Buchdruckerei der J. G. Cotta'schen Buchhandlung in Stuttgart.
Zu dem Ziele hinstrebend, welches ich mir nach dem Maaß meiner Kräfte und dem jetzigen Zustande der Wissenschaften als erreichbar gedacht, habe ich in zwei schon erschienenen Bänden des Kosmos die Natur unter einem zwiefachen Gesichtspunkte betrachtet. Ich habe sie darzustellen versucht zuerst in der reinen Objectivität äußerer Erscheinung, dann in dem Reflex eines, durch die Sinne empfangenen Bildes auf das Innere des Menschen, auf seinen Ideenkreis und seine Gefühle.
Die Außenwelt der Erscheinungen ist unter der wissenschaftlichen Form eines allgemeinen Naturgemäldes in ihren zwei großen Sphären, der uranologischen und der tellurischen, geschildert worden. Es beginnt dasselbe mit den Sternen, die in den fernsten Theilen des Weltraumes zwischen Nebelflecken aufglimmen, und steigt durch unser Planetensystem bis zur irdischen Pflanzendecke und zu den kleinsten, oft von der Luft getragenen, dem unbewaffneten Auge4 verborgenen Organismen herab. Um das Dasein eines gemeinsamen Bandes, welches die ganze Körperwelt umschlingt, um das Walten ewiger Gesetze und den ursachlichen Zusammenhang ganzer Gruppen von Erscheinungen, so weit derselbe bisher erkannt worden ist, anschaulicher hervortreten zu lassen, mußte die Anhäufung vereinzelter Thatsachen vermieden werden. Eine solche Vorsicht schien besonders da erforderlich, wo sich in der tellurischen Sphäre des Kosmos, neben den dynamischen Wirkungen bewegender Kräfte, der mächtige Einfluß specifischer Stoffverschiedenheit offenbart. In der siderischen oder uranologischen Sphäre des Kosmos sind für das, was der Beobachtung erreichbar wird, die Probleme, ihrem Wesen nach, von bewundernswürdiger Einfachheit; fähig, nach der Theorie der Bewegung, durch die anziehenden Kräfte der Materie und die Quantität ihrer Masse einer strengen Rechnung zu unterliegen. Sind wir, wie ich glaube, berechtigt die kreisenden Meteor-Asteroiden für Theile unseres Planetensystems zu halten, so setzen diese allein uns, durch ihren Fall auf den Erdkörper, in Contact1 mit erkennbar ungleichartigen Stoffen des Weltraumes. Ich bezeichne hier die Ursach, weshalb die irdischen Erscheinungen bisher einer mathematischen Gedankenentwickelung minder glücklich und minder allgemein unterworfen worden sind als die, sich gegenseitig störenden und wieder ausgleichenden Bewegungen der Weltkörper, in denen für unsere Wahrnehmung nur die Grundkraft gleichartiger Materie waltet.
Mein Bestreben war darauf gerichtet, in dem Naturgemälde der Erde durch eine bedeutsame Anreihung der Erscheinungen ihren ursachlichen Zusammenhang ahnden5 zu lassen. Es wurde der Erdkörper geschildert in seiner Gestaltung, seiner mittleren Dichtigkeit, den Abstufungen seines mit der Tiefe zunehmenden Wärmegehalts, seiner electro - magnetischen Strömungen und polarischen Lichtprocesse. Die Reaction des Inneren des Planeten auf seine äußere Rinde bedingt den Inbegriff vulkanischer Thätigkeit, die mehr oder minder geschlossenen Kreise von Erschütterungswellen und ihre, nicht immer bloß dynamischen Wirkungen, die Ausbrüche von Gas, von heißen Wasserquellen und Schlamm. Als die höchste Kraftäußerung der inneren Erdmächte ist die Erhebung feuerspeiender Berge zu betrachten. Wir haben so die Central - und Reihen-Vulkane geschildert, wie sie nicht bloß zerstören, sondern Stoffartiges erzeugen, und unter unseren Augen, meist periodisch, fortfahren Gebirgsarten (Eruptions-Gestein) zu bilden; wir haben gezeigt, wie, im Contraste mit dieser Bildung, Sediment-Gesteine sich ebenfalls noch aus Flüssigkeiten niederschlagen, in denen ihre kleinsten Theile aufgelöst oder schwebend enthalten waren. Eine solche Vergleichung des Werdenden, sich als Festes Gestaltenden mit dem längst als Schichten der Erdrinde Erstarrten leitet auf die Unterscheidung geognostischer Epochen, auf eine sichere Bestimmung der Zeitfolge der Formationen, welche die untergegangenen Geschlechter von Thieren und Pflanzen, die Fauna und Flora der Vorwelt, in chronologisch erkennbaren Lebensreihen umhüllen. Entstehung, Umwandlung und Hebung der Erdschichten bedingen epochenweise wechselnd alle Besonderheiten der Naturgestaltung der Erdoberfläche; sie bedingen die räumliche Vertheilung des Festen und Flüssigen, die Ausdehnung und Gliederung der Continental-Massen in horizontaler und senkrechter Richtung. 6Von diesen Verhältnissen hangen ab die thermischen Zustände der Meeresströme, die meteorologischen Processe in der luftförmigen Umhüllung des Erdkörpers, die typische und geographische Verbreitung der Organismen. Eine solche Erinnerung an die Aneinanderreihung der tellurischen Erscheinungen, wie sie das Naturgemälde dargeboten hat, genügt, wie ich glaube, um zu beweisen, daß durch die bloße Zusammenstellung großer und verwickelt scheinender Resultate der Beobachtung die Einsicht in ihren Causalzusammenhang gefördert wird. Die Deutung der Natur ist aber wesentlich geschwächt, wenn man durch zu große Anhäufung einzelner Thatsachen der Naturschilderung ihre belebende Wärme entzieht.
So wenig nun in einer, mit Sorgfalt entworfenen, objectiven Darstellung der Erscheinungswelt Vollständigkeit bei Aufzählung der Einzelheiten beabsichtigt worden ist, eben so wenig hat dieselbe erreicht werden sollen in der Schilderung des Reflexes der äußeren Natur auf das Innere des Menschen. Hier waren die Grenzen noch enger zu ziehen. Das ungemessene Gebiet der Gedankenwelt, befruchtet seit Jahrtausenden durch die treibenden Kräfte geistiger Thätigkeit, zeigt uns in den verschiedenen Menschenracen und auf verschiedenen Stufen der Bildung bald eine heitere, bald eine trübe Stimmung des Gemüths2, bald zarte Erregbarkeit und bald dumpfe Unempfindlichkeit für das Schöne. Es wird der Sinn des Menschen zuerst auf die Heiligung von Naturkräften und gewisser Gegenstände der Körperwelt geleitet; später folgt er religiösen Anregungen höherer, rein geistiger Art.3 Der innere Reflex der äußeren Natur wirkt dabei mannigfaltig auf den geheimnißvollen Proceß der7 Sprachenbildung4, in welchem zugleich ursprüngliche körperliche Anlagen und Eindrücke der umgebenden Natur als mächtige mitbestimmende Elemente auftreten. Die Menschheit verarbeitet in sich den Stoff, welchen die Sinne ihr darbieten. Die Erzeugnisse einer solchen Geistesarbeit gehören eben so wesentlich zum Bereich des Kosmos als die Erscheinungen, die sich im Inneren abspiegeln.
Da ein reflectirtes Naturbild unter dem Einfluß aufgeregter schöpferischer Einbildungskraft sich nicht rein und treu erhalten kann; so entsteht neben dem, was wir die wirkliche oder äußere Welt nennen, eine ideale und innere Welt, voll phantastischer, zum Theil symbolischer Mythen, belebt durch fabelhafte Thiergestalten, deren einzelne Glieder den Organismen der jetzigen Schöpfung oder gar den erhaltenen Resten untergegangener Geschlechter5 entlehnt sind. Auch Wunderblumen und Wunderbäume entsprießen dem mythischen Boden: wie nach den Edda-Liedern die riesige Esche, der Weltbaum Yggdrasil, dessen Aeste über den Himmel emporstreben, während eine seiner dreifachen Wurzeln bis in die „ rauschenden Kesselbrunnen “der Unterwelt reicht6. So ist das Nebelland physischer Mythen, nach Verschiedenheit der Volksstämme und der Klimate, mit anmuthigen oder mit grauenvollen Gestalten gefüllt. Jahrhunderte lang werden sie durch die Ideenkreise später Generationen vererbt.
Wenn die Arbeit, die ich geliefert, nicht genugsam dem Titel entspricht, den ich oft selbst als gewagt und unvorsichtig gewählt bezeichnet habe; so muß der Tadel der Unvollständigkeit besonders den Theil dieser Arbeit treffen, welcher das geistige Leben im Kosmos, die in die Gedanken -8 und Gefühlswelt reflectirte äußere Natur, berührt. Ich habe mich in diesem Theile vorzugsweise begnügt bei den Gegenständen zu verweilen, welche in mir der Richtung lang genährter Studien näher liegen: bei den Aeußerungen des mehr oder minder lebhaften Naturgefühls im classischen Alterthum und in der neueren Zeit; bei den Fragmenten dichterischer Naturbeschreibung, auf deren Färbung die Individualität des Volkscharakters und die religiöse, monotheistische Ansicht des Geschaffenen einen so wesentlichen Einfluß ausgeübt haben; bei dem anmuthigen Zauber der Landschaftmalerei; bei der Geschichte der physischen Weltanschauung, d. i. bei der Geschichte der in dem Laufe von zwei Jahrtausenden stufenweise entwickelten Erkenntniß des Weltganzen, der Einheit in den Erscheinungen.
Bei einem so vielumfassenden, seinem Zwecke nach zugleich wissenschaftlichen und die Natur lebendig darstellenden Werke darf ein erster, unvollkommener Versuch der Ausführung nur darauf Anspruch machen, daß er mehr durch das wirke, was er anregt, als durch das, was er zu geben vermag. Ein Buch von der Natur, seines erhabenen Titels würdig, wird dann erst erscheinen, wenn die Naturwissenschaften, trotz ihrer ursprünglichen Unvollendbarkeit, durch Fortbildung und Erweiterung einen höheren Standpunkt erreicht haben, und wenn so beide Sphären des einigen Kosmos (die äußere, durch die Sinne wahrnehmbare, wie die innere, reflectirte, geistige Welt) gleichmäßig an lichtvoller Klarheit gewinnen.
Ich glaube hiermit hinlänglich die Ursachen berührt zu haben, welche mich bestimmen mußten dem allgemeinen Naturgemälde keine größere Ausdehnung zu geben. Dem9 dritten und letzten Bande des Kosmos ist es vorbehalten vieles des Fehlenden zu ergänzen, und die Ergebnisse der Beobachtung darzulegen, auf welche der jetzige Zustand wissenschaftlicher Meinungen vorzugsweise gegründet ist. Die Anordnung dieser Ergebnisse wird hier wieder die sein, welcher ich nach den früher ausgesprochenen Grundsätzen in dem Naturgemälde gefolgt bin. Ehe ich jedoch zu den Einzelheiten übergehe, welche die speciellen Disciplinen begründen, darf es mir erlaubt sein noch einige allgemeine erläuternde Betrachtungen voranzuschicken. Das unerwartete Wohlwollen, welches meinem Unternehmen bei dem Publikum in weiten Kreisen, in - und außerhalb des Vaterlandes, geschenkt worden ist, läßt mich doppelt das Bedürfniß fühlen mich noch einmal auf das bestimmteste über den Grundgedanken des ganzen Werkes und über Anforderungen auszusprechen, die ich schon darum nicht zu erfüllen versucht habe, weil ihre Erfüllung nach meiner individuellen Ansicht unseres empirischen Wissens nicht von mir beabsichtigt werden konnte. An diese rechtfertigenden Betrachtungen reihen sich wie von selbst historische Erinnerungen an die früheren Versuche den Weltgedanken aufzufinden, der alle Erscheinungen in ihrem Causalzusammenhange auf ein einiges Princip reduciren solle.
Das Grundprincip7 meines Werkes über den Kosmos, wie ich dasselbe vor mehr als zwanzig Jahren in den französischen und deutschen zu Paris und Berlin gehaltenen Vorlesungen entwickelt habe, ist in dem Streben enthalten: die Welterscheinungen als ein Naturganzes aufzufassen; zu zeigen, wie in einzelnen Gruppen dieser Erscheinungen die ihnen gemeinsamen Bedingnisse, d. i. das Walten großer Gesetze, erkannt worden sind; wie man von den Gesetzen10 zu der Erforschung ihres ursachlichen Zusammenhanges aufsteigt. Ein solcher Drang nach dem Verstehen des Weltplans, d. h. der Naturordnung, beginnt mit Verallgemeinerung des Besondren, mit Erkenntniß der Bedingungen, unter denen die physischen Veränderungen sich gleichmäßig wiederkehrend offenbaren; er leitet zu der denkenden Betrachtung dessen, was die Empirie uns darbietet, nicht aber „ zu einer Weltansicht durch Speculation und alleinige Gedankenentwickelung, nicht zu einer absoluten Einheitslehre in Absonderung von der Erfahrung “. Wir sind, ich wiederhole es hier, weit von dem Zeitpunkt entfernt, wo man es für möglich halten konnte alle unsere sinnlichen Anschauungen zur Einheit des Naturbegriffs zu concentriren. Der sichere Weg ist ein volles Jahrhundert vor Francis Bacon schon von Leonardo da Vinci vorgeschlagen und mit wenigen Worten bezeichnet worden: cominciare dall 'esperienza e per mezzo di questa scoprirne la ragione8. In vielen Gruppen der Erscheinungen müssen wir uns freilich noch mit dem Auffinden von empirischen Gesetzen begnügen; aber das höchste, seltener erreichte Ziel aller Naturforschung ist das Erspähen des Causalzusammenhanges9 selbst. Die befriedigendste Deutlichkeit und Evidenz herrschen da, wo es möglich wird das Gesetzliche auf mathematisch bestimmbare Erklärungsgründe zurückzuführen. Die physische Weltbeschreibung ist nur in einzelnen Theilen eine Welterklärung. Beide Ausdrücke sind noch nicht als identisch zu betrachten. Was der Geistesarbeit, deren Schranken hier bezeichnet werden, großes und feierliches inwohnt, ist das frohe Bewußtsein des Strebens nach dem Unendlichen, nach dem Erfassen dessen, was in ungemessener,11 unerschöpflicher Fülle das Seiende, das Werdende, das Geschaffene uns offenbart.
Ein solches durch alle Jahrhunderte wirksames Streben mußte oft und unter mannigfaltigen Formen zu der Täuschung verführen, das Ziel erreicht, das Princip gefunden zu haben, aus dem alles Veränderliche der Körperwelt, der Inbegriff aller sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen erklärt werden könne. Nachdem lange Zeit hindurch, gemäß der ersten Grundanschauung des hellenischen Volksgeistes, in den gestaltenden, umwandelnden oder zerstörenden Naturkräften das Walten geistiger Mächte in menschlicher Form verehrt10 worden war, entwickelte sich in den physiologischen Phantasien der ionischen Schule der Keim einer wissenschaftlichen Naturbetrachtung. Der Urgrund des Entstehens der Dinge, der Urgrund aller Erscheinungen ward, nach zwei Richtungen11, aus der Annahme concreter, stoffartiger Principien, sogenannter Naturelemente, oder aus Processen der Verdünnung und Verdichtung, bald nach mechanischen, bald nach dynamischen Ansichten, abgeleitet. Die vielleicht ursprünglich indische Hypothese von vier oder fünf stoffartig verschiedenen Elementen ist von dem Lehrgedichte des Empedocles an bis in die spätesten Zeiten allen Naturphilosophemen beigemengt geblieben: ein uraltes Zeugniß und Denkmal für das Bedürfniß des Menschen, nicht bloß in den Kräften, sondern auch in qualitativer Wesenheit der Stoffe nach einer Verallgemeinerung und Vereinfachung der Begriffe zu streben.
In der späteren Entwickelung der ionischen Physiologie erhob sich Anaxagoras von Klazomenä von der Annahme bloß bewegender Kräfte der Materie zu der Idee eines von aller Materie gesonderten, ihre gleichartigen kleinsten12 Theile entmischenden Geistes. Die weltordnende Vernunft (νοῦς) beherrscht die continuirlich fortschreitende Weltbildung, den Urquell aller Bewegung und so auch aller physischen Erscheinungen. Durch die Annahme eines centrifugalen Umschwunges12, dessen Nachlassen, wie wir schon oben erwähnt, den Fall der Meteorsteine bewirkt, erklärt Anaxagoras den scheinbaren (ost-westlichen) himmlischen Kreislauf. Diese Hypothese bezeichnet den Ausgangspunkt von Wirbel-Theorien, welche mehr denn zweitausend Jahre später durch Descartes, Huygens und Hooke eine große kosmische Wichtigkeit erhielten. Ob des Klazomeniers weltordnender Geist die Gottheit selbst oder pantheistisch nur ein geistiges Princip alles Naturlebens bezeichnet13, bleibt diesem Werke fremd.
In einem grellen Contraste mit den beiden Abtheilungen der ionischen Schule steht die, das Universum ebenfalls umfassende, mathematische Symbolik der Pythagoreer. Der Blick bleibt einseitig geheftet in der Welt sinnlich wahrnehmbarer Naturerscheinungen auf das Gesetzliche in der Gestaltung (den fünf Grundformen), auf die Begriffe von Zahlen, Maaß, Harmonie und Gegensätzen. Die Dinge spiegeln sich in den Zahlen, welche gleichsam eine „ nachahmende Darstellung “(μίμησις) von ihnen sind. Die grenzenlose Wiederholbarkeit und Erhöhung der Zahlen ist der Charakter des Ewigen, der Unendlichkeit der Natur. Das Wesen der Dinge kann als Zahlenverhältnisse, ihre Veränderungen und Umbildungen können als Zahlen-Combinationen erkannt werden. Auch Plato's Physik enthält Versuche alle Wesenheit der Stoffe im Weltall und ihrer Verwandlungsstufen auf körperliche Formen und diese auf die13 einfachsten (triangularen) Flächen-Figuren14 zurückzuführen. Was aber die letzten Principien (gleichsam die Elemente der Elemente) sind, sagt Plato in bescheidenem Mißmuth, „ weiß Gott allein, und wer von ihm geliebt wird unter den Menschen “. Eine solche mathematische Behandlung physischer Erscheinungen, die Ausbildung der Atomistik, die Philosophie des Maaßes und der Harmonie, hat noch spät auf die Entwickelung der Naturwissenschaften eingewirkt, auch phantasiereiche Entdecker auf Abwege geführt, welche die Geschichte der physischen Weltanschauung bezeichnet. „ Es wohnt ein fesselnder, von dem ganzen Alterthume gefeierter Zauber den einfachen Verhältnissen der Zeit und des Raumes inne, wie sie sich in Tönen, in Zahlen und Linien offenbaren. “15
Die Idee der Weltordnung und Weltregierung tritt geläutert und erhaben in den Schriften des Aristoteles hervor. Alle Erscheinungen der Natur werden in den physischen Vorträgen (Auscultationes physicae) als bewegende Lebensthätigkeiten einer allgemeinen Weltkraft geschildert. Von dem „ unbewegten Bewegen der Welt “hängt der Himmel und die Natur16 (die tellurische Sphäre der Erscheinungen) ab. Der „ Anordner “, und der letzte Grund aller sinnlichen Veränderungen muß als ein Nicht-Sinnliches, von aller Materie Getrenntes betrachtet werden. 17Die Einheit in den verschiednen Kraftäußerungen der Stoffe wird zum Hauptprincipe erhoben, und diese Kraftäußerungen selbst werden stets auf Bewegungen reducirt. So finden wir in dem Buche von der Seele18 schon den Keim der Undulations-Theorie des Lichtes. Die Empfindung des Sehens erfolgt durch eine Erschütterung,14 eine Bewegung des Mittels zwischen dem Gesicht und dem gesehenen Gegenstande, nicht durch Ausflüsse aus dem Gegenstande oder dem Auge. Mit dem Sehen wird das Hören verglichen, da der Schall ebenfalls eine Folge der Lufterschütterung ist.
Aristoteles, indem er lehrt, durch die Thätigkeit der denkenden Vernunft in dem Besondern der wahrnehmbaren Einzelheiten das Allgemeine zu erforschen, umfaßt immer das Ganze der Natur, und den inneren Zusammenhang nicht bloß der Kräfte, sondern auch der organischen Gestalten. In dem Buche über die Theile (Organe) der Thiere spricht er deutlich seinen Glauben an die Stufenleiter der Wesen aus, in der sie von niederen zu höheren Formen aufsteigen. Die Natur geht in ununterbrochenem, fortschreitendem Entwickelungsgange von dem Unbelebten (Elementarischen) durch die Pflanzen zu den Thieren über: zunächst „ zu dem, was zwar noch kein eigentliches Thier, aber so nahe mit diesem verwandt ist, daß es sich im ganzen wenig von ihm unterscheidet. “ 19In dem Uebergange der Bildungen „ sind die Mittelstufen fast unmerklich. “ 20Das große Problem des Kosmos ist dem Stagiriten die Einheit der Natur. „ In ihr “, sagt er21 mit sonderbarer Lebendigkeit des Ausdrucks, „ ist nichts zusammenhangslos Eingeschobenes wie in einer schlechten Tragödie “.
Das naturphilosophische Streben alle Erscheinungen des einigen Kosmos Einem Erklärungs-Principe unterzuordnen ist in allen physikalischen Schriften des tiefsinnigen Weltweisen und genauen Naturbeobachters nicht zu verkennen; aber der mangelhafte Zustand des Wissens, die Unbekanntschaft mit der Methode des Experimentirens, d. h.15 des Hervorrufens der Erscheinungen unter bestimmten Bedingnissen, hinderte selbst kleine Gruppen physischer Processe in ihrem Causalzusammenhange zu erfassen. Alles wurde reducirt auf die immer wiederkehrenden Gegensätze von Kälte und Wärme, Feuchtigkeit und Dürre, primitiver Dichtigkeit und Dünne; ja auf ein Bewirken von Veränderungen in der Körperwelt durch eine Art innerer Entzweiung (Antiperistase), welche an unsere jetzigen Hypothesen der entgegengesetzten Polarität, an die hervorgerufenen Contraste von + und — erinnert. 22Die vermeinten Lösungen der Probleme geben dann die Thatsachen selbst verhüllt wieder, und der sonst überall so mächtig concise Styl des Stagiriten geht in der Erklärung meteorologischer oder optischer Processe oft in selbstgefällige Breite und etwas hellenische Vielredenheit über. Da der Aristotelische Sinn wenig auf Stoff-Verschiedenheit, vielmehr ganz auf Bewegung gerichtet ist; so tritt die Grundidee, alle tellurischen Naturerscheinungen dem Impuls der Himmelsbewegung, dem Umschwung der Himmelssphäre zuzuschreiben, wiederholt hervor: geahndet, mit Vorliebe gepflegt23, aber nicht in absoluter Schärfe und Bestimmtheit dargestellt.
Der Impuls, welchen ich hier bezeichne, deutet nur die Mittheilung der Bewegung als den Grund aller irdischen Erscheinungen an. Pantheistische Ansichten sind ausgeschlossen. Die Gottheit ist die höchste „ ordnende Einheit, welche sich in allen Kreisen der gesammten Welt offenbart, jedem einzelnen Naturwesen die Bestimmung verleiht, als absolute Macht alles zusammenhält. “ 24Der Zweckbegriff und die teleologischen Ansichten werden nicht auf die untergeordneten Naturprocesse, die der anorganischen,16 elementarischen Natur, angewandt, sondern vorzugsweise auf die höheren Organisationen25 der Thier - und Pflanzenwelt. Auffallend ist es, daß in diesen Lehren die Gottheit sich gleichsam einer Anzahl von Astralgeistern bedient, welche (wie der Massenvertheilung und der Perturbationen kundig) die Planeten in den ewigen Bahnen zu erhalten wissen. 26Die Gestirne offenbaren dabei das Bild der Göttlichkeit in der sinnlichen Welt. Des kleinen, Pseudo-Aristotelischen, gewiß stoischen Buches vom Kosmos ist hier, trotz seines Namens, nicht Erwähnung geschehen. Es stellt zwar, naturbeschreibend und oft mit rhetorischer Lebendigkeit und Färbung, zugleich Himmel und Erde, die Strömungen des Meeres und des Luftkreises dar; aber es offenbart keine Tendenz die Erscheinungen des Kosmos auf allgemeine physikalische, d. h. in den Eigenschaften der Materie gegründete, Principien zurückzuführen.
Ich habe länger bei der glänzendsten Epoche der Naturansichten des Alterthums verweilt, um den frühesten Versuchen der Verallgemeinerung die Versuche der neueren Zeit gegenüberzustellen. In der Gedankenbewegung der Jahrhunderte, welche in Hinsicht auf die Erweiterung kosmischer Anschauungen in einem anderen Theile dieses Buches27 geschildert worden ist, zeichnen sich das Ende des dreizehnten und der Anfang des vierzehnten Jahrhunderts aus; aber das Opus majus von Roger Bacon, der Naturspiegel des Vincenz von Beauvais, die physische Geographie (Liber cosmographicus) von Albert dem Großen, das Weltgemälde (Imago Mundi) des Cardinals Petrus de Alliaco (Pierre d'Ailly) sind Werke, welche, so mächtig sie auch auf Zeitgenossen gewirkt haben, durch17 ihren Inhalt nicht dem Titel entsprechen, den sie führen. Unter den italiänischen Gegnern der Aristotelischen Physik wird Bernardino Telesio aus Cosenza als der Gründer einer rationellen Naturwissenschaft bezeichnet. Alle Erscheinungen der sich passiv verhaltenden Materie werden von ihm als Wirkungen zweier unkörperlichen Principien (Thätigkeiten, Kräfte), von Wärme und Kälte, betrachtet. Auch das ganze organische Leben, die „ beseelten “Pflanzen und Thiere, sind das Product jener ewig entzweiten Kräfte: von denen vorzugsweise die eine, die Wärme, der himmlischen; die andere, die Kälte, der irdischen Sphäre zugehört.
Mit noch ungezügelterer Phantasie, aber auch mit tiefem Forschungsgeiste begabt, versucht Giordano Bruno aus Nola in drei Werken28: De la Causa, Principio e Uno; Contemplationi circa lo Infinito, Universo e Mondi inumerabili; und De Minimo et Maximo, das Weltganze zu umfassen. In der Naturphilosophie des Telesio, eines Zeitgenossen des Copernicus, erkennt man wenigstens das Bestreben die Veränderungen der Materie auf zwei ihrer Grundkräfte zu reduciren, „ welche zwar als von außen wirkend gedacht werden “, doch ähnlich sind den Grundkräften der Anziehung und Abstoßung in der dynamischen Naturlehre von Boscowich und Kant. Die kosmischen Ansichten des Nolaners sind rein metaphysisch; sie suchen nicht die Ursachen der sinnlichen Erscheinungen in der Materie selbst, sondern berühren „ die Unendlichkeit des mit selbstleuchtenden Welten gefüllten Raumes, die Beseeltheit dieser Welten, die Beziehungen der höchsten Intelligenz, Gottes, zu dem Universum. “ Mit geringem mathematischen Wissen ausgerüstet, war Giordano Bruno doch bis zu seinem18 furchtbaren Martertode29 ein enthusiastischer Bewunderer von Copernicus, Tycho und Kepler. Zeitgenosse des Galilei, erlebte er nicht die Erfindung des Fernrohrs von Hans Lippershey und Zacharias Jansen, und also auch nicht die Entdeckung der „ kleinen Jupiterswelt “, der Venus-Phasen und der Nebelflecke. Mit kühner Zuversicht auf das, was er nennt lume interno, ragione naturale, altezza dell 'intelleto, überließ er sich glücklichen Ahndungen über die Bewegung der Fixsterne, die planetenartige Natur der Cometen und die von der Kugelform abweichende Gestalt der Erde. 30Auch das griechische Alterthum ist voll von solchen uranologischen Verheißungen, die später erfüllt wurden.
In der Gedankenentwickelung über kosmische Verhältnisse, deren Hauptformen und Hauptepochen hier aufgezählt werden, war Kepler, volle 78 Jahre vor dem Erscheinen von Newton's unsterblichem Werke der Principia philosophiae naturalis, einer mathematischen Anwendung der Gravitations-Lehre am nächsten. Wenn der Eklektiker Simplicius bloß im allgemeinen den Grundsatz aussprach, „ das Nicht-Herabfallen der himmlischen Körper werde dadurch bewirkt, daß der Umschwung (die Centrifugalkraft) die Oberhand habe über die eigene Fallkraft, den Zug nach unten “; wenn Joannes Philoponus, ein Schüler des Ammonius Hermeä, die Bewegung der Weltkörper „ einem primitiven Stoße und dem fortgesetzten Streben zum Falle “zuschrieb; wenn, wie wir schon früher bemerkt, Copernicus nur den allgemeinen Begriff der Gravitation, wie sie in der Sonne als dem Centrum der Planetenwelt, in der Erde und dem Monde wirke, mit den denkwürdigen Worten bezeichnet: gravitatem non aliud esse quam appetentiam19 quandam naturalem partibus inditam a divina providentia opificis universorum, ut in unitatem integritatemque suam sese conferant, in formam globi coëuntes: so finden wir bei Kepler in der Einleitung zu dem Buche de Stella Martis31 zuerst numerische Angaben von den Anziehungskräften, welche nach Verhältniß ihrer Massen Erde und Mond gegen einander ausüben. Er führt bestimmt Ebbe und Fluth32 als einen Beweis an, daß die anziehende Kraft des Mondes (virtus tractoria) sich bis zur Erde erstrecke; ja daß diese Kraft, „ ähnlich der, welche der Magnet auf das Eisen ausübt “, die Erde des Wassers berauben würde, wenn diese aufhörte dasselbe anzuziehen. Leider gab der große Mann zehn Jahre später, 1619, vielleicht aus Nachgiebigkeit gegen Galilei, welcher Ebbe und Fluth der Rotation der Erde zuschrieb, die richtige Erklärung auf, um in der Harmonice Mundi den Erdkörper als ein lebendiges Unthier zu schildern, dessen wallfischartige Respiration, in periodischem, von der Sonnenzeit abhängigen Schlaf und Erwachen, das Anschwellen und Sinken des Oceans verursacht. Bei dem mathematischen, schon von Laplace anerkannten Tiefsinne, welcher aus einer von Kepler's Schriften hervorleuchtet33, ist zu bedauern, daß der Entdecker von den drei großen Gesetzen aller planetarischen Bewegung nicht auf dem Wege fortgeschritten ist, zu welchem ihn seine Ansichten über die Massen-Anziehung der Weltkörper geleitet hatten.
Mit einer größeren Mannigfaltigkeit von Naturkenntnissen als Kepler begabt und Gründer vieler Theile einer mathematischen Physik, unternahm Descartes in einem Werke, das er Traité du Monde, auch Summa Philosophiae20 nannte, die ganze Welt der Erscheinungen, die himmlische Sphäre und alles, was er von der belebten und unbelebten irdischen Natur wußte, zu umfassen. Der Organismus der Thiere, besonders der des Menschen, für welchen er eilf Jahre lang34 sehr ernste anatomische Studien gemacht, sollte das Werk beschließen. In der Correspondenz mit dem Pater Mersenne findet man häufige Klagen über das langsame Fortschreiten der Arbeit und über die Schwierigkeit so viele Materien an einander zu reihen. Der Kosmos, den Descartes immer seine Welt (son Monde) nannte, sollte endlich am Schlusse des Jahres 1633 dem Druck übergeben werden, als das Gerücht von der Verurtheilung Galilei's in der Inquisition zu Rom, welches erst vier Monate später, im October 1633, durch Gassendi und Bouillaud verbreitet wurde, alles rückgängig machte und die Nachwelt eines großen, mit so viel Mühe und Sorgfalt vollendeten Werkes beraubte. Die Motive der Nicht-Herausgabe des Kosmos waren Liebe zu friedlicher Ruhe im einsamen Aufenthalte zu Deventer, wie die fromme Besorgniß unehrerbietig gegen die Decrete des heiligen Stuhles wider die planetarische Bewegung der Erde zu sein. 35Erst 1664, also vierzehn Jahre nach dem Tode des Philosophen, wurden einige Fragmente unter dem sonderbaren Titel: Le Monde ou Traité de la Lumière gedruckt. 36Die drei Capitel, welche vom Lichte handeln, bilden doch kaum ein Viertel des Ganzen. Dagegen wurden die Abschnitte, welche ursprünglich zu dem Kosmos des Descartes gehörten und Betrachtungen über die Bewegung und Sonnenferne der Planeten, über den Erdmagnetismus, die Ebbe und Fluth, das Erdbeben und die Vulkane enthalten, in den21 dritten und vierten Theil des berühmten Werkes Principes de la Philosophie versetzt.
Der Kosmotheoros von Huygens, der erst nach seinem Tode erschienen ist, verdient, trotz seines bedeutungsvollen Namens, in dieser Aufzählung kosmologischer Versuche kaum genannt zu werden. Es sind Träume und Ahndungen eines großen Mannes über die Pflanzen - und Thierwelt auf den fernsten Weltkörpern, besonders über die dort abgeänderte Gestalt des Menschengeschlechts. Man glaubt Kepler's Somnium astronomicum oder Kircher's ecstatische Reise zu lesen. Da Huygens schon, ganz wie die Astronomen unserer Zeit, dem Monde alles Wasser37 und alle Luft versagte, so ist er über die Existenz des Mondmenschen noch verlegener als über die Bewohner der „ dunst - und wolkenreichen “ferneren Planeten.
Dem unsterblichen Verfasser des Werkes Philosophiae Naturalis Principia mathematica gelang es den ganzen uranologischen Theil des Kosmos durch die Annahme einer einigen alles beherrschenden Grundkraft der Bewegung in dem Causalzusammenhange seiner Erscheinungen zu erfassen. Newton zuerst hat die physische Astronomie zu der Lösung eines großen Problems der Mechanik, zu einer mathematischen Wissenschaft erhoben. Die Quantität der Materie in jeglichem Weltkörper giebt das Maaß seiner anziehenden Kraft: einer Kraft, die in umgekehrtem Verhältniß des Quadrats der Entfernung wirkt und die Größe der Störungen bestimmt, welche nicht bloß die Planeten, sondern alle Gestirne der Himmelsräume auf einander ausüben. Aber das newtonische, durch Einfachheit und Allgemeinheit so bewundernswürdige Theorem der Gravitation22 ist in seiner kosmischen Anwendung nicht auf die uranologische Sphäre beschränkt, es beherrscht auch die tellurischen Erscheinungen in zum Theil noch unerforschten Richtungen; es giebt den Schlüssel zu periodischen Bewegungen im Ocean und in der Atmosphäre38, zu der Lösung von Problemen der Capillarität, der Endosmose, vieler chemischer, electromagnetischer und organischer Processe. Newton39 selbst unterschied schon die Massen-Anziehung, wie sie sich in den Bewegungen aller Weltkörper und in den Phänomenen der Ebbe und Fluth äußert, von der Molecular-Anziehung, die in unendlich kleiner Entfernung und bei der innigsten Berührung wirksam wird.
Auf diese Weise zeigt sich unter allen Versuchen, das Veränderliche in der Sinnenwelt auf ein einziges Grundprincip zurückzuführen, die Lehre von der Gravitation als der umfassendste und kosmisch vielverheißendste. Allerdings lassen sich, trotz der glänzenden Fortschritte, welche in neueren Zeiten in der Stöchiometrie (in der Rechenkunst mit chemischen Elementen und in den Volum-Verhältnissen der gemengten Gas-Arten) gemacht sind, noch nicht alle physikalischen Theorien der Stofflehre auf mathematisch bestimmbare Erklärungsgründe zurückführen. Empirische Gesetze sind aufgefunden, und nach den weitverbreiteten Ansichten der Atomistik oder Corpuscular-Philosophie ist manches der Mathematik zugänglicher geworden; aber bei der grenzenlosen Heterogeneität der Stoffe und den mannigfaltigen Aggregations-Zuständen der sogenannten Massentheilchen sind die Beweise jener empirischen Gesetze noch keinesweges aus der Theorie der Contact-Anziehung mit der Gewißheit zu entwickeln, welche die Begründung von Kepler's drei großen23 empirischen Gesetzen aus der Theorie der Massen-Anziehung oder Gravitation darbietet.
Zu derselben Zeit aber, in der Newton schon erkannt hatte, daß alle Bewegungen der Weltkörper Folgen einer und derselben Kraft seien, hielt er die Gravitation selbst nicht, wie Kant, für eine Grundkraft der Materie40; sondern entweder für abgeleitet von einer, ihm noch unbekannten, höheren Kraft, oder für Folge eines „ Umschwunges des Aethers, welcher den Weltraum erfüllt, und in den Zwischenräumen der Massentheilchen dünner ist, nach außen aber an Dichtigkeit zunimmt. “ Die letztere Ansicht ist umständlich in einem Briefe an Robert Boyle41 (vom 28 Febr. 1678) entwickelt, welcher mit den Worten endigt: „ ich suche in dem Aether die Ursach der Gravitation “. Acht Jahre später, wie man aus einem Schreiben an Halley ersieht, gab Newton diese Hypothese des dünneren und dichteren Aethers gänzlich auf. 42Besonders auffallend ist es, daß er neun Jahre vor seinem Tode, 1717, in der so überaus kurzen Vorrede zu der zweiten Auflage seiner Optik es für nöthig hielt bestimmt zu erklären, daß er die Gravitation keinesweges für eine Grundkraft der Materie (essential property of bodies) halte43: während Gilbert schon 1600 den Magnetismus für eine aller Materie inwohnende Kraft ansah. So schwankend war der tiefsinnigste, immer der Erfahrung zugewandte Denker, Newton selbst, über die „ letzte mechanische Ursach “aller Bewegung.
Es ist allerdings eine glänzende, des menschlichen Geistes würdige Aufgabe, die ganze Naturlehre von den Gesetzen der Schwere an bis zu dem Bildungstriebe in den belebten Körpern als ein organisches Ganzes aufzustellen; aber der24 unvollkommene Zustand so vieler Theile unseres Naturwissens setzt der Lösung jener Aufgabe unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen. Die Unvollendbarkeit aller Empirie, die Unbegrenztheit der Beobachtungssphäre macht die Aufgabe, das Veränderliche der Materie aus den Kräften der Materie selbst zu erklären, zu einer unbestimmten. Das Wahrgenommene erschöpft bei weitem nicht das Wahrnehmbare. Wenn wir, um nur an die Fortschritte der uns näheren Zeit zu erinnern, das unvollkommene Naturwissen von Gilbert, Robert Boyle und Hales mit dem jetzigen vergleichen, wir dazu der mit jedem Jahrzehend zunehmenden Schnelligkeit des Fortschrittes gedenken; so erfassen wir die periodischen, endlosen Umwandelungen, welche allen physikalischen Wissenschaften noch bevorstehen. Neue Stoffe und neue Kräfte werden entdeckt werden. Wenn auch viele Naturprocesse, wie die des Lichts, der Wärme und des Electro-Magnetismus, auf Bewegung (Schwingungen) reducirt, einer mathematischen Gedankenentwickelung zugänglich geworden sind; so bleiben übrig die oft erwähnten, vielleicht unbezwingbaren Aufgaben von der Ursach chemischer Stoffverschiedenheit, wie von der scheinbar allen Gesetzen entzogenen Reihung in der Größe, der Dichtigkeit, Achsenstellung und Bahn-Excentricität der Planeten, in der Zahl und dem Abstande ihrer Satelliten, in der Gestalt der Continente und der Stellung ihrer höchsten Bergketten. Die hier beispielsweise genannten räumlichen Verhältnisse können bisher nur als etwas thatsächlich in der Natur Daseiendes betrachtet werden. Sind die Ursachen und die Verkettung dieser Verhältnisse noch nicht ergründet, so nenne ich sie darum aber nicht zufällig. Sie sind das Resultat von Begebenheiten in den Himmelsräumen bei Bildung25 unseres Planetensystems, von geognostischen Vorgängen bei der Erhebung der äußersten Erdschichten als Continente und Gebirgsketten. Unsere Kenntniß von der Urzeit der physikalischen Weltgeschichte reicht nicht hoch genug hinauf, um das jetzt Daseiende als etwas Werdendes zu schildern. 44
Wo demnach der Causalzusammenhang der Erscheinungen noch nicht hat vollständig erkannt werden können, ist die Lehre vom Kosmos oder die physische Weltbeschreibung nicht eine abgesonderte Disciplin aus dem Gebiet der Naturwissenschaften. Sie umfaßt vielmehr dieses ganze Gebiet, die Phänomene beider Sphären, der himmlischen und der tellurischen; aber sie umfaßt sie unter dem einigen Gesichtspunkte des Strebens nach der Erkenntniß eines Weltganzen. 45Wie „ bei der Darstellung des Geschehenen in der moralischen und politischen Sphäre der Geschichtsforscher46 nach menschlicher Ansicht den Plan der Weltregierung nicht unmittelbar erspähen, sondern nur an den Ideen erahnden kann, durch die sie sich offenbaren “; so durchdringt auch den Naturforscher bei der Darstellung der kosmischen Verhältnisse ein inniges Bewußtsein, daß die Zahl der welttreibenden, der gestaltenden und schaffenden Kräfte keinesweges durch das erschöpft ist, was sich bisher aus der unmittelbaren Beobachtung und Zergliederung der Erscheinungen ergeben hat.
[26](S. 16.) Aristot. Meteor. XII, 8 p. 1074, zu welcher Stelle eine denkwürdige Erläuterung im Commentar des Alexander Aphrodisiensis enthalten ist. Die Gestirne sind nicht seelenlose Körper, sie sind vielmehr als handelnde und lebendige Wesen zu betrachten (Aristot. de Coelo lib. II cap. 12 p. 292). Sie sind das Göttlichere unter dem Erscheinenden, τὰ θειότερα τῶν φανερῶν
(Aristot. de Coelo lib. I cap. 9 p. 278 und lib. II cap. 1 p. 284). In der kleinen Pseudo-Aristotelischen Schrift de Mundo, in welcher oft eine religiöse Stimmung vorherrscht (von der erhaltenden Allmacht Gottes cap. 6 pag. 400), wird der hohe Aether auch göttlich genannt (cap. 2 pag. 392). Was der phantasiereiche Kepler im30 Mysterium cosmographicum (cap. 20 p. 71) „ bewegende Geister, animae motrices “, nennt, ist die verworrene Idee einer Kraft (virtus), welche in der Sonne (anima mundi) ihren Hauptsitz hat, nach den Gesetzen des Lichts in der Entfernung abnimmt und die Planeten in elliptischen Bahnen umtreibt. (Vergl. Apelt, Epochen der Gesch. der Menschheit Bd. I. S. 274.)
Wir beginnen wieder mit den Tiefen des Weltraumes und den fernen Sporaden der Sternschwärme, welche dem telescopischen Sehen als schwach aufglimmende Nebelflecke erscheinen. Stufenweise steigen wir herab zu den um einen gemeinschaftlichen Schwerpunkt kreisenden, oft zweifarbigen Doppelsternen; zu den näheren Sternschichten, deren eine unser Planetensystem zu umschließen scheint; durch dieses Planetensystem zu dem luft - und meerumflossenen Erdsphäroid, das wir bewohnen. Es ist schon in dem Eingange des allgemeinen Naturgemäldes1 angedeutet worden, daß dieser Ideengang dem eigentlichen Charakter eines Werkes über den Kosmos allein angemessen ist: da hier nicht, den Bedürfnissen unmittelbarer sinnlicher Anschauung entsprechend, von dem heimischen, durch organische Kräfte auf seiner Oberfläche belebten, irdischen Wohnsitze begonnen und von den scheinbaren Bewegungen der Weltkörper zu den wirklichen übergegangen werden kann.
36Das uranologische Gebiet, dem tellurischen entgegengesetzt, zerfällt bequem in zwei Abtheilungen, von denen die eine die Astrognosie oder den Fixsternhimmel, die andere unser Sonnen - und Planetensystem umfaßt. Wie unvollkommen und ungenügend eine solche Nomenclatur, die Bezeichnung solcher Abtheilungen ist, braucht hier nicht wiederholt entwickelt zu werden. Es sind in den Naturwissenschaften Namen eingeführt worden, ehe man die Verschiedenartigkeit der Objecte und ihre strengere Begrenzung hinlänglich kannte. 2Das Wichtigste bleibt die Verkettung der Ideen und die Anreihung, nach der die Objecte behandelt werden sollen. Neuerungen in den Namen der Gruppen, Ablenkung vielgebrauchter Namen von ihrer bisherigen Bedeutung wirken entfremdend und zugleich Verwirrung erregend.
Nichts ist ruhend im Weltraum; auch die Fixsterne sind es nicht: wie zuerst Halley3 an Sirius, Arcturus und Aldebaran darzuthun versuchte, und die neuere Zeit unwidersprechlich bei vielen erwiesen hat. Der helle Stern im Ochsenhüter Arcturus hat in den 2100 Jahren (seit Aristillus und Hipparch), die er beobachtet wird, um drittehalb Vollmond-Breiten seinen Ort verändert gegen die benachbarten schwächeren Sterne. Encke bemerkt, „ daß der Stern μ in der Cassiopeja um 3½, der Stern 61 des Schwans um 6 Vollmond-Breiten von ihrer Stelle gerückt erschienen sein würden, wenn die alten Beobachtungen genau genug gewesen wären, um es anzuzeigen “. Schlüsse, auf Analogien37 gegründet, berechtigen zu der Vermuthung, daß überall fortschreitende und auch wohl rotirende Bewegung ist. Der Name Fixstern leitet auf irrige Voraussetzungen: man mag ihn in seiner ersten Deutung bei den Griechen auf das Eingeheftet-Sein in den krystallenen Himmel, oder nach späterer, mehr römischer Deutung auf das Feste, Ruhende beziehen. Eine dieser Ideen mußte zu der anderen führen. Im griechischen Alterthum, wenigstens hinaufreichend bis Anaximenes aus der ionischen Schule oder bis zu dem Pythagoreer Alcmäon, wurden alle Gestirne eingetheilt in wandelnde (ἄστρα πλανώμενα oder πλανητά) und in nicht wandelnde, feste Sterne (ἀπλανεῖς ἀστέρες oder ἀπλανῆ ἄστρα). 4Neben dieser allgemein gebrauchten Benennung der Fixsterne, welche Macrobius im Somnium Scipionis durch Sphaera aplanes latinisirt5, findet sich bei Aristoteles mehrfach (als wolle er einen neuen terminus technicus durchführen) für Fixsterne der Name eingehefteter Gestirne, ἐνδεδεμένα ἄστρα, statt ἀπλανῆ. 6Aus dieser Wortform sind entstanden: bei Cicero sidera infixa coelo; bei Plinius stellas, quas putamus affixas; ja bei Manilius astra fixa, ganz wie unsere Fixsterne. 7Die Idee des Eingeheftet-Seins leitete auf den Nebenbegriff der Unbeweglichkeit, des fest an einer Stelle Bleibens; und so wurde das ganze Mittelalter hindurch, in lateinischen Uebersetzungen, die ursprüngliche Bedeutung des Worts infixum oder affixum sidus nach und nach verdrängt, und die Idee der Unbeweglichkeit allein festgehalten. Den Anstoß dazu finden wir schon in der sehr rhetorischen Stelle des Seneca (Nat. Quaest. VII, 24) über die Möglichkeit neue Planeten zu entdecken: credis38 autem in hoc maximo et pulcherrimo corpore inter innumerabiles stellas, quae noctem decore vario distinguunt, quae aëra minime vacuum et inertem esse patiuntur, quinque solas esse, quibus exercere se liceat; ceteras stare, fixum et immobilem populum? Dies stille, unbewegliche Volk ist nirgends zu finden.
Um die Hauptresultate wirklicher Beobachtung und die Schlüsse oder Vermuthungen, zu welchen diese Beobachtungen führen, bequem in Gruppen zu vertheilen, sondere ich in der astrognostischen Sphäre der Weltbeschreibung von einander ab:
Man ist geneigt die physische Weltbeschreibung, wenn sie von dem anhebt, was die fernsten Himmelsräume zwischen den geballten Weltkörpern ausfüllt und unseren Organen unerreichbar bleibt, mit den mythischen Anfängen der Weltgeschichte zu vergleichen. In der unendlichen Zeit wie im unendlichen Raume erscheint alles in ungewissem, oft täuschendem Dämmerlichte. Die Phantasie ist dann zwiefach angeregt, aus eigener Fülle zu schöpfen und den unbestimmten, wechselnden Gestalten Umriß und Dauer zu geben. 8Ein solches Geständniß kann genügen, denke ich, um vor dem Vorwurf zu bewahren, das, was durch unmittelbare Beobachtung oder Messung zu einer mathematischen Gewißheit erhoben worden, mit dem zu vermischen, was auf sehr unvollständige Inductionen gegründet ist. Wilde Träume gehören in die Romantik der physischen Astronomie. Ein durch wissenschaftliche Arbeiten geübter Sinn verweilt aber gern bei solchen Fragen, welche, in genauem Zusammenhange mit dem dermaligen Zustande unseres Wissens, wie mit den Hoffnungen, welche dieser Zustand erregt, schon von den ausgezeichnetsten Astronomen unserer Zeit einer ernsten Erörterung werth gehalten worden sind.
Durch den Einfluß der Gravitation oder allgemeinen Schwere, durch Licht und strahlende Wärme9 stehen wir, wie man mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen kann, in40 Verkehr nicht bloß mit unserer Sonne, sondern auch mit allen anderen leuchtenden Sonnen des Firmaments. Die wichtige Entdeckung von dem Widerstande, welchen ein, den Weltraum füllendes Fluidum einem Cometen von fünfjähriger Umlaufszeit meßbar entgegensetzt, hat sich durch die genaue Uebereinstimmung der numerischen Verhältnisse vollständig bewährt. Auf Analogien gegründete Schlüsse können einen Theil der weiten Kluft ausfüllen, welche die sicheren Resultate einer mathematischen Naturphilosophie von den Ahndungen trennt, die auf die äußersten, und darum sehr nebeligen und öden Grenzen aller wissenschaftlichen Gedankenentwickelung gerichtet sind.
Aus der Unendlichkeit des Weltraums, die freilich von Aristoteles bezweifelt ward10, folgt seine Unermeßlichkeit. Nur einzelne Theile sind meßbar geworden; und die, alle unsere Fassungskraft überschreitenden Resultate der Messung werden gern von denen zusammengestellt, welche an großen Zahlen eine kindliche Freude haben, ja wohl gar wähnen durch staunen - und schreckenerregende Bilder physischer Größe den Eindruck der Erhabenheit astronomischer Studien vorzugsweise zu erhöhen. Die Entfernung des 61ten Sterns des Schwans von der Sonne ist 657000 Halbmesser der Erdbahn; und das Licht braucht etwas über 10 Jahre, um diese Entfernung zu durchlaufen, während es in 8′ 17″,78 von der Sonne zur Erde gelangt. Sir John Herschel vermuthet nach einer sinnreichen Combination photometrischer Schätzungen11, daß Sterne des großen Ringes der Milchstraße, die er im 20füßigen Telescop aufglimmen sah, wären es neu entstandene leuchtende Weltkörper, an 2000 Jahre gebraucht haben würden, um uns den ersten Lichtstrahl41 zuzusenden. Alle Versuche solche numerischen Verhältnisse anschaulich zu machen scheitern entweder an der Größe der Einheit, wodurch sie gemessen werden sollen, oder an der Größe der Zahl aus den Wiederholungen dieser Einheit. Bessel sagte sehr wahr12, daß „ die Entfernung, welche das Licht in einem Jahre durchläuft, nicht anschaulicher für uns ist als die Entfernung, die es in zehn Jahren zurücklegt. Dazu verfehlt ihren Zweck jede Bemühung eine Größe zu versinnlichen, welche alle auf der Erde zugänglichen weit überschreitet. “ Die unsere Fassungskraft bedrängende Macht der Zahlen bietet sich uns in den kleinsten Organismen des Thierlebens wie in der Milchstraße der selbstleuchtenden Sonnen dar, die wir Fixsterne nennen. Welche Masse von Polythalamien schließt nicht nach Ehrenberg eine dünne Kreideschicht ein! Von der microscopischen Galionella distans enthält ein Cubikzoll nach diesem großen Naturforscher in der 40 Fuß hohen Bergkuppe des Biliner Polirschiefers 41000 Millionen Einzelthiere. Von Galionella ferruginea enthält der Cubikzoll über 1 Billion 750000 Millionen Individuen. 13Solche Schätzungen erinnern an den Arenarius (ψαμμίτης) des Archimedes, an die Sandkörner, welche den Weltraum ausfüllen könnten! Mahnen am Sternenhimmel die Eindrücke von nicht auszusprechenden Zahlen und räumlicher Größe, von Dauer und langen Zeitperioden den Menschen an seine Kleinheit, an seine physische Schwäche, an das Ephemere seiner Existenz; so erhebt ihn freudig und kräftigend wieder das Bewußtsein, durch Anwendung und glückliche Selbstentwickelung der Intelligenz schon so Vieles und so Wichtiges von der Gesetzmäßigkeit der Natur, von der siderischen Weltordnung erforscht zu haben.
42Wenn die Welträume, welche die Gestirne von einander trennen, nicht leer14, sondern mit irgend einer Materie gefüllt sind, wie nicht bloß die Fortpflanzung des Lichtes, sondern auch eine besondere Art seiner Schwächung, das auf die Umlaufszeit des Enckischen Cometen wirkende widerstehende (hemmende) Mittel, und die Verdunstung zahlreicher und mächtiger Cometenschweife zu beweisen scheinen; so müssen wir aus Vorsicht gleich hier in Erinnerung bringen, daß unter den unbestimmten jetzt gebrauchten Benennungen: Himmelsluft, kosmische (nicht selbstleuchtende) Materie, und Weltäther, die letztere, uns aus dem frühesten süd - und west-asiatischen Alterthume überkommen, im Lauf der Jahrhunderte nicht ganz dieselben Ideen bezeichnet hat. Bei den indischen Naturphilosophen gehört der Aether (âkâ'sa) zum Fünfthum (pantschatâ); d. h. er ist eins von den fünf Elementen: ein Fluidum unendlicher Feinheit, welches das Universum, das ganze Weltall, durchdringt, sowohl der Anreger des Lebens als das Fortpflanzungsmittel des Schalles. 15Etymologisch bedeutet âkâ'sa nach Bopp „ leuchtend, glänzend, und steht demnach in seiner Grundbedeutung dem Aether der Griechen so nahe, als leuchten dem brennen steht. “
Dieser Aether (αἰθήρ) war nach den Dogmen der ionischen Naturphilosophie, nach Anaxagoras und Empedocles, von der eigentlichen, gröberen (dichteren), mit Dünsten gefüllten Luft (ἀήρ), die den Erdkreis umgiebt „ und vielleicht bis zum Monde reicht “, ganz verschieden. Er war „ feuriger Natur, eine reine Feuerluft, hellstrahlend16, von großer Feinheit (Dünne) und ewiger Heiterkeit. “ Mit dieser Definition stimmt vollkommen die etymologische Ableitung von43 brennen (αἴθειν): die später sonderbar genug aus Vorliebe für mechanische Ansichten, wegen des beständigen Umschwunges und Kreislaufes, von Plato und Aristoteles wortspielend in eine andere (αεὶ θεῖν) umgewandelt wurde. 17Der Begriff der Feinheit und Dünne des hohen Aethers scheint nicht etwa Folge der Kenntniß reiner, von schweren Erddünsten mehr befreiter Bergluft, oder gar der mit der Höhe abnehmenden Dichte der Luftschichten gewesen zu sein. In so fern die Elemente der Alten weniger Stoffverschiedenheiten oder gar Einfachheit (Unzerlegbarkeit) von Stoffen als Zustände der Materie ausdrücken, wurzelt der Begriff des hohen Aethers (der feurigen Himmelsluft) in dem ersten und normalen Gegensatze von schwer und leicht, von unten und oben, von Erde und Feuer. Zwischen diesen Extremen liegen zwei mittlere Elementar-Zustände: Wasser, der schweren Erde; Luft, dem leichten Feuer näher. 18
Der Aether des Empedocles hat als ein den Weltraum füllendes Mittel nur durch Feinheit und Dünne Analogie mit dem Aether, durch dessen Transversal-Schwingungen die neuere Physik die Fortpflanzung des Lichtes und alle Eigenschaften desselben (doppelte Brechung, Polarisation, Interferenz) so glücklich nach rein mathematischer Gedankenentwickelung erklärt. In der Naturphilosophie des Aristoteles wird dazu noch gelehrt, daß der ätherische Stoff alle lebendigen Organismen der Erde, Pflanzen und Thiere, durchdringe; daß er in ihnen das Princip der Lebenswärme, ja der Keim eines seelischen Principes werde, welches unvermischt mit dem Körper die Menschen zur Selbstthätigkeit anfache. 19Diese Phantasien ziehen den Aether aus dem höheren Weltraum44 in die irdische Sphäre herab; sie zeigen ihn als eine überaus feine, den Luftkreis und starre Körper continuirlich durchdringende Substanz: ganz wie den schwingenden Licht-Aether bei Huygens, Hooke und den jetzigen Physikern. Was aber zunächst beide Hypothesen des Aethers, die ältere ionische und die neuere, von einander unterscheidet, ist die ursprüngliche, wenn auch von Aristoteles nicht ganz getheilte, Annahme des Selbstleuchtens. Die hohe Feuerluft des Empedocles wird ausdrücklich hellstrahlend (παμφανόων) genannt, und bei gewissen Erscheinungen von den Erdbewohnern durch Spalten und Risse (χάσματα), die in dem Firmamente sich bilden, in Feuerglanz gesehen. 20
Bei dem jetzt so vielfach erforschten innigen Verkehr zwischen Licht, Wärme, Electricität und Magnetismus wird es für wahrscheinlich gehalten, daß, wie die Transversal-Schwingungen des den Weltraum erfüllenden Aethers die Erscheinungen des Lichts erzeugen, die thermischen und electro-magnetischen Erscheinungen auf analogen Bewegungsarten (Strömungen) beruhen. Große Entdeckungen über diese Gegenstände bleiben der Zukunft vorbehalten. Das Licht und die, von diesem unzertrennliche, strahlende Wärme sind für die nicht selbstleuchtenden Weltkörper, für die Oberfläche unseres Planeten eine Hauptursach aller Bewegung und alles organischen Lebens. 21Selbst fern von der Oberfläche, im Inneren der Erdrinde, ruft die eindringende Wärme electro-magnetische Strömungen hervor, welche auf Stoff-Verbindungen und Stoff-Zersetzungen, auf alle gestaltende Thätigkeit im Mineralreiche, auf die Störung des Gleichgewichts in der Atmosphäre, wie auf die Functionen vegetabilischer und animalischer45 Organismen ihren anregenden Einfluß ausüben. Wenn in Strömungen bewegte Electricität magnetische Kräfte entwickelt, wenn nach einer früheren Hypothese von Sir William Herschel22 die Sonne selbst sich in dem Zustande „ eines perpetuirlichen Nordlichts “(ich würde sagen eines electromagnetischen Gewitters) befände; so wäre es nicht ungeeignet, zu vermuthen, daß auch in dem Weltraume das durch Aetherschwingungen fortgepflanzte Sonnenlicht von electro-magnetischen Strömungen begleitet sei.
Unmittelbare Beobachtung der periodischen Veränderung in der Declination, Inclination und Intensität hat freilich bisher in dem Erdmagnetismus bei den verschiedenen Stellungen der Sonne oder des uns nahen Mondes keinen Einfluß mit Sicherheit offenbart. Die magnetische Polarität der Erde zeigt nicht Gegensätze, welche sich auf die Sonne beziehen und welche die Vorrückung der Nachtgleichen bemerkbar23 afficirt. Nur die merkwürdige drehende oder schwingende Bewegung des ausströmenden Lichtkegels des Halley'schen Cometen, welche Bessel vom 12 zum 22 October 1835 beobachtete und zu deuten versuchte, hatte diesen großen Astronomen von dem Dasein einer Polarkraft, „ von der Wirkung einer Kraft überzeugt, welche von der Gravitation oder gewöhnlichen anziehenden Kraft der Sonne bedeutend verschieden sei: weil diejenigen Theile des Cometen, welche den Schweif bilden, die Wirkung einer abstoßenden Kraft des Sonnenkörpers24 erfahren. “ Auch der prachtvolle Comet von 1744, den Heinsius beschrieben, hatte bei meinem verewigten Freunde zu ähnlichen Vermuthungen Anlaß gegeben.
Für minder problematisch als die electro-magnetischen46 Phänomene im Weltraum werden die Wirkungen der strahlenden Wärme gehalten. Die Temperatur des Weltraums ist nach Fourier und Poisson das Resultat der Wärmestrahlung der Sonne und aller Gestirne, vermindert durch die Absorption, welche die Wärme erleidet, indem sie den „ mit Aether “gefüllten Raum durchläuft. 25Dieser Sternenwärme geschieht schon bei den Alten (bei Griechen und Römern26) mehrfach Erwähnung: nicht bloß weil nach einer allgemein herrschenden Voraussetzung die Gestirne der Region des feurigen Aethers angehören, sondern weil sie selbst feuriger Natur27, ja nach der Lehre des Aristarch von Samos Fixsterne und Sonne Einer Natur sind. In der neuesten Zeit ist durch die zwei großen französischen Mathematiker, welche wir eben genannt, das Interesse für die ohngefähre Bestimmung der Temperatur der Welträume um so lebhafter angeregt worden, als man endlich eingesehen hat, wie wichtig diese Bestimmung wegen Wärmestrahlung der Erdoberfläche gegen das Himmelsgewölbe für alle thermischen Verhältnisse, ja man darf sagen für die ganze Bewohnbarkeit unseres Planeten ist. Nach der analytischen Theorie der Wärme von Fourier ist die Temperatur des Weltraums (des espaces planétaires ou célestes) etwas unter der mittleren Temperatur der Pole, vielleicht selbst noch unter dem größten Kältegrade, welchen man bisher in den Polargegenden beobachtet hat. Fourier schätzt sie demnach auf — 50° bis — 60° Cent. (40° bis 48° Réaum. unter dem Gefrierpunkte). Der Eispol (pôle glacial), Punkt der größten Kälte, fällt eben so wenig mit dem Erdpole zusammen als der Wärme-Aequator (équateur thermal), der die wärmsten Punkte aller Meridiane verbindet, mit dem47 geographischen Aequator. Der nördliche Erdpol ist, aus der allmäligen Abnahme der Mittel-Temperaturen geschlossen, nach Arago — 25°, wenn das Maximum der im Januar 1834 im Fort Reliance (Br. 62° 46′) von Capitän Back gemessenen Kälte — 56°,6 (— 45°,3 Réaum. ) war. 28Die niedrigste uns bekannte Temperatur, welche man bisher auf der Erde überhaupt wahrgenommen hat, ist wohl die zu Jakutsk (Br. 62° 2′) am 21 Januar 1838 von Neveroff beobachtete. Der in allen seinen Arbeiten so genaue Middendorff hatte die Instrumente des Beobachters mit den seinigen verglichen. Neveroff fand die Kälte des genannten Tages — 60° Cent. (— 48° R.)
Zu den vielen Gründen der Unsicherheit eines numerischen Resultats für den thermischen Zustand des Weltraums gehört auch der, daß man bisher nicht vermag das Mittel aus den Temperatur-Angaben der Eispole beider Hemisphären zu ziehen, da wir mit der Meteorologie des Südpols, welche die mittleren Jahres-Temperaturen entscheiden soll, noch so wenig bekannt sind. Die Behauptung Poisson's, daß wegen der ungleichen Vertheilung der wärmestrahlenden Sterne die verschiedenen Regionen des Weltraums eine sehr verschiedene Temperatur haben, und daß der Erdkörper während der Bewegung des ganzen Sonnensystems, warme und kalte Regionen durchwandernd, von außen seine innere Wärme erhalten habe29; hat für mich eine sehr geringe physikalische Wahrscheinlichkeit.
Ob der Temperatur-Zustand des Weltraumes, ob die Klimate der einzelnen Regionen desselben in dem Lauf der Jahrtausende großen Veränderungen ausgesetzt sind, hängt vorzüglich von der Lösung eines von Sir William Herschel48 lebhaft angeregten Problemes ab: sind die Nebelflecke fortschreitenden Gestaltungsprocessen unterworfen, indem sich in ihnen der Weltdunst um einen oder um mehrere Kerne, nach Attractions-Gesetzen, verdichtet? Durch eine solche Verdichtung des kosmischen Nebels nämlich muß, wie bei jedem Uebergange des Gasförmigen und Flüssigen zum Starren, Wärme entbunden werden. 30Wenn nach den neuesten Ansichten, nach den wichtigen Beobachtungen von Lord Rosse und Bond, es wahrscheinlich wird, daß alle Nebelflecke, selbst die, welche durch die größte Kraft der optischen Instrumente noch nicht ganz aufgelöst wurden, dicht zusammengedrängte Sternschwärme sind; so wird der Glaube an diese perpetuirlich anwachsende Wärme-Erzeugung allerdings etwas erschüttert. Aber auch kleine starre Weltkörper, die in Fernröhren als unterscheidbare leuchtende Punkte aufglimmen, können zugleich ihre Dichte verändern, indem sie sich zu größeren Massen verbinden; ja viele Erscheinungen, welche unser eigenes Planetensystem darbietet, leiten zu der Annahme, daß die Planeten aus einem dunstförmigen Zustande erstarrt sind, daß ihre innere Wärme dem Gestaltungsprocesse der geballten Materie ihren Ursprung verdankt.
Es muß auf den ersten Anblick gewagt erscheinen, eine so grausenvoll niedrige Temperatur des Weltraums, welche zwischen dem Gefrierpunkt des Quecksilbers und dem des Weingeistes liegt, den bewohnbaren Klimaten des Erdkörpers, dem Pflanzen - und Thierleben, wenn auch nur mittelbar, wohlthätig zu nennen; aber um die Richtigkeit des Ausdrucks zu begründen, braucht man nur an die Wirkung der Wärme-Ausstrahlung zu denken. Unsere durch den Sonnenkörper erwärmte Erdoberfläche und der Luftkreis49 selbst bis zu seinen obersten Schichten strahlen frei gegen den Himmelsraum. Der Wärme-Verlust, den sie erleiden, entsteht aus dem thermischen Unterschiede des Himmelsraums und der Luftschichten, aus der Schwäche der Gegenstrahlung. Wie ungeheuer31 würde dieser Verlust sein, wenn der Weltraum, statt der Wärme, welche wir durch — 60° eines Quecksilber-Thermometers nach Centesimal-Graden bezeichnen, eine viel niedrigere, z. B. — 800°, oder gar eine mehrere tausendmal geringere Temperatur hätte!
Es bleibt uns übrig noch zwei Betrachtungen über das Dasein eines den Weltraum füllenden Fluidums zu entwickeln, von denen die eine, schwächer begründete, auf eine beschränkte Durchsichtigkeit des Weltraumes; die andere, auf unmittelbare Beobachtung gestützt und numerische Resultate liefernd, sich auf die regelmäßig verkürzte Umlaufszeit des Enckischen Cometen bezieht. Olbers in Bremen und, wie Struve bemerkt, achtzig Jahre früher Loys de Cheseaux in Genf32 machten auf das Dilemma aufmerksam: es müsse, da man sich in dem unendlichen Weltraume keinen Punkt denken könne, der nicht einen Fixstern, d. i. eine Sonne, darböte, entweder das ganze Himmelsgewölbe, wenn das Licht vollständig ungeschwächt zu uns gelangte, so leuchtend als unsere Sonne erscheinen; oder, wenn dem nicht so sei, eine Lichtschwächung im Durchgang durch den Weltraum angenommen werden, eine Abnahme der Licht-Intensität in stärkerem Maaße als in dem umgekehrten Verhältniß des Quadrats der Entfernung. Indem wir nun einen solchen den ganzen Himmel fast gleichförmig bedeckenden Lichtglanz, dessen auch Halley33 nach einer von ihm verworfenen Hypothese gedenkt, nicht50 bemerken; so muß, nach Cheseaux, Olbers und Struve, der Weltraum keine vollkommene und absolute Durchsichtigkeit haben. Resultate, die Sir William Herschel aus Stern-Aichungen34 und aus sinnreichen Untersuchungen über die raumdurchdringende Kraft seiner großen Fernröhre gezogen, scheinen zu begründen: daß, wenn das Licht des Sirius auf seinem Wege zu uns durch ein gasförmiges oder ätherisches Fluidum auch nur um 1 / 800 geschwächt würde; diese Annahme, welche das Maaß der Dichtigkeit eines lichtschwächenden Fluidums gäbe, schon hinreichen könnte die Erscheinungen, wie sie sich darbieten, zu erklären. Unter den Zweifeln, welche der berühmte Verfasser der neuen Outlines of Astronomy gegen Olbers und Struve aufstellt, ist einer der wichtigsten, daß sein zwanzigfüßiges Telescop in dem größten Theile der Milchstraße, in beiden Hemisphären, ihm die kleinsten Sterne auf schwarzem Grunde projicirt35 zeigt.
Einen besseren und, wie schon oben gesagt, durch unmittelbare Beobachtung begründeten Beweis von dem Dasein eines widerstandleistenden, hemmenden Fluidums36 liefern der Enckische Comet und die scharfsinnigen, so wichtigen Schlußfolgen, auf welche derselbe meinen Freund geleitet hat. Das hemmende Mittel muß aber von dem alles durchdringenden Lichtäther verschieden gedacht werden: weil dasselbe nur Widerstand leisten kann, indem es das Starre nicht durchdringt. Die Beobachtungen erfordern zur Erklärung der verminderten Umlaufszeit (der verminderten großen Axe der Ellipse) eine Tangentialkraft, und die Annahme des widerstehenden Fluidums gewährt diese am directesten. 37Die größte Wirkung äußert sich in den nächsten 25 Tagen vor dem Durchgange des Cometen durch das Perihel,51 und in den 25 Tagen, welche auf den Durchgang folgen. Der Werth der Constante ist also etwas verschieden, weil nahe am Sonnenkörper die so dünnen, aber doch gravitirenden Schichten des hemmenden Fluidums dichter sind. Olbers38 behauptete, daß das Fluidum nicht in Ruhe sein könne, sondern rechtläufig um die Sonne rotire; und deshalb müsse der Widerstand gegen rückläufige Cometen, wie der Halley'sche, ganz anders sein als gegen den rechtläufigen Enckischen Cometen. Die Perturbations-Rechnungen bei Cometen von langem Umlaufe und die Verschiedenheit der Massen und Größen der Cometen verwickeln die Resultate, und verhüllen, was einzelnen Kräften zuzuschreiben sein könnte.
Die dunstartige Materie, welche den Ring des Thierkreislichtes bildet, ist, wie Sir John Herschel39 sich ausdrückt, vielleicht nur der dichtere Theil des cometen-hemmenden Fluidums selbst. Wenn auch schon erwiesen wäre, daß alle Nebelflecke nur undeutlich gesehene, zusammengedrängte Sternschwärme sind; so steht doch wohl die Thatsache fest, daß eine Unzahl von Cometen durch das Verdunsten ihrer bis 14 Millionen Meilen langen Schweife den Weltraum mit Materie erfüllen. Arago hat aus optischen Gründen sinnreich gezeigt40, wie die veränderlichen Sterne, welche immer weißes Licht und in ihren periodischen Phasen nie eine Färbung zeigen, ein Mittel darbieten könnten die obere Grenze der Dichtigkeit zu bestimmen, welche dem Weltäther zuzuschreiben ist, wenn man denselben in seinem Brechungsvermögen den gasförmigen irdischen Flüssigkeiten gleich setzt.
Mit der Frage von der Existenz eines ätherischen Fluidums, welches die Welträume füllt, hängt auch die, von52 Wollaston41 so lebhaft angeregte, über die Begrenzung der Atmosphäre zusammen: eine Begrenzung, welche in der Höhe statt finden muß, wo die specifische Elasticität der Luft mit der Schwere ins Gleichgewicht kommt. Faraday's scharfsinnige Versuche über die Grenze einer Quecksilber-Atmosphäre (über die Höhe, welche an Goldblättchen niedergeschlagene Quecksilberdämpfe in luftvollem Raume kaum zu erreichen scheinen) haben der Annahme einer bestimmten Oberfläche des Luftkreises, „ gleich der Oberfläche der Meere “, ein größeres Gewicht gegeben. Kann aus dem Weltraum sich etwas gasartiges unserem Luftkreise beimischen und meteorologische Veränderungen hervorbringen? Newton42 hat die Frage meist bejahend berührt. Wenn man Sternschnuppen und Meteorsteine für planetarische Asteroiden hält, so darf man wohl die Vermuthung wagen: daß mit den Strömen des sogenannten November-Phänomens43, wo 1799, 1833 und 1834 Myriaden von Sternschnuppen das Himmelsgewölbe durchkreuzten, ja Nordlicht-Erscheinungen gleichzeitig beobachtet wurden, der Luftkreis etwas aus dem Weltraum empfangen hat, das ihm fremd war und electromagnetische Processe anregen konnte.
[53]Dem Auge, Organ der Weltanschauung, ist erst seit drittehalb Jahrhunderten, durch künstliche, telescopische Steigerung seiner Sehkraft, das großartigste Hülfsmittel zur Kenntniß des Inhalts der Welträume, zur Erforschung der Gestaltung, physischen Beschaffenheit und Massen der Planeten sammt ihren Monden geworden. Das erste Fernrohr wurde 1608, sieben Jahre nach dem Tode des großen Beobachters Tycho, construirt. Schon waren nach einander durch das Fernrohr die Jupiterstrabanten, die Sonnenflecken, die sichelförmige Gestalt der Venus, der Saturnsring als Dreigestaltung eines Planeten, telescopische Sternschwärme und der Nebelfleck der Andromeda1 entdeckt: als sich erst 1634 dem um die Längen-Beobachtungen so verdienten französischen Astronomen Morin der Gedanke darbot, ein Fernrohr an die Alhidade eines Meßinstruments zu befestigen und den Arcturus bei Tage aufzusuchen. 2Die Vervollkommnung der Theilung des Bogens würde ihren Hauptzweck, größere Schärfe der Beobachtung, gänzlich oder doch großentheils verfehlt haben, wenn man nicht optische Werkzeuge mit astronomischen Instrumenten in Verbindung gebracht, die Schärfe des Erkennens mit der des Messens in Verhältniß gesetzt hätte. Die Micrometer-Vorrichtung von feinen Fäden, im Brennpunkt des Fernrohrs aus -61 gespannt, welche der Anwendung des letzteren erst ihren eigentlichen und zwar einen unschätzbaren Werth gab, wurde noch sechs Jahre später, erst 1640, von dem jungen, talentvollen Gascoigne3 erfunden.
Umfaßt, wie ich eben erinnert habe, das telescopische Sehen, Erkennen und Messen nur 240 Jahre unseres astronomischen Wissens; so zählen wir, ohne der Chaldäer, der Aegypter und der Chinesen zu gedenken, bloß von Timochares und Aristillus an4 bis zu den Entdeckungen von Galilei, mehr als neunzehn Jahrhunderte, in denen Lage und Lauf der Gestirne mit unbewaffnetem Auge beobachtet worden ist. Bei den vielen Störungen, welche in dieser langen Periode, unter den Völkern, die das Becken des Mittelmeers umwohnen, der Fortschritt der Cultur und die Erweiterung des Ideenkreises erlitten hat, muß man über das erstaunen, was Hipparch und Ptolemäus von dem Zurückweichen der Aequinoctial-Punkte, den verwickelten Bewegungen der Planeten, den zwei vornehmsten Ungleichheiten des Mondes und von den Sternörtern; was Copernicus von dem wahren Weltsysteme, Tycho von der Vervollkommnung der practischen Astronomie und ihren Methoden vor Erfindung des telescopischen Sehens erkannt haben. Lange Röhren, deren sehr wahrscheinlich sich schon die Alten, mit Gewißheit die arabischen Astronomen bedienten, zum Absehen an Dioptern oder Spaltöffnungen, konnten allerdings die Schärfe der Beobachtung etwas vermehren. Abul-Hassan spricht sehr bestimmt von der Röhre, an deren Extremitäten die Ocular - und Objectiv-Dioptern befestigt waren; auch wurde diese Vorrichtung auf der, von Hulagu gegründeten Sternwarte zu62 Meragha benutzt. Wenn das Sehen durch Röhren die Aufsuchung von Sternen in der Abenddämmerung erleichterte, wenn die Sterne dem bloßen Auge durch die Röhre früher sichtbar wurden als ohne dieselbe; so liegt, wie schon Arago bemerkt hat, die Ursach darin, daß die Röhre einen großen Theil des störenden diffusen Lichts (die rayons perturbateurs) der Luftschichten abhält, welche zwischen dem an die Röhre angedrückten Auge und dem Sterne liegen. Eben so hindert die Röhre auch bei Nacht den Seiten-Eindruck des schwachen Lichtes, welches die Lufttheilchen von den gesammten Sternen des Firmaments empfangen. Die Intensität des Lichtbildes und die Größe des Sternes nehmen scheinbar zu. Nach einer viel emendirten und viel bestrittenen Stelle des Strabo, in welcher des Sehens durch Röhren Erwähnung geschieht, wird ausdrücklich „ der erweiterten Gestalt der Gestirne “, irrig genug als Wirkung der Strahlenbrechung5, gedacht.
Licht, aus welcher Quelle es kommen mag: aus der Sonne, als Sonnenlicht, oder von den Planeten reflectirt, aus den Fixsternen, aus faulem Holze, oder als Product der Lebensthätigkeit der Leuchtwürmer; zeigt dieselben Brechungs-Verhältnisse. 6Aber die prismatischen Farbenbilder (Spectra) aus verschiedenen Lichtquellen (aus der Sonne und Fixsternen) zeigen eine Verschiedenheit der Lage in den dunkeln Linien (raies du spectre), welche Wollaston 1808 zuerst entdeckt und deren Lage Fraunhofer 12 Jahre später mit so großer Genauigkeit bestimmt hat. Wenn dieser schon 600 dunkele Linien (eigentliche Lücken, Unterbrechungen, fehlende Theile des Farbenbildes) zählte, so stieg in der Arbeit von Sir David Brewster (1833) die Zahl der63 Linien bei den schönen Versuchen mit Stickstoff-Oxyd auf mehr als 2000. Man hatte bemerkt, daß zu gewissen Jahreszeiten bestimmte Linien im Farbenbilde fehlten; aber Brewster hat gezeigt, daß die Erscheinung Folge der verschiedenen Sonnenhöhe und der verschiedenen Absorption der Lichtstrahlen beim Durchgang durch die Atmosphäre ist. In den Farbenbildern, welche das zurückgeworfene Licht des Mondes, der Venus, des Mars und der Wolken giebt, erkennt man, wie wohl zu vermuthen stand, alle Eigenthümlichkeiten des Sonnenspectrums. Dagegen sind die dunkeln Linien des Spectrums des Sirius von denen des Castor oder anderer Fixsterne verschieden. Castor zeigt selbst andere Linien als Pollux und Procyon. Amici hat diese, schon von Fraunhofer angedeuteten Unterschiede bestätigt, und scharfsinnig darauf aufmerksam gemacht, daß bei Fixsternen von jetzt gleichem, völlig weißen Lichte die dunklen Linien nicht dieselben sind. Es bleibt hier noch ein weites und wichtiges Feld künftigen Untersuchungen geöffnet7, um das sicher Aufgefundene von dem mehr Zufälligen, von der absorbirenden Wirkung der Luftschichten, zu trennen.
Einer anderen Erscheinung ist hier zu erwähnen, in welcher die specifische Eigenthümlichkeit der Lichtquelle einen mächtigen Einfluß äußert. Das Licht glühender fester Körper und das Licht des electrischen Funkens zeigen große Mannigfaltigkeit in der Zahl und Lage der dunkeln Wollaston'schen Linien. Nach den merkwürdigen Versuchen von Wheatstone mit Drehspiegeln soll auch das Licht der Reibungs-Electricität eine mindestens im Verhältniß von 3 zu 2 (das ist um volle 20980 geographische Meilen in Einer Zeitsecunde) größere Geschwindigkeit haben als das Sonnenlicht.
64Das neue Leben, von dem alle Theile der Optik durchdrungen worden sind, als zufällig das von den Fenstern des Palais du Luxembourg zurückstrahlende Licht der untergehenden Sonne den scharfsinnigen Malus (1808) zu seiner wichtigen Entdeckung8 der Polarisation leitete, hat, durch die tiefer ergründeten Erscheinungen der doppelten Brechung, der gewöhnlichen (Huygenschen) und der farbigen Polarisation, der Interferenz und der Diffraction, dem Forscher unerwartete Mittel dargeboten: directes und reflectirtes Licht zu unterscheiden9, in die Constitution des Sonnenkörpers und seiner leuchtenden Hüllen10 einzudringen, den Druck und den kleinsten Wassergehalt der Luftschichten zu messen, den Meeresboden und seine Klippen mittelst einer Turmalin-Platte11 zu erspähen, ja nach Newton's Vorgange die chemische12 Beschaffenheit (Mischung) mehrerer Substanzen13 mit ihren optischen Wirkungen zu vergleichen. Es ist hinlänglich die Namen Airy, Arago, Biot, Brewster, Cauchy, Faraday, Fresnel, John Herschel, Lloyd, Malus, Neumann, Plateau, Seebeck .... zu nennen, um eine Reihe glänzender Entdeckungen und die glücklichsten Anwendungen des neu Entdeckten dem wissenschaftlichen Leser ins Gedächtniß zu rufen. Die großen und genialen Arbeiten von Thomas Young haben diese wichtigen Bestrebungen mehr als vorbereitet. Arago's Polariscop und die beobachtete Stellung farbiger Diffractions-Fransen (Folgen der Interferenz) sind vielfach gebrauchte Hülfsmittel der Erforschung geworden. Die Meteorologie hat auf dem neu gebahnten Wege nicht minder gewonnen als die physische Astronomie.
So verschieden auch die Sehkraft unter den Menschen ist, so giebt es doch auch hier für das unbewaffnete Auge65 eine gewisse Mittelstufe organischer Fähigkeit, die bei dem älteren Geschlechte (bei Griechen und Römern) dieselbe wie heut zu Tage war. Die Plejaden geben den Beweis dafür, daß vor mehreren tausend Jahren wie jetzt Sterne, welche die Astronomen 7ter Größe nennen, dem bloßen Auge bei mittlerer Sehkraft unsichtbar blieben. Die Plejadengruppe besteht: aus einem Stern 3ter Größe, Alcyone; aus zweien 4ter, Electra und Atlas; dreien 5ter: Merope, Maja und Taygeta; zweien 6ter bis 7ter, Plejone und Celaeno; einem 7ter bis 8ter, Asterope; und vielen sehr kleinen telescopischen Sternen. Ich bediene mich der jetzigen Benennung und Reihung, denn bei den Alten wurden dieselben Namen theilweise anderen Sternen beigelegt. Nur die erstgenannten sechs Sterne 3ter, 4ter und 5ter Größe wurden mit Leichtigkeit gesehen. 14Quae septem dici, sex tamen esse solent; sagt Ovidius (Fast. IV, 170). Man hielt eine der Atlas-Töchter, Merope, die einzige, die sich mit einem Sterblichen vermählt, für schaamvoll verhüllt, auch wohl für ganz verschwunden. Sie ist wahrscheinlich der Stern fast 7ter Größe, welchen wir Celaeno nennen; denn Hipparch im Commentar zu Aratus bemerkt, daß bei heiterer mondleerer Nacht man wirklich sieben Sterne erkenne. Man sah dann Celaeno; denn Plejone, bei gleicher Helligkeit, steht dem Atlas, einem Stern 4ter Größe, zu nahe.
Der kleine Stern Alcor, unser Reuterchen, welcher nach Triesnecker in 11′ 48″ Entfernung von Mizar im Schwanz des großen Bären steht, ist nach Argelander 5ter Größe, aber durch die Strahlen von Mizar überglänzt. Er wurde von den Arabern Saidak, der Prüfer, genannt:66 weil, wie der persische Astronom Kazwini15 sagt, „ man an ihm die Sehkraft zu prüfen pflegte “. Ich habe Alcor mit unbewaffnetem Auge, trotz der niedrigen Stellung des großen Bären unter den Tropen, jeden Abend an der regenlosen Küste von Cumana und auf den 12000 Fuß hohen Ebenen der Cordilleren in großer Deutlichkeit, nur selten und ungewisser in Europa und in den trockenen Luftschichten der nord-asiatischen Steppen erkannt. Die Grenze, innerhalb deren es dem unbewaffneten Auge nicht mehr möglich ist zwei sich sehr nahe stehende Objecte am Himmel von einander zu trennen, hängt, wie Mädler sehr richtig bemerkt, von dem relativen Glanze der Sterne ab. Die beiden mit α Capricorni bezeichneten Sterne 3ter und 4ter Größe werden in gegenseitiger Entfernung von 6½ Minute ohne Mühe als getrennt erkannt. Galle glaubt noch bei sehr heiterer Luft ε und 5 Lyrae in 3½ Minute Distanz mit bloßem Auge zu sondern, weil beide 4ter Größe sind.
Das Ueberglänzen durch die Strahlen des nahen Planeten ist auch die Hauptursach, warum die Jupiterstrabanten, welche aber nicht alle, wie man oft behauptet, einen Lichtglanz von Sternen 5ter Größe haben, dem unbewaffneten Auge unsichtbar bleiben. Nach neueren Schätzungen und Vergleichung meines Freundes, des Dr. Galle, mit nahe stehenden Sternen ist der dritte Trabant, der hellste, vielleicht 5ter bis 6ter Größe, während die anderen bei wechselnder Helligkeit 6ter bis 7ter Größe sind. Nur einzelne Beispiele werden angeführt, wo Personen von außerordentlicher Scharfsichtigkeit, d. h. solche, welche mit bloßen Augen schwächere Sterne als die 6ter Größe deutlich erkennen, einzelne Jupiterstrabanten ohne Fernrohr gesehen67 haben. Die Angular-Entfernung des dritten, überaus hellen Trabanten ist vom Centrum des Planeten 4′ 42″; die des vierten, welcher nur 1 / 6 kleiner als der größte ist, 8′ 16″: und alle Jupitersmonde haben, wie Arago behauptet16, zuweilen auf gleicher Oberfläche ein intensiveres Licht als der Planet; zuweilen erscheinen sie dagegen auf dem Jupiter als graue Flecken, wie neuere Beobachtungen gelehrt haben. Die überdeckenden Strahlen und Schwänze, welche unserem Auge als von den Planeten und Fixsternen ausgehend erscheinen, und seit den frühesten Zeiten der Menschheit in bildlichen Darstellungen, besonders bei den Aegyptern, die glänzenden Himmelskörper bezeichnen (Hassenfratz erklärt sie für Brennlinien, intersections de deux caustiques, auf der Krystallinse), haben mindestens 5 bis 6 Minuten Länge.
„ Das Bild der Sterne, die wir mit bloßen Augen sehen, ist durch divergirende Strahlen vergrößert; es nimmt durch diese Ausdehnung auf der Netzhaut einen größeren Raum ein, als wenn es in einem einzelnen Punkte concentrirt wäre. Der Nerveneindruck ist schwächer. Ein sehr dichter Sternschwarm, in welchem die einzelnen Sterne alle kaum 7ter Größe sind, kann dagegen dem unbewaffneten Auge sichtbar werden, weil die Bilder der vielen einzelnen Sterne sich auf der Netzhaut über einander legen und daher jeder sensible Punkt derselben, wie bei einem concentrirten Bilde, verstärkt angeregt wird. “17
Fernröhre und Telescope geben leider! wenn gleich in einem weit geringeren Grade, den Sternen einen unwahren, facticen Durchmesser. Nach den schönen Untersuchungen von William Herschel18 nehmen aber diese Durchmesser ab mit zunehmender Stärke der Vergrößerung. Der68 scharfsinnige Beobachter schätzte den scheinbaren Durchmesser von Wega der Leier bei der ungeheuren Vergrößerung von 6500 Mal noch zu 0″,36. Bei terrestrischen Gegenständen bestimmt außer der Beleuchtung auch die Form des Gegenstandes die Größe des kleinsten Sehwinkels für das unbewaffnete Auge. Schon Adams hat sehr richtig bemerkt, daß eine dünne lange Stange viel weiter sichtbar ist als ein Quadrat, dessen Seite dem Durchmesser derselben gleich ist. Einen Strick sieht man weiter als einen Punkt, auch wenn beide gleichen Durchmesser haben. Arago hat durch Winkelmessung der von der Pariser Sternwarte aus sichtbaren fernen Blitzableiter den Einfluß der Gestaltung (des Umrisses der Bilder) vielfältigen Messungen unterworfen. In der Bestimmung des kleinstmöglichen optischen Sehwinkels, unter welchem irdische Objecte dem bloßen Auge erkenntlich sind, ist man seit Robert Hooke, der noch streng eine volle Minute festsetzte, bis Tobias Mayer, welcher 34″ für einen schwarzen Fleck auf weißem Papiere forderte, ja bis zu Leeuwenhoek's Spinnfäden (unter einem Winkel von 4″,7 bei sehr gewöhnlicher Sehkraft sichtbar), immer vermindernd fortgeschritten. In den neuesten, sehr genauen Versuchen Hueck's über das Problem von der Bewegung der Krystallinse wurden weiße Striche auf schwarzem Grunde unter einem Winkel von 1″,2; ein Spinnenfaden bei 0″,6; ein feiner glänzender Drath bei kaum 0″,2 gesehen. Das Problem ist gar nicht im allgemeinen numerisch zu lösen, da alles von den Bedingungen der Gestalt der Objecte, ihrer Erleuchtung, ihres Contrastes mit dem Hintergrunde, von dem sie sich abheben, der Bewegung oder Ruhe und der Natur der Luftschichten, in denen man sich befindet, abhängt.
69Einen lebhaften Eindruck machte es mir einst, als auf einem reizenden Landsitze des Marques de Selvalegre, zu Chillo (unfern Quito), wo man den langgestreckten Rücken des Vulkans Pichincha in einer, trigonometrisch gemessenen, horizontalen Entfernung von 85000 Pariser Fuß vor sich ausgestreckt sieht, die Indianer, welche neben mir standen, meinen Reisebegleiter Bonpland, der eben allein in einer Expedition nach dem Vulkan begriffen war, als einen weißen, sich vor schwarzen basaltischen Felswänden fortbewegenden Punkt früher erkannten, als wir ihn in den aufgestellten Fernröhren auffanden. Auch mir und dem unglücklichen Sohn des Marques, Carlos Montufar (später im Bürgerkriege hingeopfert), wurde bald das weiße sich bewegende Bild bei unbewaffnetem Auge sichtbar. Bonpland war in einen weißen baumwollenen Mantel (den landesüblichen Poncho) gehüllt. Bei der Annahme der Schulterbreite von 3 bis 5 Fuß, da der Mantel bald fest anlag, bald weit zu flattern schien, und bei der bekannten Entfernung ergaben sich 7″ bis 12″ für den Winkel, unter welchem der bewegte Gegenstand deutlich gesehen wurde. Weiße Objecte auf schwarzem Grund werden nach Hueck's wiederholten Versuchen weiter gesehen als schwarze Objecte auf weißem Grunde. Der Lichtstrahl kam bei heiterem Wetter durch dünne Luftschichten von 14412 Fuß Höhe über der Meeresfläche, zu unserer Station in Chillo, das selbst noch 8046 Fuß hoch liegt. Die ansteigende Entfernung war 85596 Fuß oder 3 7 / 10 geographische Meilen; der Stand von Barometer und Thermometer in beiden Stationen sehr verschieden, oben wahrscheinlich 194 Lin. und 8° C., unten nach genauer Beobachtung 250,2 Lin. und 18°,7 C. Das70 Gaußische, für unsere deutschen trigonometrischen Messungen so wichtig gewordene Heliotrop-Licht wurde, vom Brocken aus auf den Hohenhagen reflectirt, dort mit bloßem Auge in einer Entfernung von 213000 Par. Fuß (mehr als 9 geogr. Meilen) gesehen: oft an Punkten, in welchen die scheinbare Breite eines dreizölligen Spiegels nur 0″,43 betrug.
Die Absorption der Lichtstrahlen, welche von dem irdischen Gegenstande ausgehen und in ungleichen Entfernungen durch dichtere oder dünnere, mit Wasserdunst mehr oder minder geschwängerte Luftschichten zu dem unbewaffneten Auge gelangen; der hindernde Intensitätsgrad des diffusen Lichtes, welches die Lufttheilchen ausstrahlen, und viele noch nicht ganz aufgeklärte meteorologische Processe modificiren die Sichtbarkeit ferner Gegenstände. Ein Unterschied der Lichtstärke von 1 / 60 ist nach alten Versuchen des immer so genauen Bouguer zur Sichtbarkeit nöthig. Man sieht, wie er sich ausdrückt, nur auf negative Weise wenig lichtstrahlende Berggipfel, die sich als dunkle Massen von dem Himmelsgewölbe abheben. Man sieht sie bloß durch die Differenz der Dicke der Luftschichten, welche sich bis zu dem Objecte oder bis zum äußersten Horizont erstrecken. Dagegen werden auf positive Weise stark leuchtende Gegenstände, wie Schneeberge, weiße Kalkfelsen und Bimsstein-Kegel, gesehen. Die Entfernung, in welcher auf dem Meere hohe Berggipfel erkannt werden können, ist nicht ohne Interesse für die praktische Nautik, wenn genaue astronomische Ortsbestimmungen für die Lage des Schiffes fehlen. Ich habe diesen Gegenstand an einem anderen Orte19 bei Gelegenheit der Sichtbarkeit des Pics von Teneriffa umständlich behandelt.
71Das Sehen der Sterne bei Tage mit bloßem Auge in den Schächten der Bergwerke und auf sehr hohen Gebirgen ist seit früher Jugend ein Gegenstand meiner Nachforschung gewesen. Es war mir nicht unbekannt, daß schon Aristoteles20 behaupte, Sterne werden bisweilen aus Erdgewölben und Cisternen wie durch Röhren gesehen. Auch Plinius erwähnt dieser Sage, und erinnert dabei an die Sterne, die man bei Sonnenfinsternissen deutlichst am Himmelsgewölbe erkenne. Ich habe in Folge meines Berufs als praktischer Bergmann mehrere Jahre lang einen großen Theil des Tages in den Gruben zugebracht und durch tiefe Schächte das Himmelsgewölbe im Zenith betrachtet, aber nie einen Stern gesehen; auch in mexicanischen, peruanischen und sibirischen Bergwerken nie ein Individuum aufgefunden, das vom Sternsehen bei Tage hätte reden hören: obgleich unter so verschiedenen Breitengraden, unter denen ich in beiden Hemisphären unter der Erde war, sich doch Zenithal-Sterne genug hätten vortheilhaft dem Auge darbieten können. Bei diesen ganz negativen Erfahrungen ist mir um so auffallender das sehr glaubwürdige Zeugniß eines berühmten Optikers gewesen, der in früher Jugend Sterne bei hellem Tage durch einen Rauchfang erblickte. 21Erscheinungen, deren Sichtbarkeit von dem zufälligen Zusammentreffen begünstigender Umstände abhängt, müssen nicht darum geläugnet werden, weil sie so selten sind.
Dieser Grundsatz findet, glaube ich, seine Anwendung auch auf das von dem immer so gründlichen Saussure behauptete Sehen der Sterne mit bloßen Augen bei hellem Tage am Abfall des Montblanc, auf der Höhe von 11970 Fuß. » Quelques-uns des guides m'ont assuré «,72 sagt der berühmte Alpenforscher, » avoir vu des étoiles en plein jour; pour moi je n'y songeois pas, en sorte que je n'ai point été le témoin de ce phénomène; mais l'assertion uniforme des guides ne me laisse aucun doute sur la réalité. 22Il faut d'ailleurs être entièrement à l'ombre, et avoir même au-dessus de la tête une masse d'ombre d'une épaisseur considérable, sans quoi l'air trop fortement éclairé fait évanouir la foible clarté des étoiles. « Die Bedingungen sind also fast ganz dieselben, welche die Cisternen der Alten und der eben erwähnte Rauchfang dargeboten haben. Ich finde diese merkwürdige Behauptung (vom Morgen des 2 August 1787) in keiner anderen Reise durch die schweizer Gebirge wiederholt. Zwei kenntnißvolle, vortreffliche Beobachter, die Gebrüder Hermann und Adolph Schlagintweit, welche neuerlichst die östlichen Alpen bis zum Gipfel des Großglockners (12213 Fuß) durchforscht haben, konnten nie Sterne bei Tage sehen, noch haben sie die Sage unter den Hirten und Gemsjägern gefunden. Ich habe mehrere Jahre in den Cordilleren von Mexico, Quito und Peru zugebracht und bin so oft mit Bonpland bei heiterem Wetter auf Höhen von mehr als vierzehn - oder funfzehn-tausend Fuß gewesen, und nie habe ich oder später mein Freund Boussingault Sterne am Tage erkennen können: obgleich die Himmelsbläue so tief und dunkel war, daß sie an demselben Cyanometer von Paul in Genf, an welchem Saussure auf dem Montblanc 39° ablas, von mir unter den Tropen (zwischen 16000 und 18000 Fuß Höhe) im Zenith auf 46° geschätzt wurde. 23Unter dem herrlichen, ätherreinen Himmel von Cumana, in der Ebene des Littorals, habe ich aber mehrmals und leicht, nach Beobachtung von73 Trabanten-Verfinsterungen, Jupiter mit bloßen Augen wieder aufgefunden und deutlichst gesehen, wenn die Sonnenscheibe schon 18° bis 20° über dem Horizont stand.
Es ist hier der Ort wenigstens beiläufig einer anderen optischen Erscheinung zu erwähnen, die ich, auf allen meinen Bergbesteigungen, nur Einmal, und zwar vor dem Aufgang der Sonne, den 22 Junius 1799 am Abhange des Pics von Teneriffa, beobachtete. Im Malpays, ohngefähr in einer Höhe von 10700 Fuß über dem Meere, sah ich mit unbewaffnetem Auge tief stehende Sterne in einer wunderbar schwankenden Bewegung. Leuchtende Punkte stiegen aufwärts, bewegten sich seitwärts und fielen an die vorige Stelle zurück. Das Phänomen dauerte nur 7 bis 8 Minuten und hörte auf lange vor dem Erscheinen der Sonnenscheibe am Meerhorizont. Dieselbe Bewegung war in einem Fernrohr sichtbar; und es blieb kein Zweifel, daß es die Sterne selbst waren, die sich bewegten. 24Gehörte diese Ortsveränderung zu der so viel bestrittenen lateralen Strahlenbrechung? Bietet die wellenförmige Undulation der aufgehenden Sonnenscheibe, so gering sie auch durch Messung gefunden wird, in der lateralen Veränderung des bewegten Sonnenrandes einige Analogie dar? Nahe dem Horizont wird ohnedies jene Bewegung scheinbar vergrößert. Fast nach einem halben Jahrhundert ist dieselbe Erscheinung des Sternschwankens, und genau an demselben Orte im Malpays, wieder vor Sonnenaufgang, von einem unterrichteten und sehr aufmerksamen Beobachter, dem Prinzen Adalbert von Preußen, zugleich mit bloßen Augen und im Fernrohr beobachtet worden! Ich fand die Beobachtung in seinem handschriftlichen Tagebuche; er hatte sie eingetragen, ohne, vor74 seiner Rückkunft von dem Amazonenstrome, erfahren zu haben, daß ich etwas ganz ähnliches gesehen. 25Auf dem Rücken der Andeskette oder bei der häufigen Luftspiegelung (Kimmung, mirage) in den heißen Ebenen (Llanos) von Südamerika habe ich, trotz der so verschiedenartigen Mischung ungleich erwärmter Luftschichten, keine Spur lateraler Refraction je finden können. Da der Pic von Teneriffa uns so nahe ist und oft von wissenschaftlichen, mit Instrumenten versehenen Reisenden kurz vor Sonnenaufgang besucht wird, so darf man hoffen, daß die hier von mir erneuerte Aufforderung zur Beobachtung des Sternschwankens nicht wieder ganz verhallen werde.
Ich habe bereits darauf aufmerksam gemacht, wie lange vor der großen Epoche der Erfindung des telescopischen Sehens und seiner Anwendung auf Beobachtung des Himmels, also vor den denkwürdigen Jahren 1608 und 1610, ein überaus wichtiger Theil der Astronomie unseres Planetensystems bereits begründet war. Den ererbten Schatz des griechischen und arabischen Wissens haben Georg Purbach, Regiomontanus (Johann Müller) und Bernhard Walther in Nürnberg durch mühevolle, sorgfältige Arbeiten vermehrt. Auf ihr Bestreben folgt eine kühne und großartige Gedankenentwickelung, das System des Copernicus; es folgen der Reichthum genauer Beobachtungen des Tycho, der combinirende Scharfsinn und der beharrliche Rechnungstrieb von Kepler. Zwei große Männer, Kepler und Galilei, stehen an dem wichtigsten Wendepunkt, den die Geschichte der messenden Sternkunde darbietet; beide bezeichnen die Epoche, wo das Beobachten mit unbewaffnetem Auge, doch mit sehr verbesserten Meßinstrumenten, sich von dem telescopischen75 Sehen scheidet. Galilei war damals schon 44, Kepler 37 Jahre alt; Tycho, der genaueste messende Astronom dieser großen Zeit, seit sieben Jahren todt. Ich habe schon früher (Kosmos Bd. II. S. 365) erwähnt, daß Kepler's drei Gesetze, die seinen Namen auf ewig verherrlicht haben, von keinem seiner Zeitgenossen, Galilei selbst nicht ausgenommen, mit Lob erwähnt worden sind. Auf rein empirischem Wege entdeckt, aber für das Ganze der Wissenschaft folgereicher als die vereinzelte Entdeckung ungesehener Weltkörper, gehören sie ganz der Zeit des natürlichen Sehens, der Tychonischen Zeit, ja den Tychonischen Beobachtungen selbst an: wenn auch der Druck der Astronomia nova, seu Physica coelestis de motibus Stellae Martis erst 1609 vollendet, und gar das dritte Gesetz, nach welchem sich die Quadrate der Umlaufszeiten zweier Planeten verhalten wie die Würfel der mittleren Entfernung, erst in der Harmonice Mundi 1619 entwickelt wurde.
Der Uebergang des natürlichen zum telescopischen Sehen, welcher das erste Zehnttheil des siebzehnten Jahrhunderts bezeichnet und für die Astronomie (die Kenntniß des Weltraumes) noch wichtiger wurde, als es für die Kenntniß der irdischen Räume das Jahr 1492 gewesen war, hat nicht bloß den Blick in die Schöpfung endlos erweitert; er hat auch, neben der Bereicherung des menschlichen Ideenkreises, durch Darlegung neuer und verwickelter Probleme das mathematische Wissen zu einem bisher nie erreichten Glanze erhoben. So wirkt die Stärkung sinnlicher Organe auf die Gedankenwelt, auf die Stärkung intellectueller Kraft, auf die Veredlung der Menschheit. Dem Fernrohr allein verdanken wir in kaum drittehalb76 Jahrhunderten die Kenntniß von 13 neuen Planeten, von 4 Trabanten-Systemen (4 Monden des Jupiter, 8 des Saturn, 4, vielleicht 6 des Uranus, 1 des Neptun), von den Sonnenflecken und Sonnenfackeln, den Phasen der Venus, der Gestalt und Höhe der Mondberge, den winterlichen Polarzonen des Mars, den Streifen des Jupiter und Saturn, den Ringen des letzteren, den inneren (planetarischen) Cometen von kurzer Umlaufszeit, und von so vielen anderen Erscheinungen, die ebenfalls dem bloßen Auge entgehen. Wenn unser Sonnensystem, das so lange auf 6 Planeten und einen Mond beschränkt schien, auf die eben geschilderte Weise in 240 Jahren bereichert worden ist, so hat der sogenannte Fixsternhimmel schichtenweise eine noch viel unerwartetere Erweiterung gewonnen. Tausende von Nebelflecken, Sternhaufen und Doppelsternen sind aufgezählt. Die veränderliche Stellung der Doppelsterne, welche um einen gemeinschaftlichen Schwerpunkt kreisen, hat, wie die eigene Bewegung aller Fixsterne, erwiesen, daß Gravitations-Kräfte in jenen fernen Welträumen wie in unseren engen planetarischen, sich wechselseitig störenden Kreisen walten. Seitdem Morin und Gascoigne (freilich erst 25 bis 30 Jahre nach Erfindung des Fernrohrs) optische Vorrichtungen mit Meßinstrumenten verbanden, haben feinere Bestimmungen der Ortsveränderung in den Gestirnen erreicht werden können. Auf diesem Wege ist es möglich geworden mit größter Schärfe die jedesmalige Position eines Weltkörpers, die Aberrations-Ellipsen der Fixsterne und ihre Parallaxen, die gegenseitigen Abstände der Doppelsterne von wenigen Zehenttheilen einer Bogen-Secunde zu messen. Die astronomische Kenntniß des Sonnensystems erweiterte sich allmälig zu der eines Weltsystems.
77Wir wissen, daß Galilei seine Entdeckungen der Jupitersmonde mit siebenmaliger Vergrößerung machte, und nie eine stärkere als zweiunddreißig-malige anwenden konnte. Einhundert und siebzig Jahre später sehen wir Sir William Herschel bei seinen Untersuchungen über die Größe des scheinbaren Durchmessers von Arcturus (im Nebel 0″, 2) und Wega in der Leier Vergrößerungen benutzen von 6500 Mal. Seit der Mitte des 17ten Jahrhunderts wetteiferte man in dem Bestreben nach langen Fernröhren. Christian Huygens entdeckte zwar 1655 den ersten Saturnstrabanten, Titan (den 6ten im Abstande von dem Centrum des Planeten), nur noch mit einem zwölffüßigen Fernrohr; er wandte später auf den Himmel längere bis 122 Fuß an; aber die drei Objective von 123, 170 und 210 Fuß Brennweite, welche die Royal Society von London besitzt und welche von Constantin Huygens, dem Bruder des großen Astronomen, verfertigt wurden, sind von letzterem, wie er ausdrücklich sagt26, nur auf terrestrische Gegenstände geprüft worden. Auzout, der schon 1663 Riesenfernröhre ohne Röhre, also ohne feste (starre) Verbindung zwischen dem Objectiv und dem Ocular, construirte, vollendete ein Objectiv, das bei 300 Fuß Focallänge eine 600malige Vergrößerung ertrug. 27Den nützlichsten Gebrauch von solchen, an Masten befestigten Objectiven machte Dominicus Cassini zwischen den Jahren 1671 und 1684 bei den auf einander folgenden Entdeckungen des 8ten, 5ten, 4ten und 3ten Saturnstrabanten. Er bediente sich der Objective, die Borelli, Campani und Hartsoeker geschliffen hatten. Die letzteren waren von 250 Fuß Brennweite. Die von Campani, welche des größten Rufes unter der Regierung Ludwigs XIV78 genossen, habe ich bei meinem vieljährigen Aufenthalte auf der Pariser Sternwarte mehrmals in Händen gehabt. Wenn man an die geringe Lichtstärke der Saturnstrabanten und an die Schwierigkeit solcher nur durch Stricke bewegten Vorrichtungen28 denkt, so kann man nicht genug bewundern die Geschicklichkeit, den Muth und die Ausdauer des Beobachters.
Die Vortheile, welche man damals allein glaubte durch riesenmäßige Längen erreichen zu können, leiteten, wie es so oft geschieht, große Geister zu excentrischen Hoffnungen. Auzout glaubte Hooke widerlegen zu müssen, der, um Thiere im Monde zu sehen, Fernröhre von einer Länge von 10000 Fuß, also fast von der Länge einer halben geographischen Meile, vorgeschlagen haben soll. 29Das Gefühl der praktischen Unbequemlichkeit von optischen Instrumenten mit mehr als hundertfüßiger Focallänge verschaffte allmälig durch Newton (nach dem Vorgange von Mersenne und James Gregory von Aberdeen) den kürzeren Reflexions-Instrumenten besonders in England Eingang. Bradley's und Pound's sorgfältige Vergleichung von 5füßigen Hadley'schen Spiegeltelescopen mit dem Refractor von Constantin Huygens, der 123 Fuß Brennweite hatte und dessen wir oben erwähnten, fiel ganz zum Vortheil der ersteren aus. Short's kostbare Reflectoren wurden nun überall verbreitet, bis John Dollond's glückliche praktische Lösung des Problems vom Achromatismus (1759), durch Leonhard Euler und Klingenstierna angeregt, den Refractoren wieder ein großes Uebergewicht verschaffte. Die, wie es scheint, unbestreitbaren Prioritätsrechte des geheimnißvollen Chester More Hall aus Essex (1729) wurden dem Publikum79 erst bekannt, als dem John Dollond das Patent für seine achromatischen Fernröhre verliehen wurde. 30
Der hier bezeichnete Sieg der Refractions-Instrumente war aber von nicht langer Dauer. Neue Oscillationen der Meinung wurden schon, 18 bis 20 Jahre nach der Bekanntmachung von John Dollond's Erfindung des Achromatismus mittelst Verbindung von Kron - und Flintglas, durch die gerechte Bewunderung angeregt, welche man in und außerhalb Englands den unsterblichen Arbeiten eines Deutschen, William Herschel, zollte. Der Construction seiner zahlreichen 7füßigen und 20füßigen Telescope, auf welche Vergrößerungen von 2200 bis 6000 Mal glücklich angewandt werden konnten, folgte die Construction seines 40füßigen Reflectors. Durch diesen wurden im August und September 1789 die beiden innersten Saturnstrabanten: der 2te (Enceladus), und bald darauf der erste, dem Ringe am nächsten liegende, Mimas, entdeckt. Die Entdeckung des Planeten Uranus (1781) gehört dem 7füßigen Telescop von Herschel; die so lichtschwachen Uranustrabanten sah er (1787) zuerst im 20füßigen Instrumente, zur front-view eingerichtet. 31Eine bis dahin noch nie erreichte Vollkommenheit, welche der große Mann seinen Spiegeltelescopen zu geben wußte, in denen das Licht nur einmal reflectirt wird, hat, bei einer ununterbrochenen Arbeit von mehr als 40 Jahren, zur wichtigsten Erweiterung aller Theile der physischen Astronomie, in den Planetenkreisen wie in der Welt der Nebelflecke und der Doppelsterne, geführt.
Auf eine lange Herrschaft der Reflectoren folgte wieder in dem ersten Fünftel des 19ten Jahrhunderts ein erfolgreicher Wetteifer in Anfertigung von achromatischen80 Refractoren und Heliometern, die durch Uhrwerke parallactisch bewegt werden. Zu Objectiven von außerordentlichen Größen lieferten in Deutschland das Münchner Institut von Utzschneider und Fraunhofer, später von Merz und Mahler; in der Schweiz und Frankreich (für Lerebours und Cauchois) die Werkstätte von Guinand und Bontems ein homogenes, streifenloses Flintglas. Es genügt für den Zweck dieser historischen Uebersicht, hier beispielsweise zu nennen die unter Fraunhofer's Leitung gearbeiteten großen Refractoren der Dorpater und Berliner Sternwarte von 9 Pariser Zoll freier Oeffnung bei einer Focalweite von 13⅓ Fuß; die Refractoren von Merz und Mahler auf den Sternwarten von Pulkowa und Cambridge in den Vereinigten Staaten von Nordamerika32, beide mit Objectiven von 14 Pariser Zoll und 21 Fuß Brennweite versehen. Das Heliometer der Königsberger Sternwarte, lange Zeit das größte, hat 6 Zoll Oeffnung und ist durch Bessel's unvergeßliche Arbeiten berühmt geworden. Die lichtvollen und kurzen dialytischen Refractoren, welche Plösl in Wien zuerst ausführte und deren Vortheile Rogers in England fast gleichzeitig erkannt hatte, verdienen in großen Dimensionen construirt zu werden.
In derselben Zeitepoche, deren Bestrebungen ich hier berühre, weil sie auf die Erweiterung kosmischer Ansichten einen so wesentlichen Einfluß ausgeübt, blieben die mechanischen Fortschritte in Vervollkommnung der messenden Instrumente (Zenith-Sectoren, Meridiankreise, Micrometer) gegen die optischen Fortschritte und die des Zeitmaaßes nicht zurück. Unter so vielen ausgezeichneten Namen der neueren Zeit erwähnen wir hier nur für81 Meßinstrumente: die von Ramsden, Troughton, Fortin, Reichenbach, Gambey, Ertel, Steinheil, Repsold, Pistor, Oertling .....; für Chronometer und astronomische Pendeluhren: Mudge, Arnold, Emery, Earnshaw, Breguet, Jürgensen, Kessels, Winnerl, Tiede ..... In den schönen Arbeiten, welche wir William und John Herschel, South, Struve, Bessel und Dawes über Abstände und periodische Bewegung der Doppelsterne verdanken, offenbart sich vorzugsweise jene Gleichzeitigkeit der Vervollkommnung in scharfem Sehen und Messen. Struve's Classification der Doppelsterne liefert von denen, deren Abstand unter 1″ ist, gegen 100; von denen, die zwischen 1″ und 2″ fallen, 336: alle mehrfach gemessen. 33
Seit wenigen Jahren haben zwei Männer, welche jedem industriellen Gewerbe fern stehen, der Earl of Rosse in Parsonstown (12 Meilen westlich von Dublin) und Herr Lassell zu Starfield bei Liverpool, aus edler Begeisterung für die Sternkunde, mit der aufopferndsten Freigebigkeit und unter eigener unmittelbaren Leitung, zwei Reflectoren zu Stande gebracht, welche auf's höchste die Erwartung der Astronomen spannen. 34Mit dem Telescope von Lassell, das nur 2 Fuß Oeffnung und 20 Fuß Brennweite hat, sind schon ein Trabant des Neptun und ein achter Trabant des Saturn entdeckt worden; auch wurden zwei Uranustrabanten wieder aufgefunden. Das neue Riesentelescop von Lord Rosse hat 5 Fuß 7 Zoll 7 Linien (6 engl. Fuß) Oeffnung und 46 Fuß 11 Zoll (50 engl. Fuß) Länge. Es steht im Meridian zwischen zwei Mauern, die von jeder Seite 12 Fuß von dem Tubus entfernt und 45 bis 52 Fuß hoch sind. Viele Nebelflecke, welche bisher82 kein Instrument auflösen konnte, sind durch dieses herrliche Telescop in Sternschwärme aufgelöst; die Gestalt anderer Nebelflecke ist in ihren wahren Umrissen nun zum ersten Mal erkannt worden. Eine wundersame Helligkeit (Lichtmasse) wird von dem Spiegel ausgegossen.
Morin, der mit Gascoigne (vor Picard und Auzout) zuerst das Fernrohr mit Meßinstrumenten verband, fiel gegen 1638 auf den Gedanken Gestirne bei hellem Tage telescopisch zu beobachten. „ Nicht Tycho's große Arbeit über die Position der Fixsterne, indem dieser 1582, also 28 Jahre vor Erfindung der Fernröhre, Venus bei Tage mit der Sonne und bei Nacht mit den Sternen verglich; sondern “, sagt Morin selbst35, „ der einfache Gedanke, daß, wie Venus, so auch Arcturus und andere Fixsterne, wenn man sie einmal vor Sonnenaufgang im Felde des Fernrohrs hat, nach Sonnenaufgang am Himmelsgewölbe verfolgt werden können: habe ihn zu einer Entdeckung geführt, welche für die Längen-Bestimmungen auf dem Meere wichtig werden möge. Niemand habe vor ihm die Fixsterne in Angesicht der Sonne auffinden können. “ Seit der Aufstellung großer Mittags-Fernröhre durch Römer (1691) wurden Tagesbeobachtungen der Gestirne häufig und fruchtbar, ja bisweilen selbst auf Messung von Doppelsternen mit Nutzen angewandt. Struve bemerkt36, er habe in dem Dorpater Refractor mit Anwendung einer Vergrößerung von 320 Mal die kleinsten Abstände überaus schwacher Doppelsterne bestimmt, bei so hellem Crepuscularlichte, daß man um Mitternacht bequem lesen konnte. Der Polarstern hat in nur 18″ Entfernung einen Begleiter 9ter Größe; im Dorpater Refractor83 haben Struve und Wrangel diesen Begleiter bei Tage gesehen37, eben so einmal Encke und Argelander.
Die Ursach der mächtigen Wirkung der Fernröhre zu einer Zeit, wo durch vielfache Reflexion das diffuse Licht38 der Atmosphäre hinderlich ist, hat mancherlei Zweifel erregt. Als optisches Problem interessirte sie auf das lebhafteste den der Wissenschaft so früh entrissenen Bessel. In seinem langen Briefwechsel mit mir kam er oft darauf zurück, und bekannte, keine ihn ganz befriedigende Lösung finden zu können. Ich darf auf den Dank meiner Leser rechnen, wenn ich in einer Anmerkung39 Arago's Ansichten einschalte, wie dieselben in einer der vielen Handschriften enthalten sind, welche mir bei meinem häufigen Aufenthalte in Paris zu benutzen erlaubt war. Nach der scharfsinnigen Erklärung meines vieljährigen Freundes erleichtern starke Vergrößerungen das Auffinden und Erkennen der Fixsterne, weil sie, ohne das Bild derselben merkbar auszudehnen, eine größere Menge des intensiven Lichtes der Pupille zuführen, aber dagegen nach einem anderen Gesetze auf den Luftraum wirken, von welchem sich der Fixstern abhebt. Das Fernrohr, indem es gleichsam die erleuchteten Theile der Luft, welche das Objectiv umfaßt, von einander entfernt, verdunkelt das Gesichtsfeld, vermindert die Intensität seiner Erleuchtung. Wir sehen aber nur durch den Unterschied des Lichtes des Fixsternes und des Luftfeldes, d. h. der Luftmasse, welche ihn im Fernrohr umgiebt. Ganz anders als der einfache Strahl des Fixsternbildes verhalten sich Planetenscheiben. Diese verlieren in dem vergrößernden Fernrohr durch Dilatation ihre Licht-Intensität eben so wie das Luftfeld (l'aire aérienne). Noch ist zu erwähnen, daß84 starke Vergrößerungen die scheinbare Schnelligkeit der Bewegung des Fixsterns wie die der Scheibe vermehren. Dieser Umstand kann in Instrumenten, welche nicht durch Uhrwerk parallactisch der Himmelsbewegung folgen, das Erkennen der Gegenstände am Tage erleichtern. Andere und andere Punkte der Netzhaut werden gereizt. Sehr schwache Schatten, bemerkt Arago an einem anderen Orte, werden erst sichtbar, wenn man ihnen eine Bewegung geben kann.
Unter dem reinen Tropenhimmel, in der trockensten Jahreszeit, habe ich oft mit der schwachen Vergrößerung von 95 Mal in einem Fernrohr von Dollond die blasse Jupitersscheibe auffinden können, wenn die Sonne schon 15° bis 18° hoch stand. Lichtschwäche des Jupiter und Saturn, bei Tage im großen Berliner Refractor gesehen und contrastirend mit dem ebenfalls reflectirten Lichte der der Sonne näheren Planeten, Venus und Merkur, hat mehrmals Dr. Galle überrascht. Jupiters-Bedeckungen sind mit starken Fernröhren bisweilen bei Tage (von Flaugergues 1792, von Struve 1820) beobachtet worden. Argelander sah (7 Dec. 1849) in einem 5füßigen Fraunhofer eine Viertelstunde nach Sonnenaufgang zu Bonn sehr deutlich 3 Jupiterstrabanten. Den 4ten konnte er nicht erkennen. Noch später sah der Gehülfe Herr Schmidt den Austritt sämmtlicher Trabanten, auch des 4ten, aus dem dunkeln Mondrande in dem 8füßigen Fernrohre des Heliometers. Die Bestimmung der Grenzen der telescopischen Sichtbarkeit kleiner Sterne bei Tageshelle unter verschiedenen Klimaten und auf verschiedenen Höhen über der Meeresfläche hat gleichzeitig ein optisches und ein meteorologisches Interesse.
Zu den merkwürdigen und in ihren Ursachen viel85 bestrittenen Erscheinungen im natürlichen wie im telescopischen Sehen gehört das nächtliche Funkeln (das Blinken, die Scintillation) der Sterne. Zweierlei ist nach Arago's Untersuchungen40 in der Scintillation wesentlich zu unterscheiden: 1) Veränderung der Lichtstärke in plötzlicher Abnahme bis zum Verlöschen und Wiederauflodern; 2) Veränderung der Farbe. Beide Veränderungen sind in der Realität noch stärker, als sie dem bloßen Auge erscheinen; denn wenn einzelne Punkte der Netzhaut einmal angeregt sind, so bewahren sie den empfangenen Lichteindruck: so daß das Verschwinden des Sterns, seine Verdunkelung, sein Farbenwechsel nicht in ihrem ganzen, vollen Maaße von uns empfunden werden. Auffallender zeigt sich das Phänomen des Sternfunkelns im Fernrohr, sobald man dasselbe erschüttert. Es werden dann andere und andere Punkte der Netzhaut gereizt; es erscheinen farbige, oft unterbrochene Kreise. In einer Atmosphäre, die aus stets wechselnden Schichten von verschiedener Temperatur, Feuchtigkeit und Dichte zusammengesetzt ist, erklärt das Princip der Interferenz, wie nach einem augenblicklichen farbigen Auflodern ein eben so augenblickliches Verschwinden oder die plötzliche Verdunkelung des Gestirnes statt finden kann. Die Undulations-Theorie lehrt im allgemeinen, daß zwei Lichtstrahlen (zwei Wellensysteme), von Einer Lichtquelle (Einem Erschütterungs-Mittelpunkte) ausgehend, bei Ungleichheit des Weges sich zerstören; daß das Licht des einen Strahles, zu dem des anderen Strahles hinzugefügt, Dunkelheit hervorbringt. Wenn das Zurückbleiben des einen Wellensystems gegen das andere eine ungerade Anzahl halber Undulationen beträgt, so streben beide Wellen -86 systeme, demselben Aether-Molecule zu gleicher Zeit gleiche, aber entgegengesetzte Geschwindigkeiten mitzutheilen: so daß die Wirkung ihrer Vereinigung die Ruhe des Aether-Molecules, also Finsterniß ist. In gewissen Fällen spielt die Refrangibilität der verschiedenen Luftschichten, welche die Lichtstrahlen durchschneiden, mehr als die verschiedene Länge des Weges, die Hauptrolle bei der Erscheinung. 41
Die Stärke der Scintillation ist unter den Fixsternen selbst auffallend verschieden; nicht von der Höhe ihres Standes und von ihrer scheinbaren Größe allein abhängig, sondern, wie es scheint, von der Natur ihres eigenen Lichtprocesses. Einige, z. B. Wega, zittern weniger als Arctur und Procyon. Der Mangel der Scintillation bei den Planeten mit größeren Scheiben ist der Compensation und ausgleichenden Farbenvermischung zuzuschreiben, welche die einzelnen Punkte der Scheibe geben. Es wird die Scheibe wie ein Aggregat von Sternen betrachtet, welche das fehlende, durch Interferenz vernichtete Licht gegenseitig ersetzen und die farbigen Strahlen zu weißem Lichte wiederum vereinigen. Bei Jupiter und Saturn bemerkt man deshalb am seltensten Spuren der Scintillation; wohl aber bei Merkur und Venus, da der scheinbare Durchmesser der Scheiben in den letztgenannten zwei Planeten bis 4″,4 und 9″,5 herabsinkt. Auch bei Mars kann zur Zeit der Conjunction sich der Durchmesser bis 3″,3 vermindern. In den heiteren, kalten Winternächten der gemäßigten Zone vermehrt die Scintillation den prachtvollen Eindruck des gestirnten Himmels auch durch den Umstand, daß, indem wir Sterne 6ter bis 7ter Größe bald hier, bald dort aufglimmen sehen, wir, getäuscht, mehr leuchtende Punkte vermuthen und zu87 erkennen glauben, als das unbewaffnete Auge wirklich unterscheidet. Daher das populäre Erstaunen über die wenigen Tausende von Sternen, welche genaue Sterncataloge als den bloßen Augen sichtbar angeben! Daß das zitternde Licht die Fixsterne von den Planeten unterscheide, war von früher Zeit den griechischen Astronomen bekannt; aber Aristoteles, nach der Ausströmungs - und Tangential-Theorie des Sehens, der er anhängt, schreibt das Zittern und Funkeln der Fixsterne, sonderbar genug, einer bloßen Anstrengung des Auges zu. „ Die eingehefteten Sterne “(die Fixsterne), sagt er42, „ funkeln, die Planeten nicht: denn die Planeten sind nahe, so daß das Gesicht im Stande ist sie zu erreichen; bei den feststehenden aber (πρὸς δὲ τοὺς μένοντας) geräth das Auge wegen der Entfernung und Anstrengung in eine zitternde Bewegung. “
Zu Galilei's Zeiten, zwischen 1572 und 1604, in einer Epoche großer Himmelsbegebenheiten, da drei neue Sterne43 von mehr Glanz als Sterne erster Größe plötzlich erschienen und einer derselben im Schwan 21 Jahre leuchtend blieb, zog das Funkeln als das muthmaßliche Criterium eines nicht planetarischen Weltkörpers Kepler's Aufmerksamkeit besonders auf sich. Der damalige Zustand der Optik verhinderte freilich den um diese Wissenschaft so hoch verdienten Astronomen sich über die gewöhnlichen Ideen von bewegten Dünsten zu erheben. 44Auch unter den neu erschienenen Sternen, deren die chinesischen Annalen nach der großen Sammlung von Ma-tuan-lin erwähnen, wird bisweilen des sehr starken Funkelns gedacht.
Zwischen den Wendekreisen und ihnen nahe giebt bei gleichmäßigerer Mischung der Luftschichten die große Schwäche88 oder völlige Abwesenheit der Scintillation der Fixsterne, 12 bis 15 Grade über dem Horizont, dem Himmelsgewölbe einen eigenthümlichen Charakter von Ruhe und milderem Lichte. Ich habe in mehreren meiner Naturschilderungen der Tropenwelt dieses Charakters erwähnt: der auch schon dem Beobachtungsgeiste von La Condamine und Bouguer in den peruanischen Ebenen, wie dem von Garcin45 in Arabien, Indien und an den Küsten des persischen Meerbusens (bei Bender Abassi) nicht entgangen war.
Da der Anblick des gestirnten Himmels in der Jahreszeit perpetuirlich heiterer, ganz wolkenfreier Tropennächte für mich einen besonderen Reiz hatte, so bin ich bemüht gewesen in meinen Tagebüchern stets die Höhen über dem Horizonte aufzuzeichnen, in der das Funkeln der Sterne bei verschiedenen Hygrometerständen aufhörte. Cumana und der regenlose Theil des peruanischen Littorals der Südsee, wenn in letzterem die Zeit der Garua (des Nebels) noch nicht eingetreten war, eigneten sich vorzüglich zu solchen Beobachtungen. Nach Mittelzahlen scheinen die größeren Fixsterne meist nur unter 10° oder 12° Höhe über dem Horizont zu scintilliren. In größeren Höhen gießen sie aus ein milderes, planetarisches Licht. Am sichersten wird der Unterschied erkannt, wenn man dieselben Fixsterne in ihrem allmäligen Aufsteigen oder Niedersinken verfolgt und dabei die Höhenwinkel mißt oder (bei bekannter Ortsbreite und Zeit) berechnet. In einzelnen gleich heiteren und gleich windlosen Nächten erstreckte sich die Region des Funkelns bis 20°, ja bis 25° Höhe; doch war zwischen diesen Verschiedenheiten der Höhe oder der Stärke der Scintillation und den Hygrometer - und Thermometerständen, die in der89 unteren, uns allein zugänglichen Region der Luft beobachtet wurden, fast nie ein Zusammenhang zu entdecken. Ich sah in auf einander folgenden Nächten nach beträchtlicher Scintillation 60° bis 70° hoher Gestirne, bei 85° des Saussure'schen Haar-Hygrometers, die Scintillation bis 15° Höhe über dem Horizont völlig aufhören, und dabei doch die Luftfeuchtigkeit so ansehnlich vermehrt, daß das Hygrometer bis 93° fortschritt. Es ist nicht die Quantität der Wasserdämpfe, welche die Atmosphäre aufgelöst erhält; es ist die ungleiche Vertheilung der Dämpfe in den über einander liegenden Schichten und die, in den unteren Regionen nicht bemerkbaren, oberen Strömungen kalter und warmer Luft, welche das verwickelte Ausgleichungs-Spiel der Interferenz der Lichtstrahlen modificiren. Auch bei sehr dünnem gelbrothem Nebel, der kurz vor Erdstößen den Himmel färbte, vermehrte sich auffallend das Funkeln hochstehender Gestirne. Alle diese Bemerkungen beziehen sich auf die völlig heitere, wolken - und regenlose Jahreszeit der tropischen Zone 10° bis 12° nördlich und südlich vom Aequator. Die Lichtphänomene, welche beim Eintritt der Regenzeit während des Durchgangs der Sonne durch den Zenith erscheinen, hangen von sehr allgemein und kräftig, ja fast stürmisch wirkenden Ursachen ab. Die plötzliche Schwächung des Nordost-Passates, und die Unterbrechung regelmäßiger oberer Strömungen vom Aequator zu den Polen und unterer Strömungen von den Polen zum Aequator erzeugen Wolkenbildungen, täglich zu bestimmter Zeit wiederkehrende Gewitter und Regengüsse. Ich habe mehrere Jahre hinter einander bemerkt, wie an den Orten, an denen das Funkeln der Fixsterne überhaupt etwas seltenes ist, der Eintritt90 der Regenzeit viele Tage im voraus sich durch das zitternde Licht der Gestirne in großer Höhe über dem Horizont verkündigt. Wetterleuchten, einzelne Blitze am fernen Horizont ohne sichtbares Gewölk oder in schmalen, senkrecht aufsteigenden Wolkensäulen sind dann begleitende Erscheinungen. Ich habe diese charakteristischen Vorgänge, die physiognomischen Veränderungen der Himmelsluft in mehreren meiner Schriften zu schildern versucht. 46
Ueber die Geschwindigkeit des Lichtes, über die Wahrscheinlichkeit, daß dasselbe eine gewisse Zeit zu seiner Fortpflanzung brauche, findet sich die älteste Ansicht bei Bacon von Verulam in dem zweiten Buche des Novum Organum. Er spricht von der Zeit, deren ein Lichtstrahl bedarf, die ungeheure Strecke des Weltraums zu durchlaufen; er wirft schon die Frage auf, ob die Sterne noch vorhanden sind, die wir gleichzeitig funkeln sehen. 47Man erstaunt diese glückliche Ahndung in einem Werke zu finden, dessen geistreicher Verfasser in mathematischem, astronomischem und physikalischem Wissen tief unter dem seiner Zeitgenossen stand. Gemessen wurden die Geschwindigkeit des reflectirten Sonnenlichtes durch Römer (November 1675) mittelst der Vergleichung von Verfinsterungs-Epochen der Jupiterstrabanten; die Geschwindigkeit des directen Lichtes der Fixsterne mittelst Bradley's großer Entdeckung der Aberration (Herbst 1727), des sinnlichen Beweises von der translatorischen Bewegung der Erde, d. i. von der Wahrheit des copernicanischen Systemes. In der neuesten Zeit ist eine dritte Methode der Messung durch Arago vorgeschlagen worden, die der Lichterscheinungen eines veränderlichen Sternes, z. B. des Algol im Perseus. 48Zu diesen91 astronomischen Methoden gesellt sich noch eine terrestrische Messung, welche mit Scharfsinn und Glück ganz neuerlich Herr Fizeau in der Nähe von Paris ausgeführt hat. Sie erinnert an einen frühen, zu keinem Nesultate leitenden Versuch von Galilei mit zwei gegenseitig zu verdeckenden Laternen.
Aus Römer's ersten Beobachtungen der Jupiterstrabanten schätzten Horrebow und Du Hamel den Lichtweg in Zeit von der Sonne zur Erde bei mittlerer Entfernung 14′ 7″, Cassini 14′ 10″; Newton49, was recht auffallend ist, der Wahrheit weit näher 7′ 30″. Delambre50 fand, indem er bloß unter den Beobachtungen seiner Zeit die des ersten Trabanten in Rechnung nahm, 8′ 13″,2. Mit vielem Rechte hat Encke bemerkt, wie wichtig es wäre, in der sicheren Hoffnung bei der jetzigen Vollkommenheit der Fernröhre übereinstimmendere Resultate zu erlangen, eine eigene Arbeit über die Verfinsterungen des Jupitertrabanten zur Ableitung der Lichtgeschwindigkeit zu unternehmen.
Aus Bradley's, von Rigaud in Oxford wieder aufgefundenen Aberrations-Beobachtungen folgen nach der Untersuchung von Dr. Busch51 in Königsberg für den Lichtweg von der Sonne zur Erde 8′ 12″,14; die Geschwindigkeit des Sternlichts 41994 geogr. Meilen in der Secunde, und die Aberrations-Constante 20″,2116; aber nach neueren, achtzehnmonatlichen Aberrations-Beobachtungen von Struve am großen Passage-Instrument von Pulkowa52 muß die erste dieser Zahlen ansehnlich vergrößert werden. Das Resultat dieser großen Arbeit war: 8′ 17″,78; woraus bei der Aberrations-Constante von 20″,4451 mit Encke's Verbesserung der Sonnen-Parallaxe im J. 1835 und der im92 astronomischen Jahrbuch für 1852 von ihm angegebenen Werthe des Erdhalbmessers die Lichtgeschwindigkeit von 41549 geogr. Meilen folgt. Der wahrscheinliche Fehler in der Geschwindigkeit soll kaum noch 2 geogr. Meilen betragen. Dies Struvische Resultat ist von dem Delambrischen (8′ 13″,2), das von Bessel in den Tab. Regiom. und bisher in dem Berliner astronomischen Jahrbuche angewandt worden ist, für die Zeit, welche der Lichtstrahl von der Sonne zur Erde braucht, um 1 / 110 verschieden. Als völlig abgeschlossen ist die Discussion des Gegenstandes noch nicht zu betrachten. Die früher gehegte Vermuthung, daß die Lichtgeschwindigkeit des Polarsterns in Verhältniß von 133 zu 134 schwächer sei als die seines Begleiters, ist aber vielem Zweifel unterworfen geblieben.
Ein durch seine Kenntnisse wie durch seine große Feinheit im Experimentiren ausgezeichneter Physiker, Herr Fizeau, hat durch sinnreich construirte Vorrichtungen, in denen künstliches, sternartiges Licht von Sauerstoff und Wasserstoff durch einen Spiegel in 8633 Meter (26575 Par. Fuß) Entfernung, zwischen Suresne und La Butte Montmartre, an den Punkt zurückgesandt wird, von dem es ausgegangen, eine terrestrische Messung der Lichtgeschwindigkeit vollbracht. Eine mit 720 Zähnen versehene Scheibe, welche 12,6 Umläufe in der Secunde machte, verdeckte abwechselnd den Lichtstrahl oder ließ ihn frei durch zwischen den Zähnen des Randes. Aus der Angabe eines Zählers (compteur) glaubte man schließen zu können, daß das künstliche Licht 17266 Meter, d. i. den doppelten Weg zwischen den Stationen, in 1 / 18000 einer Zeitsecunde zurücklegte: woraus sich eine Geschwindigkeit von 310788 Kilometer oder (da 1 geogr. 93Meile 7419 Meter ist) von 41882 geogr. Meilen in der Secunde53 ergiebt. Dies Resultat käme demnach dem von Delambre (41994 Meilen) aus den Jupiterstrabanten geschlossenen am nächsten.
Directe Beobachtungen und sinnreiche Betrachtungen über die Abwesenheit aller Färbung während des Lichtwechsels der veränderlichen Sterne, auf die ich später zurückkommen werde, haben Arago zu dem Resultate geführt, daß nach der Undulations-Theorie die Lichtstrahlen, welche verschiedene Farbe, und also sehr verschiedenartige Länge und Schnelligkeit der Transversal-Schwingungen haben, sich in den himmlischen Räumen mit gleicher Geschwindigkeit bewegen. Deshalb ist aber doch im Inneren der verschiedenen Körper, durch welche die farbigen Strahlen gehen, ihre Fortpflanzungs-Geschwindigkeit und Brechung verschieden. 54Die Beobachtungen Arago's haben nämlich gelehrt, daß im Prisma die Brechung nicht durch die relative Geschwindigkeit des Lichtes gegen die Erde verändert wird. Alle Messungen gaben einstimmig als Resultat: daß das Licht von den Sternen, nach welchen die Erde sich hinbewegt, denselben Brechungs-Inder darbietet als das Licht der Sterne, von welchen die Erde sich entfernt. In der Sprache der Emissions-Hypothese sagte der berühmte Beobachter: daß die Körper Strahlen von allen Geschwindigkeiten aussenden, daß aber unter diesen verschiedenen Geschwindigkeiten nur eine die Empfindung des Lichts anzuregen vermag. 55
Vergleicht man die Geschwindigkeit des Sonnen -, Sternen - und irdischen Lichtes, welche auch in den Brechungswinkeln des Prisma sich alle auf ganz gleiche Weise94 verhalten, mit der Geschwindigkeit des Lichtes der Reibungs-Electricität, so wird man geneigt nach den von Wheatstone mit bewundernswürdigem Scharfsinn angeordneten Versuchen die letztere auf das mindeste für schneller im Verhältniß wie 3 zu 2 zu halten. Nach dem schwächsten Resultate des Wheatstonischen optischen Dreh-Apparats legt das electrische Licht in der Secunde 288000 englische Meilen zurück oder (1 Statut-Meile, deren 69,12 auf den Grad gehen, zu 4954 Par. Fuß gerechnet) mehr als 62500 geographische Meilen. 56Rechnet man nun mit Struve für Sternenlicht in den Aberrations-Beobachtungen 41549, so erhält man den oben angegebenen Unterschied von 20951 geogr. Meilen als größere Schnelligkeit der Electricität.
Diese Angabe widerspricht scheinbar der schon von William Herschel aufgestellten Ansicht, nach der das Sonnen - und Fixsternlicht vielleicht die Wirkung eines electro-magnetischen Processes, ein perpetuirliches Nordlicht sei. Ich sage scheinbar; denn es ist wohl nicht die Möglichkeit zu bestreiten, daß es in den leuchtenden Weltkörpern mehrere, sehr verschiedenartige magneto-electrische Processe geben könne, in denen das Erzeugniß des Processes, das Licht, eine verschiedenartige Fortpflanzungs-Geschwindigkeit besäße. Zu dieser Vermuthung gesellt sich die Unsicherheit des numerischen Resultats in den Wheatstonischen Versuchen. Ihr Urheber selbst hält dasselbe für „ nicht hinlänglich begründet und neuer Bestätigung bedürftig “, um befriedigend mit den Aberrations - und Satelliten-Beobachtungen verglichen zu werden.
Neuere Versuche, welche Walker in den Vereinigten Staaten von Nordamerika über die Fortpflanzungs -95 Geschwindigkeit der Electricität bei Gelegenheit seiner telegraphischen Längen-Bestimmungen von Washington, Philadelphia, Neu-York und Cambridge machte, haben die Aufmerksamkeit der Physiker lebhaft auf sich gezogen. Nach Steinheil's Beschreibung dieser Versuche war die astronomische Uhr des Observatoriums in Philadelphia mit dem Schreib-Apparate von Morse auf der Telegraphenlinie in solche Verbindung gesetzt, daß sich auf den endlosen Papierstreifen des Apparats der Gang dieser Uhr durch Punkte selbst aufzeichnete. Der electrische Telegraph trägt jedes dieser Uhrzeichen augenblicklich nach den anderen Stationen, und giebt denselben durch ähnliche Punkte auf ihren fortrückenden Papierstreifen die Zeit von Philadelphia. Auf diese Weise können willkührliche Zeichen oder der Moment des Durchganges eines Sternes in gleicher Art von dem Beobachter der Station eingetragen werden, indem er bloß mit dem Finger drückend eine Klappe berührt. „ Der wesentliche Vortheil dieser amerikanischen Methode besteht “, wie Steinheil sich ausdrückt, „ darin, daß sie die Zeitbestimmung unabhängig von der Verbindung der beiden Sinne, — Gesicht und Gehör —, gemacht hat, indem der Uhrgang sich selbst notirt und der Moment des Sterndurchganges (nach Walker's Behauptung bis auf den mittleren Fehler von dem 70ten Theil einer Secunde) bezeichnet wird. Eine constante Differenz der verglichenen Uhrzeichen von Philadelphia und Cambridge entspringt aus der Zeit, die der electrische Strom braucht, um zweimal den Schließungskreis zwischen beiden Stationen zu durchlaufen. “
Messungen, welche auf Leitungswegen von 1050 englischen oder 242 geographischen Meilen Länge angestellt96 wurden, gaben aus 18 Bedingungs-Gleichungen die Fortpflanzungs-Geschwindigkeit des hydrogalvanischen Stromes nur zu 18700 englischen oder 4060 geographischen Meilen57, d. h. funfzehnmal langsamer als der electrische Strom in Wheatstone's Drehscheiben! Da in den merkwürdigen Versuchen von Walker nicht zwei Dräthe angewandt wurden, sondern die Hälfte der Leitung, wie man sich auszudrücken pflegt, durch den feuchten Erdboden geschah; so könnte hier die Vermuthung gerechtfertigt scheinen, daß die Fortpflanzungs-Geschwindigkeit der Electricität sowohl von der Natur als der Dimension58 des Mediums abhängig ist. Schlechte Leiter in der Voltaischen Kette erwärmen sich stärker als gute Leiter, und die electrischen Entladungen sind nach den neuesten Versuchen von Rieß59 ein sehr verschiedenartig complicirtes Phänomen. Die jetzt herrschenden Ansichten über das, was man „ Verbindung durch Erdreich “zu nennen pflegt, sind der Ansicht von linearer Molecular-Leitung zwischen den beiden Drathenden und der Vermuthung von Leitungs-Hindernissen, von Anhäufung und Durchbruch in einem Strome entgegen: da das, was einst als Zwischenleitung in der Erde betrachtet wurde, einer Ausgleichung (Wiederherstellung) der electrischen Spannung allein angehören soll.
Wenn es gleich nach den jetzigen Grenzen der Genauigkeit in dieser Art von Beobachtungen wahrscheinlich ist, daß die Aberrations-Constante und demnach die Lichtgeschwindigkeit aller Fixsterne dieselbe ist; so ist doch auch mehrmals der Möglichkeit gedacht worden, daß es leuchtende Weltkörper gebe, deren Licht deshalb nicht bis zu uns gelangt, weil bei ihrer ungeheuren Masse die Gravitation97 die Lichttheilchen zur Umkehr nöthigt. Die Emissions-Theorie giebt solchen Phantasien eine wissenschaftliche Form. 60Ich erwähne hier derselben nur deshalb, weil später gewisser Eigenthümlichkeiten der Bewegung, welche dem Procyon zugeschrieben wurden und auf eine Störung durch dunkle Weltkörper zu leiten schienen, Erwähnung geschehen muß. Es ist der Zweck dieses Theils meines Werkes, das zu berühren, was zur Zeit seiner Ausarbeitung und seines Erscheinens die Wissenschaft nach verschiedenen Richtungen bewegt hat und so den individuellen Charakter einer Epoche in der siderischen wie in der tellurischen Sphäre bezeichnet.
Die photometrischen oder Helligkeits-Verhältnisse selbstleuchtender Gestirne, welche den Weltraum erfüllen, sind seit mehr als zweitausend Jahren ein Gegenstand wissenschaftlicher Beobachtung und Schätzung gewesen. Die Beschreibung des gestirnten Himmels umfaßte nicht bloß die Ortsbestimmungen, die Messung des Abstandes der leuchtenden Weltkörper von einander und von den Kreisen, welche sich auf den scheinbaren Sonnenlauf und die tägliche Bewegung des Himmelsgewölbes beziehen; sie berührte auch zugleich die relative Lichtstärke der Gestirne. Die Aufmerksamkeit der Menschen ist gewiß am frühesten auf den letzten Gegenstand geheftet gewesen; einzelne Sterne haben Namen erhalten, ehe man sie sich als mit anderen in Gruppen und Bildern verbunden dachte. Unter den wilden kleinen Völkerschaften, welche die dichten Waldgegenden des Oberen Orinoco und Atabapo bewohnen, an Orten, wo der undurchdringliche Baumwuchs mich gewöhnlich zwang zu Breiten-Bestimmungen nur hoch culminirende Sterne zu beobachten, fand ich oft bei einzelnen Individuen, besonders bei Greisen,98 Benennungen für Canopus, Achernar, die Füße des Centaur und α des südlichen Kreuzes. Hätte das Verzeichniß der Sternbilder, welches wir unter dem Namen der Catasterismen des Eratosthenes besitzen, das hohe Alter, das man ihm so lange zugeschrieben (zwischen Autolycus von Pitane und Timocharis, also fast anderthalb Jahrhunderte vor Hipparch); so besäßen wir in der Astronomie der Griechen eine Grenze für die Zeit, wo die Fixsterne noch nicht nach relativen Größen gereihet waren. Es wird in den Catasterismen bei der Aufzählung der Gestirne, welche jedem einzelnen Sternbilde zukommen, oft der Zahl der in ihnen leuchtendsten und größten, oder der dunkeln, wenig erkennbaren, gedacht;61 aber keiner relativen Beziehung der Angaben von einem Sternbilde zum anderen. Die Catasterismen sind nach Bernhardy, Baehr und Letronne mehr als zwei Jahrhunderte neuer als der Catalog des Hipparchus: eine unfleißige Compilation, ein Excerpt aus dem, dem Julius Hyginus zugeschriebenen Poeticum astronomicum, wenn nicht aus dem Gedichte Ἑρμῆς des alten Eratosthenes. Jener Catalog des Hipparchus, welchen wir in der Form besitzen, die ihm im Almagest gegeben ist, enthält die erste und wichtige Bestimmung der Größenclassen (Helligkeits-Abstufungen) von 1022 Sternen, also ungefähr von 1 / 5 aller am ganzen Himmel mit bloßen Augen sichtbaren Sterne zwischen 1ter und 6ter Größe, letztere mit eingeschlossen. Ob die Schätzungen von Hipparchus allein herrühren, ob sie nicht vielmehr theilweise den Beobachtungen des Timocharis oder Aristyllus angehören, welche von Hipparchus so oft benutzt wurden; bleibt ungewiß.
99Diese Arbeit ist die wichtige Grundlage gewesen, auf welcher die Araber und das ganze Mittelalter fortgebauet; ja die bis in das 19te Jahrhundert übergegangene Gewohnheit, die Zahl der Sterne erster Größe auf 15 zu beschränken (Mädler zählt deren 18, Rümker nach sorgfältigerer Erforschung des südlichen Himmels über 20), stammt aus der Classification des Almagest am Schluß der Sterntafel des achten Buches her. Ptolemäus, auf das natürliche Sehen angewiesen, nannte dunkle Sterne alle, welche schwächer als seine 6te Classe leuchten; von dieser Classe führt er sonderbarerweise nur 49 auf, fast gleichartig unter beide Hemisphären vertheilt. Erinnert man sich, daß das Verzeichniß ohngefähr den fünften Theil aller dem bloßen Auge sichtbaren Fixsterne aufführt, so hätte dasselbe, nach Argelander's Untersuchungen, 640 Sterne 6ter Größe geben sollen. Die Nebelsterne (νεφελοειδεῖς) des Ptolemäus und der Catasterismen des Pseudo-Eratosthenes sind meist kleine Sternschwärme62, welche bei der reineren Luft des südlichen Himmels als Nebelflecke erscheinen. Ich gründe diese Vermuthung besonders auf die Angabe eines Nebels an der rechten Hand des Perseus. Galilei, der so wenig als die griechischen und arabischen Astronomen den dem bloßen Auge sichtbaren Nebelfleck der Andromeda kannte, sagt im Nuncius sidereus selbst, daß stellae nebulosae nichts anderes sind als Sternhaufen, die wie areolae sparsim per aethera fulgent. 63Das Wort Größenordnung (τῶν μεγάλων τάξις), obgleich auf den Glanz beschränkt, hat doch schon im 9ten Jahrhunderte zu Hypothesen über die Durchmesser der Sterne verschiedener Helligkeit geführt64: als hinge die Intensität des Lichts nicht zugleich von der Entfernung,100 dem Volum, der Masse und der eigenthümlichen, den Lichtproceß begünstigenden, Beschaffenheit der Oberfläche eines Weltkörpers ab.
Zur Zeit der mongolischen Obergewalt, als im 15ten Jahrhundert unter dem Timuriden Ulugh Beig die Astronomie in Samarkand in größter Blüthe war, erhielten photometrische Bestimmungen dadurch einen Zuwachs, daß jede der 6 Classen der hipparchischen und ptolemäischen Sterngrößen in 3 Unterabtheilungen getheilt wurde; man unterschied kleine, mittlere und große Sterne der zweiten Größe: was an die Versuche zehntheiliger Abstufungen von Struve und Argelander erinnert65. In den Tafeln von Ulugh Beig wird dieser photometrische Fortschritt, die genauere Bestimmung der Lichthelligkeiten, dem Abdurrahman Sufi zugeschrieben, welcher ein eigenes Werk „ von der Kenntniß der Fixen “herausgegeben hatte und zuerst der einen (Magellanischen) Lichtwolke unter dem Namen des Weißen Ochsen erwähnte. Seit der Einführung des telescopischen Sehens und seiner allmäligen Vervollkommnung wurden die Schätzungen der Lichtabstufung weit über die 6te Classe ausgedehnt. Das Bedürfniß, die im Schwan und im Ophiuchus neu erschienenen Sterne (der erstere blieb 21 Jahre lang leuchtend) in der Zunahme und Abnahme ihres Lichtes mit dem Glanze anderer Sterne zu vergleichen, reizte zu photometrischen Betrachtungen. Die sogenannten dunkeln Sterne des Ptolemäus (unter der 6ten Größe) erhielten numerische Benennungen relativer Licht-Intensität. „ Astronomen “, sagt Sir John Herschel, „ welche an den Gebrauch mächtiger, raumdurchdringender Fernröhre gewöhnt sind, verfolgen abwärts die Reihung101 der Lichtschwäche von der 8ten bis zur 16ten Größe. “ 66Aber bei so schwachem Lichtglanze sind die Benennungen der Größenclassen theilweise sehr unbestimmt, da Struve bisweilen zur 12ten bis 13ten Größe zählt, was John Herschel 18ter bis 20ter nennt.
Es ist hier nicht der Ort die sehr ungleichartigen Methoden zu prüfen, welche in anderthalb Jahrhunderten, von Auzout und Huygens bis Bouguer und Lambert, von William Herschel, Rumford und Wollaston bis Steinheil und John Herschel, zu Lichtmessungen angewandt worden sind. Es genügt nach dem Zweck dieses Werkes die Methoden übersichtlich zu nennen. Sie waren: Vergleichung mit den Schatten künstlicher Lichter, in Zahl und Entfernung verschieden; Diaphragmen; Plangläser von verschiedener Dicke und Farbe; künstliche Sterne, durch Reflex auf Glaskugeln gebildet; Nebeneinander-Stellung von zwei siebenfüßigen Telescopen, bei denen man fast in einer Secunde von einem zum anderen gelangen konnte; Reflexions-Instrumente, in welchen man zwei zu vergleichende Sterne zugleich sieht, nachdem das Fernrohr vorher so gestellt worden ist, daß der unmittelbar gesehene Stern zwei Bilder von gleicher Intensität gegeben hat67; Apparate mit einem vor dem Objectiv angebrachten Spiegel und mit Objectiv-Blendungen, deren Drehung auf einem Ringe gemessen wird; Fernröhre mit getheilten Objectiven, deren jede Hälfte das Sternlicht durch ein Prisma erhält; Astrometer68, in welchen ein Prisma das Bild des Mondes oder des Jupiter reflectirt, und durch eine Linse in verschiedenen Entfernungen das Bild zu einem lichtvolleren oder lichtschwächeren Stern concentrirt wird. Der geistreiche Astronom, welcher in der102 neuesten Zeit in beiden Hemisphären sich am eifrigsten mit der numerischen Bestimmung der Lichtstärke beschäftigt hat, Sir John Herschel, gesteht doch nach vollbrachter Arbeit selbst, daß die praktische Anwendung genauer photometrischer Methoden noch immer als „ ein Desideratum der Astronomie “betrachtet werden müsse, daß „ die Lichtmessung in der Kindheit liege “. Das zunehmende Interesse für die veränderlichen Sterne, und eine neue Himmelsbegebenheit, die außerordentliche Lichtzunahme eines Sternes im Schiffe Argo im Jahre 1837, haben das Bedürfniß sicherer Lichtbestimmungen jetzt mehr als je fühlen lassen.
Es ist wesentlich zu unterscheiden zwischen der bloßen Reihung der Gestirne nach ihrem Glanze, ohne numerische Schätzungen der Intensität des Lichtes (eine solche Reihung enthält Sir John Herschel's wissenschaftliches Handbuch für Seefahrer); und zwischen Classificationen mit zugefügten Zahlen, welche die Intensität unter der Form sogenannter Größen-Verhältnisse oder durch die gewagteren Angaben der Quantitäten des ausgestrahlten Lichtes ausdrücken. 69Die erste Zahlenreihe, auf Schätzungen mit dem bloßen Auge gegründet, aber durch sinnreiche Bearbeitung des Stoffes70 vervollkommnet, verdient unter den approximativen Methoden in dem gegenwärtigen so unvollkommenen Zustande der photometrischen Apparate wahrscheinlich den Vorzug: so sehr auch bei ihr durch die Individualität des Beobachters, die Heiterkeit der Luft, die verschiedene Höhe weit von einander entfernter und nur vermöge vieler Mittelglieder zu vergleichender Sterne, vor allem aber durch die ungleiche Färbung des Lichtes die Genauigkeit der Schätzungen gefährdet wird. Sehr glänzende Sterne erster Größe:103 Sirius und Canopus, α Centauri und Achernar, Deneb und Wega, sind schon, bei weißem Lichte, weit schwieriger durch Schätzung des bloßen Auges mit einander zu vergleichen als schwächere Sterne unter der 6ten und 7ten Größe. Die Schwierigkeit der Vergleichung nimmt bei Sternen sehr intensiven Lichtes aber noch zu, wenn gelbe Sterne, Procyon, Capella oder Atair, mit röthlichen, wie Aldebaran, Arctur und Beteigeuze, verglichen werden sollen. 71
Mittelst einer photometrischen Vergleichung des Mondes mit dem Doppelsterne α Centauri des südlichen Himmels, dem dritten aller Sterne an Lichtstärke, hat Sir John Herschel es versucht das Verhältniß zwischen der Intensität des Sonnenlichts und dem Lichte eines Sternes 1ter Größe zu bestimmen; es wurde dadurch (wie früher durch Wollaston) ein Wunsch erfüllt, den John Michell72 schon 1767 ausgesprochen hatte. Nach dem Mittel aus 11 Messungen, mit einem prismatischen Apparate veranstaltet, fand Sir John Herschel den Vollmond 27408mal heller als α Centauri. Nun ist nach Wollaston73 die Sonne 801072mal lichtstärker als der Vollmond; es folgt also daraus, daß das Licht, welches uns die Sonne zusendet, sich zu dem Lichte, das wir von α Centauri empfangen, ohngefähr verhält wie 22000 Millionen zu 1. Es ist demnach sehr wahrscheinlich, wenn man nach seiner Parallaxe die Entfernung des Sternes in Anschlag bringt, daß dessen innere (absolute) Leuchtkraft die unserer Sonne 2 3 / 10mal übersteigt. Die Helligkeit von Sirius hat Wollaston 20000 Millionen Male schwächer gefunden als die der Sonne. Nach dem, was man jetzt von der Parallaxe des Sirius zu wissen glaubt (0″,230), überträfe aber seine wirkliche (absolute) Lichtstärke die der Sonne104 63mal. 74Unsere Sonne gehörte also durch die Intensität ihrer Lichtprocesse zu den schwachen Fixsternen. Sir John Herschel schätzt die Lichtstärke des Sirius gleich dem Lichte von fast zweihundert Sternen 6ter Größe. Da es nach Analogie der schon eingesammelten Erfahrungen sehr wahrscheinlich ist, daß alle Weltkörper, wenn auch nur in sehr langen und ungemessenen Perioden, veränderlich sind im Raume wie in der Lichtstärke; so erscheint, bei der Abhängigkeit alles organischen Lebens von der Temperatur und Lichtstärke der Sonne, die Vervollkommnung der Photometrie wie ein großer und ernster Zweck wissenschaftlicher Untersuchung. Diese Vervollkommnung allein kann die Möglichkeit darbieten künftigen Geschlechtern numerische Bestimmungen zu hinterlassen über den Lichtzustand des Firmaments. Viele geognostische Erscheinungen, welche sich beziehen auf die thermische Geschichte unseres Luftkreises, auf ehemalige Verbreitung von Pflanzen - und Thierarten, werden dadurch erläutert werden. Auch waren solche Betrachtungen schon vor mehr als einem halben Jahrhunderte dem großen Forscher William Herschel nicht entgangen, welcher, ehe noch der enge Zusammenhang von Electricität und Magnetismus entdeckt war, die ewig leuchtenden Wolkenhüllen des Sonnenkörpers mit dem Polarlichte des Erdballes verglich. 75
Das vielversprechendste Mittel directer Messung der Lichtstärke hat Arago in dem Complementar-Zustande der durch Transmission und Reflexion gesehenen Farbenringe erkannt. Ich gebe in einer Anmerkung76 mit den eigenen Worten meines Freundes die Angabe seiner photometrischen Methode, der er auch den optischen Grundsatz, auf welchem sein Cyanometer beruht, beigefügt hat.
105Die sogenannten Größen-Verhältnisse der Fixsterne, welche jetzt unsere Cataloge und Sternkarten angeben, führen zum Theil als gleichzeitig auf, was bei den kosmischen Lichtveränderungen sehr verschiedenen Zeiten zugehört. Ein sicheres Kennzeichen solcher Lichtveränderungen ist aber nicht immer, wie lange angenommen worden ist, die Reihenfolge der Buchstaben, welche in der seit dem Anfang des 17ten Jahrhunderts so viel gebrauchten Uranometria Bayeri den Sternen beigefügt sind. Argelander hat glücklich erwiesen, daß man von dem alphabetischen Vorrange nicht auf die relative Helligkeit schließen kann, und daß Bayer in der Wahl der Buchstaben sich von der Gestalt und Richtung der Sternbilder habe leiten lassen. 77
[106](S. 93.) » D'après la théorie mathématique dans le système des ondes, les rayons de différentes couleurs, les rayons dont les ondulations sont inégales, doivent néanmoins se propager dans l'Éther avec la même vitesse. Il n'y a pas de différence à cet égard entre la propagation des ondes sonores, lesquelles se propagent dans l'air avec la même rapidité. Cette égalité de propagation des ondes sonores est bien établie expérimentalement par la similitude d'effet que produit une musique donnée à toutes distances du lieu où l'on l'exécute. La principale difficulté, je dirai l'unique difficulté qu'on eût élevée contre le système des ondes, consistait donc à expliquer, comment la vitesse de propagation des rayons de différentes couleurs dans des corps différents pouvait être dissemblable et servir à rendre compte de l'inégalité de réfraction de ces rayons ou de la dispersion. On a montré récemment que cette difficulté n'est pas insurmontable; qu'on peut constituer l'Éther dans les corps inégalement denses de manière que des rayons à ondulations dissemblables s'y propagent avec des vitesses inégales: reste à déterminer, si les conceptions des géomètres à cet égard sont conformes à la nature des choses. Voici les amplitudes des ondulations déduites expérimentalement d'une série de faits relatifs aux interférences:
| mm | ||
| violet | ... | 0,000423 |
| jaune | ... | 0,000551 |
| rouge | ... | 0,000620. |
La vitesse de transmission des rayons de différentes couleurs dans les espaces célestes est la même dans le système des ondes et tout à fait indépendante de l'étendue ou de la vitesse des ondulations. « Arago, Handschr. von 1849. Vergl. auch Annuaire pour 1842 p. 333 – 336. — Die Länge der Lichtwelle des129 Aethers und die Geschwindigkeit der Schwingungen bestimmen den Charakter der Farbenstrahlen. Zum Violett, dem am meisten refrangibeln Strahle, gehören 662; zum Roth, dem am wenigsten refrangibeln Strahle, (bei größter Wellenlänge) nur 451 Billionen Schwingungen in der Secunde.
(S. 101.) Das ist die Anwendung des Spiegelsextanten zur Bestimmung der Lichtstärke der Sterne, dessen ich mich mehr noch als der Diaphragmen, die mir Borda empfohlen hatte, unter den Tropen bedient habe. Ich begann die Arbeit unter dem schönen Himmel von Cumana und setzte sie später in der südlichen Hemisphäre, unter weniger günstigen Verhältnissen, auf der Hochebene der Andes und an dem Südsee-Ufer bei Guayaquil bis 1803 fort. Ich hatte mir eine willkührliche Scale gebildet, in der ich Sirius als den glänzendsten aller Fixsterne = 100 setzte; die Sterne 1ter Größe zwischen 100 und 80, die 2ter Größe zwischen 80 und 60,132 die 3ter Größe zwischen 60 und 45, die 4ter zwischen 45 und 30, die 5ter zwischen 30 und 20. Ich musterte besonders die Sternbilder des Schiffes und des Kranichs, in denen ich seit La Caille's Zeit Veränderungen zu finden glaubte. Mir schien, nach sorgfältigen Combinationen der Schätzung und andere Sterne als Mittelstufen benutzend, Sirius so viel lichtstärker als Canopus, wie α Centauri lichtstärker ist als Achernar. Meine Zahlen können wegen der oben erwähnten Classification keinesweges unmittelbar mit denen verglichen werden, welche Sir John Herschel schon seit 1838 bekannt gemacht hat. (S. mein Recueil d'Observ. astr. Vol. I. p. LXXI und Relat. hist. du Voy. aux Régions équin. T. I. p. 518 und 624; auch Lettre de Mr. de Humboldt à Mr. Schumacher en févr. 1839, in den Astr. Nachr. No. 374.) In diesem Briefe heißt es: » Mr. Arago, qui possède des moyens photométriques entièrement différents de ceux qui ont été publiés jusqu'ici, m'avait rassuré sur la partie des erreurs qui pouvaient provenir du changement d'inclinaison d'un miroir entamé sur la face intérieure. Il blâme d'ailleurs le principe de ma méthode et le regarde comme peu susceptible de perfectionnement, non seulement à cause de la différence des angles entre l'étoile vue directement et celle qui est amenée par réflexion, mais surtout parce que le résultat de la mesure d'intensité dépend de la partie de l'oeil qui se trouve en face de l'oculaire. Il y a erreur lorsque la pupille n'est pas très exactement à la hauteur de la limite inférieure de la portion non entamée du petit miroir. «
(S. 104.) Extrait d'une Lettre de Mr. Arago à Mr. de Humboldt (mai 1850).
a) Mesures photométriques.
» Il n'existe pas de Photomètre proprement dit, c'est-à-dire d'instrument donnant l'intensité d'une lumière isolée; le Photomètre de Leslie, à l'aide duquel il avait eu l'audace de vouloir comparer la lumière de la lune à la lumière du soleil, par des actions calorifiques, est complètement défectueux. J'ai prouvé, en effet, que ce prétendu Photomètre monte quand on l'expose à la lumière du soleil, qu'il descend sous l'action de la lumière du feu ordinaire, et qu'il reste complètement stationnaire lorsqu'il reçoit la lumière d'une lampe d'Argand. Tout ce qu'on a pu faire jusqu'ici, c'est de comparer entr'elles deux lumières en présence, et cette comparaison n'est même à l'abri de toute objection que lorsqu'on ramène ces deux lumières à l'égalité par un affaiblissement graduel de la lumière la plus forte. C'est comme criterium de cette égalité que j'ai employé les anneaux colorés. Si on place l'une sur l'autre deux lentilles d'un long foyer, il se forme autour de leur point de contact des anneaux colorés tant par voie de réflexion que par voie de transmission. Les anneaux réfléchis sont complémentaires en couleur des anneaux transmis; ces deux séries d'anneaux se neutralisent mutuellement quand les deux lumières qui les forment et qui arrivent simultanément sur les deux lentilles, sont égales entr'elles. « » Dans le cas contraire on voit des traces ou d'anneaux réfléchis ou d'anneaux transmis, suivant que la lumière qui135 forme les premiers, est plus forte ou plus faible que la lumière à laquelle on doit les seconds. C'est dans ce sens seulement que les anneaux colorés jouent un rôle dans les mesures de la lumière auxquelles je me suis livré. «
b) Cyanomètre.
» Mon cyanomètre est une extension de mon polariscope. Ce dernier instrument, comme tu sais, se compose d'un tube fermé à l'une de ses extrémités par une plaque de cristal de roche perpendiculaire à l'axe, de 5 millimètres d épaisseur; et d'un prisme doué de la double réfraction, placé du côté de l'oeil. Parmi les couleurs variées que donne cet appareil, lorsque de la lumière polarisée le traverse, et qu'on fait tourner le prisme sur lui-même, se trouve par un heureux hasard la nuance du bleu de ciel. Cette couleur bleue fort affaiblie, c'est-à-dire très mélangée de blanc lorsque la lumière est presque neutre, augmente d'intensité — progressivement à mesure que les rayons qui pénètrent dans l'instrument, renferment une plus grande proportion de rayons polarisés. « » Supposons donc que le polariscope soit dirigé sur une feuille de papier blanc; qu'entre cette feuille et la lame de cristal de roche il existe une pile de plaques de verre susceptible de changer d'inclinaison, ce qui rendra la lumière éclairante du papier plus ou moins polarisée; la couleur bleue fournie par l'instrument va en augmentant avec l'inclinaison de la pile, et l'on s'arrête lorsque cette couleur paraît la même que celle de la région de l'atmosphère dont on veut déterminer la teinte cyanométrique, et qu'on regarde à l'oeil nu immédiatement à côté de l'instrument. La mesure de cette teinte est donnée par l'inclinaison de la pile. Si cette dernière partie de l'instrument se compose du même nombre de plaques et d'une même espèce de verre, les observations faites dans divers lieux seront parfaitement comparables entr'elles. «
Ich beschließe diesen zweiten Abschnitt mit einer Tafel, welche den Outlines of Astronomy von Sir John Herschel pag. 645 und 646 entnommen ist. Ich verdanke die Zusammenstellung und lichtvolle Erläuterung derselben meinem gelehrten Freunde Herrn Dr. Galle, und lasse einen Auszug seines an mich gerichteten Briefes (März 1850) hier folgen:
„ Die Zahlen der photometric scale in den Outlines of Astronomy sind Rechnungs-Resultate aus der vulgar scale, mittelst durchgängiger Addition von 0,41 erhalten. Zu diesen genaueren Größen-Bestimmungen der Sterne ist der Verf. durch beobachtete Reihenfolgen (sequences) ihrer Helligkeit und Verbindung dieser Beobachtungen mit den durchschnittlichen gewöhnlichen Größenangaben gelangt (Capreise p. 304 – 352), wobei insbesondere die Angaben des Catalogs der Astronomical Society vom Jahre 1827 zu Grunde gelegt sind (p. 305). Die eigentlichen photometrischen Messungen mehrerer Sterne mittelst des Astrometers (Capreise p. 353 flgd. ) sind bei dieser Tafel nicht unmittelbar benutzt, sondern haben nur im allgemeinen gedient, um zu sehen, wie die gewöhnliche Scale (1, 2, 3te ... Größe) sich zu den wirklichen Licht-Quantitäten der einzelnen Sterne verhält. Dabei hat sich denn das allerdings merkwürdige Resultat gefunden, daß unsere gewöhnlichen Sterngrößen (1, 2, 3 ...) ungefähr so abnehmen, wie wenn man einen Stern erster Größe nach und nach in die Entfernungen 1, 2, 3 ... brächte, wodurch seine Helligkeit nach photometrischem Gesetz die Werthe 1, ¼, 1 / 9, 1 / 16 ... erlangen würde (Capreise p. 371, 372; Outlines p. 521, 522); um aber die Uebereinstimmung noch größer zu machen, sind unsere bisherigen Sterngrößen nur um etwa eine halbe Größe (genauer 0,41) zu erhöhen: so daß ein Stern 2,00ter Größe künftig 2,41ter Größe genannt wird, ein Stern137 2,5ter Größe künftig 2,91ter Größe u. s. w. Sir John Herschel schlägt daher diese „ photometrische “(erhöhte) Scale zur Annahme vor (Capreise p. 372, Outl. p. 522), welchem Vorschlage man wohl nur beistimmen kann. Denn einestheils ist der Unterschied von der gewöhnlichen Scale kaum merklich (would hardly be felt, Capreise p. 372); anderntheils kann die Tafel Outlines p. 645 flgd. bis zur vierten Größe hinab als Grundlage bereits dienen: und die Größen-Bestimmung der Sterne nach dieser Regel — daß nämlich die Helligkeiten der Sterne 1, 2, 3, 4ter ... Größe sich genau wie 1, ¼, 1 / 9, 1 / 16 ... verhalten sollen, was sie näherungsweise schon jetzt thun — ist demnach zum Theil bereits ausführbar. Als Normalstern erster Größe für die photometric scale und als Einheit der Lichtmenge wendet Sir John Herschel α Centauri an (Outl. p. 523, Capreise p. 372). Wenn man demnach die photometrische Größe eines Sterns quadrirt, hat man das umgekehrte Verhältniß seiner Lichtmenge zu der von α Centauri. So z. B. hat κ Orionis die photometrische Größe 3, enthält daher 1 / 9 so viel Licht als α Centauri. Zugleich würde die Zahl 3 anzeigen, dass κ Orionis Zmal weiter von uns entfernt ist als α Centauri, wenn beide Sterne gleich große und gleich helle Körper sind. Bei der Wahl eines anderen Sterns, z. B. des 4fach helleren Sirius als Einheit der die Entfernungen andeutenden photometrischen Größen würde sich die erwähnte Gesetzmäßigkeit nicht so einfach erkennen lassen. Auch ist es nicht ohne Interesse, daß von α Centauri die Entfernung mit Wahrscheinlichkeit bekannt und daß dieselbe von den bis jetzt untersuchten die kleinste ist. — Die mindere Zweckmäßigkeit anderer Scalen als der photometrischen (welche nach den Quadraten fortschreitet: 1, ¼, 1 / 9, 1 / 16 ...) behandelt der Verfasser in den Outlines p. 521. Er erwähnt daselbst geometrische Progressionen: z. B. 1, ½, ¼, ⅛ ... oder 1, ⅓, 1 / 9, 1 / 27 .... Nach Art einer arithmetischen Progression schreiten die von Ihnen in den Beobachtungen unter dem Aequator während Ihrer amerikanischen Expedition gewählten Abstufungen fort (Recueil d'Observ. astron. Vol. I. p. LXXI und Schumacher, Astron. Nachr. No. 374). Alle diese Scalen schließen sich der vulgar scale weniger an als die photometrische (quadratische) Progression. — In der beigefügten Tafel sind die 190 Sterne der Outlines, ohne Rücksicht auf südliche oder nördliche Declination, nur nach den Größen geordnet. “ 138Verzeichniß von 190 Sternen erster bis dritter Größe, nach den Bestimmungen von Sir John Herschel geordnet, und mit genauerer Angabe sowohl der gewöhnlichen Größe als der von demselben vorgeschlagenen Eintheilung nach photometrischer Größe.
139140141142„ Noch könnte auch folgende kleine Tafel der Lichtmenge von 17 Sternen erster Größe (wie solche aus den photometrischen Größen folgt) von einigem Interesse sein:
so wie die Lichtmenge derjenigen Sterne, die genau erster, zweiter, ... sechster Größe sind:
wobei die Lichtmenge von α Centauri durchgängig die Einheit bildet. “
Es ist schon in dem ersten Abschnitt dieser fragmentarischen Astrognosie an eine zuerst von Olbers angeregte Betrachtung1 erinnert worden. Wenn das ganze Himmelsgewölbe mit hinter einander liegenden, zahllosen Sternschichten, wie mit einem allverbreiteten Sternteppich, bedeckt wäre; so würde bei ungeschwächtem Lichte im Durchgange durch den Weltraum die Sonne nur durch ihre Flecke, der Mond als eine dunklere Scheibe, aber kein einzelnes Sternbild der allgemeinen Helligkeit wegen erkennbar sein. An einen in Hinsicht auf die Ursach der Erscheinung ganz entgegengesetzten, aber dem menschlichen Wissen gleich nachtheiligen Zustand des Himmelsgewölbes bin ich vorzugsweise in der peruanischen Ebene zwischen der Südsee-Küste und der Andeskette lebhaft erinnert worden. Ein dichter Nebel bedeckt dort mehrere Monate lang das Firmament. Man nennt diese Jahreszeit el tiempo de la garua. Kein Planet, keiner der schönsten Sterne der südlichen Hemisphäre, nicht Canopus oder das Kreuz oder die Füße des Centauren, sind sichtbar. Man erräth oft kaum den Ort des Mondes. Ist zufällig bei Tage einmal der Umriß der Sonnenscheibe zu erkennen, so erscheint dieselbe144 strahlenlos wie durch gefärbte Blendgläser gesehen: gewöhnlich gelbroth, bisweilen weiß, am seltensten blaugrün. Der Schiffer, von den kalten Südströmungen des Meeres getrieben, verkennt dann die Küste, und segelt, aller Breiten-Beobachtungen entbehrend, bei den Häfen vorüber, in welche er einlaufen soll. Eine Inclinations-Nadel allein2 könnte ihn, bei der dortigen Richtung der magnetischen Curven, vor Irrthum bewahren, wie ich an einem anderen Orte gezeigt habe.
Bouguer und sein Mitarbeiter Don Jorge Juan haben lange vor mir über „ Peru's unastronomischen Himmel “Klage geführt. Eine ernstere Betrachtung knüpft sich noch an diese lichtraubende, jeder electrischen Entladung unfähige, blitz - und donnerlose Dunstschicht an, über welche frei und unbewölkt die Cordilleren ihre Hochebenen und schneebedeckten Gipfel erheben. Nach dem, was uns die neuere Geologie über die alte Geschichte unseres Luftkreises vermuthen läßt, muß sein primitiver Zustand in Mischung und Dichte dem Durchgange des Lichts nicht günstig gewesen sein. Wenn man nun der vielfachen Processe gedenkt, welche in der Urwelt die Scheidung des Festen, des Flüssigen und Gasförmigen um die Erdrinde mögen bewirkt haben; so kann man sich nicht des Gedankens erwehren, wie nahe die Menschheit der Gefahr gewesen ist, von einer undurchsichtigeren, manchen Gruppen der Vegetation wenig hinderlichen, aber die ganze Sternendecke verhüllenden Atmosphäre umgeben zu sein. Alle Kenntniß des Weltbaues wäre dann dem Forschungsgeiste entzogen geblieben. Außer uns schiene nichts Geschaffenes vorhanden zu sein als vielleicht Mond und Sonne. Wie ein isolirtes Dreigestirn, würden scheinbar Sonne, Mond und145 Erde allein den Weltraum füllen. Eines großartigen, ja des erhabensten Theils seiner Ideen über den Kosmos beraubt, würde der Mensch aller der Anregungen entbehren, die ihn zur Lösung wichtiger Probleme seit Jahrtausenden unablässig geleitet und einen so wohlthätigen Einfluß auf die glänzendsten Fortschritte in den höheren Kreisen mathematischer Gedankenentwickelung ausgeübt haben. Ehe zur Aufzählung dessen übergegangen wird, was bereits errungen worden ist; gedenkt man gern der Gefahr, der die geistige Ausbildung unseres Geschlechts entgangen ist, der physischen Hindernisse, welche dieselbe unabwendbar hätten beschränken können.
In der Betrachtung der Zahl der Weltkörper, welche die Himmelsräume füllen, sind drei Fragen zu unterscheiden: wie viel Fixsterne werden mit bloßen Augen gesehen? wie viele von diesen sind allmälig mit ihren Ortsbestimmungen (nach Länge und Breite, oder nach ihrer geraden Aufsteigung und Abweichung) in Verzeichnisse gebracht? welches ist die Zahl der Sterne von erster bis neunter und zehnter Größe, die durch Fernröhre am ganzen Himmel gesehen werden? Diese drei Fragen können, nach dem jetzt vorliegenden Material der Beobachtung, wenigstens annäherungsweise beantwortet werden. Anderer Art sind die bloßen Vermuthungen, welche, auf Stern-Aichungen einzelner Theile der Milchstraße gegründet, die theoretische Lösung der Frage berühren: wie viel Sterne würden durch Herschel's 20füßiges Telescop am ganzen Himmel unterschieden werden? das Sternenlicht mit eingerechnet, von dem man glaubt3, „ daß es 2000 Jahre braucht, um zu uns zu gelangen “.
Die numerischen Angaben, welche ich über diesen Gegenstand hier veröffentliche, gehören besonders in den146 Endresultaten meinem verehrten Freunde Argelander, Director der Sternwarte zu Bonn. Ich habe den Verfasser der „ Durchmusterung des nördlichen Himmels “aufgefordert die bisherigen Ergebnisse der Sterncataloge von neuem aufmerksam zu prüfen. Die Sichtbarkeit der Sterne mit bloßen Augen erregt in der letzten Classe bei organischer Verschiedenheit der individuellen Schätzungen mancherlei Ungewißheit, weil Sterne 6. 7ter Größe sich unter die 6ter Größe gemengt finden. Als Mittelzahl erhält man, durch vielfache Combinationen, 5000 bis 5800 für die dem unbewaffneten Auge am ganzen Himmel sichtbaren Sterne. Die Vertheilung der Fixsterne nach Verschiedenheit der Größen bestimmt Argelander4, bis zur 9ten Größe hinabsteigend, ohngefähr in folgendem Verhältniß: Die Zahl der dem unbewaffneten Auge deutlich erkennbaren Sternenmenge (über dem Horizont von Berlin 4022, über dem von Alexandrien 4638) scheint auf den ersten Blick auffallend gering. 5Wenn man den mittleren Mondhalbmesser zu 15′ 33″,5 annimmt, so bedecken 195291 Vollmond-Flächen den ganzen Himmel. Bei der Annahme gleichmäßiger Vertheilung und der runden Zahl von 200000 Sternen aus den Classen 1ter bis 9ter Größe findet man demnach ohngefähr einen dieser Sterne für eine Vollmond-Fläche. Eben dies Resultat erklärt aber auch, wie unter einer bestimmten Breite der Mond nicht häufiger dem bloßen Auge sichtbare Sterne bedeckt. Wollte man die147 Vorausberechnung der Sternbedeckungen bis zur 9ten Größe ausdehnen, so würde durchschnittlich nach Galle alle 44′ 30″ eine Sternbedeckung eintreffen; denn in dieser Zeit bestreicht der Mond jedesmal eine neue Fläche am Himmel, die seiner eigenen Fläche gleich ist. Sonderbar, daß Plinius, der gewiß Hipparchs Sternverzeichniß kannte, und der es ein kühnes Unternehmen nennt, „ daß Hipparch der Nachwelt den Himmel wie zur Erbschaft hinterlassen wollte “, an dem schönen italischen Himmel nur erst 1600 sichtbare Sterne zählte! 6Er war jedoch in dieser Schätzung schon tief zu den Sternen fünfter Größe herabgestiegen, während ein halbes Jahrhundert später Ptolemäus nur 1025 Sterne bis zu der 6ten Classe verzeichnete.
Seitdem man die Fixsterne nicht mehr bloß nach den Sternbildern aufzählte, denen sie angehörten, sondern sie nach ihren Beziehungen auf die großen Kreise des Aequators oder der Ekliptik, also nach Ortsbestimmungen, in Verzeichnisse eingetragen hat; ist der Zuwachs dieser Verzeichnisse wie ihre Genauigkeit von den Fortschritten der Wissenschaft und der Vervollkommnung der Instrumente abhängig gewesen. Von Timocharis und Aristyllus (283 vor Chr.) ist kein Sterncatalog auf uns gekommen; aber wenn sie auch, wie Hipparch in seinem, im siebenten Buche des Almagest (cap. 3 pag. 15 Halma) citirten Fragmente „ über die Jahreslänge “sich ausdrückt, ihre Beobachtungen sehr roh (πάνυ ὁλοσχερῶς) anstellten, so kann doch kein Zweifel sein, daß beide die Abweichung vieler Sterne bestimmten und daß diese Bestimmungen der Fixstern-Tafel Hipparchs um fast anderthalb Jahrhunderte vorhergingen. Hipparch soll bekanntlich (wir haben aber für diese Thatsache das alleinige148 Zeugniß des Plinius) durch die Erscheinung eines neuen Sternes zu Ortsbestimmungen und Durchmusterung des ganzen Firmaments angeregt worden sein. Ein solches Zeugniß ist mehrmals für den Nachhall einer spät erdichteten Sage erklärt7 worden. Es muß allerdings auffallen, daß Ptolemäus derselben gar nicht erwähnt; aber unläugbar ist es doch, daß die plötzliche Erscheinung eines hellleuchtenden Sternes in der Cassiopeja (November 1572) Tycho zu seiner großen Catalogisirung der Sterne veranlaßte. Nach einer scharfsinnigen Vermuthung von Sir John Herschel8 könnte ein 134 Jahre vor unserer Zeitrechnung im Monat Julius (laut den chinesischen Annalen unter der Regierung von Wou-ti aus der Han-Dynastie) im Scorpion erschienener neuer Stern wohl der sein, dessen Plinius erwähnt hat. Seine Erscheinung fällt gerade 6 Jahre vor die Epoche, zu der (nach Ideler's Untersuchungen) Hipparch sein Sternverzeichniß anfertigte. Der den Wissenschaften so früh entrissene Eduard Biot hat diese Himmelsbegebenheit in der berühmten Sammlung des Ma-tuan-lin aufgefunden, welche alle Erscheinungen der Cometen und sonderbaren Sterne zwischen den Jahren 613 vor Chr. und 1222 nach Chr. enthält.
Das dreitheilige Lehrgedicht des Aratus9, dem wir die einzige Schrift des Hipparch verdanken, welche auf uns gekommen ist, fällt ohngefähr in die Zeit des Eratosthenes, des Timocharis und Aristyllus. Der astronomische, nicht meteorologische Theil des Gedichts gründet sich auf die Himmelsbeschreibung des enidischen Eudoxus. Die Sterntafel des Hipparch selbst ist uns leider nicht erhalten; sie machte nach Ideler10 wahrscheinlich den wesentlichsten Bestandtheil seines von Suidas citirten Werkes über die149 Anordnung des Fixsternhimmels und die Gestirne aus, und enthielt 1080 Positionen für das Jahr 128 vor unserer Zeitrechnung. In Hipparchs Commentar zum Aratus sind alle Positionen, wahrscheinlich mehr durch die Aequatorial-Armille als durch das Astrolabium bestimmt, auf den Aequator nach Rectascension und Abweichung bezogen; in dem Sternverzeichniß des Ptolemäus, das man ganz dem Hipparchus nachgebildet glaubt und das mit 5 sogenannten Nebeln 1025 Sterne enthält, sind sie an die Ekliptik11 nach Angaben von Längen und Breiten geknüpft. Wenn man die Zahl der Fixsterne des Hipparch-Ptolemäischen Verzeichnisses (Almagest ed. Halma T. II. p. 83):
mit den oben gegebenen Zahlen von Argelander vergleicht, so zeigt sich neben der zu erwartenden Vernachlässigung von Sternen 5ter und 6ter Größe ein sonderbarer Reichthum in den Classen 3ter und 4ter. Die Unbestimmtheit in den Schätzungen der Lichtstärke in älterer und neuerer Zeit macht freilich jede unmittelbare Vergleichung unsicher.
Wenn das sogenannte Ptolemäische Fixstern-Verzeichniß nur den 4ten Theil der in Rhodus und Alexandrien dem bloßen Auge sichtbaren Sterne enthält und wegen der fehlerhaften Präcessions-Reduction Positionen darbietet, als wären sie im Jahr 63 unserer Zeitrechnung bestimmt, so haben wir in den unmittelbar folgenden 16 Jahrhunderten nur drei für ihre Zeit vollständige und originelle Sterncataloge: den des Ulugh Beg (1437), des150 Tycho (1600) und des Hevelius (1660). Mitten unter den Verheerungen des Krieges und wilder Staatsumwälzungen gelangte in kurzen Zwischenräumen der Ruhe von der Mitte des 9ten bis zu der des 15ten Jahrhunderts, unter Arabern, Persern und Mongolen, von Al-Mamun, dem Sohn des großen Harun Al-Raschid, bis zu dem Timuriden Mohammed Taraghi Ulugh Beg, dem Sohne von Schah Rokh, die beobachtende Sternkunde zu einem nie gesehenen Flor. Die astronomischen Tafeln von Ebn-Junis (1007), zur Ehre des fatimitischen Chalifen Aziz Ben-Hakem Biamrilla die Hakemitischen genannt, bezeugen, wie die ilkhanischen Tafeln12 des Naßir-Eddin Tusi, des Erbauers der großen Sternwarte von Meragha unweit Tauris (1259), die fortgeschrittene Kenntniß der Planeten-Bewegungen, die Vervollkommnung der Meßinstrumente und die Vervielfältigung genauerer, von den Ptolemäischen abweichender Methoden. Neben der Klepsydra wurden nun auch schon Pendel-Oscillationen13 als Zeitmaaß gebraucht.
Die Araber haben das große Verdienst gehabt zu zeigen, wie durch Vergleichung der Tafeln mit den Beobachtungen jene allmälig verbessert werden können. Der Sterncatalog von Ulugh Beig, ursprünglich persisch geschrieben, ist, einen Theil der südlichen, unter 39° 52′ Breite (?) nicht sichtbaren14, Ptolemäischen Sterne abgerechnet, im Gymnasium zu Samarkand nach Original-Beobachtungen angefertigt. Er enthält ebenfalls nur erst 1019 Stern-Positionen, die auf das Jahr 1437 reducirt sind. Ein späterer Commentar liefert 300 Sterne mehr, welche Abu-Bekri Altizini 1533 beobachtete. So gelangen wir durch151 Araber, Perser und Mongolen bis zu der großen Zeit des Copernicus, fast bis zu der von Tycho.
Die erweiterte Schifffahrt in den Meeren zwischen den Wendekreisen und in großen südlichen Breiten hat seit dem Anfang des 16ten Jahrhunderts auf die allmälig erweiterte Kenntniß des Firmaments mächtig, doch in geringerem Maaße wie die ein Jahrhundert spätere Anwendung der Fernröhre, gewirkt. Beide Mittel eröffneten neue, unbekannte Welträume. Was von der Pracht des südlichen Himmels zuerst von Amerigo Vespucci, dann von Magellan's und Elcano's Begleiter Pigafetta verbreitet wurde; wie die schwarzen Flecken (Kohlensäcke) von Vicente Yañez Pinzon und Acosta, wie die Magellanischen Wolken von Anghiera und Andrea Corsali beschrieben wurden: habe ich bereits an einem anderen Orte entwickelt15. Die beschauende Astronomie ging auch hier der messenden voraus. Der Reichthum des Firmaments dem, wie allgemein bekannt, sternarmen Südpol nahe wurde dergestalt übertrieben, daß der geniale Polyhistor Cardanus dort 10000 helle Sterne angiebt, die von Vespucci mit bloßen Augen gesehen worden wären. 16Erst Friedrich Houtman und Petrus Theodori von Emden (der nach Olbers mit Dircksz Keyser Eine Person war) traten als ernste Beobachter auf. Sie maßen Sternabstände auf Java und Sumatra; und die südlichsten Sterne wurden nun in die Himmelskarten von Bartsch, Hondius und Bayer, wie durch Kepler's Fleiß in den Rudolphinischen Sterncatalog von Tycho eingetragen.
Kaum ein halbes Jahrhundert nach Magellan's Erdumseglung beginnt Tycho's bewundernswürdige Arbeit über die Position der Fixsterne: an Genauigkeit alles übertreffend,152 was die praktische Astronomie bisher geleistet hatte, selbst die fleißigen Fixstern-Beobachtungen des Landgrafen Wilhelms IV zu Cassel. Tycho's Catalog, von Kepler bearbeitet und herausgegeben, enthält doch wieder nur 1000 Sterne, worunter höchstens ¼ sechster Größe. Dieses Verzeichniß und das weniger gebrauchte des Hevelius, mit 1564 Ortsbestimmungen für das Jahr 1660, sind die letzten, welche (wegen der eigensinnigen Abneigung des Danziger Astronomen gegen die Anwendung der Fernröhre zu Messungen) mit dem unbewaffneten Auge angestellt wurden.
Diese Verbindung des Fernrohrs mit den Meßinstrumenten, das telescopische Sehen und Messen, bot endlich die Möglichkeit von Ortsbestimmung der Sterne unter der 6ten Größe (besonders zwischen der 7ten und 12ten) dar. Die Astronomen wurden nun erst dem eigentlichen Besitz der Fixsternwelt näher gebracht. Zählungen und Ortsbestimmungen der schwächeren, telescopischen Sterne haben aber nicht etwa bloß den Vortheil gewährt, durch Erweiterung des Horizonts der Beobachtung mehr von dem Inhalt des Weltraumes erkennbar zu machen; sie haben auch, was noch wichtiger ist, mittelbar einen wesentlichen Einfluß auf die Kenntniß des Weltgebäudes und seiner Gestaltung, auf die Entdeckung neuer Planeten, auf die schnellere Bestimmung ihrer Bahnen ausgeübt. Als Wilhelm Herschel den glücklichen Gedanken hatte gleichsam das Senkblei in die Tiefen des Himmels zu werfen und in seinen Stern-Aichungen17 die Sterne zu zählen, welche nach verschiedenen Abständen von der Milchstraße durch das Gesichtsfeld seines großen Telescopes gingen; wurde das Gesetz der mit der Nähe der Milchstraße zunehmenden Sternenmenge153 aufgefunden, und mit diesem Gesetz die Idee angeregt von der Existenz großer concentrischer, mit Millionen von Sternen erfüllter Ringe, welche die mehrfach getheilte Galaxis bilden. Die Kenntniß von der Zahl und gegenseitigen Lage der schwächsten Sterne erleichtert, wie Galle's schnelle und glückliche Auffindung des Neptun und die mehrerer der sogenannten kleinen Planeten bezeugen, die Entdeckung der planetarischen, ihren Ort wie zwischen festen Ufern verändernden Weltkörper. Ein anderer Umstand läßt noch deutlicher die Wichtigkeit sehr vollständiger Sternverzeichnisse erkennen. Ist der neue Planet einmal am Himmelsgewölbe entdeckt, so beschleunigt seine zweite Entdeckung in einem älteren Positions-Catalog die schwierige Berechnung der Bahn. Ein jetzt vermißter, aber als einst beobachtet verzeichneter Stern gewährt oft mehr, als, bei der Langsamkeit der Bewegung, viele folgende Jahre der sorgfältigsten Messungen würden darbieten können. So sind für Uranus der Stern No. 964 im Catalog von Tobias Mayer, für Neptun der Stern No. 26266 im Catalog von Lalande18 von großer Wichtigkeit gewesen. Uranus ist, ehe man ihn als Planeten erkannte, wie man jetzt weiß, 21mal beobachtet worden: 1mal, wie eben gesagt, von Tobias Mayer, 7mal von Flamsteed, 1mal von Bradley und 12mal von Le Monnier. Man kann sagen, daß die zunehmende Hoffnung künftiger Entdeckungen planetarischer Körper theils auf die Vollkommenheit der jetzigen Fernröhre (Hebe war bei der Entdeckung im Juli 1847 ein Stern 8. 9ter Größe, dagegen im Mai 1849 nur 11ter Größe), theils und vielleicht mehr noch auf Vollständigkeit der Sternverzeichnisse und die Sorgfalt der Beobachter gegründet sei.
154Seit dem Zeitpunkte, wo Morin und Gascoigne Fernröhre mit den messenden Instrumenten verbinden lehrten, war der erste Sterncatalog, welcher erschien, der der südlichen Sterne von Halley. Er war die Frucht eines kurzen Aufenthalts auf St. Helena in den Jahren 1677 und 1678, und enthielt, sonderbar genug, doch keine Bestimmung unter der 6ten Größe. 19Früher hatte allerdings schon Flamsteed die Arbeit seines großen Sternatlas unternommen, aber das Werk dieses berühmten Mannes erschien erst 1712. Ihm folgten: die Beobachtungen von Bradley (1750 bis 1762), welche auf die Entdeckung der Aberration und Nutation leiteten und von unserem Bessel durch seine Fundamenta Astronomiae (1818) gleichsam verherrlicht wurden;20 die Sterncataloge von La Caille, Tobias Mayer, Cagnoli, Piazzi, Zach, Pond, Taylor, Groombridge, Argelander, Airy, Brisbane und Rümker.
Wir verweilen hier nur bei den Arbeiten, welche größere Massen21 und einen wichtigen Theil dessen liefern, was von Sternen 7ter bis 10ter Größe die Himmelsräume füllt. Der Catalog, welcher unter dem Namen von Jérôme de Lalande bekannt ist, sich aber allein auf Beobachtungen zwischen den Jahren 1789 und 1800 von seinem Neffen Le Français de Lalande und von Burckhardt gründet, hat spät erst eine große Anerkennung erfahren. Er enthält nach der sorgfältigen Bearbeitung (1847), welche man Francis Baily und der British Association for the Advancement of Science verdankt, 47390 Sterne, von denen viele 9ter und etwas unter der 9ten Größe sind. Harding, der Entdecker der Juno, hat über 50000 Sterne in 27 Blätter eingetragen. Die große Arbeit der Zonen-Beobachtung von Bessel, welche155 75000 Beobachtungen umfaßt (in den Jahren 1825 bis 1833 zwischen — 15° und + 45° Abweichung), ist mit rühmlichster Sorgfalt von Argelander 1841 bis 1844 zu Bonn bis + 80° Abw. fortgesetzt worden. Aus den Bessel'schen Zonen von — 15° bis + 15° Abw. hat auf Veranstaltung der Akademie zu St. Petersburg Weiße zu Krakau 31895 Sterne, unter denen allein 19738 von der 9ten Größe sind, auf das Jahr 1825 reducirt. 22Argelander's „ Durchmusterung des nördlichen Himmels von + 45° bis + 80° Abw. “enthält an 22000 wohlbestimmte Sternörter.
Des großen Werks der Sternkarten der Berliner Akademie glaube ich nicht würdiger erwähnen zu können, als indem ich über die Veranlassung dieses Unternehmens aus der gehaltvollen Gedächtnißrede auf Bessel Encke's eigene Worte hier einschalte: „ An die Vervollständigung der Cataloge knüpft sich die Hoffnung, alle beweglichen Himmelskörper, die wegen ihrer Lichtschwäche dem Auge kaum unmittelbar die Veränderung ihres Ortes merklich werden lassen, durch sorgfältige Vergleichung der als feste Punkte verzeichneten Sterne mit dem jedesmaligen Anblick des Himmels, aufzufinden und auf diesem Wege die Kenntniß unseres Sonnensystems zu vollenden. So wie der vortreffliche Hardingische Atlas ein vervollständigtes Bild des gestirnten Himmels ist; wie Lalande's Histoire céleste, als Grundlage betrachtet, dieses Bild zu geben vermochte: so entwarf Bessel 1824, nachdem der erste Hauptabschnitt seiner Zonen-Beobachtungen vollendet war, den Plan, auf diese eine noch speciellere Darstellung des gestirnten Himmels zu gründen, die nicht bloß das Beobachtete wiedergeben,156 sondern mit Consequenz die Vollständigkeit erreichen sollte, welche jede neue Erscheinung unmittelbar wahrnehmen lassen würde. Die Sternkarten der Berliner Akademie der Wissenschaften, nach Bessel's Plane entworfen, haben, wenn sie auch noch nicht den ersten vorgesetzten Cyclus abschließen konnten, doch schon den Zweck der Auffindung der neuen Planeten auf das glänzendste erreicht, da sie hauptsächlich, wenn auch nicht ganz allein, bis jetzt (1850) sieben neue Planeten haben auffinden lassen. “ 23Von den 24 Blättern, welche den Theil des Himmels darstellen sollen, der sich 15° zu beiden Seiten des Aequators erstreckt, hat unsere Akademie bisher 16 herausgegeben. Sie enthalten möglichst alle Sterne bis zur 9ten und theilweise bis zur 10ten Größe.
Die ohngefähren Schätzungen, die man über die Zahl der Sterne gewagt, welche mit den jetzigen großen raumdurchdringenden Fernröhren am ganzen Himmel dem Menschen sichtbar sein könnten, mögen hier auch ihren Platz finden. Struve nimmt für das Herschel'sche 20füßige Spiegeltelescop, das bei den berühmten Stern-Aichungen (gauges, sweeps) angewandt wurde, mit 180maliger Vergrößerung, für die Zonen, welche zu beiden Seiten des Aequators 30° nördlich und südlich liegen, 5800000, für den ganzen Himmel 20374000 an. In einem noch mächtigeren Instrumente, in dem 40füßigen Spiegeltelescop, hielt Sir William Herschel in der Milchstraße allein 18 Millionen für sichtbar. 24
Nach einer sorgfältigeren Betrachtung der nach Ortsbestimmung in Catalogen aufgeführten, sowohl dem unbewaffneten Auge sichtbaren als bloß telescopischen Fixsterne157 wenden wir uns nun zu der Vertheilung und Gruppirung derselben an der Himmelsdecke. Wir haben gesehen, wie bei der geringen und so überaus langsamen (scheinbaren und wirklichen) Ortsveränderung der einzelnen, theils durch die Präcession und den ungleichen Einfluß des Fortschreitens unseres Sonnensystems, theils durch die ihnen eigene Bewegung, sie als feste Marksteine im unermeßlichen Weltraum zu betrachten sind; als solche, welche alles zwischen ihnen mit größerer Schnelligkeit oder in anderen Richtungen Bewegte, also den telescopischen Cometen und Planeten Zugehörige, der aufmerksamen Beobachtung offenbaren. Das erste und Hauptinteresse beim Anblick des Firmaments ist schon wegen der Vielheit und überwiegenden Masse der Weltkörper, die den Weltraum füllen, auf die Fixsterne gerichtet; von ihnen geht in Bewunderung des Firmaments die stärkere sinnliche Anregung aus. Die Bahn der Wandelsterne spricht mehr die grübelnde Vernunft an, der sie, den Entwickelungsgang astronomischer Gedankenverbindung beschleunigend, verwickelte Probleme darbietet.
Aus der Vielheit der an dem Himmelsgewölbe scheinbar, wie durch Zufall, vermengten großen und kleinen Gestirne sondern die rohesten Menschenstämme (wie mehrere jetzt sorgfältiger untersuchte Sprachen der sogenannten wilden Völker bezeugen) einzelne und fast überall dieselben Gruppen aus, in welchen helle Sterne durch ihre Nähe zu einander, durch ihre gegenseitige Stellung oder eine gewisse Isolirtheit den Blick auf sich ziehen. Solche Gruppen erregen die dunkle Ahndung von einer Beziehung der Theile auf einander; sie erhalten, als Ganze betrachtet, einzelne Namen, die, von Stamm zu Stamm verschieden, meist von organischen158 Erderzeugnissen hergenommen, die öden, stillen Räume phantastisch beleben. So sind früh abgesondert worden das Siebengestirn (die Gluckhenne), die sieben Sterne des Großen Wagens (der Kleine Wagen später, und nur wegen der wiederholten Form), der Gürtel des Orion (Jacobsstab), Cassiopeja, der Schwan, der Scorpion, das südliche Kreuz (wegen des auffallenden Wechsels der Richtung vor und nach der Culmination), die südliche Krone, die Füße des Centauren (gleichsam die Zwillinge des südlichen Himmels) u. s. f.
Wo Steppen, Grasfluren oder Sandwüsten einen weiten Horizont darbieten, wird der mit den Jahreszeiten oder den Bedürfnissen des Hirtenlebens und Feldbaues wechselnde Auf - und Untergang der Constellationen ein Gegenstand fleißiger Beachtung und allmälig auch symbolisirender Ideenverbindung. Die beschauende, nicht messende Astronomie fängt nun an sich mehr zu entwickeln. Außer der täglichen, allen Himmelskörpern gemeinschaftlichen, Bewegung von Morgen gegen Abend wird bald erkannt, daß die Sonne eine eigene, weit langsamere, in entgegengesetzter Richtung habe. Die Sterne, die nach ihrem Untergange am Abendhimmel stehen, sinken mit jedem Tage tiefer zu ihr hinab und verlieren sich endlich ganz in ihre Strahlen während der Dämmerung; dagegen entfernen sich von der Sonne diejenigen Sterne, welche vor ihrem Aufgange am Morgenhimmel glänzen. Bei dem stets wechselnden Schauspiel des gestirnten Himmels zeigen sich immer andere und andere Constellationen. Mit einiger Aufmerksamkeit wird leicht erkannt, daß es dieselben sind, welche zuvor im Westen unsichtbar geworden waren; daß ohngefähr159 nach einem halben Jahre diejenigen Sterne, welche sich vorher in der Nähe der Sonne gezeigt hatten, ihr gegenüber stehen, untergehend bei ihrem Aufgange, aufgehend bei ihrem Untergange. Von Hesiod bis Eudoxus, von Eudoxus bis Aratus und Hipparch ist die Litteratur der Hellenen voll Anspielungen auf das Verschwinden der Sterne in den Sonnenstrahlen (den heliacischen oder Spätuntergang) wie auf das Sichtbar-Werden in der Morgendämmerung (den heliacischen oder Frühaufgang). Die genaue Beobachtung dieser Erscheinungen bot die frühesten Elemente der Zeitkunde dar: Elemente, nüchtern in Zahlen ausgedrückt; während gleichzeitig die Mythologie, bei heiterer oder düsterer Stimmung des Volkssinnes, fortfuhr mit unumschränkter Willkühr in den hohen Himmelsräumen zu walten.
Die primitive griechische Sphäre (ich folge hier wieder, wie in der Geschichte der physischen Weltanschauung25, den Untersuchungen meines so früh dahingeschiedenen geistreichen Freundes Letronne), die griechische Sphäre hat sich nach und nach mit Sternbildern gefüllt, ohne daß man sich dieselben anfangs in irgend einer Beziehung zu der Ekliptik dachte. So kennen schon Homer und Hesiodus verschiedene Sterngruppen und einzelne Sterne mit Namen bezeichnet: jener die Bärinn („ die sonst der Himmelswagen genannt wird — und die allein niemals in Okeanos Bad sich hinabtaucht “), den Bootes und den Hund des Orion; dieser den Sirius und den Arctur; beide die Plejaden, die Hyaden und den Orion. 26Wenn Homer zweimal sagt, daß die Constellation der Bärinn allein sich nie in das Meer taucht; so folgt daraus bloß,160 daß zu seiner Zeit noch nicht in der griechischen Sphäre die Sternbilder des Drachen, des Cepheus und des kleinen Bären, welche auch nicht untergehen, vorhanden waren. Es wird keinesweges die Kenntniß von der Existenz der einzelnen Sterne, die jene drei Catasterismen bilden, geläugnet; nur ihre Reihung in Bilder. Eine lange, oft mißverstandene Stelle des Strabo (lib. I pag. 3 Casaub. ) über Homer Il. XVIII, 485 – 489 beweist vorzugsweise, was hier wichtig ist, die allmälige Aufnahme von Bildern in die griechische Sphäre. „ Mit Unrecht “, sagt Strabo, „ beschuldigt man Homer der Unwissenheit, als habe er nur Eine Bärinn statt zweier gekannt. Vermuthlich war die andere noch nicht versternt; sondern erst seitdem die Phönicier dieses Sternbild bezeichneten und zur Seefahrt benutzten, kam es auch zu den Hellenen. “ Alle Scholien zum Homer, Hygin und Diogenes aus Laerte schreiben die Einführung dem Thales zu. Der Pseudo-Eratosthenes hat den kleinen Bär Φοινίκη (gleichsam das phönicische Leitgestirn) genannt. Hundert Jahre später (Ol. 71) bereicherte Cleostratus von Tenedos die Sphäre mit dem Schützen, Τοξότης, und dem Widder, χριός.
In diese Epoche erst, die der Gewaltherrschaft der Pisistratiden, fällt nach Letronne die Einführung des Thierkreises in die alte griechische Sphäre. Eudemus aus Rhodos, einer der ausgezeichnetsten Schüler des Stagiriten, Verfasser einer „ Geschichte der Astronomie “, schreibt die Einführung des Thierkreis-Gürtels ἡ τοῦ ζωδιακοῦ διάζωσις, auch ζωίδιος κύκλος) dem Oenopides von Chios, einem Zeitgenossen des Anaxagoras, zu. 27Die Idee von der Beziehung der Planeten und Fixsterne auf die Sonnenbahn,161 die Eintheilung der Ekliptik in zwölf gleiche Theile (Dodecatomerie) sind alt-chaldäisch, und höchst wahrscheinlich den Griechen aus Chaldäa selbst und nicht aus dem Nilthale, am frühesten im Anfang des 5ten oder im 6ten Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung28, überkommen. Die Griechen schnitten nur aus den in ihrer primitiven Sphäre schon früher verzeichneten Sternbildern diejenigen aus, welche der Ekliptik am nächsten lagen und als Thierkreis-Bilder gebraucht werden konnten. Wäre mehr als der Begriff und die Zahl der Abtheilungen (Dodecatomerie) eines Thierkreises, wäre der Thierkreis selbst mit seinen Bildern einem fremden Volke von den Griechen entlehnt worden: so würden diese nicht ursprünglich sich mit 11 Bildern begnügt, nicht den Scorpion zu zwei Abtheilungen angewandt, nicht Zodiacal-Bilder erfunden haben, deren einige, wie Stier, Löwe, Fische und Jungfrau, mit ihren Umrissen 35° bis 48°; andere, wie Krebs, Widder und Steinbock, nur 19° bis 23° einnehmen; welche unbequem nördlich und südlich um die Ekliptik schwanken: bald weit getrennt; bald, wie Stier und Widder, Wassermann und Steinbock, eng gedrängt und fast in einander eingreifend. Diese Verhältnisse bezeugen, daß man früher gebildete Catasterismen zu Zodiacal-Zeichen stempelte.
Das Zeichen der Wage wurde nach Letronne's Vermuthung zu Hipparchs Zeiten, vielleicht durch ihn selbst, eingeführt. Eudoxus, Archimedes, Autolycus, und selbst Hipparch, in dem wenigen, was wir von ihm besitzen (eine einzige, wahrscheinlich von einem Copisten verfälschte Stelle29 abgerechnet), erwähnen ihrer nie. Das neue Zeichen kommt erst bei Geminus und Varro, kaum ein halbes162 Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, vor; und da der Hang zur Astrologie bald mächtig in die römische Volkssitte einbrach, von August bis Antonin, so erhielten auch diejenigen Sternbilder, „ die am himmlischen Sonnenwege lagen “, eine erhöhte, phantastische Wichtigkeit. Der ersten Hälfte dieses Zeitraums römischer Weltherrschaft gehören die ägyptischen Thierkreis-Bilder in Dendera, Esne, dem Propylon von Panopolis und einiger Mumiendeckel an: wie Visconti und Testa schon zu einer Epoche behauptet haben, wo noch nicht alle Materialien für die Entscheidung der Frage gesammelt waren, und wilde Hypothesen herrschten über die Bedeutung jenes symbolischen Zodiacal-Zeichens und dessen Abhängigkeit von der Präcession der Nachtgleichen. Das hohe Alter, welches August Wilhelm von Schlegel den in Indien gefundenen Thierkreisen nach Stellen aus Manu's Gesetzbuch, aus Valmiki's Ramayana und aus Amarasinha's Wörterbuch beilegen wollte, ist nach Adolph Holtzmann's scharfsinnigen Untersuchungen sehr zweifelhaft geworden. 30
Die durch den Lauf der Jahrhunderte so zufällig entstandene, künstliche Gruppirung der Sterne zu Bildern, ihre oft unbequeme Größe und schwankenden Umrisse; die verworrene Bezeichnung der einzelnen Sterne in den Constellationen, mit Erschöpfung mehrerer Alphabete, wie in dem Schiffe Argo; das geschmacklose Vermischen mythischer Personen mit der nüchternen Prosa von physikalischen Instrumenten, chemischen Oefen und Pendeluhren am südlichen Himmel hat mehrmals zu Vorschlägen geleitet über neue, ganz bildlose Eintheilungen des Himmelsgewölbes. Für die südliche Hemisphäre, wo Scorpion,163 Schütze, Centaur, das Schiff und der Eridanus allein einen alten dichterischen Besitz haben, schien das Unternehmen weniger gewagt. 31
Der Fixsternhimmel (orbis inerrans des Apulejus), der uneigentliche Ausdruck Fixsterne (astra fixa des Manilius) erinnern, wie wir schon oben in der Einleitung zur Astrognosie32 bemerkt, an die Verbindung, ja Verwechselung der Begriffe von Einheftung und absoluter Unbeweglichkeit (Fixität). Wenn Aristoteles die nicht wandernden Weltkörper (ἀπλανῆ ἄστρα) eingeheftete (ἐνδεδεμένα), wenn Ptolemäus sie angewachsene (προςπεφυκότες) nennt, so beziehen sich zunächst diese Benennungen auf die Vorstellung des Anaximenes von der krystallartigen Sphäre. Die scheinbare Bewegung aller Fixsterne von Osten nach Westen, während daß ihr Abstand unter einander sich gleich blieb, hatte diese Hypothese erzeugt. „ Die Fixsterne (ἀπλανῆ ἄστρα) gehören der oberen, von uns entfernteren Region, in der sie wie Nägel an den Krystallhimmel angeheftet sind; die Planeten (ἄστρα πλανώμενα oder πλανητά), welche eine entgegengesetzte Bewegung haben, gehören der unteren, näheren Region an. “ 33Wenn bei Manilius schon in der frühesten Zeit der Cäsaren stella fixa für infixa oder affixa gesagt wurde, so läßt sich annehmen, daß die Schule in Rom anfangs doch nur der ursprünglichen Bedeutung des Angeheftet-Seins anhing; aber da das Wort fixus auch die Bedeutung der Unbeweglichkeit einschloß, ja für synonym mit immotus und immobilis genommen werden konnte, so war es leicht, daß der Volksglaube oder vielmehr der Sprachgebrauch allmälig an eine stella fixa vorzugsweise die Idee der Unbeweglichkeit164 knüpfte, ohne der festen Sphäre zu gedenken, an die sie geheftet ist. So durfte Seneca die Fixsternwelt fixum et immobilem populum nennen.
Wenn wir auch nach Stobäus und dem Sammler der „ Ansichten der Philosophen “die Benennung Krystallhimmel bis zur frühen Zeit des Anaximenes hinaufführen; so finden wir doch die Idee, welche der Benennung zum Grunde liegt, erst schärfer bei Empedocles entwickelt. Den Fixsternhimmel hält dieser für eine feste Masse, welche aus dem durch Feuer krystallartig starr gewordenen Aether gebildet wurde. 34Der Mond ist ihm ein durch die Kraft des Feuers hagelartig geronnener Körper, welcher sein Licht von der Sonne erhält. Der ursprüngliche Begriff des Durchsichtigen, Geronnenen, Erstarrten würde nach der Physik der Alten35 und ihren Begriffen vom Festwerden des Flüssigen nicht unmittelbar auf Kälte und Eis führen; aber die Verwandtschaft von κρύσταλλος mit κρύος und κρυσταίνω, wie die Vergleichung mit den durchscheinendsten aller Körper, veranlaßten die bestimmteren Behauptungen, daß das Himmelsgewölbe aus Eis oder aus Glas bestehe. So finden wir bei Lactantius: coelum aërem glaciatum esse, und vitreum coelum. Empedocles hat gewiß noch nicht an phönicisches Glas, wohl aber an Luft gedacht, die durch feurigen Aether in einen durchsichtigen festen Körper zusammengeronnen ist. Die Idee des Durchsichtigen war in der Vergleichung mit dem Eise, κρύσταλλος, das Vorherrschende; man dachte nicht an Ursprung des Eises durch Kälte, sondern zunächst nur an ein durchsichtiges Verdichtetes. Wenn der Dichter das Wort Krystall selbst brauchte, so bedient sich die Prose (wie die in der 34ten165 Anmerkung angeführte Stelle des Achilles Tatius, des Commentators von Aratus, bezeugt) nur des Ausdrucks: krystallähnlich, κρυσταλλοειδής. Eben so bedeutet πάγος (von πήγνυσθαι, fest werden) ein Stück Eis, wobei bloß die Verdichtung in Betracht gezogen wird.
Durch die Kirchenväter, welche spielend 7 bis 10, wie Zwiebelhäute über einander gelagerte, gläserne Himmelsschichten annahmen, ist diese Ansicht des krystallenen Gewölbes in das Mittelalter übergegangen; ja sie hat sich selbst in einigen Klöstern des südlichen Europa erhalten, wo zu meinem Erstaunen ein ehrwürdiger Kirchenfürst mir, nach dem so viel Aufsehen erregenden Aërolithenfall bei Aigle, die Meinung äußerte: was wir mit einer vitrificirten Rinde bedeckte Meteorsteine nennten, wären nicht Theile des gefallenen Steines selbst, sondern ein Stück des durch den Stein zerschlagenen krystallenen Himmels. Kepler, zuerst durch die Betrachtung über die alle Planetenbahnen durchschneidenden Cometen veranlaßt, hat sich schon drittehalb Jahrhunderte früher gerühmt36 die 77 homocentrischen Sphären des berühmten Girolamo Fracastoro, wie alle älteren rückwirkenden Epicykeln zerstört zu haben. Wie so große Geister als Eudoxus, Menächmus, Aristoteles und Apollonius von Pergä sich die Möglichkeit des Mechanismus und der Bewegung starrer, in einander greifender, die Planeten führender Sphären gedacht haben; ob sie diese Systeme von Ringen nur als ideale Anschauungen, als Fictionen der Gedankenwelt betrachteten, nach denen schwierige Probleme des Planetenlaufs erklärt und annähernd berechnet werden könnten: sind Fragen, welche ich schon an einem anderen Orte37 berührt habe und166 welche für die Geschichte der Astronomie, wenn sie Entwickelungsperioden zu unterscheiden strebt, nicht ohne Wichtigkeit sind.
Ehe wir von der uralten, aber künstlichen, Zodiacal-Gruppirung der Fixsterne, wie man sich dieselben an feste Sphären angeheftet dachte, zu ihrer natürlichen, reellen Gruppirung und den schon erkannten Gesetzen relativer Vertheilung übergehen, müssen wir noch bei einigen sinnlichen Erscheinungen der einzelnen Weltkörper: ihren überdeckenden Strahlen, ihren scheinbaren, unwahren Durchmessern und der Verschiedenheit ihrer Farbe, verweilen. Von dem Einfluß der sogenannten Sternschwänze, welche der Zahl, Lage und Länge nach bei jedem Individuum verschieden sind, habe ich schon bei den Betrachtungen über die Unsichtbarkeit der Jupitersmonde38 gehandelt. Das undeutliche Sehen (la vue indistincte) hat vielfache organische Ursachen, welche von der Aberration der Sphäricität des Auges, von der Diffraction an den Rändern der Pupille oder an den Wimpern, und von der sich mehr oder weniger weit aus einem gereizten Punkte fortpflanzenden Irritabilität der Netzhaut abhangen. 39Ich sehe sehr regelmäßig acht Strahlen unter Winkeln von 45° bei Sternen 1ter bis 3ter Größe. Da nach Hassenfratz diese Strahlungen sich auf der Krystallinse kreuzende Brennlinien (caustiques) sind, so bewegen sie sich, je nachdem man den Kopf nach einer oder der anderen Seite neigt. 40Einige meiner astronomischen Freunde sehen nach oben hin 3, höchstens 4 Strahlen, und nach unten gar keine. Merkwürdig hat es mir immer geschienen, daß die alten Aegypter den Sternen regelmäßig nur 5 Strahlen (also um je 72°167 entfernt) geben, so daß dies Sternzeichen nach Horapollo hieroglyphisch die Zahl 5 bedeuten soll41.
Die Sternschwänze verschwinden, wenn man das Bild der strahlenden Sterne (ich habe oft Canopus wie Sirius auf diese Weise beobachtet) durch ein sehr kleines mit einer Nadel in eine Karte gemachtes Loch empfängt. Eben so ist es bei dem telescopischen Sehen mit starker Vergrößerung, in welchem die Gestirne entweder als leuchtende Punkte von intensiverem Lichte oder auch wohl als überaus kleine Scheiben sich darstellen. Wenn gleich das schwächere Funkeln der Fixsterne unter den Wendekreisen einen gewissen Eindruck der Ruhe gewährt, so würde mir doch, bei unbewaffnetem Auge, eine völlige Abwesenheit aller Sternstrahlung das Himmelsgewölbe zu veröden scheinen. Sinnliche Täuschung, undeutliches Sehen vermehren vielleicht die Pracht der leuchtenden Himmelsdecke. Arago hat schon längst die Frage aufgeworfen: warum trotz der großen Lichtstärke der Fixsterne erster Größe man nicht diese, und doch den äußersten Rand der Mondscheibe42 am Horizonte beim Aufgehen erblicke?
Die vollkommensten optischen Werkzeuge, die stärksten Vergrößerungen geben den Fixsternen falsche Durchmesser (spurious disks, diamètres factices), welche nach Sir John Herschel's Bemerkung43 „ bei gleicher Vergrößerung um so kleiner werden, als die Oeffnung des Fernrohrs wächst “. Verfinsterungen der Sterne durch die Mondscheibe beweisen, wie Ein - und Austritt dergestalt augenblicklich sind, daß keine Fraction einer Zeitsecunde für die Dauer erkannt werden kann. Das oft beobachtete Phänomen des sogenannten Klebens des eintretenden Sternes auf der Mondscheibe168 ist ein Phänomen der Lichtbeugung, welches in keinem Zusammenhange mit der Frage über die Sterndurchmesser steht. Wir haben schon an einem anderen Orte erinnert, daß Sir William Herschel bei einer Vergrößerung von 6500 Mal den Durchmesser von Wega noch 0″, 36 fand. Das Bild des Arcturus wurde in einem dichten Nebel so verkleinert, daß die Scheibe noch unter 0″, 2 war. Auffallend ist es, wie wegen der Täuschung, welche die Sternstrahlung erregt, vor der Erfindung des telescopischen Sehens Kepler und Tycho dem Sirius Durchmesser von 4′ und 2′ 20″ zuschrieben. 44Die abwechselnd lichten und dunkeln Ringe, welche die kleinen falschen Sternscheiben bei Vergrößerungen von zwei - bis dreihundert Mal umgeben und die bei Anwendung von Diaphragmen verschiedener Gestalt irisiren, sind gleichzeitig die Folgen der Interferenz und der Diffraction, wie Arago's und Airy's Beobachtungen lehren. Die kleinsten Gegenstände, welche telescopisch noch deutlich als leuchtende Punkte gesehen werden (doppelte Doppelsterne, wie ε der Leier; der 5te und 6te Stern, den Struve im Jahr 1826 und Sir John Herschel im Jahr 1832 im Trapezium des großen Nebelfleckes des Orion entdeckt haben45, welches der vierfache Stern θ des Orion bildet), können zur Prüfung der Vollkommenheit und Lichtfülle optischer Instrumente, der Refractoren wie der Reflectoren, angewandt werden.
Eine Farbenverschiedenheit des eigenthümlichen Lichtes der Fixsterne wie des reflectirten Lichtes der Planeten ist von früher Zeit an erkannt; aber die Kenntniß dieses merkwürdigen Phänomens ist erst durch das telescopische Sehen, besonders seitdem man sich lebhaft mit den169 Doppelsternen beschäftigt hat, wundersam erweitert worden. Es ist hier nicht von dem Farbenwechsel die Rede, welcher, wie schon oben erinnert worden ist, das Funkeln auch in den weißesten Gestirnen begleitet; noch weniger von der vorübergehenden, meist röthlichen Färbung, welche nahe am Horizont wegen der Beschaffenheit des Mediums (der Luftschichten, durch die wir sehen) das Sternlicht erleidet: sondern von dem weißen oder farbigen Sternlichte, das als Folge eigenthümlicher Lichtprocesse und der ungleichen Constitution seiner Oberfläche jeder Weltkörper ausstrahlt. Die griechischen Astronomen kennen bloß rothe Sterne: während die neueren an der gestirnten Himmelsdecke, in den vom Licht durchströmten Gefilden, wie in den Blumenkronen der Phanerogamen und den Metall-Oxyden fast alle Abstufungen des prismatischen Farbenbildes zwischen den Extremen der Brechbarkeit, den rothen und violetten Strahlen, telescopisch aufgefunden haben. Ptolemäus nennt in seinem Fixstern-Catalog 6 Sterne ὑπόκιῤῥοι, feuerröthlich46: nämlich Arcturus, Aldebaran, Pollux, Antares, α des Orion (die rechte Schulter) und Sirius. Cleomedes vergleicht sogar Antares im Scorpion mit der Röthe47 des Mars, der selbst bald πυῤῥὸς, bald πυροειδὴς genannt wird.
Von den 6 oben aufgezählten Sternen haben 5 noch zu unserer Zeit ein rothes oder röthliches Licht. Pollux wird noch als röthlich, aber Castor als grünlich aufgeführt. 48Sirius gewährt demnach das einzige Beispiel einer historisch erwiesenen Veränderung der Farbe, denn er hat gegenwärtig ein vollkommen weißes Licht. Eine große Naturrevolution49 muß allerdings auf der Oberfläche oder in der170 Photosphäre eines solchen Fixsternes (einer fernen Sonne, wie schon Aristarch von Samos die Fixsterne würde genannt haben) vorgegangen sein, um den Proceß zu stören, vermöge dessen die weniger brechbaren rothen Strahlen durch Entziehung (Absorption) anderer Complementar-Strahlen (sei es in der Photosphäre des Sternes selbst, sei es in wandernden kosmischen Gewölken) vorherrschend wurden. Es wäre zu wünschen, da dieser Gegenstand bei den großen Fortschritten der neueren Optik ein lebhaftes Interesse auf sich gezogen hat, daß man die Epoche einer solchen Naturbegebenheit, des Verschwindens der Röthung des Sirius, durch Bestimmung gewisser Zeitgrenzen, auffinden könne. Zu Tycho's Zeit hatte Sirius gewiß schon weißes Licht; denn als man mit Verwunderung den neuen in der Cassiopeja 1572 erschienenen blendend weißen Stern im Monat März 1573 sich röthen und im Januar 1574 wieder weiß werden sah, wurde der rothe Stern mit Mars und Aldebaran, aber nicht mit Sirius verglichen. Vielleicht möchte es Sédillot oder anderen mit der arabischen und persischen Astronomie vertrauten Philologen glücken in den Zeitabständen von El-Batani (Albategnius) und El-Fergani (Alfraganus) bis Abdurrahman Sufi und Ebn-Junis (von 880 bis 1007), von Ebn-Junis bis Naßir-Eddin und Ulugh Beg (von 1007 bis 1437) irgend ein Zeugniß für die damalige Farbe des Sirius aufzufinden. El-Fergani (eigentlich Mohammed Ebn-Kethir El-Fergani), welcher schon in der Mitte des 10ten Jahrhunderts zu Rakka (Aracte) am Euphrat beobachtete, nennt als rothe Sterne (stellae ruffae sagt die alte lateinische Uebersetzung von 1590) wohl den Aldebaran und, räthselhaft171 genug50, die jetzt gelbe, kaum röthlich gelbe Capella; nicht aber den Sirius. Allerdings würde es auffallend sein, wäre Sirius zu seiner Zeit schon nicht mehr roth gewesen, daß El-Fergani, der überall dem Ptolemäus folgt, die Farbenveränderung in einem so berühmten Stern nicht sollte bezeichnet haben. Negative Gründe sind allerdings selten beweisend; und auch bei Beteigeuze (α Orionis), der jetzt noch roth ist wie zu des Ptolemäus Zeiten, erwähnt El-Fergani in derselben Stelle der Farbe nicht.
Es ist längst anerkannt, daß unter allen hell leuchtenden Fixsternen des Himmels Sirius in chronologischer Hinsicht, wie in seiner historischen Anknüpfung an die früheste Entwickelung menschlicher Cultur im Nilthale, die erste und wichtigste Stelle einnimmt. Die Sothis-Periode und der heliacische Aufgang der Sothis (Sirius), über die Biot eine vortreffliche Arbeit geliefert hat, verlegt nach den neuesten Untersuchungen von Lepsius51 die vollständige Einrichtung des ägyptischen Calenders in jene uralte Epoche von fast 33 Jahrhunderten vor unserer Zeitrechnung, „ in welcher nicht nur die Sommer-Sonnenwende und folglich der Anfang des Nil-Anschwellens auf den Tag des ersten Wassermonats (auf den ersten Pachon) fiel, sondern auch der heliacische Aufgang der Sothis “. Die neuesten, bisher unveröffentlichten, etymologischen Versuche über Sothis und Sirius aus dem Koptischen, dem Zend, Sanskrit und Griechischen werde ich in eine Note52 zusammendrängen: welche nur denen willkommen sein kann, die aus Liebe zur Geschichte der Astronomie in den Sprachen und ihrer Verwandtschaft Denkmäler des früheren Wissens erkennen.
172Entschieden weiß sind gegenwärtig, außer Sirius: Wega, Deneb, Regulus und Spica; auch unter den kleinen Doppelsternen zählt Struve an 300 auf, in denen beide Sterne weiß sind. 53Gelbes und gelbliches Licht haben Procyon, Atair, der Polarstern und besonders β des Kleinen Bären. Von rothen und röthlichen großen Sternen haben wir schon Beteigeuze, Arcturus, Aldebaran, Antares und Pollux genannt. Rümker findet γ Crucis von schöner rother Farbe; und mein vieljähriger Freund, Capitän Bérard, ein vortrefflicher Beobachter, schrieb aus Madagascar 1847, daß er seit einigen Jahren auch α Crucis sich röthen sehe. Der durch Sir John Herschel's Beobachtungen berühmt gewordene Stern im Schiffe, η Argûs, dessen ich bald umständlicher erwähnen werde, verändert nicht bloß seine Lichtstärke, er verändert auch seine Farbe. Im Jahr 1843 fand in Calcutta Herr Mackay diesen Stern an Farbe dem Arcturus gleich, also röthlich gelb54; aber in Briefen aus Santiago de Chile vom Februar 1850 nennt ihn Lieutenant Gilliß von dunklerer Farbe als Mars. Sir John Herschel giebt am Schluß seiner Capreise ein Verzeichniß von 76 rubinfarbigen (ruby coloured) kleinen Sternen 7ter bis 9ter Größe. Einige erscheinen im Fernrohr wie Blutstropfen. Auch die Mehrzahl der veränderlichen Sterne wird als roth und röthlich beschrieben. 55Ausnahmen machen: Algol am Kopf der Medusa, β Lyrae, ε Aurigae ...; die ein rein weißes Licht haben. Mira Ceti, deren periodischer Lichtwechsel am frühesten erkannt56 worden ist, hat ein stark röthliches Licht; aber die Veränderlichkeit von Algol, β Lyrae ... beweist, daß die rothe Farbe nicht eine nothwendige Bedingung der Lichtveränderung173 sei, wie denn auch mehrere rothe Sterne nicht zu den veränderlichen gehören. Die lichtschwächsten Sterne, in denen noch Farben zu unterscheiden sind, gehören nach Struve in die 9te und 10te Größe. Der blauen Sterne hat zuerst57 Mariotte 1686 in seinem Traité des couleurs gedacht. Bläulich ist η der Leier. Ein kleiner Sternhaufen von 3½ Minute Durchmesser am südlichen Himmel besteht nach Dunlop bloß aus blauen Sternchen. Unter den Doppelsternen giebt es viele, in welchen der Hauptstern weiß und der Begleiter blau ist; einige, in denen Hauptstern und Begleiter beide ein blaues Licht58 haben (so δ Serp. und 59 Androm.). Bisweilen sind, wie in dem, von Lacaille für einen Nebelfleck gehaltenen Sternschwarm bei κ des südlichen Kreuzes, über hundert vielfarbige (rothe, grüne, blaue und blaugrüne) Sternchen so zusammengedrängt, daß sie wie polychrome Edelgesteine (like a superb piece of fancy jewellery59) in großen Fernröhren erscheinen.
Die Alten glaubten in der Stellung gewisser Sterne erster Größe eine merkwürdige symmetrische Anordnung zu erkennen. So war ihre Aufmerksamkeit vorzugsweise auf die sogenannten vier königlichen Gestirne, welche sich in der Sphäre gegenüber stehen, auf Aldebaran und Antares, Regulus und Fomalhaut, gerichtet. Wir finden dieser regelmäßigen Anordnung, die ich schon an einem anderen Orte60 behandelt, ausführlich bei einem späten römischen Schriftsteller, aus der constantinischen Zeit, dem Julius Firmicus Maternus61, erwähnt. Die Rectascensional-Unterschiede der königlichen Sterne, stellae regales, sind: 11h 57′ und 12h 49′. Die Wichtigkeit, welche man diesem Gegenstande beilegte, ist wahrscheinlich auf174 Ueberlieferungen aus dem Orient gegründet, welche unter den Cäsaren mit einer großen Vorliebe zur Astrologie in das römische Reich eindrangen. Eine dunkle Stelle des Hiob (9, 9), in welcher „ den Kammern des Südens “der Schenkel, d. i. das Nordgestirn des Großen Bären (der berühmte Stierschenkel auf den astronomischen Darstellungen von Dendera und in dem ägyptischen Todtenbuche) entgegengesetzt wurde, scheint ebenfalls durch 4 Sternbilder die 4 Himmelsgegenden bezeichnen zu wollen. 62
Wenn dem Alterthum, ja dem späten Mittelalter ein großer und schöner Theil des südlichen Himmels jenseits der Gestirne von 53° südlicher Abweichung verhüllt geblieben war, so wurde die Kenntniß des Südhimmels ohngefähr hundert Jahre vor der Erfindung und Anwendung des Fernrohrs allmälig vervollständigt. Zur Zeit des Ptolemäus sah man am Horizont von Alexandrien: den Altar; die Füße des Centaur; das südliche Kreuz, zum Centaur gerechnet oder auch wohl63 zu Ehren des Augustus (nach Plinius) Caesaris Thronus genannt; endlich Canopus (Canobus) im Schiffe, den der Scholiast zum Germanicus64 das Ptolemaeon nennt. Im Catalog des Almagest ist auch der Stern erster Größe, der letzte im Flusse Eridanus (arabisch achir el-nahr), Achernar, aufgeführt, ob er gleich 9° unter dem Horizont war. Eine Nachricht von der Existenz dieses Sternes war also dem Ptolemäus aus südlicheren Schifffahrten im rothen Meere oder zwischen Ocelis und dem malabarischen Stapelplatze Muziris65 zugeführt worden. Die Vervollkommnung der Nautik führte längs der westlichen afrikanischen Küste allerdings schon175 1484 Diego Cam in Begleitung von Martin Behaim, 1487 Bartholomäus Diaz, 1497 Gama auf der Fahrt nach Ostindien weit über den Aequator hinaus und in die antarctischen Gewässer bis 35° südlicher Breite; aber die erste specielle Beachtung der großen Gestirne und Nebelflecke, die Beschreibung der Magellanischen Wolken und der Kohlensäcke, ja der Ruf von den „ Wundern des im Mittelmeere nicht gesehenen Himmels “, gehört der Epoche von Vincent Yañez Pinzon, Amerigo Vespucci und Andrea Corsali zwischen 1500 und 1515 an. Sternabstände am südlichen Himmel wurden am Ende des 16ten Jahrhunderts und im Anfang des 17ten gemessen. 66
In der Vertheilung der Fixsterne an dem Himmelsgewölbe hat man erst angefangen gewisse Gesetze relativer Verdichtung zu erkennen, seitdem William Herschel im Jahr 1785 auf den glücklichen Gedanken verfiel die Zahl der Sterne in demselben Gesichtsfelde von 15′ Durchmesser in seinem 20füßigen Spiegeltelescop in verschiedenen Höhen und Richtungen zu schätzen. Dieser mühevollen Methode der Aichungen (franz. jauges, engl. process of gauging the heavens, star-gauges) ist in diesem Werke schon mehrmals gedacht worden. Das Gesichtsfeld umfaßte jedesmal nur 1 / 833000 des ganzen Himmels; und solche Aichungen über die ganze Sphäre würden, nach einer Bemerkung von Struve, an 83 Jahre67 dauern. Man muß bei den Untersuchungen über die partielle Vertheilung der Gestirne besonders die Größenclasse, zu der sie photometrisch gehören, in Anschlag bringen. Wenn man bei den hellen Sternen der ersten 3 oder 4 Größenclassen stehen bleibt, so findet man diese im ganzen ziemlich gleichförmig68 vertheilt,176 doch örtlich in der südlichen Hemisphäre von ε des Orion bis α des Kreuzes vorzugsweise in eine prachtvolle Zone in der Richtung eines größten Kreises zusammengedrängt. Das so verschiedene Urtheil, welches von Reisenden über die relative Schönheit des südlichen und nördlichen Himmels gefällt wird, hängt, wie ich glaube, oft nur von dem Umstande ab, daß einige der Beobachter die südlichen Regionen zu einer Zeit besucht haben, in welcher der schönste Theil der Constellationen bei Tage culminirt. Durch die Aichungen beider Herschel an dem nördlichen und südlichen Himmelsgewölbe ergiebt sich, daß die Fixsterne von der 5ten und 6ten Ordnung herab bis unter die 10te und 15te Größe (besonders also die telescopischen) an Dichtigkeit regelmäßig zunehmen, je nachdem man sich den Ringen der Milchstraße (ὁ γαλαξίας κύκλος) nähert; daß es demnach Pole des Stern-Reichthums und Pole der Stern-Armuth giebt, letztere rechtwinklig der Hauptaxe der Milchstraße. Die Dichte des Sternlichts ist am kleinsten in den Polen des galactischen Kreises; sie nimmt aber zu, erst langsam und dann schneller und schneller, von allen Seiten mit der galactischen Polar-Distanz.
Durch eine scharfsinnige und sorgfältige Behandlung der Resultate der vorhandenen Aichungen findet Struve, daß, im Mittel, im Inneren der Milchstraße 29,4mal (fast 30mal) so viel Sterne liegen als in den Regionen, welche die Pole der Milchstraße umgeben. Bei nördlichen galactischen Polar-Distanzen von 0°, 30°, 60°, 75° und 90° sind die Verhältnißzahlen der Sterne in einem Felde des Telescops von 15′ Durchmesser: 4,15; 6,52; 17,68; 30,30 und 122,00. In der Vergleichung beider Zonen177 findet sich trotz großer Aehnlichkeit in dem Gesetze der Zunahme des Stern-Reichthums doch wieder ein absolutes Uebergewicht der Sternmenge69 auf Seiten des schöneren südlichen Himmels.
Als ich im Jahr 1843 den Ingenieur-Hauptmann Schwinck freundschaftlich aufforderte mir die Vertheilung der 12148 Sterne (1m bis 7m inclus. ), welche er auf Bessel's Anregung in seine Mappa coelestis eingetragen, nach Rectascensions-Verschiedenheit mitzutheilen, fand er in 4 Gruppen:
| Rectasc. | von | 50°-140° | Zahl der Sterne | 3147 |
| “ | “ | 140°-230° | “““ | 2627 |
| “ | “ | 230°-320° | “““ | 3523 |
| “ | “ | 320° - 50° | “““ | 2851. |
Diese Gruppen stimmen mit den noch genaueren Resultaten der Études stellaires überein, nach denen von Sternen 1m bis 9m die Maxima in Rectasc. in 6h 40′ und 18h 40′, die Minima in 1h 30′ und 13h 30′ fallen. 70
Unter der zahllosen Menge von Sternen, die an dem Himmel glänzen, sind wesentlich von einander zu unterscheiden, in Hinsicht auf die muthmaßliche Gestaltung des Weltbaues und auf die Lage oder Tiefe der Schichten geballter Materie: die einzeln, sporadisch zerstreuten Fixsterne; und diejenigen, welche man in abgesonderte, selbstständige Gruppen zusammengedrängt findet. Die letzteren sind Sternhaufen oder Sternschwärme, die oft viele Tausende von telescopischen Sternen in erkennbarer Beziehung zu einander enthalten und die dem unbewaffneten Auge bisweilen als runde Nebel, cometenartig leuchtend,178 erscheinen. Das sind die nebligen Sterne des Eratosthenes71 und Ptolemäus, die nebulosae der Alfonsinischen Tafeln von 1483 und die des Galilei, welche (wie es im Nuncius sidereus heißt) sicut areolae sparsim per aethera subfulgent.
Die Sternhaufen selbst liegen entweder wiederum vereinzelt am Himmel; oder eng und ungleich, wie schichtenweise, zusammengedrängt, in der Milchstraße und den beiden Magellanischen Wolken. Der größte und gewiß für die Configuration der Milchstraßen-Ringe bedeutsamste Reichthum von runden Sternhaufen (globular clusters) findet sich in einer Region des südlichen Himmels72 zwischen der Corona australis, dem Schützen, dem Schwanz des Scorpions und dem Altar (RA. 16h 45′-19h). Aber nicht alle Sternhaufen in oder nahe der Milchstraße sind rund und kugelförmig; es giebt dort auch mehrere von unregelmäßigen Umrissen, wenig reich an Sternen und mit einem nicht sehr dichten Centrum. In vielen runden Sterngruppen sind die Sterne von gleicher Größe, in anderen sind sie sehr ungleich. In einigen seltenen Fällen zeigen sie einen schönen röthlichen Centralstern73 (RA. 2h 10′, N. Decl. 56° 21′). Wie solche Weltinseln mit allen darin wimmelnden Sonnen frei und ungestört rotiren können, ist ein schwieriges Problem der Dynamik. Nebelflecke und Sternhaufen, wenn auch von den ersteren jetzt sehr allgemein angenommen wird, daß sie ebenfalls aus sehr kleinen, aber noch ferneren Sternen bestehen, scheinen doch in ihrer örtlichen Vertheilung verschiedenen Gesetzen unterworfen. Die Erkenntniß dieser Gesetze wird vorzugsweise die Ahndungen über das, was man kühn den Himmelsbau179 zu nennen pflegt, modificiren. Auch ist die Beobachtung sehr merkwürdig, daß runde Nebelflecke sich bei gleicher Oeffnung und Vergrößerung des Fernrohrs leichter in Sternhaufen auflösen als ovale. 74
Von den wie in sich abgeschlossenen Systemen der Sternhaufen und Sternschwärme begnügen wir uns hier zu nennen:
die Plejaden: gewiß den rohesten Völkern am frühesten bekannt, das Schifffahrts-Gestirn, Pleias ἀπὸ τοῦ πλεῖν, wie der alte Scholiast des Aratus wohl richtiger etymologisirt als neuere Schriftsteller, die den Namen von der Fülle, von πλέος, herleiten; die Schifffahrt des Mittelmeers dauerte vom Mai bis Anfang November, vom Frühaufgange bis zum Frühuntergang der Plejaden;
die Krippe im Krebs: nach Plinius nubecula quam Praesepia vocant inter Asellos, ein νεφέλιον des Pseudo-Eratosthenes;
den Sternhaufen am Schwerdt-Handgriff des Perseus, von den griechischen Astronomen oft genannt;
das Haupthaar der Berenice, wie die drei vorigen dem bloßen Auge sichtbar;
Sternhaufen in der Nähe des Arcturus (No. 1663), telescopisch; RA. 13h 34′ 12″, N. Decl. 29° 14′; mehr als tausend Sternchen 1012ter Größe;
Sternhaufen zwischen η und ζ Herculis: in hellen Nächten dem bloßen Auge sichtbar, im Fernrohr ein prachtvoller Gegenstand (No. 1968), mit sonderbar strahlförmig auslaufendem Rande; RA. 16h 35′ 37″, N. Decl. 36° 47′; von Halley 1714 zuerst beschrieben;
Sternhaufen bei w des Centaur: von Halley schon 1677 beschrieben, dem bloßen Auge erscheinend wie ein cometenartiger runder Flecken, fast leuchtend als ein Stern 4m - 5m; in mächtigen Fernröhren erscheint er aus zahllosen Sternchen 13ter bis 15ter Größe zusammengesetzt, welche sich gegen die Mitte verdichten; RA. 13h 16′ 38″, südl. Decl. 46° 35′; in Sir John Herschel's Catalog der Sternhaufen des südlichen Himmels180 No. 3504, im Durchmesser 15′ (Capreise p. 21 und 105, Outl. of Astr. p. 595);
Sternhaufen bei κ des südlichen Kreuzes (No. 3435): zusammengesetzt aus vielfarbigen Sternchen 12 – 16ter Größe, welche auf eine Area von 1 / 48 eines Quadratgrades vertheilt sind; nach Lacaille ein Nebelstern, aber durch Sir John Herschel so vollständig aufgelöst, daß gar kein Nebel übrig blieb; der Centralstern gesättigt roth (Capreise p. 17 und 102 Pl. I fig. 2);
Sternhaufen 47 Toucani Bode; No. 2322 des Catalogs von Sir John Herschel, eines der merkwürdigsten Objecte des südlichen Himmels. Es hat dasselbe auch mich einige Nächte cometenartig getäuscht, als ich zuerst nach Peru kam und es unter 12° südlicher Breite sich höher über den Horizont erheben sah. Die Sichtbarkeit für das unbewaffnete Auge ist um so größer, als der Sternhaufen des Toucan, von 15′ bis 20′ Durchmesser, zwar der kleinen Magellanischen Wolke nahe, aber auf einer ganz sternleeren Stelle steht. Er ist im Inneren blaß rosenroth, concentrisch mit einem weißen Rande umgeben, aus Sternchen (14m bis 16m) und zwar von gleicher Größe zusammengesetzt, alle Kennzeichen der Kugelform körperlich darbietend. 75
Sternhaufen am Gürtel der Andromeda bei ν dieser Constellation. Die Auflösung des berühmten Nebelflecks der Andromeda in Sternchen, von denen über 1500 erkannt worden sind, gehört zu den merkwürdigsten Entdeckungen in der beschauenden Astronomie unserer Zeit. Sie ist das Verdienst von George Bond76, Gehülfen an der Sternwarte zu Cambridge in den Vereinigten Staaten (März 1848), und zeugt zugleich für die vortreffliche Lichtstärke des dort aufgestellten, mit einem Objectiv von 14 Pariser Zoll Durchmesser versehenen Refractors, da selbst ein Reflector von 18 Zoll Durchmesser des Spiegels „ noch keine Spur von der Anwesenheit eines Sternes ahnden läßt “. 77Vielleicht ist der Sternhaufen in der Andromeda schon am Ende des zehnten Jahrhunderts als ein Nebel von ovaler Form aufgeführt worden; sicherer ist es aber, daß Simon Marius (Mayer aus Guntzenhausen: derselbe, der auch den Farbenwechsel bei der Scintillation bemerkte78) ihn181 am 15 Dec. 1612 als einen neuen, von Tycho nicht genannten, sternlosen, wundersamen Weltkörper erkannt und zuerst umständlich beschrieben hat. Ein halbes Jahrhundert später beschäftigte sich Boulliaud, der Verfasser der Astronomia philolaica, mit demselben Gegenstande. Was diesem Sternhaufen, der 2°½ Länge und über 1° Breite hat, einen besonderen Charakter giebt, sind die zwei merkwürdigen, unter sich und der Längenaxe parallelen, sehr schmalen schwarzen Streifen, welche rißartig das Ganze nach Bond's Untersuchung durchsetzen. Diese Gestaltung erinnert lebhaft an den sonderbaren Längenriß in einem unaufgelösten Nebel der südlichen Hemisphäre, No. 3501, welchen Sir John Herschel beschrieben und abgebildet hat (Capreise p. 20 und 105 Pl. IV fig. 2).
Ich habe dieser Auswahl merkwürdiger Sternhaufen, trotz der wichtigen Entdeckungen, welche wir dem Lord Rosse und seinem Riesen-Reflector zu verdanken haben, den großen Nebel im Gürtel des Orion noch nicht beigefügt, da es mir geeigneter zu sein scheint von den in demselben bereits aufgelösten Theilen in dem Abschnitt von den Nebelflecken zu handeln.
Die größte Anhäufung von Sternhaufen, keinesweges von Nebelflecken, findet sich in der Milchstraße79 (Galaxias, dem Himmels-Flusse80 der Araber), welche fast einen größten Kreis der Sphäre bildet und gegen den Aequator unter einem Winkel von 63° geneigt ist. Die Pole der Milchstraße liegen: RA. 12h 47′, nördl. Decl. 27° und RA. 0h 47′, südlich Decl. 27°; also als Südpol nahe dem Haupthaar der Berenice, als Nordpol zwischen Phönix und Wallfisch. Wenn alle planetarischen örtlichen Verhältnisse auf die Ekliptik, auf den größten Kreis, in welchem die Ebene der Sonnenbahn die Sphäre durchschneidet, bezogen werden; so finden gleich bequem viele örtliche Beziehungen der Fixsterne (z. B.182 die ihrer Anhäufung oder Gruppirung) auf den fast größten Kreis der Milchstraße statt. In diesem Sinne ist dieselbe für die siderische Welt, was die Ekliptik vorzugsweise für die Planetenwelt unseres Sonnensystems ist. Die Milchstraße schneidet den Aequator im Einhorn zwischen Procyon und Sirius, RA. 6h 54′ (für 1800), und in der linken Hand des Antinous, RA. 19h 15′. Die Milchstraße theilt demnach die Himmelssphäre in zwei etwas ungleiche Hälften, deren Areale sich ohngefähr wie 8: 9 verhalten. In der kleineren Hälfte liegt der Frühlingspunkt. Die Breite der Milchstraße ist in ihrem Laufe sehr veränderlich. 81Wo sie am schmalsten und zugleich mit am glänzendsten ist, zwischen dem Vordertheil des Schiffes und dem Kreuze, dem Südpol am nächsten, hat sie kaum 3 bis 4 Grad Breite; an anderen Punkten 16°, und getheilt zwischen dem Schlangenträger und Antinous82 bis 22°. William Herschel hat bemerkt, daß, nach seinen Stern-Aichungen zu urtheilen, die Milchstraße in vielen Regionen eine 6 bis 7 Grad größere Breite hat, als es uns der dem unbewaffneten Auge sichtbare Sternschimmer verkündigt. 83
Der Milchweiße der ganzen Zone hatte schon Huygens, welcher im Jahr 1656 seinen 23füßigen Refractor auf die Milchstraße richtete, den unauflöslichen Nebel abgesprochen. Sorgfältigere Anwendung von Spiegeltelescopen der größten Dimension und Lichtstärke hat später noch sicherer erwiesen, was schon Democritus und Manilius vom alten Wege des Phaethon vermutheten, daß der milchige Lichtschimmer allein den zusammengedrängten kleinen Sternschichten, nicht aber den sparsam eingemengten183 Nebelflecken zuzuschreiben sei. Dieser Lichtschimmer ist derselbe an Punkten, wo alles sich vollkommen in Sterne auflöst, und zwar in Sterne, die sich auf einen schwarzen, ganz dunstfreien Grund projiciren. 84Es ist im allgemeinen ein merkwürdiger Charakter der Milchstraße, daß kugelförmige Sternhaufen (globular clusters) und Nebelflecke von regelmäßiger ovaler Form in derselben gleich selten sind85: während beide in sehr großer Entfernung von der Milchstraße sich angehäuft finden; ja in den Magellanischen Wolken isolirte Sterne, kugelförmige Sternhaufen in allen Zuständen der Verdichtung, und Nebelflecke von bestimmt ovaler und von ganz unregelmäßiger Form mit einander gemengt sind. Eine merkwürdige Ausnahme von dieser Seltenheit kugelförmiger Sternhaufen in der Milchstraße bildet eine Region derselben zwischen RA. 16h 45′ und 18h 44′: zwischen dem Altar, der südlichen Krone, dem Kopf und Leibe des Schützen, und dem Schwanz des Scorpions. Zwischen ε und θ des letzteren liegt selbst einer der an dem südlichen Himmel so überaus seltenen ringförmigen Nebel. 86In dem Gesichtsfelde mächtiger Telescope (und man muß sich erinnern, daß nach Schätzungen von Sir William Herschel ein 20füßiges Instrument 900, ein 40füßiges 2800 Siriusweiten eindringt) erscheint die Milchstraße eben so verschiedenartig in ihrem sideralen Inhalte, als sie sich unregelmäßig und unbestimmt in ihren Umrissen und Grenzen dem unbewaffneten Auge darstellt. Wenn in einigen Strichen sie über weite Räume die größte Einförmigkeit des Lichts und der scheinbaren Größe der Sterne darbietet, so folgen in anderen Strichen die glänzendsten Fleckchen eng zusammengedrängter Licht -184 punkte, durch dunklere87, sternarme Zwischenräume körnig oder gar netzförmig unterbrochen; ja in einigen dieser Zwischenräume, ganz im Inneren der Galaxis, ist auch nicht der kleinste Stern (18m oder 20m) zu entdecken. Man kann sich des Gedankens nicht erwehren, daß man dort durch die ganze Sternschicht der Milchstraße wirklich durchsehe. Wenn Stern-Aichungen eben erst im telescopischen Gesichtsfelde (von 15′ Durchmesser) nur 40 bis 50 Sterne als Mittelzahl gegeben haben, so folgen bald daneben Gesichtsfelder mit 400 bis 500. Sterne von höherer Ordnung treten oft im feinsten Sternendunste auf, während alle mittleren Ordnungen fehlen. Was wir Sterne der niedrigsten Ordnung nennen, mögen uns nicht immer nur wegen ihres ungeheuren Abstandes als solche erscheinen, sondern auch weil sie wirklich von geringerem Volum und geringerer Lichtentwickelung sind.
Um die Contraste der reicheren oder ärmeren Anhäufung von Sternen, des größten oder minderen Glanzes aufzufassen, muß man Regionen bezeichnen, die sehr weit von einander entfernt liegen. Das Maximum der Anhäufung und der herrlichste Glanz findet sich zwischen dem Vordertheil des Schiffes und dem Schützen; oder, genauer gesprochen, zwischen dem Altar, dem Schwanz des Scorpions, der Hand und dem Bogen des Schützen, und dem rechten Fuß des Schlangenträgers. „ Keine Gegend der ganzen Himmelsdecke gewährt mehr Mannigfaltigkeit und Pracht durch Fülle und Art der Gruppirung. “ 88Dieser südlichen Region kommt im Maximum am nächsten an unserem nördlichen Himmel die anmuthige und sternreiche Gegend im Adler und Schwan, wo die Milchstraße sich185 theilt. So wie die größte Schmalheit unter den Fuß des Kreuzes fällt, so ist dagegen die Region des Minimums des Glanzes (der Verödung der Milchstraße) in der Gegend des Einhorns wie in der des Perseus.
Die Pracht der Milchstraße in der südlichen Hemisphäre wird noch durch den Umstand vermehrt, daß zwischen dem durch seine Veränderlichkeit so berühmt gewordenen Stern η Argûs und α Crucis, unter den Parallelen von 59 und 60 Grad südlicher Breite, die merkwürdige Zone sehr großer und wahrscheinlich uns sehr naher Gestirne, zu welcher die Constellationen des Orion und des Großen Hundes, des Scorpions, des Centaur und des Kreuzes gehören, die Milchstraße unter einem Winkel von 20° schneidet. Ein größter Kreis, der durch ε Orionis und den Fuß des Kreuzes gelegt wird, bezeichnet die Richtung dieser merkwürdigen Zone. Die, man möchte sagen malerisch-landschaftliche Wirkung der Milchstraße wird in beiden Hemisphären durch ihre mehrfache Theilung erhöht. Sie bleibt ohngefähr 2 / 5 ihres Zuges hindurch ungetheilt. In der großen Bifurcation trennen sich nach Sir John Herschel die Zweige bei α Centauri89: nicht bei β Cent., wie unsere Sternkarten angeben, oder beim Altar, wie Ptolemäus will90; sie kommen wieder zusammen im Schwan.
Um den ganzen Verlauf und die Richtung der Milchstraße mit ihren Nebenzweigen im allgemeinen übersehen zu können, geben wir hier in gedrängter Kürze eine Uebersicht, die nach der Folge der Rectascensionen geordnet ist. Durch γ und ε Cassiopejae hindurchgehend, sendet die Milchstraße südlich einen Zweig nach ε Persei, welcher sich gegen die Plejaden und Hyaden verliert. Der Hauptstrom, hier186 sehr schwach, geht über die Hoedi (Böckchen) im Fuhrmann, die Füße der Zwillinge, die Hörner des Taurus, das Sommer-Solstitium der Ekliptik und die Keule des Orion nach 6h 54′ RA. (für 1800), den Aequator an dem Halse des Einhorns schneidend. Von hier an nimmt die Helligkeit beträchtlich zu. Am Hintertheil des Schiffes geht ein Zweig südlich ab bis γ Argûs, wo derselbe plötzlich abbricht. Der Hauptstrom setzt fort bis 33° südl. Decl., wo er, fächerförmig zertheilt (20° breit), ebenfalls abbricht, so daß in der Linie von γ nach λ Argûs sich eine weite Lücke in der Milchstraße zeigt. In ähnlicher Ausbreitung beginnt letztere nachher wieder, verengt sich aber an den Hinterfüßen des Centauren und vor dem Eintritte in das südliche Kreuz, wo sie ihren schmalsten Streifen von nur 3° oder 4° Breite bildet. Bald darauf dehnt sich der Lichtweg wieder zu einer hellen und breiten Masse aus, die β Centauri wie α und β Crucis einschließt und in deren Mitte der schwarze birnförmige Kohlensack liegt, dessen ich im 7ten Abschnitt näher erwähnen werde. In dieser merkwürdigen Region, etwas unterhalb des Kohlensackes, ist die Milchstraße dem Südpol am nächsten.
Bei α Centauri tritt die schon oben berührte Haupttheilung ein: eine Bifurcation, welche sich nach den älteren Ansichten bis zu dem Sternbild des Schwanes erhält. Zuerst, von α Centauri aus gerechnet, geht ein schmaler Zweig nördlich nach dem Wolf hinwärts, wo er sich verliert; dann zeigt sich eine Theilung beim Winkelmaaß (bei γ Normae). Der nördliche Zweig bildet unregelmäßige Formen bis in die Gegend des Fußes des Schlangenträgers, wo er ganz verschwindet; der südlichste Zweig wird jetzt der Haupt -187 strom, und geht durch den Altar und den Schwanz des Scorpions nach dem Bogen des Schützen, wo er in 276° Länge die Ekliptik durchschneidet. Weiterhin erkennt man ihn aber in unterbrochener, fleckiger Gestalt, fortlaufend durch den Adler, den Pfeil und den Fuchs bis zum Schwan. Hier beginnt eine sehr unregelmäßige Gegend: wo zwischen ε, α und γ Cygni eine breite, dunkle Leere sich zeigt, die Sir John Herschel91 mit dem Kohlensack im südlichen Kreuze vergleicht und die wie ein Centrum bildet, von welchem drei partielle Ströme ausgehen. Einer derselben, von größerer Lichtstärke, kann gleichsam rückwärts über β Cygni und s Aquilae verfolgt werden, jedoch ohne sich mit dem bereits oben erwähnten, bis zum Fuß des Ophiuchus gehenden, Zweige zu vereinigen. Ein beträchtlicher Ansatz der Milchstraße dehnt sich außerdem noch vom Kopfe des Cepheus, also in der Nähe der Cassiopea, von welcher Constellation an wir die Schilderung der Milchstraße begonnen haben, nach dem Kleinen Bären und dem Nordpol hin aus.
Bei den außerordentlichen Fortschritten, welche durch Anwendung großer Telescope allmälig die Kenntniß von dem Stern-Inhalte und der Verschiedenheit der Licht-Concentration in einzelnen Theilen der Milchstraße gemacht hat, sind an die Stelle bloß optischer Projections-Ansichten mehr physische Gestaltungs-Ansichten getreten. Thomas Wright92 von Durham, Kant, Lambert und zuerst auch William Herschel waren geneigt die Gestalt der Milchstraße und die scheinbare Anhäufung der Sterne in derselben als eine Folge der abgeplatteten Gestalt und ungleichen Dimensionen der Weltinsel (Sternschicht) zu betrachten, in welche unser Sonnensystem eingeschlossen ist. 188Die Hypothese von der gleichen Größe und gleichartigen Vertheilung der Fixsterne ist neuerdings vielseitig erschüttert worden. Der kühne und geistreiche Erforscher des Himmels, William Herschel, hat sich in seinen letzten Arbeiten93 für die Annahme eines Ringes von Sternen entschieden, die er in seiner schönen Abhandlung vom Jahre 1784 bestritt. Die neuesten Beobachtungen haben die Hypothese von einem System von einander abstehender concentrischer Ringe begünstigt. Die Dicke dieser Sternringe scheint sehr ungleich; und die einzelnen Schichten, deren vereinten, stärkeren oder schwächeren, Lichtglanz wir empfangen, liegen gewiß in sehr verschiedenen Höhen, d. h. in verschiedenen Entfernungen von uns: aber die relative Helligkeit der einzelnen Sterne, die wir von 10ter bis 16ter Größe schätzen, kann nicht in der Art als maaßgebend für die Entfernung betrachtet werden, daß man befriedigend den Radius der Abstandssphäre numerisch94 daraus bestimmen könnte.
In vielen Gegenden der Milchstraße genügt die raumdurchdringende Kraft der Instrumente ganze Sternwolken aufzulösen und die einzelnen Lichtpunkte auf die dunkle, sternlose Himmelsluft projicirt zu sehen. Wir blicken dann wirklich durch wie ins Freie. „ It leads us “, sagt Sir John Herschel, „ irresistibly to the conclusion, that in these regions we see fairly through the starry stratum. “ 95In anderen Gegenden sieht man wie durch Oeffnungen und Spalten, sei es auf ferne Weltinseln oder weit auslaufende Zweige des Ring-Systems; in noch anderen ist die Milchstraße bisher unergründlich (fathomless, insondable) geblieben, selbst für das 40füßige Telescop. 96189Untersuchungen über die ungleichartige Licht-Intensität der Milchstraße wie über die Größenordnungen der Sterne, welche von den Polen der Milchstraße zu ihr selbst hin an Menge regelmäßig zunehmen (die Zunahme wird vorzugsweise 30° auf jeder Seite der Milchstraße in Sternen unterhalb der 11ten Größe97, also in 16 / 17 aller Sterne, bemerkt), haben den neuesten Erforscher der südlichen Himmelssphäre zu merkwürdigen Ansichten und wahrscheinlichen Resultaten über die Gestalt des galactischen Ring-Systems und über das geleitet, was man kühn die Stelle der Sonne in der Weltinsel nennt, welcher jenes Ring-System angehört. Der Standort, den man der Sonne anweist, ist excentrisch: vermuthlich da, wo eine Nebenschicht sich von dem Hauptringe abzweigt98 in einer der verödeteren Regionen, die dem südlichen Kreuze näher liegt als dem entgegengesetzten Knoten der Milchstraße99. „ Die Tiefe, zu der unser Sonnensystem in das Stern-Stratum, welches die Milchstraße bildet, eingetaucht liegt, soll dazu (von der südlichen Grenz-Oberfläche an gerechnet) dem Abstande oder Lichtwege von Sternen der 9ten und 10ten, nicht der 11ten Größe gleich sein. “ 100Wo, der eigenthümlichen Natur gewisser Probleme nach, Messungen und unmittelbare sinnliche Wahrnehmungen fehlen, ruht nur wie ein Dämmerlicht auf Resultaten, zu welchen, ahndungsvoll getrieben, die geistige Anschauung sich erhebt.
[190](S. 169.) „ Der Ausdruck ὑπόκιῤῥος, dessen sich Ptolemäus in seinem Catalog für die 6 von ihm genannten Sterne gleichförmig bedient, bezeichnet einen geringen Grad des Ueberganges von feuergelb in feuerroth; er bedeutet also, genau zu sprechen, feuerröthlich. Den übrigen Fixsternen scheint er im allgemeinen (Almag. VIII, 3 ed. Halma T. II. p. 94) das Prädicat ξανθός, feuergelb, zu geben. Kιῤῥὸς ist nach Galenus (Meth. med. 12) ein blasses Feuerroth, das in Gelb spielt. Gellius vergleicht das Wort mit melinus, was nach Servius so viel bedeutet als gilvus und fulvus. Da Sirius von Seneca (Nat. Quaest. I, 1) röther als Mars genannt wird, und derselbe zu den Sternen gehört, welche im Almagest ὑπόκιῤῥοι genannt werden, so bleibt kein Zweifel, daß das Wort das Vorherrschen oder wenigstens einen gewissen Antheil rother Strahlen andeutet. Die Behauptung, daß das Beiwort ποικίλος, welches Aratus v. 327 dem Sirius beilegt, von Cicero durch rutilus übersetzt worden sei, ist irrig. Cicero sagt allerdings v. 348:
Namque pedes subter rutilo cum lumine claret
Fervidus ille Canis stellarum luce refulgens;
allein rutilo cum lumine ist nicht Uebersetzung des ποικίλος,205 sondern ein Zusatz des freien Uebersetzers. “ (Aus Briefen des Herrn Professor Franz an mich.) » Si en substituant rutilus «, sagt Arago (Annuaire 1842 p. 351), » au terme grec d'Aratus, l'orateur romain renonce à dessein à la fidélité, il faut supposer que lui-même avait reconnu les propriétés rutilantes de la lumière de Sirius. «
Diesen Betrachtungen aus der ägyptischen Urzeit lasse ich die hellenischen, Zend - und Sanskrit-Etymologien folgen: „ Σείρ, die Sonne “, sagt Professor Franz, „ ist ein altes Stammwort, nur mundartlich verscheiden von θερ, θέρος, die Hitze, der Sommer: wobei die Veränderung des Vocallautes wie in θεῖρος und τέρος oder τέρας hervortritt. Zum Beweis der Richtigkeit der angegebenen Verhältnisse der Stammwörter σεὶρ und θερ, θέρος dient nicht nur die Anwendung von θερείτατος bei Aratus v. 149 (Ideler, Sternnamen S. 241), sondern auch der spätere Gebrauch der aus σεὶρ abgeleiteten Formen σειρὸς, σείριος, σειρινός, heiß, brennend. Es ist nämlich bezeichnend, daß σειρὰ oder σειρινὰ ἰμάτια eben so gesagt wird wie θειρινὰ ἰμάτια, leichte Sommerkleider. Ausgebreiteter aber sollte die Anwendung der Form σείριος werden; sie bildete das Beiwort aller Gestirne, welche Einfluß auf die Sommerhitze haben: daher nach der Ueberlieferung des Dichters Archilochus die Sonne σείριος ἀστὴρ hieß und Ibycus die Gestirne überhaupt σείρια, die leuchtenden, nennt. Daß in den Worten des Archilochus: πολλοὺς μὲν αὐτοῦ σείριος καταυανεῖ ὀξὺς ἐλλάμπων die Sonne wirklich gemeint ist, läßt sich nicht bezweifeln. Nach Hesychius und Suidas bedeutet allerdings Σείριος Sonne und Hundsstern zugleich; aber daß die Stelle des Hesiodus (Opera et Dies v. 417), wie Tzetzes und Proclus wollen, sich auf die Sonne und nicht auf den Hundsstern beziehe, ist mir eben so gewiß als dem neuen Herausgeber des Theon aus Smyrna, Herrn Martin. Von dem Adjectivum σείριος, welches sich als epitheton perpetuum des Hundssternes selbst festgesetzt hat, kommt das Verbum σειριᾷν, das durch funkeln übersetzt werden kann. Aratus v. 331 sagt vom Sirius: ὀξέα σειριάνει, er funkelt scharf. Eine ganz andere Elymologie hat das allein stehende Wort Σειρήν, die Sirene; und Ihre Vermuthung, daß es wohl
208nur eine zufällige Klangähnlichkeit mit dem Leuchtstern Sirius habe, ist vollkommen begründet. Ganz irrig ist die Meinung derer, welche nach Theon Smyrnäus (Liber de Astronomia 1850 p. 202) Σειρὴν von σειριάζειν (einer übrigens auch unbeglaubigten Form für σειριᾶν) ableiten. Während daß in σείριος die Bewegung der Hitze und des Leuchtens zum Ausdruck kommt, liegt dem Worte Σειρὴν eine Wurzel zum Grunde, welche den fließenden Ton des Naturphänomens darstellt. Es ist mir nämlich wahrscheinlich, daß Σειρὴν mit εἔρειν (Plato, Cratyl. 398 D τὸ γὰρ εἴρειν λέγειν ἐστί) zusammenhängt, dessen ursprünglich scharfer Hauch in den Zischlaut überging. “ (Aus Briefen des Prof. Franz an mich, Januar 1850.)Das griechische Σείρ, die Sonne, läßt sich nach Bopp „ leicht mit dem Sanskritworte svar vermitteln, das freilich nicht die Sonne, sondern den Himmel (als etwas glänzendes) bedeutet. Die gewöhnliche Sanskrit-Benennung der Sonne ist sûrya, eine Zusammenziehung von svârya, das nicht vorkommt. Die Wurzel svar bedeutet im allgemeinen glänzen, leuchten. Die zendische Benennung der Sonne ist hvare, mit h für s. Das griechische θερ, θερός und θερμὸς kommt von dem Sanskritworte gharma (Nom. gharmas), Wärme, Hitze, her. “
Der scharfsinnige Herausgeber des Rigveda, Max Müller, bemerkt, daß „ der indische astronomische Name des Hundssternes vorzugsweise Lubdhaka ist, welches Jäger bedeutet: eine Bezeichnung, die, wenn man an den nahen Orion denkt, auf eine uralte gemeinschaftliche arische Anschauung dieser Sterngruppe hinzuweisen scheint. “ Er ist übrigens am meisten geneigt „ Σεἔριος von dem vedischen Worte sira (davon ein Adjectivum sairya) und der Wurzel sri, gehen, wandeln, abzuleiten: so daß die Sonne und der hellste der Sterne, Sirius, ursprünglich Wandelstern hießen. “ (Vergl. auch Pott, Etymologische Forschungen 1833 S. 130.)
(S. 184.) » No region of the heavens is fuller of objects, beautiful and remarkable in themselves, and rendered still more so by their mode of association and by the peculiar features assumed by the Milky Way, which are without a parallel in any other part of its course. « (Capreise p. 386.) Dieser so lebendige Ausspruch von Sir John Herschel stimmt ganz mit den Eindrücken überein, die ich selbst empfangen. Cap. Jacob (Bombay Engineers) sagt von der Licht-Intensität der Milchstraße in der Nähe des südlichen Kreuzes mit treffender Wahrheit: such is the general blaze of star-light near the Cross from that part of the sky, that a person is immediately made aware of its having risen213 above the horizon, though he should not be at the time looking at the heavens, by the increase of general illumination of the atmosphere, resembling the effect of the young moon. S. Piazzi Smyth on the Orbit of
α Cent. in den Transact. of the Royal Soc. of Edinburgh Vol. XVI. p. 445.
Neue Sterne. — Das Erscheinen vorher nicht gesehener Sterne an der Himmelsdecke, besonders wenn es ein plötzliches Erscheinen von stark funkelnden Sternen erster Größe ist, hat von je her als eine Begebenheit in den Welträumen Erstaunen erregt. Es ist dies Erstaunen um so größer, als eine solche Naturbegebenheit, ein auf einmal Sichtbar-Werden dessen, was vorher sich unserem Blicke entzog, aber deshalb doch als vorhanden gedacht wird, zu den allerseltensten Erscheinungen gehört. In den drei Jahrhunderten von 1500 bis 1800 sind 42 den Bewohnern der nördlichen Hemisphäre mit unbewaffnetem Auge sichtbare Cometen erschienen, also im Durchschnitt in hundert Jahren vierzehn, während für dieselben drei Jahrhunderte nur 8 neue Sterne beobachtet wurden. Die Seltenheit der letzteren wird noch auffallender, wenn man größere Perioden umfaßt. Von der in der Geschichte der Astronomie wichtigen Epoche der Vollendung der Alphonsinischen Tafeln an bis zum Zeitalter von William Herschel, von 1252 bis 1800, zählt man der sichtbaren Cometen ohngefähr 63, der neuen Sterne wieder nur 9;216 also für die Zeit, in welcher man in europäischen Culturländern auf eine ziemlich genaue Aufzählung rechnen kann, ergiebt sich das Verhältniß der neuen Sterne zu den ebenfalls mit bloßen Augen sichtbaren Cometen wie 1 zu 7. Wir werden bald zeigen, daß, wenn man die nach den Verzeichnissen des Ma-tuan-lin in China beobachteten neu erschienenen Sterne sorgfältig von den sich schweiflos bewegenden Cometen trennt und bis anderthalb Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung hinaufsteigt, in fast 2000 Jahren in allem kaum 20 bis 22 solcher Erscheinungen mit einiger Sicherheit aufgeführt werden können.
Ehe wir zu allgemeinen Betrachtungen übergehen, scheint es mir am geeignetsten, durch die Erzählung eines Augenzeugen, und bei einem einzelnen Beispiele verweilend, die Lebendigkeit des Eindrucks zu schildern, welchen der Anblick eines neuen Sternes hervorbringt. Als ich, sagt Tycho Brahe, von meinen Reisen in Deutschland nach den dänischen Inseln zurückkehrte, verweilte ich (ut aulicae vitae fastidium lenirem) in dem anmuthig gelegenen ehemaligen Kloster Herritzwadt bei meinem Onkel Stend Bille, und hatte die Gewohnheit erst am Abend mein chemisches Laboratorium zu verlassen. Da ich nun im Freien nach gewohnter Weise den Blick auf das mir wohlbekannte Himmelsgewölbe richtete, sah ich mit nicht zu beschreibendem Erstaunen nahe am Zenith in der Cassiopea einen strahlenden Fixstern von nie gesehener Größe. In der Aufregung glaubte ich meinen Sinnen nicht trauen zu können. Um mich zu überzeugen, daß es keine Täuschung sei, und um das Zeugniß Anderer einzusammeln, holte ich meine Arbeiter aus dem Laboratorium und befragte alle vorbeifahrenden217 Landleute, ob sie den plötzlich auflodernden Stern eben so sähen als ich. Später habe ich erfahren, daß in Deutschland Fuhrleute und „ anderes gemeines Volk “die Astronomen erst auf die große Erscheinung am Himmel aufmerksam machten, „ was dann (wie bei den nicht vorher angekündigten Cometen) die gewohnten Schmähungen auf gelehrte Männer erneuerte “.
„ Den neuen Stern “, fährt Tycho fort, „ fand ich ohne Schweif, von keinem Nebel umgeben, allen anderen Fixsternen völlig gleich, nur noch stärker funkelnd als Sterne erster Größe. Sein Lichtglanz übertraf den des Sirius, der Leier und des Jupiter. Man konnte ihn nur der Helligkeit der Venus gleich setzen, wenn sie der Erde am nächsten steht (wo dann nur ihr vierter Theil erleuchtet ist). Menschen, die mit scharfen Augen begabt sind, erkannten bei heiterer Luft den neuen Stern bei Tage selbst in der Mittagsstunde. Zur Nachtzeit, bei bedecktem Himmel, wenn alle anderen Sterne verschleiert waren, wurde er mehrmals durch Wolken von mäßiger Dicke (nubes non admodum densas) gesehen. Abstände von anderen nahen Sternen der Cassiopea, die ich im ganzen folgenden Jahre mit vieler Sorgfalt maß, überzeugten mich von seiner völligen Unbeweglichkeit. Bereits im December 1572 fing die Lichtstärke an abzunehmen, der Stern wurde dem Jupiter gleich; im Januar 1573 war er minder hell als Jupiter. Fortgesetzte photometrische Schätzungen gaben: für Februar und März Gleichheit mit Sternen erster Ordnung (stellarum affixarum primi honoris; denn Tycho scheint den Ausdruck des Manilius, stellae fixae, nie gebrauchen zu wollen); für April und Mai Lichtglanz von Sternen 2ter, für218 Julius und August 3ter, für October und November 4ter Größe. Gegen den Monat November war der neue Stern nicht heller als der 11te im unteren Theil der Stuhllehne der Cassiopea. Der Uebergang zur 5ten und 6ten Größe fand vom December 1573 bis Februar 1574 statt. Im folgenden Monat verschwand der neue Stern, nachdem er 17 Monate lang geleuchtet, spurlos für das bloße Auge. “ (Das Fernrohr wurde erst 37 Jahre später erfunden.)
Der allmälige Verlust der Leuchtkraft des Sternes war dazu überaus regelmäßig, ohne (wie bei η Argûs, einem freilich nicht neu zu nennenden Sterne, in unseren Tagen der Fall ist) durch mehrmalige Perioden des Wiederaufloderns, durch eine Wiedervermehrung der Lichtstärke, unterbrochen zu werden. Wie die Helligkeit, so veränderte sich auch die Farbe, was später zu vielen irrigen Schlüssen über die Geschwindigkeit farbiger Strahlen auf ihrem Wege durch die Welträume Anlaß gegeben hat. Bei seinem ersten Erscheinen, so lange er den Lichtglanz der Venus und des Jupiter hatte, war er 2 Monate lang weiß; dann ging er durch die gelbe Farbe in die rothe über. Im Frühjahr 1573 vergleicht ihn Tycho mit Mars, dann findet er ihn fast mit der rechten Schulter des Orion (mit Beteigeuze) vergleichbar. Am meisten glich seine Farbe der rothen Färbung des Aldebaran. Im Frühjahr 1573, besonders im Mai, kehrte die weißliche Farbe zurück (albedinem quandam sublividam induebat, qualis Saturni stellae subesse videtur). So blieb er im Januar 1574 fünfter Größe und weiß, doch mit einer mehr getrübten Weiße und im Verhältniß zur Lichtschwäche auffallend stark funkelnd, bis zum allmäligen völligen Verschwinden im Monat März 1574.
219Die Umständlichkeit dieser Angaben1 beweist schon den Einfluß, welchen das Naturphänomen in einer für die Astronomie so glänzenden Epoche auf Anregung der wichtigsten Fragen ausüben mußte. Da (trotz der oben geschilderten allgemeinen Seltenheit der neuen Sterne) Erscheinungen derselben Art sich, zufällig in den kurzen Zeitraum von 32 Jahren zusammengedrängt, für europäische Astronomen dreimal wiederholten, so wurde die Anregung um so lebhafter. Man erkannte mehr und mehr die Wichtigkeit der Sterncataloge, um der Neuheit des auflodernden Gestirns gewiß zu sein; man discutirte die Periodicität2 (das Wiedererscheinen nach vielen Jahrhunderten): ja Tycho stellte kühn eine Theorie über die Bildungs - und Gestaltungsprocesse der Sterne aus kosmischem Nebel auf, welche viel Analogie mit der des großen William Herschel hat. Er glaubt, daß der dunstförmige, in seiner Verdichtung leuchtende Himmelsstoff sich zu Fixsternen balle: Caeli materiam tenuissimam, ubique nostro visui et Planetarum circuitibus perviam, in unum globum condensatam, stellam effingere. Dieser überall verbreitete Himmelsstoff habe schon eine gewisse Verdichtung in der Milchstraße, die in einem milden Silberlichte aufdämmere. Deshalb stehe der neue Stern, wie die, welche in den Jahren 945 und 1264 aufloderten, am Rande der Milchstraße selbst (quo factum est quod nova stella in ipso Galaxiae margine constiterit); man glaube sogar noch die Stelle (die Oeffnung, hiatus) zu erkennen, wo der neblige Himmelsstoff der Milchstraße entzogen worden sei. 3Alles dies erinnert an den Uebergang des kosmischen Nebels in Sternschwärme, an die haufenbildende Kraft, an die Concentration zu einem Centralkern, an die220 Hypothesen über die stufenweise Entwickelung des Starren aus dem dunstförmig Flüssigen, welche im Anfange des 19ten Jahrhunderts zur Geltung kamen, jetzt aber, nach ewig wechselnden Schwankungen in der Gedankenwelt, vielfach neuem Zweifel unterworfen werden.
Zu den neu erschienenen kurzzeitigen Sternen (temporary stars) kann man mit ungleicher Gewißheit folgende rechnen, die ich nach den Epochen des ersten Aufloderns geordnet habe:
a) Erste Erscheinung, Julius 134 vor dem Anfang unserer Zeitrechnung, aus chinesischen Verzeichnissen des Ma-tuan-lin, deren Bearbeitung wir dem sprachgelehrten Eduard Biot verdanken (Connaissance des temps pour l'an 1846 p. 61); zwischen β und ρ des Scorpions. Unter den außerordentlichen, fremdartig aussehenden Gestirnen dieser Verzeichnisse, welche auch Gast-Sterne (étoiles hôtes, ke-sing, gleichsam Fremdlinge von sonderbarer Physiognomie) genannt und von den mit Schweifen versehenen Cometen durch die Beobachter selbst gesondert worden sind, finden sich allerdings unbewegliche neue Sterne mit einigen ungeschwänzten fortschreitenden Cometen vermischt; aber in der Angabe der Bewegung (Ke-sing von 1092, 1181 und 1458) und in der Nicht-Angabe der Bewegung, wie in den gelegentlichen Zusatz: „ der Ke-sing löste sich auf “(und verschwand), liegt ein wichtiges, wenn gleich nicht untrügliches Criterium. Auch ist wohl hier an das so schwache, nie funkelnde, mildstrahlende Licht des Kopfs aller geschweiften und ungeschweiften Cometen zu erinnern, während die Licht-Intensität der chinesischen sogenannten außerordentlichen (fremdartigen) Sterne mit der der Venus verglichen wird: was auf die Cometennatur überhaupt und insbesondre auf die der ungeschweiften Cometen gar nicht paßt. Der unter der alten Dynastie Han (134 vor Chr.) erschienene Stern könnte, wie Sir John Herschel bemerkt, der neue Stern des Hipparch sein, welcher nach der Aussage des Plinius ihn zu seinem Sternverzeichniß veranlaßt haben soll. Delambre nennt die Angabe zweimal eine Fabel, » une historiette « (Hist. de l'Astr. anc. T. I. p. 290 und Hist. de l'Astr. mod. T. I. p. 186). Da nach des Ptolemäus ausdrücklicher Aussage (Almag. VII, 2 p. 13 Halma) Hipparchs Verzeichniß an das Jahr 128 vor unserer Zeitrechnung geknüpft ist und Hipparch (wie ich schon an einem anderen Orte gesagt) in Rhodos und vielleicht auch in Alexandrien zwischen den J. 162 und 127 vor Chr. beobachtete, so steht der Conjectur nichts entgegen; es ist sehr denkbar, daß der große Astronom von Nicäa viel früher beobachtete, ehe er auf den Vorsatz geleitet wurde einen wirklichen Catalog anzufertigen. Des Plinius Ausdruck » suo aevo genita « bezieht sich auf die ganze Lebenszeit. Als der Tychonische Stern222 1572 erschien, wurde viel über die Frage gestritten, ob Hipparchs Stern zu den neuen Sternen oder zu den Cometen ohne Schweif gerechnet werden sollte. Tycho war der ersten Meinung (Progymn. p. 319 – 325). Die Worte » ejusque motu ad dubitationem adductus « könnten allerdings auf einen schwach - oder ungeschweiften Cometen leiten, aber die rhetorische Sprache des Plinius erlaubt jegliche Unbestimmtheit des Ausdrucks.
b) Eine chinesische Angabe: im December 123 nach dem Anfang unserer Zeitrechnung, zwischen α Herc. und α Ophiuchi; Ed. Biot aus Ma-tuan-lin. (Auch unter Hadrian um das Jahr 130 soll ein neuer Stern erschienen sein.)
c) Ein sonderbarer, sehr großer Stern, wieder aus dem Matuan-lin, wie die nächstfolgenden drei. Es erschien derselbe am 10 Dec. 173 zwischen α und β des Centaur, und verschwand nach acht Monaten, als er nach einander die fünf Farben gezeigt. Eduard Biot sagt in seiner Uebersetzung successivement. Ein solcher Ausdruck würde fast auf eine Reihe von Färbungen wie im oben beschriebenen Tychonischen neuen Sterne leiten; aber Sir John Herschel hält ihn richtiger für die Bezeichnung eines farbigen Funkelns (Outlines p. 563): wie Arago einen fast ähnlichen Ausdruck Kepler's, für den neuen Stern (1604) im Schlangenträger gebraucht, auf gleiche Weise deutet (Annuaire pour 1842 p. 347).
d) Dauer des Leuchtens vom März bis August im Jahr 369.
e) Zwischen λ und φ des Schützen. Im chinesischen Verzeichniß ist diesesmal noch ausdrücklich bemerkt, „ wo der Stern verblieb (d. h. ohne Bewegung) von April bis Julius 386 “.
f) Ein neuer Stern nahe bei α des Adlers, auflodernd mit der Helligkeit der Venus zur Zeit des Kaisers Honorius, im Jahr 389: wie Cuspinianus, der ihn selbst gesehen, erzählt. Er verschwand spurlos drei Wochen später. 4
g) März 393, wieder im Scorpion und zwar im Schwanze dieses Gestirns; aus Ma-tuan-lin's Verzeichniß.
h) Das Jahr 827 ist zweifelhaft; sicherer ist die Epoche der ersten Hälfte des 9ten Jahrhunderts, in welcher unter der Regierung des Chalifen Al-Mamun die beiden berühmten arabischen Astronomen Haly und Giafar Ben-Mohammed Albumazar zu Babylon einen neuen Stern beobachteten, „ dessen Licht dem des Mondes in seinen Vierteln geglichen “haben soll! Diese Natur -223 begebenheit fand wieder statt im Scorpion. Der Stern verschwand schon nach einem Zeitraum von vier Monaten.
i) Die Erscheinung dieses Sternes, welcher unter dem Kaiser Otto dem Großen im Jahr 945 aufgestrahlt sein soll, wie die des Sternes von 1264, beruhen auf dem alleinigen Zeugniß des böhmischen Astronomen Cyprianus Leovitius, der seine Nachrichten aus einer handschriftlichen Chronik geschöpft zu haben versichert und der darauf aufmerksam macht, daß beide Erscheinungen (in den J. 945 und 1264) zwischen den Constellationen des Cepheus und der Cassiopea, der Milchstraße ganz nahe, eben da statt gefunden haben, wo 1572 der Tychonische Stern erschien. Tycho (Progymn. p. 331 und 709) vertheidigt die Glaubwürdigkeit des Cyprianus Leovitius gegen Pontanus und Camerarius, welche eine Verwechselung mit langgeschweiften Cometen vermutheten.
k) Nach dem Zeugniß des Mönchs von St. Gallen Hepidannus (der im J. 1088 starb und dessen Annalen vom Jahre 709 bis 1044 nach Chr. gehen) wurde 1012 am südlichsten Himmel im Zeichen des Widders vom Ende des Monats Mai an drei Monate lang ein neuer Stern von ungewöhnlicher Größe und einem Glanze, der die Augen blendete (oculos verberans), gesehen. Er schien auf wunderbare Weise bald größer, bald kleiner; zuweilen sah man ihn auch gar nicht. » Nova stella apparuit insolitae magnitudinis, aspectu fulgurans, et oculos verberans non sine terrore. Quae mirum in modum aliquando contractior, aliquando diffusior, etiam extinguebatur interdum. Visa est autem per tres menses in intimis finibus Austri, ultra omnia signa quae videntur in coelo. « (S. Hepidanni Annales breves in Duchesne, Historiae Francorum Scriptores T. III. 1641 p. 477; vergl. auch Schnurrer, Chronik der Seuchen Th. I. S. 201.) Der, von Duchesne und Goldast benutzten Handschrift, welche die Erscheinung unter das Jahr 1012 stellt, hat jedoch die neuere historische Kritik eine andere Handschrift vorgezogen, welche viele Abweichungen in den Jahrzahlen gegen jene, namentlich um 6 Jahre rückwärts, zeigt. Sie setzt die Erscheinung des Sternes in das J. 1006 (s. Annales Sangallenses majores in Pertz, Monumenta Germaniae historica, Scriptorum T. I. 1826 p. 81). Auch die Autorschaft des Hepidannus ist durch die neuen Forschungen zweifelhaft geworden. Jenes224 sonderbare Phänomen der Veränderlichkeit nennt Chladni den Brand und die Zerstörung eines Fixsternes. Hind (Notices of the Astron. Soc. Vol. VIII. 1848 p. 156) vermuthet, daß der Stern des Hepidannus identisch sei mit einem neuen Stern, welchen Ma-tuan-lin als in China im Februar 1011 im Schützen zwischen σ und φ gesehen verzeichnet. Aber dann müßte sich Matuan-lin nicht bloß in dem Jahr, sondern auch in der Angabe der Constellation geirrt haben, in welcher der Stern erschien.
l) Ende Julius 1203 im Schwanz des Scorpions. Nach dem chinesischen Verzeichniß „ ein neuer Stern von weiß-bläulicher Farbe ohne allen leuchtenden Nebel, dem Saturn ähnlich “. (Eduard Biot in der Connaissance des temps pour 1846 p. 68.)
m) Wieder eine chinesische Beobachtung aus Ma-tuan-lin, dessen astronomische Verzeichnisse, mit genauer Angabe der Position der Cometen und Fixsterne, bis 613 Jahre vor Chr., also bis zu den Zeiten des Thales und der Expedition des Coläus von Samos, hinaufsteigen. Der neue Stern erschien Mitte Decembers 1230 zwischen Ophiuchus und der Schlange. Er löste sich auf Ende März 1231.
n) Es ist der Stern, dessen Erscheinung der böhmische Astronom Cyprianus Leovitius gedenkt (s. oben bei dem 9ten Sterne im Jahr 945). Zu derselben Zeit (Julius 1264) erschien ein großer Comet, dessen Schweif den halben Himmel einnahm und welcher eben deshalb nicht mit einem zwischen Cepheus und Cassiopea neu auflodernden Sterne hat verwechselt werden können.
o) Der Tychonische Stern vom 11 Nov. 1572 im Thronsessel der Cassiopea; RA. 3° 26′, Decl. 63° 3′ (für 1800).
p) Februar 1578, aus Ma-tuan-lin. Die Constellation ist nicht angegeben; aber die Intensität des Lichts und die Strahlung müssen außerordentlich gewesen sein, da das chinesische Verzeichniß den Beisatz darbietet: „ ein Stern groß wie die Sonne “!
q) Am 1 Jul. 1584, unweit π des Scorpions; eine chinesische Beobachtung.
r) Der Stern 34 Cygni nach Bayer. Wilhelm Janson, der ausgezeichnete Geograph, welcher eine Zeit lang mit Tycho beobachtet hatte, heftete zuerst seine Aufmerksamkeit auf den neuen Stern in der Brust des Schwans am Anfange des Halses, wie eine Inschrift seines Sternglobus bezeugt. Kepler, durch Reisen und Mangel von Instrumenten nach Tycho's Tode gehindert, fing225 erst zwei Jahre später an ihn zu beobachten, ja er erhielt erst damals (was um so mehr Verwunderung erregt, als der Stern 3ter Größe war) Nachricht von seiner Existenz. » Cum mense Majo anni 1602 «, sagt er, » primum litteris monerer de novo Cygni phaenomeno .... « (Kepler de Stella nova tertii honoris in Cygno 1606, angehängt dem Werke de Stella nova in Serpent., p. 152, 154, 164 und 167.) In Kepler's Abhandlung wird nirgends gesagt (wie man in neueren Schriften oft angeführt findet), daß der Stern im Schwan bei seinem ersten Erscheinen 1ter Größe gewesen sei. Kepler nennt ihn sogar parva Cygni stella und bezeichnet ihn überall als 3ter Ordnung. Er bestimmt seine Position in RA. 300° 46′, Decl. 36° 52′ (also für 1800: RA. 302° 36′, Decl. + 37° 27′). Der Stern nahm an Helligkeit besonders seit 1619 ab und verschwand 1621. Dominique Cassini (s. Jacques Cassini, Élémens d'Astr. p. 69) sah ihn wiederum zu 3ter Größe gelangen 1655 und dann verschwinden; Hevel beobachtete ihn wieder im November 1665: anfangs sehr klein, dann größer, doch ohne je die 3te Größe wieder zu erreichen. Zwischen 1677 und 1682 war er schon nur noch 6ter Größe, und als solcher blieb er am Himmel. Sir John Herschel führt ihn auf in der Liste der veränderlichen Sterne, nicht so Argelander.
s) Nächst dem Stern in der Cassiopea von 1572 ist der berühmteste geworden der neue Stern des Schlangenträgers von 1604 (RA. 259° 42′ und südl. Decl. 21° 15′ für 1800). An jeden derselben knüpft sich ein großer Name. Der Stern im rechten Fuß des Schlangenträgers wurde zuerst nicht von Kepler selbst, sondern von seinem Schüler, dem Böhmen Johann Brunowski, am 10 October 1604: „ größer als alle Sterne erster Ordnung, größer als Jupiter und Saturn, doch weniger groß als Venus “; gesehen. Herlicius will ihn schon am 27 September beobachtet haben. Seine Helligkeit stand der des Tychonischen Sternes von 1572 nach, auch wurde er nicht wie dieser bei Tage erkannt; seine Scintillation war aber um vieles stärker und erregte besonders das Erstaunen aller Beobachter. Da das Funkeln immer mit Farbenzerstreuung verbunden ist, so wird viel von seinem farbigen, stets wechselnden Lichte gesprochen. Arago (Annuaire pour 1834 p. 299 – 301 und Ann. pour 1842 p. 345 – 347) hat schon darauf aufmerksam gemacht, daß der Kepler'sche Stern keinesweges, wie226 der Tychonische, nach langen Zwischenräumen eine andere, gelbe, rothe und dann wieder weiße, Färbung annahm. Kepler sagt bestimmt, daß sein Stern, sobald er sich über die Erddünste erhob, weiß war. Wenn er von den Farben der Iris spricht, so ist es, um das farbige Funkeln deutlich zu machen: » exemplo adamantis multanguli, qui Solis radios inter convertendum ad spectantium oculos variabili fulgore revibraret, colores Iridis (stella nova in Ophiucho) successive vibratu continuo reciprocabat. « (De Nova Stella Serpent. p. 5 und 125.) Im Anfang des Januars 1605 war der Stern noch heller als Antares, aber von geringerer Lichtstärke als Arcturus. Ende März desselben Jahres wird er als 3ter Größe beschrieben. Die Nähe der Sonne hinderte alle Beobachtungen 4 Monate lang. Zwischen Februar und März 1606 verschwand er spurlos. Die ungenauen Beobachtungen über die „ großen Positions-Veränderungen des neuen Sterns “von Scipio Claramontius und dem Geographen Blaeu (Blaew) verdienen, wie schon Jacques Cassini (Élémens d'Astronomie p. 65) bemerkt, kaum einer Erwähnung, da sie durch Kepler's sichrere Arbeit widerlegt sind. Die chinesischen Verzeichnisse von Ma-tuan-lin führen eine Erscheinung an, die mit dem Auflodern des neuen Sterns im Schlangenträger der Zeit und der Position nach einige Aehnlichkeit zeigt. Am 30 Sept. 1604 sah man in China unfern π des Scorpions einen rothgelben („ kugelgroßen “?) Stern. Er leuchtete in Südwest bis November desselben Jahres, wo er unsichtbar wurde. Er erschien wieder den 14 Jan. 1605 in Südost, verdunkelte sich aber ein wenig im März 1606. (Connaissance des temps pour 1846 p. 59.) Die Oertlichkeit π des Scorpions kann leicht mit dem Fuß des Schlangenträgers verwechselt werden; aber die Ausdrücke Südwest und Südost, das Wiedererscheinen, und der Umstand, daß kein endliches völliges Verschwinden angekündigt wird, lassen Zweifel über die Identität.
t) Auch ein neuer Stern von ansehnlicher Größe, in Südwest gesehen, aus Ma-tuan-lin. Es fehlen alle nähere Bestimmungen.
u) Der vom Carthäuser Anthelme am 20 Junius des Jahres 1670 am Kopfe des Fuchses (RA. 294° 27′, Decl. 26° 47′) ziemlich nahe bei β des Schwans entdeckte neue Stern. Er war bei seinem ersten Aufstrahlen nicht 1ter, sondern nur 3ter Größe, und sank am 10 August schon bis zur 5ten Größe herab. Er verschwand227 nach 3 Monaten, zeigte sich aber wieder den 17 März 1671 und zwar in 4ter Größe. Dominique Cassini beobachtete ihn fleißig im April 1671 und fand seine Helligkeit sehr veränderlich. Der neue Stern sollte ohngefähr nach 10 Monaten zu demselben Glanze zurückkehren, aber man suchte ihn vergebens im Februar 1672. Er erschien erst den 29 März desselben Jahres, doch nur in 6ter Größe, und wurde seitdem nie wieder gesehen. (Jacques Cassini, Élémens d'Astr. p. 69 – 71.) Diese Erscheinungen trieben Dominique Cassini zum Aufsuchen vorher (von ihm!) nicht gesehener Sterne an. Er behauptet deren 14 aufgefunden zu haben, und zwar 4ter, 5ter und 6ter Größe (8 in der Cassiopea, 2 im Eridanus und 4 nahe dem Nordpole). Bei dem Mangel der Angaben einzelner Oertlichkeiten können sie, da sie ohnedies, wie die zwischen 1694 und 1709 von Maraldi aufgefundenen, mehr als zweifelhaft sind, hier nicht aufgeführt werden. (Jacques Cassini, Élém. d'Astron. p. 73 – 77; Delambre, Hist. de l'Astr. mod. T. II. p. 780.)
v) Seit dem Erscheinen des neuen Sternes im Fuchse vergingen 178 Jahre, ohne daß ein ähnliches Phänomen sich dargeboten hätte, obgleich in diesem langen Zeitraume der Himmel am sorgfältigsten durchmustert wurde, bei fleißigerem Gebrauch von Fernröhren und bei Vergleichung mit genaueren Sterncatalogen. Erst am 28 April 1848 machte Hind auf der Privat-Sternwarte von Bishop (South Villa, Regent's Park) die wichtige Entdeckung eines neuen, röthlich gelben Sternes 5ter Größe in dem Schlangenträger: RA. 16h 50′ 59″, südl. Decl. 12° 39′ 16″ für 1848. Bei keinem anderen neu erschienenen Stern ist die Neuheit der Erscheinung und die Unveränderlichkeit seiner Position mit mehr Genauigkeit erwiesen worden. Er ist jetzt (1850) kaum 11m, und nach Lichtenberger's fleißiger Beobachtung wahrscheinlich dem Verschwinden nahe. (Notices of the Astr. Soc. Vol. VIII. p. 146 und 155 – 158.)
Die vorliegende Zusammenstellung der seit 2000 Jahren neu erschienenen und wieder verschwundenen Sterne ist vielleicht etwas vollständiger als die, welche bisher gegeben worden sind. Sie berechtigt zu einigen allgemeinen Betrachtungen. Man unterscheidet dreierlei: neue Sterne, die plötzlich aufstrahlen und in mehr oder weniger langer228 Zeit verschwinden; Sterne, deren Helle einer periodischen, schon jetzt bestimmbaren Veränderlichkeit unterliegt; und Sterne, die, wie η Argûs, auf einmal einen ungewöhnlich wachsenden und unbestimmt wechselnden Lichtglanz zeigen. Alle drei Erscheinungen sind wahrscheinlich ihrer inneren Natur nach nahe mit einander verwandt. Der neue Stern im Schwan (1600), welcher nach dem völligen Verschwinden (freilich für das unbewaffnete Auge!) wieder erschien und ein Stern 6ter Größe verblieb, leitet uns auf die Verwandtschaft der beiden ersten Arten von Himmelserscheinungen. Den berühmten Tychonischen Stern in der Cassiopea (1572) glaubte man schon in der Zeit, als er noch leuchtete, für identisch mit den neuen Sternen von 945 und 1264 halten zu dürfen. Die dreihundertjährige Periode, welche Goodricke vermuthete (die partiellen Abstände der, numerisch vielleicht nicht sehr sicheren Erscheinungen sind 319 und 308 Jahre!), wurde von Keill und Pigott auf 150 Jahre reducirt. Arago5 hat gezeigt, wie unwahrscheinlich es sei, daß Tycho's Stern (1572) unter die Zahl der periodisch veränderlichen gehöre. Nichts scheint bisher zu berechtigen alle neu erschienenen Sterne für veränderlich, und zwar in langen, uns wegen ihrer Länge unbekannt gebliebenen Perioden, zu halten. Ist z. B. das Selbstleuchten aller Sonnen des Firmaments Folge eines electro-magnetischen Processes in ihren Photosphären; so kann man sich (ohne locale und temporäre Verdichtungen der Himmelsluft oder ein Dazwischentreten sogenannter kosmischer Gewölke anzunehmen) diesen Lichtproceß als mannigfaltig verschieden: einmalig oder periodisch, regelmäßig oder unregelmäßig wiederkehrend, denken. Die electrischen229 Lichtprocesse unseres Erdkörpers, als Gewitter im Luftkreise oder als Polar-Ausströmungen sich darstellend, zeigen neben vieler unregelmäßig scheinenden Veränderlichkeit doch oft ebenfalls eine gewisse von Jahreszeiten und Tagesstunden abhängige Periodicität. Dieselbe ist sogar oft mehrere Tage hinter einander, bei ganz heiterer Luft, in der Bildung kleines Gewölks an bestimmten Stellen des Himmels bemerkbar, wie die oft vereitelten Culminations-Beobachtungen von Sternen beweisen.
Eine besondere und zu beachtende Eigenthümlichkeit scheint mir der Umstand zu sein, daß fast alle mit einer ungeheuren Lichtstärke, als Sterne erster Größe und selbst stärker funkelnd wie diese, auflodern und daß man sie, wenigstens für das bloße Auge, nicht allmälig an Helligkeit zunehmen sieht. Kepler6 war auf dieses Criterium so aufmerksam, daß er das eitle Vorgeben des Antonius Laurentinus Politianus, den Stern im Schlangenträger (1604) früher als Brunowski gesehen zu haben, auch dadurch widerlegte, daß Laurentinus sagt: » apparuit nova Stella parva, et postea de die in diem crescendo apparuit lumine non multo inferior Venere, superior Jove. « Fast ausnahmsweise erkennt man nur 3 Sterne, die nicht in erster Größe aufstrahlten: nämlich die Sterne 3ter Ordnung im Schwan (1600) und im Fuchse (1670), und Hind's neuen Stern 5ter Ordnung im Schlangenträger (1848).
Es ist sehr zu bedauern, daß seit Erfindung des Fernrohrs, wie schon oben bemerkt, in dem langen Zeitraume von 178 Jahren, nur 2 neue Sterne gesehen wurden: während daß bisweilen die Erscheinungen sich so zusammen -230 drängten, daß am Ende des 4ten Jahrhunderts in 24 Jahren 4; im 13ten Jahrhundert in 61 Jahren 3; am Ende des 16ten und im Anfang des 17ten Jahrhunderts, in der Tycho-Kepler'schen Periode, in 37 Jahren 6 beobachtet wurden. Ich nehme in diesen Zahlenverhältnissen immer Rücksicht auf die chinesischen Beobachtungen außerordentlicher Sterne, deren größerer Theil nach dem Ausspruch der ausgezeichnetsten Astronomen Vertrauen verdient. Warum unter den in Europa gesehenen Sternen vielleicht der Kepler'sche im Schlangenträger (1604), nicht aber der Tychonische in der Cassiopea (1572) in Ma-tuan-lin's Verzeichnissen aufgeführt ist, weiß ich eben so wenig einzeln zu erklären, als warum im 16ten Jahrhundert z. B. über die große in China gesehene Lichterscheinung vom Februar 1578 von europäischen Beobachtern nichts berichtet wird. Der Unterschied der Länge (114°) könnte nur in wenigen Fällen die Unsichtbarkeit erklären. Wer je mit ähnlichen Untersuchungen beschäftigt gewesen ist, weiß, daß das Nicht-Anführen von politischen oder Natur-Begebenheiten, auf der Erde und am Himmel, nicht immer ein Beweis der Nicht-Existenz solcher Begebenheiten ist; und wenn man die drei verschiedenen chinesischen im Ma-tuan-lin enthaltenen Sternverzeichnisse mit einander vergleicht, so findet man auch Cometen (z. B. die von 1385 und 1495) in dem einen Verzeichniß aufgeführt, welche in dem anderen fehlen.
Schon ältere Astronomen, Tycho und Kepler, haben, wie neuere, Sir John Herschel und Hind, darauf aufmerksam gemacht, daß bei weitem die Mehrzahl aller in Europa und China beschriebenen neuen Sterne (ich finde 4 / 5)231 sich in der Nähe der Milchstraße oder in dieser selbst gezeigt haben. Ist, was den ringförmigen Sternschichten der Milchstraße ein so mildes Nebellicht giebt, wie mehr als wahrscheinlich ist, ein bloßes Aggregat telescopischer Sternchen; so fällt Tycho's oben erwähnte Hypothese von der Bildung neu auflodernder Fixsterne aus sich ballendem verdichteten dunstförmigen Himmelsstoff über den Haufen. Was in gedrängten Sternschichten und Sternschwärmen, falls sie um gewisse centrale Kerne rotiren, die Anziehungskräfte vermögen, ist hier nicht zu bestimmen und gehört in den mythischen Theil der Astrognosie. Unter 21 in der vorstehenden Liste aufgeführten neu erschienenen Sternen sind 5 (134, 393, 827, 1203, 1584) im Scorpion, 3 in der Cassiopea und dem Cepheus (945, 1264, 1572), 4 im Schlangenträger (123, 1230, 1604, 1848) aufgestrahlt; aber auch sehr fern von der Milchstraße ist einmal (1012) im Widder ein neuer Stern gesehen worden (der Stern des Mönchs von St. Gallen). Kepler selbst, der den von Fabricius 1596 am Halse des Wallfisches als auflodernd beschriebenen und im October desselben Jahres für ihn verschwundenen Stern für einen neuen hielt, giebt diese Position ebenfalls für einen Gegengrund an (Kepler de Stella nova Serp. p. 112). Darf man aus der Frequenz des Aufloderns in denselben Constellationen folgern, daß in gewissen Richtungen des Weltraums, z. B. in denen, in welchen wir die Sterne des Scorpions und der Cassiopea sehen, die Bedingungen des Aufstrahlens durch örtliche Verhältnisse besonders begünstigt werden? Liegen nach diesen Richtungen hin vorzugsweise solche Gestirne, welche zu explosiven, kurzzeitigen Lichtprocessen geeignet sind?
232Die Dauer des Leuchtens neuer Sterne ist die kürzeste gewesen in den Jahren 389, 827 und 1012. In dem ersten der genannten Jahre war sie 3 Wochen; in dem zweiten 4, in dem dritten 3 Monate. Dagegen hat des Tycho Stern in der Cassiopea 17 Monate lang geleuchtet, Kepler's Stern im Schwan (1600) volle 21 Jahre bis zu seinem Verschwinden. Er erschien wieder 1655: und zwar, wie beim ersten Auflodern, in 3ter Größe; um bis zu 6ter zu schwinden, ohne nach Argelander's Beobachtungen in die Classe periodisch veränderlicher Sterne zu treten.
Verschwundene Sterne. — Die Beachtung und Aufzählung der sogenannten verschwundenen Sterne ist von Wichtigkeit für das Aufsuchen der großen Zahl kleiner Planeten, die wahrscheinlicherweise zu unserem Sonnensystem gehören; aber trotz der Genauigkeit der neuen Positions-Verzeichnisse telescopischer Fixsterne und der neuen Sternkarten ist die Ueberzeugung der Gewißheit, daß ein Stern an dem Himmel wirklich seit einer bestimmten Epoche verschwunden ist, doch nur bei großer Sorgfalt zu erlangen. Beobachtungs -, Reductions - und Druckfehler7 entstellen oft die besten Cataloge. Das Verschwinden der Weltkörper an den Orten, wo man sie ehemals bestimmt gesehen, kann so gut die Folge eigener Bewegung als eine solche Schwächung des Lichtprocesses auf der Oberfläche oder in der Photosphäre sein, daß die Lichtwellen unser Sehorgan nicht mehr hinlänglich anregen. Was wir nicht mehr sehen, ist darum nicht untergegangen. Die Idee der Zerstörung, des Ausbrennens von unsichtbar werdenden Sternen gehört der Tychonischen Zeit an. Auch Plinius fragt in der schönen Stelle über Hipparch: » stellae an233 obirent nascerenturve «. Der ewige scheinbare Weltwechsel des Werdens und Vergehens ist nicht Vernichtung, sondern Uebergang der Stoffe in neue Formen; in Mischungen, die neue Processe bedingen. Dunkele Weltkörper können durch einen erneuerten Lichtproceß plötzlich wieder aufstrahlen.
Periodisch veränderliche Sterne. — Da an der Himmelsdecke sich alles bewegt, alles dem Raum und der Zeit nach veränderlich ist, so wird man durch Analogien zu der Vermuthung geleitet: daß, wie die Fixsterne insgesammt eine ihnen eigenthümliche, nicht etwa bloß scheinbare Bewegung haben, eben so allgemein die Oberfläche oder die leuchtende Atmosphäre derselben Veränderungen erleiden, welche bei der größeren Zahl dieser Weltkörper in überaus langen und daher ungemessenen, vielleicht unbestimmbaren, Perioden wiederkehren; bei wenigen, ohne periodisch zu sein, wie durch eine plötzliche Revolution, auf bald längere, bald kürzere Zeit eintreten. Die letztere Classe von Erscheinungen, von der in unseren Tagen ein großer Stern im Schiffe ein merkwürdiges Beispiel darbietet, wird hier, wo nur von veränderlichen Sternen in schon erforschten und gemessenen Perioden die Rede ist, nicht behandelt. Es ist wichtig drei große siderale Naturphänomene, deren Zusammenhang noch nicht erkannt worden ist, von einander zu trennen: nämlich veränderliche Sterne von bekannter Periodicität, Auflodern von sogenannten neuen Sternen, und plötzliche Lichtveränderungen von längst bekannten, vormals in gleichförmiger Intensität leuchtenden Fixsternen. Wir verweilen zuerst ausschließlich bei der ersten Form der Veränderlichkeit: wovon das am frühesten genau beobachtete Beispiel234 (1638) durch Mira Ceti, einen Stern am Halse des Wallfisches, dargeboten ward. Der ostfriesische Pfarrer David Fabricius, der Vater des Entdeckers der Sonnenflecken, hatte allerdings schon 1596 den Stern am 13 August als einen 3ter Größe beobachtet und im October desselben Jahres verschwinden sehen. Den alternirend wiederkehrenden Lichtwechsel, die periodische Veränderlichkeit entdeckte erst 42 Jahre später ein Professor von Franeker, Johann Phocylides Holwarda. Dieser Entdeckung folgte in demselben Jahrhundert noch die zweier andrer veränderlicher Sterne: β Persei (1669), von Montanari, und χ Cygni (1687), von Kirch beschrieben.
Unregelmäßigkeiten, welche man in den Perioden bemerkte, und die vermehrte Zahl der Sterne derselben Classe haben seit dem Anfang des 19ten Jahrhunderts das Interesse für diese so complicirte Gruppe von Erscheinungen auf das lebhafteste angeregt. Bei der Schwierigkeit des Gegenstandes und bei meinem Streben, in diesem Werke die numerischen Elemente der Veränderlichkeit, als die wichtigste Frucht aller Beobachtung, so darlegen zu können, wie sie in dem dermaligen Zustande der Wissenschaft erforscht sind: habe ich die freundliche Hülfe des Astronomen in Anspruch genommen, welcher sich unter unseren Zeitgenossen mit der angestrengtesten Thätigkeit und dem glänzendsten Erfolge dem Studium der periodisch veränderlichen Sterne gewidmet hat. Die Zweifel und Fragen, zu denen mich meine eigene Arbeit veranlaßte, habe ich meinem gütigen Freunde Argelander, Director der Sternwarte zu Bonn, vertrauensvoll vorgelegt; und seinen handschriftlichen Mittheilungen allein verdanke ich, was hier folgt und235 großentheils auf anderen Wegen noch nicht veröffentlicht worden ist.
Die Mehrzahl der veränderlichen Sterne ist allerdings roth oder röthlich, keinesweges aber sind es alle. So z. B. haben ein weißes Licht, außer β Persei (Algol am Medusenhaupte), auch β Lyrae und ε Aurigae. Etwas gelblich ist η Aquilae und in noch geringerem Grade ζ Geminorum. Die ältere Behauptung, daß einige veränderliche Sterne, besonders Mira Ceti, beim Abnehmen röther seien als beim Zunehmen der Helligkeit, scheint ungegründet. Ob in dem Doppelstern α Herculis, in welchem der große Stern von Sir William Herschel roth, von Struve gelb, der Begleiter dunkelblau genannt wird, dieser kleine Begleiter, zu 5m bis 7m geschätzt, selbst auch veränderlich ist; scheint sehr problematisch. Struve8 selbst sagt auch nur: suspicor minorem esse variabilem. Veränderlichkeit ist keinesweges an die rothe Farbe gebunden. Es giebt viele rothe Sterne, zum Theil sehr rothe, wie Arcturus und Aldebaran, an denen noch keine Veränderlichkeit bisher wahrgenommen worden ist. Dieselbe ist auch mehr als zweifelhaft in einem Stern des Cepheus (No. 7582 des Catalogs der britischen Association), welchen wegen seiner außerordentlichen Röthe William Herschel 1782 den Granatstern genannt hat.
Die Zahl der periodisch veränderlichen Sterne ist schon deshalb schwierig anzugeben, weil die bereits ermittelten Perioden von sehr ungleicher Unsicherheit sind. Die zwei veränderlichen Sterne des Pegasus, so wie α Hydrae, ε Aurigae, α Cassiopeae haben nicht die Sicherheit von Mira Ceti, Algol und δ Cephei. Bei der Aufzählung in einer236 Tabelle kommt es also darauf an, mit welchem Grade der Gewißheit man sich begnügen wolle. Argelander zählt, wie in seiner am Ende dieser Untersuchung abgedruckten Uebersichtstafel zu ersehen ist, der befriedigend bestimmten Perioden nur 24 auf. 9
Wie das Phänomen der Veränderlichkeit sich bei rothen und einigen weißen Sternen findet, so bieten es auch Sterne von den verschiedensten Größenordnungen dar: z. B. ein Stern 1m, α Orionis; 2m: Mira Ceti, α Hydrae, α Cassiopeae, β Pegasi; 2. 3m β Persei; 3. 4m η Aquilae und β Lyrae. Es giebt aber zugleich auch, und in weit größerer Menge, veränderliche Sterne 6m bis 9m: wie die variabiles Coronae, Virginis, Cancri und Aquarii. Der Stern χ im Schwan hat ebenfalls im Maximum sehr große Schwankungen.
Daß die Perioden der veränderlichen Sterne sehr unregelmäßig sind, war längst bekannt; aber daß diese Veränderlichkeit in ihrer scheinbaren Unregelmäßigkeit bestimmten Gesetzen unterworfen ist, hat Argelander zuerst ergründet. Er hofft es in einer eigenen, größeren Abhandlung umständlicher erweisen zu können. Bei χ Cygni hält er jetzt zwei Perturbationen in der Periode, die eine von 100, die andere von 8½ Einzel-Perioden, für wahrscheinlicher als eine von 108. Ob solche Störungen in Veränderungen des Lichtprocesses, der in der Atmosphäre des Sterns vorgeht, gegründet sind, oder in der Umlaufszeit eines um die Fixsternsonne χ Cygni kreisenden, auf die Gestalt jener Photosphäre durch Anziehung wirkenden Planeten: bleibt freilich noch ungewiß. Die größten Unregelmäßigkeiten in der Veränderung der Intensität bietet sicherlich variabilis Scuti237 (des Sobieski'schen Schildes) dar: da dieser Stern bisweilen von 5. 4m bis zu 9m herabsinkt, ja nach Pigott am Ende des vorigen Jahrhunderts einmal ganz verschwunden sein soll. Zu anderen Zeiten sind seine Schwankungen in der Helligkeit nur zwischen 6. 5m und 6m gewesen. Im Maximum hat χ Cygni zwischen 6. 7m und 4m, Mira zwischen 4m und 2. 1m geschwankt. Dagegen zeigt δ Cephei eine außerordentliche, ja von allen Veränderlichen die größte Regelmäßigkeit in der Länge der Perioden, wie 87 zwischen dem 10 October 1840 und 8 Januar 1848 und noch später beobachtete Minima erwiesen haben. Bei ε Aurigae geht die von einem unermüdlichen Beobachter, Herrn Heis in Aachen, aufgefundene Veränderung der Lichthelle10 nur von 3. 4m bis 4. 5m.
Große Unterschiede der Helligkeit im Maximum zeigt Mira Ceti. Im Jahr 1779 z. B. war (6 Nov.) Mira nur wenig schwächer als Aldebaran gewesen, gar nicht selten heller als Sterne 2m: während dieser veränderliche Stern zu anderen Zeiten nicht die Intensität (4m) von δ Ceti erreichte. Seine mittlere Helligkeit ist gleich der von γ Ceti (3m). Wenn man die Helligkeit der schwächsten dem unbewaffneten Auge sichtbaren Sterne mit 0, die des Aldebaran mit 50 bezeichnet, so hat Mira in ihrem Maximum zwischen 20 und 47 geschwankt. Ihre wahrscheinliche Helligkeit ist durch 30 auszudrücken; sie bleibt öfter unter dieser Grenze, als sie dieselbe übersteigt. Die Uebersteigungen sind aber, wenn sie eintreten, dem Grade nach bedeutender. Eine entschiedene Periode dieser Oscillationen ist noch nicht entdeckt, aber es giebt Andeutungen von einer 40jährigen und einer 160jährigen Periode.
238Die Dauer der Perioden der Lichtveränderung variirt nach Verschiedenheit der Sterne wie 1: 250. Die kürzeste Periode bietet unstreitig β Persei dar, von 68 Stunden 49 Minuten; wenn sich nicht die des Polaris von weniger als 2 Tagen bestätigen sollte. Auf β Persei folgen zunächst δ Cephei (5 T. 8 St. 49 Min.), η Aquilae (7 T. 4 St. 14 Min.) und ζ Geminorum (10 T. 3 St. 35 Min.). Die längste Dauer der Lichtveränderung haben: 30 Hydrae Hevelii von 495 Tagen, χ Cygni von 406 T., variabilis Aquarii von 388 T., Serpentis S von 367 Tagen und Mira Ceti von 332 T. Bei mehreren Veränderlichen ist es ganz entschieden, daß sie geschwinder zu - als abnehmen; am auffallendsten zeigt sich diese Erscheinung bei δ Cephei. Andere brauchen gleiche Zeit zum Zu - und Abnehmen (z. B. β Lyrae). Bisweilen erkennt man sogar in diesem Verhältniß eine Verschiedenheit bei denselben Sternen, aber in verschiedenen Epochen ihrer Lichtprocesse. Mira Ceti nimmt in der Regel (wie δ Cephei) rascher zu als ab; doch ist bei Mira auch schon das Entgegengesetzte beobachtet worden.
Was Perioden von Perioden betrifft; so zeigen sich solche mit Bestimmtheit bei Algol, bei Mira Ceti, bei β Lyrae und mit vieler Wahrscheinlichkeit bei χ Cygni. Die Abnahme der Periode von Algol ist jetzt unbezweifelt. Goodricke hat dieselbe nicht gefunden; wohl aber Argelander, als er im Jahr 1842 über 100 sichere Beobachtungen vergleichen konnte, von denen die äußersten über 58 Jahre (7600 Perioden umfassend) von einander entfernt waren (Schumacher's Astron. Nachr. No. 472 und 624). Die Abnahme der Dauer wird immer bemerkbarer. 11Für239 die Perioden des Maximums von Mira (das von Fabricius 1596 beobachtete Maximum der Helligkeit mit eingerechnet) hat Argelander eine Formel12 aufgestellt, aus welcher alle Maxima sich so ergeben, daß der wahrscheinliche Fehler, bei einer langen Periode der Veränderlichkeit von 331 T. 8 St., im Mittel nicht 7 Tage übersteigt, während bei Annahme einer gleichförmigen Periode er 15 Tage sein würde.
Das doppelte Maximum und Minimum von β Lyrae in jeder fast 13tägigen Periode hat schon der Entdecker Goodricke (1784) sehr richtig erkannt; es ist aber durch die neuesten Beobachtungen noch mehr außer Zweifel13 gesetzt worden. Merkwürdig ist es, daß der Stern in beiden Maximis dieselbe Helligkeit erlangt; aber in dem Haupt-Minimum wird er um eine halbe Größe schwächer als in dem anderen. Seit der Entdeckung der Veränderlichkeit von β Lyrae ist die Periode in der Periode wahrscheinlich immer länger geworden. Anfangs war die Veränderlichkeit rascher, dann wurde sie allmälig langsamer, und diese Zunahme der Langsamkeit fand ihre Grenze zwischen den Jahren 1840 und 1844. In dieser Zeit blieb die Dauer ohngefähr dieselbe, jetzt ist sie bestimmt wieder im Abnehmen begriffen. Etwas ähnliches wie das doppelte Maximum von β Lyrae zeigt sich bei δ Cephei; es ist in so fern eine Hinneigung zu einem zweiten Maximum, als die Lichtabnahme nicht gleichförmig fortschreitet, sondern, nachdem sie anfangs ziemlich rasch gewesen ist, nach einiger Zeit ein Stillstand oder wenigstens eine sehr unbedeutende Abnahme in der Helligkeit eintritt, bis die Abnahme auf einmal wieder rascher wird. Es ist als wenn bei einigen240 Sternen das Licht gehindert werde sich völlig zu einem zweiten Maximum zu erheben. In χ Cygni walten sehr wahrscheinlich zwei Perioden der Veränderlichkeit: eine größere von 100 und eine kleinere von 8½ Einzel-Perioden.
Die Frage, ob im ganzen mehr Regelmäßigkeit bei veränderlichen Sternen von sehr kurzen als von sehr langen Perioden herrsche, ist schwer zu beantworten. Die Abweichungen von einer gleichförmigen Periode können nur relativ genommen werden, d. h. in Theilen dieser Periode selbst. Um bei langen Perioden zu beginnen, müssen χ Cygni, Mira Ceti und 30 Hydrae zuerst betrachtet werden. Bei χ Cygni gehen die Abweichungen von der Periode (406,0634 T.), welche in der Voraussetzung einer gleichförmigen Veränderlichkeit am wahrscheinlichsten ist, bis auf 39,4 T. Wenn auch von diesen ein Theil den Beobachtungsfehlern zugeschrieben wird, so bleiben gewiß noch 29 bis 30 Tage, d. i. 1 / 14 der ganzen Periode. Bei Mira Ceti14, in einer Periode von 331,340 T., gehen die Abweichungen auf 55,5 T.; sie gehen so weit, selbst wenn man die Beobachtung von David Fabricius unberücksichtigt läßt. Beschränkt man die Schätzung wegen der Beobachtungsfehler auf 40 Tage; so erhält man ⅛, also im Vergleich mit χ Cygni eine fast doppelt große Abweichung. Bei 30 Hydrae, welche eine Periode von 495 Tagen hat, ist dieselbe gewiß noch größer, vielleicht 1 / 5. Die veränderlichen Sterne mit sehr kurzen Perioden sind erst seit wenigen Jahren (seit 1840 und noch später) anhaltend und mit gehöriger Genauigkeit beobachtet worden: so daß, auf sie angewandt, das hier behandelte Problem noch schwerer zu lösen ist. Es scheinen jedoch nach den bisherigen Erfahrungen weniger große241 Abweichungen sich darzubieten. Bei η Aquilae (Periode 7 T. 4 St.) sind sie nur auf 1 / 16 oder 1 / 17 der ganzen Periode, bei β Lyrae (Periode 12 T. 21 St.) auf 1 / 27 oder 1 / 30 gestiegen; aber diese Untersuchung ist bisher noch vielen Ungewißheiten unterworfen bei Vergleichung kurzer und langer Perioden. Von β Lyrae sind 1700 bis 1800 Perioden beobachtet, von Mira Ceti 279, von χ Cygni gar nur 145.
Die angeregte Frage: ob Sterne, die lange in regelmäßigen Perioden sich veränderlich gezeigt haben, aufhören es zu sein, scheint verneint werden zu müssen. So wie es unter den fortwährend veränderlichen Sternen solche giebt, welche zuweilen eine sehr starke, zuweilen eine sehr schwache Veränderlichkeit zeigen (z. B. variabilis Scuti); so scheint es auch andere zu geben, deren Veränderlichkeit zu gewissen Zeiten so gering ist, daß wir sie mit unseren beschränkten Mitteln nicht wahrzunehmen vermögen. Dahin gehört variabilis Coronae bor. (No. 5236 im Catalog der British Association), von Pigott als veränderlich erkannt und eine Zeit lang beobachtet. Im Winter 179 5 / 6 ward der Stern völlig unsichtbar; später erschien er wieder, und seine Lichtveränderungen wurden von Koch beobachtet. Harding und Westphal fanden seine Helligkeit 1817 fast ganz constant, bis 1824 wieder Olbers seinen Lichtwechsel beobachten konnte. Die Constanz trat nun wieder ein und wurde vom August 1843 bis September 1845 von Argelander ergründet. Ende September fing eine neue Abnahme an. Im October war der Stern im Cometensucher nicht mehr sichtbar, erschien wieder im Februar 1846, und erreichte Anfangs Juni seine gewöhnliche 6te Größe. Er hat sie seitdem behalten, wenn man kleine und nicht sehr242 sichere Schwankungen abrechnet. Zu dieser räthselhaften Classe von Sternen gehört auch variabilis Aquarii, und vielleicht Janson's und Kepler's Stern im Schwan von 1600, dessen wir bereits unter den neu erschienenen Sternen gedacht haben. 243Tabelle über die veränderlichen Sterne von Fr. Argelander.
244Die 0 in der Columne für das Minimum bedeutet, daß der Stern zur Zeit desselben schwächer als 10ter Größe ist. Um die kleineren veränderlichen Sterne, die meistens weder Namen noch sonstige Bezeichnungen haben, einfach und bequem angeben zu können, habe ich mir erlaubt ihnen Buchstaben beizulegen: und zwar, da die griechischen und kleinen lateinischen zum großen Theile schon von Bayer gebraucht worden sind, die des großen Alphabets.
Außer den in der Tabelle aufgeführten giebt es fast noch eben so viele Sterne, die der Veränderlichkeit verdächtig sind, indem sie von verschiedenen Beobachtern mit verschiedenen Größen angeführt werden. Da diese Schätzungen aber nur gelegentliche und nicht mit großer Schärfe ausgeführt waren, auch verschiedene Astronomen verschiedene Grundsätze beim Schätzen der Größen haben; so scheint es sicherer solche Fälle nicht zu berücksichtigen, bis derselbe Beobachter zu verschiedenen Zeiten entschiedene Veränderlichkeit gefunden hat. Bei allen in der Tafel angegebenen ist dies der Fall; und ihr periodischer Lichtwechsel ist sicher, auch wo die Periode selbst noch nicht hat bestimmt werden können. Die angegebenen Perioden beruhen zum größten Theil auf eigenen Untersuchungen sämmtlicher bekannt gewordener älterer und meiner über 10 Jahre umfassenden noch ungedruckten Beobachtungen. Ausnahmen werden in den folgenden Notizen über die einzelnen Sterne angegeben werden.
In diesen gelten die Positionen für 1850 und sind in gerader Aufsteigung und Abweichung ausgedrückt. Der oft gebrauchte Ausdruck Stufe bedeutet einen Unterschied in der Helligkeit, welcher sich noch sicher mit bloßen Augen erkennen läßt, oder für die mit unbewaffnetem Auge unsichtbaren Sterne durch einen Fraunhofer'schen Cometensucher von 24 Zoll Brennweite. Für die helleren Sterne über 6ter Größe beträgt eine Stufe ungefähr den 10ten Theil des Unterschiedes, um welchen die auf einander folgenden Größenclassen von einander verschieden sind; für die kleineren Sterne sind die gebräuchlichen Größenclassen bedeutend enger.
1) ο Ceti, AR. 32° 57′, Decl. — 3° 40′; auch wegen seines wunderbaren Lichtwechsels, der an diesem Sterne zuerst wahrgenommen wurde, Mira genannt. Schon in der zweiten Hälfte des 17ten Jahrhunderts erkannte man die Periodicität dieses Sterns, und Boulliaud bestimmte die Dauer der Periode auf 333 Tage;245 indeß fand man auch zugleich, daß diese Dauer bald länger, bald kürzer sei, so wie daß der Stern in seinem größten Lichte bald heller bald schwächer erscheine. Dies hat nun die Folgezeit vollkommen bestätigt. Ob der Stern jemals ganz unsichtbar wird, ist noch nicht entschieden; man hat ihn zuweilen 11ter oder 12ter Größe zur Zeit des Minimums gesehn, zu anderen Zeiten mit 3 - und 4 - füßigen Fernröhren nicht sehen können. So viel ist gewiß, daß er eine lange Zeit schwächer als 10ter Größe ist. Es sind aber überhaupt über dies Stadium nur wenige Beobachtungen vorhanden; die meisten beginnen erst, wenn er als 6ter Größe dem bloßen Auge sich zu zeigen anfängt. Von diesem Zeitpunkte nimmt der Stern nun anfangs rasch, dann langsamer, zuletzt kaum merklich an Helligkeit zu; dann wieder, erst langsam, nachher rascher, ab. Im Mittel dauert die Zeit der Lichtzunahme von der 6ten Größe an 50, die der Lichtabnahme bis zur genannten Helligkeit 69 Tage: so daß der Stern also ungefähr 4 Monate mit bloßen Augen sichtbar ist. Allein dies ist nur die mittlere Dauer der Sichtbarkeit; zuweilen hat sie sich auf 5 Monate gesteigert, während sie zu anderen Zeiten nur 3 Monate gewesen ist. Eben so ist auch die Dauer der Lichtzu - und Abnahme großen Schwankungen unterworfen, und jene zuweilen langsamer als diese: wie im Jahre 1840, wo der Stern 62 Tage brauchte, um bis zur größten Helligkeit zu kommen, und in 49 Tagen von dieser bis zur Unsichtbarkeit mit bloßen Augen herabsank. Die kürzeste beobachtete Dauer des Wachsens fand im Jahre 1679 mit 30 Tagen statt; die längste, von 67 Tagen, ward im Jahre 1709 beobachtet. Die Lichtabnahme dauerte am längsten im Jahre 1839, nämlich 91 Tage; am kürzesten im Jahre 1660, nämlich nur 52 Tage. Zuweilen verändert der Stern zur Zeit seiner größten Helligkeit diese einen Monat lang kaum merklich, zu andern Zeiten läßt sich schon nach wenigen Tagen eine Veränderung deutlich wahrnehmen. Bei einigen Erscheinungen hat man, nachdem der Stern einige Wochen an Helligkeit abgenommen hatte, während mehrerer Tage einen Stillstand oder wenigstens eine kaum merkliche Lichtabnahme wahrgenommen; so im Jahre 1678 und 1847.
Die Helligkeit im Maximum ist, wie schon erwähnt, auch keinesweges immer dieselbe. Bezeichnet man die Helligkeit der schwächsten mit bloßen Augen sichtbaren Sterne mit 0, die des Aldebaran (α im Stier), eines Sterns 1ter Größe, mit 50: so hat246 die Helligkeit von Mira im Maximum zwischen 20 und 47 geschwankt, d. h. zwischen der Helligkeit der Sterne 4ter und 1ter bis 2ter Größe; die mittlere Helligkeit ist 28 oder die des Sterns γ Ceti. Aber fast noch unregelmäßiger hat sich die Dauer der Periode gezeigt; im Mittel beträgt dieselbe 331 Tage 20 Stunden, ihre Schwankungen aber steigen bis auf einen Monat: denn die kürzeste von Einem Maximum bis zum nächsten verflossene Zeit war nur 306 Tage, die längste dagegen 367 Tage. Und noch auffallender werden diese Unregelmäßigkeiten, wenn man die einzelnen Erscheinungen des größten Lichtes selbst mit denjenigen vergleicht, welche statt finden sollten, wenn man diese Maxima unter Annahme einer gleichförmigen Periode berechnet. Die Unterschiede zwischen Rechnung und Beobachtung steigen dann auf 50 Tage; und zwar zeigt es sich, daß diese Unterschiede mehrere Jahre hinter einander nahe von derselben Größe und nach derselben Seite hin sind. Dies deutet offenbar auf eine Störung in den Lichterscheinungen hin, welche eine sehr lange Periode hat. Die genauere Rechnung hat aber erwiesen, daß man mit Einer Störung nicht ausreicht, sondern mehrere annehmen muß, die freilich aus derselben Ursache herrühren können: und zwar eine, die nach 11; eine 2te, die nach 88; eine 3te, die nach 176; und eine 4te, die erst nach 264 Einzel-Perioden wiederkehrt. Danach entsteht die S. 260 Anm. 12 angeführte Sinus-Formel, mit welcher nun die einzelnen Maxima sehr nahe stimmen, obgleich immer noch Abweichungen vorhanden sind, die sich durch Beobachtungsfehler nicht erklären lassen.
2) β Persei, Algol; AR. 44° 36′, Decl. + 40° 22′. Obgleich Geminiano Montanari schon im Jahre 1667 die Veränderlichkeit dieses Sterns bemerkt und Maraldi sie gleichfalls beobachtet hatte, fand doch erst Goodricke im Jahre 1782 die Regelmäßigkeit derselben. Der Grund hiervon ist wohl darin zu suchen, daß der Stern nicht wie die meisten übrigen veränderlichen allmälig an Helligkeit ab - und zunimmt, sondern während 2 Tagen 13 Stunden in der gleichen 2. 3ten Größe glänzt, und nur 7 bis 8 Stunden lang sich in geringerer zeigt, wobei er bis zur 4ten Größe herabsinkt. Die Ab - und Zunahme der Helligkeit ist nicht ganz regelmäßig, sondern geht in der Nähe des Minimums rascher vor sich: woher sich auch der Zeitpunkt der geringsten Helligkeit auf 10 bis 15 Min. genau bestimmen läßt. Merkwürdig ist dabei, daß der Stern,247 nachdem er gegen eine Stunde an Licht zugenommen hat, etwa eben so lange fast in derselben Helligkeit bleibt, und dann erst wieder merklich wächst. Die Dauer der Periode wurde bisher für vollkommen gleichförmig gehalten; und Wurm konnte, indem er sie zu 2 Tagen 21 St. 48 Min. 58½ Sec. annahm, alle Beobachtungen gut darstellen. Eine genauere Berechnung, bei der ein fast doppelt so großer Zeitraum benutzt werden konnte, als der Wurm zu Gebote gestanden, hat aber gezeigt, daß die Periode allmälig kürzer wird. Sie war im Jahre 1784 2 T. 20 St. 48 Min. 59,4 Sec. und im Jahre 1842 nur 2 T. 20 St. 48 Min. 55,2 Sec. Aus den neuesten Beobachtungen wird es außerdem sehr wahrscheinlich, daß auch diese Abnahme der Periode jetzt schneller vor sich geht als früher, so daß also auch bei diesem Sterne mit der Zeit eine Sinus-Formel für die Störung der Periode sich ergeben wird. Diese gegenwärtige Verkürzung der Periode würde sich übrigens erklären lassen, wenn wir annehmen, daß Algol sich uns jedes Jahr etwa 500 Meilen mehr nähert, oder sich um so viel weniger von uns entfernt wie das vorhergehende: indem dann das Licht um so viel früher jedes Jahr zu uns gelangen muß, als die Abnahme der Periode fordert, nämlich ungefähr 12 Tausendtheile einer Secunde. Ist dies der wahre Grund, so muß natürlich mit der Zeit eine Sinus-Formel sich ergeben.
3) χ Cygni, AR. 296° 12′, Decl. + 32° 32′. Auch dieser Stern zeigt nahe dieselben Unregelmäßigkeiten wie Mira; die Abweichungen der beobachteten Maxima von den mit einer gleichförmigen Periode berechneten gehen bis auf 40 Tage, werden aber sehr verringert durch Einführung einer Störung von 8½ Einzel-Perioden und einer anderen von 100 solcher Perioden. Im Maximum erreicht der Stern im Mittel die Helligkeit von schwach 5ter Größe, oder eine hellere Stufe als der Stern 17 Cygni. Die Schwankungen sind aber auch hier sehr bedeutend, und sind von 13 Stufen unter der mittleren bis 10 Stufen über derselben beobachtet worden. Wenn der Stern jenes schwächste Maximum hatte, war er dem bloßen Auge ganz unsichtbar, wogegen er im Jahre 1847 volle 97 Tage ohne Fernglas gesehen werden konnte; seine mittlere Sichtbarkeit ist 52 Tage, wovon er im Mittel 20 Tage im Zunehmen und 32 im Abnehmen ist.
4) 30 Hydrae Hevelii, AR. 200° 23′, Decl. — 22° 30′. 248Von diesem Sterne, der wegen seiner Lage am Himmel nur kurze Zeit jedes Jahr zu sehen ist, läßt sich nur sagen, daß sowohl seine Periode als auch seine Helligkeit im Maximum sehr großen Unregelmäßigkeiten unterworfen sind.
5) Leonis R = 420 Mayeri; AR. 144° 52′, Decl. + 12° 7′. Dieser Stern ist häufig mit den nahe bei ihm stehenden Sternen 18 und 19 Leonis verwechselt und deshalb sehr wenig beobachtet worden; indeß doch hinlänglich, um zu zeigen, daß die Periode ziemlich unregelmäßig ist. Auch scheint die Helligkeit im Maximum um einige Stufen zu schwanken.
6) η Aquilae, auch η Antinoi genannt; AR. 296° 12′, Decl. + 0° 37′. Die Periode dieses Sterns ist ziemlich gleichförmig 7 T. 4 St. 13 Min. 53 Sec. ; aber doch zeigen die Beobachtungen, daß auch in ihr nach längeren Zeiträumen kleine Schwankungen vorkommen, die jedoch nur auf etwa 20 Secunden gehn. Der Lichtwechsel selbst geht so regelmäßig vor sich, daß bis jetzt noch keine Abweichungen sichtbar geworden sind, die nicht durch Beobachtungsfehler sich erklären ließen. Im Minimum ist der Stern eine Stufe schwächer als ι Aquilae; er nimmt dann erst langsam, darauf rascher, zuletzt wieder langsamer zu: und erreicht 2 T. 9 St. nach dem Minimum seine größte Helligkeit, in der er fast 3 Stufen heller wird als β, aber noch 2 Stufen schwächer bleibt als δ Aquilae. Vom Maximum sinkt die Helligkeit nicht so regelmäßig herab, indem sie, wenn der Stern die Helligkeit von β erreicht hat (1 T. 10 St. nach dem Maximum), sich langsamer verändert als vorher und nachher.
7) β Lyrae, AR. 281° 8′, Decl. + 33° 11′; ein merkwürdiger Stern dadurch, daß er zwei Maxima und zwei Minima hat. Wenn er im kleinsten Lichte, ⅓ Stufe schwächer als ζ Lyrae, gewesen ist; steigt er in 3 T. 5 St. bis zu seinem ersten Maximum, in welchem er ¾ Stufen schwächer bleibt als γ Lyrae. Darauf sinkt er in 3 T. 3 St. zu seinem zweiten Minimum herab, in welchem seine Helligkeit die von ζ um 5 Stufen übertrifft. Nach weiteren 3 T. 2 St. erreicht er im zweiten Maximum wieder die Helligkeit des ersten, und sinkt nun in 3 T. 12 St. wieder zur geringsten Helligkeit hinab, so daß er in 12 T. 21 St. 46 Min. 40 Sec. seinen ganzen Lichtwechsel durchläuft. Diese Dauer der Periode gilt aber nur für die Jahre 1840 bis 1844; früher ist sie kürzer gewesen: im Jahre 1784 um 2½ Stunde, 1817 und 1818 um mehr249 als eine Stunde; und jetzt zeigt sich deutlich wieder eine Verkürzung derselben. Es ist also nicht zweifelhaft, daß auch bei diesem Sterne die Störung der Periode sich durch eine Sinus-Formel wird ausdrücken lassen.
8) δ Cephei, AR. 335° 54′, Decl. + 57° 39′; zeigt von allen bekannten Sternen in jeder Hinsicht die größte Regelmäßigkeit. Die Periode von 5 T. 8 St. 47 Min. 39½ Sec. stellt alle Beobachtungen von 1784 bis jetzt innerhalb der Beobachtungsfehler dar; und durch solche können auch die kleinen Verschiedenheiten erklärt werden, welche sich in dem Gange des Lichtwechsels zeigen. Der Stern ist im Minimum ¾ Stufen heller als ε, im Maximum gleich dem Sterne ι desselben Sternbildes; er braucht 1 T. 15 St., um von jenem zu diesem zu steigen, dagegen mehr als das Doppelte dieser Zeit, nämlich 3 T. 18 St., um wieder zum Minimum zurückzukommen; von dieser letzteren Zeit verändert er sich aber 8 Stunden lang fast gar nicht und einen ganzen Tag lang nur ganz unbedeutend.
9) α Herculis, AR. 256° 57′, Decl. + 14° 34′; ein sehr rother Doppelstern, dessen Lichtwechsel in jeder Hinsicht sehr unregelmäßig ist. Oft verändert er sein Licht Monate lang fast gar nicht, zu anderen Zeiten ist er im Maximum um 5 Stufen heller als im Minimum; daher ist auch die Periode noch sehr unsicher. Der Entdecker hatte sie zu 63 Tagen angenommen; ich anfänglich zu 95, bis eine sorgfältige Berechnung meiner sämmtlichen Beobachtungen während 7 Jahren mir jetzt die im Texte angesetzte Periode gegeben hat. Heis glaubt die Beobachtungen durch eine Periode von 184,9 Tagen mit 2 Maximis und 2 Minimis darstellen zu können.
10) Coronae R, AR. 235° 36′, Decl. + 28° 37′. Der Stern ist nur zeitweise veränderlich; die angegebene Periode ist von Koch berechnet worden aus seinen eigenen Beobachtungen, die leider verloren gegangen sind.
11) Scuti R, AR. 279° 52′, Decl. — 5° 51′. Die Helligkeits-Schwankungen dieses Sterns bewegen sich zuweilen nur innerhalb weniger Stufen, während er zu anderen Zeiten von der 5ten bis zur 9ten Größe hinabsinkt. Er ist noch zu wenig beobachtet worden, um zu entscheiden, ob in diesen Abwechselungen eine bestimmte Regel herrscht. Eben so ist auch die Dauer der Periode bedeutenden Schwankungen unterworfen.
25012) Virginis R, AR. 187° 43′, Decl. + 7° 49′. Er hält seine Periode und Helligkeit im Maximum mit ziemlicher Regelmäßigkeit ein; doch kommen Abweichungen vor, die mir zu groß scheinen, um sie allein Beobachtungsfehlern zuschreiben zu können.
13) Aquarii R, AR. 354° 11′, Decl. — 16° 6′.
14) Serpentis R, AR. 235 57, Decl. + 15 36.
15) Serpentis S, AR. 228 40, Decl. + 14 52.
16) Cancri R, AR. 122 6, Decl. + 12 9.
Ueber diese vier Sterne, die nur höchst dürftig beobachtet sind, läßt sich wenig mehr sagen, als die Tabelle giebt.
17) α Cassiopeae, AR. 8° 0′, Decl. + 55° 43′. Der Stern ist sehr schwierig zu beobachten; der Unterschied zwischen Maximum und Minimum beträgt nur wenige Stufen, und ist außerdem eben so variabel als die Dauer der Periode. Aus diesem Umstande sind die sehr verschiedenen Angaben für dieselbe zu erklären. Die angegebene, welche die Beobachtungen von 1782 bis 1849 genügend darstellt, scheint mir die wahrscheinlichste zu sein.
18) α Orionis, AR. 86° 46′, Decl. + 7° 22′. Auch dieses Sterns Lichtwechsel beträgt vom Minimum zum Maximum nur 4 Stufen; er nimmt während 91½ Tagen zu an Helligkeit, während 104½ ab, und zwar vom 20ten bis 70ten Tage nach dem Maximum ganz unmerklich. Zeitweise ist seine Veränderlichkeit noch geringer und kaum zu bemerken. Er ist sehr roth.
19) α Hydrae, AR. 140° 3′, Decl. — 8° 1′; ist von allen veränderlichen am schwierigsten zu beobachten, und die Periode noch ganz unsicher. Sir John Herschel giebt sie zu 29 bis 30 Tagen an.
20) ε Aurigae, AR. 72° 48′, Decl. + 43° 36′. Der Lichtwechsel dieses Sterns ist entweder sehr unregelmäßig, oder es finden während einer Periode von mehreren Jahren mehrere Maxima und Minima statt, was erst nach Verlauf vieler Jahre wird entschieden werden können.
21) ζ Geminorum, AR. 103° 48′, Decl. + 20° 47′. Dieser Stern hat bis jetzt einen ganz regelmäßigen Verlauf des Lichtwechsels gezeigt. Im Minimum hält seine Helligkeit die Mitte zwischen ν und υ desselben Sternbildes, im Maximum erreicht sie die von λ nicht völlig; der Stern braucht 4 T. 21 St. zum Hellerwerden und 5 T. 6 St. zum Abnehmen.
22) β Pegasi, AR. 344° 7′, Decl. + 27° 16′. Die Periode ist251 schon ziemlich gut bestimmt, über den Gang des Lichtwechsels läßt sich aber noch nichts sagen.
23) Pegasi R, AR. 344° 47′, Decl. + 9° 43′.
24) Cancri S, AR. 128 50, Decl. + 19 34.
Ueber beide Sterne ist noch nichts zu sagen.
Bonn, im August 1850.
Fr. Argelander.
Veränderung des Sternlichtes in unerforschter Periodicität. — Bei der wissenschaftlichen Ergründung wichtiger Naturerscheinungen im Kosmos, sei es in der tellurischen oder in der siderischen Sphäre, gebietet die Vorsicht, nicht allzu früh mit einander zu verketten, was noch in seinen nächsten Ursachen in Dunkel gehüllt ist. Deshalb unterscheiden wir gern: neu erschienene und wieder gänzlich verschwundene Sterne (in der Cassiopea 1572); neu erschienene und nicht wieder verschwundene (im Schwan 1600); veränderliche mit erforschten Perioden (Mira Ceti, Algol); Sterne, deren Licht-Intensität sich verändert, ohne daß in diesem Wechsel bisher eine Periodicität entdeckt worden ist (η Argûs). Es ist keineswegs unwahrscheinlich, aber auch nicht nothwendig, daß diese vier Arten der Erscheinungen15 ganz ähnliche Ursachen in der Photosphäre jener fernen Sonnen oder in der Natur ihrer Oberfläche haben.
Wie wir die Schilderung der neuen Sterne mit der ausgezeichnetsten dieser Classe von Himmelsbegebenheiten, mit der plötzlichen Erscheinung des Sterns von Tycho, begonnen haben; so beginnen wir, von denselben Gründen geleitet, die Darstellung der Veränderung des Sternlichts bei unerforschter Periodicität mit den noch heut zu Tage fortgehenden unperiodischen Helligkeits-Schwankungen von η Argûs. Dieser Stern liegt in der großen und pracht -252 vollen Constellation des Schiffes, der „ Freude des südlichen Himmels “. Schon Halley, als er 1677 von seiner Reise nach der Insel St. Helena zurückkehrte, äußerte viele Zweifel über den Lichtwechsel der Sterne des Schiffes Argo, besonders am Schilde des Vordertheils und am Verdeck (ἀσπιδίσκη und κατάστρομα), deren relative Größenordnung Ptolemäus angegeben hatte16; aber bei der Ungewißheit der Stern-Positionen der Alten, bei den vielen Varianten der Handschriften des Almagest und den unsicheren Schätzungen der Lichtstärke konnten diese Zweifel zu keinen Resultaten führen. Halley hatte η Argûs 1677 4ter, Lacaille 1751 bereits 2ter Größe gefunden. Der Stern ging wieder zu seiner früheren schwächeren Intensität zurück, denn Burchell fand ihn während seines Aufenthalts im südlichen Afrika (1811 bis 1815) von der 4ten Größe. Fallows und Brisbane sahen ihn 1822 bis 1826 2m; Burchell, der sich damals (Febr. 1827) zu S. Paulo in Brasilien befand, 1m, ganz dem α Crucis gleich. Nach einem Jahre ging der Stern wieder zu 2m zurück. So fand ihn Burchell in der brasilianischen Stadt Goyaz am 29 Febr. 1828, so führen ihn Johnson und Taylor von 1829 bis 1833 in ihren Verzeichnissen auf. Auch Sir John Herschel schätzte ihn am Vorgebirge der guten Hoffnung von 1834 bis 1837 zwischen 2m und 1m.
Als nämlich am 16 December 1837 dieser berühmte Astronom eben sich zu photometrischen Messungen von einer Unzahl telescopischer Sterne 11m bis 16m rüstete, welche den herrlichen Nebelfleck um η Argûs füllen, erstaunte er diesen oft vorher beobachteten Stern zu einer solchen Intensität des Lichtes angewachsen zu finden, daß er fast dem253 Glanze von α Centauri gleich kam und alle andere Sterne erster Größe außer Canopus und Sirius an Glanz übertraf. Am 2 Januar 1838 hatte er dieses Mal das Maximum seiner Helligkeit erreicht. Er wurde bald schwächer als Arcturus, übertraf aber Mitte Aprils 1838 noch Aldebaran. Bis März 1843 erhielt er sich in der Abnahme, doch immer als Stern 1m; dann, besonders im April 1843, nahm wieder das Licht so zu, daß nach den Beobachtungen von Mackay in Calcutta und Maclear am Cap η Argûs glänzender als Canopus, ja fast dem Sirius gleich wurde. 17Diese hier bezeichnete Licht-Intensität hat der Stern fast noch bis zu dem Anfang des laufenden Jahres behalten. Ein ausgezeichneter Beobachter, Lieutenant Gilliß, der die astronomische Expedition befehligt, welche die Regierung der Vereinigten Staaten an die Küste von Chili geschickt hat, schreibt von Santiago im Februar 1850: „ η Argûs mit seinem gelblich rothen Lichte, welches dunkler als das des Mars ist, kommt jetzt dem Canopus an Glanz am nächsten, und ist heller als das vereinigte Licht von α Centauri. “ 18Seit der Erscheinung im Schlangenträger 1604 ist kein Fixstern zu einer solchen Lichtstärke und in einer langen Dauer von nun schon 7 Jahren aufgestrahlt. In den 173 Jahren (von 1677 bis 1850), in welchen wir Nachricht von der Größenordnung des schönen Sterns im Schiffe haben, hat derselbe in der Vermehrung und Verminderung seiner Intensität 8 bis 9 Oscillationen gehabt. Es ist, als ein Antriebsmittel zur dauernden Aufmerksamkeit der Astronomen auf das Phänomen einer großen, aber unperiodischen Veränderlichkeit von η Argûs, ein glücklicher Zufall gewesen, daß die Erscheinung in die Epoche254 der rühmlichen fünfjährigen Cap-Expedition von Sir John Herschel gefallen ist.
Bei mehreren anderen, sowohl isolirten Fixsternen als von Struve beobachteten Doppelsternen (Stellarum compos. Mensurae microm. p. LXXI-LXXIII), sind ähnliche, noch nicht periodisch erkannte Lichtveränderungen bemerkt worden. Die Beispiele, die wir uns hier anzuführen begnügen, sind auf wirkliche, von demselben Astronomen zu verschiedenen Zeiten angestellte photometrische Schätzungen und Messungen gegründet, keinesweges aber auf die Buchstabenreihen in Bayer's Uranometrie. Argelander hat in der Abhandlung de fide Uranometriae Bayerianae 1842 p. 15 sehr überzeugend erwiesen, daß Bayer gar nicht den Grundsatz befolgt die hellen Sterne mit den früheren Buchstaben zu bezeichnen, sondern im Gegentheil in derselben Größenclasse die Buchstaben in Reihefolge der Lage so vertheilte, daß er gewöhnlich vom Kopf der Figur in jeglichem Sternbilde zu den Füßen überging. Die Buchstabenreihe in Bayer's Uranometrie hat lange den Glauben an die Lichtveränderungen verbreitet von α Aquilae, von Castor der Zwillinge und Alphard der Wasserschlange.
Struve (1838) und Sir John Herschel sahen Capella an Licht zunehmen. Der letztere findet die Capella jetzt um vieles heller als Wega, da er sie vorher immer für schwächer annahm. 19Eben so auch Galle und Heis in jetziger Vergleichung von Capella und Wega. Der letztere findet Wega um 5 bis 6 Stufen, also mehr als eine halbe Größenclasse, schwächer.
Die Veränderungen in dem Lichte einiger Sterne in255 den Constellationen des Großen und Kleinen Bären verdienen besondere Aufmerksamkeit. „ Der Stern η Ursae majoris “, sagt Sir John Herschel, „ ist jetzt gewiß unter den 7 hellen Sternen des Großen Bären der vorleuchtendste, wenn 1837 noch ε unbestreitbar den ersten Rang einnahm. “ Diese Bemerkung hat mich veranlaßt Herrn Heis, der sich so warm und umsichtig mit der Veränderlichkeit des Sternlichts beschäftigt, zu befragen. „ Aus dem Mittel der 1842 bis 1850 zu Aachen von mir angestellten Beobachtungen “, schreibt Herr Heis, „ ergab sich die Reihenfolge: 1) ε Ursae maj. oder Alioth, 2) α oder Dubhe, 3) η oder Benetnasch, 4) ζ oder Mizar, 5) β, 6) γ, 7) δ. In den Helligkeits-Unterschieden dieser 7 Sterne sind sich nahe gleich ε, α und η: so daß ein nicht ganz reiner Zustand der Luft die Reihenfolge unsicher machen kann; ζ ist entschieden schwächer als die drei genannten. Die beiden Sterne β und γ, beide merklich schwächer als ζ, sind unter einander fast gleich; δ endlich, in älteren Karten von gleicher Größe mit β und γ angegeben, ist um mehr als eine Größenordnung schwächer als diese Sterne. Veränderlich ist bestimmt ε. Obgleich der Stern in der Regel heller als α ist, so habe ich ihn doch in 3 Jahren 5mal entschieden schwächer als α gesehen. Auch β Ursae maj. halte ich für veränderlich, ohne bestimmte Perioden angeben zu können. Sir John Herschel fand in den Jahren 1840 und 1841 β Ursae min. viel heller als den Polarstern, während daß schon im Mai 1846 das Entgegengesetzte von ihm beobachtet wurde. Er vermuthet Veränderlichkeit in β. 20Ich habe seit 1843 der Regel nach Polaris schwächer als β Ursae min. gefunden, aber von October 1843 bis Julius256 1849 wurde nach meinen Verzeichnissen Polaris zu 14 Malen größer als β gesehen. Daß wenigstens die Farbe des letztgenannten Sterns nicht immer gleich röthlich ist, davon habe ich mich häufig zu überzeugen Gelegenheit gehabt; sie ist zuweilen mehr oder weniger gelb, zuweilen recht entschieden roth. “ 21Alle mühevolle Arbeiten über die relative Helligkeit der Gestirne werden dann erst an Sicherheit gewinnen, wenn die Reihung nach bloßer Schätzung endlich einmal durch Messungs-Methoden, welche auf die Fortschritte der neueren Optik22 gegründet sind, ersetzt werden kann. Die Möglichkeit ein solches Ziel zu erreichen darf von Astronomen und Physikern nicht bezweifelt werden.
Bei der wahrscheinlich großen physischen Aehnlichkeit der Lichtprocesse in allen selbstleuchtenden Gestirnen (in dem Centralkörper unseres Planetensystems und den fernen Sonnen oder Fixsternen) hat man längst mit Recht darauf hingewiesen23, wie bedeutungs - und ahndungsvoll der periodische oder unperiodische Lichtwechsel der Sterne ist für die Klimatologie im allgemeinen, für die Geschichte des Luftkreises, d. i. für die wechselnde Wärmemenge, welche unser Planet im Lauf der Jahrtausende von der Ausstrahlung der Sonne empfangen hat; für den Zustand des organischen Lebens und dessen Entwickelungsformen unter verschiedenen Breitengraden. Der veränderliche Stern am Halse des Wallfisches (Mira Ceti) geht von der 2ten Größe bis zur 11ten, ja bis zum Verschwinden herab; wir haben eben gesehen, daß η des Schiffes Argo von der 4ten Größe bis zur 1ten, und unter den Sternen dieser Ordnung bis zum Glanz von Canopus, fast bis zu dem257 von Sirius sich erhoben hat. Wenn je auch nur ein sehr geringer Theil der hier geschilderten Veränderungen in der Intensität der Licht - und Wärmestrahlung nach ab - oder aufsteigender Scala unsere Sonne angewandelt hat (und warum sollte sie von anderen Sonnen verschieden sein?); so kann eine solche Anwandlung, eine solche Schwächung oder Belebung der Lichtprocesse doch mächtigere, ja furchtbarere Folgen für unseren Planeten gehabt haben, als zur Erklärung aller geognostischen Verhältnisse und alter Erd-Revolutionen erforderlich sind. William Herschel und Laplace haben zuerst diese Betrachtungen angeregt. Wenn ich hier bei denselben länger verweilt bin, so ist es nicht darum geschehen, weil ich in ihnen ausschließlich die Lösung der großen Probleme der Wärme-Veränderung auf unserem Erdkörper suche. Auch die primitive hohe Temperatur des Planeten, in seiner Bildung und der Verdichtung der sich ballenden Materie gegründet; die Wärmestrahlung der tiefen Erdschichten durch offene Klüfte und unausgefüllte Gangspalten; die Verstärkung electrischer Ströme; eine sehr verschiedene Vertheilung von Meer und Land konnten in den frühesten Epochen des Erdelebens die Wärme-Vertheilung unabhängig machen von der Breite, d. h. von der Stellung gegen einen Centralkörper. Kosmische Betrachtungen dürfen sich nicht einseitig auf astrognostische Verhältnisse beschränken.
[258](S. 238.) „ Wenn ich “, sagt Argelander, „ das kleinste Licht des Algol 1800 Januar 1 um 18 St. 1 Min. mittlerer Pariser Zeit für die 0 Epoche annehme, so erhalte ich die Dauer der Perioden für:
| − 1987 .. 2 T. 20 St. 48 M. .. | 59s, 416 ... | ± 0s, 316 |
| − 1406 | 58, 737 | ± 0, 094 |
| − 825 | 58, 393 | ± 0, 175 |
| + 751 | 58, 454 | ± 0, 039 |
| + 2328 | 58, 193 | ± 0, 096 |
| + 3885 | 57, 971 | ± 0, 045 |
| + 5441 | 55, 182 | ± 0, 348. |
In dieser Tabelle haben die Zahlen folgende Bedeutung: nennt man die Epoche des Minimums 1, Januar 1800 null, die nächst vorhergehende - 1, die nächst folgende + 1 u. s. w.; so war die Dauer zwischen dem — 1987 und — 1986 genau 2 T. 20 St. 48 Min. 59,416 Sec., die Dauer zwischen + 5441 und + 5442 aber 2 T. 20 St. 48 Min. 55,182 Sec. ; jenes entspricht dem Jahre 1784, dieses dem Jahre 1842. Die hinter den ± Zeichen stehenden Zahlen sind die wahrscheinlichen Fehler. Daß die Abnahme immer rascher wird, zeigen sowohl die letzte Zahl als alle meine Beobachtungen seit 1847. “
(S. 239.) Argelander's Formel zur Darstellung aller Beobachtungen der Maxima von Mira Ceti ist nach seiner Mittheilung diese:
„ 1751 Sept. 9,76 + 331,3363 T. + 10,5 T. Sin. (360° / 11 E + 86° 23′) + 18,2 T. Sin. (45 / 11 + 231° 42′) + 33,9 T. Sin. (45° / 22 E + 170° 19′) + 65,3 T. Sin. (15 / 11 E + 6° 37′): wo E die Anzahl der seit 1751 Sept. 9 eingetretenen Maxima bedeutet und die Coefficienten in Tagen gegeben sind. Für das jetzt laufende Jahr folgt daraus das Maximum: 1751 Sept. 9,76 + 36115,65 T. + 8,44 T. - 12,24 T. + 18,59 T. + 27,34 T. = 1850 Sept. 8, 54. 261Was am meisten für diese Formel zu sprechen scheint, ist der Umstand, daß mit ihr auch die Beobachtung des Maximums von 1596 (Kosmos Bd. II. S. 367) dargestellt wird, die bei jeder Annahme einer gleichförmigen Periode um mehr als 100 Tage abweicht. Doch scheint das Gesetz der Lichtveränderung dieses Sternes so complicirt zu sein, daß in einzelnen Fällen, z. B. für das sehr genau beobachtete Maximum des Jahres 1840, die Formel noch viele Tage (fast 25) abgewichen ist. “
(S. 252.) Delambre, Hist. de l'Astr. ancienne T. II. p. 280 und Hist. de l'Astr. au 18ème
siècle p. 119.
Neben den Veränderungen der Lichtstärke zeigt der Fixsternhimmel, als solcher und im Widerspruch mit seiner Benennung, auch Veränderungen durch die perpetuirlich fortschreitende Bewegung der einzelnen Fixsterne. Es ist schon früher daran erinnert worden, wie, ohne daß dadurch im allgemeinen das Gleichgewicht der Sternsysteme gestört werde, sich kein fester Punkt am ganzen Himmel befindet; wie von den hellen Sternen, welche die ältesten unter den griechischen Astronomen beobachtet haben, keiner seinen Platz im Weltraume unverändert behauptet hat. Die Ortsveränderung ist in zweitausend Jahren bei Arctur, bei μ der Cassiopea und bei einem Doppelstern im Schwan durch Anhäufung der jährlichen eigenen Bewegung auf 2½, 3½ und 6 Vollmond-Breiten angewachsen. Nach dreitausend Jahren werden etwa 20 Fixsterne ihren Ort um 1° und mehr verändert haben. 1Da nun die gemessenen eigenen Bewegungen der Fixsterne von 1 / 20 bis 7,7 Secunden steigen (also im Verhältniß von wenigstens 1: 154 verschieden sind), so bleiben auch der relative Abstand der Fixsterne unter einander und die Configuration der264 Constellationen in langen Perioden nicht dieselben. Das südliche Kreuz wird in der Gestalt, welche jetzt dies Sternbild zeigt, nicht immer am Himmel glänzen: da die 4 Sterne, welche es bilden, mit ungleicher Geschwindigkeit eines verschiedenen Weges wandeln. Wie viele Jahrtausende bis zur völligen Auflösung verfließen werden, ist nicht zu berechnen. In den Raumverhältnissen und in der Zeitdauer giebt es kein absolutes Großes und Kleines.
Will man unter einem allgemeinen Gesichtspunkt zusammenfassen, was an dem Himmel sich verändert und was im Lauf Jahrhunderte der den physiognomischen Charakter der Himmelsdecke, den Anblick des Firmaments an einem bestimmten Orte, modificirt; so muß man aufzählen als wirksame Ursachen solcher Veränderung: 1) das Vorrücken der Nachtgleichen und das Wanken der Erdachse, durch deren gemeinsame Wirkung neue Sterne am Horizont aufsteigen, andere unsichtbar werden; 2) die periodische und unperiodische Veränderung der Lichtstärke vieler Fixsterne; 3) das Auflodern neuer Sterne, von denen einige wenige am Himmel verblieben sind; 4) das Kreisen telescopischer Doppelsterne um einen gemeinsamen Schwerpunkt. Zwischen diesen sich langsam und ungleich in Lichtstärke und Position verändernden sogenannten Fixsternen vollenden ihren schnelleren Lauf 20 Hauptplaneten, von denen fünf zusammen 20 Satelliten darbieten. Es bewegen sich also außer den ungezählten, gewiß auch rotirenden Fixsternen 40 bis jetzt (October 1850) aufgefundene planetarische Körper. Zur Zeit des Copernicus und des großen Vervollkommners der Beobachtungskunst Tycho waren nur 7 bekannt. Fast 200 berechnete Cometen, deren 5 von265 kurzem Umlauf und innere, d. h. zwischen den Bahnen der Hauptplaneten eingeschlossene, sind, hätten hier ebenfalls noch als planetarische Körper aufgeführt werden können. Sie beleben während ihres meist kurzen Erscheinens, wenn sie dem bloßen Auge sichtbar werden, nächst den eigentlichen Planeten und den neuen als Sterne erster Größe plötzlich auflodernden Weltkörpern, am anziehendsten das an sich schon reiche Bild des gestirnten Himmels, ich hätte fast gesagt dessen landschaftlichen Eindruck.
Die Kenntniß der eigenen Bewegung der Fixsterne hängt geschichtlich ganz mit den Fortschritten zusammen, welche die Beobachtungskunst durch Vervollkommnung der Werkzeuge und der Methoden gemacht hat. Das Auffinden dieser Bewegung wurde erst möglich, als man das Fernrohr mit getheilten Instrumenten verband; als von der Sicherheit einer Bogen-Minute, die zuerst mit großer Anstrengung Tycho auf der Insel Hveen seinen Beobachtungen zu geben vermochte, man allmälig zur Sicherheit von einer Secunde und von Theilen dieser Secunde herabstieg; oder durch eine lange Reihe von Jahren getrennte Resultate mit einander vergleichen konnte. Eine solche Vergleichung stellte Halley mit den Positionen des Sirius, Arcturus und Aldebaran an, wie sie Ptolemäus in seinen Hipparchischen Catalogus, also vor 1844 Jahren, eingetragen hatte. Er glaubte sich durch dieselbe berechtigt (1717) eine eigene Bewegung in den eben genannten drei Fixsternen zu verkündigen. 2Die große und verdiente Achtung, welche selbst noch lange nach den Beobachtungen von Flamsteed und Bradley den im Triduum von Römer enthaltenen Rectascensionen gespendet wurde, regte Tobias266 Mayer (1756), Maskelyne (1770) und Piazzi (1800) an, Römer's Beobachtungen mit den späteren zu vergleichen. 3Die eigene Bewegung der Sterne wurde dergestalt schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts in ihrer Allgemeinheit anerkannt; aber die genaueren und numerischen Bestimmungen dieser Classe von Erscheinungen verdankte man erst 1783 der großen Arbeit von William Herschel, auf Flamsteed's Beobachtungen4 gegründet, wie in noch weit höherem Grade Bessel's und Argelander's glücklicher Vergleichung von Bradley's Stern-Positionen für 1755 mit den neueren Catalogen.
Die Entdeckung der eigenen Bewegung der Fixsterne hat für die physische Astronomie eine um so höhere Wichtigkeit, als dieselbe zu der Kenntniß der Bewegung unseres eigenen Sonnensystems durch die sternerfüllten Welträume, ja zu der genauen Kenntniß der Richtung dieser Bewegung geleitet hat. Wir würden nie irgend etwas von dieser Thatsache erfahren haben, wenn die eigene fortschreitende Bewegung der Fixsterne so gering wäre, daß sie allen unseren Messungen entginge. Das eifrige Bestreben, diese Bewegung in Quantität und Richtung, die Parallaxe der Fixsterne und ihre Entfernung zu ergründen, hat am meisten dazu beigetragen, durch Vervollkommnung der mit den optischen Instrumenten verbundenen Bogentheilungen und der micrometrischen Hülfsmittel, die Beobachtungskunst auf den Punkt zu erheben, zu dem sie sich, bei scharfsinniger Benutzung von großen Meridiankreisen, Refractoren und Heliometern (vorzugsweise seit dem Jahre 1830), emporgeschwungen hat.
Die Quantität der gemessenen eigenen Bewegung267 wechselt, wie wir schon im Eingange dieses Abschnitts bemerkt, von dem 20ten Theil einer Secunde bis zu fast 8″. Die leuchtenderen Sterne haben großentheils dabei schwächere Bewegung als Sterne 5ter bis 6ter und 7ter Größe. 5Die 7 Sterne, welche eine ungewöhnlich große eigene Bewegung offenbart haben, sind: Arcturus 1m (2″,25); α Centauri 1m (3″,58);6 μ Cassiopeae 6m (3″,74); der Doppelstern δ des Eridanus 5. 4m (4″,08); der Doppelstern 61 des Schwans 5. 6m (5″,123), von Bessel 1812 durch Vergleichung mit Bradley's Beobachtungen erkannt; ein Stern auf der Grenze der Jagdhunde7 und des Großen Bären, No. 1830 des Catalogs der Circumpolarsterne von Groombridge 7m (nach Argelander 6″,974); ε Indi (7″,74) nach D'Arrest8; 2151 Puppis des Schiffes 6m (7″,871). Das arithmetische Mittel9 der einzelnen Eigenbewegungen der Fixsterne aus allen Zonen, in welche Mädler die Himmelskugel getheilt hat, würde kaum 0″,102 übersteigen.
Eine wichtige Untersuchung über die „ Veränderlichkeit der eigenen Bewegungen von Procyon und Sirius “hat Bessel, dem größten Astronomen unserer Zeit, im Jahr 1844, also kurz vor dem Beginnen seiner tödtlichen, schmerzhaften Krankheit, die Ueberzeugung aufgedrängt: „ daß Sterne, deren veränderliche Bewegungen in den vervollkommnetsten Instrumenten bemerkbar werden, Theile von Systemen sind, welche, vergleichungsweise mit den großen Entfernungen der Sterne von einander, auf kleine Räume beschränkt sind. “ Dieser Glaube an die Existenz von Doppelsternen, deren einer ohne Licht ist, war in Bessel, wie meine lange Correspondenz mit ihm bezeugt, so fest, daß sie, bei dem großen Interesse, welches ohnedies jede268 Erweiterung der Kenntniß von der physischen Beschaffenheit des Fixsternhimmels erregt, die allgemeinste Aufmerksamkeit auf sich zog. „ Der anziehende Körper “, sagt der berühmte Beobachter, „ muß entweder dem Fixsterne, welcher die merkliche Veränderung zeigt, oder der Sonne sehr nahe sein. Da nun aber ein anziehender Körper von beträchtlicher Masse in sehr kleiner Entfernung von der Sonne sich in den Bewegungen unseres Planetensystems nicht verrathen hat, so wird man auf seine sehr kleine Entfernung von einem Sterne, als auf die einzig statthafte Erklärung der im Laufe eines Jahrhunderts merklich werdenden Veränderung in der eigenen Bewegung des letzteren, zurückgewiesen. “ 10In einem Briefe an mich (Juli 1844) heißt es (ich hatte scherzend einige Besorgniß über die Gespensterwelt der dunklen Gestirne geäußert): „ Allerdings beharre ich in dem Glauben, daß Procyon und Sirius wahre Doppelsterne sind, bestehend aus einem sichtbaren und einem unsichtbaren Sterne. Es ist kein Grund vorhanden das Leuchten für eine wesentliche Eigenschaft der Körper zu halten. Daß zahllose Sterne sichtbar sind, beweist offenbar nichts gegen das Dasein eben so zahlloser unsichtbarer. Die physische Schwierigkeit, die einer Veränderlichkeit in der eigenen Bewegung, wird befriedigend durch die Hypothese dunkler Sterne beseitigt. Man kann die einfache Voraussetzung nicht tadeln, daß eine Veränderung der Geschwindigkeit nur in Folge einer Kraft statt findet und daß die Kräfte nach den Newtonischen Gesetzen wirken. “
Ein Jahr nach Bessel's Tode hat Fuß auf Struve's Veranlassung die Untersuchung über die Anomalien von269 Procyon und Sirius, theils durch neue Beobachtungen am Ertel'schen Meridian-Fernrohr zu Pulkowa, theils durch Reductionen und Vergleichung mit dem früher Beobachteten, erneuert. Das Resultat ist nach der Meinung von Struve und Fuß11 gegen die Bessel'sche Behauptung ausgefallen. Eine große Arbeit, die Peters in Königsberg eben vollendet hat, rechtfertigt die Bessel'schen Behauptungen; wie eine ähnliche von Schubert, dem Calculator am nordamerikanischen Nautical Almanac.
Der Glaube an die Existenz nicht leuchtender Sterne war schon im griechischen Alterthume und besonders in der frühesten christlichen Zeit verbreitet. Man nahm an, daß „ zwischen den feurigen Sternen, die sich von den Dünsten nähren, sich noch einige andere erdartige Körper bewegen, welche uns unsichtbar bleiben “12. Das völlige Verlöschen der neuen Sterne, besonders der von Tycho und Kepler so sorgfältig beobachteten in der Cassiopea und im Schlangenträger, schien dieser Meinung eine festere Stütze zu geben. Weil damals vermuthet wurde, der erste dieser Sterne sei schon zweimal vorher und zwar in Abständen von ohngefähr 300 Jahren aufgelodert, so konnte die Idee der Vernichtung und völligen Auflösung keinen Beifall finden. Der unsterbliche Verfasser der Mécanique céleste gründet seine Ueberzeugung von dem Dasein nicht leuchtender Massen im Weltall auf dieselben Erscheinungen von 1572 und 1604. „ Ces astres devenus invisibles après avoir surpassé l'éclat de Jupiter même, n'ont point changé de place durant leur apparition. (Der Lichtproceß hat bloß in ihnen aufgehört.) Il existe donc dans l'espace céleste des corps opaques aussi considérables et peut-être en aussi grands270 nombres que les étoiles. “ 13Eben so sagt Mädler in den Untersuchungen über die Fixstern-Systeme14: „ Ein dunkler Körper könnte Centralkörper sein; er könnte wie unsere Sonne in unmittelbarer Nähe nur von dunklen Körpern, wie unsere Planeten sind, umgeben sein. Die von Bessel angedeuteten Bewegungen von Sirius und Procyon nöthigen (?) sogar zu der Annahme, daß es Fälle giebt, wo leuchtende Körper die Satelliten dunkler Massen bilden. “ Es ist schon früher erinnert worden, daß solche Massen von einigen Anhängern der Emanations-Theorie für zugleich unsichtbar und doch lichtstrahlend gehalten werden: unsichtbar, wenn sie von so ungeheuren Dimensionen sind, daß die ausgesandten Lichtstrahlen (Licht-Moleculen), durch Anziehungskräfte zurückgehalten, eine gewisse Grenze nicht überschreiten können. 15Giebt es, wie es wohl annehmbar ist, dunkle, unsichtbare Körper in den Welträumen, solche, in welchen der Proceß lichterzeugender Schwingungen nicht statt findet; so müssen diese dunklen Körper nicht in den Umfang unseres Planeten - und Cometen-Systems fallen oder doch nur von sehr geringer Masse sein, weil ihr Dasein sich uns nicht durch bemerkbare Störungen offenbart.
Die Untersuchung der Bewegung der Fixsterne in Quantität und Richtung (der wahren ihnen eigenen Bewegung wie der bloß scheinbaren, durch Veränderung des Orts der Beobachtung in der durchlaufenen Erdbahn hervorgebrachten), die Bestimmung der Entfernung der Fixsterne von der Sonne durch Ergründung ihrer Parallaxen, die Vermuthungen über den Ort im Weltraum, nach dem hin unser Planetensystem sich271 bewegt: sind drei Aufgaben der Astronomie, welche durch die Hülfsmittel der Beobachtung, deren man sich zu ihrer theilweisen Lösung glücklich bedient hat, in naher Verbindung mit einander stehen. Jede Vervollkommnung der Instrumente und der Methoden, die man zur Förderung einer dieser schwierigen und verwickelten Arbeiten angewandt, ist für die andere ersprießlich geworden. Ich ziehe vor mit den Parallaxen und der Bestimmung des Abstandes einiger Fixsterne zu beginnen, um das zu vervollständigen, was sich vorzugsweise auf unsere jetzige Kenntniß der isolirt stehenden Fixsterne bezieht.
Schon Galilei hat in dem Anfang des 17ten Jahrhunderts die Idee angeregt den, „ gewiß überaus ungleichen Abstand der Fixsterne von dem Sonnensysteme zu messen “; ja schon zuerst mit großem Scharfsinn das Mittel angegeben die Parallaxe aufzufinden: nicht durch die Bestimmung der Entfernung eines Sternes vom Scheitelpunkte oder dem Pole, sondern „ durch sorgfältige Vergleichung eines Sternes mit einem anderen, sehr nahe stehenden “. Es ist in sehr allgemeinen Ausdrücken die Angabe des micrometrischen Mittels, dessen sich später William Herschel (1781), Struve und Bessel bedient haben. » Perchè io non credo «, sagt Galilei16 in dem dritten Gespräche (Giornata terza), » che tutte le stelle siano sparse in una sferica superficie egualmente distanti da un centro; ma stimo, che le loro lontananze da noi siano talmente varie, che alcune ve ne possano esser 2 e 3 volte più remote di alcune altre; talchè quando si trovasse col Telescopio qualche picciolissima stella vicinissima ad alcuna delle maggiori, e che però quella fusse altissima, potrebbe accadere, che272 qualche sensibil mutazione succedesse tra di loro. « Mit dem copernicanischen Weltsysteme war dazu noch gleichsam die Forderung gegeben, durch Messungen numerisch den Wechsel der Richtung nachzuweisen, welchen die halbjährige Ortsveränderung der Erde in ihrer Bahn um die Sonne in der Lage der Fixsterne hervorbringen müsse. Da die von Kepler so glücklich benutzten Tychonischen Winkel-Bestimmungen, wenn sie gleich bereits (wie schon einmal bemerkt) die Sicherheit von einer Bogen-Minute erreichten, noch keine parallactische Veränderung in der scheinbaren Position der Fixsterne zu erkennen gaben; so diente den Copernicanern lange als Rechtfertigung der beruhigende Glaube, daß der Durchmesser der Erdbahn (41⅓ Millionen geogr. Meilen) zu gering sei in Verhältniß der übergroßen Entfernung der Fixsterne.
Die Hoffnung der Bemerkbarkeit einer Parallaxe mußte demnach als abhängig erkannt werden von der Vervollkommnung der Seh - und Meßinstrumente und von der Möglichkeit sehr kleine Winkel mit Sicherheit zu bestimmen. So lange man nur einer Minute gewiß war, bezeugte die nicht bemerkte Parallaxe nur, daß die Fixsterne über 3438 Erdweiten (Halbmesser der Erdbahn, Abstand der Erde von der Sonne) entfernt sein müssen. 17Diese untere Grenze der Entfernungen stieg bei der Sicherheit einer Secunde in den Beobachtungen des großen Astronomen James Bradley bis 206265; sie stieg in der glänzenden Epoche Fraunhofer'scher Instrumente (bei unmittelbarer Messung von ohngefähr dem 10ten Theil einer Bogen-Secunde) bis 2062648 Erdweiten. Die Bestrebungen und so scharfsinnig ausgedachten Zenithal-Vorrichtungen von273 Newton's großem Zeitgenossen Robert Hooke (1669) führten nicht zum bezweckten Ziele. Picard, Horrebow, welcher Römer's gerettete Beobachtungen bearbeitete, und Flamsteed glaubten Parallaxen von mehreren Secunden gefunden zu haben, weil sie die eigenen Bewegungen der Sterne mit den wahren parallactischen Veränderungen verwechselten. Dagegen war der scharfsinnige John Michell (Phil. Tr. 1767 Vol. LVII. p. 234 - 264) der Meinung, daß die Parallaxen der nächsten Fixsterne geringer als 0″,02 sein müßten und dabei nur „ durch 12000 malige Vergrößerung erkennbar “werden könnten. Bei der sehr verbreiteten Meinung, daß der vorzügliche Glanz eines Sterns immer eine geringere Entfernung andeuten müsse, wurden Sterne erster Größe: Wega, Aldebaran, Sirius und Procyon, der Gegenstand nicht glücklicher Beobachtungen von Calandrelli und dem verdienstvollen Piazzi (1805). Sie sind denen beizuzählen, welche (1815) Brinkley in Dublin veröffentlichte und die 10 Jahre später von Pond und besonders von Airy widerlegt wurden. Eine sichere, befriedigende Kenntniß von Parallaxen beginnt erst, auf micrometrische Abstands-Messungen gegründet, zwischen den Jahren 1832 und 1838.
Obgleich Peters18 in seiner wichtigen Arbeit über die Entfernung der Fixsterne (1846) die Zahl der schon aufgefundenen Parallaxen zu 33 angiebt, so beschränken wir uns hier auf die Angabe von 9, die ein größeres, doch aber sehr ungleiches Vertrauen verdienen und die wir nach dem ohngefähren Alter ihrer Bestimmungen aufführen:
Den ersten Platz verdient der durch Bessel so berühmt gewordene 61te Stern im Sternbilde des Schwans. Der Königsberger Astronom hat schon 1812 die große eigene274 Bewegung, aber erst 1838 die Parallaxe dieses Doppelsternes (unter 6ter Größe) durch Anwendung des Heliometers bestimmt. Meine Freunde Arago und Mathieu machten von August 1812 bis November 1813 eine Reihe zahlreicher Beobachtungen, indem sie zur Auffindung der Parallaxe die Entfernung des Sterns 61 Cygni vom Scheitelpunkt maßen. Sie gelangten durch ihre Arbeit zu der sehr richtigen Vermuthung, daß die Parallaxe jenes Fixsterns geringer als eine halbe Secunde sei. 19Noch in den Jahren 1815 und 1816 war Bessel, wie er sich selbst ausdrückt, „ zu keinem annehmbaren Resultate “gekommen20. Erst die Beobachtungen von Aug. 1837 bis Oct. 1838 führten ihn durch Benutzung des 1829 aufgestellten großen Heliometers zu der Parallaxe von 0″,3483, der ein Abstand von 592200 Erdweiten und ein Lichtweg von 9¼ Jahren entsprechen. Peters bestätigte (1842) diese Angabe, indem er 0″,3490 fand, aber später das Bessel'sche Resultat durch Wärme-Correction in 0″,3744 umwandelte. 21
Die Parallaxe des schönsten Doppelsternes am südlichen Himmel, α Centauri, ist durch Beobachtungen am Vorgebirge der guten Hoffnung von Henderson 1832, von Maclear 1839 zu 0″,9128 bestimmt worden. 22Er ist demnach der nächste aller bisher gemessenen Fixsterne, dreimal näher als 61 Cygni.
Die Parallaxe von α Lyrae ist lange der Gegenstand der Beobachtungen von Struve gewesen. Die früheren Beobachtungen (1836) gaben23 zwischen 0″,07 und 0″,18: spätere 0″,2613 und einen Abstand von 771400 Erdweiten mit einem Lichtweg von 12 Jahren;24 aber Peters hat den Abstand dieses helleuchtenden Sternes noch viel275 größer gefunden, da er die Parallaxe nur zu 0″,103 angiebt. Dieses Resultat contrastirt mit einem anderen Stern 1m (α Centauri) und einem 6m (61 Cygni).
Die Parallaxe des Polarsterns ist von Peters nach vielen Vergleichungen in den Jahren 1818 bis 1838 zu 0″,106 bestimmt worden, und um so befriedigender, als sich aus denselben Vergleichungen die Aberration 20″,455 ergiebt. 25
Die Parallaxe von Arcturus ist nach Peters 0″,127 (Rümker's frühere Beobachtungen am Hamburger Meridiankreise hatten sie um vieles größer gegeben). Die Parallaxe eines anderen Sternes erster Größe, Capella, ist noch geringer: nach Peters 0″,046.
Der Stern 1830 des Catalogus von Groombridge, welcher nach Argelander unter allen bisher am Firmament beobachteten Sternen die größte eigene Bewegung zeigte, hat eine Parallaxe von 0″,226, nach 48 von Peters in den Jahren 1842 und 1843 sehr genau beobachteten Zenithal-Distanzen. Faye hatte sie 5mal größer (1″,08) geglaubt, größer als die Parallaxe von α Centauri. 26
276Die bisher erlangten Resultate ergeben gar nicht im allgemeinen, daß die hellsten Sterne zugleich die uns näheren sind. Wenn auch die Parallaxe von α Centauri die größte aller bis jetzt bekannten ist, so haben dagegen Wega der Leier, Arcturus und besonders Capella eine 3 - bis 8mal kleinere Parallaxe als ein Stern 6ter Größe im Schwan. Auch die zwei Sterne, welche nach 2151 Puppis und ε Indi die schnellste eigene Bewegung zeigen: der eben genannte Stern des Schwans (Bewegung von 5″,123 im Jahr) und No. 1830 von Groombridge, den man in Frankreich „ Argelanders Stern “nennt (Bewegung 6″,974); sind der Sonne 3 - und 4mal so fern als α Centauri mit der eigenen Bewegung von 3″,58. Volum, Masse, Intensität des Lichtprocesses, eigene Bewegung27 und Abstand von unserem Sonnensystem stehen gewiß in mannigfaltig verwickeltem Verhältnisse zu einander. Wenn es daher auch im allgemeinen wahrscheinlich sein mag, daß die hellsten Sterne die näheren sind; so kann es doch im einzelnen sehr entfernte kleine Sterne geben, deren Photosphäre und Oberfläche nach der Natur ihrer physischen Beschaffenheit einen sehr intensiven Lichtproceß unterhalten. Sterne, die wir ihres Glanzes wegen zur ersten Ordnung rechnen, können uns daher entfernter liegen als Sterne 4ter bis 6ter Größe. Steigen wir von der Betrachtung der großen Sternenschicht, von welcher unser Sonnensystem ein Theil ist, zu dem untergeordneten Particular-Systeme unserer Planetenwelt oder zu dem noch tieferen der Saturns - und Jupitersmonde stufenweise herab; so sehen wir auch die Centralkörper von Massen umgeben, in denen die Reihenfolge der Größe und der Intensität des reflectirten Lichtes von den Abständen gar nicht abzuhangen scheint. Die277 unmittelbare Verbindung, in welcher unsere noch so schwache Kenntniß der Parallaxen mit der Kenntniß der ganzen Gestaltung des Weltbaues steht, giebt den Betrachtungen, welche sich auf die Entfernung der Fixsterne beziehen, einen eigenen Reiz.
Der menschliche Scharfsinn hat zu dieser Classe von Untersuchungen Hülfsmittel erdacht, welche von den gewöhnlichen ganz verschieden und, auf die Geschwindigkeit des Lichts gegründet, hier eine kurze Erwähnung verdienen. Der den physikalischen Wissenschaften so früh entrissene Savary hat gezeigt, wie die Aberration des Lichts bei Doppelsternen zur Bestimmung der Parallaxe benutzt werden könne. Wenn nämlich die Ebene der Bahn, welche der Nebenstern um den Centralkörper beschreibt, nicht auf der Gesichtslinie von der Erde zu dem Doppelstern senkrecht steht, sondern nahe in diese Gesichtslinie selbst fällt; so wird der Nebenstern in seinem Laufe ebenfalls nahe eine gerade Linie zu beschreiben scheinen, und die Punkte der der Erde zugekehrten Hälfte seiner Bahn werden alle dem Beobachter näher liegen als die entsprechenden Punkte der zweiten, von der Erde abgewandten Hälfte. Eine solche Theilung in zwei Hälften bringt nur für den Beobachter (nicht in der Wirklichkeit) eine ungleiche Geschwindigkeit hervor, in welcher der Nebenstern in seiner Bahn sich von ihm entfernt oder sich ihm nähert. Ist nun der Halbmesser jener Bahn so groß, daß das Licht mehrere Tage oder Wochen gebraucht, um ihn zu durchlaufen; so wird die Zeit der halben Revolution in der abgewandten, entfernteren Seite größer ausfallen als die Zeit in der dem Beobachter zugekehrten Seite. Die Summe beider un -278 gleichen Zahlen der Dauer bleibt der wahren Umlaufszeit gleich; denn die von der Geschwindigkeit des Lichts verursachten Ungleichheiten heben sich gegenseitig auf. Aus diesen Verhältnissen der Dauer nun lassen sich, nach Savary's sinnreicher Methode, wenn Tage und Theile der Tage in ein Längenmaaß verwandelt werden (3589 Millionen geogr. Meilen durchläuft das Licht in 24 Stunden), die absolute Größe des Halbmessers der Bahn, und durch die einfache Bestimmung des Winkels, unter welchem der Halbmesser sich dem Beobachter darbietet, die Entfernung des Centralkörpers und seine Parallaxe ableiten. 28
Wie die Bestimmung der Parallaxe uns über die Abstände einer geringen Zahl von Fixsternen und über die ihnen anzuweisende Stelle im Weltraume belehrt; so leitet die Kenntniß des Maaßes und der Richtung eigener Bewegung, d. h. der Veränderungen, welche die relative Lage selbstleuchtender Gestirne erfährt, auf zwei von einander abhängige Probleme: die der Bewegung des Sonnensystems29 und der Lage des Schwerpunkts des ganzen Fixsternhimmels. Was sich bisher nur sehr unvollständig auf Zahlenverhältnisse zurückführen läßt, ist schon deshalb nicht geeignet den ursachlichen Zusammenhang mit Klarheit zu offenbaren. Von den beiden eben genannten Problemen hat nur das erste, besonders nach Argelander's trefflichen Untersuchungen, mit einem gewissen Grade befriedigender Bestimmtheit gelöst werden können; das zweite, mit vielem Scharfsinn von Mädler behandelt, entbehrt, bei dem Spiel so vieler sich ausgleichender Kräfte, nach dem eigenen Geständniß dieses Astronomen30 in der unternommenen Lösung, „ aller Evidenz eines vollständigen, wissenschaftlich genügenden Beweises “.
279Wenn sorgfältig abgezogen wird, was dem Vorrücken der Nachtgleichen, der Nutation der Erdachse, der Abirrung des Lichts und einer durch den Umlauf um die Sonne erzeugten parallactischen Veränderung angehört; so ist in der übrig bleibenden jährlichen Bewegung der Fixsterne noch immer zugleich das enthalten, was die Folge der Translation des ganzen Sonnensystems im Weltraume und die Folge der wirklichen Eigenbewegung der Fixsterne ist. In der herrlichen Arbeit Bradley's über die Nutation, in seiner großen Abhandlung vom Jahre 1748, findet sich die erste Ahndung der Translation des Sonnensystems und gewissermaßen auch die Angabe der vorzüglichsten Beobachtungs-Methode. „ Wenn man erkennt “, heißt es dort31, „ daß unser Planetensystem seinen Ort verändert im absoluten Raume, so kann daraus in der Zeitfolge eine scheinbare Variation in der Angular-Distanz der Fixsterne sich ergeben. Da nun in diesem Falle die Position der uns näheren Gestirne mehr als die der entfernteren betheiligt ist; so werden die relativen Stellungen beider Classen von Gestirnen zu einander verändert scheinen, obgleich eigentlich alle unbewegt geblieben sind. Wenn dagegen unser Sonnensystem in Ruhe ist und einige Sterne sich wirklich bewegen, so werden sich auch ihre scheinbaren Positionen verändern: und zwar um so mehr, als die Bewegungen schneller sind, als die Sterne in einer günstigen Lage und in kleinerer Entfernung von der Erde sich befinden. Die Veränderung der relativen Position kann von einer so großen Zahl von Ursachen abhangen, daß vielleicht viele Jahrhunderte hingehen werden, ehe man das Gesetzliche erkennen wird. “
280Nachdem seit Bradley bald die bloße Möglichkeit, bald die größere oder geringere Wahrscheinlichkeit der Bewegung des Sonnensystems in den Schriften von Tobias Mayer, Lambert und Lalande erörtert worden war, hatte William Herschel das Verdienst zuerst die Meinung durch wirkliche Beobachtung (1783, 1805 und 1806) zu befestigen. Er fand, was durch viele spätere und genauere Arbeiten bestätigt und näher begrenzt worden ist: daß unser Sonnensystem sich nach einem Punkte hinbewegt, welcher nahe dem Sternbild des Hercules liegt, in RA. 260° 44′ und nördlicher Decl. 26° 16′ (auf 1800 reducirt). Argelander fand (aus Vergleichung von 319 Sternen und mit Beachtung von Lundahl's Untersuchungen) für 1800: RA. 257° 54′,1, Decl. + 28° 49′,2; für 1850: RA. 258° 23′,5, Decl. + 28° 45′,6; Otto Struve (aus 392 Sternen) für 1800: RA. 261° 26′,9, Decl. + 37° 35′,5; für 1850: 261° 52′,6, Decl. 37° 33′,0. Nach Gauß32 fällt die gesuchte Stelle in ein Viereck, dessen Endpunkte sind: RA. 258° 40′, Decl. 30° 40′; 258° 42′ + 30° 57′; 259° 13′ + 31° 9′; 260° 4′ + 30° 32′. Es blieb noch übrig zu versuchen, welches Resultat man erhalten würde, wenn man allein solche Sterne der südlichen Hemisphäre anwendete, die in Europa nie über den Horizont kommen. Dieser Untersuchung hat Galloway einen besonderen Fleiß gewidmet. Er hat sehr neue Bestimmungen (1830) von Johnson auf St. Helena und von Henderson am Vorgebirge der guten Hoffnung mit alten Bestimmungen von Lacaille und Bradley (1750 und 1757) verglichen. Das Resultat33 ist gewesen (für 1790) RA. 260° 0′, Decl. 34° 23′; also für 1800 und 1850: 260° 5′ + 34° 22′281 und 260° 33′ + 34° 20′. Diese Uebereinstimmung mit den Resultaten aus den nördlichen Sternen ist überaus befriedigend.
Ist demnach die Richtung der fortschreitenden Bewegung unseres Sonnensystems innerhalb mäßiger Grenzen bestimmt worden, so entsteht sehr natürlich die Frage: ob die Fixsternwelt, gruppenweise vertheilt, nur aus neben einander bestehenden Partial-Systemen zusammengesetzt sei; oder ob eine allgemeine Beziehung, ein Kreisen aller selbstleuchtenden Himmelskörper (Sonnen) um einen, entweder mit Masse ausgefüllten oder leeren, unausgefüllten Schwerpunkt gedacht werden müsse. Wir treten hier in das Gebiet bloßer Vermuthungen: solcher, denen man zwar eine wissenschaftliche Form geben kann, die aber keinesweges, bei der Unvollständigkeit des vorliegenden Materials von Beobachtungen und Analogien, zu der Evidenz führen können, deren sich andere Theile der Astronomie erfreuen. Einer gründlichen mathematischen Behandlung solcher schwer lösbaren Probleme steht besonders entgegen unsere Unkenntniß der Eigenbewegung einer grenzenlosen Menge sehr kleiner Sterne (10m – 14m), welche vornehmlich in dem so wichtigen Theile der Sternschicht, der wir angehören, in den Ringen der Milchstraße, zwischen helleuchtenden zerstreut erscheinen. Die Betrachtung unserer Planetenkreise, in welchen man von den kleinen Partial-Systemen der Monde des Jupiter, des Saturn und des Uranus zu dem höheren, dem allgemeinen Sonnensysteme, aufsteigt, hat leicht zu dem Glauben verleitet: daß man sich die Fixsterne auf eine analoge Weise, in viele einzelne Gruppen getheilt und durch282 weite Zwischenräume geschieden, wiederum (in höherer Beziehung solcher Gruppen gegen einander) der überwiegenden Anziehungskraft eines großen Centralkörpers (einer einigen Weltsonne) unterworfen denken könne. 34Die hier berührte, auf die Analogie unseres Sonnensystems gestützte Schlußfolge ist aber durch die bisher beobachteten Thatsachen widerlegt. In den vielfachen Sternen kreisen zwei oder mehrere selbstleuchtende Gestirne (Sonnen) nicht um einander, sondern um einen weit außer ihnen liegenden Schwerpunkt. Allerdings findet in unserem Planetensysteme in so fern etwas ähnliches statt, als die Planeten sich auch nicht eigentlich um den Mittelpunkt des Sonnenkörpers selbst, sondern um den gemeinschaftlichen Schwerpunkt aller Massen des Systems bewegen. Dieser gemeinsame Schwerpunkt aber fällt, nach der relativen Stellung der großen Planeten Jupiter und Saturn, bald in den körperlichen Umfang der Sonne, bald (und dieser Fall tritt häufiger ein) außerhalb dieses Umfanges. 35Der Schwerpunkt, welcher in den Doppelsternen leer ist, ist demnach im Sonnensysteme bald leer, bald mit Materie erfüllt. Was man über die Möglichkeit der Annahme eines dunkeln Centralkörpers im Schwerpunkt der Doppelsterne, oder ursprünglich dunkler, aber schwach durch fremdes Licht erleuchteter, um sie kreisender Planeten ausgesprochen; gehört in das vielfach erweiterte Reich der mythischen Hypothesen.
Ernster und einer gründlichen Untersuchung würdiger ist die Betrachtung: daß, unter der Voraussetzung einer Kreisbewegung sowohl für unser ganzes, seinen Ort veränderndes Sonnensystem als für alle Eigenbewegungen der so verschieden entfernten Fixsterne, das Centrum283 der Kreisbewegungen 90° von dem Punkte entfernt liegen müsse36, nach welchem unser Sonnensystem sich hinbewegt. In dieser Ideenverbindung wird die Lage der mit starker oder sehr schwacher Eigenbewegung begabten Sterne von großem Moment. Argelander hat mit Vorsicht und dem ihm eigenen Scharfsinn den Grad der Wahrscheinlichkeit geprüft, mit der man in unserer Sternschicht ein allgemeines Centrum der Attraction in der Constellation des Perseus37 suchen könne. Mädler, die Annahme der Existenz eines zugleich an Masse überwiegenden und den allgemeinen Schwerpunkt ausfüllenden Centralkörpers verwerfend, sucht den Schwerpunkt allein in der Plejaden-Gruppe und zwar in der Mitte dieser Gruppe, in oder nahe38 dem hellen Stern η Tauri (Alcyone). Es st hier nicht der Ort die Wahrscheinlichkeit oder nicht hinlängliche Begründung39 einer solchen Hypothese zu erörtern. Dem so ausgezeichnet thätigen Director der Sternwarte zu Dorpat bleibt das Verdienst, bei seiner mühevollen Arbeit die Position und Eigenbewegung von mehr als 800 Fixsternen geprüft, und zugleich Untersuchungen angeregt zu haben, welche, wenn sie auch nicht sicher zur Lösung des großen Problems selbst führen, doch geeignet sind Licht über verwandte Gegenstände der physischen Astronomie zu verbreiten.
[284](S. 266.) Delambre, Hist. de l'Astr. moderne T. II. p. 658; derselbe in der Hist. de l'Astr. au 18me
siècle p. 448.
Wenn man in den Betrachtungen über die Fixstern-Systeme von den geahndeten allgemeineren, höheren, zu den speciellen, niederen, herabsteigt; so gewinnt man einen festeren, zur unmittelbaren Beobachtung mehr geeigneten Boden. In den vielfachen Sternen, zu denen die binären oder Doppelsterne gehören, sind mehrere selbstleuchtende Weltkörper (Sonnen) durch gegenseitige Anziehung mit einander verbunden, und diese Anziehung ruft nothwendig Bewegungen in geschlossenen krummen Linien hervor. Ehe man durch wirkliche Beobachtung den Umlauf der Doppelsterne1 erkannte, waren solche Bewegungen in geschlossenen Curven nur in unserem planetenreichen Sonnensystem bekannt. Auf diese scheinbare Analogie wurden voreilig Schlüsse gegründet, die lange auf Irrwege leiten mußten. Da man mit dem Namen Doppelstern jedes Sternpaar bezeichnete, in welchem eine sehr große Nähe dem unbewaffneten Auge die Trennung der beiden Sterne nicht gestattet (wie in Castor, α Lyrae, β Orionis, α Centauri); so mußte diese Benennung sehr natürlich zwei Classen von Sternpaaren begreifen: solche die durch ihre zufällige290 Stellung in Beziehung auf den Standpunkt des Beobachters einander genähert scheinen, aber ganz verschiedenen Abständen und Sternschichten zugehören; und solche, welche, einander näher gerückt, in gegenseitiger Abhängigkeit oder Attraction und Wechselwirkung zu einander stehen und demnach ein eigenes, partielles Sternsystem bilden. Die ersteren nennt man nach nun schon langer Gewohnheit optische, die zweite Classe physische Doppelsterne. Bei sehr großer Entfernung und bei Langsamkeit der elliptischen Bewegung können mehrere der letzteren mit den ersteren verwechselt werden. Alcor, mit dem die arabischen Astronomen sich viel beschäftigt haben, weil der kleine Stern bei sehr reiner Luft und scharfen Gesichtsorganen dem bloßen Auge sichtbar wird, bildet (um hier an einen sehr bekannten Gegenstand zu erinnern) mit ζ im Schwanz des Großen Bären im weitesten Sinne des Worts eine solche optische Verbindung ohne nähere physische Abhängigkeit. Von Schwierigkeit des Trennens, welche dem unbewaffneten Auge darbieten die sehr ungleiche Licht-Intensität nahe gelegener Sterne, der Einfluß der Ueberstrahlung und der Sternschwänze, wie die organischen Fehler, die das undeutliche Sehen hervorbringen, habe ich schon oben im 2ten und 3ten Abschnitte gehandelt. 2
Galilei, ohne die Doppelsterne zu einem besonderen Gegenstande seiner telescopischen Beobachtungen zu machen (woran ihn auch die große Schwäche seiner Vergrößerungen würde gehindert haben), erwähnt in einer berühmten, schon von Arago bezeichneten Stelle der Giornata terza seiner Gespräche den Gebrauch, welchen die Astronomen von optischen Doppelsternen (quando si trovasse nel telescopio291 qualche picciolissima stella, vicinissima ad alcuna delle maggiori) zur Auffindung einer Fixstern-Parallaxe machen könnten. 3Bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts waren in den Sternverzeichnissen kaum 20 Doppelsterne aufgeführt, wenn man diejenigen ausschließt, welche weiter als 32″ von einander abstehen; jetzt, hundert Jahre später, sind (Dank sei es hauptsächlich den großen Arbeiten von Sir William Herschel, Sir John Herschel und Struve!) in beiden Hemisphären an 6000 aufgefunden. Zu den ältesten4 beschriebenen Doppelsternen gehören: ζ Ursae maj. (7 Sept. 1700 von Gottfried Kirch), α Centauri (1709 von Feuillée), γ Virginis (1718), α Geminorum (1719), 61 Cygni (1753, wie die beiden vorigen, von Bradley nach Distanz und Richtungswinkel beobachtet), p Ophiuchi, ζ Cancri ...... Es vermehrten sich allmälig die aufgezählten Doppelsterne: von Flamsteed an, der sich eines Micrometers bediente, bis zum Sterncatalog von Tobias Mayer, welcher 1756 erschien. Zwei scharfsinnig ahndende und combinirende Denker, Lambert („ Photometria “1760; „ Kosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues “1761) und John Michell (1767), beobachteten nicht selbst Doppelsterne, verbreiteten aber zuerst richtige Ansichten über die Attractions-Beziehungen der Sterne in partiellen binären Systemen. Lambert wagte wie Kepler die Vermuthung, daß die fernen Sonnen (Fixsterne) wie die unsrige von dunkeln Weltkörpern, Planeten und Cometen, umgeben seien; von den einander nahe stehenden Fixsternen aber glaubte5 er, so sehr er auch sonst zur Annahme dunkler Centralkörper geneigt scheint, „ daß sie in einer nicht zu langen Zeit eine Revolution um ihren gemeinschaftlichen292 Schwerpunkt vollendeten “. Michell6, der von Kant's und Lambert's Ideen keine Kenntniß hatte, wandte zuerst und mit Scharfsinn die Wahrscheinlichkeits-Rechnung auf enge Sterngruppen, besonders auf vielfache Sterne, binäre und quaternäre, an; er zeigte, wie 500000 gegen 1 zu wetten sei, daß die Zusammenstellung von 6 Hauptsternen der Plejaden nicht vom Zufalle herrühre, daß vielmehr ihre Gruppirung in einer inneren Beziehung der Sterne gegen einander gegründet sein müsse. Er ist der Existenz von leuchtenden Sternen, die sich um einander bewegen, so gewiß, daß er diese partiellen Sternsysteme zu sinnreicher Lösung einiger astronomischen Aufgaben anzuwenden vorschlägt. 7
Der Manheimer Astronom Christian Mayer hat das große Verdienst, auf dem sicheren Wege wirklicher Beobachtungen die Doppelsterne zuerst (1778) zu einem besonderen Ziele seiner Bestrebungen erhoben zu haben. Die unglücklich gewählte Benennung von Fixstern-Trabanten und die Beziehungen, welche er zwischen Sternen zu erkennen glaubte, die von Arcturus 2°½ bis 2° 55′ abstehen, setzten ihn bitteren Angriffen seiner Zeitgenossen, und unter diesen dem Tadel des großen und scharfsinnigen Mathematikers Nicolaus Fuß, aus. Das Sichtbar-Werden dunkler planetarischer Körper in reflectirtem Lichte war bei so ungeheurer Entfernung allerdings unwahrscheinlich. Man achtete nicht auf die Resultate sorgfältig angestellter Beobachtungen, weil man die systematische Erklärung der Erscheinungen verwarf; und doch hatte Christian Mayer in einer Vertheidigungsschrift gegen den Pater Maximilian Hell, Director der kaiserlichen Sternwarte zu Wien, ausdrücklich erklärt: „ daß die kleinen Sterne, welche den großen so nahe293 stehen, entweder erleuchtete, an sich dunkle Planeten; oder daß beide Weltkörper, der Hauptstern und sein Begleiter, zwei um einander kreisende, selbstleuchtende Sonnen seien. “ Das Wichtige von Christian Mayer's Arbeit ist lange nach seinem Tode von Struve und Mädler dankbar und öffentlich anerkannt worden. In seinen beiden Abhandlungen: Vertheidigung neuer Beobachtungen von Fixsterntrabanten (1778) und Diss. de novis in coelo sidereo phaenomenis (1779) sind 80 von ihm beobachtete Sternpaare beschrieben, unter denen 67 einen geringeren Abstand als 32″ haben. Die meisten derselben sind von Christian Mayer neu entdeckt durch das vortreffliche achtfüßige Fernrohr des Manheimer Mauerquadranten; „ manche gehören noch jetzt zu den schwierigsten Objecten, welche nur kräftige Instrumente darzustellen vermögen: wie ρ und 71 Herculis, ε Lyrae und ω Piscium. “ Mayer maß freilich nur am Meridian-Instrumente (wie man aber noch lange nach ihm gethan) Abstände in Rectascension und Declination, und wies aus seinen wie aus den Beobachtungen früherer Astronomen Positions-Veränderungen nach, von deren numerischem Werthe er irrigerweise nicht abzog, was (in einzelnen Fällen) der eigenen Bewegung der Sterne angehörte. 8
Diesen schwachen, aber denkwürdigen Anfängen folgte Wilhelm Herschel's Riesenarbeit über die vielfachen Sterne. Sie umfaßt eine lange Periode von mehr als 25 Jahren. Denn wenn auch das erste Verzeichniß von Herschel's Doppelsternen vier Jahre später als Christian Mayer's Abhandlung über denselben Gegenstand veröffentlicht wurde; so reichen des Ersteren Beobachtungen doch bis 1779, ja,294 wenn man die Untersuchungen über das Trapezium im großen Nebelfleck des Orion hinzurechnet, bis 1776 hinauf. Fast alles, was wir heute von der vielfältigen Gestaltung der Doppelsterne wissen, wurzelt ursprünglich in Sir William Herschel's Arbeit. Er hat in den Catalogen von 1782, 1783 und 1804 nicht bloß 846, meist allein von ihm entdeckte, in Position und Distanz bestimmte Doppelsterne aufgestellt9; sondern, was weit wichtiger als die Vermehrung der Anzahl ist, er hat seinen Scharfsinn und Beobachtungsgeist auch schon an allem dem geübt, was sich auf die Bahn, die vermuthete Umlaufszeit, auf Helligkeit, Farben-Contrast, und Classification nach Größe der gegenseitigen Abstände bezieht. Phantasiereich und doch immer mit großer Vorsicht fortschreitend, sprach er sich erst im Jahr 1794, indem er optische und physische Doppelsterne unterschied, vorläufig über die Natur der Beziehung des größeren Sterns zu seinem kleineren Begleiter aus. Den ganzen Zusammenhang der Erscheinungen entwickelte er erst neun Jahre später in dem 93ten Bande der Philosophical Transactions. Es wurde nun der Begriff von partiellen Sternsystemen festgesetzt, in denen mehrere Sonnen um ihren gemeinschaftlichen Schwerpunkt kreisen. Das mächtige Walten von Anziehungskräften, das in unserem Sonnensystem sich bis zum Neptun in 30 Erdweiten (622 Millionen geogr. Meilen) erstreckt, ja durch Anziehung der Sonne den großen Cometen von 1680 in der Entfernung von 28 Neptunsweiten (d. i. von 853 Erdweiten oder 17700 Millionen geogr. Meilen) zum Umkehren zwingt; offenbart sich auch in der Bewegung des Doppelsterns 61 des Schwans, welcher 18240 Neptunsweiten (550900295 Erdweiten oder 11394000 Millionen geogr. Meilen), bei einer Parallaxe von 0″,3744, von der Sonne entfernt ist. Wenn aber auch Sir William Herschel die Ursachen und den allgemeinen Zusammenhang der Erscheinungen in großer Klarheit erkannte; so waren doch in dem ersten Jahrzehent des 19ten Jahrhunderts die Positionswinkel, welche sich aus den eigenen Beobachtungen und aus den nicht sorgfältig genug benutzten älteren Sterncatalogen ergaben, an zu kurze und allzu nahe Epochen gebunden, als daß die einzelnen numerischen Verhältnisse der Umlaufszeiten oder Bahn-Elemente eine volle Sicherheit gewähren könnten. Sir John Herschel erinnert selbst an die so unsicheren Angaben der Umlaufszeiten von α Geminorum (334 Jahre statt nach Mädler10 520); von γ Virginis (708 statt 169); und von γ Leonis (1424 des großen Catalogs von Struve), einem prachtvollen Sternpaar, goldfarben und röthlich grün (1200 Jahre).
Nach William Herschel haben mit bewundernswürdiger Thätigkeit, und durch vervollkommnete Instrumente (besonders durch Micrometer-Apparate) unterstützt, die eigentlichen specielleren Grundlagen eines so wichtigen Zweiges der Astronomie Struve der Vater (1813 – 1842) und Sir John Herschel (1819 – 1838) gelegt. Struve veröffentlichte sein erstes Dorpater Verzeichniß von Doppelsternen (796 an der Zahl) im Jahre 1820. Demselben folgte ein zweites 1824 mit 3112 Doppelsternen bis 9ter Größe in Abständen unterhalb 32″, von welchen nur etwa 1 / 6 früher gesehen worden war. Um diese Arbeit zu vollbringen, wurden im großen Refractor von Fraunhofer an 120000 Fixsterne untersucht. Struve's drittes Verzeichniß vielfacher296 Sterne ist von 1837 und bildet das wichtige Werk: Stellarum compositarum Mensurae micrometricae. 11Es enthält, da mehrere, unsicher beobachtete Objecte mit Sorgfalt ausgeschlossen wurden, 2787 Doppelsterne.
Diese Zahl ist wiederum durch Sir John Herschel's Beharrlichkeit während seines vierjährigen, für die genaueste topographische Kenntniß des südlichen Himmels Epoche machenden Aufenthalts in Feldhausen am Vorgebirge der guten Hoffnung mit mehr als 2100, bis auf wenige Ausnahmen bisher unbeobachteten Doppelsternen bereichert worden. 12Alle diese afrikanischen Beobachtungen sind durch ein 20füßiges Spiegeltelescop gemacht, auf 1830 reducirt, und angereiht den 6 Catalogen, welche, 3346 Doppelsterne enthaltend, Sir John Herschel der Astronomical Society zu London für den 6ten und 9ten Theil ihrer reichhaltigen Memoirs übergeben hat. 13In diesen europäischen Verzeichnissen sind die 380 Doppelsterne aufgeführt, welche der eben genannte berühmte Astronom 1825 gemeinschaftlich mit Sir James South beobachtet hatte.
Wir sehen in dieser historischen Entwickelung, wie die Wissenschaft in einem halben Jahrhundert allmälig zu dem Schatz gründlicher Kenntniß von partiellen, besonders binären Systemen im Weltraum gelangt ist. Die Zahl der Doppelsterne (optische und physische zusammengenommen) kann gegenwärtig mit einiger Sicherheit auf 6000 geschätzt werden: wenn eingeschlossen sind die von Bessel durch das herrliche Fraunhofer'sche Heliometer beobachteten, die von Argelander14 zu Åbo (1827 – 1835), von Encke und Galle zu Berlin (1836 und 1839), von Preuß und Otto Struve in Pulkowa (seit dem Catalogus von 1837), von Mädler297 in Dorpat und Mitchell in Cincinnati (Ohio) mit einem 17füßigen Münchner Refractor beobachteten. Wie viele von jenen 6000, für das bewaffnete Auge nahe an einander gerückten Sternen in unmittelbarer Attractions-Beziehung mit einander stehen, eigene Systeme bilden und sich in geschlossenen Bahnen bewegen, d. h. sogenannte physische (kreisende) Doppelsterne sind; ist eine wichtige, aber schwer zu beantwortende Frage. Der kreisenden Begleiter werden allmälig immer mehr entdeckt. Außerordentliche Langsamkeit der Bewegung oder die Richtung der für unser Auge projicirten Bahnfläche, in welcher der sich bewegende Stern eine der Beobachtung ungünstige Position einnimmt, lassen uns lange physische Doppelsterne den optischen, nur genähert scheinenden, beizählen. Aber nicht bloß deutlich erkannte, meßbare Bewegung ist ein Criterium; schon die von Argelander und Bessel bei einer beträchtlichen Zahl von Sternpaaren erwiesene, ganz gleiche Eigenbewegung im großen Weltraume (ein gemeinschaftliches Fortschreiten, wie das unseres ganzen Sonnengebietes: also der Erde und des Mondes, des Jupiter, des Saturn, des Uranus, des Neptun, mit ihren Trabanten) zeugt für den Zusammenhang der Hauptsterne und ihrer Begleiter, für das Verhältniß in abgeschlossenen, partiellen Systemen. Mädler hat die interessante Bemerkung gemacht: daß, während bis 1836 man unter 2640 catalogisirten Doppelsternen nur 58 Sternpaare erkannte, in denen eine Stellungsverschiedenheit mit Gewißheit beobachtet wurde, und 105, in welchen dieselbe nur für mehr oder minder wahrscheinlich gehalten werden konnte; gegenwärtig das Verhältniß der physischen Doppelsterne zu den optischen so verändert sei298 zum Vortheil der ersteren, daß unter 6000 Sternpaaren man nach einer 1849 veröffentlichten Tabelle schon siebentehalbhundert15 kennt, in denen sich eine gegenseitige Positions-Veränderung nachweisen läßt. Das ältere Verhältniß gab 1 / 16, das neueste bereits 1 / 9 für die durch beobachtete Bewegung des Hauptsterns und den Begleiter sich als physische Doppelsterne offenbarenden Weltkörper.
Ueber die verhältnißmäßige räumliche Vertheilung der binären Sternsysteme, nicht bloß in den Himmelsräumen, sondern auch nur an dem scheinbaren Himmelsgewölbe, ist numerisch noch wenig ergründet. In der Richtung gewisser Sternbilder (der Andromeda, des Bootes, des Großen Bären, des Luchses und des Orions) sind in der nördlichen Hemisphäre die Doppelsterne am häufigsten. Für die südliche Hemisphäre macht Sir John Herschel das unerwartete Resultat bekannt, „ daß in dem extratropicalen Theile dieser Hemisphäre die Zahl der vielfachen Sterne um vieles geringer ist als in dem correspondirenden nördlichen Theile “. Und doch sind jene anmuthigen südlichen Regionen mit einem lichtvollen 20füßigen Spiegeltelescope, das Sterne 8ter Größe bis in Abständen von ¾ Secunden trennte, unter den günstigsten atmosphärischen Verhältnissen von dem geübtesten Beobachter durchforscht worden. 16
Eine überaus merkwürdige Eigenthümlichkeit der vielfachen Sterne ist das Vorkommen contrastirender Farben unter denselben. Aus 600 helleren Doppelsternen sind in Beziehung auf Farbe von Struve in seinem großen 1837 erschienenen Werke17 folgende Resultate gezogen worden: Bei 375 Sternpaaren waren beide Theile, der Hauptstern299 und der Begleiter, von derselben und gleich intensiver Farbe. In 101 war nur ein Unterschied der gleichnamigen Farbe zu erkennen. Der Sternpaare mit ganz verschiedenartigen Farben waren 120, oder 1 / 5 des Ganzen: während die Einfarbigkeit des Hauptsterns und des Begleiters sich auf 4 / 5 der ganzen, sorgfältig untersuchten Masse erstreckte. Fast in der Hälfte jener 600 Doppelsterne waren Hauptstern und Begleiter weiß. Unter den verschiedenfarbigen sind Zusammensetzungen von Gelb und Blau (wie in ι Cancri), und Rothgelb und Grün (wie im ternären γ Andromedae18) sehr häufig.
Arago hat zuerst (1825) darauf aufmerksam gemacht, daß die Verschiedenartigkeit der Farbe in dem binären Systeme hauptsächlich oder wenigstens in sehr vielen Fällen sich auf Complementar-Farben (auf die sich zu Weiß19 ergänzenden, sogenannten subjectiven) bezieht. Es ist eine bekannte optische Erscheinung, daß ein schwaches weißes Licht grün erscheint, wenn ein starkes (intensives) rothes Licht genähert wird; das weiße Licht wird blau, wenn das stärkere umgebende Licht gelblich ist. Arago hat aber mit Vorsicht daran erinnert, daß, wenn auch bisweilen die grüne oder blaue Färbung des Begleiters eine Folge des Contrastes ist, man doch im ganzen keinesweges das reelle Dasein grüner oder blauer Sterne läugnen könne. 20Er giebt Beispiele, in denen ein hellleuchtender weißer Stern (1527 Leonis, 1768 Can. ven. ) von einem kleinen blauen Stern begleitet ist; wo in einem Sternpaar (δ Serp. ) beide, der Hauptstern und sein Begleiter, blau sind:21 er schlägt vor, um zu untersuchen, ob die contrastirende Färbung nur subjectiv sei, den Hauptstern im300 Fernrohr (sobald der Abstand es erlaubt) durch einen Faden oder ein Diaphragma zu verdecken. Gewöhnlich ist nur der kleinere Stern der blaue; anders ist es aber im Sternpaar 23 Orionis (696 des Cat. von Struve p. LXXX); in diesem ist der Hauptstern bläulich, der Begleiter rein weiß. Sind oftmals in den vielfachen Sternen die verschiedenfarbigen Sonnen von, uns unsichtbaren Planeten umgeben; so müssen letztere, verschiedenartig erleuchtet, ihre weißen, blauen, rothen und grünen Tage haben. 22
So wenig, wie wir schon oben23 gezeigt haben, die periodische Veränderlichkeit der Sterne nothwendig an die rothe oder röthliche Farbe derselben gebunden ist, eben so wenig ist Färbung im allgemeinen oder eine contrastirende Verschiedenheit der Farbentöne zwischen dem Hauptstern und dem Begleiter den vielfachen Sternen eigenthümlich. Zustände, weil wir sie häufig hervorgerufen finden, sind darum nicht die allgemein nothwendigen Bedingungen der Erscheinungen: sei es des periodischen Lichtwechsels, sei es des Kreisens in partiellen Systemen um einen gemeinschaftlichen Schwerpunkt. Eine sorgfältige Untersuchung der hellen Doppelsterne (Farbe ist noch bei Sternen 9ter Größe zu bestimmen) lehrt, daß außer dem reinen Weiß auch alle Farben des Sonnenspectrums in den Doppelsternen gefunden werden; daß aber der Hauptstern, wenn er nicht weiß ist, sich im allgemeinen dem rothen Extrem (dem der weniger refrangiblen Strahlen) nähert, der Begleiter dem violetten Extrem (der Grenze der am meisten refrangiblen Strahlen). Die röthlichen Sterne sind doppelt so häufig als die blauen und bläulichen, die weißen sind ohngefähr 2½mal so zahlreich als die rothen und301 röthlichen. Merkwürdig ist es auch, daß gewöhnlich ein großer Unterschied der Farbe mit einem bedeutenden Unterschied in der Helligkeit verbunden ist. In zwei Sternpaaren, die wegen ihrer großen Helligkeit in starken Fernröhren bequem bei Tage gemessen werden können, in ζ Bootis und γ Leonis, besteht das erstere Paar aus 2 weißen Sternen 3m und 4m, das letztere aus einem Hauptstern 2m und einem Begleiter von 3m, 5. Man nennt diesen den schönsten Doppelstern des nördlichen Himmels, während daß α Centauri24 und α Crucis am südlichen Himmel alle anderen Doppelsterne an Glanz übertreffen. Wie in ζ Bootis, bemerkt man in α Centauri und γ Virginis die seltene Zusammenstellung zweier großer Sterne von wenig ungleicher Lichtstärke.
Ueber das Veränderliche der Helligkeit in vielfachen Sternen, besonders über Veränderlichkeit der Begleiter, herrscht noch nicht einstimmige Gewißheit. Wir haben schon oben mehrmals25 der etwas unregelmäßigen Veränderlichkeit des Glanzes vom gelbrothen Hauptstern α Herculis erwähnt. Auch der von Struve (1831 – 1833) beobachtete Wechsel der Helligkeit der nahe gleichen und gelblichen Sterne (3m), des Doppelsternes γ Virginis und Anon. 2718, deutet vielleicht auf eine sehr langsame Achsendrehung beider Sonnen. 26Ob in Doppelsternen je eine wirkliche Farbenveränderung vorgegangen sei (γ Leonis und γ Delphini?); ob in ihnen weißes Licht farbig wird, wie umgekehrt im isolirten Sirius farbiges Licht weiß geworden ist: bleibt noch unentschieden;27 und wenn die bestrittenen Unterschiede sich nur auf schwache Farbentöne beziehen, so ist auf die organische Individualität der Beobachter und,302 wo nicht Refractoren angewandt werden, auf den oft röthenden Einfluß der Metallspiegel in den Telescopen Rücksicht zu nehmen.
Unter den mehrfachen Systemen finden sich: dreifache (ξ Librae, ζ Cancri, 12 Lyncis, 11 Monoc. ); vierfache (102 und 2681 des Struvischen Catalogs, α Andromedae, ε Lyrae); eine sechsfache Verbindung in θ Orionis, dem berühmten Trapezium des großen Orion-Nebels: wahrscheinlich einem einigen physischen Attractions-System, weil die 5 kleineren Sterne (6m ,3; 7m; 8m; 11m ,3 und 12m) der Eigenbewegung des Hauptsternes (4m ,7) folgen. Veränderung in der gegenseitigen Stellung ist aber bisher nicht bemerkt worden. 28In 2 dreifachen Sternpaaren, ξ Librae und ζ Cancri, ist die Umlaufs-Bewegung beider Begleiter mit großer Sicherheit erkannt worden. Das letztere Paar besteht aus 3 an Helligkeit wenig verschiedenen Sternen 3ter Größe, und der nähere Begleiter scheint eine 10fach schnellere Bewegung als der entferntere zu haben.
Die Zahl der Doppelsterne, deren Bahn-Elemente sich haben berechnen lassen, wird gegenwärtig zu 14 bis 16 angegeben. 29Unter diesen hat ζ Herculis seit der Zeit der ersten Entdeckung schon zweimal seinen Umlauf vollendet, und während desselben (1802 und 1831) das Phänomen der scheinbaren Bedeckung eines Fixsterns durch einen anderen Fixstern dargeboten. Die frühesten Berechnungen der Doppelstern-Bahnen verdankt man dem Fleiße von Savary (ξ Ursae maj.), Encke (70 Ophiuchi) und Sir John Herschel; ihnen sind später Bessel, Struve, Mädler, Hind, Smyth und Capitän Jacob gefolgt. Savary's und Encke's Methoden fordern 4 vollständige, hinreichend weit von303 einander entfernte Beobachtungen. Die kürzesten Umlaufs-Perioden sind von 30, 42, 58 und 77 Jahren: also zwischen den planetarischen Umlaufszeiten des Saturn und Uranus; die längsten, mit einiger Sicherheit bestimmten, übersteigen 500 Jahre, d. i. sie sind ohngefähr gleich dem dreimaligen Umlauf von Le Verrier's Neptun. Die Excentricität der elliptischen Doppelstern-Bahnen ist nach dem, was man bis jetzt erforscht hat, überaus beträchtlich: meist cometenartig von 0,62 (σ Coronae) bis 0,95 (α Centauri) anwachsend. Der am wenigsten excentrische innere Comet, der von Faye, hat die Excentricität 0,55: eine geringere als die Bahn der eben genannten zwei Doppelsterne. Auffallend geringere Excentricitäten bieten η Coronae (0,29) und Castor (0,22 oder 0,24) nach Mädler's und Hind's Berechnungen dar. In diesen Doppelsternen werden von den beiden Sonnen Ellipsen beschrieben, welche denen zweier der kleinen Hauptplaneten unseres Sonnensystems (den Bahnen der Pallas: 0,24; und Juno: 0,25) nahe kommen.
Wenn man mit Encke in einem binären System einen der beiden Sterne, den helleren, als ruhend betrachtet und demnach die Bewegung des Begleiters auf diesen bezieht; so ergiebt sich aus dem bisher Beobachteten, daß der Begleiter um den Hauptstern einen Kegelschnitt beschreibt, in dessen Brennpunkt sich der letztere befindet: eine Ellipse, in welcher der Radius vector des umlaufenden Weltkörpers in gleichen Zeiten gleiche Flächenräume zurücklegt. Genaue Messungen von Positionswinkeln und Abständen, zu Bahnbestimmungen geeignet, haben schon bei einer beträchtlichen Zahl von Doppelsternen gezeigt, daß der Begleiter sich um den als ruhend betrachteten Hauptstern, von denselben304 Gravitations-Kräften getrieben, bewegt, welche in unserem Sonnensystem walten. Diese feste, kaum erst seit einem Viertel-Jahrhundert errungene Ueberzeugung bezeichnet eine der großen Epochen in der Entwickelungsgeschichte des höheren kosmischen Naturwissens. Weltkörper, denen man nach altem Brauche den Namen der Fixsterne erhalten hat, ob sie gleich weder an die Himmelsdecke angeheftet noch unbewegt sind, hat man sich gegenseitig bedecken gesehen. Die Kenntniß von der Existenz partieller Systeme in sich selbst gegründeter Bewegung erweitert um so mehr den Blick, als diese Bewegungen wieder allgemeineren, die Himmelsräume belebenden, untergeordnet sind. 305Bahn-Elemente von Doppelsternen.
[306]Unter den uns sichtbaren, den Himmelsraum erfüllenden Weltkörpern giebt es neben denen, welche mit Sternlicht glänzen (selbstleuchtenden oder bloß planetarisch erleuchteten; isolirt stehenden, oder vielfach gepaarten und um einen gemeinschaftlichen Schwerpunkt kreisenden Sternen) auch Massen mit milderem, mattem Nebelschimmer. 1Bald als scharf begrenzte, scheibenförmige Lichtwölkchen auftretend, bald unförmlich und vielgestaltet über große Räume ergossen, scheinen diese auf den ersten Blick dem bewaffneten Auge ganz von den Weltkörpern verschieden, die wir in den letzten vier Abschnitten der Astrognosie umständlich behandelt haben. Wie man geneigt ist aus der beobachteten, bisher unerklärten, Bewegung2 gesehener Weltkörper auf die Existenz ungesehener zu schließen; so haben Erfahrungen über die Auflöslichkeit einer beträchtlichen Zahl von Nebelflecken in der neuesten Zeit zu Schlußfolgen über die Nicht-Existenz aller Nebelflecke, ja alles kosmischen Nebels im Weltraume geleitet. Mögen jene wohlbegrenzten Nebelflecke eine selbstleuchtende dunstartige312 Materie, oder ferne, eng zusammengedrängte, rundliche Sternhaufen sein: immer bleiben sie für die Kenntniß der Anordnung des Weltgebäudes, dessen, was die Himmelsräume ausfüllt, von großer Wichtigkeit.
Die Zahl der örtlich in Rectascension und Declination bestimmten übersteigt schon 3600. Einige der unförmlich ausgedehnten haben die Breite von acht Monddurchmessern. Nach William Herschel's älterer Schätzung (1811) bedecken die Nebelflecke wenigstens 1 / 270 des ganzen sichtbaren Firmaments. Durch Riesenfernröhre gesehen, führt ihre Betrachtung in Regionen, aus denen der Lichtstrahl nach nicht ganz unwahrscheinlicher Annahme Millionen von Jahren braucht, um zu uns zu gelangen: auf Abstände, zu deren Ausmessung die Dimensionen unserer näheren Fixsternschicht (Siriusweiten oder berechnete Entfernungen von den Doppelsternen des Schwans und des Centauren) kaum ausreichen. Sind die Nebelflecke elliptische oder kugelförmige Sterngruppen, so erinnern sie, durch ihre Conglomeration selbst, an ein räthselhaftes Spiel von Gravitationskräften, denen sie gehorchen. Sind es Dunstmassen mit einem oder mehreren Nebelkernen, so mahnen die verschiedenen Grade ihrer Verdichtung an die Möglichkeit eines Processes allmäliger Sternbildung aus ungeballter Materie. Kein anderes kosmisches Gebilde, kein anderer Gegenstand der mehr beschauenden als messenden Astronomie ist in gleichem Maaße geeignet die Einbildungskraft zu beschäftigen: nicht etwa bloß als symbolisirendes Bild räumlicher Unendlichkeit, sondern weil die Erforschung verschiedener Zustände des Seins und ihre geahndete Verknüpfung in zeitlicher Reihenfolge uns eine Einsicht in das Werden3 zu offenbaren verheißt.
313Die historische Entwicklung unserer gegenwärtigen Kenntniß von den Nebelflecken lehrt, daß hier, wie fast überall in der Geschichte des Naturwissens, dieselben entgegengesetzten Meinungen, welche jetzt noch zahlreiche Anhänger haben, vor langer Zeit, doch mit schwächeren Gründen, vertheidigt wurden. Seit dem allgemeinen Gebrauch des Fernrohrs sehen wir Galilei, Dominicus Cassini und den scharfsinnigen John Michell alle Nebelslecke als ferne Sternhaufen betrachten: während Halley, Derham, Lacaille, Kant und Lambert die Existenz sternloser Nebelmassen behaupteten. Kepler (wie vor der Anwendung des telescopischen Sehens Tycho de Brahe) war ein eifriger Anhänger der Theorie der Sternbildung aus kosmischem Nebel, aus verdichtetem, zusammengeballtem Himmelsdunste. Er glaubte: caeli materiam tenuissimam (der Nebel, welcher in der Milchstraße mit mildem Sternlicht leuchte), in unum globum condensatam, stellam effingere; er gründete seine Meinung nicht auf den Verdichtungs-Proceß, der in begrenzten rundlichen Nebelflecken vorgehe (diese waren ihm unbekannt), sondern auf das plötzliche Auflodern neuer Sterne am Rande der Milchstraße.
Wie die Geschichte der Doppelsterne, so beginnt auch die der Nebelflecke, wenn man das Hauptaugenmerk auf die Zahl der aufgefundenen Objecte, auf die Gründlichkeit ihrer telescopischen Untersuchung und die Verallgemeinerung der Ansichten richtet, mit William Herschel. Bis zu ihm (Messier's verdienstvolle Bemühungen eingerechnet) waren in beiden Hemisphären nur 120 unaufgelöste Nebelflecke der Position nach bekannt; und 1786 veröffentlichte bereits der große Astronom von Slough ein erstes Verzeichniß, das deren 1000 enthielt. Schon früher habe ich in diesem Werke314 umständlich erinnert, daß, was vom Hipparchus und Geminus, in den Catasterismen des Pseudo-Eratosthenes und im Almagest des Ptolemäus Nebelsterne (νεφελοειδεῖς) genannt wird, Sternhaufen sind, welche dem unbewaffneten Auge in Nebelschimmer erscheinen. 4Dieselbe Benennung, als Nebulosae latinisirt, ist in der Mitte des 13ten Jahrhunderts in die Alphonsinischen Tafeln übergegangen: wahrscheinlich durch den überwiegenden Einfluß des jüdischen Astronomen Isaac Aben Sid Hassan, Vorstehers der reichen Synagoge zu Toledo. Gedruckt erschienen die Alphonsinischen Tafeln erst 1483, und zwar zu Venedig.
Die erste Angabe eines wundersamen Aggregats von zahllosen wirklichen Nebelflecken, mit Sternschwärmen vermischt, finden wir bei einem arabischen Astronomen aus der Mitte des zehnten Jahrhunderts, bei Abdurrahman Sufi aus dem persischen Irak. Der weiße Ochse, den er tief unter Canopus in milchigem Lichte glänzen sah, war zweifelsohne die Große Magellanische Wolke, welche bei einer scheinbaren Breite von fast 12 Monddurchmessern einen Himmelsraum von 42 Quadratgraden bedeckt, und deren europäische Reisende erst im Anfang des 16ten Jahrhunderts Erwähnung thun, wenn gleich schon zweihundert Jahre früher Normänner an der Westküste von Afrika bis Sierra Leone (8½° nördl. Br.) gelangt waren5. Eine Nebelmasse von so großem Umfange, dem unbewaffneten Auge vollkommen sichtbar, hätte doch früher die Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollen. 6
Der erste isolirte Nebelfleck, welcher als völlig sternlos und als ein Gegenstand eigener Art durch ein Fernrohr erkannt und beachtet wurde, war der, ebenfalls dem bloßen315 Auge sichtbare Nebelfleck bei ν der Andromeda. Simon Marius (Mayer aus Gunzenhausen in Franken), früher Musiker, dann Hof-Mathematicus eines Markgrafen von Culmbach, derselbe, welcher die Jupiterstrabanten neun Tage7 früher als Galilei gesehen, hat auch das Verdienst die erste und zwar eine sehr genaue Beschreibung eines Nebelfleckes gegeben zu haben. In der Vorrede seines Mundus Jovialis8 erzählt er, daß „ am 15 December 1612 er einen Fixstern aufgefunden habe von einem Ansehen, wie ihm nie einer vorgekommen sei. Er stehe nahe bei dem 3ten und nördlichen Sterne im Gürtel der Andromeda; mit unbewaffnetem Auge gesehen, schiene er ihm ein bloßes Wölkchen, in dem Fernrohr finde er aber gar nichts sternartiges darin: wodurch sich diese Erscheinung von den Nebelsternen des Krebses und anderen nebligen Haufen unterscheide. Man erkenne nur einen weißlichen Schein, der heller im Centrum, schwächer gegen die Ränder hin sei. Bei einer Breite von ¼ Grad gleiche das Ganze einem in großer Ferne gesehenen Lichte, das (in einer Laterne) durch (halb durchsichtige) Scheiben von Horn gesehen werde (similis fere splendor apparet, si a longinquo candela ardens per cornu pellucidum de noctu cernatur). “ Simon Marius fragt sich, ob dieser sonderbare Stern ein neu entstandener sei; er will nicht entscheiden: findet es aber recht auffallend, daß Tycho, welcher alle Sterne des Gürtels der Andromeda aufgezählt habe, nichts von dieser Nebulosa gesagt. In dem Mundus Jovialis, der erst 1614 erschien, ist also (wie ich schon an einem anderen Orte9 bemerkt habe) der Unterschied zwischen einem für die damaligen telescopischen Kräfte unauflöslichen Nebelfleck und einem Sternhaufen (engl. cluster, franz. amas d'étoiles) ausgesprochen, welchem die gegenseitige316 Annäherung vieler, dem bloßen Auge unsichtbaren, kleinen Sterne einen Nebelschein giebt. Trotz der großen Vervollkommnung optischer Werkzeuge ist fast drittehalb Jahrhunderte lang der Nebel der Andromeda, wie bei seiner Entdeckung, für vollkommen sternenleer gehalten worden: bis vor zwei Jahren jenseits des atlantischen Oceans von George Bond zu Cambridge (V. St.) 1500 kleine Sterne within the limits of the nebula erkannt worden sind. Ich habe, trotz des unaufgelösten Kerns, nicht angestanden ihn unter den Sternhaufen aufzuführen. 10
Es ist wohl nur einem sonderbaren Zufall zuzuschreiben, daß Galilei, der sich schon vor 1610, als der Sydereus Nuntius erschien, mehrfach mit der Constellation des Orion beschäftigte, später in seinem Saggiatore, da er längst die Entdeckung des sternlosen Nebels in der Andromeda aus dem Mundus Jovialis kennen konnte, keines anderen Nebels am Firmamente gedenkt als solcher, welche sich selbst in seinen schwachen optischen Instrumenten in Sternhaufen auflösten. Was er Nebulose del Orione e del Presepe nennt, sind ihm nichts als „ Anhäufungen (coacervazioni) zahlloser kleiner Sterne “. 11Er bildet ab nach einander unter den täuschenden Namen Nebulosae Capitis, Cinguli et Ensis Orionis Sternhaufen, in denen er sich freut in einem Raum von 1 oder 2 Graden 400 bisher unaufgezählte Sterne aufgefunden zu haben. Von unaufgelöstem Nebel ist bei ihm nie die Rede. Wie hat der große Nebelfleck im Schwerdte seiner Aufmerksamkeit entgehen, wie dieselbe nicht fesseln können? Aber wenn auch der geistreiche Forscher wahrscheinlich nie den unförmlichen Orions-Nebel oder die rundliche Scheibe eines sogenannten unauflöslichen Nebels gesehen hat, so waren doch seine allgemeinen Betrachtungen12 über die innere Natur der317 Nebelflecke denen sehr ähnlich, zu welchen gegenwärtig der größere Theil der Astronomen geneigt ist. So wenig als Galilei, hat auch Hevel in Danzig, ein ausgezeichneter, aber dem telescopischen Sehen beim Catalogisiren der Sterne wenig holder13 Beobachter, des großen Orions-Nebels in seinen Schriften erwähnt. Sein Sternverzeichniß enthält überhaupt kaum 16 in Position bestimmte Nebelflecke.
Endlich im Jahr 1656 entdeckte14 Huygens den durch Ausdehnung, Gestalt, die Zahl und die Berühmtheit seiner späteren Erforscher so wichtig gewordenen Nebelfleck im Schwerdt des Orion, und veranlaßte Picard sich fleißig (1676) mit demselben zu beschäftigen. Die ersten Nebelflecke der in Europa nicht sichtbaren Regionen des südlichen Himmels bestimmte, aber in überaus geringer Zahl, bei seinem Aufenthalte auf St. Helena (1677) Edmund Halley. Die lebhafte Vorliebe, welche der große Cassini (Johann Dominicus) für alle Theile der beschauenden Astronomie hatte, leitete ihn gegen das Ende des 17ten Jahrhunderts auf die sorgfältigere Erforschung der Nebel der Andromeda und des Orion. Er glaubte seit Huygens Veränderungen in dem letzteren, „ ja Sterne in dem ersteren erkannt zu haben, die man nicht mit schwachen Fernröhren sieht “. Man hat Gründe die Behauptung der Gestalt-Veränderung für eine Täuschung zu halten, nicht ganz die Existenz von Sternen in dem Nebel der Andromeda seit den merkwürdigen Beobachtungen von George Bond. Cassini ahndete dazu aus theoretischen Gründen eine solche Auflösung, da er, in directem Widerspruch mit Halley und Derham, alle Nebelflecke für sehr ferne Sternschwärme hielt. 15Der matte, milde Lichtschimmer in der Andromeda, meint er, sei allerdings dem des Zodiacallichtes analog; aber auch dieses sei aus einer Unzahl dicht318 zusammengedrängter kleiner planetarischer Körper zusammengesetzt. 16Lacaille's Aufenthalt in der südlichen Hemisphäre (am Vorgebirge der guten Hoffnung, auf Ile de France und Bourbon, 1750 – 1752) vermehrte so ansehnlich die Zahl der Nebelflecke, daß Struve mit Recht bemerkt, man habe durch dieses Reisenden Bemühungen damals mehr von der Nebelwelt des südlichen Firmaments als von der in Europa sichtbaren gewußt. Lacaille hat übrigens mit Glück versucht die Nebelflecke nach ihrer scheinbaren Gestaltung in Classen zu vertheilen; auch unternahm er zuerst, doch mit wenigem Erfolge, die schwierige Analyse des so heterogenen Inhalts der beiden Magellanischen Wolken (Nubecula major et minor). Wenn man von den anderen 42 isolirten Nebelflecken, welche Lacaille an dem südlichen Himmel beobachtete, 14 vollkommen, und selbst mit schwacher Vergrößerung, zu wahren Sternhaufen aufgelöste abzieht, so bleibt nur die Zahl von 28 übrig: während, mit mächtigeren Instrumenten wie mit größerer Uebung und Beobachtungsgabe ausgerüstet, es Sir John Herschel glückte unter derselben Zone, die Clusters ebenfalls ungerechnet, an 1500 Nebelflecke zu entdecken.
Entblößt von eigener Anschauung und Erfahrung, phantasirten, nach sehr ähnlichen Richtungen hinstrebend, ohne ursprünglich17 von einander zu wissen, Lambert (seit 1749), Kant (seit 1755) mit bewundernswürdigem Scharfsinn über Nebelflecke, abgesonderte Milchstraßen und sporadische, in den Himmelsräumen vereinzelte Nebel - und Sterninseln. Beide waren der Dunst-Theorie (nebular hypothesis) und einer perpetuirlichen Fortbildung in den Himmelsräumen, ja den Ideen der Stern-Erzeugung aus kosmischem Nebel zugethan. Der vielgereiste Le Gentil (1760 – 1769) belebte lange vor seinen319 Reisen und den verfehlten Venus-Durchgängen das Studium der Nebelflecke durch eigene Beobachtung über die Constellationen der Andromeda, des Schützen und des Orion. Er bediente sich eines der im Besitze der Pariser Sternwarte befindlichen Objective von Campani, welches 34 Fuß Focallänge hat. Ganz den Ideen von Halley und Lacaille, Kant und Lambert widerstrebend, erklärte der geistreiche John Michell wieder (wie Galilei und Dominicus Cassini) alle Nebel für Sternhaufen, Aggregate von sehr kleinen oder sehr fernen telescopischen Sternen, deren Dasein bei Vervollkommnung der Instrumente gewiß einst würde erwiesen werden. 18Einen reichen Zuwachs, verglichen mit den langsamen Fortschritten, welche wir bisher geschildert, erhielt die Kenntniß der Nebelflecke durch den beharrlichen Fleiß von Messier. Sein Catalogus von 1771 enthielt, wenn man die älteren, von Lacaille und Méchain entdeckten Nebel abzieht, 66 bis dahin ungesehene. Es gelang seiner Anstrengung, auf dem ärmlich ausgerüsteten Observatoire de la Marine (Hôtel de Clugny) die Zahl der damals in beiden Hemisphären aufgezählten Nebelflecke zu verdoppeln. 19
Auf diese schwachen Anfänge folgte die glänzende Epoche der Entdeckungen von William Herschel und seinem Sohne. Der Erstere begann schon 1779 eine regelmäßige Musterung des nebelreichen Himmels durch einen siebenfüßigen Reflector. Im Jahr 1787 war sein 40füßiges Riesentelescop vollendet; und in drei Catalogen20, welche 1786, 1789 und 1802 erschienen, lieferte er die Positionen von 2500 Nebeln und Sternhaufen. Bis 1785, ja fast bis 1791, scheint der große Beobachter mehr geneigt gewesen zu sein, wie Michell, Cassini und jetzt Lord Rosse, die ihm unauflöslichen Nebelflecke für sehr entfernt liegende Sternhaufen zu halten; aber eine längere320 Beschäftigung mit dem Gegenstande zwischen 1799 und 1802 leitete ihn, wie einst Halley und Lacaille, auf die Dunst-Theorie; ja, wie Tycho und Kepler, auf die Theorie der Sternbildung durch allmälige Verdichtung des kosmischen Nebels. Beide Ansichten sind indeß nicht nothwendig21 mit einander verbunden. Die von Sir William Herschel beobachteten Nebel und Sternhaufen hat sein Sohn Sir John von 1825 bis 1833 einer neuen Musterung unterworfen; er hat die älteren Verzeichnisse durch 500 neue Gegenstände bereichert, und in den Philosophical Transactions for 1833 (p. 365 bis 481) einen vollständigen Catalogus von 2307 Nebulae and Clusters of stars veröffentlicht. Diese große Arbeit enthält alles, was in dem mittleren Europa am Himmel aufgefunden war; und schon in den unmittelbar folgenden 5 Jahren (1834 bis 1838) sehen wir Sir John Herschel am Vorgebirge der guten Hoffnung, mit einem 20füßigen Reflector ausgerüstet, den ganzen dort sichtbaren Himmel durchforschen, und zu jenen 2307 Nebeln und Sternhaufen ein Verzeichniß von 1708 Positionen hinzufügen! 22Von Dunlop's Catalogus südlicher Nebel und Sternhaufen (629 an der Zahl, zu Paramatta beobachtet durch einen 9füßigen, mit einem Spiegel von 9 Zoll Durchmesser versehenen Reflector23 von 1825 bis 1827) ist nur ⅓ in Sir John Herschel's Arbeit übergegangen.
Eine dritte große Epoche in der Kenntniß jener räthselhaften Weltkörper hat mit der Construction des bewundernswürdigen funfzigfüßigen Telescops24 des Earl of Rosse zu Parsonstown begonnen. Alles, was, in dem langen Schwanken der Meinungen, auf den verschiedenen Entwickelungsstufen kosmischer Anschauung zur Sprache gekommen war, wurde nun in dem Streit über die Nebel-Hypothese und die321 behauptete Nothwendigkeit sie gänzlich aufzugeben der Gegenstand lebhafter Discussionen. Aus den Berichten ausgezeichneter und mit den Nebelflecken lange vertrauter Astronomen, die ich habe sammeln können, erhellt, daß von einer großen Zahl der aus dem Catalogus von 1833 wie zufällig unter allen Classen ausgewählten, für unauflöslich gehaltenen Objecte fast alle (der Director der Sternwarte von Armagh, Dr. Robinson, giebt deren über 40 an) vollständig aufgelöst wurden. 25Auf gleiche Weise drückt sich Sir John Herschel, sowohl in der Eröffnungsrede der Versammlung der British Association zu Cambridge 1845 als in den Outlines of Astronomy 1849, aus. „ Der Reflector von Lord Rosse “, sagt er, „ hat aufgelöst oder als auflösbar gezeigt eine beträchtliche Anzahl (multitudes) von Nebeln, welche der raumdurchdringenden Kraft der schwächeren optischen Instrumente widerstanden hatten. Wenn es gleich Nebelflecke giebt, welche jenes mächtige Telescop von sechs englischen Fußen Oeffnung nur als Nebel, ohne alle Anzeige der Auflösung, darstellt; so kann man doch nach Schlüssen, die auf Analogien gegründet sind, vermuthen, daß in der Wirklichkeit kein Unterschied zwischen Nebeln und Sternhaufen vorhanden sei. “26
Der Urheber des mächtigen optischen Apparates von Parsonstown, stets das Resultat wirklicher Beobachtungen von dem trennend, zu dem nur gegründete Hoffnung vorhanden ist, drückt sich selbst mit großer Vorsicht über den Orions-Nebel in einem Briefe an Professor Nichol zu Glasgow27 aus (19 März 1846). „ Nach unserer Untersuchung des berühmten Nebelfleckes “, sagt er, „ kann ich mit Gewißheit aussprechen, daß, wenn anders irgend einer, nur ein geringer Zweifel über die Auflösbarkeit bleibt. Wir konnten wegen der Luftbeschaffenheit322 nur die Hälfte der Vergrößerung anwenden, welche der Spiegel zu ertragen im Stande ist; und doch sahen wir, daß alles um