Anm. Die hiezu gehoͤrige Karte des Peloponnes waͤhrend des Peloponneſiſchen Kriegs, geſtochen von K. Kolbe in Berlin, iſt bei dem Preiſe des Buches nicht mit eingerechnet; ſie wird einzeln verkauft und koſtet ſauber illuminirt 18 Gr.
Das geſchichtliche Werk, das ich hiermit dem Publicum und der Wiſſenſchaft uͤbergebe, verfolgt eine Aufgabe, die durch ihre Groͤße und Schoͤn - heit mich vor Beginn der Arbeit mit Begeiſterung erfuͤllte, beim Fortgange derſelben zu immer neu anwachſender Thaͤtigkeit ſtaͤrkte, am Schluſſe aber faſt nur beſchaͤmt und niederdruͤckt: ſo wenig darf ich hoffen ſie von allen Seiten befriedi - gend geloͤst zu haben. Sie forderte, einen von den Staͤmmen, welche die Hauptglieder in dem Organismus des Helleniſchen Nationallebens bil - den, herausgeſondert in ſeinen aͤußeren Zuſtaͤnden und Verhaͤltniſſen, noch mehr aber in ſeinem gei - ſtigen Weſen und Leben zu erkennen und darzu - ſtellen. Die Statthaftigkeit einer ſolchen Auf - gabe laͤugnet heutzutage Niemand, da man aufge - geben, der Voͤlker Leben aus aͤußern Umſtaͤnden und Conjuncturen einerſeits und ſchlauen Plaͤnen[1*]VIausgezeichneter Maͤnner von der andern zu erklaͤ - ren, da man einſieht, daß Nationen nur groͤßre Individuen ſind, deren Charakter, von einer hoͤ - hern Natur von Anfang an beſtimmt, durch die Erziehung der Weltgeſchichte entwickelt wird, nach Geſetzen, die eben ſo weit uͤber dem Cauſalnex der einzelnen Momente als uͤber der ſubjektiven Frei - heit der Individuen ſtehn. Auch herrſcht die letz - tre Anſicht jetzt ſchon in den tiefern Studien der Griechiſchen Geſchichte vor, und hat uns das bald in Gegenſaͤtzen ſich entzweiende und wieder verei - nigende, bald in organiſcher Metamorphoſe neue Geſtalt gewinnende Leben der Hellenen in vielfa - cher Hinſicht mit groͤßerer Klarheit erkennen laſſen; welche Stelle aber in demſelben die Staͤmme ein - nehmen, wie in ihnen die Helleniſche Nationalitaͤt bis auf die tiefſte Wurzel ſich ſpaltet und ver - zweigt, daher ſie in jeder Richtung des geiſtigen Lebens auseinandertreten, und erſt vereint den vollen Begriff des Griechenthums geben, haben geiſtreiche Maͤnner ſchon einigemal nachzuweiſen geſucht, mit einer unverabredeten Uebereinſtim - mung, der nur wenige Unzuſammenhaͤngendes re - dende Stimmen widerſprachen. Auch hat man wohl ſchon den Geſammtbegriff des Hellenismus aus denen der einzelnen Staͤmme, und die letztern als nothwendig in jenem enthalten[andeutungs - weiſe] zu conſtruiren unternommen; Bemuͤhungen, die ich nicht zu tadeln wage, obgleich nur gar zuVII leicht das geſchichtliche Leben durch den allgemei - nen Begriff getoͤdtet wird, und es die Schranke der hiſtoriſchen wie naturgeſchichtlichen Forſchung zu ſein ſcheint, daß wir zwar den tiefen Zuſam - menhang des faktiſch Erkannten einzuſehn, und ſo zum Allgemeinen aufzuſteigen, aber nie vom Allgemeinen ab das Beſondre, dem goͤttlichen Gei - ſte gleichſam nachſchaffend, zu geſtalten vermoͤgen. Meine Aufgabe ging auf keinerlei Conſtruction, ſondern einzig darauf, aus genauer Betrachtung des Doriſchen Lebens in allen ſeinen Kreiſen und Richtungen das eigenthuͤmliche Weſen dieſes Stam - mes, wie eines einzelnen Menſchen aus ſeinen Handlungen und Reden, mit moͤglichſter Schaͤrfe und Beſtimmtheit auszumitteln; welche Aufgabe freilich an der ſcheinbar unaufloͤslichen Schwierig - keit leidet, daß wir uns einerſeits ſchon einen Be - griff von dem geiſtigen Weſen eines Volkes gebil - det haben muͤſſen, ehe wir daſſelbe in dem aͤußern Handeln der Einzelnen, in denen ſich die Sinnes - art der Geſammtheit mehr oder minder darſtellt, zu erkennen und nachzuweiſen vermoͤgen, und daß uns andrerſeits doch nichts Anders als die unbe - fangenſte Betrachtung des Letztern zur richtigen Erkenntniß des Erſtern fuͤhren kann: aber dies iſt keine unſrer Aufgabe eigenthuͤmliche Schwie - rigkeit, ſondern der in jeder hiſtoriſchen Forſchung mehr oder minder ſtattfindende Cirkel. Bedeu - tender iſt die, daß die Maſſe und VielartigkeitVIII des zuſammenzutragenden Stoffs und der unterge - ordneten Unterſuchungen einen lichtvollen Gang der Geſammtdarſtellung ungemein erſchwert: um ſo noͤthiger ſcheint es, den Plan des Ganzen hier mit einigen Worten anzugeben.
Zuerſt mußte von der Exiſtenz, Verbreitung und Stellung des Doriſchen Stammes gehandelt, und die aͤußere Geſchichte deſſelben fuͤr ſich darge - ſtellt werden, obgleich dies nie in ſo vollkommner Sonderung geſchehn kann, daß nicht zugleich man - che politiſche und Cultur-Ideen, welche auf die Stellung nach außen beſtimmend einwirken, be - ruͤhrt werden ſollten. Sonſt habe ich dieſe Dar - ſtellung oͤrtlich dadurch beſchraͤnkt, daß ich von den Staaten der Dorier außerhalb des Peloponnes nur die Anlage behandle; in Hinſicht der Zeit dadurch, daß ich die Erzaͤhlung nur bis zum An - fange des Peloponneſiſchen Krieges fortfuͤhre, nach dem die vorher ſchon mannigfach aufgeloͤste Stamm - einheit allgemach ganz verſchwindet: dazu iſt die Behandlung durch Auslaſſung alles Deſſen, was in andern Werken, wie in Manſo’s Sparta, genuͤ - gend eroͤrtert ſchien, — und deſſen war ungemein viel, — fragmentariſch geworden; manche Luͤcken auszufuͤllen, wird die chronologiſche Beilage und die Karte dienen, die den Zuſtand des Peloponnes waͤhrend des Krieges zu veranſchaulichen beſtimmt iſt. Daß ich nun auf dieſen geſchichtlichen Abriß Abhandlungen uͤber Religion, Staat, Sitte undIX Kunſt folgen laſſe, und alles Dies unter dem Ti - tel von Geſchichte, wird Niemand tadeln, der nicht von Geſchichte uͤberhaupt ſehr enge und unleben - dige Vorſtellungen hat. Die Religion, gebildet in Zeiten, da Staat und Recht noch embryoniſch in den Keimen lagen, und als dieſe ſich zu ge - ſtalten anfingen, ſchon lange feſtgeſtellt, iſt ganz eigentlich die aͤlteſte Geſchichtsurkunde des geiſti - gen Lebens einer Nation, zumal wenn nachgewie - ſen wird, was bei der Doriſchen des Apollon mit genuͤgender Evidenz geſchehen zu ſein ſcheint: daß ſie der Volkſtamm nicht durch aͤußerliche Ueber - tragung erhalten, ſondern aus dem eignen reli - gioͤſen Gefuͤhl zur beſtimmten Geſtalt erſchaffen habe. Wie ſchwierig aber die Behandlung die - ſes Gegenſtandes ſei, mag am beſten die Betrach - tung lehren, daß uͤberhaupt keine Religion, mit Ausnahme des Chriſtenthums, in einer geſchicht - lichen Zeit neu entſtanden iſt, daß aller andern Urſprung in einer voͤllig verhuͤllten Urzelt liegt, welche ein ſpaͤter untergegangnes Vermoͤgen, religioͤſe Gefuͤhle in beſtimmter Form feſtzuhalten und dem Beduͤrfniß des Glaubens ſein Objekt zu ſchaffen, beſeſſen haben muß. In einer ſolchen Zeit ruhend ſtehen beim erſten daͤmmernden Beginn der Geſchichte die Gottheiten und Culte aller Voͤlker ſchon vor uns, den Sprachen aͤhnlich, die auch nie - mals nachweisbar ein neues weſentliches Element, ein Wurzelwort oder eine Flexion, erhalten haben;X wie dieſe, moͤgen ſie ſich vermiſchen, degeneriren, von außen umgeſtaltet werden; etwas voͤllig Neues giebt es in ihnen nicht, und alle Religion iſt ihrem Weſen nach traditionell und poſitiv. Das, glaub’ ich, lehrt alle Hiſtorie, die ſich bemuͤht die Epochen des geſchichtlichen Lebens mit Unbefangenheit zu erkennen. Dagegen iſt es vielleicht ein beſondres Reſultat der hier mitgetheilten Unterſuchungen, daß dieſer Zuſtand religioͤſer Produktivitaͤt doch fuͤr Griechenland in eine Zeit geſetzt werden muß, in der nicht die Nation blos, ſondern auch die einzel - nen Staͤmme derſelben in beſtimmt ausgepraͤgter Eigenthuͤmlichkeit daſtanden. Denn wenn ich er - ſtens gezeigt habe, daß aller Apollocult von dem Doriſchen Urlande um Tempe ausgegangen iſt, ſo iſt auch zweitens anſchaulich gemacht worden, daß die Grundideen deſſelben mit dem Geiſte des Do - riſchen Volkſtammes in derjenigen Uebereinſtim - mung ſtanden, die uͤberhaupt bei Vergleichung fruͤherer und ſpaͤterer Epochen deſſelben Volks er - wartet werden kann. Freilich haͤngt dies Reſul - tat von dem Gelingen meines Bemuͤhens ab, uͤberhaupt die religioͤſen Ideen dieſes Cultus aus deſſen Symbolen, Mythen, Darſtellungen dem Leſer zu vergegenwaͤrtigen; den ich dabei nur zu erwaͤgen bitte, daß ich einerſeits aus Scheu durch Raͤſonnement die aͤchte Farbe der Tradition zu ver - wiſchen, andrerſeits auf weiteres Fortſinnen rech - nend, die Stelle einzelner Saͤtze im allgemeinernXI Zuſammenhange oft nur mit wenigen Worten be - zeichnet habe. Juͤnger als die Bildung des Goͤt - termythus iſt auf jeden Fall die des heroiſchen, ſeine Tendenz ſchon mehr praktiſch, weniger ideal, auf und ab ſchwankend von religioͤſer Anſchauung zu geſchichtlicher Erinnerung. Bei den Doriern concentrirte ſich der Schoͤpfergeiſt dieſer Mytho - logie in der Einen Geſtalt des Herakles, die dem Doriſchen Stamm in ihren Hauptzuͤgen zu vindi - ciren und von dieſem Anfangspunkte aus zu ent - wickeln, eine der Hauptabſichten dieſes Buches war. Da in dieſer Claſſe von Mythen manche der aͤlteſten politiſchen Ideen, wie Heiligkeit des Koͤnigthums, Nothwendigkeit der Mordſuͤhne, hell hervortreten: ſo ſchien es angemeſſen, unmit - telbar die Darſtellung des Doriſchen Staates fol - gen zu laſſen. Dem Doriſchen Stamme iſt vor allen Griechiſchen ein eben ſo fruͤh gebildeter als intenſiver Begriff von der Ordnung des oͤffent - lichen Lebens eigen, ſo daß die noch in vielfacher Hinſicht unbeſtimmten Verhaͤltniſſe der Homeriſchen Achaͤer in einen auffallenden Gegenſatz treten mit dem ſtreng geregelten und harmoniſch ausgebilde - ten Staatsleben, wie es ſich ſchon ſo fruͤh in Kreta, dann gleicherweiſe in Sparta, und, wie ich glaube, auch ſehr zeitig in Delphi geſtaltete. Den Begriff des Doriſchen Staates uͤberhaupt nach - zuweiſen, ſeinen Organismus aus Kreta’s, Spar - ta’s und einiger andern Staaten aͤlteren Inſtitu -XII tionen zu entwickeln, war die Hauptabſicht des dritten Buches, das indeſſen auch diejenigen Staatseinrichtungen und ſolche Verfaſſungen der Dorier nicht uͤbergeht, in denen von jenem politi - ſchen Stammgeiſte eben Nichts oder Wenig ſicht - bar iſt. Eine ſehr verwickelte Aufgabe fuͤr die ge - ſchichtliche Forſchung iſt die Sitte, oder die Weiſe des Familienlebens und der Geſelligkeit, die nicht unmittelbar von der Einheit des Staates abhaͤngt, weil an ihr die verſchiedenſten Zeitalter und oft auch Individuen beſtaͤndig und unmerklich arbeiten, ohne daß von ihrem Entſtehen und ihren Um - wandlungen irgend beſtimmte Kunde auf die Nach - welt kaͤme. Doch wird die Behandlung der Do - riſchen Sitte erſtens dadurch erleichtert, daß ſie, die Individuen faſt mit gleicher Strenge wie das eigentliche Recht beherrſchend, eben darum mit groͤßter Treue und Beharrlichkeit feſtgehalten wird, daher wir oft in verſchiednen und entlegnen Dori - ſchen Staaten weſentlich ganz dieſelben Herkom - men finden, und in ihnen bei ſtrengem Gegenſatze gegen ſpaͤter allgemeine Hellenenſitten doch Urſit - ten der ganzen Nation, ja aller occidentaliſchen Voͤlker erkennen: zweitens dadurch, daß uns hier, ſo wie in der Kunſt, der Sprachgebrauch bedeu - tend unterſtuͤtzt, indem er in beſtimmten Aus - druͤcken von Doriſcher Kleidung, Speiſe, Lebens - art, wie von Bauart und Tonart, redet, waͤhrend von Doriſcher Ariſtokratie nur ſelten, von Dori -XIII ſcher Religion — als deren Inkunabeln am ent - fernteſten lagen — nie geſprochen wird. Die Kunſt tritt eigentlich uͤberall ein, wo das Beſtre - ben waltet, innerliches Leben in entſprechender aͤußerlicher Form darzuſtellen, z. B. in jeder Cul - tushandlung, aber auch in Gang, Kleidung und andern Lebensſitten, in welchen ſich haͤufig ein wahres Kunſtſtreben mit einer eben ſo realen Richtung auf einen aͤußerlichen Zweck unzerreißlich vereinigt. Und ſo ſind alle die einzelnen Kuͤnſte, deren Darſtellung ich der Erziehung angereiht habe, Gymnaſtik, Muſik, Orcheſtik, Dramatik, Plaſtik, nur Seiten und Ausdruͤcke jener allge - meineren das ganze Leben durchdringenden: wie auch wohl dieſe geſchichtliche Darſtellung anſchau - lich macht, bei der abſichtlich, was dem allgemei - nen Nationalleben entſprungen, in den Vorgrund, was mehr aus einzelnen Anregungen hervorgegan - gen, in den Hintergrund geruͤckt iſt.
Daß dieſes Nationalleben, deſſen Hauptzuͤge ich am Schluſſe zuſammenzuſtellen verſucht, aller - dings noch weit lebendiger, anſchaulicher, be - ſtimmter gezeichnet werden koͤnne als es hier ge - ſchehn, iſt eine Ueberzeugung, die ſich mir nach Vollendung des Werkes vielleicht lebhafter als irgend einem Andern aufdraͤngt, ſo lebhaft daß ich wuͤnſchen moͤchte, von dem gewonnenen Stand - punkte noch einmal das Ganze neugeſtalten zu koͤn - nen, um dann erſt Jegliches an ſeinen gehoͤrigſtenXIV Platz und in ſein eigenſtes Licht zu ſtellen. Nun aber habe ich mich, mehr ein Lernender als ein Lehrender, mit voͤlliger Unbefangenheit der Com - bination des Stoffes uͤberlaſſen, oft mit dieſer beſchaͤftigt den allgemeinen Faden eben nur noch in Haͤnden behalten, oft allgemeinere Reſultate faſt unerwartet aus der Behandlung des Gegeb - nen hervorwachſen ſehn, oft aber auch nach einer uͤbeln Sitte, der ich indeß ſchwerlich ſobald ent - ſagen kann, die Forſchung auf ein beſtimmtes Reſultat hinauszufuͤhren unterlaſſen, weil mir der bornirende Schein der Sicherheit und Vollendung weit gefaͤhrlicher duͤnkt als das Hinausſtellen des Abſchluſſes in die ungewiſſe Zukunft. Wenn ſich deſſenungeachtet hie und da ein gewiſſes Gefuͤhl mit einiger Haͤrte ausſpricht, wie es wohl ein wiſſenſchaftliches Verfahren zu begleiten pflegt, das eine eigenthuͤmliche Unterſuchungsweiſe auf eignes Studium der Quellen anwendet: ſo mag ich verſichern, daß dieſes Gefuͤhl bei mir niemals im Widerſpruch geſtanden hat mit der dankbaren Anerkenntniß, durch Anderer Forſchungen vielfach belehrt, geleitet, erweckt worden zu ſein, und mit der groͤßten Bereitwilligkeit, dieſe Belehrung auf unzaͤhligen einzelnen Stellen einzugeſtehn. So werden Voß in der Darſtellung des Apollon-Phoͤ - bos, Buttmann in der des menſchlichen Herakles manche Idee als die ihrige wiedererkennen; wie vielfachen Reiz der Forſchung ich einem andernXV eminenten Mythologen verdanke, habe ich nie ver - hehlen wollen. Von Boͤckh, kann ich gar nicht mehr angeben, wie viel durch Unterricht und Mit - theilung in meine Studien und namentlich in dies Buch uͤbergegangen iſt, und kaum dafuͤr brauche ich des trefflichen Gelehrten Verzeihung zu erbitten, wenn ich Einiges unreif und voreilig ausgeſpro - chen, woruͤber wir von ihm reiflichere Erwaͤgung und gediegnere Eroͤrterung zu erwarten haben. Wie er mich auch durch Mittheilung von In - ſchriften und durch berichtigende Bemerkungen nach Zuſendung der Bogen unterſtuͤtzt, habe ich einige - mal anzumerken Gelegenheit gefunden. Weniger konnte ich, ohne weitlaͤuftig zu werden, des ſtill - fortwirkenden Einfluſſes gedenken, den Heerens leitender Rath und Diſſens belehrendes Geſpraͤch auf mein Buch geuͤbt haben, welche Gelehrte uͤberdies durch den freundlichſten Antheil am Fort - gange des Unternehmens den wankenden Muth der Arbeit oftmals neu befeſtigten. Schließlich bemerke ich noch, daß die Erwaͤhnungen der In - ſchriften, die Fourmont nach Paris gebracht, ſo wie derer, die der Engl. Conſul Sherard in Klein - aſien ſammelte, und einiger andern in Paris und London befindlichen Steine, dann auch des Reiſe - journals Fourmonts des Neffen, mancher durch Lord Elgin an das Brittiſche Muſeum gekomme - nen Zeichnungen, mehrerer Griechiſchen Muͤnzen in noch nicht herausgegebnen Sammlungen, wieXVI bei Payne Knight, Lord Northwick, u. dgl. m. ſich auf Autopſie gruͤnden, der eine nach England und Frankreich auf huldvolle Veranſtaltung unſrer Regierung unternommene Reiſe die Gelegenheit gab.
Der Urſprung des Doriſchen Stammes liegt in den Gegenden, wo gegen Norden die Griechiſche Nation an ganz verſchiedene, weit verbreitete Staͤmme der Bar - baren graͤnzt. Ueber dieſe Graͤnzen ſteigt zwar Men - ſchengedenken nirgend hinauf, und hat von einem jen - ſeits liegenden Urſprung auch nicht den leiſeſten Schim - mer einer Ueberlieferung bewahrt. Aber an den Graͤnzen ſelbſt entwickelten ſich viele der Bewegungen, welche den Zuſtand des geſammten Volkes hinter einander ver - aͤnderten, und wurden viele der Impulſe gegeben, welche durch alle Glieder deſſelben und lange Zeiten nachwirkten. Das Hauptgeſetz dieſer Bewegungen war ein ſtetiges Vordringen der barbariſchen Staͤmme, beſonders der Illyrier, gegen welches ſich auffallender Weiſe Griechenland, obgleich dadurch fortwaͤhrend ge - druͤckt, beſchraͤnkt und ſelbſt Theile ſeines Ganzen da - durch verlierend, doch nie zu einmuͤthiger Gegenwehr vereinigte: wohl deswegen, weil das Geſicht von Grie - chenland durchaus nach Suͤden gekehrt, alles Augen - merk dahin gerichtet war.
Um fuͤrs erſte eine Graͤnzbeſtimmung aufzuſtel - len, die wir hernach genauer modificiren koͤnnen, ſo nennen wir den Gebirgszug, der ſich vom Olymp gegen Weſten bis an das Akrokerauniſche Gebirg erſtreckt, die Kambuniſchen Berge und den Lakmon inbegreift, und in der Mitte einen Knoten mit dem von Nord nach Suͤd ſtreichenden Pindos bildet. Der weſtliche Theil dieſer Kette trennt die letzten Griechenſtaͤmme von der großen Illyriſchen Nation, die ruͤckwaͤrts bis an die Kelten in Suͤddeutſchland reichte. Jeder Aufſchluß uͤber den Zuſammenhang, die Eigenthuͤmlichkeit und den Sprachſtamm dieſes Volkes wird uͤberaus willkommen ſein, und die Dialekte der Albaneſen, beſonders in den Gebirgen, wo ſich das Urſpruͤngliche unvermiſchter er - halten, werden zur Forſchung Stoff geben1S. beſonders Pouqueville’s Verzeichniß albaneſiſcher Worte. Vgl. Thunmanns Geſch. der Europ. Voͤlker S. 250.. Bis zur Ausmittlung des naͤhern Verhaͤltniſſes ſind ſie fuͤr uns nur noͤrdliche Graͤnze des Griechenvolks, von dem ſie an Sprache und Sitte nationell verſchieden waren.
Makedonien hatte mit den Illyriſchen Staͤm - men einen Theil der Sprache und die Tracht der Chlamys ſowohl als des Haares gemein2Str. 7, 327. a. , woraus ganz deut - lich erhellet, daß die Makedonier zur Illyriſchen Na - tion gehoͤrten3Illyriſche Worte bei den Makedoniern: σαυάδαι Silenen in Maked. δευάδαι illyriſch. δϱάμις Brodt Maked. δϱά - μικες bei den Athamanen. Band 1. S. 254. vgl. Heſych. βα - τἀϱα. S. die fleißige Sammlung bei Sturz de dial. Mace - donica. . Indeſſen iſt kein Zweifel, daß Grie - chen hier Ureinwohner waren. Die Ebnen von Ema - thien, der ſchoͤnſte Theil des Landes, waren Sitz der Pelasger4Juſtin 7, 1. vgl. Aeſch. Ἱκετ. 261., die nach Herodot auch Kreſton oberhalb Chalkidike inne hatten, wohin ſie aus Theſſaliotis ge -3 kommen waren1Herod. 1, 57. S. zur Stelle Band 1. S. 444.. Daher war die Makedoniſche Spra - che voll griechiſcher Stammwoͤrter. Und daß dieſe nicht etwa durch die helleniſche oder helleniſirende Koͤnigsdy - naſtie hineingekommen ſind: geht daraus hervor, daß viele derſelben Bezeichnungen der einfachſten Begriffe waren, die keine Sprache von einer fremden entlehnt, und daraus, daß dieſe Worte nicht in ihrer griechiſchen Form, ſondern nach einem innerlichen Organismus um - gebildet erſcheinen2Vgl. z. B. δαίνειν toͤdten, δάνος Tod mit ϑανεῖν, ϑάνατος; ἐέλδω (ἐέλδωϱ Homer) mit ἐϑέλω, ἀδϱαία fuͤr αἰϑϱία, worin ϑ eben ſo ſeine Aſpiration verliert wie φ in κεβαλὴ (Haubet) ἀβϱοῦτις fuͤr ὀφϱὺς (Braue), Βίλιππος, Βεϱενίκη, βαλακϱός u. a. Auch faͤllt oͤfter der Spiritus asper weg. ἐνδομενία oder ἐνδυμενία Hausrath (Polyb.) mit Verwechſelung von ο und υ.. Man findet im Makedoniſchen grammatiſche Formen, die gemeinhin aeoliſch genannt werden3Z. B. die Nomi - native ἵπποτα u. ſ. w. die ſonſt Aeoliſch-boeotiſch, Doriſch, auch Theſſaliſch genannt werden. Sturz a. O. S. 28., manches Arkadiſche4Z. B. ζέϱεϑϱα fuͤr βάϱαϑϱα. und Theſſaliſche5Z. B. ταγῶν ἀγὰ die Anfuͤhrung des Tagos, wie in Theſſalien; ματτύα Leckerſpeiſe, Theſſaliſch, Ma - kedoniſch und auch Spartaniſch.; und was vielleicht am meiſten Aufſchluß verheißt, mehrere Worte, die aus dem Griechiſchen verſchwunden, ſich noch im Latein erhalten haben6Z. B. Βἰϱ̓ϱ̔οξ, hirsutus, hirtus, γάϱκαν (Gerte) virgam, ἴλεξ ilex. Auch der Mangel an Aſpiration bildet einen Vergleichungspunkt.. Zum Doriſchen Dia - lekt zeigt ſich keine beſondre Verwandtſchaft; daher wir Herodots, auch ſonſt wenig unterſtuͤtzte Annahme einer urſpruͤnglichen Identitaͤt des Doriſchen und Makedniſchen (Makedoniſchen) Volks auf ſich beruhen laſſen. Bei Andern heißt Makednos Sohn des Arkadiſchen Voͤlkerva - ters Lykaon7Apollodor 3, 8, 1., oder Makedon Bruder des Magnes, oder Sohn des Aeolos, wie Heſiod und Hellanikos ange -1 *4ben1Bei Conſtant. Porph. de themat. 2, 2. S. 1453. Sturz Hell. S. 79. Die Stelle des Heſiod iſt wohl aus den Eoͤen, und kein Grund vorhanden, ſie fuͤr falſch zu halten. Man muß im zweiten Verſe υἷε δύω Μάγνητα Μάκεδνόν ϑ̕ ἱππιοχάϱμην leſen.: mannigfache Bemuͤhungen, den halbgriechiſchen Volkſtamm mit der uͤbrigen Nation genealogiſch zu ver - binden.
So wie die Makedonier, ſo ſind wohl auch die Theſſaler Illyrier, welche eine griechiſche Bevoͤlke - rung unterworfen haben, nur daß hier die Zahl der Ein - wandrer geringer, die Maſſe und Cultur der Ureinwoh - ner uͤberwiegend war. So kam es, daß die Theſſaler weit mehr zu Griechen wurden, als ihre noͤrdlicheren Stammverwandten, daß namentlich die Sprache faſt durchaus griechiſch, und zwar vielleicht der altepiſchen aͤhnlicher war, als ein andrer Dialekt. Aber was wir als des eingewanderten Volkes Eigenthuͤmlichkeit kennen, iſt ungriechiſch. Die nationale Tracht2Die alten Makedoniſchen Muͤnzen geben genau dieſelbe, wie die Theſſaliſchen., wozu der fla - che und breite Hut Kauſia und die Chlamys gehoͤrte, die den beiden Voͤlkern gemein, aber den Griechen Homers und noch lange hernach unbekannt war3Vgl. indeß Θετταλικὰ πτεϱὰ bei mehrern Lexi - kogr. mit Didymos bei Ammonios χλαμύς. Weiter davon im 4. Buch., bis man ſie in Athen als Ritterkleid annehmlich fand — iſt ein genuͤ - gendes Beiſpiel. Auch den Gebrauch der Reiterei im Kriege haben ohne Zweifel erſt die Theſſaler nach Grie - chenland gebracht. Was aber vielleicht hoͤheres Gewicht als die angefuͤhrten Aeußerlichkeiten hat, iſt einerſeits der ungeſtuͤme und leidenſchaftliche Sinn, andrerſeits die geiſtige Unbedeutendheit und Armuth derſelben — denn die Liebe des reichen Skopadenhauſes zur Kunſt beweiſt nicht mehr, als die eines Archelaos in Makedo -5 nien fuͤr das Geſammte. Hiedurch ſind ſie genugſam von dem durch die Natur edelgeſchaffnen Stamme der Griechen unterſchieden. Wir werden alſo anzunehmen bewogen, daß dieſes Volk, welches kurz vor dem Hera - klidenzuge aus Thesprotien, und zwar aus der Gegend von Ephyra (Kichyros) in die Ebne des Peneios ein - wanderte, vorher ſchon aus dem Gebiete der Illyrier dahin hinabgekommen war. Dagegen koͤnnen freilich manche[Uebereinſtimmungen] in den Sitten der Theſſaler mit den Doriern angefuͤhrt werden. So daß ſie ebenfalls jene eigenthuͤmlich Doriſche Maͤnnerliebe hatten, und den Geliebten (wie die Spartaner) Ἀΐτας nannten1Vgl. Theokr. 12, 14. mit Alkman bei den Schol., daß ſie ferner die Frauen, gleich den Doriern, mit dem Na - men Herrinnen (δέσποιναι) ehrten2He - ſych. δεσποίνας. vgl. Buch 4.. Indeſſen war ein freieres und allzufreies Verhaͤltniß des weiblichen Ge - ſchlechts bei allen Illyriern herkoͤmmlich, die ſich darin ſchon dem Norden naͤherten3Nach Aelian V. G. 3, 15. die Frauen in Illyrien bei Gaſtmaͤhlern und Weingelagen; Herod. 5. 18. das Gegentheil von den Makedoniern.. Ueberhaupt aber ſind durch dieſe Wanderungen noͤrdlicher Staͤmme nach Suͤden Sitten, Einrichtungen, Verhaͤltniſſe unter den Griechen verbreitet worden, die dem von Homer dargeſtellten Griechenlande voͤllig fremd waren.
Wie viel Land Illyriſche Voͤlker im Weſten uͤber Griechenland gewannen: ſchließt man hieraus. Epeiros war ehemals groͤßtentheils von Pelasgern bewohnt gewe - ſen4S. Str. 5, 221,, die Umwohner von Dodona waren ſolche nach ſich - rer Ueberlieferung, die geſammten Thesproter5S. beſonders Stephan. Byz. Ἔφυϱα., die Chaoner an den Akrokerauniſchen Gebuͤrgen ebenfalls6Alexandros Epheſ. bei Steph. Byz. Χαονία., wie gegenuͤber in Italien die Choner, Oenotrer und Peu -6 ketier1Niebuhr Roͤm. Geſch. 1. S. 34. Daher das Dieſſeits und Jenſeits vieler Namen, wie Kaulonia (Pouquev. fand Muͤnzen ΚΑϒΛΟΝΙΑΤΑΝ in Epiros) Pandoſia (Juſtin. 12, 2.), Ache - ron, Acherontia u. a.. Auch find die alten Bauten, Inſtitute, Goͤt - terdienſte der Epeiroten unverkennbar Pelasgiſch. Von den Pelasgern aber ſetzen wir voraus, daß ſie Griechen waren und Griechiſch redeten, welche Meinung wir hier nur im Voruͤbergehen mit wenigen Gruͤnden unterſtuͤtzen koͤnnen. Man bedenke, daß alle nachwandernden Staͤm - me, Achaeer, Jonier, Dorier, wie wir beſonders von dieſen wiſſen, nicht ſtark und zahlreich genug waren, um eine barbariſche Bevoͤlkerung zu helleniſiren2Herodot nennt auch Jonier und Aeo - lier ehemalige Πελασγοὺς, weil ſie dieſe in ſich aufgenommen, er muß aber ein μεταμαϑεῖν τὴν γλῶσσαν annehmen, weil die Spra - che der bei Kreſton und bei Plakia wohnenden Pelasger, vermuthlich nur ein alterthuͤmlicher Dialekt, ihm barbariſch ſchien. Aeſchylos haͤlt ſie im Gegenſatz der καϱβάνοι fuͤr Griechen, Ἱκετ. 911., daß man - che Gegenden, wie Arkadien und Perrhaͤbien, fortwaͤh - rend pelasgiſch blieben, ohne von Ungriechen bewohnt zu ſein, daß die aͤlteſten Namen der Griechiſchen Orte und Sagen zwar andern Epochen der Sprache, aber nicht einer andern Sprache angehoͤren, daß endlich die Ueber - einſtimmung des Lateiniſchen mit dem Griechiſchen nur durch das Mittelglied des Pelasgiſchen erklaͤrt werden kann. — Nun waren aber die Epeirotiſchen Voͤlker durch Einfluͤſſe, die ſie nur von Illyrien erhalten haben konn - ten, faſt ganz barbariſirt3So die Chaoner nach Thuk. 2, 80. — Altgriechiſch ſind im Epirot. Dialekt z. B. γδοῦπος fuͤr δοῦπος (Maittaire S. 141.) γνώσκω, nosco Orion 42, 17. Ἄσπετος Achill. Plut. Pyrrh. 1. (α – ἕπομαι). Die Nachricht bei Str. 7, 327., daß einige Gegenden zwei Spra - chen redeten, geht gewiß auf ein Nebeneinanderbeſtehen illyriſcher und griechiſcher Dialekete., und das Helleniſche Volk fing in geſchichtlicher Zeit erſt am Ambrakiſchen Meer - buſen an. In ſpaͤtern Zeiten war uͤber die Haͤlfte7 von Aetolien ungriechiſch, ohne Zweifel Illyriſch1Polyb. 17, 5, 8., von da draͤngten ſich die Epeirotiſch-illyriſchen Athamanen auch in Suͤdtheſſalien ein2Band 1. S. 253.. Wanderungen und Raub - zuͤge, wie ſie ſchon in mythiſcher Zeit die Encheleer unternahmen, haben fort und fort Griechenlands aͤchte Bevoͤlkerung eingeſchraͤnkt und verdraͤngt.
An den Illyriſchen Stamm gegen Oſten graͤnzten damals außer Pelasgern die Phryger und Thraker. Die Phryger waren damals unmittelbare Nachbarn der Makedonier in Lebaͤa, bei denen ſie Bryger hießen (Βρύγες, Βϱύγοι, Βϱίγες)3Nach He - ſych iſt Βϱέκυς (Βεϱεκύντιος) daſſelbe Wort wie Βϱύξ. Bruges ſagte auch Ennius und, wie es ſcheint, M. Brutus (Plutarch Brut. 45)., ſie wohnten am ſchneeigen Bermios, wo die fabelhaften Roſengaͤrten des Koͤnig Mi - das lagen, in denen der weiſe Seilenos luſtwandelnd ge - fangen wurde, wie die anmuthige Sage meldet. Auch kaͤmpften ſie von hier, wie die Telegonie des Eugammon erzaͤhlte4Proklos Chreſtomathie. Briger oder Phryger in der Gegend von Dyrrhachion. Appian Buͤrgerkr. 2, 59., mit den Thesprotern von Epeiros. Nicht weit entfernt ſaßen die Mygdoner, die[naͤchſten] Ver - wandten der Phryger. Nach Xanthos wanderte dieſes Volk erſt in den Troiſchen Zeiten nach Aſien hinuͤber5Bei Creuzer Fragm. histor. S. 171. Strabo 14, 608. vgl. Konon bei Phot. 1.. Aber theils beginnt die Kretiſche Sage mit Goͤtterdien - ſten und Mythen, die nach den aͤlteſten Zeugniſſen von Phrygern aus Aſien abſtammten6S. daruͤber beſonders Hoecks Kreta., und dann werden die Armenier, entſchiedene Stammverwandte der Phry - ger7Nach der gewoͤhnlichen Meinung Koloniſten derſelben. Herod. 7, 73. Eu - doxos bei Steph. Ἀϱμενία. vgl. Heeren de linguarum Asiat. in Persarum imp. cognatione. Commentat. Gotting. 13. , als ein in ihren Sitzen uraltes Volk betrachtet. Wir werden uns daher begnuͤgen, denſelben Menſchen -8 ſtamm in Armenien, Vorderaſien, am Bermios anzu - erkennen, ohne den einen Zweig vom andern ableiten zu wollen. Es haben ſich in dem Landſtriche zwiſchen Illyrien und Aſien, einer wahren Heerſtraße alter Voͤlkerwanderungen, verſchiedene Nationen von verſchie - denen Seiten durcheinander gedraͤngt und ineinander geſchoben, ſo daß fruͤhere Continuitaͤt leicht aufgehoben werden konnte. Fuͤr den Zuſammenhang des Phrygi - ſchen Volkes mit andern ſind die Spuren ſeiner Spra - che die wichtigſte Urkunde. Es wußten aber die Sprach - gelehrten zu Platons Zeit wohl, daß viele Stamm - woͤrter des Griechiſchen ſich auch mit geringer Veraͤn - derung im Phrygiſchen fanden, wie Πῦρ, Ὕδωρ, Κύων1Plato Kratyl. 410 a. Merkwuͤrdig iſt, daß die Worte auch im Deutſchen ſind. Πῦϱ iſt nach den Grundſaͤtzen des Ueber - gangs (ſ. Grimms vortreffliche Grammatik S. 584. zweite Ausg. ) althochdeutſch Viuri, plattd. Fuͤr. Κὐων canis Hund (die Zufuͤgung des d iſt wie in Μὴν, Μὰν — phrygiſch der Mond, vgl. Heſych ναὶ Μὴν — und Mahnd, Mond). Ὕδωρ, althochd. wazar, plattd. water; das Digamma iſt noch in der aͤchten phrygiſchen Form βέδυ, welches zugleich wegen alter Nachbarſchaft makedoniſch und orphiſch, (ſ. Neanth. Kyziken. bei Klem. Alex. Strom. 5. S. 673. Jablonsky de lingua Phrygia S. 76.) u. bald Waſſer, bald Luft uͤberſetzt wird. Endlich zeigt die Phrygiſche Inſchrift bei Walpole, beſonders die Worte ΜΙΛΑΙ ΛΑϜΑΓΤΑΕΙ ϜΑΝΑΚΤΕΙ, uͤberraſchende Aehnlichkeit in Flexion und Wurzeln mit dem Grie - chiſchen.; und wenn das Armeniſche noch jetzt im innern Bau bedeutende Aehnlichkeit mit dem Griechiſchen zeigt, muß dies auf dieſelbe Grundverwandtſchaft zuruͤck - gefuͤhrt werden. Indeſſen haben ſich die Phryger in Aſien ohne Zweifel mannigfach mit Syrern gemiſcht, die nicht blos jenſeits des Halys, ſondern auch dieſſeits in Lykaonien2S. Jablonsky de lingua Lycaon. Opusc. 3. S. 119. und bis Lykien3wenn der Epiker Choerilos in der bekannten Stelle von Lykiſchen Solymern ſprach. ſaßen, und daher gar9 Manches in Sprache und Religion von dieſen angenom - men1Z. B. ἀδαγοὺς ein Hermaphroditiſcher Gott (Heſych) von Dagon; der Name Adon (Athen. 14, 624), βαλλὴν Koͤnig (Hef. Euſt. Od. 19. S. 680 Baſ. ) von Baal, Herr u. ſ. w.. Das Enthuſiaſtiſche jedoch und Orgiaſtiſche des Cultus hatten ſie ſicher von jeher; es war ihnen gemein mit den naͤchſten Nachbarn, den Thrakern; den eigentli - chen Altgriechen ſcheint es faſt ganz fremd geweſen zu ſein.
Die Thraker, welche in Pierien am Olympos ſaßen, und von da an den Helikon hinabgekommen wa - ren, ſind als Urheber der Dionyſos - und Muſenvereh - rung, als Vaͤter der griechiſchen Poeſie, duͤrfen wir ſagen2S. Band 1. S. 379 — 390., fuͤr die Culturgeſchichte ein hoͤchſt bedeutendes Volk. Wir muͤſſen von dieſen vorausſetzen, daß ſie eine der Griechiſchen ſehr aͤhnliche Sprache redeten, weil ſie ſonſt ohne bedeutende Einwirkung geblieben waͤren. Ihre Wurzel hatten ſie zwar wohl in dem ſpaͤter ſo ge - nannten Thrakia, wo die Beſſer am Pangaeon das Ora - kel des Dionyſos verwalteten. Aber ob mit ihnen der ganze große Volkſtamm, Edonen, Odomanten, Odryſen, Treren u. ſ. w., ohne weitere Frage als identiſch ange - nommen werden duͤrfe, oder ob nicht vielmehr dieſe durchaus barbariſchen Nationen3Die Sprachſpuren ſind ſehr vom Griechiſchen entfernt, wie das haͤufig vorkommende βϱία, βϱέα, Stadt, ζίλα Wein, πιτῦγις Schatz. Schol. Apoll. 1, 933 u. a. m. nur durch die Grie - chen den allgemeinen und fruͤher ſchon bekannten Namen erhalten haben, laſſen wir dahin geſtellt. Zwiſchen dieſe Voͤlker aber hat ſich beſonders der Paeoniſche Stamm eingeſchoben, welcher durch eine uralte Wanderung der Teukrer mit den Myſern4Herod. 5, 13. 7, 20. 75. vgl. Hellanik. a. O. wo zu ſchreiben: ἐφ̕ ούνῦν Μακεδόνες καλοῦνται μόνοι μετὰ Μυσῶν τότε οἰ - heruͤbergekommen war; zu ihm10 gehoͤrten die Pelagonen am Axios, die auch nach Theſ - ſalien vordrangen, wie unten naͤher nachgewieſen werden wird. Von den Teukrern aber wiſſen wir ſonſt nichts, als daß ſie mit (Pelasgiſchen) Dardanern zuſammen den Troiſchen Staat bildeten, deſſen Sprache dem Griechi - ſchen wohl verwandt, vom Phrygiſchen verſchieden war1Hymn. Hom. auf Aphrod. V. 113..
Der oben bezeichnete Gebirgsbezirk iſt es nun weiter, in welchem der Urſprung der Voͤlkerſtaͤmme zu ſuchen iſt, die in der heroiſchen Mythologie als die herr - ſchenden und gewaltigen, und uͤberall im Gegenſatze einer fruͤheren Urbevoͤlkerung auftreten. Es ſind dies nach meinem Dafuͤrhalten nichts als noͤrdlichere Zweige der griechiſchen Nation, welche ſich uͤber die ſuͤdlicheren ge - worfen und ſie unterjocht haben. Das aͤlteſte Vaterland der eigentlichen Hellenen, die in der Mythologie nur einen kleinen Stamm in Phthia bezeichnen2Aeginet. p. 12. 155. vgl. noch Phavorin Ἀχαιοὺς ἄϱξωσιν S. 144. Sie lagen wahr - ſcheinlich ſpaͤter noch in den Moloſſern, die fuͤr Griechen galten. Herod. 6, 127., lag nach Ariſtoteles in Epeiros um Dodona, deſſen Gott Achil - leus als den urvaͤterlichen Schirmer ſeiner Familie an - fleht. Wahrſcheinlich waren die Achaeer, das herr - ſchende Volk ſowohl Theſſaliens als des Peloponnes in mythiſcher Zeit, gleichen Stammes und Urſprungs mit jenem. Die Minyer, Phlegyer, Lapithen, Aeoler zu Korinth und Salmone wurzeln in den Gegenden oberhalb Pierien an Makedoniens Graͤnzen, wo das aͤlteſte Orcho - menos, Minya, Salmonia oder Halmopia liegen3S. Band 1. S. 139. 248 ff. Zwar laͤugnet Buttmann uͤber die Minyae (Berl. Akad. 1820. S. 13.) die Exi - ſtenz dieſer Orte, allein unter den von mir angefuͤhrten Stellen ſind mehrere ganz entſcheidende.. 4κοῦντες. Dies geht indeß wohl auf die Sage, wonach die Myſer (wie die Thyner u. Andre) aus Thrake nach Aſien gekommen, nach Str. und Plin. 5, 32, 41.11Nicht mehr nachweisbar ſind die Jonier in ihren noͤrd - licheren Wohnſitzen, ſondern erſcheinen urploͤtzlich wie vom Himmel gefallen in Attika und Aegialea: indeſſen ſind auch dieſe keineswegs mit den Urbewohnern dieſer Gegenden identiſch, und moͤgen ſich von irgend einem noͤrdlicheren, wahrſcheinlich achaeiſchen Stamme losge - loͤst haben1Nach der Genealogie aus den Eoͤen — Doros, Xuthos (davon Achaeos und Jon) Aeolos; Tzetz. Lyk. 284. Die Genealo - gie bei Eurip. Jon 1608., Xuthos als Vater von Jon, Doros, Achaeos, iſt ſchon durch Atheniſche Eigenliebe entſtellt. Jene Stelle der Eoͤen aber, wenn auch im poetiſchen Gewand, giebt immer ein unbefangneres Zeugniß, als Herodot, der die Jonier als Ureinwoh - ner betrachtet.. Die Dorier endlich finden wir in alten Sagen und Gedichten an dem einen Ende jener oben be - zeichneten Gebirgskette, naͤmlich am Olympos, ſeßhaft; aber es iſt wahrſcheinlich, daß ſie fruͤher am andern noͤrd - licheren Ende, an der aͤußerſten Graͤnze der Griechiſchen Welt, ſaßen.
Wir richten unſern Blick auf die Hylleer (ϓλλεῖς, ῾ϓλλοι), welche am bezeichneten Orte, an den Akrokeraunien naͤmlich, unterhalb der Bulinen2S. beſonders Skylax S. 7. Voſſ. Ob Byllis, Buliones von ϓλλὶς u. ſ. w. weſentlich verſchieden iſt, zweifle ich. und Encheleer wohnten, und auch dem Hylliſchen Hafen von Korkyra den Namen gegeben hatten3S. zum folgenden Apollon. 4, 521 etc. Schol. zur Stelle und zu V. 1125. 1149. beſonders Stephan. Byz. ϓλλεὶς aus Apollo - dor (Heyne S. 434) Skylax a. O. Skymnos Ch. 404. aus Ti - maeos (Frgm. 121 Goͤller) und Eratoſthenes. Euſt. zu Dion. P. V. 386. Etymol. M. 776, 39. wo ſie ἔϑνος Κελτικόν heißen. vgl. Schoenemann Geogr. Argon. p. 53.. Ihr Land wird als eine große Halbinſel mit 15 Staͤdten beſchrieben, die wohl meiſt nur gefabelt ſind. Nun heißt aber der erſte der drei Doriſchen Staͤmme uͤberall Hylleis, und die Homonymie mit dem Volke laͤßt die Vermuthung des12 Urſprungs von da aufkommen. Dieſe gewinnt an Wahr - ſcheinlichkeit durch die Behauptung der Alten: jene Hyl - leer ſeien eigentlich Hellenen; welches den oben auf - geſtellten Thatſachen voͤllig analog iſt. Sie wird faſt zur Gewißheit dadurch, daß dieſe Hylleer ebenſo wie die Doriſchen von einem Sohne des Herakles, den er mit der Melite, Aegaeos Tochter, gezeugt habe1Panyaſis ſcheint nach Schol. Apoll. 4, 1149. von beiden Hyllos geſprochen zu haben, dem Sohn der Melite und dem der Deianeira. vgl. Schol. Soph. Trachin. 54. Valeſ. zu Harpokr. S. 126. Nicht ganz unwahrſcheinlich hat Raoul-Rochette 2. S. 280 bei Schol. Pind. P. 1. v. 120. ῾ϓλλος, ὃς ἐβασίλευσε τῶν πεϱὶ τὴν Ιταλίαν οἰκησάντων — Ἰλλυϱίαν (Hemſterhuis Οἰχαλίαν) vor - geſchlagen., hergelei - werden; auch herrſchte in dieſen Gegenden wirklich alter Heraklesdienſt2Z. B. in Dorrhachion nach Appian Buͤrgerkr. 2, 39. Chriſtodor. in Anal. Brunk. 2. S. 472. — und dadurch, daß der den Doriern nationale Cultus des Apollon auch bei den Hylleern ſich in dunklen Spuren erhalten hatte, indem ſie nach der Sage einen Dreifuß als Zeichen unverletzlicher Heiligkeit in unterirdiſchem Gemache bargen. Ein ſolches Zuſammen - treffen berechtigt uns zu dem Schluſſe, daß wenigſtens ein Theil des Doriſchen Volkes von dieſen aͤußerſten der Hellenen abſtammt: wie viel dadurch in den aͤlteſten Mythen deſſelben ſich erklaͤrt, wird unten gezeigt werden.
Hier koͤnnten wir die oben angekuͤndigte Be - trachtung ſchließen, wenn nicht die — freilich ſehr an - ſpruchsvolle — Frage einige Antwort verdiente: wie man ſich das nationale Verhaͤltniß jener noͤrdlicheren Einwohner zu den Ureinwohnern, wie uͤberhaupt der griechiſchen Voͤlkerſtaͤmme untereinander zu denken habe? Das Nachdenken daruͤber koͤmmt immer wieder auf jene13 Pelasger zuruͤck, die wenn auch nicht uͤberall im alten Griechenland — denn die Sage unterſcheidet viele Voͤl - kerſtaͤmme ſo von ihnen, daß nie Verwechſelung Statt findet1Beſonders die unter ſich zuſammenhaͤngende Kette von Ae - tolern — Epeern — Lokrern (von deren Verwandtſchaft ſ. Boeckh zu Pind. O. 9, 61. S. 191.) — Lelegern (Heſiod. bei Str. 7. S. 322.) und wenn dieſe, wie mehrere ſagen, mit der Kariſchen Nation eins ſind, zu der wieder die Lyder und ein Theil der My - ſer gehoͤrt: ſo wuͤrden wir einen ſehr ausgedehnten Volksſtamm darin ſehen. — doch faſt immer da erſcheinen, wo fruͤhe Landescultur, uralte Niederlaſſungen, bedeutſame und vorzuͤglich heilige Culte ſich finden. Und zwar muͤſſen wir von den meiſten der alten Goͤtterdienſte Griechen - lands ſagen, daß ſie dieſem Stamme ihren Urſprung verdankten. Zeus und Dione von Dodona; Zeus und Hera von Argos, Hephaeſtos und Athena, Demeter und Kora, der Arkadiſche Hermes und die Artemis Arka - diens, Kadmos und die Kabiren koͤnnen nach der Weiſe geregelter Forſchung auf keinen andern zuruͤckgefuͤhrt werden. Wir muͤſſen alſo jenem Volke eine produktive Fuͤlle im Erzeugen und zugleich eine noch nicht erſtarrte Lebendigkeit im Metamorphoſiren des religioͤſen Lebens beiſchreiben, ſo daß ſich dieſelbe Grundbildung an ver - ſchiednen Orten anders entwickelte, beſonders dadurch, daß Theile des Ganzen einſeitig feſtgehalten wurden, an - dre verloren gingen. Auch erkennen wir an vielen Stel - len die durchgehende Einheit jener Goͤtterdienſte; es aͤußert ſich in Symbolen, Namen, Gebraͤuchen, Sagen uͤberall eine verwandte Empfindungsweiſe und Gefuͤhls - richtung; das hineinwirkende Phrygiſche und Thrakiſche wie im Kretiſchen Zeus und im Dionyſos ſondert ſich leicht davon; die Phoenikiſche und beſonders Aegyptiſche Religion liegen fern ab, faſt unbekannt, wo ſie ſie auch14 in ihrer Naͤhe hatten, in ihrem Kern unverſtaͤndlich, wenn ſie ſie kannten, im Geiſte widerſtrebend, wenn ſie ſie verſtanden. Im Ganzen zeigen ſich die Pelasgiſchen Goͤtterdienſte als einer naiven Naturreligion angehoͤrig, die ſich mit Leichtigkeit um die verſchiednen Geſtaltungen der beſondern Natur legt, und an kraͤftigen und energi - ſchen Bezeichnungen tiefer und lebendiger Gefuͤhle eine uͤberſchwengliche Fuͤlle hat.
Die Goͤtterdienſte der noͤrdlichen Staͤmme da - gegen, die man als Hellenen den Pelasgern entgegen ſetzt, haben ſehr fruͤhzeitig eine mehr ethiſche Wendung genommen, wozu die aͤußern Verhaͤltniſſe derſelben foͤr - derlich waren. Das heroiſche Leben, welches keine Fa - bel, die Richtung auf Kraftaͤußerung und That, die Abneigung gegen jene harmloſe Naturbeſchaͤftigung, wel - che in dieſen Staͤmmen unverkennbar, mußte andre Keime urſpruͤnglicher religioͤſer Empfindung aufziehn und zeitigen. Daher der Zeus Hellanios des Aeakos, der Laphyſtios des Athamas, endlich der Doriſche, deſſen Sohn, Prophet, Kaͤmpfer Apollon iſt, bei weitem mehr Darſtellungen geiſtiger Weltordnung in alterthuͤmlicher Weiſe ſind, als irgend ſchaffende Naturgewalten. In - deſſen wird damit nicht gelaͤugnet, daß ruͤckwaͤrts eine Zeit liege, in der auch dieſe Richtungen noch ungetrennt geweſen. So laͤßt es ſich ſelbſt darthun, daß der Apol - lon Lykeios der Dorier ganz aͤhnliche Ideen ausſpricht als der Zeus Lykaͤos der Arkader, obgleich beide ſich ganz abgeſondert entwickelt haben. So ſind auch alt - Arkadiſche und Doriſche Sitten in den Grundzuͤgen aͤhn - lich. Das Gemeinſame iſt ſchon hier nur durch Verglei - chung zu gewinnen; die Ueberlieferung giebt gleich im erſten Anfange eine Unzahl voͤllig geſchiedner Individua - litaͤten in jeder Gattung, ohne die Frage zu loͤſen, wie dieſe ſich ſo geſondert. Denn erſt nach der Sonderung15 verbanden ſich dieſe Individualitaͤten wieder zu einem Ganzen, indem im Cultus ſowohl als durch die Dichter neue von den fruͤhern oft grundverſchiedne Verhaͤltniſſe beſtimmt wurden.
Die Sprache des griechiſchen Urſtamms (neben der Religion die aͤlteſte Urkunde der Geſchichte) muß, wenn man aus innerer Conſequenz, dialektiſchen Spu - ren, und der Vergleichung des Lateiniſchen argumentirt, einen hoͤchſt kunſtreichen Organismus ſtarken und bedeuten - der Flexionen und Formationen gehabt haben, den die ſpaͤtere griechiſche oft ſehr abſchliff; in der aͤlteſten Zeit galt Schaͤrfe und Praͤciſion in Angabe der Stamm - wie der Beugungslaute noch hoͤher als die Leichtigkeit der Ausſprache. Wo ſich die alte Zunge erhalten hatte, mochte ſie den Spaͤtern rauh und fremdtoͤnend vorkom - men; deren Sprache auch gegen das Lateiniſche in vieler Art verzaͤrtelt war. Aber die Eigenheiten des aͤcht Dori - ſchen Dialekts, welche ſich wahrſcheinlich auch zum Theil im Aetoliſchen zeigten, ſind da, wo ſie nicht bloß aus treuer Bewahrung des Alterthuͤmlichen hervorgegangen ſind, wirkliche Ausweichungen aus der Urſprache, und finden ſich daher nicht im Latein, ſie tragen, wenn ich ſo ſa - gen darf, einen noͤrdlichen Charakter1Merkwuͤrdig, daß die Masculin-Endungen auf ϱ, der Spir. aſper zwiſchen Vokalen mitten im Stammwort ſich gerade auch im Deutſchen finden.. Es kann wohl keinem andern Umſtand als Einwanderungen, und be - ſonders der Doriſchen, beigeſchrieben werden, daß der Artikel, deſſen das Latein und der epiſche Dialekt ent - behrt, eintrat; die Einfuͤhrung deſſelben iſt faſt wie in den romaniſchen Sprachen als Zeichen einer großen Um - waͤlzung anzuſehen. Die Eigenthuͤmlichkeit des Doriſchen Dialekts muß im Ganzen ſchon in den Jahrhunderten16 der Wanderungen ſtatt gefunden haben, weil es ſich ſonſt nicht erklaͤren laͤßt, wie ganz eigenthuͤmliche For - men des Dorismus Kreta mit Argos, Sparta gemein ſind; ſo wie auch die Dialekte, die man als Unterab - theilungen der Aeoliſchen Mundart zu betrachten gewohnt iſt, damals ſchon exiſtirt haben muͤſſen, da die Lesbi - ſche Mundart der Boeotiſchen aus keinem andern Grunde am naͤchſten kommt, als weil damals Boeoter nach Les - bos wanderten. Der Joniſche Dialekt dagegen wird in ſeinen Beſonderheiten wohl nur als eine im weichen Kli - ma Aſiens unter aſiatiſchen Einfluͤſſen gebildete Mund - art anzuſehn ſein, als eine Verweichlichung und Entar - tung1Die Alten ſagen oͤfter, daß die Jonier in Aſien ἐλυμήναν - το τῆς διαλέκτου τὸ πάτϱιον. Hephaeſtion Gaisf. S. 234. — da der zunaͤchſt verwandte Attiſche Stamm in ſeiner Sprache nur geringe Spuren davon zeigt. Aber die Entſtehung des Attiſchen Dialekts iſt uͤberhaupt ſehr raͤthſelhaft, da nicht anzunehmen iſt, daß eine Gemeine von funfzehntauſend Maͤnnern von Anfang an eine von den uͤbrigen Griechen ſo ſehr verſchiedne Mundart ge - redet; ohne Zweifel haͤngt ſeine Bildung weit mehr von der Schrift ab, und es ſind Bewußtſein und Reflexion und freie Wahl zwiſchen ſchon vorhandnen Formen im Attiſchen Dialekt weit thaͤtiger geweſen, als in allen uͤbrigen. Der Verfaſſer verheißt, genauere und ſpe - ciellere Unterſuchungen der Art in der zweiten Beilage anzuknuͤpfen. —
“Seit alten Zeiten waren Dorier und Jonier die geſonderten Hauptſtaͤmme der Nation, dieſe Pelasgi - ſchen, jene Helleniſchen Geſchlechts, dieſe ein urein - wohnendes, jene ein vielgewandertes Volk. Denn un - ter Deukalions Herrſchaft bewohnten ſie Phthiotis; unter Doros Hellens Sohn das Land am Oſſa und Olympos, ſo Heſtiaeotis heißt. Da ſie aber aus He - ſtiaeotis von den Kadmeern vertrieben wurden, wohn - ten ſie am Pindos und hießen das Makedniſche Volk. Von da wanderten ſie wieder nach Dryopis, und da ſie von Dryopis nach dem Peloponnes gezogen, wur - den ſie der Doriſche Volkſtamm genannt”1Herod. 1, 56. behandelt von Salmaſ. de lingua hellen. p. 276. und in der Hist. de l’Ac. des Insc. T. 25. p. 11 — 28. Vgl. 8, 43. ἐόντες Δωϱικόν τε καὶ Μακεδνὸν ἔϑνος ἐξ Ἐϱινεοῦ τε καὶ Πίνδου καὶ τῆς Δϱυοπίδος ὕστατα ὁϱμηϑέντες..
Niemand wird dieſe zuſamenhaͤngende Darſtellung als unmittelbar aus alter Ueberlieferung fließend an - ſehn: ſie kann uns nur gelten als ein eigner wiſſen -II. 218ſchaftlicher Verſuch des Vaters der Geſchichte, ver - ſchiedne Sagen und Ueberlieferungen aneinander zu rei - hen und zn ordnen; auch iſt nicht ſchwer, die dieſer Verbindung zum Grunde liegenden Schluͤſſe aufzufin - den und zu pruͤfen. Die Dorier ſind die aͤchten Hel - lenen, ſagt Herodot, weil ſie damals als ſplche wirk - lich anerkannt wurden1So nennt ſogar Pindar Ol. 8, 30. die Myrmidonen Δω - ϱιεὺς λαός, wie ich glaube, nur um ſie als Hellenen andern Staͤm - men entgegen zu ſetzen.. Nun iſt aber Hellen Sohn des Deukalion, welcher in Phthia herrſchte, und das alte Hellas ſelbſt in Phthia; darum — ſchließt er — wohnten die Dorier vor alten Tagen in dieſer Land - ſchaft. Herodot uͤberſah, daß die mythiſchen Hellenen, ein kleiner Volkſtamm in Phthia, ganz andre Helden - ſagen und Stammverbindungen haben, als die Dorier, und im heroiſchen Mythus ſich durchaus keine Spur von naher Verwandtſchaft beider zeigt. Dies beſeitigt, kommen wir zur zweiten Angabe, die ganz den Stem - pel alter Tradition traͤgt: Doros habe am Olymp und Oſſa gewohnt. Hier alſo knuͤpft ſich die wirkliche Erinnerung wieder an, nachdem ſie uns in ſehr dunkeln Worten wie unbewußt von den Urſitzen der Dorier an den Akrokeraunien geſprochen hatte. Das Olymposgebirge, die Scheide der Voͤlker, deſſen in den Himmel ragende Kuppe noch jetzt die Umwoh - ner das himmliſche Haus nennen, iſt auch der Punct, auf welchem die Dorier zuerſt in Griechenland auf - treten.
Der Gebirgskeſſel, welcher ſpaͤter Theſſalien hieß, wird gegen Abend vom Pindos, gegen Mittag vom Othrys, nach Morgen vom Pelion und Oſſa, in19 Mitternacht vom Olymp eingefaßt, unter welchem Na - men aͤltere Schriftſteller, wie Herodot, auch die Berg - kette inbegreifen, die man ſpaͤter (wahrſcheinlich illy - riſch) die Kambuniſche nannte. Die Rinne des Peneios liegt ſo, daß ſie die ebnen Striche gegen Mittag, das alte Argos Pelasgikon, von den bergigern gegen Mitter - nacht ſondert; ſie durchbricht gegen Nordoſt den Kamm der Hoͤhen, indem ſie Oſſa von Olympos trennt. Der Fluß ſchneidet auch hier, nach einem Naturgeſetze, naͤher an den maͤchtigeren Maſſen des Olymposgebirges hin1Olymp iſt nach Bernouille 1017 Toiſes, 6501 engl. F., Oſſa nach Dodw. gegen 5000.. ſo daß der Pfad an der Seite des lehneren und durch - brochneren Oſſa geht. Dieſe Thalſchlucht hieß mit einem alten Gattungsnamen Tempea, iſt oͤfter dichte - riſch geſchildert, ſelten fuͤr die Volksgeſchichte genugſam betrachtet2Getreuer als Aelian und Bar - thelemy beſchreiben das Thal Bartholdy, Bruchſt. zur Kentniß Gr. S. 112. Clarke Trav. P. 2. sct. 3. p. 273. Hawkins in Wal - pole’s Memoirs p. 528. Holland Albania p. 291. Dodwell Trav. T. 1. p. 103. Pouqueville T. 3. c. 73. — Von den Alten be - ſchrieb Theopomp Φιλιππ. ϑ. Tempe genau, ſ. Theon Soph. Pro - gymn. 2. S. 19. Frommel in Creuzers Meletem. 3. S. 141, 6..
Vor dem Eingange in den Paß durchwandert man eine kleine runde Thalebene von anmuthiger Umgebung, an deren Ende zur linken Seite, wo die Berge ſich von bei - den Seiten naͤhern, die alte Feſte Gonnos (Gonnoi) lag, hundert und ſechzig Stadien entfernt von Lariſſa, der Hauptſtadt der Ebene3)xx m. p. in ipsis faucibus saltus, Liv. aus Polyb. 18, 10, 2. an der Seite des Olymp (S. 20.) Meletios nennt hier ein Goniga.. Von da ſchließen die Berge immer mehr zuſammen, bis ſie in zwei hohen Felſenmauern einander gegenuͤber treten und einen Schlund bilden, in dem an manchen Stellen nur die Kunſt einen Fahrweg laͤngs des Fluſſes gehauen hat. In2 *20der Mitte deſſelben liegt jetzt auf einem kuͤhnen Vorſprung des Oſſa eine Feſtung von roͤmiſcher Konſtruction, Ho - raͤo-Caſtro genannt, ſie deckt zugleich eine Seiten - ſchlucht dieſes Gebirges; auf demſelben Flecke ſtand wahrſcheinlich einſt das Bollwerk Gonnokondylon, dem die Thalwende den Namen gegeben zu haben ſcheint1Liv. 39, 25.. Nicht weit davon iſt die engſte Stelle des Bergthors kaum hundert Fuß breit, welche nach einer Inſchrift L. Caſſius Longin, Proconſul unter Caeſar, verſchanzte; aber ſchon vorher mochten hier wenige Bewaffnete einer bedeutenden Schaar das Vordringen wehren. Dieſe Gegend iſt nichts weniger als anmuthig und lieblich zu nennen, vielmehr von einer furchtbaren Wildheit, die ſenkrecht geſpaltenen Felſenmaſſen von gleicher Steinart erſcheinen wie auseinander geſprengt, meiſt nackt und kahl; die Schwaͤrze des Schattens in der Tiefe und der dumpfe Wiederhall vermehren das Duͤſtre des Ein - drucks; unten ſprudelt der weißlichgefaͤrbte (αργυρόδινος) Peneios. Nicht weit von jener ſchmalen Stelle oͤffnet ſich die Enge gegen das Meer, welchem Peneios ver - ſumpfend zufließt, von hier uͤberſchaut man die lachende Landſchaft Pierien an der oͤſtlichen und aͤußeren Seite des Olymp, namentlich die Ebnen von Phila, Herakleion und Leibethron, welche weiter in die untern Gegenden Makedoniens fuͤhren.
Dies iſt die einzige Verbindungsſtraße Theſſaliens mit den Nordgegenden, welche uͤberall im Thale fort - fuͤhrt; alle andern ſind Bergwege. So die andre Straße nach Makedonien, der Olympiſche Paß (ἐσβολὴ Ὀλυμ - πική)2Herod. 7, 128. 173.. Auch dieſe geht von der ſtarkverſchanzten Fe - ſtung Gonnos aus, dem Schluͤſſel des Landes gegen Norden, und zieht ſich dann an der innern Seite des21 Olympos bis zu den Staͤdten Azoron und Doliche. Zwiſchen dieſen beiden Orten iſt ein Dreiweg1Liv. 44, 6. Polyb. 28, 11, 1. Αζοϱίου μεταξὺ καὶ Δο - λιχῆς.. Die Hauptſtraße ſteigt in noͤrdlicher Richtung uͤber die Hoͤhe der Kambuniſchen Gebirge nach dem Makedoniſchen Hoch - lande hinuͤber; Xerxes ließ hier die Waͤlder lichten, um ſeinem Kriegsheere Durchzug zu ſchaffen, welches die Griechen auf dem ebneren Wege durch Pierien und Tempe erwartet hatten, oft zogen in den Roͤmerkriegen bedeu - tende Heere den Weg2Außer Herodot ſ. Liv. 42, 2. und Plut. Aemil. 9.. Aber von dem bezeichneten Scheidepunkte rechtsab gingen zwei beſchwerliche Berg - wege uͤber die Hoͤhen des Olymp zur Verbindung Nord - theſſaliens mit Pierien. Durch den einen umging man den Tempepaß; denn er fuͤhrte uͤber die Feſte Lapa - thus im Norden dieſer Schlucht3Ueber die Lage vgl. Liv. 44, 2. und 6., und bei dem klei - nen See Askurias vorbei, von wo man nach dem 96 Stadien entfernten Dion an der Meereskuͤſte hinab - ſchaut, dann in die Pieriſche Ebne hinunter. Aber wichtiger iſt uns der andre noͤrdlicher gerichtete und uͤber den hohen Ruͤcken des Olympos gelegte Weg, wo das Caſtell Petra und der Tempel des Pythiſchen Apollon, gewoͤhnlich Pythion genannt, nebſt einem gleichnamigen Staͤdtchen lagen4Πυθίου Απόλλω - νος ἱεϱὸν, τὸ Πύθιον καὶ τὴν Πέτϱαν. Plut. Aem. 15. Pythoum (Πυϑῷον) et Petra Liv. 44, 2. 32. 35. 42, 53. Daß es nur ein Pythion in dieſer Gegend gab, lehrt die genaue Analyſe der Maͤr - ſche. Mannert hat 7 S. 520. 563. Pythion an den Paß durch die Kam - buniſchen Gebirge (jetzt uͤber Aleſſon und Sarvitza) geſetzt, von dem es ganz rechtsab liegt. Seine Meinung widerlegen Liv. 44, 2. und Plut. a. O. Vgl. Steph. d. v. Πύθιον, Πυθιεῖς οἱ τὸ Πύ - θιον οἰκοῦντες, ἐν ᾧ Ἀπόλλωνος ἱεϱόν ἐστι, und ſ. v. Βάλλα., deſſen Hoͤhe Xenago - ras nach geometriſcher Meſſung auf 6096 griech. Fuß22 beſtimmt hatte1960 Toiſen. Vgl. oben.. Von dieſem Punkte ſtieg man nun entweder einen Gebirgsſteig zur Kuͤſte nach Herakleion und Phila in Pierien herab, oder man zog den Kamm des Olympos entlang auf ſehr beſchwerlichen und ge - faͤhrlichen Wegen in das obere Makedonien hinein2S. Plut. a. O., Liv. a. O. und 44, 7. vgl. Polyb. 28, 11..
Dieſe Bergewege und Schluchten hat kein neuerer Reiſender betreten, aber ihre Lage aus den Alten zu entraͤthſeln, war fuͤr unſern Gegenſtand nicht unwich - tig. Nicht bloß Perſeus und Aemilius Paullus kaͤmpf - ten hier um das Schickſal Makedoniens, ſondern auch die althelleniſchen Heldenvoͤlker um den Beſitz des fruchtbaren Theſſaliens. Es war eine Zeit, da durch dieſe Pforten die Voͤlker hinabdraͤngten, denen die ſchoͤnſten Theile Griechenlands zufallen ſollten; hier mußte jeder Fortſchritt mit Muͤhe errungen werden, in dieſem allerſchwerſten Kriege ſtaͤhlten ſich die Soͤhne des Gebirgs. Von den unzaͤhligen Burgen, wel - che in dieſen Gegenden jeden wichtigen Punkt decken, moͤchten die meiſten wohl ſchon in ſehr alter Zeit erbaut ſein. So vertheidigen drei3Liv. 31, 41. 36, 10. 13. 42, 2. 33. 67. den Olympiſchen Bergpaß, oder den Weg von Gonnos nach Azoron und Doliche, welche beiden Orte nebſt dem dritten Pythion auf der Hoͤhe unter dem Namen der Tripolis Pelagonia inbegriffen werden4Ptolemaeus rechnet ſie zur Pelasgiotis. Zur Stelle des Liv. 42, 35. uͤber die Tripolis fehlt leider das Griechi - ſche Original..
Aber wenn in den hoͤhern Gegenden im Vorlande gegen Makedonien faſt alle Orte namenlos ſind, weil ſich die Griechiſche Geſchichte von da fortgezogen, ſo hat ſich dagegen in der Thalebne am Fluſſe aller Orten ſagenhaf - tes und geſchichtliches Andenken niedergelaſſen. Denn23 obgleich auch die Nordgebirge reichlicher Waſſerquellen, immer gruͤner Niederungen, fetter Viehtriften nicht ent - behren: draͤngten die Staͤmme doch beſtaͤndig nach dem reichen Ackerlande des Thales. Hier folgt auf Gonnos und Elateia zunaͤchſt Mopſion auf der rechten, Gyrton und Phalanna auf der linken des Fluſſes, dann Lariſſa in der Mitte des offenen Feldes1Bd. 1. S. 126., welches als Niederſchlag des einſt ſtagnirenden Fluſſes ſtehen geblieben, und von ihm fortwaͤhrend geduͤngt, von jeher einen ertragreichen Ackerbau anregte. Oberhalb Lariſſa, wo die Ebne ſich wieder zuſammenzieht, und die Huͤgel von der Nordſeite nahe an den Fluß traten, lagen, vierzig Stadien weiter hinauf Argura2Liv. 32, 15. Str. 9, 438. 440., eben ſo weit davon das feſte Atrax; an der obern Seite des Fluſſes die altberuͤhmte Stadt Pelinna3Ueber Pelinna ſ. außer Cellar Spanheim de usu num. 9. p. 902. Salmaſ. ad Solin. p. 687. Weſſeling ad Diodor. 18, 11. Boeckh Comment. ad Pind. P. 10. p. 335., und das Caſtell Pharkadon4Außer Str. Diod. 18, 56. Bei Polyaen 4, 2, 18. ſchreibe: Φίλιππος ἐπο - λιόϱκει Φαϱκηδόνα πόλιν Θδσσαλικήν.. Dann am linken Ufer des Peneios, wo das Gebirge von der Nordſeite wieder zu - ruͤcktritt und eine neue Ebne ſich ausdehnt, die alte Stadt Trikka5Ueber Trikka (Trikala 123 ∫ 4 Lieuen von Lariſſa, Pouqv.) Mannert S. 569. und noch dazu Euſt. 2. S. 250. Baſ. Tzetz. Chil. 9, 28.. Zwiſchen Trikka und Pelinna iſt die Mythen-Stadt Oechalia anzuſetzen, deren Truͤm - mer vielleicht noch ein Reiſender in alten Felsmauern entdeckt6S. Il. 2, 370. mit Schol. und Euſt. Pelinnos ein Sohn des Oecha - lieus, Steph. Byz. Πἐλιννα., wie ſie in dieſer Gegend Pouqueville nicht ſelten ſah. Verfolgt man von Trikka aus den Peneios, der von Nordweſten kommt, weiter hinauf, ſo tritt man24 ganz in das Hochland Heſtiaeotis ein. Gegen viertehalb Stunden von Trikka1Pouquev. 12 Miles nach Holland. 4 St. Vaudoncourt. kommt man jetzt nach dem Kloſter Meteora, deſſen Name die wunderbare Lage auf hohen Felſenpfeilern, Saͤulen, Cylindern anzeigt2S. Melet., Pouquev., Holland, Cockerell bei Hughes Trav. 5. 1. S. 504.; von wo ein Weg am Strome weiter hinauf gegen Weſten nach Epeiros, ein andrer Paß gegen Norden uͤber Stymphaea nach Elymiotis in Makedonien fuͤhrt3Dieſer bei Arrian 1, 7.; jener Liv. 31, 41. 32, 15. 38, 2. Vergl. Caeſ. B. C. 3, 80.. Dies war die Lokalitaͤt der alten Feſtung Gomphoi, die gegen den Pindos und nicht ſehr weit von der Quelle des Fluſſes lag4Von Gomphoi Tempe gegen 500 Stadien. Plin. H. N. 4, 8. So einzutheilen: Tempe 40, bis Lariſſa 160, bis Trikka etwa 240, bis Gomphoi 60.; ja es iſt wahrſcheinlich, daß auch der Name Γόμφοι die keilaͤhnliche Form jener Felſen anzeigt. Nach Strabo bildeten Gomphoi (in NW), Trikka (in SW), Pelinna (NO), und die neuere Stadt Metropolis (SO) ein Viereck von feſten Punkten, in deſſen Mitte die alte Ithome lag, die Homer von der ſteilen Lage die klimmfelſige (κλωμακόεσσα oder κλιμακόεσσα) nennt59, 437. Il. 2, 729. Pauſ. 4, 9, 1. Meteora kann Ithome nicht ſein: eher die Ruine von Kaſtraki. Aber die Stelle von Kuralios und dem Tempel der Itoniſchen Athena in dieſer Gegend iſt eine arge Verwechſelung des nicht im - mer genauen Geographen. Anders de la Porte du Theil Eclairc. sur str. I, 76. p. 248. . Von Meteora verfolgt man in noͤrdlicher Richtung den Peneios hinauf bis zu ſeiner Entſtehung aus zwei kleinen Fluͤſſen, ſteigt alsdann weſtlich ſich wendend uͤber die ſehr hohe Bergkette des Pindos, und gelangt ſo nach dem jenſeits gelegnen Epeiros, die alte Verbindungsſtraße beider Laͤnder, an welcher noch mehrere kyklopiſche Mauern zum Zeugniß alter Voͤlkerkaͤmpfe ſtehen.
Nun wohnte in der Thalebne ſeit uralten Zeiten ein Pelasgiſches Volk, welches den Goͤttern fuͤr das Geſchenk eines ſo fruchtbaren Ackerbodens in dem Feſte der Pelorien dankte. Sein Leben war ohne Zweifel der umgebenden Natur gemaͤß, welche noch jetzt die Anwoh - ner des Fluſſes zu ſanften und friedlichen Menſchen bil - det, die ihr Daſein gern an die Scholle knuͤpfen, waͤh - rend die Gebirgsbewohner bei groͤßerer Kraft groͤßere Freiheit erſtreben1Pouqueville S. 37.. Die alte Hauptſtadt dieſes Volks war Lariſſa2Bd. 1. S. 126. Hier wohnt auch Akriſios von Argos. Daß es dieſes Lariſſa iſt, ſicht man aus Schol. 1, 40. Vgl. Hellanikos Fragm. 116. Pauſ. 2. 16. Tzetz. Lyk. 836.. Aber ſchon ſehr fruͤh war die Urbevoͤl - kerung durch noͤrdlichere Volkſtaͤmme theils in Unterwuͤr - figkeit verſetzt, theils aus der Ebne hinausgedraͤngt worden3Str. 9, 439.. Eine gewiſſe Freiheit behielten jederzeit die - jenigen Ureinwoher, welche ſich in das Gebirge hinauf - gezogen hatten, die Perrhaͤber. Das Homeriſche Voͤlkerverzeichniß kennt Perrhaͤber auf der Hoͤhe Kyphos am Olymp und am ſchoͤnſtroͤmenden Titareſios, der am weſtlichen Saum des Olymposgebirgs hinfließend ſich durch ſein klares und deswegen dunkles Waſſer von dem ſchlammfuͤhrenden und darum weißlichen Peneios ſon - dert4Nach neuern Reiſenden. Schon die Alten verſtanden Homer oft falſch. Spaͤter Eurotas, oder Eu - ropos, wie die Exe. Strab. haben, d. i. der dunkle.. Auch heutzutage zeichnen ſich die Bewohner ſeiner Ufer durch geſunde Friſche aus, waͤhrend am Pe - neios die gelbe Farbe der Menſchen eine kraͤnkliche Na - tur bezeichnet5Pouqv.. Aber die Alten dachten beim Titare - ſios an den Styx und die Unterwelt: deswegen, weil bei dieſen Perrhaͤbern eben ſo wie bei den Hellopiſchen Pelasgern der Name und Cultus von Dodona ſich feſtge - ſetzt hatte6S. die Schriftſteller bei Str. 7, 328. Steph. Byz. Δωδώνη.. Und ſo war auch hier wie dort ein Pſycho -26 pompeion oder Todtenorakel. Der Fuͤrſt dieſer Perrhaͤ - ber heißt Guneus, deſſen Name (von γοῦνος, die Frucht - ſcholle) ein Andenken iſt an die fetten Felder des fruͤher bewohnten Thals. So viel wiſſen wir aus der Ho - meriſchen Stelle. Nachmals in geſchichtlicher Zeit fin - den wir die Perrhaͤber weiter ausgedehnt von den Kam - buniſchen Gebirgen, dem Tempepaß und dem Peneios eingefaßt und ſich nach Weſten noch uͤber Pindos hinaus - erſtreckend1Hieronymos bei Str. 9, 443.. Gonnos, Atrax waren Perrhaͤbiſch2Steph. Byz. Γόννος. Liv. 32, 15., wenn auch unter Andrer Herrſchaft. Aber im Gebirge erhielten ſich die Perrhaͤber, auch als die Theſſaler die Ebne beſaßen, zwar nicht unabhaͤngig, aber doch als beſondres, und bis in die Makedoniſche Zeit als amphiktyoniſches Volk.
In der Flußebne herrſchte indeß das Sagenvolk der Lapithen, welches, wie ich gezeigt habe, aus Al - mopien in Makedonien ſtammt, und mit den Phlegyern identiſch, mit den Minyern und Aeolern zu Ephyra we - nigſtens ſehr nah verwandt war3Bd. 1. S. 248 ff.. Duͤrfen wir den reinmythiſchen Namen Lapithae als Volksbenennung brauchen, weil wir doch in ihnen ein perſoͤnlich auftre - tendes und in nationalen Verhaͤltniſſen ſtehendes Volks - ganze erkennen: ſo ſagen wir, daß Lapithiſch waren die Staͤdte Elateia, Gyrton, Mopſion, Lariſſa, Atrax, Oechalia, Ithome, Trikka. Denn an dieſe knuͤpfen ſich zum Theil ſchon nach dem Namen als einheimiſch die Sagen von den Heroen Elatos, Kaeneus, Mopſos, Ko - ronos, Eurytos, Hippodameia; und in den beiden letzt - genannten ſind die Aſklepiaden einheimiſch, welche in genealogiſchen und andern Sagen ſtets mit jenen verbun - den ſind. Bei Homer folgen die Einwohner von Trikka, Ithome, Oechalia den Soͤhnen des Asklepios; die von27 Argiſſa, Gyrton, Orthe, Elone und der weißen Stadt Olooſſon den Lapithen. Nach Strabons Unterſuchungen ſoll Orthe die Burg von Phalanna, Argiſſa das ſpaͤtere Argura ſein, beide am Fluſſe, Elone ein Staͤdtchen am Olymp1Wenn Olooſſon das heutige Alaſſona an der Karawanen - ſtraße von Lariſſa nach Makedonien iſt — nach der Meinung des Erzbiſchofs von Theſſalonich zur Il. 2. S. 333. Rom. δοκεῖ δὲ φυλάσσειν καὶ νῦν τὴν κλῆσιν παϱαφϑειϱομένην βαϱβαϱικῶς. ἴσως γὰϱ αὕτη ἐστὶν ἡ ἄϱτι λεγομένη Ἐλασσών., ſo daß die mythiſche Ethnographie, die wir den Homeriſchen Katalogos nennen, mit den uͤbrigen Sagen hier voͤllig in Einklang treten wuͤrde.
Soviel mußte vorausgeſchickt werden, um den Ort und die Nachbarſchaft getreu anzugeben, in welcher die Dorier zuerſt in der griechiſchen Sage erſcheinen. Sie graͤnzten naͤmlich an die Lapithen, aber in andrer Lage als dieſe. Denn nicht in der Ebne, ſondern in dem hoͤhern Lande, Heſtiaeotis, wohnten ſie nach Hero - dot2Andron bei Strabo 10, 475 e. τῆς Δωϱίδος πϱότεϱον, νῦν δὲ Ἑστιαιώτιδος λεγομένης. In Heſtiaeotis weſtlich vom Pindos, wohnten ſie auch nach Charax bei Steph. Δὠϱιον. Nach Perrhaͤbien ſetzt die Do - rier der Schol. Pind. P. 1, 124. und zu Ariſtoph. Plutus 385 nach der richtigen Verbeſſerung von Hemſterhuis S. 115. Perrhaͤbien aber coincidirt ziemlich mit Heſtiaͤotis.. Doch laſſen die oben angezogenen Worte die - ſes Schriftſtellers auch ſchließen, daß Tempe zu He - ſtiaeotis gerechnet wurde und damals Doriſch war; wie ſehr dies der Altar des Pythiſchen Apollon in dieſem Thale beſtaͤtigt, werden wir unten ſehn. Wo es ſich auch als wahrſcheinlich zeigen wird, daß ſie das erwaͤhnte Pythion auf der Hoͤhe des Gebirgs angelegt. Darnach duͤrfen wir wohl die ganze Tripolis fuͤr weiland Doriſch achten, da auch Azoron nicht immer von Illyriſchen Pe - lagonen bewohnt, ſondern ehemals Helleniſch war3Ein Held Azoros Bd. 1. S. 161.. 28Auch iſt wahrſcheinlich, daß der als Perrhaͤbiſch ge - nannte Ort Kyphos unter Doriſcher Herrſchaft ſtand, weil ſie in ihren zweiten Niederlaſſungen ein davon be - nanntes Akyphas bewohnten1Hemſterhuis haͤlt mit Unrecht beide fuͤr einerlei. a. O. S. 116.. Es iſt auffallend, daß ſich von keiner Doriſchen Stadt in dieſer Gegend eine direkte und beſtimmte Angabe erhalten hat: der Grund dieſes Mangels liegt in dem Verluſt des Heſiodiſchen Epos Aegimios.
Dieſes Epos im Heſiodiſchen Ton, wenn auch der Verfaſſer etwa gegen Olymp. 30 in den letzten Zeiten des epiſchen Geſanges lebte2Athen. 11. S. 553 d. καὶ ὁ τὸν Αἰγίμιον ποιήσας, εἴϑ᾿ Ἡσίο - δός ἐστιν ἢ Κέϱκωψ ὁ Μιλήσιος. Ihn geradezu Kerkops zu nen - nen, moͤchte vielleicht unkritiſcher ſein, als den weitſchichtigen Na - men Heſiod zu reſpektiren., beſang die aͤlteſten Begeben - heiten des Doriſchen Stammes. Namentlich, wie Ae - gimios, der Dorierfuͤrſt, im ſchweren und gefaͤhrlichen Kriege mit den Lapithen den wandernden Herakles her - beiruft, und durch das Verſprechen, den dritten Theil des Gebiets ihm abzutreten, ſeine Bundesgenoſſenſchaft er - wirbt, durch welche die Feinde geſchlagen, ihr Fuͤrſt getoͤdtet, das ſtreitige Land erobert wird3Weſſel. zu Diod. 4, 37. p. 282.. Daß dies der Hauptinhalt des Gedichts geweſen ſei, beſagt der Name deſſelben4S. Valcken. ad Eurip. Phoen. p. 735.. Wahrſcheinlich wurden auch die Hel - den von Jolkos und die Phthioten als Bundesgenoſſen der Lapithen vorgefuͤhrt, wenigſtens kamen Phrixos und Achilleus Schickſale darin vor
5Schol. Apoll. 3, 584 — 4, 816. Groddek Bibliothek der alten Litter. u. Kunſt Th. 2. S. 89. ſchließt wohl zu ſchnell, daß der Argonautenzug darin enthalten geweſen, wie Weichert uͤber Apollonios S. 139. n. 176. mit Recht bemerkt. — Daß im Aegimios der Zug der Dorier und ihre Colonien bis auf Kyrene erzaͤhlt worden waͤren,.
Das zweite Buch29 ſpielte in Euboea, welcher Inſel Name von der Kuh Jo abgeleitet wurde1So zu verſtehn iſt Steph. Byz. Ἀβαντίς. ‒ ὡς Ησίοδος ἐν Αἰγιμίου δευτέϱῳ πεϱὶ Ἰοῦς-νήσῳ δ᾿ἐν Ἀβαντίδι δίῃ, τὴν πϱὶν Ἀβαντίδα κίκλησκον ϑεοὶ ἀιὲν ἐόντες τήν ποτ᾿ ἐπώνυμον Εὔβοιαν βοὸς ὠνόμασεν Ζεύς. Hieran ſchließen ſich die vier Verſe von Argos und Fo bei den Schol. Eurip. Phoͤniſſ. 1151. Apollodor 2, 1, 3. meint dieſe Stelle. Auch gehoͤrt zu den Euboiſchen Mythen, was er 2, 1, 4. daraus erwaͤhnt. — Vgl. Fabric. Biblioth. 1. S. 592. Harles.; ich vermuthe, daß der Kampf des Herakles gegen das Euboiſche Oechalia hineingenommen war. Aegimios war indeſſen in Heſtiaeotis herrſchend gedacht; weil nur da die Dorier Nachbarn der Lapithen waren: doch wird er auch mit Leichtigkeit nach den zwei - ten Wohnſitzen des Stammes, am Oeta, hinuͤbergezo - gen2S. Ephoros bei Steph. Byz. Δυμᾶνες (S. 96 Marx), aus ihm Str. 9, S. 654 a. . Er iſt uͤberhaupt mythiſcher Stammvater oder Stammheld der Doriſchen Nation, daher Pindor auch die Herkommen und Geſetze derſelben “Satzungen des Aegimios” nannte. Indeß werden von ihm nur zwei Staͤmme des Volks hergeleitet, die Dymanen und die Pamphylen; der dritte und vornehmſte, die Hylleer, hat den Hyllos zum Stammvater, Herakles wirklichen und Aegimios Adoptiv-Sohn. Und weil in den Doriſchen Staaten der Grundbeſitz unter dieſe Staͤmme gleich getheilt war: erhaͤlt nun in der ange - fuͤhrten Sage Herakles fuͤr ſeine Nachkommen das Drit - tel des Landes, was den Hylleern gebuͤhrte. Von der Landeseintheilung meldete der Dichter:
5iſt nach dem Charakter des alten Epos ungedenkbar, welches keine chronologiſch angereihte Geſchichte enthaͤlt.
30Daruͤber aber, daß der erſte Stamm von den beiden uͤbrigen als verſchieden von Urſprung abgeſondert wird, verweiſen wir auf die Bemerkungen im dritten Kapitel.
Ebenſo muͤſſen wir auf die Eroͤrterung des Apollo - dienſtes und Heraklesmythos im zweiten Buche verweiſen, welche erſt die innre Geſchichte des Doriſchen Stam - mes in ſeiner aͤlteſten Periode geben kann; ſintemal in jener Zeit die Religion alle Regungen des geiſtigen Le - bens noch einſchließt und inbegreift.
Eine Begebenheit, die auch, wenn ſie nicht durch Tradition bezeugt waͤre, doch in ihren Wirkungen er - kannt und darnach vorausgeſetzt werden muͤßte, iſt die Wanderung von Doriern aus der Gegend des Olympos nach Kreta. Freilich ein wunderbarer Zug von einem Ende der Griechiſchen Welt zum andern, und eine ſehr anomale Erſcheinung in der Geſchichte der alten Colo - nien. Man muß annehmen, daß ſchon in jenen Urſitzen die Dorier, als von der Ebne ausgeſchloſſen, durch Noth und Thatluſt gedraͤngt, Piratenkaͤhne bauten, die engen und ſchmalen Fahrzeuge mit ſelbſtrudernden Kaͤm - pfern bemannten, und ſo aus Bergbewohnern zu See - fahrern umgeſchaffen — die Normannen Griechenlands — nach dem fernen Kreta ſeegelten. Das aͤlteſte Zeug - niß davon iſt das der Odyſſee. “Mitten im Meere liegt das Land Kreta, ein herrliches und geſegnetes Ei - land. Viele, unzaͤhlbare Menſchen ſind darin und neun - zig Staͤdte. Andere reden eine anders gemiſchte Spra - che. Darin ſind Achaeer, hochherzige Eteokreten, Ky - donen, dreigetheilte Dorier, und goͤttliche Pelasger. Unter ihnen iſt die große Stadt Knoſſos”1Od. 19, 174.. Andron giebt geographiſch genau an: dieſe Dorier ſeien aus He -3τες γὰϱ τϱιχάϊκες καλέονται Οὕνεκα τϱισσὴν γαϊαν ἑκὰς πάτϱης (ſchr. πάτϱῃς oder πάτϱαις) ἐδάσαντο. Was folgt, iſt falſch.31 ſtiaeotis, damals Doris, unter Tektaphos, Doros Sohn, ſammt Achaeern und Pelasgern, ſo in Theſſalien geblieben waren, nach Kreta gekommen1Bei Strabo 10, 475. d. und Stephan. Δώϱιον. Aus Andron ſchoͤpft wohl Diodor 5, 80. Vgl. 4, 60.. Weiter Dio - dor: des Tektaphos (Tektamos) Sohn ſei Aſterios, Koͤ - nig von Kreta, geweſen, der Adoptivvater Minos des Geſetzgebers. Dieſe Nachrichten werden ihrem weſent - lichen Inhalte nach durch zwei Proben gewiß. Erſtens dadurch, daß der Apollonsdienſt nun in Kreta eben ſo wie in Tempe und zwar ganz mit denſelben Gebraͤuchen geuͤbt wird, und auch die Uebertragung damit verbund - ner Sagen veranlaßt. Zweitens dadurch, daß die Do - riſche Grundverfaſſung ſich in Kreta ſo ſehr fruͤh zu einer Ordnung und Feſtigkeit ausbildete, welche hernach Mu - ſter fuͤr die verwandten Staaten wurde. Dies giebt uns das vollſte Recht, den Knoſſier Minos als Dorier anzuſehn. Beſſer noch ſagen wir, daß der Name Mi - nos eine Zeit bezeichnet, in welcher die Doriſchen Anlan - der einen großen Theil der Inſel in einen Staat verei - nigten, und indem ſie ſo erſtarkt ihre Macht uͤber die Kykladen und viele Kuͤſtenſtriche ausbreiteten, nach He - rodots, Thukydides und Ariſtoteles Ausdrucke, eine Art Thalaſſokratie erwarben. Wir wuͤrden die einfache Loͤ - ſung mehrerer Begebenheiten und Verhaͤltniſſe verſchmaͤhn, wenn wir jene Doriſche Wanderung laͤugnen wollten. — Damit ſollen aber mit nichten ſpaͤtere Wanderungen aus dem ſchon Doriſchen Peloponnes gelaͤugnet werden2Die Nie - derlaſſungen, welche hier in Betracht kommen, ſind 1. die Einwan - derung nach Minos Tode (im dritten Geſchlecht vor Troja) von al - lerlei Staͤmmen, beſonders Hellenen, bei Herod. 7, 170., dieſe iſt bloße Sage von Polichna und Praͤſos und nicht ſehr glaubwuͤrdig. 2. Colonie des Althaemenes nach dem Heraklidenzug von Argos und Megara aus, und in Verbindung mit Rhodos. 3. Dorier aus;32 nur treffen dieſe in zu ſpaͤte Zeiten, um von ihnen abzu - leiten, was der Ableitung bedarf. — Welche Gegenden Kretas nahmen die Dorier in Beſitz? Staphylos1Strabo 10. p. 475. c. ſagt, die Oſtkuͤſten. Genauer indeſſen nennt man die oͤſtliche Seite der Nordkuͤſte. Denn hier liegt das Minoiſche Knoſſos, welches man als den Hauptſitz der Doriſchen Bevoͤlkerung anſehen muß, mit ſeinem Hafen Herakleion und der Kolonie Apollonia. Indeſſen hat ſich von da ſehr fruͤh Herrſchaft, Sitte und Cultus des Stammes uͤber die andern von Eteokreten, Pelasgern, Kydonen bewohnten Gegenden verbreitet; und die Inſel mit Hilfe ſpaͤterer Nachwanderungen faſt ganz doriſirt2Die kretiſchen Staͤdte gal - ten im allgemeinen fuͤr Doriſch. Menander de encom. 32, 1. S. 81. Heeren, u. And.. Wenn zu Homers Zeit noch verſchiedne Miſchungen der Spra - che nach den inwohnenden Staͤmmen ſtatt fanden (ἄλλη δ᾿ἂλλων γλῶσσα μεμιγμένη): ſo erſcheint ſpaͤter der Doriſche Dialekt als der allgemein angenommene.
Wir folgen jetzt wieder dem oben gegebnen Texte Herodots. “Als aber die Dorier von den Kad - meern vertrieben waren, wohnten ſie am Pindos, und hießen das Makedniſche Volk.” Damit ſpielt der Schriftſteller auf das mythiſche Ereigniß an, da die Kadmeer von Theben durch die Argeier vertrieben zu den Illyriſchen Encheleern zogen, und dabei den Mag - neſiſchen Berg Homole in der Naͤhe von Tempe be - ruͤhrten. In jenen Magneſiſchen Wohnſitzen waren ſie allerdings Nachbarn der Dorier geweſen. Aber es iſt wohl zu bedenken, welche verworne Fabel wir vor uns2dem ſchon Doriſchen Peloponnes. Lyktos, Lampe, und andre Orte von Sparta, Pharaͤ Colonie der Meſſenier; Gortyna von Amy - klaͤern, (Minyern), Phaeſtos von Sikyon, andre von Argos (Skylax S. 18. Diodor 5, 80.) 4. Aegineten in Kydonia.33 haben1S. Bd. 1. S. 233. 234. Nach Andron (Str. 10, 475.) kommen ſie gleich von Heſtiaeotis an den Parnaß. Nach Diodor 4, 67. vertreiben die Kadmeer die Dorier, die aber dann nach Doris (Erineos, Kytinion, Boeon) zuruͤckkehren. Fuͤr Hero - dot koͤnnte Lykophron 1388 ſprechen, der die Dorier Λακμωνίους nennt (Λάκμων ὄϱος Πε᾽ϱ῾ϱαιβίας, ἔνϑα ᾤκουν Δ.), da Lakmon der Knoten des Pindos und der Kambuniſchen Berge heißt. Aber Ly - kophron will nur ihre Wohnſitze in Heſtiaeotis andeuten.. Der verwuͤſtende Raubzug der Encheleer nach Phokis und Boeotien iſt wohl nicht anzuzweifeln; die Tradition konnte ſchwerlich irgendwie entſtehen, als durch ein wirkliches Faktum; es ſprach davon ein ziemlich altes Delphiſches Orakel und die Sage der Thebaeer; dieſelbe Horde mag bei ihrem Durchzuge auch die Dorier in ihren Sitzen beunruhigt haben; aber ſo wunderbar es iſt, daß fluͤchtige Thebaeer zu den Encheleern nach Illyrien von freien Stuͤcken gezogen ſein ſollen, ſo ſeltſam iſt es, daß dieſe die Dorier aus ihren Wohnſitzen verdraͤngt haben ſollten. Das mag wahr ſein, daß noͤrdliche Horden die Dorier vom Olympos hinwegdraͤngten; denn wir finden ſpaͤter in den alten Wohnſitzen dieſes Volks den Paeoniſchen (Teu - kriſchen) Stamm der Pelagonen, welche vom Axios herabgekommen waren2Ilias 2, 849. 21, 159. Darauf zielt Herodot (ſ. Einleitung), daß die Teukrer, zu denen er die Paeoner rechnet, bis an den Peneios vorgedrungen waͤren., und ſich der Tripolis Azoron, Doliche, Pythion bemaͤchtigt hatten. — Wenn nun aber Herodot die Makedner oder alten Makedonier, welche zu ſeiner Zeit die Landſchaft zwiſchen den Fluͤſſen Ha - liakmon und Ludias vom Gebirge bis an die Kuͤſte be - wohnten, von den Doriern in jenen Wohnſitzen ablei - tet: ſo mag dies wohl eine Erzaͤhlung der Makedonier ſein, die nicht bloß ihrem Argiviſchen KoͤnigsſtammeII. 334Doriſchen Urſprung zuzuſichern bemuͤht waren; aber geſchichtlichen Sinn hat ſie wohl nicht. Denn die Ma - kedonier ſind zwar in der Grundlage, wie oben bemerkt, Griechen, aber ſie fuͤr Dorier zu halten, giebt es in Sprache und Sitte keinen Grund1Einleitung §. 3. In der Stelle bei Conſtant. Porphyr. Them. 2, 4. S. 1453. Meurſ. λέγεται δὲ καὶ Μακεδονίας μοῖϱα Μακέτα, ὡς Μαϱσύας ἐν πϱώτῳ Μακεδονιακῶν. καὶ τὴν Ηϱέ - στειαν δὲ Μακέταν λέγουσιν, will Raoul-Rochette 2. S. 70. Εστιαιῶτιν corrigiren; allein Ὀϱεστίαν liegt ja weit naͤher..
“Von da wanderte, erzaͤhlt Herodot weiter, der Volkſtamm der Dorier nach Dryopis — in die Land - ſchaft, welche ſeitdem Doris oder die Doriſche Tetrapo - lis heißt”. Auch hier erfordert zuerſt das Geographi - ſche einige Eroͤrterung, welche ſich von den Thermopy - len, dem Punkte, wo das Oetegebirge das Meer be - ruͤhrt, bis zu dem Knoten erſtrecken muß, wo es ſich mit dem Parnaß und beide mit dem Pindosgebirge ver - ſchlingen, und der letztere Hauptbergzug Griechenlands ſich in verſchiednen Richtungen hin aufloͤßt und ver - zweigt.
Wenn wir die Ebene von Phokis, welche zwiſchen Oeta und Parnaſſos liegt, und vom Kephiſſos durchfloſ - ſen wird, hinaufwaͤrts verfolgen: ſo treten nach und nach die[Gebirge] von beiden Seiten naͤher zuſammen und verengern das Thal des Fluſſes. Die letzten Phokiſchen Staͤdte in dieſer Richtung ſind Amphikaea, Tithronion, Drymaea, in Truͤmmern und Palaeokaſtro’s noch er - kennbar1Amphikaea bei Dadja, ſ. Leake in Walpole’s Trav. S. 509. Clarke a. O. S. 227. Gell Itinerary S. 210.. Wendet man ſich von da weſtlich nach den hoͤhern Gegenden, ſo gelangt man bald zur Quelle des Fluſſes, welche dadurch unverkennbar iſt, daß ſie ſo - gleich einen ziemlich ſtarken Strom bildet. Und zwar ſtroͤmt Kephiſſos aus dem Parnaß, nicht Oeta, und3 *36wendet ſich zuerſt nach Nordoſt, um darauf nach Suͤdoſt umzubiegen1Ich folge hier beſonders Dodwell S. 123. und Gell, vergl. Band 1. S. 41. Pouqueville iſt ganz im Irrthum. Er laͤßt den Kephiß 1 1 ∫ 4 St. von Arotina, das er fuͤr Erineos haͤlt, NO ent - ſpringen, und von N. in den Pindos fließen, der wieder in den Korinthiſchen Meerbuſen geht, was ganz gegen die Alten iſt. Er iſt gar nicht in Doris geweſen.. Die Lokalitaͤt iſt beſonders dadurch be - zeichnet, daß ſich bei der Quelle auf einem ſteilen Vor - ſprunge des Parnaſſos die alte Akropole einer Stadt erhebt, welche als Lilaea anerkannt werden muß. Die Landſchaft umher iſt großartig und kuͤhn geformt. Zwanzig Stadien davon lag Charadra, wo ein Gebirgs - bach in den Kephiſſos ſtroͤmte. Aber aus noch hoͤhern Thaͤlern kommt der Fluß Pindos herab, welcher nicht weit von Lilaea ſich mit Kephiſſos vereinigt. Dieſe Thaͤ - ler, nordweſtlich gegen Lilaea gelegen2Fruͤher ſetzte man es meiſt ganz falſch. Mit der Karte zum erſten Bande ſtimmt in der Haupt - ſache Gells Karte zum Itinerary. Nach Str. liegt die Tetra - polis meiſt oͤſtlich vom Parnaß, doch zieht ſie ſich auch weſtlich herum. 9, 417. — Fl. Pindos nach Dodwell Aniani., ſind die eigent - liche Landſchaft Doris, von den Alten wenig im Ein - zelnen beſchrieben, und von neuern Reiſenden erſt ſeit Kurzem einigemal beſucht. Die ſteile Burg, welche an - derthalb Stunden von Lilaea auf einem Vorſprunge des Parnaſſes bei dem Dorfe Mariolatis liegt, iſt vielleicht Boeon. Die alten Mauern im Thal gegen Weſten bei Stagni, muß man fuͤr das feſte Kytinion anſehn3S. den Grund S. 57. N. 3.. Aber Erineos muß wohl an den Schluchten des Oeta, den Quellen des genannten Fluſſes naͤher, geſucht wer - den4S. Str. 9, 427. 10, 476 a. Davon unterſcheidet Strabo Erineos in Phthiotis, 9, 434. Etymol. M. 373, 56. ὁ Ἐϱινεὸς iſt die rechte Form. Erineum indeß Mela und die unten angef. Schol. Pindar und Ariſtoph.. Am Oeta lag Akyphas5Str. 9, 427. b. 434. Steph. Byz. Ἀκύφας μία τῆς Δωϱικῆς τετϱαπόλεως., wahrſcheinlich ei -37 nerlei mit der oberhalb Erineos gelegenen, dem Fluſſe gleichnamigen Stadt Pindos1Skymnos Chios V. 591. Δωϱιεῖς Ἐϱινεὸν, Βοιὸν, Κυ - τίνιον ἀϱχαιοτάτας ἔχουσι Πίνδον τ᾽ ἐχομένην. Vgl. Konon a. O. Gegen die, welche Pindos in dieſer Tetrapolis laͤugnen, genuͤgt He - rod. 8, 43. anzufuͤhren. Vgl. du Theil Eclairc. sur str. 9. T. 3. p. 118. Raoul-Roch. T. 2. p. 252. 4. p. 392., beide Namen hatten die Dorier aus den fruͤheren Wohnſitzen mitgebracht. — Die - ſer Landwinkel an die Hauptgebirge Griechenlands zu - naͤchſt angelehnt und oberhalb der Ebnen haͤngend, die ſich von da ausbreiten, wird von den oberen Gegenden Aetoliens, dem Lande der Ozoliſchen Lokrer, Phokis und Suͤdtheſſalien umgeben2Str. 9, 427. c. ordnet die Reihe ſo: Aetoler, Lokroi Hesp., Dorier, Aenianen, Lokroi Epikn. vgl. 425. 430 b. . Von Kytinion fuͤhrte an der Seite des Parnaß hin ein Bergpfad nach dem Lande der Lokrer3Thukyd. 3, 95. 102. Es iſt die Kakiskala zwiſchen Stagni und Salona. Dodwell und Gell S. 206., welchen auch neuere Reiſende gewandert ſind; von Delphi ein andrer Gebirgspfad, den ein alter Reiſender auf 180 Stadien ſchaͤtzt4Pauſ. 10, 33, 2., nach Lilaea hinuͤber, und wahr - ſcheinlich bei Tithoraea vorbei. Nach Norden geht man jetzt aus dem Thale des Pindos ebenfalls einen Bergſteig durch Schluchten und Engen des Oeta in das jenſeitige Flußthal des Spercheios, welcher gegenwaͤrtig Hellada heißt5Dieſen Weg, uͤber Kamara, Palaeochori, Neuropoli, beſchreiben Dodwell 2. S. 126. Gell S. 241.; war dieſer ſchon im Alterthum gangbar, ſo ver - band er Doris mit dem Lande der Malier.
Das Gebirge Oeta ſtreift in weſtlicher Rich - tung und in der Ausdehnung von zweihundert Stadien gegen den Maliſchen Meerbuſen, den es bei den Ther - mopylen erreicht. Es trennt Doris, Phokis und die Epiknemidiſchen Lokrer von der Ebne am Spercheios. Ver -38 bindungswege ſind der zuletzt genannte Pfad; dann ein andrer aus Phokis nach dem Felſenthal von Trachinien1Dieſen Weg bei Eleutherochori vorbei ging Holland S. 383. vgl. Dodw. S. 74. Er iſt auch gemeint bei Procop de ae - dif. 4, 2., endlich die Thermopylen nebſt dem durch die Perſerſchlacht bekannteu Nebenpfade. Dieſen Paß bildet der ſteile Ab - fall des Gebirgs auf der einen Seite mit dem tiefen und unzugaͤnglichen Seemarſch nach der andern, welche an den engſten Stellen bis zur Naͤhe von 60 Schritt zuſam - mentreten2Liv. 36, 15. Beſchreibung der Thermop. Bd. 1. S. 486. Clarke ch. 8. S. 240. Holland ch. 18. S. 375. Gell Itin. S. 239.; in der Mitte entſpringen die heißen Quellen von ſulphuriſchem Geruch, die der Schlucht den Namen gegeben haben; bei ihnen liegt die kleine Ebne von Anthela, zwei engere Stellen des Paſſes unterbrechend. Am noͤrdlichen Eingange der Enge ſtehn noch die Truͤmmer des Walles, durch welchen Theſſa - ler, Perſer, Roͤmer abgehalten werden ſollten; nahe dabei kommt das Fluͤßchen Aſopos aus den Klippen des Gebirgs hervor. Am ſuͤdlichen Schluſſe des Paſſes lag das Staͤdtchen Alpenos, — die ganze Laͤnge deſſelben betraͤgt gegen eine geographiſche Meile. Von den Thermopylen leitet die gepflaſterte und erhoͤhete Heerſtraße noͤrdlich uͤber den Spercheios nach Theſſalien, ſuͤdlich uͤber Alpenos, Skarpheia, Thro - nion, und von da nach Elateia und weiter im Phoki - ſchen Lande.
So unwirthlich auch durch die zerriſſene und klip - penvolle Geſtalt der Thaͤler und Hoͤhen der Bergzug des Oeta iſt: ſo gab es doch eine nicht geringe Anzahl alter Orte, welche ſich von der Doriſchen Tetrapolis nach dem Meere hinzogen. Amphanaea muß auf dem Oeta, aber gegen Trachinien hin, gelegen haben, ſo39 daß man es auch zu Theſſalien im weiteren Sinne rech - nen konnte1S. Steph. Byz. Ἀμφαναὶ aus Theopomp. Eurip. Raſ. Herakles 386.. Rhoduntia und Teichius waren befeſtigte Bergſpitzen an dem Wege uͤber den Oeta2Str. 9, 428. Liv. 36, 16.. Phri - kion lag an den Thermopylen auf der Lokriſchen Seite; es ſandte Einwohner nach dem Aeoliſchen Kyme und Lariſſa Phrikonis3)Steph. Byz. Kallim. auf Artemis. 159. Φϱικίῃ ὑπὸ δϱυϊ γυῖα ϑεωϑείς.. Jenſeits lag Trachis auf dem Gebirgsabhang uͤber der Ebne der kleinen Fluͤſſe Me - las und Dyras; Herakleia war 6 Stadien von der al - ten “Rauhburg” angelegt4Str. a. O.. In der Naͤhe wahrſchein - lich Aegoneia5S. Lykophron, Hekataeos, Rhianos bei Steph..
Nachdem ſo die Lokalitaͤt wenn nicht mit an - ſchaulichen, doch moͤglichſt beſtimmten Zuͤgen bezeichnet iſt, fragen wir nach den kleinen Volkskoͤrpern, welche hier fruͤher und ſpaͤter Platz genommen, beſonders nach den Doriern ſelbſt. Doris, im engern Sinne, heißt das Thal des Fluͤßchens Pindos. Wer von einer Drei - ſtadt ſpricht, meint Boeon, Kytinion und Erineos6So Andron bei Str. 10, 476 a. Thuk. 1, 107., welcher Ort, als der bedeutendſte, auch Dorion ge - heißen zu haben ſcheint7Aeſchin. π. παϱαπϱ. 286, 2. τὸν ἥκοντα ἐκ Δωϱίου καὶ Κυτινίου. (43, 24.): wer eine Tetrapolis kennt, nimmt als vierte Stadt Akyphas (Pindos) hinzu8Theop. bei Steph. Ἀκύφας. Skymn. Ch. a. O.. Das iſt die Gegend, wo Doros Hellens Sohn gewohnt und ſein Volk am Parnaß verſammelt haben ſoll9Str. 8, 383. Konon. 27. Skymnos. Darauf geht auch die Angabe bei Apolld. 1, 7, 3., daß Doros Hellens τὴν πέϱαν χώϱαν Πε - λοποννήσου ἔλαβεν. Anders wieder Vitruv. 4, 1. Achaia Pe - loponnesoque tota Dorus Hellenis et Orseidos (der Bergbe - wohnerin) nymphae filius regnavit. , eine Sage, die die aͤltern Wohnſitze bes Stammes ganz ver -40 gißt. Allein es ſcheint nicht, daß in der Zeit, als der geſammte Volkſtamm hier beſchraͤnkt war, er ſich mit dieſem engen Thale begnuͤgt habe; vielmehr hatte er noch mehrere Orte am Oeta inne, zu welchen das genannte Amphanaͤa gehoͤrt1Hekataeos bei Steph.. Ein unbekannter Schriftſteller2Bei den Schol. Pind. P. 1, 121., in denen indeß einige Verwechſelung und Verwirrung iſt. (Eine Stadt Pindos in Perrhaͤbien iſt ſonſt nicht nachweisbar). Bei Pindar geht Πινδόϑεν allgemein auf die fruͤheren Wohnſitze; denn Heſtiaeotis und auch Doris lehnen ſich an Pindos. Vgl. Boeckh. Expl. S. 235. Aus dieſen Schol. ſchoͤpfen wahrſcheinlich die zu Ariſtoph. Plut. 385 und Tzetz. Lyk. V. 980. vergl. 741., daher ſie auch die Fehler derſelben uͤbertragen haben. nannte ſechs Doriſche Staͤdte: Erineos, Kytinion, Boeon, Lilaeon, Karphaea, Dryope: von denen Lilaeon die Stadt Lilaea, Karphaea ohne Zweifel Skarpheia an den Thermopylen, Dryope das vormals Dryopiſche Land bezeichnet. Es war alſo wohl einmal auch das Hoch - land an den Quellen des Kephiß, und ein Strich laͤngs des Oeta bis ans Meer im Beſitze dieſes Volks. Ja dies war ſelbſt noch zum Theil im Perſerkriege der Fall. Denn auch damals erſtreckte ſich Doris in ei - nem dreißig Stadien breiten Zipfel zwiſchen dem Ma