endemischer Ausprägung.
1)Nach Englers Tabelle nur 19. 1)2)Nach Hillebrand. 2)3)Die hinzugefügte Zahl 34 bezieht sich auf diejenigen Gat - tungen, welche zwar nicht in Mauritius selbst endemisch, wohl aber auf Mauritius und Bourbon, Madagaskar, die Seychellen be - schränkt sind und von denen nur 2 auch die Ostküste Afrikas be - rühren. Der endemische Charakter jeder einzelnen Insel aus der Maskarenengruppe erhält durch diese Hinzufügung erst seine rich - tige Bedeutung. 3)4)180 enthalten endemische Arten und Varietäten. 4)5)Nach Christ. — Hemsley gibt nur 269 endemische Arten der Canaren an; die neue Zusammenstellung von Christ (siehe G. J. XIII) zählt 470, nach Abzug einer Varietät nur 469 ende - mische Arten im Bereich der Canaren, Azoren und Madeira; von diesen sind 47 herausgehoben als den Canaren mit den übrigen Inselgruppen gemeinsam, verbleiben also 422 spezifisch-canarische Endemismen; dieselben erhalten aber diese hohe Zahl nur, wenn eine Reihe schwächer unterschiedener Formen als Unterarten mit - gezählt werden. 5) |
1)Schwache Arten. 1)2)Schwächere Unterarten. 2)*vor der Zahl bedeutet Abschwächung des Sippenranges, also Untergattung, Unterart. * |
4. Trotz der grossen Zahl auf den ozeanischen Inselfloren zerstreuter endemischer Sippen gibt es doch kaum etwas auf ihnen, was morphologisch und verwandt - schaftlich ausser Zusammenhang mit den Festlandsfloren stände. Besonders gibt es keine eigentliche Pflanzen - familie, die nur auf den endemischen Gattungssippen irgend einer ozeanischen Inselgruppe beruhte. Allein Lactoris fernandeziana von Juan Fernandez ist als ein bis jetzt ziemlich isoliert dastehender Repräsentant aus dem Verwandtschaftskreise der Magnoliaceen zu nennen, der wenigstens eine besondere Tribus — angeschlossen an die andine Gattung Drimys — zu bilden hat. Sonst ist das nicht der Fall, und selbst die, ozeanische intra -134Verwandtschaft der Inselfloren.tropische Inseln mannigfach auszeichnenden Compositen - bäume (Hesperomannia von den Sandwichinseln, die ein - zige von den pacifischen Inseln bekannte Gattung der Tribus Mutisiaceae!) stehen durchaus nicht vereinzelt da, obwohl sie nicht an vielen Stellen der Erde ihr Analogon finden. Die strauchigen Caryophylleen Schiedea und Alsinidendron von den Sandwichinseln gehören ebenfalls zu sehr merkwürdigen Bildungen, lassen sich aber den - noch unter die kontinentalen Verwandtschaften einreihen. Ebenso die mächtigste Eigentümlichkeit der Seychellen, die Palme Lodoicea Sechellarum, deren Blütenkolben - und Fruchtbildung sonst unerreicht dasteht, aber trotz mancher Besonderheiten doch unschwer an die afrikanisch-indische Festlandsgattung Borassus sich anschliessen lässt.
Die grössten Besonderheiten müssen natürlich solchen Inseln zugeschrieben werden, in deren Flora eine grössere Zahl von Gattungen sich verwandtschaftlich nicht direkt an ein bestimmtes Festlandsgebiet anschliessen lässt; da steht die ursprüngliche, jetzt leider verdrängte Flora von St. Helena unzweifelhaft obenan, und in der Vielseitigkeit ihrer Beziehungen folgen alsdann die Sandwichinseln, dann Neuseeland. Die Galapagosinseln, berühmt durch ihre gesondert-endemische Entwickelung, haben doch ganz amerikanischen Florencharakter, wie sich das aus ihrer geographischen Lage erwarten lässt.
Die abweichenden Sippen von höherem systematischen Range sind solche, welche in sehr alter Zeit auf die be - treffenden Inseln gelangt sind, als ihre Verwandten viel - leicht auch in den Kontinentalgebieten häufig waren, und sie sind dann also „ lebende Petrefakten “. Oder aber es sind solche Sippen, welche sich auf der Insel selbst in langen Zeiträumen so fremdartig weiter entwickelt haben. Zwischen beiden Möglichkeiten kann man meistens gar nicht oder nur in sehr zweifelhafter Weise entscheiden, und am häufigsten mag wohl beides Hand in Hand ge - gangen sein.
Auch das lässt sich nicht zweifelsfrei entscheiden und ist doch für die Beurteilung des insularen Floren - charakters von Wichtigkeit, ob die nicht endemischen135Wanderung von oder nach Inseln.Bestandteile von den Kontinentalgebieten abstammen oder gerade dorthin wieder zurückgewandert sind. Eins der gewöhnlichsten Heidegesträuche auf den Azoren ist der Queiro, Daboecia polifolia, neben Erica azorica, Vacci - nium cylindraceum und longiflorum (alle endemisch) und Calluna vulgaris, der gewöhnlichen mitteleuropäischen Heide, die Bergzüge in Fayal, Pico, Flores bedeckend und bis zum Gipfel hinaufgehend. Auf dem europäischen Festlande ist diese Art selten, nämlich in Portugal und Nordspanien, im Bereich der Pyrenäen und auch noch in Irland (Connemara). Sie gilt stets als „ eingewandert “von Europa. Es mag so sein, und es wird dann ver - mutlich auch schon in alter Zeit geschehen sein, als die Daboecia noch weitere Verbreitung besass; zwingend ist die Annahme jedenfalls nicht, wenn eine Inselgruppe eine Reihe anderer endemischer Ericaceen besitzt, und es bleibt nach dem Gesagten nichts übrig, als die faktische Gemeinsamkeit der Verbreitung, eine Thatsache ohne innere Begründung wie sie zu stande kam, hinzustellen. Der Möglichkeiten sind zu viele, und das Schicksal der Arten in ihrer Verbreitung ist gewiss oft wechselvoll gewesen. Sind doch die Areale auf den Inseln selbst auch zuweilen sehr klein, „ so dass die einen kleinen Strauch bildende Glockenblume der Azoren, Campanula Vidalii, nur auf einem einzigen meerumspülten Felsen unweit der Ostküste von Flores gefunden ward “(Grise - bach, V. d. E.). Die andere Glockenblume, Campanula Erinus, bewohnt dagegen den ganzen Archipel.
5. Es gibt nun noch einige andere Punkte von minderer Allgemeinheit und Bedeutung, welche mit dem endemischen Charakter und der insularen Isolierung zu - sammenhängen. Zunächst ist von Interesse, dass die Proportionen von Ordnungen, Gattungen und Arten des Pflanzenreichs sich in den Inselfloren abweichend von den Kontinenten verhalten, indem in ersteren im allge - meinen mehr Ordnungen und mehr Gattungen auf eine bestimmte Artenzahl entfallen. In Deutschland, Oester - reich und der Schweiz finden sich in runden Zahlen 120 Ordnungen (die stärkeren Unterordnungen als selb -136Verhältniszahlen der Inseln.ständig mitgezählt), 800 Gattungen und 3500 Arten von Blütenpflanzen, welche also die Verhältniszahlen von 1: 6,6: 29,2 bilden; auf jede Ordnung entfallen durch - schnittlich mehr als 29, auf jede Gattung durchschnitt - lich 4 bis 5 Arten. Diese Verhältniszahlen ändern sich auf den ozeanischen Inseln derartig, dass nur 3 oder 2 oder noch weniger als 2 Arten auf eine Gattung entfallen, wofür die mitgeteilte Tabelle genug Belege gibt; und die Ordnungsziffern nähern sich zumal bei kleinen Inseln mit absolut niedrigen Artenzahlen sehr stark den Gat - tungsziffern, d. h. die Mehrzahl der wenigen dort lebenden Gattungen gehört je einer besonderen Familie an. Viele Ausnahmen durchbrechen bei genauerer Betrachtung der Verhältnisse die allgemeine Regel auf den grösseren Inseln; so zählen auf den Sandwichinseln die endemischen Gattungen Schiedea 17, Pelea 20, Phyllostegia 16, Steno - gyne 17, Labordia 9, Rollandia 6, Delissea 7, Cyanea 28, Kadna 16 und Raillardia 12 Arten, so dass überhaupt allein 250 Arten der 575 endemischen Blütenpflanzen auf die 40 endemischen Gattungen entfallen, mit dem Ver - hältnis von Gattung zu Art = 1: 6,2. Diese endemischen Sippen haben also zu einer reichen Fortentwickelung Gelegenheit gefunden und verteilen sich oft repräsentativ auf den verschiedenen Inseln der Gruppe.
Hiervon hängt natürlich auch das Verhältnis der Artenzahl zur Gesamtfläche der Inseln ab. Im allgemeinen ist dasselbe niedriger, als bei gleich grossen, unter gleicher Breite gelegenen und ebenso mannigfaltig im Gelände gegliederten Festlandsstücken, und A. de Candolle, der dies genauer untersucht hat, hebt hervor, dass die rela - tive Artenarmut besonders bei weit vom Festlande ent - fernten Inseln eine auffällige sei. Auch das ergibt sich aus der mitgeteilten Tabelle.
So ist es denn auch erklärlich, wenn subtropische und temperierte ozeanische Inseln, welche durch ihre Lage von Kontinentalunkräutern frei blieben, nach Berührung mit der menschlichen Kultur und ihren Begleitern nun - mehr von einer Invasion gemeiner Kontinentalarten ver - heert werden, so dass die interessante altangesessene137Vegetation der Inseln.Inselflora zurückweicht und ausstirbt. Dies Schicksal hat einen grossen Teil von St. Helenas Flora ereilt; wie stark die Besiedelung in Neuseelands eigener Flora jetzt schon geworden ist, geht aus den 387 zur Zeit im Auckland - distrikt beobachteten Fremdlingen hervor.
Ueberall auf den ozeanischen Inseln sind die ein - jährigen Gewächse selten, und um so leichter wandern die einjährigen Unkräuter ein. Holzige Gewächse, Gebüsche und Gesträuche mit einzelnen Baumarten walten auf den subtropischen und intratropischen Inseln, sogar noch auf den australen vor, während die arktischen und antarkti - schen Inseln durch Staudenreichtum glänzen. Diese letzteren nehmen teil an der wanderungsfähigen Glacial - flora, welche sich nicht auf kleine Areale zu beschränken und daher nur in Sippen jüngeren Alters, vom Unterart - range, einzelne Inseln (Grönland!) auszuzeichnen pflegt. Die Bergstöcke der wärmer klimatisierten, besonders der intratropischen Inseln haben keine eigentlich alpine Flora im Sinne unserer Kontinentalfloren ausgebildet und die Höhengrenzen einzelner vorherrschender Arten scheinen weniger eng bestimmt zu sein; meistens gehen besondere biologische Anpassungsformen aus den niederen Höhen auf die grösseren hinauf, bilden dort mit sehr ähnlichem Artbestande Krummholzformen an Stelle von Bäumen etc. Und überall in grösserer Höhe dieser Inseln ist die Welt der Farne, deren Gattungsrepräsentanten nicht zu Ende - mismen neigen, aber als Arten doch zahlreich genug den einzelnen Inseln eigentümlich sind, prächtig entwickelt und geradezu charaktergebend.
6. Treub hat an der durch die bekannte Vulkan - verheerung vegetationslos gewordenen Insel Krakatoa höchst interessante Beobachtungen über die ersten Be - siedelungen neuer Flora gemacht und dabei für die mit Geröll bedeckten, trockenen und im Sonnenbrande glühend heissen Berggehänge die vorwaltende Farnansiedelung fest - gestellt. Sie bedürfen eines Vorgängers, damit ihre Sporen zur Keimung und Festhaftung ohne Humuserde gelangen können, und dieser Vorgänger stellt sich in zarten, minu - tiöse Teppichüberzüge auf dem Gestein bildenden grau -138Erste Besiedelung der Inseln.grünen Algenfäden ein. Es scheint demnach, dass die Farne die zuerst von ihnen besetzten Stellen später nicht mehr aufgeben, wie überall der „ beatus possessor “seine Fahne entfalten kann, und dass sie aus diesem Grunde einen bleibenden Reichtum der Inselfloren, unterstützt durch deren klimatische Bedingungen, bilden. Die Besiedelung des insularen Küstenstriches erfolgt dagegen zunächst vom Meere aus; einige Samen schwemmen an, keimen, entwickeln sich und bilden Humus, andere folgen nach, sogar Epiphyten. Beerenfressende Vögel lassen sich auf den Zweigen zuerst angesiedelter Küstenbäume nieder und bringen weitere Keime mit. In Krakatoa ist der Anfang auch dieser Küstenbesiedelung beobachtet, wie man ihn von den Atolls abgeleitet hatte; interessanterweise ist die Küstenvegetation fast ganz verschieden gewesen von der auf dem Berggeröll angesiedelten: hier fast nur Farne, dort nur küstenbewohnende Blütenpflanzen. Hemsley hat (a. a. O., S. 42) die vorher gesammelten Erfahrungen verarbeitet und Listen von Pflanzen zusammengestellt, deren Verbreitung durch Meeresströme und Vögel wahr - scheinlich ist. Bei den arktischen und antarktischen Inseln spielt nun noch die Kraft des Erde und Geröll übertragenden Eises mit, deren bekanntlich grosse Be - deutung wir durch die Wirkungen der Eiszeit vor Augen haben.
Flora hoher Gebirgsketten. Nächst den Inseln sind hohe, gut gegliederte und durch reichere Entfaltung verschiedenartiger Lebensbedingungen zu besonderen Standorten geeignete Gebirgsketten und Gebirgsländer durch ihren Reichtum an endemischen Formen ausge - zeichnet. Dies geht soweit, dass man die Ansicht hat aussprechen hören, die Floren der Erde seien überhaupt in Gebirgsländern entstanden, die dort nicht mehr ende - mischen Arten seien frühzeitig ausgewandert und hätten in mannigfacher Umgestaltung die Floren der anstossen - den Ebenen zusammengesetzt. Dies ist aber Uebertreibung; denn es besitzt beispielsweise eines der an endemischen Formen reichsten Florengebiete der Erde, nämlich Südwest -139Flora der Gebirge.australien, kein Hochgebirge und nicht einmal besondere Mannigfaltigkeit der Standorte. Ausgeschlossen vom Besitz endemischer Sippen vom Range guter Arten sind die nordischen Gebirge; weder Island noch die norwegischen Alpen, wie es scheint auch Kamtschatkas hohes Bergland nicht, haben endemische Arten. Wohl aber zeichnen sich die Hochländer aller anderen Gebiete durch solche aus, obwohl bei dem mangelhaften Zustande aller flori - stischen Erkenntnis in manchen Gebieten ein genügender Beweis dafür noch nicht erbracht werden kann. Für Neuguinea, in dessen hohem Gebirgsland man eine aus - gezeichnete Flora vermutete, ist der Beweis jüngst durch Mac Gregor erbracht. Erfahrungsgemäss spricht eine ge - wisse Wahrscheinlichkeit für endemischen Besitz, wenn man den Begriff des einzelnen Gebirgslandes nicht zu eng, den Raum zur Abschätzung der Endemismen also nicht zu klein an Fläche wählt; und dann darf man also unter Zugrundelegung eines bestimmten Maßes, etwa 1600 m Höhe als Abscheidung des Gebirgslandes, sagen, dass alle über dieser unteren Grenze entwickelten Gebirge zwischen 55° N. und 50° S. einen mehr oder minder grossen Reichtum an endemischen Arten sich bewahrt haben. Bekannt ist derselbe seit lange von den europäischen Alpen, Pyrenäen, Sierra Nevada, den Gebirgen der Balkan - halbinsel und den Karpaten, dem Kaukasus; ein ent - sprechender Reichtum hat sich dann ausserhalb Europas gefunden im Bereiche des west - und mittelasiatischen Gebirgssystems, im Thianschan, Altai, Himalaya und den Hochländern von Yünnan, in den nordamerikanischen Felsengebirgen und ihren Anschlussketten in Mexiko, Guatemala-Costarica, dann wieder auf den tropischen und chilenischen Anden, welche sowohl einzelnen zusammen - hängenden Gattungsarealen eine wohlumgrenzte Heimat gegeben als zu vielfachen beschränkten Art-Endemismen geführt haben; ebenso im Gebirgslande von Venezuela.
Von besonderem Interesse ist in den Anden, dass dieser als gemeinsamer und langausgedehnter Wall emporstrebende Gebirgs - zug nicht in seiner Totalität als Entwickelungsgebiet einheitlichen Charakters aufzufassen ist, sondern in mehrere Gruppen sich sondert, obwohl er anderseits wie kein zweiter Gebirgswall zum gegen -140Endemismen der Gebirgsländer.seitigen Austausch borealer und australer Sippen über den Aequa - tor hinweg geeignet gewesen ist. Darüber sagt Engler (Entw. d. H. Bd. II, S. 233) folgendes: „ Bei weitem der grösste Teil der den Anden eigentümlichen Gattungen ist von beschränkter Verbreitung, entweder nur im Hochland von Kolumbien bis Peru oder nur in Chile angetroffen; auch enthalten die meisten nur wenige Arten; mit Rücksicht auf den Endemismus kann man daher die Region der tropischen Anden von der Chiles wohl trennen; indessen ge - hören doch die Gattungen der nördlichen Anden und des südlich der Wüste Atacama gelegenen Chile denselben engeren Gruppen an … “Aus den dann von Engler mitgeteilten Verbreitungslisten der hochandinen Flora geht hervor, dass dieselbe grösstenteils endemisch ist und dass die Arten meistens auf engere Bezirke be - schränkt sind.
Die Alpen von Neuseeland und Victoria haben dann wieder ihre beschränkten Artareale, in dem indischen Florenreich zwischen Neuguinea und Ceylon kommt der insulare Charakter mit den Gebirgseinflüssen zur Erzeu - gung beschränkter Arten zusammen; besonders reich aber ist dann noch an Endemismen das abessinische Hochland. Vom brasilianischen Berglande kennt man Endemismen des Itatiaya, ja sogar Gattungen, welche die Bergregion unter dem südlichen Wendekreise nicht verlassen. Im sudanesischen Berglande sind die einzelnen berühmten Gipfel, der Kilimandscharo besonders, zugleich Fundstätten eigener Arten geworden; aber es lässt sich nicht erwarten, dass hier ein starker Endemismus in kleineren Arealen aufgefunden werden wird. Auch das südafrikanische Hochland, mit 1400 bis 1600 m Höhe zum Oranje hin abfallend, nimmt an dem so wohlbekannten, unvergleich - lichen Artreichtum des südafrikanischen Florenreichs einen besonderen Anteil, indem man z. B. die sonderbare Passi - floraceengattung Guthriea nur in den höchsten Teilen der Sneeuwberge gefunden hat, wo zugleich besondere Com - positen auftreten, wenige endemische Eriken etc. Doch ist hier der Artenreichtum (total noch nicht 1000) viel geringer als im eigentlichen Kaplande, und diese Berge dienen mehr als Sperren gegenüber der im äussersten Südwestwinkel des Landes zusammengehäuften Fülle von Arten, deren Gesamtzahl in der an Fläche sehr kleinen Vegetationsregion nach Bolus 2000 beträgt.
141Gebirge bilden Wanderungswege.Geht aus dem Gesagten der allgemeine endemische Charakter von Gebirgsländern, nach Ausschluss der bo - realen, hervor, so ist andererseits nicht zu vergessen, dass die Gebirge, ganz im Gegensatz zu den Inseln, zu - gleich Wanderungswege für ihre Entwickelungsformen vom einen zum anderen darbieten und daher, je nach ihrer Lage und Erstreckung, zur Verbreitung bestimmter Florenelemente in ein denselben ursprünglich ganz frem - des Gebiet gedient haben. Da dies auch in älteren geo - logischen Perioden ebenso der Fall gewesen sein wird, so muss man diesem Umstande bei der Beurteilung vieler Fragen Rechnung tragen; dass beispielsweise neben der allgemeinen Sonderung Amerikas in ein nördlich-sub - tropisches, in ein tropisches und ein australes Entwicke - lungsgebiet zugleich in allen dreien vielfältig gemeinsame „ amerikanische “Züge sich vorfinden, mag in der Ent - wickelung des westlichen Gebirgssystems vom Feuerlande bis Alaska seine teilweise Erklärung finden, während in jüngerer Zeit derselbe Gebirgszug vom Norden her das arktisch-boreal-alpine Florenelement südwärts weit ver - breiten und sich mit dem amerikanischen Typus ver - mischen geholfen hat. Auf den mexikanisch-central - amerikanischen Cordilleren begegnen Arten der die Rho - dodendren in Columbien vertretenden „ Andesrose “Bejaria, ferner Arten der in Patagonien, Chile, dann in den tro - pischen Hochanden reich entwickelten beerentragenden Ericacee Pernettya der wundervollen Eichenvegetation vom boreal-subtropischen Typus, den letzten Vertretern der nördlichen Tannen (Abies religiosa), und strauchige Compositen kreuzen ihre Verbreitungsrichtungen mit denen der im nordischen Florenreich entwickelten Staudengat - tungen. Andererseits leben Saxifragen, Gentiana -, Draba -, Valeriana-Arten von eigentümlichem Artcharakter, aber doch borealer Repräsentation auf den Anden weit südlich vom Aequator. — In Ostasien ist eine solche Gebirgs - wanderungslinie trotz des Inselcharakters der Hauptstücke in dem von Malakka bis Neucaledonien sich erstreckenden Florenreich ebenfalls unschwer herauszufinden; hier be - gegnen sich Eichen mit Araucarien, Casuarinen sind in142Beispiele für Gebirgswanderung.nordwestlicher Richtung vorgedrungen, und Rhododendron, dessen Artreichtum aus Yünnan neuerdings bekannt wurde, hat eine Art (Rhododendron Lochae) als Vorposten süd - lichster Art auf den höchsten Berg des tropischen Austra - liens, den Mt. Bellenden-Ker, in 1600 m Höhe neben eine indische Vacciniacee: Agapetes Meiniana, verpflanzt; zwei andere Arten, Rhododendron Arfakianum und Rho - dodendron Celebicum, zeigen schon in ihrem Namen die Zwischenstationen des sprungweisen Wanderungsweges. — Auch im tropischen A rika zeigen die Hochgebirge diese Vermischungsrolle; in der östlichen Kette begegnet unter dem Aequator die abessinische Flora der südafri - kanischen. Mit ersterer ist ein Charakterstrauch der Mittelmeerländer: Erica arborea, gegen die zahlreichen Eriken vom Kaplande vorgeschoben, ja auch Juniperus procera als einziger Repräsentant einer borealen Conifere im Herzen von Afrika, wo sonst diese Ordnung nur die australen Podocarpusarten aufweist; umgekehrt sind die südafrikanischen Proteaceen nach Norden gegangen, und die schöne Protea abyssinica bedeckt die Wände der Ra - vinen am Kilima-Ndjaro zusammen mit tropisch-afrika - nischen Lobelien. Die Kamerunberge besitzen oberhalb 1000 m nur etwa ein Viertel ihrer Arten aus Tropen - gattungen entstammend, ein zweites Viertel ist unbestimmt, fast die Hälfte gehört Gattungen gemäßigter Klimate an; diese letzteren sind grösstenteils wiederum abessinisch (zugleich auch weit in Europa verbreitet), andere ver - binden die Kapflora mit den Tropen. —
In den nördlich vom 55. ° N. gelegenen Gebirgen ist in unserer gegenwärtigen Erdperiode nur die Gemeinsam - keit der Verbreitung nordischer Glacial - und Alpenpflanzen zum Ausdrucke gelangt, die Entwickelung endemischer Charaktere hat seit den Wanderungen der Eiszeit noch nicht wieder Platz greifen können.
Dieselben Glacialpflanzen sind dann auch gleichzeitig viel - fältig auf denjenigen Hochgebirgen zu finden, welche neben ihnen endemische Arten in reicher Menge besitzen, wie Alpen, Altai - Himalaya, Rocky Mts.; daraus hat sich die Meinung herausgebildet, als ob man beim Betreten höherer Gebirgsregionen immer dieselbe „ alpine Flora “vorfände. Dem ist natürlich nicht so. Man sollte143Subtropische Wüsten.von „ alpinen Floren “dem Ursprung des Namens gemäss nur in - soweit, als sich die boreal-arktischen Hochgebirgspflanzen reprä - sentiert finden, reden, die Gleichartigkeit der äusseren Erscheinung in der Vegetation (Mangel an Bäumen, Krummholz - und Stauden - Entwickelung, Frostschutz-Einrichtungen im Ausdauern) aber als Physiognomie der „ Hochgebirgsfloren “bezeichnen. Für Süd - amerika ist es z. B. üblich geworden, die Bezeichnung „ hochandin “anzuwenden, und mit Recht; denn die Zahl der Arten vom syste - matischen Typus unserer europäischen Alpen ist dort sehr gering - fügig gegenüber dem endemischen andinen Element. Man vergisst zu leicht bei der Bezeichnung tropischer und australer Hochge - birgsfloren als „ alpiner “, dass ausser einzelnen sehr weit verbrei - teten Gattungen von vermutlich borealem Ursprung in jenen die besonderen Gattungen ihrer Florenreiche und die Verbreitungs - formen des antarktischen Florenelements enthalten sind, und man sollte daher eine entsprechendere Ausdrucksweise anwenden.
Flora subtropischer Wüstengebiete. Wo von dem endemischen Charakter einzelner Landstriche, von Ver - mittelung oder Beschränkung der Wanderungen die Rede ist, darf die eigentliche Rolle der subtropischen Wüsten - steppen und der Wüsten im ausgesprochenen Sinne nicht ausser acht gelassen werden. Werden als solche die - jenigen Gebiete, welche zwischen 40° N. und 40° S. gelegen sich durch eine Regenhöhe unter 25 cm auszeich - nen, zusammengefasst, so treffen wir dieselben an im westlichen Nordamerika, in Afrika von der Sahara durch Arabien bis gegen Indien, und dann als innerasiatische Fortsetzung von Turkestan bis zur Gobi; dann in der südlichen Hemisphäre vom westlichen Peru durch die Atacama bis zum Osthange der Anden in Argentinien, in Westafrika um den südlichen Wendekreis, und im Innern von Australien. Dass diese Wüstengebiete sich den sie umgebenden Floren gegenüber wie trennende Meere verhalten, dass also die Wanderungen von Wald - pflanzen nicht durch sie hindurch, sondern nur über sie hinweg oder neben ihnen vorbei stattfinden können, ist schon oben besprochen. Aber eine besondere Eigen - schaft liegt auch in der Abgeschlossenheit jeder einzelnen Flora im Vergleich mit den anderen Wüstenfloren; hier kehren nicht die Gemeinsamkeiten ähnlicher Klimalage analog den Hochgebirgsfloren mit ihrer häufig sprung -144Endemischer Charakter der Wüsten.weisen Verbreitung wieder. Jedes der soeben aufgezählten Wüstengebiete hat der Hauptsache nach seine eigene Flora, und nur zwischen den nordafrikanischen und inner - asiatischen Wüstensteppen hat, der geographischen Lage und dem unmittelbaren Aneinanderschluss entsprechend, ein engerer Austausch stattgefunden, so dass manche dem Ursprunge nach unzweifelhaft turkestanische Sippen auch noch in der Sahara und in der Gobi wiederkehren.
Es lassen sich also alle die genannten Gebiete durch gewisse, ihnen allein zukommende Hauptarten kennzeich - nen, und diese sind als Arten nur dann nicht in kleinerem Gebiete endemisch, wenn wie im Fall der nordafrikanisch - arabischen und innerasiatischen Wüsten eine Ausbreitungs - fähigkeit vom einen zum anderen Entwickelungsgebiet innerhalb eines grossen Ländercomplexes sich von selbst bot. Eine sehr grosse, überwiegende Anzahl von Arten aber gehört zu Gattungen, welche in den entfernt liegen - den Wüstengebieten durchaus fehlen und auch als Gat - tungen eine viel engere Verbreitung besitzen; und ausser - dem werden diese Charaktergattungen von merkwürdig verschiedenen Familien geliefert: Cucurbitaceen, Liliaceen, Polygoneen, Compositen bunt durcheinander, aber in jedem Wüstengebiet besondere Formen. Nur eine Haupt - ordnung des Gewächsreichs ist als eine typische Wüsten - und besonders Salzsteppenfamilie allen gemeinsam zu nennen: die Salsolaceen (Chenopodiaceen), von denen hingegen die Gattungen nach den verschiedenen Wüsten - gebieten gegliedert und beschränkt verbreitet sind. Ausser - dem sind von den Leguminosen-Mimoseen die xerophilen Gattungen Acacia und Prosopis in den subtropischen Wüsten gemeinsam, aber nach Artcharakter verschieden verbreitet; gewisse andere Gemeinsamkeiten zeigen sich z. B. im Auftreten der Traganthsträucher (Astragalus), der Artemisien im Bereich der borealen Steppen, wie z. B. Artemisia judaica im Orient und Artemisia tridentata in Montana-Colorado unter dem Namen Sage-brush allge - mein berüchtigt, so dass Salzstrauch -, Dornstrauch - und Wermutsteppen in fast allen Wüstengebieten wieder - kehren.
145Charakter der Wüstenfloren.Einige Charakterarten der genannten hauptsächlichen Wüsten - und Steppengebiete, so wie dieselben in der im physikalischen Atlas verwendeten Regionscharakterisierung herausgehoben sind, mögen auf ihre Ordnungszugehörigkeit und das Verbreitungsareal ihrer Gattungen verglichen werden.
I. Nevada-Utah-Colorado-Arizona. Cereus giganteus, Echinocactus-Arten, alle zu den Cacteen als typisch-amerikanischer Ordnung gehörig, die Arten von denen der südamerikanischen Wüsten ganz verschieden, die Hauptzahl beschränkter Arten hier entwickelt. Larrea mexicana, eine Zygophyllee, von der 4 Arten auf das wärmere Amerika beschränkt sind. Yucca Draconis, Li - liacee, 20 Arten von Centralamerika bis Mexiko und südwestlicher Union; Dasylirion: ebenfalls Liliaceen-Gattung mit 50 von Mexiko bis Texas einheimischen Arten. Fouquieria splendens, eigene Tri - bus der Tamariscineen mit nur 3 Arten im wärmeren Nordamerika endemisch. Algarobia glandulosa, eine amerikanische Untergattung von Prosopis (Leguminosae). Astragalus, boreale Gattung, die amerikanischen Arten alle endemisch.
II. Kleinasien-Persien-Turkestan. Folgende Salsolaceen sind zunächst zu nennen: Haloxylon Ammodendron; von 9 Arten dieser Gattung sind 7 in Centralasien, 2 im Mittelmeergebiet (und Orient) verbreitet. Borsczowia aralo-caspica, einzige Art der ende - mischen Gattung. Camforosma, 7 Arten von Spanien und Nord - west-Afrika bis Persien und Turkestan verbreitet. Die nächsten Charakterarten liefern die Polygonaceen: Calligonum Caput me - dusae; 22 Arten dieser Gattung verbreitet von Innerasien-West - asien-Sahara; dazu eine besondere Sektion Pterococcus. Atraphaxis spinosa; 17 Arten dieser Gattung halten sich in dem Areal von Calligonum. Alhagi „ Kameeldorn “; 6 nahe verwandte Arten in Centralasien, dem Orient und bis Griechenland verbreitet. Astra - galus (vergl. unter I.): zahlreiche endemische Arten; ebenso Acan - tholimon.
III. Mongolei. Agriophyllum gobicum, Salsolacee, die Art endemisch, die 4 anderen Arten der Gattung im westkaspischen Gebiet, Afghanistan, Turkestan. Pugionium cornutum; endemische Cruciferen-Gattung mit 2 Arten. Rheum, Rhabarber; 20 Arten dieser Polygoneen-Gattung verbreitet in Ost - und Centralasien bis zum Himalaya. Hedysarum fruticosum; Gattung der Leguminosen von weiter Verbreitung in den borealen Gebieten, aber die strauchi - gen Arten nur im innerasiatischen Steppengebiet, H. multijugum, laeve, Arbuscula und scoparium, letzteres vom Saissan-nor und dem südlichen Thian-schan durch die Mongolei bis zum Fuss des Ala-schan verbreitet. Potaninia mongolica, einzige Art einer en - demischen Rosaceen-Gattung vom Habitus einer strauchigen Po - tentilla.
IV. Sahara-Arabien. Calligonum und andere mit dem turkestanischen Orient gemeinsame Gattungen siehe unter II. Retama, eine von Südspanien durch Nordafrika verbreitete ende -Drude, Pflanzengeographie. 10146Charakter der Wüstenflora.mische Untergattung von Genista, welche Leguminosen-Gattung selbst artenreich das Mittelmeerbecken und mittlere Europa be - herrscht. Traganum nudatum, endemisch in der östlichen Sahara und Arabien, die zweite Art dieser Salsolaceen-Gattung in dem makaronesischen Inselgebiet. Citrullus Colocynthis, Cucurbitaceae, 3 Arten in Afrika und Indien einheimisch. Acacia-Arten, dem tropisch-afrikanischen Element angehörig, von den südafrikanischen Arten getrennt.
V. Damara-Namaqua-Betschuanenland. Welwitschia mirabilis, einzige Art dieser endemischen Gnetaceen-Gattung. Acan - thosicyos horrida, Cucurbitacee, wie vorige endemisch. Aloë dicho - toma, Liliaceen-Gattung von etwa 85 Arten mit hauptsächlicher Verbreitung in Südafrika, ausserdem sporadisch bis zu den Cana - ren und dem Mittelmeerbecken. Portulacaria afra, einzige Art einer in Südafrika endemischen Portulaceen-Gaftung. Schotia speciosa, Gattung der Leguminosen mit 5 süd - und tropisch-afri - kanischen Arten. Acacia detinens, horrida und andere Arten: siehe unter Sahara.
VI. Inneres West - und Süd-Australien. Rhagodia, Salsolaceen-Gattung von 11 Arten, in Australien endemisch; Atri - plex nummularia, endemische Art einer weit in allen Steppenge - bieten verbreiteten Gattung der Salsolaceen. Gräser von endemi - schem Artcharakter, aber weiter Verbreitung der Gattung: Triodia, Spinifex, Anthistiria. Mühlenbeckia, Gattung der Polygonaceen mit 15 Arten in Australien, Neuseeland und Südamerika. Ere - mophila, endemische Gattung Australiens mit 40 Arten der Ord - nung Myoporaceen, von denen fast alle Arten auf Australien be - schränkt sind. Acacia aneura u. a. A.; australische Sektionen dieser weit verbreiteten Gattung. Eucalyptus incrassata, Lepto - spermum-A., Myrtaceen von in Australien fast allein vorkommenden, artenreichen Gattungen.
Es bestätigt diese Liste, dass die Charakterarten der Wüstenfloren auf Sondergebiete beschränkt sind und mei - stens zu Gattungen von wenig weitem Areal gehören; ausser Acacia kehrt fast niemals derselbe Gattungsname in den verschiedenen Wüstenfloren dieser Liste wieder. Die sogenannten „ xerophilen “Vegetationen sind daher ihren systematischen Typen nach überhaupt abgeschlosse - ner als die montan-alpinen Vegetationen. Ihrem eigenen Ursprunge nach schliessen sie sich stets am nächsten an die Flora der sie umgebenden niederschlagsreicheren Ge - biete an, aus welcher sie aber eine strenge Auswahl treffen, gewisse Typen ausschliessen, andere zu reicher Entfaltung mit neuen endemischen Arten bringen. So z. B. die Scrub-bildenden Myrtaceen und Acacien in147Zusammenfassung.Australien, woselbst eben diese Myrtaceengattungen und die betreffende Section der Gattung Acacia so ungemein vielgestaltig entwickelt ist, die Aloë in Südafrika, die Retemsträucher in der Sahara, die Traganthsträucher in Turkestan, Persien, Armenien, die Wermutstauden in Südosteuropa, dem Orient und in Montana, wo Astragalus und Artemisia ihr Verbreitungscentrum haben. Hier ge - winnt man durchaus den Eindruck, dass aus dem schon sonst vorhandenen Formenreichtum dieser Gattungen ge - wisse xerophile Arten in einseitiger Anpassung an das Wüstenklima sich herausentwickelt und die Wüstensteppen bevölkert haben. Schwieriger ist zu entscheiden, wie und wo die artenarmen Wüstengattungen (solche wie Wel - witschia, Acanthosicyos, Pugionium, Fouquieria, Agrio - phyllum) ihren Ursprung genommen haben; ihre Ver - breitung kann ebensowohl in das Innere der Wüstensteppe hinein - als aus ihr herausgegangen sein.
Abgesonderte und gemeinsame Entwickelung. Ueberblicken wir nun alles bisher Gesagte zur Zusammen - fassung in wenige Sätze, so finden wir die Floren der Erde sich bevölkern und in Mischung sich zusammen - setzen aus einem Widerstreit des Ausbreitungs - und Wanderungsvermögens der Pflanzenarten gegeneinander, abgestuft nach sehr verschiedenen Graden, gegenüber den Schranken, welche geographische, orographische und kli - matologische Grenzbildungen diesem Ausbreitungsvermögen entgegenstellen. Dazu kommt der überall erkennbare, aber nach Periode und Ort sehr verschieden abgestufte Transformismus, welcher die ursprünglich gleichartigen Sippen in repräsentative umwandelt und Endemismen auf kleinem Areal neu erzeugt. Wo die Wanderungswege geebnet sind und der Ausbreitung geringere klimatische Differenzen gegenüberstehen, überwiegt die gemeinsame Florenentwickelung in weiten Ländergebieten, und so zeigt es sich am deutlichsten im Bereich der arktischen Flora und in den sich südlich daran anschliessenden, grösstenteils nadelholz-bewachsenen Strecken von Nord - europa, Sibirien, Kanada. Ueberall sonst hat seit dem148Sonderung der Areale.Beginn der Quartärzeit die abgesonderte Florenentwicke - lung geherrscht, sehr stark und deutlich z. B. an den Südspitzen der drei grossen Kontinentalmassen Afrika, Asien (Australien) und Amerika. Wie die Sonderungen sich vollzogen haben, ist leicht einzusehen; zunächst spaltet die klimatische Scheide der Tropenzone alle Länder und Inseln in boreale, tropische und australe Gebiete; die borealen und australen können einander vielfältig entsprechen, da gleichartige Klimate sich in ihnen finden, aber getrennt durch die Tropen hat hüben und drüben eine fremdartige Entwickelung Platz greifen müssen. Dann haben die kontinentalen Grenzen durch Zwischen - schaltung weiter Meeresräume vom Süden beginnend und nach Norden abgeschwächt verlaufend den Unterschied und die Sonderentwickelung von Amerika gegenüber der Alten Welt, und in dieser eine schwächere Sonderent - wickelung von Afrika gegenüber Asien mit Australien und Polynesien, bewirkt. Weitere Sonderungen ergeben sich dann aus dem über die Wüstengebiete und Gebirgs - länder Gesagten und vollenden die Zerschneidung des Florenteppichs der Erde in Bilder von besonderem Muster. Endlich kommen die Inseln mit ihren wiederum beson - deren Florenbildern in ausgesprochenem oder undeutlichem Anschluss an andere Kontinentalformen dazu. Die Meeres - räume selbst haben ihre aus höchst verschiedenartigen Tangen und wenigen Seegräsern gebildete, auf die Küsten angewiesene und nicht wesentlich tiefer als 100 Faden herabsteigende ozeanische Flora, allen Landfloren durch - aus fremdartig, ganz allein für sich behalten; sie gliedern sich sehr viel schwächer, als die unzusammenhängenden Festländer und zerstreuten Eilande, nach warmen und kalten Meeresküsten mit Berücksichtigung der Verbindung oder Trennung durch geeignete Meeresströme bez. durch weite vegetationslose und gewissermaßen „ wüste “Meeres - flächen.
Hauptentwickelungsländer und ihre Scheidelinien. Es ergibt sich daraus ein Zerfall der Gesamtflora der Erde in eine Reihe natürlicher Einzelfloren, welche an149Land - und Seefloren.ihren Grenzen Uebergänge zeigen und welche unter sich mehr oder weniger verwandt sind. „ Verwandt “nennen wir dieselben in um so höherem Grade, je mehr gleich - artige Pflanzensippen höheren Systemgrades in ihnen enthalten sind. Es findet sich ein Zerfall nach ganzen Klassen des Pflanzenreichs nur zwischen Land - und ozea - nischen Floren, indem die letzteren eine grosse Fülle von Algenfamilien für sich besitzen, welche den Landfloren ganz abgehen, dagegen gar keine Moose, Farne, und von Blütenpflanzen nur die paar Seegrasgattungen. Die Land - floren gliedern sich nach dem Vorkommen bestimmter, zu den Monokotylen, Dikotylen, Gymnospermen, Pteri - dophyten, Moosen, Süsswasseralgen, Flechten und Pilzen gehörenden Ordnungen, und innerhalb der gleichartigen Ordnungen nach dem Auftreten bestimmter Gattungen. In der Verschiedenheit der Arten liegen dann schwächere Unterschiede, noch schwächere im Auftreten besonderer Spielarten und in der Anordnung gemeinsamer Arten zu Beständen von verschiedener Häufigkeit. „ Florenreiche “nenne ich die durch die Hauptmasse eigener Gattun - gen in bestimmten vorherrschenden Ordnungen ausgezeichneten Areale, „ Florengebiete “deren nach Arten und dem Vorherrschen verschiedener Gattungen geschiedene Unterabteilungen. Um deren Anordnung prinzipiell zu verstehen, ist es viel wichtiger, sich erst mit den Hauptscheidelinien der Sippen des Pflan - zenreichs, und hier wiederum bezüglich der Landfloren mit denen der Blütenpflanzen, vertraut zu machen, als sogleich die Florenreiche wie in starre Grenzen gegossene Einheiten namhaft zu machen. Denn die Grenzen der - selben sind ungleichwertig.
Dies sucht die beigefügte Karte zu veranschaulichen, welche die Scheidelinien durch Dicke des Striches und Reihenfolge der Buchstaben in eine bestimmte Rang - ordnung zu bringen strebt, wobei dann auch durch Schlängelung die allmähliche Mischung mehrerer „ Floren - elemente “angedeutet ist. So mischen sich in der Sahara das nordafrikanische (atlantisch-mediterrane) Florenelement mit dem tropisch-sudanesischen; dass dabei die Wüste150Hauptscheidelinien der Flora.einen einheitlichen physiognomischen Charakter durch Ausbildung von nur xerophilen Vegetationsformen trägt, ist insofern gleichgültig, als hier nur der Gesichtspunkt bestimmter Systemzugehörigkeit obwaltet.
Der Reihe nach sind diese Scheidelinien folgende: Eine um den nördlichen Wendekreis in mannigfachen Auszackungen hin - und herlaufende Linie A scheidet in Amerika und der Alten Welt die borealen Floren von der Tropenflora. Eine zweite sehr starke Doppelscheide - linie B scheidet durch den Atlantischen und Stillen Ozean Amerika von der altweltlichen Florenentwickelung ab; zu letzterer gehören viel mehr Inselreiche als zu Amerika. Die Scheidelinie verliert beim Ueberschreiten des nörd - lichen Wendekreises sehr viel an Intensität, und hört nach Ueberschreitung des 40. ° bis 50. ° Breitenkreises auf, als Scheide ersten und zweiten Ranges zu wirken, hat endlich bei 60° nicht einmal mehr für Gebietstren - nung irgend eine Bedeutung; auch nach der Südspitze des Kontinents hin büsst sie an Kraft ein, so dass also nur die tropischen und subtropischen Floren Amerikas ihre starke Eigentümlichkeit zeigen. Eine dritte Linie C zeigt alsdann die Abgeschlossenheit Australiens an, aber als Linie ersten Grades nur an der West - und Südküste. Eine vierte Linie D trennt Südafrika von den übrigen australen Gebieten und minder stark gegen das tropische Afrika ab. Eine fünfte Linie E, schwächer als vorige, so dass man mit ihr die Linien zweiten Grades beginnen kann, scheidet ebenso die subtropische und westliche Flora Südamerikas von der brasilianischen Tropenflora. Aehnlich verhält sich die sechste Line F in Australien, welche die Nordostküste dieses Kontinents den indisch - polynesischen Monsunlandschaften anfügt, an der nord - westlichen Küste des Landes aber sich mit der hier zur Trennungslinie zweiten Grades herabsinkenden Scheide C vereinigt, um allmählich schwächer werdend die Bali - Lombok - und Makassarstrasse zur Scheide zwischen Me - lanesien und den Sundainseln zu machen.
Nun folgen Scheidelinien dritten Grades, zunächst in den borealen Floren. Nördlich vom Himalaya schaltet
151Scheidelinien dritten Grades.sich Centralasien mit zwei Linien G1 und G2 als Trenn - gebiet zwischen die ostasiatische und die orientalische Subtropenflora ein. Während hierdurch und durch die Ozeane vier grössere Entwickelungsgebiete der borealen Subtropen geschaffen sind, hört deren Scheide nach Nor - den an Wirksamkeit so auf, dass im Gegenteil der Gegen - satz zwischen nördlicher und mittlerer Breite in demselben Kontinent bedeutender wird als zwischen Ost und West unter gleicher Breite. Es ist also beispielsweise der Gegensatz in den Floren des mexikanischen Hochplateaus und des nordamerikanischen Seengebietes oder noch mehr Labradors grösser, als zwischen dem letzteren und Finn - land oder Kamtschatka. So verläuft die Scheidelinie H, am stärksten in Europa ausgeprägt (H1), weniger in Ostasien (H2), am schwächsten in den amerikanischen Prärien (H3) in westöstlicher Richtung um den 40. und 45. ° N. laufend. Eine ähnliche Scheideline J trennt das antarktische Südamerika von der australen Subtropenflora und findet Verbindung nach Neuseeland, Tasmanien und einigen südlichen Inselgruppen. Zwei Scheidelinien K und L vollenden die Absonderungen in den Tropenfloren der Alten Welt: die erstere drückt die Absonderung der malagassischen Inselgruppe gegenüber Afrika und Indien aus, die zweite scheidet Indien vom Sudan.
Bis soweit drücken die Scheidelinien nach meiner eigenen Ueberzeugung Absonderungen bis zum Range der Florenreiche aus; schwächere Scheidelinien, welche hier nicht weiter verfolgt zu werden brauchen, sondern nun stärker und schwächer charakterisierte Florengebiete von - einander ab; der Zug der Anden in Südamerika und der Rocky Mountains in den Vereinigten Staaten, dann die Wüstentrennung im Innern Westaustraliens mag aber als Hinweis auf die in der Reihe folgenden stärksten Ge - bietsabsonderungen in einzelnen Florenreichen gelten.
Um auch die Scheidelinien floristisch in ihren all - meinsten Zügen zu kennzeichnen, so dient die Linie A zur Scheidung der tropischen Palmen, Musaceen, Zingi - beraceen, Dioscoreaceen, der Pandanaceen im Bereich der Alten Welt, der Hauptmasse von Gesneraceen, Bignonia -152Charakteristische Ordnungen.ceen, Loganiaceen, Sapotaceen und Diospyraceen, der Melastomaceen und Rhizophoraceen, Combretaceen, Be - goniaceen, Malpighiaceen, Meliaceen, Burseraceen, Clusia - ceen, Bixaceen, Myristicaceen, Moraceen (Artocarpus! Ficus!) und Piperaceen von den borealen Floren, welche ihrerseits durch den Hauptbesitz von Primulaceen und Plumbagineen, Pyrolaceen, Umbelliferen, Rosaceen und Amygdalaceen (ausschliesslich der tropischen Chrysoba - laneen), Eläagnaceen, Caryophylleen, Cistaceen, Tama - riscineen, Berberidineen, Ranunculaceen, Salicineen, Jug - landeen, Betulaceen, Cupuliferen (ausschliesslich der tropisch-indischen Quercusarten und der australen Fagus), endlich der Gattungen Pinus, Abies, Picea, Larix, Cedrus und Juniperus unter den Coniferen sich auszeichnen.
Die amerikanischen Scheidelinien B beschränken die Bromeliaceen, Rapateaceen, Cyclanthaceen, eine Haupt - masse von Polemoniaceen und Hydrophyllaceen, Lennoa, Papaya, die Cactaceen, Limnantheen, Tropaeolum, Marc - gravia, Sarracenia, Leitneria und andere Vertreter vom Range kleiner dikotyledoner Familien auf diesen Kon - tinent.
Um nur noch der Bedeutung der Scheidelinie C in Südwestaustralien zu gedenken, welche durch die viel schwächere Scheidelinie F auch gegen Indien sich fort - setzt, so sind auch hier noch (wie schliesslich im süd - westlichen Afrika) einige Ordnungen durch diese Schranken festgehalten, nämlich die Hämodoraceen, Stylidiaceen, Goodeniaceen, die meisten Myoporaceen, Epacridineen, die Stackhousiaceen, Tremandraceen, Casuarinen und einige andere; dass die schwächere Schranke F vielfältig überschritten wird, liegt in ihrer geringfügigen Wirkung. Ausserdem aber teilen zahlreiche Tribus grösserer Ord - nungen und besondere reich entwickelte Charaktergattun - gen die Verbreitungsschranke C bis F; unter ihnen sind besonders hervorzuheben die Kingien, Xanthorrhöen, Xerotideen, die strauchigen Labiaten aus der Westringien - gruppe, die Tribus Chamälaucieen der Myrtaceen mit Eucalyptus!, Leptospermum!, alle Gattungen der Pro - teaceen, eine besondere Section der mit circa 300 ende -153Charakteristische Ordnungen.mischen Arten auftretenden Gattung Acacia, die Dille - niaceen und die Boronieen von der Ordnung der Ru - taceen.
Aehnliches lässt sich noch vom südwestlichen Afrika berichten; dann aber verliert sich die Charakterisierung der Scheidelinien zweiten Ranges in eine immer grösser werdende Masse von Einzelheiten, deren jede nicht von so hoher Bedeutung ist, als die vorher genannten eigenen Ordnungen oder Unterordnungen des Pflanzenreichs sie besitzen. Die Gattungen treten nunmehr an Stelle der Ordnungen und Tribus in Betrachtung. Schon das Ge - sagte über die Bedeutung der Scheiden A, B und C zeigt das Ermüdende in langer Aufzählung, welche gleichwohl die Grundlage des Thatsachenmaterials für die „ geogra - phische Botanik “ist; hier genügt es, an der Hand einiger Angaben von besonderer Bedeutung hervorgehoben zu haben, dass die Areale der Ordnungen, Unterordnungen und Gattungen des Pflanzenreichs nicht regellos zerstreut, sondern zu bestimmten Gruppen vereinigt und in gewisse starke Grenzen eingeschlossen sind, über welche hinaus nur eine geringere Zahl sogenannter „ ubiquitärer “Gat - tungen von der unbeschränkten Ausbreitungsfähigkeit einzelner Typen Zeugnis ablegen.
Ein Hauptergebnis dieser Betrachtung ist dann weiter, dass die Tropenländer beider Halbkugeln sich als pflanzen - geographische Scheidungsareale zwischen die nördlich wie südlich folgenden subtropischen wie temperierten und kalten Länder einschalten; und zwar wird ihre nördliche Grenze von einer zusammenhängenden, bez. gleichartigen Scheidelinie (A — A) ersten Ranges gebildet, ihre südliche von jeweilig getrennten Scheidelinien in den einzelnen Kontinenten: D, E, F. Indem nun die südlichen Gebiete, zwar voneinander viel mehr geschieden als die nördlich - subtropischen in Amerika und in der Alten Welt, doch immerhin eine vielfältig analoge Flora besitzen, bilden die Floren in Rücksicht ihres systematischen Charakters drei Hauptgruppen: die Gruppe der borealen, der tropischen und der australen Florenreiche; unter diesen ist die boreale Gruppe schärfer von der tropischen154Abgrenzung der Florenreiche.und australen geschieden, als letztere beide Gruppen unter sich.
Abgrenzung der Florenreiche und ihrer Gebiete. Die mitgeteilten Absonderungslinien der Systemgruppen des Pflanzenreiches in der Flora der Erde stehen fest, höchstens kann man über ihren geographischen Verlauf und über ihre Rangordnung bis zu gewissem Grade ver - schiedener Meinung sein. An diese Linien knüpft sich die floristische Einteilung der Länder. Wir nennen die Entwickelungsgebiete ersten Ranges [d. h. diejenigen Länder, in deren Umkreis ein bestimmter Charakter von Pflanzenordnungen und Gattungen zur hauptsächlichen und vielfältigen Ausbildung gelangt ist, während jenseits ihres Umkreises ein fremdartiger Charakter anhebt], Florenreiche, deren engere Teile von geringerer Ver - schiedenheit Florengebiete.
Bei einer genaueren Kartographie und der Auswahl der Zahl der primären Teile müssen allerdings die Mei - nungen über das Maß der Verschiedenheit und über die günstigste Auswahl der Grenzen stark zum Ausdruck kommen, und so darf es nicht wunder nehmen, dass die Florenreichskarten in den Darstellungen verschiedener Autoren ein erheblich verschiedenes Aussehen zeigen. Dies habe ich weitläufiger an früherer Stelle (Florenreiche d. Erde, S. 3 — 7) besprochen und das von mir selbst ange - nommene Maß unter Zusammenfassung von drei primären Gruppen von Florenreichen (1. boreal, 2. tropisch, 3. au - stral) angegeben. Danach kennzeichnen sich die Floren - reiche durch das Vorwiegen einzelner ausgezeichneter Ordnungen und durch den Alleinbesitz bez. hauptsäch - lichen Besitz einzelner Unterordnungen und Tribus, be - sonders aber durch eine überwiegende Menge reich in ihnen allein entwickelter Gattungen (bez. Gattungssek - tionen von weiter verbreiteten Gattungen); ferner sind in den verwandten Florenreichen die gemeinsamen Gattungen in besonderen Repräsentativarten entwickelt, so dass die Zahl gemeinsamer Arten im Prozentsatz sehr bedeutend geringer zu sein pflegt, als die Zahl gemeinsamer Gat -155Statistische Grundlage.tungen. Eine Ausnahme hiervon machen selbstverständ - lich die in dem breiten Uebergangsgebiete zweier anein - ander stossender Florenreiche lebenden Arten, welche am besten von der Betrachtung zunächst ausgeschaltet bleiben, und die ubiquitären Arten der menschlichen Kultur mit zweifelhafter Heimat. Die Florengebiete innerhalb eines natürlichen Florenreichs haben sodann alle Merkmale um eine systematische Rangstufe geringwertiger und kenn - zeichnen sich daher besonders durch eine überwiegende Menge weit in ihnen allein verbreiteter und die Forma - tionen hauptsächlich zusammensetzender Arten. — Wie - wohl diese Einteilungsmethode sich aus der geologischen Entwickelungsweise der Flora der Länder und Meere herausschält und mit der Geschichte der Flora im innigsten Zusammenhang steht, ist sie doch auf den gegenwärtigen Zustand der Areale begründet und also eine statistische.
Diese statistische Methode zeigt ihren ersten deut - lichen Ausdruck schon in der von Shouw vorgenommenen und in der ersten Auflage von Berghaus’ physikalischem Atlas zur Darstellung gewählten pflanzengeographischen Einteilung der Länder „ in pflanzengeographische Reiche, d. h. in solche Teile der Erde, welche wesentliche Vege - tationsunterschiede darbieten “, wenngleich sie sich un - günstigerweise hier vornehmlich in Prozentzahlen weit verbreiteter Ordnungen anstatt in abgeschlossenen Arealen hervorragender Ordnungen, Tribus und Gattungen äusserte (vergl. Dr., Fl. d. E., S. 12 — 13). Sie erhielt einen ganz anderen Ausdruck durch Grisebach, der mit der Abschätzung der Endemismen die Frage nach der kli - matischen Grundlage verband und dadurch dem von A. de Candolle eingeführten Verfahren (siehe oben S. 111) nahe trat.
Die andere Methode der Ableitung hat Engler (Entw. d. Fl.) in der ausgesprochenen Berücksichtigung von florengeschichtlicher Entwickelung auf paläontologischer Grundlage bethätigt und dadurch die klimatischen Be - gründungen auf ein richtiges Maß beschränkt.
Dieselbe verfolgt die statistische Methode in der Aufeinanderfolge der Perioden, zumal in den Areal -156Geologische Grundlage.veränderungen während und seit dem Tertiär bis zur Gegenwart, und erklärt die Gegenwart geschichtlich. Sie liefert den wissenschaftlichen Schlüssel, gerade wie das Bild der jetzigen politischen Karte von Europa für wissenschaftliche Geschichtsforschung zurückzuführen ist auf die untergegangenen Reiche mächtiger Völker, der Vorfahren der jetzigen Europäer. Die Entwickelungs - geschichte der Floren läuft doch schliesslich immer auf ihren jetzigen Zustand hinaus, und die verschiedenen Ansichten, welche man über die Herausbildung heutiger Floren hegt und hegen kann (vergl. Schenks Handb. d. Botanik Bd. III T. 2, S. 190 — 203), haben noch niemals einen wesentlichen Einfluss auf die Darstellung der Floren - reiche in gegenwärtigen Grenzen gehabt. Es ist ja leider das paläontologische Material der untergegangenen Floren zu dürftig, um für sich allein klare Aufschlüsse zu geben, während es im Verein mit der lebenden Flora eine Haupt - säule für die Betrachtung der wechselnden Klima - und Lebeverhältnisse auf dem Erdball liefert.
Engler hat vier grosse „ Florenreiche “aus solchen Florenelementen gebildet, welche schon im Tertiär ihre Wirksamkeit zu erkennen geben; sein arkto-tertiäres Element entspricht im wesentlichen den nördlich der Florenscheide A — A (Karte S. 150) zur Entfaltung ge - kommenen Sippen, sein paläotropisches Element und sein neotropisches Element zusammengenommen den daselbst umgrenzten Tropenfloren südlich der Linie A — A, mit starker Abscheidung Amerikas durch die Linien B und B. Als altozeanisches Element bezeichnet dann Engler das Entwickelungsgemisch südlich der Linien D, E, F, welches aber nach Kontinenten in kleinere Einheiten zerfällt, wenn schon das tropische Element nach östlicher und westlicher Hemisphäre geschieden war.
Man beachte die Fortsetzung der Scheidelinie B zumal an der pacifisch amerikanischen Küste in ungeschwächter Bedeutung bis zu 40° S., die ihr an Rang nicht nachstehende Scheidelinie C in Australien, D in Südafrika. Vergl. ferner Dr. Fl. d. E., S. 33 über diesen Gegenstand.
Die Grundlage der Florenreiche, wie sie die hier gegebene Hauptkarte im Anschluss an Köppens Wärme -157Geographische Anordnung der Florenreiche.zonen zeigt, trennt zunächst die ozeanische Tang - und Seegrasflora der Küsten von den gänzlich verschiedenen Land - und Inselfloren auf festem Grunde und in süssen Gewässern, und sondert die letzteren gemäß dem Ver - lauf der oben kartographirten Scheidelinien in 14 Floren - reiche. Dieselben sind im Ergänzungsheft a. a. O. 1884, dann in Berghaus’ physikalischem Atlas mit genaueren Grenzen und mit Angabe der verbindenden Uebergänge kartographiert, in der Karte dieses „ Handbuches “aber mit Absicht ohne genaue Grenzangaben eingetragen, welche man sich besser einesteils nach den geschlängelten Linien der Karte auf S. 150 ergänzt und durch breite Ueber - gangsstreifen ausgefüllt denkt, anderenteils aber in der Unterlage der klimatischen Faktoren, von Wärme und Niederschlägen, gegeben betrachtet.
Eine Aenderung ist gegen früher darin eingetreten, dass Neuseeland als eigenes Florenreich aufgehoben wurde, dafür aber Neuguinea und die ostaustralischen Küsten - und Inselgebiete vom indischen Florenreich abgetrennt und mit Neuseeland zu einem eigenen „ melanesisch-neuseeländischen Florenreiche “vereinigt worden sind. Es scheint dies die zweckmäßigste Lösung der mehr - fach diskutierten Mittelstellung Neuseelands und gleichzeitig der Frage nach der floristischen Absonderung westlich und östlich der Bali-Lombok und Makassarstrasse zu sein; näheres im speziellen Teile. Neuseelands Gebirgs - und Südteil fällt dabei an das ant - arktische Florenreich, wie auch früher geschehen.
Ordnen wir die Florenreiche geographisch, d. h. unter gleichzeitiger Berücksichtigung der floristischen und der rein geographischen, auch in der Flora höchst bemerkens - werten Gliederungen, so erscheint die in Neumayers „ Anleitung “getroffene Reihenfolge zweckmäßig:
Meiner eigenen Meinung nach ist es günstig für pflanzen - geographische Methodik und durch die thatsächliche Arealsonde - rung geboten, wenn nach der Zerfällung der Land - und Inselgebiete in die ersten grossen Räume von durchgehend verschiedener flori - stischer Zusammensetzung, wie sie im Charakter der borealen, tropischen und australen Gruppe liegt, nunmehr die Einheiten auf Floren begründet werden, deren Charakter auch wirklich ein systematisch abgerundeter und gleichmäßiger ist; daher die engere Umgrenzung des Florenreichsbegriffes und Aufstellung von 14 Reichen. Dass man anders darüber denken kann, hat jüngst Hemsley in der Einleitung zur Flora von Mexiko und Centralamerika gezeigt (Biologia centrali-americana, Botany, Introduction 1888), in welcher er die gegenwärtigen pflanzengeographischen Systeme einer Kritik unterzieht und sich für die Aufstellung einer geringeren Zahl von Hauptgruppen entscheidet. Seine eigene Einteilung in 5 Haupt - bezirke (die nördliche, afrikanische, indische, südamerikanische und australasische Hauptregion) erscheint vom Standpunkt der primären Scheidelinien nicht harmonisch; die andere von ihm beigefügte „ welche mehr in Uebereinstimmung mit vieler Botaniker Schriften ist und welche einige praktische Vorzüge über die zuerst vorge - schlagene besitzt “, erscheint dagegen innerlich viel mehr begründet:
In dieser letzteren sind die oben aufgeführten Florenreiche wieder enthalten, nur in stärkerer Zusammenfassung; unter I. steckt das von mir mit 1, 2, 3, 7 und 11 bezeichnete Florenreich, deren schwächere Trennungen die Karte (S. 150) anzeigt; II. fällt mit159Vergleich der Faunenreiche.dem Florenreich 12, III. mit den Florenreichen 4, 5 und 8 zu - sammen, IV. mit 13, V. mit 6, VI. endlich umfasst ziemlich Floren - reich 9 und 10; die „ fragmentarische “antarktische Flora (Nr. 14) hat auch Hemsley als Anhang, ebenso die Sandwich-Inseln, deren die oben ausgeführte Florenreichseinteilung keine besondere Er - wähnung thut. —
Gleichsam zur Illustration dafür, dass die Methode der Zu - sammenfassung recht verschieden gehandhabt werden kann, setzt an gleicher Stelle Hooker seine Ansichten über die primären Floren der Erde auseinander, als welche er zunächst nur zwei: die tropische und die temperierte Flora, ansieht. Dies ist vom Standpunkt der Arealbetrachtung insofern ungenügend, als die austral-temperierten Floren und die boreal-temperierten in Hinsicht auf Verteilung der Gattungen und Ordnungen die schwerwiegend - sten Verschiedenheiten zeigen. Hooker teilt dann zwei nördlich - temperierte Floren, eine in der Alten und eine in der Neuen Welt, ab, indem er dabei mit Recht den exklusiven Charakter von Nord - amerika in subtropischen Breiten hervorhebt, dann zwei Tropen - floren der Alten und der Neuen Welt, und endlich drei südlich - temperierte Floren in Amerika, Afrika und Australien. In diesen 7 besser umgrenzten Floren nähert auch dieser hervorragende Pflanzengeograph sich wieder der hier betonten Grundlage in Anerkennung ähnlicher primärer Scheidelinien.
Wenn nun auch nach alledem längst noch nicht die Arbeiten über diesen, gewissermaßen eine Quintessenz der geographischen Botanik enthaltenden Gegenstand formell bis zu einem allseitig befriedigenden Abschlusse gediehen sind, so ist dennoch mit einer gewissen Genugthuung hervorzuheben, dass die Ansichten über die primären Scheiden meistens übereinstimmen und dass der Ausbau jeder eigenartigen Anschauung zu einer Reihe gleichartiger Ab - teilungen der Erde führt. Eine Formfrage von geringerer Bedeu - tung ist es ja, ob dieselben in mehrere verwandte Abteilungen von schwächerem Charakter zerfällt werden, oder ungeteilt als grössere Einheiten bestehen sollen.
Vergleich der Faunenreiche. Nach den oben (S. 117) gemachten Bemerkungen ist noch einmal auf den Vergleich der faunistischen Einteilung nach Wallaces Werk zurückzukommen. Es ist einleuchtend, dass, bei den ungeklärten Meinungen über die Ausführung der Florenreichsgruppierung, in diesem Zustand der Wissen - schaft ein befriedigender Vergleich mit den ebenfalls noch in Gärung begriffenen Grenzbildungen der Hauptfaunen noch nicht ausgeführt werden kann. Ein Vergleich der Hauptscheidelinien, der vielleicht im zoogeographischen Bande weiter ausgeführt werden möchte, kann aber an -160Faunen - und Florenscheiden.gedeutet werden. Es fallen da zwei Hauptpunkte auf: während die Florenscheide C nur sehr stark im extra - tropischen Australien zumal mit der Westküste zusammen - fallend ausgeprägt ist, setzt sich die Faunenscheide an gleicher Stelle mit fast ungeschwächtem Charakter durch den Indischen Archipel (Bali-Lombok und Makassarstrasse) fort und bezeugt einen höchst exklusiven Charakter der gesamten australasischen Fauna gegenüber den indischen und allen anderen Faunen; Neuseeland wird von dieser Exklusivität mit betroffen, scheidet sich aber selbst fau - nistisch vom australischen Kontinent noch mehr als in seiner Flora. Als zweite Abweichung der Faunenscheiden ist der Umstand zu betrachten, dass die kontinentalen Eigentümlichkeiten der Alten und Neuen Welt über höhere Breiten hinaus ausgeprägt sind, als die Floren - scheiden. Da die um den nördlichen Wendekreis sich herumziehende primäre Trennungslinie der borealen und tropischen Faunen neben diesen kontinentalen Scheide - linien von hauptsächlicher Bedeutung ist, so werden auch nördlich vom Aequator dadurch sogleich zwei Hauptfaunen bezeichnet, die paläarktische und die nearktische. In Südamerika und in Afrika sind dagegen die den Floren - scheiden D und E (Karte S. 150) entsprechenden Scheide - linien schwächer, so dass Wallace primäre Reiche auf die südlichen Anteile nicht hat begründen wollen. — Weitere Ergründung verdient die Zusammenfassung eines eigenen circumpolaren nordischen Faunenreichs, für welches ge - wichtige Stimmen und einleuchtende Thatsachen der Ver - breitung sprechen. Dies würde einen weiteren Anschluss an die Florenreiche bedeuten; denn hier ist die gemein - same circumpolare Verbreitung so evident, dass sogar bei Hemsley und Hooker ihr besonders Rechnung formell getragen wird.
Viel Stoff zu weiteren Arbeiten, welche sich auf umfassende Kenntnis der Formen, ihrer Areale, ihrer Verwandtschaft zu stützen haben, ist hier gegeben und wird vielleicht auf dem Wege monographischer Behand - lung einzelner grosser Sippen von Pflanzen und Tieren mehr noch als bisher gesichtet werden können, indem die161Formelle Fragen der Abgrenzung.Gruppen höherer Verwandtschaft zur Prüfung der Scheide - linien benutzt werden.
Doch ist andererseits klar, dass stets ein gewisser, schon jetzt übersehbarer Rest von formellen Fragen übrig bleiben wird, welcher Streitigkeiten über die richtigste Anzahl und Grenzbildung der Florenreiche und - Gebiete müssig macht. Es sind deswegen auch im speziellen Teile dieses Handbuches (Abschnitt VI) die Florenreiche nicht mehr, als zweckdienlich war, zur weiteren Grund - lage verwendet, sondern einerseits mit den natürlichen geographischen Einheiten möglichst ausgeglichen, anderer - seits durch die Erfassung der natürlichen Vegetations - formationen zum Zweck einer ergiebigen Regionsbildung mit im Klima und Boden gegebenen reellen Vegetations - linien so zerlegt, dass die fraglichen Uebergangsländer, zumal auch die auf der Karte angezeigten Xerophyten - floren als Uebergang von Tropen zu Subtropen, zu ihrem selbständigen Rechte gelangen. Insofern behält die oft als These hingestellte Meinung Recht, dass die pflanzen - geographischen Einteilungen klimatische sein müssten, und A. de Candolle hat eine der anregendsten Lösungen in seinen physiologischen Gruppenbildungen gegeben, sofern diese mit bestimmten äusseren Bedingungen die Ver - erbung in bestimmten systematischen Gruppen verbinden.
Drude, Pflanzengeographie. 11Zahlenverhältnisse der die Pflanzendecke der Erde bildenden Ordnungen, Gattungen, Arten. Die Verteilung der Blütenpflanzen - Ordnungen. Ausgewählte Beispiele für die Verbreitungsverhält - nisse hervorragender Ordnungen: 1. Die Palmen. 2. Die Coniferen. 3. Die Cupuliferen. 4. Die Ericaceen. 5. Die Myrtaceen. 6. Die Proteaceen; die tertiären Proteaceen in Europa. 7. Die Liliaceen. — Schlussbetrachtung über die „ geographische Botanik “.
Sobald als von dem Florencharakter einer Gegend, einer Insel, eines Florenreichs, von den Hauptentwicke - lungsreichen der Erde im Zusammenhange die Rede ist, kann es nicht ausbleiben, dass alle Ausführungen an - knüpfen an bestimmt benannte Sippen des Pflanzenreichs, sei es dass ihre Artenliste ausführlich aufgezählt wird, sei es dass zur Schilderung der grössten Florenabteilungen die hervorragenden Ordnungen zu nennen sind. Bilden auch die Namen der Pflanzensippen nur ein Mittel zur gegenseitigen Verständigung und haben sie nichts mit der Natur gemein, so kann doch ihre stete Anwendung zum Zweck dieser Verständigung nicht ausbleiben; sie ist lästig, aber unabweislich, und jeder muss sich daran gewöhnen. Doch ist die Anwendung der Namen selbst163Die Gesamtflora der Erde.etwas Hohles, wenn nicht die lebensvolle Erfassung dessen, was darunter begriffen wird, dahinter steht; so war es, ehe die Pflanzengeographie ihr eigenes Lehrge - bäude schuf, so war es, als sie sich in die Reihe der geographischen Disziplinen einreihte und von der Geo - graphie als eine Brücke zur organischen Welt aufge - nommen wurde, so wird es allezeit bleiben und zur Folge haben müssen, dass trotz des landschaftlichen Momentes der Vegetationsformationen und anderer wertvoller Be - ziehungen der Pflanzengeographie zu dem gesamten geo - graphischen Wissen dieselbe immer eine vornehmlich botanische Wissenschaft bleibt.
Der hier folgende Abschnitt kann daher in einer Sammlung geographischer Handbücher nur den Zweck haben, anzudeuten, welche unter der Pflanzensystematik in - begriffenen Gegenstände der Geograph hauptsächlich sich zu eigen machen muss, wenn er irgendwie ein selbstän - diges Urteil über die einschlägigen Fragen der Flora und ihrer mit dem Lande wechselnden Charaktere sich er - werben will.
Zahlenverhältnisse der die Pflanzendecke der Erde bildenden Ordnungen, Gattungen, Arten. — In runder Summe wird die Gesamtflora der Erde gewöhn - lich auf 150000 Arten geschätzt, was nicht zu hoch er - scheint unter Berücksichtigung der zahlreichen Nach - träge, welche das Pflanzensystem aus den exotischen Ländern zu erwarten hat. Für die Pflanzengeographie spielen die Blütenpflanzen mit den Farnen die wichtigste Rolle, werden allerdings an den ozeanischen Küsten fast gänzlich durch die Seetange ersetzt. Es sollen die letzteren hier zunächst ausgeschlossen und ihre Betrachtung zur Vermeidung von Wiederholungen für das dem Pflanzen - leben der Meere im speziellen Abschnitt gewidmete Kapitel aufbewahrt bleiben.
Die Blütenpflanzen bringt das System in die drei sehr ungleich grossen Entwickelungsreiche der Mono - kotyledonen, Dikotyledonen und Gymnospermen, welche letzteren nur die Coniferen, Gnetaceen und Cycadeen um -164Zahlenverhältnisse der Blütenpflanzen.fassen. Hemsley hat in einer nach dem System von Bentham und Hooker angeordneten Zählung die jetzt bekannten Blütenpflanzen in folgenden Zahlen abgeschätzt:
Die in Klammern hinzugefügten Ordnungszahlen be - ziehen sich auf eine von mir im Jahre 1887 ausgeführte Registrierung der Blütenpflanzen und zeigen die Ver - schiedenartigkeit der Zählung, je nach Vorliebe für grössere oder kleinere Gruppenbildung in bestimmten Fällen des natürlichen Systems.
Von den Pflanzenordnungen haben diejenigen eine hervorragende Bedeutung, welche sehr hohe Artenzahlen umschliessen und dabei fast alle in der Mehrzahl der Florenreiche enthalten sind.
Hemsley zählt 25 solcher Ordnungen mit mehr als 1000 Arten (in sehr runden Summen) auf, welche zusammen schon über 60000 Arten umschliessen, also gegen ⅔ der Blütenpflanzenwelt. Von seiner Liste (Introduction in Botany of Biologia centrali - americana, 1888) habe ich die Ericaceen mit den Vacciniaceen etc. vereinigt und demgemäß im Range erhöht, die Sapindaceen zu - gefügt, andere Veränderungen aber nicht vorgenommen.
Es ist durch hinzugefügte Zeichen auf die Art der Verbrei - tung dieser artenreichen Ordnungen hingewiesen, so kurz es durch wenige Signaturen ausgedrückt werden kann. Die in allen Floren - reichsgruppen und in nahezu allen Florenreichen vorkommenden sind durch * ausgezeichnet; diejenigen, welche kältere Klimate meiden und daher in das nordische Florenreich kaum oder nur spärlich eintreten und im antarktischen zu fehlen pflegen, sind durch cl. (plantae calidae) hervorgehoben. Sonst bedeuten die Buchstaben b. boreal, t. tropisch, a. austral, am. amerikanisch. Die letztere Bezeichnung findet sich nur bei den Cacteen; alle übrigen sind sowohl alt - als neuweltlich, und oft in gleichen Mengenverhältnissen hüben und drüben.
Nach den Blütenpflanzen spielen die Farne die her - vorragendste Rolle in der Vegetation der Erde; in der Bergflora zahlreicher tropisch-australer Inseln beherrschen sie alles andere. Ihre Gesamtzahl beträgt bei kaum 100 starken Gattungen über 3000 Arten. Mit einigen in der Vorzeit viel bedeutender entwickelt gewesenen Gruppen höherer Sporenpflanzen, den Schachtelhalmen, Bärlappen etc., fasst man die Farne als Abteilung der Leitbündel-Kryptogamen oder Pteridophyten zu - sammen.
Von bedeutender Wirkung für einzelne Formationen feucht-kühler oder kalter Florengebiete sind dann die Sumpf - und Laubmoose, weniger die Lebermoose. Bei den ungeklärten Ansichten über die Abgrenzung der Gattungen und Arten ist es kaum möglich, bestimmte166Algen, Pilze und Flechten.Zahlen verhältnisse dafür anzugeben; sehr hoch werden dieselben aber bei nicht zu enger Abgrenzung der Sippen nicht liegen, vielleicht 150 Gattungen und zwischen 2000 bis 3000 Arten.
Die Süsswasseralgen sind bei hohen Artenzahlen dennoch bislang nicht zu pflanzengeographischen Cha - rakterisierungen verwendet; in den bestbekannten euro - päischen Floren hat man begonnen, ihre Sonderung nach Höhenzonen und nach dem Substrat ausführlich zu be - obachten. Bei der mikroskopischen Kleinheit ihrer Or - ganisation bedürfen sie auch am ehesten eines besonderen Studiums und fallen trotz ihrer Mannigfaltigkeit gegen die begleitenden phanerogamen schwimmenden Bewohner der Teiche und Bäche fort. Sie bilden aber gelegentlich kleine Formationen für sich von bedeutenderer Wichtig - keit, und wie alsdann faserige Torfmassen aus ihnen sich bilden können, so setzen die Bacillariaceen (minder richtig Diatomeen genannt) ihre, den zehnten bis hundertsten Teil eines Millimeters messenden Kieselpanzer oft in so bedeutenden Massen auf dem Grunde ab, dass sie eigene Schlammbänke bilden und als recent-fossile Reste unter dem Namen „ Kieselguhr “an manchen Orten, z. B. bei Oberohe in der Lüneburger Heide, mächtige Lager haben entstehen lassen.
Von allen Sporenpflanzen zählt das grosse Reich der Pilze die mannigfaltigsten Ordnungen, Gattungen und Arten. Aber als Parasiten auf andere Organismen, oder als Saprophyten (Humusbewohner) auf die faulenden Reste der Bäume und Rasendecke angewiesen, ist die Rolle ihrer geographischen Verbreitung auch nur eine sekundäre, liegt ihre Bedeutung auf einem anderen Ge - biete. Nur eine grosse, selbständige und ganz verschieden - artig biologisch ausgerüstete Abteilung von ihnen, die Lichenen oder Flechten, welche im gesamten Aufbau zum Entwickelungsreich der Pilze gehören, sonst aber durch eine selbständige Ernährung mit Algenzellen weit geschieden sind, sind durch letztere befähigt, gesellig mit trockeneren Laubmoosen torfig-sandigen Boden oder gar für sich allein hartes Felsgestein zu überziehen, und167Die Verteilung der Ordnungen der Blütenpflanzen.während sie nirgends ganz fehlen, bilden sie in den käl - testen Zonen der Erde eigenartige Formationen, deren Bedeutung mit dem Schwinden der Blütenpflanzen zunimmt.
Die Verteilung der Ordnungen der Blütenpflanzen. Aus dem Vorhergehenden ergibt sich von selbst, dass für die pflanzengeographische Beurteilung eines Landes seine Blütenpflanzenflora von weitaus der grössesten Be - deutung ist. Dieselbe erhöht sich aber noch beträchtlich durch den Umstand, dass allein bei den Blütenpflanzen eine schärfere geographische Sonderung der Ordnungen im System stattgefunden hat, während in Hinsicht der Sporenpflanzen nur weniger scharf einschneidende Fälle zu nennen sind, in welchen systematische und geographi - sche Absonderung zusammenfällt. Es ist daher von In - teresse, die Zahlen der Ordnungen von Blütenpflanzen, welche weit oder eng verbreitet sind, miteinander zu vergleichen.
An einer anderen Stelle (Schenks Handb. d. Bot., III. T. II. S. 459 — 481) habe ich dies in ausführlicher Weise unter Zugrundelegung eines Systems von 240 Ord - nungen gethan und beschränke mich hier auf Wiedergabe der zusammenfassenden Tabelle:
168Die Verteilung der Ordnungen der Blütenpflanzen.
Zur Erläuterung sei bemerkt, dass die Dikotylen in 5 syste - matische Hauptgruppen zusammengefasst sind, welche als Gamo - petalae, Calyciflorae, Disciflorae (incl. Cyclospermae), Thalamiflorae und Monochlamydeae bezeichnet werden; die Prozente, welche dieselben zu den weit oder eng verbreiteten Ordnungen der Blüten - pflanzen liefern, sind nicht ganz gleichwertig, da die Monochla - mydeen den geringsten Anteil, die Discifloren etc. den grössesten Anteil zu den allgemein in den Florenreichen vorkommenden Ordnungen beitragen. Die Monokotylen und Gymnospermen sind im Durchschnitt weniger weit und weniger allgemein verbreitet, als die Dikotylen.
Wie man daraus ersieht, überwiegen unter den Blüten - pflanzen diejenigen Ordnungen, welche nicht allgemein in allen Florenreichen vorkommen. Die Zahl der enger verbreiteten Ordnungen würde sich noch bedeutend er - höhen, wenn man diejenigen herausheben wollte, welche wie die Umbelliferen im Norden und Süden sehr formen - reich, in den Tropen aber sehr armselig oder nur in wenigen Florengebieten der Gebirge auftreten, oder die - jenigen, welche wie die Lauraceen und Myrtaceen die169Beispiele der Verbreitung von Ordnungen.borealen Florenreiche nur in wenigen dem arktotertiären Florenelement angehörigen Sippen auszeichnen, während ihre hauptsächliche Entwickelung tropisch und, nach Kontinenten gesondert, austral ist. Von Interesse ist ausserdem, dass von den nicht allgemein verbreiteten die tropischen Charakterordnungen die grösseste Anzahl bilden.
Während in der mitgeteilten Liste alle, auch die kleinsten, Ordnungen mitgezählt sind, bedarf es für den geographischen Ueberblick zunächst nur gewisser typi - scher Schildträger, um den Charakter der Flora danach zu kennzeichnen. Man findet sie in einigen leicht er - kennbaren Gattungen (Ravenala, Bambusa, Pandanus z. B.), und grossenteils in der obigen Aufzählung der wichtigeren, die Flora der Erde zusammensetzenden Ordnungen von Blütenpflanzen. An einzelnen längeren Verbreitungs - schilderungen derjenigen unter ihnen, welche gleichzeitig durch ihre den Landschaftscharakter beeinflussende Phy - siognomie eine hervorragende Rolle einnehmen und sich zugleich durch eine bedeutende Verbreitung auszeichnen, sei ein Stück dieses unendlich reichen Materials auch hier geboten, und ich wähle dazu die Ordnungen der Palmen, der Coniferen, Cupuliferen, Ericaceen, Myrtaceen, Proteaceen und Liliaceen als bedeutendste für geo - graphische Zwecke oder wenigstens als hervorragende Beispiele.
Martius, Ueber die geographischen Verhältnisse der Palmen mit besonderer Berücksichtigung der Haupt-Florenreiche. [Gelehrte Anzeigen der K. bayer. Akademie zu München, Bd. VI (1838), VIII und IX (1839). ] — Martius, Palmarum rationes geographicae. [Martius, Historia naturalis Palmarum, Bd. I, S. 165 u. flgd. Ta - bulae geogr. I — IV. ] — Drude, Die geographische Verbreitung der Palmen. [Peterm. Geogr. Mitteilungen 1878, S. 15 und 94 mit Taf. 2.] — Berghaus’ Physik. Atlas, Blatt Nr. 45 (Pflanzenverbrei - tung Nr. II).
Die Palmen werden mit Recht als die den Tropen zugehörende Krone der monokotyledonen Schöpfung an - gesehen, den Menschen überraschend durch die giganti - schen Formen, die hier im Blatt, den Blütenkolben, den1701. Die Palmen.Fruchtrispen einer einzelnen Pflanze entwickelt sein können. Solche Formen bedürfen auch zu ihrer Ent - wickelung unausgesetzter Vegetationszeiten, wie sie nur in feuchten Tropen vorhanden sein können: als Beispiel ist hier die berühmte Lodoicea Sechellarum zu nennen, die ihre 1½ — 2 Fuss im Durchmesser haltenden Nüsse erst im Zeitraum von 10 Jahren reift (Swinburn-Ward). Die Eigentümlichkeit der Palmen und verwandten Mono - kotyledonen, erst dann einen Stamm zu bilden, wenn die durch stetig aufeinander folgende Blätter sich vergrössernde Grundfläche, aus der die Wurzeln unmittelbar an der Oberfläche der Erde entspringen, einen Durchmesser be - sitzt, der dem Durchmesser des auf dieser Grundfläche sich später erhebenden Stammes ungefähr gleichkommt, bewirkt, dass schon stammlose Blattrosetten riesenhafte Grössen erlangen und einen weiten Raum beanspruchen, bevor die stolze Krone in die Lüfte emporgetragen wird; und aus demselben Grunde trägt die Bildung des Holz - stammes nichts zur Vergrösserung der Blattrosette bei, so dass sogar einige fast ganz stammlose Palmen die grössesten Blätter zur Entwickelung bringen (Raphia, Metroxylon, Attalea). Durch diese physiognomischen Er - scheinungen sind die Palmen so ausgezeichnet, und die - selben sind so sehr in den durch tropische Fülle am meisten anziehenden Ländern in den Vordergrund getreten, dass auch die in botanischer Systematik ungeübten Reisen - den gerade diese Ordnung stets erkennen können und, angezogen durch den Reiz ihrer Erscheinung, von ihrem Vorkommen ausführliche Schilderungen entwerfen. Frhr. v. Thielmann1)Vier Wege durch Amerika 1879, S. 272. bezeichnet die Palmen als beste Vertreter der Tropenlandschaft, die durch sie erst den Stempel des Lichtes und des Adels aufgedrückt erhält, während der Farnbaum in der weiten Landschaft keine Stelle hat und nur in tiefer Waldesnacht den Reichtum seines so ungleich zarter gefiederten Laubes entfaltet. Obgleich nicht alle Palmen grosse Dimensionen annehmen, so ist die Grazie des Wuchses doch nicht minder bei kleinen171Reiche Entwickelungsgebiete der Palmen.Arten entfaltet, und um dieser Eigenschaften willen werden bei den Durchforschungen der unbekannten Tropenländer die auffälligen Palmen häufiger als andere Gewächse von den Reisenden erwähnt.
Die Organisation der Palmen macht eine Beschrän - kung ihres Vorkommens auf Gegenden ohne Winterfrost und anhaltende Sommer - oder Winterdürre notwendig; eine einigermaßen reich entwickelte Palmenvegetation findet sich daher auch nur: in Amerika von der Ostküste Brasiliens unter 30° S. B. bis zu Mexikos Westabhang des Centralplateaus unter 20° N. B. und bis Cuba in den atlantischen Gewässern; in Afrika von 20° S. B. an der Ostküste bis gegen den 20. ° N. B. an der Westküste und ausserdem entlang dem oberen Nil bis 11° N. B. und dem unteren Lauf des Niger bis zu seinem nörd - lichen Knie; auf Madagaskar, den Maskarenen und Sey - chellen; von der Ostküste Australiens unter 25° S. B. dem östlichen Küstensaume folgend durch das ganze Inselreich hindurch bis zur Ostküste Asiens unter dem Wendekreise, im kontinentalen Indien bis zum Himalaya - Südabhang (29° S. B.), aber nicht über den Indus west - wärts sich ausdehnend.
Ueber diese hier genannten Centren ihrer stärksten Entwickelung an Gattungs -, Arten - und Individuenzahl sind allerdings die Palmen noch nordwärts wie südwärts über weite Länderstrecken ausgebreitet, in denen wenige Formen, oft nur eine einzige, den extratropischen Gebieten eigentümlich zugehörende Art, zerstreut vorkommen, die selten oder nie zu ausgedehnten Hainen sich gesellen. Dies schwach mit Palmen besetzte Gebiet beginnt in Südamerika mit der argentinischen Provinz Entre-Rios und erstreckt sich durch den Gran Chaco hindurch bis nach Ostbolivien, während es an der Westküste den schmalen Küstenstrich vom 31° — 35° S., und nur in der Andenregion bis gegen den Aequator hin, einnimmt; an der Westküste Nordamerikas bildet es die Fortsetzung des südmexikanischen, palmenreichen Distriktes (Oaxaca) in einem schmalen Streif bis zum Südrande der Staaten Kalifornien und Arizona, während es an der Ostküste172Nord - und Südgrenze der Palmen.den Unterlauf des Rio del Norte, das Mündungsgebiet des Mississippi und die Staaten Florida, Georgia und Südcarolina in stets verschmälertem Küstenstreif einnimmt. Im südlichen Afrika gibt es von der Südgrenze der noch erträglich palmenreichen Distrikte von Benguëla und des ganzen Congo wie der Ostküste bis zum unteren Zambezi noch einige zerstreute Arten bis gegen den Wendekreis, von wo an weiter nach Süden nur 2 Phönix-Arten an der Ostküste bis zur Algoa-Bai sich finden; nördlich vom Aequator dehnt sich ein weites, nur wenig von Palm - bäumen bestandenes Gebiet aus, in Arabien und Sahara nur mit der durch Fischer1)Geograph. Mitteil., Ergänzungsheft Nr. 64. ausgezeichnet monographisch behandelten Dattelpalme oasenweise besetzt, der sich im wärmsten Teil Südeuropas die einzige Zwergpalme an - schliesst (Südspanien, Balearen, nördlichster Punkt bei Nizza, Südcorsica, Neapel, Sizilien, Griechenland). Aehn - liche Palmen bilden in Indien die Nordgrenze des palmen - armen Gebietes im Himalaya, am Südabhang des Hindu - kusch in Afghanistan und an denen der kurdistanischen Gebirge gegen Euphrat und Tigris, während dieselbe sich in Ostasien über den palmenreichen Bezirken von Birma und Cochinchina bis zu 30° N. B. an der Küste erhebt und in Japan vielleicht bei 35° N. B. liegend betrachtet werden kann, ohne Berücksichtigung der durch die Garten - kultur noch weiter nordwärts vorgeschobenen Arten. Dem palmenreichen indischen Archipel und Nordaustralien schliesst sich auf letzterem Kontinent eine schmale, palmen - arme Uebergangszone zu dem fast palmenlosen Inneren Australiens an, und zwar beginnt diese an der Nordwest - küste mit 22° S. (Fortescue-Fluss), sinkt südlich vom Carpentaria-Golf bis unter den 20° S. B. und folgt dann im allgemeinen der Wasserscheide gegen das Innere hin bis zu der Ostküste von Neusüdwales und Victoria mit letztem vorgeschobenen Posten unter 37½° S. B.; auf Neuseeland geht eine Palme bis 43½° S. B., und die - selbe bildet auf dem zu den Chatham-Inseln gehörigen173Ansteigen der Palmen in Gebirgen.Pitt-Eilande unter fast 45° S. B. den südlichsten vor - geschobenen Posten.
Wie weit sich vereinzelte Arten nach Norden oder Süden vorschieben, hängt naturgemäß von deren beson - deren physiologischen Beanlagungen und den jedesmaligen äusseren Bedingungen ab; wollen wir aber die hier be - trachtete Palmenverbreitung unter einem geographischen Gesichtspunkt zusammenfassen, so ist es die Hervorhebung des Gegensatzes zwischen entwässerten Abdachungen und kontinentalen Binnengebieten. Denn die Entwickelungs - centren der Palmen liegen in den zum Stillen, Atlanti - schen und Indischen Weltmeer gehörenden Stromgebieten derartig verteilt, dass sie nur an Südamerikas Ostküste und an den Abhängen des Himalaya die beiden Wende - kreise beträchtlich überschreiten, während die auch inner - halb der Wendekreise palmenlosen oder - armen Länder entweder wirklich abgeschlossene Binnengebiete sind, oder es sind einzelne sehr schmale Küstenstreifen steil ab - fallender Gebirge mit dürrem Klima.
Hier ist von Interesse noch das Innere von Australien dadurch, dass an einer einzigen Stelle, im Glen of Palms am Südabhang der Macdonald Ranges in der Nähe des Wendekreises, eine einzige, an der Nordküste des Kon - tinents häufigere Palme Livistona Mariae entdeckt ist. Andere Formen sind zum Ertragen des feuchten Gebirgs - klimas höherer Regionen gut geeignet, allen voran hier die Gattung Ceroxylon, deren schöne Vertreter in den Bergketten von Colombia und Venezuela zwischen 1750 bis 3000 m einheimisch sind; Arten von Oreodoxa und Euterpe steigen in den Anden von Colombia und Bolivia nach Orbigny bis 3000 m hoch, eine Cocos wächst nach Thielmann in Ibarra noch bei 2225 m; in Mexiko steigen die Chamädoreen bis 1000 m hoch, auf Java die Cala - meen und Caryoteen bis 2200 m, Trachycarpus Martiana und Khasyana im Himalaya bis 1525 m nach Griffith. Die südeuropäische Zwergpalme Chamaerops humilis wächst auf den Balearen am Galatzo nach Willkomm noch bei 860 m Meereshöhe.
Bisher war von den Palmen nur als gesamter Ord -174Trennung der alt - und neuweltlichen Palmen.nung in ihrer allgemeinen Verbreitung die Rede, um dadurch den tropischen, gegen Weltmeere geöffneten Ge - bieten einen besonderen Charakter vor den extratropi - schen Gebieten und tropischen Binnengebieten zu geben; über diesen allgemeinen Verbreitungsregeln sind aber nicht die besonderen der Palmentribus und ihrer Gattungen zu vernachlässigen, durch welche die einzelnen Kontinente innerhalb der Wendekreise scharfe Charaktere erhalten. Es ist überhaupt Grundsatz für die Verbreitung der Palmen, dass die einzelnen Arten zumeist ziemlich enge Bezirke bewohnen und nur wenige Arten (wie Cocos nu - cifera, Elaeis guineensis, Phoenix dactylifera, Borassus flabelliformis) über grosse Strecken mehrerer oder auch nur eines Kontinents sich zu verbreiten vermocht haben. Dies hat schon Schouw richtig erkannt und erläutert; nur konnte er wegen der damals geringeren Kenntnis des Palmensystems nicht schon die Beschränkung fast aller Gattungen auf bestimmte Kontinente in der gegenwärtigen Schärfe betonen. Es ist nämlich in den geographisch weit getrennten Gebieten auch eine fast ausnahmslos weit verschiedene Palmenvegetation zu finden, derart, dass die schärfste Trennung zwischen der westlichen und der gesamten östlichen Hemisphäre besteht, deren jede ihre eigenen Palmengattungen besitzt, und ausserdem auch je einige Unterabteilungen der ganzen Ordnung auf sich be - schränkt hält. Nur zwischen der Westküste des äqua - torialen Afrikas und der Ostküste des äquatorialen Amerikas hat ein Austausch von zwei Arten stattgefunden, und ausserdem hat die Cocosnusspalme die Heimat ihrer Tri - busgenossen, Amerika, verlassen, so dass der von etwa 1000 Arten befolgten Grundregel nur drei erhebliche Ausnahmefälle gegenüberstehen. Geht man in dieser Untersuchung weiter, so findet man, dass Amerika zwar in Bezug auf seine Palmen eine Einheit darstellt, dass aber in der östlichen Hemisphäre zunächst wiederum ein greller Unterschied zwischen den Palmengattungen Hinter - indiens (mit Malesien-Ostaustralien) und Afrikas besteht, und dass endlich auch ein nicht ganz so grosser, aber doch noch sehr erheblicher Unterschied zwischen den175Vier Entwickelungsgebiete der Palmen.Palmen des afrikanischen Kontinentes und denen der Seychellen und Mascarenen, weniger schon denen Mada - gaskars herrscht, so dass man folgende vier hauptsäch - liche und übergangslose Entwickelungscentren der ganzen Ordnung in gegenwärtiger Erdperiode annehmen kann: 1. Amerika innerhalb der Wendekreise; 2. Afrika im Gebiet des unteren Niger, oberen Nils, des Congo und unteren Zambezi; 3. Madagaskar, die Mascarenen und Seychellen; 4. Hinterindien, Sunda-Inseln, dann mit eigener Entwickelung Neu-Guinea und die grösseren Inselgruppen südostwärts bis zu den Lord Howe-Inseln, dazu auch Australiens Nordostküste.
Um dieses pflanzengeographisch bedeutungsvolle Ver - hältnis noch etwas eingehender erörtern zu können, be - darf es einer kurzen Auseinandersetzung über die syste - matischen Hauptgruppen der Palmen; dieselben zerfallen zunächst in 4 Unterordnungen:
Von diesen Unterordnungen zeigt eine, nämlich die Borassinen, nur beschränkte Verbreitung in der Alten Welt, hauptsächlich in Afrika: der ganze Sudan, Ober - ägypten und das glückliche Arabien, das Congo - und Zambezi-Gebiet bis gegen die Kalahari hin, ferner Mada - gaskar, die Maskarenen, Seychellen, Vorder - und Hinter - indien bis zu den Sunda-Inseln (wo noch die zweifelhafte Gattung Pholidocarpus vorkommt) bilden ihr alleiniges Vaterland; Borassus und Hyphaene sind innerhalb dieses Areals die weitverbreiteten Gattungen, Latania auf den Maskarenen, Lodoicea auf den Seychellen. — Sind nun zwar die anderen drei Unterordnungen sowohl altweltlich176Areale der Palmen-Systemgruppen.als amerikanisch, so sind deren Tribus und Gattungen ebenso streng an einzelne Florenreiche gebunden. Von den Coryphinen gehört Phoenix, die bekannteste Palmen - gattung, in 11 Arten zu ganz Afrika, Arabien, Vorder - indien, und erreicht schon an den Sunda-Inseln ihre Grenze, (sie teilt also das Vaterland der Borassinen, geht aber nordwärts weiter, ohne die Seychellen und mala - gassischen Inseln zu berühren). Die Sabaleen fehlen im tropischen Afrika, einschliesslich der Inseln; sie meiden in der Mehrzahl die feuchtheissen Gebiete, haben dagegen in den Subtropen eine um so weitere Verbreitung: Livi - stona von China bis zum Innern Australiens und Victoria, Copernicia und Trithrinax in Argentinien und Südbrasilien, Sabal und Thrinax im tropischen Süd - und Nordamerika, Chamaerops im Mittelmeergebiet, Trachycarpus u. a. im Himalaya. Die Gattungen vertreten sich, keine berührt das Verbreitungsgebiet der anderen.
Die Lepidocaryinen weisen zunächst die unter ihnen allein mit Fächerblättern versehene Tribus der Mauritieen auf, nur zwei ganz auf das tropische Amerika beschränkte Gattungen, unter denen die Mauritia - (Moriche -) Palmen durch Humboldts Schilderungen eine alte Berühmtheit erlangt haben; eine Bogenlinie durch Trinidad-Rio Negro - Goyaz-Bahia umschreibt das Areal der ganzen Gruppe. Dagegen sind die Raphieen, von denen Raphia vinifera die berühmte Weinpalme von Kamerun vorstellt, mit 4 Gattungen alle tropisch-afrikanisch; die Calameen aber sind nur indisch, mit weiterem Gebiete zwischen dem Südhange des Himalaya, Neu-Guinea und dem östlichen Australien südlich herab bis Moreton-Bai und Brisbane River. Zu dieser letzteren Tribus gehört die fast an 200 Arten zählende Gattung Calamus selbst (einschliess - lich Daemonorops), die Rotang-Palmen, von welcher Nord - ost-Australien noch 4 Arten besitzt und die in Borneo ihr Maximum zu erreichen scheint, furchtbar durch die stacheltragenden Geisseln ihrer die verwachsenen Dschun - gels unwegsam machenden Blattspitzen und Kolbenzweige; ihr gehören auch die Sagopalmen (Metroxylon und Piga - fetta) von Java bis zu den Fidji-Inseln an.
177Areale der Palmen-Ceroxylinen.Nunmehr bleibt die grösste Unterordnung, die der Ceroxylinen, übrig, welche in Afrika sehr schwach ver - treten ist, sonst aber innerhalb der Ordnungsgrenze nur den Coryphinen-Sabaleen an Umfang des Areales erheb - lich nachsteht. Sie gliedert sich in zwei Hälften: die Arecineen erreichen ihr Maximum zwar im indisch-ma - layischen Florenreich bis Neuseeland südwärts, sind aber in besonderen Gruppen auch kräftig in den amerikanischen Tropen und in den mittleren Cordilleren-Regionen ent - wickelt; die andere Hälfte aber, die Cocoineen, ist mit Ausnahme der bekannten Cocosnusspalme und der afri - kanischen Oelpalme, welche nur Verschlagungs-Ausnahmen sein können, durchaus und rein amerikanisch.
Unter den Arecineen sind Caryota und Arenga zu - nächst berühmte Bäume des indischen Florenreichs; Arenga saccharifera (die Gomutipalme) gehört zu den besten Nutzpflanzen ihrer Ordnung. Geonoma und ihre Ver - wandten dagegen bilden artenreiche Geschlechter zierlicher Buschpalmen im tropischen Amerika, und während die merkwürdige Manicaria succifera mit ungeteilten Riesen - wedeln einerseits eine ebenfalls amerikanische Verwandte ist, finden sich zwei andere monotypische Gattungen in Westafrika am Gabun als neues merkwürdiges Zeichen einer gelegentlichen systematischen Verwandtschaft in den Tropen von Amerika und Afrika zu beiden Seiten des Atlantischen Ozeans. Die Iriarteen bilden dann eine andere, Amerika zugehörige Gruppe der Arecineen, zu welcher auch Ceroxylon selbst mit seinen 5 Arten von Wachs - palmen in der andinen Bergregion von Colombien und Ecuador gehört. Die dann folgende Tribus der Hyo - phorbeen (oder Morenieen) enthält eine Gattung Hyophorbe als stolzen Baum auf den Maskarenen; die übrigen sind grösstenteils kleine Rohrpalmen (Chamaedorea 60 Arten), und zwar sämtlich amerikanisch zwischen Florida-Mexiko - Bolivien und Rio de Janeiro. Mit 44 Gattungen folgt dann die Areca-Tribus selbst, fehlend im kontinentalen Afrika, schwach im Florenreich der ostafrikanischen Inseln entwickelt (6 Gattungen, 5 davon nur mit je einer Art); mit reichster Gattungsfülle tritt sie in Indien, den Sunda -Drude, Pflanzengeographie. 12178Areale der Arecineen, Cocoineen.Inseln, Neuguinea, Ostaustralien bis Lord Howe-Inseln und Neukaledonien auf, mit Kentia sapida auf Neusee - land und den Chatham-Inseln die Südgrenze erreichend, und hierher gehören die echten Areca-Palmen (14 Arten von Malakka bis Neuguinea, 1 in Australien), 40 Pinanga, die Archontophönix - und Ptychosperma-Arten Australiens und der östlich angrenzenden Inseln. Wenige, aber be - rühmte Palmengattungen Amerikas schliessen sich in naher Verwandtschaft an diese indischen Gattungen an: Euterpe von Rio zu den Anden und Antillen, Oenocarpus in Colombien und bis zum Amazonas-Stromgebiet, Oreo - doxa auf den Antillen, Hyospathe und 2 andere. Aber nun folgt der schon angedeutete amerikanische Reichtum an 14 Gattungen und etwa 225 Arten von Cocoineen, von der Südgrenze der Palmen in Argentinien (Cocos australis) bis nach Mexiko und den Antillen (Acrocomia), besonders in den imposanten Formen von Attalea, Maxi - miliana, Orbignya, Cocos (!), und in den Stachelstämme mit Stachelblättern tragenden Gattungen Astrocaryum. Bactris (niedere Buschpalmen, 90 Arten) und den klet - ternden Desmoncus reich entwickelt.
Zwei abnorme, für den Landschaftscharakter wichtige Gattungen schliessen als letzte Gruppe die Ordnung ab: Phytelephas, die Stammpflanze der colombischen Stein - nüsse, und die monotypische Nipa fruticans im malayischen Archipel bis zu den Philippinen und über Neuguinea hinaus, Tausende von Hektaren Landes an den brackischen Gestaden der Inseln bedeckend und die Flussläufe nahe ihrer Mündung zugleich mit Bestandteilen der Mangroven umsäumend.
In jedem Falle ist es nach der Darlegung der that - sächlichen Verbreitungsverhältnisse einer hervorragenden Ordnung notwendig, als Zweck dieser Darlegung und in dem Gedanken an die allgemeine Absonderung der Flora nach Kontinenten und Vegetationszonen besondere, für Ergründung der Kausalität lehrreiche Ableitungen zum Schluss zusammenzustellen. Für die Palmen betrachte ich folgende Ableitungen für wichtig: 1. die boreal-sub - tropischen Florenreiche, obwohl arm an Palmen, haben179Ableitungen aus den Palmenarten.einen eigenen endemischen Anteil an denselben, welcher zeigt, dass periodisch sehr trockene Klimate und kurz vorübergehende Winterkälten ertragen werden können; Beispiel: Chamaerops, Rhapis, Trachycarpus, Rhapido - phyllum. Es soll hier nicht entschieden werden, ob dieser Bestandteil als ein Vordringling aus den südlich anstossenden tropischen Klimaten, oder als ein Relikt aus der Tertiärflora zu betrachten sei; die paläontologischen Befunde lassen aber auf das letztere schliessen.
2. Um so wichtiger erscheint es, dass den sonst so viel mehr in Repräsentativgattungen mit den Tropenfloren übereinstimmenden australen Floren endemische Anteile an den Palmen höchstens bezüglich der Artcharaktere zukommen, dass sie aber im übrigen den rein tropischen Elementen innerhalb der klimatischen Grenzen südwärts vorzudringen gestatten. Nur Jubaea spectabilis in der nordchilenischen Flora erscheint wie eine endemische Entwickelung, die mit Ceroxylon verwandte endemische Palme der Insel Juan Fernandez erscheint dagegen als eine normale Wieder - kehr tropisch-montaner Sippen unter höheren Breiten. In Südafrika bilden ebenso wie in Australien und Neu - seeland die temperierten Arten der direkt anstossenden tropischen Sippen die Palmen-Südgrenze (Phoenix recli - nata, Livistona australis, Kentia sapida). Ebenso Cocos australis in Argentinien, im direkten Anschluss an die Cocos-Bevölkerung Brasiliens. —
3. Aus diesen Gründen enthält das Areal der Palmen - tribus nur gegen die borealen Subtropen hin Dislokationen, erscheint sonst als an die auch sonst in ihrer Absonde - rung bekannten tropischen Florenreiche gebunden und daher nach Kontinenten und Inselreichen intratropisch ge - gliedert.
4. Unter der grossen Zahl von 128 guten Gattungen sind nur 9 zu nennen, welche durch Vorkommen in ver - schiedenen Florenreichen, oder in entlegenen Florengebieten nördlich und südlich vom Aequator mit einer unbesetzten Verbindungslinie Anspruch darauf haben, für weitverbreitet zu gelten; als solche sehe ich an: Phoenix, Livistona,1802. Die Coniferen.Pritchardia, Copernicia, Borassus, Calamus, Chamaedorea, Elaeis, Cocos.
5. Die übrigen Gattungen sind entweder in einem und demselben Florenreich, oder in den Grenzgebieten zweier zusammenhängender Florenreiche (wie z. B. Sunda - Inseln, Neuguinea, Nordaustralien), von einem ersicht - lichen Anhäufungsmaximum aus nach den Grenzen dieses Areals hin abnehmend, aber lückenlos, verbreitet; oder sie sind nur auf ein einzelnes kleines Florengebiet, viele auf einen einzelnen Gebirgszug, auf einzelne Inseln etc., beschränkt. Die Palmensystematik hat daher für die Entwickelungsgeschichte der Tropenfloren einen hohen theoretischen, für deren Charakteristik einen hohen prak - tischen Wert. —
6. Die betonte Beschränkung der Gattungen verstärkt sich bei den Arten der Palmen, und scheint in der ge - ringen Verbreitungsfähigkeit schwerer Steinbeeren, in der rasch erlöschenden Keimfähigkeit, und endlich in der strengeren spezifischen Anlehnung an die lokalen Klima - und Bodenbedingungen allgemein begründet. Auf die Verteilung der Arten sind alle vorstehenden Ableitungen zurückzuführen (vergl. oben, S. 98).
Beinling, Ueber die geographische Verbreitung der Coniferen. — Hildebrand, Die Verbreitung der Coniferen in der Jetztzeit und in den früheren geologischen Perioden. Verhandl. des naturh. Vereins d. Rheinlande u. Westf. Bd. XVIII, S. 199 — 384 mit Tab. u. Profilen. — Brown, Die geographische Verbreitung der Coni - feren und Gnetaceen. (Geograph. Mittlgn. 1872, S. 41 mit Taf. 3.) — Engler-Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien, Bd. II, T. 1, S. 53 — 64. — Berghaus’ Physikal. Atlas, Blatt Nr. 45.
Es gibt in der Waldvegetation der Erde keine Pflanzengruppe, welche in dem Maße wie die Nadelhölzer durch geselliges Auftreten einzelner hochwüchsiger Arten weite Länderstrecken in gleichförmige Physiognomie kleidete. Selbst da, wo die Laubhölzer ihnen den Rang streitig machen, scheuen die Coniferen ein buntes Ge - misch und bilden eingesprengte Oasen, in denen wie -
181Wachstumsverhältnisse der Coniferen.derum die einzelne ungemischte Art sich zum Herrn der Vegetationsformation macht. Ob nun gleich die 34 Gat - tungen mit 350 Arten zählende Gruppe durchaus nicht zu den besonders umfangreichen im Pflanzenreich gehört, so ist ihre Bedeutung in dem Vegetationskleide der Erde und in den Rückbeziehungen der Pflanzenwelt auf den Menschen doch eine sehr grosse, wenngleich von ganz überwiegender Bedeutung nur für die borealen Floren und einige kleine Abschnitte auf der südlichen kälteren Erdhälfte. Physiognomisch stehen die Coniferen sehr wohl charakterisiert da: ein schlanker, gerade und auf - wärts gerichtet sich verjüngender Stamm ist so regel - mäßig wie die immergrüne, entweder in Nadel - oder in klein anliegenden Schuppenblättern entwickelte, harzduf - tende Belaubung. Ausnahmen sind wohl bekannt; die alten Kiefern erscheinen knorrig gewachsen, der Gingko hat breite, flache Blätter und wirft wie die Lärche im Herbste ab; auch stellen sich die Blätter der amerikani - schen Araucarien sehr anders dar als unsere Tannen - nadeln, und Dammara-Zweige erinnern an Cycas; aber der Grundton in dieser kräftigen, eigenartigen Physiog - nomie bleibt doch erhalten und lässt selbst für Laien kaum jemals Verwechslungen mit anderen Gehölzen zu; so dass bei der leichten systematischen Uebersichtlichkeit der Gruppe, von welcher nur die Gattung Pinus eine Ausnahme macht, die Geographie von jeher in den Stand gesetzt worden ist, in den Coniferen wichtige Anhalts - punkte zur Beurteilung des Florencharakters zu erhalten. Infolge dieser Verhältnisse sind denn auch die Areale der meisten Coniferen als Arten sehr wohl bekannt geworden.
Während sie in den winterkalten, genügend mit periodischen Niederschlägen versehenen Landschaften ein starkes Uebergewicht bei zunehmenden Schwierigkeiten des allgemeinen Baumlebens erhalten, scheuen sie die feuchtheissen Tropen und mischen sich überhaupt niemals in die unten zu besprechenden Formationen der tropisch - immergrünen Regenwälder. Es kann daher die von Brown in den Geographischen Mitteilungen veröffentlichte Karte mit ihrer nach Ausschluss des tropischen Afrika fast das182Gesamtareal der Coniferen.ganze Erdreich deckenden Coniferen-Bezeichnung zu Irr - tümern Veranlassung geben, sofern man nicht bedenkt, dass das Vorkommen einer einzelnen selteneren Art von Coniferen in den Florenprovinzen dieses Schriftstellers schon dazu genügenden Anlass geboten hat. Etwas natürlicher erscheint daher bei Weglassung einer Menge kleinerer buschartiger Coniferen die von mir für Berg - haus’ Atlas entworfene Karte, auf welcher jedoch anderer Zwecke wegen die meisten Cupressaceen fortgelassen werden mussten, und welche daher von Coniferen-Arealen nicht genügend bedeckt ist.
Die Verteilung der Coniferen in ihrer Gesamtaus - dehnung über die Erde ist etwa folgende: Ueber die Baumgrenze hinaus dringt der Zwergwachholder in Grön - land an beiden Küsten noch über den Polarkreis vor, zugleich in Taimyrland, Island und in den Hochgebirgs - regionen verbreitet. Sonst aber wird meistens die Nord - grenze der Coniferen auch mit der nördlichen Baumgrenze zusammenfallend gefunden, da nur die Birke stellenweise über erstere hinausgeht. Südlich der Baumlinie folgt also in Europa, Sibirien und Kanada ein breiter Coni - ferengürtel, in welchem Repräsentanten der Abietineen: Lärchen, Fichten, Kiefern und einige Tannen, nach Arten oder Unterarten in den Hauptgebieten dieses nordischen Florenreichs meist gut geschieden, eine nach Süden all - mählich abnehmende Hauptrolle spielen. Es endet dieser Gürtel in Europa mit der Edeltannenregion, im Kaukasus mit Picea orientalis, in Thian-schan mit Picea Schrenkiana, in Nordamerika mit Picea sitchensis und dem weiten Gebiet der Weymutskiefer Pinus Strobus und Tsuga canadensis, um durch bunter zusammengesetzte Coniferen - bestände abgelöst zu werden, in welche sich die nordischen Fichten und die Lärchen nur noch in den oberen Ge - birgsregionen hineinmischen. Die reicheren Mischungs - gebiete sind zu beiden Seiten des Stillen Ozeans, nämlich in Ostasien und von Columbien bis Kalifornien in die Rocky Mts. hinein, am besten entwickelt. Das mandschu - risch-japanische Entwickelungsgebiet hat neben endemi - schen Gebirgslärchen, Pinus -, Picea - und Abiesarten die Gat -183Charakter-Coniferen in Nordamerika.tung Tsuga mit Nordamerika gemeinsam; hier ist Ce - phalotaxus, Pseudolarix, Cunninghamia, Cryptomeria, Scia - dopitys, Thujopsis, Chamaecyparis und der durch seine alte Geschichte als Rest einer grossen Gattung berühmte Ginkgo zu Hause, fast alle jetzt endemisch, und es finden sich nordwärts vorgedrungen die ersten Podocarpus. Dazu kommt in Yünnan Libocedrus macrolepis. — Das kali - fornisch-oregonische Entwickelungsgebiet glänzt durch die endemische Gattung Pseudotsuga (die Douglasfichte), durch die beiden Sequoien, von denen Sequoia (Welling - tonia) gigantea zu den berühmtesten Bäumen des Erd - balls, auf kleines Areal beschränkt, gehört, durch Cha - maecyparis nutkaënsis, Cupressus Lawsoniana, Thuja gi - gantea und Libocedrus decurrens. Zahlreiche neue endemische Arten von Abies, Tsuga, Pinus und auch Picea, selbst noch die mit den nordischen verwandten Larix occidentalis und Lyallii, vervollständigen das an - ziehende Bild. — Durch die Prärien davon getrennt folgt ostwärts ein schwächerer Reichtum in dem virginisch - floridanischen Entwickelungsgebiet, Taxodium distichum (welches im europäischen Tertiär fossil von vielen Stellen bekannt ist) mit Chamaecyparis thujoides oder sphae - roidea, Thuja occidentalis, Juniperus virginiana und einer grossen Reihe von Kiefern.
Noch eine letzte neue Umänderung, aber ohne den Reichtum an Gattungen irgendwie zu vermehren, erhalten diese borealen Formen Amerikas in dem mexikanischen Entwickelungsgebiete, in welchem besonders eine grosse Zahl von Pinus (Montezumae, Ayacahuite etc., etwa 30 Arten), auch Abies (religiosa), Taxodium mexicanum, mehrere Cupressus und Chamaecyparis in ihren Artcha - rakteren sich endemisch verhalten.
Aehnlich verhält sich in der Alten Welt der Hima - laya, auf welchem mehrere, längst nicht mit dem mexi - kanischen Reichtum wetteifernde Pinus (excelsa etc.), Abies (Webbiana und Pindrow), Picea, Tsuja (dumosa), Larix (Griffithii) mit der ersten, östlichsten Art der Ceder: Cedrus Deodara neben Juniperus-Arten und einem Podo - carpus auftreten. — Das Mittelmeergebiet endlich und184Charakter-Coniferen in der Alten Welt.der Orient haben die Ceder (mit Einschluss der ebenge - nannten Deodara im westlichen Himalaya) als alleinige endemische Gattung der Coniferen in Kleinasien und dem Atlas, sonst nur einen grossen Reichtum an Pinus (P. Pinea!), einigen Tannen, die orientalische Cypresse, und einen grossen Vorrat an Juniperus-Arten; auch auf den Canaren ist Pinus canariensis ein endemischer Charakter - baum, nicht aber auf Madeira. Von der sonst nur in den südlichen Florenreichen der Alten Welt heimischen Gattung Callitris kommt eine, von den übrigen als Unter - gattung zu trennende Art: C. quadrixalvis in Nordafrika auf dem Atlas und bei Tetuan vor; die übrigen Bäume der Coniferen aber gehören in den borealen und australen Subtropen der Jetztwelt verschiedenen Gattungen an. — Nur einige vorgeschobene Posten und ganze Gebiete, in welchen auch unter den Tropen die borealen Coniferen - Gattungen herrschen, sind noch zu nennen, nämlich be - sonders die weite Verbreitung von Juniperus procera in das tropische Afrika hinein und die Coniferen der Antillen und tropischen Anden bis zum Aequator. Der genannte Juniperus, sehr charakteristisch für Abessinien, ist durch Thomson in der afrikanischen Hochgebirgsflora unter dem Aequator gefunden worden, ein Zeichen einsamer, höchst lehrreicher Wanderung mitten in ein sonst den Coniferen gar keine Wohnstätte bietendes Land hinein (G. J. XI, S. 136). Aehnlich rückt Pinus, aber in eigenen Arten (P. insularis), auf den Philippinen, Borneo und Sumatra als Gebirgspflanzen in das Herz der malayischen Tropen, und erreicht auf Timor den 10. ° S. als äussersten Vor - posten; auf den Anden rücken die mexikanisch-central - amerikanischen Arten nicht so weit südwärts (wahrschein - lich nur bis 12° N., vergl. Hemsley), aber die gleichen Gattungen haben ausserdem noch im Antillengebiet eine nicht ganz geringfügige Eigenentwickelung gefunden. Der Wachholder der Bermudasinseln auf Jamaika, dann aber ganz besonders die Kiefernwälder von Pinus occi - dentalis in St. Domingo unter 18° N., über welche Eggers berichtet, die bis nach Honduras hinübergreifenden ent - sprechenden Kiefernbestände von Cuba, das sind zu -185Charakter-Coniferen Australasiens.sammen mit Podocarpus-Arten die Coniferen-Züge dieses Gebietes.
Ein breiter Gürtel tropischer Regenwälder, Savanen und dürrer Wüstensteppen trennt nun die bisher ge - schilderten borealen und boreal-subtropischen Coniferen von den austral-subtropischen, welche in fast gänzlich neuen Gattungen auftreten. So ist besonders in Afrika das coniferenfreie Gebiet in mächtiger Breite entwickelt; auch das tropische Südamerika wirkt als breite Sperre, doch im nordöstlichen Australien und im anstossenden Papuasien wie Polynesien ist ein neues Coniferengebiet so nahe bei den letzten Kieferwäldern entwickelt, dass man beide sich fast berühren sieht. Auch systematisch ist dies hier mehr als anderswo der Fall, da die Cun - ninghamieen (oder Taxodieen) an zerstreuten Punkten von Japan bis Tasmanien die Küsten und Inseln des Stillen Ozeans verknüpfen. Das hauptsächliche Interesse knüpft sich hier an die Gattungen Araucaria und Dam - mara (oder Agathis), von welchen herrliche, zum Teil aus - gedehnte Wälder bildende und jeweilig verschiedene Arten in Queensland bis gegen den 30. ° S. und bis 140 km landeinwärts, ferner in Neukaledonien, der Norfolk-Insel, ja sogar noch auf dem Arfak-Gebirge im nordwestlichen Neuguinea sich finden. Der reiche Coniferenstrich zieht sich in Ostaustralien bis Tasmanien herunter und nimmt nach Westaustralien hin sehr ab, wo neben einem Podo - carpus nur einige endemische Arten von Callitris und Actinostrobus vorkommen; Tasmanien selbst aber hat noch endemische Gattungen und teilt andere mit Neusee - land und Valdivien, Phyllocladus, Fitzroya, Athrotaxis. So zählt der australische Kontinent mit Tasmanien 29 Coni - feren-Arten, von denen nur die Gattung Dammara den Aequator nordwärts überschreitet (bis zu den Molukken, Borneo und Philippinen). Auf Neuseeland kommt dann eine Libocedrus dazu, ein zweiter interessanter Fall von Gattungsgemeinschaft zwischen borealen und australen Subtropen.
In Südamerika ist das reichste Coniferengebiet an der Westküste zwischen 35° und 50º S., bemerkenswert186Charakter-Coniferen Südamerikas und Südafrikas.durch die andine und bis zur Schneegrenze in die Höhe steigende Araucaria imbricata, durch 2 weitere Gattungs - genossen der eben erwähnten Libocedrus (von welchen die südlichste L. tetragona bis zur Magellansstrasse geht), und durch die Sumpfwälder der Fitzroya patagonica, ein Dacrydium, Saxegothaea und Podocarpus. Wenig über - schreitet die andine Araucarie das Gebirge ostwärts; in die atlantischen Ebenen steigt keins dieser Nadelhölzer herab. Aber noch einmal finden sich ausgedehnte Tannen - wälder in Südbrasilien von 30° S. nordwärts und bis 15° in das Gebiet des San Francisco hinein: sie werden von Araucaria brasiliana gebildet. — Nur schwach sind die Coniferen im südlichen Afrika vertreten, wo die vorhin unter dem Mittelmeergebiet genannte Gattung Callitris in verschiedenen Arten der Untergattung Widdringtonia im Kaplande, auf Madagaskar und Mauritius auftritt; sonst nur Podocarpus, im Kaplande sogar waldbildend, von dem auch eine einzige Art bis unter den Aequator an der Westküste, bis gegen 2500 m hoch auf der Insel St. Thomas, vorgeschoben ist. Keine der südlich der Linie Kap Horn — Kap der guten Hoffnung — Tasmanien und Neuseeland liegenden Inseln hat irgend etwas von Coniferen aufzuweisen.
Nach der Besprechung des Gesamtareals und der in ihm haupt - sächlich waldbildend oder sonstwie charakteristischen Gattungen von Coniferen ist auch bei dieser Ordnung ein kurzer Einblick in die systematische Gliederung notwendig, um die allgemeinen Ver - breitungsregeln abzuleiten. Die von Eichler jüngst gegebene Ein - teilung in Tribus weicht vor der im physikalischen Atlas auf dem der Verbreitung der Coniferen mit gewidmetem Blatte in einigen Punkten ab, welche ich aber hier annehme. Zwei Hauptreihen teilen sich in die 34 Gattungen, welche wir als Araucariaceen und Taxaceen unterscheiden wollen; beide sind in ihren Arealen nicht voneinander gesondert. Die ersteren bilden wiederum die beiden Unterordnungen der Abietinen und Cupressinen, deren Areale sich ebenfalls noch nicht zusammenfassend sondern. Die Sonderung beginnt vielmehr erst mit den Tribus, deren 3 auf die Abietinen entfallen.
Für die Coniferen-Verbreitung lassen sich daher ganz andere Verbreitungsregeln ableiten, als für die der Palmen. 1. Zunächst erkennen wir als Heimat der Nadelhölzer188Ableitung aus den Coniferen-Arealen.deutlich die borealen, boreal-subtropischen und austral - subtropischen Florenreiche; wo bestimmte Arten in den Tropen vorkommen, sind sie auf Gebirgsregionen ange - wiesen, oder es sind die gleichen Gattungen weiter süd - wärts zu finden (z. B. Araucarieen). — 2. Da also die Tropen sich als Trennungsgebiet, überbrückt nur im malayischen Archipel und schwächer in Centralamerika durch zusammenhängende oder zerstreute Gebirgsgruppen, zwischenschieben, ist es natürlich, dass die hauptsächliche Sonderung der Coniferen in boreale und australe Sippen sich vollzogen hat. Von den 9 Tribus sind 3 rein boreal und boreal-subtropisch mit tropischen Vordringlingen, 2 rein austral-subtropisch mit tropischen Bergarealen, 4 Tribus allein sind gemischter Heimat. — 3. Nur wenige Gattungen aus den letzteren 4 Tribus sind zugleich nörd - lich und südlich vom Aequator, aber auch dann stets in besonderen Arten, hüben und drüben, verbreitet; sonst sind sämtliche Gattungen in ihrem Areal geschieden. — 4. Die wenigen Gattungen mit auffallend zerstreutem Areal (Lilocedrus, Callitris) deuten auf ein hohes geo - logisches Alter, mit welchem die fossilen Funde anderer, jetzt weit beschränkterer Gattungen übereinstimmen. — 5. Die kontinentalen Verschiedenheiten, welche bei den Palmen unausgesetzt ihr Recht behaupten, kommen bei den Coniferen erst sekundär in Betracht. Abgesehen von den im nordischen Florenreich über Europa, Asien und Nordamerika gemeinsam verbreiteten grossen Gattungen gibt es auch viele subtropische Gattungsgenossen oder Gattungsverwandte in beiden Hemisphären, zumal zwischen Ostasien und Kalifornien-Virginien, noch mehr aber zwischen Tasmanien, Neuseeland und dem westlichen Südamerika. — 6. Die Arten der Coniferen sind immer auf je ein Florenreich beschränkt, und es ist daher ihre klimatische Beschränkung, oder ihre organische Verände - rung unter anderen klimatischen Umständen, eine strenge.
Liebmann, Amerikas Egevegetation. Kopenhagen 1851. — Kotschy, Die Eichen Europas und des Orients. Andere Litteratur1893. Die Cupuliferen.über Eichen angeführt im Geogr. Jahrb. Bd. VII. S. 184 und 241, Bd. XI, S. 108, besonders Wenzigs Aufzählung der Eichenarten im Jahrbuch d. Berliner botan. Gartens Bd. III und IV. — Engler - Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien, Bd. III.
Unter dem Namen „ Cupuliferen “sollen hier 10 Gat - tungen verstanden werden, welche von den Systematikern meistens als 2 oder 3 getrennte Ordnungen behandelt sind, nämlich als Betulaceen, Corylaceen und Fagaceen (oder Castaneaceen). In Berghaus’ Physikalischem Atlas, Arealkarte Nr. 45, sind wenigstens die beiden Gruppen der Betulaceen und Cupuliferen (Fagaceen) im engeren Sinne auseinander gehalten, was für geographische Zwecke bequem ist.
Zu den Corylinen gehört Corylus, der Haselstrauch, selbst mit den Baumgattungen Ostrya (in allen subtropisch-borealen Floren - reichen), Carpinus (wie vorige, aber weiter nordwärts verbreitet; Carpinus Betulus: die deutsche Hainbuche), und Ostryopsis (1 Art in der östlichen Mongolei). — Zu den Betulinen gehört Betula selbst (35 Arten im nordischen Florenreich und den borealen Subtropen bis zum Himalaya) und Alnus (14 Arten von ähnlicher Verbreitung, südwärts bis zum tropischen Vorderindien und entlang den Anden bis nach Argentinien). — Zu den Fagaceen endlich gehört die Hauptgattung der echten und der malayischen Eichen (Quercus und Untergattung Pasania) mit zusammen gegen 300 Arten, dann Castanea mit Castanopsis (an 30 Arten), die Buche (4 Arten Fagus), und die 12 australen Buchen der von voriger abgetrennten Gattung Nothofagus; die Verbreitung dieser letzteren Gruppe soll ausführ - licher besprochen werden.
Die beiden ersten Unterordnungen sind entschieden boreal und boreal-subtropisch; denn nur Alnus acuminata erstreckt sich in den Anden von Mexiko bis nach Argen - tinien und bildet hier eine eigene, nach ihr „ Aliso-Region “benannte abgegrenzte Waldformation. Sonst sind die Betulinen gerade für die höheren Breiten charakteristisch, indem sie — wie auf der genannten Arealkarte im physi - kalischen Atlas dargestellt ist — nördlich des Eichen - und Buchengürtels eine weitere Zone nördlicher Laub - bäume in die Coniferenbestände von Tannen und Lärchen hineinmischen, und endlich in der allen Polarreisenden wohlbekannten Zwergform der Straucherlen und Zwerg - birken (Betula nana und andere Arten) nördlich der Baum - grenze noch die systematischen Repräsentanten des190Areal der Cupuliferen-Gattungen.Waldes erhalten, und zwar noch in den Breiten von Spitzbergen, dem nördlichst bekannten Ostgrönland und in Taimyrland.
Die letzte, durch das Gewicht ihrer zahlreich und weit verbreiteten Arten bei weitem interessanteste Unter - ordnung mit Eiche, Kastanie und Buche zeigt zwei be - sondere Eigentümlichkeiten: erstens einmal ist eine Eichen - gruppe (Pasania) in direkt-geographischem Anschluss an die ostasiatischen Arten der echten Eichen vom Himalaya an bis zu den Bergen der malayischen Inselwelt in Be - rührung mit tropischen Elementen eigenartig entwickelt, und 1 Art (Quercus pseudomolucca) findet sich auch in Neuseeland; dass eine zweite einzelne Art (Qu. densiflora) in Kalifornien lebt, dürfte weniger auf direkte Wander - verbindung, als auf analoge Umbildung in zwei selb - ständigen Florenreichen hinweisen.
Noch eigentümlicher ist das Verhältnis der Buchen, welche in sehr gleichartigen Formen im gemäßigten Europa, Japan und Nordamerika verbreitet sind, ohne subtropische Arten auszubilden, die ganzen Tropen über - springen, und dann auf beschränktem, aber zerstreutem Gebiet in der gemäßigten südlichen Zone wiederkehren, nämlich von Valdivien bis Feuerland, auf den australi - schen Alpen in Tasmanien, und in Neuseeland. Diese australen Buchen werden unter der eigenen Gattung No - thofagus zusammengefasst (Engler-Prantl, Bd. III, T. 1, S. 52); die meisten ihrer Arten sind immergrün, aber einige (N. obliqua und procera) sommergrün und in der Tracht den nordischen Buchen sehr ähnlich.
Afrika ist in allen diesen Fällen ausgeschlossen; wie dieser Kontinent schon eine auffallende Armut an Nadel - hölzern zeigt, so in noch höherem Grade an Cupuliferen; nur das atlantische Gebiet im Nordwesten nimmt teil an den immergrünen Eichen der Mittelmeerregion mit Quercus Ilex; das ist alles.
Gegen 200 echte Eichen und gegen 100 der Pasania - Gruppe (die starken Unterarten als selbständig mitgezählt) verteilen sich nun auf das wärmere Nordamerika, das Mediterrangebiet und den Orient, Ostasien und das tro -191Areal von Quercus und Castanea.pisch-indische Bergland. Nach Norden erstrecken sich die härteren, Winterfröste ertragenden sommergrünen Arten etwa so weit oder etwas weiter als die Buchen und bilden sowohl in Kanada als in Mitteleuropa noch einen beträchtlichen Anteil der Waldbestände. Nicht eine Art geht von einem Kontinent zum andern, ausgenommen natürlich den innigen Zusammenhang Europas und Asiens in der Flora des Orients, die eine Hälfte der Arten ist alt -, die andere neuweltlich, ungefähr 20 sind süd - und mitteleuropäisch, eine auf den Kanaren; ebenfalls etwa 20 Arten besitzt Japan und 40 die Vereinsstaaten Nord - amerikas. Die grösste Artenzahl und Formenschönheit ist im Bereich der Tropen entwickelt (Sunda-Inseln, deren Reichtum jüngst King dargestellt hat, und Mexiko).
Der Eichenbestand Amerikas reicht von über 50° N. bis 2° N. mit Ausschluss der Antillen, und endet mit 3 Arten in Neugranada, ohne den Aequator berührt zu haben (Qu. tolimensis, Humboldtii, 2000 m hoch). Die Eichen-Nordgrenze liegt an der amerikanischen Westküste beim Nutka-Sunde, im Innern von Kanada kommen Eichen bis zum Südrande des Winipegsees in grossen Beständen vor (Qu. stellata), an der Ostküste sollen sie der Haupt - sache nach bei Quebec enden; die nördlichste Art ist hier Qu. alba. Ihr Maximum erreichen sie in Mexiko und steigen hier von der Küste bis 3500 m, stets mit verschiedenen Arten in den Hauptregionen, wovon im letzten Abschnitt die Rede sein wird.
Die letzte Gattung Castanea besteht aus zahlreichen Arten der Gruppe Castanopsis von den Molukken bis Hongkong und zum Himalaya, 1 Art auch in Kalifornien (C. chrysophylla, ein westamerikanischer Charakterbaum!), und aus nur 2 Arten in formenreichen Varietäten der echten Kastanie C. vesca. Diese ist ein gemeinsames Merkmal der boreal-subtropischen Florenreiche, da sie mit unverändertem Artcharakter Südeuropa und den Orient bis zum Karabagh und Taurus, das nördliche China und Japan, endlich in Nordamerika von den Gebirgen Süd - Carolinas bis nach Ohio, Maine und Michigan hin ein weites Areal in voneinander jetzt völlig isolierten Par -192Ableitungen aus den Cupuliferen-Arealen.zellen inne hat. Die andere Art (C. pumila) hat ihre Heimat von Florida bis Texas und Pennsylvanien.
Will man die jetzige Verteilung der Cupuliferen verstehen, so ist hier der Verfolg ihrer geologischen Entwickelungsgeschichte durch zahlreich erhaltene Reste und gute Bearbeitungen ermög - licht. Vergl. Krasan (G. J., XIII. 306) und Saporta in den Comp - tes rendus 12. Febr. 1877 S. 287. — Die ältesten Eichen sind in Europa aus der Flora von Gelinden bekannt geworden; die gegen - wärtig in Mitteleuropa am weitesten verbreiteten Formen sind verhältnismäßig jung, ihre direkten Vorgänger an Ort und Stelle sind Eichen gewesen, deren Formenkreis jetzt auf den Süden be - schränkt ist.
Fassen wir die wesentlichsten Züge des Cupuliferen - Verbreitungsbildes zusammen, so liegt sein Interesse in der Zerstückelung der Areale gleicher oder nächst ver - wandter Arten. Ganz anders, als etwa bei den Lärchen und Fichten, von denen eine Art die andere ablöst, ist das Areal der Kastanie, oder das der 4 sehr nahe ver - wandten nördlichen Buchen, durch weite Strecken Landes zerklüftet, in denen Faginen überhaupt fehlen; die Betu - linen dagegen hängen wie die Abietinen zusammen. Durch solche Erscheinungen, wie die der Aliso-Erle in Argen - tinien, wird übrigens ein Hinweis zur Erklärung der Be - ziehungen von Fagus und Nothofagus als borealer und australer Gattungen gegeben: wir verstehen solche Areale leicht, so lange wir sie noch in ungestörtem oder spuren - weis zu verfolgendem Zusammenhange sehen; die ganz getrennten Areale sind nur durch Hypothesen zu verbin - den, aber wir können erwarten, dass sie ursprünglich verbunden waren. — Unentschieden aber muss bleiben, ob die Pasanien eine alte, ursprünglich tropische Eichen - form, oder aber eine tropische Umformung von südwärts wandernden borealen Eichenformen darstellen.
Litteratur sehr zerstreut. Wertvolle Beiträge von Breitfeld und Niedenzu in Engler’s botan. Jahrbüchern Bd. IX und XI. Siehe auch meine Bearbeitung der Ericaceen in Engler-Prantl, Natürl. Pflanzenfamilien Bd. IV. T. 1. S. 29.
1934. Die Ericaceen.Holzgewächse allerdings, aber nicht gesellige Bäume, sondern hohe und niedere Sträucher, noch häufiger dicht - buschige Halbsträucher, bilden diese etwa 1350 Arten umfassende grosse Ordnung; sie liefert wertvolle Merk - male für die Vegetation der einzelnen Ländergebiete, ist vom höchsten Norden bis zum Feuerlande und Tasmanien wechselvoll und oft eigene Formationen bildend verbreitet, lässt in diesem Gesamtareal aber sowohl weite Lücken von Bedeutung, als auch zeigt sie in ihren Unterord - nungen der Kontinental-Absonderung oder den nach Nord und Süd geschiedenen Hauptflorenreichen entsprechende Verteilung.
Die gedrängte Skizze über die Ericaceenflora der Erde mag im hohen Norden beginnen. Hier sind ihre immergrünen Halbsträucher als seltene Vegetationsform in diesen kalten Klimaten trotzdem noch verhältnismäßig artenreich und häufig, die Ausbildung laubabwerfender eigener Gattungen (Arctous alpina) kaum zu verzeichnen. Grönland zählt noch 16 Ericaceen, darunter 3 Vaccinien, von denen 7 Arten bis in die nördlichste Zone (76° bis 83°) nach Warmings Einteilung entweder auf der West - oder Ostküste, oder zugleich beiderseits, sich erstrecken.
Diese nördlichsten Arten sind Arctous (Arctostaphylos) alpina, Cassiope tetragona, Ledum palustre, Loiseleuria procumbens, Rho - dodendron lapponicum, Vaccinium Vitis idaea und uliginosum; ihre Auswahl ist zugleich bezeichnend für die Hauptgattungen im Bereich der nordischen Tundren und Coniferenwälder. Nicht ganz soweit nach Norden gehen die anderen Charakterformen Phyllodoce taxifolia und Andromeda polifolia. — Auf Spitzbergen gibt es nur 2 Ericaceen: Cassiope tetragona und hypnoides, in Taimyrland die erstere neben Ledum, Arctous, Andromeda.
In den südlicheren Gebieten des nordischen Floren - reichs treten zahlreichere Gattungen auf, zum Teil aber schon nach Kontinenten verschieden. Calluna, die ge - wöhnliche Heide (C. vulgaris = Erica vulgaris) ist europäisch; die paar verschlagenen Standorte im atlantischen Nord - amerika, welches Kalmia, Epigaea und Chiogenes dafür sein eigen nennt, zählen nicht mit. An beiden Küsten des nördlichen Stillen Ozeans tritt Menziesia auf. Die Heidelbeeren und Preisselbeeren sind zahlreich, und zumalDrude, Pflanzengeographie. 13194Verbreitung der nordischen Ericaceen.ist die gewöhnlichste, V. Myrtillus, eine weit verbreitete Art, V. Oxycoccus ein häufiger Moorbewohner; die von diesen rein oder untermischt bedeckten Strecken Landes sind weit und ausgedehnt in allen drei nördlichen Konti - nenten, doch erreicht V. uliginosum früher als die anderen seine Südgrenze.
Besonders gross ist der Reichtum an nordischen Ericaceen in Kanada, wo 60 Arten zusammenleben, unter ihnen 19 Vaccinieen (G. J., Bd. XI, S. 131). Hier mehrt sich nun auch die Zahl der südlich der arktisch - borealen Halbsträucher und Vaccinien als vornehmster Charaktergattung zu nennenden Rhododendren, welche teils aus immergrünen, teils aus laubabwerfenden Arten (die meisten Azaleen) bestehen. Die „ Alpenrosen “der euro - päischen Alpen, Karpaten und des Kaukasus werden von denen des westlichen und östlichen Nordamerikas an Mannigfaltigkeit weit übertroffen, aber zur reichsten Ent - wickelung ist diese Gattung in der oberen und mittleren Region des südlichen Himalaya, in Nepal, Bhutan und in den verschlungenen Bergketten von Yünnan gelangt, wo kleine Gesträuche und hohe Gebüsche mit leuchtenden grossen Blumen, ja selbst kleinere Bäume wechselvolle Bestände bilden; andere eigentümliche Arten finden sich in Japan, Ostsibirien und Kamtschatka. Die Südgrenze findet Rhododendron im tropischen Nordaustralien (Rh. Lochae einzige Art); die bisher offen gebliebene Areal - lücke ist in allerjüngster Zeit durch Mac Gregors Erstei - gung des Mt. Owen-Stanley-Gebirges in Neuguinea aus - gefüllt, indem er gelbblühende Alpenrosen auch von dort mitbrachte.
Die Steppengebiete der borealen Subtropen werden von den Ericaceen gemieden; nur auf niederschlagsreichen Gebirgen vermögen sie sich noch zu halten, selbst da nicht immer. So fehlen dem Thian-schan, mit den Moor - formationen im allgemeinen, alle Vaccinien. Im Gebiete der Osthänge der Rocky Mts., Colorado, Wyoming, Mon - tana und dem westlichen Dakota-Kansas gibt es 3 Vac - cinien (darunter auch V. Myrtillus), Arctostaphylos Uva - ursi, 1 Gaultheria, 1 Phyllodoce, 1 Kalmia, 1 Ledum,195Verbreitung der amerikanischen Ericaceen.meistens vereinzelt in Gebirgsmooren und selten weiter verbreitet; sie alle sind spärliche Eindringlinge der reichen Ericaceenflora von Columbien, Oregon, Kalifornien.
Bis hierher konnten die 3 Kontinente in zusammen - hängenden Vergleich gebracht werden; von nun an werden die kontinentalen Eigentümlichkeiten überwiegend.
Schon das virginische Florengebiet, also die atlan - tischen Staaten Nordamerikas, enthalten eine grössere Fülle von eigenen Andromedeengattungen, z. B. den „ Sour-wood “Oxydendrum arboreum, einen Baum von 5 — 12 m Höhe, von Florida bis über Mississippi hinaus. Zu der gewöhn - lichen Andromeda gesellen sich Lyonia - und Leucothoë - Arten, und hier trifft der ziemlich seltene Fall ein, dass von derselben letztgenannten Gattung eine viel grössere Zahl neuer Arten in Brasilien mit Ueberspringung des Amazonasgebietes wiederkehrt. Eine ähnliche Erscheinung zeigt die Vaccinium verwandte Gattung Gaylussacia: gegen 40 Arten sind von Rio durch die brasilianischen Centralprovinzen bis zu den Anden hin verbreitet, keine erreicht Centralamerika; aber ein neuer, kleiner Formen - kreis findet sich in den atlantischen Staaten, drei Arten noch bei New York. Viele Vaccinium-Arten, aber noch viel mehr Thibaudien bewohnen die Anden zwischen 15° N. und 15° S. In Mexiko begegnen den borealen Arbutus - und Arctostaphylos-Arten die nördlichsten „ Anden - rosen “der Gattung Bejaria. Diese schöne, an die Stelle von Rhododendron in den tropischen Anden tretende rein amerikanische Gattung von 15 Arten hat in Columbia ihr Entwickelungscentrum und bildet hier in niederer Baumform, z. B. in der Sierra Nevada nach Sievers, eine besondere Region in 2800 — 3100 m Höhe; über Peru geht sie südwärts nicht heraus, Florida erreicht sie noch in einer Art. Von viel breiterer Erstreckung ist das Areal von Pernettya, welches ebenfalls in Mexiko seine Nordgrenze erreicht; im ganzen Zuge der Anden vom Feuerlande bis dorthin sind die Arten dieser Gattung verteilt, am zahlreichsten in Chile; sie kommt aber zu - gleich noch in Neuseeland und Tasmanien vor, erinnert also in Hinsicht auf Verbreitung an manche australen196Ericaceen in Indien, Südeuropa, Afrika.Coniferen; überflügelt wird sie noch von der ihr ver - wandten Gattung Gaultheria, welche nur in Amerika an beiden Küsten bis zu winterkalten Breiten nordwärts vor - gedrungen ist, in den tropischen Anden selbst zwischen Chile und Mexiko sehr artenreich entwickelt sich zeigt, mit 10 Arten im malayischen Archipel und im Himalaya, mit 6 in Neuseeland, mit 3 in Südostaustralien und Tas - manien, mit 1 in Japan auftritt.
Von allen diesen Gattungen hat Europa, speziell das atlantische Mittelmeergebiet, ebensowenig etwas als Afrika. Arbutus bildet auf den Canaren und rings um die Mittel - meergestade einen Schmuck baumartiger Ericaceen mit fleischigen Früchten; Daboecia geht von den Azoren, wo sie auf den Berghöhen verbreitet ist und gesellig mit Calluna rasenförmige Polster bildet, über Nordspanien bis Irland. Aber der Hauptreichtum liegt hier in der Entwickelung der Gattung Erica in Halbsträuchern oder höheren Büschen, unter denen Erica arborea in weiter Verbreitung als charakteristischer Bestandteil der Maquis hervorragt; andere Arten, wie Erica Tetralix und Erica carnea, sind in Mitteleuropa weit gegen Norden vorge - schoben, und die schon erwähnte gemeine Heide (Calluna vulgaris) schliesst sich, sie überflügelnd, diesen letzteren an. Echte Heiden, Erica-Arten und ihre Verwandten, gibt es also nur in Europa (einschliesslich Westasien) und Afrika: hier sind sie ausserhalb des Mittelmeerbereichs in erstaunlicher Artenfülle im letzten südwestlichen Winkel des Kaplandes zusammengedrängt, und nur einige wenige Arten sind ausserdem zerstreut auf Bergeshöhen des tropischen Afrikas. Ausserdem zählt das tropische Ost - afrika und Madagaskar nur noch einige Andromedeen, Agauria-Arten. In Asien beginnt erst südöstlich vom Mittelkamm des Himalaya ein neuer Reichtum tropischer Ericaceen; einige Andromedeen, der Gattung Lyonia (Pieris) angehörig, schliessen sich an Amerika an, En - kyanthus ist in Ostasien endemisch, ebenso Diplycosia, Gaultherien gibt es auch hier. Aber die Vaccinien haben hier die den Thibaudien auf den Anden entsprechenden epiphytischen Sträucher der Agapetesgruppe mit leder -197Ableitungen aus den Ericaceen-Arealen.artig grossen Blättern und lang-röhrenförmigen Blumen entwickelt und enden im nördlichsten Australien und auf den Fidji-Inseln. Tasmanien hat 4 Ericaceen (Gaultheria, Pernettya), Victoria noch eine endemische Gattung mit einer Art, sonst hat Australien nichts aufzuweisen und ersetzt bekanntlich die Ericaceen durch einen neuen Reich - tum der in den übrigen Weltteilen so gut wie fehlenden Epacridineen.
Die systematische Einteilung der Ericaceen und Verteilung dieser Gruppen in die verschiedenen eben genannten Gebiete des Gesamtareals mag hier in Kürze folgen: Die Rhododendrinen bilden die erste grosse Unterordnung, ausgeschlossen von Afrika; in Südamerika liegt ihre Südgrenze im Areal von Bejaria, auf den Azoren im Areal von Daboecia polifolia, in Spanien, im Kaukasus und im malayischen Archipel, in der Südgrenze von Rhododendron selbst; sie ist daher als eine arktische, boreale, boreal-subtropische und tropisch-montane Gruppe anzusehen.
Die zweite Unterordnung der Arbutinen ist besonders in der Tribus Andromedeen und Gaultherieen am weitesten verbreitet, fast so weit als das Gesamtareal der Ordnung reicht, doch mit Ausschluss des Kaplandes; die Gruppe von Andromeda selbst ist am allgemeinsten zu finden, fehlt aber in Australien. Dasselbe gilt auch im allgemeinen von der dritten Unterordnung der Vacci - ninen, von welcher Vaccinium selbst eine enorme Verbreitung von Grönland an durch alle borealen Florenreiche, auf der Andenkette bis Peru (nicht aber südwärts vordringend), auf den Sandwich - und den ostafrikanischen Inseln besitzt. Die beiden tropischen Florenreiche von Amerika und Indien-Malesien aber haben die epiphytischen Thibaudieen für sich allein, Amerika mit Thibaudia, Indien mit Agapetes.
Die vierte Unterordnung endlich, die der Ericinen, ist auf Europa, das Mittelmeerbecken und Südafrika nebst einigen Zwischen - stationen im tropischen Afrika beschränkt.
Die besonderen Züge der Ericaceenverteilung liegen also in der Weite und Zerstreutheit des Gesamtareals, wobei ziemlich verschiedene Klimate ohne starke Ver - änderung der Vegetationsorgane ertragen werden. Die Absonderung der kontinentalen Florenreiche zeigt sich in einigen scharfen Gruppenumgrenzungen, zumal für die echten Heiden. Andererseits finden sich in dieser Familie mehrere Fälle auffallender Verwandtschaft zwischen Tropen - und borealen Floren; nicht nur haben die Gaylussacien Brasiliens in Nordamerika Gattungsgenossen und in den1985. Die Myrtaceen.Heidelbeeren Verwandte, sondern die Andromedagruppe ist gleichzeitig in Brasilien und Virginien (am üppigsten), in Ostafrika (schwach), in Indien und Ostasien, dann aber mit einigen kühleren Arten und besonders mit der cir - cumpolar verbreiteten und hoch gen Norden reichenden Andromeda polifolia in einer die scharfen Florenreichs - grenzen überbrückenden Analogie entwickelt.
Gut bei uns bekannt durch die südeuropische Myrte und die australischen Gumbäume bildet diese artenreiche, sicherlich über 2000 gute Arten zählende und in den einzelnen Floren einen um mehrere Hunderte haltenden Artbestand aufweisende Ordnung einen wertvollen Cha - rakterzug der tropischen und subtropischen Holzpflanzen - Vegetation, sei es in hohen Bäumen der Regenwälder oder der immergrünen, trockenere Jahreszeiten ertragen - den Baumbestände, sei es als hohe Gebüsche oder niedere Gesträuche, da nur einige Ausnahmen (Careya herbacea) krautartige Formen darstellen.
Das Areal der Myrtaceen ist auf Karte Nr. 45 in Berghaus’ Physikalischem Atlas ebenfalls dargestellt: In Amerika liegt die Nordgrenze im mittleren Mexiko und südlichen Florida, woselbst noch mehrere Eugenia-Arten und Calyptranthes Chytraculia, alles kleine Bäume, vor - kommen. In Europa wird das Areal von der Nordgrenze des einzigen Repräsentanten im Mittelmeergebiet und im Orient: Myrtus communis, abgeschlossen, schliesst dann mit den im tropischen Himalaya ansteigenden Arten und endlich mit einigen wenigen noch in Japan lebenden Arten (Rhodomyrtus tomentosa, Metrosideros etc.) ab. Die borealen Subtropenländer sind also entweder (wie Kalifornien) ganz vom Myrtaceenareal ausgeschlossen, oder von einigen sehr wenigen Arten weit verbreiteter Gattungen bewohnt. Im Süden ist ihr Gebiet verhält - nismäßig weiter ausgedehnt, indem eine Art, Myrtus nummularia, als niederliegender, 2 oder höchstens 5 bis199Die Charakter-Myrtaceen Australasiens.10 Zoll sich erhebender Halbstrauch einen häufigen Nieder - buschbestand der Flora der Maluinen bildet; das Kap - land, ganz Australien und Tasmanien, Neuseeland und auch die Aucklandinseln haben alle ihre mehr oder we - niger reiche Myrtaceenflora.
Systematisch zerfällt die Ordnung in drei wohl zu unter - scheidende Unterordnungen: 1. Die Myrtinen selbst bilden a) die Gruppe der trocken - (kapsel -) früchtigen Sippen mit den grossen Gattungen Baeckea, Leptospermum, Melaleuca, Metrosideros und besonders Eucalyptus, dann b) die Gruppe der saftig - (beeren -) früch - tigen mit den hervorragenden Gattungen Campomanesia, Psidium, Calyptranthes, Myrtus, und besonders den, nach den Floren je 400 bis 500 Arten zählenden Myrcia und Eugenia. 2. Die Barringto - ninen bestehen aus nur 6 Gattungen mit etwa 40 Arten, unter denen Barringtonia in Asien und Afrika, Gustavia in Amerika den Vorrang haben. 3. Die Lecythidinen mit ihren, riesigen Deckel - krügen oder Hohlkugeln vergleichbaren Holzkapseln bestehen aus 5 amerikanischen Gattungen, Lecythis mit 50 Arten obenan, be - rühmt auch Couratari, Couroupita, und die Brasilnuss liefernde Bertholletia excelsa.
Tritt also auch in der Verteilung von Barringtonia und Lecythis samt ihren nächsten Genossen der oft her - vorgehobene Unterschied nach kontinentaler Absonderung hervor, so zeigt sich etwas besonders Interessantes in der Verteilung der kapsel - und der beerenfrüchtigen Myrtinen. Es ist hervorgehoben, dass Australien mit Neuseeland und den nördlich angrenzenden Inseln bis zur Makassarstrasse sich floristisch durchaus nicht so scharf von Indien und Afrika abhebt, als faunistisch, so dass ja sogar die Kon - struktion einer Florenreichsgrenze an dieser Stelle nicht ein altbekanntes oder allgemein angenommenes Prinzip ist. Nun wohl, die Myrtaceen entsprechen allerdings einer solchen Florenabsonderung, indem fast alle trocken - früchtigen Gattungen in Australien und im Inselreich nur wenig westwärts und nordwärts von Celebes zu Hause sind, während die durch Myrcia und Eugenia charakte - risierten beerenfrüchtigen Gattungen mit der Hauptmasse ihrer Arten in Indien und im tropischen Amerika stecken, ausserdem die schwache Myrtaceenbevölkerung Afrikas bilden. Aber man ersieht auch hier, wie die berühmte Makassarstrasse für Florenabgrenzung keine zwingende200Die Charakter-Myrtaceen Amerikas etc.Scheidelinie hat sein können, weil die Leichtigkeit der pflanzlichen Wanderung oder Verschlagung sie überbrückt. Denn nicht nur gehen nach Birma und dem britischen Vorderindien noch 9 Arten kapselfrüchtiger Gattungen (Melaleuca Leucadendron, Tristania etc.), sondern umge - kehrt sind auch von den beerenfrüchtigen Gattungen 7 mit 43 Arten (Myrtus, Rhodomyrtus, Rhodamnia, Euge - nia etc.) an der Ostküste (keine an der Westküste) Australiens, fast alle in Queensland, verbreitet und begeg - nen hier also den Eucalyptus -, Melaleuca -, Baeckea -, Calycothrix - und Darwinia-Arten, welche ihrerseits ihr Hauptentwickelungsgebiet im südwestlichen Australien haben. 32 Gattungen trockenfrüchtiger Myrtaceen sind auf Australien beschränkt, die Hälfte davon allein auf Westaustralien.
In zweiter Stelle an Reichtum eigener Gattungen steht das tropische Amerika da (etwa 22 endemische Gattungen oder Untergattungen), während Indien, mit Nord - und Nordostaustralien in Verbindung gedacht, viel weniger eigene Gattungen entwickelt hat. Auch sind die Artenzahlen in Indien viel geringer: Britisch-Indien zählt etwa 160 Arten, das holländische Indien etwa 200; Bra - silien zählt dagegen nach Berg, welcher allerdings die Arten etwas zersplittert haben mag, 700 Arten, von denen 176 allein auf das Amazonasgebiet beschränkt, 188 im nordöstlichen Teil des Landes, 442 in der Camposregion, 310 im atlantischen Küstenstrich Bahia-Rio, 117 endlich in Südbrasilien heimisch sind und nur 67 eine weitere Verbreitung zwischen diesen Landesteilen zeigen. Und noch über 80 Arten finden sich im nördlichen Myrtaceen - areal Amerikas zwischen Panama und den südlichen Staaten von Mexiko, darunter 38 Eugenia. Auch Chile zählt noch 63 Arten, unter denen Myrten und Eugenien vorwiegen.
Diesen Zahlenverhältnissen gegenüber ist die Armut Afrikas sehr auffallend: im ganzen Kontinent steckt nur etwa ein Dutzend Arten, von denen Myrtus communis nur die Mediterranregion bewohnt, dann auf die trockene Wüste und Savane ohne Myrtaceen erst in Ober - und201Ableitungen aus den Myrtaceen-Arealen.Niederguinea einige Eugenia-Arten, auch Petersia africana in Angola, dann einige andere Arten im oberen Nilgebiet, am Zambesi und bis Natal herab folgen; 4 Arten kann man als richtige Kaplandbewohner ansehen, Metrosideros angustifolia und Eugenia capensis mit 2 anderen Arten, unter denen Metrosideros die einzige Gattung der kapsel - früchtigen Myrtaceen darstellt mit sehr weitem altwelt - lichem Gebiete (Australien, Malesien, Neukaledonien, Ost - asien, Südafrika, südliche Inseln bis zur Aucklandgruppe).
Folgendes sind also die wesentlichen Züge der Myr - taceenverbreitung: die Ordnung ist vorwiegend tropisch, in den Subtropen nur auf der südlichen Halbkugel noch stark entwickelt. Die Hauptscheide hat sich zwischen Australien einer -, und allen anderen Tropengebieten an - dererseits herausgebildet; der tropische Nordosten dieses Kontinents wirkt aber auch hier vermittelnd. Afrika hat nur eine ärmliche Eigenentwickelung aufzuweisen. Die amerikanischen Sippen der Myrtaceen sind zwar diesen und den indischen verwandt, sind aber nach vielen Gat - tungen und fast allen Arten geschieden, und es sind die Lecythideen alle auf das tropische Amerika beschränkt.
R. Brown, Verm. botan. Schriften Bd. II, S. 62 — 69. — Drude in Schenks Handbuch der Botanik Bd. III, T. 2, S. 200 und 217. — Engler in Engler-Prantls Natürlichen Pflanzenfamilien Bd. III, Abt. 1, S. 125. — Untersuchung der fossilen Proteaceen in Europa: Ettingshausen, viele Einzelschriften im Jahrbuch der K. K. geolog. Reichsanstalt, Denkschriften und Sitzungsberichte der K. Akademie zu Wien, zusammengefasst in einer Broschüre: Das australische Florenelement in Europa. Graz 1890. — Schenk, Paläophytologie (Handb. d. Paläontologie), S. 645 — 665.
Fast tausend Arten von kleineren, seltener hohen Bäumen und mächtigen oder niedrigen Sträuchern, mit lederig-immergrünen, sehr vielgestaltigen Blättern, nur ausnahmsweise frühzeitig blühend und dann wie einjährige Gewächse erscheinend, besiedeln hauptsächlich die australen Florenreiche und zeigen sich sporadisch in den Tropen, ohne in die boreal-subtropischen Gebiete einzudringen. 2026. Die Proteaceen.In dem gesamten, dennoch nicht so ganz engen Areal der ganzen Ordnung spielen jedoch die Bestände der Tropen und selbst die des südlichen Amerikas, wo sie sich nur an der Westküste finden, eine so mäßige Rolle, dass man bei dem Namen „ Proteaceen “alle Ursache hat, sogleich an die Flora des Kaplandes und des extratropi - schen Australiens, hier vornehmlich wiederum an die des südwestlichen Australiens, zu denken. Nach Englers Darstellung entfallen auf Australien 591 (auf Südwest - australien 376!), auf das südwestliche Kapland 262 Arten, während Neukaledonien 27, das indisch-malayische Floren - gebiet vom Himalaya bis Cochinchina 25, Neuseeland nur 2, dann das tropische Südamerika 36, Chile bis Kap Horn 7, das tropisch-afrikanische Gebirgsland bis Abes - sinien 5, Madagaskar wiederum nur 2 Proteaceen-Arten besitzt; alle diese Zahlen kann man im allgemeinen als zugleich die Zahl der Endemismen bezeichnend ansehen.
Hieraus folgert Engler mit Recht eine allgemeine klimatische Sphäre der Ordnung, für deren Entwickelung regenreiche Gebiete ungünstig wirken und nur bei we - nigen Gattungen (Roupala, Helicia, Knightia, auch einigen Embothrien im antarktischen Amerika) Erfolg hatten; die grosse Mehrzahl der Proteaceen ist auf die australen Subtropen mit regelmäßigem Wechsel von reichlichen Niederschlägen und trockenen Ruheperioden angewiesen, und in die Wüsten oder auch nur regenunsicheren Steppen - gebiete gehen ihre Arten nicht hinein. Aber auch hier schon sei sogleich bemerkt, dass klimatische Gründe für das Fehlen der Proteaceen im atlantischen Südeuropa, in China-Japan (wo wenigstens als tropisch-indische Gat - tung Helicia lancifolia das Gebiet berührt), oder im mexi - kanisch-floridanischen Gebiet sich nicht ersehen lassen.
Die landschaftliche Rolle dieser interessanten Ord - nung ist wenig eingehend geschildert. Nach R. Brown, der jedem Charakterzuge der Natur seine Aufmerksam - keit schenkte, sind nur sehr wenige Proteaceen den ge - selligen Arten, welche in ausgedehntem Zuge ihre Ver - wandten ausschliessen, zuzuzählen. Den Silberbaum: Leucadendron argenteum, gibt schon er als passendstes203Allgemeine Verbreitung der Proteaceen.Beispiel solcher Charakterpflanzen dieser Ordnung unter den südafrikanischen Arten an, ausserdem die Protea mellifera, und von australischen Arten nennt er Banksia speciosa als einziges Beispiel eines solchen Vorkommens. Der Lieblingsstandort der Proteaceen ist auf trocknen, steinigen Triften besonders der Küstenstriche, wo sie auch, wiewohl seltner, im lockeren Sande vorkommen; keine Art verlangt in Australien guten Boden, wenige sind sumpfliebend, und eine, Embothrium ferrugineum, liebt salzige Moräste. Andere Arten, dieser letzteren verwandt, beobachtete R. Brown über 1000 m hoch auf den Ge - birgen Tasmaniens ansteigend.
Auch bei dieser Ordnung hat die Gruppenbildung nach System und Wohngebieten nun wiederum ein hohes Interesse unter dem Gesichtspunkte, ob die Tribus alle getrennte oder hier und da zerstreute Areale innehaben. Wären die Tribusareale alle nach Kontinentalflorenreichen gesondert, so würde das für eine lang - andauernde Sonderentwickelung sprechen; wären sie alle zerstreut und wäre die Gattungszugehörigkeit von Südamerika bis zum Kapland und Australien im allgemeinen gleichartig, so würde das für einen sehr deutlichen gemeinsamen Ursprung reden, so wie wir dies Resultat bei den borealen Cupuliferen und Abietineen ge - zogen haben. Thatsächlich sprechen die Areale mehr für die Sonderentwickelung, aber nicht so deutlich, dass nicht auch die Verbreitung einzelner Gattungen über weitere Meeresräume hinweg daneben anzunehmen wäre; also die Verschlagungen oder die ge - meinsame Weiterentwickelung eines ursprünglich gleichen Stammes an verschiedenen Punkten der Erde beanspruchen ebenfalls ihr Recht. — Unter diesem Gesichtspunkte verdienen die Tribus mit ihrem ungefähren Areal hier namentlich angeführt zu werden, da über alle Diskussion erhaben die Kenntnis der thatsächlichen Vor - kommnisse steht:
Tribus 1. Persoonieen: 10 Gattungen fast nur in Australien, berühmt besonders die 60 Arten zählende Gattung Persoonia, von der 1 in Neuseeland vorkommt; ein Monotyp: Brabeium, zählt aus der Kapflora hierher.
Tribus 2. Franklandieen: Nur 2 Arten der westaustralischen Gattung Franklandia.
Tribus 3. Proteen: 14 Gattungen in Australien und Afrika; durch Artenreichtum ausgezeichnet besonders Petrophila (35 Arten Australiens, davon 30 Westaustralien allein angehörig), Serruria mit 50 Kaplandarten, Protea selbst mit 60 Arten am Kap und 2 montanen im tropischen Afrika, Leucospermum (Kap); 1 Art geht bis Abessynien: L. Rochetianum), und Leucadendron mit zahl - reichen Kaplandarten, unter denen L. argenteum als eigene Be - stände bildend besonders berühmt ist (G. J., XI, 137).
204Areale der Tribus der Proteaceen.Tribus 4. Conospermeen, enthält nur 2 australische, haupt - sächlich westaustralische Gattungen.
Tribus 5 und 6. Grevilleen und Embothrieen, mit 16, bezw. 6 Gattungen, sind von weiterer Verbreitung, aber fehlen in Afrika. Grevillea selbst ist mit 156 Arten die grösseste austra - lische Proteaceen-Gattung, ebenso ist Hakea mit 100 Arten rein australisch. Dagegen ist Helicia mit 25 Arten von Silhet im öst - lichen Himalaya und von Ceylon bis Cochinchina und im malayi - schen Archipel verbreitet, ihr Analogon Roupala mit 36 Arten in Guyana, den Anden von Peru, Columbien und Guatemala, und hauptsächlich im tropischen Brasilien, sehr schwach in Australien und Neukaledonien; ebenso sind noch Panopsis und Euplassa je 8 Arten zählende brasilianische Tropengattungen. Kermadecia ist mit 4 Arten neukaledonisch und ihr Vorkommen in Ostaustralien ist zweifelhaft; Guevina Avellana endlich ist die einzige, „ Hasel - nüsse “liefernde Art der chilenischen Gebirgswälder bis 45° S. herab. — Hier tritt uns also die erste austral-amerikanische West - küsten-Gattung entgegen, in Embothrium die zweite, von der Ma - gellanstrasse bis Valdivien, Peru und Quito verbreitete, zu der aber eine Art (E. Wickhami) weitab von diesem Hauptareal zu den australischen Proteaceen in Queensland gehört. Von Lomatia bewohnen 4 Arten Australien, 2 Tasmanien, 3 Chile, endlich von Knightia 2 Arten Neukaledonien und 1 Neuseeland; Roupala, Embothrium und Lomatia sind also amerikanisch und australisch.
Tribus 7. Banksieen: Nur 2 sehr grosse Gattungen: Banksia enthält 46 australische Arten im ganzen Kontinent bis Neuguinea, Dryandra 47 durchaus auf Westaustralien beschränkte Arten. — Es sind also 3 Tribus (mit allerdings nur 5 Gattungen) in Austra - lien endemisch, 2 andere zwischen Australien und Südafrika ge - meinsam, die 2 letzten teilt Australien mit dem indischen Insel - reich und Neuseeland und Südamerika, aber diese beiden fehlen im Kaplande. Es ist also keine Tribus von allgemeinerer Ver - breitung, geschweige denn irgend eine der 50 oder mehr Gat - tungen.
Wir sehen daher in der Verbreitung der Proteaceen für die australen Florenreiche etwa ein Analogon zu den Verteilungsverhältnissen der Palmen in den Tropen ge - bildet: keine Tribus gemeinsam zwischen Südafrika, Australien, Südamerika; keine Gattung zwischen Kapland und Australien gemeinsam; nur 4 Gattungen gemeinsam zwischen der australen asiatischen und der australen west - amerikanischen Gebietsgruppe; in Südafrika eigentlich nur eine einzige Tribus (Protea) kräftig entwickelt; in Australien fehlt keine Gruppe ganz und sind mehrere ganz endemisch. In diesem letztgenannten Punkte weichen205Problem der tertiären Proteaceen in Europa.die Proteaceen von den als Vergleich hingestellten Pal - men ab; denn diese verteilen sich gleichmäßiger zwischen Indien und Amerika, ohne dass ein Florenreich mit allen Hauptgruppen des Palmensystems genannt werden könnte.
Diese jetzige Verteilungsweise und kontinentale Ab - geschlossenheit bestimmter Gruppen muss man erwägen, um das Befremdende der Annahme, dass in geologischer Vergangenheit auch Europa Proteaceen besessen habe, zu würdigen. Dryandra - und Banksia-Arten sollen in den Tertiärschichten Europas, zumal Oesterreichs, fossil er - halten geblieben sein, und als Beweis dafür werden ausser schlecht erhaltenen Früchten einzelne Blattabdrücke von gewiss den Proteaceen entsprechender Form und Nervation, doch nicht unumstösslich zwingend wegen der Aehnlich - keit weit im System abstehender Pflanzengruppen, vor - gebracht. Ettingshausen ist der hauptsächliche Verteidiger der „ tertiären Mischlingsflora “australischer Typen in den borealen Floren und umgekehrt, so dass nach dieser An - schauung erst durch Aussterben verschiedener Sippen in verschiedenen Gebieten die gegenwärtige Arealabsonde - rung der meisten herrschenden Systemgruppen entstanden wäre. Dieser Meinung gegenüber steht die andere von dem allmählichen Herausbilden dieser Verteilung durch abgesonderte Entwickelung auch schon in der Tertiär - periode; denn es ist thatsächlich auch bei den Proteaceen nicht zu verstehen, warum sie alle im Mediterranfloren - reich spurlos hätten verschwinden müssen, wo doch in Abessinien wenigstens Arten der südafrikanischen Gruppe vorhanden sind, welche man ebensowohl als Resterschei - nungen, wie als montane Verbreitungssiedler deuten kann. Wäre z. B. an Stelle des abessynischen Leucospermum Rochetianum dort eine Dryandra, welche Gattung jetzt ja nur in Westaustralien artenreich lebt, so lägen die Verhältnisse schon in etwas anders. Da aber die Be - stimmung fossiler Blattabdrücke höchstens für Gattungen, streng genommen nur für Artgruppen, zwingenden Wert hat, so kann man sich auch nicht damit trösten, dass die europäischen Tertiärproteaceen vielleicht Protea-Tribusge - nossen gewesen seien.
2067. Die Liliaceen.Zwei ganz verschiedene Ableitungen stehen sich hier gegenüber: die Bestimmung fossiler Blütenpflanzen aus Blättern und mangelhaften Fruchtresten, welche unsicher ist, und die aus der Pflanzengeographie in Verbindung mit einer summarischen Kenntnis paläontologischer Be - funde abgeleitete Anschauung von Florenentwickelung, welche trügerisch sein kann. Fallen beide Ableitungen zu demselben Resultat zusammen, so ist man geneigt, dasselbe als gesichert zu betrachten; ersteht ein Wider - spruch zwischen beiden, so tritt das Unsichere in beider Grundlagen um so deutlicher hervor. Doch liegt es im Interesse der Forschung, die Frage lieber als offen zu betrachten, weil dieser Zustand zum Aufsuchen exakterer Gründe und Beweismaterien Veranlassung gibt.
S. Watson, Contributions to american botany, in Proceedings of the American Academy of arts and sc. XIV. (1879) S. 285. — Engler in Natürl. Pflanzenfamilien II, T. 5, S. 16. — Grisebach, Veget. d. Erde Bd. II, S. 210 (Xanthorrhoea).
Die Liliaceen zählen 200 Gattungen und das Zehn - fache an Arten (vielleicht 2300), verbreitet vom hohen Norden bis zu den australen Gebieten südwärts herab. Die überwiegende Zahl ihrer Formen bildet ausdauernde Kräuter mit kriechendem, fleischigem oder in Zwiebeln umgebildetem Wurzelstock, mit saftig-frischen, jährlich sich erneuernden Blättern; andere sind Holzpflanzen (die Dracänen - und Xantorrhöengruppe) mit kurzem dicken Stamm und schmalen immergrünen Blättern; andere end - lich entwickeln als Schutz gegen Dürre dickfleischige und ausdauernde Blätter (Aloë).
Dieser Mannigfaltigkeit der Vegetationsorgane mag es zuzuschreiben sein, dass die Liliaceen in sehr ver - schiedenen Klimaten sich heimisch gemacht und oft zu seltsamen, wenigstens dem Europäer fremdartigen Cha - raktertypen geführt haben. Sie scheuen den hohen Norden nicht: Lloydia serotina ist im Taimyrlande von Midden -207Allgemeine Verbreitung der Liliaceen.dorff noch bis 75° N. beobachtet worden; zwei Arten anderer Unterordnungen, nämlich Tofieldia borealis und Streptopus amplexifolius, gehen in Grönland 10° über den Polarkreis hinaus oder bis zu diesem. Im nordischen Florenreich sind die Convallarien, Allium-Arten, in Europa und Afrika dazu der Reichtum der Hyacintheen und Scil - leen entwickelt. Fast überall in den Tropen finden sich Smilax-Arten; über die den sommerdürren Klimaten der beiden subtropischen Ländergruppen angepassten Gruppen wird noch besonders die Rede sein. Während die süd - amerikanische Westküste ihre eigenen Gattungen hat, leben etwa 15 Arten aus gewöhnlicheren Gruppen auch in Argentinien (Allium, Herreria, Smilax etc.); ein reicher Liliaceenflor ist zusammen mit anderen Zwiebelgewächsen im südafrikanischen Florenreich entwickelt.
Die Systematik der Liliaceen ist schwierig, ihre grossen Züge sind zudem nicht für geographische Zwecke zu verwerten, weil eine Harmonie zwischen Verwandtschaft und Heimat erst in den kleineren Gruppen, in den Tribus oder deren Gattungen, klar zu Tage tritt. Es mag daher hier nur erwähnt werden, dass ich die Liliaceen hier in dem weiten Sinne der unter dem Ordnungsnamen angeführten Litteratur verstehe, nach welcher also die Asphodelinen mit Asphodelus, Hemerocallis, Aloë, die australischen Xanthorrhöen und ihre Verwandten, ferner Allium, die Tulipa - und Scilla-Tribus, dann die beerentragenden, als Asparageen oder Smilacineen sonst unter eigenem Ordnungsnamen zusammengefassten Gattungen, die Drachenbäume (Tribus der Dracaena und Yucca), endlich auch noch die sonst als Colchicaceen von den echten Liliaceen getrennt gehaltenen Tribus von Colchicum, Veratrum, Uvularia und Tofieldia alle unter dieser einen grossen Ordnung zusammengefasst werden. Sie bildet bei Engler danach nicht weniger als 31 Tribus, und einige derselben sollen nun im folgenden wegen ihrer charakteri - stischen Verbreitung näher geschildert werden.
Die Xanthorrhöengruppe Australiens. — Auch in der Liliaceenordnung besitzt Australien einige Absonderlichkeiten, welche wert sind, hervorgehoben zu werden. Schon die krautartige Tribus der Johnsonieen ist mit 7 Gattungen dort endemisch. Viel merkwürdiger sind die baumartigen Xanthorrhöen. Ihr Habitus ist als Vegetationsform unter eigenem Namen von Grise - bach schön geschildert; der Name der englischen Ko - lonisten „ Grass-trees “oder „ Black-boys “zeigt genugsam208Die Xanthorrhöen in Australien.an, dass sie dem Ansiedler auffällig sind und einen her - vorragenden Zug in gewissen Teilen der australischen Landschaft ausmachen. Ein monokotyler, kurzer und dicker Stamm nach Art dicker Dracänen, einfach oder in wenige gleiche Aeste gegabelt, mit einer dicken Ro - sette langer Grasblätter auf der Stamm - oder Astspitze, aus der die Blütenstiele mit reicher Blütenähre oder mit dickem kugligen Blütenkopf sich in Ein - oder Mehrzahl erheben: das ist das Wesentliche. Die Stammhöhe bleibt bei den meisten Arten gering (unter 1 m), geht nur selten auf 2 — 5 m hinauf (bei der am Swan River gemeinen Xanthorrhoea Preissii), und soll bei Kingia australis das Maximum von 7 — 9 m erreichen; die Blätter haben da - gegen oft die Länge von 1 m bei nur 2 — 4 mm Breite, sind dabei starr und mit scharfen Rändern versehen, mit seidenhaarigen Ueberbleibseln nach ihrem Abfall von den unteren Ringen des Stammes. Nur Dasylirion im mexi - kanischen Gebiet hat ähnliche Blätter! — Mit Ausnahme einer Art, Xerotes Banksii, welche Australien und Neu - kaledonien gemeinsam ist, sind alle hierher gehörigen Pflanzen auf Australien und Tasmanien beschränkt, scheinen auch dem Nordwesten des Kontinents vom Gascoyne River an bis zum Gebiet des Roper River in Nordaustralien gänzlich zu fehlen, sind auch wohl stellenweise in den Wüsten des Innern selten, sonst aber in dem ganzen Areal vom Carpentaria-Golf und Kap York an der Ost -, Süd - und Südwestküste zahlreich an Arten und Pflanzen entwickelt, am formenreichsten und häufigsten in dem westaustralischen Gebiete vom King George Sunde bis zum Swan River, in weniger besonderen Arten in Neu - südwales und benachbartem Gebiet.
Die Gruppe zerfällt in 2 Tribus: 1. Die Xerotideen (oder Lomandreen) bestehen aus 4 Gattungen, darunter Xanthorrhoea selbst. Diese zählt 11 Arten; keine hat eine Fundstelle in Nord - australien, aber 5 sind auf Fundstellen an der Ostküste von Rock - hampton bis Port Jackson und den Blue Mts. beschränkt, während eine 6. ebendort und zugleich in Victoria und Tasmanien vor - kommt; die beiden letzteren Gebiete haben eine andere Art auf sich beschränkt; Südaustralien hat 2 Arten endemisch; Südwest - australien besitzt in der zwischen Albany und Perth gelegenen Ecke 2 andere Arten (X. gracilis und Preissii) endemisch. Die209Andere Liliaceen-Gruppen.Gattung Dasypogon mit 2 Arten ist ebenfalls nur dort gefunden, ebenso noch 2 andere Gattungen.
Xerotes ist die grösste Gattung dieser Gruppe mit 29 Arten, von denen einige die Inseln der Nordküste und zahlreiche Stand - orte der tropischen und extratropischen Ostküste allein bewohnen, viele sich bis zur Südküste verbreiten, und andere in der West - ecke des Kontinents allein vorkommen.
2. Die Calectasien umfassen 3 Gattungen mit nur je einer Art, die wiederum alle im südwestlichen Gebiete einheimisch sind und von denen nur Calectasia cyanea über die Südküste bis zu den Grampian Mts. in Victoria sich verbreitet hat; Kingia australis am Swan River und King Georges Sund charakterisiert mit den Verwandten Lomandra und Dasypogon aus der ersten Tribus das Landschaftsbild. — Es ist also auch diese Gruppe zugleich sehr geeignet, ein kleines Beispiel für die endemischen Charakterzüge in der australischen Flora zu bieten.
Die australen Luzuriageen. Diese Gruppe gehört zu den beerentragenden und ist den Smilaceen verwandt; ihre Gattungen sind meist kletternd, strauchförmig, zu - weilen sogar epiphytisch wachsend; ihr Habitus ist von einer herrlichen Kalthauspflanze unserer Gartenkultur: Lapageria rosea, ziemlich bekannt. Die ganze Gruppe besteht aus nur 6 oder 7 Gattungen, von denen die meisten wiederum nur je 1 Art enthalten; 3 Gattungen finden sich an der südamerikanischen Westküste von Peru bis zur Magellanstrasse, 2 andere sind im östlichen Australien endemisch, 1 Gattung im östlichen Südafrika. Eine neukaledonisch-pazifische Gattung ist noch nahe verwandt; Luzuriaga selbst aber, die zu den südamerika - nischen Gattungen gerechnet war, hat eine von Patagonien und dem Feuerlande bis zu den Falklandsinseln und nach Neuseeland verbreitete Art (Luzuriaga marginata). Da diese Tribus sonst nirgends vorkommt, so gehört sie zu den wenigen erlesenen Systemgruppen, in denen sich eine gleichmäßige Florenentwickelung der australen Gebiete: Chile-Feuerland, Neuseeland, Ostaustralien, Südafrika, ausspricht, und sie entspricht darin also den Proteaceen.
Allium und Gilliesia. Während die Lauchgattung Allium mit 270 Arten, von denen eine Hauptmasse in Turkestan und Westasien, Süd - und Mitteleuropa steckt, weite Verbreitung besitzt (Nord - und Südamerika, Nord - afrika bis Abessinien; — fehlt in Australien gänzlich!),Drude, Pflanzengeographie. 14210Liliaceen: Dracaena, Aloë.auch noch mehrere verwandte Gattungen diese Heimat teilen und Mexiko oder Chile hinzufügen, so hat die kleine, nach Gilliesia benannte, 7 Gattungen mit nur 10 Arten zählende Gruppe eine sehr beengte Heimat an der West - küste Südamerikas in Chile, 1 Art noch um Lima. Sie gleichen den Allien sehr stark im Gesamtaussehen, haben aber so abweichend-unregelmäßige Blüten, dass eine be - sondere Familie auf sie begründet worden war: derartig abweichende Formen pflegen häufig ein enges Areal zu besitzen.
Die Drachenbaumgruppe. Dieselbe ist von den kaltgemäßigten Gebieten ausgeschlossen. Zunächst stellt Yucca eine circa 20 Arten zählende, berühmte Gattung der südlichen Union und Mexikos dar, ihr folgen Nolina (oder Beaucarnea) und Dasylirion mit je 10 Arten im gleichen Gebiet, niedrige Bäume mit dickem Stamm, an Wuchs den australischen Grasbäumen vergleichbar. Die echten Drachenbäume, aus den Gattungen Cordyline und Dracaena bestehend, sind mit gegen 50 Arten in den wärmeren Ländern der Alten Welt zerstreut: Dracaena Draco, bis 18 m hoch, auf den Canaren; ähnliche Arten in Ostafrika, andere im tropischen Afrika, auf den Mas - karenen, im Himalaya, in Ostaustralien und auf Neusee - land; nur 1 Cordyline-Art wird aus Amerika angegeben. Zu erwähnen ist noch als weitere verwandte Gattung Astelia, welche sich in ihrer subtropisch-australen Ver - breitung zwischen Australiens Alpen, Neuseeland und der südamerikanischen Westküste wiederum den obengenannten Luzuriageen anschliesst.
Aloëen. Die durch ihre dickfleischigen Blätter aus - gezeichnete Aloëgruppe, aus nur 5 Gattungen mit vielen Arten bestehend, ist ein richtig-afrikanischer, hauptsäch - lich südafrikanischer Typus. Aloë selbst mit 85 Arten durchdringt vom Kaplande aus die trockenen Berg - und Savanenländer Afrikas bis Abessinien, geht mit einer Art (Aloë vera) sogar bis weit in das Mediterrangebiet hinein, und findet sich auf den malagassischen Inseln bis Rodriguez. Drei andere Gattungen mit zusammen über 100 Arten sind auf das Kapland fast beschränkt; die211Ableitungen aus den Liliaceen-Arealen.letzte (Lomatophyllum) mit Holzstamm und breiten Fleisch - blättern bewohnt Mauritius und Bourbon.
Die borealen Liliaceentribus. Eine Reihe von Gruppen zeigt gegenüber den eben in ihrer Verbreitung gezeichneten eine Beschränkung auf die kalten oder montan-subtropischen Gebiete der nördlichen Zone; ihre Arten bewohnen Nordamerika, Ostasien und den Hima - laya, Sibirien und Europa, manche bevölkern auch die centralasiatischen Steppengebiete. Zu den Waldgebiets - genossen gehören vornehmlich die Convallarieen, die Mai - blumen nebst Polygonatum, Majanthemum, Streptopus etc. umfassend, von welcher nur eine Gattung südwärts die Sundainseln erreicht, ferner die Paris-Gruppe mit Trillium in Ostasien und Nordamerika.
Die Verbreitung der Liliaceen zeigt daher folgende Züge: Ueber die ganze Erde verbreitet liegt in ihrem Auftreten zunächst durchaus nicht so viel Charakteristi - sches, als es Palmen, Protaceen etc. hervorrufen. Ja es gibt einzelne Tribus und Gattungen, welche ebenfalls ein ungeheuer weites Areal bewohnen. Die meisten Tribus aber fallen vorwiegend auf ein bestimmtes Areal, und dieses ist entweder an einen einzelnen Kontinent gebun - den (Aloë, Xantorrhoea), oder aber es deutet die be - kannten, in der Florenreichsabscheidung benutzten Wander - linien und Verwandtschaftszüge an (Luzuriageen, Astelia; — Convallaria, Paris). Endlich sind gewisse Gruppen von sehr enger Verbreitung wiederum in dem grossen gemeinsamen Ordnungsareal ausgesondert, wie z. B. die Gilliesiagruppe.
Schlussbetrachtung über die „ geographische Botanik “. Der Umfang der hier nur an sieben, aller - dings formenreichen und mit Absicht so ausgewählten Ordnungen hinsichtlich ihres Areals und der sich in ihm bildenden Verwandtschaftsgruppen gemachten Ausein - andersetzungen lässt den weiten Umfang dessen ahnen, was man gewöhnlich unter „ geographischer Botanik “versteht. Ist auch dieser Gegenstand in höherem Grade geeignet, das Interesse von Pflanzenkennern herauszu - fordern als das der Geographen, so ist doch zu bedenken,212Vergleichende Gesichtspunktedass die Pflanzengeographie eine wissenschaftliche Einheit darstellt, welche mannigfache Berührungspunkte in sich vereinigt. Die Richtigkeit des von Humboldt angeführten Ausspruches als Motto dieses Abschnittes wird dadurch bewiesen sein. Hier müssen die sieben Proben von Ord - nungsarealen genügen, um einen Begriff von der geo - graphischen Sonderung im einzelnen zu geben; die Re - sultate der Gesamtstudien auf diesem Felde legt die Pflanzengeographie in die Unterscheidung ihrer Floren - reiche. Einige kürzere Arealbetrachtungen wird im An - schluss an die Vegetationsformationen noch der nächste Abschnitt bringen; im übrigen ist auf solche Werke zu verweisen, welche wie Engler-Prantls „ Natürliche Pflanzen - familien “die Areale der Ordnungen und Gattungen unter den systematischen Merkmalen angeben und zugleich ein anschauliches Bild der Erscheinungsformen darbieten.
Was für allgemeine Lehren lassen sich nun endlich noch aus dem Vergleich der besprochenen sieben Ord - nungsareale ziehen? Zunächst ist die starke Verschieden - artigkeit derselben, welche allerdings mit Absicht ge - zeigt werden sollte, am meisten in die Augen springend. Bestimmte Länder werden bevorzugt, andere gemieden; ist eine Ordnung im ganzen gleichmäßiger, so erscheint die ungleichmäßige Verteilung in deren Unterordnungen oder Tribus; wenn nicht in diesen allen, so doch um so mehr in einzelnen. Diese Absonderung ist nicht von jeher so gewesen, sondern sie hat sich geologisch ent - wickelt; denn die paläontologischen — oft nur leider zur scharfen Systembestimmung nicht genügend gut erhal - tenen — Nachweise zeigen ein anderes Bild. Aus im geologischen Sinne sehr alten Ordnungen, wie die Nadel - hölzer sind, lassen sich daher die zerstreuten Vorkomm - nisse einzelner Gattungen an weit entlegenen Stellen der Erde sehr wohl verstehen; dieselben auf Wanderungen in der jüngsten Erdperiode zurückzuführen, würde ein müssiger Versuch voll gewagter Hypothesen an Stelle einer Vertrauen erweckenden Erklärung sein.
Die Absonderungen haben sich an den besprochenen Arealen ungefähr so bewahrheitet, wie es nach dem oben213der geographischen Botanik.(S. 150) über die Florenreiche Gesagten zu fordern war. Zugleich aber treten Verschiedenheiten hervor, welche verstehen lassen, dass die Florenreichsabsonderungen keine vollendeten sind. Je nachdem man diese oder jene Systemareale hauptsächlich berücksichtigt, gelangt man zu etwas verschiedenen Bildern; man vergleiche in dieser Beziehung unter den tropischen Ordnungen die Palmen mit den Myrtaceen, ebenso die Coniferen mit den Erica - ceen. Die Ericaceen zeigen z. B. einen verwandtschaft - lichen Zug in der ganzen Andenkette vom Kap Horn bis Mexiko, dann erst werden sie nordwärts durch neue Gruppen abgelöst. Die antarktisch-amerikanischen Coni - feren sind bis auf Libocedrus ganz andere als die mexi - kanischen, diesmal der borealen Gattungsgruppe zuge - hörigen Formen.
Der zusammenhängende Zug gleichartiger Areale von Europa, dem kalten und warm-gemäßigten Asien und Nordamerika hat im vorhergehenden viele deutliche Be - lege gefunden; aber auch die Gleichartigkeit in den süd - lichen Florenreichen, nur mit leichterem Maß gemessen. Denn immer Verwandtes, höchst selten etwas Gleiches, zeigt sich am Kap, im extratropischen Australien, Neu - seeland und Südamerika, und im letzteren Kontinent immer nur auf der pazifischen Seite, was übrigens in der geologischen Landesgeschichte des südlichen Argen - tiniens seinen Grund hat. Und neben diesem gemeinsam Verwandten hat jeder südliche Kontinent selbst viel Eigenartiges für sich; am eigensinnigsten verhält sich in dieser Beziehung das australe Afrika gegenüber Australasien.
Von besonderem Interesse ist noch die Frage (s. S. 111), ob wohl auch die grossen Ordnungen eine bestimmt - erkennbare klimatische Verbreitungssphäre besitzen. Selbst von den Palmen kann man dies ja nicht ohne weiteres zugeben, wenn man die Standorte der mediterranen Zwergpalme mit denen der Amazonenstrom-Stachel - dickichte oder der andinen Wachspalme vergleicht. Fol - gendes aber scheint dennoch als richtig anzuerkennen zu sein: Irgend eine klimatische Hauptneigung scheint zu214Klimatische Sphäre von Ordnungen.den Charakteren der meisten Ordnungen, auch derer von weiter Verbreitung, zu gehören; dieselbe zeigt sich ge - wöhnlich in der massigen Entwickelung von verschiedenen Formen unter bestimmten, gleichartigen Klimaten. Aber bestimmte Zweige der Ordnung zeigen sich der klima - tischen Anpassung freier zugänglich und können die engere Sphäre bis zu weiten Grenzen überschreiten; diese Zweige zeigen dann bestimmte Schutzeinrichtungen in ihren Vegetationsorganen, z. B. Trockenschutz. — Ord - nungen von sehr weiter Verbreitung nicht nur von Nord zu Süd, sondern auch von tropischer Niederschlagsfülle zu sommerdürren Steppen zeigen dagegen entweder gleich - artige Schutzorganisationen gegenüber ungleichen Angriffen, wie z. B. das Ausdauern in Zwiebelform sowohl gegen den Winterfrost als gegen Sommerdürre gerichtet ist; oder sie zeigen überhaupt ein sehr ungleiches Verhalten der Vegetationsorgane, und bringen daher unter ungleichen Klimaten gewöhnlich verschiedene Sippen zur Entwicke - lung, wie von den Liliaceen die Dracänen gegenüber der Lapageria rosea, den Zwiebeln von Allium und dem Rhizomwuchs von Convallaria, Paris etc. zeigen.
Solche vergleichende Gesichtspunkte erheben die „ geographische Botanik “über die einfache Aufzählung von Thatsachen hinaus, regen zu einer Verwertung des riesigen Stoffes an und bedingen die Erforschung der Kausalität, welche unser letztes Endziel bleiben soll.
Die Ziele pflanzenphysiognomischer Gruppenbildungen. Der Wert physiognomischer Grundformen. Die Vegetationsformen müssen biologisch gewählt, und die Physiognomik muss in die Formationen gelegt werden. Die für die Vegetationsformationen zur Verfügung stehenden Hauptcharaktere: a) die Grade der Häu - figkeit; b) die biologischen Wachstumsformen; c) die klimati - schen Anforderungen; d) die Anforderungen an Wasserverteilung im Boden und an den stofflichen Bodencharakter; e) ernährungs - physiologische Eigenheiten und Anpassungseigentümlichkeiten an die Aussenwelt. — Einteilung der Vegetationsformationen: Die Wald - formationen; I. tropische Regenwälder; II. tropische Littoralwälder; III. tropische regengrüne Wälder; IV. subtropische Wälder mit immergrünen Laubbäumen; V. winterkalte Wälder mit periodischen Laub - und immergrünen Nadelhölzern. — Die Gebüsch - und Ge - sträuchformationen. — Die Grasflur - und Staudenformationen: Wiesen, Wiesenmoore, Grassteppen, Savanen, Hochstauden, Matten und Triften. — Die Moos - und Flechtenformationen. — Die For - mationen der Binnengewässer, der Ozeane. — Die unzusammen - hängenden Bestände: Glacial - und Steppenformationen, Felsbestände; Halophyten.
Die Ziele pflanzenphysiognomischer Gruppenbil - dungen. Das Bedürfnis, die reiche Gliederung der Pflanzen -216Die Vegetationsformationen.welt, wie sie jedem Wanderer um so mehr entgegentritt, je mehr verschiedenartige Länder er in der Höhe der Vegetationszeiten betrat, nach geographischen Gesichts - punkten zu ordnen und in dieser Weise der Vielgestaltig - keit der Formen Herr zu werden, ist ein sehr zwingendes, und es ist als dritter Leitgedanke (C.) oben auf Seite 2 für die Pflanzengeographie genannt. Wissenschaftlich gipfelt derselbe jetzt in der Lehre von den Vegeta - tionsformationen; diese verlieren ihre geographische Allgemeinheit bezüglich der natürlichen Begriffe von Wald, Wiese, Moor, Steppe, Gebüsch oder Wüste durch Hinzuthun der biologischen und botanisch-systematischen Verwandtschaft. Geschieht dies in richtiger Weise, so führt diese Betrachtung in richtigem Verfolg zur Ab - grenzung von Florenbezirken, in welchen die einzelnen Grundglieder der Florenreiche enthalten sind; letz - tere aber enthalten allein das abschliessende Bild für die geographische Gliederung der Pflanzenwelt, und so sagen wir mit Supan1)Physische Erdkunde (1884) S. 389.: „ Die Resultate dieser Arbeit bieten das höchste geographische Interesse, indem sie das Gemälde von der Erdoberfläche als etwas allmählich Gewordenem und in beständiger Umbildung Begriffenem vervollständigen. “
Seit Humboldts berühmten Arbeiten in der physi - schen Geographie hat sich aber das Bedürfnis, geographisch wichtige Pflanzengruppen zu bilden, welche zunächst vom Lehrsystem der botanischen Systematik ganz unabhängig sein sollten (vergl. oben S. 10 und 11), noch in einer anderen Weise Bahn gebrochen, welche nun, nachdem die entwickelungsgeschichtliche Auffassung der Pflanzen - geographie als Grundlage dieser Wissenschaft anerkannt ist, nicht länger gleich einem eigenen und kräftigen Zweige von ihr aufrecht erhalten werden kann, trotzdem viele bedeutende Männer und hochgeachtete geographische Schriftsteller, unter ihnen auch Grisebach, sich Mühe gegeben haben, diese besondere Richtung als „ Pflanzen - physiognomik “zu vervollkommnen und ihr eine festere Basis zu verleihen.
217Humboldts physiognomische Grundformen.Der Wert physiognomischer Grundformen. Der Grundgedanke dieser von Humboldt in das Leben ge - rufenen physiognomischen Anschauung, an welcher die übrigen älteren Begründer der rationellen Pflanzengeo - graphie wie R. Brown und P. de Candolle niemals mit ihrer eigenen Erfindungsgabe Anteil genommen haben, ist etwa so zu bezeichnen: Aus der Vielheit der Pflanzen - formen in jedem Lande heben sich für den geographisch - vergleichenden Blick stets gewisse als durch die Masse herrschend oder als besonders in die Augen fallend heraus, während viele andere, so verschiedenen Ordnungen des Systems sie auch angehören mögen, einerseits kaum auf - fallen, andererseits aber für geographische Betrachtungs - weise als gleichartig gelten können.
Um zu dem letzteren sogleich ein Beispiel zu geben, so ist es vom landschaftlichen Standpunkte für einen Reisenden, der in Spitzbergen die weissen und gelben Blumen der Ranunculus neben denen der Saxifraga und Potentilla, sowie der Draba beobachtet, ziemlich gleich - gültig, dass dieselben zu ebenso vielen Ordnungen der Ranunculaceen, Saxifragaceen, Rosaceen und Cruciferen gehören; es lassen sich diese Pflanzen etwa als eine ge - mischte Staudendecke von Glacialpflanzen zusammenfassen und diese neue Einheit lässt sich vergleichen vielleicht mit Moosteppichen, Rasen von Renntierflechte u. a., die, wenn auch nur aus einer Art oder aus gleichartigen Spezies gebildet, doch in der Bodenbedeckung einen selb - ständigen Rang neben ersteren einnehmen. Dieser erste Teil der Betrachtungsweise ist ebenso richtig wie unent - behrlich, da die Charaktere der die Florenbezirke zu - sammensetzenden Einzelstücke hieraus hervorgehen. Denn die Rolle, welche ein Gewächs in der Bildung der Vege - tationsdecke der Erde spielt, hängt einfach von seiner Häufigkeit und eigenen Grösse ab; während die geselligen oder über anderen dominierenden Pflanzen für sich auf - fallen, wirken andere ebenso oft nur durch ihre Ver - brüderung mit gleichartigen, ebenso zerstreut und ver - einzelt wachsenden Spezies anderer Verwandtschaft.
Nun hat aber weiter die von Humboldt begonnene218Unnatürlichkeit eines eigenenphysiognomische Betrachtungsweise ihr Augenmerk auf besonders in die Augen fallende Pflanzenformen als Typen eines eigenen Systems gerichtet, hat versucht, mit diesem physiognomischen Klassensystem den Charakter einer Gegend in kurzer Schilderung zu zeichnen, und sie hat sich in dieser physiognomischen Einteilung vom ver - wandtschaftlich-morphologischen Pflanzensystem zu be - freien gesucht. Hierin liegt eine Unnatürlichkeit.
Die Gleichheit landschaftlicher Erscheinungsweise ist auch den natürlichsten Familien fremd. Humboldt führt unter seinen 15 pflanzenphysiognomischen Charak - terformen (vergl. Fl. d. E., S. 11) beispielsweise auch die Palmen an und wird sich dabei gewiss der Zustim - mung vieler Reisenden in den Tropen erfreuen; sähe man aber im amerikanischen Urwalde eine stammlose Geonoma mit langen ungeteilten Blättern neben einem indischen Calamus mit hundert Fuss langem, an Bäumen emporkletternden Stamm, ein dichtes Gebüsch von durch ihre Stacheln furchtbaren, aus der Wurzel sprossenden Bactris neben dem säulengleichen Stamme eines hoch in die Berglüfte ragenden Ceroxylon, die kurzstruppigen Chamaerops in den südspanischen Ebenen neben den dicken Sagopalmen (Metroxylon) mit riesigen Wedeln, so würde man sich fragen, mit welchem Rechte dies eine land - schaftliche Einheit genannt werden dürfe? Die Verwandt - schaft ist zwar da, die botanische Systematik gibt sie an und lehrt die Gründe dafür; aber eine physiognomische Einheit ist nicht da, und jeder Palmenart kommt eine eigene Rolle in der Teilhaberschaft an der Vegetationsdecke der Tropen zu. — Dasselbe lässt sich sagen von einer grossen Fülle anderer monokotyler Charakterformen, deren jede sozusagen einen Typus für sich bildet, von den Bananen, Heliconien und Strelitzien im Vergleich mit der Ravenala von Madagaskar, den Agaven, Yucca - und Dasylirion-Arten, den Xanthorrhöen und Kingien Austra - liens im Vergleich mit den Pandanusarten der Tropen der Alten Welt, u. s. w.
Von allen diesen ist die Physiognomie ihrer Form so eigenartig, dass nur mit dem grössten Zwange ein219physiognomischen Systems.landschaftlicher Vergleich mit den anderen, sogenann - ten physiognomischen Hauptformen möglich ist, und welchen Formen sollen wir den Rang eines besonderen Typus zuerkennen?
Man sieht ganz leicht ein, dass beim weiteren Verfolg dieses Prinzipes sozusagen ein neues Pflanzensystem entsteht, welches sich von dem auf Verwandtschaft begründeten System der botanischen Familien nur durch stete Vernachlässigung der von der Blüte her - geleiteten Merkmale unterscheidet. Ist auch diese Vernachlässi - gung für die pflanzengeographischen Zwecke durchaus angebracht, so liegt doch darin noch keine Notwendigkeit, ein eigenes System von „ Formen “aufzustellen.
Grisebach hat daher, um den Mängeln von Humboldts etwas zu sparsam bemessenen physiognomischen Klassen - formen abzuhelfen, deren Zahl ausserordentlich vermehrt. Aber der weitere Ausbau eines in seiner Grundlage schwachen Systems kann nur dazu dienen, diese Schwäche zu offenbaren. Dafür ein Beispiel: Die Bäume unserer centraleuropäischen Wälder gliedern sich nach Grisebachs physiognomischer Einteilung in die der Buchenform mit breitem Laub, die der Weidenform mit schmalem Laub, und die der Esche mit Fiederblättern. Es ist aber klar, dass Ahorn und Eiche ein Recht hätten, als besondere Formen neben der Buche zu stehen, und Aesculus und Robinia wollen sich den Eschenformen nicht fügen. Was kommt heraus? Hier ist das Gemeinsame nur, dass dieses alles Bäume mit abfälligem Laube sind, und das bedeutet eine biologische Einheit mit bestimmten klimatischen Forderungen, dargestellt von im System verschiedenartig gestellten Gewächsen; aber in der besonderen Form hat jede Baumart ihr eigenes Recht.
Das Wesen der Gesamtform hat das natürliche Pflanzensystem auch für seine Zwecke benutzt und gibt darüber genaue Rechenschaft; die Pflanzengeographie kann daher zunächst nichts weiter thun, als die systema - tischen Gruppen fertig gebildet und wissenschaftlich be - gründet zu übernehmen, deren biologische Eigenschaften in Hinsicht auf Wuchsform und Alter zu vergleichen, und dann diejenigen Pflanzen-Ordnungen, Gattungen, Arten in ihrer Verbreitung durch die verschiedenen Länder zu220Biologische Grundlage der Vegetationsform.betrachten, welche in irgend welcher Weise für die Zu - sammensetzung der Vegetationsdecke eine hervorragende Rolle spielen.
Vegetationsformen auf biologischer Grundlage. Aus dem Gesagten geht hervor, dass, wie überhaupt der morphologische und der physiologische Gesichtspunkt sich in der organischen Naturwissenschaft durchdringen und in die Betrachtungen teilen, dass so auch hier in der Schilderung von „ Flora “und „ Vegetation “nur das morphologische Pflanzensystem einerseits und die biolo - gische Gruppenbildung andererseits ein Recht auf gegen - seitige Ergänzung haben; alles neu Hinzukommende ist erfunden und nicht natürlich begründet. Das, was wir in der Pflanzendecke an verschiedenen Stellen der Erde Charakteristisches bemerken, liegt entweder im Auftreten bestimmter Pflanzenarten, oder aber — und dies letztere ist allgemeiner auffällig — in der Annahme bestimmter Lebensweise unter dem Einfluss bestimmter geographischer Lage und Topographie des Bodens, und im Vorherrschen bestimmter, am günstigsten wirkender Lebeformen. Die oben (S. 62 — 70) genannten biologischen Vegetations - klassen bilden daher neben dem System die zweite Grund - lage zu einer wissenschaftlichen Pflanzengeographie; sie können Ordnungen des morphologisch-verwandtschaft - lichen Systems zerschneiden, indem sie z. B. die grana - dinische Chamaerops den sonnigen Gräsern und Steppen - sträuchern, die schlingenden Calamus dagegen den diko - tyledonen Lianen der Tropenwälder, die Mauritia als Waldbäume mit langsam sich erneuernder Blattkrone anderen Schopf bäumen, die nordischen Picea und Larix dagegen den frostharten und in ähnlicher Weise periodisch beanlagten nordischen dikotyledonen Laubhölzern beige - sellen und von systematisch Verwandtem trennen. Wenn es möglich ist, für natürliche Ordnungen auch zugleich einen oder mehrere Grundzüge einheitlicher Biologie von geographisch hoher Bedeutung aufzufinden, so liegt darin allein die Möglichkeit eines innigeren Anschlusses von dem Einteilungsbilde der „ Flora “an das der „ Vegetation “. 221Physiognomische Grundlage der Formation.Denn die Zusammenfassung der biologischen Formen er - gibt das oben (S. 83 und folgende) besprochene Bild der Vegetationszonen, für welche im folgenden die genaueren Einzelheiten mitgeteilt werden.
Vegetationsformationen auf physiognomischer Grundlage. In dem Moment der Geselligkeit und des verschiedenartigen Anschlusses zu Beständen kommt nun erklärend ein landschaftlicher, in sich selbst natürlich begründeter und wesentlich geographischer Gesichtspunkt zu den vorher genannten hinzu, und dieser bildet die Grundlage der Vegetationsformationen. Sie sind daher die Säule der Physiognomik, unendlich mannig - faltig durch die Mischungen systematischer und biologi - scher Typen in ihnen, unendlich wechselnd mit wechseln - dem Klima, Boden und Bewässerung, und unter Be - nutzung des genannten Momentes der Geselligkeit eines eigenen Systems fähig. Jede biologische Vegeta - tionsform ist in geselligem Anschluss einer be - sonderen Formationsbildung fähig; Wälder sind gesellige Baumbestände, Triften sind gesellige perennie - rende, in keiner Jahreszeit von der Erdoberfläche schwin - dende Krautbestände auf trockner, Moore solche auf sumpfiger Unterlage etc. Aber die wenigsten Bestände sind rein und ungemischt; die meisten bieten anderen biologischen Formen neue Plätze und erhalten durch sie neue Charaktere, wie die Tropenwälder durch Lianen und Epiphyten, die heimischen Wälder durch den sich hier vor der Belaubungszeit entfaltenden Blumenteppich von Stauden. Und indem nun die geselligen Arten als Träger gleicher Vegetationsformen von Land zu Land wechseln, die Schwarzwald-Tannen durch die sibirische, durch die kanadische Balsamtanne ersetzt, die Borassus - Bestände Afrikas und Indiens durch Mauritia-Bestände am Amazonas vertreten werden im ungefähren Gleichsinn landschaftlicher Erscheinung, so treten die speziell-flori - stischen Merkmale auch in diese Formationsunterschei - dungen ein und es potenziert sich die Mannigfaltigkeit.
Es mag daher kurz wiederholt werden: Die Flora222Grundlage der Pflanzenphysiognomik.eines Landes wird erkannt nach dem Systemcha - rakter, die Vegetation nach den biologischen Merkmalen seiner Bürger; die Geselligkeit be - stimmter Arten mit bestimmten biologischen Er - scheinungen ist maßgebend für die Landesphy - siognomie und findet ihren wissenschaftlichen Ausdruck in den Formationen. Die Geselligkeit, welche für die Bedeckung der Erdoberfläche und seichten Küsten mit dichtem oder lockerem Pflanzenteppich sorgt, ist, insoweit natürliche Einflüsse ihr zu Grunde liegen (besonders in Beeinflussung der biologischen Eigenschaften durch Klima und Bewässerung), ein Vergleichsmoment der Landschaften, welches die sonst parallel laufende Tiergeographie nicht in dieser Weise kennt und welches der Pflanzengeographie eine ungemein tiefer dringende geographische Bedeutung sichert. So allein ist es mög - lich, dass Landschaftsbilder so leicht ihren Ursprung durch Ueberblicke über die Vegetation ungefähr beurteilen lassen, obgleich kaum eine einzige Pflanzenart deutlich „ zum Bestimmen “hervortritt.
Die für die Formationen zur Verfügung stehen - den Hauptcharaktere. Die Wichtigkeit dessen, was für die Pflanzengeographie die Lehre von den Vegetations - formationen zu bedeuten hat, und die Begründung des in ihnen liegenden eigenen Einteilungsprinzipes wird sich aus dem Vorhergehenden ergeben haben; es handelt sich jetzt darum, zu prüfen, welche Charaktere botanischer und geographischer Art sich benutzen lassen, um den Pflanzenteppich der Erde nach Formationen wissenschaft - lich zu gliedern, und welchen Rang diese Charaktere etwa in gegenseitiger Abschätzung ihres Wertes ein - nehmen. Fünf Hauptpunkte, welche als Maßstab an jede einzelne Pflanzenart hinsichtlich deren Bedeutung für die Vegetationsformationen angelegt werden können, ergeben sich hier, nämlich a) der Grad der Häufigkeit, in welchem sie auftritt; b) die Wachstumsform, unter welcher sie im Anschluss an die Jahresperiode im erwachsenen Zustande sich zeigt, und welche zugleich ihr Aussehen im Land -223Häufigkeitsgrade der Pflanzenarten.schaftsbilde bestimmt; c) die klimatische Sphäre, inner - halb welcher sie ihren Vegetationscyklus zu vollziehen gezwungen ist und deren Grenze zugleich ihr Aufhören im Formationsbilde im Gefolge hat; d) die Standorts - verhältnisse, welche durch Wasserverteilung, Bodenwir - kung, Belichtung oder Beschattung zu ihren eigenartigen Forderungen gehören; e) besondere Eigentümlichkeiten in der Ernährung oder Fortpflanzung, welche die be - treffende Pflanze in notwendigen Zusammenhang mit anderen pflanzlichen oder tierischen Organismen bringen. Hierzu noch einige Erläuterungen.
a) Die Grade der Häufigkeit. Den höchsten Grad der Häufigkeit erreichen die geselligen Pflanzen (plantae sociales, abgekürzt in Formationsskizzen soc. ), von denen eine einzige Pflanzenart für sich allein eine ganze Formation zu bilden im stande ist. Kommt dies auch höchst selten vor — denn selbst im dürren Kiefern - wald ist wenigstens der Boden noch mit anderen Pflanzen bedeckt und die Pilze fehlen nie, sind oft für einen Wald physiologisch notwendige Begleiter — so ragen doch oft einzelne Arten so über die anderen hervor, dass sie un - bedingt in erste Linie zu stellen sind. Oder aber mehrere, unter sich ziemlich gleichmäßig gemischte Arten bilden zusammen einen geschlossenen Bestand, wie die Eiche mit Kiefer und Birke zusammen, und es werden alsdann diese mehreren Arten als „ unter sich sozial “zusammen - gefasst. — In dem Bestande gewisser Hauptarten be - setzen häufig andere, diesem fremde Arten kleine Partien des Bodens selbständig allein, aber niemals in zusammen - hängenden Strecken; die von mir angewendete, ursprüng - lich Grisebach entlehnte Bezeichnungsweise nennt diese Arten herden - oder truppweise angeschlossen (plantae gregariae, abgekürzt gr. ), wie z. B. grosse Staudengruppen hie und da in einer sonst von fast reiner Grasnarbe ge - bildeten Bergwiese. — Nun folgen die nicht zusammen - hängend eigene Strecken bedeckenden, sondern überall und zahlreich in vereinzelten Exemplaren zwischen die geselligen oder truppweise angeordneten Arten beige - mischten Formationsglieder (plantae copiose intermixtae,224Gleichförmige und ungleichförmige Formationen.abgekürzt cop. ), wobei es sich empfiehlt, die abnehmen - den Grade des häufigen Vorkommens in Beimischung mit cop. 3, cop. 2 und cop. 1 zu unterscheiden. — Nur vereinzelt und sehr dünn gesäete, in grossen Zwischenräumen hie und da eingestreute (nicht mehr „ beigemischte “) Arten (plantae sparsae oder p. sporadice intermixtae, abgekürzt sp.) führen zu den ganz seltenen Formationsgliedern über, welche als „ vereinzelt “(plantae solitariae, abgekürzt sol. ) bezeichnet werden.
Beispiele für die Anwendung dieser Signaturen zu kurzen Formationsskizzen siehe in Neumayers Anleitung zu wissenschaft - lichen Beobachtungen auf Reisen, 2. Ausg. Bd. II, S. 187. — Wie man sieht, hat der Begriff der „ Seltenheit “, die Bezeichnung als plantae rarae, in der Formationslehre keine Anwendung; solche Arten sind „ selten “in Bezug auf die Zahl der Standorte in einem abgerundeten Florenbezirk, können dabei aber an diesen wenigen Stellen ebensowohl gesellig auftreten wie vereinzelt.
b) Die biologischen Wachstumsformen. Hier - unter sind die oben (S. 62) kurz zusammengefassten, für das Landschaftsbild ungemein wichtigen Abteilungen der Holzgewächse, Kräuter, schwimmenden Wasserpflanzen u. s. w. zu verstehen, welche allerdings für ein genaues Vegetationsbild viel ausführlicher zu gliedern sind. Für die Formationslehre erwächst daraus noch das bedeutungs - volle Motiv für gleichförmig oder ungleichförmig zusammengesetzte Formationen. Erstere bestehen nämlich aus einer einheitlichen Klasse von Vegetationsformen, wenn auch aus verschiedenen Arten, wie es etwa ein gleichmäßiger, aus ca. einem halben Dutzend verschiede - ner Grasarten gebildeter Rasen zeigt. In den ungleich - förmigen Formationen mischen sich, oft in gegenseitiger oder noch häufiger in einseitiger Bedingtheit, verschiedene Klassen von Vegetationsformen miteinander, wie z. B. die deutschen Heiden vielfältig aus immergrünen und blatt - wechselnden Halbsträuchern mit einzelnen Stauden oder auch einjährigen rasch vergänglichen Kräutern, mit Flechten oder trocknen Moosen gemischt zu sein pflegen. Die Mischungsglieder nehmen dabei oft verschiedene Wachstumshöhen ein, so dass stets die herrschenden Pflanzenformen und Arten die weniger auffälligen be -225Klimatische Beschränkung der Formationen.schatten; in unseren Wäldern haben wir solche „ mehr - schichtige “Formationen sehr deutlich vor uns, wenn ein gleichmäßiger Dom hoher Bäume unter sich Gruppen von Sträuchern eingestreut enthält, unter welchen wiede - rum teils niedere Halbsträucher (Heidelbeeren), teils aus - dauernde Kräuter, und endlich am Boden selbst und diesen oft mit eigener Narbe streckenweise zudeckend die Moose auftreten. Mehrschichtige Formationen sind daher stets ungleichförmig zusammengesetzt.
c) Die klimatischen Anforderungen gehören in dem ganzen, oben (S. 32 und 36) besprochenen Um - fange hierher, aber übertragen von der Einzelpflanze auf die Formationsbestände. Es sind nämlich deren klima - tische Grenzen enger gezogen als die der einzelnen Arten, weil die einzelne Art noch, aus dem gewohnten Forma - tionsbestande heraustretend, schützende Standorte in neuem Verbande aufsuchen kann. So sehen wir nordische Stauden aus ihren in sonnigen Matten vergesellschafteten Be - ständen vereinzelt noch den tiefen Schatten feuchter Wälder südlicherer Breiten aufsuchen, wo der nordische Mattenbestand längst keine Heimat mehr hat. Um so wichtiger für die Pflanzengeographie sind die Beziehungen zwischen Klima und Formationsgrenzen, z. B. die Tempe - raturgrenzen der Epiphyten und der die tropischen Regen - wälder zusammensetzenden Formen von Schopf - und immergrünen Wipfelbäumen, die der immergrünen Nadel - wälder, der sommergrünen Laubwälder, die durch Regen - höhen oder Regenverteilung bedingten Grenzen der Xero - phyten-Formationen gegenüber den ständiger Bewässerung bedürfenden Grasmatten, blätterreichen Gebüschen etc. Dieselben gipfeln in der Abgrenzung der „ Vegetations - zonen “, siehe oben S. 69 — 93.
d) Die Anforderungen an Wasserverteilung im Boden und an den stofflichen Bodencharak - ter. Wie das Klima in grossen Zügen, so gliedert die Topographie mit ihrem Gefolge verschiedener Boden - klassen und Bewässerung im kleineren Maßstabe die Formationen, macht aber erst das richtige Bild derselben fertig. Wie vorhin lässt sich auch hier sagen, dass dieDrude, Pflanzengeographie. 15226Abhängigkeit vom Boden und Anpassungen.Formationen empfindlicher sind als die einzelnen Pflanzen - arten; in reich gegliedertem Gelände wird immer ein bunter Formationswechsel zu erwarten sein, aber trotz - dem können einzelne anpassungsfähige Arten von der einen Formation zur anderen übertreten. Der Boden kann noch unter ungünstigerem Klima einer bestimmten For - mation Vorschub leisten und deren geographisches Areal erweitern, wie z. B. arktische Formationen in der ge - mäßigt-warmen Ebene in Mooren, trockenheisse ebenda - selbst auf Kalkhügeln enden. Kleine Ungleichheiten können oft ausschlaggebend in diesem oder jenem Sinne wirken, und die einseitige Erschöpfung des Bodens muss dann endlich zu Formationswechseln führen.
e) Ernährungsphysiologische Eigenheiten und Anpassungseigentümlichkeiten an die Aussenwelt. Hierunter sind die für manche Forma - tionen schon jetzt nachgewiesenen, für andere noch ver - borgen ruhenden Wechselwirkungen zumal organischer Art zu verstehen, welche die Biologie in ihren Bereich zieht. Ob beispielsweise Regenwürmer in einer Boden - krume hausen oder nicht, ist für die in dieser wurzeln - den Gewächse der gesamten Formation von grosser Be - deutung; oder umgekehrt ist die Gegenwart der Regen - würmer an bestimmte Formationen gebunden. Die in den Tropen von Malesien und Amerika, ja selbst bei uns in jüngerer Zeit aufgedeckten Beziehungen zwischen Ameisen und einer ganzen Reihe durch sie begünstigter „ myrmekophiler “Pflanzen sind nicht nur für diese Arten an sich, sondern für deren ganze Bestände von Bedeutung. Die Veränderung, der die Formationen durch weidende Tiere unterliegen, ist sehr bekannt. Das Aufwerfen von Maulwurfshügeln inmitten einer Wiese führt zu fremd - artigen Besiedelungen in einem sonst einheitlichen For - mationsbilde. — Es wiederholt sich also hier für die Formation, was für die Begrenzung der Einzelarten im Abschnitt 3 (Seite 120 — 124) hervorgehoben war, aber eine Wechselwirkung im grösseren Sinne!
Die Beziehungen verschiedener Organismen zu einander als biologische Charaktere, welche sich im Formationsbilde zu er -227Organische Wechselbeziehungen in den Formationen.kennen geben, aufzufassen, geschieht weil die Ausbreitungsfähig - keit dieser oder jener Pflanzenart durch eine ausserhalb ihres Vermögens liegende Kraft alsdann gehoben, der Rang, welchen sie in der Formation einnimmt, dadurch gesteigert und ihr Aussehen verändert wird. Die ganze Insektenauswahl der Blumen zum Zwecke des Nahrungssammelns und mit dem Erfolge gesicherter Fremdbestäubung gehört insofern hierher. — Viel weniger bekannt sind noch die „ myrmekophilen Pflanzenarten “. Ein Beispiel aus der Wiener Flora liefert uns neuerdings dafür Wettstein von Jurinea mollis, einer mit grossen rotvioletten Blütenköpfen die Wiesen zierenden Composite: man findet die jungen noch nicht geöffneten Blütenköpfe stets von mehreren Individuen einer an Nektaraussonderungen der Hüllschuppen saugenden Ameisenart besetzt, und zwar lassen die Ameisen alsdann kein anderes Insekt an die Blütenköpfe heran. Sobald man sie künstlich ausschliesst, haben sonstige Feinde Zugang, so dass von 50 ameisenfrei gehal - tenen Blütenköpfen 17 angefressen, angestochen, teilweise zerstört gefunden wurden; die Ameisen selbst schaden dagegen der Jurinee gar nichts, üben also für diese Art einen wirksamen Schutz aus.
Noch ein weiteres Beispiel möge dafür folgen, wie die Wechselbeziehungen der Blütenpflanzen zu den sie bei ihrer Nah - rungssuche befruchtenden Insekten Veranlassung zu Forschungen über die Schaustellung der Blüten in der Landschafts-Physiognomie geben können. Das Beispiel lehrt zugleich Vorsicht in Bezug auf allzu schnelle Entscheidung durch die nächst liegenden Gründe. Es handelt sich um Erklärung der Armut an leuchtenden und grossen, gefärbten Blumen in den neuseeländischen Gebüsch - und Staudenformationen, wofür die nähere Litteratur im G. J., Bd. X, S. 194 — 195 sich findet: Gemäß der gegenseitigen Anpassung von Blumen und Insekten aneinander, wie sie jetzt in allen biologi - schen Lehrbüchern breit auseinandergesetzt zu werden pflegt, hatte Wallace die Blumenarmut und die geringe Auffälligkeit der meistens auch duftlosen Blüten in der Flora Neuseelands auf einen äussersten Mangel an Insekten zurückzuführen sich bemüht. Im ganzen genommen gilt nämlich die genannte Inselflora als am meisten grünliche, unansehnliche, wenig zur Schau gestellte Blumen hervorbringend, mehr als ein anderes Land, und in jenem Länder - bereich um so mehr kontrastierend mit den glänzenden australischen Blumen, zu welchen ein entsprechend grosser Reichtum von Insek - ten gehört; und dieser Farbenmangel gilt besonders für die auf Neuseeland beschränkten Endemismen. Es lag nun nahe, mit Wal - lace folgenden Rückschluss zu machen; die Entwickelung der neu - seeländischen Blütenpflanzen ist nur unter geringem Einfluss der Insektenwelt vor sich gegangen, und es muss daher die Armut an Insekten in diesem Florengebiete eine sehr alte (im geologischen Sinne) sein, weil sich sonst wie in anderen Ländern eigene Wechsel - beziehungen hätten herausbilden können. Die andauernde Insekten - armut ist nun aber zugleich ein neues und wichtiges Argument gegen die Idee einer früheren Landverbindung von Neuseeland228Problem des Blumenmangels in Neuseeland.mit Australien oder Südamerika, da von diesen Gebieten her Insekten hätten einwandern und eigene Beziehungen zur Blumen - befruchtung im eigenen Interesse hätten ausbilden müssen. — Dieser geistreiche Gedankengang hat inzwischen einer Richtig - darstellung der Grundlagen weichen müssen. Thomson hat nach - gewiesen, dass weder die Insektenarmut Neuseelands irgendwie den Voraussetzungen entspricht, noch auch die Blumenbefruch - tungen durch Insekten das vermutete geringe Maß wirklich er - reichen; unter 262 genauer untersuchten Blütenpflanzen fand er 110 mit Notwendigkeit auf Insektenbefruchtung angewiesene Arten mit allen in Europas Flora beobachteten sexuellen Adaptionen, und unter den übrigen 152 fand er noch etwa 96, denen der In - sektenbesuch für die Samenerzeugung günstig erscheint. Anderer - seits fand er zahlreiche Beispiele von bestimmten, durchaus auf gewisse Blumen zur Wohnstätte angewiesenen Insekten, z. B. einen Käfer Oropterus auf Fuchsia excorticata, andere auf Compositen - köpfen, fand aber zugleich als hervorstechende Eigentümlichkeit der neuseeländischen Insektenwelt, dass nicht die Hymenopteren (erst 10 Binnenarten waren damals bekannt!), sondern die Dipteren an Formenreichtum vorwiegen, und dass daher in Abweichung von unserem europäischen Blütenpflanzenleben die Blumenbestäubung hauptsächlich durch Fliegen und Käfer ausgeführt wird. — Es entsteht nach dieser Berichtigung also die weitere Frage: sind viel - leicht die Lebensziele dieser Fremdbestäuber Veranlassung zu einer sich so merkwürdig äussernden Verschiedenheit der Blumenschau - stellung auf Neuseeland? Oder liegt deren Begründung, ganz un - abhängig von der Insektenwelt, in den spontanen Entwickelungs - prozessen der Flora von Neuseeland, im Klima, in den vorherr - schenden Systemformen? Es bedarf hier nur des Hinweises auf ein solches Problem, um die Weite und Tiefe der geographischen Forschung im Anschluss an die Biologie zum Verständnis beson - derer Züge in der Formationsentwickelung zu charakterisieren: durch die Verknüpfung der verschiedenartigsten Wissenszweige zur Erzielung eines eindringenden Verständnisses zeichnet sich die moderne Naturforschung aus!
Das hier über die 5 Punkte Angeführte lässt sich dahin zusammenfassen, dass die Häufigkeit bestimmter Arten und deren Wachstumsformen im Anschluss an die Jahresperiode zusammen die kräftigsten Landschaftszüge der Vegetationsformationen liefern, während im Klima und Relief des Bodens nach Standortsverschiedenheiten die Bedingungen zur dauernden Abgrenzung verschiede - ner Formationen wiederum gegeben sind; die biologischen Wechselwirkungen leiten dahin, die Formation nicht als ein Gemisch zusammenhangsloser Stücke, sondern als einen innigen Verband von gemeinsam, bald einander229Haupt - und Einzelformationen.gegenseitig mehr förderlich, bald mehr schädlich, der Jahresperiode unterworfenen und sich häufig nur in diesem Verbande haltenden Organisationen anzusehen.
Einteilung der Vegetationsformationen. Die Ve - getationsformationen ergeben sich aus der primären Ein - teilung der gesamten Vegetationsdecke der Erde in solche reine oder gemischte Bestände, welche den Charakter der Landschaft am auffälligsten kennzeichnen, und dabei also den Grad der Bodenbedeckung, die Rückwirkung auf den Boden selbst durch die erzeugte organische Substanz, die Höhe und Schaustellung von Blättern und Blüten zuerst in Betracht ziehen.
Das liefert also die Einteilungsgründe für die grossen Gruppen, welche als Klassen und Abteilungen von Ve - getationsformationen (s. Pflanzengeographie in „ Neumayers Anleitung “2. Ausgabe Bd. II, S. 168) bezeichnet werden. Dabei ist jedoch immer auf die Hauptvegetationszonen zurückzukommen: eine natürliche Vegetationszone ist ein solches Stück Erde, auf welchem ein Komplex von nach dem Relief und dem Bewässerungsgrade verschiedenen Vege - tationsformationen ein in sich abgerundetes, gleichförmiges Bild gegenüber ganz verschiedenen Bildern in den Nach - barzonen zeigt. Die Hauptbegriffe der Formationseintei - lung sind oft zu unbestimmt; wie weit reicht z. B. nicht der „ Wald “auf der Erdoberfläche! Aber die botanisch - charakterisierten Abteilungen dieser Formationsklassen sind es, welche am besten den Landschaftscharakter be - zeichnen. Die Formationsklasse der Wälder zerfällt also sogleich in Abteilungen und Glieder (sogenannte Einzel - formationen), welche sich in den verschiedenen klima - tischen Zonen von grösster Verschiedenheit, u. z. sowohl von floristischer als vegetativ-biologischer Verschiedenheit, verhalten. Dasselbe ist der Fall mit den Grasbeständen, von denen die deutschen Wiesen doch nur eine Charak - terabteilung darstellen, u. s. w. Die Formationen der Tropen also haben gewisse Gemeinsamkeiten, die nun einmal zum Charakter der tropischen Landschaft zuge - hören und unter denen die frostfreie Ruheperiode eine230Gruppenbildung der Formationen.der bemerkenswertesten ist; auch ist es ja viel leichter möglich, dass z. B. irgend eine Pflanzenart des tropischen Waldes übertritt in eine tropische Savane, oder ein nordischer Laubbaum sich in eine Wiese verirrt, als dass jene tropische Waldform mit dem nordischen Laubbaum vergesellschaftet eine Uebergangsformation darstellte. Es ergibt sich daraus, dass für eine klar zusammen - fassende pflanzengeographische Uebersicht der Erde stets nur die Vegetationszonen, bezw. die sich an diese an - schliessenden Florenreiche, als primäre Einteilung ge - wählt werden dürfen, erst sekundär die Vegetationsfor - mationen in diesen. So wird es also auch in dem fol - genden speziellen, den einzelnen Ländern gewidmeten Abschnitt gehandhabt werden; jetzt zunächst aber sollen hier die Vegetationsformationen zur Vorbereitung für das später Folgende in ihrer selbständigen Gliederung gekenn - zeichnet und die Ordnungen und Gattungen, welche jedes - mal hauptsächlich in ihnen wirksam sind und die wesent - lichen physiognomischen Formationszüge bewirken, bei - gefügt werden. Im Anschluss an die Wachstumsweise und an die durch das Substrat hervorgerufenen Anpas - sungsformen der Pflanzenwelt gliedere ich die Vegeta - tionsformationen in die Klassen der Baumbestände oder Wälder, Strauchbestände oder Gebüsche, Halbstrauch - bestände oder Gesträuche, Staudenbestände mit breitem Blatt, Gräserbestände, Moos - und Flechtenbestände, Süss - wasserbestände und ozeanischen Bestände, und in unzu - sammenhängende gemischte oder auf ein bestimmtes Sub - strat hinweisende Bestände. Dem Ausdruck „ Bestand “entspricht im Gebrauch der Name „ Formation “.
Unzweifelhaft als bedeutendste aller Formations - klassen in Hinsicht auf Beurteilung des pflanzengeo - graphischen Charakters weiter Ländermassen, auf Be - wohnbarkeit und Fruchtbarkeit des Bodens, bedeckt Wald oder das an seine Stelle getretene Kulturland einen Haupt - teil der Erde; er fehlt nur den oben bei der Verbreitung der Palmen und Coniferen in Abschnitt 4 erwähnten231Die Klasse der Wälder.Binnengebieten fast gänzlich, reicht von der Südgrenze der arktischen Zone bis zur antarktischen, ist in analogen Bildern unter entsprechenden Breiten der grossen Konti - nente, und zeigt je nach dem Florenreichscharakter ein äusserst mannigfaltiges Bild. Wohl die Hälfte der Ord - nungen von Blütenpflanzen beteiligen sich an seinen sozial wechselnden, mit starken Holzstämmen in die Höhe gehenden Genossen. Physiognomisch liefert der Wald das am stärksten ausgeprägte Landschaftsbild, auch er - zeugt er in sich allein die tiefgründigsten Humusschichten auf dem Erdboden; ob die stärkste Produktion organi - scher Substanz, quantitativ nach Fläche gemessen, der tropischen Waldformation zufällt, wie man leicht an - nehmen möchte, erscheint den von Feldgewächsen herge - leiteten Erfahrungen gegenüber doch zweifelhaft.
Obgleich auch die Wälder sogar in der nördlich - gemäßigten Zone meistens, in den subtropischen und der tropischen Zone aber fast ausschliesslich aus ver - schiedenen, und oft aus sehr vielen Arten gemischt sind und die Wälder einfachen Baumschlages seltenere Er - scheinungen bilden, so ist doch vielleicht keine andere Hauptformation noch verhältnismäßig so häufig aus reinen Beständen einer einzelnen Art gebildet, als gerade gewisse Waldformationen. Nicht nur düstere Fichten -, Kiefern - und Tannenwälder des Nordens gehören dazu, sondern auch die Araucariawälder der südlichen Subtropen und die weitzusammenhängenden Bestände der Mauritiapalmen mit ihrem einförmig-säulenförmigen Dom am Amazonas, die argentinischen Bestände der Cocos australis u. a., seltener allerdings — wie es scheint — solche von diko - tyledonen Laubbäumen. Es möchte eine dankenswerte Aufgabe für weitgereiste Geographen sein, diejenigen Arten von Bäumen, welche für sich allein Waldungen zu bilden vermögen, mit ihrer Verbreitung zusammen - zustellen.
In der Regel, und zwar mit zunehmender Arten - mischung des Hauptbestandes stets häufiger, ist die Waldformation mehrschichtig, indem im Baumschatten zerstreute Gebüsche, Gesträuche, Stauden und Moose,232I. Immergrüne tropische Regenwälder.Flechten und Pilze den Boden mit kürzerer Oberflächen - schicht bedecken. Daher können auch verschiedene Ve - getationsformen und Arten, die frei vom Walde zu selb - ständigen Formationen zusammentreten, den im Walde gebotenen Raum als Nebenbestände ausfüllen.
I. Den höchsten Grad der Mannigfaltigkeit und hoch - gradigen Differenzierung erreichen die Wälder in den Formationen der (immergrünen) tropischen Regen - wälder, welchen Namen Pechuël-Lösche für die feuchten Urwälder der tropischen Vegetationszone vorgeschlagen hat. Dieselben sind typisch stark gemischt, aus sehr vielen verschiedenen Arten gleichzeitig zusammengesetzt, von denen die Mehrzahl immergrünes Laub trägt, mehr - schichtig, so dass oft die höchsten Baumkronen über einen Wald aus niederen Arten emporragen, welche ihrer - seits vielleicht noch viel niedrigere Baumfarne, oder zier - liche und kaum Stämme bildende Zwergpalmen beschatten; der Boden ist in diesen Fällen häufig kahl, aber die Nebenbestände sind stets als hoch und weithin schlingende Lianen und als auf den Aesten hoch in der luftigen Krone angesiedelte Epiphyten in einer den subtropischen und temperierten Klimaten fehlenden Mannigfaltigkeit ent - wickelt. Weder Frost noch Dürre stören die Entwicke - lung, obwohl periodische Schwankungen auch hier zur Regel erhoben sind.
Lianen. Das Bild jeder echten tropischen Waldvegetation zeigt die Lianen als herabhängende, gebogene oder korkzieher - artig gewundene, runde oder abgeflachte, ja sogar breit bandartige dünne oder armsdicke Holzseile zwischen dem Gezweig, von Stamm zu Stamm Verbindungsdrähte ziehend, oben in den Kronen mit ihrem Blätterwerk zwischen dem der Stütze voll entwickelt. Die Art ihres Wachstums wird von Wallace in seinem, durch eigene Anschauung der Tropen zweier Weltteile so ausgezeichnet origi - nellen Werke „ Tropical Nature “(1878) beredt geschildert. Er gibt an, dass man selten ermitteln kann, wo irgend eine Liane wurzelt; denn ihr Längswachstum ist fast unbegrenzt, und wenn sie in dem Wipfel des sie stützenden Baumes volle Entwickelung gefunden hat, stürzt sie vielleicht mit eben dieser Stütze in nächster Zeit wieder zu Boden und hat nun, unter neuer Bildung rasch aufschiessender Seitenzweige, irgend einen neuen Stamm aufzu - suchen, um an diesem neu in die Höhe zu ranken. Fast nie blühen die Lianen, oder bringen auch nur Laub hervor, im Schatten; in233Lianen und Epiphyten.grösster Eile streben sie zum Licht. Im kleinen Maßstabe beob - achtete ich im Dresdner botanischen Garten seit mehreren Jahren das Wachstum einer Malpighiaceen-Liane: einzelne Triebe sind zum Längswachstum bestimmt und schiessen mit einer nur bei Tropengewächsen vorkommenden Energie aus den sie bildenden Achselknospen hervor; sie nehmen sich gar keine Zeit zur Ausbil - dung von Blättern, selbst da nicht, wo das Licht es begünstigen würde; sondern mit rudimentären, den schwanken Trieb knotig - gliedernden Blattandeutungen klimmen sie, an einen Stamm schwach angelehnt und in dessen Blätter hineinfahrend, in die Höhe und erreichen leicht in wenigen Wochen 5 — 6 m Länge (im Gewächs - haus ausgepflanzt); ein nebenstehender alter Pandanus wurde durchwachsen und das eine oder andere Blatt mit ein paar kurzen Windungen umwickelt; nun hörte das rapide Längswachstum auf, die Spitze dorrte ab; sogleich aber trieben nun in den Achseln der nur angedeuteten Blätter kräftige Seitenzweige mit schöner, glänzend immergrüner Belaubung, und auf kurzen Trieben öffneten einige Monate nach dem Beginn des Austreibens schon Blüten - stände hoch oben hängend die rasch gezeitigten Blumen. Später erstarkt das Holz des Triebes und neue Seitenzweige wachsen nun langsamer weiter, bis der ganze Trieb durch einen zweiten abge - löst wird. In freier Natur würden wahrscheinlich mehrere neben - und auseinander sich fortentwickeln.
Die Pflanzenordnungen, denen diese Lianen angehören, sind systematisch recht verschieden und bilden zumeist grosse Formen - kreise, denen auch meist andere, aufrecht wachsende, breitästige Bäume der gewöhnlichen Wipfelform angehören. Am berühmtesten ist die Ordnung der Sapindaceen durch ihre Lianen, denen im tropischen Amerika besonders die grossen Gattungen Serjania und Paullinia angehören. Andere dikotyle Ordnungen sind die Bi - gnoniaceen, die Ampelideen (Ampelocissus, Cissus) und Piperaceen. Unter den Monokotylen bilden besonders die Palmen hochwüchsige Lianen aus, hier die Gattung Calamus, Plectocomia und verwandte in Asien und Malesien, die Gattung Desmoncus in Südamerika; dünnere aber mit sehr zähem Stengel lang-kletternde Lianen ge - hören dann zu den Smilaceen (Smilax, 200 hauptsächlich intra - tropische Arten).
Ein zweiter allgemeiner Charakterzug der tropischen Regenwälder, ja auch der trockeneren Tropenwälder, liegt in ihrer epiphytischen Vegetation. Als solche be - zeichnet man diejenige Pflanzenform, deren Individuen ohne parasitische Eigenschaften die Baumrinde, breite Aeste und zumal die Astwinkel als Standorte für sich aussuchen, um nahe am Lichte in einer absonderlichen Ernährungsweise, wo zumal die Wasserversorgung und die Wasserspeicherung für die trockeneren Jahreszeiten234Schimpers Arbeiten über dieSchwierigkeiten bereitet und eigene Organisationsmaß - regeln herausfordert, ein kräftiges Leben zu führen. Man sagt deshalb oft von den Tropenwäldern, dass man in ihnen in den Baumkronen, anstatt unter ihnen wie bei uns, auf die kleineren Pflanzen achtend botanisieren müsse. Die Charakterzüge der Epiphyten liegen also in ihrem Standort, und diesem angemessen in ihrer Luft - wurzel - oder Kriechwurzelbildung, im Verdunstungsschutz der in der Regel immergrünen Blattorgane, im Lichtbe - dürfnis zur Entfaltung ihrer oft grossen und schön ge - färbten Blumen, besonders auch in der Samenverbreitung und Keimung auf neuen epiphytischen Plätzen. Doch sei sogleich bemerkt, dass nicht wenige Epiphyten ihre Standorte auch gern mit sonnigen Felsen etc. vertauschen, viele allerdings nur Baumbewohner sind.
Eine ausführliche Darstellung der biologischen Verhältnisse innerhalb der amerikanischen Epiphytenvegetation verdanken wir mehreren ausgezeichneten Arbeiten Schimpers (Die epiphyt. Vegetat. Amerikas, in Bot. Mitteil. aus den Tropen, Heft 2); vergl. G. J., XIII, 312 und XI, 104 — 106. Der Raum gestattet hier leider nicht, die Verteilung der Epiphyten innerhalb ihrer Verbreitungsbezirke ausführlicher danach zu referieren, nur das Prinzipielle sei auch hier hervorgehoben, wie solche botanisch-biologische Monographien das Wesen der Formationsphysiognomik wissenschaftlich erfassen, die Pflanzengeographie mit der Physiologie verknüpfen. Da herrscht keine Willkür in der Schaffung irgend welcher Begriffe, sondern Erforschung von Thatsachen, welche ein wirkliches Naturverständ - nis eröffnen!
Die Epiphyten sind aus einem kleineren Kreise tropischer oder allgemeiner verbreiteter Ordnungen auserlesen: wenige Lyco - podiaceen, sehr viele Farne, Bromeliaceen und Cacteen (letztere in den trockneren Gebieten, besonders Rhipsalis) und Cyclanthaceen in Amerika, Araceen und eine übergrosse Zahl von Orchideen, Piperaceen, einige Clusiaceen, Melastomaceen, dann Ericaceen - Vaccinieen als starke Sträucher, eine Menge von Gesneraceen, Ru - biaceen und einige weniger bedeutende Ordnungen liefern das Hauptmaterial dazu. Notwendig erscheint, dass der Samenbau der betreffenden Pflanzen ein geringes Gewicht, oder einen be - sonderen Flugapparat, oder endlich durch Beerenbildung (Vacci - nieen) eine tierische Hilfsverbreitung besitzt, um in den Baum - kronen sich verbreiten und keimen zu können.
Im übrigen sind die Organe der „ atmosphärischen Vegeta - tion “höchst mannigfaltig, was Schimper drastisch in dem Satze ausdrückt, dass Aëranthus, eine epiphytische Orchidee, fast nur aus Wurzeln besteht, welche die ganze Ernährung zu besorgen235Epiphyten Amerikas.haben, während die Tillandsia usneoides, die weitverbreitetste wie Bartmoos schlingende epiphytische Bromeliacee Amerikas, der Wurzeln völlig entbehrt, zugleich auch fast niemals blüht, sondern sich aus abgerissenen (sogar aus zum Nestbau von Vögeln zu - sammengetragenen!) Zweigen mit grosser Lebenszähigkeit zu er - halten vermag: dennoch gleichen sich beide sehr im Habitus, Lebens - weise und inneren Bau. Andere Epiphyten, wie die Vaccinieen der Gruppe Thibaudia, Agapetes und Epigynium, die Rubiaceen etc. sind Sträucher oder kleine Bäume, welche den parasitischen Loran - thaceen bis auf ihre selbständige Ernährung gleichen. Als ein berühmtes Beispiel Westindiens schildert Schimper hier die Clusia rosea: ein reich belaubter mittelgrosser epiphytischer Baum, dessen frei wachsender Stamm sich nach unten in eine oft über arms - dicke scheinbare Hauptwurzel fortsetzt, welche meistens der Rinde des bewohnten Baumes dicht angedrückt senkrecht bis in den Boden geht. Zahlreiche dünnere Nebenwurzeln entspringen ihr, sämtlich auf der Rinde kriechend, um teils in den Boden zu wachsen, teils den stützenden Stamm fest zu umklammern. Ausser - dem entspringen aus den belaubten Aesten zahlreiche Neben - wurzeln, die teilweise mit ungeheurer Länge senkrecht nach unten bis zum Boden wachsen, teilweise ebenfalls als kurze und starke Haftorgane ausgebildet sind, welche oft über fingersdick sich rankenartig um die erfassten Gegenstände krümmen. — Epiphyten dieser Art vermögen auch auf dem Erdboden zu keimen und ent - sprechen den Banyanenbäumen, welche interessante Ficus-Vegeta - tionsform durch Ersticken und Ueberwuchern eines anderen Baum - stammes ihre bizarren Stammformen erhält.
Je nach der Lichtfülle und atmosphärischen Feuchtigkeit ist die Regenwald-Epiphytenvegetation im unteren und oberen Teile der Krone verschieden; soweit der Stamm sich im Walddunkel befindet, trägt er nur spärliche und wenig mannigfaltige Epiphyten; seine lichteren dickeren Aeste tragen die formenreichste und üppigste Vegetation, nach oben zu aber werden solche Formen vorherrschend, welche zugleich auf den Bäumen der Savanen - formationen allein vorkommen, graue Tillandsien, dickblätterige und meist knollenlose Orchideen, lederartige Farne (Polypodien). Die sich hieran naturgemäß anknüpfende Frage, ob diese letzte Epiphytenkategorie aus dem Regenwalde in die Savane, oder umgekehrt, eingewandert sei, beantwortet Schimper im ersteren Sinne, doch vielleicht, wie es scheint, zu allgemein; denn was auch für die erstere Ansicht spricht, braucht nicht für alle, z. B. die Cacteen, zu gelten. — Dass die Art der die Wirte bildenden Bäume durch die Beschaffenheit ihrer Rinde einen grossen Einfluss auf die Besiedelungsfähigkeit durch Epiphyten hat, ist klar; Crescentia ist z. B. im tropischen Amerika mit ihnen beladen, die ihre Borke abwerfenden Myrtaceen sind meist leer davon.
Einige wenige Epiphyten haben ein sehr weites, das einheit - liche Florenreich überragendes Areal, wie Rhipsalis Cassytha und Tillandsia usneoides. Im allgemeinen aber sind die Epiphytenfloren236Verbreitung und Statistik der Orchideen.da, wo der Urwaldsgürtel selbst gesondert ist wechselnd wie die Alpenfloren getrennter Gebirge; jedes tropische Florenreich hat auch seine gesonderten, oft nach engen Gebieten rasch wechselnden Epiphyten. Die Thatsache gewisser sehr weiter Areale scheint Schimper veranlasst zu haben, die allgemeine und gleichartige Verbreitung der Epiphyten zu sehr zu betonen.
Unter den Ordnungen der Blütenpflanzen, welche so recht eigentlich in epiphytischen Arten glänzen, ragen die Orchideen in ihrer weiten Verbreitung über die ganze Erde hervor. Darin liegt zugleich begründet, dass ein anderer grosser Teil dieser interessanten Pflanzen - gruppe nicht zu den Charakteren der Tropenwaldungen gehört, und es mag hier eine kurze Bemerkung über die Verbreitung der ganzen Ordnung Platz finden.
Orchideen. Die ganze Ordnung nimmt mit 410 Gattungen in dem Artreichtum von circa 10000 Spezies die dritte Stelle ein, mit Hauptentwickelung in den tropischen Florenreichen. Geringer ist die Zahl der erdbewohnenden Arten, welche in den gemäßigten Klimaten allein vorhanden sind und bis zu hohen Breiten vor - rücken: noch 4 Arten finden sich beispielsweise in Grönland zwischen 64 — 70° N. In den mittleren Regionen feucht-tropischer Gebirge überflügeln sie an Arten - und Individuenreichtum die meisten Ord - nungen, denen sie sonst nachzustehen pflegen, bilden z. B. die artenreichste im Khasyagebiet des Himalaya; 500 Arten werden allein für Birma angegeben. Ohne sich vollständig auszuschliessen, sind doch die meisten grösseren Tribus in bestimmten Floren - reichsgruppen vorzugsweise entwickelt, erst recht sind bedeutende Gattungen einzelnen Florenreichen eigentümlich. So beschränken sich beispielsweise die erdbewohnenden Ophrydinen-Serapiadeen, zu welchen die meisten mitteleuropäischen Orchideen gehören, fast ganz auf das Mediterran - und anstossende mittel-europäische Ge - biet, wo besonders Ophrys und Orchis verbreitet sind; die Ophry - dinen-Habenarieen gehören dagegen der Hauptmasse nach den Tropen an, und fast alle Ophrydinen-Satyrieen gehören zum süd - afrikanischen Florenreich. Sehr artenreiche tropische Gattungen sind: Habenaria (300 Arten), Masdevallia (100), Stelis (150), Pleu - rothallis (400), Epidendrum (über 400), Dendrobium (300), Eria (80), Bolbophyllum (100), Maxillaria (über 100), Odontoglossum (100), Oncidium (über 300), welche also zusammen nach Pfitzers Abschätzung schon 2300 Arten umfassen.
In der Tropenwaldzone sind nun die Orchideen fast allgegenwärtig; sie wachsen auf den Stämmen, in Gabe - lungen der Zweige, auf gestürztem Holz; daneben breiten sie sich über Felsen aus und hängen an den Stirnflächen237Wachstum epiphytischer Orchideen.steiler Felsgründe herab; nur wenige wachsen gleich den nordischen Formen zwischen Gras und Kraut auf dem Erdreich. Wallace, der in seiner „ Tropical Nature “ein prächtiges Bild auch von diesem Zuge der tropischen Waldflora entwirft, hebt übrigens hervor, dass die in den Gärten Europas zu schauenden Kollektionen eine nicht zutreffende Vorstellung über den Blütenreichtum und die Farbenpracht der Orchideen erwecken, weil im Heimat - lande sehr viele mit unansehnlichen Blüten angetroffen werden, welche der Kultur nicht wert sind; ausserdem blühen sie in allzu verschiedenen Zeiten. Ausserordent - lich variabel sind sie an Grösse; einige winzig kleine kriechende Stämmchen gleichen mit kleiner und flacher Beblätterung Moosen, andere, so die grossen Grammato - phyllum-Arten Borneos, bilden eine Masse von 3 m langen laubreichen Schüssen. Mason berichtet aus Birma über die mächtige Vanda gigantea mit über fusslangen, hän - genden Blütentrauben von gelbleuchtender Farbe, deren einzelnes vom Baume herabgehauenes Exemplar eine schwere Manneslast ausmacht; auch diese üppige Form ist zu - gleich ein Beispiel enger geographischer Beschränkung, da sie nur an wenigen Plätzen, und dort recht reichlich, vorkommt. Aber solche Erscheinungen müssen selten sein, denn Wallace haben sich nur wenige Fälle mit ent - zückendem Reiz, wie in unseren Orchideenhäusern, bei seinen langen Tropenwanderungen eingeprägt: die goldenen Oncidien der überfluteten Wälder des oberen Amazonas, die gewaltigen Cattleyas der trockeneren Wälder, dann die Coelogynes der Sümpfe, und die Vanda Lowii der Hügel - wälder von Borneo mit 8 Fuss langen Blütentrauben.
Amerika besitzt vor den altweltlichen Tropen eine interessante Epiphytenordnung voraus, nämlich die Bro - meliaceen; aber deren Arten sind längst nicht alle feuchtliebende Epiphyten, sondern in grosser Anzahl trockensonnige Xerophyten. Aber im Gegensatz zu den Orchideen geht von den über 500 zählenden Arten nur ein ganz kleiner Teil über die Tropen hinaus (z. B. Til - landsia usneoides bis Nordcarolina).
Bromeliaceen. Wittmack hebt in seiner Verbreitungszu -238Epiphytische Bromeliaceen, Araceen.sammenstellung (Natürl. Pflanzenfam. T. II) hervor, dass zwar die meisten die niederen Regionen bewohnen, doch einige auch be - deutende Höhen ersteigen (Gipfel des Itatiahy, Anden Perus bis über 4000 m); die Gattung Puya bewohnt die trockenen, aber um - nebelten Centralprovinzen von Peru und Chile, durch ihre bis zu 3 m hohen Blütenschäfte den Landschaftscharakter stark belebend. Diese vegetieren auf Erd - und Felsboden; zum grössten Teile aber leben die Bromeliaceen epiphytisch auf Bäumen, zumeist hoch in den lichten Kronen; ihre biologischen Einrichtungen und ihre geographische Verteilung sind von Schimper an genannter Stelle in ausgezeichneter Weise monographisch behandelt (G. J., XI, 104 und XIII, 312). Durch Zahl und Grösse der Individuen stehen sie unter allen amerikanischen Epiphyten obenan, und man sagt, dass sie hier den Landschaftscharakter weit mehr als die Orchideen be - einflussen; die epiphytische Vegetation in den amerikanischen Savanen verdankt ihre Eigentümlichkeit hauptsächlich dem Vor - herrschen stark beschuppter und daher weisslichgrau erscheinen - der Bromeliaceen.
Noch eine dritte Ordnung von überwiegend tropi - schem Charakter ist unter den Epiphyten zu nennen, die mit knotig gegliedertem, weich bleibenden, Luftwurzeln aussendenden Stamme kletternden Araceen (Aroïdeen), unter denen die den tropischen Regenwald aller drei Kon - tinente bewohnenden Arten neben solchen auf nassem Grund und Boden entlang der im Walde strömenden Flüsse die zahlreichsten sind. Nur wenige Arten treten von dieser Ordnung in die gemäßigten Klimate ein.
Araceen. Von den etwa 900 Arten sind nach Engler 92 % tropisch und die übrigen 8 % verteilen sich auf die wärmeren Gebiete nördlich und südlich, ohne die kalten Zonen zu berühren. Die Mehrzahl ihrer 105 Gattungen ist auf die östliche oder die westliche Hemisphäre beschränkt, die Arten sind auf kleinere Be - zirke angewiesen. Am formenreichsten von allen ist das malayische Gebiet, 100 Arten schon aus Borneo und Neuguinea bekannt. Her - vorragende Gattungen sind: Pothos (Indien), Anthurium (über 200 Arten im tropischen Amerika), Monstera (Amerika), Dracon - tium (ausgezeichnet durch gigantische Blätter und Kolben, unter denen ein Mensch verschwindet; Amerika), Amorphophallus (Asien; dahin der riesige A. Titanum aus dem malayischen Archipel), Phi - lodendron (über 100 Arten im tropischen Amerika); Alocasia und Colocasia in den indischen Tropen enthalten einige wichtige Nutz - pflanzen (Taro-Knollen); Arum (Mediterrangebiet und Mitteleuropa).
Endlich besitzt Amerika unter den kletternden Epi - phyten noch wiederum eine eigene kleine Ordnung, die239Waldbildende Hauptbestände. Palmen.der Cyclanthaceen. Alle hier Genannten gehören zu den Monokotyledonen; keine dikotyle Ordnung erscheint epi - phytisch so bemerkenswert.
Nachdem einige der hervorstechendsten Nebenformen der tropischen Waldformationen erläutert sind, kehren wir zu den baumbildenden Hauptbeständen zurück, fragen nach den in ihnen vertretenen biologischen Typen und nach den sie hauptsächlich zusammensetzenden Ordnun - gen oder hervorragenden Gattungen. Auch hier liegt sehr viel Bemerkenswertes in dem Beigemisch oder im gelegentlich geselligen Auftreten einer Reihe monokotyler Gattungen neben der Hauptmasse ungemein im systema - tischen Charakter wechselnder Dikotyledonen, welche aber doch fast gänzlich aus anderen Ordnungen herstammen als die Bäume der kühler gemäßigten Zonen.
Unter den Monokotyledonen stehen die Palmen obenan, und es bedarf unter Verweisung auf das im Abschnitt 4 über ihre Verbreitung Gesagte nur noch einiger physio - gnomischer Bemerkungen. Am häufigsten sind einzelne Individuen im Walde verteilt, ragen oft auf langen, dün - nen Stämmen über das herrschende Laubwerk hinaus, oder sie bilden gesellige Gruppen an feuchten Plätzen, bekleiden die Ufer mit stammlosen Rosetten von riesigen Fiederwedeln, oder aber sie nehmen an der Waldvegeta - tion mit einer Masse kleiner Arten, die dem Charakter unseres Unterholzes entsprechen und sich oft mit den ebenfalls meist in niedrigeren Gruppen haltenden Baum - farnen mischen, teil und entfalten hier in der Regel eine grössere Mannigfaltigkeit als in den Palmbäumen. So glänzt besonders das tropische Amerika durch die Masse zierlicher, den Waldesschatten mit wunderschön geschnit - tenen, breiten Blättern in Rosetten zierender Geonoma - Arten, ferner durch die, Stämme von Spazierstockdicke entwickelnden stacheligen Bactris-Gebüsche oder durch die üppigeren Astrocaryen, denen sich als dünne Rohrpalmen in Centralamerika und Südmexiko die Chamädorea-Arten der schon kühleren Bergwälder anschliessen. In Indien gibt es ähnliche, aber in verschiedenen Gattungen an - derer Tribus steckende Formen; es überwiegt hier die240Verbreitung und Habitus der Pandaneen.Arecaform, und merkwürdig erscheinen mit fischschwanz - ähnlichen Fiedern die Caryoten. Afrika hat solcher zier - licher Formen wenige in seinen Wäldern.
Dafür besitzen die tropisch-afrikanischen und asia - tisch-ozeanischen Florengebiete in den Pandaneen einen anderen, Amerika durchaus fehlenden Charaktertypus aus den Schopfbäumen, ausgezeichnet durch die schmale, wie riesige Grasblätter geformte und dicht gedrängte Belaubung.
Die Pandaneen. Pandanus bildet mit mehreren Untergat - tungen und mit der kleinere Pflanzen umschliessenden selbständigen Gattung Freycinetia allein die Ordnung der Pandaneen, zu der früher fälschlich gewisse abweichend gebaute, berühmte Palmen (Phytelephas, Nipa fruticans) gezählt wurden. Die so gereinigte Ordnung lebt nur innerhalb der Tropen der östlichen Hemisphäre, und zwar Pandanus selbst von Senegambien und Unterguinea durch Inner - und Ostafrika hindurch auf Madagaskar, den Mas - karenen, Seychellen, auf dem indischen Festland von Bengalen bis über Hongkong hinaus, mit 5 Arten an der Nord - und tropischen Ostküste Australiens bis zum 30° S. B. hinab, auf der Lord Howes Insel, sehr zahlreich auf Neucaledonien, und endlich auf allen intratropischen ozeanischen Inselgruppen ostwärts bis zu den Sand - wichinseln. Die Gattung Freycinetia ist in etwas engere Grenzen eingeschlossen: sie beginnt erst auf Sumatra im Westen und den Philippinen und Marianen im Norden des malayischen Archipels, in welchem sie ihr Entwickelungscentrum besitzt, kommt auch am Südrande ihres Areals in 3 Arten an Australiens Nord - und Ost - küste bis 25° S. B. vor und auf der nördlichen Insel Neuseelands (F. Banksii); nordwärts ist sie ebenfalls bis zu den Sandwichinseln und bis nach Tahiti verbreitet. — Der Habitus dieser Pflanzen, gut wiedergegeben in einer Holzschnitttafel „ Riesenpandanus an der Loangobai “in dem Loango-Reisewerke von Pechuël-Lösche, hat mit den Palmen den hohen, auf Luftwurzeln gestützten Stamm und die schopfige Blätterkrone gemeinsam; während aber die Palmenstämme wenige und in der Regel sehr breite Blätter gleich - zeitig tragen, sind die Kronen der Pandanen dicht aus 40 bis 100 Blättern schraubig zusammengedrängt, schmal und ausser - ordentlich lang mit parallelen Nerven, dazu in der Regel auf der Rückseite des Mittelnerven und an den beiden Seitenkanten mit regelmäßig verteilten hakenförmigen Stacheln bewehrt. Während der Palmenstamm sich nur selten gabelt, geschieht dies häufig bei dem Pandanus-Stamm, so dass dann mehrere Kronen an einer Pflanze entwickelt sind (P. furcatus, Candelabrum u. a.). Mächtige Blütenstände mit Blüten von sehr einfachem Bau hängen lang aus dem Blattschopfe herab.
Eine andere, in den Tropen beider Hemisphären ver -241Form und Verbreitung der Scitamineen.breitete Vegetationsform ist die der monokotylen Ro - settenträger, ihr bekanntester Repräsentant die Banane (Pisangform und Scitamineenform nach Grisebach in „ Neu - mayers Anleitung “). Das Blatt der Banane ist bekannt - lich breit in die Länge gezogen und ganzrandig, dabei glatt und wie eine Fieder geadert; die Scheidenstiele dieser grossen Blätter stellen riesige Hohlcylinder dar, von denen jeder ältere alle jüngeren umschliesst, so dass ein hochragendes stammartiges Gebilde entsteht; in die - sem nimmt aber ein eigentlicher Stamm nur den unter - sten und innersten, tief in den Blättern verborgenen Teil ein; das, was man sieht, besteht aus den fest übereinan - der gepressten Blattstielscheiden, ist also ein „ Kraut - stamm “. Und während bei der Banane (Musa) die Blät - ter eine allseitig abstehende Krone bilden, trägt Ravenata madagascariensis ihre Blätter in zwei scharf gegenüber - stehenden Längszeilen, welche nach oben aufgerichtet zusammenhängen, so dass hier ein höchst anziehender Ve - getationstypus vorliegt. Die grossen Formen (Musaceen) haben aber in sehr viel kleineren, welche zuweilen schlanke und fingersdicke Stämme treiben mit kurzen Blattrosetten auf der Spitze und an Aesten, ihre zahlreichen Verwand - ten, die ihrerseits wenig Auffälliges besitzen. Sie alle fallen in die Systemgruppe der Scitamineen.
Scitamineen. Die Ordnung der Musaceen einerseits und die drei, eine zweite natürliche Hauptordnung (Zingiberaceen i. w. S.) bildenden Gruppen von Zingiber, Canna und Maranta, ent - halten lauter wesentlich tropische Areale, aus deren Bezirk nur wenige Gattungen in die angrenzenden Subtropen hinausgegangen sind. Die Musaceen bilden zwei abgesonderte Tribus, die Museen in der Alten - und die Heliconieen in der Neuen Welt; Musa, Ra - venala und Strelitzia sind die Gattungen der ersteren Tribus, He - liconia die einzige, etwa 30 Arten umfassende Gattung Amerikas. Musa, die Banane (M. sapientum), mit vielleicht 20 Arten und einer grossen Zahl Kulturrassen, ist die berühmteste Gattung; die altweltliche Heimat ist bei ihr bestritten worden, doch gewiss mit Unrecht, obgleich festzustehen scheint, dass die Banane schon vor 1492 in Amerika angepflanzt gewesen sein wird. — Die Zingiberinen (Zingiber: Ingwer, Amomum: Cardamom) haben ihr Verbreitungs - centrum im indisch-malayischen Gebiet, die Gattung Canna im tropischen und subtropischen Amerika, die Marantinen gleichfalls im tropischen Amerika (Maranta arundinacea Arrowroot liefernd),Drude, Pflanzengeographie. 16242Form und Verbreitung der Bambusen.als beredte Beispiele für repräsentative Ordnungsvertretung in den Tropen beider Hemisphären.
Als letzter monokotyler, sehr eigenartiger Vegeta - tionsform ist nun noch der baumartigen Gräser, der Bam - busenform zu gedenken. Wallace allerdings macht von diesen die Bemerkung, dass sie nicht als allgemein cha - rakteristisch für die Tropen gelten könnten, da sie dem afrikanischen Kontinent fast fehlten und in Südamerika selten seien, ausserdem in Indien und Ostasien die tro - pische Vegetationsgrenze weit überschritten. Doch gilt dasselbe ja auch von Palmen und Pandaneen; die Ord - nungsareale fallen eben nur selten mit den Grenzen von Vegetationszonen zusammen. Auch gehören die Bam - busen wohl nur zum kleineren Teile der Regenwaldfor - mation an; die Mehrzahl ihrer Vertreter soll trockenere Hochlandstationen vorziehen, während andere an Fluss - ufern entlang und wenige im finsteren Walde wachsen. Bei allen diesen Beschränkungen aber gehören die Bam - busen zu den wertvollsten Repräsentanten der Tropenflora und erreichen nur nahe dem Aequator ihre volle Ent - wickelung, Grösse und Schönheit. In erstaunlicher Ge - schwindigkeit schiessen während der Regenzeit die „ Baum - halme “empor, um erst in bedeutenderer Höhe und nach dem ersten Lebensjahre ihr zierliches Blattwerk breiter, an schlanken Zweigen wie gefiedert erscheinender Gras - blätter zu entwickeln. Meistens in dichten Gebüschen zu undurchdringlichen, zuweilen stacheltragenden Klumpen gesellt, haben sie hier einen steten Nachwuchs; Stamm folgt auf Stamm aus einem viele Jahre ausdauernden Rhizom, wie in unseren Rohrgebüschen die Halme sich jährlich erneuen. Die Dicke ihrer Stämme sehen wir in Kunstprodukten aller Art vor uns, welche sie den Ein - geborenen so wertvoll macht; ihre Höhe erreicht leicht bis über 30 m, wo dann die sich verdünnenden Stamm - spitzen in anmutigen Bogenformen überhängen und, als Ganzes, hohen Trauerweiden in der Erscheinungsweise nicht unähnlich sind. Bambuswälder bestehen aus solchen haufenweise nebeneinander sprossenden Riesenbüschen, gemischt mit Laubbäumen; oder aber sie bestehen aus243Blüte der Bambusen. Farne.einzeln stehenden „ Halmen “, und nach Brandis (in Eng - ler-Prantls Natürlichen Pflanzenfamilien, wo eine wert - volle Abhandlung enthalten ist) bedeckt auch diese seltenere Wachstumsform oft ausgedehnte Landstriche mit dichtem Walde. Sehr interessante Verhältnisse bietet auch die Blüte: viele Arten blühen jährlich; „ bei anderen Arten bedecken sich nicht nur alle Halme eines Busches mit Blüten, nachdem sie ihre Blätter abgeworfen haben, son - dern es blühen auch alle Büsche derselben Art, die in derselben Gegend wachsen, zu gleicher Zeit. Ueber grosse Landstriche sieht man dann den ganzen Bambuswald, soweit er aus einer Art besteht, in Blüte. “
23 Gattungen setzen die Gräser-Tribus Bambuseae zusammen: 150 Arten wachsen im indischen Monsungebiete, nur 5 (auf 4 Gat - tungen verteilte) Arten sind bis jetzt aus dem tropischen Afrika bekannt geworden, darunter Oxytenanthera abyssinica dort überall verbreitet. Die Untergattung Eu-Bambusa ist mit circa 30 Arten altweltlich; zu ihr gehört die sehr bekannte B. arundinacea, von welcher das gleichzeitige Blühen in Zwischenräumen von 32 Jahren, nämlich 1804, 1836, 1868 bekannt geworden ist; die zweite Unter - gattung Guadua ist mit 15 Arten amerikanisch, in Brasilien als Taguara bekannt; die dritte Untergattung Guaduella ist mit 1 Art am Gabun westafrikanisch. Die andere hauptsächliche amerikanische Gattung ist Chusquea mit 35 Arten der hohen Anden und des brasilianischen Hochlandes, eine andere bekannte asiatische Dendrocalamus, darunter D. strictus = Male Bamboo in Indien.
Die Farne spielen auch im Tropenwalde eine mäch - tige Rolle, wenn auch niemals in primären Stellen. Denn obgleich der Besitz der übrigens ziemlich weit gen Süden (Viktoria etc.) herabreichenden Baumfarne einen starken Unterschied gegenüber den extratropischen Wäldern aus - macht, so sind doch auch die Baumfarne von mäßiger Höhe und die höheren überhaupt (den Gattungen Cyathea, Alsophila und Dicksonia angehörig) nicht allzu häufig. In der Masse kleiner, unseren vertrauten Formen ähn - licher Farne liegt eine dem sammelnden Floristen be - kannte Eigentümlichkeit tropischer Bergwälder, wo sie an den Stämmen kriechen, in der Rinde wurzeln, von den Aesten wie Epheu herabhängen, und dann wieder den Grund bedecken oder Felsen überkleiden. Am Pom - gerango auf Java sollen allein 300 verschiedene Farn - arten vorkommen.
244Wuchs der dikotylen Tropenbäume.Es bleibt nun eine Besprechung der Eigentümlich - keiten der dikotylen Laubbäume im Tropenwalde übrig, jener Hauptmasse von Bäumen, welche im bunten Wechsel vieler Arten aus allen möglichen Ordnungen doch die Hauptbestände bilden, obwohl die Palmen, Sci - tamineen, Farne etc. physiognomisch viel reizvoller auf - treten. Ja wenn in Tropenwäldern, wie es z. B. an den Berggehängen von Neuguinea die Regel zu sein scheint, die monokotylen Beimischungen oder herdenweise reinen Bestände selten sind und ganz zurücktreten, dann liest man oft von den Reisenden, welche sie durchzogen, den Eindruck, dass sie von heimischen finsteren Laubwäldern nicht so erheblich im Gesamteindruck abweichen. Wal - lace hat die unterscheidenden Züge mit Bestimmtheit aus - zudrücken versucht: die verschiedenen, und doch sym - metrisch mit vollständiger Geradheit astlos bis zu grosser Höhe nebeneinander in ziemlich weiten Entfernungen auf - strebenden Stämme, ähnlich den Säulen eines riesigen Gebäudes, bezeichnet er als den ersten packenden Zug; erst hoch, vielleicht 30 m über der Erde, beginnt das fast ununterbrochene Laubdach, aus den verschiedenartig - sten Blättern bis zum völligen Abschluss des Himmels - lichtes dicht gemischt, sich auszubreiten und bewirkt für den Waldboden ein schweigsames Düster. Die bunte Zusammensetzung des Waldes ist so gross (ob in allen Fällen?), dass des Beobachters Auge selten zugleich auf zwei Repräsentanten derselben Art trifft; das gibt sich schon aus den verschiedenen Formen der Stämme und aus deren Ansatz unmittelbar über dem Grunde zu er - kennen.
Viele derselben verbreiten sich über der Erde in strahlenartig verlaufende, auf hoher Kante wie Bretter gestellte Lamellen, durch welche sie einen mächtigen Um - fang erhalten; denn zwischen den Lamellen solcher Wald - riesen verschwindet, wie gute Abbildungen von Martius und v. Kittlitz zeigen, die menschliche Grösse. Andere Stämme wieder sind unten so tief ausgefurcht, als be - ständen sie aus einer Reihe verschmolzener Bäume; diese Wachstumsweise führt Wallace auf die frühzeitige Bil -245Typische Baumformen der Regenwälder.dung von Luftwurzeln zurück. Andere Stämme, darunter besonders solche von Ficusarten, behalten ihr ganzes Leben lang kräftige, verworren durcheinander laufende Luftwurzeln bei, wie sie als halbe Parasiten auf einem anderen von ihnen getöteten Baume sich zu entwickeln begonnen hatten. Dies ist Grisebachs Banyanenform. In der Belaubung sind vielfältig nicht gerade besondere Abweichungen von dem in Mitteleuropa Gewohntem zu sehen, aber zwei Ausprägungen, die wir nicht besitzen, häufig untermischt: es ist das höchst zart gefiederte oder doppelt gefiederte Laub mit kleinen und oft sensitiven immergrünen Fiederblättchen, welches Grisebach zur Auf - stellung seiner Tamarindenform und Mimoseenform Ver - anlassung gab; und zweitens ein Laub aus dicken, lederig - glänzenden tiefgrünen, an starken Stielen massig ent - wickelten und steif dastehenden Blättern, welches der vielbekannte ostindische Kautschukbaum Ficus elastica als deutlicher Typus zeigt. Grisebach hat für diese so sehr charakteristische Belaubung keine besondere Form - benennung ausgewählt, da seine Lorbeerform die kleinen, glänzend-immergrünen Blätter im Auge hat, welche mehr den trockenen Subtropen als Charakter verliehen sind. Seine Bombaceenform erwähnt dann noch die breiten, weichen Blätter mit handförmiger Nervatur und Stern - haarfilz, getragen von in der Mitte breit angeschwollenem Stamm (Eriodendron anfractuosum, Bombax etc.). Aber es ist klar, dass die Auswahl einiger weniger Typen hier wie immer nicht genügen kann, wo schon durch die Kombination und Permutation einiger weniger Haupt - merkmale des Wachstums in Stamm, Gezweig und Be - blätterung eine viel grössere Anzahl reell vorhandener Formen sich ergibt. — Durchaus nicht alle Bäume des tropischen Regenwaldes sind übrigens immergrün; immer gibt es (wenigstens wohl im betreffenden Florengebiet) einzelne Arten mit periodischer Belaubung, welche darin den nordischen Bäumen am meisten ähneln.
Unter dem zusammenhängenden Dom der hohen Laubkronen gibt es oft noch einen zweiten Wald von bescheidener Höhe, dessen vielleicht 10 — 15 m erreichende246Blüte und Frucht der Tropenbäume.Wipfel kaum zu den untersten Zweigen des Hauptwaldes heranreichen; es sind dies schattenliebende Arten, welche zugleich den Nachwuchs der hohen Bäume zurückhalten, bis durch Zusammenstürzen einiger Waldriesen Licht und Luft frei wird. Unter diesem niederen Walde findet sich dann oft erst der Unterwuchs aus kleinen, 2 — 3 m hohen dikotylen Bäumchen, niederen Palmen und gigantischen Farnen, so dass, wenn nun noch der Erdboden selbst nicht vegetationslos mit Trümmern von Holz und Laub - werk bedeckt daliegt, sondern noch Selaginella-Arten und krautige Dikotylen, Moose oder schattenliebende Humus - pflanzen (Saprophyten als chlorophylllose Vegetationsform) aufnimmt, das sprichwörtlich gewordene Bild von den vier Vegetationsschichten des Tropenwaldes ausgeprägt ist.
Hinsichtlich der Blüten, von denen man sich im landschaftlichen Eindruck der Tropenvegetation eine zu grosse Vorstellung im Anschluss an gewisse herrliche Zierblumen der Gartenkultur zu machen pflegt, stellt schon Wallace die allgemeine Regel auf, dass im Durch - schnitt die Blüten um so mehr zurückstehen, je reicher die Vegetationsfülle ist; die hocharktischen und hoch - alpinen Formationen sind es, welche auf kleinblätterigem Rasen die leuchtendsten Blumen hervorbringen, wenngleich hier die Kontrastwirkung der sich wenig verkleinernden Blumen mit den auf winzige Maße herabschwindenden Blättern als eine Täuschwirkung mit in Rechnung zu ziehen ist. Thatsächlich aber geben aufmerksame Reisende übereinstimmend an, dass sie in den grossen, feuchtheis - sen Urwäldern von Blüten wenig Eindruck empfangen haben; die meisten Arten haben unansehnliche, grünliche oder weisse Blüten, und grosse Massen auffälliger Blu - men sind selten, obgleich immerhin einzelne Arten von Bäumen und Sträuchern in glänzenden Farben prangen, noch mehr die Lianen oder einzelne Epiphyten (siehe oben S. 60). Um so mehr Gewicht wird auf die Aus - bildung grosser Früchte gelegt, welche oft mit den Blu - men in gar keinem richtigen Verhältnis zu stehen schei - nen, welche aber auch längst nicht alle schon in einer Vegetationsperiode reifen. Die Palme Lodoicea Sechella -247Gemischte Zusammensetzung des Regenwaldes.rum braucht nach Swinburn-Ward zum Reifen ihrer „ Doppelcocosnüsse “, der grössten Baumfrucht der Welt, 10 Jahre; von vielen anderen Arten sind noch nie sichere Beobachtungen über diesen interessanten biologischen Charakter gewonnen. Hinsichtlich der Fruchtgrösse selbst braucht nur an den Kakaobaum, an die wie Kanonen - kugeln aus grosser Höhe herabsausenden Behälter der Paranüsse (Bertholletia excelsa), an Lecythis ollaria, an die Klappenfrüchte der Bignoniaceen, an andere grosse Palmen etc. erinnert zu werden.
Hinsichtlich der Blütenstellung ist noch eine besondere, über die tropischen Regenwälder nur wenig hinaus verbreitete, seltner vorkommende Eigentümlichkeit die, dass manche Arten am Stamme selbst oder am alten Holz der Zweige Blütentriebe entwickeln, welche sonst an den jungen, beblätterten Trieben hervorzubrechen pflegen. Der Kakaobaum liefert dafür in seinen vielfältig ver - breiteten Abbildungen das beste Beispiel, aber nicht wenige Sa - potaceen, Myrtaceen, Urticaceen, Melastomaceen, Ficus1)Ein wundervolles, frappierendes Bild dieser Gattung mit dicht über der Erde in riesigen Klumpen gehäuften Fruchtständen veröffentlicht jüngst Dr. King aus dem botanischen Garten zu Cal - cutta von Ficus Roxburghii. etc. zeigen dieselbe Eigenschaft. Sie ist von Esser in den Verhandl. des naturh. Vereins der Rheinlande und Westfalen, Jahrg. 44, S. 69, zum Gegenstande einer botanischen Studie gemacht, wofür das tropische Material nur spärlich vorlag.
Hinsichtlich der systematisch-floristischen Zusammen - setzung ist die ausserordentliche Mannigfaltigkeit schon als erster gemeinsamer Charakter der Tropenwaldungen hervorgehoben; diese erschwert die Uebersichtlichkeit so sehr, dass man wohl Listen aller Baumarten, welche überhaupt zum tropischen Regenwalde in diesem oder jenem Lande zusammentreten, besitzt, dass aber eine Wertabschätzung nach Häufigkeit der Individuen einer Art oder Gattung kaum gemacht ist. „ Wenn der Reisende eine bestimmte Art sich merkt und mehr Exemplare von ihr zu sehen wünscht, “gibt Wallace an, „ so mag er oft vergeblich danach Umschau halten; Bäume der verschiedensten Grösse, Gestalt und Färbung umgeben ihn, aber er sieht selten einen Gegenstand sich wieder -248Charakterordnungen der Tropenwälder.holen. Ein über das andere Mal geht er auf einen Baum los, dem ähnlich, den er zu sehen wünscht, aber bei näherer Prüfung zeigt er sich als ein verschiedener. Schliesslich begegnet ihm vielleicht ein zweites Exemplar eine halbe Meile vom ersten, oder er findet gar kein zwei - tes, bis er bei anderer Gelegenheit ganz zufällig wieder auf ein solches trifft. “ Es fehlen also die Species sociales oder gregariae, und Wallace will dies auf die gemeinsam günstigen klimatischen Wachstumsbedingungen als auf die erklärende Ursache zurückgeführt sehen, welche die Auslese an Arten im Kampf um das Dasein viel umfang - reicher gestaltet und Abwechselung zulässt, anstatt das Gelände zu „ monopolisieren “.
Es lassen sich jedoch einige Ordnungen nennen, welche fast in allen Tropen gleichmäßig viele und wich - tige Repräsentanten zu den Regenwäldern liefern, und von denen die Mehrzahl, mindestens die Gattungen, so - gar den subtropischen Wäldern fern bleibt, stets aber den extratropischen Klimaten fehlt. Es sind dies die baumartigen Leguminosen, von den Urticaceen die Gruppen der Artocarpeen und Moreen, die Euphor - biaceen, Lauraceen, Myrtaceen und Melastoma - ceen; die Clusiaceen, dann die Malvenbäume, Bütt - neriaceen und Sterculiaceen, von denen aber viele an den trockeneren Tropenwaldungen Anteil nehmen, die Meliaceen und Malpighiaceen, die Rubiaceen, Lo - ganiaceen, Bignoniaceen und viele andere mehr. Auch fehlt es nicht an lokaler beschränkten dikotylen Ordnungen, für welche als Analogon schon bei Pandanus hingewiesen wurde; die Dipterocarpaceen sind eine solche ausgezeichnete, nur auf die indisch-malesischen Tropen beschränkte Ordnung. Ueber einige der hier genannten mögen noch ausführende Erläuterungen folgen.
Leguminosen. Von dieser an Artenzahl (7000 und mehr Arten mäßig geschätzt, in circa 450 Gattungen) nur den Compo - siten nachstehenden, an floristischer und ökonomischer Bedeutung und an Wert für die Vegetationsformationen der genannten arten - reichsten Ordnung weit überlegenen Pflanzengruppe ist das Areal ein ubiquitäres; nur im antarktischen äussersten Süden hört ihre Heimat auf. Die verschiedensten Formationen erhalten ihren An -249Leguminosen. Moraceen, Artocarpeen.teil von den Leguminosen; baumartige sind von besonderer Wich - tigkeit auch für trockene tropische und subtropische Wälder. In den tropischen Regenwäldern zeichnen sich besonders solche Tribus oder ganze Unterordnungen aus, welche den gemäßigten Klimaten fehlen; so beschränkt sich die Tribus der Swartzieen auf das tropische Amerika und Afrika, die Gattung Swartzia zählt aber allein in Brasilien schon 50 Arten von Bäumen oder hohen Sträuchern. Die nach Caesalpinia und Mimosa benannten Unterordnungen ent - falten in Brasilien einen grösseren Formenreichtum, als die eigent - lichen Papilionaceen von meistens krautartigem Wuchs, und gegen 200 gehören zu einer der grössten tropischen Baumgattungen Cassia. Copaifera, Hymenaea, Haematoxylon, Bauhinia sind einige andere, teils amerikanische, teils allgemein-intratropische Gattungen, welchen Bäume der Regenwälder von mächtigem Wuchs ange - hören; aber wohl selten sind die Arten formenreicher Gattungen auf diese beschränkt, treten im Gegenteil mit anderen Arten auch meistens in die winterdürren Vegetationsformationen ein.
Moraceen-Artocarpinen. Die nach dem Brotbaum, Arto - carpus, benannte Untergruppe der Maulbeerbaum - und Brennessel - gewächse, welche zusammen mit 110 Gattungen und gewiss über 1600 Arten eine weit ausgedehnte und formenreiche Pflanzengruppe bilden, enthält viele der allerwichtigsten Laubbaumformen der tropischen Regenwälder, wie sie überhaupt über die Wendekreise hinaus ärmlich wird. Eine Riesengattung ist die der Banyanen, Ficus, von der die orientalische Feige nur einen schwachen Ab - glanz zeigt; etwa 600 Arten verteilen sich in den Tropen der ganzen Erde, gipfeln aber im Formenreichtum in Indien und dem malayischen Archipel; die stattliche Monographie von King über die indo-malayischen Arten zählt deren allein mehr als 200. Manche Stämme zeigen die auffallenden Wurzellamellen in besonders hohem Grade, andere entwickeln zahlreiche Luftwurzeln, auf welche sich die stark verbreiterte Krone stützen kann. Oder die Luftwurzeln umspinnen irgend einen mächtigen anderen Baumstamm (in Indien z. B. häufig eine Palmyrapalme), der dem heranwachsenden Ficus zunächst als Stütze dient, dann aber, immer mächtiger (wie von Epheu) rings umsponnen und in der Kronenentwickelung durch das üppige Laubwerk des Eindringlings gehemmt dem Tode ver - fällt und den Stützstamm verfaulen lässt; der Ficus steht dann auf merkwürdig geformtem Wurzelwerk selbständig da. Dieser interessanten Vegetationsweise gab Grisebach in seiner „ Banyanen - form “Ausdruck. In der Belaubung zeigt Ficus die grösste Mannig - faltigkeit von lederig-glänzenden glatten, zu weichen rostrot be - haarten, ganzrandigen, gesägten, sehr breiten und grossen oder kleinen Formen; auch ist schon der Eigentümlichkeit, häufig am alten Holze zu blühen, Erwähnung geschehen. Brosimum ist eine kleine Gattung des tropischen Amerika, Antiaris (A. toxicaria der Upasbaum) eine indische; Artocarpus selbst erstreckt sich mit 40 Arten von Ceylon ostwärts durch den indisch-malayischen Archipel.
250Euphorbiaceen. Lauraceen. Clusiaceen.Euphorbiaceen. Auch diese Ordnung gehört mit mehr als 200 Gattungen und 3000 Arten zu den grössten des Pflanzen - reichs, welche innerhalb der Tropen ihr Maximum erreichen und sich an allen Formationen daselbst beteiligen; (sogar eine schwim - mende Wasserpflanze, Phyllanthus fluitans, fehlt in Brasilien nicht). Hohe Bäume treten in die tropischen Regenwaldbestände mit ein, während Ordnungsgenossen von niedrig-strauchigem Wuchs und oft mit starker Haarbekleidung die winterdürren Formationen auf - suchen. (Von den fleischigen Euphorbien wird unten die Rede sein.) Die beiden artenreichsten, überall in den Tropen verbreiteten Gattungen mit etwa je 500 und mehr Spezies sind Phyllanthus und die oft in buntem (gelbem) Laubschmuck prangenden Croton, welche letztere auch in Neuguinea sehr charakteristisch für die reichen Regenwälder zu sein scheinen. Andere durch ihren hohen Wuchs oder durch einzelne Arten berühmt gewordene Charakter - gattungen sind Jatropha, Manihot, Stillingia, Aleurites; Hevea ist der beste Kautschukbaum des tropischen Südamerikas, und die „ Seringueiras “zeigen allemal dort das Vorhandensein einer reich - tropischen Waldformation an.
Lauraceen. 42 Gattungen und 900 Arten kennzeichnen diese Ordnung als eine mittelgrosse. Die Arten selbst aber be - schränken sich mit einem, etwa den Palmen vergleichbaren Prozent - satz auf die Tropen, nur mit dem Unterschiede, dass der afrika - nische Kontinent nur einen sehr geringen Anteil an der Lauraceen - flora besitzt. Hinsichtlich Australiens lässt sich der Vergleich dagegen weiter führen; denn — abgesehen von der biologisch sehr abweichenden Gattung Cassytha — sind die 24 Lauraceen daselbst alle auf Nordaustralien, Queensland und Neusüdwales be - schränkt. Zwei Hauptgebiete für die Ordnung in wechselseitiger Vertretung der Gattungen und Arten gibt es daher nur: Indien mit Malesien einerseits und das tropische Amerika, zumal das Amazonasgebiet mit Brasilien, andererseits. Dies tritt beim ersten Anblick der von Schumann im Ergänzungsheft 73 der geographi - schen Mitteilungen entworfenen Karte hervor. Das glänzend grüne aromatische und glatte Laub mit 3 — 5gabeligen Nerven verleiht den grossen Hauptgattungen Cinnamomum (von der 130 Spezies für Indien und Ostasien angegeben werden), Persea (Asien, Amerika etc.) und Oreodaphne = Ocotea (Amerika, Maskarenen und Afrika), Nectandra (Amerika) einen besonderen Spezialcharakter.
Clusiaceen (Guttiferen). Obwohl diese Ordnung im engeren Sinne, wodurch sie allein ihren echten Tropencharakter behält, nur etwa 400 Spezies zählt, so ist sie dennoch durch das charak - teristische Vorwiegen derselben in den Regenwäldern, zugleich durch die Form der grossen, lederartigen, oft wie beim Gummibaum (Ficus elastica) gestalteten, aber stets genau gegenständig-gekreuzten Blätter und durch zum Teil sehr grosse kugelige Blumen auffällig und besonderer Beachtung wert; man rechnet die Ordnung etwa251Rubiaceen. Meliaceen.wie die Bananen zu den deutlichen Anzeichen der feuchten Tropen - vegetation. Wiederum vertreten sich ihre Gattungen in den Haupt - reichen in der üblichen Weise: alle zur Tribus Clusia, diese Gattung mit 80 Arten an der Spitze, gehörenden sind amerikanisch, da - gegen alle zur Tribus Garcinia gehörigen indisch-afrikanisch und nur Rheedia aus derselben Gruppe zugleich amerikanisch; zwei andere kleine Gruppen sind nicht so scharf geschieden.
Rubiaceen. Diese Ordnung zählt als Ganzes, ausgebreitet mit ihren äussersten Posten zwischen beiden Polarkreisen, in 366 Gattungen (nach Schumanns Liste in der Flora brasiliensis) circa 4500 Arten, steht daher hinsichtlich ihres Artreichtums an vierter Stelle. Von dieser grossen Anzahl sind etwa 75 % tropisch, und in den Tropen selbst werden besonders die feuchtwarmen Waldgebiete aufgesucht. Wie Schumann auseinandersetzt, sind z. B. von den in Brasilien einheimischen 1000 Arten 64 % in der sogenannten Region der Najaden und Dryaden einheimisch, d. h. in der Hyläa und dem sich an der atlantischen Küste Brasiliens hinziehenden feuchten Gebiete; hier zumal und in den analogen Gebieten des tropischen Afrika und Asiens lebt die grosse Masse stattlicher Bäume oder hoher Sträucher der nach den Gattungen Cinchona, Nauclea, Condaminea, Mussaenda, Gardenia, Psychotria (Rudgea) benannten Tribus. Von den Gattungen selbst sind wie immer sehr grosse Prozentsätze entweder altweltlich oder ameri - kanisch, von den Tribus sind nur einige kleinere einer der beiden Hemisphären eigentümlich; so sind z. B. die Alberteen und Van - guerieen hauptsächlich afrikanisch und fehlen in Amerika, die Tri - bus der Ixoreen, zu der die berühmte Gattung Coffea gehört, ist wenigstens vorwiegend afrikanisch. — In der physiognomischen Erscheinung der Einzelzweige fallen die Rubiaceen durch die scharf gegenständig-gekreuzten, meistens grossen und breiten, glän - zend entwickelten Blätter, zwischen denen am dicken Blattstiel - knoten noch ein ebenfalls gegenständiges Schuppenpaar zu finden ist, auf; ebenso gehören sie zu den grossblumigeren Holzgewächsen des Tropenwaldes mit Blumen, welche vielfältig an die Form von Syringa erinnern, dabei aber oft mit über fingerlangen, dünnen Blumenkronröhrchen auf den Zweigspitzen gehäuft einen impo - santen Eindruck gewähren.
Meliaceen. Mit etwa 600 Arten ist diese Ordnung nicht überall durch Formenfülle hervortretend, doch gerade recht cha - rakteristische Bestandteile der Tropenwaldungen liefernd, zumal sie nur wenig die Tropen überschreitet (bis Peking einerseits, und mit der einzigen neuseeländischen Meliacee: Dysoxylum spectabile, andererseits zu australen Breiten). Die Gattungen verteilen sich wie gewöhnlich nach den alt - und neuweltlichen Tropen gesondert, wenige sind gemeinsam, und in diesem Falle sind die Beziehungen Brasiliens und der Antillen zu Afrika lebhafter als zu Indien. Cedrela ist mit 25 Arten gemeinsam intratropisch; Flindersia ist252II. Mangrove-Wälder.eine berühmte, 12 Arten zählende Gattung in Australien und Neu - caledonien; Swietenia (Mahagoniholz!) ist Amerika und Afrika gemeinsam, von Carapa soll sogar eine Art wirklich gemeinsam wild in Guinea und Guiana sein, was übrigens ähnlich wie Elaeis guineensis aufzufassen sein könnte. Ausserdem sind durch Arten - reichtum hervorragend Trichilia (111 Spezies) in Amerika und Afrika, Aglaia (60 Spez. ) in Indien — Australien, Guarea (70 Spez. ) in Amerika, aber mit 1 afrikanischen Art; Dysoxylum (85 Spez. ) in Indien, Australien, Ozeanien bis Neuseeland, und die durch ihre Beschränkung auf Brasilien ausgezeichnete Gattung Cabralea (30 Spez.). — Casimir de Candolle hat der geographischen Ver - breitung dieser Ordnung in den „ Transactions of the Linnean So - ciety “eine ausführliche Abhandlung gewidmet.
II. Eng an die heissen Klimate (Zone IV) gebunden ist die dort an schmalen Küstensäumen weit im Bereich der Ebbe und Flut verbreitete und oft das ganze Ge - stade dicht und zusammenhängend umsäumende Forma - tion der tropischen Littoralwälder oder der „ Man - groven. “
Ueberall begrüsst sie den Ankömmling vom Meere her mit demselben eigentümlichen Gesamteindruck, ob - wohl sie durchaus nicht überall aus denselben System - arten sich zusammensetzt. Einen Hauptbeitrag stellt die Ordnung der Rhizophoraceen, von welcher Rhizophora selbst, mit der bekanntesten Art Rh. Mangle, alle tropi - schen Küsten besiedelt, während Bruguiera, Kandelia und Ceriops nur in der Alten Welt und besonders in Indien verbreitet sind. Ausserdem aber beteiligen sich Combre - taceen (Languncularia racemosa, Conocarpus und Bucida) in Afrika und Amerika, mehrere Verbenaceen (Avicennia!), Myrsineen (Aegiceras) und Myrtaceen (Sonneratia) etc. in allen Tropen an dieser Formation.
Göbel hebt in einer der Wachstumsweise der Mangroven gewidmeten Abhandlung (Pflanzenbiologische Schilderun - gen 1889, Kap. II) den Einfluss der Uferbeschaffenheit auf das Vorkommen derselben hervor. „ Für viele Stellen ist die Mangrovenvegetation ausserordentlich charakte - ristisch. Aber sie ist keineswegs überall verbreitet. Sie findet sich nur da, wo die Küste flach und nicht felsig ist, sondern ganz allmählich in den Meeresboden über - geht, an Stellen also, an denen keine Brandung herrscht253Wachstum von Rhizophora Mangle.und die, wo die Gezeiten stärker hervortreten, von der Flut überspült werden, bei Ebbe aber vom Wasser ent - blösst sind. Besonders bevorzugt sind die Mündungen der Flüsse, den letzteren entlang gehen die Vertreter der Mangroveformation auch ins Innere hinein. “ Diese in Indien gemachten Beobachtungen finde ich auch von anderen Reisenden für Polynesien, Amerika und Afrika bestätigt, so dass sie trotz der systematischen Mannig - faltigkeit der Arten gemeinsame Formationscharaktere darstellen werden. Göbel bezweifelt auch, dass die Man - groven überhaupt an einen bestimmten Salzgehalt im Boden gebunden seien; wenigstens hat er Bruguiera im hochgelegenen botanischen Garten zu Buitenzorg gut ge - deihend gefunden.
Als 5 — 15 m hohe, locker oder dicht gestellte Kü - stenwäldchen wurzeln sie im an faulenden Auswurfstoffen reichen Schlamme und entfalten dort auf niedrigem Stamm eine reich verzweigte Krone mit lederartig-immer - grüner Belaubung. Die eigentümliche Erscheinungsweise besonders von Rhizophora Mangle, welche aus zahl - reichen Abbildungen bekannt geworden ist, erklärt sich einmal aus den sparrig-ausgreifenden und in wiederholten Verzweigungen zur Ebbezeit hoch über der Wasserfläche strahlenförmig aufragenden Hauptwurzeln, und besonders aus den überall von der Krone sich herabsenkenden Wurzeln. Diese „ Luftwurzeln “bilden ein dichtes Ge - wirr, in welchem Seetiere einen willkommenen Aufent - halt finden, und welches zu durchdringen zuweilen fast unmöglich ist.
Es ist eine fälschlich verbreitete, in Grisebachs Vegetation d. E. zu findende Angabe, dass diese Luftwurzeln von den schon auf dem Mutterbaum selbst keimenden Früchten herstammten, deren Pfahlwurzel lang abwärts wachsend das Wasser erreichte und nun Tochtergenerationen dem Mutterstamm in inniger Ver - bindung zufügte. Schon ältere Beschreibungen, z. B. Martius in der Flora brasiliensis (Physiognom. Tafel 12) geben den Sach - verhalt richtig an: „ Es bietet sich ein Wald dar, dessen Stämme sich auf vielen Bogen zu stützen scheinen, und in welchem die Baumäste, als wenn ihre Stämme zu schwach getragen würden gegenüber dem Anprall der Fluten, aus einer Höhe von 10, 20 oder mehr Fuss herab Wurzeln auf Wurzeln entsenden, so dass der Baum254Keimentwickelung von Rhizophora.überall hin sowohl Wurzeln als Aeste und Blätter zu entwickeln scheint. Aber wie der eine, so sind auch alle benachbarten Bäume aufgebaut, und alle diese sind ausserdem so sehr unter sich ver - schmolzen und innig verwirrt, dass man die einzelnen Stämme nicht deutlich zu erkennen vermag in Hinsicht auf den Ursprung der ihnen zugehörigen Aeste. “ Diese aus der Höhe herabkommen - den Wurzeln sind also die Zweig-Luftwurzeln, im Gegensatz zu den strahlenförmig wie die Speichen eines Regenschirmes sich auf - lösenden, viel niedrigeren Stamm-Luftwurzeln. Richtig ist dagegen, dass die Pflanze wie wohl die meisten Formationsgenossen zu den „ lebendig gebärenden “gehört, indem der Keimling schon an der Mutterpflanze in fortwährender Weiterentwickelung bleibt und endlich mit einem lang ausgewachsenen keuligen Stengelgliede von seinem einzigen, leer im Samen steckenbleibenden Keimblatt abfällt; die lange Keulenform dient zum Einbohren der Keim - pflanze in den Schlamm hinein. Hierüber hat Warming in den Botan. Jahrb. für Systematik u. Geogr., Bd. IV, S. 519, ausführ - lich, und ebenso Göbel auch für andere Arten der indischen Mangroven, berichtet.
Das Aeussere des interessanten Baumes schildert Warming als ähnlich einem frischen und dichtlaubigen Lorbeerbaum, dessen üppige Krone, von immergrünen, glänzend-lederartigen Blättern geziert, oft ganz bis zum Wasserspiegel reiche und immer abge - rundete Umrisse darbiete. Die Rinde ist glatt und graubraun.
Wir haben hier also das interessante Bild einer wahrhaft biologisch abgegrenzten, d. h. anpassungsmässig an die Natur ihres Standortes und die äusseren Erhal - tungsbedingungen angelehnten, eindeutigen Vegetations - formation vor uns, welches zugleich den Formations - charakter selbst, und was man darunter zu verstehen hat, gut widerspiegelt.
III. Tropische regengrüne Wälder. Bekannt - lich sind im Bereich der Tropenzone die zur Zeit des Zenitstandes der Sonne erfolgenden „ Tropenregen “Regel, dehnen sich in der Nähe des Aequators, zweimal ein - setzend, über einen grösseren Teil des Jahres aus und beschränken sich nahe den Wendekreisen einmal auf mehrere regenreiche Monate. Der „ Winter “ist hier also die regenarme oder regenlose Zeit, und in Klimaten, wo die hohe Temperatur niemals der Vegetation das Ge - deihen versagt, muss der winterliche Mangel an Nieder - schlägen die Ruheperiode der Vegetation bewirken.
Die Ausdehnung der regenarmen Winter in der Tropenzone siehe kurz zusammengefasst auf Taf. XII in Supans Grundzügen255III. Tropische regengrüne Wälder.der phys. Erdkunde. Am weitesten nach Norden erstrecken sich dieselben in Ostasien (bis über 55°) und gerade hier gehen einzelne Tropenformen am weitesten ebenfalls nach Norden.
Sobald nun die Trockenzeiten einen erheblicheren Teil des Jahres einnehmen, als die immergrün-saftige Vegetation zu ertragen vermag, besonders in den Land - gebieten, wo aus geographischen Gründen der Gebirgs - lagerung oder Plateauerhebung, oder aus Gründen der Bodenbeschaffenheit, eine geringfügigere absolute Wasser - menge im Jahreswechsel den Pflanzen geboten wird, müssen die üppigen tropischen Wälder mit ihrem höchsten Reichtum immerwährender Fruchtbarkeit einer trockene - ren Waldformation Platz machen, welche ich als tropische regengrüne Wälder zu den ersteren in Gegensatz bringe. Man könnte sie auch „ winterdürre “Tropenwälder nennen, doch scheint es besser, den temperierten Klimaten ent - lehnten Begriff des Winters hinter dem der belebenden Regenzeit zurückstehen zu lassen.
Diese grosse Formationsabteilung nimmt vielleicht einen grösseren Teil der Tropenwaldzone ein, als die immergrünen Regenwälder selbst; in Afrika überwiegen sie bei weitem, in Indien sind sie mächtig ausgedehnt (⅔ des Waldlandes von Birma werden auf die „ Mixed forests “dieser Formation gerechnet), in Brasilien gehen sie von der Provinz Bahia weit durch das Innere des Landes als die „ Region der Hamadryaden “im Ausdruck von Martius, kehren auch auf den Antillen wieder. Eine genauere Arealunterscheidung bleibt allerdings der Zu - kunft vorbehalten; zunächst gilt Abteilung 1 der Zone IV (s. S. 90) als ihr Entwickelungsreich.
Dass die tropischen regengrünen Waldformationen, in innigster Berührung mit den tropischen Regenwäldern stehend, die mannigfachsten Uebergänge zu letzteren zeigen, ist nur natürlich; so ist es mit allen Formationsabteilun - gen in gleicher Vegetationszone der Fall. Ihr Merkmal liegt in den gegen die Trockenzeiten gerichteten, über - mäßig zu Tage tretenden biologischen Schutzeinrichtun - gen, welche nicht allein eine weitaus häufigere Entlaubung der dikotylen Bäume herbeiführt, sondern die xerophyti -256Charakterbäume der regengrünen Wälder.schen Vegetationsformen, wie Succulenten (fleischige Eu - phorbiaceen, in Amerika Cacteen etc.) zulässt und die eigentlichen Hygrophyten auf die kleinen Plätze perma - nenten Bodenwassers beschränkt. Während im gleichen Florengebiet dieselben Ordnungen beiderlei Waldformatio - nen bilden können (denn auch die Palmen fehlen bei - spielsweise in den regengrünen Waldungen nicht und bilden einen hervorstechenden immergrünen Anteil), so sind daher die Gattungen häufig -, die Arten wohl fast ausnahmslos verschieden; sowie sich wohl die immergrüne Ficusform zu dem Charakterbaum des Sudans: Ficus Sycomorus verhält, auf welchen Grisebach seine Sykomoren - charakterform begründete.
Um die Charakterzüge nennen zu können, hier, wo zusammenfassende Abhandlungen aus den Tropen aller Erdteile viel weniger als in Hinsicht auf die feuchten Tropenwaldungen vorliegen, erscheint es zweckmäßig, als typisches Beispiel die Schilderung von Martius aus den Caa-tinga-Wäldern Brasiliens zu wählen, insoweit, als ich annehmen darf, dass dieselbe auf die Eigenschaften der Gesamtformation Bezug hat. — Die 10. Tafel der als Anhang zur Flora brasiliensis erschienenen Land - schaftsbilder stellt einen solchen „ Caa-tinga “, d. h. einen „ ausgelichteten “(in der Trockenzeit licht dastehenden) Wald dar, im Begriff seine ersten Blätter wieder zu ent - falten; nur einige hohe Palmen (Cocos coronata) und immergrüne Büsche verraten sogleich die Tropenland - schaft; sonst könnte man an einen lichten nordischen Hain denken, wenn nicht die überall aufstrebenden riesi - gen verzweigten Kandelaber der Cacteen (in diesem Fall eine rein amerikanische Ordnung) und die merkwürdi - gen Tonnenstämme einer Bombacee zu sehr exotisch aussähen.
Die Bombaceen bilden eine Tribus der weit verbreiteten, aber in den Tropen am reichsten entwickelten, etwa 800 Arten zählenden Ordnung der Malvaceen von meistens baumartigem Wuchs. Ihre Stämme erreichen oft starken Durchmesser und sind nicht selten in der Mitte am dicksten geschwollen; es gilt diese Wachstumsweise als ein Schutzmittel gegen Dürre durch Wasser - speicherung im Holzkörper, wofür andere noch deutlichere Bei -257Zusammensetzung der regengrünen Wälder.spiele bei Spondias vorliegen. In allen Tropen verbreitet sind die Hauptgattungen Bombax und Eriodendron; Adansonia, der Baobab, ist mit 2 Arten afrikanisch-indisch; Cavanillesia ist deren Vertreter in den Caa-tinga-Wäldern; auch die anderen Gattungen sind auf je ein tropisches Florenreich beschränkt.
Die Bäume erreichen hier nicht die gigantische Höhe, wie in den regenreichen Urwäldern; es bleibt daher auch mehr als in diesen die Form und das Gezweig jedes ein - zelnen, jeder einzelnen Art in dem auch hier sehr bunten Gemisch, zu durchschauen; und wenn die Blätter abge - worfen sind, ist jeder einzelne Epiphyt, jeder Vogel auf den Aesten schon von weitem als solcher zu erkennen. Gewisse Formen, zumal kleinere Bäume und Sträucher, bleiben allerdings auch hier immergrün; aber ihre Blätter sind dann lederartig-hart mit dicht anliegendem Filz - kleid als Strahlungsschutz, wie denn auch die nicht fehlen - den Lianen und Epiphyten derartig organisiert sind und oft aus anderen Familien bestehen; an Stelle der seltene - ren Orchideen sieht man viele echte Parasiten aus den Loranthaceen: Mistelarten und Riemenblumen mit zum Teil prächtigen roten, gelben Blumen hoch in den Kro - nen. Vollständig fehlt (nach Schimper) die Epiphyten - vegetation auch in den trockeneren Gebieten des tropi - schen Amerika „ beinahe nirgendwo auf grössere Strecken “; sie wird aber mit abnehmender Dampfsättigung arm an Arten und spärlicher an Individuen. — Von höchstem Interesse ist hier naturgemäss das Einsetzen der Vege - tationsperiode mit dem Beginn der Regen; es knüpfen sich daran alle Erwartungen, wie an das Erwachen den Frühlings im nordischen Klima.
Martius gibt an, dass ausnahmsweise die Caa-tinga-Wälder ein, ja sogar mehrere Jahre in der Belaubung aussetzen könnten, falls sich der nötige Regen so lange hinausschöbe. Obwohl der berühmte Reisende hier gewiss seine mit der Landesnatur wohl vertrauten Berichterstatter und Begleiter als Gewährsmänner benutzt, scheint mir ein solcher Fall doch mit der Biologie des Baumlebens unverträglich. Ich meine, dass da, wo der Regen ein bis mehrere Jahre ausbleiben kann, nicht Wald -, sondern Steppenformationen ausgebreitet sein werden, zu denen allerdings auch Holzgewächse gehören können. Genaue Mitteilungen würden sehr erwünscht sein.
Mit wunderbarer Geschwindigkeit entfalten sich dann beim Einsetzen des Regens die Triebknospen; „ leichtDrude, Pflanzengeographie. 17258Periodische Erscheinungenkann es geschehen, dass der Reisende an einem heissen Abend in einem blattlosen Walde sein Lager aufschlägt, und, wenn es in der Nacht geregnet hat, anderen Tages durch einen Wald zieht, der, wie durch ein Wunder zum Leben gebracht, ein zartes grünes Gewand von kleinen und herrlich duftenden Blättern angelegt hat. “ Die Früchte, weniger fleischig und oft dafür um so holziger, pflegen erst nach dem Laubfall grösstenteils zu reifen; aber so sehr hängt die Belaubung von der Bewässerung ab, dass ganz dieselbe Waldformation auch gelegentlich immergrün soll bleiben können. Das besondere Art - gemisch, die schärfere Periodizität, die harzigen Säfte, Be - haarungen, Milchsäfte und andere bis jetzt nur sehr unvoll - kommen als Trockenschutz-Einrichtungen erkannte Eigen - tümlichkeiten, die niedrigen Dimensionen der Gesamtphysio - gnomie würden auch in diesem Falle diese Gruppe von Wald - formationen von den eigentlichen Regenwäldern abheben.
Für die organische Periodizität, welche durch Registrierung der Phänologie zugleich mit meteorologischen Beobachtungen in Europa so vielseitig zu erforschen in Angriff genommen ist, liegen aus den Tropen nur Fragmente vor, welche ein hohes Interesse dieses Gegenstandes verraten und auf das Verhalten der Bäume gegenüber Wasserdampfschwankungen als erklärende Ursache hin - weisen. Das gründlichste mir bekannt gewordene Fragment hat Ernst aus der Vegetation Venezuelas geliefert (Botan. Zeitung 1876, S. 38): Viele Holzgewächse verlieren dort in der trockenen Jahreszeit ihre ganze Belaubung, selbst wenn man durch reich - liches Begiessen dies zu verhindern sucht; derartige Bäume sind ausser den Bombaceen, vielen Leguminosen, mehreren grossblätterigen Ficus, auch Amyrideen, Euphorbia caracasana, Jatropha Curcas und gossypifolia, öfters auch Cedrela und Swietenia. Die neue Belaubung tritt bei diesen gewöhnlich beim Beginn der Regenzeit ein; wenn sich aber dieselbe verzögert, so findet man viele Bäume mit schwellenden Knospen und mehr oder weniger entfalteten Blättern selbst auf dürrem, hartem Felsboden zu einer Zeit, wo die tropische Hitze ihr Jahresmaximum erreicht und die Trocken - heit der Atmosphäre ganz ausserordentlich ist. Mit Recht bemerkt Ernst, dass diese periodische Erscheinung viel befremdlicher wirke und physiologisch schwieriger zu erklären sei, als der entsprechende Vorgang im nordischen Klima bei verzögertem Eintritt der warmen Frühlingszeit. — Das Abwerfen der Blätter bringt Ernst in direkten Zusammenhang mit dem mangelnden Verdunstungsschutz der meistens zusammengesetzten und weichen Blätter dieser Bäume, welche alsbald in heisser trockener Luft ein Uebermaß von Feuchtig -259der regengrünen Wälder.keit verbrauchen und damit die in den Zweigen und im Stamm enthaltenen Vorräte erschöpfen. In dem blattlosen Zustande ver - bleiben die Bäume dann bis Ende April oder Anfang Mai, wo feuchte Nordwestwinde als Vorläufer des tropischen Regens sie neu beleben. Als nun aber beispielsweise 1875 der ganze Monat Mai mit trockenem Ostwinde tief blauen Himmel zeigte, die Tem - peratur an mehreren Tagen in der Sonne auf 35°C., im Schatten bis auf 28°C. stieg, waren trotzdem schon Mitte April die Ery - thrinen in feuerfarbenem Blütenschmuck und entfalteten die Bom - baceen (B. Ceiba und Eriodendron anfractuosum) in wenigen Tagen ihre handförmigen Blätter, viele andere Holzgewächse gaben ebenfalls die auffallendsten Beweise einer sehr kräftig beginnenden neuen Vegetationsperiode, obwohl von Feuchtigkeit im Boden keine Spur zu finden war. (Es enthält bekanntlich auch der dürrste Boden eine seiner Hygroskopizität entsprechende Menge von Wasser, welches ihm aber die Wurzeln nicht mehr zu ent - ziehen vermögen.)
Die einzige Möglichkeit eines Erklärungsversuches aus vor - handenen äusseren Anlässen findet Ernst in den lebhaften Tem - peraturschwankungen, welche die trockene Jahreszeit zumal an ihrem Abschluss charakterisieren (30 — 35°C. im Sonnenschein und 15 — 20°C. in der Nacht). Die in dem gerade bei diesen Bäumen weichen und schwammigen Holze eingeschlossenen Gase, bezw. verdünnter Wasserdampf, sollen durch wechselnde Ausdehnungen und Zusammenziehungen den Saftfluss erregen und die Vege - tationserscheinungen auslösen, welche die Pflanze vernichten würden, wenn nicht bald nachher die feuchte Jahreszeit wirklich einsetzen würde. Es erscheint Ernst wahrscheinlich, dass in ähnlicher Weise, wie die Pflanzen einer gewissen Wärmesumme bedürfen, um von dem Tage des Ausschlagens der Blätter bis zur Blütenentfaltung zu gelangen, so auch gewisse Arten eine bestimmte Summe von Wärmedifferenzen brauchen, um jene Schwankungen ihrer inneren Temperatur hervorzubringen, die sich später durch äusserlich sicht - bare Vegetationserscheinungen kund geben. Wird diese Summe schon während der trockenen Jahreszeit erreicht, so beginnen auch schon dann die entsprechenden Phasen, und der Baum zehrt bis zum Eintreten von Niederschlägen von dem in seinem Gewebe aufgespeicherten Wasser.
Für die tropische Kultur und Verwertung pflanz - licher Rohstoffe scheinen die periodisch-belaubten Wälder nicht selten eine höhere Bedeutung als die immergrünen Regenwälder zu haben; so gibt wenigstens auch Kurz aus Britisch-Birma an, dass die tropische Forstkultur dorten hauptsächlich mit jenen zu thun habe, weil die meisten wichtigen Nutzholzbäume sich unter ihnen fin - den. Das reichere Artgemisch aber heftet sich immer260IV. Subtropische Wälder.an die immergrüne Abteilung, und so wechselvoll auch die Bestände der anderen sein mögen, so sind sie doch un - gleich leichter zu überschauen und in ihrem systemati - schen Charakter zu definieren.
IV. Subtropische Wälder mit immergrünen Laubbäumen. Lianen, Epiphyten, Beigemisch hoher Palmbäume und anderer stolzer Monokotylen charakteri - sierten die eigentlichen Tropenwaldungen; jenseit der Grenze der artenreichen Epiphytenvegetation im Walde, welche für einige Länder ziemlich bestimmt angegeben wird (beispielsweise für Mexiko), beginnt eine neue Wald - formation: ihre Genossen können lange Winterkälten nicht ertragen, selbst die hier schon zahlreichen Coniferen nicht; die tropische Ueppigkeit in Belaubung fehlt, breite Riesen - blätter gibt es nicht mehr; die kleineren, kräftig ge - bauten Blätter sind immergrün, oder die Bäume werfen ab: so entstehen gemischte Waldformationen hauptsächlich aus der Lorbeer -, Oliven, Eucalyptus -, Cypressen - und Nadelholzform im Sinne Grisebachs. Diese Formationen bilden hauptsächlich die Wälder der III. und V. Vege - tationszone (S. 85 — 87, und S. 91 — 92). Nach Süden hin sind ihnen auf den drei grossen Kontinentalausläufern keine scharfen Grenzen, selbst nicht in Südamerikas antarktisch genannten Breiten, gesetzt, obgleich die Di - mensionen des Waldes stets sinken und immergrüne Ge - büsche mit zunehmender Polhöhe an seine Stelle treten; auch sei gleich hier bemerkt, dass die selbständigen immergrünen Gebüschformationen gerade den hier zu be - sprechenden Wäldern am innigsten gesellt sind und sich mit ihnen in grosse Länderstrecken, oft nicht zu Gunsten der Waldausdehnung, teilen. Nach Norden hin, wo noch das riesige Gebiet der letzten Hauptformation der Wälder folgt, fällt ihre Grenze zusammen mit dem Eintritt einer langen und vielfältig mit strengeren Frösten verbundenen Winterdauer, welcher die immergrünen Laubbäume sämt - lich, und die grössere Zahl der Coniferengattungen wei - chen müssen; zugleich aber hat, wie es scheint, zuerst Schumann ausdrücklich hervorgehoben, dass für sehr viele Teilhaber der immergrünen dikotylen Waldvegetation261Nordgrenze immergrüner Laubbäume.gemäßigter Klimate eine dauernde Befeuchtung durch atmosphärische Niederschläge notwendiger sei als ein milder Winter.
Schumann hat diese Betrachtungen angeknüpft an seine Studien über die Verbreitung der Lauraceen und besonders von Cinnamomum (s. oben S. 250), von denen hervorzuheben ist, dass sie meist früher verschwinden als die übrigen immergrünen Laub - hölzer; so Cinnamomum daphnoides in Ostasien bei 33½°, und der Kampferbaum schon etwas südlicher, wild vielleicht nur wenig über 30° N. hinaus. Immergrüne Eichen und Camellien ertragen dagegen in Ostasien die Winterkälte um etwa 3 Breitengrade nördlicher. „ In Nordamerika reicht die polare Grenze der Lau - raceen ungewöhnlich weit nach Norden, wenn wir die übrigen Vegetationstypen damit vergleichen. Hier wird noch aus dem Staate Delaware unter 38° N. Persea carolinensis angegeben, und es scheint fast, als ob auf dieser Seite der Vereinigten Staaten durch dieses Gewächs der Beschluss der höheren immergrünen Pflanzen gemacht würde. Auf der Westseite dieses Kontinents gehen die immergrünen Bestandteile der Wälder, begünstigt durch das weniger excessive Klima, weiter nach Norden. Tetranthera californica und mehrere Eichenarten bilden mit der charakteristi - schen Castanopsis chrysophylla immergrüne Haine, die aber streng an das kalifornische Gebiet gebunden sind; nur die letzterwähnte passiert den Oregon, überragt also hier auch in polarer Richtung die Lauraceen, welche ungefähr mit dem 45. ° N. verschwinden. “ Ebenso scheint an den meisten Stationen Südeuropas das natür - liche Vorkommen der immergrünen Eiche, Quercus Ilex, dasjenige des Lorbeers, Laurus nobilis, zu übertreffen, wenngleich letzterer im westlichen Frankreich hoch nach Norden geht, Grisebach zu - folge bis 50° N.
In weiter Ausdehnung nehmen die Nadelhölzer, welche den Tropenwäldern fast überall durchaus fehlen, an der Zusammensetzung dieser subtropisch-gemischten Waldformation teil. Man kann sagen, dass sie die Pal - men ersetzen, wie sich ja meistens die Areale der ge - nannten beiden mächtigen Pflanzenordnungen umgehen und in den Wäldern wechselweise ergänzen. Es ist wohl nur im nordostaustralischen, sich auf Neucaledonien hin - aus erstreckenden Araucariengebiete der Fall, dass Coni - feren mit einer mannigfaltigen Palmenvegetation in innigere Berührung treten, und dass die Araucarien selbst nicht so weit nach Süden reichen, als hochstämmige Palmen der Gattung Livistona. In Südostbrasilien wieder - holt es sich mit dem Ineinandergriff der Areale von262Hauptglieder derAraucaria brasiliana und Cocos australis in geschlossenen Hainen nicht in dem Maße, und beide Formationen schei - nen mehr aneinander vorbeizuschieben, als gesellig auf nahem Raume beisammen zu sein. So ist eine Reihe berühmter Gattungen, in erster Linie: Araucaria, Dam - mara und Fitzroya auf der südlichen, Cedrus, Cupressus, Cunninghamia und Sequoia auf der nördlichen Halbkugel, von Nadelhölzern zu nennen, welche in den Bestand dieser subtropischen Waldformation eintreten oder in ihrem Bereich selbständige Waldungen darstellen. Ist dies letztere der Fall, so ist damit noch keine Veran - lassung gegeben, die ganze Abteilung der subtropischen Wälder in zwei Kategorien, die der Nadel - und die der Laubwälder, zu scheiden; jede einzelne selbständig wald - bildende Art von gut ausgesprochenem physiognomischen Habitus kann dasselbe Recht beanspruchen, und die wei - tere Einteilung der grossen und sehr mannigfaltigen Formation hat meiner Meinung nach ganz anderen, viel - mehr auf die pflanzengeographische Zugehörigkeit und die klimatische Biologie Rücksicht nehmenden Prinzipien zu geschehen. Drei Hauptglieder scheinen sich da als natürlich zu ergeben:
a) Feuchte Subtropenwaldformationen mit zahlreichen Vertretern aus den früher als die tropischen Waldungen charakterisierend bezeichneten Ordnungen; hier zahlreiche und noch hochstämmige Lauraceen, hier noch einzelne kühleres Klima liebende baumartige Monokotylen, z. B. Cordyline (Liliaceen), hier auch noch eigene Epiphyten (Luzuriaga, Astelia) nichttropischer Gattungen, epiphy - tische Farne und besonders noch zahlreiche Baumfarne als Unterholz im Schatten der typisch nie ihre Blätter abwerfen - den, der Trockenschutzeinrichtungen entbehrenden Bäume.
b) Trockene Subtropenwaldformationen mit zwar immergrünen Blättern, die aber doch einer Trockenschutzein - richtung nicht entbehren, und sich gegenüber dem vorigen Typus durch schmaleres, weniger freudiggrünes Laub auszeichnen. Baumfarne fehlen; die dikotylen Ordnungen werden besonders durch Oleaceen, Myrtaceen und Pro - teaceen bezeichnet.
263subtropischen Waldformationen.c) Trockenere, seltener feuchtliebende, Subtropen - waldformationen mit reichlicher Beimischung von Ele - menten, welche vor der kühlen Jahreszeit ihr Laub gänzlich abwerfen und darin die ausgesprochene Winterschutz - einrichtung zeigen. Baumfarne fehlen; unter den diko - tylen Ordnungen treten die tropischen Vertreter ganz zurück und einzelne besondere Familien (z. B. Platanen) erscheinen. Die Eiche dient als Beispiel einer immer - grünen und laubabwerfenden Gattung.
Die beiden ersteren Typen haben ihre hauptsächliche Entwickelung im südöstlichen Australien, in Neuseeland, Valdivien, am Himalaya-Südhang, auf beschränktem Raum auch am Kap gefunden; der letztere Typus nördlich der Tropenzone. Das Abwerfen des Laubes ist thatsächlich nörd - lich vom Wendekreis des Krebses viel umfangreicher, auch schon unter den subtropischen Formationsgenossen, ausge - bildet als an den Südspitzen der grossen Kontinente. Es wäre nicht unmöglich, dass die Rückwirkung der breit nach Norden hin entwickelten Landflächen mit rauhem Konti - nentalwinter seit dem Tertiär dazu die Veranlassung ge - boten hätte. Die beiden einzigen echten Lauraceen, welche ihr Laub abwerfen, nämlich Lindera und Sassa - fras, bewohnen Ostasien und die Vereinigten Staaten. Die Wallnüsse, Platanen, Maulbeerbäume, der Liquidam - bar, die carische Feige, alle werfen ihre Blätter im Herbst ab und besitzen boreal-subtropische Areale. Die nördlichsten Bäume der Leguminosen (Robinia, Gymno - cladus, Gleditschia) zeigen dasselbe. In ihnen ruht wohl das Stammmaterial, aus welchem die Kinder der nordi - schen Waldvegetation entsprungen sind, und auf den Gebirgen mischen sich letztere in die subtropischen For - mationen mit Bäumen der Lorbeer - und Myrtengruppe hinein.
So ist denn, nach Florenreichen und dem von ihnen zur Verfügung gestellten systematischen Material geschie - den, in dieser Waldformationsabteilung eine grössere Mannigfaltigkeit, als vielleicht in jeder der beiden Tropen - waldformationen, entwickelt und bietet ein wechselvolles Bild, welches erst das genaue Eingehen auf die Einzel -264Verschiedenheit auf der nördl. und südl. Halbkugel.bestände selbst, unter Wahrung des Florenreichscharakters, klar entrollen kann. Die Eichenwälder mit Cedern, Kiefern, der Manna-Esche, ihren Ahornbäumen, Pistacien, der Olive, Juglans und Pterocarya, Diospyros, Liquidam - bar und Platanus orientalis im Mittelmeergebiet und Orient sind weit verschieden von den mit ganz anderen immer - grünen Eichen gemischten Magnoliaceen und Ternströ - miaceen, Lauraceen und endemischen Nadelholzgattungen Ostasiens. Dem letzteren Gebiete ähnlicher sind die ent - sprechenden Bestände im westlichen, mehr noch im öst - lichen subtropisch temperierten Nordamerika. Aber wel - cher Kontrast entsteht nun beim Vergleich der Eucalypten - waldungen von Neusüdwales und Victoria, wo hohe Farnstämme von Dicksonia gesellig im Schatten wachsen, Doryanthes als baumartige Liliacee erscheint, und die südlichen Nadelholzgattungen den tropischen Rubiaceen, Meliaceen (Cedrela australis, die „ rote Ceder “von Queens - land) etc. begegnen. Oder wenn man mit den ersteren die Wälder Neuseelands vergleicht, wo die eine der beiden Proteaceen: Knightia excelsa, als pappelähnlicher stolzer Baum erscheint, Metrosideros von den Myrtaceen, Wein - mannia von den Saxifragaceen, Atherosperma und Peumus von den Monimiaceen, Dammara und Phyllocladus von den Nadelhölzern die Charakterzüge bildet. Oder wenn man den Leucadendron-Wald des Kaplandes, die immer - grünen Wälder Valdiviens mit der antarktischen Magno - liacee Drimys und den dortigen Proteaceen: Embothrium und Lomatia, ja mit sogar dem höchsten Compositen - baum von 30 m Höhe, Chuquiragua, mit Luzuriaga als epiphytischer Liliacee, ferner mit der andinen Araucaria, Libocedrus und Fitzroya aus den Nadelhölzern im Cha - rakter der Formen vergleichend prüft.
Es ergibt sich bei diesem Vergleiche, dass wenig - stens zwischen den auf der nördlichen und den auf der südlichen Erdhälfte thatsächlich entwickelten subtropi - schen Waldformationen so viel schneidende Kontraste in Hinsicht auf die Ausprägung durch verschiedene Pflan - zenformen bestehen, dass die hier gebildeten Vegetations - zonen zwar als einander klimatisch analog, aber niemals265V. Winterkalte Laub - und Nadelwälder.als in ihrer erdgeschichtlichen Wirkung zusammenfallend zu betrachten sind.
V. Winterkalte Wälder mit periodischer Be - laubung und immergrün-frostharten Nadelhöl - zern. Schon unter der Gruppe c) der subtropischen Waldformationen befanden sich zahlreiche, allerdings nie - mals weit nach den kaltgemäßigten Breiten sich er - streckende Baumformen mit Laubabfall bei Eintritt der kühlen oder kalten Jahreszeit, sogar Lauraceen, vornehm - lich aber neue Ordnungen, wie Platanus, Juglans. Zu - nächst tritt diese Vegetationsform noch mit den immer - grünen Bäumen geographisch vereinigt, topographisch vielleicht häufiger schon getrennt, auf; alsbald aber herrscht sie in der nördlichen Zone allein, entwickelt sich zu anhaltend-strenge Winter ertragenden Formen, deren Vegetationszeit sich dementsprechend zu verkürzen ver - mag, wechselt die Nadelhölzer aus, indem die frostun - sicheren verschwinden und frostharte dafür an die Stelle treten, und endet schliesslich in einer dem Polarkreise nahe kommenden oder diesen sogar stellenweise über - schreitenden Linie mit den frosthärtesten Baumformen, wo alle übertroffen werden durch einen Nadelbaum, der nun aber selbst zu den wenigen laubwechselnden dieser Ordnung gehört: die Lärche.
Die anderen laubwechselnden Coniferen sind boreal-subtropisch, der Gingko (Gingko biloba) und Pseudolarix Kämpferi in China - Japan; das schöne Taxodium distichum, jetzt im mittleren Nord - amerika, ist im Tertiär viel höher nach Norden und weiter cir - cumpolar verbreitet gewesen.
Die Wirkung des Klimas auf die Ausbildung und Verbreitung dieser Vegetationsform im Verlauf der jünge - ren Erdentwickelung liegt also als ausgezeichnetes Bei - spiel hier offenkundig zu Tage. Es ist demnach auch verständlich, wie ein allmählicher Uebergang im For - mationsbestande durch Mischung verschieden organisierter Typen entstehen muss, der eine strenge Scheidung der hier genannten Abteilungen von Wäldern verhindert. Da aber die Temperaturen hier für die Verbreitungsweise ausschlaggebend sind, so ist es leicht, an der Hand unserer Karte mit Köppens Wärmegürteln die Verbrei -266Nordgrenze der sommergrünen Bäume.tungssphären ungefähr anzugeben. Der sommerheisse Gürtel im gemässigten Klima der nördlichen Halbkugel enthält grösstenteils das Mischungsgebiet der immer - grünen mit den sommergrünen Laubhölzern; in Nord - amerika aber besteht die Bewaldung dieses Striches schon grösstenteils aus laubabwerfenden Bäumen, was bei Ver - gleich der Wintertemperaturen, auf die es nun wieder besonders ankommt, nur erklärlich, ja notwendig erscheint. Der dann folgende Gürtel mit gemäßigtem Sommer und kaltem Winter hat nur in den mit Seeklima ausgerüste - ten Ländern (im atlantischen Europa, in Japan, Kali - fornien) noch immergrüne Laubbäume, sonst aber schon überall frostharte Nadelhölzer gemischt mit im Herbst laubabwerfenden Dikotylen. Dieser Gürtel reicht auch noch für die Kultur der sommergrünen Bäume aus dem südlicheren wärmeren Gürtel mehr oder weniger aus, um so mehr, je ozeanisch-gemilderter seine Winter sind; streckenweise gedeiht aus anderen Gründen überhaupt gar kein Wald. Der letzte sehr breite Klimagürtel, als kalter bezeichnet, reicht noch gerade für das Baumleben bis ungefähr zu seiner mit der nördlichen Baumgrenze ziemlich gut zusammenfallenden Nordgrenze aus, zeigt aber einförmige Wälder von überwiegenden Coniferen - beständen und von Alnus und Betula, Salix und Populus als fast einzigen kräftig gedeihenden und eigene Bestände bildenden Laubhölzern. Auf einige Gebiete des sommer - gemäßigten und winterkalten Gürtels häuft sich daher die grösste Mannigfaltigkeit und der bunteste Bestandes - wechsel der schönen Formation, die hier unter Abt. V begriffen wird und welche die Zone II (siehe oben S. 83 bis 85) auszeichnet, zusammen.
Die Wirkung des ozeanischen Klimas ist wohl die Ursache der merkwürdigen Erscheinung, dass diese im Norden so ungeheuer breit und imposant entwickelte Formation als solche im antarktischen Süden nicht wieder - kehrt. Auch der Süden hat seine laubabwerfenden Laub - hölzer; eine stolze chilenische Buche soll im Gesamt - charakter ausserordentlich der europäischen gleichen; aber der südliche kalte Gürtel hat nicht das sommerliche,267Mangel derselben im Süden.sondern das immergrüne Laub zur Entwickelung ge - bracht, und er lässt eher die stolzen subtropischen Laub - hölzer verkrüppeln und zu immergrüne Blätter behalten - den Strauchformen oder strauchigen Repräsentativarten herabsinken, als einen neu in eigener Formkraft glän - zenden winterharten Wald erstehen; ausserdem hat er nichts den ertragungsfähigen nordischen Coniferen Ent - sprechendes aufzuweisen. Dafür muss man die mangelnde Sommerwärme verantwortlich machen, deren hohen Wert man in Sibirien so klar erkennt; denn die klimatische Gesamtsignatur vom südlichen Amerika und Skandinavien, Sibirien und Kanada ist dieselbe.
Die Sommerwärme im kontinentalen Norden ist es allein, welche einzelne Baumarten in unveränderter syste - matischer wie biologischer Erscheinung die excessivsten Kältegrade der Erde ertragen lässt (vergl. oben, S. 24). Wieweit die Acclimatisationsfähigkeit einzelner Formen hier geht, ergibt sich am besten aus den Areal - und Klimavergleichen über die Birken, welche als die här - testen sommergrünen Laubhölzer zu betrachten sind.
Unter Hinweis auf das oben (S. 189) besprochene Gesamt - areal der Unterordnung Betulinae von den Cupuliferen möge hier das der nordischen Weissbirke, Betula alba L., in der für diese Art von Willkomm in seiner Forstlichen Flora von Deutschl. u. Oesterreich gegebenen Umgrenzung folgen; dasselbe ist auch zu ersehen aus Berghaus’ Physik. Atlas Nr. 45 u. Nr. 48 (Pflanzen - verbreitung Bl. II. u. V). Ihre in mehrere nicht sehr verschiedene Varietäten gegliederten Bestände reichen aus den trockenen Ebenen und Mooren, Torfbrüchen, Mittel - und Nordeuropas bis zum Nord - kap durch das nördliche Russland bis an die Küste des Eismeeres und dann durch Sibirien hindurch bis Kamtschatka; denn die im nördlichen Ural und die bei Jakutsk, am Aldangebirge und bei Petropawlowsk beobachtete Weissbirke ist als eine Art anerkannt, sogar noch die grönländische unter 62° N. beobachtete Form in 4 — 5 m Höhe und 1½ — 2 cm Durchmesser des Stammes. Doch werden hier von den Reisenden mehr Gebüsche als Wälder von Birken angegeben, wogegen die Bäume im östlichen Sibirien statt - liche und nutzbare Waldbestände bilden. Die Grenze der Weiss - birke durchschneidet in Europa die Halbinsel Kola, trifft die Ost - küste des Weissen Meeres unter 67¼° N., senkt sich am Ob auf 66¼°, steigt wiederum am Jenisei auf 69½°, sinkt, und steigt weiter ostwärts an der Kolyma bis 68° und erreicht in der durch Lücken vielfach um die Gebirgszüge herum sich schlingenden Form268Nordgrenze der Weissbirke.der ostsibirischen Vegetationsgrenzen dann die Ostküste Kamt - schatkas, vielleicht auch noch die Küste Alaskas.
In diesem weiten Gebiete nun hat der Birkenwald mit Klimaten zu thun, deren Amplitude in Monats - mittelwerten ausgedrückt unter 14° im westlichen Europa sinkt und hoch über 60° im Gebiet der Lena (62° Ampli -
tude bei Jakutsk) steigt, mit Klimaten, in denen das Januarmittel 0° und — 40° bis — 48°C. beträgt, wo - gegen allerdings die Sommertemperaturen, die Mittel - werte des wärmsten Monates, weniger stark schwanken, nämlich nur zwischen ungefähr 20° und 14° (bei Aus -269Temperatursphäre nordischer Bäume.schluss der wenigen für Birkenwuchs gut geeigneten Stellen im südlichen Grönland, deren lokale klimatischen Begünstigungen erst noch näher zu erforschen sind).
Der Gegenstand ist wichtig genug, um beispielsweise ein - gehender betrachtet zu werden, zumal nachher bei der Acclimati - sationsfrage wiederum die Birke zum Beispiel gewählt werden soll. Es sind daher in der nebenstehenden Figur 4 Temperatur - kurven dargestellt, welche so ziemlich ein Bild, in welchem Maße das der Birke zur Entwickelung dienende Klima schwanken darf, wiedergeben; doch sind durchaus nicht die allergrössesten Extreme nach der einen oder anderen Seite hin benutzt. Für Mitteleuropa ist Dresden zum Anhalt genommen; das nordeuropäische Klima cha - rakterisiert die Kurve von Tornea, das ostsibirische Binnen - und Küstenklima die von Jakutsk und von Petropawlowsk, wo die Weissbirke noch gutes Schiffsbauholz liefern soll. Die Kurven sind zum bequemeren Vergleich der Amplitude in zwei Hälften gezeichnet, deren obere die Vegetationsmonate in Europa umfasst, während die gleichsinnig unten herum weiterlaufende Hälfte die winterkalten Monate umschliesst. Wie unten gezeigt werden wird, kann man ziemlich allgemein 9°C. Mitteltemperatur als Belau - bungs -, 8°C. als Entlaubungsphase der Weissbirke ansehen; es sind daher diese Temperaturen (im Juli ineinander überführend) als die die Vegetation der Birke von ihrem Ruhezustande trennenden be - sonders hervorgehoben. Die vorbereitenden Wärmegrade für die Belaubung des Baumes sind daraus zwar nicht zu ersehen, haben aber auch ohne die nötigen höheren, später folgenden Tempera - turen keinen Zweck. Es ersieht sich daraus mit einem Blick, welchen Teil der Jahreskurve die Birke zur Ausnutzung für sich hat.
In Hinsicht auf biologische Vegetationsformen zeich - nen sich die winterkalten Wälder durch das vollständige Fehlen aller Schopfbaumtypen, mithin aller Monokotylen, aus; selbst die Farne sind nur noch als alljährlich ihre Wedelrosetten erneuernde, niedrig über der Erde ver - bleibende oder mit kriechendem Wurzelstock an der Erd - oberfläche ausdauernde Formen vertreten, ohne die Eigen - heit ihrer Erscheinung jedoch gänzlich einzubüssen. Die wenigen hier vertretenen Ordnungen bewirken eine ge - wisse Monotonie, nur im mittleren Nordamerika durch die dort noch zahlreich in die winterkalten Gebiete ein - tretenden subtropischen Abkömmlinge, von denen unten die Rede sein wird, unterbrochen. Sonst sind nur Ahorn, Linde und Esche als allgemein verbreitete Baumgat - tungen mit subtropischer Beziehung zur Belebung der270Physiognomie der winterkalten Wälder.herrschenden Kätzchenbaum-Laubformen und der Nadel - hölzer zu nennen.
Mehr als sonst irgendwo herrschen daher hier Wäl - der eines Schlages, in denen eine einzelne Baumart auf weite Strecken Landes die Herrschaft führt, oder Wälder aus wenigen Arten gemischt, wie in Deutschland Buche, Fichte und Tanne, oder Eiche, Kiefer und Birke. Ob das eine oder andere eintritt, ob eine oder mehrere Baum - arten die Hauptmasse des Waldes bilden, scheint allzu - sehr von örtlichen Einflüssen abzuhängen, als dass ein dauernder Bestand in der Landesphysiognomie damit ver - bunden sein könnte; jedenfalls strebt die Natur nach Wechseln, und es ist ebenso wahrscheinlich, dass ein gemischter Bestand seine Hauptarten an den einzelnen Stellen wechseln lässt, als dass bald diese bald jene Art vorübergehend zur Vorherrschaft gelangt, als dass end - lich ein Wald eines Schlages nach Erschöpfung in sich selbst nun durch einen ganz anderen Schlag abgelöst wird. Wie ich in Englers botan. Jahrb. Bd. XI, S. 21 bei Besprechung der mitteldeutschen Formationen aus - einandersetzen konnte, erscheint es daher auch unange - bracht, nach diesen sich zwar zunächst aufdrängenden, aber doch das Wesen der Sache nicht erschöpfenden An - ordnungen zu einfachen oder gemischten Beständen unsere Formationen weiter zu zersplittern. Am ehesten ist noch die Scheidung geschlossener Nadelwälder und geschlossener Laubwälder statthaft, nur dass sie überbrückt wird durch zahllose Bestände, in welchen diese beiden Vegetations - formen in gegenseitigem Frieden und wechselseitig sich unterstützend durcheinander gemischt sind.
Sobald allerdings die südlichere Zone der winter - kalten Waldformationen überschritten ist, gelangt der Coniferenwald zur überwiegenden Herrschaft, mischt sich aber an vielen Stellen selbst aus mehreren Arten, welche im westlichen Nordamerika noch eine reichere Fülle an - nehmen. So bietet Nordamerika wohl überhaupt die wechselndsten und anregendsten Bilder für diese Formation, in welcher die bunten Laubwälder Virginiens, die regen - reichen Nadelwälder von Kolumbien bis Sitcha herauf,271Artgemisch. Nebenbestandteile.die monotonen Tannen - und Fichtenwälder mit Birken und Espen im nördlichen Kanada im Artgemisch, in ihren Nebenbeständen und folglich in ihrer Physiogno - mie höchst wechselvoll sich verhalten.
Hoch in die Wipfel hineinrankende Lianen gehören nicht mehr zu den Nebenformen der winterkalten Wald - formationen; Epiphyten sind neben wenigen Baumpara - siten (Viscum) wohl zahlreich vorhanden, aber sie gehö - ren, ausser an der Stammborke reichlich sich einfindenden Moosen, alle zu der Klasse der Flechten (Lichenen) und nie zu den bewurzelten Blütenpflanzen.
Hinsichtlich der Lichenen tritt wiederum die der tropischen Epiphytenvegetation analoge Erscheinung ein, dass dieselbe Pflanzenklasse, welche die an der Stamm - und Zweigrinde haftende, besonders auf die feuchteren kühleren Klimate angewiesenen Epi - phyten liefert, zugleich in anderen Repräsentanten den trockenen Fels -, Sand - oder Heideboden allein oder mit anderen Pflanzen gemischt deckt.
Drei Schichten verschiedener biologischer Vegetations - formen sind auch in den winterkalten Wäldern noch häufig: ausser dem grünen Laubdach noch eine Schicht von lockerem Unterholz aus hohen Sträuchern gemischt mit heranwachsenden Bäumen, und dann die Bodenschicht gemischter Stauden, Gräser, Farne. Oder aber an Stelle der beiden Unterschichten findet sich eine fest zusammen - hängende Gesträuchdecke (wie z. B. von der Heidelbeere), oder zumal im geschlossenen Nadelwalde nur eine Moos - decke mit wenigen eingestreuten Stauden. Pilze fehlen niemals, bilden aber nur vereinzelte Gruppen oder Einzel - stücke. Der Reichtum an Stauden (d. h. also an aus - dauernden, meistens mit unterirdischem Wurzelstock über - winternden Kräutern) ist im gemischten Bergwalde oft ein grosser, und hier zeigt sich dann auch wohl fast allgemein die mit dem Lichtwechsel im unbelaubten und belaubten Walde zusammenhängende Erscheinung, dass im Vorfrühling der Waldboden vielfältig eine zusammen - hängende Decke schön blühender Stauden zeigt, welche rasch ihre Blätter entwickeln und die für sie lichtreiche, mäßig warme Jahreszeit zur Vollendung der eigenen Periode ausnutzen, während derselbe Waldboden vom272Humuspflanzen. Laubentfaltung, Blütezeit.Schluss des Mai an, wo die genannten Stauden nur noch unterirdische Vegetationsthätigkeit zeigen, kahl dasteht und höchstens noch im Hochsommer von einzelnen Gruppen lichtscheuer Humuspflanzen (Monotropa, Neottia, Epi - pogium) ausser von Pilzen besiedelt wird. Diese sogen. Saprophyten aber bilden gerade so charakteristische Ne - benbestände, wie die Epiphyten im Tropenwald, sind auch in letzterem vorhanden in ganz anderen Gattungen (Voyria, Burmannia), und sind, als dem ernährenden Lichte entzogen, auf Benutzung der modernden organi - schen Waldreste hingewiesen.
In den biologischen Einrichtungen steht die Ge - schwindigkeit der Laubentfaltung bei eintretendem Früh - ling, das beschleunigte Blühen oft schon vor der Laub - entfaltung, und die günstigste Ausnutzung der ganzen Vegetationsperiode obenan.
Diese Verhältnisse sind auf botanisch-morphologischem Wege besonders von F. W. C. Areschoug mehrfach erläutert worden; siehe z. B. dessen zusammenfassende Abhandlung in Englers botan. Jahrb. IX, S. 70. Die meisten Bäume blühen sehr früh - zeitig im Frühjahr (Ausnahme: Linde!), aus schon im Vorjahr bis zu hochgradiger Entwickelung angelegten Knospen. Diese über - wintern sogar bei einigen (Birken, Erlen etc.) nackt aus den Knospen hervorgetreten, und zur Zeit der Blütenstaubentleerung in den ersten warmen Frühlingstagen ist das Pistill bei diesen Arten noch nicht weit genug zur Befruchtung vorgeschritten. Areschoug bringt auch die beschleunigte Entwickelung im Blühen in Zu - sammenhang mit der einfachen Organisation in den Blüten der nordischen Bäume, welche ja bekanntlich Kätzchenträger sind, und meint, es werde dadurch der Vorteil gewonnen, dass der Baum den grösseren Teil seiner vegetativen Kraft auf das Verstärken und Vergrössern von Stamm und Zweigen verwenden könne. Doch sei an die für die Mehrzahl der Tropenbäume festgestellte Blumen - kleinheit hier zurückerinnert, und auch die Frucht - und Samen - produktion steht bei den nordischen Bäumen in einem nicht geringfügigeren Verhältnis.
Die Geschwindigkeit der Entwickelung zwingt natur - gemäß unter höheren Breiten zum Ausnutzen niederer Temperaturen, sei es auf die eine oder die andere Weise in Hinsicht auf den Beginn der Phase oder auf die ganze für die Vegetationsperiode verwendete Temperatursumme. Unter Verweis auf das früher allgemein darüber Gesagte273Vegetationskurven der Weissbirke.(vergl. Abschn. 2, S. 46) sei dieser Frage nach der Art und Weise der Acclimatisation im Baumleben hier an der Hand des weiter auszuführenden Beispieles der nor - dischen Weissbirke nochmals gedacht, unter Hinweis auf die oben allgemein nach Linssers Gesetzen daran ange - knüpften biologischen Zielpunkte. Die vorstehend (S. 268) dargestellten Kurven würden am ehesten zu der Vermu - tung veranlassen, dass die Birke der Verkürzung des Sommers durch Austreiben der Blätter bei immer niederer beginnenden Anfangstemperaturen entgegenwirke. Ein Blick auf die hier aus Skandinavien mitgeteilten phäno - logischen Beobachtungsresultate lehrt das Gegenteil: der Phasenbeginn fällt ungefähr auf die gleichen, in nördlichen Gegenden aber noch etwas erhöhten Tempe - raturen in der aufsteigenden Frühlingskurve.
Die hier mitgeteilten Daten entstammen aus gründlichen Be - obachtungsreihen, welche am Upsala-Observatorium zur Durch -Drude, Pflanzengeographie. 18274Belaubungs - und Entlaubungsdaten.arbeitung durch Arnell und später durch Hult gelangten, welcher letztere die schöne Abhandlung: Recherches sur les phénomènes périodiques des plantes, Ges. d. Wissensch. zu Upsala, Nova Acta Ser. III, 1881, darüber veröffentlichte. Die Temperaturkurven a bis e beziehen sich auf 1873 — 1878; an der Stelle der Kurve, auf welche der erste Beblätterungstermin der Birke in dem gleichen Zeitraum von Jahren fällt, ist ein starker Querstrich eingetragen, und diese Marken sind zu einer eigenen Kurve verbunden. Das - selbe ist mit der vom September bis Oktober fallenden Entlau - bung vollzogen. Für die Frühlingsphase habe ich das kleine Stück der Dresdener Temperaturkurve im 40jährigen Mittel hinzugefügt, welches die mittlere Belaubungszeit der Birke (20. April) ein - schliesst. Man sieht, dass die Belaubungstemperatur nur zwischen 8,6° (Upsala) und 10° schwankt, die viel ungenauer zu ermittelnde Entlaubungstemperatur zwischen 7° und 10°C. ; in Dresden fällt erstere auf 9°, ist in Schonen 1° höher, sinkt dann unter 9°, um im nördlichen Lappland wiederum bis gegen 10° zu steigen. Hult hat diese Erscheinung ganz allgemein auf die Regel zurückgeführt, dass jede Spezies ihre Phasenentwickelung bei einer bestimmten, ziemlich gleichmäßigen und konstanten Temperatur eintreten lässt; wenn aber die Temperaturkurve so rasch steigt, dass sie die Geschwindigkeit der Zeit-erfordernden organischen Entwicke - lung überflügelt, so wird letztere dadurch auf ein Datum ver - schoben, an welchem schon eine höhere Mitteltemperatur fällig ist. Berücksichtigt man nämlich die Geschwindigkeit des An - steigens der Temperaturkurve in den hochnordischen Gebieten, so ergibt sich, dass die dortigen Pflanzen die ersten vorbereitenden Anfänge für die spätere Belaubung oder Blüte schon bei niede - reren Temperaturen vor sich gehen lassen, als in südlicheren Ge - bieten desselben Art-Areals; aber die Phase selbst bricht doch bei noch etwas höheren Temperaturen erst durch. — So ist es auch erklärlich, dass das raschere Herabsinken der herbstlichen Tempe - raturkurve die Entlaubung auf eine tiefere Mitteltemperatur fallen lässt, als es die südlicheren Gebiete zeigen.
Verbindet man nun durch eine gerade Linie die Belaubungs - und Entblätterungsdaten, so erhält man dadurch ein graphisches Bild von der Länge der Vege - tationsperiode an den einzelnen Orten, wie es in vor - stehender Figur mit der Birke im nördlichen Lappland geschehen ist. Im Mittelwert ist die Länge der Vege - tationsperiode auch mit 9°, bez. 8° in der Figur (S. 268) vermerkt. Es würde interessant sein, auch zu diesen Vergleichen die von Hoffmann empfohlenen Insolations - temperaturen zur Verfügung zu haben; vielleicht würden dieselben noch schärfere Zahlenwerte ergeben, zumal wenn275Grisebachs Phytoisothermen.die Tagessummen gezogen würden; soweit sind wir aber noch nicht gediehen.
Die Mittel der Schattentemperaturen lehren sehr überzeugend, dass zunächst einmal die jedem Baum an den südlichen und nördlichen Grenzen seines Areals zur Verfügung stehenden Temperatursummen sehr ungleich sind; man sieht sie in den hier gegebenen Figuren in Flächenunterschieden vor sich. Aber sie lassen auch Grisebachs Phytoisothermen-Gesetz richtiger beurteilen, wie er es in V. d. E. I, 78 eingeschränkt mitgeteilt hat. Ursprünglich von der Voraussetzung ausgehend, dass die Vegetationszeit des borealen Waldgebiets überall eine nahezu gleiche Mitteltemperatur („ Phytoisotherme “) be - sitze, z. B. die von den drei Sommermonaten zu Jakutsk (13,2° R.) fast gleich mit den acht Monaten der Vege - tationsperiode zu Bordeaux (13,9° R.), fand Grisebach später, dass an den nördlichen Arealgrenzen diese hohen Temperaturen nicht erreicht werden, z. B. in Alten (Lappland) nur 9,5° R. im Mittel erreichen. Ein Blick auf die skandinavischen Kurven zeigt aber, dass die Mitteltemperatur der Vegetationsperiode mit zunehmender Breite ganz allmählich abnehmen muss, da der ungefähr gleiche Temperaturanfang der Vegetation in südlicheren Breiten den Gesetzen der allgemeinen Wärmeverteilung zufolge alsbald zu höheren Temperaturen aufgetrieben wird, und die Vegetationsperiode dann auch bei höheren Temperaturen ihr Ende erreicht. Die Berechnung aus Insolationstemperaturen würde die Differenz wahrschein - lich nur noch verstärken.
Aus dieser Betrachtung lässt sich endlich noch eine einfache Schlussfolgerung für die klimatische Grenze der nördlichsten Bäume ableiten: dort wird ihr Areal zu Ende sein müssen, wo die Anfangsentwickelungsphase (Belaubung bei 9°C. ) so nahe am oberen Kulminations - punkt der jährlichen Temperaturkurve liegt, dass die fort - schreitende Baumentwickelung alsbald mit der wieder ab - steigenden Temperaturkurve herabgedrückt werden muss; in Lappland folgen auf die Anfangsphase noch etwa 40 Tage aufsteigender oder in der Höhe bleibender Tem -276Gebüsch - und Gesträuchformationen.peratur, dann etwa noch 50 Tage absteigender Tempe - ratur bis zur Entblätterung. Grisebachs Ableitung, dass die Vegetationsperiode eine Verkürzung unter drei Monate nicht vertrage, gibt dieselbe Regel summarisch nach Zeit ausgedrückt.
Die eben ausführlich besprochenen Wälderformatio - nen stehen insofern allen übrigen voran, als sie das höchst erreichbare Ziel einer gleichmäßig dichten Bestandes - decke über dem Erdboden bezeichnen, welche an den ge - eigneten Plätzen die meisten übrigen Vegetationsformen als untergeordnete Formationselemente zulässt. Wo Lich - tungen im Walde auftreten, finden die Sträucher, zwi - schen und neben diesen oder im Halbschatten der Bäume auch die Halbsträucher und die zahlreichen Stauden, ihre besonderen Plätze; Gräser sind nicht ausgeschlossen und bedecken bei lichter Belaubung (wie in unseren Birken - wäldern) sogar gesellig den Boden; auch gehen die Bäume noch vereinzelt und in besonderen widerstandsfähigen Arten in die auf strenge Substrat - und Bewässerungs - eigentümlichkeiten gegründeten Formationen hinein: über - decken den Fels, wenn sie im Moosteppich Wurzel ge - schlagen haben, wagen sich in die Steppe, in die Moore, umkleiden sogar das süsse und brackische Wasser. Wo aber die Vegetationsbedingungen des Baumlebens denen anderer Vegetationsformen nachstehen, gewinnen letztere die Oberhand und werden zu eigenen Formationen, von denen die Gebüsch - und Gesträuchformationen die niederen und kleinen Holzgewächse, die Grasflur - und Stauden - formationen die nicht verholzenden ausdauernden Kräuter umfassen.
Gebüsche nennen wir die Bestände höherer Sträu - cher mit lang in die Höhe wachsenden und dichtes Ge - zweig bildenden kleineren, in dichten Haufen beisammen - stehenden Stämmen; Gesträuche nennen wir die aus niederen Halbsträuchern gebildeten Bestände. Letztere werden an Höhe oft genug von hochwüchsigen Stauden übertroffen, aber sie haben doch das Charakteristische277Bildung der Strauchbestände.der oberirdisch-verholzten Stämmchen oder Hauptzweige für sich, welche die zahlreich wechselnden beblätterten und blühenden Seitenzweiglein treiben und selbst ab - sterben, sobald sie einen Cyklus mehrerer kräftiger Vege - tationsperioden hinter sich haben; durch dieses schnellere Absterben bleibt die Höhe gering und die Vegetations - fülle mäßig. Es ist bisher noch nicht versucht worden, etwas schärfere biologische Unterschiede in die kleinen Bäume, grossen und kleinen Sträucher und endlich Halb - sträucher hineinzulegen, sondern man hat sich bislang mit den das Wesentliche treffenden landläufigen Bezeich - nungen begnügt; sollen die Unterschiede besser gefasst werden, so wird man auf die Bildung der Hauptachse und auf das Vorhandensein eines kriechenden Wurzel - stockes oder unterirdischer Ausläufer, wie sie viele Halb - sträucher zeigen, das Hauptgewicht zu legen haben. Dass scharfe Fassung dieser Begriffe sich nicht immer er - möglichen lässt, beweist schon, dass waldbildende Bäume auch zu Gebüschen herabsinken können, wie die Eichen - kratts in Schleswig-Holstein.
Für eine allgemeine Anschauung der Gebüschforma - tionen möge Grisebachs kurze Zusammenfassung in Neu - mayers „ Anleitung “hier Platz finden: „ Mit Sträuchern bedeckte Landschaftsgliederungen sind für das subtropische Klima besonders charakteristisch und haben in deren Be - reich die mannigfachsten Bezeichnungen erhalten .... Grosse Verschiedenheiten zeigen ihre Bestände in der Höhe des Wuchses, in der immergrünen oder periodi - schen Belaubung und in den Vegetationsformen, die sie zusammensetzen. Die Nebenbestandteile treten weit mehr zurück, als in den Wäldern, weil die Sträucher gewöhn - lich dem Boden eine dichte Bekleidung geben; in ein - zelnen Fällen nehmen sie auch Bäume auf, die sich einzeln oder gruppenweise aus dem Gesträuch erheben. Auch eine Mischung verschiedener Vegetationsformen ist in den Gebüschformationen eine viel seltenere Erscheinung als in den Wäldern. Denn wiewohl sie ebenfalls bald aus einer einzigen gesellig wachsenden Art bestehen, bald aus vielen verschiedenen Sträuchern zusammengesetzt sind,278Grisebachs Strauchformen.so ist doch im letzteren Falle die Bildungsweise der Vegetationsorgane einförmiger als bei den Bäumen. “
Da im vorhergehenden vielfach Bezug auf die Vegetations - formen der Sträucher im physiognomischen Sinne genommen wird, so mögen die Grisebach’schen Bezeichnungen derselben insoweit hier folgen, als sie zu selbständigen Beständen zusammentretend vorkommen. Die Rhamnusform hat weiche biegsame Blätter mit sommergrüner Belaubung; ihnen schliesst sich die Weidenform mit schmalerem Laube an. Die Krummholzform umfasst die strauchigen Nadelhölzer mit immergrüner, starr-nadelartiger Be - laubung. Die Myrtenform zeigt glänzend-immergrüne und starre, kleine Beblätterung, die Oleanderform ebensolche aber mit grösseren Blättern (über Zollgrösse.) Die Tamariskenform zeigt anliegende Blätter von sehr geringer Grösse mit schuppenartigem Eindruck (vergl. Cypressen). Die Oschurform hat starre, blaugrün - glanzlose, gegen Dürre besonders stark geschützte Blätter; ähnlich auch die Proteaceenform.
Es folgen nun noch einige Strauchformen, welche durch Unterdrückung der Blätter eine andere Art des Trockenschutzes zeigen, als er bei den mit starrem, dicklederig-immergrünem Laube ausgerüsteten Sträuchern ausgeprägt ist; es sind dies die Formen der Casuarinen, dann die nach dem heimischen Besen - strauch und seinen mediterranen Verwandten benannte Spartium - form, endlich die Vegetationsform der Dornsträucher, d. h. solcher Gebüsche und Gesträuche, deren Zweige zu kräftigen Dornen aus - wachsen, welche immergrün erhalten bleiben, während die kleinen Blättchen rasch abfallen (Colletia cruciata!). Hinzuzufügen ist noch die Form dickfleischiger Succulenten in Strauchform.
Ueberblickt man die hier genannten Vegetations - formen Grisebachs vom Standpunkte einer biologischen Organbildung in greifbarer Anpassung an die umgeben - den klimatischen Verhältnisse, so müssen natürlich die Unterschiede zwischen kleineren oder grösseren Blättern, sowie die im morphologischen System liegenden aufge - geben werden, und ausser den zwischen Gebüschen und Gesträuchen angedeuteten Differenzen sind dann nur die klimatischen Charaktere des sommergrünen, regengrünen, saftig-immergrünen oder trockenschutz-immergrünen Strauchwerkes, sowie endlich die des winterhart-immer - grünen Laubes nordischer Coniferengebüsche, Ericaceen - sträucher und - Halbsträucher haltbar, zu denen die Klasse der „ blattlosen Gesträuche “eine weitere vorzüg - liche Anschmiegung an das subtropische Wüsten - und Steppenklima repräsentiert. Es ist dabei hervorzuheben,279Weite Verbreitung der Sträucher.dass die immergrünen Gesträuche, wenn auch in Zwerg - formen, bis zum höchsten Norden gehen und hier nicht im Kreise derselben Familie ersetzt werden durch blatt - abwerfende Arten (wie es die Lärche unter den Nadel - holzbäumen zeigte;) denn die Ericaceen sind gerade in ihren nördlichsten Formen, Rhododendron, Phyllodoce, Cas - siope, immergrün, und entwickeln noch breitere, derb lederige Blätter, gehen auch über den Verbreitungskreis der Nadelhölzer noch weit hinaus. Und ebenso gedeihen im Bereich der sommergrünen nordischen Laubwälder noch stattliche immergrüne Gebüsche, welche wie Ilex Aquifolium im nordwestlichen Europa weit den Bereich der immergrünen Waldbäume (in diesem Falle den der Quercus Ilex) überschreiten. Weder die Winterkälte, noch die subtropische Dürre heisser Steppen hat daher auch nur annähernd in dem Maße die Verbreitung der Sträu - cher und Halbsträucher eingeschränkt, wie die der Bäume. Um so zahlreicher würden daher auch die Typen der Strauchformationen in dem weiten Umfange ihrer Ver - breitung sein, wenn nicht ihre Selbständigkeit im Bereich der tropischen Regenwälder eine geringe zu sein schiene und wenn sie nicht in den Subtropen und in den ge - mässigten Klimaten nur Wiederholungen der Baumbio - logie in einfacherer Form, also von neuen Dingen in eigenartiger Entwickelung doch eigentlich nur die fleischig - blattlosen und steppendürren Dorngesträuche, ausserdem die frostharten immergrünen Laubblattgesträuche dar - böten.
Aber freilich, vor einer Monotonie bewahrt in der sich wirklich in der gesamten Vegetation der Erde dar - bietenden Sträucher - und Halbstrauchformations-Fülle die systematische Verschiedenheit derjenigen Arten, welche in den einzelnen Gebieten vorherrschen, einzeln oder vereinigt die Bestände bilden. Hier ist vielleicht die Mannigfaltigkeit noch grösser als in den Waldforma - tionen, was bei den weiteren Arealen geselliger Sträucher und Halbsträucher begreiflich erscheint. Kaum lassen sich in kurzen Zügen diejenigen Familien schildern, wel - chen die Hauptleistung für die hier in Rede stehenden280Nordische Strauch - und Halbstrauchbestände.Formationsabteilungen zukommt, da auch gelegentlich Gattungen von Compositen, Salsolaceen, Verbenaceen etc. gesellige Hauptbestände bilden, deren Ordnungsgenossen in anderen Formationen tonangebend zu sein pflegen. Es mögen daher hier einzelne ausgewählte Beispiele zur Erläuterung der mannigfaltigen Zusammensetzung in bio - logischer und systematischer Hinsicht folgen.
Schon die winterkalten Klimate besitzen nicht wenige Gebüsch - und Gesträuchformationen. Den Krummholz - (oder Zwergkiefer -) Beständen von Pinus montana in Mittel - europas Berglandschaften schliessen sich Zwergarven-Be - stände in Ostsibirien, gebildet von einer strauchigen Varie - tät der Pinus Cembra an; Wacholdern (Juniperus) bilden in verschiedenen Arten sowohl in der Ebene als in den Gebirgen gelegentlich selbständige Bestände. Diesen immer - grünen Coniferen schliessen sich ebensolche Repräsen - tanten aus der Ordnung der Ericaceen an: die Alpen - rosen, im Himalaya, in Ostasien und Nordamerika vertreten durch viel mächtigere Gebüsche der gleichen Gattung Rhododendron; und dieselbe Gattung bildet dann hinwiederum sommergrüne Strauchbestände, für welche die pontische Azalee (Rhododendron flavum) ein bekann - tes Beispiel liefert. Zahlreiche Gesträuchformationen ent - stammen anderen Ericaceen-Unterordnungen und Gattungen; so besonders die „ Heiden “selbst, welche bei uns ja als Formationsbegriff unzertrennbar mit Erica und Calluna vulgaris zusammenhängen, und deren Namen man auch am besten nur auf gesellige Ericaceen beschränkt. Die Heidelbeer - und Preisselbeergesträuche zeigen weitere Beispiele davon in geselligen Vaccinium-Arten, erstere blatt - wechselnd, die Preisselbeeren immergrün. Diese immer - grünen Bestände gehen hoch über den Polarkreis hinaus, und es ist oben (S. 20) an dem Beispiel von Grönland gezeigt, dass im hohen Norden von ihnen sogar noch Trockenschutzeinrichtungen getroffen werden müssen. — Weniger ausgedehnt sind im nordischen Florenreich som - mergrüne Gebüsche von hohem Wuchs, sobald wir von dem Unterholz der Wälder absehen: Weidengebüsche an Flüssen und Seen, dann wiederum ganz aus anderen,281Maquis. Scrub. Bosjes.alpinen Arten zusammengesetzte Weidengesträuche über der Baumgrenze in den Gebirgen, oder das bergbewoh - nende Grünerlengesträuch von Alnus viridis mögen mit den aus Crataegus -, Prunus -, Rosa - und Rubus-Arten in dich - ten Gruppen zusammengesetzten Vertretern der „ Dorn - gebüsche “als bekannte Beispiele genannt werden. Die Leguminosen-Genisteen bilden sogar bei uns kleine Be - stände einer anderen Art von Dorngestrüpp oder blatt - lose Rutengestrüppe: der Besenstrauch, Sarothamnus sco - parius, dann die Ginsterarten und Ulex europaeus sind zumal im westlichen Europa schon über und neben der Erikenheide auf weite Strecken dominierend, womit ihr Charakter als der einer eigenen Formation vollendet wird.
Verlassen wir nun die mitteleuropäischen Strauch - formationen, so finden wir in den mediterran-orientali - schen Maquis einen ganz anderen prägnanten Typus. Gemischt aus mancherlei Arten der verschiedensten Ord - nungen, aus Myrte, Lorbeer, Olive und Phillyrea (Olea - ceen), Oleander, Erica arborea und Arbutus (Ericaceen), Cistus, Pistacia (Mastixstrauch) und Buchsbaum wird das immergrüne, glänzend-lederige Blatt in den verschieden - sten Formen ausgeprägt; der eine oder andere Strauch herrscht auch für sich allein, wie z. B. der Cistus lada - niferus mit schmalen immergrünen Blättern auf der spa - nischen Sierra Morena in Ausdehnung von ganzen Qua - dratmeilen (Griseb. V. d. E. I. S. 282). — Noch viel bunter und artenreicher sind die als „ Scrub “allbekann - ten, immergrünen australischen Gebüschformationen ent - wickelt, von denen im Schlussabschnitt ausführlicher die Rede sein wird. Leguminosen (Acacia, Oxylobium, Cho - rizema etc.), Myrtaceen (Eucalyptus, Leptospermum), Pro - teaceen, Thymelaeaceen (Pimelea), Epacridineen, Myopo - raceen bilden ihre Hauptgemengteile, von denen viel - fältig im Mittelmeerbecken nicht einmal die Ordnungen, aber niemals die gleichen Gattungen wiederkehren. —
Mehr mit den an die Ericaceen geknüpften west - europäischen Gebüschformationen stimmt das als „ Bosjes “von den holländischen Kolonisten bezeichnete Buschland am Kap, soweit die regelmässigen Niederschläge reichen. 282Kapheiden. Carrascos. Wolfsmilchgebüsche.„ Von der Küste bis zu den Karroofeldern sich ausbrei - tend, bestimmt die Gebüschvegetation die Physiognomie der Landschaft. In den meisten Gegenden wachsen diese niedrigen Sträucher nicht so dicht gedrängt, dass nicht der Erdboden kahl zwischen ihnen sichtbar wäre, oder den Stauden, den Zwiebelgewächsen und Succulenten Raum liesse. Auf der südwestlichen Küstenfläche und an den Bergen, zu denen sie sich erhebt, ist die Mi - schung der Straucharten am grössten; ein geselliges Zu - sammenwachsen derselben Art gehört zu den seltenen Erscheinungen. Doch gibt es bei der Kapstadt einzelne Strecken, die mit gewissen Erica-Arten oder Proteaceen gleichmäßig bekleidet sind. “ (Griseb. V. d. E. II. S. 182.)
In Brasilien bedeckt eine „ Carrascos “genannte Busch - formation in den Campos auf weite Strecken den Boden für sich allein; sie sind niedrig, oder hindern wenigstens nicht die freie Umschau eines Reiters; als „ Carrascei - nos “erheben sie sich zu 6 — 9 m Höhe; Acacia dumeto - rum gemischt mit Melastomaceen und der Myrtaceen - gattung Eugenia bezeichnet hier den Charakterbestand. Kommen wir aber nun zu den Typen der Gebüsche und Gesträuche mit auffallenden Trockenschutzeinrichtungen gegenüber einer langen Dürre und steinigem Geröllboden, welche die Verbindung mit echten Steppenlandschaften vermitteln, so erscheinen die Euphorbiaceen-Bestände Afrikas wohl als das merkwürdigste Bild. Verzweigt wie ein Besenstrauch, aber von der Höhe kleiner Bäume und mit bogig in die Höhe gekrümmten, kandelaberartigen Aesten und Zweigen, jeder Zweig noch wie ein Säulencactus unserer Topfkulturen an Dicke und Gestalt, bilden diese succulenten Wolfsmilche, die an Stelle der Blätter nur Dornpaare aufzuweisen haben, undurchdringliche und hohe Gebüsche, welche beispielsweise Paulitschke aus Harar als natürliche Hecken mit Einlassthoren zu den Kulturstätten beschreibt und abbildet (siehe Globus 1889, Bd. 56 Nr. 2). Auf der Höhe der chilenischen Anden herrscht stellenweise dürftiges Dorngesträuch gemischt mit Cacteen, die hier — in geringerer Vegetationsfülle, und nicht für sich allein, wie es scheint, Gebüsche bil -283Espinales und Chanar in Südamerika.dend — die Euphorbien ersetzen, und zum Teil wie die herrschenden Compositensträucher (Chuquiragua!) in dichte Wolle gekleidet sind. Die Dorngebüsche der nie - deren nordchilenischen Region führen als Formation die Bezeichnung der „ Espinales “; sie setzen sich aus den schon kurz angeführten merkwürdigen Rhamneen Colletia mit immergrünen, kreuzweis stehenden Dornzweigen in dichtem Gestrüpp zusammen, zwischen denen ebenfalls als echte amerikanische Sippen die Cacteen und trocken - harten Bromeliaceen nicht fehlen.
In Argentinien sind die Bestände des Chanarstrauches Gourliea decorticans (Leguminosen-Sophoreen) weit ver - breitet, bilden in Mendoza die Hauptmasse der Legumi - nosengesträuche. Ihre Physiognomie mag nach Lorenz’ Reiseskizzen hier folgen: „ Wie bei uns die Beerenge - büsche auf Mooren oder im Walde sanfte Erhöhungen bilden …, zwischen denen der Regen das Erdreich weg - gewaschen, so bedeckt hier ein dichter Rasen niederen Gebüsches ganz ähnliche kleine Erhöhungen mit freudi - gem Grün, zwischen denen überall das kahle Erdreich zu Tage tritt. Aber hüte sich der Wanderer wohl, sich darauf niederzulassen: es ist eine niedrige mimosenartige Pflanze mit sehr starken Stacheln, ein fast unnahbares Gewächs. Hier bedeckt es bis Chanar weite Strecken des flachwelligen Landes, offenbar die dürrsten und trocken - sten … Eine Verbene (wahrscheinlich Verbena junipe - rina, var. campestris), ebenfalls hart und stachelig, mischt sich in diese Mimosen; ausser ihr nur einige spärliche Gräser und Retamobüsche, eine Ephedra und Palmenge - strüpp; nicht vergessen wollen wir dabei der Cactus, gelbblühenden Opuntien, oder der grossen Mamillarien, welche fast keinem dieser Hügel fehlen und den stach - ligen Charakter des Ganzen nicht vermindern. Es ist eine der traurigsten und sterilsten Vegetationsformen, die man sehen kann, wahrer Heidevegetation vergleichbar. “
Im nördlichen Mexiko, Arizona, Texas, entsprechen die „ Chaparals “dieser Dornstrauchformation, in ähnlichen Mimoseen als Mezquitesträucher (Prosopis glandulosa und pubescens u. a. A.) auftretend, deren zuckerhaltige Hülsen284Chaparals. Rhinocerosbusch. Tropengebüsche.ebenso wie das Holz ihres Gezweigs nutzbringend sind. Vom Rio Colorado an westwärts wird ihnen durch die überaus häufige Zygophyllee Larrea mexicana, den als widerwärtig geschilderten Kreosotstrauch, ein eigener Stem - pel verliehen, indem er dichte Gruppen mit leuchtendem Grün bildet auf dem allerschlechtesten Boden. — In Südafrika endlich, hinter jenen üppiggrünen Gebüschen des südwestlichen Kaplandes landeinwärts, ziehen sich solche Dorngesträuche als Ersatz der Eriken über die Hochfläche der Karrooterrasse; hier ist der herrschende, nur etwa ½ m hohe Strauch ein geselliges Gewächs aus der Ordnung der Compositen, der Rhinocerosbusch, Ely - tropappus rhinocerotis, welcher, von Succulenten (Mesem - bryanthemum), Zygophylleen, Zwiebelgewächsen etc. spär - lich begleitet, weite Strecken ausschliesslich bedeckt.
Schliesslich sei noch an die sich den tropischen Regen - wäldern anschliessenden höheren Gebüsche erinnert, welche aus buschigen Bambussen, niederen, glattstämmigen und stachligen Rohrpalmen, grossblätterigen, immergrünen Sträuchern, hohen Kräutern und Schlingpflanzen gebildet, hier und da den Tropenwald selbständig abzulösen schei - nen, über welche aber im einzelnen wenig ausführliches berichtet ist.
Zum Schluss dieser Formationsklasse mag auf einige der wichtigsten, in gemeinsamer oder beschränkter Ver - breitung charakteristische Glieder der Gebüsche und Ge - sträuche liefernde Ordnungen kurz hingewiesen werden:
Leguminosen. Sehr zahlreiche Arten, von welchen schon vorhin einige Beispiele genannt wurden, gehören zu dieser riesigen, in fast allen Formationen und über die ganze Erde verbreiteten Ordnung. Manche nur in einer einzigen Art auftretende Gat - tungen, wie z. B. Gourliea decorticans in den Chanarregionen Argentiniens, sind doch für einzelne Ländergebiete von bedeuten - der Wichtigkeit.
Rosaceen. Einzelne Tribus dieser mit circa 1500 Arten zu den grösseren zählenden Ordnung liefern zahlreiche Gebüsche zumal für die borealen Floren, wo sie sommergrün aufzutreten pflegen. Spiraea ist dort hervorzuheben, Rubus (über die ganze Erde mit Ausschluss der kalten Länder verbreitet) als Bestandteil der Dorngebüsche, Rosa (in den borealen Floren allein), und die285Sträucher liefernde Ordnungen.Reihe der Pomaceenbüsche aus den Gattungen Pyrus, Crataegus, Cotoneaster, Photinia etc.
Myrtaceen. Zahlreiche Gattungen der immergrünen Gruppe im Bereich der oben (S. 198) besprochenen Verbreitung.
Compositen. In den trockenen tropischen und besonders in den australen Floren herrschen an vielen Orten strauchige Ver - treter dieser ubiquitären Ordnung von ansehnlicher Höhe und massigem Wuchs, so z. B. die Gattung Baccharis mit circa 300 ameri - kanischen Arten von Virginien bis Argentinien, die Aster verwand - ten Olearien in Australasien, Elytropappus, Senecio, Euryops etc. in Südafrika.
Caprifoliaceen, Cornaceen. Kleinere Strauchfamilien, wel - che besonders für die borealen Floren durch einige grössere Gat - tungen: Cornus (Griselinia ist austral), Viburnum, Lonicera von Wich - tigkeit sind. Zahlreiche Gattungen von Sträuchern liefert für die Tropen und Subtropen die verwandte Ordnung der Rubiaceen.
Oleaceen, Jasmineen. Zusammen etwa 300 Arten von meist niederen Holzgewächsen aller Floren, darunter einige Gattungen grosser Bäume (Fraxinus). Jasminum, Olea, Phillyrea, Ligustrum, Syringa, Forsythia die bekanntesten.
Myrsinaceen, Sapotaceen, Diospyraceen sind gleichfalls verwandte Ordnungen von Holzgewächsen, welche zahlreiche Sträucher für die tropischen, weniger für die subtropischen Floren liefern.
Ericaceen. Hervorragende Ordnung von Sträuchern und Halbsträuchern, deren Verbreitung oben (S. 192 — 198) speziell geschil - dert wurde, und welche für die borealen Floren durch immergrüne Belaubung physiognomisch von hervorragender Bedeutung sind.
Epacridineen. Der vorigen verwandte Ordnung von be - schränkter Verbreitung in Australasien, nämlich ausser einer Feuerlandsgattung nur in Australien (gegen 300 Arten), Neusee - land, Neukaledonien etc. und Sandwichinseln vorkommend. In den genannten Gebieten, besonders aber in Westaustralien, Süd - ostaustralien und Tasmanien, sind sie von hervorragender Wichtig - keit als Vertreter der Heiden; die meisten Arten leben gesellig im feuchteren Scrub der Küstenlandschaften, manche gehen in die Sandhügelwüsten, andere hoch hinauf in die Hochgebirgsregionen, wo einige bei 1000 — 2000 m in Torfmooren gesellig oder häufig sind.
Terebinthinen. Unter diesem Klassennamen pflegen mehrere Ordnungen mit zahlreichen wichtigen Gattungen der Gebüsch - formationen zusammengefasst zu werden. Die Citraceen (Auran - tiaceen) sind grösstenteils tropisch, Citrus selbst im indischen Florenreich. Die Rutaceen enthalten viele duftende Halbsträucher, von denen die Diosmeen im Kaplande (Agathosma 100 Arten), die286Sträucher liefernde Ordnungen.Boronieen in Australien und Neukaledonien, Ruta selbst (50 Arten) im Mittelmeergebiet und Orient vorkommen. Die Zanthoxyleen (Zanthoxylum 110 Arten) sind grösstenteils tropisch oder in den trockenheissen Subtropen. Die Anacardiaceen stellen eine gegen 450 Arten zählende, auch viele Bäume enthaltende Ordnung dar, deren Hauptgattung Rhus ¼ des ganzen umfasst; diese ist auch allein auf der nördlichen und südlichen Erdhälfte entwickelt, mit guter Scheidung nach natürlichen Sektionen, worüber Engler eine ausführliche Abhandlung (Botan. Jahrbücher I, S. 407) zu danken ist. Für das Mittelmeergebiet von Interesse sind Cotinus und Pistacia.
Rhamnaceen, Ilicineen, Celastraceen. Gegen 1000 Holz - gewächse enthaltende Ordnungen, von denen je eine Gattung (Rhamnus 70 zerstreute Arten, Evonymus 45 hauptsächlich boreale Arten, Ilex 175 über den ganzen Erdkreis mit Ausschluss der kalten Klimate verbreitete Arten) auch für die mitteleuropäischen Gebüschformationen von Wichtigkeit ist. Celastrus (75 Arten) reicht von Spanien bis Madagaskar, Nordamerika und Australien; unter den Rhamneen sind noch Ceanothus in Nordamerika, Phy - lica in Südafrika, Pomaderris und Cryptandra in Australien und Neuseeland, endlich die Dornsträucher der Colletieen von grösserer Bedeutung.
Ternströmiaceen. Eine besonders durch die ostasiatischen Sträucher: Camellia, Thea, Eurya, Actinidia bekannte, übrigens allgemein intratropische Ordnung.
Berberideen. Etwa 100 Berberitzen bilden einen wichtigen Strauchbestandteil in Europa, Asien, Nord - und Südamerika.
Elaeagnaceen, Thymelaeaceen. Die erstere kleine boreale, in Asien bis Australien südwärts verbreitete Ordnung umfasst die von Schuppen silberglänzenden Strauchgattungen Elaeagnus, She - pherdia (Nordamerika) und Hippophaë. Die letztere, 400 Arten zählende ist in der Alten Welt durch Daphne und Thymelaea, in Südafrika durch Gnidia und Struthiola, in den australischen Scrubs durch Pimelea hervorragend vertreten.
Proteaceen. Vergl. das oben (S. 201 — 204) über diese für die Gebüschformationen Australiens und des Kaplandes ungemein wichtige, zugleich aber auch waldbildend auftretende Ordnung Gesagte.
Salicineen. Die Weidenarten, an Zahl etwa 160, mit vielen Bastarden und Varietäten, hauptsächlich Sträucher neben Bäumen und arktisch-alpinen kriechenden Halbsträuchern, sind über den ganzen Erdkreis mit Ausschluss von Malesien und Australien verbreitet.
Die hier getroffene Auswahl von Strauch - und Halb - strauchfamilien wäre noch um die niedrig wachsenden Formen der oben als waldbildend aufgeführten Charakter -287Grasfluren und Staudenformationen.ordnungen zu ergänzen. Dass auch dann noch viele Lücken offen gelassen sind, bedarf kaum einer Erwäh - nung. Nur die schon in den Hauptbeständen herrschende Mannigfaltigkeit systematisch zu erörtern, und diese an Stelle der früheren „ Formen “im physiognomisch-schil - dernden Sinne zu setzen, war hier die Absicht.
Nach Besprechung der von Holzgewächsen gebilde - ten Vegetationsgenossenschaften bleiben noch die von ausdauernden krautartigen Pflanzenformen gebildeten für die Betrachtung übrig. Einjährige Kräuter bilden nir - gends, soweit bisher genauere Vegetationsaufnahmen be - kannt geworden sind, zussammenhängend-geschlossene Vegetationsdecken und treten daher nur als Nebenbestände auf. Wohl aber sind dann ausserdem die von niederen Sporenpflanzen gebildeten Formationen in ihrer land - schaftlichen Wirkung und in ihrem ganz anderen bio - logischen Verhalten von denen der herrschenden Blüten - pflanzen zu trennen.
Die ausdauernden Kräuter, welche die botanische Zeichensprache mit dem einheitlichen 4 zusammenfasst, sind in ihrem biologischen Verhalten unstreitig sehr viel mannigfaltiger organisiert, als die Halbsträucher (♄), Sträu - cher (♄ ̅) und Bäume (♄ ̿) zusammengenommen. Auf einige solcher für das Landschaftsbild wichtigen Züge ist noch in Ergänzung des oben (S. 66) Gesagten hinzuweisen. Sie betreffen zuerst die Langlebigkeit der beblätterten Sprosse über der Erde, wo sie allein einen Eindruck in den Formationen machen können. Vom immergrünen Zustande bis zur vergänglichen Vegetation für wenige Wochen sind hier alle Uebergänge. Wir sehen die Wie - sen in ihrem Hauptbestande mit fahl gewordenem Grün in den Winter eingehen, und bald nach der Schneeschmelze ein neues grünes Frühlingsgewand anlegen; aber die jungen Blätter kommen nicht unangemeldet aus der Erde, sondern ihre Plätze sind durch die stehenbleibenden Bü - schel äusserlich genau vorgezeichnet. Die Herbstzeitlose dagegen erscheint bei uns überraschend und verschwindet288Einteilung der Krautgewächs-Bestände.ebenso, um im Frühling mit den in Blätterschöpfe ein - gehüllten Kapseln neu wiederzukehren und im Hochsom - mer wieder unsichtbar zu werden. Die Narcissen, die Crocus, die Scillen, sie alle sind früh im Jahre mit Blüten da; die Blätter bleiben noch bis zum Sommerbeginn stehen, aber die ganzen Pflanzen verschwinden alsdann unter Rasen oder Humusdecke und dauern als Zwiebeln vom Hochsommer bis zum Winter aus. Solche Gewächse würden nicht beständige Formationen bilden können; nur die Schutzleistung anderer sichert ihnen ihre Plätze. Hier ist nun keine Pflanzenordnung wirksamer, als die Gräser und nach diesen die Riedgräser, sofern sie in dich - ter Verzweigung ihres Wurzelstockes Rasen bilden kön - nen; keine ausdauernden krautartigen Pflanzen bedecken daher auch so weite Landstrecken mit geselligem Wuchs, als diese, und dringen so einflussreich mit hartem Gesträuch vereint in die Steppen ein. So hebt man die von Gra - mineen, untermischt mit Cyperaceen und Juncaceen ge - bildeten Bestände als Grasfluren von den aus geselligen Stauden anderer Familien gebildeten heraus. Diese letz - teren bieten noch zwei hauptsächlich verschieden aus - sehende Abteilungen nach der Höhe ihres Wuchses: den Grasfluren am ähnlichsten verhalten sich die Matten, welche gleichfalls aus dichtem verfilzten Rasen niedriger, aus kurzem oder kriechendem Wurzelstock mit breiteren, oberirdisch ausdauernden Rosetten von Laubblättern sich erhebender Pflanzen in einer grossen Anzahl dikotyler Ordnungen bestehen und vielfältig entweder Grasrasen oder Halbsträucher (wie die Heide) oder beides in sich aufnehmen. Die echten „ Stauden - “, deutlicher gesagt die Hochstaudenformationen, bestehen aus ansehn - lichen Gewächsen von schlankem Wuchs mit zerstreuten Blättern am schnell zu Beginn der Vegetationszeit in die Höhe schiessenden Stengel, welche aber zur Ruhezeit wenig bemerkbar zu sein pflegen; die Fingerhut - und Weidenröschenformation (Digitalis purpurea, Epilobium angustifolium) im westdeutschen Bergland mag als Bei - spiel für dieses Aussehen dienen, oder monokotyle Pflan - zen vom Wuchs des Veratrum und Lilium bulbiferum. 289Die Grasfluren.Sie können sich sehr wohl mit einzelnen Gräsern verge - sellschaften, aber diese erweisen sich dann in der Regel als andere Arten, wie die den Wiesenrasen bildenden. Zahlreiche Uebergänge verbinden die genannten Gruppen, und sehr häufig treten Arten der Hochstauden als reich - liche Beimischungen in die Grasfluren ein, wie beispiels - weise in Deutschland die hohen Doldengewächse (He - racleum, Angelica) in die fruchtbaren Thalwiesen.
Wie man sieht, ist kein prinzipieller Unterschied im bio - logischen Verhalten zwischen Gräsern und den oberirdisch mit Resten von Blättern und zwischen ihnen eingeschlossenen Trieb - knospen überwinternden Stauden. Da aber die Gräser und die ihnen nahestehenden Cyperaceen einen sehr ausgeprägt-eigenartigen Habitus haben, so wird der Unterschied im Landschaftsbilde stärker. So wie sich Stauden von niederem und hohem Wuchs in die Grasrasen eindrängen, so fehlen auch die Gräser nicht zwischen den Staudenbeständen, und sehr häufig ist eine so innige Mischung beider, dass die Entscheidung schwer fällt, welche Bestandesabtei - lung überwiegt. — Die in Neumayers Anleitung (Bd. II, S. 174) gemachte Einteilung der Staudenformationen nach ihren Bei - mischungen von Halbsträuchern, Gräsern und Moosen, oder als Flech - tengemische, erscheint mir bei weiterer Prüfung nicht sehr glück - lich gewählt zu sein, weil Beimischungen zwar stets den Charakter der Bestände verändern, aber nur dann als deren Merkmal gelten dürfen, wenn verschiedene Lebensbedingungen des Hauptbestandes auch die Ursache verschiedenartiger Beimengungen sind. Da nun z. B. die Alpenmatten alle drei Beimengungen in sich vereinigen, so scheint die gemachte Einteilung nicht zuzutreffen. Dagegen zeigt die Bodenbedeckung von filzig sich zu einer festen Decke von niederem Wuchse verwebenden Stauden und üppig wie Busch - werk in die Höhe schiessenden Hochstauden tiefere Verschieden - heiten. Kerner nennt die erstere Abteilung „ Filzpflanzen “, ein Gefilz; die zweite entspricht dem Vulgärbegriff der Stauden, wor - unter der Deutsche hoch emporschiessende Triebe zu verstehen pflegt und sogar Sträucher („ Haselstaude “) fälschlich ab und zu so benennt; diese bilden ein „ Gestäude “.
Grasflur-Formationen. Für die überwiegend aus geselligen Gräsern und in bestimmten Abteilungen aus geselligen Riedgräsern (Cyperaceen) gebildeten Be - stände, zu welchen ausser allen möglichen Stauden noch Halbsträucher und Sträucher, ja sogar lichte Bäume als charakteristische Nebenbestandteile treten können, mag folgendes Einteilungsschema die Hauptabteilungen aus - einanderhalten.
Drude, Pflanzengeographie. 19290Einteilung der Grasflurformationen.Die Ordnung der Gräser ist mit mehr als 300 Gattungen und wenigstens 3500, von einigen Autoren noch viel zahlreicher geschätzten Arten nicht nur eine der grössesten des Pflanzenreichs, sondern sie ist auch kosmopolitisch im ganzen Bereich der Blüten - pflanzenvegetation der Erde verbreitet, geht in die Steppen wie in die Moore, in die feuchten Tropen wie in die Hochgebirge bis zur Schneeregion, vom höchsten Norden bis zu den antarktischen Inseln.
Wie die ganze Ordnung, so sind auch deren hauptsächliche Untergruppen nicht auf enge Gebiete beschränkt. Die Bambuseen zeichnen die Tropen aus und nehmen auch darin an den Charak - teren anderer, mehr beschränkter Pflanzengruppen teil, dass von ihren 23 Gattungen nur 2 zugleich alt - und neuweltlich sind; aber sie sind wichtiger Bestandteil der Tropenwaldungen, oder sie bilden — wie in den Anden — geschlossene Strauchformationen („ Cari - zales “). Die übrigen Tribus sind gleichmäßiger verteilt und werfen nur bald auf die kälteren, bald auf die wärmeren Klimate die Hauptmenge ihrer Arten; so die Tribus von Festuca, Avena und Hordeum auf die nördlich-gemäßigte Zone, die von Panicum und Andropogon auf die Tropen und Subtropen; ähnlich auch die kleinere nach Oryza, dem Reis, benannte Tribus mit fast nur tro - pischen und subtropischen Arten, deren Areal dann aber doch Leersia in der nördlich gemäßigten Zone der Alten Welt und291Verbreitung und Biologie der Gräser.Zizania aquatica, die Tuscarora-Reispflanze im nordamerikanischen Seengebiet und im nordöstlichen Asien, boreal sehr ausdehnen. In der neuesten Bearbeitung der Gräser gibt Hackel an, dass keine einzige Tribus auf nur eine Hemisphäre, und keine einzige artenreiche Gattung auf nur ein Florenreich beschränkt sei. — Eine solche Ordnung muss eine grosse Menge biologischer An - passungen an die verschiedenartigen Klimate und Standortsver - hältnisse ihres Areals zeigen; man möge dabei bedenken, dass ausser den von Gräsern allein oder hauptsächlich gebildeten Be - ständen noch Formationsgenossen in die Bestände der fliessenden und stehenden Gewässer, in die Wälder, Steppen etc. geliefert werden. Die inneren Organisationsverschiedenheiten hat Güntz vor kurzem mit Rücksicht auf die Grasflurbestände der verschiede - nen Klimate untersucht (G. J., XIII, 312) und hat dabei ausser der Bambusengruppe die Wiesen -, Steppen - und Savanengräser als natürlich begründet gefunden, freilich nicht ganz adäquat der geographischen Formationslehre, welche die Steppengräser nicht im arktischen Gebiet und die Wiesengräser nicht im Sudan als vorhanden betrachtet. Hierüber werden ausführlichere Untersuch - ungen der aussereuropäischen Formationen belehren. Güntz stellte als Verbreitungsländer der Wiesengräser das arktische Florengebiet, das Waldgebiet des nordischen Florenreichs, das kalifornische Küstengebiet, reine Marschen Australiens und Anteile der Pampas, Prairien und Tropen auf; als Verbreitungsländer der Steppengräser die asiatischen Steppen, Teile des Mediterrangebiets, die Sahara, Kalahari, die Prairien, Pampas und andinen Plateaus, grosse Strecken Australiens, und endlich einzelne trockene Gegenden auch von Mitteleuropa und der arktischen Flora. Die Form der Sa - vanengräser aber hält sich ihm zufolge fast ganz in den Grenzen der Tropen.
Die Unterscheidung zwischen eigentlichen (süssen) Wiesen und Gras - oder Wiesenmooren (Grünmooren), welche bei Zunahme des Wassers zu den Sumpfforma - tionen überleiten und sich mit den Moosmooren derartig ergänzen, dass sie letzteren oft als Unterlage dienen und sie umsäumen, liegt in der eigentümlichen Rückwirkung des von den Grasmooren gebildeten torfigen Substrats auf die fernere Besiedelung begründet. Wie nur wenige Gräser gleichzeitig in der Wiese und im Moor stand - halten, so zieht sich überhaupt diese Ordnung vor nassem Torf zurück und überlässt hier den Cyperaceen und Jun - caceen das Feld, in welchen beiden Ordnungen aber die - selben rasenbildenden Eigenschaften entwickelt sind.
Die Cyperaceen zählen zwischen 60 und 70 Gattungen mit circa 3000 Arten, gehören also ebenfalls zu den bedeutendsten der292Die Cyperaceen und Juncaceen.Vegetation der Erde. 6 Gattungen zählen hundert oder mehrere Hunderte von Arten: Cyperus (700), dessen Mehrzahl an Arten in den tropischen Gebieten enthalten ist und nicht an Sumpf - und Torfgrund gebunden zu sein scheint; Fimbristylis (300) hauptsäch - lich in den Tropen und Subtropen, Scirpus (300) vom hohen Nor - den bis zu den australen Gebieten, Rhynchospora (200) in den Tropen und gemäßigten Klimaten, Scleria (100) in den Tropen und Subtropen, endlich die bekannteste und für die kalten und ge - mäßigten Klimate ungleich wichtigste Gattung Carex (800), von welcher nur wenige Arten in die Tropen sich hineinerstrecken. Noch einige andere Gattungen sind durch Geselligkeit einzelner weniger Arten charakteristisch für einzelne Formationen, so Erio - phorum im nordischen Florenreich („ Wollgras “), und Kobresia im centralen Hochasien, wie überhaupt die Cyperaceen mehr als die Gräser zum Ueberwiegenlassen einzelner geselliger Arten neigen.
Die Juncaceen bilden eine viel kleinere Ordnung. Buche - nau hat darüber wertvolle monographische Arbeiten geliefert, nach welchen auch ihre Verbreitung in Berghaus’ physik. Atlas Bl. Nr. 45 kartographiert wurde. Eine grosse Gattung Juncus (165 Arten), eine mittelgrosse Luzula (51 Arten) und 5 kleine, die letzteren sämtlich entweder im westlichen Südamerika von Peru bis Südgeorgien, oder auf Neuseeland und den anliegenden antarktischen Inseln, 1 Monotyp (Prionium) am Kap stellen den ganzen, von Buchenau in Englers botan. Jahrb. I, S. 118 tabellarisch in geo - graphische Uebersicht gebrachten Artenreichtum vor. Danach sind die Arten von Juncus und Luzula, Binse und Hainsimse, haupt - sächlich teils arktisch-boreal, teils im Kapland zu Hause, andere wieder in Kalifornien, auch im Mediterranflorenreich, und einzelne in allen möglichen anderen Gebieten endemisch, so dass hier eine wirklich ubiquitäre systematische Vegetationsform vorliegt. In - teressant sind auch hier wieder die verbindenden Gruppen vom Kaplande durch Centralafrika nach Abessinien, dem steinigen Arabien und dem Sinai.
Es ist durch genauere Untersuchungen in Mittel - europa bekannt geworden, wie verschiedene auf das Wasser angewiesene Formationen mit dessen Schwinden nach ein - ander auftreten, um dann endlich einer zusammenhängen - den Rasendecke (oder aber einem Moosmoor) Platz zu machen. Vielleicht ist das am besten zu solchen Studien geeignete europäische Gebiet Ungarn. Kerner schildert in seinem „ Pflanzenleben der Donauländer “die Trocken - legung der Teiche, welche zuerst am Rande eine mächtige Schilfvegetation besitzen, mit diesen schwimmende Inseln auf torfiger Unterlage bilden, den offenen Wasserspiegel beengen und endlich in ein „ Röhricht “verwandeln. Nun293Wechsel der Grasformationen.siedelt sich aber ein riesige Polster bildendes Riedgras an, die Carex stricta (vergl. die Abbildung in den Ver - handlungen des zoologisch-botanischen Vereins zu Wien 1858, S. 315, Taf. 7), welches nach dem Verdrängen des Schilfes oft zu Tausenden dichter Büschel, von 2 bis 3 Fuss unter dem Wasser säulenartig aufragender Rasenhöhe beisammenstehend, aus seinen abgestorbe - nen Blättern und Stengeln Torf bildet, während die Spitze über dem Wasser fortgrünt und einen Schopf grüner, starr und steif nach allen Richtungen ausein - anderstehender Blätter und aufragende Halme trägt. Von weitem gesehen erscheint diese ungarische „ Zsombek - formation “wie eine üppige Wiese, weil der die Rasen umflutende Wasserspiegel vom Blattwerk verhüllt wird; aber noch sind die Rasen isoliert, Tümpel breiten sich zwischen ihnen aus, die durch ein förmliches Wassernetz miteinander verbunden werden. Es ist jetzt ein eigen - artiger, zwischen Sumpf und Grasmoor die Mitte halten - der Bestand; auf dem Scheitel der Riedgrasrasen siedeln sich buntblumige Pflanzen als Gesellschafter an, selbst Disteln und Orchideen, während im Wasser noch Teich - rosen schwimmen. „ Aber auch die Zsombekformation hat für die Länge keinen Bestand, und indem sich durch die Wasserpflanzen, welche zwischen den einzelnen Rasen fort und fort wachsen, immer neue torfige Substanz bildet, werden endlich die Zwischenräume hiermit aus - gefüllt, überkleiden sich mit Gräsern, Stendeln und an - deren Wiesenpflanzen, und aus dem mit Riedgrasrasen bewachsenen Sumpfe ist jetzt ein mit ununterbrochener Vegetationsdecke überkleidetes Wiesenland geworden. “
Auf die Faktoren, welche bei diesem Vegetations - wechsel in Mitwirkung kommen, um den Prozess zu be - schleunigen, zu verlangsamen, oder ihm zumal nach der herrschenden Windrichtung einen chorologisch bestimm - ten Anfang und ein bestimmtes Ende zu geben, hat jüngst in einer sehr bemerkenswerten Studie über die baltischen Moore Klinge aufmerksam gemacht (Englers bot. Jahrb. XI, S. 264).
Es ist eine Eigentümlichkeit der Wiesenmoore, wie294Charakter der Grassteppen.allerdings überhaupt der Moorbestände und Sümpfe, ihre Vegetationsperiode sehr spät nach dem Einzuge des Früh - lings beginnen zu lassen. In dieser Beziehung bilden sie den schärfsten Gegensatz zu den Grassteppen, welche am frühesten, früher und rascher vorübergehend als die normalen Wiesen, zu treiben beginnen und die Neben - bestandteile ihrer bunten Blumen entwickeln, wie sie ja überhaupt als trockene Formationen die feuchte Früh - lingszeit ausnutzen müssen. Ihre Gegenwart in einem Lande hängt daher von der dortigen Verteilung der Nie - derschläge ab, welche nach dem Fortschaffen des stän - digen, fliessenden oder stehenden Wassers infolge von Ausfüllung allein den Grasrasen netzen und grün er - halten; im trockenen Klima geht also ein Wiesenmoor allmählich in eine Grassteppe über, während es im feuchten Klima sich entweder dauernd erhält oder mit Moosmoo - ren wechselt. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, kann die südrussische schwarze Steppenrasenerde aus Moor - und Wiesenmoor-Formationen sich ableiten1)Siehe Ruprecht, Ueber den Ursprung des Tschornosjom im Bull. Acad. St. Petersburg 1863, 1864 u. 1865.. Aehn - lich denkt sich Brendel die Entstehung der nordameri - kanischen Prairieen (siehe G. J. X. 176).
Die Grassteppen stehen dem Namen und Wesen nach den später zu besprechenden Steppenformationen nahe, aber auch nicht mehr. Sie unterscheiden sich von den Wiesen durch die lockere und nach Einzelbüscheln vielfach getrennte Rasenbildung, zwischen welchen anstatt der saftigen Wiesenhochstauden nunmehr aromatische, Dürre ertragende, zuweilen stachelige und wollige Stau - den aus der rasenbildenden oder hochstengelbildenden Grundform wachsen, oder rascher vergängliche Frühlings - blüher und Zwiebelgewächse. Aber die Grasflur herrscht als weitaus überwiegende, und im Aeusseren einer trocke - neren Wiese deshalb gleichende Bestandesform vor und gibt den Grundton zu dem Bilde, dessen Ausschmückung neben den Stauden auch viele annuelle Gewächse über - nehmen. Die volle Lebensthätigkeit der Grassteppen ist295Federgras -, Goldbart -, Alang-Formation.auf den kürzeren Zeitraum vom Frühlingserwachen bis gegen den heissen Hochsommer hin beschränkt, und wie im Sommer die Dürre, so bewirkt im Winter extreme Temperaturerniedrigung völligen Vegetationsstillstand. Um mit den Beispielen für solche Grassteppen in dem - selben Gebiete, wie vorhin, zu bleiben, sei an die „ Feder - gras - und Goldbartfluren “der von Kerner so schön ge - gliederten pontischen Vegetationsformationen erinnert.
Die Federgrasflur wird von Stipa (Thyrsa) gebildet, einer etwa 100 Arten zählenden und überhaupt für die Steppenfluren charakteristischen, subtropisch-temperiert klimatisierten Gräser - gattung. (So wird auch die nordafrikanische Halfa - oder Esparto - grasformation in Spanien und Algerien von Stipa, Sektion Macro - chloa, gebildet.) Die lang wehenden Grannen erinnern an Reiher - federn und sind in Ungarn unter der Bezeichnung Arvaléanyhaj mit Liedern und Märchen verwoben. Zahlreiche Leguminosen und Compositen, Iris, Allium und andere Zwiebelgewächse schalten sich in die Lücken auf dem sandigen Erdreich ein. Auf lehmigem Boden wird das Federgras durch Stipa capillata mit einem ander - weiten Tross von Nebenbestandteilen ersetzt. Die Goldbartflur, von Pollinia Gryllus gebildet, hat das Ansehen einer hochgrasigen Wiese; der Boden ist mit grossen Polstern, deren goldig schim - mernde Rispen sich auf meterhohen Halmen wiegen, dicht bestockt, und Labiaten, Compositen und Leguminosen schliessen sich in die hier festgeschlossene Pflanzendecke ein. — Vergl. Kerner in Oester - reich Ungarns Pflanzenwelt, S. 210.
Uebergänge in den einzelnen Abteilungen der Vege - tationsformationen erscheinen so häufig und vielseitig, sie sind ausserdem so selbstverständlich, dass man kaum dar - nach zu fragen braucht. Es ist also auch meistens eine Sache der Konvenienz, ob man den einen oder anderen aus bestimmten Arten und Wuchsformen gebildeten Be - stand zu dieser oder jener Abteilung rechnen will. Doch scheint es wichtig, darauf hinzuweisen, dass unter den Tropen auch Grassteppen, die sich nur durch vorwiegend andere Arten und vielleicht durch höheren Wuchs von den eben besprochenen unterscheiden, weite Fluren be - decken, welche man nicht ohne weiteres als Savanen betrachten kann. Als solche im indischen Florenreich weit verbreitete tropische Grassteppe gilt mir auch die Alanggrasflur von Imperata cylindrica, zugleich einheimisch in Afrika und dem Mediterrangebiet, „ welches 3 — 5 Fuss296Uebergang von Grassteppen zu Savanen.hoch Halm an Halm wie auf einem Getreidefelde ent - wickelt “(Griseb. V. d. E. II, S. 36).
In Neumayers Anleitung zu wiss. Beob. auf Reisen, Bd. II, S. 175, sind allerdings gerade die Alangfluren unter die Savanen gesetzt; allein ich glaube dies dennoch umändern zu sollen, da ich ausser dem veränderten Klima, unter welchem sie stehen, im Formationsbestande keinen Unterschied gegenüber den Grassteppen finde. Das Klima bedingt wohl die Formationsabteilungen, macht aber ihre Merkmale nicht aus. Die Schwierigkeit, in solchen Fragen zu entscheiden, ist allerdings vom grünen Tische aus recht gross, und hier wie in so vielen anderen Stücken bedarf es einer mit Sachkenntnis durch Vergleich etwa der tropisch-afrikanischen Savanen mit diesen ausgeführten Entscheidung auf eigenen Augen - schein hin. — Es scheinen auch Uebergänge zu tropischen Savanen in der Alangformation selbst vorzukommen, da von den Sunda - inseln Bestände angegeben werden, in denen ausser dieser Imperata und einem gleich hohen Andropogon grosse Gruppen des Glagah - grases: Saccharum spontaneum, von 3 — 4 m Höhe, und ähnliche, wie Antisthiria arundinacea, Rottboellia exaltata, riesige Büschel bilden, auch kleine Myrtaceen in die Gesellschaft eintreten.
Denn nicht nur die Höhe der Gräser, sondern die Untermischung mit tropischen Vegetationsbestandteilen der regengrünen oder wenigstens gegen längere Trocknis geschützten Holzgewächse nebst Epiphyten, kraut - und holzartigen Schlingpflanzen bildet das eigentliche Merkmal gut ausgeprägter Savanen. So ist ihre Charakteristik beispielsweise für Afrika bei Grisebach (V. d. E. II, 109 — 111). Eine typische Schilderung entwirft Schom - burgk von ihnen in seinen „ Botanical Reminiscences “aus Britisch-Guyana (1876). Die dortige Savanaregion ist wohl bewässert, aber die kleineren Bäche sind mei - stens wasserlos in der trockenen Jahreszeit; wo das Wasser ausdauert, zeigt sich zugleich der reiche Tropenwald, Gruppen von Palmen (Mauritia), Farnen, Scitamineen etc., welche auch sonst auf feuchterem Grunde kleine Oasen bilden. Die Regenzeit währt hier von April bis Anfang August; aber dann wird die für Aufrechterhaltung der Vegetation nötige Feuchtigkeit noch für Monate durch starke Thaubildung geliefert, so stark, dass am Morgen die Pflanzen benetzt sind, als wäre Regen gefallen. Die Rasen werden hier von Cyperaceen (Cyperus, Isolepis, Hypolytrum), von Gräsern der Tribus Chlorideen und297Die Savane von Guyana.Festuceen gebildet, und zwischen ihnen sind zahlreiche stachligen Kräuter und Holzpflanzen zerstreut, niedrige Bäume zumal auf den Höhen: Curatella americana, und mit silberglänzenden Blättern Byrsonima verbascifolia; zahlreich sind die Myrtaceen, Leguminosen, Rubiaceen, Menispermeen, Apocyneen und Convolvulaceen, und viele von ihnen, z. B. Phaseolus, klimmen hoch empor an den vergilbten Halmen des vorigen Jahres, die noch aus dem grünen Teppich herausragen. Die Proteacee Roupala bildet oft eigene Gruppen von merkwürdigem Ansehen. Zu Beginn der Regenzeit erscheint die Savane so üppig grün wie irgend ein nordisches Land; zugleich mit dem Treiben der Gräser und Cyperaceen öffnen sich grosse Blumen von starkem Duft, oder überschütten sich die Curatellen, Myrtaceen, Malpighiaceen mit einer Masse kleiner Blüten. In der Mitte des Oktober ändert sich das Bild, welches bisher im üppigen Grün beharrte; die Gräser und Blütenstengel werden bleich und die Savane „ mag mit einem reifen, aber sehr dünn gesätem Korn - feld verglichen werden, und behält während der trockenen Jahreszeit ihre bleichgelbe melancholische Färbung “.
Wie dies ausführlicher angeführte Beispiel lehrt, ist also besonders auf die Nebenbestandteile zu achten, um die Grasformationen in ein bestimmtes System zu bringen: die Baumlosigkeit ist von jeher als ein richtiger Charakter der Steppen und Grassteppen hingestellt (vergl. Kerner a. a. O.), die Beimischung tropischer Holzgewächse mit Kletterern und Epiphyten zeichnet die Savanen, eine solche von winterharten saftigen Stauden die sommer - grünen Wiesen und Wiesenmoore aus, ohne dass jedoch durch diese Teilung die Mannigfaltigkeit der Natur er - schöpfend angedeutet wäre.
Mischung der Grasfluren mit Wald und Hoch - stauden. Nicht überall sind die Formationen so scharf gesondert, dass auch nur kleinere Stücke einer Land - schaft sich in sie zerlegen liessen; gewisse Gebiete, und in geringerem Grade von allen gewisse Areale, zeichnen sich dadurch aus, dass sie wie ein Gemisch mehrerer Formationen erscheinen, ohne dass aber aus diesem298Mischung von Wald - und Grasland.Grunde die Einzelformationen ihr Recht verlören. Sie durchdringen sich vielmehr gegenseitig so innig, dass geringe Unterschiede in der Bewässerung genügen, um hier diese, dort jene Formation hervorzurufen. Dies mag hier in Anknüpfung an die Grasfluren kurz berührt wer - den, da dieselben in einem derartigen gemischten Land - schaftsbilde selten fehlen.
Waldland und Grasland stehen zunächst im dauern - den Kampfe miteinander, sogar in der Savane. Denn die Savane hat in sich einzelne Holzgewächse der Tropen - formationen aufgenommen, aber ebendieselben bilden keinen tropischen Regenwald. Wo ein dauernder Wasser - fluss die Savane durchzieht, entscheidet dieser Umstand gewöhnlich zu Gunsten des Tropenwaldes, der, eng an den Bereich der Feuchtigkeit gebunden, nunmehr als „ Galeriewald “mit Palmen, dickblätterigen Laubbäumen etc. schon von weitem den Flusslauf in seiner ganzen Aus - dehnung verrät, wie dies aus dem tropischen Afrika zur Genüge bekannt geworden ist, übrigens in den an - deren Erdteilen geradeso stattfindet. Die ganze Landschaft aber erhält dann, wenn zahlreiche dauernde Wasser - stellen in ein grosses Savanengebiet eingestreut sind, ein sehr verändertes Gepräge: sie mischt zwei verschiedene Formationsbilder ineinander.
Oft bewirkt der menschliche Eingriff eine Verände - rung der von der Natur aufgebauten Formationsgrenzen, und zwar immer zu Ungunsten der Waldlandschaften, wo es rücksichtslos und nicht mit planmäßiger Ueber - legung zum Schutze der Bäume geschah. Alsdann brei - ten sich vielfältig in den Savanenländern die Grasbestände über Baumland aus, und zumal regelmäßige Brände, welche den Baumnachwuchs töten, aber den abgedorrten Gräsern und ihren Begleitern nicht schaden, halten die einmal eingeleitete Verschiebung fest. Solche Grasland - schaften verdanken aber ihre Existenz nicht dem regen - armen Klima oder dem sterilen Boden, und würden da - her allmählich dem Walde wieder Platz machen, wenn die Natur sich selbst überlassen bliebe. Für viele weite Ländergebiete ist daher schon die Frage nach der natür -299Campine, Prairie, Parklandschaft.lichen Ursprünglichkeit der Grasbedeckung aufgeworfen, zumal für jene Uebergangsgebiete zwischen Wald - und Grasland, welche in dem noch zahlreich vorhandenen Baumbestande die Möglichkeit eines reicheren Holznach - wuchses zu enthalten scheinen. „ Campine “nennt Pechuël - Lösche eine solche Mischlandschaft im tropischen Afrika, „ Prairie “nennt sie Sargent in der nordamerikanischen Union, soweit noch 10 — 20 % der Bodenfläche von Bäu - men, das übrige aber von Grassteppe bedeckt wird.
In seinen Vegetationsschilderungen vom Congo (Ausland 1886) fasst Pechuël-Lösche die Savane als ein verarmtes Waldland, als Uebergangsglied zur Steppe auf; „ die Grasfluren derselben, welche gewöhnlich eine derartig geringe Ausdehnung besitzen, dass der umherschweifende Blick allenthalben durch Waldbestände einge - schränkt wird, sind am besten mit dem im Unterguinea üblichen Namen Campinen zu benennen. “
Ein anderes, von der Natur selbst gebautes und in seiner Ursprünglichkeit höchst anziehendes Bild gewähren die im nordischen Florenreich zumal an beiden Seiten des Stillen Ozeans entwickelten „ Parklandschaften “, die besonders vom Amur und von Kamtschatka berühmt sind. Waldgruppen wechseln mit Wiesenflächen rasch und mannigfaltig; die Hochstauden nehmen wiederum weite Plätze für sich ein und treten mit den Gräsern gemischt so üppig und übermächtig auf, dass man eher nach ihnen als nach jenen die Formation bezeichnen möchte. So die herrlichen Doldenlandschaften am Kamtschatka, welche Kittlitz bildlich dargestellt hat, in denen baumartige Heracleum-Arten eine Wiesenfläche überschatten; und an anderen Orten drängen sich kleinere, aber immer noch meterhohe Stauden zu dichten Gruppen an den Wald, an den Fluss mit seinen Wiesen heran.
Die Hochstauden. Dadurch werden wir nochmals auf diese interessante Vegetationsform hingelenkt, welche allerdings nur selten grosse Flächen für sich allein be - setzt, immerhin aber doch durch ihr Artgemisch sehr auffällig ist und das, was sie nicht für sich allein vermag, durch Eindringen in und Zusammenleben mit den Wiesen - und Grassteppen-Rasenbildnern zu stande bringt. Oftmals sind mit ihnen die einjährigen Kräuter, welche in die300Ordnungen der Hochstauden.kurzrasigen Matten schwerer einzudringen vermögen, so verbunden, dass dieselben im Frühjahr zeitiger erschei - nen, oder dass sie einzelne aus trockenerem Sande gebil - dete, der Staudenvegetation unzugängliche Stellen des Bodens wie kleine Steppenoasen besetzt halten. Solche Bestände sind von Grisebach, Reuter und anderen aus verschiedenen Gebieten des mediterranen Florenreichs ge - schildert, in denen die annuellen Kräuter, hauptsächlich Cruciferen, die Stauden und einige zu ihnen gehörige oberirdisch verholzende Halbsträucher aus Umbelliferen, Labiaten, Compositen (Centaureen, Cirsien etc.) und Sileneen bestanden.
Die hauptsächlichsten Ordnungen dieser Formationsgruppe sind, soweit sich dies bisher beurteilen lässt, folgende:
Leguminosen. Bei der massenhaften Entwickelung dieser Ordnung bildet sie auch viele Stauden.
Onagrarien, Lythraceen. Die Weidenröschen Epilobium, Nachtkerzen Oenotheren, die Gattung Lythrum selbst und viele andere bilden hochwüchsige und gesellige, schön blühende Arten.
Umbelliferen (Apiaceen). Grosse Ordnung von circa 180 vielfältig ähnlichen Gattungen und 1400 Arten, teils einjährig, teils ausdauernd und sehr selten verholzend, welche fast alle zu hoch aufrechtem Wuchs neigen. In den borealen Florenreichen am stärksten vertreten bilden sie hier ein belebendes Nebenelement der Wiesen und Triften; in den Subtropen treten sie mit noch gigantischen Formen in die Steppenformationen ein, oft dicke Wurzelknollen entwickelnd (Ferula). In den australen Floren - reichen sind neue Gattungen minder reich entwickelt, neben diesen aber auch dem Norden und Süden gemeinsame.
Campanulaceen, Lobeliaceen. Jede Ordnung mit circa 540 Arten, die letztere hauptsächlich tropisch.
Compositen (Asteraceen und Lactucaceen). Die grösste Ordnung des Pflanzenreichs mit weit über 10000 Arten, unter denen Bäume selten und klein, Gesträuche in den australen und tropischen Florenreichen häufiger, am häufigsten aber Stauden und seltener wiederum einjährige Gewächse über die ganze Erde ver - breitet sind. Einige Gattungen haben eine enorme Ausdehnung und Artenzahl: Senecio (900), Eupatorium (500), Vernonia (400), Centaurea (350) sind die wichtigsten. In den amerikanischen und indischen Tropenwäldern spielen aber auch die Compositen eine geringfügige Rolle und treten weit hinter den ihnen verwandten Rubiaceen zurück. Die Tribus bevorzugen kleinere Areale, noch mehr die Gattungen; fast alle Centaureen sind europäisch-orien -301Wiesen, Matten, Triften.talisch, ähnlich ist die Verbreitung der Tribus von Inula, Anthemis, während die von Eupatorium und Helianthus amerikanisch, und die Mutisieen tropisch-amerikanisch sind.
Asclepiadeen, Apocynaceen. Unter den 1700, bez. 1100 Arten sind viele milchende Hochstauden.
Scrophulariaceen, Acanthaceen, Labiaten (Salviaceen). Sehr grosse artenreiche Ordnungen, unter deren aus 2000, bez. 1500 und 2700 bestehenden Arten viele Hochstauden hervorgehen. Die Scrophulariaceen überwiegen in den kühleren Gegenden allein, in trockenen Subtropen herrschen die Labiaten, in den Tropen die Acanthaceen. Salvia gehört mit gegen 500 Arten zu den grössten und weitest verbreiteten Gattungen.
Malvaceen mit 800, Geraniaceen mit 1000 Arten, darunter viele halbstrauchig im Kaplande.
Cruciferen (Brassicaceen), 190 Gattungen mit 1550 Arten.
Ranunculaceen, 30 Gattungen mit 1350 Arten.
Letztere beide Ordnungen sind hauptsächlich zwei boreal verbreitete mit zahlreichen Stauden. Die Aconitumformation der europäischen Bergländer gehört dazu.
Polygonaceen, 30 Gattungen mit 750 Arten.
Sileneen und Alsineen, 1100 Arten überwiegend boreal - subtropisch.
Wiesen, Matten - und Triftformationen. Es sind oben den Wiesen die Matten im allgemeinen durch die in den letzteren vorherrschenden geselligen Stauden gegenübergestellt. Hierauf ist noch näher einzugehen. Es gibt nämlich einen allmählichen Uebergang von erste - ren zu letzteren, derart, dass zunächst noch gesellige Gräser anderer Gruppen, als sie in der langhalmigen Wiese mit Hochstauden gemischt auftreten, die Boden - decke zusammen mit einem bunten Teppich niedriger Rasen - und Rosettenstauden bilden: diese Gruppe soll als Matten - formation bezeichnet werden, — während dann in ande - ren, von Stauden allerlei Wachstumsformen und zutretenden Halbsträuchern gebildeten Formationen die Gräser nicht mehr rasenbildend auftreten, sondern nur vereinzelten Stauden gleichwertig: diese letztere Gruppe mag als Triftformation unterschieden werden. Beispiele finden wir im engeren Vaterlande von der Alpenhöhe bis zu dem mitteldeutschen Hügellande in reicher Fülle. So hat302Beispiele der Matten -Kerner in seinem, das „ Pflanzenleben der Donauländer “so überaus plastisch und in der Methode lehrreich ent - wickelnden Werke (1863, S. 228 u. folgd. ) die Wiesen der Alpenländer in eine Reihe von Formationen aufgelöst, von denen eine grössere Zahl zu den Matten zu rechnen ist. Eine normale Wiesen - oder Sumpfwiesenformation ist die der Rasenschmiele (Aira caespitosa) mit Cirsien, Umbelliferen, Bistorta-Knöterich; eine zweite Wiesenfor - mation, die typischste von allen, ist die der saftigen Alpenweiden, gebildet aus Lieschgras, Ruchgras, Gold - hafer, Zittergras, Agrostis - und Festucaarten, alle lang - halmig und zum Mähen geeignet, dazwischen die Hoch - stauden, Crepis, Meum. u. a. A. Dies vorangestellt, wird man ohne weiteres demgegenüber grosse Unterschiede in der die Mittagsseite sonnigtrockener Bergabhänge be - kleidenden Formation der „ niederen Segge “(Carex humilis) mit Prunella und Globularia und Teucrium montanum, oder in der „ Bergseggenformation “von Carex montana mit prächtigen Nelken und Enzianen, dem Bergklee Trifolium montanum und Orchideen (Ophrys muscifera) finden, obwohl einzelne langhalmige Gräser hier herden - weise mit eintreten. Auch die Formation der „ rostfar - bigen Segge “Carex ferruginea oberhalb der Buchen - region mit Soldanella alpina, Gentiana acaulis, den Alpen - Aurikeln und - Anemonen, dazu die Nigritella als Ver - treterin der Orchideen, dann die noch höher gelegene Formation von Carex firma mit Dryas, Alsine und Silene acaulis, alpinen Saxifraga -, Pedicularis -, Ehrenpreis und Hahnenfussarten, macht einen von langhalmigen Wiesen durch die Mannigfaltigkeit der eingewebten Stauden stark verschiedenen vegetativen wie floristischen Eindruck, und mag wohl viel richtiger und für das deutsche Sprach - gefühl bezeichnender als „ Alpenmatte “, wie als eine Wiesenformation aufgeführt werden, mit welcher man den Begriff der Langhalmigkeit und Schnittfähigkeit und dauernder Berieselung des dicht mit Grasnarbe über - zogenen Bodens unmittelbar zu verbinden pflegt.
So erscheint es demgemäß, und trotz der Schwierig - keit in jedem einzelnen Falle eine präzise Grenzbestim -303und der Triftformationen.mung zwischen Wiesen, Wiesenmooren und Matten zu finden, richtiger, die dem Thongrund angehörige „ Borsten - grasformation “von Nardus stricta auf den Höhen der mitteleuropäischen Gebirge, wo sie mit der gewöhnlichen Heide abwechselnd stundenlange baumlose Halden über - kleidet und Stauden wie Potentilla aurea und Geum mon - tanum, Campanula barbata, Arnica montana, Lycopodium alpinum, Gräser und Simsen, wie Aira, Luzula albida und spicata in sich aufnimmt, auch Flechten (Cetrarien) und Preisselbeeren, den Mattenformationen zuzuzählen, als sie an die Wiesen anzuschliessen. Es ist also das Charakteristische dieser Matten, rasenbildende Gräser, Seggen und Binsen zuzulassen und sie sogar noch bei ihrer vegetativen Kraft zu tonangebenden Gliedern zu erheben, in deren Lücken allerdings die Stauden, oder sogar Moose und Flechten, eine ungleich wichtigere Zu - gabe bilden als in den Wiesen; denn alle die genannten Stauden können so dicht zusammenschliessen, dass die Gräser und Seggen wie von ihnen aufgenommen er - scheinen, und unterscheiden sich dadurch von den Wiesen.
Ueberwiegt der gemischte Zusammenschluss, so wird eine neue Staudenmatte fertig, welche in buntem Wechsel mit eingeschalteten Halbsträuchern, stellenweise sogar Gesträuchen, die Bezeichnung der Triftformation führen mag.
Ich habe dieselbe beispielsweise in der Unterscheidung der Vegetationsformationen im hercynischen Berglande aufgeführt (Engl. botan. Jahrb. XI, S. 42). Die Muschelkalkhügel von Thü - ringen und westwärts bieten dafür ausgezeichnete Beispiele. So findet man stellenweise als häufigste Stauden, aber immer mit - einander abwechselnd und niemals eine allein auf weite Strecken vorherrschend, Centaurea Jacea und Scabiosa, Poterium Sanguisorba, Silene inflata, Anthemis tinctoria, die echten Scabiosen, Thymian, Kreuzblumen, Erdbeeren, von Gräsern vereinzelt oder herdenweise ausser dem Schafschwingel in der kleinen Triftform Brachypodium pinnatum und die Koelerie, ausserdem noch Avena-Arten; einzelne Rosen und Schlehdorngebüsche besetzen die steinigen Halden. Wohlriechende Labiaten, überhaupt starkriechende Blätter und Blüten der verschiedensten Familien, sind hier häufig. — Von dieser „ trockenen Hügeltrift “ist die Berg - und Alpentrift natürlich im biologischen Verhalten und somit in der Zusammensetzung weit verschieden, doch als Triftformation entsprechend.
304Moos - und Flechtenformationen.Die hauptsächlichen Ordnungen, welche ausser Grä - sern, Seggen, Binsen und Simsen den Teppich der Mat - ten und Triften zu bilden pflegen, deren allgemeine Be - teiligung aber ausserhalb der borealen Florenreiche noch sehr wenig bekannt geworden ist, sind teils in den vor - hergehenden Beispielen schon deutlich genug hervor - getreten, teils stimmen sie mit den die Hochstauden liefernden (siehe S. 300) überein. Als Ergänzung mögen aber noch die dort nicht genannten Rosaceen, zumal deren Unterabteilung Dryadinen, als wichtig für boreale Matten - formationen aufgeführt werden, auch noch die Saxi - frageen, Gentianeen, Valerianeen, Primulaceen und ein - zelne Plumbagineen („ Grasnelken “); die Sileneen und Alsineen sind wohl in den Matten und Triften ungleich häufigere Bestandteile, als in den Wiesen oder als Teil - nehmer an den Hochstaudenformationen.
Den Gefässpflanzen gegenüber verhalten sich die Zellenpflanzen in ihrem Geselligkeitsanschluss, in ihrer Vermehrungs - und Verbreitungsweise, in ihrem Verhalten gegenüber dem Klima und Boden und, wie sich von selbst versteht, in ihrer physiognomischen Erscheinungsweise so eigenartig, dass da, wo sie zu besonderen Formationen zusammenschliessen, ihre Eigenartigkeit in diesen beson - ders klar hervortritt. Die Moose und Flechten sind im stande, solche Formationen auf dem festen Erdreich, auf hartem Gestein und endlich als Besiedelung wasserüber - strömter Geschiebe und Ablagerungen zu bilden, wobei die Flechten gegenüber den Moosen die trockeneren Stand - orte bevorzugen; die Algen herrschen im süssen Wasser mit mannigfaltigen Blütenpflanzen zusammen, bilden aber im Ozean die Formationen so gut wie allein; die Pilze endlich vermögen bei ihrer abweichenden Ernährungs - weise überhaupt keine eigenen Formationen zu bilden.
Die Moose und Flechten scheuen mit wenigen Aus - nahmen das fliessende Wasser. Bei der Kleinheit ihres Wuchses bilden sie im geselligen Zustande die niedersten Formationen; aber sie verstärken sich durch Aufnahme305Wichtigkeit derselben in kalten Klimaten.von Blütenpflanzen und Farnen, denen sie häufig erst die Wohnstätte bereiten. Mit zunehmenden Polhöhen nimmt ihre Bedeutung für die Vegetation der Erde, zugleich ihre relative Artenzahl zu, wie folgender Vergleich der Artenzahlen von Moosen und allen Gefässpflanzen ergibt:
Unter Moosen sind hier nur die Laubmoose ver - standen, die Lebermoose fortgelassen; die letzteren sind von weit geringerer Bedeutung, betragen aber z. B. doch auch noch an Artenzahl 39 in der spitzbergenschen Flora. Den Artenzahlen kann man nicht anmerken, in welcher Weise die Moose in höheren Breiten wichtig für den physiognomischen Charakter der Landschaft werden; sie werden es aber dadurch, dass sie nicht, wie in den Wald - gegenden, in grosser Menge unter dem Schutze der Bäume den Boden als Formations-Nebenbestandteile überziehen oder kleine Lücken in grösseren Beständen ausfüllen, sondern auf sumpfigem oder feuchtem Erdreich, mit Flechten gemischt auch auf trockenerem und felsigem Boden, oder endlich in Beständen von ungemischten Krusten - und blattartigen Flechten auf nacktem Fels reine und nur mit Nebengliedern versehene Formationen selbständig bilden, daher besonders die Zone I (S. 83) auszeichnen. Eine ähnliche Rolle, aber auf kleineren Räumen und mit Bevorzugung der felsigen Standorte, spielen alsdann diese beiden Klassen von Zellenpflanzen in den Hochgebirgen oberhalb der Waldregion.
Mit der erwähnten Kleinheit des organischen Auf - baues von Moosen und Flechten geht aber eine ebenso grosse Zähigkeit und langjährige Ausdauer Hand in Hand. Bei den Flechten hat man sie geradezu vor Augen, aber wenig Beobachtungen sind über die Langsamkeit der Be - siedelung von Felsen durch sie angestellt, Beobachtungen, deren zeitliche Ausdehnung sie überhaupt nur als ge - legentliche Notizen gegenüber der zu lösenden AufgabeDrude, Pflanzengeographie. 20306Alter der Moosrasen.erscheinen lässt. Besondere Ueberwinterungsorgane fehlen hier vollständig; der Frostschutz muss in der Zellorgani - sation selbst gesucht werden. Anders bei den Moosen, welche aus ihrem Wurzelfilz eine leichte und lebhafte Erneuerung der grünenden Rasen vollziehen können, doch aber ebenfalls mit den Flechten die Eigentümlichkeit teilen; grün in den Winter einzutreten und nach der Schneeschmelze mit noch unverändertem Rasen dazustehen. Und vielfältig wachsen auch dieselben zierlich beblätter - ten Stengel an ihrer Spitze oder in seitlicher Verzwei - gung direkt weiter; so besonders Sumpfmoose und ihnen entsprechende Formen mit kriechendem Stengel, deren hinteres Ende gemäß dem Fortwachsen allmählich ab - stirbt. Reichhardt hat im Jahre 1860 eine Berechnung angestellt, welcher zufolge tuffbildende Moose, welche im Wiener Becken mehrere Fuss, an einigen Stellen fünf Klafter mächtige Tuffschichten durch Ueberrieselung mit doppeltkohlensaurem Quellwasser gebildet haben, diese Mächtigkeit durch Fortwachsen derselben Hauptstengel im Alter von circa 1500 Jahren erreicht haben werden, dass sonach diese Moosstengel im Alter von riesigen Bäumen stehen, ohne jemals ihre Zierlichkeit und Schwäche abgelegt zu haben.
Die Vermehrung aus dem Wurzelfilz ersetzt bei den Moosen vielfältig diejenige aus Sporen, da in rauhen Klimaten die Früchte verhältnismäßig selten, und bei wenigen Arten sicher, reifen. Auch den unteren Stengel - gliedern fällt die Erhaltung der Bodenbesetzung zu. „ In einem Klima, wo fast zu jeder Jahreszeit die Feuchtig - keit hinreichend ist, um das Leben in ihnen zu erhalten, können diese Teile, wenn sie wie die älteren Wurzeln mit Nahrungsstoff reichlich versehen sind, lange Zeit in diesem Zustande verharren, bis die Verhältnisse ihre wei - tere Entwickelung befördern, “so sagt Berggren nach Beobachtungen in Spitzbergen darüber. „ Es haben die Moose überhaupt, und besonders die spitzbergenschen, welche selten Früchte entwickeln, dieser Kraft der Vege - tationsorgane zu verdanken, dass sie an Stellen, wo sie zufällig hingebracht worden sind, erhalten werden. Wie307Zuwachs und Wasserversorgung der Moose.die Flechten, mit Hilfe der Gonidien verbreitet, weite Strecken an kalten, windigen, trockenen Stellen in der Polarzone bedecken, so wurzeln die Moose auf feuchtem Boden und bekleiden ihn mit einem breiten, vermittelst des Wurzelfilzes zusammenhängenden Rasen, in welchem die Samen höherer Pflanzen keimen können. Diese bei - den Pflanzengruppen nehmen deshalb nicht nur unter den Kryptogamen, sondern auch von der ganzen Vegetation den ersten Raum in der höheren Polarzone ein. “
Die Moosstengel, selbst bei denjenigen Arten, welche nor - malerweise auf dem Boden kriechende Stengel haben, stehen in den spitzbergenschen Formationen aufrecht und dichtgedrängt, erheben sich bei ihrem überhaupt langsamen Zuwachs aber nur wenig über den Boden, oder sie bilden in den Boden eingesenkte Rasen. Die Torfmoore Spitzbergens haben des langsamen Zu - wachses der Moose wegen nur eine geringe Tiefe. Ihre unteren Stengelteile vermodern zugleich sehr langsam. Demzufolge findet man bisweilen Moospflanzen, die bis 20 Jahrestriebe übereinander zählen, wie z. B. bei Cinclidium arcticum, wo sie regelmäßige Bänder darstellen. Auch bei den Seitenästchen zeigt sich die Nei - gung, aufrecht und dichtgedrängt zu stehen.
Die Wasserversorgung, welche auch im arktischen Sommer nicht immer ohne jede Schwierigkeit sich er - halten lässt, ist nach Oltmanns Untersuchungen (G. J., XI, 103) an den Laubmoosen viel mehr auf Fortleitung in kapillaren Räumen zwischen dem Stengel und Blät - tern, also auf äusserliche Benetzung, angewiesen, als auf das Aufsaugen durch den Wurzelfilz und Fortleitung im Innern des Stämmchens. Es hat sich daher auch zwi - schen toten und lebenden Moospflanzen in der Leitungs - und Verdunstungsfähigkeit kein grosser Unterschied her - ausgestellt; lebende und abgestorbene Moosrasen ver - schluckten und verdunsteten gleichviel Wasser.
Es sei hinzugefügt, dass die Rasen der Sumpfmoose. Sphagnum, bei 84 % relativer Luftfeuchtigkeit das Fünffache eines freien, gleiche Oberfläche einnehmenden Wasserraums zur Verdunstung brachten; daher deren starke Wirkung auf Nebelbildung und Nieder - schläge über den Mooren!
Dies ist zu wissen notwendig, um die Beschränkung grosser selbständiger Moosbestände auf die kalten, einer warmen Trockenperiode entbehrenden Klimate, und die308Einteilung der Moos - und Flechtenformationen.Standorte, welche grössere Moosgesellschaften im Klima von Deutschland zeigen, zu verstehen. Die Flechten sind wohl der Trocknis gegenüber die unempfindlichsten Pflan - zen, da sie auf dem Felsgestein in Wüsten nicht fehlen; sie fahren nach gelegentlichen Benetzungen fort zu wachsen; aber dass eine häufige und regelmäßige Durch - feuchtung zu ihren günstigen Wachstumsbedingungen gehört, ersieht man aus der Entfaltung ihres Form - und Artenreichtums allein im Hochgebirge und in feuchtkalten oder feuchtgemäßigten Ebenen. In den Tropen be - schränkt sich ihre Bildung in unbedeutenden Formen hauptsächlich auf die Borken der Bäume, während ihre Masse im arktischen Nordamerika hinreicht, das Leben von Polarfahrern zu fristen und weidende Tiere zu nähren.
Die weitere Einteilung der Moos - und Flechten - formationen, welche hier mancher gemeinsamer Gesichts - punkte wegen unter gemeinsame Behandlung gebracht sind, bestimmt sich erstens nach ihrem Standort auf reinem, einer Humusschicht entbehrenden Felsen, oder auf schwarzer, torfiger oder sandiger oder lehmiger Erde, oder im wasserdurchsickerten Moor, welches sich selbst auf überrieseltem Geröll aufgebaut oder in Teiche hin - eingewuchert hat; und zweitens nach ihrer Zusammen - setzung aus reinen Moosen, reinen Flechten, gemischten Moosen und Flechten, mit oder ohne Hinzutreten be - stimmter Gruppen höherer Gefässpflanzen. Indem der letztere Gesichtspunkt in untergeordnete Bedeutung ge - bracht wird, gliedern sich die Bestände zunächst in Fels - formationen (Moos - und Flechtenfelsüberzüge), terrestrische Formationen (Mooswiesen, Moos - und Flechtentundra), und in Sumpfformationen (Moosmoore, Torfmoossümpfe, schwappende Tundren).
Unter den Felsüberzügen der Zellenpflanzen spielen die Steinflechten die wichtigste Rolle. Wie man an den Blöcken der mitteldeutschen Bergländer mit Trümmer - gestein von Graniten, Gneisen etc. wahrnehmen kann, überzieht eine anspruchslose Decke (ein „ Gekruste “im Kernerschen Ausdruck) von Flechtenschorf oft mächtige Felsstücke; zwischen ihnen siedeln sich grössere, wie309Felsüberzüge von Flechten und Moosen.Fledermäuse eingenistete Lappen anderer Flechtenfami - lien, zumal der Umbilicarien, an, oder ein flach hinge - strecktes, vielfältig zerteiltes Laub von Parmelien, eben - falls in innigster Verwachsung mit dem Gestein, tritt mit den Krustenflechten in Wettstreit. Moose, z. B. Andreaeen, Racomitrien, Grimmien, gesellen sich dazu, zerstreute kleine Polster bildend oder ganze Felsseiten überziehend; im Sommer sind sie wie abgestorben, pul - verig-trocken, und doch erwachen sie alljährlich zu neuem Leben, während das Alter der Gesteinsflechten sich auch nicht annähernd schätzen lässt. In die höher und dichter werdenden Moospolster treten auch Strauchflechten, Cetra - rien und Cladonien, in grösserer Menge ein; dann finden sich Vacciniengesträuche oder eine Lycopodium-Art, und der Uebergang zu einer Art dürftiger Flechtenheide wird schon hier auf dem Fels geboten. Von ungemeiner Be - deutung für den Aufbau der Formation aus diesen oder jenen Arten ist hier allemal der Gesteinscharakter, in erster Linie der Unterschied zwischen Kalk - und Silicat - gesteinen, dann aber auch die Verschiedenheiten in Härte, Erwärmungsfähigkeit und Spaltbarkeit, wie sie zwischen Granit, Thonschiefer, Porphyren zur Geltung kommen.
Auf Spitzbergen z. B. ist in den Kalk - und Schiefergebirgen die Artenzahl an Laubmoosen verhältnismäßig gross, in den Granit - und Gneisgegenden kaum die Hälfte der ersteren, dagegen die Individuenmenge hier grösser. Der Sandstein steht gleichsam auf der Grenze von beiden, stimmt in Bezug auf physikalische Eigen - schaften und Wirkungen mit den sedimentären Gesteinen, dagegen in Bezug auf die chemischen Eigenschaften mit dem Granit und Gneis überein. Alle Arten der Gattung Sphagnum sind hier absolut kalkfeindlich; diese und ihre Genossen bewohnen die Gegenden der Urformation, können aber auch Sandsteinfelsen be - siedeln. — Aehnliche Unterschiede macht Pfeffer für den Gesteins - charakter geltend, dem wir in lehrreichster Weise geschriebene „ bryogeographische Studien aus den rätischen Alpen “verdanken (1869); die Massenvegetation der Moose ist nach ihm stets auf den kalkhaltigen Gesteinen weniger auffallend, von hoher physiogno - mischer Bedeutung dagegen auf den Trümmerfeldern der Kiesel - gesteine. Die Oberfläche der Kalkblöcke ist meist kahl, wenig zahlreiche kleine Rasen einer Grimmia und Weisia haben sich ange - siedelt. Aber auf den Kieselgesteinen kehren alle Moose des kalk - haltigen Gesteins wieder und zahlreiche nur in grossen Massen auftretende. — In Spitzbergens höchster Region des sedimentären310Mooswiesen.Gebirgsbodens gibt es nur eine Moosart als treue Begleiterin des feuchten Bodens nahe dem Eisrande: Seligeria polaris; auf dem krystallinischen Boden dagegen gibt es mehrere solcher Arten, teils mit dem skandinavischen Hochgebirge, teils mit den Alpen gemeinsam.
Die Mooswiesen, die trockenen Moos - und Flechtentundren ersetzen unter den allgemein ge - nannten Bedingungen die Grasfluren der temperierten Zone. In den Alpen tritt häufig der gletscherliebende Widerthon (Polytrichum septentrionale) als geselliges Moos an den von Gletschern verlassenen und mit Moränenschutt überlagerten Stellen auf, bis eine kräftigere Formation ihn von dort verdrängt. In den schattigen Kesseln des Hochgebirges, und endlich da, wo der Grasrasen nicht mehr zum Schluss gelangen kann, erhält sich diese Moos - wiese dauernd und überzieht dort, wo der Schnee kaum alljährlich schmilzt, grosse Strecken mit seinem dunkel - grünen Rasen dicht gedrängter Stämmchen. In den ark - tischen Ländern und Inseln sind solche Stellen viel mehr, und unter den von Flechten und Moosen bewachsenen Felsabstürzen ist auch der ebene Boden oft zu wahren Mooswiesen umgewandelt. Breitblätterige Arten der Hyp - naceen und Bryinen (z. B. Aulacomnium palustre) bedecken nach Berggren hier weite wiesenähnliche Flächen mit üppigem Grün, welche den Renntieren zu Weideplätzen dienen.
An einem solchen Platz hatten die Tiere am Fuss der Felsen - wand einen sehr betretenen Steig zu dieser Weidestelle gebahnt, welcher zeigte, dass sie das Moos nicht zufällig zur Nahrung be - nutzten; ihre Exkremente zeigten nur Blattreste von den dort wachsenden Moosen. (Ber. üb. d. Unters. der Moosflora Spitz - bergens.)
Mit dem Namen der „ Mooswiese “würden, wie hier, die saftiggrünen, aber nicht versumpften Flächen zu be - legen sein. Weit ausgedehnte Landstrecken aber sind mit an periodische Trocknis gewöhnten Arten von Flechten und Moosen bedeckt; sie sind nass zur Zeit der Schnee - schmelze und bei jedem sommerlichen Niederschlag, der nicht zu lange fehlen darf, trocknen aber rasch ober - flächlich ab. Diese weiten Strecken hat man mit dem Formationsnamen der „ Tundra “belegt, in welchen die311Tundren.Flechten hauptsächlich aus den Gattungen Cladonia und Cetraria, die Moose hauptsächlich aus Polytrichum-Arten bestehen, dazu Dicranum u. a. Je nach den Uneben - heiten des Bodens wechseln trockenere Tundra - mit feuchteren Mooswiesenstreifen, wofür Grisebach nach Bärs Beobachtungen die Halbinsel Kola als charakteristisches Beispiel anführt (V. d. E., Kap. I Anm. 26). Im Taimyr - lande fand Middendorff auf trockenem, festen Boden eine karge Vegetation, unvermögend den zum Grunde dienen - den Geröllsand zu verdecken (Anhang zur Florula taimy - rensis, S. 77). Moos mit Riedgras, nämlich Polytrichum mit Eriophorum und Luzula hyperborea, bilden ziemlich zur Hälfte die Bedeckung dieser Oberfläche: „ von dem schmutzig-gelbbraunen Moose stechen nur wenig die ab - gestorbenen gelben Grasspitzen ab, und nur unrein, wie durch einen Flor, schimmert die noch grüne untere Hälfte der Grashalme hervor “.
Es verdient die kurze Bemerkung hier eingeschaltet zu werden, dass ab und an wegen der genannten nicht völlig schliessenden Bodenbedeckung durch Moos und Cyperaceen für solche Tundren der Formationsname „ Steppen “Anwendung gefunden hat. Der Begriff der Steppen liegt aber nicht so sehr in der lückenhaften Bodenbedeckung selbst, als vielmehr in dem Ausschluss des Baum - lebens durch Dürre und durch Einführung getrennter Rasen, Halbsträucher und vereinzelter Büsche mit Trockenschutzeinrich - tungen an die geeigneten Plätze. Gegen diesen Uebergriff in der Anwendung der Bezeichnung als Steppe hat sich daher mit Recht Schneider bei Gelegenheit des Dresdener Geographentages 1886 ge - wendet.
Während in den bisher genannten Formationsgliedern die Moose und Flechten entweder gemischt vorkommen, oder sich wechselseitig an geeigneten Standorten in einer äusserlich verschiedenen Gesamtwirkung vertreten, fehlen die Flechten gemäß ihrer Vorliebe für trockene Stand - orte in den Moosmooren und von Sphagneten erfüllten Torfsümpfen, welche man dann, wenn sie in weiterer Ausdehnung zwischen den nordischen Moos - und Flechten - tundren eingestreut sind, zum Unterschied gegen diese auch wohl als „ schwappende Tundra “bezeichnet hat. Sie setzen zu ihrer Bildung rieselndes Wasser, am häu - figsten auf Kiesgrund, voraus; sie erhalten durch die312Moosmoore und Moostorf-Sümpfe.eigentümliche Organisation der Sphagnaceen, der Torf - moose, welche hier mit einigen treulich ihnen folgenden Bryaceen das Feld beherrschen, sich diese Wasserfülle selbst, indem diese Moose wie schwammartig saugende Körper flüssiges Wasser in sich zu halten vermögen und dasselbe während der kurz vorübergehenden niederschlags - losen Zeiten im Sommer zur Speisung der Ernährungs - zellen verwenden. Sie haben die Fähigkeit, in stehendes Wasser hinein tiefgründige Moosinseln zur Ausfüllung vorzusenden, andererseits Wiesenmoore bei ständiger Be - rieselung in Moosmoore zu verwandeln, überhaupt da, wo sich in langer Ausdauer grössere Mengen abgestorbener Moosreste ansammeln können, Moor mit Torfunterlage zu erzeugen, in welches einzelne Stauden, besonders aber Riedgräser (Scirpus, Eriophorum, Carex) und Ericaceen aufgenommen werden. Auch Gebüsche können dazutreten, wie Knieholz und Sumpfbirken.
Die Moorbildung geht überall da vor sich, wo unter der Wir - kung von ständig im Ueberschuss vorhandenem, aber nicht zu zu - sammenhängender Flüssigkeit gesammeltem Wasser die gewöhn - liche Humusbildung und Vermoderung der jährlich absterbenden Vegetationstriebe durch eine Torfbildung ersetzt wird. Je nach den Beständen, welche auf solchem versumpften Boden wachsen und mit ihren Resten torfbildend auftreten, gibt es daher Wald - moore, Strauchmoore, Wiesen - (Gras -) Moore und Moosmoore. Die letztgenannten sind die häufigsten, da der Wald nur selten eine dauernde Vertorfung erträgt und in solchen Fällen vielmehr durch eingenistete Sphagneten allmählich in ein Moosmoor umgewandelt wird. Die Schilfmoore leiten, da sie sich aus stehendem Wasser erheben, zu den alsbald zu besprechenden Formationen des Süss - wassers über, dauern aber, wie oben gezeigt, nicht aus, sondern machen Wiesenmooren Platz.
Die Moosmoore sind weit über die Erde verbreitet, scheinen aber in grossen Flächen nur im Nordischen und Antarktischen Florenreich vorzukommen. Sie finden sich nach Warmings Beobachtungen in Grönland noch 600 bis 1000 m hoch unter 70° N., bilden aber auf dieser arktischen Insel, wie es scheint, nur sehr selten Torf; Nathorst hat unter 76° N. bei Kap York die Torfbildung selbst noch als vorhanden bestätigt. Bei Egedesminde sah Warming die Entstehung von „ Torfinseln “durch313Entwickelung der Moosmoore.Webera nutans, welche mit leichter, brauner und schwam - miger Masse die Oberfläche einer niedrigen Granitinsel deckte und dabei zwei Fuss an Mächtigkeit erreichte; diese Moosmassen werden als Lampendochte verwendet (Englers botan. Jahrb. Bd. X, S. 390). Es geht daraus hervor, dass nicht jedes „ Moosmoor “zu einem „ Hoch - moor “, d. h. zu einem mächtig sich in die Höhe wöl - benden, auf tiefen Massen von Torf und oft über abge - storbenen Wald - und Wiesenresten sich aufbauenden Moore wird, sondern dass die Heranbildung eines Torf - moores von den Umständen abhängt.
Grisebach hat in einer, von botanischer Seite seitdem noch nicht wieder so vielseitig durchdachten Abhandlung (Griseb. Abh. S. 52 bis 135) schon im Jahre 1846 über den Aufbau der ausgedehnten Torflager im Emsgebiet berichtet. Das Auftürmen zu bedeutenderer Höhe, als das Niveau in der Nähe befindlicher Bäche, und zwar mit eigenen, in dieser Höhe aus eigenem Moorwasser gespeisten Moorseen im Gipfel der Wölbung, zeigt die Undurchlässigkeit des Torfes, in welchem die Selbsterhaltung des Moores begründet ist. Denn dort bildet Sand den Untergrund unter dem Torfe. „ Nicht stetig und in unbestimmtem Maße wachsen die Hochmoore empor, sondern nur so lange, bis die durch Bäche auf der Oberfläche ver - mittelte Entwässerung mit der Befeuchtung der Substanz in Gleich - gewicht getreten ist. Dann kann, ohne dass der Mensch eingreift, die Gestalt des Moores sich nicht mehr ändern und neuer Torf nicht weiter erzeugt werden. “ Ist dies in voller Ausdehnung richtig, so würde damit ein Grund gegeben sein, welcher einen Forma - tionswechsel bedingen und aus dem nassen Moor einen Wald auf Torfgrund aufbauen könnte. Blytts scharfsinnig durchdachte Theorie bringt diese Aenderung mit einem Wechsel klimatischer Perioden in Zusammenhang, welcher die Schichtung so vieler skandinavischer Torfmoore auf glacialem Grunde mit abwechselnden Wald - und Moorformationsresten nach trockenen und regenreichen, aus kos - mischen Gründen wechselnden Zehntausenden von Jahren bewirkte (vergl. Anleitung zur deutschen Landes - und Volksforschung, S. 222). Da weder alle Moore geschichtet sind, noch auch alle geschichteten Moore eine gleiche Anzahl von Schichten zeigen, so scheint es sehr wahrscheinlich, dass die klimatischen Perioden in Verbindung mit den eigenen, in der Organisation des Moores liegenden Wechselbedingungen in kombinierte Wirkung treten.
Jedenfalls mag an dieser Stelle auf das hohe Interesse hin - gewiesen werden, welches die Torfmoore dadurch besitzen, dass sie die jüngere Florenentwickelung und wechselnde Umgestaltung von Pflanzenbeständen, welche alle heute im gleichen Florengebiet vorkommen, in der Prüfung zugänglichen Beweismitteln uns auf - bewahrt haben.
314Süsswasser-Formationen.Bei der Kleinheit und dem geringen Gewicht der Sporen könnte man sowohl für Moose als auch für Flech - ten an eine geschwinde Verbreitung über grosse Flächen im Wechsel der klimatischen Perioden denken. Aller - dings kann man die im Vergleich mit Blütenpflanzen er - sichtlich grössere Weite des Artenareals wohl darauf zurückführen, doch hat Hult 1881 durch Studien in den lappländischen Moosformationen ebenfalls eine grössere Stabilität nachgewiesen (s. G. J., XI, 117). Auch die Moos - und Flechtenformationen scheinen in langsamer Wanderung und häufig unter gegenseitiger Verdrängung sich auszudehnen; unter der Flechtenformation der nor - wegischen Fjelde lagern die Reste von Moostorf.
Das stehende oder fliessende süsse Wasser, ja auch die versumpften Ränder salziger Binnengewässer und Salzseen selbst verhalten sich sehr abweichend von dem Pflanzenleben der Ozeane. Während das letztere ganz eigenartig organisiert ist, finden wir in den Binnenland - gewässern einen direkten Zusammenhang zwischen den Formationen des Wassers selbst und denen feuchter Stand - orte, wir finden zuweilen dieselben Arten in verschiede - nen Wachstumsformen hier wie dort, wir sehen Schilf - Dickichte sich an Binsenformationen oder an langhalmige süsse Wiesen anschliessen, und nur die Vegetationsform der „ schwimmenden Wassergewächse “, nicht ihr syste - matischer Charakter, macht das Eigenartige der Süss - wasserformationen aus.
Man unterscheidet daher zwischen den unterge - tauchten Wasserpflanzen, zwischen den mit grossen oder kleinen Laubblättern auf der Wasseroberfläche schwim - menden und mit der Atmosphäre im direkten Ernährungs - zusammenhange stehenden Schwimmpflanzen, und zwischen den nach Art des Schilfes zwar unter Wasser keimenden und wurzelnden, aber mit kräftigem Stengel das seichte Wasser durchsetzenden und sich über seiner Oberfläche nach Art der Landpflanzen erhebenden Sumpf - pflanzen (oder „ aufrechten Wasserpflanzen “), und es315Ordnungen der Wassergewächse.pflegen diese drei Wachstumsformen, die nur selten in demselben Artkreise wechseln können, in Gemeinschaft die Binnenwasser-Formationen zu bilden, so dass die tief - sten Becken nur von wurzellosen Schwimm - und Tauch - pflanzen bevölkert werden, die flacheren Stellen von im Grunde wurzelnden, schwimmenden und untergetaucht flutenden, zu denen dann auf seichtem Grunde das Heer der Sumpfpflanzen, zuerst im Kampf mit den vorigen und endlich allein, sich gesellt und selbst vielleicht da, wo das Wasser nicht mehr stehend ist, durch eine Sumpf - wiese oder durch ein Moor abgelöst wird.
Ordnungen. Charakteristische eigene Familien finden sich für die Wasserformationen nur unter den untergetaucht oder schwimmend, jedenfalls ganz auf das flüssige Wasser angewiesenen Formen. Die Sumpfpflanzen dagegen werden von zahllosen Gat - tungen der Stauden - und Grasflurformationen geliefert, wie denn das Schilf, die Binsen, viele Dolden etc. die bekanntesten Ufer - und Sumpfgewächse darstellen. Phragmites communis hat sehr weite Verbreitung und bildet z. B. zusammenhängende Röhricht - dickichte in den Sumpfresten des Lob-nor; seine Leistung zur Ueber - führung seichter Sümpfe in Sumpfwiesen und endlich in Wiesen - moore durch Ausfüllung mit organischen Resten ist wahrscheinlich eine sehr grosse.
Auch die Ordnungen der flutenden und schwimmenden Wasser - gewächse sind noch zahlreich und meistens mit den Landgewächsen in näherer Verbindung. Nur die Süsswasseralgen stehen zu - sammenhangslos da und sind höchst verschiedenartig entwickelt, doch nicht entfernt von der Kraft und von dem Formenreichtum, mit dem die ozeanischen Tangfamilien auftreten. Die Süsswasser - algen sind grösstenteils grün, also Chlorophyceen aus allen Ord - nungen, ausserdem blaugrün in den Gruppen der Spaltalgen; aus diesen sieht man Oscillatorien oft ganze Strecken im Bach mit weichem Filz überziehen. Die Kieselalgen, Bacillariaceen, mit eisenocherbraunen Schleimlagern oder rostgelblichen Haufen, ver - dienen ebenfalls noch Erwähnung, sind aber alle mikroskopisch klein. Von Gefässkryptogamen sind die sogen. Wasserfarne hier zu nennen, Salvinia und Azolla mit Schwimmblättern. Unter den Dikotylen sind die Nymphaeaceen mit 8 Gattungen und etwa 35 Arten die bedeutendste Wasserordnung, wenngleich einige Gattungen wie Nelumbium mehr amphibisch hochragende Sumpf - formen bilden. Nymphaea ist mit 25 Arten fast über den Erdkreis verbreitet, meidet aber die polaren Klimate: Nuphar ist boreal, in Indien und China lebt Euryale wie Barclaya, im tropischen Südamerika der Riese unter den schwimmenden Wasserpflanzen: Victoria regia. — Andere Ordnungen enthalten einzelne Gattungen, auch wohl selbständige kleine Familien von Wassergewächsen, so316Verbreitung der Wassergewächse.die Gattung Trapa, Callitriche, Ceratophyllum, Myriophyllum, Limnanthemum, Utricularia, Hottonia, Aldrovanda; von anderen grossen Gattungen, wie Ranunculus und Polygonum, sind einzelne Arten flutend und schwimmend. Bestimmtere Verwandtschaftskreise treten von den Monokotylen in die Wasserpflanzenformationen ein, nämlich die Najadeen (mit Potamogeton), die Hydrocharideen, die Lemnaceen und die Alismaceen, letztere allerdings zusammen mit Juncagineen, Typhaceen, Pontederiaceen u. a. grösstenteils aufrecht wachsenden Sumpfpflanzen.
In keiner weit über die Erde verbreiteten Formation scheint nach übereinstimmenden Berichten ein so gemein - samer Zug ähnlicher Formen und Arten zu herrschen, als in dieser der Wasserpflanzen. Alle Arten haben überhaupt ungewöhnlich weite Areale, so dass auch weni - ger die kleineren Florenreiche, als vielmehr nur die pri - mären Vegetationszonen der Erde sich durch besondere Merkmale auszeichnen. In den borealen und boreal-sub - tropischen Gewässern werden Schwimmdecken auf den Teichen von Lemna -, Hydrocharis -, Nuphar - und Nym - phaea-Arten gebildet, in denen des tropischen Südamerikas findet sich die weit in der heissen Zone verbreitete Pistia an Stelle der Lemna, Limnobium und Ottelia für Hydro - charis, neben Nymphaeen die berühmte Victoria regia; Vallisneria ist in den wärmeren Gewässern weit verbreitet; hohe Cyperaceen bilden überall einen grossen Teil der Ufersumpfbestände; in den borealen Seichtwässern sind die Rohrkolben der Gattung Typha sehr gesellig, aber auch sonst in Ostindien, im tropischen Westafrika, am Kap u. s. w. Die Pontederiaceen, eine mit blauen, oft grossen und schönen Blumen die tropischen Flussufer und Lagunen schmückende Ordnung aus der Verwandt - schaft der Liliaceen, ersetzen mit Limnocharis und Hy - drocleis den nordischen Butomus; die Froschlöffelgewächse Alisma und Sagittaria aber sind schon wieder von den gemäßigten Gebieten durch die Tropen bis zu den süd - lichen Florenreichen verbreitet.
Der hohe Norden hat keine eigenen Arten, keine eigene Süsswasserformation; wo es den im Bereich des Waldgebietes vorkommenden Arten zu kalt wird, hört die ganze Formation auf oder beschränkt sich auf die317Biologie der Wassergewächse.niederen Zellenpflanzen. Warming fand mitten im Sommer die grönländischen Teiche entweder ganz pflanzenarm, oder ausser weit nach Norden gehenden Pflanzen, wie Hippuris und einer halbschwimmenden Form von Ranunculus hyper - boreus bemerkte er nur zu dichten Filzen zusammenge - webte Fadenalgen und Wassermoose.
Wie weit die im mittleren Europa häufigen Wasser - gewächse sowohl gegen Norden als in die wärmeren Länder hinein verbreitet vorkommen, geht aus einer über - sichtlichen, in Schenks „ Biologie der Wassergewächse “(S. 150) zusammengestellten Tabelle hervor.
Zwei Beispiele mögen herausgegriffen werden: Myriophyllum spicatum von den untergetauchten Wasserpflanzen lebt in fast ganz Europa, auf Island, auf Grönland noch bis über den Polarkreis hinaus, in Labrador, im gemäßigten und montanen Nordamerika bis Arkansas, in Algerien, auf den Canaren. Nymphaea alba von den Schwimmpflanzen lebt in Europa von den Mittelmeerinseln bis zum nördlichsten Norwegen, Grossbritannien bis Shetland und Hebriden; in Asien vom Himalaya bis zu der Waldgrenze in Sibirien, in Nordamerika, wird durch N. odorata in den südlichen Vereins - staaten vertreten, dann auch in Nordafrika. Die ihr in diesen Ländern zum Standort dienenden Gewässer müssen sicherlich sehr verschiedenartige Temperaturmittel, also auch verschieden lange Warmwasserperioden zeigen, doch möchte gerade in dem Aus - gleichen durch das Wasser ein Erklärungsgrund für die Breite des Areals liegen.
Unter den von Schenk für die borealen phanero - gamen Wasserpflanzen genauer im einzelnen untersuchten und geschilderten biologischen Eigenschaften ist vom Standpunkte der Formationslehre aus das Zusammen - wachsen, die Erhaltung und Verjüngung von Interesse. Fast alles sind ausdauernde Kräuter, welche entweder mit kriechend im Schlamm hingestrecktem Wurzelstock überwintern, oder deren Triebe im Herbst besondere sich zu Boden senkende Winterknospen ausbilden. Die Haupt - unterschiede darin bewirkt die Bewurzelung am festen Ort oder das wurzellose Freischwimmen. Die Schwimmer bilden bei lebhafter Vegetation und in starker Verzwei - gung, während ihr ursprünglicher Haupttrieb abstirbt, grosse, grüne, wiesenartige Haufen in ruhigem Wasser, während in bewegtem Wasser alles zur Formation Ge -318Ozeane. — Glacial - und Steppenformationen.hörige am Boden oder auf Kieseln oder auf anderen Wasserpflanzen festgewurzelt sein muss. Die Algen sind ursprünglich auch sämtlich zum Festsitzen organisiert, können aber, wie Wassergewächse überhaupt, das Los - reissen gut vertragen und sind im abgerissenen Zustande verbreitungsfähig. Der Transport abgerissener Stücke durch Wasservögel hat unzweifelhaft den Arealen der derartig organisierten Wassergewächse die grösstmögliche Weite verliehen.
Die Schaustellung der Blüten erfolgt auch bei den Wassergewächsen über der Wasseroberfläche, die Frucht - reife meistens in das Wasser zurückgetaucht; die meisten Samen ertragen längere Trocknis nicht und sind zur Keimung am Grunde des Gewässers bestimmt.
Im Gegensatz zu den Formationen des Süsswassers, welche sich innig an die Landformationen anschliessen, und in denen die Blütenpflanzen doch trotz der Masse kleiner Algen den Ton angeben und wenigstens die ein - zigen grossen Gewächse sind, herrschen in den Meeren die Algen, als Formation „ Seetange “genannt, aus fast ganz von der Landflora geschiedenen Gattungen und Fa - milien bestehend. Wenige Blütenpflanzen, „ die Seegräser “, schliessen sich den Tangen an, bilden eigene oder tang - gemischte unterseeische Wiesen und Bänke, meiden die Binnengewässer und nehmen an der weiten Verbreitung der Seetange teil. Genaueres über diese Formation wird im nächsten Abschnitt (Kapitel 4) unter der Betrachtung des „ Ozeanischen Florenreichs “folgen.
Die bisher in langer Kette betrachteten Formatio - nen hatten das Gemeinsame, dass stets in ihnen eine bestimmte Wachstumsform vorherrschte und den Grund - ton auch für die Bedingungen der Nebenelemente des Bestandes dadurch angab; so fanden wir es bei den Be - deckungen des festen Landes mit Bäumen, Gebüschen,319Bildung aus unzusammenhängenden Beständen.Gesträuchen, mit Gräsern, Kräutern, mit Moosen und Flechten; die sich in bestimmter Organisation einheitlich zusammenfügende Formation der Wasserpflanzen zeigte dasselbe im süssen und salzigen Wasser. Zwei sehr ver - schiedene, mit unzusammenhängenden Beständen auf - tretende Bodenbedeckungen folgen nun zum Schluss, welche auf einer anderen Charakteristik beruhen; in ihnen wird der Grundton nicht durch eine einzelne bestimmte Wachs - tumsform bestimmt, vielmehr bestimmt den Grundton das Bodensubstrat selbst als Fels, Felsgeröll, Flugsand, Thon - sand, Lehm oder Salzkruste. In der einen Art dieser Bestände ringen die Vertreter der Pflanzenwelt gegen eine Eiswüste, gegen harten Winterfrost und dauernde Schneebedeckung, und sie mögen als glaciale Forma - tionen bezeichnet werden; in der anderen ringt die Ve - getation mit der Regenlosigkeit des Klimas, mit der sengenden Hitze eines durch fliessendes Wasser nicht genügend ausgeglichenen Sommers, gegenüber den vege - tationslosen dürren Wüsten, und in diesem Falle sprechen wir von trockenen Fels - und Steppenformationen.
Beide haben zunächst das Gemeinsame, das Baum - leben völlig auszuschliessen, im übrigen aber von den biologischen Vegetationsformen diejenigen Vertreter ge - mischt aufzunehmen, welche die gegen Frost oder gegen Dürre bestgeeignete Organisation besitzen. Dies sind sowohl bestimmte Sträucher und Halbsträucher, als auch vielerlei Stauden, Gräser in einzelnen Halmen und Bü - scheln, oder in den Steppen besonders einjährige Ge - wächse. Oft finden sich von einer einzelnen Form grosse Strecken ziemlich dicht bevölkert und dies bietet Ueber - gänge zu den geschlossenen Formationen; das Charakte - ristische aber liegt im Wechsel, sowie darin, dass die Einzelpflanzen ihren Platz weniger gegen Konkurrenz anderer Pflanzen, als gegen die Eingriffe des Klimas und überhaupt anorganischer Faktoren zu schützen haben.
Die glacialen Formationen besetzen die unzu - sammenhängenden Stellen nahe und über der Schneelinie in den Hochgebirgen, sowie in den Polarfloren; am häufig - sten trennen sie sich aus den Moos - und Flechtenforma -320Hochalpine und Fjeldformationen.tionen los, rücken aber ebenso häufig mit einzelnen Gras - büscheln und Rosettenstauden in das Feld oder lassen immergrüne Halbsträuchlein einzeln im Geröll und in den Felsspalten spriessen.
Anstatt bekannte Beispiele, deren sich viele in den höchsten Regionen der deutschen Alpen oder an den hocharktischen Ge - staden finden, zu wiederholen, sei auf die Schilderung Kerners aus den Oetzthaleralpen von 2500 m Höhe an im „ Pflanzenleben der Donauländer “S. 274 u. folgd. verwiesen; ferner auf Warmings Schilderung der hierher gehörigen „ Fjeldformation “Grönlands in Englers botan. Jahrbüchern Bd. X, S. 377, aus der folgendes her - vorzuheben ist: „ Die Sträucher sind nicht mehr dominierend, sind sogar meistens stark zurückgedrängt, so dass man nur hier und da ein Exemplar findet. Die vorkommenden Pflanzen sind daher vor - zugsweise Stauden, Moose und Flechten. Sie bilden aber keine geschlossene Decke; die Pflanzen stehen in grossen Zwischenräumen, an den ärmsten Stellen sogar sehr zerstreut da, wo sie in Fels - rissen, zwischen Schutt und Kies ein wenig Erde finden können. “
Auch in sehr winterkalten Ländern kann auf Ge - röllfeldern schon die sommerliche Dürre als Hindernis der Vegetation zu der Kälte hinzutreten; in wärmeren Klimaten, überall also im Bereich der klimatisch gebote - nen Möglichkeit für das Baumleben, schliesst die Dürre allein von gewissen Standorten eine zusammenhängende Pflanzendecke aus, und diese Standorte sind entweder harter Fels und Geröll, oder unfruchtbarer Kies, Salz und Sand. Wo sich dieselben Bedingungen der Dürre auf weiten Flächen ausgedehnt finden, herrscht die Steppe („ Wüstensteppe “im Gegensatz zu der Grassteppe) in vol - lem Glanz; zu ihr sind aber als verwandte Anklänge die Besiedelungen trockener Felsgehänge da, wo nicht ein - mal mehr eine zusammenhängende Moos - und Flechten - decke das Gestein überziehen kann, anzusehen. Die Steilgehänge in den Hochgebirgen lassen also in der Tiefe Steppenpflanzen, in der Höhe Glacialpflanzen sich ansiedeln, und die Demarkationslinie wird von der Tem - peratur - und Feuchtigkeitsperiode bestimmt; sie ist aber nicht so scharf, dass nicht ganze Uebergangsabteilungen sich erkennen liessen, und so ist für den praktischen Gebrauch von Vegetationsskizzen kleiner Gebiete das Ver - fahren von Günther Beck in der „ Flora von Hernstein “321Steppenformationen.sehr praktisch, die Felsgehänge, im Uebergange von un - ten nach oben in bestimmte Hauptabschnitte eingeteilt, als gemeinsame Formationsklasse zusammenzufassen.
Die Steppenpflanzen zeichnen sich insgesamt durch irgendwelche Trockenschutz-Organisation aus; das Ausdauern in Zwiebelgestalt ist daher bei saftigen Kräu - tern beliebt, oder sie überdauern die Dürre im Samen - korn als einjährige Gewächse; die gewöhnlichen Stauden sind hart und holzig gewachsen, haben wollige oder kleine, lederartige Blätter, die Halbsträucher und Sträucher nei - gen ausser zu ähnlichen Blattbildungen auch noch zu starker Dornbildung (vergl. oben S. 67 — 68). Die Vege - tationsform der Succulenten (Fettpflanzen) ist hier be - sonders gut ausgeprägt; man versteht hierunter diejenigen Gewächse, bei denen entweder der kaum sichtbare Stamm dicht umschlossen ist von ungemein dicken, saftig-fleischi - gen Blättern, oder bei denen die Blattbildung unterdrückt und nur durch Stachel - und Dornpolster angedeutet ist an einem nunmehr selbst dick-fleischartig gewordenen Stamme, der kugelig, cylindrisch, oder kandelaberartig verästelt auftritt (Blatt - und Stammsucculenten, siehe S. 64 unter Vegetationsformen).
Sehr verschiedene Ordnungen liefern die in den zahlreichen Steppenländern der Erde zerstreuten Fettpflanzen. Die grösste, wenngleich fast ganz auf Amerika von Colorado im Norden bis Patagonien im Süden beschränkte bilden die Cactaceen mit circa 1200 Arten in 15 Gattungen, welche auch in den xerophilen Formationen Brasiliens nicht fehlen, an der trockenen südamerika - nischen Westküste ungemein zum Landescharakter beitragen, hoch in das trockene Andenplateau (3000 m hoch) ansteigen, und von Texas bis Nordmexiko vielleicht am formenreichsten auftreten. Im Landschaftscharakter unterscheidet man zunächst die Säulenform, dargestellt durch die Cereus-Arten (circa 220), die vielkantigen und an den Kanten Stachelpolster tragenden, einfach aufrechten oder kandelaberartig verästelten Fackeldisteln; sodann die gegliederten, oft abgeflachte Zweige in Zickzackform entwickelnden Feigen - disteln der circa 200 Arten zählenden Gattung Opuntia, von welcher eine Art an Südeuropas Fels - und Geröllplätzen sich als gemeine Charakterform heimisch gemacht hat. Die Kugelform als dritte wird durch die beiden grossen Gattungen Mamillaria (360 Arten) und Echinocactus (260 Arten) hauptsächlich dargestellt und er -Drude, Pflanzengeographie. 21322Familien von Succulenten.reicht in ihrer Heimat auch noch Höhen bis zu 1 m; es sind dies die stacheligsten und ungeheuerlichsten Formen der Steppenflora. — Auch beblätterte Cacteen gibt es (Pereskia), welche aber die Tropen nicht verlassen und dürre Steppen nicht besiedeln.
Die Gattung Euphorbia in der Form von „ Kandelaber-Wolfs - milcharten “ersetzt in Afrika und im dürren Westasien die Cacteen. Die seltsame Form des Medusenhauptes erinnert an die kleineren, verzweigte Rasen bildenden Warzendisteln, aber alle strotzen von Milchsaft und ihre Dornen stehen paarig an den Blatt - polsterstellen. Ueber 100 Arten dieser Gruppe sind zu den Succulenten zu rechnen, während die übrigen Arten der über 600 zählenden Euphorbia über die ganze Welt mit Ausschluss der kalten Klimate zerstreut in gewöhnlicher Weise milchende Blätter tragen.
Auch die Asclepiadeen tragen in Stapelia u. a. Gattungen, zumal in der südafrikanischen Flora, zu den Steppensucculen - ten bei.
Die Blattsucculenten sind in erster Linie durch mehrere mono - kotyle Familien vertreten, voran die Agave-Form mit Fourcroya, Gat - tungen der Amaryllideen mit 60 bis 70 amerikanischen Arten, be - sonders in Mexiko verbreitet; sie sind aus Gewächshauskulturen ein bekannter Typus. Die Liliaceen liefern in Aloë (85 Arten) fast nur südafrikanische Fettblattgewächse von kleineren Dimen - sionen als die vorigen; das gleiche Florengebiet zeigt dann Compo - siten (Kleinia), und in Mesembryanthemum eine 300 Arten zählende Gattung, deren kleinere Blätter und Rosettenbildungen schon an die über viel weitere Areale verbreitete Ordnung der Crassula - ceen herangehen; von den letzteren bewohnen einige Gattungen (Kalanchoë etc.) die Tropen in ähnlichen Standorten wie die ge - nannten Monokotylen; andere Gattungen aber, Sedum und Sem - pervivum mit circa 200 Arten, sind Felsenpflanzen in den borealen Florenreichen und meiden die flachen Steppen, gehen aber in den Hochgebirgen mit den ihnen verwandten Arten der berühmten Gattung Saxifraga bis zu der Schneeregion. Die Verbreitung der arktisch-alpinen Steinbreche ist auf der Arealkarte in Berghaus’ physik. Atlas Nr. 45 skizziert.
Es möge sich an diese Succulentenaufzählung sogleich die Erwähnung einiger anderer hauptsächlich erwähnenswerter Steppen - pflanzen anschliessen. Die Gesträuche wechseln zwar ungemein nach Florengebieten, doch zeichnen sich in den borealen Subtropen besonders die Tragantsträucher, Arten der circa 1250 Astragalus, aus, deren Areal wiederum in Berghaus’ physik. Atlas karto - graphiert ist.
Für die Salz - und Sandsteppen sind die Salsolaceen (- Cheno - podiaceen) bei weitem die wichtigste Ordnung. Bunge hat den - selben eine ausgezeichnete Monographie gewidmet (s. G. J. Bd. IX, S. 156), mit Angabe der Verbreitungsareale ihrer 551 Arten in 10 Hauptbecken von Salzgebieten. Die bei uns auf Schutt und als Ackerunkräuter gewöhnlichen Melden (Atriplex, Chenopodium) 323Phänologische Erscheinungen in den Steppen.gehören zu der südrussisch-orientalischen Gruppe. Diese gehen nicht als Felspflanzen in die Hügel - und Bergländer hinein und meiden daher vollständig das Areal der Saxifragen.
Von anderen Ordnungen spielen noch die Zygophyllaceen als Holzgewächse in den Steppen eine wichtige Rolle, und in den borealen Subtropen die Tamariscineen (Tamarisken). Es ist kaum nötig, darauf hinzuweisen, dass die Gräser ein starkes Kontingent echter Steppenbewohner, welche Salz und Sand vertragen, stellen neben anderen nicht succulenten Monokotylen, wie Yucca in Nord - amerika und die interessante, einer oberirdischen Riesenknolle mit dicken Korkwürfeln als Schutz gegen Dürre vergleichbare Testudi - naria elephantipes Südafrikas, aus der zu Beginn der Regenzeit lange saftige Klettertriebe schnell emporschiessen.
Die biologischen Verhältnisse der echten Steppen - pflanzen erregen unser Interesse in aussergewöhnlichem Maße durch die Mittel, welche sie anwenden, um der Dürre zu widerstehen, sagen wir kurz: um die wasser - reichere Jahreszeit auszunutzen und sich innerhalb der - selben das nötige Vegetationswasser zu verschaffen. Erst in einem Gebiete, dem der ägyptischen Sahara, sind die sonst nur allgemein durch Hinweis auf Succulenz, Ver - holzung, Geschwindigkeit der Samenreife etc. beantwor - teten Fragen darüber speziell in grosser Gründlichkeit behandelt, nämlich in den auf eigene Ortskenntnis ge - stützten biologisch-anatomischen Untersuchungen von Vol - kens (G. J., Bd. XIII, S. 338; vergl. auch oben S. 30). Hier fällt die Regenzeit auf Februar und März; die er - heblichen Thaufälle im Herbst und Winter ändern an dem Gesamtbilde nur wenig. Aber mit den ersten fallen - den Regentropfen bedecken sich zahlreiche Sträucher mit neuem Laub, schiessen aus knorrigen, wie abgestorben aussehenden Strünken frische Triebe, entspriessen die Keimlinge der einjährigen Pflanzen den dürrsten Ab - hängen und Hochflächen, und bald verkündet eine Fülle von Blüten den Höhestand der Vegetation in der Wüste. Schon Anfang Mai schwindet der frische Eindruck, nur wenige Keimlinge der ausdauernden Gewächse haben zu ihrer Erhaltung einen genügend günstigen Standort er - langt, die übrigen verdorren. Solchen Zufällen preisge - geben, lässt sich nicht einmal in der bei uns gewohnten Schärfe der Unterschied zwischen ein -, zwei - und mehr -324Vegetationsweise in der Sahara.jährigen Gewächsen festhalten. Ihre Schutzmittel nun haben die Wüstenpflanzen erstens in einer durch unge - heuer tief gehende Wurzeln erfolgenden starken Aus - nutzung der tiefer liegenden Bodenfeuchtigkeit. „ Keim - pflanzen einer meist einjährig lebenden Art, Monsonia nivea (Geraniacee) hatten schon Ende Januar, wo sie aus einer kaum nagelgrossen Rosette von 3 — 4 Blättchen be - standen, Wurzeln von mehr als ½ m Länge. Ein kaum handhohes Exemplar von Calligonum comosum hatte eine oben daumenstarke Wurzel, 1½ m weiter unten war sie noch von der Dicke eines kleinen Fingers, und so kann man getrost annehmen, dass hier die Länge der unter - irdischen Teile die der oberirdischen um das 20fache übertraf. “ Dadurch allein vermag sich auch die Colo - quinthe mit zarten, rasch welkenden Blättern den ganzen Sommer hindurch zu erhalten. Ausserdem entwickeln einige Wüstenpflanzen neben dem normalen Verdunstungs - schutz der Blätter auch Absorptionsvorkehrungen für Thau, andere entwickeln für kürzere oder längere Zeit wirksame Wasser-Zellenbehälter.
Der allgemeine Charakter der Steppenformationen wechselt in erster Linie nach dem Bodencharakter. Viel - leicht ist nirgends der Einfluss des Substrates so zwin - gend, als in den xerophilen Formationen, und hier ist auf die oben S. 52 — 58 gemachten Auseinandersetzungen zu verweisen. Wir unterscheiden gemeinlich die Steppen als solche auf Geröll dysgeogener Gesteine, Flugsand, Thon oder Lehm, und endlich Salzablagerungen. Die letzteren schliessen viele sonst gemeinsame Formen (wie es scheint alle Succulenten ausser den Cacteen?) aus und bevorzugen ausgewählte Halophyten. Unter diesen sind die Salsolaceen die am weitesten gemeinsam verbreitete Ordnung, sogar kleine Bäume wie den Saxaul (Haloxylon Ammodendron) bringen sie hervor. Aber auch Compositen, Gräser und andere Familien haben einzelne gesellige Vertreter.
Als Beispiel der Salzsteppenformationen möge hier eine Skizze von Lorentz aus seiner Reise zwischen Cordoba und Santiago del Estero folgen: Eine niedrige Gesträuchformation bildet den Ueber -325Salzsteppen, Stranddünen.gang vom lichten Buschwalde zu der charakteristischen Salzvege - tation, bestehend in hohen oder niederen Sträuchern mit kleinen Blättern in Gestalt anliegender, fleischig graugrüner Schuppen, welche je näher an den Stellen stärkster Salzung desto mehr an Höhe und Dichtigkeit abnehmen, bis zuletzt der nackte Boden mit weisser Salzkruste die Oberhand über einige dorthin verirrte spärliche, niederliegende Kräuter behält. Auf grosse Strecken herrscht dann, wieder weiter ab von dem hier das Salz mitführen - den Flusse, die Salsolaceen - „ Jume “- Wüste, zusammengesetzt aus Atriplex pamparum, Spirostachys vaginata und patagonica, Suaeda divaricata, zwischen welchen einzelne harte Gesträuche, Lycium - arten, Grahamia bracteata (eine Portulacee) nur als Ausschmückung dienen. Der Boden zwischen den Sträuchern ist mit einer ziemlich dicken, pulverigen, weissen Salzkruste bedeckt. Die Atriplex pamparum ist so alkalireich, dass ihre Asche zur Seifenfabrikation gebraucht wird. — Wo dann sandiges Gelände mit Dünenbildung anhebt, treten die Salsolaceen zurück, werden durch Gesträuche ersetzt, von denen eine Composite (Baccharis glutinosa) bemerkens - wert ist, über mannshoch, einen dichten und stattlichen, viel - stengeligen Busch bildend, der meist auf einer kleinen, durch das Wegspülen des Erdreichs zwischen den Büschen entstandenen Er - höhung steht. Hier mischen sich dann häufig orangerot blühende Opuntien und armleuchterartige Cereus in das Gebüsch.
Den sich aus dem Bodencharakter ergebenden Ab - teilungen der Steppen - und Wüstenformationen sind in Neumayers „ Anleitung “(2. Aufl., Bd. II, S. 177) noch die Krautsteppen und Strauchsteppen hinzugefügt. Sie ergeben sich als natürliche Uebergänge zu den ge - schlossenen Formationen derselben Vegetationsart, sofern der allgemeine Steppencharakter noch gewahrt bleibt. Der Grassteppen, die sich dann anschliessen, ist schon vorhin gedacht worden.
Als einer methodisch lehrreichen Untersuchung, welche an dem Beispiel der spanischen Steppengebiete die Be - handlungsweise dieser Formation überhaupt klar legt, seien die Resultate von Willkomm (Strand - und Steppen - gebiete der iberischen Halbinsel, 1852) erwähnt. Hier wird auch gezeigt, dass nicht etwa der gemeinsame Cha - rakter des Salzes im Boden von Strand - und Salzsteppe eine durchgängige Gemeinsamkeit der Formation aus - mache; denn von 376 Arten der iberischen Halophyten kommen 212 nur in den Strandgegenden, 111 nur in den Steppen vor, 53 allein gehören beiden gemeinsam326Halophyten-Formationen.an. Es ist daher richtig, die Strand-Halophytenfor - mation als eine letzte, eigenartig beschaffene Abteilung aufrecht zu erhalten.
Von den genannten 376 Arten sind nach Willkomm 120 ein - jährig (⅓ der Gesamtzahl), 13 ein - bis zweijährig (1 / 29), 149 sind ausdauernd (⅖), 74 halbstrauchartig (⅕), 20 strauchartig (1 / 19); sie gehören zu nicht weniger als 57 verschiedenen Ordnungen des Systemes: Compositen, Salsolaceen, Gramineen, Plumbagineen sind vorherrschend.
Kapitel I. Die pflanzengeographische Einteilung der Erde. Verhältnis von Florenreichen zu Vegetationszonen. Die Vegetationsregionen als natürliche Einheiten. Benennung der Vegetationsregionen; ihr Anschluss an die Formationen. Floren - kunde und spezielle Pflanzengeographie. Methode der Schilderung pflanzengeographischer Charaktere. Kapitel II. Die borealen Florenreiche. Allgemeine Uebersicht der Zonen und Florenelemente. Beispiele gemeinsamer Verbreitung, geologische Florenentwickelung, Charaktergruppen von borealen Sippen; Zusammenfassung: Nordisches Florenreich, atlantisch-mediterrane und pontisch-centralasiatische Flora, ost - asiatische und mittel-nordamerikanische Flora. — 1. Arktische Inseln und Eismeerküsten; 2. Nord - und Mitteleuropa; 3. Pontische Steppen und Kaukasus; 4. Atlantische Flora, Mittelmeerländer und Orient; 5. Innerasien; 6. Sibirien; 7. Ostasiatische Ländergruppe (Mandschurei-China-Japan); 8. Britisch Nordamerika; 9. Vereins - staaten und nördliches Mexiko. Kapitel III. Die tropischen und australen Floren - reiche. Allgemeine Uebersicht der Zonen und Florenelemente. Zwei nord-tropische Xerophytenfloren. Die australen Xerophyten - floren. Einteilung der Florenreiche: a) Tropenfloren, b) australe Floren, c) antarktische Flora. — 10. Sahara und Arabien; 11. Tro - pisches Afrika und Südarabien; 12. Südliches Afrika; 13. Ostafri - kanische Inseln; 14. Indien und Sundainseln; 15. Pacifische Inseln bis Neuseeland; 16. Australien; 17. Tropisches Mexiko und Central - amerika; 18. Antillen und Bahamainseln; 19. Tropisches Süd - amerika; 20. Hochanden und australes Südamerika; 21. Antarkti - sche Inseln. Kapitel IV. Das ozeanische Florenreich. Uebersicht. Litteratur. Formen und Lebensbedingungen der ozeanischen Vege - tation. Verbreitungsverhältnisse der ozeanischen Sippen.
Nach Abwickelung der methodischen Gesichtspunkte für die Pflanzengeographie in den vorhergehenden fünf Abschnitten handelt es sich jetzt darum, die örtlich ver - einigten Erscheinungen von Flora und Vegetation in ihren besonderen Merkmalen, mit welchen sie für die verglei - chende Erdkunde wichtig werden, kurz zusammenfassend zu besprechen und die notwendigen botanischen Einzel - heiten in eine einheitliche geographische Umrahmung zu bringen. Die geologische Entwickelungsgeschichte der einzelnen Florenbilder soll dabei nur kurz berührt, ihre gegenwärtige Erscheinung zum Zielpunkt genommen wer - den. Die derzeitige Anordnung der Flora ist uns ja auch allein genügend bekannt, obgleich nur aus der Entwicke - lung in vergangenen Perioden verständlich.
Verhältnis von Florenreichen zu Vegetations - zonen. Für eine derartige Uebersicht ist die Anordnung nicht unwichtig, zumal sie als weitere Grundlage benutzt zu werden pflegt. Augenblicklich findet man die meisten Zusammenfassungen den 24 Gebieten Grisebachs (V. d. E., Karte) folgend; ihr Nutzen liegt in ihrer geographischen Abrundung begründet, welche ihre Verwendung bequem macht. Ein ähnlicher Gang, wenngleich auf anderer Grundlage beruhend, soll auch hier eingeschlagen werden.
Bisher haben wir zwei, wie selbständig nebenein -329auf der Grundlage von Flora und Vegetation.ander hergehende pflanzengeographische Einteilungsver - fahren erklärt, nämlich die in Florenreiche und Vege - tationszonen je nach dem systematischen oder nach dem biologischen Charakter der Pflanzenwelt. Die darin liegende Einseitigkeit macht beiderlei Einteilungen für zusammen - fassende Uebersichten schwer benutzbar. Die in den „ Geographischen Mitteilungen “von 1884 veröffentlichten Karten meiner Florenreichseinteilung zeigen die Unbe - stimmtheit der Grenzlinien in zahlreichen Wanderungs - zügen und Ausbreitungsrichtungen, welche vom einen zum anderen Florenreich hinüberleiten; längst hat man einge - sehen, dass jeder Versuch, starre Grenzlinien festzusetzen, in sich selbst zerfallen muss. Etwas besser sind bezüglich der Grenzführung die Vegetationszonen daran, da sie sich an wirklich vorhandene Beobachtungsobjekte halten, wie z. B. an die äussersten Waldbestände gegenüber Moos - tundren oder Sandsteppen, an die Grenzlinien von Palm - wäldern, von immergrünen oder periodisch blattwechseln - den Dikotylen. Es sind daher die unbestimmteren Floren - reichsgrenzen durch diese viel bestimmteren der Zonen zu ergänzen. Geschieht dies, so fällt damit auch die grosse Unbestimmtheit fort, welche in der alleinigen Ver - wendung von Vegetationszonen liegen würde, die gleich - wohl auch schon in zusammenfassenden Uebersichten versucht worden ist (vergl. oben S. 71). Denn es kommt ja nicht nur darauf an, ob irgendwo Bäume, und ob immergrüne oder blattwechselnde etc. Bäume dort wach - sen, sondern ebenso sehr darauf, welcher systematischen Genossenschaft dieselben angehören. Der Charakter jeder Landschaft liegt ebenso in ihrer „ Flora “, wie in ihrer „ Vegetation “. Mit Recht hebt Grise - bach (V. d. E., Vorrede) hervor, dass die Dauer der Vegetationsperiode, deren einzelne Phasen bestimmten Werten der jährlichen Temperaturkurve entsprechen müssen, eines der wichtigsten Verhältnisse sei, an wel - ches das Wohngebiet der Pflanzen gebunden erscheine; aber zum Charakter dieses Wohngebietes gehört ebenso, an welchen Pflanzenformen, die dort zusammen sich ein - gewöhnt haben, die periodischen Erscheinungen sich ab -330Vegetationsregionen als Grundeinheitenspielen, kurz gesagt: mit welchem Material die örtlichen Vegetationsbedingungen in der Erzielung einer Pflanzen - decke zu arbeiten gehabt haben. Darin liegt weiterhin, dass die Kerne der gut charakterisierten Florenreiche auch ihre einheitlichen Formationseigenschaften haben. Die - selben können sich in den nördlich und südlich vom Aequator in entsprechenden Klimaten liegenden Gebieten sehr wohl analog verhalten, wie z. B. im Kaplande und in gewissen Gebieten Ostasiens oder der Mittelmeerländer, oder in Mexiko und Argentinien; aber dann ist das beider - seits aufgewendete Material stets ausserordentlich ver - schieden, die Formationen sind also nur einander analog, nicht gleichartig.
Die Vegetationsregionen als natürliche Ein - heiten. Es wäre sehr bequem, wenn Florenreichs - und Vegetationszonen-Grenzen in ihren Hauptlinien zusammen - fielen; dass es nicht der Fall sein kann, liegt in den ver - schiedenen Bedingungen ihrer Absonderung begründet. Die nördliche Baumgrenze ist z. B. ein wichtiger klima - tischer Grenzwert, aber sie ist nicht einmal eine unan - fechtbare Florengebietsgrenze, geschweige denn die eines Florenreichs. An der Makassarstrasse liegt, wie bekannt, wohl eine floristische Scheide mittelstarker Art, doch nicht die Grenze zweier Vegetationszonen. Die Sa - hara ist zonenmäßig ein sehr natürliches Gebiet, aber floristisch ist sie vom mediterranen und vom tropisch - afrikanischen Typus in Mischung besetzt, und so fort. Das Zusammenfallen der auf die Flora und der auf die Vegetationseigenschaften sich stützenden Abgrenzungen kann daher erst im Rahmen kleinerer Länderbezirke geschehen, welche etwa im Range von Florengebiets - bezirken (siehe Fl. d. E. S. 6) stehen, und in denen schwächere Abstufungen des Zonencharakters als klima - tische Grenzwerte bestimmter Formationen zu Tage treten: diese kleineren Einheiten sollen als Vegetations - regionen bezeichnet werden, und sie sind gewissermaßen die Grundeinheiten sowohl der Vegetationszonen als der Florenreiche.
Von solchen Vegetationsregionen ist in den Florenkarten von331für schildernde Pflanzengeographie.Berghaus’ physikalischem Atlas (Bl. IV — VII, Text S. 4) er - giebiger Gebrauch gemacht und ihre Darstellung zur Grundlage der gesamten Florenbilder erhoben. Es ist dort folgende, auch hier aufrecht zu haltende Begriffserklärung hinzugefügt: „ Eine Vegetationsregion ist ein durch das Zusammenfallen bestimm - ter Vegetationslinien abgegrenztes Stück einer Zonenabteilung, in welchem eine gleichmäßige Bodenbedeckung unter dem Vorwiegen einer einzelnen, oder mehrerer durch zusammenfallende Vegeta - tionsperioden eng aneinander geschlossener Formationen herrscht; die Zusammensetzung dieser Formationen aus systematischen Sippen und die dadurch hervorgerufene besondere Physiognomie hängt von der Zugehörigkeit dieses Erdstückes zu einem bestimmten Florenreich ab. Die Benennung der Regionen erfolgt nach den - jenigen Arten oder Artgenossenschaften, welche in der am stärksten entwickelten oder physiognomisch bedeutendsten Formation domi - nieren, d. h. durch ihre Geselligkeit oder auch durch die Präzision ihrer Vegetationslinie ausgezeichnet sind. “ Jede Region besitzt ein einheitliches, wohl charakterisiertes Klima; sie sind daher zu - nächst mit Köppens Wärmezonen (siehe oben S. 75) nach grossem Maßstabe, dann aber mit Spezialdarstellungen wie in Supans Physischer Erdkunde genau zu vergleichen.
Man ist vielfach gewohnt, die auf bestimmte For - mationen begründeten physiognomischen Länderabteilungen als „ Zonen “zu bezeichnen, sofern sie in der Ebene an - einander grenzen, als „ Regionen “dann, wenn sie in Ge - birgen übereinander folgen. Es ist aber auch in dem letzteren Falle das Wort „ Zone “ebenfalls gebräuchlich. Für die Sache ist der Name gleichgültig; in der Floren - karte von Europa (Physik. Atlas Nr. 47) habe ich zum Unterschiede gegen die folgenden die Trennungen roher ausführenden Karten ebenfalls von beiden Worten, Zone und Region, Anwendung gemacht, indem z. B. in der „ Zone der mitteleuropäischen Wälder “eine „ Nadelholz - region “und eine „ Hochgebirgsregion “ausgeschieden ist. Bezeichnet man aber die grossen, klimatisch begründeten Abteilungen der Länder als Vegetationszonen, so ist der Name Region für deren Unterteile jedenfalls zur Unter - scheidung zweckmäßig und bequem.
Benennung der Vegetationsregionen. Die an - geführten Beispiele führen sogleich zu der Frage, in welcher Weise die Namensgebung der erzielten Teile zu erfolgen habe. Die günstigste wird diejenige sein, welche am deutlichsten die Hauptformationen im Ausdruck mit332Benennung der Regionen oder Zonen.dem geographischen Länderteil verknüpft, aber es ist nicht immer leicht, gut zu machen. „ Südrussische Wiesen - steppe “z. B. ist ein kurzer und deutlicher Ausdruck; „ mitteleuropäische Waldregion “ist viel weniger gut ge - wählt, weil der Begriff „ Mitteleuropa “schwankt, noch mehr aber, weil der betreffende Länderteil ausser den Waldformationen auch noch zahlreiche andere, welche ihn scharf von dem nördlich und südlich angrenzenden Nachbar unterscheiden, in seinen Hügeltriften, Thal - und Bergwiesen, Felspflanzenbeständen etc. besitzt, deren der Hauptname keine Erwähnung thut. Noch bedenklicher, weil die Möglichkeit falscher Auffassung freigebend, ist das in der summarischen Floreneinteilung der ganzen Festlands - und Inselgebiete von mir in Berghaus’ Atlas Bl. 48 — 50 angewendete Verfahren, die einzelnen Re - gionen nach einzelnen hervorragenden Vertretern in den Hauptformationen zu benennen; denn weder sind diese hervorragenden Vertreter überall innerhalb der nach ihnen bezeichneten Region verbreitet, noch sind sie in deren Grenzen eingeschlossen. Wenn z. B. der grösste Teil von Skandinavien mit Finnland in diesem Verfahren als „ Re - gion von Betula glutinosa und Pinus silvestris “bezeichnet ist, so kann man dagegen bemerken, dass beide Bäume ein ungemein viel grösseres Areal haben, als diese Region anzeigt, und dass z. B. die Fichte auch ein Anrecht auf Anführung im Titel Skandinaviens hätte, wie sie auch thatsächlich nur der Kürzung zuliebe fortgelassen ist. Diese Namen sind also nur bestimmt, auf den in den Arten liegenden Florengebietscharakter überhaupt hin - zuweisen, den unbestimmten Begriff des Waldes sogleich in der kürzesten Weise ungemein zu verschärfen, und gewissermaßen den Anfang einer Formationsliste mit Angabe der vorherrschenden Arten darzustellen. Diesen Anfang so zu vervollständigen, wie es sich für ein ausreichendes Verständnis gehört, ist eine in diesem Abschnitt unter den einzelnen Vegetationsregionen zu lösende Aufgabe! Es sollen daher die im Sinne des fünften Abschnittes allgemein abgegrenzten Vegetationsformationen durch Hinzufügung der thatsächlich an Ort und Stelle333Anschluss der Formationen zu höheren Einheiten.bestandbildenden Arten nach dem Florengebietscharakter vervollständigt werden; hinsichtlich der mit den Regionen abgegrenzten Länderteile selbst wird es meistens genügen, auf die Florenkarten des Physikalischen Atlas zu ver - weisen, wenn auch nicht selten Verbesserungen in diesen anzubringen wären.
Vegetationsregionen und - Formationen. Die pflanzengeographischen Eigenschaften der weiten Land - bezirke und Inselreiche der Erde, denen alsdann die ozeanischen Küsten mit ihren Tangformationen folgen, an die kleineren Grundeinheiten der Regionen schildernd und erklärend anzuschliessen, ist auch von dem Gesichts - punkte aus zweckmäßig, weil in ihnen die für die ver - gleichende Erdkunde als wichtigstes Moment anerkannten Vegetationsformationen sich auf einen natürlichen Unter - grund stellen. Im Vordergrunde müssen die Formationen bei jeder geographischen Behandlungsweise stehen; ihre Gliederung aber, so wie sie im fünften Abschnitt voll - zogen ist, schliesst das Unnatürliche der Trennung örtlich vereinigter Bestände in sich. Es ist klar, dass z. B. die mitteldeutschen Bergwälder, Bergwiesen, Matten und Triften notwendig als etwas zur gegenseitigen Ergänzung Bestimmtes zusammengehören, ebenso wie die tropischen Regenwälder, Savanen, immergrünen Gebüsche etc. Die Vegetationsregionen nun fassen das natürlich Zusammen - gefügte auch wieder zusammen und stellen sich vielmehr die Aufgabe, in den örtlichen Boden -, Bewässerungs - und orographischen Verhältnissen den Schlüssel zu der bestimmt auftretenden Formationsverteilung zu suchen. Und sei es nochmals wiederholt: indem sie den allge - meinen Charakter der grossen Vegationszonen im einzelnen vertiefen, haben sie es mit den systematischen Typen des an jener Stelle herrschenden Florenreiches zu thun; sie spüren den Wanderungen der Pflanzen im Bereich pas - sender Formationen nach, sie stellen die Arten nach ihrer geographischen Zugehörigkeit zu „ Florenelementen “oder zu „ geographischen Genossenschaften “zusammen.
Wie also die Hauptbestände, die in Abschnitt 5 allgemein geschilderten Vegetationsformationen, die grossen334Haupt - und Einzelbestände.Vegetationszonen der Erde durch ihre massenhafte Ver - teilung charakterisieren, so die Einzelbestände oder die Spezialformationen in ihrer besonderen Anordnung jede natürliche Vegetationsregion.
In einem Aufsatz über die Mittel, welche diese Einzelforma - tionen zur Charakterisierung einer natürlichen Vegetationsregion bieten (Englers botan. Jahrb. XI, 21), und auf welchen ich hier für weitere Vertiefung der Frage verweise, habe ich die Methode an einer Gliederung der Bestände im mitteldeutschen Gebirgs - und Hügellande vom Harz bis zu den Sudeten versucht. Es ist dabei die Erklärung für „ Einzelformation “gegeben, dass darunter im Rahmen der ganzen Vegetationsregion jeder selbständige, einen natürlichen Abschluss in sich selbst findende Bestand be - stimmter Vegetationsformen (Bäume, Sträucher, Gräser etc.) zu verstehen ist, welcher aus bestimmten, dem Florengebietscha - rakter entsprechenden Arten der Charakterfamilien des herrschen - den Florenreichs sich zusammensetzt und durch das Zusammen - treffen bestimmter klimatischer, sowie in der Bewässerung und in dem Substrat begründeter Lokalbedingungen erhalten wird. Diese Bedingungen halten die Scheidung der Spezialformationen auf - recht, solange das hergestellte Gleichgewicht nicht durch äussere Anlässe oder organische Schwäche der herrschenden Pflanzenarten gestört wird; jeder Bestand bietet dadurch den sporadisch auftre - tenden Arten besondere Standorte, deren Erhaltung eng mit der Erhaltung, der Ausbreitung oder dem Verschwinden dieser For - mation verknüpft ist.
Florenkunde und spezielle Pflanzengeogra - phie. Aus diesen allgemeinen Bemerkungen lässt sich beurteilen, dass die Florenkenntnis der einzelnen Länder nur durch harmonische Verbindung des botanisch-syste - matischen und des biologisch-geographischen Gesichts - punktes erschöpfend erreicht werden kann; die Mehrzahl der für die verschiedenen, weiten und engen Länder - bezirke geschriebenen „ Floren “werden daher ihrer Auf - gabe zur Zeit noch sehr einseitig gerecht, indem sie Be - schreibungen der in diesem Bezirke vereinigten Pflanzen nach der systematischen Klassifikation zusammenstellen. Geographisch wird dadurch nur das zu weiterer Bearbei - tung gebotene Material angedeutet, geleistet wird in dieser Beziehung alsdann nichts. Es fehlt hier noch vielfach der innere Zusammenhang zwischen der floristischen Systematik und der biologischen Geographie, als wenn beides ganz unzusammenhängende Dinge wären. Und335Entwickelung der geographischen Florenkunde.doch hat Linnees Flora Lapponica, welche im Jahre 1737 zum erstenmale eine „ Flora “im modernen Sinne schuf, so vortrefflich schon auf die in einer solchen sich dar - bietende Mannigfaltigkeit der Gesichtspunkte hinge - wiesen, und aus demselben nordeuropäischen Gebiete ist von Wahlenberg 1812 eine systematisch wie geographisch, sogar kartographisch so wohl geordnete Flora erschienen, dass es an rühmlichen Vorbildern für Europa frühzeitig nicht gefehlt hat.
Der Fortschritt aber erfolgte nicht so geschwind, wenngleich das genannte Beispiel nicht vereinzelt blieb. Es musste nun erst die Pflanzengeographie sich zu einer selbständigen Disziplin der Botanik entwickeln und den Anschluss an die geographische Bedingtheit allgemein gewinnen, um dann um so sicherer und mächtiger auch die geographische Berücksichtigung in den Florenwerken einzelner, grösserer oder kleinerer Gebiete zu erheischen. Und wenn auch die geographischen Uebersichten der Floren, der Zusammenschluss der Bestände zu den Haupt - formationen, ihre Periodizität, die Verteilung biologischer Vegetationsformen und deren besondere Anpassung an Klima und Standort, noch vielfach weit hinter den syste - matischen Uebersichten derselben Floren zurück sind, so liegt das daran, dass ausserhalb der hohe Wissenschaft treibenden Staaten meistens nur flüchtiger durchstreifende Botaniker oder Reisende die Pflanzenschätze sammelten, um sie in den wohlgeordneten Museen zu bearbeiten, wo dann naturgemäß die morphologische Botanik viel besser dabei wegkommen musste, als die biologische Seite und die Gesamtanordnung der Formationen aus zum Teil schwer zu entwirrenden, unbekannten Artgruppen.
Wenn dieser Zustand der Wissenschaft hier hervor - gehoben ist, so geschieht es daher auch nur, um auf bestehende Mängel, die inzwischen täglich mehr aus - geglichen werden, aufmerksam zu machen. Am letzten hat die spezielle biologische Forschung in aussereuropäi - schen Ländern den Anschluss an die Geographie ge - wonnen; solche Forschungen, wie sie Volkens in der libyschen Wüste anstellte (siehe G. J. XIII, 338), sind336Fortschritt der Florenkundeam seltensten, bleiben aber sicherlich nicht lange ver - einzelt.
Die Anordnung der herrschenden Pflanzenarten zu Formationen hat auch schon über die ganze Erde hin, in allen Florenreichen, von botanischer Seite stellenweise Bearbeitung gefunden, wenngleich hier noch viel zu thun übrig geblieben ist. Grisebach selbst als Schöpfer der ausgesprochenen Anwendung von „ Vegetationsformationen “für die spezielle geographische Florenkunde, dann Kerner, viele andere diesen folgend, in jüngerer Zeit Beck, haben in Deutschland und Oesterreich, Christ in der Schweiz diesem Gesichtspunkte ausführlich Rechnung getragen; lange vor Grisebachs Veröffentlichungen hatte Martius in den weiten Gefilden Brasiliens auf seiner Durchquerung von Rio zum oberen Amazonas wohl als erster das Ma - terial zu einer gründlich durchdachten Unterscheidung tropischer Vegetationsformationen in aller Ausführlichkeit gesammelt und war darin weit über Humboldts grund - legende, schöpferische Ideen in botanischer Sachlichkeit und in kartographischer Abtrennung bestimmter Vege - tationsregionen hinausgegangen.
Um die Mitte des Jahrhunderts schuf Willkomm für Spanien, Zollinger für Java, Hooker im Verein mit Thomson aus dem Himalaya und aus dem fernen Süden, Maximowicz aus dem Amurlande ein formationsmäßig genau und vielseitig angeordnetes Vegetationsbild. Eine Erdumsegelung brachte in den Vegetationsansichten der Küstengebiete des Stillen Ozeans von Kittlitz Formations - bilder hervor, welche den Geographen ihre Fruchtbarkeit zur Charakterisierung der Landschaften, den Botanikern das Interesse biologischer Anpassungsformen zeigen konn - ten. Das Pflanzenleben des hohen Nordens, schon lange mit Interesse von den Polarfahrern verfolgt, wurde in seinen Beständen durch Middendorff im Taimyrland, durch Richardson im arktischen Amerika zuerst enthüllt, denen sich dann in jüngerer Zeit die herrlichen Arbeiten von Kjellman bei der Vega-Expedition, durch Nathorst für Spitzbergen, durch Warming für Grönland, durch Holm in der Dijmphnaexpedition fruchtbar anschlossen. Die337in den verschiedenen Ländern der Erde.speziellsten Formationsschilderungen überlieferte aus Lapp - land Hult. Aus Argentinien brachte Lorentz mit den ersten reichen floristischen Sammlungen zugleich die Kunde der Vegetationsregionen und die in ihnen herrschenden Bestände; von einem weniger speziell-botanischen Ge - sichtspunkte aus schuf ein entsprechendes Bild vom tro - pischen Afrika die Loango-Expedition. In der Waldflora Indiens entwickelte Kurz aus gründlichen Studien die Hauptzüge der dortigen Regenwald - und trockenen Hügel - waldformationen, während Brandis die Kenntnis des Hi - malaya und Vorderindiens auf klimatologischer Grundlage pflanzengeographisch vervollständigte. Bolus brachte im Verein mit anderen Forschern Klarheit in die südafrika - nische Vegetationsgliederung. In neuester Zeit beginnen die Russen ihr ungeheures Ländergebiet in sehr gründ - licher Weise floristisch zu durchforschen, wobei inter - essante Vegetationsbilder aus den Steppenformationen, aus den centralasiatischen Gebirgen und aus dem nordischen Waldgebiet hervorgehen. Die Surveys in der Union haben zu ausgezeichneten Einteilungen in Vegetationszonen für Nordamerika auf Grund der herrschenden Bäume geführt; originelle pflanzengeographische Arbeiten der Japaner vervollständigen die bis dahin von Europäern über ihr Land vermittelte Florenkenntnis. Selbst die ozeanischen Formationen werden jetzt in Europa und im hohen Norden gründlich erforscht.
So herrscht also ein kräftiges Leben auf diesem Ge - biet der Wissenschaft, welches noch viel deutlicher als aus der vorhergehenden aphoristischen Skizze, aus den den einzelnen Länderbezirken voranzustellenden Litteratur - angaben ersichtlich sein wird, die häufig auf die pflanzen - geographischen Berichte im Geographischen Jahrbuch hin - weisen.
Methode der Schilderung pflanzengeographi - scher Charaktere. Es muss als eine hohe wissen - schaftliche Aufgabe der Pflanzengeographie angesehen werden, dass sie nach Feststellung der allgemeinen Prin - zipien, wie sie etwa hier in Abschnitt 1 — 5 entwickelt sind, die Quellenlitteratur über die verschiedenen LänderDrude, Pflanzengeographie. 22338Darstellung der Vegetation der Erde.unter einheitliche Gesichtspunkte zusammenfasst und im Bewusstsein der ausgesprochenen Prinzipien die allge - meinen Fragen für den Umkreis der Erde aus den in verschiedenartigster Weise angestellten Einzelforschungen zu lösen versucht, dadurch die spezielle Pflanzengeographie auf einheitlichen Grund stellend.
Hierfür gibt es ein leuchtendes Werk als Muster, die auch schon in den vorhergehenden Abschnitten oft genannte Vegetation der Erde von Grisebach. Ihr Ver - fasser hat mit ihr eine damals bestehende Lücke der ganzen pflanzengeographischen Litteratur ausfüllen wollen und vielfach hervorgehoben, dass er nur ein klimatisches Pflanzengemälde der Erde damit beabsichtigt habe. Zu diesem hat er aber auch eine staunenswerte Fülle von Stoff zusammengetragen und zu einem einheitlichen Bilde umgestaltet. Es kann hier nicht Absicht sein, eine zweite „ Vegetation der Erde “auf so breitem Grunde aufgebaut zu entwerfen; es wird im Gegenteil eine kürzere Zu - sammenfassung ähnlicher Art, und auf die im ersten Teile dieses Handbuches ausgesprochenen Prinzipien und voll - zogenen Einteilungen gestützt, dem Bedürfnis besser ent - sprechen und zum Studium des umfangreicheren Werkes von Grisebach, sowie der zahlreichen für die einzelnen Länder zu nennenden Quellenschriften anregen.
Hierbei soll folgender Gang eingeschlagen werden: Die Länder werden geographisch so zusammengefasst, dass sich in dieser Zusammenfassung die wesentlichsten Florenreichs - und Vegetationszonen-Charaktere gemeinsam wiedergeben lassen; die Reihenfolge soll dieselbe sein, wie sie in den Berichten über die Fortschritte der Pflanzengeographie im Geographischen Jahrbuch seit dem Jahre 1887 getroffen ist, in welcher zuerst alle arktisch - borealen und boreal-subtropischen Florengebiete abge - handelt werden, und dann die tropischen mit Anschluss der subtropisch-australen Gebiete an das jedesmalige kon - tinentale Tropenreich folgen. Als natürliche Einheiten, vergleichbar den Gruppen vom Range natürlicher Familien in dem grossen Pflanzensystem, stehen die „ Vegetations - regionen “da.
339Litteratur über Kulturpflanzen.Nach der Generalübersicht über jede Ländergruppe, denen schliesslich die Uebersicht des Pflanzenlebens der Ozeane folgt, mit Angabe der dort entwickelten Floren - reiche und Hauptzonen, erfolgt eine Haupteinteilung in Hinsicht auf Absonderung der Florenelemente und Ver - änderung der Vegetationsbedingungen in der Länge und der Art des Abschlusses der jährlichen Periode.
Nur flüchtig kann bei dieser Fülle des Stoffes aus - fallen der Einblick auf die Kulturfähigkeiten und die Veränderungen, welche der Mensch in der an die natür - lichen Formationen gebundenen Flora vollzogen hat. Es sei daher sogleich hier dreier in gegenseitiger Ergänzung wirksam dastehender, für die interessanten Heimatserörte - rungen und botanische Unterscheidung der alten mensch - lichen Kulturpflanzen ausführliche Untersuchungen enthaltender Handbücher und Abhandlungen gedacht, welche diesen Gegenstand zur Zeit so vollständig als mög - lich zusammenfassen, so dass den in ihnen gebotenen Gesichtspunkten in unserer kurzen Darlegung ein neuer nicht hinzuzufügen war: A. de Candolle schrieb als eigenes Handbuch im Jahre 1883 Origine des Plantes cultivées, welches Goeze mit dem Titel „ Der Ursprung der Kultur - pflanzen “1884 übersetzte (siehe G. J. X, 152). Höck gab eine Broschüre im gleichen Jahre heraus: Die nutz - baren Pflanzen und Tiere Amerikas und der Alten Welt, verglichen in Bezug auf ihren Kultureinfluss; und Witt - mack schrieb in Neumayers Anleitung zu wissenschaft - lichen Beobachtungen auf Reisen, Band II, den Artikel über Landwirtschaftliche Kulturpflanzen in systematischer Gliederung. Inwieweit die natürlichen Vegetationszonen der Verbreitung bestimmter Kulturpflanzen Raum geben, zeigt die Karte 8 der pflanzengeographischen Abteilung in Berghaus’ physikalischem Atlas.
Allgemeine Uebersicht. Die weiten Länder - und Inselgebiete der nördlichen Glacial -, winterkalten und340Die borealen Floren.sommerheissen Zone, also Gebiete mit vorwiegender Wald - bedeckung von sommergrünem oder gegen Süden lederig - immergrünem Laube, ebensolchen Gebüschen, Gras - und Staudenfluren, sommerdürren Steppen und im Norden mit Moos - und Flechtentundren, alle bevölkert von den bo - realen Charaktersippen, werden hier zuerst zusammengefasst.
Die zu der borealen Florengruppe zugerechneten Länder zeigen eine, die fünf verschiedenen Florenreiche teilweise recht deutlich verbindende Gleichförmigkeit des Charakters nicht nur in dem Vorherrschen derselben Ord - nungen und Tribus, sondern auch noch darin, dass eine verhältnismäßig grosse Anzahl von Gattungen entweder einen bestimmten Breitengürtel über die Ozeane hinweg zum Areal hat, oder dass andere Gattungen wenigstens mehreren ausserdem viel endemische Elemente besitzen - den Florenreichen gemeinsam sind; die Arten sind dabei meistens repräsentativ, seltener in verschiedenen Floren - reichen ganz oder nahezu identisch.
Von Beispielen der letzteren Gruppe, wo Gattungen gleiche oder nahe verwandte Arten in allen oder mehreren der Floren - reiche haben, sei auf Castanea vesca (siehe in Abschnitt 4, S. 191) wiederholentlich verwiesen. Aehnlich verhält es sich mit den borealen Buchen. Viel häufiger sind Erscheinungen wie bei den Eichen, wo jedem natürlich abgegrenzten Gebiet, welches viel kleiner als eines der Florenreiche ist, seine eigenen oft zahlreichen Arten angehören (siehe oben S. 190 — 191).
Als Resterscheinungen einer vormaligen weiteren Verbreitung gibt es dann zahlreiche Gattungen oder Gattungssektionen, welche in weit entlegenen Ländern Arten von meist grosser Arealbedeu - tung haben; in der botanischen Nomenklatur sind solche Arten mehrmals als occidentales und orientales unterschieden, wie Pla - tanus occidentalis im mittleren Nordamerika und P. orientalis am Kaukasus, Thuja etc. Während sich diese Erscheinung unter entsprechenden Breiten auf der südlichen Erdhälfte nicht wieder - holt, fehlt dagegen die dort das Interesse fesselnde Erscheinung hier, dass eine Fülle abgeschlossener Formenkreise auf kleine Landstriche zusammengedrängt sind. Die Verbindung in der alt - geologischen Besiedelungsgeschichte hat dafür gesorgt, dass die endemischen Elemente sich in gleichen Ordnungen abspielen, und nur seltener sind kleine Ordnungen auf ein Florenreich beschränkt, wie z. B. die Sarraceniaceen und Lennoaceen im subtropischen Nordamerika.
In Hinsicht auf diese Thatsache beanspruchen daher341Repräsentative Arten der borealen Gruppe.ein besonderes Interesse die mit vielen repräsentativen Arten ganze Gürtel der borealen Florengruppe belegenden Gattungen, zumal wenn es möglich ist, den geologischen Ursprung einigermaßen sicher festzustellen. Denn es ist bisher immer mit ziemlicher Gewissheit das Resultat zu Tage getreten, dass diese Gattungen einen Ursprung im höheren Norden hatten; diejenigen, welche in den älteren Tertiärperioden von dort aus ihre Wanderung antraten oder vollendeten, sind dann wohl alle bis zu den Süd - grenzen der borealen Florengruppe gelangt und teilweise noch subtropischen Charakters, daher empfindlich gegen die Winterfröste des Nordens. Andere wieder, deren Wanderung jüngerer Periode ist, meiden die subtropisch - borealen Florenreiche (Mediterran-Orient, China-Japan, mittleres Nordamerika) und haben nur im nordischen Florenreich eine weite Heimat gefunden, sind hier auch vielfach schon mit gleichen Arten von Europa bis Sibirien und Kanada anzutreffen; die jüngsten Formen endlich sind arktisch-glacial und zeigen die Verbreitung gleicher Arten oder nächster Verwandten rings um den Pol. So lassen sich in den Ländern der borealen Florenreichs - gruppe Gattungsareale kartographisch darstellen, welche mit zunehmender Breite stets mehr identische Arten auf - weisen.
Als gutes Beispiel für eine solche gemäßigte Baumgattung arktotertiären Charakters sei das Areal der Ahornbäume angeführt, dessen systematisch-geographische Gliederung von Pax monogra - phisch behandelt ist (siehe G. J., XI, 109). Die 80 Spezies von Acer sind sämtlich Bewohner der Gebirge der borealen Floren - reiche, am zahlreichsten im mediterran-orientalischen und ostasia - tischen Florenreiche, sowie inmitten beider am Himalaya, endlich im atlantischen Gebiete des mittleren Nordamerikas. Von den 6 mitteleuropäischen Arten betrachtet Pax keine als endemisch, da sie alle auch auf den Gebirgen der Mittelmeerländer vorkommen; hier liegt jedoch das Kriterium in der geographischen Abgren - zungsfrage selbst, da die höheren Bergregionen in Südeuropa alle - samt ein Gemisch mitteleuropäischer und ortsansässiger Vegetation zeigen; jedenfalls haben sie sich aus gemeinsamem Stamme mit den südeuropäischen 9 endemischen Acer-Arten abgeschieden, am reichsten ist die Balkanhalbinsel geblieben. Turkestan besitzt unter 4 Arten 3 endemische; der Himalaya hat fast alle seine 12 Arten endemisch erhalten, nur eine ist eine stärkere Varietät;342Die Gattung Acer als Beispiel.aber hier ist die gewöhnliche Scheidung in westliches und öst - liches Gebirge auch bei dieser gemeinsamen Gattung ausgeprägt, indem nur 3 Arten über das ganze Gebirge verbreitet sind. Von den 13 Sektionen der Gattung gehören 7 mit der stattlichen Zahl von 20 Arten Japan allein an; 4 Arten charakterisieren den nörd - lichen, 14 den südlichen Typus, ähnlich wie in Europa, und diese zeigen stärkere Verwandtschaft sowohl zum Himalaya und Central - asien als auch zum mittleren Nordamerika, da dessen pacifische Länder 2 Sektionen, die atlantischen Staaten dagegen eine Art mit Japan gemeinsam haben. Japan stellt sich also in den Mittel - punkt der Acer-Systemgruppierung. — Die fossilen Funde der Gattung haben dem Verfasser nach Ausschluss der mangelhaft er - haltenen doch schon 8 Sektionen als in der Tertiärzeit vorkom - mend erwiesen; sie beginnen im unteren Tertiär, werden im Miocen häufiger und entwickeln im oberen Tertiär eine Reihe die jetzige Lebewelt repräsentierende Formen. Dabei wird der circumpolare Ursprung bestimmt erwiesen: „ im Oligocen lebte auf Grönland, Island, Spitzbergen eine reiche Ahornflora, welche im Miocen um viele Breitegrade südwärts gewandert ist; im Pliocen erscheint diese Südwanderung noch vollkommener. Während der Tertiär - zeit war die Verbreitung der einzelnen Arten eine ziemlich gleich - mäßige und bleibt es bis durch das Pliocen; eine weitgehende Störung derselben hat demnach erst nach dieser Periode stattge - funden, deren Ursachen also mit grosser Wahrscheinlichkeit in dem Beginne der Eiszeit zu suchen sind. “ Die Blätter der Ahorn - arten lassen sich mit verhältnismäßiger Deutlichkeit auch im fossilen Zustande erkennen; es ist daher das Beispiel zugleich als eines jener Fundamente aufgeführt, auf welche unsere florenent - wickelungsgeschichtlichen Anschauungen der borealen Florengruppe zurückgreifen.
Geologische Florenentwickelung. Die Einheit - lichkeit im allgemeinen Charakter der Flora dieses weiten Länderkreises vom Nordpol bis zur Nordgrenze der Tropen („ Einheitlichkeit “natürlich nur in Hinsicht auf die herr - schenden Familien, auf viele Gattungen und vereinzelte Arten aufgefasst), lässt sich geologisch auf zwei Haupt - umwälzungen zurückführen, welche die allgemeine vor - tertiäre, unbestimmter ausgeprägte Flora abgelöst haben: Im älteren und mittleren Tertiär begann ein neues Floren - element vom hohen Norden her, wie es scheint sehr gleichmäßig sowohl in Amerika als in Asien und Europa, südwärts sich zu verbreiten und einen Stamm der jetzigen borealen Florengruppe zu bilden; dieses Florenelement bezeichnen wir mit Engler als „ arktotertiär “, und das - selbe musste nach allgemeinen descendenztheoretisch be -343Zwei Hauptentwickelungsperioden im Tertiär.gründeten Regeln an den geographisch weit getrennten Südmarken ein je den eigenen Entwickelungsbedingungen entsprechendes Gepräge bei langer Fortentwickelung an - nehmen. Es haben nun Nordenskjölds und Heers Unter - suchungen gezeigt, dass sich innerhalb der arktischen Zone schon im älteren Tertiär zwei etwa durch den 75. ° N. geschiedene Unterzonen unterscheiden liessen, von denen die südlichere noch viele Verwandte der sich auf die Tropen allmählich beschränkenden Stammflora enthielt, die nördlichere dagegen boreal im strengeren Sinne war (vergl. Penck in den Verhandl. des 5. deutschen Geographen - tages, Berlin 1885). Es fehlen ja auch noch heutigen Tages die Palmen, Lauraceen, Myrtaceen, Ficus nicht ganz in den Ländern der boreal-subtropischen Zone. Dem südlicheren Gürtel gehört die Miocenflora von Mittel - europa und die ostasiatische vom Amur bis Japan und China an; sie findet, wie es scheint, noch jetzt-lebende Abkömmlinge am zahlreichsten in Virginien, Georgia, Carolina. Der nördliche Gürtel scheint dagegen die Stamm - flora zu den Typen des jetzigen circumpolaren nordischen Florenreichs geliefert zu haben.
Es folgte dann die zweite Hauptumwälzung im Pliocen und vollendete sich während der Eiszeit, nach deren Schluss die Areale bis zu den neuesten Eingriffen mensch - licher Kultur im wesentlichen ihre, jedoch nach kleineren klimatischen Perioden schwankende Gestalt wiedergewonnen oder neu angenommen haben. Die Pflanzensippen der ge - nannten nördlichen Polarzone breiteten sich nun südwärts, die ältere arktotertiäre Flora verdrängend, aus und be - setzten die nördlichen Kontinente als zusammenhängende Masse. Dadurch waren die Verbindungen der subtropi - schen Klimate, die ja nur im hohen Norden auch über die Ozeane hinweg bestanden haben, gestört, und indem einerseits die Erhebung mancher Hochgebirge, andererseits die Veränderung in der inneren Gliederung Asiens nach Land und Wasser Südeuropa und den Orient sowohl vom Norden, als auch von Ostasien abtrennte, war dadurch der Entwickelung eigener Wüstensteppenformen in Central - asien ein breites Feld gegeben; die Subtropen der Alten344Zunahme der Sippenverwandtschaft nach Norden.Welt zerfielen dadurch in drei Hauptteile, das mittlere Nordamerika, vom rein borealen Kanada weniger scharf durch Gebirgsgrenzen abgehoben, entwickelte sich zwar sehr ähnlich wie die Alte Welt, doch vermochten sich auf den engeren Räumen die selbständigen Sippen der Wüsten - steppen nicht so vielfältig, die Sippen des Ostens und des schmalen Westens (zu dem das nördliche Mexiko mit - gehört) sich nicht so völlig getrennt voneinander zu ent - wickeln wie in der Alten Welt, und es blieb daher hier ein gemeinsamer, arktotertiär-amerikanischer Charakter gewahrt.
So erklärt es sich, dass verwandte Gattungen gleicher Ordnungen, dann in grösserer Verwandtschaft Gattungs - genossen, endlich gleiche Arten ihre Areale in der bo - realen Florengruppe als Symbole dieser Florenentwicke - lung aufeinander folgen lassen, von denen nur die jetzt süd - lichsten Areale Beziehungen zu tropischen Sippen zeigen. Die Palmen z. B. haben ihre Vertreter in den Coryphinen mit Chamaerops im Mediterrangebiet, Trachycarpus im Himalaya und Ostasien, Rhapis in China-Japan, Rhapido - phyllum in Georgia; Myrtus communis, Laurus nobilis, Ficus carica sind als einzelne Arten Vertreter tropischer Ordnungen im Mediterran - und orientalischen Florenreich. So charakteristisch sie dort sind, die Hauptmasse der Flora bilden sie längst nicht, und an ihren Nordgrenzen heben die Gebiete an, in denen der arktotertiäre und boreale, der jung-arktische Typus zur alleinigen Entwickelung gekommen ist. Von dem ersteren Element sind manche Gattungen, wie die Ahornbäume, in mittleren Breiten am ausgedehntesten entwickelt, gehen nicht bis an die Süd - grenzen der borealen Gruppen, sind aber auch aus dem kühleren Norden verdrängt. Andere Gattungen, z. B. Ranunculus, Silene, haben sich im höchsten Norden wie in den Staudenformationen der warmen Gebiete ansässig gemacht; wieder andere, die Fichten z. B., Lärchen und Birken, zeichnen den auf die kalte arktische Zone folgen - den Landgürtel in allen drei Kontinenten aus, und gewisse arktische Areale gehen nur wenig über den Polarkreis südwärts hinaus. Je höher nach Norden, desto mehr345Fünf boreale Florenreiche.gemeinsame Gattungen und Arten finden sich circumpolar in allen drei Kontinenten; je weiter nach Süden, desto stärkere Differenzen langandauernder eigener Floren - entwickelung finden sich mit den Ueberresten der tropi - schen Verwandtschaft.
Wir können daher das Gesagte in folgende Sätze zusammenfassen: 1. Ein an geologischem Alter jüngstes Florenelement, das arktische, ist im höchsten Norden rein entwickelt und vermischt sich gegen die Grenzen der Subtropen hin stets mehr mit dem arktotertiären Floren - element; die in dieser Weise besiedelten Länder und Inseln bilden das „ Nordische Florenreich “. Im hohen Norden bildet dasselbe ein allen Kontinenten und ark - tischen Inseln gemeinsames Florengebiet; seine südlicheren Zonen zeigen immer mehr die alten Kontinentalabsonde - rungen und führen dadurch zu einer Mehrzahl verschie - dener Gebiete, die ganz allmählich oder plötzlich von den boreal-subtropischen Florenreichen abgelöst werden. 2. Das arktotertiäre Florenelement ist während der längeren abgeschlossenen Entwickelung in vier selbständigen Floren - reichen ausgeprägt, welche verwandtschaftlich in ver - schiedenem Grade unter sich und mit dem nordischen Florenelement zusammenhängen. Das erste ist das atlantisch-mediterrane, das zweite das pontisch - orientale (innerasiatische), das dritte das ostasiati - sche, das vierte das nordmexikanisch-kalifornisch - virginische Florenelement. 3. Von den vier letzt - genannten Florenelementen ist das erste mit dem zweiten, und das dritte mit dem vierten durch grössere Verwandt - schaft ausgezeichnet. 4. Die Reinerhaltung des arkto - tertiären Elementes, oder die Einmischung des jüngeren borealen, oder umgekehrt, führt zu Formationen und Vege - tationsregionen von geschiedenem Charakter; im allge - meinen sind die Hochgebirge der subtropischen Floren - reiche von borealen Vegetationsregionen mit sogar ark - tischen Besiedlern eingenommen.
In den „ Florenreichen “(Ergänzungsheft 74 der G. M., S. 36 bis 37) ist in drei Gruppen nach der eben angeführten grösseren Verwandtschaft der Länder zu einander eine ausführliche Tabelle346Charakter des Nordischen Florenreichs.über die arktisch-boreal-subtropischen Ordnungen zusammengestellt, auf welche hier verwiesen wird, um Wiederholungen zu vermeiden. Diejenigen borealen Ordnungen aber, welche den tropischen und australen Florenreichen gänzlich fehlen oder nur in diesen Ländern als jüngere Einwanderer auf und von Gebirgen zu betrachten sind, findet man a. a. O. S. 30 — 31 zusammengestellt.
Nordisches Florenreich. Diese rings um den Nordpol ausgebreitete, alle nördlichen Gebiete der drei Kontinente und alle nordische Inseln umfassende Länder - masse von gewaltigem Umfang besitzt eine so reichhaltige Gliederung in ihrem Aufbau und Verschiedenheiten in ihrem Klima, wie keine andere der sechs Gruppen, weist aber dennoch in ihren nördlichen Gebieten und in ihren waldreichen Gebirgsländern stets denselben Grundton der Flora auf. Das Pflanzenkleid des hohen Nordens ist noch auf allen Hochgebirgen über den Regionen der grössere Wärme liebenden Pflanzengenossenschaften in gleicher Physiognomie und mit teilweise noch gleichen Arten ver - treten; in den Wäldern herrschen nicht sehr zahlreiche Ordnungen und Gattungen mit gleichartigem Typus in sehr grosser Individuenzahl derselben Arten, um es kurz zu sagen: Zapfen - und Kätzchenbäume als gesellige Ge - nossenschaften; die Pflanzen der Gras -, Steppen -, Wiesen - und Moor -, Heide - und Felsformationen gehören wiederum zu solchen Ordnungen und Gattungen, von denen andere Arten oder Verwandte auch im Schutze der Wälder gedeihen, oft selbst den hohen Norden schmücken.
Es mögen hier die Ordnungen vorangestellt werden, welche die Waldbäume für diese gesamte Ländergruppe liefern, und zwar in einer ihrer Wichtigkeit entsprechen - den absteigenden Reihenfolge:
a) Gesellige Bäume.
b) Zerstreut wachsende, selten kleinere Stellen gesellig bedeckende Bäume.
c) Zerstreut oder gesellig wachsende Sträucher von grösserer Wichtigkeit, abgesehen von den unter den Bäumen schon genannten Ordnungen.
Die Zahl derjenigen Ordnungen, welche einen nennens - werten Beitrag zu den Hölzern oder hohen Sträuchern liefern, ist also sehr klein. Unter den Bäumen sind nur die Nadelhölzer immergrün; fast dasselbe gilt von den Sträu - chern. Immergrün sind dagegen viele Halbsträucher. — Ausser den Salicineen und Betulaceen fehlen alle hier genannten Ordnungen in dem nördlichsten Gebiet des Florenreichs, in der arktischen Flora; von dorther haben sie aber ihren wahrscheinlichen Wanderungsweg betreten, sind also nur durch klimatische Verhältnisse ferngehalten. Die arktischen Charakter-Halbsträucher und Stauden wer - den unter der ersten Vegetationsregion genannt werden.
Atlantisch-mediterrane und pontisch-central - asiatische Flora. In den schon recht erhebliche Ver - schiedenheiten in sich zeigenden Floren von den Canaren bis Turkestan und Tibet ist doch wenigstens eine ge - meinsame Grundlage in den baumbildenden Familien und andererseits in dem Charakter der Steppenformationen,348Die boreal-subtropischen Florenreichewelche aus dem Innern Asiens sich bis nach Spanien ausdehnen und den Nordteil der Sahara floristisch an diese Ländergruppe binden. Ausser den eben genannten nordischen Baumordnungen, welche mindestens auf den Gebirgen der Subtropen vom Atlas bis Thian-schan und oberen Himalaya wiederkehren in anderen Arten, Sek - tionen und Gattungen, und unter denen nunmehr die Eichen eine Hauptrolle spielen, gibt es hier arktotertiäre Reste wie Platanus und Liquidambar, Juglans und Ptero - carya, Celtis und Morus, die Oleaceen sind an Masse viel bedeutender geworden, Styrax und Diospyros treten zu baumartigen Eriaceen (Arbutus) hinzu, die Anacardiaceen haben in Pistacia und Rhus ihre Vertreter, die Rosaceen - bäume (Pyrus, Cydonia, Amygdalus etc.) stellen sich neben solche von Leguminosen (Anagyris, Cercis, Cera - tonia, Gleditschia, Sophora).
Die Leguminosen sind in den einer genaueren Schätzung fähigen Gebieten der Flora orientalis von Boissier (s G. J., Bd. XI, S. 125) überhaupt die artenreichste Ordnung mit gegen 1800 Arten, von denen allein etwa 800 Arten auf Astragalus kommen, die durch die Tragantsträucher so berühmte orientalische und süd - europäische Gattung; 200 ganz andere Arten derselben sind nord - amerikanisch, einige wenige boreal-arktisch. Von anderen Cha - rakterordnungen sind besonders noch die Plumbagineen mit Acan - tholimon, die Polygoneen, unter den Compositen Centaurea und Cousinia zu nennen, Silene und Dianthus und Gypsophila unter den Caryophylleen.
Ostasiatische und mittel-nordamerikanische Flora. Es ist ein zuerst durch Miquel in einem Aufsatz der Archives néerlandaises (Bd. II: Sur les affinités de la Flore du Japon avec celles de l’Asie et de l’Amérique du Nord) und Asa Gray (Relations of the Japanese Flora to North Amer. etc.) in den Memoirs Amer. Acad. Sc. VI, 377, 14. Dezember 1858 der Wissenschaft überlieferter und dann von Asa Gray sehr fruchtbar erweiterter Gesichts - punkt, dass die ostasiatische und nordamerikanische, be - sonders von Florida bis Virginien in Nordamerika ausge - prägte Flora miteinander grosse Verwandtschaft zeigen, welche darin ihren Grund hat, dass hier an den sub - tropischen Ostküsten beider grosser borealer Kontinente die alte Miocenflora in zahlreichen, sonst weniger weit349und ihre Charakterfamilien.verbreiteten Gattungen sich erhalten hat. Dadurch wird ein sehr reichhaltiges Gemisch zumal in die Bestände der kleineren Bäume und hohen Sträucher herbeige - führt, indem den Coniferen, Cupuliferen und Betulaceen auch sommergrüne Lauraceen, immer - und sommergrüne Magnoliaceen, Ternströmiaceen, Sapindaceen auch ausser Ahornbäumen, Bignoniaceen, Diospyros, Styraceen, Zan - thoxylaceen, Schizandreen, Lardizabaleen etc. zugefügt werden; die Leguminosen und andere unter der medi - terran-orientalischen Ländergruppe genannte Familien oder Gattungen, z. B. Gleditschia, Morus, Juglans, fehlen ebenfalls nicht. Von dem grossen endemischen Reich - tum an Coniferen und Cupuliferen in Ostasien und Nord - amerika (Coniferen besonders westlich der Rocky Mts.) ist schon oben (S. 183 und 191) die Rede gewesen; speziellere Angaben werden unter den einzelnen Vege - tationsregionen folgen.
Bezüglich des allgemeinen im mittleren Nordamerika herr - schenden Florencharakters sei auf die treffliche Abhandlung von Asa Gray „ Characteristics of the North American Flora “, 1884, verwiesen, über welche das Geograph. Jahrbuch 1886 (XI, 131 — 333) ein eingehendes Referat gebracht hat.
Hervorragende Litteratur. Allgemeine und systema - tische Florenübersichten: Hooker, Outlines of the Distribution of Arctic plants in Transactions of the Linnean Society Bd. 23 (1861). Martens, Ueberblick über die Flora Arctica in Denkschriften der Regensburger bot. Gesellsch. 1859. Martins, Du Spitzberg au Sahara, 1866. Heer, Die Polarländer und Flora fossilis arctica, 1868 (s. Grisebach, Abhandl. S. 373 und 496). Grisebach, Veget. d. Erde Bd. 1, Abschn. I. Engler, Entwickelungsgesch. der Pflanzen - welt Bd. 1, Kap. 14. Warming, Tabellarisk Oversigt over Grön - lands, Islands og Faeroernes Flora (siehe Geogr. Mitteilgn., Litte - raturbericht 1888, Nr. 483). Kjellman, Ur polarväxternas lif (Nordenskiölds Studier 1884, siehe G. J., XI, 115).
Spezielle Florenkunde: Lange, Conspectus Florae Groenlandicae 1880 und Suppl. ; Studien über Grönlands Flora in Botan. Jahrb. f. Syst. I, 459. Hart, Botany of British Polar-Exped. 1875 / 76 (siehe G. J., IX, 161). Bessels, Scientific Results of the Arctic Exped. „ Polaris “; 1876 (vergl. auch G. J., VIII, 239). Nathorst, Botaniska3501. Arktische Inseln und Eismeerküsten.anteckningar fr. nordvestra Grönland in Oefversigt Vet. Akad. Förhandl. Stockholm 1884, und Botan. Jahrb. f. Syst. VI, 82. War - ming, Fylla-Expedition in Meddel. om Grönland (siehe Litteraturber. d. Geogr. Mitteilgn. 1888, Nr. 481, 482 und Botan. Jahrb. f. Syst. X, 364). Warming, Om Naturen i det nordligste Grönl. (siehe Litteraturber. a. a. O. Nr. 480). Geograph. Jahrbuch Bd. XIII, S. 316. Zweite deutsche Nordpolarfahrt, Bd. II, Botanik (Ostgrön - land, s. Griseb. Abhandl. S. 413 und 445).
Reichardt, Flora d. Insel Jan Mayen in Polarforschung 1882 / 83, Jan Mayen Bd. III, Wien 1886. Nathorst, Nya bidrag till känne - domen om Spetsbergens kärlväxter och dess växt-geografiska för - hallanden, in Svenska Vet. -Akad. Handl. Bd. 20 (1883) und in Botan. Jahrb. f. Syst. IV, 432 (s. G. J., X, 156 — 158). Berggren, Musci et Hepaticae Spetsbergenses in Handlingar Bd. 13 (Stockholm 1875).
Holm, Novaja-Zemlias Vegetation in „ Dijmphna “1885 (siehe Litteraturber. in Geogr. Mittlg. 1887, Nr. 72). Middendorff, Reise im äussersten Norden Sibiriens: Trautvetter, Flora v. Taimyrland 1847 / 67. Kjellman in Vega-Expeditionens Vetensk. Arbeten: Växt - ligheten paa Sibiriens Nordkust, Sibiriska Nordk. Fanerogamflora, Fl. paa Novaja Semlja och Wajgatsch, Asiatiska Beringssunds Fanerog. etc. (G. J., IX, 204 und X, 158). Trautvetter, Flora terrae Tschuktschorum in Acta horti Petrop. VI, 1. Kurtz, Bot. Samml. der Gebrüder Krause am Beringsmeer, in Deutsche Geogr. Blätter V, 1882. Dall, Aleuten in Deutsche Geogr. Bl. 1878. Seemann, Voyage of the Herald (westl. Eskimoland) 1852. Richardson, Arctic searching Exped., 1851. Greely, Three years of Arctic service, App. (Grinnell-Land-Flora) 1886.
Grönland, Islands Flora, 1881; Karakteristik af Plantevaexten paa Island, Kopenh. 1884. Strömfelt, Islands Phanerogamae in Oefv. Vetensk. Akad. Stockholm 1885. Klinggräff, Zur Pflanzen - geographie des nördlichen und arktischen Europas, 2. Aufl. 1878.
Die auf unserer Hauptkarte mit polarem Klima von 12 Monaten unter 10°C. Temperaturmittel bezeichneten Inseln und Nordküsten der beiden grossen Kontinental - massen, dazu die sich unmittelbar an diese Küstengebiete südwärts anschliessenden Hochgebirge: die Fjeldregion der skandinavischen Alpen, im nördlichen Ural, Stanowoi - gebirge und in den nördlichen Rocky Mts., bilden das arktische Florengebiet innerhalb der nördlichen gla - cialen Vegetationszone. Sein systematischer Charakter erstreckt sich allerdings auch noch in das nördliche Waldgebiet zumal im Bereich der Lärchen - und Weiss - birkenwälder hinein und greift mit seinen letzten Ausläufern weit südwärts auf die Hochgebirge aus, wo er sich im Vor -351Tundren und Fjorde.kommen gewisser, als echt arktischen Ursprungs anzu - erkennender Arten zeigt.
Bei der geographischen Abrundung, welche die einzelnen Besprechungen hier erhalten sollen, werden aber die genannten Gebirge bei ihrem Waldgebietsanschluss aufgeführt.
Es ist dies die einzige, rings um die Erde in hohen Breiten laufende und mit charakteristischen Beständen ausgezeichnete Vegetationszone (die arktische Glacial - und Tundrazone, siehe oben S. 83), welche in ähnlichen Grenzen ein einheitlich-natürliches Florengebiet bildet, nach meiner Anschauung ein dem gesamten nordischen Floren - reich untergeordnetes Gebiet. Denn was Grisebach an Endemismen aufführt, um diese arktischen Länder im Range eines ebenbürtigen Entwickelungscentrums erschei - nen zu lassen, ist zu gering; durch die Eiszeit ist ihr endemischer Reichtum verloren gegangen und hat sich den nördlichen Waldgebieten mitgeteilt. Als Vegetations - zone aber sind diese Inseln und Eismeerküsten ausge - zeichnet durch vorherrschende Moos - und Flechten -, Matten - und Sumpfmoorformationen, denen sich aus teil - weise noch immergrünen Ericaceen bestehende Halbstrauch - Heiden und die arktischen Geröllfluren mit ihrer kargen gemischten Vegetation, zum Unterschied gegen südlichere Felsformationen aber mit Ausschluss der einjährigen Ge - wächse, anschliessen.
Geographisch scheidet sich das arktische Gebiet nach zwei sehr verschiedenen Unterlagen: während einerseits wellige Flachländer, welche entweder niemals Verglet - scherung getragen haben, wie Sibirien von der Samoje - denhalbinsel an bis zur Westgrenze der Tschuktschen - Halbinsel und ein Teil des nördlichen Alaskas, oder welche zur Eiszeit von der mächtigen nordischen Vergletsche - rung ergriffen waren, wie das arktische Europa, Kanada, die Hauptmasse Alaskas und die Tschuktschenhalbinsel, zur Bildung der Tundraflächen, d. h. der zusammen - hängenden Moos - und Flechtenbestände mit eingestreuten Blütenpflanzen, Veranlassung geben, türmen sich anderer - seits in Grönland, Island, Spitzbergen, Nordskandinavien, Nowaja Semlja, Südalaska, Baffinsland und Grinnellland3521. Arktische Inseln und Eismeerküsten.mächtige Gebirge mit starrenden Gletschern empor, machen durch Binnengletscher das innere Land bis auf wenige Pünktchen der Vegetation unzugänglich, und geben zu Besiedelungen auf Moränenwällen, an den eisfreien Fels - zacken, auf niederen Bergen, welche alljährlich ihr Schnee - gewand verlieren und durch ihr Schmelzwasser Sümpfe füllen oder rauschende Bäche bilden, und besonders auf kleineren Oasen von Jahrhunderte alten Humusanhäufun - gen Veranlassung; diese letzteren Standorte fasse ich im Gegensatz zu den Tundren unter dem Namen der Fjord - region einheitlich zusammen.
Die Formationen, die Grenzen der einzelnen Arten und deren biologisches Verhalten in Bezug auf die Sicher - heit der Fruchtreife (— denn in Spitzbergen reifen nach Nathorst beispielsweise nur 75 Prozent der Flora-Früchte, viele Arten sind bisher ohne Blüten gefunden worden und erhalten sich also rein vegetativ —) richten sich nach den herrschenden Temperaturen, welche überall niedrig und lange anhaltend vegetationsfeindlich sind. Die 0° Jahresisotherme wird nur im südlichen und süd - östlichen Grönland, sowie in ganz Island überschritten und bis auf 2°, bezw. 4°C. erhöht: dies gibt für die genannten Distrikte Veranlassung zum Auftreten der Bir - kenregion und den innigeren Anschluss an die benach - barten Kontinente, indem ein wärmerer Sommer hier folgt.
Unter begünstigter Lage ist durch die anhaltende Insolation auch im hohen Norden das Auftreten trockener Formationen, in denen immergrüne Ericaceen den Hauptplatz einnehmen, ermög - licht. Vergl. das oben, S. 20, von Warming darüber Angeführte. Die Ericaceen sind oben, S. 193, genannt.
Die kältesten Gebiete, in denen gleichwohl die Ve - getation nicht fehlt und z. B. in Grinnellland überraschend üppig, ausreichend zur Ernährung von Moschusochsen - herden gefunden worden ist, haben Jahresmittel unter — 16°C., und dieselben greifen in Sibirien vom Taimyr - lande aus bis in das nördliche Waldgebiet ein (vergl. oben S. 24 — 25). Die winterlichen Kältegrade, welche von der Vegetation ertragen werden, sind aus allen Ueber - winterungsberichten im hohen Norden bekannt und er -353Frostschutz. Vegetationsdauer. Charaktergattungen.regen die Bewunderung hinsichtlich der pflanzlichen Ac - climatisationsfähigkeit. Durch Kjellman ist bekannt geworden (siehe das oben, S. 26, darüber mit Anführung der Litteratur Gesagte), dass der für die Pflanzendecke vermutete Schutz für das unterirdische Ausdauern durch übergehäufte starke Schneedecke mehr auf Meinungen als Gründen beruhe, da grosse pflanzenbewachsene Flächen in den Polargegenden überhaupt keine winterliche Schnee - decke haben; der Schutz liegt also in der inneren Orga - nisation, in der Anpassung. Die sommerlichen Tempe - raturen reichen für das Julimittel von kaum 2°C. (Franz Josephsland) und 4°C. (Spitzbergen, Kap Tscheljuskin, Grönland unter 75° N., Prinz Albertland) bis zu der auf unserer Karte als südlicher Grenzlinie entworfenen Juli - isotherme von 10°C.
Daraus ergibt sich, dass fast überall im arktischen Florengebiet der Juni als „ Frühlingsmonat “den Beginn der Vegetation, der Juli ihren Höhepunkt, der August ihren Abschluss mit der Ausreifung der langsamer trei - benden Blütenpflanzen und der Anlage der Winterknospen für das nächste Jahr bezeichnet.
Zusammenstellung einiger Datumangaben für den Beginn der Vegetation nach dem Oeffnen der ersten Blüte: Taimyrland 73¾° N. 30. Juni, 74¾° N. 5. Juli (Middendorff, spätester bis jetzt bekannt gewordener Termin für den Frühlingseinzug! Schluss der Vegetation durch Schnee und Fröste nach 59, bezw. 62 Tagen). Dudino an der Baumgrenze 28. Juli. Insel Llajow 73½° N. 19. Juni erste Spuren von Treiben, 24. Juni erste Blüte. Ostgrönland, Sa - bineinsel 5. Juni. Westgrönland, Polarisbai 7. Juni. Westl. Spitz - bergen 11. Juni. — Der Frühjahrseinzug hängt durchaus nicht von der geographischen Breite ab, ja nach Warmings Zusammen - stellungen hat es den Anschein, als ob in Grönland der Frühling zwischen 68° und 70° N. am spätesten, dagegen sowohl weiter südlich als weiter nördlich nicht später, sondern vielleicht etwas früher einträte (siehe Litteraturber. in Geogr. Mitteilgn. 1888 Nr. 480).
Die Flora dieses circumpolaren Gebietes setzt sich überall aus gewissen tonangebenden Gattungen von Stau - den und Gräsern im weitesten Sinne zusammen, zu denen die Ericaceen und Salicineen kriechende, niederliegende, immergrüne oder sommergrüne Halbsträucher, die Betula -Drude, Pflanzengeographie. 233541. Arktische Inseln und Eismeerküsten.ceen sommergrüne Sträucher von halbstrauchartig-niederem Wuchs liefern. Als hauptsächliche Charaktergattungen sind zu nennen: Salix, Ranunculus, Draba, Alsine und Verw., Pedicularis, Potentilla und Saxifraga von Diko - tylen, Carex, Juncus und Luzula, Eriophorum von Mono - kotylen mit grösserem Artreichtum.
Von Arten, welche dem arktischen Gebiete bei dessen geringerem Pflanzenbestande, zumal in den Blumenmatten, einen fast nie fehlenden Charakter verleihen, sind Dryas octopetala und Saxifraga oppositifolia, Braya alpina und Papaver nudicaule (welcher z. B. noch an der Lady Frank - lin-Bai in Grinnellland ausgedehnte Blütenfelder bildet), Lychnis apetala und Diapensia lapponica zuerst zu nen - nen, von Heidegesträuchen Cassiope tetragona, von Sumpf - wiesenpflanzen Pedicularis sudetica, und die Zwergbirke Betula nana. Unter den rein arktischen Gräsern ist Phippsia algida am weitesten allgemein weit nach Nor - den verbreitet.
An endemischen Arten ist die arktische Flora, je nach - dem man ihr geographisches Ländergebiet weiter oder enger stellt, reicher oder ärmlich; betrachtet man z. B. die Standorte von Diapensia lapponica in Skandinavien, dem Ural, den White Mts. in Nordamerika etc. als Aus - strahlungen des arktischen Gebietes, in welche sich aber schon zahlreiche andere Florengenossenschaften alpinen Charakters mischen, so zählt diese Art mit zu den En - demismen, und in diesem Sinne gibt es viele. Sonst viel weniger, und diese wenigen Arten sind dann auf kleinere Distrikte des arktischen Gebietes zumeist beschränkt.
So sind charakteristisch für das westliche arktische Amerika, und hier in der Mehrzahl durch die oben angeführte Expedition des „ Herald “, entdeckt, Braya pilosa, Parrya arenicola, Saxifraga Richardsoni, Nardosmia glacialis, Artemisia androsacea, Saussurea subsinuata und Salix glacialis.
Grönland besitzt 15 Arten eigentümlich, welche aber alle zu sonst viel weiter verbreiteten Formen in engster Verwandtschaft gehören und daher jüngeren Entwickelungsalters sind. Aehnlich die Weiden Nowaja Semljas.
Der Gesamtreichtum an Arten lässt sich nach folgen - dem beurteilen: Middendoff sammelte im Taimyrlande355Statistik. Florenbezirke.124 Arten von Blütenpflanzen; durch die Vegaexpedition ist die Gesamtzahl der an Sibiriens Nordküste gefunde - nen Arten auf 160 gestiegen. Die Melvilleinsel zählt über 60, Spitzbergen 122, Nowaja Semlja 193 Arten von Ge - fässpflanzen. Für Grönland gab Warming eine zonal angeordnete statistische Tabelle: Südspitze bis 62° N.: 285 Arten, 62° — 64°: 176, 64° — 67°: 264, 67° — 71°: 252, 71° — 73°: 141, 73° — 76°: 95, 76° — 83°: 88 Arten von der Gesamtzahl an 386 Gefässpflanzen. Der Art - reichtum nimmt also in einer schon südlich vom Polar - kreise gelegenen Zone plötzlich ab, um dann in rein arktischen Breiten wieder zu steigen und nunmehr gen Norden langsam abzufallen.
Trotz der circumpolaren Areale so vieler charakte - ristischer Arten wäre es verfehlt, zu glauben, dass das Artgemisch an allen Orten in den entsprechenden For - mationen dasselbe wäre; es machen sich im Gegenteil die kontinentalen Verschiedenheiten auch noch im arkti - schen Gebiet als kleinere Gruppenbildungen bemerkbar, die sich stets durch besondere (west - und ostamerikanische, sibirische, skandinavische) Artgenossenschaften auszeich - nen. Hier bestimmte Grenzen zu ziehen, ist recht schwierig, aber folgende Hauptgruppen für eine ehemalige selbstän - digere Florenentwickelung, die dann ihre meisten Er - zeugnisse ausgetauscht haben, scheinen sich mit Recht unterscheiden zu lassen: 1. ein nordsibirischer (Tai - myrland -) Bezirk, 2. ein Beringsmeerbezirk von der Kolyma durch das Tschuktschenland über Westalaska, welcher zwischen der Barrowspitze und der Mackenzie - mündung aufhört; 3. ein nordkanadischer Bezirk von da bis Labrador; 4. ein Grönlandbezirk, dem auch Grin - nellland und die Inselgletscherflora bis zur Hudsonstrasse in der Hauptsache angehören, auch Island zugerechnet werden mag; 5. der Bezirk Nowaja Semlja-Spitz - bergen-Skandinavien, welchen ich mit Nathorst als einen natürlichen ansehe (vergl. G. J. X, S. 158). Hier - nach sind die Vegetationsregionen als einander ähn - lich, aber doch noch genugsam Verschiedenheiten kleinerer Art zeigend aufzufassen.
3561. Arktische Inseln und Eismeerküsten.1. In der nordsibirischen Tundraregion gibt Kjellman als häufigste Formation die Polytrichum-Moostundra an, welche auf trockenem festen Boden mit karger Vegetation den Geröllsand - boden nicht vollkommen schliesst. Eriophorum angustifolium, Scheuchzeri, vaginatum bilden mit Luzula hyperborea die Gras - bekleidung im Polytrichum, zwischen der hier und da Flecken von Dryas und Cassiope tetragona eingestreut sind. An den nassen Stellen wechselt damit die „ Laidy “, d. i. Moosmoor oder die Sphag - num-Tundra ab. Unendlich verschieden davon ist die blumenreiche Mattenformation an den Abhängen und Abstürzen: „ hier sind ganze Flächen mit lebhaftem Grün, mit Farben aller Art, bedeckt; hier prangt die Sieversia glacialis mit ihren üppigen hochgelben Blumen, die zierlichen Oxytropis - und Pedicularis-Arten, das Pole - monium humile, die frischen Farben der gelben, blauen und weissen Saxifragen, und alle in üppigem Wuchs “(Middendorff). Die grösste Dürftigkeit dagegen entwickelt die Flechtentundra - oder die „ Steinmark “- Formation, wo Flechten, Krustenflechten und Cladonien, Cetrarien, Umbilicarien etc. fast allein die Felsblöcke bedecken. Auch hier bilden die Sanddünen eine eigene Formation, ausgezeichnet durch Elymus mollis als geselliges Gras. Die Vege - tation am Kap Tscheljuskin ist von Kjellman anschaulich geschil - dert (siehe Geogr. Mittlgn. 1881, S. 398) und dadurch von Interesse, dass sie den nördlichsten Anteil einer Kontinentalflora bildet; 23 Arten Blütenpflanzen wachsen hier dicht beisammen in einem durch Sprünge in kahle Sechsecke zerlegten Erdreich oder in ge - mischter Moos -, Flechten - und Grasmatte; Eritrichium villosum, eine Boraginee, bildet als Charakterpflanze des ganzen Land - distriktes von Nowaja Semlja bis zum Tschuktschen-Land hier Vergissmeinnicht-ähnliche blaue Polster; fast alle Phanerogamen zeigen den Wuchs in äusserst dichten, halbkugeligen Polstern, 7 Saxifragen befinden sich darunter.
2. Die verhältnismäßig wenig bekannte Berings - meer-Tundraregion unterscheidet sich nicht unwesent - lich in ihrem Artbestande. Von 221 Blütenpflanzen, welche auf der asiatischen Seite bisher bekannt geworden sind, finden sich gemäß Kjellmans Untersuchungen 53 Ar - ten nur östlich der Kolyma, und K. betrachtet dieselben teils als im Tschuktschenlande selbst entstanden, teils aus Amerika oder endlich aus den Baikalgebirgen her eingewandert.
Zu den gemeinsten Pflanzen gehört auch hier Eriophorum vaginatum, aber Ranunculus Chamissonis, Cineraria frigida, Primula Tschuktschorum und nivalis, Claytonia acutifolia geben sehr wohl charakterisierte Beigemische der entsprechenden westsibirischen Formationen, dazu im Rhododendron kamtschaticum ein lokaler Genosse zu dem weiter im hohen Norden verbreiteten Rh. lapponi -357Sibirische, Beringsmeer -, kanadische Tundra.cum. — Während die ganze Tschuktschen-Halbinsel waldlos zu sein scheint, reicht die Waldgrenze in Alaska ein gutes Stück über den Beringssund hinaus und schon etliche Kilometer landeinwärts vom Kap Prince of Wales trifft man ellenhohe Gebüsche; hier also sind die arktischen Formationen eingeschränkter. Doch macht das ganze Land vom Nortonsunde bis zum Point Barrow nach Seemanns in der Heraldexpedition gemachten Wahrnehmungen den Eindruck eines wüsten Moorlandes, mit Lagunen und Sümpfen, in denen Eriophorum capitatum einzelne Rasen bildet, die Haupt - formationen wiederum aus Flechten und Moosen bestehen. Bis zum Polarkreise gehen (mit der Picea alba) reichliche Gebüsche von Salix speciosa und Alnus viridis, noch weiter nach Norden (bis Kap Lisburne) gehen Salix Richardsoni, villosa. Die Matten - formation an Abhängen hat wiederum die reizendsten Blütenflecke; „ Kap Lisburne gleicht einem Garten “; hier sind die Charakter - stauden Sieversia glacialis, Claytonia sarmentosa, Myosotis alpina, 18 Arten von Saxifraga und 4 Anemonen, Artemisia borealis, A. androsacea und glomerata. Die Wurzelstöcke von Polygonum Bistorta und Rumex domesticus dienen den Eingeborenen zur Nahrung.
3. Die kanadische Tundraregion unterscheidet sich nach den noch immer als Quelle dienenden Auf - zeichnungen Richardsons von der sibirischen Tundra in dem Ersatz der Moosformation durch zusammenhängende Flechtenbestände.
Diese Lichenentundra besteht aus aufrecht wachsenden, das Erdreich zusammenhängend bedeckenden Arten, besonders Cetraria islandica und cucullata, Cornicularia tristis, divergens, ochroleuca und pubescens, und mischen sich stellenweise mit den Ericaceen - Halbsträuchern, welche das Lichenengezweig kaum überragen (Rhododendron lapponicum, Ledum, Kalmia!, Arctostaphylos, Cas - siope tetragona: alle immergrün, Vaccinium uliginosum sommer - grün, Weiden). Grasfluren werden von Riedgräsern, Dünenfluren wiederum vom Elymus mollis an der Seeküste gebildet; die Matten - formation entwickelt an den feuchteren Hügelgehängen ihren be - kannten Blumenreichtum, in welchem die Primel Dodecatheon charakteristisch ist; an den Flussufern bildet Salix speciosa hohe Gebüschformationen. Viel dürftiger sind die hocharktischen For - mationen auf den Parryinseln; hier stellte R. Brown für die Mel - villeinsel unter 67 Blütenpflanzen das Verhältnis von Monokotylen zu Dikotylen als 2: 5 (durch Vorwiegen der Gräser) als charakte - ristisch für die höchsten Breiten fest.
4. Der grönländische Bezirk ist der am vielseitig - sten untersuchte. Es ist zweckmässig, die hier und an den benachbarten Küsten ausgebreiteten Fjeldregionen in hoch - und niederarktische einzuteilen, von denen natur -3581. Arktische Inseln und Eismeerküsten.gemäß die erstere die artenarme ist. Als Grenze beider mag man die auch sonst interessante nördliche Vegeta - tionslinie von Linnaea borealis annehmen, welche im westlichen Grönland den Polarkreis kaum überschreitet und von da unter Ausschluss von Island und Spitzbergen zum Varanger Fjord und Ural geht, westwärts das ark - tische Kanada ebenfalls um den Polarkreis herum durch - schneidet. Sonach gliedert sich Grönland und die an - schliessenden Inseln in eine hocharktische und eine niederarktische Fjord -, sowie in eine südliche, auch auf Island ausgedehnte Birken-Vegetationsregion, deren Artenzahlen schon oben mitgeteilt wurden.
In der niederarktischen Region spielt die Weidengebüsch - formation (Salix glauca!, dazu im Süden auch Alnus ovata) eine wichtige Rolle; sonst nehmen in beiden Florenregionen die Heide - formationen mit Dryas, die öden Felsflechtenformationen (Gyro - phora!) und ein von Warming als „ Fjeldformation “bezeichnetes Gemisch von wenig Flechten, Moosen und einzelnen Stauden auf nassem oder trockenerem Geschiebeboden nebst Wiesenmooren und Moosmooren die Hauptmasse der der Vegetation zwischen Binnen - eis und Strand gewährten Plätze ein. Zusammenhängende Teppiche von Strauchlichenen finden sich in Anklängen an die Flechtentun - dren der Alten Welt nur spärlich auf einzelnen Inseln und im äussersten Küstensaum. Der sandige Strand wird hier hauptsäch - lich von Elymus arenarius bevölkert. Den erstgenannten Gebüschen schliessen sich, von Süden bis gegen 70° N. hinaufreichend, auch noch Matten mit Hochstauden an, unter denen Archangelica offi - cinalis besonders in den südlicheren Gegenden allgemein und üppig ist, mit Hieracien, Orchideen etc. vergesellschaftet (vergl. G. J., Bd. XIII, S. 316).
In hohen Breiten übt die Meereshöhe einen im Vergleich mit anderen Ländern merkwürdig geringen Einfluss aus; Moosmoore sollen nach Warming unter 70° N. noch 600 bis gegen 1000 m hoch auf die Berge hinaufsteigen; Greely fand viele der Grinnell - landpflanzen 500 — 600 m hoch in den Bergen, und der Frühling zog auch hier verhältnismäßig früh ein.
Vermittelnd zwischen der arktisch-grönländischen, arktisch-nordeuropäischen und zwischen der mitteleuropäi - schen („ baltischen “) Flora tritt diese Insel auf. Man hat sich darüber gestritten, ob man Island zu der arkti - schen oder nordeuropäischen Flora rechnen solle, während359Grönland. Island.sie doch zu beiden gehört und die geographische Lage südlich vom Polarkreise an sich nichts entscheidet. Nach der Isothermenkarte von Europa im physikalischen Atlas (Nr. 30) streift die Januarisotherme 0° die Südküste von Island, und die Winter sind also milde; warm aber wird es spät, denn die Isotherme von 9°C. liegt am 15. Juni noch beträchtlich südlich der Insel im Meere und er - reicht die Insel erst gleichzeitig mit niederarktischen Gebieten; die Juliisotherme 10° verbindet Südisland mit dem Nordkap (vergl. beifolgende Karte von Europa); nach Supans Temperaturdauerkarten (Geogr. Mitteilungen 1887, Taf. 10) verhält sich Island ausser an der West - und Südwestküste wie Kola, und auch die Küstenstriche ungünstiger als die genannte Halbinsel in Hinsicht auf Dauer der warmen Tage. Demgemäß besteht in den niederen Küstenstrichen die Gesamtzahl an Gefässpflanzen fast zu ¾ aus Arten der nord - und mitteleuropäischen Ebenen, das Hochland dagegen und die Nordküste zeigen mindestens ⅔ arktische, zum Teil hocharktische Arten, von denen nur wenige in Skandinavien fehlen. Die mil - den Gegenden gehören zur nordeuropäischen Birkenregion von Betula pubescens, var. carpatica. und zwar haben die Birkenbestände früher unzweifelhaft eine grössere Aus - dehnung gehabt, als jetzt. Interessante Mitteilungen dar - über macht Schübeler (Litt. s. unter Skandinavien); er hält das Klima Islands selbst für Espe und vielleicht auch Weisserle für genügend, was vielleicht doch noch zweifelhaft erscheint. Es sind aber nicht nur vor jetzt fast 1000 Jahren starke Birkenwaldungen gefällt und ihr Holz zu Häuser - und Schiffsbau benutzt, sondern einzelne höhere Bäume haben sich bis Mitte vorigen Jahrhunderts gehalten (einer von 67 Jahren Alter unter 63° 40′ N. Höhe von 12½ m); Preyer und Zirkel fanden im Jahre 1860 im Fnioskaathal einen Bestand mit 4½ bis 6½ m hohen Stämmen und zahlreiche Stümpfe ge - fällter Bäume von 1½ Fuss Durchmesser.
5. Die skandinavische Fjeld - und Fjordregion ist in Spitzbergen und Nowaja Semlja hocharktisch. Auf Westspitzbergen in der Mitte der Westküste ist die Haupt -3602. Nord - und Mitteleuropa.masse der Flora der ersteren Inselgruppe vereinigt, deren Formationen Nathorst als Strandformation (8 Arten, darunter 4 Carex!), Sumpf - und die Abhänge bedeckende Mattenformation unterscheidet.
Im Grasmoor (14 Arten) waltet Eriophorum Scheuchzeri vor, 3 Gräser, 2 Carex, 1 Juncus; die Matten sind blau und rot von dichten Polstern des Polemonium pulchellum und der Saxifraga oppositifolia. Es fehlt als eigene Formation die der Heiden: nur 2 Arten (Cassiope tetragona und hypnoides) sind von Ericaceen auf Spitzbergen gefunden, und auf Nowaja Semlja wiederum nur 2, nämlich Vaccinium Vitis idaea und uliginosum. Auf beiden Inselgruppen reifen nur verhältnismäßig wenige Arten Früchte, was von Nowaja Semlja schon Bär festgestellt und für seine An - schauung der dortigen Florenentwickelung benutzt hatte. Von 193 Arten daselbst sind 103 gleichzeitig auf Spitzbergen, die übrigen bieten Anschluss an das arktische Russland, wo gerade wie auf Nowaja Semlja die Tundraformation die Hauptmasse der Pflanzenbestände einnimmt. Die Tundra bedeckt dann auch noch die nordöstliche Hälfte der Halbinsel Kola, dann wird sie vom Nordkap bis Dovrefjeld von der niederarktisch-skandinavischen Fjeldregion abgelöst, welche zu Nordeuropa überleitet.
Kulturpflanzen besitzt die arktische Zone nicht mehr, und keine Nutzpflanze im wahren Sinne des Wortes ist ihr entsprungen. Nur die Herden weidender Tiere bezeugen die immerhin nicht geringe Produktionsfähigkeit, und einige der geselligen Pflanzen sind auch als Gemüse oder Zusätze zu anderen Speisen für den Menschen von Wert. So das Scharbockskraut (Cochlearia) und Ampfer, Wurzeln von Archangelica, Beeren der Vaccinien und von Empetrum nigrum, gekochte Renntierflechte (Cetraria islandica) und die als Tripe de Roche bekannten Gyro - phoren des arktischen Kanadas. Mit äusserster Mühe ist Gartenkultur für einige schnellwüchsige Gemüse noch in den dänischen Kolonien Grönlands möglich. Inwie - weit die Isländer die einheimische Flora auszunutzen gelernt haben, schildert Ratzel (Anthropogeographie S. 357).
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Das hier unter 8 Vegetationsregionen zusammenzu - fassende Ländergebiet stellt die Hauptmasse des europäi - schen Kontinents dar und erstreckt sich von der an Nord - sibirien und Nowaja Semlja anschliessenden Samojeden - tundra durch Skandinavien, Grossbritannien und Frankreich bis zum Nordteil der iberischen Halbinsel einerseits, an - dererseits durch Nord - und Mittelrussland in der Linie Kasan-Kursk-Kiew zum Pruth (ungefähr der auf der beigefügten Karte eingetragenen Südostgrenze der Kiefer entsprechend) und weiterhin zu den Balkanländern bis über den 42° N. südwärts hinaus, Deutschland und Oester - reich bis zu den Südgehängen der Alpen und ihrer süd - östlichen Gebirgsanschlüsse völlig mitumfassend. Weite Niederungen und Tafelländer werden dabei mit Hügel - landschaften und hoch aufgetürmten wilden Hochgebirgen verbunden, von denen die skandinavischen Alpen, die schottischen Hochlande und der nördliche Ural einen starken floristischen Anschluss an die arktische Flora haben und daher nicht mit endemischen Reichtümern an363Orographische Gliederung.Pflanzenformen ausgestattet sind; nach weiter Unter - brechung folgt dann der südliche, gegen die Mediterran - region abschliessende Gebirgsgürtel mit den Pyrenäen, der hohen Auvergne, dem gigantischen Alpenzuge und den Balkangebirgen, welche alle in einem gemeinsamen europäisch-alpinen Grundstock ihre eigenen Hochgebirgs - arten mehr oder weniger reich entwickelt haben; dasselbe gilt von den Karpaten, welche die Ostgrenzen der mittel - europäischen Flora gegen Pruth und Dnjestr flankieren, wäh - rend die zahlreichen Mittelgebirge nur an einem verschie - den gemischten Reichtum des erwähnten Grundstocks teil haben. Bei dieser orographischen Mannigfaltigkeit, bei der Erstreckung von 70° N. bis über den 42°. N. hinaus, und bei der zwischen den atlantischen Westküsten und dem binnenländischen Charakter, nördlich vom Schwarzen Meere herrschenden Verschiedenheit ist eine grosse klima - tische Mannigfaltigkeit, ein in sich Verschlingen zahlreicher Vegetationslinien von hoher Bedeutung, eine durch viel - faches Verschieben stellvertretender Formationen verur - sachte Abwechslung des Landschaftscharakters natürlich. Abgesehen von den glacialen Fjeld - und Hochgebirgsregio - nen ohne Baumwuchs ist aber der Waldbestand, gebildet aus immergrünen Nadelhölzern und sommergrünen Laub - hölzern, der vorherrschende; selten fehlen die Nadelholz - bäume oder sind (im Westen) einzelne Laubbäume immer - grün. Dazu gesellen sich reiche Wiesen, Wiesenmoore und Moosmoore, weit ausgedehnte, von Ericaceen meist zusammenhängend besiedelte Heiden, Gebüsche, und die bunten Matten wie Felsformationen im Berg - und Hügel - lande, von denen Abschn. 5 (S. 302, 319) handelte.
Unsere Karte mit Köppens Wärmegürteln zeigt die hier zusammengefassten europäischen Gebiete, von den arktisch-kalten Gebirgsausstrahlungen abgesehen, als ent - weder dem kalten Gürtel mit nur 1 — 4 gemäßigt warmen Monaten angehörig, oder als gemäßigt sommerkühl; wo die Temperatur an der Donau sich zum heissen Sommer erhebt, sind auch floristisch die Formationen des ponti - schen Steppengebietes als vorgeschobene Kontinentalaus - läufer angesiedelt. Einen weit genaueren Einblick in das3642. Nord - und Mitteleuropa.wirksame Klima verschaffen Supans Temperaturkarten von Europa (Geogr. Mitteilungen. 1887, Taf. 10; vergl. oben S. 77), aus denen zwei Linien der hier beigefügten Kartenskizze entlehnt sind. Die eine vom Ural über Perm nach Moskau und Lemberg laufende Linie zeigt den äussersten Grenzwert der heissen (d. h. über 20°C. konstanter Tagesmittel liegenden) Temperaturzone, südöst - lich von welcher in 1½ bis 5 Breitengraden Differenz die Linie verläuft, unter welcher die heissen Tage schon einen vollen Monat im Jahresmittel einnehmen. Die zweite, vom nördlichen Ural über Archangel nach Haparanda und im Bogen durch Skandinavien nach den Faröern laufende Linie ist der Grenzwert kraftvoller Waldvegeta - tion, da nördlich von dieser Linie die warme (d. h. wenig - stens 10°C. konstanter Tagesmittel betragende) Jahres - zeit unter den Betrag von 3 Monaten sinkt. Trotzdem schiebt sich der Wald lückenhaft noch viel weiter nord - wärts, sowohl mit Birken, als Kiefern und Fichten, und nimmt nördlich von Mesen, im Südteil der Halbinsel Kola und in Lappland der angeführten Karte zufolge mit oft weniger als 2 Monaten warmer Tagesmittel fürlieb. Es sind auch noch die Januarisothermen für 0°C. nach Hann hinzugefügt, um die Milde des atlantischen, und die Schroffheit des im Nordosten anhebenden Winters zu charakterisieren. Ausserdem sind der Karte Vegetations - linien von 3 Bäumen eingefügt.
Der ganze Länderkomplex gehört zur ersten und zweiten Abteilung der zweiten Vegetationszone (S. 83 bis 85) und trägt den oben allgemein geschilderten Charak - ter des „ Nordischen Florenreiches “wohl ausgeprägt in sich; seine Wälder setzen sich also aus den oben ge - nannten wenigen Familien zusammen. Von dem arkti - schen Gebiete abgesehen, welches in Skandinavien und im Ural ausläuft, bilden diese Länder aber ein wohlum - schriebenes eigenes Florengebiet, das „ mitteleuro - päische “, welches einerseits seinen Charakter in den betreffenden herrschenden Arten (und Unterarten) der circumpolar-gemeinsamen Stammgattungen von Pinus, Abies, Picea, Betula, Quercus, Fagus etc. nimmt, anderer -
365Klima. Systemcharakter. Florenscheiden.seits denselben als „ europäisch “darin entwickelungsge - schichtlich ausprägt, dass zahlreiche Sippen von innigster Verwandtschaft mit den südwärts angrenzenden mediter - ranen Gebieten sich zwischen die arktisch-boreale Haupt - flora drängen, welche weder in Sibirien und Ostasien, noch im britischen Kolumbien und Kanada zu treffen sind. Von der arktischen Flora im Norden führt uns also das Gebiet durch den borealen Birken - und Nadelholzgürtel hinüber zu einer mediterran-borealen Mischlingsflora, welche am reichsten im Südwesten und Südosten des Florenge - bietes entwickelt ist, während die hohe Mauer der Alpen in der Hauptsache ihren montan-borealen Florencharakter ausgeprägt hat, um am Südgehänge dann um so unver - mittelter die ganz verschiedenen mediterranen Sippen zu bewahren. Ihre alpinen Formationen aber sind aufzu - fassen als eigene Entwickelung einer ursprünglich eben - falls mediterranen Hochgebirgsflora, vermehrt um die europäischen Alpenformen des gemeinsamen borealen Grundstocks, und durchdrungen von nicht wenigen, ur - sprünglich dem höheren Norden als Heimat zugehörigen arktischen Inquilinen.
Die Meinung, welche in das Wort „ arktisch-alpine Flora “den Sinn einer wirklich gleichartigen Florenentwickelung in den Alpen und im hohen Norden legt, und nicht nur die Gleichförmig - keit der Erscheinungsweise, sowie die häufige Schwierigkeit oder Unmöglichkeit, die eigentliche Heimat für jede Art herauszufinden, damit ausdrücken will, ist als längst überwunden anzusehen. Vergleiche auch darüber Kerners hübschen Aufsatz über die Flora der Diluvialzeit in den Ostalpen (G. J., XIII, 326). Ein ausführ - lich in geographischer Tabelle erörtertes Beispiel habe ich in den „ Florenreichen “S. 49 gegeben.
In zwei ähnlichen[und] sich auf das mannigfal - tigste durchsetzenden Florenelementen ist daher der Cha - rakter Nord - und Mitteleuropas am meisten ausgeprägt: in dem baltischen und in dem alpinen Bestandteil. Unter ersterem verstehe ich die im mittleren und südlichen Skandinavien und über die uralisch-baltischen Höhen - rücken, sowie über Grossbritannien und in der Jetztzeit über die deutsche Niederung ausgebreitet vorherrschen - den Pflanzenarten mit vielen an die Küsten gebundenen3662. Nord - und Mitteleuropa.Standorten, unter letzterem (im Gegensatz zu Kerners weiter gefassten Namen) die in allen Regionen der Alpen, in dem vorgelagerten Berg - und Hügellande mit - samt den Karpaten und dem französischen Berglande, auch in dem Hauptzuge der Pyrenäen zur Entwickelung gelangten Arten, von denen die der alpinen Hochgebirgs - region aus natürlichen Gründen die meisten erhalten ge - bliebenen Endemismen geliefert haben.
Das alpine Element erhält Ergänzungen neuer Art sowohl im Westen als im Osten; im Westen sind aus der atlantisch-südeuropäischen Flora zahlreiche Bürger von alters her sitzen geblieben oder sind nach dem Schluss der Eiszeit zurückgewandert; im Osten, d. h. in den auf der Balkanhalbinsel zusammenstossenden Grenzgebieten der östlichen Mittelmeerflora, der pontischen Steppenflora und der mitteleuropäischen Bergflora, sind, von den Kar - paten anfangend, die meisten eigentümlichen Formen ausserhalb der Alpenkette entwickelt worden. Um das europäische Florenbild zu verstehen, muss man nun noch mit der während der Eiszeit stattgehabten Invasion der arktischen Bürger vom Norden her aus dem uralischen Gebiet, Skandinavien und den schottischen Hochlanden rechnen, mit dem Uebergriff der sibirischen Waldflora in das Quellgebiet der Petschora, Dwina und Kama, dann mit der Ausdehnung der pontischen Steppenflora auf die geeigneten Standorte westwärts, welche endlich in der Ebene den atlantischen Arten begegnen können; hiernach sind die „ Florenbezirke “in der „ Anleitung zur deutschen Landes - und Volksforschung “(S. 207) charakterisiert.
Der Zug der den Atlantischen Ozean begleitenden Pflanzen ist besonders von Roth eingehend wissenschaftlich begründet; die Mischung der Arten im nordöstlichen Deutschland besonders an - regend von Loew behandelt. — Welche Gründe ich gegen die An - nahme habe, dass die Eiszeit im südlichen Skandinavien und bis in das Herz von Deutschland hinein vegetationslose Einöden ge - schaffen und hinterlassen habe, ist in den Geographischen Mit - teilungen 1889, S. 282 besprochen.
Hiernach sind auch die wichtigen Vegetationslinien aufzufassen, welche das mitteleuropäische Florengebiet durchsetzen und in wohl gegliederte Abschnitte zerlegen,367Vegetationslinien von Charakterarten.von denen eine grössere Zahl auf der Florenkarte von Europa (Physik. Atlas Nr. 47) dargestellt ist, und die in jüngerer Zeit für Osteuropa noch durch Köppen neue Verbesserungen erhalten haben. Die hier vorliegende kleine Kartenskizze Nr. 3 zeigt von denselben nur das nordöstliche Wohngebiet der sibirischen Tanne, sowie die Nord - und Südostgrenze des am weitesten verbreiteten europäischen Waldbaumes, der Kiefer. Fichte und Birke enden mit der Kiefer in Kola und am Nordkap. Die Eiche ist fast in ganz Grossbritannien, in Skandinavien südlich von 61° N. und in Russland südlich von 59° N. bis 57° N. (am Ural) zu Hause. Die Buche ist in der südlichen Hälfte Grossbritanniens heimisch, berührt Nor - wegen, durchschneidet mit südöstlicher Grenzlinie das südöstliche Schweden, Ostpreussen südlich von Königs - berg, zieht sich im Ostgehänge der Karpaten nach Süden, lässt die Walachei offen und besiedelt Balkan, Rhodopegebirge, Südkrim und Kaukasus. Alle diese ge - nannten Hauptwaldbäume sind der baltischen und Alpen - flora gemeinsam; letzterer allein aber gehört die mittel - europäische Edeltanne.
Alle diese Bäume erreichen ihre äussersten Süd - grenzen in den südeuropäischen (mediterranen) Hoch - gebirgen und teilweise im Kaukasus, nachdem sie aber alle das grosse südrussische Steppengebiet noch in wei - terem Bogen, als die südöstliche Vegetationslinie der Kiefer anzeigt, umgangen haben. — Von ähnlichen Cha - rakterarten Mitteleuropas sind die Ericaceae-Ericinae aus dem Grunde zu nennen, weil die echten Eriken eben eine Gemeinsamkeit der Mediterran - und mitteleuropäischen Flora sind, aber in Sibirien, China-Japan und in Nord - amerika fehlen.
Solche Charakterart ist also in erster Linie die gewöhnliche Heide Calluna vulgaris. Sie bildet sowohl im Gebirge als in der Ebene, zumal im Gebiet des Atlantischen Ozeans, weite zusammen - hängende Bestände sowohl auf trockenem Erdreich (Heideformation) als auf Moorboden (gesträuchführende Moosmoorformation), oft mit Vaccinium und anderen Erica-Arten, darunter E. Tetralix charakteristisch für die atlantische Flora, gemischt. In den nörd - lichen Alpen steigt Calluna bis gegen 2000 m, bedeckt die höchsten3682. Nord - und Mitteleuropa.Kuppen der mitteldeutschen Gebirge oft (z. B. am Brocken) noch zahlreich, geht bis Kola und Samojedenland und endet am Ost - hange des Ural in Sibirien. Einige sporadische Fundstellen an der atlantischen Küste von Nordamerika sind als pflanzengeo - graphische Verschlagungen zu betrachten. Südwärts geht sie in den Gebirgsländern der mediterranen Halbinseln westwärts bis zu den Azoren (2000 m hoch).
Unter den Stauden sind von solchen Gattungen, welche das mitteleuropäische Gebiet mit denen des süd - lichen und südöstlichen Europas verbinden, besonders die zahlreich vertretenen Arten von Genista, Centaurea, Dian - thus, Silene zu nennen; die Zahl der Gattungen, welche z. B. die Flora von Mitteldeutschland besitzt, ohne dass dieselben auch in Sibirien und Kanada zu Hause wären, ist nicht unbeträchtlich neben den vielen gemeinsam - borealen Sippen, unter denen die Heidelbeersträucher die gemeinsten unter den formationsbildenden Gesträuchen sind.
Obgleich Mittel - und Nordeuropa bis zur Waldgrenze hin mit mehr oder weniger gutem Erfolge der Kultur seit lange unterthan gemacht sind, so haben sie doch keiner Kulturpflanze von Wichtigkeit als Ausgangspunkt gedient. Wir kultivieren also so gut wie ausschliesslich eingeführte Gewächse in unserer Feldwirtschaft, benutzen aber die natürlichen Hilfsquellen ausschliesslich in den Wiesen - und Waldformationen.
Selbst die Pflanzenarten, welche gleichzeitig wild und kultiviert in Mitteleuropa sich finden, scheinen in ihren Kulturspielarten eingeführt, nicht aber an Ort und Stelle veredelt zu sein. So namentlich der Apfel - und Birnbaum, welche beide ein grosses Areal vom südlichen Russland her als wilde Pflanzen haben, und von denen allerdings auch das ursprüngliche Indigenat in Zweifel gezogen, der Kaukasus und Orient als wirkliches Ur - sprungsland angesehen worden ist. Es lässt sich that - sächlich nicht immer zwischen Zurückdrängen durch Kultur und Verwildern aus der Kultur entscheiden. In Russland läuft die Polargrenze des Birnbaums, sowohl kultiviert als wild, von der Düna mitten durch die Gu - bernien Witebsk und Smolensk, durch das nördliche Ka - luga und südliche Moskau, dann in südöstlicher Richtung369Kulturpflanzen.quer durch Tula und das südliche Tambow auf Saratow zu, wo sie abbricht; östlich der Wolga fehlt Pyrus com - munis, dagegen geht Pyrus Malus bis zur Mündung des Uralflusses (Köppen).
Der Norden des Gebietes schliesst den Weizen aus und kultiviert Roggen (das einzige Getreide, welches vielleicht im Südosten unserer Ländergruppe, an der Grenze gegen die mediterranen Steppen auf der Balkanhalbinsel, wirklich heimatberechtigt ist), Hafer und Gerste mit Kar - toffeln als Sommerfrüchte. Vom südlichen Skandinavien bis zum mittleren Deutschland folgt dann der günstigere Bezirk mit Weizen und Wintercerealien, und die Grenze gegen die Mediterranzone bildet der Bezirk mit Wein - kultur zum Keltern, hinaufreichend bis zur Loiremündung, Maas (50¾° N.), bis zum Mittelrhein bei Bonn, zur nördlichen Werra, zur Mittelelbe (Meissen) und sogar in die südlichste Mark (Senftenberg!), am Dnjestr bis Mo - hilew.
Die Polargrenze der Cerealien in Europa ist von Grisebach (V. d. E., I, 115 — 118) ausführlich besprochen und von Kirchhoff ergänzt (Geogr. Mittlgn. 1888, Monatsbericht S. 188). Für die Auf - fassung der Weingrenze ist maßgebend, wie weit einzelne vor - geschobene Oasen noch in die allgemeine Kulturgrenze hineinge - zogen werden; vergl. Kabsch, Pflanzenleben d. E. S. 582. — Viele Einzelheiten, für welche der Raum hier fehlt, siehe in F. Höck, Nährpflanzen Mitteleuropas, Forschungen z. deutsch. Landes - und Volkskunde Bd. V, Hft. 1 (1890).
Die Kulturfähigkeit kann in ihrer klimatischen Ab - hängigkeit am besten nach der Länge der Vegetations - periode beurteilt werden, welche Hoffmanns phänologische Karten darstellen. Etwa 50 Tage Zeitintervall verstreichen zwischen dem Einzuge des Frühlings im Gebiet des mitt - leren Rheins und der mittleren Donau, und dem nörd - lichen Skandinavien. Nach vielen Unregelmäßigkeiten im westlichen Europa zeigen die Linien gleicher Früh - lings-Einzugszeiten eine sehr regelmäßige Senkung von Nordwest nach Südost. Eine Linie von Kurland unter 56½° N. zum Knie der Wolga unter 49° N. bezeichnet diese Richtung.
Drude, Pflanzengeographie. 243702. Nord - und Mitteleuropa.Es bleibt nun noch übrig, die wesentlichsten Züge der einzelnen Landschaften herauszuheben, welche ich nach acht, teilweise in sich selbst wiederum in natür - liche Distrikte gegliederten Vegetationsregionen zu - sammenfasse:
1. Die skandinavische Fjeldregion besitzt ark - tisches Gepräge und umfasst den grössten Teil vom nörd - lichen Lappland, sowie die Gebirge mit ihren im Durch - schnitt über 900 m liegenden Alpenspitzen, vom Norden bis Dovrefjeld und den südlichen Hamar-Alpen. Innerhalb der lappländischen Waldregion erstrecken sich die Fjeld - formationen beträchtlich tief, z. B. vom Gipfel bis 450 m herab am Yllästunturi im oberen Torneaëlf-Gebiet, von wo nordwärts sich die obere Waldgrenze noch um 100 m senkt, um den arktischen Matten und Weidengebüschen Platz zu machen. — Diese nehmen einen grossen Platz im Artreichtum der norwegischen Flora ein, welche etwa 1380 Arten von Blütenpflanzen zählt, mit ⅙ des Ganzen in den artenreichsten Gattungen: Carex (106), Hieracium (62), Salix (43). Im südwestlichen Norwegen finden sich nicht weit von arktischen Bürgern solche des atlantischen, wärmeren Europas.
Gemäß Blytts Schilderung findet man auf dem Hochgebirge unterhalb des ewigen Schnees zunächst einen vegetationslosen Steingeröllgürtel; ihm folgt abwärts ein zusammenhängender Teppich gelbgrauer Strauchflechten; über 1200 m hoch, im süd - lichen Norwegen 1370 m hoch, endet dieser Teppich durch Ersatz graugrüner Weiden von einigen Fuss Höhe mit Betula nana und Juniperus nana, zwischen welchen Heideformation von Empetrum nigrum, Diapensia, Phyllodoce taxifolia, Cassiopearten wie in Grön - land auftritt, ferner Moosformation zumal von Racomitrien mit Cladonia. So bis circa 1000 m abwärts, wo die ersten Birkenbestände auftreten, um ein paar Hundert Fuss tiefer durch Nadelhölzer be - reichert zu werden. Gemein ist Pedicularis lapponica.
Aus diesem Durchschnittsverhalten heben sich einzelne, reicher arktisch-zusammengesetzte Flecke einer „ Dryasformation “heraus, welche die Florenkarte von Europa (a. a. O.) nach Blytt angibt. „ Die meisten eigentlichen Gebirgspflanzen finden sich hier auf leicht verwitternden Schiefern als blumengeschmückte Oasen, und viele Arten sind ausschliesslich an dieselben gebunden. “ Dryas octopetala, Potentilla nivea, Oxytropis lapponica, Veronica saxatilis, Salix reticulata sind als wichtigste zu nennen.
Endemische Arten besitzt die Region nach dem früher Ge -371Skandinavien. Nördliches Russland.sagten, wie überhaupt Skandinavien, nicht; doch ist geographisch bemerkenswert Gentiana aurea (involucrata), welche nur hier, in Island und Grönland verbreitet ist.
2. Die finnländisch-skandinavische Waldregion erstreckt sich von den arktischen Birkengebüschen, bezw. den obersten Weissbirkenbeständen durch die tieferen Ge - lände, vom Nordkap und der Südhälfte der Halbinsel Kola bis zur Vegetationslinie der Eiche, also im Durch - schnitt bis zum 61. ° N. Die nordeuropäische Weissbirke (Betula pubescens oder B. odorata) als am weitesten vor - geschobener Baum, die Fichte und Kiefer bilden fast ausschliesslich den Waldbestand, der auch nicht reich an Stauden und Untergehölz ist. Massenhaft treten die Vac - cinien im Walde, auch mit Calluna, auf; Linnaea borealis ist charakteristisch gemein und steigt nur selten über die Birkenbestände aufwärts.
Auf den Parallelismus der zeitlichen Vegetationsentwicke - lung mit den Daten des Zufrierens und Auftauens der Seen mag nach den schönen Beobachtungen in Schweden kurz hinge - wiesen werden (G. J., VIII, 242). Sehr genaue Studien über die Anordnung der Formationen im einzelnen und ihrer Charakter - arten veröffentlichte Hult (G. J., IX, 162; Geogr. Mittlgn. Littber. 1886, Nr. 293).
3. Ural und westuralische Waldregion. Die - selbe nimmt den europäischen Nordosten südlich der Samojedentundra auf und zeigt bedeutende Vegetations - anschlüsse an Westsibirien zumal durch das Auftreten von Abies sibirica (siehe die Vegetationslinie auf dem Kärtchen!), Larix sibirica und Pinus Cembra mit Fichten und Birken; unter den Fichten mischt sich hier die ge - wöhnliche Picea excelsa mit der sibirischen Form P. obovata.
Dazu gesellen sich ebensowohl boreal-europäische als boreal - sibirische Stauden und Halbsträucher, von ersteren Calluna etc., von letzteren Anemone altaica, Cerastium dahuricum etc. Im Norden greift die Tundra weit ein und Birkenformationen in Mooren, mit Linnaea, Rubus chamaemorus, Betula nana, ferner Carex-Sümpfe mit Pedicularis sind maßgebend.
Man kann die Südgrenze dieser Region nach der südlichen Vegetationslinie der sibirischen Tanne, oder nach der nördlichen Vegetationslinie der mitteleuropäischen3722. Nord - und Mitteleuropa.Eiche bestimmen, welche aber nicht genau zusammen - fallen. Der Ural bildet die Ostgrenze und zeigt unten dieselben Waldbestände, in grösserer Höhe aber eine Skandinavien vergleichbare Fjeldregion mit arktischen Bürgern. Die Westgrenze zwischen Region 2 und 3 ist durch zahlreiche, ebenfalls nicht genau zusammen - fallende sibirische und mitteleuropäische Vegetationslinien bestimmt, welche etwa vom Südrand des Weissen Meeres am Ostufer des Onegasees auf Wologda hinziehen.
Die Ostküste des Onegasees ist von einer anderen Flora im Artgemisch besiedelt, als sie an der zerrissenen, felsigen Westküste herrscht; östliche Pflanzen dringen bis zum Swirflusse vor und setzen als weitere Grenzen den Ladogasee, als weiteste endlich die Newa fest. Als solche Arten haben Betula fruticosa, Atragene alpina, Polemonium pulchellum, Rubus humulifolius zu gelten. Von Bäumen wie Stauden kehren einige hier ansässige nach Unter - brechung im oberen Dnjeprgebiet und weiterhin erst in den Alpen wieder, manche in anderen Unterarten oder Varietäten: so die Lärche, Zirbelkiefer, Atragene. — In Wologda nehmen die Wälder ¾ des ganzen Gebietes ein; mit den Nadelwäldern wechseln solche der nordischen Laubbäume: Birke, Espe (Populus tremula), Eber - esche (Sorbus auc. ) ab. Die Tanne geht ununterbrochen über die Suchona und Dwina bis in das Petschoragebiet hinauf und macht stellenweise die Hälfte der Waldungen aus (G. J., X, 161).
Der Ural wird von drei in sich verschiedenen Vegetations - regionen eingenommen; die obere (alpine) ist arktischen Charakters und hat die grösste Aehnlichkeit mit den norwegischen Fjelden; 3 endemische Arten, Saussurea, Gypsophila und Sedum angehörig, leben hier unter alpinen weiter verbreiteten Arten wie Anemone narcissiflora. Folgendes ist die Flora auf dem Deneshkin-Kamen 60½° N.: Thalictrum alpinum, Ranunculus nivalis, Matthiola nudicaulis, Oxyria reniformis, Alsine stricta; Cassiope hypnoides, Armeria arctica, Valeriana capitata, Senecio resedaefolius; Carex ustulata, frigida, saxatilis, Scirpus caespitosus, Eriophorum alpinum, Poa alpina, Avena subspicata, Juncus castaneus und triglumis. Der eigentümliche Charakter des Ural-Alpengebietes liegt, abge - sehen von der geringen Höhe der Berge selbst, unter denen kein einziger die Grenze des ewigen Schnees erreicht, in dem Mangel an Alpenweiden und darin, dass diese grossen Strecken über der Waldgrenze mit Steingeröll schwer verwitterbarer Art über - säet sind; dieser „ Goldsand “bietet nur den Flechten Raum, nach welchen dann hie und da zwischen Felsen und aus Löchern und Ritzen andere, phanerogame Pflanzen hervorkommen. Daher auch die geringe Anzahl von Arten, welche hier nur kleine Rasenflecken bilden (nach Herders Bericht, Bot. Jahrb.).
Die zweite Uralregion, welche den Hauptcharakter dieses373Ural. Baltische Bezirke.Gebirges ausmacht und seinen Anschluss bewirkt, ist die Wald - region; am höchsten steigen die Nadelhölzer, und zwar verschiedene Arten auf verschiedenen Bergstöcken, unter 64° N. bis 550 m, unter 68° N. nur noch circa 200 m, worauf dann also die Baum - grenze in die arktische Ebene tritt.
Die dritte Region hebt erst im südlichen Teile des Guberniums Perm an, ist wenig bewaldet und häufig mit Tschernosem bedeckt; die Picea excelsa (* obovata) verschwindet, an ihre Stelle treten Birke und Kiefer in den nur 15 — 30 % ausmachenden Waldgeländen. Die Flora leitet zu der in Südrussland und in den südlichen Aus - läufern des Uralgebirges allein noch herrschenden Steppenvegeta - tion über und wird von Krylow daher als Waldsteppenregion bezeichnet.
4. Die west - und ostbaltische Waldregion erstreckt sich von dem südlichen Saum der vorher ge - nannten bis zu der südlichen Vegetationslinie der Kiefer gegenüber den südrussischen Steppen, wird dann durch die nördliche Vegetationslinie der mitteleuropäischen Edel - tanne gegen Süden ungefähr abgegrenzt in einer durch Polen, Schlesien, Sachsen laufenden, um den Harz herum sich erhebenden und dann wiederum am Nordsaum des rheinischen Schiefergebirges südwestwärts gegen die Bre - tagne sich senkenden Linie, wo die nördliche Vegetations - linie der edlen Kastanie ihre Südgrenze bildet. Sie um - fasst also im wesentlichen die Küstenlandschaften der Ost - und Nordsee, den Hauptteil Grossbritanniens, welches sich in den schottischen Hochlanden an Skandinavien an - schliesst, mit in sich fassend.
Der von mir west - und ostbaltisch genannte Anteil scheidet sich durch das wilde Vorkommen der Fichte in einen die eigentlichen baltischen Länder umschliessenden Hauptteil von Wjatka und Kostroma bis gegen die Nieder - lande, und in einen mit zahlreichen „ atlantischen “Arten bevölkerten geringeren Bezirk; das deutsche Nordsee - gestade und Dänemark vermittelt zwischen beiden. Im südlichen Skandinavien und in dem russischen Anteil dieser Vegetationsregion sind die hauptsächlichen Waldbäume Kiefer und Eiche; von Westpreussen an westwärts tritt dann die Buche hinzu, in Dänemark, Holland-Belgien, England etc. ohne Fichte, in Norddeutschland und auch in der Lüneburger Heide reichlich mit Fichte vereinigt. 3742. Nord - und Mitteleuropa.Die Vegetationslinie der Buche bildet daher eine wesent - liche Scheidung auch im ostbaltischen Bezirk dieser kontinentales mit Küstenklima vermittelnden Region. Die Tieflandsmoore im Ostbalticum haben noch sehr zahl - reiche arktische Inquilinen.
Im Norden der ostbaltischen Bezirke ist die Waldaihöhe nach Gobis Untersuchungen von pflanzengeographischer Bedeutung (vergl. Drude in Sitzungsberichte der „ Isis “1882 S. 55, und Florenkarte von Europa: Vegetationslinien). Dieselbe setzt mit den sich anschliessenden Höhenrücken den russischen Wiesensteppen - arten einen starken Widerstand entgegen, weil bis zu ihr auf den rauhen Höhen nördliche und nordöstliche Pflanzen zur Ansiedelung gelangt sind. Nur 350 m hoch gewährt sie der Eiche kein nor - males Fortkommen mehr, ist im Gegenteil von Salix Lapponum - gebüschen, der nordischen Birke mit Eberesche und Prunus Padus, borealen Ericaceen: Vaccinium uliginosum, Oxycoccus, Andro - meda etc., mit Linnaea borealis und Rubus Chamaemorus besetzt, welcher letztere übrigens auch noch in den russischen Ostssee - provinzen eine merkantile Bedeutung („ Moltebeere “) besitzt. Unter diesen Umständen muss Norddeutschland thatsächlich ein Uebergangsgebiet zwischen dem rauhen Osten und Norden und dem atlantischen Westen darstellen, und es ist überhaupt nie für sich allein, sondern als Glied der grösseren Vegetationsregion mit Zuzüglern aus dem Süden aufzufassen. Hierfür vergl. zumal Loew, Roth und Gerndt (G. J., VIII, 243).
Der atlantische Westen ist floristisch aufzufassen als letzter Ausläufer der folgenden Vegetationsregion in den baltischen Grund - stock von Arten hinein. Erica Tetralix, Genista anglica, Myrica Gale, Ulex europaeus (zum Teil) mögen als seine Signale angeführt werden. Für die Pflanzengeographie Englands liefern die Werke von Watson ausgezeichnete Nachweise; seine Territorialeinteilung mit kartographischer Grundlage und systematischer Vollständigkeit zeigt die Uebergänge vom milden Südwesten mit Erica ciliaris, Rubia peregrina, Sibthorpia europaea bis zu den arktisch-alpinen Ausläufern auf den schottischen Hochlanden über 900 m hoch (obere Grenze von Calluna), wo als Beispiel der circa 1220 m hohe Ben-muich-dhu mit Silene acaulis, Carex rigida, Salix herbacea, Gnaphalium supinum, Luzula arcuata und spicata angeführt werden mag, ausserdem das Vorkommen von Saxifraga cernua und rivularis. Erica Tetralix steigt bis 600 m Höhe, fast ebenso hoch die Kiefer als einziger Nadelholzwaldbaum.
5. Im Bereich der westeuropäischen Laubwald - region fehlen, abgesehen von den berührten Gebirgs - ländern (siehe 6 und 7) die Nadelhölzer ganz; die „ Flore de l’ouest de la France “z. B. nennt von Coniferen nur Juniperus communis. Dafür kommt Castanea vesca und375Deutschland. Westeuropa. Alpenländer.die immergrüne Quercus Ilex als Ausdruck eines milden Winters und einer langen Vegetationsperiode hinzu, welche schon eine Reihe mediterraner Typen in den borealen Charakter aufzunehmen gestatten. Diese Uebergangs - region möchte ich daher auch auf Nordspanien, bis zur nördlichen Vegetationslinie der Olive daselbst, welche nahezu mit der Südgrenze der Buchenwaldungen in Spa - nien zusammenfällt, erweitert sehen, und man kann sie dann als „ nordatlantisch “bezeichnen.
Eine ganze Reihe wärmerer Pflanzen ist hier in sporadischen Standorten verbreitet, welche hier ihre ur - sprüngliche Heimat gehabt haben mögen, durch die Eis - zeit aber zerstreut oder südwärts gedrängt sind (Daboecia polifolia, siehe oben S. 196). Nicht wenige derselben erreichen noch, wie schon angedeutet, das südwestliche England und Irland.
Noch jetzt sind gewisse endemische, für die europäische Ge - samtflora höchst interessante Arten auf kleine Stellen dieser Vege - tationsregion beschränkt. Darüber hat eine Abhandlung von Crié (G. J., XIII, 322) hübsche Ausführungen gebracht. Auf einzelne Standorte an den Küsten und auf den Inseln der Bretagne sind 4 Arten beschränkt, ein Narcissus, Eryngium, eine Omphalodes und Linaria.
6. Mitteleuropäische Hügel - und Bergwald - region. Mit dem Auftreten der gemischten Fichten -, Kiefern - und Buchenwälder, und aller sie begleitenden Charakterstauden an den Westhängen des französischen Berglandes gegen die atlantische Küstenregion hin be - ginnt, sich ostwärts bis zur westlichen Vegetationslinie der Silberlinde am Plattensee über die Alpenkette und das ihr nordwärts vorgelagerte Berg - und Hügelland ausdehnend, diese Region, in welcher selbst wieder mit streng borealem Charakter eine die höheren Bergländer auszeichnende mitteleuropäische Nadelholzregion mit den auf diese folgenden „ Hochalpinen “ausgeschieden ist. Auch die Pyrenäen haben Anteil an dieser Hauptregion, obwohl ihr unterer Saum wohl mehr zu R. 5 als zu R. 6 gehört. Nordwärts dehnt sich dieselbe bis zu der nörd - lichen Vegetationslinie der Edeltanne, oder darüber hinaus bis zum Lande am nördlichen Harze gegen das centrale3762. Nord - und Mitteleuropa.Balticum aus, südwärts grenzt sie an die atlantische und mediterrane Flora, von welcher nun schon vielfältig ein - zelne Artenareale sich in die wärmeren Thalgelände dieser Region hineinschieben (z. B. Buxus sempervirens, Hyperi - cum Corts).
Die Wälder setzen sich aus allen Arten der baltischen Vegetationsregion, vermehrt um die Tanne, welche mit Buche und Fichte die massenhaftesten Bestände ursprüng - lich gebildet zu haben scheint, zusammen; die nordische Weissbirke ist oft durch die ihr sehr nahe stehende mittel - europäische ersetzt; Nebenarten in den Beständen, zumal der Bergahorn, bilden wichtige Merkmale. Doch liegen die bedeutenderen Charaktere gegenüber der baltischen Region in den Wiesen -, Trift - und Felsformationen, in welchen mit reichem Blumenschmucke zahlreiche Arten, welche die Region nordwärts nur sporadisch überschreiten oder nur hier bestandbildend sind, auftreten; dasselbe gilt von Sträuchern wie Sambucus racemosa, auch S. Ebulus, Lonicera Xylosteum und Clematis Vitalba, die fast alle Gaue der mitteleuropäischen Region bewohnen.
Der Grundstock dieser Flora muss, meiner Ansicht nach, die Eiszeit im Lande überdauert haben, wenngleich erst nachher alle mediterranen Sippen, die jetzt einge - mischt vorkommen, zurückgewandert sein werden. So gliedern sich verschiedene Bezirke in der ganzen Region nach südwestlichem, südöstlichem und centralem Art - gemisch heraus, deren Wanderungszüge sich verfolgen lassen. Doch auch ungelöste Probleme, Oasen von rei - chem Artgemisch in unerwarteter Lage, bieten sich dem Geographen dar, wie z. B. in der Flora von Halle (siehe G. J. XIII, 325).
Da es sich hier um Berg - und Hochgebirgsländer handelt, so spielt die Meereserhebung die wichtigste Rolle für die Entscheidung des örtlichen Artgemisches. Nur in den wärmsten Tiefen finden sich mediterrane Arten und die Bewohner trockenheisser Standorte, oder gedeiht der Wein; der Wald lässt seine Elemente sehr nach der Höhe wechseln: auf Eiche mit Kiefer, oder gar Kastanie, folgt Buche und Tanne, dann erst beginnt das Haupt -377Alpen. Pyrenäen. Karpathen. Sudeten.gebiet der Fichte, über der in den Hochgebirgen Arve und Lärche an die westuralische Waldregion erinnern. Die sonnigheissen Felsen, die Triften und Labiaten, Cen - taurea - und Rosa-Arten sind längst unter deren Niveau geblieben; Bergwiesen mit ihrem reichen Flor, Moore und Felsen mit alpinen Arten treten an ihre Stelle, bis über der Baumgrenze erst Kniehölzer von Coniferen, Salicineen oder Ericaceen (Rhododendron!) folgen, dann nur noch die Alpenmatten und alpinen Felsformationen.
Diese reiche Gliederung soll für die wichtigsten Gebirge hier zusammenhängend in folgender Tabelle kurz dargestellt werden:
Pyrenäen. Atlantische immergrüne Formationen bis 400 m. Laubwald herrschend bis 1600 oder 1700 m; Castanea bis 500 oder 800, Quercus Robur bis 1600, Fagus 650 — 1600, stellenweise bis 1850 m, Abies pectinata bis 1950 m. Nadelwald herrschend von 1600 — 2200 oder 2400; Picea excelsa 1500 — 2400; Knieholzregion mit dem obersten Nadelwald oft vereinigt 2200 — 2400, obere Grenze von Rhododendron ferrugineum, Vaccinium Myrtillus, Empe - trum. Alpine Formationen 2400 — 2750 (Schneelinie).
Alpen. — Tessin. Immergrüne Formationen, zur mediter - ranen Vegetationsregion sub 4 gehörig (Cistus, Erica arborea) bis 300 m. Laubwald herrschend 300 — 1520 (Grenze der Buche); Ca - stanea bis 900; untere Grenze von Larix 800, im Wallis 1100 m. Nadelwald herrschend 1520 bis 2200; Picea excelsa bis 1800 oder 1950 m. Strauchformationen 2200 — 2400 mit den obersten Stand - orten von Larix und Cembra. Alpine Formationen 2400 — 2700, im Engadin und Wallis bis 3000 m.
— Algäu. Laubwald herrschend bis 1400 m; Eiche bis 875, Cerealien bis 1040 m; untere Grenze von Larix 910, von Cembra 1530 m zusammen mit den sporadischen obersten Buchen. Nadel - wald herrschend 1400 — 1750. Strauchformationen 1750 — 2050, Cem - bra sporadisch bis 1870 m. Alpine Formationen 2050 — 2660 m (Schneelinie); Vaccinien bis 2275, Salix retusa und herbacea bis 2530, subnivale Stauden bis 2660 m.
Siebenbürgens Alpen. Laubwald herrschend bis 1300 (obere Buchengrenze). Nadelwald herrschend bis 1700 m (obere Fichtengrenze). Strauchformationen mit Alnus incana bis 1800 (obere Pinus montana-Grenze). Alpine Formationen 1800 — 2500.
Sudeten. Laubwald herrschend bis 800 m; Quercus bis 400, Pinus silvestris bis 600 m. Nadelwald herrschend bis 1200, gegen Süden bis 1300 m; obere Grenze von Abies pectinata 1000 m, untere Grenze von Pinus montana 1150 m. Strauchformationen bis 1400. Alpine Formationen 1400 — 1600 m.
Das Ineinandergreifen der als Grenzen benutzten Formationen geht aus verschiedenen Zahlen hervor; es3782. Nord - und Mitteleuropa.erscheint überhaupt fehlerhaft, so starr, wie es meistens zu geschehen pflegt, verschiedene „ Regionen “überein - ander abzugrenzen nach dem Auftreten bestimmter Arten, während doch nur die Formationen dafür maßgebend sein können. Die mitteleuropäische Bergwaldregion er - reicht also Höhen von 1600 m im Süden, von 800 m im Norden, die im Harz sich auf 600 m verringern.
7. Mitteleuropäische Nadelholz - und Hoch - gebirgsregion. Die über den herrschenden Laub - wäldern (vornehmlich der Buche, welche aber in den Centralalpen fehlt und zwar fast überall da, wo die Lärche sich ausgebreitet hat) sich auf den höheren Gebirgen aus - breitenden Formationen werden hier zusammengefasst. Die Scheidung so vorzunehmen, scheint wichtiger, als wenn die gesamten Waldbestände den alpinen Formationen allein gegenübergestellt würden, da auch in den oberen Nadelholzbeständen der arktisch-alpine Mischlingscharakter gegenüber dem spezifisch-mitteleuropäischen Floren - charakter zum Durchbruch kommt, wie schon bei Larix und Pinus Cembra hervorgehoben. Hier herrschen die von Pinus montana gebildeten, für Mitteleuropa charak - teristischen Krummholzbestände auf Fels - oder Moorgrund, die halbstrauchigen Saliceten, Rhododendron-Formationen (Rh. ferrugineum, hirsutum; Loiseleuria procumbens als circumpolare, niedere Halbstrauchpolster bildende Ericacee), Wiesen, Triften und Felsformationen mit Primeln und Enzianen, Hahnenfüssen und Steinbrechen.
Die charakteristischen Sippen bespricht man am deutlichsten durch Nennung der in der „ nivalen Flora “der Schweiz, d. h. über 2600 m hoch zerstreut in der Schneeregion beobachteten 338 Hoch - alpenpflanzen, von welchen zugleich 150 im hohen Norden vor - kommen (G. J., X, 163). Am artenreichsten sind die Compositen mit 58, dann die Gräser mit 25, Cruciferen mit 22, Saxifragen mit 21, Leguminosen mit 19, Cyperaceen mit 19, Alsineen mit 18, Primulaceen mit 18, Rosaceen mit 17 und Scrophulariaceen mit 16 Arten; dann folgen Ranunculaceen, Gentianaceen, Campanu - laceen, Juncaceen, Crassulaceen, Sileneen etc. — In jedem Falle zu entscheiden, welche von den weiter verbreiteten und zumal von den mit dem hohen Norden gemeinsamen Arten hier oder dort ihren Ursprung gehabt haben, scheint jetzt und für alle Zukunft unmöglich; das aber ist sicher, dass die arktische Flora und die der alpinen Formation getrennte Grundstöcke darstellen, welche379Hochgebirgsregion. Balkanländer.durch äussere Umstände zu innigerer Vermischung Veranlassung gefunden, dennoch aber ihre Hauptzüge getrennt erhalten haben. Wir erkennen dies einerseits aus manchen circumpolaren Arten, welche noch Harz und Sudeten, aber nicht mehr die Alpen er - reicht haben, andererseits aus den vielen, in der Alpenkette circa 200 betragenden, erhalten gebliebenen Endemismen von gutem Artrecht. — Finden wir diese schon in einzelnen Teilen der Alpen - kette selbst, so darf man sich nicht wundern, auch viele Ende - mismen in den Pyrenäen, Karpathen und den Balkan-Gebirgssystemen zu finden, welche aber doch alle dem gleichen alpinen Grundzuge angehören und daher von mir mit zu dieser Vegetationsregion gerechnet werden.
8. Die westpontische Waldregion schliesst sich im Südosten an die vorige an. Ihre Grenze bildet eine durch die Ostalpen an Wien vorbei und am inneren Hang der Karpathen herumlaufende Linie; dergestalt erstreckt sich diese Region über die untere Donau einerseits bis zu den Grenzen des pontischen Steppengebietes im Osten, andererseits bis zu denen der östlichen Mediterranflora im Süden; beide Nachbargebiete senden zahlreiche Ein - dringlinge vor. Der eigene Charakter besteht in den neu auftretenden Charakterbäumen: Silberlinden, Quercus Cerris und pubescens, selten Castanea; mehrere Coniferen, Picea Omorika in Serbien (G. J. VII, 194), Pinus Peuce, Pinus nigra und leucodermis bis zur Baumgrenze in Bos - nien an Stelle der hier seltenen P. silvestris sind hier endemisch; Ostrya carpinifolia, Rhus Cotinus, Syringa und Acer tataricum treten häufig auf. Stauden, wie Telekia speciosa, Waldsteinia, Glycyrrhiza etc. bilden eigene Formationen oder charakteristische Nebenbestand - teile, viele sind endemisch.
Der ganze Artreichtum dieser Länder ist noch längst nicht erschöpft und wahrscheinlich sehr gross, wie die neuesten For - schungen in Bosnien und Bulgarien vermuten lassen (G. J., XIII, 327). Auch aus Bulgarien ist genug bekannt geworden, um die Meinung zu rechtfertigen, dass trotz zahlreicher eigentlich-pontischer Inquilinen, die ja als eigene Formationen bis in die ungarischen Pussten vordringen, doch der Hauptcharakter der des mitteleuro - päischen Florengebiets, nicht der des pontischen Steppenfloren - gebiets, ist. Von 1560 Arten findet sich die grössere Hälfte (830) in der Hügel - und Berglandsregion des südöstlichen oder centralen Deutschlands. Von 316 alpinen Arten sind 150 auch in Region 7, und bewirken mit 44 zugleich karpathischen den Anschluss der oberen Bergformationen an diese.
Auswahl der Litteratur. Pokorny, Vegetationsformen des ungarischen Tieflandes, in Bonplandia VIII, 151, 182, 192. Ruprecht, Geobotanische Untersuchungen üb. d. Tschornosjom, 1865; Ueber den Ursprung d. Tschornosjom, 1864 (Petersburger Akademie, 8°). Veesenmeyer, Ueber die Vegetationsverhältnisse an der mittleren Wolga; Claus, Lokalfloren der Wolgagegenden: Bei - träge zur Pflanzenkunde des russ. Reiches, Heft IX, S. 40 — 116, und VIII, 1851). Bataline, Aperçu des travaux russes sur la Géogr. d. pl. de 1875 / 80 (3. Congrès international de Géogr., St. Petersburg 1881). Korschinsky, Ueber die nördl. Grenze des Steppengebietes in d. östl. Landstrichen Russlands; Kasan 1886 (siehe G. J., XIII, 328). Schmalhausen, Flora vom südwestl. Russland, Kiew 1886. Koschewnikoff, Beiträge zur Flora des Tambowschen Gub. ; Bulletin de la Société imp. d. natur. de Moscou 1876, S. 238. Litwinoff, Abriss der Pflanzenformationen in dem südöstl. Steppenteil des Gub. Tambow; St. Petersburg 1887 (siehe G. J., XIII, 328). Krassnoff, Geobotanische Untersuchungen in den Kalmückensteppen, in K. Russ. Geogr. Ges. XXII, (siehe Englers botan. Jahrb. Syst. X, Litt. S. 53 u. folgd.). Lindemann, Flora Chersonnensis, Odessa 1881. Schell, Materialien zur Pflanzengeogr. d. Gub. Ufa und Orenburg, Kasan 1881 — 83 (G. J., XI, 120). — Rehmann, Vegetationsf. d. Taurischen Halbinsel, in Verh. der K. K. zoolog. botan. Gesellsch. Wien 1876.
Smirnoff, Verzeichnis der Pflanzen des Kaukasus, Tiflis 1880 u. folgd. (unvollendet). Radde, Reisen in Kaukasien etc., in Geogr. Mitteilungen 1867, S. 12 — 92, 1876, S. 139, 1878, S. 248 und 1884, S. 413 (Dinnik); Aus den Dagestanischen Hochalpen, Geogr. Mit - teilgn., Ergänzungsheft Nr. 85, 1887. Köppen, Geogr. Verbrei - tung d. Holzgewächse Russl. u. d. Kaukasus, 1887 / 89. Medwiedew, Bäume und Sträucher des Kaukasus, 1883 (G. J., XI, 125 8.
Wie Köppens Wärmegürtel der Hauptkarte und ebenso die hier (S. 364) beigefügte kleine Skizze zeigen, be - treten wir hier in Europa zuerst das Gebiet sommerheisser Landgebiete, welche sich sonst nur im Bereich der medi - terranen Flora finden, hier aber zur Abteilung 3 der II. Vegetationszone (siehe S. 85) gehören. Denn auch diejenigen Steppengebiete, welche der Donau aufwärts folgend sich bis gegen Wien hinziehen, schliesse ich gemäß meiner in den „ Florenreichen “(S. 51) gemachten Auseinandersetzung an die südrussischen Steppen an, wie - wohl es fast selbstverständlich ist, dass in sie hinein mehr381Litteratur. Klima, Formationen.mitteleuropäische Arten sich einmischen und andererseits die südöstlichen, zum Teil das aralokaspische Gebiet mit Europa verbindenden Charakterarten seltener werden oder, wie z. B. Caragana frutescens, fehlen. Im Gegensatz zu den Waldgebieten bewirkt aber die ungleiche und geringe Verteilung der Niederschläge zusammen mit der Sommerhitze und Winterkälte die Ausprägung baum - loser Grassteppen-Formationen, deren westlichstes Areal, in Ungarn an der Theiss, Kerners Florenkarte von Oesterreich in aller Schärfe abgrenzt, und auf diese Step - pen ist die südrussische oder pontische Vegeta - tionsregion begründet. Wie stark die Winterkälte sei, ergibt sich daraus, dass der Hauptteil dieser Region zwischen 3 — 4 Monaten Temperaturmittel unter 0° hat, und es zeigt auch der im Kärtchen angegebene Verlauf der — 10°C. -Januarisotherme, welche sich am Wolga-Knie bei Sarepta mit der 24°C. -Juliisotherme schneidet und die 20°C. -Hitzegrenze nahe der südöstlichen Vegetations - linie der Kiefer trifft. In der Dauer der „ warmen “Jahreszeit stimmt dagegen diese Region, wie zu erwarten, mit der in Deutschland herrschenden Dauer von 5 bis 6 Monaten über 10°C. überein.
Nach diesen Steppenebenen und - Hügeln steigt dann steil bis über 5600 m das Massiv des Kaukasus empor, welchen ich an die genannte Steppenregion anschliesse, mit eigener Wald - und Hochgebirgsregion. Denn der Nordhang dieses Gebirges ist von nordpontischer Steppenflora besiedelt bis zu dem Wäldergürtel, während der Südhang in die armenisch-kurdistanische Steppe aus - läuft. Aber zahlreiche europäische Holzpflanzen und Kräuter, die Buche, der Taxus etc., zeigen den Gebirgs - anschluss an den Westen, während andere Pflanzen den Charakter der Steppenflora darin teilen, dass sie sich als Ausgliederungen aus der alten arktotertiären medi - terran-orientalen Flora zwischen Tibet und Atlas erwei - sen; so z. B. die grossblumigen Rhododendron ponticum, caucasicum und auch flavum (Azalea), von denen das erstere auf der iberischen Halbinsel seinen sehr nahe ver - wandten Sektionsgenossen findet. Dass auch die Be -3823. Pontische Steppen und Kaukasus.ziehungen zu den westasiatischen, dem orientalischen Florenreich zugehörigen Gebirgen lebhaft sind, beweist u. a. das Vorkommen der beiden einander nahe verwand - ten Juniperus excelsa und foetidissima, die aber sowohl in der Krim als im Kaukasus nur südlich der Kammlinie vorkommen, abgesehen von einem von Koch genannten Standort im Thale des Terek (nach Köppen, a. a. O. II. 421; vergl. auch Griseb. V. d. E., I, 448). — In den öst - lichen Steppen sind mehrere Gemüsepflanzen (Brassica, Cochlearia, Armoracia) und Zwiebeln ursprünglich.
1. Die pontische Vegetationsregion schliesst, von kleinen Oasen der Kiefer und am Westsaum auch der Eiche und Hainbuche abgesehen, die mitteleuropäi - schen Waldbäume aus. Schon in Ungarn kommen Wäl - der nur am Rande des grossen Tieflandes, in der Nähe der Gebirge, sowie am Donauufer vor; das ungarische Tiefland selbst ist mit Steppen - und Wasserformationen erfüllt, von denen erstere natürlich den Raum am breite - sten decken.
Auf dem Sande breiten sich die Grassteppen - und die Flug - sandformationen aus, erstere durch Stipa pennata, Pollinia Gryllus und Poa bulbosa als die 3 häufigsten Grasarten ausgezeichnet. Stipa pennata, das Federgras, dringt bis zum Kyffhäusergebiet in das Herz Deutschlands auf trockenen Gipshöhen vor, ohne jedoch in Deutschland je Bestände zu bilden. Auf dem Salzboden weist die Salzsteppe schon die aschgrauen Stauden der Artemisien mit zahlreichen Salsolaceen auf, auch vegetationslose Salzefflorescenzen kommen vor. Hutweiden, die das Mähen nicht mehr gestatten, und an den Westen erinnernde Wiesen decken das schwarze Erd - reich. Die Schilfformation, Sümpfe etc. sind ganz von den ge - wöhnlichen mitteleuropäischen Arten eingenommen, wie ja die Wasserpflanzen auch in Steppenumgebung ihre normalen Existenz - bedingungen finden.
In Südrussland spielt die Verbreitung der „ schwarzen Erde “, des Tschernosem (Tschornosjom), eine floristisch und kulturell bedeutende Rolle, die jedoch noch nicht völlig geklärt ist. Wie Grisebach (V. d. E., I, 386) angibt, ist darunter die äusserst fruchtbare, schwarze Hu - muserde zu verstehen, welche die Uferlandschaften des die jetzigen Steppen ehemals bedeckenden Diluvialmeeres bezeichnet, und welche als Quelle des reichen Bodenwerts383Südrussland. Tschernosemgebiet.der Ukraine mit der Düngemittel entbehrender Roggen - kultur 3 — 5 m tief hinabreicht. Selbstverständlich rührt sie nicht von der heutigen Vegetation her und kann daher auch nur in Zusammenwirkung mit dem Klima zu entscheidenden Vegetationslinien führen, muss aber doch stets ihre eigenen Besiedelungsbedingungen eben durch die Zeitlage ihres Freiwerdens vom Wasser besessen haben.
Ueber die klimatischen Windeinflüsse hier vergl. Griseb. Abh. S. 514. Ruprechts obengenannte Abhandlungen beanspruchen ein hohes Interesse, insofern als sie auf die geologische Entwickelung dieses Landstriches gründlich eingehen.
Nach Batalins sehr klar zusammenfassenden Berich - ten über die späteren Studien der russischen Forscher an der Grenze des Tschernosem gegen den nördlichen Waldgürtel ist hier der Formationswechsel genau der Bodenunterlage folgend.
So im Gubernium Tula, dessen grössere südöstliche Hälfte aus steppenbewachsenem Tschernosem besteht, während die kleinere nordwestliche tschernosemfrei ist und Wälder trägt von Pinus sil - vestris mit den ganzen charakteristischen mitteleuropäischen Forma - tionsgenossen, häufiger aber Laubwälder von Quercus, Betula, Populus tremula. Noch schöner soll sich der Unterschied zwischen schwarzer und gewöhnlicher Erde in den Grasfluren zeigen, von denen die auf gewöhnlichem Boden den normal baltisch-mittel - europäischen Charakter, diejenigen aber auf schwarzer Erde sofort eine Reihe besonderer Arten zeigen, welche entweder nur den Tschernosem bewohnen oder höchstens als Flüchtlinge von diesem auch auf Kalkunterlage sich finden, wie ja häufig ein nördliches Vorkommen der Steppenpflanzen auf trockenem Kalkboden beob - achtet wird. Als eine Reihe dieser Charakterarten nennt der Be - richt Adonis vernalis, Linum flavum, Adenophora liliifolia, Salvia verticillata, Thymus Marschallianus, Nepeta nuda, Phlomis tuberosa, Cirsium pannonicum und canum, Aster Amellus, Scabiosa ochro - leuca, Asperula tinctoria, Falcaria Rivini, Potentilla alba, Anthe - ricum ramosum. Wo aber im Süden des Gubernium der Boden schon von einer dicken Lage Tschernosem überlagert ist, da er - scheinen noch die Charakterarten Dianthus capitatus, Gypsophila altissima, Lychnis chalcedonica, Scorzonera purpurea und taurica, Centaurea ruthenica, Echium rubrum, Amygdalus nana, Astragalus austriacus; Stipa pennata und capillata, Iris furcata, Fritillaria Meleagris etc. Diese und manche andere sind als Repräsentanten einer nur knapp sich in den hauptsächlichsten Bestandesarten aus - drückenden Vegetationsregion zu nennen; von besonderem Inter - esse ist das Areal der vom Südural hereinkommenden und am Pruth nördlich Odessa endenden Caragana frutescens.
3843. Pontische Steppen und Kaukasus.So ist der allgemeine Landescharakter der einer „ frischen, welligen und blumenreichen Steppe “, welche von der kaspischen Salzsteppe sehr verschieden sich nach der Durchstreuung mit Baumoasen (Pinus silvestris! siehe deren hypothetische Vegetations - linie in der Vergangenheit bei Köppen, Karte IV!) in Vorsteppe, Uebergangs - und eigentliche Grassteppe gliedert, in welch letzterer die Formationen am reinsten ausgesprochen sind. „ Sie sind erkennbar an dem dichten und wolligen Rasen, welcher vorzugs - weise von der silberglänzenden Stipa pennata und capillata ge - bildet wird und der, vom Winde angehaucht, gleich einem reichen Kornfelde auf und nieder wogt. Hier bilden nur krüppelige Erlen, Birken, Linden und strauchartige Eichen in den Schluchten der Berge ein kümmerliches Gestrüpp, während man an wenigen Stellen, in den Niederungen an den Ufern der Flüsse, diese Bäume zu kleinen Hainen vereint vorfindet. Dagegen zieren kleine Sträucher: Caragana frutescens, Cytisus biflorus, Amygdalus nana, Prunus Chamaecerasus, Spiraea crenata u. a. die Anhöhen. Alle Coniferen und Ericaceen fehlen “(Sergyews nördl. Samara, nach Claus). — Der phänologische Charakter dieser Flora ist oft ge - schildert: ein starker Wechsel vorherrschender Arten in der all - gemeinen Gräserflur ist bezeichnend; in den ersten Frühlingstagen (Ende April) erscheinen die Tulpen und Fritillarien, Iris mit Adonis und Pulsatilla, tiefes Grün spriesst auf; Mitte Mai sind Cruciferen (Alyssum) und Labiaten (Salvia, Dracocephalum) an deren Stelle getreten, Anfang Juni Leguminosen, Sileneen, neue Labiaten und Boragineen; das Grün blasst ab, zu Beginn des Juli beginnt die Hauptblüte der Umbelliferen (Libanotis montana, Peucedanum alsaticum) und Filipendula; Mitte Juli die der Compositen (Cen - taurea, Serratula) als Vorboten des nahenden Herbstes, der den Grundton der Steppe in ein falbes Gelb verwandelt.
Die Formationen der Krim nach Rehmann (a. a. O.) siehe in G. J., Bd. VII, S. 197.
2. Die kaukasische Wald - und Hochgebirgs - region scheint sich weniger scharf, als es bei mittel - europäischen Gebirgen der Fall war, in ausgesprochene Laub - und Nadelwaldformationen zu gliedern, auf welche dann erst die alpinen Formationen folgen. Dagegen ist der über den Steppen beginnende Wald in seinen unter - sten Beständen vorwiegend aus wärmeren Arten gebildet, über denen erst oberwärts die gemischten, und endlich die reinen Nadelwaldbestände vom borealen Charakter folgen. Die Wiesengräser sind grösstenteils mitteleuro - päische Arten.
Höhengrenzen am Südhang in Mingrelien: Lorbeer und Cistus salvifolius bis 200 m; Rhus Cotinus im Rionthal bis 625 m, Wein -385Waldbäume des Kaukasus.stock kult. bis 975 m, Castanea vesca bis 1100 m, Prunus Lauro - cerasus bis 1430 m, Juglans regia wild und kult. bis 1415 m, Roggen - und Gerstenkultur 1500 — 1830 m. — Untere Grenze der Birke 1060 m, obere Grenze in der Strauchregion bei 2450 m; Carpinus und Fraxinus bis 1830 m, Acer Pseudoplatanus bis 1900 m, Fagus silvatica bis circa 2000 m, Picea orientalis und Abies Nordmanniana bis 2100 m. — Darauf folgen Gesträuche und Staudenmatten, Rhododendron caucasicum und Cotoneaster nummularia 2400 — 2750 m; Alpenmatten 2750 — 3650 m (Schnee - linie). Am Nordhange des Elbrus steigen Picea orientalis und Abies Nordmanniana, welche gewöhnlich im westlichen Teil des Gebirges zusammen die Baumgrenze zu bilden scheinen, nur bis 1800 m. — Köppens Karte (a. a. O., Nr. V) stellt das Verbreitungs - gebiet der Picea orientalis in Gestalt eines etwa bei Golowinsk am Schwarzen Meere beginnenden, den Kamm nordwärts durchschnei - denden und dann bis zur Mitte des ganzen Gebirgs auf dem Kamm verlaufenden, dann südwärts an Tiflis und Kars vorbei zum Schwarzen Meer zurücklaufenden Ovals dar, so dass also die ganze Osthälfte des Gebirges keine Fichte hat. Das darin Auffällige mit Beziehung auf die Verwandtschaft der Fichte des Thian-schan ist von Grisebach (V. d. E., I, 448) besprochen. Die gesamten Wald - bestände der gegen das kaspische Meer hin auslaufenden Ostketten sind dürftiger an Wuchs und in der Artzusammensetzung als die am Pontus entlang laufenden Westketten. Hier erhalten sie auch Anschluss in der Bewaldung an die Gebirge des nördlichen Klein - asiens, welche durchaus kein mediterranes Gepräge haben. Die Verbreitung der fast ganz auf den Kaukasus beschränkten, durch ihre mitteleuropäische Kultur gut bekannten Abies Nordmanniana ist der der Picea orientalis ähnlich; im Distrikt des Schwarzen Meeres und in Abchasien bildet sie nicht selten ausgedehnte Wälder, auch in Imeretien; ihr Hauptgebiet liegt zwischen 1370 — 1980 m Höhe (Köppen). — Wenig charakteristisch ist für den Kaukasus die Pla - tane (P. orientalis), da sie spontan nur in Talysch vorkommen und sonst kultiviert sein soll; ähnlich ergeht es dem Areal der Ptero - carya caucasica (= P. fraxinifolia), welche in einigen Gegenden des westlichen Teiles von Transkaukasien wächst und dabei die Nordgrenze ihres in Nordpersien liegenden Areals erreicht. Auch die edle Kastanie beschränkt sich wild auf das westliche Gebiet Transkaukasiens in Gesellschaft von Fagus und Carpinus, so dass nach alledem nur der Südhang des Gebirges wesentliche Züge der mediterran-orientalischen Waldvegetation zur Schau trägt, ohne seltenere Repräsentanten der alten arktotertiären Flora erhalten zu haben. — (Vergl. auch Griseb. Abh., S. 352.)
Es möchte noch der kaukasischen Rhododendren kurz ge - dacht werden: Rh. ponticum ist kaukasisch-kleinasiatisch, ist häufig im Gebiet des Rion und der Kura 300 — 1700 m hoch; zwei nahe verwandte Arten sind südlich des Rion kürzlich bei Batum ent - deckt. Rh. caucasicum ist eine endemische Charakterart, 1 — 1½ mDrude, Pflanzengeographie. 253864. Atlantische Flora, Mittelmeerländer, Orient.hoch wachsend, mit Höhenspielraum von 1800 — 3000 m: „ es er - scheint, wo die Birke als Baum verschwindet; seine grossen immer - grünen Blätter und reichlichen Blumenbouquets finden nicht ihres - gleichen in diesen Höhen. Es kommt hier so zahlreich vor, dass es im holzarmen Thal des Terek von den Tscherkessen überall als Brennmaterial benützt wird “(Rehmann, nach Köppen). Die letzte Art, Rh. (Azalea) flavum, wächst in Volhynien, in dem Kaukasus und in Kleinasien in zwei getrennten Arealen, auf beiden Gebirgs - seiten von den unteren Regionen bis circa 2000 m.
Die alpinen Formationen sind trefflich von Radde, auch von Dinnik aus dem höheren Ossetien geschildert. Die bekannten alpinen Gattungen Draba, Campanula, Gentiana etc. sind teils in endemischen, teils in borealen und arktischen Formen reichlich vorhanden. Engler gibt z. B. 3 Saxifraga-Arten als endemisch im Gebiet an; eine derselben, die seltene S. laevis, bedeckt mit Draba scabra und imbricata zu Tausenden (?) auf dem winzigen Raum von 2 — 3 Qudratfuss vereinigt die Geröllfelsen auf den Rionpass - höhen.
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II. Willkomm, Ueber d. atlantische Flora, ihre Zusammen - setzung und Begrenzung; Lotos 1884 (siehe G. J., XI, 121). Cosson, Compendium Florae atlanticae (Flore des Etats barbaresques Algérie, Tunisie et Maroc) 1881 u. folgd. im Erscheinen. Hooker & Ball, Marocco and the Great Atlas, London 1879; Spicilegium Florae Maroccanae im Journal Linn. Soc. London 1878, pts. 96 und 97 (G. J., VIII, 247). Cosson, Règne végétal en Algérie, 1879; Ex - ploration scientifique de la Tunisie: Note sur la Flore de la Krou - mirie centrale expl. 1883, Paris 1886; Forêts, bois et broussailles du Nord de la Tunisie, 1884 (G. J., XI, 123); Considérations géné - rales sur la distribution en Tunisie etc., Comptes rendus 1884 (G. J., XI, 122). Battandier & Trabut, Flore d’Algérie & Atlas de la Flore d’Alger (siehe G. J., XIII, 330). Tchihatschef, Espagne, Algérie et Tunisie, Paris 1880. Boissier, Voyage botan. dans le midi de l’Espagne, Paris 1839 / 45 (mit Atlas).
III. Willkomm & Lange, Prodromus florae Hispanicae (nur systematische Flora). Willkomm, Vegetationskizzen aus Spanien, Botan. Zeitg. 1851; die Strand - und Steppengebiete der iberischen Halbinsel, 1852 (mit Vegetationskarte!); Spanien und die Balearen,387Litteratur.Berlin 1876; Index plantarum in insulis Balearibus, Linnaea 1876. Burnat & Barbey, Voy. botan. dans les îles Baléares etc., 1882. — Fuchs, Abhängigkeit der Mediterranflora von der Bodenunterlage, K. Akad. zu Wien 1877 (G. J., VII, 197). Durand & Flahault, Les limites de la région méditerranéenne en France, Bulletin Soc. botan. de France Bd. 33. Loret & Barrandon, Flore de Mont - pellier, analyse descriptive des plantes de l’Hérault. Forsyth - Major, Die Tyrrhenis, Kosmos 1883, VII (G. J., X, 177 — 179). Parlatore, Etudes sur la géogr. botan. de l’Italie, 1878: Flora ita - liana 1850 u. folgd. (systematische Flora, im Erscheinen). Caruel, Statistica botanica della Toscana, 1871. Barbey, Florae Sardoae Compendium, 1885 (G. J., XI, 123), Fischer, Beitr. z. Geogr. d. Mittelmeerländer, vorz. Siciliens; 1877. Franke, Ausflug auf den Aetna, Abh. d. naturf. Ges. Görlitz, Bd. 18, 1884. Marchesetti, Botan. Wanderungen in Italien, Verh. d. K. zoolog. -botan. Ges. in Wien, Bd. 25, S. 602.
IV. Visiani, Flora dalmatica, mit Supplem. 1842 — 81 (system. Florenwerk m. Taf.). Freyn, Flora von Süd-Istrien, Verh. der K. zoolog. -botan. Ges. Wien, Bd. 27 (1877), (G. J., VII, 198). Heldreich, Die Nutzpflanzen Griechenlands, 1862; Bericht über die Ergebnisse einer Bereisung Thessaliens, Sitzungsber. d. K. Preuss. Akad. Berlin, 1883. Boissier, Flora orientalis, sive enumeratio plantarum in Oriente a Graecia et Aegypto ad Indiae fines obs. 1867 — 1884 (botanisches Hauptflorenwerk; Inhaltsangabe siehe Drude in Isis, 1886, Abh. 5). Grisebach, Reise durch Rumelien und nach Brussa 1839, Göttingen 1841; mit Flora: Spicilegium Florae rumel. et bittynicae, 1843. Ascherson, Flora der Cyrenaika, in Rohlfs Kufra, 1881. Tchihatcheff, Flore de l’Asie mineure, de l’Arménie et des Iles de l’Archipel Grec, 1860 — 62 (mit Atlas). Schweiger-Lerchenfeld, Kulturkarte von Kleinasien in Mittl. d. K. geogr. Ges. in Wien, 1878. Unger & Kotschy, Die Insel Cypern, 1865. Sintenis, Cypern und seine Flora in Oesterr. botan. Zeit - schrift 1882. Kotschy, Reise in den cilicischen Taurus, 1859; Sommerflora des Antilibanon; der Libanon u. s. Alpenflora, Wien 1864; Südpalästina im Kleid d. Frühlingsflora, Wien 1861. Koch, Beitr. z. Flora des Orients, Linnaea, Bd. 21. Tristram, Fauna and Flora of Palaestine, 1882. Klinggräff, Palästina u. s. Vege - tation, Oesterr. botan. Zeitschr. 1880.
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Von den Azoren und Canaren im Westen über die atlantischen Gestade des südlichen Europas und des nord - westlichen Afrikas bis zum Südhange des hohen Atlas dehnt sich die hier unter gemeinsame Gesichtspunkte zu - sammenzufassende Ländergruppe aus über die Halbinseln und Inseln des Mittelmeeres, einschliesslich Tunis und Cyrenaika, auch über das Bassin der unteren Rhone in Frankreich, und ostwärts durch Kleinasien und Persien, bis zu den belutschistanischen Grenzgebirgen gegen In - dien und im Nordosten bis zu dem Gebirgsgürtel Elburs - Gulistan-Kuhi-Baba-Hindukusch, ebenfalls das Südgehänge des Kaukasus floristisch in ihren Bereich ziehend. In grosser Mannigfaltigkeit wechseln auf diesen weiten Strecken in reich entfalteter Küstengliederung Hügel - und Berg - länder mit Tafellandschaften und steil aufragenden Hoch - gebirgen ab, und die letzteren wirken bestimmend auf die Grenzen der floristischen Bezirke im Innern, sowie auf den Anschluss an die mitteleuropäische Flora; im Orient aber werden diesen orographischen Verhältnissen noch die Eigenschaften grosser Distrikte als Binnenge - biete, welche stets den ausgesprochenen Hang zu steppen - artiger Bodenbedeckung oder zur Salzwüstenbildung zeigen, hinzugefügt, und damit eines der heissesten subtropischen Länder in nahen floristischen Anschluss an die milden Seeklimate der europäisch-nordafrikanischen Subtropen gebracht.
Das Klima charakterisiert sich am besten durch die mitten in der Hauptmasse der ganzen Ländergruppe ver - laufende 17°C. -Jahresisotherme, sowie dadurch, dass die warme Periode in Supans Darstellung vom europäi - schen Klima meist überall 8 — 10 Monate, die heisse 3 bis 5 Monate andauert und Frost nur die Gebirgsländer dauernd trifft; denn — wie unsere Karte anzeigt — läuft die 10°-Isotherme des kältesten Monats durch die süd -389Gliederung und Klima.licheren Teile der Ländergruppe. Von dem Durchschnitt sind aber drei sehr verschiedene Abweichungsdistrikte herauszuheben: zunächst zeichnen sich die atlantischen Inseln und Gestade durch eine sehr viel grössere Gleich - förmigkeit im Klima aus als die orientalischen Konti - nentalgebiete, und die Azoren liegen in Köppens „ konstant gemäßigtem “Gürtel. Dagegen bildet das armenische Hochland um Ersirum und Eriwan eine kalte Enklave mit 3 — 5 Monaten Frostdauer und kaum einem Monat über 20°C. andauernder Hitze im Jahresmittel, so dass hier ein Klima sehr ähnlich in seinem Temperaturgange etwa dem von Sarepta an der Wolga besteht. Die letzte Ab - weichung besteht in der Hitze des orientalischen Anteils von Damaskus bis zu den Westgrenzen Indiens, welcher Bezirk grossenteils innerhalb der 30°C. -Sommerhitzen - kurve liegt und ausserdem, wie unsere Karte zeigt, mit zu den unter 20 cm Niederschlagshöhen im Jahresmittel aufweisenden Ländern gehört. Dazu gesellt sich das excessive Klima der iranischen Steppen: trotz der Nähe mit ewigem Schnee bedeckter Gebirge hier die glühende Sonnenhitze eines dürren Sommers!
„ Auf der Hochebene zwischen Ispahan und Schiras (über 2300 m) und südlich von Schiras häufen sich die Schneemassen derart an, dass mitunter sogar die Telegraphenleitungen unter ihrer Last zusammenbrechen. Nicht vor dem April verschwindet hier in feuchten Jahren der Schnee, um sich nun rasch auf die Hochkämme zurückzuziehen. Wo sich diese indessen über 3500 m erheben, erhält er sich bis in den Hochsommer … Aber so hoch auch diese Gebirge aufragen und solange sich der Schnee auf ihnen behauptet, so hüllen sich doch ihre Häupter von der zweiten Hälfte des Frühlings an kaum jemals mehr in die feuchten Schleier der Nebel. Hoch zieht über ihnen dann und wann flüchtiges Ge - wölk hinweg, ihre silbernen Zacken und Bänder aber leuchten Tag um Tag mit gleicher Pracht in die glühende Landschaft zu ihren Füssen hinaus. So erklärt es sich, dass trotz der reichen Schnee - fälle in den Hochlagen auch die Niederschlagsmenge des west - lichen und südwestlichen Hochlands 30 cm kaum übersteigt, während sie für das ostpersische Binnengebiet gar nur auf 10 cm veranschlagt wird und selbst in Buschir am Aussenfusse des südira - nischen Randgebietes in manchen Jahren nur 13 — 16 cm beträgt “(Stapf, a. a. O. S. 231).
Aehnlich hohe Hitzegrade, aber nicht unvermittelt an die Schneehäupter der Hochgebirge anstossend, kom -3904. Atlantische Flora, Mittelmeerländer und Orient.men auch im südwestlichen Teil der Ländergruppe, in den marokkanisch-algerischen Steppen, vor, aber die Nie - derschläge sind reichlicher, die Winter weniger kalt.
Diesem Klima entsprechend gehört die atlantisch - mediterran-orientale Insel - und Ländergruppe zu der nörd - lich-sommerheissen Vegetationszone (Zone III, oben S. 85), in den niederschlagsreichen Distrikten Wälder, welche nicht mehr frosthart sind, und ebensolche Gebüsche, vielfältig immergrün, tragend, in den niederschlagsarmen Distrikten Steppenformationen in allen Ausprägungen zeigend, die Gebirge mit frostsicheren sommergrünen Laubbäumen oder Nadelhölzern vom mehr nordischen Typus bedeckt, und über der Baumgrenze Gesträuch - und Matten - formationen vom alpinen Hauptcharakter. Die Winter - ruhe ist meistens kurz und unvollständig, früh (Februar März) erwacht die Vegetation, um sich rasch zu herrli - cher und kräftiger Blüte zu entwickeln, während der Beginn grosser Hitze einen Stillstand schafft; vielfältig regt sich dann nach dem Ablassen der Hitze unter dem günstigen Einfluss von Niederschlägen neues Leben. Die Mittelmeerländer zerfallen hinsichtlich der letzteren in eine (etwa durch den 40° N. getrennte) Nord - und Süd - hälfte; erstere hat ihr Regenmaximum im Herbst und Frühling, letztere im Winter, und die Aequatorialgrenze dieser Winterregen verläuft unter 25° N. durch die Sa - hara. Daher hat die Südhälfte eigentlich nur 2 Jahres - zeiten, eine trockene und eine nasse, wie dies in Sicilien auch der geläufige Ausdruck sein soll (Fischer, a. a. O.).
Die gesamte Ländergruppe ist in meiner Florenreichs - einteilung in ein einziges Florenreich: das medi - terran-orientale (besser: atlantisch-mediterran-orien - tales Fl.) zusammengefasst, obwohl die Floren der äussersten Extreme, z. B. der Azoren-Canaren und Afghanistans, sehr ungleiche Produkte aufzuweisen haben. Diese Vereini - gung ist daher etwas näher zu begründen, um den Cha - rakter dadurch deutlicher zu verstehen: der Grundstock der Flora ist oben (S. 345 — 348) angegeben in Hinsicht auf Ordnungen und charakteristische Gattungen, auch ist dort gesagt, dass zwei nebeneinander liegende Floren -391Zonen - und Florenreichs-Charakter.elemente diesen Teil der Alten Welt besetzt halten, das atlantisch-mediterrane, und das pontisch-orientale („ inner - asiatische “) Element. Letzteres gipfelt in Hochasien zwischen Himalaya und Altai, und in Turkestan. Indem nun die kontinentalen Steppen von Iran und Anatolien zwar durch Gebirgswälle geschieden, doch nicht vollkom - men abgesondert und dabei ähnlich beanlagt sind, mussten gleiche Gattungen hüben und drüben mit repräsentativen oder auch mit gleichen Arten sich ansiedeln können. Die Steppenformationen Irans gehören daher grossenteils mit denen Turkestans zum gleichen Grundstocke. Anders ist es mit den umrandenden immergrünen und den im Innern aufgebauten Gebirgswaldregionen: die hier auftretenden Gattungen sind mediterran oder pontisch, das pontische Florenelement ist aber schon oben als kältere Ausschei - dung der arktotertiären Mediterranflora hingestellt und mit dem Charakter eines eigenen vermittelnden Floren - gebiets belegt. Hierher rechne ich z. B. die Tannen (Abies cilicica), Cedern, Platanen, Pterocarya, die Eichen! Wenn die Dattelpalme von Mesopotamien bis zum Indus heimisch ist, so darf man nicht vergessen, dass auch das tertiäre Südeuropa dieselbe (oder sehr ähnliche Arten) besass; zugleich ist eine Abart (Phoenix Jubae = Ph. canariensis) auf den atlantischen Inseln heimisch. Ausser - dem deutet vieles darauf hin, dass eine grosse Menge Steppenformen in Anatolien und Iran selbständig entstan - den und durch Acclimatisation mit Wanderung nordwärts ausgetreten sind. Aus dem Grunde schliesse ich den Orient innerhalb der genannten Grenze an die Mittel - meerländer, deren Charaktertypen sich wieder, wenngleich ganz anders ausgeprägt und um vieles, was arktotertiären Relikten zu entsprechen scheint, vermehrt auf den Atlan - tischen Inseln finden. Man darf sich nicht wundern, wenn die Steppen andere Arten besitzen als die medi - terranen Küsten; in Spanien und Algier sind wiederum Steppen entwickelt, entsprechend — aber ganz anders — denen des Orients.
So gibt es in dieser Ländergruppe neben manchen gemeinsamen Arealen von Charakterpflanzen — wie Erica3924. Atlantische Flora, Mittelmeerländer und Orient.arborea und anderen Bestandteilen der Maquis — viel mehr einander repräsentativ-ablösende, durch welche sich eine Menge von Florenbezirken mit eigenem, oft sehr hohem Bestande endemischer Arten abscheidet. In den 9 hier gebildeten Vegetationsregionen drückt sich das geringste Maß dieser Unterscheidungen aus; auch die voranstehende Litteratur ist, um dies anzudeuten, sogleich wenigstens in 5 Hauptabteilungen gebracht.
Beispiele für den endemischen Charakter in der Flora des Orients. In Boissiers Flora orientalis sind die auch ausserhalb seines Gebietes vorkommenden Arten mit Zusätzen über ihre weitere Verbreitung unter der Bemerkung „ Area Geographica “versehen, und hiernach habe ich Zählungen der endemischen und der weiter verbreiteten Arten vornehmen können. Sehr häufig ist die grössere Hälfte, je zwei Drittel und noch mehr der Arten in den einzelnen Gattungen Boissier nur aus dem Gebiete seiner Flora bekannt ge - worden; nur selten sind die Gattungen, wo die Arten gar nichts besonderes aufzuweisen haben, und formenreiche Gattungen des mediterran-orientalischen Florenreichs sind das niemals. In den folgenden statistischen Zusammenzählungen ist die Zahl der nach Boissiers „ Flora “in deren Gebiet endemischen Arten in Klammer mit Hinzufügung von (e) angegeben, die Gesamtzahl orientaler Arten steht voran. Anthemis 93 (e 81), Cousinia! 136 (e 132!), Centaurea 183 (e 147), Scorzonera 67 (e 56), Campanula 125 (e 105), Onosma 56 (e 51), Verbascum 123 (e 107), Scrophularia 78 (e 66), Salvia 107 (e 91), Nepeta! 87 (e 78), Stachys 84 (e 72), Acantholimon!! 74 (e 74!). — Trigonella 69 (e 54), Astragalus! circa 800 (e circa 700!), Onobrychis 69 (e 64). Dianthus 89 (e 73), Silene 205 (e 158); Erysimum 61 (e 54), Alyssum 64 (e 50); Tamarix 38 (e 27), Hyperi - cum 75 (e 62). — Crocus 44 (e 37), Colchicum 29 (e 25), Fritil - laria 33 (e 27), Allium 139 (e 109). — Unter den Eichen im Be - reich der „ Flora orientalis “erscheinen 14 von 22 endemisch, wäh - rend die übrigen Cupuliferen: Castanea, Fagus, Corylus, Carpinus, Ostrya mit zusammen nur 7 Arten keine endemische zeigen; von Coniferen-Abietineen kommen 10 Pinus (keine endemisch), 2 Cedrus (endemische Unterarten), 2 Picea (e 1) und 6 Abies (e 4) vor. -
Bemerkenswert in dem Gesamtgebiet ist die hohe Stauden bildende Gruppe von Umbelliferen: Ferula, Prangos etc. Ferner die Gattungen Cistus und Pistacia, der Reichtum an Liliaceen der Tribus Scilleae. Der Chamaerops im westlichen (atlantischen) Medi - terranbezirk entsprechen verwandte Gattungen im Orient; sehr vereinzelt steht eine Erscheinung wie die der waldbildenden Argania Sideroxylon in Marokko aus der Ordnung der Sapotaceen.
Die Vegetationsformationen gliedern sich natur - gemäß zunächst in immergrün - und sommergrün-gemischte393Endemische Arten. Formationen.Wälder in Verbindung mit immergrünen Gesträuchen („ Maquis “, s. oben S. 281 und Griseb. V. d. E., S. 281); Coniferen und Eichen liefern die wichtigsten immergrünen Bäume; die Zahl der Sträucher ist viel grösser: Myrtus communis, Laurus nobilis, Arbutus Unedo und Andrachne, die Pistacia-Arten, Erica arborea und andere (im Osten immer seltener werdende) Ericinen sind einige wohlbekannte Erscheinungen daraus. Andere Charaktersträucher sind sommergrün. Voran stehen dann in der Auffälligkeit die Steppenformationen mit ihren Dornsträuchern, Wer - muth und Melden (Salsolaceen), darunter zahlreiche Stau - den und Zwiebelgewächse aller möglichen Familien. Ihnen wirken im niederschlagsreichen Gelände die gemischten Halbstrauch - und Staudenmatten, auch Matten einjähriger Gräser und wechselnder Blüten entgegen, in denen duf - tende Labiaten und Compositen, die Trifolium - und Me - dicago-Arten so überaus zahlreich vertreten sind: sie be - wirken mit den Steppenpflanzen den grossen Arten - reichtum dieser ganzen Ländergruppe, welcher sich in der Erscheinungsweise und Gliederung wohl am meisten mit dem des nordmexikanisch-texanisch-floridanischen Ge - bietes vergleichen lässt.
Die hauptsächlichsten besonderen Merkmale der ein - zelnen Ländergruppen knüpfen wir an 9, nach West und Ost, wie nach der orographischen Gesamtgestaltung ab - gegliederten Vegetationsregionen.
I. Vegetationsregionen der Atlantischen In - seln (Makaronesien). — Die Azoren, die Insel Madeira und die Canaren bilden drei getrennte, an endemischen Florenbestandteilen reiche und durch eine eigenartige Anordnung der Vegetation ausgezeichnete Florenbezirke, deren westeuropäischer Charakter besonders durch ein Hervortreten von Ericaceen und anderen immergrünen Gesträuchen gezeigt wird, welche sich aber zugleich durch ein sonst im ganzen mediterran-orientalen Florenreich vermisstes reiches Auftreten schöner Lauraceen im immer - grünen Wald und Buschwald auszeichnen. Die Canaren sondern gleichzeitig eine eigene untere trockene („ Succu - lenten “- Region) aus, über welcher erst die immergrünen3944. Atlantische Flora, Mittelmeerländer und Orient.Wälder beginnen; und während dieselbe durch Dattel - palme und Tamariske mit dem Orient ebenso, wie mit dem benachbarten Afrika verbunden wird, weisen fleischige Euphorbien auf letzteren Kontinent allein hin. Diese hier kurz angedeuteten Prinzipien der Gliederung sind von Grisebach (V. d. E, II, Kap. XXIV 1 — 3) ausführ - lich besprochen; ihre Florenentwickelung siehe oben, S. 129.
1. Die Dattelpalme der Canaren in der unteren Strauch - vegetationsregion, welche je nach der Lage bis 500 m oder bis gegen 800 m hoch hinaufreicht, ist vielleicht eine eigene Art: Phoenix Jubae oder Ph. canariensis genannt; nach Christ, auf dessen ausgezeichnete Schilderungen verwiesen werden mag, lebt sie auf den sämtlichen westlichen Canaren in Menge, heute aber meist im Bereich der Kultur, an manchen Stellen wild mit Pinus canariensis beobachtet. Tamarix canariensis; Euphorbia cana - riensis, balsamifera, regis Jubae; Kleinia neriifolia; Crassulaceen und grosse Statice-Arten (9! „ von denen keine einzige auch nur ein anderes Glied der atlantischen Inselwelt berührt “) bilden die hauptsächlichen Charakterarten in dieser Region.
2. Die immergrüne Lorbeerwaldregion reicht von den trockenen Küstenebenen und Hügeln, oft unmittelbar vom Meeres - gestade abgesehen von den Kultureingriffen, etwa 1200 m hoch hinauf, auf den Azoren nur bis 800 m. Die wichtigsten Bäume auf den Canaren und Madeira sind Laurus canariensis (dem süd - europäischen Lorbeer ähnlich, aber zu voller Baumgrösse ent - wickelt), Persea indica (bis 40 m hoch), Oreodaphne foetens von den Eingeborenen mit Linden verglichen; seltener ist Phoebe barbusana. Persea indica bewohnt auch alle Azoreninseln, dazu P. azorica; ebenso ist Oreodaphne auf den Azoren wild, aber Laurus canariensis nur kultiviert; Myrica Faya tritt als immer - grüner Strauch ein. Auf den Canaren und Madeira verleiht der Drachenbaum, Dracaena Draco, der Vegetation einen höchst eigen - tümlichen Stengel als Einzelbild und ist deshalb mit zur Namens - gebung der makaronesischen Vegetation benutzt; „ sie ist der warmen Region des Archipels von Madeira, den canarischen Inseln und den Kap-Verden eigen, soll nach den Azoren erst durch die Kultur verpflanzt sein “(Griseb. V. d. E., II, 480). Clethra arborea und die Sapotacee Sideroxylon geben Madeira einen systematisch alt - tertiären Charakter.
3. Die Nadelholz - und Erikengesträuchregion löst oberwärts die Lorbeerbäume ab und erstreckt sich etwa 1800 m hoch, durch die Feuchtigkeit begünstigt. Pinus canariensis aller - dings bewohnt von 1100 m an die trockenen, dem Wind und der Sonne ausgesetzten Böschungen mit Cistus, Daphne Gnidium; (Daphne Laureola gemein auf den Azoren). Juniperus Cedrus und395Canaren, Azoren, Madeira. Mittelmeer-Bezirke.brevifolia, erstere meist ausgerottet, gehören hierher. Die Erica - ceen wiegen besonders auf den Azoren vor (Erica azorica, Daboecia polifolia, Calluna!); auf den Canaren Erica scoparia, schon in der unteren Region beginnt die weitverbreitete E. arborea und bleibt als Maquisbestandteil übrig; Vaccinium maderense zeichnet Ma - deira aus.
(3*) Die Retama blanca-Gesträuchregion bezeichnet auf Teneriffa eine subalpine Höhenlage über 1800 m, hauptsächlich gebildet von Spartocytisus nubigenus, einem fast blattlosen Ginster - strauch in den über den Wolkenschichten liegenden, trockenen und sonnenbestrahlten Bimssteingeröllhalden. Ein Cytisus und wenige Stauden gesellen sich ihm bei.
II. Vegetationsregionen der Mittelmeerlän - der. Aus den oben erörterten Gründen gliedern sich die nunmehr folgenden Festlandsteile, Halbinseln und mit deren Charakter auf das innigste verbundenen Inseln hauptsächlich durch eine Scheide, welche den mediterra - nen Küstenstrich Kleinasiens vom armenischen Hochlande und den Bergwäldern des Innern, sowie von den orienta - lischen Steppen trennt. Westlich dieser Scheide liegen als Hauptflorenbezirke, welche in der Litteraturübersicht unter Nr. II — IV getrennt gehalten sind: der an das Atlasgebirge anknüpfende „ atlantische Bezirk “(II), dessen Bereich auf dem Kärtchen (s. oben S. 364) nach Willkomm eingetragen ist, dann der „ nordiberisch-tyr - rhenische Bezirk “(III), welcher noch die Hauptmasse Italiens einschliesst, und der „ ostmediterrane Bezirk “(IV), zu welchem Dalmatien, Hellas und Kreta, und die um das ägäische Meer liegenden Striche als wiederum recht verschiedenartige Teile zu rechnen sind. Jeder dieser Be - zirke ist mehr oder weniger reich an Endemismen von lokaler oder etwas weiterer Verbreitung; doch sind die ton - angebenden Arten oder Artgruppen nicht so weit verschie - den, dass die Vegetationsformationen sich nicht noch in natürlicher Weise zu drei gemeinsamen Kategorien ver - einigen liessen, welche nach ihrem Charakter als immer - grüne Gesträuche mit Wäldern, oder als Steppen, oder als Waldgebirge mit Hochgebirgsformationen mehr mittel - europäisch-alpinen Charakters bezeichnet werden.
4. Die immergrüne mediterrane Vegetations - region zeichnet sich aus durch die „ Maquis-Formationen “,3964. Atlantische Flora, Mittelmeerländer und Orient.immergrüne Gebüsche der Erica arborea, Olea europaea, Myrtus communis, Cistus, Arbutus etc., deren allgemeiner und nach Bezirken verschiedenartig erweiterter Bestand von Grisebach, a. a. O., ausführlich besprochen ist.
Fuchs (siehe G. J., VII, 197) setzt den Einfluss der Boden - unterlage auf ihre und der immergrünen Laubbäume Verbreitung auseinander, wonach der Kalk die Formation allein aufrecht er - hält da, wo die Jahrestemperatur für sich nicht ausreicht. Von besonderer Bedeutung für die Waldbestände sind die Eichen, unter denen Quercus Toza, Suber und Pseudosuber die westlichen, da - gegen Qu. Aegilops, Ballota, Vallonea, regia, castaneaefolia die östlichen Mediterranländer auszeichnen, und Quercus Ilex, lusitanica, coccifera als hauptsächlich genannte immergrüne Vertreter ge - meinsam sind. Manche Arten haben nur kleine Areale; das merk - würdigste ist wohl das des marokkanischen Arganbaumes. Argania Sideroxylon, welcher seinen nächsten Verwandten auf Madeira findet. — Die innere Gliederung der ganzen Region mag aus ein - zelnen Beispielen deutlich werden.
Nach Battandier und Trabut (G. J., XIII, 330) gehören fol - gende Hauptbestände in Algier zu der genannten Region: 1. Der nach der Olive benannte, von 20 — 1200 m; 2. der der Korkeiche meist in 200 — 800 m Höhe mit ½ — 1 m jährlicher Regenhöhe; 3. der der mediterranen Zwergpalme (Chamaerops humilis) in 10 bis 1200 m Höhe mit 30 — 40 cm jährlichem Regenfall, und dessen Unterteile von Zizyphus Lotus, hohen Umbelliferen (Ferula) und Eryngium campestre; die Zwergpalme bildet auch in Südspanien mächtig ausgedehnte Gestrüppe, ist weniger in Beständen ent - wickelt auf den italienischen Inseln, und schwindet ostwärts; 4. Hauptbestand der Aleppokiefer Pinus halepensis, mit 3 anderen Coniferen als Unterabteilung, nämlich Callitris quadrivalvis, Juni - perus Oxycedrus, J. phoenicea; 5. Bestand der Quercus Ballota 1000 — 1600 m; 6. der der Cedern (1200 — 1900).
Ausgezeichnet ist von Boissier die Vegetationsanordnung in Spanien gekennzeichnet: in Granada und auf den spanischen Plateaus sind die immergrünen Regionen nicht gleichartig; in den letzteren steigt die Olive mit dem Weinstock bis circa 1200 m, Maquis von Genisteen und Cistus sind vorherrschend; es sind lichte Wälder von Pinus Pinaster und halepensis zwischen 400 — 1200 m ausgebreitet, oder immergrüne Eichen; „ Tomillares “heissen die aus niederen Halbsträuchern und Stauden (Thymus, Teucrium, Sideritis, Lavandula, Linum suffruticosum, Santolina rosmarini - folia) gebildeten Matten; dazwischen herrscht Steppe, darüber sommergrüner Wald.
Die Gliederung der Balearen in ihrer bemerkenswerten Ver - schiedenheit gegenüber den atlantischen Inseln beschrieb Willkomm (siehe G. J., VII, 201); Quercus Ilex, Ballota und Pinus halepensis bilden die Waldbestände, Gebüsche aus Myrtus, Pistacia Lentiscus,397Maquis-Formationen. Atlantische Steppen.Cneorum tricoccum, Phillyrea angustifolia, Olea europaea, Cistus monspeliensis und salviaefolius, Hypericum balearicum, Chamaerops (bis 600 m); dann eine etwa bei 800 m beginnende obere Gebüsch - formation von Buxus balearica mit Smilax aspera, Teucrium sub - spinosum.
Die Grenzen der immergrünen Vegetationsregion werden zu - meist im engeren Sinne, nämlich im Bereich der Olivenkultur ange - geben, in Italien zu 400 m, am Aetna fast 700 m, in Dalmatien 450 m, in Lycien zu 500, in Cilicien zu 600 m. Damit hat aber nur ein Charakterbestand sein Ende, und es folgen dann die ebenfalls zu dieser Vegetationsregion gehörigen kühleren Mediter - ranformationen, Pinus-Wälder etc. Juniperus Oxycedrus geht z. B. in der östlichen Mediterranhälfte häufig bis 1400 m; die obere Hälfte der immergrünen Region erstreckt sich im Durchschnitt von 500 m — 1000 m, bis zum Aufhören des Sumach und der immergrünen Eichen (vergl. Fischer a. a. O.).
5. Die atlantische Steppenregion ist in breiter Entfaltung hauptsächlich zwischen der nördlichen und südlichen Hauptkette des Atlas in Marokko, Algerien und Tunesien, dann auf der iberischen Halbinsel zwischen dem oberen Tajo und der Guadiana, nördlich der Sierra Nevada, um Murcia und am mittleren Ebro ausgeprägt.
Die inneren halophilen Steppengebiete überwiegen an Interesse weit vor den Strandgebieten, deren Bürger weitere Verbreitung besitzen; 165 Species zählt Willkomm aus Spanien auf, 9 Sträucher, 42 Halbsträucher, 90 Kräuter, 18 grasartige Pflanzen, unter denen 27 Salsolaceen, 21 Compositen, 13 Cruciferen und 12 Statice-Arten hervorragen; 14 Arten sind afrikanisch, 14 orientalisch, 42 all - gemein - oder atlantisch-mediterran, 63 dagegen „ peninsular “. Viel zahlreicher noch ist der Artbestand der nicht salzigen Steppen, vorzugsweise der Grassteppen von harten und hohen Gräsern aus Avena filifolia und bromoides, Festuca granatensis und Stipa tenacissima, welche das Vieh kaum berühren soll. In Algerien ist das letztgenannte Gras, als Ausfuhrrohstoff für die Esparto - papierfabrikation sehr wertvoll, vorherrschend in der nach ihm benannten „ Halfaregion “, bildet aber gemäß Trabut nur die Steppenbestände auf felsigem Untergrunde, während die Charakter - arten der Lehmsteppe Artemisia Herba-alba, auf Salzgrund die Salsolaceen etc., auf der Sandsteppe aber Aristida pungens sind. Auch die „ Dayaformation “mit Pistacia atlantica als Charakterart zieht Trabut zu den Steppen, und es scheint auch die um 1000 m Höhe liegende Othonna cheirifolia-Formation in den Schottsebenen ihr zuzugehören.
6. Die atlantisch-mediterrane Bergwald - und Hochgebirgsregion baut sich vom Atlas und der3984. Atlantische Flora, Mittelmeerländer und Orient.Sierra Estrella, Nevada u. s. w. bis zum cilicischen Tau - rus und Libanon über den beiden vorgenannten Vegeta - tionsregionen auf, meistens in Höhen beginnend, wo in Mitteleuropa die obere Nadelwaldregion zu herrschen pflegt, also 1200 — 1400 m hoch. Sie zeichnet sich aus durch Wälder aus den Ordnungen des nordischen Florenreichs, in welcher also die sommergrünen Laubbäume eine grosse Rolle spielen, auch im nördlichen Teile noch die Buche vorkommt. Sonst aber sind es wärmer klimatisierte Nadel - hölzer, Abies Pinsapo, cephalonica, cilicica, die Unterarten der Gattung Cedrus (atlantica, Libani), repräsentative Arten der nördlicheren Eschen -, Erlen - und Eichenarten, welche hier den Waldgürtel bilden, bis dann über dem - selben die alpinen Formationen in grünen Wiesen und blumenreichen Matten, endlich in Geröll - und Felsbe - ständen ausgebreitet sind, deren Gattungen zum Teil mit denen der Alpenflora übereinstimmen, zum Teil aber an - dere und echt mediterrane Formen darstellen, unter denen das arktische Element fehlt oder nur schwach ver - treten ist.
So bezeichnet im grossen Atlas ein Kranz verkümmerter Eichen (Qu. Ilex) zwischen 2400 und 2700 m die Baumgrenze; keine Spur der Charaktergewächse Madeiras und der Canaren ist auf dieses Hochgebirge übergegangen (siehe Griseb. Abhandl., S. 420 und G. J., VIII, 247). Ribes -, Rosa - und Berberisgesträuche bilden die unteren alpinen Formationen, selten sind die Abhänge mit Gras und die Felsen mit Moos bewachsen, 1 Draba und 3 Saxifragen, 1 ausgezeichnete endemische Composite: Chrysan - themum Catananche, bezeichnen den Charakter der alpinen Stauden, unter denen nordeuropäische Arten (z. B. Saxifraga granulata) vorkommen; Labiaten sind zahlreich (Lavandula, Mentha, Thy - mus, Calamintha, Hyssopus, Salvia, Sideritis, Lamium, Ajuga).
In der spanischen Sierra Nevada beginnt mit etwa 1400 m ein gemäßigter Waldgürtel von Pinus silvestris, Taxus, Sorbus Aria, Acer opulifolium, Fraxinus excelsior; 2000 m hoch folgen Alpengesträuche, 2450 m hoch Alpenstauden und Grasfluren (nivale Region von Boissier). Der untere mitteleuropäische Charakter wird durch Quercus Toza und Ginstergesträuche (Erinacea hispanica, Genista horrida und ramosissima, Astragalus creticus etc.) in einen mediterranen verwandelt; ein anderer Ginster, G. aspalathoides, bildet darauf einen breiten zusammenhängenden Gürtel und mischt sich stellenweise mit Juniperus nana und Sabina. Die Alpenmatten (Borreguiles-Formation) bestehen aus Agrostis nevadensis, Nardus399Atlas, Sierra Nevada, Aetna, Taurus, Libanon.stricta, Festuca; unter den Stauden zeichnen sich Arenarien, Po - tentilla nevadensis, Artemisia granatensis, Plantago nivalis u. a. aus.
Höhengrenzen der Bäume in Sizilien u. s. w. bespricht Fischer (a. a. O. S. 143). Am Aetna ist nach Franke 1300 m hoch ein ausgedehnter lichter Kastanienwald gepflanzt; Buchen, Eichen und Birken folgen, bis 2200 m geht Pinus Laricio. Die Gesträuche bestehen aus Berberis aetnensis, Juniperus sphaericus; 4 Stauden gehen bis 3000 m (G. J., XI, 125). Der Gran Sasso hat die Buchen - grenze gegen N. 1650, gegen S. 1800 m hoch und zahlreiche echt - alpine (mitteleuropäische) Hochgebirgsarten (s. G. J., VII, 199). — Zur unteren Waldregion in Eurytanien, Thessalien und Epirus ge - hört neben Tannen die Rosskastanie (Aesculus Hippocastanum), deren Vaterland lange Zeit unbekannt geblieben ist; auch soll Juglans regia hier heimisch sein (G. J., VIII, 250 und Botan. Ztg. 1880, S. 580).
Das Pontische Küstengebirge ist seit lange als abweichend in seiner Vegetation von den Mediterrangebirgen erkannt; Boissier rechnet es zur mitteleuropäischen Vegetationsregion; in den grösseren Höhen sind die Rhododendren und Vaccinien gesellig. Es sei gleich hier hinzugefügt, dass das nördliche Grenzgebirge des Orients am Kaspischen Meere noch einmal ähnlichen Charakter zeigt, aber gemischt mit vielen orientalen Typen.
In dem Taurus, Libanon und auf Cypern kehrt Cedrus wieder, die dann noch einmal im westlichen Himalaya (C. Deodara) sich findet. Pinus Laricio und Cedrus Libani mit Juniperus foetidis - sima, auch Bestände von Cupressus horizontalis herrschen zwischen 1300 und 1800 oder 1900 m.
III. Vegetationsregionen des Orients. Auch hier lassen sich die Formationen zu drei Regionen zu - sammenfassen, denen allesamt der heissere, mehr kon - tinentale und excessiv-klimatische Charakter aufgeprägt ist. Mesopotamien und der ganze Küstenstrich am Per - sischen Golf bis zu den kalten Regionen der Randgebirge gegen die iranischen Steppen hinauf zeichnet sich durch den Besitz der Dattelpalme aus und verbindet dadurch, sowie durch viele andere Bestände diese Region mit Ara - bien und der Sahara. Der weite Innenraum zwischen den umrandenden Gebirgen, also das Plateau von Konia, Kappadocien, Armenien, Persien, die salzigen Binnen - flächen Persiens, sie alle bilden eine einzige zusammen - hängende Steppenregion, deren nähere Beziehungen zu Innerasien und besonders zu Turan schon angedeutet waren; auch hier heben sich die Gebirge mit spärlichem Waldgürtel und alpinen Formationen eigenartig heraus4004. Atlantische Flora, Mittelmeerländer und Orient.und bilden eine eigene (neunte, bezw. zehnte) Vegetations - region.
7. Armenisch-iranische Steppenregion. Die - selbe beruht auf der den Waldformationen feindlichen klimatischen Wirkung von im Verhältnis zur geographi - schen Lage kalten Wintern und trockenheissen Sommern. Grosse wellenförmig gestaltete Flächen von meistens 700 bis 1200 m Meereshöhe, in Afghanistan und Belutschistan noch über dieser durchschnittlichen Höhe liegend, werden von Gebirgsketten überragt, welche den grösseren Teil des Jahres Schneekämme zeigen, und sind an Bäumen ebenso arm als reich an Halbsträuchern und Stauden en - demischer Arten, Artgruppen oder selbst Gattungen. Pistacia mutica und Juniperus excelsa sind als höhere Holzpflanzen vom Florenreichscharakter zu nennen, von den anderen zumal Gattungen wie Cousinia, Onobrychis, Hedysarum, Astragalus, Acanthophyllum, Silene.
Je höher man auf den Gebirgen (bis zu den eigentlich alpinen Formationen) emporsteigt, desto mehr herrschen die stacheligen Caryophylleen, Astragalus, Compositen, Acantholimon, von denen eine grosse Zahl halbkugelige Rasen oder Büsche bildet von auf - fallender und für diese Vegetationsregion charakteristischer Gestalt. Stapf hat aus den iranischen Steppen ausgezeichnete Einzelbilder geliefert und ebenso die totale Vegetationsanordnung geschildert, welche weite, brennendheisse Wüsten im wahren Sinne nicht aus - schliesst. Ihm zufolge entfällt von den circa 1000 Stachelpflanzen, welche Boissiers „ Flora orientalis “aufzählt, die Hälfte auf Iran, in den Zagros -, Elburs - und chorassanischen Gebirgen hauptsächlich entwickelt, während sie gegen Süden und Südosten bedeutend abnehmen. Auch baumartige Sträucher nehmen daran teil, wie Crataegus, Pyrus glabra, und die weit verbreitete vom ägäischen Bezirk bis China reichende Elaeagnus hortensis in ihrer Steppen - form (E. angustifolia), viel häufiger richtige Sträucher: Amygda - lus -, Rhamnus -, Lycium - und Atraphaxis-Arten, welche verdornende Zweige treiben; ihre Blätter verwandeln in Dornen die circa 60 Acan - tholimon, 10 Acanthophyllum, Silene tragacantha und Gypsophila acerosa, von denen Acantholimon mit ausserordentlichen Mengen auftretend und noch bis 4000 m Höhe gehend streckenweise allein den Vegetationscharakter bedingt; die Leguminosen-Sträucher Ha - limodendron argenteum, Caragana und die vielen halbstrauchigen Astragalus lassen ihre Blattrippen als Dornen stehen; etwa 200 der Traganthsträucher gehören hierher und bilden dichtästige, von Stacheln starrende Polster im Durchmesser von 1 / 10 bis gegen 1 m. „ Ein zweiter Typus der Astragalen ist auf den Gehängen der401Steppen von Iran. Mesopotamien.Hochgebirge gemein: hier erhebt sich ein kurzer, dicker, elasti - scher Stamm bis ½ m schief über den Boden und trägt einen aus dichtgestellten Zweigen gebildeten, flachen und horizontal ausge - breiteten Schirm; der Schneelast, besonders aber dem Drucke der Lawinen gegenüber verhalten sie sich wie das Krummholz der Alpen, wie denn auch ihre Bestände, aus einiger Entfernung ge - sehen, an solche von sehr zerstreut gestellten Legföhren erinnern. “ Die Halimodendron - und Ammodendron persicum-Gesträuche sind Bewohner der centralen Senken, wo sie die Flussläufe und Tamarix - Gebüsche begleiten. — Vergl. auch oben, S. 145, über die Wüsten - steppen.
8. Mesopotamisch-persische Dattelregion. Stapf bezeichnet letztere mit dem persischen Worte Germsir, was unmittelbar „ das heisse Land “bedeutet. Es würde bequem sein, wenn man künftig für alle be - sonders zu unterscheidenden Vegetationsregionen solche, zugleich an ein bestimmtes Land gebundene Namen in der notwendigen Freiheit der Anwendung zur Bezeich - nung hätte, welche den Inbegriff der Charaktergewächse in sich selbst bieten, ohne dass man — wie hier die Dattel — eins besonders herausgreifen muss. Die Nord - grenze des Germsir gegen die Steppen (Biaban) und gegen die feuchteren Wald - und Strauchformationen (Dschaengael) „ bildet die Linie, innerhalb welcher Schneefälle und Fröste nur ausnahmsweise eintreten und rasch und gelinde ver - laufen. Sie fällt ziemlich genau mit der nördlichen Ver - breitungsgrenze der Dattelpalme und des Khonarstrauches, Zizyphus Spina Christi, zusammen. Innerhalb dieses Gebiets beginnen die Regen bereits im November, er - reichen ihre grösste Häufigkeit und Ausgiebigkeit ge - wöhnlich aber erst im Februar und verlieren sich bald nach der Frühlings-Tag - und Nachtgleiche “. Hier ist die Entfaltung der „ Ephemeren “, d. h. der am flüchtigsten in ihrer ganzen Entwickelung vom Keime bis zur Frucht - reife ihre Lebensprozesse im Frühling abspielenden Ge - wächse, am grössten und verleiht eine kurze Zeit hin - durch der Landschaft einen hohen Reiz, noch erhöht durch den Schmuck hellfarbiger Blumen.
Dicyclophora persica, eine hochwüchsige annuelle Umbellifere, ist hier zu nennen; die Mehrzahl der Arten ist sonst klein, aberDrude, Pflanzengeographie. 264024. Atlantische Flora, Mittelmeerländer und Orient.in grossen Scharen vergesellschaftet, z. B. Pentanema divaricatum, Linum spicatum, Diarthron vesiculosum.
Im übrigen prägt die Kultur der Dattelpalme, für die auf Fischers ausgezeichnete Monographie (G. M., Ergänzungsheft Nr. 64) zu verweisen bleibt, dieser Region ihren Charakter auf. „ Vom persischen Golfe landeinwärts erheben sich allenthalben um die Städte und Dörfer die dunkelgrünen eintönigen Palmenhaine, bald gross und reich, bald in beschränkter Ausdehnung, je nachdem die Lage und die Wasserverhältnisse mehr oder weniger günstige sind “(Stapf). Unter den Kulturpflanzen ist die Baumwolle als besondere, subtropische Auszeichnung hervorzuheben. — Man er - sieht aus diesem allen, dass die hier bezeichnete 8. Vegetations - region einen vermittelnden Anschluss an das im III. Kapitel zu schildernde Sahara-Gebiet ausübt.
Mitten in der Steppe erheben sich stellenweise bewaldete Höhen vom ost-mediterranen Typus; so z. B. ist das Sindschar - Gebirge (36° 20′ N. zwischen Euphrat und Tigris) mitten in der mesopotamischen Steppe bewaldet; seine Höhe beträgt gegen 1000 m, sein Baumwuchs besteht aus niederen Eichen und Feigenbäumen, gemäß Sachaus Angaben.
9. Orientalische Gebirgswald - und Glacial - region. Mit „ Dschaengael “bezeichnet der Perser die Gehölzformationen der Sträucher und Bäume gemeinsam, mit „ Saerhadd “das kalte Land, das Sommerweideland seiner Nomaden. Nur bei genügender Milde und Feuch - tigkeit ist die Gehölzformation ansehnlich entwickelt, in dem hier unter Orient zusammengefassten Länderbezirk am üppigsten an den gegen das Kaspische Meer hin ge - richteten Berggehängen mit der äussersten Ostgrenze von Fagus silvatica.
Platanus orientalis, Pterocarya caucasica, Juglans regia, Fra - xinus, Carpinus, Zelkova crenata, Acer -, Populus - und quercus - Arten sind charakteristisch bis zu verhältnismäßig grossen Höhen; dann folgen, und oft im direkten Anschluss an die Steppenforma - tionen, im Bereich des längeren Schnees die Hochgebirgsforma - tionen, welche kaum Spuren von den „ alpinen Beständen “im engeren mitteleuropäischen Sinne zeigen. Am Ararat (Gipfel des Trachytkegels Gorgan mit der höchsten Baumvegetation) ist die Baumlinie auf 2552 m festgestellt, die Schneelinie an derselben NW-Seite zu 4150 m, über welche sich der Gipfel noch bis 5163 m erhebt (s. Verh. Ges. Erdkunde, Berlin, IX, 64), was schon zu Abichs und Wagners Forschungszeiten die bedeutende Elevation über dieselben Linien am Kaukasus bethätigte, um so interessanter, als Armeniens landschaftlicher Charakter am wenigsten durch Waldungen bestimmt wird. Birken, Zitterpappeln und Weiden bilden die höchsten Gehölze; auch Quercus Robur kommt noch403Ararat. Persische Gebirge.vor. Unter solchen Bedingungen reicht auch der Getreidebau am Wansee und Bingöl Dagh bis 2300 m (Gerste), und bei 2000 m Höhe gibt die Hochebene von Ersirum noch ergiebige Weizen - ernten. Vom Bingöl-Dagh brachte Radde genaue Vegetationsan - gaben mit: in der Höhe der obersten Birkengestrüppe beobachtete er zugleich Astragalus - und Acantholimon-Gruppen, welche 500 m tiefer schon wieder die Alleinherrschaft haben. Auch bei 3000 m Höhe ist die Insolationswirkung oft eine so enorme, dass selbst bei nördlicher Lage an keinen zusammenhängenden Rasen zu denken ist und wiederum die Steppen-Charaktergattungen mit be - sonderen Arten vertreten sind, hier Acantholimon glumaceum und Astragalus denudatus. Aus den höchsten Höhen in der Nähe der Schneeschrammen ziehen sich diese zurück, und dort erscheint eine von Stauden und Zwiebelgewächsen gebildete Glacialformation: Alsine aizoïdes und recurva, Androsace olympica, Centaurea rhi - zantha (mit hellgelben Blumenköpfen inmitten der fiederlappig zerschnittenen und dicht behaarten Blätter sitzend), Viola dichroa, Gentiana septemfida und gelida, Dianthus petraeus, Myosotis sil - vatica, Hedysarum obscurum, die im kaukasischen Hochgebirge selten fehlende Artemisia splendens, besonders charakteristisch noch an einzelnen Stellen Heldreichia rotundifolia und Gladiolus Rad - deanus.
Am Kuh-Daëna im Quellgebiet des Orontes findet gleich - falls nach Kotschy eine direkte Ablösung der unteren Steppen - pflanzen durch obere Hochgebirgsarten von ähnlichem Typus statt, ohne dass ein geschlossener Waldgürtel sich einschaltete. Bei 5000 Fuss setzt K. die obere Grenze von Quercus persica an, bei 6000 Fuss die untere Gesträuchgrenze der Lonicera persica, nun folgt 7000 — 8000 Fuss hoch eine nach hohen Umbelliferen be - nannte Formation (Ferula erubescens, Dorema Aucheri), dann 8000 bis 10000 erst hohe und darauf niedere Astragalus-Arten, dann noch über im August liegenden Schneefeldern Didymophysa, Mo - riera, Polygonum radicosum. — Auf den nördlichen Randgebirgen Persiens treten dagegen in entsprechenden Höhen, oder bei grösserer Niederschlagsmenge entsprechend tiefer, weit mehr boreale Typen und auch gewöhnliche Mitteleuropäer auf, wie z. B. am westlichen Elburs 2000 m hoch im schattigen Grunde der Thäler Carex sil - vatica, Orchis incarnata und coriophora, Chaerophyllum aureum, Euphrasia officinalis etc.
Noch ist kurz darauf hinzuweisen, dass eine grosse Zahl höchst wichtiger Kulturpflanzen für Nahrung, Haushalt und Gartenschmuck in dem weiten Bereich des Orients ihr Heimatland haben oder doch wenigstens mit Sicherheit ihr Indigenat vermuten lassen. Der Granat - baum (Punica Granatum) ist wild in Abchasien-Min - grelien, im ganzen Littorale des Kaspischen Meeres und durch Persien hindurch bis zum östlichen Afghanistan noch4044. Atlantische Flora, Mittelmeerländer und Orient.über 2000 m hoch. Ebenso ist auch hier ein Stück der Heimat von Ficus carica, oder nach Solms-Laubach die Heimat der Urform der ganzen mediterran-orientalen Feigengruppe. Die Myrte scheint im Orient verhältnis - mäßig recht selten zu sein. Ueberall wird in Südpersien der weisse Maulbeerbaum in Dörfern und Städten (bis über 2000 m hoch) gezogen. (Ueber Obstbäume vergl. Stapf in Verh. d. zool. -botan. Ges. Wien, 9. Febr. 1887.) Gerste und Weizen, wahrscheinlich auch der Lein als wichtigster Kulturträger des Altertums für Südeuropa, sind hier als Inquilinen zu betrachten.
Die Heimat der altweltlichen Cerealien, welche nicht mehr genau zu ermitteln ist, liegt aller Wahrscheinlichkeit nach in den soeben zusammengefassten Vegetationsregionen des Orients, und für einige der kälteren Arten in den verwandten Gebieten des südöstlichsten Europas. Eine Schwierigkeit der Untersuchung liegt in der Unkenntnis der Phylogenie der Getreidearten, zumal für Weizen und Gerste. Wahrscheinlich muss man den drei Spelz - Arten: dem Dinkel (Triticum Spelta), dem Emmer (T. dicoccum) und dem Einkorn (T. monococcum) nur eine Stammart des eigent - lichen Weizens entgegenstellen, welche als Triticum sativum Lmk. bezeichnet wird und in die 4 Unterart-Gruppen: vulgare, turgidum, durum, polonicum zerfällt. Zudem können linguistische Studien trügen, und es ist als ein Hauptverdienst A. de Candolles in dieser Hinsicht anzusehen, dass er, wiewohl selbst höchst thätig in dem Quellenstudium der alten Litteratur, doch in seinem Werke Ori - gine des plantes cultivées die naturwissenschaftliche Methode über die von Hehn u. a. viel zu hoch zu Rückschlüssen aufgebauschte philologische Darlegung weit erhoben hat. Die Angaben alter Klassiker sind zu wenig genau, wenn z. B. Diodorus die Heimat des „ wilden Weizens “nach Sizilien verlegt, wo aber noch jetzt die Eingeborenen Aegilops ovata so bezeichnen, welche Art dort that - sächlich die unbebauten Landesstrecken überzieht. Als einzige Ueberlieferungen des Altertums von einigem Wert erscheinen die Aussagen von Berosus und Strabo, wonach in Mesopotamien und im westlichsten Ostindien wilder Weizen wuchs. In unserer Zeit hat Balansa das Einkorn in Kleinasien auf dem Berge Sipylus wild gefunden, ebenso Olivier am rechten Ufer des Euphrats in einem kulturlosen Lande, und daneben in einer Gebirgsschlucht Gerste und Triticum vulgare, welches letztere auch aus anderen Gründen als die ursprüngliche und wilde Stammart der Weizen - sorten erscheint, ohne Unterschied von Sommer - und Winterweizen. Vielleicht ist ebenso das Einkorn die Ursprungspflanze aller Spelze, da man dieses im Bereich von Griechenland bis Kleinasien allein wild gefunden hat. Alle diese Kulturen sind prähistorisch, wie man denn auch in den Pfahlbauten der westlichen Schweiz eine405Kulturpflanzen. Altweltliche Cerealien.kleinkörnige Varietät von Triticum vulgare gefunden hat. — Von der Gerste ist nur die zweizeilige (Hordeum distichum) wild ge - funden, und zwar am Kaspischen Meer, in der Wüste von Schir - wan, am Sinai, im steinigen Arabien, westlichen Kleinasien und in Turkestan, soweit man die Ursprünglichkeit der Standorte an - nehmen darf. In den Pfahlbauten finden sich aber neben den Resten der zweizeiligen Gerste auch schon die der sechszeiligen, welche nach ihren Funden in den Pyramiden und nach der alten Litteratur überhaupt die hauptsächlich im Altertum kultivierte Art gewesen zu sein scheint, wie sie gemäß Roxburgh noch im vorigen Jahrhundert allein in Indien gebaut wurde.
Die Kultur des Roggens (Secale Cereale) ist viel jünger und scheint erst mit der christlichen Zeitrechnung von Bedeutung für das Leben der Völker geworden zu sein. Niemals ist er wild ge - funden, wohl aber wachsen nahe verwandte Arten (Secale mon - tanum, fragile) auf der Balkanhalbinsel, in Südrussland, in Cala - brien und Sizilien, S. dalmaticum in Dalmatien und der Hercego - wina. Daher die Meinung, dass der Roggen als einjährige Cerealie ein Kulturprodukt der wilden Arten im südöstlichen Europa ge - worden sei. — Eine ähnliche Meinung hat man vom Hafer (Avena sativa), von dem die Kulturform auch niemals im wirklich wilden Zustande gefunden ist, als Ersatz für Thatsachen.
Auswahl der Litteratur. a) Allgemeine Abhandlungen: Helmersen, Beitrag z. Kenntnis d. geol. u. physikogeogr. Verh. d. aralo-kaspischen Niederung im Bull. Acad. Imp. de St. Pétersbg., XXV, 5. Borszczow, Materialien z. aralo-kaspischen Pflanzengeogr. Petersbg. 1865. Schlagintweit-Sakünlünski, Topograph. Skizze d. Vegetationsgebiete Hochasiens, Globus Bd. 31 (1877); Reisen in Indien und Hochasien, ausgef. i. d. J. 1854 — 58. Regel, E., All - gemeine Bemerkungen über die Flora Centralasiens, in Acta Horti Imp. Petropol. VII, 138 mit Karte; (siehe auch Geogr. Mittlgn. 1882, S. 65). Krassnoff, Entwickel. d. Pflanzenwelt im Thian-schan, Jahresb. d. Schles. Ges. f. vaterl. Kultur, 8. Dez. 1887, und Verh. d. Ges. f. Erdk. Berlin 1888, S. 255. Kanitz, Bot. Resultate d. Centralasiat. Expedition d. Grafen Bela Szechenyi, Mathem. -naturw. Ber. aus Ungarn III, Budapest 1886. Maximowicz, Sur les col - lections bot. de la Mongolie et du Tibet septentrional (Tangout) recueillies récemment par des voyageurs russes etc., im Bulletin du Congrès intern. de bot. et d’horticulture, St. Pétersbg. 1884, S. 135.
b) Expeditionsberichte, Floren: Ueber Schlagintweits Reisen in Gartenflora 1881: Verh. d. Ges. f. Erdkunde, Berlin 1880, VII, 208. Ganzenmüller, Kaschmirs Klima, Pflanzen - und Tierwelt, in Mittlgn. d. K. geogr. Ges., Wien XXX, 579 (mit weiteren Litteratur -4065. Inner-Asien.angaben). Fedtschenkos Reise in Turkestan, Bot. Teil von Bunge u. Regel, Moskau 1876 — 80. Franchet, Plantes du Turkestan (Mis - sion Capus), Ann. Sciences natur., Botan. Ser. 6, Bd. XV — XVI (siehe Botan. Jahrb. Syst. VI, Littber. S. 39). Regel, E., Plantae regiones turkestanicas incolentes etc. in Acta horti Petrop. 1878 u. folgd. Bunge, Monographia Salsolacearum in Asia centrali, ebenda 1879. Regel, A., Reise von Kuldscha zum Sairam-nor, Issyk-kul, Turfan etc. in Gartenflora 1877 (G. J., VII, 206), 1878 (G. J., VIII, 252), 1881 (G. J., IX, 177) und Geogr. Mittlgn. 1880, S. 205. Prshe - walski, Von Kuldscha über den Thian-schan zum Lobnor (Russ., siehe Verh. Ges. Erdk., Berlin V, 121 — 144); Reise in der Mongolei, im Gebiet der Tanguten und d. Wüsten Nordtibets 1870 / 73; Vom Saissan über Hami nach Tibet u. d. Quellgebiet d. Gelben Flusses (Deutsch, Jena 1884; siehe G. J., X, 170 — 174, XI, 126 — 128, und Geogr. Mittlgn. 1883, Taf. 9, 1884, S. 14 und Verh. Ges. f. Erdk., Berlin XI, 158).
Unter Innerasien sind die Gebiete hier zusammen - gefasst, welche auf der beigefügten klimatischen Floren - karte sich durch ihre unter 20 cm betragende geringe Niederschlagsmenge auszeichnen, zugleich mit dem Hoch - gebirgs - und wild zerrissenem, flach zum Balkaschsee abfallenden Landstreifen, welcher sich zwischen das gleich - niederschlagsarme persische Wüstengebiet und die inner - asiatischen Depressionen einschaltet und in dessen Mitte Pamir und Thian-schan liegen; vom Himalaya wird der Nordabfall hier mit einbezogen. Kein Land der Erde ist unter verhältnismäßig so niederer Breite so kalt, wie ein Blick auf die Karte der Wärmegürtel lehrt; denn nur vom südlichen Kaspiufer bis zum Syr-Darja breitet sich ein Streifen subtropisch-sommerheissen Landes aus, und dieser Streifen (die aralo-kaspische Vegetationsregion) bietet folgerichtig einen innigen Anschluss an die siebente Vegetationsregion der mediterran-orientalen Ländergruppe, ist auch von Boissier mit in den Bereich seiner „ Flora orientalis “gezogen.
Aber die Umstände, welche hier auf beschränkterem Raume ein den polaren Gebieten vergleichbares Wärme - klima unter 30° N. gestatten, lassen nicht im entfernte - sten die dort betrachteten Vegetationsformationen zu, welche eigenartig genug sind, um, in natürliche Floren - grenzen gebracht und durch die nie fehlenden Ausstrah - lungen ergänzt, ein selbständiges Florenreich zu bilden:407Klima. Gliederung des Florenreichs.Mongolei, Tibet, Turkestan und Kaspische Step - pen. Dasselbe entspricht einigermaßen dem Grisebach - schen „ Steppengebiet “(V. d. E., Bd. I, Kap. 4), ist aber sowohl der orientalen Florengebiete als auch der pon - tischen Grassteppen mit ihrem nord-mediterranen Cha - rakter entkleidet; denn die wesentlichen Charakterzüge erreichen zwischen Ural und Kaspischer See ihre West - grenzen. Auch so ist noch eine bemerkenswerte Ver - schiedenheit in den Erzeugnissen der verschiedenen Teile, welche mit einzelnen Arten die ungeheuren Wüsten - gebiete sich untermischend bevölkern; die Hauptverschie - denheiten knüpfen sich an drei Florengebiete: Turkestans Gebirge im Westen, die mongolischen Randgebirge im Osten, der Innenhang des Himalaya im Süden; und die orographische Gestaltung, welche zwischen Wüstensteppen und dürftig bewaldeten Bergländern wählen lässt, macht aus diesen drei Florengebieten sechs Vegetationsregionen. Aber im Osten sind die Grenzen des innerasiatischen Florenbestandes gegenüber dem ostasiatischen Element schwierig zu ziehen, wie aus den statistischen Vergleichen von Maximowicz hervorgeht: unter 1296 (im Jahre 1884 bekannten) Blütenpflanzen der Mongolei sind 8 — 9 % endemisch, 35½ % sind „ sibirisch “, d. h. westwärts bis zum Ural durch die Steppenlandschaften verbreitet, 46 % haben ein weit ausgedehntes nördliches Areal, jedoch ohne spezielle Anklänge an Nordamerika, 7 % sind chinesisch - mandschurisch. Nach Norden hin sind durch das sibi - rische einförmige Waldgebiet diesen Florenkindern scharfe Grenzen gesetzt, nach Süden sperrt der tropische Hang des Himalaya; im Osten bildet die immergrüne Strauch - vegetation Chinas bald eine Grenze, aber wiederum nach Westen und besonders nach Südwesten sind die Wande - rungs - und Austauschswege seit der Tertiärperiode günstig geöffnet gewesen.
Der Stellung des Himalaya ist hier besonders zu gedenken: seine geographische Lage macht seine Kamm - linie zu einer natürlichen Florenscheide, aber zugleich ist seine Ausdehnung von West nach Ost so gross, dass auch hierin eine Florengliederung sich ausgebildet hat;4085. Inner-Asien.während also die tropischen Abhänge zur indischen Flora gehören, schalten sich in die oberen gemäßigten Lagen des Westens mediterran-orientale Sippen ein, z. B. die Deodara-Ceder, in die des Ostens dagegen chinesisch - japanische der Ternströmiaceen, Magnoliaceen, Laura - ceen; die alpinen Formationen sind noch mit arktischen Verwandtschaften, also mit rein boreal-alpinen Elementen besetzt, und am inneren Hange zeigt sich nunmehr die als „ innerasiatisch “bezeichnete neue Form dieses arkto - tertiären Grundtypus der nördlichen Alten Welt. Dies letztere Element wird in diesem Kapitel vom Himalaya allein besprochen, der südliche Abhang dagegen unter Indien mit aufgeführt.
Die Vegetationsformationen in diesem weiten Länderkomplex sind sehr einförmig, nur in Wüsten und Steppen mannigfaltige Formen vereinigend (hauptsächlich einjährige Kräuter, dickwurzelige Stauden, dornige Halb - sträucher, dazu Zwiebelgewächse), sonst in Wäldern von rein borealem Typus dürftig entwickelt und auf den Hochgebirgen in den alpinen Formationen mehr die glacialen Anpassungen der Steppenflora als die arktisch - borealen Formen zeigend.
Während gewisse Charaktergattungen der iranischen Steppen, z. B. Acantholimon, kaum noch dem Gebiete angehören, sind andere in repräsentativen Arten ent - wickelt. Unter den Ordnungen ragt die der Salsolaceen besonders hervor (vergl. oben S. 145).
Einer ihrer vornehmsten Vertreter ist der Saxaul, Haloxylon Ammodendron, ein merkwürdiger niederer Baum (!) unter sonst krautartigen oder halbstrauchigen Ordnungsgenossen, vom Ansehen der Kopfweide. Sorokin hat ihn ausführlich geschildert und ab - gebildet (siehe G. J., XI, 125), aus seinen Gehölzen in der Kizil - Kumi-Wüste, wo dieselben nicht an die Gegenwart von Wasser ge - bunden sind; sie sind schattenlos, da die Zweige nur Blattschuppen tragen; rosa gefärbte Früchte sitzen an deren Grunde. — Agrio - phyllum gobicum, der Sulkhir, ist eine andere stachelige, 2 — 3 Fuss hohe Salsolacee, deren feine Samen essbar sind; diese bewohnt den östlichen Teil Innerasiens. Der Saxaul dagegen geht vom kaspi - schen Gebiet und sogar aus dem persischen Nachbargebiete heraus bis Tibet 4000 m hoch und durch die ganze Gobi, ist häufig in der dschungarischen Wüste, sehr üppig an den Nordabhängen des409Formationen. Charakterpflanzen.Ala-schan, hat vielleicht am Ulungursee (47½° N.) seine Nord - grenze, scheint aber in der Gegend des Lob-nor zu fehlen. — Sal - sola arbuscula bildet Bestände.
Es sind dann gewisse Polygonaceen charakteristisch, besonders die strauchigen Calligoneen (Callig. Caput Me - dusae!) und die Gattung Atraphaxis, und im Osten des Gebiets die mit dicken Wurzelstöcken ausgezeichneten Rheum-Arten (Rhabarberwurzeln). Tamarisken gedeihen auch noch kräftig auf unfruchtbaren Salzebenen, wie die am Burchan-Buddagebirge noch 5 m an Höhe erreichende Tamarix Pallasii.
Ein weiterer Charakterstrauch ist der zu den Zygo - phylleen gehörige Charmyk: Nitraria Schoberi, welcher am Nan-schan in 3300 m Höhe Anfang Juli blüht, in Zaidam durch seine Beeren als Nahrungsmittel dient (mit Lycium turcomanicum), und welcher interessanterweise mit Ueberspringung der Tropen in weiten Bezirken Au - straliens wiederkehrt. In Turkestan sind Astragalen be - sonders zahlreich; von Zwiebelgewächsen sind Allium die artenreichsten, aber auch Tulipa, Fritillaria, besonders aber die Charaktergattung (wohl nur bis zum Thian - schan?) Eremurus. Ein Steppengras von hohem Wuchs, Lasiagrostis splendens, das Dyrissun, geht ebenfalls vom Kaspi-Ufer bis Tibet 3900 m hoch und zu den Quellen der dschungarischen Wüste, zum Kuku-nor, Nan-schan und Marko Polo-Gebirge.
Ein Nadelbaum zeichnet sich durch weite Verbrei - tung aus, bildet sowohl in der dritten als sechsten Vege - tationsregion weit ausgedehnte Bestände: Picea Schren - kiana, deren Verwandtschaft mit der kaukasischen Fichte oben gedacht wurde, und ebenso ein Wacholder: Juni - perus Pseudosabina, ein robuster Baum, meist in 2500 bis 3400 m Höhe gedeihend. Sonst sind Birken und Pappeln (Espen) die herrschenden Bäume, auch diese nicht allgemein verbreitet, während einige Sträucher, die zu - gleich mitteleuropäisch sind, auch in Innerasien ein merk - würdig üppiges Wachstum haben mit weiter Verbreitung verbunden: Hippophaë rhamnoides, noch am Kuku-nor bis 3600 m Höhe ansteigend, wird bis 20 Fuss hoch; oft4105. Inner-Asien.begleitet ihn die in Hochtibet am höchsten steigende Myri - caria germanica.
Von Vegetationsregionen sind folgende zu unter - scheiden:
1. Karakorum und nordwestlicher Himalaya. Am Pamir kreuzen sich eine Menge verschiedenartiger Florenbestand - teile; es ist klar, dass in diesen südwestlichen Hochgebirgen über - haupt der Anschluss an die orientale und pontische Flora ein inniger sein muss. So ist hier eine mannigfaltige Baumvegetation in 1200 — 2500 m Höhe, von Ahorn -, Apfel -, Kirsch -, Nussbäumen und den Juniperus-Stämmen, welche noch 3300 m hoch mit Weiden, Birken und baumartiger Ephedra gemischt vorkommen (s. Geogr. Mittlgn. 1883, S. 69 und 1884, S. 81). Der milde Vegetations - charakter vom grünenden Kaschmir ist bekannt; der strenge inner - asiatische Charakter hebt erst jenseits der Indus-Wasserscheide an. Von hier haben die Brüder Schlagintweit die eingehendsten Aufzeich - nungen über Vegetation und deren Höhengrenzen geliefert (siehe G. J., IX, 175), welche mit 6038 m den höchsten Stand der Phanerogamen erreichen. Myricaria und Tamarix (indica) steigen hier zu 4000 — 5000 m, die höchsten Sträucher wurden vereinzelt bis 5181 m hoch gefunden. Diese Höhen in den Karakorumketten sinken aber im Künlün unter 4000 m herab, wo die Baumgrenze bei 2775 m und die Höhengrenze des Gerstenbaues bei 2950 m liegt.
2. Die aralo-kaspische Salzsteppenregion und die
3. turkestanische Wald - und Hochsteppen-Vegeta - tionsregion bilden ein reiches Florengebiet, in welchem von be - sonderem Interesse der Thian-schan von Fergana bis mitten in die Gobi hineinzieht. (Ueber die Grenze zwischen 2 und 3 vergl. Regel, G. J., IX, 178.) In diesen Gebirgen gibt es keine Sumpf - moore, kein Vaccinium, kein Rhododendron; Salsolaceen, Eremurus, Ferula, Astragalus, Umbilicus treten für sie massenhaft auf. Pi - stacia tritt noch auf; als weiteres Beispiel für den systematischen Charakter seien folgende Leguminosen genannt: Sophora, Halimo - dendron (Orient!), Colutea, Eremosparton, Glycyrrhiza, Chesneya, Sewerzowia, strauchige Hedysarum, Alhagi, Onobrychis, Ononis und die Trifolien, ausserdem Astragaleen. In den Niederungen wechseln zumeist Salz - und Wassermoore mit Röhricht und Ge - strüpp, Sand - und Thonwüsten mit Weiden, und wo Wasser ge - nügend, ist auch Gartenland mit wertvollen Produkten; Pappel - bäume bekränzen die Flussläufe. — Diese Florenbedeckung hat ein relativ junges Alter; denn, wie Krassnoff (nach Muschketoff) angibt, war noch in der Tertiärzeit der Thian-schan ein Archipel, der in einem Meere lag, welches die gegenwärtige aralo-kaspische Ebene bedeckte und durch zwei Meeresstrassen in der Songarei und Fergana mit dem centralasiatischen Meere in Verbindung stand. Später folgten grosse Vergletscherungen im Gebirge, die jetzt bei der herrschenden Trockenheit grossenteils geschwunden sind. Noch411Die sechs Vegetationsregionen.jetzt aber sind in den nördlichen Ketten die Alpenmatten den europäischen ähnlich besiedelt (jedoch ohne Moore!, ohne Zwerg - weiden und Dryas); in den mittleren Ketten herrschen „ Alpenprai - rien “aus Festuca - und Pilagrostis-Arten mit Leontopodium, Del - phinium caucasicum, Pulsatilla albana etc. in graulich-behaartem Blattkleid; in den südlichen Ketten erscheinen die „ Alpensteppen “aus Zwergformen kleiner Stipa orientalis und capillata, Artemisia frigida und rupestris etc. auf trockenem, staubigem Boden. Viel - fach stösst der Wanderer auf vegetationslose Thäler. Aber im Alpengebiete des östlichen Thian-schan sind bis jetzt doch schon 250 Arten gefunden worden.
4. Nordtibetanische Schneewüstenregion. Dieselbe erstreckt sich zwischen der nördlichen Wasserscheide des Indus und dem Künlün-Altyntag-Nanschan. Zwischen diesen letzteren Gebirgen und dem östlichen Thian-schan liegen heisse Wüsten, z. T. mit Oasen, z. T. völlig wild. Die südlich Chami liegende ist von Prshewalski durchschritten: „ 4 Tagereisen südlich Chami be - gann die absolute Vegetationslosigkeit: Kiesel, Sand, Gestein und Lössblöcke war alles, was das Auge erblickte. Der Boden glühte (bis 61½°C. !), auch die Nacht brachte keine Erfrischung; furcht - bare Stürme wirbelten Sandwolken auf. “ Nach Ueberschreitung der südlich folgenden Hochgebirge aber ändert sich der Charakter durch die ausserordentliche Höhenlage, in welcher nunmehr die dürftige Wüstensteppenflora um den Platz zu streiten hat. Denn dies ganze nördliche Tibet bildet ein Hochland von circa 4000 bis 4500 m Durchschnittshöhe und bis 7000 m hohen Randketten, in denen nicht selten ewiger Schnee angetroffen wird. Der Sommer hat Ueberfluss an Feuchtigkeit, die übrigen Jahreszeiten sind trocken. Kein Baum ist hier beobachtet, als Krüppelsträucher: Hippophaë, Potentilla, Reaumuria. An den fruchtbareren Stellen entwickeln sich Grasfluren mit Allium, Iris und Astragalus; auf den Gebirgen herrscht überall Kobresia tibetica, ein Riedgras von ½ — 1 Fuss Höhe, zäh wie Draht, mit seinen Wurzeln ausgedehnte Hügelmoore bildend. Von Alpenstauden sind sonst bemerkt Wer - neria, Saussurea und Anaphalis (Filzkräuter), auch Przewalskia tan - gutica, Artemisien etc.
5. Die mongolische Steppen - und
6. die osttibetanische Waldsteppenregion schliessen sich an die vorige im Nordosten, bezw. im Osten an. Die erstere bildet das Grenzgebiet gegen das altaische und baikalische wie daurische Sibirien, die letztere gegen die immergrüne Gebüsche tragenden chinesischen Landstriche. Im ersteren ist die Flora ärmlich, auch arm an Endemismen, von denen einige oben (S. 145) genannt sind; im letzteren ist die Flora bunt und reich, z. B. gut am Kuku-nor und Nan-schan entwickelt, deren Gebiet als nörd - lichstes Tibet, nicht — wie ich früher meinte — als südlichste Mongolei zu gelten hat. Hier sind Fichten - und Birkenwaldungen bis gegen 3000 m hoch, Gesträuche zahlreich, hier treten auch4126. Sibirien.Rhododendren auf und Alpengrasfluren von 3600 — 4000 m (vergl. meine Auszüge im G. J., XI, 128 — 129).
Auswahl der Litteratur. a) Florenübersichten: Ledebour, Flora Rossica, 4 Bde. ; Flora Altaica und Icones ad Fl. Altaicam. Turczaninow, Flora baicalensi-dahurica, 2 Bde. Regel und Herder, Plantae Raddeanae (baicalenses, amurenses etc.) im Bull. Soc. Imp. des naturalistes de Moscou und Acta Horti Petrop.
b) Spezialfloren und Pflanzengeographie: Ledebour, Wissensch. Reise durch das Altaigebirge, 1829. Teplouchow, Vegetation des Altai in Cotta, Altaigeb. Middendorff, Die Barabá in Mém. de l’Acad. imp de l’Acad. St. Pétersbg. VII, Bd. 14, Nr. 9. Radde, Berichte üb. Reisen im Süden von Ostsibirien 1855 / 59, in Beiträgen z. Kenntn. d. russ. Reiches, Bd. XXIII. Middendorff, Die Gewächse Nord - und Ostsibiriens, Petersbg. 1864 (siehe auch Reise in den äussersten Norden und Osten Sibiriens). Finsch-Brehm-Waldburg - Zeil, Reise nach Westsibirien 1876. Kurtz, Aufzählung der von Graf Waldburg-Zeil gesamm. Pflanzen, 1879. Herder, Bericht über die Arbeiten von Martjanow, Flora d. Minussinskischen Landes. Preinus, Catalog. plantar. in gubern. Enisseyensi collect. Krassnoff, Altai, in Bot. Jahrb. Syst. IX, Litt. S. 38 — 67. Golde, Aufzähl. d. Pflanzen in der Umgebung v. Omsk in d. Scripta botanica horti Universitatis imp. Petropol., II, 41. Glehn, Verzeichnis d. im Witim-Olekma-Lande ges. Pflanzen, Acta horti Petropol. IV, 3. Meinshausen, Nachrichten üb. d. Wiluigebiet in Ostsibirien, in Beitr. z. Kenntn. d. russ. Reiches XXVI; Maack, Der Wilui’sche Bezirk d. Gubern. Jakutsk, 3 Bde. Trautvetter und Meyer, Florula ochotensis phaenogama, 1885 (Middendorffs Sibir. Reise, Bd. I). Regel und Tiling, Florula Ajanensis (1858). Kittlitz, 24 Vegeta - tionsansichten v. Küstenländern etc. ; Taf. 17 — 22: Kamtschatka.
Im Anschluss an die arktische Flora Asiens umfasst Sibirien im Sinne dieser floristischen Gruppenbildung das Tiefland am Ob und Jenissei bis zu der Wasserscheide ihrer Quellgebirge, welche als Durchschnittsgrenze der inner - asiatischen Steppen und der sibirischen Waldgebiete gelten können; dann ostwärts terrassenförmig ansteigend um - fasst es das Lenagebiet, dringt mit dem Jablonoi-Kentei - gebirge noch einmal tiefer in die mongolischen Steppen ein und beherrscht die ochotskischen Küsten. Vom Sta - nowoigebirge an geht es nordostwärts in den arktischen Florenbezirk der Behringsmeerländer, und südostwärts in413Grenzen. Klima. Florenreichscharakter.die zu Ostasien gerechnete mandschurische Vegetations - region über.
Wie ein Blick auf unsere Karte lehrt, ist das Klima fast gleichmäßig kaltgemäßigt; nur die den Steppen zu - nächst liegenden Landstriche haben heissere und länger währende Sommer; die sich gen Osten bedeutend auf niedere Breiten senkende Linie des gefrorenen Bodens ist ein Maßstab für die niederen Jahresmittel, welche der Wirkung der oft erwähnten äusserst kalten Winter mit einem Kältepol bei Jakutsk-Werchojansk zu ver - danken sind.
Jedoch gibt Woeikof (Zeitschr. d. deutsch. meteorol. Gesellsch. 1884, I, 443) an, dass unsere Isothermenkarten ein übertriebenes Bild der ostsibirischen Winterkälte bieten, weil sie von Thal - stationen, wie die genannten Orte, entnommen sind, welche wahr - scheinlich kältere Winter haben als die Tundren des höheren Nordens. Trotzdem ermöglicht die Seltenheit von Früh - und Spät - frösten auch hier noch den Ackerbau.
Aus dem Gesamtgebiet bildet Supan übrigens drei für die Sonderung der engeren Florenbezirke bedeutungs - volle Klimaprovinzen: die west - und ostsibirische, und Kamtschatka; am kältesten und extremsten ist Ostsibirien; in Kamtschatka lindert die Umspülung des Ozeans; West - sibirien ist extremer als die westuralische Vegetations - region in Europa.
Unumschränkt herrscht hier das Nordische Floren - reich mit monotonem Charakter, moduliert nur durch die eindringenden nördlichen Steppenpflanzen, bezw. die am Oberlauf des Ob weit gen Norden allein bestand - bildenden pontisch-aralokaspischen Arten. Im Osten macht sich an den Grenzen der mandschurischen Vegetations - region der Einfluss der ostasiatischen Florengebiete gel - tend. Die Formationen sind einfach: Nadelwald mit bo - realen Begleitern, von Laubwäldern der Kätzchenbäume sind nur Birken und Espen, Erlen und Weiden bestand - bildend, Eichen und Buchen mit ihren mannigfachen Be - gleitern fehlen ganz. Obenan stehen daher in ihrer Bedeutung die sibirischen Lärchen Larix sibirica und da - vurica (letztere in Sabaikalien-Wilui), und die Zirbel - kiefer, die Fichten Picea obovata und im Osten P. aja -4146. Sibirien.nensis, im Süden des Ländergebiets die sibirische Tanne (Abies Pichta oder sibirica), dazu auch Pinus silvestris und die begleitenden gemeinen und mit Europa gemein - samen Vaccinium-Arten, viele boreal - und arktisch-circum - polare Stauden. Nicht wenige derselben besitzt also Si - birien mit Nordeuropa und den Bergen Mitteleuropas gemeinsam; doch hat Riesenkampff neuerdings darauf aufmerksam gemacht, dass sich hier und dort schon geo - logisch jüngere Abarten herausgebildet haben, von denen Baikalien im Vergleich mit Europa immer die kümmer - licheren Formen, z. B. mit kleineren oder sauerern Früch - ten zu besitzen pflegt (G. J., X, 168). Im nördlichen Teil der Wälder ist der Artreichtum gering; so zählt z. B. die Flora des Wiluidistriktes nur 352 Arten; die nördlichen Vegetationslinien der genannten hauptsäch - lichen Bäume können als Zonenabsonderungen und Maß - stab der Reichhaltigkeit, bis dann nordwärts der neue Reichtum arktischer Flora einsetzt, gelten.
Es scheint naturgemäß, eine nördlichste Waldregion, dann daran anschliessend drei von West nach Ost sich ablösende südlichere, und eine von diesen gesonderte westliche Grassteppenregion zu unterscheiden, welche zu der ersten und dritten der drei oben (S. 85) genannten Abteilungen in Zone II gehören.
1. Nordsibirische Waldregion. Dieselbe be - steht aus Lärchenwäldern mit Birken und Kiefern, weniger zahlreichen Fichten - (Picea obovata -) Beständen und reicht südwärts bis zum häufigeren Auftreten der Tanne.
Grosse Tundraflecke sind in ihr ausgebreitet, solche arktisch - circumpolare Arten wie Ledum palustre und Linnaea borealis auf Moostümpeln in den Lärchenwäldern häufig, in den Morästen Be - tula nana, Lyonia (Andromeda) calyculata, Rhododendron parvi - florum, Pedicularis Sceptrum etc. Aber auch Labiaten, wie Dra - cocephalum nutans und Ruyschiana, Phlomis tuberosa, und Sal - solaceen wie Axyris, Teloxis, Schoberia, die also durchaus nicht circumpolar sind, finden sich im südlichen Teil, z. B. noch bei Jakutsk und oberhalb an der Lena (Kirensk, Olekminsk). Von hohen Stauden sind als charakteristisch Delphinien und Aconitum, Geranium erianthum und pseudosibiricum, Conioselinum univitta - tum, Pleurospermum uralense u. a. zu erwähnen.
2. Altaische Wald - und Hochgebirgsregion. 415Lärchen - und Tannenregion. Altai.In dem centralen Sibirien bildet der Baikalsee, wahrschein - lich in noch höherem Grade das Jablonowoigebirge, eine nördlich der Steppengrenze beginnende Scheide zwischen West und Ost; sie wird als Ostgrenze der altaischen Waldregion am besten wohl durch eine Linie bezeichnet, welche vom Westhange des Kentei - und Jablonowoi - gebirges über das Witimplateau nach dem mittleren Wilui hin verläuft. Gemäß Maximowicz’ Bemerkungen über die Mongolei häuft sich der hauptsächliche Reich - tum der sibirischen Flora in jenem grossen halbkreis - förmigen Gebirgskessel an, welchen man erhält, indem man von einem am Thian-schan bei Kuldscha gelegenen Punkte der russisch-mongolischen Grenze nach dem Kentei - gebirge eine gerade Linie zieht und das nordnordwestlich derselben gelegene Landgebiet einheitlich übersieht. Aber hier im Bereich der Gebirge mischt sich die sibirische Waldvegetation mit der der turkestanischen und mongo - lischen Steppen; die Südabhänge sind fast alle hoch hin - auf mit Steppenvegetation völlig bedeckt, auch tief in die Thäler hinein schneidet die Steppe das Waldland entzwei. Letzteres beginnt über der Steppe und steigt an den Nordabhängen tiefer, im östlichen Altai - und Sajanergebirge schon, wie es scheint, ohne Unterbrechung in endloser Ausdehnung in die Tiefebene nordwärts hinab.
Nach Krassnoffs neuen Studien sind die Höhengrenzen der Bäume im Altai nach dem geringeren Maße anzusetzen, welches Grisebach (Abh. S. 416) aus Teplouchows Angaben den früheren Meinungen, die auch in die „ Vegetation der Erde “Einlass fanden, gegenüberstellte. Die Höhen sind, dem feuchten Klima und reg - nerisch-umwölkten Sommerhimmel entsprechend, im Altai nicht sehr hoch, erheben sich aber im Sajaner Gebirge. An die Steppe pflegt sich zu unterst die Kiefer anzuschliessen (300 — 800 m) mit Birke und Espe, dann folgt als Hauptbaum die Lärche, nach ihr im Range der Häufigkeit die Fichte, sibirische Tanne und Zirbel - kiefer, letztere nicht unter 850 m und bis zur Waldgrenze hinauf, welche auf der Nordseite 1360, auf der Südseite aber 1700 m hoch beobachtet wurde. Folgende Stauden werden als charakteristisch angegeben: Aconitum septentrionale, pallidum, barbatum, Napellus, Anthora und volubile, Atragene alpina, Paeonia intermedia, Epi - lobium angustifolium, Geranium sibiricum, Bupleurum aureum, Pleurospermum uralense und Heracleum barbatum, Pedicularis proboscidea, Senecio Fuchsii, Veratrum album. Der obere Zirbel -4166. Sibirien.kieferwald lässt Wechsel in den Stauden eintreten, bald kommen auch Bergwiesen mit Trollius asiaticus und Aquilegia glandulosa, Anemone narcissiflora, Viola altaica, blauen und gelben Gentianen; Dryas-Abhänge folgen mit Papaver nudicaule, Claytonia acutifolia und Saxifraga sibirica. An der 2100 — 2300 m hoch liegenden Schneegrenze wachsen häufig Sibbaldia procumbens und Ranun - culus frigidus. — Radde beobachtete am Munku-Sardik (Sajaner Geb.) Larix — 2200 m, Betula nana und Rhododendron — 2680 m, noch 5 Phanerogamen circa 3000 m, und Draba ochroleuca noch 3200 m hoch, alles am Südabhang; auch hier ist die Lärche der Hauptbaum, beginnt aber an der Südseite kaum unterhalb 1800 m.
3. Die westsibirische Birkensteppenregion erinnert an manche ähnliche Verhältnisse im südöstlichen Russland. Sie lehnt sich an die Steppen der aralokaspischen Vegetationsregion an, teilt aber weder deren Hitze noch Wasserlosigkeit, hat im Gegenteil morastige Ebenen wie die Baraba: „ eine unabsehbare Wildnis mit Mooren und Waldinseln von üppiger Fruchtbarkeit, ausgezeichnet durch ungeschlossenen Grasrasen und den hohen Wuchs blumenreicher Stauden “.
Hier bilden Heracleum riesige Dolden; Wiesen und Stauden - matten sind mit Birkengruppen zu mannigfaltigen Landschafts - bildern vereinigt. Auch noch zwischen Tomsk und Barnaul und dem südlich davon gelegenen Bijsk ziehen sich Steppen mit Wald gemischt hin; erst von hier an kann ostwärts die Waldregion voll herrschend gerechnet werden. Steppen der schwarzen Erde (Tschernosem) und solche auf sandigem Thon wie auf Salzboden sind charakteristisch für einzelne Formationsbestände; Stipa pen - nata, Peucedanum-Arten, Origanum vulgare, Pulsatilla patens und Lilium Martagon mit vielen Stauden aus dem altaischen Wald - gebiet gemischt können als tonangebend gelten. An feuchten Orten tritt das mächtige Heracleum barbatum auf mit der schönen Hemerocallis flava, Populus nigra, alba und suaveolens mit Weiden an den Flussufern, Birken und Espen in immer häufigeren Gruppen in der Steppe, je weiter dieselbe sich vom aralo-kaspischen Cha - rakter entfernt.
4. Die sabaikalische Waldregion löst im Osten der unter 2 genannten, sich an das Jablonowoi - gebirge anschliessenden Linie die Hauptflora des Altai ab, ohne dass jedoch ein Bestandeswechsel der Haupt - arten einträte, und wahrscheinlich mit ziemlich geringem Einfluss auf die alpinen Formationen, in welche sich aber hier arktische Typen vom Behringsmeer und aus dem ochotskischen Küstenstrich einmischen.
417Baikalien. Kamtschatka.Die Baumgrenze wird von Abies sibirica und Pinus Cembra gebildet (Radde!), alpin ist Caragana jubata im Kentei und Jablo - nowoi charakteristisch; Betula alba erreicht mit 1600 m, Pinus silvestris mit 990 m, an deren Südhängen die Grenze. Die Lärche tritt in der verwandten Form Larix dahurica auf, wie eine Menge Arten den Speziesnamen „ dahuricus “führen. Turczaninow führt schon im Jahre 1842 eine Zahl von 160 Arten auf, welche damals nicht westlich vom Baikalsee vorkommend bekannt waren, darunter 3 Caragana, 10 Oxytropis und 5 Astragalus.
Die Ostgrenze erreicht diese Vegetationsregion im oberen Amurgebiet etwa an dem Sejafluss; das Gebiet von Udskoy gehört noch zu ihr.
5. Die Kamtschatkawald - und Krummholz - region nimmt den nordöstlichen Teil der Waldfloren der Alten Welt, vom Stanowoigebirge an die Küstenland - schaften und das nördliche Bergland des ochotskischen Meeres umfassend, ein; charakteristisch ist bei aller Ueber - einstimmung mit den Grundzügen der nordeuropäisch - sibirischen Flora eine Anlehnung an das nordwestliche Nordamerika. Landschaftliche Schönheiten treten nach Kittlitz besonders in der östlichen Hälfte der Halbinsel Kamtschatka auf. Lange, schroffgezackte Bergketten be - wahren das ganze Jahr hindurch viel Schnee, während die niederen Landschaften überall herrlichen Wald und Graswuchs tragen; die westlichen Küstengegenden sind meist sumpfig-moorige Flächen, aber im Innern des Lan - des begrenzen steile Kettengebirge weitläufige Ebenen am Kamtschatka, Awatscha und Bolschaja Reká mit wiederum Wald und üppigen Grasfluren (welche wahrscheinlich gegenüber der im physikalischen Atlas, Florenkarte von Asien, gegebenen Darstellung bedeutend zu erweitern sind). Der Ajaner Küstenstrich degegen ist rauh und winterlich, viel ärmer an Flora und Vegetationsfülle, schliesst sich jedoch schon durch die Betula Ermanni an Kamtschatka an.
Diese genannte Birke, viel häufiger als die B. alba, bildet mit ihrem an unsere Eichen erinnernden Wuchs, eigentümlich ge - wundenen Stämmen mit sehr rissiger grauer Rinde, einen Charakter - baum dieser Vegetationsregion; neben ihr sind von Laubhölzern Erlen, Weiden und Pappeln, von Nadelhölzern die Larix dahurica und eine als Picea ajanensis unterschiedene Form der P. obovata als sibirische Grundtypen zu nennen, aber auch Picea sitchensisDrude, Pflanzengeographie. 274186. Sibirien.und eine Tsuga vom nordwestlichen Nordamerika sind hier stellen - weise (aber nur in Kamtschatka) waldbildend. Eine Charakter - staude ist die in wenig Wochen bis 3 m hoch wachsende gesellige Spiraea kamtschatica, ferner Epilobium angustifolium, Senecio cannabifolius, Cacalia hastata, Lilien mit grossen orange Blumen, und besonders die riesenhohen Doldengewächse der Gattungen Heracleum und Angelica, welche Kittlitz’ Vegetationsansichten malerisch darstellen.
Etwa bei 300 m Meereshöhe wird die dichte Waldflora mit eingestreuten Gebüschen und die Staudenmatten mit Grasfluren abge - löst von einer Krummholzregion, in welcher eine interessante Abart der Zirbelkiefer, nämlich die Pinus Cembra * pumila zu - sammen mit Erlengesträuch von Alnus incana und fruticosa, Juni - perus dahurica, die Hauptrolle spielt und nach welcher man zweck - mäßig die weitausgedehnten Plateaus und Gebirgshänge des Sta - nowei nördlich von 61° N. benennt. Hier erscheint auch das Haupt - gebiet der nordostasiatischen Rhododendren: Rh. kamtschaticum und chrysanthum, mit welchen sich arktische Inquilinen aus dem Tschuktschen Lande mischen, denen hier ein breiter Verbreitungs - weg nach Südwesten geöffnet ist.
Für die Kulturgewächse verhält sich das östliche Sibirien höchst ungünstig, und es ist schon von Midden - dorff, Erman, Grisebach u. a. der Grund dafür in die hier am weitesten nach Süden herabgehende Grenze des in der Tiefe stetig gefroren bleibenden Bodens gelegt (siehe die Karte, woselbst diese wichtige Grenzlinie Köp - pens Darstellung folgt). Im Wiluigebiet lässt die Rau - heit des Klimas den Kornbau nicht überall aufkommen: in den geschützten Teilen, in der Umgegend von Njurba und Wiluisk, erhielt man von der Gerste das zehnfache Korn, dagegen ging der Roggen zu Grunde; hier sollen meistens die Fröste der Aussaat schaden. In dem etwas südlicher gelegenen Jakutsk ist also thatsächlich fast die äusserste Grenze des Getreidebaues erreicht, wie man nach Ver - gleichen mit den Mackenzie-Landschaften vermutete, wo die Ackerfelder im Hochsommer unter gleicher Breite von Jakutsk 11 Fuss tief aufthauen, in Jakutsk dagegen nur 3 Fuss tief. An der Ostküste sinkt die Grenze des möglichen Korn - und Gemüsebaues bis zu der Breite von Nikolajewsk (53½° N.) herab, gibt aber dort noch auf fruchtbarem Boden vortreffliche Resultate.
Auswahl der Litteratur. a) Florenübersichten und All - gemeines: Fritsche, Das Klima Ostasiens, in Schrencks Reisen und Forschungen im Amurlande 1854 — 56, Bd. IV (1877). Wojei - koff, Klima von Japan, vergl. Geogr. Mittlgn. 1878, S. 114 und 176. Hann, Temperatur - und Regenverhältnisse d. Japan. Inseln, Geogr. Mittlgn. 1888, S. 289, Taf. 17. —
Maximowicz, Florae Asiae orientalis fragmenta, und Dia - gnoses plantarum novar. asiaticarum, in Mélanges biolog. de l’Acad. imp. de St. Pétersbg. in vielen Fortsetzungen seit 1866. Franchet & Savatier, Enumeratio plantarum in Japonia sponte crescentium 2. Bde., Paris 1872 — 78. Forbes & Hemsley, Index Florae Sinensis (Enumeration of all the plants known from China proper, For - mosa, Hainan, Corea etc.) im Journal Linn. Soc. of London, Bo - tany, Bd. 23 und 26, im Erscheinen.
b) Specielle Floren und Pflanzengeographie: Schmidt, Reisen im Amurlande u. auf Sachalin 1868 (Mémoires de l’Acad. St. Péters - bourg, Ser. VIII, Bd. XII). Maximowicz, Primitiae Florae Amu - rensis, 1859 (dieselbe Akademieschrift, Bd. IX). Regel, Tentamen Florae Ussuriensis, 1861 (dieselbe Akademieschrift, Ser. 7, Bd. IV).
Möllendorff, Reisen in der nordchines. Prov. Dschy-li, in Zeit - schr. d. Ges. f. Erdk. Berlin, XVI, 91. David, Voyage dans l’Empire Chinois, vergl. Griseb. Abhandl. S. 471 und 528. Franchet, Plantae Davidianae ex Sinarum imperio (Plantes de Mongolie, du nord et du centre de la Chine), in Nouv. Archives du Museum d’Hist. nat., Paris 183 — 87. Franchet, Plantae Delavayanae (Flore du Yünnan etc.), Paris 1889 (im Erscheinen).
Rein, Japan nach Reisen und Studien, Bd. I, Kap. 7; in Bd. II die land - und forstwirtschaftl. Pflanzen. Jo Tanaka, Unter - suchungen über d. Pflanzenzonen Japans in Geogr. Mittlgn., 1887, S. 161, Taf. 9. Yaroku Nakamura, Die japanische Waldflora, in Unters. aus dem forstbot. Institut München, III, 17. Brauns, Die Insel Yezo, Verh. Ges. Erdk., Berlin, X, 43. Engler, Beitr. z. Flora des südl. Japan u. der Liu-kiu-Inseln, in Bot. Jahrb. Syst. IV, 353 und VI, 49.
Im Norden und Osten durch die 5. und 6. Länder - gruppe begrenzt, bedarf die hier zu behandelnde nur der Abgrenzung gegen Süden, wo das indische Florenreich vom Mekong her den Küstenstrich etwa bis Canton und Hong-kong einnimmt und ausserdem an den Grenzen von Birma und Yünnan neue Formationen und völlig neue Ordnungen mit Tropengattungen einschaltet. Der4207. Ostasiatische Ländergruppe.östliche Himalaya in mittleren Höhen, die Abhänge gegen Assam und Bhutan, gehören floristisch zu Ostasien und scheinen Yünnan, überhaupt der südchinesischen Vegeta - tionsregion, sehr zu entsprechen bis zu denjenigen Tiefen herab, wo gleichfalls die feuchtwarme Tropenvegetation einsetzt.
Man kann die Reihenfolge der ostasiatischen Vege - tationsregionen vielleicht durch den Vergleich der Land - striche von Grossbritannien südwärts über Spanien nach der atlantischen Flora veranschaulichen, nur mit dem Unterschiede, dass hier ein viel reicheres Tropengebiet südwärts Anschluss hat, als dort. Aus kühlen Klimaten mit sehr kalten Wintern gehen sie in mildwarme, höchst geeignet für immergrüne Gebüschformationen, über und halten zwischen der auf Köppens Karte angegebenen blauen und roten Linie, also zwischen der 10° Isotherme des kältesten Monates und der Isochimene von 4 Monaten unter 20°C. Andauer, an, vermitteln also zwischen der II. und III. Vegetationszone. Im Norden tritt folglich der Charakter des nordischen Florenreiches noch in der gan - zen Vegetationsanordnung zu Tage, und der Unterlauf des Amurflusses, sowie das Amgungebiet gehören über - haupt zur vorigen Ländergruppe (Anschluss an Region 4 auf S. 417). Denn wie überhaupt nach Fritsche ganz Ostasien bis zum 20° N. südwärts hinab zu kühl ist wegen der strengen Winterkälte des Kontinents, so trifft die Südgrenze des nordischen Eisbodens noch auf die Amurmündung; hier erwacht auch die Vegetation erst Ende Mai, weiter stromaufwärts schon Ende April. Erst der 40° N. bringt eine allgemeine Linderung der Winter - kälte, und nördlich von diesem Breitengrad stehen die Januarisothermen so dicht gedrängt, dass 11 Zweigrad - kurven auf den Raum zwischen 40° — 50° N. fallen. Dies ist daher eine Gegend, in welcher eine natürliche Ge - wöhnung der ostasiatischen Typen an kalte Winter mög - lich war und von wo daher eine nicht geringe Zahl von mandschurischen frostharten Gewächsen in die nord - europäische Gartenkultur gelangt ist.
Etwas schwierig erscheint bei den immerhin noch421Klima. Einteilung, Charakterpflanzen.ziemlich dürftigen Kenntnissen über die Flora mancher dieser Gebiete eine sachliche Begründung der Vegeta - tionsregionen. Bei erneuter Prüfung möchte ich auch die im physikalischen Atlas, Florenkarte V (Nr. 48), ge - troffenen Abgrenzungen nicht ganz so aufrecht erhalten. Die Region von Betula dahurica und Larix dahurica, west - wärts bis über das Jablonowoigebirge ausgedehnt, scheint mit der von Quercus mongolica und Pinus mandshurica zu vereinigen zu sein und bildet die oben genannte sa - baikalische Waldregion. Nun folgt als erste hier auf - zuführende Region die mit Juglans mandshurica bezeichnete nordmandschurische, zu welcher der Hauptteil der Insel Jesso ebenfalls zu gehören scheint und die wohl südwärts mit der Wasserscheide des Sungari gegen das Gelbe Meer endet. Dann folgt als Zwischenglied zu den mit immer - grünen Gebüschen ausgezeichneten südlicheren Landschaf - ten eine nordchinesische Uebergangsregion zwischen dem Schan-Alingebirge und dem Tsing-ling südlich vom letz - ten Knie des Hoangho; zu dieser gehört wahrscheinlich auch Korea, von dessen Flora man aber wenig weiss (s. G. J., XI, 129). An diese schliesst sich das westliche, höhere, die Steppen begrenzende, durch Zwergnussbaum - Gesträuch von Ostryopsis Davidiana charakterisierte Berg - land, vielleicht bis zum 34° N., an. Dann folgt die immer - grüne, die Hauptmasse von China umfassende Maquis - vegetationsregion (eingeschränkt gegenüber der im phy - sikalischen Atlas mit Thea und Celtis chinensis belegten Region), bis zur Nordgrenze des tropisch-indischen Floren - reiches. Als besondere Region aber scheidet sich im Südwesten das Bergland von Yünnan im Anschluss an den Himalaya aus, zu welchem der Südteil der im physi - kalischen Atlas mit Ostryopsis Davidiana bezeichneten Region gehören dürfte. — Dann bilden die Vegetations - regionen Japans, über welche wir durch neuere Unter - suchungen viel besser unterrichtet sind, den Schluss. Von China erscheint jetzt erst die erste, katalogmäßig mit allen Hilfsmitteln in Kew ausgearbeitete Florenzusammen - stellung. — Die Heimat vieler Arten Ostasiens ist durch die alte Kultur verdunkelt. Die Ginsengpflanze, Panax4227. Ostasiatische Ländergruppe.Ginseng, wird von Schmidt am Suifunfluss bei Wladiwo - stok wild angegeben.
1. Nordmandschurische Vegetationsregion. Juglans mandshurica, nach dem Orient der erste Vertreter dieses aus - gezeichneten arktotertiären Typus, welcher dann in Nordamerika so grossartig wiederkehrt, ist aus diesem Grunde zu einer Charakter - pflanze hier erhoben. Sie ist z. B. im ganzen Ussuridistrikt in Laubwaldungen der Hügel, Vorberge und Berge häufig, ist bis zur Bureja verbreitet und erreicht am Amur 5° 12′; ihre Südgrenze ist unbekannt. Etwas nördlicher verläuft die Vegetationslinie von Pinus mandshurica, etwas südlicher die von Pyrus ussuriensis; alle diese Vegetationslinien fallen in ihrem östlichen Verlauf gegen die Küste steil nach Süden ab, sinken von circa 50° N. auf circa 46° N. zurück. Corylus heterophylla erreicht die Küste in diesen Breiten überhaupt nicht, sondern hält sich westlich vom Ussuri - distrikt; am Amur unter 53° trifft dieser Strauch mit der Quercus mongolica als einer berühmten mandschurischen Charakterart zu - sammen, welche letztere aber nördlicher als alle anderen genannten Pflanzen geht. „ Am unteren Argun müssen sich die Kosaken schon ihre Nüsse von den Chinesen und Händlern am oberen Argun kaufen (Maximowicz). Ein weiteres interessantes Charakter - bäumchen ist Dimorphanthus mandshuricus, häufig an der Bureja, andere Sträucher Maximowiczia chinensis, Actinidia Kolomikta, Berberis und Vitis amurensis. Auch zwei Ahornbäume, A. spicatum und Mono, gehen hier bis 54°, bezw. 52 ½° N., und südwärts nimmt ihre Zahl zu. Ausgezeichnet hat die Schilderung der Be - stände von Nadel - und Laubholz, Wiesen, Steppen und Mooren Maximowicz vom Amurlande nach seinen Wahrnehmungen und Erkundigungen uns überliefert.
2. Die nordchinesische Vegetationsregion, in deren Mitte die Flora von Peking sich ausbreitet, leitet von dem bo - realen Charakter, der sich in einzelnen der angegebenen Gattungen äussert, entschiedener über zu dem des ostasiatischen Florenreichs, in welchem nicht circumpolar verbreitete Baumgattungen einen grossen Anteil haben. Immergrüne Maquis fehlen noch als eigene Formation und bilden den grössten Gegensatz des reicheren Südens zu dem hier auf unfruchtbaren Hügeln waltenden Gestrüpp mit steifem Graswuchs von Zizyphus Kämpferi, Vitex incisa, Lycium chinense. Die Charakterbäume Paulownia imperialis, Gleditschia chinensis, Catalpa Bungei, Ailanthus glandulosa, Sophora japonica, Microptelea chinensis und die wichtige Papierpflanze: Broussonetia papyrifera, treten in den Ebenen wild und angepflanzt auf. Die hier im Westen aufsteigenden höheren Berge aber schliessen sich in ihren oberen Höhen naturgemäß noch an die vorige oder an die sabaikalische Vegetationsregion an und werden bis 2000 m Höhe von dichtem Birken - und Haselgehölz bedeckt.
3. Südchinesische Vegetationsregion. Nach den Be - richten der Mehrzahl der Reisenden, besonders auch von David,423Mandschurei, China, östlicher Himalaya.sind die Wälder, welche wenigstens das chinesische Bergland ur - sprünglich bedeckt zu haben scheinen, selbst in den Gebirgen auf abgelegene Thäler zurückgedrängt und durch „ Maquisformationen “, unter denen vereinzelte Baumstämme von geringer Grösse hervor - ragen, ersetzt. Hier ist die immergrüne Strauchform der Ternströ - miaceen mit 14 Camellia-Arten, unter denen Camellia Thea oder Thea chinensis die berühmteste ist, hervorragend; gemäß der neuen Florenzusammenstellung von Hemsley und Forbes aber muss es unentschieden bleiben, ob der Theestrauch in China, Formosa oder Japan irgendwo wirklich wild ist und nicht vielmehr vom östlich - assamischen Grenzgebiet eingeführt wurde. Eine andere Charakter - gattung derselben Familie ist Eurya (chinensis, japonica u. a.), deren Arten aber z. T. eine weite Verbreitung zwischen Ceylon, Japan und Melanesien besitzen. Fast bis zur Nordgrenze dieser Vegetations - region wächst der Kampferbaum wild, kultiviert noch weit dar - über hinaus, und repräsentiert die Lauraceen, zu denen auch sommer - grüne Laubbäume (Lindera) gehören. Von Palmen mischt sich die schon recht ansehnliche Trachycarpus excelsa (Nordgrenze im oberen Thale des Han, David!) in die immergrünen Gebüsche; be - kannt durch ihre Fett - und Lackstoffe sind Rhus vernicifera und Stillingia sebifera. Araliaceen, z. B. Panax-Arten (P. quinquefolia, Ginseng!) spielen eine grosse Rolle, ebenso die Nadelhölzer und Cypressen (Gingko, Cunninghamia, Biota etc).
4. Bergwaldregion und Hochgebirgsformationen von Yünnan-Szetschwan. Eine besondere, sehr reiche und, wie schon gesagt, vielfältige Anschlüsse an den Himalaya bewirkende Vegetationsregion, welche erst in jüngerer Zeit erforscht zu werden beginnt, liegt in Chinas südwestlichen Provinzen. Als David, der ebenso wie Delavay die wichtigsten Pflanzenschätze von hier dem Pariser Museum überbrachte, von Tsching-tu (31° N.) westwärts auf 3000 m hohen Pässen das Randgebirge gegen Hochtibet über - stiegen hatte, fand er etwa 5000 m hohe Gipfel und sah in der Ferne noch höhere, auf denen die Baumgrenze 3000 — 3500 m hoch lag. Hier oben sind fünf Coniferen die herrschenden Waldbäume, begleitet bis 2000 m von Alnus setchuanensis; die Gebirgsregionen sind feucht, in den Wäldern treten wie im Himalaya eine Menge Rhododendren auf, die sogar nach tropischer Manier teilweise auf den Tannen epiphytisch wachsen; in den tieferen Regionen sind Magnoliaceen, Lauraceen, Quercusarten, und bis über 3100 m hoch Bambusen gemischt mit Rhus. Rosa, Corylus etc. Im Hügelge - lände ranken Wistaria zwischen Kiefern und Palmen (Trachy - carpus excelsa, u. a.?), die Kultur zieht vielfach den chinesischen Oelfirnisbaum Elaeococca verrucosa (Griseb. Abh., S. 533). Wir haben hier also eine reiche, richtig subtropisch entwickelte Flora der ostasiatischen Elemente im Gebirge, auf den Alpenhöhen die bekannten borealen Gattungen in reicher Artenfülle, z. B. von 20 Primeln 16 neu, ebenso von 12 Gentianen 10, überhaupt 40 % Endemismen der von Delavay in Yünnan gesammelten Arten. So erhalten die Artenlisten von Forbes und Hemsley durch diese For -4247. Ostasiatische Ländergruppe.schungen erstaunlichen Zuwachs neuer Formen, z. B. sind unter 141 Ranunculaceen vom gesamten China 49 in Yünnan endemisch, ja sogar neue Familientypen haben sich hier gezeigt.
In langer Kette zieht sich die ostasiatische Insel - reihe von Sachalin bis Kiusiu und dem kleinen Eiland Yaku-Shima südwärts herab, dabei alle die gedrängten Florenübergänge von rauh-borealem Charakter bis zum Beginn des tropischen durchlaufend. Folgende Abschnitte lassen sich hier summarisch unterscheiden: 1. Sachalin nördlich 50° N. nimmt teil an der ochotskisch-kamtscha - dalischen Flora; Pinus Cembra, subsp. pumila ist hier ein charakteristisches Niederholz in sumpfigen Ebenen und auf Bergen, in niederen Höhen. 2. Südliches Sachalin und nördliches Jesso, sowie dessen inneres Bergland, nehmen teil an der nordmandschurischen Vegetationsregion; so wenigstens lässt sich nach Brauns Vortrag (Verh. Ges. Erdk. Berlin, X, 43) von letzterer Insel vermuten, an deren Südküste erst der eigentlich „ japanische “Charakter beginnt. 3. Südliches Jesso und Nippon bis etwa 35° N. (bis gegen den Biwasee) bilden eine grosse neue Vege - tationsregion mit reichem endemischen Charakter und grösstenteils sommergrünen Laubbäumen neben frost - harten Nadelhölzern. 4. Südliches Nippon, Sikoku und die Hauptmasse von Kiusiu bilden eine zweite neue, noch reichere Vegetationsregion mit überwiegend immergrünen Bäumen und Gesträuchen; die Nordgrenze derselben wird etwa von 2° Januarisotherme und 14° Jahresisotherme getroffen. 5. Die südlichsten kleinen Eilande und die Südspitze von Kiusiu tragen eine schwach-tropische Vegetationsregion im Anschluss an südchinesischen Cha - rakter: Livistona chinensis, Ficus Wightiana, Podocarpus Nageia wirken hier bestimmend. Die Nordgrenze dieser tropischen Region liegt unter 6° Januarisotherme und 16° Jahresisotherme. Ausserdem machen die höheren Gebirge in Bezug auf Verschiebung nördlicher Arten nach Süden ihre Rechte geltend.
5. Die nordjapanische Vegetationsregion wird von Tanaka durch Fagus silvatica und F. Sieboldi charakterisiert und425Vegetationsregionen Japans.fällt ziemlich zusammen mit Reins Zone des mittleren Laubwaldes (a. a. O., I, 179; G. J., IX, 181). Sie steigt im Süden (mittleres Nippon) bis 2000 m, im nördlichen Nippon bis 1000 m hoch an und besitzt eine durchschnittliche eigene Mächtigkeit von 1270 m. Die Artliste siehe in Geogr. Mittlgn. 1887, S. 165, unter welcher sich 7 Ahornarten, Thujopsis dolabrata, 1 Pterocarya, 2 Juglans und 2 Eschen auszeichnen.
6. Die nordjapanische Bergwaldregion mit Abies Veitchii und brachyphylla, und die Hochgebirgsregion mit Pinus Cembra (* pumila? Rein gibt hier die nahe verwandte P. parviflora an!) besetzen zahlreiche inselartige Bergflecken bis 34° N. südwärts hinab. Siehe die Listen sub 4 und 5 in G. J., IX, 181.
7. Die südjapanische immergrüne Vegetationsre - gion lässt sich nach 2 Kiefern: Pinus Thunbergii und P. densiflora, etwas höher hinauf (über 400 m) durch die Mehrzahl der Magno - liaceen, Ternströmiaceen, Lauraceen etc. charakterisieren. Vergl. die Artenlisten in Geogr. Mittlgn. 1887, S. 164 und G. J., IX, 181 (unter Reg. 1 und 2).
Auswahl der Litteratur. a) Florenwerke und sytema - tische Generalübersichten: Hooker, Flora boreali-americana, 2 Bde., 1840. Macoun, Catalogue of Canadian Plants (Geolog. and Nat. hist. Survey of Canada), 1883 bis folgd; vergl. G. J., XI, 130 und XIII, 335. Asa Gray, Synoptical Flora of North America (im Erscheinen). Michaux, Histoire des arbres forestières de l’Amé - rique septentr. 1810 — 13, 3 Bde. Geological Survey of California: Botany by Sereno Watson, 2 Bde., 1880. Coulter, Manual of Rocky Mts. Botany from New Mexiko to the British Boundary, 1885. Asa Gray, Manual of the Botany of the Northern United States (viele Auflagen). Chapmann, Flora of the Southern United States, 1883. Gray & Watson, Contributions to North Amer. Botany, in Proceed. Amer. Acad. Arts and Sc. Bd. XVII u. folgd.
b) Allgemeine statistische und klimatologische Pflanzengeogra - phie: Physical Atlas of the Dominion of Canada, Ottowa 1880. Scott, Tables, distribution and variations of the atmosph. temperature in the United States, Smithon. Contrib. Bd. 21, 1876. Hooker, Distri - bution of the North American Flora, Royal Institution of Great Britain, 12 Apr. 1878. Asa Gray, Characteristics of the North Amer. Flora, Amer. Journ. of Science Bd. 28 (G. J., XI, 131). Sargent, Catalogue of the Forest-Trees of N. Amer., Washington 1880; siehe Geogr. Mittlgn. 1886, S. 238 mit Taf. XII; Report on the Forests of N. Amer. excl. of Mexiko, Washington 1884, Depart -4268. und 9. Nordamerika.ment of the Interior (ausgezeichnetes Werk mit vielen Spezial - karten über die Waldverbreitung in den Vereinsstaaten). Mayr, Die Waldungen von Nordamerika, 1890.
c) Expeditionsberichte und spezielle Pflanzengeographie in der Reihenfolge der späteren Vegetationsregionen 1 — 14): Elliott, An arctic Province, Alaska and the Seal Isl., 1886 (Geogr. Mittlgn. 1887, Litt. Nr. 311). Krause, Reisen im südl. Alaska, Verh. Ges. Erdk. Berlin, X, 284, Zeitschr. Ges. f. Erdk. Berlin 1883, Taf. 9. Dall, Pacific Coast Pilot, Alaska, Washington 1879. — Drummond, Canadian timber trees, their distribution and preservation. Mon - treal 1879, mit Karte. Selwyn, Report of Progress of geol. und natur. history Survey of Canada; darin Waldkarte mit Vegeta - tionslinien von 30 Bäumen, 1881. Bell, Reports of the Forests of Canada, 1885 (Geogr. Mittlgn. 1885, Litt. Nr. 342). Koch, Die Küste Labradors und ihre Bewohner (Deutsche geogr. Blätter 1884, S. 151). Matthew, Occurrence of arctic a. western plants in continental Acadia (Nat. Hist. Soc. of New Brunswick, April 1869).
Bruhin, Vergleichende Flora Wisconsins, in Verh. K. zool. - botan. Ges. Wien 1876, S. 229; Beobachtungen über die Erschei - nungen im Tier - und Pflanzenleben zu Milwaukee, ebenda XXV, 811. Geological Survey of Minnesota, Bd. I, 1886 (Karte der Grenze von Wald und Prärie); siehe auch G. J., XIII, 337, Nr. 283, Garrison in Ninth annual Report for 1880, S. 201. — Macoun in Selwyn’s Rapport des opérations de l’Exploration géologique du Canada, 1875 — 76, S. 30 u. folgd. : Flora vom Fraser und Peace-R. (G. J., VII, 341). Dawson, Distribution of some trees of British Columbia, Canadian Naturalist IX, Nr. 6 und Report of Progress of Geolog. Survey of Canada for 1879 — 80, mit Karte. Dawson, Der Queen Charlotte Archipel, siehe Geogr. Mittlgn. 1881, S. 331 mit Taf. 16. Newberry (Cascade Mts.) in Annals of the New York Acad. of Sciences, III, 242 (1884) und Amer. Journ. of Science, siehe Geogr. Mittlgn. 1886, Litteraturb. Nr. 158.
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427Litteratur.Reports of Explorations and Surveys for a railroad from the Mississippi R. to the Pacific Ocean; Bd. II; Torrey & Gray, S. 115; Bd. V (1856): Torrey, Gila-Flora, und Durand & Hilgard, botanical Report; Bd. VI (1857): Newberry, Geogr. botany, Forest - Trees of north California and Oregon; Bd. VII (1857): Torrey, botan. Report Los Angeles — Rio Grande. Sereno Watson, Botany in Un. St. Geolog. Exploration of the fortieth parallel, 1871 (Pflanzengeographie und Kataloge vom Great Basin, Wahsatch & Uintas Mts., Nevada — Utah, mit Beschreibung der nicht ostwärts vom Mississippi vorkommenden Gattungen und Arten.) Rothrock, Engelmann etc., Botany in Lieut. Wheelers Report upon Un. St. geograph. Surveys west of the 100 th meridian, Bd. VI, 1878 (G. J., VIII, 270).
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Loew, Lieutenant Wheelers Expedition durch das südliche Kalifornien i. J. 1875, in Geogr. Mittlgn. 1876, S. 327, Taf. 18. Report on the Un. St. and Mexican Boundary-Survey, by W. Emory; in Bd. II. Torrey, Botany of the Mexican Bound. -Territory, 1858; Grisebach, Bericht über die Leistungen in der geogr. und syst. Botanik 1848, S. 56 (Neu-Mexiko). — Engelmann, On the character of the Vegetation of southwestern Texas in Proceed. Amer. Assoc., V Meet. 1851. Asa Gray, Plantae Wrightianae (1852) aus Texas. Engelmann & A. Gray, Plantae Lindheimerianae (Texas) in Boston Journ. of Nat. History Bd. V (1845). Watson, Plants collect. in southw. Texas etc. siehe G. J., X, 177. Bandelier, Die Grenzgebiete der Verein. St. und Mexikos, in Verh. Ges. Erdk. Berlin, XII, 258.
Klima und Florengrenzen. Durch vier Wärme - gürtel hindurch erstreckt sich im Wechsel von Wald - und Steppenlandschaften mit eingeschlossenen kleinen Wüstendistrikten die nordamerikanische Flora südlich des arktischen Gebietes bis hin zu der Nordgrenze der Tropen in Mexiko und an der äussersten Südspitze von Florida, so dass alle Abteilungen der 2. und 3. Vegetationszone4288. und 9. Nordamerika.(S. 83 — 87) hier durchlaufen werden. Die Verteilung der Niederschläge hebt einen breiten atlantischen und einen meistens sehr schmalen pacifischen Küstenstreif als die begünstigteren Landstriche heraus; während aber von Florida bis westwärts über den Mississippi-Unterlauf hin - aus die Niederschläge 130 — 200 cm betragen, tritt unter entsprechender Breite am Stillen Ozean ein höchst regen - armes Gebiet, welches auf unserer Hauptkarte durch „ unter 20 cm “hervorgehoben ist, mit seinem Endzipfel bis unmittelbar zur Küste und bedingt Wüstenbildung im Gegensatz zu den reichen südatlantischen Waldungen; höher im Norden aber hat die pacifische Küste die grös - sere Niederschlagshöhe und erreicht nördlich von 43° N., also gerade da, wo der Waldwechsel zwischen der kali - fornischen und kolumbischen Küstenwaldregion eintritt, bis gegen den 60° N. über 200 cm Niederschlagshöhe im äussersten Küstensaum.
Die Hauptwasserscheide in Nordamerika ist von 60° N. bis 30° N. durch eine niederschlagsärmere, breit und gewaltig in mehreren Ketten streichende Hochge - birgsbildung ausgezeichnet; gegen diese Rocky Mts. sind die übrigen Gebirge in ihrem Einfluss auf die Floren - gliederung und Florenentwickelung unbedeutend. Sie be - wirken auch naturgemäß eine scharfe Gliederung in at - lantische und pacifische Florengebiete, während es an ähnlich sondernden Mitteln zwischen den Elementen des nordischen Florenreichs und den arktotertiären, jetzt sub - tropisch-amerikanischen Sippen fehlt. Noch in viel rei - cherem Maße als in Ostasien ist daher hier ein allmäh - licher Uebergang vom einen zum anderen Typus, von immergrünen Eichenwäldern mit Lauraceen zu den nor - dischen Fichten - und Birkenwaldungen hin, zu bemerken, und Nordamerika bietet daher auch die reichste Fülle von arktotertiären Elementen dar, welche an strengere Winterkälten ziemlich sicher gewöhnt sind, da die ex - tremen Eigenschaften der Temperaturkurven besonders die atlantische Abdachung auch im Bereich der Wälder auszeichnen. Nur ganz allgemein kann daher auch, weil die einzelnen Arten sehr verschieden widerstandsfähig429Klimatische Gliederung. Phänologie.gegen Kälte oder platzbehauptend gegenüber subtropi - schen Formationen sind, eine Temperaturgrenze zwischen beiden Florenreichen, dem nordischen und dem mittel - nordamerikanischen, angedeutet werden: die Grenze kann nur in dem Gürtel mit heissem, bezw. in dem mit ge - mäßigtem Sommer liegen und mag etwa dem von Köp - pen gezeichneten Verlaufe dieser Grenze südlich des Seen - gebietes entsprechen, jedenfalls aber nicht in dem kühle - ren und dennoch subtropisch ausgestatteten Kalifornien. Genauer lässt sich die Grenze aus einer Kombination von Januar - und Julimitteln ableiten: die 20°C. Juliisotherme, besonders in ihrer nördlichen Ausbuchtung im Kontinent bis gegen 54° N. und in ihrem südlichen Steilabfall nach Kalifornien einerseits, und die 0°C. Januarisotherme in ihrem Verlauf durch die atlantischen Staaten andererseits in der von Hann im physikalischen Atlas gegebenen Darstellung scheinen die wesentlichsten Bedingungen die - ser Scheide, welche aus einer Unzahl sehr verschieden - artig verlaufender Vegetationslinien besteht, zu enthalten. Im einzelnen stimmen öfters Temperaturlinien gut mit Vegetationslinien, z. B. die Jahresisotherme von 15 ½°C. und die Isochimene von 7°C. und die Isothere von 25°C. mit der Palmengrenze in den südatlantischen Staaten (G. J., VII, 237).
Die phänologischen Erscheinungen sind in Amerika erst wenig beobachtet; das jedoch geht mit Sicherheit hervor, dass die harten Winter im Vergleich mit dem Frühlingseinzuge in Europa erhebliche Verspätungen ver - anlassen. Aus Wisconsin (Milwaukee, 43° N.) stammen Bruhins sechsjährige Beobachtungen: hier geht der Schnee durchschnittlich nicht vor der zweiten Märzhälfte fort, Ende Mai ist der Busch belaubt, Mitte Juni reift Fragaria vir - ginica, Mitte Juli der Roggen. Blumen des Frühlings (Caltha, Anemone nemorosa, Prunus Cerasus) zeigen 1 Monat Verspätung gegenüber Belgien und Frankreich, noch 1 bis 2 Wochen gegenüber dem nordöstlichen Deutschland, und blühen nur einige Tage früher als in Petersburg und Moskau. So kennzeichnet sich in Amerika die Südgrenze des nordi - schen Florenreiches gegenüber der Missouri-Prairienregion.
4308. Britisch-Nordamerika.Formationen, Charakterarten, Vegetations - linien. Die Vegetationsformationen sind dem Vorher - gehenden zufolge nach den beiden Hauptteilen zu betrachten, welche einerseits die amerikanischen Gebiete des nordi - schen Florenreichs (A), andererseits die des eigenen Florenreichs vom mittleren Nordamerika (B) umfassen; er - steres zerfällt nur in das pacifische und in das um die Hudsonsbai gelagerte kanadische Gebiet, letzteres bildet ausser dem kalifornischen Gebiet und ausser dem von Virginien bis Florida reichenden noch die zwei centralen Gebiete mit Xerophyten aus, von denen das reichste (süd - liche) Nordmexiko und Texas, das weniger reiche (nörd - liche) die Missouri - und Felsengebirgs-Steppen umfasst; das letztgenannte strahlt weit nördlich bis Kanada aus.
A) Im Anschluss an die arktischen Tundren, welche in Labradors arktischer Fjordformation die südlichste Verlängerung haben, ist ein breiter Waldgürtel, aus dem sich schneebedeckte Hochgebirge erheben, nordischen Cha - rakters vom Yukon und Columbia bis über die grossen Seen hinaus entwickelt. Die Weissfichte Picea alba, nicht die etwas südlicher beginnende Larix americana, bildet die äusserste Nordgrenze des Nadelwaldes, eine Birke (Betula papyracea) die der nordischen Laubbäume. Dicht gedrängt treffen wir von den zahlreichen kanadischen Bäumen weitere nördliche Vegetationslinien gen Süden zu; auch eine Tanne: die Kanadabalsam liefernde Abies balsamea, folgt alsbald und entspricht in ihrer Frosthärte der sibirischen Edeltanne. Mit Thuja occidentalis und den Eichen (vergl. oben, S. 191) ist der südlichere Forma - tionsgürtel erreicht, in welchem Laubhölzer buntester Zu - sammensetzung überwiegen oder aber mit anderen Coni - feren, zumal der atlantischen Pinus Strobus, abwechseln. Sehr beachtenswerte Vegetationslinien sind hier die der Fagus ferruginea (Neuschottland — Neubraunschweig, Que - bec und Ontario), und die ähnliche von Juglans cinerea.
In der nordpacifischen Waldregion ist die wichtigste Vegetationslinie die der Pseudotsuga Douglasi (s. Floren - karte VII im physikalischen Atlas), ausserdem Thuja gigantea und die der deutschen Eiche ähnliche Quercus431Charakterarten der Bäume und Sträucher.Garryana. Wiesen, Moore und Heidegesträuche begleiten die nordischen Waldformationen in einer aus dem mitt - leren und nördlichen Europa gewohnten Weise, doch natürlich grösstenteils in anderen Repräsentativarten. Zu den Stauden der pacifischen Küste gesellen sich überein - stimmend mit Ostasien gigantische Araliaceen, besonders die gesellige Fatsia horrida (vergl. Griseb. V. d. E., II, 245). Von Ericaceen (siehe S. 193 und 194) ist neben den 4 mitteleuropäischen Vaccinien noch eine grössere Zahl amerikanischer Endemismen; weit verbreitet sind auch Andromeda polifolia, Lyonia calyculata, Cassiope und ähnliche circumpolare Halbsträucher, aus anderen Familien Betula nana, Linnaea, Empetrum in den Wald - mooren und in den Hochgebirgen. Die Rocky Mts. stellen naturgemäß das hauptsächlichste Kontingent alpiner For - mationsbildner mit zahlreichen arktischen Inquilinen, wäh - rend ähnliche Bestände noch auf den White Mts. in den nordatlantischen Staaten wiederkehren. In diesem letzte - ren Gebirge herrschen in geringem Umfange Glacialfor - mationen von ca. 1200 m an bis zur Spitze, die Baum - grenze wird von Picea alba und Abies balsamea gebildet, Laubhölzer gehen bis 600 m. Die Alleghanys sind da - gegen bis zu ihrem Kamm bewaldet.
B) Die südliche Gebietshälfte beginnt mit Wald - formationen, die neben Coniferen sommergrüne Laub - hölzer führen, und hier sind auch wiederum Vertreter der Lauraceen mit abfälligem Laube, der Sassafras und Benzoïn (Fever-bush). Eigentümlichkeiten dieser Art kenn - zeichnen das mittlere Nordamerika, aber fast nur dessen atlantische Staaten, ebenso wie Ostasien. Selbst eine immergrüne Lauracee, Persea carolinensis, geht bis zu den Sümpfen von Delaware, scheint aber nach den Flo - renangaben selten und bildet jedenfalls keine immergrü - nen Bestände in einer an harte Winter gewöhnten Wald - vegetation (vergl. oben, S. 261). Hier sind nun von grossem Interesse die Vegetationslinien jener laubabwerfen - den Bäume, welche wie Gymnocladus, Gleditschia, Pavia, Liriodendron ihre Verwandten in den wärmeren Subtropen und auch schon im südlichsten Gebiete selbst haben, wo die4329. Vereinsstaaten und nördliches Mexiko.immergrünen Magnolien charakteristisch sind; hier machen hochstämmige Ericaceen (Andromeda, Leucothoë, Oxyden - drum arboreum!) alle Phasen von immergrün zu laubwech - selnd durch, und alle erreichen verhältnismäßig hohe Breiten im Vergleich mit den Isochimenen. Das letzte Interesse unter den Baumgrenzen bietet dann die auf wirklich sub - tropisches Klima mit milderen Wintern beschränkte im - mergrüne Kategorie; Quercus virens, die der südeuropäi - schen Steineiche ähnliche „ Lebenseiche “, und Olea ame - ricana stehen an der Spitze; Pinus australis, mächtige Bestände in den Pine-barrens bildend, schliesst sich an, Magnolien und Gordonien bilden Nebenbestände, von Pal - men die Gattung Sabal und hier besonders S. Palmetto als letzte Baumart von Palmen gen Norden.
Diese alle steigen an der atlantischen Küste bis Kap Hatteras und zur Chesapeakebai, und haben alle eine den Alleghanys parallel gerichtete nordwestliche Vege - tationslinie, welche südlich dieses Gebirges etwa bei 33 oder 34° N. westwärts zum Mississippi umbiegt und hier oder im südöstlichen Texas endet. Der pacifische Küsten - strich ist ärmer, entbehrt auch der arktotertiären Stamm - formen von der ostasiatisch-amerikanisch-atlantischen Gruppe; sein immergrüner Charakterbaum, dessen Nord - grenze unter 45° N von Wichtigkeit ist, ist Castanopsis chrysophylla, also eine weit nach Norden gehende Cupuli - fere; die kalifornische „ Lebenseiche “ist Quercus chryso - lepis in der Coast-Range und Sierra Nevada, ein ansehn - licher Baum. Wie man sieht, haben stets Ost und West ihre verschiedenen Charakterarten; Sabal Palmetto wird durch andere Fächerpalmen: Pritchardia (Washingtonia) vertreten; die Coniferen sind oben (S. 183) aufgeführt.
Hier schieben sich nun in die soeben geschilderten Waldbestände die mächtigen Steppen -, Wüsten - und Gras - landregionen ein, welche an den Zug der Rocky Mts. an - geschlossen sind und deren ganze weite östliche Abdachung im Bereich des Missouri bedecken; die nördlichsten Di - strikte derselben enden in Kanada und sind etwa so aufzufassen wie das Verhältnis der pontischen Flora zu den Waldgebieten im mittleren Russland oder am Balkan. 433Charakterpflanzen. Bildung der Prairien.Südlich von 35° — 37° N. ist die Ursprünglichkeit der neu auftretenden Vegetationsformen klar: Cereus gigan - teus, von dem das interessante Vegetationsbild in Whee - lers Arizona-Werk entstammt, ist hier mit mehreren Yucca-Arten (Griseb., V. d. E., II, 243), dem Kreosot - strauch Larrea mexicana, und mit den Mezquiten (Prosopis, s. oben S. 284) vereinigt, alle charakteristisch in Familie und Typus, die Vegetationslinien dieser Pflanzen in lokaler Abhängigkeit weiterer Erforschung würdig. Ebenso ver - steht sich die Ursprünglichkeit der in dem Rocky Mts. - Bassin eingeschlossenen Wüstensteppenformation, in denen graue Stauden: der Sage-brush (Artemisia tridentata) und Salsolaceen, nämlich die weissfilzige White Sage (Eurotia lanata) und der Greasewood (Sarcobatus vermiculatus) mit Atriplex - und Suaeda-Arten eine Hauptrolle spielen, sich nordwärts teilweise erst am Saskatchawan verlierend.
Von den nordöstlichen Prairien hat man die Ur - sprünglichkeit leugnen und diese Graslandformationen der Wirkung von weidenden Büffelherden im Verein mit den Feuerbränden der Indianer zuschreiben wollen. Meine Ansicht stimmt mit der von Mayr (a. a. O. S. 223) überein, welcher „ an die Ursprünglichkeit der Prairie auf einem kleineren Umfange glaubt, aber eine ganz beträcht - liche Ausdehnung derselben durch Feuer nach Osten hin annimmt; diese Ausdehnung wird um so wahrscheinlicher, als gerade zur grössten Trocknis, zur Zeit der grossen Prairiebrände im September und Oktober, die Westwinde vorherrschend sind “. Die Florenentwickelung aus altem Seebecken, die Gegenwart der schwarzen, von uralter Grasvegetation zeugenden Erde, lässt die Ausbildung so mächtig ausgedehnter Graslandschaften fast notwendig erscheinen im Sinne des normalen Formationswechsels, wenn auch die Niederschläge hier nicht unter ein Maß sinken, welches noch für Baumvegetation hinreicht. Man muss eben mit der Selbsterhaltungsfähigkeit grosser For - mationen rechnen, die die Kultur mit plötzlichem Ein - griff ändern kann.
Diese hat als vorherrschende Kulturpflanzen wesent - lich die Erzeugnisse der Alten Welt eingeführt; eine ge -Drude, Pflanzengeographie. 284348. und 9. Nordamerika.ringe Rolle nur spielen die einheimischen Nutzpflanzen für den Europäer, während der Indianer eine grosse Menge in seinen Haushalt gezogen hat (siehe Newberry, G. J., XIII, 337). Der Wasserreis Zizania aquatica dient noch jetzt den wilden Stämmen zur zeitweiligen Hauptnahrung, sogar Eicheln und Kiefern geben essbare Früchte, aber eigentlich nur im Bereich der 9. hier mit der 8. ver - einigten Ländergruppe. Wenige Pflanzen von Bedeutung sind den europäisch-orientalen Kulturpflanzen hinzugefügt; vom Mais, der im südlichsten Teile des Gebietes sein Indigenat berührt, wird später die Rede sein, aber ge - wisse Arten von Bohnen (Phaseolus) sind wahrscheinlich von hier aus zu Nahrungspflanzen geworden (G. J., XIII, 314); auch der Topinambur Helianthus tuberosus ist von einiger Bedeutung.
Die altweltlichen Kulturpflanzen mit dem Mais zu - sammen ordnen sich den ursprünglichen Formationen ent - sprechend zu Kulturarealen, welche im Bereich oder nörd - lich der, östlich an den Rocky Mts. am weitesten nach Norden vorgeschobenen Grassteppen am weitesten nach Norden ansteigen, an der Westküste aber ebenso wie im Wir - kungsbereich der Hudsonsbai Depressionen erleiden. So endet die Hauptkultur des Mais an der Westküste schon unter 45° N., im allgemeinen aber erst bei 51° N., und geht am Saskatchawan bis 53° und weiter nach N. Der Weizen erreicht bei Fort Liard am Fusse der Rocky Mts., an einem Zufluss des Mackenzie, 60° N., Gerste und Kartoffeln gehen in diesen Meridianen bis 65° N., Rüben - bau bis 67° N. Der Polarkreis bildet in der Mitte Ka - nadas also die ungefähre Nordgrenze des Feldbaues.
Vegetationsregionen. Die sich aus dem Vorher - gehenden ergebenden Gliederungen nach Formationen mit frostharten und frostmeidenden Arten, ferner nach sol - chen der Wald -, der Steppen - und der Grasflurabtei - lungen, ferner nach der von 50° im Norden bis 30° im Süden stetig gesteigerten Verschiedenheit an den Küsten beider Weltmeere, lassen die nun folgende Anreihung der Distrikte nach 14 Vegetationsregionen ohne weiteres klar verstehen. Im wesentlichen stimmen dieselben mit435Kulturpflanzen. Regionen. — Alaska.der in der Florenkarte Nordamerikas (Nr. 50 von Berg - haus’ physik. Altas) gegebenen Einteilung überein; eine nicht unwichtige Aenderung, nämlich die Einschaltung einer besonderen sommergrünen atlantischen Laubwald - region zwischen den Seen im Norden und den immer - grünen Beständen der Südstaaten, ist Sargent zu ver - danken. Die von diesem Kenner herrührende, in den Geograph. Mitteilungen 1886 gegebene Erklärung dazu enthält gleichzeitig so viel vortreffliche Charaktere der Waldformationen, dass ich auf dieselben verweisend un - nötige Wiederholungen zu vermeiden suche.
Die ersten fünf Vegetationsregionen gehören streng zum nordischen Florenreich; die folgende bildet eine Uebergangsregion zwischen dem nordamerikanischen Step - pen-Florenelement und den nordischen Wiesenfluren. Die 7. — 14. Region bilden das eigene Florenreich des mittleren Nordamerika.
1. Gletscherwald - und Strauchregion von Alaska mit arktischer Glacialflora (Südende an der Küste etwa unter 60° N.). In Alaska ist eine dürftige Wald - vegetation ausgebreitet; die Karte in den Geographischen Mitteilungen 1886, Taf. 12, gibt davon eine übertriebene Vorstellung. Die am Südrande der Halbinsel hinziehende hohe Gebirgskette mit dem Mt. Elias bildet ein Gletscher - massiv, in welches auch fast die ganze Küste begraben ist, so dass nur spärliche Waldinseln neben den tosenden Gletscherbächen auf Schlamm und Geröll sich halten; ja neuere Forschungen von Elliott und Seton-Karr haben sogar das Gedeihen von Nadel - und Laubhölzern in grösserer Höhe auf den riesigen, mitten im Gletschereise befindlichen und auf diesem ruhenden Moränen erwiesen. Nördlich der Alaskaberge findet sich dann Wald am Jukon ein; aber er meidet, wie in Kamtschatka an vielen Stellen, die Küste selbst, welche zur Behringsmeerregion der arktischen Flora gehört und schwindet bald nördlich vom Polarkreise.
An dem gewaltigen Gebirgsbogen der Mt. St. Eliasalpen sind nach Elliott die Terrassen mit Picea sitchensis bekleidet, welche unter den nördlichsten Nadelbäumen die Behringsmeerländer aus -4368. Britisch-Nordamerika.zeichnet. An dem herrlichen Gebirgs - und Gletscherpanorama der Prinz William-Bai bedeckt dichter Nadelwald die unvermittelt in das Wasser abfallenden Gehänge noch bis circa 300 m Höhe, wäh - rend die Gipfel sich bis 3000 m auftürmen. Die westliche Baum - grenze zieht sich dann aber quer durch die Insel Kadiak, und Weidengebüsche bilden die einzigen Holzbestände auf den Aleuten, dazu die arktischen Ericaceen etc., welche naturgemäß überall auch in Alaskas Waldflora eingreifen. Erhält die Halbinsel da - durch ihren Charakter aufgeprägt, so noch mehr dadurch, dass sich in ihr die Bäume und Stauden des Hudsonbaigebietes mit denen des Beringsmeergebietes mischen; auch die von der atlan - tischen Küste herkommenden nördlichsten Bäume Picea nigra (?) und Betula papyracea bilden im Yukongebiet die Waldgrenze und sind die wichtigsten Arten, neben ihnen noch Populus balsamifera und tremuloides, welche letztere von hier aus südwärts bis zu den Grassteppen geht, und ostwärts bis Neufundland.
2. Die kanadische Waldregion spannt sich in grossem Bogen von der Alaskaregion und dem Hoch - kamm der nördlichen Rocky Mts. durch das Mackenzie - gebiet und, die Hudsonbai südlich umrandend, bis Labra - dor und Neufundland, nur im Osten den 50. ° N. südwärts überschreitend; das südliche Kanada bleibt also von ihr ausgeschlossen. Ueberall greift vom Norden her die Tundra, an der Küste Labradors eine reiche, mit der grönländischen innig verwandte arktische Flora in sie ein, während von Alaska her andere arktische Arten die nördlichen Felsengebirge besetzen. Eintönige Nadel - wälder mit Laubbäumen von den eben angegebenen Arten stehen in der Bodenbedeckung voran.
Picea alba, die White Spruce, erscheint wiederum als einer der Hauptbäume, aber scheint sehr oft mit P. nigra verwechselt zu sein; sie liebt trockene Waldungen und mischt sich mit Pappeln und Birken. Nach Macoun ist es unrichtig, ihr die ganze Fichten - nordgrenze von Ost nach West bis zum Jukon zuzuschreiben, da sie vielleicht an den Rocky Mts. innehält. Picea nigra, die Black Spruce, ist von Neufundland bis zum nördlichen Kolumbien und bis zur Eismeerküste der die grössten Flächen (auf feuchterem Boden) deckende Baum, unter 65° N. zusammen mit der Nachen - birke Betula papyracea. Picea rubra soll eine dritte Art sein (oder Varietät?). Eine Kiefer, Pinus Banksiana, ist durch ihre grossen Bestände bis zur Mündung des Mackenzie ausgezeichnet, die übrigen aber halten sich mehr südwärts. Rubus chamaemorus ist eine der gewöhnlichsten Moorpflanzen.
3. Waldregion des nordamerikanischen437Kanada. Seengebiet.Seengebietes. Dieselbe wird im Norden durch die kanadische Region (etwa bei 50° N.) begrenzt, geht an der Küste von Neubraunschweig (nach Sargent schon vom südlichen Neufundland) bis Philadelphia, bildet den nörd - lichen Alleghanies entlang eine Aussackung von 40° N. bis 37° N., und umspannt im Bogen die grossen Seen bis zum Winnipeg im Nordwesten; doch zieht Sargent die Eriesee-Umgebung schon zu den sommergrünen Mis - sissippiwäldern. Sie bildet also die breitere nördliche Häfte der auf der Florenkarte VII von Nordamerika nach Tsuga canadensis, Ulmus americana und Juglans nigra bezeichneten Waldregion; die beiden ersteren Bäume ge - hören hauptsächlich in diese nunmehr eingeschränkte Vegetationsregion, deren Merkzeichen aber Sargent vor - züglich in die ausgedehnten Wälder von Pinus Strobus legt; die Walnussbäume finden ihre Hauptentwickelung in den Mississippiwäldern, doch kreuzen die nördlichen wie südlichen Vegetationslinien aller dieser Bäume grosse Strecken der Nachbarregion und bewirken, dass hier im Seengebiet vielleicht die meisten Arten überhaupt zu - sammen sich vorfinden.
Tsuga canadensis ist vorherrschend in Neuschottland und Neubraunschweig, ferner in Quebec und Ontario; ihre Nordgrenze kreuzt den St. Lorenz etwas unterhalb Quebec und läuft durch das Nordende des Temiscamangsees, geht über den Ottowa-R. und vom Ostende des Lake Superior nach Agawa südlich vom Michi - picoten-Fluss (R. Bell). Aehnlich erscheint die Verbreitung der „ White Elm “oder amerikanischen Ulme, die aber mehr landeinwärts, west - lich von Toronto und in den ganzen Distrikten am Erie - und Hu - ronensee eine ausserordentliche Entwickelung erreicht, die grösste Höhe und Stammfülle von allen kanadischen Bäumen ausser der Strobus annehmend. Am Saskatchawan geht sie bis Cumberland - house unter 54 ½° N. (Macoun). Sie bildet also einen inneren Gürtel in dieser Seen-Waldregion, und als borealen Typus würde ich diese Distrikte, in denen sie herrscht, lieber zu dieser als zu der Mississippiregion (Nr. 10) rechnen. Zwei Eschen und die Tilia ameri - cana sind 2 andere wichtige Charakterlaubhölzer dieser Region, von welcher der im Vergleich mit Europa ausserordentlich bunt zusammengesetzte Waldreichtum bekannt ist (vergl. z. B. Asa Gray, im G. J., XI, 131 — 133; die Liste der wichtigsten Arten, allerdings auch mit Einschluss der westlichen Repräsentativformen, ist kurz nach Macoun zusammengestellt im G. J., XI, 130 und XIII, 335). Es kommen ungefähr 5 Pinus, 4 Picea und Abies, 1 Larix, Thuja4388. Britisch-Nordamerika.occidentalis, 1 hoher Juniperus und 2 kleine, 1 Taxus an Coniferen, 8 Quercus (alba und macrocarpa, bicolor, rubra u. a.), 1 Castanea (noch häufig bei Toronto), 6 Betula, 2 Alnus, Fagus ferruginea, 2 Corylus, Ostrya virginica und Carpinus caroliniana, 2 Corylus, 14 Salix und 5 Populus von borealen Formen zusammen, zu denen sich auch noch, wenn auch nur mit ihren nördlichsten Arealaus - läufern, 2 Juglans, 4 Carya und die amerikanische Platane (P. occidentalis) gesellen: letztere scheint nach Macoun ihre östliche Grenze in Kanada im Thal des Don bei Toronto zu haben, ist aber noch häufig und ein ansehnlicher Waldbaum im westlichen Ontario.
Auch hier gehen also die arktotertiären Sippen im Innern des Kontinents höher nach Norden.
4. Columbische Küstenwaldregion. Schon oben wurden die Vegetationslinien dreier Bäume als cha - rakteristisch in diesem Bezirk genannt. später die wichtige Nordgrenze der Castanopsis chrysophylla hinzugefügt. Nur die letztere ist eigentlich entscheidend für die Grenze zweier Regionen, indem sie die Nordgrenze der kaliforni - schen Küstenregion bildet. Die wichtige Pseudotsuga Douglasii, die „ Douglasfichte “oder Douglasia der Forst - leute, zieht sich auch in das Innere hinein und verbindet den südlichen Teil der vierten mit dem nördlichen der neunten Region. Mag es daher rühren, dass Sargent in seiner oft genannten Waldformationseinteilung nunmehr diesen ganzen Küstenstrich von 59° N. bis 35° N. einheit - lich zusammengefasst hat, unnatürlich ist es jedenfalls für eine die Gesamtflora berücksichtigende Regionsein - teilung.
Den äussersten Norden dieser interessanten, von den atlanti - schen Strichen durchaus verschiedenen Region kennen wir aus Krauses Untersuchungen über das Chilcatgebiet (59° N.). Hier herrschen noch strenge Winter, am 23. Januar 1882 wurden — 23°C. beobachtet; doch schmilzt der Schnee im April, brechen die Weidenkätzchen Mitte April durch, und die gigantischen Ara - liaceen, Devils walking sticks genannt, sind auch hier zu Hause. Die Coniferen beschränken sich hier auf Thuja excelsa = Chamae - cyparis nutkaënsis, Thuja gigantea und Picea sitchensis, da die pacifische „ Hemlocktanne “Tsuga Mertensiana bei 54 ½° N. ihre Nordgrenze findet, ungefähr ebendort auch die Douglasia. Doch sei erwähnt, dass von letzterer nach neueren Erkundigungen zwei verschiedene Arten, eine härtere und eine zartere, mit einander ähnlichem Aussehen zu existieren scheinen. — Von der Sitcha - und Vancouverinsel sind wir gut unterrichtet; von ersterer lieferte439Columbien. Nördliche Felsengebirge.Kittlitz in seinem unter Kamtschatka genannten Reisewerke schöne Vegetationsansichten und hebt hervor, wie nur nach Westen hin die üppige, hoch hinauf die Berghänge bekleidende Vegetation sich erstreckt, aber schon der Gebirgskamm der Insel ausreicht, um nach Osten einen ärmlichen Waldwuchs zu erzeugen, der des üppigen Untergebüsches von Rubus, Heracleum, Fatsia entbehrt und Moos - decken über dem Felsgrunde anhäuft. Auf der Vancouverinsel findet sich die auf Queen Charlotte-Insel noch fehlende Douglasia ein, dazu Quercus Garryana, Acer macrophyllum und circinnatum als seltenere Laubbäume; auf beiden Inseln gleich wichtig ist die Tsuga Mertensiana, Thuja gigantea, Picea sitchensis, Pinus con - torta (welche letztere aber in den nördlichen Felsengebirgen ihre höchste Bedeutung erlangt). — Die Cascadenkette zeigt das süd - lichste Ende dieser Region und führt schon Castanopsis chryso - phylla; nach Newberry (G. J., XI, 134) sind hier noch die Dou - glasias an den Westgehängen die höchsten Bäume zusammen mit Picea sitchensis, Tsuga mertensiana und Ts. Pattoniana, dazu kommen herrliche Silbertannen: Abies grandis, nobilis, amabilis; aber die Ostgehänge und die Bergspitzen sind von Kiefern: Pinus ponderosa, Lambertiana (die gigantischte), monticola, contorta und albicaulis mit Juniperus occidentalis eingenommen, welche die folgende Region im Bergwald auszeichnen.
5. Die Wald - und Hochgebirgsregion der nördlichen Rocky Mountains setzt sich in ihren Baumbeständen hauptsächlich aus Arten zusammen, welche auch im Nordteil der pacifischen Küste vorkommen; doch ist dies nur auf einen gegenseitigen Austausch zurück - zuführen, da viele westliche Arten nicht mehr das Cas - cadengebirge überschreiten, andererseits erst im Osten desselben eine deutliche Herrschaft der Rocky Mts. -Arten beginnt, unter denen die gelbe Kiefer, Pinus ponderosa, obenansteht. Südlich vom 43. ° N. ändert sich jener Küstenwaldcharakter, indem nun die Zuckerkiefer, Pinus Lambertiana, und die Lauracee Umbellularia mit Casta - nopsis als kalifornische Bestandteile auftreten, die den Felsengebirgen durchaus fremd bleiben; diesen eigentüm - lich ist eine Rosacee: Cercocarpus ledifolius, als „ Berg - mahagoni “mit sehr schwerem Holze bekannt.
Coulters Flora der Rocky Mts. -Region zählt als wichtigere Bäume von Coniferen: Juniperus virginiana und occidentalis, Abies con - color und subalpina, Pseudotsuga Douglasii (weniger bedeutend als im Westen), Picea Engelmanni und pungens, Pinus ponderosa, contorta, flexilis, edulis und Balfouriana, keine Tsuga, keine Larix; von Cupuliferen: Betula occidentalis, Alnus incana; nur4409. Vereinsstaaten und nördliches Mexiko.2 Eichen, die Quercus macrocarpa und die ausserordentlich variable Qu. undulata; Populus tremuloides, angulata, balsamifera, angusti - folia, mehrere Weiden; Acer grandidentatum und Negundo, Ulmus americana vom Osten, Celtis occidentalis, Fraxinus pubescens und viridis. — Eine Ergänzung bietet die Liste von Hooker und Gray (siehe G. J., IX, 186 unter Waldregion), wo die in dem kanadi - schen Anteil der Felsengebirge vorkommende Larix occidentalis mit erwähnt ist. Diese Lärche stellt den grössten und wertvollsten Baum des Columbiabeckens vor, neben ihr Pinus ponderosa.
So bestehen die Wälder um Helena in Montana hauptsächlich aus Pappeln mit Weiden und der Buffalo - berry (Shepherdia argentea), einem glänzenden Eläagna - ceenstrauch, an den Flüssen; der Fuss der Hügel ist von Pinus ponderosa bedeckt, Espen (P. tremuloides) mit Fichten und einzelnen Tannen ersteigen die Bergseiten, Pinus contorta und flexilis die Bergeshöhen; bis über 4000 m erhebt sich die Baumlinie in Colorado. Auf diesen Höhen bilden Krummholzformen derselben Nadel - hölzer, welche unten hochstämmig wachsen, einen Strauch - gürtel (G. J., IX, 187); dann folgen die reichen alpinen Formationen, zu denen Gray und Hooker 184 Arten rechnen mit 86 deutlichen Endemismen, darunter Cha - raktergattungen Nordamerikas wie Eriogonum.
Vergl. die wichtigen Listen in Botan. Jahrb. Syst. II, 258 bis 265, aus denen im G. J., IX, 185 — 186 ein kurzer Auszug mitge - teilt ist.
6. Nördliche Waldprairienregion. Dieselbe bildet den nördlichen Winkel der grossen Grassteppen, welche sich zwischen dem Seengebiet und den Felsen - gebirgen ausbreiten, im nördlichen Manitoba, Assiniboine, Saskatchawan und Athabaska. Ein Baum des Ostens nach dem anderen findet hier seine Westgrenze, und die Flora mischt sich also hier etwa so wie zwischen Altai und Süd-Ural; die pacifischen Arten aber fehlen gänzlich.
Nach Macoun fällt schon am Assiniboine-River, weit mehr am Saskatchawan, die geringe Zahl der Bäume auf; nur gelegent - lich sieht man Eichen oder Eschen, am häufigsten Pappeln, Ulmen und Weiden. Ulmus americana folgt dem Assiniboine westwärts bis zu seiner Quelle, geht zum Red Deerfluss und - See und endet dort unter 53° N., am Saskatchawan unter 54½°. Betula pa - pyracea und Pinus Murrayana sind Nutzbäume (letztere wohl zu unterscheiden von P. contorta an der Westküste Columbiens), die441Prairien von Saskatchawan bis Missouri.Kiefer steigt von der Ostflanke des Felsengebirges zwischen Athabaska-River und kleinem Sklavensee herab, herrscht aber viel unumschränkter im inneren Plateau von Britisch-Columbien, wo sie grosse Flächen gesellig dicht bedeckt; ihre Nordgrenze soll erst am Yukon bei Fort Selkirk unter 62° N. liegen. — Undurch - dringliche Dickichte werden von Rosa blanda und Viburnum Len - tago gebildet, Hopfen und Ampelopsis quinquefolia mit Vitis riparia bilden lianenartige Festons.
7. Die Missouriprairienregion bringt das unter 6. schwächer angedeutete Bild zur vollen Entwickelung; es ist eine Grassteppenlandschaft mit excessivem Klima, nach Mayr hat jeder Winter Temperaturen von — 25°C., solche mit — 40°C. sind nicht selten. Die Nieder - schläge sind nicht hoch, wie schon erwähnt, reichen aber zur Getreidekultur in weiten Flächen aus, ebenso wie die Fruchtbarkeit des Bodens. Erst westlich der Rocky Mts. wird die Trockenheit grösser, die Steppe trauriger, das Gras durch Salsolaceen und Artemisien ersetzt. Daher ist die letztere Region von dieser auch floristisch gut ge - schieden; nach Osten gehen die Prairien allmählich unter Zunahme der Waldbedeckung in die Mississippi - oder südlichen Seenbezirkswälder über, nach Süden in die texanischen, mit subtropischen Elementen reich versehenen Chaparal-Landschaften; die Südgrenze scheint etwa unter 35° N. zu liegen, also das Ufer des Arkansas nicht mehr wesentlich zu überschreiten. Das Ansteigen der Prairien - flächen von Osten nach Westen, von rund 400 m bis zu rund 1000 m am Gehänge der Felsengebirge, ist gleich - falls von grosser floristischer Bedeutung: am Bergrande trifft man dann sofort wieder auf Baumwuchs, verkrüp - pelte Kiefern, montane Sträucher und Stauden vom Cha - rakter der fünften Region, in den breiten Thälern aber wiederum Prairie oder Steppe.
Die gewöhnlichsten Prairiengräser sind Bouteloua oligostachya und Buchloë dactyloides, welche an den guten Weidestellen 75 bis 90 % der Grasnarbe ausmachen sollen. Beide sind durchaus nicht immer vereint. Nach einem Berichte von Prof. Scriber über die Gräser in Montana ist die Bouteloua, welche dort Büffelgras ge - nannt wird, gesellig auf Abhängen zwischen 900 und 1400 m und als eines der wertvollsten Weidegräser zu betrachten, während Buchloë dort fehlt. Der Hauptbezirk der ersteren Art (richtig Mesquite - Gras zu nennen) geht von Montana und Dakota nach Texas; die4429. Vereinsstaaten und nördliches Mexiko.Halme von 1 — 1½ Fuss Höhe sind zart beblättert und tragen eine Aehre, welche etwa an das Aussehen des deutschen Cynosurus - grases erinnert. Die Buchloë dagegen trägt mehr den Charakter eines sehr dürftigen Anthoxanthum, es ist überhaupt niedrig ge - wachsen, hat Ausläufer, kann aber selbst im Winter in den süd - licheren Prairien frisch auf Hügeln vegetierend getroffen und als Weide benutzt werden, und hat die weiteste Verbreitung von allen; ihr Name ist Buffalo grass. Vasey nimmt an, dass die Ein - führung anderer Futtergräser den Weidewert der Prairie steigern werde, weil die von Natur hier geselligen ein steppenartig-lockeres Wachstum besitzen. Andere Charakterarten sind Agropyrum glaucum, Andropogon virginicus, macrurus, Eriocoma cuspidata, Stipa viri - dula, setigera u. a. A. — Im Osten sind die Bauminseln (Region 10!) häufig; wie sie westwärts rasch abnehmen und die Baumlosigkeit etwa mit dem 96 — 98. ° westlicher Länge vollendet ist, wird die Prairie blumenreicher: „ Durch ununterbrochenen Blütenwechsel ersetzen sie sich den Frühling und den ganzen Sommer hindurch. Im April erscheinen einzelne Frühjahrspflanzen; im Mai und Juni steht auf unermessliche Weiten die ganze Wellenfläche in Blüte, z. B. von Amorpha canescens, Batschia, Castilleja, Pentstemon, Cypripedium candidum etc.; dann folgen höhere Stauden, Petalo - stemon, Baptisia, Phlox aristata, Asclepias tuberosa, Lilium cana - dense, Melanthium virginicum; und zuletzt im späteren Sommer fast ausschliesslich Compositen, hohe Heliantheen bis zum niedrigen Aster sericeus. “ (Geyer in Griseb. Ber. 1845.)
8. Steppen - und Salzwüstenregion der Rocky Mountains. Zwischen dem hohen Kamme der Felsen - gebirge in Montana, Wyoming, Colorado und dem Hoch - kamme des Kaskadengebirges und der Sierra Nevada in Washington, Oregon und Kalifornien, breitet sich diese öde Vegetationsregion, welche den Grossen Salzsee von Utah als ungefähren Mittelpunkt hat, zugleich um die Wahsatchgebirgskette südlich herumgreifend und deren Thäler durchziehend, aus, durchfurcht von lauter kurzen, nordsüdlich ziehenden Sierras, welche sich über die Hoch - fläche 300 — 2000 m hoch erheben; die innere Senkung der Hochfläche selbst liegt noch fast 1200 m hoch über dem Meere. — Man hat diese Region wohl zusammen mit der Arizonaregion als „ nordamerikanische Wüste “bezeichnet; aber ein eigentlicher Wüstencharakter ist nicht weit ausgebreitet, und ihr durch das Coloradoplateau ab - geschnittener Südteil, den Unterlauf des Colorado zwischen dem südöstlichen Kalifornien und Arizona bis Neumexiko443Steppen der Felsengebirge. Kalifornien.umfassend, hat einen von dem Nordteil weit verschiedenen Vegetationscharakter.
Einige Hauptcharakterarten sind oben (S. 144 — 145) genannt. Sie zeigen den Typus der Landschaft in salzliebenden oder trocken - heissen Wollkräutern, welche allenthalben zerstreut oder dichter angehäuft sich vorfinden, und mit Ausnahme der nicht weit aus - gedehnten Salzstrecken ist thatsächlich sogar in der trockensten Jahreszeit das Gelände nicht vegetationslos. Selbst auf schwerem Salzboden bilden Sarcobatus oder Halostachys noch einzelnstehende Haufen; wo der Boden besser wird, gesellen sich Salicornia her - bacea, Suaeda-Arten, Kochia prostrata, Eurotia lanata, Grayia polygaloides, Schoberia occidentalis, Atriplex-Arten etc. dazu, lauter Salsolaceen, welche hier ein besonderes Entwickelungsgebiet haben. Von Gräsern ist Distichlis maritima häufig, Spartina gracilis und Sporobolus asperifolius; Astragalus-Arten sind hier in amerikanisch - endemischen Gruppen. Die Bäume beschränken sich auf Weiden an den Flüssen, und Populus monilifera, trichocarpa bilden zu - weilen beträchtliche Bestände im Humboldt-River-Thal. Von den Büschen und Gestrüppen herrscht neben dem Ererlasting sage-brush (Artemisia tridentata) noch die ähnliche, aber kleinere Art A. tri - fida, erstere 1 — 12, die letztere 1 — 2 Fuss an Höhe erreichend; die Zahl der hier vereinigten Artemisien beträgt überhaupt 23 Arten. Dazu der Broom-sage (Bigelovia graveolens), und Tetradymia ca - nescens. Ueber 300 Arten bilden die Desertflora dieser Region, und ⅓ davon gilt als endemisch.
9. Kalifornische Niederungs -, Bergwald - und Hochgebirgsregion. In südlicher Verlängerung der columbischen Küstenwälder beherrscht diese in sich selbst reich gegliederte Vegetationsregion das pacifische Gehänge der südlichen Kaskadenkette und der Sierra Nevada, ausgezeichnet durch grossen Pflanzenreichtum und vielfältigen Endemismus der Arten sowie Gattungen. Wiederholen wir in Kürze Sargents Charakterisierung: „ Südlich vom 43. ° N. ändert der Küstenwald seinen Cha - rakter. Picea sitchensis, Tsuga Mertensiana und Thuja gigantea werden allmählich durch südlichere Arten er - setzt. Die Zuckerkiefer, Pinus Lambertiana, erscheint hier zum erstenmale; der Lorbeerbaum, Umbellularia cali - fornica, bedeckt die breiten Flussthäler mit seinem präch - tigen Wuchs. Libocedrus, verschiedene Eichen und Ca - stanopsis chrysophylla erreichen hier ihre Nordgrenze. Den Uebergang kennzeichnet Chamaecyparis Lawsoniana. “ Auch an Graslandschaften fehlt es nicht: zwischen der4449. Vereinsstaaten und nördliches Mexiko.Sierra Nevada und der Coast Range zieht sich eine milde, subtropische Prairie, eine vollkommene Grasformation im Anschluss an Strauchsteppen, in der stellenweise die 10 bis 20 m hoch wachsende Cupressus macrocarpa ihre bizarren, eichen - oder cederähnlich verzweigten Stämme erhebt, eine höchst fruchtbare Landschaft; diese Cypresse erreicht Nordkalifornien nicht.
Hinsichtlich der grossen Zahl kalifornischer Charakter-Holz - pflanzen sei auf G. J., IX, 184 verwiesen. Die berühmtesten Bäume der Sierra Nevada sind die Mammutbäume, Sequoia (Wellingtonia) gigantea, und ihr mit einem grösseren Areal versehener einziger Gattungsgenosse S. sempervirens. Redwood ist der Forstname der letzteren, deren gigantischer Stamm 200 — 300 engl. Fuss hoch wird, während die Mammutbäume bis 325 Fuss erreichen. — Die Hoch - gebirgsregion ist reich an endemischen alpinen Elementen, zu der noch arktische Inquilinen kommen, z. B. Saxifraga nivalis, caespi - tosa, oppositifolia; Cymopterus-Arten, Eriogonum, Ivesia bilden charakteristische Endemismen.
10. Sommergrüne Laubwaldregion des Mis - sissippibeckens. Dieselbe vermittelt den Uebergang zwischen den boreal-charakterisierten Waldungen des at - lantischen Seengebietes und den immergrünen Wald - und Strauchformationen der atlantischen Südstaaten, ist im Sinne Sargents, wie oben erwähnt abgegrenzt, und breitet sich demgemäß an der Ost -, Süd - und Westseite der Alleghanies, im Ohio - und Mississippistromgebiet zwischen ca. 42° N. und den nördlichen Vegetationsgrenzen von Quercus virens und Olea americana im Süden aus.
Die Coniferen fehlen zwar durchaus nicht, sind im Gegenteil wie überall in nordamerikanischen Waldungen artenreich vertreten; doch liegt der Hauptcharakter in breitblätterigen Laubbäumen, deren nördliche Vegetationsgrenzen grossenteils noch in die Seen - region fallen. Juglans und Carya, die Hickorybäume, spielen dabei eine Hauptrolle, von ersterer Gattung die beiden weitverbreiteten J. nigra und cinerea, von letzterer 7 Arten, hauptsächlich C. alba, tomentosa, amara und glabra. Die Zahl der Eichen erreicht circa 18 Arten: Qu. nigra, rubra, palustris, macrocarpa, alba, Prinus etc. (Die immergrünen Qu. virens und cinerea dringen als verkümmerte Strauchformen in den Südteil der Region ein.) Das Quercitronholz, Maclura aurantiaca, ist hier einheimisch. Magnolia acuminata und einige andere Arten verleihen nebst Liriodendron tulipifera dem Walde ein neues Ansehen.
11. Die immergrüne Vegetationsregion der445Mississippi-Wälder. Südstaaten.südatlantischen Staaten nimmt den Südosten ein, schliesst aber das äusserste südliche Drittel von Florida, in welchem ein starkes Beigemisch von antillanischen Arten einen tropischen Charakterzug bedingt, aus. Im - mergrüne Ericaceen verbinden diese Region schon mit den Mississippiwaldungen, Andromedeen und Rhododendren (Rh. maximum); als hauptsächliche Charakterbäume seien Quercus virens, Sabal Palmetto und Pinus australis wie - derholt.
Hier kommt von Magnoliaceen noch die Gattung Illicium hinzu, Magnolia ist in 7 Spezies vertreten, Liriodendron ebenfalls noch da. Die Anonaceen sind durch Asimina vertreten. Die Gat - tung Clethra tritt mit einer Art nordwärts über; von anderen Eri - caceen sind 4 Gaylussacia-Arten vorhanden, Vaccinium arboreum bildet 3 — 5 m hohe Bäumchen, neben Leucothoë und Andromeda der „ Sorrel-Tree “Oxydendrum arboreum. Die Styraceen erinnern mit anderen an Ostasien. Im tropischen Süden von Florida sind bemerkenswerte Vertreter der antillanischen Flora Canella flava, eine Angehörige der Clusiaceen, Simaruba glauca, Bursera gum - mifera.
12. Steppen - und Wüstenregion von Arizona;
13. Chaparal-Vegetationsregion von Texas und Nordmexiko. Es ist zweckmäßig, diese beiden Regionen als einander entsprechend, und durch gewisse gemeinsame Züge den nördlich angrenzenden Prairien so - wie den Rocky Mts. -Steppen gegenübergestellt anzusehen. Subtropische Steppenpflanzen, Succulenten amerikanischen Charakters, Dasylirion, Agave, Yucca, zeichnen sie aus, Leguminosensträucher wie der Mezquite (Prosopis juliflora = P. [Algarobia] glandulosa, siehe S. 283 — 284) sind beiden gemeinsam. Während aber Texas mehr Graslandschaft mit dornigen Gesträuchen, die sogenannten „ Chaparals “, aufweist, besitzt Arizona und Neumexiko mehr Steppen - physiognomie, welche im südöstlichen Kalifornien zur Mohave - und Gilawüste von trauriger Einöde ausge - prägt ist.
Charakteristisch für die letztere ist besonders der übelriechende Kreosotstrauch: Larrea mexicana, eine ein rötlich-braunes Harz aussondernde Zygophyllee. Cereus giganteus, 6 — 15 m hoch, un - verzweigt oder meistens 2 — 9 senkrecht aufsteigende dicke Aeste aussendend und an deren Spitze blühend sowie essbare Früchte reifend, ein halbes Jahrhundert an Alter erreichend, ist einer der4469. Nordmexikanische Gebirge.wichtigsten Landschaftsbestandteile, vereint mit Fouquieria, Agave Palmeri und Parryi, Canotia, Acacia, Mimosa, Astragalus, Galea von Leguminosen, Baccharis-Arten und Pluchea borealis von strauchigen Compositen. Yucca brevifolia wird 5 — 10 m hoch und bildet zerstreute Wäldchen von höchst merkwürdigem Ansehen; aus ihren harten Büschelblättern hat man Papier hergestellt.
Die texanischen Chaparals haben entsprechende Arten, aber die Gebüsche sind mannigfaltiger und weniger dornstrauchführend; Juglans nana, Morus parvifolia, Aesculus discolor, Prunus rivularis, Cercis occidentalis seien als Beispiele dafür genannt. Die Cactus sind zumal in büschligen Opuntien sowie Echinocacten, Mamilla - rien, vertreten. Im östlichen Texas stehen alte Bäume des atlan - tischen Charakters mitten in der Prairie; Yucca canaliculata ist hier eine hochwüchsige, die Gegend schmückende Art.
14. Die nordmexikanische Bergwald - und Hochgebirgsregion hat boreal-subtropischen Charakter in leitenden Formationen immergrüner Eichen auf den Berggehängen, Cypressen in den Thalläufen, in grösseren Höhen (ca. 1800 m und mehr) Kiefern an Stelle der nur in untergeordnetem Verhältnis beigemischten sommer - grünen Laubhölzer. Dieselbe Bergregion umkleidet von der Sierra Madre an die Berge in Chihuahua und Du - rango, scheint dann ihren Charakter in den südlich vom Wendekreise liegenden Provinzen Mexikos zu wechseln, ohne dass dort Eichen (Quercus crassifolia und reticulata), Tannen (Abies religiosa) und Kiefern (Pinus Montezumae) etwa unter den Leitpflanzen fehlten; aber tropische Sippen treten hier zu diesen hinzu.
Unter den Eichen dieser Region, welche nach Mayr wohl alle immergrün sind, ragt die „ mexikanische Schwarzeiche “Quercus Emoryi besonders hervor, sowohl durch Häufigkeit als Weite der Verbreitung von Neumexiko bis zu den centralmexikanischen Pro - vinzen. Weniger wichtig ist die „ Weisseiche “Qu. grisea, am höchsten steigt Qu. hypoleuca mit zweijähriger Samenreife. Die Coniferen haben in Cupressus Guadelupensis und Juniperus pa - chyphloea in den unteren Lagen, in Kiefern: besonders Pinus Chihuahuana, in grösseren Höhen ihre hauptsächlichsten Vertreter. „ Auf dem Unionsgebiete ziemlich selten, ist diese Kiefer die wich - tigste Nutzholzlieferantin der anstossenden mexikanischen Pro - vinzen; sie findet sich dort erst in höheren Regionen, bildet lichte, mit Gras und Buschwerk durchstellte Bestände, oder mischt sich, wie auf den Santa Rita-Bergen zwischen 1500 — 2000 m, den sommer - grünen Laubhölzern Juglans rupestris, Fraxinus pistaciaefolia, Pla - tanus Wrightii und Populus Fremontii in den Thalsohlen bei “(Mayr).
Allgemeine Uebersicht. Der grösste Teil der hier zu einheitlicher Besprechung vereinigten Ländermassen füllt die beiden heissen, auf unserer Karte rot angelegten Gürtel der Erde. Wie man sieht, sind nicht überall an den durch unsere Vegetationsregionen gekennzeichneten Grenzen der borealen Gebiete gegen die nördlichen Tropen auch gleichzeitig starke klimatische Grenzen: in Nord - afrika und Arabien, in China und rings um den mexi - kanischen Meerbusen greifen die Klimagürtel hinüber und herüber in das Reich der südlichen borealen und der nördlichen Tropen-Vegetationsregionen. Die innere Be - gründung dieser in der Natur vollzogenen Grenzbildung zu erkennen ist schwierig; wahrscheinlich gibt hier die Zusammenwirkung der Wärme mit der periodischen Luft - und Bodenfeuchtigkeit den Ausschlag, wenn nicht oft in dem Widerstande der altangesessenen Formationen gegen - über fremden Eindringlingen (welche letzteren die nörd - lichen Sippen darstellen würden) der kleinste Umstand ausschlaggebend sein kann. Wenn dann mit dem 30. ° S. und auf den Gebirgen noch viel früher die gemäßigten Klimagürtel wieder beginnen, so erzeugen sie andere Bilder als im Norden, Bilder, welche viel mehr mit den tropi - schen Sippen als den in ähnlichem Klima wachsenden borealen in Zusammenhang stehen. Besonders aber fehlen die grossen Ländermassen mit kalt-gemäßigtem oder winterkaltem Klima, welche die entscheidende Rolle für die Florenentwickelung des Nordens gespielt haben; wo ihre Anklänge auftreten, in Südamerika, in Tasmanien und dem kühleren Neuseeland, auf den antarktischen Inseln, da liegen sie in weit zerstreuten kleinen Gebirgs - gruppen oder isolierten Kontinentalausläufern und Inseln, deren geographische Lage mehr einer eigenen Floren - entwickelung als der spezifischen Ausbildung eines ge - gebenen grossen, allgemein herrschenden Florenelements448Uebersicht der tropischen und australen Florenreiche.günstig war. So sind die Gemeinsamkeiten in dem au - stralen Typus auch viel schwächer als in dem borealen, der boreale Typus selbst vom australen stark verschieden, so dass die Eigenheiten jedes Kontinents auch trotz seiner verschiedenen Klimazonen stärker zu Tage treten als im Norden, wie die Karte I (S. 150) zeigt. Die gemein - samen borealen Sippen, die wir in den vorher bespro - chenen Vegetationsregionen immerfort wieder in neuer Ausprägung antrafen, noch in der mexikanischen Wald - region in besonderen Arten von Quercus, Abies, Pinus, Platanus, Fraxinus: diese alle haben in ihrer Allgemein - heit nichts Aehnliches in den tropisch-australen Floren, wo mehr die Ordnungen als die Gattungen einander ver - treten. Man vergleicht wohl mit Recht die Araucarien den borealen Tannen; aber ihr Gebiet ist doch nur auf drei von acht tropisch-australen Florenreichen beschränkt und sie fehlen gänzlich in Afrika. Solcher Beispiele lassen sich viele anführen und sind im vierten Abschnitt be - sprochen.
Diese Thatsachen der Arealabgrenzungen, welche dem Charakter der Vegetationsformationen zu Grunde liegen müssen, veranlassen aus Zweckmäßigkeitsrück - sichten eine Vereinigung der tropischen und australen Floren zu einem Gesamtbilde, in welchem die drei Haupt - kontinentalmassen in den Vordergrund treten; auch sind in einer jeden derselben die Grenzen des australen Floren - elements gegenüber dem angrenzenden tropischen Gebiete schwieriger zu ziehen, da der Maßstab rings die Erde um - kreisender, gemeinsam-australer Gattungen fehlt.
Zwei nordtropische Xerophytenfloren. Wenn wiederholt der grosse Gegensatz zwischen den boreal - subtropischen Florenreichen und denen der australen Kontinentalspitzen südlich der reichen Tropenfloren in Hinsicht auf den systematischen Charakter hervorgehoben ist, welcher im Süden mehr isolierte Gattungen, ja sogar Ordnungen, hervorruft als in den borealen Subtropen, so ist doch dabei nicht zu übersehen, dass an zwei Central - punkten eigenartiger Florenentwickelung auch hier ähn -449Nordtropische Xerophytenfloren.liche Verhältnisse herrschen wie im Süden. Diese beiden Entwickelungsgebiete umfassen die auf unserer Haupt - karte durch rote Sterne hervorgehobenen (siehe S. 81) Xerophytenfloren einerseits in Ostafrika, im Somalilande und Südarabien mit weiter Ausdehnung dieses Charakters einerseits durch die Sahara und andererseits durch die indische Wüste nach Dekhan, andererseits im mexikani - schen Steppengebiet unter dem Wendekreise mit Aus - dehnung seiner systematischen Eigenheiten nordwärts durch Arizona bis in die mittleren Unions-Steppenwüsten und südwärts über die Cordilleren bis zum Anschluss an das hochandine Gebiet in der Puna-Vegetationsregion (siehe Kap. 20). Diese Xerophyten-Entwickelungsreiche mit tropischen Florenelementen sowohl von den nördlichen als den südlich angrenzenden Waldgebieten zu sondern, liegt ganz im Sinne der rationellen Pflanzengeographie. Denn sowohl die herrschenden Ordnungen als die For - mationen sind nicht die als tropisch im eigentlichen Sinne bezeichneten; sie sind aber erst recht nicht boreal-sub - tropisch in dem Sinne, wie wir ihn bei den arktotertiären Elementen kennen lernten. Auch sind die beiden be - zeichneten Gebiete in ihren Sippen voneinander gerade so weit verschieden, als etwa die Flora Chiles von der Australiens oder Südafrikas, und dass sie bisher in der Florenreichseinteilung nicht stärker herausgehoben sind, liegt hauptsächlich in der praktischen Schwierigkeit der Begrenzung und in ihrer tropischen Verwandtschaft. Denn sie sind umringt von den Elementen des mediterran - orientalen, bezw. des mittel-nordamerikanischen Floren - reichs im Norden und von den betreffenden Tropenfloren im Süden und stehen mit beiden in inniger Verbindung. So sind sie denn als besondere Florengebiete und Vege - tationsregionen einstweilen an die Tropenfloren ange - schlossen, wodurch in der freien hier gewählten Form der Anordnung zunächst der Sache genügt ist.
Drei südtropische Xerophytenfloren. Aehnlich schwierige Grenzgebiete, wie diese, bilden die nieder -Drude, Pflanzengeographie. 29450Uebersicht der tropischen und australen Florenreiche.schlagsärmeren Landschaften südlich vom Aequator, in denen eine ganz neue Xerophytenvegetation sich ansässig gemacht hat. Nicht wenige tropische Ordnungen nehmen teil an derselben, z. B. in Südamerika die Bromeliaceen. Aber die Mehrzahl der tropischen Charakterordnungen versagt, z. B. die Palmen, Pandaneen, Musaceen, Araceen, Clusiaceen etc. Indem auf diese und auf das Charak - teristische der von ihnen herrührenden Formationen ein entscheidendes Gewicht gelegt wird, finden wir die Grenzen der australen Floren an allen Westküsten der Kontinente verhältnismäßig weit nach Norden hinauf - gerückt. Welche Formationen und welche Ordnungen mit den zugehörigen biologischen Formen für die Tropen als maßgebend anzusehen sind, geht aus den Kapiteln über Waldformationen mit Lianen, Epiphyten, immer - grünen Laubbäumen, Savanen etc. im fünften Abschnitt hervor.
Leider fehlt noch eine genauere Kenntnis der geo - logischen Entwickelung für die tropischen und australen Floren in den grossen Zügen, wie sie sich aus dem Ver - gleich der Tertiärflora vom höchsten Norden bis zu den nördlichen Subtropen überall ergeben und charaktervoll entwickelt hat. Tropische Tertiärfloren zeigen vielfach, z. B. auf den Sundainseln und in Westindien (G. J., IX. 145, X. 148) grosse Aehnlichkeiten mit der dort jetzt bestehenden Vegetation und haben dadurch einen all - gemeinen Eindruck grösserer Stabilität hervorgerufen. In Australien und Neuseeland sind bisher die eingehendsten Tertiärflora-Studien vorgenommen, aber doch noch nicht genügend an Umfang wie an Vertiefung (vergl. G. J., X. 146 — 147 und XIII. 308). Inwieweit Ettingshausen recht hat mit seinen Resultaten, dass im dortigen Tertiär zahlreiche boreale Sippen existiert hätten, von denen die jetzigen antarktischen Buchen ein schwaches Ueberbleibsel wären, muss bei der Unzuverlässigkeit der meisten Be - stimmungen nach Blattabdrücken noch dahingestellt bleiben, weil ja die viel sichereren, auf die Fauna gestützten Rück - schlüsse sich damit nicht decken. Es ist etwas Aehnliches, wie mit der oben (S. 205) kurz berührten Frage des451Südtropische Xerophytenfloren.Vorkommens australischer Proteaceen im europäischen Tertiär.
In seiner jüngsten Arbeit über das australische Tertiär von Neusüdwales hat Ettingshausen 128 als sicher bestimmt; sie ge - hören zu 36 Ordnungen, von denen 35, und zu 72 Gattungen, von denen auch 52 in der europäischen Tertiärflora vertreten sind; allerdings sollen sie zum unteren Eocän gehören. Die Proteaceen sind mit 20 Arten (Persoonia, Grevillea, Hakea, Roupala, Lomatia, Banksia, Dryandra), die Cupuliferen mit 14 (Quercus, jetzt in Australien ganz fehlend!, Fagus), die Coniferen mit 11, Myrtaceen mit 10 (darunter 4 Eucalyptus), die Lauraceen mit 7 (darunter auch die nordamerikanische Gattung Sassafras) Arten vertreten. Es ist nach diesen Beispielen viel australisches Element unter den Bestimmungen, dazu aber auch ausgesuchte boreale Typen, von denen der Grund des gänzlichen Aussterbens schwer vorzustellen ist, wo sie wie die Eichen eine ausserordentliche Acclimatisation nördlich vom Aequator und sogar noch in den indischen Tropen gezeigt haben.
Uebrigens erkennt auch Schenk für Araucaria oder dieser verwandte fossile Formen ein ausgedehntes Kreide - und Tertiär - gebiet aus Nord - und Südafrika, Kerguelen und Punta Arenas, Tasmanien, England und Frankreich ausserhalb ihres jetzigen Areals an (Botan. Jahrb. Syst. III, 358).
Gruppierung der Florenreiche. Es heben sich also, dem Vorhergehenden entsprechend, die grossen Kon - tinentalmassen nebst den zugehörigen Inseln derartig heraus, dass jede für sich je eine grössere Tropenflora und eine kleinere australe Flora (einschliesslich eines Xerophytengebiets an der Grenze) ausgebildet hat.
a) Die Tropenfloren haben auf der Erdkarte eine Haupterstreckung von Nordwest über den Aequator hin - weg nach Südost, indem sie alle an den Ostküsten der Kontinente weiter nach Süden hinabreichen als an den Westküsten. So gliedert sich also ein afrikanisches, asiatisches und amerikanisches Tropenreich zunächst her - aus; während dann die amerikanischen Tropen die Ein - heit auch trotz des faunistisch so bedeutenden Sonder - verhaltens der Antillen beibehalten, macht sich in der altweltlichen Tropenflora, welche der neotropischen am meisten schroff durch mehrere eigene Ordnungen, viele Tribus und die Mehrzahl der Gattungen gegenüber steht, noch eine weitere Gliederung bemerkbar. Zunächst heben452Uebersicht der tropischen und australen Florenreiche.sich die ostafrikanischen Inseln vom Festlande ab, welche viel Endemismus bis zum Ordnungsgrade (Brexiaceen, Chlaenaceen) hinauf und merkwürdige, vom afrikanischen Kontinente abweichende Verwandtschaftsbeziehungen zu den indischen Tropen zeigen; die Einheit dieses Insel - florenreichs ist aber auch hier nicht gross, indem die Sey - chellen, Mauritius und Bourbon, Madagaskar, zugleich die Eigentümlichkeiten ozeanischer Inseln ausgeprägt zeigen. — Die Tropenflora Asiens reicht von den Gangesquellen über die äquatorialen Archipele nach Nord - und Ost - australien, und weiter bis zum wärmeren Neuseeland herab; bei der weiten Trennung durch Meeresräume und der Zerfällung auf unzusammenhängende Kontinente (Südost - asien und Nordostaustralien) lässt sich eine grosse innere Verschiedenheit erwarten. Diese habe ich früher darin auszudrücken gesucht, dass Neuseeland als eigenes kleines, schwach gestütztes Florenreich betrachtet wurde, dessen mannigfaltige Beziehungen sich aus seiner geographischen Lage ergeben.
Vergl. die schematische Erläuterung in dem betreffenden Abschnitt von Schenks Handbuch der Botanik, Bd. III, T. II, S. 449.
Ich glaube jetzt Neuseeland als südlichstes, durch das feuchtkühlere Klima zu einer anderen Entwicke - lung hinneigendes und von australen Elementen durch - setztes Gebiet einer viel weiteren Flora betrachten zu sollen, welche über die nördlich und nordwestlich be - nachbarten Inseln hinweg nach dem tropischen Australien und Neuguinea hinübergreift, melanesisch genannt werden mag, und deren Grenzen man am besten bei der Bali — Lombok - und Makassarstrasse mit den durch Wallaces Arbeiten berühmt gewordenen Faunengrenzen zusammen - fallen lässt. Die Philippinen gehören demnach noch zum „ indischen “Florenreich. Dass diese beiden sich in das tropische Asien teilenden Florenreiche in innigen Be - ziehungen ihre Gattungsareale vielfach ausgetauscht haben, ist bei der Leichtigkeit von Pflanzenwanderungen in günstigem Klima verständlich und liegt in der Schwäche der oben (S. 150) entworfenen floristischen Trennungs - linie ausgedrückt, während bekanntlich die Faunengrenze453Sonderung in drei zonale Hauptgruppen.hier eine solche allerersten Grades ist. Demnach glaube ich, dass durch diese floristische Trennung die Kernpunkte von alters her eigenartiger, immer aber in Wanderungs - austausch begriffen gebliebener Florenentwickelungen aus - einander gehalten werden.
b) Die australen Floren sind einander analog in Afrika, Australien und Südamerika zu ebenso vielen Einzel - florenreichen entwickelt. Die systematischen Charaktere sind in diesen vielfältig bedeutender an Endemismus und Vervielfältigung, als in den Tropenreichen, und oft auf engerem Gebiete zusammengedrängt. Die durchgreifen - den gemeinsamen Merkmale, welche in den borealen Sub - tropen immer noch so bedeutend waren, beschränken sich hauptsächlich auf ein erneutes Auftreten der Coniferen (Tribus Actinostrobeen) und auf die Proteaceen; beson - ders aber sind viele Ordnungen in Repräsentativtribus in je zwei australen Reichen, zumal am Kap und in Austra - lien, oder im Kaplande und im pacificischen Südamerika entwickelt, wie z. B. die Rutaceen, die Geraniaceen mit Tropaeolum und Oxalis, bestimmte Gruppen von Compo - siten und Leguminosen, Tribus der Ericaceen gegenüber den nahe verwandten Epacrideen. Die Palmen fehlen in eigener australer Entwickelung; wo einige Arten weit nach Süden gehen (wie Phoenix, Livistona, Kentia und Cocos), gehören dieselben als acclimatisierte Arten in die nächste Verwandtschaft der unmittelbar angrenzenden Tropenformen desselben Kontinents.
c) Erst südlich von den Breiten, welche als Normal - grade für subtropische Vegetationsformationen anzusehen sind und die wir rund mit dem 40. ° S. abschliessen kön - nen, beginnt im regenreichen Klima ein neuer Floren - charakter sich auszubilden, welcher dem des nordischen Florenreichs entsprechen würde, wenn eine in höhere Breiten hineinragende gemäßigte mächtige Landfläche vorhanden wäre. Diese fehlt; in zerstreuten Fragmenten findet sich diese „ antarktische “Flora zumal im west - lichen Südamerika südlich 40° S. und auf den Anden nordwärts vorgeschoben, im südlichen und gebirgigen Neuseeland, in Tasmaniens und des südöstlichsten Au -45410. Sahara und Arabien.straliens Alpen, und auf den unter entsprechenden Breiten gelegenen Inseln. Hier treten, dem Norden analog, neue Formen von Ranunculaceen, Cruciferen, Caryophylleen, Umbelliferen charakteristisch auf, aber die Holzgewächse werden (ausser von Coniferen und Buchen) aus australen Ordnungen gewählt. Dieses zerstreute Florenelement hat Engler das „ altozeanische “genannt; ob es Resterschei - nung einer einstmaligen grösseren „ Antarktis “, ob es in seinem Auftreten von der zwingenden Macht klimatischer Zonengrenzen und der pflanzlichen Wanderkraft bedingt ist, muss noch dahingestellt bleiben.
Die hier dargelegte Gliederung wird auch für die Schilderung der Vegetationsregionen die Reihenfolge bil - den. Sie beginnt mit einem Xerophytengebiete, welches Afrika mit den Mittelmeerländern floristisch verknüpft.
Auswahl der Litteratur: Ascherson und Schweinfurth, Illustration de la Flore d’Egypte, in Mém. de l’Inst. égyptien Bd. II, 1887 (G. J., XIII, 338). Klunzinger, Vegetationsbilder d. ägyptisch-arab. Wüste, in Zeitschr. Ges. f. Erdk. Berlin Bd. XIII. Volkens, Die Flora d. ägyptisch-arabischen Wüste auf Grundlage anatomisch-physiolog. Forschungen dargestellt, 1887, und vorl. Mittlgn. in Sitzungsber. d. K. preuss. Akad. d. Wiss., Berlin 28. Jan. 1886. Ascherson, Pflanzen d. mittleren Nordafrika, in Rohlfs „ Kufra “1881; Vorläuf. Ber. üb. d. botan. Ergebnisse d. Rohlfs - schen Expedit. z. Erforschung d. libyschen Wüste, in Bot. Zeitg. 1864, S. 609; Ueber Pfl. d. Nord - u. Centralafrika Expedition v. Nachtigal, in Sitzungsber. d. Ges. naturforsch. Freunde Berlin, 20. Juni 1876. Tristram, The great Sahara. Nachtigal, Sahara und Sudan, 2 Bde. 1879. Zusammenstellung der floristischen Er - forschung Nordafrikas von Marokko bis Barka, in Geogr. Mittlgn. 1882, S. 143. Duveyriers Expedit. in das Tuaregland, in Geogr. Mittlgn. 1860. Cosson, Voyage botan. en Algérie, in Ann. Sc. natur., Bot. sér. IV, Bd. IV, 279; Considérations sur le Sahara algérien. Bary, Reisebriefe aus Nordafrika, in Zeitschr. d. Ges. Erdk. Berlin XII, 161. Güssfeldt, Reise durch die arab. Wüste, in Geogr. Mittlgn. 1877, S. 252. Bericht über Neuere Reisen in Arabien, in Geogr. Mittlgn. 1881, S. 213.
Das grosse Wüstengebiet Nordafrikas und des in - neren Arabiens ist ziemlich gut durch die Linie der ex -455Litteratur. Orographische Beschaffenheit.zessiven Trockenheit (unter 20 cm Niederschlagshöhe) herausgehoben, wird von der vier Monate unter 20°C. Temperaturmittel umfassenden Grenzlinie durchschnitten und unterscheidet sich durch stärkere Temperaturschwankungen von dem südlich folgenden tropischen Afrika; denn seine Juliisothermen fallen zwischen 28° und 36°C., seine Januarisothermen aber zwischen 10° im Norden und 20° bis 22° am Südrande. Sonach gehört dies, an die Dattel - region Mesopotamiens (siehe oben S. 401) innig an - schliessende Ländergebiet zur zweiten Abteilung der dritten Vegetationszone und endet an der Nordgrenze der vierten Zone.
Längst hat man das Irrtümliche der Auffassung er - kannt, als ob die Sahara ein tief gelegenes Sandmeer wäre. „ In der That, “sagt Nachtigal, „ ist die Sahara, als Ganzes betrachtet, beträchtlich über dem Meeresniveau erhaben; der Sand tritt felsigem und hartem Kiesboden gegenüber in den Hintergrund, und anstatt der Ebene tritt oft eine ungeahnte Mannigfaltigkeit von Berg und Thal. Die Küstengebirge bilden die Terrassen zu hoch - gelegenen Ebenen, welche mit Gebirgsstöcken und Berg - gruppen geziert und von wasserlosen Flussthälern durch - schnitten sind. Auf ihrer ungeheuren Ausdehnung findet man dann mehr oder minder ausgedehnte Strecken mit Sandbergen und Sandflächen bedeckt, welche aus der Verwitterung der Felsen und des Bodens unter dem an - ordnenden Einflusse des Windes aufgehäuft werden. “ So sind überall im Gebiet bis auf die Länge einzelner Tage - reisen wirklich vegetationslose Wüsten ausgebildet: die Serîr, felsharter Boden mit Geröll; die Hammâda, höher gelegen und stärker mit Geröll bedeckt als vorige; die Areg oder Sandwüsten, ferner die Halophyten in ihren besseren Teilen führenden Salzwüsten. Ueberall dringen die Wüstenpflanzen, zerstreute und höchst lockere, immer aus den verschiedensten Arten gebildete Formationen bildend, in diese Gelände ein und scheinen deren äusseren Verhältnissen sehr wohl zu folgen. Die beste Vegetation aber findet sich in den trockenen Flussbetten, den Wadis, und in den quellenführenden Oasen, welche alle ihre45610. Sahara und Arabien.Charakterarten als Formationsbildner haben; Phoenix dac - tylifera bildet diejenige der Oasen und ist, entsprechend der Olive im Mittelmeergebiet, in der Kultur erhalten oder aus ihr verwildert.
Ihre Südgrenze bezeichnet ziemlich genau den äussersten Südrand der Sahara. Grisebach nennt sie (V. d. E., II. 82) den einzigen Baum, der in der Sahara seine ursprüngliche Heimat hat; bedenkt man aber, dass die südeuropäische Tertiärflora Palmen - blätter, welche sehr wohl mit Phoenix dactylifera verglichen werden können, uns erhalten hat, so bemerkt man das Zweifelhafte der „ ur - sprünglichen Heimat “; jedenfalls hat hier die Dattelpalme ihr Er - haltungsareal gefunden.
Ausser der Dattel geht noch Hyphaene Argun von afrikani - schen Palmen in die Wüstenformationen der mittleren Region hinein, nämlich in die nubische Wüste 21° N.
Ueber die biologischen und phänologischen Merkmale vergl. oben S. 323.
Das ganze Gebiet nimmt in der gegenwärtigen Flora sowohl durch einige ausgezeichnete, zum Teil monotypische Gattungen, als auch durch einen grossen Reichtum an endemischen Arten einen selbständigen Platz ein, dessen oben (S. 145) schon Erwähnung geschah. Die Ver - wandtschaft dieser Endemismen ist aber geteilt zwischen der mediterran-orientalen und der nordsudanesischen Flora; zu der letzteren gehören die beiden Palmen, die Ascle - piadee Calotropis procera, die Acacia-Arten etc., zu der ersteren die Wüsten-Pistacien und Tamarisken, ferner Retama Raetam, Calligonum comosum, Traganum, die Astragalus, Artemisia, auch die sporadischen Funde einer Pappel, P. euphratica etc. So begegnen sich hier die Angehörigen zweier sehr verschiedener Florenreiche, me - diterran-orientale Steppenformen und afrikanisch-indische Xerophile.
Nicht aber das scheint zur Absonderung natürlicher Vegetationsregionen in erster Linie in Betracht zu kom - men, sondern vielmehr eine Gliederung von West nach Ost, welcher dann erst die von Nord nach Süd zu folgen hat:
1. westliche Sahara-Vegetationsregion, etwa bis 15° ö. L.; 500 — 600 Arten;
2. östliche Sahara-Vegetationsregion, von da457Charakterpflanzen. Vegetationsregionen.bis zu den Küstengebirgen des Roten Meeres; 600 bis 700 Arten von grösserer Verwandtschaft mit der folgen - den Region;
3. innerarabische Vegetationsregion, den Ostraum des Gebietes bis zu der südlich des Wende - kreises an den Küsten Arabiens sich erstreckenden Tropen - region umfassend.
Die Physiognomie dieser drei Regionen mag ähn - lich sein, auch sind viele wichtige Pflanzenarten in allen gemeinsam; aber das Hauptgemisch der Arten ist in ihnen wesentlich verschieden, wie man aus einem Ver - gleich der am genauesten bekannt gewordenen Distrikte, der algerischen Sahara mit der libyschen Wüste, oder mit den Küstengebirgen Aegyptens gegen das Rote Meer, ersieht. Cosson zählt über ⅓ an Arten in der algerischen Sahara als endemisch.
In der sich durch grösste Gründlichkeit auszeichnenden Floren - liste Aschersons im Kufrawerke finde ich unter 428 Getässpflanzen - arten von Tripolitanien etwa 80, welche daselbst eine ausgesprochene Ost - oder Westgrenze haben; doppelt so gross ist die Zahl der Mediterran-Arten daselbst mit Südgrenze, unter denen aber zugleich auch viele eine Ost - oder eine Westgrenze in Tripolitanien finden.
Ueber die Florenabgrenzung des atlantischen Gebiets gegen - über der westlichen Sahara siehe die Zusammenstellung der in Marokko, Algier und Tunis gewonnenen Resultate in Geogr. Mittlgn. 1882, S. 149. Die Cyrenaika trägt eine ausgesprochene immergrüne Mediterranvegetation. Der Küstensaum Aegyptens schliesst sich mit Syrien ebenfalls an die Mediterranflora an, während im Süden bei grösseren Niederschlagshöhen zahlreiche Typen des tropischen Afrikas weit nordwärts vordringen und daher die Nilufer mit einer langgedehnten Oase in Gartenkultur verglichen werden können. Hyphaene thebaica gehört nicht zur Sahararegion. Das unter dem Wendekreise gelegene, durch die Feindseligkeit der Tuareg unzu - gängliche Bergland Ahaggar soll dagegen den mediterranen Cha - rakter noch einmal in der Sahara wiederholen und sich durch Coniferenwaldungen merkwürdig vom sonstigen afrikanischen Cha - rakter unter diesen Breiten auszeichnen! Griseb. (V. d. E., II, 75.)
Die Vegetation ist oft in den Wadis üppig. E. v. Bary fand in der Umgebung von Ghat Etlbäume, wahrscheinlich Tamarix articulata oder gallica, deren Gezweig die Köpfe der Kamelreiter weit überragte, ebenso wie die Federbüsche von Schilfrohr (G. J., VII, 221). Die Hauptvegetation bildete zwischen Ghat und Titersin Arthratherum pungens und eine gelbblühende Composite, dann in hohen Exemplaren die Calotropis procera, ausserdem bildete Sal -45810. Sahara und Arabien.vadora persica grosse grüne Gebüsche mit Etl und Oleander. Die genannte Salvadora, der Ssuak-Strauch, ist charakteristisch für das Uebergangsgebiet zwischen Sahara und Sudan, erreicht seine Nord - grenze im Westen an der das Tuaregland von der algerischen Sahara trennenden Dünenzone. Im Osten ist er in Tibesti noch allgemein verbreitet; in Aegypten ist der nördlichste Ascherson bekannt gewesene Fundort der Gharibberg am Roten Meere (28° N.), in Palästina findet er sich am Toten Meere (Kufra, S. 482). Die Verwechselung, welche der Ssuak als Typus einer Vegetationsform für Sträucher mit starrem periodischen Laub durch die Benennung „ Sodada “, welche sich auf Capparis Sodada mit überaus spärlicher Laubentwickelung bezieht, bei Grisebach er - fahren hat, hat Ascherson in Botan. Ztg. 1875, Sp. 710 erklärt.
Volkens hat die bunte Zusammensetzung geschildert, die an den vegetationsreichsten Rändern der Thalsohlen die zu fortlaufen - den Hecken aneinander geschlossenen Arten beherrscht: „ Nur sel - ten finden wir dieselbe Spezies zu grösseren Gruppen vereinigt. Ein Nitraria-Strauch verflicht sich mit einem Lycium, und halb - mannshohe Grasbüsche von Panicum oder Pennisetum stellen die Verbindung her mit einem nächsten grösseren Haufwerk, das im wirren Durcheinander aus Deverra (einer halbstrauchigen Umbelli - fere), Astragalus und Zilla besteht. Aehnlich in der Mitte der Thalsohle ..... Trotz dieser grossen Variabilität, die sich überall auf kleinem Raum entfaltet, weichen doch die einzelnen grösseren Thäler bezüglich des Gesamteindrucks, den ihre Vegetation her - vorruft, oft erheblich und insofern voneinander ab, als hier oder da eine bestimmte Pflanze in so überwiegender Zahl auftritt, dass dem ganzen Landschaftsbilde dadurch ein besonderer Charakter aufgeprägt wird. “
Von besonderem Interesse sind in diesen heissen Wüsten die biologischen Anpassungen. Die erste der - selben ist Geschwindigkeit der Entwickelung in der we - niger trockenen Jahreszeit (Februar, März), wo nach einem benetzenden Regenfall die Sträucher sich belauben und schnell im Blütenglanz dastehen. Die zweite Anpassung besteht in Fähigkeiten, das tief im Boden sickernde Wasser zu erlangen, die dritte besteht in der Befähigung, den Thauniederschlag für sich zu verwerten, die vierte in den Schutzmitteln gegen Sommerdürre. Diese Eigenschaf - ten sind in sehr lehrreicher Weise speziell von Volkens studiert und mit Anführung der Litteratur im biologi - schen Abschnitt, oben S. 30 — 31 und S. 323, an einem Beispiel erörtert. — Die abgestorbenen niederen Roset - tengewächse reisst der Wüstenwind oft aus dem Sande45911. Tropisches Afrika und Südarabien.und treibt ihre zusammengeballten Zweige spielend vor sich her, wie bei den beiden Arten der „ Rosen von Je - richo “: Anastatica hierochuntica (Crucifere) und Asteris - cus pygmaeus (Composite).
Letztere, von Algier ostwärts bis Palästina, Sinai und Arabien verbreitet, legt im trockenen Zustande die Hüllblätter des Köpf - chens dicht übereinander und breitet sie angefeuchtet fast plötz - lich sternförmig auseinander (Schweinfurth).
Auswahl der Litteratur. a) Systematische Florenüber - sichten und floristische Quellenwerke: Oliver, Flora of tropical Africa, 1868 u. folgd. (unvollendet). Hooker, Niger Flora, London 1849 (enthält zugleich ein Verz. d. Flora der Capverden. -I. und S. 22 — 72 Dr. Vogels Reisejournal der Niger-Expedition). Kotschy & Peyritsch, Plantae Tinneanae (Coll. ad flum. Bahr-el-Ghasal), Wien 1867. Schweinfurth, Reliquiae Kotschyanae aus Kordofan; Berlin 1868. Richard, Tentamen florae Abyssinicae, Paris 1847. Grant & Oliver, Botany of the Speke and Grant-Expedition 1860; London Linn. Transact. 1872 / 75. V. d. Deckens Reisen: Botanik von Ostafrika, bearb. v. Ascherson, Böckeler, Klatt, Kuhn, Lorentz, Sonder, 1879. Palisot-Beauvais, Flore d’Oware et de Benin, Paris 1804 / 15. Welwitsch, Sertum Angolense, London 1869.
b) Expeditionsberichte und Pflanzengeographie (in der Reihen - folge der 10 folgenden Vegetationsregionen): Schweinfurth, Pflanzen - geogr. Skizze d. Nilgebiets etc., in Geogr. Mittlgn. 1868 mit Taf. 9. Menges, Vegetationscharakter am Mareb und oberen Chor-Baraka, in Geogr. Mittlgn. 1884, Taf. 8. Roth, Schilderung d. Naturver - hältnisse in Südabessynien, München 1851. Heuglin, Reise nach Abessynien 1868 (enthält Steudners Beobachtungen). Botta, Reise im glückl. Arabien, in Arch. Mus. d’histoire nat. V, II, 63 (1843). Maltzan, Reise nach Hadramaut, in Geogr. Mittlgn. 1872, S. 168.
Schweinfurth, Allgem. Betracht. üb. d. Flora von Socotra, in Bot. Jahrb. Syst. V, 40. Balfour, Botany of Socotra, in Transactions R. Soc. Edinburgh, Bd. 31, 1888; The island of Socotra and its recent revelations, in Proceed. Roy. Inst. Great Britain 1883.
Hildebrandt, Ausflug nach d. Wer-Singelli-Somalen u. Ahl-Geb., in Zeitschr. d. Ges. Erdk., Berlin, X, 266, 1875. Paulitschke, Harar (Botan. Ergebnisse S. 450) 1888. Franchet, Sertulum Somalense, Paris 1882. Menges, Somaliland, in Geogr. Mittlgn. 1884, S. 401. Hooker, On the plants of the temperate regions of the Cameroons Mts., in Journ. Linn. Soc., Botan. VII, 171 (1864). C. v. d. Deckens Reisen in Ostafrika 1859 / 65, I: Kilimandscharo. Johnston, The Kilima-njaro Expedition, in Proceed. Roy. Geogr. Soc. 1885, S. 137,46011. Tropisches Afrika und Südarabien.und gleichnamiges Werk, London 1886; Botany in Transact. Linn. Soc. London, Bot. ser. 2, Bd. II. Oliver, List of the plants coll. by Thomson on the Mountains of east. equat. Africa, in Journ. Linn. Soc. 1885, Bot. XXI, 392. Meyer, Kilimandscharo, in Verh. Ges. Erdk., Berlin, XIV, 450.
Schweinfurth, im Herzen von Afrika, 1874. Grant, Lake region of equatorial Afrika, in Journ. Geogr. Soc. London 1872. Pruys - senaeres Reisen und Erforschungen im Gebiete d. Weissen u. Blauen Nils, Geogr. Mittlgn. Ergänzungsheft 50 u. 51. Marno, Reise in der Aegypt. Aequatorialprovinz u. Kordofan 1874 / 76. Emin-Bey, Reisen zwischen Viktoria - und Albert-Nyanza 1878, in Geogr. Mittlgn. 1880, S. 21; Im Osten des Bahr-el-Djebel 1882, S. 259.
Engler, Flora d. deutschen Schutzländer in Westafrika (vom Süden bis Aequator) in Gartenflora 1885. Die Loango-Expedition 1873 / 76; 3 Abtlg. Vegetation von Pechuël-Loesche, 1882. Album der deutschen Ges. z. Erforschg. Aequatorial-Afrikas, Berlin 1876, I. landschaftl. Teil; Falkenstein, Die Loangoküste in 72 Original - Photographien, Berlin 1876. Johnston, The river Congo, London 1884. Krause, Reiseerinnerungen I, Camerun, in Abh. naturw. Verein, Bremen IX, 385. Pechuël-Loesche, Vegetation am Congo, in Ausland 1886. Hartert, Reise im westl. Sudan, in Geogr. Mittlgn. 1887, S. 172. Peters, Naturw. Reise nach Mossambique; Botanik v. Klotzsch etc., Berlin 1862 / 64.
Anhang: Schmidt, Beitr. z. Flora d. Cap Verdischen Inseln, Heidelberg 1852. Mellis, St. Helena: physic. histor. a topogr. des - cript. of the island (Flora!), London 1875. Du Petit Thouars, Flore de Tristan d’Acugna, Paris 1811. Challenger Report on Insular Floras (Hemsley, G. J., XIII, 291).
Zwischen beiden Wendekreisen, aber vom Norden, wie an der Westseite vom Süden her, stark eingeengt durch Wüsten und Wüstensteppen anderen Charakters, breitet sich in Afrika eine in mannigfaltigen, aber zu - sammenhängenden Vegetationsregionen ausgegliederte Tro - penflora aus, beiden Abteilungen der Zone IV angehörig. Fassen wir ihren Begriff im Sinne der oben genannten Charakterformationen, so liegt deren Südgrenze ziemlich gut durch die starke rote Linie der Köppenschen Wärme - gürtel, welche sich von Benzuela im Westen gegen den südlichen Wendekreis ostwärts senkt, angedeutet; aber in Anbetracht der systematischen Sippenverwandtschaft schliesst sich an der Ostküste südwärts vom Wende - kreise bis zur Algoabai noch eine Region von tropischer Zugehörigkeit, genau wie in Australien unter entsprechen -461Litteratur. Klima. Orographie.der Lage, an. Wie Köppens Wärmegürtel zeigen, ist nördlich vom Wendekreise des Steinbocks bis zur Congo - Wasserscheide die Hauptmasse des afrikanischen Fest - landes mit subtropischem Klima behaftet; charakteristisch ist ausserdem für sein Klima, dass ein Oval von 15 Breiten - graden im Durchmesser gerade über dem Aequator über 30°C. liegende Januarisothermen entwickelt, während die indischen und amerikanischen Tropen nicht wesent - lich über 26° Isothermen hinausgehen. Afrika ist also heisser in Extremen, und gleichzeitig sind die nieder - schlagsreichen Distrikte mehr eingeengt, nur am Nil nördlich von Lado und im Nigermündungsgebiet, sowie bei Monrovia 200 cm Jahresbetrag überschreitend. Alles in allem ist unter den 3 kontinentalen Tropenreichen das afrikanische das ärmlichste in Hinsicht auf Entfal - tung der Charakterformen.
In dem orographischen Aufbau ist die Hochgebirgs - erhebung von floristischem hohem Einfluss, welche schon von den Küsten des Roten Meeres ansteigt, in Abes - sinien zur ersten Massenerhebung wird und sich dann in südwärts gerichteter Kette über den Aequator weg bis zum Nyassasee hinzieht: sie bildet eine Austauschs - wanderlinie! (Vergl. oben, S. 142). Dem entsprechend, aber schwächer, haben in südlichen Breiten zusammen - hängende Bergflächen bis gegen den 10. ° S. hinauf aus der südafrikanischen Vegetation sporadische Wanderer aufgenommen, so namentlich Leucadendron argenteum, die berühmte Proteacee vom Kap, im oberen Sambesi - gebiet: 1200 m hoch auf den Bergen am Liba.
Vegetationsregionen und Areale von Charak - terpflanzen. Obgleich die neuere Zeit vieles in der Erforschung der Tropenflora Afrikas geleistet hat, herrscht doch noch eine gewisse Unsicherheit in der Charakteri - sierung der grossen Hauptabteilungen des Landes nach vorherrschenden Arten. Es liegt dies darin begründet, dass zur Zeit kein vollendetes Gesamtwerk die Flora syste - matisch gliedert, dass die vorhandenen Bände von Olivers Flora zum Teil alt sind, oder aber in ihren Standorten sich naturgemäß auf die wenigen mitgebrachten Pflanzen -46211. Tropisches Afrika und Südarabien.exemplare der grossen Museen beschränken, dass die Schilderungen der Reisenden andererseits der Schärfe systematischer Bezeichnung entbehren oder nur bei den gewöhnlichsten Angaben verweilen, die mit ermüdender Einförmigkeit alsdann sich wiederholen müssen. Auch die Angaben über Arealgrenzen, z. B. bei Adansonia, Elaeis, Sterculia (* Cola) acuminata, Herminiera etc., wi - derstreiten sich nicht selten, weil sie dem Zufall des Beobachtetwerdens unterliegen. Die wichtigen Charakter - arten der Savanengräser aber findet man fast niemals angegeben; selbst in den noch am liebsten genau ge - schilderten Angaben über Palmen kann man oft auf Be - merkungen stossen, welche Verwechselungen erraten lassen. Es gibt also noch recht viel hier zu thun.
An Kulturpflanzen steht das tropische Afrika hinter Indien und Brasilien zurück, ist aber gleichwohl nicht unproduktiv. Die Banane (Musa sapientum), jetzt in weiten Strecken vornehmstes Kulturgewächs, entstammt Indien (vergl. oben S. 241 unter Scitamineen, und aus - führlicher bei A. de Candolle, Ursprung d. Kulturpflanzen, S. 381). Von einheimischen Cerealien stehen die Sorten der Mohrenhirse obenan, welche Hackel neuerdings alle als Varietäten einer Stammart, Andropogon arundinaceus, var. cerealis auffasst (G. J., XI, 112). — Dass Afrika Yamsarten (Dioscorea) mit ursprünglichem Indigenat be - sitzt, ist wohl unzweifelhaft; ausserdem aber sind hier mehrere Leguminosen als Nährpflanzen von grosser Be - deutung, namentlich Dolichos Lablab, wahrscheinlich durch - aus einheimisch der Catjang Cajanus indicus, und Voand - zeia subterranea, wogegen Arachis eingeführt erscheint. Der Kaffeebaum Coffea arabica erscheint im Herzen Afrikas wild auf weit zerstreutem Areal, und ist das bedeutendste Gewächs, welches Europäer in Kulturbehandlung genom - men haben; bezüglich seiner Ausbreitung sei auf Fuchs’ Monographie verwiesen (G. J., XI, 112).
Folgende Vegetationsregionen, welche die afrikanische Florenkarte im physikalischen Atlas ziem - lich ebenso wiedergibt, halte ich für natürlich abge - grenzt:
463Kulturpflanzen. Vegetationsregionen.Die Insel Socotra schliesst sich am ehesten an Re - gion 3, die Kapverden an Region 9 und an die atlantischen Inseln (Canaren); St. Helena, Ascension und Tristan d’Acunha haben die Eigenschaften echt ozeanischer Inseln.
Um diese Regionen ihrer Bedeutung nach zu ver - stehen, halten wir uns an einige Hauptvegetationslinien. Eine derselben wird von Adansonia digitata, dem Baobab oder Affenbrotbaum gebildet.
Siehe die vortreffliche Charakteristik dieses laubabwerfenden Baumes vom Wuchse riesiger Eichen in Pechuël-Loesches Loango - werke S. 177. — Er gehört zu den Bäumen der offenen Land - schaft und wird häufig von Familiengenossen, Bombax und Erioden - dron anfractuosum, begleitet. „ Die freie Grasflur ist seine Heimat; im Hochwald wird er im Loangogebiet niemals gefunden. “
Sein Areal liegt ungefähr zwischen 17° N. und 18° S. an der Westküste, 24° S. an der Ostküste, cha - rakterisiert daher die nördliche wie südliche Savanen - region und hat unstreitig bedeutende Lücken im Bereich der geschlossenen Regenwälder. Die Region 1 obiger Aufzählung fällt nördlich von seiner Nordgrenze und46411. Tropisches Afrika und Südarabien.liegt dafür noch im Bereich von Phoenix dactylifera, ohne jedoch zur Sahara zu gehören; wahrscheinlich fehlt der Baobab in Region 2 — 5, von dem gelegentlichen Ein - schneiden in Grenzgebiete abgesehen.
Die nächsten Charakterarten liefern grosse monoko - tyle Schopfbäume, auf welche die Reisenden auch am meisten zu achten pflegen:
Die Delebpalme, Borassus flabelliformis, welche auch in Ostindien wichtig und gemein ist, hat wahrscheinlich grosse Strecken des Areals mit der Adansonie gemeinsam, teilt wenigstens deren Nordgrenze in Senegambien, schliesst die Galla - und Somaliländer mit Abessinien aus, und bleibt im Süden vor (nördlich) der Adansonien-Vegeta - tionslinie zurück, wobei es dahingestellt bleiben muss, ob sich manche Angaben über Fächerpalmen auf ihn oder auf Hyphäne-Arten beziehen; die Loangoexpedition sah Borassus niemals.
Die Delebpalme schliesst also in ihrem Areal wiederum Region 1, 2, 4 und 5, vielleicht aber auch die vollentwickelte Region 7 ausserhalb ihres Savanengrenzgebietes, aus. Johnston gibt nach seinen Beobachtungen in der Congoflora an, dass Borassus auf das Mündungsgebiet beschränkt sei und weiter nach innen durch Hyphaene guineensis ersetzt werde; „ aber die Verschiedenheit beider sei kaum genügend zur Trennung zweier Gattungen “. Da diese Bemerkung grundlos ist, könnte man an Verwechslung denken.
Dann ist Hyphaene eine echt afrikanische, nur auf das Festland in 9 Arten beschränkte und nur von Phoe - nix in der Ausdehnung von Palmen in diesem Kontinent übertroffene Gattung, hohe Bäume mit glattem oder ge - schwollenem Stamm erzeugend, welcher bei H. the - baica, der Doum - oder Dumpalme, eine gabelteilige Krone bildet.
Diese Doumpalme charakterisiert Region 1 gegenüber der Sahara und verliert sich im angrenzenden Nilseengebiet; sie geht um den Tsadsee noch nordwestwärts herum und endet dort süd - lich von dem rätselhaften Ahaggar-Bergland. Sie mischt sich inner - halb des Adansonien-Areals, welches sie in Aegypten weit nordwärts (bis 26° N.) überschreitet, mit diesem Baum und scheint dort ihre grösste Fülle im Formationsbestande zu erreichen. Vergl. Menges in Geogr. Mittlgn. 1884, S. 166, Schilderung der Marebvegetation am Südostrande des abessinischen Hochlandes von Dembelas 14°465Charakterpflanzen; Oelpalme, Kolanuss.50′ N. und 38° östl. L.: Den Mareb begleitet hier überall schöner Doumwald, wie bei Kassala; ausser der Adansonie, die in unge - heuren Mengen vorkommt, sind die Ufer des Nebenflusses Chor - Scherbet überall dicht besetzt mit prachtvollen Tamarinden und riesigen Kigelien. — Die Südgrenze von Hyphaene thebaica ist mir nicht bekannt; wahrscheinlich erreicht sie den Aequator nicht. Südlich desselben wird sie im Zambesigebiet durch H. ventricosa und crinita ersetzt, welche mithin für Region 10 charakteristisch sind und ebenfalls als Savanenbäume auftreten. H. guineensis ist erst durch Pechuël-Lösches Charakterisierung der Wissenschaft er - schlossen, mit einem wahrscheinlich unzusammenhängenden Areal von Liberien bis zum Kuilu, ebenfalls „ ein Kind der offenen Land - schaft “; sie gehört also zu Region 7.
Ein besonderes Merkzeichen der Guinea-Tropenregion ist die Oelpalme, Elaeis guineensis, merkwürdigerweise eine Zugehörige amerikanischer Cocoineen (vergl. oben S. 174). Man kann ihre Vegetationslinie vom Gambia — Be - nuë — Nil und Congowasserscheide — Njassasee — Bang - weolosee — Angola als äusserste Grenze, oft aber durch weite Savanenlandschaften unterbrochen, der ebengenannten Vegetationsregion ansehen. In ihren Bereich fallen viele andere ausgezeichnete Areale, die meistens engere Gren - zen haben als die Oelpalme: die Weinpalme Raphia vini - fera und mehrere riesenhafte Blattwedel führende Ra - phien an der Bai von Biafra, die kletternden Calameen, besonders Oncocalamus mit 20 m hoch kletterndem Stamm, Ancistrophyllum und Eremospatha, alle den Rotangpalmen Indiens im Wuchse ähnlich und als solche oft aufge - führt.
Johnston führt „ Calamus secundiflorus “mit einzigem Stand - ort im Congogebiet am Stanleypool an, a. a. O., S. 322.
Dann fällt in denselben Bereich der an der West - küste (wohl nicht im Innern!) sehr verbreitete hohe Pan - danus candelabrum, dessen zerstreute hohe Schopf bäume ein Landschaftsbild des Loangowerkes schmücken. Weiter landeinwärts und durch Kultur im Areal erweitert ge - deiht die Kolanuss, Sterculia (* Cola) acuminata, wichtig durch die bei vielen Negerstämmen an sie geknüpfte volkstümliche Symbolik und ihre krafterzeugende Wir - kung auf den menschlichen Organismus, um derenwillen ihre Nüsse frisch gekaut werden.
Drude, Pflanzengeographie. 3046611. Tropisches Afrika und Südarabien.Neben diesen auf bestimmte Regionen beschränkten Pflanzenarten gibt es viele andere mit weitem Areal, wenn sie auch nur in bestimmten Distrikten maßgebend für die Formationen sind; im oberen Nilgebiet beispiels - weise herrscht bekanntlich der Papyrus: Cyperus Papyrus mit schopfbaumartigen Uferdickichten, und an gleichen Stellen der Ambatschbaum: Herminiera elaphroxylon, aus - gezeichnet durch sein leichtes, schwammiges Holz; aber der Papyrus ist auch im Nigergebiet, am Congo häufig, z. B. massenhaft nach Johnston am Stanley Pool, ebenso unter dem Namen „ Loangogras “in freiliegenden Sümpfen der Niederungen im Küstengebiet.
Es schliessen sich mit vielen gleichartigen und vielen ungleichartigen Genossen die Formationen in jeder Region charakteristisch verschieden so an, dass die tropischen Waldformationen in Region 6 — 8 überwiegen, die lichten Savanen mit offenen Bäumen, und Galeriewäldern even - tuell an den Flussläufen, in Region 9 und 10, abgeschwächt in Region 1 zu Steppenformationen. Ueber diese, sowie die Regionen 2 — 5 noch einige besondere Bemerkungen im folgenden.
Einen Teil der Grundlage für die kartographierte Regions - abgrenzung im physik. Atlas Nr. 49, nämlich insoweit als das Nilgebiet bis 5° N. und die Uferländer des Roten Meeres in Be - tracht kommen, bildet Schweinfurts Karte 9 in den Geogr. Mit - teilungen 1868. Dessen ausgezeichnete Darstellung, seine spätere Untersuchung der Niamlande, die Vegetationsstudien von Pechuël - Lösche während der Loangoexpedition, das sind die wichtigsten Quellen für unser Verständnis von Afrikas Vegetation und ihrer Verteilung in Abhängigkeit von Klima und Boden.
Schweinfurt schildert die
1. Kordofanische Steppen - und Uebergangsregion, die hier zusammengefasst werden, als „ ein Grasland, durchsetzt von Eindringlingen des Nordens wie des Südens (Wald - und Savanen - flora), dessen Rasen von bestandbildenden, auf weite Strecken hin sich unvermischt erhaltenden Gräsern dargestellt wird, sorgfältig gepflegten Kornfeldern vergleichbar. Dadurch wechseln die ge - wissen Strecken eigentümlichen Abstufungen des Grüns innerhalb der Landschaft beständig, und ihre Reize werden zur Zeit der Fruchtreife noch bedeutend erhöht, indem alsdann die verschieden - artigsten Färbungen der bald rötlichen oder gelben, bald schwärz - lichen Aehrenmassen sich geltend machen und schon von weitem die vorherrschenden Grasarten erkennen lassen. Einzelne Stellen467Kordofan. Abessinien, Massailand.(Gehänge der Hügel etc.) können eine ausserordentliche Anzahl der verschiedensten Arten auf einem kleinen Terrain versammelt beherbergen, während anderwärts eine einzelne Grasart viele Quadratmeilen für sich allein in Anspruch nimmt. “
2. Mit dem Namen „ Degaregion “wird das abessinische Hochland von circa 2000 m bis 3000 m, auch schon 300 m tiefer in Uebergangsformationen beginnend, bezeichnet, welches in weiter Ausdehnung von 15° N. über Abessinien und dann in sehr ähn - lichen Pflanzenbeständen mit verstärkten südlichen Beigemischen sich über die äquatorialen Gebirgsländer erstreckt (oberhalb 3000 m beginnt in Abessinien Region 5). Den Hauptcharakter der ge - samten Dega bilden nach Schweinfurt „ Waldlosigkeit, Baum - mangel und Grasarmut, welche sich nach den höheren Regionen zu steigern “. In der unteren Region sind immergrüne Baum - und Strauchvertreter des mediterranen Florenreichs, besonders Juniperus procera und Erica arborea (letztere höher ansteigend). Diese letzteren sind beide auch infolge von Thomsons Expedition durch Massailand in den äquatorialen Hochgebirgen gefunden und haben dadurch in Afrika einzelne boreale Gattungen weit südwärts aus - gedehnt; sie befinden sich daselbst zu Waldbeständen vereinigt mit Calodendron capense und Podocarpus elongata, beides Süd - afrikaner, mit welchen sie Mischwälder von 30 m Höhe der eigen - tümlichsten geographischen Verwandtschaftsgruppierung bilden (G. J., XI, 136). Hieran knüpft Hooker die Betrachtung an, dass die Hochländer Afrikas und des tropischen Asiens nichts Gemein - sames zu haben scheinen, während die Tiefländer des östlichen Afrikas und von Dekhan an Arten und Repräsentativformen ge - meinsamer Art reich sind. Und ausserdem: vergleicht man die australische Flora mit der afrikanischen, so findet man in den Tropen der ersteren viele extratropische Formen des südlicheren Australiens mitvertreten; in Afrika dagegen haben sich die au - stralen und tropischen Formen geschieden gehalten und erstere treten nur auf den Hochgebirgen mit den eigentlichen Tropen - gattungen in gemischte Formationen. In Abessinien sind zu er - wähnen als eigentliche Tropengattungen der Dega: Coffea arabica, die hier wie im Seengebiet wirklich wild sein und ihre eigent - liche Heimat haben soll; der Cusso: Brayera anthelminthica, Pit - tosporum abyssinicum, Carissa edulis; zwei Oliven sind maska - renisch und südafrikanisch: Olea chrysophylla und O. laurifolia. Physiognomisch von hohem Interesse ist der Gibarrabaum Rhyncho - petalum montanum (Lobeliaceae, Griseb. V. d. E., II, 117).
3. Südarabien, von dem wir bisher noch wenig genug wissen, stellt sich als ein merkwürdiges Gemisch eigener Tropen - erzeugnisse ostafrikanischer Verwandtschaft dar mit abessinischen Arten und tief nach Süden eingreifenden Wüstenformationen; der Katstrauch Celastrus (Catha) edulis, dessen Blätter die Einwohner übermäßig als Genussmittel lieben, die Reihe von Balsambäumen, Acacia als Wälder bildend, dienen zur Charakterisierung. — Von ähnlichem Gesamtcharakter, aber sehr reich an Endemismen (20 %),46811. Tropisches Afrika und Südarabien.ist die erst in neuerer Zeit genauer bekannt gewordene Insel Socotra (siehe G. J., X, 185 — 187). Hier wachsen Drachenbäume (Dracaena), gemischt mit Gurkenbäumen: Dendrosicyos socotrana, tonnenförmige Stämme von 6 m Höhe bildend, und mit einer ähnlichen Apocynee von der afrikanischen Ostküste Adenium multi - florum. Die arabischen Balsambäume, Boswellia und Balsamoden - dron, haben auch hier in den bis 1500 m hohen Gebirgen mit dem Aloë eine Stätte.
4. Die Succulentenregion des Somalilandes erhebt sich über einer dürftigen Küstenflora vom Wüstensteppencharakter (Tamarix, Calotropis, Salvadora persica, Aristolochia rigida, Indigo - fera argentea) mit baumartigen Zizyphys und Schirm-Acacien. An den Gebirgsterrassen beginnt die eigentümliche, an Trockenheit gewöhnte, daher an starren und fleischigen Gewächsen reiche Flora, in der Kandelaber-Euphorbiaceen, Aloë, Passifloren mit dick - fleischigem „ rundliche Felsblöcke von cubikmetrischem Inhalte nachahmenden Stamme “sich neben harzausschwitzenden Balsam - bäumen auszeichnen. Zahlreiche Acacia-Arten, besonders A. etbaïca, bilden liebliche Schirmkronen, A. abyssinica liefert reichen Gummi - ertrag; das oben erwähnte Adenium „ erhebt seinen fleischigen, giftstrotzenden glatten Stamm aus oft meterbreitem Grunde zu circa 3 m Höhe, regelmäßig kegelförmig auslaufend; von seiner Spitze gehen wenige schwanke Aeste, mit kleinen Blattbüscheln vorn, aus; sein Milchsaft dient als Pfeilgift “. In der oberen Wolken - region, wo das Gewölk den grössten Teil des Jahres hindurch lagert, werden die Myrrhen und Acacien selten, die Succulenten aller Familien nehmen zu. Auf 2000 m hohen Gipfeln wächst auch hier die Ombet-Dracaena, ein Buxus (B. Hildebrandtii) ver - tritt den Oelbaum, vieles erinnert an die abessinische Dega.
5. Oberhalb 2500 oder 3000 m, an manchen Stellen frei von allen wärmeren Beimischungen erst bei 3500 m, herrscht auf den höchsten Spitzen des tropischen Afrikas: auf den Kamerunbergen, Fernando - Po, Kilimandscharo, in Abessinien, die tropische Hoch - gebirgsregion, arm an eigenen Erzeugnissen; sie ist von borealen und australen Sippen besetzt, welche entweder in Südafrika oder aber im mediterran-orientalen Hochgebirgssystem ihr weiteres Areal oder ihre nächsten Verwandten haben. Die Kameruns haben bis 2150 m dichten Wald; dann folgen bis 2700 m offene Gras - flächen mit Büschen von Hypericum, Pittosporum, Adenocarpus, Pygeum, Myrica, Leucothoë und Ericinella. Die obere Hochgebirgs - region geht von 2750 m bis zur Spitze (4000 m); die Sträucher schwinden, Helichrysum chrysocoma, Bartsia abyssinica und Blaeria spicata sind hier charakteristisch. Dieselben Arten sind grossen - teils zugleich in Abessinien. — Von den circa 250 Phanerogamen, die noch über 1500 m hoch auf den Biafrabergen wachsen, kommen 40 auf dem Himalaya und meistens auch in Europa vor; Beispiele: Sanicula europaea, Succisa pratensis, Sibthorpia euro - paea, Luzula campestris, Deschampsia caespitosa. — Senecio John - stoni bildet auf dem Kilimandscharo nach Meyer bei 4500 m Höhe469Somaliland. Tropische Hochgebirge. — Inseln.die letzten Rasen von Blütenpflanzen, höher hinauf noch Moose und Flechten.
Die Höhenstufen dieses interessanten Hochmassivs gibt Meyer durch eine Karte (Geogr. Mittlgn. 1887, Taf. 19) illustriert, fol - gendermaßen an (Verh. Ges. Erdk. Berlin, XIV, 450): 1. Unterste von der Steppe sich abhebende Vegetationszone bis 1000 m mit dichtem Buschwald; 2. bis 1800 m fruchtbares und wohlangebautes Kultur - land Dschaggas; 3. bis 2000 m dichtes Gebüsch von doppelter Mannshöhe; 4. bis gegen 3000 m Urwald; 5. bis gegen 4000 m offene Grasflur mit vereinzelten Sträuchern; 6. bis 4500 m Grasflur ohne Sträucher, welche sich schliesslich in zerstreuten Büscheln von weissen Strohblumen und Löwenzahn auflöst. 7. Moose und Flechten über 4500.
Anhang. Die Inseln im Atlantischen Ozean. Weit verschieden von den ostafrikanischen Inseln, ganz anders in ihren eingewanderten wie endemischen Elemen - ten verhalten sich die Kapverden, Ascension, St. Helena und Tristan d’Acunha. Die ersteren stellen eine Mittel - stufe zwischen der senegambischen und atlantischen In - selflora dar, die letztere schliesst sich am ehesten an das südafrikanische Florenelement, die beiden äquatorialen Inseln aber sind „ echt ozeanisch “, d. h. in ihren Er - zeugnissen durchaus selbständig und ohne deutliche Kon - tinentalverbindung.
[Vergl. Grisebach in V. d. E., II, 488 — 495 u. S. 516. — Schmidt (a. a. O.) grenzt die tropische Region der Cap Verden mit circa 450 m Höhe ab; diese Region schliesst sich an das benachbarte afrikanische Festland an, sowohl an dessen Steppenwüsten als Savanen; Tamarisken bilden auf St. Vincent einen hervorragenden Landschaftscharakter. Die gemäßigte Region gliedert sich nach den Formationen der Compositengesträuche bis circa 900 m, und Labiatengesträuche 900 — 1400 m, und diese stehen namentlich mit den Canaren in engster Beziehung; auch an den felsigen Küsten bezeugen die Crassulaceen Aichryson, die strauchige Crucifere Sinapidendron und Euphorbia Tuckeyana den Typus der atlan - tischen Inseln.
Sehr arme Vegetation hat Ascension gezeigt, welche Insel durch geringe Bebauung ein freudigeres Grün erhalten haben soll; 9 Arten von Farnen mit 3 endemischen Arten zeigen sogleich das interessante Obwalten dieser Gewächse bei der Besiedelung intra - tropischer nakter Felsmassen. Hedyotis Ascensionis und Euphorbia origanoides sind endemische Halbsträucher. Nach Dr. Börgen ist jetzt auf dem Green Mount in circa 800 m Höhe eine üppige Vegetation von Palmen, Bananen, Ingwer etc. angesiedelt (G. J., VII, 226).
47011. St. Helena, Tristan. — 12. Südliches Afrika.Eine sehr interessante und ursprünglich gegen 50 Phanero - gamen und 26 Farne zählende Flora besass St. Helena, bis sie zu Anfang dieses Jahrhunderts durch Einführung gemeiner Tropen - pflanzen vernichtet oder auf äusserst spärliche Standorte einge - schränkt wurde. 16 Bäume und 9 Sträucher wurden i. J. 1813 beschrieben, alle endemisch und von der ozeanischen einsamen Eilanden eigentümlichen unbestimmten geographischen Anlehnung; neben diesen immergrünen Laubhölzern bewohnte ein 6 m hoher endemischer Baumfarn: Dicksonia arborescens, den höchsten Gipfel der etwa 800 m hohen Insel. Die südafrikanische Rhamnee: Phylica, und Campanulaceen: Wahlenbergia, von denen W. linifolia auch auf Ascension vorkommt, weisen deutlich auf das Kapland hin. Zahlenverhältnisse siehe oben S. 132.
Eine andere Phylica, Ph. arborea, verleiht der Insel Tristan d’Acunha einen südafrikanischen Vegetationscharakter; diese endemische Art bildet bis 900 m hoch ansteigende Krummholz - bestände mit stattlichen Farnen, oberhalb welcher Grasfluren (Agrostis-Arten) herrschen. Ein in mannshohen Rasen wachsendes Rohrgras: Spartina arundinacea, hat weit ostwärts auf den ozea - nischen Eilanden St. Paul und Neu-Amsterdam eine neue Heim - stätte gefunden; die Phylica arborea findet sich nur noch auf Amsterdam, ohne damit ihren Wert als ursprünglicher Endemismus von Tristan zu verlieren.
Auswahl der Litteratur. a) Systematische Floren - werke: Harvey, The Genera of South African plants, 2. Auflage. Harvey & Sonder, Flora capensis; 3 Bde. (unvollendet). Engler, Plantae Marlothianae, Ein Beitrag z. Kenntn. d. Flora Südafrikas, in Botan. Jahrb. Syst. Bd. X und XI, 1888 — 1890. Schinz, Beitr. z. Kenntn. d. Flora von Deutsch-Südwest-Afrika u. d. angrenz. Gebiete, in Abh. d. Botan. Vereins d. Prov. Brandenburg XXIX bis XXXI, 1888 — 1890. Kuntze, Plantae Pechuëlianae Hereroenses, in Jahrb. K. botan. Garten Berlin, IV, 1886. —
b) Pflanzengeographie und Reiseberichte: Behm, Süd - afrika i. J. 1858; Phytogeographie: Geogr. Mittlgn. 1858, S. 203 bis 210. Rehmann, Vegetationsregionen Südafrikas, vergl. G. J., IX, 192. Bolus, Grundzüge der Flora von Südafrika, übers. von Dr. Kersten 1888. Dove, Das Klima des aussertropischen Südafrikas mit Berücks. der geogr. und wirtschaftl. Beziehungen etc., mit 3 Karten, 1888. Engler, Flora d. deutschen Schutzländer in West - afrika, in Gartenflora 1885. Marloth, Das südöstl. Kalaharigebiet, in Bot. Jahrb. Syst., VIII, 247 — 260. Schinz, Durch Südwestafrika, in Verh. Ges. Erdk. Berlin, XIV, 322. Hereroland, Land und Leute, in Geogr. Mittlgn. 1878, S. 306. Hertwig, Das Küstengeb. v. Natal u. Pondoland, in Geogr. Mittlgn. 1888, S. 358. Bunbury,471Litteratur. Gliederung.Botan. Wanderung im Kaplande, in Hookers London Journ. of Bot., II, 15 (1843), III, 230 (1844). Krauss, Fl. d. Kaplandes, in Regensburger Flora 1844 — 1846. Fritsch, Drei Jahre in Süd - afrika, 1868.
Unter dem südlichen Afrika ist hier das Gebiet süd - lich der kombinierten Palmen-Adansoniengrenze (s. oben!) zu verstehen, abgesehen von Phoenix reclinata, welche an der Natalküste viel weiter gen Süden (Algoabai) geht und hier die Grenze der zur 2. Abteilung der 5. Zone gehörenden „ südafrikanischen Tropenregion “bildet. Schon bei Loanda, viel ausgesprochener aber südlich von Mos - samedes, beginnt das Gebiet der spärlichen Niederschläge und mit ihm die 1. Abteilung der V. Vegetationszone; die auf der Florenreichskarte eingetragene Grenze der 60 cm Regenhöhe bezeichnet den Umfang, in dessen nörd - lich vom Orangefluss liegendem Centrum die Kalahariwüste sich ausbreitet. Die Südwestecke des Kaplandes hat wieder reichere Niederschläge, aber Winterregen, und gehört voll zur 3. Abteilung der V. Zone: so ergeben sich die durch eine wohlgegliederte Bergkettenbildung vorgezeich - neten Hauptteile der Vegetationsreiche. Dieselben sind durch die angeführte Skizze von Bolus im Zusammen - hange mit Doves klimatisch-kartographischer Arbeit so ausserordentlich klar gekennzeichnet, dass auf sie zunächst der geneigte Leser verwiesen werden mag, um das Wesen der südafrikanischen Flora zu erfassen.
Bolus bildet aus ihr 5 natürliche Vegetationsregionen, während meine im Anschluss an Rehmann vorgenommene Einteilung in Berghaus’ physikalischem Atlas, Floren - karte von Afrika, deren 6 zeigt; indem ich eine von Bolus vorgenommene Spaltung gleichfalls annehme, schlage ich hier 7 Regionen vor, die allerdings nicht ganz gleich - wertig dastehen. Es sind dies: 1. Die Kalahari - Steppenwüstenregion; 2. die Hooge-Veld oder Transvaal-Grassteppenregion, von der ersteren durch reichen Graswuchs, Baumbestände im Norden (Schinz! vergl. G. J., XIII, 341) und viel grössere Frucht - barkeit verschieden; beide gehen von der Adansonien - grenze bis etwa 30° S., lassen aber die Ostküste für die von der Delagoabai bis zur Algoabai reichende 3. süd -47212. Südliches Afrika.afrikanische Tropenregion frei. Nun folgt südlich vom Orangefluss, und nach Bolus einen Teil seines Ober - laufs mitumfassend, die 4. südafrikanische Hoch - flächenregion, welche, 1200 — 1600 m hoch und nach Süden ansteigend, hier von den Roggeveld -, Nieuwe - feld -, Sneeuw -, Buschberg - etc. Ketten gegen das Kap - land abgeschlossen wird. Auf sie folgt die 5. Karroo - region, ein schmaler, langgestreckter Streifen von der Mündung des Orange südwärts bis zum Olifantsfluss unter 31 ½° S., und südlich der Nieuwefeldkette etc. bis zu den Zwarten-Bergen die Karrooflächen erfüllend. Es bleibt nun noch der südliche und südwestliche Küsten - strich übrig, welchen Bolus als eine Region auffasst, während es mir passend erscheint, das waldreichere öst - liche Gebiet zwischen Algoabai und Mosselbai als 6. süd - afrikanische immergrüne Waldregion von der 7. immergrünen Buschregion des Kaplandes zu trennen. Es ist zu vermuten, dass sich Ausläufer der 6. Region nordostwärts bis zu den Draken-Bergen entlang ziehen. Ueber den Endemismus der südafrikanischen Wüsten - steppen siehe oben S. 146.
Der orographischen und klimatologischen Verschiedenheit des hier zusammengefassten und verhältnismäßig kleinen Ländergebiets entspricht ein ebenso grosser Reichtum der Flora; man kann den - selben ziemlich genau mit dem Australiens vergleichen, obgleich dort viel mehr tropische Elemente auf die hier nicht vorhandene Nord - und Nordostküste kommen. Auch ist der Unterschied zwischen West und Ost räumlich in Südafrika durchaus nicht so stark aus - gedrückt als in Australien, dennoch aber wahrscheinlich gross - artiger entwickelt, indem die Hauptmasse der als „ capenses “be - zeichneten eigentümlichen, halbstrauchigen buntblumigen Gewächse und Zwiebeln auf die letzte, siebente, Vegetationsregion allein ent - fallen. Sie ist also die reichste von allen, und die sie bewohnenden Arten sind im Areal sehr beschränkt.
1. In der Kalahari, und nordwärts schon die Palmengrenze überschreitend, gedeiht das merkwürdige Charaktergewächs Wel - witschia mirabilis, eine Gnetacee mit tief im Sande steckendem spin - delförmigen und nach oben kopfförmig geschwollenen Stamme, welcher nur zwei grosse riemenartige, zerschlissene Blätter dauernd trägt. Noch viel charakteristischer, weil das Landschaftsbild durch ihre wirtschaftliche Bedeutung belebend, erscheint die Cucurbitacee: Acanthosicyos horrida, die „ Naras “, welche unzweifelhaft mit der Wassermelone Cucumis caffer von Behm (Geogr. Mittlgn. 1858,473Kalahari. Transvaal. Natal. Karroo.S. 204 — 205) gemeint ist. „ In Jahren, wo mehr als die gewöhn - liche Quantität Regen fällt, sind weite Striche des Landes buch - stäblich von ihr bedeckt. Jetzt (1858) kommt es nur einmal in je 10 oder 11 Jahren vor. Dann erfreuen sich die Tiere jeder Art und jedes Namens, einschliesslich des Menschen, dieser reichen Nahrungsquelle. “ Vergl. auch die interessante Monographie von Marloth in Botan. Jahrb. Syst. IX, 173, Referat in G. J., XIII, 341. — Die grauenvolle Wüste mit ihren Sanddünen wird ost - wärts bei den bergigen Erhebungen des Landes gemildert; statt - licher Baumwuchs ziert einzelne Flussbetten, aber fast alle Holz - gewächse gehören zu der Gruppe der Dornbüsche (Geogr. Mittlgn. 1878, S. 306).
2. Die Hooge-Veldformationen im Orangefluss-Freistaat und Transvaal zeigen sich besonders in den weit ausgedehnten Gras - ebenen, welche ebensosehr wilde weidende Tiere begünstigen als die Schafzucht; Acacia-Arten (A. robusta) sind die hauptsächlichsten Bäume, welche im Transvaal zu kleinen Hochwäldern sich ver - einigen. Das Twa-Gras, Arthratherum brevifolium, gilt als charakte - ristisch für das Randgebiet, auch das der Kalahari, gegen die süd - lichen Hochflächen.
3. Die Wasserscheide der Drakenberge bildet die Westgrenze der südafrikanischen Tropenregion, dieses interessanten Bezirks, in welchem ohne eigentliches Tropenklima und ohne die wilde Pracht entfesselter Tropenformationen doch in der Haupt - masse tropische Florenelemente sich beisammen finden. Mehrere interessante Cycadeen (Encephalartos! Stangeria), die anfangs be - sprochene Phönix, hochstämmige Musaceen: Strelitzia, dazu aber auch nunmehr schon Coniferen: Podocarpus und die auch im Kaplande häufige Bergcypresse Widdringtonia cupressoides bilden hier mit den für Afrika charakteristischen fleischigen Euphorbien (E. tetragona und grandidens), und den zu den Rutaceen gehörigen „ wilden Kastanien “, Calodendron capense, einzelne Elemente der Wälder, Buschdickichte und offene grasige Niederungen.
4. Die Hochflächenregion bildet weite baumlose Hoch - ebenen, in grossen Zwischenräumen unterbrochen von wenigen einzelstehenden Bergen, Bergketten oder steilen Felshügeln; auf letzteren finden sich kümmerliche Buschformationen, im übrigen treten heideartige Halbstrauchbestände maßgebend hervor mit Rutaceen, Geraniaceen, Phylica, Rhus, kleinen Leguminosen etc., hauptsächlich aber Compositen der Gattungen Helichrysum, Erice - phalus, Pentzia, Othonnopsis u. a., nach denen Bolus die ganze Region benannt hat. Der Charakter ist stark endemisch, über wel - chen das oben (S. 140) Gesagte zu vergleichen.
5. Karrooregion. Hier bildet die Acacia horrida an den Ufern der trockenen Flussbetten die einzigen wahrhaften Baum - bestände mit einigen anderen strauchartigen Arten, A. detinens, Giraffae (Dornsträucher); Capparis oleoïdes hat 3 — 5 m hohe weisse Stämme, Portulacaria afra („ Spekboom “) ist eine wohlbekannte Staude mit fleischigen säuerlichen Blättern, Sarcocaulon Patersoni47412. Kapland. — 13. Ostafrikanische Inseln.und zahlreiche Pelargonien mit Oxalideen geben den südafrika - nischen Stempel. Strauchsteppen, Gestrüpp und Staudenbestände sind die herrschenden Formationen, zu denen sich alle diese ver - einen, auch ganz kahle Bodenstellen finden sich, alles trostlos in der Trockenperiode, nach Regenfällen in 1 — 2 Wochen zauberhaft verändert.
6. und 7. Die südafrikanische (Kapland -) immergrüne Wald - und Buschregion bildet den artenreichsten Beschluss dieser interessanten Vegetationsbilder. Die Hochwälder (Region 6) sind im Verhältnis zu der regenreicheren Gesamtfläche doch auch nur auf ein enges Areal der Südküste zwischen dem Gauritz - und Krommefluss und am Fusse der Onteniquaberge beschränkt. Hier finden sich Bauhölzer in geschlossenem Waldbestande, Riesen - stämme von Podocarpus Thunbergii, „ welche vier Männer nicht umspannen können “(Krauss), Crocoxylum excelsum, Curtisia faginea, Elaeodendron capense etc., Bäume, welche ihre dicht be - laubten mächtigen Kronen hoch über das niedrige Gehölz erheben und zahlreiche Schlingpflanzen tragen. So drückt sich hier über - haupt ein Anschluss an die tropische Ostküstenregion aus, und erst in der Südwestecke des Kontinents tritt rein jener berühmte Kaplandcharakter hervor, der in der Masse von Proteaceen, Protea und Leucadendron (siehe oben S. 202 und speziell Marloth in G. J., XI, 137) an der Spitze, in der unendlichen Fülle von Erica - ceen, unter denen Erica selbst mit rund 300 Arten vertreten ist, in den Pelargonien, Mesembryanthemum - und Aloë-Arten, Rhus - und Phylica-Sträuchern, sogar in einzelnen selbständigen Familien (Bru - niaceen), seinen Ausdruck findet. Oft ist von Floristen dieses Gebietes hervorgehoben, wie merkwürdig wenig Unterschied die Bergeshöhe auf die Verbreitung der Arten erwirkt, so dass bestimmte Höhen - zonen nur schwierig hervortreten. Ein niedriges Gebüsch von dunkler oder bläulich-grüner Farbe, mit wenigen Ausnahmen fast überall hier vorhanden, bestimmt das Aussehen der Landschaft, und darin zeichnet sich der Rhinocerosbusch Elythropappus rhino - cerotis durch Vorwiegen aus (vergl. oben S. 282 u. 284); nur wenige der hier einheimischen Hölzer erreichen eine 7 — 9 m übersteigende Höhe und finden sich in den tiefen Schluchten der Bergabhänge.
Auswahl der Litteratur. Systematische Uebersichten: Baker, Flora of Mauritius and the Seychelles, London 1877. Ge - fässkryptogamen der ganzen Inseln: Kuhn, in Botanik von Ost - afrika 1879 (G. J., VIII, 260). Buchenau, Reliquiae Rutenbergianae (Beiträge zur Flora v. Madagaskar), in Abh. d. naturw. Vereins zu Bremen VII — X, Register X, 394. Baker, Plants of Madagas - car etc. im Journ. Linn. Soc. London, Bot. XVIII — XX; Journal475Litteratur. Florenverwandtschaft.of Botany 1882. Baillon (Paris) beginnt ein grosses illustriertes Florenwerk über Madagaskar herauszugeben.
Pflanzengeographie: Hildebrandt, West-Madagaskar, in Zeitschr. Ges. Erdk. Berlin 1880, S. 81. Baker, On the natur. history of Madagascar, in Journ. of Botany, London 1881, S. 327 und 1882; Nature 1880, Nr. 580, siehe Botan. Jahrb. Syst. I, 547. Hildebrandt, Skizze der Comoro-Insel Johanna, in Zeitschr. Ges. Erdk. Berlin 1876, S. 37. Balfour, Account on the botany of Rodriguez, Philosoph. Transactions Bd. 168, S. 302 (G. J., VIII, 261; vergl. auch Geogr. Mittlgn. 1880, S. 289). Maillard, Notes sur l’île de la Réunion (Bourbon), Paris 1863, Bd. I, S. 140. Jouan, Notes s. l. Archip. d. Comores et Séchelles, in Mém. Soc. Cherbourg 1872, S. 45. Wright, Seychellen, in Transact. Linn. Soc. London, Bot. XXIV, 571.
Die Flora der ostafrikanischen Inseln ist ihrem Haupt - charakter nach, soweit sie nicht an den gemeinsam intra - tropisch verbreiteten Formen teilnimmt, afrikanisch, aber mit starker Hinneigung an Indien. Wegen der sehr hohen Zahl eigener Bestandteile (ca. 100 Gattungen, dar - unter kleine Familien, sind allein auf Madagaskar be - schränkt; vergl. auch oben S. 133 — 144) stehen sie als eigenes Florenreich da, so zwar, dass jede der Inseln in sich selbst wiederum eine ausgeprägte Eigenartigkeit zeigt, zumal die Seychellen gegenüber den Maskarenen, diese gegenüber Madagaskar. Das Klima lässt die Tro - penformationen vielfältig zur volleren Entwickelung kom - men, als an den meisten Stellen des afrikanischen Kon - tinents; auf dem ausgedehnten Berglande Madagaskars, in dessen den Wendekreis überschreitendem Südteil und auch im Oberlande der Maskarenen ist aber zugleich das südafrikanische Florenelement stark vertreten, daneben einzelne Arten aus der tropisch-afrikanischen Kontinen - talflora der Hochgebirge, die in Abessinien und auf den Kameruns wiederkehren.
1. Madagaskar. Obwohl seit Grisebachs Zusammenfassung (V. d. E., II, 495) viel an Kenntnissen dieser interessanten Insel - flora gewonnen ist, fehlt es doch auch heute noch an einer be - friedigenden Gesamtdarstellung. Wahrscheinlich sind 3 verschiedene Vegetationsregionen zu unterscheiden: die der tropischen Niederungs - und Bergwaldformationen, die der im Innern auf dem Berglande gelegenen Savanen, und endlich die der trockenen Dornbuschforma - tionen im Süden der Insel, letztere mit südafrikanischem Anschluss. Die erste Region besitzt hervorragende Merkmale aus den Mono - kotylen: Obeliskenähnliche Pandanus (P. obeliscus) von 18 m47613. Madagaskar. Maskarenen. Seychellen.Höhe und fast meterdick am Grunde, mit 3 — 4 m langem Blatt in dichten Rosetten (Gardeners Chron. XII, 1879, S. 820) bilden eine Charaktererscheinung im Typus der gerontogäischen Tropen; die Musacee: Ravenala madagascariensis mit ihren riesigen, zwei - zeilig gestellten Bananenblättern gesellt sich zu wenigen Palmen vom ostafrikanischen Typus, Raphia Ruffia, auch eine Arecinee. Eine (seltene?) Lythracee, nämlich eine endemische Lagerströmia, weist auf das indische Monsungebiet hin. Kautschuckbäume werden von Apocyneen: Vahea gummifera und crassipes, gestellt und entsprechen anderen Arten, sowie den Landolphien im tropischen Afrika. Endemisch sind alle Chlänaceen. — Im Berg-Savanen - lande zeigen Schwertlilien wie Aristea und die Ericaceen mit Be - stimmtheit auf Süd - und Ostafrika, ebenso weist Wahlenbergia auf das Kap; einige Arten sind bisher nur in der Dega Abessiniens und im Berglande Madagaskars gemeinsam gefunden. Kitchingia ist eine endemische Crassulaceen-Gattung.
2. Die Maskarenen. Im Tropenwalde, dessen herrliche Bäume von Vernichtung bedroht werden, bestimmen Baumfarne und Orchideen die Physiognomie; für Réunion werden als Cha - rakterbäume Imbricaria petiolaris mit unverwüstlichem Holze, Elaeodendron orientale, Sideroxylon cinereum und die sehr häufige Acacia heterophylla genannt. Sie gehen bis etwa 1300 m, wo ein Gürtel von Nastus borbonicus (950 — 1300 m) den Tropenwald ab - schliesst, doch steigt Monimia rotundifolia mit immergrüner Be - laubung 2000 m. Auf Réunion leben allein 240 Farne, darunter 4 hohe Cyathea-Bäume. Die Palmengattungen sind ihrem Charakter nach gemischt: Latania als Borassinee afrikanisch, Hyophorbe und Arecineen teils indisch, teils mit amerikanischer Verwandtschaft, endemisch alle. Durch seine viel geringere Höhe unterscheidet sich Mauritius nicht vorteilhaft hinsichtlich des Florenreichtums; doch vertreten auch hier eine Phylica (mauritiana) und Philippia das Kapelement. — Statistik der Inseln siehe G. J., VII, 218 und VIII, 261; auch die Insel Rodriguez hat unter 470 Arten (173 Farn - pflanzen!) 35 endemische Blütenpflanzen, 3 endemische Gattungen.
3. Die Seychellen sind besonders dadurch ausgezeichnet, dass sich unter ihren 60 endemischen Arten 6 besondere Gattungen finden, von denen 5 Palmen sind; deren berühmteste ist Lodoïcea Sechellarum, eine hohe Fächerpalme mit gigantischen Blütenkolben und schweren „ Doppelnüssen “, die ein Jahrzehnt zur Reife bean - spruchen. 3 Arten von Pandanus sind endemisch.
Die oberen Berggipfel sind mit Wäldern von Wormia ferru - ginea (endem. Dilleniacee) um 900 m Höhe bedeckt.
Auswahl der Litteratur. a) Systematische Florenüber - sichten: Hooker, Flora of british India (London 1872 u. folgd.,47714. Indien und Sunda-Inseln; Litteratur.mehrbändiges Werk im Erscheinen). Trimen, Systematic Cata - logue of the Phaner. u. Filices of Ceylon, 1885. Brandis, Forest - flora of northwest and central India, 1874. Kurz, Forest-flora of british Burma, 1878, 2 Bde. Theobald, Botany of Burma (Burma, its people and productions by Mason, Bd. II, 1883). Miquel, Flora Indiae batavae et Flora sumatrana, 3 Bde. 1855 — 1861. Grevelink, Planten van Nederlandsch-Indie bruikbaar voor Handel etc., 1883. Pierre, Flore forestière de la Cochinchine (Paris, im Erscheinen). Beccari, Malesia (siehe folgende Gruppe).
b) Pflanzengeographie und Spezialfloren: Hooker & Thomson, Introductory essay to the Flora indica, London 1855. Hooker, Himalayan Journals, or Notes of a Naturalist in Bengal, Sikkim, Nepal Himalaya, 1854 (2 Bde.). Griffith, Journals of Travels and Itiner. Notes, 2 Bde. 1847 — 1854. Jacquemont, Voyage dans l’Inde 1828 — 1832, Botanique, Paris 1841 — 1844. Brandis, Ocean Highways Oktober 1872 mit Karte; und: Die Beziehungen zwischen Regenfall und Wald in Indien; Der Wald des äusseren nordw. Himalaya, in Verh. naturh. Ver. preuss. Rheinl. u. Westph. 1884, S. 379, u. 1885, S. 153. Trimen, Flora of Ceylon, in Proceed. Roy. Geogr. Soc. London 1885, S. 243; On the Flora of Ceylon, in Journ. of Botany, XXIV, 301 (1886) (siehe G. J., XI, 138).
Kurz, Preliminary report on the Forest - and other Vegetation of Pegu, Calcutta 1875. Kurz, Sketch of the Vegetation of the Nicobar-Isl., in Journ. Asiat. Soc. Bengal XLV pt. 2, S. 105 (siehe G. J., VII, 209); on the Vegetat. of the Andaman Isl., Calc. 1870.
Tenison-Woods, Physical Geography of the Malayan Peninsula, in Nature 1884, S. 152 (Bd. 31). Bureau & Franchet, Premier aperçu de la végétation du Tonkin méridional, in Comptes rendus, Paris CII, 298, 502, 927 (1886). Montero y Vidal, Archip. Filipino, Madrid 1886 (S. 61 — 83). Rolfe, On the Flora of the Philippine Islands, in Journ. Linn. Soc. London, Bot. XXI, 283 (siehe Geogr. Mittlgn. 1888, Litt. Nr. 315). Rosenberg, Der malayische Archipel, Leipzig 1878 folgd. Zollinger, Pflanzenphysiognomik d. Insel Java, Zürich 1855. Junghuhn, Top. u. naturw. Reisen in Java 1845; Die Batta länder auf Sumatra, 1845. Korthals, Vegetatie van Sumatra (1845), im Nederl. Kruidk. Archief D. I, S. 58. Forbes, A Naturalist’s Wanderings in the Eastern Archipelago, 1885 (siehe Geogr. Mittlgn. 1885, S. 482).
Das grosse Festlandsgebiet vom Indus im Westen, der Himalayakette im Nordwesten und Norden, den Ab - hängen der Yünnan-Hochgebirge im Nordosten mit Ein - schluss der bei Canton den nördlichen Wendekreis er - reichenden tropischen Formationen Ostasiens, die malayische Halbinsel und alsdann das Sundainselgebiet bis zur Lom - bok - und Makassarstrasse und die Philippinengruppe werden hier in den Grenzen des „ indischen Tropenreichs “zu -47814. Indien und Sunda-Inseln.sammengefasst. Es ist eine hauptsächlich nach drei Ge - bieten: Vorderindien, Cochinchina und malayisches Ge - biet, gegliederte Tropenflora von starker Verwandtschaft mit dem tropischen Afrika, welche natürlich im vorder - indischen Gebiet am grössten, im malayischen am ge - ringsten ist. Das letztere zeigt im Gegenteil die zahl - reichsten, durch die unmittelbare geographische Anleh - nung verständlichen Beziehungen zu Neuguinea, und Celebes teilt seine Flora danach geradezu in zwei geo - graphische Verwandtschaften.
Schon oben (S. 157, 160) ist darauf hingewiesen, dass durchaus keine der ausserordentlich starken Faunen - scheide, welche durch die Lombok-Makassarlinie ausge - drückt wird, entsprechende Florengrenze zu bemerken sei; aber dennoch sind, wenn man die Wanderungs - möglichkeiten für Pflanzen in Betracht zieht und die Ver - mischung der Entwickelungsherde darauf zurückführt, die Grenzen zweier natürlicher Floren hier gegeben. Oest - lich der Makassarlinie ist keine ausgesprochene Verwandt - schaft mehr mit dem afrikanischen Tropenreich; west - wärts von ihr sind z. B. Phönix-Arten (bis nach Formosa) und Borassus flabelliformis noch charakteristische Sippen.
Auszuschliessen von dem indischen Tropenreich ist der äusserste Nordwesten Indiens, das Pandschab und Sindh bis über den Ostrand der indischen Wüste hinaus. Diese Landschaften sind mit der mesopotamisch-persischen Dattelregion unmittelbar verbunden und gehören zur dritten Vegetationszone; an ihrer Ostgrenze verlaufen die Vege - tationslinien von Salvadora, Calotropis procera und Ficus carica; aus Gebüschen von Tamarix gallica erheben sich Acacia arabica (welche unter dem Namen „ Babool “am Indusunterlauf ausgedehnte Bestände bildet) und Populus euphratica, letztere am häufigsten im oberen und mitt - leren Sindh.
Für die Beurteilung der Grundsätze, nach denen sich die somit gesäuberte indische Flora in Vegetationsregionen gliedert, sind ihre drei obengenannten Gebietsverschieden - heiten, sowie die Berücksichtigung der klimatischen Gegen - sätze, die sich hier noch innerhalb der vierten Vege -479Verwandtschaft. Klimatische Gliederung.tationszone geltend machen, notwendig. Wie ein Blick auf Köppens Wärmegürtel lehrt, fällt besonders in Vorder - indien ein grosser Gebietsteil ausserhalb des eigentlichen Tropenklimas, selbst wenn wir von den oberen Himalaya - regionen zunächst absehen. Aber da der nördliche Wende - kreis hier weit überschritten wird, so machen sich im Nordwesten die Winterkälten sehr bemerklich.
Es mag den ausgezeichneten Darlegungen von Brandis dar - über folgendes entlehnt werden: Die Mitteltemperatur des Januar ist im Norden 12°C., während sie im Süden der vorderindischen Halbinsel, sowie Birma, 25°C. beträgt. Im Juli ist das niedrigste Monatsmittel (25°C. ) gleich dem höchsten Monatsmittel im Januar, und zwar finden wir es an der Westküste von Vorder - und Hinter - indien, wo die Regenzeit im Juli ihren Höhepunkt erreicht, der Himmel mit dichten Wolken bedeckt ist, und die Sonne nur selten hervorbricht. Die höchste Mitteltemperatur dieses Monats finden wir im Nordwesten Indiens (Sindh etc.), wo die Sommerregen un - sicher und spärlich sind und der Sonnenbrand selten durch Wolken gemildert wird.
Die Regenfälle und die Verteilung der Regenzeiten sind nun die anderen ausübenden Faktoren in der An - ordnung der maßgebenden Vegetationsformationen, und gerade über deren Beziehungen verdanken wir Brandis’ angeführter Schrift klare Belehrung.
Ihr zufolge sind die immergrünen (nur weniger mit blattwechselnden Gehölzen gemischten) Regionen Vorder - indiens an die beiden regenreichen Gebiete Canara-Tra - vancore und den Himalaya-Südhang mit Erweiterung vom Brahmaputra bis zur Gangesmündung gebunden; das letztere Gebiet setzt sich an der Westküste Hinterindiens fort; von der malayischen Halbinsel an nach Süden und Osten bleibt dann die Niederschlagshöhe auf dem unge - fähren gleichhohen Maße stehen. Hiernach sind die fol - genden Vegetationsregionen, noch umgeändert nach ihrer Darstellung in Berghaus’ physikalischem Atlas Nr. 48 entsprechend neueren Arbeiten, aufzufassen:
1. Tropische Waldregion des Himalaya bis 900 m Höhe; Bestände von Dalbergia Sissoo mit Pinus longifolia, Shorea robusta und Acacia Catechu.
2. Subtropische und gemäßigte Waldregion des Himalaya, 1000 — 3600 m: Eichen mit mannig -48014. Indien und Sunda-Inseln.faltigen Nadelhölzern und borealen Laubholzgattungen. Rhododendron; in sich selbst wesentlich geschieden nach dem nordwestlichen und dem östlichen Himalaya als Teilen zweier Florengebiete.
3. Dekhan. Tropische regengrüne Waldungen mit Tectona, Santalum album, Pterocarpus santalinus, Butea frondosa, Borassus, Phoenix silvestris, Acacia Catechu, Cedrela Toona.
Nördlich der Grenze des Teak-Holzes, Tectona grandis, welche weit südlich vom Ganges verläuft, breiten sich die Gangesniederung und die Gangesebenen bis zur Region 1 aus, welche wohl nur als ärmere Abteilung dieser Region zu betrachten sind.
4. Canara, Malabar und Travancore. Immer - grüne Regenwaldungen, wesentlich von denen Assams und Birmas verschieden. Corypha umbraculifera gedeiht; Ca - ryota urens hauptsächliche Charakterpalme. Wenig Magno - liaceen (2 Michelia). (Hierher Ceylon mit Cocoswäldern.)
5. Birma (Pegu, Arracan, Chittagong, Cachar; nordwärts sich mit der Tropenregion des südöstlichen Himalaya mischend). Hauptsächlich immergrüne Wal - dungen, mit sommergrünen gemischt, Dipterocarpeen ver - gesellschaftet mit Quercus! Castanopsis, Pinus Merkusii. Viele Magnoliaceen (7 Michelia, Magnolia, Talauma). Ficus elastica.
6. Siam-Annam mit Formosa und den nordöst - lichen Ausläufern des indischen Reiches. Grosser Reich - tum an Clusiaceen: Garcinia! Palmenreichtum gering.
7. Philippinen. Allgemeine Züge der malayischen Flora, aber es fehlen wesentliche Bestandteile und treten boreale Typen ein: Pinus Merkusii und insularis. Sechs Gattungen endemisch; Tectona grandis und viele Diptero - carpus-Arten hervorragend.
8. Malayische tropisch-immergrüne Region, von Malakka über die Sundainseln in verschiedener Höhe, durchschnittlich bis 300 m Höhe, ausgedehnt. Grosser Palmenreichtum: Corypha Gebanga; Heimat der Areca Catechu! Nipa, Cyrtostachys, viele Calamus und Plecto - comia etc. — Barringtonia speciosa, Guttiferenwaldungen, Myrtus und Ficus.
481Vegetationsregionen. Kulturpflanzen.9. Malayische Bergwaldregion, untere Stufe (bis ca. 1800 m) mit Dipterocarpeen, darunter der Borneo - Kampherbaum: Dryobalanops Camphora; Liquidambar Altingiana, Reichtum an Eichen und Farnen; obere Stufe mit epiphytischen Ericaceen (Agapetes! Vaccinium) und Podocarpus.
10. Malayische Alang-Savanen von Imperata arundinacea oder cylindrica (vergl. oben, S. 295).
Von charakteristischen Familien treten hier also ausser den indischen Tribus von Palmen die Diptero - carpaceen, Clusiaceen und Ebenaceen, Cupuliferen in be - sonderen Abteilungen von Quercus auf; die Aurantiaceen sind hier bedeutend entwickelt, Citrus medica, die Citrone, und Citrus Aurantium haben indische Heimat ohne deut - lich erkennbaren Lokalursprung. Die Gattung Ficus er - reicht eine ausserordentliche Mannigfaltigkeit und ist ebensosehr mit dem indischen Cultus (F. religiosa) als mit der modernen Industrie (Kautschuk von F. elastica) verwachsen; vergl. auch oben, S. 249.
Einige Kulturpflanzen, welche noch im Sommer gemäßigter Klimate Gedeihen finden, haben hier ihren Ur - sprung gehabt, nämlich die Gurke, Cucumis sativus, und die von Guinea bis Indien gehende Cucumis Melo neben vielen anderen Cucurbitaceen. Aber solche Arten sind selten; die meisten Kulturpflanzen sind auf dauernd tropisches Klima hingewiesen. Von diesen hat seine Heimat innerhalb des indischen Florenreichs, vielleicht in Cochinchina, das Zuckerrohr, Saccharum officinarum.
Hier ist das Indigenat der Zimmetbäume (Cinnamo - mum ceylanicum), der Piper-Arten ein guter Teil der Scitamineen, und zwar der die Gewürzpflanzen liefernde, ist hier zu Hause und formenreich entwickelt: der Ingwer (Zingiber), die Galgantwurzel (Alpinia Galanga) auf Hainan entdeckt, der Cardamom (Amomum, in Siam und weiter), Curcuma-Arten, und hier hat die Banane, Musa sapien - tum, ihr Vaterland. Auch der Reis (Oryza sativa) findet hier eine passende Einschaltung; dass sein Vaterland das nördliche Indien und südwestliche China umfasst und von da eine grosse Kulturerweiterung gefunden hat, darfDrude, Pflanzengeographie. 3148214. Indien und Sunda-Inseln.als gewiss gelten. Verwandte, vom eigentlichen Kultur - reis abweichende Rassen wachsen wild noch jetzt an manchen Stellen des Florengebiets, so z. B. auch „ Berg - reis “, Oryza coarctata, bei Parasnath (G. J., X, 315). Der eigentliche wilde Reis soll noch jetzt an Seeufern Indiens in grosser Menge wachsen, aber wegen seiner geringen Erträge nicht sehr beachtet werden (vergl. A. de Candolle, Ursprung der Kulturpflanzen, S. 487).
Die am reichsten zusammengesetzten Bezirke scheinen die Berggegenden von Khasia und Assam, und anderer - seits Borneo zu sein. Die Hauptmasse der vorderindi - schen Floren dagegen erscheint arm, ihre Ebenen sind nicht wie in Südamerika mit grossen zusammenhängenden und formenreichen Wäldern bedeckt, auch fehlt es an entsprechenden Formationen der Catingas Brasiliens.
Diese und viele andere Ausführungen sind von Hooker und Thomson in der Einleitung zur Flora indica ebenso klar als an - ziehend gegeben, so dass dieses Werk auch heute nach so langer Zwischenzeit seinen hohen Wert voll behauptet.
Ein klares Bild der tropisch-indischen Waldformationen hat Kurz in seinen Studien über die Wälder von Pegu gegeben (siehe G. J., X, 190). 7 Waldungen werden unterschieden, von denen 4 immergrün, 3 blattwechselnd sind; dazu kommt noch eine immergrüne vom nicht tropischen Typus, indem Pinus Kasya in Oberava und Martaban nicht unterhalb 1000 m, Pinus Merkusii in Tenasserim schon von 500 m an aufwärts einfache Kiefernwälder bildet, die sich bis nach Sumatra fortsetzen. Die übrigen 4 Forma - tionen sind:
Die blattwechselnden Waldungen setzen sich in Birma fast nur aus Arten zusammen, welche ihr Laub infolge von Trocken - heit und Sommerhitze abwerfen; sie sind viel weniger mannig - faltig zusammengesetzt und entbehren fast ganz der Palmen; nur483Tropische Wälder. — Regionen des Himalaya.Caryota urens, Wallichia und einige Palmlianen vertreten hier diese Familie. Unterschieden werden gemischte Waldungen mit Tectona grandis, die zahlreichsten, welche wenigstens ⅔ der Fläche von Pegu-Arracan bedecken, trockene und offene Wal - dungen, letztere charakterisiert durch den Engbaum Dipterocarpus tuberculatus; viele Bäume blühen hier blattlos während der heissesten Jahreszeit. — Auch aus dieser Skizze geht wiederum hervor, dass die regenreicheren Gebiete, welche die Signatur immergrüner Wälder tragen, doch vielleicht zum grösseren Teile regengrüne mit periodischer Belaubung besitzen, welche dann allerdings auch aus denselben Familien wie erstere sich zusammensetzen. Der Einfluss des Untergrundes scheint in dieser Beziehung von hoher Bedeutung zu sein.
Der gewaltige Kranz des Himalaya vermittelt für Indien die reichere Vertretung des borealen Floren - elementes. Die inneren Teile des Gebirges gehören zu Innerasien (siehe oben S. 410); nur etwa ⅕ seiner ganzen Breite steht mit der indischen Flora im organischen Zu - sammenhange, und scheidet sich in Nepal nach Nord - west und Ost. Die Stufenfolge der Vegetatation im nord - westlichen Himalaya mag schematisch nach Brandis’ Auseinandersetzungen (etwa für Simla passend) hier ent - wickelt werden:
Für jeden Kenner der südeuropäisch-orientalen Flora ist es ersichtlich, wie sehr die Elemente dieser Länder in dem subtropischen und gemäßigten nordwestlichen Hima - laya vertreten sind. Das Beispiel von Rhus zeigt, dass aber auch bis hierher ostasiatische Arten dringen, ob - gleich deren Hauptbezirk in Assam und Bhotan liegt, und sie auch Nepal noch ebenso, wie die westlichen (orientalen) Arten durchsetzen. Ueberhaupt ist der Ueber - gang beider boreal-subtropischer Elemente ein sehr all - mählicher, und es ist dabei nicht zu vergessen, dass die mittlere und obere Waldregion des Himalaya erfüllt ist mit endemischen Arten (siehe die Eichen und Coniferen), deren Verwandtschaft allerdings offen daliegt.
Die scharfe Höhengrenzenbestimmung, welche wir im Himalaya noch finden, hat im Südosten ein rasches Ende. Schon in der Flora von Birma tritt der Umstand hervor, dass Arten Vorderindiens, Eichen, Gummiguttbäume etc. aus den dortigen grossen Höhen in tiefe Formationen herabsteigen, sich an der hinterindischen Westküste un - mittelbar über dem Meere finden (G. J., X, 189 — 190). 485Höhengrenzen auf Java und Sumatra.Auf dieselbe Erscheinung hat Junghuhn bei dem Ver - gleiche von Java und Sumatra aufmerksam gemacht, da die Eichen in Java hauptsächlich zwischen 900 — 1600 m auftreten, in Sumatra dagegen von 160 m bis über 1600 m hinaus. Auch die Casuarinen, die merkwürdigste hier eingeschobene und von Australien-Neuguinea herstam - mende Formation schachtelhalmartiger hoher Bäume, pflegen in Java höhere Regionen zu bewohnen, während sie in Sumatra als lichte Wälder am Küstensaum neben Guttiferenwaldungen wachsen.
Die Casuarinen, und zwar C. equisetifolia, haben pyramidale Kronen von blattlosen Rutenzweigen, die beweglich im Winde schweben. Ihre luftig und schlank emporstrebenden Wipfel sind mit den Lärchenbäumen zu vergleichen und ragen hoch über das gelblichgrüne Laubdach des anstossenden Mangrovewaldes hervor. In ihrem lichten Hain finden auch dunkelgrün belaubte Bäume, wie Calophyllum, Hibiscus tiliaceus (mit weiter pacifischer Verbrei - tung) u. a., Platz. Im östlichen Java hat Kuntze die Casuarinen - waldungen und mit diesen licht besetzte Savanen geschildert (Um die Erde, S. 384); dort treten sie von 1600 — 2580 m auf und K. bezeichnet „ die höhere Region Javas als die letzte Station, wo Casuarinen sich häufiger erhalten konnten “. Ost - und Westjava besitzen nach ihm und Forbes eine sehr verschiedene Flora, welche sich etwa im Wilisgebirge begegnen: „ Der trockene Ostmonsun scheint die Flora Ostjavas mit seinen vielen Abkömmlingen Au - straliens immer mehr nach Westen vorzurücken; die Flora West - javas weicht langsam zurück. Im Dieng fand ich ¾ westjavanische Pflanzenarten, ¼ Ostjavaner; im Wilis sind dieselben ostjava - nischen Pflanzen, die im Dieng selten waren, bereits häufig. In botanischer Hinsicht scheinen die Grenzen von Asien und Australien über die Lombockstrasse gegangen und bis hierher vorgeschoben zu sein. “ Uebrigens geht die Casuarina noch viel weiter nach Osten, diese Art z. B. an den Sandküsten von Arracan und Tenasserim.
Auf Sumatra folgt auf die untersten 200 m Höhe (Ficus und Myrtaceen) bis circa 1850 m die Eichenregion mit Dipterocarpaceen, unter denen der Borneo-Kampferbaum ausgezeichnet ist; „ auf gigantischem weissberindeten Stamm trägt er seine weit ausge - breitete Krone mit zierlichem, aber breitem, geripptem Laub “(Junghuhn). Von 1850 — 2700 m ist als oberster Waldgürtel ein Mischwald von Ternstroemiaceen, Podocarpus und Vacciniaceen; Eurya und Gordonia herrschen mit Myricagebüschen vor. — Tectona grandis ist auf Sumatra noch häufig, fehlt aber schon im westlichen Java, ebenso Dryobalanops (Forbes). Die inneren Savanen erstrecken sich von unter 1000 m bis 1800 m, sind oft Folge der Waldverwüstung, in ausgedehnten Bezirken aber ur - sprünglich. Neben dem Alanggrase (Imperata Koenigii = var. cy -48615. Pacifische Inseln. — Litteratur.lindrica!) finden sich höhere, 2 — 3 m aufschiessende Gräser, zumal Saccharum spontaneum mit Farnen (Pteris); selbst Erdbeeren siedeln sich gelegentlich ein.
Auswahl der Litteratur. a) Systematische Floren - übersichten: Drake del Castillo, Illustrationes Florae insularum Maris pacifici, Paris (im Erscheinen). Beccari, Malesia: Raccolta di Osservazioni botaniche intorno alle piante dell’Arcipelago Indo - Malese e Papuano. 3 Bde., 1877 — 1888 (in Fortsetzung). Scheffer, Nouvelle Guinée in Annales du jardin bot. Buitenzorg. Bd. I, 1876 (Florenliste). Schumann, Flora d. deutsch. ostas. Schutz - gebietes, in Bot. Jahrb. Syst. IX. 189; Schumann & Hollrung, Fl. v. Kaiser Wilhelms-Land, 1889. Ferdinand v. Müller, Descriptive notes on Papuan Plants, 1875 u. folgnd. ; Mac Gregor-Highlandplants from New Guinea, 1889 (siehe Geogr. Mittlgn. 1890, Littb. Nr. 652). Engler, Phanerogamen d. Gazellenexpedition, in Bot. Jahrb. Syst. VII, 444. Brongniart & Gris, Deser. d. pl. de la Nouvelle donie, Calé-Paris 1866 — 1872. Sebert & Pancher, Les bois de la Nouv. - Caléd., Paris 1876. Seemann, Flora vitiensis, London 1865 — 1873. — Hillebrand, Flora of the Hawaiian Islands, London 1888 (G. J., XIII, 343).
b) Pflanzengeographie: Wallace, The Malay Archipelago, 1869. Forbes, Wanderings (siehe oben; Timor!). Studer, Besuch auf Timor, in Deutsch. geogr. Bl. 1878, S. 230. Teysmann, Voyage à la Nouv. -Guinée, in Ann. jardin bot. Buitenzorg I, 61. Albertis, Fly River (siehe Geogr. Mittlgn. 1878, S. 423). Hollrung, deutsch. Schutzgebiet Südsee, in Globus Bd. 54, Nr. 20. Naumann, Vegeta - tionscharakter d. Ins. Neu-Britann. und Bougainville, in Botan. Jahrb. Syst. VI, 422. Kittlitz, Vegetationsansichten, 1850 (Caro - linen, Marianen). Balansa, Nouv. -Calédonie in Bull. Soc. de géogr. 1873, S. 113, Bull. Soc. botan. France XIX, 303 (Griseb. Abh., p. 485, 553). Fitzgerald, Lord Howes Island, in Zeitschr. Ges. Erdk. Berlin XII, 153 und Grisebach, Abh. 401. Horne, Fidji - Inseln, siehe Geogr. Mittlgn. 1882 und G. J., IX, 195. Betche, Samoa-Ins., siehe G. J., IX, 196; Marshall-Ins., siehe G. J., X. 193.
Unter dem Namen „ Pacifische Inseln “fasst Drake del Castillo die zwischen 130° w. L. und 130° ö. L. ge - legenen Inseln, also von den Molukken bis zu den Mar - quesas, der Breite nach von den Sandwichinseln im Norden bis nach Neuseeland im Süden zusammen in eine pflan - zengeographische Gruppe, welche hier westwärts bis zur Makassarstrasse erweitert angenommen und mit Neusee - land in Auschluss gebracht wird. Ein fast 40 Breiten -487Bereich. Florenelemente.grade erreichender Gürtel, grösstenteils Wasser, bringt seinen zerstreuten äquatorialen Inselgruppen und dem Hauptlande: Neuguinea, echt tropisches Klima, wenn - gleich dasselbe ozeanisch temperiert auftritt; der Rest gehört zum subtropischen Gürtel, in ihm liegt schon Neu - kaledonien und er reicht bis zur Lord Howe-Insel süd - wärts hinab. Nun folgt Neuseeland, in seiner Erstreckung durch 12 Breitengrade beinahe den japanischen Inseln (ohne Sachalin) insofern zu vergleichen, als sich auch hier in starker Aneinanderdrängung solche Klimagürtel finden, welche in den Grenzscheiden maßgebender For - mationen sich ausdrücken. Das nördliche Neuseeland ragt in den konstant gemäßigten Wärmegürtel hinein, ist da - her befähigt, tropische Formen in Beschränkung zu er - halten (darunter eine Palme), bildet einen Bestandteil der zweiten Abteilung der V. Vegetationszone, und diese Sippen gehören zu dem Hauptelement der pacifischen Inseln. Die Südspitze aber, zur vierten Abteilung der - selben Zone gehörend, berührt schon den kalten Gürtel. Vergleichbar dem südlichsten Sachalin und unterstützt durch die wundervolle Gebirgsgestaltung der Inselgruppe hat hier das antarktische Florenelement die weiteste Ent - wickelung im Bereich der östlichen Halbkugel gefunden, indem seine Gebirge Anteil an der sechsten Vegetations - zone nehmen. Es ist daher notwendig, Neuseeland sowohl als auch unter Kap. 21 zu berühren.
In der Flora dieser weit zerstreuten Archipele machen sich drei Hauptzüge bemerkbar: 1. Das wichtigste Floren - element ist das in den Familien des tropischen Asiens überhaupt sich ausdrückende, und es sind auf den den Sunda-Inseln benachbarten Gruppen indisch-malayische Arten in grosser Anzahl. 2. Diese Verwandtschaft ist aber nicht so gross, dass sie nicht noch durch den Eindruck der Selbständigkeit übertroffen würde, sobald eine grössere, natürliche Floreneinheit tropischen Charakters durch Hinzuziehung des nördlichen und östlich-tropischen Australiens geschaffen wird; in diese Flora ist auch das eigentlich australische Florenelement (nicht tropischer Familien) zumal auf den Bergländern eingedrungen und48815. Pacifische Inseln.hat sich weit zerstreut. 3. Die Zerteilung nach weit ent - legenen Inseln bringt es mit sich, dass endemische Charaktere besonders im Art -, aber auch im Gattungs - bestande hoch entwickelt sind, selten allerdings von jener zuerst bei St. Helena bemerkten Unbestimmtheit (Hawai - Inseln), meistens mit deutlich und einseitig ausgeprägter Verwandtschaft. Dass der Artbestand an 50 — 80 % der Blütenpflanzen endemisch besitzt, ist für die hauptsäch - lichen Insel-Gruppen daher erklärlich, die niedrigen Ko - ralleninseln dagegen besitzen nur die indisch-ozeanischen Pflanzen von weiter Verbreitung. Der Artreichtum ist meistensgross, zumal in Neukaledonien mit circa 1500 Blüten - pflanzen.
An wichtigen tropischen Kulturpflanzen, von denen ein grosser Teil der vorhin unter Indien (S. 481) be - sprochenen noch ebenfalls ein kräftiges Gedeihen inner - halb der 20 um den Aequator liegenden Breitenkreise findet, herrscht hier ein neuer Reichtum, der sich aller - dings mit dem 10° S. sogleich stark abschwächt und beim Uebergange in die fünfte Vegetationszone in dem Nordteil Neuseelands, den herrschenden Formationen sub - tropisch-immergrüner Wälder entsprechend, durchaus nichts Erhebliches mehr an Produkten aufzuweisen hat. — Die an die Sunda-Inseln ostwärts zunächst angrenzen - den Inseln sind berühmt durch ihren Gewürzreichtum: Caryophyllus aromaticus, Myristica, Piper Betle und offi - cinarum neben der noch unentbehrlichen Areca-Nuss etc. Von stärkeführenden Knollen sind einige Arten von Dios - corea neben den westlich-indischen (D. sativa) einheimisch; es sind dies die ostindischen Yamswurzeln, deren Ur - sprung und Verbreitung durch die lange Kultur undeut - lich geworden ist; am meisten verbreitet scheint auf Neu - guinea und den Nachbarinseln D. alata; Berühmtheit besitzt auch die Colocasia antiquorum. Andere Mehl - nahrung liefern die Sagopalmen (Metroxylon), deren Hei - mat hier liegt, und die Brotfruchtbäume, von denen Artocarpus incisa von Sumatra bis nach den Marquesas hin von den ersten europäischen Entdeckern in der Be - nutzung der Eingeborenen getroffen wurde, während A. 489Kulturpflanzen. Florenreichscharakter.integrifolia (anscheinend von geringerer Bedeutung als Nutzpflanze) in der indischen Ländergruppe zu Hause ist („ am Fusse der westlichen Gebirge der indischen Halb - insel “, A. de Candolle). Für Nahrung und Handel ist die Cocos nucifera von hervorragender Bedeutung; sie mag es gewesen sein, solange der Mensch auf den kleinen Archipelen sein Wesen trieb, aber nach allen pflanzengeographischen Regeln ist dennoch das tropische Amerika als ihre ursprüngliche erste Heimat anzusehen, was man auch dagegen einwenden mag.
Die Zweckmässigkeit, auf Neuguinea ein eigenes Floren - reich vom indischen Reiche getrennt zu begründen, scheint zuerst von Dyer bei einer monographischen Studie der Dipterocarpaceen hervorgehoben zu sein i. J. 1878 (G. J., VIII, 210), nachdem Wal - laces hervorragende Arbeiten den Grund dazu gelegt. Bei dem in jüngster Zeit bedeutend geförderten Wissen über diese Flora haben sich allerdings immer neben den eigenartigen, nicht indischen Elementen auch neue Verknüpfungen mit dem Westen gezeigt, wie besonders durch Müllers Bearbeitung der von Mac Gregor ge - sammelten Owen-Stanley-Gebirgspflanzen: hier sind indische, ma - layische Rhododendren, überhaupt unter den endemischen Arten 17 vom Typus des Himalaya, aber daneben auch antarktische Arten und australische Familien (Astelia alpina, Styphelia montana, Uncinia 2 sp., Epilobium pedunculare und Galium australe etc.) in grossem Prozentsatz; auch hier also trifft sich unter dem Aequator auf Hochgebirgen das boreale mit dem australen Ele - ment. Diese Wanderungen haben die alte Getrenntheit, welche sich geologisch nach Wallace, Geograph. Distribution of Animals I, 464 — 466 herleiten lässt, teilweise durchbrochen und unter Mit - wirkung der malayischen Inseln beschränkt, wofür vom geologischen Standpunkte auch Studer (Deutsche Geogr., Bl. V., 163) Belege für Timor bringt.
Von Charaktersippen lassen sich wenige nennen, welche die ganzen pacifischen Inseln auszeichneten; ihre Vegetations - linien zerteilen sie im Gegenteil in die Neuguinea -, Neukaledonien - und Viti -, polynesische, hawaische und nördlich-neuseeländische Gruppe, die teilweise in mehrere nach orographischer Gliederung wohlgeordnete Vegetationsregionen zerfallen. Die trockenfrüch - tigen Myrtaceen, vornehmlich Melaleuca Leucadendron u. a., zeichnen die mit Australien benachbarte nördliche Hauptgruppe aus, wo auch Casuarinen mit Proteaceen wachsen; die Epacridee Draco - phyllum ist zwischen Australien und Neukaledonien gemeinsam. Wichtig sind die Coniferen: Araucaria geht vom nordwestlichen Neuguinea bis zur Norfolkinsel und schliesst Nordostaustralien ein, die Neuen Hebriden und alles östlich Gelegene aus. Agathis (= Dammara) tritt aus dem malayischen Archipel bis zu den Viti -49015. Pacifische Inseln.inseln und dem nördlichen Neuseeland und zwar A. vitiensis auf den Fidji, Molukken-Philippinen, A. Dammara von Java bis Neu - guinea, A. australis in Neuseeland und Ostaustralien.
Die Areca-ersetzende Gattung Kentia ist charakteristisch von der Westgrenze bis Neuseeland (Kentia sapida), schliesst aber Poly - nesien und die hawaischen Inseln aus; letztere haben die Fächer - palme Pritchardia mit den Viti-Inseln in getrennten Artgruppen gemeinsam. Die Gattung Calamus verliert sich schnell, die Sago - palmen sind bis zu den Freundschaftsinseln von charakteristischer Bedeutung, aber nicht südlich 20° S. Pandanus und Freycinetia sind weit und artenreich verbreitet, auf den Inseln nördlich vom Aequator ist P. odoratissimus die herrschende Art. Hibiscus tiliaceus, Ficus-Arten und die stolze Barringtonia speciosa u. a. sind in den Küstenwaldungen weit verbreitet; zahlreich und häufig von gigan - tischem Wuchs sind hier in Zone IV die Araceen, zahlreich die kleinen und baumartigen Farne bis nach Neuseeland hinab.
Die Hauptformationen bestehen aus Mangroven, Littoral - waldungen von echt tropischem Charakter (mit Barringtonia, Cocos nucifera, Hibiscus), dann die Tropenwaldungen der Flussthäler und unteren Berggehänge, über denen ein einförmiger zusammen - gesetzter oberer Bergwald folgt; in letzterem bemerkt man den Reiseberichten zufolge oft weit zusammenhängende Bestände einer einzigen Art, doch sind die Species meistens nicht genannt. So auch in Neuguinea, wo ausserdem in Höhen zwischen 400 — 500 m weite Savanen mit Eucalypten nach australischem Typus auftreten; die Palmen und Freycinetien steigen einzeln in das Bergland bis 1000 m hinauf. Ausserdem sind noch dichte immergrüne Gebüsche, welche mit dem australischen „ Scrub “verglichen werden, häufig in grosser Ausdehnung, zumal auf Berggipfeln, so z. B. auf Neu - kaledonien von 1200 — 1600 m von Myrtaceen und Dracophyllum gebildet. Die Grasgelände zeigen sich aus Arten von meistens sehr weiter Verbreitung zusammengesetzt.
Auf den hawaischen Inseln reicht bis 300 m eine offene Graslandschaft mit einzelstehenden Tropenbäumen; von 300 — 600 m folgt die untere tropische Waldformation mit der Euphorbiacee Aleurites moluccana, Ingwer etc. Daran schliessen sich mittlere Tropenwaldformationen bis 1600 m mit Araliaceenbäumen; von weiter Verbreitung ist Acacia Koa (Griseb. V. d. E., II. 500). Als oberste Formationen bezeichnet Hillebrand bis 2800 m Zwerg - bäume (Sophora) mit strauchigen Compositen, Vaccinien, Epacrideen (Cyathodes). Endemische Eigentümlichkeiten siehe oben S. 133, 134 und 136.
Es endet in dem oben besprochenen Anschluss zweier innig verschmolzener Florenelemente dieses Inselgebiet mit den tropischen und subtropisch-australen Bestand - teilen von Neuseeland (vergl. unten Kapitel 21).
Litt.: Hooker, Flora of New Zealand (mit col. Taf.) 1852;491Formationen. Hawai-I. — Neuseeland.Handbook of the New Zealand Flora, London 1867. Engler, In Ver - such Entwickel. Floren II, 55. — Kirk, Forestflora of New Zealand, 1889 (siehe Geogr. Mittlgn. 1890, Littb. Nr. 613). Hutton, Origin of the Fauna and Flora of New Zealand in Magaz. of Nat. Hist. XIII — XV, 1884 — 1885. Thomson, Flow. plants of New Zealand in Transact. Proceed. bot. Soc. Edinburgh XIV, 91 (G. J., X, 194). Cheeseman, Die naturalisierten Pflanzen d. Prov. -Distr. Auckland, in Botan. Jahrb. Syst. VI, 91. Müller, Vegetation of the Chatham - Islands. Melbourne 1864. — Grisebach, Abhandl. S. 402, 437.
Der endemische Charakter Neuseelands ist haupt - sächlich in den Sippen vom Artrange bei den Blüten - pflanzen kräftig entwickelt (61½ % von gegen 950 Arten, zu denen noch 130 Farnpflanzen kommen); nur etwa zwei Dutzend Gattungen sind unter einer Gesamtzahl von über 300 (!) endemisch, und von allen diesen ist die Verwandtschaft klar und bestimmt, nämlich tropisch - asiatisch oder australisch (letzteres selten), oder aber antarktisch. Bezüglich der Arten ist der Zusammenhang zwischen Neuseeland und Australien sehr gering, da nur hauptsächlich solche Sippen übereinstimmen, welche als „ antarktisch “(d. h. in diesen Breiten austral-montan) im Berglande der Inselgruppe einerseits und auf Austra - liens Alpen oder noch häufiger in Tasmanien anderer - seits gemeinsam vorkommen; viele Repräsentativformen vervollständigen diese Gruppe. Die ganze Waldvegetation Neuseelands aber unterscheidet sich von der australischen in vorherrschenden Vegetationsformen, Gattungen und selbst Familien; von den eigentlichen Waldbaum-Arten ist kein einziger, unter höheren Sträuchern sind einige wenige Neuseeland und Australien gemeinsam, und die Gemeinsamkeiten beschränken sich in Australien auf die Ostküste. Dieser eigenartige Waldcharakter ist schon oben (S. 264) bei Besprechung der immergrünen For - mationen erwähnt.
Ein wundervolles Gemisch waldbildender Bestände entrollt uns diese Flora: zum erstenmal hier sind die Coniferen in lauter australen Sippen da: Libocedrus Doniana und Bidwilli, Phyllocladus trichomanoides, Podocarpus spicata et Hallii, Dacrydium cupres - sinum, ausserdem die vorhin genannte Agathis (Dammara) au - stralis u. a. Ihnen gesellen sich weite Buchenbestände zu, Fagus Solandri ist die häufigste, andere Arten bergbewohnend. Dazu finden sich Drachenbäume: Cordyline australis; Proteaceen: Knightia49216. Australien.excelsa, Magnoliaceen: Drimys axillaris; Leiospermum (Weinmannia) racemosum bildet grosse Wälder, dazu Myrtus und Metrosideros, merkwürdige hohe Araliaceen; Baumfarne: Cyathea dealbata am Rande der Gletscher. Die Blumen der Stauden und Halbsträucher zeigen im allgemeinen grünliche Farbe und sind nicht auffällig; doch sind die daran geknüpften Schlussfolgerungen biologischer Art jedenfalls übertrieben (siehe Abschn. 5, S. 228).
Auswahl der Litteratur. a) Systematische Florenüber - sichten: Müller, F. v.: Systematic census of Australian plants with chronologic, literary and geographic annotations; Pt. I. Vasculares 1. Ausgabe Melbourne 1882, 2. Ausg. 1889 (Namen und Signaturen in Registerform); Fragmenta Phytographiae Australiae, 1888 u. folgd. ; Eucalyptographia, 1879, und viele andere monographische Arbeiten. Hooker, Flora Tasmaniae, 2 Bde., London 1860. Ben - tham & Müller, Flora Australiensis, 7 Bde., London 1863 — 78. Brown, The Forestflora of South-Australia 1883 u. folgd. Tate, Census of indigenous flora of extratropical South-Australia, in Transact. R. Soc. South-Austr. Adelaide III.
b) Pflanzengeographie und spezielle Florenlisten, Expeditions - berichte: Hooker, On the Flora of Australia, being an introduct. essay to the Flora of Tasmania, 1859. Müller, F. v., Notes on the vegetation of Australia, Melbourne 1866 (Griseb. Abh., S. 358); A lecture on the Flora of Australia, 1882, übersetzt in Geogr. Mittlgn. 1883, S. 249. Engler, in Versuch Entwickelungsg. d. Florengeb. II, Kap. 2. Tenison-Woods, Botan. notes on Queensland, in Pro - ceed. Linn. Soc. New-South-Wales VII, 565 (1883). A. Forrest’s Expedition durch Nordwestaustralien 1879, in Geogr. Mittlgn. 1881, S. 121; der Kimberley-Distrikt, in Geogr. Mittlgn. 1884, S. 46. Müller, F. v., Plants of northwestern Australia, Perth 1881; Plants indigenous around Sharks-Bay, Perth 1883 (G. J., IX, 200 und XI, 140). Giles, Expedition durch Inneraustralien, in Geogr. Mittlgn. 1877, S. 205. Müller, List of plants on Giles’s travels in Australia, Journ. of Bot. XV, 269 (1877). Behm, Westaustral. Wüste, in Geogr. Mittlgn. 1876, S. 33. Jung, Die geogr. Grund - züge von Südaustralien, in Geogr. Mittlgn. 1877, S. 267, 1878, S. 416. Schomburgk, Flora of South-Australia (Handbook of S. A., Adelaide 1875). Müller, Austral. Alps in Hookers Journ. of Bot. VIII, 243 (1856). Tenison-Woods, Physical description of Tasmania, in Transact. u. Proc. R. Soc. Victoria XIX, 144 (siehe G. J., XI, 141); On the forests of Tasmania, Nature XXI, 573 (G. J., IX, 202). Maiden, Useful native plants of Australia, 1889 (siehe Ref. Geogr. Mittlgn. 1890, Litt. Nr. 571).
Australien stellt keine floristische Einheit dar, eben -493Die drei australischen Florenelemente.sowenig wie Europa. Dies zu betonen ist auch heute noch von Wichtigkeit, da in der zweiten Ausgabe von Grisebachs „ Vegetation der Erde “die Karte unverändert erschienen ist, die ihr Verfasser unzweifelhaft modifiziert haben würde (vergl. meine Fl. d. E., S. 61). Denn wenn auch gewisse australische Gattungen durch den ganzen Kontinent gehen, so ist das doch nicht anders, als in Europa, wo verschiedene Pinus-Arten vom Nordkap bis Spanien reichen, und wo die Calluna vulgaris ein weites Areal sich errungen hat. Auch in Australien sind drei verschiedene Hauptflorenelemente zu sondern, welche sich der Fläche und Artenzahl nach ungleich in das Land teilen: das tropisch-asiatische, deutlicher gesagt in die - sem Falle: das malayisch-melanesische Florenelement herrscht an der Nordküste unbestritten westwärts bis zum Kingsund und Dampierland (18° S.), an der Ost - küste den Wendekreis überschreitend und sich allmählich verlierend.
Das antarktische Florenelement ist als Beigemisch sehr starker Art, wenngleich in endemischer Ausprägung, im Berglande Tasmaniens und in den australischen Alpen in Viktoria, Neusüdwales, ja sogar in Mooren am St. Vin - cent-Golf (S. A.) entwickelt (siehe G. J., XI, 141). Den übrigbleibenden Hauptteil des Landes deckt das austra - lische Florenelement selbständig, eine reiche Subtropen - flora mit familiären Beziehungen zu Südafrika und dem subtropischen Südamerika. Dieser Anordnung in Austra - lien entsprechen ziemlich genau die Klimagürtel in Köp - pens Darstellung, sofern man zwei subtropische Gürtel für die eine Hauptflora vereinigt. Denn der Norden und Nordosten bis über den Wendekreis an der Küste hinaus ge - hört zur vierten Vegetationszone, der Rest des Landes bildet vier verschiedene Abteilungen der V. Vegetationszone (s. S. 92), und zwar das Innere des Landes die erste, die bergige Ostküste die zweite, die Südwest - und Süd - ecke die dritte, und Tasmanien mit dem bergigen Süd - osten die vierte Abteilung dieser Zone.
Zum Verständnis des Ueberganges, welchen zumal an der gebirgigen Ostküste die Tropenflora durch die spezifisch-austra -49416. Australien.lische hindurch bis zur Berührung mit antarktischen Sippen nimmt, sind die in jüngerer Zeit aus Neusüdwales bekannt gewordenen genaueren Temperaturbeobachtungen sehr geeignet, über welche der Litteraturbericht der Geographischen Mitteilungen 1885, S. 156 referiert. In der Küstenzone finden sich danach zwischen 30° und 37° S. als mittlere niederste Extreme immer noch 3°C., im Gebirge unter gleichen Breiten dagegen mittlere Kältegrade von — 3° bis — 17,5°C., welche am inneren Gebirgsrande und im Binnenlande sogleich sich auf — 0,1 bis — 5° mäßigen, um aber dafür mittlere Hitzeextreme bis zu 46°C. (im Vergleich mit 34°C. an der Küste) einzutauschen. Dieselben sind unstreitig am bedeutendsten in den inneren Wüstenflächen, deren Areal durch die 60 cm Niederschlags - grenze umschrieben ist.
Die Statistik der Flora, ihr Charakter hinsichtlich vorherrschender Familien und Gattungen, ist von dem unermüdlichen und um die Flora des australischen Welt - teils mehr als irgend ein anderer Zeitgenosse verdienten Baron v. Müller so grundlegend, zugleich in den Geo - graphischen Mitteilungen von 1883 so klar und allgemein anschaulich besprochen, dass jeder Auszug daraus unnötig erscheint. Nur sei die Statistik auf Grund seines neue - sten „ Census “nachgetragen: 1409 Gattungen und 8839 Arten von Gefässpflanzen bewohnen Australien, und davon kommen nur 1338 (15,1 %) zugleich ausser Landes vor, alle anderen und eine Ueberzahl von Charaktergattungen sind endemisch. Von der eigenartigen (australen) Gesamtflora des Kontinents hat Westaustralien mit 3560 (40,3 %) den Löwenanteil, in um so interessanterer Form, als die mit circa 82 % endemischen Arten sich fast ganz auf das äussere Dreieck beschränken, welches durch eine Diagonallinie vom Westende der grossen australischen Bucht (Russel Ra.) nach der Sharks-Bai hin abgeschnit - ten wird. Queensland und Neusüdwales, einander in der Flora sehr entsprechend, haben dann einen ganz anderen Reichtum an Arten mit 3753 und bez. 3251, darunter viele tropische Gattungen in eigenen Arten. Nordaustra - lien besitzt nur 1956, Südaustralien 1892, Viktoria 1894 und Tasmanien 1029 Arten.
Dieser Wechsel der Arten beherrscht naturgemäß auch die Vegetationsformationen und bestimmt in ihnen neben dem Klima die Abgrenzung der unten auf -495Statistik. Formationen. Leitpflanzen.geführten Regionen. Die Formationen bestehen in tropi - schen Waldungen und Savanen, in sehr reichen feucht - immergrünen, tropisch und subtropisch gemischten Wäl - dern, in echt australen, gegen Sommerdürre durch ihre Organisation geschützten immergrünen Wäldern und Ge - büschen, in kühl-temperierten immergrünen Bergwäldern mit Coniferen und Buchen, und in Grassteppen, Kräuter - und Dornbuschsteppen nebst ausgesprochenen Wüsten - formationen.
Die tropische Nordküste zeigt Palmenhaine, Bestände von Tea-trees (Leptospermum) mit Pandanus, Bauhinia und Meliaceen, dazu weite Savanen. An der tropischen Ostküste von Queensland sind noch in grossen Massen dichte Waldungen vom Charakter der indischen Dschungels (Brushes der Einwohner), welche Tenison - Woods schildert (Proceedings of the Linnean Soc. of New-South-Wales, Bd. VII. S. 568). Sie bestehen aus hochstämmigen, in vielen Arten untereinander gemischten Bäumen mit Unterholz von Far - nen, und dazu klettert Calamus australis als im Typus indische Palmliane mit langen, stacheligen Geisseln hoch an den Bäumen empor und nimmt ihnen an diesen Stellen vollständig die Zugäng - lichkeit; dazu kommt noch der durch seine Stichwunden für Pferde gefährliche Stinging-tree: Laportea moroides, eine in Australien auf die tropische Küste beschränkte Urticacee, welche wie fast alle anderen hier in reichem Gemisch vertretenen Gattungen zu den Merkmalen des indischen Archipels und südöstlichen Chinas gehört, während die Charaktergattungen Australiens: Eucalyptus, Acacia und Banksia hier nur einen sehr geringen Anteil an der Zusammensetzung der Vegetation nehmen. Es herrscht daher hier auch nicht die in den Scrubs des Innern regelmäßige und durch das Obwalten einzelner Arten bedingte Eintönigkeit; stellen - weise ist allerdings der genannte Calamus zusammen mit zwei Kletterern aus der Ordnung der Araceen: Pothos longipes und Rhipidophora pertusa, so sehr häufig, dass er in seinem Gebiete einen gleichmäßig physiognomischen Zug in dem aus hohen Bäumen gemischten Urwald zu bewirken vermag.
In das Gebiet der nordöstlichen, um den Wende - kreis herum in reichster Vegetationsfülle prangenden Küste fällt die reichste Entwickelung der Palmen in Australien mit Gattungen, welche, wie solche der Kentia-Gruppe und Livistona im benachbarten indisch-melanesischen Monsun - gebiete eine weitere Verbreitung besitzen. Hier ist auch der Bereich der Araucarien, von denen eine, die herr - liche „ Bunya-Bunya “A. Bidwilli, grosse Nüsse reift,49616. Australien.um derentwillen sie in dem Besitze eingeborener Familien forterbt. Als einer der schönsten dikotylen Waldbäume gilt die Sterculiacee: Brachychiton acerifolium, endemisch in Queensland und Neusüdwales, wo ausserdem 33 andere Arten dieser Tropenfamilie vorkommen. Hier berühren sich in dem Zwischenraum zwischen südlichem Wende - kreis und 30° S. an der Innenseite des Küstengebirges die Südgrenze der tropischen Sommerregen und die Nord - grenze der subtropischen Winterregen vom März bis November (Geogr. Mittlgn. 1868, Taf. 21). — Im nord - westlichen Küstengebiete begegnen sich hauptsächlich an der Nickolbai (21° S.) und am Fortescue-R. die tropi - schen und südwestlichen Charakterformen, so dass ein vom Kingsund bis über die Sharksbai hinausreichendes und nach innen bis an die Wüstenformationen reichen - des Uebergangsgebiet entsteht, in welchem Livistona Mariae, merkwürdigerweise auch noch einmal im Glen of Palms am Nordhange der Macdonnell-Ra. unter dem Wendekreise im Innern wiederkehrend, die letzte Palme bildet. Im Innern des Landes sind nun aber die Busch - formationen weitaus am meisten für Australien cha - rakteristisch, und sie lassen mit Gras und Salzbusch nur verhältnismäßig kleine Flächen für Wüstenbildun - gen im strengen Sinne frei.
Das Innere Australiens, wenngleich unter gewissen Bedingungen auf weite Strecken hin wirklich vegetations - los oder mit sehr dürftiger Vegetation bedeckt, darf doch nicht in zu grosser Ausdehnung so betrachtet werden und ist nirgends absolut regenlos. Auch Jung hebt die Seltenheit regenloser Wüsten ausdrücklich hervor und nennt die charakteristischen Gewächse der Einöden (G. J., VIII, 216). Weit ausgedehnt sind an den besseren Stel - len die Bestände geselliger Holzpflanzen hauptsächlich in immergrüner Strauchform: der Scrub; es gibt sehr verschiedene Klassen vom australischen Scrub, wobei man zu bedenken hat, dass bei der weiten Ausdehnung des Inneren aus rein tropischen Gegenden bis zur trocke - nen Süd - und zur waldgebirgigen Südostküste eine grössere Zahl verschiedener, wenn auch ähnlicher oder nahe ver -497Die Scrub-Formationen.wandter Arten die hier oder dort vorherrschenden Holz - gewächse sein müssen.
Tenison-Woods hat in einer klaren Auseinandersetzung dieser an sich vorauszusetzenden und aus den Schilderungen der Reisen - den hervorgehenden Mannigfaltigkeit des Scrub den wissenschaft - lichen Untergrund verliehen (Proceedings New-South-Wales, Bd. VII, S. 565) und besonders den Scrub von Queensland an der Westseite des Küstengebirges geschildert. Derselbe besteht aus Acacia har - pophylla und wird mit dem einheimischen Namen Brigalow be - zeichnet; alle anderen Pflanzen, holzige wie Kräuter, schliessen sich dieser Acacie an, und wenn dieselbe auch so sehr vorherrscht, dass sie stellenweise kein anderes grösseres Gewächs neben sich duldet, so finden sich doch an den lichteren Stellen oder Rändern des Scrubs zahlreiche andere Pflanzen zusammen, nach einer von Tenison-Woods zusammengestellten Liste noch etwa 240 Arten.
Die Brigalow-Acacie, erst von F. v. Müller als eigene Art beschrieben, führt ihren botanischen Namen von den sichelförmigen Blättern mit bläulichgrauer Farbe; daher schimmert der ganze Scrub in einem silbergrauen Schimmer. Auf armem Boden treibt diese Acacia verworrene dichte Zweige und ist höher, während sie auf fruchtbarem Boden vom Grunde aus reich beblätterte Schösslinge bildet. — Noch zwei andere Acacia-Arten von ganz verschiedenem Habitus gesellen sich zu der ersteren, aber weit sel - tener und nie allein Scrub bildend: A. excelsa (früher für den Hauptbestandteil des Brigalow gehalten) und A. salicina mit lang herabhängenden Zweigen gleich einer Trauerweide. Von anderen Bäumen mischen sich nur noch etwa vier oder fünf Arten in den Brigalow ein; der wichtigste derselben ist das Sandal-Wood oder Dog - Wood, Eremophila Mitchelli, eine Myoporacee, weit durch das Innere verbreitet und vielleicht als einer der besten Charakter - bäume dafür zu nennen, weil dieser Baum nicht auf einen kleineren Distrikt wie viele andere beschränkt ist; 60 Arten von Eremophila, alle endemisch, gehören Australien an. Die anderen Beimischungen sind die Rhamnee Alphitonia excelsa, zwei Sterculia-Arten mit essbaren jungen Schösslingen und Nüssen (St. rupestris und tri - chosiphon), eine Sapindacee: Atalaya hemiglauca, und der eben - falls weit durch das Innere Australiens verbreitete kleine Boragi - neen-Baum Ehretia saligna. —
Ein dichtes Untergebüsch findet sich häufig neben den Stämmen dieser Scrubbäume und besteht hier am häufigsten aus einer Apocynee mit der Schlehe ähnlichen, gut geniessbaren Früchten: Carissa ovata; den schönsten, oft durch die Masse und den Glanz der Scharlachfarbe in Erstaunen setzenden Blumenschmuck dieses Scrubs bildet die Thymelee Pimelea haematostachya, dazu das afrikanische Marigold Tagetes glandulosus. Gräser fehlen in diesem Scrub und werden hauptsächlich durch gesellige Stauden wie Sida cordifolia, Polymeria calycina, Evolvulus alsinoides, Vittadinia sca - bra und australis ersetzt, welche gelbe, weisse, rosa und blaue BlumenDrude, Pflanzengeographie. 3249816. Australien.besitzen. Der Salzstrauch Rhagodia spinescens, und die 2 Fuss hohe Atriplex nummularia vermag sich dagegen in das Brigalow - Dickicht stellenweise einzumischen. Wo auf fruchtbarem Boden ein reicher Graswuchs möglich ist, da tritt dieser mit dem Briga - low in Konkurrenz, sowie in den deutschen Gebirgen Bergwiesen und Nadelwald; sie mischen sich nicht, sondern schliessen einander wechselseitig aus, und es sind mehrfach Beobachtungen darüber gesammelt, aus denen die traurige Thatsache hervorgeht, dass durch die die Gräser abweidenden Herden der Brigalow, dessen Schösslinge nicht abgefressen werden können und keine animali - schen Feinde haben, an Ausdehnung mächtig gewinnt und dadurch den Reichtum an Vieh stark zu beeinträchtigen droht.
Die an guten Stellen am häufigsten wachsenden Futtergräser sind Andropogon sericeus, Anthistiria australis, Perotis rara, Spo - robolus Lindleyi, Leptochloa subdigitata, Stipa micrantha; Aristida calycina, ramosa, vagans, arenaria; gelegentlich das Porcupine - Gras: Triodia Mitchelli (Tenison-Woods, a. a. O.).
Die viel berüchtigten Spinifex-Arten sind S. hirsutus in ganz Australien und Tasmanien mit Ausschluss der tropischen Nordküste verbreitet; S. longifolius fehlt von Südaustralien bis Neusüdwales S. paradoxus fehlt in West - und Nordaustralien.
Weit verschieden von dem Brigalow-Scrub ist der Mallee-Scrub Südaustraliens, welcher viele tausend Quadratmeilen des flachen Landes zwischen dem Südufer des Murray und der Küste bedeckt. Er besteht fast ganz und gar aus dichtstrauchigen Eucalyptus - Arten, drei oder vier untereinander gemischt und sich wechsel - seitig vertretend, nämlich E. oleosa und dumosa als die häufigsten mit gelegentlich eingestreuten Bäumen von E. gracilis.
Die beiden hauptsächlichsten Arten sind keine Bäume; aus der Wurzel schiessen in dichten Haufen schlanke Triebe von kaum 1 Zoll im Durchmesser hervor, die auf 2 — 4 m Höhe in einen Haufen bleichgrüner Blätter enden; rings um die Stämmchen stehen kleine verwitterte Zweige infolge der Feuer, die die Ebenen ver - heeren.
Nicht viel andere Pflanzen bringt das mehr sandige als thonige Erdreich ausserdem da hervor, wo der Mallee Fuss gefasst hat, am ehesten noch den Box-tree Eucalyptus hemiphloia, und die gewöhnliche Conifere dieser Region: Callitris verrucosa. Die Ansicht eines solchen Buschlandes von der Höhe irgend eines kleinen Hügels aus ist daher durch ihre Monotonie sehr merkwürdig: „ Man sieht über eine unendliche wogende See von gelblichbraunen Büschen; in weiter Entfernung bemerkt man vielleicht einen blauen Umriss eines einzelnen Berges oder Granitgipfels, sonst ist die gleichförmige dunkelbraune Umgrenzung des Horizonts nirgends durchbrochen, alles schweigsam und bewegungslos, ausgenommen wo das Scrub-Huhn (Leipoa ocellata) seinen klagenden Ton erhebt, oder wo der Wind die starren Zweige in der Nähe rührt. “
Unter Berücksichtigung der verschiedenen Küstenlagen499Die tropischen Vegetationsregionen.Australiens und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Formationen des Innern, je nachdem sie mehr zu den südlichen Grasländern oder zu den tropischen Savanen Anschluss zeigen oder endlich zur Wüstenbil - dung neigen, sehr verschiedenartig ausfallen müssen, wer - den nunmehr die folgenden zehn Vegetationsregionen Australiens mit Tasmanien als elfter verständlich sein:
1. Nordaustralische Tropenwaldregion mit Pandanus und einer grösseren Anzahl indisch-malayischer Palmengattungen (z. B. Licuala, Caryota), tropischen Le - guminosenbäumen (z. B. Bauhinia Gilesii u. a. A.), mit Unterdrückung der zahlreichen südwest - und südostaustra - lischen Sippen.
2. Queensländische immergrüne Araucarien - und Livistonen-Waldregion (siehe oben). Dieselbe hebt auf den Gebirgen der tropischen Yorkhalbinsel an und tritt südlich vom Wendekreise an die Küste, dort die grösste Breite erreichend, bis sie endlich am Ost - hange der australischen Alpen in Gippsland (36° — 38°) noch die letzten Oasen bildet, deren Merkzeichen in Li - vistona australis mit 37° 30′ Südgrenze besteht.
3. Nordaustralische Baumsavanen - und Ge - büschregion. Landeinwärts von Region 1 und 2 ver - liert sich rasch jenseits der Küstengebirge der reiche tropische Charakter, und Uebergangsformationen zum dür - ren Innern stellen sich ein. Soweit dieselben als Savanen mit einzelnen Melaleuca - und Leptospermum-Bäumen (Tea - trees) im Bereiche der regelmäßigen tropischen Sommer - regen bleiben, gehören sie hierher, d. i. etwa eine Fläche Landes von Dampierland im Nordwesten bis zur Macdon - nell-Ra. unter dem Wendekreise im Innern und dem Binnenlande von Queensland mit Ausschluss der Gebirge, vielleicht bei 30° S. im Südosten endend.
4. Nordwest-australische Uebergangsregion am Fortescue, Ashburton, Gascoyne-River und bis zum Murchison südwärts, wo infolge mangelnder Niederschläge kein reicher Tropenwald, wie er nach der geographischen Breite zu erwarten wäre, herrscht, Pandanus fehlt und die Palmen äusserst spärlich vorkommen.
50016. Australien.5. Westaustralische Wüstensteppen. Diese er - setzen die vierte Region südlich und südöstlich von der Grenze der spärlichen tropischen Sommerregen, schon vom Sturt-Creek unter 20° S. durch die grosse Sandwüste und ostwärts von 120° ö. L. über den Wendekreis süd - wärts hinaus (Gibsonwüste) zur grossen Viktoriawüste, wel - che die reiche westaustralische Region gegen den Osten absperrt. Hier fand Giles 1875 unter 30° S. und zwischen 123° ö. L. bis 129° ö. L. kein Wasser, aber Ende August trat an den östlichen Salzseen Regen ein. Offenes Gras - land, Spinifex und Mulga, Saltbush, bilden Oasen oder decken das Land dürftig. Ueber den endemischen Cha - rakter vergleiche oben S. 146, und das auf S. 497 im vorhergehenden Gesagte.
6. Ostaustralische Wüsten - und Grassteppen. Am mittleren Darling und Murray-R. sind Gras - und Scrubformationen, welche die binnenländischen Sippen Ostaustraliens neben den gemeinsam im Innern verbreite - ten zeigen, vielfach also nur im Artbestande, auch in Charaktergattungen vom Westen abweichen. Sie begegnen sich mit den westlichen südlich der Macdonnell-Ra. ; doch muss es einstweilen unentschieden bleiben, ob hier ein eigenes Zwischenglied (südaustralischen Charakters) exi - stiert, wie ja West -, Süd - und Südostaustralien im Be - reich der reichlicheren Regenfälle stets ihre eigenen Charakterarten neben denen von weiterer Verbreitung haben.
7. Südwest-australische Xerotideen - und Pro - teaceenregion, am besten bekannt durch die schöne Swan-River Flora, in welcher diese interessanten, oben (S. 203 und 207) ausführlicher besprochenen Charakter - formen mit Callitris, Casuarina, dazu noch eine Cycadee Encephalartos Fraseri, dann Exocarpus und eine Masse von trockenfrüchtigen, oben (S. 200) gleichfalls genannten Myrtaceen aus der Tribus Chamaelaucieen, von phyllo - dinen Acacia-Arten, Epacridineen etc. vorherrschen.
8. Die südaustralische Eucalypten-Waldregion ist von den drei australen Küstenregionen die ärmste; der Wald ist hauptsächlich in den Bergdistrikten ent -501Die inneren und südlichen Vegetationsregionen.wickelt; als wichtigste Arten erscheinen Eucalyptus odo - rata (endem. ), paniculata, viminalis und rostrata.
9. Die südostaustralische Eucalypten - und Farnwaldregion nimmt das Bergland von Viktoria und Neusüdwales ein und verliert sich auf den höchsten Er - hebungen in Queensland in ganz allmählichem Uebergange mit der Araucarien - und Palmenregion. Die grössere Feuchtigkeit ermöglicht ein üppiges Gedeihen australer Farne, unter denen Cyathea - und Alsophila-Arten, Dickso - nia Billardieri, Todea rivularis (zum Teil bis Tasmanien verbreitet, in Westaustralien alle fehlend!), durch üppi - gen Wuchs sich auszeichnen und im Walde von Euca - lyptus amygdalina Unterwald bilden. Ein neuer Reich - tum ostaustralischer Proteaceen (Grevillea, Helicia), aber nicht vergleichbar dem westaustralischen, herrscht hier.
10. Die Berg - und Schneeregion der austra - lischen Alpen, von 1200 m Höhe aufsteigend und 2000 m überragend, besitzt antarktische Buchen und alpine Eu - calyptus: E. Gunnii, pauciflora und alpina in Höhen von 1200 bis über 1600 m, mit alpinen Ericaceen (Wittsteinia! nur auf der Höhe des Mt. Baw-Baw) und Pultenaea rosea, Bauera sessiliflora, Stylidium soboliferum u. a. A. Hier finden sich einige mitteleuropäische Bergpflanzen wieder (Carex, Alchemilla, Botrychium). Diese Region ist, mit der vorhergehenden zusammengefasst, am näch - sten verwandt mit den tasmanischen Formationen.
11. Die tasmanische Coniferen -, Grasflächen - und Bergwaldregion, in der geographischen Breite mit dem mittleren Neuseeland vergleichbar, vereinigt den ant - arktischen Florencharakter mit dem südostaustralischen, mit welchem es in Eucalypten, Epacrideen (Richea pan - danifolia steigt noch in schneeige Schluchten der tasma - nischen Gebirge) etc. übereinstimmt. Die Charaktergat - tungen der Coniferen vergl. oben S. 185. Diese Region führt von der vierten Abteilung der V. Vegetationszone zu der VI. Zone über.
Das Folgende entstammt einer physischen Skizze Tasmaniens von Tenison-Woods (Transactions & Proceed. of R. Soc. of Victoria, Bd. XIX (1883), S. 144). Das Tafelland, meist 1000 m im Mittel50216. Australien. — Tasmanien.hoch, nimmt die Mitte der Insel, ein wenig gegen Nord verschoben ein und zeichnet sich durch ausgedehnte und tiefe Süsswasserseen aus, die Quellen aller bedeutenden Flüsse der Insel. Dies Tafel - land ist grösstenteils mit schönen Grasflächen bedeckt und steht nur am St. Clairsee mit bedeutenden Berghängen im unmittel - baren Zusammenhange, während es sonst in einer Reihe sanfter Terrassen abfällt; ähnliche kleinere und weniger hohe grasbedeckte Tafelflächen gibt es auch sonst noch an verschiedenen Stellen der Insel. Von noch bedeutenderer Ausdehnung aber sind die Gebirgs - ketten, welche schon an der nordöstlichen Spitze der Insel bei Kap Portland ansteigen und mit jähem Abfall gegen die Ostküste in zahlreichen verzweigten Ketten mit wilden Berglandschaften, in der Eldon-Range etwa 1500 m hoch ansteigend, erst am Südkap enden. Die Berghäupter sind meistens nackt und mit wild durch - einandergeworfenen Felsblöcken bedeckt; wo der in Tasmanien eine so bedeutende Rolle spielende eigenartige „ Grünstein “den Boden gebildet hat und die Abhänge nicht zu steil sind, herrscht geschlossener Wald. Die gigantischen Stämme von Eucalyptus amygdalina und obliqua erreichen mit lang sich verschmälernder Spitze eine ausserordentliche Höhe; das Unterholz wird von fast undurchdringlichen Dickichten aus Pomaderris elliptica, Fagus Cunninghamii und Baumfarnen, zumal Dicksonia antarctica, ge - bildet, und der Boden ist mit kleinen Farnen und Moosen bedeckt. Auch die Thalgehänge der kleineren Flüsse sind in gleicher Weise fast stets dicht waldbedeckt, aber eben nur so lange sie aus den Bergketten ihre Zuflüsse bekommen, während sie beim Eintritt in das offene Tafelland oder in die tieferen Ebenen Grasfluren frei von vollkommenem Baumwuchs zur Seite bekommen. Dort ist ein auch bis Neusüdwales verbreitetes Riedgras (Button-grass der Einwohner): Gymnoschoenus sphaerocephalus, die häufigste Pflanze, zusammen mit Xyris gracilis und Schizaea bifida, dazu viele Moose, Flechten und Schwämme. Ueberall in den höheren Regionen der Bergsysteme im Westen und Süden der Insel ist der Boden gleich - falls waldfrei und offen, durch zu grosse Feuchtigkeit dürftig; der Schnee liegt hier mehrere Monate lang und macht mit seinem Schmelzwasser diese Gegenden zu Niederlassungen ungeeignet.
Fagus Cunninghamii, welche mit zierlich myrtenartigem Laube in allen möglichen Färbungen ebenfalls scrubartige Buschforma - tionen bildet, ist ebenfalls mit Viktoria gemeinsam, endemisch dagegen F. Gunnii. Von den 11 Arten tasmanischer Coniferen haben nur zwei in Viktoria — Neusüdwales weitere Verbreitung ge - funden, die übrigen sind als Arten endemisch. In 3 Arten ist Arthrotaxis vertreten, von welcher eine, A. cupressoides, einige der an der Nordseite Tasmaniens gelegenen Berge mit ihrem dichten Wuchs vollständig unzugänglich macht. Dacrydium Frank - linii und Phyllocladus asplenifolia zeigen nahe Beziehungen zu Neuseeland an, Fitzroya Archeri dagegen solche zu der antarktisch - amerikanischen F. patagonica.
Auswahl der Litteratur:
a) Gesamte Florenübersicht (systematischer Katalog, Verbrei - tung der Arten, und im allgemeinen Teile ausgedehnte Darstel - lung der gesamten pflanzengeographischen Verhältnisse): Hemsley, Botany in Godman & Salvin’s Biologia centrali-americana, 4 Bde., London 1879 — 88 (G. J., X, 344). Fournier, Recherches botaniques de la Mission scient. au Mexique etc., I. Cryptogames, Paris 1872, II. Graminées 1886 (siehe G. J., VIII, 268).
b) Pflanzengeographie und Spezialflorenberichte: Seemann, Botany of the Voy. Herald, London 1857. Oersted, Recherch. s. 1. Flore et géogr. phys. de l’Amér. centr., Kopenh. 1863, und Spe - zialbearbeitungen. Liebmann, Mexikos Bregner in K. Danske Vi - densk. Selsk. Skrifter V, 1849, und Bot. Zeitg. 1844, S. 688, und andere Florenbearbeitungen. Oersted, Skizze v. Nicaragua, Costa - Rica in Bot. Zeitg. 1848, S. 875. Wagner, Veget. -Charakter der Anden Veragua — Guatemala, in Sitzungsber. d. bayr. Akad. 1866, I, S. 151 (Griseb. Abh. S. 361). Kerber, Cordoba, in Bot. Jahrb. Syst. IV, 501 und Vulcan Colima in Verh. Ges. Erdk., Berlin 1882, S. 237. Woeikof, Reise Puebla-Guatemala, in Geogr. Mittlgn. 1882, S. 161. Stoll, Guatemala, Leipzig 1886. Polakowsky, Flora und Vegetationsv. d. Rep. Costa-Rica, in Geogr. Mittlgn. 1877, S. 220, Botan. Zeitg. 1878, S. 620, Verein für Erdk. Dresden 1879.
Die Tropenfloren der Neuen Welt heben, gerade wie in Arabien und dem westlichsten Indien, mit einer durch niederschlagsarme Gebiete hervorgerufenen Xerophyten - vegetation an, welcher die „ tropischen “Charakterfamilien fehlen und welche daher ebenso einen deutlichen Anschluss an die borealen Subtropen vermittelt, als sie das eigene amerikanische Florenelement in charakteristischer Aus - prägung zeigt. Es ist hier die mexikanische Steppen - region zwischen 22° und 17° N. gemeint, die als Ver - mittlerin auftritt, umringt von einem Walle tropischer Waldungen; selbst abgeschwächt in gemeinsamen Arten und besonders in den herrschenden Gattungen weit nord - wärts über Arizona, Texas und weiter hinaus begründet sie in einer Gleichsinnigkeit der Formationen dort geo - graphische Verwandtschaft, ohne aber irgend welche be - stimmte Verwandtschaft zu den analogen Floren in der Alten Welt zu zeigen. Klimatisch fällt mit diesem Cha -50417. Tropisches Mexiko und Centralamerika.rakter zusammen ein Herabreichen des nicht tropischen, nördlich-sommerheissen Wärmegürtels gemäß Köppens Entwurf bis etwa 17° N., also weit südwärts über den Wendekreis hinaus, und ungefähr unter dem Wendekreise selbst zieht die 10°-Isotherme des kältesten Monats; demgemäß gehört, abgesehen von dem zur IV. Zone fal - lenden Küstenstrich, das Binnenland zur III. Vegeta - tionszone, die hier entsprechend weit (17° N.) nach Süden vorspringt. In der über 2000 m im Durchschnitt be - tragenden Erhebung der inneren mexikanischen Hoch - flächen von Durango über Tlaxcala nach Oajaca erklärt sich dieses kühle Klima; die Seitengehänge dagegen so - wohl gegen den Stillen als gegen den Atlantischen Ozean zeigen Tropenklima und Tropenformationen, welche etwa zwischen 22° und 26° N. allmählich auslaufen. So ist in der Halbinsel Californien der 26. Breitegrad die Scheide - grenze des trockenen subtropischen Gebietes mit regen - losen Sommern und Winterniederschlägen gegenüber dem fruchtbareren Süden im Gebiet der Sommerregen (Geogr. Mittlgn. 1888, Litt. Nr. 57). In der Breite von 26° bis 22° N. verläuft auch die nach Osten gesenkte Januar - isotherme von 20°C. Mit der Regelmäßigkeit der Nie - derschläge nimmt die Mannigfaltigkeit der tropischen Vegetation zu und erreicht daher hier ihr Maximum in Tabasco am Golf von Campeche; am eigenartigsten ist sie in den mittleren Höhen der Gebirgswälle rings um das Centralplateau und in den Südprovinzen ausgeprägt, weil sich hier boreal-subtropische Elemente (Eichen!) mit amerikanischen Tropengattungen (Palmeng. Chamaedorea) mischen, bis über diesen Regionen noch kühlere, den Hochgebirgsgewächsen des Nordens wie des Südens ge - meinsame Formationsbildungen gestatten, in denen Andes - rosen (Bejaria) an Stelle der Rhododendren sich mit den Fichten, Tannen, Vaccinien und Arbutus des borealen Ele - mentes, aber meistens in spezifischer Eigenartigkeit und stark endemischer Ausprägung begegnen. Nach Aus - schluss des südlichen Centralamerikas (Region 6), welches sich sehr innig an Colombien und das weite südameri - kanische Tropenland anschliesst, sind in dem hier be -505Gliederung. Pflanzenreichtum. Kulturpflanzen.handelten Gesamtgebiete fast 82 % der Blütenpflanzen endemisch, unter den Hochgebirgspflanzen sogar nach Teilberechnungen noch höhere Prozentsätze, und dies in einer nach 20000 und mehr Arten zählenden, reichhaltig aus den verschiedensten Familien gemischten und mit circa 200 endemischen Gattungen versehenen Flora. Dieser starke Endemismus und Artenreichtum erinnert daher an Westaustralien und das südwestliche Afrika.
Mit den Antillen haben die mexikanischen Regionen manche Arten und mancherlei Beziehungen gemeinsam, die Existenz von Kiefernwäldern, die Armut in der Ent - faltung der tropisch-amerikanischen Palmengattungen etc.; aber es bedarf der Verbesserung, dass im physikalischen Atlas (Florenkarte VII) beide in eine Hauptregion vereinigt sind, da sich durch Hemsleys erschöpfende Statistik her - ausgestellt hat, dass viel mehrere der weiter verbreiteten Gattungen und Arten Mexiko mit dem tropischen Süd - amerika als mit den Antillen verbinden.
Entsprechend der Erscheinung, dass subtropische Steppenlandschaften für die kulturelle Behandlung wich - tiger Nahrungspflanzen, welche in diesen selbst oder in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft ihr altes Indigenat besassen, von hervorragender Bedeutung geworden sind, ist Mexiko als ein alter Herd amerikanischer Kultur an - zusehen, wenngleich nicht von dem hohen Alter, wie die Steppenlandschaften des Orients oder Aegypten in seiner merkwürdigen Lage am Ufer eines tropischen Flusses; nur Peru scheint sich von den übrigen amerikanischen Gebieten noch in dieser Hinsicht mit Mexiko messen zu können. Auf diese beiden Länder fällt daher nach un - seren jetzigen Kenntnissen die Ausbreitung der Kultur des Mais (Zea Mays), der einzigen weltumspannenden, wärmer-klimatisierten Cerealie von amerikanischem Indi - genat. Unter Verweis auf die ausführliche Darlegung von A. de Candolle (Ursprung d. Culturpfl. S. 490) be - trachte ich die amerikanische Heimat der Maispflanze als erwiesen; dafür spricht auch nicht zum geringsten nach R. Browns Regel, dass man die Heimat einer Art da zu suchen habe, wo ihre Verwandten einheimisch50617. Tropisches Mexiko und Centralamerika.sind, der Umstand, dass die einzige näher mit Zea ver - wandte Gattung Euchlaena die centralamerikanische Hei - mat teilt und ebenfalls monotypisch ist (Eu. mexicana); fünf andere Gattungen der Tribus Maydeen sind allerdings zum grösseren Teile altweltlich, darunter die bekannte Coix. — Von anderen Kulturpflanzen hat die Agave ame - ricana im mexikanischen Gebiete ihr Indigenat; zweifel - haft sind andere, zumal die echte Batate Convolvulus Batatas oder Batatas edulis, für deren (unbekannte) ame - rikanische Heimat mehrere Gründe zu sprechen scheinen.
Für die Beurteilung der Vegetationsregionen sind die Grundsätze maßgebend, dass eine gut ausgeprägte Grenzscheide der reicheren, durch Epiphytenvegetation und tropische Lianen ausgezeichneten Landschaften in einer entlang den südlichen Distriktsgrenzen von Sinaloa, Durango, Zacatecas und San Luis Potosi geführten und von da etwa zu 23° N. aufwärts gebogenen Linie ge - geben ist, welche die Hemsleys Werke beigegebene Karte darstellt. Das nördlich dieser Linie liegende Land mag als:
1. Mexikanische Uebergangsregion zu Cali - fornien und Texas hin aufgefasst werden, soweit es nicht (im Binnenplateau) zu der fünften Region der subtropischen Steppen gehört. — Der nun verbleibende Hauptteil des Landes schliesst mit dem Staate Nicaragua ab, da von dort an, und in noch höherem Grade in Costa-Rica und Pa - nama der südamerikanische reiche Tropencharakter vor - wiegt. Dieser Hauptteil nun bildet folgende vier Haupt - Vegetationsregionen:
2. Mexikanische Tropenregion, (tierra caliente, Savane und Tropenwald), etwa bis 900 m hoch an den Gebirgsflanken aufsteigend und in eine pacifische und ka - raibische Seite zerfallend.
3. Mexikanische subtropische Bergwaldregion (tierra templada), in welcher immergrüne Eichen mit echt tropischen Repräsentanten das reichste Vegetationsge - misch bilden.
4. Mexikanische Hochgebirgsregion (tierra fria), in welcher sommergrüne Eichen mit Nadelhölzern,507Vegetationsregionen, Gebirgsgliederung.boreale und australe oder tropisch-alpine Gesträuche und Stauden herrschen.
5. Mexikanische subtropische Steppenregion, in welcher besonders die Xerophytenvegetation mit ende - mischen Gattungen von Succulenten entwickelt ist und sich bis Arizona Anschluss erworben hat.
Speziellere Belege für diese kurze Scheidung der Vegetations - regionen finden sich bei vielen Reisenden, welche die mexikanischen Bergländer von der Küste aus bestiegen, immer mit Berücksichtigung der Verschiedenheit auf der pacifischen und auf der atlantischen Seite, welche letztere das Hinaufrücken der Regionen begünstigt. Liebmann hat die Regionsgrenzen besonders in den mittleren Breiten des Landes, um Jalapa-Mexiko, gekennzeichnet und die von Martens und Galeotti vollzogene Einteilung der mexikanischen Regionen verbessert. Der Osthang zeigt Region 2. (Tropen) bis gegen 1000 m Höhe, an der Küste bis 150 m spärliche Vegetation von dürrem Gesträuch, nur an Lagunen und Flussmündungen durch hohe Tropenwaldungen ersetzt; letztere sind von 150 — 500 m am üppigsten entwickelt in Bombax und Carolinea, Combretum, Lau - raceen und Terebinthinen mit Palmen (Acrocomia, Sabal mexicana, Oreodoxa etc.), zusammen mit fruchtbaren Savanen; in der nächsten Stufe von 500 — 1000 soll die Mannigfaltigkeit der Arten sich steigern mit zunehmender Regenmenge, aber niedere Palmen (Chamaedorea) treten auf und viele Lianen geben ein echt-tro - pisches Gepräge. Die subtropische Region 3. liegt etwa zwischen 1000 und 2000 m und hat eine grosse Niederschlagshöhe verteilt auf das ganze Jahr; hier ersetzen die immergrünen Eichen mit Farnbäumen (welche letztere auf der pacifischen Seite fast ganz zu fehlen scheinen) und einer Fülle epiphytischer Orchideen die hochstämmigen Palmen, nur die niederen Rohrstammpalmen der Gattung Chamaedorea sind häufig und artenreich; die Gesamt - artenzahl erreicht in Mexiko hier ihr Maximum. Bis 2800 oder 2900 m hinauf reicht dann die obere Bergwaldregion 4, welcher aber dann bis zur oberen Eichengrenze (circa 3400 m) ein kalter Gürtel sich anschliesst, der bis 1000 m weiter aufwärts noch ein - zelne Coniferen aufweist und sich ähnlich verhält wie die obere Region des Himalaya.
Es richtet sich daher zumal mit Rücksicht auf den allge - meinen Tropencharakter das charakteristische Interesse für Mexiko auf Eichen und Nadelhölzer in der regionalen Abgrenzung. In Mexiko erreicht Quercus ihr amerikanisches Maximum (vielleicht 80 Arten nach Liebmann, Americas Egevegetation, 1851) während sie auf den Antillen fehlen; Qu. oleoides breitet sich bis zur Küste aus, doch bringt das Land innerhalb Region 2. wenige Arten, erst oberhalb 700 m eine beträchtlichere Zahl Quercus hervor, wo ihre Arten kleine Bäume mit steifen, meist wolligen Blättern darstellen und kleine offene Waldungen auf den niedrigen Gehängen der50817. Tropisches Mexiko und Centralamerika.Schluchten bilden (Qu. petiolaris, tomentosa, affinis). Erst in Region 3. wird, wie gesagt, die Eichengattung dominierend, wächst aber in dichtem Tropenwalde von Lauraceen, Myrtaceen, Anonaceen, Malpighiaceen mit Lianen und Farnen, Bambusen, Magnolien etc. als Unterholz (Qu. jalapensis, polymorpha, Alamo, mexicana, Ghies - bregtii etc.). Bei 1500 m Höhe zeichnen sich besonders Qu. Ga - leottii mit birkenähnlichen Blättern und Qu. insignis mit Nüssen von 2 Zoll Durchmesser aus. Diese, wie die meisten Arten sind nahezu immergrün, indem sie im tiefsten Winter durch die starken Nordwinde allmählich entblättert werden; nur im Februar, un - mittelbar vor Frühlingseinzug, erscheint dieser Eichenwald auf zwei Wochen blattlos und zeigt alsdann manche bunte Epiphyten, Echeveria, Tillandsia, Columnea Schiedeana und Orchideen. Un - mittelbar darauf nehmen die Bäume durch die zahllosen durch - brechenden Kätzchen eine goldgelbe Farbe an und es erscheinen gleichzeitig die jungen Blätter.
Oberhalb 2000 m mischen sich die Coniferen ein, zuerst wenig auffallend, dann mehr; hier sind Qu. lanceolata, laurifolia, gla - brata zu Hause, dann folgen als oberste Qu. spicata, reticulata, chrysophylla, pulchella. Die Epiphyten sind verschwunden, nur Loranthaceen mit Moosen und Flechten, Usnea statt Tillandsia: dies ist Region 4. — Am Orizaba begegnet man bei 2200 m den ersten Kiefern: Pinus leiophylla; 300 m höher verdrängen kräftige Wälder von Pinus Montezumae, noch mit Tillandsien behangen, die Eichen, und dieselbe Art bildet wiederum, unterbrochen durch Wälder der Oyameltanne: Abies religiosa um 2800 m, über 3200 m hoch den oberen Nadelholzgürtel. Hier geht im Spätherbst die Regenzeit in Schneefall über und der Schnee bleibt vom November bis März liegen. Die waldlosen Gehänge sind mit hohen Gras - rasen und untermischten Hochgebirgsstauden bedeckt, dazu Eri - caceen-Halbsträucher (siehe oben), zahlreiche strauchige und halb - strauchige Compositen: Baccharis, Eupatorium, Stevia; die Liliacee Veratrum schliesst sich an Labiaten, unter denen besonders Salvia zahlreich vertreten ist, und oberhalb der Baumgrenze sind die Strauchformationen (Stevia purpurea und arbutifolia, Holodiscus discolor = Spiraea argentea) mit Cruciferen, Rosaceen, Umbelli - feren etc. maßgebend, bis sie endlich von Gras - und Carex-Rasen mit Compositen-Stauden (Saussurea, Helichrysum) und noch einer Gaultheria abgelöst werden.
An der Westseite geht der Nadelwald viel tiefer herab, ist aber in seiner unteren Höhengrenze mannigfachen Schwankungen unterworfen. Kerber nimmt unter Vergleich seiner eigenen Be - obachtungen um Colima (G. J., X, 195) mit denen Seemanns um Mazatlan als mittleren tiefsten Stand des Nadelwaldes an der mexikanischen Westseite 1260 m an (schwankend zwischen unter - halb 1000 m und oberhalb 1500 m). Am Colima selbst erreicht der Wald bei 2500 m seine obere Grenze, aber nur weil der kahle Aufschüttungskegel einer Baumvegetation nicht mehr genügend Halt und Nahrung gewährt; Kerber berechnet als ideale obere509Eichen - und Nadelwälder. Steppen. Costa-Rica.Grenze 2800 m. Uebrigens zeigt sich der wirksame Einfluss der Feuchtigkeit nicht nur im weiten Ländermaße Mexikos, sondern auch ebenso in seinem Einfluss auf Ueppigkeit und Höhengrenzen der Vegetation an jeder isolierten Bergkette, welche an der paci - fisch-mexikanischen Seite stets an der westlichen Abdachung aus - geprägteren Tropencharakter besitzen als an der landeinwärts ge - wendeten Ostabdachung, wo Kiefernwälder (Pinus Teocote) sogleich über dem mit Savanen und Steppen bedeckten Plateau beginnen.
Die 5. subtropische Steppenregion Mexikos scheint in vielen Fällen, z. B. in Colima, in allmählichem Uebergange sich an die tropischen Savanen anzulehnen, sobald diese in einer über 1000 — 1500 m herausgehenden Höhe von einer die grössere Jahres - hälfte umfassenden Trockenperiode beherrscht werden. In solchen Gebieten sind die Xerophyten, zumal die Cacteen, und die xero - philen Monokotylen: Agave, Dasylirion, Fourcroya, mit Acacia - Arten, Asclepias-Arten, Argemone mexicana und einer Fülle rot - und gelbblühender Compositen die herrschenden Gewächse mit Blütezeit in der nassen Periode und zu Beginn der Trocknis. Dieselben Charaktergewächse reichen bis 3000 m herauf, oft aller - dings in Repräsentativarten. Wie schon oben auseinandergesetzt, steht diese Region in innigem Zusammenhange systematischer Sippenverwandtschaft mit der auf S. 446 besprochenen 12. und 13. nordamerikanischen Region von Texas und Arizona, welche mit dieser zusammen das Xerophyten-Florenelement von Mittel - nordamerika unabhängig von den arktotertiären Elementen in den Südstaaten ausgebildet haben. Ueber die klimatische Grundlage dieser Region vergl. Griseb., V. d. E., II. 302 — 303.
6. Die tropische und subtropische Vegeta - tionsregion von Nicaragua und Costa-Rica ist in - sofern als eine Uebergangsregion aufzufassen, als in ihr die Hauptsippen Colombias und überhaupt der reichen südamerikanischen Tropenflora mit den genannten Cha - raktergewächsen Mexikos sich in wesentlicher Mischung halten, wie denn letztere auch noch in Repräsentativarten weiter südwärts reichen.
Es fehlen beispielsweise zwar die Eichen in der Küstenkette von Venezuela und in der isolierten St. Martha, aber sie sind in der colombischen Hauptcordillere in den drei von Humboldt und Bonpland dort entdeckten Arten vertreten: Qu. tolimensis 2000 m hoch 4° 30′ N., Qu. almaguerensis und Humboldtii 2100 m hoch 2° N.
Auch hier halten sich noch, Mexiko entsprechend, die Gegensätze zwischen den Abhängen zum Stillen Ozean und dem Karaibischen Meere aufrecht, vermittelt durch eine centrale Plateauflora ohne Coniferen und mit höher51018. Antillen und Bahamainseln.hinaufgerückten Eichenformationen. An der Westküste bauen sich bis 1000 m hoch die tropischen Waldforma - tionen (um 6000 m Höhe, besonders Acrocomia mit den untersten Quercus) auf und enden in Savanen; dann be - ginnen Pinus-Wälder und über 1300 m Höhe die Aga - ven. Der Ostabhang ist mit undurchdringlichen Wäldern, reich an Palmen mit den südamerikanischen Charakter - gattungen Bactris, Geonoma und Iriartea (bis gegen 1000 m heraufgehend) bedeckt, und glänzt durch Baum - farne, Scitamineen und die Rubiacee Warszewiczia pul - cherrima. Im Centralplateau um 10° S. bei 1600 m Höhe sind unter dem Einfluss einer vom Juni bis Oktober dauernden Regenzeit die lichten, regengrünen Waldungen aus Cedreleen, Bombax -, Cupania -, Inga - und Bursera - Arten mit dornigen Mimoseen entwickelt.
Unter 9° N. am Chiriqui sind die Regionen durch Wagner ausführlich gekennzeichnet; vergl. Griseb. Abh. S. 361 — 364. Von 1430 — 2800 m reicht die subtropische Region von immergrünen Eichen und Alnus * Mirbelii. Der Coniferengürtel folgt hier nicht mehr, da er bei 13° N. mit den Vulkanen an der Fonsecabai endet. In Guatemala herrscht von 2900 — 3300 m Pinus occidentalis.
Auswahl der Litteratur:
a) Systematische Floren: Grisebach, Flora of the british West - Indian-Islands, London 1864. Ramon de la Sagra, Histoire phy - sique, polit. et natur. de l’île de Cuba, Paris. Richard & Mon - tagne, Flora cubana, Paris 1853. Grisebach, Catalogus plantarum Cubensium, 1866; Plantae Wrightianae e Cuba orient. 1860 — 62; System. Untersuch. ü. d. Vegetation d. Karaiben, bes. Guadeloupe, Göttingen 1857.
b) Pflanzengeographie und Spezialfloren: Grisebach, D. geogr. Verbreitg. d. Pflanzen Westindiens, Götting. 1865. Rein, Bermu - das-I. in Ber. Senckenberg. naturf. Ges. 1872 — 73, S. 131. Oersted, Skildring af Naturen paa Jamaica (nach Griseb., V. d. E., II, 565, Note 11). Eggers, Flora von St. Croix in Vidensk. Meddels. fra naturh. Foren, Kjöbenhavn 1876, S. 33, Karte! ; und Bulletin U. St. Nation. -Museum, Washington 1879; Reise in das Innere von St. Domingo, in Geogr. Mittlgn. 1888, S. 35. Johow, Vegetations - bilder aus Westindien (und Venezuela), Kosmos 1884 — 85 (G. J., XI, 142).
511Litteratur. — Florencharakter. Klima.Schon unter dem vorigen Kapitel war mehrfach des Florencharakters der Antillen Erwähnung gethan, welcher mit Mexiko gewisse Gemeinsamkeiten, aber viel mehr Analogien als wirkliche Uebereinstimmungen zeigt, be - sonders darin, dass der südamerikanische Tropencharakter hier noch wesentliche Einschränkungen durch boreal - subtropische Elemente erleidet. Eine grössere Zahl en - demischer Gattungen (Grisebach gibt als ihre Zahl etwa 100 an) erhöht die Selbständigkeit dieses Gebietes, wel - ches dabei zwar in seinem insularen Charakter betrachtet werden muss. So abgesondert, wie die westindische Fauna sich mit ihren merkwürdigen Bildungen verhält, ist die Flora allerdings nicht, und wir werden in dieser Be - ziehung wiederum daran erinnert, dass ozeanische Tren - nungen den Austausch der Pflanzen in gleichartigem Klima nicht so sehr hindern, als den von nicht fliegenden Tieren; denn sogar die Südhälfte von Florida ist, entgegen der noch von Grisebach ausgesprochenen Annahme, mit dem Antillengebiet floristisch vereinigt durch eine grosse Zahl gemeinsamer Sippen und ist von den atlantischen Süd - staaten (siehe oben S. 445) zu trennen (vergl. G. J., XI, 134).
Nach Chapmans Flora sind 360 Arten aus Florida bekannt geworden, welche den 29° N. nicht überschreiten; davon gehören 169 zu 134 Gattungen, die ebenfalls nicht weiter nordwärts gehen, ja 16 Ordnungen werden dadurch in ihrer Verbreitung nach Norden ebenfalls auf diese Halbinsel beschränkt.
Das Klima der Antillen erweist sich trotz der dem Wende kreise genäherten Lage als gut tropisch, die Vegetation nimmt teil an der zweiten Abteilung der IV. Zone. In dieser Beziehung würde wahrscheinlich ein noch grösserer Bruchteil südamerikanischer Tropenarten, welche sich jetzt auf die mit dem Orinoko-Delta fast unmittelbar zusam - menhängende Insel Trinidad beschränken, einwanderungs - fähig gewesen sein, wenn dem nicht die alte Eigenent - wickelung des Archipels widersprochen hätte. Nur die nördlichen Bahamas überschreiten die Nordgrenze der gleichmäßig heissen Temperaturen und schliessen sich an die Bermudasinseln, welche Mischlingsformationen aus51218. Antillen und Bahamainseln.Westindien und den atlantischen Unionsstaaten zeigen, an. Die 24°C. -Januarisotherme schneidet Cuba, die 28°C. - Juliisotherme schliesst die Hauptinseln der Gruppe ein. Die Regenhöhe, wenngleich im einzelnen sehr verschieden, kann doch durch die die Inseln durchsetzende 130 cm - Linie charakterisiert werden, und es ist auf Grisebach (V. d. E., II, 320) zu verweisen in Bezug auf die durch die Regenzeiten hervorgerufene klimatische Gruppierung, wodurch beispielsweise die Nordseite Jamaikas für Tro - penwald, die Südseite für Savanen geeignet wird. Die noch mehr gesteigerte Trockenheit führt zu Steppenbil - dungen (Region 1), sonst ist Tropenwald mit Savanen bis zu den Berggipfeln, in höheren Lagen mit den Cha - rakterelementen der tropischen Montanflora (Podocarpus, Ericaceen, Farnen) und anderen borealen wie australen Inquilinen als die ursprüngliche, jetzt durch mehrere Jahrhunderte emsiger Kultur vielfach nicht zum Schönen umgewandelte Physiognomie des Landes anzusehen.
Die Bahamainseln lassen die Fülle tropischer Sippen zurücktreten; die Bermudas besitzen keine endemische Art: „ ihre Vegetation ist aus Ansiedelungen durch den Golfstrom oder die ihn begleitenden Südwestwinde aus - schliesslich hervorgegangen “(Griseb. Abh. S. 483); Juni - perus bermudiana = J. barbadensis bedeckt das niedere Land fast völlig mit dunkelgrünem Nadelwald, neben ihr Lantana odorata, gleichfalls antillanisch; Stenotaphrum americanum bildet auf felsigem Boden den häufigsten Grasrasen; die Palmen werden noch durch Sabal Pal - metto vertreten.
Die Vegetationsregionen der Antillen erscheinen in dem hier gebrauchten Sinne, wo die Eigenartigkeit der Sippen in den Beständen neben deren biologischem Allgemeinverhalten maßgebend ist, viel mehr differenziert, als es bei dem kleineren Maßstabe der amerikanischen Florenkarte im physikalischen Atlas ausgedrückt werden konnte, sind auch aus den besagten Gründen von ihren nächsten Verwandtschaftsgliedern, die in Honduras und Yucatan liegen, zu trennen.
1. Die dürre Croton - und Cacteen-Region ist be -513Formationen und Regionen; Gebirgsgliederung.sonders gut vom südlichen Jamaika und durch Eggers von St. Croix bekannt. Auf felsigem oder sandigem Boden im dürrsten Gebiete des Archipels können die Savanengräser nicht aufkommen, aro - matische Sträucher, besonders Croton-Arten: z. B. C. Eluteria, balsa - mifer, glandulosus u. a. mit teilweise weiterer Verbreitung über Mexiko und bis Peru, wachsen hier mit einigen Leguminosen, unter denen auch Haematoxylon campechianum, ein Blauholzbaum, genannt wird, welcher dem mexikanischen Gebiete als Savanen - baum angehört. Endemische Arten von Cacteen sind mit mexi - kanischen verwandt.
2. Die antillanische Tropenregion zerfällt um 600 m Höhe in eine untere mit Savanen und heissen Waldformationen, und in eine obere, welche auf Jamaika von 600 m bis 1200 m reicht und in welcher besonders Lauraceen (Phoebe montana mit Nectandra sanguinea) mit Clethra, auch schon Podocarpus und, wie Eggers angibt, mit Juglans jamaicensis als abweichenden Sippen auftreten. In den Savanen sind von blattwechselnden Bäumen besonders wiederum Bombaceen: Ochroma Lagopus und Erioden - dron anfractuosum, charakteristisch, dann aber die Cedreleen: Ce - drela odorata, die bis Mexiko und Yukatan geht, und Swietenia Mahagoni bis Mexiko und Honduras, beide durch ihr Holz berühmt; Amyris balsamifera verbindet die Antillen mit Colombia; Bursera gummifera und Guajacum officinale sind zwei andere durch ihre Aromata bekannte Bäume.
An Palmenarten ist der Tropenwald nicht sehr reich: die Königspalme Oreodoxa regia, die stachelige Acrocomia lasiospatha, von fächerblatttragenden Sabal umbraculifera und zahlreichere Arten von Thrinax, alle vom Orinoko - und Amazonasgebiete aus - geschlossen, sind hier zu nennen.
3. Die antillanische Bergwaldregion ist von 1200 m bis 2300 m zu rechnen, charakterisiert durch Farnwald, dessen baumartige Bestände gerade an der Grenze von Region 2 und 3 ihre grösste Häufigkeit erreichen, mit Ericaceen, Eugenien, Tupa und als Seltenheit Fuchsia, als andere Seltenheit noch einzelne Euterpe Manaële-Palmen. Hier ist auch der charakteristischen Antillen - Conifere zu gedenken: Pinus occidentalis, welche auf Cuba in die heisse Küstenregion herabsteigt und auch auf Domingo ein Areal zwischen 190 — 2300 und darüber hinaus (verkrüppelt bis 2630 m) hat, daher nach Eggers’ Wahrnehmungen mehr vom Boden, der für sie aus grobem Kies und rotem Lehm bestehen muss, als vom Klima abhängig ist.
4. Die antillanische Hochgebirgsregion ist nur von Jamaika und Domingo bekannt geworden, wo sie zwischen 2300 bis 2900 mit Ericaceen beider Hemisphären (Chimaphila, Lyonia), borealen und amerikanischen Stauden (Hieracium, Alchemilla, Ra - nunculus, Carex, Eriocaulon, Garrya Fadyenii aus der eigenen kleinen Familie der Garryaceen) auftritt.
Bekannt sind die grossen Leistungen, welche diesesDrude, Pflanzengeographie. 3351418. Antillen und Bahamainseln.Inselgebiet für den Anbau von vielerlei gemäßigt-tropi - schen Kulturpflanzen in Hinsicht auf Bodenproduktion leistet. Die meisten derselben sind allerdings eingeführt, nicht nur Zuckerrohr und Kaffeebaum, sondern wohl auch die jetzt dort gebauten besten Tabakarten; Nicotiana als hauptsächlich tropisch-amerikanische Solanaceen-Gattung hat auch ihre wilden Vertreter auf den Antillen, aber N. Tabacum wird von Grisebach nur als naturalisiert auf Antigua und von unbekanntem Ursprungsgebiet be - zeichnet, während A. de Candolle Ecuador und anstossende Länder als die wahrscheinliche Heimat bezeichnet. Eine kleinere Zahl tropischer Fruchtbäume kann auf den An - tillen schon vor 1492 einheimisch gewesen sein, doch ist es nach Jacquins alten Angaben sogar von Persea gratissima, dem Aguacatebaume, zweifelhaft, sein Vater - land vielleicht das ungleich reichere Festlandsgebiet vom Orinoko und Amazonas. Dagegen darf man Carica Pa - paya, den Melonenbaum, als von den Antillen ausgegangen betrachten. Vielleicht sind auch einige in die europäische Kultur übergegangene Cucurbitaceen hier heimisch, näm - lich ausser der weniger wichtigen Anguriagurke die der Kürbisarten Cucurbita maxima, C. Pepo und moschata; so wenigstens lässt der Ausspruch von A. Gray und Trumbull in ihren Bemerkungen zu A. de Candolles „ Ur - sprung der Kulturpflanzen “vermuten, dass diese Kürbisse sicherlich erst südlich von Texas zu Hause gewesen, aber schon vor 1492 von den amerikanischen Tropen an bis gegen Kanada hin in Kultur gewesen seien. A. de Candolle selbst gab Gründe für Verlegung der Heimat des Riesenkürbisses nach Guinea an; die Leichtigkeit, mit welcher sich diese Kürbisse im nördlich temperierten Europa bauen lassen, scheint mir aber sehr für die nord - tropische Heimat der Antillen zu sprechen, oder viel - leicht für mexikanischen Ursprung. Gemäß Ratzels Anthropogeographie (S. 349) leben noch heute mexika - nische Indianer Monate hindurch von den Früchten einer „ Melone “.
Für den Welthandel sind die Arrow-root liefernden Knollen der Scitamineen-Marantinen wichtig geworden,515Kulturpflanzen; Baumwolle.von denen Maranta arundinacea wahrscheinlich ihre Heimat zwischen den Antillen und Mexiko, bezw. Centralame - rika teilt.
Noch möge hier im Zusammenhange der Heimat der Baumwolle gedacht werden. Die Gattung Gos - sypium ist intratropisch auf die drei Hauptflorenreiche ver - teilt und hat schwierige Speziesumgrenzungen unter vielleicht sieben starken Arten. G. barbadense ist die amerikanische Hauptart, an welche sich G. hirsutum und G. religiosum anschliessen, und welche bei den Eingeborenen in Nutz - anwendung und Kultur standen.
„ Zur Zeit der Entdeckung Amerikas fanden die Spanier die Kultur und Anwendung der Baumwolle von den Antillen nach Peru und von Mexiko nach Brasilien allgemein begründet. Dies ist eine von allen Geschichtschreibern jener Epoche festgestellte Thatsache “(A. de Candolle, Kulturpfl. S. 517). So wird berichtet, dass unter den Geschenken, welche Montezuma vor 3½ Jahrhun - derten dem Fernando Cortez vor die Füsse legen liess, sich 30 Ballen Baumwollenmäntel, an Feinheit und Glanz den schönsten Seiden - stoffen gleichend, befunden haben (G. J., VII, 428).
Ausserdem aber hat die Alte Welt zwei wichtige Baumwollarten an der Nordgrenze der Tropen ursprüng - lich, nämlich G. herbaceum in Indien, wo ihre Produkte dem klassischen Altertum durch den Feldzug Alexander des Grossen bekannt und später unter dem Namen Qutn oder Kutn = Coton durch die Araber westwärts verbreitet wurden, und G. arboreum wild in Oberguinea, Abessinien, Sennar und durch Kultur ebenfalls weiter verbreitet. Die Produkte der letzteren Art sind dem alten Aegypten, in welchem die Flachskultur herrschend war, als Wert - gegenstände bekannt geworden; dagegen ist jetzt G. her - baceum nach Amerika verpflanzt und soll dort in der südlichen Union die am häufigsten gebaute Art sein.
Auswahl der Litteratur. a) Systematische Floren: Humboldt, Bonpland, Kunth, Nova genera et species Plantar. Orbis Novi etc. 7 Bde., 1815 — 1825. Karsten, Florae Columbiae specim. selecta, Berlin 1858 — 1869. Weddell, Chloris andina, Paris 185551619. Tropisches Südamerika.bis 1857. Martius, Endlicher, Eichler & Urban, Flora brasiliensis, München 1840 (bis jetzt in über 100 Fascikeln mit über 3000 Tafeln, das grösste bis jetzt herausgegebene Florenwerk in Einzelmono - graphien der Familien). Sagot, Catalogue des pl. phanérog. et crypt. vasc. d. l. Guayane française, in Annales d. sc. natur. Bot. 6 Ser., X und folgd. Miquel, Stirpes Surinam. selectae, 1850. Micheli, Contributions à la Flore du Paraguay, 1883 (unvollendet).
b) Pflanzengeographie, Expeditionsberichte etc. (in der Reihenfolge der Vegetationsregionen): Thielmann, Vier Wege durch Amerika, 1879. Sievers, Sierra Nevada de Santa Marta, 1888, und Verh. Ges. Erdk. Berlin XIII, 399. Mathews, Höhen - grenzen der Kulturpflanzen in Bolivien etc., in Verh. Ges. Erdk. Berlin VII, 212. Berg, Physiognomy of Trop. Veget. in South - Amer. (Magdalena etc.) London 1854. Appun, Unter d. Tropen (Venezuela-Amazonas), Jena 1876. Ernst, Veget. d. Savanen von Caracas, in Gartenflora 1886, S. 313. Everard im Thurn, Roraima - Expedition. in Proc. R. Geogr. Soc., Aug. 1885; Botany in Transact. Linn. Soc. Bot., London 1887. Schomburgk, Reisen in Guiana und am Orinoko 1841; Fauna und Flora v. Brit. Guiana, Leipzig 1848; Botanical Reminiscenses in Brit-Guiana, Adelaide 1876.
Spix & Martius, Reise in Brasilien, 3 Bde. 1823 — 1831. Or - bigny, Voyage dans l’Amér. mérid. (Brésil-Pérou), Paris 1834 — 1847. Martius, Die Physiognomie des Pflanzenreichs in Brasilien, München 1824. Burmeister, Reise nach Brasilien (Rio und Minas) 1853 (Griseb. Ber. 1853, S. 31). Schwacke, Skizze d. Flora v. Manaos, im Jahrb. K. bot. Garten Berlin III, 224. — Hehl, Von den vegetabil. Schätzen Brasiliens u. seiner Bodenkultur, in Nova Acta Leop. Carol. Acad. Bd. XLIX, S. 171 (G. J., XIII, 347). Liais, Climats etc., Geographie botan. du Brésil, 1872. Hassler, Versuch einer Pflanzen - geogr. Brasiliens, Ref. siehe Geogr. Mittlgn. 1888, Litt. Nr. 459. Wells, Sketch of of the phys. geogr. of Brazil, in Proc. R. Geogr. Soc. 1886, S. 353, Karte; und Notes of a Journey, ebenda 1876, S. 308. — Warming, Excurs, aux montagnes du Brésil, Liège 1883. — Jhering, Z. Kenntnis d. Vegetat. d. südbrasil. Subregion, Aus - land 1887, S. 801. Lorentz, La vegetacion del Nordest. d. l. prov. Entre-Rios, Buenos Ayres 1878 (G. J., VIII, 267); Reiseskizzen aus d. Gran Chaco, Buenos Ayres 1877. Johnston, Notes on the phys. Geogr. of Paraguay, in Proc. Roy. Geogr. Soc., London 1876. S. 494. Niederlein, Y Guazu in d. Missiones, in Verh. Ges. Erdk. Berlin X. 348.
Vom 12° N. (in Centralamerika) durch das gesamte Brasilien, und mit drei vorgeschobenen subtropischen Vegetationsregionen im Gebiet der atlantischen Anden - gehängen bis 32° oder 33° S., ist dies die grösste aller mit reicher Tropenvegetation ausgerüsteten zusammen - hängenden Ländermassen. Nur die Hochgipfel der Anden517Litteratur. Florenreichsgrenzen.und die trockene Vegetationsregion der inneren Hoch - flächen derselben sind von einem abweichenden Elemente besiedelt, welches sich hauptsächlich an die südlicher ge - legene „ andine “Flora anschliesst, die ihrem Allgemein - verhalten nach subtropisch-austral ist; ebenso entbehrt das dem Aequator nahe gelegene Westgehänge der Anden, von der Bai von Guayaquil an südwärts, der Tropen - formationen und wird daher (analog der Kalahari-Vege - tationsregion) trotz ihrer tropischen Lage zu dem andinen Florenreich gezogen, welches sich hier in trockenheissen, niederschlagsarmen Ländern in hervorragenden xerophilen Beständen entwickelt hat.
Die Westgrenze des tropischen Südamerikas, welche hier als Florenreichsgrenze mit den selbstverständlichen Verbindungs - und Uebergangsgliedern verstanden ist, läuft daher von der Bai von Guayaquil über die Anden (mit Ausschluss der hochandinen Steppen in Ecuador und Colombia) bis zu den tropischen und subtropischen Wald - beständen an deren Osthange und folgt diesen etwa bis zur argentinischen Provinz Tucuman, von wo sie dem Gebiet des Rio Salado folgend ostwärts nach Parana läuft und durch Entre-Rios und das nördliche Uruguay zur brasilianischen Küste bei Porto Allegre. Diese Floren - reichsgrenze, welche in ihrer Bedeutung von Hieronymus (Bot. Ztg. 1888, S. 225) angegriffen wurde, ist eine von Engler ebenso dargestellte natürliche Scheidelinie, welche mit einer starken Faunengrenze bei Wallace ziemlich genau übereinstimmt. Auch Balls im folgenden Kapitel zu nennende wichtige floristische Arbeiten stimmen in ihrer Argumentation völlig damit überein. Es ist nicht nur, wie Hieronymus annimmt, eine Abgrenzung von Xerophilenvegetation gegenüber tropischen Formationen, obwohl ja die innigen Beziehungen der Systemklassen zu klimatischen Bezirken auch dieser Trennung Gewicht genug verleihen würden; auch das Innere von Brasilien besitzt weite Landstrecken mit trockenheissem Klima, aber in ihnen sind stets besonders acclimatisierte Arten der herrschenden echttropisch-amerikanischen Charakter - gattungen, z. B. Palmen wie Cocos, Copernicia, Diplo -51819. Tropisches Südamerika.themium, Attalea, zahlreicher Andromedeen etc., welche alle an der Westküste fehlen. — Wie man bei einem Ver - gleich von Köppens Wärmegürteln ersieht, fällt in das floristische „ tropische Südamerika “das ganze Gebiet des tropisch-klimatisierten Gürtels, nur die Hochanden und die Westküste bleiben davon in unmittelbarer Berührung der äquatorialen Breiten frei; nun aber lehnt sich der grösste Teil des subtropischen Gürtels vom brasiliani - schen Hochlande bis zum nördlichen Uruguay daran an, und diese floristische Grenzlinie hält hier ungefähr die Mitte zwischen dem Verlauf der 20°C. -Juliisotherme, welche aus dem Gebiet des oberen Ucayale im Bogen nach Rio de Janeiro hinzieht, und dem Verlauf der 20°C. - Januarisotherme, welche aus dem andinen Gebiet des Rio Colorado und Rio Negro im südlichen Argentinien zur Küste unter 43° S. verläuft. Aber südlich der 20°C. - Juliisotherme liegen auch hier nur solche Vegetations - regionen, welche als „ subtropische “und als mit einzelnen australischen Elementen (Araucaria!) gemischte den Ueber - gang zum „ australen “Südamerika vermitteln. Auch liegt dies ganze Gebiet noch innerhalb der 130 cm-Nieder - schlagskurve. Demnach gehört es botanisch zu der ersten und zweiten Abteilung der IV. Vegetationszone, und nur die südlich des Wendekreises gelegenen Regionen bilden die zweite Abteilung der V. Vegetationszone (siehe oben S. 88 — 90).
Während die gewaltigen Ketten der westlichen und östlichen Cordilleren mit ihren zerteilten Armen in Co - lombia den ersten und packendsten Grundton in der Ver - teilung der tropisch-südamerikanischen Vegetation her - vorrufen, wird durch das brasilianische Bergland ein zwar nicht so auffälliger, aber doch in seiner Rückwirkung auf die Niederschlagsverteilung erheblich wichtiger zweiter Scheidegrund gelegt. Wie Liais auseinandersetzt, bildet die Verlängerung der Serra Mantiqueira, dos Vertentes und Pireneos den Kamm des brasilianischen Centralplateaus, welcher westwärts in Boliviens Hochland ausläuft. Auf diese Weise wird südlich vom Aequator die Wirkung zunehmen - der Breite mit der steigenden Höhenwirkung bis zu dieser519Klimatische und orographische Gliederung.Kammlinie kombiniert und eine Reihe von Vegetationslinien werden sicherlich hierdurch zu einem raschen Ziele geführt. Denn das Amazonenstromthal in weitem Sinne hat den Allein - besitz vieler Gattungen und sehr vieler Arten aus den haupt - sächlich maßgebenden Tropenordnungen. Nun bringt es der Zusammenhang zwischen dem weiteren orographischen Aufbau südlich dieser Kammlinie und den Regenwinden mit sich, dass nur der Küstenstrich bis über Rio de Janeiro hinaus, nämlich nach Liais bis zur Bai von Pa - ranagua unter 25° S., ein mildes und äusserst frucht - bares Tropenklima besitzt, so dass hier eine Reihe von Gattungen des Amazonasgebietes wiederkehrt, welche im trockenen Innern fehlen. In letzterem herrschen anstatt der Tropenwälder Grassteppen und Grassavanen mit lichten Gebüschen, kleinen laubwechselnden oder immer - grün-hartbelaubten Baumbeständen und an Trockenheit gewöhnten Typen der Palmen, dazu eine Masse von Cacteen, die grösseren Bäume aus den Bombaceen und ähnlichen Savanen-Inquilinen. Die Busch - und Baum - bestände führen hier je nachdem die Bezeichnungen Ca - rascos oder Serrados, Capoës und Caatingas (vergl. oben S. 256 und 282). Und an dieses Innere lehnt sich dann südwärts abfallend die atlantische subtropische Ueber - gangsregion an, weit über den Wendekreis hinaus an den Läufen des Uruguay, Paraguay und mittleren Parana, welcher eine zweite eigenartige, subtropische Bergwald - region in der geographischen Breite beiderseits vom Wende - kreise am Osthange der Anden entspricht, im Anschluss an die Cinchonen-Bergwälder von Bolivien und Ecuador. Zwischen diesen beiden aber liegt die Gran Chaco-Region, welche Hieronymus als eine Uebergangsregion der bra - silianischen Subtropen zu den argentinischen, von Grise - bach als Chanarsteppe bezeichneten Espinarwaldungen an - sieht.
Diese Regionen sind in der amerikanischen Floren - karte (Berghaus’ physik. Atlas Nr. 50) auseinandergehalten, und an ihrer Bedeutung finde ich nichts zu ändern, ob - wohl ihre nach bestimmten einzelnen Vegetationslinien entworfenen Grenzen zumal um den Wendekreis und52019. Tropisches Südamerika.20° S. herum noch unklar aussehen. Es versteht sich von selbst, dass es auch nach Martius’ originalen Floren - karten von Brasilien neuer grundlegender pflanzengeo - graphischer Kartographien bedarf, welche im Lande selbst von hervorragenden Floristen entworfen werden müssen, um die vielleicht richtigen Grundlinien auf ein besseres Material zu stützen und auszufeilen. Folgendes ist die Uebersicht ihrer Anordnung:
1. Colombische Tropenregion (mit Einschluss des südlichen Centralamerikas), im andinen Berglande bis zu circa 1300 m Höhe hinauf (400 m höher hinauf ge - rechnet als die Tropenregion des Himalaya, was der äquatorialen Lage zuzuschreiben ist). Reiche Vegetation von Regenwäldern aus allen tropisch-amerikanischen Sippen, in den Palmen besonders durch die Steinnüsse liefernde Phytelephas charakterisiert (welche im Orinoko - Amazonasgebiet fehlt), das vermutliche Ursprungsland der Cocos nucifera, Heimat einer grossen Anzahl von Iriartea, Attalea (butyracea), Cocos-Arten der Gruppe Syagrus etc. Von Laubbäumen sind in der bisherigen Litteratur wenige als physiognomisch von besonders hoher Bedeutung her - vorgehoben; die Myrtaceen Couroupita nicaraguensis und guianensis kennzeichnet Orsted als solche, verbreitet von Nicaragua bis Cayenne und den Kariben.
2. Subtropische und gemäßigte Andenregion, das Bergland von 1300 m aufwärts bis zu den Páramo - formationen bei circa 3400 m Höhe umfassend, und die dritte Abteilung der IV. Vegetationszone darstellend. Diese wundervolle Vegetation und reiche Flora gliedert sich naturgemäß in mehrere Abteilungen: a) Obere Pal - men, Dickichte von Guadua (1200 — 1600 m), Farnwald. b) Cinchona-Region in nach Breiten verschiedener Höhe, meist um 2000 m oder höchstens bei 2500 m endend. c) Wachspalmen-Region: Ceroxylon Andicola, cerifera u. a. 1800 — 3000 m. d) Andesrosen-Region von Bejaria (2800 bis 3100 m in Verbindung mit der folgenden). e) Alpine Gesträuche von Buddleja, Baccharis, Barnadesia, Escal - lonia, Drimys, Podocarpus, 2800 — 3400 m; Grenze der521Colombia. Anden. Venezuela, Guyana.Gerstenkultur; zahlreiche alpine Staudenformationen. — Viel ärmer erscheinen die Gebirge von Venezuela.
2a. Die Páramo - und Pajonale-Vegetationsregion der Hochanden ist nur geographisch eng an die gemäßigte Region der äquatorialen Anden gebunden und gehört floristisch zu dem besonders in Bolivien breit entfalteten Hochanden-Steppen - element vom „ andinen “Florenreich, welches die tropischen Forma - tionen in Südamerika ablöst. Páramos nennt man um Bogota das Gebiet des unwirtbaren Hochgebirges, traurig-einförmiger als die schottischen Moore im Spätherbst, wo nach dem Verschwinden des Baum - und höheren Strauchwuchses noch der Frailejon: Espeletia grandiflora, corymbosa ausharrt, weisswollige Compositen mit anderen Gattungen (Culcitium, Werneria) systematisch wie physiognomisch vereinigt. Er löst die blütenreichen Alpenhöhen um Bogota, wo er ausnahmsweise in den Blütenflor der Alpen - stauden herabsteigt, wenige hundert Meter über der Stadt ab. Sein Gewebe ist so harzreich, dass es selbst in der Nässe Feuer fängt; sein Aussehen gleicht einer Zwergpalme mit graufilzigen Blättern. Pajonale heissen die mit den kreisrunden Büscheln eines gelb - grauen saftlosen Grases Stipa Ichu bedeckten Flächen, welche sich zwischen Baumgrenze und Schneelinie (4600 m, oder höchstens 4850 nach den höchsten Culcitium-Stauden am Pichincha beurteilt) durch die ganzen Hochketten von Ecuador ausdehnen. — Chuqui - raga und Polylepis bilden am Chimborazo in 3950 — 4250 m Höhe Zwergbäume; Bambusengesträuche der amerikanischen Gattung Chusquea sind bis 4580 m Höhe am Pichincha beobachtet. — Ueber den Endemismus in der Andenkette vergl. oben S. 140.
3. Savanenregion des Orinokogebietes, in Vene - zuela und Guyana. Dieselbe ist in ihren Gräser - und Baumbestandteilen durch Schomburgks Arbeiten zuerst ausführlicher bekannt geworden. Paspalum conjugatum, vaginatum, virgatum (als kräftigstes derselben fast 2 m hoch), Leptochloa virgata, Hymenachne amplexicaulis, viele Panicum -, Cyperus -, Kyllingia-Arten, Hypolytrum pungens mit Eriocauloneen bilden das Grasland, Bäume aus den Leguminosen (Swartzia), besonders aber die tro - pische Proteacee Roupala, ausserdem Humiriaceen, Tern - strömien schalten sich ein.
Die Entwickelungsweise und Anordnung der Vegetation in diesen Savanen vergl. oben, S. 296 — 297.
4. Die Hyläa-Vegetationsregion des Amazonas - Orinokogebiets. Als Martius seine geographische Karte von Brasilien (Fl. brasil., Tabulae physiognomicae) heraus -52219. Tropisches Südamerika.gab, bildete er aus Brasilien die 4 Regionen der Najaden (4), Dryaden (5), Hamadyraden (6) und Oreaden (7), welche dieser und den unter 5 — 7 folgenden Vegetations - regionen entsprechen und wahrscheinlich als sichere Grund - lage der Vegetationsgliederung Anerkennung behalten werden.
Hier, im Bereich der Najaden, ist nach Martius im Innern am Japura die Theobroma Cacao in natürlichen Waldbeständen; die Mauritia-Palmen ersetzen die fehlenden Sabaleen mit Fächer - blättern, Maximiliana, Attalea, Orbignya, Leopoldinia sind neben zahllosen Bactris, Astrocaryum und Geonoma die hauptsächlichen Charakterpalmen, zu denen im östlichen Teil merkwürdigerweise die afrikanische Raphia vinifera in einer Varietät sich gesellt; die Myrtacee Bertholletia excelsa liefert aus ihren kanonenkugelartigen Früchten die Paranüsse, die Seringueira-Bäume: Hevea brasiliensis (= Siphonia elastica) liefern den wichtigsten Exportgegenstand: das brasilianische Kautschuk; die Lagunen der Flüsse füllt stellen - weise mit mächtigen Rosetten schwimmend Victoria regia, ist aber wie manche andere ziemlich weit südwärts verbreitet.
5. Die ostbrasilianische Tropenwaldregion be - deckt den Osthang der durch mehr als 12 Breitengrade der Küste entlang ziehenden Serra do Mar in einem zusam - menhängenden Striche von vielen Tausenden von Quadrat - meilen und ist in derselben Zusammensetzung von Arten und Formationen im Bereich des San Francisco, auch sonst da, wo die Campos und Serrados südlich von der Hyläa fehlen, ausgebreitet.
Ihrer südlicheren Lage entsprechend, die bis über den Wende - kreis in einem schmalen Küstenbande herausgeht, ist diese „ all - gemeine Waldung “Matto Geral mit ihren „ jungfräulichen Wäldern “Matto virgem der zweite grosse brasilianische Waldkomplex, in dem die Mehrzahl der Amazonas-Typen in Repräsentativarten und in vermindertem Reichtum wiederkehrt; Region Nr. 4 ist der äqua - toriale, Nr. 5 der tropische Wald. Die Myrtacee Lecythis Ollaria, sehr viele Nutzholzbäume, unter ihnen das Brasil - oder Fernam - bukholz Caesalpinia echinata, Jacaranda, Machaerium firmum, noch alle wichtigen Palmengattungen: baumartige Geonoma-Arten (G. Pohliana, macroclona), Cocos (Syagrus), das stachelige Astrocaryum Ayri, dann von 200 — 300 m Höhe an grosse Baumfarne, Bestände von Alsophila armata in der Breite von Rio: das sind hier be - sonders charakteristische Formen.
6. Regengrüne Sertão-Caatinga-Region (Ha - madryaden);
523Amazonas-Gebiet. Brasilien.7. Brasilianische Campos-Region (Oreaden);
8. Obere brasilianische Barbacenien-Region (Oreaden). — Diese drei Vegetationsregionen bezeichnen das von den Tropenwaldungen im Norden und Osten um - rahmte Innere von Brasilien mit trockenem Klima und beschränkter Regenzeit, beeinflusst von der Bodengestal - tung und Bodenunterlage, unter der die Campos-Vegetation vorzüglich auf Thon - und Glimmerschiefer, Magneteisen - stein und roten Eisensteinflötzen ruht. Während die kühle Region 8 von etwa 1300 m an aufwärts zu rechnen ist, hängen R. 6 und 7 verwickelter zusammen, und es scheint einstweilen noch an geordnetem Material zu fehlen, um beide Regionen schärfer auseinander zu halten; doch gehört die als Sertão wegen ihrer dünnen Bevölkerung bezeichnete Region von Ceara-Pernambuco-Piauhy, dem nördlichen Goyaz und Matto-Grosso, zu dem heissen Tropenklima, die Campos-Region dagegen, welche von Minas Geraës bis São Paulo und im südlichen Goyaz herrscht, liegt schon an dessen Südrand.
Nach Liais’ Auseinandersetzungen scheint die Hamadryaden - region des Innern mit weiten offenen Feldern nördlich der Campos - Grasfluren zu beginnen, in denen Irideen, Compositen und besonders Boragineen-Heliotropieen den Teppich bilden und endlich letztere allein reiche Weidegründe liefern. Hier wächst an den Ufern kleiner Teiche und denen der Flüsse nördlich von 12° S. die schöne Carnauba-Palme Copernicia cerifera, welche merkwürdiger - weise weit südwärts nochmals im Gran Chaco wiederkehrt, aber in den Campos fehlt; nach ihr soll die Provinz Ceará den Namen führen. Noch imposanter sind die stellenweise auftretenden weiten Buriti-Palmenhaine von Mauritia vinifera und armata; im Kalk - Sertao von Bahia kommt Cocos coronata als eine der trockenen Jahreszeit in den lichten, blattwechselnden Caatingawäldern trefflich widerstehende hochstämmige Palme zwischen Cereus vor, Attalea compta und Bougainvillea treten in den besseren Waldungen auf. Dies alles bezeugt den voll tropischen Charakter, der in den nach Norden geöffneten Flussthälern sogleich mit Hyläatypus auftritt, und schon Martius setzt in seinen ersten Reiseberichten auseinander, dass diese nördlichen trockenen, sparsam mit Gras bekleideten Campos wesentlich in ihrer Florenphysiognomie von den Campos Geraës abweichen. Die Bäume und Sträucher fand er hier zahlreicher, oft ausgezeichnet durch grössere, harte, während der Dürre abfallende Blätter und darin den Caatingas ähnlich; er nennt als charakteristisch unter ihnen Hancornia speciosa, Simaruba52419. Tropisches Südamerika.antisyphilitica, Palicurea speciosa, Strychnos Pseudo-China etc.; auch die Gräser sind andere Arten.
Die Oreaden - (Campos -) Region besteht aus Savanen oder steppenartigen Gras-Fluren, mit Carascos (s. oben, S. 282), Capoës - oder Caatinga genannten Busch - und Waldbeständen; der Name „ Caatinga “- Wälder (s. oben S. 259) bezieht sich auf ihr Abwerfen des Laubes und ihren bedeutend niederen Wuchs. In den Campos selbst bedeckt den Boden (rötlichen Lehmgrund oder weissen Sand) ein Teppich graugrüner haariger Grasbüschel (Echinolaena scabra, Paspalum-Arten, Tristegis glutinosa = Capim mellado auf Eisen - stein) mit dem mannigfaltigsten Schmucke bunter Blumen; weit und breit kein hoher Baum, nur kleine Gebüsche, die sich in den Niederungen wie künstliche Gärten gruppieren oder malerisch an einzelne Felsmassen anlehnen. Die Büsche setzen sich aus Mal - pighiaceen, Banisteria, Erythroxylum, schlingenden Paullinien und Cassien bunt zusammen. Palmen sind hier selten und nur in Zwerg - formen aus der Tribus der Cocospalmen. — Der oberen Campos - region ausschliesslich eigen sind die Canella d’ Ema (Straussenfüsse), stämmige dichotomisch verästelte Liliaceen der Gattungen Vellosia und Barbacenia, mit oft fussdicken, nackten und durch die jähr - lichen Brände oberflächlich verkohlten Stämmen, an deren gabeligen Aesten Büschel langer steifer Blätter sitzen und grosse schönfarbige Blumen entspringen.
9. Die südbrasilianische Araucarien-Region ist die erste der subtropischen, die Provinzen Parana, St. Catharina, Rio Grande do Sul, Paraguay, Entre-Rios und das noch nicht mit Pampas bedeckte nördliche Uru - guay einnehmend, soweit als neben den Wäldern der schon im Innern von S. Paulo grosse Wälder ungemischter Art bildenden Araucaria brasiliana und den Gebüschen des Ilex paraguariensis = Cassine Congonha (Martius), dem Yerba-Maté oder Congonha-Theestrauch, noch dichte Haine der südlichsten Cocos-Arten, C. Yatai, Datil und australis zwischen den Grasfluren sich erheben; hier ist die Heimat der Fächerpalmen der Gattung Trithrinax.
Auch hier überziehen Grasfluren mit graugrünem Teppich den grössten Teil des Landes und werden von Gebüschen, Carrascos, und gesellschaftlichen Stauden unterbrochen, südwärts immer häu - figer, bis die australen Pampas in ihrer Waldlosigkeit zur Herr - schaft gelangen. Rhexia und Eriocaulon sind hier noch Charakter - gattungen.
Die Maté-Sträucher sollen von jeher zur Theebereitung im Gebrauche der Bewohner Brasiliens und Paraguays gewesen sein, aber von mehreren verschiedenen Arten herrühren; insofern ist Ilex paraguariensis als ein Kollektivbegriff aufzufassen (vergl. A. de525Paraguay. Nördliches Argentinien und Uruguay.Candolle, Ursprung der Kulturpflanzen, Anm. zu S. 167). Bei seiner Expedition nach den Missiones fand Niederlein grosse Bestände dieser Sträucher im Innern, aber nicht mehr solche von Araucaria (G. J., X, 197).
10. Die südliche subtropische und gemäßigte Andenregion von Tucuman und Tarija löst Region 2 etwa unter 19° S. ab und bedeckt, von den Höhen der andinen Punaregion (siehe das folgende Kapitel) an, den Osthang der Cordilleren entlang den Oberläufen des Pilco - mayo, Vermejo, Juramento und im Quellgebiet des Rio Dulce.
Sie ist von Lorentz in den „ Vegetationsverh. der argentinischen Republik “1876 zuerst ausreichend gekennzeichnet als ein reiches Waldland, in welchem viele Elemente mit Region 9 übereinstimmen, sehr viele Arten aber endemisch sind oder dem Andenzuge an sich angehören, daher auch mit den tropischen Anden gemeinsam sein können. a) Die unteren Formationen bis über 1000 m Höhe bilden die „ Montes subtropicos “in reicher Mannigfaltigkeit statt - licher Bäume mit dichten Kronen, aber dennoch reichem Unterholz, besonders durch die Leguminose Machaerium Tipa (= M. fertile), den Laurel Nectandra porphyria, den Nogal Juglans australis, auch durch die ostwärts verbreitete Cedrela brasiliensis charakterisiert; nach der Ebene zu schliessen diese „ Montes “mit den „ Parque “- Formationen von Grasfluren, Mimoseenbüschen und bunten Compo - siten, und hernach mit der „ Cebil-Acacien “- Formation von Piptadenia Cebil und der „ Quebracho-colorado “von Schinopsis (Quebrachia) Lorentzii ab. b) Die oberen Formationen werden von dem „ Pino “Podocarpus angustifolia, der Aliso-Erle (siehe oben S. 189), mit Sam - bucus Peruviana, Escallonien etc., und ziemlich scharf von diesen geschieden von der Quenoa, Polylepis racemosa, einer Rosacee von 6 m Höhe, gebildet, in Höhen von über 1000 m bis etwa 2400 m, wo diese alle von c) Alpenweiden bis über 3000 m Höhe mit reichem Blumenflor abgelöst werden. — Dann folgt die Puna; die Höhengrenzen aller erscheinen lokal unregelmäßig.
11. Zwischen beiden unter 9. und 10. skizzierten Vegetationsregionen schaltet sich endlich der subtropische Gran Chaco am Unterlauf der genannten Flüsse ein, ein Parkland mit wechselnden Gehölzen und Wiesenflächen, Schilfdickichten und gelegentlich Copernicia-Hainen. Die zu den Nyctagineen gehörige Gattung Bougainvillea, be - sonders der doppeltmannshohe Duragnello-Strauch B. praecox, wird von Lorentz als häufigster und am meisten charakteristischer Strauch dieser Zwischengliedsregion an - gegeben.
52619. Tropisches Südamerika.Werfen wir nach der Nennung der für die einzelnen Vege - tationsregionen besonders auffälligen Gattungen bezw. Arten noch einen kurzen Rückblick auf die in der tropisch-südamerika - nischen Flora in erster Linie charakteristischen Ord - nungen, so fallen neben Leguminosen, Myrtaceen, Rubiaceen (Cinchoneen!) besonders die Melastomaceen, Malpighiaceen, Euphor - biaceen und an vielen Stellen sogar die Solanaceen auf, neben denen die Palmen fast überall nebenher gehen. Sind diese Ord - nungen alle weiter verbreitet, so sind die Bromeliaceen, aus denen die Ananas stammt, die den Palmen ähnlichen Cyclanthaceen, unter denen Carludovica palmata als Stammpflanze der Panama-Hut - geflechte eine weitere Bedeutung hat, spezifisch amerikanisch und fast nur intratropisch, während die Cacteen allerdings in amerika - nischen Steppenlandschaften weit die Wendekreise überschreiten und jenseit des nördlichen vielleicht am meisten maßgebend für den Vegetationscharakter sind. Den Erstgenannten lassen sich einige kleinere Ordnungen anschliessen, die Vochysiaceen, Marc - graviaceen mit ihren merkwürdigen Sonnenschirm-Blütenstrahlen, die grössere Hälfte der sonst auch in Afrika heimischen Vellosia - ceen u. s. w. Die charakteristischen Palmen sind oben S. 177 bis 178 genannt. Merkwürdig erscheint dabei nur als Ausnahme der Beschränkung die Verbreitung von Elaeis guineensis in Afrika und Amerika gleichzeitig, während die Verbreitung der Cocos nucifera (von Centralamerika-Columbia aus?) erklärlicher ist.
Im Vergleich mit den indischen, in ihrer ganz anderen Art ebenso reichhaltigen Tropen vermissen wir z. B. die Dipterocarpaceen und alle Pandanus-Arten, auch hat Amerika dem dort in den Wäldern stattfindenden Auftreten zahlreicher Ficus-Arten nichts Aehnliches aus dieser Gruppe an die Seite zu stellen, obwohl Stämme von Urostigma in der Flora von Manaos mit unter den Riesen der Hyläa auftreten.
Zahlreiche Nutz - und Nahrungspflanzen haben noch heute ihr alleiniges Indigenat in diesem bedeutenden Florenreich oder sind aus ihm heraus durch menschliche Kultur, die alsdann immer eine tropische sein muss, zu einem weiteren Areal gelangt. Hehl’s Aufzählung der vegetabilischen Schätze Brasiliens ist fürwahr im stande, ein Bild von den Reichtümern dieser bunt belebten Länder zu entwerfen! — Allen Kulturpflanzen voran verdient wohl der Manioc - oder Cassavestrauch, Jatropha Manihot oder Manihot utilissima, als die Tapioca liefernde Pflanze aufgeführt zu werden; der Manioc ist schon lange in Afrika und Indien in weitere Kultur genommen, sein amerikanisches Indigenat aber unzweifelhaft. Weniger wichtig erscheinen die Yamsknollen, von denen Dioscorea527Maßgebende Ordnungen. Kulturpflanzen.triloba in Guyana wirklich wild, die anderen Arten aber aus Afrika oder Indien eingeführt zu sein scheinen. Die für Afrika und die europäische Oelversorgung so sehr wichtig gewordene Erdnuss, Arachis hypogaea, scheint mit Sicherheit brasilianisches Indigenat zu besitzen, obwohl ihr Areal seit lange ein sehr weites geworden ist. Keinen Zweifel bezüglich der Heimat haben wir von Theobroma Cacao (Theobroma silvestris die wilde Stammform mit kleineren Früchten) und Ananas sativus, welche vom nörd - lichen Brasilien bis zu den centralamerikanischen Staaten ursprüngliches Areal besitzen.
Auswahl der Litteratur. a) Systematische Floren: Gay, Flora Chilena, 8 Bde. in Historia fisica y polit. de Chile, Paris 1844 — 1854. Philippi, Catalogus Plantarum vascul. Chilen - sium, 1881. Miers, Illustrations of South-Amer. Plants, London 1846 — 1857. Grisebach, Plantae Lorentzianae und Symbolae ad Floram Argentinam, in Göttinger Abhandl. 1874 und 1879. Hiero - nymus, Icones et descriptiones plant. in republ. Argentina (im Er - scheinen); Cordoba 1885. Lorentz y Niederlein, Botanica de la Expedicion al Rio Negro, Patagonia; (Buenos Ayres 1881, Informe oficial).
b) Pflanzengeographie, Expeditionsberichte etc. Tschudi, Reisen d. Südamerika (Pampas-Hochanden in Bd. 4 u. 5, 1869). Darwin, Reise, und Journal of Researches 1843 nach Griseb. Ber. Fortschr. Pflanzengeogr. 1443, S. 67. Hooker, On the vegetation of the Galapagos Archipelago, Transact. Linn. Soc. London 1847. Andersson, Flora Insularum Galapagensium und Om Galapagos-Oearnes Vegetation, Stockholm 1857 — 1861 und 1854.
Hieronymus, Klimat. Verh. d. südl. Teile von Südamerika u. ihre Flora, in Ber. d. Schles. Ges. vaterl. Kultur 1884, S. 306 — 308. Engler, Vers. Entwickel. Pflanzenwelt, Bd. II, Cap. X (S. 230). Lorentz, Vegetationsverh. d. Argent. Republik, Buen. Ayres 1876.
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Güssfeldt, Reise in den Andes von Chile und Argentinien, 1888 (siehe Geogr. Mittlgn. 1888, Littb. Nr. 466, und Verh. Ges. 52820. Hochanden und australes Südamerika.Erdk. Berlin X, 409 — 434). Philippi, Veränder. in d. Flora von Chile, in Geogr. Mittlgn. 1886, S. 294, 326. Philippi, R. A., botan. Excurs in die Prov. Aconcagua, in Gartenflora 1883, S. 336; 1884, S. 11; und: Bemerk. ü. d. chilen. Prov. Arauco, in Geogr. Mittlgn. 1883, S. 453. Martin, Der Chonos-Archipel, in Geogr. Mittlgn. 1878, S. 461; Der patagon. Urwald, in Mittlgn. d. Ver. Erdk., Halle 1882, S. 88, und Geogr. Mittlgn. 1880, S. 165.
Niederlein, Südöstl. Pampa bis Rio Salado, in Zeitschr. Ges. Erdk. Berlin XVIII, 305 und XVI, 81. Ball, Contrib. to the Flora of N. Patagonia, in Journ. Linn. Soc., Bot. XXI, 203 (G. J., XI, 143).
Moseley, Juan Fernandez, in Notes by a Naturalist on the Chal - lenger, 1879; und Hemsley, Insular Floras (Challenger-Reports), Hariot, Plantes etc. du détroit de Magellan, in Bull. Soc. bot. de France 1884, S. 151 (G. J., XI, 143). Franchet, Mission scientifique au Cap. Horn, 1889. Berg, Naturhist. Reise nach Patagonien, Geogr. Mittlgn. 1875, vergl. auch „ Patagonien “in Geogr. Mittlgn. 1880, S. 48, und 1882, S. 41.
Es ist im vorigen Kapitel ausführlich der Grenz - bestimmungen zwischen der als höhere Einheit zu be - trachtenden amerikanischen Tropenflora und der austral - südamerikanischen gedacht worden, welche sich haupt - sächlich durch die von der Bai von Guayaquil über die Anden und an deren zum Atlantischen Ozean hingerich - teten Gehänge südwärts entlang zu der brasilianischen Araucarien-Region hinführende Scheide auszeichnet, indem sie den peruanischen Küstenstrich ausschliesst. Ein Blick auf unsere Karte mit Köppens Wärmegürteln belehrt uns, dass ausser diesem schmalen peruanischen Küstenstrich bis zum Wendekreise und ausser dem Mündungsgebiet des La Plata, woselbst noch subtropische Wärmegrade andauern, dies ganze weite südamerikanische Areal zu - nächst sommerheisses, dann winterkaltes und endlich die Südspitze sommerkühles Klima mit Winterkälte besitzt; der südliche Küstenstrich vom Kap Horn bis gegen den Chonosarchipel hin besitzt an der Westküste nur noch 10°C. Januarmittel, während unter gleicher Breite der atlantische Küstenstrich wärmer ist.
Die Winterkälten aber gehen, von den oberen Re - gionen der Anden abgesehen, nicht an die borealen nie - deren Kontinentaltemperaturen heran; nur im atlantischen Gehänge der Feuerlands-Bergketten wird die Juliisotherme von 0° erreicht, während die 10°C. -Juliisotherme etwa529Klima. Galapagos. Juan Fernandez. Südgrenze.unter 36° S. den Kontinent durchschneidet. Zu diesen Temperaturverschiedenheiten gesellt sich sodann der, eben - falls auf der Karte ausgedrückte starke Unterschied in der Niederschlagshöhe. An der Westküste Südamerikas liegt ein Maximum unter 3° oder 4° N. und sinkt wenige Grade südlich vom Aequator auf sehr geringe Beträge; hier herrschen die Garuas-Nebelbildungen. Vom Kap Blanco bis Copiapo, also auf etwa 23 Breitengrade, bleibt der dürre Charakter erhalten, und hieran nehmen auch die einen eigenen Bezirk bildenden Galapagosinseln mit ihrer gut geschilderten, merkwürdigen Flora Anteil (Griseb. V. d. E., II, 510; siehe oben S. 132. Dann beginnt im nördlichen Chile und südlichen Peru ein Som - mer - und Winterunterschied von etwa 5° Wärmemittel einzutreten. Etwas nördlich vom Wendekreise liegt das Maximum der Dürre, die Atacamawüste erzeugend, wäh - rend unter gleicher Breite am Osthange der Anden die subtropischen Wälder von Salta, Jujuy und Oran sich ausbreiten.
Nun nimmt der Regenreichtum südwärts an der West - küste wieder zu: bei 27° S. ist die Nordgrenze regelmäßiger Niederschläge, bei 30° S. beginnt Baumleben im For - mationsbestande, südlich 32½° S. beginnt geschlossener Wald, bei 35° S. ein reicher Wald im zunehmenden Regen, dessen zweites Maximum im Parallel von Chiloë liegt. Mit 44° S. hören die subtropisch-australen Cha - raktertypen auf, und hier kann man daher die Nord - grenze der engeren „ antarktischen Flora “festsetzen. In den Breiten der antarktischen Westküste aber haben pacifische und atlantische Gestade in der Höhe der Nieder - schläge und in der Gleichmäßigkeit der Temperatur die Rollen fortan ausgewechselt: die Ostküste ist dürr und hat kältere Winter.
Unter 34° S. noch zeigt die Insel Juan Fernandez nicht nur die gewöhnlichen Eigenschaften warmer ozeanischer Inseln, sondern auch systematische Verwandtschaft mit der feuchten Berg - region der Anden (siehe Griseb. V. d. E. II, 514; G. J., VIII, 265, und Hemsley, Insular Floras, und oben S. 132 — 133.
Hiernach lässt sich die in den folgenden 10 Haupt -Drude, Pflanzengeographie. 3453020. Hochanden und australes Südamerika.regionen ausgedrückte Gliederung der Vegetation des mittleren und südlichen Südamerikas leicht auf klima - tologischer Grundlage verstehen, indem alle Abteilungen der V. und VI. Vegetationszone (siehe S. 92 — 93) hier an - einander lagern, besiedelt von anderen Elementen als denen des neotropischen Florenreichs. Wie gewöhnlich wird auch hier durch die Sanftheit der Uebergänge an manchen Stellen eine Unbestimmtheit der Grenzen erzeugt. Es ist aber besonders zum weiteren Verständnis vorher noch nötig, der Sonderung des austral-amerikanischen Florenelements von dem antarktischen kurz zu ge - denken.
Wo immer nämlich die Tropenformationen mit ihren Charaktersippen an Palmen, Araceen, Bambusen, Clusia - ceen, Meliaceen, Lianen von Malpighiaceen, Bignonia - ceen etc. gegen Süden einen plötzlichen Abschluss finden, werden sie durch eine Xerophytenvegetation abgelöst, in welcher sich noch ein guter Teil der zugehörigen kon - tinentalen Gattungen aus den Tropen vorfindet (z. B. in Amerika Bromeliaceen), aber in neuen Gliedern und in ganz anderer Anordnung, z. B. als Dornbäume von Acacien, Ilicineen, Rhamnaceen, in Verbindung mit Staudensippen, welche in den Tropen fehlen oder selten sind, wie Ge - raniaceen, Umbelliferen etc. Dabei können auch einzelne Sippen die Tropen vom Norden nach dem Süden oder umgekehrt durchdringen. In allen diesen Stücken aber erscheint das australe Florenreich jedes Kontinents selb - ständig, also in Afrika, Australien und Südamerika je - weilig verschieden und nur durch nicht sehr zahlreiche ausgezeichnete Ordnungen, wie die Proteaceen sind, syste - matisch verbunden. Nach dem im Abschnitt III (S. 111) be - sprochenen de Candolleschen Gesetz, wonach die starken Systemsippen inhärente klimatische Charaktere haben, er - scheinen also die australen Floren als Ausscheideglieder der hinsichtlich ihres Ursprungs als älter vorausgesetzten Tropenfloren in nächster Nachbarschaft. Wo nun aber in regenreicher südlicher Breite, ungefähr von 40° S. an und in Gebirgen entsprechend nördlicher, auf die australe xerophile und warmgemäßigte Buschflora folgend eine neue531Absonderung der antarktischen Flora.immergrüne Waldvegetation aus den Tropen fehlenden Ordnungen, bez. Tribus und Charaktergattungen, auftritt, da zeigt sich trotz der grossen geographischen Entfernung zwischen den einzelnen Kontinenten eine gewisse Gemein - samkeit, welche zwar an die durchgreifende Verwandt - schaft der borealen Floren in Eichen, Fichten, Tannen, Rhododendron etc. nicht entfernt herangeht, aber welche doch in Hinsicht auf viele systematische Analogien und Verwandtschaften verdient, als Band eines neuen, zerstreut liegenden und daher locker zusammengefügten „ Antark - tischen Florenreichs “hervorgehoben zu werden. Dieses erstreckt sich gar nicht auf das südliche Afrika, dessen geographische Lage ungünstig für derartige Be - siedelung war; es findet seine stärkste Entwickelung an der südamerikanischen Westküste, zugleich aber im süd - lichen Neuseeland, wo es zusammen mit dem subtropisch - indischen Florenelement jenes herrliche, unter Kapitel 15 angedeutete Florengemisch erzeugt; weiterhin findet es sich in Tasmanien reichlich und in den australischen Alpen spärlich, sodann in verarmtem Formationsbestande auf den südlichen Inseln. Die Coniferen spielen unter den antarktischen Sippen wiederum eine hohe Rolle (vergl. oben S. 185 — 186), erreichen aber die südlichen Inseln nicht; von Cupuliferen sind die australen Buchen (Notho - fagus, siehe S. 190) überall charakteristisch und dringen auf den Gebirgen gegen die Subtropen vor; schlingende Liliaceen (Luzuriaga, siehe S. 209) bilden noch Lianen ganz anderer Formen als in den Tropen. Von hohem Interesse ist, dass hier mehrere der ausgezeichnetsten borealen Staudenordnungen wie Umbelliferen, Ranuncula - ceen, Cruciferen, in eine ähnliche Wichtigkeit eintreten, nachdem sie in den Tropen fast unterdrückt waren; Compositen mit Gramineen und Cyperaceen bilden Matten und hochalpine Formationen, und hier mischt sich in Südamerika das andine Element mit dem antarktischen. Auf den südamerikanischen Anden ist die Wiederkehr borealer Gattungen besonders gross; Valeriana, Saxifraga, Draba, Gentiana, Bartsia, Alchemilla und Astragalus wachsen hoch oben in Peru. So finden wir daher im53220. Hochanden und australes Südamerika.Süden eine entfernte Wiederkehr borealer Florenvertei - lungsverhältnisse, welche gewiss eine gute Beleuchtung zu den allgemeinen Klimawirkungen auf die Auswahl der für die Besetzung jedes Gebietes passendsten Sippen er - teilt, und wir sehen mit ihr den bedeutenden Rest tropi - scher Formationsbestände unter höheren südlichen Breiten schwinden.
Nunmehr wird der Sinn der folgenden Einteilung in Vegetationsregionen verständlich sein, von denen die drei letzten zum antarktischen Florenreich gehören und ihre Ausläufer bis in die Hochregionen der tropischen Anden ausdehnen.
1. Peruanische Küstensteppen und andine Vegetationsregion am Westgehänge der Cordilleren - kette und bis zu den inneren Steppenhochflächen der Anden. Sie zerfällt wesentlich in drei Höhenregionen, von denen a) die untere zwischen 10° — 14° S. nach Ball bis 2400 m Höhe reicht mit dürren Formationen und zu den, auf der Karte mit rotem Stern ausgezeichneten, direkt aus den Tropen sich ableitenden xerophilen Misch - gebieten gehört. Beispiele: Cereus peruvianus, Prosopis limensis, Acacia tortuosa. Dann folgt bis 3900 m oder sogar bis gegen 4000 m: b) die „ Cordilleraregion “mit gemäßigte Wärme liebenden amerikanischen Gattungen (Calceolaria, Alonsoa, Lupinus, Clematis, Echeveria, Nico - tiana etc.), und darauf endlich c) die alpine Cordilleren - formation, welche aber über der unter 4. zu nennen - den Punaregion nicht bei 4000 m, sondern dem rauhen Klima des Innenplateaus der Anden folgend schon bei 3650 m beginnt und bis zur Schneelinie, welche in diesen Breiten um 5000 m liegt, das Hochgebirge einnimmt.
Eine sehr gute Skizze der Uebereinanderfolge verschiedener Formationen von der Küste bei Lima bis hinauf zu der Cordillere um Chicla hat Ball (G. J., XI, 143, vergl. auch Englers botan. Jahrb. Syst. VII, Litt. S. 103) entworfen. Die mittlere Cordillera - region wird hier an ihrer unteren Grenze durch das bekannte Heliotropium peruvianum, und an ihrer oberen Grenze durch halb - strauchige Calceolarien (virgata, lobata, tenuis, ovata, bartsiaefolia) und grosse Hörste von Lupinus paniculatus bezeichnet, und zwar fand Ball diese obere Grenze viel höher, als sie früheren Reisenden zufolge hätte angenommen werden können und in Grisebachs533Cordillere von Peru. Atacama.V. d. E. angegeben ist. Denn sie sollte nach Humboldt bei 3300 m liegen, aber Ball befand sich in Chicla mit circa 3650 m Höhe noch mitten in der gemäßigten Region. Es mag wohl sein, dass die Höhengrenzen nach örtlichen Einflüssen nicht unerheblichen Schwankungen unterworfen sind, da sich aus den tropischen wie subtropischen Anden Südamerikas nicht selten verschiedene An - gaben gleich genau beobachtender Naturforscher vorfinden. Die Formationen selbst aber scheinen nach einzelnen Proben recht scharf voneinander geschieden zu sein; denn von 46 Arten, welche Ball damals in Eile in der alpinen Region zusammenraffte, hatte er nur 8 bei Chicla gleichzeitig gesammelt. Unter diesen alpinen Stauden und Halbsträuchern sind besonders Baccharis - und Senecio - arten mit Liabum und Chuquiraga charakteristisch, Saxifraga cordillerarum aus dieser arktisch-borealen Gattung!, Astragalus - Arten, Gentiana, Halenia, Valeriana und Relbunium, auch eine Castilleja und Bartsia, zahlreiche Gräser aus bekannten Gattungen: Poa, Festuca, Bromus, Deschampsia, Agrostis.
Schon oben (siehe Mexiko S. 505) wurde der Wich - tigkeit dieser peruanischen Region in Hinsicht auf die Heimat und Kulturverbreitung von Nahrungspflanzen gedacht. Abgesehen vom Mais sind einige Sorten von Bohnen erwähnenswert (Phaseolus lunatus, vulgaris), die hier ihr Indigenat zu haben scheinen; es sei bemerkt, dass die Mehrzahl der Arten dieser grossen Gattung Bra - silien bewohnt, dass aber auch die nordamerikanischen Subtropen ihre eigenen Arten ursprünglich besessen haben werden. In der oberen Andenregion liefert die Ordnung der Salsolaceen in Chenopodium Quinoa ein Samenmehl von Bedeutung.
2. Die Atacama-Wüstenregion, welche ihren Südrand bei Caldera (27° S.) erreicht, gehört zur ersten Abteilung der V. Vegetationszone. Sie setzt vielen tro - pischen Elementen an der dürren Westküste ein Ende und beschränkt die gemäßigte Cordilleraregion auf die - jenigen Breiten, welche an der Ostseite der Anden noch die volle Tropenentwickelung zeigen. In langen Zwischen - räumen treten Regenfälle ein, und eilig folgt ihnen auch hier das Erscheinen zahlreicher Blüten. Baumwuchs (Prosopis Siliquastrum, siehe Griseb. V. d. E., II, 406) ist auch hier nicht ausgeschlossen: Cristaria Spinolae, Teucrium-Arten an den Felsen, Rhamneen und Compo - siten (Baccharis Tola) sind charakteristisch.
53420. Hochanden und australes Südamerika.3. Die chilenische Uebergangs-Vegeta - tionsregion gehört zur dritten Abteilung der V. Vege - tationszone. Reich an endemischen Arten ist sie durch Grisebach (V. d. E., II, 442) sehr natürlich abgegrenzt und gekennzeichnet durch den Gegensatz zu den unter 34° S. ziemlich plötzlich beginnenden reichen südchileni - schen (valdivischen) Wäldern und durch die der nörd - licheren dürren Küste fehlenden Winterregen. Im Haupt - charakter der Vegetation ist sie den beiden vorigen ähnlich, (aus diesem Grunde, aber nicht sehr zweckmäßig, im physik. Atlas auf Florenkarte VII, mit diesen verschmol - zen), hat daher ärmlichen Baumwuchs, dornige Mimoseen und Rhamneen (Colletia) und ähnliche Formen; Quisco - Cacteen, die Puya-Bromelien (Cardones = P. coarctata) und die Cryptocarya Peumus werden als besonders auf - fällige Vegetationserscheinungen genannt.
Im Aconcaguagebiet hören nach Güssfeld mit 1200 m die Cereus-Quiscostämme und Kandelaber auf; an ihre Stelle tritt zu - nächst Colliguaya odorifera und der „ Olivillo “Aextoxicum penitatum, beides Euphorbiaceen. Bei 1500 m erscheinen die ersten Libocedrus chilensis-Nadelhölzer (bis 1650), bilden aber keine Bestände und be - zeichnen also hier das Eindringen der 8. Vegetationsregion. —
Auch die Cardones fehlen der Andenregion; ihr grotesker Ein - druck wird weniger durch die Laubrosette ihrer starren, stacheligen Schilfblätter hervorgebracht, als durch die hochaufspriessenden Blütenschäfte mit gelbem Blütenkopf und besonders durch die gewundenen, schenkeldicken, am Erdboden hinkriechenden Wurzel - stöcke, welche auch das chilenische Landschaftsbild von Kittlitz trefflich wiedergibt.
4. Andine Puna-Vegetationsregion (vergl. im vorigen Kapitel unter Region 2a). Dieselbe nimmt die weiten Steppenhochflächen zwischen der westlichen Cor - dillere und der östlichen Andenkette ein, besonders durch Stipa Ichu und Tola-Sträucher, Compositen der Gattung Lepidophyllum, charakterisiert (Grisebach V. d. E., II, 417 und Abh. S. 399). Südlich schliesst sie sich zwischen 28° S. und 35° S. an die antarktische Hochgebirgsregion und an die folgende (5) an.
5. Die argentinische Espinale-Region, wiederum zur ersten Abteilung der V. Vegetationszone gehörig, durch den Chañar-Strauch Gourliaea decorticans, Bulnesia535Chile. Puaregion. Argentinien.Retama, Mimoseen-Bäume in struppig-dornigen Waldungen niederer Holzarten mit kleinen oder sehr fein zerteilten, wenig Schatten gebenden Blättern ausgezeichnet, nimmt den zwischen den Pampas und Anden liegenden Teil Argentiniens ein und hat von Hieronymus diesen Namen an Stelle von Grisebachs Bezeichnung als Chanarsteppe erhalten.
Ueber den Charakter der Niederstrauch-Bestände vergleiche das oben, S. 283, nach Lorentz’ Skizzen darüber Angeführte.
In dieser Vegetationsregion sind auch gleichzeitig Halophyten - Bestände in reicher Mannigfaltigkeit und in allen Uebergängen zu nicht salzigen Sand - und Thonsteppen ausgebildet, von denen im fünften Abschnitt (S. 325) gleichfalls schon ein Charakterbeispiel angeführt ist.
6. Pampasregion des La Plata, die grossen zusammenhängenden Grasflächen des australen atlanti - schen Südamerikas, in denen der Reichtum an Grasarten aus Gattungen wie Melica, Stipa, Aristida, Pappophorum etc. bezüglich der hauptsächlich bestandbildenden Formen noch nicht gesichtet erscheint. Sie tritt als ein weiteres ty - pisches Glied der regenarmen ersten Abteilung von Vege - tationszone V auf.
7. Patagonische Geröllflächenregion, von den südlichen Espinale an das argentinische Patagonien zwi - schen der antarktischen Hochgebirgsregion und dem At - lantischen Ozean bedeckend.
Sie ist erst durch wenige Expeditionen und Sammlungen (zwischen Bahia Blanca und Chubut G. J., XI, 143, Roca G. J., IX, 199; Darwin, siehe Griseb. Ber. für 1843, S. 67 — 72; Berg) bekannt geworden, und auch dies fast nur an ihrer Nordgrenze, welche Ball bei 43 ½° S. an der Mündung des Chubut festgesetzt sehen will. Bei der Geringfügigkeit der Niederschläge, den niederen Sommertemperaturen und dem stärkeren Ausschlage der Jahres - zeiten wird hier das Maß der V. Zone überschritten und, ohne Veränderung des andinen Florencharakters, eine eigene Abteilung der antarktischen Vegetationszone (siehe oben S. 93, Abtlg. 2) er - zeugt. Die Flora ist sehr arm und besteht aus Gewächsen, welche auf trockenen, steinigen Flächen oder in den feuchten, besser ge - schützten Thalgründen zu gedeihen vermögen. Bei Santa Cruz (50° S.) sammelte Berg noch 60 Arten und bemerkt das Zurück - treten der Gräser. Chuquiraga erinacea und andere Compositen - gesträuche sind mit Plantago -, Verbena -, Acaena -, Margyricarpus - Arten charakteristisch; selten erheben sich Sträucher bis meterhoch,53620. Hochanden und australes Südamerika.das Blattwerk ist überall düstergrau, schön blühend fast nur Adesmia.
8. Valdivische Coniferenwaldregion. Diese eröffnet an der südamerikanischen Westküste das ant - arktische Florenreich und bildet, auch auf den Osthang der Anden übergreifend, dessen nördliche, reich zusam - mengesetzte Laub - und Nadelwaldformationen als vierte Abteilung der V. Zone, in welcher hier wiederum Lau - raceen und Monimiaceen (Persea, Peumus), Rosaceen (Eu - cryphia cordifolia), sogar ein Compositen-Baum Flotowia, Magnoliaceen (Drimys Winteri) mit immergrünen oder auch blattwechselnden Buchen (Fagus betuloides, Dombeyi, obliqua u. a.) und zahlreichen Nadelhölzern, welche oben (S. 186) genannt sind, sich mischen. Viele Gattungen sind mit Neuseeland gemeinschaftlich oder verwandt.
Die Heimat der Kartoffel. Bekanntlich hat Amerika bei allen seinen Reichtümern der Alten Welt doch verhältnismäßig wenig neue Kulturpflanzen geliefert. Ratzels „ Anthropogeographie “S. 367 behandelt dies Thema anregend, und F. Höck hat ihm eine eigene Abhandlung gewidmet (siehe G. J., XI, 111 und Geogr. Mittlgn. 1885, S. 33, Tabelle im Auszug). Um so wichtiger aber ist dies eine Kulturgewächs, dessen Ursprung hier zu besprechen ist, die Kartoffelknolle. A. de Candolle hat in seinen wieder - holten Arbeiten über die Kulturpflanzen das südliche Chile als Heimat angegeben und diese Ableitung auch in jüngster Zeit anderen gegenteiligen Behauptungen gegenüber, welche die Heimat nach Nordamerika verlegen oder sie auf andere Teile Südamerikas ausdehnen wollten, aufrecht erhalten. Einige seiner Angaben mögen hier wiederholt werden: Darwin fand die wilde Kartoffel im Chonos-Archipel auf den sandigen Gestaden, in grossen Massen und in kräftiger Vegetation, was der Feuchtigkeit des Klimas zu - geschrieben werden kann (bis 4′ hoch), wenngleich mit kleineren Knollen. Ein anderes Exemplar des Herbarium de Candolle, von Gay gesammelt, besitzt die Etikette „ im Centrum der Cordilleren von Talcague und Cauquenes, an Orten, welche nur von Botanikern und Geologen besucht werden “. Die dagegen erhobenen Einwände von Baker, welche A. de Candolle zu einer Revision seiner früheren Untersuchungen veranlassten (Geogr. Mittlgn. 1887, Litt. Ber. Nr. 413), begründeten sich auf die nahe Verwandtschaft des echten Solanum tuberosum mit anderen knollentragenden Solanum-Arten; es hat sich gezeigt, dass die nahe Verwandtschaft zwar besteht, dass aber so - wohl die in Peru als die in Arizona wild gesammelten Arten eine specifische Verschiedenheit besitzen, die hier, bei einer schon vor dem Bekanntwerden in Europa bestandenen Kultur von Bedeutung ist und zeigt, dass die Indianer (Peruaner) selbständig die Kultur537Valdivien. Patagonische Anden.der Kartoffel in die Hand genommen und von ihrer Urheimat aus nordwärts verbreitet haben.
9. Magellanische Buschwald-Vegetations - region. Die wärmer klimatisierten, den tropischen Re - präsentanten verwandten immergrünen Sippen der 8. Re - gion finden mit zunehmender Breite früher oder später ein Ende, und damit bleibt als Beginn der VI. Vegetations - zone ein verarmter Teil des antarktischen Florenreichs in Südamerika übrig, welchen diese neunte Region von etwa 46° S. an (Ball rechnet von 44° S.) zusammenfasst. — An der Magellanstrasse ist von Coniferen nur noch Libo - cedrus tetragona übrig, Fagus antarctica und betuloides bilden noch im Innern Wälder, an der Küste auf den Gebirgen niedere Gebüsche, deren torfiger Boden ausser - dem eine Reihe von Forstera -, Donatia -, Gunnera-Arten und Astelia pumila, Philesia buxifolia etc. trägt, auch noch Embothrium coccineum. Hier geht diese Region nur bis 550 m Höhe.
10. Die antarktische Hochgebirgsregion schliesslich ist vergleichbar dem arktischen Element, welches vom nördlichen Lappland aus Skandinavien durch - zieht und südwärts weiter den Gebirgen folgt, aber sie ist in ihrer Anordnung verändert durch das riesige Gebirge, welches in Südamerika den antarktisch-alpinen Forma - tionen zum Verbreitungswege offen steht. Im Feuerlande breitet sich dieses Florenelement von 550 — 1000 m, in Valdivien bis 2000 m, am Aconcagua bis 3000 m oder stellenweise bis gegen 4000 m aus: in diesen Höhen ist eine Adesmia mit kurzem Dorngezweig charakteristisch. Neben vielen borealen Gattungen (Ranunculaceen, Alsi - neen, Pinguicula etc.) sind gewisse antarktische Gattungen mit endemischen Arten, Azorella (= Bolax, Umbellifere), Acaena, die Ericacee Pernettya und Gräser (Poa flabellata, Hierochloa magellanica) charakteristisch.
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Ross, Voyage in the Southern and antarctic regions 1839 — 43 (Auckland, Campbell, u. a. I.). Kurtz, Flora d. Aucklands-Insel, in Verh. bot. Ver. Prov. Brandenbg., 29. Okt. 1875. — Kerguelens - Land, Natural History etc. 1874 — 75, London 1879; vergl. G. J., VIII, 264. Naumann & Studer, Botan. Beobacht. u. Samml. der Gazelle auf d. Kerguelen, in Zeitschr. Ges. Erdk. Berlin, XI, 94, Flora S. 126 — 131 und Verh. botan. Ver. Prov. Brandenbg., XVIII, 26. — Moseley, Flora of Marion-I., in Journ. Linn. Soc., London, XV, 481. Hooker, Phanerogams etc. of Amsterdam u. St. Paul, in Journ. Linn. Soc., Bot., XIV, 474 (Griseb. Abh. S. 554). Four - nier, Bescherelle, Nylander, Farne-Lichenen von St. Paul und Amster - dam, in Comptes rendus 1875 u. 1876 (G. J., VII, 227 — 228).
An die im vorigen Kapitel unter 9 und 10 genannten Vegetationsregionen schliessen sich die eigentlichen ant - arktischen Inseln hinsichtlich der auf ihnen vorwal - tenden Florenelemente eng an, obwohl sie sich, von Neu - seelands Anteil abgesehen, durch Waldlosigkeit erheblich von der Physiognomie der unteren Regionen des südwest - lichen Patagoniens unterscheiden: denn alle Inseln liegen südlich der Coniferengrenze, und die südlichste immer - grüne Buche sah Hooker auf der westlich vom Kap Horn gelegenen Hermite-Insel (Griseb., Ber. für 1843 S. 72). Es ist daher das Vorkommen dieser Bäume innerhalb des antarktischen Florenreichs auf das südwestliche Süd - amerika, ferner auf Neuseeland, Tasmanien und die australischen Alpen beschränkt, so dass sich ergibt, dass das antarktische Florenreich sich zonal in zwei, klima -539Litteratur. Waldgrenze. Klima.tisch sehr verschieden beanlagte Teile sondert: der in weniger hohen Breiten und über grosse Hauptinseln oder Festlandsstücke ausgedehnte Teil hat Waldungen, in wel - chen austral-subtropische Elemente sich mit den antark - tischen Sippen mischen, und bildet die erste Abteilung der VI. Vegetationszone (s. oben S. 93); der in höheren süd - lichen Breiten in kleinen zerstreuten Inseln über weite Ozeanflächen ausgedehnte Teil ist mit niederem Gehölz oder Gebüsch aus rein australen Sippen (Rubiaceen, Myr - taceen, Epacrideen, Araliaceen) bewaldet oder ganz wald - los, bildet als solcher die dritte Abteilung derselben Vege - tationszone und trägt die antarktische Staudenflora in einer den borealen Floren ähnlich werdenden Mischung, aber so, dass jede Inselgruppe ihre Eigentümlichkeiten bewahrt und vielerlei Endemismen noch auf kleinen In - seln sich zeigen. Die Verhältnisse des Nordens kehren also im Süden nicht wieder, und das antarktische Floren - reich beherrscht, gegenüber dem nordischen Florenreich mit dessen riesiger Ausdehnung, nur geringe und weit zerstreute Inseln mit Anschluss an einen, allein weit nach Süden vorgeschobenen Kontinent; auf diesem aller - dings hat das hervorragendste Gebirgssystem der Erde eine ungewöhnlich günstige Ausbreitung bis in die Tropen hinein und andererseits eine Mischung mit dem boreal - alpinen Florenelement, sowie mit den tropisch-australen Gebirgsformen gestattet.
Dem Klima nach fallen alle von der antarktischen Flora besetzten Räume, einschliesslich der Gebirge von Neuseeland und Tasmanien, in Köppens kalten und zum Teil in den polaren Wärmegürtel und liegen weit süd - lich der blauen Hauptlinie von 10°-Isotherme des kälte - sten Monats. Nur St. Paul und Neu-Amsterdam im süd - lichen indischen Ozean (38° — 39° S.) nicht; sie liegen im konstant-gemäßigten Gürtel und sind auch, wie wir sehen werden, zum Teil mit einem zu Tristan d’Acunha gehörenden, also austral-afrikanischen und nicht antark - tischen, Florenelement besetzt. Es ist bekannt, dass die Florenentwickelung auf den südlichen Inseln durch den sommerlichen Wärmemangel leidet: mit Ausnahme der54021. Antarktische Inseln.eben genannten St. Paul-Gruppe bewegt sich das Januar - mittel von 10°C. bis 5°C. abwärts. Der milde Winter, der nur für Südgeorgien (— 2°C. ) und die unbekannten südlichen Gletschergestade Julimittel unter Null aufweist, ist nicht im stande, diesen sommerlichen Wärmemangel auszugleichen; doch kann man es so verstehen, wenn verhältnismäßig viele australe Sippen, wie eine Myrtacee auf den Falklandsinseln (Myrtus nummularia), weit nach Süden gehen.
Die wichtigsten Inseln sind nun kurz zu betrachten; sie zerfallen 1. in die an das Feuerland am engsten an - geschlossene Falklandgruppe, 2. in die an Australien mit Tasmanien am engsten angeschlossene Süd-Neuseeland - Aucklandgruppe, 3. in die an Tristan d’Acunha ange - schlossene Amsterdamgruppe, welche nicht zum antarkti - schen Florenelement gehört, und 4. in die Kerguelengruppe. Das antarktische Florenreich umfasst also ausserhalb Süd - amerikas die Gruppen 1, 2 und 4, sowie ausserdem noch Gebirgselemente in Tasmanien und Südostaustralien.
1. Gruppe. Falklandinseln (Maluinen). Die Flora ist noch verhältnismäßig reich. Hemsley zählt 115, Crié dagegen zählt 135 Arten Blütenpflanzen, von denen 26 endemisch sind; die Kryptogamen sind wahr - scheinlich noch viel zahlreicher (bekannt sind 86 Farne und Moose, 173 Thallophyten). Einige niedere Sträucher bilden eine immergrüne, dichte Buschvegetation (Chilio - trichum amelloides, Pernettya empetrifolia); die berühm - testen Pflanzen aber sind die nicht endemischen Balsam - bog und Tussock-Grass.
Ersteres ist eine grosse, hügelartig gewölbte Rasen bildende Umbellifere: Bolax glebaria oder richtiger Azorella glebaria, welche ausser auf den Falklandinseln noch die südamerikanischen Anden bis zu 20° S. hinauf bewohnt. So dicht ist die torfige Masse von Zweigen, welche in weitem Umkreis zu je einer einzelnen Pflanze gehören, und so stark scheidet dieselbe Harz aus, dass bei Bou - gainvilles Expedition grosse Strecken der Insel durch sie unter Feuer gesetzt wurden und die Insel hernach Ile brûlée genannt wurde, um sie wegsam zu machen (vergl. Hooker in Hookers Journ. of Bot. VIII, 74, 1856); häufig wächst Empetrum rubrum in den Zweighöhlungen dieser harzigen Staudenmasse.
Das Tussock-Gras, Poa flabellata oder Dactylis caespitosa, ist541Falklandinseln. Südgeorgien. Neuseeland.von den Falklands nach Neu-Südgeorgien, Hermite-Insel, Magellan - strasse etc. verbreitet; es bildet mit seinen dicht verfilzten Wurzeln 1 — 2 m hohe, aufgerichtete Hügel, aus denen die dicht stehenden beblätterten Halme entspringen und einen Schopf breiter Schilf - blätter über den Wurzelstock herabhängen lassen. — Myrtus siehe oben, S. 198 — 199.
Südgeorgien. Die aus 13 Blütenpflanzen und vielen Kryptogamen bestehende Flora ist durch die deut - schen Forscher der Venusexpedition bekannt geworden; von den eben genannten Charakterpflanzen der Falklands ist Poa flabellata noch vorhanden, die übrigen fehlen. Dagegen sind von den 13 Arten Südgeorgiens fast alle zugleich auf den Falklands und 9 weiterhin nach Camp - bell, Kerguelen etc. verbreitet; eine Art, Juncus Novae Zeelandiae ist sonst nur neuseeländisch-alpin.
Die Gräser bilden die einzig bemerkenswerten Bestände der Blütenpflanzen, da ausser dem Tussock noch Aira antarctica Rasen auf sumpfigen Standorten bildet. Die Blütezeit begann im Jahre 1882 Anfang November und setzte sich bis zum Februar fort, der März deckte den Boden schon wieder mit grösseren Schneemassen (G. J., XIII, 349).
2. Gruppe. Es ist früher (Kap. 15, S. 491), bei Charakterisierung der neuseeländischen Flora hervor - gehoben, aus welchem interessanten Gemisch von Arten diese sich zusammensetzt; mag das Wesentliche in folgen - den Typen als Beispielen nochmals hervorgehoben werden: Die in Neuseeland und den Chathams-Inseln ihre Südgrenze findende Kentia sapida, die einzige einheimische Palme, gehört zu dem melanesischen Tropenelement der Flora und schliesst sich an andere Palmen der Norfolkgruppe, der Fidschi-Inseln, Nordaustraliens, Neuguineas etc. an, ebenso Dammara als Nadelholz. Die neuseeländischen Coniferen: Libocedrus Doniana, Podocarpus u. a. mit en - demischen Arten stellen Bestandteile der wärmeren Zone antarktischer Flora dar, mit verwandten Beziehungen sowohl zu Tasmanien als zu Valdivien; demselben Elemente ist Fagus Solandri zuzurechnen. Gräser dagegen, in den neuseeländischen Alpen bestandbildend, wie Hierochloa re - dolens, Agrostis antarctica, Deschampsia caespitosa, Carex trifida, Juncus Novae Zeelandiae und scheuchzerioides, Stauden wie Colobanthus subulatus, Oxalis magellanica,54221. Antarktische Inseln.Oreomyrrhis Colensoi (Umbellifere), Gunnera monoica u. a. gehören zu dem antarktischen Florenelement und sind in dem für dasselbe bezeichneten Umkreise in Neusee - land entweder in identischen oder in repräsentativen Arten mit den Feuerland-Anden und den antarktischen Inseln vertreten, nicht in endemischen Gattungen.
Die Gruppe für jede einzelne Art hinsichtlich dieser pflanzen - geographischen Analyse zu finden, ist selbstverständlich unmög - lich, aber das Prinzip ist festzuhalten. Voraussichtlich wird ein aufmerksameres Studium der neuseeländischen Formationen diese Scheidung unterstützen, und in schwächerem Maße wird sich die - selbe Untersuchung auf die Gipfel Tasmaniens und der australi - schen Alpen ausdehnen lassen (vergl. Engler im Versuch Entwickl. Pflanzenwelt, Bd. II, Kap. 3 mit ausführlicher Pflanzenliste für Neuseeland).
Hinsichtlich der Regionshöhen, in denen sich der austral-ant - arktische, der valdivischen Region Südamerikas entsprechende Waldgürtel von den rein antarktischen Busch - und Staudenforma - tionen der oberen Alpengelände scheidet, liegen nicht wenige Messungen vor, die aber noch nicht einheitlich von den Landes - kundigen verarbeitet sind. Am Mt. Egmont hört der Waldgürtel mit Libocedrus Doniana bei 1000 m auf, darauf beginnen Gesträuche holziger Compositen: Senecio elaeagnifolius und Olearia nitida; 500 m höher herrscht nur noch Staudenvegetation mit Gräsern (Poa foliosa). In der Provinz Marlborough reicht die Waldregion (vorherrschend Fagus Solandri) bis 1200 oder stellenweise bis gegen 1500 m, worauf der alpine Staudengürtel folgt, bei 2000 m nur noch aus Cotula coronopifolia bestehend; auch die Grasformationen machen denselben Wechsel durch, denn 10 bestandbildende Arten der unteren, wärmeren Weiden erreichen alle unterhalb 1000 m ihre Höhengrenze.
An dem 3764 m hohen Mt. Cook fand Green den Schluss der Vegetation mit circa 2000 m gebildet von Haastia, Gnaphalium, Ranunculus Lyallii, dann Lichenen-Formationen. — Kerry-Nicholls fand als höchste Blütenpflanzen am Ruapehu Ligusticum aroma - ticum und Gnaphalium bellidioides 2130 m hoch.
Auckland-Inseln. Diese Eilande sind zuerst durch Hooker auf der berühmten Ross-Expedition im Jahre 1840 floristisch erforscht. Da auch die höchste Spitze, Mt. Eden, bei einer Erhebung von nur 400 m nicht in die Schneeregion aufsteigt, und da die Berge abgerundete Kuppen besitzen, so bedeckt ein grüner Teppich das ganze Land; niedriger Wald umgürtet die Küsten, auf ihn folgt ein breiter Gürtel von Gebüsch, auf dieses Al - penmatten an den Kuppen hinauf.
543Auckland -, Campbell -, Macquarie-Insel.Der Buschwald, dessen knorriges Astgewirr leuchtend grüne Farne mit hier und auf der Campbellinsel am weitesten gen Süden vorgestreckten baumartig sich erhebenden Arten (Aspidium venu - stum bis gegen 1 m hoch) schirmt, besteht nur aus 5 Bäumen niederster Höhe: Metrosideros lucida, Dracophyllum longifolium (Epacridee), Panax simplex, Veronica elliptica und Coprosma foe - tidissima. Dem südlichen Charakter entsprechend sind alle diese Bäumchen immergrün.
Auf den blütenreichen Bergmatten sind sowohl antarktische als boreal-alpine Gattungen zu finden; die schönste Zier bildet eine Li - liacee: Bulbinella (Chrysobactron) Rossii mit spannenlangen golde - nen Blütentrauben; Compositen mit Aster-ähnlichen Blütenköpfen (Pleurophyllum, Celmisia) und die den Europäern vertrauten Reprä - sentanten von alpinen Ranunculus, Cardamine, Geranium, Epilobium, Myosotis, Gentiana sind dort gesellig. Die Flora zählt etwa 85 Arten Gefässpflanzen, darunter 8 endemische. Die wild umher - laufenden Schweine nähren sich hauptsächlich von Pleurophyllum criniferum und einer interessanten Aralia-Art (A. polaris) mit riesigen Dolden und tiefgrünen, fast einen halben Meter im Durch - messer haltenden rundlichen Blättern.
Campbell-Insel. Unter kaum 53° s. B. macht sich hier eine ärmliche Entfaltung der Vegetation geltend, die aber noch immer aus 61 Arten, darunter 3 ende - mische, an Blütenpflanzen besteht. Der aus einigen Arten der Auckland-Insel gebildete Holzwuchs ist noch viel niedriger als dort und sucht geschützte Plätze; erst die Häfen eröffnen dem Auge des Reisenden erfreuliche grüne Bodendecken, während die Felsen von weitem kahl er - scheinen und auf ihren bis gegen 500 m ansteigenden Höhen ausser von spärlichen Gräsern nur von Moosen und Lichenen gesellig besetzt sind. Aber unten wechseln mit dem niederen Gebüsch antarktische Alpenmatten, Wiesen mit zahlreich eingestreuten schön blühenden Stau - den. Das oben erwähnte Chrysobactron Rossii fand Hooker als die vorherrschende Art an vielen Stellen, so dass dort der grüne Rasen aus weiter Ferne gesehen durch ihre Blüten die Farbe in Goldgelb wechselte.
Tonangebende Gattungen sind ausserdem Myosotis, Ranun - culus, Sieversia, Stellaria von Stauden, Trisetum, Hierochloa, Lu - zula und Juncus von Gräsern und Binsen.
Macquarie-Insel. Dieselbe zählt 16 Arten von Blütenpflanzen in 13 Gattungen, dazu 23 bis jetzt be - kannte Kryptogamen, kommt also in der Armut mit Süd -54421. Antarktische Inseln.georgien überein. Der Verwandtschaft nach gehört auch diese Flora entschieden zu der neuseeländisch-antarkti - schen, besitzt aber in der Umbellifere Azorella Selago eine mit Kerguelen und gleichzeitig dem Feuerlande ge - meinsame, der Neuseelandgruppe sonst fehlende Cha - rakterart. —
In dem Meridian dieser antarktischen Inseln liegt zwischen 70° und 80° S. das ferne Viktoria-Land, aber es erscheint als eine vegetationslose Eiswüste, trotz der berühmten feuerspeienden Berge und der durch sie in weitem Umkreis erzeugten Wärme. Doch daran ist wohl kaum zu zweifeln, dass bei einer künftigen Landung wenigstens Flechten und wohl ebenso wahrscheinlich Moose aufzufinden sein werden, selbst wenn die Meinung der ersten Entdecker in Bezug auf das gänzliche Fehlen der Blütenpflanzen zu Recht bestehen bleiben wird.
3. Gruppe. Die Insel Neu-Amsterdam unter 38° S. zählt unter 16 Blütenpflanzen 4 endemische Arten, die Insel St. Paul unter 39° S. von 10 Blütenpflanzen 3 endemische Arten (stets nach Abzug eingeführter euro - päischer Unkräuter). Amsterdam aber besitzt allein einen Buschwald, gebildet von Phylica arborea, einer von Tristan d’Acunha durch die Meeresströmungen herübergetragenen, sonst auf dieser südafrikanischen Insel endemischen Rham - nacee aus einer südafrikanischen Gattung. Das Problem dieser Einwanderung von einer um fast genau 90 Längen - grade entfernten ozeanischen Insel hat die Pflanzengeographie nach Hookers Veröffentlichung 1874 lange beschäftigt und ist wegen seiner auf die einheitliche Artentstehung und Wanderungsmöglichkeit bezüglichen Bedeutung sehr wert - voll. Denn auch eine zweite häufige Formationsart, Spartina arundinacea, ist auf Tristan d’Acunha einheimisch. Dieses Gras ist auch nach St. Paul gelangt, wo es mit Poa Novarae und Scirpus nodosus die Rasenformationen bildet; 4 Farne und 1 Lycopodium vervollständigen die geringe Zahl der 15 Gefässpflanzen.
Nach diesen Anführungen gehört die Flora dieser beiden Inseln nicht zum Charakter des antarktischen Florenreichs, und sie sind auch nur wegen ihrer geographischen Lage in diesem545Amsterdam-I., St. Paul. Kerguelengruppe.Kapitel als besondere Gruppe aufgeführt. Die folgende letzte Gruppe dagegen zeigt die Eigentümlichkeiten antarktischer Inseln fern von Kontinenten und kontinentalen Inseln.
4. Gruppe. Kerguelensland. Unter 49° S. gelegen, besitzt diese grössere Insel doch nur 21 Arten von Blütenpflanzen in 18 Gattungen; 1 Gattung und 3 Arten sind endemisch. Es ist aber richtiger, die Gruppe von Kerguelen, Marion, Crozet - und der Heard-Insel (Mac - donald-I. ) in eine Einheit zusammenzufassen, welche als - dann ohne Vermehrung der eben für Kerguelensland angegebenen Totalzahlen (21 Arten) 2 Gattungen und 6 Arten endemisch besitzt, von denen die berühmteste der Kerguelenkohl, die Crucifere Pringlea antiscorbutica mit langen Blütentrauben darstellt. Diese Art findet sich auch auf der Heardinsel, obgleich es dort viel kälter ist und im Winter vier Monate lang Schnee liegt. Die Marion - insel hat 9 Blütenpflanzen, als gemeinste die dicke Polster bildende Azorella Selago und Acaena adscendens, Pringlea antiscorbutica seltener als auf Kerguelen; schon unterhalb 500 m verschwindet nach Moseleys Darstellung hier die Phanerogamenvegetation (G. J., VII, 229).
Die Flora und Vegetation von Kerguelensland ist in jüngerer Zeit durch die Gazellen - und die englische Venusexpedition gut bekannt geworden (vergl. G. J., VII, 228 und VIII, 264). Die schroff mit unzähligen Fjorden aus dem Meere bis gegen 1000 m Höhe ansteigenden Basaltmassen zeigen meist nacktes Gestein; nur in den geschützteren Thälern an den vom Westwinde abgewende - ten Gehängen bildet wiederum Azorella Selago zusammen mit Pringlea und Ranunculus crassipes, R. Moseleyi, trullifolius, torf - moosartige Rasen. Ende Oktober beginnt die Blütezeit der meisten Pflanzen, wo aber die Schneelinie noch bis 300 — 500 m hoch sich erstreckt; im Januar rückt die Schneegrenze bis 600 m, schliess - lich bis 900 m in die Höhe, so dass nur noch die höchsten Kämme und Zacken schneebedeckt bleiben; daher hat sich auch Pringlea über 700 m hoch am Mt. Crozier wachsend gefunden, höher als jede andere Blütenpflanze. — Der Kerguelenkohl steht im System ziemlich vereinzelt und deutet keine näheren Beziehungen an; die andere endemische Gattung aber, die Alsinee Lyallia (kerguelensis), ist mit einer die Anden bewohnenden verwandt, auch sind die übrigen endemischen Arten mit südamerikanischen systematisch verwandt und eine Reihe anderer mit Feuerlandsarten identisch, so dass auch hier der Begriff der weite Meeresräume umfassenden antarktischen Flora klar hervortritt.
Drude, Pflanzengeographie. 35In scharfem Gegensatze zu allen Landfloren, ja auch zu allen Binnengewässern, deren charakteristische Bestände aus Sumpfpflanzen oder schwimmenden Blütenpflanzen gebildet sind, welche an dem besonderen Charakter jedes Florenreiches direkten Anteil nehmen und zu denen sich ein artenreiches Beigemisch von chlorophyllgrünen Süss - wasseralgen in geringen Grössenverhältnissen gesellt, stehen alle Ozeane mit ihrer durchaus neue Formen bieten - den und neue Lebensbedingungen entwickelnden Flora von Seetangen und Seegräsern. Diese fasse ich als das „ ozeanische Florenreich “zusammen, indem ich damit den Begriff „ ozeanisch “etwas anders und enger mit dem Wesen des Meeres verbunden auffasse, als es in der Ver - wendung der Begriffe „ ozeanischer Inseln “geschieht.
Das Leben des Meeres, die Bedingungen der Ver - breitung seiner Organismen und die faktisch vollzogene Verbreitung derselben sind jüngere Zweige der Forschung. Viel ist auf diesem Gebiete durch rege Arbeit in Europa und Nordamerika an festen Küstenplätzen, unter denen naturgemäß einzelne marine Stationen wie Neapel, Triest, Cherbourg und Kiel einen hervorragenden Platz einneh - men, geschehen, und viele bedeutende Expeditionen haben im hohen Norden wie im antarktischen Inselreich und beim Durchqueren der Weltmeere hier ihre schönsten Re - sultate erzielt. Dennoch bringt es die Unübersichtlichkeit der Anordnung der Organismen im Meere mit sich, dass ganz neue Methoden der Forschung haben erfunden wer - den müssen und dass trotzdem in den Totalverhältnissen der Verbreitung noch viele Unklarheiten bestehen, welche hinsichtlich der Landfloren längst überwunden sind. So ist es innerhalb der Tropen besonders noch ungewiss, inwieweit die einander gegenüberliegenden Küsten ver - schiedener Kontinente, wie z. B. die brasilianischen Ge -547Standpunkt der Forschung. Litteratur.stade und Guinea, eine Verschiedenheit durchgreifender Art in ihren Algenformationen besitzen, oder ob nicht vielleicht überhaupt die tropischen Weltmeerküsten ein ziemlich einheitliches Gepräge besitzen. Es fehlt ja auch an der durchgreifenden Mannigfaltigkeit der Sippen, welche derartige Studien in den Landfloren so leicht machen und anschaulich darzustellen gestatten, da See - tange überall die Hauptformationen bilden und ihr For - menkreis mehr von Spezialisten in der Algologie beherrscht wird, als dass er sich schon zum Gemeingut der geo - graphischen Biologen ausgebildet hätte, hinter denen eine grosse Masse tüchtiger Mitarbeiter steht.
Es beschränkt sich daher hier unsere Aufgabe auf die Darlegung der wesentlichsten Prinzipien der Forma - tionsbildung und der geographischen Verteilungsweise der Meerespflanzen.
Auswahl der Litteratur. a) Allgemeine Bearbeitungen: Lamouroux, Géogr. d. plantes marines, in Annales Sc. natur. Bot. VII, 60 (1826). Schleiden, Das Meer, 3. Auflage von Dr. E. Voges, Braunschweig 1888. (In diesem Werke findet der mit den See - tangen unbekannte Leser in populärer Form eine anziehend ge - schriebene Einführung in deren Formenkreise und Biologie, unter besonderer Betonung der Abhängigkeit von den Tiefen - und Boden - verhältnissen der ozeanischen Küsten.) Drude, Florenreiche d. Erde, 1884, S. 21 und 39 — 43; Pflanzengeographie in Neumayers Anleitung zu wissensch. Beob. auf Reisen, 2. Ausg, II, 180 — 184.
Ascherson, Geogr. Verbreitg. d. Seegräser, in Geogr. Mittlgn. 1871, S. 241 mit Taf. 13, ferner in Annalen der Hydrographie u. marit. Meteorol. 1876, S. 119, und in Neumayers Anleitung zu wiss. Beob. auf Reisen, 1. Ausg., S. 358 — 373, 2. Ausg., II, 191 bis 212; vergl. auch Actes du Congrès Amsterdam 1877, in Botan. Ztg. 1880, S. 305 etc. (G. J., VII, 172 und VIII, 226). Piccone, Prime linee per una geografia algologica marina, siehe Botan. Jahrb. Syst. Bd. V, Litt. S. 34. Kny, Methoden zur Messung der Tiefe, bis zu welcher Lichtstr. in d. Meerw. eindringen, Botan. Ztg. 1878, S. 302. Fuchs, Einfluss des Lichtes etc., siehe G. J., X, 154.
b) Spezielle Floren und Pflanzengeographie: Kjellman, The Algae of the Artic Sea, in K. Svenska Vetensk. Akad. Handlingar mit 31 Taf. in 4°, 1883 (G. J., XI, 144). Merrifield, Arctic marine vegetation in Nature, XII, 55 (1875). Dall, Arctic marine vegetation in Nature XII, 166 (1875). Farlow, Notes on Artic Algae, in Proc. Amer. Ac. 1886. Kjellman, Die winterl. Algenvegetation d. Mossel - bay, Spitzbergen 1872 — 73, in Bot. Zeitg. 1875, S. 771; Om Spets - bergens marina Thallophyter in K. Svenska Vetensk. Akad. Hand -548Ozeanisches Florenreich.lingar XVII; Bihang IV, Heft 1; Ueber d. Algenvegetation d. Murmanschen Meeres von Nowaja Semlja und Wajgatsch, in Nova Acta Reg. Soc. Upsal. 1877. Wille & Kolderup Rosenvinge, Alger fra Nowaja-Zemlia in Dijmphna-Exped. 1882 — 83, Kopenh. 1885. Kjellman, Algvegetationen i det Sibiriska Ishafvet, in Vega-Exped. Vetensk. Arb. I, 225, und Nature XXII, 376, und Oefvers K. Vet. Akad. Förhandl. 1879.
Strömfelt, Om Algvegetationen vid Islands Kuster, Göteborg 1886. Rattray, The distribution of marine Algae of the Firth of Forth, in Transact. botan. Soc. Edinburgh XVI. Gobi, Algen - flora d. Weissen Meeres etc. in Mémoires Acad. imp. St. Péters - bourg 7. Ser., XXVI, Nr. 1, 1878 (G. J., IX, 208). Braun, Phy - sik. u. biolog. Unters. im westl. Teil d. Finn. Meerbusens, im Archiv f. Naturk. Liv -, Esth - u. Kurlands X, 1, 1884. Kjellman, Algenregionen und Algenformationen im östl. Skagerrack, Bihang till K. Svenska Akad. Handl., Bd. IV, Heft 1, 1877. Lakowitz, Vegetation d. Ostsee etc., in Schriften d. naturf. Ges. Danzig 1888. Ackermann, Phys. Verh. d. Ostsee, 1885. Reinke, Atlas deutscher Meeresalgen, Berlin 1889 (Fol., im Erscheinen); Ueb. d. Vegeta - tionsverh. in d. deutschen Bucht d. Nordsee, in Ber. deutsch. bot. Gesellsch. 1889, S. 367; Algenflora d. westl. Ostsee deutschen An - teils, mit Karte, Kiel 1889.
Farlow, List of the marine Algae of the United St., in Amer. Journ. of arts and sciences 1875, S. 351. Kjellman & Petersen, Om Japans Laminariaceer, in Vega-Exped. vetensk. Jakttag. IV, 259.
Hauck, Algenflora in Rabenhorsts Deutschlands Kryptogamen - flora (einschl. Istrien). Lorentz, Physik. Verh. und Verteil. d. Or - ganismen im quarnerischen Golfe, 1863. Falkenberg, Meeresalgen d. Golfes v. Neapel, in Mitteil. d. zool. Station I, 218. Berthold, Verteilg. d. Algen im Golf v. Neapel, in Mittlgn. d. zool. Station III, 393.
Kuntze, Dr. O., Ueber das Sargassomeer, in Mittlgn. d. Vereins Erdk., Leipzig 1880, S. 14; Revision von Sargassum u. d. sog. Sargassomeers, in Botan. Jahrb. Syst. I, 191.
Hauck, Meeresalgen von Puerto-Rico, in Botan. Jahrb. Syst. IX, 457 (hebt die merkwürdige Uebereinstimmung dieser Flora mit dem Roten Meere hervor). Im übrigen beschränken sich die Arbeiten über tropische und australe Meeresfloren fast nur auf die Bestimmung der Arten und deren botanische Beschreibung, so dass ihre Anführung an dieser Stelle weniger passend erscheint.
Von neuer Bedeutung werden dann schliesslich die algolo - gischen Untersuchungen aus dem hohen Ozean, von denen nur hin - gewiesen sein mag auf Krümmel und Brandt, Die Plankton-Expe - dition 1889, in Verh. Ges. Erdk. Berlin, XVI, 502, 515 (1889).
Formen und Lebensbedingungen der ozeani - schen Vegetation. Wie schon hervorgehoben, sind nur zwei Hauptabteilungen des Pflanzenreiches an dem549Litteratur. — Vegetationszusammenhang.Leben der Meere beteiligt, die Seegräser und Tange. Die Seegräser gehören mit 27, durch Ascherson (l. c.) ausführlich gekennzeichneten Arten zu zwei monokotylen Ordnungen, den Hydrocharitineen und den Potameen oder Najadineen, welche einander so ähnliche Formen im Ozean bilden, dass vielfältige Verwechslungen zwischen den Gat - tungen und Arten vorgekommen sind.
„ Die grosse Mehrzahl besitzt schmale, grasartige, ungestielt auf meist langen Scheiden stehende Blätter, wie unser bekanntes nordeuropäisches Matratzenseegras Zostera marina, dem auch die meisten Seegräser durch ihren mit verlängerten Gliedern kriechen - den Wurzelstock gleichen, vermöge dessen sie oft weite Strecken des Meeresbodens wiesenartig überziehen. Eine Ausnahme machen nur die Arten der Gattung Posidonia und Phyllospadix; bei P. oceanica des Mittelmeeres erscheinen die massigen, rasenähnlichen Verzweigungen des Rhizoms besonders geeignet, die Pflanze auch auf steinigem Grunde festzuhalten. Von der grasähnlichen Blatt - bildung weichen nur Cymodocea isoëtifolia und C. manatorum durch ihre stielrunden binsenähnlichen, sowie die Halophila-Arten durch ihre breiten, rundlich-eiförmigen oder länglichen, meist in einen Stiel verschmälerten Blätter ab “(Aschers. in Neumayers Anl. II, 191).
Diese Seegräser sind ubiquitär in den seichten Meeren an Festlands - und Inselküsten, mit Ausschluss der arkti - schen und antarktischen Gestade; sie gehören zu der unteren Litoralregion und hören nach Ascherson in der Regel bei 10 m Tiefe auf, zeichnen sich hier vor den Algen durch Bevorzugung eines schlammigen und san - digen Grundes aus, wo sie eigene unterseeische Wiesen bilden und auf ihren Blättern zahlreichen kleinen Algen eine Heimstätte bieten, welche ihnen sonst durch den Untergrund versagt wäre; denn die Seegräser festigen den Boden. Auch ertragen sie eine Entblössung zur Ebbezeit in der oberen Litoralregion und brackische Küstengewässer.
Ungleich grösser ist der Reichtum an Sippen und Formgestaltung in der Hauptgruppe ozeanischer Pflanzen, den Algen und Tangen aus dem Reiche der Thallo - phyten. Diese sondern sich sogleich in Florideen oder Rottange mit zarterem Thallus und meist lebhaft karmin - roter oder zartrosa Färbung, in Melanophyceen (Fucoi - deen) oder Brauntange von derberem Bau und meist550Ozeanisches Florenreich.lederbrauner, beim Trocknen in das Schwärzliche über - gehenden Farbe, in die eigentlichen Grünalgen, Chloro - phyceen, deren Farbe am häufigsten dem gewöhnlichen Verhalten grünen Laubes entspricht und welche zugleich in den Süsswasserformationen eine Hauptrolle in Hinsicht auf Artenzahl spielen, und endlich in die mikroskopisch kleinen Bacillariaceen (Diatomeen), welche nach ihrem die einzellige Hülle mitaufbauenden Kieselpanzer am zweckmäßigsten als Kieselalgen bezeichnet werden; auch diese letzteren, welche leicht fossilisieren und in der „ In - fusorienerde “oft mächtige Lager bilden, sind sowohl marin, als im süssen Wasser heimisch, während Rot - und Brauntange, verschwindend kleine Ausnahmen abgerechnet, zwei ozeanische Sondergruppen vorstellen.
Wie gross die Artenzahl der grösseren Tange, von den mikroskopischen Bacillarien abgesehen, in den Meeren sei, lässt sich noch kaum überschlagen; 260 Arten zählt z. B. Kjellmans arktische Algenflora, von denen 104 Flo - rideen und 92 Melanophyceen sind; über 300 zählt die des Golfes von Neapel, unter denen 187 Florideen und 75 Melanophyceen sind. Ueberwiegen auch die Florideen in den wärmeren Meeren, so sind doch auch sie, wie Kjellmans Zahlen beweisen, artenreich noch in den Polarmeeren, wo aber die Brauntange nicht nur einen grösseren relativen Artreichtum, sondern auch ganz be - sonders eine viel mehr gesteigerte Produktionskraft an organischer Substanz besitzen und mächtige Individuen ausbilden, denen gegenüber die dort über dem Meere angesiedelten Landfloren nur dürftige Erzeugnisse besitzen. Im hohen Norden nimmt die Spezieszahl zwar relativ ab, doch steigert sich damit um so mehr die verhältnis - mäßige Individuenmenge und die bedeutende Grösse ein - zelner häufiger Arten. Schon in den nordeuropäischen Meeren bilden z. B. die zwei Laminarien grosse Stöcke und ansehnliches Laub, von den fünf grönländischen Arten er - reicht die gemeinste, L. longicruris, 20 — 25 m Länge, ebenso die Alarien im ochotskischen Meere.
Das ozeanische Algenleben knüpft nun seine wesent - lichsten Lebens - und Verbreitungsbedingungen an das551Statistik. Lebensbedingungen. Regionen.zur Ernährung notwendige Licht, welches maßgebend ist für eine regionale Abstufung der Formationen, dann an das Substrat, und endlich an die Wassertemperaturen nebst der in der jährlichen Wärme - und Lichtverteilung liegenden Periodizität.
Licht. Das Schwinden des Lichtes in den tieferen Wasserschichten bindet das Algenleben an die oberen Regionen bis höchstens zu einer Tiefe von 200 Faden, und zwar erreicht eine reichere Tangentwickelung so rasch nach unten ihr allmähliches Ende, dass die drei sich an das Licht anschliessenden Regionen, welche den Gebirgshöhenstufen nach Wärmeabnahme für die Landpflanzen entsprechen, sich auf das Oberflächenwasser allein verteilen, nämlich im Durchschnitt so:
1. Obere Litoralregion, zwischen Ebbe - und Flut - marke.
2. Untere Litoralregion (sublitorale Region Kjell - mans) von der Höhe der tiefsten Ebbe oder noch unter - halb derselben bis 10 oder 15 Faden (20 — 30 m Tiefe).
3. Tiefenregion (elitorale Region Kjellmans) von der Grenze der vorigen bis etwa 50 — 80 Faden Tiefe, wo die Tangvegetation ihr normales Ende erreicht, und nun nur noch solche, dieser dritten Region normal angehörende Arten für weitere Tiefen anpassungsfähig übrig bleiben, welche im Lichtmangel noch ertragungsfähiger sind. Ohne also neue Arten aufzuweisen, geht die tiefere und sehr artenarme Abteilung der dritten Region noch von 50 bis höchstens 200 Faden.
Nicht alles scheint allerdings mit diesen drei Regio - nen erschöpft zu sein, noch ein spärlicher Rest von Al - gen über der ersten und unter der letzten bleibt übrig. Ueber der oberen Litoralregion wachsen an den Fels - gestaden einzelne Arten oberhalb der Flutlinie, spärlich benetzt und stark besonnt, welche man als eine Supra - litoral - oder Trockenregion zusammengefasst hat. Und nach den neuesten Untersuchungen hat man in grossen Meerestiefen frei schwimmende, kleine (einzellige) Algen mit chlorophyllhaltigem Plasma aufgefunden, deren Ernährung freilich in Rücksicht auf die sonst als not -552Ozeanisches Florenreich.wendig erkannte Mitwirkung messbarer Lichtmengen in Dunkel gehüllt ist; diese letzte Region könnte man, mensch - lichen Eindrücken folgend, als lichtlose bezeichnen
Es versteht sich von selbst, dass die Abgrenzung der oben genannten Region 2 gegenüber Region 3 in sich Schwächen trägt, welche zu formell verschiedenem Ausdruck führen müssen; auch ist es sehr wahrscheinlich, dass in den Polarmeeren die Abgren - zungen anders liegen als in subtropischen (Mittelmeer), und in letzteren wiederum anders als unter dem Aequator. Dafür fehlt es aber bisher an vergleichenden Untersuchungen. Für die Polar - meere setzt Kjellman Region 1 wie immer an; sie ist hier wegen der Treibeiswirkungen besonders arm; Region 2 reicht bei ihm bis 20 Faden, Region 3 in maximo bis 150 Faden hinab. Hauck will im Mittelmeer die Region 2 in der Hauptsache auf nur 5 Meter Tiefe beschränkt wissen. Im Quarnero unterschied Lorenz 6 Re - gionen: Die Supralitoral - und obere Litoralregion, dann eine „ unter - getauchte Litoralregion “von der Ebbe bis 2 Faden Tiefe (welche mit 218 Arten 82 % aller dortigen Seealgen zählt), dann die „ Seicht - gründe “von 2 — 15 Faden, dann die Tiefenregionen a) 15 bis 30 Faden, und b) unter 30 Faden.
Im Mittelmeer erscheint es also nach diesen beiden vonein - ander unabhängigen Einteilungen naturgemäß, die Ausdehnung von Region 2 nach unten sehr zu beschränken.
Substrat. Auch die Tange, wie die Mehrzahl der Süsswassergewächse und wie alle Seegräser, bedürfen einer festen Unterlage, gliedern sich selbst dann, wenn ihr Organismus noch wie bei Caulerpa, einer weit in den wärmeren Meeren verbreiteten chlorophyllgrünen Algen - gattung, einzellig-hohl nach grössten Dimensionen ist, in Wurzeln, welche kleine Steine, Felsstücke, Muscheln oder grössere Pflanzenteile umklammern, und in die zum Licht hin wachsenden Sprosse, sitzen also fest. Sehr viele der kleinen und kleinsten Algen besiedeln in dichten Massen das grosse Blätterthalluswerk grosser Algen oder die dichten Seegraswiesen, welche den weichen Schlickboden, in welchem Algen schlecht sich festhalten, dadurch auch für diese geeignet machen. So erobern im Mittelmeer Posidonia oceanica und Phucagrostis minor die beweg - lichen Sandmassen, während auf schlammigem Boden die Caulerpa prolifera schon „ Wiesen “zu bilden vermag. Durch dieses Substrat sind die Seealgen an die Küsten, und hier wiederum am liebsten an die felsigen Gestade553Substrat. Periodische Erscheinungen.bis zu den genannten Tiefen gebunden, die grösseren direkt, die kleineren unter den Algen so sehr zahlreichen Epiphyten oder epiphytisch wachsen könnenden indirekt; Hauck fand auf einer mediterranen grossen Cystosira barbata 115 andere Algenarten als Epiphyten angesiedelt. Wie weit in flachen Meeren die Algenbesiedelung sich auf ausgedehnte Flächen erstrecken kann, zeigt die von Reinke aufgenommene Karte, die einzige meines Wissens, welche einen kleineren Meeresteil so genau darstellt.
Ausser diesen Küsten-Tangformationen im Verein mit den Seegräsern gibt es nun kleine, einzellige oder in Kettenkolonien vereinigte frei schwimmende Algen, und zu diesen gehören die Hauptmassen der Kieselalgen, (Bacillariaceen) im hohen Ozean, von deren hohen Be - deutung für das Tierleben des Meeres man erst durch die jüngsten daraufhin gerichteten Untersuchungen Kennt - nis erhalten hat. Sie mögen mit dem für diese Lebe - welt überhaupt eingeführten Namen als Plankton-For - mationen bezeichnet werden, und ihr Charakter scheint in einer hochgradigen Geselligkeit sehr weniger Arten zu liegen. Eine viel grössere Zahl von Bacillariaceen - Arten bewohnt übrigens ebenfalls die Küstenflora zusam - men mit den anderen Algen, auf welchen sie als Epi - phyten in Ketten festhaften oder mit Schleimstielen kleben, gerade wie es in Gräben und Teichen mit süssem Wasser bei diesen Organismen der Fall ist. Zum „ Plankton “könnte man auch ausserdem die losgerissen-treibenden Seetange ferner Küsten rechnen, wie die Sargassomeer - tange, deren Heimat in Westindien liegt.
Temperatur des Wassers; Periodizität. Dem schützenden Einfluss des Mediums, welches die ozeanische Flora erhält, ist es zuzuschreiben, dass auch noch in den hohen Breiten der arktischen und antarktischen Flora ein reiches Algenleben sich entwickelt. Ja, nach den bisher gemachten Wahrnehmungen zu urteilen, ist in kühleren Meeren das Algenleben kräftiger entfaltet, als in den tropischen, sowohl was die Küstenformationen anbetrifft, als hinsichtlich der Masse an Plankton-Organis - men. Und was mit den sonstigen Begriffen der arktischen554Ozeanisches Florenreich.Florenentwickelung am wenigsten sich zusammenreimt, hat sich bei den Seetangen während der Ueberwinterung der schwedischen Expedition 1872 auf Spitzbergen unter 80° N. durch Kjellman herausgestellt, nämlich ein stän - diges Weiterwachsen während der thatsächlich etwa drei Monate andauernden Finsternis der Polarnacht.
Trotz der zugleich niederen Meerestemperaturen, schwankend zwischen — 0,5 und — 1,8°C., fand sich den ganzen Winter hindurch die gleiche Algenflora vor, wie während des Sommers und Herbstes; Lithothamnium calcareum bedeckte breite Strecken des Golfes, mit ihr vergesellschaftet viele Florideen, ein Fucus, die Laminarien, Alarien etc., und drei grüne Arten. Bei den meisten liess der morphologische Zustand im Winter keine Aenderung dem sommerlichen gegenüber erkennen, andere zeigten eine deut - liche Periodizität im entgegengesetzten Sinne: Halosaccion ramen - taceum fruktifizierte nur vom August bis Oktober, die meisten Phäosporeen (besonders Chaetopteris plumosa) dagegen nur in der Polarnacht, da deren Reproduktionsorgane nicht vor Ende November und nicht länger als bis zum Ende des März aufge - funden werden konnten.
Es ist dies eine sehr seltsame Erscheinung im Vergleich mit der sonst die Periode der Lebenserscheinungen streng regulieren - den Lichtwirkung, um so befremdlicher, als sie im höchsten be - kannten Norden sich gezeigt hat; es lässt sich thatsächlich keine andere Erscheinung nennen, welche bei ausdauernden Gewächsen so aperiodisch sich verhielte, worauf schon oben (S. 18) hingewiesen wurde. Von 27 Arten zeigten 22 im Winter die Entwickelung von Fortpflanzungsorganen und verhielten sich augenscheinlich gleichgültig gegen Wärme - und Lichtabnahme (G. J., VII, 174; Bot. Zeitg. 1875, S. 771).
Während aber in Spitzbergen wenigstens kein den Jahreszeiten folgender Wechsel des Bestandes an Arten eintrat, ist dies das Gewöhnliche in wärmer tempe - rierten Meeren, z. B. schon in der Regel an den skan - dinavischen Küsten, ist noch besser und deutlicher im Mittelmeer beobachtet, unter den Tropen aber leider — so weit mir bekannt — noch nicht zum Gegenstand von Beobachtungen gemacht.
Im Mittelmeer folgen im Laufe des Jahres an derselben Oertlichkeit ganz verschiedene Formationen, lieber in diesem Falle gesagt: Vegetationen, welche wahrscheinlich sich zu einer ein - heitlichen Formation ergänzen, aufeinander, wie die bunten Blumen einer Wiese in verschiedenen Jahreszeiten wechseln. Während an der Oberfläche die Vegetationszeiten vorwiegend den Spätherbst,555Arktisches Algenleben. Verbreitungsverhältnisse.Winter und Frühling umfassen und die Vegetation im Hochsommer dort ruht, fällt dieselbe in den Tiefen von 50 — 100 m fast ganz auf den Sommer und Herbst und ruht hinwiederum fast völlig vom Februar bis April. Am raschesten findet ein Wechsel kleinerer Algen vom Winter zum Sommer hin statt; aber an der Oberfläche sind im Hochsommer die sonnigen Stellen auch von Brauntangen verödet.
Verbreitungsverhältnisse der ozeanischen Sippen. Seitdem ich in den „ Florenreichen “(S. 39 — 43) einen ersten, noch vielfältig sehr schwach gestützten Ver - such zur Erzielung natürlicher Florengebiete im ozeani - schen Florenreich gemacht habe, welcher auch in seinen Resultaten in Schleidens „ Meer “(a. a. O. S. 190) über - gegangen ist, sind noch keine grosse und allgemeine Arbeiten von Fachkennern in Hinsicht auf diese Frage geliefert, während wohl die Kenntnis einzelner Meeres - floren, besonders der arktischen durch Kjellman, der deut - schen durch Reinke, und der mittelmeerländischen durch die Arbeiten der zoologischen Station zu Neapel, wesent - lich gefördert sind. Unter Hinweis auf das in den „ Flo - renreichen “Angeführte mag daher eine Wiederholung er - spart bleiben und nur gesagt werden, dass die Abtrennung eines borealen, eines tropischen und eines australen ozea - nischen Florengebietes, von denen jedes in durch Gat - tungen und Einzelarten geschiedene Bezirke zerfällt, auch heute noch natürlich erscheint.
Das boreale Gebiet mit einer Hauptmasse von Laminaria, Alaria, Agarum und Fucus reicht in Europa bis Irland, Frankreich und Spanien herab, wofür die Florenkarte von Europa im physikalischen Atlas einzelne Belege bietet, und im atlantischen Nordamerika bis 41° N. (Kap Cod); das Tropengebiet ist im Ozean viel weiter über die Wendekreise hinaus ausgedehnt, als auf dem Lande, und umfasst in diesem Sinne auch das Mittel - meer, charakterisiert sich im allgemeinen durch hohe Formentwickelung der Florideen und durch die mannig - faltigen Spielformen von Sargassum; das australe Ge - biet bringt einen erneuten Vorrat von Brauntangen in von den borealen wesentlich verschiedener Gestalt, die riesigen Macrocystis, Durvillaea etc., und besiedelt die556Ozeanisches Florenreich.Südküsten des Kaplandes, Australiens und Neuseelands, des antarktischen Amerikas nebst den Inseln.
Die damals in den Florenreichen aufgeworfene Frage, inwieweit zumal in den Tropen die gegenüberliegenden oder entfernten Küsten der verschiedenen Kontinente eine eigene Algenflora besitzen, hat seitdem verschiedenartige Beleuchtungen erfahren. Während die Uebereinstimmung vieler Arten der Antillengestade mit denen des Roten Meeres für Ausgleichung der verschiedenen Bezirke spricht, kann man nach der Verteilung der Seegräser eher auf ein Getrennthalten schliessen. Ascherson gibt ausdrück - lich an, dass nur wenige Arten derselben über die ganze Breite eines Ozeans hinweg verbreitet bekannt geworden seien, wenn dessen gegenüberliegende Küsten sich nicht irgendwo auf geringere Entfernungen nahe kommen; als einzig sicheres Beispiel erscheint ihm Zostera marina an der europäischen und amerikanischen Küste des Atlanti - schen Ozeans.
Diese Fragen dürfte also die Zukunft zu entschei - den haben, welche auch über die wenigen Charakterarten des Plankton vergleichende Untersuchungen in Hinsicht ihres Vorkommens in den verschiedenen Weltmeeren hin - zufügen wird.
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
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