Bjarne P. Holmsen, dem conſequenteſten Realiſten, Verfaſſer von „ Papa Hamlet “zugeeignet, in freudiger Anerkennung der durch ſein Buch empfangenen, entſcheidenden Anregung.
Erkner, den 8. Juli 1889
Gerhart Hauptmann.
Krauſe's Töchter erſter Ehe.
Mägde auf Krauſe's Gut.
Bitte! Ich werde den Herrn Inſchinnär glei ruffen. Wolln Sie nich Platz nehmen?!
Ihr Madel!! ... Richtig! .. Doas Loſter vu Froovulk! ... Naus!!! mir gahn niſcht! ...
a koan orbeita, a hoot Oarme. Naus! hier gibbt's niſcht!
Aber Frau ... Sie werden doch ... ich ... ich heiße Loth, bin ... wünſche zu ... habe auch nicht die Ab ....
A wull ock a Herr Inſchinnär ſprechen.
Beim Schwiegerſuhne batteln: doas kenn 'mer ſchunn. — A hoot au niſcht, a hoot's au ock vu ins, niſcht iis ſeine!
Schwiegermama! — Ich muß doch bitten ...
Was ſteht zu ... Alfred!!! Kerl!!! Wahrhaftig 'n Gott Du!? Das iſt aber' mal ... nein das is doch 'mal' n Gedanke!
Ich bin nämlich ganz zufällig ....
Etwas Lieberes ... nun aber zunächſt leg ab!
Etwas Lieberes und ſo Unerwartetes hätte mir jetzt
hätte mir jetzt entſchieden nicht paſſiren können,
ent .... ſchieden nicht.
Ich bin nämlich — nur ſo per Zufall auf Dich
Setz 'Dich! Du mußt müde ſein, ſetz' Dich — bitte. Weißt De noch? wenn Du mich9 beſuchteſt, da hatt'ſt Du ſo 'ne Manier, Dich lang auf das Sopha hinfallen zu laſſen, daß die Federn krachten; mitunter ſprangen ſie nämlich auch. Alſo Du, höre! mach's wie damals.
Trinkſt Du was? Sag '! — Bier? Wein? Cognac? Kaffee, Thee? Es iſt Alles im Hauſe.
Schwager, Du könnteſt ...
Ach! ich bitte um Verzeihung
Bleib 'doch, bleib'!
Deine Frau?
Nein, ihre Schweſter. Hörteſt Du nicht, wie ſie mich betitelte?
Nein.
Hübſch! Wie? — Nu aber erklär 'Dich! Kaffee? Thee? Grog?
Danke, danke für Alles.
Aber das iſt was für Dich — nicht?! ... auch nicht?!
Nein, danke.
Beneidenswerthe Bedürfnißloſigkeit!
Die A.. Aſche, wollte ſagen der ... der Tabak ... ä! Rauch natürlich ... der Rauch beläſtigt Dich doch wohl nicht?
Nein.
Wenn ich das nicht noch hätte ... ach Gott ja, das bischen Leben! — nu aber thu 'mir den Gefallen, erzähle was. — Zehn Jahre — biſt übrigens kaum ſehr verändert — zehn Jahre,' n ekliger Fetzen Zeit — was macht Schn ... Schnurz nannten wir ihn ja wohl? Fips, — die ganze heitere Blaſe von damals? Haſt Du den Einen oder Anderen im Auge behalten?
Sach 'mal, ſollteſt Du das nicht wiſſen?
Was?
Daß er ſich erſchoſſen hat.
Wer? — hat ſich wieder 'mal er - ſchoſſen?
Fips! Friedrich Hildebrandt.
I warum nich gar!
Ja! er hat ſich erſchoſſen — im Grune - wald, an einer ſehr ſchönen Stelle der Havelſeeufer. Ich war dort, man hat den Blick auf Spandau.
Hm! — Hätt 'ihm das nicht zugetraut, war doch ſonſt keine Heldennatur.
Deswegen hat er ſich eben erſchoſſen. — Gewiſſenhaft war er, ſehr gewiſſenhaft.
Gewiſſenhaft? Woſo?
Nun, darum eben .... ſonſt hätte er ſich wohl nicht erſchoſſen.
Verſteh 'nicht recht.
Na, die Farbe ſeiner politiſchen Anſchauungen kennſt Du doch?
Ja, grün.
Du kannſt ſie gern ſo nennen. Er war, dies wirſt Du ihm wohl laſſen müſſen, ein talentvoller Jung. — Fünf Jahre hat er als Stuccateur arbeiten müſſen, andere fünf Jahre dann, ſo zu ſagen, auf eigene Fauſt durchgehungert und dazu kleine Statuetten modellirt.
Abſtoßendes Zeug. Ich will von der Kunſt erheitert ſein .... Nee! dieſe Sorte Kunſt war durchaus nicht mein Geſchmack.
Meiner war es auch nicht, aber er hatte ſich nun doch einmal drauf verſteift. Voriges Frühjahr ſchrieben ſie da ein Denkmal aus; irgend ein Duodez - fürſtchen, glaub 'ich, ſollte verewigt werden. Fips hatte ſich betheiligt und gewonnen; kurz darauf ſchoß er ſich todt.
Wo da die Gewiſſenhaftigkeit ſtecken11 ſoll, iſt mir völlig ſchleierhaft. — Für ſo was habe ich nur eine Benennung: Spahn — auch Wurm — Spleen — ſo was.
Das iſt ja das allgemeine Urtheil.
Thut mir leid, kann aber nicht umhin mich ihm anzuſchließen. ..................
Es iſt ja für ihn auch ganz gleichgültig, was ...
Ach überhaupt laſſen wir das. Ich bedauere ihn im Grunde ganz ebenſo ſehr wie Du, aber — nun iſt er doch einmal todt, der gute Kerl; — erzähle mir lieber was von Dir, was Du getrieben haſt, wie's Dir ergangen iſt.
Es iſt mir ſo ergangen, wie ich's erwarten mußte. — Haſt Du gar nichts von mir gehört? — durch die Zeitungen mein 'ich.
Wüßte nicht.
Nichts von der Leipziger Geſchichte?
Ach ſo, das! — Ja! — Ich glaube .... nichts Genaues.
Alſo, die Sache war folgende:
Ehe Du an - fängſt: willſt Du denn gar nichts zu Dir nehmen?
Später vielleicht.
Auch nicht ein Gläschen Cognac?
Nein. Das am allerwenigſten.
Nun, dann werde ich ein Gläschen .... Nichts beſſer für den Magen
Grand Champagne, feinſte Nummer; ich kann ihn empfehlen. — Möchteſt Du nicht ....?
Danke!
Oah! — na, nu bin ich ganz Ohr.
Kurz und gut: da bin ich eben ſehr ſtark hineingefallen.
Mit zwei Jahren, glaub ich?!
Ganz recht! Du ſcheinſt es ja doch alſo zu wiſſen. Zwei Jahre Gefängniß bekam ich, und nach - dem haben ſie mich noch von der Univerſität relegirt. Damals war ich — einundzwanzig — nun! in dieſen zwei Gefängnißjahren habe ich mein erſtes volkswirth - ſchaftliches Buch geſchrieben. Daß es gerade ein Ver - gnügen geweſen, zu brummen, müßte ich allerdings lügen.
Wie man doch einmal ſo ſein konnte! merkwürdig! Sowas hat man ſich nun allen Ernſtes in den Kopf geſetzt. Baare Kindereien ſind es geweſen, kann mir nicht helfen, Du! — nach Amerika auswandern, 'n Dutzend Gelbſchnäbel wie wir! — wir und Muſter - ſtaat gründen! Köſtliche Vorſtellung!
Kindereien?! — tjaa! In gewiſſer Be - ziehung ſind es auch wirklich Kindereien geweſen; wir unterſchätzten die Schwierigkeiten eines ſolchen Unter - nehmens.
Und daß Du nun wirk — lich hinaus gingſt — nach Amerika — all — len Ernſtes mit leeren Händen .... Denk doch mal an, was es heißt, Grund und Boden für einen Muſterſtaat mit leeren Händen erwerben zu wollen: das iſt ja beinah ver ....., jedenfalls iſt es einzig naiv.
Ach, gerade mit dem Ergebniß meiner Amerikafahrt bin ich ganz zufrieden.
Kaltwaſſerkur, vorzügliche Reſultate, wenn Du es ſo meinſt ...
Kann ſein, ich bin etwas abgekühlt worden; damit iſt mir aber gar nichts Beſonderes geſchehen. Jeder Menſch macht ſeinen Abkühlungsprozeß durch. Ich bin jedoch weit davon entfernt, den Werth der .... nun, ſagen wir hitzigen Zeit zu verkennen, ſie war auch gar nicht ſo furchtbar naiv, wie Du ſie hinſtellſt.
Na, ich weiß nicht?!
Du brauchſt nur an die Durchſchnitts - kindereien unſerer Tage denken: das Couleurweſen auf13 den Univerſitäten, das Saufen, das Pauken. Warum all' der Lärm? Wie Fips zu ſagen pflegte: um Hekuba!
Um Hekuba drehte es ſich bei uns doch wohl nicht; wir hatten die allerhöchſten menſchheitlichen Ziele im Auge. Und abgeſehen davon, dieſe naive Zeit hat bei mir gründlich mit Vorurtheilen aufgeräumt, ich bin mit der Scheinreligion und Scheinmoral und mit noch manchem anderen ....
Das kann ich Dir ja auch ohne Weiteres zugeben: Wenn ich jetzt doch immerhin ein vorurtheilsloſer, aufgeklärter Menſch bin, dann verdanke ich das, wie ich gar nicht leugne, den Tagen unſeres Umgangs. — Natürlicherweiſe! — Ich bin der Letzte, das zu leugnen. — Ich bin überhaupt in keiner Beziehung Unmenſch. Nur muß man nicht mit dem Kopfe durch die Wand rennen wollen. — Man muß nicht die Uebel, an denen die gegenwärtige Gene - ration, leider Gottes, krankt, durch noch größere ver - drängen wollen; man muß — Alles ruhig ſeinen natür - lichen Gang gehen laſſen. Was kommen ſoll, kommt! Praktiſch, praktiſch muß man verfahren! Erinnere Dich! Ich habe das früher gerade ſo betont: Und dieſer Grundſatz hat ſich bezahlt gemacht. — Das iſt es ja eben. Ihr Alle — Du mit eingerechnet —, Ihr verfahrt höchſt unpraktiſch.
Erklär 'mir eben mal, wie Du das meinſt.
Einfach! Ihr nützt Eure Fähig - keiten nicht aus. Zum Beiſpiel Du: 'n Kerl wie Du, mit Kenntniſſen, Energie etc., was hätte Dir nicht offen geſtanden! Statt deſſen, was machſt Du? Com — pro — mit — tirſt Dich von vornherein der — art .... na, Hand aufs Herz! Haſt Du das nicht manchmal bereut?
Ich konnte nicht gut bereuen, weil ich ohne Schuld verurtheilt worden bin.
Kann ich ja nicht beurtheilen, weißt Du.
Du wirſt das gleich können, wenn ich Dir ſage: die Anklageſchrift führte aus, ich hätte unſeren Verein Vancover-Island nur zum Zwecke parteilicher Agitation ins Leben gerufen, dann ſollte ich auch Geld zu Parteizwecken geſammelt haben. Du weißt ja nun, daß es uns mit unſeren colonialen Beſtrebungen Ernſt war, und was das Geldſammeln anlangt, ſo haſt Du ja ſelbſt geſagt, daß wir Alle miteinander leere Hände hatten. Die Anklage enthält alſo kein wahres Wort, und als Mitglied ſollteſt Du das doch ....
Na — Mitglied war ich doch wohl eigentlich nicht ſo recht. — Uebrigens glaube ich Dir ſelbſt - redend. — Die Richter ſind halt immer nur Menſchen, muß man nehmen. — Jedenfalls hätteſt Du, um praktiſch zu handeln, auch den Schein meiden müſſen. Ueber - haupt: ich habe mich in der Folge manchmal daß ge - wundert über Dich: Redacteur der Arbeiterkanzel, des obſcurſten aller Käſeblättchen — Reichstagscandidat des ſüßen Pöbels! Und was haſt Du nu davon? — ver - ſteh 'mich nicht falſch! Ich bin der Letzte, der es an Mitleid mit dem armen Volke fehlen läßt, aber wenn etwas geſchieht, dann mag es von Oben herab ge - ſchehen! Es muß ſogar von Oben herab geſchehen, das Volk weiß nun mal nicht, was ihm noth thut — das „ Von-unten-herauf “, ſiehſt Du, das eben nenne ich das „ Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-rennen. “
Ich bin aus dem, was Du eben geſagt haſt, nicht klug geworden.
Na, ich meine eben: ſieh mich an! ich habe die Hände frei: ich könnte nu ſchon anfangen, was für die Ideale zu thun. — Ich kann wohl ſagen, mein praktiſches Programm iſt nahezu durchgeführt. Aber Ihr .... immer mit leeren Händen, was wollt denn Ihr machen?
Ja, wie man ſo hört: Du ſegelſt ſtark auf Bleichröder zu.
Zu viel Ehre — vorläufig15 noch. Wer ſagt das? — Man arbeitet eben ſeinen ſoliden Stiefel fort: das belohnt ſich naturgemäß — wer ſagt das übrigens?
Ich hörte drüben in Jauer zwei Herren am Nebentiſch davon reden.
Ä! Du! — Ich habe Feinde! — Was ſagten die denn übrigens?
Nichts Beſonderes. Durch ſie erfuhr ich: daß Du Dich zur Zeit eben hier auf das Gut Deiner Schwiegereltern zurückgezogen haſt.
Was die Menſchen nicht alles aus - ſchnüffeln! Lieber Freund! Du glaubſt nicht, wie ein Mann in meiner Stellung auf Schritt und Tritt be - obachtet wird: Das iſt auch ſo 'n Uebelſtand des Reich .... — Die Sache iſt nämlich die: ich erwarte der größeren Ruhe und geſünderen Luft wegen die Nieder - kunft meiner Frau hier.
Wie paßt denn das aber mit dem Arzt? Ein guter Arzt iſt doch in ſolchen Fällen von aller - größter Wichtigkeit. Und hier auf dem Dorfe ....
Das iſt es eben, der Arzt hier iſt ganz beſonders tüchtig; und, weißt Du, ſo viel habe ich bereits weg: Gewiſſenhaftigkeit geht beim Arzt über Genie.
Vielleicht iſt ſie eine Begleiterſcheinung des Genie's im Arzt.
Mein'twegen, jedenfalls hat unſer Arzt Gewiſſen. Er iſt nämlich auch ſo'n Stück Ideo - loge, halb und halb unſer Schlag — reuſſirt ſchauder - haft unter Bergleuten und auch unter dem Bauernvolk. Man vergöttert ihn geradezu. Zu Zeiten übrigens 'n recht unverdaulicher Patron,' n Miſchmaſch von Härte und Sentimentalität. Aber, wie geſagt, Gewiſſenhaftig - keit weiß ich zu ſchätzen! — Unbedingt! — Eh 'ich's vergeſſe .... es iſt mir nämlich darum zu thun ... man muß immer wiſſen, weſſen man ſich zu verſehen hat .... Höre! .... ſage mir doch .... ich16 ſeh' Dir's an, die Herren am Nebentiſche haben nichts Gutes über mich geſprochen. — Sag 'mir doch, bitte! was ſie geſprochen haben.
Das ſollte ich wohl nicht thun, denn ich will Dich nachher um zweihundert Mark bitten, gerade - zu bitten, denn ich werde ſie Dir wohl kaum je wieder - geben können.
Bei irgend einer Reichsbankfiliale .... Es iſt mir 'n Vergnügen ....
Deine Fixigkeit übertrifft alle meine Er - wartungen. — Na! — ich nehm 'es dankbar an und Du weißt ja, übel angewandt iſt es auch nicht.
Ein Arbeiter iſt ſeines Lohnes werth! — doch jetzt, Loth! ſei ſo gut, ſag mir, was die Herren am Nebentiſch ....
Sie haben wohl Unſinn geſprochen.
Sag mir's trotzdem, bitte! — Es iſt mir lediglich intereſſant, ledig-lich intereſſant —
Es war davon die Rede, daß Du hier einen Anderen aus der Poſition verdrängt hätteſt, — einen Bauunternehmer Müller.
Na-tür-lich! dieſe Geſchichte!
Ich glaube, der Mann ſollte mit Deiner jetzigen Frau verlobt geweſen ſein.
War er auch. — Und was weiter?
Ich erzähle Dir Alles, wie ich es hörte, weil ich annehme: es kommt Dir darauf an, die Ver - leumdung möglichſt getreu kennen zu lernen.
Ganz recht! Alſo?
So viel ich heraus hörte, ſoll dieſer Müller den Bau einer Strecke der hieſigen Gebirgsbahn über - nommen haben.
Ja! Mit lumpigen zehntauſend Tha - lern Vermögen. Als er einſah, daß dieſes Geld nicht zureichte, wollte er ſchnell eine Witzdorfer Bauerntochter fiſchen; meine jetzige Frau ſollte diejenige ſein, welche.
Er hätte es, ſagten ſie, mit der Tochter, Du mit dem Alten gemacht. — Dann hat er ſich ja wohl erſchoſſen?! — Auch ſeine Strecke hätteſt Du zu Ende gebaut und noch ſehr viel Geld dabei verdient.
Darin iſt einiges Wahre enthalten, doch — ich könnte Dir eine Verknüpfung der Thatſachen geben .... Wußten ſie am Ende noch mehr dergleichen erbaulichen Dinge?
Ganz beſonders — muß ich Dir ſagen — regten ſie ſich über Etwas auf: ſie rechneten ſich vor, welch ein enormes Geſchäft in Kohlen Du jetzt machteſt und nannten Dich einen .... na, ſchmeichelhaft war es eben nicht für Dich. Kurz geſagt, ſie erzählten, Du hätteſt die hieſigen dummen Bauern beim Champagner überredet, einen Vertrag zu unterzeichnen, in welchem Dir der alleinige Verſchleiß aller in ihren Gruben ge - förderter Kohle übertragen worden iſt gegen eine Pacht - ſumme, die fabelhaft gering ſein ſollte.
Ich will Dir was ſagen, Loth .... Ach, warum auch noch darin rühren? Ich ſchlage vor, wir denken an's Abendbrod, mein Hunger iſt mörderiſch. — Mörderiſchen Hunger habe ich.
Nun, wenn Du mich hier behalten willſt — dann ſei ſo gut ..... ich möchte mich eben 'n bischen ſäubern.
Gleich ſollſt Du alles Nöthige ....
Eduard! führen Sie den Herrn in's Gaſtzimmer.
Sehr wohl, gnädiger Herr.
In ſpäteſtens fünf - zehn Minuten möchte ich Dich bitten, zum Eſſen her - unter zu kommen.
Uebrig Zeit, alſo, Wiederſehen!
Wiederſehen!
Schwager! Wer war das?
Das war einer von meinen Gym - naſialfreunden, der älteſte ſogar, Alfred Loth.
Iſt er ſchon wieder fort?
Nein! Er wird mit uns zu Abend eſſen. — Womöglich .... ja, womöglich auch hier übernachten.
Oh Jeſes! Da komme ich nicht zum Abendeſſen.
Aber Helene!
Was brauche ich auch unter gebildete Menſchen zu kommen, ich will nur ruhig weiter ver - bauern.
Ach, immer dieſe Schrullen! Du wirſt mir ſogar den großen Dienſt erweiſen und die An - ordnungen für den Abendtiſch treffen. Sei ſo gut! — Wir machen's 'n bischen feierlich. Ich vermuthe nämlich, er führt irgend was im Schilde.
Was meinſt Du, im Schilde führen?
Maulwurfsarbeit — Wühlen, Wühlen. — Davon verſtehſt Du nun freilich nichts. — Kann mich übrigens täuſchen, denn ich habe bis jetzt vermieden auf dieſen Gegenſtand zu kommen. Jedenfalls mach 'Alles recht einladend, auf dieſe Weiſe iſt den Leuten noch am leichteſten ... Champagner natürlich! Die Hummern von Hamburg ſind angekommen?
Ich glaube, ſie ſind heut früh angekommen.
Alſo, Hummern!
herein!
eine Kiſ-te.
Von wo?
Ber-lin.
Richtig! es werden die Kinderſachen von Herzog ſein.
Ja, ja, es ſind die Sachen von Herzog.
Die-ſe Kiſte voll? Du übertreibſt.
Schön'n gu'n A-bend
Wieſo übertreiben?
Nun, hiermit kann man doch wenigſtens drei Kinder ausſtatten.
Biſt Du mit meiner Frau ſpazieren gegangen?
Was ſoll ich machen, wenn ſie immer gleich müde wird?
Ach was! immer gleich müde. — Sie macht mich unglücklich! Ein und eine halbe Stunde ... ſie ſoll doch um Gottes Willen thun was der Arzt ſagt. Zu was hat man denn den Arzt, wenn ...
Dann greife Du ein, ſchaff 'die Spillern fort! Was ſoll ich gegen ſo' n altes Weib machen, die ihr immer nach dem Munde geht.
Was denn? ... ich als Mann ... was ſoll ich als Mann? ... und außerdem, Du kennſt doch die Schwiegermama.
Allerdings.
Wo iſt ſie denn jetzt?
Die Spillern ſtutzt ſie heraus, ſeit Herr Loth hier iſt; ſie wird wahrſcheinlich zum Abendbrod wieder ihr Rad ſchlagen.
Es iſt das letzte Mal, auf Ehre! daß ich ſo etwas hier in dieſem Hauſe abwarte. — Auf Ehre!
Ja, Du haſt es eben gut, Du kannſt gehen, wohin Du willſt.
Bei mir zu Hauſe wäre der un - glückliche Rückfall in dies ſchauderhafte Laſter auch ſicher nicht vorgekommen.
Mich mache dafür nicht verantwortlich! Von mir hat ſie den Branntwein nicht bekommen. Schaff 'Du nur die Spillern fort, ich ſollte bloß' n Mann ſein.
Ach, wenn es nur erſt wieder vorüber wär '! —
alſo Schwägerin, Du thuſt mir den Gefallen: einen recht apetitlichen Abendtiſch! Ich erledige ſchnell noch eine Kleinigkeit.
Miele, decken Sie den Tiſch! Eduard ſoll Sekt kalt ſtellen und vier Dutzend Auſtern öffnen.
Sie kinn'n 's 'm ſalber ſagen, a nimmt niſcht oa vu mir, a meent immer: a wär ok beim Inſchinnär gemit't.
Dann ſchick 'ihn wenigſtens rein.
Eduard, ſtellen Sie Sekt kalt und öffnen Sie Auſtern! Herr Hoffmann hat es befohlen.
Sehr wohl, Fräulein.
Großer Gott! —
Herein! —
herein!
Ach, um Verzeihung! — ich wollte nicht ſtören, — mein Name iſt Loth.
Kinder! keine Umſtände! — ich komme gleich heraus. Loth! es iſt meine Schwägerin Helene Krauſe! und Schwägerin! es iſt mein Freund Alfred Loth! Be - trachtet Euch als vorgeſtellt.
Nein, über Dich aber auch!
Ich nehme es ihm nicht übel, Fräulein! bin ſelbſt, wie man mir ſehr oft geſagt hat, in Sachen des guten Tons ein halber Barbar. — Aber wenn ich Sie geſtört habe, ſo ...
Bitte, — Sie haben mich gar nicht ge - ſtört, — durchaus nicht.
Es iſt .... es iſt ſchön von Ihnen, daß — Sie meinen Schwager aufgeſucht haben. Er beklagt ſich immer von ... er21 bedauert immer, von ſeinen Jugendfreunden ſo ganz ver - geſſen zu ſein.
Ja, es hat ſich zufällig ſo getroffen. — Ich war immer in Berlin und daherum — wußte eigentlich nicht wo Hoffmann ſteckte. Seit meiner Breslauer Studienzeit war ich nicht mehr in Schleſien.
Alſo nur ſo zufällig ſind Sie auf ihn geſtoßen?
Nur ganz zufällig — und zwar gerade an dem Ort, wo ich meine Studien zu machen habe.
Ach, Spaß! — Witzdorf und Studien machen, nicht möglich! in dieſem armſeligen Neſte?!
Armſelig nennen Sie es? — Aber es liegt doch hier ein ganz außergewöhnlicher Reichthum.
Ja doch! in der Hinſicht ...
Ich habe nur immer geſtaunt. Ich kann Sie verſichern, ſolche Bauernhöfe giebt es nirgend wo anders, da guckt ja der Ueberfluß wirklich aus Thüren und Fenſtern.
Da haben Sie recht: in mehr als einem Stalle hier freſſen Kühe und Pferde aus marmornen Krippen und neuſilbernen Raufen! das hat die Kohle gemacht, die unter unſeren Feldern gemuthet worden iſt, die hat die armen Bauern im Handumdrehen ſtein - reich gemacht
Sehen Sie da — mein Großvater war Frachtfuhrmann; das Gütchen gehörte ihm, aber der geringe Boden ernährte ihn nicht, da mußte er Fuhren machen. — Das dort iſt er ſelbſt in der blauen Blouſe — man trug damals noch ſolche blaue Blouſen. — Auch mein Vater als junger Menſch iſt darin gegangen. — Nein! — ſo meinte ich es nicht — mit dem „ armſelig “; nur iſt es ſo öde hier. So ... gar nichts für den Geiſt giebt es. Zum Sterben lang - weilig iſt es.
Giebt es denn nicht zuweilen Bälle oder Kränzchen?
Nicht 'mal das giebt es. Die Bauern ſpielen, jagen, trinken ... was ſieht man den ganzen Tag?
hauptſächlich ſolche Geſtalten.
Hm! Bergleute.
Welche gehen zur Grube, welche kommen von der Grube: das hört nicht auf. — Wenigſtens ich ſehe immer Bergleute. Denken Sie, daß ich alleine auf die Straße mag? höchſtens auf die Felder, durch das Hinterthor. Es iſt ein zu rohes Pack! — und wie ſie einen immer anglotzen, ſo ſchrecklich finſter — als ob man geradezu was verbrochen hätte.
Im Winter, wenn wir ſo manchmal Schlitten ge - fahren ſind und ſie kommen dann in der Dunkelei in großen Trupps über die Berge, im Schneegeſtöber und ſie ſollen ausweichen, da gehen ſie vor den Pferden her und weichen nicht aus. Da nehmen die Bauern manch - mal den Peitſchenſtiel, anders kommen ſie nicht durch. Ach, und dann ſchimpfen ſie hinterher. Hu! ich habe mich manchmal ſo entſetzlich geängſtigt.
Und nun denken Sie an: Gerade um dieſer Menſchen willen — vor denen Sie ſich ſo ſehr fürchten, bin ich hierher gekommen.
Neinaber ...
Ganz im Ernſt, ſie intereſſiren mich hier mehr als Alles andere.
Niemand ausgenommen?
Nein.
Auch mein Schwager nicht ausgenommen?
Nein! — das Intereſſe für dieſe Menſchen iſt ein ganz anderes, — höheres ... verzeihen Sie, Fräulein! Sie können das am Ende doch wohl nicht verſtehen.
Wieſo nicht? ich verſtehe Sie ſehr gut, Sie ...
ach, laſſen Sie ... es iſt nicht wichtig, nur eine gleich - gültige Penſionscorreſpondenz.
Sie ſind in Penſion geweſen?
Ja, in Herrnhut. Sie müſſen nicht denken, daß ich ... nein, nein, ich verſtehe Sie ſchon.
Ich meine die Arbeiter intereſſiren mich um ihrer ſelbſt willen.
Ja, freilich, — es iſt ja ſehr intereſſant ... ſo ein Bergmann ... wenn man's ſo nehmen will ... es giebt ja Gegenden, wo man gar keine findet, aber wenn man ſie ſo täglich ...
Auch wenn man ſie täglich ſieht, Fräulein ... man muß ſie ſogar täglich ſehen, um das Intereſſante an ihnen herauszufinden.
Nun, wenn es ſo ſchwer herauszufinden ... was iſt es denn dann? das Intereſſante mein 'ich.
Es iſt zum Beiſpiel intereſſant, daß dieſe Menſchen, wie Sie ſagen, immer ſo gehäſſig oder finſter blicken.
Wieſo meinen Sie, daß das beſonders intereſſant iſt?
Weil es nicht das Gewöhnliche iſt. Wir Anderen pflegen doch nur zeitweilig und keineswegs immer ſo zu blicken.
Ja, weshalb blicken ſie denn nur immer ſo ... ſo gehäſſig, ſo mürriſch? es muß doch einen Grund haben.
Ganz recht! und den möchte ich gern herausfinden.
Ach Sie ſind! Sie lügen mir was vor. Was hätten Sie denn davon, wenn Sie das auch wüßten?
Man könnte vielleicht Mittel finden, den Grund, warum dieſe Leute immer ſo freudlos und gehäſſig ſein müſſen, wegzuräumen; — man könnte ſie vielleicht glücklicher machen.
Ich muß Ihnen ehrlich ſagen, daß ... aber gerade jetzt verſtehe ich Sie doch vielleicht ein ganz klein wenig. — Es iſt mir nur ... nur ſo ganz neu, ſo — ganz — neu!
So! da bin ich wieder. — Eduard! daß die Briefe noch vor 8 auf der Poſt ſind
So, Kinder! jetzt können wir ſpeiſen. — Unerlaubte Hitze hier! September und ſolche Hitze!
Veuve Cliquot: Eduard kennt meine ſtille Liebe;
habt ja furchtbar eifrig disputirt.
Na! das ſieht ja recht gut aus!
meinſt Du nicht auch? — Uebrigens, Schwägerin! wir bekommen Beſuch: Kahl - Wilhelm. Er war auf den Hof.
Aber Beſte! Du thuſt faſt, als ob ich ihn ... was kann denn ich dafür? hab 'ich ihn etwa gerufen?
Ach! das Unheil ſchreitet ſchnelle.
Gun'n Abend mi'nander!
Guten Abend, Herr Kahl!
Guten Abend.
'n Abend och, Lene.
Ich ſtelle Dir hiermit Herrn Kahl vor, unſeren Nachbarsſohn.
Zu Tiſch Kinder! fehlt noch Jemand? Ach, die Schwiegermama. Miele! bitten Sie Frau Krauſe zu Tiſch.
Frau!! — Frau!! Aſſa kumma! Se ſill'n aſſa kumma!
Ländlich, ſittlich!
Ah! da iſt Mama! — Du geſtatteſt, daß ich Dir meinen Freund Dr. Loth vorſtelle.
Ich bin ſo frei!
Nein, aber auch, Herr Doctor, nahmen Sie mir's ock bei Leibe nicht ibel! Ich muß mich zurerſcht muß ich mich vor ihn'n vertefentiren,
vertefentiren wegen meiner vor - hinigten Benehmigung. Wiſſen Se, verſtihn Se, es komm 'ein der Drehe bei uns eine ſo ane grußmächtige Menge Stremer .... Se kinn's ni gleba, ma hoot mit dan Battelvulke ſeine liebe Noth. A ſu Enner, dar mauſt akrat wie a Ilſter; uf da Pfennig kimmt's ins ne ernt oa, ne ock ne, ma braucht a ni dreimol rimzudrehn, au ken'n Thoaler nich, eeb ma'n ausgibbt. De Krauſa-Ludwig'n, die iis geizig, ſchlimmer wie a Homſter egelganz, die ginnt ke'm Luder niſcht. Ihrer is geſturba aus Arjer, weil a lumpigte zwetauſend ei Braſſel verloern hoot. Ne, ne! a ſu ſein mir dorchaus nicht. Sahn Se, doas Buffett kuſt't mich zwehundert Thoaler, a Transpurt ni gerechent; na, d'r Beron Klinkow koans au ne anderſch honn.
Der Baron Klinkow haben genau dasſelbe Buffet — m —.
Mama! wollen wir uns nicht erſt ſetzen, dann .....
Schickt ſich doas?
Komm ', Herr Jeſu, ſei unſer Gaſt, Segne, was Du uns beſcheeret haſt. Amen.
Lieber Freund, Du bedienſt Dich wohl?! Auſtern?
Nun, will probiren, es ſind die erſten Auſtern, die ich eſſe.
In dar Seiſong mein'n Se woll?
Ich meine überhaupt.
Zwei Tage nicht geſehen, Herr Kahl! Tüchtig Mäuſe gejagt in der Zeit?
N ... n. .ne!
Herr Kahl iſt nämlich ein leiden - ſchaftlicher Jäger.
D. .d..die M. .mm..maus, das iſt 'n in ... in. .infamtes Am. .am..amf..ff .. fibium.
Zu lächerlich iſt das, Alles ſchießt er todt, Zahmes und Wildes.
N. .nächten hab ich d. .d..die alte Szſſ. .ſau vu ins t. .todt g. .g..geſchoſſen.
Da iſt wohl Schießen Ihre Hauptbeſchäftigung?
Herr Kahl thut's ock bloßig zum Prifatvergnigen.
Wald, Wild, Weib pflegten Seine Exellenz der Herr Miniſter von Schadendorf oft - mals zu ſagen.
I. .i..iberm..m..murne hab'n mer T. .t..tau..t..taubenſchießen.
Was iſt denn das: Taubenſchießen?
Ach, ich kann ſo was nicht leiden; es iſt doch nichts als eine recht unbarmherzige Spielerei. Un - gezogene Jungens, die mit Steinen nach Fenſterſcheiben zielen, thun etwas Beſſeres.
Du gehſt zu weit, Helene.
Ich weiß nicht —, meinem Gefühl nach hat es weit mehr Sinn, Fenſter einzuſchmeißen, als Tauben an einem Pfahl feſtzubinden und dann mit Kugeln nach ihnen zu ſchießen.
Na, Helene, — man muß doch aber bedenken ....
Es iſt ein ſchandbarer Unfug.
Um die p poar Tauba ....!
Der Herr Kahl — m —, müſſen Sie wiſſen, haben zweihundert Stück im Schlage.
Die ganze Jagd iſt ein Unfug.
Aber ein unausrottbarer. Da wer - den zum Beiſpiel eben jetzt wieder fünfhundert lebende Füchſe geſucht, alle Förſter hier herum und auch ſonſt in Deutſchland verlegen ſich auf's Fuchsgraben.
Was macht man denn mit den vielen Füchſen?
Sie kommen nach England, wo ſie die Ehre haben, von Lords und Ladys gleich vom Käfig weg zu Tode gehetzt zu werden.
Muhamedaner oder Chriſt, Beſtie bleibt Beſtie.
Darf ich Dir Hummer reichen, Mama?
Meinswejen, ei dieſer Seiſong ſind ſe ſehr gutt!
Gnädige Frau haben eine ſo feine Zunge — m —!
Hummer ha'n Sie woll auch noch nich gegaſſen, Herr Ducter?
Ja, Hummer habe ich ſchon hin und wieder gegeſſen —, an der See oben, in Warnemünde, wo ich ge - boren bin.
Gell, Wilhelm, ma weeß wirklich'n Gott manchmal nich mee, was ma aſſen ſull?
J. .j..ja, w. .w..weeß ... weeß G.. Gott, Muhme.
Champagner
Nein! ... danke!
— Mach 'keinen Unſinn.
Wie, Sie trinken nicht?
Nein, Fräulein.
Na, hör mal an: das iſt aber doch ... das iſt langweilig.
Wenn ich tränke, würde ich noch lang - weiliger werden.
Das iſt intereſſant, Herr Doctor.
Daß ich langweiliger werde, wenn ich Wein trinke?
Nein, ach nein, daß .... daß Sie nicht trinken ...., daß Sie überhaupt nicht trinken, meine ich.
Warum ſoll das intereſſant ſein?
Es iſt .... iſt nicht das Gewöhnliche.
Da haben Sie Recht, leider.
De Flaſche kuſt uns fufza Mark, Sie kinn 'a dreiſte trink'n. Direct vu Rheims iis a, mir ſatz'n Ihn' gewiß niſcht Schlechtes vier, mir mieja ſalber niſcht Schlechtes.
Ach, glauben Sie mich — m —, Herr Doctor, wenn Seine Exellenz der Herr Miniſter von Schadendorf — m — ſo eine Tafel geführt hätten ....
Ohne men'n Wein kennt ich nich laben.
Sagen Sie uns doch, warum Sie nicht trinken?
Das kann gerne geſchehen, ich ....
Ae, was! alter Freund!
Denk dran, wie manche hochfidele Stunde wir früher mit einander ...
Nein, bitte bemühe Dich nicht, es ...
Trink heut mal!
Es iſt Alles vergebens.
Mir zu Liebe!
Nein! ... nein, wie geſagt ... nein! ... nein danke.
Aber nimm mir's nicht übel ... das iſt eine Marotte.
Wer nich will, dar hat ſchunn '.
Uebrigens, des Menſchen Wille ... und ſo weiter. So viel ſage ich nur: ohne ein Glas Wein bei Tiſch ...
Ein Glas Bier zum Frühſtück ...
Nun ja, warum nicht? ein Glas Bier iſt was ſehr geſundes.
Ein Cognac hie und da ...
Na, wenn man das nicht 'mal haben ſollte ... zum Asceten machſt Du mich nun und nimmer, das heißt ja dem Leben allen Reiz nehmen.
Das kann ich nicht ſagen. Ich bin mit den normalen Reizen, die mein Nervenſyſtem treffen, durchaus zufrieden.
Eine Geſellſchaft, die trockenen Gaumens beiſammen hockt, iſt und bleibt eine verzweifelt öde und langweilige, — für die ich mich im Allgemeinen bedanke.
Bei a Adlijen wird doch auch a ſo viel getrunk'n.
Es iſt Schentelmen leicht viel Wein zu trinken.
Mir geht es umgekehrt: mich langweilt im Allgemeinen eine Tafel, an der viel ge - trunken wird.
Es muß natürlich mäßig geſchehen.
Was nennſt Du mäßig?
Nun, ... daß man noch immer bei Beſinnung bleibt.
Aaah! ... alſo Du giebſt zu: die Beſinnung iſt im Allgemeinen durch den Alkohol-Genuß ſehr gefährdet. — Siehſt Du! deshalb ſind mir Kneiptafeln — langweilig.
Fürchteſt Du denn ſo leicht Deine Beſinnung zu verlieren?
Iiii ..... i. .ich habe n. n..neulich ene Flaſche Rrr ... r. .rü ... rüd. .desheimer, ene Flaſche Sſſſſekt get. .t..trunken. Oben drauf d. .d..d .. dann nnoch eine Flaſche B. .b..bordeaux, aber beſuffen woar ich no n. .nich.
Ach nein, Du weißt ja wohl, daß ich es war, der Euch nach Hauſe brachte, wenn Ihr Euch übernommen hattet. Ich hab 'immer noch die alte Bärennatur: nein, deshalb bin ich nicht ſo ängſtlich.
Weshalb denn ſonſt?
Ja, warum trinken Sie denn eigentlich nicht? bitte ſagen Sie es doch.
Damit Du doch beruhigt biſt: ich trinke heut ſchon deshalb nicht, weil ich mich ehren - wörtlich verpflichtet habe, geiſtige Getränke zu meiden.
Mit anderen Worten, Du biſt glücklich bis zum Mäßigkeitsvereinshelden herabgeſunken.
Ich bin völliger Abſtinent.
Und auf wie lange, wenn man fragen darf, machſt Du dieſe ....
Auf Lebenszeit.
Pf! gerechter Strohſack!!
Offen geſagt, für ſo kindiſch ... verzeih 'das harte Wort.
Du kannſt es gerne ſo benennen.
Wie in aller Welt biſt Du nur darauf gekommen.
Für ſo etwas müſſen Sie einen ſehr gewichtigen Grund haben — denke ich mir wenigſtens.
Der exiſtirt allerdings. Sie, Fräulein! — und Du, Hoffmann! weißt wahrſcheinlich nicht, welche furchtbare Rolle der Alkohol in unſerem modernen Leben ſpielt ... Lies Bunge, wenn Du Dir einen Begriff davon machen willſt. — Mir iſt noch gerade in Erinnerung, was ein gewiſſer Everett über die Be - deutung des Alkohols für die Vereinigten Staaten geſagt hat. — Notabene es bezieht ſich auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Er meint alſo: der Alkohol hat direct eine Summe von 3 Milliarden und indirect von 600 Millionen Dollars verſchlungen. Er hat 300000 Menſchen ge - tödtet, 100000 Kinder in die Armenhäuſer geſchickt, weitere Tauſende in die Gefängniſſe und Arbeitshäuſer getrieben, er hat mindeſtens 2000 Selbſtmorde ver - urſacht. Er hat den Verluſt von wenigſtens 10 Millionen Dollars durch Brand und gewaltſame Zerſtörung ver - urſacht, er hat 20000 Wittwen und ſchließlich nicht weniger als 1 Million Waiſen geſchaffen. Die Wirkung des Alkohols, das iſt das Schlimmſte, äußert ſich ſo zu ſagen bis in's dritte und vierte Glied. — Hätte ich nun das ehrenwörtliche Verſprechen abgelegt, nicht zu heirathen, dann könnte ich ſchon eher trinken, ſo aber ... meine Vorfahren ſind alle geſunde, kernige und wie ich weiß, äußerſt mäßige Menſchen geweſen. Jede Be - wegung die ich mache, jede Strapaze, die ich überſtehe, jeder Athemzug gleichſam führt mir zu Gemüth, was ich ihnen verdanke. Und dies, ſiehſt Du, iſt der Punkt: ich bin abſolut feſt entſchloſſen die Erbſchaft,32 die ich gemacht habe, ganz ungeſchmälert auf meine Nachkommen zu bringen.
Du! — Schwiegerſuhn! — inſe Bargleute ſaufen woarhaftig zu viel: Doas muuß woar ſein.
Die ſaufen wie d' Schweine.
Ach! ſo etwas vererbt ſich?
Es giebt Familien die daran zu Grunde gehen, Trinkerfamilien.
Euer Aaler, dar treibt's au a wing zu tull.
Ach, ſchwatzen Sie keinen Unſinn!!!
Ne, do hier Enner a ſu ein patziges Froovulk oa; a ſu ne Prinzeſſen. Hängſt de wieder a mol de Gnädige raus, wie? — A ſu fährt ſe a Zukinftigen oa.
's is nämlich d'r Zukinftige, miſſen Se nahmen, Herr Ducter, 's is Alles eim Renen.
Hör auf! oder ... hör auf, Mutter! oder ...
Do hiert doch aber werklich .... na, do ſprecha Se, Herr Ducter, iis das wull Bildung, hä? Weeß Gott, ich hal 'ſe wie mei egnes Kind, aber die treibt's reen zu tull.
Ach, Mama! thu 'mir doch den Gefallen ....
Neee!! groade — iich ſah doas nich ein — a ſu ane Goans wie die iis .... do hiert olle Gerechtigkeet uff .... ſu ane Titte!
Mama, ich muß Dich aber wirklich doch jetzt bitten, Dich ....
Stats doaß doas Froovulk ei der Wertſchoft woas oagreft ... bewoare ne! Doa zeucht ſe an Flunſch biis hinger beede Leffel. — Oaber da Schillerich, oaber a Gethemoan, a ſune tumme Scheißkarle, die de niſcht kinn'n als lieja: vu dan'n33 läßt ſe ſich a Kupp verdrehn. Urnar zum Kränke krieja iis doas
....... ..................
Nun — ſie wird ja nun wieder ... es war ja vielleicht — nicht ganz Recht ... es
Ja ... von was ſprachen wir doch? ... Richtig! — vom biederen Alkohol.
Nun, Mama: Frieden! — Komm, ſtoßen wir an, — ſeien wir friedlich, — machen wir dem Alkohol Ehre, indem wir fried - lich ſind.
Was, Helene?! — Dein Glas iſt leer? ... Ei der Tauſend, Loth! Du haſt Schule gemacht.
Ach ... nein ... ich ...
Mein gnädiges Fräulein, ſo etwas läßt tief ....
Aber Du warſt doch ſonſt keine von den Zimperlichen.
Ich hab eben heut keine Neigung zum Trinken, einfach!
Bitte, bitte, bitte ſeeehr um Ver - zeihung ................ Ja, von was ſprachen wir doch?
Wir ſprachen davon, daß es Trinker - familien gäbe.
Schon recht, ſchon recht, aber ...
Ihr ſcheint übrigens hier ziemlich damit geſegnet zu ſein.
Wieſo? ... mit ... mit was geſegnet?
Mit Trinkern natürlicherweiſe.
Hm! ... meinſt Du? .., ach ... jaja ..., allerdings, die Bergleute .....
Nicht nur die Bergleute. Zum Beiſpiel hier in dem Wirthshaus, wo ich abſtieg, bevor ich zu Dir kam, da ſaß ein Kerl ſo:
Wirklich?
Es wundert mich, daß Du dieſes — Ori - ginal — könnte man beinahe ſagen, noch nicht kennſt. Das Wirthshaus iſt ja gleich hier nebenan das. Mir wurde geſagt, es ſei ein hieſiger ſteinreicher Bauer, der ſeine Tage und Jahre buchſtäblich in dieſem ſelben Gaſt - zimmer mit Schnapstrinken zubrächte. Das reine Thier iſt er natürlich. Dieſe furchtbar öden, verſoffenen Augen, mit denen er mich anſtierte.
Woahrhaftig!!! das is ja .... das is ja woahrhaftig der ... der Alte geweſen.
Sie ſind ...
pfui!!!
Ach woas! ... Unſinn! 's iis ju zu tumm! — iich gieh menner Wege.
'n Obend!!!
Koan Der'ſch nich ver - denken, Willem!
Miele!
Räum 'ab!
Su ane Gans.
Ich muß aber doch ehr - lich ſagen, Mama ..!.
Mahr Dich aus.
Die gnädige Frau — m — haben heut manches häusliche Aergerniß gehabt — m —. Ich empfehle mich ganz ergebenſt.
Ja, ſiehſt Du, ſo ſind die Weiber!
Ich begreife gar nichts von alledem.
Iſt auch nicht der Rede werth. — So etwas kommt wie bekannt in den allerfeinſten Familien vor, das darf Dich nicht abhalten ein paar Tage bei uns ...
Hätte gern Deine Frau kennen gelernt, warum läßt ſie ſich denn nicht blicken?
Du begreifſt, in ihrem Zuſtand ... die Frauen laſſen nun 'mal nicht von der Eitelkeit. Komm! wollen uns draußen im Garten bischen ergehen. — Eduard! den Kaffee in die Laube.
Sehr wohl.
Oh! nicht fort!
Oh! nicht fort, geh 'nicht fort!
's Gaartla iis mei — ne! ... d'r Kratſch'm iis mei — ne ... du Goſtwerth - lops! Dohie hä!
's Gittla iis mei — ne.
Trink ... ei ... Briderla, trink ... ei ... 'iderla, Branntw .... wwein ...' acht Kuraſche. Dohie hä
bien iich nee a hibſcher Moan? .... Hoa iich nee a hibſch Weibla dohie hä? ... Hoa iich nee a poar hibſche Madel?
Papa! ... lieber Papa!! ſo komm doch ſchon.
K — omm doch ... nur ... ſchn — ell in's Haus, komm doch n — ur ſchn — ell! Ach!
Dohie hä! 's Gald iis mei — neee! hä? Mech'ſt a poar Thoalerla?
Ach, gr — oßer Gott!
Gl — eich läßt Du l — os! laß l — os! bitte, Papa, ach!
Thier, Schwein!!
Tr — ink mei Bri'erla, tr — ....
Do hot 'r an Thoaler .... oaber halt't Eure Guſche!
H!. .h! .. Morgenluft!
Guten Morgen! Schon ſo früh wach?
'Murja!
Krummes Oos! na, werd's glei?! ekch! Himmel - dunnerſchlag ja!
Es giebt wohl Heuernte heut?
De Äſel gihn ei's Hä itzunder.
Nun, Ihr dengelt doch aber die Senſe ...?
Ekch! tumme Dare.
Wollt Ihr mir nicht ſagen, wozu Ihr die Senſe ſcharf macht, wenn doch nicht Heuernte iſt?
Na, — braucht ma ernt keene Sahnſe zum Futter macha?
Ach ſo! Futter ſoll alſo geſchnitten werden.
Woas d'n ſuſte?
Wird das alle Morgen geſchnitten?
Na! — ſool's Viech derhingern?
Ihr müßt ſchon 'n Bischen Nachſicht mit mir haben! ich bin eben ein Städter; da kann man nicht Alles ſo genau wiſſen von der Landwirthſchaft.
Die Staadter glee — ekch! — de Staadter, die wiſſa doo glee oals beſſer wie de Menſche vum Lande, hä?
Das trifft bei mir nicht zu. — Könnt Ihr mir nicht vielleicht erklären, was das für ein In - ſtrument iſt? ich hab's wohl ſchon 'mal wo geſehen, aber der Name ...
Doasjenigte uf dan Se ſitza?! woas ma ſu ſoat Extrabater nennt ma doas.
Richtig, ein Extirpator; wird der hier auch gebraucht?
Leeder Goott's, nee. — A läßt a ver - ludern ... a ganza Acker, reen verludern läßt a'n, d'r Pauer. A Oarmes mecht a Fleckla hoa'nn — ei inſa Bärta wächſt kee Getreide — oaber nee, lieberſcht läßt a'n ver - ludern! — niſcht thit wachſa, ok blußig Seide und Quecka.
Ja, die kriegt man ſchon damit heraus. Ich weiß, bei den Ikariern hatte man auch ſolche Extirpatoren um das urbar gemachte Land vollends zu reinigen.
Wu ſein denn die I ... wie Se glei ſoa'n: I ...
Die Ikarier?! in Amerika.
Doo gibbts au ſchunn a ſune Dinger?
Ja freilich.
Woas iis denn doas fer a Vulk: die I ... I ...
Die Ikarier?! — es iſt gar kein beſonderes40 Volk; es ſind Leute aus allen Nationen, die ſich zu - ſammen gethan haben; ſie beſitzen in Amerika ein hübſches Stück Land, das ſie gemeinſam bewirthſchaften; alle Arbeit und allen Verdienſt theilen ſie gleichmäßig. Keiner iſt arm, es giebt keine Armen unter ihnen.
Oaſt vu enner Sahnſe!
Man muß ſpazieren geh'n, der Morgen iſt zu prächtig.
Guda Murja, Voater Beibſt.
Woas iis denn doas fer Enner?
Dar koan Battelleute zum Noarr'n hoa'nn ... dar leugt egelganz wie a Forr ... vu dan luuß der de Hucke vuul liega.
Macht enk de Roawer zerecht Madel!
Glei, glei! Voater Beibſt.
Da iſt 'ne Kleinig - keit. Geld kann man immer brauchen.
Ju, ju! do ha'n Se au Recht ... na do dank ich au vielmools. — Se ſein wull d'r Beſuch zum Schwieger - ſuhne?
Wiſſa Se: wenn Se, und Se wull'n da naus gihn auf a Barch zu, wiſſa Se, do haal'n Se ſiich links, wiſſa Se, zängſt 'nunder links,41 rechts gibt's Riſſe. Mei Suhn meente, 's käm do der - voone, meent' a, weil ſe zu ſchlecht verzimmern thäten, meent 'a, de Barchmoanne, 's ſoatzt zu wing Luhn, meent' a, und do giht's ok a ſu: woas huſt'de, woas koanſt'de, ei a Gruba, verſtiehn Se. — Sahn Se! — doo! — immer links, rechts gibt's Lecher. Vurigtes Johr erſcht iis a Putterweib wie ſe ging und ſtoand iis ſe ei's Ardreich verſunka, iich wiß nee amool wie viel Kloaftern tief. Kee Menſch wußte wuhie — wie geſoa't, links, immer links, doo gihn Se ſicher.
Wer ſchießt denn da ſchon ſo frühe?
Na, war denn ſuſte? — d'r Junge, dar meſchante Junge.
Welcher Junge denn?
Na, Kahl-Willem — d'r Nupperſchſuhn ... na woart 'ok blußig due! ich hoa's geſahn, a ſchißt meiner Gitte de Lärcha.
Ihr hinkt ja.
Doas 's Goot erbarm 'ja.
Na woart Du! woart Du! ...
Was habt Ihr denn mit dem Bein gemacht?
Iich?
Ja.
's iis a ſu 'nei kumma.
Habt Ihr Schmerzen?
's zerrt a ſu, 's zerrt infamt.
Habt Ihr keinen Arzt?
Wiſſa Se, — de Ducter, doas ſein Oaffa, enner wie d'r andere! — blußig inſe Ducter, doas iis a ticht'er Moan.
Hat er Ihnen was genützt?
Na — verlecht a klee Wing wull au oam Ende. A hoot mer'ſch Been geknet't: Sahn Se, a ſu geknutſcht un gehackt un ... oaber nee! derwegen nich! — A iis ... na kurz un gutt a hoot mit'n42 oarma Menſche a Mitleed: — A keeft'n de Med'zin und a verlangt niſcht. A kimmt zu jeder Zeet ...
Sie müſſen ſich das doch aber irgend wo zugezogen haben?! haben Sie immer ſo gehinkt?
Nich die Oahnung!
Dann verſtehe ich nicht recht, es muß doch eine Urſache ....
Weeß iich's?
Woart ok Due! woart ok mit dem Geknackſe.
Guten Morjen ooch, Herr Ducter!
Guten Morgen!
Wull'n ſ 'amol was Hibſches ſahn?
Was haben Sie denn da?
Rootha Se!
Waas?! — es iſt alſo wirklich wahr: — Sie ſchießen Lerchen! nun für dieſen Unfug, Sie nichts - nutziger Burſche, verdienten Sie geohrfeigt zu werden; verſtehen Sie mich!
Ducterluder!
Guten Morgen, Fräulein!
Guten Morgen! — Der Wind hat die Schnur hinaufgejagt.
Erlauben Sie!
Ich danke ſehr.
Pflegen Sie immer ſo früh auf zu ſein, Fräulein?
Das eben — wollte ich Sie auch fragen.
Ich —? nein! die erſte Nacht in einem fremden Hauſe paſſirt es mir jedoch gewöhnlich.
Wie ... kommt das?
Ich habe darüber noch nicht nachgedacht, es hat keinen Zweck.
Ach, wieſo denn nicht.
Wenigſtens keinen erſichtlichen, praktiſchen Zweck.
Alſo wenn Sie irgend etwas thun oder denken, muß es einem praktiſchen Zweck dienen?
Ganz recht! Uebrigens ...
Das hätte ich von Ihnen nicht gedacht.
Was, Fräulein?
Genau das meinte die Stiefmutter, als ſie mir vorgeſtern den Werther aus der Hand riß.
Das iſt ein dummes Buch.
Sagen Sie das nicht.
Das ſage ich nochmal, Fräulein. Es iſt ein Buch für Schwächlinge.
Das — kann wohl möglich ſein.
Wie kommen Sie gerade auf dieſes Buch? Iſt es Ihnen denn verſtändlich?
Ich hoffe, ich ... zum Theil ganz ge - wiß. Es beruhigt ſo, darin zu leſen.
Wenn's ein dummes Buch iſt, wie Sie ſagen, könnten Sie mir etwas Beſſeres empfehlen?
Le ... leſen Sie ... noa! ... kennen Sie den Kampf um Rom von Dahn?
Nein! das Buch werde ich mir aber nun kaufen. Dient es einem praktiſchen Zweck?
Einem vernünftigen Zweck überhaupt. Es malt die Menſchen nicht wie ſie ſind, ſondern wie ſie einmal werden ſollen. Es wirkt vorbildlich.
Das iſt ſchön.
Vielleicht geben Sie mir Auskunft, man redet ſo viel von Zola und Ibſen in den Zeitungen: ſind das große Dichter?
Es ſind gar keine Dichter, ſondern noth - wendige Uebel, Fräulein. Ich bin ehrlich durſtig und verlange von der Dichtkunſt einen klaren, erfriſchenden Trunk. — Ich bin nicht krank. Was Zola und Ibſen bieten, iſt Medicin.
Ach, dann wäre es doch vielleicht für mich etwas.
Es iſt prächtig hier. Sehen Sie, wie die Sonne über der Bergkuppe herauskommt. — Viel Aepfel giebt es in Ihrem Garten: eine ſchöne Ernte.
Drei Viertel davon wird auch dies Jahr wieder geſtohlen werden. Die Armuth hier herum iſt zu groß.
Sie glauben gar nicht, wie ſehr ich das Land liebe! Leider wächſt mein Weizen zum größten Theile in der Stadt. Aber nun will ich's Mal durch - genießen, das Landleben. Unſereiner hat ſo'n Bischen Sonne und Friſche mehr nöthig, als ſonſt Jemand.
Mehr nöthig, als .... inwiefern?
Weil man in einem harten Kampfe ſteht, deſſen Ende man nicht erleben kann.
Stehen wir Anderen nicht in einem ſolchen Kampfe?
Nein.
Aber — in einem Kampfe — ſtehen wir doch auch?!
Natürlicherweiſe! aber der kann enden.
Kann — da haben Sie Recht! — und wieſo kann der nicht endigen — der, den Sie kämpfen, Herr Loth?
Ihr Kampf, das kann nur ein Kampf ſein um perſönliches Wohlergehen. Der Einzelne kann dies, ſo weit menſchenmöglich, erreichen. Mein Kampf iſt ein Kampf um das Glück Aller; ſollte ich glücklich ſein, ſo müßten es erſt alle anderen Menſchen um mich her - um ſein; ich müßte um mich herum weder Krankheit noch Armuth, weder Knechtſchaft noch Gemeinheit ſehen. Ich könnte mich ſo zu ſagen nur als Letzter an die Tafel ſetzen.
Dann ſind Sie ja ein ſehr, ſehr guter Menſch!
Verdienſt iſt weiter nicht da - bei, Fräulein, ich bin ſo veranlagt. Ich muß übrigens ſagen, daß mir der Kampf im Intereſſe des Fortſchritts doch große Befriedigung gewährt. Eine Art Glück, die ich weit höher anſchlage, als die, mit der ſich der ge - meine Egoiſt zufrieden giebt.
Es giebt wohl nur ſehr wenige Menſchen, die ſo veranlagt ſind. — Es muß ein Glück ſein, mit ſolcher Veranlagung geboren zu ſein.
Geboren wird man wohl auch nicht damit. Man kommt dazu durch die Verkehrtheit unſerer Ver - hältniſſe, ſcheint mir; — nur muß man für das Verkehrte einen Sinn haben: das iſt es! Hat man den und leidet man ſo bewußt unter den verkehrten Verhältniſſen, dann wird man mit Nothwendigkeit zu dem, was ich bin.
Wenn ich Sie nur beſſer .... welche Verhältniſſe nennen Sie zum Beiſpiel verkehrt?
Es iſt zum Beiſpiel verkehrt, wenn der im Schweiße ſeines Angeſichts Arbeitende hungert und der Faule im Ueberfluſſe leben darf. — Es iſt verkehrt, den Mord im Frieden zu beſtrafen und den Mord im Krieg zu belohnen. Es iſt verkehrt, den Henker zu ver - achten und ſelbſt, wie es die Soldaten thun, mit einem46 Menſchenabſchlachtungs-Inſtrument, wie es der Degen oder der Säbel iſt an der Seite, ſtolz herumzulaufen. Den Henker, der das mit dem Beile thäte, würde man zweifels ohne ſteinigen. Verkehrt iſt es dann, die Religion Chriſti, dieſe Religion der Duldung, Vergebung und Liebe, als Staatsreligion zu haben und dabei ganze Völker zu vollendeten Menſchenſchläch - tern heranzubilden. Dies ſind einige unter Millionen, müſſen Sie bedenken. Es koſtet Mühe, ſich durch alle dieſe Verkehrtheiten hindurchzuringen; man muß früh anfangen.
Wie ſind Sie denn nur ſo auf Alles dies gekommen? Es iſt ſo einfach und doch kommt man nicht darauf.
Ich mag wohl durch meinen Entwickelungs - gang darauf gekommen ſein, durch Geſpräche mit Freun - den, durch Lecture, durch eigenes Denken. Hinter die erſte Verkehrtheit kam ich als kleiner Junge. Ich log mal ſehr ſtark und bekam dafür die ſchrecklichſten Prügel von meinem Vater; kurz darauf fuhr ich mit ihm auf der Eiſenbahn und da merkte ich, daß mein Vater auch log und es für ganz ſelbſtverſtändlich hielt, zu lügen; ich war damals fünf Jahre und mein Vater ſagte dem Schaffner, ich ſei noch nicht vier, der freien Fahrt halber, welche Kinder unter vier Jahren genießen. Dann ſagte der Lehrer auch mal: Sei fleißig, halt Dich brav, dann wird es Dir auch unfehlbar gut gehen im Leben. Der Mann lehrte uns eine Verkehrtheit, da - hinter kam ich ſehr bald Mein Vater war brav, ehr - lich, durch und durch bieder, und ein Schuft, der noch jetzt als reicher Mann lebt, betrog ihn um ſeine paar Tauſend Thaler. Bei eben dieſem Schuft, der eine große Seifenfabrik beſaß, mußte mein Vater ſogar, durch die Noth getrieben, in Stellung treten.
Unſereins wagt es gar nicht — wagt es gar nicht, ſo etwas für verkehrt anzuſehen, höchſtens ganz im Stillen empfindet man es. Man empfindet es47 oft ſogar, und dann — wird einem ganz verzweifelt zu Muth.
Ich erinnere mich einer Verkehrtheit, die mir ganz beſonders klar als ſolche vor Augen trat. Bis dahin glaubte ich: der Mord werde unter allen Umſtänden als ein Verbrechen beſtraft, danach wurde mir jedoch klar, daß nur die milderen Formen des Mordes ungeſetzlich ſind.
Wie wäre das wohl ....
Mein Vater war Siedemeiſter, wir wohnten dicht an der Fabrik, unſere Fenſter gingen auf den Fabrikhof. Da ſah ich auch noch Manches außerdem: Es war ein Arbeiter, der fünf Jahr in der Fabrik ge - arbeitet hatte. Er fing an ſtark zu huſten und abzu - magern ... ich weiß, wie uns mein Vater bei Tiſch erzählte: Burmeiſter — ſo hieß der Arbeiter — be - kommt die Lungenſchwindſucht, wenn er noch länger bei der Seifenfabrikation bleibt. Der Doctor hat es ihm geſagt. — Der Mann hatte acht Kinder, und ausge - mergelt wie er war, konnte er nirgends mehr Arbeit finden. Er mußte alſo in der Seifenfabrik bleiben, und der Prinzipal that ſich viel darauf zu Gute, daß er ihn beibehielt. Er kam ſich unbedingt äußerſt human vor. — Eines Nachmittags, im Auguſt, es war eine furchtbare Hitze, da quälte er ſich mit einer Karre Kalk über den Fabrikhof. — Ich ſah gerade aus dem Fenſter, da merke ich, wie er ſtill ſteht — wieder ſtill ſteht und ſchließlich ſchlägt er lang auf die Steine. — Ich lief hinzu — mein Vater kam, andere Arbeiter kamen, aber er röchelte nur noch, und ſein ganzer Mund war voll Blut. Ich half ihn ins Haus tragen. Ein Haufe kalkiger, nach allerhand Chemikalien ſtinkender Lumpen war er; bevor wir ihn im Hauſe hatten, war er ſchon geſtorben.
Ach, ſchrecklich iſt das.
Kaum acht Tage ſpäter zogen wir ſeine Frau aus dem Fluß, in den die verbrauchte Lauge48 unſerer Fabrik abfloß. — Ja, Fräulein! wenn man dies Alles kennt, wie ich es jetzt kenne — glauben Sie mir! — dann läßt es Einem keine Ruhe mehr. Ein einfaches Stückchen Seife, bei dem ſich in der Welt ſonſt Niemand etwas denkt, ja, ein Paar rein gewaſchene, gepflegte Hände ſchon können Einen in die bitterſte Laune verſetzen.
Ich hab auch mal ſo was geſehen. Hu! ſchrecklich war das, ſchrecklich!
Was?
Der Sohn von einem Arbeitsmann wurde halbtodt hier hereingetragen. Es iſt nun ... drei Jahre vielleicht iſt es her.
War er verunglückt?
Ja, drüben im Bärenſtollen.
Ein Bergmann alſo?
Ja, die meiſten jungen Leute hier herum gehen auf die Grube. — Ein zweiter Sohn deſſelben Vaters war auch Schlepper und iſt auch verunglückt.
Beide todt?
Beide todt .......... .................. Einmal riß etwas an der Fahrkunſt, das andere Mal waren es ſchlagende Wetter. — Der alte Beibſt hat aber noch einen dritten Sohn, der fährt auch ſeit Oſtern ein.
Was Sie ſagen! — hat er Nichts dawider?
Gar nichts, nein! Er iſt nur jetzt noch weit mürriſcher als früher. Haben Sie ihn nicht ſchon geſehen?
Wieſo ich?
Er ſaß ja heut früh nebenan, unter der Durchfahrt.
Ach! — wie? .... Er arbeitet hier im Hofe?
Schon ſeit Jahren.
Er hinkt?
Ziemlich ſtark ſogar.
Sooſoo — was iſt ihm denn da paſſirt — mit dem Bein?
Das iſt 'ne heikle Geſchichte. Sie kennen doch den Herrn Kahl? .... da muß ich Ihnen aber ganz nahe kommen. Sein Vater, müſſen Sie wiſſen, war genau ſo ein Jagdnarr wie er. Er ſchoß hinter den Handwerksburſchen her, die auf den Hof kamen, wenn auch nur in die Luft, um ihnen Schrecken einzujagen. Er war auch ſehr jähzornig, wiſſen Sie, wenn er getrunken hatte erſt recht. Nu hat wohl der Beibſt mal gemuckſcht — er muckſcht gern, wiſſen Sie — und da hat der Bauer die Flinte zu packen gekriegt und ihm eine Ladung gegeben. Beibſt, wiſſen Sie, war nämlich früher beim Nachbar Kahl für Kutſcher.
Frevel über Frevel, wohin man hört.
Ich hab auch ſchon manchmal ſo bei mir gedacht .... ſie haben mir Alle mitunter ſchon ſo furchtbar leid gethan —: der alte Beibſt und ...... Wenn die Bauern ſo roh und dumm ſind wie der — wie der Streckmann, der — läßt ſeine Knechte hungern und füttert die Hunde mit Conditorzeug. Hier bin ich wie dumm, ſeit ich aus der Penſion zurück bin ............ Ich hab auch mein Päckchen! — aber ich rede ja wohl Unſinn — es intereſſirt Sie ja gar nicht — Sie lachen mich im Stillen blos aus.
Aber Fräulein, wie können Sie nur .... weshalb ſollte ich Sie denn ....
Nun, etwa nicht? Sie denken doch: die iſt auch nicht beſſer wie die Anderen hier.
Ich denke von Niemand ſchlecht, Fräulein!
Das machen Sie mir nicht weiß .... nein, nein!
Aber Fräulein! wann hätte ich Ihnen Ver - anlaſſung ...
Ach, reden Sie doch nicht! 450Sie verachten uns, verlaſſen Sie ſich d'rauf: — Sie müſſen uns ja doch verachten,
den Schwager mit, mich mit. Mich vor allen Dingen und dazu, da — zu haben Sie wahr ... wahrhaftig auch Grund.
Doas Loaſter vu Froovulk! Marie! Ma — rie!! unter men'n Dache! weg muuß doas Froovulk!
Du Huernfroovulk Du!
uuf der Stelle 'naus! Sich Deine ſieba Sacha z'ſamma und dann,' naus!
Doas biin iich Ihn'n ſchuldig! doas war iich Ihn'n eitränka!!
Was hat ſie denn ge - macht?
Gieht's Diich oan, Goans?
Ja, mich geht's an.
Mein gnädiges Fräulein, ſo etwas iſt nicht für das Ohr eines jungen Mädchens wie ...
Worum ok ne goar, Spillern! die iis au ne vu Marzepane: Mit'n Grußknecht zu - ſoamma gelah'n hot ſe ei en Bette. Do wißt de's.
Die Magd wird aber doch bleiben.
Weibsſtück!!
Gut! dann will ich dem Vater erzählen, daß Du mit Kahl Wilhelm die Nächte ebenſo verbringſt.
Do huſt 'an' Denkzettel!
Die Magd bleibt aber doch, ſonſt .... ſonſt bring ich's herum! Mit Kahl Wilhelm, Du! Dein Vetter .... mein Bräut'jam .... Ich bring's herum.
Wer koan doas ſoa'n?
Ich! denn ich hab ihn heut Morgen aus Deinem Schlafzimmer .....
Gnädige Frau, gnädige Frau!
Sp .... illern, die Moa'd ſſſ .... ſool dooblei'n.
Herr Doctor, ſind Sie mit dem Aus - ſehen meiner Frau zufrieden?
Sie ſieht ja ganz gut aus, warum nicht.
Denken Sie, daß Alles gut vorüber - gehen wird?
Ich hoffe.
Herr Doctor, ich habe mir vorgenommen — ſchon ſeit Wochen — Sie, ſobald ich hierher käme, in einer ganz beſtimmten Sache um Ihren Rath zu bitten.
So! ... das laſſen Sie wohl bald machen;
über Kopf - ſchmerz klagt Ihre Frau, —
ehe ich es vergeſſe: ſuchen Sie doch Ihrer Frau be - greiflich zu machen, daß ſie für das kommende Lebeweſen53 einigermaßen verantwortlich iſt, ich habe ihr bereits ſelbſt einiges geſagt — über die Folgen des Schnürens.
Ganz gewiß, Herr Doctor ... ich will ganz gewiß mein Möglichſtes thun, ihr ...
Empfehle mich
ach ſo! ... Sie wollten ja meinen Rath hören
Ja, wenn Sie noch einen Augenblick Zeit hätten ...
Sie kennen das ent - ſetzliche Ende meines erſten Jungen. Sie haben es ja ganz aus der Nähe geſehen. Wie weit ich damals war, wiſſen Sie ja wohl auch. — Man glaubt es nicht dennoch: die Zeit mildert! .......... Schließlich habe ich ſogar noch Grund zur Dankbarkeit, mein ſehnlichſter Wunſch ſoll, wie es ſcheint, erfüllt werden. Sie werden begreifen, daß ich Alles thun muß ... es hat mich ſchlafloſe Nächte genug gekoſtet und doch weiß ich noch nicht, noch immer nicht, wie ich es anſtellen ſoll, um das jetzt noch ungeborene Geſchöpf vor dem furcht - baren Schickſale ſeines Brüderchens zu bewahren. Und das iſt es, weshalb ich Sie ....
Von ſeiner Mutter trennen: Grundbedingung einer gedeih - lichen Entwickelung.
Alſo doch?! — meinen Sie, völlig trennen? ... ſoll es auch nicht in demſelben Hauſe mit ihr ...?
Nein, wenn es Ihnen ernſt iſt um die Erhaltung Ihres Kindes, dann nicht. Ihr Vermögen geſtattet Ihnen ja in dieſer Beziehung die freieſte Bewegung.
Gott ſei Dank, ja! Ich habe auch ſchon in der Nähe von Hirſchberg eine Villa mit ſehr großem Park angekauft. Nur wollte ich auch meine Frau ...
Kaufen Sie doch Ihrer Frau irgend wo anders eine Villa ...
Könnten Sie nicht — Ihre Schwägerin — für die Aufgabe, dieſes Kind zu erziehen, intereſſiren?
Wenn Sie wüßten, Herr Doctor, was für Hinderniſſe ... außerdem: ein unerfahrenes, junges Ding ... Mutter iſt doch Mutter.
Sie wiſſen meine Meinung. Empfehle mich.
Empfehle mich ebenfalls! ich bin Ihnen äußerſt dankbar ...
Was iſt denn das —? ſag '' mal, Schwägerin! ſoll denn das noch lange ſo fort gehen? — Seit ich hier bin, vergeht nicht ein Tag, an dem ich Dich nicht weinen ſehe.
Ach! — was weißt Du!? — wenn Du überhaupt Sinn für ſo was hätt'ſt, dann würd'ſt Du Dich vielmehr wundern, wenn ich 'mal nicht weinte.
— Das leuchtet mir nicht ein, Schwägerin!
Mir um ſo mehr!
.......... Es muß doch wieder was paſſirt ſein, hör '' mal!
Pfui! Pfui ... und ich mag's nicht mehr leiden ... das hört auf! ich laſſe mir das nicht mehr bieten! ich ſehe nicht ein warum ... ich ...
Willſt Du mir denn nicht wenigſtens ſagen, worum ſich's handelt, damit ..........
Alles iſt mir egal! ſchlimmer kann's nicht mehr kommen: — einen Trunken - bold von Vater hat man, ein Thier — vor dem die .... die eigene Tochter nicht ſicher iſt. — Eine55 ehebrecheriſche Stiefmutter, die mich an ihren Galan ver - kuppeln möchte .. Dieſes ganze Daſein überhaupt. — Nein —! ich ſehe nicht ein, wer mich zwingen kann, durchaus ſchlecht zu werden. Ich gehe fort! ich renne fort — und wenn Ihr mich nicht loslaßt, dann .... Strick, Meſſer, Revolver! .... mir egal! — ich will nicht auch zum Branntwein greifen wie meine Schweſter.
Lene!!! .... ich ſag 'Dir, ſtill! ... davon ſtill!
Mir egal! ... mir ganz egal! — man iſt ... man muß ſich ſchämen bis in die Seele 'nein. — Man möchte was wiſſen, was ſein, was ſein können — und was iſt man nu?
Lenchen —! ich weiß ja recht gut, daß Du hier Manches auszuſtehen haſt. Sei nur ruhig ....! brauchſt es mir gar nicht zu ſagen.
Ich kann Dich gar nicht weinen ſehen. Wahrhaftig! — 's thut mir weh. Sieh doch nur aber die Verhältniſſe nicht ſchwärzer, als ſie ſind —; und dann: — haſt Du vergeſſen, — daß wir Beide, — Du und ich — ſo zu ſagen in der gleichen Lage ſind? — Ich bin in dieſe Bauernatmoſphäre hinein gekommen .... paſſe ich hinein? Genau ſo wenig wie Du hoffentlich.
Hätte mein — gutes — M — Muttelchen das geahnt — als ſie .... als ſie beſtimmte — daß ich in Herrnhut — erzogen .... erzogen werden ſollte. Hätte ſie — mich lieber ... mich lieber zu Hauſe gelaſſen, dann hätte ich ... hätte ich wenigſtens — nichts Anderes kennen gelernt, wäre in dem Sumpf hier auf .... aufgewachſen — Aber ſo ...
Lenchen —! ſieh mich an, laß56 das gut ſein, tröſte Dich mit mir. — Ich brauche Dir von Deiner Schweſter nicht zu ſprechen.
Ja, wäre ſie wie Du biſt! ...... So aber ... ſag ſelbſt: Was kann ſie mir ſein? — Wo lebt ein Mann, Lenchen, ein gebildeter Mann,
deſſen Frau von einer ſo unglückſeligen Leidenſchaft befallen iſt? — Man darf es gar nicht laut ſagen: eine Frau — und — Branntwein ................ Nun, ſprich, bin ich glücklicher? .... Denk an mein Fritzchen! — nun? ..... bin ich am Ende beſſer dran, wie? .........
Siehſt Du: ſo hat's das Schickſal ſchließlich noch gut gemeint. Es hat uns zu einander gebracht. — Wir gehören für ein - ander! Wir ſind zu Freunden voraus beſtimmt, mit unſren gleichen Leiden. Nicht, Lenchen?
Du ſollteſt meinem Vorſchlag folgen, ſollteſt dies Haus verlaſſen, bei uns wohnen. — Das Kindchen das kommt braucht eine Mutter. — Komm! ſei Du ihm das
ſonſt hat es eben keine Mutter. Und dann: — bring 'ein wenig, nur ein ganz, ganz klein wenig Licht in mein Leben. Thuu's! — thu —' s!
Schwager! Du biſt, Du biſt ..... jetzt kenn 'ich Dich durch und durch. Bisher hab ich's nur ſo dunkel gefühlt. Jetzt weiß ich's ganz gewiß.
Was ...? Helene .... .einzig, wirklich.
Jetzt weiß ich ganz gewiß, daß Du nicht um ein Haar beſſer biſt .... was denn! ſchlechter biſt Du, der Schlecht'ſte von Allen hier!
Dein Be - tragen heut iſt ſehr eigenthümlich, weißt Du!
Du gehſt doch nur auf das57 eine Ziel los.
Aber Du haſt ganz an - dere Waffen als Vater und Stiefmutter oder der ehren - feſte Herr Bräutigam, ganz andere. Gegen Dich gehalten ſind ſie Lämmer, Alle mit 'nander. Jetzt, jetzt auf ein - mal, jetzt eben iſt mir das ſonnenklar geworden.
Lene! Du biſt ..... Du biſt nicht bei Troſt, das iſt ja heller Wahn ....
Gott, wie wird mir denn auf einmal, natürlich! ......... Du haſt .... es iſt freilich noch ſehr früh am Tage, aber ich wette, Du haſt .... Helene, Du haſt heut früh ſchon mit Fritz Loth geredet.
Weshalb ſollte ich denn nicht mit ihm geredet haben? Es iſt ein Mann, vor dem wir uns Alle verſtecken müßten vor Scham, wenn es mit rechten Dingen zuginge.
Alſo wirklich! .... ach ſooo! .... na jaaa! .... allerdings ..... da darf ich mich weiter nicht wundern. — So, ſo, ſo, hat alſo die Ge - legenheit benützt, über ſeinen Wohlthäter 'n bischen her - zuziehen. Man ſollte immer auf dergleichen gefaßt ſein, freilich!
Schwager! das iſt nun geradezu gemein.
Finde ich beinah auch!
Kein Sterbenswort, nicht ein Sterbens - wort hat er geſagt über Dich.
Wenn die Sachen ſo liegen, dann iſt es geradezu meine Pflicht, ich ſage, meine Pflicht, als Verwandter, einem ſo unerfahrenen Mädchen gegenüber wie Du biſt .....
Unerfahrenes Mädchen —? wie Du mir vorkommſt!
Auf meine Verantwortung iſt Loth hier in's Haus gekommen. Nun mußt Du wiſſen: — er iſt — gelinde geſprochen — ein höchſt ge — fähr — licher Schwärmer, dieſer Herr Loth.
Daß Du das von Herrn Loth ſagſt,58 hat für mich ſo etwas — Verkehrtes — etwas lächerlich Verkehrtes.
Ein Schwärmer, der die Gabe hat, nicht nur Weibern, ſondern auch vernünftigen Leuten die Köpfe zu verwirren.
Siehſt Du: wieder ſo eine Verkehrtheit! Mir iſt es nach den wenigen Worten, die ich mit Herrn Loth geredet habe, ſo wohlthuend klar im Kopfe ....
Was ich Dir ſage, iſt durchaus nichts Verkehrtes.
Man muß für das Verkehrte einen Sinn haben, und den haſt Du eben nicht.
Davon iſt jetzt nicht die Rede, ich erkläre Dir nochmals, daß ich Dir nichts Ver - kehrtes ſage, ſondern etwas, was ich Dich bitten muß, als thatſächlich wahr hinzunehmen ........ Ich habe es an mir erfahren: er benebelt Einem den Kopf, und dann ſchwärmt man von Völkerverbrüderung, von Frei - heit und Gleichheit, ſetzt ſich über Sitte und Moral hinweg .... wir wären damals um dieſer Hirn - geſpinſte willen — weiß der Himmel — über die Leichen unſerer Eltern hinweggeſchritten, um zum Ziele zu ge - langen. Und er, ſage ich Dir, würde erforderlichen Falls noch heute daſſelbe thun.
Wie viele Eltern mögen wohl alljährlich über die Leichen ihrer Kinder ſchreiten, ohne daß Je - mand .....
Das iſt Unſinn! da hört Alles auf! ..... Ich ſage Dir, nimm Dich vor ihm in Acht, in jeder .... ich ſage ganz ausdrück - lich in jeder Beziehung. — Von moraliſchen Skru - peln iſt da keine Spur. —
Ne, wie verkehrt dies nun wieder iſt. Glaub mir, Schwager, fängt man erſt mal an, d'rauf zu achten ..... es iſt ſo ſchrecklich intereſſant .....
Sag 'doch, was Du willſt, gewarnt biſt Du nun. Ich will Dir nur noch ganz im Ver -59 trauen mittheilen: ein Haar, und ich wäre damals durch ihn und mit ihm greulich in die Tinte gerathen.
Wenn dieſer Menſch ſo gefährlich iſt, warum freuteſt Du Dich denn geſtern ſo aufrichtig, als .....
Gott ja, er iſt eben ein Jugend - bekannter! Weißt Du denn, ob nicht ganz beſtimmte Gründe vorlagen ....
Gründe? wie denn .....?
Nur ſo. — Käme er allerdings heut und wüßte ich, was ich jetzt weiß —
Was weißt Du denn nur? Ich ſagte Dir doch bereits, er hat kein Sterbenswort über Dich verlauten laſſen.
— Verlaß Dich d'rauf! Ich hätte mir's zweimal überlegt und mich wahrſcheinlich ſehr in Acht genommen, ihn hierzubehalten. Loth iſt und bleibt 'n Menſch, deſſen Umgang compromittirt. Die Behörden haben ihn im Auge.
Ja, hat er denn ein Verbrechen be - gangen?
Sprechen wir lieber darüber nicht. Laß es Dir genug ſein, Schwägerin, wenn ich Dir die Verſicherung gebe: mit Anſichten, wie er ſie hat, in der Welt umherzulaufen, iſt heutzutage weit ſchlimmer und vor Allem weit gefährlicher, als Stehlen.
Ich will's mir merken. — Nun aber — Schwager! hörſt Du? Frag mich nicht — wie ich nach Deinen Reden über Herrn Loth noch von Dir denke — Hörſt Du?
Denkſt Du denn wirklich, daß mir ſo ganz beſonders viel daran liegt, das zu wiſſen?
Uebrigens höre ich ihn da eben hereinkommen.
Nun —? gut geſchlafen, alter Freund?
Gut, aber nicht lange. Sag doch mal:60 ich ſah da vorhin Jemand aus dem Haus kommen, einen Herrn.
Vermuthlich der Doctor, der ſoeben hier war. Ich erzählte Dir ja .... dieſer eigenthüm - liche Miſchmaſch von Härte und Sentimentalität.
Dieſer Miſchmaſch, wie Du Dich aus - drückſt, ſah nämlich einem alten Univerſitätsfreunde von mir furchtbar ähnlich — ich hätte ſchwören können, daß er es ſei — einem gewiſſen Schimmelpfennig.
Nu ja, ganz recht: Schimmelpfennig!
Ganz recht? Was?
Er heißt in der That Schimmel - pfennig.
Wer? der Doctor hier?
Du ſagteſt es doch eben. Ja, der Doctor.
Dann .... das iſt aber auch wirklich wunderlich! Unbedingt iſt er's dann.
Siehſt Du wohl, ſchöne Seelen finden ſich zu Waſſer und zu Lande. Du nimmſt mir's nicht übel, wenn ich anfange, wir wollten uns nämlich gerade zum Frühſtück ſetzen. Bitte, nimm Platz! Du haſt doch wohl nicht ſchon irgend wo gefrühſtückt?
Nein!
Nun dann, alſo.
Ae! wird .... e ... meine Frau Schwiegermama nicht kommen?
Die gnädige Frau und Frau Spiller werden auf ihrem Zimmer frühſtücken.
Das iſt aber doch noch nie ....
Laß nur! es hat ſeinen Grund.
Ach ſo! ......... Loth! lang zu .... ein Ei? Thee?
Könnte ich vielleicht lieber ein Glas Milch bekommen?
Mit dem größten Vergnügen.
Eduard! Miele ſoll friſch einmelken.
Milch — brrr! mich ſchüttelt's.
Sag mal, Loth, was führt Dich eigentlich in unſre Gegend? Ich hab bisher ganz vergeſſen, Dich danach zu fragen.
Ich möchte die hieſigen Verhältniſſe ſtudiren.
Bitte ....? .... was für Verhältniſſe?
Präciſe geſprochen: Ich will die Lage der hieſigen Bergleute ſtudiren.
Ach, die iſt im Allgemeinen doch eine ſehr gute.
Glaubſt Du? — Das wäre ja übrigens recht ſchön .... Doch eh 'ich's vergeſſe: Du mußt mir dabei einen Dienſt leiſten. Du kannſt Dich um die Volkswirthſchaft ſehr verdient machen, wenn .....
Ich? i! wieſo ich?
Nun, Du haſt doch den Verſchleiß der hieſigen Gruben?
Ja! und was dann?
Dann wird es Dir auch ein Leichtes ſein, mir die Erlaubniß zur Beſichtigung der Gruben auszu - wirken. Das heißt: ich will mindeſtens vier Wochen lang täglich einfahren, damit ich den Betrieb einiger - maßen kennen lerne.
Was Du da unten zu ſehen bekommſt, willſt Du dann wohl ſchildern?
Ja. Meine Arbeit ſoll vorzugsweiſe eine deſcriptive werden.
Das thut mir nun wirklich leid, mit der Sache habe ich gar nichts zu thun. — Du willſt blos über die Bergleute ſchreiben, wie?
Aus dieſer Frage hört man, daß Du kein Volkswirthſchaftler biſt.
Bitte ſehr um Entſchuldigung! Du wirſt mir wohl zutrauen ..... warum? ich ſehe nicht ein, wieſo man dieſe Frage nicht thun kann? — und ſchließlich: es wäre kein Wunder .... Alles kann man nicht wiſſen.
Na, beruhige Dich nur, die Sache iſt ein - fach die: wenn ich die Lage der hieſigen Bergarbeiter ſtudiren will, ſo iſt es unumgänglich, auch alle die Ver - hältniſſe, welche dieſe Lage bedingen, zu berühren.
In ſolchen Schriften wird mitunter ſchauderhaft übertrieben.
Von dieſem Fehler gedenke ich mich frei zu halten.
Das wird ſehr löblich ſein.
Doch .... es iſt urkomiſch, wie Einem ſo was ganz urplötzlich in den Sinn kommt. Wie ſo etwas im Gehirn nur vor ſich gehen mag?
Was iſt Dir denn auf einmal in den Sinn gekommen?
Es betrifft Dich. — Ich dachte an Deine Ver ..... nein, es iſt am Ende tactlos, in Gegenwart von einer jungen Dame von Deinen Herzens - geheimniſſen zu reden.
Ja, dann will ich doch lieber ....
Bitte ſehr, Fräulein! ..... bleiben Sie ruhig, meinetwegen wenigſtens — ich merke längſt, worauf er hinaus will. Iſt auch durchaus nichts Ge - fährliches.
Meine Verlobung, nicht wahr?
Wenn Du ſelbſt darauf kommſt, ja! — ich dachte in der That an Deine Verlobung mit Anna Faber.
Die ging auseinander — naturgemäß — als ich damals in's Gefängniß mußte.
Das war aber nicht hübſch von Deiner .......
Es war jedenfalls ehrlich von ihr! Ihr Abſagebrief enthielt ihr wahres Geſicht; hätte ſie mir dies Geſicht früher gezeigt, dann hätte ſie ſich ſelbſt und auch mir Manches erſparen können.
Und ſeither hat Dein Herz nicht irgendwo feſtgehakt?
Nein!
Natürlich! Nun: Büchſe in's Korn geworfen — heirathen verſchworen! verſchworen wie den Alkohol! Was? Uebrigens chacun à son goût.
Mein Geſchmack iſt es eben nicht, aber vielleicht mein Schickſal. Auch habe ich Dir, ſoviel ich weiß, bereits einmal geſagt, daß ich in Bezug auf das Heirathen nichts verſchworen habe; was ich fürchte, iſt: daß es keine Frau geben wird, die ſich für mich eignet.
Ein großes Wort, Lothchen!
Im Ernſt! — Mag ſein, daß man mit den Jahren zu kritiſch wird und zu wenig gefunden Inſtinkt beſitzt. Ich halte den Inſtinkt für die beſte Garantie einer geeigneten Wahl.
Der wird ſich ſchon noch 'mal wiederfinden
der Inſtinkt nämlich.
— Schließlich — was kann ich einer Frau bieten? ich werde immer mehr zweifelhaft, ob ich einer Frau zumuthen darf, mit dem kleinen Theile meiner Perſönlichkeit vorlieb zu nehmen, der nicht meiner Lebens - arbeit gehört — dann fürchte ich mich auch vor der Sorge um die Familie.
Wa ... was? — vor der Sorge um die Familie? Kerl! haſt Du denn nicht Kopf, Arme, he?
Wie Du ſiehſt. Aber ich ſagte Dir ja ſchon, meine Arbeitskraft gehört zum größten Theil meiner Lebensaufgabe und wird ihr immer zum größten64 Theil gehören: ſie iſt alſo nicht mehr mein, ich hätte außerdem mit ganz beſonderen Schwierigkeiten ......
Pſt! klingelt da nicht Jemand?
Du hälſt das für Phraſengebimmel?
Ehrlich geſprochen, es klingt etwas hohl! — unſer einer iſt ſchließlich auch kein Buſchmann, trotzdem man verheirathet iſt. Gewiſſe Menſchen ge - berden ſich immer, als ob ſie ein Privilegium auf alle in der Welt zu vollbringenden guten Thaten hätten.
Gar nicht! — denk 'ich gar nicht d'ran! — Wenn Du von Deiner Lebensaufgabe nicht abgekommen wärſt, ſo würde das an Deiner glücklichen materiellen Lebenslage mitliegen.
Dann wäre das wohl auch eine Deiner Forderungen.
Wie? Forderungen? was?
Ich meine: Du würdeſt bei einer Heirath auf Geld ſehen.
Unbedingt.
Und dann giebt es — wie ich Dich kenne — noch eine lange Zaspel anderer Forderungen.
Sind vorhanden! leibliche und geiſtige Geſundheit der Braut zum Beiſpiel iſt conditio sine qua non.
Vorzüglich, dann wird ja wohl vorher eine ärztliche Unterſuchung der Braut nothwendig werden. — Göttlicher Hecht!
Ich ſtelle aber auch an mich Forderungen, mußt Du nehmen.
Ich weiß, weiß! ... wie Du 'mal die Literatur über Liebe durchgingſt, um auf das Gewiſſenhafteſte feſtzuſtellen ob das, was Du damals für irgend eine Dame empfandeſt, auch wirklich Liebe ſei. Alſo ſag' doch 'mal noch einige Deiner Forderungen.
Meine Frau müßte zum Beiſpiel entſagen können.
— Wenn ... wenn ... ach! ich will65 lieber nicht reden ... ich wollte nur ſagen: die Frau iſt doch im Allgemeinen an's Entſagen gewöhnt.
Um's Himmels willen! Sie verſtehen mich durchaus falſch. So iſt das Entſagen nicht gemeint. Nur in ſofern verlange ich Entſagung, oder beſſer, nur auf den Theil meines Weſens, der meiner Lebensaufgabe gehört, müßte ſie freiwillig und mit Freuden verzichten. Nein, nein! im Uebrigen ſoll meine Frau fordern, und immer fordern — Alles was ihr Geſchlecht im Laufe der Jahrtauſende eingebüßt hat.
Au! au! au! ... Frauenemancipation! — wirklich Deine Schwenkung war bewunderungswürdig — nun biſt Du ja im rechten Fahrwaſſer. Fritz Loth, oder der Agitator in der Weſtentaſche! ......... Wie würdeſt Du denn hierin Deine Forderungen formuliren, oder beſſer: wie weit müßte Deine Frau emancipirt ſein? — Es amüſirt mich wirklich Dich an - zuhören — Cigarren rauchen? Hoſen tragen?
Das nun weniger — aber — ſie müßte allerdings, über gewiſſe geſellſchaftliche Vorurtheile hinaus ſein. Sie müßte zum Beiſpiel nicht davor zurückſchrecken zuerſt — falls ſie nämlich wirklich Liebe zu mir empfände — das bewußte Bekenntniß abzulegen.
Weißt Du! das ... das iſt ... eine geradezu unverſchämte Forderung! mit der Du allerdings auch — wie ich Dir hiermit prophezeihe — wenn Du nicht etwa vorziehſt, ſie fallen zu laſſen, bis an Dein Lebensende herumlaufen wirſt.
Ich bitte die Herren mich jetzt zu entſchuldigen — die Wirth - ſchaft ... Du weißt, Schwager: Mama iſt in der Stube und da ...
Laß Dich nicht abhalten.
Das muß wahr ſein ... 566Du bringſt einen in Hitze, ... ordentlich unheimlich.
Bei alledem ... es amüſirt doch. Und dann: Du glaubſt nicht, wie wohl es thut, ſo'n paar Tage auf dem Lande, abſeit von den Geſchäften zuzubringen. Wenn nur nicht heute dies verwünſchte ... wie ſpät iſt es denn eigentlich? Ich muß nämlich leider Gottes heute zu einem Eſſen nach der Stadt. — Es war unumgänglich: dies Diner mußte ich geben. Was ſoll man machen, als Geſchäftsmann? — Eine Hand wäſcht die andere. Die Bergbeamten ſind nun 'mal d'ran gewöhnt. — Na! eine Cigarre kann man noch rauchen, — in aller Gemüthsruhe.
Die Aben - teuer des Grafen Sandor.
Dieſen Unſinn findeſt Du hier bei den meiſten Bauern aufliegen.
Wie alt iſt eigentlich Deine Schwägerin?
Im Auguſt einundzwanzig geweſen.
Iſt ſie leidend?
Weiß nicht. — Glaube übrigens nicht — macht Sie Dir den Eindruck? —
Sie ſieht allerdings mehr verhärmt als krank aus.
Na ja! die Scherereien mit der Stief - mutter ......
Auch ziemlich reizbar ſcheint ſie zu ſein!?
Unter ſolchen Verhältniſſen ..... Ich möchte den ſehen, der unter ſolchen Verhältniſſen nicht reizbar werden würde.
..................
Viel Energie ſcheint ſie zu beſitzen.
Eigenſinn!
Auch Gemüth, nicht?
Zu viel mitunter ...... ..................
Wenn die Verhältniſſe hier ſo mißlich für ſie ſind — warum lebt Deine Schwägerin dann nicht in Deiner Familie?
Frag ſie, warum! — Oft genug hab ich's ihr angeboten. Frauenzimmer haben eben ihre Schrullen.
Du nimmſt es mir doch wohl nicht übel, wenn ich ..... wenn ich Dich dann allein laſſen muß?
Nein, gar nicht.
Wie lange gedenkſt Du denn noch ....?
Ich werde mir bald nachher eine Wohnung ſuchen. Wo wohnt denn eigentlich Schimmelpfennig? Am beſten, ich gehe zu ihm, der wird mir gewiß etwas vermitteln können; hoffentlich findet ſich bald etwas Ge - eignetes, ſonſt würde ich die nächſte Nacht im Gaſthaus nebenan zubringen.
Wieſo denn? Natürlich bleibſt Du dann bis morgen bei uns. Freilich, ich bin ſelbſt nur Gaſt in dieſem Hauſe — ſonſt würde ich Dich natürlich auffordern ........ Du begreifſt ......!
Vollkommen! ......... ..................
Aber, ſag doch mal — ſollte das wirklich Dein Ernſt geweſen ſein ....?
Daß ich die nächſte Nacht im Gaſt ....?
Unſinn! ... Bewahre! Was Du vorhin ſagteſt, meine ich. Die Geſchichte da — mit Deiner vertrackten deſcriptiven Arbeit?
Weshalb nicht?
Ich muß Dir geſtehen, ich hielt es für Scherz.
Wie? Du ſollteſt wirklich fähig ſein, hier .... gerade hier, wo ein Freund von Dir glücklich feſten Fuß gefaßt hat, den Boden zu unterwühlen?
Mein Ehrenwort, Hoffmann! Ich hatte keine Ahnung davon, daß Du Dich hier befändeſt. Hätte ich das gewußt .....
Schon gut! ſchon gut! Wenn die Sachen ſo liegen .... ſiehſt Du, das freut mich aufrichtig, daß ich mich nicht in Dir getäuſcht habe. Alſo, Du weißt es nun, und ſelbſtredend erhältſt Du die Koſten der Reiſe und Alles, was drum und dran baumelt, von mir vergütet. Ziere Dich nicht! es iſt einfach meine Freundespflicht .... Daran erkenne ich meinen alten, biederen Loth! Denke mal an: ich hatte Dich wirklich eine Zeit lang ernſtlich im Verdacht .... Aber nun muß ich Dir auch ehrlich ſagen, ſo ſchlecht, wie ich mich zuweilen hinſtelle, bin ich keineswegs. Ich habe Dich immer hochgeſchätzt: Dich und Dein ehrliches, conſequentes Streben. Ich bin der Letzte, der gewiſſe — leider, leider mehr als berechtigte Anſprüche der aus - gebeuteten, unterdrückten Maſſen nicht gelten läßt. — Ja, lächle nur, ich gehe ſogar ſo weit, zu bekennen, daß es im Reichstag nur eine Partei giebt, die Ideale hat: und das iſt dieſelbe, der Du angehörſt! .......... Nur — wie geſagt — langſam! langſam! — nichts überſtürzen. Es kommt Alles, kommt Alles, wie es kommen ſoll. Nur Geduld! Geduld ....!
Geduld muß man allerdings haben. Des - halb aber iſt man noch nicht berechtigt, die Hände in den Schooß zu legen.
Ganz meine Anſicht! — Ich hab 'Dir überhaupt in Gedanken weit öfter zugeſtimmt, als mit Worten. Es iſt' ne Unſitte, ich geb's zu. Ich hab mir's angewöhnt, im Verkehr mit Leuten, die ich nicht gern in meine Karten ſehen laſſe .... Auch in der Frauenfrage .... Du haſt Manches ſehr treffend geäußert.
Die kleine Schwägerin war übri - gens ganz Ohr..
Franz! In zehn Minuten muß angeſpannt ſein ....
Es hat ihr Eindruck69 gemacht ....
Was? — ach was, Unſinn! — Na, da hört doch aber ..... dann ſchirren Sie ſchleunigſt die Rappen an .....
Warum ſollte es ihr keinen Eindruck machen? ...
Gerechter Strohſack, zur Putzmacherin ſagen Sie? die gnädige Frau .... die gnä ... Ja — na ja! aber ſofort — na ja! — ja! — ſchön! Schluß!
Wart nur ab, Du! Laß mich nur erſt den entſprechen - den Monetenberg aufgeſchichtet haben, vielleicht geſchieht dann etwas ...
Eduard! Meine Ga - maſchen, meinen Gehrock!
Vielleicht geſchieht dann etwas, was Ihr mir Alle jetzt nicht zutraut .... Wenn Du in zwei oder drei Tagen — bis dahin wohnſt Du unbedingt bei uns — ich müßte es ſonſt als eine grobe Beleidigung anſehen
in zwei bis drei Tagen alſo, wenn Du abzureiſen ge - denkſt, bringe ich Dich mit meiner Kutſche zur Bahn.
So!
Nun die Stiefel!
Das wäre einer!
Du haſt mich doch wohl nicht ganz ver - ſtanden.
Ach ja! das iſt leicht möglich. Man iſt ſo raus aus all den Sachen. Nur immer lederne Geſchäftsangelegenheiten. Eduard! iſt denn noch keine Poſt gekommen? Warten Sie mal! — Gehen Sie doch mal in mein Zimmer! Auf dem Pult links liegt ein Schriftſtück mit blauem Deckel, bringen Sie's raus in die Wagentaſche.
Ich meine ja nur: Du haſt mich in einer Beziehung nicht verſtanden.
Upſa! .... So!
da wären wir. Nichts iſt unangenehmer als enge Schuhe .... Was meinteſt Du eben?
Du ſprachſt von meiner Abreiſe ....
Nun?
Ich habe Dir doch bereits geſagt, daß ich um eines ganz beſtimmten Zweckes willen hier am Ort bleiben muß.
Hör mal ....! das iſt aber beinahe nichtswürdig!!! — Weißt Du denn nicht, was Du mir als Freund ſchuldeſt?
Doch wohl nicht den Verrath meiner Sache!?
Nun, dann ... dann habe ich auch nicht die kleinſte Veranlaſſung, Dir gegenüber als Freund zu verfahren. Ich ſage Dir alſo: daß ich Dein Auftreten hier — gelinde geſprochen — für fabelhaft dreiſt halte.
Vielleicht erklärſt Du mir, was Dich berechtigt, mich mit dergleichen Epitheta .....
Das ſoll ich Dir auch noch erklären? Da hört eben Verſchiedenes auf! Um ſo was nicht zu fühlen, muß man Rhinoceroshaut auf dem Leibe haben! Du kommſt hierher, genieß'ſt meine Gaſtfreund - ſchaft, driſch'ſt mir ein paar Schock Deiner abgegriffnen Phraſen vor, verdrehſt meiner Schwägerin den Kopf, ſchwatzeſt von alter Freundſchaft und ſo was Gut's und dann erzählſt Du ganz naiv: Du wollteſt eine deſcriptive Arbeit über hieſige Verhältniſſe verfertigen. Ja, für was hältſt Du mich denn eigentlich? Meinſt Du viel - leicht, ich wüßte nicht, daß ſolche ſogenannte Arbeiten nichts als ſchamloſe Pamphlete ſind? .... Solch eine Schmähſchrift willſt Du ſchreiben und zwar über unſeren Kohlendiſtrict. Sollteſt Du denn wirklich nicht begreifen, wen dieſe Schmähſchrift am allerſchärfſten ſchädigen müßte? doch nur mich! — Ich ſage: man ſollte Euch das Handwerk noch gründlicher legen, als es bisher ge - ſchehen iſt, Volksverführer! die Ihr ſeid. Was thut Ihr? Ihr macht den Bergmann unzufrieden, anſpruchs - voll, reizt ihn, erbittert ihn, macht ihn aufſäſſig, ungehorſam, unglücklich, ſpiegelt ihm goldene Berge vor71 und grapſcht ihm unter der Hand ſeine paar Hunger - pfennige aus der Taſche.
Erachteſt Du Dich nun als demaskirt?
Ach was! Du lächerlicher, ge - ſpreizter Tugendmeier! Was mir das wohl ausmacht, vor Dir demaskirt zu ſein! — Arbeite lieber! Laß Deine albernen Faſeleien! — Thu was! Komm zu was! Ich brauche Niemand um zweihundert Mark an - zupumpen.
Herr Loth!
Ah! Sie ſind es. — Nun — dann — kann ich Ihnen doch wenigſtens ein Lebewohl ſagen.
War Ihnen das Bedürfniß?
Ja! — es war mir Bedürfniß —! Ver - muthlich — wenn Sie da drin geweſen ſind — haben Sie den Auftritt hier mit angehört — und dann .....
Ich habe Alles mit angehört.
Nun — dann — wird es Sie nicht in Erſtaunen ſetzen, wenn ich dieſes Haus ſo ohne Sang und Klang verlaſſe.
N — nein! — ich begreife —! ... .................. Vielleicht kann's Sie milder gegen ihn ſtimmen ... mein Schwager bereut immer ſehr ſchnell. Ich hab's oft ...
Ganz möglich —! Vielleicht gerade des - halb aber iſt das, was er über mich ſagte, ſeine wahre Meinung von mir. — Es iſt ſogar unbedingt ſeine wahre Meinung.
Glauben Sie das im Ernſt?
Ja! — im Ernſt! Alſo ....
leben Sie recht glücklich!
Ich weiß nicht ....! oder beſſer:
Ich weiß, weiß erſt ſeit ... ſeit dieſem Augenblick, daß es mir nicht ganz leicht iſt, von hier fortzugehen .... und .... ja ... und ... na ja!
Wenn ich Sie aber — recht ſchön bäte .... recht ſehr ... noch weiter hier zu bleiben —?
Sie theilen alſo nicht die Meinung Ihres Schwagers?
Nein!! — und das — wollte ich Ihnen unbedingt ... unbedingt noch ſagen, bevor ... bevor — Sie — gingen.
Das thut mir wirk - lich wohl.
Auch noch mehr w — ollte ich Ihnen ... Ihnen ſagen, nämlich .... näm — lich: daß — ich Sie ſehr hoch — achte und — verehre — wie ich bis jetzt .... bis jetzt noch — keinen Mann ...., daß ich Ihnen — vertraue, — daß ich be — reit bin, das ..... das zu beweiſen — daß ich — etwas für — Dich, Sie fühle
Helene!
Sei mir nicht böſe.
Ich nehme hier - mit Alles zurück! ... nenne mir eine Genugthuung! ... Ich bin zu jeder Genugthuung bereit! ... ich bereue, bereue Alles aufrichtig.
Das hilft Dir und mir wenig.
Ach! — wenn Du doch .... ſieh mal ....! mehr kann man doch eigentlich nicht thun. .................. Ich ſage Dir: mein Gewiſſen hat mir keine Ruhe ge - laſſen! Dicht vor Jauer bin ich umgekehrt, .... daran ſollteſt Du doch ſchon erkennen, daß es mir Ernſt iſt. — Wo wollteſt Du hin ....?
In's Wirthshaus — einſtweilen.
Ach, das darfſt Du mir nicht an - thun .....! das thu mir nur nicht an! Ich glaube ja, daß es Dich tief kränken mußte. 's iſt ja auch viel - leicht nicht ſo — mit ein paar Worten wieder gut zu machen. Nur nimm mir nicht jede Gelegenheit ..... jede Möglichkeit, Dir zu beweiſen ...... hörſt Du? Kehr um! .... Bleib wenigſtens bis ... bis morgen. Oder bis ... bis ich zurückkomme. Ich muß mich noch74 einmal in Muße mit Dir ausſprechen darüber; — das kannſt Du mir nicht abſchlagen.
Wenn Dir daran beſonders viel gelegen iſt ....
Alles! ... auf Ehre! — iſt mir daran gelegen, Alles! .... alſo komm! ... komm!! Kneif ja nicht aus! — komm!
Doo! Gooſchla! huſt a woas!
Behaal 'Den'n Biema!
Ae! tumme Dare!
Na, wegen menner.
Marie!
Woas wullt er noo?
Die gnädige Frau will Dich behalten, wenn Du ver - ſprichſt ....
Dreck!!! war ich er verſprecha! — Foahr zu, Gooſch!
Die gnädige Frau will Dir auch etwas am Lohn zulegen, wenn Du ....
Mach Der niſcht draus, Moad! ſe werd ok manchmal ſo'n Bisken kullerig.
Se maag ſiich ihre poar Greſchla fer ſiich behahl'n! —
Ehnder derhingern!
Nee, a ſu woas oaber oo! — Do ſool eens do glei '...
Saaa — a — and! Saa — and!
Unterhalt ihn biſſel! verſtehſt Du? — Laß ihn nicht fort — es liegt mir ſehr viel daran. — So'n beleidigter Ehrgeiz ... Adieu! — Ach! Soll ich am Ende nicht fahren? — Wie geht's mit Martha? — Ich hab ſo'n eigenthümliches Gefühl, als ob's bald ..... Unſinn! — Adieu! ... höchſte Eile!
Franz! Was die Pferde laufen können!
Ach ja — m — gnädiger Herr Kahl! Ich hab — m — manchmal ſo an Sie — m — gedacht — m — wenn ..... wenn das gnädige Freilein ....... Sie iſt doch nun mal — m — ſo zu ſagen — m — mit Sie verlobt, und da .... ach! — m — zu meiner Zeit ....!
W — wenn werd denn d. .dd..doas D ... d ... d ... ducterluder amol ſſſenner W ... wwwege gihn? hä?
Ach, Herr Kahl! Ich glaube — m — nicht ſo bald. — A. .ach, Herr — m — Kahl, ich bin zwar ſo zu ſagen — m — etwas — m — herabjekommen, aber ich weiß ſo zu ſagen — m — was Bildung iſt. In dieſer Hinſicht, Herr Kahl ... das Freilein — m — das gnädige Freilein ..., das handeln nicht gut gegen Ihnen — nein! — m — darin, ſo zu ſagen — m — habe ich mir nie etwas zu Schulden kommen laſſen — m — mein Gewiſſen —76 m — gnädiger Herr Kahl, iſt darin ſo rein ... ſo zu ſagen, wie reiner Schnee.
Hopslabaer, hops amool!!
Hopslabaer, hops amool!!
Nun da — m — ja, Herr Kahl! ..... ich meine es nur gut mit Sie. Sie müſſen Obacht geben — m — gnädiger Herr! Es — m — es iſt was im Gange mit dem gnädigen Fräulein und — m — m —
D. .doas Ducterluder ... ok bbbblußig emool vor a Hunden — blußig e. .e..e..emool!
Und was das nun noch — m — für ein Indifidium iſt. Ach — m — das gnädige Freilein thut mir auch ſoo leid. Die Frau — m — vom Polizeidiener, die hat's vom Amte, glaub ich. Es ſoll ein ganz — m — gefährlicher Menſch ſein. Ihr Mann — m — ſoll ihn ſo zu ſagen — m — denken Sie nur, ſoll ihn — m — geradezu im Auge behalten.
Seh'n Sie, nun jeht er dem gnädigen Freilein nach — m —. Aa. .ach, zuu leid thut es einem.
Na wart!
Du, Guſte! de Marie iis furt.
Joa wull doch?!
Gih nei! freu 'die Kutſcha-Franzen, ſe milkt er an Truppen Milch ei.
Na! doa lußt ok de Spillern nee ernt derzune kumma.
Oh jechtich! nee ok nee! bei Leibe nich!
A ſu a oarm Weib miit achta.
Acht kleene Bälge! — die wull'n laba.
Nee amool an Truppen Milch thun ſ 'er ginn'n ... meſchant iis doas.
Wu milkt ſe denn?
Ganz derhinga, de neumalke Fenus!
De Marie wär weg?
Ju, ju, 's iis ſer gewiß! — der Pfaar - knecht hot gle bein er geſchloofa.
Amool wiil Jedes! — au 'de Frau.
Ich gih a wing frihſticka!
Sitt ma Jemanda?
Koanſt kumma, Kutſchen, ma ſitt ken'n. Kumm! kumm ſchnell!
Ok ferſch Pappekindla!
Schnell! 's kimmt Jemand.
Blußig ok inſe Frele.
Widerlicher Menſch! dieſer Kahl, — frecher Spion!
In der Laube vorn, glaub ich ...
Es iſt mein Lieblingsplatz. — Hier bin ich noch am ungeſtörteſten, wenn ich mal was leſen will.
Ein hübſcher Platz hier. — Wirklich! 78
Sie haben ſo ſehr ſchönes und reiches Haar, Fräulein!
Ach ja, mein Schwager ſagt das auch. Er meinte, er hätte es kaum ſo geſehen — auch in der Stadt nicht ........ Der Zopf iſt oben ſo dick wie mein Handgelenk .......... Wenn ich es losmache, dann reicht es mir bis zu den Knien. Fühlen Sie mal —! Es fühlt ſich wie Seide an, gelt?
Ganz wie Seide.
Ach nicht doch! Wenn ......
Helene —! War das vorhin nicht Dein Ernſt?
Ach! — ich ſchäme mich ſo ſchrecklich. Was habe ich nur gemacht? — Dir ... Ihnen an den Hals geworfen habe ich mich. — Für was müſſen Sie mich halten ...!
Wenn Sie ſich doch darüber beruhigen wollten!
Ach, das müßte Schweſter Schmitt - gen wiſſen .... ich ſehe gar nicht hin!
Wer iſt Schweſter Schmittgen?
Eine Lehrerin aus der Penſion.
Wie können Sie ſich nur über Schweſter Schmittgen Gedanken machen!
Sie war ſehr gut ....!
Warum lachſt Du denn ſo auf einmal?
Ach! .... Wenn ſie auf dem Chor ſtand und ſang ..... Sie hatte nur noch einen einzigen langen Zahn .... da ſollte es immer heißen: Tröſte, tröſte mein Volk! und es kam immer heraus: 'Röſte,' röſte mein Volk! Das war zu drollig .... da mußten wir immer ſo lachen .... wenn ſie ſo durch den Saal .... 'röſte! röſte!
Ach nein doch ....! Ich habe mich Dir ... Ihnen an den Hals geworfen.
Ach! ſagen Sie doch nicht ſo etwas.
Aber ich bin nicht ſchuld, Sie haben ſich's ſelbſt zuzuſchreiben. Warum verlangen Sie .....
Lene, nicht? Lene heißt Du hier ſo?
Nenn mich anders ...... Nenne mich, wie Du gern möcht'ſt.
Liebſte! ...........
Ach! — wie ſchön! Wie ſchön —!!!
So mit Dir ſterben!
Leben! ....
Warum denn jetzt ſterben? ..... jetzt ...
Das mußt Du nicht falſch auffaſſen. Von jeher berauſche ich mich .... beſonders in glücklichen Momenten berauſche ich mich in dem Bewußtſein, es in der Hand zu haben, weißt Du!
Den Tod in der Hand zu haben?
Ja! und ſo hat er gar nichts Grauſiges, im Gegentheil, ſo etwas Freundſchaft - liches hat er für mich. Man ruft und weiß beſtimmt, daß er kommt. Man kann ſich dadurch über alles Mög - liche hinwegheben, Vergangenes — und Zukünftiges ....
Du haſt eine ſo wunderhübſche Hand.
Ach ja! — ſo .....
............. ..................
Nein, weißt Du! ich hab nicht gelebt! ..... bisher nicht!
Denkſt Du ich? ........ .................. Mir iſt faſt taumlig .... taumelig bin ich vor Glück. Gott! wie iſt das — nur ſo auf einmal .....
Ja, ſo auf ein — mal ...... ..................
Hör mal! ſo iſt mir: die ganze Zeit meines Lebens, — ein Tag! — geſtern und heut, — ein Jahr! gelt?
Erſt geſtern bin ich gekommen?
Ganz gewiß! — eben! — natürlich! ..... Ach, ach! Du weißt es nicht mal!
Es kommt mir wahrhaftig auch vor .......
Nicht —? Wie 'n ganzes geſchlagnes Jahr! — Nicht —?
Wart ....! — Kommt — da nicht ....
... .................. Ach! es iſt mir auch — egal. Ich bin jetzt — ſo muthig
......... Du! — Was thun wir denn nu zuerſt?
Deine Stiefmutter würde mich wohl — abweiſen.
Ach, meine Stiefmutter .... das wird wohl gar nicht .... gar nichts geht's die an! Ich mache, was ich will ..... Ich hab mein mütterliches Erbtheil, mußt Du wiſſen.
Deshalb meinſt Du ....
Ich bin majorenn, Vater muß mir's auszahlen.
Du ſtehſt wohl nicht gut — mit Allen hier? — Wohin iſt denn Dein Vater verreiſt?
Verr ... Du haſt ...? ach, Du haſt Vater noch nicht geſehen?
Nein! Hoffmann ſagte mir ....
Doch! ... haſt Du ihn ſchon einmal geſehen.
Ich wüßte nicht! ... Wo denn, Liebſte?
Ich ...
nein, ich kann — kann Dir's noch nicht ſagen .... zu furchtbar ſchrecklich iſt das.
Furchtbar ſchrecklich? Aber Helene! iſt denn Deinem Vater etwas ...
Ach! — frag mich nicht! jetzt nicht! ſpäter!
Was Du mir nicht freiwillig ſagen willſt, danach werde ich Dich auch gewiß nicht mehr fragen .................. Sieh mal, was das Geld anlangt ..... im ſchlimmſten Falle .... ich verdiene ja mit dem Artikelſchreiben nicht gerade überflüſſig viel, aber ich denke, es müßte am Ende für uns Beide ganz leidlich hinreichen.
Und ich würde doch auch nicht müßig ſein. Aber beſſer iſt beſſer. Das Erbtheil iſt vollauf genug. — Und Du ſollſt Deine Aufgabe .... nein, die ſollſt Du unter keiner Bedingung aufgeben, jetzt erſt recht ....! jetzt ſollſt Du erſt recht die Hände frei be - kommen.
Liebes, edles Geſchöpf! ...... ..................
Haſt Du mich wirklich lieb ....? ... Wirklich? ... wirklich?
Wirklich.
Sag hundert Mal wirklich!
Wirklich, wirklich und wahrhaftig.
Ach, weißt Du! Du ſchummelſt!
Das wahrhaftig gilt hundert wirklich.
Soo!? wohl in Berlin?
Nein, eben in Witzdorf.
Ach, Du! .......... .................. Sieh meinen kleinen Finger an und lache nicht.
Gern.
Haſt Du au — ßer Dei — ner er — ſten Braut noch Andere ge ....? Du!!! Du lachſt.
Ich will Dir was im Ernſt ſagen, Liebſte, ich halte es für meine Pflicht .... Ich habe mit einer großen Anzahl Frauen ....
Um Gott ...! ſag mir das einmal — ſpäter — wenn wir alt ſind .... nach Jahren — wenn ich Dir ſagen werde: jetzt — hörſt Du! nicht eher.
Gut! wie Du willſt.
Lieber was Schönes jetzt! ..... Paß auf! Sprich mir mal das nach:
Was?
„ Ich hab Dich
„ Ich hab Dich
„ und nur immer Dich
„ und nur immer Dich
„ geliebt — geliebt Zeit meines Lebens
„ geliebt — geliebt Zeit meines Lebens
„ und werde nur Dich allein Zeit meines Lebens lieben
„ und werde nur Dich allein Zeit meines Lebens lieben, und das iſt wahr, ſo wahr ich ein ehr - licher Mann bin.
Das hab ich nicht geſagt.
Aber ich.
......... ..................
Du, Du liegſt mir im Her — zen ..................
Jetzt ſollſt Du auch beichten.
Alles, was Du willſt.
Beichte! Bin ich der Erſte?
Nein.
Wer?
Koahl-Willem!
Wer noch?
Ach nein! weiter iſt es wirklich Keiner. Du mußt mir glauben .......... Wirklich nicht. Warum ſollte ich denn lügen .....?
Alſo doch noch Jemand?
Bitte, bitte, bitte, bitte, frag mich jetzt nicht darum.
Aber .... aber Lenchen! ich dringe ja durchaus nicht in Dich.
Später! Alles, Alles ſpäter.
Wie geſagt, Liebſte ....
's war Jemand — mußt Du wiſſen — den ich, .... weil .... weil er unter Schlechten mir weniger ſchlecht vorkam. Jetzt iſt das ganz anders.
Ach, wenn ich doch gar nicht mehr von Dir fort müßte! Am liebſten ginge ich gleich auf der Stelle mit Dir.
Du haſt es wohl ſehr ſchlimm hier im Hauſe?
Ach, Du! — Es iſt ganz entſetzlich, wie es hier zugeht; ein Leben wie — das .... wie das liebe Vieh, — ich wäre darin umgekommen ohne Dich — mich ſchaudert's!
Ich glaube, es würde Dich beruhigen, wenn Du mir Alles offen ſagteſt, Liebſte!
Ja freilich! aber — ich bring's nicht über mich. Jetzt nicht .... jetzt noch nicht! — Ich fürcht 'mich förmlich.
Du warſt in der Penſion?!
Die Mutter hat es beſtimmt — auf dem Sterbebett noch.
Auch Deine Schweſter war ....?
Nein! — die war immer zu Hauſe ..... und als ich dann nun vor vier Jahren wiederkam, da fand ich — einen Vater — der .... eine Stiefmutter — die .... eine Schweſter ......... rath mal, was ich meine!
Deine Stiefmutter iſt zänkiſch. — Nicht? — Vielleicht eiferſüchtig? — lieblos?
Der Vater ....?
Nun! — der wird aller Wahrſcheinlichkeit nach in ihr Horn blaſen. — Tyranniſirt ſie ihn vielleicht?
Wenn's weiter nichts wär ... nein! ... es iſt zu entſetzlich! — Du kannſt nicht darauf kommen — daß .... daß der — mein Vater .... daß es mein Vater war — den — Du ....
Weine nur nicht, Lenchen! ... ſiehſt Du — nun möcht ich beinah ernſtlich darauf dringen, daß Du mir ...
Nein! es geht nicht! ich habe noch nicht die Kraft — es — Dir ....
Du reibſt Dich auf, ſo.
Ich ſchäme mich zu bodenlos! — Du ... Du wirſt mich fortſtoßen, fortjagen ...! Es iſt über alle Begriffe .... Ekelhaft iſt es!
Lenchen, Du kennſt mich nicht — ſonſt würd'ſt Du mir ſo etwas nicht zutrauen. — Fortſtoßen! fortjagen! Komm ich Dir denn wirklich ſo brutal vor?
Schwager Hoffmann ſagte: Du würdeſt — kaltblütig .... Ach nein! nein! nein! das thuſt Du doch nicht! gelt? — Du ſchreiteſt nich über mich weg? thu 'es nicht!! — Ich weiß nicht — was — dann noch aus — mir werden ſollte.
Ja, aber das iſt ja Unſinn! Ich hätte ja gar keinen Grund dazu.
Alſo Du hältſt es doch für möglich?!
Nein! — eben nicht.
Aber wenn Du Dir einen Grund aus - denken kannſt.
Es gäbe allerdings Gründe, aber — die ſtehen nicht in Frage.
Und ſolche Gründe?
Nur, wer mich zum Verräther meiner ſelbſt machen wollte, über den müßte ich hinweggehen.
Das will ich gewiß nicht — aber ich werde halt das Gefühl nicht los.
Was für ein Gefühl, Liebſte?
Es kommt vielleicht daher: ich bin ſo dumm! — Ich hab gar nichts in mir. Ich weiß nicht mal, was das iſt, Grundſätze. — Gelt? das iſt doch ſchrecklich. Ich lieb Dich nur ſo einfach! — aber Du biſt ſo gut, ſo groß — und haſt ſo viel in Dir. Ich habe ſolche Angſt, Du könnteſt doch noch mal merken — wenn ich was Dummes ſage — oder mache — daß es doch nicht geht, .... daß ich doch viel zu einfältig für Dich bin ........... Ich bin wirklich ſchlecht und dumm wie Bohnenſtroh.
Was ſoll ich dazu ſagen?! Du biſt mir Alles in Allem! Alles in Allem biſt Du mir! Mehr weiß ich nicht.
Und geſund bin ich ja auch .....
Sag mal! ſind Deine Eltern geſund?
Ja, das wohl! das heißt: die Mutter iſt am Kindbettfieber geſtorben. Vater iſt noch geſund; er muß ſogar eine ſehr ſtarke Natur haben. Aber ....
Na! — ſiehſt Du! alſo ...
Und wenn die Eltern nun nicht geſund wären —?
Sie ſind's ja doch, Lenchen.
Aber wenn ſie es nicht wären —?
Ihr Madel! Ihr Maa. .del!!
Frau Krauſen!?
Renn 'zur Müllern! 's giht luus!
Wa — a, zur Hebomme Millern, meen 'Se?
Na? lei'ſt uff a Uhr'n?
Fräulein Helene! ... ......... gnädiges Fräulein Helene!
Was nur da los ſein mag.
Fräulein Helene.
Ach! das wird's ſein! — die Schweſter. Geh fort! da herum.
Fräulein .....! ach da ſind Sie endlich.
Was is denn?
Aach — m — bei Frau Schweſter
— m — m —
Mein Schwager hat anbefohlen, für den Fall, ſofort nach dem Arzt zu ſchicken.
Gnädiges Fräulein — m — ſie will doch aber — m — will doch aber keinen Arzt — m — die Aerzte, aach die — m — Aerzte! — m — mit Gottes Beiſtand ...
Miele! gehen Sie augenblicklich zum Dr. Schimmelpfennig.
Aber Fräulein ....
Miele! Du kimmſt ruff!
Sie gehen zum Arzt, Miele.
Nun, dann will ich ſelbſt ....
Dann — m — wird es ſchlimm. Wenn Sie den Arzt holen — m — gnädiges Fräulein, dann — m — wird es gewiß ſchlimm.
Woas iis denn bei Eich luus?
Ihr ha't wull Schweinſchlachta?
Ja ja! — bei die Zucht .... 't muß reen unmenſchen meglich ſint, een Oge zuzuthun.
Ich wollte nicht 'mal ſchlafen. Ich habe geſchrieben.
Ach wat!
So! — na jewiß! — et mag ja woll ſchwer jenug ſin ..... Wünſchen der Herr Doctor vielleicht Dinte und Feder?
Am Ende ... wenn Sie ſo freundlich ſein wollen, Herr Eduard.
Ik meen all immer: was 'n ehrlicher Mann is, der muß Haut und Knochen dranſetzen um jeden lumpichten Jroſchen. Nich' mal det bisken Nachtruhe hat man. —
Aber die Nation hier, die duht reen jar niſcht; ſo'n faules, nichtsnutziges Pack, ſo'n ... der Herr Doctor muſſen jewiß ooch all dichtig in't Zeuch jehn, um det bisken Lebensunterhalt, wie alle ehrlichen Leute.
Wünſchte, ich brauchte es nicht!
Na, wat meen 'Se woll! ik ooch!
Fräulein Helene iſt wohl bei ihrer Schweſter?
Allet wat wahr is: d' is 'n jutes Mä'chen! jeht ihr nich von der Seite.
Um 11 Uhr früh begannen die Wehen. Sie dauern alſo ... fünfzehn Stunden dauern ſie jetzt bereits. — Fünfzehn lange Stunden —!
Weeß Jott! — und det benimen ſe nu 't ſchwache Jeſchlecht — ſie jappt aber ooch man nur noch ſo.
Herr Hoffmann iſt auch oben!?
Und ick ſag Ihnen, 't reene Weib.
Das mit anzuſehen iſt wohl auch keine Kleinigkeit.
I! nu! det will ik meenen! Na! eben is Doctor Schimmelpfennig zujekommen. Det is 'n Mann ſag' ik Ihnen: jrob wie 'ne Sackſtrippe, aber — Zucker is' n dummer Junge dajejen. Sagen Sie man blos, wat is aus det olle Berlin ....
Jott Strambach!
Jetzt — bleiben Sie doch wohl bei uns.
Ja! jetzt werde ich hier bleiben.
Das iſt mir eine große, große Be - ruhigung. — Ein Glas Wein ...? Sie trinken doch ein Glas Wein, Herr Doctor!?
Wenn Sie etwas thun wollen, dann laſſen Sie mir ſchon lieber eine Taſſe Caffee brauen.
Mit Vergnügen. — Eduard! Caffee für Herrn Doctor!
Sie ſind .....? Sind Sie zufrieden mit dem Verlauf?
So lange Ihre Frau Kraft behält iſt jedenfalls directe Gefahr nicht vorhanden. Warum haben Sie übrigens die junge Hebamme nicht zugezogen? Ich hatte Ihnen doch eine empfohlen ſo viel ich weiß.
Meine Schwiegermama ... was ſoll man machen? Wenn ich ehrlich ſein ſoll: auch meine Frau hatte kein Vertrauen zu der jungen Perſon.
Und zu dieſem foſſilen Geſpenſt haben Ihre Damen Vertrauen?! wohl bekomms! — Sie möchten gern wieder hinauf?
Ehrlich geſagt: ich habe nicht viel Ruhe hier unten.
Beſſer wär's freilich Sie gingen irgend wohin, aus dem Hauſe.
Beim beſten Willen das .... ach, Loth! da biſt Du ja auch noch.
Donner - wetter!
Ich hörte ſchon, daß Du hier ſeiſt. Morgen hätte ich Dich unbedingt aufgeſucht.
Du haſt alſo wohl ... ha ha ha die alte, dumme Geſchichte vergeſſen?
Längſt vergeſſen, Schimmel!
Na, ich auch! das kannſt Du Dir denken. —
Ich habe in dem Neſt hier ſo wenig freudige Ueber - raſchungen gehabt, daß mir die Sache ganz curios vor - kommt. Merkwürdig! Gerade hier treffen wir uns. — Merkwürdig!
Rein verſchollen biſt Du ja, Schimmel! hätte Dich ſonſt längſt mal umgeſtoßen.
Unter Waſſer gegangen wie ein Seehund. Tiefſeeforſchungen gemacht. In andert - halb Jahren etwa hoffe ich wieder aufzutauchen. Man muß materiell unabhängig ſein, wiſſen Sie ... weißt Du! wenn man etwas Brauchbares leiſten will.
Alſo Du machſt auch Geld hier?
Natürlicherweiſe und zwar ſo viel als möglich. Was ſollte man hier auch anderes thun?
Du hätt'ſt doch 'mal was von Dir hören laſſen ſollen.
Erlauben Sie ... er - laube, hätte ich von mir was hören laſſen, dann hätte ich von Euch was wieder gehört, und ich wollte durchaus nichts hören. Nichts, — gar nichts, das hätte mich höchſtens von meiner Goldwäſcherei abhalten können.
Na ja — Du kannſt Dich dann aber auch nicht wundern, daß ſie ... nämlich ich muß Dir ſagen, ſie haben Dich eigentlich Alle, durch die Bank, aufgegeben.
Sieht ihnen ähnlich. — Bande! — ſollen ſchon was merken.
Schimmel, genannt: das Rauhbein!
Du ſollteſt nur ſechs Jahre unter dieſen Bauern gelebt haben. Himmelhunde alle miteinander.
Das kann ich mir denken. — Wie biſt Du denn gerade nach Witzdorf gekommen?
Wie's ſo geht: damals mußte ich doch auskneifen, von Jena weg.
War das vor meinem Reinfall?
Ja wohl. Kurze Zeit nachdem wir unſer Zuſammenleben aufgeſteckt hatten. In Zürich legte ich mich dann auf die Medicinerei, zunächſt um etwas für den Nothfall zu haben; dann fing aber die Sache an mich zu intereſſiren, und jetzt bin ich mit Leib und Seele Medicus.
Und hierher ...? Wie kamſt Du hier her?
Ach ſo! — einfach! als ich fertig war, da ſagte ich mir: nun vor allen Dingen einen hinreichenden Haufen Kies. Ich dachte an Amerika, Süd - und Nord-Amerika, an Afrika, Auſtralien, die91 Sundainſeln ..... am Ende fiel mir ein, daß mein Knabenſtreich ja mittlerweile verjährt war, da habe ich mich denn entſchloſſen in die Mauſefalle zurückzukriechen.
Und Dein Schweizer Examen?
Ich mußte eben die Geſchichte hier noch mal über mich ergehen laſſen.
Du haſt alſo das Staatsexamen zwei Mal gemacht, Kerl!?
Ja! — ſchließlich habe ich dann glücklicherweiſe dieſe fette Weide hier ausfindig gemacht.
Du biſt zähe, zum beneiden.
Wenn man nur nicht plötzlich mal zuſammenklappt. — Na! ſchließlich iſt's auch kein Unglück.
Haſt Du denn 'ne große Praxis?
Ja! Mitunter komme ich erſt um fünf Uhr früh zu Bett, um ſieben Uhr fängt dann bereits wieder meine Sprechſtunde an.
Danke Eduard! —
Caffee ſaufe ich ... unheimlich.
Du ſollteſt das lieber laſſen mit dem Caffee.
Was ſoll man machen.
Wie geſagt — ein Jahr noch, dann — hört's auf ... hoffentlich wenigſtens.
Willſt Du dann gar nicht mehr practicieren?
Glaube nicht. Nein ... nicht mehr.
Uebrigens — zeig 'mal Deine Hand.
Nein? — keine Dalekarlierin heim - geführt? — keine gefunden, wie? .... Wollteſt doch immer ſo 'n Ur - und Kernweib von wegen des geſunden Blutes. Haſt übrigens recht: wenn ſchon, denn ſchon ... oder nimmſt Du's in dieſer Beziehung etwa nicht mehr ſo genau?
Na ob ...! und wie!
Ach, wenn die Bauern hier doch auch ſolche Ideen hätten. Damit ſieht's aber jämmerlich aus, ſage ich Dir, Degeneration auf der ganzen ...
Wart mal!
Entſchuldige!
Lenchen!!
Ach weine doch nicht, Lenchen! warum weinſt Du denn ſo ſehr?
Warum? weiß ich's?! ...... Ich denk 'immer, ich — treff' Dich nicht mehr. Vorhin habe ich mich ſo erſchrocken ....
Weshalb denn?
Weil ich Dich aus Deinem Zimmer treten hörte — ach! ... und die Schweſter — wir armen, armen Weiber! — die muß zu ſehr ausſtehen.
Der Schmerz vergißt ſich ſchnell und auf den Tod geht's ja nicht.
Ach, Du! ſie wünſcht ſich ihn ja ... ſie jammert nur immer ſo: laßt mich doch ſterben; ... der Doctor!
Nun wünſchte ich wirklich, daß ſich das Frauchen da oben 'n Biſſel beeilte!
Du kommſt mit zu mir dann, wie? — hab 'draußen ſo' n nothwendiges Uebel mit zwei Gäulen davor, da können wir drin zu mir fahren.
Der ſüße Eheſtand! ja, ja!
alſo noch friſch, frei, fromm, froh?
Hätteſt noch gut ein paar Tage warten können mit Deiner Frage.
Wie? ... ach ... ach ſo!
alſo endlich doch auf meine Sprünge gekommen.
Biſt Du wirklich noch ſo entſetzlich peſſimiſtiſch in Bezug auf Weiber?
Ent — ſetzlich!!!
Früher war ich Peſſimiſt — ſo zu ſagen ahnungsweiſe ...
Haſt Du denn inzwiſchen ſo beſondere Er - fahrungen gemacht?
Ja, allerdings! — auf meinem Schilde ſteht nämlich: Specialiſt für Frauen - krankheiten. — Die mediciniſche Praxis macht nämlich furchtbar klug ... furchtbar — geſund, ... iſt Specificum gegen ... allerlei Staupen!
Na, da könnten wir ja gleich wieder in der alten Tonart anfangen. Ich hab 'nämlich ... ich bin nämlich keineswegs auf Deine Sprünge gekommen. Jetzt weniger als je! ........... auf dieſe Weiſe haſt Du wohl auch Dein Steckenpferd vertauſcht?
Steckenpferd?
Die Frauenfrage war doch zu damaliger Zeit gewiſſermaßen Dein Steckenpferd!
Ach ſo! — warum ſollte ich es vertauſcht haben?
Wenn Du über die Weiber noch ſchlechter denkſt, als ...
Ich — denke nicht ſchlecht von den Weibern. — Kein Bein! — nur über das Heirathen denke ich ſchlecht ... über die Ehe ... über die Ehe, und dann höchſtens noch über die Männer denke ich ſchlecht ............ Die Frauenfrage ſoll mich nicht mehr intereſſieren? Ja,94 weshalb hätte ich denn ſonſt ſechs lange Jahre hier wie 'n Laſtpferd gearbeitet? doch nur um alle meine ver - fügbaren Kräfte endlich' mal ganz der Löſung dieſer Frage zu widmen. Wußteſt Du denn das nicht von Anfang an?
Wo hätte ich's denn her wiſſen ſollen?
Na, wie geſagt ... ich hab 'auch ſchon ein ziemlich ausgiebiges Material ge - ſammelt, das mir gute Dienſte leiſten ... bſſt! ich hab' mir das Schreien ſo angewöhnt.
Was hat Dich denn eigentlich unter die Goldbauern geführt?
Ich möchte die hieſigen Verhältniſſe ſtudiren.
Idee!
da kannſt Du bei mir auch Material bekommen.
Freilich, Du mußt ja ſehr unterrichtet ſein über die Zuſtände hier. Wie ſieht es denn ſo in den Familien aus?
E — lend! ..... durch - gängig ... Suff! Völlerei, Inzucht und in Folge davon, Degenerationen auf der ganzen Linie.
Mit Ausnahmen doch!?
Kaum!
Biſt Du denn nicht zuweilen in ... in Verſuchung gerathen eine ... eine Witzdorfer Gold - tochter zu heirathen?
Pfui Teufel!!! Kerl, für was hältſt Du mich? — ebenſo könnteſt Du mich fragen, ob ich ...
Wie ... wieſo?
Weil ... iſt Dir was?
Gar nichts! was ſoll mir denn ſein?
Schlimm!
Du biſt ja ſo ſonderbar plötzlich.
Still!
Alfred! — Alfred! ... ach da biſt Du — Gott ſei Dank!
Nun, ich ſollte wohl am Ende gar fort - gelaufen ſein?
Alfred!
Was denn Liebſte?
Nichts, nichts!
Aber Du mußt doch was haben?
Du kamſt mir ſo ... ſo kalt ... Ach, ich hab 'ſolche ſchrecklich dumme Einbildungen.
Wie ſteht's denn oben?
Der Doctor zankt mit der Hebamme.
Wird's nicht bald zu Ende gehen?
Weiß ich's? — Aber wenn's ... wenn's zu Ende iſt, meine ich, dann ...
Was dann? ....... ſag 'doch, bitte! was wollteſt Du ſagen?
Dann ſollten wir bald von hier fort - gehen. Gleich! auf der Stelle.
Wenn Du das wirklich für das Beſte hältſt, Lenchen —
Ja, ja! wir dürfen nicht warten! Es iſt das Beſte — für Dich und mich. Wenn Du mich nicht jetzt bald nimmſt, dann läßt Du mich heilig noch ſitzen, und dann ... dann ... muß ich doch noch zu Grunde gehen.
Wie Du doch mißtrauiſch biſt, Lenchen!
Sag das nicht, Liebſter! Dir traut man, Dir muß man trauen! .... Wenn ich erſt Dein bin, dann ... Du verläßt mich dann ganz gewiß nicht mehr.
Ich beſchwöre Dich! geh 'nicht fort! Ver - laß mich doch nur nicht. Geh' — nicht fort, Alfred! Alles iſt aus, Alles, wenn Du einmal ohne mich von hier fortgehſt.
Merkwürdig biſt Du doch! ..... Und da willſt Du nicht mißtrauiſch ſein? ... Oder ſie plagen Dich, martern Dich hier ganz entſetzlich, mehr als ich mir je .... Jedenfalls gehen wir aber noch dieſe Nacht. Ich bin bereit. Sobald Du willſt, gehen wir alſo.
Geliebter!
Wer war das? — Ach ſo!
Armes Ding!
Genau ſo pflegteſt Du vor acht Jahren jede Cigarre abzuklopfen, eh 'Du zu rauchen anfingſt.
Möglich —!
Hör 'mal, Du!
Ja, was denn?
Du wirſt doch — ſo bald die Geſchichte oben vorüber iſt, mit zu mir kommen?
Das geht wirklich nicht! Leider.
Man hat ſo das Be - dürfniß, ſich mal wieder gründlich von der Leber weg zu äußern.
Das hab ich genau ſo wie Du. Aber gerade daraus kannſt Du ſehen, daß es abſolut heut nicht in meiner Macht ſteht, mit Dir .....
Wenn ich Dir nun aber ausdrücklich und — gewiſſermaßen feierlich erkläre: Es iſt eine beſtimmte, äußerſt wichtige Angelegenheit, die ich mit Dir noch dieſe Nacht beſprechen möchte .... beſprechen muß ſogar, Loth!
Curios! Für blutigen Ernſt ſoll ich doch das nicht etwa hinnehmen?! doch wohl nicht? — So viel Jahre hätt'ſt Du damit gewartet und nun hätte97 es nicht einen Tag mehr Zeit damit? — Du kannſt Dir doch wohl denken, daß ich Dir keine Flauſen vor - mache.
Alſo hat's doch ſeine Richtigkeit!
Was hat ſeine Richtigkeit?
Es iſt alſo wirklich etwas im Gange zwiſchen Dir und Helene Krauſe?
Ich? — Wer hat Dir denn ...?
Wie biſt Du nur in dieſe Familie ....?
Woher — weißt Du denn das, Menſch?
Das war ja doch nicht ſchwer zu errathen.
Na, dann halt um Gottes Willen den Mund, daß nicht ....
Ihr ſeid alſo richtig verlobt?!
Wie man's nimmt. Jedenfalls ſind wir Beiden einig.
Hm —! wie biſt Du denn hier herein gerathen, gerade in dieſe Familie?
Hoffmann iſt ja doch mein Schulfreund. Er war auch Mitglied — auswärtiges allerdings — Mitglied meines Colonial-Vereins.
Von der Sache hörte ich in Zürich. — Alſo mit Dir iſt er umgegangen! Auf die Weiſe wird mir der traurige Zwitter erklärlich.
Ein Zwitter iſt er allerdings.
Eigentlich nicht mal das. — Ehrlich, Du! — Iſt das wirklich Dein Ernſt? — die Geſchichte mit der Krauſe?
Na, ſelbſtverſtändlich! — Zweifelſt Du daran? Du wirſt mich doch nicht etwa für einen Schuft ...
Schon gut! Ereifere798Dich nur nicht. Hättſt Dich ja verändert haben können während der langen Zeit. Warum nicht? Wär auch gar kein Nachtheil! 'n biſſel Humor könnte Dir gar nicht ſchaden! Ich ſeh nicht ein, warum man Alles ſo verflucht ernſthaft nehmen ſollte.
Ernſt iſt es mir mehr als je.
Du kannſt es ja nicht wiſſen, auch ſagen kann ich's Dir nicht mal, was dieſes Verhältniß für mich bedeutet.
Hm!
Kerl, Du haſt keine Idee, was das für ein Zuſtand iſt. Man kennt ihn nicht, wenn man ſich danach ſehnt. Kennte man ihn, dann, dann müßte man geradezu unſinnig werden vor Sehnſucht.
Das begreife der Teufel, wie Ihr zu dieſer unſinnigen Sehnſucht kommt.
Du biſt auch noch nicht ſicher davor.
Das möcht ich mal ſehen!
Du redſt wie der Blinde von der Farbe.
Was ich mir für das bischen Rauſch koofe! lächerlich. Darauf eine lebens - längliche Ehe zu bauen .... da baut man noch nicht mal ſo ſicher, als auf 'n Sandhaufen.
Rauſch — Rauſch — wer von einem Rauſch redet — na! der kennt die Sache eben nicht. 'n Rauſch iſt flüchtig. Solche Räuſche hab ich ſchon gehabt, ich geb's zu. Aber das iſt was ganz Anderes.
Hm!
Ich bin dabei vollſtändig nüchtern. Denkſt Du, daß ich meine Liebſte ſo — na, wie ſoll ich ſagen — ſo mit 'ner — na, wie ſoll ich ſagen, mit' ner großen Glorie ſehe? Gar nicht! — Sie hat Fehler, iſt auch nicht beſonders ſchön, wenigſtens — na, häßlich iſt ſie auch gerade nicht. Ganz objectiv geurtheilt, ich — das iſt ja ſchließlich Geſchmacksſache — ich hab ſo'n hübſches Mädel noch nicht geſehen. Alſo, Rauſch —99 Unſinn! Ich bin ja ſo nüchtern, wie nur möglich. Aber, ſiehſt Du! das iſt eben das Merkwürdige: ich kann mich gar nicht mehr ohne ſie denken — das kommt mir ſo vor wie 'ne Legirung, weißt Du, wie wenn zwei Metalle ſo recht innig legirt ſind, daß man gar nicht mehr ſagen kann, das iſt das, das iſt das. Und Alles ſo furchtbar ſelbſtverſtändlich — kurzum, ich quatſche vielleicht Unſinn — oder was ich ſage iſt vielleicht in Deinen Augen Unſinn, aber ſo viel ſteht feſt: wer das nicht kennt, iſt' n erbärmlicher Froſch. Und ſo'n Froſch war ich bisher — und ſo'n Jammerfroſch biſt Du noch.
Da iſt ja richtig der ganze Symptomen-Complex. — Daß Ihr Kerls doch immer bis über die Ohren in Dinge hineingerathet, die Ihr theoretiſch längſt verworfen habt, wie zum Beiſpiel Du die Ehe. So lange ich Dich kenne, laborirſt Du an dieſer unglückſeligen Ehemanie.
Es iſt Trieb bei mir, geradezu Trieb. Weiß Gott! mag ich mich wenden, wie ich will.
Man kann ſchließlich auch einen Trieb niederkämpfen.
Ja, wenn's 'n Zweck hat, warum nicht?
Hat's Heirathen etwa Zweck?
Das will ich meinen. Das hat Zweck! Bei mir hat es Zweck. Du weißt nicht, wie ich mich durchgefreſſen hab bis hierher. Ich mag nicht ſenti - mental werden. Ich hab's auch vielleicht nicht ſo ge - fühlt, es iſt mir vielleicht nicht ganz ſo klar bewußt geworden wie jetzt, daß ich in meinem Streben etwas entſetzlich ödes, gleichſam maſchinenmäßiges angenommen hatte. Kein Geiſt, kein Temperament, kein Leben, ja wer weiß, war noch Glauben in mir? Das Alles kommt ſeit ... ſeit heut wieder in mich gezogen. So merk - würdig voll, ſo urſprünglich, ſo fröhlich ... Unſinn, Du capirſt's ja doch nicht.
Was Ihr da Alles7*100nöthig habt, um flott zu bleiben, Glaube, Liebe, Hoffnung. Für mich iſt das Kram. Es iſt eine ganz ſimple Sache: die Menſchheit liegt in der Agonie, und unſer einer macht ihr mit Narkoticis die Sache ſo erträglich als möglich.
Dein neueſter Standpunkt?
Schon fünf bis ſechs Jahre alt und immer derſelbe.
Gratulire!
Danke!
Die Geſchichte iſt leider die: ich halte mich für ver - pflichtet ... ich ſchulde Dir unbedingt eine Aufklärung. Du wirſt Helene Krauſe, glaub 'ich, nicht heirathen können.
So, glaubſt Du?
Ja, ich bin der Meinung. Es ſind da Hinderniſſe vorhanden, die gerade Dir ...
Hör '' mal Du: mach 'Dir darüber um Gottes Willen keine Scrupel. Die Verhältniſſe liegen auch gar nicht' mal ſo complicirt, ſind im Grunde ſogar furchtbar einfach.
Einfach furchtbar ſollteſt Du eher ſagen.
Ich meine was die Hinderniſſe anbetrifft.
Ich auch zum Theil. Aber auch überhaupt: ich kann mir nicht denken, daß Du dieſe Verhältniſſe hier kennen ſollteſt.
Ich kenne ſie aber doch ziemlich genau.
Dann mußt Du noth - wendigerweiſe Deine Grundſätze geändert haben.
Bitte, Schimmel, drück 'Dich etwas deut - licher aus.
Du mußt unbedingt Deine Hauptforderung in Bezug auf die Ehe fallen gelaſſen haben, obgleich Du vorhin durchblicken ließt, es101 käme Dir nach wie vor darauf an, ein an Leib und Seele geſundes Geſchlecht in die Welt zu ſetzen.
Fallen gelaſſen? .... fallen gelaſſen? wie ſoll ich denn das ...
Dann bleibt nichts übrig .... dann kennſt Du eben doch die Verhältniſſe nicht. Dann weißt Du zum Beiſpiel nicht, daß Hoffmann einen Sohn hatte, der mit drei Jahren bereits am Alkoholismus zu Grunde ging.
Wa ... was — ſagſt Du?
's thut mir leid, Loth, aber ſagen muß ich Dir's doch, Du kannſt ja dann noch machen, was Du willſt. Die Sache war kein Spaß. Sie waren gerade wie jetzt zum Beſuch hier. Sie ließen mich holen, eine halbe Stunde zu ſpät. Der kleine Kerl hatte längſt verblutet.
Nach der Eſſigflaſche hatte das dumme Kerlchen gelangt in der Meinung, ſein geliebter Fuſel ſei darin. Die Flaſche war herunter und das Kind in die Scherben gefallen. Hier unten ſiehſt Du die vena saphena, die hatte es ſich voll - ſtändig durchſchnitten.
W ... w ... eſſen Kind ſagſt Du ....?
Hoffmann's und eben derſelben Frau Kind, die da oben wieder ... und auch die trinkt, trinkt bis zur Beſinnungsloſigkeit, trinkt ſoviel ſie bekommen kann.
Alſo von Hoffmann ... Hoffmann geht es nicht aus?!
Bewahre! das iſt tragiſch an dem Menſchen, er leidet darunter ſo viel er über - haupt leiden kann. Im Uebrigen hat er's gewußt, das er in eine Potatorenfamilie hinein kam. Der Bauer nämlich kommt überhaupt gar nicht mehr aus dem Wirthshaus.
Dann freilich — begreife ich Manches — nein! Alles begreife ich — Alles.
Dann iſt ihr Leben hier .... Helenens Leben — ein ... ein — wie ſoll ich ſagen? mir fehlt der Ausdruck dafür — ... nicht?
Horrend geradezu! das kann ich beurtheilen. Daß Du bei ihr hängen bliebſt, war mir auch von Anfang an ſehr begreiflich. Aber wie geſ ...
Schon gut! — verſtehe! ..... .................. thut denn ...? könnte man nicht vielleicht ...? vielleicht könnte man Hoffmann bewegen etwas ... etwas zu thun? Könnteſt Du nicht vielleicht — ihn zu etwas bewegen? man müßte ſie fortbringen aus dieſer Sumpfluft.
Hoffmann?
Ja, Hoffmann.
Du kennſt ihn ſchlecht ... ich glaube zwar nicht, daß er ſie ſchon verdorben hat. Aber ihren Ruf hat er ſicherlich jetzt ſchon verdorben.
Wenn das iſt: ich ſchlag ihn .................. glaubſt Du wirklich ...? hältſt Du Hoffmann wirklich für fähig ...?
Zu Allem, zu Allem halte ich ihn fähig, wenn für ihn ein Vergnügen dabei heraus ſpringt.
Dann iſt ſie — das keuſcheſte Geſchöpf, was es giebt .............
Was gedenkſt Du zu thun, Loth?
...... nicht begegnen ....!
Du biſt alſo entſchloſſen?
Wozu entſchloſſen?
Euer Verhältniß auf - zulöſen.
Wie ſollt ich wohl dazu nicht entſchloſſen ſein?
Ich kann Dir als Arzt noch ſagen, daß Fälle bekannt ſind, wo ſolche vererbte Uebel unterdrückt worden ſind, und Du würdeſt ja gewiß Deinen Kindern eine rationelle Erziehung geben.
Es mögen ſolche Fälle vorkommen.
Und die Wahrſcheinlichkeit iſt vielleicht nicht ſo gering, daß ...
Das kann uns nichts helfen, Schimmel. So ſteht es: es giebt drei Möglichkeiten! entweder ich heirathe ſie, und dann .... nein, dieſer Ausweg exiſtirt überhaupt nicht. Oder — die bewußte Kugel. Na ja, dann hätte man wenigſtens Ruhe. Aber nein! ſo weit ſind wir noch nicht, ſo was kann man ſich einſtweilen noch nicht leiſten — alſo: Leben! kämpfen! — Weiter immer weiter.
Oder am Ende ...?
Ich verſpreche Dir, ihr die Lage ſo deutlich als möglich vorzuſtellen.
Ja, ja! — nur eben .... ich kann nicht anders.
Im Uebrigen verlaſſe ich mich — auf Dich.
Du gehſt zu mir, wie? Mein Kutſcher ſoll Dich zu mir fahren.
Sag mal, ſollte man denn nicht wenigſtens verſuchen — ſie aus den Händen dieſes ... dieſes Menſchen zu ziehen? .... Auf dieſe Weiſe wird ſie doch unfehlbar noch ſeine Beute.
Guter, bedauernswür - diger Kerl! Soll ich Dir was rathen? Nimm ihr nicht das .... das Wenige, was Du ihr noch übrig läßt.
Qual über .... haſt vielleicht — Recht — ja wohl, unbedingt ſogar.
Herr Doctor, ich bitte Sie um Gottes Willen ... ſie iſt ohnmächtig ..... die Wehen ſetzen aus ... wollen Sie nicht endlich .....
Ich komme hinauf.
Auf Wiederſehen!
Herr Hoffmann, ich muß Sie bitten ... eine Ablenkung oder Störung könnte verhängnißvoll .... am liebſten wäre es mir, Sie blieben hier unten.
Sie verlangen ſehr viel, aber ... na!
Nicht mehr als billig.
Ich zittere, die Aufregung ſteckt mir in allen Gliedern. Sag 'mal, Du willſt fort?
Ja.
Jetzt mitten in der Nacht?
Nur bis zu Schimmelpfennig.
Ach ſo! Nun .... wie die Ver - hältniſſe ſich geſtaltet haben, iſt es am Ende kein Ver - gnügen mehr bei uns ... Alſo leb recht ...
Ich danke für die Gaſtfreundſchaft.
Und mit Deinem Plan, wie ſteht es da?
Plan?
Deine Arbeit, Deine volkswirth - ſchaftliche Arbeit über unſeren Diſtrict, meine ich. Ich muß Dir ſagen ... ich möchte Dich ſogar als Freund inſtändig und herzlich bitten ...
Beunruhige Dich weiter nicht, morgen ſchon bin ich über alle Berge.
Das iſt wirklich
Schön von Dir, wollt'ſt Du wohl ſagen?
Das heißt — ja — in gewiſſer Hinſicht; übrigens Du entſchuldigſt mich, ich bin ſo ent - ſetzlich aufgeregt. Zähle auf mich! die alten Freunde ſind immer noch die beſten. Adieu, Adieu.
Da könnt 'ich ja nun wohl — gehen.
Schwager!
Schwager!
Was iſt denn — los?
Mach Dich gefaßt: todtgeboren!
Jeſus Chriſtus!!!
Alfred! Alfred!
Alfred! Alfred!
Alfred!
Alfred!
Dohie hä '. biin iich nee a hibſcher Moan? Hoa' iich nee a hibſch Weib? Hoa 'iich nee a poar hibſche Tächter dohie hä?
„ Unüberſteig - lich! „ ... “ Niemals wieder! “
Zu Ende!
Zu En — de!
Dohie hä? iis ernt's Gittla ne mei — ne? Hoa 'iich ne a hibſch Weib? Bin iich nee a hibſcher Moan?
Eduard!
Gnädiges Fräulein?
Ich möchte ... möchte den Herrn Dr. Loth ...
Herr Dr. Loth ſind in des Herrn Dr. Schimmelpfennig's Wagen fort - gefahren!
Wahr!
Dohie hä, biin iich nee a hibſcher Moan?
Dohie hä, hoa iich nee die ſchinſten Zähne, hä? Hoa iich nee a hibſch Gittla?
Freilein Helene!
Freilein Helene!
's Gald iis mei — ne!
Dohie hä? Hoa iich nee a poar hibſche Tächter?
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Druck von Wilhelm & Braſch. Berlin SW.
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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