PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Wilhelm Tell
Schauſpiel
Zum Neujahrsgeſchenk auf 1805.
Tuͤbingen,in derJ. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.1804.

Perſonen

  • Herrmann Geßler, Reichsvogt in Schwyz und Uri
  • Werner, Freiherr von Attinghauſen, Bannerherr
  • Ulrich von Rudenz, ſein Neffe
    • Werner Stauffacher
    • Konrad Hunn
    • Itel Reding
    • Hans auf der Mauer
    • Jörg im Hofe
    • Ulrich der Schmidt
    • Joſt von Weiler
    • Landleute aus Schwytz

    • Walther Fürſt
    • Wilhelm Tell
    • Röſſelman der Pfarrer
    • Petermann der Sigriſt
    • Kuoni der Hirte
    • Werni der Jäger
    • Ruodi der Fiſcher
    • aus Uri

    • Arnold vom Melchthal
    • Konrad Baumgarten
    • Meyer von Sarnen
    • Struth von Winkelried
    • Klaus von der Flüe
    • Burkhard am Bühel
    • Arnold von Sewa
    • aus Unterwalden

  • Pfeifer von Lucern
  • Kunz von Gerſau
  • Jenny Fiſcherknabe
  • Seppi Hirtenknabe
  • Gertrud Stauffachers Gattinn
  • Hedwig Tells Gattinn, Fürſts Tochter
  • Bertha von Brunek eine reiche Erbin
    • Armgart
    • Mechthild
    • Elsbeth
    • Hildegard
    • Bäuerinnen

    • Walther
    • Wilhelm
    • Tells Knaben

    • Frießhardt
    • Leuthold
    • Söldner

  • Rudolh der Harras Geßlers Stallmeiſter
  • Johannes Parricida Herzog von Schwaben
  • Stüßi der Flurſchütz
  • Der Stier von Uri
  • Ein Reichsbote
  • Frohnvogt
  • Meiſter Steinmetz, Geſellen und Handlanger
  • Oeffentliche Ausrufer
  • Geßleriſche und Landenbergiſche Reiter
  • Viele Landleute, Männer und Weiber aus den Waldſtätten.
1

Erſter Aufzug

Erſte Scene

Hohes Felſenufer des Vierwaldſtättenſees, Schwytz gegenüber. Der See macht eine Bucht ins Land, eine Hütte iſt unweit dem Ufer, Fiſcherknabe fährt ſich in einem Kahn. Ueber den See hinweg ſieht man die grünen Matten, Dörfer und Höfe von Schwytz im hellen Sonnenſchein liegen. Zur linken des Zuſchauers zeigen ſich die Spitzen des Haken, mit Wolken um - geben; zur rechten im fernen Hintergrund ſieht man die Eis - gebirge. Noch ehe der Vorhang aufgeht, hört man den Kuh - reihen und das harmoniſche Geläut der Heerdenglocken, wel - ches ſich auch bei eröfneter Scene noch eine Zeitlang fortſezt.
Fiſcherknabe
ſingt im Kahn
(Melodie des Kuhreihens)

Es laͤchelt der See, er ladet zum Bade, Der Knabe ſchlief ein am gruͤnen Geſtade, Da hoͤrt er ein Klingen, Wie Floͤten ſo ſuͤß, Wie Stimmen der Engel Im Paradieß. a2Und wie er erwachet in ſeliger Luſt, Da ſpuͤhlen die Waſſer ihm um die Bruſt, Und es ruft aus den Tiefen: Lieb Knabe, biſt mein! Ich locke den Schlaͤfer, Ich zieh ihn herein.

Hirte
(auf dem Berge)
(Variation des Kuhreihens)

Ihr Matten lebt wohl, Ihr ſonnigen Weiden! Der Senne muß ſcheiden, Der Sommer iſt hin. Wir fahren zu Berg, wir kommen wieder, Wenn der Kukuk ruft, wenn erwachen die Lieder, Wenn mit Blumen die Erde ſich kleidet neu, Wenn die Bruͤnnlein fließen im lieblichen May. Ihr Matten lebt wohl, Ihr ſonnigen Weiden! Der Senne muß ſcheiden, Der Sommer iſt hin.

3
Alpenjaͤger
(erſcheint gegenüber auf der Höhe des Felſen)
(Zweite Variation)

Es donnern die Hoͤhen, es zittert der Steg, Nicht grauet dem Schuͤtzen auf ſchwindlichtem Weg, Er ſchreitet verwegen Auf Feldern von Eis, Da pranget kein Fruͤhling, Da gruͤnet kein Reis; Und unter den Fuͤſſen ein neblichtes Meer, Erkennt er die Staͤdte der Menſchen nicht mehr, Durch den Riß nur der Wolken Erblickt er die Welt, Tief unter den Waſſern Das gruͤnende Feld.

(Die Landſchaft verändert ſich, man hört ein dumpfes Kra - chen von den Bergen, Schatten von Wolken laufen über die Gegend)
Ruodi der Fiſcher kommt aus der Hütte, Werni der Jaͤger ſteigt vom Felſen, Kuoni der Hirte kommt, mit dem Melknapf auf der Schulter. Seppi ſein Handbube, folgt ihm)
a 2
4
Ruodi

Mach hurtig Jenny. Zieh die Naue ein. Der graue Thalvogt kommt, dumpf bruͤllt der Firn Der Mytenſtein zieht ſeine Haube an, Und kalt her blaͤßt es aus dem Wetterloch, Der Sturm, ich meyn, wird da ſeyn, eh wirs denken.

Kuoni

’s kommt Regen, Faͤhrmann. Meine Schaafe freſſen Mit Begierde Gras, und Waͤchter ſcharrt die Erde.

Werni

Die Fiſche ſpringen, und das Waſſerhuhn Taucht unter. Ein Gewitter iſt im Anzug.

Kuoni
(zum Buben)

Lug Seppi, ob das Vieh ſich nicht verlaufen.

Seppi

Die braune Liſel kenn ich am Gelaͤut.

Kuoni

So fehlt uns keine mehr, die geht am weitſten.

Ruodi

Ihr habt ein ſchoͤn Gelaͤute, Meiſter Hirt.

5
Werni

Und ſchmuckes Vieh Iſts euer eignes, Landsmann?

Kuoni

Bin nit ſo reich ’s iſt meines gnaͤd’gen Herrn, Des Attinghaͤuſers, und mir zugezaͤhlt.

Ruodi

Wie ſchoͤn der Kuh das Band zu Halſe ſteht

Kuoni

Das weiß ſie auch, daß ſie den Reihen fuͤhrt, Und naͤhm ich ihr’s, ſie hoͤrte auf zu freſſen.

Ruodi

Ihr ſeid nicht klug! Ein unvernuͤnft’ges Vieh

Werni

Iſt bald geſagt. Das Thier hat auch Vernunft, Das wiſſen wir, die wir die Gemſen jagen, Die ſtellen klug, wo ſie zur Weide gehn, ’ne Vorhut aus, die ſpizt das Ohr und warnet Mit heller Pfeife, wenn der Jaͤger naht.

Ruodi
(zum Hirten)

Treibt ihr jetzt heim?

a 3
6
Kuoni

Die Alp iſt abgeweidet.

Werni

Gluͤckſel’ge Heimkehr, Senn!

Kuoni

Die wuͤnſch ich Euch, Von eurer Fahrt kehrt ſich’s nicht immer wieder.

Ruodi

Dort kommt ein Mann in voller Haſt gelaufen.

Werni

Ich kenn ihn, ’s iſt der Baumgart von Alzellen.

Konrad Baumgarten
(athemlos hereinſtürzend)
Baumgarten

Um Gottes willen, Faͤhrmann, euren Kahn!

Ruodi

Nun, nun, was giebts ſo eilig?

Baumgarten

Bindet los! Ihr rettet mich vom Tode! Sezt mich uͤber!

Kuoni

Landsmann, was habt ihr?

7
Werni

Wer verfolgt euch denn?

Baumgarten
(zum Fiſcher)

Eilt, eilt, ſie ſind mir dicht ſchon an den Ferſen! Des Landvogts Reiter kommen hinter mir, Ich bin ein Mann des Tods, wenn ſie mich greifen.

Ruodi

Warum verfolgen euch die Reiſigen?

Baumgarten

Erſt rettet mich, und dann ſteh ich euch Rede.

Werni

Ihr ſeid mit Blut befleckt, was hat’s gegeben?

Baumgarten

Des Kaiſers Burgvogt, der auf Roßberg ſaß

Kuoni

Der Wolfenſchießen! Laͤßt euch der verfolgen?

Baumgarten

Der ſchadet nicht mehr, ich hab ihn erſchlagen.

Alle
(fahren zurück)

Gott ſey euch gnaͤdig! Was habt ihr gethan?

8
Baumgarten

Was jeder freie Mann an meinem Platz! Mein gutes Hausrecht hab ich ausgeuͤbt Am Schaͤnder meiner Ehr und meines Weibes.

Kuoni

Hat euch der Burgvogt an der Ehr geſchaͤdigt?

Baumgarten

Daß er ſein boͤs Geluͤſten nicht vollbracht, Hat Gott und meine gute Art verhuͤtet.

Werni

Ihr habt ihm mit der Art den Kopf zerſpalten?

Kuoni

O laßt uns alles hoͤren, ihr habt Zeit, Bis er den Kahn vom Ufer los gebunden.

Baumgarten

Ich hatte Holz gefaͤllt im Wald, da kommt Mein Weib gelaufen in der Angſt des Todes. Der Burgvogt lieg in meinem Haus, er hab Ihr anbefohlen, ihm ein Bad zu ruͤſten. Drauf hab er Ungebuͤhrliches von ihr Verlangt, ſie ſey entſprungen mich zu ſuchen. 9Da lief ich friſch hinzu, ſo wie ich war, Und mit der Art hab ich ihm ’s Bad geſegnet.

Werni

Ihr thatet wohl, kein Menſch kann euch drum ſchelten.

Kuoni

Der Wuͤtherich! Der hat nun ſeinen Lohn! Hat’s lang verdient ums Volk von Unterwalden.

Baumgarten

Die That ward ruchtbar, mir wird nachgeſezt Indem wir ſprechen Gott verrinnt die Zeit

(es fängt an zu donnern)
Kuoni

Friſch Faͤhrmann Schaff den Biedermann hinuͤber.

Ruodi

Geht nicht. Ein ſchweres Ungewitter iſt Im Anzug. Ihr muͤßt warten.

Baumgarten

Heilger Gott! Ich kann nicht warten. Jeder Aufſchub toͤdet

10
Kuoni
(zum Fiſcher)

Greif an mit Gott, dem Naͤchſten muß man helfen, Es kann uns allen Gleiches ja begegnen.

(Brauſen und Donnern)
Ruodi

Der Foͤhn iſt los, ihr ſeht wie hoch der See geht, Ich kann nicht ſteuern gegen Sturm und Wellen.

Baumgarten
(umfaßt ſeine Knie)

So helf euch Gott, wie ihr euch mein erbarmet

Werni

Es geht ums Leben, ſei barmherzig, Faͤhrmann.

Kuoni

’s iſt ein Hausvater, und hat Weib und Kinder!

(wiederholte Donnerſchläge)
Ruodi

Was? Ich hab auch ein Leben zu verlieren, Hab Weib und Kind daheim, wie er Seht hin Wie’s brandet, wie es wogt und Wirbel zieht, Und alle Waſſer aufruͤhrt in der Tiefe. Ich wollte gern den Biedermann erretten, Doch es iſt rein unmoͤglich, ihr ſeht ſelbſt.

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Baumgarten
(noch auf den Knien)

So muß ich fallen in des Feindes Hand, Das nahe Rettungsufer im Geſichte! Dort liegt’s! Ich kann’s erreichen mit den Augen, Hinuͤberdringen kann der Stimme Schall, Da iſt der Kahn, der mich hinuͤbertruͤge, Und muß hier liegen, huͤlflos, und verzagen!

Kuoni

Seht wer da kommt!

Werni

Es iſt der Tell aus Buͤrglen.

Tell
mit der Armbruſt.
Tell

Wer iſt der Mann, der hier um Huͤlfe fleht?

Kuoni

’s iſt ein Alzeller Mann, er hat ſein Ehr Vertheidigt, und den Wolfenſchieß erſchlagen, Des Koͤnigs Burgvogt, der auf Roßberg ſaß Des Landvogts Reiter ſind ihm auf den Ferſen, Er fleht den Schiffer um die Ueberfahrt, Der fuͤrcht’t ſich vor dem Sturm und will nicht fahren.

12
Ruodi

Da iſt der Tell, er fuͤhrt das Ruder auch, Der ſoll mirs zeugen, ob die Fahrt zu wagen.

(heftige Donnerſchläge, der See rauſcht auf)
Ruodi

Ich ſoll mich in den Hoͤllenrachen ſtuͤrzen? Das thaͤte keiner, der bei Sinnen iſt.

Tell

Der brave Mann denkt an ſich ſelbſt zulezt, Vertrau auf Gott und rette den Bedraͤngten.

Ruodi

Vom ſichern Port laͤßt ſich’s gemaͤchlich rathen, Da iſt der Kahn und dort der See! Verſuchts!

Tell

Der See kann ſich, der Landvogt nicht erbarmen, Verſuch es Faͤhrmann!

Hirten und Jaͤger

Rett ihn! Rett ihn! Rett ihn!

Ruodi

Und waͤr’s mein Bruder und mein leiblich Kind,13 Es kann nicht ſeyn, ’s iſt heut Simons und Judaͤ, Da raſ’t der See und will ſein Opfer haben.

Tell

Mit eitler Rede wird hier nichts geſchafft, Die Stunde dringt, dem Mann muß Huͤlfe werden. Sprich, Faͤhrmann, willſt du fahren?

Ruodi

Nein, nicht ich!

Tell

In Gottes Nahmen denn! Gieb her den Kahn, Ich wills mit meiner ſchwachen Kraft verſuchen.

Kuoni

Ha wackrer Tell!

Werni

Das gleicht dem Waidgeſellen!

Baumgarten

Mein Retter ſeid ihr und mein Engel, Tell!

Tell

Wohl aus des Vogts Gewalt errett ich euch, Aus Sturmes Noͤthen muß ein Andrer helfen. b14Doch beſſer iſt’s, ihr fallt in Gottes Hand, Als in der Menſchen!

(zu dem Hirten)

Landsmann, troͤſtet ihr Mein Weib, wenn mir was menſchliches begegnet, Ich hab gethan, was ich nicht laſſen konnte.

(er ſpringt in den Kahn)
Kuoni
(zum Hirten)

Ihr ſeid ein Meiſter Steuermann. Was ſich Der Tell getraut, das konntet ihr nicht wagen?

Ruodi

Wohl beßre Maͤnner thuns dem Tell nicht nach, Es giebt nicht zwey, wie der iſt, im Gebirge.

Werni
(iſt auf den Fels geſtiegen)

Er ſtoͤßt ſchon ab. Gott helf dir, braver Schwimmer Sieh, wie das Schifflein auf den Wellen ſchwankt!

Kuoni
(am Ufer)

Die Flut geht druͤber weg Ich ſeh’s nicht mehr. Doch halt, da iſt es wieder! Kraͤftiglich Arbeitet ſich der Wackre durch die Brandung.

15
Seppi

Des Landvogts Reiter kommen angeſprengt.

Kuoni

Weiß Gott, ſie ſinds! das war Huͤlf in der Noth

Ein Trupp Landenbergiſcher Reiter.
Erſter Reiter

Den Moͤrder gebt heraus, den ihr verborgen.

Zweiter

Des Wegs kam er, umſonſt verhehlt ihr ihn.

Kuoni und Ruodi

Wen meint ihr, Reiter?

Erſter Reiter
(entdeckt den Nachen)

Ha, was ſeh ich! Teufel!

Werni
(oben)

Iſt’s der im Nachen, den ihr ſucht? Reit zu! Wenn ihr friſch beilegt, hohlt ihr ihn noch ein.

Zweiter

Verwuͤnſcht! Er iſt entwiſcht.

Erſter
(zum Hirten und Fiſcher)

Ihr habt ihm fortgeholfen,b 216Ihr ſollt uns buͤßen Fallt in ihre Heerde! Die Huͤtte reißet ein, brennt und ſchlagt nieder!

(eilen fort.)
Seppi
(ſtürzt nach)

O meine Laͤmmer!

Kuoni
(folgt)

Weh mir! Meine Heerde!

Werni

Die Wuͤthriche!

Ruodi
(ringt die Hände)

Gerechtigkeit des Himmels, Wann wird der Retter kommen dieſem Lande?

(folgt ihnen)

Zweite Scene

Zu Steinen in Schwytz. Eine Linde vor des Stauffachers Hauſe an der Landſtraße, nächſt der Brücke.
Werner Stauffacher. Pfeiffer von Luzern kommen im Geſpräch.
Pfeiffer

Ja, ja Herr Stauffacher, wie ich euch ſagte. 17Schwoͤrt nicht zu Oeſtreich, wenn ihrs koͤnnt vermeiden. Haltet feſt am Reich und wacker wie bisher, Gott ſchirme euch bei eurer alten Freiheit!

(drückt ihm herzlich die Hand und will gehen)
Stauffacher

Bleibt doch, bis meine Wirthin kommt Ihr ſeid Mein Gaſt zu Schwytz, ich in Lucern der Eure.

Pfeiffer

Viel Dank! Muß heute Gerſau noch erreichen. Was ihr auch ſchweres moͤgt zu leiden haben Von eurer Voͤgte Geiz und Uebermuth, Tragt’s in Geduld! Es kann ſich aͤndern, ſchnell, Ein andrer Kaiſer kann an’s Reich gelangen. Seid ihr erſt Oeſterreichs, ſeid ihrs auf immer.

(er geht ab. Stauffacher ſezt ſich kummervoll auf eine Bank unter der Linde. So findet ihn Gertrud, ſeine Frau, die ſich neben ihn ſtellt, und ihn eine Zeitlang ſchweigend betrachtet)
Gertrud

So ernſt, mein Freund? Ich kenne dich nicht mehr. Schon viele Tage ſeh ich’s ſchweigend an,b 318Wie finſtrer Truͤbſinn deine Stirne furch’t. Auf deinem Herzen druͤckt ein ſtill Gebreſten, Vertrau es mir, ich bin dein treues Weib, Und meine Haͤlfte fodr ich deines Grams.

(Stauffacher reicht ihr die Hand und ſchweigt)

Was kann dein Herz beklemmen, ſag es mir. Geſegnet iſt dein Fleiß, dein Gluͤcksſtand bluͤht, Voll ſind die Scheunen, und der Rinder Schaaren, Der glatten Pferde wohl genaͤhrte Zucht Iſt von den Bergen gluͤcklich heimgebracht Zur Winterung in den bequemen Staͤllen. Da ſteht dein Haus, reich, wie ein Edelſitz, Von ſchoͤnem Stammholz iſt es neu gezimmert Und nach dem Richtmaaß ordentlich gefuͤgt, Von vielen Fenſtern glaͤnzt es wohnlich, hell, Mit bunten Wappenſchildern iſt’s bemahlt, Und weiſen Spruͤchen, die der Wandersmann Verweilend liest und ihren Sinn bewundert.

Stauffacher

Wohl ſteht das Haus gezimmert und gefuͤgt, Doch ach es wankt der Grund, auf den wir bauten.

19
Gertrud

Mein Werner ſage, wie verſtehſt du das?

Stauffacher

Vor dieſer Linde ſaß ich juͤngſt wie heut, Das ſchoͤn vollbrachte freudig uͤberden end, Da kam daher von Kuͤſſnacht, ſeiner Burg, Der Vogt mit ſeinen Reiſigen geritten. Vor dieſem Hauſe hielt er wundernd an, Doch ich erhub mich ſchnell, und unterwuͤrfig Wie ſich’s gebuͤhrt, trat ich dem Herrn entgegen, Der uns des Kaiſers richterliche Macht Vorſtellt im Lande. Weſſen iſt dieß Haus? Fragt er boͤsmeinend, denn er wußt es wohl. Doch ſchnell beſonnen ich entgegn ihm ſo: Dieß Haus, Herr Vogt, iſt meines Herrn des Kaiſers, Und Eures und mein Lehen da verſezt er: Ich bin Regent im Land an Kaiſers Statt, Und will nicht, daß der Bauer Haͤuſer baue Auf ſeine eigne Hand, und alſo frey Hinleb, als ob er Herr waͤr in dem Lande, Ich werd mich unterſtehn, euch das zu wehren. 20Dieß ſagend ritt er trutziglich von dannen, Ich aber blieb mit kummervoller Seele, Das Wort bedenkend, das der Boͤſe ſprach.

Gertrud

Mein lieber Herr und Ehewirth! Magſt du Ein redlich Wort von deinem Weib vernehmen? Des edeln Ibergs Tochter ruͤhm ich mich, Des viel erfahrnen Mann’s. Wir Schweſtern ſaßen, Die Wolle ſpinnend, in den langen Naͤchten, Wenn bei dem Vater ſich des Volkes Haͤupter Verſammelten, die Pergamente laſen Der alten Kaiſer, und des Landes Wohl Bedachten in vernuͤnftigem Geſpraͤch. Aufmerkend hoͤrt ich da manch kluges Wort, Was der Verſtaͤndge denkt, der Gute wuͤnſcht, Und ſtill im Herzen hab ich mirs bewahrt. So hoͤre denn und acht auf meine Rede, Denn was dich preßte, ſieh das wußt ich laͤngſt. Dir grollt der Landvogt, moͤchte gern dir ſchaden, Denn du biſt ihm ein Hinderniß, daß ſich21 Der Schwytzer nicht dem neuen Fuͤrſtenhaus Will unterwerfen, ſondern treu und feſt Beim Reich beharren, wie die wuͤrdigen Altvordern es gehalten und gethan. Iſts nicht ſo Werner? Sag es, wenn ich luͤge!

Stauffacher

So iſt’s, das iſt des Geßlers Groll auf mich.

Gertrud

Er iſt dir neidiſch, weil du gluͤcklich wohnſt, Ein freier Mann auf deinem eignen Erb Denn Er hat keins. Vom Kaiſer ſelbſt und Reich Traͤgſt du dieß Haus zu Lehn, du darfſt es zeigen, So gut der Reichsfuͤrſt ſeine Laͤnder zeigt, Denn uͤber dir erkennſt du keinen Herrn Als nur den Hoͤchſten in der Chriſtenheit Er iſt ein juͤngrer Sohn nur ſeines Hauſes, Nichts nennt er ſein als ſeinen Rittermantel, Drum ſieht er jedes Biedermannes Gluͤck Mit ſcheelen Augen gift’ger Mißgunſt an, Dir hat er laͤngſt den Untergang geſchworen Noch ſtehſt du unverſehrt Willſt du erwarten,22 Bis er die boͤſe Luſt an dir gebuͤßt? Der kluge Mann baut vor.

Stauffacher

Was iſt zu thun!

Gertrud
(tritt näher)

So hoͤre meinen Rath! Du weiſt, wie hier Zu Schwytz ſich alle Redlichen beklagen Ob dieſes Landvogts Geiz und Wuͤtherei. So zweifle nicht, daß ſie dort druͤben auch In Unterwalden und im Urner Land Des Dranges muͤd ſind und des harten Jochs Denn wie der Geßler hier, ſo ſchafft es frech Der Landenberger druͤben uͤberm See Es kommt kein Fiſcherkahn zu uns heruͤber, Der nicht ein neues Unheil und Gewalt - Beginnen von den Voͤgten uns verkuͤndet. Drum thaͤt es gut, daß eurer etliche, Die’s redlich meinen, ſtill zu Rathe giengen, Wie man des Drucks ſich moͤcht erledigen, So acht ich wohl, Gott wuͤrd euch nicht verlaſſen, Und der gerechten Sache gnaͤdig ſeyn 23 Haſt du in Uri keinen Gaſtfreund, ſprich, Dem du dein Herz magſt redlich offenbaren?

Stauffacher

Der wackern Maͤnner kenn ich viele dort, Und angeſehen große Herrenleute, Die mir geheim ſind und gar wohl vertraut.

(er ſteht auf)

Frau, welchen Sturm gefaͤhrlicher Gedanken Weckſt du mir in der ſtillen Bruſt! Mein Innerſtes Kehrſt du an’s Licht des Tages mir entgegen, Und was ich mir zu denken ſtill verbot, Du ſprichſts mit leichter Zunge kecklich aus. Haſt du auch wohl bedacht, was du mir raͤthſt? Die wilde Zwietracht und den Klang der Waffen Rufſt du in dieſes friedgewohnte Thal Wir wagten es, ein ſchwaches Volk der Hirten, In Kampf zu gehen mit dem Herrn der Welt? Der gute Schein nur iſt’s, worauf ſie warten, Um loszulaſſen auf dieß arme Land Die wilden Horden ihrer Kriegesmacht, Darinn zu ſchalten mit des Siegers Rechten,24 Und unter’m Schein gerechter Zuͤchtigung Die alten Freiheitsbriefe zu vertilgen.

Gertrud

Ihr ſeid auch Maͤnner, wiſſet eure Art Zu fuͤhren, und dem Muthigen hilft Gott!

Stauffacher

O Weib! Ein furchtbar wuͤthend Schreckniß iſt Der Krieg, die Heerde ſchlaͤgt er und den Hirten.

Gertrud

Ertragen muß man, was der Himmel ſendet, Unbilliges ertraͤgt kein edles Herz.

Stauffacher

Dieß Haus erfreut dich, das wir neu erbauten. Der Krieg, der ungeheure, brennt es nieder.

Gertrud

Wuͤßt ich mein Herz an zeitlich Gut gefeſſelt, Den Brand waͤrf ich hinein mit eigner Hand.

Stauffacher

Du glaubſt an Menſchlichkeit! Es ſchont der Krieg Auch nicht das zarte Kindlein in der Wiege.

Gertrud
25
Gertrud

Die Unſchuld hat im Himmel einen Freund! Sieh vorwaͤrts, Werner, und nicht hinter dich.

Stauffacher

Wir Maͤnner koͤnnen tapfer fechtend ſterben, Welch Schickſal aber wird das Eure ſeyn?

Gertrud

Die lezte Wahl ſteht auch dem Schwaͤchſten offen, Ein Sprung von dieſer Bruͤcke macht mich frei.

Stauffacher
(ſtürzt in ihre Arme)

Wer ſolch ein Herz an ſeinen Buſen druͤckt, Der kann fuͤr Heerd und Hof mit Freuden fechten, Und keines Koͤnigs Heermacht fuͤrchtet er Nach Uri fahr ich ſtehnden Fußes gleich, Dort lebt ein Gaſtfreund mir, Herr Walther Fuͤrſt, Der uͤber dieſe Zeiten denkt wie ich. Auch ſind ich dort den edeln Bannerherrn Von Attinghaus obgleich von hohem Stamm Liebt er das Volk und ehrt die alten Sitten. Mit ihnen beiden pfleg ich Naths, wie man Der Landesfeinde muthig ſich erwehrt c26Leb wohl und weil ich fern bin, fuͤhre du Mit klugem Sinn das Regiment des Hauſes Dem Pilger, der zum Gotteshauſe wallt, Dem frommen Moͤnch, der fuͤr ſein Kloſter ſammelt, Gieb reichlich und entlaß ihn wohl gepflegt. Stauffachers Haus verbirgt ſich nicht. Zu aͤuſerſt Am offnen Heerweg ſteht’s, ein wirthlich Dach Fuͤr alle Wandrer, die des Weges fahren.

(indem ſie nach dem Hintergrund abgehen, tritt Wilhelm Tell mit Baumgarten vorn auf die Scene)
Tell
(zu Baumgarten)

Ihr habt jezt Meiner weiter nicht vonnoͤthen, Zu jenem Hauſe gehet ein, dort wohnt Der Stauffacher, ein Vater der Bedraͤngten. Doch ſieh, da iſt er ſelber Folgt mir, kommt!

(gehen auf ihn zu, die Scene verwandelt ſich)

Dritte Scene

Oeffentlicher Platz bei Altdorf. Auf einer Anhöhe im Hinter - grund ſieht man eine Beſte bauen, welche ſchon ſo weit ge - diehen, daß ſich die Form des Ganzen darſtellt. Die hintere Seite iſt fertig, an der vordern wird eben gebaut, das Ge -27 rüſte ſteht noch, an welchem die Werkleute auf und nieder ſteigen, auf dem höchſten Dach hängt der Schieferdecker Alles iſt in Bewegung und Arbeit.
Frohnvogt. Meiſter Steinmetz. Geſel - len und Handlanger
Frohnvogt
(mit dem Stabe, treibt die Arbeiter)

Nicht lang gefeiert, friſch! Die Mauerſteine Herbei, den Kalk, den Moͤrtel zugefahren! Wenn der Herr Landvogt kommt, daß er das Werk Gewachſen ſieht Das ſchlendert wie die Schnecken.

(zu zwey Handlangern, welche tragen)

Heißt das geladen? Gleich das Doppelte! Wie die Tagdiebe ihre Pflicht beſtehlen!

Erſter Geſell

Das iſt doch hart, daß wir die Steine ſelbſt Zu unſerm Twing und Kerker ſollen fahren!

Frohnvogt

Was murret ihr? Das iſt ein ſchlechtes Volk, Zu nichts anſtellig als das Vieh zu melken, Und faul herum zu ſchlendern auf den Bergen.

c 2
28
Alter Mann
(ruht aus)

Ich kann nicht mehr.

Frohnvogt
(ſchüttelt ihn)

Friſch Alter an die Arbeit!

Erſter Geſell

Habt ihr denn gar kein Eingeweid, daß ihr Den Greis, der kaum ſich ſelber ſchleppen kann, Zum harten Frohndienſt treibt?

Meiſter Steinmetz und Geſellen

’s iſt himmelſchreiend!

Frohnvogt

Sorgt ihr fuͤr euch, ich thu was meines Amts.

Zweiter Geſell

Frohnvogt, wie wird die Veſte denn ſich nennen, Die wir da bau’n?

Frohnvogt

Zwing Uri ſoll ſie heißen, Denn unter dieſes Joch wird man euch beugen.

Geſellen

Zwing Uri!

29
Frohnvogt

Nun was giebt’s dabei zu lachen?

Zweiter Geſell

Mit dieſem Haͤuslein wollt ihr Uri zwingen?

Erſter Geſell

Laß ſeh’n, wie viel man ſolcher Maulwurfshaufen Muß uͤber ’nander ſetzen, bis ein Berg Draus wird, wie der geringſte nur in Uri!

(Frohnvogt geht nach dem Hintergrund)
Meiſter Steinmetz

Den Hammer werf ich in den tiefſten See, Der mir gedient bei dieſem Fluchgebaͤude!

Tell und Stauffacher kommen
Stauffacher

O haͤtt ich nie gelebt, um das zu ſchauen!

Tell

Hier iſt nicht gut ſeyn. Laßt uns weiter geh’n.

Stauffacher

Bin ich zu Uri in der Freiheit Land?

c 3
30
Meiſter Steinmetz

O Herr, wenn ihr die Keller erſt geſeh’n Unter den Thuͤrmen! Ja wer die bewohnt Der wird den Hahn nicht fuͤrder kraͤhen hoͤren!

Stauffacher

O Gott!

Steinmetz

Seht dieſe Flanken, dieſe Strebepfeiler, Die ſteh’n, wie fuͤr die Ewigkeit gebaut!

Tell

Was Haͤnde bauten, koͤnnen Haͤnde ſtuͤrzen.

(nach den Bergen zeigend)

Das Haus der Freiheit hat uns Gott gegruͤndet.

(Man hört eine Trommel, es kommen Leute, die einen Hut auf einer Stange tragen, ein Ausrufer folgt ihnen, Wei - ber und Kinder dringen tumultuariſch nach)
Erſter Geſell

Was will die Trommel? Gebet acht!

Meiſter Steinmetz

Was fuͤr Ein Faßnachtsaufzug und was ſoll der Hut?

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Ausrufer

In des Kaiſers Nahmen! Hoͤret!

Geſellen

Still doch! Hoͤret!

Ausrufer

Ihr ſehet dieſen Hut, Maͤnner von Uri! Aufrichten wird man ihn auf hoher Saͤule, Mitten in Altdorf, an dem hoͤchſten Ort, Und dieſes iſt des Landvogts Will und Meinung: Dem Hut ſoll gleiche Ehre wie ihm ſelbſt geſchehn, Man ſoll ihn mit gebognem Knie und mit Entbloͤßtem Haupt verehren Daran will Der Koͤnig die Gehorſamen erkennen. Verfallen iſt mit ſeinem Leib und Gut Dem Koͤnige, wer das Gebot verachtet.

(das Volk lacht laut auf, die Trommel wird gerührt, ſie gehen vorüber)
Erſter Geſell

Welch neues unerhoͤrtes hat der Vogt Sich ausgeſonnen! Wir ’nen Hut verehren! Sagt! Hat man je vernommen von dergleichen?

32
Meiſter Steinmetz

Wir unſre Kniee beugen einem Hut! Treibt er ſein Spiel mit ernſthaft wuͤrd’gen Leuten?

Erſter Geſell

Waͤr’s noch die kaiſerliche Kron! So iſt’s Der Hut von Oeſterreich, ich ſah ihn hangen Ueber dem Thron, wo man die Lehen giebt!

Meiſter Steinmetz

Der Hut von Oeſterreich! Gebt acht, es iſt Ein Fallſtrick, uns an Oeſtreich zu verrathen!

Geſellen

Kein Ehrenmann wird ſich der Schmach bequemen.

Meiſter Steinmetz

Kommt, laßt uns mit den andern Abred nehmen.

(ſie gehen nach der Tiefe)
Tell
(zum Stauffacher)

Ihr wiſſet nun Beſcheid. Lebt wohl, Herr Werner!

Stauffacher

Wo wollt ihr hin? O eilt nicht ſo von dannen.

Tell

Mein Haus entbehrt des Vaters. Lebet wohl.

33
Stauffacher

Mir iſt das Herz ſo voll, mit euch zu reden.

Tell

Das ſchwere Herz wird nicht durch Worte leicht.

Stauffacher

Doch koͤnnten Worte uns zu Thaten fuͤhren.

Tell

Die einz’ge That iſt jezt Geduld und Schweigen.

Stauffacher

Soll man ertragen, was unleidlich iſt?

Tell

Die ſchnellen Herrſcher ſind’s, die kurz regieren. Wenn ſich der Foͤhn erhebt aus ſeinen Schluͤnden, Loͤſcht man die Feuer aus, die Schiffe ſuchen Eilends den Hafen, und der maͤcht’ge Geiſt Geht ohne Schaden, ſpurlos, uͤber die Erde. Ein jeder lebe ſtill bei ſich daheim, Dem Friedlichen gewaͤhrt man gern den Frieden.

Stauffacher

Meint ihr?

34
Tell

Die Schlange ſticht nicht ungereizt. Sie werden endlich doch von ſelbſt ermuͤden, Wenn ſie die Lande ruhig bleiben ſeh’n.

Stauffacher

Wir koͤnnten viel, wenn wir zuſammen ſtuͤnden.

Tell

Beim Schiffbruch hilft der Einzelne ſich leichter.

Stauffacher

So kalt verlaßt ihr die gemeine Sache?

Tell

Ein jeder zaͤhlt nur ſicher auf ſich ſelbſt.

Stauffacher

Verbunden werden auch die Schwachen maͤchtig.

Tell

Der Starke iſt am maͤchtigſten allein.

Stauffacher

So kann das Vaterland auf euch nicht zaͤhlen, Wenn es verzweiflungsvoll zur Nothwehr greift?

Tell
(giebt ihm die Hand)

Der Tell holt ein verlornes Lamm vom Abgrund,35 Und ſollte ſeinen Freunden ſich entziehn? Doch was ihr thut, laßt mich aus eurem Rath, Ich kann nicht lange pruͤfen oder waͤhlen, Beduͤrft ihr meiner zu beſtimmter That, Dann ruft den Tell, es ſoll an mir nicht fehlen.

(gehen ab zu verſchiedenen Seiten. Ein plötzlicher Auſlauf entſteht um das Gerüſte)
Meiſter Steinmetz
(eilt hin)

Was giebt’s?

Erſter Geſell
(kommt vor, rufend)

Der Schieferdecker iſt vom Dach geſtuͤrzt.

Bertha mit Gefolge
Bertha
(ſtürzt herein)

Iſt er zerſchmettert? Rennet, rettet, helft Wenn Huͤlfe moͤglich, rettet, hier iſt Gold

(wirft ihr Geſchmeide unter das Volk)
Meiſter

Mit eurem Golde Alles iſt euch feil Um Gold, wenn ihr den Vater von den Kindern Geriſſen und den Mann von ſeinem Weibe, Und Jammer habt gebracht uͤber die Welt,36 Denkt ihr’s mit Golde zu verguͤten Geht! Wir waren frohe Menſchen eh ihr kamt, Mit euch iſt die Verzweiflung eingezogen.

Bertha
(zu dem Frohnvogt, der zurückkommt)

Lebt er?

(Frohnvogt giebt ein Zeichen des Gegentheils)

O ungluͤckſel’ges Schloß, mit Fluͤchen Erbaut, und Fluͤche werden dich bewohnen!

(geht ab)

Vierte Scene

(Walther Fürſts Wohnung)
Walther Fuͤrſt und Arnold von Melchthal treten zugleich ein, von verſchiedenen Seiten.
Melchthal

Herr Walther Fuͤrſt

Walther Fuͤrſt

Wenn man uns uͤberraſchte! Bleibt, wo ihr ſeyd. Wir ſind umringt von Spaͤhern.

Melchthal

Bringt ihr mir nichts von Unterwalden? Nichts37 Von meinem Vater? Nicht ertrag ich’s laͤnger, Als ein Gefang’ner muͤßig hier zu liegen. Was hab ich denn ſo ſtraͤfliches gethan, Um mich gleich einem Moͤrder zu verbergen? Dem frechen Buben, der die Ochſen mir, Das treflichſte Geſpann, vor meinen Augen Weg wollte treiben auf des Vogts Geheiß, Hab ich den Finger mit dem Stab gebrochen.

Walther Fuͤrſt

Ihr ſeid zu raſch. Der Bube war des Vogts, Von eurer Obrigkeit war er geſendet, Ihr wart in Straf gefallen, mußtet euch, Wie ſchwer ſie war, der Buße ſchweigend fuͤgen.

Melchthal

Ertragen ſollt ich die leichtfert’ge Rede Des Unverſchaͤmten: Wenn der Bauer Brod Wollt eſſen, moͤg er ſelbſt am Pfluge zieh’n! In die Seele ſchnitt mir’s, als der Bub die Ochſen, Die ſchoͤnen Thiere, von dem Pfluge ſpannte, Dumpf bruͤllten ſie, als haͤtten ſie Gefuͤhl Der Ungebuͤhr, und ſtießen mit den Hoͤrnern,d38Da uͤbernahm mich der gerechte Zorn, Und meiner ſelbſt nicht Herr, ſchlug ich den Boten.

Walther Fuͤrſt

O kaum bezwingen wir das eig’ne Herz, Wie ſoll die raſche Jugend ſich bezaͤhmen!

Melchthal

Mich jammert nur der Vater Er bedarf So ſehr der Pflege, und ſein Sohn iſt fern. Der Vogt iſt ihm gehaͤſſig, weil er ſtets Fuͤr Recht und Freiheit redlich hat geſtritten. Drum werden ſie den alten Mann bedraͤngen, Und niemand iſt, der ihn vor Unglimpf ſchuͤtze. Werde mit mir was will, ich muß hinuͤber.

Walther Fuͤrſt

Erwartet nur und faßt euch in Geduld, Bis Nachricht uns heruͤber kommt vom Walde. Ich hoͤre klopfen, geht Vielleicht ein Bote Vom Landvogt Geht hinein Ihr ſeid in Uri Nicht ſicher vor des Landenbergers Arm, Denn die Tyrannen reichen ſich die Haͤnde.

39
Melchthal

Sie lehren uns, was wir thun ſollten.

Walther Fuͤrſt

Geht! Ich ruf euch wieder, wenn’s hier ſicher iſt.

(Melchthal geht hinein)

Der Ungluͤckſelige, ich darf ihm nicht Geſtehen, was mir Boͤſes ſchwant Wer klopft? So oft die Thuͤre rauſcht, erwart ich Ungluͤck. Verrath und Argwohn lauſcht in allen Ecken, Bis in das Innerſte der Haͤuſer dringen Die Boten der Gewalt, bald thaͤt es Noth, Wir haͤtten Schloß und Riegel an den Thuͤren.

(er oͤfnet und tritt erſtaunt zuruͤck, da Werner Stauffacher hereintritt)

Was ſeh ich? Ihr, Herr Werner! Nun bei Gott! Ein werther, theurer Gaſt Kein beß’rer Mann Iſt uͤber dieſe Schwelle noch gegangen. Seid hoch willkommen unter meinem Dach! Was fuͤhrt euch her? Was ſucht ihr hier in Uri?

d 2
40
Stauffacher
(ihm die Hand reichend)

Die alten Zeiten und die alte Schweiz.

Walther Fuͤrſt

Die bringt ihr mit euch Sieh, mir wird ſo wohl, Warm geht das Herz mir auf bei eurem Anblick. Sezt euch, Herr Werner Wie verließet ihr Frau Gertrud, eure angenehme Wirthin, Des weiſen Ibergs hochverſtaͤnd’ge Tochter? Von allen Wandrern aus dem deutſchen Land, Die uͤber Meinrads Zell nach Welſchland fahren, Ruͤhmt jeder euer gaſtlich Haus Doch ſagt, Kommt ihr ſo eben friſch von Fluelen her, Und habt euch nirgend ſonſt noch umgeſeh’u, Eh ihr den Fuß geſezt auf dieſe Schwelle?

Stauffacher
(ſezt ſich)

Wohl ein erſtaunlich neues Werk hab ich Bereiten ſehen, das mich nicht erfreute.

Walther Fuͤrſt

O Freund, da habt ihr’s gleich mit Einem Blicke!

Stauffacher

Ein ſolches iſt in Uri nie geweſen 41 Seit Menſchendenken war kein Twinghof hier, Und feſt war keine Wohnung als das Grab.

Walther Fuͤrſt

Ein Grab der Freiheit iſt’s. Ihr nennt’s mit Nahmen.

Stauffacher

Herr Walther Fuͤrſt, ich will euch nicht verhalten, Nicht eine muͤß’ge Neugier fuͤhrt mich her, Mich druͤcken ſchwere Sorgen Drangſal hab ich Zu Haus verlaſſen, Drangſal find ich hier. Denn ganz unleidlich iſt’s, was wir erdulden, Und dieſes Dranges iſt kein Ziel zu ſeh’n. Frei war der Schweitzer von Uralters her, Wir ſind’s gewohnt, daß man uns gut begegnet, Ein ſolches war im Lande nie erlebt, Solang ein Hirte trieb auf dieſen Bergen.

Walther Fuͤrſt

Ja, es iſt ohne Beiſpiel wie ſie’s treiben! Auch unſer edler Herr von Attinghauſen, Der noch die alten Zeiten hat geſeh’n, Meint ſelber, es ſey nicht mehr zu ertragen.

d 3
42
Stauffacher

Auch druͤben unter’m Wald geht ſchweres vor, Und blutig wird’s gebuͤßt der Wolfenſchießen, Des Kaiſers Vogt, der auf dem Roßberg haußte, Geluͤſten trug er nach verbot’ner Frucht, Baumgartens Weib, der haushaͤlt zu Alzellen, Wollt er zu frecher Ungebuͤhr misbrauchen, Und mit der Art hat ihn der Mann erſchlagen.

Walther Fuͤrſt

O die Gerichte Gottes ſind gerecht! Baumgarten ſagt ihr? Ein beſcheid’ner Mann Er iſt gerettet doch und wohl geborgen?

Stauffacher

Euer Eidam hat ihn uͤber’n See gefluͤchtet, Bei mir zu Steinen halt ich ihn verborgen Noch greulichers hat mir derſelbe Mann Berichtet, was zu Sarnen iſt geſcheh’n, Das Herz muß jedem Biedermanne bluten.

Walther Fuͤrſt
(aufmerkſam)

Sagt an, was iſt’s?

43
Stauffacher

Im Melchthal, da wo man Eintritt bey Kerns, wohnt ein gerechter Mann, Sie nennen ihn den Heinrich von der Halden, Und ſeine Stimm gilt was in der Gemeinde.

Walther Fuͤrſt

Wer kennt ihn nicht! Was iſt’s mit ihm? Vollendet.

Stauffacher

Der Landenberger buͤßte ſeinen Sohn Um kleinen Fehlers willen, ließ die Ochſen, Das beſte Paar, ihm aus dem Pfluge ſpannen, Da ſchlug der Knab den Knecht und wurde fluͤchtig.

Walther Fuͤrſt
(in hoͤchſter Spannung)

Der Vater aber Sagt, wie ſteht’s um den?

Stauffacher

Den Vater laͤßt der Landenberger fodern, Zur Stelle ſchaffen ſoll er ihm den Sohn, Und da der alte Mann mit Wahrheit ſchwoͤrt, Er habe von dem Fluͤchtling keine Kunde, Da laͤßt der Vogt die Folterknechte kommen

44
Walther Fuͤrſt
(ſpringt auf und will ihn auf die andre Seite fuͤhren)

O ſtill, nichts mehr!

Stauffacher
(mit ſteigendem Ton)

Iſt mir der Sohn entgangen, So hab ich dich Laͤßt ihn zu Boden werfen, Den ſpitz’gen Stahl ihm in die Augen bohren

Walther Fuͤrſt

Barmherz’ger Himmel!

Melchthal
(ſtuͤrzt heraus)

In die Augen, ſagt ihr?

Stauffacher
(erſtaunt zum Walther Fuͤrſt)

Wer iſt der Juͤngling?

Melchthal
(ſaßt ihn mit krampfhafter Heftigkeit)

In die Augen? Redet.

Walther Fuͤrſt

O der bejammernswuͤrdige!

45
Stauffacher

Wer iſt’s?

(da Walther Fuͤrſt ihm ein Zeichen giebt.)

Der Sohn iſt’s? Allgerechter Gott!

Melchthal

Und ich Muß ferne ſeyn! In ſeine beiden Augen?

Walther Fuͤrſt

Bezwinget euch, ertragt es wie ein Mann!

Melchthal

Um meiner Schuld, um meines Frevels willen! Blind alſo? Wirklich blind, und ganz geblendet?

Stauffacher

Ich ſagt’s. Der Quell des Seh’ns iſt ausgefloſſen, Das Licht der Sonne ſchaut er niemals wieder.

Walther Fuͤrſt

Schont ſeines Schmerzens!

Melchthal

Niemals! Niemals wieder!

(er druͤckt die Hand vor die Augen, und ſchweigt einige Momente, dann wendet er ſich von dem einen zu dem46 andern, und ſpricht mit ſanfter, von Thraͤnen erſtickter Stimme)

O eine edle Himmelsgabe iſt Das Licht des Auges Alle Weſen leben Vom Lichte, jedes gluͤckliche Geſchoͤpf Die Pflanze ſelbſt kehrt freudig ſich zum Lichte. Und er muß ſitzen, fuͤhlend, in der Nacht, Im ewig finſtern ihn erquickt nicht mehr Der Matten warmes Gruͤn, der Blumen Schmelz, Die rothen Firnen kann er nicht mehr ſchauen Sterben iſt nichts doch leben und nicht ſehen, Das iſt ein Ungluͤck Warum ſeht ihr mich So jammernd an? Ich hab zwey friſche Augen, Und kann dem blinden Vater keines geben, Nicht einen Schimmer von dem Meer des Lichts, Das glanzvoll, blendend, mir ins Auge dringt.

Stauffacher

Ach, ich muß euren Jammer noch vergroͤßern, Statt ihn zu heilen Er bedarf noch mehr! Denn alles hat der Landvogt ihm geraubt, Nichts hat er ihm gelaſſen als den Stab, Um nakt und blind von Thuͤr zu Thuͤr zu wandern.

47
Melchthal

Nichts als den Stab dem augenloſen Greis! Alles geraubt, und auch das Licht der Sonne, Des Aermſten allgemeines Gut Jezt rede Mir keiner mehr von Bleiben, von Verbergen! Was fuͤr ein feiger Elender bin ich, Daß ich auf meine Sicherheit gedacht, Und nicht auf Deine dein geliebtes Haupt Als Pfand gelaſſen in des Wuͤthrichs Haͤnden! Feigherz’ge Vorſicht fahre hin Auf nichts Als blutige Vergeltung will ich denken, Hinuͤber will ich Keiner ſoll mich halten Des Vaters Auge von dem Landvogt fodern Aus allen ſeinen Reiſigen heraus Will ich ihn finden Nichts liegt mir am Leben, Wenn ich den heißen ungeheuren Schmerz In ſeinem Lebensblute kuͤhle.

(er will gehen)
Walther Fuͤrſt

Bleibt! 48Was koͤnnt ihr gegen ihn? Er ſizt zu Sarnen Auf ſeiner hohen Herrenburg und ſpottet Ohnmaͤcht’gen Zorns in ſeiner ſichern Veſte.

Melchthal

Und wohnt er droben auf dem Eispallaſt Des Schreckhorns oder hoͤher, wo die Jungfrau Seit Ewigkeit verſchleiert ſizt Ich mache Mir Bahn zu ihm, mit zwanzig Juͤnglingen Geſinnt wie ich, zerbrech ich ſeine Veſte. Und wenn mir niemand folgt, und wenn ihr alle Fuͤr eure Huͤtten bang und eure Heerden, Euch dem Tyrannenjoche beugt die Hirten Will ich zuſammen rufen im Gebirg, Dort unter’m freien Himmelsdache, wo Der Sinn noch friſch iſt und das Herz geſund, Das ungeheuer Graͤßliche erzaͤhlen.

Stauffacher
(zu Walther Fuͤrſt)

Es iſt auf ſeinem Gipfel wollen wir Erwarten, bis das Aeuſerſte

Melchthal

Welch AeuſerſtesIſt49Iſt noch zu fuͤrchten, wenn der Stern des Auges In ſeiner Hoͤhle nicht mehr ſicher iſt? Sind wir denn wehrlos? Wozu lernten wir Die Armbruſt ſpannen und die ſchwere Wucht Der Streitart ſchwingen? Jedem Weſen ward Ein Nothgewehr in der Verzweiflungsangſt, Es ſtellt ſich der erſchoͤpfte Hirſch und zeigt Der Meute ſein gefuͤrchtetes Geweih, Die Gemſe reißt den Jaͤger in den Abgrund Der Pflugſtier ſelbſt, der ſanfte Hausgenoß Des Menſchen, der die ungeheure Kraft Des Halſes duldſam unters Joch gebogen, Springt auf, gereizt, wezt ſein gewaltig Horn, Und ſchleudert ſeinen Feind den Wolken zu.

Walther Fuͤrſt

Wenn die drey Lande daͤchten wie wir drey, So moͤchten wir vielleicht etwas vermoͤgen.

Stauffacher

Wenn Uri ruft, wenn Unterwalden hilft, Der Schwytzer wird die alten Buͤnde ehren.

e
50
Melchthal

Groß iſt in Unterwalden meine Freundſchaft, Und jeder wagt mit Freuden Leib und Blut, Wenn er am andern einen Ruͤcken hat Und Schirm O fromme Vaͤter dieſes Landes! Ich ſtehe nur ein Juͤngling zwiſchen euch, Den Vielerfahrnen meine Stimme muß Beſcheiden ſchweigen in der Landsgemeinde. Nicht weil ich jung bin und nicht viel erlebte, Verachtet meinen Rath und meine Rede, Nicht luͤſtern jugendliches Blut, mich treibt Des hoͤchſteu Jammers ſchmerzliche Gewalt, Was auch den Stein des Felſen muß erbarmen. Ihr ſelbſt ſeid Vaͤter, Haͤupter eines Hauſes, Und wuͤnſcht euch einen tugendhaften Sohn, Der eures Hauptes heilge Locken ehre, Und euch den Stern des Auges fromm bewache. O weil ihr ſelbſt an eurem Leib und Gut Noch nichts erlitten, eure Augen ſich Noch friſch und hell in ihren Kreiſen regen, So ſei euch darum unſre Noth nicht fremd. 51Auch uͤber euch haͤngt das Tyrannenſchwert, Ihr habt das Land von Oeſtreich abgewendet, Kein anderes war meines Vaters Unrecht, Ihr ſeid in gleicher Mitſchuld und Verdammniß.

Stauffacher
(zu Walther Fuͤrſt)

Beſchließet ihr, ich bin bereit zu folgen.

Walther Fuͤrſt

Wir wollen hoͤren, was die edeln Herrn Von Sillinen, von Attinghauſen rathen Ihr Nahme, denk ich, wird uns Freunde werben.

Melchthal

Wo iſt ein Nahme in dem Waldgebirg Ehrwuͤrdiger als Eurer und der Eure? An ſolcher Nahmen aͤchte Waͤhrung glaubt Das Volk, ſie haben guten Klang im Lande. Ihr habt ein reiches Erb von Vaͤtertugend, Und habt es ſelber reich vermehrt Was braucht’s Des Edelmanns? Laßts uns allein vollenden. Waͤren wir doch allein im Land! Ich meine, Wir wollten uns ſchon ſelbſt zu ſchirmen wiſſen.

e 2
52
Stauffacher

Die Edeln draͤngt nicht gleiche Noth mit uns, Der Strom, der in den Niederungen wuͤthet, Bis jetzt hat er die Hoͤh’n noch nicht erreicht Doch ihre Huͤlfe wird uns nicht entſteh’n, Wenn ſie das Land in Waffen erſt erblicken.

Walther Fuͤrſt

Waͤre ein Obmann zwiſchen uns und Oeſtreich, So moͤchte Recht entſcheiden und Geſetz, Doch der uns unterdruͤckt, iſt unſer Kaiſer Und hoͤchſter Richter ſo muß Gott uns helfen Durch unſern Arm erforſchet ihr die Maͤnner Von Schwytz, ich will in Uri Freunde werben. Wen aber ſenden wir nach Unterwalden

Melchthal

Mich ſendet hin wem laͤg es naͤher an

Walther Fuͤrſt

Ich geb’s nicht zu, ihr ſeid mein Gaſt, ich muß Fuͤr eure Sicherheit gewaͤhren!

Melchthal

Laßt mich! 53Die Schliche kenn ich und die Felſenſteige, Auch Freunde find ich gnug, die mich dem Feind Verhehlen und ein Obdach gern gewaͤhren.

Stauffacher

Laßt ihn mit Gott hinuͤber geh’n. Dort druͤben Iſt kein Verraͤther ſo verabſcheut iſt Die Tyrannei, daß ſie kein Werkzeug findet. Auch der Alzeller ſoll uns nid dem Wald Genoſſen werben und das Land erregen.

Melchthal

Wie bringen wir uns ſich’re Kunde zu, Daß wir den Argwohn der Tyrannen taͤuſchen?

Stauffacher

Wir koͤnnten uns zu Brunnen oder Treib Verſammeln, wo die Kaufmannsſchiffe landen.

Walther Fuͤrſt

So offen duͤrfen wir das Werk nicht treiben. Hoͤrt meine Meinung. Links am See, wenn man Nach Brunnen faͤhrt, dem Mytenſtein grad uͤber, Liegt eine Matte heimlich im Gehoͤlz,e 354Das Ruͤtli heißt ſie bei dem Volk der Hirten, Weil dort die Waldung ausgereutet ward. Dort iſt’s wo unſ’re Landmark und die eure

(zu Melchthal)

Zuſammengrenzen, und in kurzer Fahrt

(zu Stauffacher)

Traͤgt Euch der leichte Kahn von Schwytz heruͤber. Auf oͤden Pfaden koͤnnen wir dahin Bei Nachtzeit wandern und uns ſtill berathen. Dahin mag jeder zehn vertraute Maͤnner Mitbringen, die herzeinig ſind mit uns, So koͤnnen wir gemeinſam das Gemeine Beſprechen und mit Gott es friſch beſchließen.

Stauffacher

So ſey’s. Jezt reicht mir eure biedre Rechte, Reicht ihr die Eure her, und ſo wie wir Drey Maͤnner jetzo, unter uns, die Haͤnde Zuſammen flechten, redlich, ohne Falſch, So wollen wir Drey Laͤnder auch, zu Schutz Und Trutz, zuſammen ſtehn auf Tod und Leben.

55
Walther Fuͤrſt und Melchthal

Auf Tod und Leben!

(ſie halten die Haͤnde noch einige Pauſen lang zuſammen geflochten und ſchweigen)
Melchthal

Blinder alter Vater! Du kannſt den Tag der Freiheit nicht mehr ſchauen, Du ſollſt ihn hoͤren Wenn von Alp zu Alp Die Feuerzeichen flammend ſich erheben, Die feſten Schloͤſſer der Tyrannen fallen, In deine Huͤtte ſoll der Schweizer wallen, Zu deinem Ohr die Freudenkunde tragen, Und hell in deiner Nacht ſoll es dir tagen.

(ſie gehen auseinander)
56

Zweiter Aufzug

Erſte Scene

Edelhof des Freiherrn von Attinghauſen Ein gothiſcher Saal mit Wappenſchildern und Helmen verziert. Der Freiherr ein Greis von fuͤnf und achtzig Jahren, von hoher edler Statur, an einem Stabe worauf ein Gemſenhorn, und in ein Pelzwams gekleidet. Kuoni und noch ſechs Knechte ſtehen um ihn her mit Rechen und Senſen Ulrich von Rudenz tritt ein in Ritterkleidung.
Rudenz

Hier bin ich Oheim Was iſt euer Wille?

Attinghauſen

Erlaubt, daß ich nach altem Hausgebrauch Den Fruͤhtrunk erſt mit meinen Knechten theile.

(er trinkt aus einem Becher, der dann in der Reihe herum - geht)

Sonſt war ich ſelber mit in Feld und Wald, Mit meinem Auge ihren Fleiß regierend, Wie ſie mein Banner fuͤhrte in der Schlacht, Jezt kann ich nichts mehr als den Schaffner machen,57 Und kommt die warme Sonne nicht zu mir, Ich kann ſie nicht mehr ſuchen auf den Bergen. Und ſo in enger ſtets und enger’m Kreis, Beweg ich mich dem engeſten und lezten, Wo alles Leben ſtill ſteht, langſam zu, Mein Schatte bin ich nur, bald nur mein Nahme.

Kuoni
(zu Rudenz mit dem Becher)

Ich bring’s euch, Junker.

(da Rudenz zaudert den Becher zu nehmen)

Trinket friſch! Es geht Aus Einem Becher und aus Einem Herzen.

Attinghauſen

Geht Kinder, und wenn’s Feierabend iſt, Dann reden wir auch von des Land’s Geſchaͤften.

(Knechte gehen ab)
Attinghauſen und Rudenz
Attinghauſen

Ich ſehe dich geguͤrtet und geruͤſtet, Du willſt nach Altorf in die Herrenburg?

58
Rudenz

Ja Oheim, und ich darf nicht laͤnger ſaͤumen

Attinghauſen
(ſezt ſich)

Haſt du’s ſo eilig? Wie? Iſt deiner Jugend Die Zeit ſo karg gemeſſen, daß du ſie An deinem alten Oheim mußt erſparen?

Rudenz

Ich ſehe, daß ihr meiner nicht beduͤrft, Ich bin ein Fremdling nur in dieſem Hauſe.

Attinghauſen
(hat ihn lange mit den Augen gemuſtert)

Ja leider biſt du’s. Leider iſt die Heimat Zur Fremde dir geworden! Uly! Uly! Ich kenne dich nicht mehr. In Seide prangſt du, Die Pfauenfeder traͤgſt du ſtolz zur Schau, Und ſchlaͤgſt den Purpurmantel um die Schultern, Den Landmann blickſt du mit Verachtung an, Und ſchaͤmſt dich ſeiner traulichen Begruͤßung.

Rudenz

Die Ehr, die ihm gebuͤhrt, geb ich ihm gern, Das Recht, das er ſich nimmt, verweigr ich ihm.

59
Attinghauſen

Das ganze Land liegt unter’m ſchweren Zorn Des Koͤnigs Jedes Biedermannes Herz Iſt kummervoll ob der tyranniſchen Gewalt Die wir erdulden Dich allein ruͤhrt nicht Der allgemeine Schmerz Dich ſiehet man Abtruͤnnig von den Deinen auf der Seite Des Landesfeindes ſtehen, unſrer Noth Hohnſprechend nach der leichten Freude jagen, Und buhlen um die Fuͤrſtengunſt, indeß Dein Vaterland von ſchwerer Geiſſel blutet.

Rudenz

Das Land iſt ſchwer bedraͤngt Warum mein Oheim? Wer iſt’s, der es geſtuͤrzt in dieſe Noth? Es koſtete ein einzig leichtes Wort, Um augenblicks des Dranges los zu ſeyn, Und einen gnaͤd’gen Kaiſer zu gewinnen. Weh ihnen, die dem Volk die Augen halten, Daß es dem wahren Beſten widerſtrebt. Um eignen Vortheils willen hindern ſie, Daß die Waldſtaͤtte nicht zu Oeſtreich ſchwoͤren,60 Wie ringsum alle Lande doch gethan. Wohl thut es ihnen, auf der Herrenbank Zu ſitzen mit dem Edelmann den Kaiſer Will man zum Herrn, um keinen Herrn zu haben.

Attinghauſen

Muß ich das hoͤren und aus deinem Munde!

Rudenz

Ihr habt mich aufgefodert, laßt mich enden. Welche Perſon iſt’s, Oheim, die ihr ſelbſt Hier ſpielt? Habt ihr nicht hoͤhern Stolz, als hier Landammann oder Bannerherr zu ſeyn Und neben dieſen Hirten zu regieren? Wie? Iſt’s nicht eine ruͤhmlichere Wahl, Zu huldigen dem koͤniglichen Herrn, Sich an ſein glaͤnzend Lager anzuſchließen, Als eurer eig’nen Knechte Pair zu ſeyn, Und zu Gericht zu ſitzen mit dem Bauer?

Attinghauſen

Ach Uly! Uly! Ich erkenne ſie Die Stimme der Verfuͤhrung! Sie ergriff Dein ofnes Ohr, ſie hat dein Herz vergiftet.

61
Rudenz

Ja ich verberg es nicht in tiefer Seele Schmerzt mich der Spott der Fremdlinge, die uns Den Baurenadel ſchelten Nicht ertrag ich’s, Indeß die edle Jugend rings umher Sich Ehre ſammelt unter Habsburgs Fahnen, Auf meinem Erb hier muͤſſig ſtill zu liegen, Und bei gemeinem Tagewerk den Lenz Des Lebens zu verlieren Anderswo Geſchehen Thaten, eine Welt des Ruhms Bewegt ſich glaͤnzend jenſeits dieſer Berge Mir roſten in der Halle Helm und Schild, Der Kriegstrommete muthiges Getoͤn, Der Heroldsruf, der zum Turniere ladet, Er dringt in dieſe Thaͤler nicht herein, Nichts als den Kuhreih’n und der Heerdeglocken Einfoͤrmiges Gelaͤut vernehm ich hier.

Attinghauſen

Verblendeter, vom eiteln Glanz verfuͤhrt! Verachte dein Geburtsland! Schaͤme dich Der uralt frommen Sitte deiner Vaͤter! f62Mit heißen Thraͤnen wirſt du dich dereinſt Heim ſehnen nach den vaͤterlichen Bergen, Und dieſes Heerdenreihens Melodie, Die du in ſtolzem Ueberdruß verſchmaͤhſt, Mit Schmerzensſehnſucht wird ſie dich ergreifen, Wenn ſie dir anklingt auf der fremden Erde. O maͤchtig iſt der Trieb des Vaterlands! Die fremde falſche Welt iſt nicht fuͤr dich, Dort an dem ſtolzen Kaiſerhof bleibſt du Dir ewig fremd mit deinem treuen Herzen! Die Welt, ſie fodert andre Tugenden, Als du in dieſen Thaͤlern dir erworben. Geh hin, verkaufe deine freie Seele, Nimm Land zu Lehen, werd ein Fuͤrſtenknecht, Da du ein Selbſtherr ſeyn kannſt und ein Fuͤrſt Auf deinem eignen Erb und freien Boden. Ach Uly! Uly! Bleibe bei den Deinen! Geh nicht nach Altdorf O verlaß ſie nicht Die heilge Sache deines Vaterland’s! Ich bin der lezte meines Stamms. Mein Nahme Endet mit mir. Da haͤngen Helm und Schild,63 Die werden ſie mir in das Grab mitgeben. Und muß ich denken bei dem letzten Hauch, Daß du mein brechend Auge nur erwarteſt, Um hinzugeh’n vor dieſen neuen Lehenhof, Und meine edeln Guͤter, die ich frei Von Gott empfieng, von Oeſtreich zu empfangen!

Rudenz

Vergebens widerſtreben wir dem Koͤnig, Die Welt gehoͤrt ihm, wollen wir allein Uns eigenſinnig ſteifen und verſtocken, Die Laͤnderkette ihm zu unterbrechen, Die er gewaltig rings um uns gezogen? Sein ſind die Maͤrkte, die Gerichte, ſein Die Kaufmannsſtraßen, und das Saumroß ſelbſt, Das auf dem Gotthardt ziehet, muß ihm zollen. Von ſeinen Laͤndern wie mit einem Netz Sind wir umgarnet rings und eingeſchloſſen. Wird uns das Reich beſchuͤtzen? Kann es ſelbſt Sich ſchuͤtzen gegen Oeſtreich’s wachſende Gewalt? Hilft Gott uns nicht, kein Kaiſer kann uns helfen. Was iſt zu geben auf der Kaiſer Wort,f 264Wenn ſie in Geld - und Krieges-Noth die Staͤdte, Die unter’n Schirm des Adlers ſich gefluͤchtet, Verpfaͤnden duͤrfen und dem Reich veraͤuſern? Nein Oheim! Wohlthat iſt’s und weiſe Vorſicht, In dieſen ſchweren Zeiten der Partheiung, Sich anzuſchließen an ein maͤchtig Haupt. Die Kaiſerkrone geht von Stamm zu Stamm, Die hat fuͤr treue Dienſte kein Gedaͤchtniß, Doch um den maͤcht’gen Erbherrn wohl verdienen, Heißt Saaten in die Zukunft ſtreu’n.

Attinghauſen

Biſt du ſo weiſe? Willſt heller ſeh’n als deine edeln Vaͤter, Die um der Freiheit koſtbar’n Edelſtein Mit Gut und Blut und Heldenkraft geſtritten? Schiff nach Lucern hinunter, frage dort, Wie Oeſtreich’s Herrſchaft laſtet auf den Laͤndern! Sie werden kommen, unſre Schaaf und Rinder Zu zaͤhlen, unſre Alpen abzumeſſen, Den Hochflug und das Hochgewilde bannen65 In unſern freien Waͤldern, ihren Schlagbaum An unſre Bruͤcken, unſre Thore ſetzen, Mit unſrer Armuth ihre Laͤnderkaͤufe, Mit unſerm Blute ihre Kriege zahlen Nein, wenn wir unſer Blut dran ſetzen ſollen, So ſey’s fuͤr uns wohlfeiler kaufen wir Die Freiheit als die Knechtſchaft ein!

Rudenz

Was koͤnnen wir, Ein Volk der Hirten gegen Albrechts Heere!

Attinghauſen

Lern dieſes Volk der Hirten kennen, Knabe! Ich kenn’s, ich hab es angefuͤhrt in Schlachten, Ich hab es fechten ſehen bei Favenz. Sie ſollen kommen, uns ein Joch aufzwingen, Das wir entſchloſſen ſind, nicht zu ertragen! O lerne fuͤhlen, welches Stamm’s du biſt! Wirf nicht fuͤr eiteln Glanz und Flitterſchein Die aͤchte Perle deines Werthes hin Das Haupt zu heißen eines freien Volks, Das dir aus Liebe nur ſich herzlich weiht,f 366Das treulich zu dir ſteht in Kampf und Tod Das ſei dein Stolz, des Adels ruͤhme dich Die angebohr’nen Bande knuͤpfe feſt, An’s Vaterland, an’s theure, ſchließ dich an, Das halte feſt mit deinem ganzen Herzen. Hier ſind die ſtarken Wurzeln deiner Kraft, Dort in der fremden Welt ſtehſt du allein, Ein ſchwankes Rohr, das jeder Sturm zerknickt. O komm, du haſt uns lang nicht mehr geſehn, Verſuch’s mit uns nur Einen Tag nur heute Geh nicht nach Altorf Hoͤrſt du? Heute nicht, Den Einen Tag nur ſchenke dich den Deinen!

(er faßt ſeine Hand)
Rudenz

Ich gab mein Wort Laßt mich Ich bin gebunden.

Attinghauſen
(läßt ſeine Hand los, mit Ernſt)

Du biſt gebunden Ja Ungluͤcklicher! Du biſt’s, doch nicht durch Wort und Schwur, Gebunden biſt du durch der Liebe Seile!

(Rudenz wendet ſich weg)
67

Verbirg dich wie du willſt. Das Fraͤulein iſt’s, Bertha von Brunek, die zur Herrenburg Dich zieht, dich feſſelt an des Kaiſers Dienſt. Das Ritterfraͤulein willſt du dir erwerben Mit deinem Abfall von dem Land Betruͤg dich nicht! Dich anzulocken zeigt man dir die Braut, Doch deiner Unſchuld iſt ſie nicht beſchieden.

Rudenz

Genug hab ich gehoͤrt. Gehabt euch wohl.

(er geht ab)
Attinghauſen

Wahnſinn’ger Juͤngling bleib! Er geht dahin! Ich kann ihn nicht erhalten, nicht erretten So iſt der Wolfenſchießen abgefallen Von ſeinem Land ſo werden andre folgen, Der fremde Zauber reißt die Jugend fort, Gewaltſam ſtrebend uͤber unſre Berge. O ungluͤckſel’ge Stunde, da das Fremde In dieſe ſtill begluͤckten Thaͤler kam., Der Sitten fromme Unſchuld zu zerſtoͤren!

Das Neue dringt herein mit Macht, das Alte68 Das Wuͤrd’ge ſcheidet, andre Zeiten kommen, Es lebt ein andersdenkendes Geſchlecht! Was thu ich hier? Sie ſind begraben alle, Mit denen ich gewaltet und gelebt. Unter der Erde ſchon liegt Meine Zeit, Wohl dem, der mit der Neuen nicht mehr braucht zu leben!

(geht ab)

Zweyte Scene

Eine Wieſe von hohen Felſen und Wald umgeben. Auf den Felſen ſind Steige, mit Geländern, auch Leitern, von denen man nachher die Landleute herabſteigen ſieht. Im Hintergrunde zeigt ſich der See, über welchem anfangs ein Mondregenbogen zu ſehen iſt. Den Proſpekt ſchließen hohe Berge, hinter wel - chen noch höhere Eisgebirge ragen. Es iſt völlig Nacht auf der Scene, nur der See und die weißen Gletſcher leuchten im Mondenlicht.
Melchthal, Baumgarten, Winkelried, Meier von Sarnen, Burkhardt am Buͤhel, Arnold von Sewa, Klaus von der Fluͤe und noch vier andere Landleute, alle bewaffnet
Melchthal
(noch hinter der Scene)

Der Bergweg oͤffnet ſich, nur friſch mir nach,69 Den Fels erkenn ich und das Kreutzlein drauf, Wir ſind am Ziel, hier iſt das Ruͤtli.

(treten auf mit Windlichtern)
Winkelried

Horch!

Sewa

Ganz leer.

Meier

’s iſt noch kein Landmann da. Wir ſind Die erſten auf dem Platz, wir Unterwaldner.

Melchthal

Wie weit iſt’s in der Nacht?

Baumgarten

Der Feuerwaͤchter Vom Selisberg hat eben zwey gerufen.

(man hört in der Ferne läuten)
Meier

Still! Horch!

Am Buͤhel

Das Mettengloͤcklein in der Waldkapelle Klingt hell heruͤber aus dem Schwytzerland.

70
Von der Fluͤe

Die Luft iſt rein und traͤgt den Schall ſo weit.

Melchthal

Geh’n einige und zuͤnden Reisholz an, Daß es loh brenne, wenn die Maͤnner kommen.

(zwey Landleute gehen)
Sewa

’s eine ſchoͤne Mondennacht. Der See Liegt ruhig da als wie ein ebner Spiegel.

Am Buͤhel

Sie haben eine leichte Fahrt.

Winkelried
(zeigt nach dem See)

Ha ſeht! Seht dorthin! Seht ihr nichts?

Meier

Was denn? Ja warlich! Ein Regenbogen mitten in der Nacht!

Melchthal

Es iſt das Licht des Mondes das ihn bildet.

71
Von der Fluͤe

Das iſt ein ſeltſam wunderbares Zeichen! Es leben viele, die das nicht geſehn.

Sewa

Er iſt doppelt, ſeht, ein blaͤſſerer ſteht druͤber.

Baumgarten

Ein Nachen faͤhrt ſo eben drunter weg.

Melchthal

Das iſt der Stauffacher mit ſeinem Kahn, Der Biedermann laͤßt ſich nicht lang erwarten.

(geht mit Baumgarten nach dem Ufer)
Meier

Die Urner ſind es, die am laͤngſten ſaͤumen.

Am Buͤhel

Sie muͤſſen weit umgehen durch’s Gebirg, Daß ſie des Landvogts Kundſchaft hintergehen.

(Unterdeſſen haben die zwey Landleute in der Mitte des Platzes ein Feuer angezündet)
Melchthal
(am Ufer)

Wer iſt da? Gebt das Wort!

72
Stauffacher
(von unten)

Freunde des Landes.

(Alle gehen nach der Tiefe, den Kommenden entgegen. Aus dem Kahn ſteigen Stauffacher, Itel Reding, Hans auf der Mauer, Joͤrg im Hofe, Kon - rad Hunn, Ulrich der Schmidt, Joſt von Weiler, und noch drey andre Landleute, gleichfalls be - waffnet)
Alle
rufen

Willkommen!

(indem die übrigen in der Tiefe verweilen und ſich begrüßen, kommt Melchthal mit Stauffacher vorwärts)
Melchthal

O Herr Stauffacher! Ich hab ihn Geſehn, der mich nicht wiederſehen konnte! Die Hand hab ich gelegt auf ſeine Augen, Und gluͤhend Rachgefuͤhl hab ich geſogen Aus der erloſchnen Sonne ſeines Blicks.

Stauffacher

Sprecht nicht von Rache. Nicht geſchehnes raͤchen, Gedrohtem Uebel wollen wir begegnen. Jezt73 Jezt ſagt, was ihr im Unterwaldner Land Geſchaff’t und fuͤr gemeine Sach geworben, Wie die Landleute denken, wie ihr ſelbſt Den Stricken des Verraths entgangen ſeid.

Melchthal

Durch der Surennen furchtbares Gebirg, Auf weit verbreitet oͤden Eiſesfeldern, Wo nur der heiſ’re Laͤmmergeier kraͤchzt, Gelangt ich zu der Alpentrift, wo ſich Aus Uri und vom Engelberg die Hirten Anrufend gruͤßen und gemeinſam weiden, Den Durſt mir ſtillend mit der Gletſcher Milch, Die in den Runſen ſchaͤumend niederquillt. In den einſamen Sennhuͤtten kehrt ich ein, Mein eigner Wirth und Gaſt, bis daß ich kam Zu Wohnungen geſellig lebender Menſchen. Erſchollen war in dieſen Thaͤlern ſchon Der Ruf des neuen Greuels der geſchehn, Und fromme Ehrfurcht ſchaffte mir mein Ungluͤck Vor jeder Pforte, wo ich wandernd klopfte. Entruͤſtet fand ich dieſe graden Seeleng74Ob dem gewaltſam neuen Regiment, Denn ſo wie ihre Alpen fort und fort Dieſelben Kraͤuter naͤhren, ihre Brunnen Gleichfoͤrmig fließen, Wolken ſelbſt und Winde Den gleichen Strich unwandelbar befolgen, So hat die alte Sitte hier vom Ahn Zum Enkel unveraͤndert fort beſtanden, Nicht tragen ſie verwegne Neuerung Im altgewohnten gleichen Gang des Lebens. Die harten Haͤnde reichten ſie mir dar, Von den Waͤnden langten ſie die roſtgen Schwerter, Und aus den Augen blizte freudiges Gefuͤhl des Muths, als ich die Nahmen nannte, Die im Gebirg dem Landmann heilig ſind, Den eurigen und Walther Fuͤrſts Was euch Recht wuͤrde duͤnken, ſchwuren ſie zu thun, Euch ſchwuren ſie bis in den Tod zu folgen. So eilt ich ſicher unterm heilgen Schirm Des Gaſtrechts von Gehoͤfte zu Gehoͤfte Und als ich kam in’s heimatliche Thal, Wo mir die Vettern viel verbreitet wohnen 75 Als ich den Vater fand, beraubt und blind, Auf fremdem Stroh, von der Barmherzigkeit Mildthaͤtger Menſchen lebend

Stauffacher

Herr im Himmel!

Melchthal

Da weint ich nicht! Nicht in ohnmaͤchtgen Thraͤnen Goß ich die Kraft des heißen Schmerzens aus, In tiefer Bruſt wie einen theuern Schatz Verſchloß ich ihn und dachte nur auf Thaten. Ich kroch durch alle Kruͤmmen des Gebirgs, Kein Thal war ſo verſteckt, ich ſpaͤht es aus, Bis an der Gletſcher eisbedeckten Fuß Erwartet ich und fand bewohnte Huͤtten, Und uͤberall, wohin mein Fuß mich trug, Fand ich den gleichen Haß der Tyrannei, Denn bis an dieſe lezte Grenze ſelbſt Belebter Schoͤpfung, wo der ſtarre Boden Aufhoͤrt zu geben, raubt der Voͤgte Geiz Die Herzen alle dieſes biedern Volksg 276Erregt ich mit dem Stachel meiner Worte, Und unſer ſind ſie all mit Herz und Mund.

Stauffacher

Großes habt ihr in kurzer Friſt geleiſtet.

Melchthal

Ich that noch mehr. Die beiden Veſten ſind’s, Roßberg und Sarnen, die der Landmann fuͤrchtet, Denn hinter ihren Felſenwaͤllen ſchirmt Der Feind ſich leicht und ſchaͤdiget das Land. Mit eignen Augen wollt ich es erkunden, Ich war zu Sarnen und beſah die Burg.

Stauffacher

Ihr wagtet euch bis in des Tigers Hoͤhle?

Melchthal

Ich war verkleidet dort in Pilgerstracht, Ich ſah den Landvogt an der Tafel ſchwelgen Urtheilt, ob ich mein Herz bezwingen kann, Ich ſah den Feind und ich erſchlug ihn nicht.

Stauffacher

Fuͤrwahr das Gluͤck war eurer Kuͤhnheit hold.

(Unterdeſſen ſind die andern Landleute vorwärts gekommen, und nähern ſich den beiden)
77

Doch jetzo ſagt mir, wer die Freunde ſind, Und die gerechten Maͤnner, die euch folgten? Macht mich bekannt mit ihnen, daß wir uns Zutraulich nahen und die Herzen oͤffnen.

Meier

Wer kennte Euch nicht, Herr, in den drey Landen? Ich bin der Mei’r von Sarnen, dieß hier iſt Mein Schweſterſohn, der Struth von Winkelried.

Stauffacher

Ihr nennt mir keinen unbekannten Nahmen. Ein Winkelried war’s, der den Drachen ſchlug Im Sumpf bei Weiler und ſein Leben ließ In dieſem Strauß.

Winkelried

Das war mein Ahn, Herr Werner.

Melchthal
(zeigt auf zwey Landleute)

Die wohnen hinter’m Wald, ſind Kloſterleute Vom Engelberg Ihr werdet ſie drum nicht Verachten, weil ſie eigne Leute ſind, Und nicht wie wir frei ſitzen auf dem Erbe Sie lieben’s Land, ſind ſonſt auch wohl berufen.

g 3
78
Stauffacher
(zu den beiden)

Gebt mir die Hand. Es preiſe ſich, wer leinem Mit ſeinem Leibe pflichtig iſt auf Erden, Doch Redlichkeit gedeiht in jedem Stande.

Konrad Hunn

Das iſt Herr Reding, unſer Altlandammann.

Meier

Ich kenn ihn wohl. Er iſt mein Widerpart, Der um ein altes Erbſtuͤck mit mir rechtet. Herr Reding, wir ſind Feinde vor Gericht, Hier ſind wir einig.

(ſchüttelt ihm die Hand)
Stauffacher

Das iſt brav geſprochen.

Winkelried

Hoͤrt ihr? Sie kommen. Hoͤrt das Horn von Uri!

(Rechts und links ſieht man bewaffnete Männer mit Wind, lichtern die Felſen herabſteigen)
Auf der Mauer

Seht! Steigt nicht ſelbſt der fromme Diener Gottes,79 Der wuͤrdge Pfarrer mit herab? Nicht ſcheut er Des Weges Muͤhen und das Grau’n der Nacht, Ein treuer Hirte fuͤr das Volk zu ſorgen.

Baumgarten

Der Sigriſt folgt ihm und Herr Walther Fuͤrſt, Doch nicht den Tell erblick ich in der Menge.

Walther Fuͤrſt, Roͤſſelmann der Pfarrer, Petermann der Sigriſt, Kuoni der Hirt, Werni der Jaͤger, Ruodi der Fiſcher und noch fünf andere Landleute, alle zuſammen, drey und dreißig an der Zahl, treten vorwärts und ſtellen ſich um das Feuer.
Walther Fuͤrſt

So muͤſſen wir auf unſerm eignen Erb Und vaͤterlichen Boden uns verſtohlen Zuſammen ſchleichen wie die Moͤrder thun, Und bei der Nacht, die ihren ſchwarzen Mantel Nur dem Verbrechen und der ſonnenſcheuen Verſchwoͤrung leihet, unſer gutes Recht Uns hohlen, das doch lauter iſt und klar, Gleichwie der glanzvoll offne Schooß des Tages.

80
Melchthal

Laßt’s gut ſeyn. Was die dunkle Nacht geſponnen, Soll frey und froͤhlich an das Licht der Sonnen.

Roͤſſelmann

Hoͤrt was mir Gott in’s Herz giebt Eidgenoſſen! Wir ſtehen hier ſtatt einer Landsgemeinde, Und koͤnnen gelten fuͤr ein ganzes Volk, So laßt uns tagen nach den alten Braͤuchen Des Lands, wie wir’s in ruhigen Zeiten pflegen, Was ungeſetzlich iſt in der Verſammlung, Entſchuldige die Noth der Zeit. Doch Gott Iſt uͤberall, wo man das Recht verwaltet, Und unter ſeinem Himmel ſtehen wir.

Stauffacher

Wohl, laßt uns tagen nach der alten Sitte, Iſt es gleich Nacht, ſo leuchtet unſer Recht.

Melchthal

Iſt gleich die Zahl nicht voll, das Herz iſt hier Des ganzen Volks, die Beſten ſind zugegen.

81
Konrad Hunn

Sind auch die alten Buͤcher nicht zur Hand, Sie ſind in unſre Herzen eingeſchrieben.

Roͤſſelmann

Wohlan, ſo ſei der Ring ſogleich gebildet, Man pflanze auf die Schwerter der Gewalt.

Auf der Mauer

Der Landesammann nehme ſeinen Platz, Und ſeine Weibel ſtehen ihm zur Seite!

Sigriſt

Es ſind der Voͤlker dreye. Welchem nun Gebuͤhrt’s, das Haupt zu geben der Gemeinde?

Meier

Um dieſe Ehr mag Schwytz mit Uri ſtreiten, Wir Unterwaldner ſtehen frei zuruͤck.

Melchthal

Wir ſteh’n zuruͤck, wir ſind die Flehenden, Die Huͤlfe heiſchen von den maͤchtgen Freunden.

Stauffacher

So nehme Uri denn das Schwert, ſein Banner Zieht bei den Roͤmerzuͤgen uns voran.

82
Walther Fuͤrſt

Des Schwertes Ehre werde Schwytz zu Theil, Denn ſeines Stammes ruͤhmen wir uns alle.

Roͤſſelmann

Den edeln Wettſtreit laßt mich freundlich ſchlichten, Schwytz ſoll im Rath, Uri im Felde fuͤhren.

Walther Fuͤrſt
(reicht dem Stauffacher die Schwerter)

So nehmt!

Stauffacher

Nicht mir, dem Alter ſei die Ehre.

Im Hofe

Die meiſten Jahre zaͤhlt Ulrich der Schmidt.

Auf der Mauer

Der Mann iſt wacker, doch nicht freien Stands, Kein eigner Mann kann Richter ſeyn in Schwytz.

Stauffacher

Steht nicht Herr Reding hier der Altlandammann? Was ſuchen wir noch einen wuͤrdigern?

83
Walther Fuͤrſt

Er ſei der Ammann und des Tages Haupt! Wer dazu ſtimmt erhebe ſeine Haͤnde.

(Alle heben die rechte Hand auf)
Reding
(tritt in die Mitte)

Ich kann die Hand nicht auf die Buͤcher legen, So ſchwoͤr ich droben bei den ew’gen Sternen, Daß ich mich nimmer will vom Recht entfernen.

(Man richtet die zwey Schwerter vor ihm auf, der Rins bildet ſich um ihn her, Schwytz hält die Mitte, rechts ſtellt ſich Uri und links Unterwalden. Er ſteht auf ſein Schlachtſchwert geſtüzt)

Was iſt’s, das die drei Voͤlker des Gebirgs Hier an des See’s unwirthlichem Geſtade Zuſammenfuͤhrte in der Geiſterſtunde? Was ſoll der Innhalt ſeyn des neuen Bunds, Den wir hier unterm Sternenhimmel ſtiften?

Stauffacher
(tritt in den Ring)

Wir ſtiften keinen neuen Bund, es iſt Ein uralt Buͤndniß nur von Vaͤter Zeit, Das wir erneuern! Wiſſet Eidgenoſſen! 84Ob uns der See, ob uns die Berge ſcheiden, Und jedes Volk ſich fuͤr ſich ſelbſt regiert, So ſind wir Eines Stammes doch und Bluts, Und Eine Heimat iſt’s, aus der wir zogen.

Winkelried

So iſt es wahr, wie’s in den Liedern lautet, Daß wir von fern her in das Land gewallt? O theilt’s uns mit, was euch davon bekannt, Daß ſich der neue Bund am alten ſtaͤrke.

Stauffacher

Hoͤrt, was die alten Hirten ſich erzaͤhlen. Es war ein großes Volk, hinten im Lande Nach Mitternacht, das litt von ſchwerer Theurung. In dieſer Noth beſchloß die Landsgemeinde, Daß je der zehnte Buͤrger nach dem Loos Der Vaͤter Land verlaſſe das geſchah! Und zogen aus, wehklagend, Maͤnner und Weiber, Ein großer Heerzug, nach der Mittagſonne, Mit dem Schwert ſich ſchlagend durch das deutſche Land, Bis an das Hochland dieſer Waldgebirge. Und eher nicht ermuͤdete der Zug,85 Bis daß ſie kamen in das wilde Thal, Wo jezt die Muotta zwiſchen Wieſen rinnt Nicht Menſchenſpuren waren hier zu ſehen, Nur eine Huͤtte ſtand am Ufer einſam, Da ſaß ein Mann, und wartete der Faͤhre Doch heftig wogete der See und war Nicht fahrbar; da beſahen ſie das Land Sich naͤher und gewahrten ſchoͤne Fuͤlle Des Holzes und entdeckten gute Brunnen, Und meinten, ſich im lieben Vaterland Zu finden Da beſchloſſen ſie zu bleiben, Erbaueten den alten Flecken Schwytz, Und hatten manchen ſauren Tag, den Wald Mit weitverſchlungnen Wurzeln auszuroden Drauf als der Boden nicht mehr Gnuͤgen that Der Zahl des Volks, da zogen ſie hinuͤber Zum ſchwarzen Berg, ja bis an’s Weißland hin, Wo hinter ewgem Eiſeswall verborgen, Ein andres Volk in andern Zungen ſpricht. Den Flecken Stanz erbauten ſie am Kernwald, Den Flecken Altorf in dem Thal der Reuß h86Doch blieben ſie des Urſprungs ſtets gedenk, Aus all den fremden Staͤmmen, die ſeitdem In Mitte ihres Lands ſich angeſiedelt, Finden die Schwytzer Maͤnner ſich heraus, Es giebt das Herz, das Blut ſich zu erkennen.

(reicht rechts und links die Hand hin)
Auf der Mauer

Ja wir ſind eines Herzens, eines Bluts!

Alle
(ſich die Hände reichend)

Wir ſind Ein Volk, und einig wollen wir handeln.

Stauffacher

Die andern Voͤlker tragen fremdes Joch, Sie haben ſich dem Sieger unterworfen. Es leben ſelbſt in unſern Landesmarken Der Saſſen viel, die fremde Pflichten tragen, Und ihre Knechtſchaft erbt auf ihre Kinder. Doch wir, der alten Schweitzer aͤchter Stamm, Wir haben ſtets die Freiheit uns bewahrt. Nicht unter Fuͤrſten bogen wir das Knie, Freiwillig waͤhlten wir den Schirm der Kaiſer.

87
Roͤſſelmann

Frei waͤhlten wir des Reiches Schutz und Schirm, So ſteht’s bemerkt in Kaiſer Friedrichs Brief.

Stauffacher

Denn herrenlos iſt auch der Freiſte nicht. Ein Oberhaupt muß ſeyn, ein hoͤchſter Richter, Wo man das Recht mag ſchoͤpfen in dem Streit. Drum haben unſre Vaͤter fuͤr den Boden, Den ſie der alten Wildniß abgewonnen, Die Ehr gegoͤnnt dem Kaiſer, der den Herrn Sich nennt der deutſchen und der welſchen Erde, Und wie die andern Freien ſeines Reichs Sich ihm zu edelm Waffendienſt gelobt, Denn dieſes iſt der Freien einzge Pflicht, Das Reich zu ſchirmen, das ſie ſelbſt beſchirmt.

Melchthal

Was druͤber iſt, iſt Merkmal eines Knechts.

Stauffacher

Sie folgten, wenn der Heribann ergieng, Dem Reichspanier und ſchlugen ſeine Schlachten. Nach Welſchland zogen ſie gewappnet mit,h 288Die Roͤmerkron ihm auf das Haupt zu ſetzen. Daheim regierten ſie ſich froͤhlich ſelbſt Nach altem Brauch und eigenem Geſetz, Der hoͤchſte Blutbann war allein des Kaiſers. Und dazu ward beſtellt ein großer Graf, Der hatte ſeinen Sitz nicht in dem Lande, Wenn Blutſchuld kam, ſo rief man ihn herein, Und unter offnem Himmel, ſchlicht und klar, Sprach er das Recht und ohne Furcht der Menſchen. Wo ſind hier Spuren, daß wir Knechte ſind? Iſt einer, der es anders weiß, der rede!

Im Hofe

Nein, ſo verhaͤlt ſich alles wie ihr ſprecht, Gewaltherrſchaft ward nie bei uns geduldet.

Stauffacher

Dem Kaiſer ſelbſt verſagten wir Gehorſam, Da er das Recht zu Gunſt der Pfaffen bog. Denn als die Leute von dem Gotteshaus Einſiedeln uns die Alp in Anſpruch nahmen, Die wir beweidet ſeit der Vaͤter Zeit, Der Abt herfuͤrzog einen alten Brief,89 Der ihm die herrenloſe Wuͤſte ſchenkte Denn unſer Daſeyn hatte man verhehlt Da ſprachen wir: Erſchlichen iſt der Brief, Kein Kaiſer kann was unſer iſt verſchenken. Und wird uns Recht verſagt vom Reich, wir koͤnnen In unſern Bergen auch des Reichs entbehren. So ſprachen unſre Vaͤter! Sollen wir Des neuen Joches Schaͤndlichkeit erdulden, Erleiden von dem fremden Knecht, was uns In ſeiner Macht kein Kaiſer durfte bieten? Wir haben dieſen Boden uns erſchaffen Durch unſrer Haͤnde Fleiß, den alten Wald, Der ſonſt der Baͤren wilde Wohnung war, Zu einem Sitz fuͤr Menſchen umgewandelt, Die Brut des Drachen haben wir getoͤdet, Der aus den Suͤmpfen giftgeſchwollen ſtieg, Die Nebeldecke haben wir zerriſſen, Die ewig grau um dieſe Wildniß hieng, Den harten Fels geſprengt, uͤber den Abgrund Dem Wandersmann den ſichern Steg geleitet, Unſer iſt durch tauſendjaͤhrigen Beſitzh 390Der Boden und der fremde Herrenknecht Soll kommen duͤrfen und uns Ketten ſchmieden, Und Schmach anthun auf unſrer eignen Erde? Iſt keine Huͤlfe gegen ſolchen Drang?

(eine große Bewegung unter den Landleuten)

Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht, Wenn der Gedruͤckte nirgends Recht kann finden, Wenn unertraͤglich wird die Laſt greift er Hinauf getroſten Muthes in den Himmel, Und hohlt herunter ſeine ewgen Rechte, Die droben hangen unveraͤuſerlich Und unzerbrechlich wie die Sterne ſelbſt Der alte Urſtand der Natur kehrt wieder, Wo Menſch dem Menſchen gegenuͤber ſteht Zum lezten Mittel, wenn kein andres mehr Verfangen will, iſt ihm das Schwert gegeben Der Guͤter hoͤchſtes duͤrfen wir vertheid’gen Gegen Gewalt Wir ſtehn vor unſer Land, Wir ſtehn vor unſre Weiber, unſre Kinder!

Alle
(an ihre Schwerter ſchlagend)

Wir ſtehn vor unſre Weiber, unſre Kinder!

91
Roͤſſelmann
(tritt in den Ring)

Eh ihr zum Schwerte greift, bedenkt es wohl. Ihr koͤnnt es friedlich mit dem Kaiſer ſchlichten. Es koſtet euch ein Wort und die Tyrannen, Die euch jezt ſchwer bedraͤngen, ſchmeicheln euch. Ergreift, was man euch oft geboten hat, Trennt euch vom Reich, erkennet Oeſtreichs Hoheit

Auf der Mauer

Was ſagt der Pfarrer? Wir zu Oeſtreich ſchwoͤren!

Am Buͤhel

Hoͤrt ihn nicht an!

Winkelried

Das raͤth uns ein Verraͤther, Ein Feind des Landes!

Reding

Ruhig Eidgenoſſen!

Sewa

Wir Oeſtreich huldigen, nach ſolcher Schmach!

Von der Fluͤe

Wir uns abtrotzen laſſen durch Gewalt, Was wir der Guͤte weigerten!

92
Meier

Dann waͤren Wir Sklaven und verdienten es zu ſeyn!

Auf der Mauer

Der ſei geſtoſſen aus dem Recht der Schweitzer, Wer von Ergebung ſpricht an Oeſterreich! Landammann, ich beſtehe drauf, dieß ſey Das erſte Landsgeſetz, das wir hier geben.

Melchthal

So ſei’s. Wer von Ergebung ſpricht an Oeſtreich, Soll rechtlos ſeyn und aller Ehren baar, Kein Landmann nehm ihn auf an ſeinem Feuer.

Alle
(heben die rechte Hand auf)

Wir wollen es, das ſey Geſetz!

Reding
(nach einer Pauſe)

Es iſt’s.

Roͤſſelmann

Jezt ſeid ihr frei, ihr ſeid’s durch dieß Geſetz, Nicht durch Gewalt ſoll Oeſterreich ertrotzen Was es durch freundlich Werben nicht erhielt

93
Joſt von Weiler

Zur Tagesordnung, weiter.

Reding

Eidgenoſſen! Sind alle ſanften Mittel auch verſucht? Vielleicht weiß es der Koͤnig nicht, es iſt Wohl gar ſein Wille nicht, was wir erdulden. Auch dieſes lezte ſollten wir verſuchen, Erſt unſre Klage bringen vor ſein Ohr, Eh wir zum Schwerte greifen. Schrecklich immer Auch in gerechter Sache iſt Gewalt, Gott hilft nur dann, wenn Menſchen nicht mehr helfen.

Stauffacher
(zu Konrad Hunn)

Nun iſt’s an euch, Bericht zu geben. Redet.

Konrad Hunn

Ich war zu Rheinfeld an des Kaiſers Pfalz, Wider der Voͤgte harten Druck zu klagen, Den Brief zu hohlen unſrer alten Freiheit, Den jeder neue Koͤnig ſonſt beſtaͤtigt. Die Boten vieler Staͤdte fand ich dort,94 Vom ſchwaͤbſchen Lande und vom Lauf des Rheins, Die all erhielten ihre Pergamente, Und kehrten freudig wieder in ihr Land. Mich, Euren Boten, wies man an die Raͤthe, Und die entlieſſen mich mit leerem Troſt: Der Kaiſer habe dießmal keine Zeit, Er wuͤrde ſonſt einmal wohl an uns denken. Und als ich traurig durch die Saͤle gieng Der Koͤnigsburg, da ſah ich Herzog Hanſen In einem Erker weinend ſtehn, um ihn Die edeln Herrn von Wart und Taͤgerfeld. Die riefen mir und ſagten: Helft euch ſelbſt, Gerechtigkeit erwartet nicht vom Koͤnig. Beraubt er nicht des eignen Bruders Kind, Und hinterhaͤlt ihm ſein gerechtes Erbe? Der Herzog fleht ihn um ſein Muͤtterliches, Er habe ſeine Jahre voll, es waͤre Nun Zeit, auch Land und Leute zu regieren. Was ward ihm zum Beſcheid? Ein Kraͤnzlein ſezt ihm Der Kaiſer auf: das ſei die Zier der Jugend.

95
Auf der Mauer

Ihr habt’s gehoͤrt. Recht und Gerechtigkeit Erwartet nicht vom Kaiſer! Helft euch ſelbſt!

Reding

Nichts andres bleibt uns uͤbrig. Nun gebt Rath, Wie wir es klug zum frohen Ende leiten.

Walther Fuͤrſt
(tritt in den Ring)

Abtreiben wollen wir verhaßten Zwang, Die alten Rechte, wie wir ſie ererbt Von unſern Vaͤtern, wollen wir bewahren, Nicht ungezuͤgelt nach dem Neuen greifen. Dem Kaiſer bleibe, was des Kaiſers iſt, Wer einen Herrn hat, dien ihm pflichtgemaͤß.

Meier

Ich trage Gut von Oeſterreich zu Lehen.

Walther Fuͤrſt

Ihr fahret fort, Oeſtreich die Pflicht zu leiſten.

Joſt von Weiler

Ich ſteure an die Herrn von Rappersweil.

Walther Fuͤrſt

Ihr fahret fort, zu zinſen und zu ſteuern.

96
Roͤſſelmann

Der großen Frau zu Zuͤrch bin ich vereidet.

Walther Fuͤrſt

Ihr gebt dem Kloſter was des Kloſters iſt.

Stauffacher

Ich trage keine Lehen als des Reichs.

Walther Fuͤrſt

Was ſeyn muß, das geſchehe, doch nicht druͤber. Die Voͤgte wollen wir mit ihren Knechten Verjagen und die feſten Schloͤſſer brechen, Doch wenn es ſeyn mag, ohne Blut. Es ſehe Der Kaiſer, daß wir nothgedrungen nur Der Ehrfurcht fromme Pflichten abgeworfen. Und ſieht er uns in unſern Schranken bleiben, Vielleicht beſiegt er ſtaatsklug ſeinen Zorn, Denn billge Furcht erwecket ſich ein Volk, Das mit dem Schwerte in der Fauſt ſich maͤßigt.

Reding

Doch laſſet hoͤren! Wie vollenden wir’s? Es hat der Feind die Waffen in der Hand, Und nicht fuͤrwahr in Frieden wird er weichen.

Stauf -
97
Stauffacher

Er wirds, wenn er in Waffen uns erblickt, Wir uͤberraſchen ihn, eh er ſich ruͤſtet.

Meier

Iſt bald geſprochen, aber ſchwer gethan. Uns ragen in dem Land zwei feſte Schloͤſſer, Die geben Schirm dem Feind und werden furchtbar, Wenn uns der Koͤnig in das Land ſollt fallen. Roßberg und Sarnen muß bezwungen ſeyn, Eh man ein Schwert erhebt in den drey Landen.

Stauffacher

Saͤumt man ſo lang, ſo wird der Feind gewarnt, Zu viele ſinds, die das Geheimniß theilen.

Meier

In den Waldſtaͤtten findt ſich kein Verraͤther.

Roͤſſelmann

Der Eifer auch, der gute, kann verrathen.

Walther Fuͤrſt

Schiebt man es auf, ſo wird der Twing vollendet In Altorf und der Vogt befeſtigt ſich.

i
98
Meier

Ihr denkt an euch.

Sigriſt

Und ihr ſeid ungerecht.

Meier
(auffahrend)

Wir ungerecht! Das darf uns Uri bieten!

Reding

Bei eurem Eide! Ruh!

Meier

Ja, wenn ſich Schwytz Verſteht mit Uri, muͤſſen wir wohl ſchweigen.

Reding

Ich muß euch weiſen vor der Landsgemeinde, Daß ihr mit heftgem Sinn den Frieden ſtoͤrt! Stehn wir nicht alle fuͤr dieſelbe Sache?

Winkelried

Wenn wirs verſchieben bis zum Feſt des Herrn Dann bringts die Sitte mit, daß alle Saſſen Dem Vogt Geſchenke bringen auf das Schloß, So koͤnnen zehen Maͤnner oder zwoͤlf Sich unverdaͤchtig in der Burg verſammeln,99 Die fuͤhren heimlich ſpitzge Eiſen mit, Die man geſchwind kann an die Staͤbe ſtecken, Denn niemand kommt mit Waffen in die Burg. Zunaͤchſt im Wald haͤlt dann der große Haufe, Und wenn die andern gluͤcklich ſich des Thors Ermaͤchtiget, ſo wird ein Horn geblaſen, Und jene brechen aus dem Hinterhalt, So wird das Schloß mit leichter Arbeit unſer.

Melchthal

Den Roßberg uͤbernehm ich zu erſteigen, Denn eine Dirn des Schloſſes iſt mir hold, Und leicht bethoͤr ich ſie, zum naͤchtlichen Beſuch die ſchwanke Leiter mir zu reichen, Bin ich droben erſt, zieh ich die Freunde nach.

Reding

Iſt’s aller Wille, daß verſchoben werde?

(die Mehrheit erhebt die Hand)
Stauffacher
(zählt die Stimmen)

Es iſt ein Mehr von zwanzig gegen zwoͤlf!

Walther Fuͤrſt

Wenn am beſtimmten Tag die Burgen fallen,i 2100So geben wir von einem Berg zum andern Das Zeichen mit dem Rauch, der Landſturm wird Aufgeboten, ſchnell, im Hauptort jedes Landes, Wenn dann die Voͤgte ſehn der Waffen Ernſt, Glaubt mir, ſie werden ſich des Streits begeben, Und gern ergreifen friedliches Geleit, Aus unſern Landesmarken zu entweichen.

Stauffacher

Nur mit dem Geßler fuͤrcht ich ſchweren Stand, Furchtbar iſt er mit Reiſigen umgeben, Nicht ohne Blut raͤumt er das Feld, ja ſelbſt Vertrieben bleibt er furchtbar noch dem Land, Schwer iſts und faſt gefaͤhrlich, ihn zu ſchonen.

Baumgarten

Wo’s halsgefaͤhrlich iſt, da ſtellt mich hin, Dem Tell verdank ich mein gerettet Leben, Gern ſchlag ichs in die Schanze fuͤr das Land, Mein Ehr hab ich beſchuͤzt, mein Herz befriedigt.

Reding

Die Zeit bringt Rath. Erwartets in Geduld. 101Man muß dem Augenblick auch was vertrauen. Doch ſeht, indeß wir naͤchtlich hier noch tagen, Stellt auf den hoͤchſten Bergen ſchon der Morgen Die gluͤh’nde Hochwacht aus Kommt, laßt uns ſcheiden, Eh uns des Tages Leuchten uͤberraſcht.

Walther Fuͤrſt

Sorgt nicht, die Nacht weicht langſam aus den Thaͤlern.

(Alle haben unwillkührlich die Hüte abgenommen und be - trachten mit ſtiller Sammlung die Morgenröthe)
Roͤſſelmann

Bei dieſem Licht, das uns zuerſt begruͤßt Von allen Voͤlkern, die tief unter uns Schwerathmend wohnen in dem Qualm der Staͤdte, Laßt uns den Eid des neuen Bundes ſchwoͤren. Wir wollen ſeyn ein einzig Volk von Bruͤdern, In keiner Noth uns trennen und Gefahr.

(alle ſprechen es nach mit erhobenen drei Fingern)

Wir wollen frey ſeyn wie die Vaͤter waren, Eher den Tod, als in der Knechtſchaft leben.

(wie oben)
i 3102

Wir wollen trauen auf den hoͤchſten Gott Und uns nicht fuͤrchten vor der Macht der Menſchen.

(wie oben. Die Landleute umarmen einander)
Stauffacher

Jezt gehe jeder ſeines Weges ſtill Zu ſeiner Freundſchaft und Genoßſame, Wer Hirt iſt, wintre ruhig ſeine Heerde, Und werb im Stillen Freunde fuͤr den Bund, Was noch bis dahin muß erduldet werden, Erduldets! Laßt die Rechnung der Tyrannen Anwachſen, bis Ein Tag die allgemeine Und die beſondre Schuld auf einmal zahlt. Bezaͤhme jeder die gerechte Wut, Und ſpare fuͤr das Ganze ſeine Rache, Denn Raub begeht am allgemeinen Gut, Wer ſelbſt ſich hilft in ſeiner eignen Sache.

(Indem ſie zu drei verſchiednen Seiten in größter Ruhe abgehen, fällt das Orcheſter mit einem prachtvollen Schwung ein, die leere Scene bleibt noch eine Zeitlang offen und zeigt das Schauſpiel der aufgehenden Sonne über den Eisgebirgen.
103

Dritter Aufzug

Erſte Scene

Hof vor Tells Hauſe. Er iſt mit der Zimmeraxt, Hed - wig mit einer häußlichen Arbeit beſchäftigt. Walther und Wilhelm in der Tiefe ſpielen mit einer kleinen Armbruſt.
Walther
(ſingt)
Mit dem Pfeil, dem Bogen,
Durch Gebirg und Thal
Kommt der Schuͤtz gezogen
Fruͤh am Morgenſtrahl.
Wie im Reich der Luͤfte
Koͤnig iſt der Weih,
Durch Gebirg und Kluͤfte
Herrſcht der Schuͤtze frei.
Ihm gehoͤrt das Weite
Was ſein Pfeil erreicht,
Das iſt ſeine Beute,
Was da kreucht und fleugt.
(kommt geſprungen)
104

Der Strang iſt mir entzwey. Mach mir ihn Vater.

Tell

Ich nicht. Ein rechter Schuͤtze hilft ſich ſelbſt.

(Knaben entfernen ſich)
Hedwig

Die Knaben fangen zeitig an zu ſchießen.

Tell

Fruͤh uͤbt ſich, was ein Meiſter werden will.

Hedwig

Ach wollte Gott, ſie lerntens nie

Tell

Sie ſollen alles lernen. Wer durchs Leben Sich friſch will ſchlagen, muß zu Schutz und Trutz Geruͤſtet ſeyn.

Hedwig

Ach, es wird keiner ſeine Ruh Zu Hauſe finden.

Tell

Mutter, ich kanns auch nicht, Zum Hirten hat Natur mich nicht gebildet,105 Raſtlos muß ich ein fluͤchtig Ziel verfolgen, Dann erſt genieß ich meines Lebens recht, Wenn ich mirs jeden Tag aufs neu erbeute.

Hedwig

Und an die Angſt der Hausfrau denkſt du nicht, Die ſich indeſſen, deiner wartend, haͤrmt, Denn mich erfuͤllts mit Grauſen, was die Knechte Von euren Wagefahrten ſich erzaͤhlen. Bei jedem Abſchied zittert mir das Herz, Daß du mir nimmer werdeſt wiederkehren. Ich ſehe dich im wilden Eisgebirg, Verirrt, von einer Klippe zu der andern Den Fehlſprung thun, ſeh wie die Gemſe dich Ruͤckſpringend mit ſich in den Abgrund reißt, Wie eine Windlawine dich verſchuͤttet, Wie unter die der truͤgeriſche Firn Einbricht und du hinabſinkſt, ein lebendig Begrabner, in die ſchauerliche Gruft Ach, den verwegnen Alpenjaͤger haſcht Der Tod in hundert wechſelnden Geſtalten,106 Das iſt ein ungluͤckſeliges Gewerb, Das halsgefaͤhrlich fuͤhrt am Abgrund hin!

Tell

Wer friſch umher ſpaͤht mit geſunden Sinnen, Auf Gott vertraut und die gelenke Kraft, Der ringt ſich leicht aus jeder Fahr und Noth, Den ſchreckt der Berg nicht, der darauf gebohren.

(er hat ſeine Arbeit vollendet, legt das Geräth hinweg)

Jetzt, mein ich, haͤlt das Thor auf Jahr und Tag. Die Axt im Haus erſpart den Zimmermann.

(nimmt den Hut)
Hedwig

Wo gehſt du hin?

Tell

Nach Altorf, zu dem Vater.

Hedwig

Sinnſt du auch nichts gefaͤhrliches? Geſteh mirs.

Tell

Wie kommſt du darauf Frau?

Hedwig

Es ſpinnt ſich etwas107 Gegen die Voͤgte Auf dem Ruͤtli ward Getagt, ich weiß, und du biſt auch im Bunde.

Tell

Ich war nicht mit dabei doch werd ich mich Dem Lande nicht entziehen, wenn es ruft.

Hedwig

Sie werden dich hinſtellen, wo Gefahr iſt, Das Schwerſte wird dein Antheil ſeyn, wie immer.

Tell

Ein jeder wird beſteuert nach Vermoͤgen.

Hedwig

Den Unterwaldner haſt du auch im Sturme Ueber den See geſchafft Ein Wunder wars, Daß ihr entkommen Dachteſt du denn gar nicht An Kind und Weib?

Tell

Lieb Weib, ich dacht an euch, Drum rettet ich den Vater ſeinen Kindern.

Hedwig

Zu ſchiffen in dem wuͤthgen See! Das heißt Nicht Gott vertrauen! Das heißt Gott verſuchen.

108
Tell

Wer gar zu viel bedenkt, wird wenig leiſten.

Hedwig

Ja du biſt gut und hilfreich, dieneſt allen, Und wenn du ſelbſt in Noth kommſt, hilft dir keiner.

Tell

Verhuͤt es Gott, daß ich nicht Huͤlfe brauche.

(er nimmt die Armbruſt und Pfeile)
Hedwig

Was willſt du mit der Armbruſt? Laß ſie hier.

Tell

Mir fehlt der Arm, wenn mir die Waffe fehlt.

(die Knaben kommen zurück)
Walther

Vater, wo gehſt du hin?

Tell

Nach Altorf, Knabe, Zum Ehni Willſt du mit?

Walther

Ja freilich will ich.

Hedwig

Der Landvogt iſt jezt dort. Bleib weg von Altorf.

109
Tell

Er geht, noch heute.

Hedwig

Drum laß ihn erſt fort ſeyn. Gemahn ihn nicht an dich, du weißt, er grollt uns.

Tell

Mir ſoll ſein boͤſer Wille nicht viel ſchaden, Ich thue recht und ſcheue keinen Feind.

Hedwig

Die recht thun, eben die haßt er am meiſten.

Tell

Weil er nicht an ſie kommen kann Mich wird Der Ritter wohl in Frieden laſſen, mein ich.

Hedwig

So, weißt du das?

Tell

Es iſt nicht lange her, Da gieng ich jagen durch die wilden Gruͤnde Des Schaͤchenthals auf menſchenleerer Spur, Und da ich einſam einen Felſenſteigk110Verfolgte, wo nicht auszuweichen war, Denn uͤber mir hieng ſchroff die Felswand her, Und unten rauſchte fuͤrchterlich der Schaͤchen,

(die Knaben drängen ſich rechts und links an ihn und ſehen mit geſpannter Neugier an ihm hinauf)

Da kam der Landvogt gegen mich daher, Er ganz allein mit mir, der auch allein war, Bloß Menſch zu Menſch und neben uns der Abgrund. Und als der Herre mein anſichtig ward, Und mich erkannte, den er kurz zuvor Um kleiner Urſach willen ſchwer gebuͤßt, Und ſah mich mit dem ſtattlichen Gewehr Daher geſchritten kommen, da verblaßt er, Die Knie verſagten ihm, ich ſah es kommen, Daß er jezt an die Felswand wuͤrde ſinken. Da jammerte mich ſein, ich trat zu ihm Beſcheidentlich und ſprach: Ich bin’s, Herr Landvogt. Er aber konnte keinen armen Laut Aus ſeinem Munde geben Mit der Hand nur Winkt er mir ſchweigend, meines Wegs zu gehn, Da gieng ich fort, und ſandt ihm ſein Gefolge.

111
Hedwig

Er hat vor dir gezittert Wehe dir! Daß du ihn ſchwach geſehn, vergiebt er nie.

Tell

Drum meid ich ihn, und er wird mich nicht ſuchen.

Hedwig

Bleib heute nur dort weg. Geh lieber jagen.

Tell

Was faͤllt dir ein?

Hedwig

Mich aͤngſtigts. Bleibe weg.

Tell

Wie kannſt du dich ſo ohne Urſach quaͤlen?

Hedwig

Weils keine Urſach hat Tell, bleibe hier.

Tell

Ich habs verſprochen, liebes Weib, zu kommen.

Hedwig

Mußt du, ſo geh Nur laſſe mir den Knaben!

Walther

Nein, Muͤtterchen. Ich gehe mit dem Vater.

k 2
112
Hedwig

Waͤlty, verlaſſen willſt du deine Mutter?

Walther

Ich bring dir auch was huͤbſches mit vom Ehni.

(geht mit dem Vater)
Wilhelm

Mutter, ich bleibe bei dir!

Hedwig
(umarmt ihn)

Ja, du biſt Mein liebes Kind, du bleibſt mir noch allein!

(Sie geht an das Hofthor, und folgt den Abgehenden lange mit den Augen)

Zweite Scene

Eine eingeſchloſſene wilde Waldgegend, Staubbäche ſtürzen von den Felſen.
Bertha im Jagdkleid. Gleich darauf Rudenz
Bertha

Er folgt mir. Endlich kann ich mich erklaͤren.

Rudenz
(tritt raſch ein)

Fraͤulein, jezt endlich find ich euch allein, Abgruͤnde ſchließen rings umher uns ein,113 In dieſer Wildniß fuͤrcht ich keinen Zeugen, Vom Herzen waͤlz ich dieſes lange Schweigen

Bertha

Seid ihr gewiß, daß uns die Jagd nicht folgt?

Rudenz

Die Jagd iſt dorthin aus Jezt oder nie! Ich muß den theuren Augenblick ergreifen Entſchieden ſehen muß ich mein Geſchick, Und ſollt es mich auf ewig von euch ſcheiden. O waffnet eure guͤtgen Blicke nicht Mit dieſer finſtern Strenge Wer bin ich, Daß ich den kuͤhnen Wunſch zu euch erhebe? Mich hat der Ruhm noch nicht genannt, ich darf Mich in die Reih nicht ſtellen mit den Rittern, Die ſiegberuͤhmt und glaͤnzend euch umwerben. Nichts hab ich als mein Herz voll Treu und Liebe

Bertha
(ernſt und ſtreng)

Duͤrft Ihr von Liebe reden und von Treue, Der treulos wird an ſeinen naͤchſten Pflichten?

(Rudenz tritt zurück)
k 3114

Der Sklave Oeſterreichs, der ſich dem Fremdling Verkauft, dem Unterdruͤcker ſeines Volks?

Rudenz

Von euch, mein Fraͤulein, hoͤr ich dieſen Vorwurf? Wen ſuch ich denn, als Euch auf jener Seite?

Bertha

Mich denkt ihr auf der Seite des Verraths Zu finden? Eher wollt ich meine Hand Dem Geßler ſelbſt, dem Unterdruͤcker ſchenken, Als dem Naturvergeßnen Sohn der Schweiz, Der ſich zu ſeinem Werkzeug machen kann!

Rudenz

O Gott, was muß ich hoͤren!

Bertha

Wie? Was liegt Dem guten Menſchen naͤher als die Seinen? Giebts ſchoͤnre Pflichten fuͤr ein edles Herz, Als ein Vertheidiger der Unſchuld ſeyn, Das Recht des Unterdruͤckten zu beſchirmen? Die Seele blutet mir um euer Volk, Ich leide mit ihm, denn ich muß es lieben,115 Das ſo beſcheiden iſt und doch voll Kraft, Es zieht mein ganzes Herz mich zu ihm hin, Mit jedem Tage lern ich’s mehr verehren. Ihr aber, den Natur und Ritterpflicht Ihm zum gebohrenen Beſchuͤtzer gaben, Und der’s verlaͤßt, der treulos uͤbertritt Zum Feind, und Ketten ſchmiedet ſeinem Land, Ihr ſeids, der mich verlezt und kraͤnkt, ich muß Mein Herz bezwingen, daß ich euch nicht haſſe.

Rudenz

Will ich denn nicht das Beſte meines Volks? Ihm unter Oeſtreichs maͤchtgem Zepter nicht Den Frieden

Bertha

Knechtſchaft wollt ihr ihm bereiten! Die Freiheit wollt ihr aus dem lezten Schloß, Das ihr noch auf der Erde blieb, verjagen. Das Volk verſteht ſich beſſer auf ſein Gluͤck, Kein Schein verfuͤhrt ſein ſicheres Gefuͤhl, Euch haben ſie das Netz ums Haupt geworfen

116
Rudenz

Bertha! Ihr haßt mich, ihr verachtet mich!

Bertha

Thaͤt ichs, mir waͤre beſſer Aber den Verachtet ſehen und verachtungswerth, Den man gern lieben moͤchte

Rudenz

Bertha! Bertha! Ihr zeiget mir das hoͤchſte Himmelsgluͤck, Und ſtuͤrzt mich tief in Einem Augenblick.

Bertha

Nein, nein, das Edle iſt nicht ganz erſtickt In euch! Es ſchlummert nur, ich will es wecken, Ihr muͤßt Gewalt ausuͤben an euch ſelbſt, Die angeſtammte Tugend zu ertoͤden, Doch wohl euch, ſie iſt maͤchtiger als ihr, Und trotz euch ſelber ſeid ihr gut und edel!

Rudenz

Ihr glaubt an mich! O Bertha, alles laͤßt Mich eure Liebe ſeyn und werden!

117
Bertha

Seid Wozu die herrliche Natur euch machte! Erfuͤllt den Platz, wohin ſie euch geſtellt, Zu eurem Volke ſteht und eurem Lande, Und kaͤmpft fuͤr euer heilig Recht.

Rudenz

Weh mir! Wie kann ich euch erringen, euch beſitzen, Wenn ich der Macht des Kaiſers widerſtrebe? Iſts der Verwandten maͤchtger Wille nicht, Der uͤber eure Hand tyranniſch waltet?

Bertha

In den Waldſtaͤtten liegen meine Guͤter, Und iſt der Schweitzer frei, ſo bin auch ich’s.

Rudenz

Bertha! welch einen Blick thut ihr mir auf!

Bertha

Hofft nicht durch Oeſtreichs Gunſt mich zu erringen, Nach meinem Erbe ſtrecken ſie die Hand, Tas will man mit dem großen Erb vereinen. 118Dieſelbe Laͤndergier, die Eure Freiheit Verſchlingen will, ſie drohet auch der meinen! O Freund, zum Opfer bin ich ausersehn, Vielleicht um einen Guͤnſtling zu belohnen Dort wo die Falſchheit und die Raͤnke wohnen, Hin an den Kaiſerhof will man mich ziehn, Dort harren mein verhaßter Ehe Ketten, Die Liebe nur die Eure kann mich retten!

Rudenz

Ihr koͤnntet euch entſchließen, hier zu leben, In meinem Vaterlande mein zu ſeyn? O Bertha, all mein Sehnen in das Weite, Was war es, als ein Streben nur nach Euch? Euch ſucht ich einzig auf dem Weg des Ruhms, Und all mein Ehrgeitz war nur meine Liebe. Koͤnnt ihr mit mir euch in dieß ſtille Thal Einſchließen und der Erde Glanz entſagen O dann iſt meines Strebens Ziel gefunden, Dann mag der Strom der wildbewegten Welt Ans ſichre Ufer dieſer Berge ſchlagen Kein fluͤchtiges Verlangen hab ich mehr119 Hinaus zu ſenden in des Lebens Weiten Dann moͤgen dieſe Felſen um uns her Die undurchdringlich feſte Mauer breiten, Und dieß verſchloßne ſel’ge Thal allein Zum Himmel offen und gelichtet ſeyn!

Bertha

Jezt biſt du ganz, wie dich mein ahnend Herz Getraͤumt, mich hat mein Glaube nicht betrogen!

Rudenz

Fahr hin, du eitler Wahn, der mich bethoͤrt! Ich ſoll das Gluͤck in meiner Heimat finden. Hier wo der Knabe froͤhlich aufgebluͤht, Wo tauſend Freudeſpuren mich umgeben, Wo alle Quellen mir und Baͤume leben, Im Vaterland willſt du die Meine werden! Ach, wohl hab ich es ſtets geliebt! Ich fuͤhls, Es fehlte mir zu jedem Gluͤck der Erden.

Bertha

Wo waͤr die ſel’ge Inſel aufzufinden, Wenn ſie nicht hier iſt in der Unſchuld Land? Hier, wo die alte Treue heimiſch wohnt,120 Wo ſich die Falſchheit noch nicht hingefunden, Da truͤbt kein Neid die Quelle unſers Gluͤcks, Und ewig hell entfliehen uns die Stunden. Da ſeh ich Dich im aͤchten Maͤnnerwerth, Den Erſten von den Freien und den Gleichen, Mit reiner freier Huldigung verehrt, Groß wie ein Koͤnig wirkt in ſeinen Reichen.

Rudenz

Da ſeh ich dich, die Krone aller Frauen, In weiblich reizender Geſchaͤftigkeit, In meinem Haus den Himmel mir erbauen, Und, wie der Fruͤhling ſeine Blumen ſtreut, Mit ſchoͤner Anmuth mir das Leben ſchmuͤcken, Und alles rings beleben und begluͤcken!

Bertha

Sieh, theurer Freund, warum ich trauerte, Als ich dieß hoͤchſte Lebensgluͤck dich ſelbſt Zerſtoͤren ſah Weh mir! Wie ſtuͤnds um mich, Wenn ich dem ſtolzen Ritter muͤßte folgen, Dem Landbedruͤcker auf ſein finſtres Schloß!121 Hier iſt kein Schloß. Mich ſcheiden keine Mauern Von einem Volk, das ich begluͤcken kann!

Rudenz

Doch wie mich retten wie die Schlinge loͤſen, Die ich mir thoͤrigt ſelbſt um’s Haupt gelegt?

Bertha

Zerreiße ſie mit maͤnnlichem Entſchluß! Was auch draus werde Steh zu deinem Volk, Es iſt dein angebohrner Platz.

(Jagdhörner in der Ferne)

Die Jagd Kommt naͤher Fort, wir muͤſſen ſcheiden Kaͤmpfe Fuͤr’s Vaterland, du kaͤmpfſt fuͤr deine Liebe! Es iſt Ein Feind, vor dem wir alle zittern, Und Eine Freiheit macht uns alle frei!

(gehen ab.)
l122

Dritte Scene

Wieſe bei Altorf. Im Vordergrund Bäume, in der Tiefe der Hut auf einer Stange. Der Proſpekt wird begrenzt durch den Bannberg, über welchem ein Schneegebirg emporragt.
Frießhardt und Leuthold halten Wache
Frießhardt

Wir paſſen auf umſonſt. Es will ſich niemand Heran begeben und dem Hut ſein Reverenz Erzeigen. ’s war doch ſonſt wie Jahrmarkt hier, Jezt iſt der ganze Anger wie veroͤdet, Seitdem der Popanz auf der Stange haͤngt.

Leuthold

Nur ſchlecht Geſindel laͤßt ſich ſehn und ſchwingt Uns zum Verdrieße die zerlumpten Muͤtzen. Was rechte Leute ſind, die machen lieber Den langen Umweg um den halben Flecken, Eh ſie den Ruͤcken beugten vor dem Hut.

Frießhardt

Sie muͤſſen uͤber dieſen Platz, wenn ſie Vom Rathhaus kommen um die Mittagſtunde. 123Da meint ich ſchon, ’nen guten Fang zu thun, Denn keiner dachte dran, den Hut zu gruͤſſen. Da ſiehts der Pfaff, der Roͤſſelmann kam juſt Von einem Kranken her und ſtellt ſich hin Mit dem Hochwuͤrdigen, grad vor die Stange Der Sigriſt mußte mit dem Gloͤcklein ſchellen, Da fielen all aufs Knie, ich ſelber mit, Und gruͤßten die Monſtranz, doch nicht den Hut.

Leuthold

Hoͤre Geſell, es faͤngt mir an zu daͤuchten, Wir ſtehen hier am Pranger vor dem Hut, ’s iſt doch ein Schimpf fuͤr einen Reitersmann, Schildwach zu ſtehn vor einem leeren Hut Und jeder rechte Kerl muß uns verachten. Die Reverenz zu machen einem Hut, Es iſt doch traun! ein naͤrriſcher Befehl!

Frießhardt

Warum nicht einem leeren hohlen Hut? Buͤckſt du dich vor manchem hohlen Schaͤdel.

(Hildegard, Mechthild und Elsbeth treten auf mit Kindern und ſtellen ſich um die Stange.)
l 2
124
Leuthold

Und du biſt auch ſo ein dienſtfertger Schurke, Und braͤchteſt wackre Leute gern ins Ungluͤck. Mag, wer da will, am Hut voruͤbergehn, Ich druͤck die Augen zu und ſeh nicht hin.

Mechthild

Da haͤngt der Landvogt Habt Reſpekt, ihr Buben.

Elsbeth

Wollts Gott, er gieng, und ließ uns ſeinen Hut, Es ſollte drum nicht ſchlechter ſtehn ums Land!

Frießhardt
(verſcheucht ſie)

Wollt ihr vom Platz? Verwuͤnſchtes Volk der Weiber! Wer fragt nach euch? Schickt eure Maͤnner her, Wenn ſie der Muth ſticht, dem Befehl zu trotzen.

(Weiber gehen)
Tell
mit der Armbruſt tritt auf, den Knaben an der Hand führend. Sie gehen an dem Hut vorbei gegen die vordere Sce - ne, ohne darauf zu achten.
Walther
(zeigt nach dem Bannberg)

Vater iſts wahr, daß auf dem Berge dort Die Baͤume bluten, wenn man einen Streich Drauf fuͤhrte mit der Art?

125
Tell

Wer ſagt das Knabe?

Walther

Der Meiſter Hirt erzaͤhlts Die Baͤume ſeien Gebannt, ſagt er, und wer ſie ſchaͤdige, Dem wachſe ſeine Hand heraus zum Grabe.

Tell

Die Baͤume ſind gebannt, das iſt die Wahrheit. Siehſt du die Firnen dort, die weißen Hoͤrner, Die hoch bis in den Himmel ſich verlieren?

Walther

Das ſind die Gletſcher, die des Nachts ſo donnern, Und uns die Schlaglawinen niederſenden.

Tell

So iſts, und die Lawinen haͤtten laͤngſt Den Flecken Altorf unter ihrer Laſt Verſchuͤttet, wenn der Wald dort oben nicht Als eine Landwehr ſich dagegen ſtellte.

Walther
(nach einigem Beſinnen)

Giebts Laͤnder, Vater, wo nicht Berge ſind?

l 3
126
Tell

Wenn man hinunter ſteigt von unſern Hoͤhen, Und immer tiefer ſteigt, den Stroͤmen nach, Gelangt man in ein großes ebnes Land, Wo die Waldwaſſer nicht mehr brauſend ſchaͤumen, Die Fluͤſſe ruhig und gemaͤchlich ziehn, Da ſieht man frei nach allen Himmelsraͤumen, Das Korn waͤchſt dort in langen ſchoͤnen Auen, Und wie ein Garten iſt das Land zu ſchauen.

Walther

Ey Vater, warum ſteigen wir denn nicht Geſchwind hinab in dieſes ſchoͤne Land, Statt daß wir uns hier aͤngſtigen und plagen?

Tell

Das Land iſt ſchoͤn und guͤtig wie der Himmel, Doch die’s bebauen, ſie genießen nich Den Segen, den ſie pflanzen.

Walther

Wohnen ſie Nicht frei wie du auf ihrem eignen Erbe?

127
Tell

Das Feld gehoͤrt dem Biſchoff und dem Koͤnig.

Walther

So duͤrfen ſie doch frei in Waͤldern jagen?

Tell

Dem Herrn gehoͤrt das Wild und das Gefieder.

Walther

Sie duͤrfen doch frei fiſchen in dem Strom?

Tell

Der Strom, das Meer, das Salz gehoͤrt dem Koͤnig.

Walther

Wer iſt der Koͤnig denn, den alle ſuͤrchten?

Tell

Es iſt der Eine, der ſie ſchuͤtzt und naͤhrt.

Walther

Sie koͤnnen ſich nicht muthig ſelbſt beſchuͤtzen?

Tell

Dort darf der Nachbar nicht dem Nachbar trauen.

Walther

Vater, es wird mir eng im weiten Land, Da wohn ich lieber unter den Lawinen.

128
Tell

Ja wohl iſts beſſer, Kind, die Gletſcherberge Im Ruͤcken haben, als die boͤſen Menſchen.

(ſie wollen vorübergehen)
Walther

Ey Vater, ſieh den Hut dort auf der Stange.

Tell

Was kuͤmmert uns der Hut? Komm, laß uns gehen.

(indem er abgehen will, tritt ihm Frießhardt mit vorge - haltner Pike entgegen)
Frießhardt

In des Kaiſers Nahmen! Haltet an und ſteht!

Tell
(greift in die Pike)

Was wollt ihr? Warum haltet ihr mich auf?

Frießhardt

Ihr habt’s Mandat verlezt, ihr muͤßt uns folgen.

Leuthold

Ihr habt dem Hut nicht Reverenz bewieſen.

Tell

Freund, laß mich gehen.

129
Frießhardt

Fort, fort ins Gefaͤngniß!

Walther

Den Vater ins Gefaͤngniß! Huͤlfe! Huͤlfe!

(in die Scene rufend)

Herbei, ihr Maͤnner, gute Leute helft, Gewalt, Gewalt, ſie fuͤhren ihn gefangen.

(Röſſelmann der Pfarrer und Petermann der Sigriſt, kommen herbey, mit drei andern Männern)
Sigriſt

Was giebts?

Roͤſſelmann

Was legſt du Hand an dieſen Mann?

Frießhardt

Er iſt ein Feind des Kaiſers, ein Verraͤther!

Tell
(faßt ihn heftig)

Ein Verraͤther, ich!

Roͤſſelmann

Du irrſt dich Freund, das iſt Der Tell, ein Ehrenmann und guter Buͤrger.

130
Walther
(erblickt Walther Fürſten und eilt ihm entgegen)

Großvater hilf, Gewalt geſchieht dem Vater.

Frießhardt

Ins Gefaͤngniß, fort!

Walther Fuͤrſt
(herbeieilend)

Ich leiſte Buͤrgſchaft, haltet! Um Gotteswillen, Tell, was iſt geſchehen?

(Melchthal und Stauffacher kommen)
Frießhardt

Des Landvogts oberherrliche Gewalt Verachtet er, und will ſie nicht erkennen.

Stauffacher

Das haͤtt der Tell gethan?

Melchthal

Das luͤgſt du Bube!

Leuthold

Er hat dem Hut nicht Reverenz bewieſen.

Walther Fuͤrſt

Und darum ſoll er ins Gefaͤngniß? Freund, Nimm meine Buͤrgſchaft an und laß ihn ledig.

131
Frießhardt

Buͤrg du fuͤr dich und deinen eignen Leib! Wir thun, was unſers Amtes Fort mit ihm!

Melchthal
(zu den Landleuten)

Nein, das iſt ſchreiende Gewalt! Ertragen wirs, Daß man ihn fort fuͤhrt, frech, vor unſern Augen?

Sigriſt

Wir ſind die ſtaͤrkern. Freunde, duldets nicht, Wir haben einen Ruͤcken an den andern!

Frießhardt

Wer widerſezt ſich dem Befehl des Vogts?

Noch drei Landleute
(herbeieilend)

Wir helfen euch. Was giebts? Schlagt ſie zu Boden.

(Hildegard, Mechthild und Elsbeth kommen zurück)
Tell

Ich helfe mir ſchon ſelbſt. Geht, gute Leute, Meint ihr, wenn ich die Kraft gebrauchen wollte, Ich wuͤrde mich vor ihren Spießen fuͤrchten?

Melchthal
(zu Frießhardt)

Wags, ihn aus unſrer Mitte wegzufuͤhren!

132
Walther Fuͤrſt und Stauffacher

Gelaſſen! Ruhig!

Frießhardt
(ſchreit)

Aufruhr und Empoͤrung!

(Man hört Jagdhörner)
Weiber

Da kommt der Landvogt!

Frießhardt
(erhebt die Stimme)

Meuterei! Empoͤrung!

Stauffacher

Schrei, bis du berſteſt, Schurke!

Roͤſſelmann und Melchthal

Willſt du ſchweigen?

Frießhardt
(ruft noch lauter)

Zu Huͤlf, zu Huͤlf den Dienern des Geſetzes.

Walther Fuͤrſt

Da iſt der Vogt! Weh uns, was wird das werden!

Geßler zu Pferd, den Falken auf der Fauſt, Rudolph der Harras, Bertha und Rudenz, ein großes Gefolge von bewaffneten Knechten, welche einen Kreis von Pi - ken um die ganze Scene ſchließen.
133
Rudolph der Harras

Platz, Platz dem Landvogt!

Geßler

Treibt ſie auseinander! Was laͤuft das Volk zuſammen? Wer ruft Hilfe?

(allgemeine Stille)

Wer wars? Ich will es wiſſen.

(zu Frießhardt)

Du tritt vor! Wer biſt du und was haͤltſt du dieſen Mann?

(er giebt den Falken einem Diener)
Frießhardt

Geſtrenger Herr, ich bin dein Waffenknecht Und wohl beſtellter Waͤchter bei dem Hut. Dieſen Mann ergriff ich uͤber friſcher That, Wie er dem Hut den Ehrengruß verſagte. Verhaften wollt ich ihn, wie du befahlſt, Und mit Gewalt will ihn das Volk entreißen.

Geßler
(nach einer Pauſe)

Verachteſt du ſo deinen Kaiſer, Tell, Und Mich, der hier an ſeiner Statt gebietet,m134Daß du die Ehr verſagſt dem Hut, den ich Zur Pruͤfung des Gehorſams aufgehangen? Dein boͤſes Trachten haſt du mir verrathen.

Tell

Verzeiht mir lieber Herr! Aus Unbedacht, Nicht aus Verachtung Eurer iſts geſchehn, Waͤr ich beſonnen, hieß ich nicht der Tell, Ich bitt um Gnad, es ſoll nicht mehr begegnen.

Geßler
(nach einigem Stillſchweigen)

Du biſt ein Meiſter auf der Armbruſt, Tell, Man ſagt, du nehmſt es auf mit jedem Schuͤtzen?

Walther Tell

Und das muß wahr ſeyn, Herr ’nen Apfel ſchießt Der Vater dir vom Baum auf hundert Schritte.

Geßler

Iſt das dein Knabe, Tell?

Tell

Ja, lieber Herr.

Geßler

Haſt du der Kinder mehr?

135
Tell

Zwey Knaben, Herr.

Geßler

Und welcher iſts, den du am meiſten liebſt?

Tell

Herr, beide ſind ſie mir gleich liebe Kinder.

Geßler

Nun Tell! Weil du den Apfel trifft vom Baume Auf hundert Schritte, ſo wirſt du deine Kunſt Vor mir bewaͤhren muͤßen Nimm die Armbruſt Du haſt ſie gleich zur Hand und mach dich fertig, Einen Apfel von des Knaben Kopf zu ſchießen Doch will ich rathen, ziele gut, daß du Den Apfel treffeſt auf den erſten Schuß, Denn fehlſt du ihn, ſo iſt dein Kopf verloren.

(Alle geben Zeichen des Schreckens)
Tell

Herr Welches Ungeheure ſinnet ihr Mir an Ich ſoll vom Haupte meines Kindes Nein, nein doch, lieber Herr, das koͤmmt euch nichtm 2136Zu Sinn Verhuͤts der gnaͤdge Gott das koͤnnt ihr Im Ernſt von einem Vater nicht begehren!

Geßler

Du wirſt den Apfel ſchießen von dem Kopf Des Knaben Ich begehrs und wills.

Tell

Ich ſoll Mit meiner Armbruſt auf das liebe Haupt Des eignen Kindes zielen Eher ſterb ich!

Geßler

Du ſchießeſt oder ſtirbſt mit deinem Knaben.

Tell

Ich ſoll der Moͤrder werden meines Kinds! Herr, ihr habt keine Kinder wiſſet nicht, Was ſich bewegt in eines Vaters Herzen.

Geßler

Ey Tell, du biſt ja ploͤtzlich ſo beſonnen! Man ſagte mir, daß du ein Traͤumer ſeyſt, Und dich entfernſt von andrer Menſchen Weiſe. Du liebſt das Seltſame Drum hab ich jezt137 Ein eigen Wagſtuͤck fuͤr dich ausgeſucht. Ein andrer wohl bedaͤchte ſich Du druͤckſt Die Augen zu, und greifſt es herzhaft an.

Bertha

Scherzt nicht, o Herr! mit dieſen armen Leuten! Ihr ſeht ſie bleich und zitternd ſtehn So wenig Sind ſie Kurzweils gewohnt aus eurem Munde.

Geßler

Wer ſagt euch, daß ich ſcherze?

(greift nach einem Baumzweige, der über ihn herhängt)

Hier iſt der Apfel. Man mache Raum Er nehme ſeine Weite, Wies Brauch iſt Achzig Schritte geb ich ihm Nicht weniger, noch mehr Er ruͤhmte ſich, Auf ihrer hundert ſeinen Mann zu treffen Jezt Schuͤtze triff, und fehle nicht das Ziel!

Rudolph der Harras

Gott, das wird ernſthaft Falle nieder Knabe, Es gilt, und fleh den Landvogt um dein Leben.

Walther Fuͤrſt
(bei Seite zu Melchthal, der kaum ſeine Ungeduld bezwingt)

Haltet an euch, ich fleh euch drum, bleibt ruhig.

m 3
138
Bertha
(zum Landvogt)

Laßt es genug ſeyn Herr! Unmenſchlich iſts, Mit eines Vaters Angſt alſo zu ſpielen. Wenn dieſer arme Mann auch Leib und Leben Verwirkt durch ſeine leichte Schuld, bei Gott! Er haͤtte jezt zehnfachen Tod empfunden. Entlaßt ihn ungekraͤnkt in ſeine Huͤtte, Er hat euch kennen lernen, dieſer Stunde Wird er und ſeine Kindeslinder denken.

Geßler

Oefnet die Gaſſe Friſch! Was zauderſt du? Dein Leben iſt verwirkt, ich kann dich toͤdten, Und ſieh, ich lege gnaͤdig dein Geſchick In deine eigne kunſtgeuͤbte Hand. Der kann nicht klagen uͤber harten Spruch, Den man zum Meiſter ſeines Schickſals macht. Du ruͤhmſt dich deines ſichern Blicks! Wohlan! Hier gilt es, Schuͤtze, deine Kunſt zu zeigen Das Ziel iſt wuͤrdig und der Preiß iſt groß! Das Schwarze treffen in der Scheibe, das Kann auch ein andrer, der iſt mir der Meiſter,139 Der ſeiner Kunſt gewiß iſt uͤberal, Dems Herz nicht in die Hand tritt noch ins Auge.

Walther Fuͤrſt
(wirft ſich vor ihm nieder)

Herr Landvogt, wir erkennen eure Hoheit, Doch laſſet Gnad vor Recht ergehen, nehmt Die Haͤlfte meiner Haabe, nehmt ſie ganz, Nur dieſes Graͤßliche erlaſſet einem Vater!

Walther Tell

Großvater, knie nicht vor dem falſchen Mann! Sagt, wo ich hinſtehn ſoll, ich fuͤrcht mich nicht, Der Vater trift den Vogel ja im Flug, Er wird nicht fehlen auf das Herz des Kindes.

Stauffacher

Herr Landvogt, ruͤhrt euch nicht des Kindes Unſchuld?

Roͤſſelmann

O denket, daß ein Gott im Himmel iſt, Dem ihr muͤßt Rede ſtehn fuͤr eure Thaten.

Geßler
(zeigt auf den Knaben)

Man bind ihn an die Linde dort!

140
Walther Tell

Mich binden! Nein, ich will nicht gebunden ſeyn. Ich will Still halten, wie ein Lamm und auch nicht athmen. Wenn ihr mich bindet, nein, ſo kann ichs nicht, So werd ich toben gegen meine Bande.

Rudolph der Harras

Die Augen nur laß dir verbinden, Knabe.

Walther Tell

Warum die Augen? Denket ihr, ich fuͤrchte Den Pfeil von Vaters Hand? Ich will ihn feſt Erwarten, und nicht zucken mit den Wimpern. Friſch Vater, zeigs, daß du ein Schuͤtze biſt, Er glaubt dirs nicht, er denkt uns zu verderben Dem Wuͤthrich zum Verdruße, ſchieß und triff.

(er geht an die Linde, man legt ihm den Apfel auf)
Melchthal
(zu den Landleuten)

Was? Soll der Frevel ſich vor unſern Augen Vollenden? Wozu haben wir geſchworen?

Stauffacher

Es iſt umſonſt. Wir haben keine Waffen, Ihr ſeht den Wald von Lanzen um uns her.

141
Melchthal

O haͤtten wirs mit friſcher That vollendet, Verzeihs Gott denen, die zum Aufſchub riethen!

Geßler
(zum Tell)

Ans Werk! Man fuͤhrt die Waffen nicht vergebens. Gefaͤhrlich iſts, ein Mordgewehr zu tragen, Und auf den Schuͤtzen ſpringt der Pfeil zuruͤck. Dieß ſtolze Recht, das ſich der Bauer nimmt, Beleidiget den hoͤchſten Herrn des Landes. Gewaffnet ſei Niemand, als wer gebietet. Freuts euch, den Pfeil zu fuͤhren und den Bogen, Wohl, ſo will ich das Ziel euch dazu geben.

Tell
(ſpannt die Armbruſt und legt den Pfeil auf)

Oefnet die Gaſſe! Platz!

Stauffacher

Was Tell? Ihr wolltet Nimmermehr Ihr zittert, Die Hand erbebt euch, eure Kniee wanken

Tell
(läßt die Armbruſt ſinken)

Mir ſchwimmt es vor den Augen!

142
Weiber

Gott im Himmel!

Tell
(zum Landvogt)

Erlaſſet mir den Schuß. Hier iſt mein Herz!

(er reißt die Bruſt auf)

Ruft eure Reiſigen und ſtoßt mich nieder.

Geßler

Ich will dein Leben nicht, ich will den Schuß. Du kannſt ja alles, Tell, an nichts verzagſt du, Das Steuerruder fuͤhrſt du wie den Bogen, Dich ſchreckt kein Sturm, wenn es zu retten gilt, Jezt Retter hilf dir ſelbſt du retteſt alle!

(Tell ſteht in fürchterlichem Kampf, mit den Händen zuckend, und die rollenden Augen bald auf den Land - vogt, bald zum Himmel gerichtet Plötzlich greift er in ſeinen Köcher, nimmt einen zweiten Pfeil heraus und ſteckt ihn in ſeinen Goller. Der Landvogt bemerkt alle dieſe Bewegungen)
Walther Tell
(unter der Linde)

Vater ſchieß zu, ich fuͤrcht mich nicht.

Tell

Es muß!

(er rafft ſich zuſammen und legt an)
143
Rudenz
(der die ganze Zeit über in der heftigſten Spannung ge - ſtanden und mit Gewalt an ſich gehalten, tritt hervor)

Herr Landvogt, weiter werdet ihrs nicht treiben, Ihr werdet nicht Es war nur eine Pruͤfung Den Zweck habt ihr erreicht Zu weit getrieben Verfehlt die Strenge ihres weiſen Zwecks, Und allzuſtraff geſpannt zerſpringt der Bogen.

Geßler

Ihr ſchweigt, bis man euch aufruft.

Rudenz

Ich will reden, Ich darfs, des Koͤnigs Ehre iſt mir heilig, Doch ſolches Regiment muß Haß erwerben. Das iſt des Koͤnigs Wille nicht Ich darfs Behaupten Solche Grauſamkeit verdient Mein Volk nicht, dazu habt ihr keine Vollmacht.

Geßler

Ha, ihr erkuͤhnt euch!

Rudenz

Ich hab ſtill geſchwiegen144 Zu allen ſchweren Thaten, die ich ſah, Mein ſehend Auge hab ich zugeſchloſſen, Mein uͤberſchwellend und empoͤrtes Herz Hab ich hinabgedruͤckt in meinen Buſen. Doch laͤnger ſchweigen waͤr Verrath zugleich An meinem Vaterland und an dem Kaiſer.

Bertha
(wirft ſich zwiſchen ihn und den Landvogt)

O Gott, ihr reizt den wuͤthenden noch mehr.

Rudenz

Mein Volk verließ ich, meinen Blutsverwandten Entſagt ich, alle Bande der Natur Zerriſſ ich, um an euch mich anzuſchließen Das Beſte aller glaubt ich zu befoͤrdern, Da ich des Kaiſers Macht beveſtigte Die Binde faͤllt von meinen Augen Schaudernd Seh ich an einen Abgrund mich gefuͤhrt Mein freies Urtheil habt ihr irr geleitet, Mein redlich Herz verfuͤhrt Ich war daran, Mein Volk in beſter Meinung zu verderben.

145
Geßler

Verwegner, dieſe Sprache deinem Herrn?

Rudenz

Der Kaiſer iſt mein Herr, nicht ihr Frei bin ich Wie ihr gebohren, und ich meſſe mich Mit euch in jeder ritterlichen Tugend. Und ſtuͤndet ihr nicht hier in Kaiſers Nahmen, Den ich verehre, ſelbſt wo man ihn ſchaͤndet, Den Handſchuh waͤrf ich vor euch hin, ihr ſolltet Nach ritterlichem Brauch mir Antwort geben. Ja winkt nur euren Reiſigen Ich ſtehe Nicht wehrlos da, wie die

(auf das Volk zeigend)

Ich hab ein Schwert, Und wer mir naht

Stauffacher
(ruft)

Der Apfel iſt gefallen!

(indem ſich alle nach dieſer Seite gewendet und Bertha zwi - ſchen Rudenz und den Landvogt ſich geworfen, hat Tell den Pfeil abgedrückt)
Roͤſſelmann

Der Knabe lebt!

n
146
Viele Stimmen

Der Apfel iſt getroffen!

(Walther Fürſt ſchwankt und droht zu ſinken, Bertha hält ihn)
Geßler
(erſtaunt)

Er hat geſchoſſen? Wie? der Raſende!

Bertha

Der Knabe lebt! kommt zu euch, guter Vater!

Walther Tell
(kommt mit dem Apfel geſprungen)

Vater, hier iſt der Apfel Wußt ichs ja, Du wuͤrdeſt deinen Knaben nicht verletzen.

Tell
(ſtand mit vorgebognem Leib, als wollt er dem Pfeil folgen die Armbruſt entſinkt ſeiner Hand wie er den Kna - ben kommen ſieht, eilt er ihm mit ausgebreiteten Armen entgegen, und hebt ihn mit heftiger Inbrunſt zu ſeinem Herzen hinauf, in dieſer Stellung ſinkt er kraftlos zuſam - men. Alle ſtehen gerührt)
Bertha

O guͤtger Himmel!

Walther Fuͤrſt
(zu Vater und Sohn)

Kinder! meine Kinder!

Stauffacher

Gott ſei gelobt!

147
Leuthold

Das war ein Schuß! Davon Wird man noch reden in den ſpaͤtſten Zeiten.

Rudolph der Harras

Erzaͤhlen wird man von dem Schuͤtzen Tell, Solang die Berge ſtehn auf ihrem Grunde.

(reicht dem Landvogt den Apfel)
Geßler

Bei Gott! der Apfel mitten durch geſchoſſen! Es war ein Meiſterſchuß, ich muß ihn loben.

Roͤſſelmann

Der Schuß war gut, doch wehe dem, der ihn Dazu getrieben, daß er Gott verſuchte.

Stauffacher

Kommt zu euch, Tell, ſteht auf, ihr habt euch maͤnnlich Geloͤßt, und frei koͤnnt ihr nach Hauſe gehen.

Roͤſſelmann

Kommt, kommt und bringt der Mutter ihren Sohn.

(Sie wollen ihn wegführen)
Geßler

Tell, hoͤre!

n 2
148
Tell
(kommt zurück)

Was befehlt ihr, Herr?

Geßler

Du ſteckteſt Noch einen zweiten Pfeil zu dir Ja, ja, Ich ſah es wohl Was meinteſt du damit?

Tell
(verlegen)

Herr, das iſt alſo braͤuchlich bei den Schuͤtzen.

Geßler

Nein Tell, die Antwort laß ich dir nicht gelten, Es wird was anders wohl bedeutet haben. Sag mir die Wahrheit friſch und froͤlich, Tell, Was es auch ſei, dein Leben ſichr ich dir. Wozu der zweite Pfeil?

Tell

Wohlan, o Herr, Weil ihr mich meines Lebens habt geſichert, So will ich euch die Wahrheit gruͤndlich ſagen.

(er zieht den Pfeil aus dem Goller und ſieht den Landvogt mit einem furchtbaren Blick an)

Mit dieſem zweiten Pfeil durchſchoß ich Euch,149 Wenn ich mein liebes Kind getroffen haͤtte, Und Eurer wahrlich! haͤtt ich nicht gefehlt.

Geßler

Wohl, Tell! Des Lebens hab ich dich geſichert, Ich gab mein Ritterwort, das will ich halten Doch weil ich deinen boͤſen Sinn erkannt, Will ich dich fuͤhren laſſen und verwahren, Wo weder Mond noch Sonne dich beſcheint, Damit ich ſicher ſei vor deinen Pfeilen. Ergreift ihn, Knechte! Bindet ihn!

(Tell wird gebunden)
Stauffacher

Wie, Herr? So koͤnntet ihr an einem Manne handeln, An dem ſich Gottes Hand ſichtbar verkuͤndigt?

Geßler

Laß ſehn, ob ſie ihn zweymal retten wird. Man bring ihn auf mein Schiff, ich folge nach Sogleich, ich ſelbſt will ihn nach Kuͤßnacht fuͤhren.

Roͤſſelmann

Das duͤrft ihr nicht, das darf der Kaiſer nicht, Das widerſtreitet unſern Freiheitsbriefen!

150
Geßler

Wo ſind ſie? Hat der Kaiſer ſie beſtaͤtigt? Er hat ſie nicht beſtaͤtigt Dieſe Gunſt Muß erſt erworben werden durch Gehorſam. Rebellen ſeid ihr alle gegen Kaiſers Gericht und naͤhrt verwegene Empoͤrung. Ich kenn euch alle ich durchſchau euch ganz Den nehm ich jetzt heraus aus eurer Mitte, Doch alle ſeid ihr theilhaft ſeiner Schuld, Wer klug iſt, lerne ſchweigen und gehorchen.

(er entfernt ſich, Bertha, Rudenz, Harras und Knechte folgen, Frießhardt und Leuthold bleiben zurück)
Walther Fuͤrſt
(in heftigem Schmerz)

Es iſt vorbei, er hats beſchloſſen, mich Mit meinem ganzen Hauſe zu verderben!

Stauffacher
(zum Tell)

O warum mußtet ihr den Wuͤthrich reizen!

Tell

Bezwinge ſich, wer meinen Schmerz gefuͤhlt!

Stauffacher

O nun iſt alles, alles hin! Mit euch Sind wir gefeſſelt alle und gebunden!

151
Landleute
(umringen den Tell)

Mit euch geht unſer letzter Troſt dahin!

Leuthold
(nähert ſich)

Tell, es erbarmt mich doch ich muß gehorchen.

Tell

Lebt wohl!

Walther Tell
(ſich mit heftigem Schmerz an ihn ſchmiegend)

O Vater! Vater! Lieber Vater!

Tell
(hebt die Arme zum Himmel)

Dort droben iſt dein Vater! den ruf an!

Stauffacher

Tell, ſag ich eurem Weibe nichts von euch?

Tell
(hebt den Knaben mit Inbrunſt an ſeine Bruſt)

Der Knab iſt unverlezt, mir wird Gott helfen.

(reißt ſich ſchnell los und folgt den Waffenknechten)
152

Vierter Aufzug

Erſte Scene

Oeſtliches Ufer des Vierwaldſtättenſees, die ſeltſam geſtalteten ſchroffen Felſen im Weſten ſchließen den Proſpekt. Der See iſt bewegt, heftiges Rauſchen und Toſen, dazwiſchen Blitze und Donnerſchläge.
Kunz von Gerſau. Fiſcher und Fiſcher - knabe
Kunz

Ich ſahs mit Augen an, ihr koͤnnt mirs glauben, ’s iſt alles ſo geſchehn, wie ich euch ſagte.

Fiſcher

Der Tell gefangen abgefuͤhrt nach Kuͤßnacht, Der beſte Mann im Land, der bravſte Arm, Wenns einmal gelten ſollte fuͤr die Freiheit.

Kunz

Der Landvogt fuͤhrt ihn ſelbſt den See herauf, Sie waren eben dran ſich einzuſchiffen, Als ich von Fluͤelen abfuhr, doch der Sturm, Der eben jetzt im Anzug iſt, und der153 Auch mich gezwungen, eilends hier zu landen, Mag ihre Abfahrt wohl verhindert haben.

Fiſcher

Der Tell in Feſſeln, in des Vogts Gewalt! O glaubt, er wird ihn tief genug vergraben, Daß er des Tages Licht nicht wieder ſieht! Denn fuͤrchten muß er die gerechte Rache Des freien Mannes, den er ſchwer gereizt!

Kunz

Der Altlandammann auch, der edle Herr Von Attinghauſen, ſagt man, lieg am Tode.

Fiſcher

So bricht der letzte Anker unſrer Hofnung! Der war es noch allein, der ſeine Stimme Erheben durfte fuͤr des Volkes Rechte!

Kunz

Der Sturm nimmt uͤberhand. Gehabt euch wohl, Ich nehme Herberg in dem Dorf, denn heut Iſt doch an keine Abfahrt mehr zu denken.

(geht ab)
154
Fiſcher

Der Tell gefangen und der Freiherr todt! Erheb die freche Stirne, Tyrannei, Wirf alle Schaam hinweg, der Mund der Wahrheit Iſt ſtumm, das ſeh’nde Auge iſt geblendet, Der Arm, der retten ſollte, iſt gefeſſelt!

Knabe

Es hagelt ſchwer, kommt in die Huͤtte, Vater, Es iſt nicht kommlich, hier im Freien hauſen.

Fiſcher

Raſet ihr Winde, flammt herab ihr Blitze, Ihr Wolken berſtet, gießt herunter, Stroͤme Des Himmels und erſaͤuft das Land! Zerſtoͤrt Im Keim die ungebohrenen Geſchlechter! Ihr wilden Elemente werdet Herr, Ihr Baͤren kommt, ihr alten Woͤlfe wieder Der großen Wuͤſte, euch gehoͤrt das Land, Wer wird hier leben wollen ohne Freiheit!

Knabe

Hoͤrt, wie der Abgrund toßt, der Wirbel bruͤllt, So hats noch nie geraßt in dieſem Schlunde!

155
Fiſcher

Zu zielen auf des eignen Kindes Haupt, Solches ward keinem Vater noch geboten! Und die Natur ſoll nicht in wildem Grimm Sich drob empoͤren O mich ſolls nicht wundern, Wenn ſich die Felſen buͤcken in den See, Wenn jene Zacken, jene Eiſesthuͤrme, Die nie aufthauten ſeit dem Schoͤpfungstag, Von ihren hohen Kulmen niederſchmelzen, Wenn die Berge brechen, wenn die alten Kluͤfte Einſtuͤrzen, eine zweite Suͤndfluth alle Wohnſtaͤtten der Lebendigen verſchlingt!

(man hört läuten)
Knabe

Hoͤrt ihr, ſie laͤuten droben auf dem Berg, Gewiß hat man ein Schiff in Roth geſehn, Und zieht die Glocke, daß gebetet werde.

(ſteigt auf eine Anhöhe)
Fiſcher

Wehe dem Fahrzeug, das jezt unterwegs, In dieſer furchtbarn Wiege wird gewiegt! 156Hier iſt das Steuer unnuͤtz und der Steurer, Der Sturm iſt Meiſter, Wind und Welle ſpielen Ball mit dem Menſchen Da iſt nah und fern Kein Buſen, der ihm freundlich Schutz gewaͤhrte! Handlos und ſchroff anſteigend ſtarren ihm Die Felſen, die unwirthlichen, entgegen, Und weiſen ihm nur ihre ſteinern ſchroffe Bruſt.

Knabe
(deutet links)

Vater, ein Schiff, es kommt von Fluͤelen her.

Fiſcher

Gott helf den armen Leuten! Wenn der Sturm In dieſer Waſſerkluft ſich erſt verfangen, Dann raßt er um ſich mit des Raubthiers Angſt, Das an des Gitters Eiſenſtaͤbe ſchlaͤgt, Die Pforte ſucht er heulend ſich vergebens, Denn ringsum ſchraͤnken ihn die Felſen ein, Die himmelhoch den engen Paß vermauren.

(er ſteigt auf die Anhöhe)
Knabe

Es iſt das Herrenſchiff von Uri, Vater, Ich kenns am rothen Dach und an der Fahne.

157
Fiſcher

Gerichte Gottes! Ja, er iſt es ſelbſt, Der Landvogt, der da faͤhrt Dort ſchifft er hin, Und fuͤhrt im Schiffe ſein Verbrechen mit! Schnell hat der Arm des Raͤchers ihn gefunden, Jezt kennt er uͤber ſich den ſtaͤrkern Herrn, Dieſe Wellen geben nicht auf ſeine Stimme, Dieſe Felſen buͤcken ihre Haͤupter nicht Vor ſeinem Hute Knabe, bete nicht, Greif nicht dem Richter in den Arm!

Knabe

Ich bete fuͤr den Landvogt nicht Ich bete Fuͤr den Tell, der auf dem Schiff ſich mit befindet.

Fiſcher

O Unvernunft des blinden Elements! Mußt du, um Einen Schuldigen zu treffen, Das Schiff mit ſammt dem Steuermann verderben!

Knabe

Sieh, ſieh, ſie waren gluͤcklich ſchon vorbei Am Buggisgrat, doch die Gewalt des Sturms,o158Der von dem Teufelsmuͤnſter wiederprallt, Wirft ſie zum groſſen Axenberg zuruͤck. Ich ſeh ſie nicht mehr.

Fiſcher

Dort iſt das Hakmeſſer, Wo ſchon der Schiffe mehrere gebrochen. Wenn ſie nicht weislich dort voruͤberlenken, So wird das Schiff zerſchmettert an der Fluh, Die ſich gaͤhſtotzig abſenkt in die Tiefe. Sie haben einen guten Steuermann Am Bord, koͤnnt Einer retten, waͤrs der Tell, Doch dem ſind Arm und Haͤnde ja gefeſſelt.

Wilhelm Tell
mit der Armbruſt.
(Er kommt mit raſchen Schritten, blickt erſtaunt umher, und zeigt die heftigſte Bewegung. Wenn er mitten auf der Scene iſt, wirft er ſich nieder, die Hände zu der Erde und dann zum Himmel ausbreitend)
Knabe
(bemerkt ihn)

Sieh, Vater, wer der Mann iſt, der dort kniet?

Fiſcher

Er faßt die Erde an mit ſeinen Haͤnden, Und ſcheint wie auſſer ſich zu ſeyn.

159
Knabe
(kommt vorwärts)

Was ſeh ich! Vater! Vater, kommt und ſeht!

Fiſcher
(nähert ſich)

Wer iſt es? Gott im Himmel! Was! der Tell? Wie kommt ihr hieher? Redet!

Knabe

Wart ihr nicht Dort auf dem Schiff gefangen und gebunden?

Fiſcher

Ihr wurdet nicht nach Kuͤßnacht abgefuͤhrt?

Tell
(ſteht auf)

Ich bin befreit.

Fiſcher und Knabe

Befreit! O Wunder Gottes!

Knabe

Wo kommt ihr her?

Tell

Dort aus dem Schiffe.

Fiſcher

Was?

o 2
160
Knabe
(zugleich)

Wo iſt der Landvogt?

Tell

Auf den Wellen treibt er.

Fiſcher

Iſts moͤglich? Aber Ihr? Wie ſeid ihr hier? Seid euren Banden und dem Sturm entkommen

Tell

Durch Gottes gnaͤdge Fuͤrſehung Hoͤrt an!

Fiſcher und Knabe

O redet, redet!

Tell

Was in Altorf ſich Begeben, wißt ihrs?

Fiſcher

Alles weiß ich, redet!

Tell

Daß mich der Landvogt fahen ließ und binden, Nach ſeiner Burg zu Kuͤßnacht wollte fuͤhren.

161
Fiſcher

Und ſich mit euch zu Fluͤelen eingeſchifft! Wir wiſſen alles, ſprecht, wie ihr entkommen?

Tell

Ich lag im Schiff, mit Stricken feſt gebunden, Wehrlos, ein aufgegebner Mann nicht hofft ich, Das frohe Licht der Sonne mehr zu ſehn, Der Gattin und der Kinder liebes Antlitz, Und troſtlos blickt ich in die Waſſerwuͤſte

Fiſcher

O armer Mann!

Tell

So fuhren wir dahin, Der Vogt, Rudolph der Harras und die Knechte. Mein Koͤcher aber mit der Armbruſt lag Am hintern Granſen bei dem Steuerruder. Und als wir an die Ecke jetzt gelangt Beim kleinen Axen, da verhaͤngt es Gott, Daß ſolch ein grauſam moͤrdriſch Ungewitter Gaͤhlings herfuͤrbrach aus des Gotthardts Schluͤnden, Daß allen Ruderern das Herz entſank,o 3162Und meinten alle, elend zu ertrinken. Da hoͤrt ichs, wie der Diener einer ſich Zum Landvogt wendet und die Worte ſprach: Ihr ſehet Eure Noth und unſre, Herr, Und daß wir all am Rand des Todes ſchweben Die Steuerleute aber wiſſen ſich Fuͤr großer Furcht nicht Rath und ſind des Fahrens Nicht wohl berichtet Nun aber iſt der Tell Ein ſtarker Mann und weiß ein Schiff zu ſteuern, Wie, wenn wir ſein jezt brauchten in der Noth? Da ſprach der Vogt zu mir: Tell, wenn du dirs Getrauteſt, uns zu helfen aus dem Sturm, So moͤcht ich dich der Bande wohl entledgen. Ich aber ſprach: Ja, Herr, mit Gottes Huͤlfe Getrau ich mirs, und helf uns wohl hiedannen. So ward ich meiner Bande los und ſtand Am Steuerruder und fuhr redlich hin. Doch ſchielt ich ſeitwaͤrts, wo mein Schießzeug lag, Und an dem Ufer merkt ich ſcharf umher, Wo ſich ein Vortheil aufthaͤt zum Entſpringen. 163Und wie ich eines Felſenriffs gewahre, Das abgeplattet vorſprang in den See

Fiſcher

Ich kenn’s, es iſt am Fuß des großen Axen, Doch nicht fuͤr moͤglich acht ichs ſo gar ſteil Gehts an vom Schiff es ſpringend abzureichen

Tell

Schrie ich den Knechten, handlich zuzugehn, Bis daß wir vor die Felſenplatte kaͤmen, Dort, rief ich, ſei das Aergſte uͤberſtanden Und als wir ſie friſchrudernd bald erreicht, Fleh ich die Gnade Gottes an, und druͤcke, Mit allen Leibeskraͤften angeſtemmt, Den hintern Granſen an die Felswand hin Jezt ſchnell mein Schießzeug faſſend, ſchwing ich ſelbſt Hochſpringend auf die Platte mich hinauf, Und mit gewaltgem Fußſtoß hinter mich Schleudr ich das Schifflein in den Schlund der Waſſer Dort mags, wie Gott will, auf den Wellen treiben! So bin ich hier, gerettet aus des Sturms Gewalt und aus der ſchlimmeren der Menſchen

164
Fiſcher

Tell, Tell, ein ſichtbar Wunder hat der Herr An euch gethan, kaum glaub ichs meinen Sinnen Doch ſaget! Wo gedenket ihr jezt hin, Denn Sicherheit iſt nicht fuͤr euch, wofern Der Landvogt lebend dieſem Sturm entkommt.

Tell

Ich hoͤrt ihn ſagen, da ich noch im Schiff Gebunden lag, er woll bei Brunnen landen, Und uͤber Schwytz nach ſeiner Burg mich fuͤhren.

Fiſcher

Will er den Weg dahin zu Lande nehmen?

Tell

Er denkts.

Fiſcher

O ſo verbergt euch ohne Saͤumen, Nicht zweymal hilft euch Gott aus ſeiner Hand.

Tell

Nennt mir den naͤchſten Weg nach Arth und Kuͤßnacht.

Fiſcher

Die offne Straße zieht ſich uͤber Steinen,165 Doch einen kuͤrzern Weg und heimlichern Kann euch mein Knabe uͤber Lowerz fuͤhren.

Tell
(giebt ihm die Hand)

Gott lohn euch eure Gutthat. Lebet wohl.

(geht und kehrt wieder um)

Habt ihr nicht auch im Ruͤtli mit geſchworen? Mir daͤucht, man nannt euch mir

Fiſcher

Ich war dabei, Und hab den Eid des Bundes mit beſchworen.

Tell

So eilt nach Buͤrglen, thut die Lieb mir an, Mein Weib verzagt um mich, verkuͤndet ihr, Daß ich gerettet ſey und wohl geborgen.

Fiſcher

Doch wohin ſag ich ihr, daß ihr geflohn?

Tell

Ihr werdet meinen Schwaͤher bei ihr finden Und andre, die im Ruͤtli mit geſchworen Sie ſollen wacker ſeyn und gutes Muths,166 Der Tell ſey frei und ſeines Armes maͤchtig, Bald werden ſie ein weitres von mir hoͤren.

Fiſcher

Was habt ihr im Gemuͤth? Entdeckt mirs frei.

Tell

Iſt es gethan, wirds auch zur Rede kommen.

(geht ab)
Fiſcher

Zeig ihm den Weg, Jenny Gott ſteh ihm bey! Er fuͤhrts zum Ziel, was er auch unternommen.

(geht ab)

Zweyte Scene

Edelhof zu Attinghauſen
Der Freiherr, in einem Armſeſſel, ſterbend. Walther Fuͤrſt, Stauffacher, Melchthal und Baum - garten um ihn beſchäftigt. Walther Tell knieend vor dem Sterbenden.
Walther Fuͤrſt

Es iſt vorbei mit ihm, er iſt hinuͤber.

Stauffacher

Er liegt nicht wie ein Todter Seht, die Feder167 Auf ſeinen Lippen regt ſich! Ruhig iſt Sein Schlaf und friedlich laͤcheln ſeine Zuͤge.

(Baumgarten geht an die Thüre und ſpricht mit jemand)
Walther Fuͤrſt
(zu Baumgarten)

Wer iſts?

Baumgarten
(kommt zurück)

Es iſt Frau Hedwig, eure Tochter, Sie will euch ſprechen, will den Knaben ſehn.

(Walther Tell richtet ſich auf)
Walther Fuͤrſt

Kann ich ſie troͤſten? Hab ich ſelber Troſt? Haͤuft alles Leiden ſich auf meinem Haupt?

Hedwig
(hereindringend)

Wo iſt mein Kind? Laßt mich, ich muß es ſehn

Stauffacher

Faßt euch, bedenkt, daß ihr im Haus des Todes

Hedwig
(ſtürzt auf den Knaben)

Mein Waͤlty! O er lebt mir.

Walther Tell
(hängt an ihr)

Arme Mutter!

168
Hedwig

Iſts auch gewiß? Biſt du mir unverlezt?

(betrachtet ihn mit ängſtlicher Sorgfalt)

Und iſt es moͤglich? Konnt er auf dich zielen? Wie konnt ers? O er hat kein Herz Er konnte Den Pfeil abdruͤcken auf ſein eignes Kind!

Walther Fuͤrſt

Er thats mit Angſt, mit ſchmerzzerriſſner Seele, Gezwungen that ers, denn es galt das Leben.

Hedwig

O haͤtt er eines Vaters Herz, eh er’s Gethan, er waͤre tauſendmal geſtorben!

Stauffacher

Ihr ſolltet Gottes gnaͤdge Schickung preiſen, Die es ſo gut gelenkt

Hedwig

Kann ich vergeſſen, Wie’s haͤtte kommen koͤnnen Gott des Himmels! Und lebt ich achtzig Jahr Ich ſeh den Knaben ewig Gebunden ſtehn, den Vater auf ihn zielen, Und ewig fliegt der Pfeil mir in das Herz.

169
Melchthal

Frau, wuͤßtet ihr, wie ihn der Vogt gereizt!

Hedwig

O rohes Herz der Maͤnner! Wenn ihr Stolz Beleidigt wird, dann achten ſie nichts mehr, Sie ſetzen in der blinden Wuth des Spiels Das Haupt des Kindes und das Herz der Mutter!

Baumgarten

Iſt eures Mannes Loos nicht hart genug, Daß ihr mit ſchwerem Tadel ihn noch kraͤnkt? Fuͤr ſeine Leiden habt ihr kein Gefuͤhl?

Hedwig
(kehrt ſich nach ihm um und ſieht ihn mit einem großen Blick an)

Haſt Du nur Thraͤnen fuͤr des Freundes Ungluͤck? Wo waret ihr, da man den Trefflichen In Bande ſchlug? Wo war da eure Huͤlfe? Ihr ſahet zu, ihr ließt das Graͤßliche geſchehn, Geduldig littet ihr’s, daß man den Freund Aus eurer Mitte fuͤhrte Hat der Tell Auch ſo an Euch gehandelt? Stand er auchp170Bedaurend da, als hinter dir die Reiter Des Landvogts drangen, als der wuͤthge See Vor dir erbraußte? Nicht mit muͤßgen Thraͤnen Beklagt er dich, in den Nachen ſprang er, Weib Und Kind vergaß er und befreite dich

Walther Fuͤrſt

Was konnten wir zu ſeiner Rettung wagen, Die kleine Zahl, die unbewaffnet war!

Hedwig
(wirſt ſich an ſeine Bruſt)

O Vater! Und auch du haſt ihn verloren! Das Land, wir alle haben ihn verloren! Uns allen fehlt er, ach! wir fehlen ihm! Gott rette ſeine Seele vor Verzweiflung. Zu ihm hinab ins oͤde Burgverließ Dringt keines Freundes Troſt Wenn er erkrankte! Ach, in des Kerkers feuchter Finſterniß Muß er erkranken Wie die Alpenroſe Bleicht und verkuͤmmert in der Sumpfesluft, So iſt fuͤr Ihn kein Leben als im Licht Der Sonne, in dem Balſamſtrom der Luͤfte. Gefangen! Er! Sein Athem iſt die Freiheit,711[171] Er kann nicht leben in dem Hauch der Gruͤfte.

Stauffacher

Beruhigt euch. Wir alle wollen handeln, Um ſeinen Kerker aufzuthun.

Hedwig

Was koͤnnt ihr ſchaffen ohne ihn? Solang Der Tell noch frei war, ja da war noch Hofnung, Da hatte noch die Unſchuld einen Freund, Da hatte einen Helfer der Verfolgte, Euch alle rettete der Tell Ihr alle Zuſammen koͤnnt nicht ſeine Feſſeln loͤſen!

(der Freiherr erwacht)
Baumgarten

Er regt ſich, ſtill!

Attinghauſen
(ſich aufrichtend)

Wo iſt er?

Stauffacher

Wer?

Attinghauſen

Er fehlt mir, Verlaͤßt mich in dem lezten Augenblick!

p 2
172
Stauffacher

Er meint den Junker Schickte man nach ihm?

Walther Fuͤrſt

Es iſt nach ihm geſendet Troͤſtet euch! Er hat ſein Herz gefunden, er iſt unſer.

Attinghauſen

Hat er geſprochen fuͤr ſein Vaterland?

Stauffacher

Mit Heldenkuͤhnheit.

Attinghauſen

Warum kommt er nicht, Um meinen lezten Segen zu empfangen? Ich fuͤhle, daß es ſchleunig mit mir endet.

Stauffacher

Nicht alſo, edler Herr! Der kurze Schlaf Hat euch erquickt, und hell iſt euer Blick.

Attinghauſen

Der Schmerz iſt Leben, er verließ mich auch, Das Leiden iſt, ſo wie die Hofnung, aus.

(er bemerkt den Knaben)

Wer iſt der Knabe?

173
Walther Fuͤrſt

Segnet ihn o Herr! Er iſt mein Enkel und iſt vaterlos.

(Hedwig ſinkt mit dem Knaben vor dem Sterbenden nieder)
Attinghauſen

Und vaterlos laß ich euch alle, alle Zuruͤck Weh mir, daß meine lezten Blicke Den Untergang des Vaterlands geſehn! Mußt ich des Lebens hoͤchſtes Maaß erreichen, Um ganz mit allen Hofnungen zu ſterben!

Stauffacher
(zu Walther Fürſt)

Soll er in dieſem finſtern Kummer ſcheiden? Erhellen wir ihm nicht die lezte Stunde Mit ſchoͤnem Strahl der Hofnung? Edler Freiherr! Erhebet euren Geiſt! Wir ſind nicht ganz Verlaſſen, ſind nicht rettungslos verloren.

Attinghauſen

Wer ſoll euch retten?

Walther Fuͤrſt

Wir uns ſelbſt. Vernehmt! Es haben die drey Lande ſich das Wort174 Gegeben, die Tyrannen zu verjagen. Geſchloſſen iſt der Bund, ein heilger Schwur Verbindet uns. Es wird gehandelt werden, Eh noch das Jahr den neuen Kreis beginnt, Euer Staub wird ruhn in einem freien Lande.

Attinghauſen

O ſaget mir! Geſchloſſen iſt der Bund?

Melchthal

Am gleichen Tage werden alle drey Waldſtaͤtte ſich erheben. Alles iſt Bereit, und das Geheimniß wohlbewahrt Bis jezt, obgleich viel hunderte es theilen. Hohl iſt der Boden unter den Tyrannen, Die Tage ihrer Herrſchaft ſind gezaͤhlt, Und bald iſt ihre Spur nicht mehr zu finden.

Attinghauſen

Die feſten Burgen aber in den Landen?

Melchthal

Sie fallen alle an dem gleichen Tag.

Attinghauſen

Und ſind die Edeln dieſes Bunds theilhaftig?

175
Stauffacher

Wir harren ihres Beiſtands, wenn es gilt, Jezt aber hat der Landmann nur geſchworen.

Attinghauſen
(richtet ſich langſam in die Höhe, mit großem Erſtaunen)

Hat ſich der Landmann ſolcher That verwogen, Aus eignem Mittel, ohne Huͤlf der Edeln, Hat er der eignen Kraft ſoviel vertraut Ja, dann bedarf es unſerer nicht mehr, Getroͤſtet koͤnnen wir zu Grabe ſteigen, Es lebt nach uns durch andre Kraͤfte will Das Herrliche der Menſchheit ſich erhalten.

(er legt ſeine Hand auf das Haupt des Kindes, das vor ihm auf den Knieen liegt)

Aus dieſem Haupte, wo der Apfel lag, Wird euch die neue beßre Freiheit gruͤnen, Das Alte ſtuͤrzt, es aͤndert ſich die Zeit, Und neues Leben bluͤht aus den Ruinen.

Stauffacher
(zu Walther Fuͤrſt)

Seht, welcher Glanz ſich um ſein Aug ergießt! Das iſt nicht das Erloͤſchen der Natur, Das iſt der Stral ſchon eines neuen Lebens.

176
Attinghauſen

Der Adel ſteigt von ſeinen alten Burgen, Und ſchwoͤrt den Staͤdten ſeinen Buͤrgereid, Im Uechtland ſchon, im Thurgau hats begonnen, Die edle Bern erhebt ihr herrſchend Haupt, Freiburg iſt eine ſichre Burg der Freien, Die rege Zuͤrich waffnet ihre Zuͤnſte Zum kriegeriſchen Heer Es bricht die Macht Der Koͤnige ſich an ihren ewgen Waͤllen

(er ſpricht das folgende mit dem Ton eines Sehers ſeine Rede ſteigt bis zur Begeiſterung)

Die Fuͤrſten ſeh ich und die edeln Herrn In Harniſchen heran gezogen kommen, Ein harmlos Volk von Hirten zu bekriegen. Auf Tod und Leben wird gekaͤmpft und herrlich Wird mancher Paß durch blutige Entſcheidung. Der Landmann ſtuͤrzt ſich mit der nakten Bruſt, Ein freies Opfer, in die Schaar der Lanzen, Er bricht ſie, und des Adels Bluͤthe faͤllt, Es hebt die Freiheit ſiegend ihre Fahne.

(Walther Fürſts und Stauffachers Hände faſſend)
177

Drum haltet feſt zuſammen feſt und ewig Kein Ort der Freiheit ſei dem andern fremd Hochwachten ſtellet aus auf euren Bergen, Daß ſich der Bund zum Bunde raſch verſammle Seid einig einig einig

(er fällt in das Küſſen zurück ſeine Hände halten entſeelt noch die andern gefaßt. Fürſt und Stauffacher betrachten ihn noch eine Zeitlang ſchweigend, dann treten ſie hin - weg, jeder ſeinem Schmerz überlaſſen. Unterdeſſen ſind die Knechte ſtill herein gedrungen, ſie nähern ſich mit Zei - chen eines ſtillern oder heftigern Schmerzens, einige knieen bei ihm nieder und weinen auf ſeine Hand, während dieſer ſtummen Scene wird die Burgglocke geläutet)
Rudenz zu den Vorigen
Rudenz
(raſch eintretend)

Lebt er? O ſaget, kann er mich noch hoͤren?

Walther Fuͤrſt
(deutet hin mit weggewandtem Geſicht)

Ihr ſeid jezt unſer Lehensherr und Schirmer, Und dieſes Schloß hat einen andern Nahmen.

Rudenz
(erblickt den Leichnam und ſteht von heſtigem Schmerz ergriffen)
178

O guͤtger Gott Kommt meine Reu zu ſpaͤt? Konnt er nicht wenge Pulſe laͤnger leben, Um mein geaͤndert Herz zu ſehn? Verachtet hab ich ſeine treue Stimme, Da er noch wandelte im Licht Er iſt Dahin, iſt fort auf immerdar, und laͤßt mir Die ſchwere unbezahlte Schuld! O ſaget! Schied er dahin im Unmuth gegen mich?

Stauffacher

Er hoͤrte ſterbend noch was ihr gethan, Und ſegnete den Muth, mit dem ihr ſpracht!

Rudenz
(kniet an dem Todten nieder)

Ja heilge Reſte eines theuren Mannes! Entſeelter Leichnam! Hier gelob ich dirs In deine kalte Todtenhand Zerriſſen Hab ich auf ewig alle fremden Bande, Zuruͤckgegeben bin ich meinem Volk, Ein Schweitzer bin ich und ich will es ſeyn Von ganzer Seele

(aufftehend)

Trauert um den Freund,179 Den Vater aller, doch verzaget nicht! Nicht bloß ſein Erbe iſt mir zugefallen, Es ſteigt ſein Herz, ſein Geiſt auf mich herab, Und leiſten ſoll euch meine friſche Jugend, Was euch ſein greiſes Alter ſchuldig blieb. Ehrwuͤrdger Vater, gebt mir eure Hand! Gebt mir die Eurige! Melchthal auch ihr! Bedenkt euch nicht! O wendet euch nicht weg! Empfanget meinen Schwur und mein Geluͤbde.

Walther Fuͤrſt

Gebt ihm die Hand. Sein wiederkehrend Herz Verdient Vertraun.

Melchthal

Ihr habt den Landmann nichts geachtet. Sprecht, weſſen ſoll man ſich zu euch verſehn?

Rudenz

O denket nicht des Irrthums meiner Jugend!

Stauffacher
(zu Melchthal)

Seid einig! war das lezte Wort des Vaters, Gedenket deſſen!

180
Melchthal

Hier iſt meine Hand! Des Bauern Handſchlag, edler Herr, iſt auch Ein Manneswort! Was iſt der Ritter ohne uns? Und unſer Stand iſt aͤlter als der eure.

Rudenz

Ich ehr ihn, und mein Schwert ſoll ihn beſchuͤtzen.

Melchthal

Der Arm, Herr Freiherr, der die harte Erde Sich unterwirft und ihren Schooß befruchtet, Kann auch des Mannes Bruſt beſchuͤtzen.

Rudenz

Ihr Sollt meine Bruſt, ich will die eure ſchuͤtzen, So ſind wir einer durch den andern ſtark. Doch wozu reden, da das Vaterland Ein Raub noch iſt der fremden Tyrannei? Wenn erſt der Boden rein iſt von dem Feind, Dann wollen wirs in Frieden ſchon vergleichen.

(nachdem er einen Augenblick inne gehalten)

Ihr ſchweigt? Ihr habt mir nichts zu ſagen? Wie! 181Verdien ichs noch nicht, daß ihr mir vertraut? So muß ich wider euren Willen mich In das Geheimniß eures Bundes draͤngen. Ihr habt getagt geſchworen auf dem Ruͤtli Ich weiß weiß alles, was ihr dort verhandelt, Und was mir nicht von euch vertrauet ward, Ich habs bewahrt gleich wie ein heilig Pfand. Nie war ich meines Landes Feind, glaubt mir, Und niemals haͤtt ich gegen euch gehandelt. Doch uͤbel thatet ihr, es zu verſchieben, Die Stunde dringt und raſcher That bedarfs Der Tell ward ſchon das Opfer eures Saͤumens

Stauffacher

Das Chriſtfeſt abzuwarten ſchwuren wir.

Rudenz

Ich war nicht dort, ich hab nicht mit geſchworen. Wartet ihr ab, ich handle.

Melchthal

Waſ? Ihr wolltet

q
182
Rudenz

Des Landes Vaͤtern zaͤhl ich mich jezt bei, Und meine erſte Pflicht iſt, euch zu ſchuͤtzen.

Walther Fuͤrſt

Der Erde dieſen theuren Staub zu geben, Iſt eure naͤchſte Pflicht und heiligſte.

Rudenz

Wenn wir das Land befreit, dann legen wir Den friſchen Kranz des Siegs ihm auf die Bahre. O Freunde! Eure Sache nicht allein, Ich habe meine eigne auszufechten Mit dem Tyrannen Hoͤrt und wißt! Verſchwunden Iſt meine Bertha, heimlich weggeraubt, Mit kecker Frevelthat aus unſrer Mitte!

Stauffacher

Solcher Gewaltthat haͤtte der Tyrann Wider die freie Edle ſich verwogen?

Rudenz

O meine Freunde! Euch verſprach ich Huͤlfe, Und ich zuerſt muß ſie von euch erflehn. Geraubt, entriſſen iſt mir die Geliebte,183 Wer weiß, wo ſie der Wuͤthende verbirgt, Welcher Gewalt ſie frevelnd ſich erkuͤhnen, Ihr Herz zu zwingen zum verhaßten Band! Verlaßt mich nicht, o helft mir ſie erretten Sie liebt euch, o ſie hats verdient ums Land, Daß alle Arme ſich fuͤr ſie bewaffnen

Walther Fuͤrſt

Was wollt ihr unternehmen?

Rudenz

Weiß ichs? Ach! In dieſer Nacht, die ihr Geſchick umhuͤllt, In dieſes Zweifels ungeheurer Angſt, Wo ich nichts feſtes zu erfaſſen weiß, Iſt mir nur dieſes in der Seele klar: Unter den Truͤmmern der Tyrannenmacht Allein kann ſie hervor gegraben werden, Die Veſten alle muͤſſen wir bezwingen, Ob wir vielleicht in ihren Kerker dringen.

Melchthal

Kommt, fuͤhrt uns an. Wir folgen euch. Warum Bis Morgen ſparen, was wir heut vermoͤgen? q 2184Frei war der Tell, als wir im Ruͤtli ſchwuren, Das Ungeheure war noch nicht geſchehen. Es bringt die Zeit ein anderes Geſetz, Wer iſt ſo feig, der jezt noch koͤnnte zagen!

Rudenz
(zu Stauffacher und Walther Fürſt)

Indeß bewaffnet und zum Werk bereit Erwartet ihr der Berge Feuerzeichen, Denn ſchneller als ein Botenſegel fliegt, Soll euch die Botſchaft unſers Siegs erreichen, Und ſeht ihr leuchten die willkommen Flammen, Dann auf die Feinde ſtuͤrzt, wie Wetters Strahl, Und brecht den Bau der Tyranney zuſammen.

(gehen ab)

Dritte Scene

Die hohle Gaſſe bei Küßnacht. Man ſteigt von hinten zwiſchen Felſen herunter und die Wanderer werden, ehe ſie auf der Scene erſcheinen, ſchon von der Höhe geſehen. Felſen um - ſchlieſſen die ganze Scene, auf einem der vorderſten iſt ein Vorſprung mit Geſträuch bewachſen.
Tell
(tritt auf mit der Armbruſt)

Durch dieſe hohle Gaſſe muß er kommen,185 Es fuͤhrt kein andrer Weg nach Kuͤßnacht Hier Vollend ichs Die Gelegenheit iſt guͤnſtig. Dort der Hollunderſtrauch verbirgt mich ihm, Von dort herab kann ihn mein Pfeil erlangen, Des Weges Enge wehret den Verfolgern. Mach deine Rechnung mit dem Himmel Vogt, Fort muſt du, deine Uhr iſt abgelaufen.

Ich lebte ſtill und harmlos Das Geſchoß War auf des Waldes Thiere nur gerichtet, Meine Gedanken waren rein von Mord Du haſt aus meinem Frieden mich heraus Geſchreckt, in gaͤhrend Drachengift haſt du Die Milch der frommen Denkart mir verwandelt, Zum Ungeheuren haſt du mich gewoͤhnt Wer ſich des Kindes Haupt zum Ziele ſezte, Der kann auch treffen in das Herz des Feinds.

Die armen Kindlein, die unſchuldigen, Das treue Weib muß ich vor deiner Wuth Beſchuͤtzen, Landvogt Da, als ich den Bogenſtrang Anzog als mir die Hand erzitterte q 3186Als du mit grauſam teufeliſcher Luſt Mich zwangſt, aufs Haupt des Kindes anzulegen Als ich ohnmaͤchtig flehend rang vor dir, Damals gelobt ich mir in meinem Innern Mit furchtbarm Eidſchwur, den nur Gott gehoͤrt, Daß meines naͤchſten Schuſſes erſtes Ziel Dein Herz ſeyn ſollte Was ich mir gelobt In jenes Augenblickes Hoͤllenqualen, Iſt eine heilge Schuld, ich will ſie zahlen.

Du biſt mein Herr und meines Kaiſers Vogt, Doch nicht der Kaiſer haͤtte ſich erlaubt Was du Er ſandte dich in dieſe Lande, Um Recht zu ſprechen ſtrenges, denn er zuͤrnet Doch nicht um mit der moͤrderiſchen Luſt Dich jedes Greuels ſtraflos zu erfrechen, Es lebt ein Gott zu ſtrafen und zu raͤchen.

Komm du hervor, du Bringer bittrer Schmerzen, Mein theures Kleinod jezt, mein hoͤchſter Schatz Ein Ziel will ich dir geben, das bis jezt Der frommen Bitte undurchdringlich war 187 Doch dir ſoll es nicht widerſtehn Und du Vertraute Bogenſehne, die ſo oft Mir treu gedient hat in der Freude Spielen, Verlaß mich nicht im fuͤrchterlichen Ernſt. Nur jezt noch halte feſt du treuer Strang, Der mir ſo oft den herben Pfeil befluͤgelt Entraͤnn er jetzo kraftlos meinen Haͤnden, Ich habe keinen zweiten zu verſenden.

(Wanderer gehen über die Scene)

Auf dieſer Bank von Stein will ich mich ſetzen, Dem Wanderer zur kurzen Ruh bereitet Denn hier iſt keine Heimat Jeder treibt Sich an dem andern raſch und fremd voruͤber, Und fraget nicht nach ſeinem Schmerz Hier geht Der ſorgenvolle Kaufmann und der leicht Geſchuͤrzte Pilger der andaͤchtge Moͤnch, Der duͤſtre Raͤuber und der heitre Spielmann, Der Saͤumer mit dem ſchwer beladnen Roß, Der ferne her kommt von der Menſchen Laͤndern, Denn jede Straße fuͤhrt ans End der Welt. 188Sie alle ziehen ihres Weges fort An ihr Geſchaͤft und Meines iſt der Mord!

(ſezt ſich)

Sonſt wenn der Vater auszog, liebe Kinder, Da war ein Freuen, wenn er wieder kam, Denn niemals kehrt er heim, er bracht euch etwas, Wars eine ſchoͤne Alpenblume, wars Ein ſeltner Vogel oder Ammonshorn, Wie es der Wandrer findet auf den Bergen Jezt geht er einem andern Waidwerk nach, Am wilden Weg ſizt er mit Mordgedanken, Des Feindes Leben iſts, worauf er lauert. Und doch an euch nur denkt er, lieben Kinder, Auch jezt Euch zu vertheidgen, eure holde Unſchuld Zu ſchuͤtzen vor der Rache des Tyrannen Will er zum Morde jezt den Bogen ſpannen!

(ſteht auf)

Ich laure auf ein edles Wild Laͤßt ſichs Der Jaͤger nicht verdrießen, Tage lang Umher zu ſtreifen in des Winters Strenge, Von Fels zu Fels den Wageſprung zu thun,189 Hinan zu klimmen an den glatten Waͤnden, Wo er ſich anleimt mit dem eignen Blut, Um ein armſelig Gratthier zu erjagen. Hier gilt es einen koͤſtlicheren Preiß, Das Herz des Todfeinds, der mich will verderben.

(Man hört von ferne eine heitre Muſik, welche ſich nähert)

Mein ganzes Lebenlang hab ich den Bogen Gehandhabt, mich geuͤbt nach Schuͤtzenregel, Ich habe oft geſchoſſen in das Schwarze, Und manchen ſchoͤnen Preiß mir heimgebracht Vom Freudenſchießen Aber heute will ich Den Meiſterſchuß thun und das Beſte mir Im ganzen Umkreis des Gebirgs gewinnen.

(Eine Hochzeit zieht über die Scene und durch den Hohlweg hinauf. Tell betrachtet ſie, auf ſeinen Bogen gelehnt, Stuͤſſi der Flurſchuͤtz geſellt ſich zu ihm.)
Stuͤſſi

Das iſt der Kloſtermey’r von Moͤrliſchachen, Der hier den Brautlauf haͤlt Ein reicher Mann, Er hat wohl zehen Senten auf den Alpen. Die Braut hohlt er jezt ab zu Imiſee,190 Und dieſe Nacht wird hoch geſchwelgt zu Kuͤßnacht. Kommt mit! ’s iſt jeder Biedermann geladen.

Tell

Ein ernſter Gaſt ſtimmt nicht zum Hochzeithaus.

Stuͤſſi

Druͤckt euch ein Kummer, werft ihn friſch vom Herzen, Nehmt mit was kommt, die Zeiten ſind jezt ſchwer. Drum muß der Menſch die Freude leicht ergreifen. Hier wird gefreit und anderswo begraben.

Tell

Und oft kommt gar das eine zu dem andern.

Stuͤſſi

So geht die Welt nun. Es giebt allerwegen Ungluͤcks genug Ein Ruffi iſt gegangen Im Glarner Land und eine ganze Seite Vom Glaͤrniſch eingeſunken.

Tell

Wanken auch Die Berge ſelbſt? Es ſteht nichts feſt auf Erden.

Stuͤſſi

Auch anderswo vernimmt man Wunderdinge. 191Da ſprach ich einen, der von Baden kam. Ein Ritter wollte zu dem Koͤnig reiten, Und unterwegs begegnet ihm ein Schwarm Von Horniſſen, die fallen auf ſein Roß, Daß es fuͤr Marter todt zu Boden ſinkt, Und er zu Fuße ankommt bei dem Koͤnig.

Tell

Dem Schwachen iſt ſein Stachel auch gegeben.

(Armgart kommt mit mehreren Kindern und ſtellt ſich an den Eingang des Hohlwegs.)
Stuͤſſi

Man deutets auf ein groſſes Landesungluͤck, Auf ſchwere Thaten wider die Natur.

Tell

Dergleichen Thaten bringet jeder Tag, Kein Wunderzeichen braucht ſie zu verkuͤnden.

Stuͤſſi

Ja, wohl dem, der ſein Feld beſtellt in Ruh, Und ungekraͤnkt daheim ſizt bei den Seinen.

192
Tell

Es kann der Froͤmmſte nicht im Frieden bleiben, Wenn es dem boͤſen Nachbar nicht gefaͤllt.

(Tell ſieht oft mit unruhiger Erwartung nach der Höhe des Weges)
Stuͤſſi

Gehabt euch wohl Ihr wartet hier auf Jemand?

Tell

Das thu ich.

Stuͤſſi

Frohe Heimkehr zu den euren! Ihr ſeid aus Uri? Unſer gnaͤdger Herr Der Landvogt wird noch heut von dort erwartet.

Wanderer
(kommt)

Den Vogt erwartet heut nicht mehr. Die Waſſer Sind ausgetreten von dem großen Regen, Und alle Bruͤcken hat der Strom zerriſſen.

Tell
(ſteht auf)
Armgart
(kommt vorwärts)

Der Landvogt kommt nicht!

193
Stuͤſſi

Sucht ihr was an ihn?

Armgart

Ach freilich!

Stuͤſſi

Warum ſtellet ihr euch denn In dieſer hohlen Gaß ihm in den Weg?

Armgart

Hier weicht er mir nicht aus, er muß mich hoͤren.

Frießhardt
(kommt eilfertig den Hohlweg herab, und ruft in die Scene)

Man fahre aus dem Weg Mein gnaͤdger Herr Der Landvogt kommt dicht hinter mir geritten.

(Tell geht ab)
Armgart
(lebhaft)

Der Landvogt kommt!

(Sie geht mit ihren Kindern nach der vordern Scene. Geß - ler und Rudolph der Harras zeigen ſich zu Pferd auf der Höhe des Wegs)
Stuͤſſi
(zum Frießhardt)

Wie kamt ihr durch das Waſſer, Da doch der Strom die Bruͤcken fortgefuͤhrt?

r
194
Frießhardt

Wir haben mit dem See gefochten, Freund, Und fuͤrchten uns vor keinem Alpenwaſſer.

Stuͤſſi

Ihr wart zu Schiff in dem gewaltgen Sturm?

Frießhardt

Das waren wir. Mein Lebtag denk ich dran

Stuͤſſi

O bleibt, erzaͤhlt!

Frießhardt

Laßt mich, ich muß voraus, Den Landvogt muß ich in der Burg verkuͤnden.

(ab)
Stuͤſſi

Waͤr’n gute Leute auf dem Schiff geweſen, In Grund geſunken waͤrs mit Mann und Maus, Dem Volk kann weder Waſſer bei noch Feuer.

(er ſieht ſich um)

Wo kam der Waidmann hin, mit dem ich ſprach?

(geht ab)
195
Geßler und Rudolph der Harras zu Pferd
Geßler

Sagt was ihr wollt, ich bin des Kaiſers Diener Und muß drauf denken, wie ich ihm gefalle. Er hat mich nicht ins Land geſchickt, dem Volk Zu ſchmeicheln und ihm ſanft zu thun Gehorſam Erwartet er, der Streit iſt, ob der Bauer Soll Herr ſeyn in dem Lande oder der Kaiſer.

Armgart

Jezt iſt der Augenblick! Jezt bring ichs an!

(nähert ſich furchtſam)
Geßler

Ich hab den Hut nicht aufgeſteckt zu Altorf Des Scherzes wegen, oder um die Herzen Des Volks zu pruͤfen, dieſe kenn ich laͤngſt. Ich hab ihn aufgeſteckt, daß ſie den Nacken Mir lernen beugen, den ſie aufrecht tragen Das Unbequeme hab ich hingepflanzt Auf ihren Weg, wo ſie vorbeigehn muͤſſen, Daß ſie drauf ſtoßen mit dem Aug, und ſich Erinnern ihres Herrn, den ſie vergeſſen.

r 2
196
Rudolph

Das Volk hat aber doch gewiſſe Rechte

Geßler

Die abzuwaͤgen iſt jezt keine Zeit! Weitſchichtge Dinge ſind im Werk und Werden, Das Kaiſerhaus will wachſen, was der Vater Glorreich begonnen, will der Sohn vollenden. Dieß kleine Volk iſt uns ein Stein im Weg So oder ſo Es muß ſich unterwerfen.

(ſie wollen vorüber. Die Frau wirft ſich vor dem Landvogt nieder)
Armgart

Barmherzigkeit Herr Landvogt! Gnade! Gnade!

Geßler

Was dringt ihr euch auf offner Straße mir In Weg Zuruͤck!

Armgart

Mein Mann liegt im Gefaͤngniß, Die armen Waiſen ſchreyn nach Brod Habt Mitleid Geſtrenger Herr, mit unſerm großen Elend.

197
Rudolph

Wer ſeid ihr? Wer iſt euer Mann?

Armgart

Ein armer Wildheuer, guter Herr, vom Rigiberge, Der uͤberm Abgrund weg das freie Gras Abmaͤhet von den ſchroffen Felſenwaͤnden, Wohin das Vieh ſich nicht getraut zu ſteigen

Rudolph
(zum Landvogt)

Bei Gott, ein elend und erbaͤrmlich Leben! Ich bitt euch, gebt ihn los den armen Mann, Was er auch ſchweres mag verſchuldet haben, Strafe genug iſt ſein entſetzlich Handwerk.

(zu der Frau)

Euch ſoll Recht werden Drinnen auf der Burg Nennt eure Bitte Hier iſt nicht der Ort.

Armgart

Nein, nein, ich weiche nicht von dieſem Platz, Bis mir der Vogt den Mann zuruͤckgegeben! Schon in den ſechsten Mond liegt er im Thurm, Und harret auf den Richterſpruch vergebens.

r 3
198
Geßler

Weib, wollt ihr mir Gewalt anthun, hinweg.

Armgart

Gerechtigkeit, Landvogt! Du biſt der Richter Im Lande an des Kaiſers Statt und Gottes. Thu deine Pflicht! So du Gerechtigkeit Vom Himmel hoffeſt, ſo erzeig ſie uns.

Geßler

Fort, ſchafft das freche Volk mir aus den Augen.

Armgart
(greift in die Zügel des Pferdes)

Nein, nein, ich habe nichts mehr zu verlieren. Du kommſt nicht von der Stelle Vogt, bis du Mir Recht geſprochen Falte deine Stirne, Rolle die Augen wie du willſt Wir ſind So grenzenlos ungluͤcklich, daß wir nichts Nach deinem Zorn mehr fragen

Geßler

Weib, mach Platz, Oder mein Roß geht uͤber dich hinweg.

199
Armgart

Laß es uͤber mich dahin gehn da

(ſie reißt ihre Kinder zu Boden und wirſt ſich mit ihnen ihm in den Weg)

Hier lieg ich Mit meinen Kindern Laß die armen Waiſen Von deines Pferdes Huf zertreten werden, Es iſt das Aergſte nicht, was du gethan

Rudolph

Weib, ſeid ihr raſend?

Armgart
(heftiger fortfahrend)

Trateſt du doch laͤngſt Das Land des Kaiſers unter deine Fuͤße! O ich bin nur ein Weib! Waͤr ich ein Mann, Ich wuͤßte wohl was beſſeres, als hier Im Staub zu liegen

(Man hört die vorige Muſik wieder auf der Höhe des Wegs, aber gedämpft)
Geßler

Wo ſind meine Knechte? Man reiſſe ſie von hinnen oder ich Vergeſſe mich und thue was mich reuet.

200
Rudolph

Die Knechte koͤnnen nicht hindurch, o Herr, Der Hohlweg iſt geſperrt durch eine Hochzeit.

Geßler

Ein allzumilder Herrſcher bin ich noch Gegen dieß Volk die Zungen ſind noch frei, Es iſt noch nicht ganz wie es ſoll gebaͤndigt Doch es ſoll anders werden, ich gelob es, Ich will ihn brechen dieſen ſtarren Sinn, Den kecken Geiſt der Freiheit will ich beugen. Ein neu Geſetz will ich in dieſen Landen Verkuͤndigen Ich will

(ein Pfeil durchbohrt ihn, er fährt mit der Hand ans Herz und will ſinken. Mit matter Stimme)

Gott ſei mir gnaͤdig!

Rudolph

Herr Landvogt Gott was iſt das? Woher kam das?

Armgart
(auffahrend)

Mord! Mord! Er taumelt, ſinkt! Er iſt getroffen!

Rudolph
(ſpringtavom Pferde)

Welch graͤßliches Ereigniß Gott Herr Ritter 201 Ruft die Erbarmung Gottes an Ihr ſeid Ein Mann des Todes!

Geßler

Das iſt Tells Geſchoß.

(iſt vom Pferd herab dem Rudolph Harras in den Arm ge - gleitet und wird auf der Bank niedergelaſſen)
Tell
(erſcheint oben auf der Höhe des Felſen)

Du kennſt den Schuͤtzen, ſuche keinen andern! Frei ſind die Huͤtten, ſicher iſt die Unſchuld Vor dir, du wirſt dem Lande nicht mehr ſchaden.

(verſchwindet von der Höhe. Volk ſtürzt herein)
Stuͤſſi
(voran)

Was giebt es hier? Was hat ſich zugetragen?

Armgart

Der Landvogt iſt von einem Pfeil durchſchoſſen.

Volk
(im Hereinſtürzen)

Wer iſt erſchoſſen?

(indem die vorderſten von dem Brautzug auf die Scene kom - men ſind die hinterſten noch auf der Höhe, und die Mu - ſik geht fort)
202
Rudolph der Harras

Er verblutet ſich. Fort, ſchaffet Hilfe! Sezt dem Moͤrder nach! Verlorner Mann, ſo muß es mit dir enden, Doch meine Warnung wollteſt du nicht hoͤren!

Stuͤſſi

Bei Gott! da liegt er bleich und ohne Leben!

Viele Stimmen

Wer hat die That gethan?

Rudolph der Harras

Raßt dieſes Volk, Daß es dem Mord Muſik macht? Laßt ſie ſchweigen.

(Muſik bricht plötzlich ab, es kommt noch mehr Volk nach)

Herr Landvogt, redet, wenn ihr koͤnnt Habt ihr Mir nichts mehr zu vertraun?

(Geßler giebt Zeichen mit der Hand, die er mit Heftigkeit wiederholt, da ſie nicht gleich verſtanden werden)

Wo ſoll ich hin? Nach Kuͤßnacht? Ich verſteh euch nicht O werdet Nicht ungeduldig Laßt das Irdiſche, Denkt jezt, euch mit dem Himmel zu verſoͤhnen.

(die ganze Hochzeitgeſellſchaft umſteht den Sterbenden mit einem fühlloſen Grauſen)
203
Stuͤſſi

Sieh wie er bleich wird Jezt, jezt tritt der Tod Ihm an das Herz die Augen ſind gebrochen.

Armgart
(hebt ein Kind empor)

Seht Kinder, wie ein Wuͤtherich verſcheidet!

Rudolph der Harras

Wahnſinnge Weiber, habt ihr kein Gefuͤhl, Daß ihr den Blick an dieſem Schreckniß weidet? Helft Leget Hand an Steht mir niemand bei, Den Schmerzenspfeil ihm aus der Bruſt zu ziehn?

Weiber
(treten zurück)

Wir ihn beruͤhren, welchen Gott geſchlagen!

Rudolph der Harras

Fluch treff euch und Verdammniß!

(zieht das Schwert)
Stuͤſſi
(fällt ihm in den Arm)

Wagt es Herr! Eu’r Walten hat ein Ende. Der Tyrann Des Landes iſt gefallen. Wir erdulden Keine Gewalt mehr. Wir ſind freie Menſchen.

204
Alle
(tumultuariſch)

Das Land iſt frei.

Rudolph der Harras

Iſt es dahin gekommen? Endet die Furcht ſo ſchnell und der Gehorſam?

(zu den Waffenknechten, die hereindringen)

Ihr ſeht die grauſenvolle That des Mords Die hier geſchehen Huͤlfe iſt umſonſt Vergeblich iſts, dem Moͤrder nachzuſetzen. Uns draͤngen andre Sorgen Auf, nach Kuͤßnacht, Daß wir dem Kaiſer ſeine Veſte retten! Denn aufgeloͤßt in dieſem Augenblick Sind aller Ordnung, aller Pflichten Bande, Und keines Mannes Treu iſt zu vertrauen.

(indem er mit den Waffenknechten abgeht, erſcheinen ſechs barmherzige Brüder)
Armgart

Platz! Platz! da kommen die barmherzgen Bruͤder.

Stuͤſſi

Das Opfer liegt Die Raben ſteigen nieder.

205
Barmherzige Bruͤder.
(ſchließen einen Halbkreis um den Todten und ſingen in tiefem Ton)

Raſch tritt der Tod den Menſchen an, Es iſt ihm keine Friſt gegeben, Es ſtuͤrzt ihn mitten in der Bahn, Es reißt ihn fort vom vollen Leben, Bereitet oder nicht, zu gehen, Er muß vor ſeinen Richter ſtehen!

(indem die lezten Zeilen wiederhohlt werden fällt der Vorhang.)
s206

Fuͤnfter Aufzug

Erſte Scene

Oeffentlicher Platz bei Altorf. Im Hintergrunde rechts die Be - ſte Zwing Uri mit dem noch ſtehenden Baugerüſte, wie in der dritten Scene des erſten Aufzugs; links eine Auſſicht in viele Berge hinein, auf welchen allen Signalfeuer brennen. Es iſt eben Tagesanbruch, Glocken ertönen aus verſchiedenen Fernen.
Ruodi, Kuoni, Werni, Meiſter Steinmetz und viele andre Landleute, auch Weiber und Kinder.
Ruodi

Seht ihr die Feuerſignale auf den Bergen?

Steinmetz

Hoͤrt ihr die Glocken druͤben uͤberm Wald?

Ruodi

Die Feinde ſind verjagt.

Steinmetz

Die Burgen ſind erobert.

Ruodi

Und wir im Lande Uri dulden noch Auf unſerm Boden das Tyrannenſchloß? Sind wir die lezten, die ſich frei erklaͤren?

207
Steinmetz

Das Joch ſoll ſtehen, das uns zwingen wollte? Auf, reißt es nieder!

Alle

Nieder! Nieder! Nieder!

Ruodi

Wo iſt der Stier von Uri?

Stier von Uri

Hier. Was ſoll ich?

Ruodi

Steigt auf die Hochwacht, blaßt in euer Horn, Daß es weitſchmetternd in die Berge ſchalle, Und jedes Echo in den Felſenkluͤften Aufweckend, ſchnell die Maͤnner des Gebirgs Zuſammenrufe.

(Stier von Uri geht ab. Walther Fürſt kommt)
Walther Fuͤrſt

Haltet Freunde! Haltet! Noch fehlt uns Kunde was in Unterwalden Und Schwytz geſchehen. Laßt uns Boten erſt Erwarten.

s 2
208
Ruodi

Was erwarten? Der Tyrann Iſt todt, der Tag der Freiheit iſt erſchienen.

Steinmetz

Iſts nicht genug an dieſen flammenden Boten, Die rings herum auf allen Bergen leuchten?

Ruodi

Kommt alle, kommt, legt Hand an, Maͤnner und Weiber! Brecht das Geruͤſte! Sprengt die Bogen! Reißt Die Mauern ein! Kein Stein bleib auf dem andern.

Steinmetz

Geſellen kommt! Wir habens aufgebaut, Wir wiſſens zu zerſtoͤren.

Alle

Kommt! Reißt nieder.

(Sie ſtürzen ſich von allen Seiten auf den Bau)
Walther Fuͤrſt

Es iſt im Lauf. Ich kann ſie nicht mehr halten.

Melchthal und Baumgarten kommen
Melchthal

Was? Steht die Burg noch und Schloß Sarnen liegt In Aſche und der Roßberg iſt gebrochen?

209
Walther Fuͤrſt

Seid ihr es Melchthal? Bringt ihr uns die Freiheit? Sagt! Sind die Lande alle rein vom Feind?

Melchthal
(umarmt ihn)

Rein iſt der Boden. Freut euch, alter Vater! In dieſem Augenblicke, da wir reden, Iſt kein Tyrann mehr in der Schweitzer Land.

Walther Fuͤrſt

O ſprecht, wie wurdet ihr der Burgen maͤchtig?

Melchthal

Der Rudenz war es, der das Sarner Schloß Mit mannlich kuͤhner Wagethat gewann, Den Roßberg hatt ich Nachts zuvor erſtiegen. Doch hoͤret, was geſchah. Als wir das Schloß Vom Feind geleert, nun freudig angezuͤndet, Die Flamme praſſelnd ſchon zum Himmel ſchlug, Da ſtuͤrzt der Diethelm, Geßlers Bub, hervor, Und ruft, daß die Brunekerinn verbrenne.

Walther Fuͤrſt

Gerechter Gott!

(Man hört die Balken des Gerüſtes ſtürzen)
s 3
210
Melchthal

Sie war es ſelbſt, war heimlich Hier eingeſchloſſen auf des Vogts Geheiß. Raſend erhub ſich Rudenz denn wir hoͤrten Die Balken ſchon, die feſten Pfoſten ſtuͤrzen, Und aus dem Rauch hervor den Jammerruf Der Ungluͤckſeligen.

Walther Fuͤrſt

Sie iſt gerettet?

Melchthal

Da galt Geſchwindſeyn und Entſchloſſenheit! Waͤr er nur unſer Edelmann geweſen, Wir haͤtten unſer Leben wohl geliebt, Doch er war unſer Eidgenoß und Bertha Ehrte das Volk So ſezten wir getroſt Das Leben dran, und ſtuͤrzten in das Feuer.

Walther Fuͤrſt

Sie iſt gerettet?

Melchthal

Sie iſts. Rudenz und ich, Wir trugen ſie ſelbander aus den Flammen,211 Und hinter uns fiel krachend das Gebaͤlk. Und jezt, als ſie gerettet ſich erkannte, Die Augen aufſchlug zu dem Himmelslicht, Jetzt ſtuͤrzte mir der Freiherr an das Herz, Und ſchweigend ward ein Buͤndniß jezt beſchworen, Das feſt gehaͤrtet in des Feuers Glut Beſtehen wird in allen Schickſalsproben

Walther Fuͤrſt

Wo iſt der Landenberg?

Melchthal

Ueber den Bruͤnig. Nicht lags an mir, daß er das Licht der Augen Davon trug, der den Vater mir geblendet. Nach jagt ich ihm, erreicht ihn auf der Flucht, Und riß ihn zu den Fuͤſſen meines Vaters. Geſchwungen uͤber ihm war ſchon das Schwerdt, Von der Barmherzigkeit des blinden Greiſes Erhielt er flehend das Geſchenk des Lebens. Urphede ſchwur er, nie zuruͤck zu kehren, Er wird ſie halten, unſern Arm hat er Gefuͤhlt.

212
Walther Fuͤrſt

Wohl euch, daß ihr den reinen Sieg Mit Blute nicht geſchaͤndet!

Kinder
(eilen mit Trümmern des Gerüſtes über die Scene)

Freiheit! Freiheit!

(das Horn von Uri wird mit Macht geblaſen)
Walther Fuͤrſt

Seht, welch ein Feſt! Des Tages werden ſich Die Kinder ſpaͤt als Greiſe noch erinnern.

(Mädchen bringen den Hut auf einer Stange getragen, die ganze Scene füllt ſich mit Volk an)
Ruodi

Hier iſt der Hut, dem wir uns beugen mußten.

Baumgarten

Gebt uns Beſcheid, was damit werden ſoll.

Walther Fuͤrſt.

Gott! Unter dieſem Hute ſtand mein Enkel!

Mehrere Stimmen

Zerſtoͤrt das Denkmal der Tyrannenmacht! Ins Feuer mit ihm!

213
Walther Fuͤrſt

Nein, laßt ihn aufbewahren! Der Tyrannei mußt er zum Werkzeug dienen, Er ſoll der Freiheit ewig Zeichen ſeyn!

(die Landleute, Männer, Weiber und Kinder ſtehen und ſitzen auf den Balken des zerbrochenen Gerüſtes mahle - riſch gruppiert in einem großen Halbkreis umher)
Melchthal

So ſtehen wir nun froͤhlich auf den Truͤmmern Der Tyrannei, und herrlich iſts erfuͤllt, Was wir im Ruͤtli ſchwuren, Eidgenoſſen.

Walther Fuͤrſt

Das Werk iſt angefangen, nicht vollendet. Jezt iſt uns Muth und feſte Eintracht noth, Denn ſeid gewiß, nicht ſaͤumen wird der Koͤnig, Den Tod zu raͤchen ſeines Vogts, und den Vertriebnen mit Gewalt zuruͤck zu fuͤhren.

Melchthal.

Er zieh heran mit ſeiner Heeresmacht, Iſt aus dem Innern doch der Feind verjagt, Dem Feind von auſſen wollen wir begegnen.

214
Ruodi

Nur wenge Paͤſſe oͤffnen ihm das Land, Die wollen wir mit unſern Leibern decken.

Baumgarten

Wir ſind vereinigt durch ein ewig Band, Und ſeine Heere ſollen uns nicht ſchrecken!

Roͤſſelmann und Stauffacher kommen.
Roͤſſelmann
(im Eintreten.)

Das ſind des Himmels furchtbare Gerichte.

Landleute

Was giebts?

Roͤſſelmann

In welchen Zeiten leben wir!

Walther Fuͤrſt

Sagt an, was iſt es? Ha, ſeid ihrs Herr Werner? Was bringt ihr uns?

Landleute

Was giebts?

Roͤſſelmann

Hoͤrt und erſtaunet!

215
Stauffacher

Von einer großen Furcht ſind wir befreit

Roͤſſelmann

Der Kaiſer iſt ermordet.

Walther Fuͤrſt

Gnaͤdger Gott!

(Landleute machen einen Aufſtand und umdrängen den Stauffacher)
Alle

Ermordet! Was! Der Kaiſer! Hoͤrt! Der Kaiſer!

Melchthal

Nicht moͤglich! Woher kam euch dieſe Kunde?

Stauffacher

Es iſt gewiß. Bei Bruck fiel Koͤnig Albrecht Durch Moͤrders Hand ein glaubenwerther Mann, Johannes Muͤller bracht es von Schafhauſen.

Walther Fuͤrſt

Wer wagte ſolche grauenvolle That?

Stauffacher

Sie wird noch grauenvoller durch den Thaͤter. 216Es war ſein Neffe, ſeines Bruders Kind, Herzog Johann von Schwaben, ders vollbrachte.

Melchthal

Was trieb ihn zu der That des Vatermords?

Stauffacher

Der Kaiſer hielt das vaͤterliche Erbe Dem ungeduldig mahnenden zuruͤck, Es hieß, er denk ihn ganz darum zu kuͤrzen, Mit einem Viſchoffshut ihn abzufinden. Wie dem auch ſey der Juͤngling oͤfnete Der Waffenfreunde boͤſem Rath ſein Ohr, Und mit den edeln Herrn von Eſchenbach, Von Tegerfelden, von der Wart und Palm, Beſchloß er, da er Recht nicht konnte finden, Sich Rach zu hohlen mit der eignen Hand.

Walther Fuͤrſt

O ſprecht, wie ward das Graͤßliche vollendet?

Stauffacher

Der Koͤnig ritt herab vom Stein zu Baden, Gen Rheinfeld, wo die Hofſtatt war, zu ziehn, Mit ihm die Fuͤrſten, Hans und Leopold,217 Und ein Gefolge hochgebohrner Herren. Und als ſie kamen an die Reuß, wo man Auf einer Faͤhre ſich laͤßt uͤberſetzen, Da draͤngten ſich die Moͤrder in das Schiff, Daß ſie den Kaiſer vom Gefolge trennten. Drauf als der Fuͤrſt durch ein geackert Feld Hinreitet eine alte große Stadt Soll drunter liegen aus der Heiden Zeit Die alte Veſte Habsburg im Geſicht, Wo ſeines Stammes Hoheit ausgegangen Stoͤßt Herzog Hans den Dolch ihm in die Kehle, Rudolph von Palm durchrennt ihn mit dem Speer, Und Eſchenbach zerſpaltet ihm das Haupt, Daß er herunter ſinkt in ſeinem Blut, Gemordet von den Seinen, auf dem Seinen. Am andern Ufer ſahen ſie die That, Doch durch den Strom geſchieden, konnten ſie Nur ein ohnmaͤchtig Wehgeſchrey erheben; Am Wege aber ſaß ein armes Weib, In ihrem Schooß verblutete der Kaiſer.

t
218
Melchthal

So hat er nur ſein fruͤhes Grab gegraben, Der unerſaͤttlich alles wollte haben!

Stauffacher

Ein ungeheurer Schrecken iſt im Land umher, Geſperrt ſind alle Paͤſſe des Gebirgs, Jedweder Stand verwahret ſeine Grenzen, Die alte Zuͤrich ſelbſt ſchloß ihre Thore, Die dreißig Jahr lang offen ſtanden, zu, Die Moͤrder fuͤrchtend und noch mehr die Raͤcher. Denn mit des Bannes Fluch bewaffnet kommt Der Ungarn Koͤniginn, die ſtrenge Agnes, Die nicht die Milde kennet ihres zarten Geſchlechts, des Vaters koͤnigliches Blut Zu raͤchen an der Moͤrder ganzem Stamm, An ihren Knechten, Kindern, Kindeskindern, Ja an den Steinen ihrer Schloͤſſer ſelbſt. Geſchworen hat ſie, ganze Zeugungen Hinabzuſenden in des Vaters Grab, In Blut ſich wie in Mayenthau zu baden.

219
Melchthal

Weiß man, wo ſich die Moͤrder hingefluͤchtet?

Stauffacher

Sie flohen alsbald nach vollbrachter That Auf fuͤnf verſchiednen Straſſen auseinander, Und trennten ſich, um nie ſich mehr zu ſehn Herzog Johann ſoll irren im Gebirge.

Walther Fuͤrſt

So traͤgt die Unthat ihnen keine Frucht! Rache traͤgt keine Frucht! Sich ſelbſt iſt ſie Die fuͤrchterliche Nahrung, ihr Genuß Iſt Mord, und ihre Saͤttigung das Grauſen.

Stauffacher

Den Moͤrdern bringt die Unthat nicht Gewinn, Wir aber brechen mit der reinen Hand Des blutgen Frevels ſegenvolle Frucht. Denn einer großen Furcht ſind wir entledigt, Gefallen iſt der Freiheit groͤßter Feind, Und, wie verlautet, wird das Scepter gehn Aus Habsburgs Haus zu einem andern Stamm, Das Reich will ſeine Wahlfreiheit behaupten.

t 2
220
Walther Fuͤrſt und mehrere

Vernahmt ihr was?

Stauffacher

Der Graf von Luxemburg Iſt von den mehrſten Stimmen ſchon bezeichnet.

Walther Fuͤrſt

Wohl uns, daß wir beim Reiche treu gehalten, Jezt iſt zu hoffen auf Gerechtigkeit!

Stauffacher

Dem neuen Herrn thun tapfre Freunde noth, Er wird uns ſchirmen gegen Oeſtreichs Rache.

(die Landleute umarmen einander)
Sigriſt mit einem Reichsboten
Sigriſt

Hier ſind des Landes wuͤrdge Oberhaͤupter.

Roͤſſelmann und mehrere

Sigriſt, was giebts?

Sigriſt

Ein Reichsbot bringt dieß Schreiben.

Alle
(zu Walther Fürſt)

Erbrecht und leſet.

221
Walther Fuͤrſt
(liest)

Den beſcheidnen Maͤnnern Von Uri, Schwyz und Unterwalden bietet Die Koͤnigin Elsbeth Gnad und alles Gutes

Viele Stimmen

Was will die Koͤnigin? Ihr Reich iſt aus.

Walther Fuͤrſt
(liest)

In ihrem großen Schmerz und Wittwenleid Worein der blutge Hinſcheid ihres Herrn Die Koͤnigin verſezt, gedenkt ſie noch Der alten Treu und Lieb der Schwyzerlande.

Melchthal

In ihrem Gluͤck hat ſie das nie gethan.

Roͤſſelmann

Still! Laſſet hoͤren!

Walther Fuͤrſt
(liest)

Und ſie verſieht ſich zu dem treuen Volk, Daß es gerechten Abſcheu werde tragen Vor den verfluchten Thaͤtern dieſer That. Darum erwartet ſie von den drey Landen, Daß ſie den Moͤrdern nimmer Vorſchub thun,t 3222 Vielmehr getreulich dazu helfen werden, Sie auszuliefern in des Raͤchers Hand, Der Lieb gedenkend und der alten Gunſt, Die ſie von Rudolphs Fuͤrſtenhaus empfangen.

(Zeichen des Unwillens unter den Landleuten)
Viele Stimmen

Der Lieb und Gunſt!

Stauffacher

Wir haben Gunſt empfangen von dem Vater, Doch weſſen ruͤhmen wir uns von dem Sohn? Hat er den Brief der Freiheit uns beſtaͤtigt, Wie vor ihm alle Kaiſer doch gethan? Hat er gerichtet nach gerechtem Spruch, Und der bedraͤngten Unſchuld Schutz verliehn? Hat er auch nur die Boten wollen hoͤren, Die wir in unſrer Angſt zu ihm geſendet? Nicht eins von dieſem allen hat der Koͤnig An uns gethan und haͤtten wir nicht ſelbſt Uns Recht verſchafft mit eigner muthger Hand, Ihn ruͤhrte unſre Noth nicht an Ihm Dank? Nicht Dank hat er geſaͤt in dieſen Thaͤlern. 223Er ſtand auf einem hohen Platz, er konnte Ein Vater ſeiner Voͤlker ſeyn, doch ihm Gefiel es, nur zu ſorgen fuͤr die Seinen, Die er gemehrt hat, moͤgen um ihn weinen!

Walther Fuͤrſt

Wir wollen nicht frohlocken ſeines Falls, Nicht des empfangnen Boͤſen jezt gedenken, Fern ſei’s von uns! Doch, daß wir raͤchen ſollten Des Koͤnigs Tod, der nie uns Gutes that, Und die verfolgen, die uns nie betruͤbten, Das ziemt uns nicht und will uns nicht gebuͤhren. Die Liebe will ein freies Opfer ſeyn, Der Tod entbindet von erzwungnen Pflichten, Ihm haben wir nichts weiter zu entrichten.

Melchthal

Und weint die Koͤnigin in ihrer Kammer, Und klagt ihr wilder Schmerz den Himmel an, So ſeht ihr hier ein angſtbefreites Volk Zu eben dieſem Himmel dankend flehen Wer Thraͤnen aͤrnten will, muß Liebe ſaͤen.

(Reichsbote geht ab)
224
Stauffacher
(zu dem Volk)

Wo iſt der Tell? Soll Er allein uns fehlen, Der unſrer Freiheit Stifter iſt? Das Groͤßte Hat er gethan, das Haͤrteſte erduldet, Kommt alle, kommt, nach ſeinem Haus zu wallen, Und rufet Heil dem Retter von uns allen.

(Alle gehen ab)

Zweite Scene

Tells Hausflur. Ein Feuer brennt auf dem Heerd. Die offen - ſtehende Thüre zeigt ins Freie.
Hedwig. Walther und Wilhelm.
Hedwig

Heut kommt der Vater. Kinder, liebe Kinder! Er lebt, iſt frei, und wir ſind frei und alles! Und euer Vater iſts, der’s Land gerettet.

Walther

Und ich bin auch dabei geweſen, Mutter! Mich muß man auch mit nennen. Vaters Pfeil Gieng mir am Leben hart vorbei und ich Hab nicht gezittert.

225
Hedwig
(umarmt ihn)

Ja du biſt mir wieder Gegeben! Zweimal hab ich dich gebohren! Zweimal litt ich den Mutterſchmerz um dich! Es iſt vorbei Ich hab euch beide, beide! Und heute kommt der liebe Vater wieder!

(Ein Mönch erſcheint an der Hausthüre)
Wilhelm

Sieh Mutter ſieh dort ſteht ein frommer Bruder, Gewiß wird er um eine Gabe flehn.

Hedwig

Fuͤhr ihn herein, damit wir ihn erquicken, Er fuͤhls, daß er ins Freudenhaus gekommen.

(geht hinein und kommt bald mit einem Becher wieder)
Wilhelm
(zum Mönch)

Kommt, guter Mann. Die Mutter will euch laben.

Walther

Kommt, ruht euch aus und geht geſtaͤrkt von dannen.

Moͤnch
(ſcheu umherblickend, mit zerſtörten Zügen)

Wo bin ich? Saget an, in welchem Lande?

226
Walther

Seid ihr verirret, daß ihr das nicht wißt? Ihr ſeid zu Buͤrglen, Herr, im Lande Uri, Wo man hineingeht in das Schaͤchenthal.

Moͤnch
(zur Hedwig, welche zurückkommt)

Seid ihr allein? Iſt euer Herr zu Hauſe?

Hedwig

Ich erwart ihn eben doch was iſt euch, Mann? Ihr ſeht nicht aus, als ob ihr Gutes braͤchtet. Wer ihr auch ſeid, ihr ſeid beduͤrftig, nehmt!

(reicht ihm den Becher)
Moͤnch

Wie auch mein lechzend Herz nach Labung ſchmachtet, Nichts ruͤhr ich an, bis ihr mir zugeſagt

Hedwig

Beruͤhrt mein Kleid nicht, tretet mir nicht nah Bleibt ferne ſtehn, wenn ich euch hoͤren ſoll.

Moͤnch

Bei dieſem Feuer, das hier gaſtlich lodert,227 Bei eurer Kinder theurem Haupt, das ich Umfaſſe

(ergreift die Knaben)
Hedwig

Mann, was ſinnet ihr? Zuruͤck Von meinen Kindern! Ihr ſeid kein Moͤnch! Ihr ſeid Es nicht! Der Friede wohnt in dieſem Kleide, In euren Zuͤgen wohnt der Friede nicht.

Moͤnch

Ich bin der ungluͤckſeligſte der Menſchen.

Hedwig

Das Ungluͤck ſpricht gewaltig zu dem Herzen, Doch euer Blick ſchnuͤrt mir das Innre zu.

Walther
(aufſpringend)

Mutter, der Vater!

(eilt hinaus)
Hedwig

O mein Gott!

(will nach, zittert und hält ſich an)
Wilhelm
(eilt nach)

Der Vater!

228
Walther
(draußen)

Da biſt du wieder!

Wilhelm
(draußen)

Vater, lieber Vater!

Tell
(draußen)

Da bin ich wieder Wo iſt eure Mutter?

(treten herein)
Walther

Da ſteht ſie an der Thuͤr und kann nicht weiter, So zittert ſie fuͤr Schrecken und fuͤr Freude.

Tell

O Hedwig, Hedwig! Mutter meiner Kinder! Gott hat geholfen Uns trennt kein Tyrann mehr.

Hedwig
(an ſeinem Halſe)

O Tell! Tell! Welche Angſt litt ich um dich!

(Mönch wird aufmerkſam)
Tell

Vergiß ſie jezt und lebe nur der Freude! Da bin ich wieder! Das iſt meine Huͤtte! Ich ſtehe wieder auf dem Meinigen!

229
Wilhelm

Wo aber haſt du deine Armbruſt Vater? Ich ſeh ſie nicht.

Tell

Du wirſt ſie nie mehr ſehn. An heilger Staͤtte iſt ſie aufbewahrt, Sie wird hinfort zu keiner Jagd mehr dienen.

Hedwig

O Tell! Tell!

(tritt zurück, läßt ſeine Hand los.)
Tell

Was erſchreckt dich, liebes Weib?

Hedwig

Wie wie kommſt du mir wieder? Dieſe Hand Darf ich ſie faſſen? Dieſe Hand O Gott!

Tell
(herzlich und muthig)

Hat euch vertheidigt und das Land gerettet, Ich darf ſie frei hinauf zum Himmel heben.

(Mönch macht eine raſche Bewegung, er erblickt ihn)

Wer iſt der Bruder hier?

u
230
Hedwig

Ach ich vergaß ihn! Sprich du mit ihm, mir graut in ſeiner Naͤhe.

Moͤnch
(tritt näher)

Seid ihr der Tell, durch den der Landvogt fiel?

Tell

Der bin ich, ich verberg es keinem Menſchen.

Moͤnch

Ihr ſeid der Tell! Ach es iſt Gottes Hand, Die unter euer Dach mich hat gefuͤhrt.

Tell
(mißt ihn mit den Augen)

Ihr ſeid kein Moͤnch! Wer ſeid ihr?

Moͤnch

Ihr erſchlugt Den Landvogt, der euch Boͤſes that Auch ich Hab einen Feind erſchlagen, der mir Recht Verſagte Er war euer Feind wie meiner Ich hab das Land von ihm befreit.

Tell
(zurückfahrend)

Ihr ſeid Entſetzen! Kinder! Kinder geht hinein. 231Geh liebes Weib! Geh! Geh! Ungluͤcklicher, Ihr waͤret

Hedwig

Gott, wer iſt es?

Tell

Frage nicht! Fort! Fort! Die Kinder duͤrfen es nicht hoͤren. Geh aus dem Hauſe Weit hinweg Du darfſt Nicht unter Einem Dach mit dieſem wohnen.

Hedwig

Weh mir, was iſt das? Kommt!

(geht mit den Kindern)
Tell
(zu dem Mönch)

Ihr ſeid der Herzog Von Oeſterreich Ihr ſeids! Ihr habt den Kaiſer Erſchlagen, euern Oh’m und Herrn.

Johannes Parricida.

Er war Der Raͤuber meines Erbes.

Tell

Euern Ohmu 2232Erſchlagen, euern Kaiſer! Und euch traͤgt Die Erde noch! Euch leuchtet noch die Sonne!

Parricida

Tell, hoͤrt mich, eh ihr

Tell

Von dem Blute triefend Des Vatermordes und des Kaiſermords, Wagſt du zu treten in mein reines Haus, Du wagſts, dein Antliz einem guten Menſchen Zu zeigen und das Gaſtrecht zu begehren?

Parricida

Bei euch hofft ich Barmherzigkeit zu finden, Auch ihr nahmt Rach an euerm Feind.

Tell

Ungluͤcklicher! Darfſt du der Ehrſucht blutge Schuld vermengen Mit der gerechten Nothwehr eines Vaters? Haſt du der Kinder liebes Haupt vertheidigt? Des Heerdes Heiligthum beſchuͤtzt? das Schrecklichſte, Das Lezte von den deinen abgewehrt? Zum Himmel heb ich meine reinen Haͤnde,233 Verfluche dich und deine That Geraͤcht Hab ich die heilige Natur, die du Geſchaͤndet Nichts theil ich mit dir Gemordet Haſt du, ich hab mein theuerſtes vertheidigt.

Parricida

Ihr ſtoßt mich von euch, troſtlos, in Verzweiflung?

Tell

Mich faßt ein Grauſen, da ich mit dir rede. Fort! Wandle deine fuͤrchterliche Straße, Laß rein die Huͤtte, wo die Unſchuld wohnt.

Parricida
(wendet ſich zu gehn)

So kann ich, und ſo will ich nicht mehr leben!

Tell

Und doch erbarmt mich deiner Gott des Himmels! So jung, von ſolchem adelichen Stamm, Der Enkel Rudolphs, meines Herrn und Kaiſers, Als Moͤrder fluͤchtig, hier an meiner Schwelle, Des armen Mannes, flehend und verzweifelnd

(verhüllt ſich das G ſicht)
Parricida

O wenn ihr weinen koͤnnt, laßt mein Geſchicku 3234Euch jammern, es iſt fuͤrchterlich Ich bin Ein Fuͤrſt ich wars ich konnte gluͤcklich werden Wenn ich der Wuͤnſche Ungeduld bezwang. Der Neid zernagte mir das Herz Ich ſah Die Jugend meines Vetters Leopold Gekroͤnt mit Ehre und mit Land belohnt, Und mich, der gleiches Alters mit ihm war, In ſclaviſcher Unmuͤndigkeit gehalten

Tell

Ungluͤcklicher, wohl kannte dich dein Ohm, Da er dir Land und Leute weigerte! Du ſelbſt mit raſcher wilder Wahnſinnsthat Rechtfertigſt furchtbar ſeinen weiſen Schluß. Wo ſind die blutgen Helfer deines Mords?

Parricida

Wohin die Rachegeiſter ſie gefuͤhrt, Ich ſah ſie ſeit der Ungluͤcksthat nicht wieder.

Tell

Weißt du, daß dich die Acht verfolgt, daß du Dem Freund verboten und dem Feind erlaubt?

235
Parricida

Darum vermeid ich alle ofne Straſſen, An keine Huͤtte wag ich anzupochen Der Wuͤſte kehr ich meine Schritte zu, Mein eignes Schreckniß irr ich durch die Berge, Und fahre ſchaudernd vor mir ſelbſt zuruͤck, Zeigt mir ein Bach mein ungluͤckſelig Bild. O wenn ihr Mitleid fuͤhlt und Menſchlichkeit

(fällt vor ihm nieder)
Tell
(abgewendet)

Steht auf! Steht auf!

Parricida

Nicht bis ihr mir die Hand gereicht zur Huͤlfe.

Tell

Kann ich euch helfen? Kanns ein Menſch der Suͤnde? Doch ſtehet auf Was ihr auch graͤßliches Veruͤbt Ihr ſeid ein Menſch Ich bin es auch Vom Tell ſoll keiner ungetroͤſtet ſcheiden Was ich vermag, das will ich thun.

236
Parricida
(aufſpringend und ſeine Hand mit Heftigkeit ergreifend)

O Tell! Ihr rettet meine Seele von Verzweiflung.

Tell

Laßt meine Hand los Ihr muͤßt fort. Hier koͤnnt Ihr unentdeckt nicht bleiben, koͤnnt entdeckt Auf Schutz nicht rechnen Wo gedenkt ihr hin? Wo hofft ihr Ruh zu finden?

Parricida

Weiß ichs? Ach!

Tell

Hoͤrt was mir Gott ins Herz giebt Ihr muͤßt fort Ins Land Italien, nach Sankt Peters Stadt, Dort werft ihr euch dem Papſt zu Fuͤſſen, beichtet Ihm eure Schuld und loͤſet eure Seele.

Parricida

Wird er mich nicht dem Raͤcher uͤberliefern?

Tell

Was er euch thut, das nehmet an von Gott.

237
Parricida

Wie komm ich in das unbekannte Land? Ich bin des Wegs nicht kundig, wage nicht Zu Wanderern die Schritte zu geſellen.

Tell

Den Weg will ich euch nennen, merket wohl! Ihr ſteigt hinauf, dem Strom der Reuß entgegen, Die wildes Laufes von dem Berge ſtuͤrzt

Parricida
(erſchrickt)

Seh ich die Reuß? Sie floß bei meiner That.

Tell

Am Abgrund geht der Weg und viele Kreutze Bezeichnen ihn, errichtet zum Gedaͤchtniß Der Wanderer, die die Lawine begraben.

Parricida

Ich fuͤrchte nicht die Schrecken der Natur, Wenn ich des Herzens wilde Qualen zaͤhme.

Tell

Vor jedem Kreutze fallet hin und buͤßet238 Mit heiſſen Reuethraͤnen eure Schuld Und ſeid ihr gluͤcklich durch die Schreckensſtraße, Sendet der Berg nicht ſeine Windeswehen Auf euch herab von dem beeißten Joch, So kommt ihr auf die Bruͤcke, welche ſtaͤubet. Wenn ſie nicht einbricht unter eurer Schuld, Wenn ihr ſie gluͤcklich hinter euch gelaſſen, So reißt ein ſchwarzes Felſenthor ſich auf, Kein Tag hats noch erhellt da geht ihr durch, Es fuͤhrt euch in ein heitres Thal der Freude Doch ſchnellen Schritts muͤßt ihr voruͤber eilen, Ihr duͤrft nicht weilen, wo die Ruhe wohnt.

Parricida

O Rudolph! Rudolph! Koͤniglicher Ahn! So zieht dein Enkel ein auf deines Reiches Boden!

Tell

So immer ſteigend kommt ihr auf die Hoͤhen Des Gotthardts, wo die ewgen Seen ſind, Die von des Himmels Stroͤmen ſelbſt ſich fuͤllen. Dort nehmt ihr Abſchied von der deutſchen Erde,239 Und muntern Laufs fuͤhrt euch ein andrer Strom Ins Land Italien hinab, euch das gelobte

(Man hört den Kuhreihen von vielen Alphörnern geblaſen)

Ich hoͤre Stimmen. Fort.

Hedwig
(eilt herein)

Wo biſt du Tell? Der Vater kommt! Es nahn in frohem Zug Die Eidgenoſſen alle

Parricida
(verhüllt ſich)

Wehe mir! Ich darf nicht weilen bei den Gluͤcklichen.

Tell

Geh liebes Weib. Erfriſche dieſen Mann, Belad ihn reich mit Gaben, denn ſein Weg Iſt weit und keine Herberg findet er. Eile! Sie nehn.

Hedwig

Wer iſt es?

Tell

Forſche nicht! 240Und wenn er geht, ſo wende deine Augen, Daß ſie nicht ſehen, welchen Weg er wandelt!

(Parricida geht auf den Tell zu mit einer raſchen Bewegung, dieſer aber bedeutet ihn mit der Hand und geht. Wenn beide zu verſchiedenen Seiten abgegangen, verändert ſich der Schau - platz, und man ſieht in der

Letzten Scene

den ganzen Thalgrund vor Tells Wohnung, nebſt den Anhö - hen, welche ihn einſchließen, mit Landleuten beſetzt, welche ſich zu einem Ganzen gruppiren. Andre kommen über einen ho - hen Steg, der über den Schächen führt, gezogen. Wal - ther Fuͤrſt mit den beiden Knaben, Melchthal und Stauffacher kommen vorwärts, andre drängen nach; wie Tell heraustritt, empfangen ihn alle mit lau - tem Frohlocken)
Alle

Es lebe Tell! der Schuͤtz und der Erretter!

(indem ſich die vorderſten um den Tell drängen und ihn um - armen, erſcheinen noch Rudenz und Bertha, jener die Landleute, dieſe die Hedwig umarmend. Die Muſik vom Berge begleitet dieſe ſtumme Scene. Wenn ſie geendigt, tritt Bertha in die Mitte des Volks)
241
Bertha

Landleute! Eidgenoſſen! Nehmt mich auf In euern Bund, die erſte Gluͤckliche, Die Schutz gefunden in der Freiheit Land. In eure tapfre Hand leg ich mein Recht, Wollt ihr als eure Buͤrgerin mich ſchuͤtzen?

Landleute

Das wollen wir mit Gut und Blut.

Bertha

Wohlan! So reich ich dieſem Juͤngling meine Rechte, Die freie Schweizerin dem freien Mann!

Rudenz

Und frei erklaͤr ich alle meine Knechte.

(Indem die Musik von neuem rasch einfällt, fällt der Vorhang.)

About this transcription

TextWilhelm Tell
Author Friedrich Schiller
Extent263 images; 28688 tokens; 6305 types; 187881 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationWilhelm Tell Friedrich Schiller. . 214 S. CottaTübingen1804.

Identification

Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz SBB-PK, Yr 8541<c>http://stabikat.de/DB=1/SET=12/TTL=1/CMD?ACT=SRCHA&IKT=1016&SRT=YOP&TRM=435966898

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Drama; Belletristik; Drama; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:34:33Z
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Holding LibraryStaatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
ShelfmarkSBB-PK, Yr 8541<c>
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