PRIMS Full-text transcription (HTML)
Wiſſenſchaft der Logik.
Zweiter Band. Die ſubjective Logik oder Lehre vom Begriff.
Nuͤrnberg,bey Johann Leonhard Schrag.1816.
[I]
Wiſſenſchaft der ſubjectiven Logik oder die Lehre vom Begriff
[figure]
Nuͤrnberg,bey Johann Leonhard Schrag.1816.
[II][III]

Vorbericht.

Dieſer Theil der Logik, der die Lehre vom Begriffe enthaͤlt, und den dritten Theil des Gan - zen ausmacht, wird auch unter dem beſondern Ti - tel: Syſtem der ſubjectiven Logik, zur Be - quemlichkeit derjenigen Freunde dieſer Wiſſenſchaft ausgegeben, die fuͤr die hier abgehandelten, in dem Umfange der gewoͤhnlich ſo genannten Logik befaßten Materien ein groͤſſeres Intereſſe zu haben gewoͤhnt ſind, als fuͤr die weitern logiſchen Gegenſtaͤnde, die in den beyden erſten Theilen abgehandelt worden. Fuͤr dieſe fruͤhern Theile konnte ich auf die Nach - ſicht billiger Beurtheiler wegen der wenigen Vor - arbeiten Anſpruch machen, die mir einen Anhalt, Materialien und einen Faden des Fortgangs haͤt -* 2tenIVVorbericht.ten gewaͤhren koͤnnen. Bey dem gegenwaͤrtigen, darf ich dieſe Nachſicht vielmehr aus dem entgegen - geſetzten Grunde anſprechen; indem ſich fuͤr die Lo - gik des Begriffs ein voͤllig fertiges und feſtge - wordenes, man kann ſagen, verknoͤchertes Material vorfindet, und die Aufgabe darin beſteht, daſſelbe in Fluͤſſigkeit zu bringen, und den lebendigen Begriff in ſolchem todten Stoffe wieder zu entzuͤnden; wenn es ſeine Schwierigkeiten hat, in einem oͤden Lande eine neue Stadt zu erbauen, ſo findet ſich zwar Material genug, aber deſto mehr Hinderniſſe anderer Art, wenn es darum zu thun iſt, einer al - ten, feſtgebauten, in fortwaͤhrendem Beſitz und Be - wohnung erhaltenen Stadt eine neue Anlage zu geben; man muß ſich unter anderem auch entſchlieſ - ſen, von vielem ſonſt werthgeachtetem des Vorraths gar keinen Gebrauch zu machen.

Vornemlich aber darf die Groͤſſe des Gegen - ſtandes ſelbſt zur Entſchuldigung der unvollkomme - nen Ausfuͤhrung angefuͤhrt werden. Denn welcher Gegenſtand iſt erhabener fuͤr die Erkenntniß, alsdieVVorbericht.die Wahrheit ſelbſt? Der Zweifel aber, ob nicht dieſer Gegenſtand es eben ſey, der einer Ent - ſchuldigung beduͤrfe, liegt nicht aus dem Wege, wenn man ſich des Sinns erinnert, in welchem Pila - tus die Frage: was iſt Wahrheit? ſagte; nach dem Dichter: mit der Miene des Hofmanns, die kurzſichtig, doch laͤchelnd des Ernſtes Sache verdammet. Jene Frage ſchließt dann den Sinn, der als ein Moment der Hoͤflichkeit angeſehen werden kann, und die Erinnerung daran in ſich, daß das Ziel, die Wahrheit zu erkennen, etwas bekanntlich aufge - gebenes, laͤngſt abgethanes, und die Unerreichbarkeit der Wahrheit auch unter Philoſophen und Logikern von Profeſſion etwas anerkanntes ſey? Wenn aber die Frage der Religion nach dem Werthe der Dinge, der Einſichten und Handlungen, die dem Inhalte nach, einen gleichen Sinn hat, in unſern Zeiten ihr Recht ſich wieder mehr vindicirt, ſo muß wohl die Philoſophie hoffen, daß es auch nicht mehr* 3ſoVIVorbericht.ſo auffallend gefunden werde, wenn ſie wieder, zu - naͤchſt in ihrem unmittelbaren Felde, ihr wahrhaftes Ziel geltend macht, und nachdem ſie in die Art und Weiſe und in die Anſpruchsloſigkeit anderer Wiſ - ſenſchaften auf Wahrheit, herabgefallen, ſich wieder zu demſelben zu erheben ſtrebt. Wegen dieſes Ver - ſuchs kann es eigentlich nicht erlaubt ſeyn, eine Entſchuldigung zu machen; aber wegen der Ausfuͤh - rung deſſelben darf ich fuͤr eine ſolche noch erwaͤh - nen, daß meine Amts-Verhaͤltniſſe und andere per - ſoͤnliche Umſtaͤnde mir nur eine zerſtreute Arbeit in einer Wiſſenſchaft geſtatteten, welche einer unzer - ſtreuten und ungetheilten Anſtrengung bedarf und wuͤrdig iſt.

Nuͤrnberg den 21. Jul. 1816.

In -VII

Inhaltsanzeige.

  • Vom Begriff im AllgemeinenS. 1 30.
  • EintheilungS. 30 33.
  • Erſter Abſchnitt.
  • Die SubjectivitaͤtS. 34 191.
  • Erſtes Kapitel.
  • Der BegriffS. 36 70.
  • A. Der allgemeine BegriffS. 37.
  • B. Der beſondre BegriffS. 44.
  • Anm. Die gewoͤhnlichen Arten der BegriffeS. 55.
  • C. Das EinzelneS. 64.
  • Zweytes Kapitel.
  • Das UrtheilS. 71 131.
  • A. Das Urtheil des DaſeynsS. 82 100.
  • a. das poſitiveS. 83.
  • b. das negativeS. 89.
  • c. das unendlicheS. 98.
  • B. Das Urtheil der ReflexionS. 100 111.
  • a. das ſingulaͤreS. 103.
  • b. das particulaͤreS. 104.
  • c. das univerſelleS. 106.
  • VIII
  • C. Das Urtheil der NothwendigkeitS. 111 122.
  • a. das kategoriſcheS. 112.
  • b. das hypothetiſcheS. 113.
  • c. das disjunctiveS. 116.
  • D. Das Urtheil des BegriffsS. 122 131.
  • a. das aſſertoriſcheS. 124.
  • b. das problematiſcheS. 126.
  • c. das apodiktiſcheS. 128.
  • Drittes Kapitel.
  • Der SchlußS. 132 191.
  • A. Der Schluß des DaſeynsS. 135 165.
  • a. erſte FigurS. 136.
  • b. zweyte FigurS. 148.
  • c. dritte FigurS. 153.
  • d. vierte FigurS. 155.
  • Anm. Die gewoͤhnliche Anſicht des SchluſſesS. 158.
  • B. Der Schluß der ReflexionS. 165 178.
  • a. Schluß der AllheitS. 167.
  • b. der InductionS. 170.
  • c. der AnalogieS. 173.
  • C. Der Schluß der NothwendigkeitS. 179 191.
  • a. der kategoriſcheS. 180.
  • b. der hypothetiſcheS. 183.
  • c. der disjunctive SchlußS. 187.
  • IX
  • Zweyter Abſchnitt.
  • Die ObjectivitaͤtS. 192 266.
  • Erſtes Kapitel.
  • Der MechanismusS. 202 225.
  • A. Das mechaniſche ObjectS. 203 207.
  • B. Der mechaniſche ProceßS. 207 219.
  • a. der formaleS. 210.
  • b. der realeS 214.
  • c. das ProductS. 217.
  • C. Der abſolute MechanismusS. 219 225.
  • a. das CentrumS. 219.
  • b. das GeſetzS. 223.
  • c. Uebergang des MechanismusS. 224.
  • Zweytes Kapitel.
  • Der ChemismusS. 226 235.
  • A. Das chemiſche ObjectS. 226 228.
  • B. Der chemiſche ProceßS. 228 232.
  • C. Uebergang des ChemismusS. 233 235.
  • Drittes Kapitel.
  • Die TeleologieS. 236 266.
  • A. Der ſubjective ZweckS. 246 249.
  • B. Das MittelS. 250 253.
  • C. Der ausgefuͤhrte ZweckS. 254 266.
  • X
  • Dritter Abſchnitt.
  • Die Idee .S. 267 bis Ende.
  • Erſtes Kapitel.
  • Das LebenS. 276 297.
  • A. Das lebendige IndividuumS. 281 289.
  • B. Der Lebens-ProceßS. 289 293.
  • C. Die GattungS. 293 297.
  • Zweytes Kapitel.
  • Die Idee des ErkennensS. 298 370.
  • A. Die Idee des WahrenS. 311 362.
  • a. das analytiſche ErkennenS. 316 326.
  • b. das ſynthetiſche ErkennenS. 326 362.
  • 1. die DefinitionS. 328. 2. die Ein - theilungS. 336. 3. der LehrſatzS. 344.
  • B. Die Idee des GutenS. 362 370.
  • Drittes Kapitel.
  • Die abſolute IdeeS. 371 bis Ende.
Vom[1]

Vom Begriff im Allgemeinen.

Was die Natur des Begriffes ſey, kann ſo wenig unmittelbar angegeben werden, als der Begriff irgend eines andern Gegenſtandes unmittelbar aufgeſtellt werden kann. Es koͤnnte etwa ſcheinen, daß um den Begriff eines Gegenſtandes anzugeben, das Logiſche vorausgeſetzt werde, und dieſes ſomit nicht wieder et - was anderes zu ſeinem Voraus haben, noch ein ab - geleitetes ſeyn koͤnne, wie in der Geometrie logiſche Saͤtze, wie ſie in Anwendung auf die Groͤſſe erſcheinen und in dieſer Wiſſenſchaft gebraucht werden, in der Form von Axiomen, unabgeleiteten und un - ableitbaren Erkenntnißbeſtimmungen vorangeſchickt werden. Ob nun wohl der Begriff nicht nur als eine ſubjective Vorausſetzung, ſondern als abſolute Grundlage anzuſehen iſt, ſo kann er diß doch nicht ſeyn, als inſofern er ſich zur Grundlage gemacht hat. Das abſtract-Unmittelbare iſt wohl ein Erſtes; als diß Abſtracte, iſt es aber vielmehr ein Vermitteltes, von dem alſo, wenn es in ſeiner Wahrheit gefaßt werden ſoll, ſeine Grundlage erſt zu ſuchen iſt. Dieſe muß daher zwar ein Unmittelbares ſeyn, aber ſo daß es aus der Aufhebung der Vermittlung ſich zum Unmittelbaren ge - macht hat.

ADer2Vom Begriff

Der Begriff iſt von dieſer Seite zunaͤchſt uͤberhaupt als das Dritte zum Seyn und We - ſen, zum Unmittelbaren und zur Reflexion anzuſehen. Seyn und Weſen ſind inſofern die Mo - mente ſeines Werdens; er aber iſt ihre Grundlage und Wahrheit, als die Identitaͤt, in welcher ſie un - tergegangen und enthalten ſind. Sie ſind in ihm, weil er ihr Reſultat iſt, enthalten, aber nicht mehr als Seyn und als Weſen; dieſe Beſtimmung haben ſie nur, inſofern ſie noch nicht in dieſe ihre Einheit zuruͤck - gegangen ſind.

Die objective Logik, welche das Seyn und Weſen betrachtet, macht daher eigentlich die geneti - ſche Expoſition des Begriffes aus. Naͤher iſt die Subſtanz ſchon das reale Weſen, oder das Weſen, in ſo fern es mit dem Seyn vereinigt und in Wirklichkeit getreten iſt. Der Begriff hat daher die Subſtanz zu ſeiner unmittelbaren Vorausſetzung, ſie iſt das an ſich, was er als manifeſtirtes iſt. Die dialektiſche Bewegung der Subſtanz durch die Cauſalitaͤt und Wechſelwirkung hindurch iſt daher die unmittelbare Geneſis des Begriffes, durch welche ſein Werden dargeſtellt wird. Aber ſein Werden hat, wie das Werden uͤberall, die Bedeutung, daß es die Reflexion des Übergehenden in ſeinen Grund iſt, und daß das zunaͤchſt anſcheinend Andere, in welches das erſtere uͤbergegangen, deſſen Wahrheit ausmacht. So iſt der Begriff die Wahrheit der Subſtanz, und indem die beſtimmte Verhaͤltnißweiſe der Subſtanz die Nothwendigkeit iſt, zeigt ſich die Freyheit als die Wahrheit der Nothwendigkeit, und als die Verhaͤltnißweiſe des Begriffs.

Die eigene, nothwendige Fortbeſtimmung der Sub - ſtanz, iſt das Setzen deſſen, was an und fuͤr ſichiſt;3im Allgemeinen.iſt; der Begriff nun iſt dieſe abſolute Einheit des Seyns und der Reflexion, daß das An - und Fuͤr ſich ſeyn erſt dadurch iſt, daß es eben ſo ſehr Re - flexion oder Geſetztſeyn iſt, und daß das Geſetzt - ſeyn das An - und Fuͤr ſich ſeyn iſt. Diß abſtracte Reſultat erlaͤutert ſich durch die Darſtellung ſeiner concreten Geneſis; ſie enthaͤlt die Natur des Be - griffes; ſie muß aber deſſen Abhandlung vorangegangen ſeyn. Die Hauptmomente dieſer Expoſition, (welche im 2ten Buch der objectiven Logik ausfuͤhrlich abgehandelt worden iſt) ſind daher hier kuͤrzlich zuſammen zu ſtellen:

Die Subſtanz iſt das Abſolute, das an - und fuͤr ſich-ſeyende Wirkliche; an ſich als die einfache Identitaͤt der Moͤglichkeit und Wirklichkeit, abſolutes, alle Wirklichkeit und Moͤglichkeit in ſich enthaltendes Weſen; fuͤr ſich, dieſe Identitaͤt als abſolute Macht oder ſchlechthin ſich auf ſich beziehende Negativitaͤt. Die Bewegung der Subſtantialitaͤt, welche durch dieſe Momente geſetzt iſt, beſteht darin,

1.) Daß die Subſtanz, als abſolute Macht oder ſich auf ſich beziehende Negativitaͤt, ſich zu einem Verhaͤltniſſe unterſcheidet, worin jene zunaͤchſt nur ein - fache Momente, als Subſtanzen, und als urſpruͤng - liche Vorausſetzungen ſind. Das beſtimmte Ver - haͤltniß derſelben iſt das einer paſſiven Subſtanz, der Urſpruͤnglichkeit des einfachen An ſich ſeyns, welches machtlos ſich nicht ſelbſt ſetzend, nur urſpruͤng - liches Geſetztſeyn iſt; und von activer Sub - ſtanz, der ſich auf ſich beziehenden Negativitaͤt, welche als ſolche ſich als andres geſetzt hat, und auf diß Andre bezieht. Diß andre iſt eben die paſſive Subſtanz, welche ſie ſich in der Urſpruͤnglichkeit ihrer Macht als Bedingung vorausgeſetzt hat. Diß Vorausſetzen iſt ſo zu faſſen, daß die Bewegung derA 2Sub -4Vom BegriffSubſtanz ſelbſt zunaͤchſt unter der Form des einen Mo - ments ihres Begriffs, des An ſich ſeyns iſt, daß die Beſtimmtheit der einen der im Verhaͤltniß ſtehen - den Subſtanzen, auch Beſtimmtheit dieſes Verhaͤlt - niſſes ſelbſt iſt.

2.) Das andere Moment iſt das Fuͤrſichſeyn oder daß die Macht ſich als ſich auf ſich ſelbſt beziehende Negativitaͤt ſetzt, wodurch ſie das Voraus - geſetzte wieder aufhebt. Die active Subſtanz iſt die Urſache; ſie wirkt; das heißt, ſie iſt nun das Setzen, wie ſie vorher das Vorausſetzen war, daß a) der Macht auch der Schein der Macht, dem Geſetztſeyn auch der Schein des Geſetztſeyns ge - geben wird. Das, was in der Vorausſetzung ur - ſpruͤngliches war, wird in der Cauſalitaͤt durch die Beziehung auf anderes, das, was es an ſich iſt; die Urſache bringt eine Wirkung, und zwar an einer andern Subſtanz hervor; ſie iſt nunmehr Macht in Beziehung auf ein anderes; erſcheint in ſo fern als Urſache, aber iſt es erſt durch diß Erſchei - nen. An die paſſive Subſtanz tritt die Wirkung, wodurch ſie als Geſetztſeyn nun auch erſcheint, aber erſt darin paſſive Subſtanz iſt.

3.) Aber es iſt noch mehr hierin vorhanden, als nur dieſe Erſcheinung; nemlich a.) Die Urſache wirkt auf die paſſive Subſtanz, ſie veraͤndert deren Beſtimmung; aber dieſe iſt das Geſetztſeyn, ſonſt iſt nichts an ihr zu veraͤndern; die andere Beſtimmung aber, die ſie erhaͤlt, iſt die Urſachlichkeit; die paſſive Subſtanz wird alſo zur Urſache, Macht und Thaͤtigkeit. b) es wird die Wirkung an ihr geſetzt von der Ur - ſache; das aber von der Urſache geſetzte iſt die im Wir - ken mit ſich identiſche Urſache ſelbſt; es iſt dieſe, welche ſich an die Stelle der paſſiven Subſtanz ſetzt. Ebenſo5im Allgemeinen.ſo in Anſehung der activen Subſtanz iſt a.) das Wir - ken das Ueberſetzen der Urſache in die Wirkung, in ihr anderes, das Geſetztſeyn, und b) in der Wirkung zeigt ſich die Urſache als das, was ſie iſt, die Wirkung iſt identiſch mit der Urſache, nicht ein anderes; die Ur - ſache zeigt alſo im Wirken das Geſetztſeyn als das, was ſie weſentlich iſt. Nach beyden Seiten alſo, des iden - tiſchen ſowohl als des negativen Beziehens der an - dern auf ſie, wird jede das Gegentheil ihrer ſelbſt; diß Gegentheil aber wird jede, daß die andere, alſo auch jede, identiſch mit ſich ſelbſt bleibt. Aber beydes, das identiſche und das negative Beziehen, iſt ein und daſſelbe; die Subſtanz iſt nur in ihrem Ge - gentheil identiſch mit ſich ſelbſt, und diß macht die ab - ſolute Identitaͤt der als zwey geſetzten Subſtanzen aus. Die active Subſtanz wird durch das Wirken, d. h. in - dem ſie ſich als das Gegentheil ihrer ſelbſt ſetzt, was zugleich das Aufheben ihres vorausgeſetzten An - dersſeyns, der paſſiven Subſtanz, iſt, als Urſache oder urſpruͤngliche Subſtantialitaͤt manifeſtirt. Umgekehrt wird durch das Einwirken das Geſetztſeyn als Geſetzt - ſeyn, das Negative, als Negatives, ſomit die paſſive Subſtanz als ſich auf ſich beziehende Negativi - taͤt, manifeſtirt; und die Urſache geht in dieſem Andern ihrer ſelbſt ſchlechthin nur mit ſich zuſammen. Durch diß Setzen wird alſo die vorausgeſetzte oder an ſich ſeyende Urſpruͤnglichkeit fuͤr ſich; aber diß An und fuͤr ſich ſeyn iſt nur dadurch, daß diß Setzen eben ſo ſehr ein Aufheben des Vorausgeſetzten iſt, oder die abſolute Subſtanz nur aus und in ihrem Geſetzt - ſeyn zu ſich ſelbſt zuruͤckgekommen, und dadurch abſolut iſt. Dieſe Wechſelwirkung iſt hiemit die ſich wieder auf - hebende Erſcheinung; die Offenbarung des Scheins der Cauſalitaͤt, worin die Urſache als Urſache iſt, daß er Schein iſt. Dieſe unendliche Reflexion in ſich ſelbſt,daß6Vom Begriffdaß das An - und - Fuͤrſichſeyn erſt dadurch iſt, daß es Geſetztſeyn iſt, iſt die Vollendung der Subſtanz. Aber dieſe Vollendung iſt nicht mehr die Subſtanz ſelbſt, ſondern iſt ein hoͤheres, der Begriff, das Subject. Der Uebergang des Subſtantialitaͤts-Ver - haͤltniſſes geſchieht durch ſeine eigene immanente Noth - wendigkeit, und iſt weiter nichts, als die Manifeſtation ihrer ſelbſt, daß der Begriff ihre Wahrheit, und die Freyheit die Wahrheit der Nothwendigkeit iſt.

Es iſt ſchon fruͤher im 2ten Buch der objectiven Lo - gik S. 225 f. Anm. erinnert worden, daß die Philo - ſophie, welche ſich auf den Standpunkt der Subſtanz ſtellt und darauf ſtehen bleibt, das Syſtem des Spi - noza iſt. Es iſt daſelbſt zugleich der Mangel dieſes Syſtems ſowohl der Form als Materie nach aufgezeigt worden. Ein anderes aber iſt die Widerlegung deſ - ſelben. In Ruͤckſicht auf die Widerlegung eines phi - loſophiſchen Syſtems iſt anderwaͤrts gleichfalls die all - gemeine Bemerkung gemacht worden, daß daraus die ſchiefe Vorſtellung zu verbannen iſt, als ob das Syſtem als durchaus falſch dargeſtellt werden ſolle, und als ob das wahre Syſtem dagegen dem falſchen nur entgegengeſetzt ſey. Aus dem Zuſammenhange, in welchem hier das Spinoziſtiſche Syſtem vorkommt, geht von ſelbſt der wahre Standpunkt deſſelben und der Fra - ge, ob es wahr oder falſch ſey, hervor. Das Sub - ſtantialitaͤts-Verhaͤltniß erzeugte ſich durch die Natur des Weſens; diß Verhaͤltniß, ſo wie ſeine zu einem Gan - zen erweiterte Darſtellung in einem Syſteme iſt daher ein nothwendiger Standpunkt, auf welchen das Abſolute ſich ſtellt. Ein ſolcher Standpunkt iſt daher nicht als eine Meynung, eine ſubjective, beliebige Vor - ſtellungs - und Denkweiſe eines Individuums, als eine Verirrung der Speculation, anzuſehen; dieſe findet ſichviel -7im Allgemeinen.vielmehr auf ihrem Wege nothwendig darauf ver - ſetzt, und inſofern iſt das Syſtem vollkommen wahr. Aber es iſt nicht der hoͤchſte Stand - punkt. Allein inſofern kann das Syſtem nicht als falſch, als der Widerlegung beduͤrftig und faͤhig angeſehen werden; ſondern nur diß daran iſt als das falſche zu betrachten, daß es der hoͤchſte Standpunkt ſey. Das wahre Syſtem kann daher auch nicht das Verhaͤltniß zu ihm haben, ihm nur entgegengeſetzt zu ſeyn; denn ſo waͤre diß entgegengeſetzte ſelbſt ein einſeitiges. Vielmehr als das hoͤhere muß es das un - tergeordnete in ſich enthalten.

Ferner muß die Widerlegung nicht von auſſen kom - men, d. h. nicht von Annahmen ausgehen, welche auſ - ſer jenem Syſteme liegen, denen es nicht entſpricht. Es braucht jene Annahmen nur nicht anzuerkennen; der Mangel iſt nur fuͤr den ein Mangel, welcher von den auf ſie gegruͤndeten Beduͤrfniſſen und Foderungen ausgeht. Inſofern iſt geſagt worden, daß wer die Frey - heit und Selbſtſtaͤndigkeit des ſelbſtbewußten Subjects nicht fuͤr ſich als entſchieden vorausſetze, fuͤr den koͤnne keine Widerlegung des Spinozismus Statt finden. Ohnehin ignorirt ein ſo hoher, und in ſich ſchon ſo reicher Standpunkt, als das Subſtantialitaͤtsverhaͤlt - niß, jene Annahme nicht, ſondern enthaͤlt ſie auch; eins der Attribute der ſpinoziſtiſchen Subſtanz iſt das Den - ken. Er verſteht vielmehr die Beſtimmungen, unter welchen dieſe Annahmen ihm widerſtreiten, aufzuloͤſen und in ſich zu ziehen, ſo daß ſie in dem ſelben aber in den ihm angemeſſenen Modificationen erſcheinen. Der Nerv des aͤuſſerlichen Widerlegens beruht dann allein darauf, die entgegengeſetzten Formen jener An - nahmen, z. B. das abſolute Selbſtbeſtehen des denken - den Individuums gegen die Form des Denkens, wie esin8Vom Begriffin der abſoluten Subſtanz mit der Ausdehnung identiſch geſetzt wird, ſeinerſeits ſteif und feſt zu halten. Die wahrhafte Widerlegung muß in die Kraft des Gegners eingehen und ſich in den Umkreis ſeiner Staͤrke ſtellen; ihn auſſerhalb ſeiner ſelbſt angreiffen und da Recht zu behalten, wo er nicht iſt, foͤrdert die Sache nicht. Die einzige Widerlegung des Spinozismus kann daher nur darin beſtehen, daß ſein Standpunkt zuerſt als weſentlich und nothwendig anerkannt werde, daß aber zweytens dieſer Standpunkt aus ſich ſelbſt auf den hoͤhern gehoben werde. Das Subſtantialitaͤts-Verhaͤlt - niß ganz nur an und fuͤr ſich ſelbſt betrachtet, fuͤhrt ſich zu ſeinem Gegentheil, dem Begriffe, uͤber. Die im letzten Buch enthaltene Expoſition der Sub - ſtanz, welche zum Begriffe uͤberfuͤhrt, iſt daher die einzige und wahrhafte Widerlegung des Spinozismus. Sie iſt die Enthuͤllung der Subſtanz, und dieſe iſt die Geneſis des Begriffs, deren Hauptmomente oben zuſammengeſtellt worden. Die Einheit der Subſtanz iſt ihr Verhaͤltniß der Nothwendigkeit; aber ſo iſt ſie nur innre Nothwendigkeit; indem ſie durch das Moment der abſoluten Negativitaͤt ſich ſetzt, wird ſie manifeſtirte oder geſetzte Iden - titaͤt, und damit die Freyheit, welche die Iden - titaͤt des Begriffs iſt. Dieſer, die aus der Wechſelwir - kung reſultirende Totalitaͤt, iſt die Einheit der beyden Subſtanzen der Wechſelwirkung, ſo daß ſie aber nunmehr der Freyheit angehoͤren, indem ſie nicht mehr ihre Identitaͤt als ein blindes, das heißt innerliches, ſondern daß ſie weſentlich die Beſtimmung haben, als Schein oder Reflexionsmomente zu ſeyn, wodurch jede mit ihrem Andern oder ihrem Geſetztſeyn eben ſo un - mittelbar zuſammengegangen und jede ihr Geſetztſeyn in ſich ſelbſt enthaͤlt, ſomit in ihrem Andern ſchlechthin nur als identiſch mit ſich geſetzt iſt.

Im9im Allgemeinen.

Im Begriffe hat ſich daher das Reich der Freyheit eroͤffnet. Er iſt das freye, weil die an und fuͤr ſich ſeyende Identitaͤt, welche die Noth - wendigkeit der Subſtanz ausmacht, zugleich als aufgeho - ben, oder als Geſetztſeyn iſt, und diß Geſetztſeyn als ſich auf ſich ſelbſt beziehend, eben jene Identitaͤt iſt. Die Dunkelheit der im Cauſalverhaͤltniſſe ſtehenden Sub - ſtanzen fuͤr einander, iſt verſchwunden, denn die Ur - ſpruͤnglichkeit ihres Selbſtbeſtehens iſt in Geſetztſeyn uͤbergegangen, und dadurch zur ſich ſelbſt durchſichtigen Klarheit geworden; die urſpruͤngliche Sache iſt diß, indem ſie nur die Urſache ihrer ſelbſt iſt, und diß iſt die zum Begriffe befreyte Subſtanz.

Es ergibt ſich hieraus fuͤr den Begriff ſogleich fol - gende naͤhere Beſtimmung. Weil das An - und - fuͤr ſich ſeyn unmittelbar als Geſetztſeyn iſt, iſt der Begriff in ſeiner einfachen Beziehung auf ſich ſelbſt, abſolute Beſtimmtheit; aber welche eben ſo als ſich nur auf ſich beziehend unmittelbar einfache Identitaͤt iſt. Aber dieſe Beziehung der Beſtimmtheit auf ſich ſelbſt, als das Zuſammengehen derſelben mit ſich, iſt eben ſo ſehr die Negation der Beſtimmtheit, und der Begriff iſt als dieſe Gleichheit mit ſich ſelbſt das Allgemeine. Aber dieſe Identitaͤt hat ſo ſehr die Beſtimmung der Negativitaͤt; ſie iſt die Negation oder Beſtimmtheit, welche ſich auf ſich bezieht, ſo iſt der Be - griff Einzelnes. Jedes von ihnen iſt die Totalitaͤt, jedes enthaͤlt die Beſtimmung des andern in ſich, und darum ſind dieſe Totalitaͤten eben ſo ſchlechthin nur Eine, als dieſe Einheit die Diremtion ihrer ſelbſt in den freyen Schein dieſer Zweyheit iſt; einer Zwey - heit, welche in dem Unterſchied des Einzelnen und All - gemeinen als vollkommener Gegenſatz erſcheint, der aber ſo ſehr Schein iſt, daß indem das eine begriffenund10Vom Begriffund ausgeſprochen wird, darin das andere unmittelbar begriffen und ausgeſprochen iſt.

Das ſo eben vorgetragene iſt als der Begriff des Begriffes zu betrachten. Wenn derſelbe von demjenigen abzuweichen ſcheinen kann, was man ſonſt unter Begriff verſtehe, ſo koͤnnte verlangt werden, daß aufgezeigt wuͤrde, wie daſſelbe, was hier als der Begriff ſich ergeben hat, in andern Vorſtellungen oder Er - klaͤrungen enthalten ſey: Einerſeits kann es jedoch nicht um eine durch die Autoritaͤt des gewoͤhnlichen Ver - ſtehens begruͤndete Beſtaͤtigung zu thun ſeyn; in der Wiſſenſchaft des Begriffes kann deſſen Innhalt und Be - ſtimmung allein durch die immanente Deduction bewaͤhrt werden, welche ſeine Geneſis enthaͤlt, und wel - che bereits hinter uns liegt. Auf der andern Seite muß wohl an ſich in demjenigen, was ſonſt als der Be - griff des Begriffs vorgelegt wird, der hier deducirte zu erkennen ſeyn. Aber es iſt nicht ſo leicht, das auf - zufinden, was Andere von der Natur des Begriffes ge - ſagt haben. Denn meiſtens befaſſen ſie ſich mit dieſer Aufſuchung gar nicht, und ſetzen voraus, daß jeder es ſchon von ſelbſt verſtehe, wenn man von dem Begriffe ſpreche. Neuerlich konnte man ſich der Bemuͤhung mit dem Begriffe um ſo mehr uͤberhoben glauben, da, wie es eine Zeitlang Ton war, der Einbildungskraft, dann dem Gedaͤchtniſſe alles moͤgliche Schlimme nachzuſagen, es in der Philoſophie ſeit geraumer Zeit zur Gewohnheit ge - worden, und zum Theil noch gegenwaͤrtig iſt, auf den Begriff alle uͤble Nachrede zu haͤuffen, ihn, der das hoͤchſte des Denkens iſt, veraͤchtlich zu machen und da - gegen fuͤr den hoͤchſten ſowohl ſcientifiſchen als mora - liſchen Gipfel das Unbegreifliche und das Nicht - Begreiffen anzuſehen.

Ich11im Allgemeinen.

Ich beſchraͤnke mich hier auf eine Bemerkung, die fuͤr das Auffaſſen der hier entwickelten Begriffe dienen kann, und es erleichtern mag, ſich darein zu finden. Der Begriff, inſofern er zu einer ſolchen Exiſtenz gediehen iſt, welche ſelbſt frey iſt, iſt nichts anderes als Ich oder das reine Selbſtbewußtſeyn. Ich habe wohl Begriffe, das heißt, beſtimmte Begriffe; aber Ich iſt der reine Begriff ſelbſt, der als Begriff zum Da - ſeyn gekommen iſt. Wenn man daher an die Grund - beſtimmungen, welche die Natur des Ich ausmachen, erinnert, ſo darf man vorausſetzen, daß an etwas Be - kanntes, d. i. der Vorſtellung gelaͤuffiges, erinnert wird. Ich aber iſt dieſe erſtlich reine ſich auf ſich beziehen - de Einheit, und diß nicht unmittelbar, ſondern indem es von aller Beſtimmtheit und Inhalt abſtrahirt, und in die Freyheit der ſchrankenloſen Gleichheit mit ſich ſelbſt zuruͤckgeht. So iſt es Allgemeinheit; Einheit, welche nur durch jenes negative Verhalten, welches als das Abſtrahiren erſcheint, Einheit mit ſich iſt, und dadurch alles Beſtimmtſeyn in ſich aufgeloͤſt enthaͤlt. Zweytens iſt Ich eben ſo unmittelbar als die ſich auf ſich ſelbſt beziehende Negativitaͤt, Einzelnheit, abſolutes Beſtimmtſeyn, welches ſich anderem gegenuͤberſtellt, und es ausſchließt; individuelle Perſoͤnlichkeit. Jene abſolute Allgemeinheit, die eben ſo unmittelbar abſolute Vereinzelung iſt, und ein An - und Fuͤr-ſichſeyn, welches ſchlechthin Ge - ſetztſeyn und nur diß An - und Fuͤr-ſichſeyn durch die Einheit mit dem Geſetztſeyn iſt, macht ebenſo die Natur des Ich, als des Begriffes aus; von dem einen und dem andern iſt nichts zu begreiffen, wenn nicht die angegebenen beyden Momente zugleich in ihrer Abſtraction und zugleich in ihrer vollkommenen Einheit aufgefaßt werden.

Wenn12Vom Begriff

Wenn nach der gewoͤhnlichen Weiſe von dem Ver - ſtande, den Ich habe, geſprochen wird, ſo verſteht man darunter ein Vermoͤgen oder Eigenſchaft, die in dem Verhaͤltniſſe zu Ich ſtehe, wie die Eigenſchaft des Dings zum Dinge ſelbſt, einem unbeſtimmten Subſtrate, welches nicht der wahrhafte Grund und das Beſtimmende ſeiner Eigenſchaft ſey. Nach dieſer Vor - ſtellung habe Ich Begriffe und den Begriff, wie ich auch einen Rock, Farbe und andere aͤuſſerliche Eigenſchaften habe. Kant iſt uͤber dieſes aͤuſſerliche Verhaͤltniſſe des Verſtands als des Vermoͤgens der Begriffe, und der Begriffe ſelbſt, zum Ich, hinausgegangen. Es ge - hoͤrt zu den tiefſten und richtigſten Einſichten, die ſich in der Kritik der Vernunft finden, daß die Ein - heit, die das Weſen des Begriffs ausmacht, als die urſpruͤnglich-ſynthetiſche Einheit der Ap - perception, als Einheit des: Ich denke, oder des Selbſtbewußtſeyns erkannt wird. Dieſer Satz macht die ſogenannte tranſcendentale Deduction der Categorie aus; ſie hat aber von jeher fuͤr eines der ſchwerſten Stuͤcke der Kantiſchen Philoſophie gegolten, wohl aus keinem andern Grunde, als weil ſie fodert, daß uͤber die bloſſe Vorſtellung des Verhaͤltniſſes, in welchem Ich und der Verſtand oder die Be - griffe zu einem Ding und ſeinen Eigenſchaften oder Accidenzen ſtehen, zum Gedanken hinausgegangen werden ſoll. Object, ſagt Kant, Kritik der r. V. S. 137. 2te Ausg. iſt das, in deſſen Begriff das Mannichfaltige einer gegebenen Anſchauung ver - einigt iſt. Alle Vereinigung der Vorſtellungen erfo - dert aber Einheit des Bewußtſeyns in der Syn - theſis derſelben. Folglich iſt dieſe Einheit des Bewußtſeyns dasjenige, was allein die Beziehung der Vorſtellungen auf einen Gegenſtand, mithin ihre objective Guͤltigkeit, ausmacht, und worauf ſelbſtdie13im Allgemeinen.die Moͤglichkeit des Verſtands beruht. Kant unterſcheidet die ſubjective Einheit des Bewußt - ſeyns hievon, die Einheit der Vorſtellung, ob ich mir eines Mannichfaltigen als zugleich oder nach ein - ander bewußt bin, was von empiriſchen Bedingungen abhaͤnge. Die Principien dagegen der objectiven Beſtimmung der Vorſtellungen ſeyen allein aus dem Grundſatze der tranſcendentalen Einheit der Ap - perception abzuleiten. Durch die Categorien, welche dieſe objectiven Beſtimmungen ſind, werde das Mannich - faltige gegebener Vorſtellungen ſo beſtimmt, daß es zur Einheit des Bewußtſeyns gebracht werde. Nach dieſer Darſtellung iſt die Einheit des Begriffs dasjenige, wodurch etwas nicht bloſſe Gefuͤhlsbe - ſtimmung, Anſchauung oder auch bloſſe Vorſtel - lung, ſondern Object iſt, welche objective Einheit, die Einheit des Ich mit ſich ſelbſt iſt. Das Be - greiffen eines Gegenſtandes beſteht in der That in nichts anderem, als daß Ich denſelben ſich zu eigen macht, ihn durchdringt, und ihn in ſeine eigene Form, d. i. in die Allgemeinheit, welche unmit - telbar Beſtimmtheit, oder Beſtimmtheit, welche un - mittelbar Allgemeinheit iſt, bringt. Der Gegenſtand in der Anſchauung oder auch in der Vorſtellung iſt noch ein aͤuſſerliches, fremdes. Durch das Begreiffen wird, das An - und-Fuͤrſichſeyn, das er im An - ſchauen und Vorſtellen hat, in ein[Geſetztſeyn] ver - wandelt; Ich durchdringt ihn denkend. Wie er aber im Denken iſt, ſo iſt er erſt an und fuͤr ſich; wie er in der Anſchauung oder Vorſtellung iſt, iſt er Er - ſcheinung; das Denken hebt ſeine Unmittelbar - keit, mit der er zunaͤchſt vor uns kommt, auf, und macht ſo ein Geſetztſeyn aus ihm; diß ſein Geſetzt - ſeyn aber iſt ſein An - und Fuͤrſichſeyn, oder ſeine Objectivitaͤt. Dieſe Objectivitaͤt hat der Ge -gen -14Vom Begriffgenſtand ſomit im Begriffe, und dieſer iſt die Ein - heit des Selbſtbewußtſeyns, in die er aufge - nommen worden; ſeine Objectivitaͤt oder der Begriff iſt daher ſelbſt nichts anderes, als die Natur des Selbſt - bewußtſeyns; hat keine andere Momente oder Beſtim - mungen, als das Ich ſelbſt.

Hiernach rechtfertigt es ſich durch einen Hauptſatz der Kantiſchen Philoſophie, daß, um das zu erkennen, was der Begriff ſey, an die Natur des Ich erinnert wird. Umgekehrt aber iſt hiezu nothwendig, den Be - griff des Ich aufgefaßt zu haben, wie er vorhin an - gefuͤhrt worden. Wenn bey der bloſſen Vorſtellung des Ich ſtehen geblieben wird, wie ſie unſrem gewoͤhn - lichen Bewußtſeyn vorſchwebt, ſo iſt Ich nur das ein - fache Ding, welches auch Seele genannt wird, dem der Begriff als ein Beſitz oder Eigenſchaft inhaͤrirt. Dieſe Vorſtellung, welche ſich nicht damit einlaͤßt, we - der Ich noch den Begriff zu begreiffen, kann nicht dazu dienen, das Begreiffen des Begriffs zu erleichtern oder naͤher zu bringen.

Die angefuͤhrte Kantiſche Darſtellung enthaͤlt noch zwey Seiten, die den Begriff betreffen, und einige wei - tere Bemerkungen nothwendig machen. Vors erſte ſind der Stuffe des Verſtands, die Stuffen des Gefuͤhls und der Anſchauung vorausgeſchickt; und es iſt ein weſentlicher Satz der Kantiſchen Tran - ſcendental-Philoſophie, daß die Begriffe ohne An - ſchauung leer ſind, und allein als Beziehungen des durch die Anſchauung gegebenen Mannichfalti - gen Guͤltigkeit haben. Zweytens iſt der Begriff als das Objective der Erkenntniß angegeben worden, ſomit als die Wahrheit. Aber auf der andern Seite wird derſelbe als etwas bloß ſubjectives genom - men, aus dem ſich die Realitaͤt, unter welcher, daſie15im Allgemeinen.ſie der Subjectivitaͤt gegenuͤbergeſtellt wird, die Objecti - vitaͤt zu verſtehen iſt, nicht herausklauben laſſe; und uͤberhaupt wird der Begriff und das Logiſche fuͤr etwas nur formelles erklaͤrt, das, weil es von dem Inhalt abſtrahire, die Wahrheit nicht enthalte.

Was nun erſtens jenes Verhaͤltniß des Verſtands oder Begriffs zu den ihm vor - ausgeſetzten Stuffen betrift, ſo kommt es darauf an, welches die Wiſſenſchaft iſt, die abgehandelt wird, um die Form jener Stuffen zu beſtimmen. In unſe - rer Wiſſenſchaft, als der reinen Logik, ſind dieſe Stuf - fen, Seyn und Weſen. In der Pſychologie ſind es das Gefuͤhl und die Anſchauung, und dann die Vorſtellung uͤberhaupt, welche dem Ver - ſtande vorausgeſchickt werden. In der Phaͤnomeno - logie des Geiſtes, als der Lehre vom Bewußtſeyn, wurde durch die Stuffen des ſinnlichen Bewußt - ſeyns und dann des Wahrnehmens zum Verſtande aufgeſtiegen. Kant ſchickt ihm nur Gefuͤhl und An - ſchauung voraus. Wie unvollſtaͤndig zunaͤchſt dieſe Stuffenleiter iſt, gibt er ſchon ſelbſt dadurch zu erken - nen, daß er als Anhang zu der tranſcendentalen Lo - gik oder Verſtandeslehre, noch eine Abhandlung uͤber die Reflexionsbegriffe hinzufuͤgt; eine Sphaͤ - re, welche zwiſchen der Anſchauung und dem Ver - ſtande, oder dem Seyn und Begriffe liegt. Ueber die Sache ſelbſt iſt vors erſte zu bemerken, daß jene Geſtalten von Anſchauung, Vorſtellung und dergleichen dem ſelbſtbewußten Geiſte ange - hoͤren, der als ſolcher nicht in der logiſchen Wiſſenſchaft betrachtet wird. Die reinen Beſtimmungen von Seyn, Weſen und Begriff, machen zwar auch die Grundlage und das innere einfache Geruͤſte der Formen des Gei - ſtes aus; der Geiſt als anſchauend eben ſo alsſinn -16Vom Begriffſinnliches Bewußtſeyn, iſt in der Beſtimmtheit des unmittelbaren Seyns, ſo wie der Geiſt als vor - ſtellend, wie auch als wahrnehmendes Bewußt - ſeyn ſich vom Seyn auf die Stuffe des Weſens oder der Reflexion erhoben hat. Allein dieſe concreten Ge - ſtalten gehen die logiſche Wiſſenſchaft ſo wenig an, als die concreten Formen, welche die logiſchen Beſtimmun - gen in der Natur annehmen, und welche Raum und Zeit, alsdenn der ſich erfuͤllende Raum und Zeit, als unorganiſche Natur, und die organiſche Na - tur ſeyn wuͤrden. Eben ſo iſt hier auch der Begriff, nicht als Actus des ſelbſtbewußten Verſtandes, nicht der ſubjective Verſtand zu betrachten, ſondern der Begriff an und fuͤr ſich, welcher ebenſowohl eine Stuf - fe der Natur, als des Geiſtes ausmacht. Das Le - ben oder die organiſche Natur iſt dieſe Stuffe der Na - tur, auf welcher der Begriff hervortritt; aber als blin - der, ſich ſelbſt nicht faſſender d. h. nicht denkender Be - griff; als ſolcher kommt er nur dem Geiſte zu. Von jener ungeiſtigen aber ſowohl, als von dieſer geiſtigen Geſtalt des Begriffs iſt ſeine logiſche Form unabhaͤngig, es iſt hieruͤber ſchon in der Einleitung die noͤthige Vorerinnerung gemacht worden; es iſt diß eine Bedeu - tung, welche nicht erſt innerhalb der Logik zu rechtfer - tigen iſt, ſondern mit der man vor derſelben im Rei - nen ſeyn muß.

Wie nun aber auch die Formen geſtaltet ſeyn moͤch - ten, welche dem Begriffe vorangehen, ſo kommt es zweytens auf das Verhaͤltniß an, in welchem der Begriff zu denſelben gedacht wird. Diß Verhaͤltniß wird ſowohl in der gewoͤhnlichen pſychologi - ſchen Vorſtellung, als auch in der Kantiſchen Tranſcen - dental-Philoſophie ſo angenommen, daß der empiriſche Stoff, das Mannichfaltige der Anſchauung und Vorſtel -lung17im Allgemeinen.lung zuerſt fuͤr ſich da iſt, und daß dann der Ver - ſtand dazu hintrete, Einheit in denſelben bringe, und ihn durch Abſtraction in die Form der Allge - meinheit erhebe. Der Verſtand iſt auf dieſe Weiſe eine fuͤr ſich leere Form, welche theils nur durch jenen gegebenen Inhalt Realitaͤt erhaͤlt, theils von ihm abſtrahirt, nemlich ihn als etwas aber nur fuͤr den Begriff unbrauchbares weglaͤſt. Der Begriff iſt in dem einen und dem andern Thun nicht das unabhaͤngige, nicht das Weſentliche und Wahre jenes vorausgehenden Stoffes, welches vielmehr die Realitaͤt an und fuͤr ſich iſt, die ſich aus dem Begriffe nicht herausklauben laͤßt.

Es muß nun allerdings zugegeben werden, daß der Begriff als ſolcher noch nicht vollſtaͤndig iſt, ſondern in die Idee ſich erheben muß, welche erſt die Einheit des Begriffs und der Realitaͤt iſt; wie ſich in dem Verfolge durch die Natur des Begriffes ſelbſt er - geben muß. Denn die Realitaͤt, die er ſich gibt, darf nicht als ein aͤuſſerliches aufgenommen, ſondern muß nach wiſſenſchaftlicher Foderung aus ihm ſelbſt abgeleitet werden. Aber es iſt wahrhaftig nicht jener durch die Anſchauung und die Vorſtellung gegebene Stoff, wel - cher gegen den Begriff als das Reale geltend gemacht werden darf. Es iſt nur ein Begriff, pflegt man zu ſagen, indem man nicht nur die Idee, ſondern das ſinnliche, raͤumliche und zeitliche handgreifliche Da - ſeyn, als etwas gegenuͤberſtellt, das vortreflicher ſey, als der Begriff. Das Abſtracte haͤlt man dann darum fuͤr geringer, als das Concrete, weil aus jenem ſo viel dergleichen Stoff weggelaſſen worden ſey. Das Abſtrahiren hat in dieſer Meynung die Bedeutung, daß aus dem Concreten nur zu unſerem ſubjectiven Behuf, ein oder das andere Merkmahl ſo her - ausgenommen werden, daß mit dem Weglaſſen ſo vielerBande -18Vom Begriffanderer Eigenſchaften und Beſchaffenheiten des Gegenſtandes, denſelben an ihrem Werthe und ihrer Wuͤrde nichts benommen ſeyn ſolle; ſondern ſie als das Reelle, nur auf der andern Seite druͤben, noch immer als voͤllig geltendes gelaſſen werden; ſo daß es nur das Unvermoͤgen des Verſtandes ſey, ſolchen Reichthum nicht aufzunehmen, und ſich mit der duͤrftigen Abſtraction begnuͤgen zu muͤſſen. Wenn nun der gegebene Stoff der Anſchauung und das Mannich - faltige der Vorſtellung, als das Reelle gegen das Ge - dachte und den Begriff genommen wird, ſo iſt diß eine Anſicht, welche abgelegt zu haben nicht nur Bedingung des Philoſophirens iſt, ſondern ſchon von der Religion vorausgeſetzt wird; wie iſt ein Beduͤrfniß und der Sinn derſelben moͤglich, wenn die fluͤchtige und oberflaͤchliche Erſcheinung des Sinnlichen und Einzelnen noch fuͤr das Wahre gehalten wird? Die Philoſophie aber gibt die begriffene Einſicht, was es mit der Realitaͤt des ſinnlichen Seyns fuͤr eine Bewandniß habe, und ſchickt jene Stuffen des Gefuͤhls und der Anſchauung, des ſinn - lichen Bewußtſeyns u. ſ. f. inſofern dem Verſtande vor - aus, als ſie in deſſen Werden ſeine Bedingungen, aber nur ſo ſind, daß der Begriff aus ihrer Dialektik und Nichtigkeit als ihr Grund hervorgeht, nicht aber daß er durch ihre Realitaͤt bedingt waͤre. Das abſtrahirende Denken iſt daher nicht als bloſſes Auf die Seite-Stellen des ſinnlichen Stoffes zu betrachten, welcher dadurch in ſeiner Realitaͤt keinen Eintrag leide, ſondern es iſt vielmehr das Aufheben und die Reduction deſſelben als bloſſer Erſcheinung auf das Weſent - liche, welches nur im Begriff ſich manifeſtirt. Wenn das freylich nur als ein Merkmahl oder Zeichen dienen ſoll, was von der concreten Erſcheinung in den Begriff aufzunehmen ſey, ſo darf es allerdings auch ir - gend eine nur ſinnliche einzelne Beſtimmung des Gegen -ſtan -19im Allgemeinen.ſtandes ſeyn, die wegen irgend eines aͤuſſerlichen In - tereſſes aus den andern herausgewaͤhlt wird, und von gleicher Art und Natur, wie die uͤbrigen, iſt.

Ein hauptſaͤchlicher Mißverſtand, welcher hiebey obwaltet, iſt, als ob das natuͤrliche Princip, oder der Anfang, von dem in der natuͤrlichen Entwicklung oder in der Geſchichte des ſich bildenden Indivi - duums ausgegangen wird, das Wahre und im Be - griffe Erſte ſey. Anſchauung oder Seyn ſind wohl der Natur nach das Erſte oder die Bedingung fuͤr den Begriff, aber ſie ſind darum nicht das an und fuͤr ſich Unbedingte, im Begriffe hebt ſich vielmehr ihre Realitaͤt und damit zugleich der Schein auf, den ſie als das be - dingende Reelle hatten. Wenn es nicht um die Wahr - heit, ſondern nur um die Hiſtorie zu thun iſt, wie es im Vorſtellen und dem erſcheinenden Denken zugehe, ſo kann man allerdings bey der Erzaͤhlung ſtehen blei - ben, daß wir mit Gefuͤhlen und Anſchauungen anfangen, und der Verſtand aus dem Mannichfaltigen derſelben eine Allgemeinheit oder ein Abſtractes herausziehe, und begreiflich jene Grundlage dazu noͤthig habe, welche bey dieſem Abſtrahiren, noch in der ganzen Realitaͤt, mit welcher ſie ſich zuerſt zeigte, dem Vorſtellen ſtehen bleibe. Aber die Philoſophie ſoll keine Erzaͤhlung deſſen ſeyn, was geſchieht, ſondern eine Erkenntniß deſſen, was wahr darin iſt, und aus dem Wahren ſoll ſie ferner das begreiffen, was in der Erzaͤhlung als ein bloſſes Geſchehen erſcheint.

Wenn in der oberflaͤchlichen Vorſtellung von dem, was der Begriff iſt, alle Mannichfaltigkeit auſſer dem Begriffe ſteht, und dieſem nur die Form der abſtrac - ten Allgemeinheit oder der leeren Reflexionsidentitaͤt zu - kommt, ſo kann ſchon zunaͤchſt daran erinnert werden, daß auch ſonſt fuͤr die Angabe eines Begriffs oder dieB 2De -20Vom BegriffDefinition, zu der Gattung, welche ſelbſt ſchon eigent - lich nicht rein abſtracte Allgemeinheit iſt, ausdruͤcklich auch die ſpecifiſche Beſtimmtheit gefordert wird. Wenn nur mit etwas denkender Betrachtung darauf reflectirt wuͤrde, was diß ſagen will, ſo wuͤrde ſich er - geben, daß damit das Unterſcheiden als ein eben ſo weſentliches Moment des Begriffes angeſehen wird. Kant hat dieſe Betrachtung durch den hoͤchſt wichtigen Gedanken eingeleitet, daß es ſynthetiſche Urtheile à priori gebe. Dieſe urſpruͤngliche Syntheſis der Apperception iſt eines der tiefſten Principien fuͤr die ſpeculative Entwicklung; ſie enthaͤlt den Anfang zum wahrhaften Auffaſſen der Natur des Begriffs, und iſt jener leeren Identitaͤt oder abſtracten Allgemeinheit, wel - che keine Syntheſis in ſich iſt, vollkommen entgegen - geſetzt. Dieſem Anfange entſpricht jedoch die weitere Ausfuͤhrung wenig. Schon der Ausdruck: Synthe - ſis leitet leicht wieder zur Vorſtellung einer aͤuſſer - lichen Einheit, und bloſſen Verbindung von ſolchen, die an und fuͤr ſich getrennt ſind. Als - denn iſt die Kantiſche Philoſophie nur bey dem pſycho - logiſchen Reflexe des Begriffs ſtehen geblieben, und iſt wieder zur Behauptung der bleibenden Bedingtheit des Begriffes durch ein Mannichfaltiges der Anſchauung zu - ruͤck gegangen. Sie hat die Verſtandeserkenntniſſe und die Erfahrung nicht darum als einen erſcheinenden Inhalt ausgeſprochen, weil die Categorien ſelbſt nur endliche ſind, ſondern aus dem Grunde eines pſycho - logiſchen Idealismus, weil ſie nur Beſtimmungen ſeyen, die vom Selbſtbewußtſeyn herkommen. Auch gehoͤrt hieher, daß der Begriff wieder ohne das Mannichfaltige der Anſchauung inhaltslos und leer ſeyn ſoll, un - geachtet er à priori eine Syntheſis ſey; indem er diß iſt, hat er ja die Beſtimmtheit und den Unterſchied in ſich ſelbſt. Indem ſie die Beſtimmtheit des Begriffs,damit21im Allgemeinen.damit die abſolute Beſtimmtheit, die Einzel - heit, iſt, iſt der Begriff, Grund und Quelle aller end - lichen Beſtimmtheit und Mannichfaltigkeit.

Die formelle Stellung, welche er als Verſtand be - haͤlt, wird in der Kantiſchen Darſtellung deſſen, was Vernunft ſey, vollendet. In der Vernunft, der hoͤch - ſten Stuffe des Denkens, ſollte man erwarten, der Be - griff werde die Bedingtheit, in welcher er auf der Stuffe des Verſtandes noch erſcheint, verlieren, und zur vol - lendeten Wahrheit kommen. Dieſe Erwartung wird aber getaͤuſcht. Dadurch daß Kant das Verhalten der Ver - nunft zu den Kategorien als nur dialektiſch beſtimmt, und zwar das Reſultat dieſer Dialektik ſchlechthin nur als das unendliche Nichts auffaßt, ſo verliert die unendliche Einheit der Vernunft, auch noch die Synthe - ſis und damit jenen Anfang eines ſpeculativen, wahr - haft unendlichen Begriffs, ſie wird zu der be - kannten ganz formellen, bloß regulativen Einheit des ſyſtematiſchen Verſtandesgebrauchs. Es wird fuͤr einen Mißbrauch erklaͤrt, daß die Logik, die bloß ein Canon der Beurtheilung ſeyn ſolle, als ein Organon zur Hervorbringung objectiver Ein - ſichten angeſehen werde. Die Vernunftbegriffe, in denen man eine hoͤhere Kraft und tiefern Inhalt ahnden muß - te, haben nichts conſtitutives mehr, wie noch die Kategorieen; ſie ſind bloſſe Ideen; es ſoll ganz wohl erlaubt ſeyn, ſie zu gebrauchen, aber mit dieſen in - telligibeln Weſen, in denen ſich alle Wahrheit ganz aufſchlieſſen ſollte, ſoll weiter nichts gemeynt ſeyn, als Hypotheſen, denen eine Wahrheit an und fuͤr ſich zuzuſchreiben, eine voͤllige Willkuͤhr und Tollkuͤhnheit ſeyn wuͤrde, da ſie in keiner Erfahrung vor - kommen koͤnnen. Haͤtte man es je denken ſollen, daß die Philoſophie den intelligibeln Weſen darum dieWahr -22Vom BegriffWahrheit abſprechen wuͤrde, weil ſie des raͤumlichen - und zeitlichen Stoffes der Sinnlichkeit entbehren?

Es haͤngt hiemit unmittelbar der Geſichtspunkt zu - ſammen, in Ruͤckſicht auf welchen der Begriff und die Beſtimmung der Logik uͤberhaupt zu betrachten iſt, und der in der Kantiſchen Philoſophie auf die gleiche Weiſe, wie insgemein genommen wird; das Verhaͤltniß nemlich des Begriffs und ſeiner Wiſſenſchaft zur Wahrheit ſelbſt. Es iſt vorhin aus der Kanti - ſchen Deduction der Kategorien angefuͤhrt worden, daß nach derſelben das Object, als in welchem das Man - nichfaltige der Anſchauung vereinigt iſt, nur dieſe Einheit iſt durch die Einheit des Selbſtbe - wußtſeyns. Die Objectivitaͤt des Denkens iſt alſo hier beſtimmt ausgeſprochen, eine Identitaͤt des Begriffs und des Dinges, welche die Wahrheit iſt. Auf gleiche Weiſe wird auch insgemein zugegeben, daß indem das Denken einen gegebenen Gegenſtand ſich an - eignet, dieſer dadurch eine Veraͤnderung erleidet, und aus einem ſinnlichen zu einem gedachten gemacht wer - de; daß aber dieſe Veraͤnderung nicht nur nichts an ſei - ner Weſentlichkeit aͤndere, ſondern daß er vielmehr erſt in ſeinem Begriffe in ſeiner Wahrheit; in der Unmit - telbarkeit, in welcher er gegeben iſt, aber nur Erſchei - nung und Zufaͤlligkeit, daß die Erkenntniß des Gegenſtands, welche ihn begreifft, die Erkenntniß deſ - ſelben, wie er an und fuͤr ſich iſt, und der Begriff ſeine Objectivitaͤt ſelbſt ſey. Auf der andern Seite wird aber eben ſo wieder behauptet, wir koͤnnen die Dinge doch nicht erkennen, wie ſie an und fuͤr ſich ſeyen, und die Wahrheit ſey fuͤr die erkennende Vernunft unzugaͤnglich; jene Wahrheit, welche in der Einheit des Objects und des Begriffs beſteht, ſey doch nur Erſcheinung; und zwarnun23im Allgemeinen.nun wieder aus dem Grunde, weil der Inhalt nur das Mannichfaltige der Anſchauung ſey. Es iſt hieruͤber ſchon daran erinnert worden, daß eben im Begriffe viel - mehr dieſe Mannichfaltigkeit, inſofern ſie der Anſchauung im Gegenſatze gegen den Begriff angehoͤrt, aufgehoben werde, und der Gegenſtand durch den Begriff in ſeine nicht zufaͤllige Weſenheit zuruͤckgefuͤhrt ſey; dieſe tritt in die Erſcheinung, darum eben iſt die Erſcheinung nicht bloß ein weſenloſes, ſondern Manifeſtation des Weſens. Die aber ganz frey gewordene Manifeſtation deſſelben iſt der Begriff. Dieſe Saͤtze, an welche hier erinnert wird, ſind darum keine dogmatiſche Aſſertionen, weil ſie aus der ganzen Entwicklung des Weſens durch ſich ſelbſt hervorgegangene Reſultate ſind. Der jetzige Stand - punkt, auf welchen dieſe Entwicklung gefuͤhrt hat, iſt, daß die Form des Abſoluten, welche hoͤher als Seyn und Weſen, der Begriff iſt. Indem er nach dieſer Seite, Seyn und Weſen, wozu auch bey andern Ausgangspunkten, Gefuͤhl und Anſchauung und Vorſtel - lung gehoͤren, und welche als ſeine vorangehenden Be - dingungen erſchienen, ſich unterworfen und ſich als ihren unbedingten Grund erwieſen hat, ſo iſt nun noch die zweyte Seite uͤbrig, deren Ab - handlung dieſes dritte Buch der Logik gewidmet iſt, die Darſtellung nemlich, wie er die Realitaͤt, welche in ihm verſchwunden, in und aus ſich bildet. Es iſt da - her allerdings zugegeben worden, daß die Erkenntniß, welche nur bey dem Begriff rein als ſolchem ſteht, noch unvollſtaͤndig iſt und nur erſt zur abſtracten Wahr - heit gekommen iſt. Aber ihre Unvollſtaͤndigkeit liegt nicht darin, daß ſie jener vermeintlichen Realitaͤt, die im Gefuͤhl und Anſchauung gegeben ſey, entbehre; ſon - dern, daß der Begriff noch nicht ſeine eigene aus ihm ſelbſt erzeugte Realitaͤt ſich gegeben hat. Darin beſteht die gegen und an dem empiriſchen Stoff undge -24Vom Begriffgenauer an ſeinen Kategorien und Reflexionsbeſtimmun - gen erwieſene Abſolutheit des Begriffes, daß derſelbe nicht, wie er auſſer und vor dem Begriffe erſcheint, Wahrheit habe, ſondern allein in ſeiner Idealitaͤt, oder Identitaͤt mit dem Begriffe. Die Herleitung des Reellen aus ihm, wenn man es Herleitung nennen will, beſteht zunaͤchſt weſentlich dar[in], daß der Begriff in ſeiner formellen Abſtraction ſich als unvollendet zeigt, und durch die in ihm ſelbſt gegruͤndete Dialektik zur Realitaͤt ſo uͤbergeht, daß er ſie aus ſich erzeugt, aber nicht, daß er zu einer fertigen, ihm gegenuͤbergefunde - nen Realitaͤt wieder zuruͤckfaͤllt, und zu etwas, das ſich als das Unweſentliche der Erſcheinung kund gethan, ſei - ne Zuflucht nimmt, weil er, nachdem er ſich um ein Beſ - ſeres umgeſehen, doch dergleichen nicht gefunden habe. Es wird immer als etwas verwundernswuͤrdiges aus - gezeichnet werden, wie die Kantiſche Philoſophie, das - jenige Verhaͤltniß des Denkens zum ſinnlichen Daſeyn, bey dem ſie ſtehen blieb, fuͤr ein nur relatives Verhaͤlt - niß der bloſſen Erſcheinung erkannte, und eine hoͤhere Einheit beyder in der Idee uͤberhaupt, und z. B. in der Idee eines anſchauenden Verſtandes ſehr wohl an - erkannte und ausſprach, doch bey jenem relativen Ver - haͤltniſſe und bey der Behauptung ſtehen geblieben iſt, daß der Begriff ſchlechthin von der Realitaͤt getrennt ſey und bleibe, ſomit als die Wahrheit dasjenige be - hauptete, was ſie als endliche Erkenntniß ausſprach, und das fuͤr uͤberſchwenglich, unerlaubt und fuͤr Gedan - ken Dinge erklaͤrte, was ſie als Wahrheit erkannte, und wovon ſie den beſtimmten Begriff aufſtellte.

Indem es zunaͤchſt hier die Logik, nicht die Wiſ - ſenſchaft uͤberhaupt iſt, von derem Verhaͤltniſſe zur Wahr - heit die Rede iſt, ſo muß ferner noch zugegeben werden, daß jene als die formelle Wiſſenſchaft nicht auchdie -25im Allgemeinen.diejenige Realitaͤt enthalten koͤnne und ſolle, welche der Inhalt weiterer Theile der Philoſophie, der Wiſſen - ſchaften der Natur und des Geiſtes, iſt. Dieſe concreten Wiſſenſchaften treten allerdings zu einer reellern Form der Idee heraus als die Logik, aber zugleich nicht ſo, daß ſie zu jener Realitaͤt ſich wieder umwendeten, welche das uͤber ſeine Erſcheinung, zur Wiſſenſchaft er - hobene Bewußtſeyn aufgegeben, oder auch zum Gebrauch von Formen, wie die Kategorien und Reflexionsbeſtim - mungen ſind, deren Endlichkeit und Unwahrheit ſich in der Logik dargeſtellt hat, wieder zuruͤckkehrten. Vielmehr zeigt die Logik die Erhebung der Idee zu der Stuffe, von daraus ſie die Schoͤpferin der Natur wird und zur Form einer concreten Unmittelbarkeit uͤberſchrei - tet, deren Begriff aber auch dieſe Geſtalt wieder zer - bricht, um zu ſich ſelbſt, als concreter Geiſt, zu werden. Gegen dieſe concreten Wiſſenſchaften, welche aber das Logiſche oder den Begriff zum innern Bildner haben und behalten, wie ſie es zum Vorbildner hatten, iſt die Logik ſelbſt allerdings die formelle Wiſſen - ſchaft, aber die Wiſſenſchaft der abſoluten Form, welche in ſich Totalitaͤt iſt, und die reine Idee der Wahrheit ſelbſt enthaͤlt. Dieſe abſolute Form hat an ihr ſelbſt ihren Inhalt oder Realitaͤt; der Begriff, indem er nicht die triviale, leere Identitaͤt iſt, hat in dem Momente ſeiner Negativitaͤt oder des abſoluten Be - ſtimmens die unterſchiedenen Beſtimmungen; der Inhalt iſt uͤberhaupt nichts anderes als ſolche Beſtimmungen der abſoluten Form; der durch ſie ſelbſt geſetzte, und daher auch ihr angemeſſene Inhalt. Dieſe Form iſt darum auch von ganz anderer Natur, als gewoͤhnlich die logiſche Form genommen wird. Sie iſt ſchon fuͤr ſich ſelbſt die Wahrheit, indem dieſer Inhalt ſei - ner Form, oder dieſe Realitaͤt ihrem Begriffe angemeſſen iſt, und die reine Wahrheit, weil deſſen Beſtimmun -gen26Vom Begriffgen noch nicht die Form eines abſoluten Andersſeyns oder der abſoluten Unmittelbarkeit haben. Kant, in - dem er Kr. der r. Vern. S. 83. in Beziehung auf die Logik, auf die alte und beruͤhmte Frage: Was die Wahrheit ſey? zu reden kommt, ſchenkt vors erſte als etwas triviales die Nahmenerklaͤrung, daß ſie die Uebereinſtimmung der Erkenntniß mit ihrem Gegenſtan - de ſey; eine Definition, die von groſſem, ja von dem hoͤchſten Werthe iſt. Wenn man ſich derſelben bey der Grundbehauptung des tranſcendentalen Idealismus er - innert, daß die Vernunfterkenntniß die Dinge an ſich zu erfaſſen nicht vermoͤgend ſey, daß die Realitaͤt ſchlechthin auſſer dem Begriffe liege, ſo zeigt ſich ſogleich, daß eine ſolche Vernunft, die ſich mit ihrem Gegenſtande, den Dingen an ſich, nicht in Uebereinſtimmung zu ſetzen vermag, und die Dinge an ſich, die nicht mit dem Vernunftbegriffe, der Begriff, der nicht mit der Realitaͤt, eine Realitaͤt, die nicht mit dem Begriffe in Uebereinſtimmung iſt, un - wahre Vorſtellungen ſind. Wenn Kant die Idee eines anſchauenden Verſtandes an jene Defini - tion der Wahrheit gehalten haͤtte, ſo wuͤrde er dieſe Idee, welche die geforderte Uebereinſtimmung ausdruͤckt, nicht als ein Gedankending, ſondern vielmehr als Wahr - heit behandelt haben.

Das, was man zu wiſſen verlange, gibt Kant ferner an, ſey ein allgemeines und ſicheres Cri - terium der Wahrheit einer jeden Erkennt - niß; es wuͤrde ein ſolches ſeyn, welches von allen Er - kenntniſſen, ohne Unterſchied ihrer Gegenſtaͤn - de, guͤltig waͤre; da man aber bey demſelben von al - lem Inhalt der Erkenntniß (Beziehung auf ihr Object) abſtrahirt, und Wahrheit gerade dieſen Inhalt angeht, ſo wuͤrde es ganz unmoͤg -lich27im Allgemeinen.lich und ungereimt ſeyn, nach einem Merkmahl der Wahrheit dieſes Inhalts der Erkenntniſſe zu fragen. Es iſt hier die gewoͤhnliche Vorſtellung von der formellen Function der Logik ſehr beſtimmt aus - gedruͤckt, und das angefuͤhrte Raͤſonnement ſcheint ſehr einleuchtend zu ſeyn. Vors erſte aber iſt zu bemerken, daß es ſolchem formellen Raͤſonnement gewoͤhnlich ſo geht, in ſeinem Reden die Sache zu vergeſſen, die es zur Grundlage gemacht und von der es ſpricht. Es wuͤrde ungereimt ſeyn, heißt es, nach einem Criterium der Wahrheit des Inhalts der Erkenntniß zu fra - gen; aber nach der Definition macht nicht der In - halt die Wahrheit aus, ſondern die Uebereinſtim - mung deſſelben mit dem Begriffe. Ein Inhalt, wie von ihm hier geſprochen wird, ohne den Begriff, iſt ein begriffloſes, ſomit weſenloſes; nach dem Cri - terium der Wahrheit eines ſolchen kann freylich nicht gefragt werden, aber aus dem entgegengeſetzten Grun - de; darum nemlich nicht, weil er um ſeiner Begriffloſig - keit willen nicht die geforderte Uebereinſtimmung iſt, ſondern weiter nichts als ein der wahrheitsloſen Meynung angehoͤriges ſeyn kann. Laſſen wir die Erwaͤhnung des Inhalts bey Seite, der hier die Ver - wirrung verurſacht, in welche aber der Formalismus jedesmal verfaͤllt, und die ihn das Gegentheil deſſen ſagen laͤßt, was er vorbringen will, ſo oft er ſich auf Erlaͤuterung einlaͤßt, und bleiben bey der abſtracten Anſicht ſtehen, daß das Logiſche nur formell ſey, und von allem Inhalt vielmehr abſtrahire; ſo haben wir eine einſeitige Erkenntniß, welche keinen Gegenſtand enthalten ſoll, eine leere, beſtimmungsloſe Form, die alſo eben ſo wenig eine Uebereinſtimmung, da zur Uebereinſtimmung weſentlich Zwey gehoͤren, eben ſo wenig Wahrheit iſt. An der à prioriſchen Syntheſis des Begriffs hatte Kant ein hoͤheresPrin -28Vom BegriffPrincip, worin die Zweyheit in der Einheit, ſomit das - jenige erkannt werden konnte, was zur Wahrheit gefo - dert wird; aber der ſinnliche Stoff, das Mannichfaltige der Anſchauung war ihm zu maͤchtig, um davon weg zur Betrachtung des Begriffs und der Kategorien an und fuͤr ſich, und zu einem ſpeculativen Philoſophi - ren kommen zu koͤnnen.

Indem die Logik Wiſſenſchaft der abſoluten Form iſt, ſo muß diß Formelle, damit es ein Wahres ſeye, an ihm ſelbſt einen Inhalt haben, welcher ſeiner Form gemaͤß ſey, und um ſo mehr, da das logi - ſche Formelle die reine Form, alſo das logiſche Wahre, die reine Wahrheit ſelbſt ſeyn muß. Dieſes For - melle muß daher in ſich viel reicher an Beſtimmungen und Inhalt, ſo wie auch von unendlich groͤſſerer Wirk - ſamkeit auf das Concrete gedacht werden, als es ge - woͤhnlich genommen wird. Die logiſchen Geſetze fuͤr ſich, (das ohnehin heterogene, die angewandte Logik und uͤbri - ge pſychologiſche und anthropologiſche Material wegge - rechnet,) werden gewoͤhnlich auſſer dem Satze des Widerſpruchs, auf einige duͤrftige Saͤtze, die Umkehrung der Urtheile, und die Formen der Schluͤſſe betreffend, beſchraͤnkt. Die ſelbſt hiebey vorkommenden Formen, ſo wie weitere Beſtimmungen derſelben werden nur gleich - ſam hiſtoriſch aufgenommen, nicht der Critik, ob ſie an und fuͤr ſich ein Wahres ſeyen, unterworfen. So gilt z. B. die Form des poſitiven Urtheils fuͤr etwas an ſich voͤllig richtiges, wobey es ganz allein auf den Inhalt ankomme, ob ein ſolches Urtheil wahr ſey. Ob dieſe Form an und fuͤr ſich eine Form der Wahrheit, ob der Satz, den ſie ausſpricht, das Einzelne iſt ein Allgemeines, nicht in ſich dialektiſch ſey, an dieſe Unterſuchung wird nicht gedacht. Es wird geradezu da - fuͤr gehalten, daß diß Urtheil fuͤr ſich faͤhig, Wahr -heit29im Allgemeinen.heit zu enthalten, und jener Satz, den jedes poſitive Ur - theil ausſpricht, ein wahrer ſey; obſchon unmittelbar erhellt, daß ihm dasjenige fehlt, was die Definition der Wahrheit fodert, nemlich die Uebereinſtimmung des Be - griffs und ſeines Gegenſtandes; das Praͤdicat, welches hier das Allgemeine iſt, als den Begriff, das Subject, welches das Einzelne iſt, als den Gegenſtand genom - men, ſo ſtimmt das eine mit dem andern nicht uͤberein. Wenn aber das abſtracte Allgemeine, welches das Praͤdicat iſt, noch nicht einen Begriff ausmacht, als zu welchem allerdings mehr gehoͤrt; ſo wie auch ſolches Subject noch nicht viel weiter als ein gramma - tiſches iſt, wie ſollte das Urtheil Wahrheit enthalten koͤn - nen, da ſein Begriff und Gegenſtand nicht uͤbereinſtim - men, oder ihm der Begriff, wohl auch der Gegenſtand, gar fehlt? Diß iſt daher vielmehr das unmoͤgliche und ungereimte, in dergleichen Formen, wie ein poſitives Urtheil und wie das Urtheil uͤberhaupt iſt, die Wahrheit faſſen zu wollen. So wie die Kantiſche Philoſophie die Kategorieen nicht an und fuͤr ſich be - trachtete, ſondern ſie nur aus dem ſchiefen Grunde, weil ſie ſubjective Formen des Selbſtbewußtſeyns ſeyen, fuͤr endliche Beſtimmungen, die das Wahre zu enthal - ten unfaͤhig ſeyen, erklaͤrte, ſo hat ſie noch weniger die Formen des Begriffs, welche der Inhalt der gewoͤhn - lichen Logik ſind, der Critik unterworfen; ſie hat viel - mehr einen Theil derſelben, nemlich die Functionen der Urtheile fuͤr die Beſtimmung der Kategorie aufgenom - men, und ſie als guͤltige Vorausſetzungen gelten laſ - ſen. Soll in den logiſchen Formen auch weiter nichts geſehen werden, als formelle Functionen des Denkens, ſo waͤren ſie ſchon darum der Unterſuchung, in wiefern ſie fuͤr ſich der Wahrheit entſprechen, wuͤrdig. Eine Logik, welche diß nicht leiſtet, kann hoͤchſtens auf den Werth einer naturhiſtoriſchen Beſchreibung der Er -ſchei -30Eintheilung.ſcheinungen des Denkens, wie ſie ſich vorfinden, An - ſpruch machen. Es iſt ein unendliches Verdienſt des Ariſtoteles, welches uns mit der hoͤchſten Bewun - derung fuͤr die Staͤrke dieſes Geiſtes erfuͤllen muß, dieſe Beſchreibung zuerſt unternommen zu haben. Aber es iſt noͤthig, daß weiter gegangen, und theils der ſyſtematiſche Zuſammenhang, theils aber der Werth der Formen erkannt werde.

Eintheilung.

Der Begriff zeigt ſich obenhin betrachtet, als die Einheit des Seyns und Weſens. Das Weſen iſt die erſte Negation des Seyns, das dadurch zum Schein geworden iſt, der Begriff iſt die zweyte, oder die Negation dieſer Negation; alſo das wiederher - geſtellte Seyn, aber als die unendliche Vermittlung und Negativitaͤt deſſelben in ſich ſelbſt. Seyn und We - ſen haben daher im Begriffe nicht mehr die Beſtim - mung, in welcher ſie als Seyn und Weſen ſind, noch ſind ſie nur in ſolcher Einheit, daß jedes in dem andern ſcheine. Der Begriff unterſcheidet ſich daher nicht in dieſe Beſtimmungen. Er iſt die Wahrheit des ſubſtan - tiellen Verhaͤltniſſes, in welchem Seyn und Weſen ihre erfuͤllte Selbſtſtaͤndigkeit, und Beſtimmung durch ein - ander erreichen. Als die Wahrheit der Subſtantialitaͤt erwies ſich die ſubſtantielle Identitaͤt, welche eben ſo ſehr und nur als das Geſetztſeyn iſt. Das Geſetztſeyn iſt das Daſeyn und Unterſcheiden; das An - und Fuͤrſichſeyn hat daher im Begriffe ein ſichge -31Eintheilung.gemaͤſſes, und wahres Daſeyn erreicht, denn jenes Ge - ſetztſeyn iſt das An - und Fuͤr-ſichſeyn ſelbſt. Diß Geſetztſeyn macht den Unterſchied des Begriffes in ihm ſelbſt aus; ſeine Unterſchiede, weil ſie unmittelbar das An - und Fuͤr-ſichſeyn iſt, ſind ſelbſt der ganze Begriff; in ihrer Beſtimmtheit allgemeine, und identiſch mit ihrer Negation.

Diß iſt nun der Begriff ſelbſt des Begriffes. Aber es iſt nur erſt ſein Begriff; oder er iſt ſelbſt auch nur der Begriff. Weil er das An - und Fuͤr-ſichſeyn iſt, inſofern es Geſetztſeyn iſt, oder die abſolute Sub - ſtanz, inſofern ſie die Nothwendigkeit unterſchiede - ner Subſtanzen als Identitaͤt offenbart, ſo muß dieſe Identitaͤt das, was ſie iſt, ſelbſt ſetzen. Die Momente der Bewegung des Subſtantialitaͤts-Verhaͤltniſſes, wo - durch der Begriff geworden iſt, und die dadurch dar - geſtellte Realitaͤt iſt erſt im Uebergange zum Begriffe; ſie iſt noch nicht als ſeine eigene, aus ihm hervor - gegangene Beſtimmung; ſie fiel in die Sphaͤre der Noth - wendigkeit, die ſeinige kann nur ſeine freye Beſtim - mung, ein Daſeyn ſeyn, in welchem er als identiſch mit ſich, deſſen Momente Begriffe und durch ihn ſelbſt geſetzte ſind.

Zuerſt iſt alſo der Begriff nur an ſich die Wahrheit; weil er nur ein inneres iſt, ſo iſt er ebenſoſehr nur ein aͤuſſeres. Er iſt zuerſt uͤber - haupt ein Unmittelbares, und in dieſer Geſtalt haben ſeine Momente die Form von unmittelbaren, feſten Beſtimmungen. Er erſcheint als der be - ſtimmte Begriff, als die Sphaͤre des bloſſen Ver - ſtandes. Weil dieſe Form der Unmittelbarkeit ein ſeiner Natur noch nicht angemeſſenes Daſeyn iſt, da er das ſich nur auf ſich ſelbſt beziehende Freye iſt, ſo iſtſie32Eintheilung.ſie eine aͤuſſerliche Form, in der der Begriff nicht als an - und fuͤr-ſich ſeyendes, ſondern als nur geſetz - tes oder ein Subjectives gelten kann. Die Geſtalt des unmittelbaren Begriffes macht den Stand - punkt aus, nach welchem der Begriff ein ſubjectives Denken, eine der Sache aͤuſſerliche Reflexion iſt. Die - ſe Stuffe macht daher die Subjectivitaͤt oder den formellen Begriff aus. Die Aeuſſerlichkeit deſſel - ben erſcheint in dem feſten Seyn ſeiner Beſtim - mungen, wodurch jede fuͤr ſich als ein iſolirtes, qua - litatives auftritt, das nur in aͤuſſerer Beziehung auf ſein Anderes iſt. Die Identitaͤt des Begriffes aber, die eben das innre oder ſubjective Weſen derſelben iſt, ſetzt ſie in dialektiſche Bewegung, durch welche ſich ihre Vereinzelung und damit die Trennung des Begriffs von der Sache aufhebt und als ihre Wahrheit die Totali - taͤt, hervorgeht, welche der objective Begriff iſt.

II. Der Begriff in ſeiner Objectivitaͤt iſt die an - und fuͤr-ſichſeyende Sache ſelbſt. Durch ſeine nothwendige Fortbeſtimmung macht der formelle Begriff ſich ſelbſt zur Sache, und verliert dadurch das Verhaͤltniß der Subjectivitaͤt und Aeuſſerlichkeit gegen ſie. Oder umgekehrt iſt die Objectivitaͤt der aus ſeiner Innerlichkeit hervorgetretene und in das Da - ſeyn uͤbergegangene reelle Begriff. In dieſer Identitaͤt mit der Sache hat er ſomit eigenes und freyes Daſeyn. Aber es iſt diß noch eine unmit - telbare, noch nicht negative Freyheit. Eins mit der Sache iſt er in ſie verſenkt; ſeine Unterſchiede ſind objective Exiſtenzen, in denen er ſelbſt wieder das Innre iſt. Als die Seele des objectiven Daſeyns muß er ſich die Form der Subjectivitaͤt geben, die er als formeller Begriff unmittelbar hatte; ſo tritt er in der Form des Freyen, die er in der Objectivitaͤt noch nicht hatte, ihr gegenuͤber, und machtdarin33Eintheilung.darin die Identitaͤt mit ihr, die er an und fuͤr ſich als objectiver Begriff mit ihr hat, zu einer auch geſetzten.

In dieſer Vollendung, worin er in ſeiner Ob - jectivitaͤt eben ſo die Form der Freyheit hat, iſt der adaͤquate Begriff, die Idee. Die Ver - nunft, welche die Sphaͤre der Idee iſt, iſt die ſich ſelbſt enthuͤllte Wahrheit, worin der Begriff die ſchlechthin ihm angemeſſene Realiſation hat, und inſofern frey iſt, als er dieſe ſeine objective Welt in ſeiner Sub - jectivitaͤt, und dieſe in jener erkennt.

CErſter34

Erſter Abſchnitt. Die Subjectivitaͤt.

Der Begriff iſt zuerſt der formelle, der Be - griff im Anfang oder der als unmittelbarer iſt. In der unmittelbaren Einheit iſt ſein Unterſchied oder Geſetztſeyn zuerſt zunaͤchſt ſelbſt einfach und nur ein Schein, ſo daß die Momente des Unterſchiedes un - mittelbar die Totalitaͤt des Begriffes ſind, und nur der Begriff als ſolcher ſind.

Zweytens aber, weil er die abſolute Negativi - taͤt iſt, ſo dirimirt er ſich, und ſetzt ſich als das Ne - gative oder als das Andre ſeiner ſelbſt; und zwar weil er erſt der unmittelbare iſt, hat diß Setzen oder Unterſcheiden die Beſtimmung, daß die Momente gleichguͤltig gegeneinander und jedes fuͤr ſich wird; ſeine Einheit iſt in dieſer Theilung nur noch aͤuſſere Beziehung. So als Beziehung ſeiner als ſelbſtſtaͤndig und gleichguͤltig geſetzten Mo - mente iſt er das Urtheil.

Drittens das Urtheil enthaͤlt wohl die Einheit des in ſeine ſelbſtſtaͤndigen Momente verlornen Begriffs, aber ſie iſt nicht geſetzt. Sie wird diß durch die dialektiſche Bewegung des Urtheils, das hiedurch derSchluß35I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Schluß geworden iſt, zum vollſtaͤndig geſetzten Be - griff; indem im Schluß, eben ſo wohl die Momente deſ - ſelben als ſelbſtſtaͤndige Extreme, wie auch deren vermittelnde Einheit geſetzt iſt.

Indem aber unmittelbar dieſe Einheit ſelbſt als die vereinigende Mitte, und die Momente als ſelbſtſtaͤndige Extreme zunaͤchſt einander gegenuͤber ſtehen, ſo hebt diß widerſprechende Verhaͤltniß, das im formalen Schluſſe Statt findet, ſich auf, und die Vollſtaͤndigkeit des Begriffs geht in die Einheit der Totalitaͤt uͤber, die Subjectivitaͤt des Be - griffes in ſeine Objectivitaͤt.

C 2Erſtes36I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.

Erſtes Kapitel. Der Begriff.

Durch den Verſtand pflegt das Vermoͤgen der Begriffe uͤberhaupt ausgedruͤckt zu werden, er wird in - ſofern von der Urtheilskraft und dem Vermoͤgen der Schluͤſſe, als der formellen Vernunft, unterſchie - den. Vornemlich aber wird er der Vernunft entge - gengeſetzt; inſofern aber bedeutet er nicht das Vermoͤgen des Begriffs uͤberhaupt, ſondern der beſtimmten Be - griffe, wobey die Vorſtellung herrſcht, als ob der Begriff nur ein beſtimmtes ſey. Wenn der Verſtand in dieſer Bedeutung von der formellen Urtheilskraft und der formellen Vernunft unterſchieden wird, ſo iſt er als Vermoͤgen des einzelnen beſtimmten Begriffs zu neh - men. Denn das Urtheil und der Schluß oder die Ver - nunft ſind ſelbſt, als formales, nur ein Verſtaͤndi - ges, indem ſie unter der Form der abſtracten Begriffs - beſtimmtheit ſtehen. Der Begriff gilt aber hier uͤber - haupt nicht als bloß abſtract-beſtimmtes; der Verſtand iſt daher von der Vernunft nur ſo zu unterſcheiden, daß jener nur das Vermoͤgen des Begriffes uͤberhaupt ſey.

Dieſer allgemeine Begriff, der nun hier zu betrach - ten iſt, enthaͤlt die drey Momente, Allgemeinheit, Beſonderheit und Einzelnheit. Der Unter - ſchied und die Beſtimmungen, die er ſich in dem Unter - ſcheiden gibt, machen die Seite aus, welche vorhin Ge - ſetztſeyn genannt wurde. Da dieſes in dem Begriffe identiſch mit dem An - und Fuͤr-ſichſeyn iſt, ſo iſt jedes je -ner37I. Kapitel. Der Begriff.ner Momente ſo ſehr ganzer Begriff, als beſtimm - ter Begriff, und als eine Beſtimmung des Begriffs.

Zuerſt iſt er reiner Begriff, oder die Beſtim - mung der Allgemeinheit. Der reine oder allge - meine Begriff iſt aber auch nur ein beſtimmter, oder beſonderer Begriff, der ſich auf die Seite neben die andern ſtellt. Weil der Begriff die Totalitaͤt iſt, alſo in ſeiner Allgemeinheit oder rein identiſchen Beziehung auf ſich ſelbſt, weſentlich das Beſtimmen und Unterſcheiden iſt, ſo hat er in ihm ſelbſt den Maaßſtab, wodurch dieſe Form ſeiner Identitaͤt mit ſich, indem ſie alle Momente durchdringt und in ſich faßt, eben ſo unmittelbar ſich be - ſtimmt, nur das Allgemeine gegen die Unterſchieden - heit der Momente zu ſeyn.

Zweytens iſt der Begriff dadurch als dieſer be - ſondere oder als beſtimmte Begriff, welcher als gegen andere unterſchieden geſetzt iſt.

Drittens die Einzelnheit iſt der aus dem Unterſchiede in die abſolute Negativitaͤt ſich reflektirende Begriff. Diß iſt zugleich das Moment, worin er aus ſeiner Identitaͤt in ſein Andersſeyn uͤbergetreten iſt, und zum Urtheil wird.

A.) Der allgemeine Begriff.

Der reine Begriff iſt das abſolut unendliche, un - bedingte und freye. Es iſt hier, wo die Abhandlung, welche den Begriff zu ihrem Inhalte hat, beginnt, noch einmal nach ſeiner Geneſis zuruͤckzuſehen. DasWe -38I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Weſen iſt aus dem Seyn, und der Begriff aus dem Weſen ſomit auch aus dem Seyn geworden. Diß Werden hat aber die Bedeutung des Gegenſtoßes ſei - ner ſelbſt, ſo daß das Gewordene vielmehr das Un - bedingte und Urſpruͤngliche iſt. Das Seyn iſt in ſeinem Uebergange zum Weſen, zu einem Schein oder Geſetztſeyn, und das Werden oder das Uebergehen in Anderes zu einem Setzen geworden, und um - gekehrt hat das Setzen oder die Reflexion des Weſens ſich aufgehoben und ſich zu einem Nichtgeſetzten, einem urſpruͤnglichen Seyn hergeſtellt. Der Be - griff iſt die Durchdringung dieſer Momente, daß das Qualitative, und urſpruͤnglich-ſeyende nur als Setzen und nur als Ruͤckkehr-in-ſich iſt, und dieſe reine Re - flexion-in-ſich ſchlechthin das Anderswerden oder die Beſtimmtheit iſt, welche eben ſo daher unendli - che, ſich auf ſich beziehende Beſtimmtheit iſt.

Der Begriff iſt daher zuerſt ſo die abſolute Identitaͤt mit ſich, daß ſie diß nur iſt, als die Negation der Negation, oder als die unendliche Einheit der Negativitaͤt mit ſich ſelbſt. Dieſe reine Bezie - hung des Begriffs auf ſich, welche dadurch dieſe Bezie - hung iſt, als durch die Negativitaͤt ſich ſetzend, iſt die Allgemeinheit des Begriffs.

Die Allgemeinheit, da ſie die hoͤchſt einfache Beſtimmung iſt, ſcheint keiner Erklaͤrung faͤhig zu ſeyn; denn eine Erklaͤrung muß ſich auf Beſtimmungen und Unterſcheidungen einlaſſen, und von ihrem Gegenſtande praͤdiciren, das einfache aber wird hiedurch vielmehr veraͤndert, als erklaͤrt. Es iſt aber gerade die Natur des Allgemeinen, ein ſolches einfaches zu ſeyn, welches durch die abſolute Negativitaͤt den hoͤchſten Unterſchied und Beſtimmtheit in ſich enthaͤlt. Das Seyn iſtein -39I. Kapitel. Der Begriff.einfaches, als unmittelbares; deßwegen iſt es ein nur Gemeyntes, und kann man von ihm nicht ſagen, was es iſt; es iſt daher unmittelbar eins mit ſeinem Andern, dem Nichtſeyn. Eben diß iſt ſein Begriff, ein ſolches einfaches zu ſeyn, das in ſeinem Gegentheil unmittelbar verſchwindet; er iſt das Werden. Das Allgemeine dagegen iſt das einfache, welches eben ſo ſehr das reichſte in ſich ſelbſt iſt; weil es der Begriff iſt.

Es iſt daher erſtens die einfache Beziehung auf ſich ſelbſt; es iſt nur in ſich. Aber dieſe Identitaͤt iſt zweytens in ſich abſolute Vermittlung; nicht aber ein vermitteltes. Vom Allgemeinen, welches ein vermitteltes, nemlich das Abſtracte, dem Be - ſondern und Einzelnen entgegengeſetzte Allgemeine iſt, iſt erſt bey dem beſtimmten Begriffe zu reden. Aber auch ſchon das Abſtracte enthaͤlt diß, daß, um es zu er - halten, erfodert werde, andere Beſtimmungen des Con - creten wegzulaſſen. Dieſe Beſtimmungen ſind als Determinationen uͤberhaupt Negationen; eben ſo iſt ferner das Weglaſſen derſelben ein Negiren. Es kommt alſo beym Abſtracten gleichfalls die Negation der Negation vor. Dieſe gedoppelte Negation aber wird vorgeſtellt, als ob ſie demſelben aͤuſſerlich ſey, und ſowohl die weggelaſſenen weitern Eigenſchaften des Con - creten von der beybehaltenen, welche der Inhalt des Abſtracten iſt, verſchieden ſey, als auch dieſe Ope - ration des Weglaſſens der uͤbrigen und des Beybehal - tens der einen, auſſer derſelben vorgehe. Zu ſolcher Aeuſſerlichkeit hat ſich das Allgemeine gegen jene Bewegung noch nicht beſtimmt; es iſt noch ſelbſt in ſich jene abſolute Vermittlung, welche eben die Negation der Negation oder abſolute Negativitaͤt iſt.

Nach40I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.

Nach dieſer urſpruͤnglichen Einheit, iſt vors erſte das erſte Negative oder die Beſtimmung keine Schran - ke fuͤr das Allgemeine, ſondern es erhaͤlt ſich darin, und iſt poſitiv mit ſich identiſch. Die Kategorien des Seyns waren, als Begriffe, weſentlich dieſe Identitaͤ - ten der Beſtimmungen mit ſich ſelbſt, in ihrer Schranke oder ihrem Andersſeyn; dieſe Identitaͤt war aber nur an ſich der Begriff; ſie war noch nicht manifeſtirt. Daher die qualitative Beſtimmung als ſolche in ihrer andern unterging und eine von ihr verſchiedene Beſtimmung zu ihrer Wahrheit hatte. Das Allgemeine hingegen, wenn es ſich auch in eine Beſtimmung ſetzt, bleibt es darin, was es iſt. Es iſt die Seele des Concreten, dem es inwohnt, ungehindert und ſich ſelbſt gleich in deſſen Mannichfaltigkeit und Verſchiedenheit. Es wird nicht mit in das Werden geriſſen, ſondern continuirt ſich ungetruͤbt durch daſſelbe, und hat die Kraft unveraͤnderlicher, unſterblicher Selbſterhaltung.

Eben ſo ſcheint es aber nicht nur in ſein An - deres, wie die Reflexionsbeſtimmung. Dieſe als ein relatives bezieht ſich nicht nur auf ſich, ſondern iſt ein Verhalten. Sie gibt ſich in ihrem Andern kund; aber ſcheint nur erſt an ihm, und das Schei - nen eines jeden an dem andern oder ihr gegenſeitiges Beſtimmen hat bey ihrer Selbſtſtaͤndigkeit, die Form eines aͤuſſerlichen Thuns. Das Allgemeine dage - gen iſt geſetzt als das Weſen ſeiner Beſtimmung, die eigene poſitive Natur derſelben. Denn die Be - ſtimmung, die ſein Negatives ausmacht, iſt im Begriffe ſchlechthin nur als ein Geſetztſeyn, oder weſentlich nur zugleich als das Negative des Negativen, und ſie iſt nur als dieſe Identitaͤt des Negativen mit ſich, welche das Allgemeine iſt. Dieſes iſt inſofern auch die Sub - ſtanz ſeiner Beſtimmungen; aber ſo, daß das, wasfuͤr41I. Kapitel. Der Begriff.fuͤr die Subſtanz als ſolche ein zufaͤlliges war, die eigne Vermittlung des Begriffes mit ſich ſelbſt, ſeine eigene immanente Reflexion iſt. Dieſe Vermitt - lung, welche das Zufaͤllige zunaͤchſt zur Nothwendig - keit erhebt, iſt aber die manifeſtirte Beziehung; der Begriff iſt nicht der Abgrund der formloſen Sub - ſtanz, oder die Nothwendigkeit, als die innre Identi - taͤt von einander verſchiedener und ſich beſchraͤnkender Dinge oder Zuſtaͤnde, ſondern als abſolute Negativitaͤt das formirende und erſchaffende, und weil die Beſtim - mung nicht als Schranke, ſondern ſchlechthin ſo ſehr als aufgehobene, als Geſetztſeyn iſt, ſo iſt der Schein die Erſcheinung als des Identiſchen.

Das Allgemeine iſt daher die freye Macht; es iſt es ſelbſt und greift uͤber ſein Anderes uͤber; aber nicht als ein gewaltſames, ſondern das vielmehr in demſelben ruhig und bey ſich ſelbſt iſt. Wie es die freye Macht genannt worden, ſo koͤnnte es auch die freye Liebe, und ſchrankenloſe Seeligkeit ge - nannt werden, denn es iſt ein Verhalten ſeiner zu dem Unterſchiedenen nur als zu ſich ſelbſt, in dem - ſelben iſt es zu ſich ſelbſt zuruͤckgekehrt.

Es iſt ſo eben der Beſtimmtheit erwaͤhnt wor - den, obgleich der Begriff nur erſt als das Allgemeine und nur mit ſich identiſche, noch nicht dazu fortge - gangen iſt. Es kann aber von dem Allgemeinen nicht ohne die Beſtimmtheit, welche naͤher die Beſonderheit und Einzelnheit iſt, geſprochen werden; denn es enthaͤlt ſie in ſeiner abſoluten Negativitaͤt an und fuͤr ſich; die Beſtimmtheit wird alſo nicht von auſſen dazu genom - men, wenn beym Allgemeinen von ihr geſprochen wird. Als Negativitaͤt uͤberhaupt, oder nach der erſten, unmittelbaren Negation hat es die Beſtimmtheituͤber -42I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.uͤberhaupt als Beſonderheit an ihm; als zweytes als Negation der Negation iſt es abſolute Be - ſtimmtheit, oder Einzelnheit und Concre - tion. Das Allgemeine iſt ſomit die Totalitaͤt des Begriffes, es iſt Concretes, iſt nicht ein leeres, ſondern hat vielmehr durch ſeinen Begriff Inhalt; einen Inhalt, in dem es ſich nicht nur erhaͤlt, ſondern der ihm eigen und immanent iſt. Es kann von dem In - halte wohl abſtrahirt werden; ſo erhaͤlt man aber nicht das Allgemeine des Begriffs, ſondern das Abſtracte, welches ein iſolirtes, unvollkommenes Moment des Be - griffes iſt, und keine Wahrheit hat.

Naͤher ergibt ſich das Allgemeine ſo als dieſe To - talitaͤt. Inſoferne es die Beſtimmtheit in ſich hat, iſt ſie nicht nur die erſte Negation, ſondern auch die Re - flexion derſelben in ſich. Mit jener erſten Negation fuͤr ſich genommen, iſt es Beſonderes, wie es ſogleich wird betrachtet werden; aber es iſt in dieſer Beſtimmt - heit weſentlich noch allgemeines; dieſe Seite muß hier noch aufgefaßt werden. Dieſe Beſtimmtheit iſt nemlich als im Begriffe die totale Reflexion, der Doppel - ſchein, einmal der Schein nach auſſen, die Re - flexion in anderes; das andremal der Schein nach innen, die Reflexion in ſich. Jenes aͤuſſerliche Scheinen macht einen Unterſchied gegen anderes; das Allgemeine, hat hienach eine Beſonderheit, welche ihre Aufloͤſung in einem hoͤhern Allgemeinen hat. Inſofern es nun auch nur ein relativ-allgemeines iſt, verliert es ſeinen Charakter des Allgemeinen nicht; es erhaͤlt ſich in ſeiner Beſtimmtheit, nicht nur ſo, daß es in der Verbindung mit ihr nur gleichguͤltig gegen ſie bliebe, ſo waͤre es nur mit ihr zuſammenge - ſetzt, ſondern daß es das iſt, was ſo eben das Scheinen nach innen genannt wurde. Die Be -ſtimmt -43I. Kapitel. Der Begriff.ſtimmtheit iſt als beſtimmter Begriff aus der Aeuſſer - lichkeit in ſich zuruͤckgebogen; ſie iſt der eigne, immanente Charakter, der dadurch ein Weſentliches iſt, daß er in die Allgemeinheit aufgenommen und von ihr durchdrungen, von gleichem Umfange, identiſch mit ihr ſie ebenſo durchdringt; es iſt der Charakter, wel - cher der Gattung angehoͤrt, als die von dem Allge - meinen ungetrennte Beſtimmtheit. Er iſt inſofern nicht eine nach auſſen gehende Schranke, ſondern poſitiv, indem er durch die Allgemeinheit in der freyen Bezie - hung auf ſich ſelbſt ſteht. Auch der beſtimmte Begriff bleibt ſo in ſich unendlich freyer Begriff.

In Anſehung der andern Seite aber, nach welcher die Gattung durch ihren beſtimmten Charakter begraͤnzt iſt, iſt bemerkt worden, daß ſie als niedrigere Gattung in einem hoͤhern Allgemeinern ihre Aufloͤſung habe. Dieſes kann auch wieder als Gattung, aber als eine Abſtractere aufgefaßt werden, gehoͤrt aber immer wie - der nur der Seite des beſtimmten Begriffes an, die nach auſſen geht. Das wahrhaft hoͤhere Allgemeine iſt, worin dieſe nach auſſen gehende Seite nach innen zu - ruͤckgenommen iſt, die zweyte Negation, in welcher die Beſtimmtheit ſchlechthin nur als Geſetztes, oder als Schein iſt. Leben, Ich, Geiſt, abſoluter Begriff, ſind nicht Allgemeine nur als hoͤhere Gattungen, ſondern Concrete, deren Beſtimmtheiten auch nicht nur Arten oder niedrige Gattungen ſind, ſondern die in ihrer Realitaͤt ſchlechthin nur in ſich und davon erfuͤllt ſind. Inſofern Leben, Ich, endlicher Geiſt, wohl auch nur beſtimmte Begriffe ſind, ſo iſt ihre abſolute Aufloͤſung in demjenigen Allgemeinen, welches als wahrhaft abſolu - ter Begriff, als Idee des unendlichen Geiſtes zu faſſen iſt, deſſen Geſetztſeyn die unendliche, durchſichtige Realitaͤt iſt, worin er ſeine Schoͤpfung, und in ihr ſich ſelbſt anſchaut.

Das44I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.

Das wahrhafte, unendliche Allgemeine, welches unmittelbar eben ſo ſehr Beſonderheit als Einzelnheit in ſich iſt, iſt nun zunaͤchſt naͤher als Beſonderheit zu betrachten. Es beſtimmt ſich frey; ſeine Verendli - chung iſt kein Uebergehen, das nur in der Sphaͤre des Seyns Statt hat; es iſt ſchoͤpferiſche Macht, als die abſolute Negativitaͤt, die ſich auf ſich ſelbſt be - zieht. Es iſt als ſolche das Unterſcheiden in ſich, und dieſes iſt Beſtimmen, dadurch, daß das Unterſchei - den mit der Allgemeinheit eins iſt. Somit iſt es ein Setzen der Unterſchiede ſelbſt als allgemeiner, ſich auf ſich beziehender. Hiedurch werden ſie fixirte, iſolirte Unterſchiede. Das iſolirte Beſtehen des Endlichen, das ſich fruͤher als ſein Fuͤrſich-ſeyn, auch als Dingheit, als Subſtanz beſtimmte, iſt in ſeiner Wahrheit die Allge - meinheit, mit welcher Form der unendliche Begriff ſeine Unterſchiede bekleidet, eine Form, die eben einer ſei - ner Unterſchiede ſelbſt iſt. Hierin beſteht das Schaf - fen des Begriffs, das nur in dieſem Innerſten deſſel - ben ſelbſt zu begreiffen iſt.

B.) Der beſondere Begriff.

Die Beſtimmtheit als ſolche gehoͤrt dem Seyn und dem Qualitativen an; als Beſtimmtheit des Begriffs iſt ſie Beſonderheit. Sie iſt keine Grenze, ſo daß ſie ſich zu einem Andern als einem Jenſeits ihrer verhielte, vielmehr, wie ſich ſo eben zeigte, das eigene immanentes Moment des Allgemeinen; dieſes iſt daher in der Beſonderheit nicht bey einem Andern, ſondern ſchlechthin bey ſich ſelbſt.

Das45I. Kapitel. Der Begriff.

Das Beſondere enthaͤlt die Allgemeinheit, welche deſſen Subſtanz ausmacht; die Gattung iſt unver - aͤndert in ihren Arten; die Arten ſind nicht von dem Allgemeinen, ſondern nur gegen einander ver - ſchieden. Das Beſondere hat mit den andern Be - ſondern, zu denen es ſich verhaͤlt, eine und dieſelbe All - gemeinheit. Zugleich iſt die Verſchiedenheit derſelben, um ihrer Identitaͤt mit dem Allgemeinen willen, als ſolche allgemein; ſie iſt Totalitaͤt. Das Be - ſondre enthaͤlt alſo nicht nur das Allgemeine, ſondern ſtellt daſſelbe auch durch ſeine Beſtimmtheit dar; dieſes macht inſofern eine Sphaͤre aus, welche das Beſondere erſchoͤpfen muß. Dieſe Totalitaͤt erſcheint, in - ſofern die Beſtimmtheit des Beſondern als bloſſe Ver - ſchiedenheit genommen wird, als Vollſtaͤndigkeit. Vollſtaͤndig ſind in dieſer Ruͤckſicht die Arten, inſo - fern es deren eben nicht mehrere gibt. Es iſt fuͤr ſie kein innerer Maßſtab, oder Princip vorhanden, weil die Verſchiedenheit eben der Einheitsloſe Un - terſchied iſt, an welchem die Allgemeinheit, die fuͤr ſich abſolute Einheit iſt, bloß aͤuſſerlicher Reflex, und eine unbeſchraͤnkte, zufaͤllige Vollſtaͤndigkeit iſt. Die Ver - ſchiedenheit aber geht in Entgegenſetzung, in eine immanente Beziehung der Verſchiedenen uͤber Die Beſonderheit aber, iſt als Allgemeinheit an und fuͤr ſich ſelbſt, nicht durch Uebergehen ſolche immanente Beziehung; ſie iſt Totalitaͤt an ihr ſelbſt, und ein - fache Beſtimmtheit, weſentlich Princip. Sie hat keine andere Beſtimmtheit, als welche durch das All - gemeine ſelbſt geſetzt iſt, und ſich aus demſelben, folgen - dermaßen ergibt.

Das Beſondre iſt das Allgemeine ſelbſt, aber es iſt deſſen Unterſchied oder Beziehung auf ein Anderes, ſein Scheinen nach Auſſen; es iſt aber kein Ande -res46I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.res vorhanden, wovon das Beſondere unterſchieden waͤre, als das Allgemeine ſelbſt. Das Allgemeine beſtimmt ſich, ſo iſt es ſelbſt das Beſondere; die Beſtimmtheit iſt ſein Unterſchied; es iſt nur von ſich ſelbſt unter - ſchieden. Seine Arten ſind daher nur a) das Allge - meine ſelbſt und b) das Beſondere. Das Allgemeine als der Begriff, iſt es ſelbſt und ſein Gegentheil, was wieder es ſelbſt als ſeine geſetzte Beſtimmtheit iſt; es greift uͤber daſſelbe uͤber, und iſt in ihm bey ſich. So iſt es die Totalitaͤt und Princip ſeiner Verſchiedenheit, die ganz nur durch es ſelbſt beſtimmt iſt.

Es gibt daher keine andere wahrhafte Eintheilung, als daß der Begriff ſich ſelbſt auf die Seite ſtellt, als die unmittelbare, unbeſtimmte Allgemeinheit; eben diß unbeſtimmte, macht ſeine Beſtimmtheit, oder daß er ein Beſonderes iſt. Beydes iſt das Beſondere, und iſt daher coordinirt. Beydes iſt auch als Be - ſonderes das beſtimmte gegen das Allgemeine; es heißt demſelben inſofern ſubordinirt. Aber eben diß Allgemeine, gegen welches das Beſondre beſtimmt iſt, iſt damit vielmehr ſelbſt auch nur eines der Ge - genuͤberſtehenden. Wenn wir von zwey Gegenuͤber - ſtehenden ſprechen, ſo muͤſſen wir alſo auch wieder ſa - gen, daß ſie beyde das Beſondre ausmachen, nicht nur zuſammen, daß ſie nur fuͤr die aͤuſſere Reflexion darin gleich waͤren, Beſondre zu ſeyn, ſondern ihre Beſtimmtheit gegeneinander iſt weſentlich zugleich nur Eine Beſtimmtheit, die Negativitaͤt, welche im Allgemeinen einfach iſt.

Wie ſich der Unterſchied hier zeigt, iſt er in ſeinem Begriffe, und damit in ſeiner Wahrheit. Aller fruͤhere Unterſchied hat dieſe Einheit im Begriffe. Wie er un -mit -47I. Kapitel. Der Begriff.mittelbarer Unterſchied im Seyn iſt, iſt er als die Grenze eines Andern; wie er in der Reflexion iſt, iſt er relativer, geſetzt als ſich auf ſein anderes weſent - lich beziehend; hier beginnt ſomit die Einheit des Be - griffs geſetzt zu werden; aber zunaͤchſt iſt ſie nur der Schein an einem Andern. Das Uebergehen und die Aufloͤſung dieſer Beſtimmungen hat nur dieſen wahren Sinn, daß ſie ihren Begriff, ihre Wahrheit erreichen; Seyn, Daſeyn, Etwas, oder Ganzes und Theile u. ſ. f. Subſtanz und Accidenzen, Urſache und Wirkung ſind fuͤr ſich Gedankenbeſtimmungen; als beſtimmte Begriffe werden ſie aufgefaßt, inſofern jede in der Einheit mit ihrer andern oder entgegengeſetzten erkannt wird. Das Ganze und die Theile, Urſache und Wirkung z. B. u. ſ. f. ſind noch nicht verſchiedene, die als Beſon - dere gegeneinander beſtimmt waͤren, weil ſie an ſich zwar Einen Begriff ausmachen, aber ihre Einheit noch nicht die Form der Allgemeinheit erreicht hat; ſo hat auch der Unterſchied, der in dieſen Verhaͤlt - niſſen iſt, noch nicht die Form, daß er Eine Beſtimmt - heit iſt. Urſache und Wirkung z. B. ſind nicht zwey verſchiedene Begriffe, ſondern nur Ein beſtimmter Begriff, und die Cauſſalitaͤt iſt, wie jeder Begriff, ein einfacher.

In Abſicht auf Vollſtaͤndigkeit hat ſich ergeben, daß das Beſtimmte der Beſonderheit vollſtaͤndig in dem Unterſchiede des Allgemeinen und Beſondern iſt, und daß nur dieſe beyde die beſondern Arten aus - machen. In der Natur finden ſich freylich in einer Gattung mehr als zwey Arten, ſo wie dieſe vielen Ar - ten auch nicht das aufgezeigte Verhaͤltniß zu einander haben koͤnnen. Es iſt diß die Ohnmacht der Natur, die Strenge des Begriffs nicht feſthalten und darſtellen zu koͤnnen, und in dieſe begriffloſe blinde Mannichfaltig -keit48I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.keit ſich zu verlauffen. Wir koͤnnen die Natur in der Mannichfaltigkeit ihrer Gattungen und Arten, und der unendlichen Verſchiedenheit ihrer Geſtaltungen bewun - dern, denn die Bewunderung iſt ohne Begriff, und ihr Gegenſtand iſt das Vernunftloſe. Der Natur weil ſie das Auſſerſichſeyn des Begriffes iſt, iſt es frey - gegeben, in dieſer Verſchiedenheit ſich zu ergehen, wie der Geiſt, ob er gleich den Begriff in der Geſtalt des Begriffes hat, auch aufs Vorſtellen ſich einlaͤßt, und in einer unendlichen Mannichfaltigkeit deſſelben ſich herum - treibt. Die vielfachen Naturgattungen oder Arten muͤſ - ſen fuͤr nichts hoͤheres geachtet werden, als die will - kuͤhrlichen Einfaͤlle des Geiſtes in ſeinen Vorſtellungen. Beyde zeigen wohl allenthalben Spuren und Ahndungen des Begriffs, aber ſtellen ihn nicht in treuem Abbild dar, weil ſie die Seite ſeines freyen Auſſerſichſeyns ſind; er iſt die abſolute Macht gerade darum, daß er ſeinen Unterſchied frey zur Geſtalt ſelbſtſtaͤndiger Ver - ſchiedenheit, aͤuſſerlicher Nothwendigkeit, Zufaͤlligkeit, Willkuͤhr, Meynung entlaſſen kann, welche aber fuͤr nicht mehr als die abſtracte Seite der Nichtigkeit genommen werden muß.

Die Beſtimmtheit des Beſondern iſt einfach als Princip, wie wir geſehen haben, aber ſie iſt es auch als Moment der Totalitaͤt, als Beſtimmtheit gegen die andere Beſtimmtheit. Der Begriff, inſofern er ſich beſtimmt oder unterſcheidet, iſt er negativ auf ſeine Einheit gerichtet, und gibt ſich die Form eines ſeiner ideellen Momente des Seyns; als beſtimmter Begriff hat er ein Daſeyn uͤberhaupt. Diß Seyn hat aber nicht mehr den Sinn der bloſſen Unmittelbarkeit, ſondern der Allgemeinheit, der durch die abſolute Ver - mittlung ſich ſelbſt gleichen Unmittelbarkeit, die eben ſo ſehr auch das andere Moment, das Weſen oder dieRe -49I. Kapitel. Der Begriff.Reflexion in ſich enthaͤlt. Dieſe Allgemeinheit, mit wel - cher das Beſ[tim]mte bekleidet iſt, iſt die abſtracte. Das Beſondre hat die Allgemeinheit in ihm ſelbſt als ſein Weſen; inſofern aber die Beſtimmtheit des Unter - ſchieds geſetzt iſt, und dadurch Seyn hat, iſt ſie Form an demſelben, und die Beſtimmtheit als ſolche iſt der Inhalt. Zur Form wird die Allgemeinheit, inſofern der Unterſchied als das Weſentliche iſt, wie er im Gegentheil im rein Allgemeinen nur als abſolute Negativitaͤt, nicht als Unterſchied iſt, der als ſol - cher geſetzt iſt.

Die Beſtimmtheit iſt nun zwar das abſtracte, gegen die andere Beſtimmtheit; die andere iſt aber nur die Allgemeinheit ſelbſt, dieſe iſt inſofern auch die abſtrac - te; und die Beſtimmtheit des Begriffs, oder die Be - ſonderheit iſt wieder weiter nicht als die beſtimmte All - gemeinheit. Der Begriff iſt in ihr auſſer ſich; in - ſofern er es iſt, der darin auſſer ſich iſt, ſo enthaͤlt das Abſtract-Allgemeine alle Momente des Begriffs; es iſt α) Allgemeinheit β) Beſtimmtheit γ) die einfache Einheit von beyden; aber dieſe Einheit iſt unmittel - bare, und die Beſonderheit iſt darum nicht als die Totalitaͤt. An ſich iſt ſie auch dieſe Totalitaͤt, und Vermittlung; ſie iſt weſentlich ausſchlieſſende Beziehung auf anderes, oder Aufhebung der Ne - gation, nemlich der andern Beſtimmtheit, der an - dern, die aber nur als Meynung vorſchwebt, denn unmittelbar verſchwindet ſie, und zeigt ſich als daſſelbe, was die ihr andre ſeyn ſollte. Diß macht alſo dieſe Allgemeinheit zur abſtracten, daß die Vermittlung nur Bedingung iſt, oder nicht an ihr ſelbſt geſetzt iſt. Weil ſie nicht geſetzt iſt, hat die Einheit des Ab - ſtracten die Form der Unmittelbarkeit, und der Inhalt die Form der Gleichguͤltigkeit gegen ſeine Allgemeinheit,Dweil50I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.weil er nicht als dieſe Totalitaͤt iſt, welche die Allge - meinheit der abſoluten Negativitaͤt iſt. Das Abſtract - Allgemeine iſt ſomit zwar der Begriff, aber als Be - griffloſes, als Begriff, der nicht als ſolcher geſetzt iſt.

Wenn vom beſtimmten Begriffe die Rede iſt, ſo iſt es gewoͤhnlich rein nur ein ſolches abſtract - Allgemeines, was gemeynt iſt. Auch unter dem Begriffe uͤberhaupt, wird meiſt nur dieſer begriff - loſe Begriff verſtanden, und der Verſtand bezeichnet das Vermoͤgen ſolcher Begriffe. Die Demonſtration gehoͤrt dieſem Verſtande an, inſofern ſie an Begriffen fortgehe, das heißt nur an Beſtimmungen. Sol - ches Fortgehen an Begriffen kommt daher nicht uͤber die Endlichkeit und Nothwendigkeit hinaus; ihr hoͤchſtes iſt das negative Unendliche, die Abſtraction des hoͤchſten Weſens, welches ſelbſt die Beſtimmtheit der Unbe - ſtimmtheit iſt. Auch die abſolute Subſtanz iſt zwar nicht dieſe leere Abſtraction, dem Inhalte nach vielm〈…〉〈…〉 hr die Totalitaͤt, aber ſie iſt darum abſtract, weil ſie ohne die abſolute Form iſt, ihre innerſte Wahrheit macht nicht der Begriff aus; ob ſie zwar die Identitaͤt der Allge - meinheit und Beſonderheit, oder des Denkens und des Auſſereinander iſt, ſo iſt dieſe Identitaͤt nicht die Be - ſtimmtheit des Begriffes; auſſer ihr iſt vielmehr ein, und zwar eben weil er auſſer ihr iſt, ein zufaͤlli - ger Verſtand, in und fuͤr welchen ſie in verſchiedenen Attributen und Modis iſt.

Leer iſt uͤbrigens die Abſtraction nicht, wie ſie gewoͤhnlich genannt wird; ſie iſt der beſtimmte Be - griff; ſie hat irgend eine Beſtimmtheit zum Inhalt; auch das hoͤchſte Weſen, die reine Abſtraction, hat, wie erinnert, die Beſtimmtheit der Unbeſtimmtheit; eine Be - ſtimmtheit aber iſt die Unbeſtimmtheit, weil ſie dem Be -ſtimm -51I. Kapitel. Der Begriff.ſtimmten gegenuͤber ſtehen ſoll. Indem man aber ausſpricht, was ſie iſt, hebt ſich diß ſelbſt auf, was ſie ſeyn ſoll; ſie wird als eins mit der Beſtimmtheit ausgeſprochen, und auf dieſe Weiſe aus der Abſtraction der Begriff und ihre Wahrheit hergeſtellt. Inſo - fern aber iſt jeder beſtimmte Begriff allerdings leer, als er nicht die Totalitaͤt ſondern nur eine einſeitige Beſtimmtheit enthaͤlt. Wenn er auch ſonſt concreten Inhalt hat, z. B. Menſch, Staat, Thier u. ſ. f. ſo bleibt er ein leerer Begriff, inſofern ſeine Beſtimmtheit nicht das Princip ſeiner Unterſchiede iſt; das Princip enthaͤlt den Anfang und das Weſen ſeiner Entwicklung und Realiſation; irgend eine andere Beſtimmtheit des Begriffs aber iſt unfruchtbar. Wenn der Begriff daher uͤberhaupt als leer geſcholten iſt, ſo wird jene abſolute Beſtimmtheit deſſelben verkannt, welche der Begriffs - unterſchied, und der einzig wahre Inhalt in ſeinem Element iſt.

Hieher gehoͤrt der Umſtand, um deſſen willen der Verſtand in neuern Zeiten gering geachtet und gegen die Vernunft ſo ſehr zuruͤckgeſetzt wird; es iſt die Feſtig - keit, welche er den Beſtimmtheiten und ſomit den End - lichkeiten ertheilt. Diß Fixe beſteht in der betrachteten Form der abſtracten Allgemeinheit; durch ſie werden ſie unveraͤnderlich. Denn die qualitative Beſtimmt - heit, ſo wie die Reflexionsbeſtimmung, ſind weſentlich als begraͤnzte, und haben durch ihre Schranke eine Beziehung auf ihr Anderes, ſomit die Nothwen - digkeit des Uebergehens und Vergehens. Die Allge - meinheit aber, welche ſie im Verſtande haben, gibt ihnen die Form der Reflexion in ſich, wodurch ſie der Bezie - hung auf Anderes entnommen, und unvergaͤnglich geworden ſind. Wenn nun am reinen Begriffe dieſe Ewigkeit zu ſeiner Natur gehoͤrt, ſo waͤren ſeine abſtractenD 2Be -52I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Beſtimmungen nur ihrer Form nach ewige Weſen - heiten; aber ihr Inhalt iſt dieſer Form nicht angemeſ - ſen; ſie ſind daher nicht Wahrheit und Unvergaͤnglich - keit. Ihr Inhalt iſt der Form nicht angemeſſen, weil er nicht die Beſtimmtheit ſelbſt als allgemein, d. i. nicht als Totalitaͤt des Begriffsunterſchieds, oder nicht ſelbſt die ganze Form iſt; die Form des beſchraͤnkten Verſtan - des iſt darum aber ſelbſt die unvollkommne, nemlich abſtracte Allgemeinheit. Es iſt aber ferner als die unendliche Kraft des Verſtandes zu achten, das Concrete in die abſtracten Beſtimmtheiten zu trennen, und die Tiefe des Unterſchieds zu faſſen, welche allein zugleich die Macht iſt, die ihren Uebergang bewirkt. Das Concrete der Anſchauung iſt Totalitaͤt, aber die ſinnliche, ein realer Stoff, der in Raum und Zeit gleichguͤltig auſſereinander beſteht; dieſe Einheits - loſigkeit des Mannichfaltigen, in der es der Inhalt der Anſchauung iſt, ſollte ihm doch wohl nicht als Ver - dienſt und Vorzug vor dem Verſtaͤndigen angerechn[et]werden. Die Veraͤnderlichkeit, die es in der Anſchauung zeigt, deutet ſchon auf das Allgemeine hin; was davon zur Anſchauung kommt, iſt nur ein anderes eben ſo Veraͤnderliches, alſo nur das Naͤmliche; es iſt nicht das Allgemeine, das an deſſen Stelle traͤte und erſchiene. Am wenigſten aber ſollte der Wiſſenſchaft z. B. der Geometrie und Arithmetik, das Anſchauliche, das ihr Stoff mit ſich bringt, zu einem Verdienſte angerech - net, und ihre Saͤtze als hiedurch begruͤndet, vorgeſtellt werden. Vielmehr iſt der Stoff ſolcher Wiſſenſchaften darum von niedrigerer Natur; das Anſchauen der Fi - guren oder Zahlen verhilft nicht zur Wiſſenſchaft der - ſelben; nur das Denken daruͤber vermag eine ſolche hervorzubringen. Inſofern aber unter Anſchauung nicht bloß das Sinnliche, ſondern die objective To - talitaͤt verſtanden wird, ſo iſt ſie eine intel -lec -53I. Kapitel. Der Begriff.lectuelle, d. i. ſie hat das Daſeyn nicht in ſeiner aͤuſſerlichen Exiſtenz zum Gegenſtande, ſondern das, was in ihm unvergaͤngliche Realitaͤt und Wahrheit iſt, die Realitaͤt, nur inſofern ſie weſentlich im Begriffe und durch ihn beſtimmt iſt, die Idee, deren naͤhere Na - tur ſich ſpaͤter zu ergeben hat. Was die Anſchauung als ſolche, vor dem Begriffe voraushaben ſoll, iſt die aͤuſſerliche Realitaͤt, das Begriffloſe, das erſt einen Werth durch ihn erhaͤlt.

Indem daher der Verſtand die unendliche Kraft darſtellt, welche das Allgemeine beſtimmt, oder umge - kehrt, dem an und fuͤr ſich Haltungsloſen der Beſtimmt - heit durch die Form der Allgemeinheit das fixe Beſtehen ertheilt, ſo iſt es nun nicht Schuld des Verſtandes, wenn nicht weiter gegangen wird. Es iſt eine ſubjecti - ve Ohnmacht der Vernunft, welche dieſe Be - ſtimmtheiten ſo gelten laͤßt und ſie nicht durch die jener abſtracten Allgemeinheit entgegengeſetzte dialektiſche Kraft, d. h. durch die eigenthuͤmliche Natur, nemlich durch den Begriff jener Beſtimmtheiten, zur Einheit zuruͤckzufuͤhren vermag. Der Verſtand gibt ihnen zwar durch die Form der abſtracten Allgemeinheit ſo zu ſagen, eine ſolche Haͤrte des Seyns, als ſie in der qualitativen Sphaͤre, und in der Sphaͤre der Reflexion nicht haben; aber durch dieſe Vereinfachung begeiſtet er ſie zugleich, und ſchaͤrft ſie ſo zu, daß ſie eben nur auf dieſer Spitze die Faͤhigkeit erhalten, ſich aufzuloͤſen und in ihr ent - gegengeſetztes uͤberzugehen. Die hoͤchſte Reiffe und Stuffe, die irgend Etwas erreichen kann, iſt diejenige, in welcher ſein Untergang beginnt. Das Feſte der Be - ſtimmtheiten, in welche ſich der Verſtand einzurennen ſcheint, die Form des Unvergaͤnglichen iſt die der ſich auf ſich beziehenden Allgemeinheit. Aber ſie gehoͤrt dem Be - griffe zu eigen an; und daher liegt in ihr ſelbſt dieAuf -54I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Aufloͤſung des Endlichen ausgedruͤckt, und in unend - licher Naͤhe. Dieſe Allgemeinheit arguirt unmittel - bar die Beſtimmtheit des Endlichen, und druͤckt ſeine Unangemeſſenheit zu ihr aus. Oder vielmehr iſt ſeine Angemeſſenheit ſchon vorhanden; das abſtracte Be - ſtimmte iſt als eins mit der Allgemeinheit geſetzt;[e]ben darum als nicht fuͤr ſich, inſofern es nur Beſtimmtes waͤre, ſondern nur als Einheit ſeiner und des Allgemei - nen, d. i. als Begriff.

Es iſt daher in jeder Ruͤckſicht zu verwerfen, Verſtand und die Vernunft ſo, wie gewoͤhnlich geſchieht, zu trennen. Wenn der Begriff als vernunftlos betrach - tet wird, ſo muß es vielmehr als eine Unfaͤhigkeit der Vernunft betrachtet werden, ſich in ihm zu erkennen. Der beſtimmte und abſtracte Begriff iſt die Bedin - gung, oder vielmehr weſentliches Moment der Vernunft; er iſt begeiſtete Form, in welcher das Endliche durch die Allgemeinheit, in der es ſich auf ſich bezieht, ſich in ſich entzuͤndet, als dialektiſch geſetzt und hiemit der Anfang ſelbſt der Erſcheinung der Ver - nunft iſt.

Indem der beſtimmte Begriff in dem Bisherigen in ſeiner Wahrheit dargeſtellt iſt