PRIMS Full-text transcription (HTML)
Wiſſenſchaft der Logik.
Zweiter Band. Die ſubjective Logik oder Lehre vom Begriff.
Nuͤrnberg,bey Johann Leonhard Schrag.1816.
[I]
Wiſſenſchaft der ſubjectiven Logik oder die Lehre vom Begriff
[figure]
Nuͤrnberg,bey Johann Leonhard Schrag.1816.
[II][III]

Vorbericht.

Dieſer Theil der Logik, der die Lehre vom Begriffe enthaͤlt, und den dritten Theil des Gan - zen ausmacht, wird auch unter dem beſondern Ti - tel: Syſtem der ſubjectiven Logik, zur Be - quemlichkeit derjenigen Freunde dieſer Wiſſenſchaft ausgegeben, die fuͤr die hier abgehandelten, in dem Umfange der gewoͤhnlich ſo genannten Logik befaßten Materien ein groͤſſeres Intereſſe zu haben gewoͤhnt ſind, als fuͤr die weitern logiſchen Gegenſtaͤnde, die in den beyden erſten Theilen abgehandelt worden. Fuͤr dieſe fruͤhern Theile konnte ich auf die Nach - ſicht billiger Beurtheiler wegen der wenigen Vor - arbeiten Anſpruch machen, die mir einen Anhalt, Materialien und einen Faden des Fortgangs haͤt -* 2tenIVVorbericht.ten gewaͤhren koͤnnen. Bey dem gegenwaͤrtigen, darf ich dieſe Nachſicht vielmehr aus dem entgegen - geſetzten Grunde anſprechen; indem ſich fuͤr die Lo - gik des Begriffs ein voͤllig fertiges und feſtge - wordenes, man kann ſagen, verknoͤchertes Material vorfindet, und die Aufgabe darin beſteht, daſſelbe in Fluͤſſigkeit zu bringen, und den lebendigen Begriff in ſolchem todten Stoffe wieder zu entzuͤnden; wenn es ſeine Schwierigkeiten hat, in einem oͤden Lande eine neue Stadt zu erbauen, ſo findet ſich zwar Material genug, aber deſto mehr Hinderniſſe anderer Art, wenn es darum zu thun iſt, einer al - ten, feſtgebauten, in fortwaͤhrendem Beſitz und Be - wohnung erhaltenen Stadt eine neue Anlage zu geben; man muß ſich unter anderem auch entſchlieſ - ſen, von vielem ſonſt werthgeachtetem des Vorraths gar keinen Gebrauch zu machen.

Vornemlich aber darf die Groͤſſe des Gegen - ſtandes ſelbſt zur Entſchuldigung der unvollkomme - nen Ausfuͤhrung angefuͤhrt werden. Denn welcher Gegenſtand iſt erhabener fuͤr die Erkenntniß, alsdieVVorbericht.die Wahrheit ſelbſt? Der Zweifel aber, ob nicht dieſer Gegenſtand es eben ſey, der einer Ent - ſchuldigung beduͤrfe, liegt nicht aus dem Wege, wenn man ſich des Sinns erinnert, in welchem Pila - tus die Frage: was iſt Wahrheit? ſagte; nach dem Dichter: mit der Miene des Hofmanns, die kurzſichtig, doch laͤchelnd des Ernſtes Sache verdammet. Jene Frage ſchließt dann den Sinn, der als ein Moment der Hoͤflichkeit angeſehen werden kann, und die Erinnerung daran in ſich, daß das Ziel, die Wahrheit zu erkennen, etwas bekanntlich aufge - gebenes, laͤngſt abgethanes, und die Unerreichbarkeit der Wahrheit auch unter Philoſophen und Logikern von Profeſſion etwas anerkanntes ſey? Wenn aber die Frage der Religion nach dem Werthe der Dinge, der Einſichten und Handlungen, die dem Inhalte nach, einen gleichen Sinn hat, in unſern Zeiten ihr Recht ſich wieder mehr vindicirt, ſo muß wohl die Philoſophie hoffen, daß es auch nicht mehr* 3ſoVIVorbericht.ſo auffallend gefunden werde, wenn ſie wieder, zu - naͤchſt in ihrem unmittelbaren Felde, ihr wahrhaftes Ziel geltend macht, und nachdem ſie in die Art und Weiſe und in die Anſpruchsloſigkeit anderer Wiſ - ſenſchaften auf Wahrheit, herabgefallen, ſich wieder zu demſelben zu erheben ſtrebt. Wegen dieſes Ver - ſuchs kann es eigentlich nicht erlaubt ſeyn, eine Entſchuldigung zu machen; aber wegen der Ausfuͤh - rung deſſelben darf ich fuͤr eine ſolche noch erwaͤh - nen, daß meine Amts-Verhaͤltniſſe und andere per - ſoͤnliche Umſtaͤnde mir nur eine zerſtreute Arbeit in einer Wiſſenſchaft geſtatteten, welche einer unzer - ſtreuten und ungetheilten Anſtrengung bedarf und wuͤrdig iſt.

Nuͤrnberg den 21. Jul. 1816.

In -VII

Inhaltsanzeige.

  • Vom Begriff im AllgemeinenS. 1 30.
  • EintheilungS. 30 33.
  • Erſter Abſchnitt.
  • Die SubjectivitaͤtS. 34 191.
  • Erſtes Kapitel.
  • Der BegriffS. 36 70.
  • A. Der allgemeine BegriffS. 37.
  • B. Der beſondre BegriffS. 44.
  • Anm. Die gewoͤhnlichen Arten der BegriffeS. 55.
  • C. Das EinzelneS. 64.
  • Zweytes Kapitel.
  • Das UrtheilS. 71 131.
  • A. Das Urtheil des DaſeynsS. 82 100.
  • a. das poſitiveS. 83.
  • b. das negativeS. 89.
  • c. das unendlicheS. 98.
  • B. Das Urtheil der ReflexionS. 100 111.
  • a. das ſingulaͤreS. 103.
  • b. das particulaͤreS. 104.
  • c. das univerſelleS. 106.
  • VIII
  • C. Das Urtheil der NothwendigkeitS. 111 122.
  • a. das kategoriſcheS. 112.
  • b. das hypothetiſcheS. 113.
  • c. das disjunctiveS. 116.
  • D. Das Urtheil des BegriffsS. 122 131.
  • a. das aſſertoriſcheS. 124.
  • b. das problematiſcheS. 126.
  • c. das apodiktiſcheS. 128.
  • Drittes Kapitel.
  • Der SchlußS. 132 191.
  • A. Der Schluß des DaſeynsS. 135 165.
  • a. erſte FigurS. 136.
  • b. zweyte FigurS. 148.
  • c. dritte FigurS. 153.
  • d. vierte FigurS. 155.
  • Anm. Die gewoͤhnliche Anſicht des SchluſſesS. 158.
  • B. Der Schluß der ReflexionS. 165 178.
  • a. Schluß der AllheitS. 167.
  • b. der InductionS. 170.
  • c. der AnalogieS. 173.
  • C. Der Schluß der NothwendigkeitS. 179 191.
  • a. der kategoriſcheS. 180.
  • b. der hypothetiſcheS. 183.
  • c. der disjunctive SchlußS. 187.
  • IX
  • Zweyter Abſchnitt.
  • Die ObjectivitaͤtS. 192 266.
  • Erſtes Kapitel.
  • Der MechanismusS. 202 225.
  • A. Das mechaniſche ObjectS. 203 207.
  • B. Der mechaniſche ProceßS. 207 219.
  • a. der formaleS. 210.
  • b. der realeS 214.
  • c. das ProductS. 217.
  • C. Der abſolute MechanismusS. 219 225.
  • a. das CentrumS. 219.
  • b. das GeſetzS. 223.
  • c. Uebergang des MechanismusS. 224.
  • Zweytes Kapitel.
  • Der ChemismusS. 226 235.
  • A. Das chemiſche ObjectS. 226 228.
  • B. Der chemiſche ProceßS. 228 232.
  • C. Uebergang des ChemismusS. 233 235.
  • Drittes Kapitel.
  • Die TeleologieS. 236 266.
  • A. Der ſubjective ZweckS. 246 249.
  • B. Das MittelS. 250 253.
  • C. Der ausgefuͤhrte ZweckS. 254 266.
  • X
  • Dritter Abſchnitt.
  • Die Idee .S. 267 bis Ende.
  • Erſtes Kapitel.
  • Das LebenS. 276 297.
  • A. Das lebendige IndividuumS. 281 289.
  • B. Der Lebens-ProceßS. 289 293.
  • C. Die GattungS. 293 297.
  • Zweytes Kapitel.
  • Die Idee des ErkennensS. 298 370.
  • A. Die Idee des WahrenS. 311 362.
  • a. das analytiſche ErkennenS. 316 326.
  • b. das ſynthetiſche ErkennenS. 326 362.
  • 1. die DefinitionS. 328. 2. die Ein - theilungS. 336. 3. der LehrſatzS. 344.
  • B. Die Idee des GutenS. 362 370.
  • Drittes Kapitel.
  • Die abſolute IdeeS. 371 bis Ende.
Vom[1]

Vom Begriff im Allgemeinen.

Was die Natur des Begriffes ſey, kann ſo wenig unmittelbar angegeben werden, als der Begriff irgend eines andern Gegenſtandes unmittelbar aufgeſtellt werden kann. Es koͤnnte etwa ſcheinen, daß um den Begriff eines Gegenſtandes anzugeben, das Logiſche vorausgeſetzt werde, und dieſes ſomit nicht wieder et - was anderes zu ſeinem Voraus haben, noch ein ab - geleitetes ſeyn koͤnne, wie in der Geometrie logiſche Saͤtze, wie ſie in Anwendung auf die Groͤſſe erſcheinen und in dieſer Wiſſenſchaft gebraucht werden, in der Form von Axiomen, unabgeleiteten und un - ableitbaren Erkenntnißbeſtimmungen vorangeſchickt werden. Ob nun wohl der Begriff nicht nur als eine ſubjective Vorausſetzung, ſondern als abſolute Grundlage anzuſehen iſt, ſo kann er diß doch nicht ſeyn, als inſofern er ſich zur Grundlage gemacht hat. Das abſtract-Unmittelbare iſt wohl ein Erſtes; als diß Abſtracte, iſt es aber vielmehr ein Vermitteltes, von dem alſo, wenn es in ſeiner Wahrheit gefaßt werden ſoll, ſeine Grundlage erſt zu ſuchen iſt. Dieſe muß daher zwar ein Unmittelbares ſeyn, aber ſo daß es aus der Aufhebung der Vermittlung ſich zum Unmittelbaren ge - macht hat.

ADer2Vom Begriff

Der Begriff iſt von dieſer Seite zunaͤchſt uͤberhaupt als das Dritte zum Seyn und We - ſen, zum Unmittelbaren und zur Reflexion anzuſehen. Seyn und Weſen ſind inſofern die Mo - mente ſeines Werdens; er aber iſt ihre Grundlage und Wahrheit, als die Identitaͤt, in welcher ſie un - tergegangen und enthalten ſind. Sie ſind in ihm, weil er ihr Reſultat iſt, enthalten, aber nicht mehr als Seyn und als Weſen; dieſe Beſtimmung haben ſie nur, inſofern ſie noch nicht in dieſe ihre Einheit zuruͤck - gegangen ſind.

Die objective Logik, welche das Seyn und Weſen betrachtet, macht daher eigentlich die geneti - ſche Expoſition des Begriffes aus. Naͤher iſt die Subſtanz ſchon das reale Weſen, oder das Weſen, in ſo fern es mit dem Seyn vereinigt und in Wirklichkeit getreten iſt. Der Begriff hat daher die Subſtanz zu ſeiner unmittelbaren Vorausſetzung, ſie iſt das an ſich, was er als manifeſtirtes iſt. Die dialektiſche Bewegung der Subſtanz durch die Cauſalitaͤt und Wechſelwirkung hindurch iſt daher die unmittelbare Geneſis des Begriffes, durch welche ſein Werden dargeſtellt wird. Aber ſein Werden hat, wie das Werden uͤberall, die Bedeutung, daß es die Reflexion des Übergehenden in ſeinen Grund iſt, und daß das zunaͤchſt anſcheinend Andere, in welches das erſtere uͤbergegangen, deſſen Wahrheit ausmacht. So iſt der Begriff die Wahrheit der Subſtanz, und indem die beſtimmte Verhaͤltnißweiſe der Subſtanz die Nothwendigkeit iſt, zeigt ſich die Freyheit als die Wahrheit der Nothwendigkeit, und als die Verhaͤltnißweiſe des Begriffs.

Die eigene, nothwendige Fortbeſtimmung der Sub - ſtanz, iſt das Setzen deſſen, was an und fuͤr ſichiſt;3im Allgemeinen.iſt; der Begriff nun iſt dieſe abſolute Einheit des Seyns und der Reflexion, daß das An - und Fuͤr ſich ſeyn erſt dadurch iſt, daß es eben ſo ſehr Re - flexion oder Geſetztſeyn iſt, und daß das Geſetzt - ſeyn das An - und Fuͤr ſich ſeyn iſt. Diß abſtracte Reſultat erlaͤutert ſich durch die Darſtellung ſeiner concreten Geneſis; ſie enthaͤlt die Natur des Be - griffes; ſie muß aber deſſen Abhandlung vorangegangen ſeyn. Die Hauptmomente dieſer Expoſition, (welche im 2ten Buch der objectiven Logik ausfuͤhrlich abgehandelt worden iſt) ſind daher hier kuͤrzlich zuſammen zu ſtellen:

Die Subſtanz iſt das Abſolute, das an - und fuͤr ſich-ſeyende Wirkliche; an ſich als die einfache Identitaͤt der Moͤglichkeit und Wirklichkeit, abſolutes, alle Wirklichkeit und Moͤglichkeit in ſich enthaltendes Weſen; fuͤr ſich, dieſe Identitaͤt als abſolute Macht oder ſchlechthin ſich auf ſich beziehende Negativitaͤt. Die Bewegung der Subſtantialitaͤt, welche durch dieſe Momente geſetzt iſt, beſteht darin,

1.) Daß die Subſtanz, als abſolute Macht oder ſich auf ſich beziehende Negativitaͤt, ſich zu einem Verhaͤltniſſe unterſcheidet, worin jene zunaͤchſt nur ein - fache Momente, als Subſtanzen, und als urſpruͤng - liche Vorausſetzungen ſind. Das beſtimmte Ver - haͤltniß derſelben iſt das einer paſſiven Subſtanz, der Urſpruͤnglichkeit des einfachen An ſich ſeyns, welches machtlos ſich nicht ſelbſt ſetzend, nur urſpruͤng - liches Geſetztſeyn iſt; und von activer Sub - ſtanz, der ſich auf ſich beziehenden Negativitaͤt, welche als ſolche ſich als andres geſetzt hat, und auf diß Andre bezieht. Diß andre iſt eben die paſſive Subſtanz, welche ſie ſich in der Urſpruͤnglichkeit ihrer Macht als Bedingung vorausgeſetzt hat. Diß Vorausſetzen iſt ſo zu faſſen, daß die Bewegung derA 2Sub -4Vom BegriffSubſtanz ſelbſt zunaͤchſt unter der Form des einen Mo - ments ihres Begriffs, des An ſich ſeyns iſt, daß die Beſtimmtheit der einen der im Verhaͤltniß ſtehen - den Subſtanzen, auch Beſtimmtheit dieſes Verhaͤlt - niſſes ſelbſt iſt.

2.) Das andere Moment iſt das Fuͤrſichſeyn oder daß die Macht ſich als ſich auf ſich ſelbſt beziehende Negativitaͤt ſetzt, wodurch ſie das Voraus - geſetzte wieder aufhebt. Die active Subſtanz iſt die Urſache; ſie wirkt; das heißt, ſie iſt nun das Setzen, wie ſie vorher das Vorausſetzen war, daß a) der Macht auch der Schein der Macht, dem Geſetztſeyn auch der Schein des Geſetztſeyns ge - geben wird. Das, was in der Vorausſetzung ur - ſpruͤngliches war, wird in der Cauſalitaͤt durch die Beziehung auf anderes, das, was es an ſich iſt; die Urſache bringt eine Wirkung, und zwar an einer andern Subſtanz hervor; ſie iſt nunmehr Macht in Beziehung auf ein anderes; erſcheint in ſo fern als Urſache, aber iſt es erſt durch diß Erſchei - nen. An die paſſive Subſtanz tritt die Wirkung, wodurch ſie als Geſetztſeyn nun auch erſcheint, aber erſt darin paſſive Subſtanz iſt.

3.) Aber es iſt noch mehr hierin vorhanden, als nur dieſe Erſcheinung; nemlich a.) Die Urſache wirkt auf die paſſive Subſtanz, ſie veraͤndert deren Beſtimmung; aber dieſe iſt das Geſetztſeyn, ſonſt iſt nichts an ihr zu veraͤndern; die andere Beſtimmung aber, die ſie erhaͤlt, iſt die Urſachlichkeit; die paſſive Subſtanz wird alſo zur Urſache, Macht und Thaͤtigkeit. b) es wird die Wirkung an ihr geſetzt von der Ur - ſache; das aber von der Urſache geſetzte iſt die im Wir - ken mit ſich identiſche Urſache ſelbſt; es iſt dieſe, welche ſich an die Stelle der paſſiven Subſtanz ſetzt. Ebenſo5im Allgemeinen.ſo in Anſehung der activen Subſtanz iſt a.) das Wir - ken das Ueberſetzen der Urſache in die Wirkung, in ihr anderes, das Geſetztſeyn, und b) in der Wirkung zeigt ſich die Urſache als das, was ſie iſt, die Wirkung iſt identiſch mit der Urſache, nicht ein anderes; die Ur - ſache zeigt alſo im Wirken das Geſetztſeyn als das, was ſie weſentlich iſt. Nach beyden Seiten alſo, des iden - tiſchen ſowohl als des negativen Beziehens der an - dern auf ſie, wird jede das Gegentheil ihrer ſelbſt; diß Gegentheil aber wird jede, daß die andere, alſo auch jede, identiſch mit ſich ſelbſt bleibt. Aber beydes, das identiſche und das negative Beziehen, iſt ein und daſſelbe; die Subſtanz iſt nur in ihrem Ge - gentheil identiſch mit ſich ſelbſt, und diß macht die ab - ſolute Identitaͤt der als zwey geſetzten Subſtanzen aus. Die active Subſtanz wird durch das Wirken, d. h. in - dem ſie ſich als das Gegentheil ihrer ſelbſt ſetzt, was zugleich das Aufheben ihres vorausgeſetzten An - dersſeyns, der paſſiven Subſtanz, iſt, als Urſache oder urſpruͤngliche Subſtantialitaͤt manifeſtirt. Umgekehrt wird durch das Einwirken das Geſetztſeyn als Geſetzt - ſeyn, das Negative, als Negatives, ſomit die paſſive Subſtanz als ſich auf ſich beziehende Negativi - taͤt, manifeſtirt; und die Urſache geht in dieſem Andern ihrer ſelbſt ſchlechthin nur mit ſich zuſammen. Durch diß Setzen wird alſo die vorausgeſetzte oder an ſich ſeyende Urſpruͤnglichkeit fuͤr ſich; aber diß An und fuͤr ſich ſeyn iſt nur dadurch, daß diß Setzen eben ſo ſehr ein Aufheben des Vorausgeſetzten iſt, oder die abſolute Subſtanz nur aus und in ihrem Geſetzt - ſeyn zu ſich ſelbſt zuruͤckgekommen, und dadurch abſolut iſt. Dieſe Wechſelwirkung iſt hiemit die ſich wieder auf - hebende Erſcheinung; die Offenbarung des Scheins der Cauſalitaͤt, worin die Urſache als Urſache iſt, daß er Schein iſt. Dieſe unendliche Reflexion in ſich ſelbſt,daß6Vom Begriffdaß das An - und - Fuͤrſichſeyn erſt dadurch iſt, daß es Geſetztſeyn iſt, iſt die Vollendung der Subſtanz. Aber dieſe Vollendung iſt nicht mehr die Subſtanz ſelbſt, ſondern iſt ein hoͤheres, der Begriff, das Subject. Der Uebergang des Subſtantialitaͤts-Ver - haͤltniſſes geſchieht durch ſeine eigene immanente Noth - wendigkeit, und iſt weiter nichts, als die Manifeſtation ihrer ſelbſt, daß der Begriff ihre Wahrheit, und die Freyheit die Wahrheit der Nothwendigkeit iſt.

Es iſt ſchon fruͤher im 2ten Buch der objectiven Lo - gik S. 225 f. Anm. erinnert worden, daß die Philo - ſophie, welche ſich auf den Standpunkt der Subſtanz ſtellt und darauf ſtehen bleibt, das Syſtem des Spi - noza iſt. Es iſt daſelbſt zugleich der Mangel dieſes Syſtems ſowohl der Form als Materie nach aufgezeigt worden. Ein anderes aber iſt die Widerlegung deſ - ſelben. In Ruͤckſicht auf die Widerlegung eines phi - loſophiſchen Syſtems iſt anderwaͤrts gleichfalls die all - gemeine Bemerkung gemacht worden, daß daraus die ſchiefe Vorſtellung zu verbannen iſt, als ob das Syſtem als durchaus falſch dargeſtellt werden ſolle, und als ob das wahre Syſtem dagegen dem falſchen nur entgegengeſetzt ſey. Aus dem Zuſammenhange, in welchem hier das Spinoziſtiſche Syſtem vorkommt, geht von ſelbſt der wahre Standpunkt deſſelben und der Fra - ge, ob es wahr oder falſch ſey, hervor. Das Sub - ſtantialitaͤts-Verhaͤltniß erzeugte ſich durch die Natur des Weſens; diß Verhaͤltniß, ſo wie ſeine zu einem Gan - zen erweiterte Darſtellung in einem Syſteme iſt daher ein nothwendiger Standpunkt, auf welchen das Abſolute ſich ſtellt. Ein ſolcher Standpunkt iſt daher nicht als eine Meynung, eine ſubjective, beliebige Vor - ſtellungs - und Denkweiſe eines Individuums, als eine Verirrung der Speculation, anzuſehen; dieſe findet ſichviel -7im Allgemeinen.vielmehr auf ihrem Wege nothwendig darauf ver - ſetzt, und inſofern iſt das Syſtem vollkommen wahr. Aber es iſt nicht der hoͤchſte Stand - punkt. Allein inſofern kann das Syſtem nicht als falſch, als der Widerlegung beduͤrftig und faͤhig angeſehen werden; ſondern nur diß daran iſt als das falſche zu betrachten, daß es der hoͤchſte Standpunkt ſey. Das wahre Syſtem kann daher auch nicht das Verhaͤltniß zu ihm haben, ihm nur entgegengeſetzt zu ſeyn; denn ſo waͤre diß entgegengeſetzte ſelbſt ein einſeitiges. Vielmehr als das hoͤhere muß es das un - tergeordnete in ſich enthalten.

Ferner muß die Widerlegung nicht von auſſen kom - men, d. h. nicht von Annahmen ausgehen, welche auſ - ſer jenem Syſteme liegen, denen es nicht entſpricht. Es braucht jene Annahmen nur nicht anzuerkennen; der Mangel iſt nur fuͤr den ein Mangel, welcher von den auf ſie gegruͤndeten Beduͤrfniſſen und Foderungen ausgeht. Inſofern iſt geſagt worden, daß wer die Frey - heit und Selbſtſtaͤndigkeit des ſelbſtbewußten Subjects nicht fuͤr ſich als entſchieden vorausſetze, fuͤr den koͤnne keine Widerlegung des Spinozismus Statt finden. Ohnehin ignorirt ein ſo hoher, und in ſich ſchon ſo reicher Standpunkt, als das Subſtantialitaͤtsverhaͤlt - niß, jene Annahme nicht, ſondern enthaͤlt ſie auch; eins der Attribute der ſpinoziſtiſchen Subſtanz iſt das Den - ken. Er verſteht vielmehr die Beſtimmungen, unter welchen dieſe Annahmen ihm widerſtreiten, aufzuloͤſen und in ſich zu ziehen, ſo daß ſie in dem ſelben aber in den ihm angemeſſenen Modificationen erſcheinen. Der Nerv des aͤuſſerlichen Widerlegens beruht dann allein darauf, die entgegengeſetzten Formen jener An - nahmen, z. B. das abſolute Selbſtbeſtehen des denken - den Individuums gegen die Form des Denkens, wie esin8Vom Begriffin der abſoluten Subſtanz mit der Ausdehnung identiſch geſetzt wird, ſeinerſeits ſteif und feſt zu halten. Die wahrhafte Widerlegung muß in die Kraft des Gegners eingehen und ſich in den Umkreis ſeiner Staͤrke ſtellen; ihn auſſerhalb ſeiner ſelbſt angreiffen und da Recht zu behalten, wo er nicht iſt, foͤrdert die Sache nicht. Die einzige Widerlegung des Spinozismus kann daher nur darin beſtehen, daß ſein Standpunkt zuerſt als weſentlich und nothwendig anerkannt werde, daß aber zweytens dieſer Standpunkt aus ſich ſelbſt auf den hoͤhern gehoben werde. Das Subſtantialitaͤts-Verhaͤlt - niß ganz nur an und fuͤr ſich ſelbſt betrachtet, fuͤhrt ſich zu ſeinem Gegentheil, dem Begriffe, uͤber. Die im letzten Buch enthaltene Expoſition der Sub - ſtanz, welche zum Begriffe uͤberfuͤhrt, iſt daher die einzige und wahrhafte Widerlegung des Spinozismus. Sie iſt die Enthuͤllung der Subſtanz, und dieſe iſt die Geneſis des Begriffs, deren Hauptmomente oben zuſammengeſtellt worden. Die Einheit der Subſtanz iſt ihr Verhaͤltniß der Nothwendigkeit; aber ſo iſt ſie nur innre Nothwendigkeit; indem ſie durch das Moment der abſoluten Negativitaͤt ſich ſetzt, wird ſie manifeſtirte oder geſetzte Iden - titaͤt, und damit die Freyheit, welche die Iden - titaͤt des Begriffs iſt. Dieſer, die aus der Wechſelwir - kung reſultirende Totalitaͤt, iſt die Einheit der beyden Subſtanzen der Wechſelwirkung, ſo daß ſie aber nunmehr der Freyheit angehoͤren, indem ſie nicht mehr ihre Identitaͤt als ein blindes, das heißt innerliches, ſondern daß ſie weſentlich die Beſtimmung haben, als Schein oder Reflexionsmomente zu ſeyn, wodurch jede mit ihrem Andern oder ihrem Geſetztſeyn eben ſo un - mittelbar zuſammengegangen und jede ihr Geſetztſeyn in ſich ſelbſt enthaͤlt, ſomit in ihrem Andern ſchlechthin nur als identiſch mit ſich geſetzt iſt.

Im9im Allgemeinen.

Im Begriffe hat ſich daher das Reich der Freyheit eroͤffnet. Er iſt das freye, weil die an und fuͤr ſich ſeyende Identitaͤt, welche die Noth - wendigkeit der Subſtanz ausmacht, zugleich als aufgeho - ben, oder als Geſetztſeyn iſt, und diß Geſetztſeyn als ſich auf ſich ſelbſt beziehend, eben jene Identitaͤt iſt. Die Dunkelheit der im Cauſalverhaͤltniſſe ſtehenden Sub - ſtanzen fuͤr einander, iſt verſchwunden, denn die Ur - ſpruͤnglichkeit ihres Selbſtbeſtehens iſt in Geſetztſeyn uͤbergegangen, und dadurch zur ſich ſelbſt durchſichtigen Klarheit geworden; die urſpruͤngliche Sache iſt diß, indem ſie nur die Urſache ihrer ſelbſt iſt, und diß iſt die zum Begriffe befreyte Subſtanz.

Es ergibt ſich hieraus fuͤr den Begriff ſogleich fol - gende naͤhere Beſtimmung. Weil das An - und - fuͤr ſich ſeyn unmittelbar als Geſetztſeyn iſt, iſt der Begriff in ſeiner einfachen Beziehung auf ſich ſelbſt, abſolute Beſtimmtheit; aber welche eben ſo als ſich nur auf ſich beziehend unmittelbar einfache Identitaͤt iſt. Aber dieſe Beziehung der Beſtimmtheit auf ſich ſelbſt, als das Zuſammengehen derſelben mit ſich, iſt eben ſo ſehr die Negation der Beſtimmtheit, und der Begriff iſt als dieſe Gleichheit mit ſich ſelbſt das Allgemeine. Aber dieſe Identitaͤt hat ſo ſehr die Beſtimmung der Negativitaͤt; ſie iſt die Negation oder Beſtimmtheit, welche ſich auf ſich bezieht, ſo iſt der Be - griff Einzelnes. Jedes von ihnen iſt die Totalitaͤt, jedes enthaͤlt die Beſtimmung des andern in ſich, und darum ſind dieſe Totalitaͤten eben ſo ſchlechthin nur Eine, als dieſe Einheit die Diremtion ihrer ſelbſt in den freyen Schein dieſer Zweyheit iſt; einer Zwey - heit, welche in dem Unterſchied des Einzelnen und All - gemeinen als vollkommener Gegenſatz erſcheint, der aber ſo ſehr Schein iſt, daß indem das eine begriffenund10Vom Begriffund ausgeſprochen wird, darin das andere unmittelbar begriffen und ausgeſprochen iſt.

Das ſo eben vorgetragene iſt als der Begriff des Begriffes zu betrachten. Wenn derſelbe von demjenigen abzuweichen ſcheinen kann, was man ſonſt unter Begriff verſtehe, ſo koͤnnte verlangt werden, daß aufgezeigt wuͤrde, wie daſſelbe, was hier als der Begriff ſich ergeben hat, in andern Vorſtellungen oder Er - klaͤrungen enthalten ſey: Einerſeits kann es jedoch nicht um eine durch die Autoritaͤt des gewoͤhnlichen Ver - ſtehens begruͤndete Beſtaͤtigung zu thun ſeyn; in der Wiſſenſchaft des Begriffes kann deſſen Innhalt und Be - ſtimmung allein durch die immanente Deduction bewaͤhrt werden, welche ſeine Geneſis enthaͤlt, und wel - che bereits hinter uns liegt. Auf der andern Seite muß wohl an ſich in demjenigen, was ſonſt als der Be - griff des Begriffs vorgelegt wird, der hier deducirte zu erkennen ſeyn. Aber es iſt nicht ſo leicht, das auf - zufinden, was Andere von der Natur des Begriffes ge - ſagt haben. Denn meiſtens befaſſen ſie ſich mit dieſer Aufſuchung gar nicht, und ſetzen voraus, daß jeder es ſchon von ſelbſt verſtehe, wenn man von dem Begriffe ſpreche. Neuerlich konnte man ſich der Bemuͤhung mit dem Begriffe um ſo mehr uͤberhoben glauben, da, wie es eine Zeitlang Ton war, der Einbildungskraft, dann dem Gedaͤchtniſſe alles moͤgliche Schlimme nachzuſagen, es in der Philoſophie ſeit geraumer Zeit zur Gewohnheit ge - worden, und zum Theil noch gegenwaͤrtig iſt, auf den Begriff alle uͤble Nachrede zu haͤuffen, ihn, der das hoͤchſte des Denkens iſt, veraͤchtlich zu machen und da - gegen fuͤr den hoͤchſten ſowohl ſcientifiſchen als mora - liſchen Gipfel das Unbegreifliche und das Nicht - Begreiffen anzuſehen.

Ich11im Allgemeinen.

Ich beſchraͤnke mich hier auf eine Bemerkung, die fuͤr das Auffaſſen der hier entwickelten Begriffe dienen kann, und es erleichtern mag, ſich darein zu finden. Der Begriff, inſofern er zu einer ſolchen Exiſtenz gediehen iſt, welche ſelbſt frey iſt, iſt nichts anderes als Ich oder das reine Selbſtbewußtſeyn. Ich habe wohl Begriffe, das heißt, beſtimmte Begriffe; aber Ich iſt der reine Begriff ſelbſt, der als Begriff zum Da - ſeyn gekommen iſt. Wenn man daher an die Grund - beſtimmungen, welche die Natur des Ich ausmachen, erinnert, ſo darf man vorausſetzen, daß an etwas Be - kanntes, d. i. der Vorſtellung gelaͤuffiges, erinnert wird. Ich aber iſt dieſe erſtlich reine ſich auf ſich beziehen - de Einheit, und diß nicht unmittelbar, ſondern indem es von aller Beſtimmtheit und Inhalt abſtrahirt, und in die Freyheit der ſchrankenloſen Gleichheit mit ſich ſelbſt zuruͤckgeht. So iſt es Allgemeinheit; Einheit, welche nur durch jenes negative Verhalten, welches als das Abſtrahiren erſcheint, Einheit mit ſich iſt, und dadurch alles Beſtimmtſeyn in ſich aufgeloͤſt enthaͤlt. Zweytens iſt Ich eben ſo unmittelbar als die ſich auf ſich ſelbſt beziehende Negativitaͤt, Einzelnheit, abſolutes Beſtimmtſeyn, welches ſich anderem gegenuͤberſtellt, und es ausſchließt; individuelle Perſoͤnlichkeit. Jene abſolute Allgemeinheit, die eben ſo unmittelbar abſolute Vereinzelung iſt, und ein An - und Fuͤr-ſichſeyn, welches ſchlechthin Ge - ſetztſeyn und nur diß An - und Fuͤr-ſichſeyn durch die Einheit mit dem Geſetztſeyn iſt, macht ebenſo die Natur des Ich, als des Begriffes aus; von dem einen und dem andern iſt nichts zu begreiffen, wenn nicht die angegebenen beyden Momente zugleich in ihrer Abſtraction und zugleich in ihrer vollkommenen Einheit aufgefaßt werden.

Wenn12Vom Begriff

Wenn nach der gewoͤhnlichen Weiſe von dem Ver - ſtande, den Ich habe, geſprochen wird, ſo verſteht man darunter ein Vermoͤgen oder Eigenſchaft, die in dem Verhaͤltniſſe zu Ich ſtehe, wie die Eigenſchaft des Dings zum Dinge ſelbſt, einem unbeſtimmten Subſtrate, welches nicht der wahrhafte Grund und das Beſtimmende ſeiner Eigenſchaft ſey. Nach dieſer Vor - ſtellung habe Ich Begriffe und den Begriff, wie ich auch einen Rock, Farbe und andere aͤuſſerliche Eigenſchaften habe. Kant iſt uͤber dieſes aͤuſſerliche Verhaͤltniſſe des Verſtands als des Vermoͤgens der Begriffe, und der Begriffe ſelbſt, zum Ich, hinausgegangen. Es ge - hoͤrt zu den tiefſten und richtigſten Einſichten, die ſich in der Kritik der Vernunft finden, daß die Ein - heit, die das Weſen des Begriffs ausmacht, als die urſpruͤnglich-ſynthetiſche Einheit der Ap - perception, als Einheit des: Ich denke, oder des Selbſtbewußtſeyns erkannt wird. Dieſer Satz macht die ſogenannte tranſcendentale Deduction der Categorie aus; ſie hat aber von jeher fuͤr eines der ſchwerſten Stuͤcke der Kantiſchen Philoſophie gegolten, wohl aus keinem andern Grunde, als weil ſie fodert, daß uͤber die bloſſe Vorſtellung des Verhaͤltniſſes, in welchem Ich und der Verſtand oder die Be - griffe zu einem Ding und ſeinen Eigenſchaften oder Accidenzen ſtehen, zum Gedanken hinausgegangen werden ſoll. Object, ſagt Kant, Kritik der r. V. S. 137. 2te Ausg. iſt das, in deſſen Begriff das Mannichfaltige einer gegebenen Anſchauung ver - einigt iſt. Alle Vereinigung der Vorſtellungen erfo - dert aber Einheit des Bewußtſeyns in der Syn - theſis derſelben. Folglich iſt dieſe Einheit des Bewußtſeyns dasjenige, was allein die Beziehung der Vorſtellungen auf einen Gegenſtand, mithin ihre objective Guͤltigkeit, ausmacht, und worauf ſelbſtdie13im Allgemeinen.die Moͤglichkeit des Verſtands beruht. Kant unterſcheidet die ſubjective Einheit des Bewußt - ſeyns hievon, die Einheit der Vorſtellung, ob ich mir eines Mannichfaltigen als zugleich oder nach ein - ander bewußt bin, was von empiriſchen Bedingungen abhaͤnge. Die Principien dagegen der objectiven Beſtimmung der Vorſtellungen ſeyen allein aus dem Grundſatze der tranſcendentalen Einheit der Ap - perception abzuleiten. Durch die Categorien, welche dieſe objectiven Beſtimmungen ſind, werde das Mannich - faltige gegebener Vorſtellungen ſo beſtimmt, daß es zur Einheit des Bewußtſeyns gebracht werde. Nach dieſer Darſtellung iſt die Einheit des Begriffs dasjenige, wodurch etwas nicht bloſſe Gefuͤhlsbe - ſtimmung, Anſchauung oder auch bloſſe Vorſtel - lung, ſondern Object iſt, welche objective Einheit, die Einheit des Ich mit ſich ſelbſt iſt. Das Be - greiffen eines Gegenſtandes beſteht in der That in nichts anderem, als daß Ich denſelben ſich zu eigen macht, ihn durchdringt, und ihn in ſeine eigene Form, d. i. in die Allgemeinheit, welche unmit - telbar Beſtimmtheit, oder Beſtimmtheit, welche un - mittelbar Allgemeinheit iſt, bringt. Der Gegenſtand in der Anſchauung oder auch in der Vorſtellung iſt noch ein aͤuſſerliches, fremdes. Durch das Begreiffen wird, das An - und-Fuͤrſichſeyn, das er im An - ſchauen und Vorſtellen hat, in ein[Geſetztſeyn] ver - wandelt; Ich durchdringt ihn denkend. Wie er aber im Denken iſt, ſo iſt er erſt an und fuͤr ſich; wie er in der Anſchauung oder Vorſtellung iſt, iſt er Er - ſcheinung; das Denken hebt ſeine Unmittelbar - keit, mit der er zunaͤchſt vor uns kommt, auf, und macht ſo ein Geſetztſeyn aus ihm; diß ſein Geſetzt - ſeyn aber iſt ſein An - und Fuͤrſichſeyn, oder ſeine Objectivitaͤt. Dieſe Objectivitaͤt hat der Ge -gen -14Vom Begriffgenſtand ſomit im Begriffe, und dieſer iſt die Ein - heit des Selbſtbewußtſeyns, in die er aufge - nommen worden; ſeine Objectivitaͤt oder der Begriff iſt daher ſelbſt nichts anderes, als die Natur des Selbſt - bewußtſeyns; hat keine andere Momente oder Beſtim - mungen, als das Ich ſelbſt.

Hiernach rechtfertigt es ſich durch einen Hauptſatz der Kantiſchen Philoſophie, daß, um das zu erkennen, was der Begriff ſey, an die Natur des Ich erinnert wird. Umgekehrt aber iſt hiezu nothwendig, den Be - griff des Ich aufgefaßt zu haben, wie er vorhin an - gefuͤhrt worden. Wenn bey der bloſſen Vorſtellung des Ich ſtehen geblieben wird, wie ſie unſrem gewoͤhn - lichen Bewußtſeyn vorſchwebt, ſo iſt Ich nur das ein - fache Ding, welches auch Seele genannt wird, dem der Begriff als ein Beſitz oder Eigenſchaft inhaͤrirt. Dieſe Vorſtellung, welche ſich nicht damit einlaͤßt, we - der Ich noch den Begriff zu begreiffen, kann nicht dazu dienen, das Begreiffen des Begriffs zu erleichtern oder naͤher zu bringen.

Die angefuͤhrte Kantiſche Darſtellung enthaͤlt noch zwey Seiten, die den Begriff betreffen, und einige wei - tere Bemerkungen nothwendig machen. Vors erſte ſind der Stuffe des Verſtands, die Stuffen des Gefuͤhls und der Anſchauung vorausgeſchickt; und es iſt ein weſentlicher Satz der Kantiſchen Tran - ſcendental-Philoſophie, daß die Begriffe ohne An - ſchauung leer ſind, und allein als Beziehungen des durch die Anſchauung gegebenen Mannichfalti - gen Guͤltigkeit haben. Zweytens iſt der Begriff als das Objective der Erkenntniß angegeben worden, ſomit als die Wahrheit. Aber auf der andern Seite wird derſelbe als etwas bloß ſubjectives genom - men, aus dem ſich die Realitaͤt, unter welcher, daſie15im Allgemeinen.ſie der Subjectivitaͤt gegenuͤbergeſtellt wird, die Objecti - vitaͤt zu verſtehen iſt, nicht herausklauben laſſe; und uͤberhaupt wird der Begriff und das Logiſche fuͤr etwas nur formelles erklaͤrt, das, weil es von dem Inhalt abſtrahire, die Wahrheit nicht enthalte.

Was nun erſtens jenes Verhaͤltniß des Verſtands oder Begriffs zu den ihm vor - ausgeſetzten Stuffen betrift, ſo kommt es darauf an, welches die Wiſſenſchaft iſt, die abgehandelt wird, um die Form jener Stuffen zu beſtimmen. In unſe - rer Wiſſenſchaft, als der reinen Logik, ſind dieſe Stuf - fen, Seyn und Weſen. In der Pſychologie ſind es das Gefuͤhl und die Anſchauung, und dann die Vorſtellung uͤberhaupt, welche dem Ver - ſtande vorausgeſchickt werden. In der Phaͤnomeno - logie des Geiſtes, als der Lehre vom Bewußtſeyn, wurde durch die Stuffen des ſinnlichen Bewußt - ſeyns und dann des Wahrnehmens zum Verſtande aufgeſtiegen. Kant ſchickt ihm nur Gefuͤhl und An - ſchauung voraus. Wie unvollſtaͤndig zunaͤchſt dieſe Stuffenleiter iſt, gibt er ſchon ſelbſt dadurch zu erken - nen, daß er als Anhang zu der tranſcendentalen Lo - gik oder Verſtandeslehre, noch eine Abhandlung uͤber die Reflexionsbegriffe hinzufuͤgt; eine Sphaͤ - re, welche zwiſchen der Anſchauung und dem Ver - ſtande, oder dem Seyn und Begriffe liegt. Ueber die Sache ſelbſt iſt vors erſte zu bemerken, daß jene Geſtalten von Anſchauung, Vorſtellung und dergleichen dem ſelbſtbewußten Geiſte ange - hoͤren, der als ſolcher nicht in der logiſchen Wiſſenſchaft betrachtet wird. Die reinen Beſtimmungen von Seyn, Weſen und Begriff, machen zwar auch die Grundlage und das innere einfache Geruͤſte der Formen des Gei - ſtes aus; der Geiſt als anſchauend eben ſo alsſinn -16Vom Begriffſinnliches Bewußtſeyn, iſt in der Beſtimmtheit des unmittelbaren Seyns, ſo wie der Geiſt als vor - ſtellend, wie auch als wahrnehmendes Bewußt - ſeyn ſich vom Seyn auf die Stuffe des Weſens oder der Reflexion erhoben hat. Allein dieſe concreten Ge - ſtalten gehen die logiſche Wiſſenſchaft ſo wenig an, als die concreten Formen, welche die logiſchen Beſtimmun - gen in der Natur annehmen, und welche Raum und Zeit, alsdenn der ſich erfuͤllende Raum und Zeit, als unorganiſche Natur, und die organiſche Na - tur ſeyn wuͤrden. Eben ſo iſt hier auch der Begriff, nicht als Actus des ſelbſtbewußten Verſtandes, nicht der ſubjective Verſtand zu betrachten, ſondern der Begriff an und fuͤr ſich, welcher ebenſowohl eine Stuf - fe der Natur, als des Geiſtes ausmacht. Das Le - ben oder die organiſche Natur iſt dieſe Stuffe der Na - tur, auf welcher der Begriff hervortritt; aber als blin - der, ſich ſelbſt nicht faſſender d. h. nicht denkender Be - griff; als ſolcher kommt er nur dem Geiſte zu. Von jener ungeiſtigen aber ſowohl, als von dieſer geiſtigen Geſtalt des Begriffs iſt ſeine logiſche Form unabhaͤngig, es iſt hieruͤber ſchon in der Einleitung die noͤthige Vorerinnerung gemacht worden; es iſt diß eine Bedeu - tung, welche nicht erſt innerhalb der Logik zu rechtfer - tigen iſt, ſondern mit der man vor derſelben im Rei - nen ſeyn muß.

Wie nun aber auch die Formen geſtaltet ſeyn moͤch - ten, welche dem Begriffe vorangehen, ſo kommt es zweytens auf das Verhaͤltniß an, in welchem der Begriff zu denſelben gedacht wird. Diß Verhaͤltniß wird ſowohl in der gewoͤhnlichen pſychologi - ſchen Vorſtellung, als auch in der Kantiſchen Tranſcen - dental-Philoſophie ſo angenommen, daß der empiriſche Stoff, das Mannichfaltige der Anſchauung und Vorſtel -lung17im Allgemeinen.lung zuerſt fuͤr ſich da iſt, und daß dann der Ver - ſtand dazu hintrete, Einheit in denſelben bringe, und ihn durch Abſtraction in die Form der Allge - meinheit erhebe. Der Verſtand iſt auf dieſe Weiſe eine fuͤr ſich leere Form, welche theils nur durch jenen gegebenen Inhalt Realitaͤt erhaͤlt, theils von ihm abſtrahirt, nemlich ihn als etwas aber nur fuͤr den Begriff unbrauchbares weglaͤſt. Der Begriff iſt in dem einen und dem andern Thun nicht das unabhaͤngige, nicht das Weſentliche und Wahre jenes vorausgehenden Stoffes, welches vielmehr die Realitaͤt an und fuͤr ſich iſt, die ſich aus dem Begriffe nicht herausklauben laͤßt.

Es muß nun allerdings zugegeben werden, daß der Begriff als ſolcher noch nicht vollſtaͤndig iſt, ſondern in die Idee ſich erheben muß, welche erſt die Einheit des Begriffs und der Realitaͤt iſt; wie ſich in dem Verfolge durch die Natur des Begriffes ſelbſt er - geben muß. Denn die Realitaͤt, die er ſich gibt, darf nicht als ein aͤuſſerliches aufgenommen, ſondern muß nach wiſſenſchaftlicher Foderung aus ihm ſelbſt abgeleitet werden. Aber es iſt wahrhaftig nicht jener durch die Anſchauung und die Vorſtellung gegebene Stoff, wel - cher gegen den Begriff als das Reale geltend gemacht werden darf. Es iſt nur ein Begriff, pflegt man zu ſagen, indem man nicht nur die Idee, ſondern das ſinnliche, raͤumliche und zeitliche handgreifliche Da - ſeyn, als etwas gegenuͤberſtellt, das vortreflicher ſey, als der Begriff. Das Abſtracte haͤlt man dann darum fuͤr geringer, als das Concrete, weil aus jenem ſo viel dergleichen Stoff weggelaſſen worden ſey. Das Abſtrahiren hat in dieſer Meynung die Bedeutung, daß aus dem Concreten nur zu unſerem ſubjectiven Behuf, ein oder das andere Merkmahl ſo her - ausgenommen werden, daß mit dem Weglaſſen ſo vielerBande -18Vom Begriffanderer Eigenſchaften und Beſchaffenheiten des Gegenſtandes, denſelben an ihrem Werthe und ihrer Wuͤrde nichts benommen ſeyn ſolle; ſondern ſie als das Reelle, nur auf der andern Seite druͤben, noch immer als voͤllig geltendes gelaſſen werden; ſo daß es nur das Unvermoͤgen des Verſtandes ſey, ſolchen Reichthum nicht aufzunehmen, und ſich mit der duͤrftigen Abſtraction begnuͤgen zu muͤſſen. Wenn nun der gegebene Stoff der Anſchauung und das Mannich - faltige der Vorſtellung, als das Reelle gegen das Ge - dachte und den Begriff genommen wird, ſo iſt diß eine Anſicht, welche abgelegt zu haben nicht nur Bedingung des Philoſophirens iſt, ſondern ſchon von der Religion vorausgeſetzt wird; wie iſt ein Beduͤrfniß und der Sinn derſelben moͤglich, wenn die fluͤchtige und oberflaͤchliche Erſcheinung des Sinnlichen und Einzelnen noch fuͤr das Wahre gehalten wird? Die Philoſophie aber gibt die begriffene Einſicht, was es mit der Realitaͤt des ſinnlichen Seyns fuͤr eine Bewandniß habe, und ſchickt jene Stuffen des Gefuͤhls und der Anſchauung, des ſinn - lichen Bewußtſeyns u. ſ. f. inſofern dem Verſtande vor - aus, als ſie in deſſen Werden ſeine Bedingungen, aber nur ſo ſind, daß der Begriff aus ihrer Dialektik und Nichtigkeit als ihr Grund hervorgeht, nicht aber daß er durch ihre Realitaͤt bedingt waͤre. Das abſtrahirende Denken iſt daher nicht als bloſſes Auf die Seite-Stellen des ſinnlichen Stoffes zu betrachten, welcher dadurch in ſeiner Realitaͤt keinen Eintrag leide, ſondern es iſt vielmehr das Aufheben und die Reduction deſſelben als bloſſer Erſcheinung auf das Weſent - liche, welches nur im Begriff ſich manifeſtirt. Wenn das freylich nur als ein Merkmahl oder Zeichen dienen ſoll, was von der concreten Erſcheinung in den Begriff aufzunehmen ſey, ſo darf es allerdings auch ir - gend eine nur ſinnliche einzelne Beſtimmung des Gegen -ſtan -19im Allgemeinen.ſtandes ſeyn, die wegen irgend eines aͤuſſerlichen In - tereſſes aus den andern herausgewaͤhlt wird, und von gleicher Art und Natur, wie die uͤbrigen, iſt.

Ein hauptſaͤchlicher Mißverſtand, welcher hiebey obwaltet, iſt, als ob das natuͤrliche Princip, oder der Anfang, von dem in der natuͤrlichen Entwicklung oder in der Geſchichte des ſich bildenden Indivi - duums ausgegangen wird, das Wahre und im Be - griffe Erſte ſey. Anſchauung oder Seyn ſind wohl der Natur nach das Erſte oder die Bedingung fuͤr den Begriff, aber ſie ſind darum nicht das an und fuͤr ſich Unbedingte, im Begriffe hebt ſich vielmehr ihre Realitaͤt und damit zugleich der Schein auf, den ſie als das be - dingende Reelle hatten. Wenn es nicht um die Wahr - heit, ſondern nur um die Hiſtorie zu thun iſt, wie es im Vorſtellen und dem erſcheinenden Denken zugehe, ſo kann man allerdings bey der Erzaͤhlung ſtehen blei - ben, daß wir mit Gefuͤhlen und Anſchauungen anfangen, und der Verſtand aus dem Mannichfaltigen derſelben eine Allgemeinheit oder ein Abſtractes herausziehe, und begreiflich jene Grundlage dazu noͤthig habe, welche bey dieſem Abſtrahiren, noch in der ganzen Realitaͤt, mit welcher ſie ſich zuerſt zeigte, dem Vorſtellen ſtehen bleibe. Aber die Philoſophie ſoll keine Erzaͤhlung deſſen ſeyn, was geſchieht, ſondern eine Erkenntniß deſſen, was wahr darin iſt, und aus dem Wahren ſoll ſie ferner das begreiffen, was in der Erzaͤhlung als ein bloſſes Geſchehen erſcheint.

Wenn in der oberflaͤchlichen Vorſtellung von dem, was der Begriff iſt, alle Mannichfaltigkeit auſſer dem Begriffe ſteht, und dieſem nur die Form der abſtrac - ten Allgemeinheit oder der leeren Reflexionsidentitaͤt zu - kommt, ſo kann ſchon zunaͤchſt daran erinnert werden, daß auch ſonſt fuͤr die Angabe eines Begriffs oder dieB 2De -20Vom BegriffDefinition, zu der Gattung, welche ſelbſt ſchon eigent - lich nicht rein abſtracte Allgemeinheit iſt, ausdruͤcklich auch die ſpecifiſche Beſtimmtheit gefordert wird. Wenn nur mit etwas denkender Betrachtung darauf reflectirt wuͤrde, was diß ſagen will, ſo wuͤrde ſich er - geben, daß damit das Unterſcheiden als ein eben ſo weſentliches Moment des Begriffes angeſehen wird. Kant hat dieſe Betrachtung durch den hoͤchſt wichtigen Gedanken eingeleitet, daß es ſynthetiſche Urtheile à priori gebe. Dieſe urſpruͤngliche Syntheſis der Apperception iſt eines der tiefſten Principien fuͤr die ſpeculative Entwicklung; ſie enthaͤlt den Anfang zum wahrhaften Auffaſſen der Natur des Begriffs, und iſt jener leeren Identitaͤt oder abſtracten Allgemeinheit, wel - che keine Syntheſis in ſich iſt, vollkommen entgegen - geſetzt. Dieſem Anfange entſpricht jedoch die weitere Ausfuͤhrung wenig. Schon der Ausdruck: Synthe - ſis leitet leicht wieder zur Vorſtellung einer aͤuſſer - lichen Einheit, und bloſſen Verbindung von ſolchen, die an und fuͤr ſich getrennt ſind. Als - denn iſt die Kantiſche Philoſophie nur bey dem pſycho - logiſchen Reflexe des Begriffs ſtehen geblieben, und iſt wieder zur Behauptung der bleibenden Bedingtheit des Begriffes durch ein Mannichfaltiges der Anſchauung zu - ruͤck gegangen. Sie hat die Verſtandeserkenntniſſe und die Erfahrung nicht darum als einen erſcheinenden Inhalt ausgeſprochen, weil die Categorien ſelbſt nur endliche ſind, ſondern aus dem Grunde eines pſycho - logiſchen Idealismus, weil ſie nur Beſtimmungen ſeyen, die vom Selbſtbewußtſeyn herkommen. Auch gehoͤrt hieher, daß der Begriff wieder ohne das Mannichfaltige der Anſchauung inhaltslos und leer ſeyn ſoll, un - geachtet er à priori eine Syntheſis ſey; indem er diß iſt, hat er ja die Beſtimmtheit und den Unterſchied in ſich ſelbſt. Indem ſie die Beſtimmtheit des Begriffs,damit21im Allgemeinen.damit die abſolute Beſtimmtheit, die Einzel - heit, iſt, iſt der Begriff, Grund und Quelle aller end - lichen Beſtimmtheit und Mannichfaltigkeit.

Die formelle Stellung, welche er als Verſtand be - haͤlt, wird in der Kantiſchen Darſtellung deſſen, was Vernunft ſey, vollendet. In der Vernunft, der hoͤch - ſten Stuffe des Denkens, ſollte man erwarten, der Be - griff werde die Bedingtheit, in welcher er auf der Stuffe des Verſtandes noch erſcheint, verlieren, und zur vol - lendeten Wahrheit kommen. Dieſe Erwartung wird aber getaͤuſcht. Dadurch daß Kant das Verhalten der Ver - nunft zu den Kategorien als nur dialektiſch beſtimmt, und zwar das Reſultat dieſer Dialektik ſchlechthin nur als das unendliche Nichts auffaßt, ſo verliert die unendliche Einheit der Vernunft, auch noch die Synthe - ſis und damit jenen Anfang eines ſpeculativen, wahr - haft unendlichen Begriffs, ſie wird zu der be - kannten ganz formellen, bloß regulativen Einheit des ſyſtematiſchen Verſtandesgebrauchs. Es wird fuͤr einen Mißbrauch erklaͤrt, daß die Logik, die bloß ein Canon der Beurtheilung ſeyn ſolle, als ein Organon zur Hervorbringung objectiver Ein - ſichten angeſehen werde. Die Vernunftbegriffe, in denen man eine hoͤhere Kraft und tiefern Inhalt ahnden muß - te, haben nichts conſtitutives mehr, wie noch die Kategorieen; ſie ſind bloſſe Ideen; es ſoll ganz wohl erlaubt ſeyn, ſie zu gebrauchen, aber mit dieſen in - telligibeln Weſen, in denen ſich alle Wahrheit ganz aufſchlieſſen ſollte, ſoll weiter nichts gemeynt ſeyn, als Hypotheſen, denen eine Wahrheit an und fuͤr ſich zuzuſchreiben, eine voͤllige Willkuͤhr und Tollkuͤhnheit ſeyn wuͤrde, da ſie in keiner Erfahrung vor - kommen koͤnnen. Haͤtte man es je denken ſollen, daß die Philoſophie den intelligibeln Weſen darum dieWahr -22Vom BegriffWahrheit abſprechen wuͤrde, weil ſie des raͤumlichen - und zeitlichen Stoffes der Sinnlichkeit entbehren?

Es haͤngt hiemit unmittelbar der Geſichtspunkt zu - ſammen, in Ruͤckſicht auf welchen der Begriff und die Beſtimmung der Logik uͤberhaupt zu betrachten iſt, und der in der Kantiſchen Philoſophie auf die gleiche Weiſe, wie insgemein genommen wird; das Verhaͤltniß nemlich des Begriffs und ſeiner Wiſſenſchaft zur Wahrheit ſelbſt. Es iſt vorhin aus der Kanti - ſchen Deduction der Kategorien angefuͤhrt worden, daß nach derſelben das Object, als in welchem das Man - nichfaltige der Anſchauung vereinigt iſt, nur dieſe Einheit iſt durch die Einheit des Selbſtbe - wußtſeyns. Die Objectivitaͤt des Denkens iſt alſo hier beſtimmt ausgeſprochen, eine Identitaͤt des Begriffs und des Dinges, welche die Wahrheit iſt. Auf gleiche Weiſe wird auch insgemein zugegeben, daß indem das Denken einen gegebenen Gegenſtand ſich an - eignet, dieſer dadurch eine Veraͤnderung erleidet, und aus einem ſinnlichen zu einem gedachten gemacht wer - de; daß aber dieſe Veraͤnderung nicht nur nichts an ſei - ner Weſentlichkeit aͤndere, ſondern daß er vielmehr erſt in ſeinem Begriffe in ſeiner Wahrheit; in der Unmit - telbarkeit, in welcher er gegeben iſt, aber nur Erſchei - nung und Zufaͤlligkeit, daß die Erkenntniß des Gegenſtands, welche ihn begreifft, die Erkenntniß deſ - ſelben, wie er an und fuͤr ſich iſt, und der Begriff ſeine Objectivitaͤt ſelbſt ſey. Auf der andern Seite wird aber eben ſo wieder behauptet, wir koͤnnen die Dinge doch nicht erkennen, wie ſie an und fuͤr ſich ſeyen, und die Wahrheit ſey fuͤr die erkennende Vernunft unzugaͤnglich; jene Wahrheit, welche in der Einheit des Objects und des Begriffs beſteht, ſey doch nur Erſcheinung; und zwarnun23im Allgemeinen.nun wieder aus dem Grunde, weil der Inhalt nur das Mannichfaltige der Anſchauung ſey. Es iſt hieruͤber ſchon daran erinnert worden, daß eben im Begriffe viel - mehr dieſe Mannichfaltigkeit, inſofern ſie der Anſchauung im Gegenſatze gegen den Begriff angehoͤrt, aufgehoben werde, und der Gegenſtand durch den Begriff in ſeine nicht zufaͤllige Weſenheit zuruͤckgefuͤhrt ſey; dieſe tritt in die Erſcheinung, darum eben iſt die Erſcheinung nicht bloß ein weſenloſes, ſondern Manifeſtation des Weſens. Die aber ganz frey gewordene Manifeſtation deſſelben iſt der Begriff. Dieſe Saͤtze, an welche hier erinnert wird, ſind darum keine dogmatiſche Aſſertionen, weil ſie aus der ganzen Entwicklung des Weſens durch ſich ſelbſt hervorgegangene Reſultate ſind. Der jetzige Stand - punkt, auf welchen dieſe Entwicklung gefuͤhrt hat, iſt, daß die Form des Abſoluten, welche hoͤher als Seyn und Weſen, der Begriff iſt. Indem er nach dieſer Seite, Seyn und Weſen, wozu auch bey andern Ausgangspunkten, Gefuͤhl und Anſchauung und Vorſtel - lung gehoͤren, und welche als ſeine vorangehenden Be - dingungen erſchienen, ſich unterworfen und ſich als ihren unbedingten Grund erwieſen hat, ſo iſt nun noch die zweyte Seite uͤbrig, deren Ab - handlung dieſes dritte Buch der Logik gewidmet iſt, die Darſtellung nemlich, wie er die Realitaͤt, welche in ihm verſchwunden, in und aus ſich bildet. Es iſt da - her allerdings zugegeben worden, daß die Erkenntniß, welche nur bey dem Begriff rein als ſolchem ſteht, noch unvollſtaͤndig iſt und nur erſt zur abſtracten Wahr - heit gekommen iſt. Aber ihre Unvollſtaͤndigkeit liegt nicht darin, daß ſie jener vermeintlichen Realitaͤt, die im Gefuͤhl und Anſchauung gegeben ſey, entbehre; ſon - dern, daß der Begriff noch nicht ſeine eigene aus ihm ſelbſt erzeugte Realitaͤt ſich gegeben hat. Darin beſteht die gegen und an dem empiriſchen Stoff undge -24Vom Begriffgenauer an ſeinen Kategorien und Reflexionsbeſtimmun - gen erwieſene Abſolutheit des Begriffes, daß derſelbe nicht, wie er auſſer und vor dem Begriffe erſcheint, Wahrheit habe, ſondern allein in ſeiner Idealitaͤt, oder Identitaͤt mit dem Begriffe. Die Herleitung des Reellen aus ihm, wenn man es Herleitung nennen will, beſteht zunaͤchſt weſentlich dar[in], daß der Begriff in ſeiner formellen Abſtraction ſich als unvollendet zeigt, und durch die in ihm ſelbſt gegruͤndete Dialektik zur Realitaͤt ſo uͤbergeht, daß er ſie aus ſich erzeugt, aber nicht, daß er zu einer fertigen, ihm gegenuͤbergefunde - nen Realitaͤt wieder zuruͤckfaͤllt, und zu etwas, das ſich als das Unweſentliche der Erſcheinung kund gethan, ſei - ne Zuflucht nimmt, weil er, nachdem er ſich um ein Beſ - ſeres umgeſehen, doch dergleichen nicht gefunden habe. Es wird immer als etwas verwundernswuͤrdiges aus - gezeichnet werden, wie die Kantiſche Philoſophie, das - jenige Verhaͤltniß des Denkens zum ſinnlichen Daſeyn, bey dem ſie ſtehen blieb, fuͤr ein nur relatives Verhaͤlt - niß der bloſſen Erſcheinung erkannte, und eine hoͤhere Einheit beyder in der Idee uͤberhaupt, und z. B. in der Idee eines anſchauenden Verſtandes ſehr wohl an - erkannte und ausſprach, doch bey jenem relativen Ver - haͤltniſſe und bey der Behauptung ſtehen geblieben iſt, daß der Begriff ſchlechthin von der Realitaͤt getrennt ſey und bleibe, ſomit als die Wahrheit dasjenige be - hauptete, was ſie als endliche Erkenntniß ausſprach, und das fuͤr uͤberſchwenglich, unerlaubt und fuͤr Gedan - ken Dinge erklaͤrte, was ſie als Wahrheit erkannte, und wovon ſie den beſtimmten Begriff aufſtellte.

Indem es zunaͤchſt hier die Logik, nicht die Wiſ - ſenſchaft uͤberhaupt iſt, von derem Verhaͤltniſſe zur Wahr - heit die Rede iſt, ſo muß ferner noch zugegeben werden, daß jene als die formelle Wiſſenſchaft nicht auchdie -25im Allgemeinen.diejenige Realitaͤt enthalten koͤnne und ſolle, welche der Inhalt weiterer Theile der Philoſophie, der Wiſſen - ſchaften der Natur und des Geiſtes, iſt. Dieſe concreten Wiſſenſchaften treten allerdings zu einer reellern Form der Idee heraus als die Logik, aber zugleich nicht ſo, daß ſie zu jener Realitaͤt ſich wieder umwendeten, welche das uͤber ſeine Erſcheinung, zur Wiſſenſchaft er - hobene Bewußtſeyn aufgegeben, oder auch zum Gebrauch von Formen, wie die Kategorien und Reflexionsbeſtim - mungen ſind, deren Endlichkeit und Unwahrheit ſich in der Logik dargeſtellt hat, wieder zuruͤckkehrten. Vielmehr zeigt die Logik die Erhebung der Idee zu der Stuffe, von daraus ſie die Schoͤpferin der Natur wird und zur Form einer concreten Unmittelbarkeit uͤberſchrei - tet, deren Begriff aber auch dieſe Geſtalt wieder zer - bricht, um zu ſich ſelbſt, als concreter Geiſt, zu werden. Gegen dieſe concreten Wiſſenſchaften, welche aber das Logiſche oder den Begriff zum innern Bildner haben und behalten, wie ſie es zum Vorbildner hatten, iſt die Logik ſelbſt allerdings die formelle Wiſſen - ſchaft, aber die Wiſſenſchaft der abſoluten Form, welche in ſich Totalitaͤt iſt, und die reine Idee der Wahrheit ſelbſt enthaͤlt. Dieſe abſolute Form hat an ihr ſelbſt ihren Inhalt oder Realitaͤt; der Begriff, indem er nicht die triviale, leere Identitaͤt iſt, hat in dem Momente ſeiner Negativitaͤt oder des abſoluten Be - ſtimmens die unterſchiedenen Beſtimmungen; der Inhalt iſt uͤberhaupt nichts anderes als ſolche Beſtimmungen der abſoluten Form; der durch ſie ſelbſt geſetzte, und daher auch ihr angemeſſene Inhalt. Dieſe Form iſt darum auch von ganz anderer Natur, als gewoͤhnlich die logiſche Form genommen wird. Sie iſt ſchon fuͤr ſich ſelbſt die Wahrheit, indem dieſer Inhalt ſei - ner Form, oder dieſe Realitaͤt ihrem Begriffe angemeſſen iſt, und die reine Wahrheit, weil deſſen Beſtimmun -gen26Vom Begriffgen noch nicht die Form eines abſoluten Andersſeyns oder der abſoluten Unmittelbarkeit haben. Kant, in - dem er Kr. der r. Vern. S. 83. in Beziehung auf die Logik, auf die alte und beruͤhmte Frage: Was die Wahrheit ſey? zu reden kommt, ſchenkt vors erſte als etwas triviales die Nahmenerklaͤrung, daß ſie die Uebereinſtimmung der Erkenntniß mit ihrem Gegenſtan - de ſey; eine Definition, die von groſſem, ja von dem hoͤchſten Werthe iſt. Wenn man ſich derſelben bey der Grundbehauptung des tranſcendentalen Idealismus er - innert, daß die Vernunfterkenntniß die Dinge an ſich zu erfaſſen nicht vermoͤgend ſey, daß die Realitaͤt ſchlechthin auſſer dem Begriffe liege, ſo zeigt ſich ſogleich, daß eine ſolche Vernunft, die ſich mit ihrem Gegenſtande, den Dingen an ſich, nicht in Uebereinſtimmung zu ſetzen vermag, und die Dinge an ſich, die nicht mit dem Vernunftbegriffe, der Begriff, der nicht mit der Realitaͤt, eine Realitaͤt, die nicht mit dem Begriffe in Uebereinſtimmung iſt, un - wahre Vorſtellungen ſind. Wenn Kant die Idee eines anſchauenden Verſtandes an jene Defini - tion der Wahrheit gehalten haͤtte, ſo wuͤrde er dieſe Idee, welche die geforderte Uebereinſtimmung ausdruͤckt, nicht als ein Gedankending, ſondern vielmehr als Wahr - heit behandelt haben.

Das, was man zu wiſſen verlange, gibt Kant ferner an, ſey ein allgemeines und ſicheres Cri - terium der Wahrheit einer jeden Erkennt - niß; es wuͤrde ein ſolches ſeyn, welches von allen Er - kenntniſſen, ohne Unterſchied ihrer Gegenſtaͤn - de, guͤltig waͤre; da man aber bey demſelben von al - lem Inhalt der Erkenntniß (Beziehung auf ihr Object) abſtrahirt, und Wahrheit gerade dieſen Inhalt angeht, ſo wuͤrde es ganz unmoͤg -lich27im Allgemeinen.lich und ungereimt ſeyn, nach einem Merkmahl der Wahrheit dieſes Inhalts der Erkenntniſſe zu fragen. Es iſt hier die gewoͤhnliche Vorſtellung von der formellen Function der Logik ſehr beſtimmt aus - gedruͤckt, und das angefuͤhrte Raͤſonnement ſcheint ſehr einleuchtend zu ſeyn. Vors erſte aber iſt zu bemerken, daß es ſolchem formellen Raͤſonnement gewoͤhnlich ſo geht, in ſeinem Reden die Sache zu vergeſſen, die es zur Grundlage gemacht und von der es ſpricht. Es wuͤrde ungereimt ſeyn, heißt es, nach einem Criterium der Wahrheit des Inhalts der Erkenntniß zu fra - gen; aber nach der Definition macht nicht der In - halt die Wahrheit aus, ſondern die Uebereinſtim - mung deſſelben mit dem Begriffe. Ein Inhalt, wie von ihm hier geſprochen wird, ohne den Begriff, iſt ein begriffloſes, ſomit weſenloſes; nach dem Cri - terium der Wahrheit eines ſolchen kann freylich nicht gefragt werden, aber aus dem entgegengeſetzten Grun - de; darum nemlich nicht, weil er um ſeiner Begriffloſig - keit willen nicht die geforderte Uebereinſtimmung iſt, ſondern weiter nichts als ein der wahrheitsloſen Meynung angehoͤriges ſeyn kann. Laſſen wir die Erwaͤhnung des Inhalts bey Seite, der hier die Ver - wirrung verurſacht, in welche aber der Formalismus jedesmal verfaͤllt, und die ihn das Gegentheil deſſen ſagen laͤßt, was er vorbringen will, ſo oft er ſich auf Erlaͤuterung einlaͤßt, und bleiben bey der abſtracten Anſicht ſtehen, daß das Logiſche nur formell ſey, und von allem Inhalt vielmehr abſtrahire; ſo haben wir eine einſeitige Erkenntniß, welche keinen Gegenſtand enthalten ſoll, eine leere, beſtimmungsloſe Form, die alſo eben ſo wenig eine Uebereinſtimmung, da zur Uebereinſtimmung weſentlich Zwey gehoͤren, eben ſo wenig Wahrheit iſt. An der à prioriſchen Syntheſis des Begriffs hatte Kant ein hoͤheresPrin -28Vom BegriffPrincip, worin die Zweyheit in der Einheit, ſomit das - jenige erkannt werden konnte, was zur Wahrheit gefo - dert wird; aber der ſinnliche Stoff, das Mannichfaltige der Anſchauung war ihm zu maͤchtig, um davon weg zur Betrachtung des Begriffs und der Kategorien an und fuͤr ſich, und zu einem ſpeculativen Philoſophi - ren kommen zu koͤnnen.

Indem die Logik Wiſſenſchaft der abſoluten Form iſt, ſo muß diß Formelle, damit es ein Wahres ſeye, an ihm ſelbſt einen Inhalt haben, welcher ſeiner Form gemaͤß ſey, und um ſo mehr, da das logi - ſche Formelle die reine Form, alſo das logiſche Wahre, die reine Wahrheit ſelbſt ſeyn muß. Dieſes For - melle muß daher in ſich viel reicher an Beſtimmungen und Inhalt, ſo wie auch von unendlich groͤſſerer Wirk - ſamkeit auf das Concrete gedacht werden, als es ge - woͤhnlich genommen wird. Die logiſchen Geſetze fuͤr ſich, (das ohnehin heterogene, die angewandte Logik und uͤbri - ge pſychologiſche und anthropologiſche Material wegge - rechnet,) werden gewoͤhnlich auſſer dem Satze des Widerſpruchs, auf einige duͤrftige Saͤtze, die Umkehrung der Urtheile, und die Formen der Schluͤſſe betreffend, beſchraͤnkt. Die ſelbſt hiebey vorkommenden Formen, ſo wie weitere Beſtimmungen derſelben werden nur gleich - ſam hiſtoriſch aufgenommen, nicht der Critik, ob ſie an und fuͤr ſich ein Wahres ſeyen, unterworfen. So gilt z. B. die Form des poſitiven Urtheils fuͤr etwas an ſich voͤllig richtiges, wobey es ganz allein auf den Inhalt ankomme, ob ein ſolches Urtheil wahr ſey. Ob dieſe Form an und fuͤr ſich eine Form der Wahrheit, ob der Satz, den ſie ausſpricht, das Einzelne iſt ein Allgemeines, nicht in ſich dialektiſch ſey, an dieſe Unterſuchung wird nicht gedacht. Es wird geradezu da - fuͤr gehalten, daß diß Urtheil fuͤr ſich faͤhig, Wahr -heit29im Allgemeinen.heit zu enthalten, und jener Satz, den jedes poſitive Ur - theil ausſpricht, ein wahrer ſey; obſchon unmittelbar erhellt, daß ihm dasjenige fehlt, was die Definition der Wahrheit fodert, nemlich die Uebereinſtimmung des Be - griffs und ſeines Gegenſtandes; das Praͤdicat, welches hier das Allgemeine iſt, als den Begriff, das Subject, welches das Einzelne iſt, als den Gegenſtand genom - men, ſo ſtimmt das eine mit dem andern nicht uͤberein. Wenn aber das abſtracte Allgemeine, welches das Praͤdicat iſt, noch nicht einen Begriff ausmacht, als zu welchem allerdings mehr gehoͤrt; ſo wie auch ſolches Subject noch nicht viel weiter als ein gramma - tiſches iſt, wie ſollte das Urtheil Wahrheit enthalten koͤn - nen, da ſein Begriff und Gegenſtand nicht uͤbereinſtim - men, oder ihm der Begriff, wohl auch der Gegenſtand, gar fehlt? Diß iſt daher vielmehr das unmoͤgliche und ungereimte, in dergleichen Formen, wie ein poſitives Urtheil und wie das Urtheil uͤberhaupt iſt, die Wahrheit faſſen zu wollen. So wie die Kantiſche Philoſophie die Kategorieen nicht an und fuͤr ſich be - trachtete, ſondern ſie nur aus dem ſchiefen Grunde, weil ſie ſubjective Formen des Selbſtbewußtſeyns ſeyen, fuͤr endliche Beſtimmungen, die das Wahre zu enthal - ten unfaͤhig ſeyen, erklaͤrte, ſo hat ſie noch weniger die Formen des Begriffs, welche der Inhalt der gewoͤhn - lichen Logik ſind, der Critik unterworfen; ſie hat viel - mehr einen Theil derſelben, nemlich die Functionen der Urtheile fuͤr die Beſtimmung der Kategorie aufgenom - men, und ſie als guͤltige Vorausſetzungen gelten laſ - ſen. Soll in den logiſchen Formen auch weiter nichts geſehen werden, als formelle Functionen des Denkens, ſo waͤren ſie ſchon darum der Unterſuchung, in wiefern ſie fuͤr ſich der Wahrheit entſprechen, wuͤrdig. Eine Logik, welche diß nicht leiſtet, kann hoͤchſtens auf den Werth einer naturhiſtoriſchen Beſchreibung der Er -ſchei -30Eintheilung.ſcheinungen des Denkens, wie ſie ſich vorfinden, An - ſpruch machen. Es iſt ein unendliches Verdienſt des Ariſtoteles, welches uns mit der hoͤchſten Bewun - derung fuͤr die Staͤrke dieſes Geiſtes erfuͤllen muß, dieſe Beſchreibung zuerſt unternommen zu haben. Aber es iſt noͤthig, daß weiter gegangen, und theils der ſyſtematiſche Zuſammenhang, theils aber der Werth der Formen erkannt werde.

Eintheilung.

Der Begriff zeigt ſich obenhin betrachtet, als die Einheit des Seyns und Weſens. Das Weſen iſt die erſte Negation des Seyns, das dadurch zum Schein geworden iſt, der Begriff iſt die zweyte, oder die Negation dieſer Negation; alſo das wiederher - geſtellte Seyn, aber als die unendliche Vermittlung und Negativitaͤt deſſelben in ſich ſelbſt. Seyn und We - ſen haben daher im Begriffe nicht mehr die Beſtim - mung, in welcher ſie als Seyn und Weſen ſind, noch ſind ſie nur in ſolcher Einheit, daß jedes in dem andern ſcheine. Der Begriff unterſcheidet ſich daher nicht in dieſe Beſtimmungen. Er iſt die Wahrheit des ſubſtan - tiellen Verhaͤltniſſes, in welchem Seyn und Weſen ihre erfuͤllte Selbſtſtaͤndigkeit, und Beſtimmung durch ein - ander erreichen. Als die Wahrheit der Subſtantialitaͤt erwies ſich die ſubſtantielle Identitaͤt, welche eben ſo ſehr und nur als das Geſetztſeyn iſt. Das Geſetztſeyn iſt das Daſeyn und Unterſcheiden; das An - und Fuͤrſichſeyn hat daher im Begriffe ein ſichge -31Eintheilung.gemaͤſſes, und wahres Daſeyn erreicht, denn jenes Ge - ſetztſeyn iſt das An - und Fuͤr-ſichſeyn ſelbſt. Diß Geſetztſeyn macht den Unterſchied des Begriffes in ihm ſelbſt aus; ſeine Unterſchiede, weil ſie unmittelbar das An - und Fuͤr-ſichſeyn iſt, ſind ſelbſt der ganze Begriff; in ihrer Beſtimmtheit allgemeine, und identiſch mit ihrer Negation.

Diß iſt nun der Begriff ſelbſt des Begriffes. Aber es iſt nur erſt ſein Begriff; oder er iſt ſelbſt auch nur der Begriff. Weil er das An - und Fuͤr-ſichſeyn iſt, inſofern es Geſetztſeyn iſt, oder die abſolute Sub - ſtanz, inſofern ſie die Nothwendigkeit unterſchiede - ner Subſtanzen als Identitaͤt offenbart, ſo muß dieſe Identitaͤt das, was ſie iſt, ſelbſt ſetzen. Die Momente der Bewegung des Subſtantialitaͤts-Verhaͤltniſſes, wo - durch der Begriff geworden iſt, und die dadurch dar - geſtellte Realitaͤt iſt erſt im Uebergange zum Begriffe; ſie iſt noch nicht als ſeine eigene, aus ihm hervor - gegangene Beſtimmung; ſie fiel in die Sphaͤre der Noth - wendigkeit, die ſeinige kann nur ſeine freye Beſtim - mung, ein Daſeyn ſeyn, in welchem er als identiſch mit ſich, deſſen Momente Begriffe und durch ihn ſelbſt geſetzte ſind.

Zuerſt iſt alſo der Begriff nur an ſich die Wahrheit; weil er nur ein inneres iſt, ſo iſt er ebenſoſehr nur ein aͤuſſeres. Er iſt zuerſt uͤber - haupt ein Unmittelbares, und in dieſer Geſtalt haben ſeine Momente die Form von unmittelbaren, feſten Beſtimmungen. Er erſcheint als der be - ſtimmte Begriff, als die Sphaͤre des bloſſen Ver - ſtandes. Weil dieſe Form der Unmittelbarkeit ein ſeiner Natur noch nicht angemeſſenes Daſeyn iſt, da er das ſich nur auf ſich ſelbſt beziehende Freye iſt, ſo iſtſie32Eintheilung.ſie eine aͤuſſerliche Form, in der der Begriff nicht als an - und fuͤr-ſich ſeyendes, ſondern als nur geſetz - tes oder ein Subjectives gelten kann. Die Geſtalt des unmittelbaren Begriffes macht den Stand - punkt aus, nach welchem der Begriff ein ſubjectives Denken, eine der Sache aͤuſſerliche Reflexion iſt. Die - ſe Stuffe macht daher die Subjectivitaͤt oder den formellen Begriff aus. Die Aeuſſerlichkeit deſſel - ben erſcheint in dem feſten Seyn ſeiner Beſtim - mungen, wodurch jede fuͤr ſich als ein iſolirtes, qua - litatives auftritt, das nur in aͤuſſerer Beziehung auf ſein Anderes iſt. Die Identitaͤt des Begriffes aber, die eben das innre oder ſubjective Weſen derſelben iſt, ſetzt ſie in dialektiſche Bewegung, durch welche ſich ihre Vereinzelung und damit die Trennung des Begriffs von der Sache aufhebt und als ihre Wahrheit die Totali - taͤt, hervorgeht, welche der objective Begriff iſt.

II. Der Begriff in ſeiner Objectivitaͤt iſt die an - und fuͤr-ſichſeyende Sache ſelbſt. Durch ſeine nothwendige Fortbeſtimmung macht der formelle Begriff ſich ſelbſt zur Sache, und verliert dadurch das Verhaͤltniß der Subjectivitaͤt und Aeuſſerlichkeit gegen ſie. Oder umgekehrt iſt die Objectivitaͤt der aus ſeiner Innerlichkeit hervorgetretene und in das Da - ſeyn uͤbergegangene reelle Begriff. In dieſer Identitaͤt mit der Sache hat er ſomit eigenes und freyes Daſeyn. Aber es iſt diß noch eine unmit - telbare, noch nicht negative Freyheit. Eins mit der Sache iſt er in ſie verſenkt; ſeine Unterſchiede ſind objective Exiſtenzen, in denen er ſelbſt wieder das Innre iſt. Als die Seele des objectiven Daſeyns muß er ſich die Form der Subjectivitaͤt geben, die er als formeller Begriff unmittelbar hatte; ſo tritt er in der Form des Freyen, die er in der Objectivitaͤt noch nicht hatte, ihr gegenuͤber, und machtdarin33Eintheilung.darin die Identitaͤt mit ihr, die er an und fuͤr ſich als objectiver Begriff mit ihr hat, zu einer auch geſetzten.

In dieſer Vollendung, worin er in ſeiner Ob - jectivitaͤt eben ſo die Form der Freyheit hat, iſt der adaͤquate Begriff, die Idee. Die Ver - nunft, welche die Sphaͤre der Idee iſt, iſt die ſich ſelbſt enthuͤllte Wahrheit, worin der Begriff die ſchlechthin ihm angemeſſene Realiſation hat, und inſofern frey iſt, als er dieſe ſeine objective Welt in ſeiner Sub - jectivitaͤt, und dieſe in jener erkennt.

CErſter34

Erſter Abſchnitt. Die Subjectivitaͤt.

Der Begriff iſt zuerſt der formelle, der Be - griff im Anfang oder der als unmittelbarer iſt. In der unmittelbaren Einheit iſt ſein Unterſchied oder Geſetztſeyn zuerſt zunaͤchſt ſelbſt einfach und nur ein Schein, ſo daß die Momente des Unterſchiedes un - mittelbar die Totalitaͤt des Begriffes ſind, und nur der Begriff als ſolcher ſind.

Zweytens aber, weil er die abſolute Negativi - taͤt iſt, ſo dirimirt er ſich, und ſetzt ſich als das Ne - gative oder als das Andre ſeiner ſelbſt; und zwar weil er erſt der unmittelbare iſt, hat diß Setzen oder Unterſcheiden die Beſtimmung, daß die Momente gleichguͤltig gegeneinander und jedes fuͤr ſich wird; ſeine Einheit iſt in dieſer Theilung nur noch aͤuſſere Beziehung. So als Beziehung ſeiner als ſelbſtſtaͤndig und gleichguͤltig geſetzten Mo - mente iſt er das Urtheil.

Drittens das Urtheil enthaͤlt wohl die Einheit des in ſeine ſelbſtſtaͤndigen Momente verlornen Begriffs, aber ſie iſt nicht geſetzt. Sie wird diß durch die dialektiſche Bewegung des Urtheils, das hiedurch derSchluß35I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Schluß geworden iſt, zum vollſtaͤndig geſetzten Be - griff; indem im Schluß, eben ſo wohl die Momente deſ - ſelben als ſelbſtſtaͤndige Extreme, wie auch deren vermittelnde Einheit geſetzt iſt.

Indem aber unmittelbar dieſe Einheit ſelbſt als die vereinigende Mitte, und die Momente als ſelbſtſtaͤndige Extreme zunaͤchſt einander gegenuͤber ſtehen, ſo hebt diß widerſprechende Verhaͤltniß, das im formalen Schluſſe Statt findet, ſich auf, und die Vollſtaͤndigkeit des Begriffs geht in die Einheit der Totalitaͤt uͤber, die Subjectivitaͤt des Be - griffes in ſeine Objectivitaͤt.

C 2Erſtes36I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.

Erſtes Kapitel. Der Begriff.

Durch den Verſtand pflegt das Vermoͤgen der Begriffe uͤberhaupt ausgedruͤckt zu werden, er wird in - ſofern von der Urtheilskraft und dem Vermoͤgen der Schluͤſſe, als der formellen Vernunft, unterſchie - den. Vornemlich aber wird er der Vernunft entge - gengeſetzt; inſofern aber bedeutet er nicht das Vermoͤgen des Begriffs uͤberhaupt, ſondern der beſtimmten Be - griffe, wobey die Vorſtellung herrſcht, als ob der Begriff nur ein beſtimmtes ſey. Wenn der Verſtand in dieſer Bedeutung von der formellen Urtheilskraft und der formellen Vernunft unterſchieden wird, ſo iſt er als Vermoͤgen des einzelnen beſtimmten Begriffs zu neh - men. Denn das Urtheil und der Schluß oder die Ver - nunft ſind ſelbſt, als formales, nur ein Verſtaͤndi - ges, indem ſie unter der Form der abſtracten Begriffs - beſtimmtheit ſtehen. Der Begriff gilt aber hier uͤber - haupt nicht als bloß abſtract-beſtimmtes; der Verſtand iſt daher von der Vernunft nur ſo zu unterſcheiden, daß jener nur das Vermoͤgen des Begriffes uͤberhaupt ſey.

Dieſer allgemeine Begriff, der nun hier zu betrach - ten iſt, enthaͤlt die drey Momente, Allgemeinheit, Beſonderheit und Einzelnheit. Der Unter - ſchied und die Beſtimmungen, die er ſich in dem Unter - ſcheiden gibt, machen die Seite aus, welche vorhin Ge - ſetztſeyn genannt wurde. Da dieſes in dem Begriffe identiſch mit dem An - und Fuͤr-ſichſeyn iſt, ſo iſt jedes je -ner37I. Kapitel. Der Begriff.ner Momente ſo ſehr ganzer Begriff, als beſtimm - ter Begriff, und als eine Beſtimmung des Begriffs.

Zuerſt iſt er reiner Begriff, oder die Beſtim - mung der Allgemeinheit. Der reine oder allge - meine Begriff iſt aber auch nur ein beſtimmter, oder beſonderer Begriff, der ſich auf die Seite neben die andern ſtellt. Weil der Begriff die Totalitaͤt iſt, alſo in ſeiner Allgemeinheit oder rein identiſchen Beziehung auf ſich ſelbſt, weſentlich das Beſtimmen und Unterſcheiden iſt, ſo hat er in ihm ſelbſt den Maaßſtab, wodurch dieſe Form ſeiner Identitaͤt mit ſich, indem ſie alle Momente durchdringt und in ſich faßt, eben ſo unmittelbar ſich be - ſtimmt, nur das Allgemeine gegen die Unterſchieden - heit der Momente zu ſeyn.

Zweytens iſt der Begriff dadurch als dieſer be - ſondere oder als beſtimmte Begriff, welcher als gegen andere unterſchieden geſetzt iſt.

Drittens die Einzelnheit iſt der aus dem Unterſchiede in die abſolute Negativitaͤt ſich reflektirende Begriff. Diß iſt zugleich das Moment, worin er aus ſeiner Identitaͤt in ſein Andersſeyn uͤbergetreten iſt, und zum Urtheil wird.

A.) Der allgemeine Begriff.

Der reine Begriff iſt das abſolut unendliche, un - bedingte und freye. Es iſt hier, wo die Abhandlung, welche den Begriff zu ihrem Inhalte hat, beginnt, noch einmal nach ſeiner Geneſis zuruͤckzuſehen. DasWe -38I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Weſen iſt aus dem Seyn, und der Begriff aus dem Weſen ſomit auch aus dem Seyn geworden. Diß Werden hat aber die Bedeutung des Gegenſtoßes ſei - ner ſelbſt, ſo daß das Gewordene vielmehr das Un - bedingte und Urſpruͤngliche iſt. Das Seyn iſt in ſeinem Uebergange zum Weſen, zu einem Schein oder Geſetztſeyn, und das Werden oder das Uebergehen in Anderes zu einem Setzen geworden, und um - gekehrt hat das Setzen oder die Reflexion des Weſens ſich aufgehoben und ſich zu einem Nichtgeſetzten, einem urſpruͤnglichen Seyn hergeſtellt. Der Be - griff iſt die Durchdringung dieſer Momente, daß das Qualitative, und urſpruͤnglich-ſeyende nur als Setzen und nur als Ruͤckkehr-in-ſich iſt, und dieſe reine Re - flexion-in-ſich ſchlechthin das Anderswerden oder die Beſtimmtheit iſt, welche eben ſo daher unendli - che, ſich auf ſich beziehende Beſtimmtheit iſt.

Der Begriff iſt daher zuerſt ſo die abſolute Identitaͤt mit ſich, daß ſie diß nur iſt, als die Negation der Negation, oder als die unendliche Einheit der Negativitaͤt mit ſich ſelbſt. Dieſe reine Bezie - hung des Begriffs auf ſich, welche dadurch dieſe Bezie - hung iſt, als durch die Negativitaͤt ſich ſetzend, iſt die Allgemeinheit des Begriffs.

Die Allgemeinheit, da ſie die hoͤchſt einfache Beſtimmung iſt, ſcheint keiner Erklaͤrung faͤhig zu ſeyn; denn eine Erklaͤrung muß ſich auf Beſtimmungen und Unterſcheidungen einlaſſen, und von ihrem Gegenſtande praͤdiciren, das einfache aber wird hiedurch vielmehr veraͤndert, als erklaͤrt. Es iſt aber gerade die Natur des Allgemeinen, ein ſolches einfaches zu ſeyn, welches durch die abſolute Negativitaͤt den hoͤchſten Unterſchied und Beſtimmtheit in ſich enthaͤlt. Das Seyn iſtein -39I. Kapitel. Der Begriff.einfaches, als unmittelbares; deßwegen iſt es ein nur Gemeyntes, und kann man von ihm nicht ſagen, was es iſt; es iſt daher unmittelbar eins mit ſeinem Andern, dem Nichtſeyn. Eben diß iſt ſein Begriff, ein ſolches einfaches zu ſeyn, das in ſeinem Gegentheil unmittelbar verſchwindet; er iſt das Werden. Das Allgemeine dagegen iſt das einfache, welches eben ſo ſehr das reichſte in ſich ſelbſt iſt; weil es der Begriff iſt.

Es iſt daher erſtens die einfache Beziehung auf ſich ſelbſt; es iſt nur in ſich. Aber dieſe Identitaͤt iſt zweytens in ſich abſolute Vermittlung; nicht aber ein vermitteltes. Vom Allgemeinen, welches ein vermitteltes, nemlich das Abſtracte, dem Be - ſondern und Einzelnen entgegengeſetzte Allgemeine iſt, iſt erſt bey dem beſtimmten Begriffe zu reden. Aber auch ſchon das Abſtracte enthaͤlt diß, daß, um es zu er - halten, erfodert werde, andere Beſtimmungen des Con - creten wegzulaſſen. Dieſe Beſtimmungen ſind als Determinationen uͤberhaupt Negationen; eben ſo iſt ferner das Weglaſſen derſelben ein Negiren. Es kommt alſo beym Abſtracten gleichfalls die Negation der Negation vor. Dieſe gedoppelte Negation aber wird vorgeſtellt, als ob ſie demſelben aͤuſſerlich ſey, und ſowohl die weggelaſſenen weitern Eigenſchaften des Con - creten von der beybehaltenen, welche der Inhalt des Abſtracten iſt, verſchieden ſey, als auch dieſe Ope - ration des Weglaſſens der uͤbrigen und des Beybehal - tens der einen, auſſer derſelben vorgehe. Zu ſolcher Aeuſſerlichkeit hat ſich das Allgemeine gegen jene Bewegung noch nicht beſtimmt; es iſt noch ſelbſt in ſich jene abſolute Vermittlung, welche eben die Negation der Negation oder abſolute Negativitaͤt iſt.

Nach40I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.

Nach dieſer urſpruͤnglichen Einheit, iſt vors erſte das erſte Negative oder die Beſtimmung keine Schran - ke fuͤr das Allgemeine, ſondern es erhaͤlt ſich darin, und iſt poſitiv mit ſich identiſch. Die Kategorien des Seyns waren, als Begriffe, weſentlich dieſe Identitaͤ - ten der Beſtimmungen mit ſich ſelbſt, in ihrer Schranke oder ihrem Andersſeyn; dieſe Identitaͤt war aber nur an ſich der Begriff; ſie war noch nicht manifeſtirt. Daher die qualitative Beſtimmung als ſolche in ihrer andern unterging und eine von ihr verſchiedene Beſtimmung zu ihrer Wahrheit hatte. Das Allgemeine hingegen, wenn es ſich auch in eine Beſtimmung ſetzt, bleibt es darin, was es iſt. Es iſt die Seele des Concreten, dem es inwohnt, ungehindert und ſich ſelbſt gleich in deſſen Mannichfaltigkeit und Verſchiedenheit. Es wird nicht mit in das Werden geriſſen, ſondern continuirt ſich ungetruͤbt durch daſſelbe, und hat die Kraft unveraͤnderlicher, unſterblicher Selbſterhaltung.

Eben ſo ſcheint es aber nicht nur in ſein An - deres, wie die Reflexionsbeſtimmung. Dieſe als ein relatives bezieht ſich nicht nur auf ſich, ſondern iſt ein Verhalten. Sie gibt ſich in ihrem Andern kund; aber ſcheint nur erſt an ihm, und das Schei - nen eines jeden an dem andern oder ihr gegenſeitiges Beſtimmen hat bey ihrer Selbſtſtaͤndigkeit, die Form eines aͤuſſerlichen Thuns. Das Allgemeine dage - gen iſt geſetzt als das Weſen ſeiner Beſtimmung, die eigene poſitive Natur derſelben. Denn die Be - ſtimmung, die ſein Negatives ausmacht, iſt im Begriffe ſchlechthin nur als ein Geſetztſeyn, oder weſentlich nur zugleich als das Negative des Negativen, und ſie iſt nur als dieſe Identitaͤt des Negativen mit ſich, welche das Allgemeine iſt. Dieſes iſt inſofern auch die Sub - ſtanz ſeiner Beſtimmungen; aber ſo, daß das, wasfuͤr41I. Kapitel. Der Begriff.fuͤr die Subſtanz als ſolche ein zufaͤlliges war, die eigne Vermittlung des Begriffes mit ſich ſelbſt, ſeine eigene immanente Reflexion iſt. Dieſe Vermitt - lung, welche das Zufaͤllige zunaͤchſt zur Nothwendig - keit erhebt, iſt aber die manifeſtirte Beziehung; der Begriff iſt nicht der Abgrund der formloſen Sub - ſtanz, oder die Nothwendigkeit, als die innre Identi - taͤt von einander verſchiedener und ſich beſchraͤnkender Dinge oder Zuſtaͤnde, ſondern als abſolute Negativitaͤt das formirende und erſchaffende, und weil die Beſtim - mung nicht als Schranke, ſondern ſchlechthin ſo ſehr als aufgehobene, als Geſetztſeyn iſt, ſo iſt der Schein die Erſcheinung als des Identiſchen.

Das Allgemeine iſt daher die freye Macht; es iſt es ſelbſt und greift uͤber ſein Anderes uͤber; aber nicht als ein gewaltſames, ſondern das vielmehr in demſelben ruhig und bey ſich ſelbſt iſt. Wie es die freye Macht genannt worden, ſo koͤnnte es auch die freye Liebe, und ſchrankenloſe Seeligkeit ge - nannt werden, denn es iſt ein Verhalten ſeiner zu dem Unterſchiedenen nur als zu ſich ſelbſt, in dem - ſelben iſt es zu ſich ſelbſt zuruͤckgekehrt.

Es iſt ſo eben der Beſtimmtheit erwaͤhnt wor - den, obgleich der Begriff nur erſt als das Allgemeine und nur mit ſich identiſche, noch nicht dazu fortge - gangen iſt. Es kann aber von dem Allgemeinen nicht ohne die Beſtimmtheit, welche naͤher die Beſonderheit und Einzelnheit iſt, geſprochen werden; denn es enthaͤlt ſie in ſeiner abſoluten Negativitaͤt an und fuͤr ſich; die Beſtimmtheit wird alſo nicht von auſſen dazu genom - men, wenn beym Allgemeinen von ihr geſprochen wird. Als Negativitaͤt uͤberhaupt, oder nach der erſten, unmittelbaren Negation hat es die Beſtimmtheituͤber -42I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.uͤberhaupt als Beſonderheit an ihm; als zweytes als Negation der Negation iſt es abſolute Be - ſtimmtheit, oder Einzelnheit und Concre - tion. Das Allgemeine iſt ſomit die Totalitaͤt des Begriffes, es iſt Concretes, iſt nicht ein leeres, ſondern hat vielmehr durch ſeinen Begriff Inhalt; einen Inhalt, in dem es ſich nicht nur erhaͤlt, ſondern der ihm eigen und immanent iſt. Es kann von dem In - halte wohl abſtrahirt werden; ſo erhaͤlt man aber nicht das Allgemeine des Begriffs, ſondern das Abſtracte, welches ein iſolirtes, unvollkommenes Moment des Be - griffes iſt, und keine Wahrheit hat.

Naͤher ergibt ſich das Allgemeine ſo als dieſe To - talitaͤt. Inſoferne es die Beſtimmtheit in ſich hat, iſt ſie nicht nur die erſte Negation, ſondern auch die Re - flexion derſelben in ſich. Mit jener erſten Negation fuͤr ſich genommen, iſt es Beſonderes, wie es ſogleich wird betrachtet werden; aber es iſt in dieſer Beſtimmt - heit weſentlich noch allgemeines; dieſe Seite muß hier noch aufgefaßt werden. Dieſe Beſtimmtheit iſt nemlich als im Begriffe die totale Reflexion, der Doppel - ſchein, einmal der Schein nach auſſen, die Re - flexion in anderes; das andremal der Schein nach innen, die Reflexion in ſich. Jenes aͤuſſerliche Scheinen macht einen Unterſchied gegen anderes; das Allgemeine, hat hienach eine Beſonderheit, welche ihre Aufloͤſung in einem hoͤhern Allgemeinen hat. Inſofern es nun auch nur ein relativ-allgemeines iſt, verliert es ſeinen Charakter des Allgemeinen nicht; es erhaͤlt ſich in ſeiner Beſtimmtheit, nicht nur ſo, daß es in der Verbindung mit ihr nur gleichguͤltig gegen ſie bliebe, ſo waͤre es nur mit ihr zuſammenge - ſetzt, ſondern daß es das iſt, was ſo eben das Scheinen nach innen genannt wurde. Die Be -ſtimmt -43I. Kapitel. Der Begriff.ſtimmtheit iſt als beſtimmter Begriff aus der Aeuſſer - lichkeit in ſich zuruͤckgebogen; ſie iſt der eigne, immanente Charakter, der dadurch ein Weſentliches iſt, daß er in die Allgemeinheit aufgenommen und von ihr durchdrungen, von gleichem Umfange, identiſch mit ihr ſie ebenſo durchdringt; es iſt der Charakter, wel - cher der Gattung angehoͤrt, als die von dem Allge - meinen ungetrennte Beſtimmtheit. Er iſt inſofern nicht eine nach auſſen gehende Schranke, ſondern poſitiv, indem er durch die Allgemeinheit in der freyen Bezie - hung auf ſich ſelbſt ſteht. Auch der beſtimmte Begriff bleibt ſo in ſich unendlich freyer Begriff.

In Anſehung der andern Seite aber, nach welcher die Gattung durch ihren beſtimmten Charakter begraͤnzt iſt, iſt bemerkt worden, daß ſie als niedrigere Gattung in einem hoͤhern Allgemeinern ihre Aufloͤſung habe. Dieſes kann auch wieder als Gattung, aber als eine Abſtractere aufgefaßt werden, gehoͤrt aber immer wie - der nur der Seite des beſtimmten Begriffes an, die nach auſſen geht. Das wahrhaft hoͤhere Allgemeine iſt, worin dieſe nach auſſen gehende Seite nach innen zu - ruͤckgenommen iſt, die zweyte Negation, in welcher die Beſtimmtheit ſchlechthin nur als Geſetztes, oder als Schein iſt. Leben, Ich, Geiſt, abſoluter Begriff, ſind nicht Allgemeine nur als hoͤhere Gattungen, ſondern Concrete, deren Beſtimmtheiten auch nicht nur Arten oder niedrige Gattungen ſind, ſondern die in ihrer Realitaͤt ſchlechthin nur in ſich und davon erfuͤllt ſind. Inſofern Leben, Ich, endlicher Geiſt, wohl auch nur beſtimmte Begriffe ſind, ſo iſt ihre abſolute Aufloͤſung in demjenigen Allgemeinen, welches als wahrhaft abſolu - ter Begriff, als Idee des unendlichen Geiſtes zu faſſen iſt, deſſen Geſetztſeyn die unendliche, durchſichtige Realitaͤt iſt, worin er ſeine Schoͤpfung, und in ihr ſich ſelbſt anſchaut.

Das44I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.

Das wahrhafte, unendliche Allgemeine, welches unmittelbar eben ſo ſehr Beſonderheit als Einzelnheit in ſich iſt, iſt nun zunaͤchſt naͤher als Beſonderheit zu betrachten. Es beſtimmt ſich frey; ſeine Verendli - chung iſt kein Uebergehen, das nur in der Sphaͤre des Seyns Statt hat; es iſt ſchoͤpferiſche Macht, als die abſolute Negativitaͤt, die ſich auf ſich ſelbſt be - zieht. Es iſt als ſolche das Unterſcheiden in ſich, und dieſes iſt Beſtimmen, dadurch, daß das Unterſchei - den mit der Allgemeinheit eins iſt. Somit iſt es ein Setzen der Unterſchiede ſelbſt als allgemeiner, ſich auf ſich beziehender. Hiedurch werden ſie fixirte, iſolirte Unterſchiede. Das iſolirte Beſtehen des Endlichen, das ſich fruͤher als ſein Fuͤrſich-ſeyn, auch als Dingheit, als Subſtanz beſtimmte, iſt in ſeiner Wahrheit die Allge - meinheit, mit welcher Form der unendliche Begriff ſeine Unterſchiede bekleidet, eine Form, die eben einer ſei - ner Unterſchiede ſelbſt iſt. Hierin beſteht das Schaf - fen des Begriffs, das nur in dieſem Innerſten deſſel - ben ſelbſt zu begreiffen iſt.

B.) Der beſondere Begriff.

Die Beſtimmtheit als ſolche gehoͤrt dem Seyn und dem Qualitativen an; als Beſtimmtheit des Begriffs iſt ſie Beſonderheit. Sie iſt keine Grenze, ſo daß ſie ſich zu einem Andern als einem Jenſeits ihrer verhielte, vielmehr, wie ſich ſo eben zeigte, das eigene immanentes Moment des Allgemeinen; dieſes iſt daher in der Beſonderheit nicht bey einem Andern, ſondern ſchlechthin bey ſich ſelbſt.

Das45I. Kapitel. Der Begriff.

Das Beſondere enthaͤlt die Allgemeinheit, welche deſſen Subſtanz ausmacht; die Gattung iſt unver - aͤndert in ihren Arten; die Arten ſind nicht von dem Allgemeinen, ſondern nur gegen einander ver - ſchieden. Das Beſondere hat mit den andern Be - ſondern, zu denen es ſich verhaͤlt, eine und dieſelbe All - gemeinheit. Zugleich iſt die Verſchiedenheit derſelben, um ihrer Identitaͤt mit dem Allgemeinen willen, als ſolche allgemein; ſie iſt Totalitaͤt. Das Be - ſondre enthaͤlt alſo nicht nur das Allgemeine, ſondern ſtellt daſſelbe auch durch ſeine Beſtimmtheit dar; dieſes macht inſofern eine Sphaͤre aus, welche das Beſondere erſchoͤpfen muß. Dieſe Totalitaͤt erſcheint, in - ſofern die Beſtimmtheit des Beſondern als bloſſe Ver - ſchiedenheit genommen wird, als Vollſtaͤndigkeit. Vollſtaͤndig ſind in dieſer Ruͤckſicht die Arten, inſo - fern es deren eben nicht mehrere gibt. Es iſt fuͤr ſie kein innerer Maßſtab, oder Princip vorhanden, weil die Verſchiedenheit eben der Einheitsloſe Un - terſchied iſt, an welchem die Allgemeinheit, die fuͤr ſich abſolute Einheit iſt, bloß aͤuſſerlicher Reflex, und eine unbeſchraͤnkte, zufaͤllige Vollſtaͤndigkeit iſt. Die Ver - ſchiedenheit aber geht in Entgegenſetzung, in eine immanente Beziehung der Verſchiedenen uͤber Die Beſonderheit aber, iſt als Allgemeinheit an und fuͤr ſich ſelbſt, nicht durch Uebergehen ſolche immanente Beziehung; ſie iſt Totalitaͤt an ihr ſelbſt, und ein - fache Beſtimmtheit, weſentlich Princip. Sie hat keine andere Beſtimmtheit, als welche durch das All - gemeine ſelbſt geſetzt iſt, und ſich aus demſelben, folgen - dermaßen ergibt.

Das Beſondre iſt das Allgemeine ſelbſt, aber es iſt deſſen Unterſchied oder Beziehung auf ein Anderes, ſein Scheinen nach Auſſen; es iſt aber kein Ande -res46I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.res vorhanden, wovon das Beſondere unterſchieden waͤre, als das Allgemeine ſelbſt. Das Allgemeine beſtimmt ſich, ſo iſt es ſelbſt das Beſondere; die Beſtimmtheit iſt ſein Unterſchied; es iſt nur von ſich ſelbſt unter - ſchieden. Seine Arten ſind daher nur a) das Allge - meine ſelbſt und b) das Beſondere. Das Allgemeine als der Begriff, iſt es ſelbſt und ſein Gegentheil, was wieder es ſelbſt als ſeine geſetzte Beſtimmtheit iſt; es greift uͤber daſſelbe uͤber, und iſt in ihm bey ſich. So iſt es die Totalitaͤt und Princip ſeiner Verſchiedenheit, die ganz nur durch es ſelbſt beſtimmt iſt.

Es gibt daher keine andere wahrhafte Eintheilung, als daß der Begriff ſich ſelbſt auf die Seite ſtellt, als die unmittelbare, unbeſtimmte Allgemeinheit; eben diß unbeſtimmte, macht ſeine Beſtimmtheit, oder daß er ein Beſonderes iſt. Beydes iſt das Beſondere, und iſt daher coordinirt. Beydes iſt auch als Be - ſonderes das beſtimmte gegen das Allgemeine; es heißt demſelben inſofern ſubordinirt. Aber eben diß Allgemeine, gegen welches das Beſondre beſtimmt iſt, iſt damit vielmehr ſelbſt auch nur eines der Ge - genuͤberſtehenden. Wenn wir von zwey Gegenuͤber - ſtehenden ſprechen, ſo muͤſſen wir alſo auch wieder ſa - gen, daß ſie beyde das Beſondre ausmachen, nicht nur zuſammen, daß ſie nur fuͤr die aͤuſſere Reflexion darin gleich waͤren, Beſondre zu ſeyn, ſondern ihre Beſtimmtheit gegeneinander iſt weſentlich zugleich nur Eine Beſtimmtheit, die Negativitaͤt, welche im Allgemeinen einfach iſt.

Wie ſich der Unterſchied hier zeigt, iſt er in ſeinem Begriffe, und damit in ſeiner Wahrheit. Aller fruͤhere Unterſchied hat dieſe Einheit im Begriffe. Wie er un -mit -47I. Kapitel. Der Begriff.mittelbarer Unterſchied im Seyn iſt, iſt er als die Grenze eines Andern; wie er in der Reflexion iſt, iſt er relativer, geſetzt als ſich auf ſein anderes weſent - lich beziehend; hier beginnt ſomit die Einheit des Be - griffs geſetzt zu werden; aber zunaͤchſt iſt ſie nur der Schein an einem Andern. Das Uebergehen und die Aufloͤſung dieſer Beſtimmungen hat nur dieſen wahren Sinn, daß ſie ihren Begriff, ihre Wahrheit erreichen; Seyn, Daſeyn, Etwas, oder Ganzes und Theile u. ſ. f. Subſtanz und Accidenzen, Urſache und Wirkung ſind fuͤr ſich Gedankenbeſtimmungen; als beſtimmte Begriffe werden ſie aufgefaßt, inſofern jede in der Einheit mit ihrer andern oder entgegengeſetzten erkannt wird. Das Ganze und die Theile, Urſache und Wirkung z. B. u. ſ. f. ſind noch nicht verſchiedene, die als Beſon - dere gegeneinander beſtimmt waͤren, weil ſie an ſich zwar Einen Begriff ausmachen, aber ihre Einheit noch nicht die Form der Allgemeinheit erreicht hat; ſo hat auch der Unterſchied, der in dieſen Verhaͤlt - niſſen iſt, noch nicht die Form, daß er Eine Beſtimmt - heit iſt. Urſache und Wirkung z. B. ſind nicht zwey verſchiedene Begriffe, ſondern nur Ein beſtimmter Begriff, und die Cauſſalitaͤt iſt, wie jeder Begriff, ein einfacher.

In Abſicht auf Vollſtaͤndigkeit hat ſich ergeben, daß das Beſtimmte der Beſonderheit vollſtaͤndig in dem Unterſchiede des Allgemeinen und Beſondern iſt, und daß nur dieſe beyde die beſondern Arten aus - machen. In der Natur finden ſich freylich in einer Gattung mehr als zwey Arten, ſo wie dieſe vielen Ar - ten auch nicht das aufgezeigte Verhaͤltniß zu einander haben koͤnnen. Es iſt diß die Ohnmacht der Natur, die Strenge des Begriffs nicht feſthalten und darſtellen zu koͤnnen, und in dieſe begriffloſe blinde Mannichfaltig -keit48I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.keit ſich zu verlauffen. Wir koͤnnen die Natur in der Mannichfaltigkeit ihrer Gattungen und Arten, und der unendlichen Verſchiedenheit ihrer Geſtaltungen bewun - dern, denn die Bewunderung iſt ohne Begriff, und ihr Gegenſtand iſt das Vernunftloſe. Der Natur weil ſie das Auſſerſichſeyn des Begriffes iſt, iſt es frey - gegeben, in dieſer Verſchiedenheit ſich zu ergehen, wie der Geiſt, ob er gleich den Begriff in der Geſtalt des Begriffes hat, auch aufs Vorſtellen ſich einlaͤßt, und in einer unendlichen Mannichfaltigkeit deſſelben ſich herum - treibt. Die vielfachen Naturgattungen oder Arten muͤſ - ſen fuͤr nichts hoͤheres geachtet werden, als die will - kuͤhrlichen Einfaͤlle des Geiſtes in ſeinen Vorſtellungen. Beyde zeigen wohl allenthalben Spuren und Ahndungen des Begriffs, aber ſtellen ihn nicht in treuem Abbild dar, weil ſie die Seite ſeines freyen Auſſerſichſeyns ſind; er iſt die abſolute Macht gerade darum, daß er ſeinen Unterſchied frey zur Geſtalt ſelbſtſtaͤndiger Ver - ſchiedenheit, aͤuſſerlicher Nothwendigkeit, Zufaͤlligkeit, Willkuͤhr, Meynung entlaſſen kann, welche aber fuͤr nicht mehr als die abſtracte Seite der Nichtigkeit genommen werden muß.

Die Beſtimmtheit des Beſondern iſt einfach als Princip, wie wir geſehen haben, aber ſie iſt es auch als Moment der Totalitaͤt, als Beſtimmtheit gegen die andere Beſtimmtheit. Der Begriff, inſofern er ſich beſtimmt oder unterſcheidet, iſt er negativ auf ſeine Einheit gerichtet, und gibt ſich die Form eines ſeiner ideellen Momente des Seyns; als beſtimmter Begriff hat er ein Daſeyn uͤberhaupt. Diß Seyn hat aber nicht mehr den Sinn der bloſſen Unmittelbarkeit, ſondern der Allgemeinheit, der durch die abſolute Ver - mittlung ſich ſelbſt gleichen Unmittelbarkeit, die eben ſo ſehr auch das andere Moment, das Weſen oder dieRe -49I. Kapitel. Der Begriff.Reflexion in ſich enthaͤlt. Dieſe Allgemeinheit, mit wel - cher das Beſ[tim]mte bekleidet iſt, iſt die abſtracte. Das Beſondre hat die Allgemeinheit in ihm ſelbſt als ſein Weſen; inſofern aber die Beſtimmtheit des Unter - ſchieds geſetzt iſt, und dadurch Seyn hat, iſt ſie Form an demſelben, und die Beſtimmtheit als ſolche iſt der Inhalt. Zur Form wird die Allgemeinheit, inſofern der Unterſchied als das Weſentliche iſt, wie er im Gegentheil im rein Allgemeinen nur als abſolute Negativitaͤt, nicht als Unterſchied iſt, der als ſol - cher geſetzt iſt.

Die Beſtimmtheit iſt nun zwar das abſtracte, gegen die andere Beſtimmtheit; die andere iſt aber nur die Allgemeinheit ſelbſt, dieſe iſt inſofern auch die abſtrac - te; und die Beſtimmtheit des Begriffs, oder die Be - ſonderheit iſt wieder weiter nicht als die beſtimmte All - gemeinheit. Der Begriff iſt in ihr auſſer ſich; in - ſofern er es iſt, der darin auſſer ſich iſt, ſo enthaͤlt das Abſtract-Allgemeine alle Momente des Begriffs; es iſt α) Allgemeinheit β) Beſtimmtheit γ) die einfache Einheit von beyden; aber dieſe Einheit iſt unmittel - bare, und die Beſonderheit iſt darum nicht als die Totalitaͤt. An ſich iſt ſie auch dieſe Totalitaͤt, und Vermittlung; ſie iſt weſentlich ausſchlieſſende Beziehung auf anderes, oder Aufhebung der Ne - gation, nemlich der andern Beſtimmtheit, der an - dern, die aber nur als Meynung vorſchwebt, denn unmittelbar verſchwindet ſie, und zeigt ſich als daſſelbe, was die ihr andre ſeyn ſollte. Diß macht alſo dieſe Allgemeinheit zur abſtracten, daß die Vermittlung nur Bedingung iſt, oder nicht an ihr ſelbſt geſetzt iſt. Weil ſie nicht geſetzt iſt, hat die Einheit des Ab - ſtracten die Form der Unmittelbarkeit, und der Inhalt die Form der Gleichguͤltigkeit gegen ſeine Allgemeinheit,Dweil50I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.weil er nicht als dieſe Totalitaͤt iſt, welche die Allge - meinheit der abſoluten Negativitaͤt iſt. Das Abſtract - Allgemeine iſt ſomit zwar der Begriff, aber als Be - griffloſes, als Begriff, der nicht als ſolcher geſetzt iſt.

Wenn vom beſtimmten Begriffe die Rede iſt, ſo iſt es gewoͤhnlich rein nur ein ſolches abſtract - Allgemeines, was gemeynt iſt. Auch unter dem Begriffe uͤberhaupt, wird meiſt nur dieſer begriff - loſe Begriff verſtanden, und der Verſtand bezeichnet das Vermoͤgen ſolcher Begriffe. Die Demonſtration gehoͤrt dieſem Verſtande an, inſofern ſie an Begriffen fortgehe, das heißt nur an Beſtimmungen. Sol - ches Fortgehen an Begriffen kommt daher nicht uͤber die Endlichkeit und Nothwendigkeit hinaus; ihr hoͤchſtes iſt das negative Unendliche, die Abſtraction des hoͤchſten Weſens, welches ſelbſt die Beſtimmtheit der Unbe - ſtimmtheit iſt. Auch die abſolute Subſtanz iſt zwar nicht dieſe leere Abſtraction, dem Inhalte nach vielm〈…〉〈…〉 hr die Totalitaͤt, aber ſie iſt darum abſtract, weil ſie ohne die abſolute Form iſt, ihre innerſte Wahrheit macht nicht der Begriff aus; ob ſie zwar die Identitaͤt der Allge - meinheit und Beſonderheit, oder des Denkens und des Auſſereinander iſt, ſo iſt dieſe Identitaͤt nicht die Be - ſtimmtheit des Begriffes; auſſer ihr iſt vielmehr ein, und zwar eben weil er auſſer ihr iſt, ein zufaͤlli - ger Verſtand, in und fuͤr welchen ſie in verſchiedenen Attributen und Modis iſt.

Leer iſt uͤbrigens die Abſtraction nicht, wie ſie gewoͤhnlich genannt wird; ſie iſt der beſtimmte Be - griff; ſie hat irgend eine Beſtimmtheit zum Inhalt; auch das hoͤchſte Weſen, die reine Abſtraction, hat, wie erinnert, die Beſtimmtheit der Unbeſtimmtheit; eine Be - ſtimmtheit aber iſt die Unbeſtimmtheit, weil ſie dem Be -ſtimm -51I. Kapitel. Der Begriff.ſtimmten gegenuͤber ſtehen ſoll. Indem man aber ausſpricht, was ſie iſt, hebt ſich diß ſelbſt auf, was ſie ſeyn ſoll; ſie wird als eins mit der Beſtimmtheit ausgeſprochen, und auf dieſe Weiſe aus der Abſtraction der Begriff und ihre Wahrheit hergeſtellt. Inſo - fern aber iſt jeder beſtimmte Begriff allerdings leer, als er nicht die Totalitaͤt ſondern nur eine einſeitige Beſtimmtheit enthaͤlt. Wenn er auch ſonſt concreten Inhalt hat, z. B. Menſch, Staat, Thier u. ſ. f. ſo bleibt er ein leerer Begriff, inſofern ſeine Beſtimmtheit nicht das Princip ſeiner Unterſchiede iſt; das Princip enthaͤlt den Anfang und das Weſen ſeiner Entwicklung und Realiſation; irgend eine andere Beſtimmtheit des Begriffs aber iſt unfruchtbar. Wenn der Begriff daher uͤberhaupt als leer geſcholten iſt, ſo wird jene abſolute Beſtimmtheit deſſelben verkannt, welche der Begriffs - unterſchied, und der einzig wahre Inhalt in ſeinem Element iſt.

Hieher gehoͤrt der Umſtand, um deſſen willen der Verſtand in neuern Zeiten gering geachtet und gegen die Vernunft ſo ſehr zuruͤckgeſetzt wird; es iſt die Feſtig - keit, welche er den Beſtimmtheiten und ſomit den End - lichkeiten ertheilt. Diß Fixe beſteht in der betrachteten Form der abſtracten Allgemeinheit; durch ſie werden ſie unveraͤnderlich. Denn die qualitative Beſtimmt - heit, ſo wie die Reflexionsbeſtimmung, ſind weſentlich als begraͤnzte, und haben durch ihre Schranke eine Beziehung auf ihr Anderes, ſomit die Nothwen - digkeit des Uebergehens und Vergehens. Die Allge - meinheit aber, welche ſie im Verſtande haben, gibt ihnen die Form der Reflexion in ſich, wodurch ſie der Bezie - hung auf Anderes entnommen, und unvergaͤnglich geworden ſind. Wenn nun am reinen Begriffe dieſe Ewigkeit zu ſeiner Natur gehoͤrt, ſo waͤren ſeine abſtractenD 2Be -52I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Beſtimmungen nur ihrer Form nach ewige Weſen - heiten; aber ihr Inhalt iſt dieſer Form nicht angemeſ - ſen; ſie ſind daher nicht Wahrheit und Unvergaͤnglich - keit. Ihr Inhalt iſt der Form nicht angemeſſen, weil er nicht die Beſtimmtheit ſelbſt als allgemein, d. i. nicht als Totalitaͤt des Begriffsunterſchieds, oder nicht ſelbſt die ganze Form iſt; die Form des beſchraͤnkten Verſtan - des iſt darum aber ſelbſt die unvollkommne, nemlich abſtracte Allgemeinheit. Es iſt aber ferner als die unendliche Kraft des Verſtandes zu achten, das Concrete in die abſtracten Beſtimmtheiten zu trennen, und die Tiefe des Unterſchieds zu faſſen, welche allein zugleich die Macht iſt, die ihren Uebergang bewirkt. Das Concrete der Anſchauung iſt Totalitaͤt, aber die ſinnliche, ein realer Stoff, der in Raum und Zeit gleichguͤltig auſſereinander beſteht; dieſe Einheits - loſigkeit des Mannichfaltigen, in der es der Inhalt der Anſchauung iſt, ſollte ihm doch wohl nicht als Ver - dienſt und Vorzug vor dem Verſtaͤndigen angerechn[et]werden. Die Veraͤnderlichkeit, die es in der Anſchauung zeigt, deutet ſchon auf das Allgemeine hin; was davon zur Anſchauung kommt, iſt nur ein anderes eben ſo Veraͤnderliches, alſo nur das Naͤmliche; es iſt nicht das Allgemeine, das an deſſen Stelle traͤte und erſchiene. Am wenigſten aber ſollte der Wiſſenſchaft z. B. der Geometrie und Arithmetik, das Anſchauliche, das ihr Stoff mit ſich bringt, zu einem Verdienſte angerech - net, und ihre Saͤtze als hiedurch begruͤndet, vorgeſtellt werden. Vielmehr iſt der Stoff ſolcher Wiſſenſchaften darum von niedrigerer Natur; das Anſchauen der Fi - guren oder Zahlen verhilft nicht zur Wiſſenſchaft der - ſelben; nur das Denken daruͤber vermag eine ſolche hervorzubringen. Inſofern aber unter Anſchauung nicht bloß das Sinnliche, ſondern die objective To - talitaͤt verſtanden wird, ſo iſt ſie eine intel -lec -53I. Kapitel. Der Begriff.lectuelle, d. i. ſie hat das Daſeyn nicht in ſeiner aͤuſſerlichen Exiſtenz zum Gegenſtande, ſondern das, was in ihm unvergaͤngliche Realitaͤt und Wahrheit iſt, die Realitaͤt, nur inſofern ſie weſentlich im Begriffe und durch ihn beſtimmt iſt, die Idee, deren naͤhere Na - tur ſich ſpaͤter zu ergeben hat. Was die Anſchauung als ſolche, vor dem Begriffe voraushaben ſoll, iſt die aͤuſſerliche Realitaͤt, das Begriffloſe, das erſt einen Werth durch ihn erhaͤlt.

Indem daher der Verſtand die unendliche Kraft darſtellt, welche das Allgemeine beſtimmt, oder umge - kehrt, dem an und fuͤr ſich Haltungsloſen der Beſtimmt - heit durch die Form der Allgemeinheit das fixe Beſtehen ertheilt, ſo iſt es nun nicht Schuld des Verſtandes, wenn nicht weiter gegangen wird. Es iſt eine ſubjecti - ve Ohnmacht der Vernunft, welche dieſe Be - ſtimmtheiten ſo gelten laͤßt und ſie nicht durch die jener abſtracten Allgemeinheit entgegengeſetzte dialektiſche Kraft, d. h. durch die eigenthuͤmliche Natur, nemlich durch den Begriff jener Beſtimmtheiten, zur Einheit zuruͤckzufuͤhren vermag. Der Verſtand gibt ihnen zwar durch die Form der abſtracten Allgemeinheit ſo zu ſagen, eine ſolche Haͤrte des Seyns, als ſie in der qualitativen Sphaͤre, und in der Sphaͤre der Reflexion nicht haben; aber durch dieſe Vereinfachung begeiſtet er ſie zugleich, und ſchaͤrft ſie ſo zu, daß ſie eben nur auf dieſer Spitze die Faͤhigkeit erhalten, ſich aufzuloͤſen und in ihr ent - gegengeſetztes uͤberzugehen. Die hoͤchſte Reiffe und Stuffe, die irgend Etwas erreichen kann, iſt diejenige, in welcher ſein Untergang beginnt. Das Feſte der Be - ſtimmtheiten, in welche ſich der Verſtand einzurennen ſcheint, die Form des Unvergaͤnglichen iſt die der ſich auf ſich beziehenden Allgemeinheit. Aber ſie gehoͤrt dem Be - griffe zu eigen an; und daher liegt in ihr ſelbſt dieAuf -54I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Aufloͤſung des Endlichen ausgedruͤckt, und in unend - licher Naͤhe. Dieſe Allgemeinheit arguirt unmittel - bar die Beſtimmtheit des Endlichen, und druͤckt ſeine Unangemeſſenheit zu ihr aus. Oder vielmehr iſt ſeine Angemeſſenheit ſchon vorhanden; das abſtracte Be - ſtimmte iſt als eins mit der Allgemeinheit geſetzt;[e]ben darum als nicht fuͤr ſich, inſofern es nur Beſtimmtes waͤre, ſondern nur als Einheit ſeiner und des Allgemei - nen, d. i. als Begriff.

Es iſt daher in jeder Ruͤckſicht zu verwerfen, Verſtand und die Vernunft ſo, wie gewoͤhnlich geſchieht, zu trennen. Wenn der Begriff als vernunftlos betrach - tet wird, ſo muß es vielmehr als eine Unfaͤhigkeit der Vernunft betrachtet werden, ſich in ihm zu erkennen. Der beſtimmte und abſtracte Begriff iſt die Bedin - gung, oder vielmehr weſentliches Moment der Vernunft; er iſt begeiſtete Form, in welcher das Endliche durch die Allgemeinheit, in der es ſich auf ſich bezieht, ſich in ſich entzuͤndet, als dialektiſch geſetzt und hiemit der Anfang ſelbſt der Erſcheinung der Ver - nunft iſt.

Indem der beſtimmte Begriff in dem Bisherigen in ſeiner Wahrheit dargeſtellt iſt, ſo iſt nur noch uͤbrig, anzuzeigen, als was er hiemit ſchon geſetzt iſt. Der Unterſchied, welcher weſentliches Moment des Begriffs, aber im rein Allgemeinen noch nicht als ſolcher geſetzt iſt, erhaͤlt im beſtimmten Begriffe ſein Recht. Die Be - ſtimmtheit in der Form der Allgemeinheit iſt zum Ein - fachen mit derſelben verbunden; dies beſtimmte Allge - meine iſt die ſich auf ſich ſelbſt beziehende Beſtimmtheit; die beſtimmte Beſtimmtheit oder abſolute Negativitaͤt fuͤr ſich geſetzt. Die ſich auf ſich ſelbſt beziehende Beſtimmt - heit aber iſt die Einzelnheit. So unmittelbar die Allgemeinheit ſchon an und fuͤr ſich ſelbſt Beſonderheitiſt,55I. Kapitel. Der Begriff.iſt, ſo unmittelbar an und fuͤr ſich iſt die Beſonderheit auch Einzelnheit, welche zunaͤchſt als drittes Mo - ment des Begriffes, inſofern ſie gegen die beyden er - ſten feſtgehalten wird, aber auch als die abſolute Ruͤck - kehr deſſelben in ſich, und zugleich als der geſetzte Verluſt ſeiner ſelbſt zu betrachten iſt.

Anmerkung.

Allgemeinheit, Beſonderheit und Ein - zelnheit ſind nach dem bisherigen die drey beſtimm - ten Begriffe, wenn man ſie nemlich zaͤhlen will. Es iſt ſchon fruͤher gezeigt worden, daß die Zahl eine un - paſſende Form iſt, um Begriffsbeſtimmungen darein zu faſſen, aber am unpaſſendſten vollends fuͤr Beſtim - mungen des Begriffs ſelbſt; die Zahl, da ſie das Eins zum Princip hat, macht die gezaͤhlten zu ganz abgeſon - derten und einander ganz gleichguͤltigen. Es hat ſich im Bisherigen ergeben, daß die verſchiedenen beſtimm - ten Begriffe ſchlechthin vielmehr nur Einer und der - ſelbe Begriff ſind, als daß ſie in die Zahl aus einan - der fallen.

In der ſonſt gewoͤhnlichen Abhandlung der Logik kommen mancherley Eintheilungen und Arten von Begriffen vor. Es faͤllt ſogleich die Inconſequenz daran in die Augen, daß die Arten ſo eingefuͤhrt wer - den: Es gibt der Quantitaͤt, Qualitaͤt u. ſ. f. nach folgende Begriffe. Es gibt, druͤckt keine andere Be - rechtigung aus, als die, daß man ſolche Arten vorfin - det und ſie ſich nach der Erfahrung zeigen. Man erhaͤlt auf dieſe Weiſe eine empiriſche Logik, eine ſonderbare Wiſſenſchaft, eine irrationelle Er - kenntniß des Rationellen. Die Logik gibt hierdurch ein ſehr uͤbles Beyſpiel der Befolgung ihrer eigenenLeh56I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Lehren; ſie erlaubt ſich fuͤr ſich ſelbſt das Gegentheil deſſen zu thun, was ſie als Regel vorſchreibt, daß die Begriffe abgeleitet und die wiſſenſchaftlichen Saͤtze, (alſo auch der Satz: es gibt ſo und ſo vielerley Arten von Begriffe) bewieſen werden ſollen. Die Kantiſche Phi - loſophie begeht hierin eine weitere Inconſequenz, ſie entlehnt fuͤr die tranſcendentale Logik die Ka - tegorien als ſogenannte Stammbegriffe aus der ſubjecti - ven Logik, in welcher ſie empiriſch aufgenommen wor - den. Da ſie letzteres zugibt, ſo iſt nicht abzuſehen, warum die tranſcendentale Logik ſich zum Entlehnen aus ſolcher Wiſſenſchaft entſchließt, und nicht gleich ſelbſt empiriſch zugreifft.

Um einiges hievon anzufuͤhren, ſo werden die Be - griffe vornemlich nach ihrer Klarheit eingetheilt, und zwar in klare und dunkle, deutliche und un - deutliche, in adaͤquate und nichtadaͤquate. Auch koͤnnen hieher die vollſtaͤndigen, uͤberflieſ - ſenden und andere dergleichen Ueberfluͤſſigkeiten ge - nommen werden. Was jene Eintheilung nach der Klarheit betrifft, ſo zeigt ſich bald, daß dieſer Geſichts - punkt und die ſich auf ihn beziehenden Unterſchiede aus pſychologiſchen, nicht auf logiſchen Beſtimmun - gen genommen ſind. Der ſogenannte klare Begriff ſoll hinreichen, einen Gegenſtand von einem andern zu unterſcheiden; ein ſolches iſt noch kein Begriff zu nen - nen, es iſt weiter nichts als die ſubjective Vor - ſtellung. Was ein dunkler Begriff ſey, muß auf ſich beruhen bleiben, denn ſonſt waͤre er kein dunkler, er wuͤrde ein deutlicher Begriff. Der deutliche Be - griff ſoll ein ſolcher ſeyn, von welchem man die Merk - mahle angeben koͤnne. Sonach iſt er eigentlich der beſtimmte Begriff. Das Merkmahl, wenn nem - lich das, was darin richtiges liegt, aufgefaßt wird, iſtnichts57I. Kapitel. Der Begriff.nichts anderes als die Beſtimmtheit oder der ein - fache Inhalt des Begriffs, inſofern er von der Form der Allgemeinheit unterſchieden wird. Aber das Merk - mahl hat zunaͤchſt nicht gerade dieſe genauere Bedeu - tung, ſondern iſt uͤberhaupt nur eine Beſtimmung, wo - durch ein Dritter ſich einen Gegenſtand oder den Begriff merkt; es kann daher ein ſehr zufaͤlliger Um - ſtand ſeyn. Ueberhaupt druͤckt es nicht ſowohl die Im - manenz und Weſentlichkeit der Beſtimmung aus, ſondern deren Beziehung auf einen aͤuſſern Verſtand. Iſt dieſer wirklich ein Verſtand, ſo hat er den Begriff vor ſich, und merkt ſich denſelben durch nichts anderes, als durch das, was im Begriffe iſt. Soll es aber hievon unterſchieden ſeyn, ſo iſt es ein Zeichen oder ſonſt eine Beſtimmung, welche zur Vorſtellung der Sache, nicht zu ihrem Begriffe gehoͤrt. Was der undeutliche Begriff ſey, kann als uͤberfluͤſſig uͤber - gangen werden.

Der adaͤquate Begriff aber iſt ein hoͤheres; es ſchwebt dabey eigentlich die Uebereinſtimmung des Be - griffs mit der Realitaͤt vor, was nicht der Begriff als ſolcher, ſondern die Idee iſt.

Wenn das Merkmahl des deutlichen Begriffs wirklich die Begriffsbeſtimmung ſelbſt ſeyn ſollte, ſo wuͤrde die Logik mit den einfachen Begriffen, in Ver - legenheit kommen, welche nach einer andern Eintheilung den zuſammengeſetzten gegenuͤbergeſtellt werden. Denn wenn vom einfachen Begriffe ein wahres, d. i. ein immanentes Merkmahl angegeben werden ſollte, ſo wuͤrde man ihn nicht als einen einfachen anſehen wol - len; inſofern aber keines von ihm angegeben wuͤrde, waͤre er kein deutlicher Begriff. Da hilft aber nun der klare Begriff aus. Einheit, Realitaͤt und derglei - chen Beſtimmungen ſollen einfache Begriffe ſeyn, wohlnur58I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.nur aus dem Grunde, daß die Logiker nicht damit zu Stande kamen, die Beſtimmung derſelben aufzufinden, ſich daher begnuͤgten, einen bloß klaren Begriff, d. h. gar keinen davon zu haben. Zur Definition, d. i. zur Angabe des Begriffs wird allgemein die Angabe der Gattung und der ſpecifiſchen Differenz gefodert. Sie gibt alſo den Begriff nicht als etwas einfaches, ſondern in zwey zaͤhlbaren Beſtandſtuͤcken. Aber darum wird ſolcher Begriff doch wohl nicht ein zuſammen - geſetztes ſeyn ſollen. Es ſcheint beym einfachen Begriffe die abſtracte Einfachheit vorzuſchweben, eine Einheit, welche den Unterſchied und die Beſtimmt - heit nicht in ſich enthaͤlt, welche daher auch nicht dieje - nige iſt, die dem Begriffe zukommt. Sofern ein Gegenſtand in der Vorſtellung, insbeſondere im Gedaͤcht - niß iſt, oder auch die abſtracte Gedankenbeſtimmung iſt, kann er ganz einfach ſeyn. Selbſt der in ſich reichſte Gegenſtand: z. B. Geiſt, Natur, Welt, auch Gott ganz begrifflos in die einfache Vorſtellung des eben ſo einfa - chen Ausdruckes: Geiſt, Natur, Welt, Gott, gefaßt, iſt wohl etwas einfaches, bey dem das Bewußtſeyn ſtehen bleiben kann, ohne ſich die eigenthuͤmliche Beſtimmung oder ein Merkmahl weiter herauszuheben; aber die Ge - genſtaͤnde des Bewußtſeyns ſollen nicht dieſe einfache, nicht Vorſtellungen oder abſtracte Gedankenbeſtimmungen bleiben, ſondern begriffen werden, d. h. ihre Ein - fachheit ſoll mit ihrem innern Unterſchied beſtimmt ſeyn. Der zuſammengeſetzte Begriff aber iſt wohl nicht mehr als ein hoͤlzernes Eiſen. Von Etwas zu - ſammengeſetztem kann man wohl einen Begriff haben; aber ein zuſammengeſetzter Begriff waͤre etwas ſchlim - meres als der Materialismus, welcher nur die Subſtanz der Seele als ein zuſammengeſetztes an - nimmt, aber das Denken doch als einfach auffaßt. Die ungebildete Reflexion verfaͤllt zunaͤchſt auf die Zu -ſam -59I. Kapitel. Der Begriff.ſammenſetzung als die ganz aͤuſſerliche Beziehung, die ſchlechteſte Form, in der die Dinge betrachtet wer - den koͤnnen; auch die niedrigſten Naturen muͤſſen eine innre Einheit ſeyn. Daß vollends die Form des un - wahrſten Daſeyns auf Ich, auf den Begriff uͤbergetra - gen wird, iſt mehr, als zu erwarten war, iſt als un - ſchicklich und barbariſch zu betrachten.

Die Begriffe werden ferner vornemlich in con - traͤre und contradictoriſche eingetheilt. Wenn es bey der Abhandlung des Begriffs darum zu thun waͤre, anzugeben, was es fuͤr beſtimmte Begriffe gebe, ſo waͤren alle moͤglichen Beſtimmungen anzufuͤh - ren, denn alle Beſtimmungen ſind Begriffe, ſomit beſtimmte Begriffe, und alle Kategorien des Seyns, wie alle Beſtimmungen des Weſens waͤren unter den Arten der Begriffe aufzufuͤhren. Wie denn auch in den Logiken, in der einen nach Belieben mehr, in der an - dern weniger erzaͤhlt wird, daß es bejahende, verneinende, identiſche, bedingte, nothwen - dige u. ſ. f. Begriffe gebe. Da ſolche Beſtimmungen der Natur des Begriffes ſelbſt ſchon im Ruͤcken liegen, und daher wenn ſie bey demſelben aufgefuͤhrt werden, nicht in ihrer eigenthuͤmlichen Stelle vorkom - men, ſo laſſen ſie nur oberflaͤchliche Worterklaͤrungen zu, und erſcheinen hier ohne alles Intereſſe. Den contraͤren und contradictoriſchen Begriffen, ein Unterſchied, der hier vornemlich beachtet wird, liegt die Reflexionsbeſtimmung der Verſchiedenheit und Entgegenſetzung zu Grunde. Sie werden als zwey beſondere Arten angeſehen, d. h. jeder als feſt fuͤr ſich und gleichguͤltig gegen den andern, ohne allen Gedanken der Dialektik und der innern Nichtigkeit dieſer Unterſchiede; als ob das, was contraͤr iſt, nicht eben ſo ſehr als contradictoriſch beſtimmt werden muͤß -te.60I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.te. Die Natur und der weſentliche Uebergang der Re - flexionsformen, die ſie ausdruͤcken, iſt an ihrer Stelle betrachtet worden. In dem Begriffe iſt die Identitaͤt zur Allgemeinheit, der Unterſchied zur Beſonderheit, die Entgegenſetzung, die in den Grund zuruͤckgeht, zur Ein - zelnheit fortgebildet. In dieſen Formen ſind jene Re - flexionsbeſtimmungen wie ſie in ihrem Begriffe ſind. Das Allgemeine erwies ſich nicht nur als das Identi - ſche, ſondern zugleich als das verſchiedene oder con - traͤre gegen das Beſondere und Einzelne, ferner auch als ihnen entgegengeſetzt, oder contradictoriſch; in dieſer Entgegenſetzung aber iſt es identiſch mit ihnen, und ihr wahrhafter Grund, in welchem ſie aufgehoben ſind. Ein gleiches gilt von der Beſonderheit und Ein - zelnheit, welche eben ſo die Totalitaͤt der Reflexionsbe - ſtimmungen ſind.

Weiter werden die Begriffe in ſubordinirte und coordinirte eingetheilt; ein Unterſchied, der die Begriffsbeſtimmung naͤher angeht, nemlich das Ver - haͤltniß von Allgemeinheit und Beſonderheit, wo dieſe Ausdruͤcke auch beylaͤuffig erwaͤhnt worden ſind. Nur pflegen ſie gewoͤhnlich gleichfalls als ganz feſte Verhaͤlt - niſſe betrachtet, und hiernach mehrfache unfruchtbare Saͤtze von denſelben aufgeſtellt zu werden. Die weit - laͤufigſte Verhandlung daruͤber betrifft wieder die Be - ziehung der Contrarietaͤt und Contradictorietaͤt auf die Sub - und Coordination. Indem das Urtheil die Beziehung der beſtimmten Begriffe iſt, ſo hat ſich erſt bey demſelben das wahre Verhaͤltniß zu erge - ben. Jene Manier, dieſe Beſtimmungen zu verglei - chen ohne Gedanken an ihre Dialektik und um die fortgehende Aenderung ihrer Beſtimmung, oder vielmehr an die in ihnen vorhandene Verknuͤpfung entgegengeſetz - ter Beſtimmungen, macht die ganze Betrachtung, wasin61I. Kapitel. Der Begriff.in ihnen einſtimmig ſey oder nicht, gleichſam als ob dieſe Einſtimmigkeit oder Nichteinſtimmigkeit etwas geſondertes, und bleibendes ſey, zu etwas nur unfruchtbarem und gehaltloſem. Der groſſe, in dem Auffaſſen und Combiniren der tiefern Verhaͤltniſſe der algebraiſchen Groͤſſen unendlich fruchtbare und ſcharfſin - nige Euler, beſonders der trocken verſtaͤndige Lam - bert und andere haben fuͤr dieſe Art von Verhaͤltniſ - ſen der Begriffsbeſtimmungen eine Bezeichnung durch Linien, Figuren und dergleichen verſucht; man beabſich - tete uͤberhaupt, die logiſchen Beziehungsweiſen zu einem Calcul zu erheben; oder vielmehr in der That herabzuſetzen. Schon der Verſuch der Bezeichnung ſtellt ſich ſogleich als an und fuͤr ſich nichtig dar, wenn man die Natur des Zeichens und deſſen, was bezeichnet wer - den ſoll, mit einander vergleicht. Die Begriffsbeſtim - mungen, Allgemeinheit, Beſonderheit und Einzelnheit ſind allerdings verſchieden, wie Linien oder die Buch - ſtaben der Algebra; ſie ſind ferner auch entgegen - geſetzt, und lieſſen inſofern auch die Zeichen von plus und minus zu. Aber ſie ſelbſt und vollends deren Beziehungen, wenn auch nur bey der Subſum - tion und Inhaͤrenz ſtehen geblieben wird, ſind von ganz anderer weſentlicher Natur, als die Buchſtaben und Linien und deren Beziehungen, die Gleichheit oder Verſchiedenheit der Groͤſſe, das plus und minus, oder eine Stellung der Linien uͤbereinander oder ihre Verbin - dung zu Winkeln und die Stellungen von Raͤumen, die ſie einſchließen. Dergleichen Gegenſtaͤnde haben gegen ſie das eigenthuͤmliche, daß ſie einander aͤuſſerlich ſind, eine fixe Beſtimmung haben. Wenn Begriffe nun in der Weiſe genommen worden, daß ſie ſolchen Zeichen entſprechen, ſo hoͤren ſie auf, Begriffe zu ſeyn. Ihre Beſtimmungen ſind nicht ſo ein todtliegendes, wie Zahlen und Linien, denen ihre Beziehung nicht ſelbſt an -gehoͤrt;62I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.gehoͤrt; ſie ſind lebendige Bewegungen; die unterſchie - dene Beſtimmtheit der einen Seite iſt unmittelbar auch der andern innerlich; was bey Zahlen und Linien ein vollkommener Widerſpruch waͤre, iſt der Natur des Be - griffes weſentlich. Die hoͤhere Mathematik, welche auch zum Unendlichen fortgeht, und ſich Widerſpruͤche erlaubt, kann fuͤr die Darſtellung ſolcher Beſtimmungen ihre ſon - ſtigen Zeichen nicht mehr gebrauchen; fuͤr Bezeichnung der noch ſehr begriffloſen Vorſtellung der unendlichen Annaͤherung zweyer Ordinaten, oder wenn ſie einen Bogen, einer unendlichen Anzahl von unend - lich kleinen geraden Linien gleichſetzt, thut ſie wei - ter nichts als die zwey geraden Linien, auſſerein - ander zu zeichnen, und in einen Bogen gerade Li - nien, aber als verſchieden von ihm ziehen; fuͤr das unendliche, worauf es dabey ankommt, verweiſt ſie an das Vorſtellen.

Was zu jenem Verſuche zunaͤchſt verleitet hat, iſt vornemlich das quantitative Verhaͤltniß, in welchem Allgemeinheit, Beſonderheit und Einzeln - heit zu einander ſtehen ſollen; das Allgemeine heißt weiter als das Beſondere und Einzelne, und das Beſondere weiter als das Einzelne. Der Begriff iſt das Concrete und Reichſte, weil er der Grund und die Totalitaͤt der fruͤhern Beſtimmungen, der Kate - gorien des Seyns, und der Reflexionsbeſtimmungen iſt; dieſelben kommen daher wohl auch an ihm hervor. Aber ſeine Natur wird gaͤnzlich verkannt, wenn ſie an ihm noch in jener Abſtraction feſtgehalten werden; wenn der weitere Umfang des Allgemeinen ſo genommen wird, daß es ein Mehreres oder ein groͤſſeres Quantum ſey, als das Beſondere und Einzelne. Als abſoluter Grund iſt er die Moͤglichkeit der Quantitaͤt, aber eben ſo ſehr der Qualitaͤt, d. h. ſeine Beſtimmungenſind63I. Kapitel. Der Begriff.ſind eben ſo wohl qualitativ unterſchieden; ſie werden daher dann ſchon gegen ihre Wahrheit betrachtet, wenn ſie unter der Form der Quantitaͤt allein geſetzt werden. So iſt ferner die Reflexionsbeſtimmung ein relati - ves, in der ihr Gegentheil ſcheint; ſie iſt nicht im aͤuſſerlichen Verhaͤltniſſe, wie ein Quantum. Aber der Begriff iſt mehr als alles dieſes; ſeine Beſtimmungen ſind beſtimmte Begriffe, weſentlich ſelbſt die Tota - litaͤt aller Beſtimmungen. Es iſt daher voͤllig unpaſ - ſend, um ſolche innige Totalitaͤt zu faſſen, Zahlen - und Raumverhaͤltniſſe anwenden zu wollen, in welchen alle Beſtimmungen auseinander fallen; ſie ſind vielmehr das letzte und ſchlechteſte Medium, welches gebraucht werden koͤnnte. Naturverhaͤltniſſe, wie z. B. Magnetismus, Farbenverhaͤltniſſe wuͤrden unendlich hoͤhere und wahre - re Symbole dafuͤr ſeyn. Da der Menſch die Sprache hat, als das der Vernunft eigenthuͤmliche Bezeichnungs - mittel, ſo iſt es ein muͤſſiger Einfall, ſich nach einer unvollkommnern Darſtellungsweiſe umſehen und damit quaͤlen zu wollen. Der Begriff kann als ſolcher weſent - lich nur mit dem Geiſte aufgefaßt werden, deſſen Eigen - thum nicht nur, ſondern deſſen reines Selbſt er iſt. Es iſt vergeblich ihn durch Raumfiguren und algebrai - ſche Zeichen zum Behuffe des aͤuſſerlichen Auges und einer begriffloſen, mechaniſchen Behand - lungsweiſe, eines Calculs, feſthalten zu wollen. Auch jedes andere, was als Symbol dienen ſollte, kann hoͤchſtens, wie Symbole fuͤr die Natur Gottes, Ahndun - gen und Anklaͤnge des Begriffes erregen; aber wenn es Ernſt ſeyn ſollte, den Begriff dadurch auszudruͤcken und zu erkennen, ſo iſt die aͤuſſerliche Natur aller Symbole unangemeſſen dazu und vielmehr iſt das Ver - haͤltniß umgekehrt, daß was in den Symbolen Anklang einer hoͤhern Beſtimmung iſt, erſt durch den Begriff erkannt, und allein durch die Abſonderung jenesſinn -64I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.ſinnlichen Beyweſens ihm genaͤhrt werden, das ihn ausdruͤcken ſollte.

C.) Das Einzelne.

Die Einzelnheit iſt, wie ſich ergeben, ſchon durch die Beſonderheit geſetzt; dieſe iſt die beſtimmte Allgemeinheit; alſo die ſich auf ſich beziehende Be - ſtimmtheit, das beſtimmte Beſtimmte.

1. Zunaͤchſt erſcheint daher die Einzelnheit als die Reflexion des Begriffs aus ſeiner Beſtimmtheit in ſich ſelbſt. Sie iſt die Vermittlung deſſelben durch ſich, inſofern ſein Andersſeyn ſich wieder zu einem Andern gemacht, wodurch der Begriff als ſich ſelbſt gleiches hergeſtellt, aber in der Beſtimmung der abſoluten Negativitaͤt iſt. Das Negative am Allgemeinen, wodurch dieſes ein Beſonderes iſt, wurde vorhin als der Doppelſchein beſtimmt; inſofern es Scheinen nach Innen iſt, bleibt das Beſondere ein Allgemeines; durch das Scheinen nach Auſſen iſt es beſtimmtes; die Ruͤckkehr dieſer Seite in das Allge - meine iſt die gedoppelte, entweder durch die Ab - ſtraction, welche daſſelbe weglaͤßt, und zur hoͤhern und hoͤchſten Gattung aufſteigt, oder aber durch die Einzelnheit, zu welcher das Allgemeine in der Beſtimmtheit ſelbſt, herunterſteigt. Hier geht der Abweg ab, auf welchem die Abſtraction vom Wege des Begriffs abkommt, und die Wahrheit verlaͤßt. Ihr hoͤheres und hoͤchſtes Allgemeine, zu dem ſie ſich erhebt, iſt nur die immer inhaltsloſer werdende Oberflaͤche; dievon65I. Kapitel. Der Begriff.von ihr verſchmaͤhte Einzelnheit iſt die Tiefe, in der der Begriff ſich ſelbſt erfaßt, und als Begriff geſetzt iſt.

Die Allgemeinheit und die Beſonderheit erſchienen einerſeits als die Momente des Werdens der Einzelnheit. Aber es iſt ſchon gezeigt worden, daß ſie an ihnen ſelbſt der totale Begriff ſind, ſomit in der Einzelnheit nicht in ein anderes uͤbergehen, ſon - dern daß darin nur geſetzt iſt, was ſie an und fuͤr ſich ſind. Das Allgemeine iſt fuͤr ſich, weil es an ihm ſelbſt die abſolute Vermittlung, Beziehung auf ſich nur als abſolute Negativitaͤt iſt. Es iſt abſtractes Allgemei - nes, inſofern diß Aufheben ein aͤuſſerliches Thun, und hiedurch ein Weglaſſen der Beſtimmtheit iſt. Dieſe Negativitaͤt iſt daher wohl an dem Abſtracten, aber ſie bleibt auſſerhalb, als eine bloſſe Bedingung deſſelben; ſie iſt die Abſtraction ſelbſt, welche ihr All - gemeines ſich gegenuͤber haͤlt, das daher die Einzeln - heit nicht in ſich ſelbſt hat, und begrifflos bleibt. Leben, Geiſt, Gott, ſo wie den reinen Begriff, ver - mag die Abſtraction deßwegen nicht zu faſſen, weil ſie von ihren Erzeugniſſen, die Einzelnheit, das Princip der Individualitaͤt und Perſoͤnlichkeit, abhaͤlt, und ſo zu nichts, als leb - und geiſtloſen, farb - und gehaltloſen Allgemeinheiten kommt.

Aber die Einheit des Begriffs iſt ſo untrennbar, daß auch dieſe Producte der Abſtraction, indem ſie die Einzelnheit weglaſſen ſollen, ſelbſt vielmehr einzelne ſind. Indem ſie das Concrete in die Allgemeinheit er - hebt, das Allgemeine aber nur als beſtimmte Allgemein - heit faßt, ſo iſt eben diß die Einzelnheit, welche ſich als die ſich auf ſich beziehende Beſtimmtheit ergeben hat. Die Abſtraction iſt daher eine Trennung des Concre - ten, und eine Vereinzelung ſeiner Beſtimmungen;Edurch66I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.durch ſie werden nur einzelne Eigenſchaften oder Momente aufgefaßt; denn ihr Product muß das enthal - ten, was ſie ſelbſt iſt. Der Unterſchied aber dieſer Ein - zelnheit ihrer Producte, und der Einzelnheit des Begriffs, iſt, daß in jenen das Einzelne als Inhalt, und das Allgemeine als Form von einander verſchieden ſind; weil eben jener nicht als die abſolute Form, als der Begriff ſelbſt, oder dieſe nicht als die Totalitaͤt der Form iſt. Dieſe naͤhere Betrachtung aber zeigt das Abſtracte ſelbſt als Einheit des einzelnen Inhalts, und der abſtracten Allgemeinheit, ſomit als Concretes, als das Gegentheil deſſen, was es ſeyn will.

Das Beſondere iſt aus demſelben Grunde, weil es nur das beſtimmte Allgemeine iſt, auch Einzel - nes, und umgekehrt, weil das Einzelne das beſtimmte Allgemeine iſt, iſt es eben ſo ſehr ein Beſonderes. Wenn an dieſer abſtracten Beſtimmtheit feſt gehalten wird, ſo hat der Begriff die drey beſondern Beſtimmungen, das Allgemeine, Beſondere und Einzelne; nachdem vorhin nur das Allgemeine und Beſondere als die Arten des Beſondern angegeben wurden. Indem die Einzelnheit als die Ruͤckkehr des Begriffs als des Negativen in ſich iſt, ſo kann dieſe Ruͤckkehr ſelbſt von der Abſtraction, die darin eigentlich aufgehoben iſt, als ein gleichguͤlti - ges Moment, neben die andern geſtellt und gezaͤhlt werden.

Wenn die Einzelnheit als eine der beſondern Begriffsbeſtimmungen aufgefuͤhrt wird, ſo iſt die Beſon - derheit die Totalitaͤt, welche alle in ſich begreift; als dieſe Totalitaͤt eben iſt ſie das Concrete derſelben, oder die Einzelnheit ſelbſt. Sie iſt das Concrete aber auch nach der vorhin bemerkten Seite, als beſtimmte Allgemeinheit; ſo iſt ſie als die unmittelbareEin -67I. Kapitel. Der Begriff.Einheit, in welcher keines dieſer Momente als unterſchie - den oder als das Beſtimmende geſetzt iſt, und in dieſer Form wird ſie die Mitte des formalen Schluſſes ausmachen.

Es faͤllt von ſelbſt auf, daß jede Beſtimmung, die in der bisherigen Expoſition des Begriffs gemacht wor - den, ſich unmittelbar aufgeloͤſt und in ihre andere ver - loren hat. Jede Unterſcheidung confondirt ſich in der Betrachtung, welche ſie iſoliren und feſthalten ſoll. Nur die bloſſe Vorſtellung, fuͤr welche ſie das Ab - ſtrahiren iſolirt hat, vermag ſich das Allgemeine, Be - ſondere und Einzelne feſt auseinander zu halten; ſo ſind ſie zaͤhlbar, und fuͤr einen weitern Unterſchied haͤlt ſie ſich an den voͤllig aͤuſſerlichen des Seyns, die Quantitaͤt, die nirgend weniger, als hieher gehoͤrt. In der Einzelnheit iſt jenes wahre Verhaͤltniß, die Untrennbarkeit der Begriffsbeſtimmungen, geſetzt; denn als Negation der Negation enthaͤlt ſie den Gegen - ſatz derſelben und ihn zugleich in ſeinem Grunde oder Einheit; das Zuſammengegangenſeyn einer jeden mit ih - rer andern. Weil in dieſer Reflexion an und fuͤr ſich die Allgemeinheit iſt, iſt ſie weſentlich die Negativitaͤt der Begriffsbeſtimmungen nicht nur ſo, daß ſie nur ein Drittes verſchiedenes gegen ſie waͤre, ſondern es iſt diß nunmehr geſetzt, daß das Geſetztſeyn das An - und fuͤrſichſeyn iſt; d. h. daß die dem Unterſchiede angehoͤrigen Beſtimmungen ſelbſt jede die Totalitaͤt iſt. Die Ruͤckkehr des beſtimmten Begriffes in ſich iſt, daß er die Beſtimmung hat, in ſeiner Beſtimmt - heit der ganze Begriff zu ſeyn.

2. Die Einzelnheit iſt aber nicht nur die Ruͤckkehr des Begriffes in ſich ſelbſt, ſondern unmittelbar ſein Verluſt. Durch die Einzelnheit, wie er darin in ſichE 2iſt,68I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.iſt, wird er auſſer ſich, und tritt in Wirklichkeit. Die Abſtraction, welche als die Seele der Ein - zelnheit die Beziehung des Negativen auf das Negative iſt, iſt, wie ſich gezeigt, dem Allgemeinen und Beſondern nichts aͤuſſerliches, ſondern immanent, und ſie ſind durch ſie Concretes, Inhalt, Einzelnes. Die Einzelnheit aber iſt als dieſe Negativitaͤt die beſtimmte Beſtimmtheit, das Unterſcheiden als ſolches; durch dieſe Reflexion des Unterſchiedes in ſich wird er ein feſter; das Beſtim - men des Beſondern iſt erſt durch die Einzelnheit; denn ſie iſt jene Abſtraction, die nunmehr eben als Einzeln - heit, geſetzte Abſtraction iſt.

Das Einzelne alſo iſt als ſich auf ſich beziehende Negativitaͤt, unmittelbare Identitaͤt des Negativen mit ſich; es iſt fuͤr ſich ſeyendes. Oder es iſt die Ab - ſtraction welche den Begriff nach ſeinem ideellen Mo - mente des Seyns, als ein unmittelbares be - ſtimmt. So iſt das Einzelne ein qualitatives Eins oder Dieſes. Nach dieſer Qualitaͤt iſt es erſtlich Repulſion ſeiner von ſich ſelbſt, wodurch die vielen andern Eins vorausgeſetzt werden; zweytens iſt es nun gegen dieſe vorausgeſetzten Andern negative Beziehung, und das Einzelne inſofern ausſchlieſſend. Die Allgemeinheit auf dieſe Einzelnen als gleichguͤl - tige Eins bezogen, und bezogen muß ſie darauf werden, weil ſie Moment des Begriffes der Einzeln - heit iſt, iſt ſie nur das Gemeinſame derſelben. Wenn unter dem Allgemeinen das verſtanden wird, was mehrern Einzelnen gemeinſchaftlich iſt, ſo wird von dem gleichguͤltigen Beſtehen derſelben ausgegangen, und in die Begriffsbeſtimmung die Unmit - telbarkeit des Seyns eingemiſcht. Die niedrigſte Vor - ſtellung, welche man vom Allgemeinen haben kann, wie es in der Beziehung auf das Einzelne iſt, iſt diß aͤuſſer -liche69I. Kapitel. Der Begriff.liche Verhaͤltniß deſſelben, als eines bloß Gemein - ſchaftlichen.

Das Einzelne, welches in der Reflexionsſphaͤre der Exiſtenz als Dieſes iſt, hat nicht die ausſchlieſ - ſende Beziehung auf anderes Eins, welche dem quali - tativen Fuͤr-ſichſeyn zukommt. Dieſes iſt als das in ſich reflectirte Eins fuͤr ſich ohne Repulſion; oder die Repulſion iſt in dieſer Reflexion mit der Ab - traction in eins, und iſt die reflectirende Vermitt - lung, welche ſo an ihm iſt, daß daſſelbe eine geſetzte, von einem Aeuſſerlichen gezeigte Unmittelbarkeit iſt. Dieſes iſt; es iſt unmittelbar; es iſt aber nur Dieſes, inſofern es monſtrirt wird. Das Monſtriren iſt die reflectirende Bewegung, welche ſich in ſich zuſammennimmt und die Unmittelbarkeit ſetzt, aber als ein ſich aͤuſſerliches. Das Einzelne nun iſt wohl auch Dieſes, als das aus der Vermittlung her - geſtellte Unmittelbare; es hat ſie aber nicht auſſer ihm, es iſt ſelbſt repellirende Abſcheidung, die geſetzte Abſtraction, aber in ſeiner Abſcheidung ſelbſt poſi - tive Beziehung.

Dieſes Abſtrahiren des Einzelnen iſt als die Re - flexion des Unterſchiedes in ſich erſtlich ein Setzen der Unterſchiedenen als ſelbſtſtaͤndiger, in ſich reflectir - ter. Sie ſind unmittelbar; aber ferner iſt dieſes Trennen Reflexion uͤberhaupt, das Scheinen des einen im andern; ſo ſtehen ſie in weſentlicher Be - ziehung. Sie ſind ferner nicht bloß ſeyende Ein - zelne gegen einander; ſolche Vielheit gehoͤrt dem Seyn an; die ſich als beſtimmt ſetzende Einzelnheit ſetzt ſich nicht in einem aͤuſſerlichen, ſondern im Begriffsunter - ſchiede; ſie ſchließt alſo das Allgemeine von ſichaus,70I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.aus, aber da dieſes Moment ihrer ſelbſt iſt, ſo bezieht ſich eben ſo weſentlich auf ſie.

Der Begriff als dieſe Beziehung ſeiner ſelbſt - ſtaͤndigen Beſtimmungen hat ſich verloren; denn ſo iſt er nimmer die geſetzte Einheit derſelben, und ſie nicht mehr als Momente, als der Schein deſſel - ben, ſondern als an und fuͤr ſich beſtehende. Als Ein - zelnheit kehrt er in der Beſtimmtheit in ſich zuruͤck; da - mit iſt das Beſtimmte ſelbſt Totalitaͤt geworden. Seine Ruͤckkehr in ſich iſt daher die abſolute, urſpruͤngliche Theilung ſeiner, oder als Einzelnheit iſt er als Urtheil geſetzt.

Zwey -71II. Kapitel. Das Urtheil.

Zweytes Kapitel. Das Urtheil.

Das Urtheil iſt die am Begriffe ſelbſt geſetzte Beſtimmtheit deſſelben. Die Begriffsbeſtimmungen, oder was, wie ſich gezeigt hat, daſſelbe iſt, die beſtimm - ten Begriffe ſind ſchon fuͤr ſich betrachtet worden; aber dieſe Betrachtung war mehr eine ſubjective Reflexion, oder ſubjective Abſtraction. Der Begriff iſt aber ſelbſt dieſes Abſtrahiren, das Gegeneinanderſtellen ſei - ner Beſtimmungen iſt ſein eigenes Beſtimmen. Das Urtheil iſt diß Setzen der beſtimmten Begriffe durch den Begriff ſelbſt.

Das Urtheilen iſt inſofern eine andere Function als das Begreiffen, oder vielmehr die andre Function des Begriffes, als es das Beſtimmen des Begriffes durch ſich ſelbſt iſt, und der weitere Fortgang des Ur - theils in die Verſchiedenheit der Urtheile iſt dieſe Fort - beſtimmung des Begriffes. Was es fuͤr beſtimmte Be - griffe gibt, und wie ſich dieſe Beſtimmungen deſſelben nothwendig ergeben, diß hat ſich im Urtheil zu zeigen.

Das Urtheil kann daher die naͤchſte Realiſirung des Begriffs genannt werden, inſofern die Realitaͤt das Treten ins Daſeyn als beſtimmtes Seyn, uͤber - haupt bezeichnet. Naͤher hat ſich die Natur dieſer Realiſirung ſo ergeben, daß vors erſte die Momente des Begriffs durch ſeine Reflexion - in - ſich oder ſeine Einzelnheit ſelbſtſtaͤndige Totalitaͤten ſind; vors andreaber72I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.aber die Einheit des Begriffes als deren Beziehung iſt. Die in ſich reflectirten Beſtimmungen ſind be - ſtimmte Totalitaͤten, eben ſo weſentlich in gleich - guͤltigem beziehungsloſem Beſtehen, als durch die gegen - ſeitige Vermittlung mit einander. Das Beſtimmen ſelbſt iſt nur die Totalitaͤt, indem es dieſe Totalitaͤten und deren Beziehung enthaͤlt. Dieſe Totalitaͤt iſt das Ur - theil. Es enthaͤlt erſtlich alſo die beyden Selbſtſtaͤndigen, welche Subject und Praͤdicat heißen. Was jedes iſt, kann eigentlich noch nicht geſagt werden; ſie ſind noch unbeſtimmt, denn erſt durch das Urtheil ſollen ſie beſtimmt werden. Indem es der Begriff als beſtimm - ter iſt, ſo iſt nur der allgemeine Unterſchied gegen ein - ander vorhanden, daß das Urtheil den beſtimmten Be - griff gegen den noch unbeſtimmten enthaͤlt. Das Subject kann alſo zunaͤchſt gegen das Praͤdicat als das Einzelne gegen das Allgemeine, oder auch als das Be - ſondere gegen das Allgemeine, oder als das Einzelne gegen das Beſondere genommen werden; inſofern ſie nur uͤberhaupt als das Beſtimmtere und das Allgemei - nere einander gegenuͤberſtehen.

Es iſt daher paſſend und Beduͤrfniß, fuͤr die Ur - theilsbeſtimmungen dieſe Nahmen, Subject und Praͤdicat, zu haben; als Nahmen ſind ſie etwas unbeſtimmtes, das erſt noch ſeine Beſtimmung erhalten ſoll; und mehr als Nahmen ſind ſie daher nicht. Be - griffsbeſtimmungen ſelbſt koͤnnten fuͤr die zwey Seiten des Urtheils theils aus dieſem Grunde nicht gebraucht werden; theils aber noch mehr darum nicht, weil die Natur der Begriffsbeſtimmung ſich hervorthut, nicht ein abſtractes und feſtes zu ſeyn, ſondern ihre entgegenge - ſetzte in ſich zu haben, und an ſich zu ſetzen; indem die Seiten des Urtheils ſelbſt Begriffe, alſo die Totalitaͤt ſeiner Beſtimmungen ſind, ſo muͤſſen ſie dieſelben alledurch -73II. Kapitel. Das Urtheil.durchlauffen und an ſich zeigen; es ſey in abſtracter oder concreter Form. Um nun doch bey dieſer Veraͤnderung ihrer Beſtimmung, die Seiten des Urtheils doch auf eine allgemeine Weiſe feſtzuhalten, ſind Nahmen am dienlichſten, die ſich darin gleich bleiben. Der Nahme aber ſteht der Sache oder dem Begriffe gegenuͤber; dieſe Unterſcheidung kommt an dem Urtheile als ſolchem ſelbſt vor; indem das Subject uͤberhaupt das Beſtimmte, und daher mehr das unmittelbar Seyende, das Praͤdicat aber das Allgemeine, das Weſen oder den Begriff ausdruͤckt, ſo iſt das Subject als ſolches zunaͤchſt nur eine Art von Nahmen; denn, was es iſt, druͤckt erſt das Praͤdicat aus, welches das Seyn im Sinne des Begriffs enthaͤlt. Was iſt diß, oder was iſt diß fuͤr eine Pflanze u. ſ. f.? unter dem Seyn, nach wel - chem gefragt wird, wird oft bloß der Nahmen ver - ſtanden, und wenn man denſelben erfahren, iſt man befriedigt und weiß nun, was die Sache iſt. Diß iſt das Seyn im Sinne des Subjects. Aber der Be - griff, oder wenigſtens das Weſen und das Allgemeine uͤberhaupt gibt erſt das Praͤdicat, und nach dieſem wird im Sinne des Urtheils gefragt. Gott, Geiſt, Natur oder was es ſey, iſt daher als das Subject eines Urtheils nur erſt der Nahme; was ein ſolches Subject iſt, dem Begriffe nach, iſt erſt im Praͤdicate vorhanden. Wenn geſucht wird, was ſolchem Subjecte fuͤr ein Praͤdicat zukomme, ſo muͤßte fuͤr die Beurthei - lung ſchon ein Begriff zu Grunde liegen; aber die - ſen ſpricht erſt das Praͤdicat ſelbſt aus. Es iſt deßwe - gen eigentlich die bloſſe Vorſtellung, welche die vor - ausgeſetzte Bedeutung des Subjects ausmacht, und die zu einer Nahmenerklaͤrung fuͤhrt, wobey es zufaͤllig und ein hiſtoriſches Factum iſt, was unter einem Nahmen verſtanden werde oder nicht. So viele Streitigkeiten, ob einem gewiſſen Subjecte ein Praͤdicat zukomme odernicht,74I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.nicht, ſind darum nichts mehr als Wortſtreitigkeiten, weil ſie von jener Form ausgehen; das zu Grunde liegende, (ſubjectum, ὑποκειμενον) iſt noch nichts wei - ter als der Nahmen.

Es iſt nun naͤher zu betrachten, wie zweytens die Beziehung des Subjects und Praͤdicats im Urtheile, und wie ſie ſelbſt eben dadurch zunaͤchſt beſtimmt ſind. Das Urtheil hat zu ſeinen Seiten uͤberhaupt Totalitaͤten, welche zunaͤchſt als weſentlich ſelbſtſtaͤndig ſind. Die Einheit des Begriffes iſt daher nur erſt eine Bezie - hung von Selbſtſtaͤndigen; noch nicht die concrete aus dieſer Realitaͤt in ſich zuruͤckgekehrte, erfuͤllte Einheit, ſondern auſſer der ſie, als nicht in ihr aufgehobene Extreme beſtehen. Es kann nun die Betrachtung des Urtheils von der urſpruͤnglichen Einheit des Begriffes oder von der Selbſtſtaͤndig - keit der Extreme ausgehen. Das Urtheil iſt die Direm - tion des Begriffs durch ſich ſelbſt; dieſe Einheit iſt daher der Grund, von welchem aus es nach ſeiner wahrhaften Objectivitaͤt betrachtet wird. Es iſt inſofern die urſpruͤngliche Theilung des urſpruͤng - lich Einen; das Wort: Urtheil bezieht ſich hiemit auf das, was es an und fuͤr ſich iſt. Daß aber der Begriff im Urtheil als Erſcheinung iſt, indem ſeine Momente darin Selbſtſtaͤndigkeit erlangt haben, an dieſe Seite der Aeuſſerlichkeit haͤlt ſich mehr die Vorſtellung.

Nach dieſer ſubjectiven Betrachtung wer - den daher Subject und Praͤdicat, jedes als auſſer dem andern fuͤr ſich fertig, betrachtet; das Subject als ein Gegenſtand, der auch waͤre, wenn er dieſes Praͤdicat nicht haͤtte; das Praͤdicat als eine allgemeine Beſtimmung, die auch waͤre, wenn ſie dieſem Subjecte nicht zukaͤme. Mit dem Urtheilen iſt hernach die Re -flexion75II. Kapitel. Das Urtheil.flexion verbunden, ob dieſes oder jenes Praͤdicat, das im Kopfe iſt, dem Gegenſtande, der drauſſen fuͤr ſich iſt, beygelegt werden koͤnne und ſolle; das Ur - theilen ſelbſt beſteht darin, daß erſt durch daſſelbe ein Praͤdicat mit dem Subjecte verbunden wird, ſo daß wenn dieſe Verbindung nicht Statt faͤnde, Subject und Praͤdicat, jedes fuͤr ſich doch bliebe was es iſt, jenes, ein exiſtirender Gegenſtand, dieſes eine Vorſtellung im Kopfe. Das Praͤdicat, welches dem Subjecte beygelegt wird, ſoll ihm aber auch zukommen, das heißt, an und fuͤr ſich identiſch mit demſelben ſeyn. Durch dieſe Bedeutung des Beylegens wird der ſubjective Sinn des Urtheilens und das gleichguͤltige aͤuſſerliche Beſtehen des Subjects und Praͤdicats wieder aufgeho - ben: dieſe Handlung iſt gut; die Copula zeigt an, daß das Praͤdicat zum Seyn des Subjects gehoͤrt, und nicht bloß aͤuſſerlich damit verbunden wird. Im grammatiſchen Sinne hat jenes ſubjective Verhaͤlt - niß, in welchem von der gleichguͤltigen Aeuſſerlichkeit des Subjects und Praͤdicats ausgegangen wird, ſein vollſtaͤndiges Gelten; denn es ſind Worte, die hier aͤuſſerlich verbunden werden. Bey dieſer Gelegenheit kann auch angefuͤhrt werden, daß ein Satz zwar im grammatiſchen Sinne ein Subject und Praͤdicat hat, aber darum noch kein Urtheil iſt. Zu letzterem ge - hoͤrt, daß das Praͤdicat ſich zum Subject nach dem Ver - haͤltniß von Begriffsbeſtimmungen, alſo als ein allge - meines zu einem beſondern oder einzelnen verhalte. Druͤckt das, was vom einzelnen Subjecte geſagt wird, ſelbſt nur etwas einzelnes aus, ſo iſt diß ein bloſſer Satz. Z. B. Ariſtoteles iſt im 73ten Jahre ſeines Al - ters, in dem 4ten Jahr der 115ten Olympiade geſtor - ben, iſt ein bloſſer Satz, kein Urtheil. Es waͤre von letzterem nur dann etwas darin, wenn einer der Umſtaͤnde, die Zeit des Todes oder das Alter jenesPhi -76I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Philoſophen in Zweiffel geſtellt geweſen, aus irgend ei - nem Grunde aber die angegebenen Zahlen behauptet wuͤrden. Denn in dieſem Falle, wuͤrden dieſelben als etwas allgemeines, auch ohne jenen beſtimmten Inhalt des Todes des Ariſtoteles beſtehende, mit anderem er - fuͤllte oder auch leere Zeit genommen. So iſt die Nach - richt: mein Freund N. iſt geſtorben, ein Satz; und waͤre nur dann ein Urtheil, wenn die Frage waͤre, ob er wirklich todt, oder nur ſcheintodt waͤre.

Wenn das Urtheil gewoͤhnlich ſo erklaͤrt wird, daß es die Verbindung zweyer Begriffe ſey, ſo kann man fuͤr die aͤuſſerliche Copula wohl den unbeſtimmten Ausdruck: Verbindung gelten laſſen, ferner daß die Verbundenen wenigſtens Begriffe ſeyn ſollen. Sonſt aber iſt dieſe Erklaͤrung wohl hoͤchſt oberflaͤchlich; nicht nur daß z. B. im disjunctiven Urtheile mehr als zwey ſogenannte Begriffe verbunden ſind, ſondern daß viel - mehr die Erklaͤrung viel beſſer iſt, als die Sache; denn es ſind uͤberhaupt keine Begriffe, die gemeint ſind, kaum Begriffs -, eigentlich nur Vorſtellungs-Beſtimmun - gen; beym Begriffe uͤberhaupt, und beym beſtimm - ten Begriff iſt bemerkt worden, daß das, was man ſo zu benennen pflegt, keineswegs den Nahmen von Be - griffen verdient; wo ſollten nun beym Urtheile Begriffe herkommen? Vornemlich iſt in jener Erklaͤrung das Weſentliche des Urtheils, nemlich der Unterſchied ſeiner Beſtimmungen uͤbergangen; noch weniger das Verhaͤlt - niß des Urtheils zum Begriffe beruͤckſichtigt.

Was die weitere Beſtimmung des Subjects und Praͤdicats betrifft, ſo iſt erinnert worden, daß ſie im Urtheil eigentlich erſt ihre Beſtimmung zu erhalten ha - ben. Inſofern daſſelbe aber die geſetzte Beſtimmt - heit des Begriffs iſt, ſo hat ſie die angegebenen Un -ter -77II. Kapitel. Das Urtheil.terſchiede unmittelbar und abſtract, als Einzeln - heit und Allgemeinheit. Inſofern es aber uͤber - haupt das Daſeyn oder das Andersſeyn des Be - griffs, welcher ſich noch nicht zu der Einheit, wodurch er als Begriff iſt, wieder hergeſtellt hat, ſo tritt auch die Beſtimmtheit hervor, welche begrifflos iſt; der Gegen - ſatz des Seyns und der Reflexion oder des An ſich ſeyns. Indem aber der Begriff den weſentlichen Grund des Urtheils ausmacht, ſo ſind jene Beſtim - mungen wenigſtens ſo gleichguͤltig, daß jede, indem die eine dem Subjecte, die andere dem Praͤdicate zukommt, diß Verhaͤltniß umgekehrt eben ſo ſehr Statt hat. Das Subject als das Einzelne, erſcheint zunaͤchſt als das Seyende oder fuͤr ſich ſeyende nach der be - ſtimmten Beſtimmtheit des Einzelnen als ein wirkli - cher Gegenſtand, wenn er auch nur Gegenſtand in der Vorſtellung iſt, wie z. B. die Tapferkeit, das Recht, Uebereinſtimmung u. ſ. f. uͤber welchen geurtheilt wird; das Praͤdicat dagegen als das Allgemei - ne, erſcheint als dieſe Reflexion uͤber ihn, oder auch vielmehr als deſſen Reflexion in-ſich-ſelbſt, welche uͤber jene Unmittelbarkeit hinausgeht und die Beſtimmt - heiten als bloß ſeyende aufhebt, als ſein Anſich - ſeyn. Inſofern wird vom Einzelnen, als dem Er - ſten, Unmittelbaren ausgegangen, und daſſelbe durch das Urtheil in die Allgemeinheit erhoben, ſo wie umgekehrt, das nur an ſich ſeyende Allgemeine im Einzelnen ins Daſeyn herunterſteigt, oder ein Fuͤr - ſich-ſeyendes wird.

Dieſe Bedeutung des Urtheils iſt als der objec - tive Sinn deſſelben, und zugleich als die wahre der fruͤheren Formen des Uebergangs zu nehmen. Das Seyende wird und veraͤndert ſich, das Endliche geht im Unendlichen unter; das Exiſtirende gehtaus78I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.aus ſeinem Grunde hervor in die Erſcheinung, und geht zu Grunde; die Accidenz manifeſtirt den Reichthum der Subſtanz, ſo wie deren Macht; im Seyn iſt Uebergang in Anderes, im Weſen Schei - nen an einem Andern, wodurch die nothwendige Beziehung ſich offenbart. Diß Uebergehen und Schei - nen iſt nun in das urſpruͤngliche Theilen des Begriffes uͤbergegangen, welcher, indem er das Ein - zelne in das Anſichſeyn ſeiner Allgemeinheit zuruͤck - fuͤhrt, eben ſo ſehr das Allgemeine als Wirkliches beſtimmt. Diß beydes iſt ein und daſſelbe, daß die Einzelnheit in ihre Reflexion-in-ſich, und das Allge - meine als Beſtimmtes geſetzt wird.

Zu dieſer objectiven Bedeutung gehoͤrt nun aber eben ſo wohl, daß die angegebenen Unterſchiede, indem ſie in der Beſtimmtheit des Begriffes wieder hervortre - ten, zugleich nur als Erſcheinende geſetzt ſeyen, das heißt daß ſie nichts fixes ſind, ſondern der einen Be - griffsbeſtimmung eben ſo gut zukommen als der andern. Das Subject iſt daher eben ſo wohl als das Anſich - ſeyn, das Praͤdicat dagegen als das Daſeyn zu neh - men. Das Subject ohne Praͤdicat iſt was in der Erſcheinung, das Ding ohne Eigenſchaften, das Ding-an-ſich iſt, ein leerer unbeſtimmter Grund; es iſt ſo der Begriff in ſich ſelbſt, welcher erſt am Praͤdicate eine Unterſcheidung und Beſtimmtheit erhaͤlt; dieſes macht hiemit die Seite des Daſeyns des Subjects aus. Durch dieſe beſtimmte Allgemeinheit ſteht das Subject in Beziehung auf aͤuſſerliches, iſt fuͤr den Einfluß anderer Dinge offen, und tritt dadurch in Thaͤ - tigkeit gegen ſie. Was da iſt, tritt aus ſeinem In - ſich-ſeyn in das allgemeine Element des Zuſam - menhanges und der Verhaͤltniſſe, in die negativen Be - ziehungen und das Wechſelſpiel der Wirklichkeit, waseine79II. Kapitel. Das Urtheil.eine Conti[n]uation des Einzelnen in andere, und da - her Allgemeinheit iſt.

Die ſo eben aufgezeigte Identitaͤt, daß die Beſtim - mung des Subjects eben ſo wohl auch dem Praͤdicat zu - kommt und umgekehrt, faͤllt jedoch nicht nur in unſere Betrachtung; ſie iſt nicht nur an ſich, ſondern iſt auch im Urtheile geſetzt; denn das Urtheil iſt die Beziehung beyder; die Copula druͤckt aus, daß das Subject das Praͤdicat iſt. Das Subject iſt die beſtimmte Beſtimmtheit, und das Praͤdicat iſt dieſe geſetzte Be - ſtimmtheit deſſelben; das Subject iſt nur in ſeinem Praͤdicat beſtimmt, oder nur in demſelben iſt es Sub - ject, es iſt im Praͤdicat in ſich zuruͤckgekehrt, und iſt darin das Allgemeine. Inſofern nun aber das Sub - ject das Selbſtſtaͤndige iſt, ſo hat jene Identitaͤt das Verhaͤltniß, daß das Praͤdicat nicht ein ſelbſtſtaͤndiges Beſtehen fuͤr ſich, ſondern ſein Beſtehen nur in dem Subjecte hat; es inhaͤrirt dieſem. Inſofern hier - nach das Praͤdicat vom Subjecte unterſchieden wird, ſo iſt es nur eine vereinzelte Beſtimmtheit deſſelben, nur Eine ſeiner Eigenſchaften; das Subject ſelbſt aber iſt das Concrete, die Totalitaͤt von mannichfaltigen Beſtimmtheiten, wie das Praͤdicat Eine enthaͤlt; es iſt das Allgemeine. Aber andererſeits iſt auch das Praͤ - dicat ſelbſtſtaͤndige Allgemeinheit, und das Subject um - gekehrt nur eine Beſtimmung deſſelben. Das Praͤdicat ſubſumirt inſofern das Subject; die Einzelnheit und Beſonderheit iſt nicht fuͤr ſich, ſondern hat ihr Weſen und ihre Subſtanz im Allgemeinen. Das Praͤdicat druͤckt das Subject in ſeinem Begriffe aus; das Ein - zelne und Beſondere ſind zufaͤllige Beſtimmungen an dem - ſelben; es iſt deren abſolute Moͤglichkeit. Wenn beym Subſumiren an eine aͤuſſerliche Beziehung des Sub - jects und Praͤdicats gedacht und das Subject als einSelbſt -80I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Selbſtſtaͤndiges vorgeſtellt wird, ſo bezieht ſich das Sub - ſumiren auf das oben erwaͤhnte ſubjective Urtheilen, worin von der Selbſtſtaͤndigkeit beyder ausgegangen wird. Die Subſumtion iſt hiernach nur die Anwen - dung des Allgemeinen auf ein Beſonderes oder Einzel - nes, das unter daſſelbe nach einer unbeſtimmten Vor - ſtellung, als von minderer Quantitaͤt geſetzt wird.

Wenn die Identitaͤt des Subjects und Praͤdicats ſo betrachtet worden, daß das einemal jenem die eine Be - griffsbeſtimmung zukommt, und dieſem die andere, aber das anderemal eben ſo ſehr umgekehrt, ſo iſt die Identitaͤt hiemit immer noch erſt eine an ſich ſeyen - de; um der ſelbſtſtaͤndigen Verſchiedenheit der beyden Seiten des Urtheils willen hat ihre geſetzte Bezie - hung auch dieſe zwey Seiten, zunaͤchſt als verſchiedene. Aber die unterſchiedsloſe Identitaͤt macht ei - gentlich die wahre Beziehung des Subjects auf das Praͤdicat aus. Die Begriffsbeſtimmung iſt weſentlich ſelbſt Beziehung, denn ſie iſt ein allgemeines; dieſelben Beſtimmungen alſo, welche das Subject und Praͤdicat hat, hat damit auch ihre Beziehung ſelbſt. Sie iſt allgemein, denn ſie iſt die poſitive Identitaͤt beyder, des Subjects und Praͤdicats; ſie iſt aber auch beſtimmte, denn die Beſtimmtheit des Praͤdicats iſt die des Subjects; ſie iſt ferner auch einzelne, denn in ihr ſind die ſelbſtſtaͤndigen Extreme als in ihrer ne - gativen Einheit aufgehoben. Im Urtheile aber iſt dieſe Identitaͤt noch nicht geſetzt; die Copula iſt als die noch unbeſtimmte Beziehung des Seyns uͤberhaupt: A iſt B; denn die Selbſtſtaͤndigkeit der Beſtimmthei - ten des Begriffs oder Extreme iſt im Urtheile die Rea - litaͤt, welche der Begriff in ihm hat. Waͤre das Iſt der Copula, ſchon geſetzt als jene beſtimmte und er - fuͤllte Einheit des Subjects und Praͤdicats, als ihr Begriff, ſo waͤre es bereits der Schluß.

Die -81II. Kapitel. Das Urtheil.

Dieſe Identitaͤt des Begriffs wieder herzuſtel - len oder vielmehr zu ſetzen, iſt das Ziel der Be - wegung des Urtheils. Was im Urtheil ſchon vor - handen iſt, iſt theils die Selbſtſtaͤndigkeit, aber auch die Beſtimmtheit des Subjects und Praͤdicats gegen ein - ander, theils aber ihre jedoch abſtracte Beziehung. Das Subject iſt das Praͤdicat, iſt zunaͤchſt das, was das Urtheil ausſagt; aber da das Praͤdicat nicht das ſeyn ſoll, was das Subject iſt, ſo iſt ein Wider - ſpruch vorhanden, der ſich aufloͤſen, in ein Reſul - tat uͤbergehen muß. Vielmehr aber, da an und fuͤr ſich Subject und Praͤdicat die Totalitaͤt des Be - griffes ſind, und das Urtheil die Realitaͤt des Begriffes iſt, ſo iſt ſeine Fortbewegung nur Entwicklung; es iſt in ihm dasjenige ſchon vorhanden, was in ihm her - vortritt, und die Demonſtration iſt inſofern nur eine Monſtration, eine Reflexion als Setzen des - jenigen, was in den Extremen des Urtheils ſchon vor - handen iſt; aber auch diß Setzen ſelbſt iſt ſchon vor - handen; es iſt die Beziehung der Extreme.

Das Urtheil wie es unmittelbar iſt, iſt es zu - naͤchſt das Urtheil des Daſeyns; unmittelbar iſt ſein Subject ein abſtractes, ſeyendes Einzelnes; das Praͤdicat eine unmittelbare Beſtimmtheit oder Eigenſchaft deſſelben, ein abſtract allgemeines.

Indem ſich diß Qualitative des Subjects und Praͤ - dicats aufhebt, ſcheint zunaͤchſt die Beſtimmung des einen an dem andern; das Urtheil iſt nun zweytens Urtheil der Reflexion.

Dieſes mehr aͤuſſerliche Zuſammenfaſſen aber geht in die weſentliche Identitaͤt eines ſubſtantiellen, nothwendigen Zuſammenhangs uͤber; ſo iſt es drittens das Urtheil der Nothwendigkeit.

FVier -82I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.

Viertens indem in dieſer weſentlichen Identi - taͤt der Unterſchied des Subjects und Praͤdicats zu einer Form geworden, ſo wird das Urtheil ſubjectiv; es enthaͤlt den Gegenſatz des Begriffes und ſeiner Rea - litaͤt, und die Vergleichung beyder; es iſt das Urtheil des Begriffs.

Dieſes Hervortreten des Begriffs, begruͤndet den Uebergang des Urtheils in den Schluß.

A. Das Urtheil des Daſeyns.

Im ſubjectiven Urtheil will man einen und den - ſelben Gegenſtand doppelt ſehen, das einemal in ſeiner einzelnen Wirklichkeit, das andremal in ſeiner weſentlichen Identitaͤt oder in ſeinem Begriffe; das Ein - zelne in ſeine Allgemeinheit erhoben, oder was daſſelbe iſt das Allgemeine in ſeine Wirklichkeit vereinzelt. Das Urtheil iſt in dieſer Weiſe Wahrheit; denn es iſt die Uebereinſtimmung des Begriffs und der Realitaͤt. So aber iſt zuerſt das Urtheil nicht beſchaffen; denn zu - erſt iſt es unmittelbar, indem ſich an ihm noch keine Reflexion und Bewegung der Beſtimmungen erge - ben hat. Dieſe Unmittelbarkeit macht das erſte Urtheil zu einem Urtheile des Daſeyns, das auch das qualitative genannt werden kann, jedoch nur inſofern als die Qualitaͤt nicht nur der Beſtimmtheit des Seyns zukommt, ſondern auch die abſtracte All - gemeinheit darin begriffen iſt, die um ihrer Ein - fachheit willen gleichfalls die Form der Unmittel - barkeit hat.

Das83II. Kapitel. Das Urtheil.

Das Urtheil des Daſeyns iſt auch das Urtheil der Inhaͤrenz; weil die Unmittelbarkeit ſeine Beſtimmung, im Unterſchiede des Subjects und Praͤdicats aber jenes das Unmittelbare, hiedurch das Erſte und Weſ[e]ntliche in dieſem Urtheile iſt, ſo hat das Praͤdicat die Form eines Unſelbſtſtaͤndigen, das am Subjecte ſeine Grundlage hat.

a. Das poſitive Urtheil.

1. Das Subject und Praͤdicat ſind, wie erinnert worden, zunaͤchſt Nahmen, deren wirkliche Beſtimmung erſt durch den Verlauf des Urtheils erhalten wird. Als Seiten des Urtheils aber, welches der geſetzte beſtimmte Begriff iſt, haben ſie die Beſtimmung der Mo - mente deſſelben, aber um der Unmittelbarkeit willen, die noch ganz einfache, theils nicht durch Vermittlung be - reicherte, theils zunaͤchſt nach dem abſtracten Gegen - ſatze, als abſtracte Einzelnheit und Allgemein - heit. Das Praͤdicat, um von dieſem zuerſt zu ſpre - chen, iſt das abſtracte Allgemeine; da das Abſtracte aber durch die Vermittlung, des Aufhebens des Ein - zelnen oder Beſondern bedingt iſt, ſo iſt ſie inſofern nur eine Vorausſetzung. In der Sphaͤre des Begriffs, kann es keine andere Unmittelbarkeit geben, als eine ſolche, die an und fuͤr ſich die Vermittlung enthaͤlt, und nur durch deren Aufheben entſtanden iſt, d. i. die allgemeine. So iſt auch das qualita - tive Seyn ſelbſt in ſeinem Begriffe, ein Allge - meines; als Seyn aber iſt die Unmittelbarkeit, noch nicht ſo geſetzt; erſt als Allgemeinheit iſt ſie die Begriffsbeſtimmung, an welcher geſetzt iſt, daß ihr die Negativitaͤt weſentlich angehoͤrt. Dieſe Beziehung iſt im Urtheil vorhanden, worin ſie Praͤdicat eines Sub -F 2ject -84I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.jects iſt. Eben ſo iſt das Subject ein abſtract Einzelnes; oder das Unmittelbare, das als ſol - ches ſeyn ſoll; es ſoll daher das Einzelne als ein Etwas uͤberhaupt ſeyn. Das Subject macht inſofern die abſtracte Seite am Urtheil aus, nach welcher in ihm der Begriff in die Aeuſſerlichkeit uͤbergegangen iſt. Wie die beyden Begriffsbeſtimmungen beſtimmt ſind, ſo iſt es auch ihre Beziehung, das: iſt, Copula; ſie kann eben ſo nur die Bedeutung eines unmittelba - ren, abſtracten Seyns haben. Von der Beziehung, welche noch keine Vermittlung oder Negation enthaͤlt, wird diß Urtheil das Poſitive genannt.

2. Der naͤchſte reine Ausdruck des poſitiven Ur - theils iſt daher der Satz: Das Einzelne iſt Allgemein.

Dieſer Ausdruck muß nicht gefaßt werden: A iſt B; denn A und B ſind gaͤnzlich formloſe und daher be - deutungsloſe Nahmen; das Urtheil uͤberhaupt aber, und daher ſelbſt ſchon das Urtheil des Daſeyns hat Begriffs - beſtimmungen zu ſeinen Extremen. A iſt B, kann eben ſo gut jeden bloſſen Satz vorſtellen, als ein Urtheil. In jedem auch dem in ſeiner Form reicher beſtimmten Ur - theile aber wird der Satz von dieſem beſtimmten Inhalt behauptet: das Einzelne iſt allgemein; inſofern nemlich jedes Urtheil auch abſtractes Urtheil uͤberhaupt iſt. Von dem negativen Urtheile inwiefern es unter dieſen Ausdruck gleichfalls gehoͤre, wird ſogleich die Rede ſeyn. Wenn ſonſt eben nicht daran gedacht wird, daß mit jedem zunaͤchſt wenigſtens poſitiven Ur - theile die Behauptung gemacht werde, daß das Einzelne ein allgemeines ſey, ſo geſchieht diß, weil theils die beſtimmte Form wodurch ſich Subject und Praͤdicat unterſcheiden, uͤberſehen wird, indem das Urtheil nichts als die Beziehung zweyer Begriffe ſeyn ſoll, theilsetwa85II. Kapitel. Das Urtheil.etwa auch, weil der ſonſtige Inhalt des Urtheils: Cajus iſt gelehrt, oder die Roſe iſt roth, dem Bewußtſeyn vorſchwebt, das mit der Vorſtellung des Cajus u. ſ. f. beſchaͤftigt, auf die Form nicht reflec - tirt, obgleich wenigſtens ſolcher Inhalt, wie der lo - giſche Cajus, der gewoͤhnlich zum Beyſpiel herhal - ten muß, ein ſehr wenig intereſſanter Inhalt iſt, und vielmehr gerade ſo unintereſſant gewaͤhlt wird, um nicht die Aufmerkſamkeit von der Form ab, auf ſich zu ziehen.

Nach der objectiven Bedeutung bezeichnet der Satz: daß das Einzelne allgemein iſt, wie vorhin ge - legentlich erinnert, theils die Vergaͤnglichkeit der einzel - nen Dinge, theils ihr poſitives Beſtehen in dem Begriffe uͤberhaupt. Der Begriff ſelbſt iſt unſterblich, aber das in ſeiner Theilung aus ihm heraustretende iſt der Ver - aͤnderung und dem Ruͤckgange in ſeine allgemeine Natur unterworfen. Aber umgekehrt gibt ſich das All - gemeine ein Daſeyn. Wie das Weſen zum Schein in ſeinen Beſtimmungen, der Grund in die Erſchei - nung der Exiſtenz, die Subſtanz in die Offenbarung in ihre Accidenzen herausgeht, ſo entſchließt ſich das Allgemeine zum Einzelnen; das Urtheil iſt dieſer ſein Aufſchluß, die Entwicklung der Negativitaͤt, die es an ſich ſchon iſt. Das letztere druͤckt der umgekehrte Satz aus: das Allgemeine iſt einzeln, der eben - ſowohl im poſitiven Urtheile ausgeſprochen iſt. Das Subject zunaͤchſt das unmittelbar Einzelne, iſt im Urtheile ſelbſt auf ſein Anderes, nemlich das All - gemeine, bezogen; es iſt ſomit als das Concrete ge - ſetzt; nach dem Seyn als ein Etwas von vielen Qualitaͤten; oder als das Concrete der Re - flexion, ein Ding von mannichfaltigen Eigen - ſchaften, ein Wirkliches von mannichfaltigen Moͤglichkeiten, eine Subſtanz von eben ſolchenAc -86I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Accidenzen. Weil dieſe Mannichfaltigen hier dem Subjecte des Urtheils angehoͤren, ſo iſt das Etwas oder das Ding u. ſ. f. in ſeinen Qualitaͤten, Eigenſchaften oder Accidenzen, in ſich reflectirt, oder ſich durch dieſel - ben hindurch continuirend; ſich in ihnen, und ſie eben ſo in ſich erhaltend. Das Geſetztſeyn oder die Beſtimmtheit gehoͤrt zum An - und Fuͤr ſich ſeyn. Das Subject iſt daher an ihm ſelbſt das Allgemeine. Das Praͤdicat dagegen, als dieſe nicht reale oder con - crete, ſondern abſtracte Allgemeinheit, iſt gegen jenes die Beſtimmtheit, und enthaͤlt nur Ein Mo - ment der Totalitaͤt deſſelben, mit Ausſchluß der andern. Um dieſer Negativitaͤt willen, welche zugleich als Extrem des Urtheils ſich auf ſich bezieht, iſt das Praͤdicat ein abſtract-einzelnes. Es druͤckt z. B. in dem Satze: die Roſe iſt wohlriechend, nur Eine der vielen Eigenſchaften der Roſe aus; es vereinzelt ſie, die im Subjecte mit den andern zuſammengewachſen iſt, wie in der Aufloͤſung des Dings die mannichfaltigen Eigenſchaften, die ihm inhaͤriren, indem ſie ſich zu Ma - terien verſelbſtſtaͤndigen, vereinzelt werden. Der Satz des Urtheils lautet daher nach dieſer Seite ſo: das Allgemeine iſt einzeln.

Indem wir dieſe Wechſelbeſtimmung des Sub - jects und Praͤdicats im Urtheile zuſammenſtellen, ſo er - gibt ſich alſo das gedoppelte, 1) daß das Subject zwar unmittelbar als das Seyende oder Einzelne, das Praͤ - dicat aber das Allgemeine iſt. Weil aber das Urtheil die Beziehung beyder, und das Subject durch das Praͤdicat als allgemeines beſtimmt iſt, ſo iſt das Sub - ject das Allgemeine; 2) iſt das Praͤdicat im Subjecte beſtimmt; denn es iſt nicht eine Beſtimmung uͤber - haupt, ſondern des Subjects; die Roſe iſt wohl - riechend; dieſer Wohlgeruch iſt nicht irgend ein unbe -ſtimm -87II. Kapitel. Das Urtheil.ſtimmter Wohlgeruch, ſondern der der Roſe; das Praͤdi - cat iſt alſo ein einzelnes. Weil nun Subject und Praͤdicat im Verhaͤltniſſe des Urtheils ſtehen, ſollen ſie nach den Begriffsbeſtimmungen entgegengeſetzt blei - ben; wie in der Wechſelwirkung der Cauſalitaͤt, ehe ſie ihre Wahrheit erreicht, die beyden Seiten gegen die Gleichheit ihrer Beſtimmung, noch ſelbſtſtaͤndige und entgegengeſetzte bleiben ſollen. Wenn daher das Sub - ject als Allgemeines beſtimmt iſt, ſo iſt vom Praͤdicate nicht auch ſeine Beſtimmung der Allgemeinheit aufzuneh - men, ſonſt waͤre kein Urtheil vorhanden; ſondern nur ſeine Beſtimmung der Einzelnheit; ſo wie inſofern das Subject als Einzelnes beſtimmt iſt, das Praͤdicat als allgemeines zu nehmen iſt. Wenn auf jene bloſſe Identitaͤt reflectirt wird, ſo ſtellen ſich die zwey identi - ſchen Saͤtze dar:

Das Einzelne iſt Einzelnes,

Das Allgemeine iſt Allgemeines, worin die Ur - theilsbeſtimmungen ganz auseinander gefallen, nur ihre Beziehung auf ſich ausgedruͤckt, die Beziehung derſel - ben auf einander aber aufgeloͤſt, und das Urtheil ſomit aufgehoben waͤre. Von jenen beyden Saͤtzen druͤckt der eine: das Allgemeine iſt einzeln, das Ur - theil ſeinem Inhalte nach aus, der im Praͤdicate eine vereinzelnte Beſtimmung, im Subjecte aber die Totali - taͤt derſelben iſt; der andere: Das Einzelne iſt all - gemein, die Form, die durch ihn ſelbſt unmittelbar angegeben iſt. Im unmittelbaren poſitiven Urtheile ſind die Extreme noch einfach: Form und Inhalt ſind daher noch vereinigt. Oder es beſteht nicht aus zwey Saͤtzen; die gedoppelte Beziehung, welche ſich in ihm ergab, macht unmittelbar das eine poſitive Urtheil aus. Denn ſeine Extreme ſind a) als die ſelbſtſtaͤndi - gen, abſtracten Urtheilsbeſtimmungen, b) iſt jede Seite durch die andere beſtimmt, vermoͤge der ſie beziehendenCo -88I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Copula. An ſich aber iſt deswegen der Form - und Inhaltsunterſchied in ihm vorhanden, wie ſich ergeben hat; und zwar gehoͤrt das was der erſte Satz: das Einzelne iſt allgemein, enthaͤlt, zur Form, weil er die unmittelbare Beſtimmtheit des Urtheils aus - druͤckt. Das Verhaͤltniß dagegen, das der andere Satz ausdruͤckt: das Allgemeine iſt einzeln, oder daß das Subject als allgemeines, das Praͤdicat dagegen als beſonderes oder einzelnes beſtimmt, betrift den Inhalt, weil ſich ſeine Beſtimmungen erſt durch die Reflexion - in-ſich erheben, wodurch die unmittelbaren Beſtimmthei - ten aufgehoben werden, und hiemit die Form ſich zu einer in ſich gegangenen Identitaͤt, die gegen den Form - Unterſchied beſteht, zum Inhalte macht.

3. Wenn nun die beyden Saͤtze der Form und des Inhalts: (Subject) (Praͤdicat) Das Einzelne iſt allgemein Das Allgemeine iſt einzeln darum, weil ſie in dem einen poſitiven Urtheile enthalten ſind, vereinigt wuͤrden, ſo daß ſomit beyde, ſowohl das Subject als Praͤdicat, als Einheit der Ein - zelnheit und Allgemeinheit beſtimmt waͤren, ſo waͤren beyde das Beſondere; was an ſich als ihre in - nere Beſtimmung anzuerkennen iſt. Allein theils waͤre dieſe Verbindung nur durch eine aͤuſſere Reflexion zu Stande gekommen, theils waͤre der Satz: das Be - ſondere iſt das Beſondere, der daraus reſultirte, kein Urtheil mehr, ſondern ein leerer identiſcher Satz, wie die bereits darin gefundenen Saͤtze: das Ein - zelne iſt einzeln, und das Allgemeine iſt all - gemein, waren. Einzelnheit und Allgemeinheit koͤn - nen noch nicht in die Beſonderheit vereinigt werden, weil ſie im poſitiven Urtheile noch als unmittelbarege -89II. Kapitel. Das Urtheil.geſetzt ſind. Oder es muß das Urtheil ſeiner Form und ſeinem Inhalte nach noch unterſchieden werden, weil eben Subject und Praͤdicat noch als Unmittelbar - keit und Vermitteltes unterſchieden ſind, oder weil das Urtheil nach ſeiner Beziehung beydes iſt: Selbſtſtaͤndig - keit der Bezogenen, und ihre Wechſelbeſtimmung, oder Vermittlung.

Das Urtheil alſo erſtens nach ſeiner Form be - trachtet, heißt es:

Das Einzelne iſt allgemein. Vielmehr aber iſt ein ſolches unmittelbares Einzelnes nicht allgemein; ſein Praͤdicat iſt von weiterem Umfang, es entſpricht ihm alſo nicht. Das Subject iſt ein unmittelbar fuͤr ſich ſeyendes, und daher das Gegentheil jener Abſtraction, der durch Vermitt - lung geſetzten Allgemeinheit, die von ihm ausgeſagt werden ſollte.

Zweytens das Urtheil nach ſeinem Inhalt betrachtet oder als der Satz: Das Allgemeine iſt einzeln, ſo iſt das Subject ein Allgemeines von Qua - litaͤten, ein Concretes, das unendlich beſtimmt iſt, und indem ſeine Beſtimmtheiten nur erſt Qualitaͤten, Eigen - ſchaften oder Accidenzen ſind, ſo iſt ſeine Totalitaͤt die ſchlecht unendliche Vielheit derſelben. Ein ſol - ches Subject iſt daher vielmehr nicht eine einzelne ſolche Eigenſchaft, als ſein Praͤdicat ausſagt. Beyde Saͤtze muͤſſen daher verneint werden, und das poſi - tive Urtheil vielmehr als negatives geſetzt werden.

b. Negatives Urtheil.

1. Es iſt ſchon oben von der gewoͤhnlichen Vorſtel - lung die Rede geweſen, daß es nur vom Inhalte desUr -90I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Urtheils abhaͤnge, ob es wahr ſey oder nicht, indem die logiſche Wahrheit nichts als die Form betreffe und nichts fodere, als daß jener Inhalt ſich nicht wider - ſpreche. Zur Form des Urtheils ſelbſt wird nichts ge - rechnet, als daß es die Beziehung zweyer Begriffe ſey. Es hat ſich aber ergeben, daß dieſe beyde Be - griffe nicht bloß die verhaͤltnißloſe Beſtimmung einer Anzahl haben, ſondern als Einzelnes und All - gemeines ſich verhalten. Dieſe Beſtimmungen ma - chen den wahrhaft logiſchen Inhalt, und zwar in die - ſer Abſtraction den Inhalt des poſitiven Urtheils aus; was fuͤr anderer Inhalt (die Sonne iſt rund, Cicero war ein groſſer Redner in Rom, jetzt iſts Tag u. ſ. f.) in einem Urtheil vorkommt, geht das Urtheil als ſolches nichts an; es ſpricht nur diß aus: Das Subject iſt Praͤdicat, oder, da diß nur Nah - men ſind, beſtimmter: das Einzelne iſt allgemein und umgekehrt. Um dieſes rein logiſchen Inhalts willen iſt das poſitive Urtheil nicht wahr, ſondern hat ſeine Wahrheit im negativen Urtheil. Der Inhalt, fodert man, ſoll ſich im Urtheile nur nicht widerſprechen; er widerſpricht ſich aber in jenem Urtheile, wie ſich gezeigt hat. Es iſt jedoch voͤllig gleichguͤl - tig, jenen logiſchen Inhalt auch Form zu nennen, und unter Inhalt nur die ſonſtige empiriſche Erfuͤllung zu verſtehen, ſo enthaͤlt die Form nicht bloß die leere Identitaͤt, auſſer welcher die Inhaltsbeſtimmung laͤge. Das poſitive Urtheil hat alsdenn durch ſeine Form als poſitives Urtheil keine Wahrheit; wer die Richtigkeit einer Anſchauung oder Wahrnehmung, die Uebereinſtimmung der Vorſtellung mit dem Gegen - ſtand, Wahrheit nennte, hat wenigſtens keinen Aus - druck mehr fuͤr dasjenige, was Gegenſtand und Zweck der Philoſophie iſt. Man muͤßte den letztern wenigſtens Vernunftwahrheit nennen, und man wird wohl zugeben,daß91II. Kapitel. Das Urtheil.daß ſolche Urtheile, daß Cicero ein groſſer Redner ge - weſen, daß es itzt Tag iſt u. ſ. f. keine Vernunftwahr - heiten ſind. Aber ſie ſind diß nicht, nicht weil ſie gleichſam zufaͤllig einen empiriſchen Inhalt haben, ſondern weil ſie nur poſitive Urtheile ſind, die keinen andern Inhalt als ein unmittelbar Einzelnes und eine abſtracte Be - ſtimmtheit zum Inhalte haben koͤnnen und ſollen.

Das poſitive Urtheil hat ſeine Wahrheit zunaͤchſt in dem negativen: Das Einzelne iſt nicht abſtract allgemein, ſondern das Praͤdicat des Einzel - nen iſt darum, weil es ſolches Praͤdicat oder fuͤr ſich ohne die Beziehung auf das Subject betrachtet, weil es abſtract-allgemeines iſt, ſelbſt ein beſtimmtes; das Einzelne iſt daher zunaͤchſt ein beſonderes. Ferner nach dem andern Satze, der im poſitiven Ur - theile enthalten iſt, heißt das negative Urtheil das All - gemeine iſt nicht abſtract einzeln, ſondern diß Praͤdicat ſchon weil es Praͤdicat iſt, oder weil es in Beziehung auf ein allgemeines Subject ſteht, iſt ein weiteres als bloſſe Einzelnheit, und das Allgemeine iſt daher gleichfalls zunaͤchſt ein Beſonderes. Indem diß Allgemeine, als Subject, ſelbſt in der Ur - theilsbeſtimmung der Einzelnheit iſt, ſo reduciren ſich beyde Saͤtze auf den einen: Das Einzelne iſt ein beſonderes.

Es kann bemerkt werden, a) daß ſich hier die Beſonderheit fuͤr das Praͤdicat ergibt, von der vorhin ſchon die Rede war; allein hier iſt ſie nicht durch aͤuſſerliche Reflexion geſetzt, ſondern vermittelſt der am Urtheil aufgezeigten negativen Beziehung ent - ſtanden. b) Dieſe Beſtimmung ergibt ſich hier nur fuͤr das Praͤdicat. Im unmittelbaren Urtheile, dem Urtheile des Daſeyns, iſt das Subject das zum Grunde liegende; die Beſtimmung ſcheint ſich daher zunaͤchſtam92I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.am Praͤdicate zu verlauffen. In der That aber kann dieſe erſte Negation noch keine Beſtimmung, oder eigentlich noch kein Setzen des Einzelnen ſeyn, da es erſt das zweyte, das Negative des Negativen iſt.

Das Einzelne iſt ein beſonderes, iſt der poſitive Ausdruck des negativen Urtheils. Dieſer Ausdruck iſt inſofern nicht poſitives Urtheil ſelbſt, als dieſes um ſeiner Unmittelbarkeit willen, nur das Ab - ſtracte zu ſeinen Extremen hat, das Beſondere aber eben durch das Setzen der Beziehung des Urtheils ſich als die erſte vermittelte Beſtimmung ergibt. Dieſe Be - ſtimmung iſt aber nicht nur als Moment des Extrems zu nehmen, ſondern auch, wie ſie eigentlich zunaͤchſt iſt, als Beſtimmung der Beziehung; oder das Urtheil iſt auch als negatives zu betrachten.

Dieſer Uebergang gruͤndet ſich auf das Verhaͤlt - niß der Extreme und ihrer Beziehung im Urtheile uͤber - haupt. Das poſitive Urtheil iſt die Beziehung des un - mittelbar Einzelnen und Allgemeinen, alſo ſolcher, deren das eine zugleich nicht iſt, was das andere; die Beziehung iſt daher eben ſo weſentlich Trennung oder negativ; daher das poſitive Urtheil als negati - ves zu ſetzen war. Es war daher von Logikern kein ſolches Aufheben daruͤber zu machen, daß das nicht des negativen Urtheils zur Copula gezogen worden ſey. Was im Urtheile Beſtimmung des Extrems iſt, iſt eben ſo ſehr beſtimmte Beziehung. Die Urtheils - Beſtimmung oder das Extrem iſt nicht die rein qualita - tive des unmittelbaren Seyns, welche nur einem Andern auſſer ihm entgegenſtehen ſoll. Noch iſt ſie Beſtimmung der Reflexion, die ſich nach ihrer allgemei - nen Form als poſitiv und negativ verhaͤlt, deren jedes als ausſchlieſſend geſetzt, und nur an ſich identiſch mitder93II. Kapitel. Das Urtheil.der andern iſt. Die Urtheils - als Begriffsbeſtimmung iſt an ihr ſelbſt ein allgemeines, geſetzt als ſich in ihre andere continuirendes. Umgekehrt iſt die Bezie - hung des Urtheils dieſelbe Beſtimmung als die Extre - me haben; denn ſie iſt eben dieſe Allgemeinheit und Continuation derſelben in einander; inſofern dieſe un - terſchieden ſind, hat ſie auch die Negativitaͤt an ihr.

Der oben angegebene Uebergang von der Form der Beziehung zur Form der Beſtimmung macht die unmittelbare Conſequenz aus, daß das nicht der Copula eben ſo ſehr zum Praͤdicate geſchlagen, und daſſelbe als das Nicht-allgemeine beſtimmt werden muß. Das Nichtallgemeine aber iſt durch eine eben ſo unmittelbare Conſequenz das Beſondere. Wird das Negative nach der ganz abſtracten Beſtimmung des unmittelbaren Nichtſeyns feſtgehalten, ſo iſt das Praͤ - dicat nur das ganz unbeſtimmte Nichtallgemeine. Von dieſer Beſtimmung wird ſonſt in der Logik bey den contradictoriſchen Begriffen gehandelt, und als etwas wichtiges eingeſchaͤrft, daß beym Negativen eines Begriffs nur am Negativen feſtgehalten, und es als der bloß unbeſtimmte Umfang des Andern des poſitiven Begriffs genommen werden ſoll. So waͤre das bloſſe Nicht-weiſſe, eben ſo wohl das Rothe, Gelbe, Blaue ꝛc. als das Schwarze. Das Weiße aber als ſolches iſt die begriffsloſe Beſtimmung der Anſchauung; das Nicht des Weiſſen iſt dann das eben ſo begriffloſe Nichtſeyn, welche Abſtraction ganz zu Anfang der Logik betrachtet, und als deren naͤchſte Wahr - heit das Werden erkannt worden iſt. Wenn bey Betrachtung der Urtheilsbeſtimmungen ſolcher begriffloſe Inhalt aus der Anſchauung und Vorſtellung als Beyſpiel gebraucht, und die Beſtimmungen des Seyns und die der Reflexion fuͤr Urtheilsbeſtimmungen genommenwer -94I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.werden, ſo iſt diß daſſelbe unkritiſche Verfahren als wenn nach Kant die Verſtandesbegriffe auf die unend - liche Vernunftidee oder das ſogenannte Ding-an-ſich angewendet werden; der Begriff, wozu auch das von ihm ausgehende Urtheil gehoͤrt, iſt das wahrhafte Ding-an-ſich oder das Vernuͤnftige, jene Be - ſtimmungen aber gehoͤren dem Seyn oder Weſen an, und ſind noch nicht zu der Art und Weiſe fortgebildete Formen, wie ſie in ihrer Wahrheit, im Begriffe, ſind. Wenn bey dem Weiſſen, Rothen, als ſinnli - chen Vorſtellungen ſtehen geblieben wird, ſo wird, wie gewoͤhnlich, etwas Begriff genannt, was nur Vorſtel - lungsbeſtimmung iſt, und dann iſt freylich das Nicht - weiſſe, Nicht-rothe kein poſitives, ſo wie vollends das nicht dreyeckigte ein ganz unbeſtimmtes iſt, denn die auf der Zahl und dem Quantum uͤberhaupt beruhende Be - ſtimmung iſt die weſentlich gleichguͤltige, begriff - loſe. Aber wie das Nichtſeyn ſelbſt, ſo ſoll auch ſolcher ſinnlicher Inhalt begriffen werden, und jene Gleichguͤltigkeit und abſtracte Unmittelbarkeit verlieren, die er in der blinden bewegungsloſen Vorſtellung hat. Schon im Daſeyn wird das gedankenloſe Nichts zur Grenze, wodurch Etwas ſich doch auf ein Ande - res auſſer ihm bezieht. In der Reflexion aber iſt es das Negative, das ſich weſentlich auf ein Po - ſitives bezieht, und ſomit beſtimmt iſt; ein Ne - gatives iſt ſchon nicht mehr jenes unbeſtimmte Nichtſeyn, es iſt geſetzt nur zu ſeyn, indem ihm das Poſitive entgegen ſieht, das Dritte iſt ihr Grund; das Negative iſt ſomit in einer umſchloſſenen Sphaͤre gehal - ten, worin das, was das eine nicht iſt, etwas be - ſtimmtes iſt. Noch mehr aber iſt in der abſolut fluͤſſigen Continuitaͤt des Begriffs und ſeiner Beſtim - mungen das Nicht unmittelbar ein poſitives, und die Negation nicht nur Beſtimmtheit, ſondern in dieAll -95II. Kapitel. Das Urtheil.Allgemeinheit aufgenommen und mit ihr identiſch geſetzt. Das Nichtallgemeine iſt daher ſogleich das Beſondere.

2. Indem die Negation die Beziehung des Urtheils angeht, und das negative Urtheil noch als ſolches betrachtet wird, ſo iſt es vors erſte noch ein Ur - theil; es iſt ſomit das Verhaͤltniß von Subject und Praͤdicat, oder von Einzelnheit und Allgemeinheit vor - handen, und die Beziehung derſelben; die Form des Urtheils. Das Subject als das zu Grunde liegende Unmittelbare bleibt unberuͤhrt von der Negation, es be - haͤlt alſo ſeine Beſtimmung, ein Praͤdicat zu haben, oder ſeine Beziehung auf die Allgemeinheit. Was daher ne - girt wird, iſt nicht die Allgemeinheit uͤberhaupt im Praͤ - dicate, ſondern die Abſtraction oder die Beſtimmtheit deſſelben, welche gegen jene Allgemeinheit als Inhalt erſchien. Das negative Urtheil iſt alſo nicht die to - tale Negation; die allgemeine Sphaͤre, welche das Praͤ - dicat enthaͤlt, bleibt noch beſtehen; die Beziehung des Subjects auf das Praͤdicat iſt daher weſentlich noch poſitiv; die noch gebliebene Beſtimmung des Praͤ - dicats iſt eben ſo ſehr Beziehung. Wenn z. B. geſagt wird, die Roſe iſt nicht roth, ſo wird damit nur die Beſtimmtheit des Praͤdicats negirt, und von der Allgemeinheit, die ihm gleichfalls zukommt, abgetrennt; die allgemeine Sphaͤre, die Farbe, iſt erhalten; wenn die Roſe nicht roth iſt, ſo wird dabey angenommen, daß ſie eine Farbe und eine andere Farbe habe; nach die - ſer allgemeinen Sphaͤre iſt das Urtheil noch poſitiv.

Das Einzelne iſt ein Beſonderes, dieſe poſitive Form des negativen Urtheils druͤckt diß unmit - telbar aus; das Beſondre enthaͤlt die Allgemeinheit. Es druͤckt uͤberdem auch aus, daß das Praͤdicat nicht nur ein Allgemeines ſey, ſondern auch noch ein beſtimmtes. Die96I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Die negative Form enthaͤlt daſſelbe; denn indem z. B. die Roſe zwar nicht roth iſt, ſo ſoll ſie nicht nur die allgemeine Sphaͤre der Farbe zum Praͤdicate behalten, ſondern auch irgend eine andere beſtimmte Far - be haben; die einzelne Beſtimmtheit des Rothen iſt alſo nur aufgehoben, und es iſt nicht nur die allgemeine Sphaͤre gelaſſen, ſondern auch die Beſtimmtheit erhal - ten, aber zu einer unbeſtimmten, zu einer allgemei - nen Beſtimmtheit gemacht; ſomit zur Beſonderheit.

3. Die Beſonderheit, welche ſich als die po - ſitive Beſtimmung des negativen Urtheils ergeben, iſt das Vermittelnde zwiſchen der Einzelnheit und Allgemeinheit; ſo iſt das negative Urtheil nun uͤberhaupt das Vermit - telnde, zum dritten Schritte, der Reflexion des Ur - theils des Daſeyns in ſich ſelbſt. Es iſt nach ſeiner objectiven Bedeutung nur das Moment der Ver - aͤnderung der Accidenzen, oder im Daſeyn der vereinzelnten Eigenſchaften des Concreten. Durch dieſe Veraͤnderung tritt die vollſtaͤndige Beſtimmtheit des Praͤdicats oder das Concrete als geſetzt hervor.

Das Einzelne iſt beſonderes, nach dem poſitiven Ausdrucke des negativen Urtheils. Aber das Einzelne iſt auch nicht beſonderes; denn die Beſonder - heit iſt von weiterem Umfange als die Einzelnheit; ſie iſt alſo ein Praͤdicat das dem Subject nicht entſpricht, in dem es alſo ſeine Wahrheit noch nicht hat. Das Einzelne iſt nur Einzelnes, die ſich nicht auf anderes, ſey es poſitiv oder negativ, ſondern nur ſich auf ſich ſelbſt beziehende Negativitaͤt. Die Roſe iſt nicht irgend ein farbigtes, ſondern ſie hat nur die beſtimmte Farbe, welche Roſenfarbe iſt. Das Einzelne iſt nicht ein unbeſtimmt beſtimmtes, ſondern das be - ſtimmte Beſtimmte.

Von97II. Kapitel. Das Urtheil.

Von dieſer poſitiven Form des negativen Urtheils ausgegangen, erſcheint dieſe Negation deſſelben, nur wie - der als eine erſte Negation. Aber ſie iſt diß nicht. Vielmehr iſt ſchon das negative Urtheil an und fuͤr ſich die zweyte, oder Negation der Negation, und diß, was es an und fuͤr ſich iſt, iſt zu ſetzen. Naͤmlich es ne - girt die Beſtimmtheit des Praͤdicats des poſitiven Urtheils, deſſen abſtracte Allgemeinheit, oder als In - halt betrachtet, die einzelne Qualitaͤt, die es vom Sub - ject enthaͤlt. Die Negation der Beſtimmtheit iſt aber ſchon die zweyte, alſo die unendliche Ruͤckkehr der Ein - zelnheit in ſich ſelbſt. Hiemit iſt alſo die Herſtellung der concreten Totalitaͤt des Subjects geſchehen, oder vielmehr iſt es jetzt erſt als einzelnes geſetzt, indem es durch die Negation und das Aufheben derſelben mit ſich vermittelt worden. Das Praͤdicat ſeinerſeits iſt damit aus der erſten Allgemeinheit zur abſoluten Beſtimmtheit uͤbergegangen, und hat ſich mit dem Subjecte ausge - glichen. Das Urtheil heißt inſofern: das Einzelne iſt einzeln. Von der andern Seite, indem das Subject eben ſo ſehr, als allgemeines anzunehmen war, und inſofern im negativen Urtheile ſich das Praͤ - dicat das gegen jene Beſtimmung des Subjects das ein - zelne iſt, zur Beſonderheit erweiterte, und in - dem nun ferner die Negation dieſer Beſtimmtheit eben ſo ſehr die Reinigung der Allgemeinheit iſt, wel - che es enthaͤlt, ſo lautet diß Urtheil auch ſo: das All - gemeine iſt das Allgemeine.

In dieſen beyden Urtheilen, die ſich vorhin durch aͤuſſere Reflexion ergeben hatten, iſt das Praͤdicat ſchon in ſeiner Poſitivitaͤt ausgedruͤckt. Zunaͤchſt muß aber die Negation des negativen Urtheils ſelbſt in Form ei - nes negativen Urtheils erſcheinen. Es hatte ſich gezeigt daß in ihm noch eine poſitive Beziehung des Sub -Gjects98I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.jects auf das Praͤdicat, und die allgemeine Sphaͤre des letztern geblieben war. Es enthielt ſomit von die - ſer Seite eine von der Beſchraͤnktheit gereinigtere Allge - meinheit, als das poſitive Urtheil, und iſt daher um ſo mehr von dem Subject als Einzelnem zu negiren. Auf dieſe Weiſe iſt der ganze Umfang des Praͤdicats ne - girt, und keine poſitive Beziehung mehr zwiſchen ihm und dem Subjecte. Diß iſt das unendliche Urtheil.

c. Unendliches Urtheil.

Das negative Urtheil iſt ſo wenig ein wahres Ur - theil, als das poſitive. Das unendliche Urtheil aber, das ſeine Wahrheit ſeyn ſoll, iſt nach ſeinem negativen Ausdrucke, das Negativ-Unendliche; ein Urtheil, worin auch die Form des Urtheils aufgehoben iſt. Diß aber iſt ein widerſinniges Urtheil. Es ſoll ein Urtheil ſeyn, ſomit eine Beziehung von Subject und Praͤdicat enthalten; aber eine ſolche ſoll zugleich nicht darin ſeyn. Der Nahmen des unendlichen Urtheils pflegt in den gewoͤhnlichen Lo - giken zwar aufgefuͤhrt zu werden, aber ohne daß es eben deutlich wuͤrde, was es mit demſelben fuͤr eine Bewandniß habe. Beyſpiele von negativ - unendlichen Urtheilen ſind leicht zu haben, indem Be - ſtimmungen zu Subject und Praͤdicat negativ verbunden werden, deren eine nicht nur die Beſtimmtheit der an - dern nicht, ſondern auch ihre allgemeine Sphaͤre nicht enthaͤlt; alſo z. B. der Geiſt nicht roth, gelb u. ſ. f. nicht ſauer, nicht kaliſch u. ſ. f. die Roſe iſt kein Ele - phant, der Verſtand iſt kein Tiſch und dergleichen. Dieſe Urtheile ſind richtig oder wahr, wie man es nennt, aber einer ſolchen Wahrheit ungeachtet, wider -ſinnig99II. Kapitel. Das Urtheil.ſinnig und abgeſchmackt. Oder vielmehr ſie ſind keine Urtheile. Ein reelleres Beyſpiel des un - endlichen Urtheils iſt die boͤſe Handlung. Im buͤr - gerlichen Rechtsſtreit wird Etwas nur als das Eigenthum der andern Parthey negirt; ſo daß aber ein - geraͤumt wird, es ſollte das ihrige ſeyn, wenn ſie das Recht dazu haͤtte, und es wird nur unter dem Titel des Rechtes in Anſpruch genommen; die allgemeine Sphaͤre, das Recht, wird alſo in jenem negativen Urtheile aner - kannt und erhalten. Das Verbrechen, aber iſt das unendliche Urtheil, welches nicht nur das beſon - dere Recht, ſondern die allgemeine Sphaͤre zugleich ne - girt, das Recht als Recht negirt. Es hat zwar die Richtigkeit damit, daß es eine wirkliche Hand - lung iſt, aber weil ſie ſich auf die Sittlichkeit, welche ihre allgemeine Sphaͤre ausmacht, durchaus negativ be - zieht, iſt ſie widerſinnig.

Das Poſitive des unendlichen Urtheils, der Ne - gation der Negation, iſt die Reflexion der Einzeln - heit in ſich ſelbſt, wodurch ſie erſt als die beſtimm - te Beſtimmtheit geſetzt iſt. Das Einzelne iſt einzeln, war der Ausdruck deſſelben nach jener Re - flexion. Das Subject iſt im Urtheile des Daſeyns als unmittelbares Einzelnes, inſofern mehr nur als Etwas uͤberhaupt. Durch die Vermittlung des nega - tiven und unendlichen Urtheils iſt es erſt als Einzel - nes geſetzt.

Das Einzelne iſt hiemit geſetzt als ſich, in ſein Praͤdicat, das mit ihm identiſch iſt, continuirend; ſomit iſt auch die Allgemeinheit eben ſo ſehr nicht mehr als die unmittelbare, ſondern als ein Zuſammenfaſſen von Unterſchiedenen. Das poſi - tiv-unendliche Urtheil lautet eben ſo wohl: Das All -G 2ge -100I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.gemeine iſt allgemein, ſo iſt es eben ſo wohl als die Ruͤckkehr in ſich ſelbſt geſetzt.

Durch dieſe Reflexion der Urtheilsbeſtimmungen in ſich, hat nun ſich das Urtheil aufgehoben; im negativ - unendlichen Urtheil iſt der Unterſchied, ſo zu ſagen, zu groß, als daß es noch ein Urtheil bliebe; Subject und Praͤdicat haben gar keine poſitive Beziehung auf einander; im Gegentheil iſt im poſitiv-unendlichen nur die Identitaͤt vorhanden, und es iſt wegen des ganz er - mangelnden Unterſchiedes kein Urtheil mehr.

Naͤher iſt es das Urtheil des Daſeyns, wel - ches ſich aufgehoben hat; es iſt damit das geſetzt, was die Copula des Urtheils enthaͤlt, daß die qua - litativen Extreme in dieſer ihrer Identitaͤt aufgehoben ſind. Indem aber dieſe Einheit der Begriff iſt, ſo iſt ſie unmittelbar eben ſo wieder in ihre Extreme dirimirt, und iſt als Urtheil, deſſen Beſtimmungen aber nicht mehr unmittelbare, ſondern in ſich reflectirte ſind. Das Ur - theil des Daſeyns iſt in das Urtheil der Re - flexion uͤbergegangen.

B. Das Urtheil der Reflexion.

Das Subject iſt in dem nunmehr entſtandenen Ur - theil ein Einzelnes als ſolches; ingleichen das Allge - meine nicht mehr abſtracte Allgemeinheit, oder ein - zelne Eigenſchaft, ſondern geſetzt als Allgemeines, das ſich durch die Beziehung Unterſchiedener als in eins zuſammengefaßt hat, oder nach dem Inhalt verſchiede - ner Beſtimmungen uͤberhaupt betrachtet, das ſich dasZu -101II. Kapitel. Das Urtheil.Zuſammennehmen mannichfaltiger Eigenſchaften und Exiſtenzen. Wenn Beyſpiele von Praͤdicaten der Reflexionsurtheile gegeben werden ſollen, ſo muͤſſen ſie von anderer Art ſeyn, als fuͤr Urtheile des Da - ſeyns. Im Reflexionsurtheil iſt eigentlich erſt ein be - ſtimmter Inhalt, d. h. ein Inhalt uͤberhaupt vor - handen; denn er iſt die in die Identitaͤt reflectirte Form - beſtimmung, als von der Form, inſofern ſie unterſchie - dene Beſtimmtheit iſt, wie ſie es noch als Urtheil iſt, unterſchieden. Im Urtheil des Daſeyns iſt der In - halt nur ein unmittelbarer, oder abſtracter, unbeſtimm - ter. Als Beyſpiele von Reflexionsurtheilen koͤnnen daher dienen: der Menſch iſt ſterblich, die Dinge ſind vergaͤnglich, diß Ding iſt nuͤtzlich, ſchaͤdlich; Haͤrte, Elaſticitaͤt der Koͤrper, die Gluͤckſelig - keit u. ſ. f. ſind ſolche ſolche eigenthuͤmliche Praͤdicate. Sie druͤcken eine Weſentlichkeit, welche aber eine Be - ſtimmung im Verhaͤltniſſe, oder eine zuſammen - faſſende Allgemeinheit iſt. Dieſe Allgemeinheit, die ſich in der Bewegung des Reflexionsurtheils weiter beſtimmen wird, iſt noch von der Allgemeinheit des Begriffes als ſolcher unterſchieden; ſie iſt zwar nicht mehr die abſtracte des qualitativen Urtheils, aber hat noch die Beziehung auf das Unmittelbare, woraus ſie herkommt, und hat daſſelbe fuͤr ihre Negativitaͤt zu Grunde liegen. Der Begriff beſtimmt das Daſeyn zunaͤchſt zu Verhaͤltnißbeſtimmungen, zu Conti - nuitaͤten ihrer ſelbſt in der verſchiedenen Mannichfaltig - keit der Exiſtenz, ſo daß wohl das wahrhaft Allge - meine ihr inneres Weſen aber in der Erſcheinung, und dieſe relative Natur, oder auch ihr Merkmahl, noch nicht das an und fuͤr ſich ſeyende derſelben iſt.

Dem Reflexionsurtheile kann es als nahe liegend erſcheinen, als Urtheil der Quantitaͤt beſtimmt zuwer -102I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.werden, wie das Urtheil des Daſeyns auch als quali - tatives Urtheil beſtimmt wurde. Aber wie die Un - mittelbarkeit in dieſem nicht nur die ſeyende, ſondern weſentlich auch die vermittelte und abſtracte war, ſo iſt auch hier jene aufgehobene Unmittelbarkeit, nicht bloß die aufgehobene Qualitaͤt, alſo nicht bloß Quantitaͤt; dieſe iſt vielmehr, wie die Qualitaͤt die aͤuſſerlichſte Unmittelbarkeit, auf dieſelbe Weiſe die aͤuſ - ſerlichſte der Vermittlung angehoͤrige Beſtimmung.

Noch iſt uͤber die Beſtimmung, wie ſie im Re - flexionsurtheile in ihrer Bewegung erſcheint, die Bemer - kung zu machen, daß im Urtheile des Daſeyns die Be - wegung derſelben ſich am Praͤdicate zeigte, weil dieſes Urtheil in der Beſtimmung der Unmittelbarkeit war, das Subject daher als das zu Grunde liegende erſchien. Aus gleichem Grunde verlaͤuft ſich im Re - flexionsurtheile die Fortbewegung des Beſtimmens am Subjecte, weil dieſes Urtheil das reflectirte An - ſich ſeyn zu ſeiner Beſtimmung hat. Das Weſentliche iſt daher hier das Allgemeine oder das Praͤdicat; es macht daher das zu Grunde liegende aus, an welchem das Subject zu meſſen, und ihm entſprechend zu beſtimmen iſt. Jedoch erhaͤlt auch das Praͤdicat durch die weitere Fortbildung der Form des Subjects eine weitere Beſtimmung, jedoch indirect, jene dagegen zeigt ſich aus dem angegebenen Grunde als directe Fortbeſtimmung.

Was die objective Bedeutung des Urtheils betrift, ſo tritt das Einzelne durch ſeine Allgemeinheit in das Daſeyn, aber als in einer weſentlichen Verhaͤltnißbe - ſtimmung, einer durch die Mannichfaltigkeit der Erſchei - nung hindurch ſich erhaltenden Weſentlichkeit; das Subject ſoll das an und fuͤr ſich beſtimmte ſeyn; dieſeBe -103II. Kapitel. Das Urtheil.Beſtimmtheit hat es in ſeinem Praͤdicate. Das Einzel - ne iſt andererſeits in diß ſein Praͤdicat reflectirt, wel - ches deſſen allgemeines Weſen; das Subject iſt inſofern das Exiſtirende und Erſcheinende. Das Praͤdicat in - haͤrirt in dieſem Urtheile nicht mehr dem Subjecte; es iſt vielmehr das Anſichſeyende, unter welches jenes Einzelne als ein accidentelles ſubſumirt iſt. Wenn die Urtheile des Daſeyns auch als Urtheile der In - haͤrenz beſtimmt werden koͤnnen, ſo ſind die Urtheile der Reflexion vielmehr Urtheile der Subſumtion.

a. Das ſingulaͤre Urtheil.

Das unmittelbare Reflexionsurtheil iſt nun wieder: Das Einzelne iſt allgemein; aber Subject und Praͤdicat in der angegebenen Bedeutung; es kann daher naͤher ſo ausgedruͤckt werden: Dieſes iſt ein we - ſentlich allgemeines.

Aber ein Dieſes iſt nicht ein weſentlich allgemei - nes. Jenes ſeiner allgemeinen Form nach poſitive Urtheil uͤberhaupt muß negativ genommen werden. Aber indem das Urtheil der Reflexion nicht bloß ein poſiti - ves iſt, ſo geht die Negation nicht direct das Praͤdicat an, das nicht inhaͤrirt, ſondern das Anſichſeyende iſt. Das Subject iſt vielmehr das Veraͤnderliche und zu beſtimmende. Das negative Urtheil iſt hier daher ſo zu faſſen: Nicht ein Dieſes iſt ein Allgemeines der Reflexion; ein ſolches Anſich hat eine allgemeinere Exiſtenz als nur in einem Dieſen. Das ſingul[]re Urtheil hat hiemit ſeine naͤchſte Wahrheit im parti - culaͤren.

b. Das104I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.
b. Das particulaͤre Urtheil.

Die Nicht-Einzelnheit des Subjects, welche ſtatt ſeiner Singularitaͤt im erſten Reflexionsurtheile, geſetzt werden muß, iſt die Beſonderheit. Aber die Ein - zelnheit iſt im Reflexionsurtheile als weſentliche Ein - zelnheit beſtimmt; die Beſonderheit kann daher nicht einfache, abſtracte Beſtimmung ſeyn, in welcher das Einzelne aufgehoben, das Exiſtirende zu Grunde gegangen waͤre, ſondern nur als eine Erweiterung deſ - ſelben in aͤuſſerer Reflexion; das Subject iſt daher: Einige Dieſe, oder eine beſondere Menge von Einzelnen.

Diß Urtheil: Einige Einzelne ſind ein all - gemeines der Reflexion, erſcheint zunaͤchſt als poſitives Urtheil, aber iſt eben ſowohl auch negativ; denn Einiges enthaͤlt die Allgemeinheit; nach dieſer kann es als comprehenſiv betrachtet werden; aber inſofern es Beſonderheit iſt, iſt es ihr eben ſo ſehr nicht angemeſſen. Die negative Beſtimmung, welche das Subject durch den Uebergang des ſingulaͤren Urtheils er - halten hat, iſt, wie oben gezeigt, auch Beſtimmung der Beziehung, der Copula. In dem Urtheile, einige Menſchen ſind gluͤckſeelig, liegt die unmittelbare Conſequenz: einige Menſchen ſind nicht gluͤckſee - lig. Wenn einige Dinge nuͤtzlich ſind, ſo ſind eben deßwegen einige Dinge nicht nuͤtzlich. Das poſi - tive und negative Urtheil fallen nicht mehr auſſer - einander, ſondern das particulaͤre enthaͤlt unmittel - bar beyde zugleich, eben weil es ein Reflexionsurtheil iſt. Aber das particulaͤre Urtheil iſt darum un - beſtimmt.

Be -105II. Kapitel. Das Urtheil.

Betrachten wir weiter in dem Beyſpiele eines ſol - chen Urtheils das Subject, einige Menſchen, Thie - re u. ſ. f. ſo enthaͤlt es auſſer der particulaͤren Form - beſtimmung: Einige, auch noch die Inhaltsbeſtim - mung: Menſch u. ſ. f. Das Subject des ſingulaͤren Urtheils konnte heiſſen: Dieſer Menſch, eine Singu - laritaͤt, die eigentlich dem aͤuſſerlichen Monſtriren ange - hoͤrt; es ſoll daher vielmehr lauten, etwa Cajus. Aber das Subject des particulaͤren Urtheils kann nicht mehr ſeyn: Einige Caji; denn Cajus ſoll ein Einzelner als ſolcher ſeyn. Dem Einigen wird daher ein allge - meinerer Inhalt beygegeben, etwa Menſchen, Thie - ren u. ſ. f. Diß iſt nicht bloß ein empiriſcher, ſon - dern durch die Form des Urtheils beſtimmter Inhalt; er iſt nemlich ein Allgemeines, weil Einige die Allgemeinheit enthaͤlt, und ſie zugleich von den Einzel - nen, da die reflectirte Einzelnheit zu Grunde liegt, ge - trennt ſeyn muß. Naͤher iſt ſie auch die allgemeine Natur, oder die Gattung Menſch, Thier; dieje - nige Allgemeinheit, welche das Reſultat des Reflexions - urtheils iſt, anticipirt; wie auch das poſitive Ur - theil, indem es das Einzelne zum Subjecte hat, die Beſtimmung anticipirte, welche Reſultat des Urtheils des Daſeyns iſt.

Das Subject, das die Einzelnen, deren Bezie - hung zur Beſonderheit, und die allgemeine Natur enthaͤlt, iſt inſofern ſchon geſetzt als die Totalitaͤt der Begriffs - beſtimmungen. Aber dieſe Betrachtung iſt eigentlich eine aͤuſſerliche. Was im Subjecte ſchon in Bezie - hung auf einander durch ſeine Form zunaͤchſt geſetzt iſt, iſt die Erweiterung des Dieſen zur Beſonder - heit; allein dieſe Verallgemeinerung iſt ihm nicht ange - meſſen; Dieſes iſt ein vollkommen beſtimmtes, eini - ges Dieſes aber iſt unbeſtimmt. Die Erweiterungſoll106I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.ſoll dem Dieſen zukommen, alſo ihm entſprechend, voll - kommen beſtimmt ſeyn; eine ſolche iſt die Totalitaͤt, oder zunaͤchſt Allgemeinheit uͤberhaupt.

Dieſe Allgemeinheit hat das Dieſes zu Grunde liegen, denn das Einzelne iſt hier das in ſich reflectirte; ſeine weitern Beſtimmungen verlauffen ſich daher aͤuſ - ſerlich an ihm, und wie die Beſonderheit ſich deßwe - gen als Einige beſtimmte, ſo iſt die Allgemeinheit, die das Subject erlangt hat, Allheit, und das parti - culaͤre Urtheil iſt in das univerſelle uͤbergegangen.

c. Das univerſelle Urtheil.

Die Allgemeinheit, wie ſie am Subjecte des uni - verſellen Urtheils iſt, iſt die aͤuſſere Reflexions-Allge - meinheit, Allheit; Alle ſind alle Einzelne; das Einzelne iſt unveraͤndert darin. Dieſe Allgemeinheit iſt daher nur ein Zuſammenfaſſen der fuͤr ſich beſte - henden Einzelnen; ſie iſt eine Gemeinſchaftlich - keit, welche ihnen nur in der Vergleichung zu - kommt. Dieſe Gemeinſchaftlichkeit pflegt dem ſubjecti - ven Vorſtellen zunaͤchſt einzufallen, wenn von Allge - meinheit die Rede iſt. Als der zunaͤchſt liegende Grund, warum eine Beſtimmung als eine allgemeine angeſehen werden ſoll, wird angegeben, weil ſie Mehrern zu - komme. In der Analyſis ſchwebt vornemlich auch dieſer Begriff von Allgemeinheit vor, indem z. B. die Entwicklung einer Function an einem Polynomium fuͤr das allgemeinere gilt, als die Entwicklung der - ſelben an einem Binomium; weil das Polyno - mium mehrere Einzelnheiten darſtellt, als das Binomium. Die Foderung, daß die Function in ih -rer107II. Kapitel. Das Urtheil.rer Allgemeinheit dargeſtellt wuͤrde, verlangt eigentlich ein Pantonomium, die erſchoͤpfte Unendlichkeit; aber hier ſtellt ſich von ſelbſt die Schranke jener Foderung ein, und die Darſtellung der unendlichen Menge muß ſich mit dem Sollen derſelben, und daher auch mit einem Polynomium begnuͤgen. In der That aber iſt in den Faͤllen das Binomium ſchon das Pantonomium, in denen die Methode oder Regel nur die Abhaͤngig - keit Eines Gliedes von Einem andern betrifft, und die Abhaͤngigkeit Mehrerer Glieder von ihren vorhergehen - den ſich nicht particulariſirt, ſondern eine und dieſelbe Function zu Grunde liegen bleibt. Die Methode oder Regel iſt als das wahrhaft Allgemeine anzuſehen; in der Fortſetzung der Entwicklung, oder in der Entwick - lung eines Polynomiums wird ſie nur wiederholt; ſie gewinnt ſomit durch die vergroͤſſerte Mehrheit der Glieder nichts an Allgemeinheit. Es iſt von der ſchlech - ten Unendlichkeit und deren Taͤuſchung ſchon fruͤher die Rede geweſen; die Allgemeinheit des Begriffs iſt das erreichte Jenſeits; jene Unendlichkeit aber bleibt mit dem Jenſeits als einem unerreichbaren behaftet, in - ſofern ſie der bloſſe Progreß ins Unendliche bleibt. Wenn bey der Allgemeinheit nur die Allheit vor - ſchwebt, eine Allgemeinheit, welche in den einzelnen als Einzelnen erſchoͤpft werden ſoll, ſo iſt diß ein Ruͤckfall in jene ſchlechte Unendlichkeit; oder aber es wird auch nur die Vielheit fuͤr Allheit genommen. Die Viel - heit jedoch, ſo groß ſie auch ſey, bleibt ſchlechthin nur Particularitaͤt, und iſt nicht Allheit. Es ſchwebt aber dabey die an und fuͤr ſich ſeyende Allgemeinheit des Be - griffs dunkel vor; er iſt es, der gewaltſam uͤber die beharrliche Einzelnheit, woran ſich die Vorſtellung haͤlt, und uͤber das Aeuſſerliche ihrer Reflexion hinaustreibt, und die Allheit als Totalitaͤt, oder vielmehr das kategoriſche An - und - fuͤrſichſeyn unterſchiebt.

Diß108I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.

Diß zeigt ſich auch ſonſt an der Allheit, welche uͤberhaupt die empiriſche Allgemeinheit iſt. Inſofern das Einzelne als ein unmittelbares vorausgeſetzt iſt, daher vorgefunden und aͤuſſerlich aufgenommen wird, iſt ihm die Reflexion, welche es zur Allheit zu - ſammenfaßt, eben ſo aͤuſſerlich. Weil aber das Einzelne als Dieſes ſchlechthin gleichguͤltig gegen dieſe Reflexion iſt, ſo koͤnnen ſich die Allgemeinheit und ſolches Einzel - nes nicht zu einer Einheit vereinigen. Die empiriſche Allheit bleibt darum eine Aufgabe; ein Sollen, welches ſo nicht als Seyn dargeſtellt werden kann. Ein empiriſch-allgemeiner Satz, denn es werden deren doch aufgeſtellt, beruht nun auf der ſtillſchweigenden Uebereinkunft, daß wenn nur keine Inſtanz des Ge - gentheils angefuͤhrt werden koͤnne, die Mehrheit von Faͤllen fuͤr Allheit gelten ſolle; oder daß die ſub - jective Allheit, nemlich, die der zur Kenntniß ge - kommenen Faͤlle, fuͤr eine objective Allheit genom - men werden duͤrfe.

Naͤher nun das univerſelle Urtheil, bey dem wir ſtehen, betrachtet, ſo hat das Subject, das, wie vorhin bemerkt worden, die an - und - fuͤrſichſeyende All - gemeinheit als vorausgeſetzte enthaͤlt, nun auch als geſetzte an ihm. Alle Menſchen druͤckt erſt - lich die Gattung Menſch aus, zwey[t]ens dieſe Gattung in ihrer Vereinzelung, aber ſo daß die Einzel - nen zugleich zur Allgemeinheit der Gattung erweitert ſind; umgekehrt iſt die Allgemeinheit durch dieſe Ver - knuͤpfung mit der Einzelnheit eben ſo vollkommen be - ſtimmt, als die Einzelnheit; hiedurch iſt die geſetzte Allgemeinheit der vorausgeſetzten gleich ge - worden.

Eigentlich aber iſt nicht auf das Vorausgeſetz - te zum Voraus Ruͤckſicht zu nehmen, ſondern das Reſultatan109II. Kapitel. Das Urtheil.an der Formbeſtimmung fuͤr ſich zu betrachten. Die Einzelnheit, indem ſie ſich zur Allheit erweitert hat, iſt geſetzt, als Negativitaͤt, welche identiſche Beziehung auf ſich iſt. Sie iſt damit nicht jene erſte Einzelnheit geblieben, wie z. B. die eines Cajus, ſondern iſt die mit der Allgemeinheit identiſche Beſtimmung, oder das abſolute Beſtimmtſeyn des Allgemeinen. Jene erſte Einzelnheit des ſingulaͤren Urtheils war nicht die un - mittelbare des poſitiven Urtheils, ſondern durch die dialektiſche Bewegung des Urtheils des Daſeyns uͤber - haupt entſtanden; ſie war ſchon beſtimmt, die nega - tive Identitaͤt der Beſtimmungen jenes Urtheils zu ſeyn. Diß iſt die wahrhafte Vorausſetzung im Re - flexionsurtheil; gegen das an dieſem ſich verlauffende Setzen war jene erſte Beſtimmtheit der Einzelnheit das Anſich derſelben; was ſie ſomit anſich iſt, iſt nun durch die Bewegung des Reflexionsurtheils geſetzt, nemlich die Einzelnheit als identiſche Beziehung des Be - ſtimmten auf ſich ſelbſt. Dadurch iſt jene Reflexion, welche die Einzelnheit zur Allheit erweitert, eine ihr nicht aͤuſſerliche; ſondern es wird dadurch nur fuͤr ſich, was ſie ſchon an ſich iſt. Das Reſultat iſt ſomit in Wahrheit die objective Allgemeinheit. Das Subject hat inſofern die Formbeſtimmung des Reflexions - urtheils, welche vom Dieſen durch Einiges zur All - heit hindurchging, abgeſtreift; ſtatt Alle Menſchen iſt nunmehr zu ſagen: der Menſch.

Die Allgemeinheit, welche hierdurch entſtanden iſt, iſt die Gattung; die Allgemeinheit, welche an ihr ſelbſt concretes iſt. Die Gattung inhaͤrirt dem Sub - jecte nicht, oder iſt nicht eine einzelne Eigenſchaft, uͤberhaupt nicht eine Eigenſchaft deſſelben; ſie enthaͤlt alle vereinzelnte Beſtimmtheit in ihrer ſubſtantiellen Ge - diegenheit aufgeloͤſt. Sie iſt darum, weil ſie als dieſenega -110I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.negative Identitaͤt mit ſich geſetzt iſt, weſentlich Subject; aber iſt ihrem Praͤdicate nicht mehr ſubſumirt. Hie - mit veraͤndert ſich nun uͤberhaupt die Natur des Re - flexionsurtheils.

Daſſelbe war weſentlich Urtheil der Subſum - tion. Das Praͤdicat war als das Anſichſeyende Allgemeine gegen ſein Subject beſtimmt; ſeinem Inhalte nach konnte es als weſentliche Verhaͤltnißbeſtimmung oder auch als Merkmahl genommen werden; eine Beſtim - mung, nach welcher das Subject nur eine weſentliche Erſcheinung iſt. Aber zur objectiven Allge - meinheit beſtimmt hoͤrt es auf, unter ſolche Verhaͤlt - nißbeſtimmung, oder zuſammenfaſſende Reflexion ſub - ſumirt zu ſeyn; ſolches Praͤdicat iſt gegen dieſe Allge - meinheit vielmehr ein beſonderes. Das Verhaͤltniß von Subject und Praͤdicat hat ſich ſomit umgekehrt, und das Urtheil ſich inſofern zunaͤchſt aufgehoben.

Dieſe Aufhebung des Urtheils faͤllt mit dem zuſam - men, was die Beſtimmung der Copula wird, die wir noch zu betrachten haben; die Aufhebung der Ur - theilsbeſtimmungen und ihr Uebergang in die Copula iſt daſſelbe. Inſofern nemlich das Subject ſich in die Allgemeinheit erhoben hat, iſt es in dieſer Beſtimmung dem Praͤdicate gleich geworden, welches als die re - flectirte Allgemeinheit auch die Beſonderheit in ſich be - greift; Subject und Praͤdicat ſind daher identiſch, d. i. ſie ſind in die Copula zuſammengegangen. Dieſe Iden - titaͤt iſt die Gattung, oder an und fuͤr ſich ſeyende Natur eines Dings. Inſofern dieſelbe alſo ſich wieder in ein Urtheil dirimirt, iſt es die innere Natur, wodurch ſich Subject und Praͤdicat auf einander beziehen; eine Beziehung der Nothwendigkeit, worin jene Urtheils - beſtimmungen nur unweſentliche Unterſchiede ſind. Was111II. Kapitel. Das Urtheil.Was Allen Einzelnen einer Gattung zu - kommt, kommt durch ihre Natur, der Gat - tung zu, iſt eine unmittelbare Conſequenz, und der Ausdruck deſſen, was ſich vorhin ergab, daß das Sub - ject z. B. Alle Menſchen, ſeine Formbeſtimmung ab - ſtreift, und der Menſch dafuͤr zu ſagen iſt. Dieſer an und fuͤr ſich ſeyende Zuſammenhang macht die Grund - lage eines neuen Urtheils aus; des Urtheils der Nothwendigkeit.

C.) Das Urtheil der Nothwendigkeit.

Die Beſtimmung, zu der ſich die Allgemeinheit fortgebildet hat, iſt, wie ſich ergeben, die an - und - fuͤrſichſeyende oder objective Allgemeinheit, der in der Sphaͤre des Weſens die Subſtantialitaͤt entſpricht. Sie unterſcheidet ſich von dieſer dadurch, daß ſie dem Begriffe angehoͤrt, und dadurch nicht nur die innere, ſondern auch die geſetzte Nothwen - digkeit ihrer Beſtimmungen, oder daß der Unter - ſchied ihr immanent iſt, wogegen die Subſtanz den ihrigen nur in ihren Accidenzen, nicht aber als Princip in ſich ſelbſt hat.

Im Urtheil iſt nun dieſe objective Allgemeinheit geſetzt; ſomit erſtlich mit dieſer ihrer weſentlichen Beſtimmtheit, als ihr immanent, zweytens als von ihr als Beſonderheit verſchieden, von der jene Allge - meinheit die ſubſtantielle Grundlage ausmacht. Sie iſt auf dieſe Weiſe als Gattung und Art beſtimmt.

a. Das112I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.
a. Das kategoriſche Urtheil.

Die Gattung theilt ſich, oder ſtoͤßt ſich weſent - lich in Arten ab; ſie iſt Gattung, nur inſofern ſie Ar - ten unter ſich begreift; die Art iſt Art nur, inſofern ſie einerſeits in Einzelnen exiſtirt, andererſeits in der Gat - tung eine hoͤhere Allgemeinheit iſt. Das katego - riſche Urtheil hat nun eine ſolche Allgemeinheit zum Praͤdicate, an dem das Subject ſeine imma - nente Natur hat. Es iſt aber ſelbſt das erſte oder unmittelbare Urtheil der Nothwendigkeit; daher die Beſtimmtheit des Subjects, wodurch es gegen die Gat - tung oder Art ein Beſonderes oder Einzelnes iſt, inſo - fern der Unmittelbarkeit aͤuſſerlicher Exiſtenz angehoͤrt. Die objective Allgemeinheit aber hat eben ſo hier nur erſt ihre unmittelbare Particulariſation; einerſeits iſt ſie darum ſelbſt eine beſtimmte, gegen welche es hoͤ - here Gattungen gibt; andererſeits iſt ſie nicht gerade die naͤchſte, d. h. deren Beſtimmtheit nicht gerade das Princip der ſpecifiſchen Beſonderheit des Subjects iſt. Was aber daran nothwendig iſt, iſt die ſubſtan - tielle Identitaͤt des Subjects und Praͤdicats, gegen welche das Eigene, wodurch ſich jenes von dieſem un - terſcheidet, nur als ein unweſentliches Geſetztſeyn, oder auch nur ein Nahmen iſt; das Subject iſt in ſei - nem Praͤdicate in ſein An - und - Fuͤrſichſeyn reflectirt. Ein ſolches Praͤdicat ſollte mit den Praͤdicaten der bis - herigen Urtheile nicht zuſammengeſtellt werden; wenn z. B. die Urtheile: die Roſe iſt roth, die Roſe iſt eine Pflanze, oder: dieſer Ring iſt gelb er iſt Gold in Eine Claſſe zuſammengeworfen, und eine ſo aͤuſſer - liche Eigenſchaft, wie die Farbe einer Blume als einglei -113II. Kapitel. Das Urtheil.gleiches Praͤdicat mit ihrer vegetabiliſchen Natur genom - men wird, ſo wird ein Unterſchied uͤberſehen, der dem gemeinſten Auffaſſen auffallen muß. Das kategoriſche Urtheil iſt daher beſtimmt von dem poſitiven und nega - tiven Urtheile zu unterſcheiden; in dieſen iſt das, was vom Subject ausgeſagt wird, ein einzelner zufaͤl - liger Inhalt, in jenem iſt er die Totalitaͤt der in ſich reflectirten Form. Die Copula hat daher in ihm die Bedeutung der Nothwendigkeit, in jenen nur des abſtracten, unmittelbaren Seyns.

Die Beſtimmtheit des Subjects, wodurch es ein Beſonderes gegen das Praͤdicat iſt, iſt zunaͤchſt noch ein zufaͤlliges; Subject und Praͤdicat ſind nicht durch die Form oder Beſtimmtheit als nothwendig bezo - gen; die Nothwendigkeit iſt daher noch als innre. Das Subject aber iſt Subject nur als Beſonderes, und inſofern es objective Allgemeinheit hat, ſoll es ſie weſentlich nach jener erſt unmittelbaren Beſtimmtheit haben. Das Objectiv-allgemeine, indem es ſich be - ſtimmt, d. i. ſich ins Urtheil ſetzt, iſt weſentlich in identiſcher Beziehung mit dieſer aus ihm abgeſtoſſenen Beſtimmtheit als ſolcher, d. i. ſie iſt weſentlich nicht als bloß zufaͤlliges zu ſetzen. Das kategoriſche Ur - theil entſpricht erſt durch dieſe Nothwendigkeit ſei - nes unmittelbaren Seyns, ſeiner objectiven Allgemein - heit, und iſt auf dieſe Weiſe in das hypothetiſche Ur - theil uͤbergegangen.

b. Das hypothetiſche Urtheil.

Wenn A iſt, ſo iſt B; oder das Seyn des A iſt nicht ſein eigenes Seyn, ſondern dasHSeyn114I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Seyn eines Andern, des B. Was in dieſem Urtheil geſetzt iſt, iſt der nothwendige Zuſammen - hang von unmittelbaren Beſtimmtheiten, welcher im ka - tegoriſchen Urtheile noch nicht geſetzt iſt. Es ſind hier zwey unmittelbare Exiſtenzen, oder aͤuſſerlich zufaͤllige, deren im kategoriſchen Urtheile zunaͤchſt nur eine, das Subject, iſt; indem aber das eine aͤuſſerlich gegen das andere iſt, ſo iſt unmittelbar diß andere auch aͤuſſerlich gegen das erſte. Nach dieſer Unmittelbarkeit iſt der Inhalt beyder Seiten noch ein gleichguͤltiger gegen einander; diß Urtheil iſt daher zunaͤchſt ein Satz der leeren Form. Nun iſt die Unmittelbarkeit erſtlich zwar als ſolche ein ſelbſtſtaͤndiges, concretes Seyn; aber zweytens iſt die Beziehung deſſelben das we - ſentliche; jenes Seyn iſt daher eben ſo ſehr als bloſſe Moͤglichkeit; das hypothetiſche Urtheil enthaͤlt nicht, daß A iſt, oder daß B iſt, ſondern nur wenn eines iſt, ſo iſt das andere; nur der Zuſammenhang der Ex - treme iſt geſetzt, als ſeyend, nicht ſie ſelbſt. Viel - mehr iſt in dieſer Nothwendigkeit jedes geſetzt, als eben ſo ſehr das Seyn eines Andern. Der Satz der Identitaͤt ſagt aus: A iſt nur A, nicht B; und B iſt nur B, nicht A; im hypothetiſchen Urtheil iſt dage - gen das Seyn der endlichen Dinge nach ihrer formel - len Wahrheit durch den Begriff geſetzt, daß nemlich das Endliche ſein eigenes Seyn, aber eben ſo ſehr nicht das ſeinige, ſondern das Seyn eines Andern iſt. In der Sphaͤre des Seyns veraͤndert ſich das Endliche, es wird zu einem Andern; in der Sphaͤre des Weſens iſt es Erſcheinung und geſetzt, daß ſein Seyn darin beſteht, daß ein anderes an ihm ſcheint, und die Nothwendigkeit iſt die innere, noch nicht als ſol - che geſetzte, Beziehung. Der Begriff aber iſt diß, daß dieſe Identitaͤt geſetzt iſt, und daß das Seyende nicht die abſtracte Identitaͤt mit ſich, ſondern die concreteiſt,115II. Kapitel. Das Urtheil.iſt, und unmittelbar an ihm ſelbſt, das Seyn eines andern.

Das hypothetiſche Urtheil kann durch die Reflexions - verhaͤltniſſe in naͤherer Beſtimmtheit genommen werden, als Verhaͤltniß von Grund und Folge, Bedingung und Bedingtem, Cauſſalitaͤt u. ſ. f. Wie im kategoriſchen Urtheile die Subſtantialitaͤt, ſo iſt im hy - pothetiſchen der Zuſammenhang der Cauſalitaͤt in ſeiner Begriffsform. Dieſes und die andern Verhaͤltniſſe ſtehen ſaͤmmtlich unter ihm, ſind aber hier nicht mehr als Ver - haͤltniſſe von ſelbſtſtaͤndigen Seiten, ſondern dieſe ſind weſentlich nur als Momente Einer und der - ſelben Identitaͤt. Jedoch ſind ſie in ihm noch nicht nach den Begriffsbeſtimmungen als Einzelnes oder Be - ſonderes und Allgemeines entgegengeſetzt, ſondern nur erſt als Momente uͤberhaupt. Das hypothetiſche Urtheil hat inſofern mehr die Geſtalt eines Satzes; wie das particulaͤre Urtheil von unbeſtimmtem Inhalte iſt, ſo iſt das hypothetiſche von unbeſtimmter Form, indem ſein Inhalt ſich nicht in der Beſtimmung von Subject und Praͤdicat verhaͤlt. Doch an ſich iſt das Seyn, da es das Seyn des andern iſt, eben dadurch Einheit ſeiner ſelbſt und des andern, und hiemit Allge - meinheit; es iſt damit zugleich eigentlich nur ein Be - ſonderes, da es beſtimmtes, und in ſeiner Beſtimmt - heit ſich nicht bloß auf ſich beziehendes iſt. Es iſt aber nicht die einfache abſtracte Beſonderheit geſetzt, ſon - dern durch die Unmittelbarkeit, welche die Be - ſtimmtheiten haben, ſind die Momente derſelben als unterſchiedene; zugleich durch die Einheit derſelben, die ihre Beziehung ausmacht, iſt die Beſonderheit auch als die Totalitaͤt derſelben. Was in Wahrheit daher in dieſem Urtheile geſetzt iſt, iſt die Allgemeinheit, als die concrete Identitaͤt des Begriffs, deſſen Beſtimmun -H 2gen116I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.gen kein Beſtehen fuͤr ſich haben, ſondern nur in ihr geſetzte Beſonderheiten ſind. So iſt es das disjunc - tive Urtheil.

c. Das disjunctive Urtheil.

Im kategoriſchen Urtheil iſt der Begriff als ob - jective Allgemeinheit, und eine aͤuſſerliche Einzelnheit. Im hypothetiſchen tritt an dieſer Aeuſſerlichkeit der Be - griff in ſeiner negativen Identitaͤt hervor; durch dieſe erhalten ſie die nun im disjunctiven Urtheile geſetzte Beſtimmtheit, welche ſie im erſtern unmittelbar haben. Das disjunctive Urtheil iſt daher die objective Allge - meinheit zugleich in der Vereinigung mit der Form ge - ſetzt. Es enthaͤlt alſo erſtens die concrete Allgemein - heit oder die Gattung, in einfacher Form, als das Subject; zweytens dieſelbe aber als Totalitaͤt ih - rer unterſchiedenen Beſtimmungen. A iſt entweder B oder C. Diß iſt die Nothwendigkeit des Be - griffs, worin erſtens die Dieſelbigkeit beyder Extre - me, einerley Umfang, Inhalt und Allgemeinheit iſt; zweytens ſind ſie nach der Form der Begriffsbeſtim - mung unterſchieden, ſo daß aber um jener Identitaͤt willen dieſe als bloſſe Form iſt. Drittens er - ſcheint die identiſche objective Allgemeinheit deßwegen, als das in ſich reflectirte gegen die unweſentliche Form, als Inhalt, der aber an ihm ſelbſt die Beſtimmtheit der Form hat; das einemal als die einfache Beſtimmt - heit der Gattung; das andremal eben dieſe Beſtimmt - heit als in ihren Unterſchied entwickelt, auf welche Weiſe ſie die Beſonderheit der Arten, und deren To - talitaͤt, die Allgemeinheit der Gattung, iſt. Die Beſonderheit in ihrer Entwicklung macht das Praͤdi -cat117II. Kapitel. Das Urtheil.cat aus, weil ſie inſofern das Allgemeinere iſt, als ſie die ganze allgemeine Sphaͤre des Subjects, aber auch dieſelbe in der Auseinanderſetzung der Beſonde - rung enthaͤlt.

Dieſe Beſonderung naͤher betrachtet, ſo macht vors erſte die Gattung die ſubſtanzielle Allgemeinheit der Arten aus; das Subject iſt daher ſowohl B als C; dieſes ſowohl als bezeichnet die poſitive Identi - taͤt des Beſondern mit dem Allgemeinen; diß objective Allgemeine erhaͤlt ſich vollkommen in ſeiner Beſonder - heit. Die Arten zweytens ſchlieſſen ſich gegen - ſeitig aus; A iſt entweder B oder C; denn ſie ſind der beſtimmte Unterſchied der allgemei - nen Sphaͤre. Diß Entweder Oder iſt die nega - tive Beziehung derſelben. In dieſer ſind ſie aber eben ſo identiſch als in jener; die Gattung iſt ihre Ein - heit als beſtimmter Beſondern. Waͤre die Gat - tung eine abſtracte Allgemeinheit, wie in den Urtheilen des Daſeyns, ſo waͤren die Arten auch nur als ver - ſchiedene und gegen einander gleichguͤltige zu nehmen; ſie iſt aber nicht jene aͤuſſere, nur durch Verglei - chung und Weglaſſung entſtandene Allgemeinheit, ſondern ihre immanente und concrete. Ein empiri - ſches disjunctives Urtheil iſt ohne Nothwendigkeit; A iſt entweder B oder C oder D u. ſ. f. weil die Arten B, C, D u. ſ. f. ſich vorgefunden haben; es kann eigentlich kein Entweder Oder dadurch ausgeſpro - chen werden; denn ſolche Arten machen nur etwa eine ſubjective Vollſtaͤndigkeit aus; die eine Art ſchließt zwar die andere aus; aber Entweder Oder ſchließt jede weitere aus, und ſchließt eine totale Sphaͤre in ſich ab. Dieſe Totalitaͤt hat ihre Nothwendig - keit in der negativen Einheit des objectiv-Allgemei - nen, welches die Einzelnheit in ſich aufgeloͤſt, und alsein -118I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.einfaches Princip des Unterſchieds immanent in ſich hat, wodurch die Arten beſtimmt und bezogen ſind. Die empiriſchen Arten dagegen haben ihre Unterſchiede an irgend einer Zufaͤlligkeit, die ein aͤuſſerliches Princip, oder daher nicht ihr Princip, ſomit auch nicht die im - manente Beſtimmtheit der Gattung iſt; ſie ſind darum nach ihrer Beſtimmtheit auch nicht auf einander bezo - gen. Durch die Beziehung ihrer Beſtimmtheit ma - chen die Arten aber die Allgemeinheit des Praͤdicats aus. Die ſogenannten contraͤren und contra - dictoriſchen Begriffe ſollten hier eigentlich erſt ihre Stelle finden; denn im disjunctiven Urtheile iſt der we - ſentliche Begriffsunterſchied geſetzt; aber ſie haben darin auch zugleich ihre Wahrheit, daß naͤmlich das Contraͤre und Contradictoriſche ſelbſt eben ſo wohl contraͤr als con - tradictoriſch unterſchieden iſt. Contraͤr ſind die Arten, inſofern ſie nur verſchieden ſind, nemlich durch die Gattung als ihre objective Natur haben ſie ein an - und - fuͤrſichſeyendes Beſtehen; contradictoriſch, inſofern ſie ſich ausſchlieſſen. Jede dieſer Beſtimmungen fuͤr ſich iſt aber einſeitig und ohne Wahrheit; im Entweder Oder des disjunctiven Urtheils iſt ihre Einheit als ihre Wahrheit geſetzt, nach welche jenes ſelbſtſtaͤndiges Beſtehen als concrete Allgemeinheit ſelbſt auch das Princip der negativen Einheit iſt, wodurch ſie ſich gegenſeitig ausſchlieſſen.

Durch die ſo eben aufgezeigte Identitaͤt des Sub - jects und Praͤdicats nach der negativen Einheit iſt die Gattung im disjunctiven Urtheile als die naͤchſte be - ſtimmt. Dieſer Ausdruck deutet zunaͤchſt auf einen bloſſen Quantitaͤtsunterſchied von Mehr oder Weni - ger Beſtimmungen, die ein Allgemeines gegen eine un - ter ihm ſtehende Beſonderheit enthalte. Es bleibt hier - nach zufaͤllig, was eigentlich die naͤchſte Gattung iſt. In -119II. Kapitel. Das Urtheil.Inſofern aber die Gattung als ein bloß durch Weglaſſen von Beſtimmungen gebildetes Allgemeines genommen wird, kann ſie eigentlich kein disjunctives Urtheil bil - den; denn es iſt zufaͤllig, ob die Beſtimmtheit etwa in ihr noch geblieben ſey, welche das Princip des Ent - weder Oder ausmacht; die Gattung waͤre uͤberhaupt nicht nach ihrer Beſtimmtheit in den Arten darge - ſtellt, und dieſe koͤnnten nur eine zufaͤllige Vollſtaͤndig - keit haben. In dem kategoriſchen Urtheile iſt die Gat - tung zunaͤchſt nur in dieſer abſtracten Form gegen das Subject, daher nicht nothwendig die ihm naͤchſte Gat - tung, und inſofern aͤuſſerlich. Indem aber die Gattung als concrete weſentlich beſtimmte Allgemeinheit iſt, ſo iſt ſie als die einfache Beſtimmtheit die Einheit von den Begriffsmomenten, welche in jener Einfachheit nur aufgehoben ſind, aber ihren realen Unterſchied in den Arten haben. Die Gattung iſt daher inſofern die naͤchſte einer Art, als dieſe ihre ſpecifiſche Unterſchei - dung an der weſentlichen Beſtimmtheit jener, und die Arten uͤberhaupt ihre unterſchiedene Beſtimmung als Prin - cip in der Natur der Gattung haben.

Die ſo eben betrachtete Seite macht die Identitaͤt des Subjects und Praͤdicats nach der Seite des Be - ſtimmtſeyns uͤberhaupt aus; eine Seite, die durch das hypothetiſche Urtheil geſetzt worden, deſſen Nothwendig - keit eine Identitaͤt Unmittelbarer und Verſchiedener, da - her weſentlich als negative Einheit iſt. Dieſe negative Einheit iſt es uͤberhaupt, welche das Subject und Praͤ - dicat abſcheidet, die aber nunmehr ſelbſt als unterſchie - den geſetzt iſt, im Subjecte als einfache Beſtimmtheit, im Praͤdicate als Totalitaͤt. Jenes Abſcheiden des Subjects und Praͤdicats iſt der Begriffsunterſchied; die Totalitaͤt der Arten im Praͤdicat kann aber eben ſo kein anderer ſeyn. Die Beſtimmung derdis -120I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.dis junctiven Glieder gegen einander ergibt ſich alſo hie - durch. Sie reducirt ſich auf den Unterſchied des Be - griffes, denn es iſt nur dieſer, der ſich disjungirt, und in ſeiner Beſtimmung ſeine negative Einheit offenbart. Uebrigens kommt die Art hier nur in Betracht, nach ihrer einfachen Begriffsbeſtimmtheit, nicht nach der Ge - ſtalt, wie ſie aus der Idee in weitere ſelbſtſtaͤndige Realitaͤt getreten iſt; dieſe faͤllt allerdings in dem einfachen Princip der Gattung weg; aber die weſent - liche Unterſcheidung muß Moment des Begriffs ſeyn. In dem hier betrachteten Urtheil iſt eigentlich durch die eigene Fortbeſtimmung des Begriffs nunmehr ſelbſt ſeine Disjunction geſetzt, dasjenige, was ſich beym Begriff, als ſeine an - und - fuͤrſichſeyende Beſtimmung, als ſeine Unterſcheidung in beſtimmte Begriffe ergeben hat. Weil er nun das Allgemeine, die poſitive eben - ſoſehr wie die negative Totalitaͤt der Beſondern iſt, ſo iſt er ſelbſt ebendadurch auch unmittelbar eines ſei - ner disjunctiven Glieder; das andere aber iſt dieſe Allgemeinheit in ihre Beſonderheit aufge - loͤſt, oder die Beſtimmtheit des Begriffs, als Beſtimmt - heit; in welcher eben die Allgemeinheit ſich als die Totalitaͤt darſtellt. Wenn die Disjunction einer Gat - tung in Arten noch nicht dieſe Form erreicht hat, ſo iſt diß ein Beweis, daß ſie ſich nicht zur Beſtimmtheit des Begriffes erhoben, und nicht aus ihm hervorgegangen iſt. Die Farbe iſt entweder violett, indigoblau, hellblau, gruͤn, gelb, orange, oder roth; ſolcher Disjunction iſt ihre, auch empiriſche Vermiſchung und Unreinheit ſogleich anzuſehen; ſie iſt von dieſer Seite fuͤr ſich betrachtet, ſchon barbariſch zu nennen. Wenn die Farbe als die concrete Einheit von Hell und Dunkel begriffen worden, ſo hat dieſe Gattung die Beſtimmtheit an ihr, welche das Princip ihrer Beſonderung in Arten ausmacht. Von dieſen aber mußdie121II. Kapitel. Das Urtheil.die eine die ſchlechthin einfache Farbe ſeyn, welche den Gegenſatz gleichſchwebend und in ihre Intenſitaͤt einge - ſchloſſen und negirt enthaͤlt; ihr gegenuͤber muß der Ge - genſatz des Verhaͤltniſſes des Hellen und Dunkeln ſich darſtellen, wozu, da es ein Naturphaͤnomen betrifft, noch die gleichguͤltige Neutralitaͤt des Gegenſatzes kommen muß. Vermiſchungen, wie Violett, und Orange, und Gradunterſchiede wie Indigoblau und Hellblau fuͤr Ar - ten zu halten, kann nur in einem ganz unuͤberlegten Verfahren ſeinen Grund haben, das ſelbſt fuͤr den Em - pirismus zu wenig Reflexion zeigt. Was uͤbrigens die Disjunction, je nachdem ſie im Elemente der Natur oder des Geiſtes geſchieht, fuͤr unterſchiedene und noch naͤher beſtimmte Formen habe, gehoͤrt nicht hieher auszufuͤhren.

Das disjunctive Urtheil hat zunaͤchſt in ſeinem Praͤdicate die Glieder der Disjunction; aber ebenſoſehr iſt es ſelbſt disjungirt; ſein Subject und Praͤdicat ſind die Glieder der Disjunction; ſie ſind die in ihrer Be - ſtimmtheit aber zugleich als identiſch geſetzten Begriffs - momente, als identiſch α) in der objectiven Allge - meinheit, welche in dem Subjecte als die einfache Gat - tung, und in dem Praͤdicat als die allgemeine Sphaͤre und als Totalitaͤt der Begriffsmomente iſt, und β) in der negativen Einheit, dem entwickelten Zuſammen - hange der Nothwendigkeit, nach welchem die einfache Beſtimmtheit im Subjecte, in den Unterſchied der Arten auseinandergegangen, und eben darin deren weſentliche Beziehung und das mit ſich ſelbſt identiſche iſt.

Dieſe Einheit, die Copula dieſes Urtheils, worein die Extreme durch ihre Identitaͤt zuſammen gegangen ſind, iſt ſomit der Begriff ſelbſt, und zwar als ge -ſetzt;122I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.ſetzt; das bloſſe Urtheil der Nothwendigkeit hat ſich da - mit zum Urtheil des Begriffs erhoben.

D. Das Urtheil des Begriffs.

Urtheile des Daſeyns faͤllen zu wiſſen: die Roſe iſt roth, der Schnee iſt weiß u. ſ. f. wird ſchwerlich dafuͤr gelten, daß es groſſe Urtheils - kraft zeige. Die Urtheile der Reflexion ſind mehr Saͤtze; in dem Urtheile der Nothwendigkeit iſt der Ge - genſtand zwar in ſeiner objectiven Allgemeinheit, aber erſt im jetzt zu betrachtenden Urtheil iſt ſeine Bezie - hung auf den Begriff vorhanden. Dieſer iſt darin zu Grund gelegt, und da er in Beziehung auf den Gegenſtand iſt, als ein Sollen, dem die Realitaͤt angemeſſen ſeyn kann oder auch nicht. Solches Ur - theil enthaͤlt daher erſt eine wahrhafte Beurtheilung; die Praͤdicate gut, ſchlecht, wahr, ſchoͤn, rich - tig u. ſ. f. druͤcken aus, daß die Sache an ihrem all - gemeinen Begriffe, als dem ſchlechthin vorausgeſetz - ten Sollen gemeſſen, und in Uebereinſtim - mung mit demſelben iſt, oder nicht.

Man hat das Urtheil des Begriffs Urtheil der Modalitaͤt genannt, und ſieht es dafuͤr an, daß es die Form enthalte, wie die Beziehung des Subjects und Praͤdicats ſich in einem aͤuſſerlichen Verſtande verhalte, und daß es den Werth der Copula nur in Be - ziehung auf das Denken angehe. Das proble - matiſche Urtheil beſtehe hienach darin, wenn man das Bejahen oder Verneinen als beliebig oder als moͤg -lich;123II. Kapitel. Das Urtheil.lich; das aſſertoriſche, wenn man es als wahr d. h. wirklich, und das apodiktiſche, wenn man es als nothwendig annehme. Man ſieht leicht, warum es ſo nahe liegt, bey dieſem Urtheil aus dem Urtheile ſelbſt herauszutreten, und ſeine Beſtimmung als etwas bloß ſubjectives zu betrachten. Es iſt hier nemlich der Begriff, das Subjective, welches am Ur - theil wieder hervortritt, und ſich zu einer unmittelbaren Wirklichkeit verhaͤlt. Allein diß Subjective iſt nicht mit der aͤuſſerlichen Reflexion zu verwechſeln, die freylich auch etwas ſubjectives iſt, aber in anderem Sinne als der Begriff ſelbſt; dieſer, der aus dem dis - junctiven Urtheil wieder hervortritt, iſt vielmehr das Ge - gentheil einer bloſſen Art und Weiſe. Die fruͤhern Urtheile ſind in dieſem Sinne nur ein ſubjectives, denn ſie beruhen auf einer Abſtraction und Einſeitigkeit, in der der Begriff verloren iſt. Das Urtheil des Begriffs iſt vielmehr das objective und die Wahrheit gegen ſie, eben weil ihm der Begriff, aber nicht in aͤuſſerer Reflexion oder in Beziehung auf ein ſubjectives, d. h. zufaͤlli - ges Denken, in ſeiner Beſtimmtheit als Begriff zu Grunde liegt.

Im disjunctiven Urtheile war der Begriff als Iden - titaͤt der allgemeinen Natur mit ihrer Beſonderung ge - ſetzt; hiemit hatte ſich das Verhaͤltniß des Urtheils auf - gehoben. Dieſes Concrete der Allgemeinheit und der Beſonderung iſt zunaͤchſt einfaches Reſultat; es hat ſich nun weiter zur Totalitaͤt auszubilden, indem die Mo - mente, die es enthaͤlt, darin zunaͤchſt untergegangen, und noch nicht in beſtimmter Selbſtſtaͤndigkeit einander gegenuͤberſtehen. Der Mangel des Reſultats kann be - ſtimmter auch ſo ausgedruͤckt werden, daß im disjuncti - ven Urtheile die objective Allgemeinheit zwar in ihrer Beſonderung vollkommen geworden iſt, daßaber124I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.aber die negative Einheit der letztern nur in jene zu - ruͤckgeht, und noch nicht zum Dritten, zur Einzeln - heit, ſich beſtimmt hat. Inſofern aber das Reſultat ſelbſt die negative Einheit iſt, ſo iſt es zwar ſchon dieſe Einzelnheit; aber ſo iſt es nur dieſe Eine Be - ſtimmtheit, die nun ihre Negativitaͤt zu ſetzen, ſich in die Extreme zu dirimiren, und auf dieſe Weiſe vol - lends zum Schluſſe zu entwickeln hat.

Die naͤchſte Diremtion dieſer Einheit iſt das Ur - theil, in welchem ſie das einemal als Subject, als ein unmittelbar Einzelnes, und dann als Praͤdicat als beſtimmte Beziehung ihrer Momente geſetzt iſt.

a. Das aſſertoriſche Urtheil.

Das Urtheil des Begriffs iſt zuerſt unmittel - bar; ſo iſt es das aſſertoriſche Urtheil. Das Sub - ject iſt ein concretes Einzelnes uͤberhaupt, das Praͤdicat druͤckt daſſelbe als die Beziehung ſeiner Wirklich - keit, Beſtimmtheit oder Beſchaffenheit, auf ſeinen Begriff aus. (Diß Haus iſt ſchlecht, dieſe Hand - lung iſt gut.) Naͤher enthaͤlt es alſo, a) daß das Subject etwas ſeyn ſoll; ſeine allgemeine Natur hat ſich als der ſelbſtſtaͤndige Begriff geſetzt; b) die Be - ſonderheit, welche nicht nur um ihrer Unmittelbar - keit, ſondern um ihrer ausdruͤcklichen Unterſcheidung wil - len von ihrer ſelbſtſtaͤndigen allgemeinen Natur, als Be - ſchaffenheit und aͤuſſerliche Exiſtenz iſt; dieſe iſt um der Selbſtſtaͤndigkeit des Begriffes willen ihrer - ſeits auch gleichguͤltig gegen das Allgemeine, und kann ihm angemeſſen oder auch nicht ſeyn. Dieſe Beſchaffen - heit iſt die Einzelnheit, welche uͤber die nothwen -dige125II. Kapitel. Das Urtheil.dige Beſtimmung des Allgemeinen im disjunctiven Urtheil hinausliegt, eine Beſtimmung, welche nur als die Beſonderung der Art und als negatives Princip der Gattung iſt. Inſofern iſt die concrete Allgemein - heit, die aus dem disjunctiven Urtheil hervorgegangen iſt, in dem aſſertoriſchen Urtheil in die Form von Ex - tremen entzweyt, denen der Begriff ſelbſt als ge - ſetzte, ſie beziehende Einheit noch fehlt.

Das Urtheil iſt darum nur erſt aſſertoriſch; ſeine Bewaͤhrung iſt eine ſubjective Verſicherung. Daß Etwas gut oder ſchlecht, richtig, paſſend oder nicht u. ſ. f. iſt, hat ſeinen Zuſammenhang in einem aͤuſſern Dritten. Daß er aber aͤuſſerlich geſetzt iſt, iſt daſſelbe, daß er nur erſt an ſich oder innerlich iſt. Wenn Etwas gut oder ſchlecht u. ſ. f. iſt, wird daher wohl niemand meynen, daß es nur im ſubjectiven Bewußtſeyn etwa gut, aber an ſich vielleicht ſchlecht, oder daß gut und ſchlecht, richtig, paſſend, u. ſ. f. nicht Praͤdicate der Gegenſtaͤnde ſelbſt ſeyn. Das blos ſub - jective der Aſſertion dieſes Urtheils beſteht alſo darin, daß der an ſich ſeyende Zuſammenhang des Subjects und Praͤdicats noch nicht geſetzt, oder was daſſelbe iſt, daß er nur aͤuſſerlich iſt; die Copula iſt noch ein unmittelbares, abſtractes Seyn.

Der Verſicherung des aſſertoriſchen Urtheils ſteht daher mit eben dem Rechte die entgegengeſetzte gegen - uͤber. Wenn verſichert wird. dieſe Handlung iſt gut; ſo hat die entgegengeſetzte: dieſe Handlung iſt ſchlecht, noch gleiche Berechtigung. Oder an ſich betrachtet, weil das Subject des Urtheils unmittelbares Ein - zelnes iſt, hat es in dieſer Abſtraction noch die Be - ſtimmtheit nicht an ihm geſetzt, welche ſeine Bezie - hung auf den allgemeinen Begriff enthielte; es iſt ſonoch126I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.noch ein zufaͤlliges, eben ſowohl dem Begriffe zu ent - ſprechen, oder auch nicht. Das Urtheil iſt daher we - ſentlich problematiſch.

b. Das problematiſche Urtheil.

Das problematiſche Urtheil iſt das aſſertori - ſche, inſofern dieſes eben ſo wohl poſitiv als negativ genommen werden muß. Nach dieſer qualitativen Seite iſt das particulaͤre Urtheil gleichfalls ein pro - blematiſches; denn es gilt eben ſo ſehr poſitiv als nega - tiv; ingleichen iſt am hypothetiſchen Urtheil das Seyn des Subjects und Praͤdicats problematiſch; auch durch ſie iſt es geſetzt, daß das ſingulaͤre und das ka - tegoriſche Urtheil noch etwas bloß ſubjectives iſt. Im problematiſchen Urtheile als ſolchem iſt aber diß Setzen immanenter als in den erwaͤhnten Urtheilen, weil in jenem der Inhalt des Praͤdicats die Bezie - hung des Subjects auf den Begriff iſt, hier hiemit die Beſtimmung des Unmittelbaren als eines zufaͤlligen ſelbſt vorhanden iſt.

Zunaͤchſt erſcheint es nur als problematiſch, ob das Praͤdicat mit einem gewiſſen Subjecte verbunden werden ſoll oder nicht, und die Unbeſtimmtheit faͤllt in - ſofern in die Copula. Fuͤr das Praͤdicat kann daraus keine Beſtimmung hervorgehen, denn es iſt ſchon die objective, concrete Allgemeinheit. Das Problematiſche geht alſo die Unmittelbarkeit des Subjects an, welche hiedurch als Zufaͤlligkeit beſtimmt wird. Ferner aber iſt darum nicht von der Einzelnheit des Subjects zu abſtrahiren; von dieſer uͤberhaupt gereinigt, waͤre es nur ein allgemeines; das Praͤdicat enthaͤlt eben diß,daß127II. Kapitel. Das Urtheil.daß der Begriff des Subjects in Beziehung auf ſeine Einzelnheit geſetzt ſeyn ſoll. Es kann nicht geſagt werden: das Haus oder ein Haus iſt gut, ſondern: je nachdem es beſchaffen iſt. Das Problema - tiſche des Subjects an ihm ſelbſt macht ſeine Zu faͤl - ligkeit als Moment aus; die Subjectivitaͤt der Sache, ihrer objectiven Natur oder ihrem Begriffe gegenuͤber geſtellt, die bloſſe Art und Weiſe, oder die Beſchaffenheit.

Somit iſt das Subject ſelbſt in ſeine Allgemein - heit oder objective Natur, ſein Sollen, und in die beſondere Beſchaffenheit des Daſeyns unterſchieden. Hie - mit enthaͤlt es den Grund, ob es ſo iſt, wie es ſeyn ſoll. Auf dieſe Weiſe iſt es mit dem Praͤdicate ausgeglichen. Die Negativitaͤt des Problemati - ſchen, inſofern ſie gegen die Unmittelbarkeit des Sub - jects gerichtet iſt, heißt hienach nur dieſe urſpruͤngliche Theilung deſſelben, welches an ſich ſchon als Einheit des Allgemeinen und Beſondern iſt, in dieſe ſeine Momente; eine Theilung, welche das Urtheil ſelbſt iſt.

Es kann noch die Bemerkung gemacht werden, daß jede der beyden Seiten des Subjects, ſein Be - griff und ſeine Beſchaffenheit, deſſen Subjectivitaͤt genannt werden koͤnne. Der Begriff iſt das in ſich gegangene allgemeine Weſen einer Sache, ihre negative Einheit mit ſich ſelbſt; dieſe macht ihre Subjectivitaͤt aus. Aber eine Sache iſt auch weſentlich zufaͤllig, und hat eine aͤuſſerliche Beſchaffenheit; dieſe heißt eben ſo ſehr deren bloſſe Subjectivitaͤt, jener Ob - jectivitaͤt gegenuͤber. Die Sache ſelbſt iſt eben diß, daß ihr Begriff als die negative Einheit ſeiner ſelbſt, ſeine Allgemeinheit negirt, und in die Aeuſſerlichkeit der Ein -zeln -128I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.zelnheit ſich herausſetzt. Als dieſes Gedoppelte iſt das Subject des Urtheils hier geſetzt; jene entgegenſtehen - den Bedeutungen der Subjectivitaͤt ſind ihrer Wahrheit nach in Einem. Die Bedeutung des Subjectiven iſt dadurch ſelbſt problematiſch geworden, daß es die un - mittelbare Beſtimmtheit, welche es im unmittelbaren Urtheile hatte, und ſeinen beſtimmten Gegenſatz gegen das Praͤdicat verlohren hat. Jene auch in dem Raͤſonement der gewoͤhnlichen Reflexion vorkom - mende entgegengeſetzte Bedeutung des Subjectiven koͤnnte fuͤr ſich wenigſtens darauf aufmerkſam machen, daß es in einer derſelben keine Wahrheit hat. Die gedop - pelte Bedeutung iſt die Erſcheinung hievon, daß jede ein - zeln fuͤr ſich einſeitig iſt.

Das Problematiſche, ſo als problematiſches der Sache, die Sache mit ihrer Beſchaffenheit, ge - ſetzt, ſo iſt das Urtheil ſelbſt nicht mehr problematiſch, ſondern apodiktiſch.

c. Das apodiktiſche Urtheil.

Das Subject des apodiktiſchen Urtheils (das Haus ſo und ſo beſchaffen iſt gut, die Handlung ſo und ſo beſchaffen iſt recht,) hat an ihm erſtens das All - gemeine, was es ſeyn ſoll, zweytens ſeine Be - ſchaffenheit; dieſe enthaͤlt den Grund, warum dem ganzen Subject ein Praͤdicat des Begriffs-Urtheils zukommt oder nicht, d. i. ob das Subject ſeinem Be - griffe entſpricht oder nicht. Dieſes Urtheil iſt nun wahrhaft objectiv; oder es iſt die Wahrheit des Urtheils uͤberhaupt. Subject und Praͤdicat entſpre - chen ſich, und haben denſelben Inhalt, und dieſerIn -129II. Kapitel. Das Urtheil.Inhalt iſt ſelbſt die geſetzte concrete Allgemein - heit; er enthaͤlt nemlich die zwey Momente, das objective Allgemeine oder die Gattung, und das Vereinzelnte. Es iſt hier alſo das Allgemeine, welches es ſelbſt iſt, und durch ſein Gegentheil ſich continuirt, und als Einheit mit dieſem erſt All - gemeines iſt. Ein ſolches allgemeines, wie das Praͤ - dicat: gut, paſſend, richtig u. ſ. w. hat ein Sollen zu Grunde liegen, und enthaͤlt das Entſprechen des Daſeyns zugleich; nicht jenes Sollen oder die Gat - tung fuͤr ſich, ſondern diß Entſprechen iſt die All - gemeinheit, welche das Praͤdicat des apodiktiſchen Urtheils ausmacht.

Das Subject enthaͤlt gleichfalls dieſe beyden Mo - mente in unmittelbarer Einheit als die Sache. Es iſt aber die Wahrheit derſelben, daß ſie in ſich ge - brochen iſt in ihr Sollen und ihr Seyn; diß iſt das abſolute Urtheil uͤber alle Wirklich - keit. Daß dieſe urſpruͤngliche Theilung, welche die Allmacht des Begriffes iſt, eben ſo ſehr Ruͤckkehr in ſei - ne Einheit und abſolute Beziehung des Sollens und Seyns aufeinander iſt, macht das Wirkliche zu einer Sache; ihre innere Beziehung, dieſe concrete Identitaͤt, macht die Seele der Sache aus.

Der Uebergang von der unmittelbaren Einfachheit der Sache zu dem Entſprechen, welches die be - ſtimmte Beziehung ihres Sollens und ihres Seyns iſt, oder die Copula, zeigt ſich nun naͤher in der beſondern Beſtimmtheit der Sache zu liegen. Die Gattung iſt das an und fuͤr ſich ſeyende Allge - meine, das inſofern als das unbezogene erſcheint; die Beſtimmtheit aber dasjenige, was ſich in jener Allge - meinheit in ſich, aber ſich zugleich in ein anderesJre -130I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.reflectirt. Das Urtheil hat daher an der Beſchaffenheit des Subjects ſeinen Grund, und iſt dadurch apo - diktiſch. Es iſt damit nunmehr die beſtimmte und erfuͤllte Copula vorhanden, die vorher in dem ab - ſtracten Iſt beſtand, jetzt aber zum Grunde uͤber - haupt ſich weiter gebildet hat. Sie iſt zunaͤchſt als unmittelbare Beſtimmtheit an dem Subjecte, aber iſt eben ſo ſehr die Beziehung auf das Praͤdicat, wel - ches keinen andern Inhalt hat, als diß Entſpre - chen ſelbſt, oder die Beziehung des Subjects auf die Allgemeinheit.

So iſt die Form des Urtheils untergegangen, er - ſtens, weil Subject und Praͤdicat an ſich derſelbe In - halt ſind; aber zweytens, weil das Subject durch ſeine Beſtimmtheit uͤber ſich hinausweiſt, und ſich auf das Praͤdicat bezieht, aber ebenſo drittens iſt diß Be - ziehen in das Praͤdicat uͤbergegangen, macht nur deſ - ſen Inhalt aus, und iſt ſo die geſetzte Beziehung oder das Urtheil ſelbſt. So iſt die concrete Identi - taͤt des Begriffs, welche das Reſultat des disjuncti - ven Urtheils war, und welche die innre Grundlage des Begriffsurtheils ausmacht, im Ganzen hergeſtellt, die zunaͤchſt nur im Praͤdicate geſetzt war.

Das Poſitive dieſes Reſultats, das den Uebergang des Urtheils in eine andere Form macht, naͤher betrach - tet, ſo zeigen ſich, wie wir geſehen, Subject und Praͤdi - cat im apodiktiſchen Urtheile, jedes als der ganze Be - griff. Die Begriffseinheit iſt als die Beſtimmt - heit, welche die ſie beziehende Copula ausmacht, zu - gleich von ihnen unterſchieden. Zunaͤchſt ſteht ſie nur auf der andern Seite des Subjects, als deſſen unmittelbare Beſchaffenheit. Aber indem ſie weſentlich das Beziehende iſt, iſt ſie nicht nur ſolcheun -131II. Kapitel. Das Urtheil.unmittelbare Beſchaffenheit, ſondern das durch Subject und Praͤdicat hindurch gehende, und Allgemei - ne. Indem Subject und Praͤdicat denſelben Inhalt haben, ſo iſt dagegen durch jene Beſtimmtheit die Form - beziehung geſetzt; die Beſtimmtheit als ein Allgemeines oder die Beſonderheit. So enthaͤlt ſie die beyden Formbeſtimmungen der Extreme in ſich; und iſt die beſtimmte Beziehung des Sub - jects und Praͤdicats; ſie iſt die erfuͤllte oder in - haltsvolle Copula des Urtheils, die aus dem Ur - theil, worin ſie in die Extreme verloren war, wie - der hervorgetretene Einheit des Begriffs. Durch dieſe Erfuͤllung der Copula iſt das Urtheil zum Schluſſe geworden.

J 2Drit -132I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.

Drittes Kapitel. Der Schluß.

Der Schluß hat ſich als die Wiederherſtellung des Begriffes im Urtheile, und ſomit als die Ein - heit und Wahrheit beyder ergeben. Der Begriff als ſolcher haͤlt ſeine Momente in der Einheit aufgehoben; im Urtheil iſt dieſe Einheit ein innerliches oder was daſſelbe iſt, ein aͤuſſerliches, und die Momente ſind zwar bezogen, aber ſie ſind als ſelbſtſtaͤndige Extreme geſetzt. Im Schluſſe ſind die Begriffsbeſtimmungen wie die Extreme des Urtheils, zugleich iſt die beſtimmte Einheit derſelben geſetzt.

Der Schluß iſt ſomit der vollſtaͤndig geſetzte Be - griff; er iſt daher das Vernuͤnftige. Der Ver - ſtand wird als das Vermoͤgen des beſtimmten Be - griffes genommen, welcher durch die Abſtraction und Form der Allgemeinheit fuͤr ſich feſtgehalten wird. In der Vernunft aber ſind die beſtimmten Begriffe in ihrer Totalitaͤt und Einheit geſetzt. Der Schluß iſt daher nicht nur vernuͤnftig, ſondern Alles Ver - nuͤnftige iſt ein Schluß. Das Schlieſſen iſt von langer Zeit her der Vernunft zugeſchrieben worden; auf der andern Seite aber wird von der Vernunft an und fuͤr ſich, vernuͤnftigen Grundſaͤtzen und Geſetzen ſo ge - ſprochen, daß nicht erhellt, wie jene Vernunft, welcheſchließt,133III. Kapitel. Der Schluß.ſchließt, und dieſe Vernunft, welche die Quelle von Ge - ſetzen und ſonſtigen ewigen Wahrheiten und abſoluten Gedanken iſt, mit einander zuſammenhaͤngen. Wenn jene nur die formale Vernunft ſeyn, dieſe aber Inhalt erzeugen ſoll, ſo muͤßte nach dieſem Unterſchiede an der letztern gerade die Form der Vernunft, der Schluß, nicht fehlen koͤnnen. Deſſen ungeachtet pflegen beyde ſo aus - einander gehalten und bey keiner der andern erwaͤhnt zu werden, daß die Vernunft abſoluter Gedanken gleich - ſam ſich der Vernunft des Schluſſes zu ſchaͤmen, und der Schluß faſt nur hergebrachtermaßen auch als ein Thun der Vernunft aufgefuͤhrt zu werden ſcheint. Es muß aber, wie ſo eben bemerkt worden, offenbar die lo - giſche Vernunft, wenn ſie als die formelle betrachtet wird, weſentlich auch in der Vernunft, die es mit ei - nem Inhalte zu thun hat, zu erkennen ſeyn; ja viel - mehr kann aller Inhalt, nur durch die vernuͤnftige Form, vernuͤnftig ſeyn. An ein ſehr gewoͤhnliches Gerede von Vernunft kann man ſich hieruͤber nicht wenden, denn daſſelbe enthaͤlt ſich anzugeben, was denn unter der Vernunft zu verſtehen ſey; dieſe vernuͤnftig ſeyn ſol - lende Erkenntniß iſt meiſt mit ihren Gegenſtaͤnden ſo be - ſchaͤftigt, daß ſie vergißt, die Vernunft ſelbſt zu erken - nen, und ſie nur durch die Gegenſtaͤnde, die ſie habe, unterſcheidet und bezeichnet. Wenn die Vernunft das Erkennen ſeyn ſoll, welches von Gott, der Freyheit, dem Recht und der Pflicht, dem Unendlichen, Unbedingten, Ueberſinnlichen wiſſe, oder auch nur Vorſtellungen und Gefuͤhle davon gebe, ſo ſind theils dieſe letztern nur negative Gegenſtaͤnde, theils bleibt uͤberhaupt die erſte Frage uͤbrig, was es in allen jenen Gegenſtaͤnden iſt, um deſſen willen ſie vernuͤnftig ſind? Es iſt diß, daß das Unendliche derſelben nicht die leere Abſtraction vom Endlichen und die Inhalts - und Beſtimmungsloſe Allge - meinheit iſt, ſondern die erfuͤllte Allgemeinheit, der Be -griff,134I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.griff, der beſtimmt iſt, und ſeine Beſtimmtheit auf dieſe wahrhafte Weiſe an ihm hat, daß er ſich in ſich unterſcheidet, und als die Einheit von dieſen ſeinen ver - ſtaͤndigen und beſtimmten Unterſchieden iſt. Nur ſo er - hebt ſich die Vernunft uͤber das Endliche, Bedingte, Sinnliche, oder wie es ſonſt beſtimmt werden mag, und iſt in dieſer Negativitaͤt weſentlich Inhaltsvoll, denn ſie iſt die Einheit als von beſtimmten Extremen; ſo aber iſt das Vernuͤnftige nur der Schluß.

Zunaͤchſt iſt nun der Schluß, wie das Urtheil un - mittelbar; ſo ſind die Beſtimmungen (termini) deſſel - ben einfache, abſtracte Beſtimmtheiten; es iſt ſo Verſtandesſchluß. Wenn bey dieſer Geſtalt deſſel - ben feſtgeblieben wird, ſo iſt freylich die Vernuͤnftigkeit in ihm, ob zwar vorhanden, und geſetzt, unſcheinbar. Das weſentliche deſſelben iſt die Einheit der Extre - me, die ſie vereinigende Mitte und haltende Grund. Die Abſtraction, indem ſie die Selbſtſtaͤndigkeit der Extreme feſthaͤlt, ſetzt ihnen dieſe Einheit, als eine eben ſo feſte fuͤr ſich ſeyende Beſtimmtheit ent - gegen, und faßt dieſelbe auf dieſe Art vielmehr als Nichteinheit, denn als Einheit. Der Ausdruck: Mitte (medius terminus) iſt von raͤumlicher Vorſtel - lung hergenommen, und traͤgt das ſeinige dazu bey, daß beym Auſſereinander der Beſtimmungen ſtehen geblieben wird. Wenn nun der Schluß darin be - ſteht, daß die Einheit der Extreme in ihm geſetzt iſt, wenn dieſe Einheit aber ſchlechthin einerſeits als ein Beſonderes fuͤr ſich, andererſeits als nur aͤuſſerliche Be - ziehung genommen, und zum weſentlichen Verhaͤltniſſe des Schluſſes die Nichteinheit gemacht wird, ſo hilft die Vernunft, die er iſt, nicht zur Vernuͤnftigkeit.

Der Schluß des Daſeyns erſtens, in wel - chem die Beſtimmungen ſo unmittelbar und abſtractbe -135III. Kapitel. Der Schluß.beſtimmt ſind, zeigt an ihm ſelbſt, weil er, wie das Ur - theil, die Beziehung derſelben iſt, diß auf, daß ſie nicht ſolche abſtracte Beſtimmungen, ſondern jede die Be - ziehung auf die andere, und die Mitte nicht nur die Beſonderheit gegen die Beſtimmungen der Extreme, ſondern dieſe an ihr geſetzt enthaͤlt.

Durch dieſe ſeine Dialektik macht er ſich zum Schluſſe der Reflexion, dem zweyten Schluſ - ſe, mit Beſtimmungen, als ſolchen, in welchen we - ſentlich die andere ſcheint, oder die als vermit - telte geſetzt ſind, was ſie nach dem Schluſſe uͤber - haupt ſeyn ſollen.

Drittens indem diß Scheinen oder Vermit - teltſeyn ſich in ſich ſelbſt reflectirt, ſo iſt der Schluß als Schluß der Nothwendigkeit beſtimmt, worin das Vermittelnde die objective Natur der Sache iſt. Indem dieſer Schluß die Extreme des Begriffs eben - ſoſehr als Totalitaͤten beſtimmt, ſo iſt der Schluß zum Entſprechen ſeines Begriffs oder der Mitte, und ſeines Daſeyns oder der extremen Unterſchiede, zu ſeiner Wahr - heit gelangt, und iſt damit aus der Subjectivitaͤt in die Objectivitaͤt uͤbergetreten.

A. Der Schluß des Daſeyns.

1. Der Schluß, wie er unmittelbar iſt, hat zu ſeinen Momenten die Begriffsbeſtimmungen als un - mittelbare. Sie ſind ſomit die abſtracten Beſtimmt - heiten der Form, welche noch nicht durch Vermittlungzur136I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.zur Concretion gebildet, ſondern nur die einzelnen Beſtimmtheiten ſind. Der erſte Schluß iſt daher der eigentlich formelle. Der Formalismus des Schlieſſens beſteht darin, bey der Beſtimmung dieſes erſten Schluſſes ſtehen zu bleiben. Der Begriff in ſei - ne abſtracten Momente dirimirt, hat die Einzeln - heit und Allgemeinheit zu ſeinen Extremen, und er ſelbſt erſcheint als die zwiſchen ihnen ſtehende Be - ſonderheit. Sie ſind um ihrer Unmittelbarkeit wil - len als ſich nur auf ſich beziehende Beſtimmtheiten, ins - geſammt ein einzelner Inhalt. Die Beſonderheit macht zunaͤchſt inſofern die Mitte aus, als ſie die beyden Momente, der Einzelnheit und Allgemeinheit unmittelbar in ſich vereinigt. Um ihrer Beſtimmt - heit willen iſt ſie einerſeits unter das Allgemeine ſub - ſumirt, andererſeits iſt das Einzelne, gegen welches ſie Allgemeinheit hat, unter ſie ſubſumirt. Dieſe Con - cretion iſt aber zunaͤchſt nur eine Zweyſeitig - keit; um der Unmittelbarkeit willen, in der der Medius Terminus in dem unmittelbaren Schluſſe iſt, iſt er als einfache Beſtimmtheit, und die Vermittlung, die er ausmacht, noch nicht geſetzt. Die dialektiſche Bewegung des Schluſſes des Daſeyns, beſteht nun darin, daß die Vermittlung, die den Schluß allein aus - macht, an ſeinen Momenten geſetzt werde.

a. Erſte Figur des Schluſſes.

E B A iſt das allgemeine Schema des be - ſtimmten Schluſſes. Die Einzelnheit ſchließt ſich durch die Beſonderheit mit der Allgemeinheit zuſammen; das Einzelne iſt nicht unmittelbar allgemein, ſondern durch die Beſonderheit; und umgekehrt iſt eben ſo das Allge -meine137III. Kapitel. Der Schluß.meine nicht unmittelbar einzeln, ſondern es laͤßt ſich durch die Beſonderheit dazu herab. Dieſe Beſtimmun - gen ſtehen als Extreme einander gegenuͤber, und ſind in einem verſchiedenen Dritten eins. Sie ſind beyde Beſtimmtheit; darin ſind ſie identiſch; dieſe ihre all - gemeine Beſtimmtheit iſt die Beſonderheit. Sie ſind aber eben ſo Extreme gegen dieſe, als gegen einander, weil jedes in ſeiner unmittelbaren Beſtimmtheit iſt.

Die allgemeine Bedeutung dieſes Schluſſes iſt, daß das Einzelne, das als ſolches unendliche Beziehung auf ſich iſt, und ſomit nur ein innres waͤre, durch die Beſonderheit in das Daſeyn, als in die Allgemein - heit, heraustritt, worin es nicht mehr nur ſich ſelbſt an - gehoͤrt, ſondern in aͤuſſerem Zuſammenhange ſteht; umgekehrt indem das Einzelne ſich in ſeine Be - ſtimmtheit als Beſonderheit abſcheidet, ſo iſt es in die - ſer Trennung ein concretes, und als Beziehung der Be - ſtimmtheit auf ſich ſelbſt, ein allgemeines, ſich auf ſich beziehendes, und ſomit auch ein wahrhaft einzelnes; es iſt in dem Extreme der Allgemeinheit aus der Aeuſ - ſerlichkeit in ſich gegangen. Die objective Bedeutung des Schluſſes iſt in dem erſten Schluſſe nur erſt ober - flaͤchlich vorhanden, indem darin die Beſtimmungen noch nicht als die Einheit, welche das Weſen des Schluſ - ſes ausmacht, geſetzt ſind. Inſofern iſt er noch ein ſubjectives, als die abſtracte Bedeutung, welche ſeine Termini haben, nicht an und fuͤr ſich, ſondern nur im ſubjectiven Bewußtſeyn, ſo iſolirt iſt. Uebrigens iſt das Verhaͤltniß von Einzelnheit, Beſonderheit und All - gemeinheit, wie ſich ergeben, das nothwendige und weſentliche Form-Verhaͤltniß der Beſtimmungen des Schluſſes; der Mangel beſteht nicht in dieſer Be - ſtimmtheit der Form, ſondern daß nicht unter dieſer Form, jede einzelne Beſtimmung zugleich reicheriſt.138I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.iſt. Ariſtoteles hat ſich mehr an das bloſſe Ver - haͤltniß der Inhaͤrenz gehalten, indem er die Natur des Schluſſes ſo angibt: Wenn drey Beſtimmun - gen ſich ſo zu einander verhalten, daß das eine Extrem in der ganzen mittlern Beſtim - mung iſt, und dieſe mittlere Beſtimmung in dem ganzen andern Extrem, ſo ſind dieſe beyden Extreme nothwendig zuſammenge - ſchloſſen. Es iſt hier mehr nur die Wiederholung des gleichen Verhaͤltniſſes der Inhaͤrenz des ei - nen Extrems zur Mitte, und dieſer wieder zum andern Extrem ausgedruͤckt, als die Beſtimmtheit der drey Ter - minorum zu einander. Indem nun auf der ange - gebenen Beſtimmtheit derſelben gegeneinander der Schluß beruht, ſo zeigt ſich ſogleich, daß andere Verhaͤltniſſe der Terminorum, welche die andern Figuren geben, nur in - ſofern eine Guͤltigkeit als Verſtandesſchluͤſſe haben koͤn - nen, als ſie ſich auf jenes urſpruͤngliche Verhaͤltniß zu - ruͤckfuͤhren laſſen; es ſind nicht verſchiedene Ar - ten von Figuren, die neben der erſten ſtehen, ſon - dern einerſeits inſofern ſie richtige Schluͤſſe ſeyn ſollen, beruhen ſie nur auf der weſentlichen Form des Schluſ - ſes uͤberhaupt, welches die erſte Figur iſt; andererſeits aber inſofern ſie davon abweichen, ſind ſie Umformun - gen, in welche jene erſte abſtracte Form nothwendig uͤbergeht, und ſich dadurch weiter und zur Totalitaͤt beſtimmt. Es wird ſich ſogleich naͤher ergeben, welche Bewandniß es damit hat.

E B A, iſt alſo das allgemeine Schema des Schluſſes in ſeiner Beſtimmtheit. Das Einzelne iſt un - ter das Beſondere ſubſumirt, dieſes aber unter das All - gemeine; daher iſt auch das[Einzelne] unter das Allge - meine ſubſumirt. Oder dem Einzelnen inhaͤrirt das Beſondre, dem Beſondern aber das Allgemeine; daherin -139III. Kapitel. Der Schluß.inhaͤrirt dieſes auch dem Einzelnen. Das Beſondere iſt nach der einen Seite, nemlich gegen das Allgemeine, Subject; gegen das Einzelne iſt es Praͤdicat; oder gegen jenes iſt es Einzelnes, gegen dieſes iſt es Allgemeines. Weil in ihm die beyden Beſtimmtheiten vereinigt ſind, ſind die Extreme durch dieſe ihre Einheit zuſammenge - ſchloſſen. Das: Daher, erſcheint als die im Sub - jecte vorgegangene Folgerung, welche aus der ſub - jectiven Einſicht in das Verhaͤltniß der beyden un - mittelbaren Praͤmiſſen abgeleitet werde. Indem die ſubjective Reflexion die beyden Beziehungen der Mitte auf die Extreme, als beſondere und zwar unmit - telbare Urtheile oder Saͤtze ausſpricht, ſo iſt der Schlußſatz, als die vermittelte Beziehung, aller - dings auch ein beſonderer Satz, und das: Daher oder Alſo iſt der Ausdruck, daß er der vermittelte iſt. Diß Daher iſt aber nicht als eine an dieſem Satze - aͤuſſerliche Beſtimmung, welche nur ihren Grund und Sitz in der ſubjectiven Reflexion haͤtte, zu betrachten, ſondern vielmehr als in der Natur der Extreme ſelbſt gegruͤndet, deren Beziehung nur zum Behuf und durch die abſtrahirende Reflexion wieder als bloſſes Urtheil oder Satz ausgeſprochen wird, deren wahr - hafte Beziehung aber als der Terminus Medius geſetzt iſt. Alſo E iſt A, daß diß ein Urtheil iſt, iſt ein bloß ſubjectiver Umſtand; der Schluß iſt eben dieſes, daß diß nicht bloß ein Urtheil ſey, d. h. nicht eine durch die bloſſe Copula oder das leere: iſt, gemachte Beziehung, ſondern durch die beſtimmte, in - haltsvolle Mitte.

Wenn deßwegen der Schluß bloß angeſehen wird, als aus drey Urtheilen beſtehend, ſo iſt diß eine formelle Anſicht, welche das Verhaͤltniß der Beſtimmun - gen, worauf es im Schluß einzig ankommt, nicht er -waͤhnt.140I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.waͤhnt. Es iſt uͤberhaupt eine bloß ſubjective Reflexion, welche die Beziehung der Terminorum in abgeſonderte Praͤmiſſen und einen davon verſchiedenen Schlußſatz trennt: Alle Menſchen ſind ſterblich, Cajus iſt ein Menſch Alſo iſt er ſterblich. Man wird ſogleich von Langeweile befallen, wenn man einen ſolchen Schluß heranziehen hoͤrt; diß ruͤhrt von jener unnuͤtzen Form her, die einen Schein von Verſchiedenheit durch die abgeſonderten Saͤtze gibt, der ſich in der Sache ſelbſt ſogleich aufloͤſt. Das Schlieſ - ſen erſcheint, vornemlich durch dieſe ſubjective Geſtal - tung als ein ſubjectiver Nothbehelf, zu dem die Ver - nunft oder der Verſtand da ihre Zuflucht nehme, wo ſie nicht unmittelbar erkennen koͤnne. Die Natur der Dinge, das Vernuͤnftige, geht allerdings nicht ſo zu Werke, daß ſich zuerſt ein Oberſatz aufſtellte, die Bezie - hung einer Beſonderheit auf ein beſtehendes Allgemeines, und dann ſich zweytens eine abgeſonderte Beziehung einer Einzelnheit auf die Beſonderheit vorfaͤnde, woraus end - lich drittens ein neuer Satz zu Tage kaͤme. Diß durch abgeſonderte Saͤtze fortſchreitende Schlieſſen iſt nichts als eine ſubjective Form; die Natur der Sache iſt, daß die unterſchiedenen Begriffsbeſtimmungen der Sache in der weſentlichen Einheit vereinigt ſind. Dieſe Ver - nuͤnftigkeit iſt nicht ein Nothbehelf, vielmehr iſt ſie gegen die Unmittelbarkeit der Beziehung, die im Ur - theil noch Statt findet, das Objective, und jene Unmittelbarkeit des Erkennens iſt vielmehr das bloß Subjective, der Schluß dagegen iſt die Wahrheit des Urtheils. Alle Dinge ſind der Schluß, ein Allge - meines, das durch die Beſonderheit mit der Einzelnheit zuſammengeſchloſſen iſt; aber freylich ſind ſie nicht aus drey Saͤtzen beſtehende Ganzes.

2. In141III. Kapitel. Der Schluß.

2. In dem unmittelbaren Verſtandesſchluß ha - ben die Termini die Form von unmittelbaren Be - ſtimmungen; von dieſer Seite, nach der ſie In - halt ſind, iſt er nun zu betrachten. Er kann in - ſofern als der qualitative Schluß angeſehen, wie das Urtheil des Daſeyns, dieſelbe Seite von qualita - tiver Beſtimmung hat. Die Termini dieſes Schluſ - ſes, ſind, wie die Termini jenes Urtheils, hiedurch einzelne Beſtimmtheiten; indem die Beſtimmtheit durch ihre Beziehung auf ſich, als gleichguͤltig gegen die Form, ſomit als Inhalt geſetzt iſt. Das Einzelne iſt irgend ein unmittelbarer concreter Gegenſtand, die Be - ſonderheit eine einzelne von deſſen Beſtimmtheiten, Eigenſchaften, oder Verhaͤltniſſen, die Allgemeinheit wieder eine noch abſtractere, einzelnere Beſtimmtheit an dem Beſondern. Da das Subject als ein unmit - telbar beſtimmtes noch nicht in ſeinem Begriffe geſetzt iſt, ſo iſt ſeine Concretion nicht auf die weſentlichen Be - griffsbeſtimmungen zuruͤckgefuͤhrt; ſeine ſich auf ſich be - ziehende Beſtimmtheit iſt daher unbeſtimmte, unendliche Mannichfaltigkeit. Das Einzelne hat in dieſer Unmittelbarkeit eine unendliche Menge von Beſtimmthei - ten, welche zu ſeiner Beſonderheit gehoͤren, deren jede daher einen Medius Terminus fuͤr daſſelbe in einem Schluſſe ausmachen kann. Durch jeden andern Me - dius Terminus aber ſchließt es ſich mit einem an - dern Allgemeinen zuſammen; durch jede ſeiner Ei - genſchaften iſt es in einer andern Beruͤhrung und Zu - ſammenhange des Daſeyns. Ferner iſt auch der Me - dius Terminus ein Concretes in Vergleichung gegen das Allgemeine; er enthaͤlt ſelbſt mehrere Praͤdicate, und das Einzelne kann durch denſelben Medius Terminus wieder mit mehrern Allgemeinen zuſammengeſchloſſen werden. Es iſt daher uͤberhaupt voͤllig zufaͤllig und willkuͤhrlich, welche der vielen Eigenſchafteneines142I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.eines Dinges aufgefaßt, und von der aus es mit einem Praͤdicate verbunden werde; andere Medii Termini ſind die Uebergaͤnge zu andern Praͤdicaten, und ſelbſt derſelbe Medius Terminus mag fuͤr ſich ein Uebergang zu ver - ſchiedenen Praͤdicaten ſeyn, da er als Beſonderes gegen das Allgemeine mehrere Beſtimmungen enthaͤlt.

Nicht nur aber iſt fuͤr ein Subject eine unbe - ſtimmte Menge von Schluͤſſen gleich moͤglich, und ein einzelner Schluß ſeinem Inhalte nach zufaͤllig, ſon - dern dieſe Schluͤſſe, die daſſelbe Subject betreffen, muͤſſen auch in den Widerſpruch uͤbergehen. Denn der Un - terſchied uͤberhaupt, der zunaͤchſt gleichguͤltige Ver - ſchiedenheit iſt, iſt eben ſo weſentlich Entgegen - ſetzung. Das Concrete iſt nicht mehr ein bloß erſchei - nendes, ſondern es iſt concret durch die Einheit der Entgegengeſetzten, welche ſich zu Begriffsmomenten be - ſtimmt haben, im Begriffe. Indem nun nach der quali - tativen Natur der Terminorum, im formellen Schluſſe, das Concrete nach einer einzelnen der Beſtimmungen aufgefaßt wird, die ihm zukommt, ſo theilt ihm der Schluß das dieſem Medius Terminus correſpondirende Praͤdicat zu; aber indem von einer andern Seite auf die entgegengeſetzte Beſtimmtheit geſchloſſen wird, ſo zeigt ſich jener Schlußſatz dadurch als falſch, obgleich fuͤr ſich deſſen Praͤmiſſen und eben ſo deſſen Conſequenz ganz rich - tig ſind. Wenn aus dem Medius Terminus, daß eine Wand blau angeſtrichen worden, geſchloſſen wird, daß ſie hiemit blau iſt, ſo iſt diß richtig geſchloſſen; aber die Wand kann dieſes Schluſſes unerachtet gruͤn ſeyn, wenn ſie auch mit gelber Farbe uͤberzogen worden, aus welchem letztern Umſtande fuͤr ſich folgen wuͤrde, daß ſie gelb ſey. Wenn aus dem Medius Terminus der Sinnlichkeit geſchloſſen wird, daß der Menſch weder gut noch boͤſe ſey, weil vom Sinnlichen weder das eine nochdas143III. Kapitel. Der Schluß.das andere praͤdicirt werden kann, ſo iſt der Schluß richtig, der Schlußſatz aber falſch; weil vom Menſchen, als dem Concreten ebenſoſehr auch der Medius Terminus der Geiſtigkeit gilt. Aus dem Medius Terminus der Schwere der Planeten, Trabanten und Cometen gegen die Sonne folgt richtig, daß dieſe Koͤrper in die Sonne fallen; aber ſie fallen nicht in ſie, da ſie ebenſoſehr fuͤr ſich ein eigenes Centrum der Schwere ſind, oder, wie man es nennt, von der Centrifugalkraft getrieben wer - den. So wie aus dem Medius Terminus der Sociali - taͤt die Guͤtergemeinſchaft der Buͤrger gefolgert werden kann; aus dem Medius Terminus der Individualitaͤt aber, wenn er ebenſo abſtract verfolgt wird, die Aufloͤ - ſung des Staates folgt, wie ſie z. B. im deutſchen Reich erfolgt iſt, indem ſich an letztern Medius Terminus ge - halten worden. Es wird billig nichts fuͤr ſo unzurei - chend gehalten, als ein ſolcher formeller Schluß, weil er auf dem Zufall oder der Willkuͤhr beruht, welcher Medius Terminus gebraucht wird. Wenn eine ſolche Deduction noch ſo ſchoͤn durch Schluͤſſe ſich verlauffen hat, und ihre Richtigkeit voͤllig zuzugeben iſt, ſo fuͤhrt diß noch im geringſten zu nichts, indem es immer uͤbrig bleibt, daß noch andere Medii Termini ſich finden, aus denen das gerade Gegentheil ebenſo richtig abgeleitet werden kann. Die Kantiſchen Antinomieen der Vernunft ſind nichts anderes, als daß aus einem Be - griffe einmal die eine Beſtimmung deſſelben zu Grunde gelegt wird, das andremal aber eben ſo nothwendig die andere. Dieſe Unzureichenheit und Zufaͤlligkeit eines Schluſſes muß dabey nicht inſofern bloß auf den In - halt geſchoben werden, als ob ſie von der Form unab - haͤngig ſey, und dieſe allein die Logik angehe. Es liegt vielmehr in der Form des formalen Schluſſes, daß der Inhalt eine ſo einſeitige Qualitaͤt iſt; er iſt zu dieſer Einſeitigkeit durch jene abſtracte Form beſtimmt. Eriſt144I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.iſt naͤmlich eine einzelne Qualitaͤt von den vielen Quali - taͤten oder Beſtimmungen eines concreten Gegenſtandes, oder Begriffs, weil er nach der Form nicht weiter als eine ſo unmittelbare, einzelne Beſtimmtheit ſeyn ſoll. Das Extrem der Einzelnheit iſt als die abſtracte Einzelnheit, das unmittelbare Concrete, daher das unendlich oder unbeſtimmbar Mannichfaltige; die Mitte iſt die ebenſo abſtracte Beſonderheit, da - her eine einzelne dieſer mannichfaltigen Qualitaͤten, und ebenſo das andre Extrem iſt das abſtracte All - gemeine. Der formale Schluß iſt daher weſentlich um ſeiner Form willen ein ſeinem Inhalte nach ganz Zufaͤl - liges; und zwar nicht inſofern, daß es fuͤr den Schluß zufaͤllig ſey, ob ihm dieſer oder ein anderer Gegen - ſtand unterworfen werde; von dieſem Inhalte abſtrahirt die Logik; ſondern inſofern ein Subject zu Grunde liegt, iſt es zufaͤllig, was der Schluß von ihm fuͤr Inhalts - Beſtimmungen folgere.

3. Die Beſtimmungen des Schluſſes ſind nach der Seite Inhaltsbeſtimmungen, inſofern ſie unmittelbare, abſtracte, in ſich reflectirte Beſtimmungen ſind. Das Weſentliche derſelben aber iſt vielmehr, daß ſie nicht ſolche in ſich reflectirte, gegen einander gleichguͤltige, ſondern daß ſie Form beſtimmungen ſind; inſofern ſind ſie weſentlich Beziehungen. Dieſe Beziehungen ſind erſtens die der Extreme auf die Mitte, Bezie - hungen welche unmittelbar ſind; die propoſitiones praemiſſae, und zwar theils die des Beſondern auf das Allgemeine, propoſitio major; theils die des Einzelnen auf das Beſondere, propoſitio minor. Zweytens iſt die Beziehung der Extreme auf einander vorhanden, welches die Vermittelte iſt, concluſio. Jene un - mittelbaren Beziehungen, die Praͤmiſſen, ſind Saͤtze oder Urtheile uͤberhaupt, und widerſprechen derNa -145III. Kapitel. Der Schluß.Natur des Schluſſes, nach welcher die unterſchie - denen Begriffsbeſtimmungen nicht unmittelbar bezogen, ſondern eben ſo deren Einheit geſetzt ſeyn ſoll; die Wahr - heit des Urtheils iſt der Schluß. Unmittelbare Bezie - hungen koͤnnen die Praͤmiſſen um ſo weniger bleiben, als ihr Inhalt unmittelbar unterſchiedene Beſtimmun - gen, ſie alſo nicht unmittelbar an und fuͤr ſich identiſch ſind; auſſer ſie ſeyen reine identiſche Saͤtze, d. i. leere zu nichts fuͤhrende Tavtologien.

Die Foderung an die Praͤmiſſen lautet daher ge - woͤhnlich, ſie ſollen bewieſen, d. h. ſie ſollen gleichfalls als Schlußſaͤtze dargeſtellt wer - den. Die zwey Praͤmiſſen geben ſomit zwey weitere Schluͤſſe. Aber dieſe zwey neuen Schluͤſſe geben wie - der zuſammen vier Praͤmiſſen, welche vier neue Schluͤſſe erfodern; dieſe haben acht Praͤmiſſen, deren acht Schluͤſſe wieder fuͤr ihre ſechszehn Praͤmiſſen ſechszehn Schluͤſſe geben, und ſofort in einer geo - metriſchen Progreſſion ins unendliche.

Es thut ſich hier alſo der Progreß ins Un - endliche wieder hervor, der in der niedrigern Sphaͤ - re des Seyns fruͤher vorkam, und der im Felde des Begriffes, der abſoluten Reflexion aus dem Endlichen in ſich, im Gebiete der freyen Unendlichkeit und Wahrheit, nicht mehr zu erwarten war. Es iſt in der Sphaͤre des Seyns gezeigt worden, daß wo die ſchlechte Unendlich - keit, die in den Progreß hinauslaͤuft, ſich hervorthut, der Widerſpruch eines qualitativen Seyns, und eines daruͤber hinausgehenden, unmaͤchtigen Sol - lens vorhanden iſt; der Progreß ſelbſt iſt die Wieder - hohlung der gegen das Qualitative eingetretenen Fode - rung der Einheit, und des beſtaͤndigen Ruͤckfalls in die der Foderung nicht gemaͤſſe Schranke. Im formalen Schluße nun iſt die unmittelbare Beziehung oderKdas146I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.das qualitative Urtheil die Grundlage, und die Ver - mittlung des Schluſſes, das als die hoͤhere Wahrheit dagegen geſetzte. Das ins unendliche fortgehende Be - weiſen der Praͤmiſſen loͤſt jenen Widerſpruch nicht, ſon - dern erneuert ihn nur immer, und iſt die Wiederhohlung eines und deſſelben urſpruͤnglichen Mangels. Die Wahrheit des unendlichen Progreſſes iſt vielmehr, daß er ſelbſt und die durch ihn ſchon als mangelhaft beſtimm - te Form aufgehoben werde. Dieſe Form iſt die der Vermittlung als E B A. Die beyden Be - ziehungen E B und B A ſollen vermittelte ſeyn; geſchieht diß auf dieſelbe Weiſe, ſo wird nur die man - gelhafte Form E B A verzweifacht, und ſo ins unendliche fort. B hat zu E auch die Formbeſtimmung eines Allgemeinen, und zu A die Formbeſtimmung eines Einzelnen, weil dieſe Beziehungen uͤberhaupt Urtheile ſind. Sie beduͤrfen daher der Vermittlung, durch jene Geſtalt derſelben tritt aber nur das Verhaͤlt - niß wieder ein, das aufgehoben werden ſoll.

Die Vermittlung muß daher auf eine andere Weiſe geſchehen. Fuͤr die Vermittlung von B A iſt E vor - handen; es muß daher die Vermittlung die Geſtalt B E A erhalten. E B zu vermitteln iſt A vorhanden; dieſe Vermittlung wird daher zum Schluſſe: E A B.

Dieſen Uebergang naͤher ſeinem Begriffe nach be - trachtet, ſo iſt erſtlich die Vermittlung des formalen Schluſſes nach ſeinem Inhalte, wie vorhin gezeigt worden, zufaͤllig. Das unmittelbare Einzelne hat an ſeinen Beſtimmtheiten eine unbeſtimmbare Menge von Mediis Terminis, und dieſe haben wieder eben ſo viele Beſtimmtheiten uͤberhaupt; ſo daß es ganz in ei - ner aͤuſſerlichen Willkuͤhr, oder uͤberhaupt in einemaͤuſ -147III. Kapitel. Der Schluß.aͤuſſerlichen Umſtande und zufaͤlligen Beſtimmung liegt, mit was fuͤr einem Allgemeinen das Subject des Schluſſes zuſammengeſchloſſen werden ſoll. Die Ver - mittlung iſt daher dem Inhalte nach nichts nothwendi - ges, noch allgemeines, ſie iſt nicht im Begriffe der Sache gegruͤndet; der Grund des Schluſſes iſt viel - mehr das an ihr Aeuſſerliche, d. i. das Unmittelbare; das Unmittelbare aber iſt unter den Begriffsbeſtimmun - gen das Einzelne.

In Anſehung der Form hat eben ſo die Vermitt - lung zu ihrer Vorausſetzung die Unmittelbar - keit der Beziehung; jene iſt daher ſelbſt vermittelt, und zwar durch das Unmittelbare, d. i. das Ein - zelne. Naͤher iſt durch den Schlußſatz des erſten Schluſſes das Einzelne zum Vermittelnden geworden. Der Schlußſatz iſt E A; das Einzelne iſt hiedurch als Allgemeines geſetzt. In der einen Praͤmiſſe, dem Unterſatze E B iſt es ſchon als Be - ſonderes; es iſt ſomit als das, in welchem dieſe beyde Beſtimmungen vereinigt ſind. Oder der Schluß - ſatz an und fuͤr ſich druͤckt das Einzelne als Allgemeines aus; und zwar nicht auf eine unmittelbare Weiſe, ſon - dern durch die Vermittlung; alſo als eine nothwendige Beziehung. Die einfache Beſonderheit war Medius Terminus; im Schlußſatze iſt dieſe Beſonderheit, ent - wickelt als die Beziehung des Einzelnen und Allgemeinheit geſetzt. Aber noch iſt das Allge - meine eine qualitative Beſtimmtheit, Praͤdicat des Ein - zelnen; indem das Einzelne als allgemeines beſtimmt iſt, iſt es geſetzt als die Allgemeinheit der Extreme oder als Mitte; es iſt fuͤr ſich Extrem der Einzelnheit, aber weil es nunmehr als Allgemeines beſtimmt iſt, iſt es zugleich die Einheit beyder Extreme.

K 2b. Die148I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.
b. Die zweyte Figur: B E A.

1. Die Wahrheit des erſten qualitativen Schluſ - ſes iſt, daß Etwas mit einer qualitativen Beſtimmtheit als einer allgemeinen nicht an und fuͤr ſich zuſammen - geſchloſſen iſt, ſondern durch eine Zufaͤlligkeit, oder in einer Einzelnheit. Das Subject des Schluſſes iſt in ſolcher Qualitaͤt nicht in ſeinen Begriff zuruͤckgekehrt, ſondern nur in ſeiner Aeuſſerlichkeit begriffen; die Unmittelbarkeit macht den Grund der Beziehung, ſomit die Vermittlung aus; inſofern iſt das Einzelne in Wahr - heit die Mitte.

Ferner aber iſt die Schlußbeziehung die Aufhe - bung der Unmittelbarkeit; der Schlußſatz iſt nicht eine unmittelbare Beziehung, ſondern als durch ein Drittes; er enthaͤlt daher eine negative Einheit; die Vermitt - lung iſt daher nunmehr beſtimmt, ein negatives Mo - ment in ſich zu enthalten.

In dieſem zweyten Schluſſe ſind die Praͤmiſſen: B E, und E A; nur die erſtere dieſer Praͤmiſ - ſen iſt noch eine unmittelbare; die zweyte E A iſt ſchon eine Vermittelte, nemlich nur den erſten Schluß; der zweyte Schluß ſetzt daher den erſten voraus; ſo wie umgekehrt der erſte den zweyten vorausſetzt. Die beyden Extreme ſind hierin als Beſonderes und Allge - meines gegeneinander beſtimmt; das letztere hat inſo - fern noch ſeine Stelle; es iſt Praͤdicat; aber das Beſondere hat die ſeinige vertauſcht, es iſt Subject, oder unter der Beſtimmung des Extrems der Einzelnheit geſetzt, ſo wie das Einzelne mit der Beſtimmung der Mitte oder der Beſonderheit geſetzt iſt. Beyde ſind daher nicht mehr die abſtractenUn -149III. Kapitel. Der Schluß.Unmittelbarkeiten, welche ſie im erſten Schluſſe waren. Sie ſind jedoch noch nicht als Concrete geſetzt; daß je - des an der Stelle des andern ſteht, dadurch iſt es in ſeiner eigenen und zugleich, jedoch nur aͤuſſerlich, in der andern Beſtimmung geſetzt.

Der beſtimmte und objective Sinn dieſes Schluſſes iſt, daß das Allgemeine nicht an und fuͤr ſich ein beſtimmtes Beſonderes iſt; denn es iſt viel - mehr die Totalitaͤt ſeiner Beſondern; ſondern ſo eine ſeiner Arten iſt durch die Einzelnheit; die andern ſeiner Arten ſind durch die unmittelbare Aeuſſerlichkeit von ihm ausgeſchloſſen. Andererſeits iſt das Beſondere eben ſo nicht unmittelbar und an und fuͤr ſich das All - gemeine, ſondern die negative Einheit ſtreift ihm die Beſtimmtheit ab, und erhebt es dadurch in die Allge - meinheit. Die Einzelnheit verhaͤlt ſich inſofern zum Beſondern negativ, als ſie deſſen Praͤdicat ſeyn ſoll; es iſt nicht Praͤdicat des Beſondern.

2. Zunaͤchſt aber ſind die Termini noch unmittel - bare Beſtimmtheiten; ſie haben ſich durch ſich ſelbſt zu keiner objectiven Bedeutung fortgebildet; die veraͤnderte Stellung, welche zwey derſelben erhalten, iſt die Form, die nur erſt aͤuſſerlich an ihnen iſt; ſie ſind da - her noch wie im erſten Schluſſe uͤberhaupt ein gegen - einander gleichguͤltiger Inhalt; zwey Qualitaͤten, die nicht an und fuͤr ſich ſelbſt, ſondern durch eine zufaͤllige Ein - zelnheit verknuͤpft ſind.

Der Schluß der erſten Figur, war der unmittel - bare, oder ebenſoſehr der Schluß, inſofern er in ſei - nem Begriffe als abſtracte Form iſt, die ſich an ihren Beſtimmungen noch nicht realiſirt hat. Indem dieſe reine Form in eine andere Figur uͤbergegangen, iſtdiß150I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.diß einerſeits die begonnene Realiſation des Begriffs, indem das negative Moment der Vermittlung und da - durch eine weitere Formbeſtimmtheit an der zunaͤchſt un - mittelbaren, qualitativen Beſtimmtheit der Terminorum geſetzt wird. Zugleich iſt diß aber ein Anders - werden der reinen Form des Schluſſes; er entſpricht ihr nicht mehr vollſtaͤndig, und die an ſeinen Terminis geſetzte Beſtimmtheit iſt verſchieden von jener urſpruͤng - lichen Formbeſtimmung. Inſofern er nur als ein ſubjectiver Schluß betrachtet wird, der in einer aͤuſſern Reflexion vor ſich geht, ſo gilt er als eine Art des Schluſſes, welche der Gattung, nemlich dem allgemeinen Schema E B A entſprechen ſollte. Dieſem ent - ſpricht er aber zunaͤchſt nicht; die zwey Praͤmiſſen deſ - ſelben ſind B E, oder E B und E A; der Me - dius Terminus iſt daher beydemal ſubſumirt, oder bey - demal Subject, dem alſo die beyden andern Termini in - haͤriren; alſo nicht eine Mitte, die das einemal ſubſu - mirend oder Praͤdicat, und das andremal ſubſumirt oder Subject ſeyn, oder der der eine Terminus inhaͤriren, die aber ſelbſt dem andern inhaͤriren ſoll. Daß dieſer Schluß nicht der allgemeinen Form des Schluſſes ent - ſpricht, hat den wahrhaften Sinn, daß dieſe in ihn uͤbergegangen iſt, indem ihre Wahrheit darin beſteht, ein ſubjectives zufaͤlliges Zuſammenſchlieſſen zu ſeyn. Wenn der Schlußſatz in der zweyten Figur, (nemlich ohne die gleich zu erwaͤhnende Beſchraͤnkung, die ihn zu etwas unbeſtimmtem macht, zu Huͤlfe zu nehmen,) richtig iſt, ſo iſt er es, weil er es fuͤr ſich iſt, nicht weil er Schlußſatz dieſes Schluſſes iſt. Aber daſſelbe iſt der Fall bey dem Schlußſatze der erſten Figur; dieſe ſeine Wahrheit iſt es, die durch die zweyte Figur geſetzt iſt. In der Anſicht, daß die zweyte Figur nur eine Art ſeyn ſoll, wird der nothwendige Uebergang der erſten in dieſe zweyte Form uͤberſehen, und bey jener als wahr -haf -151III. Kapitel. Der Schluß.hafter Form ſtehen geblieben. Inſofern daher in der zweyten Figur (welche aus alter Gewohnheit, ohne wei - tern Grund, als die dritte aufgefuͤhrt wird) gleich - falls ein in dieſem ſubjectiven Sinne richtiger Schluß Statt finden ſoll, ſo muͤßte er dem erſten angemeſſen ſeyn, ſomit da die eine Praͤmiſſe E A das Verhaͤlt - niß der Subſumtion des Medius Terminus unter das eine Extrem hat, ſo muͤßte die andre Praͤmiſſe B E das entgegengeſetzte Verhaͤltniß, das ſie hat, erhalten, und B unter E ſubſumirt werden koͤnnen. Ein ſolches Verhaͤltniß aber waͤre die Aufhebung des beſtimmten Ur - theils: E iſt B, und koͤnnte nur in einem unbeſtimmten Urtheile Statt finden, in einem particulaͤren; daher der Schlußſatz in dieſer Figur nur particulaͤr ſeyn kann. Das particulaͤre Urtheil iſt aber, wie oben bemerkt, ſowohl poſitiv als negativ; ein Schlußſatz, dem da - her eben kein groſſer Werth zugeſchrieben werden kann. Inſofern auch das Beſondere und Allgemeine die Extre - me, und unmittelbare, gleichguͤltige Beſtimmtheiten gegen einander ſind, ſo iſt ihr Verhaͤltniß ſelbſt gleichguͤltig; es kann beliebig die eine oder die andere als Terminus Major oder Minor, daher auch die eine oder die an - dere Praͤmiſſe als Ober - oder als Unterſatz genommen werden.

3. Der Schlußſatz, indem er ebenſoſehr poſitiv als negativ iſt, iſt ſomit eine gegen dieſe Beſtimmtheiten gleichguͤltige, ſomit allgemeine Beziehung. Naͤher betrachtet, ſo war die Vermittlung des erſten Schluſſes an ſich eine zufaͤllige; in dem zweyten iſt dieſe Zufaͤl - ligkeit geſetzt. Sie iſt ſomit ſich ſelbſt aufhebende Vermittlung; die Vermittlung hat die Beſtimmung der Einzelnheit und Unmittelbarkeit; was durch dieſen Schluß zuſammengeſchloſſen iſt, muß vielmehr an ſich und un - mittelbar identiſch ſeyn; denn jene Mitte, die un -mit -152I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.mittelbare Einzelnheit, iſt das unendlich man - nichfaltige und aͤuſſerliche Beſtimmtſeyn. Es iſt in ihr alſo vielmehr die ſich aͤuſſerliche Vermittlung geſetzt. Die Aeuſſerlichkeit der Einzelnheit aber iſt die Allge - meinheit; jene Vermittlung durch das unmittelbare Ein - zelne weiſt uͤber ſich ſelbſt hinaus auf die ihr ande - re, welche ſomit durch das Allgemeine geſchieht. Oder was durch den zweyten Schluß vereinigt ſeyn ſoll, muß unmittelbar zuſammengeſchloſſen ſeyn; durch die Unmittelbarkeit, die ihm zu Grunde liegt, kommt ein beſtimmtes Zuſammenſchlieſſen nicht zu Stan - de. Die Unmittelbarkeit, auf welche er fortweiſt, iſt die andre gegen die ſeinige, die aufgehobene erſte Unmittelbarkeit des Seyns, alſo die in ſich reflectir - te, oder an ſich ſeyende, das abſtracte All - gemeine.

Der Uebergang dieſes Schluſſes war nach der be - trachteten Seite ein Anderswerden, wie das Ueber - gehen des Seyns, weil ihm das Qualitative, und zwar die unmittelbare Einzelnheit zu Grunde liegt. Dem Be - griffe nach aber ſchließt die Einzelnheit das Beſondere und Allgemeine inſofern zuſammen, als ſie die Be - ſtimmtheit des Beſondern aufhebt; was ſich als die Zufaͤlligkeit dieſes Schluſſes darſtellt; die Extreme wer - den nicht durch ihre beſtimmte Beziehung, welche ſie zum Medius Terminus haben, zuſammengeſchloſſen; er iſt daher nicht ihre beſtimmte Einheit, und die poſitive Einheit, die ihm noch zukommt, iſt nur die abſtracte Allgemeinheit. Indem die Mitte in dieſer Beſtimmung, welche ihre Wahrheit iſt, geſetzt wird, iſt diß aber eine andere Form des Schluſſes.

c. Die153III. Kapitel. Der Schluß.
c. Die dritte Figur: E A B.

1. Dieſer dritte Schluß hat keine einzige unmittel - bare Praͤmiſſe mehr; die Beziehung E A iſt durch den erſten, die Beziehung B A durch den zweyten Schluß vermittelt worden. Er ſetzt daher die beyden erſten Schluͤſſe voraus; aber umgekehrt ſetzen beyde ihn voraus, ſo wie uͤberhaupt jeder die beyden uͤbrigen vorausſetzt. In ihm iſt ſomit uͤberhaupt die Beſtim - mung des Schluſſes vollendet. Dieſe gegenſeitige Ver - mittlung enthaͤlt eben diß, daß jeder Schluß ob zwar fuͤr ſich die Vermittlung, zugleich nicht an ihm ſelbſt die Totalitaͤt derſelben iſt, ſondern eine Unmittelbar - keiten an ihm hat, deren Vermittlung ſich auſſer ihm befindet.

Der Schluß E A B an ihm ſelbſt betrachtet, iſt die Wahrheit des formalen Schluſſes, er druͤckt diß aus, daß deſſen Vermittlung die abſtract allgemeine iſt, und die Extreme nach ihrer weſentlichen Beſtimmtheit, nicht in der Mitte, ſondern nur nach ihrer Allgemein - heit enthalten, vielmehr alſo das gerade nicht darin zu - ſammengeſchloſſen iſt, was vermittelt ſeyn ſollte. Es iſt alſo hier das geſetzt, worin der Formalismus des Schluſ - ſes beſteht, deſſen Termini einen unmittelbaren gegen die Form gleichguͤltigen Inhalt haben, oder was daſſelbe iſt, ſolche Formbeſtimmungen ſind, die ſich noch nicht zu[Jnhaltsbestimmungen] reflectirt haben.

2. Die Mitte dieſes Schluſſes iſt zwar die Einheit der Extreme, aber worin von ihrer Beſtimmtheit abſtra - hirt iſt, das unbeſtimmte Allgemeine. Inſofern aber diß Allgemeine zugleich als das Abſtracte von den Extremen als dem beſtimmten unterſchieden iſt, iſtes154I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.es auch ſelbſt noch ein Beſtimmtes gegen ſie, und das Ganze ein Schluß, deſſen Verhaͤltniß zu ſeinem Be - griffe zu betrachten iſt. Die Mitte iſt als das Allge - meine gegen ihre beyden Extreme ſubſumirend oder Praͤdicat, nicht auch das einemal ſubſumirt oder Sub - ject. Inſofern er daher als eine Art des Schluſſes dieſem entſprechen ſoll, ſo kann diß nur geſchehen, daß indem die eine Beziehung E A ſchon das gehoͤrige Verhaͤltniß hat, auch die andere A B daſſelbe erhal - te. Diß geſchieht in einem Urtheil, worin das Verhaͤlt - niß von Subject und Praͤdicat gleichguͤltig iſt, in einem negativen Urtheil. So wird der Schluß legitim; aber die Concluſion nothwendig negativ.

Damit iſt es nun auch gleichguͤltig, welche von den beyden Beſtimmungen dieſes Satzes als Praͤdicat oder als Subject, und im Schluſſe ob als Extrem der Einzelnheit oder als das der Beſonderheit, hiemit ob als Terminus Minor oder als Terminus Major genom - men werde. Indem es hievon nach der gewoͤhnlichen Annahme abhaͤngt, welche von den Praͤmiſſen die Major oder Minor ſeyn ſoll, ſo iſt diß hier gleichguͤltig gewor - den. Diß iſt der Grund der gewoͤhnlichen vierten Figur des Schluſſes, die Ariſtoteles nicht gekannt, und die vollends einen ganz leeren, intereſſeloſen Unterſchied betrift. Die unmittelbare Stellung der Terminorum iſt darin die umgekehrte der Stellung der erſten Figur; da Subject und Praͤdicat des negativen Schlußſatzes nach der formalen Betrachtung des Urtheils das beſtimmte Verhaͤltniß von Subject und Praͤdicat nicht haben, ſon - dern eines die Stelle des andern einnehmen kann, ſo iſt es gleichguͤltig, welcher Terminus als Subject, und wel - cher als Praͤdicat genommen werde; daher eben ſo gleich - guͤltig, welche Praͤmiſſe als Major oder Minor genom - men wird. Dieſe Gleichguͤltigkeit, zu der auch dieBe -155III. Kapitel. Der Schluß.Beſtimmung der Particularitaͤt, (insbeſondere inſofern be - merkt wird, daß ſie im comprehenſiven Sinne genommen werden kann), verhilft, macht jene vierte Figur zu et - was ganz muͤſſigem.

3. Die objective Bedeutung des Schluſſes, worin das Allgemeine die Mitte iſt, iſt, daß das Vermittelnde als Einheit der Extreme weſentlich Allgemeines iſt. Indem die Allgemeinheit aber zunaͤchſt nur die qualitative oder abſtracte Allgemeinheit iſt, ſo iſt die Be - ſtimmtheit der Extreme darin nicht enthalten; ihr Zu - ſammenſchlieſſen, wenn es Statt finden ſoll, muß eben ſo in einer auſſer dieſem Schluſſe liegenden Vermittlung ih - ren Grund haben, und iſt in Ruͤckſicht auf dieſen ganz ſo zufaͤllig, als bey den vorhergehenden Formen der Schluͤſ - ſe. Indem nun aber das Allgemeine als die Mitte beſtimmt, und darin die Beſtimmtheit der Extreme nicht enthalten iſt, ſo iſt dieſe als eine voͤllig gleichguͤltige, und aͤuſſerliche geſetzt. Es iſt hiemit zunaͤchſt nach dieſer bloſſen Abſtraction allerdings eine vierte Figur des Schluſſes entſtanden, nemlich die des verhaͤltnißlo - ſen Schluſſes: A A A, welcher von dem qua - litativen Unterſchiede der Terminorum abſtrahirt, und ſomit die bloß aͤuſſerliche Einheit derſelben, nemlich die Gleichheit derſelben zur Beſtimmung hat.

d. Die vierte Figur: A A A oder der mathematiſche Schluß.

1. Der mathematiſche Schluß heißt: Wenn zwey Dinge oder Beſtimmungen einem Dritten gleich ſind, ſo ſind ſie unter ſich gleich. Das156I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Das Verhaͤltniß von Inhaͤrenz oder Subſumtion der Terminorum iſt darin ausgeloͤſcht.

Ein Drittes uͤberhaupt iſt das Vermittelnde; aber es hat ganz und gar keine Beſtimmung gegen ſeine Extreme. Jedes der dreyen kann daher gleich gut das dritte Vermittelnde, ſeyn. Welches dazu gebraucht, welche der drey Beziehungen daher als die unmittelba - ren, und welche als die vermittelte genommen werden ſoll, haͤngt von aͤuſſern Umſtaͤnden und ſonſtigen Bedin - gungen ab; nemlich davon, welche zwey derſelben die unmittelbar gegebenen ſind. Aber dieſe Beſtimmung geht den Schluß ſelbſt nichts an, und iſt voͤllig aͤuſ - ſerlich.

2. Der mathematiſche Schluß gilt als ein Axiom in der Mathematik; als ein an und fuͤr ſich einleuchtender, erſter Satz, der keines Beweiſes d. h. keiner Vermittlung faͤhig ſey noch beduͤrfe, nichts anderes vorausſetze, noch daraus hergeleitet werden koͤnne. Wenn der Vorzug deſſelben, unmittelbar ein - leuchtend zu ſeyn, naͤher betrachtet wird, ſo zeigt es ſich, daß er in dem Formalismus dieſes Schluſſes liegt, der von aller qualitativen Verſchiedenheit der Beſtim - mungen abſtrahirt, und nur ihre quantitative Gleichheit oder Ungleichheit aufnimmt. Aus eben dieſem Grunde iſt er aber nicht ohne Vorausſetzung oder unvermittelt; die quantitative Beſtimmung, die in ihm allein in Ruͤck - ſicht kommt, iſt nur durch die Abſtraction von dem qualitativen Unterſchiede und den Begriffsbeſtim - mungen. Linien, Figuren, die einander gleich geſetzt werden, werden nur nach ihrer Groͤſſe verſtanden; ein Dreyeck wird einem Quadrate gleich geſetzt, aber nicht als Dreyeck dem Quadrat, ſondern allein der Groͤſſe nach u. ſ. f. Eben ſo tritt der Begriff und ſeine Beſtim - mungen nicht in dieſes Schlieſſen ein; es wird damituͤber -157III. Kapitel. Der Schluß.uͤberhaupt nicht begriffen; auch hat der Verſtand nicht einmal die formalen, abſtracten Begriffsbeſtimmungen vor ſich; das Einleuchtende dieſes Schluſſes beruht da - her nur darauf, daß er an Gedankenbeſtimmung ſo duͤrf - tig und abſtract iſt.

3. Aber das Reſultat des Schluſſes des Daſeyns iſt nicht bloß dieſe Abſtraction von aller Be - griffsbeſtimmtheit; die Negativitaͤt der unmittelba - ren, abſtracten Beſtimmungen, welche daraus hervor - ging, hat noch eine andere poſitive Seite, daß nem - lich in die abſtracte Beſtimmtheit ihre andre geſetzt, und ſie dadurch concret geworden iſt.

Vors erſte haben die ſaͤmmtlichen Schluͤſſe des Daſeyns ſich gegenſeitig zur Vorausſetzung, und die im Schlußſatze zuſammengeſchloſſenen Extreme ſind nur inſofern wahrhaft und an und fuͤr ſich zuſammenge - ſchloſſen, als ſie ſonſt durch eine anderswo gegruͤndete Identitaͤt vereinigt ſind; der Medius Terminus, wie er in den betrachteten Schluͤſſen beſchaffen iſt, ſoll ihre Begriffseinheit ſeyn, aber iſt nur eine formale Be - ſtimmtheit, die nicht als ihre concrete Einheit geſetzt iſt. Aber diß Vorausgeſetzte einer jeden jener Vermitt - lungen, iſt nicht bloß eine gegebene Unmittelbar - keit uͤberhaupt, wie im mathematiſchen Schluſſe, ſon - dern es iſt ſelbſt eine Vermittlung, nemlich fuͤr jeden die beyden andern Schluͤſſe. Was alſo wahrhaft vor - handen iſt, iſt nicht die auf eine gegebene Unmittelbar - keit, ſondern die auf Vermittlung ſich gruͤndende Ver - mittlung. Diß iſt ſomit nicht die quantitative, von der Form der Vermittlung abſtrahirende, ſondern vielmehr die ſich auf Vermittlung beziehende Vermitt - lung, oder die Vermittlung der Reflexion. Der Kreis des gegenſeitigen Vorausſetzens, den dieſeSchluͤſ -158I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Schluͤſſe mit einander ſchlieſſen, iſt die Ruͤckkehr dieſes Vorausſetzens in ſich ſelbſt, welches darin eine Totalitaͤt bildet, und das Andre, worauf jeder einzelne Schluß hinweißt, nicht vermoͤge der Abſtraction auſſerhalb hat, ſondern innerhalb des Kreiſes befaßt.

Ferner von Seiten der einzelnen Formbe - ſtimmungen hat ſich gezeigt, daß in dieſem Ganzen der formalen Schluͤſſe, jede einzelne zur Stelle der Mitte gekommen iſt. Unmittelbar war dieſe als die Beſonderheit beſtimmt; hierauf beſtimmte ſie ſich durch die dialektiſche Bewegung als Einzelnheit und All - gemeinheit. Eben ſo ging jede dieſer Beſtimmungen die Stellen der beyden Extreme hindurch. Das bloß negative Reſultat iſt das Ausloͤſchen der qualitativen Formbeſtimmungen im bloß quantitati - ven, mathematiſchen Schluſſe. Aber was wahrhaft vorhanden iſt, iſt das poſitive Reſultat, daß die Vermittlung nicht durch eine einzelne, qualitative Formbeſtimmtheit geſchieht, ſondern durch die concre - te Identitaͤt derſelben. Der Mangel und Forma - lismus der drey betrachteten Figuren der Schluͤſſe be - ſteht eben darin, daß eine ſolche einzelne Beſtimmtheit die Mitte in ihnen ausmachen ſollte. Die Vermitt - lung hat ſich alſo als die Gleichguͤltigkeit der unmittel - baren oder abſtracten Formbeſtimmungen und als poſi - tive Reflexion der einen in die andere beſtimmt. Der unmittelbare Schluß des Daſeyns iſt hiemit in den Schluß der Reflexion uͤbergegangen.

Anmerkung.

In der hier gegebenen Darſtellung der Natur des Schluſſes und ſeiner verſchiedenen Formen, iſt auch beylaͤufig auf dasjenige Ruͤckſicht genommen worden, wasin159III. Kapitel. Der Schluß.in der gewoͤhnlichen Betrachtung und Behandlung der Schluͤſſe das Hauptintereſſe ausmacht, nemlich wie in jeder Figur ein richtiger Schluß gemacht werden koͤnne; doch iſt dabey nur das Hauptmoment angegeben und die Faͤlle und Verwicklungen uͤbergangen worden, welche entſtehen, wenn der Unterſchied von poſitiven und nega - tiven Urtheilen nebſt der quantitativen Beſtimmung, be - ſonders der Particularitaͤt, mit dazu gezogen wird. Einige Bemerkungen uͤber die gewoͤhnliche Anſicht und Behandlungsweiſe des Schluſſes in der Logik, werden hier noch an ihrem Orte ſtehen. Bekanntlich wurde dieſe Lehre ſo ins Genaue ausgebildet, bis ihre ſogenann - ten Spitzfindigkeiten zum allgemeinen Verdruſſe und Eckel geworden ſind. Indem der natuͤrliche Verſtand ſich gegen die ſubſtanzloſen Reflexionsformen nach allen Seiten der Geiſtesbildung geltend machte, kehrte er ſich auch gegen jene kuͤnſtliche Kenntniß der Vernunftformen, und meynte ſolche Wiſſenſchaft aus dem Grunde entbeh - ren zu koͤnnen, weil er die darin verzeichneten einzelnen Denkoperationen von Natur ohne beſonderes Erlernen ſchon von ſelbſt verrichte. Der Menſch waͤre in der That in Anſehung des vernuͤnftigen Denkens eben ſo uͤbel daran, wenn die Bedingung deſſelben das muͤhſelige Studium der Schlußformeln waͤre, als er, (wie in der Vorrede ſchon bemerkt worden) uͤbel daran ſeyn wuͤrde, wenn er nicht gehen und verdauen koͤnnte, ohne Anato - mie und Phyſiologie ſtudirt zu haben. Wie auch das Studium dieſer Wiſſenſchaften fuͤr das diaͤtetiſche Ver - halten nicht ohne Nutzen ſeyn mag, ſo wird auch dem Studium der Vernunftformen ohne Zweifel ein noch wichtigerer Einfluß auf die Richtigkeit des Denkens zu - zuſchreiben ſeyn; aber ohne in dieſe Seite, welche die Bildung des ſubjectiven Denkens, daher eigentlich die Paͤdagogik angeht, hier einzugehen, ſo wird zugegeben werden muͤſſen, daß das Studium, welches die Opera -tions -160I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.tionsweiſen und Geſetze der Vernunft zum Gegenſtand habe, an und fuͤr ſich vom groͤſten Intereſſe ſeyn muͤſ - ſe, von einem wenigſtens nicht geringerem, als die Kenntniß der Geſetze der Natur und der beſondern Ge - ſtaltungen derſelben. Wenn es nicht gering geachtet wird, etliche und ſechzig Arten von Papageyen, hundert und ſieben und dreiſſig Arten der Veronica u. ſ. f. aufge - funden zu haben, ſo wird es noch viel weniger fuͤr ge - ring geachtet werden duͤrfen, die Vernunftformen auszu - finden; iſt nicht eine Figur des Schluſſes ein unendlich hoͤheres, als eine Papagey - oder eine Veronica-Art?

So ſehr es daher fuͤr nichts mehr als Rohheit an - zuſehen iſt, die Kenntniſſe der Vernunftformen uͤberhaupt zu verachten, ſo ſehr iſt zuzugeben, daß die gewoͤhnliche Darſtellung des Schluſſes und ſeiner beſondern Geſtal - tungen, nicht eine vernuͤnftige Erkenntniß, nicht eine Darſtellung derſelben als Vernunftformen iſt, und die ſyllogiſtiſche Weisheit ſich durch ihren Unwerth die Geringſchaͤtzung zugezogen hat, die ſie erfuhr. Ihr Mangel beſteht darin, daß ſie ſchlechterdings bey der Verſtandesform des Schluſſes ſtehen bleibt, nach welcher die Begriffsbeſtimmungen als abſtracte for - male Beſtimmungen genommen werden. Es iſt um ſo inconſequenter, ſie als abſtracte Qualitaͤten feſt zu halten, da im Schluſſe die Beziehungen derſelben das We - ſentliche ausmachen, und die Inhaͤrenz und Subſumtion es ſchon enthaͤlt, daß das Einzelne, weil ihm das All - gemeine inhaͤrirt, ſelbſt allgemeines, und das Allgemeine, weil es das Einzelne ſubſumirt, ſelbſt einzelnes iſt, und naͤher der Schluß eben dieſe Einheit als Mitte aus - druͤcklich ſetzt, und ſeine Beſtimmung gerade die Ver - mittlung iſt, d. i. daß die Begriffsbeſtimmungen nicht mehr wie im Urtheile ihre Aeuſſerlichkeit gegen einander, ſondern vielmehr ihre Einheit zur Grundlage haben. Es161III. Kapitel. Der Schluß.Es iſt ſomit durch den Begriff des Schluſſes die Unvoll - kommenheit des formalen Schluſſes ausgeſprochen, in welchem die Mitte, nicht als Einheit der Extreme, ſon - dern als eine formale, von ihnen qualitativ verſchiede - ne, abſtracte Beſtimmung feſtgehalten werden ſoll. Die Betrachtung wird noch dadurch gehaltleerer, daß auch ſolche Beziehungen oder Urtheile, worin ſelbſt die formellen Beſtimmungen gleichguͤltig werden, wie im ne - gativen und particulaͤren Urtheile, und die ſich daher den Saͤtzen naͤhern, noch als vollkommene Verhaͤltniſſe angenommen werden. Indem nun uͤberhaupt die qua - litative Form E B A als das letzte und abſolute gilt, ſo faͤllt die dialektiſche Betrachtung des Schluſſes ganz hinweg, die uͤbrigen Schluͤſſe werden ſomit nicht als nothwendige Veraͤnderungen jener Form, ſondern als Arten betrachtet. Es iſt hiebey gleich - guͤltig, ob der erſte formale Schluß ſelbſt nur als eine Art neben den uͤbrigen, oder aber als Gattung und Art zugleich betrachtet wird; letzteres geſchieht, indem die uͤbrigen Schluͤſſe auf den erſten zuruͤckgebracht wer - den. Geſchieht dieſe Reduction nicht ausdruͤcklich, ſo liegt immer daſſelbe formelle Verhaͤltniß der aͤuſſerlichen Subſumtion zu Grunde, welche die erſte Figur ausdruͤckt.

Dieſer formelle Schluß iſt der Widerſpruch, daß die Mitte die beſtimmte Einheit der Extreme ſeyn ſoll, aber nicht als dieſe Einheit, ſondern als eine von denen, deren Einheit ſie ſeyn ſoll, qualitativ verſchiedene Be - ſtimmung iſt. Weil der Schluß dieſer Widerſpruch iſt, iſt er an ihm ſelbſt dialektiſch. Seine dialektiſche Be - wegung ſtellt ihn in den vollſtaͤndigen Begriffsmomenten dar, daß nicht nur jenes Verhaͤltniß der Subſumtion, oder die Beſonderheit, ſondern eben ſo weſentlich die negative Einheit und die Allgemeinheit Momente des Zuſammenſchlieſſens ſind. Inſofern jedes derſelben fuͤrLſich162I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.ſich eben ſo nur ein einſeitiges Moment der Beſonderheit iſt, ſind ſie gleichfalls unvollkommene Mitten, aber zu - gleich machen ſie die entwickelten Beſtimmungen derſel - ben aus; der ganze Verlauf durch die drey Figuren ſtellt die Mitte in jeder dieſer Beſtimmungen nach einander dar, und das wahre Reſultat, das daraus hervorgeht, iſt, daß die Mitte nicht eine einzelne, ſondern die Totali - taͤt derſelben iſt.

Der Mangel des formalen Schluſſes liegt daher nicht in der Form des Schluſſes, ſie iſt vielmehr die Form der Vernuͤnftigkeit, ſondern daß ſie nur als abſtracte, daher begriffloſe Form iſt. Es iſt gezeigt worden, daß die abſtracte Beſtimmung um ihrer ab - ſtracten Beziehung auf ſich willen, eben ſo ſehr als In - halt betrachtet werden kann; inſofern leiſtet der formale Schluß weiter nichts, als daß eine Beziehung eines Subjects auf ein Praͤdicat nur aus dieſem Medius Terminus folge oder nicht folge. Es hilft nichts ei - nen Satz durch ein ſolchen Schluß erwieſen zu haben; um der abſtracten Beſtimmtheit des Medius Terminus willen, der eine begriffloſe Qualitaͤt iſt, kann es eben ſo gut andere Medios Terminos geben, aus denen das Gegentheil folgt, ja aus demſelben Medius Terminus koͤnnen auch wieder entgegengeſetzte Praͤdicate durch wei - tere Schluͤſſe abgeleitet werden. Auſſerdem, daß der formale Schluß nicht viel leiſtet, iſt er auch etwas ſehr einfaches; die vielen Regeln, welche erfunden worden, ſind ſchon darum laͤſtig, weil ſie mit der einfachen Na - tur der Sache ſo ſehr contraſtiren, dann aber auch, weil ſie ſich auf die Faͤlle beziehen, wo der formale Gehalt des Schluſſes, durch die aͤuſſerliche Formbeſtimmung be - ſonders der Particularitaͤt, vornemlich inſofern ſie zu dieſem Behuf in comprehenſivem Sinne genommen wer - den muß, vollends vermindert, und auch der Form nachnur163III. Kapitel. Der Schluß.nur ganz gehaltloſe Reſultate herausgebracht werden. Die gerechteſte und wichtigſte Seite der Ungunſt, in welche die Syllogiſtik verfallen, iſt aber, daß ſie eine ſo weitlaͤuffige begriffloſe Beſchaͤftigung mit einem Gegenſtande ſind, deſſen einziger Inhalt der Begriff ſelbſt iſt. Die vielen ſyllogiſtiſchen Regeln erinnern an das Verfahren der Rechenmeiſter, welche gleichfalls eine Menge Regeln uͤber die arithmetiſchen Operationen geben, welche alle voraus ſetzen, daß man den Begriff der Operation nicht habe. Aber die Zahlen ſind ein begriffloſer Stoff, die Rechenoperation iſt ein aͤuſſerliches Zuſammenfaſſen oder Trennen, ein mechaniſches Verfah - ren, wie denn Rechen-Maſchinen erfunden worden ſind, welche dieſe Operationen vollbringen; das haͤrteſte und grellſte dagegen iſt, wenn die Formbeſtimmungen des Schluſſes, welche Begriffe ſind, als ein begriffloſer Stoff behandelt werden.

Das Aeuſſerſte von dieſem begriffloſen Nehmen der Begriffsbeſtimmungen des Schluſſes, iſt wohl, daß Leibnitz (Opp. Tom. II. P. I.) den Schluß dem combinatori - ſchen Calcul unterworfen, und durch denſelben berechnet hat, wie viele Stellungen des Schluſſes moͤglich ſind; mit Ruͤckſicht nemlich auf die Unterſchiede von poſitiven und negativen, dann von allgemeinen, particulaͤren, unbeſtimmten und ſingulaͤren Urtheilen; es finden ſich ſolcher Verbindungen 2048 moͤglich, wovon nach Aus - ſchlieſſung der unbrauchbaren 24 brauchbare Figuren uͤbrig bleiben. Leibnitz macht ſehr viel von der Nuͤtz - lichkeit der combinatoriſchen Analyſis, um nicht nur die Formen des Schluſſes, ſondern auch die Verbindungen von andern Begriffen zu finden. Die Operation, wo - durch diß gefunden wird, iſt dieſelbe, wodurch berechnet wird, wie viele Verbindungen von Buchſtaben ein Alpha - bet zulaͤßt, wie vielerley Wuͤrfe in einem Wuͤrfelſpiel,L 2Spie -164I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Spiele mit einer L’hombre-Charte moͤglich ſind u. ſ. f. Man findet hier alſo die Beſtimmungen des Schluſſes in Eine Claſſe mit den Punkten des Wuͤrfels und der L’hombre-Charte geſetzt, das Vernuͤnftige als ein todtes und begriffloſes genommen, und das eigenthuͤmliche des Begriffs und ſeiner Beſtimmungen, als geiſtige Weſen ſich zu beziehen, und durch diß Beziehen ihre un - mittelbare Beſtimmung aufzuheben, auf der Sei - te gelaſſen. Dieſe Leibnitziſche Anwendung des com - binatoriſchen Calculs auf den Schluß und auf die Ver - bindung anderer Begriffe unterſchied ſich von der ver - ruffenen Lullianiſchen Kunſt durch nichts, als daß ſie von Seiten der Anzahl methodiſcher war, uͤbrigens an Sinnloſigkeit ihr gleich kam. Es hing hiemit ein Lieblingsgedanke Leibnitzens zuſammen, den er in der Jugend gefaßt, und der Unreifheit und Seichtigkeit deſ - ſelben unerachtet, auch ſpaͤterhin nicht aufgab, von einer allgemeinen Charakteriſtik der Begriffe, einer Schriftſprache, worin jeder Begriff dargeſtellt werde, wie er eine Beziehung aus andern iſt, oder ſich auf an - dere beziehe als ob in der vernuͤnftigen Verbindung, welche weſentlich dialektiſch iſt, ein Inhalt noch dieſel - ben Beſtimmungen behielte, die er hat, wenn er fuͤr ſich fixirt iſt.

Der Ploucquetſche Calcul hat ohne Zweifel die conſequenteſte Verfahrungsweiſe ergriffen, wodurch das Verhaͤltniß des Schluſſes faͤhig wird, dem Calcul unterworfen zu werden. Er beruht darauf, daß von dem Verhaͤltnißunterſchiede, dem Unterſchiede der Einzeln - heit, Beſonderheit und Allgemeinheit im Urtheile abſtra - hirt, und die abſtracte Identitaͤt des Subjects und Praͤdicats feſtgehalten wird, wodurch ſie in ma - thematiſcher Gleichheit ſind; einer Beziehung, welche das Schlieſſen zu einer voͤllig gehaltleeren undtav -165III. Kapitel. Der Schluß.tavtologiſchen Formirung von Saͤtzen macht. Im Satze: die Roſe iſt roth, ſoll das Praͤdicat nicht das allgemeine Roth, ſondern nur das beſtimmte Roth der Roſe bedeuten; im Satze: alle Chriſten ſind Men - ſchen, ſoll das Praͤdicat nur diejenigen Menſchen bedeu - ten, welche Chriſten ſind; aus dieſem und dem Satze: die Juden ſind keine Chriſten, folgt dann der Schluß - ſatz, der dieſen ſyllogiſtiſchen Calcul bey Mendelsſohn nicht gut empfohlen hat: Alſo ſind die Juden kei - ne Menſchen, (nemlich diejenigen Menſchen nicht, welche die Chriſten ſind). Ploucquet gibt als eine Folge ſeiner Erfindung an, poſſe etiam rudes me - chanice totam logicam doceri, uti pueri arith - meticam docentur, ita quidem, ut nulla formidine in ra - tiociniis ſuis errandi torqueri, vel fallaciis circumveniri poſſint, ſi in calculo non errant. Dieſe Empfehlung, daß Ungebildeten durch den Calcul mechaniſch die ganze Logik beygebracht werden koͤnne, iſt wohl das ſchlimmſte, was von einer Erfindung uͤber die Darſtel - lung der logiſchen Wiſſenſchaft geſagt werden kann.

B. Der Schluß der Reflexion.

Der Verlauf des qualitativen Schluſſes, hat das Abſtracte der Beſtimmungen deſſelben aufgehoben; der Terminus hat ſich dadurch als eine ſolche Beſtimmt - heit geſetzt, in welcher auch die andre ſcheint. Auſſer den abſtracten Terminis iſt im Schluſſe auch die Be - ziehung derſelben vorhanden, und im Schlußſatz iſt ſie als eine vermittelte und nothwendige geſetzt; daher iſt jede Beſtimmtheit in Wahrheit nicht als eine einzelnefuͤr166I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.fuͤr ſich, ſondern als Beziehung der andern, als con - crete Beſtimmtheit, geſetzt.

Die Mitte war die abſtracte Beſonderheit, fuͤr ſich eine einfache Beſtimmtheit, und Mitte nur aͤuſſerlich und relativ gegen die ſelbſtſtaͤndigen Extreme. Nunmehr iſt ſie geſetzt als die Totalitaͤt der Beſtimmungen; ſo iſt ſie die geſetzte Einheit der Extreme; zunaͤchſt aber die Einheit der Reflexion, welche ſie in ſich befaßt; ein Befaſſen, welches als erſtes Aufheben der Unmittel - barkeit und erſtes Beziehen der Beſtimmungen, noch nicht die abſolute Identitaͤt des Begriffes iſt.

Die Extreme ſind die Beſtimmungen des Urtheils der Reflexion; eigentliche Einzelnheit, und Allge - meinheit als Verhaͤltnißbeſtimmung, oder eine Man - nichfaltiges in ſich zuſammenfaſſende Reflexion. Aber das einzelne Subject enthaͤlt auch, wie beym Urtheile der Reflexion gezeigt worden, auſſer der bloſſen Einzeln - heit, die der Form angehoͤrt, die Beſtimmtheit, als ſchlechthin in ſich reflectirte Allgemeinheit, als voraus - geſetzte, d. h. hier noch unmittelbar angenommene, Gattung.

Aus dieſer Beſtimmtheit der Extreme, welche dem Verlauf der Urtheilsbeſtimmung angehoͤrt, ergibt ſich der naͤhere Inhalt der Mitte, auf die es weſentlich beym Schluſſe ankommt, da ſie ihn vom Urtheile unter - ſcheidet. Sie enthaͤlt 1) die Einzelnheit, 2) aber zur Allgemeinheit erweitert, als Alle, 3) die zum Grunde liegende, Einzelnheit und abſtracte Allgemein - heit ſchlechthin in ſich vereinigende Allgemeinheit, die Gattung. Der Schluß der Reflexion hat auf dieſe Weiſe erſt die eigentliche Beſtimmtheit der Form, indem die Mitte als die Totalitaͤt der Beſtimmungen ge - ſetzt iſt; der unmittelbare Schluß iſt gegen ihn deß -wegen167III. Kapitel. Der Schluß.wegen der unbeſtimmte, als die Mitte erſt noch die abſtracte Beſonderheit iſt, in welcher die Momente ih - res Begriffs noch nicht geſetzt ſind. Dieſer erſte Schluß der Reflexion, kann der Schluß der Allheit genannt werden.

a. Schluß der Allheit.

1. Der Schluß der Allheit iſt der Verſtandesſchluß in ſeiner Vollkommenheit, mehr aber noch nicht. Daß die Mitte in ihm nicht abſtracte Beſonderheit, ſon - dern in ihre Momente entwickelt und daher als concrete iſt, iſt zwar ein weſentliches Erforderniß fuͤr den Be - griff, allein die Form der Allheit faßt das Einzelne zunaͤchſt nur aͤuſſerlich in die Allgemeinheit zuſammen, und umgekehrt erhaͤlt ſie das Einzelne noch als ein un - mittelbar fuͤr ſich beſtehendes, in der Allgemeinheit. Die Negation der Unmittelbarkeit der Beſtimmungen, die das Reſultat des Schluſſes des Daſeyns war, iſt nur die erſte Negation, noch nicht die Negation der Negation, oder abſolute Reflexion in ſich. Jener die einzelnen Beſtimmungen in ſich befaſſenden Allgemeinheit der Re - flexion, liegen ſie daher noch zu Grunde, oder die All - heit iſt noch nicht die Allgemeinheit des Begriffs, ſon - dern die aͤuſſere der Reflexion.

Der Schluß des Daſeyns war darum zufaͤllig, weil der Medius Terminus deſſelben als eine einzelne Be - ſtimmtheit des concreten Subjects, eine unbeſtimmbare Menge anderer ſolcher Mediorum Terminorum zulaͤßt, und damit das Subject mit unbeſtimmbar andern, und mit entgegengeſetzten Praͤdicaten zuſammen geſchloſſen ſeyn konnte. Indem die Mitte aber nunmehr dieEin -168I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Einzelnheit enthaͤlt, und hiedurch ſelbſt concret iſt, ſo kann durch ſie mit dem Subject nur ein Praͤdicat verbunden werden, das ihm als concretem zukommt. Wenn z. B. aus dem Medius Terminus: Gruͤn, ge - ſchloſſen werden ſollte, daß ein Gemaͤhlde angenehm ſey, weil das Gruͤn dem Auge angenehm iſt, oder ein Ge - dicht, ein Gebaͤude u. ſ. f. ſchoͤn ſey, weil es Regel - maͤſſigkeit beſitze, ſo koͤnnte das Gemaͤhlde, u. ſ. f. deſſen ungeachtet haͤßlich ſeyn, um anderer Beſtimmun - gen willen, aus denen auf diß letztere Praͤdicat geſchloſ - ſen werden koͤnnte. Indem hingegen der Medius Ter - minus die Beſtimmung der Allheit hat, ſo enthaͤlt er das Gruͤne, die Regelmaͤſſigkeit als ein Concretes, das eben darum nicht die Abſtraction eines bloß Gruͤnen, Regelmaͤſſigen u. ſ. f. iſt; mit dieſem Concreten koͤn - nen nun nur Praͤdicate verbunden ſeyn, die der Tota - litaͤt des Concreten gemaͤß ſind. In dem Ur - theil: Das Gruͤne, oder Regelmaͤſſige iſt an - genehm, iſt das Subject nur die Abſtraction von Gruͤn, Regelmaͤſſigkeit; in dem Satze: Alles Gruͤne, oder Regelmaͤſſige iſt angenehm; iſt das Sub - ject dagegen: alle wirklichen concreten Gegenſtaͤnde, die gruͤn oder regelmaͤſſig ſind, die alſo als concrete mit allen ihren Eigenſchaften, die ſie auſſer dem Gruͤnen oder der Regelmaͤſſigkeit noch haben, ge - nommen werden.

2. Dieſe Reflexions-Vollkommenheit des Schluſſes macht ihn aber eben hiemit zu einem bloſſen Blendwerk. Der Medius Terminus hat die Beſtimmtheit: Alle; dieſen kommt im Oberſatze das Praͤdicat unmittelbar zu, das mit dem Subjecte zuſammen geſchloſſen wird. Aber Alle ſind alle Einzelne; darin hat alſo das einzelne Subject jenes Praͤdicat ſchon unmittelbar, und erhaͤlt es nicht erſt durch den Schluß. Oderdas169III. Kapitel. Der Schluß.das Subject erhaͤlt durch den Schlußſatz ein Praͤdicat, als eine Folge; der Oberſatz aber enthaͤlt in ſich ſchon dieſen Schlußſatz; der Oberſatz iſt alſo nicht fuͤr ſich richtig, oder iſt nicht ein unmittelbares, voraus - geſetztes Urtheil, ſondern ſetzt ſelbſt ſchon den Schlußſatz voraus, deſſen Grund er ſeyn ſollte. In dem beliebten vollkommenen Schluſſe:

Alle Menſchen ſind ſterblich,
Nun iſt Cajus ein Menſch
Ergo iſt Cajus ſterblich,

iſt der Oberſatz nur darum und inſofern richtig, als der Schlußſatz richtig iſt; waͤre Cajus zufaͤlligerwei - ſe nicht ſterblich, ſo waͤre der Oberſatz nicht richtig. Der Satz, welcher Schlußſatz ſeyn ſollte, muß ſchon unmittelbar fuͤr ſich richtig ſeyn, weil der Oberſatz ſonſt nicht Alle Einzelne befaſſen koͤnnte; ehe der Oberſatz als richtig gelten kann, iſt vorher die Fra - ge, ob nicht jener Schlußſatz ſelbſt eine Inſtanz gegen ihn ſey.

3. Beym Schluſſe des Daſeyns ergab ſich aus dem Begriffe des Schluſſes, daß die Praͤmiſſen als unmit - telbare, dem Schlußſatze, nemlich der durch den Be - griff des Schluſſes gefoderten Vermittlung, wider - ſprachen, daß der erſte Schluß daher andere, und um - gekehrt dieſe andern ihn vorausſetzten. Im Schluſſe der Reflexion iſt diß an ihm ſelbſt geſetzt, daß der Ober - ſatz ſeinen Schlußſatz vorausſetzt, indem jener die Ver - bindung des Einzelnen mit einem Praͤdicate enthaͤlt, wel - che eben erſt Schlußſatz ſeyn ſoll.

Was alſo in der That vorhanden iſt, kann zu - naͤchſt ſo ausgedruͤckt werden: daß der Reflexionsſchluß nur ein aͤuſſerlicher leerer Schein des Schlieſſensiſt,170I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.iſt, daß ſomit das Weſen dieſes Schlieſſens auf ſub - jectiver Einzelnheit beruht, dieſe hiemit die Mitte ausmacht, und als ſolche zu ſetzen iſt; die Einzeln - heit, welche als ſolche iſt, und nur aͤuſſerlich die Allge - meinheit an ihr hat. Oder nach dem naͤhern Inhalt des Reflexionsſchluſſes zeigte ſich, daß das Einzelne in unmittelbarer, nicht einer erſchloſſenen Beziehung auf ſein Praͤdicat ſteht, und daß der Oberſatz, die Ver - bindung eines Beſondern mit einem Allgemeinen, oder naͤher eines formell Allgemeinen, mit einem an ſich All - gemeinen, durch die Beziehung der Einzelnheit, die in je - nem vorhanden iſt, der Einzelnheit als Allheit, vermittelt iſt. Diß aber iſt der Schluß der In - duction.

b. Schluß der Induction.

1. Der Schluß der Allheit ſteht unter dem Schema der erſten Figur: E B A; der Schluß der In - duction unter dem der zweyten A E B, da er wieder die Einzelnheit zur Mitte hat, nicht die abſtracte Einzelnheit, ſondern als vollſtaͤndig, nemlich geſetzt mit der ihr entgegengeſetzten Beſtimmung, der Allge - meinheit. Das eine Extrem iſt irgend ein Praͤ - dicat, das allen dieſen Einzelnen gemeinſchaftlich iſt; die Beziehung deſſelben auf ſie macht die unmittelbaren Praͤmiſſen aus, dergleichen eine im vorhergehenden Schluſſe, Schlußſatz ſeyn ſollte. Das andre Extrem kann die unmittelbare Gattung ſeyn, wie ſie in der Mitte des vorigen Schluſſes, oder im Subjecte des univerſellen Urtheils vorhanden iſt, und welche in den ſaͤmmtlichen Einzelnen oder auch Ar -ten171III. Kapitel. Der Schluß.ten der Mitte erſchoͤpft iſt. Der Schluß hat hienach die Geſtalt:

[figure]

unendliche.

2. Die zweyte Figur des formalen Schluſſes A E B entſprach dem Schema darum nicht, weil in der einen Praͤmiſſe E, das die Mitte ausmacht, nicht ſubſumirend oder Praͤdicat war. In der Induction iſt dieſer Mangel gehoben; die Mitte iſt hier: Alle Ein - zelne; der Satz: A E, welcher das objective All - gemeine oder Gattung als zum Extrem ausgeſchieden, als Subject enthaͤlt, hat ein Praͤdicat, das mit ihm we - nigſtens von gleichem Umfange, hiemit fuͤr die aͤuſſere Reflexion identiſch iſt. Der Loͤwe, Elephant, u. ſ. f. machen die Gattung des vierfuͤſſigen Thiers aus; der Unterſchied, daß derſelbe Inhalt, das einemal in der Einzelnheit, das andremal in der Allgemeinheit ge - ſetzt iſt, iſt hiemit bloße gleichguͤltige Formbe - ſtimmung, eine Gleichguͤltigkeit, welche das im Re - flexionsſchluſſe geſetzte Reſultat des formalen Schluſſes, und hier durch die Gleichheit des Umfangs geſetzt iſt.

Die Induction iſt daher nicht der Schluß der bloſ - ſen Wahrnehmung oder des zufaͤlligen Daſeyns, wie die ihm entſprechende zweyte Figur, ſondern Schluß der Erfahrung; des ſubjectiven Zuſammenfaſſens der Einzelnen in die Gattung, und des Zuſammenſchlieſ - ſens der Gattung mit einer allgemeinen Beſtimmtheit, weil ſie in allen einzelnen angetroffen wird. Er hat auch die objective Bedeutung, daß die unmittelbare Gat - tung ſich durch die Totalitaͤt der Einzelnheit zu einer all -ge -172I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.gemeinen Eigenſchaft beſtimmt, in einem allgemeinen Verhaͤltniſſe oder Merkmahl ihr Daſeyn hat. Allein die objective Bedeutung dieſes, wie der andern Schluͤſſe iſt nur erſt ihr innerer Begriff, und hier noch nicht geſetzt.

3. Die Induction iſt vielmehr noch weſentlich ein ſubjectiver Schluß. Die Mitte ſind die Einzelnen in ih - rer Unmittelbarkeit, das Zuſammenfaſſen derſelben in die Gattung durch die Allheit iſt eine aͤuſſerliche Re - flexion. Um der beſtehenden Unmittelbarkeit der Einzelnen, und um der daraus flieſſenden Aeuſſer - lichkeit willen, iſt die Allgemeinheit nur Vollſtaͤndig - keit, oder bleibt vielmehr eine Aufgabe. Es kommt an ihr daher wieder der Progreß in die ſchlechte Unendlichkeit zum Vorſchein; die Einzelnheit ſoll als identiſch mit der Allgemeinheit geſetzt werden, aber indem die Einzelnen ebenſoſehr als unmittelbare geſetzt ſind, ſo bleibt jene Einheit nur ein perennirendes Sollen; ſie iſt eine Einheit der Gleichheit; die identiſch ſeyn ſollen, ſollen es zugleich nicht ſeyn. Die a, b, c, d, e nur ins Unendliche fort machen die Gattung aus, und geben die vollen - dete Erfahrung. Der Schlußſatz der Induction bleibt inſofern problematiſch.

Indem ſie aber diß ausdruͤckt, daß die Wahrneh - mung, um zur Erfahrung zu werden, ins unendliche fortgeſetzt werden ſoll, ſetzt ſie voraus, daß die Gat - tung mit ihrer Beſtimmtheit an und fuͤr ſich zuſam - mengeſchloſſen ſey. Sie ſetzt damit eigentlich ihren Schlußſatz vielmehr als ein unmittelbares voraus, wie der Schluß der Allheit fuͤr eine ſeiner Praͤmiſſen den Schlußſatz vorausſetzt. Eine Erfahrung, die auf In - duction beruht, wird als guͤltig angenommen, obgleich die Wahrnehmung zugeſtandenermaßen nicht vollen -det173III. Kapitel. Der Schluß.det iſt; es kann aber nur angenommen werden, daß ſich keine Inſtanz gegen jene Erfahrung ergeben koͤn - ne, inſofern dieſe an und fuͤr ſich wahr ſey. Der Schluß durch Induction gruͤndet ſich daher wohl auf eine Unmittelbarkeit, aber nicht auf die, auf die er ſich gruͤnden ſollte, auf die ſeyende Unmittelbarkeit der Einzelnheit, ſondern auf die an und fuͤr ſich ſeyende, auf die allgemeine. Die Grundbe - ſtimmung der Induction iſt, ein Schluß zu ſeyn; wenn die Einzelnheit als weſentliche, die Allgemeinheit aber nur als aͤuſſerliche Beſtimmung der Mitte genommen wird, ſo fiele die Mitte in zwey unverbundne Theile aus einander, und es waͤre kein Schluß vorhan - den; dieſe Aeuſſerlichkeit gehoͤrt vielmehr den Extremen an. Die Einzelnheit kann nur Mitte ſeyn, als un - mittelbar identiſch mit der Allgemeinheit; eine ſolche Allgemeinheit iſt eigentlich die objective, die Gattung. Diß kann auch ſo betrachtet wer - den: die Allgemeinheit iſt an der Beſtimmung der Ein - zelnheit, welche der Mitte der Induction zu Grunde liegt, aͤuſſerlich, aber weſentlich; ein ſolches Aeuſſer - liche iſt ſo ſehr unmittelbar ſein Gegentheil, das In - nerliche. Die Wahrheit des Schluſſes der In - duction iſt daher ein ſolcher Schluß, der eine Einzeln - heit zur Mitte hat, die unmittelbar an ſich ſelbſt All - gemeinheit iſt; der Schluß der Analogie.

c. Der Schluß der Analogie.

1. Dieſer Schluß hat die dritte Figur des unmit - telbaren Schluſſes: E A B zu ſeinem abſtracten Schema. Aber ſeine Mitte iſt nicht mehr irgend eine einzelne Qualitaͤt, ſondern eine Allgemeinheit, welchedie174I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.die Reflexion - in - ſich eines Concreten, ſo - mit die Natur deſſelben iſt; und umgekehrt, weil ſie ſo die Allgemeinheit als eines Concreten iſt, iſt ſie zugleich an ſich ſelbſt diß Concrete. Es iſt hier alſo ein Einzelnes die Mitte, aber nach ſeiner allgemei - nen Natur; ferner iſt ein anderes Einzelnes, Extrem, welches mit jenem dieſelbe allgemeine Natur hat. Z. B.

Die Erde hat Bewohner
Der Mond iſt eine Erde,
Alſo hat der Mond Bewohner.

2. Die Analogie iſt um ſo oberflaͤchlicher, je mehr das Allgemeine, in welchem die beyden Einzelnen eins ſind, und nach welchem das eine, Praͤdicat des andern wird, eine bloſſe Qualitaͤt oder wie die Qualitaͤt ſub - jectiv genommen wird, ein oder anderes Merkmahl iſt, wenn die Identitaͤt beyder hierin als eine bloſſe Aehnlichkeit genommen wird. Dergleichen Ober - flaͤchlichkeit aber, zu der eine Verſtandes - oder Vernunft - form dadurch gebracht wird, daß man ſie in die Sphaͤ - re der bloſſen Vorſtellung herabſetzt, ſollte in der Logik gar nicht angefuͤhrt werden. Auch iſt es un - paſſend, den Oberſatz dieſes Schluſſes ſo darzuſtellen, daß er lauten ſolle: Was einem Objecte in eini - gen Merkmahlen aͤhnlich iſt, das iſt ihm auch in andern aͤhnlich. Auf ſolche Weiſe wird die Form des Schluſſes in Geſtalt eines Inhalts ausgedruͤckt, und der empiriſche, eigentlich ſo zu nen - nende, Inhalt zuſammen in den Unterſatz verlegt. So koͤnnte auch die ganze Form z. B. des erſten Schluſſes als ſein Oberſatz ausgedruͤckt werden: Was unter ein anderes ſubſumirt iſt, welchem ein Drit - tes inhaͤrirt, dem inhaͤrirt auch diß Dritte; Nun aber und ſo fort. Aber beym Schluſſe ſelbſt kommt es nicht auf den empiriſchen Inhalt an, undſei -175III. Kapitel. Der Schluß.ſeine eigene Form zum Inhalt eines Oberſatzes zu ma - chen, iſt ſo gleichguͤltig, als ob jeder andere empiriſche Inhalt dafuͤr genommen wuͤrde. Inſofern es aber beym Schluß der Analogie auf jenen Inhalt, der nichts als die eigenthuͤmliche Form des Schluſſes enthaͤlt, nicht ankommen ſollte, ſo kaͤme auch es auch bey dem erſten Schluß ebenſoſehr nicht darauf an, d. h. nicht auf das, was den Schluß zum Schluſſe macht. Worauf es ankommt, iſt immer die Form des Schluſſes, er mag nun dieſe ſelbſt, oder etwas anderes zu ſeinem empiriſchen Inhalte haben. So iſt der Schluß der Analogie eine eigenthuͤmliche Form, und es iſt ein ganz leerer Grund, ihn nicht fuͤr eine ſolche anſehen zu wollen, weil ſeine Form zum Inhalt oder Materie eines Oberſatzes gemacht werden koͤnne, die Materie aber das Logiſche nicht an - gehe. Was beym Schluſſe der Analogie, etwa auch beym Schluſſe der Induction zu dieſem Gedanken verlei - ten kann, iſt, daß in ihnen die Mitte und auch die Ex - treme weiter beſtimmt ſind, als in dem bloß formalen Schluſſe, und daher die Formbeſtimmung, weil ſie nicht mehr einfach und abſtract iſt, auch als Inhaltsbe - ſtimmung erſcheinen muß. Aber diß, daß die Form ſich ſo zum Inhalte beſtimmt, iſt erſtlich ein nothwendi - ges Fortgehen des Formalen, und betrifft daher die Na - tur des Schluſſes weſentlich; daher kann aber zwey - tens eine ſolche Inhaltsbeſtimmung nicht als eine ſol - che, wie ein anderer empiriſcher Inhalt angeſe - hen und davon abſtrahirt werden.

Wenn die Form des Schluſſes der Analogie in je - nem Ausdruck ſeines Oberſatzes betrachtet wird, daß wenn zwey Gegenſtaͤnde in einer oder auch einigen Eigenſchaften uͤbereinkommen, ſo kommt dem einen auch eine weitere Eigen - ſchaft zu, die der andere hat, ſo kann es ſchei -nen,176I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.nen, daß dieſer Schluß vier Beſtimmungen, die quaternionem terminorum, enthalte; ein Umſtand, der die Schwierigkeit mit ſich fuͤhrte, die Analogie in die Form eines formalen Schluſſes zu bringen. Es ſind zwey Einzelne, drittens eine unmittelbar als ge - meinſchaftlich angenommene Eigenſchaft, und viertens die andere Eigenſchaft, die das eine Einzelne unmittel - bar hat, die das andere aber erſt durch den Schluß er - haͤlt. Diß ruͤhrt daher, daß, wie ſich ergeben hat, in dem analogiſchen Schluſſe die Mitte als Einzeln - heit, aber unmittelbar auch als deren wahre Allgemein - heit geſetzt iſt. In der Induction iſt auſſer den beyden Extremen die Mitte eine unbeſtimmbare Menge von Einzelnen; in dieſem Schluſſe ſollte daher eine un - endliche Menge von Terminis gezaͤhlt werden. Im Schluſſe der Allheit iſt die Allgemeinheit an der Mitte nur erſt als die aͤuſſerliche Formbeſtimmung der Allheit; im Schluſſe der Analogie dagegen als weſentliche Allge - meinheit. Im obigen Beyſpiel iſt der Medius Termi - nus: die Erde, als ein Concretes genommen, das nach ſeiner Wahrheit ebenſoſehr eine allgemeine Natur oder Gattung, als ein Einzelnes iſt.

Nach dieſer Seite machte die Quaternio terminorum die Analogie nicht zu einem unvollkommenen Schluß. Aber er wird es durch ſie nach einer andern Seite; denn wenn zwar das eine Subject dieſelbe allgemeine Natur hat, als das andere, ſo iſt es unbeſtimmt, ob dem einen Subject die Beſtimmtheit, die auch fuͤr das andere erſchloſſen wird, vermoͤge ſeiner Natur, oder vermoͤge ſeiner Beſonderheit zukommt, ob z. B. die Erde als Weltkoͤrper uͤberhaupt, oder nur als dieſer beſondere Weltkoͤrper Bewohner hat. Die Ana - logie iſt inſofern noch ein Schluß der Reflexion, als Einzelnheit und Allgemeinheit in deſſen Mitte unmit -tel -177III. Kapitel. Der Schluß.telbar vereinigt ſind. Um dieſer Unmittelbarkeit willen iſt noch die Aeuſſerlichkeit der Reflexions-Einheit vor - handen, das Einzelne iſt nur an ſich die Gattung, es iſt nicht in dieſer Negativitaͤt geſetzt, wodurch ſeine Be - ſtimmtheit als die eigene Beſtimmtheit der Gattung waͤre. Darum iſt das Praͤdicat, das dem Einzelnen der Mitte zukommt, nicht auch ſchon Praͤdicat des andern Einzelnen, obgleich dieſe beyde einerley Gattung an - gehoͤren.

3. E B (der Mond hat Bewohner) iſt der Schluß - ſatz; aber die eine Praͤmiſſe (die Erde hat Bewohner) iſt ein eben ſolches E B; inſofern E B ein Schluß - ſatz ſeyn ſoll, ſo liegt darin die Foderung, daß auch jene Praͤmiſſe ein ſolcher ſey. Dieſer Schluß iſt ſomit in ſich ſelbſt die Foderung ſeiner gegen die Unmittelbarkeit, die er enthaͤlt; oder er ſetzt ſeinen Schlußſatz voraus. Ein Schluß des Daſeyns hat ſeine Vorausſetzung an den andern Schluͤſſen des Daſeyns; bey den ſo eben betrachteten iſt ſie in ſie hinein geruͤckt, weil ſie Schluͤſſe der Reflexion ſind. Indem alſo der Schluß der Analo - gie die Foderung ſeiner Vermittlung gegen die Unmittel - barkeit iſt, mit welcher ſeine Vermittlung behaftet iſt, ſo iſt es das Moment der Einzelnheit, deſſen Aufhe - bung er fodert. So bleibt fuͤr die Mitte das objective Allgemeine, die Gattung gereinigt von der Unmittel - barkeit. Die Gattung war im Schluſſe der Analogie Moment der Mitte, nur als unmittelbare Voraus - ſetzung; indem der Schluß ſelbſt die Aufhebung der vorausgeſetzten Unmittelbarkeit fodert, ſo iſt die Nega - tion der Einzelnheit, und hiemit das Allgemeine nicht mehr unmittelbar, ſondern geſetzt. Der Schluß der Reflexion enthielt erſt die erſte Negation der Unmittel - barkeit; es iſt nunmehr die zweyte eingetreten, und damit die aͤuſſerliche Reflexions-Allgemeinheit zur anMund178I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.und fuͤr ſich ſeyenden beſtimmt. Von der poſitiven Seite betrachtet, ſo zeigt ſich der Schlußſatz identiſch mit der Praͤmiſſe, die Vermittlung mit ihrer Voraus - ſetzung zuſammengegangen, hiemit eine Identitaͤt der Re - flexions-Allgemeinheit, wodurch ſie hoͤhere Allgemein - heit geworden.

Ueberſehen wir den Gang der Schluͤſſe der Re - flexion, ſo iſt die Vermittlung uͤberhaupt die geſetzte, oder concrete Einheit der Formbeſtimmungen der Ex - treme; die Reflexion beſteht in dieſem Setzen der einen Beſtimmung in der andern; das Vermittelnde iſt ſo die Allheit. Als der weſentliche Grund derſelben aber zeigt ſich die Einzelnheit, und die Allgemeinheit nur als aͤuſſerliche Beſtimmung an ihr, als Vollſtaͤn - digkeit. Die Allgemeinheit iſt aber dem Einzelnen weſentlich, daß es zuſammenſchlieſſende Mitte ſey; es iſt daher als an ſich ſeyendes Allgemeines zu neh - men. Es iſt aber mit ihr nicht auf dieſe bloß poſitive Weiſe vereinigt, ſondern in ihr aufgehoben, und negati - ves Moment; ſo iſt das Allgemeine, das an und fuͤr ſich - ſeyende, geſetzte Gattung, und das Einzelne als Un - mittelbares iſt vielmehr die Aeuſſerlichkeit derſelben, oder es iſt Extrem. Der Schluß der Reflexion ſteht uͤber - haupt genommen unter dem Schema B E A, das Einzelne iſt darin noch als ſolches, weſentliche Beſtim - mung der Mitte; indem ſich ſeine Unmittelbarkeit aber aufgehoben hat, und die Mitte als an und fuͤr ſich ſeyende Allgemeinheit beſtimmt hat, ſo iſt der Schluß unter das formelle Schema: E A B getreten, und der Schluß der Reflexion in den Schluß der Nothwendigkeit uͤbergegangen.

C. Der179III. Kapitel. Der Schluß.

C. Der Schluß der Nothwendigkeit.

Das Vermittelnde hat ſich nunmehr beſtimmt 1) als einfache beſtimmte Allgemeinheit, wie die Beſon - derheit in dem Schluſſe des Daſeyns iſt; aber 2) als objective Allgemeinheit, das heißt, welche die ganze Beſtimmtheit der unterſchiedenen Extreme enthaͤlt, wie die Allheit des Schluſſes der Reflexion; eine erfuͤllte, aber einfache Allgemeinheit; die allgemeine Natur der Sache, die Gattung.

Dieſer Schluß iſt inhaltsvoll, weil die ab - ſtracte Mitte des Schluſſes des Daſeyns, ſich zum beſtimmten Unterſchiede geſetzt, wie ſie als Mitte des Reflexions-Schluſſes iſt, aber dieſer Unterſchied wie - der in die einfache Identitaͤt ſich reflectirt hat. Die - ſer Schluß iſt daher Schluß der Nothwendigkeit, da ſeine Mitte kein ſonſtiger unmittelbarer Inhalt, ſon - dern die Reflexion der Beſtimmtheit der Extreme in ſich iſt. Dieſe haben an der Mitte ihre innere Identitaͤt, deren Inhaltsbeſtimmungen die Formbeſtimmungen der Extreme ſind. Damit iſt das, wodurch ſich die Ter - mini unterſcheiden, als aͤuſſerliche und unweſent - liche Form, und ſie ſind als Momente eines noth - wendigen Daſeyns.

Zunaͤchſt iſt dieſer Schluß der unmittelbare, und inſofern ſo formale, daß der Zuſammenhang der Terminorum die weſentliche Natur iſt, als In - halt, und dieſer an den unterſchiedenen Terminis nur in verſchiedener Form, und die Extreme fuͤr ſich nur als ein unweſentliches Beſtehen ſind. DieM 2Re -180I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.Realiſirung dieſes Schluſſes hat ihn ſo zu beſtimmen, daß die Extreme gleichfalls als dieſe Totalitaͤt, welche zunaͤchſt die Mitte iſt, geſetzt werden, und die Nothwendigkeit der Beziehung, welche zunaͤchſt nur der ſubſtantielle Inhalt iſt, eine Beziehung der ge - ſetzten Form ſey.

a. Der kategoriſche Schluß.

1. Der kategoriſche Schluß hat das kategoriſche Urtheil zu einer oder zu ſeinen beyden Praͤmiſſen. Es wird hier mit dieſem Schluſſe, wie mit dem Urtheil, die beſtimmtere Bedeutung verbunden, daß die Mitte deſſelben die objective Allgemeinheit iſt. Ober - flaͤchlicher Weiſe wird auch der kategoriſche Schluß fuͤr nicht mehr genommen, als fuͤr einen bloſſen Schluß der Inhaͤrenz.

Der kategoriſche Schluß iſt nach ſeiner gehaltvol - len Bedeutung der erſte Schluß der Nothwendig - keit, worin ein Subject mit einem Praͤdicat durch ſei - ne Subſtanz zuſammen geſchloſſen iſt. Die Subſtanz aber in die Sphaͤre des Begriffs erhoben iſt das Allge - meine, geſetzt ſo an und fuͤr ſich zu ſeyn, daß ſie nicht wie in ihrem eigenthuͤmlichen Verhaͤltniſſe, die Acciden - talitaͤt, ſondern die Begriffsbeſtimmung zur Form, zur Weiſe ihres Seyns hat. Ihre Unterſchiede ſind daher die Extreme des Schluſſes, und beſtimmt die Allgemein - heit und Einzelnheit. Jene iſt gegen die Gattung wie die Mitte naͤher beſtimmt iſt, abſtracte Allgemein - heit oder allgemeine Beſtimmtheit; die Accidentalitaͤt der Subſtanz in die einfache Beſtimmtheit, die aber ihr weſentlicher Unterſchied, die ſpecifiſche Differenziſt,181III. Kapitel. Der Schluß.iſt, zuſammengefaßt. Die Einzelnheit aber iſt das Wirkliche, an ſich die concrete Einheit der Gattung und der Beſtimmtheit, hier aber als im unmittelbaren Schluſſe zunaͤchſt unmittelbare Einzelnheit, die in die Form fuͤr ſich ſeyenden Beſtehens zuſammengefaßte Accidentali - taͤt. Die Beziehung dieſes Extrems auf die Mitte macht ein kategoriſches Urtheil aus; inſofern aber auch das andre Extrem nach der angegebenen Beſtimmung die ſpecifiſche Differenz der Gattung, oder ihr beſtimmtes Princip ausdruͤckt, ſo iſt auch dieſe andere Praͤmiſſe kategoriſch.

2.) Dieſer Schluß ſteht zunaͤchſt als erſter, ſomit unmittelbarer Schluß der Nothwendigkeit unter dem Sche - ma des erſten formalen Schluſſes, E B A. Da aber die Mitte die weſentliche Natur des Einzel - nen, nicht irgend eine der Beſtimmtheiten oder Ei - genſchaften deſſelben iſt, und eben ſo das Extrem der All - gemeinheit nicht irgend ein abſtractes Allgemeines, auch wieder nur eine einzelne Qualitaͤt, ſondern die allge - meine Beſtimmtheit, das ſpecifiſche des Unter - ſchiedes der Gattung iſt, ſo faͤllt die Zufaͤlligkeit weg, daß das Subject nur durch irgend einen Medius Terminus, mit irgend einer Qualitaͤt zuſammen geſchloſſen waͤre. Indem ſomit auch die Beziehun - gen der Extreme auf die Mitte nicht diejenige aͤuſſerli - che Unmittelbarkeit haben, wie im Schluſſe des Daſeyns; ſo tritt die Foderung des Beweiſes nicht in dem Sinne ein, der dort Statt fand und zum unendlichen Progreſſe fuͤhrte.

Dieſer Schluß ſetzt ferner nicht wie ein Schluß der Reflexion, fuͤr ſeine Praͤmiſſen ſeinen Schlußſatz voraus. Die Termini ſtehen nach dem ſubſtantiellen Inhalt in identiſcher, als an und fuͤr ſich ſeyender Beziehung auf einander; es iſt ein die drey Terminosdurch -182I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.durchlauffendes Weſen vorhanden, an welchem die Be - ſtimmungen der Einzelnheit, Beſonderheit und Allgemein - heit nur formelle Momente ſind.

Der kategoriſche Schluß iſt daher inſofern nicht mehr ſubjectiv; in jener Identitaͤt faͤngt die Objectivitaͤt an; die Mitte iſt die inhaltsvolle Identitaͤt ihrer Extre - me, welche in derſelben nach ihrer Selbſtſtaͤndigkeit enthalten ſind, denn ihre Selbſtſtaͤndigkeit iſt jene ſub - ſtantielle Allgemeinheit, die Gattung. Das Subjective des Schluſſes beſteht in dem gleichguͤltigen Beſtehen der Extreme gegen den Begriff, oder die Mitte.

3.) Es iſt aber noch an dieſem Schluſſe diß ſub - jectiv, daß jene Identitaͤt noch als die ſubſtantielle oder als Inhalt, noch nicht zugleich als Identitaͤt der Form iſt. Daher iſt die Identitaͤt des Begriffes noch inneres Band, ſomit als Beziehung noch Nothwen - digkeit; die Allgemeinheit der Mitte iſt gediegene, poſitive Identitaͤt, nicht eben ſo ſehr als Negativi - taͤt ihrer Extreme.

Naͤher iſt die Unmittelbarkeit dieſes Schluſſes wel - che noch nicht als das, was ſie an ſich iſt, geſetzt iſt, ſo vorhanden. Das eigentlich unmittelbare des Schluſſes iſt das Einzelne. Diß iſt unter ſeine Gat - tung als Mitte ſubſumirt; aber unter derſelben ſtehen noch andere, unbeſtimmt viele Einzelne; es iſt da - her zufaͤllig, daß nur dieſes Einzelne darunter als ſubſumirt geſetzt iſt. Dieſe Zufaͤlligkeit gehoͤrt aber fer - ner nicht bloß der aͤuſſern Reflexion an, die das im Schluſſe geſetzte Einzelne, durch die Vergleichung mit andern, zufaͤllig findet; vielmehr darin daß es ſelbſt auf die Mitte als ſeine objective Allgemeinheit bezogen iſt, iſt es als zufaͤllig, als eine ſubjective Wirklich -keit183III. Kapitel. Der Schluß.keit geſetzt. Auf der andern Seite, indem das Subject ein unmittelbares Einzelnes iſt, enthaͤlt es Beſtim - mungen, welche nicht in der Mitte, als der allgemeinen Natur enthalten ſind; es hat ſomit auch eine dagegen gleichguͤltige, fuͤr ſich beſtimmte Exiſtenz, die von eigen - thuͤmlichen Inhalt iſt. Damit hat auch umgekehrt, die - ſer andere Terminus eine gleichguͤltige Unmittelbarkeit und verſchiedene Exiſtenz von jenem. Daſſelbe Ver - haͤltniß findet auch zwiſchen der Mitte und dem andern Extreme Statt; denn diß hat gleichfalls die Beſtimmung der Unmittelbarkeit, ſomit eines zufaͤlligen Seyn gegen ſeine Mitte.

Was hiemit im kategoriſchen Schluſſe geſetzt iſt, ſind einerſeits Extreme in ſolchem Verhaͤltniß zur Mitte, daß ſie an ſich objective Allgemeinheit oder ſelbſt - ſtaͤndige Natur haben und zugleich als Unmittelbare ſind, alſo gegen einander gleichguͤltige Wirklich - keiten. Andererſeits aber ſind ſie ebenſoſehr als zufaͤllige, oder ihre Unmittelbarkeit als aufgeho - ben in ihrer Identitaͤt beſtimmt. Dieſe aber iſt um jener Selbſtſtaͤndigkeit und Totalitaͤt der Wirklichkeit willen nur die formelle, innere; hiedurch hat der Schluß der Nothwendigkeit ſich zum hypothetiſchen be - ſtimmt.

b. Der hypothetiſche Schluß.

1. Das hypothetiſche Urtheil enthaͤlt nur die noth - wendige Beziehung, ohne die Unmittelbarkeit der Bezogenen. Wenn A iſt, ſo iſt B; oder das Seyn des A iſt auch ebenſoſehr das Seyn eines andern, des B; damit iſt noch nicht geſagt, weder daß A iſt,noch184I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.noch daß B iſt. Der hypothetiſche Schluß fuͤgt dieſe Unmittelbarkeit des Seyns hinzu: Wenn A iſt, ſo iſt B Nun iſt A, Alſo iſt B. Der Unterſatz fuͤr ſich ſpricht das unmittelbare Seyn des A aus.

Aber es iſt nicht bloß diß zum Urtheil hinzuge - kommen. Der Schluß enthaͤlt die Beziehung des Sub - jects und Praͤdicats nicht als die abſtracte Copula, ſon - dern als die erfuͤllte, vermittelnde Einheit. Das Seyn des A iſt daher nicht als bloſſe Unmit - telbarkeit, ſondern weſentlich als Mitte des Schluſſes zu nehmen. Diß iſt naͤher zu betrachten.

2. Zunaͤchſt iſt die Beziehung des hypothetiſchen Urtheils die Nothwendigkeit, oder innere ſub - ſtantielle Identitaͤt bey aͤuſſerlicher Verſchieden - heit der Exiſtenz, oder der Gleichguͤltigkeit des erſchei - nenden Seyns gegeneinander; ein identiſcher In - halt, der innerlich zu Grunde liegt. Die beyden Sei - ten des Urtheils ſind daher nicht als ein unmittelba - res, ſondern in der Nothwendigkeit gehaltenes Seyn, alſo zugleich aufgehobenes, oder nur erſcheinendes Seyn. Sie verhalten ſich ferner als Seiten des Ur - theils, als Allgemeinheit und Einzelnheit; das eine iſt daher jener Inhalt als Totalitaͤt der Be - dingungen, das andere, als Wirklichkeit. Es iſt jedoch gleichguͤltig, welche Seite als Allgemeinheit, welche als Einzelnheit genommen werde. Inſofern nem - lich die Bedingungen noch das Innre, abſtracte einer Wirklichkeit ſind, ſind ſie das Allgemeine, und es iſt das Zuſammengefaßtſeyn derſelben in eine Einzelnheit, wodurch ſie in Wirklichkeit getre -ten185III. Kapitel. Der Schluß.ten ſind. Umgekehrt ſind die Bedingungen, eine ver - einzelnte zerſtreute Erſcheinung, welche erſt in der Wirklichkeit, Einheit und Bedeutung, und ein allgemeinguͤltiges Daſeyn gewinnt.

Das naͤhere Verhaͤltniß, das hier zwiſchen den beyden Seiten als Verhaͤltniß von Bedingung zum Be - dingten angenommen worden, kann jedoch auch als Ur - ſache und Wirkung, Grund und Folge genommen wer - den; diß iſt hier gleichguͤltig; aber das Verhaͤltniß der Bedingung entſpricht inſofern der in dem hypothetiſchen Urtheile und Schluſſe vorhandenen Beziehung naͤher, als die Bedingung weſentlich als eine gleichguͤltige Exiſtenz, Grund und Urſache dagegen durch ſich ſelbſt uͤbergehend iſt; auch iſt die Bedingung eine allgemeinere Beſtim - mung, indem ſie beyde Seiten jener Verhaͤltniſſe begreift, da die Wirkung, Folge u. ſ. f. ebenſoſehr Bedingung der Urſache, des Grundes iſt, als dieſe von jenen.

A iſt nun das vermittelnde Seyn, inſofern es erſtens ein unmittelbares Seyn, eine gleichguͤltige Wirklichkeit, aber zweytens inſofern es ebenſoſehr als ein an ſich ſelbſt zufaͤlliges, ſich aufhe[be]ndes Seyn iſt. Was die Bedingungen in die Wirklichkeit der neuen Geſtalt, deren Bedingungen ſie ſind, uͤberſetzt, iſt, daß ſie nicht das Seyn als das abſtracte Unmittelbare ſind, ſondern das Seyn in ſeinem Begriffe, zu - naͤchſt das Werden; aber, da der Begriff nicht mehr das Uebergehen iſt, beſtimmter die Einzelnheit, als ſich auf ſich beziehende negative Einheit. Die Be - dingungen ſind ein zerſtreutes, ſeine Verwendung erwar - tendes und foderndes Material; dieſe Negativitaͤt iſt das Vermittelnde, die freye Einheit des Begriffes. Sie beſtimmt ſich als Thaͤtigkeit, da dieſe Mitte der Widerſpruch der objectiven Allgemeinheit, oder der Totalitaͤt des identiſchen Inhalts, und dergleich -186I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.gleichguͤltigen Unmittelbarkeit iſt. Dieſe Mitte iſt daher nicht mehr bloß innere, ſondern ſeyen - de Nothwendigkeit; die objective Allgemeinheit enthaͤlt die Beziehung auf ſich ſelbſt, als einfache Un - mittelbarkeit, als Seyn; im kategoriſchen Schluſ - ſe iſt diß Moment zunaͤchſt Beſtimmung der Extreme; aber gegen die objective Allgemeinheit der Mitte be - ſtimmt es ſich als Zufaͤlligkeit, damit als ein nur geſetztes, auch aufgehobenes, das iſt, in den Begriff oder in die Mitte als Einheit zuruͤckgegangenes, welche ſelbſt nun in ihrer Objectivitaͤt auch Seyn iſt.

Der Schlußſatz: Alſo iſt B, druͤckt denſelben Widerſpruch aus, daß B ein unmittelbar ſeyendes, aber eben ſo durch ein anderes oder vermittelt iſt. Seiner Form nach, iſt er daher derſelbe Begriff, wel - cher die Mitte iſt; nur als das Nothwendige unter - ſchieden von der Nothwendigkeit, in der ganz oberflaͤchlichen Form der Einzelnheit gegen die Allge - meinheit. Der abſolute Inhalt von A und B iſt der - ſelbe; es ſind nur zwey verſchiedene Nahmen derſelben Grundlage fuͤr die Vorſtellung, inſofern ſie die Er - ſcheinung der verſchiedenen Geſtalt des Daſeyns feſthaͤlt, und vom Nothwendigen ſeine Nothwendigkeit unterſchei - det; inſofern dieſe aber von B getrennt ſeyn ſollte, ſo waͤre es nicht das Nothwendige. Es iſt ſomit die Identi - taͤt des Vermittelnden und des Vermittelten darin vorhanden.

3. Der hypothetiſche Schluß ſtellt zunaͤchſt die nothwendige Beziehung, als Zuſammenhang durch die Form oder negative Einheit dar, wie der kategoriſche durch die poſitive Einheit, den gediegenen Inhalt, die objective Allgemeinheit. Aber die Noth - wendigkeit geht in das Nothwendige zuſammen;die187III. Kapitel. Der Schluß.die Formthaͤtigkeit des Ueberſetzens der bedingen - den Wirklichkeit in die bedingte iſt an ſich die Einheit, in welcher die vorher zum gleichguͤltigen Daſeyn befreyten Beſtimmtheiten des Gegenſatzes aufgehoben ſind, und der Unterſchied des A und B ein leerer Nahmen iſt. Sie iſt daher in ſich reflectirte Einheit, ſomit ein identiſcher Inhalt; und iſt diß nicht nur an ſich, ſondern es iſt durch dieſen Schluß auch geſetzt, in - dem das Seyn des A auch nicht ſein eigenes, ſondern des B und umgekehrt, uͤberhaupt das Seyn des einen das Seyn des andern iſt, und im Schlußſatze beſtimmt das unmittelbare Seyn oder gleichguͤltige Beſtimmtheit als eine vermittelte iſt, alſo die Aeuſſerlichkeit ſich aufgehoben, und deren in ſich gegangene Ein - heit geſetzt iſt.

Die Vermittlung des Schluſſes hat ſich hiedurch beſtimmt, als Einzelnheit, Unmittelbarkeit, und als ſich auf ſich beziehende Negativitaͤt, oder unterſcheidende und aus dieſem Unterſchiede ſich in ſich zuſammennehmende Identitaͤt, als abſolute Form, und eben dadurch als objective Allgemeinheit, mit ſich identiſch ſeyender Inhalt. Der Schluß iſt in die - ſer Beſtimmung der disjunctive Schluß.

c. Der disjunctive Schluß.

Wie der hypothetiſche Schluß im allgemeinen un - ter dem Schema der zweyten Figur A E B ſteht, ſo ſteht der disjunctive unter dem Schema der dritten Figur des formalen Schluſſes: E A B. Die Mitte iſt aber die mit der Form erfuͤllte Allge - meinheit; ſie hat ſich als die Totalitaͤt, alsent -188I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.entwickelte objective Allgemeinheit beſtimmt. Der Medius Terminus iſt daher ſowohl Allgemeinheit, als Beſonderheit und Einzelnheit. Als jene iſt er erſtlich die ſubſtantielle Identitaͤt der Gattung, aber zweytens als eine ſolche, in welche die Beſonderheit, aber als ihr gleich, aufgenommen iſt, alſo als all - gemeine Sphaͤre, die ihre totale Beſonderung enthaͤlt, die in ihre Arten zerlegte Gattung; A welches ſowohl B als C als D iſt. Die Beſonderung iſt aber als Unterſcheidung ebenſoſehr das Entweder Oder des B, C und D, negative Einheit, das gegenſei - tige Ausſchlieſſen der Beſtimmungen. Diß Aus - ſchlieſſen iſt nun ferner nicht nur ein gegenſeitiges und die Beſtimmung bloß eine relative, ſondern ebenſoſehr weſentlich ſich auf ſich beziehende Beſtimmung; das Beſondere als Einzelnheit mit Ausſchlieſſung der andern. A iſt entweder B oder C oder D A iſt aber B Alſo iſt A nicht C noch D. oder auch: A iſt entweder B oder C oder D A iſt aber nicht C noch D Alſo iſt es B.

A iſt nicht nur in den beyden Praͤmiſſen Subject, ſondern auch im Schlußſatz. In der erſten iſt es all - gemeines und in ſeinem Praͤdicate die in die Totalitaͤt ihrer Arten beſonderte allgemeine Sphaͤre; in der zweyten iſt es als Beſtimmtes, oder als eine Art; im Schlußſatz iſt es als die ausſchlieſſende, ein - zelne Beſtimmtheit geſetzt. Oder auch iſt es ſchon im Unterſatze als ausſchlieſſende Einzelnheit, und im Schlußſatze als das Beſtimmte, was es iſt, poſitiv geſetzt.

Was189III. Kapitel. Der Schluß.

Was hiemit uͤberhaupt als das Vermittelte erſcheint, iſt die Allgemeinheit des A mit der Einzelnheit. Das Vermittelnde aber iſt die - ſes A, welches die allgemeine Sphaͤre ſeiner Be - ſonderungen und ein als einzelnes beſtimmtes iſt. Was die Wahrheit des hypothetiſchen Schluſſes iſt, die Einheit des Vermittelnden und des Vermittelten, iſt ſo - mit im disjunctiven Schluſſe geſetzt, der aus dieſem Grunde ebenſoſehr kein Schluß mehr iſt. Die Mitte, welche in ihm als die Totalitaͤt des Begriffes geſetzt iſt, enthaͤlt nemlich ſelbſt die beyden Extreme in ihrer voll - ſtaͤndigen Beſtimmtheit. Die Extreme, im Unterſchiede von dieſer Mitte, ſind nur als ein Geſetztſeyn, dem kei - ne eigenthuͤmliche Beſtimmtheit gegen die Mitte mehr zukommt.

Diß noch in beſtimmterer Ruͤckſicht auf den hypo - thetiſchen Schluß betrachtet, ſo war in ihm eine ſub - ſtantielle Identitaͤt, als das innre Band der Nothwendigkeit, und eine davon unterſchiedene nega - tive Einheit nemlich die Thaͤtigkeit oder die Form, welche ein Daſeyn in ein anderes uͤberſetzte, vorhan - den. Der disjunktive Schluß iſt uͤberhaupt in der Be - ſtimmung der Allgemeinheit, ſeine Mitte iſt das A als Gattung und als vollkommen Beſtimmtes; durch dieſe Einheit iſt jener vorher innre Inhalt auch geſetzt, und umgekehrt das Geſetztſeyn oder die Form iſt nicht die aͤuſſerliche negative Einheit gegen ein gleich - guͤltiges Daſeyn, ſondern identiſch mit jenem gediegenen Inhalte. Die ganze Formbeſtimmung des Begriffs iſt in ihrem beſtimmten Unterſchied und zugleich in der ein - fachen Identitaͤt des Begriffes geſetzt.

Dadurch hat ſich nun der Formalismus des Schlieſſens, hiemit die Subjectivitaͤt des Schluſſesund190I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.und des Begriffes uͤberhaupt aufgehoben. Diß Formelle oder Subjective beſtand darin, daß das Vermittelnde der Extreme, der Begriff als abſtracte Beſtimmung, und dadurch von ihnen, deren Einheit ſie iſt, verſchie - den iſt. In der Vollendung des Schluſſes dagegen, worin die objective Allgemeinheit ebenſoſehr als Totali - taͤt der Formbeſtimmungen geſetzt iſt, iſt der Unterſchied des Vermittelnden und Vermittelten weggefallen. Das was vermittelt iſt, iſt ſelbſt weſentliches Moment ſeines Vermittelnden, und jedes Moment iſt als die Totalitaͤt der Vermittelten.

Die Figuren des Schluſſes ſtellen jede Beſtimmt - heit des Begriffs einzeln als die Mitte dar, welche zugleich der Begriff als Sollen iſt, als Foderung, daß das Vermittelnde ſeine Totalitaͤt ſey. Die verſchiedenen Gattungen der Schluͤſſe aber ſtellen die Stuffen der Er - fuͤllung oder Concretion der Mitte dar. In dem for - malen Schluſſe wird die Mitte nur dadurch als Totali - taͤt geſetzt, daß alle Beſtimmtheiten, aber jede einzeln, die Function der Vermittlung durchlauffen. In den Schluͤſſen der Reflexion iſt die Mitte als die, die Be - ſtimmungen der Extreme aͤuſſerlich zuſammenfaſſende Einheit. Im Schluſſe der Nothwendigkeit hat ſie ſich zur eben ſo entwickelten und totalen als einfachen Einheit beſtimmt, und die Form des Schluſſes, der in dem Un - terſchiede der Mitte gegen ſeine Extreme beſtand, hat ſich dadurch aufgehoben.

Damit iſt der Begriff uͤberhaupt realiſirt worden; beſtimmter hat er eine ſolche Realitaͤt gewonnen, welche Objectivitaͤt iſt. Die naͤchſte Realitaͤt war, daß der Begriff als die in ſich negative Einheit ſich dirimirt, und als Urtheil ſeine Beſtimmungen in be - ſtimmtem und gleichguͤltigem Unterſchiede ſetzt, und imSchluſ -191III. Kapitel. Der Schluß.Schluſſe ſich ſelbſt ihnen entgegenſtellt. Indem er ſo noch das Innerliche dieſer ſeiner Aeuſſerlichkeit iſt, ſo wird durch den Verlauf der Schluͤſſe dieſe Aeuſſerlichkeit mit der innerlichen Einheit ausgeglichen; die verſchiede - nen Beſtimmungen kehren durch die Vermittlung, in wel - cher ſie zunaͤchſt nur in einem Dritten eins ſind, in dieſe Einheit zuruͤck, und die Aeuſſerlichkeit ſtellt dadurch den Begriff an ihr ſelbſt dar, der hiemit ebenſoſehr nicht mehr als innerliche Einheit von ihr unterſchieden iſt.

Jene Beſtimmung des Begriffs aber, welche als Realitaͤt betrachtet worden, iſt umgekehrt ebenſoſehr ein Geſetztſeyn. Denn nicht nur in dieſem Reſul - tate hat ſich als die Wahrheit des Begriffs die Identi - taͤt ſeiner Innerlichkeit und Aeuſſerlichkeit dargeſtellt, ſon - dern ſchon die Momente des Begriffs im Urtheile bleiben auch in ihrer Gleichguͤltigkeit gegen einander, Beſtimmun - gen, die ihre Bedeutung nur in ihrer Beziehung haben. Der Schluß iſt Vermittlung, der vollſtaͤndige Be - griff in ſeinem Geſetztſeyn. Seine Bewegung iſt das Aufheben dieſer Vermittlung, in welcher nichts an und fuͤr ſich, ſondern jedes nur vermittelſt eines Andern iſt. Das Reſultat iſt daher eine Unmittelbarkeit, die durch Aufheben der Vermittlung hervorge - gangen, ein Seyn, das ebenſoſehr identiſch mit der Vermittlung und der Begriff iſt, der aus und in ſei - nem Andersſeyn ſich ſelbſt hergeſtellt hat. Diß Seyn iſt daher eine Sache, die an und fuͤr ſich iſt, die Objectivitaͤt.

Zwey -192

Zweyter Abſchnitt. Die Objectivitaͤt.

Im erſten Buche der objectiven Logik wurde das abſtracte Seyn dargeſtellt, als uͤbergehend in das Da - ſeyn, aber eben ſo zuruͤckgehend in das Weſen. Im zweyten zeigt ſich das Weſen, daß es ſich zum Grunde beſtimmt, dadurch in die Exiſtenz tritt und ſich zur Subſtanz realiſirt, aber wieder in den Begriff zu - ruͤckgeht. Vom Begriffe iſt nun zunaͤchſt gezeigt wor - den, daß er ſich zur Objectivitaͤt beſtimmt. Es er - hellt von ſelbſt, daß dieſer letztere Uebergang ſeiner Be - ſtimmung nach daſſelbe iſt, was ſonſt in der Meta - phyſik als der Schluß vom Begriffe, nemlich vom Begriffe Gottes auf ſein Daſeyn, oder als der ſogenannte ontologiſche Beweis vom Daſeyn Gottes vorkam. Es iſt eben ſo bekannt, daß der erhabenſte Gedanke Deskartes, daß der Gott das iſt, deſſen Begriff ſein Seyn in ſich ſchließt, nach - dem er in die ſchlechte Form des formalen Schluſſes, nemlich in die Form jenes Beweiſes herabgeſunken, end - lich der Kritik der Vernunft, und dem Gedanken, daß ſich das Daſeyn nicht aus dem Begriffe her - ausklauben laſſe, unterlegen iſt. Einiges dieſen Be - weis betreffende iſt ſchon fruͤher beleuchtet worden; im erſten Theile S. 27. ff. indem das Seyn in ſeinem naͤchſten Gegenſatze dem Nichtſeyn verſchwunden undals193II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.als die Wahrheit beyder ſich das Werden gezeigt hat, iſt die Verwechslung bemerklich gemacht worden, wenn bey einem beſtimmten Daſeyn nicht das Seyn deſſel - ben, ſondern ſein beſtimmter Inhalt feſtgehalten und daher gemeynt wird, wenn dieſer beſtimmte Inhalt z. B. hundert Thaler, mit einem andern be - ſtimmten Inhalte z. B. dem Contexte meiner Wahr - nehmung, meinem Vermoͤgenszuſtand verglichen und da - bey ein Unterſchied gefunden wird, ob jener Inhalt zu dieſem hinzukomme oder nicht, als ob dann vom Un - terſchiede des Seyns und Nichtſeyns, oder gar vom Unterſchiede des Seyns und des Begriffes geſprochen werde. Ferner iſt daſelbſt S. 56. und II. Th. S. 81 die in dem ontologiſchen Beweiſe vorkommende Beſtim - mung eines Inbegriffs aller Realitaͤten be - leuchtet worden. Den weſentlichen Gegenſtand jenes Beweiſes, den Zuſammenhang des Begriffes und des Daſeyns, betrifft aber die eben geſchloſſe - ne Betrachtung des Begriffs und des ganzen Ver - laufs, durch den er ſich zur Objectivitaͤt beſtimmt. Der Begriff iſt als abſolut mit ſich identiſche Negativi - taͤt, das ſich ſelbſt beſtimmende; es iſt bemerkt worden, daß er ſchon, indem er ſich in der Einzelnheit zum Ur - theil entſchließt, ſich als reales, ſeyendes ſetzt; dieſe noch abſtracte Realitaͤt vollendet ſich in der Ob - jectivitaͤt.

Wenn es nun ſcheinen moͤchte, als ob der Ueber - gang des Begriffs in die Objectivitaͤt etwas anderes ſey, als der Uebergang vom Begriff Gottes, zu deſſen Daſeyn, ſo waͤre einerſeits zu betrachten, daß der be - ſtimmte Inhalt, Gott, im logiſchen Gange keinen Un - terſchied machte, und der ontologiſche Beweis nur eine Anwendung dieſes logiſchen Ganges auf jenen beſondern Inhalt waͤre. Auf der andern Seite aber iſt ſich we -Nſent -194II. Abſchnitt.ſentlich an die oben gemachte Bemerkung zu erinnern, daß das Subject erſt in ſeinem Praͤdicate Beſtimmtheit und Inhalt erhaͤlt, vor demſelben aber, er mag fuͤr das Gefuͤhl, Anſchauung und Vorſtellung ſonſt ſeyn was er will, fuͤr das begreiffende Erkennen nur ein Nahmen iſt; in dem Praͤdicate beginnt mit der Beſtimmtheit aber zugleich die Realiſation uͤberhaupt. Die Praͤdi - cate muͤſſen aber gefaßt werden, als ſelbſt noch in den Begriff eingeſchloſſen, ſomit als etwas ſubjectives, mit dem noch nicht zum Daſeyn herausgekommen iſt; inſo - fern iſt einerſeits allerdings die Realiſation des Be - griffs im Urtheil noch nicht vollendet. Andererſeits bleibt aber auch die bloſſe Beſtimmung eines Gegenſtan - des durch Praͤdicate, ohne daß ſie zugleich die Realiſa - tion und Objectivirung des Begriffes iſt, etwas ſo ſub - jectives, daß ſie auch nicht einmal die wahrhafte Er - kenntniß und Beſtimmung des Begriffs des Ge - genſtandes iſt; ein ſubjectives in dem Sinne von ab - ſtracter Reflexion und unbegriffnen Vorſtellungen. Gott als lebendiger Gott, und noch mehr als abſoluter Geiſt wird nur in ſeinem Thun erkannt. Fruͤh iſt der Menſch angewieſen worden, ihn in ſeinen Werken zu erkennen; aus dieſen koͤnnen erſt die Beſtimmun - gen hervorgehen, welche ſeine Eigenſchaften genannt werden; ſo wie darin auch ſein Seyn enthalten iſt. So faßt das begreiffende Erkennen ſeines Wirkens, d. i. ſeiner ſelbſt, den Begriff Gottes in ſeinem Seyn, und ſein Seyn in ſeinem Begriffe. Das Seyn fuͤr ſich oder gar das Daſeyn iſt eine ſo arme und beſchraͤnkte Beſtimmung, daß die Schwierigkeit, ſie im Begriffe zu finden, wohl nur daher hat kommen koͤnnen, daß nicht betrachtet worden iſt, was denn das Seyn oder Da - ſeyn ſelbſt iſt. Das Seyn als die ganz ab - ſtracte, unmittelbare Beziehung auf ſich ſelbſt, iſt nichts anderes als das abſtracte Momentdes195Objectivitaͤt.des Begriffs, welches abſtracte Allgemeinheit iſt, die auch das, was man an das Seyn verlangt, leiſtet, auſſer dem Begriff zu ſeyn; denn ſo ſehr ſie Moment des Be - griffs iſt, eben ſo ſehr iſt ſie der Unterſchied, oder das abſtracte Urtheil deſſelben, indem er ſich ſelbſt ſich gegen - uͤberſtellt. Der Begriff, auch als formaler, enthaͤlt ſchon unmittelbar das Seyn in einer wahrern und rei - chern Form, indem er als ſich auf ſich beziehende Ne - gativitaͤt, Einzelnheit iſt.

Unuͤberwindlich aber wird allerdings die Schwie - rigkeit, im Begriffe uͤberhaupt, und eben ſo im Begriffe Gottes das Seyn zu finden, wenn es ein ſolches ſeyn ſoll, das im Contexte der aͤuſſern Erfahrung oder in der Form der ſinnlichen Wahrneh - mung, wie die hundert Thaler in meinem Vermoͤgenszuſtande, nur als ein mit der Hand, nicht mit dem Geiſte begriffenes, weſentlich dem aͤuſſern, nicht dem innern Auge ſichtbares vorkommen ſoll; wenn dasjenige, Seyn, Realitaͤt, Wahrheit genannt wird, was die Dinge als ſinnliche, zeitliche und ver - gaͤngliche haben. Wenn ein Philoſophiren ſich beym Seyn nicht uͤber die Sinne erhebt, ſo geſellt ſich dazu, daß es auch beym Begriffe nicht den bloß abſtracten Gedanken verlaͤßt; dieſer ſteht dem Seyn gegenuͤber.

Die Gewoͤhnung, den Begriff nur als etwas ſo einſeitiges, wie der abſtracte Gedanke iſt, zu nehmen, wird ſchon Anſtand finden, das, was vorhin vorgeſchla - gen wurde, anzuerkennen, nemlich den Uebergang vom Begriffe Gottes zu ſeinem Seyn, als eine An - wendung von dem dargeſtellten logiſchen Verlauf der Objectivirung des Begriffs, anzuſehen. Wenn jedoch wie gewoͤhnlich geſchieht, zugegeben wird, daß das Logi -N 2ſche196II. Abſchnitt.ſche als das Formale, die Form fuͤr das Erkennen jedes beſtimmten Inhalts ausmache, ſo muͤßte wenigſtens jenes Verhaͤltniß zugeſtanden werden, wenn nicht uͤberhaupt eben bey dem Gegenſatze des Begriffes gegen die Ob - jectivitaͤt, bey dem unwahren Begriffe und einer eben ſo unwahren Realitaͤt, als einem letzten ſtehen geblieben wird. Allein bey der Expoſition des reinen Be - griffes iſt noch weiter angedeutet worden, daß der - ſelbe der abſolute, goͤttliche Begriff ſelbſt iſt, ſo daß in Wahrheit nicht das Verhaͤltniß einer Anwendung Statt finden wuͤrde, ſondern jener logiſche Verlauf die unmittelbare Darſtellung der Selbſtbeſtimmung Gottes zum Seyn waͤre. Es iſt aber hieruͤber zu bemerken, daß indem der Begriff als der Begriff Gottes dargeſtellt werden ſoll, er aufzufaſſen iſt, wie er ſchon in die Idee aufgenommen iſt. Jener reine Begriff durch - laͤuft die endlichen Formen des Urtheils und des Schluſ - ſes darum, weil er noch nicht als an und fuͤr ſich eins mit der Objectivitaͤt geſetzt, ſondern erſt im Werden zu ihr, begriffen iſt. So iſt auch dieſe Objectivitaͤt noch nicht die goͤttliche Exiſtenz, noch nicht die in der Idee ſcheinende Realitaͤt. Doch iſt die Objectivitaͤt gerade um ſo viel reicher und hoͤher als das Seyn oder Daſeyn des ontologiſchen Beweiſes, als der reine Be - griff reicher und hoͤher iſt, als jene metaphyſiſche Leere des Inbegriffs aller Realitaͤt. Ich erſpare es jedoch auf eine andere Gelegenheit, den vielfachen Miß - verſtand, der durch den logiſchen Formalismus in den ontologiſchen, ſo wie in die uͤbrigen ſogenannten Beweiſe vom Daſeyn Gottes gebracht worden iſt, wie auch die Kan - tiſche Kritik derſelben naͤher zu beleuchten, und durch Herſtellen ihrer wahren Bedeutung die dabey zu Grun - de liegenden Gedanken in ihren Werth und Wuͤrde zu - ruͤckzufuͤhren.

Es197Objectivitaͤt.

Es ſind, wie bereits erinnert worden, ſchon meh - rere Formen der Unmittelbarkeit vorgekommen; aber in verſchiedenen Beſtimmungen. In der Sphaͤre des Seyns iſt ſie das Seyn ſelbſt und das Daſeyn; in der Sphaͤre des Weſens die Exiſtenz und dann die Wirk - lichkeit und Subſtantialitaͤt, in der Sphaͤre des Begriffs auſſer der Unmittelbarkeit als abſtracter Allgemein - heit, nunmehr die Objectivitaͤt. Dieſe Ausdruͤcke moͤ - gen, wenn es nicht um die Genauigkeit philoſophiſcher Begriffsunterſchiede zu thun iſt, als ſynonym gebraucht werden; jene Beſtimmungen ſind aus der Nothwendig - keit des Begriffs hervorgegangen; Seyn iſt uͤber - haupt die erſte Unmittelbarkeit, und Daſeyn dieſelbe mit der erſten Beſtimmtheit. Die Exiſtenz mit dem Dinge, iſt die Unmittelbarkeit, welche aus dem Grun - de hervorgeht, aus der ſich aufhebenden Vermittlung der einfachen Reflexion des Weſens. Die Wirklich - keit aber und die Subſtantialitaͤt iſt die aus dem aufgehobenen Unterſchiede der noch unweſentlichen Exi - ſtenz als Erſcheinung, und ihrer Weſentlichkeit hervor - gegangene Unmittelbarkeit. Die Objectivitaͤt end - lich iſt die Unmittelbarkeit, zu der ſich der Begriff durch Aufhebung ſeiner Abſtraction und Vermittlung be - ſtimmt. Die Philoſophie hat das Recht aus der Spra - che des gemeinen Lebens, welche fuͤr die Welt der Vor - ſtellungen gemacht iſt, ſolche Ausdruͤcke zu waͤhlen, wel - che den Beſtimmungen des Begriffs nahe zu kommen ſcheinen. Es kann nicht darum zu thun ſeyn, fuͤr ein aus der Sprache des gemeinen Lebens gewaͤhltes Wort zu erweiſen, daß man auch im gemeinen Le - ben denſelben Begriff damit verbinde, fuͤr welchen es die Philoſophie gebraucht, denn das gemeine Leben hat keine Begriffe, ſondern Vorſtellungen, und es iſt die Phi - loſophie ſelbſt, den Begriff deſſen zu erkennen, was ſonſt bloſſe Vorſtellung iſt. Es muß daher genuͤgen, wennder198II. Abſchnitt.der Vorſtellung bey ihren Ausdruͤcken, die fuͤr philoſo - phiſche Beſtimmungen gebraucht werden, ſo etwas unge - faͤhres von ihrem Unterſchiede vorſchwebt; wie es bey jenen Ausdruͤcken der Fall ſeyn mag, daß man in ihnen Schattirungen der Vorſtellung erkennt, welche ſich naͤher auf die entſprechenden Begriffe beziehen. Man wird vielleicht ſchwerer zugeben, daß Etwas ſeyn koͤnne, ohne zu exiſtiren; aber wenigſtens wird man z. B. das Seyn als Copula des Urtheils nicht wohl mit dem Ausdruck exiſtiren vertauſchen, und nicht ſagen; die - ſe Waare exiſtirt theuer, paſſend u. ſ. f. das Geld exiſtirt Metall, oder metalliſch, ſtatt: dieſe Waare iſt theuer, paſſend u. ſ. f. das Geld iſt Metall*)In einem franzoͤſiſchen Berichte, worin der Befehlshaber an - gibt, daß er den ſich bey der Inſel gewoͤhnlich gegen Mor - gen erhebenden Wind erwartete, um ans Land zu ſteuern, kommt der Ausdruck vor: le vent ayant été longtems ſans exiſter; hier iſt der Unterſchied blos aus der ſonſti - gen Redensart, z. B. il a été longtems ſans m’écrire, cutſianden.; Seyn aber und Erſcheinen, Erſcheinung und Wirklichkeit, wie auch bloſſes Seyn gegen Wirk - lichkeit, werden auch wohl ſonſt unterſchieden, ſo wie alle dieſe Ausdruͤcke noch mehr von der Objecti - vitaͤt. Sollten ſie aber auch ſynonym gebraucht werden, ſo wird die Philoſophie ohnehin die Freyheit haben, ſolchen leeren Ueberfluß der Sprache fuͤr ihre Unterſchiede zu benutzen.

Es iſt beym apodiktiſchen Urtheil, wo, als in der Vollendung des Urtheils, das Subject ſeine Beſtimmtheitgegen199Objectivitaͤt.gegen das Praͤdicat verliert, an die daher ſtammende gedoppelte Bedeutung der Subjectivitaͤt erinnert worden, nemlich des Begriffs und eben ſo der ihm ſonſt gegenuͤberſtehenden Aeuſſerlichkeit und Zufaͤlligkeit. So erſcheint auch fuͤr die Objectivitaͤt die gedoppelte Bedeu - tung, dem ſelbſtſtaͤndigen Begriffe gegenuͤber zu ſtehen, aber auch das an und fuͤr ſich ſeyende zu ſeyn. Indem das Object in jenem Sinne dem im ſubjectiven Idealismus als das abſolute Wahre ausge - ſprochenen Ich = Ich gegenuͤberſteht, iſt es die mannichfal - tige Welt in ihrem unmittelbaren Daſeyn, mit welcher Ich oder der Begriff ſich nur in den unendlichen Kampf ſetzt, um durch die Negation dieſes an ſich nichtigen Andern, der erſten Gewißheit ſeiner ſelbſt die wirk - liche Wahrheit ſeiner Gleichheit mit ſich zu geben. In unbeſtimmterem Sinne bedeutet es ſo einen Gegen - ſtand uͤberhaupt fuͤr irgend ein Intereſſe und Thaͤtig - keit des Subjects.

In dem entgegengeſetzten Sinne aber bedeutet das Objective, das an und fuͤr ſich ſeyende, das ohne Beſchraͤnkung und Gegenſatz iſt. Vernuͤnftige Grund - ſaͤtze, vollkommene Kunſtwerke u. ſ. f. heiſſen inſofern objective, als ſie frey und uͤber aller Zufaͤlligkeit ſind. Obſchon vernuͤnftige, theoretiſche oder ſittliche Grundſaͤtze nur dem Subjectiven, dem Bewußtſeyn an - gehoͤren, ſo wird das an und fuͤr ſichſeyende deſſelben doch objectiv genannt; die Erkenntniß der Wahrheit wird darein geſetzt, das Object, wie es als Object frey von Zuthat ſubjectiver Reflexion, zu erkennen, und das Rechtthun in Befolgung von objectiven Ge - ſetzen, die ohne ſubjectiven Urſprung und keiner Will - kuͤhr und ihre Nothwendigkeit verkehrenden Behandlung faͤhig ſind.

Auf200II. Abſchnitt.

Auf dem gegenwaͤrtigen Standpuncte unſerer Ab - handlung hat zunaͤchſt die Objectivitaͤt die Bedeutung des an und fuͤr ſichſeyenden Seyns des Be - griffes, des Begriffes, der die in ſeiner Selbſtbeſtim - mung geſetzte Vermittlung, zur unmittelbaren Beziehung auf ſich ſelbſt, aufgehoben hat. Dieſe Un - mittelbarkeit iſt dadurch ſelbſt unmittelbar und ganz vom Begriffe durchdrungen, ſo wie ſeine Totalitaͤt unmittel - bar mit ſeinem Seyn identiſch iſt. Aber indem ferner der Begriff ebenſoſehr das freye Fuͤrſichſeyn ſeiner Sub - jectivitaͤt herzuſtellen hat, ſo tritt ein Verhaͤltniß deſſel - ben als Zwecks zur Objectivitaͤt ein, worin deren Un - mittelbarkeit das gegen ihn Negative, und durch ſeine Thaͤtigkeit zu beſtimmende wird, hiemit die andere Be - deutung, das an und fuͤr ſich Nichtige, inſofern es dem Begriff gegenuͤberſteht, zu ſeyn, erhaͤlt.

Vors erſte nun iſt die Objectivitaͤt in ihrer Unmittelbarkeit, deren Momente, um der Totalitaͤt aller Momente willen, in ſelbſtſtaͤndiger Gleichguͤltigkeit als Objecte auſſereinander beſtehen, und in ihrem Verhaͤltniſſe die ſubjective Einheit des Begriffs nur als innere oder als aͤuſſere haben; der Me - chanismus. Indem in ihm aber

Zweytens jene Einheit ſich als immanentes Geſetz der Objecte ſelbſt zeigt, ſo wird ihr Verhaͤltniß ihre eigenthuͤmliche durch ihr Geſetz begruͤndete Differenz, und eine Beziehung, in welcher ihre beſtimm - te Selbſtſtaͤndigkeit ſich aufhebt; der Chemismus.

Drittens dieſe weſentliche Einheit der Objecte iſt eben damit als unterſchieden von ihrer Selbſtſtaͤn - digkeit geſetzt, ſie iſt der ſubjective Begriff aber geſetztals201Objectivitaͤt.als an und fuͤr ſelbſt bezogen auf die Objectivitaͤt, als Zweck; die Teleologie.

Indem der Zweck der Begriff iſt, der geſetzt iſt, als an ihm ſelbſt ſich auf die Objectivitaͤt zu beziehen, und ſeinen Mangel, ſubjectiv zu ſeyn, durch ſich aufzu - heben, ſo wird die zunaͤchſt aͤuſſere Zweckmaͤſſigkeit durch die Realiſirung des Zwecks, zur innern, und zur Idee.

Erſtes202II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.

Erſtes Kapitel. Der Mechanismus.

Da die Objectivitaͤt die in ihre Einheit zuruͤckge - gangene Totalitaͤt des Begriffes iſt, ſo iſt damit ein un - mittelbares geſetzt, das an und fuͤr ſich jene Totalitaͤt und auch als ſolche geſetzt iſt, in der aber die nega - tive Einheit des Begriffs ſich noch nicht von der Un - mittelbarkeit dieſer Totalitaͤt abgeſchieden hat; oder die Objectivitaͤt iſt noch nicht als Urtheil geſetzt. Inſofern ſie den Begriff immanent in ſich hat, ſo iſt der Unterſchied deſſelben an ihr vorhanden; aber um der objectiven Totalitaͤt willen ſind die Unterſchiedenen voll - ſtaͤndige und ſelbſtſtaͤndige Objecte, die ſich daher auch in ihrer Beziehung nur als ſelbſtſtaͤndi - ge zu einander verhalten, und ſich in jeder Verbindung aͤuſſerlich bleiben. Diß macht den Charakter des Mechanismus aus, daß welche Beziehung zwiſchen den Verbundenen Statt findet, dieſe Beziehung ihnen eine fremde iſt, welche ihre Natur nichts angeht, und wenn ſie auch mit dem Schein eines Eins verknuͤpft iſt, nichts weiter als Zuſammenſetzung, Vermi - ſchung, Hauffen, u. ſ. f. bleibt. Wie der mate - rielle Mechanismus, ſo beſteht auch der geiſtige darin, daß die im Geiſte bezogenen ſich einander und ihm ſelbſt aͤuſſerlich bleiben. Eine mechaniſche Vor - ſtellungsweiſe, ein mechaniſches Gedaͤchtniß,die203I. Kapitel. Der Mechanismus.die Gewohnheit, eine mechaniſche Handlungs - weiſe bedeuten, daß die eigenthuͤmliche Durchdringung und Gegenwart des Geiſtes bey demjenigen fehlt, was er auffaßt oder thut. Ob zwar ſein theoretiſcher oder praktiſcher Mechanismus nicht ohne ſeine Selbſtthaͤtig - keit, einen Trieb und Bewußtſeyn Statt finden kann, ſo fehlt darin doch die Freyheit der Individualitaͤt, und weil ſie nicht darin erſcheint, erſcheint ſolches Thun als ein bloß aͤuſſerliches.

A. Das mechaniſche Object.

1. Das Object iſt, wie ſich ergeben hat, der Schluß, deſſen Vermittlung ausgeglichen und daher unmittelbare Identitaͤt geworden iſt. Es iſt daher an und fuͤr ſich Allgemeines; die Allgemeinheit nicht im Sinne einer Gemeinſchaftlichkeit von Eigenſchaften, ſon - dern welche die Beſonderheit durchdringt, und in ihr unmittelbare Einzelnheit iſt.

1. Vors erſte unterſcheidet ſich daher das Object nicht in Materie und Form, deren jene das ſelbſt - ſtaͤndige Allgemeine des Objects, dieſe aber das Beſon - dere und Einzelne ſeyn wuͤrde; ein ſolcher abſtracter Unterſchied von Einzelnheit und Allgemeinheit iſt nach ſeinem Begriffe an ihm nicht vorhanden; wenn es als Materie betrachtet wird, ſo muß es als an ſich ſelbſt geformte Materie genommen werden. Eben ſo kann es als Ding mit Eigenſchaften, als Ganzes aus Theilen beſtehend, als Subſtanz mit Accidenzen und nach den andern Verhaͤltniſſen der Reflexion beſtimmt werden;aber204II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.aber dieſe Verhaͤltniſſe ſind uͤberhaupt ſchon im Begriffe untergegangen; das Object hat daher nicht Eigenſchaf - ten noch Accidenzen, denn ſolche ſind vom Dinge oder der Subſtanz trennbar; im Object iſt aber die Beſon - derheit ſchlechthin in die Totalitaͤt reflectirt. In den Theilen eines Ganzen iſt zwar diejenige Selbſtſtaͤndigkeit vorhanden, welche den Unterſchieden des Objects zu - kommt, aber dieſe Unterſchiede ſind ſogleich weſentlich ſelbſt Objecte, Totalitaͤten, welche nicht wie die Theile, dieſe Beſtimmtheit gegen das Ganze haben.

Das Object iſt daher zunaͤchſt inſofern unbe - ſtimmt, als es keinen beſtimmten Gegenſatz an ihm hat; denn es iſt die zur unmittelbaren Identitaͤt zuſam - mengegangene Vermittlung. Inſofern der Begriff we - ſentlich beſtimmt iſt, hat es die Beſtimmtheit als eine zwar vollſtaͤndige, uͤbrigens aber unbeſtimmte, d. i. verhaͤltnißloſe Mannichfaltigkeit an ihm, welche eine eben ſo zunaͤchſt nicht weiter beſtimmte Tota - litaͤt ausmacht; Seiten, Theile, die an ihm unter - ſchieden werden koͤnnen, gehoͤren einer aͤuſſern Reflexion an. Jener ganz unbeſtimmte Unterſchied iſt daher nur, daß es mehrere Objecte gibt, deren jedes ſeine Be - ſtimmtheit nur in ſeine Allgemeinheit reflectirt enthaͤlt, und nicht nach Auſſen ſcheint. Weil ihm dieſe unbeſtimmte Beſtimmtheit weſentlich iſt, iſt es in ſich ſelbſt eine ſolche Mehrheit, und muß daher als zu - ſammengeſetztes, als Aggregat betrachtet wer - den. Es beſteht jedoch nicht aus Atomen, denn dieſe ſind keine Objecte, weil ſie keine Totalitaͤten ſind. Die Leibnitziſche Monade wuͤrde mehr ein Object ſeyn, weil ſie eine Totalitaͤt der Weltvorſtellung iſt, aber in ihre intenſive Subjectivitaͤt eingeſchloſſen, ſoll ſie wenigſtens weſentlich Eins in ſich ſeyn. Je - doch iſt die Monade, als ausſchlieſſendes Einsbe -205I. Kapitel. Der Mechanismus.beſtimmt, nur ein von der Reflexion angenomme - nes Princip. Sie iſt aber theils inſofern Object als der Grund ihrer mannichfaltigen Vorſtellungen, der ent - wickelten d. h. der geſetzten Beſtimmungen ihrer bloß an ſich ſeyenden Totalitaͤt, auſſer ihr liegt, theils inſofern es der Monade eben ſo gleichguͤltig iſt, mit an - dern zuſammen ein Object auszumachen; es iſt ſo - mit in der That nicht ein ausſchlieſſendes, fuͤr ſich ſelbſtbeſtimmtes.

2. Indem das Object nun Totalitaͤt des Be - ſtimmtſeyns iſt, aber um ſeiner Unbeſtimmtheit und Unmittelbarkeit willen nicht die negative Einheit deſſelben, ſo iſt es gegen die Beſtimmungen als einzelne, an und fuͤr ſich beſtimmte, ſo wie dieſe ſelbſt gegeneinander gleichguͤltig. Dieſe ſind daher nicht aus ihm, noch auseinander begreiflich; ſeine To - talitaͤt iſt die Form des allgemeinen Reflectirtſeyns ſeiner Mannichfaltigkeit in die an ſich ſelbſt nicht beſtimm - te Einzelnheit uͤberhaupt. Die Beſtimmtheiten, die es an ihm hat, kommen ihm alſo zwar zu; aber die Form, welche ihren Unterſchied ausmacht, und ſie zu einer Ein - heit verbindet, iſt eine aͤuſſerliche gleichguͤltige; ſie ſey eine Vermiſchung, oder weiter eine Ordnung, ein gewiſſes Arrangement von Theilen und Seiten, ſo ſind diß Verbindungen, die denen ſo bezogenen gleichguͤltig ſind.

Das Object hat hiemit, wie ein Daſeyn uͤberhaupt, die Beſtimmtheit ſeiner Totalitaͤt auſſer ihm, in an - dern Objecten, dieſe eben ſo wieder auſſer ihnen, und ſofort ins unendliche. Die Ruͤckkehr dieſes Hin - ausgehens ins unendliche, in ſich muß zwar gleichfalls angenommen und als eine Totalitaͤt vorgeſtellt wer - den, als eine Welt, die aber nichts als die durchdie206II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.die unbeſtimmte Einzelnheit in ſich abgeſchloſſene Allge - meinheit, ein Univerſum iſt.

Indem alſo das Object in ſeiner Beſtimmtheit, eben ſo gleichguͤltig gegen ſie iſt, weiſt es durch ſich ſelbſt fuͤr ſein Beſtimmtſeyn auſſer ſich hinaus, wieder zu Objecten, denen es aber auf gleiche Weiſe gleich - guͤltig iſt, beſtimmend zu ſeyn. Es iſt daher nirgend ein Princip der Selbſtbeſtimmung vorhanden; der Determinismus, der Standpunkt, auf dem das Erkennen ſteht, inſofern ihm das Object, wie es ſich hier zunaͤchſt ergeben hat, das Wahre iſt, gibt fuͤr jede Beſtimmung deſſelben die eines andern Objects an, aber dieſes Andere iſt gleichfalls indifferent, ſowohl gegen ſein Beſtimmtſeyn, als gegen ſein actives Ver - halten. Der Determinismus iſt darum ſelbſt auch ſo unbeſtimmt, ins unendliche fortzugehen; er kann beliebig allenthalben ſtehen bleiben, und befriedigt ſeyn, weil das Object, zu welchem er uͤbergegangen, als eine for - male Totalitaͤt in ſich beſchloſſen und gleichguͤltig gegen das Beſtimmtſeyn durch ein anderes iſt. Darum iſt das Erklaͤren der Beſtimmung eines Objects, und das zu dieſem Behuffe gemachte Fortgehen dieſer Vorſtel - lung nur ein leeres Wort, weil in dem andern Ob - ject, zu dem ſie fortgeht, keine Selbſtbeſtimmung liegt.

3. Indem nun die Beſtimmtheit eines Objects in einem andern liegt, ſo iſt keine beſtimmte Ver - ſchiedenheit zwiſchen ihnen vorhanden; die Beſtimmtheit iſt nur doppelt, einmal an dem einen, dann an dem andern Object, ein ſchlechthin nur identiſches, und die Erklaͤrung oder das Begreiffen inſofern tavtolo - giſch. Dieſe Tavtologie iſt das aͤuſſerliche, leere Hin - und Hergehen; da die Beſtimmtheit von den dagegen gleichguͤltigen Objecten keine eigenthuͤmliche Unterſchie -den -207I. Kapitel. Der Mechanismus.denheit erhaͤlt, und deßwegen nur identiſch iſt, iſt nur Eine Beſtimmtheit vorhanden; und daß ſie doppelt ſey, druͤckt eben dieſe Aeuſſerlichkeit und Nichtigkeit ei - nes Unterſchiedes aus. Aber zugleich ſind die Objecte ſelbſtſtaͤndig gegeneinander; ſie bleiben ſich darum in jener Identitaͤt ſchlechthin aͤuſſerlich. Es iſt hie - mit der Widerſpruch vorhanden, zwiſchen der voll - kommenen Gleichguͤltigkeit der Objecte gegen ein - ander, und zwiſchen der Identitaͤt der Beſtimmt - heit derſelben, oder ihrer vollkommenen Aeuſſerlich - keit in der Identitaͤt ihrer Beſtimmtheit. Dieſer Widerſpruch iſt ſomit die negative Einheit mehre - rer ſich in ihr ſchlechthin abſtoſſender Objecte, der mechaniſche Proceß.

B. Der mechaniſche Proceß.

Wenn die Objecte nur als in ſich abgeſchloſſene Totalitaͤten betrachtet werden, ſo koͤnnen ſie nicht auf einander wirken. Sie ſind in dieſer Beſtimmung daſ - ſelbe, was die Monaden, die eben deßwegen ohne alle Einwirkung auf einander gedacht worden. Aber der Be - griff einer Monade iſt eben darum eine mangelhafte Reflexion. Denn erſtlich iſt ſie eine beſtimmte Vor - ſtellung ihrer nur an ſich ſeyenden Totalitaͤt; als ein gewiſſer Grad der Entwicklung und des Geſetzt - ſeyns ihrer Weltvorſtellung, iſt ſie ein beſtimmtes; indem ſie nun die in ſich geſchloſſene Totalitaͤt iſt, ſo iſt ſie gegen dieſe Beſtimmtheit auch gleichguͤltig; es iſt da - her nicht ihre eigene, ſondern eine durch ein anderes Object geſetzte Beſtimmtheit. Zweytens iſt ſieein208II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.ein unmittelbares uͤberhaupt, inſofern ſie ein nur vorſtellendes ſeyn ſoll; ihre Beziehung auf ſich, iſt daher die abſtracte Allgemeinheit; dadurch iſt ſie ein fuͤr Andere offenes Daſeyn. Es iſt nicht hinreichend, um die Freyheit der Subſtanz zu gewin - nen, ſie als eine Totalitaͤt vorzuſtellen, die in ſich vollſtaͤndig, nichts von auſſen her zu erhalten habe. Vielmehr iſt gerade die begriffloſe, bloß vorſtel - lende Beziehung auf ſich ſelbſt eine Paſſivitaͤt gegen anderes. Eben ſo iſt die Beſtimmtheit, ſie mag nun als die Beſtimmtheit eines Seyenden, oder ei - nes Vorſtellenden, als ein Grad eigener aus dem innern kommenden Entwicklung gefaßt werden, ein Aeuſſerliches; der Grad, welchen die Entwick - lung erreicht, hat ſeine Grenze in einem Andern. Die Wechſelwirkung der Subſtanzen in eine vorher - beſtimmte Harmonie hinauszuſchieben, heißt wei - ter nichts, als ſie zu einer Vorausſetzung machen, d. i. zu etwas, das dem Begriffe entzogen wird. Das Beduͤrfniß, der Einwirkung der Subſtanzen zu entgehen, gruͤndete ſich auf das Moment der abſoluten Selbſtſtaͤndigkeit und Urſpruͤnglichkeit, wel - ches zu Grunde gelegt wurde. Aber da dieſem An - ſichſeyn das Geſetztſeyn, der Grad der Entwick - lung, nicht entſpricht, ſo hat es eben darum ſeinen Grund in einem Andern.

Vom Subſtantialitaͤts-Verhaͤltniſſe iſt ſeiner Zeit gezeigt worden, daß es in das Cauſalitaͤts-Verhaͤltniß uͤbergeht. Aber das Seyende hat hier nicht mehr die Beſtimmung einer Subſtanz, ſondern eines Objects; das Cauſalitaͤts-Verhaͤltniß iſt im Begriffe untergegan - gen; die Urſpruͤnglichkeit einer Subſtanz gegen die an - dere, hat ſich als ein Schein, ihr Wirken als ein Ueber - gehen in das Entgegengeſetzte gezeigt. Diß Verhaͤltnißhat209I. Kapitel. Der Mechanismus.hat daher keine Objectivitaͤt. Inſofern daher das eine Object in der Form der ſubjectiven Einheit, als wir - kende Urſache geſetzt iſt, ſo gilt diß nicht mehr fuͤr eine urſpruͤngliche Beſtimmung, ſondern als etwas ver - mitteltes; das wirkende Object hat dieſe ſeine Be - ſtimmung, nur vermittelſt eines andern Objects. Der Mechanismus, da er der Sphaͤre des Begriffs angehoͤrt, hat an ihm dasjenige geſetzt, was ſich als die Wahrheit des Cauſalitaͤtsverhaͤltniſſes erwies; daß die Urſache, die das an und fuͤr ſich ſeyende ſeyn ſoll, we - ſentlich ebenſowohl Wirkung, Geſetztſeyn iſt. Im Me - chanismus iſt daher unmittelbar die Urſachlichkeit des Objects eine Nicht-Urſpruͤnglichkeit; es iſt gleichguͤltig gegen dieſe ſeine Beſtimmung; daß es Urſache iſt, iſt ihm daher etwas Zufaͤlliges. Inſofern koͤnnte man wohl ſagen, daß die Cauſſalitaͤt der Subſtanzen nur ein vorgeſtelltes iſt. Aber eben dieſe vorgeſtellte Cauſſalitaͤt iſt der Mechanismus, indem er diß iſt, daß die Cauſalitaͤt, als identiſche Beſtimmtheit ver - ſchiedener Subſtanzen, ſomit als das Untergehen ihrer Selbſtſtaͤndigkeit in dieſer Identitaͤt, ein bloſſes Ge - ſetztſeyn iſt; die Objecte ſind gleichguͤltig gegen dieſe Einheit, und erhalten ſich gegen ſie. Aber ebenſoſehr iſt auch dieſe ihre gleichguͤltige Selbſtſtaͤndigkeit ein bloſſes Geſetztſeyn; ſie ſind darum faͤhig, ſich zu vermiſchen und zu aggregiren, und als Aggre - gat zu Einem Objecte zu werden. Durch dieſe Gleichguͤltigkeit ebenſowohl gegen ihren Uebergang, als gegen ihre Selbſtſtaͤndigkeit ſind die Subſtanzen Objecte.

Oa. Der210II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.
a. Der formale mechaniſche Proceß.

Der mechaniſche Proceß iſt das Setzen deſſen, was im Begriffe des Mechanismus enthalten iſt, zunaͤchſt alſo eines Widerſpruchs.

1. Das Einwirken der Objecte ergibt ſich aus dem aufgezeigten Begriffe ſo, daß es das Setzen der iden - tiſchen Beziehung der Objecte iſt. Diß beſteht nur darin, daß der Beſtimmtheit, welche bewirkt wird, die Form der Allgemeinheit gegeben wird; was die Mittheilung iſt, welche ohne Uebergehen ins ent - gegengeſetzte iſt. Die geiſtige Mittheilung, die ohnehin in dem Elemente vorgeht, welches das Allge - meine in der Form der Allgemeinheit iſt, iſt fuͤr ſich ſelbſt eine ideelle Beziehung, worin ſich ungetruͤbt eine Beſtimmtheit von einer Perſon in die andere continuirt, und ohne alle Veraͤnderung ſich verallge - meinert, wie ein Duft in der widerſtandsloſen Ath - mosphaͤre ſich frey verbreitet. Aber auch in der Mittheilung zwiſchen materiellen Objecten macht ſich ihre Beſtimmtheit auf eine eben ſo ideelle Weiſe, ſo zu ſagen, breit; die Perſoͤnlichkeit iſt eine unendlich intenſivere Haͤrte, als die Objecte haben. Die formelle Totali - taͤt des Objects uͤberhaupt, welche gegen die Beſtimmt - heit gleichguͤltig, ſomit keine Selbſtbeſtimmung iſt, macht es zum Ununterſchiedenen vom andern, und die Einwir - kung daher zunaͤchſt zu einer ungehinderten Continuirung der Beſtimmtheit des einen in dem andern.

Im Geiſtigen iſt es nun ein unendlich mannichfalti - ger Inhalt, der mittheilungsfaͤhig iſt, indem er in die Intelligenz aufgenommen, dieſe Form der Allgemeinheit erhaͤlt, in der er ein mitgetheilbares wird. Aber dasnicht211I. Kapitel. Der Mechanismus.nicht nur durch die Form, ſondern an und fuͤr ſich All - gemeine iſt das Objective als ſolches, ſowohl im Gei - ſtigen als im Koͤrperlichen, wogegen die Einzelnheit der aͤuſſern Objecte, wie auch der Perſonen ein unweſentli - ches iſt, das ihm keinen Widerſtand leiſten kann. Die Geſetze, Sitten, vernuͤnftige Vorſtellungen uͤberhaupt, ſind im Geiſtigen ſolche Mittheilbare, welche die Indivi - duen auf eine bewußtloſe Weiſe durchdringen, und ſich in ihnen geltend machen. Im Koͤrperlichen ſind es Be - wegung, Waͤrme, Magnetismus, Electricitaͤt und derglei - chen die, wenn man ſie auch als[S]toffe oder Mate - rien ſich vorſtellen will, als imponderable Agentien beſtimmt werden muͤſſen, Agentien, die dasjenige der Materialitaͤt nicht haben, was ihre Vereinzelung begruͤndet.

2. Wenn nun im Einwirken der Objecte auf ein - ander zuerſt ihre identiſche Allgemeinheit geſetzt wird, ſo iſt eben ſo nothwendig das andere Begriffsmoment, die Beſonderheit zu ſetzen; die Objecte beweiſen da - her auch ihre Selbſtſtaͤndigkeit, erhalten ſich als einander aͤuſſerlich, und ſtellen die Einzelnheit in jener Allgemeinheit her. Dieſe Herſtellung iſt die Reaction uͤberhaupt. Zunaͤchſt iſt ſie nicht zu faſſen, als ein bloſſes Aufheben der Action und der mit - getheilten Beſtimmtheit; das Mitgetheilte iſt als Allge - meines poſitiv in den beſondern Objecten und beſon - dert ſich nur an ihrer Verſchiedenheit. Inſofern bleibt alſo das Mitgetheilte, was es iſt; nur vertheilt es ſich an die Objecte, oder wird durch deren Particulari - taͤt beſtimmt. Die Urſache geht in ihrem Andern, der Wirkung, die Activitaͤt der urſachlichen Subſtanz in ih - rem Wirken verloren; das einwirkende Object aber wird nur ein Allgemeines; ſein Wirken iſt zunaͤchſt nicht ein Verluſt ſeiner Beſtimmtheit, ſondernO 2eine212II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.eine Particulariſation, wodurch es, welches zuerſt jene ganze, an ihm einzelne Beſtimmtheit war, nun eine Art derſelben, und die Beſtimmtheit erſt da - durch als ein Allgemeines geſetzt wird. Beydes, die Erhebung der einzelnen Beſtimmtheit zur Allgemeinheit, in der Mittheilung, und die Particulariſation derſelben oder die Herabſetzung derſelben, die nur Eine war, zu einer Art, in der Vertheilung, iſt ein und daſſelbe.

Die Reaction iſt nun der Action gleich. Diß erſcheint zunaͤchſt ſo, daß das andre Object das ganze Allgemeine in ſich aufgenommen, und nun ſo actives gegen das Erſte iſt. So iſt ſeine Reaction dieſelbe als die Action, ein gegenſeitiges Abſtoſ - ſen des Stoſſes. Zweytens iſt das Mitgetheilte das Objective; es bleibt alſo ſubſtantielle Beſtim - mung der Objecte, bey der Vorausſetzung ihrer Ver - ſchiedenheit; das Allgemeine ſpecificirt ſich ſomit zu - gleich in ihnen, und jedes Object gibt daher nicht die ganze Action nur zuruͤck, ſondern hat ſeinen ſpecifiſchen Antheil. Aber drittens iſt die Reaction inſofern ganz negative Action, als jedes durch die Ela - ſticitaͤt ſeiner Selbſtſtaͤndigkeit, das Geſetzt - ſeyn eines andern in ihm ausſtoͤßt, und ſeine Bezie - hung auf ſich erhaͤlt. Die ſpecifiſche Beſonderheit der mitgetheilten Beſtimmtheit in den Objecten, was vorhin Art genannt wurde, geht zur Einzelnheit zu - ruͤck, und das Object behauptet ſeine Aeuſſerlichkeit gegen die mitgetheilte Allgemeinheit. Die Action geht dadurch in Ruhe uͤber. Sie erweiſt ſich als eine an der in ſich geſchloſſenen gleichguͤltigen Totalitaͤt des Objects, nur oberflaͤchliche, tranſiente Veraͤn - derung.

3. Dieſes Ruͤckgehen macht das Product des mechaniſchen Proceſſes aus. Unmittelbar iſt dasOb -213I. Kapitel. Der Mechanismus.Object vorausgeſetzt als Einzelnes, ferner als Be - ſonderes gegen andere, drittens aber als gleichguͤltiges gegen ſeine Beſonderheit, als Allgemeines. Das Pro - duct iſt jene vorausgeſetzte Totalitaͤt des Begriffes nun als eine geſetzte. Er iſt der Schlußſatz, worin das mitgetheilte Allgemeine durch die Beſonderheit des Objects mit der Einzelnheit zuſammengeſchloſſen iſt; aber zugleich iſt in der Ruhe die Vermittlung als eine ſolche geſetzt, die ſich aufgehoben hat, oder daß das Product gegen diß ſein Beſtimmtwerden gleichguͤl - tig und die erhaltene Beſtimmtheit eine aͤuſſerliche an ihm iſt.

Sonach iſt das Product daſſelbe, was das in den Proceß erſt eingehende Object. Aber zugleich iſt es erſt durch dieſe Bewegung beſtimmt; das mechaniſche Object iſt uͤberhaupt nur Object als Product, weil das, was es iſt, erſt durch Vermittlung eines Andern an ihm iſt. So als Product iſt es, was es an und fuͤr ſeyn ſollte, ein zuſammenge - ſetztes, vermiſchtes, eine gewiſſe Ordnung und Arrangement der Theile, uͤberhaupt ein ſolches, deſſen Beſtimmtheit nicht Selbſtbeſtimmung, ſondern ein geſetztes iſt.

Auf der andern Seite iſt ebenſoſehr das Reſul - tat des mechaniſchen Proceſſes nicht ſchon vor ihm ſelbſt vorhanden; ſein Ende iſt nicht in ſeinem Anfang, wie beym Zwecke. Das Product iſt eine Beſtimmtheit am Object als aͤuſſerlich geſetzte. Dem Begriffe nach iſt daher diß Product wohl daſſelbe, was das Object ſchon von Anfang iſt. Aber im Anfange iſt die aͤuſſerliche Beſtimmtheit noch nicht als geſetzte. Das Reſultat iſt inſofern ein ganz anderes, als das erſte Daſeyn des Objects, und iſt als etwas ſchlechthin fuͤr daſſelbe zufaͤlliges.

b. Der214II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.
b. Der reale mechaniſche Proceß.

Der mechaniſche Proceß geht in Ruhe uͤber. Die Beſtimmtheit nemlich, welche das Object durch ihn er - haͤlt, iſt nur eine[aͤuſſerliche]. Ein eben ſo aͤuſſerli - ches iſt ihm dieſe Ruhe ſelbſt, indem diß die dem Wir - ken des Objects entgegengeſetzte Beſtimmtheit, aber jede dem Objecte gleichguͤltig iſt; die Ruhe kann daher auch angeſehen werden, als durch eine aͤuſſerliche Urſache hervorgebracht, ſo ſehr es dem Objecte gleich - guͤltig war, wirkendes zu ſeyn.

Indem nun ferner die Beſtimmtheit eine geſetzte, und der Begriff des Objects durch die Vermittlung hindurch zu ſich ſelbſt zuruͤckgegangen iſt, ſo hat das Object die Beſtimmtheit als eine in ſich reflectir - te an ihm. Die Objecte haben daher nunmehr im me - chaniſchen Proceſſe und dieſer ſelbſt ein naͤher beſtimm - tes Verhaͤltniß. Sie ſind nicht bloß verſchiedene, ſon - dern beſtimmt unterſchiedene gegen einander. Das Reſultat des formalen Proceſſes, welches einerſeits die beſtimmungsloſe Ruhe iſt, iſt ſomit andererſeits durch die in ſich reflectirte Beſtimmtheit die Verthei - lung des Gegenſatzes, den das Object uͤberhaupt an ihm hat, unter mehrere ſich mechaniſch zu einander verhaltende Objecte. Das Object einerſeits das Be - ſtimmungsloſe, das ſich unelaſtiſch und unſelbſt - ſtaͤndig verhaͤlt, hat andererſeits eine fuͤr andere un - durchbrechbare Selbſtſtaͤndigkeit. Die Objecte haben nun auch gegen einander dieſen beſtimmtern Gegenſatz der ſelbſtſtaͤndigen Einzelnheit und der unſelbſtſtaͤndigen Allgemeinheit. Der naͤhere Unterſchied kann als ein bloß quantitativer der verſchiedenen Groͤſſe der Maſſe im Koͤrperlichen,oder215I. Kapitel. Der Mechanismus.oder der Intenſitaͤt, oder auf vielfache andere Weiſe gefaßt werden. Ueberhaupt aber iſt er nicht bloß in jener Abſtraction feſtzuhalten; beyde ſind auch als Ob - jecte poſitive Selbſtſtaͤndige.

Das erſte Moment dieſes realen Proceſſes iſt nun wie vorhin die Mittheilung. Das Schwaͤ - chere kann vom Staͤrkern nur inſofern gefaßt und durchdrungen werden, als es daſſelbe aufnimmt und Eine Sphaͤre mit ihm ausmacht. Wie im Materiel - len das Schwache gegen das unverhaͤltnißmaͤßig Starke geſichert iſt (wie ein in der Luft freyhaͤngendes Lein - tuch von einer Flintenkugel nicht durchſchoſſen; eine ſchwache organiſche Receptivitaͤt nicht ſowohl von den ſtarken als von den ſchwachen Reitzmitteln angegriffen wird) ſo iſt der ganz ſchwache Geiſt ſicherer gegen den ſtarken als ein ſolcher, der dieſem naͤher ſteht; wenn man ſich ein ganz Dummes, Unedles vorſtellen will, ſo kann auf daſſelbe hoher Verſtand, kann das Edle keinen Eindruck machen; das einzig conſequente Mittel gegen die Vernunft iſt, ſich mit ihr gar nicht einzulaſſen. Inſofern das Unſelbſtſtaͤndige mit dem Selbſtſtaͤndigen nicht zuſammengehen und keine Mittheilung zwiſchen ih - nen Statt finden kann, kann das Letztere auch keinen Widerſtand leiſten, d. h. das mitgetheilte Allgemeine nicht fuͤr ſich ſpecificiren. Wenn ſie ſich nicht in Ei - ner Sphaͤre befaͤnden, ſo waͤre ihre Beziehung auf ein - ander ein unendliches Urtheil, und kein Proceß zwiſchen ihnen moͤglich.

Der Widerſtand iſt das naͤhere Moment der Ueberwaͤltigung des einen Objects durch das andere, indem er das beginnende Moment der Vertheilung des mitgetheilten Allgemeinen, und des Setzens der ſich auf ſich beziehenden Negativitaͤt, der herzuſtellenden Einzeln -heit,216II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.heit, iſt. Der Widerſtand wird uͤberwaͤltigt, inſo - fern ſeine Beſtimmtheit dem mitgetheilten Allgemeinen, welches vom Objecte aufgenommen worden, und ſich in ihm ſingulariſiren ſoll, nicht angemeſſen iſt. Seine relative Unſelbſtſtaͤndigkeit manifeſtirt ſich darin, daß ſeine Einzelnheit nicht die Capacitaͤt fuͤr das Mitgetheilte hat, daher von demſelben zerſprengt wird, weil es ſich an dieſem Allgemeinen nicht als Subject conſtituiren, daſſelbe nicht zu ſeinem Praͤ - dicate machen kann. Die Gewalt gegen ein Ob - ject iſt nur nach dieſer zweiten Seite Fremdes fuͤr daſſelbe. Die Macht wird dadurch zur Gewalt, daß ſie, eine objective Allgemeinheit, mit der Natur des Objects identiſch iſt, aber ihre Beſtimmtheit oder Ne - gativitaͤt nicht deſſen eigene negative Reflexion in ſich iſt, nach welcher es ein Einzelnes iſt. Inſofern die Negativitaͤt des Objects nicht an der Macht ſich in ſich reflectirt, die Macht nicht deſſen eigene Beziehung auf ſich iſt, iſt ſie gegen dieſelbe nur abſtracte Nega - tivitaͤt, deren Manifeſtation der Untergang iſt.

Die Macht, als die objective Allgemeinheit und als Gewalt gegen das Object, iſt, was Schick - ſal genannt wird; ein Begriff, der innerhalb des Mechanismus faͤllt, inſofern es blind genannt, d. h. deſſen objective Allgemeinheit vom Subjecte in ſeiner ſpecifiſchen Eigenheit nicht erkannt wird. Um einiges weniges hieruͤber zu bemerken, ſo iſt das Schick - ſal des Lebendigen uͤberhaupt die Gattung, welche ſich durch die Vergaͤnglichkeit der lebendigen Individuen, die ſie in ihrer wirklichen Einzelnheit nicht als Gat - tung haben, manifeſtirt. Als bloße Objecte haben die nur lebendigen Naturen wie die uͤbrigen Dinge von niedrigerer Stuffe kein Schickſal; was ihnen widerfaͤhrt, iſt eine Zufaͤlligkeit; aber ſie ſind in ihrem Begriffeals217I. Kapitel. Der Mechanismus.als Objecte ſich aͤuſſerliche; die fremde Macht des Schickſals iſt daher ganz nur ihre eigene unmit - telbare Natur, die Aeuſſerlichkeit und Zufaͤlligkeit ſelbſt. Ein eigentliches Schickſal hat nur das Selbſtbe - wußtſeyn; weil es frey, in der Einzelnheit ſeines Ich daher ſchlechthin an und fuͤr ſich iſt, und ſeiner objectiven Allgemeinheit ſich gegenuͤberſtellen, und ſich gegen ſie entfremden kann. Aber durch dieſe Tren - nung ſelbſt erregt es gegen ſich das mechaniſche Verhaͤlt - niß eines Schickſals. Damit alſo ein ſolches Gewalt uͤber daſſelbe haben koͤnne, muß es irgend eine Be - ſtimmtheit gegen die weſentliche Allgemeinheit ſich gege - ben, eine That begangen haben. Hiedurch hat es ſich zu einem beſondern gemacht, und diß Daſeyn iſt als die abſtracte Allgemeinheit zugleich die fuͤr die Mitthei - lung ſeines ihm entfremdeten Weſens offene Seite; an dieſer wird es in den Proceß geriſſen. Das Thatloſe Volk iſt Tadellos; es iſt in die objective, ſittliche Allge - meinheit eingehuͤllt und darin aufgeloͤſt, ohne die In - dividualitaͤt, welche das Unbewegte bewegt, ſich eine Beſtimmtheit nach Auſſen, und eine von der objectiven abgetrennte abſtracte Allgemeinheit gibt, womit aber auch das Subject zu einem ſeines Weſens entaͤuſſerten, einem Objecte wird, und in das Verhaͤltniß der Aeuſſer - lichkeit gegen ſeine Natur, und des Mechanismus getreten iſt.

C. Das Product des mechaniſchen Proceſſes.

Das Product des formalen Mechanismus iſt das Object uͤberhaupt, eine gleichguͤltige Totalitaͤt, an welcher die Beſtimmtheit als geſetzte iſt. Indem hiedurch das Object als Beſtimmtes in den Proceßein -218II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.eingetreten iſt, ſo iſt einerſeits in dem Untergange deſ - ſelben, die Ruhe als der urſpruͤngliche Formalismus des Objects, die Negativitaͤt ſeines Fuͤr-ſich-beſtimmt - ſeyns, das Reſultat. Andererſeits aber iſt es das Auf - heben des Beſtimmtſeyns, als poſitive Reflexion deſſelben in ſich, die in ſich gegangene Beſtimmtheit oder die geſetzte Totalitaͤt des Begriffs; die wahrhafte Einzelnheit des Objects. Das Ob - ject zuerſt in ſeiner unbeſtimmten Allgemeinheit, dann als Beſonderes, iſt nun als objectiv Einzel - nes beſtimmt; ſo daß darinn jener Schein von Einzelnheit, welche nur eine ſich der ſubſtantiellen Allgemeinheit gegenuͤberſtellende Selbſtſtaͤndigkeit iſt, aufgehoben worden.

Dieſe Reflexion in ſich, iſt nun, wie ſie ſich erge - ben hat, das objective Einsſeyn der Objecte, welches individuelle Selbſtſtaͤndigkeit, das Centrum iſt. Zweytens iſt die Reflexion der Negativitaͤt die All - gemeinheit, die nicht ein der Beſtimmtheit gegen uͤber - ſtehendes, ſondern in ſich beſtimmtes, vernuͤnftiges Schickſal iſt, eine Allgemeinheit, die ſich an ihr ſelbſt beſondert, der ruhige in der unſelbſtſtaͤndi - gen Beſonderheit der Objecte und ihrem Proceſſe feſte Unterſchied, das Geſetz. Diß Reſultat iſt die Wahr - heit, ſomit auch die Grundlage des mechaniſchen Pro - ceſſes.

C. Der219I. Kapitel. Der Mechanismus.

C. Der abſolute Mechanismus.

a. Das Centrum.

Die leere Mannichfaltigkeit des Objects iſt nun erſtens in die objective Einzelnheit, in den einfachen ſelbſt beſtimmenden Mittelpunkt geſammelt. Inſo - fern zweitens das Object als unmittelbare Totalitaͤt ſei - ne Gleichguͤltigkeit gegen die Beſtimmtheit behaͤlt, ſo iſt dieſe an ihm auch als unweſentliche oder als ein Auſſer - einander von vielen Objecten vorhanden. Die er - ſtere, die weſentliche Beſtimmtheit macht dagegen die reelle Mitte zwiſchen den vielen mechaniſch auf einan - der wirkenden Objecten aus, durch welche ſie an und fuͤr ſich zuſammen geſchloſſen ſind, und iſt deren objective Allgemeinheit. Die Allgemeinheit zeigte ſich zuerſt im Verhaͤltniſſe der Mittheilung, als eine nur durchs Setzen vorhandene; als objective aber iſt ſie das durchdringende, immanente Weſen der Objecte.

In der materiellen Welt iſt es der Centralkoͤr - per, der die Gattung aber individuelle Allge - meinheit der einzelnen Objecte und ihres mechaniſchen Prozeſſes iſt. Die unweſentlichen einzelnen Koͤrper ver - halten ſich ſtoſſend und druͤckend zu einander; ſol - ches Verhaͤltniß findet nicht zwiſchen dem Centralkoͤrper und den Objecten Statt, deren Weſen er iſt; denn ihre Aeuſſerlichkeit macht nicht mehr ihre Grundbeſtimmung aus. Ihre Identitaͤt mit ihm iſt alſo vielmehr die Ru - he, nemlich das Seyn in ihrem Centrum; dieſe Ein -heit220II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.heit iſt ihr an und fuͤr ſich ſeyender Begriff. Sie bleibt jedoch nur ein Sollen, da die zugleich noch geſetzte Aeuſſerlichkeit der Objecte, jener Einheit nicht entſpricht. Das Streben, das ſie daher nach dem Centrum ha - ben, iſt ihre abſolute nicht durch Mittheilung geſetz - te Allgemeinheit; ſie macht die wahre, ſelbſt concrete nicht von auſſen geſetzte Ruhe aus, in welche der Proceß der Unſelbſtſtaͤndigkeit zuruͤckgehen muß. Es iſt deßwegen eine leere Abſtraction, wenn in der Me - chanik angenommen wird, daß ein in Bewegung geſetz - ter Koͤrper uͤberhaupt ſich in gerader Linie ins unend - liche fortbewegen wuͤrde, wenn er nicht durch aͤuſſerli - chen Widerſtand ſeine Bewegung verloͤre. Die Rei - bung, oder welche Form der Widerſtand ſonſt hat, iſt nur die Erſcheinung der Centralitaͤt; dieſe iſt es, welche ihn abſolut zu ſich zuruͤckbringt; denn das, woran ſich der bewegte Koͤrper reibt, hat allein die Kraft eines Widerſtands durch ſein Einsſeyn mit dem Centrum. Im Geiſtigen nimmt das Centrum und das Einsſeyn mit demſelben, hoͤhere Formen an; aber die Einheit des Begriffs, und deren Realitaͤt, welche hier zunaͤchſt me - chaniſche Centralitaͤt iſt, muß auch dort die Grundbe - ſtimmung ausmachen.

Der Centralkoͤrper hat inſofern aufgehoͤrt, ein bloſ - ſes Object zu ſeyn, da an dieſem die Beſtimmtheit ein unweſentliches iſt; denn er hat nicht mehr nur das An-ſich -, ſondern auch das Fuͤr-ſichſeyn der ob - jectiven Totalitaͤt. Er kann deßwegen als ein Indi - viduum angeſehen werden. Seine Beſtimmtheit iſt weſentlich von einer bloſſen Ordnung oder Ar - rangement und aͤuſſerlichen Zuſammenhang von Theilen verſchieden; ſie iſt als an und fuͤr ſich ſeyende Beſtimmtheit eine immanente Form, ſelbſt beſtimmendes Princip, welchem die Objecte inhaͤri -ren,221I. Kapitel. Der Mechanismus.ren, und wodurch ſie zu einem wahrhaften Eins ver - bunden ſind.

Dieſes Centralindividuum iſt aber ſo nur erſt Mitte, welche noch keine wahrhaften Extreme hat; als negative Einheit des totalen Begriffs dirimirt es ſich aber in ſolche. Oder: die vorhin unſelbſtſtaͤndigen ſich aͤuſſerlichen Objecte werden durch den Ruͤckgang des Be - griffs gleichfalls zu Individuen beſtimmt; die Identitaͤt des Centralkoͤrpers mit ſich, das noch ein Streben iſt, iſt mit Aeuſſerlichkeit behaftet, welcher da ſie in ſeine objective Einzelnheit aufgenommen iſt, dieſe mitgetheilt iſt. Durch dieſe eigene Centralitaͤt ſind ſie, auſſer jenem erſten Centrum geſtellt, ſelbſt Centra fuͤr die unſelbſtſtaͤndigen Objecte. Dieſe zweyten Cen - tra und die unſelbſtſtaͤndigen Objecte ſind durch jene abſolute Mitte zuſammengeſchloſſen.

Die relativen Centralindividuen machen aber auch ſelbſt die Mitte eines zweyten Schluſſes aus, welche einerſeits unter ein hoͤheres Extrem, die objective Allgemeinheit und Macht des abſoluten Centrums, ſubſumirt iſt, auf der andern Seite die unſelbſtſtaͤndigen Objecte unter ſich ſubſumirt, deren oberflaͤchliche oder formale Vereinzelung von ihr getragen werden. Auch dieſe Unſelbſtſtaͤndigen ſind die Mitte eines dritten, des formalen Schluſſes; indem ſie das Band zwi - ſchen der abſoluten, und der relativen Centralindivi - dualitaͤt inſofern ſind, als die letztere in ihnen ihre Aeuſ - ſerlichkeit hat, durch welche die Beziehung auf ſich zugleich ein Streben nach einem abſoluten Mittelpunkt iſt. Die formalen Objecte haben zu ihrem Weſen die identiſche Schwere ihres unmittelbaren Centralkoͤr - pers, dem ſie als ihrem Subjecte und Extreme der Ein - zelnheit inhaͤriren; durch die Aeuſſerlichkeit, welche ſieaus -222II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.ausmachen, iſt er unter den abſoluten Centralkoͤrper ſubſumirt; ſie ſind alſo die formale Mitte der Beſon - derheit. Das abſolute Individuum aber iſt die objectiv-allgemeine Mitte, welche das Inſichſeyn des relativen Individuums und ſeine Aeuſſerlichkeit zu - ſammenſchließt und feſthaͤlt. So ſind auch die Re - gierung, die Buͤrgerindividuen und die Be - duͤrfniſſe oder das aͤuſſerliche Leben der Ein - zelnen drey Termini, deren jeder die Mitte der zwey andern iſt. Die Regierung iſt das abſolute Cen - trum, worin das Extrem der Einzelnen mit ihrem aͤuſ - ſerlichen Beſtehen zuſammengeſchloſſen wird; eben ſo ſind die Einzelnen Mitte, welche jenes allgemeine Indi - viduum zur aͤuſſerlichen Exiſtenz bethaͤtigen, und ihr ſitt - liches Weſen in das Extrem der Wirklichkeit uͤberſetzen. Der dritte Schluß iſt der formale, der Schluß des Scheins, daß die einzelnen durch ihre Beduͤrfniſſe und das aͤuſſerliche Daſeyn an dieſe allgemeine abſolute Individualitaͤt geknuͤpft ſind; ein Schluß, der als der bloß ſubjective in die andern uͤbergeht, und in ihnen ſeine Wahrheit hat.

Dieſe Totalitaͤt, deren Momente ſelbſt die vollſtaͤn - digen Verhaͤltniſſe des Begriffes, die Schluͤſſe, ſind, worin jedes der drey unterſchiedenen Objecte, die Be - ſtimmung der Mitte und der Extreme durchlaͤuft, macht den freyen Mechanismus aus. In ihm haben die unterſchiedenen Objecte die objective Allgemeinheit, die durchdringende in der Beſonderung ſich identiſch erhaltende Schwere, zu ihrer Grundbeſtim - mung. Die Beziehungen von Druck, Stoß, An - ziehen und dergleichen, ſo wie Aggregirungen oder Vermiſchungen, gehoͤren dem Verhaͤltniſſe der Aeuſſerlichkeit an, die den dritten der zuſammengeſtell - ten Schluͤſſe begruͤndet. Die Ordnung welches diebloß223I. Kapitel. Der Mechanismus.bloß aͤuſſerliche Beſtimmtheit der Objecte iſt, iſt in die immanente und objective Beſtimmung uͤbergegangen; dieſe iſt das Geſetz.

b. Das Geſetz.

In dem Geſetze thut ſich der beſtimmtere Unter - ſchied von ideeller Realitaͤt der Objectivitaͤt, ge - gen die aͤuſſerliche hervor. Das Object hat als unmittelbare Totalitaͤt des Begriffs die Aeuſſerlich - keit noch nicht als von dem Begriffe unterſchieden, der nicht fuͤr ſich geſetzt iſt. Indem es durch den Pro - ceß in ſich gegangen, iſt der Gegenſatz der einfachen Centralitaͤt gegen eine Aeuſſerlichkeit eingetre - ten, welche nun als Aeuſſerlichkeit beſtimmt, das iſt, als nicht an und fuͤr ſich ſeyendes geſetzt iſt. Je - nes Identiſche oder Ideelle der Individualitaͤt iſt um der Beziehung auf die Aeuſſerlichkeit willen ein Sollen; es iſt die an - und - fuͤr-ſich beſtimmte und ſelbſtbeſtimmen - de Einheit des Begriffs, welcher jene aͤuſſerliche Reali - taͤt nicht entſpricht, und daher nur bis zum Streben kommt. Aber die Individualitaͤt iſt an und fuͤr ſich das concrete Princip der negativen Einheit, als ſolches ſelbſt Totalitaͤt; eine Einheit, die ſich in die beſtimmten Begriffsunterſchiede diri - mirt, und in ihrer ſich ſelbſt gleichen Allgemeinheit bleibt; ſomit der innerhalb ſeiner reinen Idealitaͤt durch den Unterſchied erweiterte Mittelpunkt. Dieſe Realitaͤt, die dem Begriffe entſpricht, iſt die ideelle von jener nur ſtrebenden unterſchieden; der Unterſchied, der zunaͤchſt eine Vielheit von Objecten iſt, in ſeiner Weſentlichkeit, und in die reine Allgemeinheit aufgenommen. Dieſe reelle Idealitaͤt iſt die Seeleder224II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.der vorhin entwickelten, objectiven Totalitaͤt, die an und fuͤr ſich beſtimmte Identitaͤt des Syſtems.

Das objective An und fuͤr-ſich-ſeyn ergibt ſich daher in ſeiner Totalitaͤt beſtimmter als die nega - tive Einheit des Centrums, welche ſich in die ſubjec - tive Individualitaͤt und die aͤuſſerliche Ob - jectivitaͤt theilt, in dieſer jene erhaͤlt und in ideellem Unterſchiede beſtimmt. Dieſe ſelbſtbeſtimmende die aͤuſ - ſerliche Objectivitaͤt in die Idealitaͤt abſolut zuruͤckfuͤh - rende Einheit iſt Princip von Selbſtbewegung; die Beſtimmtheit dieſes Beſeelenden, welche der Unter - ſchied des Begriffes ſelbſt iſt, iſt das Geſetz. Der todte Mechanismus war der betrachtete mechaniſche Pro - ceß von Objecten, die unmittelbar als ſelbſtſtaͤndig er - ſchienen, aber eben deßwegen in Wahrheit unſelbſtſtaͤndig ſind, und ihr Centrum auſſer ihnen haben; dieſer Pro - ceß, der in Ruhe uͤbergeht, zeigt entweder Zufaͤllig - keit und unbeſtimmte Ungleichheit, oder formale Gleichfoͤrmigkeit. Dieſe Gleichfoͤrmigkeit iſt wohl eine Regel, aber nicht Geſetz. Nur der freye Me - chanismus hat ein Geſetz, die eigene Beſtimmung der reinen Individualitaͤt oder des fuͤr ſich ſeyenden Begriffes; es iſt, als Unterſchied an ſich ſelbſt un - vergaͤngliche Quelle ſich ſelbſt entzuͤndender Bewegung; indem es in der Idealitaͤt ſeines Unterſchiedes ſich nur auf ſich bezieht, freye Nothwendigkeit.

C. Uebergang des Mechanismus.

Dieſe Seele iſt jedoch in ihren Koͤrper noch ver - ſenkt; der nunmehr beſtimmte, aber innre Be - griff der objectiven Totalitaͤt; ſo freye Nothwendigkeit,daß225I. Kapitel. Der Mechanismus.daß das Geſetz ſeinem Objecte noch nicht gegenuͤber ge - treten iſt; es iſt die concrete Centralitaͤt als in ihre Ob - jectivitaͤt unmittelbar verbreitete Allgemeinheit. Jene Idealitaͤt hat daher nicht die Objecte ſelbſt zu ihrem beſtimmten Unterſchied; dieſe ſind ſelbſtſtaͤndige In - dividuen der Totalitaͤt, oder auch, wenn wir auf die formale Stuffe zuruͤckſehen, nicht individuelle, aͤuſſerliche Objecte. Das Geſetz iſt ihnen wohl immanent und macht ihre Natur und Macht aus; aber ſein Unterſchied iſt in ſeine Idealitaͤt eingeſchloſſen, und die Objecte ſind nicht ſelbſt in die ideelle Differenz des Geſetzes unter - ſchieden. Aber das Object hat an der ideellen Centrali - taͤt und deren Geſetze allein ſeine weſentliche Selbſtſtaͤn - digkeit; es hat daher keine Kraft, dem Urtheile des Be - griffs Widerſtand zu thun, und ſich in abſtracter, unbe - ſtimmter Selbſtſtaͤndigkeit und Verſchloſſenheit zu erhalten. Durch den ideellen, ihm immanenten Unterſchied iſt ſein Daſeyn eine durch den Begriff geſetzte Beſtimmt - heit. Seine Unſelbſtſtaͤndigkeit iſt auf dieſe Weiſe nicht mehr nur ein Streben nach dem Mittelpunkte, gegen den es eben, weil ſeine Beziehung nur ein Streben iſt, noch die Erſcheinung eines ſelbſtſtaͤndigen aͤuſſerlichen Objectes hat; ſondern es iſt ein Streben nach dem be - ſtimmt ihm entgegengeſetzten Object; ſo wie das Centrum dadurch ſelbſt auseinander, und ſeine nega - tive Einheit in den objectivirten Gegenſatz uͤber - gegangen iſt. Die Centralitaͤt iſt daher jetzt Beziehung dieſer gegen einander negativen und geſpannten Objectivi - taͤten. So beſtimmt ſich der freye Mechanismus zum Chemismus.

PZwey -226II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.

Zweytes Kapitel. Der Chemismus.

Der Chemismus macht im Ganzen der Objectivi - taͤt das Moment des Urtheils; der objectiv gewordnen Differenz und des Prozeſſes aus. Da er mit der Be - ſtimmtheit und dem Geſetztſeyn ſchon beginnt, und das chemiſche Object zugleich objective Totalitaͤt iſt, iſt ſein naͤch - ſter Verlauf einfach, und durch ſeine Vorausſetzung voll - kommen beſtimmt.

A. Das chemiſche Object.

Das chemiſche Object unterſcheidet ſich von dem mechaniſchen dadurch, daß das Letztere eine Totalitaͤt iſt, welche gegen die Beſtimmtheit gleichguͤltig iſt; bey dem chemiſchen dagegen gehoͤrt die Beſtimmtheit, ſomit die Beziehung auf anderes, und die Art und Wei - ſe dieſer Beziehung, ſeiner Natur an. Dieſe Beſtimmt - heit iſt weſentlich zugleich Beſonderung, d. h. in die Allgemeinheit aufgenommen; ſie iſt ſo Princip die allgemeine Beſtimmtheit, nicht nur die des ei - nes einzelnen Objects, ſondern auch die des an -dern.227II. Kapitel. Der Chemismus.dern. Es unterſcheidet ſich daher nun an demſelben ſein Begriff, als die innere Totalitaͤt beyder Beſtimmt - heiten, und die Beſtimmtheit, welche die Natur des ein - zelnen Objects in ſeiner Aeuſſerlichkeit und Exi - ſtenz ausmacht. Indem es auf dieſe Weiſe an ſich der ganze Begriff iſt, ſo hat es an ihm ſelbſt die Noth - wendigkeit und den Trieb, ſein entgegengeſetztes, einſeitiges Beſtehen aufzuheben, und ſich zu dem realen Ganzen im Daſeyn zu machen, welches es ſeinem Begriffe nach iſt.

Ueber den Ausdruck: Chemismus, fuͤr das Ver - haͤltniß der Differenz der Objectivitaͤt, wie es ſich erge - ben hat, kann uͤbrigens bemerkt werden, daß er hier nicht ſo verſtanden werden muß, als ob ſich diß Ver - haͤltniß nur in derjenigen Form der elementariſchen Natur darſtellte, welche der eigentliche ſogenannte Che - mismus heißt. Schon das meteorologiſche Verhaͤltniß, muß als ein Proceß angeſehen werden, deſſen Parthien mehr die Natur von phyſicaliſchen als chemiſchen Ele - menten haben. Im Lebendigen ſteht das Geſchlechts - Verhaͤltniß unter dieſem Schema; ſo wie es auch fuͤr die geiſtigen Verhaͤltniſſe der Liebe, Freundſchaft u. ſ. f. die formale Grundlage ausmacht.

Naͤher betrachtet iſt das chemiſche Object zunaͤchſt, als eine ſelbſtſtaͤndige Totalitaͤt uͤberhaupt, ein in ſich reflectirtes, das inſofern von ſeinem Reflectirtſeyn nach auſſen, unterſchieden iſt, eine gleichguͤltige Ba - ſis, das noch nicht als different beſtimmte Indivi - duum; auch die Perſon iſt eine ſolche ſich erſt nur auf ſich beziehende Baſis. Die immanente Beſtimmtheit aber, welche ſeine Differenz ausmacht, iſt erſtlich ſo in ſich reflectirt, daß dieſe Zuruͤcknahme der Bezie - hung nach Auſſen nur formale abſtracte AllgemeinheitP 2iſt;228II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.iſt; ſo iſt die Beziehung nach Auſſen Beſtimmung ſeiner Unmittelbarkeit und Exiſtenz. Nach dieſer Seite geht es nicht an ihm ſelbſt in die individuelle Totalitaͤt zu - ruͤck; und die negative Einheit hat die beyden Momente ihres Gegenſatzes an zwey beſondern Objecten. Sonach iſt ein chemiſches Object nicht aus ihm ſelbſt begreiflich, und das Seyn des Einen iſt das Seyn ei - nes Andern. Zweytens aber iſt die Beſtimmtheit abſolut in ſich reflectirt, und das concrete Moment des individuellen Begriffs des Ganzen, der das allgemeine Weſen, die reale Gattung des beſondern Objects iſt. Das chemiſche Object, hiemit der Widerſpruch ſei - nes unmittelbaren Geſetztſeyns und ſeines immanenten individuellen Begriffs, iſt ein Streben, die Beſtimmt - heit ſeines Daſeyns aufzuheben, und der objectiven To - talitaͤt des Begriffes die Exiſtenz zu geben. Es iſt daher zwar gleichfalls ein unſelbſtſtaͤndiges, aber ſo, daß es hiegegen durch ſeine Natur ſelbſt geſpannt iſt, und den Proceß ſelbſtbeſtimmend anfaͤngt.

B. Der Proceß.

1. Er beginnt mit der Vorausſetzung, daß die ge - ſpannten Objecte, ſo ſehr ſie es gegen ſich ſelbſt, es zu - naͤchſt eben damit gegen einander ſind; ein Verhaͤlt - niß, welches ihre Verwandtſchaft heißt. Indem jedes durch ſeinen Begriff im Widerſpruch gegen die ei - gene Einſeitigkeit ſeiner Exiſtenz ſteht, ſomit dieſe auf - zuheben ſtrebt, iſt darin unmittelbar das Streben geſetzt, die Einſeitigkeit des andern aufzuheben, und durch dieſe gegenſeitige Ausgleichung und Verbindung dieRe -229II. Kapitel. Der Chemismus.Realitaͤt dem Begriffe, der beide Momente enthaͤlt, ge - maͤß zu ſetzen.

Inſofern jedes geſetzt iſt, als an ihm ſelbſt ſich widerſprechend und aufhebend, ſo ſind ſie nur durch aͤuſſere Gewalt in der Abſonderung von einander und von ihrer gegenſeitigen Ergaͤnzung gehalten. Die Mitte, wodurch nun dieſe Extreme zuſammengeſchloſſen werden, iſt erſtlich die an ſich ſeyende Natur bey - der, der ganze beyde in ſich haltende Begriff. Aber zweytens, da ſie in der Exiſtenz gegeneinander ſte - hen, ſo iſt ihre abſolute Einheit, auch ein unterſchie - den von ihnen exiſtirendes, noch formales Ele - ment, das Element der Mittheilung, worin ſie in aͤuſſerliche Gemeinſchaft miteinander treten. Da der reale Unterſchied den Extremen angehoͤrt, ſo iſt dieſe Mitte nur die abſtracte Neutralitaͤt, die reale Moͤglich - keit derſelben; gleichſam das theoretiſche Ele - ment der Exiſtenz von den chemiſchen Objecten, ihres Proceſſes und ſeines Reſultats; im Koͤrperlichen hat das Waſſer die Function dieſes Mediums; im Geiſti - gen, inſofern in ihm das Analogon eines ſolchen Ver - haͤltniſſes Statt findet, iſt das Zeichen uͤberhaupt, und naͤher die Sprache dafuͤr anzuſehen.

Das Verhaͤltniß der Objecte iſt als bloſſe Mitthei - lung in dieſem Elemente, einerſeits ein ruhiges Zuſam - mengehen, aber andererſeits ebenſoſehr ein negatives Verhalten, indem der concrete Begriff, welcher ihre Natur iſt, in der Mittheilung in Realitaͤt geſetzt, hie - mit die realen Unterſchiede der Objecte zu ſeiner Einheit reducirt werden. Ihre vorherige ſelbſtſtaͤndige Beſtimmtheit wird damit in der dem Begriffe, der in beyden ein und derſelbe iſt, gemaͤßen Vereinigung aufgehoben, ihr Gegenſatz und Spannung hiedurch ab -ge -230II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.geſtumpft; womit das Streben in dieſer gegenſeitigen Ergaͤnzung ſeine ruhige Neutralitaͤt erlangt.

Der Proceß iſt auf dieſe Weiſe erloſchen; indem der Widerſpruch des Begriffes und der Realitaͤt ausge - glichen, haben die Extreme des Schluſſes ihren Gegen - ſatz verloren, hiemit aufgehoͤrt, Extreme gegeneinander und gegen die Mitte zu ſeyn. Das Product iſt ein neutrales, d. h. ein ſolches, in welchem die Ingre - dientien, die nicht mehr Objecte genannt werden koͤn - nen, ihre Spannung und damit die Eigenſchaften nicht mehr haben, die ihnen als geſpannten zuka - men, worin ſich aber die Faͤhigkeit ihrer vorigen Selbſtſtaͤndigkeit und Spannung erhalten hat. Die ne - gative Einheit des Neutralen geht nemlich von einer vorausgeſetzten Differenz aus; die Beſtimmtheit des chemiſchen Objects iſt identiſch mit ſeiner Objecti - vitaͤt, ſie iſt urſpruͤnglich. Durch den betrachteten Pro - ceß iſt dieſe Differenz nur erſt unmittelbar aufge - hoben, die Beſtimmtheit iſt daher noch nicht als abſolut in ſich reflectirte, ſomit das Product des Proceſſes nur eine formale Einheit.

2. In dieſem Producte iſt nun zwar die Spannung des Gegenſatzes und die negative Einheit als Thaͤtigkeit des Proceſſes erloſchen. Da dieſe Einheit aber dem Be - griffe weſentlich, und zugleich ſelbſt zur Exiſtenz ge - kommen iſt, ſo iſt ſie noch vorhanden, aber auſſer dem neutralen Objecte getreten. Der Proceß facht ſich nicht von ſelbſt wieder an, inſofern er die Differenz nur zu ſeiner Vorausſetzung hatte, nicht ſie ſelbſt ſetzte. Dieſe auſſer dem Objecte ſelbſtſtaͤndige Ne - gativitaͤt, die Exiſtenz der abſtracten Einzelnheit, deren Fuͤrſichſeyn ſeine Realitaͤt an dem indifferen - ten Objecte hat, iſt nun in ſich ſelbſt gegen ihreAb -231II. Kapitel. Der Chemismus.Abſtraction geſpannt, eine in ſich unruhige Thaͤtigkeit, die ſich verzehrend nach auſſen kehrt. Sie bezieht ſich unmittelbar auf das Object, deſſen ruhige Neutrali - taͤt die reale Moͤglichkeit ihres Gegenſatzes iſt; daſſelbe iſt nunmehr die Mitte der vorhin bloß formalen Neu - tralitaͤt, nun in ſich ſelbſt concret, und beſtimmt.

Die naͤhere unmittelbare Beziehung des Extrems der negativen Einheit auf das Object iſt, daß dieſes durch ſie beſtimmt und hiedurch dirimirt wird. Dieſe Diremtion kann zunaͤchſt fuͤr die Herſtellung des Gegenſatzes der geſpannten Objecte angeſehen werden, mit welchem der Chemismus begonnen. Aber dieſe Be - ſtimmung macht nicht das andere Extrem des Schluſſes aus, ſondern gehoͤrt zur unmittelbaren Beziehung des differentiirenden Princips auf die Mitte, an der ſich dieſes ſeine unmittelbare Realitaͤt gibt; es iſt die Be - ſtimmtheit, welche im disjunctiven Schluſſe die Mitte, auſſer dem daß ſie allgemeine Natur des Gegenſtandes iſt, zugleich hat, wodurch dieſer ebenſowohl objective Allgemeinheit als beſtimmte Beſonderheit iſt. Das an - dere Extrem des Schluſſes ſteht dem aͤuſſern ſelbſt - ſtaͤndigen Extrem der Einzelnheit gegenuͤber; es iſt daher das eben ſo ſelbſtſtaͤndige Extrem der Allge - meinheit; die Diremtion, welche die reale Neutrali - taͤt der Mitte daher in ihm erfaͤhrt, iſt, daß ſie nicht in gegeneinander differente, ſondern indifferente Momente zerlegt wird. Dieſe Momente ſind hiemit die abſtracte, gleichguͤltige Baſis einerſeits, und das be - geiſtende Princip derſelben andererſeits, welches durch ſeine Trennung von der Baſis ebenfalls die Form gleich - guͤltiger Objectivitaͤt erlangt.

Dieſer disjunctive Schluß iſt die Totalitaͤt des Chemismus, in welcher daſſelbe objective Ganze ſowohlals232II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.als die ſelbſtſtaͤndige negative Einheit, dann in der Mitte als reale Einheit, endlich aber die chemiſche Realitaͤt in ihre abſtracten Momente aufgeloͤſt, dar - geſtellt iſt. In dieſen letztern iſt die Beſtimmtheit, nicht wie im Neutralen, an einem Andern zu ihrer Reflexion-in-ſich gekommen, ſondern iſt an ſich in ihre Abſtraction zuruͤckgegangen, ein urſpruͤnglich beſtimmtes Element.

3. Dieſe elementariſchen Objecte ſind hiemit von der chemiſchen Spannung befreyt; es iſt in ihnen die urſpruͤngliche Grundlage derjenigen Vorausſetzung, mit welcher der Chemismus begann, durch den realen Proceß geſetzt worden. Inſofern nun weiter einer - ſeits ihre innerliche Beſtimmtheit als ſolche, weſent - lich der Widerſpruch ihres einfachen gleichguͤlti - gen Beſtehens, und ihrer als Beſtimmtheit, und der Trieb nach auſſen iſt, der ſich dirimirt, und an ih - rem Objecte und an einem Andern die Spannung ſetzt, um ein ſolches zu haben, wogegen es ſich als differentes verhalten, an dem es ſich neutraliſiren und ſeiner einfachen Beſtimmtheit die daſeyende Realitaͤt ge - ben koͤnne, ſo iſt damit der Chemismus in ſeinem An - fang zuruͤckgegangen, in welchem gegeneinander geſpann - te Objecte einander ſuchen, und dann durch eine for - male, aͤuſſerliche Mitte zu einem Neutralen ſich vereini - gen. Auf der andern Seite hebt der Chemismus durch dieſen Ruͤckgang in ſeinen Begriff ſich auf, und iſt in eine hoͤhere Sphaͤre uͤbergegangen.

C. Ueber -233II. Kapitel. Der Chemismus.

C. Uebergang des Chemismus.

Die gewoͤhnliche Chemie ſchon zeigt Beyſpiele von chemiſchen Veraͤnderungen, worin ein Koͤrper z. B. einem Theil ſeiner Maſſe eine hoͤhere Oxydation zutheilt, und dadurch einen andern Theil in einen geringern Grad derſelben herabſetzt, in welchem er erſt mit einem an ihn gebrachten andern differenten Koͤrper eine neutrale Verbindung eingehen kann, fuͤr die er in jenem erſten unmittelbaren Grade nicht empfaͤnglich geweſen waͤre. Was hier geſchieht, iſt, daß ſich das Object nicht nach ei - ner unmittelbaren, einſeitigen Beſtimmtheit auf ein an - deres bezieht, ſondern nach der innern Totalitaͤt eines urſpruͤnglichen Verhaͤltniſſes die Vorausſetzung, deren es zu einer realen Beziehung bedarf, ſetzt, und dadurch ſich eine Mitte gibt, durch welche es ſeinen Begriff mit ſeiner Realitaͤt zuſammenſchließt; es iſt die an und fuͤr ſich beſtimmte Einzelnheit, der concrete Be - griff als Princip der Disjunction in Extreme, de - ren Wiedervereinigung die Thaͤtigkeit deſſel - ben negativen Princips iſt, das dadurch zu ſeiner er - ſten Beſtimmung, aber objectivirt zuruͤckkehrt.

Der Chemismus ſelbſt iſt die erſte Negation der gleichguͤltigen Objectivitaͤt, und der Aeuſſer - lichkeit der Beſtimmtheit; er iſt alſo noch mit der unmittelbaren Selbſtſtaͤndigkeit des Objects und mit der Aeuſſerlichkeit behaftet. Er iſt daher fuͤr ſich noch nicht jene Totalitaͤt der Selbſtbeſtimmung, welche aus ihm hervorgeht, und in welcher er ſich vielmehr auf - hebt. Die drey Schluͤſſe, welche ſich ergeben haben, machen ſeine Totalitaͤt aus; der erſte hat zur Mitte die formale Neutralitaͤt und zu den Extremen die geſpannten Objecte, der zweyte hat das Product des erſten, diereelle234II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.reelle Neutralitaͤt zur Mitte und die dirimirende Thaͤtigkeit, und ihr Product, das gleichguͤltige Element, zu den Ex - tremen; der dritte aber iſt der ſich realiſirende Begriff, der ſich die Vorausſetzung ſetzt, durch welche der Pro - ceß ſeiner Realiſirung bedingt iſt, ein Schluß, der das Allgemeine zu ſeinem Weſen hat. Um der Unmit - telbarkeit und Aeuſſerlichkeit willen jedoch, in deren Be - ſtimmung die chemiſche Objectivitaͤt ſteht, fallen die - ſe Schluͤſſe noch auseinander. Der erſte Pro - ceß, deſſen Product die Neutralitaͤt der geſpannten Ob - jecte iſt, erliſcht in ſeinem Producte, und es iſt eine aͤuſſerlich hinzukommende Differentiirung, welche ihn wieder anfacht; bedingt durch eine unmittelbare Voraus - ſetzung, erſchoͤpft er ſich in ihr. Eben ſo muß die Ausſcheidung der differenten Extreme aus dem Neu - tralen, ingleichen ihre Zerlegung in ihre abſtracten Ele - mente, von aͤuſſerlich hinzukommenden Bedin - gungen und Erregungen der Thaͤtigkeit ausgehen. Inſofern aber auch die beyden weſentlichen Momente des Proceſſes, einerſeits die Neutraliſirung, andererſeits die Scheidung und Reduction, in einem und demſelben Proceſſe verbunden ſind, und Vereinigung und Ab - ſtumpfung der geſpannten Extreme auch eine Tren - nung in ſolche iſt, ſo machen ſie um der noch zu Grun - de liegenden Aeuſſerlichkeit willen, zwey verſchiede - ne Seiten aus; die Extreme, welche in demſelben Pro - ceſſe ausgeſchieden werden, ſind andere Objecte oder Materien, als diejenigen, welche ſich in ihm einigen; inſofern jene daraus wieder different hervorgehen, muͤſſen ſie ſich nach Auſſen wenden; ihre neue Neutrali - ſirung iſt ein anderer Proceß, als die, welche in dem erſten Statt hatte.

Aber dieſe verſchiedenen Proceſſe, welche ſich als nothwendig ergeben haben, ſind eben ſo viele Stuf -fen,235II. Kapitel. Der Chemismus.fen, wodurch die Aeuſſerlichkeit und das Be - dingtſeyn aufgehoben wird, woraus der Begriff als an und fuͤr ſich beſtimmte, und von der Aeuſſerlichkeit nicht bedingte Totalitaͤt hervorgeht. Im erſten hebt ſich die Aeuſſerlichkeit der die ganze Realitaͤt ausma - chenden, differenten Extreme gegeneinander, oder die Un - terſchiedenheit des an ſich ſeyenden beſtimmten Begrif - fes von ſeiner daſeyenden Beſtimmtheit auf; im zweyten wird die Aeuſſerlichkeit der realen Ein - heit, die Vereinigung als bloß neutrale aufgeho - ben; naͤher hebt ſich die formale Thaͤtigkeit zunaͤchſt in eben ſo formalen Baſen, oder indifferenten Beſtimmt - heiten auf, deren innerer Begriff nun die in ſich gegangene, abſolute Thaͤtigkeit, als an ihr ſelbſt ſich realiſirend iſt, d. i. die in ſich die beſtimmte Unterſchie - de ſetzt, und durch dieſe Vermittlung ſich als reale Einheit conſtituirt, eine Vermittlung, welche ſomit die eigene Vermittlung des Begriffs, ſeine Selbſtbe - ſtimmung, und in Ruͤckſicht auf ſeine Reflexion daraus in ſich, immanentes Vorausſetzen iſt. Der dritte Schluß, der einerſeits die Wiederherſtellung der vor - hergehenden Proceſſe iſt, hebt andererſeits noch das letz - te Moment gleichguͤltiger Baſen auf, die ganz abſtracte aͤuſſerliche Unmittelbarkeit, welche auf dieſe Weiſe eigenes Moment der Vermittlung des Be - griffes durch ſich ſelbſt wird. Der Begriff, welcher hiemit alle Momente ſeines objectiven Daſeyns als aͤuſ - ſerliche aufgehoben und in ſeine einfache Einheit geſetzt hat, iſt dadurch von der objectiven Aeuſſerlichkeit voll - ſtaͤndig befreit, auf welche er ſich nur als eine unwe - ſentliche Realitaͤt bezieht; dieſer objective freye Begriff iſt der Zweck.

Drit -236II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.

Drittes Kapitel. Teleologie.

Wo Zweckmaͤſſigkeit wahrgenommen wird, wird ein Verſtand als Urheber derſelben angenom - men, fuͤr den Zweck alſo die eigene, freye Exiſtenz des Begriffes gefordert. Die Teleologie wird vornem - lich dem Mechanismus entgegengeſtellt, in welchem die an dem Object geſetzte Beſtimmtheit weſentlich als aͤuſſerliche, eine ſolche iſt, an der ſich keine Selbſtbe - ſtimmung manifeſtirt. Der Gegenſatz von Cauſis efficientibus und Cauſis finalibus, bloß wirkenden und Endurſachen bezieht ſich auf jenen Unterſchied, auf den, in concreter Form genommen auch die Unterſuchung zuruͤckgeht, ob das abſolute Weſen der Welt als blinder Naturmechanismus, oder als ein nach Zwecken ſich be - ſtimmender Verſtand zu faſſen ſey. Die Antinomie des Fatalismus mit dem Determinismus, und der Freyheit betrifft ebenfalls den Gegenſatz des Me - chanismus und der Teleologie; denn das Freye iſt der Begriff in ſeiner Exiſtenz.

Die vormalige Metaphyſik iſt mit dieſen Begrif - fen, wie mit ihren andern verfahren; ſie hat theils eine Weltvorſtellung vorausgeſetzt, und ſich bemuͤht, zu zeigen, daß der eine oder der andere Begriff auf ſie paſſe, und der entgegengeſetzte mangelhaft ſey, weil ſieſich237III. Kapitel. Teleologie.ſich nicht aus ihm erklaͤren laſſe; theils hat ſie da - bey den Begriff der mechaniſchen Urſache und des Zwecks nicht unterſucht, welcher an und fuͤr ſich Wahrheit habe. Wenn diß fuͤr ſich feſtgeſtellt iſt, ſo mag die objective Welt mechaniſche und Endurſachen darbieten; ihre Exiſtenz iſt nicht der Maßſtab des Wahren, ſondern das Wahre vielmehr das Krite - rium, welche von dieſen Exiſtenzen ihre wahrhafte ſey. Wie der ſubjective Verſtand auch Irrthuͤmer an ihm zeigt, ſo zeigt die objective Welt auch diejenigen Seiten und Stuffen der Wahrheit, welche fuͤr ſich erſt einſeitig, unvollſtaͤndig, und nur Erſcheinungsverhaͤltniſſe ſind. Wenn Mechanismus und Zweckmaͤſſigkeit ſich gegenuͤber ſtehen, ſo koͤnnen ſie eben deßwegen nicht als gleich - guͤltige genommen, deren jedes fuͤr ſich ein richtiger Begriff ſey und ſo viele Guͤltigkeit habe als der andere, wobey es nur darauf ankomme, wo der eine oder der andere angewendet werden koͤnne. Dieſe gleiche Guͤl - tigkeit beyder beruht nur darauf, weil ſie ſind, nem - lich weil wir beyde haben. Aber die nothwendige erſte Frage iſt, weil ſie entgegengeſetzt ſind, welcher von beyden der Wahre ſey; und die hoͤhere eigentliche Fra - ge iſt, ob nicht ein Drittes ihre Wahrheit, oder ob einer die Wahrheit des andern iſt. Die Zweckbeziehung hat ſich aber als die Wahrheit des Mechanismus erwieſen. Das was ſich als Chemismus darſtellte, wird mit dem Me - chanismus inſofern zuſammengenommen, als der Zweck der Begriff in freyer Exiſtenz iſt, und ihm uͤber - haupt die Unfreyheit deſſelben, ſein Verſenktſeyn in die Aeuſſerlichkeit gegenuͤberſteht; beydes, Mechanismus ſo wie Chemismus, wird alſo unter der Naturnothwendig - keit zuſammengefaßt, indem im erſten der Begriff nicht am Objecte exiſtirt, weil es als mechaniſches die Selbſt - beſtimmung nicht enthaͤlt, im andern aber der Begriffent -238II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.entweder eine geſpannte, einſeitige Exiſtenz hat, oder inſofern er als die Einheit hervortritt, welche das neu - trale Object in die Extreme ſpannt, ſich ſelbſt, inſofern er dieſe Trennung aufhebt, aͤuſſerlich iſt.

Je mehr das teleologiſche Princip mit dem Be - griffe eines auſſerweltlichen Verſtandes zuſammen - gehaͤngt, und inſofern von der Froͤmmigkeit beguͤnſtigt wurde, deſtomehr ſchien es ſich von der wahren Natur - forſchung zu entfernen, welche die Eigenſchaften der Na - tur nicht als fremdartige, ſondern als immanen - te Beſtimmtheiten erkennen will, und nur ſolches Erkennen als ein Begreiffen gelten laͤßt. Da der Zweck der Begriff ſelbſt in ſeiner Exiſtenz iſt, ſo kann es ſonderbar ſcheinen, daß das Erkennen der Objecte aus ihrem Begriffe vielmehr als ein unberechtigter Ueber - ſchritt in ein heterogenes Element erſcheint, der Mechanismus dagegen, welchem die Beſtimmtheit eines Objects als ein aͤuſſerlich an ihm und durch ein Ande - res geſetzte Beſtimmtheit iſt, fuͤr eine immanentere An - ſicht gilt, als die Teleologie. Der Mechanismus, we - nigſtens der gemeine unfreye, ſo wie der Chemismus, muß allerdings inſofern als ein immanentes Princip angeſehen werden, als das beſtimmende Aeuſſerliche, ſelbſt wieder nur ein ſolches Object, ein aͤuſ - ſerlich beſtimmtes und gegen ſolches Beſtimmtwerden gleichguͤltiges, oder im Chemismus das andere Object ein gleichfalls chemiſch beſtimmtes iſt, uͤberhaupt ein weſentliches Moment der Totalitaͤt immer in einem Aeuſſern liegt. Dieſe Principien bleiben daher inner - halb derſelben Naturform der Endlichkeit ſtehen; ob ſie aber gleich das Endliche nicht uͤberſchreiten wollen, und fuͤr die Erſcheinungen nur zu endlichen Urſachen, die ſelbſt das Weitergehen verlangen, fuͤhren, ſo erweitern ſie ſich doch zugleich theils zu einer formellen Totalitaͤt in demBe -239III. Kapitel. Teleologie.Begriffe von Kraft, Urſache und dergleichen Reflexions - beſtimmungen, die eine Urſpruͤnglichkeit bezeichnen ſollen, theils aber durch die abſtracte Allgemeinheit von einem All der Kraͤfte, einem Ganzen von gegenſeitigen Urſachen. Der Mechanismus zeigt ſich ſelbſt dadurch als ein Streben der Totalitaͤt, daß er die Natur fuͤr ſich als ein Ganzes zu faſſen ſucht, das zu ſeinem Begriffe keines andern bedarf, eine To - talitaͤt, die ſich in dem Zwecke und dem damit zuſam - menhaͤngenden auſſerweltlichen Verſtand nicht findet.

Die Zweckmaͤſſigkeit nun zeigt ſich zunaͤchſt als ein hoͤheres uͤberhaupt; als ein Verſtand, der aͤuſſerlich die Mannichfaltigkeit der Objecte durch eine an und fuͤr ſich ſeyende Einheit beſtimmt, ſo daß die gleichguͤltigen Beſtimmtheiten der Objecte durch dieſe Beziehung weſentlich werden. Im Mechanismus werden ſie es durch die bloſſe Form der Nothwendigkeit, wobey ihr Inhalt gleich - guͤltig iſt, denn ſie ſollen aͤuſſerliche bleiben, und nur der Verſtand als ſolcher ſich befriedigen, indem er ſei - nen Zuſammenhang, die abſtracte Identitaͤt, erkennt. In der Teleologie dagegen wird der Inhalt wichtig, weil ſie einen Begriff, ein an und fuͤr ſich be - ſtimmtes und damit ſelbſtbeſtimmendes vorausſetzt, alſo von der Beziehung der Unterſchiede und ihres Beſtimmtſeyns durcheinander, von der Form, die in ſich reflectirte Einheit, ein an und fuͤr ſich beſtimmtes, ſomit einen Inhalt unterſchieden hat. Wenn dieſer aber ſonſt ein endlicher und unbe - deutender iſt, ſo widerſpricht er dem, was er ſeyn ſoll, denn der Zweck iſt ſeiner Form eine in ſich unend - liche Totalitaͤt; beſonders wenn das nach Zwecken wirkende Handeln als abſoluter Willen und Verſtand angenommen iſt. Die Teleologie hat ſich den Vorwurfdes240II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.des Laͤppiſchen deswegen ſo ſehr zugezogen, weil die Zwecke, die ſie aufzeigte, wie es ſich trifft, bedeutender oder ſo geringfuͤgiger ſind, und die Zweckbeziehung der Objecte mußte ſo haͤufig als eine Spielerey erſchei - nen, weil dieſe Beziehung ſo aͤuſſerlich und daher zufaͤl - lig erſcheint. Der Mechanismus dagegen laͤßt den Be - ſtimmtheiten der Objecte dem Gehalte nach, ihren Werth von Zufaͤlligen, gegen welche das Object gleichguͤltig iſt, und die weder fuͤr ſie, noch fuͤr den ſubjectiven Ver - ſtand ein hoͤheres Gelten haben ſollen. Diß Princip gibt daher in ſeinem Zuſammenhange von aͤuſſerer Noth - wendigkeit das Bewußtſeyn unendlicher Freyheit, gegen die Teleologie, welche die Geringfuͤgigkeiten, und ſelbſt Veraͤchtlichkeiten ihres Inhalts als etwas abſolutes aufſtellt, in dem ſich der allgemeinere Gedanke nur un - endlich beengt, und ſelbſt eckelhaft afficirt finden kann.

Der formelle Nachtheil, in welchem dieſe Teleolo - gie zunaͤchſt ſteht, iſt, daß ſie nur bis zur aͤuſſern Zweckmaͤſſigkeit kommt. Indem der Begriff hie - durch als ein formelles geſetzt iſt, ſo iſt ihr der Inhalt auch ein ihm aͤuſſerlich in der Mannichfaltigkeit der ob - jectiven Welt gegebenes, in eben jenen Beſtimmthei - ten, welche auch Inhalt des Mechanismus, aber als ein aͤuſſerliches, zufaͤlliges ſind. Um dieſer Gemeinſchaft - lichkeit willen, macht die Form der Zweckmaͤſſig - keit fuͤr ſich allein das Weſentliche des Teleologiſchen aus. In dieſer Ruͤckſicht, ohne noch auf den Unter - ſchied von aͤuſſerer und innerer Zweckmaͤſſigkeit zu ſehen, hat ſich die Zweckbeziehung uͤberhaupt, an und fuͤr ſich als die Wahrheit des Mechanismus erwieſen. Die Teleologie hat im Allgemeinen das hoͤhere Princip, den Begriff in ſeiner Exiſtenz, der an und fuͤr ſich das Unendliche und Abſolute iſt; ein Princip der Freyheit, das ſeiner Selbſtbeſtimmung ſchlechthin gewiß, demaͤuſ -241III. Kapitel. Teleologie.aͤuſſerlichen Beſtimmtwerden des Mechanismus abſolut entriſſen iſt.

Eines der groſſen Verdienſte Kants um die Phi - loſophie beſteht in der Unterſcheidung, die er zwiſchen relativer oder aͤuſſerer und zwiſchen innerer Zweck - maͤſſigkeit aufgeſtellt hat; in letzterer hat er den Be - griff des Lebens, die Idee, aufgeſchloſſen und damit die Philoſophie, was die Kritik der Vernunft nur unvollkommen, in einer ſehr ſchieffen Wendung und nur negativ thut, poſitiv uͤber die Reflexionsbeſtimmun - gen und die relative Welt der Metaphyſik erhoben. Es iſt erinnert worden, daß der Gegenſatz der Teleolo - gie und des Mechanismus zunaͤchſt der allgemeinere Ge - genſatz von Freyheit und Nothwendigkeit iſt. Kant hat den Gegenſatz in dieſer Form, unter den An - tinomieen der Vernunft, und zwar als den dritten Widerſtreit der tranſcendentalen Ideen auf - gefuͤhrt. Ich fuͤhre ſeine Darſtellung, auf welche fruͤher verwieſen worden, ganz kurz an, indem das Weſentliche derſelben ſo einfach iſt, daß es keiner weit - laͤufigen Auseinanderſetzung bedarf, und die Art und Weiſe der Kantiſchen Antinomieen anderwaͤrts ausfuͤhr - licher beleuchtet worden iſt.

Die Theſis der hier zu betrachtenden lautet: Die Cauſalitaͤt nach Geſetzen der Natur iſt nicht die einzige, aus welcher die Erſcheinungen der Welt insge - ſammt abgeleitet werden koͤnnen. Es iſt noch eine Cau - ſalitaͤt durch Freyheit zu Erklaͤrung derſelben anzuneh - men nothwendig.

Die Antitheſis: Es iſt keine Freyheit, ſondern alles in der Welt geſchieht lediglich nach Geſetzen der Natur.

QDer242II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.

Der Beweis geht wie bey den uͤbrigen Antino - mieen erſtens apogogiſch zu Werke, es wird das Gegen - theil jeder Theſis angenommen; zweytens um das Wi - derſprechende dieſer Annahme zu zeigen, wird umgekehrt das Gegentheil derſelben, das iſt ſomit, der zu beweiſende Satz angenommen, und als geltend vorausgeſetzt; der ganze Umweg des Beweiſens konnte daher erſpart werden; es beſteht in nichts als der aſſertoriſchen Be - hauptung der beyden gegenuͤberſtehenden Saͤtze.

Zum Beweiſe der Theſis ſoll nemlich zuerſt an - genommen werden: es gebe keine andere Cauſali - taͤt, als nach Geſetzen der Natur, d. i. nach der Nothwendigkeit des Mechanismus uͤberhaupt, den Che - mismus mit eingeſchloſſen. Dieſer Satz widerſpreche ſich aber darum, weil das Geſetz der Natur gerade darin beſtehe, daß ohne hinreichend à priori beſtimmte Urſache, welche ſomit eine abſolute Spon - taneitaͤt in ſich enthalte, nichts geſchehe; d. h. die der Theſis entgegengeſetzte Annahme iſt darum wider - ſprechend, weil ſie der Theſis widerſpricht.

Zum Behuffe des Beweiſes der Antitheſis ſolle man ſetzen: es gebe eine Freyheit als eine beſondere Art von Cauſalitaͤt, einen Zuſtand, mithin auch eine Reihe von Folgen deſſelben ſchlechthin anzufangen. Da nun aber ein ſolches Anfangen einen Zuſtand vor - ausſetzt, der mit dem vorhergehenden derſelben gar keinen Zuſammenhang der Cauſalitaͤt hat, ſo widerſpricht es dem Geſetze der Cauſalitaͤt, nach welchem allein Einheit der Erfahrung und Erfahrung uͤberhaupt moͤglich iſt; d. h. die Annahme der Frey - heit, die der Antitheſis entgegen iſt, kann darum nicht gemacht werden, weil ſie der Antitheſis widerſpricht.

Dem243III. Kapitel. Teleologie.

Dem Weſen nach kehrt dieſelbe Antinomie in der Kritik der teleologiſchen Urtheilskraft als der Gegenſatz wieder: daß Alle Erzeugung mate - rieller Dinge nach bloß mechaniſchen Geſetzen geſchieht und daß Einige Erzeugung derſelben nach ſolchen Geſetzen nicht moͤglich iſt. Die Kan - tiſche Aufloͤſung dieſer Antinomie iſt dieſelbige, wie die allgemeine Aufloͤſung der uͤbrigen; daß nemlich die Ver - nunft weder den einen noch den andern Satz beweiſen koͤnne, weil wir von Moͤglichkeit der Dinge nach bloß empiriſchen Geſetzen der Natur kein beſtimmendes Princip à priori haben koͤnnen; daß daher ferner beyde nicht als objective Saͤtze, ſondern als ſubjective Maximen angeſehen werden muͤſ - ſen; daß ich einerſeits jederzeit uͤber alle Natur - ereigniſſe nach dem Princip des bloſſen Naturmechanis - mus reflectiren ſolle, daß aber diß nicht hindere, bey gelegentlicher Veranlaſſung, einigen Na - turformen, nach einer andern Maxime, nemlich nach dem Princip der Endurſachen, nach zu ſpuͤren; als ob nun dieſe zwey Maximen, die uͤbrigens bloß fuͤr die menſchliche Vernunft noͤthig ſeyn ſollen, nicht in demſelben Gegenſatze waͤren, in dem ſich jene Saͤtze befinden. Es iſt, wie vorhin bemerkt, auf dieſem ganzen Standpunkte dasjenige nicht unterſucht, was al - lein das philoſophiſche Intereſſe fodert, nemlich welches von beyden Principien an und fuͤr ſich Wahrheit habe; fuͤr dieſen Geſichtspunkt aber macht es keinen Unter - ſchied, ob die Principien als objective, das heißt hier, aͤuſſerlich exiſtirende Beſtimmungen der Natur, oder als bloſſe Maximen eines ſubjectiven Erkennens be - trachtet werden ſollen; es iſt vielmehr diß ein ſub - jectives, d. h. zufaͤlliges Erkennen, welches auf gele - gentliche Veranlaſſung die eine oder andere Ma - xime anwendet, je nachdem es ſie fuͤr gegebene ObjecteQ 2fuͤr244II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.fuͤr paſſend haͤlt, uͤbrigens nach der Wahrheit dieſer Beſtimmungen ſelbſt, ſie ſeyen beyde Beſtimmungen der Objecte oder des Erkennens, nicht fragt.

So ungenuͤgend daher die Kantiſche Eroͤrterung des teleologiſchen Princips in Anſehung des weſentlichen Geſichtspunkts iſt, ſo iſt immer die Stellung bemerkens - werth, welche Kant demſelben gibt. Indem er es einer reflectirenden Urtheilskraft zuſchreibt, macht er es zu einem verbindenden Mittelgliede zwiſchen dem Allgemeinen der Vernunft und dem Einzel - nen der Anſchauung; er unterſcheidet ferner jene reflectirende Urtheilskraft von der beſtim - menden, welche letztere das Beſondere bloß unter das Allgemeine ſubſumire. Solches Allgemeine, welches nur ſubſumirend iſt, iſt ein abſtractes, welches erſt an einem andern, am Beſondern, con - cret wird. Der Zweck dagegen iſt das concrete Allgemeine, das in ihm ſelbſt das Moment der Be - ſonderheit und Aeuſſerlichkeit hat, daher thaͤtig, und der Trieb iſt, ſich von ſich ſelbſt abzuſtoſſen. Der Begriff iſt als Zweck allerdings ein objectives Urtheil, worin die eine Beſtimmung das Subject, nemlich der concrete Begriff als durch ſich ſelbſt beſtimmt, die andere aber nicht nur ein Praͤdicat, ſondern die aͤuſſerliche Ob - jectivitaͤt iſt. Aber die Zweckbeziehung iſt darum nicht ein[reflectirendes] Urtheilen, das die aͤuſſerlichen Ob - jecte nur nach einer Einheit betrachtet, als ob ein Verſtand ſie zum Behuf unſers Erkenntnißver - moͤgens gegeben haͤtte, ſondern ſie iſt das an und fuͤr ſich ſeyende Wahre, das objectiv urtheilt, und die aͤuſſerliche Objectivitaͤt abſolut beſtimmt. Die Zweckbe - ziehung iſt dadurch mehr als Urtheil, ſie iſt der Schluß des ſelbſtſtaͤndigen freyen Begriffs, der ſich durch die Objectivitaͤt mit ſich ſelbſt zuſammenſchließt.

Der245III. Kapitel. Teleologie.

Der Zweck hat ſich als das Dritte zum Mecha - nismus und Chemismus ergeben; er iſt ihre Wahrheit. Indem er ſelbſt noch innerhalb der Sphaͤre der Objec - tivitaͤt, oder der Unmittelbarkeit des totalen Begriffs ſteht, iſt er von der Aeuſſerlichkeit als ſolcher noch af - ficirt, und hat eine objective Welt ſich gegenuͤber, auf die er ſich bezieht. Nach dieſer Seite erſcheint die me - chaniſche Cauſalitaͤt, wozu im Allgemeinen auch der Che - mismus zu nehmen iſt, noch bey dieſer Zweckbezie - hung, welche die aͤuſſerliche iſt, aber als ihr untergeordnet, als an und fuͤr ſich aufgehoben. Was das naͤhere Verhaͤltniß betrifft, ſo iſt das mecha - niſche Object als unmittelbare Totalitaͤt gegen ſein Be - ſtimmtſeyn, und damit dagegen, ein Beſtimmendes zu ſeyn, gleichguͤltig. Diß aͤuſſerliche Beſtimmtſeyn, iſt nun zur Selbſtbeſtimmung fortgebildet, und damit der im Objecte nur innere, oder was daſſelbe iſt, nur aͤuſſere Begriff, nunmehr geſetzt; der Zweck iſt zunaͤchſt eben dieſer dem mechaniſchen aͤuſſerliche Begriff ſelbſt. So iſt der Zweck auch fuͤr den Chemismus das Selbſtbeſtimmende, welches das aͤuſſerliche Beſtimmt - werden, durch welches er bedingt iſt, zur Einheit des Begriffes zuruͤckbringt. Die Natur der Unterordnung der beyden vorherigen Formen des objectiven Proceſſes ergibt ſich hieraus; das Andere, das an ihnen in dem unendlichen Progreß liegt, iſt der ihnen zunaͤchſt als aͤuſſerlich geſetzte Begriff, welcher Zweck iſt; der Begriff iſt nicht nur ihre Subſtanz, ſondern auch die Aeuſſer - lichkeit iſt das ihnen weſentliche, ihre Beſtimmtheit ausmachende Moment. Die mechaniſche oder chemiſche Technik bietet ſich alſo durch ihren Charakter, aͤuſſerlich beſtimmt zu ſeyn, von ſelbſt der Zweckbeziehung dar, die nun naͤher zu betrachten iſt.

A. Der246II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.

A. Der ſubjective Zweck.

Der ſubjective Begriff hat in der Centrali - taͤt der objectiven Sphaͤre, die eine Gleichguͤltigkeit gegen die Beſtimmtheit iſt, zunaͤchſt den negativen Einheitspunkt wieder gefunden und geſetzt; in dem Chemismus aber die Objectivitaͤt der Begriffsbe - ſtimmungen, wodurch er erſt als concreter ob - jectiver Begriff geſetzt iſt. Seine Beſtimmtheit oder ſein einfacher Unterſchied hat nunmehr an ihm ſelbſt die Beſtimmtheit der Aeuſſerlichkeit, und ſeine einfache Einheit iſt dadurch die ſich von ſich ſelbſt abſtoſſende und darin ſich erhaltende Einheit. Der Zweck iſt daher der ſubjective Begriff als weſentliches Streben und Trieb ſich aͤuſſerlich zu ſetzen. Er iſt da - bey dem Uebergehen entnommen. Er iſt weder eine Kraft, die ſich aͤuſſert, noch eine Subſtanz und Urſache, die in Accidenzen und Wirkungen ſich manifeſtirt. Die Kraft iſt nur ein abſtract inneres, indem ſie ſich nicht geaͤuſſert hat; oder ſie hat erſt in der Aeuſſerung, zu der ſie ſollicitirt werden muß, Daſeyn; eben ſo die Ur - ſache und die Subſtanz; weil ſie nur in den Accidenzen und in der Wirkung Wirklichkeit haben, iſt ihre Thaͤtig - keit der Uebergang, gegen den ſie ſich nicht in Freyheit erhalten. Der Zweck kann wohl auch als Kraft und Ur - ſache beſtimmt werden, aber dieſe Ausdrucke erfuͤllen nur eine unvollkommene Seite ſeiner Bedeutung; wenn ſie von ihm nach ſeiner Wahrheit ausgeſprochen werden ſollen, ſo koͤnnen ſie es nur auf eine Weiſe, welche ih - ren Begriff aufhebt; als eine Kraft, welche ſich ſelbſt zur Aeuſſerung ſollicitirt, als eine Urſache, welche Ur -ſache247III. Kapitel. Teleologie.ſache ihrer ſelbſt, oder deren Wirkung unmittelbar die Urſache iſt.

Wenn das Zweckmaͤſſige einem Verſtande zuge - ſchrieben wird, wie vorhin angefuͤhrt wurde, ſo iſt da - bey auf das Beſtimmte des Inhaltes Ruͤckſicht genommen. Er iſt aber uͤberhaupt als das Vernuͤnf - tige in ſeiner Exiſtenz zu nehmen. Er manife - ſtirt darum Vernuͤnftigkeit, weil er der concrete Begriff iſt, der den objectiven Unterſchied in ſeiner abſoluten Einheit haͤlt. Er iſt daher we - ſentlich der Schluß an ihm ſelbſt. Er iſt das ſich gleiche Allgemeine, und zwar als die ſich von ſich abſtoſſende Negativitaͤt enthaltend; zunaͤchſt die allge - meine, inſofern noch unbeſtimmte Thaͤtigkeit; aber weil dieſe die negative Beziehung auf ſich ſelbſt iſt, beſtimmt ſie ſich unmittelbar, und gibt ſich das Moment der Beſonderheit, welche als die gleich - falls in ſich reflectirte Totalitaͤt der Form Inhalt, gegen die geſetzten Unterſchiede der Form iſt. Eben unmittelbar iſt dieſe Negativitaͤt durch ihre Beziehung auf ſich ſelbſt, abſolute Reflexion der Form in ſich, und Einzelnheit. Einerſeits iſt dieſe Re - flexion die innere Allgemeinheit des Subjects, andererſeits aber Reflexion nach Auſſen; und in - ſofern iſt der Zweck noch ein ſubjectives und ſeine Thaͤ - tigkeit gegen aͤuſſerliche Objectivitaͤt gerichtet.

Der Zweck iſt nemlich der an der Objectivitaͤt zu ſich ſelbſt gekommene Begriff; die Beſtimmtheit, die er ſich an ihr gegeben, iſt die der objectiven Gleich - guͤltigkeit und Aeuſſerlichkeit des Beſtimmtſeyns; ſeine ſich von ſich abſtoſſende Negativitaͤt iſt daher eine ſolche, deren Momente, indem ſie nur die Beſtimmungen des Begriffs ſelbſt ſind, auch die Form von objectiverGleich -248II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.Gleichguͤltigkeit gegen einander haben. Im formellen Urtheile ſind Subject und Praͤdicat ſchon als ſelbſtſtaͤndige gegen einander beſtimmt; aber ihre Selbſt - ſtaͤndigkeit iſt nur erſt abſtracte Allgemeinheit; ſie hat nunmehr die Beſtimmung von Objectivitaͤt erlangt; aber als Moment des Begriffs iſt dieſe vollkommene Verſchiedenheit in die einfache Einheit des Begriffs ein - geſchloſſen. Inſofern nun der Zweck dieſe totale Refle - xion der Objectivitaͤt in ſich, und zwar unmittelbar iſt, ſo iſt erſtlich die Selbſtbeſtimmung oder die Be - ſonderheit als einfache Reflexion in ſich von der concreten Form unterſchieden, und iſt ein beſtimm - ter Inhalt. Der Zweck iſt hienach endlich, ob er gleich ſeiner Form nach unendliche Subjectivitaͤt iſt. Zweytens weil ſeine Beſtimmtheit die Form objectiver Gleichguͤltigkeit hat, hat ſie die Geſtalt einer Voraus - ſetzung, und ſeine Endlichkeit beſteht nach dieſer Sei - te darin, daß er eine objective, mechaniſche und chemiſche Welt vor ſich hat, auf welche ſich ſeine Thaͤ - tigkeit, als auf ein Vorhandenes bezieht, ſeine ſelbſtbeſtimmende Thaͤtigkeit iſt ſo in ihrer Identitaͤt un - mittelbar ſich ſelbſt aͤuſſerlich und ſo ſehr als Re - flexion in ſich, ſo ſehr Reflexion nach Auſſen. Inſofern hat er noch eine wahrhaft auſſerweltliche Exiſtenz, inſofern ihm nemlich jene Objectivitaͤt gegenuͤberſteht, ſo wie dieſe dagegen als ein mechaniſches und chemi - ſches, noch nicht vom Zweck beſtimmtes und durchdrun - genes Ganzes ihm gegenuͤberſteht.

Die Bewegung des Zwecks kann daher nun ſo ausgedruͤckt werden, daß ſie darauf gehe, ſeine Vor - ausſetzung aufzuheben, das iſt, die Unmittelbarkeit des Objects, und es zu ſetzen als durch den Begriff beſtimmt. Dieſes negative Verhalten gegen das Object iſt ebenſoſehr ein negatives gegen ſich ſelbſt, ein Aufhe -ben249III. Kapitel. Teleologie.ben der Subjectivitaͤt des Zwecks. Poſitiv iſt es die Realiſation des Zwecks, nemlich die Vereinigung des objectiven Seyns mit demſelben, ſo daß daſſelbe, wel - ches als Moment des Zwecks unmittelbar die mit ihm identiſche Beſtimmtheit iſt, als aͤuſſerliche ſey, und umgekehrt das Objective als Vorausſetzung vielmehr als durch Begriff beſtimmt, geſetzt werde. Der Zweck iſt in ihm ſelbſt der Trieb ſeiner Realiſirung; die Beſtimmtheit der Begriffsmomente iſt die Aeuſſerlichkeit, die Einfachheit derſelben in der Einheit des Begrif - fes iſt aber dem, was ſie iſt, unangemeſſen und der Be - griff ſtoͤßt ſich daher von ſich ſelbſt ab. Diß Abſtoſſen iſt der Entſchluß uͤberhaupt, der Beziehung der negati - ven Einheit auf ſich, wodurch ſie ausſchlieſſende Einzelnheit iſt; aber durch diß Ausſchlieſſen ent - ſchließt ſie ſich, oder ſchließt ſich auf, weil es Selbſtbeſtimmen, Setzen ſeiner ſelbſt iſt. Ei - nerſeits indem die Subjectivitaͤt ſich beſtimmt, macht ſie ſich zur Beſonderheit, gibt ſich einen Inhalt, der in die Einheit des Begriffs eingeſchloſſen, noch ein innerlicher iſt; diß Setzen, die einfache Reflexion in ſich, iſt aber, wie ſich ergeben, unmittelbar zugleich ein Vor - ausſetzen; und in demſelben Momente, in welchem das Subject des Zwecks ſich beſtimmt, iſt es auf eine gleichguͤltige, aͤuſſerliche Objectivitaͤt bezogen, die von ihm jener innern Beſtimmtheit gleich gemacht, d. h. als ein durch den Begriff beſtimmtes geſetzt werden ſoll, zunaͤchſt als Mittel.

B. Das250II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.

B. Das Mittel.

Das erſte unmittelbare Setzen im Zwecke iſt zu - gleich das Setzen eines innerlichen, d. h. als ge - ſetzt beſtimmten, und zugleich das Vorausſetzen einer objectiven Welt, welche gleichguͤltig gegen die Zweckbe - ſtimmung iſt. Die Subjectivitaͤt des Zwecks iſt aber die abſolute negative Einheit; ihr zweytes Be - ſtimmen iſt daher das Aufheben dieſer Vorausſetzung uͤberhaupt; diß Aufheben iſt inſofern die Ruͤckkehr in ſich, als dadurch jenes Moment der erſten Ne - gation, das Setzen des Negativen gegen das Subject, das aͤuſſerliche Object, aufgehoben wird. Aber gegen die Vorausſetzung oder gegen die Unmittelbarkeit des Beſtimmens, gegen die objective Welt iſt es nur erſt die erſte, ſelbſt unmittelbare, und daher aͤuſſerliche Negation. Diß Setzen iſt daher noch nicht der ausge - fuͤhrte Zweck ſelbſt, ſondern erſt der Anfang dazu. Das ſo beſtimmte Object iſt erſt das Mittel.

Der Zweck ſchließt ſich durch ein Mittel mit der Objectivitaͤt und in dieſer mit ſich ſelbſt zuſammen. Das Mittel iſt die Mitte des Schluſſes. Der Zweck bedarf eines Mittels zu ſeiner Ausfuͤhrung, weil er endlich iſt; eines Mittels, das heißt, einer Mitte, welche zugleich die Geſtalt eines aͤuſſerlichen, gegen den Zweck ſelbſt und deſſen Ausfuͤhrung gleichguͤltigen Da - ſeyns hat. Der abſolute Begriff hat in ſich ſelbſt ſo die Vermittlung, daß das erſte Setzen deſſelben nicht ein Vorausſetzen iſt, in deſſen Object die gleichguͤltige Aeuſſerlichkeit die Grundbeſtimmung waͤre; ſondern die Welt als Geſchoͤpf hat nur die Form ſolcher Aeuſſerlich -keit,251III. Kapitel. Teleologie.keit, aber ihre Negativitaͤt und das Geſetztſeyn macht vielmehr deren Grundbeſtimmung aus. Die Endlich - keit des Zweckes beſteht ſonach darin, daß ſein Beſtimmen uͤberhaupt ſich ſelbſt aͤuſſerlich iſt, ſomit ſein erſtes, wie wir geſehen, in ein Setzen und in ein Vorausſetzen zer - faͤllt; die Negation dieſes Beſtimmens iſt daher auch nur nach einer Seite ſchon Reflexion in ſich, nach der andern iſt ſie vielmehr nur erſte Negation; oder: die Reflexion-in-ſich iſt ſelbſt auch ſich aͤuſſerlich und Reflexion nach Auſſen.

Das Mittel iſt daher die formale Mitte eines formalen Schluſſes; es iſt ein Aeuſſerliches gegen das Extrem des ſubjectiven Zwecks, ſo wie da - her auch gegen das Extrem des objectiven Zwecks; wie die Beſonderheit im formalen Schluſſe ein gleichguͤltiger medius terminus iſt, an deſſen Stelle auch andere tre - ten koͤnnen. Wie dieſelbe ferner Mitte nur dadurch iſt, daß ſie in Beziehung auf das eine Extrem Beſtimmtheit, in Beziehung aber auf das andere Extrem Allgemeines iſt, ihre vermittelnde Beſtimmung alſo relativ durch an - dere hat, ſo iſt auch das Mittel die vermittelnde Mitte nur erſtlich, daß es ein unmittelbares Object iſt, zwey - tens daß es Mittel durch die ihm aͤuſſerliche Bezie - hung auf das Extrem des Zweckes; welche Bezie - hung fuͤr daſſelbe eine Form iſt, wogegen es gleich - guͤltig iſt.

Begriff und Objectivitaͤt ſind daher im Mittel nur aͤuſſerlich verbunden; es iſt inſofern ein bloß mecha - niſches Object. Die Beziehung des Objects auf den Zweck iſt eine Praͤmiſſe, oder die unmittelbare Be - ziehung, welche in Anſehung des Zwecks, wie gezeigt, Reflexion in ſich ſelbſt iſt, das Mittel iſt inhaͤri - rendes Praͤdicat; ſeine Objectivitaͤt iſt unter die Zweck -be -252II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.beſtimmung, welche ihrer Concretion willen, Allgemein - heit iſt, ſubſumirt. Durch dieſe Zweckbeſtimmung, wel - che an ihm iſt, iſt es nun auch gegen das andre Ex - trem, der vorerſt noch unbeſtimmten Objectivitaͤt, ſub - ſumirend. Umgekehrt hat das Mittel gegen den ſub - jectiven Zweck, als unmittelbare Objectivitaͤt, Allgemeinheit des Daſeyns, welches die ſubjec - tive Einzelnheit des Zweckes noch entbehrt. Indem ſo zunaͤchſt der Zweck nur als aͤuſſerliche Beſtimmtheit am Mittel iſt, iſt er ſelbſt als die negative Einheit auſ - ſer demſelben, ſo wie das Mittel mechaniſches Object, das ihn nur als eine Beſtimmtheit, nicht als einfache Concretion der Totalitaͤt an ihm hat. Als das Zuſam - menſchlieſſende aber muß die Mitte ſelbſt die Totalitaͤt des Zwecks ſeyn. Es hat ſich gezeigt, daß die Zweckbeſtim - mung am Mittel, zugleich Reflexion in ſich ſelbſt iſt; in - ſofern iſt ſie formelle Beziehung auf ſich, da die Beſtimmtheit, als reale Gleichguͤltigkeit, als die Objectivitaͤt des Mittels geſetzt iſt. Aber eben - deßwegen iſt dieſe einerſeits reine Subjectivitaͤt zugleich auch Thaͤtigkeit. Im ſubjectiven Zweck iſt die negative Beziehung auf ſich ſelbſt, noch identiſch mit der Beſtimmtheit als ſolcher, dem Inhalt und der Aeuſſer - lichkeit. In der beginnenden Objectivirung des Zweckes aber, einem Anderswerden des einfachen Begriffes treten jene Momente aus einander, oder umgekehrt be - ſteht hierin diß Anderswerden, oder die Aeuſſerlich - keit ſelbſt.

Dieſe ganze Mitte iſt ſomit ſelbſt die Totalitaͤt des Schluſſes, worin die abſtracte Thaͤtigkeit und das aͤuſ - ſere Mittel die Extreme ausmachen, deren Mitte die Be - ſtimmtheit des Objects durch den Zweck, durch welche es Mittel iſt, ausmacht. Ferner aber iſt die Allge - meinheit die Beziehung der Zweckthaͤtigkeit unddes253III. Kapitel. Teleologie.des Mittels. Das Mittel iſt Object, an ſich die Tota - litaͤt des Begriffs; es hat keine Kraft des Widerſtands gegen den Zweck, wie es zunaͤchſt gegen ein anderes unmittelbares Object hat. Dem Zweck, welcher der ge - ſetzte Begriff iſt, iſt es daher ſchlechthin durchdringlich, und dieſer Mittheilung empfaͤnglich, weil es an ſich identiſch mit ihm iſt. Es iſt aber nunmehr auch ge - ſetzt, als das dem Begriffe durchdringliche, denn in der Centralitaͤt iſt es ein Strebendes nach der negativen Einheit; eben ſo im Chemismus iſt es als Neutrales ſo wie als differentes ein unſelbſtſtaͤndiges geworden. Seine Unſelbſtſtaͤndigkeit beſteht eben darin, daß es nur an ſich die Totalitaͤt des Begriffs iſt; dieſer aber iſt das Fuͤrſichſeyn. Das Object hat daher gegen den Zweck den Character, machtlos zu ſeyn, und ihm zu dienen; er iſt deſſen Subjectivitaͤt oder Seele, die an ihm ihre aͤuſſerliche Seite hat.

Das Object, auf dieſe Weiſe dem Zwecke unmit - telbar unterworfen, iſt nicht ein Extrem des Schluſ - ſes; ſondern dieſe Beziehung macht eine Praͤmiſſe deſſel - ben aus. Aber das Mittel hat auch eine Seite, nach welcher es noch Selbſtſtaͤndigkeit gegen den Zweck hat. Die im Mittel mit ihm verbundene Objectivitaͤt, iſt weil ſie es nur unmittelbar iſt, ihm noch aͤuſſerlich; und die Vorausſetzung beſteht daher noch. Die Thaͤtig - keit des Zwecks durch das Mittel iſt deswegen noch gegen dieſe gerichtet, und der Zweck iſt eben inſofern Thaͤtigkeit, nicht mehr bloß Trieb und Streben, als im Mittel das Moment der Objectivitaͤt in ſeiner Beſtimmt - heit als Aeuſſerliches geſetzt iſt, und die einfache Einheit des Begriffs ſie als ſolche nun an ſich hat.

C. Der254II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.

C. Der ausgefuͤhrte Zweck.

1. Der Zweck iſt in ſeiner Beziehung auf das Mit - tel ſchon in ſich reflectirt; aber es iſt ſeine objective Ruͤckkehr in ſich noch nicht geſetzt. Die Thaͤtigkeit des Zwecks durch ſein Mittel iſt noch gegen die Objectivitaͤt als urſpruͤngliche Vorausſetzung gerichtet; ſie iſt eben diß, gleichguͤltig gegen die Beſtimmtheit zu ſeyn. Inſo - fern die Thaͤtigkeit wieder bloß darin beſtuͤnde, die un - mittelbare Objectivitaͤt zu beſtimmen, ſo wuͤrde das Pro - duct wieder nur ein Mittel ſeyn und ſo fort ins unend - liche; es kaͤme nur ein zweckmaͤſſiges Mittel heraus, aber nicht die Objectivitaͤt des Zweckes ſelbſt. Der in ſeinem Mittel thaͤtige Zweck muß daher nicht als ein aͤuſſerliches das unmittelbare Object beſtimmen, ſo - mit dieſes durch ſich ſelbſt zur Einheit des Begriffes zu - ſammengehen; oder jene aͤuſſerliche Thaͤtigkeit des Zwecks durch ſein Mittel muß ſich als Vermittlung be - ſtimmen und ſelbſt aufheben.

Die Beziehung der Thaͤtigkeit des Zwecks durch das Mittel auf das aͤuſſerliche Object iſt zunaͤchſt die zweyte Praͤmiſſe des Schluſſes, eine unmit - telbare Beziehung der Mitte auf das andre Extrem. Unmittelbar iſt ſie, weil die Mitte ein aͤuſſerli - ches Object an ihr hat, und das andre Extrem ein eben ſolches iſt. Das Mittel iſt wirkſam und maͤchtig gegen letzteres, weil ſein Object mit der ſelbſtbeſtimmen - den Thaͤtigkeit verbunden, dieſem aber die unmittelbare Beſtimmtheit, welche es hat, eine gleichguͤltige iſt. Ihr Proceß in dieſer Beziehung iſt kein anderer als der me - chaniſche oder chemiſche; es treten in dieſer objectivenAeuſ -255III. Kapitel. Teleologie.Aeuſſerlichkeit die vorigen Verhaͤltniſſe, aber unter der Herrſchaft des Zweckes hervor. Dieſe Proceſſe aber gehen durch ſich ſelbſt, wie ſich an ihnen gezeigt, in den Zweck zuruͤck. Wenn alſo zunaͤchſt die Beziehung des Mittels auf das zu bearbeitende aͤuſſere Object eine un - mittelbare iſt, ſo hat ſie ſich ſchon fruͤher als ein Schluß dargeſtellt, indem ſich der Zweck als ihre wahrhafte Mitte und Einheit erwieſen hat. Indem das Mittel alſo das Object iſt, welches auf der Seite des Zwecks ſteht und deſſen Thaͤtigkeit in ſich hat, ſo iſt der Mecha - nismus, der hier Statt findet, zugleich die Ruͤckkehr der Objectivitaͤt in ſich ſelbſt, in den Begriff, der aber ſchon als der Zweck vorausgeſetzt iſt; das negative Ver - halten der zweckmaͤſſigen Thaͤtigkeit gegen das Object iſt inſofern nicht ein aͤuſſerliches, ſondern die Veraͤn - derung und der Uebergang der Objectivitaͤt an ihr ſelbſt in ihn.

Daß der Zweck ſich unmittelbar auf ein Object bezieht, und daſſelbe zum Mittel macht, wie auch daß er durch dieſes ein anderes beſtimmt, kann als Ge - walt betrachtet werden, inſofern der Zweck als von ganz anderer Natur erſcheint, als das Object, und die beyden Objecte eben ſo gegen einander ſelbſtſtaͤndige To - talitaͤten ſind. Daß der Zweck ſich aber in die mit - telbare Beziehung mit dem Object ſetzt, und zwiſchen ſich und daſſelbe ein anderes Object einſchiebt, kann als die Liſt der Vernunft angeſehen werden. Die Endlichkeit der Vernuͤnftigkeit hat, wie bemerkt, dieſe Seite, daß der Zweck ſich zu der Vorausſetzung d. h. zur Aeuſſerlichkeit des Objects verhaͤlt. In der unmit - telbaren Beziehung auf daſſelbe traͤte er ſelbſt in den Mechanismus oder Chemismus und waͤre damit der Zufaͤlligkeit und dem Untergange ſeiner Beſtimmung, an und fuͤr ſich ſeyender Begriff zu ſeyn, unterworfen. So256II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.So aber ſtellt er ein Object als Mittel hinaus, laͤßt daſſelbe ſtatt ſeiner ſich aͤuſſerlich abarbeiten, gibt es der Aufreibung Preis, und erhaͤlt ſich hinter ihm gegen die mechaniſche Gewalt.

Indem der Zweck endlich iſt, hat er ferner einen endlichen Inhalt; hienach iſt er nicht ein abſolutes, oder ſchlechthin an und fuͤr ſich ein Vernuͤnftiges. Das Mittel aber iſt die aͤuſſerliche Mitte des Schluſ - ſes, welcher die Ausfuͤhrung des Zweckes iſt; an dem - ſelben gibt ſich daher die Vernuͤnftigkeit in ihm als ſolche kund, in dieſem aͤuſſerlichen Andern und gerade durch dieſe Aeuſſerlichkeit ſich zu erhalten. In - ſofern iſt das Mittel ein hoͤheres als die endli - chen Zwecke der aͤuſſern Zweckmaͤſſigkeit; der Pflug iſt ehrenvoller, als unmittelbar die Genuͤſſe ſind, welche durch ihn bereitet werden und die Zwecke ſind. Das Werkzeug erhaͤlt ſich, waͤhrend die unmittelba - ren Genuͤſſe vergehen und vergeſſen werden. An ſei - nen Werkzeugen beſitzt der Menſch die Macht uͤber die aͤuſſerliche Natur, wenn er auch nach ſeinen Zwecken ihr vielmehr unterworfen iſt.

Der Zweck haͤlt ſich aber nicht nur auſſerhalb dem mechaniſchen Proceſſe, ſondern erhaͤlt ſich in demſelben, und iſt deſſen Beſtimmung. Der Zweck als der Be - griff, der frey gegen das Object und deſſen Proceß exi - ſtirt, und ſich ſelbſt beſtimmende Thaͤtigkeit iſt, geht, da er ebenſoſehr die an und fuͤr ſich ſeyende Wahrheit des Mechanismus iſt, in demſelben nur mit ſich ſelbſt zu - ſammen. Die Macht des Zwecks uͤber das Object iſt dieſe fuͤr ſich ſeyende Identitaͤt; und ſeine Thaͤtigkeit iſt die Manifeſtation derſelben. Der Zweck als Inhalt iſt die an und fuͤr ſich ſeyende Beſtimmtheit, wel - che am Object als gleichguͤltige und aͤuſſerliche iſt, dieThaͤ -257III. Kapitel. Teleologie.Thaͤtigkeit deſſelben aber iſt einerſeits die Wahrheit des Proceſſes und als negative Einheit das Aufheben des Scheins der Aeuſſerlichkeit. Nach der Ab - ſtraction iſt es die gleichguͤltige Beſtimmtheit des Ob - jects, welche eben ſo aͤuſſerlich durch eine andere erſetzt wird; aber die einfache Abſtraction der Beſtimmt - heit iſt in ihrer Wahrheit die Totalitaͤt des Negati - ven, der concrete und in ſich die Aeuſſerlichkeit ſetzen - de, Begriff.

Der Inhalt des Zwecks iſt ſeine Negativitaͤt als einfache in ſich reflectirte Beſonderheit, von ſeiner Totalitaͤt als Form unterſchieden. Um dieſer Einfachheit willen, deren Beſtimmtheit an und fuͤr ſich die Totalitaͤt des Begriffes iſt, erſcheint der Inhalt als das identiſch bleibende in der Realiſirung des Zweckes. Der teleologiſche Proceß iſt Ueberſetzung des diſtinct als[Begriff] exiſtirenden Begriffs in die Ob - jectivitaͤt; es zeigt ſich, daß dieſes Ueberſetzen in ein vorausgeſetztes Anderes das Zuſammengehen des Begrif - fes durch ſich ſelbſt, mit ſich ſelbſt iſt. Der In - halt des Zwecks iſt[nu]n dieſe in der Form des Identi - ſchen exiſtirende Identitaͤt. In allem Uebergehen erhaͤlt ſich der Begriff, z. B. indem die Urſache zur Wirkung wird, iſt es die Urſache, die in der Wirkung nur mit ſich ſelbſt zuſammengeht; im teleologiſchen Uebergehen iſt es aber der Begriff, der als ſolcher ſchon als Ur - ſache exiſtirt, als die abſolute gegen die Objectivitaͤt und ihre aͤuſſerliche Beſtimmbarkeit freye concrete Ein - heit. Die Aeuſſerlichkeit, in welche ſich der Zweck uͤber - ſetzt, iſt, wie wir geſehen, ſchon ſelbſt als Moment des Begriffs, als Form ſeiner Unterſcheidung in ſich, geſetzt. Der Zweck hat daher an der Aeuſſerlichkeit ſein eige - nes Moment; und der Inhalt, als Inhalt der con - creten Einheit, iſt ſeine einfache Form, welche ſichRin258II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.in den unterſchiedenen Momenten des Zwecks, als ſub - jectiver Zweck, als Mittel und vermittelte Thaͤtigkeit, und als objectiver, ſich nicht nur an ſich gleich bleibt, ſon - dern auch als das ſich gleichbleibende exiſtirt.

Man kann daher von der teleologiſchen Thaͤtigkeit ſagen, daß in ihr das Ende der Anfang, die Folge der Grund, die Wirkung die Urſache ſey, daß ſie ein Wer - den des Gewordenen ſey, daß in ihr nur das ſchon Exi - ſtirende in die Exiſtenz komme u. ſ. f. das heißt, daß uͤberhaupt alle Verhaͤltnißbeſtimmungen, die der Sphaͤre der Reflexion oder des unmittelbaren Seyns angehoͤren, ihre Unterſchiede verloren haben, und was als ein An - deres wie Ende, Folge, Wirkung u. ſ. f. ausgeſprochen wird, in der Zweckbeziehung nicht mehr die Beſtimmung eines Andern habe, ſondern vielmehr als identiſch mit dem einfachen Begriffe geſetzt iſt.

2. Das Product der teleologiſchen Thaͤtigkeit nun naͤher betrachtet, ſo hat es den Zweck nur aͤuſſerlich an ihm, inſofern es abſolute Vorausſetzung gegen den ſub - jectiven Zweck iſt, inſofern nemlich dabey ſtehen geblie - ben wird, daß die zweckmaͤſſige Thaͤtigkeit durch ihr Mit - tel ſich nur mechaniſch gegen das Object verhaͤlt, und ſtatt einer gleichguͤltigen Beſtimmtheit deſſelben eine an - dere, ihm eben ſo aͤuſſerliche ſetzt. Eine ſolche Be - ſtimmtheit, welche ein Object durch den Zweck hat, unter - ſcheidet ſich im allgemeinen von einer andern bloß me - chaniſchen, daß jenes Moment einer Einheit, ſomit ob ſie wohl dem Objecte aͤuſſerlich, doch in ſich ſelbſt nicht ein bloß aͤuſſerliches iſt. Das Object, das eine ſolche Einheit zeigt, iſt ein Ganzes, wogegen ſeine Thei - le, ſeine eigene Aeuſſerlichkeit, gleichguͤltig iſt; eine be - ſtimmte, concrete Einheit, welche unterſchiedene Be - ziehungen und Beſtimmtheiten in ſich vereinigt. DieſeEin -259III. Kapitel. Teleologie.Einheit, welche aus der ſpecifiſchen Natur des Objects nicht begriffen werden kann, und dem beſtimmten In - halte nach ein anderer iſt, als der eigenthuͤmliche Inhalt des Objects, iſt fuͤr ſich ſelbſt nicht eine mechaniſche Beſtimmtheit, aber ſie iſt am Objecte noch mechaniſch. Wie an dieſem Producte der zweckmaͤſſigen Thaͤtigkeit der Inhalt des Zwecks und der Inhalt des Objects ſich aͤuſſerlich ſind, ſo verhalten ſich auch in den andern Mo - menten des Schluſſes die Beſtimmungen derſelben gegen - einander, in der zuſammenſchlieſſenden Mitte, die zweckmaͤſſige Thaͤtigkeit, und das Object, welches Mit - tel iſt, und im ſubjectiven Zweck, dem andern Extreme, die unendliche Form, als Totalitaͤt des Begriffes, und ſein Inhalt. Nach der Beziehung, durch welche der ſubjective Zweck mit der Objectivitaͤt zuſammenge - ſchloſſen wird, iſt ſowohl die eine Praͤmiſſe, nemlich die Beziehung des als Mittel beſtimmten Objects auf das noch aͤuſſerliche Object, als die andere nemlich des ſub - jectiven Zwecks auf das Object, welches zum Mittel ge - macht wird, eine unmittelbare Beziehung. Der Schluß hat daher den Mangel des formalen Schluſſes uͤber - haupt, daß die Beziehungen, aus welchen er beſteht, nicht ſelbſt Schlußſaͤtze oder Vermittlungen ſind, daß ſie vielmehr den Schlußſatz, zu deſſen Hervorbringung ſie als Mittel dienen ſollen, ſchon vorausſetzen.

Wenn wir die eine Praͤmiſſe, die unmittelbare Beziehung des ſubjectiven Zwecks auf das Object, wel - ches dadurch zum Mittel wird, betrachten, ſo kann jener ſich nicht unmittelbar auf dieſes beziehen; denn dieſes iſt ein eben ſo unmittelbares, als das des andern Ex - trems, in welchem der Zweck durch Vermittlung ausgefuͤhrt werden ſoll. Inſofern ſie ſo als verſchie - dene geſetzt ſind, muß zwiſchen dieſe Objectivitaͤt und den ſubjectiven Zweck ein Mittel ihrer Beziehung ein -R 2ge -260II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.geſchoben werden; aber dieſes Mittel iſt eben ſo ein ſchon durch den Zweck beſtimmtes Object, zwiſchen deſ - ſen Objectivitaͤt und teleologiſche Beſtimmung iſt ein neues Mittel und ſo fort ins unendliche einzuſchieben. Damit iſt der unendliche Progreß der Vermitt - lung geſetzt. Daſſelbe findet ſtatt in Anſehung der andern Praͤmiſſe, der Beziehung des Mittels auf das noch unbeſtimmte Object. Da ſie ſchlechthin ſelbſtſtaͤn - dige ſind, ſo koͤnnen ſie nur in einem Dritten, und ſo fort ins unendliche, vereinigt ſeyn. Oder umgekehrt, da die Praͤmiſſen den Schlußſatz ſchon vorausſetzen, ſo kann dieſer, wie er durch jene nur unmittelbare Praͤ - miſſen iſt, nur unvollkommen ſeyn. Der Schlußſatz oder das Product des zweckmaͤſſigen Thuns, iſt nichts als ein durch einen ihm aͤuſſerlichen Zweck beſtimmtes Object; es iſt ſomit daſſelbe was das Mittel. Es iſt daher in ſolchem Product ſelbſt nur ein Mit - tel, nicht ein ausgefuͤhrter Zweck herausgekom - men; oder: der Zweck hat in ihm keine Objectivitaͤt wahrhaft erreicht. Es iſt daher ganz gleichguͤltig, ein durch den aͤuſſern Zweck beſtimmtes Object als aus - gefuͤhrten Zweck, oder nur als Mittel zu betrachten; es iſt diß eine relative, dem Objecte ſelbſt aͤuſſerliche, nicht objective Beſtimmung. Alle Objecte alſo, an welchen ein aͤuſſerer Zweck ausgefuͤhrt iſt, ſind ebenſowohl nur Mittel des Zwecks. Was zur Ausfuͤhrung eines Zwecks gebraucht und weſentlich als Mittel genommen werden ſoll, iſt Mittel nach ſeiner Beſtimmung aufgerieben zu werden. Aber auch das Object, das den ausgefuͤhrten Zweck enthalten, und ſich als deſſen Objectivitaͤt darſtel - len ſoll, iſt vergaͤnglich; es erfuͤllt ſeinen Zweck eben - falls nicht durch ein ruhiges, ſich ſelbſt erhaltendes Da - ſeyn, ſondern nur, inſofern es aufgerieben wird, denn nur inſofern entſpricht es der Einheit des Begriffs, in - dem ſich ſeine Aeuſſerlichkeit d. i. ſeine Objectivitaͤt inder -261III. Kapitel. Teleologie.derſelben aufhebt. Ein Haus, eine Uhr koͤnnen als die Zwecke erſcheinen, gegen die zu ihrer Hervorbrin - gung gebrauchten Werkzeuge; aber die Steine, Balken, oder Raͤder, Axen u. ſ. f. welche die Wirklichkeit des Zweckes ausmachen, erfuͤllen ihn nur, durch den Druck, den ſie erleiden, durch die chemiſchen Proceſſe, denen ſie mit Luft, Licht, Waſſer preis gegeben ſind, und die ſie dem Menſchen abnehmen, durch ihre Reibung u. ſ. f. Sie erfuͤllen alſo ihre Beſtimmung nur durch ihren Ge - brauch und Abnutzung, und entſprechen nur durch ihre Negation dem, was ſie ſeyn ſollen. Sie ſind nicht po - ſitiv mit dem Zwecke vereinigt, weil ſie die Selbſtbe - ſtimmung nur aͤuſſerlich an ihnen haben, und ſind nur relative Zwecke, oder weſentlich auch nur Mittel.

Dieſe Zwecke haben uͤberhaupt wie gezeigt, einen beſchraͤnkten Inhalt; ihre Form iſt die unendliche Selbſtbeſtimmung des Begriffs, der ſich durch ihn zur aͤuſſerlichen Einzelnheit beſchraͤnkt hat. Der beſchraͤnkte Inhalt macht dieſe Zwecke der Unendlichkeit des Begrif - fes unangemeſſen, und zur Unwahrheit; ſolche Beſtimmt - heit iſt ſchon durch die Sphaͤre der Nothwendigkeit, durch das Seyn, dem Werden und der Veraͤnderung preis ge - geben, und ein Vergaͤngliches.

3. Als Reſultat ergibt ſich hiemit, daß die aͤuſſere Zweckmaͤſſigkeit, welche nur erſt die Form der Teleolo - gie hat, eigentlich nur zu Mitteln, nicht zu einem ob - jectiven Zwecke kommt, weil der ſubjective Zweck als eine aͤuſſerliche, ſubjective Beſtimmung bleibt, oder inſofern er thaͤtig iſt und ſich, ob zwar nur in einem Mittel vollfuͤhrt, iſt er noch unmittelbar mit der Objectivitaͤt verbunden, in ſie verſenkt; er iſt ſelbſt ein Object, und der Zweck kann man ſagen, kommt inſo - fern nicht zum Mittel, weil es der Ausfuͤhrung desZwecks262II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.Zwecks ſchon vorher bedarf, ehe ſie durch ein Mittel zu Stande kommen koͤnnte.

In der That aber iſt das Reſultat nicht nur eine aͤuſſere Zweckbeziehung, ſondern die Wahrheit derſelben, innere Zweckbeziehung und ein objectiver Zweck. Die gegen den Begriff ſelbſtſtaͤndige Aeuſſerlichkeit des Ob - jects, welche der Zweck ſich vorausſetzt, iſt in dieſer Vorausſetzung als ein unweſentlicher Schein geſetzt, und auch an und fuͤr ſich ſchon aufgehoben; die Thaͤtig - keit des Zwecks iſt daher eigentlich nur Darſtellung dieſes Scheins, und Aufheben deſſelben. Wie ſich durch den Begriff gezeigt hat, wird das erſte Object durch die Mittheilung Mittel, weil es an ſich Totalitaͤt des Begriffes iſt, und ſeine Beſtimmtheit, welche keine andere als die Aeuſſerlichkeit ſelbſt iſt, nur als aͤuſſer - liches, unweſentliches geſetzt, daher im Zwecke ſelbſt als deſſen eigenes Moment, nicht als ein gegen ihn ſelbſtſtaͤndiges iſt. Dadurch iſt Beſtimmung des Ob - jects zum Mittel ſchlechthin eine unmittelbare. Es be - darf fuͤr den ſubjectiven Zweck daher keiner Gewalt, oder ſonſtigen Bekraͤftigung gegen daſſelbe, als der Be - kraͤftigung ſeiner ſelbſt, um es zum Mittel zu machen; der Entſchluß, Aufſchluß, dieſe Beſtimmung ſeiner ſelbſt iſt die nur geſetzte Aeuſſerlichkeit des Objects, welches darin unmittelbar als dem Zwecke unterworfen iſt, und keine andere Beſtimmung gegen ihn hat, als die der Nichtigkeit des An - und - Fuͤrſichſeyns.

Das zweyte Aufheben der Objectivitaͤt durch die Objectivitaͤt iſt hievon ſo verſchieden, daß jenes als das erſte, der Zweck in objectiver Unmittelbarkeit iſt, dieſes daher nicht nur das Aufheben von einer erſten Un - mittelbarkeit, ſondern von beydem, dem Objectiven als einem nur geſetzten, und dem Unmittelbaren. Die Ne -ga -263III. Kapitel. Teleologie.gativitaͤt kehrt auf dieſe Weiſe ſo in ſich ſelbſt zuruͤck, daß ſie eben ſo Wiederherſtellen der Objectivitaͤt, aber als einer mit ihr identiſchen, und darinn zugleich auch Setzen der Objectivitaͤt als einer, vom Zwecke nur be - ſtimmten, aͤuſſerlichen iſt. Durch Letzteres bleibt diß Product wie vorhin, auch Mittel; durch erſteres, iſt es die mit dem Begriffe identiſche Objectivitaͤt, der reali - ſirte Zweck, in dem die Seite, Mittel zu ſeyn, die Reali - taͤt des Zwecks ſelbſt iſt. Im ausgefuͤhrten Zwecke verſchwindet das Mittel darum, weil es die nur erſt unmittelbar unter den Zweck ſubſumirte Objectivitaͤt waͤre, die im realiſirten Zwecke als Ruͤckkehr des Zwecks in ſich ſelbſt iſt; es verſchwindet ferner damit auch die Vermittlung ſelbſt, als welche ein Verhalten von Aeuſ - ſerlichem iſt, theils in die concrete Identitaͤt des ob - jectiven Zwecks, theils in dieſelbe als abſtracte Identi - taͤt und Unmittelbarkeit des Daſeyns.

Hierin iſt auch die Vermittlung enthalten, welche fuͤr die erſte Praͤmiſſe, die unmittelbare Beziehung des Zwecks auf das Object, gefodert wurde. Der ausge - fuͤhrte Zweck iſt auch Mittel, und umgekehrt iſt die Wahr - heit des Mittels eben ſo diß, realer Zweck ſelbſt zu ſeyn, und das erſte Aufheben der Objectivitaͤt iſt ſchon auch das Zweyte; wie ſich das zweyte zeigte, auch das erſte zu enthalten. Der Begriff beſtimmt ſich nemlich, ſeine Beſtimmtheit iſt die aͤuſſerliche Gleichguͤltigkeit, die unmittelbar in dem Entſchluſſe als aufgehobene, nemlich als innerliche, ſubjective, und zugleich als vorausgeſetztes Object beſtimmt iſt. Sein weiteres Hinausgehen aus ſich, welches nemlich als un - mittelbare Mittheilung und Subſumtion des voraus - geſetzten Objects unter ihn, erſchien, iſt zugleich Auf - heben jener innerlichen, in den Begriff einge - ſchloſſenen, d. i. als aufgehoben geſetzten Beſtimmt -heit264II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.heit der Aeuſſerlichkeit, und zugleich der Vorausſetzung eines Objects; ſomit iſt dieſes anſcheinend erſte Auf - heben der gleichguͤltigen Objectivitaͤt auch ſchon das zweyte, eine durch die Vermittlung hindurch gegangene Reflexion-in-ſich, und der ausgefuͤhrte Zweck.

Indem hier der Begriff in der Sphaͤre der Ob - jectivitaͤt, wo ſeine Beſtimmtheit die Form gleichguͤl - tiger Aeuſſerlichkeit hat, in Wechſelwirkung mit ſich ſelbſt iſt, ſo wird die Darſtellung ſeiner Bewegung hier doppelt ſchwierig und verwickelt, weil ſie unmittel - bar ſelbſt das gedoppelte, und immer ein erſtes auch ein zweytes iſt. Im Begriff fuͤr ſich, d. h. in ſeiner Subjectivitaͤt, iſt der Unterſchied ſeiner von ſich als unmittelbare identiſche Totalitaͤt fuͤr ſich; da hier aber ſeine Beſtimmtheit gleichguͤltige Aeuſſerlichkeit iſt, ſo iſt die Identitaͤt darin mit ſich ſelbſt, auch unmittel - bar wieder das Abſtoſſen von ſich, daß das als ihr Aeuſſerliches und Gleichguͤltiges beſtimmte, vielmehr ſie ſelbſt, und ſie als ſie ſelbſt, als in ſich reflectirt, vielmehr ihr Anderes iſt. Nur indem diß feſtgehalten wird, wird die objective Ruͤckkehr des Begriffs in ſich, d. i. die wahrhafte Objectivirung deſſelben aufgefaßt; aufge - faßt, daß jedes der einzelnen Momente, durch welche ſie ſich dieſe Vermittlung verlaͤuft, ſelbſt der ganze Schluß derſelben iſt. So iſt die urſpruͤngliche innere Aeuſ - ſerlichkeit des Begriffs, durch welche er die ſich von ſich abſtoſſende Einheit, Zweck und deſſen Hinausſtreben zur Objectivirung iſt, das unmittelbare Setzen, oder die Vorausſetzung eines aͤuſſerlichen Objects; die Selbſt - beſtimmung iſt auch Beſtimmung eines als nicht durch den Begriff beſtimmten, aͤuſſerlichen Objects; und umgekehrt iſt ſie Selbſtbeſtimmung, d. i. die aufgehobene, als innere geſetzte Aeuſſerlichkeit; oder die Ge - wißheit der Unweſentlichkeit des aͤuſſern Ob -jects.265III. Kapitel. Teleologie.jects. Von der zweyten Beziehung, der Beſtimmung des Objects als Mittel, iſt ſo eben gezeigt worden, wie ſie an ihr ſelbſt die Vermittlung des Zwecks in dem Ob - jecte mit ſich iſt. Eben ſo iſt das Dritte, der Mecha - nismus, welcher unter der Herrſchaft des Zwecks vor ſich geht, und das Object durch das Object aufhebt, einerſeits Aufheben des Mittels, des ſchon als aufgeho - ben geſetzten Objects, ſomit zweytes Aufheben und Re - flexion-in-ſich, andererſeits erſtes Beſtimmen des aͤuſ - ſerlichen Objects. Letzteres iſt, wie bemerkt worden, wieder im ausgefuͤhrten Zwecke die Hervorbringung nur eines Mittels; indem die Subjectivitaͤt des endlichen Begriffs das Mittel veraͤchtlich wegwirft, hat ſie in ih - rem Ziel nichts beſſeres erreicht. Dieſe Reflexion aber, daß der Zweck in dem Mittel erreicht, und im erfuͤllten Zwecke das Mittel und die Vermittlung erhalten iſt, iſt das letzte Reſultat der aͤuſſerlichen Zweckbe - ziehung, worin ſie ſelbſt ſich aufgehoben und das ſie als ihre Wahrheit dargeſtellt hat. Der zuletzt be - trachtete dritte Schluß iſt dadurch unterſchieden, daß er erſtens die ſubjective Zweckthaͤtigkeit der vorhergehenden Schluͤſſe, aber auch die Aufhebung der aͤuſſerlichen Ob - jectivitaͤt, und damit der Aeuſſerlichkeit uͤberhaupt, durch ſich ſelbſt, hiemit die Totalitaͤt in ihrem Ge - ſetztſeyn iſt.

Nachdem wir nun die Subjectivitaͤt, das Fuͤr - ſichſeyn des Begriffes, in das Anſichſeyn deſſelben, die Objectivitaͤt uͤbergehen geſehen, ſo hat ſich fer - ner in der letztern die Negativitaͤt ſeines Fuͤrſichſeyns wieder hervorgethan; der Begriff hat ſich in ihr ſo be - ſtimmt, daß ſeine Beſonderheit aͤuſſerliche Ob - jectivitaͤt iſt, oder als die einfache concrete Einheit, deren Aeuſſerlichkeit ihre Selbſtbeſtimmung iſt. Die Bewegung des Zweckes hat nun diß erreicht, daß dasMo -266II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.Moment der Aeuſſerlichkeit nicht nur im Begriff geſetzt, er nicht nur ein Sollen und Streben, ſondern als concrete Totalitaͤt identiſch mit der unmittelbaren Ob - jectivitaͤt iſt. Dieſe Identitaͤt iſt einerſeits der einfache Begriff, und eben ſo unmittelbare Objectivitaͤt, aber andererſeits gleich weſentlich Vermittlung, und nur durch ſie, als ſich ſelbſt aufhebende Vermittlung, jene einfache Unmittelbarkeit; ſo iſt er weſentlich diß, als fuͤr - ſichſeyende Identitaͤt von ſeiner anſichſeyenden Ob - jectivitaͤt unterſchieden zu ſeyn, und dadurch Aeuſſerlich - keit zu haben, aber in dieſer aͤuſſerlichen Totalitaͤt die ſelbſtbeſtimmende Identitaͤt derſelben zu ſeyn. So iſt der Begriff nun die Idee.

Drit -267

Dritter Abſchnitt. Die Idee.

Die Idee iſt der adaͤquate Begriff, das ob - jective Wahre, oder das Wahre als ſolches. Wenn irgend Etwas Wahrheit hat, hat es ſie durch ſeine Idee, oder Etwas hat nur Wahrheit, in - ſofern es Idee iſt. Der Ausdruck Idee iſt ſonſt oft in der Philoſophie wie im gemeinen Leben, auch fuͤr Begriff, ja gar fuͤr eine bloſſe Vorſtel - lung gebraucht worden; ich habe noch keine Idee von dieſem Rechtshandel, Gebaͤude, Gegend, will weiter nichts ausdruͤcken, als die Vorſtellung. Kant hat den Ausdruck: Idee wieder dem Vernunftbegriff vindicirt. Der Vernunftbegriff ſoll nun nach Kant der Begriff vom Unbedingten, in Anſehung der Er - ſcheinungen aber tranſcendent ſeyn, d. h. von ihm kein ihm aͤdaͤquater empiriſcher Gebrauch ge - macht werden koͤnnen. Die Vernunftbegriffe ſollen zum Begreiffen, die Verſtandesbegriffe zum Verſtehen der Wahrnehmungen dienen. In der That aber, wenn die letztern wirklich Begriffe ſind, ſo ſind ſie Begriffe, es wird durch ſie begriffen, und ein Verſtehen der Wahrnehmungen durch Verſtandesbe - griffe wird ein Begreiffen ſeyn. Iſt aber das Ver - ſtehen nur ein Beſtimmen der Wahrnehmungen durch ſolche Beſtimmungen, z. B. Ganzes und Theile, Kraft,Ur -268III. Abſchnitt.Urſache und dergleichen, ſo bedeutet es nur ein Beſtim - men durch die Reflexion, ſo wie auch mit dem Ver - ſtehen nur das beſtimmte Vorſtellen von ganz be - ſtimmtem ſinnlichem Inhalte gemeynt ſeyn kann; wie wenn einer, dem man den Weg bezeichnet, daß er am Ende des Waldes links gehen muͤſſe, etwa erwiedert: ich verſtehe, ſo will das Verſtehen weiter nicht ſagen, als das Faſſen in die Vorſtellung und ins Ge - daͤchtniß. Auch Vernunftbegriff iſt ein etwas ungeſchickter Ausdruck; denn der Begriff iſt uͤberhaupt etwas Vernuͤnftiges; und inſofern die Vernunft vom Verſtande und dem Begriff als ſolchem unterſchieden wird, ſo iſt ſie die Totalitaͤt des Begriffs und der Ob - jectivitaͤt. In dieſem Sinne iſt die Idee das Ver - nuͤnftige; ſie iſt das Unbedingte darum, weil nur dasjenige Bedingungen hat, was ſich weſentlich auf eine Objectivitaͤt bezieht, aber eine nicht durch es ſelbſt be - ſtimmte, ſondern eine ſolche, die noch in der Form der Gleichguͤltigkeit und Aeuſſerlichkeit dagegen iſt, wie noch der aͤuſſerliche Zweck hatte.

Indem nun der Ausdruck Idee fuͤr den objecti - ven oder realen Begriff zuruͤckbehalten, und von dem Begriff ſelbſt, noch mehr aber von der bloſſen Vorſtel - lung unterſchieden wird, ſo iſt ferner noch mehr dieje - nige Schaͤtzung der Idee zu verwerfen, nach welcher ſie fuͤr etwas nur Unwirkliches genommen und von wah - ren Gedanken geſagt wird, es ſeyen nur Ideen. Wenn die Gedanken etwas bloß ſubjectives und zufaͤlliges ſind, ſo haben ſie allerdings keinen weitern Werth, aber ſie ſtehen den zeitlichen und zufaͤlligen Wirklichkeiten darin nicht nach, welche ebenfalls keinen weitern Werth als den von Zufaͤlligkeiten und Erſcheinungen haben. Wenn dagegen umgekehrt die Idee darum den Werth der Wahrheit nicht haben ſoll,weil269Idee.weil ſie in Anſehung der Erſcheinungen tranſcen - dent, weil ihr kein congruirender Gegenſtand in der Sinnenwelt gegeben werden koͤnne, ſo iſt diß ein ſon - derbarer Mißverſtand, indem der Idee deßwegen ob - jective Guͤltigkeit abgeſprochen wird, weil ihr dasjenige fehle, was die Erſcheinung, das unwahre Seyn der objectiven Welt, ausmacht. In Anſehung der prakti - ſchen Ideen erkennt es Kant, daß nichts ſchaͤdlicheres und eines Philoſophen unwuͤrdigeres gefunden werden koͤnne, als die poͤbelhafte Beruffung auf vorgeblich, gegen die Idee, widerſtreitende Erfahrung. Dieſe wuͤrde ſelbſt gar nicht exiſtiren, wenn z. B. Staatsan - ſtalten zu rechter Zeit nach den Ideen getroffen waͤren, und an deren Statt nicht rohe Begriffe, eben da - rum, weil ſie aus Erfahrung geſchoͤpft wor - den, alle gute Abſicht vereitelt haͤtten. Kant ſieht die Idee als etwas nothwendiges als das Ziel an, das als das Urbild fuͤr ein Maximum aufzuſtellen und dem den Zuſtand der Wirklichkeit immer naͤher zu bringen, das Beſtreben ſeyn muͤſſe.

Indem ſich aber das Reſultat ergeben hat, daß die Idee die Einheit des Begriffs und der Objectivitaͤt, das Wahre, iſt, ſo iſt ſie nicht nur als ein Ziel zu betrach - ten, dem ſich anzunaͤhern ſey, das aber ſelbſt immer eine Art von Jenſeits bleibe, ſondern daß alles Wirkliche nur inſofern iſt, als es die Idee in ſich hat, und ſie ausdruͤckt. Der Gegenſtand, die objective und ſubjective Welt, uͤberhaupt ſollen mit der Idee nicht bloß con - gruiren, ſondern ſie ſind ſelbſt die Congruenz des Be - griffs und der Realitaͤt; diejenige Realitaͤt, welche dem Begriffe nicht entſpricht, iſt bloſſe Erſcheinung, das Subjective, Zufaͤllige Willkuͤhrliche, das nicht die Wahr - heit iſt. Wenn geſagt wird, es finde ſich in der Er - fahrung kein Gegenſtand, welcher der Idee vollkommencon -270III. Abſchnitt.congruire, ſo wird dieſe als ein ſubjectiver Maasſtab dem Wirklichen gegenuͤbergeſtellt; was aber ein Wirkli - ches wahrhaft ſeyn ſolle, wenn nicht ſein Begriff in ihm, und ſeine Objectivitaͤt dieſem Begriffe gar nicht angemeſſen iſt, iſt nicht zu ſagen; denn es waͤre das Nichts. Das mechaniſche und chemiſche Object, wie das geiſtloſe Subject, und der nur des Endlichen, nicht ſeines Weſens bewußte Geiſt, haben zwar, nach ihrer verſchiedenen Natur, ihren Begriff nicht in ſeiner ei - genen freyen Form an ihnen exiſtirend. Aber ſie koͤnnen uͤberhaupt nur inſofern etwas wahres ſeyn, als ſie die Vereinigung ihres Begriffs und der Realitaͤt, ih - rer Seele und ihres Leibs, ſind. Ganze, wie der Staat, die Kirche, wenn die Einheit ihres Begriffs und ihrer Realitaͤt aufgeloͤßt iſt, hoͤren auf zu exiſtiren; der Menſch, das Lebendige iſt todt, wenn Seele und Leibe ſich in ihm trennen; die todte Natur, die mechaniſche und chemiſche Welt, wenn nemlich das Todte fuͤr die unor - ganiſche Welt genommen wird, ſonſt haͤtte es gar keine poſitive Bedeutung, die todte Natur alſo, wenn ſie in ihren Begriff und ihre Realitaͤt geſchieden wird, iſt nichts als die ſubjective Abſtraction einer gedachten Form und einer formloſen Materie. Der Geiſt, der nicht Idee, Einheit des Begriffs ſelbſt mit ſich, der Be - griff, der den Begriff ſelbſt zu ſeiner Realitaͤt haͤtte, waͤre der todte, geiſtloſe Geiſt, ein materielles Object.

Seyn hat die Bedeutung der Wahrheit erreicht, indem die Idee die Einheit des Begriffs und der Reali - taͤt iſt; es iſt alſo nunmehr nur das, was Idee iſt. Die endlichen Dinge ſind darum endlich, inſofern ſie die Realitaͤt ihres Begriffs nicht vollſtaͤndig an ihnen ſelbſt haben, ſondern dazu anderer beduͤrfen; oder umge - kehrt, inſofern ſie als Objecte vorausgeſetzt ſind, ſomit den Begriff als eine aͤuſſerliche Beſtimmung an ihnenha -271Idee.haben. Das Hoͤchſte, was ſie nach der Seite dieſer Endlichkeit erreichen, iſt die aͤuſſere Zweckmaͤſſigkeit. Daß die wirklichen Dinge mit der Idee nicht congruiren, iſt die Seite ihrer Endlichkeit, Unwahrheit, nach welcher ſie Objecte, jedes nach ſeiner verſchiedenen Sphaͤre, und in den Verhaͤltniſſen der Objectivitaͤt, me - chaniſch, chemiſch oder durch einen aͤuſſerlichen Zweck beſtimmt iſt. Daß die Idee ihre Realitaͤt nicht vollkom - men durchgearbeitet, ſie unvollſtaͤndig dem Begriffe un - terworfen hat, davon beruht die Moͤglichkeit darauf, daß ſie ſelbſt einen beſchraͤnkten Inhalt hat, daß ſie, ſo weſentlich ſie Einheit des Begriffs und der Realitaͤt, eben ſo weſentlich auch deren Unterſchied iſt; denn nur das Object iſt die unmittelbare, d. h. nur an ſich ſeyen - de Einheit. Wenn aber ein Gegenſtand z. B. der Staat ſeiner Idee gar nicht angemeſſen, das heißt, vielmehr gar nicht die Idee des Staates waͤre, wenn ſeine Reali - taͤt, welche die ſelbſtbewußten Individuen iſt, dem Be - griffe ganz nicht entſpraͤche, ſo haͤtten ſeine Seele und ſein Leib ſich getrennt; jene entfloͤhe in die abgeſchiede - nen Regionen des Gedankens, dieſe waͤre in die einzel - nen Individualitaͤten zerfallen; aber indem der Begriff des Staats ſo weſentlich ihre Natur ausmacht, ſo iſt er als ein ſo maͤchtiger Trieb in ihnen, daß ſie ihn, ſey es auch nur in der Form aͤuſſerer Zweckmaͤſſigkeit in Reali - taͤt zu verſetzen oder ihn ſo ſich gefallen zu laſſen ge - drungen ſind, oder ſie muͤßten zu Grunde gehen. Der ſchlechteſte Staat, deſſen Realitaͤt dem Begriffe am we - nigſten entſpricht, inſofern er noch exiſtirt, iſt er noch Idee, die Individuen gehorchen noch einem Machtha - benden Begriffe.

Die Idee hat aber nicht nur den allgemeinern Sinn des wahrhaften Seyns, der Einheit von Begriff und Realitaͤt, ſondern den beſtimmtern von ſubjecti -vem272III. Abſchnitt.vem Begriffe und der Objectivitaͤt. Der Be - griff als ſolcher iſt nemlich ſelbſt ſchon die Identitaͤt ſeiner und der Realitaͤt; denn der unbeſtimmte Aus - druck Realitaͤt heißt uͤberhaupt nichts anders als das beſtimmte Seyn; diß aber hat der Begriff an ſei - ner Beſonderheit und Einzelnheit. Eben ſo iſt ferner die Objectivitaͤt der aus ſeiner Beſtimmtheit in die Identitaͤt mit ſich zuſammengegangene, totale Be - griff. In jener Subjectivitaͤt iſt die Beſtimmtheit oder der Unterſchied des Begriffes ein Schein, der unmit - telbar aufgehoben und in das Fuͤrſichſeyn, oder die ne - gative Einheit zuruͤckgegangen iſt, inhaͤrirendes Praͤ - dicat. In dieſer Objectivitaͤt aber iſt die Beſtimmtheit als unmittelbare Totalitaͤt, als aͤuſſerliches Ganzes ge - ſetzt. Die Idee hat ſich nun gezeigt, als der wieder von der Unmittelbarkeit, in die er im Objecte verſenkt iſt, zu ſeiner Subjectivitaͤt befreyte Begriff, welcher ſich von ſeiner Objectivitaͤt unterſcheidet, die aber eben ſo ſehr von ihm beſtimmt und ihre Subſtantialitaͤt nur in jenem Begriffe hat. Dieſe Identitaͤt iſt daher mit Recht als das Subject-Object beſtimmt worden; daß ſie ebenſowohl der formelle oder ſubjective Begriff als ſie das Object als ſolches iſt. Aber diß iſt beſtimm - ter aufzufaſſen. Der Begriff, indem er wahrhaft ſeine Realitaͤt erreicht hat, iſt diß abſolute Urtheil, deſ - ſen Subject als die ſich auf ſich beziehende negative Einheit ſich von ſeiner Objectivitaͤt unterſcheidet, und das An - und - Fuͤrſichſeyn derſelben iſt, aber weſentlich ſich durch ſich ſelbſt auf ſie bezieht, daher Selbſt - zweck und Trieb iſt; die Objectivitaͤt aber hat das Subject eben darum nicht unmittelbar an ihm, es waͤre ſo nur die in ſie verlorne Totalitaͤt des Obiects als ſolchen; ſondern ſie iſt die Realiſation des Zwecks, eine durch die Thaͤtigkeit des Zweckes geſetzte Ob - jectivitaͤt, welche als Geſetztſeyn ihr Beſtehen undihre273Idee.ihre Form nur als durchdrungen von ihrem Subject hat. Als Objectivitaͤt hat ſie das Moment der Aeuſ - ſerlichkeit des Begriffs an ihr, und iſt daher uͤber - haupt die Seite der Endlichkeit, Veraͤnderlichkeit und Erſcheinung, die aber ihren Untergang darin hat, in die negative Einheit des Begriffes zuruͤckzugehen; die Negativitaͤt, wodurch ihr gleichguͤltiges Auſſereinander - ſeyn ſich als unweſentliches und Geſetztſeyn zeigt, iſt der Begriff ſelbſt. Die Idee iſt daher, dieſer Objectivitaͤt ungeachtet, ſchlechthin einfach, und immateriell, denn die Aeuſſerlichkeit iſt nur als durch den Begriff beſtimmt, und in ſeine negative Einheit aufgenommen; inſofern ſie als gleichguͤltige Aeuſſerlichkeit beſteht, iſt ſie dem Mechanismus uͤberhaupt nicht nur preis gegeben, ſondern iſt nur als das Vergaͤngliche und Unwahre. Ob die Idee alſo gleich ihre Realitaͤt in einer Materiatur hat, ſo iſt dieſe nicht ein abſtractes, gegen den Begriff fuͤr ſich beſtehendes Seyn, ſondern nur als Werden, durch die Negativitaͤt des gleichguͤltigen Seyns als ein - fache Beſtimmtheit des Begriffes.

Es ergeben ſich hieraus folgende naͤhere Beſtim - mungen der Idee. Sie iſt erſtlich die einfache Wahrheit, die Identitaͤt des Begriffes und der Objecti - vitaͤt als Allgemeines, in welchem der Gegenſatz und das Beſtehen des Beſondern in ſeine mit ſich iden - tiſche Negativitaͤt aufgeloͤßt, und als Gleichheit mit ſich ſelbſt iſt. Zweytens iſt ſie die Beziehung der fuͤr ſich ſeyenden Subjectivitaͤt des einfachen Begriffs, und ſeiner davon unterſchiedenen Objectivitaͤt; jene iſt weſentlich der Trieb, dieſe Trennung aufzuheben, und dieſe das gleichguͤltige Geſetztſeyn, das an und fuͤr ſich nichtige Beſtehen. Sie iſt als dieſe Beziehung der Proceß, ſich in die Individualitaͤt, und in deren un - organiſche Natur zu dirimiren, und wieder dieſe unterSdie274III. Abſchnitt.die Gewalt des Subjects zuruͤckzubringen und zu der er - ſten einfachen Allgemeinheit zuruͤckzukehren. Die Iden - titaͤt der Idee mit ſich ſelbſt iſt eins mit dem Pro - ceſſe; der Gedanke, der die Wirklichkeit von dem Schei - ne der zweckloſen Veraͤnderlichkeit befreyt und zur Idee verklaͤrt, muß dieſe Wahrheit der Wirklichkeit nicht als die todte Ruhe, als ein bloſſes Bild, matt, ohne Trieb und Bewegung, als einen Genius, oder Zahl oder einen abſtracten Gedanken vorſtellen; die Idee hat, um der Freyheit willen, die der Begriff in ihr erreicht, auch den haͤrteſten Gegenſatz in ſich; ihre Ruhe beſteht in der Sicherheit und Gewißheit, womit ſie ihn ewig er - zeugt und ewig uͤberwindet, und in ihm mit ſich ſelbſt zuſammengeht.

Zunaͤchſt aber iſt die Idee auch wieder erſt nur unmittelbar oder nur in ihrem Begriffe; die ob - jective Realitaͤt iſt dem Begriffe zwar angemeſſen, aber noch nicht zum Begriffe befreyt, und er exiſtirt nicht fuͤr ſich als der Begriff. Der Begriff iſt ſo zwar Seele, aber die Seele iſt in der Weiſe eines unmit - telbaren, d. h. ihre Beſtimmtheit iſt nicht als ſie ſelbſt, ſie hat ſich nicht als Seele erfaßt, nicht in ihr ſelbſt ihre objective Realitaͤt; der Begriff iſt als eine Seele, die noch nicht ſeelenvoll iſt.

So iſt die Idee erſtlich das Leben; der Be - griff, der unterſchieden von ſeiner Objectivitaͤt einfach in ſich, ſeine Objectivitaͤt durchdringt, und als Selbſt - zweck an ihr ſein Mittel hat und ſie als ſein Mittel ſetzt, aber in dieſem Mittel immanent und darin der realiſirte mit ſich identiſche Zweck iſt. Dieſe Idee hat um ih - rer Unmittelbarkeit willen die Einzelnheit zur Form ihrer Exiſtenz. Aber die Reflexion ihres abſoluten Pro - ceſſes in ſich ſelbſt, iſt das Aufheben dieſer unmittelba - ren Einzelnheit; dadurch macht der Begriff, der in ihrals275Idee.als Allgemeinheit das Innre iſt, die Aeuſſerlichkeit zur Allgemeinheit, oder ſetzt ſeine Objectivitaͤt als Gleichheit mit ſich ſelbſt. So iſt die Idee

zweytens die Idee des Wahren und des Gu - ten, als Erkennen und Wollen. Zunaͤchſt iſt ſie end - liches Erkennen und endliches Wollen, worin das Wah - re und Gute ſich noch unterſcheiden, und beyde nur erſt als Ziel ſind. Der Begriff hat ſich zunaͤchſt zu ſich ſelbſt befreyt und ſich nur erſt eine abſtracte Objectivitaͤt zur Realitaͤt gegeben. Aber der Pro - ceß dieſes endlichen Erkennens und Handelns macht die zunaͤchſt abſtracte Allgemeinheit, zur Totalitaͤt, wodurch ſie vollkommene Objectivitaͤt wird. Oder von der andern Seite betrachtet, macht der endliche, das iſt, der ſubjective Geiſt, ſich die Vorausſetzung einer objectiven Welt, wie das Leben eine ſolche Vor - ausſetzung hat; aber ſeine Thaͤtigkeit iſt, dieſe Voraus - ſetzung aufzuheben und ſie zu einem Geſetzten zu ma - chen. So iſt ſeine Realitaͤt fuͤr ihn die objective Welt, oder umgekehrt, die objective Welt iſt die Idealitaͤt, in der er ſich ſelbſt erkennt.

Drittens erkennt der Geiſt die Idee als ſeine ab - ſolute Wahrheit, als die Wahrheit die an und fuͤr ſich iſt; die unendliche Idee, in welcher Erkennen und Thun ſich ausgeglichen hat, und die das abſolute Wiſſen ihrer ſelbſt iſt.

S 2Erſtes276III. Abſchnitt. Idee.

Erſtes Kapitel. Das Leben.

Die Idee des Lebens betrifft einen ſo concreten und, wenn man will, reellen Gegenſtand, daß mit der - ſelben nach der gewoͤhnlichen Vorſtellung der Logik ihr Gebiet uͤberſchritten zu werden ſcheinen kann. Sollte die Logik freylich nichts als leere, todte Gedankenformen enthalten, ſo koͤnnte in ihr uͤberhaupt von keinem ſol - chen Inhalte, wie die Idee, oder das Leben iſt, die Re - de ſeyn. Wenn aber die abſolute Wahrheit der Gegen - ſtand der Logik, und die Wahrheit als ſolche weſent - lich im Erkennen iſt, ſo muͤßte das Erkennen we - nigſtens abgehandelt werden. Der ſogenannten reinen Logik pflegt man denn auch gewoͤhnlich eine ange - wandte Logik folgen zu laſſen, eine Logik, welche es mit dem concreten Erkennen zu thun hat; die viele Pſychologie und Anthropologie nicht mit gerechnet, deren Einflechtung in die Logik haͤufig fuͤr noͤthig erachtet wird. Die anthropologiſche und pſycho - logiſche Seite des Erkennens aber betrifft deſſen Er - ſcheinung, in welcher der Begriff fuͤr ſich ſelbſt noch nicht dieſes iſt, eine ihm gleiche Objectivitaͤt, d. i. ſich ſelbſt zum Objecte zu haben. Der Theil der Logik, der daſſelbe betrachtet, gehoͤrt nicht zur angewandten Logik als ſolchen; ſo waͤre jede Wiſſenſchaft in die Lo - gik hereinzuziehen, denn jede iſt inſofern eine ange - wandte Logik als ſie darin beſteht, ihren Gegenſtand inFor -277I. Kapitel. Das Leben.Formen des Gedankens und Begriffs zu faſſen. Der ſubjective Begriff hat Vorausſetzungen, die in pſycholo - giſcher, anthropologiſcher und ſonſtiger Form ſich dar - ſtellen. In die Logik aber gehoͤren nur die Voraus - ſetzungen des reinen Begriffs, inſofern ſie die Form von reinen Gedanken, von abſtracten Weſenheiten haben, die Beſtimmungen des Seyns und Weſens. Eben ſo ſind vom Erkennen, dem ſich ſelbſt Erfaſſen des Begriffs, nicht die andern Geſtalten ſeiner Voraus - ſetzung, ſondern nur diejenige, welche ſelbſt Idee iſt, in der Logik abzuhandeln; aber dieſe iſt nothwendig in ihr zu betrachten. Dieſe Vorausſetzung nun iſt die un - mittelbare Idee; denn indem das Erkennen der Be - griff iſt, inſofern er fuͤr ſich ſelbſt aber als Subjectives in Beziehung auf Objectives iſt, ſo bezieht er ſich auf die Idee, als vorausgeſetzte oder unmittelbare. Die unmittelbare Idee aber iſt das Leben.

Inſofern wuͤrde ſich die Nothwendigkeit, die Idee des Lebens in der Logik zu betrachten, auf die, auch ſonſt anerkannte Nothwendigkeit, den concreten Begriff des Erkennens hier abzuhandeln, gruͤnden. Dieſe Idee hat ſich aber durch die eigene Nothwendigkeit des Be - griffes herbeygefuͤhrt; die Idee, das an und fuͤr ſich Wahre, iſt weſentlich Gegenſtand der Logik; da ſie zuerſt in ihrer Unmittelbarkeit zu betrachten iſt, ſo iſt ſie in dieſer Beſtimmtheit, in welcher ſie Leben iſt, aufzufaſſen und zu erkennen, damit ihre Betrachtung nicht etwas leeres und beſtimmungsloſes ſey. Es kann nur etwa zu bemerken ſeyn, inwiefern die logiſche Anſicht des Lebens von anderer wiſſenſchaftlicher Anſicht deſſelben unterſchieden iſt; jedoch gehoͤrt hieher nicht, wie in unphiloſophiſchen Wiſſenſchaften von ihm ge - handelt wird, ſondern nur wie das logiſche Leben als reine Idee, von dem Naturleben, das in der Natur -phi -278III. Abſchnitt. Idee.philoſophie betrachtet wird, und von dem Leben, inſofern es mit dem Geiſte in Verbindung ſteht, zu unterſcheiden iſt. Das erſtere iſt als das Leben der Natur, das Leben, inſofern es in die Aeuſſerlich - keit des Beſtehens hinausgeworfen iſt, an der un - organiſchen Natur ſeine Bedingung hat, und wie die Momente der Idee eine Mannichfaltigkeit wirklicher Ge - ſtaltungen ſind. Das Leben in der Idee iſt ohne ſolche Vorausſetzungen, welche als Geſtalten der Wirk - lichkeit ſind; ſeine Vorausſetzung iſt der Begriff, wie er betrachtet worden iſt, einerſeits als ſubjectiver, andererſeits als objectiver. In der Natur erſcheint das Leben als die hoͤchſte Stuffe, welche von ihrer Aeuſſerlichkeit dadurch erreicht wird, daß ſie in ſich ge - gangen iſt, und ſich in der Subjectivitaͤt aufhebt. In der Logik iſt es das einfache Inſichſeyn, welches in der Idee des Lebens ſeine ihm wahrhaft entſprechende Aeuſ - ſerlichkeit erreicht hat; der Begriff, der als ſubjectiver fruͤher auftritt, iſt die Seele des Lebens ſelbſt; er iſt der Trieb, der ſich durch die Objectivitaͤt hindurch ſeine Realitaͤt vermittelt. Indem die Natur von ihrer Aeuſ - ſerlichkeit aus dieſe Idee erreicht, geht ſie uͤber ſich hin - aus, ihr Ende iſt nicht als ihr Anfang, ſondern als ihre Graͤnze, worin ſie ſich ſelbſt aufhebt. Eben ſo erhalten in der Idee des Lebens die Momente ſeiner Realitaͤt nicht die Geſtalt aͤuſſerlicher Wirklichkeit, ſon - dern bleiben in die Form des Begriffes eingeſchloſſen.

Im Geiſte aber erſcheint das Leben theils ihm gegenuͤber, theils als mit ihm in eins geſetzt, und dieſe Einheit wieder durch ihn rein herausgebohren. Das Leben iſt hier nemlich uͤberhaupt in ſeinem eigentlichen Sinne als natuͤrliches Leben zu nehmen, denn was das Leben des Geiſtes als Geiſtes genannt wird, iſt ſeine Eigenthuͤmlichkeit, welche dem bloſſen Le -ben279I. Kapitel. Das Leben.ben gegenuͤberſteht; wie auch von der Natur des Gei - ſtes geſprochen wird, obgleich der Geiſt kein Natuͤrli - ches, und vielmehr der Gegenſatz zur Natur iſt. Das Leben als ſolches alſo iſt fuͤr den Geiſt theils Mittel, ſo ſtellt er es ſich gegenuͤber; theils iſt er lebendiges In - dividuum, und das Leben ſein Koͤrper, theils wird dieſe Einheit ſeiner mit ſeiner lebendigen Koͤrperlichkeit aus ihm ſelbſt zum Ideal herausgebohren. Keine dieſer Beziehungen auf den Geiſt, geht das logiſche Leben an, und es iſt hier weder als Mittel eines Geiſtes, noch als ſein lebendiger Leib, noch als Moment des Ideals und der Schoͤnheit zu betrachten. Das Leben hat in beyden Faͤllen, wie es natuͤrliches und wie es mit dem Geiſte in Beziehung ſteht, eine Beſtimmtheit ſeiner Aeuſſerlichkeit, dort durch ſeine Voraus - ſetzungen, welches andere Geſtaltungen der Natur ſind, hier aber durch die Zwecke und Thaͤtigkeit des Geiſtes. Die Idee des Lebens fuͤr ſich, iſt frey von jener vor - ausgeſetzten und bedingenden Objectivitaͤt, ſo wie von der Beziehung auf dieſe Subjectivitaͤt.

Das Leben in ſeiner Idee nun naͤher betrachtet, iſt an und fuͤr ſich abſolute Allgemeinheit; die Ob - jectivitaͤt, welche es an ihm hat, iſt vom Begriffe ſchlechthin durchdrungen, ſie hat nur ihn zur Subſtanz. Was ſich als Theil oder nach ſonſtiger aͤuſſere Reflexion unterſcheidet, hat den ganzen Begriff in ſich ſelbſt; er iſt die darin allgegenwaͤrtige Seele, welche ein - fache Beziehung auf ſich ſelbſt, und Eins in der Man - nichfaltigkeit bleibt, die dem objectiven Seyn zukommt. Dieſe Mannichfaltigkeit hat als die ſich aͤuſſerliche Ob - jectivitaͤt, ein gleichguͤltiges Beſtehen, das im Raume und in der Zeit, wenn dieſe hier ſchon erwaͤhnt werden koͤnnten, ein ganz verſchiedenes und ſelbſtſtaͤndiges Auſ - ſereinander iſt. Aber die Aeuſſerlichkeit iſt im Lebenzu -280III. Abſchnitt. Idee.zugleich als die einfache Beſtimmtheit ſeines Be - griffs; ſo iſt die Seele allgegenwaͤrtig in dieſe Man - nichfaltigkeit ausgegoſſen, und bleibt zugleich ſchlechthin das einfache Einsſeyn des concreten Begriffs mit ſich ſelbſt. Am Leben, an dieſer Einheit ſeines Begriffs in der Aeuſſerlichkeit der Objectivitaͤt, in der abſoluten Vielheit der atomiſtiſchen Materie, gehen dem Denken, das ſich an die Beſtimmungen der Reflexionsverhaͤltniſſe und des formalen Begriffes haͤlt, ſchlechthin alle ſeine Gedanken aus; die Allgegenwart des Einfachen in der vielfachen Aeuſſerlichkeit, iſt fuͤr die Reflexion ein abſo - luter Widerſpruch, und inſofern ſie dieſelbe zugleich aus der Wahrnehmung des Lebens auffaſſen, hiemit die Wirk - lichkeit dieſer Idee zugeben muß, ein unbegreifli - ches Geheimniß, weil ſie den Begriff nicht erfaßt, und den Begriff nicht als die Subſtanz des Lebens. Das einfache Leben iſt aber nicht nur allgegenwaͤrtig, ſondern ſchlechthin das Beſtehen und die immanen - te Subſtanz ſeiner Objectivitaͤt, aber als ſubjective Subſtanz Trieb, und zwar der ſpecifiſche Trieb des beſondern Unterſchiedes, und eben ſo weſentlich der Eine und allgemeine Trieb des Specifiſchen, der dieſe ſeine Beſonderung in die Einheit zuruͤckfuͤhrt und darin erhaͤlt. Das Leben iſt nur als dieſe negative Einheit ſeiner Objectivitaͤt und Beſonderung ſich auf ſich beziehendes, fuͤr ſich ſeyendes Leben, eine Seele. Es iſt damit weſentlich Einzelnes, welches auf die Objectivitaͤt ſich als auf ein Anderes, eine unlebendige Natur bezieht. Das urſpruͤngliche Urtheil des Le - bens beſteht daher darin, daß es ſich als individuel - les Subject gegen das Objective abſcheidet, und in - dem es ſich als die negative Einheit des Begriffs con - ſtituirt, die Vorausſetzung einer unmittelbaren Ob - jectivitaͤt macht.

Das281I. Kapitel. Das Leben.

Das Leben iſt daher erſtlich zu betrachten als lebendiges Individuum, das fuͤr ſich die ſub - jective Totalitaͤt, und als gleichguͤltig vorausgeſetzt iſt gegen eine ihm als gleichguͤltig gegenuͤberſtehende Ob - jectivitaͤt.

Zweytens iſt es der Lebensproceß, ſeine Vorausſetzung aufzuheben, die gegen daſſelbe gleichguͤlti - ge Objectivitaͤt als negativ zu ſetzen, und ſich als ihre Macht und negative Einheit zu verwirklichen. Damit macht es ſich zum Allgemeinen, das die Einheit ſeiner ſelbſt und ſeines Andern iſt. Das Leben iſt daher

Drittens der Proceß der Gattung, ſeine Vereinzelung aufzuheben, und ſich zu ſeinem objectiven Daſeyn als zu ſich ſelbſt zu verhalten. Dieſer Proceß iſt hiemit einerſeits die Ruͤckkehr zu ſeinem Begriffe, und die Wiederhohlung der erſten Diremtion, das Wer - den einer neuen, und der Tod der erſten unmittelbaren Individualitaͤt; andererſeits aber iſt der in ſich ge - gangene Begriff des Lebens das Werden des ſich zu ſich ſelbſt verhaltenden, als allgemein und frey fuͤr ſich exiſtirenden Begriffes, der Uebergang in das Er - kennen.

A. Das lebendige Individuum.

1. Der Begriff des Lebens oder das allgemeine Leben iſt die unmittelbare Idee, der Begriff, dem ſeine Objectivitaͤt angemeſſen iſt; aber ſie iſt ihm nur ange - meſſen, inſofern er die negative Einheit dieſer Aeuſſer - lichkeit iſt, das heißt, ſie ſich angemeſſen ſetzt. Dieun -282III. Abſchnitt. Idee.unendliche Beziehung des Begriffes auf ſich ſelbſt, iſt als die Negativitaͤt das Selbſtbeſtimmen, die Diremtion ſeiner in ſich als ſubjective Einzelnheit, und in ſich als gleichguͤltige Allgemeinheit. Die Idee des Lebens in ihrer Unmittelbarkeit iſt nur erſt die ſchoͤpferiſche allgemeine Seele. Um dieſer Unmit - telbarkeit willen iſt ihre erſte negative Beziehung der Idee in ſich ſelbſt, Selbſtbeſtimmung ihrer als Be - griff, das Setzen an ſich, welches erſt als Ruͤck - kehr in ſich Fuͤr-ſich-ſeyn iſt; das ſchoͤpferiſche Vorausſetzen. Durch diß Selbſtbeſtimmen iſt das allgemeine Leben ein Beſonderes; es hat ſich damit in die beyden Extreme des Urtheils, das unmit - telbar Schluß wird, entzweyt.

Die Beſtimmungen des Gegenſatzes, ſind die all - gemeinen Beſtimmungen des Begriffs, denn es iſt der Begriff, dem die Entzweyung zukommt; aber die Erfuͤllung derſelben iſt die Idee. Das eine iſt die Einheit des Begriffs und der Realitaͤt, welche die Idee iſt, als die unmittelbare, die ſich fruͤher als die Objectivitaͤt gezeigt hat. Allein ſie iſt hier in anderer Beſtimmung. Dort war ſie die Einheit des Begriffs und der Realitaͤt, inſofern der Begriff in ſie uͤbergegangen und nur in ſie verloren iſt; er ſtand ihr nicht gegenuͤber, oder weil er ihr nur Innres iſt, iſt er nur eine ihr aͤuſſerliche Reflexion. Jene Objecti - vitaͤt iſt daher das Unmittelbare ſelbſt auf unmittelbare Weiſe. Hier hingegen iſt ſie nur das aus dem Be - griffe hervorgegangene, ſo daß ihr Weſen das Geſetzt - ſeyn, daß ſie als Negatives iſt. Sie iſt als die Seite der Allgemeinheit des Begriffes anzu - ſehen, ſomit als abſtracte Allgemeinheit, weſentlich nur dem Subjecte inhaͤrirend, und in der Form des unmittelbaren Seyns, das fuͤr ſich geſetzt, gegen dasSub -283I. Kapitel. Das Leben.Subject gleichguͤltig ſey. Die Totalitaͤt des Begriffes, welche der Objectivitaͤt zukommt, iſt inſofern gleichſam nur eine geliehene; die letzte Selbſtſtaͤndigkeit, die ſie gegen das Subject hat, iſt jenes Seyn, welches ſeiner Wahrheit nach nur jenes Moment des Begriffes iſt, der als Vorausſetzend in der erſten Beſtimmt - heit eines an ſich ſeyenden Setzens iſt, welches noch nicht als Setzen, als die in ſich reflectirte Einheit iſt. Aus der Idee hervorgegangen iſt alſo die ſelbſtſtaͤndige Objectivitaͤt unmittelbares Seyn, nur als das Praͤdi - cat des Urtheils der Selbſtbeſtimmung des Begriffs, ein zwar vom Subjecte verſchiedenes Seyn, aber zu - gleich weſentlich geſetzt als Moment des Begriffs.

Dem Inhalte nach iſt dieſe Objectivitaͤt die Tota - litaͤt des Begriffes, die aber deſſen Subjectivitaͤt, oder negative Einheit ſich gegenuͤberſtehen hat, welche die wahrhafte Centralitaͤt ausmacht, nemlich ſeine freye Einheit mit ſich ſelbſt. Dieſes Subject iſt die Idee in der Form der Einzelnheit; als einfache aber negative Identitaͤt mit ſich; das lebendige In - dividuum.

Dieſes iſt erſtlich das Leben als Seele; als der Begriff ſeiner ſelbſt, der in ſich vollkommen beſtimmt iſt, das anfangende, ſich ſelbſt bewegende Princip. Der Begriff enthaͤlt in ſeiner Einfachheit die beſtimmte Aeuſſerlichkeit als einfaches Moment in ſich einge - ſchloſſen. Aber ferner iſt dieſe Seele in ihrer Un - mittelbarkeit, unmittelbar aͤuſſerlich, und hat ein objectives Seyn an ihr ſelbſt; die dem Zwecke un - terworfene Realitaͤt, das unmittelbare Mittel, zunaͤchſt die Objectivitaͤt als Praͤdicat des Subjects, aber fernerhin iſt ſie auch die Mitte des Schluſſes; die Leiblichkeit der Seele iſt das, wodurch ſie ſich mit der aͤuſſerlichen Objectivitaͤt zuſammenſchließt. Die Leib -lich -284III. Abſchnitt. Idee.lichkeit hat das Lebendige, zunaͤchſt als die unmittelbar mit dem Begriff identiſche Realitaͤt; ſie hat dieſelbe inſofern uͤberhaupt von Natur.

Weil nun dieſe Objectivitaͤt Praͤdicat des Indi - viduums und in die ſubjective Einheit aufgenommen iſt, ſo kommen ihr nicht die fruͤhern Beſtimmungen des Objects, das mechaniſche oder chemiſche Verhaͤltniß, noch weni - ger die abſtracten Reflexionsverhaͤltniſſe von Ganzem und Theilen u. drgl. zu. Als Aeuſſerlichkeit iſt ſie ſol - cher Verhaͤltniſſe zwar faͤhig, aber inſofern iſt ſie nicht lebendiges Daſeyn; wenn das Lebendige, als ein Gan - zes, das aus Theilen beſteht, als ein ſolches, auf wel - ches mechaniſche oder chemiſche Urſachen einwirken, als mechaniſches oder chemiſches Product, es ſey bloß als ſolches oder auch durch einen aͤuſſerlichen Zweck be - ſtimmtes genommen wird, ſo wird der Begriff ihm als aͤuſſerlich, es wird als ein Todtes genommen. Da ihm der Begriff immanent iſt, ſo iſt die Zweckmaͤſ - ſigkeit des Lebendigen als innre zu faſſen; er iſt in ihm als beſtimmter, von ſeiner Aeuſſerlichkeit unterſchie - dener, und in ſeinem Unterſcheiden ſie durchdringender und mit ſich identiſcher Begriff. Dieſe Objectivitaͤt des Lebendigen iſt Organismus; ſie iſt das Mittel und Werkzeug des Zwecks, vollkommen zweckmaͤſſig, da der Begriff ihre Subſtanz ausmacht; aber eben des - wegen iſt diß Mittel und Werkzeug ſelbſt der ausgefuͤhr - te Zweck, in welchem der ſubjective Zweck inſofern un - mittelbar mit ſich ſelbſt zuſammen geſchloſſen iſt. Nach der Aeuſſerlichkeit des Organismus iſt er ein vielfaches nicht von Theilen, ſondern von Gliedern, welche als ſolche a) nur in der Individualitaͤt beſtehen; ſie ſind trennbar, inſofern ſie aͤuſſerliche ſind, und an die - ſer Aeuſſerlichkeit gefaßt werden koͤnnen; aber inſofern ſie getrennt werden, kehren ſie unter die mechaniſchenund285I. Kapitel. Das Leben.und chemiſchen Verhaͤltniſſe der gemeinen Objectivitaͤt zuruͤck. b) Ihre Aeuſſerlichkeit iſt der negativen Einheit der lebendigen Individualitaͤt entgegen; dieſe iſt daher Trieb, das abſtracte Moment der Beſtimmtheit des Begriffes als reellen Unterſchied zu ſetzen; indem dieſer Unterſchied unmittelbar iſt, iſt er Trieb jedes einzelnen, ſpecifiſchen Moments ſich zu pro - duciren, und eben ſo ſeine Beſonderheit zur Allgemein - heit zu erheben, die andern ihm aͤuſſerlichen aufzuheben, ſich auf ihre Koſten hervorzubringen, aber ebenſoſehr ſich ſelbſt aufzuheben und ſich zum Mittel fuͤr die an - dern zu machen.

2. Dieſer Proceß der lebendigen Individualitaͤt iſt auf ſie ſelbſt beſchraͤnkt, und faͤllt noch ganz inner - halb ihrer. Im Schluſſe der aͤuſſerlichen Zweckmaͤſ - ſigkeit iſt vorhin die erſte Praͤmiſſe deſſelben, daß ſich der Zweck unmittelbar auf die Objectivitaͤt bezieht und ſie zum Mittel macht, ſo betrachtet worden, daß in ihr zwar der Zweck ſich darin gleich bleibt, und in ſich zu - ruͤckgegangen iſt, aber die Objectivitaͤt an ihr ſelbſt ſich noch nicht aufgehoben, der Zweck daher in ihr in - ſofern nicht an und fuͤr ſich iſt, und diß erſt im Schlußſatze wird. Der Proceß des Lebendigen mit ſich ſelbſt, iſt jene Praͤmiſſe, inſofern ſie aber zugleich Schluß - ſatz, inſofern die unmittelbare Beziehung des Subjects auf die Objectivitaͤt, welche dadurch Mittel und Werk - zeug wird, zugleich als die negative Einheit des Begriffs an ſich ſelbſt iſt; der Zweck fuͤhrt ſich in dieſer ſeiner Aeuſſerlichkeit dadurch aus, daß er ihre ſubjective Macht, und der Proceß iſt, worin ſie ihre Selbſtaufloͤ - ſung und Ruͤckkehr in die ſeine negative Einheit aufzeigt. Die Unruhe und Veraͤnderlichkeit der aͤuſſerlichen Seite des Lebendigen iſt die Manifeſtation des Begriffs an ihm, der als die Negativitaͤt an ſich ſelbſt, nur Objecti -vitaͤt286III. Abſchnitt. Idee.vitaͤt hat, inſofern ſich ihr gleichguͤltiges Beſtehen als ſich aufhebend zeigt. Der Begriff producirt alſo durch ſeinen Trieb ſich ſo, daß das Product, indem er deſſen Weſen iſt, ſelbſt das Producirende iſt, daß es nemlich Product nur als die ſich eben ſo negativ ſetzende Aeuſ - ſerlichkeit, oder als der Proceß des Producirens iſt.

3. Die ſo eben betrachtete Idee iſt nun der Be - griff des lebendigen Subjects und ſeines Pro - ceſſes; die Beſtimmungen, die im Verhaͤltniſſe zu ein - ander ſind, ſind die ſich auf ſich beziehende negative Einheit des Begriffs und die Objectivitaͤt, welche ſein Mittel, in welcher er aber in ſich ſelbſt zuruͤck - gekehrt iſt. Aber indem diß Momente der Idee des Lebens innerhalb ſeines Begriffes ſind, ſo ſind es nicht die beſtimmten Begriffs-Momente des leben - digen Individuums in ſeiner Realitaͤt. Die Objectivitaͤt oder Leiblichkeit deſſelben iſt concrete To - talitaͤt; jene Momente ſind die Seiten, aus welchen ſich die Lebendigkeit conſtituirt; ſie ſind daher nicht die Mo - mente dieſer ſchon durch die Idee conſtituirten Lebendig - keit. Die lebendige Objectivitaͤt des Individuums aber als ſolche, da ſie vom Begriffe beſeelt und ihn zur Subſtanz hat, hat auch an ihr zu weſentlichem Unter - ſchiede ſolche, welche ſeine Beſtimmungen ſind, Allge - meinheit, Beſonderheit und Einzelnheit; die Geſtalt, als in welcher ſie aͤuſſerlich unterſchieden ſind, iſt daher nach denſelben eingetheilt, oder einge - ſchnitten (inſectum).

Sie iſt hiemit erſtlich Allgemeinheit, das rein nur in ſich ſelbſt Erzittern der Lebendigkeit, die Senſibilitaͤt. Der Begriff der Allgemeinheit, wie er ſich oben ergeben hat, iſt die einfache Unmittelbar - keit, welche diß aber nur iſt, als abſolute Negativitaͤt in ſich. Dieſer Begriff des abſoluten Unterſchie -des,287I. Kapitel. Das Leben.des, wie ſeine Negativitaͤt in der Einfachheit auf - geloͤßt und ſich ſelbſt gleich iſt, iſt in der Senſibilitaͤt zur Anſchauung gebracht. Sie iſt das Inſichſeyn, nicht als abſtracte Einfachheit, ſondern eine unendliche be - ſtimmbare Receptivitaͤt, welche in ihrer Beſtimmt - heit nicht ein mannichfaltiges und aͤuſſerliches wird, ſondern ſchlechthin in ſich reflectirt iſt. Die Beſtimmt - heit iſt in dieſer Allgemeinheit als einfaches Prin - cip; die einzelne aͤuſſerliche Beſtimmtheit, ein ſogenann - ter Eindruck, geht aus ſeiner aͤuſſerlichen und man - nichfaltigen Beſtimmung in dieſe Einfachheit des Selbſt - gefuͤhls zuruͤck. Die Senſibilitaͤt kann ſomit als das Daſeyn der in ſich ſeyenden Seele betrachtet wer - den, da ſie alle Aeuſſerlichkeit in ſich aufnimmt, dieſelbe aber in die vollkommene Einfachheit der ſich gleichen Allgemeinheit zuruͤckfuͤhrt.

Die zweyte Beſtimmung des Begriffs iſt die Be - ſonderheit, das Moment des geſetzten Unterſchie - des; die Eroͤfnung der Negativitaͤt, welche im einfachen Selbſtgefuͤhl eingeſchloſſen, oder in ihm ideelle noch nicht reelle Beſtimmtheit iſt; die Irritabilitaͤt. Das Gefuͤhl iſt um der Abſtraction ſeiner Negativitaͤt willen, Trieb; es beſtimmt ſich; die Selbſtbeſtim - mung des Lebendigen iſt ſein Urtheil oder Verendlichung, wornach es ſich auf das Aeuſſerliche als auf eine vor - ausgeſetzte Objectivitaͤt bezieht, und in Wechſelwir - kung damit iſt. Nach ſeiner Beſonderheit iſt es nun theils Art neben andern Arten von Lebendigen; die formale Reflexion dieſer gleichguͤltigen Verſchie - denheit in ſich iſt die formale Gattung und deren Syſtematiſirung; die individuelle Reflexion aber iſt, daß die Beſonderheit die Negativitaͤt ihrer Beſtimmtheit, als einer Richtung nach Auſſen, die ſich auf ſich beziehende Negativitaͤt des Begriffes iſt.

Nach288III. Abſchnitt. Idee.

Nach dieſer dritten Beſtimmung iſt das Leben - dige als Einzelnes. Naͤher beſtimmt ſich dieſe Re - flexion - in - ſich ſo, daß das Lebendige in der Irritabili - taͤt Aeuſſerlichkeit ſeiner gegen ſich ſelbſt, gegen die Ob - jectivitaͤt iſt, welche es als ſein Mittel und Werkzeug unmittelbar an ihm hat, und die aͤuſſerlich beſtimmbar iſt. Die Reflexion - in - ſich hebt dieſe Unmittelbarkeit auf, einerſeits als theoretiſche Reflexion; inſofern nemlich die Negativitaͤt als einfaches Moment der Sen - ſibilitaͤt iſt, das in derſelben betrachtet wurde, und welches das Gefuͤhl ausmacht, andererſeits als reelle indem ſich die Einheit des Begriffes in ſei - ner aͤuſſerlichen Objectivitaͤt als negative Ein - heit ſetzt, die Reproduction. Die beyden erſten Momente, die Senſibilitaͤt und Irritabilitaͤt, ſind ab - ſtracte Beſtimmungen; in der Reproduction iſt das Le - ben Concretes und Lebendigkeit, es hat in ihr, als ſeiner Wahrheit, erſt auch Gefuͤhl, und Widerſtands - kraft. Die Reproduction iſt die Negativitaͤt als ein - faches Moment der Senſibilitaͤt, und die Irritabilitaͤt iſt nur lebendige Widerſtandskraft, daß das Verhaͤltniß zum Aeuſſerlichen Reproduction und individuelle Iden - titaͤt mit ſich iſt. Jedes der einzelne Momente iſt we - ſentlich die Totalitaͤt aller, ihren Unterſchied macht die ideelle Formbeſtimmtheit aus, welche in der Repro - duction als concrete Totalitaͤt des Ganzen geſetzt iſt. Diß Ganze iſt daher einerſeits als Drittes, nemlich als reelle Totalitaͤt jenen beſtimmten Totalitaͤten entgegen - geſetzt, andererſeits aber iſt es deren Anſichſeyende We - ſenheit, zugleich das worin ſie als Momente zuſammen - gefaßt ſind, und ihr Subject und Beſtehen haben.

Mit der Reproduction als dem Momente der Ein - zelnheit, ſetzt ſich das Lebendige als wirkliche Indi - vidualitaͤt, ein ſich auf ſich beziehendes Fuͤrſichſeyn; iſtaber289I. Kapitel. Das Leben.aber zugleich reelle Beziehung nach Auſſen; die Reflexion der Beſonderheit oder Irritabilitaͤt gegen ein Anderes, gegen die objective Welt. Der innerhalb des Individuum eingeſchloſſene Proceß des Le - bens geht in die Beziehung zur vorausgeſetzten Objecti - vitaͤt als ſolcher dadurch uͤber, daß das Individuum, indem es ſich als ſubjective Totalitaͤt ſetzt, auch das Moment ſeiner Beſtimmtheit als Beziehung auf die Aeuſſerlichkeit, zur Totalitaͤt wird.

B. Der Lebens-Proceß.

Daß das lebendige Individuum ſich in ſich ſelbſt geſtaltet, damit ſpannt es ſich gegen ſein urſpruͤngliches Vorausſetzen, und ſtellt ſich als an und fuͤr ſich ſeyen - des Subject, der vorausgeſetzten objectiven Welt gegen - uͤber. Das Subject iſt der Selbſtzweck, der Begriff, welcher an der ihm unterworfenen Objectivitaͤt ſein Mit - tel und ſubjective Realitaͤt hat; hiedurch iſt es als die an und fuͤr ſich ſeyende Idee und als das weſentliche Selbſtſtaͤndige conſtituirt, gegen welches die vorausge - ſetzte aͤuſſerliche Welt nur den Werth eines Negativen und Unſelbſtſtaͤndigen hat. In ſeinem Selbſtgefuͤhle hat das Lebendige dieſe Gewißheit von der an ſich ſeyenden Nichtigkeit des ihm gegenuͤberſtehenden Andersſeyns. Sein Trieb iſt das Beduͤrfniß, diß Andersſeyn aufzuheben, und ſich die Wahrheit jener Ge - wißheit zu geben. Das Individuum iſt als Subject zu - naͤchſt erſt der Begriff der Idee des Lebens; ſein ſub - jectiver Proceß in ſich, in welchem es aus ſich ſelbſt zehrt, und die unmittelbare Objectivitaͤt, welche es alsTna -290III. Abſchnitt. Idee.natuͤrliches Mittel, ſeinem Begriffe gemaͤß ſetzt, iſt ver - mittelt durch den Proceß, der ſich auf die vollſtaͤndig ge - ſetzte Aeuſſerlichkeit, auf die gleichguͤltig neben ihm ſtehende objective Totalitaͤt bezieht.

Dieſer Proceß faͤngt mit dem Beduͤrfniſſe an, das iſt dem Momente, daß das Lebendige erſtlich ſich beſtimmt, ſich ſomit als verneint ſetzt, und hiedurch auf eine gegen ſich andre, die gleichguͤltige Objectivitaͤt bezieht; daß es aber zweytens ebenſoſehr in die - ſen Verluſt ſeiner nicht verloren iſt, ſich darin erhaͤlt und die Identitaͤt des ſich ſelbſt gleichen Begriffes bleibt; hiedurch iſt es der Trieb jene ihm andre Welt fuͤr ſich, ſich gleich zu ſetzen, ſie aufzuheben und ſich zu objectiviren. Dadurch hat ſeine Selbſtbeſtimmung die Form von objectiver Aeuſſerlichkeit, und daß es zugleich identiſch mit ſich iſt, iſt es der abſolute Widerſpruch. Die unmittelbare Geſtaltung iſt die Idee in ihrem ein - fachen Begriffe, die dem Begriffe gemaͤſſe Objectivitaͤt; ſo iſt ſie gut von Natur. Aber indem ihr negatives Moment ſich zur objectiven Beſonderheit, d. i. indem die weſentlichen Momente ihrer Einheit jedes fuͤr ſich zur Totalitaͤt realiſirt iſt, ſo iſt der Begriff in die abſolute Ungleichheit ſeiner mit ſich entzweyt, und indem er eben ſo die abſolute Identitaͤt in dieſer Entzweyung iſt, ſo iſt das Lebendige fuͤr ſich ſelbſt dieſe Entzweyung und hat das Gefuͤhl dieſes Widerſpruchs, welches der Schmerz iſt. Der Schmerz iſt daher das Vorrecht lebendiger Naturen; weil ſie der exiſtirende Begriff ſind, ſind ſie eine Wirklichkeit von der unendlichen Kraft, daß ſie in ſich die Negativitaͤt ihrer ſelbſt ſind, daß die - ſe ihre Negativitaͤt fuͤr ſie iſt, daß ſie ſich in ihrem Andersſeyn erhalten. Wenn man ſagt, daß der Widerſpruch nicht denkbar ſey, ſo iſt er vielmehr im Schmerz des Lebendigen ſogar eine wirkliche Exiſtenz.

Die -291I. Kapitel. Das Leben.

Dieſe Diremtion des Lebendigen in ſich iſt Ge - fuͤhl, indem ſie in die einfache Allgemeinheit des Be - griffs, in die Senſibilitaͤt aufgenommen iſt. Von dem Schmerz faͤngt das Beduͤrfniß und der Trieb an, die den Uebergang ausmachen, daß das Individuum wie es als Negation ſeiner fuͤr ſich iſt, ſo auch als Identitaͤt fuͤr ſich werde, eine Identitaͤt, welche nur als die Negation jener Negation iſt. Die Identitaͤt, die im Triebe als ſolchem iſt, iſt die ſubjective Gewiß - heit ſeiner ſelbſt, nach welcher es ſich zu ſeiner aͤuſſer - lichen, gleichguͤltig exiſtirenden Welt als zu einer Er - ſcheinung, einer an ſich begriffloſen und unweſentlichen Wirklichkeit verhaͤlt. Sie ſoll den Begriff in ſich erſt durch das Subject erhalten, welches der immanente Zweck iſt. Die Gleichguͤltigkeit der objectiven Welt gegen die Beſtimmtheit und damit gegen den Zweck, macht ihre aͤuſſerliche Faͤhigkeit aus, dem Subject ange - meſſen zu ſeyn; welche Specificationen ſie ſonſt an ihr habe, ihre mechaniſche Beſtimmbarkeit, der Mangel an der Freyheit des immanenten Begriffs macht ihre Ohn - macht aus, ſich gegen das Lebendige zu erhalten. In - ſofern das Object gegen das Lebendige zunaͤchſt als ein gleichguͤltiges Aeuſſerliches iſt, kann es mechaniſch auf daſſelbe einwirken; ſo aber wirkt es nicht als auf ein Lebendiges; inſofern es ſich zu dieſem verhaͤlt, wirkt es nicht als Urſache, ſondern erregt es. Weil das Le - bendige Trieb iſt, kommt die Aeuſſerlichkeit an und in daſſelbe, nur inſofern ſie ſchon an und fuͤr ſich in ihm iſt; die Einwirkung auf das Subject beſteht daher nur darin, daß dieſes die ſich darbietende Aeuſſerlichkeit entſprechend findet; ſie mag ſeiner Totalitaͤt auch nicht angemeſſen ſeyn, ſo muß ſie wenigſtens einer beſondern Seite an ihm entſprechen, und dieſe Moͤg - lichkeit liegt darin, daß es eben als ſich aͤuſſerlich ver - haltend ein Beſonderes iſt.

T 2Das292III. Abſchnitt. Idee.

Das Subject uͤbt nun, inſofern es in ſeinem Be - duͤrfniß beſtimmt ſich auf das Aeuſſerliche bezieht, und damit ſelbſt aͤuſſerliches oder Werkzeug iſt, Gewalt uͤber das Object aus. Sein beſonderer Charakter, ſei - ne Endlichkeit uͤberhaupt, faͤllt in die beſtimmtere Er - ſcheinung dieſes Verhaͤltniſſes. Das Aeuſſerliche daran iſt der Proceß der Objectivitaͤt uͤberhaupt, Mechanis - mus und Chemismus. Derſelbe wird aber unmittelbar abgebrochen und die Aeuſſerlichkeit in Innerlichkeit ver - wandelt. Die aͤuſſerliche Zweckmaͤſ[ſ]igkeit, welche durch die Thaͤtigkeit des Subjects in dem gleichguͤltigen Object zunaͤchſt hervorgebracht wird, wird dadurch aufgehoben, daß das Object gegen den Begriff keine Subſtanz iſt, der Begriff daher nicht nur deſſen aͤuſſere Form werden kann, ſondern ſich als deſſen Weſen und immanente, durchdringende Beſtimmung, ſeiner urſpruͤnglichen Iden - titaͤt gemaͤß, ſetzen muß.

Mit der Bemaͤchtigung des Objects geht daher der mechaniſche Proceß in den innern uͤber, durch welchen das Individuum ſich das Object ſo aneignet, daß es ihm die eigenthuͤmliche Beſchaffenheit benimmt, es zu ſeinem Mittel macht, und ſeine Subjectivitaͤt ihm zur Subſtanz gibt. Dieſe Aſſimilation tritt damit in eins zuſammen mit dem oben betrachteten Reproductionspro - ceß des Individuums; es zehrt in dieſem zunaͤchſt aus ſich, indem es ſeine eigene Objectivitaͤt ſich zum Objecte macht; der mechaniſche und chemiſche Conflict ſeiner Glieder mit den aͤuſſerlichen Dingen iſt ein objectives Moment ſeiner. Das Mechaniſche und Chemiſche des Proceſſes iſt ein Beginnen der Aufloͤſung des Lebendi - gen. Da das Leben die Wahrheit dieſer Proceſſe, hie - mit als Lebendiges die Exiſtenz dieſer Wahrheit und die Macht derſelben iſt, greift es uͤber ſie uͤber, durchdringt ſie als ihre Allgemeinheit, und ihr Product iſt durchdaſ -293I. Kapitel. Das Leben.daſſelbe vollkommen beſtimmt. Dieſe ihre Verwandlung in die lebendige Individualitaͤt macht die Ruͤckkehr die - ſer letztern in ſich ſelbſt aus, ſo daß die Production, welche als ſolche das Uebergehen in ein Anderes ſeyn wuͤrde, zur Reproduction wird, in der das Lebendige, ſich fuͤr ſich identiſch mit ſich ſetzt.

Die unmittelbare Idee iſt auch die unmittelbare, nicht als fuͤr ſich ſeyende Identitaͤt des Begriffes und der Realitaͤt; durch den objectiven Proceß gibt ſich das Lebendige ſein Selbſtgefuͤhl; denn es ſetzt ſich darin als das, was es an und fuͤr ſich iſt, in ſeinem als gleichguͤltig geſetzten Andersſeyn, das identiſche mit ſich ſelbſt, die negative Einheit des Negativen zu ſeyn. In dieſem Zuſammengehen des Individuums mit ſei - ner zunaͤchſt ihm als gleichguͤltig vorausgeſetzten Ob - jectivitaͤt hat es, ſo wie auf einer Seite ſich als wirk - liche Einzelnheit conſtituirt, ſo ſehr ſeine Beſonder - heit aufgehoben und ſich zur Allgemeinheit er - hoben. Seine Beſonderheit beſtand in der Direm - tion, wodurch das Leben als ſeine Arten, das indi - viduelle Leben, und die ihm aͤuſſerliche Objectivitaͤt ſetz - te. Durch den aͤuſſern Lebensproceß hat es ſich ſomit als reelles allgemeines Leben, als Gattung, geſetzt.

C. Die Gattung.

Das lebendige Individuum zuerſt aus dem allge - meinen Begriffe des Lebens abgeſchieden, iſt eine Vor - ausſetzung, die noch nicht durch ſich ſelbſt bewaͤhrt iſt. Durch den Proceß mit der zugleich damit vorausgeſetztenWelt294III. Abſchnitt. Idee.Welt hat es ſich ſelbſt geſetzt, fuͤr ſich als die nega - tive Einheit ſeines Andersſeyns, als die Grundlage ſei - ner ſelbſt; es iſt ſo die Wirklichkeit der Idee, ſo daß das Individuum nun aus der Wirklichkeit ſich hervor - bringt, wie es vorher nur aus dem Begriffe hervor - ging, und daß ſeine Entſtehung, die ein Vorausſetzen war, nun ſeine Production wird.

Die weitere Beſtimmung aber, welche es durch die Aufhebung des Gegenſatzes erlangt hat, iſt, Gattung zu ſeyn, als Identitaͤt ſeiner mit ſeinem vorherigen gleichguͤltigen Andersſeyn. Dieſe Idee des Individuum iſt, da ſie dieſe weſentliche Identitaͤt iſt, weſentlich die Beſonderung ihrer ſelbſt. Dieſe ihre Diremtion iſt nach der Totalitaͤt, aus der ſie hervorgeht, die Verdopplung des Individuums, ein Vorausſetzen einer Objectivi - taͤt, welche mit ihm identiſch iſt, und ein Verhalten des Lebendigen zu ſich ſelbſt, als einem andern Lebendigen.

Diß Allgemeine iſt die dritte Stuffe, die Wahrheit des Lebens, inſofern es noch innerhalb ſeiner Sphaͤre eingeſchloſſen iſt. Dieſe Stuffe iſt der ſich auf ſich be - ziehende Proceß des Individuums, wo die Aeuſſerlichkeit ſein immanentes Moment iſt, zweytens dieſe Aeuſ - ſerlichkeit iſt ſelbſt als lebendige Totalitaͤt, eine Objecti - vitaͤt, die fuͤr das Individuum es ſelbſt iſt; in der es nicht als aufgehobener, ſondern als beſtehen - der, die Gewißheit ſeiner ſelbſt hat.

Weil nun das Verhaͤltniß der Gattung die Identi - taͤt des individuellen Selbſtgefuͤhls in einem ſolchen iſt, welches zugleich ein Anderes ſelbſtſtaͤndiges Individuum iſt, iſt es der Widerſpruch; das Lebendige iſt ſomit wieder Trieb. Die Gattung iſt nun zwar die Vol - lendung der Idee des Lebens, aber zunaͤchſt iſt ſie noch innerhalb der Sphaͤre der Unmittelbarkeit; dieſe Allge -mein -295I. Kapitel. Das Leben.meinheit iſt daher in einzelner Geſtalt wirklich; der Begriff, deſſen Realitaͤt die Form unmittelbarer Ob - jectivitaͤt hat. Das Individuum iſt daher an ſich zwar Gattung, aber es iſt die Gattung nicht fuͤr ſich; was fuͤr es iſt, iſt nur erſt ein anderes lebendiges In - dividuum; der von ſich unterſchiedene Begriff hat zum Gegenſtande, mit dem er identiſch iſt, nicht ſich als Be - griff, ſondern einen Begriff, der als Lebendiges zugleich aͤuſſerliche Objectivitaͤt fuͤr ihn hat, eine Form, die da - her unmittelbar gegenſeitig iſt.

Die Identitaͤt mit dem andern, die Allgemeinheit des Individuums iſt ſomit nur erſt innerliche oder ſubjective; es hat daher das Verlangen, dieſelbe zu ſetzen und ſich als Allgemeines zu realiſiren. Dieſer Trieb der Gattung aber kann ſich nur realiſiren durch Aufheben der noch gegen einander beſondern, einzelnen Individualitaͤten. Zunaͤchſt inſofern es dieſe ſind, wel - che an ſich allgemein die Spannung ihres Verlangens befriedigen, und in ihre Gattungs-Allgemeinheit ſich auf - loͤſen, ſo iſt ihre realiſirte Identitaͤt die negative Ein - heit der aus der Entzweyung ſich in ſich reflectirenden Gattung. Sie iſt inſofern die Individualitaͤt des Le - bens ſelbſt, nicht mehr aus ſeinem Begriffe, ſondern aus der wirklichen Idee erzeugt. Zunaͤchſt iſt ſie ſelbſt nur der Begriff, der erſt ſich zu objectiviren hat, aber der wirkliche Begriff; der Keim eines lebendigen Individuums. In ihm iſt es fuͤr die gemeine Wahrnehmung vorhanden, was der Begriff iſt, und daß der ſubjective Begriff aͤuſſerliche Wirklichkeit hat. Denn der Keim des Lebendigen iſt die vollſtaͤndige Concretion der Indivi - dualitaͤt, in welcher alle ſeine verſchiedenen Seiten, Ei - genſchaften und gegliederte Unterſchiede in ihrer gan - zen Beſtimmtheit enthalten und die zunaͤchſt im -ma -296III. Abſchnitt. Idee.materielle, ſubjective Totalitaͤt unentwickelt, einfach und nichtſinnlich iſt; der Keim iſt ſo das ganze Leben - dige in der innerlichen Form des Begriffes.

Die Reflexion der Gattung in-ſich iſt nach die - ſer Seite diß, wodurch ſie Wirklichkeit erhaͤlt, indem das Moment der negativen Einheit und In - dividualitaͤt in ihr geſetzt wird, die Fort - pflanzung der lebenden Geſchlechter. Die Idee, die als Leben noch in der Form der Unmittelbarkeit iſt, faͤllt inſofern in die Wirklichkeit zuruͤck, und dieſe ihre Reflexion iſt nur die Wiederhohlung und der unendliche Progreß, in welchem ſie nicht aus der Endlichkeit ihrer Unmittelbarkeit heraustritt. Aber dieſe Ruͤckkehr in ih - ren erſten Begriff, hat auch die hoͤhere Seite, daß die Idee nicht nur die Vermittlung ihrer Proceſſe innerhalb der Unmittelbarkeit durchlauffen, ſondern eben damit dieſe aufgehoben, und ſich dadurch in eine hoͤhere Form ih - res Daſeyns erhoben hat.

Der Proceß der Gattung nemlich, in welchem die einzelnen Individuen ihre gleichguͤltige, unmittelbare Exiſtenz in einander aufheben und in dieſer negativen Einheit erſterben, hat ferner zur andern Seite ſeines Products die realiſirte Gattung, welche mit dem Begriffe ſich identiſch geſetzt hat. In dem Gattungs - Proceß gehen die abgeſonderten Einzelnheiten des indi - viduellen Lebens unter; die negative Identitaͤt, in der die Gattung in ſich zuruͤckkehrt, iſt wie einerſeits das Erzeugen der Einzelnheit, ſo andererſeits das Aufheben derſelben, iſt ſomit mit ſich zuſammen - gehende Gattung, die fuͤr ſich werdende Allge - meinheit der Idee. In der Begattung erſtirbt die Unmittelbarkeit der lebendigen Individualitaͤt; der Tod dieſes Lebens iſt das Hervorgehen des Geiſtes. DieIdee297I. Kapitel. Das Leben.Idee, die als Gattung an ſich iſt, iſt fuͤr ſich, in - dem ſie ihre Beſonderheit, welche die lebendigen Ge - ſchlechter ausmachte, aufgehoben, und damit ſich eine Realitaͤt gegeben hat, welche ſelbſt einfache All - gemeinheit iſt; ſo iſt ſie die Idee, welche ſich zu ſich als Idee verhaͤlt, das Allgemeine, das die Allgemeinheit zu ſeiner Beſtimmtheit und Daſeyn hat; die Idee des Erkennens.

Zwey -298III. Abſchnitt. Idee.

Zweytes Kapitel. Die Idee des Erkennens.

Das Leben iſt die unmittelbare Idee, oder die Idee als ihr noch nicht an ſich ſelbſt realiſirter Be - griff. In ihrem Urtheil iſt ſie das Erkennen uͤberhaupt.

Der Begriff iſt als Begriff fuͤr ſich, inſofern er frey als abſtracte Allgemeinheit oder als Gattung exi - ſtirt. So iſt er ſeine reine Identitaͤt mit ſich, welche ſich ſo in ſich ſelbſt unterſcheidet, daß das unterſchiede - ne nicht eine Objectivitaͤt, ſondern gleichfalls zur Subjectivitaͤt oder zur Form der einfachen Gleichheit mit ſich befreyt, hiemit der Gegenſtand des Begriffes der Begriff ſelbſt iſt. Seine Realitaͤt uͤberhaupt iſt die Form ſeines Daſeyns; auf Beſtimmung die - ſer Form kommt es an; auf ihr beruht der Unterſchied deſſen, was der Begriff an ſich, oder als ſubjecti - ver iſt, was er iſt in die Objectivitaͤt verſenkt, dann in der Idee des Lebens. In der letztern iſt er zwar von ſeiner aͤuſſerlichen Realitaͤt unterſchieden und fuͤr ſich geſetzt, doch diß ſein Fuͤrſichſeyn hat er nur als die Identitaͤt, welche eine Beziehung auf ſich als ver - ſenkt in ſeine ihm unterworfene Objectivitaͤt oder auf ſich als inwohnende, ſubſtantielle Form iſt. Die Erhe - bung des Begriffs uͤber das Leben iſt, daß ſeine Reali -taͤt299II. Kapitel. Das Erkennen.taͤt die zur Allgemeinheit befreyte Begriffsform iſt. Durch dieſes Urtheil iſt die Idee verdoppelt, in den ſubjectiven Begriff, deſſen Realitaͤt er ſelbſt, und in den objectiven, der als Laben iſt. Denken, Geiſt, Selbſtbewußtſeyn, ſind Beſtimmungen der Idee, inſofern ſie ſich ſelbſt zum Gegenſtand hat, und ihr Daſeyn d. i. die Beſtimmtheit ihres Seyns ihr eige - ner Unterſchied von ſich ſelbſt iſt.

Die Metaphyſik des Geiſtes, oder wie man ſonſt mehr geſprochen hat, der Seele, drehte ſich um die Beſtimmungen von Subſtanz, Einfachheit, Im - materialitaͤt; Beſtimmungen, bey welchen die Vor - ſtellung des Geiſtes aus dem empiriſchen Bewußt - ſeyn als Subject zu Grunde gelegt, und nun gefragt wurde, was fuͤr Praͤdicate mit den Wahrnehmungen uͤbereinſtimmen; ein Verfahren das nicht weiter gehen konnte, als das Verfahren der Phyſik, die Welt der Erſcheinung auf allgemeine Geſetze und Reflexionsbe - ſtimmungen zu bringen, da der Geiſt auch nur in ſeiner Erſcheinung zu Grunde lag; ja es mußte noch hinter der phyſicaliſchen Wiſſenſchaftlichkeit zuruͤckbleiben, da der Geiſt nicht nur unendlich reicher, als die Natur iſt, ſondern da auch die abſolute Einheit des Entgegen - geſetzten im Begriffe, ſein Weſen ausmacht, ſo zeigt er in ſeiner Erſcheinung und Beziehung auf die Aeuſ - ſerlichkeit den Widerſpruch in ſeiner hoͤchſten Beſtimmt - heit auf, daher fuͤr jede der entgegengeſetzten Reflexions - beſtimmungen eine Erfahrung angefuͤhrt, oder aus den Erfahrungen auf die entgegengeſetzten Beſtimmungen nach der Weiſe des formalen Schlieſſens muß gekom - men werden koͤnnen. Weil die an der Erſcheinung un - mittelbar ſich ergebenden Praͤdicate zunaͤchſt noch der empiriſchen Pſychologie angehoͤren, ſo bleiben eigentlich nur ganz duͤrftige Reflexionsbeſtimmungen, fuͤr die me -ta -300III. Abſchnitt. Idee.taphyſiſche Betrachtung uͤbrig. Kant in ſeiner Kri - tik der rationalen Seelenlehre haͤlt dieſe Meta - phyſik daran feſt, daß inſofern ſie eine rationale Wiſ - ſenſchaft ſeyn ſoll, durch das mindeſte, was man von der Wahrnehmung zu der allgemeinen Vorſtel - lung des Selbſtbewußtſeyns hinzunaͤhme, ſich jene Wiſſenſchaft in eine empiriſche verwandelte und ihre rationale Reinigkeit und Unabhaͤngigkeit von aller Erfahrung, verderbt wuͤrde. Es bleibe ſomit nichts als die einfache, fuͤr ſich an Inhalt ganz leere Vorſtel - lung: Ich, von der man nicht einmal ſagen kann, daß ſie ein Begriff ſey, ſondern ein bloſſes Bewußt - ſeyn, das alle Begriffe begleitet. Durch die - ſes Ich, oder auch Es (das Ding) welches denket, wird nun nach den weitern kantiſchen Folgerungen nichts weiter, als ein tranſcendentales Subject der Gedanken vorgeſtellt = X, welches nur durch die Gedanken, die ſeine Praͤdicate ſind, erkannt wird, und wovon wir, abgeſondert, niemals den mindeſten Begriff ha - ben koͤnnen; diß Ich hat dabey nach Kants eigenem Ausdruck, die Unbequemlichkeit, daß wir uns jederzeit ſeiner ſchon bedienen muͤſſen, um ir - gend etwas von ihm zu urtheilen; denn es iſt nicht ſo - wohl eine Vorſtellung, wodurch ein beſonderes Ob - ject unterſchieden wird, ſondern eine Form derſelben uͤberhaupt, inſofern ſie Erkenntniß genannt werden ſoll. Der Paralogismus, den die rationale See - lenlehre begehe, beſtehe nun darin, daß Modi des Selbſtbewußtſeyns im Denken, zu Verſtandesbe - griffen als von einem Objecte gemacht, daß jenes: Ich denke als ein denkendes Weſen, ein Ding - an-ſich genommen werde; auf welche Weiſe daraus, daß Ich im Bewußtſeyn immer als Subject und zwar als ſingulaͤres, bey aller Mannichfaltigkeit der Vor - ſtellung identiſches, und von ihr als aͤuſſerlichermich301II. Kapitel. Das Erkennen.mich unterſcheidendes vorkomme, unberechtigt abgeleitet wird, daß Ich eine Subſtanz, ferner ein qualitativ einfaches, und ein Eins, und ein von den raͤum - lichen und zeitlichen Dingen unabhaͤngig exiſti - rendes ſey.

Ich habe dieſe Darſtellung ausfuͤhrlicher ausgezo - gen, weil ſich ſowohl die Natur der vormaligen Me - taphyſik uͤber die Seele, als beſonders auch der Kritik, wodurch ſie zu Grunde gegangen iſt, beſtimmt daraus erkennen laͤßt. Jene ging darauf, das ab - ſtracte Weſen der Seele zu beſtimmen; ſie ging da - bey von der Wahrnehmung urſpruͤnglich aus und ver - wandelte deren empiriſche Allgemeinheit und die an der Einzelnheit des Wirklichen uͤberhaupt aͤuſſerliche Re - flexionsbeſtimmung, in die Form von den angefuͤhrten Beſtimmungen des Weſens. Kant hat dabey uͤberhaupt nur den Zuſtand der Metaphyſik ſeiner Zeit vor ſich, welche vornemlich bey ſolchen abſtracten, ein - ſeitigen Beſtimmungen ohne alle Dialektik ſtehen blieb; die wahrhaft ſpeculativen Ideen aͤlterer Philoſophen uͤber den Begriff des Geiſtes beachtete und unterſuchte er nicht. In ſeiner Kritik uͤber jene Beſtimmungen folgte er nun ganz einfach der Humeſchen Manier des Skepticismus; daß er nemlich das feſthaͤlt, wie Ich im Selbſtbewußtſeyn erſcheint, wovon aber, da das Weſen deſſelben, das Ding an ſich, erkannt werden ſolle, alles empiriſche wegzulaſſen ſey; nun blei - be nichts uͤbrig, als dieſe Erſcheinung des: Ich den - ke, das alle Vorſtellungen begleite, wovon man nicht den geringſten Begriff habe. Gewiß muß es zugegeben werden, daß man weder von Ich, noch von irgend etwas, auch von dem Begriff ſelbſt den mindeſten Begriff hat, inſofern man nicht begreift, und nur bey der einfachen, fixen Vorſtellung unddem302III. Abſchnitt. Idee.dem Nahmen ſtehen bleibt. Sonderbar iſt der Ge - danke, wenn es anders ein Gedanke genannt werden kann, daß Ich mich des Ich ſchon bedienen muͤſſe, um von Ich zu urtheilen; das Ich, das ſich des Selbſt - bewußtſeyns als eines Mittels bedient, um zu ur - theilen, diß iſt wohl ein X, von dem man, ſo wie vom Verhaͤltniſſe ſolchen Bedienens, nicht den geringſten Be - griff haben kann. Aber laͤcherlich iſt es wohl, dieſe Natur des Selbſtbewußtſeyns, daß Ich ſich ſelbſt denkt, daß Ich nicht gedacht werden kann, ohne daß es Ich iſt, welches denkt, eine Unbequemlichkeit und als etwas fehlerhaftes, einen Cirkel zu nennen; ein Verhaͤltniß, wodurch ſich im unmittelbaren empiriſchen Selbſtbewußtſeyn, die abſolute, ewige Natur deſſelben und des Begriffes offenbart, deßwegen offenbart, weil das Selbſtbewußtſeyn eben der daſeyende, alſo em - piriſch wahrnehmbare, reine Begriff, die abſo - lute Beziehung auf ſich ſelbſt iſt, welche als trennendes Urtheil ſich zum Gegenſtande macht und allein diß iſt, ſich dadurch zum Cirkel zu machen. Ein Stein hat jene Unbequemlichkeit nicht, wenn er gedacht oder wenn uͤber ihn geurtheilt werden ſoll, ſo ſteht er ſich ſelbſt dabey nicht im Wege; er iſt der Beſchwerlich - keit, ſich ſeiner ſelbſt zu dieſem Geſchaͤfte zu bedienen, enthoben; es iſt ein anderes auſſer ihm, welches dieſe Muͤhe uͤbernehmen muß.

Der Mangel, den dieſe barbariſch zu nennenden Vorſtellungen darein ſetzen, daß bey dem Denken des Ich daſſelbe als Subject nicht weggelaſſen werden koͤnne, erſcheint dann umgekehrt auch ſo, daß Ich nur als Subject des Bewußtſeyns vorkomme, oder Ich mich nur als Subject eines Urtheils brauchen koͤnne, und die Anſchauung fehle, wodurch es als ein Object gegeben wuͤrde; daß aber der Be -griff303II. Kapitel. Das Erkennen.griff eines Dings, das nur als Subject exiſtiren koͤnne, noch gar keine objective Realitaͤt bey ſich fuͤhre. Wenn zur Objectivitaͤt die aͤuſſerliche, in Zeit und Raum be - ſtimmte Anſchauung gefodert, und ſie es iſt, welche ver - mißt wird, ſo ſieht man wohl, daß unter Objectivitaͤt nur diejenige ſinnliche Realitaͤt gemeynt iſt, uͤber welche ſich erhoben zu haben, Bedingung des Denkens und der Wahrheit iſt. Aber allerdings wenn Ich begrifflos als bloſſe einfache Vorſtellung, nach der Weiſe genommen wird, wie wir im alltaͤglichen Bewußtſeyn Ich ausſpre - chen, ſo iſt es die abſtracte Beſtimmung, nicht die ſich ſelbſt zum Gegenſtand habende Beziehung ſeiner ſelbſt; es iſt ſo nur Eins der Extreme, einſeitiges Subject ohne ſeine Objectivitaͤt, oder es waͤre auch nur Object ohne Subjectivitaͤt, wenn nemlich die beruͤhrte Unbe - quemlichkeit hiebey nicht waͤre, daß ſich von dem Ich als Object das denkende Subject nicht wegbringen laͤßt. Aber in der That findet dieſelbe Unbequemlichkeit auch bey der erſtern Beſtimmung, dem Ich als Subjecte, Statt; das Ich denkt etwas, ſich oder etwas anderes. Dieſe Untrennbarkeit der zwey Formen, in denen es ſich ſelbſt entgegenſetzt, gehoͤrt zur eigenſten Natur ſeines Begriffs, und des Begriffs ſelbſt; ſie iſt gerade das, was Kant abhalten will, um nur die ſich in ſich nicht unterſcheidende, und ſomit ja nur die begriffloſe Vorſtellung feſt zu erhalten. Ein ſolches Begrifflo - ſes darf ſich nun zwar wohl den abſtracten Reflexions - beſtimmungen oder Kategorien der vorigen Metaphyſik gegenuͤberſtellen; denn an Einſeitigkeit ſteht es auf gleicher Linie mit ihnen, obwohl dieſe doch ein Hoͤheres des Gedankens ſind; dagegen erſcheint es deſto duͤrftiger und leerer gegen die tiefern Ideen aͤlterer Philoſophie vom Begriff der Seele oder des Denkens, z. B. die wahrhaft ſpeculative Ideen des Ariſtoteles. Wenn die Kantiſche Philoſophie jene Reflexionsbeſtimmungen un -ter -304III. Abſchnitt. Idee.terſuchte, ſo haͤtte ſie noch mehr die feſtgehaltene Ab - ſtraction des leeren Ich, die vermeynte Idee des Dings - an-ſich unterſuchen muͤſſen, das ſich eben um ſeiner Abſtraction willen vielmehr als ein ganz Unwahres zeigt; die Erfahrung der beklagten Unbequemlichkeit iſt ſelbſt das empiriſche Factum, worin die Unwahrheit je - ner Abſtraction ſich ausſpricht.

Nur des Mendelsſohnſchen Beweiſes von der Be - harrlichkeit der Seele erwaͤhnt die Kantiſche Kritik der rationalen Pſychologie, und ich fuͤhre ihre Widerlegung deſſelben noch um der Merkwuͤrdigkeit desjenigen willen an, was ihm entgegengeſtellt wird. Jener Beweis gruͤndet ſich auf die Einfachheit der Seele, vermoͤge der ſie der Veraͤnderung, des Uebergehens in ein anderes in der Zeit nicht faͤhig ſey. Die qualitative Einfachheit iſt die oben betrachtete Form der Ab - ſtraction uͤberhaupt; als qualitative Beſtimmtheit iſt ſie in der Sphaͤre des Seyns unterſucht und bewie - ſen worden, daß das Qualitative als ſolche ſich abſtract auf ſich beziehende Beſtimmtheit vielmehr eben darum dialektiſch und nur das Uebergehen in ein anderes iſt. Beym Begriffe aber wurde gezeigt, daß wenn er in Be - ziehung auf Beharrlichkeit, Unzerſtoͤrbarkeit, Unvergaͤng - lichkeit betrachtet wird, er vielmehr darum das an und fuͤr ſich ſeyende und Ewige iſt, weil er nicht die ab - ſtracte ſondern concrete Einfachheit, nicht ſich auf ſich abſtract beziehendes Beſtimmtſeyn, ſondern die Ein - heit ſeiner ſelbſt und ſeines andern iſt, in das er alſo nicht ſo uͤbergehen kann, als ob er ſich darin veraͤnderte, eben darum, weil das Andre, das Be - ſtimmtſeyn, er ſelbſt iſt, und er in dieſem Uebergehen daher nur zu ſich ſelbſt kommt. Die Kantiſche Kritik ſetzt nun jener qualitativen Beſtimmung der Be - griffseinheit, die quantitative entgegen. Obgleichdie305II. Kapitel. Das Erkennen.die Seele nicht ein mannichfaltiges Auſſereinander ſey, und keine extenſive Groͤſſe enthalte, ſo habe das Be - wußtſeyn doch einen Grad, und die Seele wie je - des Exiſtirende eine intenſive Groͤſſe; dadurch ſey aber die Moͤglichkeit des Uebergehens in Nichts durch das allmaͤhlige Verſchwinden geſetzt. Was iſt nun dieſe Widerlegung anders, als die Anwendung einer Kategorie des Seyns, der intenſiven Groͤſ - ſe, auf den Geiſt? einer Beſtimmung, die keine Wahrheit an ſich hat, und im Begriffe vielmehr auf - gehoben iſt.

Die Metaphyſik, auch ſelbſt die, welche ſich auf fixe Verſtandesbegriffe beſchraͤnkte und ſich zum Specu - lativen, und zur Natur des Begriffes und der Idee nicht erhob, hatte zu ihrem Zwecke, die Wahrheit zu er - kennen, und unterſuchte ihre Gegenſtaͤnde darnach, ob ſie ein Wahrhaftes ſeyen oder nicht, Subſtanzen oder Phaͤnomene. Der Sieg der Kantiſchen Kritik uͤber dieſelbe beſteht aber vielmehr darin, die Unterſu - chung, welche das Wahre zum Zwecke hat, und die - ſen Zweck ſelbſt zu beſeitigen; ſie macht die Frage, die allein Intereſſe hat, gar nicht, ob ein beſtimmtes Sub - ject, hier das abſtracte Ich der Vorſtellung, an und fuͤr ſich Wahrheit habe. Es heißt aber auf den Begriff und die Philoſophie Verzicht leiſten, wenn man bey der Erſcheinung, und bey demjenigen ſtehen bleibt, was ſich im alltaͤglichen Bewußtſeyn fuͤr die bloſſe Vor - ſtellung ergibt. Was daruͤber hinausgeht, heißt in der Kantiſchen Kritik etwas Ueberfliegendes, und zu dem die Vernunft keineswegs berechtigt ſey. In der That uͤber - fliegt der Begriff das Begriffloſe, und die naͤchſte Be - rechtigung daruͤber hinauszugehen, iſt einestheils er ſelbſt, anderntheils nach der negativen Seite, die Un - wahrheit der Erſcheinung und der Vorſtellung, ſo wieUſol -306III. Abſchnitt. Idee.ſolcher Abſtractionen, wie die Dinge - an - ſich und jenes Ich iſt, das ſich nicht Object ſeyn ſoll.

In dem Zuſammenhang dieſer logiſchen Darſtellung iſt es die Idee des Lebens, aus der die Idee des Geiſtes hervorgegangen, oder was daſſelbe iſt, als deren Wahrheit ſie ſich erwieſen hat. Als dieſes Reſultat hat dieſe Idee an und fuͤr ſich ſelbſt ihre Wahrheit, mit der dann auch das Empiriſche oder die Erſcheinung des Gei - ſtes verglichen werden mag, wie es damit uͤbereinſtim - me; das Empiriſche kann jedoch ſelbſt auch nur durch und aus der Idee gefaßt werden. Von dem Leben haben wir geſehen, daß es die Idee iſt, aber es hat ſich zu - gleich gezeigt, noch nicht die wahrhafte Darſtellung oder Art und Weiſe ihres Daſeyns zu ſeyn. Denn im Leben iſt die Realitaͤt der Idee als Einzelnheit, die All - gemeinheit oder die Gattung iſt das Innere; die Wahrheit des Lebens als abſolute negative Einheit iſt daher, die abſtracte oder was daſſelbe iſt, die unmittel - bare Einzelnheit aufzuheben, und als identiſches mit ſich identiſch, als Gattung ſich ſelbſt gleich zu ſeyn. Dieſe Idee iſt nun der Geiſt. Es kann aber hier - uͤber noch bemerkt werden, daß er hier in derjenigen Form betrachtet wird, welche dieſer Idee als logiſch zukommt. Sie hat nemlich noch andere Geſtalten, die hier beylaͤufig angefuͤhrt werden koͤnnen, in welchen ſie in den concreten Wiſſenſchaften des Geiſtes zu betrach - ten iſt, nemlich als Seele, Bewußtſeyn und Geiſt als ſolcher.

Der Nahme: Seele wurde ſonſt vom einzelnen endlichen Geiſte uͤberhaupt gebraucht, und die rationale oder empiriſche Seelenlehre, ſollte ſo viel bedeuten als Geiſteslehre. Bey dem Ausdruck: Seele ſchwebt die Vorſtellung vor, daß ſie ein Ding iſt, wiedie307II. Kapitel. Das Erkennen.die andern Dinge; man fragt nach ihrem Sitze, der raͤumlichen Beſtimmung, von der aus ihre Kraͤfte wirken; noch mehr darnach, wie dieſes Ding unver - gaͤnglich ſey, den Bedingungen der Zeitlichkeit unterworfen, der Veraͤnderung darin aber entnommen ſey. Das Syſtem der Monaden hebt die Materie zur Seelenhaftigkeit herauf; die Seele iſt in dieſer Vor - ſtellung ein Atom wie die Atome der Materie uͤberhaupt; das Atom, das als Dunſt aus der Kaffeetaſſe aufſteige, ſey durch gluͤckliche Umſtaͤnde faͤhig ſich zur Seele zu entwickeln, nur die groͤſſere Dunkelheit ſeines Vor - ſtellens unterſcheide es von einem ſolchen Dinge, das als Seele erſcheint. Der fuͤr ſich ſelbſt ſeyen - de Begriff iſt nothwendig auch in unmittelbarem Daſeyn; in dieſer ſubſtantiellen Identitaͤt mit dem Leben, in ſeinem Verſenktſeyn in ſeine Aeuſſerlichkeit iſt er in der Anthropologie zu betrachten. Aber auch ihr muß jene Metaphyſik fremd bleiben; worin dieſe Form der Unmittelbarkeit, zu einem Seelen - ding, zu einem Atom, den Atomen der Materie gleich wird. Der Anthropologie muß nur die dunkle Re - gion uͤberlaſſen werden, worin der Geiſt, unter, wie man es ſonſt nannte, ſideriſchen und terreſtri - ſchen Einfluͤſſen ſteht, als ein Naturgeiſt in der Sym - pathie mit der Natur lebt, und ihre Veraͤnderungen in Traͤumen und Ahndungen gewahr wird, dem Gehirn, dem Herzen, den Ganglien, der Leber u. ſ. w. innwohnt, welcher letztern nach Plato der Gott, damit auch der unvernuͤnftige Theil von ſeiner Guͤte be - dacht und des Hoͤhern theilhaftig ſey, die Gabe des Weiſſagens gegeben habe, uͤber welche der ſelbſt - bewußte Menſch erhoben ſey. Zu dieſer unvernuͤnfti - gen Seite gehoͤrt ferner das Verhaͤltniß des Vorſtellens und der hoͤhern geiſtigen Thaͤtigkeit, inſofern ſie im ein - zelnen Subjecte dem Spiele ganz zufaͤlliger[koͤrperlicher]U 2Be -308III. Abſchnitt. Idee.Beſchaffenheit, aͤuſſerlicher Einfluͤſſe und einzelner Um - ſtaͤnde unterworfen iſt.

Dieſe unterſte der concreten Geſtalten, worin der Geiſt in die Materiatur verſenkt iſt, hat ihre unmittel - bar hoͤhere im Bewußtſeyn. In dieſer Form iſt der freye Begriff als fuͤrſiſchſeyendes Ich, zuruͤck - gezogen aus der Objectivitaͤt, aber ſich auf ſie als ſein Anderes, als gegenuͤberſtehenden Gegenſtand bezie - hend. Indem der Geiſt hier nicht mehr als Seele iſt, ſondern in der Gewißheit ſeiner ſelbſt die Unmit - telbarkeit des Seyns vielmehr die Bedeutung ei - nes Negativen fuͤr ihn hat, ſo iſt die Identitaͤt, in der er im Gegenſtaͤndlichen mit ſich ſelbſt iſt, zugleich nur noch ein Scheinen, indem das Gegenſtaͤndliche auch noch die Form eines Anſichſeyenden hat. Dieſe Stuffe iſt der Gegenſtand der Phaͤnomenolo - gie des Geiſtes, einer Wiſſenſchaft, welche zwi - ſchen der Wiſſenſchaft des Naturgeiſtes, und des Geiſtes als ſolches inne ſteht, und den fuͤr ſich ſeyenden Geiſt zugleich in ſeiner Beziehung auf ſein Anderes, welches hiedurch ſowohl, wie erinnert, als an ſich ſeyendes Object wie auch als negirtes beſtimmt iſt, den Geiſt alſo als erſcheinend, am Gegentheil ſeiner ſelbſt ſich darſtellend betrachtet.

Die hoͤhere Wahrheit dieſer Form iſt aber der Geiſt fuͤr ſich, fuͤr welchen der dem Bewußtſeyn an ſich ſeyende Gegenſtand, die Form ſeiner eigenen Beſtimmung, der Vorſtellung uͤberhaupt hat; dieſer Geiſt, der auf die Beſtimmungen als auf ſeine eigenen, auf Gefuͤhle, Vorſtellungen und Gedanken, thaͤtig iſt, iſt inſofern in ſich und in ſeiner Form unendlich. Die Betrachtung dieſer Stuffe gehoͤrt der eigentlichen Gei - ſteslehre an, die dasjenige umfaſſen wuͤrde, wasGe -309II. Kapitel. Das Erkennen.Gegenſtand der gewoͤhnlich empiriſchen Pſycholo - gie iſt, die aber um die Wiſſenſchaft des Geiſtes zu ſeyn, nicht empiriſch zu Werke gehen, ſondern wiſſen - ſchaftlich gefaßt werden muß. Der Geiſt iſt auf die - ſer Stuffe endlicher Geiſt, inſofern der Inhalt ſei - ner Beſtimmtheit, ein unmittelbarer gegebener iſt; die Wiſſenſchaft deſſelben hat den Gang darzuſtellen, worin er ſich von dieſer ſeiner Beſtimmtheit befreyt, und zum Erfaſſen ſeiner Wahrheit, des unendlichen Geiſtes, fortgeht.

Die Idee des Geiſtes dagegen, welche logi - ſcher Gegenſtand iſt, ſteht ſchon innerhalb der reinen Wiſſenſchaft; ſie hat daher ihn nicht den Gang durch - machen zu ſehen, wie er mit der Natur, der unmittel - baren Beſtimmtheit und dem Stoffe oder der Vorſtel - lung, verwickelt iſt, was in jenen drey Wiſſenſchaften betrachtet wird; ſie hat dieſen Gang bereits hinter ſich, oder was daſſelbe iſt, vielmehr vor ſich, jenes inſo - fern die Logik, als die letzte Wiſſenſchaft, dieſes in - ſofern ſie als die erſte genommen wird, aus welcher die Idee erſt in die Natur uͤbergeht. In der logiſchen Idee des Geiſtes, iſt Ich daher ſogleich, wie es aus dem Begriffe der Natur als deren Wahrheit ſich gezeigt hat, der freye Begriff, der in ſeinem Urtheile ſich ſelbſt der Gegenſtand iſt, der Begriff als ſeine Idee. Aber auch in dieſer Geſtalt iſt die Idee noch nicht vollendet.

Indem ſie der zwar freye ſich ſelbſt zum Gegen - ſtande habende Begriff iſt, ſo iſt ſie unmittelbar, ebendarum weil ſie unmittelbar iſt, noch die Idee in ihrer Subjectivitaͤt, und damit in ihrer Endlich - keit uͤberhaupt. Sie iſt der Zweck, der ſich realiſiren ſoll, oder es iſt die abſolute Idee ſelbſt noch in ih - rer Erſcheinung. Was ſie ſucht, iſt das Wahre,die -310III. Abſchnitt. Idee.dieſe Identitaͤt des Begriffs ſelbſt und der Realitaͤt, aber ſie ſucht es nur erſt; denn ſie iſt hier wie ſie zuerſt iſt, noch ein ſubjectives. Der Gegenſtand, der fuͤr den Begriff iſt, iſt daher hier zwar auch ein gegebener, aber er tritt nicht als einwirkendes Object, oder als Gegenſtand wie er als ſolcher fuͤr ſich ſelbſt beſchaffen ſey, oder als Vorſtellung in das Subject ein, ſondern dieſes verwandelt ihn in eine Begriffsbe - ſtimmung; es iſt der Begriff, der im Gegenſtand ſich bethaͤtigt, darin ſich auf ſich bezieht, und dadurch daß er ſich an dem Objecte ſeine Realitaͤt gibt, Wahr - heit findet.

Die Idee iſt alſo zunaͤchſt das eine Extrem eines Schluſſes, als der Begriff, der als Zweck zunaͤchſt ſich ſelbſt zur ſubjectiven Realitaͤt hat; das andre Extrem iſt die Schranke des Subjectiven, die objective Welt. Die beyden Extreme ſind darin identiſch, daß ſie die Idee ſind; erſtlich iſt ihre Einheit die des Begriffs, welcher in dem einen nur fuͤr ſich, in dem andern nur an ſich iſt; zweytens iſt die Realitaͤt, in dem einen ab - ſtract, in dem andern in ihrer concreten Aeuſſerlich - keit. Dieſe Einheit wird nun durch das Erkennen geſetzt; ſie iſt, weil es die ſubjective Idee iſt, die als Zweck von ſich ausgeht, zunaͤchſt nur als Mitte. Das Erkennende bezieht ſich durch die Beſtimmtheit ſeines Begriffs, nemlich das abſtracte Fuͤrſichſeyn, zwar auf eine Auſſenwelt; aber in der abſoluten Ge - wißheit ſeiner ſelbſt, um die Realitaͤt ſeiner an ſich ſelbſt, dieſe formelle Wahrheit zur reellen Wahrheit zu erheben. Es hat an ſeinem Begriff die ganze Weſenheit der objectiven Welt; ſein Proceß iſt, den concreten In - halt derſelben fuͤr ſich als identiſch mit dem Begriffe, und umgekehrt dieſen als identiſch mit der Objectivitaͤt zu ſetzen.

Un -311II. Kapitel. Das Erkennen.

Unmittelbar iſt die Idee der Erſcheinung, theore - tiſche Idee, das Erkennen als ſolches. Denn un - mittelbar hat die objective Welt die Form der Unmit - telbarkeit oder des Seyns fuͤr den fuͤr ſich ſeyen - den Begriff, ſo wie dieſer zuerſt ſich nur als der ab - ſtracte noch in ihn eingeſchloſſene Begriff ſeiner ſelbſt iſt; er iſt daher nur als Form; ſeine Realitaͤt die er an ihm ſelbſt hat, ſind nur ſeine einfachen Beſtimmun - gen von Allgemeinheit und Beſonderheit; die Einzelnheit aber oder die beſtimmte Beſtimmt - heit, den Inhalt erhaͤlt dieſe Form von Auſſen.

A. Die Idee des Wahren.

Die ſubjective Idee iſt zunaͤchſt Trieb. Denn ſie iſt der Widerſpruch des Begriffs, ſich zum Gegen - ſtand zu haben und ſich die Realitaͤt zu ſeyn, ohne daß doch der Gegenſtand als Anderes, gegen ihn Selbſt - ſtaͤndiges waͤre, oder ohne daß der Unterſchied ſeiner ſelbſt von ſich zugleich die weſentliche Beſtimmung der Verſchiedenheit und des gleichguͤltigen Daſeyns haͤtte. Der Trieb hat daher die Beſtimmtheit, ſeine eigene Subjectivitaͤt aufzuheben, ſeine erſt abſtracte Rea - litaͤt zur concreten zu machen, und ſie mit dem Inhal - te der von ſeiner Subjectivitaͤt vorausgeſetzten Welt zu erfuͤllen. Von der andern Seite beſtimmt er ſich hie - durch ſo: der Begriff iſt zwar die abſolute Gewißheit ſeiner ſelbſt; ſeinem Fuͤrſichſeyn ſteht aber ſeine Vorausſetzung einer an ſich ſeyenden Welt gegenuͤber, deren gleichguͤltiges Andersſeyn aber fuͤr die Ge - wißheit ſeiner ſelbſt den Werth nur eines Unweſent -lichen312III. Abſchnitt. Idee.lichen hat; er iſt inſofern der Trieb, diß Andersſeyn aufzuheben, und in dem Objecte die Identitaͤt mit ſich ſelbſt anzuſchauen. Inſofern dieſe Reflexion-in-ſich der aufgehobene Gegenſatz und die geſetzte, fuͤr das Subject bewirkte Einzelnheit iſt, welche zunaͤchſt als das vorausgeſetzte Anſichſeyn erſcheint, iſt es die aus dem Gegenſatz hergeſtellte Identitaͤt der Form mit ſich ſelbſt, eine Identitaͤt, welche damit als gleichguͤl - tig gegen die Form in deren Unterſchiedenheit, beſtimmt, und Inhalt iſt.

Dieſer Trieb iſt daher der Trieb der Wahrheit, inſofern ſie im Erkennen iſt, alſo der Wahrheit als theoretiſcher Idee, in ihrem eigentlichen Sin - ne. Wenn die objective Wahrheit zwar die Idee ſelbſt iſt, als die dem Begriffe entſprechende Realitaͤt, und ein Gegenſtand inſofern an ihm Wahrheit haben kann oder nicht, ſo iſt dagegen der beſtimmtere Sinn der Wahrheit dieſer, daß ſie es fuͤr oder im ſubjecti - ven Begriff, im Wiſſen ſey. Sie iſt das Verhaͤltniß des Begriffs-Urtheils, welches als das formelle Urtheil der Wahrheit ſich gezeigt hat; in demſelben iſt nemlich das Praͤdicat nicht nur die Objectivitaͤt des Be - griffes, ſondern die beziehende Vergleichung des Begriffs der Sache und der Wirklichkeit derſelben. Theore - tiſch iſt dieſe Realiſirung des Begriffs, inſofern er als Form noch die Beſtimmung eines ſubjectiven, oder die Beſtimmung fuͤr das Subject hat, die ſeinige zu ſeyn. Weil das Erkennen die Idee als Zweck oder als ſubjective iſt, ſo iſt die Negation der als an ſich ſeyend vorausgeſetzten Welt, die erſte; der Schluß - ſatz, worin das Objective in das Subjective geſetzt iſt, hat daher zunaͤchſt auch nur die Bedeutung, daß das Anſichſeyende nur als ein ſubjectives, oder in der Be - griffsbeſtimmung nur geſetzt, darum aber nicht ſo anund313II. Kapitel. Das Erkennen.und fuͤr ſich ſey. Der Schlußſatz kommt inſofern nur zu einer neutralen Einheit, oder einer Syntheſis, d. h. einer Einheit von ſolchen, die urſpruͤnglich geſchie - den, nur aͤuſſerlich ſo verbunden ſeyen. Indem da - her in dieſem Erkennen der Begriff das Object als das ſeinige ſetzt, gibt ſich die Idee zunaͤchſt nur einen Inhalt, deſſen Grundlage gegeben und an dem nur die Form der Aeuſſerlichkeit aufgehoben worden. Diß Erkennen behaͤlt inſofern in ſeinem ausgefuͤhrten Zwecke noch ſeine Endlichkeit, es hat in ihm denſelben zugleich nicht erreicht, und iſt in ſeiner Wahrheit noch nicht zur Wahrheit gekommen. Denn inſo - fern im Reſultate der Inhalt noch die Beſtimmung ei - nes gegebenen hat, ſo iſt das vorausgeſetzte An - ſichſeyn gegen den Begriff, nicht aufgehoben; die Einheit des Begriffs und der Realitaͤt, die Wahr - heit, iſt ſomit ebenſoſehr auch nicht darin enthal - ten. Sonderbarer Weiſe iſt in neuern Zeiten dieſe Seite der Endlichkeit feſtgehalten und als das ab - ſolute Verhaͤltniß des Erkennens angenommen wor - den; als ob das Endliche als ſolches das Abſolute ſeyn ſollte! Auf dieſem Standpunkte wird dem Objecte eine unbekannte Dingheit-an-ſich hinter dem Er - kennen zugeſchrieben, und dieſelbe und damit auch die Wahrheit als ein abſolutes Jenſeits fuͤr das Erken - nen betrachtet. Die Denkbeſtimmungen uͤberhaupt, die Categorien, die Reflexionsbeſtimmungen, ſo wie der for - male Begriff und deſſen Momente erhalten darin die Stellung, nicht daß ſie an und fuͤr ſich endliche Beſtim - mungen, ſondern daß ſie es in dem Sinne ſind, als ſie ein ſubjectives gegen jene leere Dingheit-an-ſich ſind; diß Verhaͤltniß der Unwahrheit des Erkennens als das wahrhafte anzunehmen, iſt der zur allgemeinen Mey - nung neuerer Zeit gewordene Irrthum.

Aus314III. Abſchnitt. Idee.

Aus dieſer Beſtimmung des endlichen Erkennens erhellt unmittelbar, daß es ein Widerſpruch iſt, der ſich ſelbſt aufhebt; der Widerſpruch einer Wahrheit, die zugleich nicht Wahrheit ſeyn ſoll; eines Erkennens deſſen, was iſt, welches zugleich das Ding-an-ſich nicht erkennt. In dem Zuſammenfallen dieſes Wider - ſpruchs faͤllt ſein Inhalt, das ſubjective Erkennen und das Ding-an-ſich, zuſammen, d. h. erweißt ſich als ein Unwahres. Aber das Erkennen hat durch ſeinen eige - nen Gang ſeine Endlichkeit und damit ſeinen Widerſpruch aufzuloͤſen; jene Betrachtung, welche wir uͤber daſſelbe machen, iſt eine aͤuſſerliche Reflexion; es iſt aber ſelbſt der Begriff, der ſich Zweck iſt, der alſo durch ſeine Rea - liſirung ſich ausfuͤhrt, und eben in dieſer Ausfuͤhrung ſeine Subjectivitaͤt, und das vorausgeſetzte Anſichſeyn aufhebt. Es iſt daher an ihm ſelbſt in ſeiner poſiti - ven Thaͤtigkeit zu betrachten. Da dieſe Idee, wie ge - zeigt, der Trieb des Begriffes iſt, ſich fuͤr ſich ſelbſt zu realiſiren, ſo iſt ſeine Thaͤtigkeit, das Object zu be - ſtimmen, und durch diß Beſtimmen ſich in ihm identiſch auf ſich zu beziehen. Das Object iſt uͤberhaupt das ſchlechthin Beſtimmbare, und in der Idee hat es dieſe weſentliche Seite, nicht an und fuͤr ſich gegen den Be - griff zu ſeyn. Weil diß Erkennen noch das endliche, nicht ſpeculative iſt, ſo hat die vorausgeſetzte Objectivi - taͤt noch nicht die Geſtalt fuͤr daſſelbe, daß ſie ſchlecht - hin nur der Begriff an ihr ſelbſt iſt, und nichts beſon - deres fuͤr ſich gegen ihn enthaͤlt. Aber damit, daß ſie als ein an-ſich-ſeyendes Jenſeits gilt, hat ſie die Be - ſtimmung der Beſtimmbarkeit durch den Begriff darum weſentlich, weil die Idee der fuͤr ſich ſeyende Begriff und das ſchlechthin in ſich unendliche iſt, worin das Object an ſich aufgehoben, und der Zweck nur noch iſt, es fuͤr ſich aufzuheben; das Object iſt daher zwar von der Idee des Erkennens als an ſich ſeyendvor -315II. Kapitel. Das Erkennen.vorausgeſetzt, aber weſentlich in dem Verhaͤltniß, daß ſie ihrer ſelbſt und der Nichtigkeit dieſes Gegenſatzes gewiß, zu Realiſirung ihres Begriffes in ihm komme.

In dem Schluſſe, wodurch ſich die ſubjective Idee nun mit der Objectivitaͤt zuſammenſchließt, iſt die erſte Praͤmiſſe dieſelbe Form der unmittelbaren Bemaͤch - tigung und Beziehung des Begriffs auf das Object, als wir in der Zweckbeziehung ſahen. Die beſtimmende Thaͤtigkeit des Begriffs auf das Object iſt eine unmit - telbare Mittheilung und widerſtandsloſe Verbrei - tung ſeiner auf daſſelbe. Der Begriff bleibt hierin in der reinen Identitaͤt mit ſich ſelbſt; aber dieſe ſeine unmittelbare Reflexion-in-ſich hat eben ſo die Beſtim - mung der objectiven Unmittelbarkeit; das was fuͤr ihn ſeine eigene Beſtimmung iſt, iſt ebenſoſehr ein Seyn, denn es iſt die erſte Negation der Vorausſetzung. Die geſetzte Beſtimmung gilt daher ebenſoſehr als eine nur gefundene Vorausſetzung, als ein Auffaſſen eines Gegebenen, worin die Thaͤtigkeit des Begriffs viel - mehr nur darin beſtehe, negativ gegen ſich ſelbſt zu ſeyn, ſich gegen das Vorhandene zuruͤckzuhalten und paſſiv zu machen, damit daſſelbe nicht beſtimmt vom Subjecte, ſondern ſich, wie es in ſich ſelbſt iſt, zeigen koͤnne.

Diß Erkennen erſcheint daher in dieſer Praͤmiſſe nicht einmal als eine Anwendung der logiſchen Be - ſtimmungen, ſondern als ein Empfangen und Auffaſſen derſelben als Vorgefundener, und ſeine Thaͤtigkeit er - ſcheint als darauf beſchraͤnkt, nur ein ſubjectives Hin - derniß, eine aͤuſſerliche Schaale von dem Gegenſtande zu entfernen. Diß Erkennen iſt das Analytiſche.

a. Das316III. Abſchnitt. Idee.
a. Das analytiſche Erkennen.

Den Unterſchied des analytiſchen und ſynthetiſchen Erkennens findet man zuweilen ſo angegeben, daß das eine vom Bekannten zum Unbekannten, das andere vom Unbekannten zum Bekannten fortgehe. Es wird aber, wenn man dieſen Unterſchied naͤher betrachtet, ſchwer ſeyn, in ihm einen beſtimmten Gedanken, vielweniger einen Begriff zu entdecken. Man kann ſagen, das Er - kennen fange uͤberhaupt mit der Unbekanntſchaft an, denn etwas, womit man ſchon bekannt iſt, lernt man nicht kennen. Umgekehrt auch faͤngt es mit dem Bekannten an; diß iſt ein tavtologiſcher Satz; das, womit es anfaͤngt, was es alſo wirklich erkennt, iſt eben dadurch ein Bekanntes; was noch nicht erkannt worden, und erſt ſpaͤter erkannt werden ſoll, iſt noch ein Unbekann - tes. Man muß inſofern ſagen, daß das Erkennen, wenn es einmal angefangen hat, immer vom Bekannten zum Unbekannten fortgehe.

Das Unterſcheidende des analytiſchen Erkennens hat ſich bereits dahin beſtimmt, daß ihm als der erſten Praͤmiſſe des ganzen Schluſſes, die Vermittlung noch nicht angehoͤrt, ſondern daß es die unmittelbare, das Andersſeyn noch nicht enthaltende Mittheilung des Be - griffes iſt, worin die Thaͤtigkeit ſich ihrer Negativitaͤt entaͤuſſert. Jene Unmittelbarkeit der Beziehung iſt je - doch darum ſelbſt Vermittlung, denn ſie iſt die negative Beziehung des Begriffs auf das Object, die ſich aber ſelbſt vernichtet und ſich dadurch einfach und identiſch macht. Dieſe Reflexion-in-ſich iſt nur ein ſubjectives, weil in ihrer Vermittlung der Unterſchied nur noch als der vorausgeſetzte Anſichſeyende, als Verſchie - denheit des Objects in ſich, vorhanden iſt. DieBe -317II. Kapitel. Das Erkennen.Beſtimmung, die daher durch dieſe Beziehung zu Stande kommt, iſt die Form einfacher Identitaͤt, der ab - ſtracten Allgemeinheit. Das analytiſche Erken - nen hat daher uͤberhaupt dieſe Identitaͤt zu ſeinem Prin - cip und der Uebergang in Anderes, die Verknuͤpfung Verſchiedener iſt aus ihm ſelbſt, aus ſeiner Thaͤtigkeit ausgeſchloſſen.

Das analytiſche Erkennen nun naͤher betrachtet, ſo wird von einem vorausgeſetzten, ſomit einzelnen, concreten Gegenſtande angefangen, er ſey nun ein fuͤr die Vorſtellung ſchon fertiger oder er ſey eine Aufgabe, nemlich nur in ſeinen Umſtaͤnden und Be - dingungen gegeben, aber aus ihnen noch nicht fuͤr ſich herausgehoben und in einfacher Selbſtſtaͤndigkeit darge - ſtellt. Die Analyſe deſſelben kann nun nicht darin be - ſtehen, daß er bloß in die beſondern Vorſtellun - gen, die er enthalten kann, aufgeloͤſt werde; eine ſolche Aufloͤſung und das Auffaſſen derſelben iſt ein Ge - ſchaͤft, das nicht zum Erkennen gehoͤrte, ſondern nur eine naͤhere Kenntniß, eine Beſtimmung innerhalb der Sphaͤre des Vorſtellens betraͤffe. Die Analyſe, da ſie den Begriff zum Grunde hat, hat zu ihren Pro - ducten weſentlich die Begriffsſtimmungen, und zwar als ſolche, welche unmittelbar in dem Gegenſtande enthalten ſind. Es hat ſich aus der Natur der Idee des Erkennens ergeben, daß die Thaͤtigkeit des ſubjecti - ven Begriffs von der einen Seite nur als Entwick - lung deſſen, was im Objecte ſchon iſt, ange - ſehen werden muß, weil das Object ſelbſt nichts, als die Totalitaͤt des Begriffs iſt. Es iſt ebenſo einſeitig, die Analyſe ſo vorzuſtellen, als ob im Gegenſtande nichts ſey, was nicht in ihn hineingelegt werde, als es einſeitig iſt, zu meynen, die ſich ergebenden Beſtimmun - gen werden nur aus ihm herausgenommen. JeneVor -318III. Abſchnitt. Idee.Vorſtellung ſpricht bekanntlich der ſubjective Idealismus aus, der in der Analyſe die Thaͤtigkeit des Erkennens allein fuͤr ein einſeitiges Setzen nimmt, jenſeits deſſen das Ding-an-ſich verborgen bleibt; die andere Vorſtellung gehoͤrt dem ſogenannten Realismus an, der den ſubjectiven Begriff als eine leere Identitaͤt erfaßt, welche die Gedankenbeſtimmungen von auſſen in ſich aufnehme. Da das analytiſche Erkennen, die Ver - wandlung des gegebenen Stoffes in logiſche Beſtim - mungen, ſich gezeigt hat, beydes in Einem zu ſeyn, ein Setzen, welches ſich eben ſo unmittelbar als Vor - ausſetzen beſtimmt, ſo kann um des letztern willen das Logiſche als ein ſchon im Gegenſtande fertiges, ſo wie wegen des erſtern als Product einer bloß ſubjecti - ven Thaͤtigkeit erſcheinen. Aber beyde Momente ſind nicht zu trennen; das Logiſche iſt in ſeiner abſtracten Form, in welche es die Analyſe heraushebt, allerdings nur im Erkennen vorhanden, ſo wie es umgekehrt nicht nur ein geſetztes, ſondern ein an-ſich-ſeyen - des iſt.

Inſofern nun das analytiſche Erkennen die aufge - zeigte Verwandlung iſt, geht es durch keine weitern Mittelglieder hindurch, ſondern die Beſtimmung iſt inſofern unmittelbar und hat eben dieſen Sinn, dem Gegenſtand eigen und an ſich anzugehoͤren, daher ohne ſubjective Vermittlung aus ihm aufgefaßt zu ſeyn. Aber das Erkennen ſoll ferner auch ein Fortgehen, eine Entwicklung von Unterſchieden ſeyn. Weil es aber nach der Beſtimmung, die es hier hat, begriff - los und undialektiſch iſt, hat es nur einen gegebenen Unterſchied, und ſein Fortgehen geſchieht allein an den Beſtimmungen des Stoffes. Nur inſofern ſcheint es ein immanentes Fortgehen zu haben, als die abgeleiteten Gedankenbeſtimmungen von neuem analyſirtwer -319II. Kapitel. Das Erkennen.werden koͤnnen, inſofern ſie noch ein Concretes ſind; das hoͤchſte und letzte dieſes Analyſirens iſt das ab - ſtracte hoͤchſte Weſen, oder die abſtracte ſubjective Identitaͤt, und ihr gegenuͤber die Verſchiedenheit. Die - ſes Fortgehen iſt jedoch nichts anderes als nur die Wie - derhohlung des einen urſpruͤnglichen Thuns der Analy - ſe, nemlich die Wiederbeſtimmung des ſchon in die ab - ſtracte Begriffsform aufgenommenen als eines Concre - ten, und hierauf die Analyſe deſſelben, dann von neuem die Beſtimmung des aus ihr hervorgehenden Ab - ſtracten als eines Concreten und ſofort. Die Gedan - kenbeſtimmungen ſcheinen aber in ihnen ſelbſt auch einen Uebergang zu enthalten. Wenn der Gegenſtand als Ganzes beſtimmt worden, ſo wird davon allerdings zur andern Beſtimmung: des Theils; von der Ur - ſache zur andern Beſtimmung der Wirkung u. ſ. f. fortgegangen. Aber diß iſt hier inſofern kein Fortge - hen, als Ganzes und Theile, Urſache und Wirkung, Verhaͤltniſſe ſind, und zwar fuͤr dieſes formale Er - kennen ſo fertige Verhaͤltniſſe, daß die eine Beſtim - mung an die andere weſentlich geknuͤpft vorgefunden wird. Der Gegenſtand, der als Urſache oder als Theil beſtimmt worden, iſt damit durch das ganze Verhaͤltniß, ſchon durch beyde Seiten deſſelben beſtimmt. Ob es ſchon an ſich etwas ſynthetiſches iſt, ſo iſt dieſer Zuſammenhang fuͤr das analytiſche Erkennen ebenſoſehr nur ein gegebenes, als anderer Zuſammenhang ſei - nes Stoffes, und gehoͤrt daher nicht ſeinem eigenthuͤm - lichen Geſchaͤfte an. Ob ſolcher Zuſammenhang ſonſt als ein prioriſches oder apoſterioriſches beſtimmt werde, diß iſt dabey gleichguͤltig, inſofern er als ein vorge - fundener gefaßt wird, oder wie man es auch genannt hat, als eine Thatſache des Bewußtſeyns, daß mit der Beſtimmung: Ganzes die Beſtimmung: Theil verknuͤpft ſey und ſo fort. Indem Kant die tiefe Be -mer -320III. Abſchnitt. Idee.merkung von ſynthetiſchen Grundſaͤtzen à priori aufgeſtellt und als deren Wurzel die Einheit des Selbſt - bewußtſeyns, alſo die Identitaͤt des Begriffes mit ſich, erkennt hat, nimmt er doch den beſtimmten Zuſam - menhang, die Verhaͤltnißbegriffe und ſynthetiſchen Grund - ſaͤtze ſelbſt, von der formalen Logik als gegeben auf; die Deduction derſelben haͤtte die Darſtellung des Uebergangs jener einfachen Einheit des Selbſtbewußt - ſeyns in dieſe ihre Beſtimmungen und Unterſchiede ſeyn muͤſſen; aber die Aufzeigung dieſes wahrhaft ſyntheti - ſchen Fortgehens, des ſich ſelbſt producirenden Begriffs, hat Kant ſich erſpart, zu leiſten.

Bekanntlich wird die Arithmetik und die all - gemeinern Wiſſenſchaften der diſcreten Groͤſ - ſe, Vorzugsweiſe analytiſche Wiſſenſchaft und Analyſis genannt. Die Erkenntnißweiſe derſelben iſt in der That am immanenteſten analytiſch und es iſt kuͤrzlich zu betrachten, worauf ſich diß gruͤndet. Das ſonſtige analytiſche Erkennen faͤngt von einem concreten Stoffe an, der eine zufaͤllige Mannichfaltigkeit an ſich hat; aller Unterſchied des Inhalts und das Fortgehen zu weiterem Inhalt haͤngt von demſelben ab. Der arithmetiſche und algebraiſche Stoff dagegen iſt ein ſchon ganz abſtract und unbeſtimmt gemachtes, an dem alle Eigenthuͤmlichkeit des Verhaͤltniſſes getilgt, dem ſomit nun jede Beſtimmung und Verknuͤpfung ein Aeuſ - ſerliches iſt. Ein ſolches iſt das Princip der diſcreten Groͤſſe, das Eins. Diß verhaͤltnißloſe Atome, kann zu einer Vielheit vermehrt und aͤuſſerlich zu einer Anzahl beſtimmt und vereinigt werden, dieſes Vermeh - ren und Begraͤnzen iſt ein leeres Fortgehen und Be - ſtimmen, welches bey demſelben Princip des abſtracten Eins ſtehen bleibt. Wie die Zahlen ferner zuſam - mengefaßt und getrennt werden, haͤngt allein von demSetzen321II. Kapitel. Das Erkennen.Setzen des Erkennenden ab. Die Groͤſſe iſt uͤber - haupt die Kategorie, innerhalb welcher dieſe Beſtimmun - gen gemacht werden; was die gleichguͤltig ge - wordene Beſtimmtheit iſt, ſo daß der Gegenſtand keine Beſtimmtheit hat, welche ihm immanent, alſo dem Er - kennen gegeben waͤre. Inſofern ſich das Erkennen zunaͤchſt eine zufaͤllige Verſchiedenheit von Zahlen ge - geben hat, ſo machen ſie nun den Stoff fuͤr eine wei - tere Bearbeitung und mannichfaltige Verhaͤltniſſe aus. Solche Verhaͤltniſſe, deren Erfindung und Bearbeitung, ſcheinen zwar nichts dem analytiſchen Erkennen immanen - tes, ſondern ein zufaͤlliges und gegebenes zu ſeyn; wie denn auch dieſe Verhaͤltniſſe und die ſich auf ſie bezie - henden Operationen, gewoͤhnlich nacheinander, als verſchiedene ohne Bemerkung eines innern Zuſam - menhanges vorgetragen werden. Allein es iſt leicht, ein fortleitendes Princip zu erkennen, und zwar iſt es das immanente der analytiſchen Identitaͤt, die am Ver - ſchiedenen als Gleichheit erſcheint; der Fortſchritt iſt die Reduction des Ungleichen auf immer groͤſſere Gleich - heit. Um ein Beyſpiel an den erſten Elementen zu ge - ben, ſo iſt die Addition das Zuſammenfaſſen ganz zu - faͤllig ungleicher Zahlen, die Multiplication, dagegen von gleichen, worauf noch das Verhaͤltniß der Gleichheit von der Anzahl und der Einheit folgt, und das Potenzenverhaͤltniß eintritt.

Weil nun die Beſtimmtheit des Gegenſtandes und der Verhaͤltniſſe eine geſetzte iſt, ſo iſt die weitere Operation mit ihnen auch ganz analytiſch, und die analytiſche Wiſſenſchaft hat daher nicht ſowohl Lehr - ſaͤtze, als Aufgaben. Der analytiſche Lehrſatz enthaͤlt die Aufgabe ſchon fuͤr ſich ſelbſt als geloͤßt, und der ganz aͤuſſerliche Unterſchied, der den beyden Seiten, die er gleich ſetzt, zukommt, iſt ſo unweſentlich,Xdaß322III. Abſchnitt. Idee.daß ein ſolcher Lehrſatz als eine triviale Identitaͤt er - ſcheinen wuͤrde. Kant hat zwar den Satz 5 + 7 = 12 fuͤr einen ſynthetiſchen Satz erklaͤrt, weil auf einer Seite Daſſelbe, in der Form von Mehrern, von 5 und 7, auf der andern in der Form von Einem, von 12, dar - geſtellt iſt. Allein wenn das analytiſche nicht das ganz abſtract identiſche und tavtologiſche 12 = 12 bedeuten und ein Fortgang in demſelben uͤberhaupt ſeyn ſoll, ſo muß irgend ein Unterſchied vorhanden ſeyn, jedoch ein ſolcher, der ſich auf keine Qualitaͤt, keine Beſtimmtheit der Reflexion und noch weniger des Begriffs gruͤndet. 5 + 7 und 12 ſind durchaus ganz derſelbe Inhalt; in jener Seite iſt auch die Foderung ausgedruͤckt, daß 5 und 7 in Einen Ausdruck zuſammengefaßt, das heißt, daß wie fuͤnf ein Zuſammengezaͤhltes iſt, wobey das Abbrechen ganz willkuͤhrlich war, und eben ſo gut weiter gezaͤhlt werden konnte, nun auf dieſelbe Weiſe fortgezaͤhlt werden ſoll mit der Beſtimmung, daß die hinzuzuſetzenden Eins ſieben ſeyn ſollen. Das 12 iſt alſo ein Reſultat von 5 und 7 und von einer Opera - tion, welche ſchon geſetzt, ihrer Natur nach auch ein ganz aͤuſſerliches, gedankenloſes Thun iſt, daß es daher auch eine Maſchine verrichten kann. Hier iſt im Ge - ringſten kein Uebergang zu einem Andern; es iſt ein bloſſes Fortſetzen d. h. Wiederhohlen derſelben Ope - ration, durch welche 5 und 7 entſtanden iſt.

Der Beweis eines ſolchen Lehrſatzes, einen ſol - chen erfoderte er, wenn er ein ſynthetiſcher Satz waͤ - re wuͤrde nur in der Operation des durch 7 be - ſtimmten Fortzaͤhlens von 5 an, und in dem Erkennen der Uebereinſtimmung dieſes Fortgezaͤhlten mit dem beſte - hen, was man ſonſt 12 nennt, und was wieder weiter nichts, als eben jenes beſtimmte Fortzaͤhlen ſelbſt iſt. Statt der Form der Lehrſaͤtze waͤhlt man daher ſogleichdie323II. Kapitel. Das Erkennen.die Form der Aufgabe, der Foderung der Opera - tion, nemlich das Ausſprechen nur der Einen Seite von der Gleichung, die den Lehrſatz ausmachen wuͤrde, und deren andere Seite nun gefunden werden ſoll. Die Aufgabe enthaͤlt den Inhalt, und gibt die beſtimmte Operation an, die mit ihm vorgenommen werden ſoll. Die Operation iſt durch keinen ſproͤden, mit ſpecifiſchen Verhaͤltniſſen begabten Stoff beſchraͤnkt, ſondern ein aͤuſ - ſerliches, ſubjectives Thun, deſſen Beſtimmungen der Stoff gleichguͤltig annimmt, an welchem ſie geſetzt wer - den. Der ganze Unterſchied der in der Aufgabe gemach - ten Bedingungen, und des Reſultates in der Aufloͤ - ſung iſt nur der, daß in dieſem wirklich auf die beſtimmte Weiſe vereinigt oder getrennt iſt, wie in je - ner angegeben war.

Es iſt daher ein hoͤchſt uͤberfluͤſſiges Geruͤſte, hier die Form der geometriſchen Methode, welche ſich auf ſynthetiſche Saͤtze bezieht, anzuwenden und der Aufgabe auſſer der Aufloͤſung auch noch einen Beweis fol - gen zu laſſen. Er kann nichts als die Tavtologie aus - druͤcken, daß die Aufloͤſung richtig iſt, weil man operirt hat, wie aufgegeben war. Wenn die Aufgabe iſt, man ſoll mehrere Zahlen addiren, ſo iſt die Aufloͤſung: man addire ſie; der Beweis zeigt, daß die Aufloͤſung richtig iſt, darum weil aufgegeben war zu addiren, und man addirt hat. Wenn die Aufgabe zuſammengeſetztere Be - ſtimmungen und Operationen z. B. etwa Decimalzahlen zu multipliciren enthaͤlt, und die Aufloͤſung gibt nichts, als das mechaniſche Verfahren an, ſo wird wohl ein Beweis noͤthig; dieſer aber kann weiter nichts ſeyn, als die Analyſe jener Beſtimmungen und der Operation, woraus die Aufloͤſung von ſelbſt hervorgeht. Durch dieſe Abſonderung der Aufloͤſung als eines mechani - ſchen Verfahrens, und des Beweiſes als der Ruͤck -X 2er -324III. Abſchnitt. Idee.erinnerung an die Natur des zu behandelnden Gegen - ſtandes und der Operation ſelbſt, geht gerade der Vor - theil der analytiſchen Aufgabe verloren, daß nemlich die Conſtruction unmittelbar aus der Aufgabe ab - geleitet, und daher an und fuͤr ſich als verſtaͤndig dargeſtellt werden kann; auf die andere Weiſe wird der Conſtruction ausdruͤcklich ein Mangel gegeben, welcher der ſynthetiſchen Methode eigen iſt. In der hoͤhern Analyſis, wo mit dem Potenzenverhaͤltniſſe vornemlich, qualitative und von Begriffsbeſtimmtheiten abhaͤngende Verhaͤltniſſe der diſcreten Groͤſſen eintreten, enthalten die Aufgaben und Lehrſaͤtze allerdings wohl ſynthetiſche Beſtimmungen; es muͤſſen daſelbſt andere Beſtimmun - gen und Verhaͤltniſſe zu Mittelgliedern genommen wer - den, als unmittelbar durch die Aufgabe oder den Lehrſatz angegeben ſind. Uebrigens muͤſſen auch dieſe zu Huͤlfe genommenen Beſtimmungen von der Art ſeyn, daß ſie in der Beruͤckſichtigung und Entwicklung einer Seite der Aufgabe oder des Lehrſatzes gegruͤndet ſind; das ſynthetiſche Ausſehen kommt allein daher, daß die Aufgabe oder der Lehrſatz dieſe Seite nicht ſelbſt ſchon nahmhaft macht. Die Aufgabe z. B. die Sum - me der Potenzen der Wurzeln einer Gleichung, zu finden, wird durch die Betrachtung und dann Verknuͤpfung der Functionen geloͤſt, welche die Coëfficienten der Gleichung von den Wurzeln ſind. Die hier zu Huͤlfe genommene Beſtimmung der Functionen der Coëfficienten und deren Verknuͤpfung iſt nicht in der Aufgabe ſchon ausgedruͤckt, uͤbrigens iſt die Entwicklung ſelbſt ganz analytiſch. So iſt die Aufloͤſung der Gleichung Xm I = O mit Huͤlfe der Sinus, auch die immanente bekanntlich durch Gauß gefundene algebraiſche Aufloͤſung mit Huͤlfe der Betrach - tung des Reſiduums von Xm I I durch m divi - dirt, und der ſogenannten primitiven Wurzeln, eine der wichtigſten Erweiterungen der Analyſis der neuernZeit,325II. Kapitel. Das Erkennen.Zeit, eine ſynthetiſche Aufloͤſung, weil die zu Huͤlfe genommenen Beſtimmungen, die Sinus oder die Betrach - tung der Reſiduen, nicht eine Beſtimmung der Auf - gabe ſelbſt iſt.

Ueber die Natur der Analyſis, welche ſogenannte unendliche Differenzen veraͤnderlicher Groͤſſen betrachtet, der Differential - und Integralrechnung, iſt im erſten Theile dieſer Logik, ausfuͤhrlicher gehandelt worden. Daſelbſt wurde gezeigt, daß hier eine qualitative Groͤſ - ſenbeſtimmung zu Grunde liegt, welche allein durch den Begriff gefaßt werden kann. Der Uebergang zu derſel - ben von der Groͤſſe als ſolcher iſt nicht mehr analytiſch; die Mathematik hat daher bis dieſen Tag nicht dahin kommen koͤnnen, die Operationen, welche auf jenem Uebergange beruhen, durch ſich ſelbſt, d. h. auf mathe - matiſche Weiſe, zu rechtfertigen, weil er nicht mathema - tiſcher Natur iſt. Leibnitz, dem der Ruhm zugeſchrie - ben wird, die Rechnung mit den unendlichen Differen - zen zu einem Calcul geſchaffen zu haben, hat, wie ebendaſelbſt angefuͤhrt worden, den Uebergang auf eine Art gemacht, welche die unzulaͤnglichſte, eben ſo voͤllig begrifflos als unmathematiſch, iſt; den Uebergang aber einmal vorausgeſetzt, und er iſt im gegenwaͤrtigen Stande der Wiſſenſchaft mehr nicht als eine Voraus - ſetzung, ſo iſt der weitere Verfolg allerdings nur eine Reihe gewoͤhnlicher analytiſcher Operationen.

Es iſt erinnert worden, daß die Analyſis ſyn - thetiſch wird, inſofern ſie auf Beſtimmungen kommt, welche nicht mehr durch die Aufgaben ſelbſt geſetzt ſind. Der allgemeine Uebergang aber vom analytiſchen zum ſynthetiſchen Erkennen, liegt in dem nothwendigen Uebergange von der Form der Unmittelbarkeit zur Ver - mittlung, der abſtracten Identitaͤt zum Unterſchiede. Das326III. Abſchnitt. Idee.Das Analytiſche bleibt in ſeiner Thaͤtigkeit bey den Beſtimmungen uͤberhaupt ſtehen, inſofern ſie ſich auf ſich ſelbſt beziehen; durch ihre Beſtimmtheit aber ſind ſie weſentlich auch von dieſer Natur, daß ſie ſich auf ein anderes beziehen. Es iſt ſchon erinnert worden, daß wenn das analytiſche Erkennen auch an Verhaͤltniſſen fortgeht, die nicht ein aͤuſſerlich gegebener Stoff, ſondern Gedankenbeſtimmungen ſind, ſo bleibt es doch analytiſch, inſofern fuͤr daſſelbe auch dieſe Verhaͤlt - niſſe gegebene ſind. Weil aber die abſtracte Identi - taͤt, welche diß Erkennen allein als das ſeinige weiß, weſentlich Identitaͤt des Unterſchiedenen iſt, ſo muß ſie auch als ſolche die ſeinige ſeyn, und fuͤr den ſubjectiven Begriff auch der Zuſammenhang als durch ihn geſetzt und mit ihm identiſch werden.

b. Das ſynthetiſche Erkennen.

Das analytiſche Erkennen iſt die erſte Praͤmiſſe des ganzen Schluſſes, die unmittelbare Bezie - hung des Begriffs auf das Object, die Identitaͤt iſt daher die Beſtimmung, welche es als die ſeinige erkennt, und es iſt nur das Auffaſſen deſſen, was iſt. Das ſynthetiſche Erkennen geht auf das Begreiffen deſſen, was iſt, das heißt, die Mannichfaltigkeit von Beſtimmun - gen in ihrer Einheit zu faſſen. Es iſt daher die zwey - te Praͤmiſſe des Schluſſes, in welchem das Verſchie - dene als ſolches bezogen wird. Sein Ziel iſt deswe - gen die Nothwendigkeit uͤberhaupt. Die Ver - ſchiedenen, welche verbunden ſind, ſind es theils in ei - nem Verhaͤltniſſe; in ſolchem ſind ſie ebenſowohl be - zogen, als gleichguͤltig und ſelbſtſtaͤndig gegeneinander; theils aber ſind ſie im Begriffe verknuͤpft, dieſer iſtihre327II. Kapitel. Das Erkennen.ihre einfache, aber beſtimmte Einheit. Inſofern nun das ſynthetiſche Erkennen zunaͤchſt von der abſtracten Identitaͤt zum Verhaͤltniſſe, oder vom Seyn zur Reflexion uͤbergeht, ſo iſt es nicht die abſolute Reflexion des Begriffes, welche der Begriff in ſeinem Gegenſtande erkennt; die Realitaͤt, welche er ſich gibt, iſt die naͤchſte Stuffe, nemlich die angegebene Identitaͤt der Verſchiedenen als ſolcher, die daher zugleich noch in - nere und nur Nothwendigkeit, nicht die ſubjective, fuͤr ſich ſelbſt ſeyende, daher noch nicht der Begriff als ſol - cher iſt. Das ſynthetiſche Erkennen hat daher wohl auch die Begriffsbeſtimmungen zu ſeinem Inhalt, das Object wird in denſelben geſetzt; aber ſie ſtehen erſt im Verhaͤltniſſe zu einander, oder ſind in unmittel - barer Einheit, aber damit eben nicht in derjenigen, wodurch der Begriff als Subject iſt.

Diß macht die Endlichkeit dieſes Erkennens aus; weil dieſe reelle Seite der Idee in ihm noch die Iden - titaͤt als innre hat, ſo ſind deren Beſtimmungen ſich noch als aͤuſſerliche; da ſie nicht als Subjectivitaͤt iſt, ſo fehlt dem Eigenen, das der Begriff in ſeinem Gegenſtande hat, noch die Einzelnheit, und es iſt zwar nicht mehr die abſtracte, ſondern die beſtimmte Form, alſo das Beſondere des Begriffes, was ihm im Objecte entſpricht, aber das Einzelne deſſelben iſt noch ein gegebener Inhalt. Diß Erkennen ver - wandelt die objective Welt daher zwar in Begriffe, aber gibt ihr nur die Form nach den Begriffsbeſtimmungen, und muß das Object nach ſeiner Einzelnheit, der beſtimmten Beſtimmtheit, finden; es iſt noch nicht ſelbſt beſtimmend. Eben ſo findet es Saͤtze und Geſetze, und beweißt deren Nothwendigkeit, aber nicht als eine Nothwendigkeit der Sache an und fuͤr ſich ſelbſt, d. i. aus dem Begriffe, ſondern des Erkennens, das an denge -328III. Abſchnitt. Idee.gegebenen Beſtimmungen, den Unterſchieden der Erſchei - nung fortgeht, und fuͤr ſich den Satz als Einheit und Verhaͤltniß, oder aus der Erſcheinung deren Grund erkennt.

Die naͤhern Momente des ſynthetiſchen Erkennens ſind nun zu betrachten.

1. Die Definition.

Das erſte iſt, daß die noch gegebene Objectivitaͤt in die einfache, als erſte Form, ſomit die Form des Begriffes verwandelt wird; die Momente dieſes Auffaſſens ſind daher keine andern, als die Mo - mente des Begriffs; die Allgemeinheit, Beſon - derheit und Einzelnheit. Das Einzelne iſt das Object ſelbſt als unmittelbare Vorſtellung, dasjenige, was definirt werden ſoll. Das Allgemeine des Objects deſſelben hat ſich in der Beſtimmung des objectiven Urtheils, oder des Urtheils der Nothwendig - keit, als die Gattung, und zwar als die naͤchſte ergeben, das Allgemeine nemlich mit dieſer Beſtimmt - heit, welche zugleich Princip fuͤr den Unterſchied des Beſondern iſt. Dieſen Unterſchied hat der Gegenſtand an der ſpecifiſchen Differenz, welche ihn zu der beſtimmten Art macht, und welche ſeine Disjunction gegen die uͤbrigen Arten begruͤndet.

Die Definition, indem ſie auf dieſe Weiſe, den Gegenſtand auf ſeinen Begriff zuruͤckfuͤhrt, ſtreift ſei - ne Aeuſſerlichkeiten, welche zur Exiſtenz erforderlich ſind, ab; ſie abſtrahirt von dem, was zum Begriffe in ſeiner Realiſation hinzukommt, wodurch er erſtlich zur Idee,und329II. Kapitel. Das Erkennen.und zweytens zur aͤuſſerlichen Exiſtenz heraustritt. Die Beſchreibung iſt fuͤr die Vorſtellung und nimmt dieſen weitern der Realitaͤt angehoͤrigen Inhalt auf. Die Definition reducirt aber dieſen Reichthum der man - nichfaltigen Beſtimmungen des angeſchauten Daſeyns auf die einfachſten Momente; welches die Form dieſer einfachen Elemente, und wie ſie gegen einander beſtimmt iſt, diß iſt in dem Begriff enthalten. Der Gegenſtand wird hiemit, wie angegeben, als Allgemeines gefaßt, welches zugleich weſentlich beſtimmtes iſt. Der Gegen - ſtand ſelbſt iſt das dritte, das Einzelne, in welchem die Gattung und die Beſonderung in Eins geſetzt iſt, und ein Unmittelbares, welches auſſer dem Begriffe, da er noch nicht ſelbſtbeſtimmend iſt, geſetzt iſt.

In jenen Beſtimmungen, dem Formunterſchiede der Definition, findet der Begriff ſich ſelbſt, und hat darin die ihm entſprechende Realitaͤt. Aber weil die Reflexion der Begriffsmomente in ſich ſelbſt, die Einzelnheit, in dieſer Realitaͤt noch nicht enthalten, weil ſomit das Ob - ject, inſofern es im Erkennen iſt, noch nicht als ein ſub - jectives beſtimmt iſt, ſo iſt das Erkennen dagegen ein ſubjectives und hat einen aͤuſſerlichen Anfang, oder wegen ſeines aͤuſſerlichen Anfangs am Einzelnen iſt es ein ſubjectives. Der Inhalt des Begriffs iſt daher ein Gegebenes und ein Zufaͤlliges. Der concrete Begriff ſelbſt iſt damit ein Zufaͤlliges nach der gedoppelten Sei - te, einmal nach ſeinem Inhalte uͤberhaupt, das andre - mal darnach, welche Inhaltsbeſtimmungen von den man - nichfaltigen Qualitaͤten, die der Gegenſtand im aͤuſſerli - chen Daſeyn hat, fuͤr den Begriff ausgewaͤhlt werden, und die Momente deſſelben ausmachen ſollen.

Die letztere Ruͤckſicht bedarf naͤherer Betrachtung. Es iſt nemlich, da die Einzelnheit als das an und fuͤrſich330III. Abſchnitt. Idee.ſich Beſtimmtſeyn auſſer der eigenthuͤmlichen Begriffsbe - ſtimmung des ſynthetiſchen Erkennens liegt, kein Prin - cip vorhanden, welche Seiten des Gegenſtandes als zu ſeiner Begriffsbeſtimmung und welche nur zu der aͤuſſer - lichen Realitaͤt gehoͤrig angeſehen werden ſollen. Diß macht eine Schwierigkeit bey den Definitionen aus, die fuͤr dieſes Erkennen nicht zu beſeitigen iſt. Doch muß dabey ein Unterſchied gemacht werden. Vors erſte von Producten der ſelbſtbewußten Zweckmaͤſſigkeit laͤßt ſich leicht die Definition auffinden, denn der Zweck, fuͤr welchen ſie dienen ſollen, iſt eine Beſtimmung, die aus dem ſubjectiven Entſchluſſe erzeugt iſt, und die weſentliche Beſonderung, die Form des Exiſtirenden ausmacht, auf welche es hier allein ankommt. Die ſonſtige Natur ſeines Materials oder andere aͤuſſere Eigenſchaften ſind, inſofern ſie dem Zweck entſprechen, in ſeiner Beſtim - mung enthalten, die uͤbrigen ſind dafuͤr unweſentlich.

Zweytens die geometriſchen Gegenſtaͤnde ſind abſtracte Raumbeſtimmungen; die zum Grunde liegende Abſtraction, der ſogenannte abſolute Raum, hat alle wei - tern concreten Beſtimmungen verlohren, und hat nun ferner nur ſolche Geſtalten und Figurationen, als in ihm geſetzt werden; ſie ſind daher weſentlich nur, was ſie ſeyn ſollen; ihre Begriffsbeſtimmung uͤberhaupt, und naͤher die ſpecifiſche Differenz hat an ihnen ihre einfache ungehinderte Realitaͤt; ſie ſind inſofern daſſelbe, was die Producte der aͤuſſern Zweckmaͤſſigkeit, wie ſie auch mit den arithmetiſchen Gegenſtaͤnden darin uͤbereinkom - men, in welchen gleichfalls nur die Beſtimmung zum Grunde liegt, die in ihnen geſetzt worden. Der Raum hat zwar noch weitere Beſtimmungen, die Dreyheit ſeiner Dimenſionen, ſeine Continuitaͤt und Theilbarkeit, welche nicht durch die aͤuſſerliche Beſtimmung an ihm erſt geſetzt werden. Dieſe gehoͤren aber zu dem aufge -nom -331II. Kapitel. Das Erkennen.nommenen Material, und ſind unmittelbare Vorausſetzun - gen; erſt die Verknuͤpfung und Verwicklung jener ſub - jectiven Beſtimmungen mit dieſer eigenthuͤmlichen Natur ihres Bodens, in welchen ſie eingetragen worden, bringt ſynthetiſche Verhaͤltniſſe und Geſetze hervor. Bey den Zahlbeſtimmungen, da ihnen das einfache Princip des Eins zu Grunde liegt, iſt die Verknuͤpfung und weitere Beſtimmung ganz nur ein Geſetztes, die Beſtimmungen hingegen im Raume, der fuͤr ſich ein continuirliches Auſſereinander iſt, verlauffen ſich noch weiter, und haben eine von ihrem Begriffe verſchiedene Realitaͤt, die aber nicht mehr zur unmittelbaren Definition gehoͤrt.

Drittens aber ſieht es mit den Definitionen concreter Objecte der Natur ſowohl als auch des Geiſtes ganz anders aus. Solche Gegenſtaͤnde ſind uͤberhaupt fuͤr die Vorſtellung Dinge von vielen Ei - genſchaften. Es kommt hier zunaͤchſt darauf an aufzufaſſen, was ihre naͤchſte Gattung, und dann was ihre ſpecifiſche Differenz iſt. Es iſt daher zu beſtim - men, welche der vielen Eigenſchaften, dem Gegenſtande als Gattung, und welche ihm als Art zukomme, ferner welche unter dieſen Eigenſchaften die weſentliche ſey; und zu dem letztern gehoͤrt, zu erkennen, in welchem Zu - ſammenhange ſie mit einander ſtehen, ob die eine ſchon mit der andern geſetzt ſey. Dafuͤr aber iſt kein ande - res Kriterium noch vorhanden, als das Daſeyn ſelbſt. Die Weſentlichkeit der Eigenſchaft iſt fuͤr die Definition, worin ſie als einfache, unentwickelte Be - ſtimmtheit geſetzt ſeyn ſoll, ihre Allgemeinheit. Dieſe aber iſt im Daſeyn die bloß empiriſche; Allgemein - heit in der Zeit, ob die Eigenſchaft dauernd iſt, waͤh - rend die andern ſich als vergaͤnglich in dem Beſtehen des Ganzen zeigen; oder eine Allgemeinheit, die aus Vergleichung mit andern concreten Ganzen hervorgeht,und332III. Abſchnitt. Idee.und inſofern nicht uͤber die Gemeinſchaftlichkeit hinaus - kommt. Wenn nun die Vergleichung den totalen Habi - tus, wie er ſich empiriſch darbietet, als gemeinſchaftliche Grundlage angibt, ſo hat die Reflexion denſelben in eine einfache Gedankenbeſtimmung zuſammenzubringen, und den einfachen Charakter ſolcher Totalitaͤt aufzufaſſen. Aber die Beglaubigung, daß eine Gedankenbeſtimmung oder eine einzelne der unmittelbaren Eigenſchaften, das einfache und beſtimmte Weſen des Gegenſtandes aus - machte, kann nur eine Ableitung ſolcher Beſtimmung aus der concreten Beſchaffenheit ſeyn. Diß erfoder - te aber eine Analyſe, welche die unmittelbaren Beſchaf - fenheiten in Gedanken verwandelt, und das Concrete derſelben auf ein einfaches zuruͤckfuͤhrt; eine Analyſe, die hoͤher iſt als die betrachtete, weil ſie nicht ab - ſtrahirend ſeyn, ſondern in dem Allgemeinen das Be - ſtimmte des Concreten noch erhalten, daſſelbe vereinigen und von der einfachen Gedankenbeſtimmung abhaͤngig zeigen ſollte.

Die Beziehungen der mannichfaltigen Beſtim - mungen des unmittelbaren Daſeyns auf den einfa - chen Begriff waͤren aber Lehrſaͤtze, die des Beweiſes be - duͤrften. Die Definition aber als der erſte, noch un - entwickelte Begriff, indem ſie die einfache Beſtimmtheit des Gegenſtandes auffaſſen, und diß Auffaſſen etwas unmittelbares ſeyn ſoll, kann dazu nur eine ſeiner un - mittelbaren ſogenannten Eigenſchaften, eine Be - ſtimmung des ſinnlichen Daſeyns oder der Vorſtellung, gebrauchen; ihre durch die Abſtraction geſchehene Ver - einzelung macht dann die Einfachheit aus, und fuͤr die Allgemeinheit und Weſentlichkeit iſt der Begriff an die empiriſche Allgemeinheit, das Beharren unter veraͤnder - ten Umſtaͤnden und die Reflexion verwieſen, die im aͤuſ - ſerlichen Daſeyn und in der Vorſtellung d. h. da dieBe -333II. Kapitel. Das Erkennen.Begriffsbeſtimmung ſucht, wo ſie nicht zu finden iſt. Das Definiren thut daher auch auf eigentliche Begriffs - beſtimmungen, die weſentlich die Principien der Gegen - ſtaͤnde waͤren, von ſelbſt Verzicht, und begnuͤgt ſich mit Merkmahlen, d. i. Beſtimmungen, bey denen die Weſentlichkeit fuͤr den Gegenſtand ſelbſt gleichguͤl - tig iſt, und die vielmehr nur den Zweck haben, daß ſie fuͤr eine aͤuſſere Reflexion Merkzeichen ſind. Eine ſolche einzelne, aͤuſſerliche Beſtimmtheit ſteht mit der concreten Totalitaͤt und mit der Natur ihres Begriffs zu ſehr in Unangemeſſenheit, als daß ſie fuͤr ſich gewaͤhlt und dafuͤr genommen werden koͤnnte, daß ein concretes Ganzes ſeinen wahrhaften Ausdruck und Beſtimmung in ihr haͤtte. Nach Blumenbachs Bemerkung z. B. iſt das Ohrlaͤppchen etwas, das allen andern Thieren fehlt, das alſo nach den gewoͤhnlichen Redensarten von gemeinſamen und unterſcheidenden Merkmahlen, mit al - lem Recht als der diſtinctive Charakter in der Definition des phyſiſchen Menſchen gebraucht werden koͤnnte. Aber wie unangemeſſen zeigt ſich ſogleich eine ſolche ganz aͤuſſerliche Beſtimmung mit der Vorſtellung des totalen Habitus des phyſiſchen Menſchen, und mit der Fode - rung, daß die Begriffsbeſtimmung etwas Weſentliches ſeyn ſoll! Es iſt etwas ganz Zufaͤlliges, wenn die in die Definition aufgenommene Merkmahle nur ſolche reine Nothbehelfe ſind, oder aber ſich der Natur eines Princips mehr naͤhern. Es iſt ihnen um ihrer Aeuſſerlichkeit willen auch anzuſehen, daß von ihnen in der Begriffs - Erkenntniß nicht angefangen worden iſt; vielmehr iſt ein dunkles Gefuͤhl, ein unbeſtimmter aber tieferer Sinn, eine Ahndung des Weſentlichen, der Erfindung der Gat - tungen in der Natur und im Geiſte vorangegangen, und dann erſt fuͤr den Verſtand eine beſtimmte Aeuſſerlich - keit aufgeſucht worden. Der Begriff, indem er im Daſeyn in die Aeuſſerlichkeit getreten iſt, iſt er in ſeineUn -334III. Abſchnitt. Idee.Unterſchiede entfaltet, und kann nicht an eine einzelne ſolcher Eigenſchaften ſchlechthin gebunden ſeyn. Die Eigenſchaften als die Aeuſſerlichkeit des Dinges, ſind ſich ſelbſt aͤuſſerlich; es iſt in der Sphaͤre der Erſchei - nung, bey dem Dinge von vielen Eigenſchaften aufge - zeigt worden, daß ſie deßwegen weſentlich ſogar zu ſelbſtſtaͤndigen Materien werden; der Geiſt wird, von demſelben Standpunkte der Erſcheinung aus betrachtet, zu einem Aggregate von vielen ſelbſtſtaͤndigen Kraͤften. Die einzelne Eigenſchaft oder Kraft hoͤrt durch dieſen Standpunkt ſelbſt, wo ſie gleichguͤltig gegen die andern geſetzt wird, auf, charakteriſirendes Princip zu ſeyn, womit die Beſtimmtheit, als Beſtimmtheit des Begriffs uͤberhaupt verſchwindet.

Noch tritt an den concreten Dingen neben der Verſchiedenheit der Eigenſchaften gegeneinander der Un - terſchied zwiſchen Begriff und ſeiner Verwirkli - chung ein. Der Begriff in der Natur und im Geiſte hat eine aͤuſſerliche Darſtellung, worin ſeine Beſtimmt - heit ſich als Abhaͤngigkeit von aͤuſſerem, Vergaͤnglichkeit und Unangemeſſenheit zeigt. Etwas Wirkliches zeigt daher wohl an ſich, was es ſeyn ſoll, aber es kann auch nach dem negativen Begriffsurtheil, ebenſoſehr zei - gen, daß ſeine Wirklichkeit dieſem Begriffe nur unvoll - ſtaͤndig entſpricht, daß ſie ſchlecht iſt. Indem die Definition nun in einer unmittelbaren Eigenſchaft die Beſtimmtheit des Begriffes angeben ſoll, ſo gibt es keine Eigenſchaft, gegen welche nicht eine Inſtanz beygebracht werden koͤnne, in der der ganze Habitus zwar das zu definirende Concrete erkennen laͤßt, die Eigenſchaft aber, welche fuͤr deſſen Charakter genommen wird, ſich unreif oder verkuͤmmert zeigt. In einer ſchlechten Pflanze, ei - ner ſchlechten Thiergattung, einem veraͤchtlichen Men - ſchen, einem ſchlechten Staate ſind Seiten der Exiſtenzman -335II. Kapitel. Das Erkennen.mangelhaft oder ganz obliterirt, welche ſonſt fuͤr die Definition als das Unterſcheidende und die weſentliche Beſtimmtheit, in der Exiſtenz eines ſolchen concreten ge - nommen werden konnten. Eine ſchlechte Pflanze, Thier u. ſ. f. bleibt aber immer noch eine Pflanze, Thier u. ſ. f. Soll daher auch das Schlechte in die Definition aufge - nommen ſeyn, ſo entgehen dem empiriſchen Herumſuchen alle Eigenſchaften, welche es als weſentlich anſehen wollte, durch die Inſtanzen von Mißgeburten, denen die - ſelbe fehlen, z. B. die Weſentlichkeit des Gehirns fuͤr den phyſiſchen Menſchen, durch die Inſtanz der Acephalen, die Weſentlichkeit des Schutzes von Leben und Eigen - thum fuͤr den Staat, durch die Inſtanz deſpotiſcher Staa - ten und tyranniſcher Regierungen. Wenn gegen die Inſtanz der Begriff behauptet, und ſie an demſelben gemeſſen fuͤr ein ſchlechtes Exemplar ausgegeben wird, ſo hat er ſeine Beglaubigung nicht mehr an der Erſchei - nung. Die Selbſtſtaͤndigkeit des Begriffes iſt aber dem Sinne der Definition zuwider, welche der unmittel - bare Begriff ſeyn ſoll, daher ihre Beſtimmungen fuͤr die Gegenſtaͤnde nur aus der Unmittelbarkeit des Da - ſeyns aufnehmen und ſich nur an dem vorgefundenen rechtfertigen kann. Ob ihr Inhalt an und fuͤr ſich Wahrheit oder Zufaͤlligkeit ſey, diß liegt auſſer ih - rer Sphaͤre; die formelle Wahrheit aber, die Ueberein - ſtimmung des in der Definition ſubjectiv geſetzten Be - griffs und eines auſſer ihm wirklichen Gegenſtandes, kann darum nicht ausgemacht werden, weil der einzelne Gegenſtand auch ſchlecht ſeyn kann.

Der Inhalt der Definition iſt uͤberhaupt aus dem unmittelbaren Daſeyn genommen, und weil er unmit - telbar iſt, hat er keine Rechtfertigung; die Frage nach deſſen Nothwendigkeit iſt durch den Urſprung beſeitigt; darin daß ſie den Begriff als ein bloß unmittelbaresaus -336III. Abſchnitt. Idee.ausſpricht, iſt darauf Verzicht gethan, ihn ſelbſt zu be - greiffen. Sie ſtellt daher nichts dar als die Formbe - ſtimmung des Begriffs an einem gegebenen Inhalt, ohne die Reflexion des Begriffes in ſich ſelbſt, d. h. ohne ſein Fuͤrſichſeyn.

Aber die Unmittelbarkeit uͤberhaupt geht nur aus der Vermittlung hervor, ſie muß daher zu dieſer uͤber - gehen. Oder die Inhaltsbeſtimmtheit, welche die Defi - nition enthaͤlt, iſt darum weil ſie Beſtimmtheit iſt, nicht nur ein unmittelbares, ſondern durch ihre andere ver - mitteltes; die Definition kann daher ihren Gegenſtand nur durch die entgegengeſetzte Beſtimmung faſſen, und muß daher zur Eintheilung uͤbergehen.

2. Die Eintheilung.

Das Allgemeine muß ſich beſondern; inſofern liegt die Nothwendigkeit der Eintheilung in dem Allge - meinen. Indem aber die Definition ſchon ſelbſt mit dem Beſondern anfaͤngt, ſo liegt ihre Nothwendigkeit, zur Eintheilung uͤberzugehen, im Beſondern, das fuͤr ſich auf ein anderes Beſonderes hinweißt. Umgekehrt ſcheidet ſich eben darin das Beſondere, indem die Be - ſtimmtheit im Beduͤrfniſſe ihres Unterſchiedes von der ihr andern feſtgehalten wird, von dem Allgemeinen ab; dieſes wird hiemit fuͤr die Eintheilung vorausge - ſetzt. Der Gang iſt daher zwar dieſer, daß der ein - zelne Inhalt der Definition, durch die Beſonderheit zum Extrem der Allgemeinheit aufſteigt, aber dieſe muß nun - mehr als die objective Grundlage angenommen werden, und von ihr aus ſtellt ſich die Eintheilung als Dis - junction des Allgemeinen, als des erſten, dar.

Hie -337II. Kapitel. Das Erkennen.

Hiemit iſt ein Uebergang eingetreten, der, da er vom Allgemeinen zum Beſondern geſchieht, durch die Form des Begriffs beſtimmt iſt. Die Definition fuͤr ſich iſt etwas einzelnes; eine Mehrheit von Definitionen gehoͤrt der Mehrheit der Gegenſtaͤnde an. Der dem Be - griff angehoͤrige Fortgang vom Allgemeinen zum Beſon - dern iſt Grundlage und Moͤglichkeit einer ſyntheti - ſchen Wiſſenſchaft, eines Syſtems, und ſyſte - matiſchen Erkennens.

Die erſte Erforderniß hiefuͤr iſt, wie gezeigt, daß der Anfang mit dem Gegenſtande, in der Form eines Allgemeinen gemacht werde. Wenn in der Wirk - lichkeit, es ſey der Natur oder des Geiſtes, die concrete Einzelnheit dem ſubjectiven, natuͤrlichen Erkennen als das erſte gegeben iſt, ſo muß dagegen in dem Erkennen, das wenigſtens inſofern ein Begreiffen iſt, als es die Form des Begriffes zur Grundlage hat, das Einfache, von dem Concreten ausgeſchiedene das Erſte ſeyn, weil der Gegenſtand nur in dieſer Form die Form des ſich auf ſich beziehenden Allgemeinen und des dem Be - griffe nach unmittelbaren hat. Gegen dieſen Gang im Wiſſenſchaftlichen kann etwa gemeynt werden, weil das Anſchauen leichter ſey als das Erkennen, ſo ſey auch das Anſchaubare, alſo die concrete Wirklichkeit zum An - fang der Wiſſenſchaft zu machen, und dieſer Gang ſey naturgemaͤßer als der, welcher vom Gegenſtand in ſeiner Abſtraction beginnt, und von da umgekehrt zu deſſen Beſonderung und concreten Vereinzelung fort - geht. Indem aber erkannt werden ſoll, ſo iſt die Vergleichung mit der Anſchauung bereits entſchieden und aufgegeben; und es kann nur die Frage ſeyn, was innerhalb des Erkennens das Erſte und wie die Folge beſchaffen ſeyn ſoll; es wird nicht mehr ein na - turgemaͤßer, ſondern ein ErkenntnißgemaͤßerYWeg338III. Abſchnitt. Idee.Weg verlangt. Wenn bloß nach der Leichtigkeit gefragt wird, ſo erhellt ohnehin von ſelbſt, daß es dem Erkennen leichter iſt, die abſtracte einfache Gedanken - beſtimmung zu faſſen, als das Concrete, welches eine vielfache Verknuͤpfung von ſolchen Gedankenbeſtimmun - gen und deren Verhaͤltniſſen iſt; und in dieſer Art, nicht mehr wie es in der Anſchauung iſt, ſoll es aufgefaßt werden. An und fuͤr ſich iſt das Allgemeine das erſte Begriffsmoment, weil es das einfache iſt, und das Beſondere erſt das nachfolgende, weil es das Ver - mittelte iſt; und umgekehrt iſt das Einfache das all - gemeinere, und das Concrete als das in ſich unterſchie - dene, hiemit Vermittelte, dasjenige, das den Uebergang von einem Erſten ſchon vorausſetzt. Dieſe Bemer - kung betrifft nicht nur die Ordnung des Ganges in den beſtimmten Formen von Definitionen, Eintheilungen und Saͤtzen, ſondern auch die Ordnung des Erkennens im Allgemeinen, und bloß in Ruͤckſicht auf den Unterſchied von Abſtractem und Concretem uͤberhaupt. Daher wird auch z. B. beym Leſenlernen vernuͤnftigerweiſe, nicht mit dem Leſen ganzer Worte oder auch der Sylben der Anfang gemacht, ſondern mit den Elementen der Woͤrter und Sylben, und den Zeichen der abſtracten Toͤne; in der Buchſtabenſchrift iſt die Analyſe des con - creten Wortes in ſeine abſtracten Toͤne und deren Zei - chen ſchon vollbracht, das Leſenlernen wird ebendadurch eine erſte Beſchaͤftigung mit abſtracten Gegenſtaͤnden. In der Geometrie iſt nicht der Anfang mit einer concreten Raumgeſtalt, ſondern mit dem Punkte und der Linie und dann weiter mit ebenen Figuren zu machen, und unter dieſen nicht mit Polygonen, ſondern mit dem Dreyecke, unter den krummen-Linien mit dem Kreiſe. In der Phyſik ſind die einzelnen Natureigenſchaften oder Materien von ihren mannichfaltigen Verwicklun - gen, in denen ſie ſich in concreter Wirklichkeit befinden,zu339II. Kapitel. Das Erkennen.zu befreyen, und mit den einfachen, nothwendigen Be - dingungen darzuſtellen; auch ſie, wie die Raumfiguren ſind ein[anſchaubares], aber ihre Anſchauung iſt ſo vor - zubereiten, daß ſie zuerſt von allen Modificationen durch Umſtaͤnde, die ihrer eigenen Beſtimmtheit aͤuſſerlich ſind, befreyt erſcheinen und feſtgehalten werden. Magnetis - mus, Electricitaͤt, Gasarten u. ſ. f. ſind ſolche Gegen - ſtaͤnde, deren Erkenntniß allein dadurch ihre Beſtimmt - heit erhaͤlt, daß ſie aus den concreten Zuſtaͤnden, in denen ſie an der Wirklichkeit erſcheinen, herausgenom - men, aufgefaßt werden. Das Experiment ſtellt ſie fuͤr die Anſchauung freylich in einem concreten Falle dar; aber theils muß es um wiſſenſchaftlich zu ſeyn, nur die nothwendigen Bedingungen dazu nehmen, theils ſich ver - vielfaͤltigen, um das untrennbare Concrete dieſer Be - dingungen als unweſentlich zu zeigen, dadurch daß ſie in einer andern concreten Geſtalt und wieder in ande - rer erſcheinen, hiemit fuͤr die Erkenntniß nur ihre ab - ſtracte Form uͤbrig bleibt. Um noch eines Beyſpiels zu erwaͤhnen, ſo konnte es als naturgemaͤß und ſinnreich erſcheinen, die Farbe zuerſt in der concreten Erſchei - nung des animaliſchen ſubjectiven Sinnes, alsdenn auſſer dem Subject als eine geſpenſtartige, ſchwebende Erſchei - nung, und endlich in aͤuſſerlicher Wirklichkeit an Ob - jecten fixirt, zu betrachten. Allein fuͤr das Erkennen iſt die allgemeine, und hiemit wahrhaft erſte Form, die mittlere unter den genannten, wie die Farbe auf der Schwebe zwiſchen der Subjectivitaͤt und Objectivitaͤt als das bekannte Spectrum ſteht, noch ohne alle Ver - wicklung mit ſubjectiven und objectiven Umſtaͤnden. Letz - tere ſind fuͤr die reine Betrachtung der Natur die - ſes Gegenſtands zunaͤchſt nur ſtoͤrend, weil ſie als wirkende Urſachen ſich verhalten und es daher unent - ſchieden machen, ob die beſtimmten Veraͤnderungen, Ueber - gaͤnge und Verhaͤltniſſe der Farbe in deren eigener ſpecifi -Y 2ſchen340III. Abſchnitt. Idee.ſchen Natur gegruͤndet, oder vielmehr der krankhaften ſpecifiſchen Beſchaffenheit jener Umſtaͤnde, den geſunden und krankhaften beſonderen Affectionen und Wirkungen der Organe des Subjects, oder den chemiſchen, vegeta - biliſchen, animaliſchen Kraͤften der Objecte zuzuſchreiben ſind. Mehrere und andere Beyſpiele koͤnnten aus der Erkenntniß der organiſchen Natur und der Welt des Geiſtes angefuͤhrt werden; allenthalben muß das Ab - ſtracte den Anfang und das Element ausmachen, in wel - chem und von welchem aus ſich die Beſonderheiten und die reichen Geſtalten des Concreten ausbreiten.

Bey der Eintheilung oder dem Beſondern tritt nun zwar eigentlich der Unterſchied deſſelben von dem Allge - meinen ein, aber diß Allgemeine iſt ſchon ſelbſt ein be - ſtimmtes, und damit nur ein Glied einer Eintheilung. Es gibt daher ein hoͤheres Allgemeines fuͤr daſſelbe; fuͤr diß aber von neuem ein hoͤheres, und ſo zunaͤchſt fort ins unendliche. Fuͤr das hier betrachtete Erken - nen iſt keine immanente Graͤnze, da es vom Gegebenen ausgeht, und die Form der abſtracten Allgemeinheit ſei - nem Erſten eigenthuͤmlich iſt. Irgend ein Gegenſtand alſo, welcher eine elementariſche Allgemeinheit zu haben ſcheint, wird zum Gegenſtande einer beſtimmten Wiſſen - ſchaft gemacht, und iſt ein abſoluter Anfang inſofern, als die Bekanntſchaft der Vorſtellung mit ihm vor - ausgeſetzt wird, und er fuͤr ſich als keiner Ableitung beduͤrftig genommen wird. Die Definition nimmt ihn als einen unmittelbaren.

Der weitere Fortgang von ihm iſt zunaͤchſt die Eintheilung. Fuͤr dieſen Fortgang wuͤrde nur ein immanentes Princip, d. h. ein Anfang aus dem Allge - meinen und dem Begriffe erfodert; das hier betrachtete Erkennen ermangelt aber eines ſolchen, weil es nur derForm -341II. Kapitel. Das Erkennen.Formbeſtimmung des Begriffes ohne ihre Reflexion - in - ſich nachgeht, daher die Inhalts-Beſtimmtheit aus dem Ge - gebenen nimmt. Fuͤr das Beſondere, das in der Einthei - lung eintritt, iſt kein eigener Grund vorhanden, weder in Anſehung deſſen, was den Eintheilungsgrund aus - machen, noch in Anſehung des beſtimmten Verhaͤlt - niſſes, das die Glieder der Disjunction zu einander ha - ben ſollen. Das Geſchaͤft des Erkennens kann daher in dieſer Ruͤckſicht nur darin beſtehen, theils das im em - piriſchen Stoffe aufgefundene Beſondere zu ordnen, theils auch allgemeine Beſtimmungen deſſelben durch die Ver - gleichung zu finden. Die letztern gelten alsdann als Eintheilungsgruͤnde, deren vielfaͤltige ſeyn koͤnnen, ſo wie auch der Eintheilungen eben ſo mannichfaltige dar - nach Statt haben. Das Verhaͤltniß der Glieder einer Eintheilung zu einander, der Arten, hat nur dieſe all - gemeine Beſtimmung, daß ſie nach dem angenom - menen Eintheilungsgrund beſtimmt gegen einan - der ſeyen; beruhte ihre Verſchiedenheit auf einer an - dern Ruͤckſicht, ſo wuͤrden ſie nicht auf gleicher Linie einander coordinirt ſeyn.

Wegen des ermangelnden Princips des Fuͤrſich - ſelbſt-Beſtimmtſeyns, koͤnnen die Geſetze fuͤr dieſes Ein - theilungsgeſchaͤft nur in formellen, leeren Regeln beſte - hen, die zu nichts fuͤhren. So ſehen wir als Regel aufgeſtellt, daß die Eintheilung den Begriff erſchoͤpfen ſolle; aber in der That muß jedes einzelne Einthei - lungsglied den Begriff erſchoͤpfen. Es iſt aber ei - gentlich die Beſtimmtheit deſſelben gemeynt, welche erſchoͤpft werden ſoll; allein bey der empiriſchen, in ſich beſtimmungsloſen Mannichfaltigkeit der Arten traͤgt es zur Erſchoͤpfung des Begriffs nichts bey, ob deren mehr oder weniger vorgefunden werden; ob z. B. zu den 67 Arten von Papageyen noch ein Dutzend weiter aufgefun -den342III. Abſchnitt. Idee.den werden, iſt fuͤr die Erſchoͤpfung der Gattung gleich - guͤltig. Die Foderung der Erſchoͤpfung kann nur den tavtologiſchen Satz bedeuten, daß alle Arten vollſtaͤn - dig aufgefuͤhrt werden ſollen. Bey der Erweiterung der empiriſchen Kenntniſſe kann es ſich nun ſehr wohl zutragen, daß ſich Arten finden, welche nicht unter die angenommene Beſtimmung der Gattung paſſen, weil dieſe haͤufig mehr nach einer dunklen Vorſtellung des ganzen Habitus angenommen wird, als nach dem mehr oder weniger einzelnen Merkmahl, welches ausdruͤcklich fuͤr ihre Beſtimmung dienen ſoll. In ſolchem Falle muͤßte die Gattung geaͤndert, und es muͤßte gerechtfer - tigt werden, daß eine andere Anzahl von Arten als Ar - ten Einer neuen Gattung anzuſehen ſeyen, das heißt, die Gattung beſtimmte ſich aus dem, was man aus irgend einer Ruͤckſicht, die man als Einheit annehmen will, zuſammenſtellt; dieſe Ruͤckſicht ſelbſt wuͤrde dabey der Eintheilungsgrund. Umgekehrt, wenn an der zuerſt an - genommenen Beſtimmtheit als dem eigenthuͤmlichen der Gattung feſtgehalten wird, ſchloͤſſe ſich jener Stoff, den man als Arten mit fruͤhern in Eins zuſammenſtellen wollte, aus. Dieſes Treiben ohne Begriff, welches das einemal eine Beſtimmtheit als weſentliches Moment der Gattung annimmt, und die Beſondern darnach ihr un - terſtellt oder davon ausſchließt, das andremal bey dem Beſondern anfaͤngt und in deſſen Zuſammenſtellung ſich wieder von einer andern Beſtimmtheit leiten laͤßt, gibt die Erſcheinung eines Spiels der Willkuͤhr, der es an - heimgeſtellt ſey, welchen Theil oder welche Seite des Concreten ſie feſthalten, und hiernach ordnen will. Die phyſiſche Natur bietet von ſelbſt eine ſolche Zufaͤl - ligkeit in den Principien der Eintheilung dar; vermoͤge ihrer abhaͤngigen, aͤuſſerlichen Wirklichkeit ſteht ſie in dem mannichfaltigen, fuͤr ſie gleichfalls gegebenen Zu - ſammenhange; daher ſich eine Menge Principien vorfin -den,343II. Kapitel. Das Erkennen.den, nach denen ſie ſich zu bequemen hat, in einer Rei - he ihrer Formen alſo dem einen, in andern Reihen aber andern nachfolgt, und ebenſowohl auch vermiſchte Zwit - terweſen, die nach den verſchiedenen Seiten zugleich hin - gehen, hervorbringt. Hiedurch geſchieht es, daß an ei - ner Reihe von Naturdingen Merkmahle als ſehr bezeich - nend und weſentlich hervortreten, die an andern un - ſcheinbar und zwecklos werden, und damit das Feſt - halten an einem Eintheilungsprincip dieſer Art un - moͤglich wird.

Die allgemeine Beſtimmtheit der empiriſchen Arten kann nur dieſe ſeyn, daß ſie von einander ver - ſchieden uͤberhaupt ſind, ohne entgegengeſetzt zu ſeyn. Die Disjunction des Begriffs iſt fruͤher in ih - rer Beſtimmtheit aufgezeigt worden; wenn die Beſon - derheit ohne die negative Einheit des Begriffs, als eine unmittelbare und gegebene aufgenommen wird, ſo bleibt der Unterſchied nur bey der fruͤher betrachteten Refle - xionsform der Verſchiedenheit uͤberhaupt. Die Aeuſ - ſerlichkeit, in welcher der Begriff in der Natur vornem - lich iſt, bringt die gaͤnzliche Gleichguͤltigkeit des Unter - ſchiedes herein; eine haͤufige Beſtimmung fuͤr die Ein - theilung wird daher von der Zahl hergenommen.

So zufaͤllig das Beſondere hier gegen das Allge - meine und daher die Eintheilung uͤberhaupt iſt, ſo kann es einem Inſtincte der Vernunft zugeſchrieben wer - den, wenn man Eintheilungsgruͤnde und Eintheilungen in dieſem Erkennen findet, welche, ſo weit ſinnliche Ei - genſchaften es zulaſſen, ſich dem Begriffe gemaͤßer zei - gen. Z. B. Bey den Thieren werden die Freßwerk - zeuge, Zaͤhne und Klauen als ein weitdurchgreiffender Eintheilungsgrund in den Syſtemen gebraucht; ſie wer - den zunaͤchſt nur als Seiten genommen, an denen ſichdie344III. Abſchnitt. Idee.die Merkmahle fuͤr den ſubjectiven Behuf des Erkennens leichter auszeichnen laſſen. In der That liegt aber in jenen Organen nicht nur ein Unterſcheiden, das einer aͤuſſern Reflexion zukommt, ſondern ſie ſind der Lebens - punkt der animaliſchen Individualitaͤt, wo ſie ſich ſelbſt von dem Andern der ihr aͤuſſerlichen Natur als ſich auf ſich beziehende und von der Continuitaͤt mit anderem ausſcheidende Einzelnheit ſetzt. Bey der Pflanze machen die Befruchtungstheile denjenigen hoͤchſten Punkt des vegetabiliſchen Lebens aus, wodurch ſie auf den Uebergang in die Geſchlechtsdifferenz, und damit in die individuelle Einzelnheit hindeutet. Das Syſtem hat ſich daher mit Recht fuͤr einen zwar nicht aus -, doch weitreichenden Eintheilungsgrund an dieſen Punkt ge - wendet, und dadurch eine Beſtimmtheit zu Grunde ge - legt, welche nicht bloß eine Beſtimmtheit fuͤr die aͤuſſer - liche Reflexion zur Vergleichung, ſondern die hoͤchſte an und fuͤr ſich iſt, deren die Pflanze faͤhig iſt.

3. Der Lehrſatz.

1. Die dritte Stuffe dieſes nach den Begriffsbe - ſtimmungen fortſchreitenden Erkennens iſt der Uebergang der Beſonderheit in die Einzelnheit; dieſe macht den Inhalt des Lehrſatzes aus. Was hier alſo zu be - trachten iſt, iſt die ſich auf ſich beziehende Be - ſtimmtheit, der Unterſchied des Gegenſtands in ſich ſelbſt, und die Beziehung der unterſchiedenen Beſtimmt - heiten auf einander. Die Definition enthaͤlt nur Eine Beſtimmtheit, die Eintheilung die Beſtimmtheit gegen andere; in der Vereinzelung iſt der Gegen - ſtand in ſich ſelbſt aus einander gegangen. Inſoferndie345II. Kapitel. Das Erkennen.die Definition beym allgemeinen Begriffe ſtehen bleibt, ſo iſt dagegen in den Lehrſaͤtzen der Gegenſtand in ſeiner Realitaͤt, in den Bedingungen und Formen ſeines reellen Daſeyns erkannt. Mit der Definition zuſammen ſtellt er daher die Idee dar, welche die Einheit des Begriffs und der Realitaͤt iſt. Aber das hier betrachtete, noch im Suchen begriffene Erkennen kommt zu dieſer Darſtel - lung inſofern nicht, als die Realitaͤt bey demſelben nicht aus dem Begriffe hervorgeht, alſo ihre Abhaͤngigkeit hie - von und damit die Einheit ſelbſt nicht erkannt wird.

Der Lehrſatz nun nach der angegebenen Beſtim - mung, iſt das eigentlich Synthetiſche eines Gegen - ſtandes, inſofern die Verhaͤltniſſe ſeiner Beſtimmtheiten nothwendig, das iſt, in der innern Identitaͤt des Begriffes gegruͤndet ſind. Das Synthetiſche in der Definition und Eintheilung iſt eine aͤuſſerlich aufgenom - mene Verknuͤpfung; das Vorgefundene wird in die Form des Begriffes gebracht, aber als vorgefunden wird der ganze Inhalt nur monſtrirt; der Lehrſatz aber ſoll demonſtrirt werden. Da dieſes Erkennen den In - halt ſeiner Definitionen und der Eintheilungs-Beſtim - mungen nicht deducirt, ſo ſcheint es, koͤnnte es ſich auch das Beweiſen derjenigen Verhaͤltniſſe erſparen, welche die Lehrſaͤtze ausdruͤcken, und ſich in dieſer Ruͤck - ſicht gleichfalls mit der Wahrnehmung begnuͤgen. Al - lein wodurch ſich das Erkennen von der bloſſen Wahr - nehmung und der Vorſtellung unterſcheidet, iſt die Form des Begriffs uͤberhaupt, die es dem Inhalte er - theilt; diß wird in der Definition und Eintheilung ge - leiſtet; aber da der Inhalt des Lehrſatzes von dem Be - griffsmomente der Einzelnheit herkommt, ſo beſteht er in Realitaͤtsbeſtimmungen, welche nicht mehr bloß die einfachen und unmittelbaren Begriffsbeſtimmungen zu ih - rem Verhaͤltniſſe haben; in der Einzelnheit iſt der Begriffzum346III. Abſchnitt. Idee.zum Andersſeyn zur Realitaͤt, wodurch er Idee wird, uͤbergegangen. Die Syntheſis, die im Lehrſatze enthal - ten iſt, hat ſomit nicht mehr die Form des Begriffs zu ihrer Rechtfertigung; ſie iſt eine Verknuͤpfung als von Verſchiedenen; die noch nicht damit geſetzte Einheit iſt daher erſt aufzuzeigen, das Beweiſen wird alſo hier dieſem Erkennen ſelbſt nothwendig.

Zunaͤchſt bietet ſich hiebey nun die Schwierigkeit dar, beſtimmt zu unterſcheiden, welche von den Be - ſtimmungen des Gegenſtandes in die Defi - nitionen aufgenommen werden koͤnnen, oder aber in die Lehrſaͤtze zu verweiſen ſind. Es kann hieruͤber kein Princip vorhanden ſeyn; ein ſolches ſcheint etwa darin zu liegen, daß das was einem Gegenſtande unmit - telbar zukomme, der Definition angehoͤre, von dem uͤbri - gen aber als einem vermittelten die Vermittlung erſt aufzuzeigen ſey. Allein der Inhalt der Definition iſt ein beſtimmter uͤberhaupt, und dadurch ſelbſt weſentlich ein vermittelter; er hat nur eine ſubjective Unmit - telbarkeit, das heißt, das Subject macht einen willkuͤhr - lichen Anfang, und laͤßt einen Gegenſtand als Voraus - ſetzung gelten. Indem diß nun ein in ſich concreter Gegen - ſtand uͤberhaupt iſt, und auch eingetheilt werden muß, ſo ergibt ſich eine Menge von Beſtimmungen, welche ih - rer Natur nach vermittelte ſind, und nicht durch ein Princip, ſondern nur nach ſubjectiver Beſtimmung als unmittelbare und unerwieſene angenommen werden. Auch bey Euklid, welcher von jeher als der Meiſter in dieſer ſynthetiſchen Art des Erkennens mit Recht an - erkannt worden, findet ſich unter dem Namen eines Axioms eine Vorausſetzung uͤber die Parallel - Linien, welche man fuͤr des Beweiſes beduͤrftig ge - halten, und den Mangel auf verſchiedene Weiſe zu er - gaͤnzen verſucht hat. In manchen andern Lehrſaͤtzen hatman347II. Kapitel. Das Erkennen.man Vorausſetzungen zu entdecken geglaubt, welche nicht unmittelbar haͤtten angenommen werden ſollen, ſondern zu beweiſen geweſen waͤren. Was jenes Axiom uͤber die Parallel-Linien betrifft, ſo laͤßt ſich daruͤber bemer - ken, daß wohl darin gerade der richtige Sinn Euklids zu erkennen iſt, der das Element, ſo wie die Natur ſei - ner Wiſſenſchaft genau gewuͤrdigt hatte; der Beweis jenes Axioms waͤre aus dem Begriffe der Parallel - Linien zu fuͤhren geweſen; aber ein ſolches Beweiſen gehoͤrt ſo wenig in ſeine Wiſſenſchaft, als die Deduction ſeiner Definitionen, Axiome und uͤberhaupt ſeines Ge - genſtandes, des Raums ſelbſt und der naͤchſten Beſtim - mungen deſſelben, der Dimenſionen; weil eine ſolche Deduction, nur aus dem Begriffe gefuͤhrt werden kann, dieſer aber auſſerhalb des Eigenthuͤmlichen der Euklidi - ſchen Wiſſenſchaften, liegt, ſo ſind es fuͤr dieſelbe noth - wendig Vorausſetzungen, relative Erſte.

Die Axiome, um derſelben bey dieſer Gelegen - heit zu erwaͤhnen, gehoͤren zu derſelben Claſſe. Sie pflegen mit Unrecht gewoͤhnlich als abſolut - Erſte ge - nommen werden, als ob ſie an und fuͤr ſich keines Be - weiſes beduͤrften. Waͤre diß in der That der Fall, ſo wuͤrden ſie bloſſe Tavtologien ſeyn, da nur in der ab - ſtracten Identitaͤt keine Verſchiedenheit Statt findet, alſo auch keine Vermittlung erforderlich iſt. Sind die Axiome aber mehr als Tavtologien, ſo ſind ſie Saͤtze aus ir - gend einer andern Wiſſenſchaft, weil ſie fuͤr diejenige Wiſſenſchaft, der ſie als Axiome dienen, Vor - ausſetzungen ſeyn ſollen. Sie ſind daher eigentlich Lehrſaͤtze, und zwar meiſt aus der Logik. Die Axiome der Geometrie ſind dergleichen Lemmen, logiſche Saͤtze, die ſich uͤbrigens den Tavtologien darum naͤhern, weil ſie nur die Groͤſſe betreffen und daher die qualitativen Unterſchiede in ihnen ausgeloͤſcht ſind; von dem Haupt -axiome,348III. Abſchnitt. Idee.axiome, dem rein quantitativen Schluſſe iſt oben die Rede geweſen. Die Axiome beduͤrfen daher, ſo gut als die Definitionen und Eintheilungen, an und fuͤr ſich betrachtet eines Beweiſes, und werden nur darum nicht zu Lehrſaͤtzen gemacht, weil ſie als relativ erſte, fuͤr ei - nen gewiſſen Standpunkt als Vorausſetzungen angenom - men werden.

In Anſehung des Inhaltes der Lehrſaͤtze iſt nun der naͤhere Unterſchied zu machen, daß da der - ſelbe in einer Beziehung von Beſtimmtheiten der Realitaͤt des Begriffes beſteht, dieſe Beziehungen mehr oder weniger unvollſtaͤndige und einzelne Verhaͤltniſſe des Gegenſtandes, oder aber ein ſolches Verhaͤltniß ſeyn koͤnnen, das den ganzen Inhalt der Realitaͤt befaßt, und deſſen beſtimmte Beziehung ausdruͤckt. Die Ein - heit der vollſtaͤndigen Inhaltsbeſtimmthei - ten iſt aber dem Begriffe gleich; ein Satz, der ſie enthaͤlt, iſt daher ſelbſt wieder die Definition, aber die nicht nur den unmittelbar aufgenommenen, ſondern den in ſeine beſtimmten, realen Unterſchiede entwickelten Be - griff, oder das vollſtaͤndige Daſeyn deſſelben ausdruͤckt. Beydes zuſammen ſtellt daher die Idee dar.

Wenn man die Lehrſaͤtze einer ſynthetiſchen Wiſ - ſenſchaft und namentlich der Geometrie, naͤher vergleicht, ſo wird ſich dieſer Unterſchied zeigen, daß ei - nige ihrer Lehrſaͤtze nur einzelne Verhaͤltniſſe des Gegen - ſtandes enthalten, andere aber ſolche Verhaͤltniſſe, in wel - chen die vollſtaͤndige Beſtimmtheit des Gegenſtands aus - gedruͤckt iſt. Es iſt eine ſehr oberflaͤchliche Anſicht, wenn die ſaͤmmtlichen Saͤtze an Werth einander gleich - geachtet werden, weil uͤberhaupt jeder eine Wahrheit enthalte, und im formellen Gange, im Zuſammenhange des Beweiſens, gleich weſentlich ſey. Der Unterſchied in Anſehung des Inhalts der Lehrſaͤtze haͤngt mit dieſemGan -349II. Kapitel. Das Erkennen.Gange ſelbſt aufs engſte zuſammen; einige weitere Be - merkungen uͤber den letztern werden dazu dienen, jenen Unterſchied wie die Natur des ſynthetiſchen Erkennens naͤher aufzuhellen. Zunaͤchſt iſt von jeher an der Eukli - diſchen Geometrie, welche als Repreſentant der ſynthe - tiſchen Methode, wovon ſie das vollkommenſte Muſter liefert, als Beyſpiel dienen ſoll, die Anordnung in der Folge der Lehrſaͤtze angeruͤhmt worden, wodurch fuͤr je - den Lehrſatz diejenigen Saͤtze, die zu ſeiner Conſtruction und Beweis erforderlich ſind, ſich immer ſchon als fruͤ - her bewieſen vorfinden. Dieſer Umſtand betrift die for - melle Conſequenz; ſo wichtig dieſe iſt, ſo betrift er doch mehr die aͤuſſerliche Anordnung der Zweckmaͤſſigkeit, und hat fuͤr ſich keine Beziehung auf den weſentlichen Unter - ſchied von Begriff und Idee, in dem ein hoͤheres Prin - cip der Nothwendigkeit des Fortgangs liegt. Die Definitionen, mit welchen angefangen wird, faſſen nem - lich den ſinnlichen Gegenſtand als unmittelbar gegeben auf, und beſtimmen ihn nach ſeiner naͤchſten Gattung und ſpecifiſchen Differenz; welches gleichfalls die ein - fachen, unmittelbaren Beſtimmtheiten des Begriffs, die Allgemeinheit und Beſonderheit ſind, deren Verhaͤlt - niß weiter nicht entwickelt iſt. Die anfaͤnglichen Lehr - ſaͤtze nun koͤnnen ſelbſt ſich an nichts als ſolche unmit - telbare Beſtimmungen halten, wie die in den Defini - tionen enthaltene ſind; ingleichen kann ihre gegenſeitige Abhaͤngigkeit zunaͤchſt nur diß allgemeine betreffen, daß die eine durch die andere beſtimmt uͤberhaupt iſt. So betreffen die erſten Saͤtze Euklids uͤber die Dreyecke nur die Congruenz, d. h. wie viele Stuͤcke in einem Dreyecke beſtimmt ſeyn muͤſſen, damit auch die uͤbrigen Stuͤcke eines und deſſelben Dreyecks, oder das Ganze beſtimmt uͤberhaupt ſey. Daß zwey Dreyecke mit einander verglichen und die Congruenz auf das Decken geſetzt wird, iſt einUm -350III. Abſchnitt. Idee.Umweg, deſſen die Methode bedarf, die das ſinnliche Decken ſtatt des Gedankens: Beſtimmtſeyn, gebrauchen muß. Sonſt fuͤr ſich betrachtet, enthalten jene Lehrſaͤtze ſelbſt zwey Theile, deren der eine als der Begriff, der andere als die Realitaͤt als das jenen zur Realitaͤt Vollendende angeſehen werden kann. Das vollſtaͤndig Beſtimmende nemlich z. B. die zwey Sei - ten und der eingeſchloſſene Winkel, iſt bereits das ganze Dreyeck fuͤr den Verſtand; es bedarf zur voll - ſtaͤndigen Beſtimmtheit deſſelben nichts weiter; die uͤbri - gen zwey Winkel und die dritte Seite iſt der Ueberfluß der Realitaͤt uͤber die Beſtimmtheit des Begriffs. Was jene Lehrſaͤtze daher thun, iſt eigentlich diß, daß ſie das ſinnliche Dreyeck, das allerdings dreyer Seiten und dreyer Winkel bedarf, auf die einfachſten Bedingungen reduciren; die Definition hatte nur der drey Linien uͤberhaupt erwaͤhnt, welche die ebene Figur einſchlieſſen und zu einem Dreyeck machen; ein Lehrſatz enthaͤlt erſt ausdruͤcklich das Beſtimmtſeyn der Winkel durch das Beſtimmtſeyn der Seiten, ſo wie die uͤbrigen Lehr - ſaͤtze die Abhaͤngigkeit anderer dreyer Stuͤcke von dreyen ſolchen Stuͤcken. Die voͤllige Beſtimmtheit aber der Groͤſſe des Dreyecks nach ſeinen Seiten in ſich ſelbſt, enthaͤlt der pythagoraͤiſche Lehrſatz; dieſer iſt erſt die Gleichung der Seiten des Dreyecks, da die vor - hergehenden Seiten es nur im Allgemeinen zu einer Beſtimmtheit ſeiner Stuͤcke gegeneinander, nicht zu einer Gleichung bringen. Dieſer Satz iſt daher die vollkommene, reelle Definition des Dreyecks, nem - lich zunaͤchſt des rechtwinklichten, des in ſeinen Unter - ſchieden einfachſten und daher regelmaͤſſigſten. Euklid ſchließt mit dieſem Satze das erſte Buch, indem er in der That eine erreichte vollkommene Beſtimmtheit iſt. So beſchließt er auch das zweyte, nachdem er vorher die mit groͤſſerer Ungleichheit behafteten, nicht rechtwink -lich -351II. Kapitel. Das Erkennen.lichten Dreyecke auf das gleichfoͤrmige zuruͤckgefuͤhrt hat, mit der Reduction des Rectangels auf das Qua - drat, einer Gleichung zwiſchen dem ſich ſelbſt gleichen, dem Quadrat, mit dem in ſich ungleichen, dem Rechteck; ſo macht die Hypotenuſe, die dem rechten Winkel, dem ſich ſelbſt gleichen entſpricht, im pythagoraͤiſchen Lehr - ſatze, die eine Seite der Gleichung aus, und die andere, das ſich ungleiche, nemlich die zwey Catheten. Jene Gleichung zwiſchen dem Quadrat und dem Rechteck liegt der zweyten Definition des Kreiſes zu Grunde, die wieder der pythagoraͤiſche Lehrſatz iſt, nur inſofern die Catheten als veraͤnderliche Groͤſſen angenommen wer - den; die erſte Gleichung des Kreiſes iſt in eben dem Ver - haͤltniſſe der ſinnlichen Beſtimmtheit zur Glei - chung, als die zwey verſchiedene Definitionen der Ke - gelſchnitte uͤberhaupt zu einander ſind.

Dieſer wahrhafte ſynthetiſche Fortgang iſt ein Uebergang vom Allgemeinen zur Einzelnheit, nemlich zum an und fuͤr ſich beſtimmten oder der Einheit des Gegenſtands in ſich ſelbſt, inſofern die - ſer in ſeine weſentlichen reellen Beſtimmtheiten aus ein - ander gegangen und unterſchieden worden iſt. Der ganz unvollkommene, gewoͤhnliche Fortgang aber in andern Wiſſenſchaften pflegt zu ſeyn, daß der Anfang zwar von einem Allgemeinen gemacht wird, die Vereinzelung und Concretion deſſelben aber nur eine Anwendung des Allgemeinen auf anders woher hereinkommenden Stoff iſt; das eigentliche Einzelne der Idee iſt auf dieſe Weiſe eine empiriſche Zuthat.

Von welchem unvollkommnern oder vollkommnern Inhalte nun auch der Lehrſatz ſey, ſo muß er bewie - ſen werden. Er iſt ein Verhaͤltniß von reellen Beſtim - mungen, die nicht das Verhaͤltniß von Begriffsbeſtim -mun -352III. Abſchnitt. Idee.mungen haben; wenn ſie dieſes haben, wie es in den Saͤtzen, welche wir die zweyten oder reellen Defi - nitionen genannt haben, aufgezeigt werden kann, ſo ſind dieſe eben darum einerſeits Definitionen, aber weil ihr Inhalt zugleich aus Verhaͤltniſſen reeller Beſtimmun - gen, nicht bloß in dem Verhaͤltniſſe eines Allgemeinen und der einfachen Beſtimmtheit beſteht, ſind ſie im Ver - gleich mit ſolcher erſten Definition auch des Beweiſes beduͤrftig und faͤhig. Als reelle Beſtimmtheiten haben ſie die Form gleichguͤltig beſtehender und ver - ſchiedener; ſie ſind daher nicht unmittelbar eins; es iſt deswegen ihre Vermittlung aufzuzeigen. Die unmit - telbare Einheit in der erſten Definition iſt die, nach welcher das Beſondere im Allgemeinen iſt.

2. Die Vermittlung, die itzt naͤher zu betrachten iſt, kann nun einfach ſeyn, oder durch mehrere Vermitt - lungen hindurch gehen. Die vermittelnden Glieder haͤngen mit den zu vermittelnden zuſammen; aber in - dem es nicht der Begriff iſt, aus welchem die Vermitt - lung und der Lehrſatz in dieſem Erkennen zuruͤckgefuͤhrt wird, dem uͤberhaupt der Uebergang ins Entgegengeſetz - te fremd iſt, ſo muͤſſen die vermittelnden Beſtimmungen, ohne den Begriff des Zuſammenhangs, als ein vorlaͤu - figes Material zum Geruͤſte des Beweiſes irgendwoher herbeygebracht werden. Dieſe Vorbereitung iſt die Conſtruction.

Unter den Beziehungen des Inhalts des Lehrſatzes, die ſehr mannichfaltig ſeyn koͤnnen, muͤſſen nun nur die - jenigen angefuͤhrt und vorſtellig gemacht werden, welche dem Beweiſe dienen. Dieſe Herbeyſchaffung des Ma - terials hat erſt ihren Sinn in dieſem; an ihr ſelbſt er - ſcheint ſie als blind und ohne Begriff. Hintennach beym Beweiſe ſieht man wohl ein, daß es zweckmaͤſſigwar,353II. Kapitel. Das Erkennen.war, an der geometriſchen Figur z. B. ſolche weitere Linien zu ziehen, als die Conſtruction angibt, aber bey dieſer ſelbſt muß man blindlings gehorchen; fuͤr ſich iſt dieſe Operation daher ohne Verſtand, da der Zweck, der ſie leitet, noch nicht ausgeſprochen iſt. Es iſt gleich - guͤltig, ob es ein eigentlicher Lehrſatz oder eine Aufgabe iſt, zu deren Behuf ſie vorgenommen wird; ſo wie ſie zunaͤchſt vor dem Beweis erſcheint, iſt ſie etwas aus der im Lehrſatze oder der Aufgabe gegebenen Beſtim - mung nicht abgeleitetes, daher ein ſinnloſes Thun fuͤr denjenigen, der den Zweck noch nicht kennt, immer aber ein nur von einem aͤuſſerlichen Zwecke dirigirtes.

Dieſes zuerſt noch Geheime kommt im Beweiſe zum Vorſchein. Er enthaͤlt, wie angegeben, die Ver - mittlung deſſen, was im Lehrſatze als verbunden ausge - ſprochen iſt; durch dieſe Vermittlung erſcheint dieſe Verknuͤpfung erſt als eine nothwendige. Wie die Conſtruction fuͤr ſich ohne die Subjectivitaͤt des Be - griffes iſt, ſo iſt der Beweis ein ſubjectives Thun ohne Objectivitaͤt. Weil nemlich die Inhaltsbeſtimmungen des Lehrſatzes nicht zugleich als Begriffsbeſtimmungen geſetzt ſind, ſondern als gegebene gleichguͤltige Thei - le, die in mannichfaltigen aͤuſſerlichen Verhaͤltniſſen zu einander ſtehen, ſo iſt es nur der formelle, aͤuſſer - liche Begriff, in welchem ſich die Nothwendigkeit er - gibt. Der Beweis iſt nicht eine Geneſis des Ver - haͤltniſſes, welches den Inhalt des Lehrſatzes ausmacht; die Nothwendigkeit iſt nur fuͤr die Einſicht, und der ganze Beweis zum ſubjectiven Behufe des Er - kennens. Er iſt deswegen uͤberhaupt eine aͤuſſer - liche Reflexion, die von auſſen nach innen geht, d. h. aus aͤuſſerlichen Umſtaͤnden auf die innre Beſchaf - fenheit des Verhaͤltniſſes ſchließt. Dieſe Umſtaͤnde, wel - che die Conſtruction dargeſtellt hat, ſind eine FolgeZder354III. Abſchnitt. Idee.der Natur des Gegenſtandes, hier werden ſie umgekehrt zum Grunde und zu den vermittelnden Verhaͤlt - niſſen gemacht. Der Medius Terminus, das Dritte, worin die im Lehrſatze verbundenen ſich in ihrer Ein - heit darſtellen, und welches den Nerv des Beweiſes ab - gibt, iſt deßwegen nur ein ſolches, woran dieſe Ver - knuͤpfung erſcheint und aͤuſſerlich iſt. Weil die Folge, der dieſes Beweiſen nachgeht, vielmehr die umgekehrte der Natur der Sache iſt, ſo iſt das was als Grund darin angeſehen wird, ein ſubjectiver Grund, woraus nur fuͤr das Erkennen die Natur der Sache hervorgeht.

Aus dem bisherigen erhellt die nothwendige Grenze dieſes Erkennens, welche ſehr haͤufig verkannt worden iſt. Das glaͤnzende Beyſpiel der ſynthetiſchen Methode iſt die geometriſche Wiſſenſchaft, aber unpaſſen - der Weiſe iſt ſie auch auf andere Wiſſenſchaften, ſelbſt auf die Philoſophie angewendet worden. Die Geometrie iſt eine Wiſſenſchaft der Groͤſſe, daher iſt das for - melle Schlieſſen ihr aufs paſſendſte angehoͤrig; da die bloß quantitative Beſtimmung in ihr betrachtet, und von der qualitativen abſtrahirt wird, ſo kann ſie ſich inner - halb der formellen Identitaͤt, der begriffloſen Ein - heit halten, welche die Gleichheit iſt, und der aͤuſ - ſerlichen abſtrahirenden Reflexion angehoͤrt. Der Ge - genſtand, die Raumbeſtimmungen, ſind ſchon ſolche ab - ſtracte Gegenſtaͤnde, die fuͤr den Zweck zubereitet wor - den, eine vollkommene endliche, aͤuſſerliche Beſtimmtheit zu haben. Dieſe Wiſſenſchaft hat durch ihren ab - ſtracten Gegenſtand einerſeits das Erhabene, daß in dieſen leeren ſtillen Raͤumen die Farbe ausgeloͤſcht, eben ſo die andern ſinnlichen Eigenſchaften verſchwunden ſind, daß ferner jedes andere Intereſſe darin ſchweigt, das an die lebendige Individualitaͤt naͤher anſpricht. An -derer -355II. Kapitel. Das Erkennen.dererſeits iſt der abſtracte Gegenſtand noch der Raum, ein unſinnlich ſinnliches; die Anſchauung iſt in ihre Abſtraction erhoben, er iſt eine Form der An - ſchauung, aber iſt noch Anſchauung, ein Sinnliches, das Auſſereinander der Sinnlichkeit ſelbſt; ihre reine Begriffloſigkeit. Man hat in neuern Zei - ten genug von der Vortrefflichkeit der Geometrie aus dieſer Seite ſprechen gehoͤrt; man hat diß, daß ſie ſinnliche Anſchauung zum Grunde liegen habe, fuͤr ihren hoͤchſten Vorzug erklaͤrt, und gemeint ihre hohe Wiſſen - ſchaftlichkeit gruͤnde ſich ſogar hierauf, und ihre Bewei - ſe beruhen auf der Anſchauung. Es iſt gegen dieſe Flachheit die flache Erinnerung zu machen noͤthig, daß durch das Anſchauen keine Wiſſenſchaft zu Stande kom - me, ſondern allein durchs Denken. Die Anſchau - lichkeit, welche die Geometrie durch ihren noch ſinnli - chen Stoff hat, gibt ihr allein diejenige Seite der Evi - denz, welche das Sinnliche uͤberhaupt fuͤr den gedan - kenloſen Geiſt hat. Klaͤglicherweiſe daher hat man die - ſe Sinnlichkeit des Stoffs ihr fuͤr einen Vorzug ange - rechnet, welche vielmehr die Niedrigkeit ihres Stand - punkts bezeichnet. Nur der Abſtraction ihres ſinnlichen Gegenſtands verdankt ſie ihre Faͤhigkeit zu einer hoͤhern Wiſſenſchaftlichkeit, und den groſſen Vorzug vor denje - nigen Sammlungen von Kenntniſſen, die man gleichfalls Wiſſenſchaften zu nennen beliebt, und die concretes, empfindbares Sinnliches zu ihrem Inhalte haben, und nur durch die Ordnung, die ſie hinein zu bringen ſuchen, eine ferne Ahndung und Anſpielung an die Foderun - gen des Begriffes zeigen.

Dadurch daß der Raum der Geometrie die Abſtrac - tion und Leere des Auſſereinanderſeyns iſt, iſt es nur moͤglich, daß in ſeine Unbeſtimmtheit, die Figurationen ſo hineingezeichnet werden, daß ihre Beſtimmungen inZ 2feſter356III. Abſchnitt. Idee.feſter Ruhe auſſereinander verbleiben und keinen Ueber - gang in das Entgegengeſetzte in ſich haben. Ihre Wiſ - ſenſchaft iſt dadurch einfache Wiſſenſchaft des Endli - chen, das nach der Groͤſſe verglichen wird, und deſſen Einheit die aͤuſſerliche, die Gleichheit, iſt. Aber in - dem nun bey dieſem Figuriren zugleich von verſchiede - nen Seiten und Principien ausgegangen wird, und die verſchiedenen Figuren fuͤr ſich entſtehen, ſo zeigt ſich bey ihrer Vergleichung doch auch die qualitative Un - gleichheit, und Incommenſurabilitaͤt. Die Geo - metrie wird an derſelben uͤber die Endlichkeit, in der ſie ſo geregelt und ſicher fortſchritt, zur Unend - lichkeit getrieben, zum Gleichſetzen ſolcher, die qua - litativ verſchieden ſind. Hier hoͤrt ihre Evidenz von der Seite auf, als ihr ſonſt die feſte Endlichkeit zu Grunde liegt, und ſie nichts mit dem Begriffe und deſ - ſen Erſcheinung, jenem Uebergange, zu thun hat. Die endliche Wiſſenſchaft iſt hier an ihre Grenze gekommen, da die Nothwendigkeit und Vermittlung des Syntheti - ſchen nicht mehr nur in der poſitiven Identitaͤt, ſondern in der negativen gegruͤndet iſt.

Wenn die Geometrie, wie die Algebra bey ihren abſtracten, bloß verſtaͤndigen Gegenſtaͤnden bald auf ihre Grenze ſtoͤßt, ſo zeigt ſich die ſynthetiſche Methode fuͤr andere Wiſſenſchaften von Anfang an um ſo un - genuͤgender, am ungenuͤgendſten aber bey der Philoſo - phie. In Anſehung der Definition und Eintheilung hat ſich das Gehoͤrige ſchon ergeben; hier waͤre nur noch vom Lehrſatze und Beweiſe zu ſprechen, aber auſſer der Vorausſetzung der Definition und Eintheilung, die den Beweis ſchon fodert und vorausſetzt, beſteht ferner in der Stellung derſelben uͤberhaupt zu den Lehrſaͤtzen das Ungenuͤgende. Dieſe Stellung iſt vornemlich merk - wuͤrdig bey den Erfahrungswiſſenſchaften, wie z. B. diePhy -357II. Kapitel. Das Erkennen.Phyſik, wenn ſie ſich die Form von ſynthetiſchen Wiſſen - ſchaften geben wollen. Der Weg iſt dann dieſer, daß die Reflexionsbeſtimmungen von beſondern Kraͤften, oder ſonſt innerlichen und weſenhaften For - men, welche aus der Weiſe, die Erfahrung zu analy - ſiren, hervorgehen, und die ſich nur als Reſultate rechtfertigen koͤnnen, an die Spitze geſtellt werden muͤſſen, um an denſelben die allgemeine Grundlage zu haben, welche nachher auf das Einzelne ange - wendet und in ihm aufgezeigt wird. Indem dieſe allgemeinen Grundlagen fuͤr ſich keinen Halt haben, ſo ſoll man ſie ſich einſtweilen gefallen laſſen; an den abgeleiteten Folgerungen aber merkt man erſt, daß dieſe den eigentlichen Grund jener Grundlagen ausmachen. Es zeigt ſich die ſogenannte Erklaͤrung, und der Beweis des in Lehrſaͤtze gebrachten Concreten theils als eine Tavtologie, theils als eine Verwirrung des wahren Verhaͤltniſſes, theils auch, daß dieſe Ver - wirrung dazu diente, die Taͤuſchung des Erkennens zu verſtecken, das Erfahrungen einſeitig aufgenommen hat, wodurch es allein ſeine einfachen Definitionen und Grund - ſaͤtze erlangen konnte, und die Widerlegung aus der Er - fahrung damit beſeitigt, daß es dieſe nicht in ihrer con - creten Totalitaͤt, ſondern als Beyſpiel und zwar nach der fuͤr die Hypotheſen und Theorie brauchbaren Seite vornimmt und gelten laͤßt. In dieſer Unterordnung der concreten Erfahrung unter die vorausgeſetzten Beſtim - mungen wird die Grundlage der Theorie verdunkelt und nur nach der Seite gezeigt, welche der Theorie gemaͤß iſt; ſo wie es uͤberhaupt dadurch ſehr erſchwert wird, die concreten Wahrnehmungen unbefangen fuͤr ſich zu be - trachten. Nur indem man den ganzen Verlauf auf den Kopf ſtellt, erhaͤlt das Ganze das rechte Verhaͤltniß, worin ſich der Zuſammenhang von Grund und Folge, und die Richtigkeit der Umbildung der Wahrnehmung inGe -358III. Abſchnitt. Idee.Gedanken uͤberſehen laͤßt. Eine der Hauptſchwierigkei - ten beym Studium ſolcher Wiſſenſchaften iſt daher, in ſie hineinzukommen; was nur dadurch geſchehen kann, daß man ſich die Vorausſetzungen blindlings gefallen laͤßt, und ohne weiter einen Begriff, ſelbſt oft kaum eine beſtimmte Vorſtellung, hoͤchſtens ein ver - worrenes Bild der Phantaſie davon ſich machen zu koͤn - nen, die Beſtimmungen von den angenommenen Kraͤf - ten, Materien und deren hypothetiſchen Geſtaltungen, Richtungen und Drehungen, vor der Hand ins Gedaͤcht - niß einpraͤgt. Wenn man die Nothwendigkeit und den Begriff der Vorausſetzungen, um ſie anzunehmen und gelten zu laſſen, fodert, ſo iſt nicht uͤber den Anfang hinauszukommen.

Ueber das Unpaſſende der Anwendung der ſynthe - tiſchen Methode auf die ſtreng analytiſche Wiſſenſchaft iſt oben die Gelegenheit geweſen, zu ſprechen. Durch Wolf iſt dieſe Anwendung auf alle moͤgliche Arten von Kenntniſſen ausgedehnt worden, die er zur Philo - ſophie und Mathematik zog, Kenntniſſe, die zum Theil ganz analytiſcher Natur, zum Theil auch einer zufaͤlli - gen, und bloß handwerkmaͤſſigen Art ſind. Der Con - traſt eines ſolchen leicht faßlichen, ſeiner Natur nach keiner ſtrengen und wiſſenſchaftlichen Behandlung faͤhi - gen Stoffes mit dem ſteifen wiſſenſchaftlichen Umwege und Ueberzuge hat fuͤr ſich ſelbſt das Ungeſchickte ſolcher Anwendung gezeigt und um den Credit gebracht. *)Z. B. Wolfs Anfangsgruͤnde der Baukunſt heißt der achte Lehrſatz Ein Fenſter muß ſo breit ſeyn, daß zwey Perſonen gemaͤch - lich neben einander in demſelben liegen koͤnnen. Beweiß.Den359II. Kapitel. Das Erkennen.Den Glauben an die Tauglichkeit und Weſentlichkeit die - ſer Methode fuͤr eine wiſſenſchaftliche Strenge in der Philoſophie konnte jedoch jener Mißbrauch nicht be - nehmen; Spinoza’s Beyſpiel in Darſtellung ſeiner Philoſophie hat noch lange als ein Muſter gegolten. In der That aber iſt durch Kant und Jacobi diegan -*)Beweiß. Denn man pflegt ſich oͤfters mit einer anderen Perſon an das Fenſter zu legen, und ſich umzuſehen. Da nun der Bau - Meiſter den Haupt-Abſichten des Bau-Herrens in allem ein Genuͤge thun ſoll (§. 1.); ſo muß er auch das Fenſter ſo breit machen, daß zwey Perſonen gemaͤchlich neben einander in demſelben liegen koͤnnen. W. z. E. Deſſelben Anfangsgruͤnde der Fortification: Der zweyte Lehrſatz. Wenn der Feind in der Naͤhe campiret, und man vermu - thet, er werde durch einen Succurs die Feſtung zu entſetzen ſuchen; ſo muß eine Circumvallations-Linie um die ganze Feſtung herumgezogen werden. Beweiß. Die Circumvallations-Linien hindern, daß niemand in das Lager von auſſen hineindringen kann (§. 311). Diejenigen aber, welche die Feſtung entſetzen wollen, verlangen in das Lager von auſſen hineinzudringen. Wenn man ſie alſo ab - halten will, muß eine Circumvallations-Linie um das Lager gezogen werden. Derowegen wenn der Feind in der Naͤhe campiret, und man vermuthet, er werde durch Succurs die Feſtung zu entſetzen ſuchen, ſo muß das Lager in Circum - vallations-Linien eingeſchloſſen werden. W. z. E. 360III. Abſchnitt. Idee.ganze Weiſe der vormaligen Metaphyſik und damit ihre Methode uͤber den Hauffen geworfen worden. Kant hat von dem Inhalte jener Metaphyſik nach ſeiner Weiſe gezeigt, daß derſelbe durch die ſtrenge Demonſtration auf Antinomien, deren uͤbrige Beſchaffenheit an den gehoͤrigen Orten beleuchtet worden iſt, fuͤhre; aber auf die Natur dieſes Demonſtrirens ſelbſt, das an einen endlichen Inhalt geknuͤpft iſt, hat er nicht reflectirt; das eine aber muß mit dem andern fallen. In ſeinen Anfangsgruͤnden der Naturwiſſenſchaft hat er ſelbſt ein Beyſpiel gegeben, eine Wiſſenſchaft, welche er auf dieſe Weiſe der Philoſophie zu vindiciren gedach - te, als eine Reflexionswiſſenſchaft und in der Methode derſelben zu behandeln. Wenn Kant mehr der Mate - rie nach, die vormalige Metaphyſik angriff, ſo hat ſie Jacobi vornemlich von Seiten ihrer Weiſe zu demon - ſtriren angegriffen, und den Punkt, worauf es ankommt, aufs lichteſte und tiefſte herausgehoben, daß nemlich ſolche Methode der Demonſtration ſchlechthin in den Kreis der ſtarren Nothwendigkeit des Endlichen gebunden iſt, und die Freyheit, das iſt, der Begriff, und da - mit alles, was wahrhaft iſt, jenſeits derſelben liegt, und von ihr unerreichbar iſt. Nach dem Kan - tiſchen Reſultate iſt es der eigenthuͤmliche Stoff der Me - taphyſik, der ſie in Widerſpruͤche fuͤhrt, und das Un - zureichende des Erkennens beſteht in ſeiner Subjecti - vitaͤt, nach dem Jacobiſchen iſt es die Methode und ganze Natur des Erkennens ſelbſt, das nur einen Zu - ſammenhang der Bedingtheit und Abhaͤngig - keit erfaßt, und daher dem, was an und fuͤr ſich und das abſolut-Wahre iſt, ſich unangemeſſen zeigt. In der That, indem das Princip der Philoſophie der un - endliche freye Begriff iſt, und aller ihr Inhalt allein auf demſelben beruht, ſo iſt die Methode der be - griffloſen Endlichkeit nicht auf jenen paſſend. DieSyn -361II. Kapitel. Das Erkennen.Syntheſe und Vermittlung dieſer Methode, das Be - weiſen bringt es nicht weiter als zu einer der Frey - heit gegenuͤberſtehenden Nothwendigkeit, nem - lich einer Identitaͤt des Abhaͤngigen, welche nur an ſich iſt, es ſey daß ſie als innerliche oder als aͤuſſerliche aufgefaßt werde, worin dasjenige, was die Realitaͤt daran ausmacht, das Unterſchiedene und in die Exiſtenz getretene ſchlechthin ein ſelbſtſtaͤndig - Verſchiedenes und daher Endliches bleibt. Darin kommt alſo dieſe Identitaͤt ſelbſt nicht zur Exiſtenz und bleibt das nur innerliche, oder ſie iſt das nur aͤuſſerliche, indem ihr beſtimmter Inhalt ihr gegeben iſt; in beyden Anſichten iſt ſie ein abſtractes und hat die reelle Seite nicht an ihr ſelbſt, und iſt nicht als an und fuͤr ſich beſtimmte Identitaͤt geſetzt; der Begriff, um welchen es allein zu thun, und der das an und fuͤr ſich unendliche iſt, iſt ſomit aus dieſem Er - kennen ausgeſchloſſen.

In dem ſynthetiſchen Erkennen gelangt alſo die Idee nur inſoweit zu ihrem Zweck, daß der Begriff nach ſeinen Momenten der Identitaͤt und den realen Beſtimmungen, oder nach der Allge - meinheit und den beſondern Unterſchieden, fer - ner auch als Identitaͤt, welche Zuſammenhang und Abhaͤngigkeit des Verſchiedenen iſt, fuͤr den Begriff wird. Aber dieſer ſein Gegenſtand iſt ihm nicht angemeſſen; denn der Begriff wird nicht als Einheit ſeiner mit ſich ſelbſt in ſeinem Ge - genſtande oder ſeiner Realitaͤt; in der Noth - wendigkeit iſt ſeine Identitaͤt fuͤr ihn, in der aber nicht ſelbſt die Beſtimmtheit, ſondern als ein ihr aͤuſſer - licher, d. i. nicht durch den Begriff beſtimmter Stoff iſt, in welchem er alſo nicht ſich ſelbſt erkennt. Ueber - haupt iſt alſo der Begriff nicht fuͤr ſich, nach ſeiner Einheitnicht362III. Abſchnitt. Idee.nicht zugleich an und fuͤr ſich beſtimmt. Die Idee erreicht deßwegen in dieſem Erkennen die Wahrheit noch nicht, wegen der Unangemeſſenheit des Gegenſtandes zu dem ſubjectiven Begriffe. Aber die Sphaͤre der Noth - wendigkeit iſt die hoͤchſte Spitze des Seyns und der Reflexion; ſie geht an und fuͤr ſich ſelbſt in die Freyheit des Begriffes, die innere Identitaͤt geht in ihre Mani - feſtation, die der Begriff als Begriff iſt, uͤber. Wie dieſer Uebergang aus der Sphaͤre der Nothwendig - keit in den Begriff an ſich geſchieht, iſt bey Betrach - tung der erſtern gezeigt worden, ſo wie er auch als die Geneſis des Begriffs zu Anfang dieſes Buchs ſich dargeſtellt hat. Hier hat die Nothwendigkeit die Stellung, die Realitaͤt oder der Gegenſtand des Begriffes zu ſeyn, wie auch der Begriff, in den ſie uͤbergeht, nunmehr als Gegenſtand deſſelben iſt. Aber der Uebergang ſelbſt iſt derſelbe. Er iſt auch hier nur erſt an ſich und liegt noch auſſer dem Erkennen in unſerer Reflexion, d. h. iſt deſſen noch innere Nothwen - digkeit ſelbſt. Nur das Reſultat iſt fuͤr ihn. Die Idee, inſofern der Begriff nun fuͤr ſich der an und fuͤr ſich beſtimmte iſt, iſt die praktiſche Idee, das Handeln.

B. Die Idee des Guten.

Indem der Begriff, welcher Gegenſtand ſeiner ſelbſt iſt, an und fuͤr ſich beſtimmt iſt, iſt das Subject ſich als Einzelnes beſtimmt. Er hat als ſubjectives wie - der die Vorausſetzung eines an ſich-ſeyenden Anders - ſeyns; er iſt der Trieb ſich zu realiſiren, der Zweck, der ſich durch ſich ſelbſt in der objectiven Welt Ob -jecti -363II. Kapitel. Das Erkennen.jectivitaͤt geben und ſich ausfuͤhren will. In der theo - retiſchen Idee ſteht der ſubjective Begriff, als das All - gemeine, an - und fuͤr ſich Beſtimmungs-loſe, der objectiven Welt entgegen, aus der er ſich den be - ſtimmten Inhalt und die Erfuͤllung nimmt. In der praktiſchen Idee aber ſteht er als Wirkliches, dem Wirk - lichen gegenuͤber; die Gewißheit ſeiner ſelbſt, die das Subject in ſeinem An - und fuͤr-ſich-Beſtimmtſeyn hat, iſt aber eine Gewißheit ſeiner Wirklichkeit, und der Un - wirklichkeit der Welt; nicht nur das Andersſeyn derſelben als abſtracte Allgemeinheit, iſt ihm das Nich - tige, ſondern deren Einzelnheit und die Beſtimmungen ihrer Einzelnheit. Die Objectivitaͤt hat das Sub - ject hier ſich ſelbſt vindicirt; ſeine Beſtimmtheit in ſich iſt das Objective, denn es iſt die Allgemeinheit, welche ebenſowohl ſchlechthin beſtimmt iſt; die vorhin objective Welt iſt dagegen nur noch ein geſetztes, ein unmittel - bar auf mancherley Weiſe beſtimmtes, aber das, weil es nur unmittelbar beſtimmt iſt, der Einheit des Begrif - fes in ſich entbehrt, und fuͤr ſich nichtig iſt.

Dieſe in dem Begriffe enthaltene, ihm gleiche, und die Foderung der einzelnen aͤuſſerlichen Wirklichkeit in ſich ſchlieſſende Beſtimmtheit, iſt das Gute. Es tritt mit der Wuͤrde auf, abſolut zu ſeyn, weil es die Totalitaͤt des Begriffes in ſich, das Objective zugleich in der Form der freyen Einheit und Subjectivitaͤt iſt. Dieſe Idee iſt hoͤher als die Idee des betrachteten Erkennens, denn ſie hat nicht nur die Wuͤrde des Allgemeinen, ſondern auch des ſchlechthin Wirklichen. Sie iſt Trieb, in - ſofern dieſes Wirkliche noch ſubjectiv, ſich ſelbſt ſetzend iſt, nicht die Form zugleich der unmittelbaren Vor - ausſetzung hat; ihr Trieb ſich zu realiſiren, iſt eigentlich nicht ſich Objectivitaͤt zu geben, dieſe hat ſie an ſich ſelbſt, ſondern nur dieſe leere Form der Unmittelbar -keit.364III. Abſchnitt. Idee.keit. Die Thaͤtigkeit des Zwecks iſt daher nicht gegen ſich gerichtet, um eine gegebene Beſtimmung in ſich auf - zunehmen und ſich zu eigen zu machen, ſondern vielmehr die eigene Beſtimmung zu ſetzen, und ſich vermittelſt des Aufhebens der Beſtimmungen der aͤuſſerlichen Welt die Realitaͤt in Form aͤuſſerlicher Wirklichkeit zu geben. Die Willens-Idee hat als das ſelbſtbeſtimmende fuͤr ſich den Inhalt in ſich ſelbſt. Dieſer iſt nun zwar beſtimmter Inhalt, und inſofern ein endliches und beſchraͤnktes; die Selbſtbeſtimmung iſt weſent - lich Beſonderung, da die Reflexion des Willens in ſich als negative Einheit uͤberhaupt auch Einzelnheit im Sinne des Ausſchlieſſens und des Vorausſetzens eines Andern iſt. Die Beſonderheit des Inhalts iſt jedoch zunaͤchſt unendlich durch die Form des Begriffs, deſſen eigene Beſtimmtheit er iſt, und der in ihm die negative Identitaͤt ſeiner mit ſich ſelbſt, hiemit nicht nur ein Be - ſonderes, ſondern ſeine unendliche Einzelnheit hat. Die erwaͤhnte Endlichkeit des Inhalts in der praktiſchen Idee iſt damit eins und daſſelbe, daß ſie zunaͤchſt noch unausgefuͤhrte Idee iſt; der Begriff iſt fuͤr ihn das an und fuͤr ſich ſeyende; er iſt hier die Idee in der Form der fuͤr ſich ſelbſt ſeyenden Objectivitaͤt; ei - nestheils iſt das Subjective darum nicht mehr nur ein geſetztes, Willkuͤhrliches oder Zufaͤlliges, ſondern ein Abſolutes; aber anderntheils hat dieſe Form der Exiſtenz, das Fuͤrſichſeyn, noch nicht auch die des Anſichſeyns. Was ſo der Form als ſolchen nach, als Gegenſatz erſcheint, erſcheint an der zur ein - fachen Identitaͤt reflectirten Form des Begriffes, d. i. am Inhalt, als einfache Beſtimmtheit deſſelben; das Gute ob zwar an und fuͤr ſich geltend, iſt dadurch irgend ein beſonderer Zweck, der aber durch die Realiſi - rung nicht erſt ſeine Wahrheit erhalten ſoll, ſondern ſchon fuͤr ſich das Wahre iſt.

Der365II. Kapitel. Das Erkennen.

Der Schluß der unmittelbaren Realiſirung ſelbſt bedarf hier keiner naͤhern Ausfuͤhrung; er iſt ganz nur der oben betrachtete Schluß der aͤuſſerlichen Zweck - maͤſſigkeit; nur der Inhalt macht den Unterſchied aus. In der aͤuſſerlichen als der formellen Zweckmaͤſ - ſigkeit war er ein unbeſtimmter endlicher Inhalt uͤber - haupt, hier iſt er zwar auch ein endlicher, aber als ſol - cher zugleich abſolut geltender. Aber in Anſehung des Schlußſatzes, des ausgefuͤhrten Zwecks, tritt ein weite - rer Unterſchied ein. Der endliche Zweck kommt in ſei - ner Realiſirung ebenſoſehr nur bis zum Mittel; da er nicht in ſeinem Anfange ſchon an und fuͤr ſich be - ſtimmter Zweck iſt, bleibt er auch als ausgefuͤhrt ein ſolches, das nicht an und fuͤr ſich iſt. Iſt das Gute auch wieder als ein Endliches fixirt, und weſentlich ein ſolches, ſo kann es auch, ſeiner innerlichen Unend - lichkeit unerachtet, dem Schickſale der Endlichkeit nicht entgehen; ein Schickſal, das in mehrern Formen er - ſcheint. Das ausgefuͤhrte Gute iſt gut durch das, was es ſchon im ſubjectiven Zweck, in ſeiner Idee iſt; die Ausfuͤhrung gibt ihm ein aͤuſſerliches Daſeyn; aber da diß Daſeyn nur beſtimmt iſt, als die an und fuͤr ſich nichtige Aeuſſerlichkeit, ſo hat das Gute in ihr nur ein zufaͤlliges, zerſtoͤrbares Daſeyn, nicht eine ſeiner Idee entſprechende Ausfuͤhrung erreicht. Ferner da es ſei - nem Inhalte nach ein beſchraͤnktes iſt, ſo gibt es auch des Guten mehrerley; das exiſtirende Gute iſt nicht nur der Zerſtoͤrung durch aͤuſſerliche Zufaͤlligkeit und durch das Boͤſe unterworfen, ſondern durch die Colliſion und den Widerſtreit des Guten ſelbſt. Von Seiten der ihm vorausgeſetzten, objectiven Welt, in deren Vorausſetzung die Subjectivitaͤt und Endlichkeit des Guten beſteht, und die als eine Andere ihren eigenen Gang geht, iſt ſelbſt die Ausfuͤhrung des Guten Hinderniſſen, ja ſogar de[r]Unmoͤglichkeit ausgeſetzt. Das Gute bleibt ſo ein S[o]l -len;366III. Abſchnitt. Idee.len; es iſt an und fuͤr ſich, aber das Seyn als die letzte, abſtracte Unmittelbarkeit, bleibt gegen daſſelbe auch als ein Nichtſeyn beſtimmt. Die Idee des vollendeten Guten iſt zwar ein abſolutes Poſtulat, aber mehr nicht als ein Poſtulat, d. i. das Abſolute mit der Beſtimmtheit der Subjectivitaͤt behaftet. Es ſind noch die zwey Welten im Gegenſatze, die eine ein Reich der Subjectivitaͤt in den reinen Raͤumen des durchſichtigen Gedankens, die andere ein Reich der Ob - jectivitaͤt in dem Elemente einer aͤuſſerlich mannichfalti - gen Wirklichkeit, die ein unaufgeſchloſſenes Reich der Finſterniß iſt. Die vollſtaͤndige Ausbildung des unauf - geloͤßten Widerſpruchs, jenes abſoluten Zwecks, dem die Schranke dieſer Wirklichkeit unuͤberwindlich gegenuͤberſteht, iſt in der Phaͤnomenologie des Geiſtes S. 548 ff. naͤher betrachtet worden. Indem die Idee das Moment der vollkommenen Beſtimmtheit in ſich enthaͤlt, ſo hat der andere Begriff, zu dem der Begriff ſich in ihr verhaͤlt, in ſeiner Subjectivitaͤt zugleich das Moment eines Objects; die Idee tritt daher hier in die Geſtalt des Selbſt-Bewußtſeyns, und trift nach dieſer einen Seite mit deſſen Darſtellung zuſammen.

Was aber der praktiſchen Idee noch mangelt, iſt das Moment des eigentlichen Bewußtſeyns ſelbſt, daß nemlich das Moment der Wirklichkeit im Begriffe, fuͤr ſich die Beſtimmung des aͤuſſerlichen Seyns er - reicht haͤtte. Dieſer Mangel kann auch ſo betrachtet werden, daß der praktiſchen Idee noch das Moment der theoretiſchen fehlt. In der letztern nemlich ſteht auf der Seite des ſubjectiven, vom Begriffe in ſich angeſchaut werdenden Begriffs nur die Beſtimmung der Allgemeinheit; das Erkennen weiß ſich nur als Auffaſſen, als die fuͤr ſich ſelbſt unbeſtimmte Iden - titaͤt des Begriffs mit ſich ſelbſt; die Erfuͤllung, d. i. diean367II. Kapitel. Das Erkennen.an und fuͤr ſich beſtimmte Objectivitaͤt iſt ihr ein Ge - gebenes, und das wahrhaft-Seyende die un - abhaͤngig vom ſubjectiven Setzen vorhandene Wirklich - keit. Der praktiſchen Idee dagegen gilt dieſe Wirklich - keit, die ihr zugleich als unuͤberwindliche Schranke ge - genuͤberſteht, als das an und fuͤr ſich Nichtige, das erſt ſeine wahrhafte Beſtimmung und einzigen Werth durch die Zwecke des Guten erhalten ſolle. Der Wille ſteht daher der Erreichung ſeines Ziels nur ſelbſt im Wege dadurch, daß er ſich von dem Erkennen trennt, und die aͤuſſerliche Wirklichkeit fuͤr ihn nicht die Form des Wahr - haft-Seyenden erhaͤlt; die Idee des Guten kann daher ihre Ergaͤnzung allein in der Idee des Wahren finden.

Sie macht aber dieſen Uebergang durch ſich ſelbſt. In dem Schluſſe des Handelns iſt die eine Praͤmiſſe die unmittelbare Beziehung des guten Zweckes auf die Wirklichkeit, deren er ſich bemaͤchtigt und in der zweyten Praͤmiſſe als aͤuſſerliches Mittel gegen die aͤuſſerliche Wirklichkeit richtet. Das Gute iſt fuͤr den ſubjectiven Begriff das Objective; die Wirklichkeit in ihrem Daſeyn ſteht ihm nur inſofern als die unuͤber - windliche Schranke gegenuͤber, als ſie noch die Be - ſtimmung unmittelbaren Daſeyns, nicht ei - nes Objectiven nach dem Sinne des An und fuͤr ſich - ſeyns hat; ſie iſt vielmehr entweder das Boͤſe oder Gleichguͤltige, nur Beſtimmbare, welches ſeinen Werth nicht in ſich ſelbſt hat. Dieſes abſtracte Seyn, das dem Guten in der zweyten Praͤmiſſe ge - genuͤberſteht, hat aber die praktiſche Idee bereits ſelbſt aufgehoben; die erſte Praͤmiſſe ihres Han - delns iſt die unmittelbare Objectivitaͤt des Begriffes, wornach der Zweck ohne allen Wi - derſtand ſich der Wirklichkeit mittheilt, und in einfa - cher, identiſcher Beziehung mit ihr iſt. Es ſindin -368III. Abſchnitt. Idee.inſofern alſo nur die Gedanken ihrer beyden Praͤmiſſen zuſammen zu bringen. Zu dem, was in der erſten von dem objectiven Begriffe unmittelbar ſchon vollbracht iſt, kommt in der zweyten zunaͤchſt nur diß hinzu, daß es durch Vermittlung, hiemit fuͤr ihn geſetzt wird. Wie nun in der Zweckbeziehung uͤberhaupt der[ausgefuͤhrte] Zweck zwar auch wieder nur ein Mittel, aber umge - kehrt das Mittel auch der ausgefuͤhrte Zweck iſt, ſo iſt gleichfalls in dem Schluſſe des Guten, die zweyte Praͤ - miſſe ſchon unmittelbar in der erſten an ſich vorhan - den; allein dieſe Unmittelbarkeit iſt nicht hinreichend, und die zweyte wird ſchon fuͤr das erſte poſtulirt; die Ausfuͤhrung des Guten gegen eine gegenuͤberſtehende andre Wirklichkeit iſt die Vermittlung, welche weſentlich fuͤr die unmittelbare Beziehung und das Verwirklichtſeyn des Guten nothwendig iſt. Denn ſie iſt nur die erſte Negation oder das Andersſeyn des Begriffs, eine Ob - jectivitaͤt, welche ein Verſenktſeyn des Begriffs in die Aeuſſerlichkeit waͤre; die zweyte iſt das Aufheben die - ſes Andersſeyns, wodurch die unmittelbare Ausfuͤhrung des Zwecks, erſt Wirklichkeit des Guten als des fuͤr ſich - ſeyenden Begriffes wird, indem er darin identiſch mit ſich ſelbſt, nicht mit einem Andern, hiemit allein als freyer geſetzt wird. Wenn nun der Zweck des Guten dadurch doch nicht ausgefuͤhrt ſeyn ſollte, ſo iſt diß ein Ruͤckfall des Begriffs in den Standpunkt, den der Be - griff vor ſeiner Thaͤtigkeit hat, den Standpunkt der als nichtig beſtimmten und doch als reell vorausgeſetzten Wirklichkeit; ein Ruͤckfall, welcher zum Progreß in die ſchlechte Unendlichkeit wird, ſeinen Grund allein darin hat, daß in dem Aufheben jener abſtracten Realitaͤt diß Aufheben eben ſo unmittelbar vergeſſen wird, oder daß vergeſſen wird, daß dieſe Realitaͤt vielmehr ſchon als die an und fuͤr ſich nichtige, nicht objective Wirklichkeit vor - ausgeſetzt iſt. Dieſe Wiederhohlung der Vorausſetzungdes369II. Kapitel. Das Erkennen.des nicht ausgefuͤhrten Zweckes nach der wirklichen Aus - fuͤhrung des Zweckes beſtimmt ſich daher auch ſo, daß die ſubjective Haltung des objectiven Begriffes reproducirt und perennirend gemacht wird, womit die Endlichkeit des Guten, ſeinem Inhalte, ſo wie ſeiner Form nach als die bleibende Wahrheit, ſo wie ſeine Ver - wirklichung ſchlechthin immer nur als ein einzelner Act nicht als ein allgemeiner erſcheint. In der That hat ſich dieſe Beſtimmtheit in der Verwirklichung des Guten aufgehoben; was den objectiven Begriff noch begraͤnzt, iſt ſeine eigene Anſicht von ſich, die durch die Reflexion auf das, was ſeine Verwirklichung an ſich iſt, verſchwindet; er ſteht nur ſich ſelbſt durch die - ſe Anſicht im Wege, und hat ſich daruͤber nicht gegen eine aͤuſſere Wirklichkeit, ſondern gegen ſich ſelbſt zu richten.

Die Thaͤtigkeit in der zweyten Praͤmiſſe nemlich, die nur ein einſeitiges Fuͤr ſichſeyn hervorbringt, da - her das Product als ein ſubjectives und einzel - nes erſcheint, darin ſomit die erſte Vorausſetzung wie - derhohlt wird, iſt in Wahrheit ebenſoſehr das Setzen der an ſich ſeyenden Identitaͤt des objectiven Be - griffs und der unmittelbaren Wirklichkeit. Dieſe letztere iſt durch die Vorausſetzung beſtimmt, nur eine Realitaͤt der Erſcheinung zu haben, an und fuͤr ſich nichtig, und ſchlechthin vom objectiven Begriffe beſtimmbar zu ſeyn: Indem durch die Thaͤtigkeit des objectiven Begriffs die aͤuſſere Wirklichkeit veraͤndert, ihre Beſtimmung hiemit aufgehoben wird, ſo wird ihr eben dadurch die bloß erſcheinende Realitaͤt, aͤuſſerliche Beſtimmbarkeit und Nich - tigkeit genommen, ſie wird hiemit geſetzt, als an und fuͤr ſich ſeyend. Es wird darin die Vorausſetzung uͤber - haupt aufgehoben, nemlich die Beſtimmung des Guten, als eines bloß ſubjectiven und ſeinem Inhalte nach be -A aſchraͤnk -370III. Abſchnitt. Idee.ſchraͤnkten Zwecks, die Nothwendigkeit, ihn durch ſub - jective Thaͤtigkeit erſt zu realiſiren, und dieſe Thaͤtigkeit ſelbſt. In dem Reſultate hebt die Vermittlung ſich ſelbſt auf, es iſt eine Unmittelbarkeit, welche nicht die Wiederherſtellung der Vorausſetzung, ſondern vielmehr deren Aufgehobenſeyn iſt. Die Idee des an und fuͤr ſich beſtimmten Begriffs iſt hiemit geſetzt, nicht mehr bloß im thaͤtigen Subject, ſondern ebenſoſehr als eine unmit - telbare Wirklichkeit, und umgekehrt dieſe, wie ſie im Er - kennen iſt, als wahrhaftſeyende Objectivitaͤt zu ſeyn. Die Einzelnheit des Subjects, mit der es durch ſeine Vorausſetzung behaftet wurde, iſt mit dieſer verſchwun - den; es iſt hiemit itzt als freye, allgemeine Iden - titaͤt mit ſich ſelbſt, fuͤr welche die Objectivitaͤt des Begriffes ebenſoſehr eine Gegebene, unmittelbar fuͤr daſſelbe Vorhandene iſt, als es ſich als den an und fuͤr ſich beſtimmten Begriff weiß. In dieſem Re - ſultate iſt hiemit das Erkennen hergeſtellt, und mit der praktiſchen Idee vereinigt, die vorgefundene Wirk - lichkeit iſt zugleich als der ausgefuͤhrte abſolute Zweck beſtimmt, aber nicht wie im ſuchenden Erkennen, bloß als objective Welt ohne die Subjectivitaͤt des Begriffes, ſondern als objective Welt, deren innerer Grund und wirkliches Beſtehen der Begriff iſt. Diß iſt die ab - ſolute Idee.

Drit -371

Drittes Kapitel. Die abſolute Idee.

Die abſolute Idee, wie ſie ſich ergeben hat, iſt die Identitaͤt der theoretiſchen und der praktiſchen, wel - che jede fuͤr ſich noch einſeitig, die Idee ſelbſt nur als ein geſuchtes Jenſeits und unerreichtes Ziel in ſich hat; jede daher eine Syntheſe des Stre - bens iſt, die Idee ſowohl in ſich hat als auch nicht hat, von einem zum andern uͤbergeht, aber beyde Ge - danken nicht zuſammenbringt, ſondern in deren Wider - ſpruche ſtehen bleibt. Die abſolute Idee als der ver - nuͤnftige Begriff, der in ſeiner Realitaͤt nur mit ſich ſelbſt zuſammengeht, iſt um dieſer Unmittelbarkeit ſeiner ob - jectiven Identitaͤt willen einerſeits die Ruͤckkehr zum Le - ben; aber ſie hat dieſe Form ihrer Unmittelbarkeit eben - ſoſehr aufgehoben, und den hoͤchſten Gegenſatz in ſich. Der Begriff iſt nicht nur Seele, ſondern freyer ſub - jectiver Begriff, der fuͤr ſich iſt und daher die Per - ſoͤnlichkeit hat, der praktiſche, an und fuͤr ſich beſtimmte, objective Begriff, der als Perſon undurch - dringliche, atome Subjectivitaͤt iſt, der aber ebenſo - ſehr nicht ausſchlieſſende Einzelnheit, ſondern fuͤr ſich Allgemeinheit und Erkennen iſt, und in ſeinem Andern ſeine eigene Objectivitaͤt zum Gegenſtande hat. Alles Uebrige iſt Irrthum, Truͤbheit, Meynung, Streben, Willkuͤhr und Vergaͤnglichkeit die[abſolute]A a 2Idee372III. Abſchnitt. Idee.Idee allein iſt Seyn, unvergaͤngliches Leben, ſich wiſſende Wahrheit, und iſt alle Wahrheit.

Sie iſt der einzige Gegenſtand und Inhalt der Philoſophie. Indem ſie alle Beſtimmtheit in ſich enthaͤlt, und ihr Weſen diß iſt, durch ihre Selbſtbeſtim - mung oder Beſonderung zu ſich zuruͤckzukehren, ſo hat ſie verſchiedene Geſtaltungen, und das Geſchaͤft der Phi - loſophie iſt, ſie in dieſen zu erkennen. Die Natur und der Geiſt, ſind uͤberhaupt unterſchiedene Weiſen, ihr Da - ſeyn darzuſtellen; Kunſt und Religion ihre verſchiede - nen Weiſen, ſich zu erfaſſen und ein ſich angemeſſenes Daſeyn zu geben; die Philoſophie hat mit Kunſt und Religion denſelben Inhalt und denſelben Zweck; aber ſie iſt die hoͤchſte Weiſe, die abſolute Idee zu erfaſſen, weil ihre Weiſe die hoͤchſte, der Begriff, iſt. Sie faßt daher jene Geſtaltungen der reellen und ideellen Endlichkeit, ſo wie der Unendlichkeit und Heiligkeit in ſich, und be - greift ſie und ſich ſelbſt. Die Ableitung und Erkenntniß dieſer beſondern Weiſen iſt nun das fernere Geſchaͤft der beſondern philoſophiſchen Wiſſenſchaften. Das Logi - ſche der abſoluten Idee kann auch eine Weiſe derſel - ben genannt werden; aber indem die Weiſe eine be - ſondere Art, eine Beſtimmtheit der Form bezeich - net, ſo iſt das Logiſche dagegen die allgemeine Weiſe, in der alle beſondern aufgehoben und eingehuͤllt ſind. Die logiſche Idee iſt ſie ſelbſt in ihrem reinen Weſen, wie ſie in einfacher Identitaͤt in ihren Begriff einge - ſchloſſen, und in das Scheinen in einer Formbe - ſtimmtheit, noch nicht eingetreten iſt. Die Logik ſtellt daher die Selbſtbewegung der abſoluten Idee nur als das urſpruͤngliche Wort dar, das eine Aeuſſerung iſt, aber eine ſolche, die als Aeuſſeres unmittelbar wie - der verſchwunden iſt, indem ſie iſt; die Idee iſt alſo nur in dieſer Selbſtbeſtimmung, ſich zu vernehmen,ſie373III. Kapitel. Die abſolute Idee.ſie iſt in dem reinen Gedanken, worin der Unter - ſchied noch kein Andersſeyn, ſondern ſich vollkom - men durchſichtig iſt und bleibt. Die logiſche Idee hat ſomit ſich als die unendliche Form zu ihrem Inhalte; die Form, welche inſofern den Gegenſatz zum Inhalt ausmacht, als dieſer die in ſich gegange - ne und in der Identitaͤt aufgehobene Formbeſtimmung ſo iſt, daß dieſe concrete Identitaͤt gegenuͤber der als Form entwickelten ſteht; er hat die Geſtalt eines An - dern und Gegebenen gegen die Form, die als ſolche ſchlechthin in Beziehung ſteht, und deren Beſtimmt - heit zugleich als Schein geſetzt iſt. Die abſolute Idee ſelbſt hat naͤher nur dieß zu ihrem Inhalt, daß die Formbeſtimmung ihre eigene vollendete Totalitaͤt, der reine Begriff, iſt. Die Beſtimmtheit der Idee und der ganze Verlauf dieſer Beſtimmtheit nun, hat den Ge - genſtand der logiſchen Wiſſenſchaft ausgemacht, aus wel - chem Verlauf die abſolute Idee ſelbſt fuͤr ſich hervor - gegangen iſt; fuͤr ſich aber hat ſie ſich als diß gezeigt, daß die Beſtimmtheit nicht die Geſtalt eines Inhalts hat, ſondern ſchlechthin als Form, daß die Idee hier - nach als die ſchlechthin allgemeine Idee iſt. Was alſo hier noch zu betrachten kommt, iſt ſomit nicht ein Inhalt als ſolcher, ſondern das Allgemeine ſeiner Form, das iſt, die Methode.

Die Methode kann zunaͤchſt als die bloſſe Art und Weiſe des Erkennens erſcheinen, und ſie hat in der That die Natur einer ſolchen. Aber die Art und Weiſe iſt als Methode nicht nur eine an und fuͤr ſich beſtimmte Modalitaͤt des Seyns, ſondern als Modalitaͤt des Erkennens geſetzt als durch den Be - griff beſtimmt, und als die Form, inſofern ſie die Seele aller Objectivitaͤt iſt, und aller ſonſt beſtimmte Inhalt ſeine Wahrheit allein in der Form hat. Wennder374III. Abſchnitt. Idee.der Inhalt wieder der Methode als gegeben und als von eigenthuͤmlicher Natur angenommen wird, ſo iſt ſie wie das Logiſche uͤberhaupt in ſolcher Beſtimmung eine bloß aͤuſſerliche Form. Aber es kann hin - gegen nicht nur auf den Grundbegriff vom Logiſchen ſich beruffen werden, ſondern der ganze Verlauf deſſelben, worin alle Geſtalten eines gegebenen Inhalts und der Objecte vorgekommen ſind, hat ihren Uebergang und Unwahrheit gezeigt, und ſtatt daß ein gegebenes Object die Grundlage ſeyn koͤnnte, zu der ſich die abſolute Form nur als aͤuſſerliche und zufaͤllige Beſtimmung ver - hielte, hat ſich dieſe vielmehr als die abſolute Grund - lage und letzte Wahrheit erwieſen. Die Methode iſt daraus als der ſich ſelbſt wiſſende, ſich als das Abſolute, ſowohl Subjective als Objective, zum Ge - genſtande habende Begriff, ſomit als das reine Entſprechen des Begriffs und ſeiner Realitaͤt, als eine Exiſtenz die er ſelbſt iſt, hervorgegangen.

Was hiemit als Methode hier zu betrachten iſt, iſt nur die Bewegung des Begriffs ſelbſt, deren Natur ſchon erkannt worden, aber erſtlich nunmehr mit der Bedeutung, daß der Begriff Alles, und ſeine Be - wegung die allgemeine abſolute Thaͤtigkeit, die ſich ſelbſt beſtimmende und ſelbſt realiſirende Bewe - gung iſt. Die Methode iſt deßwegen als die ohne Einſchraͤnkung allgemeine, innerliche und aͤuſſerliche Wei - ſe, und als die ſchlechthin unendliche Kraft anzuerken - nen, welcher kein Object, inſofern es ſich als ein Aeuſſerliches, der Vernunft fernes und von ihr unab - haͤngiges praͤſentirt, Widerſtand leiſten, gegen ſie von einer beſondern Natur ſeyn, und von ihr nicht durch - drungen werden koͤnnte. Sie iſt darum die Seele und Subſtanz, und irgend etwas iſt nur begriffen und in ſeiner Wahrheit gewußt, als es der Methodevoll -375III. Kapitel. Die abſolute Idee.vollkommen unterworfen iſt; ſie iſt die eigene Methode jeder Sache ſelbſt, weil ihre Thaͤtigkeit der Begriff iſt. Diß iſt auch der wahrhaftere Sinn ihrer Allgemeinheit; nach der Reflexions-Allgemeinheit wird ſie nur als die Methode fuͤr Alles genommen; nach der Allgemeinheit der Idee aber iſt ſie ſowohl die Art und Weiſe des Erkennens, des ſubjectiv ſich wiſſenden Begriffs, als die objective Art und Weiſe, oder vielmehr die Subſtantialitaͤt der Dinge, d. h. der Begriffe, inſofern ſie der Vorſtellung und der Reflexion zunaͤchſt als Andere erſcheinen. Sie iſt darum die hoͤchſte Kraft oder vielmehr die ein - zige und abſolute Kraft der Vernunft nicht nur, ſon - dern auch ihr hoͤchſter und einziger Trieb, durch ſich ſelbſt in Allem ſich ſelbſt zu finden und zu erkennen. Hiemit iſt zweytens auch der Unter - ſchied der Methode von dem Begriffe als ſolchem, das Beſondere derſelben, angegeben. Wie der Begriff fuͤr ſich betrachtet wurde, erſchien er in ſei - ner Unmittelbarkeit; die Reflexion oder der ihn betrachtende Begriff fiel in unſer Wiſſen. Die Methode iſt diß Wiſſen ſelbſt, fuͤr das er nicht nur als Gegenſtand, ſondern als deſſen eigenes, ſubjectives Thun iſt, als das Inſtrument und Mittel der erkennenden Thaͤtigkeit, von ihr unterſchieden, aber als deren eigene Weſenheit. In dem ſuchenden Erkennen iſt die Me - thode gleichfalls als Werkzeug geſtellt, als ein auf der ſubjectiven Seite ſtehendes Mittel, wodurch ſie ſich auf das Object bezieht. Das Subject iſt in dieſem Schluſſe das eine und das Object das andere Extrem, und jenes ſchließt ſich durch ſeine Methode mit dieſem, aber darin fuͤr ſich nicht mit ſich ſelbſt zuſammen. Die Extreme bleiben verſchiedene, weil Subject, Me - thode und Object nicht als der eine identiſche Be - griff geſetzt ſind, der Schluß iſt daher immer der for -mel -376III. Abſchnitt. Idee.melle; die Praͤmiſſe, in welcher das Subject die Form als ſeine Methode auf ſeine Seite ſetzt, iſt eine un - mittelbare Beſtimmung und enthaͤlt deswegen die Beſtimmungen der Form, wie wir geſehen, der Defi - nition, Eintheilung u. ſ. f. als im Subjecte vorge - fundene Thatſachen. Im wahrhaften Erkennen da - gegen iſt die Methode nicht nur eine Menge gewiſſer Beſtimmungen, ſondern das An - und fuͤr - ſich beſtimmt - ſeyn des Begriffs, der die Mitte nur darum iſt, weil er ebenſoſehr die Bedeutung des Objectiven hat, das im Schlußſatze daher nicht nur eine aͤuſſere Beſtimmtheit durch die Methode erlangt, ſondern in ſeiner Identitaͤt mit dem ſubjectiven Begriffe geſetzt iſt.

1. Das, was die Methode hiemit ausmacht, ſind die Beſtimmungen des Begriffes ſelbſt und deren Beziehun - gen, die in der Bedeutung als Beſtimmungen der Me - thode nun zu betrachten ſind. Es iſt dabey erſtens von dem Anfange anzufangen. Von dem - ſelben iſt bereits bey dem Anfange der Logik ſelbſt, wie auch vorhin beym ſubjectiven Erkennen geſprochen und gezeigt worden, daß wenn er nicht willkuͤhrlich und mit einer kategoriſchen Bewußtloſigkeit gemacht wird, zwar viele Schwierigkeiten zu machen ſcheinen kann, jedoch von hoͤchſt einfacher Natur iſt. Weil er der Anfang iſt, iſt ſein Inhalt ein Unmittelbares, aber ein ſolches, das den Sinn und die Form abſtracter Allgemeinheit hat. Er ſey ſonſt ein Inhalt des Seyns oder des Weſens oder des Begriffes, ſo iſt er inſofern ein aufgenommenes, vorgefun - denes, aſſertoriſches, als er ein unmittelba - res iſt. Vors erſte aber iſt er nicht ein unmittel - bares der ſinnlichen Anſchauung oder der Vor - ſtellung, ſondern des Denkens, das man, wegen ſeiner Unmittelbarkeit auch ein uͤberſinnliches, inner -liches377III. Kapitel. Die abſolute Idee.liches Anſchauen nennen kann. Das Unmittelbare der ſinnlichen Anſchauung iſt ein Mannichfaltiges und Einzelnes. Das Erkennen iſt aber begreiffen - des Denken, ſein Anfang daher auch nur im Ele - mente des Denkens; ein einfaches und allge - meines. Von dieſer Form iſt vorhin bey der De - finition die Rede geweſen. Bey dem Anfang des endli - chen Erkennens wird die Allgemeinheit, als weſentliche Beſtimmung gleichfalls anerkannt, aber nur als Denk - und Begriffsbeſtimmung im Gegenſatze gegen das Seyn genommen. In der That iſt dieſe erſte Allgemeinheit eine unmittelbare, und hat darum ebenſoſehr die Bedeutung des Seyns; denn das Seyn iſt eben dieſe abſtracte Beziehung auf ſich ſelbſt. Das Seyn bedarf keiner andern Ableitung, als ob es dem Abſtracten der Definition nur daraus zukomme, weil es aus der ſinn - lichen Anſchauung oder ſonſt woher genommen ſey, und inſofern es monſtrirt werde. Dieſes Monſtriren und Herleiten betrift eine Vermittlung, die mehr als ein bloſſer Anfang iſt, und iſt eine ſolche Vermittlung, die nicht dem denkenden Begreiffen gehoͤrt, ſondern die Er - hebung der Vorſtellung, des empiriſchen und raͤſonniren - den Bewußtſeyns, zu dem Standpunkte des Denkens iſt. Nach dem gelaͤufigen Gegenſatze von Gedanken oder Be - griff und Seyn erſcheint es als eine wichtige Wahrheit, daß jenem fuͤr ſich noch kein Seyn zukomme, und daß diß einen eigenen vom Gedanken ſelbſt unabhaͤngigen Grund habe. Die einfache Beſtimmung von Seyn iſt aber ſo arm an ſich, daß ſchon darum nicht viel Auf - hebens davon zu machen iſt; das Allgemeine iſt unmit - telbar ſelbſt diß Unmittelbare, weil es als abſtractes auch nur die abſtracte Beziehung auf ſich iſt, die das Seyn iſt. In der That hat die Foderung, das Seyn aufzuzeigen, einen weitern innern Sinn, worin nicht bloß dieſe abſtracte Beſtimmung liegt, ſondern es iſtda -378III. Abſchnitt. Idee.damit die Foderung der Realiſirung des Begriffs uͤberhaupt gemeynt, welche nicht im Anfange ſelbſt liegt, ſondern vielmehr das Ziel und Geſchaͤfte der gan - zen weitern Entwicklung des Erkennens iſt. Ferner indem der Inhalt des Anfangs durch das Monſtriren in der innern oder aͤuſſern Wahrnehmung gerechtfertigt und als etwas Wahres oder Richtiges beglaubigt wer - den ſoll, ſo iſt damit nicht mehr die Form der Allge - meinheit als ſolche gemeynt, ſondern ihre Beſtimmt - heit, wovon gleich zu ſprechen nothwendig iſt. Die Beglaubigung des beſtimmten Inhalts, mit dem der Anfang gemacht wird, ſcheint ruͤckwarts deſſelben zu liegen; in der That aber iſt ſie als Vorwartsgehen zu betrachten, wenn ſie nemlich zum begreiffenden Er - kennen gehoͤrt.

Der Anfang hat ſomit fuͤr die Methode keine an - dere Beſtimmtheit, als die, das Einfache und Allgemei - ne zu ſeyn; diß iſt ſelbſt die Beſtimmtheit, wegen der er mangelhaft iſt. Die Allgemeinheit iſt der reine, ein - fache Begriff, und die Methode als das Bewußtſeyn deſſelben weiß, daß die Allgemeinheit nur Moment und der Begriff in ihr noch nicht an und fuͤr ſich beſtimmt iſt. Aber mit dieſem Bewußtſeyn, das den Anfang nur um der Methode willen weiter fuͤhren wollte, waͤre dieſe ein Formelles, in aͤuſſerlicher Reflexion geſetztes. Da ſie aber die objective, immanente Form iſt, ſo muß das Un - mittelbare des Anfangs an ihm ſelbſt das Mangel - hafte, und mit dem Triebe begabt ſeyn, ſich weiter zu fuͤhren. Das Allgemeine gilt aber in der abſoluten Methode nicht als bloß abſtractes, ſondern als das ob - jectiv-Allgemeine, d. h. das an ſich die concrete Totalitaͤt, aber die noch nicht geſetzt, noch nicht fuͤr ſich iſt. Selbſt das abſtracte Allgemeine als ſol - ches, im Begriffe, d. i. nach ſeiner Wahrheit betrachtet,iſt379III. Kapitel. Die abſolute Idee.iſt nicht nur das Einfache, ſondern als Abſtractes iſt es ſchon geſetzt als mit einer Negation behaf - tet. Es gibt deswegen auch, es ſey in der Wirklich - keit oder im Gedanken, kein ſo Einfaches und ſo Abſtractes, wie man es ſich gewoͤhnlich vorſtellt. Sol - ches Einfache iſt eine bloſſe Meynung, die allein in der Bewußtloſigkeit deſſen, was in der That vorhanden iſt, ihren Grund hat. Vorhin wurde das Anfangen - de als das Unmittelbare beſtimmt; die Unmittelbar - keit des Allgemeinen iſt daſſelbe, was hier als das Anſichſeyn ohne Fuͤrſichſeyn ausgedruͤckt iſt. Man kann daher wohl ſagen, daß mit dem Ab - ſoluten aller Anfang gemacht werden muͤſſe, ſo wie aller Fortgang nur die Darſtellung deſſelben iſt, inſofern das Anſichſeyende der Begriff iſt. Aber darum weil es nur erſt an ſich iſt, iſt es ebenſoſehr nicht das Abſolute, noch der geſetzte Begriff, auch nicht die Idee; denn dieſe ſind eben diß, daß das Anſichſeyn nur ein abſtractes, einſeitiges Moment, iſt. Der Fort - gang iſt daher nicht eine Art von Ueberfluß; er waͤre diß, wenn das Anfangende in Wahrheit ſchon das Ab - ſolute waͤre; das Fortgehen beſteht vielmehr darin, daß das Allgemeine ſich ſelbſt beſtimmt, und fuͤr ſich das Allgemeine, d. i. ebenſoſehr Einzelnes und Subject iſt. Nur in ſeiner Vollendung iſt es das Abſolute.

Es kann daran erinnert werden, daß der Anfang, der an ſich concrete Totalitaͤt iſt, als ſolcher auch frey ſeyn, und ſeine Unmittelbarkeit die Beſtimmung eines aͤuſſerlichen Daſeyns haben kann; der Keim des Lebendigen, und der ſubjective Zweck uͤberhaupt, haben ſich als ſolche Anfaͤnge ge - zeigt, beyde ſind daher ſelbſt Triebe. Das Nicht - Geiſtige und Nicht-Lebendige dagegen iſt der concrete Begriff nur als reale Moͤglichkeit; die Urſacheiſt380III. Abſchnitt. Idee.iſt die hoͤchſte Stuffe, in der der concrete Begriff als An - fang in der Sphaͤre der Nothwendigkeit, ein unmittel - bares Daſeyn hat; aber ſie iſt noch kein Subject, das als ſolches ſich auch in ſeiner wirklichen Realiſirung er - haͤlt. Die Sonne z. B. und uͤberhaupt alles Nicht - lebendige ſind beſtimmte Exiſtenzen, in welchen die reale Moͤglichkeit, eine innere Totalitaͤt bleibt, und die Mo - mente derſelben weder in ſubjectiver Form in ihnen geſetzt ſind, und inſofern ſie ſich realiſiren, eine Exi - ſtenz durch andere Koͤrperindividuen erlangen.

2. Die concrete Totalitaͤt, welche den Anfang macht, hat als ſolche in ihr ſelbſt den Anfang des Fortgehens und der Entwicklung. Sie iſt als Concretes in ſich unterſchieden; wegen ihrer erſten Unmittelbar - keit aber ſind die erſten Unterſchiedenen zunaͤchſt Ver - ſchiedene. Das Unmittelbare iſt aber als ſich auf ſich beziehende Allgemeinheit, als Subject, auch die Ein - heit dieſer Verſchiedenen. Dieſe Reflexion iſt die erſte Stuffe des Weitergehens, das Hervortreten der Differenz, das Urtheil, das Beſtimmen uͤber - haupt. Das Weſentliche iſt, daß die abſolute Methode die Beſtimmung des Allgemeinen in ihm ſelbſt findet und erkennt. Das verſtaͤndige endliche Erkennen ver - faͤhrt ſo dabey, daß es von dem Concreten das, was es bey dem abſtrahirenden Erzeugen jenes Allgemeinen weggelaſſen, nun eben ſo aͤuſſerlich wieder aufnimmt. Die abſolute Methode dagegen verhaͤlt ſich nicht als aͤuſſerliche Reflexion, ſondern nimmt das Beſtimmte aus ihrem Gegenſtande ſelbſt, da ſie ſelbſt deſſen immanentes Princip und Seele iſt. Diß iſt es, was Plato von dem Erkennen foderte, die Dinge an und fuͤr ſich ſelbſt zu betrachten, theils in ihrer Allgemeinheit, theils aber nicht von ihnen abzuirren, und nach Um - ſtaͤnden, Exempeln und Vergleichungen zu greiffen, ſon -dern381III. Kapitel. Die abſolute Idee.dern ſie allein vor ſich zu haben, und was in ihnen immanent iſt, zum Bewußtſeyn zu bringen. Die Me - thode des abſoluten Erkennens iſt inſofern analytiſch. Daß ſie die weitere Beſtimmung ihres anfaͤnglichen All - gemeinen ganz allein in ihm findet, iſt die abſolute Objectivitaͤt des Begriffes, deren Gewißheit ſie iſt. Sie iſt aber ebenſoſehr ſynthetiſch, indem ihr Ge - genſtand, unmittelbar als einfaches allgemeines beſtimmt, durch die Beſtimmtheit, die er in ſeiner Un - mittelbarkeit und Allgemeinheit ſelbſt hat, als ein An - deres ſich zeigt. Dieſe Beziehung eines Verſchiede - nen, die er ſo in ſich iſt, iſt jedoch das nicht mehr, was als die Syntheſe beym endlichen Erkennen gemeynt iſt; ſchon durch ſeine ebenſoſehr analytiſche Beſtimmung uͤberhaupt, daß ſie die Beziehung im Begriffe iſt, un - terſcheidet ſie ſich voͤllig von dieſem Synthetiſchen.

Dieſes ſo ſehr ſynthetiſche als analytiſche Moment des Urtheils, wodurch das anfaͤngliche Allgemeine aus ihm ſelbſt, als das Andere ſeiner ſich beſtimmt, iſt das Dialektiſche zu nennen. Die Dialektik iſt eine derjenigen alten Wiſſenſchaften, welche in der Metaphyſik der Modernen, und dann uͤberhaupt durch die Popular-Philoſophie ſowohl der Alten als der Neuern, am meiſten verkannt worden. Von Plato ſagt Dio - genes Laërtius, daß wie Thales der Urheber der Natur - philoſophie, Sokrates der Moralphiloſophie, ſo ſey Pla - to der Urheber der dritten zur Philoſophie gehoͤrigen Wiſſenſchaft, der Dialektik geweſen; ein Ver - dienſt, das ihm vom Alterthume hiemit als das Hoͤchſte angerechnet worden, das aber von ſolchen oft gaͤnzlich unbeachtet bleibt, die ihn am meiſten im Munde fuͤhren. Man hat die Dialektik oft als eine Kunſt betrachtet, als ob ſie auf einem ſubjectiven Talente beruhe, und nicht der Objectivitaͤt des Begriffes angehoͤre. WelcheGe -382III. Abſchnitt. Idee.Geſtalt und welches Reſultat ſie in der Kantiſchen Phi - loſophie erhalten, iſt an den beſtimmten Beyſpielen ih - rer Anſicht ſchon gezeigt worden. Es iſt als ein un - endlich wichtiger Schritt anzuſehen, daß die Dialektik wieder als der Vernunft nothwendig anerkannt worden, obgleich das entgegengeſetzte Reſultat gegen das, welches daraus hervorgegangen, gezogen werden muß.

Auſſer dem, daß die Dialektik gewoͤhnlich als etwas zufaͤlliges erſcheint, ſo pflegt ſie dieſe naͤhere Form zu haben, daß von irgend einem Gegenſtande, z. B. Welt, Bewegung, Punkt u. ſ. f. gezeigt wird, es komme dem - ſelben irgend eine Beſtimmung zu, z. B. nach der Ord - nung der genannten Gegenſtaͤnde, Endlichkeit im Raume oder der Zeit, an dieſem Orte ſeyn, abſolute Nega - tion des Raumes; aber ferner eben ſo nothwendig auch die entgegengeſetzte, z. B. Unendlichkeit im Raume und der Zeit, nicht an dieſem Orte ſeyn, Beziehung auf den Raum ſomit Raͤumlichkeit. Die aͤltere eleatiſche Schule hat vornemlich ihre Dialektik gegen die Bewe - gung angewendet, Plato haͤufig gegen die Vorſtellungen und Begriffe ſeiner Zeit, insbeſondere der Sophiſten, aber auch gegen die reinen Kategorieen und Reflexions - Beſtimmungen; der gebildete ſpaͤtere Skepticismus, hat ſie nicht nur auf die unmittelbaren ſogenannten Thatſa - chen des Bewußtſeyns und Maximen des gemeinen Le - bens, ſondern auch auf alle wiſſenſchaftlichen Begriffe ausgedehnt. Die Folgerung nun, die aus ſolcher Dia - lektik gezogen wird, iſt uͤberhaupt der Widerſpruch und die Nichtigkeit der aufgeſtellten Behauptungen. Diß kann aber in doppeltem Sinne Statt haben, entweder im objectiven Sinne, daß der Gegenſtand, der ſolchermaſſen ſich in ſich ſelbſt widerſpreche, ſich auf - hebe und nichtig ſey; diß war z. B. die Folgerung der Eleaten, nach welcher z. B. der Welt, der Bewegung,dem383III. Kapitel. Die abſolute Idee.dem Punkte die Wahrheit abgeſprochen wurde; oder aber im ſubjectiven Sinne, daß das Erkennen mangelhaft ſey. Unter der letztern Folgerung wird nun entweder verſtanden, daß es nur dieſe Dialektik ſey, welche das Kunſtſtuͤck eines falſchen Scheines vor - mache. Diß iſt die gewoͤhnliche Anſicht des ſogenannten geſunden Menſchenverſtandes, der ſich an die ſinn - liche Evidenz und die gewohnten Vorſtellungen und Ausſpruͤche haͤlt, zuweilen ruhiger, wie Dio - genes der Hund, die Dialektik der Bewegung durch ein ſtummes Auf - und Abgehen in ihrer Bloͤſſe zeigt, oft aber in Harniſch daruͤber geraͤth, es ſey bloß als uͤber eine Narrheit, oder wenn es ſittlich wichtige Gegenſtaͤnde betrift, als uͤber einen Frevel, der das weſentlich Feſte wankend zu machen ſuche, und dem Laſter Gruͤnde an die Hand zu geben lehre, eine Anſicht, die in der ſo - kratiſchen Dialektik gegen die ſophiſtiſche vorkommt, und ein Zorn, der umgekehrt wieder ſelbſt den Sokrates das Leben gekoſtet hat. Die poͤbelhafte Widerlegung, die, wie Diogenes that, dem Denken das ſinnliche Be - wußtſeyn entgegenſetzt, und in dieſem die Wahrheit zu haben meynt, muß man ſich ſelbſt uͤberlaſſen; inſo - fern die Dialektik aber ſittliche Beſtimmungen aufhebt, zur Vernunft das Vertrauen haben, daß ſie dieſelben, aber in ihrer Wahrheit, und dem Bewußtſeyn ihres Rechts aber auch ihrer Schranke, wieder herzuſtellen wiſſen werde. Oder aber das Reſultat der ſubjecti - ven Nichtigkeit betrift nicht die Dialektik ſelbſt, ſondern vielmehr das Erkennen, wogegen ſie gerichtet iſt; und im Sinne des Skepticismus, ingleichen der Kantiſchen Philoſophie, das Erkennen uͤberhaupt.

Das Grundvorurtheil hiebey iſt, daß die Dialektik nur ein negatives Reſultat habe, was ſogleich ſeine naͤhere Beſtimmung erhalten wird. Zunaͤchſt iſtuͤber384III. Abſchnitt. Idee.uͤber die angefuͤhrte Form, in der ſie zu erſcheinen pflegt, zu bemerken, daß ſie und ihr Reſultat nach der - ſelben den Gegenſtand, der vorgenommen wird, oder auch das ſubjective Erkennen betrifft, und die - ſes oder den Gegenſtand fuͤr nichtig erklaͤrt, dagegen die Beſtimmungen, welche an ihm als einem Dritten aufgezeigt werden, unbeachtet bleiben, und als fuͤr ſich guͤltig vorausgeſetzt ſind. Auf diß unkritiſche Verfah - ren iſt es ein unendliches Verdienſt der kantiſchen Phi - loſophie die Aufmerkſamkeit gezogen, und damit den An - ſtoß zur Wiederherſtellung der Logik und Dialektik, in dem Sinne der Betrachtung der Denkbeſtimmungen an und fuͤr ſich, gegeben zu haben. Der Gegen - ſtand, wie er ohne das Denken und den Begriff iſt, iſt eine Vorſtellung oder auch ein Nahmen; die Denk - und Begriffsbeſtimmungen ſind es, in denen er iſt, was er iſt. In der That kommt es daher auf ſie allein an; ſie ſind der wahrhafte Gegenſtand und Inhalt der Vernunft und ein ſolches, als man ſonſt unter Gegen - ſtand und Inhalt im Unterſchiede von ihnen verſteht, gilt nur durch ſie und in ihnen. Es muß daher nicht als die Schuld eines Gegenſtands oder des Erkennens genommen werden, daß ſie durch die Beſchaffenheit und eine aͤuſſerliche Verknuͤpfung ſich dialektiſch zeigen. Das eine und das andere, wird auf dieſe Weiſe als ein Subject vorgeſtellt, in das die Beſtimmungen in Form von Praͤdicaten, Eigenſchaften, ſelbſtſtaͤndigen Allgemeinen ſo gebracht ſeyen, daß ſie als feſt und fuͤr ſich richtig erſt durch die fremde und zufaͤllige Verbin - dung in und von einem Dritten, in dialektiſche Verhaͤlt - niſſe und in Widerſpruch geſetzt werden. Ein ſolches aͤuſſerliches und fixes Subject der Vorſtellung und des Verſtandes, ſo wie die abſtracten Beſtimmungen, ſtatt fuͤr Letzte, ſicher zu Grunde liegen bleibende angeſehen werden zu koͤnnen, ſind vielmehr ſelbſt als ein Unmit -tel -385III. Kapitel. Die abſolute Idee.telbares, eben ein ſolches Vorausgeſetztes und Anfan - gendes zu betrachten, das wie vorhin gezeigt, an und fuͤr ſich ſelbſt der Dialektik unterliegen muß, weil es als Begriff an ſich zu nehmen iſt. So ſind alle als feſt angenommenen Gegenſaͤtze, wie z. B. Endliches und Un - endliches, Einzelnes und Allgemeines, nicht etwa durch eine aͤuſſerliche Verknuͤpfung in Widerſpruch, ſondern, ſind, wie die Betrachtung ihrer Natur gezeigt, vielmehr an und fuͤr ſich ſelbſt das Uebergehen; die Syntheſe und das Subject, an dem ſie erſcheinen, iſt das Pro - duct der eigenen Reflexion ihres Begriffs. Wenn die begriffloſe Betrachtung bey ihrem aͤuſſerlichen Verhaͤlt - niſſe ſtehen bleibt, ſie iſolirt und als feſte Vorausſetzun - gen laͤßt, ſo iſt es vielmehr der Begriff, der ſie ſelbſt ins Auge faßt, als ihre Seele ſie bewegt und ihre Dia - lektik hervorthut.

Diß iſt nun ſelbſt der vorhin bezeichnete Stand - punkt, nach welchem ein allgemeines Erſtes an und fuͤr ſich betrachtet, ſich als das Andre ſeiner ſelbſt zeigt. Ganz allgemein aufgefaßt, kann dieſe Beſtim - mung ſo genommen werden, daß hierin das zuerſt Un - mittelbare hiemit als Vermitteltes, bezogen auf ein andres, oder daß das Allgemeine als ein Be - ſonderes geſetzt iſt. Das zweyte, das hiedurch ent - ſtanden, iſt ſomit das Negative des Erſten; und in - dem wir auf den weitern Verlauf zum Voraus Bedacht nehmen, das erſte Negative. Das Unmittelbare iſt nach dieſer negativen Seite in dem Andern unter - gangen, aber das Andere iſt weſentlich nicht das leere Negative, das Nichts, das als das gewoͤhnliche Reſultat der Dialektik genommen wird, ſondern es iſt das Andere des Erſten, das Negative des Un - mittelbaren; alſo iſt es beſtimmt als das Vermit - telte, enthaͤlt uͤberhaupt die BeſtimmungB bdes386III. Abſchnitt. Idee.des Erſten in ſich. Das Erſte iſt ſomit weſentlich auch im Andern aufbewahrt und erhalten. Das Poſitive in ſeinem Negativen, dem Inhalt der Vorausſetzung im Reſultate feſtzuhalten, diß iſt das Wichtigſte im vernuͤnftigen Erkennen; es gehoͤrt zugleich nur die einfachſte Reflexion dazu, um ſich von der ab - ſoluten Wahrheit und Nothwendigkeit dieſes Erforderniſ - ſes zu uͤberzeugen, und was die Beyſpiele von Be - weiſen hiezu betrifft, ſo beſteht die ganze Logik darin.

Was hiemit nunmehr vorhanden iſt, iſt das Ver - mittelte, zunaͤchſt oder gleichfalls unmittelbar genom - men, auch eine einfache Beſtimmung, denn da das Erſte in ihm untergegangen, ſo iſt nur das Zweyte vorhanden. Weil nun auch das Erſte im Zweyten enthalten, und dieſes die Wahrheit von jenem iſt, ſo kann dieſe Einheit als ein Satz ausgedruͤckt werden, worin das Unmittelbare als Subject, das Vermittelte aber als deſſen Praͤdicat geſtellt iſt, z. B. das End - liche iſt unendlich, Eins iſt Vieles, das Einzelne iſt das Allgemeine. Die inadaͤquate Form ſolcher Saͤtze und Urtheile aber faͤllt von ſelbſt in die Augen. Bey dem Urtheile iſt gezeigt worden, daß ſeine Form uͤberhaupt, und am meiſten die unmit - telbare des poſitiven Urtheils unfaͤhig iſt, das Spe - culative und die Wahrheit in ſich zu faſſen. Die naͤchſte Ergaͤnzung deſſelben, das negative Urtheil muͤßte we - nigſtens ebenſoſehr beygefuͤgt werden. Im Urtheile hat das Erſte als Subject den Schein eines ſelbſtſtaͤndigen Beſtehens, da es vielmehr in ſeinem Praͤdicate als ſei - nem Andern aufgehoben iſt; dieſe Negation iſt in dem Inhalte jener Saͤtze wohl enthalten, aber ihre poſitive Form widerſpricht demſelben; es wird ſomit das nicht geſetzt, was darin enthalten iſt; was gerade die Abſicht, einen Satz zu gebrauchen, waͤre.

Die387III. Kapitel. Die abſolute Idee.

Die zweyte Beſtimmung, die Negative oder Vermittelte, iſt ferner zugleich die Vermittelnde. Zunaͤchſt kann ſie als einfache Beſtimmung genommen werden, aber ihrer Wahrheit nach iſt ſie eine Bezie - hung oder Verhaͤltniß; denn ſie iſt das Negative, aber des Poſitiven und ſchließt daſſelbe in ſich. Sie iſt alſo das Andre nicht als von einem, wogegen ſie gleichguͤltig iſt, ſo waͤre ſie kein Anderes, noch eine Beziehung oder Verhaͤltniß; ſondern das Andre an ſich ſelbſt, das Andre eines Andern; darum ſchließt ſie ihr eigenes Andres in ſich, und iſt ſomit als der Widerſpruch, die geſetzte Dialektik ihrer ſelbſt. Weil das Erſte oder Unmittelbare der Begriff an ſich, daher auch nur an ſich das Ne - gative iſt, ſo beſteht das dialektiſche Moment bey ihm darin, daß der Unterſchied, den es an ſich enthaͤlt, in ihm geſetzt wird. Das Zweyte hingegen iſt ſelbſt das Beſtimmte, der Unterſchied oder Verhaͤlt - niß; das dialektiſche Moment beſteht bey ihm daher darin, die Einheit zu ſetzen, die in ihm enthalten iſt. Wenn deßwegen das Negative, Beſtimmte, das Verhaͤltniß, Urtheil und alle unter diß zweyte Moment fallenden Beſtimmungen, nicht fuͤr ſich ſelbſt ſchon als der Widerſpruch und als dialektiſch erſcheinen, ſo iſt es bloſſer Mangel des Denkens, das ſeine Gedanken nicht zuſammenbringt. Denn das Material, die entgegen - geſetzten Beſtimmungen in Einer Beziehung, ſind ſchon geſetzt, und fuͤr das Denken vorhanden. Das formelle Denken aber macht ſich die Identitaͤt zum Ge - ſetze, laͤßt den widerſprechenden Inhalt, den es vor ſich hat, in die Sphaͤre der Vorſtellung, in Raum und Zeit herab fallen, worin das Widerſprechende im Neben - und Nach-einander, auſſer einander gehalten wird, und ſo ohne die gegenſeitige Beruͤhrung vor das Bewußtſeyn tritt. Es macht ſich daruͤber den beſtimmten Grundſatz,B b 2daß388III. Abſchnitt. Idee.daß der Widerſpruch nicht denkbar ſey; in der That aber iſt das Denken des Widerſpruchs, das weſentliche Moment des Begriffes. Das formelle Denken denkt denſelben auch factiſch, nur ſieht es ſogleich von ihm weg, und geht von ihm in jenem Sagen nur zur ab - ſtracten Negation uͤber.

Die betrachtete Negativitaͤt macht nun den Wen - dungspunkt der Bewegung des Begriffes aus. Sie iſt der einfache Punkt der negativen Bezie - hung auf ſich, der innerſte Quell aller Thaͤtigkeit, le - bendiger und geiſtiger Selbſtbewegung, die dialektiſche Seele, die alles Wahre an ihm ſelbſt hat, durch die es allein Wahres iſt; denn auf dieſer Subjectivitaͤt allein ruht das Aufheben des Gegenſatzes zwiſchen Begriff und Realitaͤt und die Einheit, welche die Wahrheit iſt. Das zweyte Negative, das Negative des Negativen, zu dem wir gekommen, iſt jenes Aufheben des Widerſpru - ches, aber iſt ſo wenig als der Widerſpruch, ein Thun einer aͤuſſerlichen Reflexion, ſondern das in - nerſte, objectivſte Moment des Lebens und Gei - ſtes, wodurch ein Subject, Perſon, Freyes iſt. Die Beziehung des Negativen auf ſich ſelbſt, iſt als die zweyte Praͤmiſſe des ganzen Schluſſes zu betrachten. Die erſte kann man, wenn die Beſtimmungen von analytiſch und ſynthetiſch in ihrem Gegenſatze gebraucht werden, als das analy - tiſche Moment anſehen, indem das Unmittelbare ſich darin unmittelbar zu ſeinem Andern verhaͤlt, und daher in daſſelbe uͤbergeht oder vielmehr uͤbergegan - gen iſt; obgleich dieſe Beziehung, wie ſchon erin - nert, eben deßwegen auch ſynthetiſch iſt, weil es ihr Anderes iſt, in welches ſie uͤbergeht. Die hier be - trachtete, zweyte Praͤmiſſe kann als die ſynthetiſche beſtimmt werden, weil ſie die Beziehung des Unter -ſchie -389III. Kapitel. Die abſolute Idee.ſchiedenen als ſolchen auf ſein Unterſchiede - nes iſt. Wie die Erſte das Moment der Allge - meinheit und der Mittheilung, ſo iſt die zweyte durch die Einzelnheit beſtimmt, die zunaͤchſt aus - ſchlieſſend und als fuͤr ſich und verſchieden, ſich auf das Andere bezieht. Als das Vermittelnde erſcheint das Negative, weil es ſich ſelbſt und das Unmittelbare in ſich ſchließt, deſſen Negation es iſt. Inſofern dieſe beyden Beſtimmungen nach irgend einem Verhaͤltniſſe als aͤuſſerlich bezogen genommen werden, iſt es nur das vermittelnde Formelle; als die abſolute Negativitaͤt aber iſt das negative Moment der abſoluten Vermitt - lung, die Einheit, welche die Subjectivitaͤt und Seele iſt.

In dieſem Wendepunkt der Methode kehrt der Ver - lauf des Erkennens zugleich in ſich ſelbſt zuruͤck. Dieſe Negativitaͤt, iſt als der ſich aufhebende Widerſpruch, die Herſtellung der erſten Unmittelbarkeit, der einfachen Allgemeinheit; denn unmittelbar iſt das Andre des Andern, das Negative des Negativen, das Poſitive, Identiſche, Allgemeine. Diß zwey - te Unmittelbare iſt im ganzen Verlauffe, wenn man uͤberhaupt zaͤhlen will, das Dritte, zum erſten Un - mittelbaren und zum Vermittelten. Es iſt aber auch das Dritte zum erſten oder formellen Negativen, und zur abſoluten Negativitaͤt oder dem zweyten Negativen; inſofern nun jenes erſte Negative ſchon der zweyte Ter - minus iſt, ſo kann das als Dritte gezaͤhlte auch als Viertes gezaͤhlt, und ſtatt der Triplicitaͤt die ab - ſtracte Form als eine Quadruplicitaͤt genommen werden; das Negative oder der Unterſchied iſt auf dieſe Weiſe als eine Zweyheit gezaͤhlt. Das Dritte oder das Vierte iſt uͤberhaupt die Einheit des erſten und zweyten Moments, des Unmittelbaren und des Ver - mittelten. Daß es dieſe Einheit, ſo wie daß diegan -390III. Abſchnitt. Idee.ganze Form der Methode eine Triplicitaͤt iſt, iſt zwar ganz nur die oberflaͤchliche, aͤuſſerliche Seite der Weiſe des Erkennens; aber auch nur dieſe, und zwar in be - ſtimmterer Anwendung aufgezeigt zu haben, denn die abſtracte Zahlform ſelbſt iſt bekanntlich ſchon fruͤh, aber ohne Begriff, und daher ohne Folge aufgeſtellt wor - den, gleichfalls als ein unendliches Verdienſt der Kantiſchen Philoſophie anzuſehen. Der Schluß, auch das Dreifache, iſt als die allgemeine Form der Vernunft immer erkannt worden, theils aber galt er uͤberhaupt als eine ganz aͤuſſerliche, die Natur des Inhalts nicht beſtimmende Form, theils da er im formellen Sinne bloß in der verſtaͤndigen Beſtimmung der Identitaͤt ſich verlaͤuft, fehlt ihm das weſentliche, dialektiſche Moment, die Negativitaͤt; dieſes tritt aber in der Triplicitaͤt der Beſtimmungen ein, weil das Dritte die Einheit der zwey erſten Beſtimmungen iſt, dieſe aber, da ſie verſchiedene ſind, in Einheit nur als aufge - hobene ſeyn koͤnnen. Der Formalismus hat ſich zwar der Triplicitaͤt gleichfalls bemaͤchtigt, und ſich an das leere Schema derſelben gehalten; der ſeichte Un - fug und das Kahle des modernen philoſophiſchen ſoge - nannten Conſtruirens, das in nichts beſteht, als jenes formelle Schema, ohne Begriff und immanente Beſtimmung uͤberall anzuhaͤngen, und zu einem aͤuſſerli - chen Ordnen zu gebrauchen, hat jene Form langweilig und uͤbel beruͤchtigt gemacht. Durch die Schaalheit die - ſes Gebrauchs aber kann ſie an ihrem innern Werthe nicht verlieren, und es iſt immer hoch zu ſchaͤtzen, daß zunaͤchſt auch nur die unbegriffene Geſtalt des Vernuͤnf - tigen aufgefunden worden.

Naͤher iſt nun das Dritte das Unmittelbare aber durch Aufhebung der Vermittlung, das Ein - fache durch Aufheben des Unterſchiedes, dasPo -391III. Kapitel. Die abſolute Idee.Poſitive durch Aufheben des Negativen, der Begriff, der ſich durch das Andersſeyn realiſirt, und durch Auf - heben dieſer Realitaͤt mit ſich zuſammengegangen, und ſeine abſolute Realitaͤt, ſeine einfache Beziehung auf ſich hergeſtellt hat. Diß Reſultat iſt daher die Wahrheit. Es iſt ebenſoſehr Unmittelbarkeit als Vermittlung; aber dieſe Formen des Urtheils; das Dritte iſt Unmittelbarkeit und Vermittlung, oder es iſt die Einheit derſelben, ſind nicht vermoͤgend, es zu faſſen, weil es nicht ein ruhendes Drittes, ſon - dern eben als dieſe Einheit, die ſich mit ſich ſelbſt ver - mittelnde Bewegung und Thaͤtigkeit iſt. Wie das Anfangende das Allgemeine, ſo iſt das Reſultat das Einzelne, Concrete, Subject; was jenes an ſich, iſt dieſes nun ebenſoſehr fuͤr ſich, das All - gemeine iſt im Subjecte geſetzt. Die beyden erſten Momente der Triplicitaͤt ſind die abſtracten, un - wahren Momente, die eben darum dialektiſch ſind, und durch dieſe ihre Negativitaͤt ſich zum Subjecte machen. Der Begriff ſelbſt iſt, fuͤr uns zunaͤchſt, ſowohl das An ſich ſeyende Allgemeine, als das Fuͤr ſich ſeyende Negative, als auch das Dritte an und fuͤr ſich ſeyende, das Allgemeine, welches durch alle Momente des Schluſſes hindurchgeht; aber das Dritte iſt der Schluß - ſatz, in welchem er durch ſeine Negativitaͤt mit ſich ſelbſt vermittelt, hiemit fuͤr ſich als das Allgemeine und Identiſche ſeiner Momente geſetzt iſt.

Diß Reſultat, hat nun als das in ſich gegangene und mit ſich identiſche Ganze, ſich die Form der Unmittelbarkeit wieder gegeben. Somit iſt es nun ſelbſt ein ſolches, wie das Anfangende ſich be - ſtimmt hatte. Als einfache Beziehung auf ſich iſt es ein Allgemeines, und die Negativitaͤt, welche die Dialektik und Vermittlung deſſelben ausmachte, iſt indie -392III. Abſchnitt. Idee.dieſer Allgemeinheit gleichfalls in die einfache Be - ſtimmtheit zuſammengegangen, welche wieder ein An - fang ſeyn kann. Es kann zunaͤchſt ſcheinen, daß diß Er - kennen des Reſultats eine Analyſe deſſelben ſeyn und da - her diejenigen Beſtimmungen und deren Gang wieder aus einanderlegen muͤſſe, durch den es entſtanden und der betrachtet worden iſt. Wenn aber die Behandlung des Gegenſtands, wirklich auf dieſe analytiſche Weiſe ge - macht wird, ſo gehoͤrt ſie der oben betrachteten Stuffe der Idee, dem ſuchenden Erkennen, an, das von ſeinem Gegenſtand nur angibt, was iſt, ohne die Nothwen - digkeit ſeiner concreten Identitaͤt und deren Begriff. Die Methode der Wahrheit aber, die den Gegenſtand begreift, iſt zwar, wie gezeigt ſelbſt analytiſch, da ſie ſchlechthin im Begriffe bleibt, aber ſie iſt ebenſoſehr ſyn - thetiſch, denn durch den Begriff wird der Gegenſtand dialektiſch und als Anderer beſtimmt. Die Methode bleibt an der neuen Grundlage, die das Reſultat als der nunmehrige Gegenſtand ausmacht, dieſelbe, als bey dem vorhergehenden. Der Unterſchied betrifft allein das Verhaͤltniß der Grundlage als ſolcher; ſie iſt diß zwar itzt gleichfalls, aber ihre Unmittelbarkeit iſt nur Form, weil ſie zugleich Reſultat war; ihre Beſtimmt - heit als Inhalt iſt daher nicht mehr ein bloß aufgenom - menes, ſondern abgeleitetes und erwieſenes.

Hier iſt es erſt, wo der Inhalt des Erkennens als ſolcher in den Kreis der Betrachtung eintritt, weil er nun als abgeleiteter der Methode angehoͤrt. Die Methode ſelbſt erweitert ſich durch diß Moment zu ei - nem Syſteme. Zunaͤchſt mußte fuͤr ſie der An - fang in Anſehung des Inhalts ganz unbeſtimmt ſeyn; ſie erſcheint inſofern als die nur formelle Seele, fuͤr und durch welche der Anfang ganz allein nur ſeiner Form nach, nemlich als das Unmittelbare und Allge -mei -393III. Kapitel. Die abſolute Idee.meine beſtimmt war. Durch die aufgezeigte Bewegung hat der Gegenſtand eine Beſtimmtheit fuͤr ſich ſelbſt erhalten, die ein Inhalt iſt, weil die in die Einfach - heit zuſammengegangene Negativitaͤt die aufgehobene Form iſt, und als einfache Beſtimmtheit, ihrer Entwick - lung, zunaͤchſt ihrem Gegenſatze ſelbſt gegen die Allge - meinheit, gegenuͤberſteht.

Indem nun dieſe Beſtimmtheit die naͤchſte Wahr - heit des unbeſtimmten Anfangs iſt, ſo ruͤgt ſie denſelben als etwas unvollkommenes, ſo wie die Methode ſelbſt, die von demſelben ausgehend nur formell war. Diß kann als die nunmehr beſtimmte Foderung ausgedruͤckt werden, daß der Anfang, weil er gegen die Beſtimmt - heit des Reſultats, ſelbſt ein Beſtimmtes iſt, nicht als Unmittelbares, ſondern als Vermitteltes und Abgeleitetes genommen werden ſoll; was als die Foderung des un - endlichen ruckwarts gehenden Progreſſes im Beweiſen und Ableiten erſcheinen kann; ſo wie aus dem neuen Anfang, der erhalten worden iſt, durch den Verlauf der Methode gleichfalls ein Reſultat hervorgeht, ſo daß der Fortgang ſich eben ſo vorwarts ins Unendliche fortwaͤlzt.

Es iſt ſchon oft gezeigt worden, daß der unend - liche Progreß uͤberhaupt der begriffloſen Reflexion ange - hoͤrt; die abſolute Methode, die den Begriff zu ihrer Seele und Inhalt hat, kann nicht in denſelben fuͤhren. Zunaͤchſt koͤnnen ſchon ſolche Anfaͤnge wie Seyn, We - ſen, Allgemeinheit von der Art zu ſeyn ſcheinen, daß ſie die ganze Allgemeinheit und Inhaltsloſigkeit ha - ben, welche fuͤr einen ganz formellen Anfang, wie er ſeyn ſoll, erfodert wird, und daher als abſolut erſte Anfaͤnge keinen weitern Ruͤckgang fodern und zulaſſen. Indem ſie reine Beziehungen auf ſich ſelbſt, Unmittel -bare394III. Abſchnitt. Idee.bare und Unbeſtimmte ſind, ſo haben ſie allerdings den Unterſchied nicht an ihnen, der an einem ſonſtigen An - fange ſogleich zwiſchen der Allgemeinheit ſeiner Form und ſeinem Inhalte geſetzt iſt. Aber die Unbeſtimmt - heit, welche jene logiſche Anfaͤnge zu ihrem einzigen Inhalte haben, iſt es ſelbſt, was ihre Beſtimmtheit ausmacht, dieſe beſteht nemlich in ihrer Negativitaͤt, als aufgehobener Vermittlung; die Beſonderheit von die - ſer gibt auch ihrer Unbeſtimmtheit eine Beſonderheit, wodurch ſich Seyn, Weſen und Allgemeinheit von einander unterſcheiden. Die Beſtimmtheit nun, die ihnen zukommt, iſt ihre, wie ſie fuͤr ſich genommen wer - den, unmittelbare Beſtimmtheit, ſo gut als die irgend eines Inhalts, und bedarf daher einer Ablei - tung; fuͤr die Methode iſt es gleichguͤltig, ob die Be - ſtimmtheit als Beſtimmtheit der Form oder des In - halts genommen werde. Es faͤngt deßwegen in der That fuͤr die Methode keine neue Weiſe damit, daß ſich durch das erſte ihrer Reſultate ein Inhalt beſtimmt ha - be; ſie bleibt hiemit nicht mehr noch weniger formell als vorher. Denn da ſie die abſolute Form, der ſich ſelbſt und Alles als Begriff wiſſende Begriff iſt, ſo iſt kein Inhalt, der ihr gegenuͤbertraͤte, und ſie zur einſei - tigen, aͤuſſerlichen Form beſtimmte. Wie daher die In - haltsloſigkeit jener Anfaͤnge ſie nicht zu abſoluten An - faͤngen macht, ſo iſt es aber auch nicht der Inhalt, der als ſolcher die Methode in den unendlichen Progreß vor - oder ruͤckwaͤrts fuͤhrte. Von einer Seite, iſt die Beſtimmtheit, welche ſie ſich in ihrem Reſultate er - zeugt, das Moment, wodurch ſie die Vermittlung mit ſich iſt, und den unmittelbaren Anfang zu ei - nem Vermittelten macht. Aber umgekehrt iſt es die Beſtimmtheit, durch welche ſich dieſe ihre Ver - mittlung verlauft; ſie geht durch einen Inhalt als durch ein ſcheinbares Andre ihrer ſelbſt, zu ihremAn -395III. Kapitel. Die abſolute Idee.Anfange ſo zuruͤck, daß ſie nicht bloß denſelben aber als einen beſtimmten wieder herſtellt, ſondern das Re - ſultat iſt ebenſoſehr die aufgehobene Beſtimmtheit, ſomit auch die Wiederherſtellung der erſten Unbeſtimmtheit, in welcher ſie angefangen. Diß leiſtet ſie als ein Sy - ſtem der Totalitaͤt. In dieſer Beſtimmung iſt ſie noch zu betrachten.

Die Beſtimmtheit, welche Reſultat war, iſt, wie ge - zeigt worden, um der Form der Einfachheit willen, in welche ſie zuſammengegangen, ſelbſt ein neuer Anfang; indem er von ſeinem vorhergehenden, durch eben die - ſe Beſtimmtheit unterſchieden iſt, ſo waͤlzt ſich das Er - kennen von Inhalt zu Inhalt fort. Vors erſte beſtimmt ſich diß Fortgehen dahin, daß es von einfachen Be - ſtimmtheiten beginnt, und die folgenden immer reicher und concreter werden. Denn das Reſultat enthaͤlt ſeinen Anfang, und deſſen Verlauf hat ihn um eine neue Beſtimmtheit bereichert. Das Allgemeine macht die Grundlage aus; der Fortgang iſt deßwegen nicht als ein Flieſſen von einem Andern zu einem An - dern zu nehmen. Der Begriff, in der abſoluten Me - thode erhaͤlt ſich in ſeinem Andersſeyn, das Allge - meine in ſeiner Beſonderung, in dem Urtheile und der Realitaͤt; es erhebt auf jede Stuffe weiterer Beſtim - mung die ganze Maſſe ſeines vorhergehenden Inhalts, und verliert durch ſein dialektiſches Fortgehen nicht nur nichts, noch laͤßt es etwas dahinten, ſondern traͤgt al - les Erworbene mit ſich, und bereichert und verdichtet ſich in ſich.

Dieſe Erweiterung kann als das Moment des Inhalts und im Ganzen als die erſte Praͤmiſſe ange - ſehen werden; das Allgemeine iſt dem Reichthume des Inhalts mitgetheilt, unmittelbar in ihm erhalten. Aber396III. Abſchnitt. Idee.Aber das Verhaͤltniß hat auch die zweyte, negative oder dialektiſche Seite. Die Bereicherung geht an der Noth - wendigkeit des Begriffes fort, ſie iſt von ihm ge - halten, und jede Beſtimmung iſt eine Reflexion in ſich. Jede neue Stuffe des Auſſerſichgehens, das heißt, der weitern Beſtimmung, iſt auch ein In - ſich - gehen, und die groͤſſere Ausdehnung, ebenſoſehr hoͤhere Intenſitaͤt. Das Reichſte iſt daher das Concreteſte und Subjectivſte, und das ſich in die einfachſte Tiefe zuruͤcknehmende, das Maͤchtigſte und Uebergreiffendſte. Die hoͤchſte zugeſchaͤrfteſte Spitze iſt die reine Perſoͤnlichkeit, die allein durch die ab - ſolute Dialektik, die ihre Natur iſt, ebenſoſehr Alles in ſich befaßt und haͤlt, weil ſie ſich zum Frei - ſten macht, zur Einfachheit, welche die erſte Unmit - telbarkeit und Allgemeinheit iſt.

Auf dieſe Weiſe iſt es, daß jeder Schritt des Fortgangs im Weiterbeſtimmen, indem er von dem unbeſtimmten Anfang ſich entfernt, auch eine Ruͤck - annaͤherung zu demſelben iſt, daß ſomit das, was zunaͤchſt als verſchieden erſcheinen mag, das ruͤck - warts gehende Begruͤnden des Anfangs, und das vorwartsgehende Weiterbeſtimmen deſ - ſelben in einander faͤllt und daſſelbe iſt. Die Metho - de, die ſich hiemit in einen Kreis ſchlingt, kann aber in einer zeitlichen Entwicklung es nicht anticipiren, daß der Anfang ſchon als ſolcher ein abgeleitetes ſey; fuͤr ihn in ſeiner Unmittelbarkeit iſt es genuͤgend, daß er einfache Allgemeinheit iſt. Inſofern er diß iſt, hat er ſeine vollſtaͤndige Bedingung; und es braucht nicht de - precirt zu werden, daß man ihn nur proviſoriſch und hypothetiſch gelten laſſen moͤge. Was man gegen ihn vorbringen moͤchte, etwa von den Schran - ken der menſchlichen Erkenntniß, von dem Erforderniß,ehe397III. Kapitel. Die abſolute Idee.ehe man an die Sache gehe, das Inſtrument des Er - kennens kritiſch zu unterſuchen, ſind ſelbſt Voraus - ſetzungen, die als concrete Beſtimmungen die Foderung ihrer Vermittlung und Begruͤndung mit ſich fuͤhren. Da ſie hiemit formell nichts vor dem An - fange mit der Sache, gegen den ſie proteſtiren, vor - aus haben, und vielmehr wegen des concretern Inhalts einer Ableitung beduͤrftig ſind, ſo ſind ſie nur fuͤr eitle An - maſſungen zu nehmen, daß auf ſie vielmehr als etwas anderes zu achten ſey. Sie haben einen unwahren In - halt, indem ſie das als endlich und unwahr Bekannte zu einem Unumſtoͤßlichen und Abſoluten machen, nemlich ein beſchraͤnktes, als Form und Inſtrument gegen ſeinen Inhalt beſtimmtes Erkennen; dieſes un - wahre Erkennen iſt ſelbſt auch die Form, das Begruͤnden, das ruͤckwarts geht. Auch die Methode der Wahr - heit weiß den Anfang als ein Unvollkommenes, weil er Anfang iſt, aber zugleich diß Unvollkommene uͤber - haupt, als ein Nothwendiges, weil die Wahrheit nur das Zu-ſich-ſelbſt-kommen durch die Negativitaͤt der Un - mittelbarkeit iſt. Die Ungeduld, die uͤber das Be - ſtimmte, es heiſſe Anfang, Object, Endliches, oder in welcher Form es ſonſt genommen werde, nur hin - aus, und unmittelbar ſich im Abſoluten befinden will, hat als Erkenntniß nichts vor ſich, als das leere Ne - gative, das abſtracte Unendliche; oder ein gemeyn - tes Abſolutes, das ein gemeyntes iſt, weil es nicht geſetzt, nicht erfaßt iſt; erfaſſen laͤßt es ſich nur durch die Vermittlung des Erkennens, von der das Allgemeine und Unmittelbare ein Moment, die Wahr - heit ſelbſt aber nur im ausgebreiteten Verlauf und im Ende iſt. Fuͤr das ſubjective Beduͤrfniß der Unbe - kanntſchaft und deren Ungeduld kann wohl eine Ueber - ſicht des Ganzen zum Voraus gegeben werden, durch eine Eintheilung fuͤr die Reflexion, die von demAll -398III. Abſchnitt. Idee.Allgemeinen nach der Weiſe des endlichen Erkennens das Beſondere, als ein Vorhandenes und in der Wiſſenſchaft zu erwartendes angibt. Doch gewaͤhrt diß mehr nicht als ein Bild der Vorſtellung; denn der wahrhafte Uebergang vom Allgemeinen zum Beſondern und zu dem an und fuͤr ſich beſtimmten Ganzen, worin jenes erſte Allgemeine ſelbſt nach ſeiner wahrhaften Beſtimmung wieder Moment iſt, iſt jener Weiſe der Ein - theilung fremde, und iſt allein die Vermittlung der Wiſſenſchaft ſelbſt.

Vermoͤge der aufgezeigten Natur der Methode ſtellt ſich die Wiſſenſchaft als einen in ſich geſchlungenen Kreis dar, in deſſen Anfang, den einfachen Grund, die Vermittlung das Ende zuruͤckſchlingt; dabey iſt die - ſer Kreis ein Kreis von Kreiſen; denn jedes ein - zelne Glied, als Beſeeltes der Methode, iſt die Reflexion in - ſich, die, indem ſie in den Anfang zuruͤckkehrt, zu - gleich der Anfang eines neuen Gliedes iſt. Bruchſtuͤcke dieſer Kette ſind die einzelnen Wiſſenſchaften, deren jede ein Vor und ein Nach hat, oder genauer ge - ſprochen, nur das Vor hat, und in ihrem Schluſſe ſelbſt ihr Nach zeigt.

So iſt denn auch die Logik in der abſoluten Idee zu dieſer einfachen Einheit zuruͤckgegangen, welche ihr Anfang iſt; die reine Unmittelbarkeit des Seyns, in dem zuerſt alle Beſtimmung als ausgeloͤſcht oder durch die Abſtraction weggelaſſen erſcheint, iſt die durch die Vermittlung, nemlich die Aufhebung der Vermittlung zu ihrer entſprechenden Gleichheit mit ſich gekommene Idee. Die Methode iſt der reine Begriff, der ſich nur zu ſich ſelbſt verhaͤlt; ſie iſt daher die einfache Be - ziehung auf ſich, welche Seyn iſt. Aber es iſt nun auch erfuͤlltes Seyn, der ſich begreiffende Begriff, das Seyn als die concrete, eben ſoſchlecht -399III. Kapitel. Die abſolute Idee.ſchlech[t]hin intenſive Totalitaͤt. Es iſt von dieſer Idee zum Schluſſe nur noch diß zu erwaͤhnen, daß in ihr erſtlich die logiſche Wiſſenſchaft ihren eige - nen Begriff erfaßt hat. Bey dem Seyn, dem An - fange ihres Inhalts erſcheint ihr Begriff als ein dem - ſelben aͤuſſerliches Wiſſen in ſubjectiver Reflexion. In der Idee des abſoluten Erkennens aber iſt er zu ihrem eigenem Inhalte geworden. Sie iſt ſelbſt der reine Begriff, der ſich zum Gegenſtande hat, und der, indem er ſich als Gegenſtand die Totalitaͤt ſeiner Beſtimmun - gen durchlaͤuft, ſich zum Ganzen ſeiner Realitaͤt, zum Syſteme der Wiſſenſchaft ausbildet, und damit ſchließt, diß Begreiffen ſeiner ſelbſt zu erfaſſen, ſomit ſeine Stel - lung als Inhalt und Gegenſtand aufzuheben, und den Begriff der Wiſſenſchaft zu erkennen. Zweytens iſt dieſe Idee noch logiſch, ſie iſt in den reinen Gedan - ken eingeſchloſſen, die Wiſſenſchaft nur des goͤttlichen Begriffs. Die ſyſtematiſche Ausfuͤhrung iſt zwar ſelbſt eine Realiſation, aber innerhalb derſelben Sphaͤre gehalten. Weil die reine Idee des Erkennens inſofern in die Subjectivitaͤt eingeſchloſſen iſt, iſt ſie Trieb, dieſe aufzuheben, und die reine Wahrheit wird als letz - tes Reſultat auch der Anfang einer andern Sphaͤ - re und Wiſſenſchaft. Dieſer Uebergang bedarf hier nur noch angedeutet zu werden.

Indem die Idee ſich nemlich als abſolute Einheit des reinen Begriffs und ſeiner Realitaͤt ſetzt, ſomit in die Unmittelbarkeit des Seyns zuſammennimmt, ſo iſt ſie als die Totalitaͤt in dieſer Form, Natur. Dieſe Beſtimmung iſt aber nicht ein Gewordenſeyn und Uebergang, wie, nach oben, der ſubjective Be - griff in ſeiner Totalitaͤt zur Objectivitaͤt, auch der ſubjective Zweck zum Leben wird. Die reine Idee, in welcher die Beſtimmtheit oder Realitaͤt des Be - griffes ſelbſt zum Begriffe erhoben iſt, iſt vielmehr ab -ſo -400III. Abſchnitt. Idee.ſolute Befreyung, fuͤr welche keine unmittelbare Be - ſtimmung mehr iſt, die nicht ebenſoſehr geſetzt und der Begriff iſt; in dieſer Freyheit findet daher kein Ueber - gang Statt, das einfache Seyn, zu dem ſich die Idee beſtimmt, bleibt ihr vollkommen durchſichtig, und iſt der in ſeiner Beſtimmung bey ſich ſelbſt bleibende Begriff. Das Uebergehen iſt alſo hier vielmehr ſo zu faſſen, daß die Idee ſich ſelbſt frey entlaͤßt, ihrer abſolut ſicher und in ſich ruhend. Um dieſer Freyheit willen iſt die Form ihrer Beſtimmtheit eben ſo ſchlechthin frey, die abſolut fuͤr ſich ſelbſt ohne Subjectivitaͤt ſeyende Aeuſſerlichkeit des Raums und der Zeit. Inſofern dieſe nur nach der abſtracten Unmittelbarkeit des Seyns iſt und vom Bewußtſeyn gefaßt wird, iſt ſie als bloſſe Objectivitaͤt und aͤuſſerliches Leben; aber in der Idee bleibt ſie an und fuͤr ſich die Totalitaͤt des Be - griffs, und die Wiſſenſchaft im Verhaͤltniſſe des goͤttli - chen Erkennens zur Natur. Dieſer naͤchſte Entſchluß der reinen Idee ſich als aͤuſſerliche Idee zu beſtimmen, ſetzt ſich aber damit nur die Vermittlung, aus welcher ſich der Begriff als freye aus der Aeuſſerlichkeit in ſich gegangene Exiſtenz emporhebt, in der Wiſſenſchaft des Geiſtes ſeine Befreyung durch ſich vollendet, und den hoͤchſten Begriff ſeiner ſelbſt in der logiſchen Wiſſen - ſchaft, als dem ſich begreiffenden reinen Begriffe, findet.

Verbeſſerungen.

  • S. 224. letzte Zeile, ſtatt: Totalitaͤt; ſo lies: Totalitaͤt iſt ſo
  • S. 324. Z. 3. v. unten ſtatt: Xm I I lies: Xm 1 I
Anhang.401

Anhang.

In der Verlagshandlung iſt ferner erſchienen, und durch jede gute Buchhandlung zu haben:

  • Betrachtungen uͤber den gegenwaͤrtigen Zuſtand der Philoſophie in Deutſchland uͤberhaupt, und uͤber die Schellingiſche Philoſophie im Beſondern. gr. 8. 1813. 1 thlr. 6 gr. oder 1 fl. 57 kr.

Die Schellingiſche Philoſophie hat ungeachtet ei - nes vieljaͤhrigen Kampfes mit ihren zahlreichen Gegnern einen entſchiedenen Einfluß auf alle Anſichten von der Religion, Wiſſenſchaft und Kunſt errungen, und Keiner kann ſie nun mehr ignoriren, wenn er ſich ein ſelbſt - ſtaͤndiges Urtheil uͤber den gegenwaͤrtigen Zuſtand der hoͤhern Kultur in Deutſchland bilden will. Nichts deſto weniger herrſchen uͤber ſie unter ihren Anhaͤngern und Gegnern die verſchiedenartigſten und mit unter verkehr - teſten Meinungen, welche in vielfacher Ruͤckſicht ſehr nachtheilig auf das Ganze zuruͤckwuͤrken. Um ſo will -C ckom -402kommener muß allen Freunden der philoſophiſchen Wiſ - ſenſchaften und einer wahren hoͤhern Bildung eine Schrift ſeyn, in welcher die ſo viel beſprochene und ſo wenig gekannte Schellingiſche Philoſophie ſowohl in Beziehung auf die gleichzeitigen Philoſopheme als nach ihrer Ei - genthuͤmlichkeit und ihrem Zuſammenhange mit andern Wiſſenſchaften mit Umgehung unverſtaͤndlicher Kunſt - ausdruͤcke ſo faßlich dargeſtellt iſt, als es wohl noch in keinem zu dieſem Zwecke erſchienenen Werke ge - ſchehen iſt.

  • Kritik der Schrift Darſtellung des Weſens der Philoſophie des Hrn. Friedr. Koͤppen von Friedr. Schafberger, nebſt Darlegung der eige - nen Anſichten des Verfaſſers. gr. 8. 1813. 1 thlr. oder 1 fl. 36 kr.

Dieſe eben ſo gruͤndlich als geiſtreich verfaßte Pruͤfung der Philoſophie eines Mannes, der von viel - ſeitiger Wirkung auf die Nation iſt, verdient um ſo mehr die allgemeine Aufmerkſamkeit, da dieſe Philoſophie mit der eines andern Gelehrten von großem Ruf und Ein - fluß in der genaueſten Verbindung ſteht; weshalb vor - liegende Schrift als ein merkwuͤrdiger Beitrag zu dem juͤngſt begonnenen großen Kampf auf dem Gebiet deut - ſcher Philoſophie zu betrachten iſt.

Kalk -403
  • Kalkreuth, Graf von, der Dialog. gr. 8. 1811. 1 thlr. 21 gr. oder 3 fl. 30 kr.

Ewig wird uns der goͤttliche Platon ein unerreich - tes Muſter des philoſophiſchen Dialogs bleiben. Als ein ſchoͤner Fortſchritt zu dieſem hohen Ziele darf gegen - waͤrtiges Werk empfohlen werden. Gleich befriedigend fuͤr die Anforderungen der Wiſſenſchaft und Kunſt wer - den hier die hoͤchſten Aufgaben der Philoſophie in freyer lebendiger Mittheilung entwickelt. Mit geiſtreicher Leich - tigkeit und wahrhaft platoniſcher Kunſt leitet jedes die - ſer tiefſinnigen Geſpraͤche ſich ein, und nicht ſelten wird der Leſer auf Stellen treffen, die, aus der Tiefe der Weltanſchauung hervorgegangen, als ewige Geſtirne in Platons unſterblichen Dialogen zu glaͤnzen verdienten.

  • Allgemeine Zeitſchrift von Deutſchen fuͤr Deutſche, herausgegeben von F. W. J. Schelling. 4 Hefte, gr. 8. 4 thlr. 16 gr. oder 7 fl. 12 kr.
  • Hegel, Dr. G. W. Fr. Wiſſenſchaft der Logik. I. Band 1te Abtheil. (Die Lehre vom Seyn. ) 1 thlr. 12 gr. oder 2 fl. 24 kr.
    • I. Band 2te Abtheilung. (Die Lehre vom Weſen. ) 1 thlr. 6 gr. oder 2 fl.
    • II. Band. (Die Lehre vom Begriff. ) 2 thlr. 6 gr. oder 3 fl. 48 kr.
    • Das ganze Werk, 68 Bogen ſtark, koſtet complett 5 thlr. oder 8 fl. 12 kr.

About this transcription

TextWissenschaft der Logik
Author Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Extent425 images; 98399 tokens; 6783 types; 723751 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationWissenschaft der Logik Zweiter Band Georg Wilhelm Friedrich Hegel. . X, 403 S. SchragNürnberg1816.

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Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz SBB-PK, Nm 8188-2 Rhttp://stabikat.de/DB=1/SET=12/TTL=1/CMD?ACT=SRCHA&IKT=1016&SRT=YOP&TRM=41562004X

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Philosophie; Wissenschaft; Philosophie; core; ready; china

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  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
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ShelfmarkSBB-PK, Nm 8188-2 R
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