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Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Wenn es gleich richtig ist, dass ein jedes Werk vor allem selbst für sich sprechen soll, so hat doch die Sitte ihm in Form eines Vorwortes einen Geleitbrief mit auf den Weg in die Oeffentlichkeit zu geben, ihre volle Berechtigung. Dies aner - kennend, und ohne die Bedürfnissfrage zu berühren, will ich zunächst hervorheben, dass das vorliegende sich gründet auf einen nahezu zweijährigen Aufenthalt in Japan und ausgedehnte Reisen durch die Inseln Hondo, Shikoku, Kiushiu und Amakusa in den Jahren 1874 und 1875. Ich verfolgte dabei dem Auf - trage des Königlich Preussischen Handelsministeriums gemäss den Zweck, die eigenartigen und auf hoher Stufe der Voll - kommenheit stehenden Industriezweige, sowie den Handel Japans zu studieren und darüber zu berichten. Die Materie dieser Berichte unter dem Titel » Industrie und Handel Japans « wird der Gegenstand des zweiten Bandes sein.
Obgleich auch der folgende Band ebenso wie der jetzt er - scheinende ein in sich geschlossenes Ganzes bilden wird, soVIVorwort.erschien es mir doch zum besseren Verständniss aller dabei in Betracht kommenden Verhältnisse angezeigt, die vorliegende Arbeit vorauszuschicken; denn ohne Zweifel sind die Natur eines Landes, die geschichtliche und sociale Entwickelung seiner Bewohner und deren Beziehungen zu andern Völkern die Grund - lagen, auf denen sich Form und Inhalt seines gewerblichen und commerziellen Lebens nicht minder wie des geistigen ent - wickeln.
Wenn es für den Verfasser ein schwerer Schritt war von Frau und Kindern und einer seine ganze Zeit und Kraft in Anspruch nehmenden öffentlichen Wirksamkeit als Oberlehrer für Naturwissenschaften an der Musterschule und Director der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft zu Frankfurt am Main hinweg nach Ostasien zu gehen, so trug ihn dabei das hohe Vertrauen der Königlich Preussischen Regierung, sowie die Hoffnung, dass Gott sein redliches Bemühen, demselben zu entsprechen, segnen werde. Zu beurtheilen, wie weit sich dieselbe erfüllt hat, ist Sache des geneigten Lesers, die meinige aber ist es, meinen hohen Vorgesetzten in den Königlich Preus - sischen Ministerien für Handel und Gewerbe, wie für Cultus und Unterricht hier öffentlich meinen tiefgefühlten Dank aus - zusprechen für das grosse Vertrauen und Wohlwollen, welches dieselben mir geschenkt und bis zur Stunde erhalten haben. Mein wärmster Dank gebührt ferner den früheren Vertretern des Deutschen Reiches in Japan, den Herren Ministern von Brandt in Peking und Dr. jur. von Holleben zu Buenos Ayres für die Gastfreundschaft, mit der sie mich bei sich in der deut - schen Legation zu Tôkio aufnahmen, und für alle sonstige För - derung, welche sie der Lösung meiner Aufgabe zu Theil werdenVIIVorwort.liessen. Auch den deutschen Consuln, den Herren Zappe in Yokohama, Bair in Tôkio und Leysner in Niigata, fühle ich mich in mehrfacher Hinsicht zu Dank verpflichtet. Nicht minder danke ich der japanischen Regierung für den Schutz, welchen sie mir gewährte, und verschiedenen Gouverneuren für ihre grosse Bereitwilligkeit, nach Kräften zur Förderung meiner Zwecke beizutragen.
Ausser dem geschichtlichen Theil des vorliegenden Bandes, für welchen alle zugänglichen Quellen mit Sorgfalt geprüft und benutzt wurden, ist jedes einzelne Kapitel, insbesondere des ersten Abschnittes, vorwiegend aus eigenen Beobachtungen und darauf gegründeten eingehenden Studien hervorgegangen. Ich will hier nicht weiter betonen, in wie fern sich dieses Werk in Folge dessen von sämmtlichen bisherigen Publikationen über Japan wesentlich unterscheidet, noch auf die grossen Schwie - rigkeiten aufmerksam machen, welche sich der Lösung einer so umfangreichen Aufgabe entgegenstellten, sondern nur noch ver - sichern, dass ich bei Abfassung aller Theile bestrebt war, gründlich, klar und wahr zu sein. In zweifelhaften Fällen stand mir der freundliche und entgegenkommende Rath von Freunden und Collegen, nämlich der Herren Dunker, von Fritsch, Geyler, Greeff, Hilgendorf, Fd. Justi, Kobelt, Tadashi Sanda und Satow zur Seite, wofür ich denselben auch hier meinen verbindlichsten Dank ausspreche. Herr Professor Dr. Justi unterstützte mich nicht bloss bei mehreren Gelegenheiten durch sein reiches linguistisches Wissen, sondern auch dadurch, dass er nach verschiedenen Photographien die vorzüglichen Federzeichnungen anfertigte, welche den beiden Typenbildern der Ainos und Japaner zu Grunde liegen.
VIIIVorwort.Zur besonderen Freude und Genugthuung gereicht es mir noch hervorheben zu können, dass ich die kartographischen Arbeiten des Werkes verschiedenen meiner hiesigen Zuhörer anvertrauen konnte und beim Lesen der Correcturen an einem andern, dem Herrn Cand. Jul. Winneberger, eine vortreffliche Stütze fand.
Marburg, im November 1880.
Der Verfasser.
Das Kaiserreich Japán*)Der Accent dieses Wortes liegt auf der ultima., das Nihón, Nippón oder Dai Nippón seiner Bewohner, ist das östlichste Land Asiens und erstreckt sich von 24° 20 'N. (Terumashima in der Riu-kiu-Gruppe) bis 51° N. (Insel Shumshu, die nördlichste der Kurilen) und von 122° 53' O. Gr. (Riu-kiu-Insel Yonakuni) bis 156° 36 'O. Gr. (Shumshu). Das Land dehnt sich sonach über nahezu 27 Breiten - und mehr als 33½ Längen - Grade aus; es ist nach japanischen Angaben 500 ri lang und 30 — 60 ri breit. In dem weiten Ring thätiger und erloschener Vulkane, welcher den Stillen Ocean umschliesst, bildet es mit seinen vier grossen In - seln und einer beträchtlichen Anzahl kleinerer ein mehr als 450 Meilen langes Glied, das sich von der Insel Formosa bis zum Cap Lopatka erstreckt, an welchem sich die Wogen einer gefährlichen See oft in wilder Brandung brechen und woran heftige Erdbeben nicht selten in beängstigender Weise rütteln.
Japan zerfällt naturgemäss in 4 Gruppen, nämlich:
1) Das eigentliche Japan, gebildet von den drei grossen Inseln Hondo (Honshiu oder Jicata, Hauptland), Kiushiu (Neun - land) und Shikoku (Vierland), nebst einer Anzahl kleinerer Eilande seitwärts von diesen. Auch die vierte grosse Insel des Reiches, Yezo, muss, wenn sie auch politisch eine andere Stelle einnimmt, hierher gerechnet werden. Die kleineren Inseln dieser Gruppe sind: Sado und Oki im Japanischen Meer, Tsushima und Ikishima in der Strasse von Korea, Hirado und die Gotô (Fünf-Inseln), sowie Ama - kusa und die Koshiki-Gruppe auf der Westseite von Kiushiu, Tanegashima und Yakunoshima im Süden derselben, Awaji im Japanischen Binnenmeer und die Shichitô (Sieben-Inseln) im1*4I. Zur Orientierung.Südosten der Halbinsel Idzu, nämlich Ôshima (Vries-Insel), Rishima, Niijima, Miyakeshima, Mikurajima, Hachijoshima und Koshima.
Das Japanische Binnenmeer, » the Inland-Sea « englischer Karten, oder Seto-no-uchi-umi (d. h. das Meer zwischen den Strassen), oder Seto-uchi der Japaner, scheidet mit der Van der Capellen-Strasse, der Linschoten-Strasse und der Bungo - Strasse die drei südlichen grossen Inseln von einander, während die Tsugaru-Strasse Yezo von der Hauptinsel oder Hondo trennt. Die ganze Gruppe aber wird durch die Broughton-Strasse, das Japanische Meer und die Strasse La Pérouse von Korea und dem asiatischen Russland, durch die Colnet-Strasse von der nächst - folgenden geschieden.
2) Die Riukiu-Inseln (Liukiu nach chinesischer Aussprache), auch Lutschu genannt, zwischen dem 30. und 24. Parallel — der Colnet-Strasse und Formosa.
3) Chijima (Tausend-Inseln) oder die Kurilen, zwischen dem 43. und 51. Grad nördlicher Breite — von Yezo bis Kamtschatka.
4) Ogasawara-shima oder Munintô (Muninjima), gewöhn - lich die Bonin-Inseln*)Der Name » Bonin « ist ohne Zweifel eine Corruption des Japanischen » Munin «, ohne Menschen, so benannt, weil Ogasawara, ihr Entdecker, sie men - schenleer fand. genannt, im Stillen Ocean zwischen 27° N. und 28° N. und unter 142° O. Gr., etwa 30 Meilen südöstlich von der Halbinsel Idzu.
Es ergibt sich aus nebenstehender Uebersicht, dass das eigent - liche, ältere Japan ¾ des ganzen Areals umfasst, Honshiu fast 3mal so gross als Yezo, mehr denn 6mal so gross als Kiushiu und 12mal so gross als Shikoku ist. Das Areal der letztgenannten Insel beträgt gerade die Hälfte desjenigen von Kiushiu oder Chinsei, wie dasselbe in japanischen Büchern auch genannt wird. Vergleicht man die japa - nischen Inseln nach ihrer Grösse mit uns näher liegenden Ländern, so findet man, dass dieselben insgesammt England, Holland und Bel - gien gleichkommen; Honshiu allein ist so gross wie Ungarn; Yezo übertrifft nur wenig das Königreich Baiern, Kiushiu gleicht Baden und Württemberg einschliesslich Hohenzollern, Shikoku der Provinz Schleswig-Holstein. —
Die erste Kunde von der Existenz Japans erhielt Europa gegen Ende des 13. Jahrhunderts durch Marco Polo, dem man in China fabelhafte Geschichten von dem grossen Goldreichthum des im Osten gelegenen Inselreichs Zipangu erzählt hatte. Mit diesem Worte gab5Lage, Grösse und Eintheilung Japans.Uebersicht der Areal - und Bevölkerungs-Verhältnisse des japanischen Reichs. *)Die meisten Daten zur Zusammenstellung dieser Tabelle wurden Behm und Wagner: » Die Bevölkerung der Erde, V « entnommen. Ihre Grundlage sind An - gaben des Japanischen Vermessungsbüreaus, beziehungsweise Resultate der Volks - zählung 1874.
**)Das Areal dieser kleineren Nebeninseln von Hondo, Kiushiu und Shikoku, zu deren Verwaltungsbezirken sie immer gezählt wurden, ist hier entschieden viel zu hoch angegeben, da es sich wesentlich um Amakusa, die Koshiki, Tanegashima, Yakunoshima, Gotô, Hirado, die Inseln im Binnenmeer und die Shichi-tô handelt, die in ihrer Gesammtgrösse eher den 5 mittleren Inseln (Sado, Tsushima, Awaji, Oki, Iki) nachstehen. Ihre Einwohnerzahl ist bei der von Hondo, Kiushiu und Shi - koku mit eingeschlossen.***)Wir unterscheiden Alt - und Neu-Japan, insofern jenes, das Oyashima, schon in früher Zeit von den Japanern erobert und colonisiert wurde, während Neu - Japan aus Erwerbungen der letzten Jahrhunderte oder der allerneuesten Zeit be - steht, die bisher eine andere politische Stellung einnahmen und als Colonien des Mutterlandes zu betrachten sind, mit Ausnahme der Riukiu.6I. Zur Orientierung.er die chinesische Bezeichnung Dschi-pen-Kuë*)v. Richthofen schreibt: Ji-pönn-kwo. oder Dschi-pon wie - der, welche die Japaner in Nippon oder Nihon umgewandelt und all - gemein als Bezeichnung ihres Landes an Stelle älterer einheimischer Benennungen angenommen haben. Das Wort Nippon (Nihon) stammt von nitsu, Sonne, und hon, Aufgang, Ursprung, und wurde von den Chinesen in demselben Sinne angewandt, in welchem den Europäern die Bezeichnungen Levante, Orient und Morgenland geläufig wurden, oder wie Dagoe den Schweden**)Die japanische Flagge führt eine rothe Sonne in weissem Felde..
Nippon heisst bei den romanischen Völkern Japón, bei den ger - manischen Japán, Namen, welche durch die Portugiesen, beziehungs - weise Holländer eingeführt wurden, von den Japánern (Nippon-jin d. h. Nippon-Leute) nicht angewandt werden und als Corruptionen des Wortes Nippon zu betrachten sind. Dieses bezieht der Einge - borene stets auf das ganze Reich, nie wie die Europäer auf die Haupt - insel allein, für welche er sonderbarer Weise keinen besonderen Na - men hat, denn die Ausdrücke Honshin oder Jicata, Hauptland, Hondo, Haupttheil, welche in der Neuzeit auch von den Japanern wiederholt angewandt wurden, werden vom Volke nicht gebraucht und erlangen wohl erst allmählich allgemeines Bürgerrecht.
In dem ältesten deutschen Buche über Nippon von Johann Meyer, welches 1587 in Dillingen erschien, betitelt: » Neue, wahrhafte aus - führliche Beschreibung der jüngst abgesandten japanischen Lega - tionen «, einer Uebersetzung aus dem Italienischen, wird das Land Japón oder Japónien genannt.
Die Japaner sahen in ihrer früheren Abgeschiedenheit, ähnlich wie so viele andere Völker, ihr Land als Centrum und wichtigsten Theil der Welt an, freilich einer beschränkten Welt; denn dieselbe wurde nach ihrer Auffassung begrenzt: im Osten vom Tai-yô oder Taihei-Kai, dem grossen Weltmeer oder Stillen Ocean, im Norden durch Makatsu, worunter Karafto (Saghalin) verstanden wird***)Der Name Makatsu findet sich auf dem Denkstein Tagajô-no-hi östlich von Sendai; siehe meine Notizen darüber im 7. Heft der deutschen ostasiatischen Gesellschaft., im Westen durch Kara oder Shina (China), nach Süden durch Tenjiku (Himmels-Stütze) oder Indien, woran man Portugal, Holland und an - dere Länder, von denen man gehört hatte, unmittelbar anschloss. Dem Namen Nippon wurde » Dai «, gross, vorgesetzt und diese Be - nennung auch bei Regierungs-Documenten angewandt. So beginnt z. B. noch der 1876 mit Korea abgeschlossene Vertrag mit den Wor -7Lage, Grösse und Eintheilung Japans.ten: » Freundschaft hat bestanden seit alter Zeit zwischen Dai Chôzen und Dai Nippon « etc. In dem Maasse, in welchem in der Neuzeit die Japaner ihren geographischen Blick durch Karten und Unterricht in den Schulen, sowie auf Reisen erweitert haben, ist eine bedeutende Ernüchterung in der Schätzung der Grösse ihres eigenen Landes ein - getreten und der Gebrauch des » Dai « vor » Nippon « auf sonstigen Publikationen geschwunden.
Nach alter Tradition stammt der Beherrscher Japans oder Mikádo in directer Linie von der Sonnengöttin Amaterasu ab, deren Eltern das Götterpaar Isanagi und Isanami waren. Als diese eines Tages auf der von Wolken getragenen Himmelsbrücke erschienen, um das unter ihnen in der Tiefe wogende Meer zu beschauen, senkte Isanagi die Spitze seiner reichverzierten Lanze in dasselbe, worauf es sich alsbald theilte. Die von der Lanze fallenden Tropfen gestalteten sich zu Inseln, und aus den Wellen stieg zuerst Awaji hervor, auf der sich das Götterpaar als Adam und Eva niederliessen. Sieben andere Inseln entstanden mit demselben Schöpfungsacte und führten von da an zusammen mit Awaji den Namen Oyashima, d. h. » die acht grossen Inseln «. Es sind die oben bereits aufgezählten: Hondo, Kiushiu, Shikoku, Sado, Tsushima, Awaji, Oki und Iki. Diese und die umliegenden kleineren Inseln bildeten das alte Japan, ein Gebiet von 5164 □ Meilen, also nicht viel grösser als Preussen vor 1866: Ausser dem Namen Oyashima, später Nippon, hatten die Ja - paner noch manches Epitheton ornans für ihr Land. So nannten sie es z. B. Kami-no-kuni, Land der Götter, Shin-koku, Land der hei - ligen Geister, Oyamato-no-kuni, Land des grossen Friedens, Ono - goro-shima, Inseln der erstarrten Tropfen, Shiki-shima, ausgebreitete Inseln etc.
Oyashima oder das alte Japan wird vom japanischen Meer und Stillen Ocean zwischen 128½° O. Gr. und 142° O. Gr. umspült, gegen Süden unter 30° N. durch die Colnet-Strasse von den Riukiu und nach Norden unter 41½° durch die Tsugaru-Strasse von Yezo geschieden. Sein südlichster Theil liegt sonach unter der Breite des Nildeltas, der nördlichste unter derjenigen des Bosporus. Die erste Eintheilung von Oyashima in Provinzen fand zur Zeit des 10. Mikado (Sûjin Tennô 97 — 30 v. Chr.) statt, wurde aber durch den 13. Mikado (Seimu Tennô 131 — 190 n. Chr.) umgestaltet und verbessert. Seine Herrschaft erstreckte sich hiernach über 32 Provinzen, — nach Nor - den etwa bis zu einer Linie von Sendai nach Niigata, denn den nord - östlichsten Theil hatten damals noch Ureinwohner, die Emishi (auch Yezo genannt), Verwandte der Ainos auf Yezo, inne. Die berühmte8I. Zur Orientierung.Kaiserin Jingô Kôgô (201 — 269 n. Chr.), welche als Wittwe des 14. Mikado zwischen diesem und dem 15. eine glorreiche Regierung führte, theilte nach ihrer siegreichen Rückkehr aus Shiraki (Korea) die Provinzen ihres Landes nach dem Muster von Korea ein in das Kinai oder Gokinai*)Das Gokinai war anfangs ein Shikinai (vier Residenzländer), bis später Id - zumi in Kawachi und Idzumi getheilt wurde., d. h. die fünf Stammprovinzen oder kaiser - lichen Residenzländer, weil darin die Residenzen aller Mikado’s**)Der erste Mikado war Jimmu Tennô 660 — 585 v. Chr. (1 — 76 der jap. Zeit - rechnung); der 121. od. nach einer anderen Zählung der 123, ist Mutsu Hito-Tennô, welcher seit 1867 regiert. bis auf den jetzigen lagen, auch wohl Kamigata genannt, und in die Shichi-dô oder Sieben Landstrassen-Bezirke.
Unter der Regierung des 42. Mikado Mommu Tennô (696 — 707 n. Chr.) wurden einzelne der Provinzen weiter gespalten und wuchs dadurch die Zahl aller in den 8 Bezirken auf 66 an, wozu noch die Inseln Tsushima und Iki als getrennte Provinzen kommen. Der 45. Mikado Shômu Tennô (723 — 755) liess dann die Grenzen der einzelnen Provinzen genauer feststellen. Endlich wurden 1868 nach Beseitigung des Shiogunats durch den jetzigen Mikado die beiden nördlichsten und grössten Provinzen des Landes, Mutsu und Dewa, weiter eingetheilt, jenes in 5, dieses in 2 Provinzen, sodass dadurch die Zahl aller im Gebiete von Oyashima auf 73 anwuchs. Zur selben Zeit theilte man auch Yezo in 10 Provinzen, wozu die Chijima (Ku - rilen) als 11. kommen, und fügte sie unter dem Namen Hokkaidô oder Nordseestrasse als 9. Landschaftsbezirk den übrigen bei. Die Riukiu bildeten daneben bis vor kurzem ein besonderes Fürstenthum oder Han.
In der folgenden Uebersicht sind die 9 Landschaften mit ihren 82 Provinzen, ausserdem aber Tsushima und Iki, im Ganzen also 84 Provinzen aufgezählt, und zwar die meisten der letzteren mit 2 Namen: einem japanischen und einem chinesischen. Wo einer der - selben gebräuchlicher ist als der andere, wurde er gesperrt ge - druckt. Wo beide gleichviel angewandt werden, haben sie beide gesperrten Druck erhalten.
Die chinesischen Provinznamen wurden in Folge des koreanischen Einflusses gleichzeitig mit den Landstrassen-Bezirken eingeführt und beziehen sich auf die ältere Eintheilung des Landes. Als daher ein - zelne der grösseren ursprünglichen Provinzen später weiter gegliedert wurden, wie z. B. Hi-no-kuni (Feuerland) in Hizen und Higo, das vordere und hintere Hi, Bi in Bizen, Bichiu und Bigo, d. h. das vordere, mittlere und hintere Bi, oder wie Mutsu (Ôshiu) sogar in9Lage, Grösse und Eintheilung Japans.5 Provinzen, führten sie den chinesischen Collectivnamen weiter. Hierin aber liegt der Grund, weshalb in all diesen Fällen der japa - nische Provinzname als der bestimmtere gebräuchlicher wurde. Für Hokkaidô (Yezo) aber, das erst 1868 in Provinzen eingetheilt wurde, gibt es gar keine andere gebräuchliche chinesische Benennung.
Uebersicht der 9 Landschaften und 84 Provinzen Japans.
A. Oyashima, Alt-Japan.
I. Go-kinai oder die fünf Stammprovinzen:
II. Tôkaidô (wörtlich Ostsee-Strasse) mit 15 Provinzen:
III. Tôsandô, d. h. Ostbergland-Strasse, mit 13 (früher 8) Provinzen:
IV. Hokurokudô, d. h. Nordland-Strasse, mit 7 Provinzen:
V. Sanindô oder Bergschuttenseiten-Strasse mit 8 Provinzen:
VI. Sanyôdô, d. h. Bergsonnenseiten-Strasse, mit 8 Provinzen:
VII. Nankaidô, d. h. Südsee-Strasse, mit 6 Provinzen:
VIII. Saikaidô, d. h. Westsee-Strasse, mit 9 Provinzen:
B. Späterer Erwerb unter besonderer Verwaltung.
IX. Hokkaidô oder Nordsee-Strasse mit 11 Provinzen:
In früherer Zeit schied eine Barriere, die von Ôsaka nach der Grenze von Yamato und Omi ging, die 33 westlichen Provinzen von den 33 östlichen. Jene wurden zusammen Kuwansei (sprich Kánsé), d. h. westwärts des Thores, diese Kuwantô (sprich Kántô), d. h. ostwärts des Thores, genannt. Später jedoch, als unter der Toku - gawa-Herrschaft die Passzugänge zur Ebene, in welcher die neue Hauptstadt der Shôgune, Yedo, emporwuchs, sorgfältig überwacht wurden, verstand man unter dem Thor (Kuwan) die grosse Wache auf dem Hakone-Pass und unter Kuwantô oder Kuwantô-Hashiu (sprich Kantô-Hashiu) die 8 Provinzen östlich desselben: Sagami, Musashi, Kôtsuke, Shimotsuke, Hitachi, Shimôsa, Katsusa und Awa. Die Provinzen des Sanyôdô und San-indô aber pflegt man noch heute gewöhnlich als Chiugoku oder Centralländer zu bezeichnen.
Als nach Beseitigung des Feudalsystems im Jahre 1872 eine neue Verwaltung eingeführt wurde, theilte man das Gebiet von Oyashima meist ohne Rücksicht auf die alten Provinzen ein in 3 Fu (Miyako oder Hauptstädte) und in 72 Ken oder Departements, doch wurden im Laufe der folgenden Jahre, insbesondere 1876, die Grenzen der letz - teren wesentlich verändert und ihre Zahl schliesslich auf 35 reduciert. Hokkaidô (Yezo und Kurilen) aber bildet eine Colonie unter beson - derer Verwaltung, genannt Kaitakushi. Dasselbe gilt neuerdings von Ogasawara-shima (Munintô), den Bonin-Inseln, während Riukin als Han (Clan) unter einem eigenen Fürsten (König) stand, bis in Folge von Vorgängen der allerneuesten Zeit (siehe Näheres im zweiten Theil) dies Lehnsverhältniss aufgehoben, der Fürst gleich den Dai -13Lage, Grösse und Eintheilung Japans.mios mediatisiert und die Inselgruppe als 36. Ken dem Lande ein - verleibt wurde. Die neuen Departements (Ken) werden nach ihren Hauptstädten oder nach den Kreisen benannt, in welchen diese ge - legen sind.
Uebersicht der Fu und Ken und ihrer Hauptstädte.
Aus Vorstehendem ergibt sich, dass seit der Restauration der Mikado-Herrschaft die alten Provinzen aufgehört haben von politischer Bedeutung zu sein. Aber zum Verständniss der Geschichte und Cul - tur Japans, wie nicht minder zur sonstigen Orientierung sind sie noch immer von Wichtigkeit, da ihre Eintheilung meist natürlichen Grenzen folgt, während die neue Eintheilung in Verwaltungsbezirke (Fu und Ken) ihrer Willkürlichkeit und Unbeständigkeit wegen für die Geo - graphie nur von sehr untergeordnetem Werth und Interesse ist.
(Wo zwei Worte stehen, ist das erste die ursprünglich japanische, das zweite die sino-japanische*)Eine nähere Erklärung dieses Ausdruckes findet sich in dem Kapitel des 2. Theiles, welches von der Sprache handelt. Bezeichnung).
Higashi, tô = ost; nishi, sai = west; minami, nan = süd; kita, hoku = nord; kami = ober; shimo = unter; naka = zwischen.
Sen (zen) = vor, vorder; chiu = mittel; go = nach, hinter, als Affixe z. B. bei Ländernamen, wie Bizen, Bichiu, Bigo.
Shiro (shira) = weiss; kuro = schwarz; aka = roth; aö (awo) = grün; o (oki), tai (dai) = gross; ko = klein; takai = hoch; hikui = niedrig.
10 mo = 1 rin, 10 rin = 1 bu, 10 bu = 1 sun, 10 sun = 1 shaku, 10 shaku = 1 jô; 6 shaku = 1 ken, 60 ken = 1 chô, 36 chô = 1 ri.
15Erklärung häufig vorkommender geographischer Ausdrücke.1 sun, shaku, ken, ri = 1 Zoll, Fuss, Klafter, Meile, beziehungs - weise.
Die geographische Längeneinheit ist das ri (vom chinesischen li abgeleitet, doch weit grösser).
1 ri = 3927,27 m. Es gehen sonach 28,28 ri auf 15 geographische Meilen und es ist 1 geogr. Meile = 1,886 ri.
1 tsubo = 36 □ shaku = 3,305785 qm; 300 tsubo = 1 tan = 991,7355 qm; 10 tan = 1 cho = 9917,355 qm; 120 cho = 119 Hectare, demnach ist 1 cho nahezu 1 Hectare. 1 ho-ri oder 1 ri-shi-ho = 1 ri im Quadrat.
Kuni, koku (goku) oder shiu = Land, Provinz (tai-shiu, Con - tinent); ken = Departement; kori (gori) = Kreis; shima (jima), tô = Insel; han-tô = Halbinsel (nicht gebräuchlich); yama, san = Berg; nobori = Berg (in der Ainio-Sprache); san-miaku = Gebirge (nicht gebräuchlich), [yama in Verbindung mit Pflanzen - und Thiernamen bedeutet wild, aus dem Bergwald kommend]; mine = Gipfel, Kamm; take (dake) = hoher Gipfel, hoher Berg; saki oder misaki = Vorge - birge; tôge = Pass; sakai = Grenze; tani (dani) = Thal; hira, chi = Ebene; taira (daira) = Ebene (nur in einigen Fällen gebräuchlich, wie Aidzutaira, Iwakitaira); hayashi oder ki = Wald; mori = Hain; hara, no oder no-hara = Waldwiese, Moor, eine offene, uncultivierte Ebene; ta = Reisland; inaka = Land, im Gegensatz zur Stadt; jôka = Schlossstadt, früher die Residenz eines Fürsten; miyako (nicht ge - bräuchlich), fu = Hauptstadt; machi = Stadt; mura = Dorf; shiro = Schloss; tera (dera) = Buddhatempel; miya = Shintôtempel oder Kamihalle.
Ô-nada, tai-yô oder tai-kai = Stiller Ocean; umi, kai = Meer; uchi-umi oder naka-umi = Binnenmeer; iri-umi, ura oder wan = Bucht; nada = Meerestheil, wird auch für ura (wan), Bucht und seto oder kai-kio = Meerenge gebraucht; minato, tsu = Hafen; hama = flache Küste; shiwo = Meeresströmung, Gezeiten, z. B. kuro-shiwo = Japanischer Golfstrom, hiki-shiwo = Fluth, michi-shiwo = Ebbe.
Kawa (gawa) = Fluss; minamoto, suigen = Quelle; kuchi (guchi) = Mündung; taki (daki) = Wasserfall; yama-midzu = Bergwasser, Gebirgsbach; taiga = Strom, doch ist diese Bezeichnung weniger ge - bräuchlich als das Praefix ô, gross, im Gegensatz zu ko, klein, vor16I. Zur Orientierung.kawa, also ogawa, der grosse Fluss, ko-gawa, der kleine Fluss, Bach; hori = Canal; hori-wari = canalisierter Fluss. Für Landsee gebraucht man die Worte midzu-umi (Süsswasser-Meer), kosui und ko, doch führen im nordwestlichen Japan, namentlich in Echigo ver - schiedene Seen den Namen kata (gata), Haff, und in der Ebene von Kuwantô den Beinamen ura, Bucht; ike ist ein Teich, numa ein Sumpf, Sumpfsee. Die warme Quelle heisst onsen oder ide-yu und yu (als Praefix oder Affix zum Eigennamen) das warme Bad, die Therme; yu bedeutet überhaupt warmes Wasser, im Gegensatz zu midzu, Kaltwasser. Jinoku (i. e. Hölle) ist eine Solfatare, gewöhn - lich je nach ihrer Stärke ô-jinoku oder ko-jinoku genannt.
Lästig und vielfach verwirrend ist die Gewohnheit der Japaner, den Namen eines Flusses wiederholt in seinem Laufe zu verändern. Heisst er z. B. anfangs nach dem Berge oder Bezirke, an oder in welchem er entspringt, so benennt man ihn oft schon unterhalb des ersten grösseren Ortes nach diesem, um beim zweiten, dritten etc. weitere Aenderungen vorzunehmen. So heisst der Fluss, welcher der ganzen Länge nach seinen Lauf durch die Mitte der Provinz Musashi nimmt, anfangs Arakawa, von der Poststation Todamura am Naka - sendô an aber Todagawa, bis schon zwei ri weiter abwärts das Dorf Sumida Anlass zu einer neuen Benennung ist. Der Sumida-gawa fliesst durch den westlichen Theil der Hauptstadt Tôkio und nimmt hier unterhalb der Hauptbrücke (Riôgoku-bashi) den Namen Ogawa an, unter welchem er endlich in die Yedo-Bucht mündet.
Bei Bergen tritt uns eine andere Schwierigkeit entgegen. Es ist die häufige Wiederholung desselben Namens. So finden wir das Wort komagatake (Fohlenberg) mehr als zwei Dutzend mal. Der Ja - paner setzt dann wohl den Provinz - oder Landschaftsnamen erläuternd hinzu und redet z. B. von einem Shinano-no-komagatake, Kôshiu-no - komagatake, Yezo-no-komagatake. Aber schon wenn der Berg an der Grenze zweier Provinzen liegt, kann man im Zweifel sein, welcher man ihn zuweisen soll, wie viel mehr da, wo auf ihm drei Provinzen aneinanderstossen. Wiederholt heisst der Berg, beziehungsweise Pass an einer solchen Stelle Mikuni-yama (Dreiländerberg) und Mikuni - tôge (Dreiländerpass).
Die japanischen Inseln haben eine beträchtliche Küstenentwicke - lung und besitzen namentlich auf der Süd - und Südwestseite viele geschützte Buchten, die jedoch in manchen Fällen zu seicht sind, um grösseren Schiffen den Zugang zu ermöglichen. Flache, sandige Gestade wechseln häufig mit Steilküsten ab, doch herrschen letztere vor. Der am meisten geschlossene Meerestheil ist das Japanische Binnenmeer, » the Inland-Sea « englischer Karten, japanisch Seto - uchi oder Seto-uchi-no-umi, d. h. das Meer innerhalb der Strassen. Dasselbe dehnt sich zwischen den Inseln Hondo, Kiushiu und Shi - koku aus, nimmt an dem Gezeitenwechsel des Oceans theil und gehört deshalb ganz in die Kategorie der sogenannten Küstenmeere. Durch die sehr schmale Meerenge von Shimonoseki (Shimonoseki-no-seto), die Van der Capellen-Strasse der Europäer, an deren Seiten Shimonoseki und Moso-saki so nahe sich gegenüberliegen, wie Rüdes - heim und Bingen, wird Hondo von Kiushiu geschieden und Seto-uchi mit dem Japanischen Meer verbunden. Die Bungo-nada (Bungo - Strasse) zwischen Kiushiu und Shikoku und die Linschoten-Strasse zwischen Shikoku und Honshiu stellen den Zusammenhang des Bin - nenmeeres mit dem Stillen Ocean her.
Der Uebergang von Kiushiu nach Shikoku findet gewöhnlich von Saga-no-seki nach Yawata-hama statt. Hier nähern sich beide Inseln durch zwei Landzungen, von denen namentlich die von Shikoku sehr lang und schmal ist, bis auf 5 ri (2⅔ g. M.). Der Meeresboden hebt sich rasch vom Stillen Ocean zum Seto-uchi hin, sowohl in Bungo - nada, als auch in der Linschoten-Strasse, und zwar von 50 — 60 Faden Tiefe auf die Hälfte, ja ein Drittel, und wenn zu der rechtwinkeligen Bewegung der Gezeiten-Wellen vom Kuroshiwo aus durch diese Engen sich ein scharfer Ostwind gesellt, so entsteht eine wildbewegte, ge - fährliche See, welche namentlich in der Bungo-nada gefürchtet wird.
Rein, Japan I. 218II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.Die Linschoten-Strasse hat zwischen den Provinzen Kiishiu und Awa eine mittlere Breite von 4 geogr. Meilen, wird aber dann durch das vorgelagerte Awaji getheilt und eingeengt in die Idzumi-nada, welche zur Bucht von Ôsaka führt, und in die Naruto-Passage zwischen Awaji und Awa*)Die Akashi-Strasse scheidet Awaji von Harima.. Hier befindet sich der Awa-no-na - ruto oder Strudel von Awa, eine Art Charybdis, wo nach einer ja - panischen Schilderung » das Meerwasser sich schraubenartig dreht und die Brandung an den Felsen ein Geräusch verursacht, wie von hundert Donnern. Der Durchmesser dieses Strudels ist mehr als 1 ri (½ g. M.). Wenn Schiffe wider Willen hineingerathen, werden sie nach und nach in drehende Bewegung versetzt, hinabgezogen und um und um ge - dreht, ohne dass man weiss, wohin sie gerathen. « So die Sage; in Wirklichkeit ist die Sache nicht so gefährlich. Nicht weit davon be - findet sich der viel schwächere Ko-naruto oder kleine Strudel.
Das japanische Binnenmeer ist mit vielen, meist vulkanischen Inselchen besät und durchweg so seicht, dass eine Hebung des Bo - dens um nur 20 Faden an vielen Stellen trockene Landverbindungen unter den benachbarten grossen Inseln bewirken würde. Manche dieser Eilande sind mit Kiefern bewachsen, und es erinnert eine Boot - fahrt zwischen ihnen einigermassen an eine Skärenfahrt im euro - päischen Norden. Als Theile dieses Binnenmeeres werden unterschie - den und nach benachbarten Provinzen benannt: die Suwo-nada, Iyo-nada, Bingo-nada (oder Midzushima-nada), Harima - nada und Idzumi-nada mit Kobe-no-minato und Ôsaka - no-minato, den Häfen von Kobe und Ôsaka**)Die Idzumi-nada und insbesondere die Bai von Ôsaka führt auch den Namen Naniwa-no-tsu, d. h. Bucht von Naniwa oder der schnellen Wellen. Auch heisst das anliegende Setsu wohl Naniwa-no-kuni, Land der schnellen Wellen. Dieser Name Naniwa bezieht sich auf die rauhe, widerwärtige Fahrt des Jimmû Tennô durch das Seto-uchi, als er von Hiuga kam und in der Nähe von Ôsaka landete; darum wird auch diese Stadt wohl Naniwa genannt..
Bei Kiushiu ist der grösste Theil der Ostküste flach und offen, daher ohne Häfen. Auf der Südseite schneidet die Kagoshima - ura zwischen den Halbinseln Ôsumi und Satsuma gen Norden weit ein, ist von einer prächtigen Küste umgeben und ganz besonders aus - gezeichnet durch die vulkanische Insel Sakurajima, welche sich als eine grosse Zierde der Gegend steil darin erhebt. Die genannten Halbinseln laufen in steile Vorgebirge aus, an denen die Meereswogen sich brechen, so bei Satanomi-saki, der Südspitze von Ôsumi und Kiushiu überhaupt.
19II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.Auf der Westseite von Kiushiu tritt zwischen dem vieltheiligen Hizen und dem östlich davon gelegenen Higo das Meer nordwärts bis Saga unter der Breite von Bungo-nada vor. In diese Bucht schiebt sich von Hizen her gen Südost die Halbinsel Shimabara mit dem Vulkan Onzengatake. Auch liegen hier am Eingang mehrere grössere bemerkenswerthe Inseln, vor allem Amakusa, dann auf ihrer Ost - seite Kamishima und im Süden Nagashima. Der nördlichste Theil der Bucht heisst Shimabara-nada (eigentlich Ariake-no-oki) und hat flache Ost - und steile, vulkanische Westküste. Shimabara-nada steht durch Hagasaki-nada zwischen Amakusa und der Halb - insel Shimabara mit Chijiwa-nada in Verbindung, welche Bucht sich zwischen dem südlichen Hizen, der Halbinsel Shimabara und der Insel Amakusa ausbreitet.
Ganz Hizen ist eigentlich eine nach Südwesten gerichtete Halb - insel mit Nomo-saki als südlichstem Vorsprung und meist mit steilen Küsten, in welche ausser Chijiwa-nada auch von Westen her mehrere Buchten tief einschneiden. Hierher gehört vor allem die schöne Bucht von Nagasaki mit dem bekannten ausgezeichneten Hafen im Hinter - grunde; sodann die Ômura-Bucht (Ômura-no-iri-umi) und die Buchten von Imari, Karatsu und Fukuoka. Gen Norden, wo Kiushiu im Hi-saki an der Strasse von Shimonoseki am weitesten vortritt, macht das Binnenmeer die Buchten von Nakatsu und Funai.
Die Insel Shikoku ist an der Bungo-nada am meisten gegliedert. Unter den kleinen Landzungen, welche das Meer hier bildet, ragt die nördlichste wie ein langer Damm gegen das Binnenmeer am weitesten vor und endet im Cap Mi-saki nur 5 ri (2⅔ g. M.) von Kiushiu. Gen Süden endet die Insel in den beiden Vorgebirgen Isa-saki und Muroto-saki. Zwischen beiden ist Toshiu-nada oder Tosa-no - umi, eine breite Bucht mit theils flacher, theils steiler Küste, in deren Nähe der Kampferbaum immer noch als wichtiger Bestandtheil der immergrünen Wälder erscheint. Ihr gegenüber tritt auf der Nordseite der Insel zwischen Kajitori-saki und Hakura-saki die Bingo - nada gen Süden vor, so dass hier Shikoku die geringste Breite hat.
Die Südseite der Insel Honshiu von Shimonoseki bis Noshi - ma-saki an der Südküste von Awa ist gegenüber dem übrigen Theil sehr buchtenreich und besitzt einzelne vortreffliche Häfen, vor allem Yokohama, dann Yokoska, Shimoda, sowie im Binnenmeer Kobe. Die meisten der grösseren Buchten sind jedoch seicht und ihre innersten Küsten flach; dagegen ragen die Halbinseln zwischen ihnen mit steilen Ufern nach Süden. Zu diesen Halbinseln gehören Kadsusa-Awa, östlich der Yedobucht, welche in den Vorgebirgen2*20II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.Noshima-saki und Su-saki (Cape King) endet; ferner die Halb - insel Sagami mit vielen kleinen Buchten und den Vorsprüngen Kampon-saki, Tsurugi-saki und Mi-saki; die Halbinsel Idzu, welche in dem Iro-saki endet; zwei Landzungen der Küste von Tô - tomi und Mikawa, deren östliche im Omaye-saki, die westliche im Irako-saki endet; die Halbinsel von Owari mit dem Moro-saki. Zwischen Ise-no-umi und dem östlichsten Theil des Binnenmeeres bilden die Provinzen Ise, Shima, Iga, Yamato, Kii, Kawachi und Idzumi zusammen ebenfalls eine gebirgige und an Naturschönheiten sehr reiche Halbinsel, welche nur auf der Seite von Idzumi eine flache, seichte Küste hat, sonst aber durch tiefes Wasser in den vielen kleinen Buchten sich auszeichnet. Wir wollen sie die Halbinsel Yamato nennen.
Als erwähnenswerthe Meerestheile zwischen den vorbenannten Halbinseln mögen hier folgen: Tôkio-wan zwischen Kadzusa-Awa und Sagami mit den Baien von Yokohama und Yokoska auf der Westseite, Sagami-nada zwischen Sagami und Idzu; Suruga - wan (Suruga-nada) zwischen Idzu und Omaye-saki; Hama-no - minato, flache Bucht an dem Gestade von Tôtomi; Mikawa-no - iriye zwischen den Vorgebirgen Irako-saki und Moro-saki; Ise-no - umi, auch Owari-wan genannt, zwischen Owari und Ise.
Die offene See zwischen Toba am Eingang des Meeres von Ise und der Halbinsel Idzu heisst Tôtomi-nada und gilt gleich der Bungo-nada für einen häufig sehr aufgeregten Meerestheil.
Von der steilen Ostküste der Halbinsel Kadzusa-Awa an beginnt nordwärts eine offene, monotone Flachküste, welche in ihrem Charak - ter mit geringen Unterbrechungen sich bis jenseits der Kitakami - Mündung an der Sendai-wan erstreckt. Auf ihrer Westseite bildet diese Sendaibucht eine seichte Lagune, in welcher die Inselgruppe Matsushima gelegen ist. Dieselbe besteht aus vielen kleinen Ei - landen, welche, nahe an einander gereiht, im Mittel 20 — 30 Meter hoch, grösstentheils mit Kiefern (daher der Name) bewachsen sind und in den Augen der Japaner für eine besondere Sehenswürdigkeit des japanischen Nordens gelten.
Von der Kitakami-Mündung an um die kleine Halbinsel, welche die Nordostgrenze der Sendaibucht bildet, und die vorgelagerte 300 Meter hohe Insel Kinkuasan herum nimmt die Ostküste von Hon - shiu einen andern Charakter an. Er wird bedingt durch die zahl - reichen Ausläufer, die vom Meridiangebirge östlich des Kitakami-gawa nach Osten zum Meer ziehen und hier steil, wenn auch nicht sehr hoch, vorspringen. Diese Gebirgsausläufer bilden die Wasserscheiden21II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.ebenso vieler kleiner Küstenbäche, deren Thälchen in schöne Baien enden. An den dunklen Felsen aus alten Schiefern und krystallini - schem Massengestein, welche diese kleinen Buchten nach Aussen be - grenzen, brechen sich die Wellen des Oceans, sodass hier mancher geschützte Ankerplatz zu finden ist, der aber nur in wenigen Fällen, wie z. B. bei Kamaishi der Magneteisenstein-Vorkommnisse wegen, eine grössere Bedeutung hat, da hier das Land sonst wenig bietet, um einen regeren Schiffsverkehr hervorzurufen.
Auf der Nordseite von Honshiu öffnet sich an der Tsugaru-Strasse, der Insel Yezo zugewandt, die Awomori-wan mit einem der tiefsten und sichersten Häfen. Die innere Küste von Awomori ist vorherr - schend flach, während die beiden die Bucht begrenzenden Halb - inseln in den steilen Fuji-ishi-saki, Oma-saki, Ishi-saki und Tatsuhi-saki nach Norden vorspringen.
Das Japanische Meer bespült die Westküste von Honshiu ihrer ganzen Länge nach. Nur an den Grenzen der einzelnen Provinzen, sowie da, wo mächtige Vulkane, wie der Iwakisan und Chôkaisan, ihre Laven - und Aschen-Massen bis zur See gesandt haben, ferner ganz im Süden von Sanindo ist die Küste steil, sonst auf weite Strecken, wie bei Toyama, Niigata und Akita, flach, mit Kiesel - schiefergeröll oder hellrothem Sande bedeckt und wenig gegliedert. Es ergibt sich hieraus, dass während der einen Jahreshälfte, wenn rauhe nördliche Winde herrschen und die hohen Wellen des Japa - nischen Meeres diesen Gestaden zutreiben, hier für die meisten Küsten - orte die Schifffahrt ruhen muss. Dies gilt namentlich auch von Nii - gata, das deshalb als Vertragshafen wenig Bedeutung hat, da es nur im Sommer directen auswärtigen Handel treiben kann.
Von den wenigen Meereseinschnitten und Landvorsprüngen an dieser Küste sind hier von Nord nach Süd zu merken: der Jiûsa - gata an der Küste von Mudzu und der grössere Hachiro-gata an derjenigen von Akita. Diese lagunenartige Bucht erstreckt sich 3 Meilen lang von Norden nach Süden und besitzt an ihrem Südende, nordwestlich von der Stadt Akita, einen engen Ausgang zum Meer. Durch diese Bucht wird die Halbinsel von Iwasaki gebildet. Von hier, dem 40. Parallel bis zum 37. Breitengrad und 137. Meridian O. Gr., ist die Küste sehr einförmig, dann ragt gen Norden die Halbinsel Noto weit vor und endet im Cap Roiyen. Zwischen dieser Halbinsel und der Küste von Echiu ist Toyama-wan oder das Fuse-no - umi, und an der Ostseite von Noto selbst die Nagao-wan mit der Noto-jima (Noto-Insel). Weiter folgt wiederum ein einförmiges Ge - stade und dann die schöne Wakasa-wan, als deren östlichster Theil22II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.die Bai von Tsuruga mit ihrem trefflichen Hafen noch besonders hervorzuheben ist. Zwischen dieser und der Mündung des Kisogawa im Meerbusen von Owari hat die Breite der Insel beträchtlich abge - nommen und beträgt nur noch 26 ri oder 14 geogr. Meilen. Diese Linie bildet die Basis eines gleichschenkligen Dreiecks, dessen Spitze in Ôsaka liegt und welches das Becken des Biwa-ko, sowie das Thal des Yodo-gawa einschliesst.
Die letzte grössere Bucht an der Küste des Japanischen Meeres gehört der Provinz Idzumo an. Dort bilden unter 35½° die Kreise Aika und Shimane eine von West nach Ost gerichtete langge - streckte Halbinsel, welche im Jizô-saki endet, während von Süd - osten her das Land in der Halbinsel Yonago bis Sakai sich fortsetzt, wo zwischen beiden Halbinseln ein schmaler Meeresarm eintritt und sich als Naka-no-umi (Binnenmeer) erweitert, worin Daikon-jima (die Rettiginsel) liegt. Diese Bucht ist etwa 3½ Meilen lang, gegen 2 Meilen breit und durchweg etwa 3 Meter tief. Nach Westen setzt sich an der Stadt Matsuye vorbei durch einen Fluss die Wasserver - bindung weiter fort und erweitert sich nach einer Stunde wieder in dem seichten Süsswassersee Shindji-no-midzu-umi, welcher 3½ Meilen lang und 1 Meile breit ist und mehrere Bäche aufnimmt, worunter der Hiigawa der bedeutendste ist.
Wenden wir uns schliesslich auch noch zu einer kurzen Betrach - tung der Küste von Yezo. Gegenüber der Bucht und dem Hafen von Awomori liegt die Bai von Hakodate mit dem gleichnamigen Hafen, dem besten von Yezo. Folgt man derselben Richtung weiter nordwärts, so kommt man erst an die Vulkan-Bucht und dann, in etwas nordöstlicher Richtung das Land überschreitend, zur Mündung des Ishikari und der Strogonoff-Bucht oder Otarunai-wan am Tatarischen Meer. Durch die Volcano-Bay und Strogonoff-Bay er - hält der Südwesten von Yezo die Gestalt einer Halbinsel. Auch nach Süden und Norden, wie gen Osten spitzt sich Yezo mehr oder we - niger halbinselartig zu. Die Namen der bemerkenswerthesten Vor - gebirge sind: Shirakami gegenüber Cap Tappi in Mutsu auf der Westseite der Tsugaru-Strasse, durch welche hier eine gefürchtete Strömung geht, Nakano-shiwo genannt, welche beständig aus dem Japanischen Meer zum Stillen Ocean gerichtet ist, und Shirokubi - saki und Yesan-saki auf der Ostseite; ferner Yerimo-saki als Südspitze von Hidaka, Nosshafu-saki an der Südost - und Shire - toko-saki an der Nordost-Küste von Nemuro; sodann Entomo - saki im Norden.
An all diesen Vorsprüngen bilden auslaufende Gebirgszüge steil23II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.zur See abfallende Küsten, während zwischen denselben an den Innen - rändern der Buchten und insbesondere an den grösseren Flussmündungen sich flache Gestade mit viel Dünensand ausbreiten. —
Das Meer spielt bei jener Gesammtheit von meteorologischen Erscheinungen eines Ortes oder Gebietes, welche wir dessen Klima nennen, eine sehr wichtige Rolle. Ist es doch als das grosse Reservoir anzusehen, aus welchem das atmosphärische Wasser nicht blos zur Wolken - und Regenbildung vornehmlich emporsteigt, sondern woselbst sich alle Niederschläge am Ende wieder sammeln. Aber mit dem Wasser sammelt sich im Meer auch ein grosser Theil der Wärme, welche das feste Land durch Insolation empfing, und wird für kältere Zeiten und Klimate aufgespeichert und denselben durch Strömungen und Winde zugeführt. Eine genaue Kenntniss der Reliefverhältnisse des Meeres, seiner horizontalen Gliederung, seiner Temperaturver - hältnisse und Bewegungen muss zum Verständniss der Witterungs - erscheinungen eines Inselreiches wie Japan wesentlich beitragen und damit auch beitragen zum Verständniss der Eigenthümlichkeiten, welche die Fauna und Flora, sowie endlich der Charakter und die Lebens - weise der Bewohner so zahlreich aufweisen.
Nachdem eine gedrängte Darstellung der Gliederung des Meeres an den japanischen Küsten vorausgegangen ist, mag desshalb eine Besprechung seiner bemerkenswerthesten Bewegungen hier folgen.
Ueber die Gezeiten lässt sich bislang wenig sagen. Es fehlen die näheren Untersuchungen über die Hafenzeiten der meisten Küsten - orte von Bedeutung, oder wenigstens zugängige Berichte darüber, ohne welche sich keine allgemeinen Schlüsse über diese Bewegung ziehen lassen. Die Fluthhöhe wechselt zwar begreiflicherweise mit der Jahreszeit und ist verschieden je nach der Breite und Beschaffen - heit der Küste, doch ist sie im Allgemeinen nicht sehr beträchtlich und hält sich zwischen 3 und 7 Fuss.
Unter den permanenten Strömungen in den japanischen Meeren ist diejenige des Kuro-shiwo (schwarze Strömung) oder Japanischen Golfstroms weitaus die auffallendste und wichtigste. Der Kuro-shiwo beginnt zwischen Luzon und Formosa bei den Bashee-Inseln nördlich vom 20. Breitengrad, fliesst von hier auf der Ostseite von Formosa hin, den südlichen Riukiu entlang bis etwa zum 26. Parallel, wo eine Gabelung eintritt, indem der Hauptstrom sich nordostwärts wendet und die Südostseiten der grossen japanischen Inseln Kiushiu, Shikoku und Honshiu der Reihe nach bestreicht, während ein kleiner Arm die nördliche Richtung beibehält, den Westen von Kiushiu und die Gotô umspült und östlich von Tsushima durch die Krusensternstrasse24II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.in das Japanische Meer tritt. Diese Strömung hat v. Schrenk, der Hydrograph der an Ostsibirien und Amurland stossenden Theile des Stillen Oceans, die Tsushima-Strömung genannt. Sie fliesst über die Osthälfte des Japanischen Meeres von Südwest nach Nord - ost, tritt theils durch die Tsugaru-Strasse, vornehmlich aber durch die Strasse La Pérouse, und verliert sich bald im südlichen Theil des Ochotskischen Meeres. Dieselbe bespült den Westen von Yezo und den Südosten von Sachalin und macht sich hier bis zur Bai der Geduld bemerkbar. Der Hauptstrom des Kuro-shiwo nimmt nördlich des 38. Breitengrades eine mehr östliche Richtung an, biegt endlich südlich der Aleuten nach der Küste Nordamerikas um, die er von Nordwesten her, von Sitka bis Cap San Lucas unter dem Namen » Nordpacifische Trift « bestreicht. Nur ein kleiner Theil des Kuro-shiwo scheint jenseits des 38. Parallel die nordöstliche Richtung beizubehalten und in einiger Entfernung von den Küsten zwischen Kamtschatka und den Aleuten dem Beringsmeer zuzufliessen.
Wenn man auf dem Wege von Hongkong nach Yokohama das Nordende der Insel Formosa passiert hat, tritt man bald in den Ku - roshiwo ein. Eine auffallend unruhige Bewegung des Wassers und fühlbare Temperatur-Zunahme machen den Uebergang auch dem - jenigen bemerklich, der nicht gewöhnt ist, solche Dinge mit Aufmerk - samkeit zu verfolgen. Die Meeresströmung treibt hier täglich 30 bis 40 Seemeilen — im Winter weniger weit — nordostwärts und weist eine 4 — 5°C. höhere Temperatur auf, als die angrenzende See. Bei be - decktem Himmel ist ihre Farbe grau, bei Sonnenschein tief dunkel - blau, und diese auffallend dunkle Färbung ist die Ursache des Na - mens, denn der japanische Schiffer weiss zwischen dunkelblau und schwarz nicht zu unterscheiden. Am 19. December 1873 betrug seine Temperatur unter 29° 24 'N. und 128° 18' O. Gr. 23°C. und stieg noch etwas am folgenden Tage unter dem 130. Meridian zwischen den Inseln Suwo-shima und Akiu-shima. Nach den Aufzeichnungen an Bord des P. und O. Dampfers Avoca erreicht hier im Nachsommer das Wasser 27°C. und bleibt daher nur 3 Grad hinter der höchsten Temperatur des Atlantischen Golfstroms zurück. Zur nämlichen Zeit (Ende September) findet der Seefahrer, welcher den Hafen von Ha - kodate verlässt und südlich nach Yokohama steuert, dass an der Küste von Nambu unter 39° N. die Meerestemperatur innerhalb einer Stunde von 20°C. auf 25,5°C. steigt. Hieran, sowie durch andere Veränderungen in seinem Fahrwasser merkt er, dass die kalte ark - tische Strömung hinter ihm liegt und er in den Kuro-shiwo einge - treten ist.
25II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.Im Jahre 1827 fand Capitain Beechey auf seiner Reise von Port Lloyd (Bonin-Inseln) nach Petropawlovsk folgende Temperaturen der See: den 25. Juni in Lat. 38° 30 'N. und Longt. 154° 16' O. Gr. 18,4°C. ‒ 26. ‒ ‒ ‒ 40° 07 'N. ‒ ‒ 156° 53' O. Gr. 11,4°C. Dies macht also eine Differenz von 7°C. beim Uebergang aus dem Japanischen Strom in die kalte, nordische Strömung. Im Winter ist der Temperaturwechsel der See oft noch viel auffälliger und beträgt 8 — 10°C. innerhalb weniger Stunden Fahrt.
Südwestlich der Gotô und von Nagasaki, im westlichen Arme der warmen Strömung steigt die Temperatur im August und September auf 28°C. und sinkt gegen das Frühjahr auf 17°C. In der Tsushima - Strömung hat das Japanische Meer Anfang Mai eine Temperatur von 19 — 20°C., d. h. etwa 2° weniger als der Hauptstrom südlich von Yedo unter gleicher Breite. Endlich sei noch erwähnt, dass zwischen Wladiwostok und dem Südwesten von Yezo Steigerungen der Meeres - temperatur von 6 — 8° in jeder Jahreszeit den Uebergang aus der kalten Küstenströmung in den Tsushima-Strom ebenfalls deutlich an - zeigen. Auf der Nordwestseite ist dieser Uebergang in den Kuro-shiwo hier, wie im Stillen Ocean, plötzlich und die Wärmesteigerung in Luft und Wasser sehr fühlbar, weniger auffallend auf der Südostseite.
Man weiss, dass auch diese Strömung gleich dem Golfstrom in Geschwindigkeit, Tiefe und Temperatur ab -, an Breite aber ansehn - lich zunimmt, je weiter nordwärts sie rückt. Unter dem 140° O. Gr. erstreckt sie sich von Muninto bis nach Cap King im Süden der Yedo - Bucht*)Der » Challenger « kreuzte ihn (Juni — Juli 1875) auf seinem Wege von den Admiralitäts-Inseln nach Yokohama zwischen 34° 37 'N bis 35° 18' N. und fand hier seine Breite = 40 Seemeilen.. An den Rändern des Kuro-shiwo, wo er sich an den kalten arktischen Gegenströmungen reibt oder an den trägen Wassern des Stillen Oceans bricht, wie nicht minder in seinem oberen Laufe, wo Inseln, insbesondere die Riukiu, und Untiefen Wirbel und Strudel hervorrufen, herrscht beständig eine hohe Brandung und starker Wel - lenschlag. Da sind heftige Regenschauer — im Norden auch dichte Nebel — sehr häufig und es wogt und kämpft zu jeder Jahreszeit die nur selten ruhige See.
Die Monsune beeinflussen keineswegs in dem Grade die Aus - dehnung und Richtung des Kuro-shiwo, wie man denken sollte, noch viel weniger seine Stärke. Die Ursachen sind eben ganz andere, als die der Triftströmungen, und darum passt auch die Behauptung Croll’s, dass die Richtung einer oceanischen Strömung derjenigen26II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.des herrschenden Windes entspricht, in keiner Weise auf den Japa - nischen Strom.
Der Kuro-shiwo wurde schon von dem holländischen Seefahrer Vries im Jahre 1643 auf seiner Reise mit dem Schiffe Castricum beobachtet*)Reize van Maarten Gerritz Vries in 1643 naar het noorden en oosten van Japan. Uitgegeven door P. A. Leupe. Amsterdam 1858. und wird auch von vielen späteren Entdeckungsreisen - den, insbesondere von Broughton und Krusenstern, erwähnt. Unsere genaueren Kenntnisse über den ganzen Verlauf desselben da - tieren jedoch erst aus der Zeit der Perry-Expedition, von der ab die früher wenig gekannten japanischen Gewässer von Kriegs - und Handelsschiffen nach allen Richtungen gekreuzt wurden.
Vergleichen wir den Kuro-shiwo mit dem Atlantischen Golfstrom, so tritt eine grosse Aehnlichkeit beider hervor. Wie der Golfstrom der äquatorialen Strömung im Atlantischen Ocean und der vorge - lagerten centralamerikanischen Küste sein Dasein, der Küstengestal - tung Nordamerikas, der Achsendrehung der Erde und im weiteren Verlauf auch dem Südwestpassat seine Richtung und weite Erstreckung verdankt, so ist auch der Ursprung des Japanischen Stromes der Aequatorialströmung des Stillen Oceans und der eigenthümlichen Küstenbildung Ostasiens zuzuschreiben und sein Verlauf auf die Dre - hung der Erde und die Einwirkung der Monsune zurückzuführen. Aber während der grösste Theil des Golfwassers endlich zwischen Nordeuropa und Spitzbergen in die arktische Region eintritt, wird der Kuro-shiwo durch die vulkanische Kette von Yezo bis Kam - tschatka und von hier über die Aleuten und Alaschka nach dem amerikanischen Festlande von dem Eintritt in das Berings - und Polar-Meer ausgeschlossen. Der Norden des Stillen Oceans ist eben in viel höherem Maasse ein Cul de Sac als derjenige des Atlantischen Meeres, wie ein Blick auf seine viel geschlosseneren Umrisse zeigt; denn hier ist die schmale und nur 180 Fuss tiefe Berings-Strasse das einzige Verbindungsglied mit dem Eismeer. Das Paläocrystische Meer des hohen Nordens, als Quell der kalten arktischen Ströme, sen - det seine Eismassen wohl ungehindert sowohl durch Smithsound als auch der Ostküste Grönlands entlang südwärts, aber durch die Beh - rings-Strasse gelangt nur wenig Polareis in den Stillen Ocean, und der Kuro-shiwo begegnet keinen Eisbergen, wie der Golfstrom. Bis zu 500 Faden Tiefe lässt sich auch das wärmere Wasser des Kuro - shiwo verfolgen, aber es bleibt in jeder Tiefenlage etwa 2 — 3° in der Temperatur hinter der des Golfstrom in gleicher geogr. Breite und Tiefe27II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.zurück. So gleichen sich denn die beiden auffallendsten oceanischen Ströme nach Wesen, Ursprung und Richtung und weichen nur hin - sichtlich der Intensität und der letzten Strecke ihres Laufes wesent - lich von einander ab.
Die kalten Strömungen im nördlichen Stillen Ocean, welche Japan berühren oder mittelbar bei seinem Klima in Betracht kommen, haben theils im Ochotskischen, theils im Berings-Meer ihren Ursprung. Schrenk unterscheidet in ersterem nicht weniger als drei, die er als Kurilische -, Sachalinische - und Liman-Strömung be - zeichnet. Letztere ist eine Küstenströmung aus dem Nordwesten des Ochotskischen Meeres, welche am ostasiatischen Festland hinzieht, zwischen demselben und der Insel Sachalin (jap. Karafto) im Liman des Amur vom kalten Wasser dieses Flusses überfluthet wird und durch die Tatarische Meerenge der Westküste des Japanischen Meeres entlang südwärts rückt. Schrenk konnte sie noch bei Wladiwo - stock nachweisen. Es ist aber kaum zweifelhaft, dass sie durch die Broughton-Strasse zwischen Tsushima und Korea ins Gelbe Meer ge - langt und hier während des grösseren Theiles des Jahres, durch die kalten Wasser der chinesischen Ströme verstärkt, unter dem Einflusse des Nordostmonsuns bis in die Strasse von Formosa hin fühlbar wird. Deshalb wählen im Winter Segelschiffe den Weg nach Japan im Osten von Formosa.
Die Limanströmung bildet eine Parallele zu der Labradorströ - mung längs der nordamerikanischen Küste, und wie diese den Ge - staden der nordamerikanischen Colonien Englands und der Vereinigten Staaten einen grossen Reichthum an schmackhaften Fischen, Mollus - ken und Krustenthieren zuführt, so bringt auch die ostasiatische Küstenströmung Korea und China eine Menge werthvoller Seethiere, bei deren Fang und Zubereitung Hunderttausende von Menschen ihren Lebensunterhalt finden.
Während nun die Limanströmung Sachalin im Nordwesten be - rührt, wird diese Insel auf der Ostseite von einem schwächeren Strome aus dem Ochotskischen Meere bespült, der Sachalin-Strömung, die sich am Cap der Geduld mit den wärmeren Wassern der Tsushimaströmung, welche durch die Strasse La Pérouse eintreten, mischt und verliert.
Wo im Nordosten das Ochotskische Meer mit der Penschina - und Gischiga-Bucht tief in das eisige Sibirien einschneidet, ist die Quelle der Kurilischen Strömung. Der Westküste Kamtschatkas entlang rückt sie gegen die Kurilen vor, welche sie nach Aufnahme einer schwächeren Strömung von der Ostseite der grossen sibirischen Halb -28II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.insel bei Cap Lopatka ihrer ganzen Länge nach bespült. Sie be - streicht hierauf den Norden und Osten der Insel Yezo und hat hier selbst im Hochsommer kaum 5°C. Wärme. An den östlichen Ge - staden von Nambu endlich, unter dem 39. Breitengrade, engt sich diese arktische Strömung im Sommer als schmaler Streifen einer kal - ten Küstenströmung ein, während sie im Winter um einen Grad mehr nach Süden vordringt. Dieser kalte Meeresstrom heisst bei den Ja - panern Oya-shiwo. Er hat eine dunkle trübe Farbe und contrastiert auch hierin auffallend gegen das dunkelblaue Wasser der warmen Strömung. Die neueren Untersuchungen des » Challenger « und der » Tus - carora « haben indess die von deutschen Kriegsschiffen gemachten Be - obachtungen bestätigt und nachgewiesen, dass am nördlichen Rande des Kuro-shiwo Streifen von diesem und von der kalten arktischen Strömung mehrmals mit einander abwechseln. In der Strasse La Pérouse bewirkt jene warme Strömung ein jederzeit offenes Wasser, aber an der Nord - und Ostküste von Yezo, welche der Oya-shiwo bestreicht, bedeckt sich das Meer im Winter 1 — 2 Meilen weit mit dickem Eis.
Betrachten wir nun zum Schlusse auch noch die durch die Mon - sune bewirkten Triftströmungen an den japanischen Küsten.
Wenn im Sommer auf dem Finnischen Meerbusen mehrere Tage hindurch Südwind herrscht, steigt das Meerwasser im Seebade Swea - borg und seine Temperatur, das zu Reval dagegen sinkt und wird kalt. Ein andauernder Nordwind bewirkt das Umgekehrte und trägt das warme Wasser an der Oberfläche des Finnischen Meerbusens dessen Südküste zu. Wie hier die Winde im Kleinen wirken, so haben die Monsune auf das Wasser der Oberfläche in den ostasiati - schen Meeren und ihren Buchten einen bedeutenden Einfluss.
Auf der Südseite der kleinen, durch ihre Kieselschwämme bekannt gewordenen Insel Eno-shima in der Nähe von Yokohama befindet sich eine Höhle, in welcher ein kleiner Buddhatempel, Benten ge - nannt, zu sehen ist. Derselbe muss beim Eintritt des Südwest-Mon - suns, d. h. jedes Frühjahr, um 12 — 15 Schritte weiter zurückgerückt werden, weil hier wie an allen südlichen Küsten Japans die Winde den Sommer über das Wasser stauen und um mindestens 1 — 2 Fuss höher treiben, als es im Winter zu stehen pflegt. Selbstverständlich erstreckt sich dieser Einfluss auch auf das Wasser des Kuro-shiwo, welches während der Herrschaft des Südwest-Monsuns an die japani - schen Süd - und Südostküsten unmittelbar herantritt und wesentlich dazu beiträgt, dass hier um diese Zeit sehr hohe Temperaturen herrschen. Ueberhaupt aber wird die Wärme des Wassers in seichten Buchten wesentlich von lokalen Verhältnissen abhängen, von der Stärke der29II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.Insolation, der Menge und Temperatur des zugeführten Flusswassers, der herrschenden Windrichtung und der dadurch bedingten Trift - strömung. Aus all diesen Gründen sind die Buchten der japanischen Inseln im Sommer sehr warm, im Winter kalt. Im Hafen von Yoko - hama sinkt die Temperatur des Wassers im Winter zeitweise auf 8 bis 9°C. ; vom April bis September steigt dieselbe von 12° auf 28°C. Gleichförmiger erscheint die Temperatur des Binnenmeeres. Aber im östlichsten Theile desselben geht, wahrscheinlich beeinflusst durch das Wasser des Yodogawa und anderer Flüsse, die Wärme im Februar ebenfalls bis auf 9°C. herunter, um dann allmählich wieder wie bei Yokohama zu steigen, wie man im Hafen von Kobe es beobachtet hat. Auch in andern Theilen des Binnenmeeres hat das Wasser im Winter eine niedrigere, im Sommer eine wesentlich höhere Tempera - tur, als in den benachbarten offenen Meeren. Diese Verhältnisse haben namentlich auf den Fischfang einen grossen Einfluss, wie noch in einem andern Kapitel näher gezeigt werden soll.
Der Japaner kannte und suchte Erze zur Metallgewinnung, Thone für seine keramische Industrie, Kalk als Dünger, Bergkrystalle als Edelsteine, Schwefel zur Bereitung von Schiesspulver, aber er be - durfte bei seinen leichten Holzbauten wenig Bausteine und bearbeitete nur einzelne Steinbrüche. Für Granit, Trachyt, Lava, Sericitschiefer, die er brach und zu den Cyclopenmauern seiner Burgen, zu Treppen und Steinlaternen bei Tempeln, zur Ueberbrückung von Gräben, zu Grab - und Denksteinen verwandte, hatte er keine Namen, nannte sie vielmehr nach dem Ort, wo er sie gewann oder woher er sie bezog. So kenne ich einen Granit, der Teshima-ishi (Teshima-Stein) genannt wird, einen andern, den man Mikawa-ishi nennt u. s. w. Wie aber die belebte Natur den Menschen zunächst überhaupt mehr anzieht, als das Mineralreich, und er viel leichter und eher die Individuen, Gat - tungen und Familien von Thieren und Pflanzen unterscheiden und benennen lernt, als von Mineralkörpern, so auch hier. Fossile Ein - schlüsse des Bodens fielen dem Japaner auf; er sammelte sie als Curiosa, machte sich auch wohl Glossen über ihr Vorkommen, fand aber Niemanden, der ihn belehrte. Die Aerzte im Dienste der hol - ländischen Compagnie, welche sich als Botaniker und zum Theil auch als Zoologen grosse Verdienste erworben haben, waren auf minera - logischem und geologischem Gebiete Laien und nicht in der Lage, die nöthige Belehrung und Anregung zu geben.
Nach der Wiedereröffnung Japans galt es den Einheimischen wie Fremden vor allem darum, die gefabelten Schätze der Erde zu heben. Bergingenieure aus Amerika, England, Frankreich und Deutschland wurden engagiert und grösstentheils wieder entlassen, ohne dass sie den Erwartungen entsprochen hätten. Thatsächlich ist das Vorkom - men der meisten Metalle, wie Gold, Silber, Zinn, Blei, Zink, Queck -31Stand unseres Wissens und Aufbau der Inseln.silber, ein sehr bescheidenes und wird sich nie mit dem mancher anderen Länder der Erde messen können. Kupfer und Antimon sind schon reichlicher vorhanden, aber nur an Eisen und Kohlen ist das Land reich. Jenes findet sich vorwiegend als Magneteisen in mäch - tigen Stöcken oder als Eisensand in den Flussbetten und an den Küsten; die Kohlen treten in vielen kleinen Flötzen in verschiedenen Theilen des Landes auf, vornehmlich auf Yezo, und zwar von der äl - testen Anthracitkohle bis zur jüngsten Braunkohle, doch nirgends in grosser Mächtigkeit, noch in der Güte, welche viele europäische Stein - kohlen auszeichnet. Petroleum wird in mehreren Provinzen gewon - nen, doch lange nicht genügend für den Bedarf. Steinsalz fehlt*)Die Berechnungen, welche amerikanische Ingenieure im Dienste der Co - lonialregierung von Yezo in der Neuzeit über den Reichthum an Kohlen und andern werthvollen Mineralien gemacht haben, lassen manche Einwürfe zu und sind theilweise eher geeignet, den Japanern Sand in die Augen zu streuen, als ein richtiges Bild zu geben; doch soll dies keineswegs von Allen gelten, und insbesondere hat Lyman auf geologischem Gebiete schon sehr dankenswerthe Arbeiten geliefert..
Kein Theil der Naturgeschichte Japans hat bisher so wenig Be - achtung gefunden, als die Geologie. Was wir davon wissen, sind da und dort gesammelte Bruchstücke. Aber die vielen Störungen, welche das Gerippe der Inseln und die verschiedenen Sedimentbil - dungen durch Eruptionen und sonstige vulkanische Thätigkeit im Laufe der Zeit in ihrer Lagerung erfahren haben, machen die Lage - rungsverhältnisse und wechselseitigen Beziehungen zum Theil sehr verwickelt, so dass erst längere und umfassende, systematisch ange - stellte Untersuchungen darüber ein vollkommen klares Bild gewähren können. Das Bedürfniss hiernach scheint in der Neuzeit auch bei der japanischen Regierung lebhafter empfunden zu werden, und es ist erfreulich zu beobachten, dass sie neuerdings Männer engagiert hat, vornehmlich Deutsche, die ihrer ganzen wissenschaftlichen Vorbildung nach zu der Hoffnung berechtigen, dass hier endlich ein lang vernach - lässigtes Feld erfolgreich bebaut werden wird.
Geologische Beobachtungen anzustellen gehörte zwar nicht in das Bereich meiner besonderen Aufgaben in Japan, doch gab es dazu während meiner Reisen vielfach Gelegenheit. Oft freilich konnte ich von dem, was am Wege lag, nur flüchtig Notiz nehmen, so gern ich manches sich darbietende interessante Profil weiter verfolgt hätte. Wenn ich nichtsdestoweniger in dem Folgenden versuche, aus meinen Beobachtungen Verschiedenes herauszugreifen und, soweit es geht, übersichtlich zu ordnen, so leiten mich dabei wesentlich zwei Gründe. 32III. Geologische Verhältnisse.Einmal kann ich nämlich der Vollständigkeit des naturwissenschaft - lichen Bildes wegen, das ich vom Lande zu geben unternahm, die Geologie nicht auslassen, und sodann war es mir immerhin möglich, auch auf diesem Gebiete manche Beobachtung und Entdeckung zu machen von allgemeinerem Interesse, und so mögen denn auch diese Bausteine hier den verdienten Platz finden. Die Lückenhaftigkeit meiner geologischen Beobachtungen aber kenne und bedauere ich selbst am meisten. Vor Allem bedauere ich auch, dass v. Richt - hofen’s ausführlichere und gründlichere Studien auf diesem Gebiete im südlichen Japan, zumal auf Kiushiu und Amakusa, noch nicht publiciert worden sind; sie wären mir sonst zur Beurtheilung mancher Erscheinungen auf diesen Inseln ein sicherer Wegweiser gewesen.
Wie v. Richthofen bereits vor sieben Jahren hervorgehoben hat, sind in den Gebirgssystemen Japans zwei Hauptrichtungen zu unterscheiden, welche nicht bloss im Relief, sondern auch nach ihrem geologischen Bau deutlich hervortreten, nämlich eine von SW. nach NO. und eine zweite von SSW. nach NNO. Doch müssen wir da - neben noch eine dritte hervorheben, welche namentlich im mittleren Hondo bei mehreren Ketten zum Ausdruck kommt und der Meridian - richtung folgt.
In zwei parallelen Haupt - und mehreren Seitenketten vermögen wir das erste System im südlichen Theil von Alt-Japan zu verfolgen. Als Hauptkette können wir auf Kiushiu jenes in nordöstlicher Rich - tung diese Insel durchschneidende Gebirge bezeichnen, welches die Grenze zwischen Higo und Satsuma einerseits, zwischen Bungo und Hiuga anderseits bildet, das sich dann über die engste Stelle von Bungo-nada nach Shikoku fortsetzt, der Längsrichtung dieser Insel folgt und in seinem weiteren Verlaufe die Halbinsel Yamato durch - zieht. Wir wollen es nach seinem vorherrschenden Gestein das süd - liche Schiefergebirge nennen. Parallel zu ihm streicht das Gebirge von Chiugoku, welches sich einerseits durch das nord - westliche Kiushiu, anderseits an der Grenze zwischen Hôkurokudô und Tôsandô bis zum mittleren und breitesten Theil von Hondo weiter verfolgen lässt.
Diesen beiden Parallelketten im Süden entsprechen zwei andere ebenfalls parallele Gebirgszüge im nördlichsten Theile von Hondo, welche gleich diesem von SSW. gen NNO. streichen. Das eine — man kann es den Rückgrat von Hondo nennen — scheidet Ôshiu von Dewa, das andere treffen wir zwischen Kitakami-gawa und dem Stillen Ocean. Da es vorwiegend aus alten Schiefern aufgebaut ist, wollen wir es das nördliche Schiefergebirge nennen.
33Stand unseres Wissens und Aufbau der Inseln.Der Zusammenhang dieser beiden Systeme von Parallelketten ist im mittleren Hondo schwer zu constatieren. Dieser Theil der Insel hat nämlich durch vulkanische Eruptionen die grössten Störungen erlitten. Sehen wir jedoch zunächst ab von diesen, so ist hier das schon angedeutete dritte System von Gebirgen vorwiegend zur Ent - wickelung gekommen. Die Meridiankette an der Grenze von Shinano und Hida, oder das Schneegebirge, ist der hervorragendste Reprä - sentant. Alte krystallinische Massengesteine herrschen darin vor.
Auf Kiushiu erkennen wir die nordsüdliche Richtung im Streichen eines Gebirgszuges, welcher der ganzen Länge nach die Insel durch - schneidet, von der Strasse von Shimonoseki bis zur Südspitze von Ôsumi. Dieses Gebirge kreuzt sich mit dem südlichen Schiefergebirge, erscheint mehrfach unterbrochen und durch vulkanische Bildungen von beträchtlicher Ausdehnung durchsetzt*)Die Uebereinstimmung in der Streichrichtung und die Verwandtschaft im inneren Bau der japanischen Gebirge mit denen Chinas nachzuweisen, muss ich meinem verehrten Freund und Collegen v. Richthofen überlassen, als dem allein competenten Beurtheiler dieser Verhältnisse..
Nach diesen kurzen Andeutungen über die orographischen Ver - hältnisse von Alt-Japan, die eine eingehendere Behandlung im folgen - den Kapitel erfahren sollen, wenden wir uns nun zu einer näheren Betrachtung des Gebirgsbaues selbst. Drei Gruppen von Felsarten herrschen in Japan bei weitem vor, nämlich plutonische Gesteine, zumal Granit, vulkanische Gesteine, vornehmlich Trachyt und Dolerit, und paläozoische Schiefer, während dagegen Kalksteine und Sand - steine, insbesondere der mesozoischen Schichten, in auffallender Weise zurücktreten. Oft wird das alte krystallinische Massengestein auf weite Strecken von ebenfalls sehr alten Schiefern und Quarziten über - lagert. Das Streichen derselben folgt im allgemeinen der Haupt - richtung der Inseln von SW. nach NO. Dieses ältere Gebirge erreicht durchschnittlich 1000 — 1200 Meter Höhe, ausnahmsweise 2000 Meter und darüber. In einigen Distrikten schliessen sich mesozoische Sand - und Kalksteine, viel häufiger jungtertiäre Bildungen an. Vulkanische Massen durchbrechen und überlagern an unzähligen Stellen alle diese Gebirgsglieder. Oft füllen sie Lücken zwischen denselben aus und erscheinen herrschend auf weite Strecken, oft bilden sie auch nur die höheren Kuppen im älteren Gebirge.
Das Fundament der Inseln besteht aus Granit, Syenit, Diorit, Diabas und verwandten Felsarten, Porphyr erscheint verhältnissmässig selten. Bald bildet der Granit, auf weite Strecken anstehend, das herrschende Gestein, bald für mächtige Schiefer - und SandsteinschichtenRein, Japan I. 334III. Geologische Verhältnisse.den Untergrund, der nur in Erosionsthälern und Flussgeröllen, in Felsvorsprüngen an der Küste oder in den Kämmen der Berge zu Tage kommt. So ist es namentlich auf Kiushiu und Shikoku, wo ich seine Anwesenheit nur im Geröll der Flüsse zu constatieren vermochte, auf jener Insel bei verschiedenen Bächen aus dem centralen Meridian - gebirge, auf Shikoku unter anderem im Oberlaufe des Miyodo-gawa, der vom Ischidzuchisan kommt. Das schöne Gestein, welches man zu den Stufen beim Kotohira und bei anderen Tempeln der Insel Shikoku verwendet, stammt jedoch nicht von dieser, sondern aus den Granit - brüchen von Te-shima an der Küste von Bizen und heisst danach Teshima-ishi.
In der Zusammensetzung vieler Gebirge von Hondo spielt der Granit eine hervorragende Rolle. Wenn ich mit dem, was ich in der Gegend von Kobe und Ôsaka, sowie auf der Seite des Binnenmeeres sah, die Berichte von Woeikof und verschiedenen Bergingenieuren, welche Theile von Chiugoku durchreisten, zusammenstelle, so ergibt sich, dass der Granit auf dieser Halbinsel das Centralmassiv bildet, welches an Hunderten von Stellen nach der Küste hin und im Innern ansteht. Alte fossilfreie, quarzitreiche Schiefer überlagern ihn in parallelen Ketten der ganzen Länge der Halbinsel nach, besonders in den centralen und höchsten Rücken, und führen die Erze von Chiugoku zumal Kupferkies und Magnetkies. Diese quarzitreichen Schieferrücken zeigen bis zu 10 Metern Tiefe eine starke Verwitterung. Der zurückgebliebene Quarzsand ist sehr unproduktiv, ernährt vor - wiegend lichtes Gebüsch und krüppelhafte Kiefern mit stark verbrei - teten, weit nach Nahrung suchenden Wurzeln.
In der Provinz Setsu herrscht Granit allenthalben vor, was man auch an den Eisenbahnbauten zwischen Hiogo und Ôsaka, sowie bei Tempeln und Mauern dieser Städte erkennen kann. Die Wasser - fälle in der Nähe von Kobe stürzen über Granitwände, und der in Japan berühmte Mikage-ishi (Stein von Mikage) ist Granit aus Setsu. Aus ihm besteht z. B. der Wasserstein (On-chôdzu-ya) im Tempelhof von Nikkô, ein Monolith von ansehnlicher Grösse, welcher auf Schild - kröten ruht und stets von frischem, klarem Wasser überfliesst.
In dem Hügellande an der Grenze von Ise, Owari, Mikawa und Tôtomi einerseits, Ômi, Mino und Shinano anderseits bildet Granit vielfach dunkelgraue, stark verwitterte Felsvorsprünge über Schiefern und diluvialem Quarzgeröll. Der Feldspath eines prächtigen Schrift - granits und seine Verwitterungsprodukte an der Grenze von Owari, Mino und Mikawa bilden das Rohmaterial der sehr ausgedehnten keramischen Industrie dieser Gegend mit dem Hauptorte Seto.
35Stand unseres Wissens und Aufbau der Inseln. Gebirgsformationen.Aus Granit sind vorwiegend die Meridiangebirge von Shinano aufgebaut. Er, Diorit und andere plutonische Gesteine engen die viel gewundenen oberen Thäler des Kiso-gawa, Sai-gawa und mancher anderen Flüsse dieser Provinz ein; über Granitblöcke eilt ihr klares Wasser dahin. Auch in den Randgebirgen der Ebene von Kuwantô sind diese altkrystallinischen Gesteine viel verbreitet. Weiter nach Norden treten sie wie im Süden gegen Schiefer und Eruptivgesteine wieder mehr zurück, sind jedoch auch hier an vielen Stellen nach - weisbar. Natürlich ist es nicht immer ein reiner Granit; auch Hablit und Granitporphyr finden sich hier und da. So steht zum Beispiel bei Nikkô im oberen Thale des Daiya-gawa und an mehreren anderen Orten des benachbarten Gebirges ein Granitporphyr mit grossen blass fleischfarbenen Orthoklaskrystallen, mattem triklinischem Feldspath, Quarz und Horblende an.
In dem Grenzgebirge von Kotsuke und Echigo ist auf beiden Seiten von Mikuni-tôge Diallag führender Diabasporphyrit mächtig entwickelt, ein dunkles Gestein, das auch im Geröll mehrerer Neben - flüsse des oberen Tone sich findet.
Fossile Einschlüsse sind bis jetzt in den mächtigen alten Schiefer - schichten noch nicht gefunden worden, und es ist desshalb zweifelhaft, welcher der paläozoischen Formationen man sie zurechnen soll. Auf alle Fälle aber gehören diejenigen des südlichen Schiefergebirges auf Amakusa, Kiushiu und Shikoku demselben Systeme an. Dafür spricht die gleiche petrographische Beschaffenheit und Streichrichtung, sowie in Amakusa, Bungo und Iyo dasselbe Vorkommen von Spiessglanz und kohlensauren Kupferhydraten.
Das älteste und interessanteste Vorkommen in dem südlichen Schiefergebirge*)Auf Erze, Kohlen und Kaolin werde ich in einem späteren Bande über die Mineralprodukte und darauf sich gründende Industriezweige näher eingehen .., welches ich wahrzunehmen Gelegenheit hatte, ist das von Serpentin und Talkschiefer auf den beiden Landzungen, in welchen Kiushiu und Shikoku an der Bungo-nada sich bis auf 5 ri nähern. Der Weg von Funai, der Hauptstadt Bungo’s, nach dem Ueber - fahrtsorte Saganoseki, welcher meist in der Nähe der Küste hinführt, steigt etwa 2 ri vom Hafenorte über verschiedene Hügel, welche aus3*36III. Geologische Verhältnisse.stark geneigten Schichten quarzreicher Thonglimmerschiefer und Sericit - schiefer, ganz wie sie im Taunus vorkommen, bestehen. Tiefer und näher bei Saganoseki steht dunkler schieferiger Kalk, dann Talk - schiefer von geringer Mächtigkeit, endlich schöner dunkler Serpentin an, auf dem auch ein Theil des Städtchens ruht, das sich über den engen Hals der Landzunge von Bungo-nada bis an die Suwo-nada ausbreitet und somit trotz seiner geringen Bedeutung über zwei Häfen verfügt. Eine den intelligenten Bewohnern auffallende Erscheinung, auf welche man mich aufmerksam machte, dass nämlich von zwei benachbarten kleinen Buchten das Strandgeröll der einen nur schwarze, das der anderen nur weisse Steine zeige, konnte ihnen erklärt werden. Dort steht nämlich der dunkle Serpentin und Kieselschiefer an, hier tritt Quarzit auf und bleibt nach Zerstörung des weicheren Schiefers als Geröll zurück. Die Strömung aber verhindert, dass Geröll aus der einen Bai in die andere gelangen könnte.
Die erwähnten Gesteine treten auch auf der Saganoseki gegen - über liegenden Landzunge von Shikoku in derselben Lagerung auf, vermehrt durch mächtige Schichten Grauwackenschiefer und Grau - wackensandsteine, welche auch auf Kiushiu stark entwickelt sind, wie sie denn überhaupt im Japanischen Schiefergebirge eine hervor - ragende Rolle spielen. Alle hier erwähnten Felsarten kann man auch, mit Ausnahme des Talkschiefers, am Molo des Hafens Yawata - hama auf Shikoku, welcher mit Saganoseki correspondiert, vertreten finden. Gneiss kommt beiderseits nicht vor. Grüne Sericitschiefer stehen auch am Wege von Nagasaki nach dem 3 ri südlicher gelegenen Orte Mogi an, von welchem die Ueberfahrt nach Amakusa stattfindet. Auch in unmittelbarer Nähe von Nagasaki scheinen aufgerichtete meta - morphische Schiefer überall das Skelet der Berge zu bilden, von vulkanischen und theilweise auch neptunischen Bildungen überlagert.
Ein weiteres bemerkenswerthes Profil im südlichen Schieferge - birge bot sich in Shikoku auf dem Wege von Matsuyama in Iyo nach Kochi in Tosa zwischen den Orten Kumamachi und Higashigawa. Mitten im Walde (Urwald kann man wohl sagen) steigen hier auf beiden Seiten des Weges auffallend gestaltete und zerrissene Fels - wände 50 — 80 Meter hoch senkrecht empor, welche aus einem Con - glomerat von Grauwacke, Sericitschiefer, Quarz und Eisenkiesel be - stehen, dessen einzelne Bestandtheile oft faust - bis kopfgross sind.
Vom Strande der Insel Awaji kenne ich Glimmergneiss und Diorit, vom Gipfel des Omine-san in Yamato Quarzit, beides nach Proben, welche auf meinen Wunsch Bekannte von dort mitbrachten. Der Weg durch die Halbinsel Yamato von Wakayama über Yoshino nach Yamata37Gebirgsformationen.in Ise führt fast beständig über alte fossilfreie Schiefer und Grau - wacke, aber die nördlich davon gelegene Route von Matsusaka in Ise über Iga nach Nara in Yamato, die ich gleich jener im Sommer 1875 kennen lernte, berührt solche Schieferschichten erst, wenn sie sich Nara nähert, vorher in Ise jungtertiäre Bildungen, später Granit und einen feinkörnigen grauen Syenit. Das südliche Schiefergebirge erreicht im wesentlichen hier sein Ende. Aus den angegebenen That - sachen darf man schliessen, dass es mit azoischen Schichten beginnt, auf welche dann ältere Glieder der paläozoischen Formationsgruppe in mächtiger Entwickelung folgen. Ob dieselben als silurische oder devonische zu deuten, oder ob beide Formationen vertreten sind, lässt sich, so lange man keine Versteinerungen daraus kennt, wohl schwer bestimmen.
Wenn man von Sendai aus in nordöstlicher Richtung nach dem unteren Kitakami reist, erkennt man schon an den immer häufiger werdenden braunrothen und dunkelgrünen Sericitschiefer-Platten, auf welchen die Gräben überschritten werden, dass man sich wieder der Herrschaft des Schiefers nähert. Das nördliche Schiefergebirge, welches wir jenseits des Flusses betreten, zeigt in seinen Gesteinen viel Aehnlichkeit mit dem südlichen. Auch hier bilden altkrystallinische Ge - steine das Grundmassiv, welches von Thonschiefern und Grauwacken - schiefern, tiefer auch von älteren krystallinischen Schiefern überlagert wird. Von der Centralkette, die zugleich Wasserscheide zwischen Kitakami und dem Stillen Ocean ist, ausgehend, folgen lange, meist flache Bergrücken in grosser Zahl auf einander mit der Hauptrichtung von West nach Ost. Sie fallen steil, wenn auch meist nicht hoch, zur Küste ab, wo ihre dunklen Grauwackenschiefer die Wogen brechen und viele schöne Baien bilden. Mehrmals steht auch Kalk an, der durch die weissen Kalkspathadern in der älteren graublauen Kalk - steinmasse ebenfalls ein höheres geologisches Alter bekundet, so bei Kisenuma und landeinwärts von Kamaishi, wo die grossen Magnet - eisensteinlager sind. Hier treffen wir neben einem Kalksteingange feinkörnigen Diabas, Epidot - und Granatfels, dem sich der Magnet - eisenstein anschliesst.
Der Weg von Kamaishi nach Morioka am Kitakami wendet sich zwischen Tasobe und Otobe jenseits Nagaoka-mura über eine wellen - förmige hara (Grasheide), auf welcher rother Jaspisfels (Hornstein) in verwittertem Thonschiefer ansteht. Dieses Vorkommen, sowie die Schwefelkieswürfel im Jaspis erinnerten uns lebhaft an die unter ganz gleichen Umständen beobachteten Braunsteinnester der Provinz Huelva in Andalusien. Das petrographische Aussehen von Jaspis und Thon -38III. Geologische Verhältnisse.schiefer stimmt auffallend mit dem in der Sierra Morena überein. Nun gehört aber die Schieferformation der letzteren, wie Petrefacten - funde vor etwa 8 Jahren bewiesen, dem Kulm und nicht der Silur - formation an, wie früher angenommen wurde, und so möchte ich hier die Vermuthung aussprechen, dass auch in den oberen Schichten des nördlichen japanischen Schiefergebirges die untere Steinkohlenforma - tion vertreten ist.
Bergkalk findet sich an mehreren Stellen. Bei Mito, bei Akasaka am Nakasendô und nordwärts von Kiôto ist er mit Sicherheit nach - gewiesen, wahrscheinlich aber auch noch sonst zu finden. Bei Akasaka sind es schwarze, braunrothe, graue, oft weiss gebänderte Kalksteine, welche zu allerlei kleinen Gegenständen, wie Kugeln, Eiern, Dosen, Tuschschalen und anderen Dingen mehr geschliffen werden. Encri - nitenstiele sind häufig darin, mehr noch Fusulinen, besonders in der aschgrauen Varietät, welche ganz von diesen erfüllt ist. Auf der polierten Oberfläche erscheint die dunklere Matrix überall dicht besät mit grauweissen kahnförmigen, elliptischen und kreisförmigen Längs - und Querdurchschnitten derselben, und ein scharfes Auge kann schon im unbewaffneten Zustande ihren durch die Kammerwände verursachten symmetrischen Zellenbau wahrnehmen. Mächtige Blöcke desselben Gesteins, reicher an Encrinitenstielen als bei Akasaka, findet man im Walde bei Kuruma 3 ri nördlich von Kiôto. Das Vorkommen bei Mito ist mir nicht näher bekannt.
Die meisten Steinkohlen von Alt-Japan sind jüngere Bildungen, aber nach Lyman sollen auf Yezo Flötze aus der eigentlichen Kohlen - formation vorkommen. Ob die Dyas in Japan vertreten ist, scheint noch zweifelhaft. Zechstein und Kupferschiefer wurden bis jetzt nicht gefunden; dagegen ist es nach dem Vorkommen von Porphyr in Kaga und Echiu und der rothbraunen Farbe eines Hügelrückens südlich von Kosugi und 4 ri südwestlich von Toyama in Echiu, den ich nur aus der Ferne sah, möglich, dass hier Rothliegendes ansteht.
Glieder der Trias wurden noch nicht nachgewiesen. Für das Vorkommen der Juraformation habe ich durch meine Reise in Kaga 1874 zuerst sichere Beweise beigebracht. Da dasselbe auch in pflanzen - geographischer Hinsicht von grossem Interesse ist, mögen hier einige nähere Notizen darüber folgen*)Wer sich eingehender darüber informieren will, dem empfehle ich die Arbeit meines Freundes Dr. H. Geyler in der Palaeontographica N. F. IV. 5., betitelt: » Ueber fossile Pflanzen aus der Juraformation Japans « mit 5 Tafeln Abbildungen..
Die Quellen des Tetori-gawa, des bedeutendsten Flusses der Pro -39Gebirgsformationen.vinz Kaga, liegen auf dem Haku-san in einem Schneefelde von etwa 2000 Meter Seehöhe, welches hier das vulkanische Gipfelgestein, Hornblende-Andesit, bedeckt. Weiter abwärts bis zu etwa 800 Meter Höhe ist das Flussbett in eine Sandstein-Breccie von röthlicher Farbe eingegraben, mit oft faustdicken Quarzeinschlüssen, dann folgen Sand - stein und Schiefer, endlich Granit. An mehreren Stellen sind diese Gesteine jedoch durch trachytische Laven und tiefer im Thale einmal von Porphyr überlagert.
Folgt man dem von Kanazawa aus durch das Thal nach Ichinose am Fusse des Haku-san führenden Pfade, welcher sich meist auf der rechten Flussseite am Thalabhange hinzieht, so überschreitet man bei dem Orte Kojima-mura einen Seitenbach, dessen Name Nigorisumi - gawa auf das schmutzige Wasser hinweist, welches derselbe das ganze Jahr hindurch fortführt. Er schneidet tief in das enge, steilwandige Thal ein. Nahe seiner Mündung, wo eine hohe Brücke über denselben führt, steht auf der rechten Seite Kalk, auf der linken Thon - und Grauwackenschiefer an, beide jedoch ohne Versteinerungen. Höher hinauf im Hauptthale folgt das Dorf Fukase, 12 ri von Kanazawa und 7 ri von Ichinose entfernt. Etwa mittewegs zwischen hier und dem 2½ ri weiter gelegenen Hauptorte Ushikubi führt der Pfad an mächtigen Felstrümmern vorbei, welche aus der oben erwähnten Breccie bestehen; dann gelangt man an eine Stelle, wo dieselbe in bedeutender Mächtigkeit ansteht und dunklen Schiefer (schieferigen Sandstein) überlagert. Derselbe steht unmittelbar zur Linken des Weges theils frei an, theils bedecken seine Bruchstücke den Abhang. Hier sammelte ich darin im ganzen innerhalb der kurzen, mir zu Gebote stehenden Zeit 16 Species Pflanzenabdrücke, welche dem braunen Jura (Dogger) angehören. Dr. Geyler hat 15 derselben abgebildet und wie folgt bestimmt.
Thyrsopteris elongata Glr., Adiantites Amurensis Heer, Asplenium argutulum Heer, Pecopteris exiliformis Glr. (nahe verwandt mit P. exilis Phill., welche auch auf Spitzbergen vorkommt), Pecopteris Saportana Heer, Zamites parvifolius Glr., Podozamites ensiformis Heer, P. tenui - striatus Glr., P. lanceolatus L. H. var. genuina, P. lanceolatus L. H. var. intermedia, P. lanceolatus L. H. var. Eichwaldi, P. Reinii Glr. var. latifolia, P. Reinii Glr. var. angustifolia, Cycadeospermum Japo - nicum Glr. und Gingko sibirica Heer.
Wir haben sonach hier die ältesten Prototypen von noch gegen - wärtig in Japans Flora vertretenen Gattungen. Geyler weist, indem er sie mit den jurassischen Pflanzenresten anderer Gebiete vergleicht, auf die nahe Verwandtschaft mit der Juraformation Ostsibiriens und40III. Geologische Verhältnisse.des Amurlandes hin, welche O. Heer bearbeitet hat, und mit der - jenigen Spitzbergens und Englands.
Zu meinem grossen Bedauern habe ich es späteren Forschern überlassen müssen, diese bemerkenswerthe Doggerformation des Tetori - gawa-Thales weiter zu verfolgen. Ich bezweifle nicht, dass es solchen bald gelingen wird, über Verbreitung und Verwandtschaft derselben durch neue Funde bald weitere interessante Aufschlüsse zu geben. Möglicherweise gehört auch der zwischen der Mündung des Kurobe und Hime bei Natamura und Omi im südlichen Echigo an steiler Meeresküste anstehende und über 100 Meter mächtige grauweisse Kalkstein zur Juraformation, doch ist dies eine blosse Vermuthung, denn es gelang uns bei dem kurzen Besuche nicht, irgend welche sichere Anzeichen dafür zu entdecken.
Wie weit die Kreideformation, die auch auf Sachalin vorkommt, in Japan vertreten ist, vermag ich nicht bestimmt anzugeben, da ich charakteristische Versteinerungen für dieselbe nicht gefunden habe. Es scheint jedoch, dass man die beste Kohle Japans, diejenige der Insel Taka-shima, sowie die Sandsteine am Eingange der Bucht von Nagasaki hierher zu rechnen hat. Auf Taka-shima streichen grau - weisse, körnige und glimmerhaltige Sandsteine von W. nach O. und fallen unter Winkeln von 25 — 30° nach N. ein. In Folge dessen ist die Südküste am höchsten und steilsten. Unter dem Sandsteine liegt bröckliger Schieferthon, dann folgt das 14 — 16 Fuss mächtige Kohlen - flötz. Der tiefste Schacht hat nur 150 Fuss Teufe. Der Stollen be - ginnt auf der Seite von Nagasaki, wo die Kohle früher anstand, und senkt sich mit ihrem Einfallen nach Norden. Diese Bildung scheint auch auf den anderen Inseln am Eingange der Nagasaki-Bucht ver - treten zu sein. An mehreren Stellen sind hier jedoch die mächtigen Sandsteinschichten verworfen und aufgerichtet.
Dass Tertiärbildungen einem Lande nicht fehlen können, das nach allen Richtungen so zahlreiche Spuren jungvulkanischer Thätig - keit aufzuweisen hat, leuchtet ein. Doch finden sich, wie es scheint, nur die jüngeren Gruppen der Formation entwickelt. Jungtertiären, fossilreichen Becken begegnet man auf allen grösseren Inseln von Kiushiu bis nach Sachalin, und ohne Zweifel vielfach auch auf den Riukiu und Kurilen. Auch in der Tertiärformation tritt der Kalkstein fast allenthalben gegen Sandstein und Schieferthon zurück. Besonders mächtig erscheinen auch fossilführende Schichten von vulkanischen Tuffen und Conglomeraten. Die meisten Kohlenlager Japans gehören dieser Formation an, sind also eigentlich Braunkohlen, wenngleich ihr Aussehen in vielen Fällen mehr das der Steinkohlen ist. Aber41Gebirgsformationen.schon durch ihre grössere Leichtigkeit und mehr noch durch den Strich unterscheiden sie sich äusserlich von letzteren. Wir wollen hier nur diejenigen Tertiärbildungen kurz anführen, die wir durch eigene An - schauung in loco oder wenigstens nach ihren Versteinerungen als solche zu erkennen Gelegenheit hatten, und bedauern, dass letztere noch einer näheren Bestimmung harren.
Von den Kohlen der Insel Kiushiu spielt diejenige von Mike in Chikugo die bedeutendste Rolle. Die Grube befindet sich nicht weit von der Grenze nach Higo und der Shimabara-nada in einem immer - grünen Walde, in welchem eine Art Zimmetbaum hervorragt. Nur wenige Fuss unter dem rothen Thonsande liegt erdige Braunkohle von geringer Mächtigkeit, dann folgt eine bröcklige Thonschiefer - Schicht von ½ Meter Mächtigkeit. Sie streicht ostwestlich und fällt nach Nordosten unter 20° ein. Hier finden wir zahlreiche Blätterab - drücke von Laubhölzern, woraus wir schliessen, dass die nun folgende schwarzbraune Kohle jedenfalls tertiär ist.
In Ise findet sich die Tertiärformation auf dem Wege von Matsu - saka über Iga nach Nara in Yamato entwickelt, und zwar in den Vorbergen um Kaido und Naka-no-mura. Es sind jungtertiäre Thon - und bröcklige Sandsteinschichten, worin theilweise gut erhaltene marine Conchylien und Echinidenreste vorkommen.
In Mino treffen wir versteinerungsreiche jungtertiäre Schichten, unter anderem zu Tsukiyoshi im Hügellande nahe der Grenze von Owari, 1½ ri von der Station Hosokute am Nakasendô und 10 ri von Owari-wan entfernt. Es ist ein kahles, flachrückiges Hügelland, be - deckt mit diluvialem Sand und Kieselgeröll, aus welchem hier und dort anstehende schwarzgraue, stark verwitterte Granitblöcke hervor - ragen. Die Cultur bleibt auf die kleinen Thälchen und Mulden be - schränkt. Unmittelbar hinter einigen Häusern von Tsukiyoshi streicht eine mergelige Thonsandsteinschicht von West nach Ost und fällt nord - wärts mit 6° ein. In ihr sind Meeresmollusken, sowohl Univalven als Bivalven, welche noch jetzt lebend vorkommen, zahlreich und wohl - erhalten. Ausserdem finden wir in sphärischen und ellipsoidischen Septarien Wurm - (Schwamm -?) röhren. In einem Seitenthälchen nörd - lich vom Orte und etwa 200 Meter über dem Meer kommen dieselben Petrefacten vor, daneben aber in einer Thonschieferschicht auch zahl - reiche Blattabdrücke von noch jetzt in Japan wachsenden dicotyledo - nischen Holzgewächsen. Diese Schichten lehnen sich an die Hügel - rücken an und machen den Eindruck, als ob sie sich am Rande einer Bucht des in früherer Zeit viel weiter ins Land einschneidenden Ise - no-umi abgelagert hätten.
42III. Geologische Verhältnisse.In Gifu wurden uns gut erhaltene Blattabdrücke und andere Tertiärversteinerungen auch von verschiedenen Orten des Kreises Kamo (im Norden von Tsukiyoshi) vorgezeigt.
Aus erwähntem Diluvialgeröll, das zuweilen eisenschüssig gelb oder geröthet ist, bestehen im nordöstlichen Owari bei Seto ganze Hügel. Sie bergen hier Nester eines Quarzconglomerates, dessen Bindemittel auffälliger Weise Asbolan (schwarzer Erdkobalt) ist. Er lieferte die älteste Kobaltfarbe, welche man in der Keramik Japans anwandte und die noch jetzt dem Seto-mono (der Seto-Waare) ihren hervorragendsten Charakter verleiht. Noch jetzt, wo das Land Kobalt - oxyd und andere Kobaltfarben aus Europa einführt, wird dieser Erdkobalt ebenfalls benutzt. Man gräbt seinen Conglomeraten bei Seto nach und gewinnt die Kobaltfarbe durch einen Process, der in dem Abschnitt über Keramik eines späteren Bandes erläutert werden wird.
In den benachbarten Tokaidô-Provinzen Mikawa und Tôtomi kommen ebenfalls Tertiärschichten vor, wie sich aus Blattabdrücken von dort, welche man auf Ausstellungen in Nagoya und anderwärts zeigte, erkennen liess.
Trachyttuffe und sandige Conglomerate bilden die steilen Klippen längs der Halbinseln Sagami und Katsusa-Awa. Zuweilen wechseln die grauen Schichten mit Streifen eines schwarzen, magneteisenreichen Conglomerates bis zu ½ Meter Mächtigkeit ab. Es sind ebenfalls jungtertiäre und recente Schichten, wie sich sowohl aus Steinkernen, als auch den anderwärts gut erhaltenen Lagen mariner Mollusken ergibt. Hier und da findet man auch eine Thonsandsteinlage voll von Blattabdrücken. Reich an Versteinerungen sind namentlich die Klippen bei Yokohama, sowie die Ablagerungen am Eisenbahndurch - schnitt bei Shinagawa. Die Schichten streichen auch in diesem Ge - biete von Ost nach West und fallen gen Norden unter etwa 20° ein, so dass man, aus der Ebene von Kuwanto südwärts gehend, mit ihnen an - steigt. Sie überlagern Serpentin und Diorit, der sowohl in Kadsusa - Awa als auch in Sagami ansteht.
Auch die bemerkenswerthe Inselgruppe am Westrande der Sendai - Bucht, nach einem Orte daselbst Matsushima (Kiefern-Inseln) benannt, sowie das benachbarte Hügelland muss als jungtertiär bezeichnet werden. Es liegen über dieselben Mittheilungen dreier Besucher vor, nämlich von Capt. St. John, mir und Lyman, wenn ich sie nach der Zeit ordne. Im 7. Heft der Mittheilungen der deutschen Gesell - schaft habe ich darüber Folgendes veröffentlicht: » Matsushima heisst nicht blos ein Dorf an der Küste dieser Bai (von Sendai), sondern es43Gebirgsformationen.ist auch der Collectivname für die 808 kleinen Inselchen und Felsen, womit die Bai besät ist. Sie erheben sich steil, doch im Durchschnitt nur 10 — 15 Meter hoch aus der See*)» The highest of these islands, is about 300 feet, the lowest about 30, generally speaking 60 to 80 feet is their mean high «. St. John. Diese Angaben stimmen ganz gut mit meinen Beobachtungen. Durchaus irrig aber ist die Schätzung Lyman’s, wenn er schreibt: » The islands are various in size from a few yards in diameter to several miles « und dann fortfährt: » The highest is perhaps Matsushima (?!), within sight of which a couple of ri distant on the west, we passed in crossing the bay, but even that seemed not more than a thousand feet high, if so much «., sind mit Gebüsch und krüppel - haften Kiefern bewachsen und haben denselben geologischen Bau, wie das benachbarte Festland, von dem sie das Meer offenbar allmählich losgerissen hat. Es ist ein japanischer Garten, den die Natur hier in grossem Maassstabe geschaffen hat und der die Eingeborenen viel mehr anspricht als uns Europäer. Die grauweissen Felswände werden von Südwesten her unterwaschen und ausgehöhlt. Sie bestehen aus wenig geneigten Schichten grauweisser, sehr bröckliger Sandsteine**)Richtiger Thonstein aus vulkanischem Tuff., unterbrochen durch eisenschüssiges Conglomerat aus Sand und Quarz. Ich untersuchte sie an mehreren Inseln, aber es gelang mir nicht, irgend welche fossile Reste darin zu entdecken, die einen sicheren Anhalt zur Bestimmung ihres geologischen Alters hätten geben können; doch zweifle ich nicht, dass es jungtertiäre Bildungen sind, wie man sie auch an verschiedenen Stellen der Yedo-Bucht findet «.
In der Nähe des Dorfes Matsushima liegen mehrere der Inselchen so nahe dem Festlande, dass sie durch Brücken damit verbunden werden konnten. » Die See zwischen ihnen ist allenthalben seicht und ihr Boden mit Zostera bewachsen «. Hiermit stimmt wiederum die Bemerkung von St. John, wenn er schreibt: » Unfortunately this fine space of protected water is merely a lagoon. At high tide it has about 6 feet of water «. … » The foundation of these Islands is either a yellow sandstone rock of soft texture, or grey grit, closely approaching conglomerate. The stratification is very distinct and horizontal; a few slips and faults I observed, but they were rare «.
Die See hat an verschiedenen Stellen die kleinen Inseln von einer Seite zur andern durchhöhlt und natürliche Brücken geschaffen. In der Nähe von Matsushima trifft man alte verlassene Höhlenwohnungen, welche einst Menschen in diesen weichen Felsen eingruben.
Lyman glaubt die hier vorkommenden Schichten mit denen der Insel Yezo identificieren zu können, welche er die Horumiu-Gruppe genannt hat.
44III. Geologische Verhältnisse.In Morioka zeigte und übergab uns der zuvorkommende Gouver - neur Tertiärpetrefacten vom Suye-no-matsu-yama beim Orte Ichinohe, 18 ri nordöstlich von Morioka am Wege nach Awomori gelegen. Der Berg ist nach seiner Beschreibung 2 ri hoch und trägt nach seiner Angabe abwechselnd feste und lose Schichten, in welche die wohlerhaltenen marinen Mollusken in grosser Menge ein - gebettet sind.
Auf der Seite des Japanischen Meeres ist vor allem die Provinz Echigo reich an Tertiärbildungen. Wir hatten Gelegenheit, im süd - lichen Theile derselben zur Seite des Hokurokudô von der Meeres - küste an bis in die Nähe von Zenkoji in Shinano solche wahrzu - nehmen. Am Meer treten sie zwischen Itoi-gawa und Takata, beson - ders zwischen Musho-mura und Gochi-mura auf. Ueber einer starken Thonschicht steht hier eine helle, beinahe zwei Fuss mächtige Braunkohle an, mit deutlich erkennbaren Einschlüssen eines Nadel - holzes, dann folgt wieder Thon und schliesslich diluviales Quarzge - röll. In der Nähe von Takata gewinnt man nahe der Oberfläche eine dunklere Braunkohle und an mehreren Stellen auch Erdöl.
Zwischen Nojiri und Zenkoji breitet sich eine wellenförmige Hoch - ebene aus mit einer grossen, fruchtbaren Mulde, in welcher die Sta - tion Mure gelegen ist. Die Farbe des Ackerlandes ist auffallend braun, wie mancher Torfboden. In der Nähe von Mure steht dicht zur Seite des Weges in einem Erosionsthale unterhalb der Humus - schicht Blätterkohle an.
Auch aus dem Innern der Insel Sado sind uns marine Bivalven und Blattabdrücke zu Gesicht gekommen, welche dem Jungtertiär zu - gerechnet werden müssen. Die Grenzen zwischen diesem und den post - tertiären Ablagerungen, welche säculärer Hebung zuzuschreiben sind, können erst durch eingehendere Untersuchungen festgestellt werden.
Schliesslich will ich nicht unerwähnt lassen, dass ich Moränen, Gletscherschliffe und andere Spuren der Eiszeit auf meinen japanischen Reisen nirgends wahrzunehmen vermochte.
Die geologischen Verhältnisse der Insel Yezo stimmen, soweit wir sie aus den Berichten von Pumpelly, Lyman und anderen amerikanischen Bergingenieuren kennen, mit denen von Alt-Japan im wesentlichen überein. An der Küste von Hakodate erinnert der leicht zerstörbare pluto-neptunische Fels an ähnliche Bildungen der Sendai-Bucht und der Küsten des Kuwantô. Auch fehlen an anderen Stellen die Tuffconglomerate und organischen Einschlüsse nicht. Die Kohlen der Insel sind grösstentheils ebenfalls Braunkohlen und darum zur Darstellung von Coaks und zur Verwendung im Hütten -45Gebirgsformationen. Wirkungen subterraner Kräfte.process wenig geeignet, und so viel Lärm mit Zahlen und Worten über den grossen Reichthum der Insel an ihnen auch gemacht worden ist, steht doch nach Allem fest, dass sie weder nach Güte noch Mächtigkeit der Flötze auch nur mit den Steinkohlen mittlerer Qualität in Europa sich zu messen vermögen.
Das ältere Tertiär, die mesozoischen Formationen, Zechstein und Todtliegendes scheinen auch auf Yezo entweder ganz zu fehlen oder nur schwach entwickelt zu sein. Pumpelly unterscheidet die Ge - steine, welche er fand, als I. Old metamorphic, II. Pluto-neptunian, III. Recent, including the marine terrace deposits, und IV. Eruptive of all ages. Granulite und Conglomerat-Breccien schienen ihm die ältesten metamorphischen Gesteine zu sein; dann lässt er als ältere Eruptivgesteine Aphanit, Syenit-Granit und Diorit folgen. Schwarze und graue Thonschiefer, mit Grünsteinen vergesellschaftet und an anderen Stellen vielfach von auffallend weissen Porphyrgängen durch - setzt oder nach allen Richtungen von Schwefelkies führenden Quarzadern durchzogen, treten auch auf Yezo an vielen Orten und mächtig auf.
Den verschiedenartigen Spuren vulkanischer Thätigkeit begegnen wir in Japan so zu sagen auf Schritt und Tritt*)Am wenigsten auf Shikoku, Awaji, Chiugoku und den grösseren Inseln des Japanischen Meeres, wie Sado und Tsu-shima.. Hunderte seiner Gebirgsgipfel, darunter fast alle über 2000 Meter Höhe, wurden im Laufe der Jahrtausende durch dieselbe über einer Grundlage von krystallinischen Gesteinen und älteren Schiefern, oder direct über der einst fruchtbaren Alluvialebene aufgebaut, wie dies die Beschaffenheit ihres Gesteines bezeugt. Mächtige Lavaströme flossen von den Höhen herab und breiteten sich an den Gehängen der Berge aus, während stark gespannte Dämpfe die glühende Asche hoch in die Luft trieben, so dass dieselbe die Sonne verfinsterte und theils als Staubregen um den Fuss des Berges niederfallend diesen immer weiter hinausrückte, theils von heftigen Winden erfasst und davongetragen oft erst in weiter Entfernung wieder zur Erde gelangte und Ablagerungen bildete an Stellen, wo man solche kaum vermuthen sollte. Auch gehören diese Erscheinungen keineswegs lediglich vergangenen Zeiten an; denn46III. Geologische Verhältnisse.neben mindestens hundert sogenannten erloschenen Vulkanen gibt es im Japanischen Reich immer noch eine Anzahl, in deren Schlünden es wie gewaltiges Meeresbrausen rollt und zischt, aus denen beständig glühende Dämpfe aufsteigen, den Schiffern ein Wahrzeichen in dunkler Nacht, und die von Zeit zu Zeit ihre verderblichen Lavaergüsse oder Aschenregen aussenden. Und wer kann sagen, ob an diesem oder jenem » erloschenen Vulkan « nicht plötzlich wieder ein neuer Ausbruch stattfindet und einen neuen Kegel aufbaut, wie dies in früheren Zeiten so oft schon vorgekommen ist? — An einer ganzen Anzahl japanischer Vulkane kann man alte umfangreichere Kraterwände nach - weisen, der Somma des Vesuv vergleichbar, innerhalb deren oder seitwärts von denen nach langer Ruhe sich ein neuer und engerer Schlund öffnete und den Aufbau des Berges fortsetzte; ja oft folgte eine zweite und dritte Wiederholung derselben Erscheinung. So kann man nach der Lage und Beschaffenheit der verschiedenen Kratere und ihrer Auswürflinge auch bei japanischen Vulkanen in grossen Zügen verschiedene Perioden ihrer Thätigkeit feststellen, eben so sicher, wie sie ein Historiker in der Geschichte eines Volkes nach - weist. In den meisten Fällen geht auch bei japanischen Vulkanen das sanfte Ansteigen des Kegels am Fusse in immer steilere Gehänge über, je höher man kommt. Die Kraterweite beträgt bei der letzten Kraterbildung der erloschenen, wie der noch thätigen Vulkane im Durchschnitt 600 — 800 Meter, während sie bei den erkennbar ältesten Auswürfen oft 3 — 4 mal so gross war und in ihrer Ausdehnung an die gewaltigen Schlünde des Kilauea und Mokuaweoweo auf Hawaï erinnern. Die steilsten Partieen japanischer Vulkane, die ich bestiegen und gemessen habe, zeigten Böschungswinkel zwischen 30 und 40 Grad, während der sanfte Anstieg am Fusse oft auf weite Strecken, wie beim Ganju-san in Nambu, zwischen 2 — 4° Neigung hat. Indess sind auch bei vulkanischen Bergen Gestalt und Steilheit von mancherlei Umständen abhängig, unter welchen die Beschaffenheit des Auswurfs - materials und die herrschende Windrichtung zur Zeit der Eruption, besonders wenn die Auswürfe nicht in Lava, sondern in Bomben, Lapilli und Asche bestehen, vor allem aber die Umgebung und die relative Lage der aufeinander folgenden Kratere von grösster Bedeu - tung sind. Betrachten wir mit Rücksicht auf die letzteren Verhält - nisse die durch ihre Kegelform besonders ausgezeichneten Vulkane - den Fuji-no-yama, Chôkai-san, Ganju-san, Iwaki-san, Mioko-san und andere mächtige Gipfel, von den zahlreichen kleineren nicht zu reden, so finden wir, dass sie mehr oder minder abseits vom älteren Gebirge, fast allseits frei aus der Ebene sich erheben und die der Zeit nach47Wirkungen subterraner Kräfte.aufeinander folgenden Kratere eine mehr oder weniger concentrische Lage zu einander haben. Wo dagegen eine dieser Bedingungen fehlt, kommt die Kegelform entweder gar nicht oder nur gegen die Spitze des Berges zur Entwickelung. So bildet der Ontake, entsprechend der Anordnung seiner 8 Kratere auf dem Gipfel, einen langen Rücken von Norden nach Süden, so ragt der Asama-yama nur mit seinem Gipfel und nur von der Süd - und Ostseite als Kegel hervor, nicht auf der Nordwestseite, wo sich eine Gebirgskette anschliesst. Beim Fuji-san sind nur noch die letzten Gipfelkratere deutlich erkennbar und darf angenommen werden, dass durch ihre Eruptionen die älteren, tiefer gelegenen Kraterwände ganz überdeckt wurden.
Bei fast allen japanischen Vulkanen treten in den jüngeren Erup - tionsstadien Lavaströme gegen die losen Auswürflinge sehr zurück. Dies und reiche Niederschläge im Sommer, sowie die damit zusammen - hängende üppige Vegetation, welche auch das Lavafeld mit der Zeit mehr oder weniger überdeckt, sind wohl die Hauptursachen, wesshalb man in den vulkanischen Bezirken Japans solche grossartig öden, wild zerrissenen und zerklüfteten Lavafelder, wie auf Island oder den Canaren, nicht trifft. Es fehlen auch die mächtig emporsteigenden Säulen und mauerartigen Wände anderer vulkanischer Gegenden fast ganz. Offenbar ist die vulkanische Thätigkeit in der jüngsten geolo - gischen Zeit sehr wirksam gewesen, da die Erosion noch nicht so tiefe Einschnitte zu erzeugen im Stande war. Ich kenne in der That nur ein Gebiet des Landes, wo das Relief des vulkanischen Gebirges auf eine weitere Strecke die herrschenden sanfteren Formen ganz ver - lässt und zu kühneren und malerisch schöneren Gestalten sich erhebt, nämlich den nordwestlichen Theil von Jôshiu, wo zur Seite des Echigo-kaidô etwa mitteweges zwischen Takasaki und Mikuni-tôge verticale, säulenförmige Trachytbildungen bis zu ansehnlicher Höhe emporsteigen. Wenn hier im Sommer die blattwechselnden Bäume und Sträucher, welche am Fusse und aus den Spalten dieser Fels - massen wachsen, mit Grün bekleidet sind und zierliche Farrenkräuter das graue Gestein theilweise überziehen, dann bedarf es geringer Phan - tasie, bei ihrem Anblick an Ruinen mächtiger alter Burgen zu denken. Auch auf der Südwestseite dieser Provinz, südwärts vom Nakasendô und Usui-tôge ragen die wahrscheinlich aus doleritischer Lava be - stehenden dunklen Spitzen des Miogisan und benachbarter Berge wild zerklüftet und burgähnlich aus dem schönen Laubwald hervor.
Im Uebrigen dürfte hinsichtlich der Beschaffenheit des vulka - nischen Gesteins noch hervorzuheben sein, dass bei den neueren Eruptionen überall doleritische Laven weit vorherrschen, bei den48III. Geologische Verhältnisse.älteren aber der Trachyt eine hervorragende Rolle spielt, wobei auch Rhyolithe und schöne Andesite nicht selten sind. So finden wir z. B. die Gipfel des Haku-san aus Andesit aufgebaut, und auch auf der Halbinsel Shimabara, also in einem weit entfernten Gebiete, ist diese Felsart sehr verbreitet. Ihre grossen Hornblende - und Oligoklas - Krystalle haben Laien hier wiederholt verleitet, sie Porphyr zu nennen*)In wie weit Andesite im allgemeinen älter sind als Trachyte und Rhyolithe, kann ich nach meinen Beobachtungen nicht mit Gewissheit angeben. Sicher liegen die Rhyolithe immer tiefer als der Dolerit, wo beide vorkommen. Die Zerstörung des Kraters beim Haku-san und die Zusammensetzung der reichen Flora daselbst lassen auf eine sehr alte Bildung des hier herrschenden Andesites schliessen.. Nach Obsidian sucht man bei den meisten Vulkanen Japans vergeb - lich, und ebenso tritt Bimsstein nicht bei allen, wenn auch manchmal in grossen Massen auf. So erstrecken sich Bimssteinstücke und Bims - steinsand auf Kiushiu von Kirishima-yama gen Südwesten abwärts bis zur Bucht von Kagoshima. Auf der Nordseite dieses Meeresein - schnittes, der Insel Sakura-jima gegenüber, da wo der Weg von Kagoshima nach Kajiki eingesäumt ist von mächtigen vulkanischen Bomben, finden wir in der sphärolithischen Masse viele Obsidiankugeln von Erbsen - bis Kirschengrösse.
Wie bei den trachytischen Gesteinen der Phonolith, so tritt bei den basischen der Basalt ganz in den Hintergrund. Der Dolerit ver - tritt ihn und erscheint in den verschiedensten Farbennuancen von hell - bis schwarz-grau, bald feinkörnig und compact, bald durch - löchert wie ein Schwamm. Bei seiner Verwitterung zeigt er oft die bekannte concentrische Abschälung und bildet zuletzt einen sehr fruchtbaren Lehm, so z. B. in Gumai-gori, der Provinz Koshiu und auf dem Wege von Nagasaki nach der Omura-Bucht. Nicht selten ist die vielgepriesene Terrassencultur, wie z. B. um Nagasaki, an diese Zersetzungsproducte gebunden und hört auf, sobald magerer Thonboden an die Stelle tritt. Auf Amakusa freilich, wo nur solcher sich bietet, hat man auch an den Schiefergehängen Terrassen aufge - baut, doch werden Mühe und Fleiss der Bewohner hier nur durch spärliche Ernten belohnt.
Ein schönes Vorkommen älterer doleritischer Lava von sehr poröser Beschaffenheit zeigt sich beim Orte Saruhashi am Koshiu-kaidô. Hier führt eine hübsche 17 ken lange Holzbrücke über den Katsura-gawa, dessen Bett von senkrechten Felswänden eingeengt ist. Das Profil zeigt uns unten alte Chloritschiefer und darüber eine Decke von schwarzgrauem, schwammigem Dolerit, auf welchem auch der schön gelegene Ort ruht.
49Wirkungen subterraner Kräfte.Unsere Kenntniss der japanischen Vulkane — und es ist hier nur von den am meisten in das Auge fallenden Stratovulkanen die Rede — ist bis jetzt eine sehr geringe. Sie beschränkt sich in den meisten Fällen auf Namen und Lage der hervorragendsten Gipfel, von deren Ausbrüchen in historischer Zeit sichere Berichte vorliegen. Nur ein kleiner Theil derselben wurde von Fremden bis jetzt bestiegen, und noch weit geringer ist natürlich die Zahl derer, welche der Fuss eines geologisch gebildeten Naturforschers betrat. Eine beträchtliche Zahl anderer Berge, die ich auf meinen Reisen berührte, oder deren Gipfel ich von anderen Höhen aus sah, sind ohne Zweifel ebenfalls geschichtete Vulkane mit gleich gut erhaltenen Krateren, obgleich man sie kaum dem Namen nach kennt. So dürfen wir beispielsweise die vielen Komagatake und Mitake vielleicht ohne Ausnahme hierher zählen, von denen nur wenige bis jetzt betreten wurden. Welchen geringen Werth unter diesen Umständen jene Angaben über die Zahl der Vulkane Japans überhaupt und der noch thätigen insbesondere haben, die wir in vielen Büchern finden, ergibt sich hiernach von selbst.
Die Unterscheidung zwischen thätigen und erloschenen Vulkanen hat, wie dies schon öfter betont worden ist, grosse Schwierigkeiten und Bedenken. Sollen wir Vulkane, über deren Ausbrüche keine geschichtlichen Documente vorliegen, zu den erloschenen zählen, auch wenn ihre Krater frisch und wohl erhalten, durch Erosion und Pflanzen - wuchs noch nicht beeinflusst sind? — Gehören andere, deren Krater - wände theilweise eingestürzt und mit Vegetation überzogen sind, auf deren Kraterboden wir frei und sicher wie auf einem Bergsattel stehen können, noch zu den thätigen, blos weil bei ihnen vor nach - weisbar hundert oder tausend Jahren eine Eruption stattfand? — Nach letzterem Princip scheint in der That Naumann verfahren zu sein, der auf der Karte zu seinem Aufsatze » über Erdbeben und Vulkan - ausbrüche Japans «*)Mittheilungen der deutschen Gesellschaft etc. Heft 15. Yokohama 1878. folgende Berge als thätige Vulkane hinstellt: Asama-yama, Fuji-san, Shirane-san (Shirane-yama im Gebirge von Nikkô), Nasu-yama, Iwate-yama, Yake-yama, Arima-fuji, Aso-yama, Onzen-ga-take, Sakurajima, Iwoshima, Ôshima, Kosashima, Miyako - shima, Hachijio und Aogashima. Diesen gegenüber bezeichnet er als erloschene Vulkane (von Alt-Japan, denn nur hierauf beziehen sich seine Angaben) folgende 19: Iwaki-yama, Chôkai-san, Bandai-san, Takahara-yama, Akagi-san, Haruna-yama, Kusatsu-yama, Mioko-san, Yake-yama, Renge-san, Tade-yama, Mazuga-take, Haku-san, Mi-take, Daisen, Hakone-yama, Amagi-san, Kirishima-yama, Kaimon-take.
Rein, Japan I. 450III. Geologische Verhältnisse.Dass aber der Kirishima-yama, Ontake und mancher andere vulkanische Berg der zweiten Liste mit ihren frisch ausgebrannten Krateren und Solfataren in ansehnlicher Höhe wirklich in höherem Grade erloschen sein sollten, wie der Fuji-no-yama mit seinem zu - gänglichen Kraterboden und vollständigen Mangel jeder Art eruptiver Thätigkeit, wird dem, der sie kennt, nimmermehr einleuchten. Will man wirklich jene Unterscheidung treffen, so gibt es nur ein durch - greifendes Criterium, und das ist der gegenwärtige Zustand des Kraters. Ist der Boden desselben unzugängig, weil ihm beständig Wasser und Schwefeldämpfe entweichen, wenn auch nur von einer ihn bedecken - den Solfatare, so erscheint der Vulkan thätig, im anderen Falle in Ruhe oder erloschen, was selbstverständlich nicht ausschliesst, dass letzterer nach oft Jahrhunderte langer Ruhe plötzlich wieder von Neuem ausbricht, wie manches Beispiel in Japan und anderwärts lehrt. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet hat das Japanische Reich, soweit unsere gegenwärtigen Kenntnisse reichen, im ganzen 18 noch thätige Vulkane. Es sind die folgenden:
Die letzten verheerenden Ausbrüche, welche man von diesen Vul - kanen kennt, fanden statt: beim Tarumai-take März 1867 und Februar 1874, Komaga-take September 1856, Shirane-yama Juni 1872, Asama - yama 1783, Mihara-yama auf Ô-shima 1877, Nanahiro-yama (Otoko - yama) auf Miyake-shima Juli 1874, Asô-yama März 1874.
51Wirkungen subterraner Kräfte.Ueber den Ausbruch auf Miyake-shima berichtete man damals an das Ministerium des Innern in Tôkio Folgendes: » Den 3 ten Juli 1874 Vormittags 11 Uhr begann die Eruption des Nanahiro-yama mit grossem Geräusch. Unvergleichbar schrecklich zitterte die Erde und dröhnte es. Für Kamizuki-mura am Fusse des Berges blieb keine Zeit der Rettung, mit Ausnahme einer Familie. Um 12 Uhr sandte der alte Krater (O-ana, das grosse Loch) mächtige Steinmassen, wie kleine Hügel (?) und Asche ein ri weit, und von der See wurde ein Stück 15 chô (1636 m) lang und 3 — 4 chô breit gehoben und trockenes Land. Kleine Krater bildeten sich um den alten herum und sandten Steine hoch empor. Dieselben zerfielen beim Fallen in glühenden Sand. Alles wurde ringsum etwa 6 Meter hoch damit überlagert. Bei dem Orte Omori östlich von Kamizuki-mura bildeten sich plötz - lich vier neue Hügel, jeder etwa 5 chô hoch und 1 ri im Umfange. — Am 10. Juli dauerte der Aschenregen noch fort «. — Frühere Anzeigen vom Eintreten dieses Ausbruches werden nicht genannt, doch war es den Leuten aufgefallen, dass schon im Januar die Yama - sakura-Bäume (Prunus pseudo-cerasus) im Walde des Berges geblüht hatten, deren Blüthen sonst erst im April erscheinen.
Der Asama-yama ist der imposanteste unter allen noch thätigen Vulkanen Japans. Seine Lava ist gleich der des On-take und Fuji-san doleritisch, Obsidian nicht wahrnehmbar. Die jüngeren Eruptionen brachten nur Aschenregen, während der letzte Lavastrom vor bald hundert Jahren nordwärts nach Kotsuke zum Bett des Wagatsura-gawa und dann diesem folgend nach Osten floss. Man kann dieses Lava - feld, dessen schwarzgraue Felsblöcke ausserordentlich wild durch - einander geworfen sind, — eine Seltenheit in Japan — von oben theil - weise überblicken. Der verhängnissvolle Ausbruch, von dem es her - rührt, fand im Nachsommer des Jahres 1783 statt und verbreitete weithin seine Schrecken. Der Lavastrom zerstörte einen berühmten Urwald und verschiedene Ortschaften. In seiner nördlichen Richtung, sowie gen Osten und Südosten flogen die glühenden Steinmassen weit - hin, und ein dichter Aschenregen verwandelte den Tag in finstere Nacht. Die Gegend des Nakasendô zwischen Oiwake und Usui-tôge, welche vordem mit Ackerfeldern bedeckt war, wurde in eine Einöde verwandelt, 48 Dörfer hier und im Kreise Adzuma der Provinz Kotsuke (Gebiet des Wagatsura-gawa) und Tausende ihrer Bewohner gingen durch dieses furchtbare Ereigniss zu Grunde; Affen, Hirsche, Hunde und andere Thiere erlagen dem Regen glühender Steine und Asche, und diejenigen, welche vor ihm einen genügenden Schutz gefunden hatten, kamen dann vor Hunger um, weil die niederfallenden Aus -4*52III. Geologische Verhältnisse.würflinge viele Meilen weit ¾ — 1½ Meter hoch den Boden bedeckten und die ganze Vegetation zerstört und begraben hatten.
Von den übrigen bemerkenswerthen Vulkanen Japans weiss man, dass die letzte grosse Eruption stattfand: beim Fuji-san 1707, Onzenga - take 1791 — 93, Mitake auf Sakura-jima 1828. Damals rauchte dieser Berg noch beständig, wie mich Anwohner der Kagoshima-Bucht ver - sicherten. Kämpfer erwähnt vom Onzen-ga-take (Wunzen, wie der Berg von Fremden meist genannt wurde, ist eine Corruption des Wortes), dass er den seinem Krater entsteigenden Rauch aus drei Meilen Entfernung erkennen konnte. Nach anderen Angaben kamen bei dem letzten Ausbruch des Vulkans 53000 Menschen um das Leben, denn gleichzeitig mit den verderbenbringenden Auswürflingen des Kraters erregte ein heftiges Erdbeben die See; Inseln entstiegen der - selben, und die salzigen Fluthen überschritten ihre Gestade und brachten den Anwohnern ein nasses Grab.
Die letzte unter den vielen verheerenden Eruptionen, welche die Geschichte vom Fuji-san aufzählt, dauerte vom 24. November 1707 bis zum 22. Januar 1708. Während derselben öffnete sich auf der Südseite des Berges ein neuer Krater und baute sich der parasitische Kegel des Hôyei-san 2865 Meter hoch auf. Ueber diese furchtbare Eruption berichtet unter Anderen ein Priester, dessen Tempel 2 Meilen weit vom östlichen Fusse des Fuji-san entfernt war, wie folgt: » Ge - wiss ist es ein seltenes Vorkommen, dass, wie es im Jahre 1707 der Fall war, der Fuji-no-yama an einer Stelle, die mit stolzen Bäumen überwachsen war, plötzlich sich öffnete, um Feuer zu speien, dass Steine und Aschenregen umherfliegen und auf Kuni’s (Provinzen) und Kori’s (Kreise) niederfallen. Dieser Stein - und Aschenregen hielt 10 Tage lang an, so dass Felder, Tempel, Häuser etc. mit den Aus - wurfsmassen mehr als 3 Meter hoch bedeckt wurden. Die Bewohner der Umgebung des Fuji verloren ihr Heim, und gar viele starben Hungers. Von zahlreichen Dörfern ist keine Spur mehr zu entdecken. Ich selbst bin einer der unglücklichen Augenzeugen dieses schreck - lichen Ausbruches und die Erinnerung daran erfüllt mich mit Schmerz und Weh «. — Dann werden mit lebhaften Farben alle Schrecken und Verwirrungen gemalt, welche die Eruption hervorrief, wie die Aschen - wolken den Tag in dunkle Nacht verwandelten und zu dem Aschen - regen glühende Steine sich gesellten, welche zischend die Luft durch - fuhren, und wie endlich das dumpfe Getöse der Erdstösse hinzukam, um das Maass der höchsten Noth und Hülflosigkeit voll zu machen. — In Yedo herrschte nach einem anderen Berichterstatter zur selben Zeit Finsterniss Tag und Nacht, die Erde zitterte, und der Aschenregen53Wirkungen subterraner Kräfte.fiel immer dichter und bedeckte endlich 16 cm hoch Dächer und Strassen. Dabei hörte man das Geräusch vom Fuji her ganz deutlich. Aber noch weiter ostwärts bis zu den Gestaden des Stillen Oceans, den Küsten von Shimosa und Awa-Kadsusa trugen Winde den dunklen Aschenregen.
Bezüglich der räumlichen Verknüpfung der Vulkane Japans er - scheint es nach dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse gewagt, von einer anderen Anordnung derselben zu reden, als von der, welche durch die Inselreihen und Hauptgebirgszüge gegeben ist. Auf dem am besten bekannten Hondo vermögen wir folgende drei Reihen zu unterscheiden:
1. Vulkane, welche als Gipfel den Rücken des centralen Gebirgs - zuges krönen oder frei zur Seite desselben sich erheben und eine Reihe von NNO. nach SSW. durch die Insel bilden, in welcher die beiden Komaga-take von Nambu, der Zooga-take, Nasu-yama und etwas mehr seitwärts im Norden der Ganju-san, weiter südlich der Bantai-san und die Vulkane von Nikkô auftreten.
2. Vulkane, welche eine Parallelreihe westlich von No. 1 bilden, mit den hervorragenden Gipfeln des Iwaki-san, Chôkai-san, Gas-san, Jitoyo-san, Komaga-take, Yake-yama, Tate-yama, Haku-san.
3. Eine von NNW. gen SSO. gerichtete Reihe von Vulkangruppen, welche im östlichen Shinano den Shirane-san und Asama-yama und zur Linken des Chikuma-gawa den Yatsuga-take und Tateshima um - fasst, dann in Suruga und Sagami den Fuji und das Hakonegebirge, ferner die Halbinsel Idzu, und die sich dann fortsetzt über die Shichitô nach den Munintô und Marianen.
Eine beträchtliche Anzahl anderer Vulkane ist in diesen Gruppen nicht untergebracht, wir verzichten jedoch auf eine weitere Generali - sierung.
Es gibt wohl kein Land der Erde, welches sich an warmen Quellen mit Japan messen könnte. Dieselben zählen nach Hunderten, sind über das ganze Reich verbreitet und keineswegs auf vulkanische Districte beschränkt. Schwefelthermen und indifferente Quellen herr - schen vor, während ausgesprochene Säuerlinge und saline Wasser zu den Ausnahmen gehören. Die meisten, insbesondere die indifferenten, besitzen die bei den Japanern beliebte hohe Badetemperatur von 40 — 50°C., während viele andere, insbesondere Schwefelquellen, bis zur Siedehitze des Wassers hinaufsteigen. Jene weisen durch ihre annähernd gleichen Temperaturen auf gemeinsamen Ursprung, oder54III. Geologische Verhältnisse.vielmehr auf einen Ursprung in gleicher Tiefe, wahrscheinlich im krystallinischen Urgebirge hin, während die heissen Schwefelquellen vorherrschend in vulkanischen Districten, vornehmlich am Fusse oder an den Böschungen junger ruhender Vulkane vorkommen. In ihrem Brodeln und Zischen und den aufsteigenden, mit Schwefelwasserstoff durchdrungenen Dämpfen, sowie nach ihren zerstörenden Wirkungen auf Gestein und Pflanzenwuchs ringsum sind sie ein schwacher Nach - klang der Thätigkeit in den Krateren. Als O-jinoku und Ko-jinoku, kleine und grosse Hölle, werden viele dieser zahlreichen Solfataren bezeichnet und viel zum Baden, namentlich gegen syphilitische Leiden, benutzt. Ausserdem sind sie wichtige Schwefellieferanten des Landes; denn es unterliegt keinem Zweifel, dass der meiste Schwefel sich aus Schwefelwasserstoff solcher Solfataren absetzte. Nur wenige der be - rühmtesten Solfataren und Schwefelbäder Japans mögen hier Erwäh - nung finden:
Yumoto im Gebirge von Nikkô liegt 1537 Meter hoch in einer kleinen Mulde am Fusse des Shirane-yama. Es ist ein altmodisch gebauter Ort mit nur 10 Häusern, deren Bewohner sich durch die mächtigen Schwefelthermen nähren, welche im Sommer viele Kranke anziehen. Es hat 12 verschiedene Quellen, deren bedeutendste nörd - lich vom Orte eine Temperatur von 69°C. aufweist. Der Geruch der Schwefelwasserstoffdämpfe erfüllt weithin die Luft, und das Wasser einen grossen Teich, dessen milchige Farbe schon aus der Ferne auffällt.
Kusatsu, starke, viel besuchte Schwefelthermen in Adzuma-gori, (Jôshiu) 46 ri (24 g. M.) NW. von Tôkio auf der Nordseite des Shirane - san. Aus Spalten in vulkanischen Breccien treten hier ausserordent - lich mächtige, bis 70°C. heisse Schwefelquellen auf. Die grossen hölzernen Bassins, welche das Wasser zunächst auffangen, sind zoll - dick mit Schwefel incrustiert.
Die Riusan-jita oder heissen Quellen am Fusse des Tate-yama (Riusan) oder von Tashiwara. Der Teich oberhalb, O-jinoku genannt, welcher etwa 40 Meter Durchmesser hat, soll eine beständig wallende Bewegung und starke Dampfentwickelung zeigen und geschmackloses Wasser von blaugrüner Farbe besitzen, also kein Schwefelwasser.
Die Schwefelthermen von Yamashiro-mura in Kaga haben 70 — 71° warmes Wasser.
Enoyu am Kirishima-yama, 844 Meter hoch gelegen, gehört zu den mächtigsten Solfataren, die ich aus eigener Anschauung kenne. Das Wasser steigt, mit Schwefelwasserstoff beladen und viel Schwefel ausscheidend, 75° warm aus dem Boden. Man badet an einer Stelle, wo seine Temperatur noch 44,5°C. beträgt. Die übrigen Solfataren55Wirkungen subterraner Kräfte.zwischen hier und Kirishima haben zum Theil dieselbe, zum Theil eine noch höhere Temperatur.
Besonders reich an Thermalwassern auf verhältnissmässig be - schränktem Areal ist das Hakone-Gebirge und die Halbinsel Idzu. In ersterem finden wir in der Nähe der höchsten Gipfel eine ganze Anzahl Solfataren, deren Quellentemperaturen zwischen 90 und 100°C. liegen. Eine der auffallendsten trägt der Jigoku-yama (Höllenberg) oder Kamuriga-take. Man erkennt sie schon von Sengoku-hara aus an dem aufsteigenden Rauche, der weissen Farbe des zersetzten Lava - tuffs und der Vegetationslosigkeit ringsum. Eine zweite, Iwo-yama (Schwefelberg) genannt, liegt in 877 Meter Höhe am Südabhange des Komaga-take. Sie hat ebenfalls weit und breit die Vegetation und das Gestein zerstört und letzteres zugleich gebleicht. Einen Theil ihres Wassers leitet man nach dem Badeorte Ashinoyu, der in 845 Meter Höhe eine halbe Stunde südwestlich davon gegen das Städtchen Hakone hin gelegen ist. Nicht weit von hier ist eine Ko - Jinoku, also schwächere Solfatare mit kochendem, 95°C. warmem Wasser. Ashinoyu ist das höchst gelegene der 7 Hakone-Bäder. Die 6 anderen, nämlich Kiga, Sokokura, Miyanoshita, Doga - shima, Tonosawa und Yumoto liegen der Reihe nach im engen, gewundenen Thale des rauschenden Haiya-gawa, der dem Hakone-See entspringt. Bemerkenswerth ist die Abnahme der Temperatur ihrer Quellen mit abnehmender Höhe, dergestalt, dass, während die höchste bei Sokokura 83 — 85°C. aufweist, Miyanoshita 45 — 59° hat, Tono - sawa und Yumoto aber nur 43 — 45°C. Alle entspringen demselben Lavatuff, enthalten kaum Spuren von Schwefel und geringe Mengen Eisen, am meisten bei Sokokura, wo die Temperatur am höchsten. Diese Sokokuraquellen liegen den Solfataren bei Ashinoyu am nächsten. Ist es nicht denkbar, dass das meist im Boden sich wieder verlierende heisse Schwefelwasser der letzteren seinen Schwefel auf dem sub - terranen Weiterlauf verliert, dafür geringe Mengen Eisen aufnimmt und im Thale des Hayagawa bei genannten Badeorten fast als in - differente Thermen mit abnehmender Temperatur wieder zum Vorschein kommt? — Interessanter aber als diese Frage ist die Thatsache, dass das warme Wasser da, wo es an vielen Stellen unmittelbar oberhalb des Dorfes Sokokura zur Seite des Weges nach Kiga und theilweise an den Ufern des Waldbaches Susawa aus dem schwarzgrauen Felsen hervorbricht, in einer Temperatur von 59°C. eine Conferve nährt. Diese Thatsache wurde von mir 1874 und 1875 festgestellt, und dürfte die dabei bestimmte Temperatur die höchste sein, unter welcher man bisher vegetabiles Leben in der Natur wahrgenommen hat.
56III. Geologische Verhältnisse.Am bekanntesten unter den Thermen der Halbinsel Idzu und den Hakone-Bädern am nächsten ist Atami. O. Kuntze hat es das Karlsbad Japans genannt, doch ist dies nur bezüglich des Sprudels einigermassen richtig, nicht, was die Eigenschaften des Wassers be - trifft. Diese nähern sich in jeder Beziehung denen der 6 unteren Hakone-Bäder, auch bezüglich der Temperaturen. Atami ist der Hauptort eines ganzen Thermaldistrictes. Von besonderem Interesse ist jedoch der Geysir von Atami, soweit bekannt, der einzige in Japan. Nur 800 Schritte vom Meer entfernt bricht sein überhitztes Wasser, in regelmässigen Intervallen abwechselnd mit blossem Dampf, hervor und zwar 6 mal in 24 Stunden, jedesmal 1½ Stunden lang und zwischen 1 — 3 Meter hoch steigend.
Arima in Setsu, etwa 6 Wegstunden von Hiogo mitten in einem engen Gebirgskessel gelegen, ist der besuchteste Badeort ganz Japans. Die 38°C. warmen Thermen sind salzreiche Stahlquellen. Dwars, der englische Chemiker der Münze in Ôsaka, hat von zweien derselben Analysen gemacht, deren Resultate hier folgen:
A. Wasser fast farblos, klar, ohne Geruch; der Geschmack zeigt die Gegenwart von viel Salz und Eisen an. An der Luft verliert es etwas Kohlensäure, während sich die Oberfläche mit Eisenhydroxyd bedeckt, das sich später als braunrothes flockiges Pulver am Boden findet, mit unlösbaren Silicaten gemischt. Das spec. Gewicht bei 23°C. war 1,0115. 1 Liter = 1011,5 Gramm enthält 19,655 Gramm fester Bestandtheile. Es sind:
Dwars vergleicht dieses Wasser mit der Kreuznacher Oranien - quelle, findet es jedoch viel reicher an Eisen und Kochsalz.
B. Kalte Quelle von Arima, genannt Teppo-sui.
Sie hatte am 14. Dec. 1876 eine Temperatur von 16,8°C. Das Wasser ist farblos, klar, reagiert sauer, liefert nach kurzer Zeit einen Niederschlag von Eisen. Neben freier Kohlensäure enthält es auch etwas Schwefelwasserstoff. Bei 16,8°C. und 730 mm (die Quelle liegt 400 Meter hoch) enthielt ein Liter Wasser 0,689 Liter freie Kohlensäure. Die festen Bestandtheile in 10 Liter Wasser waren:
Sechs ri (3,2 g. M.) nördlich von Wakamatsu fand ich am Wege nach Yonezawa in einem vulkanischen Gebirgskessel den Ort Oshiu auf beiden Seiten eines kleinen Baches, den der Weg überschreitet. Nahe dem letzteren befinden sich dicht an dem etwas erhöhten rechten Ufer zwei Quellen, deren jede in 4 — 5 Minuten ein shô (1,8 Liter) Wasser liefert, welches bis jetzt unbenutzt direct in den Bach fliesst. Die Temperatur der oberen ist 39°C., der unteren 38°. Reiche Mengen Kohlensäure entweichen, Eisenoxydhydrat wird viel niedergeschlagen, und der eigenartig salzig zusammenziehende Geschmack des Wassers weist ebenfalls auf die Anwesenheit von viel Kochsalz und Eisen hin. In dieser Beziehung, wie in seiner Temperatur, hat dasselbe viel Aehnlichkeit mit der Therme von Arima. Leider fehlte mir die Zeit, das mitgenommene Wasser zu analysieren.
Schwache Eisensäuerlinge, sowohl warme als kalte, finden sich häufig. Zu Ichinose z. B., am Fusse des Haku-san, hat die Therme ebenfalls 38 — 39° Wärme, entwickelt viel freie Kohlensäure und scheidet einen Eisenschlamm ab, der als Yu-no-hana (des Warmwassers Blume) versandt und medicinisch benutzt wird. Nicht weit von Itaya in Ôshiu auf dem Wege von Yonezawa nach Fukushima erblickt man in der58III. Geologische Verhältnisse.Mitte eines bewaldeten Bergrückens, einsam und schön gelegen, die alten Gebäude des Bades Goshiki - (Goziochiki?) no-yu. Das warme Wasser daselbst wird Kin-yu (Goldwasser) genannt, weil es die Wirkung des Emser Kinderbrunnens haben soll. Nach den Angaben der Umwohner zu schliessen, ist es eine Stahltherme, welche im Sommer von Frauen viel benutzt wird.
Fast alle vorerwähnten warmen Quellen gehören vulkanischem Terrain an; von den mir persönlich bekannten warmen, indifferenten Quellen, welche in alten Schiefern auftreten, nenne ich Shika-no-yu bei Yumoto am Aidzukaidô in Shimotsuke mit 43°C., Takeo in Hizen mit 46°C. und Shimotsuke Fukei auf Amakusa mit 42°C. Alle diese Thermen erinnern an Schlangenbad.
Die Erdbeben gehören zu den unheimlichsten und beängstigendsten Erscheinungen. Es sind Vorgänge, gegen die der Mensch sich in keiner Weise rüsten und vorbereiten kann, die ihn jeden Augenblick überraschen und verderben können. Mit einem Ruck weckt ein hef - tiges Erdbeben sämmtliche Bewohner einer volkreichen Stadt aus tiefem Schlafe und bereitet im Handumdrehen Tausenden derselben ihr Grab. Eine bange Vorahnung der nahenden Gefahr, wie sie Humboldt und mehrere andere Reisende in Südamerika gefunden haben wollen, kennt man in Japan nicht; eine solche ist in ihren Ursachen nicht erklärbar und beruht meines Erachtens auf Täuschung. In Japan sind Erdbeben häufig, von der leichten Vibration, die der thätige Mensch kaum wahrnimmt, bis zu jenen gewaltigen Stössen, die ihn emporheben und niederwerfen, Felsen spalten und Wohnstätten in Trümmer legen. Solche heftige Erschütterungen mit auffallend zerstörenden Wirkungen treten glücklicherweise nur selten auf, und zwar nach früheren Annahmen und Erfahrungen etwa je einmal nach zwanzig Jahren. Nun fand aber das letzte verderbliche Erdbeben in Japan im Herbst 1855 statt, so dass bereits 25 Jahre ohne ein solches verflossen sind und die alte Regel scheinbar nicht mehr stichhält*)Noch vor Beginn des Druckes kommt uns aus Tôkio folgende Nachricht: » Wir hatten am 22. Februar dieses Jahres (1880) Nachts 1 Uhr das heftigste Erd - beben, welches ich während meines 15jährigen Aufenthaltes in diesem Lande kennen gelernt habe. Ich schlief im oberen Stock meines japanischen Hauses. Plötzlich erwacht, glaubte ich auf einem Schiffe zur Zeit eines Sturmes zu sein, so schaukelte das Haus mit mir hin und her. Auch das Gefühl der Seekrankheit blieb nicht aus. Kaum konnte ich mich auf den Füssen halten, und mein Bestreben, die Treppe zu den unteren Räumen zu gewinnen, gelang erst, als die Haupterschütterung vorüber.
59Wirkungen subterraner Kräfte.In der mythologischen Menagerie der Japaner lebt nach den Einen in der Tiefe des Meeres ein riesiger Fisch, der in seinem Zorne wider die Küsten schlägt und dadurch die Erde erbeben macht; nach Anderer Ansicht ist es ein subterraner Molch, dessen Kopf im Norden von Hondo sich befindet, während der Schwanz zwischen den beiden Hauptstädten liegt, welcher die Erdbeben hervorruft. Diese Lage des Ungeheuers wurde angenommen, weil die Erfahrung gelehrt hat, dass Erdbeben im nördlichen Japan seltener und weniger heftig auftreten, als im mittleren Theile von Hondo, in welchem wiederholt durch dieselben weittragende Verwüstungen hervorgerufen wurden. Nach Kaempfer sind die Go-tô frei von diesen Naturerscheinungen. Wie weit dies begründet ist, konnte ich nicht zuverlässig ermitteln.
In den Zeitschriften der Asiatic Society und der deutschen Ge - sellschaft in Japan haben Brunton, respective Naumann nach Japa - nischen Quellen Zusammenstellungen aller Erdbeben des Landes ge - macht, von denen man sichere Kunde hat. Wir entnehmen denselben folgende nähere Angaben über eine Anzahl der verheerendsten Er - schütterungen, welche darin aufgezählt sind:
Am 14. des 10. Monats 685 trat eine der fürchterlichsten Er - schütterungen ein. Berge stürzten, das Wasser der Flüsse überfluthete das Land, öffentliche Gebäude, Bauernhäuser, Tempel stürzten zu - sammen, und Tausende von Menschen und Thieren fanden einen schnellen Tod. Die Bäder der Provinz Idzu wurden zerstört. In der Provinz Tosa fand eine plötzliche Submersion statt. Ein Areal von 5 Millionen tsubo (1653 ha) versank urplötzlich in den Schooss der Fluthen. Auch im folgenden Jahre richtete ein Erdbeben grossen Schaden an. Diesmal, heisst es, kamen die Stösse aus Westen.
Im 5. Monat des Jahres 844 richtete eine Erderschütterung grossen Schaden in der Provinz Higo an, besonders in den Districten Ama - kusa, Yazushiro und Ashinokita. Viele öffentliche Gebäude und Reis - felder eines Flächenraumes von 29000 tsubo (9,6 ha) gingen zu Grunde. Ueber 570 Dörfer verschwanden vom Erdboden, und 1500 Menschen büssten ihr Leben ein. Bergstürze ereigneten sich an 280 Stellen, und 40 Menschen fanden unter Felstrümmern ihren Tod.
*)war. Von drei Stössen, welche auf dem meteorologischen Observatorium wahrge - nommen wurden, hat der längste 1½ Minuten gedauert. Leute, welche zur Zeit der Erschütterung wach waren, wollen ein dumpfes unterirdisches Rollen gehört haben. In Yokohama scheint die Erschütterung ungleich heftiger aufgetreten zu sein, denn sie hat hier die Dächer theilweise ihrer Ziegel-Bedeckung beraubt, Mauern und viele Schornsteine eingestürzt, so dass der Schaden an den Häusern der fremden Colonie allein auf über $ 20000 veranschlagt wird «. E. S.
60III. Geologische Verhältnisse.Im Jahre 745 schwankte der Erdboden vom 27. des 4. Monats an 2 Tage und 3 Nächte lang ohne Unterbrechung. Die Oscillationen waren in der Provinz Mino derart heftiger Natur, dass hohe Gebäude, Magazine, Tempel und Häuser in Menge zusammenstürzten.
Am 14. des 8. Monats im Jahre 797 war grosses Erdbeben mit Sturm in Kiôto. Ganze Strassenreihen stürzten. Alle Häuser und Tempel fielen in Trümmer: die Stadt wurde vollständig vernichtet.
Im 7. Monate des Jahres 818 suchte ein gewaltiges Erdbeben die Provinzen Sagami, Musashi, Shimosa, Hitachi, Kotsuke und Shimotsuke heim. Der Menschen, die dabei um das Leben kamen, waren un - zählig viele, so dass die Regierung für die Beerdigung sorgen musste.
Am 12. des 7. Monats 827 war ein grosses Erdbeben, und viele Häuser brachen zusammen. An ein und demselben Tage fühlte man einen Hauptstoss und 7 — 8 kleinere Stösse. Am 14. dauerte das Erzittern noch immer fort, und um 10 Uhr dieses Tages wurde ein furchtbar heftiger Stoss gefühlt. Bei jedem Stosse hörte man ein donnerähnliches unterirdisches Geräusch. Es folgten in diesem und dem folgenden Monate noch eine grosse Anzahl weiterer Erschütte - rungen.
Im Jahre 830 fanden heftige Erdbeben in Akita statt.
Am 13. des 2. Monats 841 ereignete sich ein grosses Erdbeben in Shinano. An einem Abende zählte man 94 Stösse. Viele Tausende von Gebäuden wurden hierbei zerstört.
Heftige Erdbeben in den Jahren 850, 856, 857, 864, 868 zer - störten Theile von Kiôto und zeigten sich mehr oder minder verderb - lich in den Provinzen ringsum.
Im Jahre 877 wurden alle Provinzen des Kuwantô von Erdbeben heimgesucht, welche in Sagami und Musashi die meisten Verwüstungen anrichteten.
So gehen die Berichte fort und es scheint vor allem Kiôto häufig in den Kreis der heftigsten Erschütterungen gefallen zu sein.
Diese Zusammenstellung bei Naumann beweist zur Genüge, wie unbegründet die Annahme Brunton’s ist, als habe die Häufigkeit heftiger, verderblicher Erderschütterungen in der neueren Zeit zuge - nommen. Vielfach ist auch von Meeresfluthen die Rede, welche sich unaufhaltsam über Städte und Dörfer dahinwälzten und bis zu Orten vordrangen, die weit vom Meere entfernt lagen. Eine solche Erd - bebenfluth zeigte sich z. B. im Sommer 869 im nördlichen Ôshiu und nahm über 1000 Personen das Leben.
Nur noch einige der verhängnissvollsten Erderschütterungen dieses und des vorigen Jahrhunderts mögen hier erwähnt werden. Nach61Wirkungen subterraner Kräfte.Kämpfer zerstörten ein Erdbeben und darauffolgende Feuersbrünste 1703 fast ganz Yedo. Die Erschütterung trat nach anderen Angaben am 30. December früh 2 Uhr ein. In Odawara stürzten durch die - selbe ganze Häuserreihen ein. Tausende von Menschen kamen um das Leben. Wer eine Zuflucht in der Nähe des Meeres gesucht hatte, wurde von der heranbrausenden Fluth verschlungen. Am Abend des 1. Januar regnete es tüchtig, und die Erschütterungen nahmen erst am Morgen des nächsten Tages ein Ende. Dieses Erdbeben hat wohl gegen 200000 Menschen das Leben gekostet, denn in Sagama kamen allein 100000 Menschen um, in Yedo 37000. Vier Jahre später war die letzte gewaltige Eruption des Fuji-no-yama von heftigen Erd - erschütterungen im nämlichen Gebiete begleitet.
Dann folgt der Bericht über ein bedeutendes Erdbeben, das im Jahre 1726 in Echizen auftrat.
Die Provinz Echigo, die Stadt Kiôto und andere Landestheile wurden im März des Jahres 1751 durch Erdstösse bedeutend mitge - nommen. In Echigo verloren dabei 16000 Menschen ihr Leben.
Im Jahre 1782 wurde das Kuwantô zweimal im August durch starke Erdbeben heimgesucht, dann folgte am 10. September an der Yedo-Bucht (wahrscheinlich als Folge einer Erderschütterung in einem südlichen Gebiete) eine Fluth, welche unter anderem die Stadttheile Fukagawa und Honjô überschwemmte und ebenfalls viele Zerstörungen anrichtete.
Der letzte gewaltige Ausbruch des Asama-yama im folgenden Jahre 1783 hatte gleichfalls weit verbreitete, heftige Erderschütterungen im Gefolge. Auch die letzte Eruption des Onzenga-take auf Shimabara 1792 erschütterte die Umgegend in ungewöhnlicher Weise.
Dewa war im Hochsommer 1804 der Schauplatz häufig wieder - holter, heftiger Erschütterungen, welche viele Veränderungen hervor - riefen und ebenfalls manchem Menschen den Tod brachten. Im März 1822 machten sich in Ôshiu und auf Yezo innerhalb dreier Tage 150 mehr oder minder heftige Stösse bemerkbar.
Am 18. December 1828 verbreitete ein Erdbeben über Echigo seine Schrecken. Ueber 30000 Menschen und 6000 grössere Hausthiere verloren dadurch ihr Leben.
Zwei Jahre später, am 18. August, ist wieder einmal Kiôto vor allem der Schauplatz der Verwüstung durch ein gleiches Naturereig - niss. Das Tokugawa-Schloss Nijô, viele Häuser und Magazine stürzten ein, und es wurden unzählige Menschen erschlagen. Unter donner - ähnlichem Tosen trat das Ereigniss gegen 4 Uhr Nachmittags ein. Anfangs war man nur erstaunt, aber bald wankten die Häuser wie62III. Geologische Verhältnisse.Meereswellen, und das Krachen der zusammenbrechenden Gebäude klang wie tausendfacher Donner. Glücklicherweise wurde es, nach - dem drei wuchtige Stösse schnell auf einander gefolgt waren, etwas ruhiger. In diesem Augenblick flüchtete Alles auf die Strassen, wo nun Leute der verschiedensten Stände neben einander campierten. Die Häuser in Kiôto stürzten meist ein, nur wenige wurden blos beschä - digt, keins blieb verschont. Durch den Einsturz der Godowns*)Feuerfeste, weiss übertünchte Gebäude, die besonders als Vorrathsräume der Kaufleute dienen und abseits der hölzernen Wohnungen und der Strassen stehen. Die Japaner nennen sie dozô oder kura., von denen keines unbeschädigt blieb, wurden gar viele Menschen verletzt. Dabei gab es Niemand, der die Trümmer bei Seite geschafft hätte. Ein Jeder flehte zu den Göttern um Schutz und Rettung. Die Stärke der Erschütterungen nahm bald ab, doch wiederholten sich dieselben von Zeit zu Zeit, so dass man bis zum 19. August über 120 Stösse zählte. Dann gab es etwa 3 — 4 Erschütterungen in jeder Stunde. Abends um 4 Uhr kam nochmals ein sehr heftiger Stoss. Ueber die engen Strassen spannten die von Angst gequälten und dem Regen und Thau ausgesetzten Bewohner Strohseile; sie legten darauf Bambus - stäbe, Strohmatten und Regenmäntel, um die Nacht wiederum im Freien zuzubringen. Es gab auch viele Leute, die auf Bergen und grossen, freien, entfernt gelegenen Plätzen Zuflucht suchten. Die Erschütterungen dauerten auch am 20. August noch fort, doch kamen nur 2 — 3 auf die Stunde. Noch an diesem Abende lagerte Alles im Freien, mit Ausnahme einiger sorgsamen Leute, die Angst vor Er - kältung hatten. Das Erdbeben hatte am Ende des Monates noch nicht aufgehört, doch war die Zahl der Stösse auf 15 — 20 pro Tag herunter gegangen. Am 2. und 3. September stellte sich starker Regen ein, dann hob sich am letzten Tage das Meer, stürzte in das Land hinein und drang bis Kiôto vor**)Dies ist wohl so zu verstehen, dass der Fluss bis hierher gestaut wurde.. Viele Menschen verloren dabei ihr Leben. Erst einen Monat später war das Erdbeben ganz abgeschlossen.
Am 21. Juli des Jahres 1835 ereignete sich ein grosses Erdbeben in den Provinzen Rikuzen und Rikuchiu. Das Schloss von Sendai wurde gänzlich zerstört, und 400 — 500 Häuser wurden durch die herein - stürzende Erdbebenwelle mit in das Meer genommen, so dass viele Menschen umkamen.
In der Provinz Shinano wüthete am 8. Mai 1847 Abends zwischen 8 und 10 Uhr ein ungewöhnlich heftiges Erdbeben. Berge und Häuser stürzten ein, Thermen verschwanden und andere brachen hervor, Flüsse veränderten ihren Lauf und überschwemmten weite Strecken. 63Wirkungen subterraner Kräfte.Allenthalben sah man die Spuren der entsetzlichen Verwüstung, namentlich im Gebiete des Chikuma-gawa. Benachbarte Provinzen wurden ebenfalls mehr oder weniger heimgesucht.
Während des Jahres 1854 kam die Erde kaum zur Ruhe. Die heftigsten und verderbenbringendsten Erschütterungen fanden jedoch am 8. Juli und vor Allem am 4. November statt. Es war Letztere von einer Meeresfluth begleitet und erstreckte sich fast über das ganze Land, besonders heftig jedoch über die Südseite von Hondo, Shikoku und Kiushiu. Das Kuwantô wurde weniger davon berührt, aber aus allen übrigen südwärts gelegenen Provinzen des Tôkaidô, Nakasendô, Gokinai, Sanyodô, Kiushiu und Shikoku liegen eine Menge Berichte vor, welche beweisen, dass einerseits der Einsturz der Gebäude und ihm folgende Brände, andererseits und vor Allem die Meeresfluth ihr Vernichtungswerk an Hunderten von Orten trieben. Der Hafenort Shimoda wurde bei dieser Gelegenheit überschwemmt, und es scheiterte eine russische Fregatte.
Das letzte grosse Erdbeben für die Hauptstadt Tôkio war das vom Jahre 1855. Die Schrecken, die es brachte, leben noch jetzt in der Erinnerung des Volkes, und man fürchtet Nichts mehr, als eine Wiederholung des Ereignisses. Im ganzen wurden innerhalb eines Monates 80 Stösse wahrgenommen, die heftigsten am 10. November Nachts. Bald war Yedo in einen Schutthaufen verwandelt, und es brach gleichzeitig an 30 verschiedenen Stellen Feuer aus. Es war so hell, wie am Tage, und die schwarzen Rauchwolken bedeckten den ganzen Himmel. Die Einwohner, die nicht schon vorher an Rettung gedacht hatten, fanden meist unter Balken und Trümmern ihren Tod; andere wurden ein Opfer der Flammen. Die Ueberlebenden hatten sich auf die Strassen geflüchtet. Die Erschütterungen dauerten fast ununterbrochen fort bis zum 11. November. Von Zeit zu Zeit wiederholten sich die Stösse, wurden jedoch immer schwächer, so dass das Ende dieses Erdbebens eigentlich erst am 28. November eintrat.
Die Zahl der in Yedo eingestürzten Häuser betrug 14241, der eingestürzten Magazine 1649. Doch bezieht sich dies blos auf die eigentliche Stadt, nicht auf die Wohnungen der Daimio und Samurai. 104000 Menschen fanden bei diesem Ereigniss ihren Tod. Auffallend ist, in Anbetracht der Heftigkeit, mit der es auftrat, der sehr be - schränkte Verbreitungsbezirk. Auf dem Nakasendô nahm man es nur bis Takasaki wahr, am Koshiu-kaidô bis Hachioji, am Tôkaidô bis Hodogaya, am Ôshiu-kaidô bis Utsunomiya, in Shimosa bis Sakasai. Die Ebene von Kuwantô war der Heerd und Tôkio das Centrum dieses Erdbebens.
64III. Geologische Verhältnisse.Während der fünf meteorologischen Beobachtungsjahre vom Decem - ber 1872 bis December 1877 hat Knipping in Tôkio 86 Erdbeben wahrgenommen. Seine sorgfältigen Aufzeichnungen darüber, nebst graphischen Zusammenstellungen derselben nach den verschiedensten Gesichtspunkten, finden sich im 14. Heft der Mittheilungen der deut - schen Gesellschaft. Abgesehen davon, dass die Erschütterungen im allgemeinen Nachts häufiger als am Tage, und im Jahre 1877 zahl - reicher und heftiger als in den vorausgegangenen Jahren waren, lassen sich jedoch keine allgemeinen Regeln daraus ableiten, wie denn auch Naumann durch seine sehr sorgfältige und mühevolle Zusammen - stellung zu keinerlei allgemeinen Resultaten gelangen konnte.
Dass die Japanischen Küsten im allgemeinen sich langsam heben, wurde schon seit lange angenommen. Man schloss es aus Berichten über plötzlichere Hebungserscheinungen bei vulkanischen Ausbrüchen und Erdbeben hier und dort, aus dem Vorkommen jungtertiärer mariner Schichten an einigen Buchten, wie der von Yedo, und aus der Ana - logie mit anderen Inseln und Küstenländern im und am nördlichen Theile des Stillen Oceans. So hatte z. B. F. Schmidt Sachalin ein - gehender geologisch und botanisch untersucht und dabei an mehreren Orten der Küste subfossile Muschellager in natürlicher Lage in Thon gebettet aufgefunden und dies mit Recht als ein Zeichen der noch fortdauernden Hebung dieser Insel gedeutet. Solche, mindestens gleich zuverlässige Beweise einer allmählichen, sogenannten säculären Hebung der Ostküste von Hondo wurden von mir für die Küste von Nambu und neuerdings von Naumann für die Ebene von Kuwantô vorgebracht. In der physischen Welt geht Nichts über die Beweis - kraft der durch Beobachtung gewonnenen Thatsachen, und diejenige, dass sich die Küste von Nambu in ganz recenter Zeit wesentlich ge - hoben hat, ist noch deshalb besonders bemerkenswerth, weil sie einem nicht vulkanischen Gebiete entnommen ist. Der Fall ist folgender:
Ungefähr in der Mitte der Küste zwischen der Sendai-Bucht und dem Hafen Kamaishi befindet sich unter 38° 50 'Kamamaye-ura (die Bucht Kamamaë). Sie schneidet etwa ¾ — 1 geogr. Meile tief und halb so breit in nordwestlicher Richtung in das Land ein und hat an ihrem breiten Eingang die Insel Ôshima vorgelagert, zu deren Seiten nur enge Canäle bleiben. Im Hintergrunde dieser Bai zieht sich das reinliche Städtchen Kisenuma hin mit einem sicheren tiefen Hafen. Der früher sehr lebhafte Schiffsverkehr ist nach Mittheilung des Kôchô (Bürgermeisters) in den letzten 30 Jahren immer unbedeutender65Wirkungen subterraner Kräfte.geworden und zwar in Folge des Seichterwerdens der Eingänge beider - seits von Ô-shima. Man wird hier zunächst an ein Versanden denken; doch diese Annahme ist nicht zulässig, denn weder mündet hier ein Fluss, von dem es herrühren könnte, noch ist die Strömung und Wellenbewegung längs der Küste geeignet, dies zu bewirken.
Eine halbe Stunde von Kisenuma liegt am nördlichsten Zipfel der Bai der kleine Ort Shishiori, dessen Bewohner am flachen Ge - stade Seesalz gewinnen. Ein neu angelegter Weg führt von Kisenuma am Rande der Bucht hin und hält sich etwa 0,5 Meter über dem höchsten Wasserstande. Bald nach Kisenuma biegt er um eine steil zu ihm abfallende graue Kalksteinwand, welche von schmalen Kalk - spathadern durchzogen und gleich der Schieferformation ringsum ohne Zweifel paläozoischen Ursprungs ist. An dieser Wand nun gewahrt man dicht über dem Wege ein etwa 80 cm breites horizontales Band, in welchem der Kalkstein wie ein Schwamm grob durchlöchert ist. Lithophaga, die weit verbreitete Saxicava rugosa und insbesondere Petricola japonica Dunker (sp. n.), deren Schalen noch wohl erhalten in manchen der Höhlungen zu sehen sind, legen hier über die jüngste Geschichte dieser Küste ein eben so deutliches Zeugniss ab, wie Modiola lithophaga in den Säulen des Serapis-Tempels bei Puzzuoli. Man muss die Hebung, welche die Küste von Kamaye-ura in neuester Zeit erfahren hat, auf mindestens 1,5 Meter veranschlagen. Ohne Zweifel steht damit das Seichterwerden der Einfahrt bei Ôshima in innigster Verbindung und findet dadurch seine natürliche Erklärung.
In seiner Studie über die Ebene von Yedo*)Petermann’s Mittheilungen 1879, pag. 121. hat Naumann sichere Beweise für die recente Hebung derselben, ja der ganzen Ebene von Kuwantô gebracht. Er hat darauf aufmerksam gemacht, dass Karten aus der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts die Yedobucht viel weiter nach Norden gehen lassen; die Mündung des Sumida lag mehr zurück, und der Boden der ganzen Unterstadt des heutigen Tôkio war unter Wasser. Noch in der Mitte des 16. Jahrhunderts bedeckte das Meer die beiden Stadttheile zur Linken des Flusses, nämlich Fuka-gawa und Honjô, vollständig. Es gab somit eine Zeit, wo der jetzt so dicht bevölkerte Distrikt Asakusa am Meere lag und die nur in Salzwasser gedeihende Alge Porphyra vulgaris Ag. in seiner nächsten Nähe wuchs. Daher stammt für sie der Name Asakusa nori, welcher zuerst die Aufmerksamkeit Naumann’s auf diese interessanten Ver - hältnisse lenkte.
Naumann weist nach, dass das Zurückweichen des Meeres nichtRein, Japan I. 566III. Geologische Verhältnisse. Wirkungen subterraner Kräfte.der Zufuhr von Sediment durch den Fluss, also nicht der einfachen Deltabildung allein zugeschrieben werden kann, sondern säculäre Hebung hinzukommen musste. Einst reichte die Yedo-Bucht weiter über das ganze Flachland von Shimosa und Hitachi hinweg und nord - wärts, soweit die Ebene von Kuwantô geht. Das Gebirgsland von Kadsusa-Awa ragte als Insel daraus hervor, und eine Strömung (ob vom Kuro-shiwo, wie Naumann annimmt, oder nicht, ist gleichgültig) bewegte sich in nordöstlicher Richtung zwischen dieser Insel und dem nördlichen Randgebirge der heutigen Ebene hindurch nach NO. zum offenen Ocean. Ihr schreibt Naumann den Transport des Bimssteines zu. Das Vorkommen in dem Trachyttuff der die Ebene im Süden begrenzenden Hügel wird dadurch erklärt. Säculäre Bewegung und die Ablagerung von Silt bewirkten eine allmähliche Hebung des Meeres - bodens und ein Zurückweichen der See. Für letzteres sprechen auch im Unterlauf des eigentlichen, östlichen Tone manche andere That - sachen. Neben der geologischen Beschaffenheit des Bodens weisen historische Berichte und Namen im Innern, die nur für Küstenorte sonst Sinn haben und gebräuchlich sind, auf ein Zurückweichen des Meeres hin. Die flachen Landseen zu beiden Seiten des unteren Tonegawa bildeten sich wohl dabei zuerst als Strandseen oder Haffe und rückten erst ganz allmählich mehr landeinwärts.
Auch auf Shikoku und in vielen anderen Theilen Japans deutet Manches auf die säculäre Hebung der Küsten hin. Da jedoch keinerlei nähere Untersuchungen darüber vorliegen und einzelne Vorkommnisse auch anders erklärt werden könnten, möge es hier mit den vorer - wähnten Beispielen sein Bewenden haben.
Das Japanische Reich ist ein Gebirgsland, in welchem der ebene, cultivierte Boden, einschliesslich der bebauten Terrassen, kaum 12 Pro - cent, also noch nicht ein Achtel des ganzen Areals ausmacht, wobei die weniger oder nicht baufähigen Nebenlande noch nicht einmal in Rechnung kommen. In der Regel wechseln Berg und Thal beständig mit einander ab, und es breiten sich die wenigen bedeutenderen Ebenen nur im Unterlaufe der grossen Flüsse aus. Hierher gehören: die Ebene von Kuwantô nördlich der Yedobucht am Tone und Sumida; die Ebene von Mino, Owari und Ise am Kiso und Ise-no-umi; die Ebene von Ôsaka am Yodo; die Ebene von Echigo am Shinano; die Ebene von Sendai am Abukuma und der Sendaibucht; die Ebene des Ishikari auf Yezo. Nur das nördliche Hondo hat auch im Innern einige rings von Gebirgen begrenzte fruchtbare Flächen von ansehnlicher Ausdehnung, nämlich die Aidzu-taira bei Wakamatsu, und weiter nordwärts die Ebene von Yonezawa, sowie die viel grössere von Yamagata.
Im allgemeinen folgen die japanischen Gebirge der Längenaus - dehnung der Inseln von NO. nach SW. und haben bei ansehnlichen Gipfelhöhen verhältnissmässig niedrige Pässe. Dies rührt vornehmlich daher, weil die Gebirgsmassive aus krystallinischen Urgesteinen und alten Schiefern meist nicht hoch ansteigen, während die vulkanischen Bildungen, welche sie vielfach durchbrochen und überlagert haben, zwar ansehnliche Gipfel, aber selten lange und hohe Kämme bilden, so dass die Uebergänge oft zwischen denselben über die ältere Grund - lage hinführen. Vulkanische Bergmassen sind den Gebirgsketten nicht selten auch vorgelagert und stellen Verbindungen zwischen den viel - fach in ihrer Lagerung gestörten und verworfenen Gliedern des älteren Gebirges her.
5*68IV. Orographie.Sanfte Bergformen herrschen bei weitem vor*)Die Bilder in Siebold’s Archiv sind Phantasiegemälde, welche mit den Bergen, die sie vorstellen sollen, nicht die geringste Aehnlichkeit haben.. Japanische Ge - birgslandschaften zeichnen sich weniger durch grossartige, wilde, zer - rissene und zerklüftete Felspartieen, als vielmehr durch ihre Anmuth und Frische aus. Neben der Beschaffenheit des Materials, aus wel - chem sie aufgebaut sind, ist diese Erscheinung wohl vor allem der starken Verwitterung zuzuschreiben, welche hier durch manche Fac - toren gefördert wird und eine verhältnissmässig rasche Umgestaltung der Profile bewirkt. In der That machen sich hier alle die Einflüsse, welche man als den Zahn der Zeit bezeichnet, in hohem Grade geltend, nämlich im Winter häufiger Wechsel zwischen Regen und Trockenheit, Frost und Thau; im Sommer dagegen heftige, reiche Niederschläge, welche im Verein mit der hohen Temperatur die Vegetation mächtig an - regen, deren Wurzeln dann weiter ein nicht zu unterschätzendes Agens zum Zersprengen und Zersetzen der Felsen und ihrer Trümmer bilden.
Ewigen Schnee und Gletscher findet man im Reich der aufgehen - den Sonne nicht, wohl aber tragen viele der hohen Gipfel auf Hondo und Yezo noch spät in den Nachsommer hinein ansehnliche Schnee - felder und werden bereits Anfangs October von neuem in weisse Kleider gehüllt. Auch kommt es bei verschiedenen Bergen, wie z. B. bei dem Haku-san und Iitoyo-san**)Das Volk sagt für Iitoyo-san stets Ede-san., nicht selten vor, dass einzelne Schnee - streifen mehrere Jahre ohne Unterbrechung bleiben. Hierauf deuten Namen, wie Yuki-yama (Schneeberg), Haku-san oder Shiro-yama (Weissberg), und bezüglich des Jitoyo-san eine in Aidzu und Yonezawa gebräuchliche Redensart, nämlich warten bis » Iitoyo-san no yuki-wa kigetara (der Schnee des Ede-san weggeschmolzen ist) «, d. h. Etwas ad calendas graecas verschieben.
Man darf jedoch — in Japan vielleicht noch weniger als sonst — aus dem langen Verweilen des Schnees auf einem Berge keine Schlüsse auf die relative Höhe ziehen, da jenes ja von verschiedenen Um - ständen und vor allem von der Menge des Niederschlages während des Winters abhängt.
Die Japaner kennen und unterscheiden durch besondere Namen die einzelnen Berge ihres Landes, nicht aber die Gebirgszüge. Der götterreiche Buddhismus und dann auch der Ahnencultus verliehen ihnen für jeden bemerkenswerthen Gipfel einen besonderen Gott. Das demselben wohlgefällige Werk, seine Wohnstätte aufzusuchen, ihm dort ein Tempelchen zu errichten und daselbst zu ihm zu beten, unternahmen sie um so freudiger, als sie damit Gewissheit erlangten,
69Grundzüge der Bodengestaltung.dass ihnen der so Gefeierte hinfort geneigt sein und über die Sorgen und Mühen des Lebens hinweg helfen werde, und unternehmende Priester gaben und geben ihnen diese Versicherung für gutes Geld sogar schriftlich. Solche Pilgerfahrten entsprachen überdiess den Neigungen des japanischen Volkes zur Beschauung der Naturschön - heiten, für welche dasselbe, wie bekannt, in hohem Grade Verständ - niss und Empfänglichkeit zeigt.
So wurden viele der hervorragendsten Berge dem Volke näher bekannt und nach Eröffnung des Landes auch uns Fremden leicht zugängig. Hierher gehören vor allem folgende: Fuji-no-yama (Fuji - san) in Suruga, On-take (Mi-take) in Schinano, ebenso Asama-yama; Tate-yama (Riú-san) in Echiu, Haku-san (Shiro-yama) in Kaga, Omine in Yamato, Koya-san in Kii, Tsukuba-san in Hitachi, Nikkô-san (Nan - tai-san und Futara-san) in Shimotsuke, Bantai-san in Iwashiro, Tsuki - yama (Gas-san) in Uzen, Chôkai-san (Tori-umi-yama) in Ugo, Iwaki - yama (Iwaki-san) in Mutsu, Ganju-san (Iwawashi-yama) und Haya - chine-san in Rikuchiu, Hiye-san in Omi; ferner auf der Insel Kiushiu: Kirishima-yama in Hiuga, Asô-yama in Higo, Onsen-ga-take in Hizen.
Dies sind fast insgesammt vulkanische Gipfel, von denen viele frei und kegelförmig aus der Ebene oder über das umgebende Ge - birge sich erheben und daher dem Volke ganz besonders imponieren mussten. Aber die imposanteste Gestalt unter diesen heiligen Bergen besitzt doch der Fuji-san oder Fuji-no-yama, der höchste des Landes. Darum wenden auch die Pilger ihm vor allem ihre Schritte zu und besteigen ihn alljährlich auf drei Wegen in der Zahl von 15000 — 20000; darum ist er ferner das Wahrzeichen und die volks - thümlichste Berggestalt des Landes, die man steiler als im Original tausendfältig nachgebildet findet auf den verschiedenartigsten Erzeug - nissen der japanischen Kunst und Industrie, gemalt auf Papier, Ge - webe, Lack - und Thonwaaren, oder mit grossem Geschick ausge - schnitzt als Relief auf Holz, oder auf der gegossenen und ciselierten Bronzevase.
An den Grenzen der Provinzen Suruga und Kai, 13 Meilen (96,47 km) Luftbahn westlich von Tôkio, das ihn aus verschiedenen seiner Strassen schaut, erhebt sich der Fuji-san über breiter Basis 3745 Meter hoch isoliert in die Luft als ein seit dem letzten Ausbruch von 1707 ganz ruhender Vulkan, den die alte Landessage in einer Nacht gleichzeitig mit dem Biwa-See entstehen lässt, aus dessen Boden die Götter ihn aufbauten.
Vom Fuji aus erblickt man bei klarem Wetter ein ansehnliches Stück des breitesten und höchsten Theiles der Insel Hondo und des70IV. Orographie.ganzen Landes. Mächtige Gebirgsmassive, 2500 — 3000 Meter hoch emporsteigend, erheben sich in verschiedenen Richtungen und Ent - fernungen vom Fuji aus und zeigen hier die steil aufsteigende Granit - wand, dort den gerundeten vulkanischen Dom oder den zerrissenen Gipfel.
Der Hauptgebirgszug bildet im allgemeinen die Wasserscheide zwischen dem Stillen Ocean und dem Japanischen Meer und erstreckt sich gewissermassen als Rückgrat der ganzen Länge nach durch die Insel von der Strasse von Tsugaru bis zur Enge bei Shimonoseki, indem er im Norden die natürliche Grenze zwischen Mutsu und Dewa im Süden zwischen Sanindô und Sanyodô ist, und zugleich Aeste aussendet, welche man als naturgemässe Grenzen zwischen den ein - zelnen Provinzen dieser Landschaften verwendet hat. Viel verwickelter gestalten sich die Verhältnisse mehr nach der Mitte der Insel hin, wo zum Theil seitwärts von der grossen Wasserscheide viel mächtigere Ketten sich erheben, deren Begrenzung sich schwerer bestimmen lässt.
An der Tsugarustrasse, ostwärts vom Hafen Awomori beginnend, macht die erwähnte Wasserscheide, sich anfangs mehr der Westküste, später der Ostküste nähernd, bald der ganzen Länge nach, und zwar bis zum Gebirgsknoten des Adzuma-yama, westlich der Stadt Fukushima die Grenze zwischen Mutsu und Dewa. Weiter südlich scheidet das centrale Gebirge den Abukuma-gawa von dem Inawashiro und Aidzu-kawa, etwa bis Sano-tôge. Von hier aus wendet sich die Wasserscheide beider Meere mächtigen Gebirgszügen entlang, welche von Tôkio aus in einem Bogen von 15 — 18 Meilen Radius einen beträchtlichen Theil der Ebene von Kuwantô umspannen und deren Nord - und Westgrenze bilden. In der Nähe des durch seine Berg - krystalle berühmt gewordenen Kinpo-zan, 18 Meilen westlich von Tôkio, tritt an der Grenze von Shinano und Kai eine Theilung des Gebirges ein. Ein unbedeutender Zug setzt nämlich die bisherige südliche Richtung und zugleich die westliche Grenze von Kuwantô weiter südwärts fort und endet in der Halbinsel Idzu; der weit be - deutendere Zug dagegen wendet sich südwestlich, bildet die Grenze zwischen Tôkaidô und Tôsandô, geht endlich nach Yamato und Kii über und endet an der Linschoten-Strasse.
Die Wasserscheide zwischen dem Stillen Ocean und Japanischen Meere folgt diesem Zuge nur auf seiner ersten Strecke bis zu den71Gebirge der Insel Hondo.acht Gipfeln des Yatsuga-take, wendet sich dann über Wata - und Shiwojiri-tôge zwischen Suwa-ko einerseits und dem Shinanoflusse anderseits in westlicher Richtung nach dem Japanischen Schneegebirge zwischen Shinano und Hida, folgt ihm jedoch nicht, sondern durch - schneidet Hida bis zum Haku-san an der Grenze von Hida, Echizen und Kaga. Von hier aus bildet die Wasserscheide in südwestlicher Richtung die Grenze zwischen Mino und Omi auf der einen, Echizen und Wakasa auf der anderen Seite und geht dann, wie oben bereits erwähnt wurde, zwischen den beiden westlichen Landschaftsbezirken des Central - landes (Chiugoku) durch zur Strasse von Shimonoseki. Vom Haku-san an südwestlich kommt weder in dieser Wasserscheide noch seitwärts derselben irgend ein Berg vor, der noch im Hochsommer Schnee trüge; denn die Erhebung ist nirgends mehr so beträchtlich, als weiter nord - wärts, und erreicht keine 1500 Meter. Die Ostgrenze des Hokurokudô läuft auch in ihrer mehr nördlichen Erstreckung einem ansehnlichen Gebirgszuge entlang mit manchen hervorragenden Gipfeln. Auch weiter gen Norden, in Dewa, ist derselbe erkennbar und vereinigt sich erst in Akita endgültig mit dem centralen Zuge. Mächtige Ver - bindungsglieder ziehen von diesen Gebirgen an der Ostgrenze des Hokurokudô nach der Hauptkette hin und bilden die Grenzen der einzelnen Provinzen des Tôsandô.
Endlich ist noch als drittes Parallelgebirge ostwärts des Kita - kami das nördliche Schiefergebirge zu erwähnen, welches parallel der Küste von Mutsu bis zur Sendaibucht zieht.
Im nördlichen Hondo bildet, wie bereits bemerkt wurde, ein con - tinuierlicher Gebirgszug vom Cap Natsudomari aus (nordöstlich von Awomori) bis zum Gebirgsknoten Adzuma-yama, an der Grenze von Iwashiro, Uzen und Iwaki die Scheide zwischen dem Stillen Ocean und dem Japanischen Meere — Ôshiu und Dewa. Seine Gipfel, zumeist vulkanische Kuppen auf älterem Gebirge, erheben sich 1200 — 2000 Meter hoch, sind aber noch nicht näher erforscht, während die Passübergänge zwischen 600 und 1000 Meter Höhe liegen, so Kunimi-tôge auf dem Wege von Akita nach Morioka aus dem Thale des Toshima-gawa den Katsu-gawa hinauf zu dem Kitakami; Akita - miyagi-tôge von Akita den Ommono-gawa hinauf über Jocobori nach Sendai, Itaya-tôge von Yonezawa nach Fukushima. Unter den hervorragendsten Gipfeln der Kette finden wir den Shiranegin - san am Knie des Noshiro-gawa, den Numa-yama, Biobuga - take, Nakano-yama und Sensiuga-take gerade westlich vom72IV. Orographie.Ganju-san, Morioshi-san, Komaga-take (auf der Nordseite von Kunimi-tôge), Ôsarasawa-yama, Sugane-yama nordöstlich von Shinjo, Sennen-san östlich von Yamagata, den Yoshiga-take, Zooga-take und Adzuma-yama. Viel imposanter jedoch und theilweise auch höher sind jene mehr isoliert auftretenden vulkanischen Gipfel, welche zu beiden Seiten der Centralkette und theilweise in nur loser Verbindung mit derselben sich erheben und von denen namentlich drei, nämlich der Chôkai-san, Ganju-san und Iwaki - san für die höchsten Berge des Japanischen Nordens gelten, weil sie ihre Schneehauben früher als alle übrigen erhalten und länger tragen. Der Chôkai-san ist wohl der gewaltigste unter ihnen. Er führt auch den Namen Toriumi-yama und Akita-fuji, erhebt sich südlich der Stadt Honjô 3 ri (2 g. M.) vom Japanischen Meer als ein mäch - tiger, weithin schauender Kegel auf breiter Basis, etwa 2400 Meter hoch. 4 ri (2½ g. M.) nordwestlich von Morioka erhebt sich der Nambu-fuji. Gewöhnlich heisst er Ganju-san oder Iwawashi - san, auch Iwawashi-yama und Iwade-san. Auf der West - seite des Kitakami steigt er etwa 2000 Meter hoch steil empor und hängt nach Westen mit der Centralkette zusammen. Im Osten von ihm, auf der linken Flussseite, erblickt man den viel niedrigeren vul - kanischen Kegel Himegami-yama, und auch südlich von Morioka lagern sich dem centralen Gebirgszuge zum Kitakami hin eine Reihe vulkanischer Berge vor, darunter mehrere mit Namen Komaga-take. Desgleichen finden wir auf der Westseite des Gebirgszuges um den Takogata-See kahle vulkanische Gipfel, als deren Fortsetzung der im Hintergrunde der Ebene von Akita aufsteigende Taihei-san gelten kann. Am nördlichen Ende von Rikuchiu, wo der Towada-See in Waldeinsamkeit seinen Wasserspiegel ausbreitet, zweigt sich ein Ast vom Centralzuge ab und bildet nach Westen hin die Wasserscheide zwischen Noshiro und Hirosaki und zugleich die Grenze zwischen Ugo und Mutsu. Im Nordwesten dieses Grenzgebirges erhebt sich der Tsugaru-fuji oder Iwaki-san, wie er richtiger heisst, 1500 bis 1800 Meter hoch. Auch die beiden Halbinseln, welche die Bucht von Awomori im Westen und Osten einfassen, tragen einige isolierte vulkanische Gipfel, unter denen auf der Ostseite der Yake-yama, 1000 Meter hoch, und weiter nördlich der Oma-take zu erwähnen sind. Werfen wir schliesslich noch einen Blick auf die Terrainver - hältnisse östlich des Kitakami, wo vulkanische Bildungen nur vereinzelt auftreten, so erblicken wir südlich der Stadt Hachinohe in der Nähe des Stillen Oceans einen ansehnlichen Berg Namens Toyahega-take. In dem nördlichen Schiefergebirge, welches zwischen Kitakami und73Gebirge der Insel Hondo.zahlreichen Küstenbächen die Scheide bildet, ragt als höchster Gipfel südöstlich von Morioka der Hayachine-san hervor mit 1500 — 1800 Meter Höhe. Lange, meist flachrückige Bergzüge von 300 — 400 Meter Höhe erstrecken sich von diesem Gebirge östlich zum Meer, wo sie steil, aber nicht hoch abfallen. Ein mit Gebüsch bedecktes, flach - rückiges Hügelland stellt im südlichen Theil des Kitakami an der Grenze von Sendai und Nambu den Uebergang von diesem Schiefer - gebirge zur centralen Kette her, in der hier Komaga-take und Sugane westlich vom Städtchen Ichinoseki besonders hervorragen.
Gegenüber, am Japanischen Meer, mündet bei Sakata der Mogami - gawa im südlichen Dewa. Von den drei Ebenen, die er bewässert, der von Yonezawa, Yama-gata und Shônai ist letztere im Süden durch einige bemerkenswerthe vulkanische Gipfel begrenzt, unter welchen vor allem der Gas-san (Tsuki-yama) oder Mondberg zu nennen ist, den wir im Süden des Chôkai-san treffen. Südöstlich erhebt sich der Haguro-san und südwestlich der Yudono-san. Den Göttern dieser Berge und des Chôkai-san wird alljährlich gegen Ende Sep - tember in Tsurugaoka (Shônai) ein Fest gefeiert.
Vom Adzuma-yama bis zum Yamizo-yama, wo Shimo - tsuke, Iwashiro und Iwaki sich berühren, setzt sich die südliche Rich - tung des centralen Gebirges und der grossen Wasserscheide weiter fort, trennt das Gebiet des Abukuma von dem des Inawashiro-Sees und bildet damit die Ostgrenze jenes weiten, fruchtbaren Thalkessels, der als Aidzu-taira bekannt ist. Nach Süden wird dieselbe durch jene Fortsetzung der grossen Wasserscheide begrenzt, welche hier den Naka und Tone nebst verschiedenen ihrer Nebenflüsse von den Gewässern Aidzu’s trennt. Der Kamm des Gebirges führt zunächst gen Südwesten zum Nasu-yama, dann über Sano-tôge und Araumiga-take zum Akayasu-yama, dann westlich zum Ko - maga-take, wo Iwashiro, Echigo und Kotsuke zusammenstossen. Die Westgrenze der Aidzu-taira läuft vom Komaga-take bis zum Iitoyo-yama an Echigo hin. Es ist ein Theil jenes hohen Gebirges, welches den Osten dieser Provinz ihrer ganzen Länge nach natürlich begrenzt, dem Tadami-gawa seine nördliche Richtung anweist und endlich den Gewässern von Aidzu im Aka-gawa einen engen Durch - gang zum Meer gestattet. Die vierte Seite, der Norden der Aidzu - Ebene, zeigt uns einen Gebirgsrücken, welcher Adzuma-yama mit Iitoyo-san verbindet und die Wasserscheide nach dem Mogami-gawa und Arakawa hin bildet.
74IV. Orographie.So ist denn jene reich bewässerte, fruchtbare Ebene von Aidzu ringsum mit einem Gebirgsrahmen umgeben, dessen Ecken Iitoyo - san, Komaga-take, Akayasu-yama, Yamizo-yama und Adzuma-yama heissen und zwischen denen noch mancher nicht näher bekannte Gipfel eine ansehnliche Höhe erreicht. Am höchsten scheint jedoch der Iitoyo-san zu sein (etwa 2500 Meter), der sich weit früher als alle anderen, nämlich schon Anfangs October, dauernd in Schnee hüllt. Ausser ihm und 2 Komaga-take’s ragen in der west - lichen Kette der Kimen-san und Otoriga-take besonders hervor. Auf der Südseite, westlich vom Akayasu-yama, erhebt sich der Hiyu - ziga-take (Feuersteinberg), an dessen Fuss im Ose-numa der Ta - dami-gawa entspringt, östlich der Yokkai-yama, Kurowa-yama und eine Anzahl anderer bedeutender Gipfel, welche in nördlicher Richtung das Flussgebiet des Tadami von dem des Okawa scheiden. Der Vulkan Nasu-yama ist 1912 Meter, der Yamizo-yama nur 990 Meter hoch. Der höchste Berg, welcher dicht an die Aidzu-taira herantritt und darum am meisten imponiert, ist der Bantai-san, ein vulkanischer Kegel, der auf der Nordseite des Inawashiro-Sees 1850 Meter hoch emporsteigt und weithin sichtbar ist.
Die wichtigsten Uebergänge, welche über die erwähnten Gebirge nach der Aidzu-taira und ihrer Hauptstadt Wakamatsu führen, sind: im Süden Sano-tôge (936 Meter) aus dem Thal des Kinu-gawa; im Südosten Itabashi-tôge (760 Meter) und Andô-tôge (1050 Meter) aus dem oberen Thale des Abukuma (von der Stadt Shirakawa aus); im Osten Katanari-tôge, sowie Takisawa-tôge (533 Meter) von Nihonmatsu am mittleren Abukuma zum Inawashiro-See, be - ziehungsweise nach Wakamatsu; im Norden Kaya-tôge (909 Meter) aus dem Thale des Mogami (von der Stadt Yonezawa aus); im Nord - westen Tabanematsu-tôge (442 Meter) auf dem Wege von Nii - gata den Aka-gawa (Tsu-gawa) hinauf.
Betrachtet man an einem klaren Novembertage von den Dünen bei Niigata aus dieses der centralen Erhebung von Hondo parallele, also ebenfalls von NO. nach SW. gerichtete Gebirge, so erblickt man unter einem Winkel von etwa 60° gen Nordosten eine Reihe schnee - bedeckter Kuppen, die Grenzberge von Uzen, dann eine Einsenkung im Profil (Durchbruch des Arakawa), hierauf gerade ostwärts den langen weissen Rücken des Iitoyo-san, etwa 20 Bogengrade weit in Schnee gehüllt. Nun folgen gen Südosten schneefreie Stellen und schneebedeckte hohe Kuppen in Abwechselung. Unter letzteren ragen75Gebirge der Insel Hondo.namentlich Kimen-san und Gin-san hervor. Auch genau südlich erblickt man manche beträchtliche Höhe. Nun wurde die Strecke vom Iitoyo-san bis zum Komaga-take bereits als Westgrenze von Aidzu-taira kurz erwähnt, nicht aber ihre nördliche und südliche Fortsetzung. Was jene anlangt, so hat die Strasse, welche von Yone - zawa zur Linken des Arakawa hinführt, obgleich sie sich in der Senke des Gebirges hält, doch eine ganze Reihe Höhen zu über - schreiten, unter denen 4 — 5 recht beträchtlich sind. Nordwärts des Flusses jedoch und östlich von der Stadt Murakami steigt das Gebirge bald wieder zu 1500 — 2000 Meter hohen Gipfeln empor, unter denen der Asahiga-take, der Miomote-yama und der Dairi-yama weithin bemerkbar sind. Noch weiter gen Norden senkt sich das Gebirge an der Grenze von Echigo zum Meer hin und bildet hier eine nicht hohe Steilküste aus basaltischer Lava, während mehr landein - wärts in der bewaldeten Hügellandschaft auch Granit vielfach ansteht. Ein Hügelrücken stellt den Zusammenhang mit den vulkanischen Kegeln von Shônai her.
Als südliche Fortsetzung des westlichen Randgebirges der Aidzu - taira müssen wir die Strecke vom Komaga-take über Mikuni-yama und Okura-yama zum Jotoke-san und Shirane-san ansehen, nicht blos, weil dieselbe Richtung bleibt, sondern auch im wesent - lichen der gleiche Gebirgscharakter. Auch hier erheben sich über einer breiten Basis aus krystallinischen Gesteinen, unter denen Diorit und Diallag besonders häufig sind, höhere vulkanische Gipfel. Dies und die reichen Niederschläge, namentlich die Schneefälle des Winters, bedingen den üppigen Pflanzenwuchs und die schönen Wälder, welche wir in dieser grossen Wetterscheide zwischen Echigo und Tôsandô treffen. Das Gebirge trennt den Nakatsu und andere Nebenflüsse des Shinano-gawa vom Wagatsuna-gawa und Tone und ist demnach ein Glied der grossen oceanischen Wasserscheide, welche wir von der Tsugaru - strasse bis hierher verfolgt haben. Als Knotenpunkt kann Mikuni - yama gelten, wo Shinano, Echigo und Kotsuke sich berühren und der » Dreiländer-Pass « einen der bemerkenswerthesten Gebirgsüber - gänge in ganz Japan bildet. Ueber Mikuni-tôge führt die Strasse von Tôkio-Takasaki nach Nagaoka-Niigata. Sie bleibt 17 ri (9 g. M.) lang im Gebirge, erhebt sich in Kubô-tôge 860 Meter, in Mikuni - tôge 1323 Meter und in Futaye-tôge 953 Meter hoch, während der höchste Ort an ihr, Asakai, 961 Meter hoch liegt. Vom Jo - toke-san führt ein anderes Gebirge nordwärts zwischen Nakatsu und Chikuma-gawa hin zur Grenze von Echigo, der entlang andere Berge die Verbindung mit Mikuni-yama herstellen.
Die Gebirgsketten, welche wir als südöstliche und südliche Grenze der Aidzu-taira und als südliche Fortsetzung ihres Westrandes be - trachtet haben, gehören zwar, da sie ja Iwashiro, beziehungsweise Echigo von Shimotsuke und Kotsuke scheiden, mit Rücksicht auf die beiden letzten Provinzen auch dem Kuwantô an, doch wurden ihre diesem zugekehrten Seiten nicht näher beachtet. Hier aber lagern sich mehrere bemerkenswerthe vulkanische Gebirgsketten und Massen - gebirge vor, welche wir nun im Zusammenhange mit verschiedenen anderen etwas näher ins Auge fassen wollen. Obenan steht das vulkanische Gebirge von Nikkô. Nordwärts und etwa 36 ri (19¼ g. M.) entfernt von Tôkio erhebt sich dieses interessanteste Gebiet Japans an der nordwestlichen Ecke von Shimotsuke, sich anlehnend an den Gebirgsknoten des Akayasu-yama und die von demselben aus nordöstlich nach Sano-tôge führende Wasserscheide. Das ganze Ge - biet, welches hier besonders in Betracht kommt, umfasst nur wenige Quadratmeilen und wird von dem Daiya-gawa, einem rechten Nebenflusse des von Sano-tôge kommenden Kinu-gawa, durchströmt. Als Centrum und zweithöchster Gipfel desselben ist der Nantai-san (Futaara-san) anzusehen, welcher auf der Nordostseite des Chiu - zenji-Sees steil sich erhebt und bis zum Gipfel bewaldet ist. Der - selbe heisst auch Nikkô-san, gehört zu den heiligen Bergen des Landes und wurde früher nur nach strengen Bussübungen vom See und einem Tempel daselbst aus während einer Juliwoche bestiegen. Beim Abfluss aus dem See macht der Daiya-gawa den hohen und berühmten Wasserfall Kegon-no-taki und weiter abwärts noch verschiedene Stromschnellen. Seine Quellen liegen beim Badeort Yumoto am Fusse des Shirane-yama.
Neben prächtigen Bergformen, wilden Schluchten und mauerartig aufsteigenden Felswänden findet man hier einen grossen Reichthum an Wasser, bald in Gestalt klarer, tiefer Gebirgsseen von feierlicher Stille, bald wieder in reizenden Fällen oder als murmelnde Bäche tief eingegraben in schattiger Waldesschlucht. Daneben interessiert und erfreut nicht minder eine überaus üppige und mannichfaltige Vegetation. Mit der Natur hat die Kunst sich vereinigt, Nikkô zur sehenswerthesten Gegend Japans zu machen. Dort, wo der Daiya - gawa die letzten Rhyolithfelsen bei dem Orte Hachiishi überspringt, steigt zu seiner Linken ein Tempelhain sanft empor, in welchem sich die Grabstätten der zwei mächtigsten Tokugawa-Shôgune, des Iyeyasu und seines Enkels Iyemitsu, befinden. Das ganze Land hat ge -77Gebirge der Insel Hondo.wetteifert, diese Begründer der kräftigsten Regentenfamilie Japans zu ehren und ihre Ruheplätze geschmackvoll auszuschmücken. Mit Recht sagt eine Japanische Redensart: » Nikkô minai uchi-wa kekko-to iuna « (Wer Nikkô nicht gesehen, rede nicht vom Schönen).
Aber mehr als Tempelschmuck, Stein - und Bronzelaternen und andere Sehenswürdigkeiten dieses geweihten Haines fesseln uns seine prächtigen Cryptomerien und Retinisporen, vor allem schon in jener unvergleichlich schönen und grossartigen Allee, welche von den Ufern des Tone an 18 ri (10 g. M.) weit über Utsunomiya bis nach Imaichi führt und deren Bäume um so stattlicher werden, je näher man dem Ziele kommt.
Folgendes sind einige der im Gebiete des Nikkô-san gemessenen Höhen: Shirane-yama 2618 Meter, Nantai-san 2540 Meter, Akanagi-san 2400 Meter, Omanago 2300 Meter, Schwefelbad Yumoto 1531 Meter, Chiuzenji-See 1340 Meter, Kegon-no - taki 1310 Meter, Nikkô (Brücke oberhalb Hachiishi) 630 Meter.
Das Gebirge von Nikkô senkt sich sowohl zum Daiya-gawa als auch ostwärts zum Kuno-gawa hin, auf dessen Ostseite noch ein Gipfel, der Takahara-yama, bis 1823 Meter emporsteigt. Derselbe wird indess nicht mehr zu den Nikkôbergen gerechnet.
Die Westseite der Nikkôberge begrenzt ein Meridiangebirge, in welchem Kotsuke und Shimotsuke sich berühren. Es beginnt am Akayasu-yama und endet in der Nähe des Städtchens Ashikaya, schiebt sich somit gen Süden in die Ebene von Kuwantô weit vor, bis etwa dahin, wo der Watarashi-gawa, welcher ihm entspringt und in seinem Oberlaufe im wesentlichen gleiche Richtung mit ihm hält, ostwärts biegt. Man kann diesen Gebirgszug nach dem wichtigsten Passübergange das Gebirge von Ashio nennen. Seine höchsten Gipfel im Norden, zu denen auch der schon erwähnte Shirane-yama gezählt werden muss, sind wohl insgesammt erloschene Vulkane, aber gen Süden stehen die älteren Gebirgsglieder, krystallinische Massen - gesteine, zumal Granulit und Diorit, höher an, als in den Bergen von Nikkô. Bei Hakakura wird im Akayane-yama (Kupferberg) sogar ein alter Bergbau betrieben. Durch seine sonderbaren Felsmassen fällt der Kôshiu-zan auf, und auch der Jizoga-take (1811 Meter) mehr im Süden gehört zu den bemerkenswerthen Höhen dieses Zuges. Ashio-tôge hat 1343 Meter Höhe. Dieser Pass, welcher auf dem Wege von Nikkô nach Hanawa und zum Nakasendô überschritten wird, lässt auf eine beträchtliche Kammhöhe des Gebirges schliessen. Gen Osten von ihm und ausser dieser Kette ragt der Osaku-san über 900 Meter hoch steil empor.
78IV. Orographie.Zwischen Numata und Mayebashi scheidet der Tone-gawa in seinem nordsüdlichen Laufe zwei interessante vulkanische Massenge - birge von geringer Ausdehnung, welche durch ihre kahlen, gerundeten Bergformen nicht wenig auffallen. Man nennt sie nach ihren hervor - ragendsten und besuchtesten Gipfeln, denen natürlich die Tempel nicht fehlen, Akagi-san und Haruna-san. Die Akagi-Berge liegen in Seta-gori zwischen Tone und Watarase-gawa südöstlich von Numata und erreichen im Okurobo-san 1978 Meter Höhe. Der kleine Akagi-See liegt 1439 Meter hoch. Unter den Haruna-Bergen versteht man eine Reihe nackter Dome, welche nördlich des Naka - sendô im Nordwesten von Takasaki steil zur Ebene des Tone ab - fallen. Eigentlich sind es nur die äussersten Höhen einer vulkanischen Berglandschaft, welche die ganze nordwestliche Ecke der Provinz Kotsuke bis zur Grenze von Echigo und Shinano einnimmt und vom Wagatsuna-gawa und seinen Nebenflüssen durchströmt wird. Ueber die Höhenverhältnisse ist Nichts bekannt, doch scheinen nur wenige Gipfel 1500 Meter zu überragen. Das Gestein besteht auch hier wahr - scheinlich vorwiegend aus Trachyt, welcher zur Linken des Wagatsuna auf dem Wege von Takasaki nach Mikuni-tôge ausserordentlich groteske und an Ruinen alter Burgen erinnernde Bergformen bildet.
Wenden wir uns nun südwärts von Haruna-yama und dem Naka - sendô, so treten uns auch hier eine Anzahl vulkanischer Berge ent - gegen, welche durch ihre ruinenartigen, phantastischen Felsbildungen sich auszeichnen und unter denen der Miogi-san oben ansteht. Von Usui-tôge aus, jener hohen westlichen Grenzscheide des Ku - wantô, überblickt man wohl diese interessante, waldreiche Bergland - schaft, vermag aber ihre Grenzen nicht zu bestimmen. Ob sie bis an den Ostrand von Shinano und an Musashi im Südwesten heran - ragt, und ob das Baumaterial zu diesen grotesken Bergformen Trachyt, wie weiter nordwärts, oder doleritische Lava ist, wie auf Usui-tôge, bleibt späteren Untersuchungen vorbehalten.
Durch diese vulkanische Berglandschaft der Provinz Kotsuke steigt das Kuwantô mit den von rechts kommenden Nebenflüssen des Tone allmählich bis zur Grenze des nordöstlichen Shinano empor. Zwei Ge - birgszüge und mehrere vulkanische Zwischenglieder bilden dieselbe und zugleich die grosse oceanische Wasserscheide, welche vom Jotoke - san bis zum Kinpo-san*)Der Kinpo-san (Kinpo-zan) wird meist Kimpu-san oder Kimbusen genannt. eine im wesentlichen südliche Richtung hat. Der erste Gebirgszug endet mit dem Vulkan Asama-yama. Seine Achse läuft parallel zum Chikuma-gawa, aus dessen Thal er79Gebirge der Insel Hondo.allmählich emporsteigt und den er zur Rechten mit abnehmender Höhe bis zum Durchbruch an der Grenze von Echigo begleitet. Shirane - san und Jotoke-san gehören auch ihm an. Die Achse des von Mikuni-tôge kommenden Gebirgszuges setzt hier unter einem spitzen Winkel ein. Das Gebirge scheint vorwiegend aus älteren Schiefern zu bestehen und hat eine beträchtliche Kammhöhe. Die wenigen bemerkenswerthen Gipfel sind Vulkane, vor allem der Shirane-san, der Adzuma-yama, welchem der Wagatsuna-gawa entspringt, und der Asama-yama. Letzterer ist 2525 Meter hoch. Unter den jüngeren Vulkanen Japans gibt es kaum einen, von dessen verheeren - den Eruptionen die Geschichte so viel zu berichten weiss, der seine verderblichen Spuren so weit ringsum dem Lande aufgedrückt hat, wie der Asama-yama, unter den activen keinen, der schon aus der Ferne so imponierte, in unmittelbarer Nähe des ungeheuren Krater - schlundes aber auf das Gemüth des Beschauers einen so gewaltigen Eindruck hervorzurufen vermöchte, wie er. Seine grauweissen Bims - steinauswürflinge bedecken nach verschiedenen Richtungen meilenweit den Boden. An klaren Wintertagen, zumal im Januar und Februar, ist der in Schnee gehüllte domförmige Gipfel mit der beständig dem Krater entsteigenden Wolke sogar von höheren Theilen der Haupt - stadt Tôkio aus nach NW. deutlich sichtbar, d. h. aus einer Entfer - nung von 40 ri (22 g. M.). Die letzte verhängnissvolle Eruption fand 1783 statt, der letzte Aschenauswurf 1870.
Der Asama-yama tritt schon aus der Achse des Gebirges heraus. Mit ihm verschiebt sich die Grenze von Shinano weiter nach Osten und führt über einige unbedeutende Vorhöhen zum Usui-tôge. Es ist dies einer der prächtigsten Gebirgsübergänge Japans. Er bildet die 1235 Meter hohe Schwelle aus dem Hochlande von Shinano zum Tieflande des Kuwantô, aus dem rauhen Innern zu den milden und fruchtbaren Gefilden, aus denen die Macht der Toku-gawa erwuchs.
Das zweite Gebirge an der Ostgrenze von Shinano beginnt bei Usui-tôge und zieht von hier bis zum Kinpo-san oder richtiger zum Kobushi-yama. Beträchtlichere Berge erheben sich erst wieder im südlichen Theile, wo an der Grenze von Shinano, Kotsuke und Musashi der Mikuni-yama (Dreiländerberg) auffällt. Es ist nichts Näheres über dieses Gebirge bekannt, doch darf man aus der Be - schaffenheit des Gerölles der ihm entspringenden Flüsse Kana-gawa und Kaburakawa, welche dem Tone ihr Wasser zuführen, schliessen, dass Quarzitgesteine und Granit es zum Theil aufbauen. Der Ju - manji-tôge, über welchen der Weg aus Musashi nach Shinano führt (vom Arakawa zum Chikuma-gawa), soll 2256 Meter hoch sein.
80IV. Orographie.Der ganzen Nordostgrenze der Provinz Kai entlang, sich einer - seits nach Shinano, anderseits nach Musashi, wenn auch mit abneh - mender Höhe, weiter fortsetzend, gewahren wir ein bemerkenswerthes Gebirge, welches wir nach dem bekanntesten Berge, etwa in der Mitte des ganzen Zuges, dem Kinpo-san*)Der Kinpo-san war und ist der berühmte Lieferant des schönen Suishô oder Bergkrystalls., benennen. Diese von SO. nach NW. gerichtete Gebirgskette schliesst sich im Kobushi-yama der vorerwähnten an, scheidet zuerst von hier bis über Wata-tôge hinaus Chikuma-gawa von Fuji-kawa und Tenriu-gawa, dann in seinem nordwestlichen Ausläufer den Chikuma vom Sai-gawa. Nach Südosten wird das Quellgebiet des Ara-gawa und des Tama-gawa vom Baniu - gawa geschieden. Unter den Bergen, welche hier in den Verzwei - gungen des Gebirges besonders hervorragen, ist der Bukô-san oder Chishibu-yama zu nennen, welcher in nordwestlicher Richtung von Tôkio weithin sichtbar ist. Seine Höhe wird zu 1412 Meter an - gegeben. Gemessene Höhen: Wada-tôge am Nakasendô 1646 Meter, Tateshina 2400 Meter (nach Schätzung), Yatsuga-take 2725 Meter, Kinpo-san 2525 Meter, Kobushi-yama 2000 — 2400 Meter, an der Grenze von Shinano, Kai und Musashi, Kobotoke-tôge 1400 Meter, beim Uebergang aus dem Baniu-gawa-Thale in das Ge - biet des Tama-gawa, Yanagisawa-tôge 1413 Meter aus dem Tama-gawa-Thal zum Fuyefuki-gawa.
Ein Zweig dieses Gebirges, vorwiegend aus Granit, Syenit und anderen krystallinischen Gesteinen bestehend, zieht als Wasserscheide zwischen dem oberen Baniu-gawa (Katzura-gawa) und Fuyefuki-gawa gen Südwesten gegen den Fuji-san und setzt sich hier, die niedrigen Vorberge auf dessen Nordseite bildend, weiter bis zum unteren Fuji - kawa fort. Die beiden bemerkenswerthesten Pässe über denselben, den Misaka-tôge von Kamiyoshida am Fuji nach Kofu und den Sasago-tôge am Kôshiu-kaido fand ich 1563, beziehungsweise 1064 Meter hoch. Als höchster Gipfel darf der Tenmoku-san nördlich vom Sasago-tôge mit etwa 1800 Meter Höhe angesehen werden. Dieser Gebirgszug trennt Tsuru-gori vom übrigen Kai. Dieses ent - wässert der Fujikawa, den Kreis Tsuru dagegen der Baniu-gawa.
Wo Musashi, Kai und Sagami zusammenstossen, zweigt sich ein zweiter Gebirgsast gen Süden ab und bildet die Grenze des Kuwantô bis zur Halbinsel Setsu hin zwischen Musashi und Sagami einerseits, Kai und Suruga anderseits. Das Gebirge nimmt südwärts an Höhe zu, besteht hier aus doleritischer Lava und erreicht 1000 — 1300 Meter81Gebirge der Insel Hondo.Höhe. Der Otomi-tôge am Wege von Hakone nach Subashiri auf der Ostseite des Fuji hat 1031 Meter Höhe, der Hakone-Pass, wo der Tôkaidô den Rücken überschreitet, liegt 855 Meter hoch. Hier war das Kuwan oder Thor, die wichtige Grenzwache, welche man beim Eintritt in das Kuwantô (den Osten vom Thore) überschreiten musste. Hakone-tôge am Tôkaidô, Kobotoke-tôge am Koshiu - kaidô, Usui-tôge am Nakasendô, Mikuni-tôge am Echigô-kaidô, Sano-tôge am Aidzu-kaidô und Shirasaka-tôge am Ôshiu-kaidô sind die grossen Gebirgspforten, durch welche man sich der Tiefebene des Kuwantô und seiner Hauptstadt nähert.
Der Ort Hakone liegt 741 Meter hoch an einem hübschen Gebirgs - see, dessen Abfluss, der Haya-gawa, in einem Bogen zum Meere bei Odawara eilt. Die ganze Gegend, insbesondere das Gebiet innerhalb dieses Bogens pflegt man das Hakonegebirge zu nennen. Das - selbe gehört zu den lieblichsten vulkanischen Gebirgslandschaften Japans. Muntere Bäche und prächtige kühle Wälder, viele Thermen, darunter mehrere Solfataren, und Bäder und eine industrielle, freund - liche Bevölkerung zeichnen dasselbe aus, und da es in einem Tage und bequem von Yokohama aus zu erreichen ist, bildet es die von den Fremden besuchteste und gekannteste Landschaft. Der höchste Gipfel in ihr führt den häufigen Namen Komaga-take und hat 1345 Meter Höhe.
Nordöstlich vom Hakonegebirge und in genau westlicher Richtung von Yokohama erhebt sich ein wenigstens nach Süden und Osten isoliertes Gebirgsmassiv zu 1324 Meter Höhe. Es ist der Ô-yama.
Die Halbinsel Idzu, obgleich nicht mehr zum Kuwantô zäh - lend, reiht sich geologisch und orographisch dem Hakonegebirge so innig an, dass sie ebenfalls hier kurz besprochen werden muss. Ihr hervorragendster Gipfel, der Amagi-san, hat 1430 Meter Höhe, ein anderer Berg, der Kuro-take, wird zu 905 Meter angegeben. Auch die Sieben-Inseln (Shichi-tô oder Idzu-no-sho-tô) schliessen sich, wie politisch, so auch ihrer vulkanischen Natur nach hier an. Mihara - yama auf Ôshima (Vries-Is. ), Otoko-yama auf Miyake-shima und Nishi-yama auf Hachijô-shima erheben sich 700 — 860 Meter hoch.
Auf der Halbinsel Kadsusa-Awa sind bis jetzt noch keine genaueren hypsometrischen Messungen vorgenommen worden. Sie hat ebenfalls beträchtliche Berge, namentlich in dem ostwestlich gerich - teten Höhenzuge an der Grenze beider Provinzen, z. B. den Kiyo - sumi-yama, den Shimidzu-yama. Bekannter und auffälliger sind einige andere von Wallfahrern vielbesuchte Gipfel, namentlichRein, Japan I. 682IV. Orographie.der Kano-san in Kadsusa, der Tomi-san, Ô-yama und Goten - yama in Awa.
Gen Norden senkt sich die Halbinsel zur Tiefebene des Tone-gawa. Aber über diese hinweg ragen die beiden Kuppen des Tsukuba - san hervor. Obgleich ihre Höhe nur 800 — 1000 Meter (nach anderen Angaben 1500 Meter) beträgt, erscheinen sie doch, weil sie sich so unvermittelt aus der grossen Ebene erheben, als bemerkenswerthe Wahrzeichen weithin*)Der höhere Gipfel des Tsukuba-san ist Isanagi, der andere Isanami geweiht; beide tragen viele Shintôtempel und sind sehr berühmt.. Weiter nordwärts folgt in dieser Richtung die Grenze zwischen Hitachi und Shimotsuke einem Höhenzuge, in welchem Buche-san, Torika-yama und Yamizo-yama die bemerkens - werthesten Punkte sind. Der letztgenannte Berg liegt in der Erhebung, welche das Kuwantô nach Nordosten abschliesst, den Naka-gawa vom Abukuma trennt und zum Nasu-san zurückführt, dem Ausgangs - punkte unserer Betrachtung der Gebirge in und um das Kuwantô. Von den erwähnten Bergen sind von verschiedenen Stellen in Tôkio aus bei klarem Wetter deutlich sichtbar: der Tsukuba-san nach NO., der Nantai-san (Nikkô-san) nach N., der Asama-yama nach NW., der Bukô-san nach NW. zu W. und endlich der Fuji - san in W. zu S. Letzterer, zwar nicht mehr dem Kuwantô selbst angehörend, doch vor allem von ihm aus in seiner ganzen Eigen - thümlichkeit und Würde geschaut, möge nun zum Ausgangspunkte für unsere weitere Umschau über die orographischen Verhältnisse der Insel Hondo dienen.
Westlich des Fuji-san und Fuji-kawa bemerken wir an der Grenze von Shinano und Kai ein Meridiangebirge, das sich im Sattel des Kamanashi-gawa, dem entlang die Strasse von Kofu zum Suwa-ko führt, den Ausläufern des langgestreckten Yatsuga-take (Achtgipfel - berges) anschliesst, bald zu beträchtlichen Höhen emporsteigt und vom Tô-yama aus, wo Shinano, Kai und Suruga sich berühren, sich verzweigt und senkt. Ein Ausläufer setzt die südliche Richtung zwischen Tenriu-gawa und Oi-gawa in Tôtomi fort. Ein zweiter Ast wendet sich südostwärts an der Westseite von Suruga hin zum Unter - lauf des Fujiflusses; ein dritter endlich setzt die Scheidung des Tô - kaidô vom Tôsandô nach Westen fort und verliert sich endlich in der Owari-mino-Ebene gegen den Kiso-gawa. Seine Erhebung ist nirgends83Gebirge der Insel Hondo.beträchtlich, und fast alle ansehnlicheren Flüsse des Tôkaidô, insbe - sondere der Tenriu-gawa, durchschneiden ihn. Von Höhen merken wir folgende: der Komaga-take (2723 Meter), Jisoga-take, Arakawa-take, Tô-yama, Koitori-yama, Shichi-men - san (1562 Meter), Horai-san, Fudo-yama, Akiha-san.
Mit etwaiger Ausnahme der höchsten Kuppen scheint das Central - massiv dieses Gebirges, auch seine Aeste, aus Granit und verwandten Gesteinen zu bestehen. Dieser Granit steht selbst noch in den Aus - läufern von Mikawa und Owari vielfach an. Alte fossilfreie Schiefer (Grauwacke, Kieselschiefer und dunkle Thonschiefer) schliessen sich an, dann folgen Tertiärablagerungen, z. B. in Tôtomi, Mikawa und Owari. Das Centralgebirge verzweigt sich gegen den Fuji-kawa und liefert hier im Gebiete des Haya-gawa bei Amabata prächtige dunkele Thonschiefer (Amabata-ishi), welche dem ganzen Lande zu Tuschschalen dienen, und an einem anderen Orte goldführenden Quarzit. Da der Komaga-take wahrscheinlich der höchste Gipfel des ganzen Gebirges ist und nach ihm der Kreis in Kai heisst, welchen der Haya-gawa (rechter Nebenfluss des Fuji) bewässert, so nenne ich dieses Gebirge das östliche Komaga-take oder Fohlenge - birge und bezeichne dagegen als westliche Komaga-take - Kette*)Diese beiden Komaga-take werden auch nach ihren Provinzen als Kôshiu - no-komaga-take und Shinano-no-komaga-take unterschieden. den parallelen Gebirgszug, welcher als Wasserscheide zwi - schen Tenriu-gawa, Sai-gawa und Kiso-gawa tritt und nach beiden Seiten, insbesondere zum Kiso-gawa steil abfällt. Von Shiwojiri - tôge am Suwa-no-kosui, wohin die grosse Wasserscheide beider Meere vom Kinpo-san-Gebirge führt, folgt dieselbe diesem Gebirgs - zuge südwärts und parallel zum Sai-gawa, indem sie hier über Höhen von 1000 — 1400 Meter geht. Hierauf wendet sie sich um die Quellen des Sai-gawa über Torii-tôge westlich nach Hida. Von Torii-tôge aus erreicht nun das Gebirge zwischen Tenriu - und Kiso-gawa seine bedeutendsten Gipfel. Keiner derselben wurde bisher erstiegen und genau gemessen, aber nach Schätzung hat Yabune 2000 Meter, Komaga-take 2600 Meter, Ono-yama und Nakibiso-take je 1600 Meter, Ena-san 2000 Meter Höhe In letzterem und weiter südlich bildet das Gebirge die Grenze zwischen Mino und Shinano, tritt dann nach Mikawa über und vereinigt sich hier mit dem west - lichen Ausläufer der Ostkette.
Die Basis der westlichen Komaga-take-Kette besteht ebenfalls aus Granit, welcher ihrer ganzen Länge nach an Hunderten von Orten6*84IV. Orographie.ansteht, aber die höheren Gipfel scheinen alle Vulkane zu sein. Un - zweifelhaft ist dies beim Komaga-take der Fall. Langgestreckt, steil - wandig, zerrissen und nackt erscheint die Masse dieses mächtigen Berges, dessen Gipfel ein See krönen soll und der schon von Mikawa aus am Tôkaidô sichtbar ist.
Eine dritte parallele Kette wurde von mir das Schneegebirge*)Reise in Nippon 1874, in Petermann’s Geogr. Mittheilungen 1875, pag. 220. genannt. Man heisst sie auch wohl die Hidakette (Hida-no-yama), weil sie an der Grenze von Hida und Shinano am charakteristischsten entwickelt ist. Gleich den beiden anderen ist ihre Richtung NNO. zu SSW. Es ist der mächtigste Gebirgszug Japans, einheitlich in seinem geologischen Bau, steil zu ansehnlichen Höhen emporsteigend, wilder, zerrissener und schwieriger zu übersteigen als jedes andere, ein Gebirge, das schon aus weiter Ferne, z. B. vom Gipfel des Fuji, des Asama-yama und anderen hohen Aussichtspunkten einen impo - nierenden Eindruck macht, das an vielen Stellen mauerartig empor - zusteigen scheint und noch im Spätsommer mächtige Schneestreifen, selbst in den Passübergängen, zeigt. Von dem Japanischen Meere, zu dem seine Granitfelsen steil, wenn auch nicht hoch abfallen, erstreckt es sich bis zu den Quellen des Masuda-gawa am Fusse des Norikura, indem es erst Echiu vom südlichen Echigo, dann von Shinano scheidet und im weiteren Verlaufe dieses von Hida trennt. Ein tiefer Sattel tritt zwischen Norikura und On-take und endet die südliche Richtung des Gebirges; auch erreicht nach dem On-take keine der vielen Höhen, welche nun in der Wasser - scheide zwischen Kiso-gawa und Hida-gawa (Masuda-gawa) weiter auftreten, mehr als 1600 Meter. Dennoch muss dieser dem Kiso parallele und gen Südwesten gerichtete Höhenzug seinem ganzen Charakter nach als die Fortsetzung der Hidakette angesehen werden.
Auf der Ostseite senkt sich der Fuss des ganzen Gebirges rasch zu den Thälern des Hime-gawa und Sai-gawa, nach Südosten ebenso zum Kiso-gawa. Granit (und stellenweise Diabas) bildet hier allent - halben die Unterlage, ob er aber bis zu den steilen Spitzen der hohen Hidaberge reicht oder diese nicht auch, wie ihre äussersten Pfosten On-take und Tate-yama, vulkanisch sind, ist noch nicht genügend erwiesen. Auf der Hida-Seite im Westen senkt sich das Gebirge mehr allmählich zum Kurobe-gawa, Takara-gawa und Masura-gawa. Die schönsten Wälder von hinoki und anderen geschätzten Nadel - hölzern, welche das Land kennt, findet man in diesem Gebirge, und wo in ansehnlichen Höhen der Baumwuchs aufhört, treten auf vielen85Gebirge der Insel Hondo.Gipfeln arctisch-alpine Sträucher und Kräuter auf, deren Beschaffen - heit und Vergesellschaftung noch zu manchem interessanten Studium Anlass geben wird. Eine genauere Erforschung dieses ganzen Ge - birges ist noch ein pium desiderium. Von seinen beiden wichtigsten Passübergängen wurde der nördlichere, Harinoki-tôge (Erlenpass), im Sommer 1878 von Satow und Hawes überschritten. Derselbe liegt in der Route von Matsumoto am Sai-gawa nach Tô-yama in Echiu, welche über Ikeda den Takase-gawa hinauf zum Passe und dann hinunter zum Kurobe-gawa führt. Man fand diesen Gebirgs - übergang an der Grenze von Echiu, Hida und Shinano 2400 Meter hoch (etwa 7900 Fuss)*)Eine Beschreibung desselben und der dabei vorgefundenen Pflanzen in der Japan Mail gehört zu dem Werthvollsten, was in geographischer und botanischer Hinsicht über Reisen in Japan veröffentlicht worden ist..
Nicht viel niedriger dürfte Hida-tôge sein, über welchen man auf dem Wege von Yabuhara am Nakasendô, oder auch von Matsu - moto aus nach Taka-yama, der Hauptstadt von Hida, gelangt. Der Tate-yama oder Riu-san in Echiu (2820 Meter) und der Mi-take oder On-take in Hida sind bis jetzt die einzigen höheren Gipfel, welche Europäer bestiegen haben, doch liegen sie etwas ausserhalb der Kette nach Westen. In dieser selbst ragen in der Ordnung von Norden nach Süden folgende Berge hervor: Kari - yasubira, Goriô-san, Jiiga-take, Goroku, Yahatsuga - take, Hato-mine, vor allem aber der steilzackige Yariga-take und der breite Norikura oder Sattelberg. Beide stehen dem On - take oder Mi-take mit 3004 Meter an Höhe wenig nach, aber keiner kommt diesem an Ruhm gleich. Ein halbes Dutzend Kratere liegen in einer Reihe, dem langen Rücken von Norden nach Süden folgend. Doch nicht diese, sondern die imposante Berggestalt an und für sich und der weite Blick, den er bei klarem Wetter fast nach allen Richtungen gewährt, machten den On-take zum heiligen Berge und bringen seinem Gipfel von Fukushima am Nakasendô aus jähr - lich gegen 5000 — 6000 Besucher.
Wo die westliche Komaga-take-Kette im Ena-san, Maya-san, Okabu und Nakibiso-take an der Grenze von Shinano und Mino dem Kiso-gawa eine andere Richtung anweist und auf dem rechten Ufer der Yatate-yama (Ishi-yama) das Thal einengen hilft, wendet sich auch der südliche Ausläufer des Schneegebirges mehr nach Westen. Mit Höhen von 1000 — 1200 Meter begleitet er den Kiso bis zum Einfluss des Hida-gawa hin. Die beträchtlicheren86IV. Orographie.Höhen bleiben jedoch in Mino weit vom Kiso entfernt an der Grenze gegen Hida und verlieren sich erst ganz in der Nähe von Gifu.
Eine interessante Gebirgslandschaft im nördlichen Shinano und benachbarten Echigo, welche durch Sai-gawa und Hime-gawa vom Schneegebirge getrennt wird, zieht vorwiegend an der Grenze beider Provinzen bis zum Shinano-Durchbruch hin und zeichnet sich durch tertiäre Schichten über älteren Schiefern und eine Anzahl isolierter hoher vulkanischer Dome aus. In diesem Gebirge liegt der Fuyô-ko oder See von Nojiri 652 Meter hoch. Nicht weit davon erreicht der Hokkoku-kaidô als wichtigste Strasse aus Shinano und dem Ku - wantô nach dem Hokurokudô in Nojiri-tôge 704 Meter Höhe. Er - stiegen wurde der Vulkan Yaki-yama durch v. Drasche, der ihn auf 7000 Fuss (2133 Meter) schätzt. Ein noch auffallenderer hoher Gipfel links vom Wege, der von Nojiri nach Takata führt, der Mio - ko-san, steht ihm an Höhe wohl nicht viel nach.
Der Shinano, Kiso und Tenriu entwässern Shinano. Wo der Kiso die Provinz verlässt, liegt sein Bett noch 420 Meter hoch, 950 Meter hoch, wo er bei Torii-tôge, aus den Bergen tretend, zuerst ein urbares Thal bildet. Vom Tenriu-gawa wissen wir, dass sein Quell - gebiet, der Suwa-ko, 800 Meter hoch liegt, und sind berechtigt, seinen Austritt in Shinano in gleicher Höhe wie den des Kiso anzunehmen. Gleich hoch wie am Kiso-gawa steigt die Culturregion am Sai-gawa. Auch gegen das Quellgebiet des Chikuma-gawa ragt der Ackerbau kaum über 1000 Meter Seehöhe hinauf. Der Hokkoku-kaidô über - schreitet den Sai-gawa bei Tambashima wenig oberhalb seiner Mün - dung in den Chikuma, der in etwa 300 Meter Höhe nach Echigo eintritt. Aus dieser Betrachtung ergibt sich zunächst, dass Shinano gen Norden am meisten geneigt ist, seine tiefste Stelle aber immer noch 300 Meter über dem Meere liegt. Der cultivierte Boden der Pro - vinz liegt zwischen 300 und 1000 Meter Höhe, im Durchschnitt etwa 600 Meter hoch und beträgt überdies kaum 8 % des ganzen Areals. Shinano ist sonach im eminenten Sinne ein Hochland, ein Gebirgs - land. Dasselbe gilt von dem benachbarten Hida.
Der Gebirgswall, welcher ganz Echigo von den Provinzen des Tôsandô trennt, setzt sich auch bei den südlichen Provinzen des Ho - kurokudô fort, wenngleich minder hoch und geschlossen. So bildet vom Quellgebiete des Kurobe im Schneegebirge an ein Höhenzug die Grenze zwischen Hida und Echiu, der die Hidaflüsse Jiutsu-gawa und Shira-kawa auf ihrem Wege zur Küste nicht aufhält und den Blick vom fernen On-take aus zum Meere und der Halbinsel Nota nicht verschliesst. Einen geschlosseneren Charakter und grössere87Gebirge der Insel Hondo.Dimensionen zeigen die Kaga-Berge westlich vom Shiraflusse, wo der Haku-san und Bishamon im Berührungsgebiete der vier Länder Kaga, Echizen, Mino und Hida einen Gebirgsknoten bilden, zu dem die grosse oceanische Wasserscheide vom Norikura aus quer durch Hida verläuft. Der Hauptgebirgszug hat hier Meridianrichtung. Nach Norden bildet er die Grenze zwischen Kaga und Echiu und setzt sich dann mit abnehmender Höhe in die Halbinsel Noto fort, wo der Washinosu zu 610 Meter angegeben wird. Die bewaldeten Rücken treten jedoch geschlossener und höher auf, je mehr man sich dem Knotenpunkte nähert. Nach Südosten folgen die Berge an der Grenze von Hida, und ein anderer Zweig des Gebirges zieht nord - westlich zum Japanischen Meere zwischen Kaga und Echizen hin, darin der Dainichiga-take. Der Hauptzug, die fernere Grenz - scheide zwischen Hokurokudô und Tôsandô und zugleich die grosse Wasserwende zwischen Japanischem Meere und Stillem Ocean setzt sich nach Südwesten bis zum Quellgebiete des Katsura-gawa an der Grenze von Yamashiro, Omi, Wakasa und Tamba fort. Bevor wir ihm jedoch weiter folgen, wollen wir noch einmal den Blick richten nach jenem hohen Bergriesen, welcher, den grössten Theil des Jahres sein Haupt in Schnee hüllend und selbst im Hochsommer noch manche weisse Narbe zeigend, seinem Namen Weissberg (Haku-san oder Shiro-yama) Ehre macht.
Der Haku-san, welcher dem Seefahrer auf dem Japanischen Meere ein weithin leuchtendes Wahrzeichen ist, liegt mit den beiden höchsten vulkanischen Gipfeln Japans, dem Fuji-san und On-take, in einer Linie, welche den breitesten Theil von Hondo von SO. nach NW. schneidet. Er reiht sich ihnen auch in der Höhe an, wenn dieselbe auch um einige hundert Meter der des On-take nachsteht und nur 2720 Meter beträgt. Es ist eine imposante Bergmasse, welche sich aufbaut über jurassischen Sandsteinen und trachytischen Conglome - raten aus prächtigem Hornblende-Andesit. Dies und der überraschende Reichthum an Pflanzenformen machen ihn zu einem der interessan - testen Berge Japans. Keiner der vielen hohen Gipfel des Landes hat bislang in pflanzengeographischer Hinsicht eine so interessante Ausbeute geboten, wie er, und es scheint in der That, dass nur das Schneegebirge eine gleich reiche und bemerkenswerthe Ansammlung von Gewächsen verschiedener Florengebiete der Erde aufzuweisen hat. Offenbar spielt der Schnee, welcher selbst am Fusse zu Ichinose in nur 800 Meter Höhe im Winter 18 — 20 Fuss hoch den Boden bedeckt, in der Conservierung vieler Pflanzenspecies hier eine wichtige Rolle. Kleine Tempelchen zieren die drei Gipfel des Haku-san und werden88IV. Orographie.im Juli und August von Pilgern viel besucht. Am Fusse bei Ichinose gibt eine eisenreiche Therme manchen Kranken der Umgegend Hoff - nung auf Genesung.
Zwischen Biwa-See und Wakasa-wan bildet die vorhin erwähnte grosse oceanische Wasserscheide nur einen niedrigen Rücken, auf welchem die Uebergänge kaum 300 Meter hoch liegen, so Hoosaka - tôge auf dem Wege von Imadzu nach Obama und Fukasaka-tôge an der Strasse von Shiwotsu nach dem Hafen Tsuruga. Ansehnlicher sind verschiedene südlich gerichtete Höhenzüge, welche von hier aus - gehen und mit dem Gebirge von Yamato in Verbindung stehen. Es sind ihrer drei, welche die Ostgrenze von Omi, sowie die Ost - und die Westgrenze von Yamashiro bilden. An den Grenzen von Omi hin bemerken wir zunächst zwei Bergzüge, welche zugleich das Becken des Biwa-ko nach zwei Seiten umgürten, deren einzelne Glieder zum Theil eine Rolle in der Geschichte und Sage Japans spielten und desshalb bekannter sind, als manche viel ansehnlichere Gipfel. Auf der Ost - seite des Biwa-Sees ragt unter diesen Höhen vor allem der Ibuki - yama hervor. Seine Höhe beträgt etwa 1300 Meter, und da er einen niedrigen Vordergrund hat und ziemlich steil emporsteigt, ist er die imponierendste Berggestalt weit und breit. Er wurde bei den alten Japanern immer als Residenz des Teufels angesehen. Wahrscheinlich bot er in alten Zeiten berüchtigten Räubern sichere Schlupfwinkel, von denen aus sie bald den Reisenden auf der nahen Landstrasse (Nakasendô) überfielen, bald den friedlichen Bürgern der umliegenden Städte (Hikone, Kiôto etc.) ihre nächtlichen Besuche abstatteten. So bezwang schon Yamato-dake, der Sage nach, als er den Nakasendô entlang aus dem Kuwantô zurückkehrte, einen Berggeist des Ibuki - yama. In der früheren japanischen Arzneimittellehre hatte der Ibuki-yama als Lieferant vieler officineller Kräuter einen hervorragen - den Platz. Einige Vorberge des Ibuki-yama reichen bis zum Naka - sendô. An ihrem Abhange liegt hier Sekigahara, das berühmte Schlachtfeld vom Jahre 1600. Weiter südwärts ragen wieder Berge von 1000 — 1200 Meter Höhe empor, so der Riozen, Hotokegai und noch mehr im Süden der Kamiga-take. Der Höhenzug nimmt hier die Richtung nach Südwesten an, folgt der Grenze von Ise, erst gegen Omi, dann gegen Iga, und geht schliesslich in die Berge von Yamato über. Die Berge auf der Westseite des Biwa-Sees, welche die Ostgrenze der Ebene von Yamashiro bilden, sind nur 800 bis 900 Meter hoch. Die drei bekanntesten heissen Hirano-yama, Hiye-san und Ko-yama. Sie bilden die höchsten Gipfel (900, 825 und 420 Meter) in der Wasserscheide zwischen Kamo-gawa und89Gebirge der Insel Hondo.Biwa-See, einem schmalen Bergrücken, welcher steil gegen den See abfällt, aus alten Schiefern über Granit aufgebaut und mit basaltischen Spitzen gekrönt ist. Der Hirano-yama als der nördlichste und höchste trägt im Frühling am längsten Schnee. Am bekanntesten und be - rühmtesten ist der Hiye-san. Als 794 der Mikado Kuwammu-Tennô seine Residenz nach dem heutigen Kiôto verlegte und das Heyanjô (Friedensschloss) erbaute, errichtete er auch auf dem Hiye-san der Tendai-Secte jenen Tempel mit Klostergebäuden, welche in der Folge so grosse Bedeutung gewannen. Nach buddhistischem Aberglauben kommt alles Böse aus Nordosten, dem Ki-mon (Teufelsthor). Hier nun, im Ki-mon vom Heyanjô sollten die Priester Tag und Nacht wachen, beten, trommeln und die Glocken rühren, um das Böse vom Schloss und von der Hauptstadt fern zu halten. Zur Blüthe - zeit des buddhistischen Mönchswesens gab es auf dem Hiye-san gegen 3000 Priester und Mönche, die auf die inneren Wirren oft grossen Einfluss übten. Jetzt ist die Stätte verödet, nur wenige Ge - bäude, aber ein prächtiger Hain aus Cryptomerien erinnern an den ehemaligen Glanz. Zum Uji-gawa senkt sich der Höhenzug, aber jenseits desselben setzt er sich in 500 — 600 Meter hohen Bergen fort und geht dann über in das höhere Gebirge von Yamato. Der Kasuga-yama östlich von Nara (600 Meter hoch) muss zu ihm gerechnet werden.
Im dritten Parallelrücken, welcher die Westgrenze der Ebene von Yamashiro bildet, sich zum Yodo-gawa senkt und jenseits all - mählich wieder emporsteigt und nun zwischen Kawachi und Yamato hinführt, bemerken wir nordwestlich von Kiôto den bekannten Atago - yama (884 Meter), dann ostwärts von Ôsaka an der nach Nara führenden Strasse den Ikoma (600 Meter) und weiter nach Süden den Kongo-san und den etwa 1200 Meter hohen Kadsurahi - yama im Norden des Yoshino-gawa. Der lange Rücken des Kongo - san, in Yamato zur Rechten des Yoshinothales gelegen, ist bemerkens - werth als Lieferant des Pyropensandes, mit dem man von Alters her die suishô (Bergkrystalle) schleift.
Der engere Zusammenhang der Gebirge von Yamato und Ki ist noch nicht genügend ermittelt. Ohne Zweifel hat der Hauptzug Meri - dianrichtung und im Omine-san südöstlich von Yoshino seinen Haupt - gipfel. Pilger besuchen ihn viel von genannter Stadt aus. Knipping fand ihn 1882 Meter hoch. Der Weg führt auf einem bewaldeten Grat südwärts durch Urwald, der die steilen, schluchtenreichen Ge - hänge bedeckt und die anfangs schöne Aussicht zum Yoshinothal nach Norden bald nimmt. An Höhe überragen ihn manche Berge in Japan,90IV. Orographie.an mächtigem Baumwuchs, an schroffen Formen und Zacken sucht er seines Gleichen. Knipping brachte mir, der ich den Berg nur aus einiger Entfernung betrachten konnte, eine Gesteinsprobe vom Gipfel mit. Es war ein Stück Kieselschiefer. Der Ômine ist somit unter den bis jetzt genau gemessenen nicht vulkanischen Bergen der höchste, wenn wir den Kinpo-san ausnehmen.
Südöstlich vom Omine-san erhebt sich, wahrscheinlich als zweit - höchster Gipfel der Halbinsel Yamato, der Odai-yama 1689 Meter hoch (nach Capt. St. John) ebenfalls in wild zerrissener, prächtiger, waldreicher Gebirgslandschaft. Ostwärts von Ômine und Odai-yama nahe der Berührungsecke von Yamato, Ise und Ki befindet sich eine sumpfige Hochebene, die Otaigahara, woselbst Yoshino-gawa, Miya - gawa und Otonashi-gawa entspringen. Von Bergen der Provinz Kii sind noch, wenn auch keineswegs als höchste, anzuführen: der Haki - san (650 Meter) südlich des Odai-san unweit der Küste, der Nachi - san südwestlich von Shingu, woran der berühmte Wasserfall Nachi - no-taki, 84 Meter hoch, nur 2 ri von der Küste, und der Koya-san mit der bekannten Tempel - und Freistadt Koya ostwärts von Waka - yama 500 Meter hoch.
Die zahlreichen Vorsprünge der Steilküste von Kii und Ise, welche eben so viele kleine und zum Theil sehr tiefe und geschützte Buchten bilden, sind nur die Ausläufer der vielen Gebirgsrücken, welche, vom Hochlande des südlichen Yamato ausgehend, fächerförmig sich ver - zweigen. Es ist eine wild zerrissene Gebirgslandschaft. Wenig be - tretene Urwälder bekleiden ihre Schieferberge bis zu den Kämmen und bieten den wilden Thieren des Landes noch ein weites freies Jagdrevier. Reizend sind im Sommer die Thäler, durch deren Sohlen das klare Wasser der Bäche in viel gewundenem Laufe murmelnd dahineilt, wenn neben zierlichen Farrenkräutern und mancherlei Strauchwerk blühende Azalienbüsche die felsigen Ufer schmücken und der Duft unzähliger weisser Lilien die Luft erfüllt. Vor den rauhen Nord - und Nordostwinden geschützt, bieten verschiedene nach Süden geöffnete Thäler von Kii unter dem milden Einflusse des Kuroshiwo ein subtropisches Klima dar, in welchem die schönen Mandarinorangen reifen, mit denen man in Tôkio so reichlich den Markt versieht. Die Provinz Kii wird zu Nankaidô gerechnet, bildet also mit Shikoku und Awaji eine Gruppe. Vom klimatischen Standpunkte aus ist dies ge - rechtfertigt.
Die grosse südwestliche Halbinsel von Hondo, das Chiugoku oder Centralland, welches sich zwischen dem Japanischen Meere und Seto-uchi hinzieht, schliesst sich im Berglande von Tamba den Bergen91Gebirge der Insel Hondo. Das Relief der Insel Shikoku.von Yamashiro und Setsu an*)Ich habe auf meinen Reisen die Provinzen von San-yo-dô nur vom Schiff, durch das Binnenmeer fahrend, und von Shikoku aus gesehen, im Uebrigen das ganze Ge - biet nicht näher kennen gelernt. Die meisten Fremden, welche in ihm reisten, folgten bis jetzt der alten Landstrasse von Hiogo nach Shimonoseki oder dem bequemsten Verbindungsweg zwischen beiden Meeren von Himeji über Ikuno nach Toyooka und zum Japanischen Meere. Es ist mir deshalb, mit Ausnahme des werthvollen Aufsatzes von Kempermann über eine Reise durch die Centralprovinzen, auch wenig Literatur bei Betrachtung dieses Gebietes zur Verfügung, so dass ich mich vorwiegend an Japanische Karten halten musste und an die wenigen zerstreuten Notizen, welche ich sammeln konnte.. Es ist mehr Hügel - als Gebirgsland. Der Haupthöhenzug folgt der Längsrichtung der Halbinsel und scheidet Sanin-dô von Sanyo-dô. Verzweigungen desselben laufen nordwärts und südwärts davon aus zwischen den einzelnen Provinzen hin. Die grosse oceanische Wasserscheide folgt zwar meist dem centralen Rücken, biegt jedoch auch wiederholt ansehnlich davon ab. Oft führt der Uebergang kaum 300 Meter hoch über flachgewölbte Schiefer - rücken und ist die Steigung kaum bemerkbar. Die Höhe der be - deutendsten Berge an den Grenzrücken selbst übersteigt wohl nur ausnahmsweise, wenn überhaupt, 1000 Meter. Beträchtlicher ist sie bei einigen isolierten vulkanischen Kuppen des Sanin-dô. So fand Naumann den aus Trachyt aufgebauten Daisen in Hoki 1640 Meter hoch, während ihn Kempermann sogar zu 1702 Meter bestimmte.
In vielen Berglandschaften, z. B. in den Provinzen Iwami und Inaba, beschränkt sich der Ackerbau auf die kleinen Mulden und engen Thaleinschnitte und umfasst kaum 5 — 6 % des gesammten Areals. Nicht die Steilheit des Bodens oder die Rauheit des Klimas sind die Ursache einer solchen Culturunfähigkeit, sondern der felsige trockene Boden der runden Schieferrücken. In den breiten Thal - sohlen der grösseren Flüsse, namentlich von Sanyo-dô, ist der Alluvial - boden meist sehr fruchtbar und eine blühende Landwirthschaft zu finden, z. B. in Harima.
Die Westgrenze der Provinz Kishiu gegen das Gokinai wird durch einen aus Yamato kommenden Höhenzug gebildet, welcher parallel zum Yoshino-gawa von NO. nach SW. gerichtet ist und zur Idzumi - nada steil abfällt. Jenseits derselben folgt ein Bergrücken im öst - lichen Awaji derselben Richtung, und endlich sehen wir, dass auch92IV. Orographie.die langen Schieferrücken, welche in Shikoku auftreten, diese Linie fortsetzen, d. h. ebenfalls ihr Hauptstreichen nach Südwesten richten. Als Grenze zwischen Sanuki und Awa, später zwischen Iyo und Tosa, durchzieht der Gebirgskamm, wenn ein solcher hier hervortritt, der Länge nach Shikoku, wie dies auch der bedeutendste Fluss dieser Insel, der Yoshino-gawa, für den nördlichen Theil thut. Aber es treten Parallelketten auf, und es zweigen sich anderseits in nordsüd - licher Richtung Aeste vom Hauptgebirge ab, die in lithologischem Charakter, wie in der Erhebung den Centralketten wesentlich gleichen. So erblicken wir denn auf Shikoku eine Menge ansehnlicher Berg - rücken von im wesentlichen gleicher Höhe, von 1000 — 1200 Meter, über welche die höchsten Gipfel um kaum 100 — 200 Meter hervor - ragen. Das Auge vermag deshalb hier nicht zu unterscheiden, welcher Berg die anderen wirklich überragt, und da die ersten Höhenmessungen auf dieser Insel überhaupt von mir ausgeführt wurden und nur auf Passübergänge sich erstrecken, liegt unsere hypsometrische Kenntniss derselben noch sehr im Argen. An den Quellen des Mioto-gawa süd - lich der Stadt Saijô erhebt sich als weithin sichtbarer Berg nördlich der Centralkette der Ishichichi-yama. Ich schätze seine Höhe auf 1400 Meter und halte ihn für einen der höchsten Gipfel der Insel, wenn er nicht thatsächlich alle anderen überragt. Solchen Gipfelhöhen gegenüber liegen die Passübergänge hoch, wie dies die Natur der vielfach aufgerichteten und sonst in ihrer Lagerung ge - störten alten Schiefer mit sich bringt. Sasa-gami-tôge und Hira - yama-tôge z. B., in welchen die Strasse von Kochi in Tosa nach Kawanoye am Binnenmeer in Iyo den centralen Grenzrücken und einen parallelen überschreitet, befinden sich in 1100 Meter Höhe, und in einer anderen Richtung, nämlich auf dem Wege von Kochi nach Matsu-yama in Iyo, überschreitet man an der Grenze einen Rücken in 835 Meter Höhe. An Wasser ist in diesen Bergen kein Mangel, daher auch hier allenthalben noch prächtiger Wald, wo nicht die Unvernunft der Menschen die zerstörende Brandfackel hingetragen hat*)Damit das Warabi (Pteris aquilina), dessen Wurzeln und junge Wedel als Nahrungsmittel beliebt sind, besser gedeihe! —. In den oberen Regionen erfreut ein kräftiger blattwechselnder Laubwald das Auge, wo Rosskastanien und Magnolien mit Buchen, Eichen, Ahornen, Eschen, Erlen bunt gemischt auftreten. Aber die lorbeerblätterigen Eichen, Camellien und andere immergrüne Bäume wagen sich viel näher als auf Hondo und höher zu ihnen heran, während noch tiefer Kampferbäume und andere Cinnamomumarten,93Das Relief der Insel Shikoku. Gebirge der Insel Kiushiu.Sternanis, Nandina und viele andere Gewächse, die wir auf der Hauptinsel nur angebaut finden, an der Zusammensetzung des immer - grünen Waldes theilnehmen.
Im Unterlaufe der Flüsse breiten sich kleine fruchtbare Ebenen aus, in welchen auch die grössten Städte liegen, so die Ebenen von Tokushima, Takamatsu, Saijô, Matsuyama und Kochi. In Sanuki lagern sich dieser Ebene von Takamatsu verschiedene vul - kanische Kegel nach der See hin vor, ganz getrennt vom Schiefer - gebirge im Innern. Sie besitzen keine bedeutende Höhe, sind aber landschaftlich sehr auffallend. Vielleicht der regelmässigste und schönste unter ihnen ist der hinter Marugame aufsteigende Shira - mine oder Sanuki-fuji. Der südliche Theil der Insel, ebenso Awa sind mir nicht bekannt, doch möchte ich aus der Analogie schliessen, dass auch hier verschiedene der isolierten vorgeschobenen Posten Vulkane sind. In Awa dürfte dies vom Nakatsumine und Shôsanji-yama, in Tosa unter anderem von dem Gozaisho - yama gelten.
Der Längsachse dieser Insel entsprechend erstreckt sich ihre bedeutendste Erhebung in Meridianrichtung von der Strasse von Shi - monoseki bis zur Südspitze Satanomi-saki. Doch ist es weder ein con - tinuierliches Gebirge von einheitlichem geologischen Bau, noch durch - weg Grenz - und Wasserscheide, obgleich, was letztere anlangt, die Quellen fast aller ansehnlicheren Flüsse hier zu finden sind. Ein Blick auf die vorherrschende Richtung der meisten dieser Flüsse be - lehrt uns, dass sie entweder ostwärts direct zum Stillen Ocean oder gen Westen zur Amakusa-nada und ihren Theilen abfliessen, während nur eine kleine Anzahl mit wesentlich nördlicher Richtung ihr Wasser dem Binnenmeer zuwendet. Von dem Centralrücken aus streichen, wie dies v. Richthofen bereits hervorgehoben hat, in der Richtung von W. 30° S. zu O. 30° N., oder auch fast ostwestlich, ansehnliche Rücken eines sehr alten Schiefergebirges als Wasserscheide zwischen verschiedenen dieser Flüsse und dienen zum Theil als natürliche Grenzen von Provinzen, so zwischen Higo und Satsuma, Hiuga und Bungo; doch liegen die bedeutendsten Erhebungen nicht an der Grenze, sondern mehr nordwärts, ganz in Bungo. Der Grenz - rücken zwischen Katsuba und Shigeoka ist nur etwa 500 Meter94IV. Orographie.hoch, auf der Südseite sanft ansteigend und gut bewaldet, nach Shigeoka hin steil abfallend und ziemlich steril. Es folgt nun ein schieferiges Hügelland, worauf der Weg zur Kammhöhe von Mi - kuni-tôge*)Dieser » Dreiländerpass « ist benannt nach den drei Daimioherrschaften von Oka, Sayegi und Utsuki, welche hier an einander stiessen. ansteigt, welche zwischen Onoichi und Miyenoichi überschritten wird und in das Thal des Shirataki-gawa führt. Der Pass ist 647 Meter hoch und gewährt, da die Bergrücken ringsum nur wenig höher sind, eine weite interessante Rundschau. Gen O. 75° N. erblickt man die Berge von Shikoku, nach S. 67° W. einen hohen bewaldeten Gipfel mit nackter, stark zerrissener First, den man uns Nishi-yama-take (Westbergspitze) nannte. Etwas weiter nordwestlich davon erhebt sich der vulkanische Kegel des Asô, fast genau westlich von unserem Standpunkte erblicken wir aber eine weite, muldenförmige Einsenkung im centralen Gebirge und über sie hinweg Theile von Higo. Es ist die Richtung, in welcher der Weg von Oka nach Kumamoto führt. Nördlich von dieser Depression steigen wieder höhere Berge empor, während man fast nach Norden die isolierten vulkanischen Kegel von Bungo aus der Ebene sich er - heben sieht.
Den westlichen Theil des Grenzgebirges zwischen Satsuma und Higo überschritt Woeikof auf dem Wege von Ushiyama nach Mitsu - mata in 572 Meter Höhe. Auch hier zeigte sich, wie ich es auch bei Mi-kuni-tôge in Bungo fand, der Anstieg von Süden sanft, der Nordabhang sehr steil, dem Einfallen der Schieferschichten ent - sprechend. » Im NW. war das Meer zu sehen mit tief einschneiden - den Buchten und hohen Inseln, im SO. die Spitze Kiri-shima mit Schnee bedeckt (es war Mitte November). Die höheren Bergrücken waren ungefähr eben so hoch, wie der von mir bereiste, und theilweise mit Wald, theilweise, wie dieser selbst, mit Gras und Zwergbambus be - deckt. Die Richtung war meist von N. nach S. «, sagt Woeikof, was freilich auf die von mir überschrittenen nicht passt.
Der centrale Gebirgszug senkt sich nach Norden, wie südwärts, zum Meere. Abgesehen von den Vulkanen Asô und Kirishima - yama scheinen seine höchsten Gipfel nahe der Grenze von Higo und Hiuga zu liegen. Ihre Höhe übersteigt jedoch kaum 1400 — 1500 Meter. Der Weg von Hitoyoshi nach Sadowara überschreitet erst in Higo den Ichi-ri-yama-tôge (Ein-ri-Berg-Pass), dann an der Grenze von Hiuga den Tempagoshi-tôge, der wohl gegen 1000 Meter hoch ist. Nordwärts davon erhebt sich der Eshiro-yama und noch95Gebirge der Insel Kiushiu.weiter im Norden, ebenfalls in Hiuga, doch nahe der Grenze von Bungo und Higo der Somo-take*)Es ist dies wahrscheinlich der Nishi-yama-take, welchen man auf Mi-kuni - tôge sieht..
In Higo erheben sich der Haku-san und weiter nordwärts der Asô-yama. Letzterer ist zur Zeit der einzige thätige Vulkan der Insel Kiushiu, und aus diesem Grunde, sowie seiner hervorragenden Gestalt wegen (die Höhe dürfte 1500 — 1600 Meter betragen) besonders bemerkenswerth. Verfolgt man von Kumamoto aus in östlicher Rich - tung das Thal des Shira-kawa, so gelangt man am Ende des 10 ri langen Weges, und nachdem man einen ansehnlichen Wasserfall, den Nana-taki, passiert hat, an den Fuss des Asô. Die grauweisse Bimssteinasche, welche er von Zeit zu Zeit dem Flusse zusendet, färbt das Wasser weiss, daher der Name. 1874 geschah dies zum letzten Mal. An der Grenze von Bungo und Buzen bemerken wir den Hiko-san.
Eine besondere Beachtung verdient das vulkanische Gebirge an der Grenze von Ôsumi und Hiuga nordostwärts der Kago-shima-Bucht, welches als Kirishima-yama bezeichnet wird. Von der Meeres - küste genannter Bucht aus durchschreitet man zunächst die Ebene des Distriktes Kokubu, welche ihres Tabaksbaues wegen Bedeutung hat. Hierauf tritt der Weg in das Thal eines starken Baches. Fluss - bett und Felder sind mit grauweisser Bimssteinasche und grösseren Bimssteinstücken (Karu-ishi, d. h. leichter Stein) bedeckt. Einige ri weiter führt der Weg durch vulkanisches Hügelland 250 — 500 Meter über der See — eine ziemlich öde, unwirthliche Gegend. Es ist eine Hara auf vulkanischer Asche, die wenig hervorbringt. Adlerfarren und Lespedeza-Stauden sind ihre hervorragendsten Gewächse. Nur hier und da erscheint eine krüppelhafte Schwarzkiefer, welche bislang den Flammen widerstand, die jeden Herbst die Vegetation des Som - mers hinwegfegen. Nur in den Erosionsthälern, wahren Barancos, in welche das Feuer nicht dringt, hat sich ein schöner Wald erhalten, darunter essbare Kastanien, immergrüne Eichen und die Sakura (Prunus pseudo-cerasus). Dies ist die südwestliche Vorstufe von Kirishima-yama. Der Ort Kirishima selbst, wonach dies vulka - nische Gebirge benannt ist, liegt 465 Meter hoch. Weiter nordwärts in einsamer üppiger Thalschlucht ist das Schwefelbad Enoyu 844 Meter hoch gelegen. Die Therme hat 75°C., die Badetemperatur beträgt 43°C. Zwischen hier und Kirishima erblickt man die aufwallenden Dämpfe von noch 7 weiteren Solfataren. Alle scheiden viel Schwefel aus.
96IV. Orographie.Die beiden bedeutendsten Höhen des Gebirges, der Shiratori - take und der Takachiho, werden leicht von Enoyu, beziehungs - weise Kirishima aus bestiegen. In der Luftlinie sind ihre Gipfel 2½ — 3 ri von einander entfernt. Zwischen ihnen, an der steilen Nordseite des Takachiho hin, führt 1060 Meter hoch der Weg von Kirishima hinüber nach Nojiri, indem er sich bald durch einen herr - lichen Mischwald aus immergrünen und blattwechselnden Laubhölzern und Nadelbäumen senkt. Durch einen ähnlichen Wald steigt er von Kirishima empor. Hier wachsen Bambus, Camellie und Sternanis noch in 900 Meter Höhe. 5 — 6 Meter Umfang zeigende Momi (Abies firma) und Sugi (Cryptomeria japonica) spielen hier die Rolle der bei uns zer - streut im jüngeren Laubwald auftretenden alten Eichen. Hat man diesen prächtigen Wald, in dem es auch an den gewöhnlichen Schlingern, wie Katsura, Wistaria, Actinidia nicht fehlt, durchwandert, so über - schreitet man ein altes Lavafeld mit einem sehr lichten Bestande krüppelhafter Kiefern und Erlen. Man muss nun vom Wege rechts abbiegen, wenn man den Takachiho ersteigen will. Es geht dann bald steil aufwärts über Asche und Schlackengeröll, doch ist man schon eine Stunde später in 1469 Meter Höhe am Rande des Kraters. Schwefelwasserstoffgeruch und warmer Boden, die man beim Betreten der nördlichen Wand wahrnimmt, zeigen, dass die vulkanische Thätig - keit hier noch nicht ganz geschwunden ist. Der Krater mag 700 Meter Umfang und 30 Meter Tiefe haben. Auf der Westseite, wo einst der mächtige Lavastrom nach Kirishima hin sich ergoss, geht es allmäh - lich abwärts in den theilweise mit Schutt und Vegetation bedeckten Kraterboden. Auf der Ostseite, wo die höhere, steilere Wand, senkt sich diese nach Aussen zu einem 20 Meter tiefer gelegenen sattel - förmigen Einschnitt, dann steigt man ostwärts noch etwa eine halbe Stunde lang steil empor zum Gipfel des Berges, der statt eines Kraters über einem zusammengetragenen Steinhaufen das berühmte Himmels - schwert trägt (siehe Näheres im historischen Theile). Die Nordseite dieses steilen Gipfels ist bedeckt mit braunrothen Schlacken. Der Shiratori-take erscheint von dem 1672 Meter hohen Takachiho aus als eine gewaltige, fast gleich hohe, doch weniger spitz zulaufende Bergmasse. Oben soll ein See sein. Ich halte diese beiden Gipfel von Kirishima-yama für die höchsten auf Kiushiu.
Von den übrigen hervorragenden Bergen des südlichen Kiushiu, die wohl sämmtlich Vulkane sind, merken wir den Komatsu-yama nordwestlich der Stadt Obi, welchen Seekarten zu 1280 Meter angeben; den Kaimon-take an der Südspitze von Satsuma, und vor allem den Mi-take auf Sakura-jima in der Bucht von Kagoshima. Dieser97Gebirge der Insel Kiushiu.prächtige Berg nimmt die ganze Insel ein und steigt darin — auf der Süd - und Ostseite steiler als von Norden her — bis zu etwa 1000 Meter Höhe empor. Betrachtet man die Insel von Tano-ura an der Nord - küste aus mit einem Feldstecher, so erkennt man deutlich die sorg - sam gepflegten Felder, welche Kagoshima mit Gemüse und nament - lich mit gepriesenen Rettigen versorgen, sowie die mit Talg - und Orangenbäumen bepflanzten Terrassen. Hinter der allmählich sich erhebenden Culturregion steigt der Berg dann steiler empor, erscheint als eine ausserordentlich zerrissene gewaltige graue Masse, die stellen - weise, namentlich in den unteren Schluchten, gut bewaldet ist, nach oben aber kahl und stumpf endet. Noch vor hundert Jahren soll der Krater dieses schönen Vulkans Dampfwolken entsandt haben.
Als die Kratere von Kirishima-yama, Sakura-jima und verschie - denen andern vulkanischen Gipfeln im südlichen Kiushiu vor Jahr - hunderten und länger ihre vulkanischen Laven, Bomben und Aschen - regen entsandten, bedeckten diese Massen einen grossen Theil des ehemals fruchtbaren Gebietes von Satsuma, Ôsumi und dem südlichen Hiuga (den alten Humusboden kann man vielfach noch unter der Decke von Tuff und Asche erkennen), und es entstand ein Hügelland, in welchem die guten Wege jetzt zuweilen durch 10 — 25 Meter tiefe Erosionsschluchten oder durch künstliche Einschnitte in die flachen Hügelrücken aus grauweissen Aschen - und Tuffablagerungen führen. Im Frühling zieren die Blüthen zahlreicher Azalien, Deutzien und anderer Büsche, sowie schöne Farrenkräuter die Böschungen dieser Hügel und Wege. Stellenweise trifft man auch Kiefernhaine und Pflanzungen von Talgbäumen an, im ganzen aber ist der Boden un - productiv und der Ackerbau auf die meist engen Thälchen, welche die Erosion der Regengüsse und vom Gebirge kommender Bäche gebildet hat, beschränkt. Dennoch entbehren auch diese Landestheile nicht der Abwechselung. Sie wird durch die Sorgfalt der Cultur des dazu geeigneten Bodens geboten, insbesondere aber durch jene prächtigen Haine aus Bambusrohr und allerlei Zierbäumen, worunter 6 — 8 Meter hohe und bis zu 1,5 Meter Umfang erlangende Camellienbäume be - sonders auffallen. In diesen Hainen versteckt sich wie anderwärts hier und da ein Wohnhaus, Tempelchen oder ein ganzer Ort. Hiuga ist im allgemeinen viel fruchtbarer als Satsuma, namentlich am Meere hin in der Ebene, welche sich über den Unterlauf verschiedener Flüsse erstreckt. Die gesegnetsten Theile der Insel gehören jedoch Higo, Chikugo, Chikuzen und Bungo an, in deren Ebenen und flachen Hügellandschaften sich vielfach Verwitterungsproducte vulkanischen Gesteins mit dem Alluvialboden der Flüsse zu einem sehr productivenRein, Japan I. 798IV. Orographie.Boden gemengt haben. Hierher sind zu rechnen: die Gegend um Kumamoto, die Ebene des unteren Chikuma-gawa, der grösste Theil von Chikuzen, die Ebene von Funai. Unter den vulkani - schen Kegeln, welche sich im Norden der letzteren erheben, ist der 600 — 800 Meter hohe Tsuruga-take der auffallendste. Höher er - scheint der Hiko-san an der Grenze von Bugo und Buzen, doch ist seine vulkanische Natur noch nicht genügend erwiesen.
Die Halbinsel Hizen bildet ein orographisches Gebiet für sich. Die Hauptlandstrasse von Kiushiu, welche einerseits von Nagasaki nach Saga, anderseits von Kagoshima über Kumamoto ebenfalls nach Saga, hierauf weiter nach Kokura an der Strasse von Shimonoseki führt, steigt auf der letzten Strecke nirgends 100 Meter hoch an. Gleiches gilt von dem Wege, der Saga mit Fukuoka verbindet. Es ist hier also eine Art Depression des Bodens, die man gewissermassen als nördliche Fortsetzung der Bucht von Shimabara ansehen kann, durch welche das bergige und durch tiefe Meereseinschnitte vielfach zer - rissene Hizen vom übrigen Theile der Insel Kiushiu geschieden wird. Vulkanische Bildungen wechseln auch hier mit Sedimentschichten älterer und junger Schiefer und Sandsteine ab, doch herrschen im allgemeinen im nordöstlichen Theile diese, im südlichen jene vor und es gehören auch hier wieder die bedeutendsten Erhebungen zu den vulkanischen. So sind die Anhöhen, welche Nagasaki 250 — 400 Meter hoch umgeben, vulkanisch, und der höchste Berg in der Nähe, der Yagami-take, welcher sich einige ri östlich der Stadt 600 — 700 Meter hoch erhebt und ihr vortreffliche Bausteine liefert, ist ein Trachytkegel. Die bedeutendste Entwickelung haben Vulkan’s Ge - bilde jedoch auf der Halbinsel Shimabara im Onzen-ga-take. Die Höhe dieses wild zerrissenen Vulkanes, der noch vor 200 Jahren zu Kämpfer’s Zeit beständig und 3 ri (1½ g. M) weit sichtbar rauchte, wird auf 1000 Meter geschätzt. An seiner Basis sind viele heisse Quellen. Die letzte Eruption fand vor etwa 90 Jahren statt. Der Halbinsel Shimabara gegenüber, an der Küste von Higo, sind der Ebene von Kumamoto einige vulkanische Berge vorgelagert, 200 — 400 Meter hoch, wie der Kinpu-zan, die offenbar demselben Eruptions - gebiete angehören.
Die Insel Amakusa ist sehr gebirgig. Ihre Schieferrücken steigen wie hohe steile Wellen hinter einander auf, erheben sich 300 — 400 Meter hoch, fallen steil, doch nicht hoch zur Küste ab und lassen wenig Ackerland von geringer Güte zwischen sich.
Die Gebirgssysteme auf Yezo können als Fortsetzungen derer von Sachalin und den Kurilen betrachtet werden. Jenes von Sachalin mit Meridianrichtung vermögen wir in seiner südlichen Fortsetzung der ganzen Westküste von Yezo entlang zu verfolgen. Das zweite Gebirgssystem setzt den Höhenzug der Kurilen fort, tritt demgemäss unter N. 20 — 25° O. ein und streicht S. 20 — 25° W. Diesen zwei Gebirgsketten verdankt Yezo seine vier Zipfel, ihrer Kreuzung seine beträchtlichsten Erhebungen. Das Massiv des von Norden nach Süden streichenden Gebirgszuges besteht aus Granit und alten Schiefern, in der Achse des gen S. 20 — 25° W. gerichteten Zuges herrschen vul - kanische Bildungen mit trachytischen und basaltischen Gesteinen vor.
Das Relief der Aino-Insel zeigt uns übrigens ein centrales und ein laterales Erhebungsgebiet. Von dem centralen senkt sich das Land nach allen Seiten in der Richtung seiner vier Zipfel. Der 2500 Meter hohe Tokachi-dake an den Quellen des Tokachi (43° 48 'N. und 143° 10' O. Gr.) ist der Knotenpunkt, von dem aus nach allen Himmelsrichtungen die grossen Flüsse des Landes, zum Theil, wie der Ishikari, in auffallend gewundenem Laufe, dem Meere zueilen. Die zweitbedeutendste Erhebung dieses Gebirgs - massives ist der 2350 Meter hohe Ishikari-dake, südwestlich von jenem. Alle höheren Berge im Westen der Insel Yezo gehören der lateralen Erhebungskette, dem Sachalin-Systeme an, oder sind Vul - kane seitwärts derselben. Der Shiribetsu-dake gilt für den höchsten darunter, mit etwa 2400 Meter Höhe. Der Ofuyu-dake oder Shokambetsu in Teshio wird auf 1800 Meter Höhe geschätzt, und etwa eben so hoch der Shibetsu-yama in derselben Provinz. In Iburi befindet sich der Tarumai -, Mombetsu - und Usu - yama, in Kushiru der Meakan. Auch in Ôshima, besonders nord - wärts von Hakodate, erheben sich einige bemerkenswerthe Vulkane, vor allem der 1200 Meter hohe kegelförmige Komaga-take, der auch den Namen Sawara-dake führt. Unter den kleineren Inseln, welche zu Yezo zählen, besitzt Rishiri an der Strasse La Pérouse einen vulkanischen Gipfel; ebenso sollen auf den Kurilen oder Chi - shima, deren gebirgige Natur längst bekannt ist, 8 — 10 Vulkane zu finden sein.
Wie eine jede einigermassen gute Karte uns zeigt, zerfällt das Relief dieser Insel in drei Theile: zwei parallele Gebirgsketten, welche in kleinem Massstabe das Hauptstreichen der Gebirge auf Hondo von Nordost nach Südwest wiederholen, und eine sie trennende Ebene, da wo die Insel ihre geringste Breite hat. Man wird nicht fehl schliessen, wenn man im Hinblick auf die Gestaltung der hier sich entgegen treten - den Buchten, der im Innern vorkommenden, jungtertiären, marinen Ablagerungen und der allgemeinen säculären Hebungserscheinungen annimmt, dass hier einstmals das Meer eine völlige Trennung bewirkte und Sado aus zwei kleineren Inseln bestand. In der nordwestlichen Gebirgskette, die der alte und wichtigste Gold - und Silberlieferant Japans ist, erhebt sich als höchster Berg der Insel der 1370 Meter hohe Kinmoku-yama oder Kinmoku-san.
Was die Reliefverhältnisse der kleineren Inseln und Inselgruppen anlangt, so sollen die bezüglichen Notizen den betreffenden Abschnitten im politisch-geographischen Theile eingefügt werden.
Bei dem gebirgigen Charakter des Landes und der reichen Menge der über das ganze Jahr vertheilten Niederschläge ist Japan natur - gemäss sehr wasserreich. Ein dichteres Netz von Flüssen, Bächen und flachen Seen, noch vermehrt durch zahlreiche Canäle, wie es z. B. die Ebene von Kuwantô zeigt, ist kaum denkbar. Aber die Stärke der fliessenden Gewässer wechselt oft und gewaltig, besonders im Sommer und Herbst, und ist in dieser Zeit am grössten, nicht blos, weil alsdann die reichsten Regengüsse fallen, sondern weil auch durch das allmähliche Schmelzen mächtiger Schneelager, welche das Gebirge während des Winters sammelte, eine in der kalten Zeit nicht vorhandene reiche Zufuhr stattfindet.
Wenn im Sommer bei hoher Temperatur des herrschenden Süd - westmonsuns länger andauernder Regen nicht selten mit tropischer Heftigkeit einsetzt, eilt durch jede Bergfurche das Wasser herbei und schwillt der kleine muntere Gebirgsbach zusehends zum mächtigen Strome an. Mit dem Getöse seiner dahineilenden trüben Fluthen mischt sich der dumpfe Donner loser Felsblöcke, welche die Wellen gleich manchen der leicht gebauten Brücken und Stege mit sich fort - reissen. Weiter thalabwärts aber vermögen selbst die sorgfältig an - gelegten soliden Dämme zu beiden Seiten des weiten Fluthbettes nicht immer die Macht der grossen Wassermassen zu bannen und ihren Verheerungen Einhalt zu thun. Ueberschwemmungen gehören gleich Erdbeben zu den bekanntesten und gefürchtetsten Landplagen.
Ist der Regen vorbei und der Fluss in sein enges, bescheidenes Bett zurückgekehrt, so lassen die weiten Geröllfelder zu beiden Seiten und zahllose mächtige Felsblöcke darin wohl noch deutlich genug die102V. Hydrographie des Landes.Stärke ahnen, zu der er oft und noch kurz zuvor herangewachsen war. So weit diese Geröllmassen sich erstrecken, ist der Oberlauf des Flusses; wo dagegen mit bedeutender Verringerung des Gefälles Sandablagerungen an die Stelle treten, beginnt der Unterlauf. Die Rollsteine aber finden vornehmlich bei der Construction der Dämme wieder ihre Verwendung.
Einen besonderen Reiz gewähren die zahlreichen Gewässer den herrlichen Waldlandschaften japanischer Gebirge. In vielen Windungen führt der forellenreiche Bach sein klares Wasser dahin, bald an mäch - tigen Felsblöcken vorbei, die es vorübergehend theilen und sehr häufig mit einigen schönen Sträuchern, vornehmlich aber mit Farrenkräutern und den rothen Blüthen kleiner Azalienbüsche, die lebhaft an unsere Alpenrosen erinnern, geschmückt sind, bald über breite Geröllfelder sich ausbreitend, bald eingeengt in eine enge Felsschlucht und über - schattet vom Gebüsch und Baumschlag der Ufer, hier eilig über die Felsen setzend und mit weissem Schaume bedeckt, dort langsam um einen Felsvorsprung sich biegend, der den Bach aufzuhalten scheint und woselbst er sein Bett tief eingegraben hat und wir uns am reinsten Blaugrün seines klaren Wassers erfreuen können.
Die japanischen Inseln sind zu klein und zu schmal, um die Entwickelung grosser Stromsysteme zu ermöglichen. Aber obgleich die beträchtlichsten Flüsse kaum 300 — 400 Quadratmeilen Areal drai - nieren und die Länge ihres Laufes nur der des Main gleichkommt, ausserdem aber in ihrem Unterlaufe viele Canäle einen Theil ihres Wassers nach den Reisfeldern ableiten, haben sie doch für den Binnen - verkehr, vornehmlich in Folge der vielen Gebirge und des Mangels an guten Strassen, eine grosse Bedeutung.
Der sehr ungleiche Wasserstand, stets wechselnde Sandbänke im Unterlaufe und Barren an den Mündungen vieler derselben lassen zwar tiefgehende Fahrzeuge nicht zu, aber in flachen Booten findet trotz der erwähnten Hindernisse auf manchen derselben ein sehr leb - hafter Verkehr statt, und man bedient sich thalwärts solcher Wasser - strassen sogar in Fällen, wo bei uns weder Fährmann noch Passagier das Betreten eines Bootes wagen würde.
Solche japanische Flussboote, insbesondere diejenigen, die man zum Ueberschreiten der kleinen Stromschnellen benutzt, sind gegen - über den Seebooten lang und schmal, gewöhnlich 7 ken (12 Meter) lang und 1⅓ Meter breit. Bald müssen sie über Stromschnellen im engen felsigen Bett, bald über sandige Untiefen oder an Rollsteinen im ausgebreiteten vorbei gelenkt werden, und welcher Europäer, der alle Hindernisse und Gefahren bei Bootfahrten auf japanischen Ge -103Flüsse und Seen.birgsbächen mitmachte, hätte nicht die grosse Aufmerksamkeit und Kaltblütigkeit, den scharfen Blick und kräftigen, sicheren Arm be - wundert, mit denen sein Fährmann ihn sicher und ohne ihm seine Kleider zu bespritzen, darüber hinwegführte?
Als Sandai-ka, d. h. » die drei grossen Flüsse « im alten Japan gelten der Tone-gawa, der Shinano-gawa und der Kiso - gawa.
1. Der Tone-gawa bewässert mit dem Sumida-gawa die Ebene von Kuwantô (Ebene von Yedo). Er entspringt am Monjiu - san im Tone-gori (Kreis Tone) der Provinz Kotsuke und mündet nach einem im wesentlichen südöstlichen Laufe von etwa 36 Meilen bei Chôshiguchi am Stillen Ocean und in einem zweiten Arme bei Horiye Shindén in die Bai von Yedo. Nicht weit von seinem linken Ufer liegt noch in Tone-gori die Stadt Numata. Wenige Meilen unter - halb derselben erhält der Tonefluss einen bedeutenden Zuwachs durch den von Westen kommenden Wagatsuna-gawa, der nach seinem Ursprunge am Adzuma-yama wohl auch Adzuma-gawa genannt wird. Hier beginnt mit der Ebene von Kuwantô der Unterlauf des Flusses. Bald theilt sich derselbe bei der berühmten Seidenstadt Mayebashi in ein ganzes Netzwerk von Wasserläufen, die sich später wieder vereinigen, worauf er die bisher vorwiegend südliche Richtung verlässt und sich mehr ostwärts wendet. Es geschieht dies vornehm - lich da, wo er rechts bei Goriô den von Takasaki kommenden Ka - rasu-gawa aufnimmt, der oberhalb Yodo noch durch den Kana - gawa verstärkt wurde; ihm entlang läuft die Grenze zwischen Mu - sashi und Kotsuke, welche sich darauf am Tone hinzieht bis in die Nähe der Mündung des Watarase-gawa, fast genau nordwärts von Tôkio. Dieser ansehnlichere Nebenfluss des Tone kommt von Nord - west aus der Provinz Shimotsuke, wo er die Gewässer auf der Ost - seite der Akagane-Berge sammelt. Der Ôshiu-kaidô (Nordland - strasse) hält sich ostwärts von ihm und seiner Mündung. Derselbe über - schreitet bei Kurihashi auf einer Fähre das 214 ken (400 Meter) breite Bett des Tone. Weiter abwärts bei Sekiyado gabelt sich dieser: der rechte Arm wendet sich südwärts, bildet die Grenze zwischen Musashi und Shimosa und fliesst unter dem Namen Yedo-gawa östlich von Tôkio in die Yedobucht, während der linke Arm die bisherige Rich - tung des Flusses beibehält. Er heisst Naka-tone-gawa (mittlerer Tone-gawa) im Gegensatz zu Kami-tone-gawa (oberer Tone-gawa) ober - halb Kurihashi. Bald wird er bedeutend verstärkt durch den von Norden vom Sano-tôge an der Grenze von Aidzu kommenden Kinu - gawa, welcher rechts unter anderem den Daiya-gawa von Nikkô104V. Hydrographie des Landes.aufnimmt. Bald darauf empfängt er noch die Abflüsse zahlreicher seichter Seen, vornehmlich des Tega-numa, Imba-numa und Naga-numa in Shimosa, des O-ura, Kasumiga-ura und Nishi - ura in Hitachi, und mündet dann bei Chôshi in den Stillen Ocean.
An den Mündungen beider Aeste des Tone-gawa befindet sich weit vorgeschobenes Schwemmland mit Sandbarren.
Der bereits erwähnte Sumida-gawa als der zweite Fluss der Yedo-Ebene ist wenig mehr denn halb so lang als der Tone-gawa. Seine Quellen liegen im Nordwesten von Tôkio an der Grenze von Musashi und Kai, die Mündung ist unterhalb Tôkio, durch dessen östlichsten Theil er fliesst. Verschiedene Arme (Canäle) verbinden ihn mit dem Kami-tone-gawe und dem Yedo-gawa. Als Zwischen - glied und zwischen beiden in die Yedobucht mündend erscheint der Naka-gawa.
Von den kleineren Flüssen, welche theilweise noch der Ebene von Kuwantô angehören, seien noch erwähnt: der Tama-gawa vom Tenmoku-san in Kai, welcher unterhalb Kawasaki zwischen Tôkio und Yokohama mündet; der Naka-gawa vom Nasuga-take in Shimotsuke, welcher ostwärts von Mito in den Stillen Ocean fliesst, nachdem er noch auf der Südseite die Abflüsse zweier Sumpfseen, des Kare-numa und Chiba-numa aufgenommen hat; endlich der Kuji - gawa nördlich von dem vorigen.
2. Der Shinano-gawa ist unter den Sandai-ka der bedeutendste. Er entspringt am Kimpu-zan, fliesst unter dem Namen Chikuma - gawa durch den östlichen Theil der Provinz Shinano, in der er den Sai-gawa aufnimmt, aber schon vorher seine vorherrschend nord - westliche Richtung in eine nördliche umwandelt. Bald tritt er, von Bergen eingeengt, in die Provinz Echigo über, in der er erst den Namen Shinanofluss erhält. Nachdem er noch durch ansehnliche Flüsse von der rechten Seite her verstärkt wurde, mündet er rechts von Nii-gata in das Japanische Meer. Sein Lauf beträgt etwa 130 ri oder 70 Meilen. Gegen die Mündung erweitert sich im Dünensande sein Bett und hat sich eine Barre gebildet, über welcher das Wasser nur 6 Fuss Tiefe zeigt. Nach den Berechnungen eines holländischen Ingenieurs (Lindo) fliessen zur Zeit des niedrigen Wasserstandes hier 340 Raummeter Wasser per Secunde ins Meer, zur Regenzeit aber 566 Raummeter. Bis etwa 8 Meilen stromaufwärts wechselt die Breite zwischen 1250 und 300 Meter und die Tiefe zwischen 6 und 1 Meter. Da die Wasserscheide zur Rechten über das ansehnliche östliche Grenzgebirge von Echigo hinführt und zahlreiche Nebenflüsschen aus diesem dem Shinano-gawa bei jedem starken Regen neue Sandmassen105Flüsse und Seen.zuführen, so wäre eine künstliche Vertiefung des Bettes ein unnützes Bemühen. Der Chikuma-gawa oder Oberlauf des Flusses fliesst meist durch hara oder Wald und hat sein Bett in graue Lava und Aschen - massen stellenweise tief eingeschnitten. Nur im unteren Laufe, vor der Einmündung des Sai-gawa, erweitert sich das Thal zu einer ansehnlichen bevölkerten Ebene, Tako-tani genannt, welche man von dem höher gelegenen Zenkoji im Westen aus überblickt. Die Städte Komoro und Uyeda, über welche von Oiwake aus der Hok - koku-kaidô führt, liegen in einiger Entfernung von seinem rechten Ufer; der Nakasendô überschreitet ihn beim Orte Shionada etwa mittewegs zwischen seiner Quelle und der 32 ri (17 g. M.) abwärts gelegenen Mündung des Sai-gawa. Dies ist sein bedeutendster Neben - fluss und das ganze Jahr hindurch wasserreich. Derselbe bezieht fast alles Wasser von der Ostseite des Shinano-Hida-Schneegebirges und führt es nordwärts dem linken Ufer des Chikuma-gawa zu. Torii - tôge, fast in der Mitte zwischen Tôkio und Kiôto am Nakasendô gelegen, scheidet sein System von dem des Kiso-gawa. Von hier aus bis zur Station Seba führt der genannte Weg im schönen oberen Thale des Flusses hin, dann trennen sich beide; an der Stadt Matsu - moto vorbei und durch manchen ansehnlichen Zufluss verstärkt, fliesst der Sai-gawa nordwärts.
Der Unterlauf des Shinano-gawa führt durch die fruchtbare Ebene von Echigo. Hier empfängt er auf der rechten Seite bei Kawaguchi seinen zweitgrössten Nebenfluss, den Ono-gawa, welcher an der Grenze von Echigo und Kotsuke am Eboshiga-take entspringt.
Sechs ri nördlich von Niigata mündet bei dem kleinen Städt - chen Matsugasaki der Aga-gawa, welcher viel wasserärmer als der Shinanofluss und nur 12 ri (6½ g. M.) aufwärts für Boote befahrbar ist. Mit dem Shinano-gawa steht er nahe der Küste durch den Shin - kawa und weiter landeinwärts durch den Kua-gawa in Verbindung. Er führt die Gewässer der fruchtbaren Aidzu-taira, welche den Gebirgen rings um dieselbe entströmen, dem Meere zu.
Die entferntesten Quellen liegen nahe der Grenze von Shimotsuke und Kotsuke, wo das Gebirge von Nikkô und seine Ausläufer die Wasserscheide bilden zwischen dem Stillen Ocean und dem Japanischen Meere. Auf Sano-tôge entspringt der Aidzufluss oder Ô-kawa und nimmt seinen Lauf nach Norden mitten durch die Aidzu-taira und in grösserer Entfernung westlich von Wakamatsu. Durch wasser - reiche Zuflüsse von rechts und links beständig verstärkt, nimmt er endlich rechts den Dojima-gawa auf, welcher ihm von Osten her das Wasser des Inawashiro-Sees und einiger ansehnlichen Bäche106V. Hydrographie des Landes.zuführt, und wendet sich hierauf gen Nordwesten. Bald empfängt er von links den Tadami-gawa, der ihn an Länge des Laufes über - trifft. Es ist dies der Abfluss des Ose-no-numa auf der Nord - westseite des Gebirges von Nikkô und nicht weit vom Quellgebiete des Tone, welcher sich später mit einem zweiten ansehnlichen Quell - bache auf der Ostseite vom Akayasu-yama vereinigt. Beim Orte Tsu-gawa ändert der Ô-kawa seinen Namen, durchschneidet eine Meile weiter das Grenzgebirge von Echigo und macht hier, eingeengt durch steile Felsen, eine Anzahl Stromschnellen, über welche indess Boote von Tsugawa aus gelenkt werden, so dass man den Weg von 18 ri (9½ g. M.) nach Niigata in einem Tage zu Wasser zurücklegt, auf den man sonst mindestens doppelt so viel Zeit verwenden müsste. Bald nach dem Eintritt in die Provinz Echigo nimmt der Tsu-gawa den Namen Aga-gawa an und sendet einen Arm rechts gen Nord - westen ab, der in seinem Unterlaufe sowohl mit dem Hauptflusse, als auch mit dem weiter nördlich mündenden Ara-kawa durch Canäle in Verbindung steht. Im Gebiete des unteren Shinano-gawa und Aga-gawa befinden sich auch eine Anzahl flacher Süsswasserseen, so der Fukushima-gata, Yora-gata, Toyano-gata und mehrere andere.
Im südlichen Echigo ist der Seki-gawa, an welchem Takata liegt und der wenige ri weiter nördlich bei Imamachi und Kuroi mündet, noch als Abfluss des Sees von Nojiri zu erwähnen; endlich auch noch weiter südlich der Hime-gawa, welcher in Shinano an der Ostseite des Schneegebirges entspringt und sich nordwärts an dem kleinen ehemaligen Schlosstädtchen Itoyegawa vorbei zum Japani - schen Meere wendet.
3. Der dritte unter den Sandai-ka, der Kiso-gawa, entspringt, wie schon angedeutet wurde, nicht weit von dem Saigawa und Torii - tôge in Shinano. Der linken Seite des reizenden Thales entlang, welches sein Oberlauf in südwestlicher Richtung hier bildet, folgt der Nakasendô, dann nach dem Uebergang in die Provinz Mino erweitert und vertieft sich sein Bett mit der Aufnahme ansehnlicher Neben - flüsse von der rechten Seite her. Unter diesen sind namentlich her - vorzuheben:
Der Hida-gawa. Derselbe heisst in Hida Masuda-gawa und hat seine Quellen in einem grossen Sumpfe am Norikura des Schneegebirges, von wo er einen südöstlichen Lauf nimmt und in Mino bei Ota, kurz bevor der Nakasendô von der linken Seite des Kiso-gawa auf die rechte dauernd übertritt, mündet. Hier beginnt der Unterlauf des Hauptflusses und die reichbewässerte, höchst frucht - bare Alluvialebene von Mino, Owari und Theilen der Provinz Ise.
107Flüsse und Seen.Der Gujo-gawa entsteht bei Hachiman aus der Vereinigung des Kaminoho-gawa, welcher oberhalb Shirotori am Dainichi - ga-take entspringt, und des von der Grenze von Hida im Osten kommenden Miyogata-gawa. Von Hachiman aus hat der Gujo - gawa mit dem Hidafluss im wesentlichen parallelen Lauf. Nachdem er durch den Makida-gawa auf der rechten Seite und andere Bäche verstärkt wurde, fliesst er rechts an den Städten Kodzuki und Gifu vorbei, wo er schiffbar wird, zur Mino-Ebene.
Der Roku-gawa, welcher in der nordwestlichen Ecke von Mino an der Grenze von Echizen entspringt, im allgemeinen eine südliche Richtung verfolgt und sich im Unterlaufe dem Gujo-gawa so nähert, dass hier verschiedene, theils künstliche, theils natürliche Verbindungen zwischen beiden vorkommen.
Bald nach Aufnahme des Hidaflusses bildet der Kiso-gawa in einem gen Nordwesten gerichteten Bogen die Grenze zwischen Mino und Owari und dann, indem er sich südwärts wendet, zwischen letz - terem und Ise, wo er auch bei der Stadt Kuwana unter Deltabildung in das Ise-no-umi mündet.
Der zweite, viel kleinere Fluss von Owari, dessen Mündung etwas mehr östlich liegt, der Shônai-gawa, ist besonders desshalb be - merkenswerth, weil in einiger Entfernung von seinem linken Ufer das zu Boot erreichbare industriereiche Nagoya sich ausbreitet.
Die bedeutendsten Flüsse der Insel Honshiu ausser den Sandai-ka, dem Sumida-gawa und Aga-gawa sind:
a. auf der Seite des Stillen Oceans: Kitakami-gawa, Abu - kuma-gawa, Fuji-kawa, Tenriu-gawa und Yodo-gawa.
b. auf der Seite des Japanischen Meeres: Mogami-gawa und Omo-gawa.
Der Kitakami-gawa entspringt nördlich vom 40. Parallel bei Yabukawamura in Nambu und fliesst in viel gewundenem, 73 ri (38½ g. M.) langem Laufe gen Süden, wo er unter 38° 26 'N. und 141° 15' O. Gr. beim Städtchen Ishinomaki in die Sendaibucht mündet. An seine Quellen knüpft sich die Geschichte des Hachiman-Taro - Yoshiiye, eines berühmten Helden, der von Kiôto gegen die Yezo oder Ainos geschickt wurde. » Sein Heer verschmachtete vor Durst, da bat er die Götter um Hülfe, stiess mit seinem Pfeil an einen Fels, und siehe, da kam Wasser in Fülle hervor und wurde die Quelle des grossen Kitakami-gawa «.
Das Thal des Kitakami bietet sehr schöne Landschaftsbilder, ist reich bewässert und eines der fruchtbarsten im Norden des Landes. Gen Westen fällt der Blick auf die lange beschneiten Gipfel der hohen108V. Hydrographie des Landes.Centralkette und ihre vulkanischen Vorberge; nach Osten auf die Höhen der Wasserscheide zwischen dem Flusse und dem Stillen Ocean. An der Grenze von Sendai und Nambu, bei Ishinoseki am Ôshiu - kaidô, treten die Berge von beiden Seiten nahe an den Kitakami heran und engen auf längere Strecken sein Thal ein, dann, nachdem dasselbe sich wieder etwas erweitert hat, findet etwa 4 ri (2⅕ g. M.) nördlich von Ishino-maki eine Bifurkation des Flusses statt, indem ein Arm unter dem Namen Oiba-gawa sich ostwärts wendet und direkt in den Stillen Ocean fliesst. Unter den zahlreichen Nebenflüssen des Kitakami kommen die meisten und wasserreichsten vom centralen Gebirgszuge auf der rechten Seite. Der bedeutendste Ort in seinem Gebiete ist Morioka, die Hauptstadt von Nambu (Iwade-ken) am linken Ufer, bis wohin der Ôshiu-kaidô sich von Sendai aus auf der rechten Seite hält und wo seine Schiffbarkeit beginnt, welche für den Ver - kehr von grosser Wichtigkeit ist. So wird z. B. alles Kupfer von dem berühmten Bergwerke Osarisawa in der Nähe von Kadzuno, 24 ri (13 g. M.) nordwestlich von Morioka, von hier in Booten weiter be - fördert.
Westlich vom Kitakami mündet bei Nobiru ein kleiner Fluss, der Naruse-gawa, in die Sendaibucht. Sein Thal bildet den süd - lichen Rand der unteren Ebene des Kitakami, welche von der grossen, fruchtbaren Sendai-Ebene gen Süden durch einen breiten, flachen Landrücken abgeschlossen ist, dessen hoch gelegene Theile Busch - wald und Kiefern bedecken, während der Reisbau sich auf die engen Thälchen beschränken muss.
Die Ebene von Sendai, benannt nach der grössten Stadt des nörd - lichen Nippon, welche am rechten Ufer des kleinen Shoshi-gawa, 4 ri (2⅕ g. M.) von der Küste, liegt, bringt Reis und Hanf in Ueber - fluss hervor. Verschiedene Küstenflüsschen und im südlichen Theile der grosse Abukuma-gawa versorgen sie mit Wasser.
Etwa 45 ri (23½ g. M.) nordwärts von Tôkio, wo ein von der Centralkette gen Osten verlaufender Höhenzug das Kuwantô abschliesst und zum letzten Mal den Blick rückwärts auf den fernen Fuji gewährt, entspringt am Ôkuma-take und Yasutsuki-yama, nahe der Grenze von Aidzu, Shimotsuke und Iwaki, der Abukuma. Der Ôshiu - kaidô überschreitet ihn bei der Stadt Shira-kawa, 50 ri (26½ g. M.) von der Landeshauptstadt, und bleibt dann immer zu seiner Linken. Bis dahin ist sein Lauf ostwärts gerichtet; er wendet sich nun nach Norden, endlich wieder nach Osten, wo er jenseits des 38. Breitegrades bei Arahama mündet. Hier und meilenweit aufwärts hat er 180 — 250 Meter Breite, doch keine grosse Tiefe. An seinem linken Ufer liegt in109Flüsse und Seen.seidenreicher Gegend 70 ri (37 g. M.) nördlich von Tôkio die an - sehnliche Stadt Fukushima.
Der Fuji-kawa entsteht aus der Vereinigung des Fuyefuki - gawa mit dem Kamanashi-gawa. Mit diesen Quellflüssen, von denen der Fuyefuki-gawa noch durch den Arai-kawa und Nik-kawa verstärkt wurde, bewässert er die Ebene von Kôshiu und umgürtet in einem weiten Bogen auf der Nord - und Westseite den Fuji-no - yama. Seine Gewässer bezieht er aus den hohen Randgebirgen der Provinz Kai und führt sie am Tô-kaidô bei Yui in die Suruga-nada. Da im unteren Theile des Flusses die Berge zwischen Suruga und Kai sein Thal einengen und er mit ansehnlichem Gefälle der Küste zueilt, so wiederholt sich hier noch einmal das weite Geröllbett, welches seinen Oberlauf südlich des Yatsuga-take begleitet, und macht ihn für die Schifffahrt ungeeignet.
Der grösste Fluss längs des Tô-kaidô ausser dem Kiso-gawa ist der Tenriu-gawa. Seinen Quellbezirk bildet der See von Suwa in Shinano, welcher am Naka-sendô zwischen die Flussgebiete des Chikuma und Saiga tritt. Im Suwa-ko sammelt sich das Wasser der Bäche von der Südwestseite von Wata-tôge, Tateshima-yama und anderen Bergen und fliesst dann gen Südwesten als Tenriu-gawa ab. Dieser fliesst in einiger Entfernung an den Städten Takata (links) und Iida (rechts) vorbei durch das südwestliche Shinano, geht dann nach Tôtomi über und mündet nach einem Laufe von etwa 55 ri (29 g. M.) zwischen Mitsuke und Hamamatsu unter Deltabildung in die Tôtomi - nada. Der grössere Arm wird vom Tô-kaidô auf einer 153 ken (280 Meter) langen Holzbrücke überschritten; das ganze Geröllbett ist aber 710 ken (1710 Meter) breit und weist auf Granit und altes Schiefergebirge als Ursprung hin.
Der Yodo-gawa stellt eine leichte Verbindung der beiden west - lichen Hauptstädte Kiôto und Ôsaka her. Er ist der Abfluss des grossen Biwa-Sees, beginnt unterhalb Ôtsu und fliesst in süd - westlicher Richtung der Bucht von Ôsaka an der Idzumi-nada zu. Seinen Namen nimmt er vom Städtchen Yodo am linken Ufer und dem rechten des Kidzu-gawa, der hier mündet. Weiter oberhalb heisst er Uji-gawa nach Uji-gori, dem berühmten Theedistrikte der Provinz Yama-shiro, den er durchfliesst. Hier liegt an seinem rechten Ufer nur eine Stunde oberhalb Yodo die Stadt Fushimi, ein Vorort von Kiôto, und ihr gegenüber der umfangreiche Sumpf Sawada.
Trotzdem der Fluss seicht ist und Sandbänke oft die Schifffahrt stören, unterhält man doch abwärts bis zu seiner Mündung mittelst flacher Dampf - und Ruderboote eine lebhafte Verbindung mit Ôsaka. 110V. Hydrographie des Landes.Zahlreiche Canäle und Arme des Yodo-gawa durchschneiden die frucht - bare Ebene im Unterlaufe und das brückenreiche Ôsaka, wo der Name Uji-gawa für einen der Arme zurückkehrt.
Der bedeutendste linke Nebenfluss ist der schon erwähnte Kitsu - gawa von Südosten, welcher dem Yodo-gawa vorzugsweise den Sand und Schlamm zuführt. Er heisst in seinem Oberlaufe, wo er die Bäche von Iga, der Hauptheimat des Riesensalamanders, sammelt, Koto-gawa.
Yodo gegenüber mündet unterhalb Fushimi der Katsura-gawa. Derselbe kommt von Norden aus Tamba, fliesst auf der Westseite von Kiôto vorbei und nimmt dann in der Nähe von Fushimi den Kamo-gawa auf, welcher durch den östlichen Theil von Kiôto führt.
Der Mogami-gawa ist ein breiter, aber seichter Fluss, welcher die Gewässer der Provinz Uzen an der linken Seite der Stadt Sakata vorbei zum Japanischen Meere führt und an der Grenze von Aidzu seine Quellen hat. Er kommt vom Adzuma-yama und heisst in seinem Oberlaufe, wo er die Ebene von Yonezawa durchfliesst, Matsu-kawa. Nach dem Eintritt in die grössere Ebene von Yama - gata ändert er den Namen und zugleich die bisher nördliche Richtung allmählich in eine westliche.
Der Toshima-gawa heisst in seinem oberen Laufe Omo - gawa, entspringt an der Grenze von Uzen und Ugo, durchfliesst letzteres in nordwestlicher Richtung und mündet unterhalb Akita ins Japanische Meer. Auf der rechten Seite nimmt er den von Norden kommenden Katsu-kawa auf, welcher im Unterlaufe Kami-gawa heisst und zu dem auch der Gebirgssee Tako-gata abfliesst.
Ausser den im Vorstehenden erwähnten grösseren Flüssen der Insel Honshiu mögen hier noch die Namen einiger anderen folgen.
Es fliessen in das Japanische Meer:
Der Ihaki oder Hirosaki-gawa, in dessen Thale Hirosaki liegt, durch Mutsu zum Jûsa-gata im Norden; der Noshiro-gawa im nördlichen Akita, welcher im nordwestlichen Nambu entspringt, seinen Lauf erst nordwärts, dann westlich richtet und im Oberlaufe Yone - tsuru-gawa heisst. Es folgt nun weiter südwärts der Toshima-gawa (im Oberlaufe Omo-gawa genannt, rechter Nebenfluss Katsu-gawa), dann der Mogami-gawa, und nun in Echigo der Ara-kawa, Aga - gawa, Shinano-gawa, Seki-gawa und Hime-gawa. Es folgen weiter südwestlich in der Provinz Echiu der Kurobe, dann der Jintsu und Shira. Der Kurobe-gawa kommt aus dem Herzen des Schneege - birges, wo Hida, Echiu und Shinano zusammenstossen, und zwar vom Goriô-san und Hannoki-tôge. Der Jintsu-gawa fliesst durch den111Flüsse und Seen.südlichen Theil der Stadt To-yama und mündet 2 ri unterhalb. Er entspringt in Hida, dessen Hauptstadt Takayama in seinem Gebiete liegt, und führt hier den Namen Miya-gawa. Vor dem Uebergang nach Echiu nimmt derselbe rechts den Takara-gawa auf, welcher vom Yariga-take kommt und hier beim Orte Hirayu einen grossen Wasserfall macht. Am Haku-san entspringt der Shira-kawa, wendet sich nordwärts durch das westliche Hida und mündet in der Nähe von Takaoka in Echiu. In der Provinz Kaga mündet der ebenfalls vom Haku-san kommende Tetori-gawa, in Echizen bei Mikuni der ansehnliche Funabashi-gawa, an dessen rechtem Nebenfluss Ikeda die Stadt Fukui sich ausbreitet.
In Chiugoku oder den Centralprovinzen (San-indô und San - yodô) gibt es wenige grössere Flüsse. Da die Wasserscheide zwischen dem Japanischen und dem Binnen-Meere sich in grösserer Nähe von jenem hinzieht, fliessen die meisten ansehnlicheren Bäche, worunter mehrere meilenweit schiffbar sind, diesem zu. Hierher gehören der Ichi-kawa in Harima, an dessen rechtem Ufer unweit der Mündung Himeji liegt; der Yoshii-gawa und der Okayama-gawa in Bizen. Beide kommen aus Mimasaka und sind von ansehnlicher Grösse. Der Yoshii-gawa heisst in seinem oberen Laufe Nakasu-gawa, kommt von der Grenze von Hôki und Inaba, ist 29 ri (15⅓ g. M.) lang und 18 ri (9½ g. M.) weit schiffbar. Selbst sein linker Nebenfluss, der Watari-no-gawa in Mimasaka, wird noch eine Strecke weit befahren. Der Fluss mündet unweit Saidaiji in das Binnenmeer. Am Okayama-gawa, der in Mimasaka Nishi-gawa (Westfluss) genannt wird, liegen die Städte Katsuyama und Okayama. Die Provinz Bichiu wird vom Kawabe-gawa und seinen Nebenflüssen bewässert und Bingo vom Tôjô-gawa. Der bedeutendste Fluss in Aki, an dem auch die Hauptstadt Hiroshima erbaut ist, führt den Namen Koya - gawa; in Suwo heisst der ansehnlichste Fluss Iwakuni-gawa nach der Hauptstadt an ihm, und in Nagato ist der Yoshida-gawa am grössten. Zum Japanischen Meere fliessen: der Takasumi-gawa und der Yeno-gawa aus Iwami, der Ichiri-gawa zum Shindji - no-midzu in Idzumo, der Hine-gawa in Hôki, der Karu-gawa in Inaba und der Toyaoka-gawa in Tajima.
Auf der Ostseite des Binnenmeeres mündet zwischen den Städten Osaka und Sakai der Yamato-gawa, welcher im Unterlaufe die Grenze bildet zwischen Setsu und Idzumi; ferner der Yoshino - gawa. Derselbe entspringt auf Odaiga-hara in Yamato, fliesst in westlicher Richtung an Yoshino vorbei und mündet unterhalb Waka - yama in Kii, dessen bedeutendster Fluss er ist.
112V. Hydrographie des Landes.Unter den Flüssen, welche sich direkt in den Stillen Ocean er - giessen, sind ausser den bereits früher genannten noch die bedeu - tendsten: der Otonasi-gawa in Kii, welcher ebenfalls aus Yamato kommt, und an dessen linkem Ufer nahe der Mündung die Stadt Shingu liegt; der Miya im südlichen Ise, welcher der Odaiga - hara entspringt und nicht weit von Yamada vorbei in östlicher Rich - tung dem Meere zufliesst; der Fujiwara-gawa und der Kusida - gawa, zwei Mündungsarme des Kawata-gawa, eines prächtigen Flusses, welcher von der Grenze von Yamato ebenfalls eine wesent - lich östliche Richtung durch Ise nimmt. Auf eine Anzahl kleinerer Flüsse folgt dann der Kiso-gawa. Unter den Flüssen, welche ausser ihm, dem Tenriu, Fuji und Tamaga der Tô-kaidô überschreitet, sind der Yahagi in Mikawa, der Oi an der Grenze von Tôtomi und Suruga, der Numa bei Numadzu und der Baniu in Sagami die bedeutendsten.
Der beträchtlichste Fluss der Insel Shikoku heisst Yoshino - gawa. Sein Quellgebiet liegt in Tosa und Iyo, von wo er in viel ge - wundenem Laufe mit vorherrschend östlicher Richtung durch die Provinz Awa fliesst und unterhalb ihrer Hauptstadt Tokushima unter Delta - bildung an der Linschotenstrasse mündet. Auf seiner Südseite ist die Mündung des kleineren Naga-gawa, welcher sich ziemlich parallel zu ihm hält. Einen südöstlichen Lauf haben die an der Küste von Tosa mündenden Flüsse Miyodo und Tsuno, von denen der erstere am Ishidzuchi-san entspringt und unterhalb Ino drei ri südwest - lich von Kochi endet. Am Unterlaufe des grösseren Tsuno-gawa liegt die Stadt Nakamura. Beide Flüsse kommen aus Iyo und durch - brechen in engen, gewundenen und prächtigen Thälern das Grenz - gebirge, werden aber für Boote schiffbar, sobald sie dasselbe ver - lassen haben.
Von den Flüssen der Insel Kiushiu sind erwähnenswerth: der Chikugo, welcher seine Quellen im östlichen Higo und in Bungo hat, in einem nach Norden gerichteten Bogen durch den nördlichsten Theil der Provinz Chikugo fliesst, endlich zwischen ihr und Hizen die Grenze bildet und in die Bucht von Shimabara mündet. Weiter südlich wird die fruchtbare Provinz Higo vom Takase, Shira und Kuma bewässert, dann folgt in Satsuma der Sendai-gawa. Auf der Ostseite der Insel sind die bedeutendsten Flüsse: der Oyodo - gawa, Se-gawa, Gogase-gawa. Der Oyodo-gawa, welcher seine Gewässer aus den Bergen von Kirishima-yama und südlich davon bezieht und 1 ri unterhalb der Stadt Miyasaki, die an seinem linken Ufer liegt, mündet, heisst höher hinauf beim Städtchen Takaoka113Flüsse und Seen.Akaye-gawa. Unterhalb Sadowara, der bedeutendsten Stadt von Hiuga, mündet der Se-gawa und unterhalb Nobeoka der viel grössere Gogase-gawa.
Im Norden von Kiushiu mündet 2½ ri ostwärts von Funai der Shirataki-gawa, der bedeutendste Fluss von Bungo.
Die ansehnlichsten Flüsse der Insel Yezo sind der Ishikari, Teshio, Tokachi und Tokoro. Im gebirgigsten Theile der Insel, zwischen 43° 40 'N. und 44° N. und etwa unter 143° O. Gr. ist ihr Quellbezirk, von dem aus sie nach verschiedenen Richtungen dem Japanischen und Ochotskischen Meere, sowie dem Stillen Ocean sich zuwenden. Weitaus der grösste und bedeutendste unter ihnen mit dem weitesten und culturfähigsten Thale ist der Ishikari. Länge und Flussgebiet desselben werden mit der Themse verglichen, der Wasser - reichthum ist aber bei weitem grösser. Seine Quellen liegen am Ishikari-yama 43° 40' N. und 143° 20 'O. Gr., von wo er mit unzähligen Windungen eine im allgemeinen südwestliche Richtung einschlägt und nach einem Laufe von etwa 112 ri (60 g. M.) bei dem Städtchen Ishikari in die Bucht von Otarunai (Golf Strogonoff) des Japanischen Meeres mündet. Hier und meilenweit aufwärts ist er zwischen 200 und 280 Meter breit und über der Barre je nach der Jahreszeit 2 — 4 Meter tief. Er durchfliesst eine schöne parkartige Ebene, Kami-kawa genannt, passiert dann in vielen kleinen Schnellen die Schlucht Kamoyé-kotan, worauf sich sein Thal zu einer zweiten Alluvialebene erweitert, in der links an seinem linken Nebenflusse Toyohira und 1½ Meilen von ihm selbst die Hauptstadt Sapporo angelegt wurde. Während der ersten 6 Meilen fliesst er mit starkem Gefälle durch eine Reihe basaltischer oder trachytischer Schluchten, deren Seiten oft senkrecht und von ansehnlicher Höhe sind. Das Bett ist hier besäet mit Felsblöcken, welche viele Schnellen verursachen; hierauf wird die Gegend flacher, das Thal weiter, setzt aber die mäanderartigen Windungen fort und hat auf 6 — 8 Meilen Länge noch verschiedene Begleiter vom Gebirge her, wie Birken, Rho - dodendren und andere Holzgewächse, welche dem Unterlaufe fehlen. Dann folgt die obere Ebene, durch die der Fluss, verstärkt durch ansehnliche Nebenflüsse, sein viel gewundenes Bett eingräbt und in der Treibholz, wie weiter unten, seinen Lauf vielfach hemmt und zu Veränderungen desselben Anlass gibt. Diese Ebene ist 8 — 10 Meilen lang und halb so breit. Mit den blumenreichen Grasflächen wechselt das die Ufer begleitende Weiden -, Erlen - und Eschengehölz, sowie Partieen mit Wallnussbäumen, Eichen und Ulmen. Diese Ebene ist auf drei Seiten von bewaldeten Gebirgszügen begrenzt, und wer imRein, Japan I. 8114V. Hydrographie des Landes.Herbst sie betrat, war entzückt von der Farbenpracht derselben, dem klaren Himmel und tiefen Frieden, welche diese Landschaft um jene Zeit so sehr auszeichnen. Denn wenige Dutzend Ainos sind bis jetzt die einzigen Bewohner dieses Gebietes, so dass die tiefe Stille, welche in ihm herrscht, nur durch das Murmeln einer fernen Schnelle oder durch die Lockrufe von Vögeln und wilden Thieren unterbrochen wird. In Camoye-Gotan (Wohnung der Götter) treten Diorit, Serpentin und alte Schiefer beiderseits an den Fluss heran, engen ihn auf eine Meile weit bedeutend ein und sind die Ursache vieler Schnellen. Bald aber tritt er in die Ebene von Sapporo ein und ist nun ein ansehnlicher Fluss, der ruhig seine Schlangenwindungen durch die Alluvialebene beschreibt und auf dem einmal ein reger Verkehr statt - finden kann, wenn es gelingt, dieses Gebiet einer rationellen Land - wirthschaft zu erschliessen; denn bisher lag die Bedeutung des Ishi - kari nur in dem grossartigen Lachsfischfange, der alljährlich im Herbst an ihm und seiner Mündung betrieben wird. Sein ansehnlichster Neben - fluss in der Sapporo-Ebene ist der Ebets oder Chitose, welcher mit seinem rechten Zuflusse, dem Yubari-betsu, auch das Wasser dreier Seen ihm zuführt.
Weiter nordwärts endet in der Nähe des 45. Parallels der Teshio am Japanisch-Tatarischen Meere. Derselbe durchfliesst in nordwest - licher Richtung die nach ihm benannte Provinz. Den entgegenge - setzten Weg nimmt der Tokachi-gawa, welcher am Tokachi - ga-take nicht weit vom Quellgebiete des Ishikari entspringt und gen Südosten zum Stillen Ocean fliesst, in den er bei Otsuma-mura mündet.
Unbedeutender als die drei vorerwähnten Flüsse der Insel Yezo ist der Tokoro, welcher in östlicher Richtung durch Kitami fliesst und in das Ochotskische Meer mündet.
Die grösseren stehenden Gewässer Japans beschränken sich auf die beiden grossen nördlichen Inseln und füllen theils flache Alluvial - mulden grösserer Flussthäler aus, theils sind es wirkliche Gebirgsseen und als solche meist von einem Wall vulkanischer Berge umgeben, doch keineswegs alte Krater. Ueber die Seen der Insel Yezo ist noch nichts Näheres bekannt geworden. Ausser dem Ô-numa im Nord - osten von Hakodate, der nur ein ausgedehnter Sumpf ist, fehlen selbst die Namen für dieselben. Eine Anzahl der Seen von Honshiu, und darunter die ansehnlichsten, liegen in einer Linie, welche sich gleich weit von dem Stillen Ocean und dem Japanischen Meere hält. Es sind dies der Biwa -, Suwa -, Chiuzenji -, Inawashiro -, Takogata - und Towada-See. Näher der Ostküste treffen wir115Flüsse und Seen.die Seen am Fusse des Fuji-san, den Hakone und die Strandseen im Unterlaufe des Tone-gawa; der Küste des Japanischen Meeres nahe sind der Shindji-no-midzu und die Kata’s in Echigo.
Der Biwa-ko oder Omi-no-kosui ist der grösste und inter - essanteste Binnensee Japans. In der Mitte der Provinz Omi und zwischen den Buchten von Wakasa, Ôsaka und Owari erstreckt er sich etwa 8 Meilen lang von Nordost nach Südwest, wo er bedeutend eingeengt wird und unterhalb Otsu als Uji-gawa abfliesst. An Grösse kommt er dem Genfer See nahe. Der Spiegel seines schönen, grünen Wassers liegt ungefähr 100 Meter über dem des Meeres; die grösste Tiefe soll gegen 100 Meter betragen, ist aber an den meisten Stellen viel geringer. Viele Ortschaften und wohl cultivierte Felder breiten sich ringsum aus, an vielen Stellen allmählich zu bewaldeten Bergen emporsteigend. Ein paar kleine Felseninselchen treten aus ihm her - vor, bewohnt von Cormoranen und Möven, die hier dem Fischfang obliegen. Seegelboote und Dampfschiffchen kreuzen ihn und unter - halten den Verkehr zwischen Otsu, Hikone, Nagahama und anderen Orten an seinen Ufern. Einer alten Sage gemäss wäre der See in einer Nacht gleichzeitig mit dem Fuji entstanden. Seine Umgebungen bilden einen an Geschichte und Sagen reichen Boden. Da sind in einiger Entfernung die langen Rücken des Hiyä-san und Hira-yama auf der Westseite, im Osten der kräuterreiche Ibuki-yama und in grösserer Entfernung das Feld von Sekigahara, wo Iyeyasu 1600 in folgen - schwerer Schlacht seine Gegner vernichtete. Aber auch ganz in der Nähe des Sees sind zahlreiche bemerkenswerthe Punkte, so das weiss getünchte Schloss von Hikone, welches schon aus der Ferne am süd - östlichen Ufer erglänzt, und die berühmte Kiefer von Kurasaki (Kura - saki-no-matsu) dicht am westlichen; die Seto-no-karahashi oder die schöne alte Brücke über den Uji-gawa und die Glocke von Miidera und vieles Andere, was den, der die darauf bezügliche Geschichte kennt, wie den Freund von Natur und Kunst in hohem Grade fesseln kann.
Wenn man von Tôkio aus den Nakasendô verfolgt und endlich in Shinano seinen höchsten Anstieg, Wada-tôge, erreicht hat, erblickt man S. 20° W. ein ansehnliches Seebecken in schönem Kesselthale und weit im Osten davon die Spitze des Fuji-no-yama. Wir haben den Suwa-ko vor uns, den See vom Kreise Suwa in der Provinz Shinano. In seiner Umgebung liegen viele Orte, darunter auch die Städtchen Takashima und Shimonosuwa; durch letzteres führt die Landstrasse, durch ersteres der Weg östlich nach Koshiu. Der Suwa - ko liegt 800 Meter hoch und bedeckt sich im Januar und Februar8*116V. Hydrographie des Landes.mit einer mehr als fussdicken Eiskruste. Der breite Gürtel von Potamogeton und anderen Wasserpflanzen an seinen flachen Ufern weist auf geringe Tiefe hin, und in der That muss man weit durch den schlammigen Boden waten, bevor man auf der Seite von Shimo - nosuwa den Grund verliert. An mehreren Stellen seiner Umgebung treten warme Quellen auf, so in Shimonosuwa. Offenbar war der See früher weit umfangreicher und umfasste einmal auch das schöne Reisland, welches sich auf seiner Westseite ausbreitet. Das Zurück - gehen lässt sich wohl am einfachsten durch eine Vertiefung seines Abflusses, des Tetori-gawa, erklären.
Der Chiuzenji-See oder Nikkô-no-kosui liegt 1340 Meter hoch im Nikkô-Gebirge und ist in wenigen Stunden von dem berühmten Tempelhain aus erreichbar. Es ist ein reizendes, friedlich und ab - geschieden gelegenes klares Wasserbecken mit der schönsten Um - gebung. Ein überaus mannichfaltiger Mischwald bedeckt die ihn einrahmenden Hügel, während auf der Ostseite der Nantai-san zu stattlicher Höhe sich erhebt. An seinem Fusse und an dem Ufer des Sees hin führt der Pfad nach dem 3 ri weiter und mehrere hundert Meter höher gelegenen Schwefelbade Yumoto. Zur Seite des Weges ganz dicht am See ist eine Reihe Theebuden, die nur im Sommer bewohnt sind, dann folgen auf der anderen Seite mehrere Priester - wohnungen und Tempel. Von einem derselben führt der Pfad zum Gipfel des Nantai-san und darf nur mit Erlaubniss des Oberpriesters in Nikkô betreten werden. Japaner übertreiben die Dimensionen des Sees, wenn sie seine Länge von Ost nach West zu 3 ri, die Breite zu 1 ri, die Tiefe aber gleich der Höhe des Nantai-san angeben. Dass er übrigens ansehnlich tief ist, lässt sich aus seiner ganzen Be - schaffenheit und Umgebung, sowie aus dem Umstande schliessen, dass seine Oberfläche trotz hoher Lage nie zufriert. Ein Daimio von Mito hat ihn Setsu-ro-ko, d. h. klaren Schneewassersee genannt. Sein Abfluss, der Daiya-gawa, bildet gleich nach seinem Austritt aus dem See den Kegon-no-taki. In 2 Absätzen stürzt er hier 125 Meter hoch mitten in einer Waldschlucht über doleritische Laven hinunter. Der See von Chiuzenji beherbergt keine Fische; dasselbe soll der Fall sein mit den vielen kleineren Seen und Teichen im Ge - biete des Nikkô-Gebirges.
Verschiedene Flüsse der Aidzu-taira sind, wie dies schon früher hervorgehoben wurde, die Abflüsse von Seen, unter denen der Kose - numa, der Tsuru-numa und vor allem der Inawashiro-no - kosui oder Inonaë-ko hervorzuheben sind. Dieses beträchtliche Wasserbecken, benannt nach einem Städtchen auf der Nordseite, be -117Flüsse und Seen.deckt etwa 2 Quadratmeilen und liegt 560 Meter hoch nordöstlich und wenige ri von Wakamatsu. Die Berge, welche den tiefen und fischreichen See umgeben, sind meist bewaldet und nur 150 bis 200 Meter höher. Weit über sie hinweg ragt auf der Nordseite der Ban - tai-san empor. Der See soll im Winter nicht zufrieren. Auf dem Quarzsande an seinem westlichen Ufer fand ich eine kleine Corbicula in Menge und im Oberlaufe seines Abflusses, des Dojima-gawa, den schönen Unio Dahuricus Schrenk.
Ostwärts von Akita liegt nicht weit von der Station Obonai und im Norden des Weges, welcher über Kunimi-tôge nach Nambu und Morioka führt, der von Bergen umwallte Tako-gata. Er soll 1 ri im Quadrat messen und ist von mehreren Stellen des Weges von Obonai zur Passhöhe sichtbar. Nach der Lage zu schliessen, hat auch dieser See eine ansehnliche Tiefe. Der Towada-numa in Mutsu, dessen Abfluss der Ôsaka-gawa ist, welcher dem Stillen Ocean zu - fliesst, liegt auf der Ostseite des centralen Gebirgszuges 400 Meter hoch in menschenleerer Gegend, von Urwald umgeben, und hat keine Fische.
Von den Gebirgsseen, welche näher der Ostküste zu finden sind, ist der von Hakone oder der Tôgitsu-no-kosui, auch Ashi-ko genannt, am bekanntesten. Der Tô-kaidô führt südwestlich von Yoko - hama an seinem südlichen Ufer hin. Es ist ein klares, langgestrecktes Gewässer von etwa ½ Quadratmeile und 740 Meter hoch gelegen. Vulkanische Berge, meist unbewaldet, umgeben ihn. Auf seiner Ost - seite erhebt sich der Komaga-take als höchster Gipfel des Hakone - Gebirges, das der Abfluss des Sees, der Haya-gawa, im Bogen umfliesst. In seinem unteren Laufe berührt dieser schöne Bach mehrere der bekannten Hakone-Bäder und fliesst dann unterhalb Odawara in das Meer. Aber der See hat auch noch einen künstlichen Abfluss, einen alten Tunnel, durch den ein Theil seines Wassers nach Süd - westen zur Bewässerung der Reisfelder im benachbarten Suruga ge - leitet wird.
Fast in gleicher Höhe mit dem Hakone-See liegen die sieben kleineren Seen am nördlichen Fusse des Fuji-no-yama, unter denen der Mikka-zuki oder See von Yamanaka und der Benten-ko oder Kawaguchi-no-kosui die bedeutendsten sind.
Im Gebiete des Japanischen Meeres liegt der kleine Gebirgssee Fuyô-ko am Hokoku-kaidô zwischen Takata und Zenkoji 650 Meter hoch auf der Südostseite des Ortes Nojiri, nach dem er gewöhn - lich genannt wird. Er füllt die tiefste Stelle einer ziemlich weiten Thalmulde aus, soll sein Wasser aus drei starken Quellen in ihm118V. Hydrographie des Landes.beziehen und sich im Winter mit einer dicken Eiskruste bedecken, so dass die Anwohner über dieselbe hinweg mit einander verkehren können. Sein Abfluss geht als Seki-gawa nach dem Japanischen Meere.
Der seichten Strandseen im Unterlaufe des Tone-gawa, den Pro - vinzen Shimosa und Hitachi angehörend, wurde bereits früher ge - dacht. Der Kasumiga-ura ist der grösste unter ihnen und umfasst nahezu 4 Quadratmeilen. Er hat eine Länge von 10 ri (5, 3 g. M.) und 7 ri (3, 7 g. M.) als grösste Breite, flache bewaldete Ufer und geringe Tiefe. Ostwärts von ihm zieht sich der nur 1 ri breite Nishi-ura weit nach Norden und ist vom Meere durch eine gleich breite, aber 13 ri lange Landzunge, Shika-shima oder Hirschinsel genannt, getrennt.
Zu den Gestade-Seen am Japanischen Meere gehören der Shindji - no-midzu in Idzumo, sowie die Seen im unteren Gebiete vom Shi - nano-gawa, insbesondere der Fukushima-gata. Weiter nordwärts und mehr landein liegt in Uzen der Sumpfsee Ukishima-gata und nahe dem Meere ostwärts der Station Shiogosi der mit Inselchen besäete Zoo-gata.
Das Kapitel über die süssen Gewässer Japans würde unvollständig bleiben, wenn ich nicht auch einiger der berühmten Wasser - fälle des Landes gedenken wollte, Fälle, die an Höhe und Schön - heit der Umgebung sich mit den hervorragendsten in Europa messen können. Das Wasser stürzt bei fast allen über Wände aus altkrystal - linischen oder vulkanischen Massengesteinen. Beim Chiuzenji-See wurde bereits des Falles, welchen der Daiya unterhalb desselben macht, des hohen Kegon-no-taki, gedacht. Aber das Gebirge von Nikkô ist reich an ähnlichen, wenn auch minder hohen Erschei - nungen, und man kann in wenigen Stunden ausser dem genannten noch ein halbes Dutzend sich ansehen, welche linke Nebenflüsse des Daiya bilden. Ich will hier nur noch eines derselben erwähnen, des Uramiga-taki, der an einer überhängenden Doleritwand hinab - stürzt und seinen Namen (von ura, Unterseite, miru, sehen, taki, Fall) dem Umstande verdankt, dass man unter ihm her gehen und ihn von hier aus besehen kann.
Als die schönsten Wasserfälle des Landes werden jedoch die des Natchi-no-taki auf der Südostseite von Kii, eine Meile von dem kleinen Hafen Katsura, angesehen. Nach Capt. St. John stürzt hier das Wasser erst 16 Meter, dann 23 — 25 Meter und endlich 86 Meter hoch herab.
Auch in der Nähe von Kobe sind einige sehr ansehnliche Fälle, wo Bäche an senkrechten Granitwänden herabgleiten. Der bekann -119Flüsse und Seen.teste unter ihnen, nur eine halbe Stunde nordöstlich von der Stadt, heisst Nunobike-no-taki (Fall des hängenden Baumwollzeuges) und hat 18 — 25 Meter Höhe. Wunderbare Erzählungen cursieren in Japan über die Höhe der Wasserfälle in Hida. So soll der Taketani - no-taki an den Quellen des Takara-gawa am Yariga-take 660 Meter hoch sein und der Shiromidzu-ga-taki am Haku-san 675 Meter. Wenn nun auch diese Zahlen durch Europäer noch auf ein beschei - deneres Maass zurückzuführen sind, so zeugen sie doch immer von der ansehnlichen Höhe, welche diese bislang von keinem Fremden geschauten und gemessenen Erscheinungen haben müssen.
Die Japanischen Inseln bilden das langgestreckte östliche Glied des nordöstlichen Monsungebietes, worunter wir die nächsten Grenzländer des Gelben und des Japanisch-Tatarischen Meeres ver - stehen wollen, von Formosa und der Fokianstrasse an bis zur Mün - dung des Amur. Das Klima dieser ganzen Region wird nämlich wesentlich durch die Herrschaft der Monsune geregelt, warmer, feuchter Südwinde im Sommer, kalter, rauher Nord - und Nordwest - winde während des Herbstes und Winters.
Bei der bedeutenden Längenausdehnung des japanischen Reiches und der grossen Verschiedenheit in der orographischen Beschaffenheit kann zwar von einer Gleichförmigkeit des Klimas keine Rede sein, doch beherrscht ein gemeinsamer Zug das ganze Gebiet und insbe - sondere die vier grossen Inseln. Die Witterungserscheinungen Japans spiegeln nämlich das Klima des benachbarten Continentes wieder, indem sie uns einen feuchtheissen Sommer und einen langen, verhält - nissmässig kalten und heiteren Winter zeigen. Aber die Umgebung des Meeres und insbesondere die warme äquatoriale Strömung des - selben, der Kuro-shiwo und sein westlicher Zweig, die Tsushima - Strömung, bewirken eine beträchtliche Abschwächung jener continen - talen Extreme und lassen den Monsunen keineswegs die ungetheilte Herrschaft. Sie bewirken insbesondere kühlere Sommer und viel mildere Winter, sowie mehr Feuchtigkeit während des ganzen Jahres, als sie den Ländern auf der Westseite des Gelben und des Japani - schen Meeres zu Theil werden. Immerhin aber sind die klimatischen Gegensätze zwischen Sommer und Winter auch in Japan sehr gross, und wer im Winter zum ersten Mal dieses Land betritt, nachdem er wenige Wochen zuvor die milden Gestade Californiens unter annähernd121VI. Klima. Allgemeiner Charakter desselben. Temperatur.gleicher Breite verlassen, oder unter den tropischen Regen des Küsten - gebietes von Malakka geschwitzt hat, ist nicht wenig durch die niedrigen Temperaturen und die rauhen nordischen Winde überrascht, welche um diese Jahreszeit hier herrschen. Seine Vorstellungen vom Klima eines Landes, wo im Winter die Camellie im Freien blüht, wo Bambusrohre Stämme von 20 Meter Höhe und 45 Centimeter Um - fang entwickeln, ja, wo noch eine Palme fortkommt und stellenweise sogar noch Zuckerrohr gebaut wird, waren unstreitig andere. Was er auch über die grossen Gegensätze des Continentalklimas von China und Sibirien gehört und gelesen haben mag: er wendet es auf Japan schwerlich an. Indem er seine südliche Lage in Betracht zieht, ist er eher geneigt, an die milden Mittelmeerländer zu denken und an einen steten Sommer, der wenigstens in einzelnen Theilen derselben herrscht. In der That, wenn das Klima Japans nur von der Stärke der Be - sonnung abhinge, könnte man kaum begreifen, wie dasjenige seiner Hauptstadt Tôkio von dem der Insel Malta, unter gleicher Breite, so abweichen könnte, oder wie es möglich ist, dass Nagasaki im Winter zuweilen Schnee und Eis und eine Durchschnittstemperatur von nur 6,3°C. hat, während in dem nur wenige Minuten südlicher gelegenen Funchal auf Madeira das Thermometer während derselben Zeit nicht unter 12°C. sinkt, im Mittel aber 15 — 16°C. hoch steht.
Alle Gebirge Japans sind den Winter über in tiefen Schnee ge - hüllt; von manchen Bergen verschwindet er nur in besonders günstigen Sommern vollständig, und selbst die nur wenig über 1200 Meter sich erhebenden Schieferrücken der Insel Shikoku, die doch vom Kuro - shiwo bespült und durch die Gebirge des benachbarten Honshiu einigermassen gegen die rauhen Nordwinde geschützt wird, zeigen noch bis zum April ihre weissen Hauben.
Im Westen von Yokohama erblickt man wie einen riesigen um - gekehrten Fächer den majestätischen Fuji-no-yama, dessen Gipfel pfirsichblüthroth erglänzt, wenn die ersten Morgenstrahlen ihn treffen, oder rein weiss, wie ein mächtiger Zuckerhut, wenn am klaren Wintertage die Sonne höher steigt. So sehr er auch absticht gegen das Dunkel der mit Nadelholz bestandenen näheren Hügel, so ist doch das ganze Landschaftsbild rings um uns her ein durch - aus winterliches. Graubraun und dürrer wie bei uns sieht der Rasen aus, entblättert stehen die Obstbäume da, und die Pfützen im kahlen Reisfelde, der Tummelplatz wilder Enten, Gänse und Becas - sinen, bedecken sich Nachts nicht selten mit einer Eiskruste, die allerdings in der Regel den warmen Strahlen einer hochstehenden Mittagssonne nicht zu widerstehen vermag. Ausnahmsweise und nach122VI. Klima.langen Intervallen kommt es jedoch noch in Yokohama und Tôkio vor, dass diese Eisdecke über den seichten stehenden Gewässern viele Tage lang bleibt und durch die sich allnächtlich wiederholenden Fröste eine ansehnliche Dicke erlangt. So war es Mitte Januar 1878, wo die Fremden den Eingeborenen das noch nicht gesehene Schlitt - schuhlaufen zeigen konnten Am 13. Januar desselben abnormen Winters und an den folgenden Tagen erlebten Hiogo, Kumamoto und andere Orte des südlichen Japan einen Schneesturm, wie er seit 70 Jahren nicht vorgekommen sein soll. In der Provinz Higo bedeckte der Schnee Berichten zufolge 1,6 — 1,8 Meter hoch das flache Land und verhinderte mehrere Tage hindurch den Verkehr, und selbst im warmen Satsuma hatte die Natur ein ungewöhnlich dickes und dauerhaftes weisses Kleid angelegt.
Die Monsunwechsel fallen nicht vollständig mit den Aequinoctien zusammen; insbesondere steht der grösste Theil des September schon ganz unter der Herrschaft der nördlichen Luftströmung, welche um diese Zeit aus naheliegenden Gründen noch nicht den rauhen Cha - rakter hat, wie später in den eigentlichen Wintermonaten. Die Ueber - gangszeiten zwischen Winter und Sommer sind im Norden kurz und verlängern sich gen Süden mehr und mehr auf Kosten des Winters. Ein meist heiterer Himmel und mehr noch eine genügend milde, er - frischende Luft machen allenthalben die Herbst - und Frühjahrszeit zur angenehmsten des Jahres. Der Sommer ist endgültig vorbei, wenn im October in den Tempelhöfen und Hainen die gelben Icho - blätter (Ginkgo), vom Morgenthau geknickt, langsam zu Boden fallen und das Laub des Momiji (Acer polymorphum) wieder die scharlach - rothe Färbung zeigt, mit der es im Frühling erschien. Es ist die Zeit der Reisernte und der Bestellung der Felder mit Winterfrüchten. Der Fuji-san erscheint schon wochenlang im neuen Winterkleide, und auch die höchsten Gipfel weiter nordwärts, wie der Itoyo-san, Chô - kai-san, Ganju-san und Iwaki-san, erhalten schon Anfangs October weisse Hauben. Einen Monat später sind die Gebirge des ganzen nördlichen Gebietes dauernd in Schnee gehüllt.
Der Uebergang in den Sommer fällt in den Monat April; denn im März sind nicht bloss Nachtfröste und vorübergehender leichter Schneefall keineswegs unerhörte Dinge, sondern die Temperatur ist durchweg noch so niedrig, dass von einem Wiedererwachen der Natur noch nicht gut die Rede sein kann.
Der japanische Winter ist sonach ein langer und dauert im mitt - leren Theile des Landes 5 — 6, auf Yezo sogar 7 Monate, aber er ist nicht streng zu nennen: denn selbst zu Hakodate und zu Sapporo123Allgemeiner Charakter desselben. Temperatur.auf Yezo sinkt das Thermometer nur ausnahmsweise einmal auf — 16°C., wie aus den angefügten Tabellen weiter ersichtlich. An den Küsten - plätzen, mit Ausnahme der Insel Yezo, sind Frosttage, d. h. Tage, an denen während 24 Stunden das Thermometer nicht über 0° steigt, eine grosse Seltenheit und kommen südlich des 36. Breitegrades wohl kaum noch vor.
Monsune und Meeresströmungen sind, wie schon hervorgehoben wurde, neben der Insolation und orographischen Beschaffenheit der japanischen Inseln die wichtigen Factoren, von denen der Charakter ihres Klimas vornehmlich abhängt. In seinen Hauptzügen hierdurch zwar feststehend, hat das Wetter dieses Gebietes im übrigen keines - wegs Jahr für Jahr denselben normalen Verlauf, ist vielmehr grossen Schwankungen unterworfen, wie dies auch bei den verschiedenartigen und sich theilweise widerstreitenden Einflüssen leicht erklärlich ist. Desshalb können auch hier nur vieljährige Beobachtungen, die bis jetzt nur von wenigen Orten vorliegen, zur Feststellung sicherer Durchschnittswerthe führen, auch wenn wir nicht gewillt sind, den periodischen Veränderungen der Sonnenscheibe einen so grossen Ein - fluss auf viele irdische Erscheinungen einzuräumen, wie er von den weitgehenden Vertretern der Sonnenfleckentheorie behauptet wird.
Bisher hat man nur an wenigen Orten Japans über den täglichen Gang der Temperatur zuverlässige Beobachtungen angestellt. Es er - gibt sich aus denselben aber die wichtige Thatsache, dass hier wie im übrigen nordöstlichen Monsungebiete die Zeit, während welcher die Temperatur über dem Mittel steht, um etwa zwei Stunden kürzer ist, als diejenige, während der sie den mittleren Stand nicht erreicht. Im Sommer liegt nämlich das Minimum zwischen 2 und 3 Uhr Morgens, im Winter gegen 3 Uhr, im Frühling um 4 Uhr und im Herbst gegen 5 Uhr, während das Maximum fast das ganze Jahr hindurch in die Zeit von 2½ bis 3 Uhr Nachmittags fällt. Die mittlere täg - liche Amplitude ist im allgemeinen geringer, als in den meisten Län - dern unter gleicher Breite. Wie sehr dieselbe indess von dem Feuch - tigkeitsgehalt der Luft abhängt, zeigt die nachstehende Zusammen - stellung der Mittelwerthe derselben in den verschiedenen Monaten zu Yokohama.
Hier entspricht z. B. die geringere Amplitude im Juni, Juli und September mehr dem grösseren Feuchtigkeitsgehalte der Luft und den reicheren Niederschlägen, als dem Grade der allgemeinen Er -124VI. Klima.wärmung. Die grossen Temperatur-Minima folgen fast ohne Aus - nahme, wie bei uns, hellen Tagen und geringem Feuchtigkeitsgehalte der Luft, wie sie im Winter während der Herrschaft nördlicher Winde häufig sind. Nicht selten kommt die grösste Differenz zwischen der Tageswärme und Nachtkühle während einer Woche innerhalb 18 Stun - den vor. Ueberhaupt aber sind die monatlichen Extreme gegenüber den Monatsmitteln sehr beträchtliche, wie dies aus den Tabellen ge - nügend ersichtlich ist.
Nur im Gebiete des Kampferbaumes, auf den Gôtô, im südlichen Kiushiu und in Tosa, sind Winter mit Schneefall die Ausnahme und Frostnächte wenig zahlreich. Doch gefriert selbst in Kagoshima unter 31½° N. das Wasser in den Tuschschalen während des Winters ziem - lich häufig, wobei freilich auch der leichte, luftige Bau der Häuser in Betracht kommt, und nicht weit davon, ebenfalls an der Kagoshima - bucht, pflegt man noch im April die jungen Tabakspflanzen Nachts gegen eine zu starke Abkühlung des Bodens durch Strohdächer zu schützen. Nach den Beobachtungen in Tôkio kommen dort im Jahre durchschnittlich 67 Frostnächte vor, in Sapporo 148, denen sich 35 Frosttage anschliessen. Ihre Vertheilung auf die einzelnen Monate ist folgende:
Eine solche Zusammenstellung gewährt zugleich ein gutes Bild von der Länge und Stetigkeit des Winters, wie er der Insel Yezo zu Theil wird.
Unseren Betrachtungen über den jährlichen Gang der Temperatur in Japan schicken wir nachstehende Vergleichstabelle für eine Reihe Orte des nordöstlichen Monsungebietes voran.
Wenn Ôsaka, wie wir hieraus ersehen, obgleich es um 2⅓° nördlicher liegt als Nagasaki, nicht bloss dieselbe mittlere Jahres - temperatur von 16°C. hat, sondern auch einen nahezu gleichen Gang der Wärme durch die einzelnen Monate, so erklärt dies seine geschützte Lage. Ebenso müssen wir es als eine Folge der Lage ansehen, dass in Nagasaki der Frühling, in Ôsaka der Herbst etwas wärmer ist; denn dort machen sich die Monsunwechsel eher fühlbar als hier.
Bei einem Vergleich der Temperaturen von Yokohama und Tôkio, mit annähernd gleichen Jahresmitteln von 14,3, beziehungsweise 13,8 Grad, zeigt sich durchweg der grössere Einfluss des Meeres bei125Allgemeiner Charakter desselben. Temperatur.Vergleichstabelle für den jährlichen Gang der Temperatur in japanischen Städten und an verschiedenen anderen Orten des nordöstlichen Monsungebietes.
126VI. Klima.ersterem, der seine Winter milder, die Sommermonate aber kühler macht, trotz der geringen räumlichen Entfernung beider Städte.
Bei Niigata überrascht, dass die mittlere Jahreswärme daselbst mit 13,1° derjenigen von Tôkio nur wenig nachsteht und auch in den einzelnen Monaten die Differenzen nicht so gross sind, wie man dies bei der nördlicheren Lage und der grösseren Annäherung an den Continent erwarten sollte. Offenbar bewirken hier das Japanische Meer, die häufige Bewölkung des Himmels und der reiche Schneefall während des Winters den bedeutenden Ausgleich und sind die Ur - sache, wesshalb in dem ganzen westlichen Küstenlande Japans keine hohen Kältegrade vorkommen und Camellie und Theestrauch noch so weit nach Norden reichen. Aus demselben Grunde hat selbst das westliche und südliche Yezo noch milde Winter, in denen eine Kälte von — 16°C. nur selten vorkommt.
Vergleicht man hiermit die Temperaturerscheinungen der be - nachbarten Festlandsküste, so ergeben sich auffällige Differenzen zu Gunsten Japans. Der südliche Theil des letzteren ist um etwa 2° wärmer als die chinesische Küste unter gleicher Breite, aber zwischen Sapporo an der Westküste von Yezo und Wladiwostok unter gleichem Parallel ist der Unterschied noch viel beträchtlicher und beträgt 5,2° aufs Jahr und sogar 20,3° für die drei Wintermonate. So sind auch die Westküsten von Yezo und Sachalin um mehrere Grad wärmer als die Ostküsten. Hier thaut der zwei Fuss tief gefrorene Boden nach Capt. John erst Ende Mai auf und verschwindet der Schnee erst vollständig unter dem Einflusse der hochstehenden Junisonne. Häufige Nebel schwächen überdies den Einfluss der Insolation während des kurzen Sommers auf den Boden, so dass hier eine Cultur desselben wohl für immer ausgeschlossen ist. Das Klima von Yezo und Sachalin ist im Vergleich zu anderen Gebieten der Erde unter gleicher Breite sehr kalt, ebenso das des Amurlandes; der übrige Theil des nord - östlichen Monsungebietes aber hat im Winter negative, im Sommer positive thermische Anomalien. Im eigentlichen Japan (Oyashima) sind also ebenfalls die Winter kälter, die Sommer aber wärmer als sonst in Ländern unter gleicher Breite. Die mittlere Jahreswärme von Tôkio ist 13,8°C. Im Winter sinkt das Quecksilber im Thermometer ausnahmsweise auf — 9°C., im Durchschnitt auf — 5 bis — 6,5°C., im Sommer steigt es auf 35,5°C., so dass die grösste Amplitude 44,3°C. beträgt. Von diesen Extremen kommt jedoch die angeführte Kälte in fünf Jahren kaum einmal vor, während die Sommerhitze eben - falls nur ausnahmsweise und nur an wenigen Tagen 34°C. übersteigt. Von Orten unter annähernd gleicher Breite mit Tôkio (35½° N.) 127Allgemeiner Charakter desselben. Temperatur.hat Canea auf Kreta 18°C. als Jahresmittel, Gibraltar 17,3°C. ; da - gegen führt die Isotherme von Yokohama über Bologna (44° 30 'N.) und Marseille (43° 18' N.). Sehr beachtenswerth ist die niedrige Wintertemperatur in ganz Japan. Sie beträgt in Tôkio 3,6°C. Aber auch März und November weisen mit 6,8° und 9°C. noch eine sehr niedrige mittlere Wärme auf. Das Mittel während der 3 Sommer - monate beträgt 24°C., so dass zwischen Sommer und Winter eine Temperaturdifferenz von über 20° herrscht. Zwischen dem heissesten Monat aber, dem August mit 26,4°, und dem Januar als dem kältesten mit 2,4°C. zeigt sich ein Unterschied von 24°C., d. h. so gross wie in Prag und Pest. Auch die Thermometerschwankungen inner - halb eines Monates sind oft sehr gross, insbesondere im März, wo sie durchschnittlich 24° betragen, während die äussersten Maxima und Minima, welche im Laufe einer achtjährigen Beobachtungsreihe vorkamen, eine noch viel grössere Differenz liefern. Stetig heisses Wetter tritt erst gegen Ende Juni ein und hört gewöhnlich gegen Mitte September auf.
Die Temperaturextreme des Jahres weichen in Niigata nur wenig von denen in Tôkio ab. Vergleichen wir mit den Wärmeverhältnissen in Niigata diejenigen einiger Orte unter gleicher Breite (38°), so finden wir das Jahresmittel für San Francisco mit 13,5°C., für Athen mit 17,7°C. und für Palermo mit 19,5°C. um — 1,3°C., beziehungsweise 4,6°C. und 6,4°C. höher. In Niigata haben Januar und August, als kältester, resp. wärmster Monat, mittlere Temperaturen von 0,9°C. und 26,4°C. In San Francisco dagegen hat der Januar 9,8°C., dagegen der September als wärmster Monat nur 16,2°C. So herrscht hier ausgeprägtes Seeklima, dort nahezu Continentalklima.
Die Isotherme von 8,9°C. verbindet Hakodate (41° 46 'N.) mit Berlin (52½° N.); die Isothere von Hakodate mit 18,5°C. führt aber über Moskau und München, während es mit Breslau und Ray - kiavig dieselbe Isochimene von — 1,3°C. hat. Die Amplitude zwi - schen dem kältesten Monatsmittel und dem heissesten mit — 2,6°C. und 21,4°C., also 24°C., kommt derjenigen von Washington und Tiflis gleich.
Für Nagasaki hat man 16°C. als Jahresmittel, 6,5° als Durch - schnittstemperatur der 3 Wintermonate und 25,1° für den Sommer gefunden, Werthe, die ebenfalls weit abweichen von sonstigen Orten unter gleicher Breite. So führt die Isochimene beispielsweise über das um 11° weiter nordwärts gelegene Montpellier.
Fragen wir aber schliesslich nach den Ursachen all dieser Er - scheinungen, so werden wir wiederum in erster Linie auf die Meeres -128VI. Klima.strömungen hingewiesen. Es bestätigt sich auch in dem nordöstlichen Monsungebiete die Regel, dass warme Klimate den äquatorialen Meeres - strömungen gegen die Pole folgen, während kalte die polaren Gewässer auf ihrem Vorrücken gegen den Aequator hin begleiten.
Als ein weiteres Resultat des Vergleiches der einzelnen Daten obiger Tabelle dürfte hervorzuheben sein, dass die Abnahme der mittleren Sommerwärme mit zunehmender Breite viel geringer ist, als die Zunahme der Winterkälte.
Endlich ersehen wir aus dieser Zusammenstellung, dass an fast allen Orten der continentalen Seite unseres Monsungebietes das Mini - mum der Temperatur in die erste Hälfte des Januar, das Maximum in die zweite Hälfte des Juli fällt, während die ostasiatische Insel - reihe ihre Temperaturminima Ende Januar oder Anfang Februar und die Maxima in der ersten Hälfte des August aufweist. Der Voll - ständigkeit wegen möge hier auch noch die pacifische Küste Nord - amerikas in den Vergleich gezogen werden und eine Zusammenstellung aus einer früheren Arbeit des Verfassers Platz finden*)Die Strömungen im nördlichen Theile des Stillen Oceans und ihre Einflüsse auf Klima und Vegetation der benachbarten Küsten, ein Vortrag, gehalten am Jahresfeste der Senckenberg. naturf. Gesellschaft 1876..
Vergleichs-Tabelle.
Wir erkennen aus derselben den Uebergang des continentalen Klimas der Küste Ostasiens in das Seeklima der pacifischen Küste Nordamerikas, die Abnahme der Jahresamplitude und endlich die Verschiebung der heissesten Zeit vom Juli in Ostasien zum August in Japan und Sitka und auf den September in Fort Vancouver und San Francisco. Die grössere Wärmecapacität des Meeres gegen - über dem Festlande bedingt, dass seine Maximaltemperaturen in den August und September fallen, und diesen Verhältnissen entspricht der129Allgemeiner Charakter desselben. Temperatur. Luftdruck und Winde.Gang der Sommerwärme an der amerikanischen Küste. Die japa - nischen Inseln bilden aber in all diesen Dingen, wie nach ihrer Lage, den Uebergang von Ostasien nach der Westküste Nordamerikas.
Aus dem Innern Japans liegen bis jetzt keine meteorologischen Beobachtungen vor, doch dürften hier trotz der geringen Breiten-Aus - dehnung der Inseln in mehreren Districten die Verhältnisse wesent - lich anders liegen, so namentlich in den hoch gelegenen Provinzen Shinano und Hida. Nicht sowohl die Höhenlage derselben an und für sich, als vielmehr die hohen Randgebirge bedingen eine trockene, heitere Luft und darum beträchtlichere Kälte während des Winters, als im übrigen Lande, womit die Angabe der Eingeborenen im Ein - klange steht, dass der Suwa-ko während dieser Jahreszeit sich mit dickem Eis bedecke und über dasselbe hinweg die Anwohner mit einander verkehren.
Bei der vorwiegenden Abhängigkeit des Luftdruckes von der Temperatur lassen sich aus dem, was über letztere hervorgehoben wurde, schon die Hauptzüge des Barometerstandes erkennen. Die sommerliche Auflockerung der Luft ruft gegenüber dem höheren Druck im Winter Differenzen von etwa 10 mm hervor, während dieselben für China unter gleicher Breite nahezu doppelt so gross ausfallen. Wie bei der Wärme, so sind auch beim Luftdruck die jährlichen Schwankungen in Japan minder gross, als auf dem benachbarten Festlande.
In Tôkio, wo das Jahresmittel 761,6 mm beträgt (nach Knipping berechnet es sich auf 761,1 mm), wird dasselbe in 7 Monaten über - schritten und in den übrigen fünf (Mai, Juni, Juli, August, September) nicht erreicht. Der höchste durchschnittliche Barometerstand fällt in den Januar mit 764,4 mm; ein zweites Maximum weist der October mit 764,2 mm auf, während der Juni mit 758,3 mm mit dem tiefsten Stande erscheint. Wir erkennen daraus, dass ausser der Temperatur noch andere Factoren, wie namentlich der Feuchtigkeitsgehalt der Luft, sowie die Stärke und Richtung des herrschenden Luftstromes hier, wie anderwärts, auf den Barometerstand von wesentlichem Ein - flusse sind und die jährlichen Extreme eben so wenig in umgekehrter Ordnung dem Maximum und Minimum der Temperatur entsprechen, wie die täglichen.
Rein, Japan I. 9130VI. Klima.Einen weit regelmässigeren Verlauf nimmt die jährliche Periode des Luftdruckes in Nagasaki, wo dem niedrigsten Thermometerstande im Januar der höchste Luftdruck mit 766,5 mm, der höchsten Luft - temperatur im August aber der niedrigste Barometerstand mit 755,6 mm entspricht und die Monatsmittel für den jährlichen Luftdruck nur ein Maximum und ein Minimum aufweisen, welche aber vom Jahres - mittel mit ebenfalls 761,6 mm viel mehr abweichen als in Tôkio.
In Hakodate, dessen mittlerer Luftdruck 756,5 mm beträgt, fällt der höchste monatliche mit 760,0 mm in den März, der niedrigste mit 752,7 mm in den Juli. Dies und der niedrige durchschnittliche Stand haben indess nichts Auffallendes. Den erwähnten auffallend grossen Temperaturschwankungen analog sind auch die jährlichen Oscillationen des Luftdruckes sehr beträchtliche. Häufig steigt das Barometer über 770,0 mm, ja zuweilen auf 775,0 mm und darüber und sinkt nicht selten unter 750,0 mm, des Verhaltens bei grossen Stürmen gar nicht zu gedenken. Nicht selten zeigt es die Anomalie, dass es mit den Winden, welche Regen bringen, steigt und stundenlang im Verlaufe eines Regens einen sehr hohen Stand (765,0 — 770,0 mm) bewahrt und erst sinkt, nachdem mit verändertem Winde besseres Wetter einge - treten ist.
Ueber den stündlichen Gang des Luftdruckes liegt nur von De - shima (Nagasaki) eine längere Beobachtungsreihe vor, aus der sich ergibt, dass das tägliche Hauptminimum im Herbste Nachmittags 4 Uhr, sonst aber auf 5 Uhr Nachmittags fällt. Das erste Maximum tritt im Sommer um 2 Uhr ein, im Frühling um 6 Uhr, im Winter um 9 Uhr und im Herbst um 10 Uhr Vormittags.
Die hohen Barometerstände und niedrigen Temperaturen, welche den Winter Japans kennzeichnen und in deren Gefolge ein meist heiterer Himmel erscheint, werden, wie schon früher angedeutet wurde, durch die Herrschaft kalter, nördlicher Winde bedingt. Ihre vorherrschende Richtung ist an den verschiedenen Küsten keineswegs überall dieselbe, und es passt die Bezeichnung » Nordostmonsun « mit Ausnahme der südlichen Inseln nicht mehr. Während der Winter - monate weht zu Wladiwostok und an der ganzen Küste des asiati - schen Festlandes Japan gegenüber vorherrschend kalter, heftiger und Alles durchdringender Nord - und Nordwestwind. Dass die Meeres - Strömungen um die Japanischen Inseln im weiteren Verlaufe dieser Winde ihre Richtung wesentlich beeinflussen werden, dass insbesondere das Japanische Meer dieselbe stark deflectieren muss, wird man ohne weiteres annehmen können. So finden wir denn als vorherrschende Winde im Winter für Hakodate NW. - und W. -Winde auftreten, in131Luftdruck und Winde.Niigata S. -, SW. -, W. - und NW. -Winde, in Tôkio N. - und NO. -Winde, in Nagasaki N. - und NW. -Winde.
In Tôkio dauert der Nordostwind zuweilen eine Woche an und bringt bei hohem Barometerstande schönes, klares Wetter mit leichtem Frost während der Nacht. Seiner Drehung nach O. und SO. folgt gewöhnlich Regen, doch sind Winde aus dieser letzten Richtung im Winter gerade nicht häufig.
Staubstürme, wie sie im Winter China so häufig heimsuchen, kommen in Japan nur selten vor. Doch erlebte ich einen solchen in Tôkio am 4. Februar 1875. Das Thermometer war Nachts auf — 6,5°C. gefallen und erhob sich auch im Laufe des Tages nicht über +4,5°C., das Wetterglas ging gegen 11 Uhr Morgens auf 743,4 mm herunter. Von Norden her wehte ein kalter, heftiger Wind, die Häuser schaukelten bei seinen Stössen, und die Gegenstände an den Wänden vibrierten, wie bei einem starken Erdbeben. Nach wochen - langer Trockenheit war durch ihn der leichte, lockere Staub von Feldern und Wegen zu bedeutender Höhe emporgewirbelt worden, so dass, obgleich der Himmel wolkenleer zu sein schien, von dem - selben keine Spur zu sehen war, mit Ausnahme eines kleinen matt - begrenzten Ringes um die Sonne. Diese selbst schien herabgestiegen zu sein und als eine gelbrothe Kugel im Staubmeere zu schwimmen; ihre Strahlen vermochten die Erde nicht zu erreichen und keine Schatten zu werfen. Die Erde selbst war wie in einen dichten Nebel gehüllt, nur dass das Grau des letzteren sich mit einem eigenthüm - lichen Feuergelb der von oben beschienenen Staubtheile mischte.
Die im Winter auf dem Japanischen Meere herrschenden N. - und W. -Winde wehen hier und an der ganzen Küste mit solcher Heftig - keit, dass die Westküste Japans in dieser Zeit von Schiffen gemieden wird und selbst die Dampfschiffverbindungen, z. B. von Niigata mit Hakodate, unterbrochen werden. Obgleich sie von Asien her über das breite wärmere Meer streichen und hier viel Feuchtigkeit auf - nehmen, machen sie sich doch längs der japanischen Küste als rauhe, durchdringende Winde in empfindlicher Weise geltend, so dass die Bewohner besondere Vorkehrungen gegen sie treffen, wie nirgends sonst im Lande. So sah ich zwischen Akita und Niigata im November 1874 in vielen Küstenorten die Leute damit beschäftigt, längs der Seeseite ihrer Häuser und in 2 — 3 Fuss oder mehr Entfernung von denselben für den Winter aus Balkengerüst Wände zu errichten und die Zwischenräume mit Reisig, Moos und dergleichen auszufüllen.
Vom April oder Mai bis zum September wehen warme südliche Winde. Auf dem Japanischen Meere sind es vorherrschend Südwest -9*132VI. Klima.winde (Südwestmonsune), zu Yokohama und an allen dem Stillen Ocean benachbarten Orten Japans überwiegen dagegen die Südwinde.
Dieser sommerliche Monsun herrscht keineswegs mit gleicher Stärke und Regelmässigkeit, wie die kalten nördlichen Winde des Winters. Calmen wechseln häufig mit leichten, veränderlichen Winden ab, das Japanische Meer ist dabei nicht selten spiegelglatt, und die Schifffahrt geht ihren regelmässigen Gang. In Indien sind die Mon - sune des Sommers die heftigeren, weil um diese Zeit die Unterschiede des Luftdruckes in Folge der sehr starken Erwärmung des Landes am beträchtlichsten sind. Im nordöstlichen Monsungebiete aber ent - sprechen den geringen Unterschieden der Barometerstände über Meer und Land auch schwächere Luftströme. Die Zahl der Windstillen ist jedoch auf dem ganzen Inselgürtel des nordöstlichen Monsunge - bietes ansehnlich kleiner, als auf dem Festlande. An solchen ruhigeren Tagen treiben auch an den Küsten Japans Land - und Seewinde ihr täglich abwechselndes Spiel, während die stärkeren und weiter ver - breiteten Luftbewegungen gewöhnlich diese interessanten, aber be - schränkteren Erscheinungen nicht zur Entwickelung kommen lassen. Ihr Gegenstück bilden die Berg - und Thal - oder Nacht - und Tag - winde, die durch analoge Ursachen hervorgerufen werden. In jung - vulkanischen Gebirgen wehen namentlich die den Tag über gipfel - wärts streichenden Thalwinde besonders stark und führen manche Pflanze dadurch bergan, ja sie sind in Japan das wichtige Mittel, durch welches die Gewächse auf die erkalteten Vulkane gelangten, wie ich dies in einem anderen Theile dieses Werkes noch näher zeigen werde.
Wenn man bei Ostasien von Winden redet, muss man auch jener gewaltigen Drehstürme, der Taifúne*)Das Wort Taifún ist vielfach vom chinesischen tai, gross, und fu oder fung, Wind, abgeleitet worden. Andere haben es sogar mit dem arabischen Worte » tuffan « in Zusammenhang gebracht, während der griechische Ursprung nach der Art, wie z. B. Strabon τυφώνο-εἰδής gebraucht, kaum zu bezweifeln ist., gedenken, welche, den Hurri - canes Westindiens und den Cyclonen des Indischen Oceans nahe ver - wandt, ein Schrecken der Seefahrer und nächst den Ueberschwem - mungen die gefürchtetste Landplage Japans sind. Mit den sonstigen Wirbelstürmen haben die Taifúne das Sichdrehen um ein Centrum, welches dabei selbst beständig mehr oder weniger rasch fortrückt und eine parabolische Curve, die Sturmachse oder Sturmbahn, von Südost durch Süd und West nach Nordwest bis Nordost, oft aber auch nur von West nach Ost beschreibt, gemein. Die Sturmachse wird dabei vom Sturmwinde mehr oder weniger kreisförmig von Süd133Luftdruck und Winde.nach Ost, Nord etc. umströmt, und zwar mit einer Geschwindigkeit und einem Barometerdruck, welche ihr Minimum in der Achse haben (die Geschwindigkeit ist dort stets gleich Null, der Druck sinkt zu - weilen auf 720 — 710 mm) und von da mit der Entfernung zunehmen. Auch blasen die Taifúne wie andere Drehstürme nicht stetig, sondern zeitweise in heftigen Böen und sind dabei stets von starken Regen - güssen begleitet. Letzteres ist so sehr die Regel, dass man in Japan im August oder September, wenn ein anhaltender reicher Regenfall eintritt und noch kein Taifún vorausgegangen ist, einen solchen ziem - lich bestimmt erwartet, da ein oder zwei dieser Stürme erfahrungs - mässig jeden Nachsommer eintreten. Ebenso weiss man, dass um diese Zeit eine längere andauernde Hitze nicht selten mit dem Ein - tritt eines solchen Wirbelsturmes ihren Abschluss findet. Juli, August und September sind die Monate, in welchen diese Winde vorzukommen pflegen; seltener stellen sie sich schon im Juni ein oder verspäten sich bis in den October.
Nach einer Zusammenstellung in H. Mohn’s » Grundzüge der Meteorologie « hat man im Chinesischen Meere von 1780 — 1845 im Ganzen 46 Taifúne beobachtet. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Zahl dieser Winde im angegebenen Zeitraume in Wirklichkeit eine ansehnlich grössere war, da man erst in der Neuzeit das Wehen der - selben richtig erkannt hat und auch die Aufzeichnungen darüber in den Logbüchern mit mehr Sorgfalt geführt werden. Eine Zusammen - stellung aller in den japanischen Gewässern seit der Perry-Expedition wahrgenommenen Drehstürme dürfte von grossem Interesse sein, ist aber bis jetzt nicht versucht worden. Die folgende Uebersicht über das Auftreten der Cyclonen in dem Gebiete des Indischen Oceans und der im Chinesischen Meere wahrgenommenen Taifúne ist Alles, was wir bezüglich der Statistik über diese auffälligen Stürme zu bieten vermögen.
Wir erkennen daraus die wichtige Thatsache, dass diese Dreh - stürme den scheinbaren Bewegungen der Sonne zwischen den Tropen von Süden nach Norden und umgekehrt folgen und in jedem Gebiete am häufigsten auftreten, nicht, wenn die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hat, sondern zwei oder mehr Monate später, wenn das Meer -134VI. Klima.wasser seine höchste Temperatur besitzt und die darauf ruhende Luftschicht besonders reich an Wasserdampf ist. In den kältesten Monaten des Jahres kommen Wirbelstürme fast eben so wenig auf dem Indischen Ocean, wie in dem östlichen Monsungebiete vor.
Die relative Häufigkeit der Taifúne nimmt im allgemeinen vom 38. Breitegrade, der Nordgrenze ihres Auftretens, nach Süden zu, scheint auch auf der Ostseite der Inseln grösser zu sein, als im Westen, und hängt ohne Zweifel mit dem Kuro-shiwo zusammen, dem sie wenigstens theilweise folgen. Die deflectierende Wirkung des Kuro - shiwo und der Tsushima-Strömung auf manche Taifúne hat sich auch wieder bei denen im September 1878 gezeigt, welche E. Knipping im 18. Hefte der Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft einer ein - gehenden und interessanten Untersuchung unterwirft. Nebenbei scheint das Binnenmeer, wenn auch nicht ein Ausgang, so doch ein besonders geeigneter Weg für das Weiterschreiten der mehr südwärts entstehen - den Drehstürme zu sein.
Von den letzten 10 Jahren war der Nachsommer 1874 durch ver - heerende Taifúne besonders ausgezeichnet. Tafel IX gibt die meteoro - logischen Beobachtungen, welche während des Verlaufes eines solchen in Nagasaki angestellt wurden. Derselbe trat in der Nacht vom 20. auf den 21. August ein und richtete in ganz Hizen grosse Ver - wüstungen an. Das Barometer war im Laufe des Tages von 759,0 mm am Morgen bis 6 Uhr Abends um 15,5 mm gefallen; in den folgen - den 6¾ Stunden sank es bis auf 719,8 mm, also im Laufe von 18 Stunden um 39,2 mm oder 1,45 p. Zoll, und stieg dann in den folgenden 9 Stunden wieder bis beinahe zur normalen Höhe. Be - merkenswerth ist ferner, dass die Temperatur bei Ausbruch dieses Taifún hoch war und noch etwas stieg, dass heftige Regen voraus - gingen, seinen Verlauf begleiteten und ihm noch 3 Tage lang nach - folgten. Der Niederschlag während seiner Dauer betrug 57,9 mm und an den drei folgenden Tagen sogar die enorme Menge von 351,8 mm, im ganzen also 409,7 mm oder mehr als 15 p. Zoll. Noch sechs Tage lang nach dem Sturme war der Himmel stark be - wölkt und traten häufig südwestliche Regenschauer ein.
Gross waren die Verheerungen, welche dieser Sturm an den Häusern der Stadt, insbesondere auch auf Deshima, unter den Schiffen im Hafen, sowie auf dem Felde anrichtete, und noch im folgenden Jahre konnte man an vielen Orten seine Spuren verfolgen. Leider war es nicht möglich, das ganze Verbreitungsgebiet dieses Sturmes festzustellen; von dem, was sich noch weiter über ihn ermitteln liess, möge das Wichtigste hier folgen:
135Luftdruck und Winde.Der Dampfer Costa Rica war, während der Taifún im nordwest - lichen Kiushiu wüthete, nur 150 Seemeilen davon entfernt auf seinem Wege von Shanghai nach Nagasaki, ohne die mindesten Anzeigen davon wahrzunehmen. In Yokohama herrschte zur Zeit desselben und am folgenden Tage mässiger Südwind, der Himmel war schwach bewölkt, das Barometer stand auf 756,2 mm und war seit zwei Tagen nur wenig gefallen, das Thermometer zeigte 28°C.
Anders lagen die Verhältnisse im japanischen Binnenmeere und seiner Nachbarschaft. Zwischen Hiroshima in Aki und Onomichi in Bingo, etwa Mitte Weges von Shimonoseki nach Hiogo und unter 33° 20 'N. und 133° O. Gr. trat der Sturm am 21. August 6 Uhr 15 Min. a. m. ein, und zwar von Norden her, drehte sich dann über Ost nach Süd und Südwest, erreichte seine stärkste Entwickelung um 10 Uhr 30 Min. Vormittags und sank gegen 2 Uhr Nachmittags, als der Wind mit abnehmender Stärke von Westen blies. Schon gegen Mittag am Tage zuvor hatte bei Windstille ein andauernder Regen begonnen und dann an Stärke mit dem Sturme zugenommen.
In Hiogo fing das Barometer am 21. August Morgens 1½ Uhr zu fallen an, um welche Zeit eine schwache Briese aus Nordost wehte. Bei Tagesanbruch blies der Wind heftig aus Süden. Er nahm an Stärke zu und entwickelte sich zu einem Taifún, der zwischen 11 und 12 Uhr seine bedeutendste Höhe erreichte, dann liess er rasch nach, und es folgte ihm ein mässiger Westwind. Der niedrigste Baro - meterstand, welcher beobachtet wurde, war 751,0 mm. Aus Allem ergibt sich, dass Hiogo von der Sturmbahn weit entfernt war und verhältnissmässig nur schwach vom Orkan berührt wurde.
In Yokohama machte sich am 13. September desselben Jahres ein Taifún fühlbar, der seine stärkste Entwickelung in Awa und Katsusa östlich der Yedo-Bucht erlangte. Seine Achse ging 25 See - meilen östlich von Yokohama vorüber und beschrieb eine eigenthüm - liche Bahn, welche nebst sonstigen Angaben in dem 6. Hefte der Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft etc. in Yokohama dargestellt ist, und zwar nach den Beobachtungen des Capt. Freiherr v. Reibnitz an Bord der Arkona. Dieser Sturm begann für Yokohama um 6 Uhr Morgens bei 756,0 mm Barometerstand und 21°C. mit Nordwind und hatte um 3 Uhr p. m. seine grösste Stärke erreicht bei 728,5 mm Luft - druck und 24°C. Wärme. Der Sturm war mittlerweile über O. nach S. und SW. gegangen und wehte endlich aus NW. mit abnehmender Stärke bei 25,5°C. und 749,0 mm Barometerstand. In Tôkio stand um Mittag das Barometer auf 727,5 mm. Der Regen war schon seit frühem Morgen und bei nahezu windstillem Wetter in Strömen ge -136VI. Klima.fallen, dann hatte sich der Sturm hinzugesellt und seine Drehung von Nordost bis Nordwest gemacht, aber bei SW. seine grösste Stärke erreicht. Die an diesem Tage niedergefallene Regenmenge betrug 80 mm. Bemerkenswerth ist ferner noch, dass während des ganzen Verlaufes der beiden hier erwähnten Taifúne keinerlei wesentliche Temperaturveränderung, namentlich aber kein Fallen des Thermo - meters beobachtet wurde.
Seitdem Reye in seinem trefflichen Buche: » Die Wirbelstürme, Tornados und Wettersäulen « nachdrucksvoller und überzeugender, als es vor ihm bereits geschehen war, die durch Condensation atmosphä - rischen Wasserdampfes freiwerdende Wärme als die bewegende Kraft und erste Ursache solcher Drehstürme hingestellt und ihre Zuläng - lichkeit mathematisch bewiesen hat, neigen wohl die meisten Meteoro - logen von Fach seinen Ansichten zu. Für dieselben und gegen die Dove’sche, wonach das Eindringen des oberen zurückkehrenden Passats in den unteren die Ursache dieser Erscheinungen sei, sprechen fast alle Thatsachen. Auch haben die Taifúne nichts mit den Monsun - wechseln gemein, denn die Frühlingszeit ist frei davon. Berück - sichtigt man, dass sie gleich den Cyclonen nur in den Monaten vor - kommen, wo das Meer durch eine lang andauernde kräftige Insolation am stärksten erwärmt, die Luft darüber verhältnissmässig ruhig und mit Wasserdampf erfüllt ist, so wird man begreifen, dass irgend eine Störung dieser Verhältnisse, wie das Eindringen eines kälteren Luft - stromes, Wolkenbildung und eine Bewegung in der Luft in verticaler Richtung, alsbald aber auch ein horizontales Herbeiströmen der schwe - reren Luft von allen Seiten stattfinden muss. Die Drehung folgt dann in Folge der Erdrotation und anderer Ursachen von selbst.
Im Einklang mit dieser Ansicht steht folgende Bemerkung des Prof. Ferrel in der Am. Coast-Survey: » Die geringe barometrische Depression, welche der Condensation des Wasserdampfes zu Wasser folgt, bildet den Anfang einer Zuströmung der Luft nach einem Centrum, welche durch die Kreisbewegung der Luftströmung und die Drehung der Erde weitere Stärke und Richtung erhält. Hierin liegt der Anfang und die Ursache der Wirbelstürme «.
Sehr beachtenswerth in dieser Beziehung ist besonders ein Artikel von H. F. Blanford, dem indischen Staatsmeteorologen, in » Nature « 1878 pag. 328 und 329, betitelt: » The Genesis of Cyclones «, aus welchem folgende Stelle hier Platz finden möge: » Wir finden, dass die vorausgehenden Bedingungen für eine Cyclone leichte variable Winde und Windstillen sind mit einem nahezu übereinstimmenden Luftdruck rings um die Küste des Indischen Oceans, und nur im Süden,137Luftdruck und Winde. Hydrometeore.in der Nähe des Aequators, ist eine bemerkenswerthe Bewegung in der Luft, nämlich von Westen her. Unter diesen Umständen fällt der Luftdruck über irgend einem Theile des Bengalischen Golfes, am häufigsten in der Mitte und besonders westlich der Adamanen. Diese Region fallenden Luftdruckes ist charakterisiert durch Ströme von Regen mit Anfangs nur wenig Wind; aber nach ein auch zwei Tagen (zuweilen erst nach mehreren Tagen) dieses Wetters beginnt eine cyclonische Circulation mit einer bemerkenswerthen Einströmung in der Nachbarschaft der Wiege der Cyclone und so entsteht der Sturm « .... » Es wurde zuerst von Elliot die Thatsache bemerkt, dass während des Entstehens einer Cyclone über dem Bengalischen Golf an den Küsten ringsum wenig oder kein Regen fällt «.
Die Erfahrungen und Beobachtungen, welche hier Betreffs der Cyclonen der Indischen Meere niedergelegt sind, gelten, wie man leicht erkennt, auch für die Taifúne. Irrthümlich ist die verbreitete Ansicht bezüglich der letzteren, dass sie stets von Gewittern begleitet seien. Electrische Erscheinungen in der Atmosphäre sind im ganzen östlichen Monsungebiete nicht häufig und werden nur ausnahmsweise bei Wirbelstürmen wahrgenommen.
Wolkenbildung, Feuchtigkeitsgehalt der Luft und Niederschläge, welche wir unter vorstehender Ueberschrift betrachten wollen, haben als meteorologische Elemente für das Klima sehr ungleichen Werth, wenn sie auch in innigem Zusammenhang zu einander stehen und Niederschläge, auf die es uns hier zumeist ankommt, ohne die beiden anderen nicht denkbar sind. Für eine tägliche Periode der Bewöl - kung liegen noch von keinem Orte Japans ausreichende Beobachtungen vor, die jährliche wurde bereits bei Besprechung der Monsune ange - deutet und hervorgehoben, dass im nordöstlichen Monsungebiete die kältere Jahreszeit im allgemeinen den heitersten Himmel hat; doch ist die Jahresamplitude der Bewölkung auf den japanischen Inseln viel geringer als auf dem Festlande, oder mit anderen Worten, der Unterschied der stärkeren Bewölkung während des Sommers gegen - über dem Winter ist bei weitem nicht so auffallend als z. B. in China und Sibirien, und es tritt desshalb auch der Gegensatz des heiteren Himmels im Winter und des bewölkten im Sommer zum Mittelmeer - gebiete, wo das Umgekehrte stattfindet, nicht stark hervor.
138VI. Klima.Die relative Feuchtigkeit ist im allgemeinen im Sommer am beträchtlichsten und im Süden Japans etwas grösser als im Norden. Durchschnittlich beträgt sie 82 % für die warme, 71 % für die kalte Jahreszeit und 76 % für das Jahr. Von der Regel, dass sie gen Süden zunimmt, scheint Hakodate in so fern eine Ausnahme zu machen, als hier im Sommer 85,6 %, im Winter 81 %, im Jahre aber 82 % angegeben werden. Die Beobachtungen daselbst als zuverlässig an - genommen, dürfte diese auffallende Abweichung auf die durch die Tsugaru-Strasse, sowie die von Nordosten herkommende Meeresströ - mung zurückzuführen sein; denn durch die Begegnung beider und die Vermischung kalter und warmer Luftschichten lässt sich hier der höhere Feuchtigkeitsgehalt der Luft eben so leicht verstehen, wie die häufige Nebelbildung.
Was die Menge und Vertheilung der jährlichen Nieder - schläge anlangt, so sind die meisten hierüber bis jetzt gemachten Beobachtungen sehr lückenhaft und schon desshalb ungenügend, weil sie sich über eine zu kurze Zeit erstrecken. Immerhin erkennen wir daraus die wichtige Thatsache, dass diese Niederschläge durchweg beträchtlich und viel ansehnlicher, als auf dem benachbarten Conti - nente, dass sie über das ganze Jahr vertheilt sind, der wärmeren Jahreszeit aber im allgemeinen in viel grösserer Menge zu Gute kommen als der kalten.
Die nachstehende Uebersicht bestätigt das hier Gesagte. Fast allenthalben sind die fünf Monate November bis März relativ trocken; nur auf Yezo scheint eine gleichmässigere Vertheilung der Nieder - schläge auf das ganze Jahr zu bestehen. Auffallend gross ist die Jahresmenge von Tôkio und Yokohama gegenüber anderen Orten. So lange indess nicht mehr Beobachtungen vorliegen und von grösseren Zeiträumen, erscheint es als ein sehr fruchtloses Bemühen, die beim Vergleich der Jahresmengen und ihrer Vertheilung sich ergebenden Differenzen deuten zu wollen; denn bei keinem meteorologischen Ele - mente sind dieselben in den verschiedenen Jahren so gross und be - deutend, als gerade hier. So hatte beispielsweise San Francisco im Jahre 1865 nur 11,73 Zoll Regen, ein Jahr darauf aber 34,04 Zoll, also fast die dreifache Menge, und in Yokohama steht der hier ver - zeichneten Menge von 1794 mm, als Mittel von siebenjährigen Beob - achtungen des Dr. Hepburn, die einjährige des Dr. Mourier mit nur 1058,4 mm gegenüber. Der Nachsommer und Herbst 1878 zeich - neten sich durch besonders reiche Niederschläge aus, und das Land litt in Folge derselben vielfach durch Ueberschwemmungen. In Tôkio betrug nach Knipping die Regenmenge während des September139Hydrometeore.482 mm, und nach einer anderen Quelle fielen gegen die Mitte des Monats in Yokohama 176 mm (6,9″ engl. ) während 30 Stunden, ein seit Menschengedenken nicht dagewesener Fall. Das Wasser der Flüsse stieg um 3 — 5 Meter, trat über die Ufer und verwandelte die Reisfelder in Seen.
Diese Beispiele mögen zur Bestätigung des oben Gesagten ge - nügen, und den ungleichen Werth der nachfolgenden Zahlenangaben erhellen.
Vergleichstabelle der jährlichen Niederschläge in Japan.
Wenn die Temperaturunterschiede während des Winters zwischen Mittelmeergebiet und Japan zu Gunsten des ersteren sprechen, so wird doch dieser Vortheil im Sommer, soweit die Vegetation in Be - tracht kommt, durch die reichen Niederschläge in Nippon mehr als aufgewogen; denn ihre Höhe wird in den Mittelmeerländern nirgends erreicht. Für das mittlere Japan bringt der warme Monsun zwei Hauptregenperioden, im September und Juni, denen sich Theile der benachbarten Monate anschliessen, so dass jede etwa 6 Wochen um - fasst. Die Frühsommer-Regenzeit führt den Namen Niu-bai, d. h. wörtlich Pflaumenreife. Es ist die für den Reisbau wichtigste Periode, während welcher der Regen oft in Strömen niederfällt. Manchmal hält er mehrere Tage ohne Unterbrechung an, ja 1875 regnete es in Iwade-ken (Nambu) unter dem 40. Parallel unaufhörlich vom 2. bis 10. Juli. Alle Flüsse traten aus ihren Ufern, durchbrachen die Dämme, zerstörten Wege und Stege, führten Bäume und Häuser mit sich fort und verwandelten lachende Felder in einförmige Schlammmassen.
Auf Niu-bai folgt Doyo, die Zeit der Hundstage, von Mitte Juli bis Mitte oder Ende August, wo die Menge des Niederschlages be - deutend geringer, die Hitze am grössten ist. Eine zweite und zwar die bedeutendste Regenzeit umfasst den September und einen Theil vom October. Die warmen, mit Feuchtigkeit beladenen Seewinde scheiden dann in Folge der kürzeren Tage und grösseren Abkühlung140VI. Klima.des Landes eine sehr beträchtliche Menge Wasser aus; aber auch der Monsunwechsel an und für sich hat um diese Zeit ansehnliche Niederschläge zur Folge. Die Regenzeit im Frühsommer verspätet sich weiter nördlich mehr und mehr und schliesst sich endlich auf Yezo den Herbstregen an.
In Yokohama und Tôkio steht dem regenreichsten Monat Sep - tember der Januar als trockenster gegenüber. Auf die vier Winter - monate November bis Februar kommen nur 18 %, auf die acht übrigen Monate des Jahres 82 % des ganzen Niederschlages, so dass sich die relativen Mengen für die gleiche Zeit wie 9: 20 verhalten.
Es gibt nur wenige Gebiete der Erde, welche in Bezug auf die Menge und Vertheilung der jährlichen Niederschläge Japan gleichen. Am meisten dürfte das bei den Golfstaaten Nordamerikas der Fall sein, wo der Sommer ebenfalls die regenreichste Zeit des Jahres ist und auch die Regenhöhe derjenigen Japans gleichkommt. So hat Mobile 1626 mm, Baton Rouge 1528 mm, New-Orleans 1295 mm, St. Augustin 1092 mm Niederschlag.
In den Ebenen auf der Seite des Stillen Oceans ist der Schnee - fall unbedeutend. In Tôkio schneit es gewöhnlich 4 — 5 Mal im Januar und Februar und zuweilen im März. Selten ist die Schneedecke stärker als 10 cm und nur ausnahmsweise bleibt sie länger als 2 — 3 Tage liegen.
Ganz anders steht es im Norden und namentlich auf der Seite des Japanischen Meeres und in den Gebirgen. Insbesondere bieten die Provinzen des Hokuro-kudo zwischen 35° und 39° N. bemerkens - werthe klimatische Eigenthümlichkeiten dar. In den Thälern dieser Landschaft hüllt ein tiefer Schnee den Winter über den Boden ein, und es bedeckt ein düsterer Wolkenschleier den Himmel, so dass heitere Tage eine seltene Erscheinung sind. » Es ist, als ob es be - ständig regnen wollte «, drückte sich ein Eingeborener dieser Gegend dem Verfasser gegenüber mit Bezug auf diese Erscheinung aus. Dies gilt vor allem von den Provinzen Kaga, Noto und Echiu, aber auch Echigo, Shônai und Akita theilen im wesentlichen den Charakter dieses Winters.
Ueberraschend ist das verschiedene Aussehen des Himmels auf der Seite des Japanischen Meeres gegenüber dem Gebiete des Stillen Oceans während dieser Jahreszeit. Wenn man z. B. Anfangs December auf dem Wege von Niigata nach Tôkio nach langem Marsche durch tiefen Schnee im Gebirge endlich die Höhe von Mikuni-tôge erreicht hat, erblickt man ostwärts heiteren Himmel, der das Auge erfreut, während ein tiefer Wolkenschleier die Landschaft nach dem Japanischen141Hydrometeore.Meere hin verhüllt. Dort scheint noch der Sommer zu weilen, hier ist bereits der lange Winter eingezogen.
Im oberen Thale des Tetori-gawa der Provinz Kaga sind 700 — 800 Meter über der See 6 Meter Schnee die Regel und 2 Meter eine seltene Ausnahme. Dort bezieht man im Winter die oberen Räume der Häuser, um das Tageslicht zu geniessen, und schnallt plumpe Schneeschuhe an, um mühsam von Ort zu Ort gelangen zu können. Aehnliche Verhältnisse findet man in manchem anderen Gebirgsthale dieser Seite des Landes, während östlich von dem Gebirgskamme viel bedeutendere Höhen kaum 25 — 36 cm Schnee haben.
In Echigo wird im November der Winter durch Gewitter und Hagelstürme eingeleitet, das Gebirge aber schon vorher in sein Winter - kleid gehüllt. Dann bringen im December N. - und NW. -Winde auch der Ebene reichen Schneefall. Auf Niigata kommen im Winter 32 Schneetage. Der Schnee bedeckt auf dem freien Lande 1 — 2½ Meter hoch den Boden und ist unstreitig für manches Gewächs, so für Camellie und Theestrauch, ein wirksamer Schutz gegen die Winterkälte. Diese erreicht ihr Maximum von etwa — 9°C. Ende Januar oder zeitig im Februar. Dass der Winter in diesem Gebiete nicht strenger auftritt, dürfen wir zum grossen Theile ebenfalls dem reichen Niederschlage, bedeckten Himmel und der dadurch frei werdenden Wärme, be - ziehungsweise dem verminderten Ausstrahlungsvermögen der Erde zu - schreiben.
Ganz anders gestaltet sich der Winter auf der Westseite des Japanischen Meeres, z. B. zu Wladiwostok. Hier weist er nur 15 — 20 Schneetage auf, zeichnet sich aber sonst durch fast beständig klaren Himmel ohne Wolken aus.
Die Erklärung der erwähnten Eigenthümlichkeiten des Winters in den japanischen Landschaften längs des Japanischen Meeres ist leicht. Wenn der kalte, trockene Nordwestwind des Continents über das Japanische Meer streicht, vermischt er sich mit den feuchteren, wärmeren Luftschichten daselbst und gelangt endlich mit höherer Temperatur und feuchter nach Japan, dessen Temperatur um diese Zeit bedeutend niedriger ist, als die des Meeres. Je nach dem Feuch - tigkeitsgehalte der Luft und dem Maasse der nun folgenden Abküh - lung findet dann eine Ausscheidung von Schnee schon in der Ebene statt oder erst, wenn der Wind am östlichen Grenzgebirge derselben anlangt und nun beim Emporsteigen an demselben seine Temperatur ansehnlich verringern muss. Hat er endlich die Kammhöhe erreicht und senkt sich jenseits derselben wieder, so nimmt hiermit und mit seiner Verdichtung auch seine Wärme zu; er wird mehr und mehr142VI. Klima.untersättigt, und von Wolkenbildung kann dann natürlich keine Rede sein. Daher schneit es auch in der Ebene von Kuwantô selten vor Neujahr; denn erst wenn das Land hier, sowie das benachbarte Meer beträchtlich abgekühlt sind, ist eine Condensation der Wasserdämpfe zu Schnee möglich.
Gewitter sind in Japan weder häufig, noch heftig. In Yoko - hama zählt man jährlich 4 — 10, die fast alle in den Sommer fallen. I. Klima von Tôkio, 35° 40 'nördl. Br., A. Nach dreijährigen Beobachtungen des Imperial Meteoro -
143Hydrometeore.In Niigata ist die Zahl etwas grösser und vertheilt sich vorwiegend auf den Nachsommer und Herbst. Das Gleiche gilt von der Insel Yezo. Dass hier, wo die kalten, arktischen Strömungen des Meeres dem Kuro-shiwo und der Tsushima-Strömung begegnen, Nebelbildungen an der Küste häufig sein müssen, dürfen wir mit Sicherheit schliessen, wenn auch über die Zeit ihres Eintretens und über ihre Verbreitung noch wenige Beobachtungen vorliegen.
139° 45 '10″ ö. v. Gr. Seehöhe 19,2 Meter.
logical Observatory berechnet von O. Dersch, stud. geogr.
Klima von Tôkio, 35° 40 'n. Br.,
B. Nach fünfjährigen Beobachtungen
II. Klima von Yokohama, 35° 26 'n. Br.,
Nach siebenjährigen Beobachtungen von Dr. Hepburn
139° 47 '0. Gr. Seehöhe 7 Meter.
von E. Knipping. (1873 — 1877.)
139° 49 '0. Gr. Seehöhe 7 Meter.
(1863 — 1869), die Extreme nach zweijährigen Beobachtungen.
III. Klima von Ôsaka, 34° 20 '
Nach den Beobacht. von Dr. Gratama,
IV. Klima von Nagasaki, 32° 44 '
Nach 10jährigen Beobachtungen auf Deshima,
(Die Hydrometeore beziehen
V. Klima von Nafa (Riukiu-Inseln).
Nach Beobachtungen des Pater Furet, Decbr.
nördl. Br., 135° 19 '0. Gr.
December 1869 bis Januar 1871.
nördl. Br., 129° 42 '0. Gr.
angestellt in 8 Meter Seehöhe, 1845 — 1855.
sich blos auf das Jahr 1872.)
26° 13,3 'n. Br., 128° 43,6' 0. Gr.
1856 bis September 1858. 10 Meter Seehöhe.
VI. Klima von Niigáta.
A. Nach fünfjährigen Beobacht. von Consul
Temperatur
B. Nach den Beobachtungen von
VII. Klima von Hakodate,
Nach neunjährigen Beobachtungen von
37° 55 'n. Br., 139° 10' 0. Gr.
Leysner, Station in 6,5 Meter Seehöhe.
nach Celsius.
Consul Enslie 1870 — 1871.
41° 46 'n. Br., 140° 45' 0. Gr.
Albrecht, Kosteroff und Blakiston.
VIII. Klima von Sapporo, 43° 3 '56″ n. Br.,
Nach 16-monatlichen Beobachtungen (September 1876 bis Januar 1878)
141° 22 '49″ 0. Gr. Seehöhe 23 Meter.
im Agricultural College zusammengestellt und reduciert von O. Dersch.
IX. Der Taifún zu Nagasaki in der Nacht vom 20. auf den 21. August 1874.
Beobachtet 47 Meter über der See; die Beobachtungen auf das Meeresniveau reduciert von Dr. A. Geertz.
Bei früheren Gelegenheiten wurde bereits des Reichthums, der grossen Mannigfaltigkeit und Ueppigkeit der japanischen Vegetation gedacht, welche das Land für den Botaniker und Pflanzengeographen zum interessantesten Gebiete ausserhalb der Tropen machen*)Wir haben auch bei diesen und den folgenden Betrachtungen vornehmlich die Flora der vier grossen Inseln im Auge, da bezüglich der weit gen Süden oder gen Norden vorgeschobenen Inselgruppen wesentlich andere Verhältnisse vorliegen.. Schon aus diesem Grunde könnte es nicht auffallen, dass von den Tagen Engelbert Kaempfer’s an bis auf die Gegenwart keinem Theil der Naturgeschichte Japans so viel Aufmerksamkeit und geistige Kraft zugewandt wurde, wie der Flora. Die meisten hervorragenden Natur - forscher, welche Japan besuchten, waren Botaniker und sammelten und beschrieben seine Gewächse: Kaempfer, Thunberg, v. Sie - bold, Bürger und verschiedene andere Aerzte und Apotheker im Dienste der holländischen Compagnie, vornehmlich um Nagasaki; Maximowicz hier, bei Yokohama, Hakodate, am Fuji-san und anderwärts; Savatier, Vidal und Dickins im Gebiete des Ku - wantô; Wright und Hodgson in der Nachbarschaft von Hako - date; und unter denen, deren Sammel - und Beobachtungsgebiet be - sonders umfangreich war und sich namentlich auch auf die Vegetation der hohen Gebirge erstreckte, werde ich neben Kramer auch mich nennen dürfen. Und mit diesen vielen Namen ist die lange Liste derer, welche zur Erweiterung unserer botanischen Kenntnisse jenes Inselreiches beitrugen, noch lange nicht erschöpft. Zu ihnen gesellen sich Männer, wie Zuccarini, Miquel, Grisebach, Asa Gray, Sir William und Sir Joseph D. Hooker, welche zum Theil das von154VII. Die Flora der japanischen Inseln.Jenen Gesammelte ordnen und bestimmen halfen und sich daneben die viel schwierigere Aufgabe stellten, die vielen Beziehungen der japanischen Pflanzenwelt zu den Floren anderer Länder zu deuten.
Ein anderer Grund, wesshalb die Flora von Nihon am längsten und besten bekannt ist, lange bevor andere Theile seiner Naturge - schichte genügende Beachtung fanden, liegt in den hundertfachen nahen Beziehungen der Eingeborenen zur Pflanzenwelt. Die alte chinesische Heilkunde insbesondere, welcher man bis zur Restauration folgte, machte die Erkenntniss und genaue Bestimmung durch Wort und Bild von hunderten von Gewächsen nöthig, und der ausgebildete Natursinn, insbesondere die Freude an schönen Blumen, that das Uebrige. Kein anderes Volk der Erde besitzt eine so alte und aus - gebildete Pflanzen-Nomenclatur, wie die Japaner. Diese landesüb - lichen Namen für eine so grosse Anzahl wildwachsender Gewächse sind einer der besten Beweise dafür, dass Naturanschauung und scharfe Beobachtung sich hier schon sehr frühzeitig entwickelten. So fand denn bereits Thunberg japanische Kräuterbücher mit guten Abbildungen vor, unter denen namentlich eins, Kwawi, obenan steht, dem später andere Werke, wie Sômoku Zussetzu und Phonzo zufu sich ebenbürtig angereiht haben. Von den noch lebenden eingeborenen Botanikern Japans aber, die sich um die bessere Kenntniss der Pflan - zenwelt ihres Landes besonders grosse Verdienste erworben haben, nenne ich den ehrwürdigen Ito Keiske, der als Greis im Silber - haar sich die jugendliche Frische und Energie bewahrt hat, mit welcher er vor Jahrzehnten als junger Mann so wesentlich zu den Erfolgen v. Siebold’s beitrug.
Die lange Dauer der kälteren Jahreszeit beschränkt die Vegeta - tionsperiode der meisten Gewächse in Yezo auf fünf, im mittleren Japan auf sechs und im südlichen auf sieben Monate des Jahres und unterbricht auch das Wachsthum aller Holzgewächse, selbst der immer - grünen. Alle zeigen daher, wie dies in allen Ländern mit niedrigen Wintertemperaturen und einem regelmässig wiederkehrenden Stillstand des Wachsthums vorkommt, deutliche Jahresringe und liefern nur wenige schwerere Hölzer, und diese nur im südlicheren Theile, wie das Holz von Buxus, Distylium racemosum und immergrünen Eichen.
Man hat wohl als Beispiel für die Eigenthümlichkeiten Japans hervorgehoben, dass hier neben dem Bambusrohr, der Palme und der lorbeerblätterigen, wintergrünen Eiche die nordische Kiefer gedeiht und man die blattwechselnden Baumtypen unserer Wälder wieder findet, ferner bezüglich des Thierreiches neben dem Affen den Bären. In gewisser Beziehung ist dies richtig; betreffs der Palmen muss155Dauer der Vegetationsperiode.jedoch, wie für das Bambusrohr, hinzugefügt werden, dass dieselben nur in Folge der Cultur nordwärts bis zur Bucht von Yedo und stellen - weise noch höher hinauf vorkommen, nicht wild wachsend. In höherem Grade gilt dies noch von Cycas revoluta Thbg., die selbst im süd - lichen Kiushiu nur ausnahmsweise Blüthen und Früchte entwickelt, in Tôkio aber durch Umwickeln mit Stroh gegen die Nachtfröste des Winters geschützt wird.
Die Früchte der Agrumen reifen nur noch an wenigen geschützten Stellen nördlich des 34. Breitegrades, und die herrlichen Mandarin - orangen, welche man in Tôkio in Menge billig zu Markte bringt, stammen aus den warmen Thälern von Kiushiu an der Linschoten - strasse.
Der Pflanzengeograph wird erkennen, dass unter solchen Um - ständen von einer Cultur des Zuckerrohres im gewöhnlichen Sinne selbst auf Kiushiu keine Rede sein kann, und in der That, wo dies Gewächs in beschränktem Maasse im südlichen Japan gebaut wird, wie in Owari, Tosa, Satsuma und anderen wärmeren Provinzen, pflegt man Ableger im dritten Monate des Jahres in die Erde zu stecken und die Rohre schon im neunten Monate, also nach kaum sechsmonat - licher Vegetationsdauer, zu ernten.
Wenn Ende September die Reisfelder ihr Grün verlieren und im Gehölz der Häher schreiend umherfliegt, färbt sich auch der Berg - wald. Sein Herbstkleid übertrifft an Schönheit und Verschiedenartig - keit der Muster und Farben das vielgepriesene der nordamerikanischen Wälder. Insbesondere liefern Eichen und wilde Prunus, Verwandte unserer Kirschbäume, wie Prunus Pseudo-cerasus, wilde Reben und Sumacharten, namentlich der schlingende Rhus Toxicodendron, ver - schiedene Ahornarten, der Dôdan (Enkianthus japonicus Hook. im Herbst, wenn seine Blätter sich röthen, mit Acer polymorphum die grösste Zierde japanischer Gärten), Birken und andere Holzgewächse in ihren Blättern ein überaus buntes Farbengemisch von tiefbraun, durch purpurroth zu gelb und weiss; und wo zu diesen vielen Far - bentönen der absterbenden Blätter und anderen der reifen Früchte sich das tiefe dunkelgrüne Laub immergrüner Gewächse gesellt, wie mehr im Süden, da bietet das Bild nur noch grössere Contraste und Vielseitigkeit.
Gegen Ende October ist das sommergrüne Gehölz kahl, wie bei uns, und es gibt nur noch wenige Gewächse, die nicht ihre Winter - ruhe angetreten haben. Es sind dies vor allem immergrüne Sträucher und Bäume, welche ihre Knospen bereits gegen den Herbst vorge - bildet hatten und zur Entfaltung ihrer Blüthen keiner hohen Tempe -156VII. Die Flora der japanischen Inseln.ratur, sondern nur der Besonnung während des Tages bedürfen, so dass bei ihnen die Florescenz in die ersten Wintermonate fällt. Hier - her gehören Olea aquifolium S. und Z., Aralia japonica Thbg. und einige andere Araliaceen, welche im November blühen, Thea chinensis Sims. und Camellia Sasanqua Thbg., deren Blüthezeit in den November und December fällt und bei denen schliesslich Nachtfröste die letzten Knospen zerstören, einige Arten Daphne, welche im Januar und Februar zur Blüthe kommen, und vor allem auch Camellia japonica, die in dieser Zeit zuweilen den überraschenden Anblick gewährt, Blüthen und Schnee zugleich zu tragen, deren Blüthezeit sich aber bis in den April verlängert.
Unter den Kräutern finden wir noch weniger Arten, deren Blüthe - zeit in den Spätherbst fällt oder gar in den eigentlichen Winter hinein - ragt, wie bei einigen Compositen, insbesondere bei Pyrethrum und Aster. Der Rasen verliert in weit höherem Grade in der kalten Jahreszeit seine grüne Farbe, als bei uns, und erscheint graubraun und abgestorben.
Anfangs April ist selbst in südlich gelegenen Landestheilen, wie in der Nachbarschaft des Seto-no-uchi-umi, die Vegetation noch sehr zurück. Einer der Lieblinge des japanischen Volkes, die Mumepflaume (Prunus Mume S. und Z.) hat sich zwar schon sechs Wochen vorher in den Gärten und Tempelhöfen mit weissen oder rosafarbenen Blüthen bedeckt und gleich den gelben Glöckchen der Forsythia suspensa Vahl. den Frühling und das Wiedererwachen der Natur angekündet, aber nur wenige Gewächse, wie Isopyrum adoxoides DC., Magnolia stellata Maxim., Berberis sinensis Desf., Corydalis Wilfodti Reg., Draba nemoralis, Capsella Bursa pastoris Moench., Amygdalus persica L., Rubus corchorifolius L., Chrysosplenium macrostemon Cham., Distylium racemosum S. und Z., Hamamelis japonica S. und Z., Aucuba japonica Thbg., Taraxacum officinale Wigg., Veronica agrestis und Veronica hederaefolia, Lamium amplexicaule, Ulmus campestris und Narcissus Tazetta L. folgen schon im Februar oder März ihrem Beispiel. Die Zahl der blühenden Gewächse steigt zwar im April, bleibt jedoch noch unter 3 % der Gesammtflora. Ausser verschiedenen der vorerwähnten Pflanzen fand ich Ende März 1875 folgende in der Nachbarschaft von Kiôto in Blüthe: Illicium religiosum L., Euptelea polyandra S. und Z., Skimmia japonica Thbg., Eurya japonica Thbg., Parapyrola trichocarpa Miq., Chrysosplenium alternifolium B., Mer - curialis leiocarpa S. und Z., Oxalis Acetosella L., Bothryospermum tenellum Mey, Corydalis aurea Willd., Clematis Williamsii As. Gr., Coptis quinquefolia Miq., Andromeda japonica Thbg., Camellia japo -157Dauer der Vegetationsperiode.nica L., Populus tremula L. und Petasites spurius Reich., Cymbidium virens Ldl., Helionopsis japonica Maxim., Asarum variegatum Al. Br., Arum japonicum Bl.
Die hervorragendsten Winterfrüchte, Gerste, Weizen und Raps, welche Ende October in Reihen gesäet werden, treiben im November und Anfangs December kräftige Rasen und bedecken die betreffenden Felder den Winter über mit schönem Grün. Gegen Mitte December aber hört auch im gemässigten Japan ihre Entwickelung auf und ruht, bis die warme Frühlingssonne sie von neuem weckt. In der Ebene von Ôsaka zeigt der Raps Anfangs April seine ersten Blüthen; bei Nagasaki ist seine Entwickelung zur selben Zeit um etwa 14 Tage weiter vor. Dort, wie überall im südlichen und mittleren Japan, fällt seine Reife, wie die der Gerste, in den Anfang Juni, während die Weizenernte zwei Wochen später stattfindet. Die Entwickelungsperiode des Weizens ist in Japan um beinahe zwei Monate länger als auf Malta unter gleicher Breite, nämlich 210 Tage gegen 160, weil dort ein mehrmonatlicher Stillstand eintritt, hier aber selbst der kälteste Tag mit 10°C. noch warm genug ist, um das Wachsthum zu fördern.
Die zum Theil grossen Differenzen, welche sich im Vorsommer in der Zeit der Blüthe und Fruchtreife derselben Gewächse je nach der geographischen Breite, unter welcher sie wachsen, zeigen, bestehen in Japan wie in Europa bei den im Nachsommer und Herbst zur Florescenz und Samenreife gelangenden Arten nicht, oder doch nicht in gleichem Maasse. Es scheint sonach auch hier die in höheren Breiten im Hochsommer durch längere Tagesdauer gebotene vermehrte Insolation stark zu Gunsten der Entwickelung zu compensieren. Dass dieser Ausgleich aber die früh blühenden Gewächse nicht wesentlich berührt, hat wohl vornehmlich darin seinen Grund, weil neben der Dauer der Besonnung auch die Stärke der Erwärmung in Betracht kommt, und diese eben in höherer Breite viel später die für das Wachsthum einer Pflanzenart nothwendige untere Grenze erreicht.
Wie die niedrigen Temperaturen des langen Winters die Vege - tation im Vergleich zur Mittelmeerregion zurückhalten, zeigt sich auch bei einem japanischen Obstbaume, der Eriobothrya japonica Lindl., den die Engländer nach ihren meisten tropischen und subtropischen Colonieen verpflanzt haben und dessen Früchte in Gibraltar schon Mitte April reifen, während sie in Ôsaka und Tôkio erst Anfang Juni auf den Markt kommen.
Im Norden Japans geht der Winter, wie in den Ländern mit continentalem Klima, rasch in den Sommer über, und der Wald ist in kürzester Zeit wieder grün; im Süden findet dieser Uebergang ganz158VII. Die Flora der japanischen Inseln.allmählich statt. Auf der Insel Amakusa und im benachbarten Kiushiu waren die meisten blattwechselnden Holzgewächse in der zweiten Hälfte des April wieder neu belaubt; Rhus succedanea L. und Casta - nea vulgaris Lamk. hatten ihre jungen Blätter zum Theil entwickelt, und nur die Albizzia Julibrissin Bow. (Mimosa arborea Thbg.) zeigte noch ihr unverändert winterliches Ansehen, ja noch einen Monat später, Mitte Mai, fanden wir diesen kleinen Baum in den Bergwaldungen der Insel Shikoku in etwa 800 Meter Höhe völlig blattlos, so dass sein japanischer Name » Nemu, Schläfer « nicht blos wegen der Reiz - barkeit seiner Blätter und des Schlafens während der Nachtzeit auf ihn passt.
Aber im südlichen Japan gibt es ausser dem allmählichen Ueber - gang der zwei extremen Jahreszeiten in einander noch einen anderen Grund, wesshalb der Sommeranfang nicht besonders überrascht. Die blattwechselnden Gehölze der Waldungen und Haine sind hier näm - lich mit immergrünen zu sehr vermischt, als dass ihre neue Belau - bung besonders auffallen könnte. Dazu kommt, dass die winter - grünen Bäume und Sträucher, einschliesslich des Bambusrohres, um diese Zeit eine Art Mauser durchmachen. Ihre alten Blätter haben den gewohnten Glanz verloren, sterben ab und weichen jungen, die erst hellgrün, wie beim Kampferbaume, oder weisslich und röthlich, wie bei verschiedenen immergrünen Eichen, nur allmählich in tiefes, glänzendes Dunkelgrün übergehen.
Anfang Mai, wenn die Felder mit Sommerfrüchten bestellt werden und aus dem neubelaubten Gebüsch der flötende Gesang der Unguisu (Ficedula coronata) ertönt, ist der volle Sommer da, und nun beginnt unter einer kräftigen Insolation, gepaart mit reichen, häufigen Regen - güssen, die Vegetation jene Mannigfaltigkeit und Fülle zu entwickeln, die an die Tropen erinnert und im Mittelmeergebiet nirgends zu finden ist. Diesen warmen, befruchtenden Sommerregen verdankt Japan sein reiches Pflanzenkleid und die Möglichkeit, auf demselben Felde zweimal im Jahre ernten zu können.
Obgleich die vier grossen Inseln Kiushiu, Shikoku, Honshiu und Yezo und dazu noch das südliche Sachalin sich ihrer Lage und ihrem wesentlichen Pflanzencharakter nach innig an einander anschliessen, so bilden sie doch, wie genügend gezeigt wurde, weder klimatisch,159Formationen und Regionen der Vegetation.noch orographisch ein einheitliches Gebiet. Die nachfolgenden Er - örterungen über die pflanzengeographischen Verhältnisse beziehen sich aber vorzugsweise auf die drei südlichen Inseln, da ich Yezo aus eigener Anschauung nicht kenne und von anderer Seite die Flora der Insel nicht so durchgearbeitet ist, dass ich sie überall mit hätte be - nutzen können.
Innerhalb einer geographisch begrenzten Pflanzenregion finden wir in Folge beträchtlicher Unterschiede in der geologischen Be - schaffenheit des Bodens, im Maasse der demselben zu Theil werden - den Feuchtigkeit und Erwärmung, die Gewächse nach ihren ungleichen Bedürfnissen gruppiert und dadurch physiognomisch verschiedenartige Abschnitte in der Landschaft geschaffen, welche man Vegetations - bilder oder Vegetationsformationen nennen kann. Mit Bezug hierauf vermögen wir in Japan die Dünensandflora, die Vegetation der süssen Gewässer, der Hara, der Busch - und Hügellandschaft, des Gebirgs - waldes und des Hochgebirges zu unterscheiden.
Die Flora des japanischen Dünensandes, beeinflusst und bedingt durch den Dünensand und Salzstaub des Meerwassers, ist zwar nicht sehr artenreich, noch allenthalben dieselbe, wird aber durch einige allgemeine Eigenschaften und eine Anzahl sehr häufig vorkommender Gewächse charakterisiert. Viele folgen in ihrem Wuchse dem Charakter der meisten Sand - und Salzpflanzen überhaupt und entwickeln entweder ein starkes, tiefdringendes Wurzelwerk, während der oberirdische Theil sich wenig erhebt, vielmehr vorwiegend sich über den Boden ausbreitet, oder sie bekommen durch ihre dicken fleischigen Blätter den Charakter der Succulenten. Die japanischen Namen dieser Strandpflanzen sind fast immer Composita aus dem Worte hama (ein flacher, sandiger Strand) und dem Namen anderer Gewächse, an die sie mehr oder weniger erinnern mögen. Folgendes ist eine Liste der hierher zu rechnenden Species:
Arabis perfoliata Lam., Dianthus japonicus Thbg., Honckenya peploides Ehrbg., Eurya chinensis R. Br., Hibiscus Hamabo S. und Z., Tribulus terrestris L., Paliurus aubletia R. und Sch., Lathyrus mari - timus Big., Canavalia lineata DC., Raphiolepis japonica S. und Z., Phellopterus littoralis Sr. und Sch., Selinum japonicum Miq., Angelica Kiusiana Maxim., Peucedanum japonicum Thbg., Aster Tripolium L., Eclipta alba Hask., Wedelia calendulacea Less., Leucanthemum arcti - cum DC., L. nipponicum Fr. und Sav., Pyrethrum marginatum, P. Decaisneanum Maxim., Artemisia capillaris Thunbg., A. japonica Thbg., Gynura pinnatifida DC., Ixeris repens A. Gray, I. integra Miq., Calystegia soldanella Br., Tournefortia arguzia R. und Sch.,160VII. Die Flora der japanischen Inseln.Mertensia maritima Don., Linaria japonica Miq., Lippia nodiflora Rich., Vitex trifolia L., Statice japonica, Chenopodium accliminatum Willd., Atriplex littoralis L., A. Gmelini May, Kochia scoparia Schrad., Schoberia maritima Miq., Salsola soda L., Polygonum maritimum L., Juniperus littoralis Maxim., Crinum asiaticum L., Carex macrocephala Willd., C. Satsumensis F. und S., C. Bongardi Boott., C. pumila Thbg., Polypogon littorale Sim.
Von diesen sind hervorzuheben: Rosa rugosa (Hama-nashi oder Küstenbirne), Juniperus littoralis (Hama-matsu, d. h. Dünenkiefer), Lathyrus maritimus Bigel (Hama-endo oder Dünenerbse), Calystegia soldanelloides (Hama-hirugao oder Dünenwinde), Selinum japonicum (Hama-ninjin oder Küstenmöhre), Carex macrocephala (Hama-mungi oder Dünengerste).
Die Rose und der Wachholder sind namentlich an den nördlichen Küsten ausserordentlich verbreitet. Den grossen rothen Blüthen der ersteren folgen ansehnliche flach sphäroidische oder birnförmige Hage - butten, welche die Eingeborenen, sowohl Ainos als Japaner, gern essen. Der Küstenwachholder hat einen sehr bizarren Wuchs und sticht, namentlich in der kälteren Jahreszeit, mit seinen tiefgrünen Nadeln und grossen blaubereiften Beeren scharf ab gegen den fahlen Sand und die abgestorbene sonstige Vegetation.
Hat die dem Wellenschlage des Meeres entrückte Düne durch die Ansiedelung der vorerwähnten Gewächse den nöthigen Halt ge - wonnen, so wird sie durch die Anpflanzung der Pinus Massoniana S. und Z. (Kuro-matsu, d. h. Schwarzkiefer) nutzbar gemacht, wie es z. B. zwischen Niigata und dem Meere, an der Küste von Tôtomi, sowie an sehr vielen anderen Orten geschehen ist. Die Genügsam - keit dieses Baumes übertrifft bei weitem diejenige der Aka-matsu oder Rothkiefer (Pinus densiflora S. und Z.), welche an so sandigen, un - fruchtbaren Stellen kaum noch fortkommen würde.
Japan hat weder Heiden, noch Moore. Das charakteristische Heidekraut der ersteren kommt nicht vor und die Torfmoose der letz - teren (Sphagnum, Leucobryum) sind auf verhältnissmässig so wenige und so unbedeutende Stellen des Landes beschränkt, dass man monate - lange Gebirgsreisen unternehmen kann, ohne ihnen zu begegnen. Daher fehlen entweder die an unsere Brüche und Moore gebundenen Pflanzen ganz, wie Pinguicula, deren Typus durch Helionopsis vertreten wird, Tofieldia, Scheuchzeria, oder sie sind wie Drosera rotundifolia, Ledum161Formationen und Regionen der Vegetation.palustre, Rubus Chamaemorus, Andromeda polifolia und andere mehr auf den nördlichsten Theil des Landes und einzelne Berggipfel be - schränkt.
Eine eigenthümliche Vegetation entwickelt sich auf und in dem schlammigen Wasser der Reissümpfe und ähnlicher stagnierender Ge - wässer. Hier bemerken wir vor allem neben der bekannten Calli - triche verna L. die Azolla pinnata R. Br., welche gleich ihrer nahen Verwandten, der Salvinia vulgaris Michx., oft ganze Strecken des Wasserspiegels bedeckt und namentlich im Spätherbst nach der Ernte sehr häufig getroffen wird. Die Namen der übrigen Gewächse, welche sich vorwiegend in den überschwemmten Reisfeldern und ihren Be - wässerungsgräben angesiedelt haben, mögen in systematischer Ord - nung hier folgen:
Elatine alsinastrum L., E. triandra Schk., Ammania verticillata L., A. japonica Miq., Ludwigia ovalis Miq., L. prostrata Roxb., Myriogyne minuta Less., Vandellia angustifolia Benth., V. erecta Benth., V. pachypoda Fr. und Sav., Polygonum Posumbu Hmlt., Alisma Plantago L., Sagittaria pygmaea Miq., Blyxa Roxburghii Rich., Ottelia alismoides Pers., O. japonica Miq., Monochoria vaginalis Presl., Pon - tederia plantaginea Kunth. Von letzterer ist die Varietät cordifolia besonders häufig, auch in den Sümpfen und Teichen von Yezo, Be - richten von Böhmer zufolge. Juncus alatus F. und S., Cyperus pygmaeus Rottb., C. paniciformis F. und S., C. difformis L., C. trun - catus Turcz., Beckmannia erucaeformis Host., Jachne australis R. Br.
Die bemerkenswerthesten Gewächse, welche wir an der Ober - fläche der zahlreich bei Tempeln und als Reservoire zur Bewässerung der Reisfelder angelegten Teiche, sowie auch bei natürlichen der - artigen Wasserbecken treffen, sind Leichkräuter und Wassernüsse (Potamogeton natans L., P. crispus L., P. polygonifolius Pourr., P. hybridus Michx. und Trapa bispinosa Roxb.). Seltener und mehr in den nördlichen Theilen des Landes findet man Nuphar japonicum DC. und Nymphaea tetragona Georgi, während die übrigen Nymphaeaceen entweder, wie Brasenia peltata Pursh. und Euryale ferox Salisb., sich auf einzelne Gebiete beschränken, oder wie die reizende Lotosblume (Nelumbo nucifera Gaertn. ) nur der Cultur ihr Dasein verdanken und offenbar erst mit dem Buddhismus in das Land kamen. Brasenia peltata Pursh. (japanisch Junsai, Limnanthemum peltatum Griseb. ) soll viel auf den flachen Seen von Yezo vorkommen und den Ô-numa oder » grossen Sumpf « in Ôshima ganz bedecken.
Von batrachischen Ranunkeln kommt nur einer und zwar keines - wegs häufig vor, vornehmlich in langsam fliessendem Wasser, nämlichRein, Japan I. 11162VII. Die Flora der japanischen Inseln.Ranunculus Drouctii Schultz. Ausserdem bemerken wir an den Rän - dern der stehenden und langsam fliessenden Gewässer vornehmlich noch folgende, meist selten auftretende Arten: Montia fontana L., Myriophyllum verticillatum L., M. spicatum L., Inula, Villarsia crista Galli Grsb., Menyanthes trifoliata L., Limnanthemum nymphoides Lk., Veronica Anagallis L., Sparganium longifolium Turcz., Lemna sp. Spirodela polyrhiza Schl., Najas major All., N. minor All., N. serri - stipula Maxim., Sagittaria sagittaefolia L., Hydrilla verticillata Casp., Vallisneria spiralis L., Hydrocharis asiatica Miq., Alpinia japonica Miq., Cyperus complanatus Presl. und andere Arten, Scirpus in vielen Species, Isolepis sp. Paspalum brevifolium, Phragmites communis Trin., P. Roxburghii Kunth, von denen vornehmlich die beiden letz - teren sehr verbreitet sind, vornehmlich in den Bewässerungsgräben der Reisfelder.
Wellenförmige Hügellandschaften, in denen der Ackerbau sich auf enge Thälchen und kleine Mulden beschränken muss, finden sich in Japan sehr häufig. Die flachrückigen Hügel und ihre Vegetation, welche ihnen den eigenthümlichen Charakter verleihen, erheben sich in der Regel nur 100 — 300 Meter hoch über die See. Dieselben sind sehr verschiedenen Ursprungs. In dem einen Falle, wie z. B. in der Hügelregion, welche ansehnliche Theile der Provinzen Mino, Mi - kawa, Owari und Omi umfasst, bestehen die Anhöhen vornehmlich aus Thonen und Sanden, den unlösbaren Zersetzungsproducten eines stark verwitterten Granitgebirges, welche häufig mit diluvialem Kiesel - geröll überlagert sind, wie in der Gegend von Seto in Owari, oder aus Kieselschiefern, die vielleicht wie die Kalke bei Akasaka zur Kohlenformation zu rechnen sind. Anderwärts, wie an der Bucht von Yedo und Sendai, sind jungtertiäre Bildungen vielfach mit Lapilli und vulkanischer Asche überlagert und haben Erosion und säculäre Hebungen Hügel geschaffen, die ein ganz ähnliches Pflanzenkleid tragen. Auch kommen Hügelzüge, die ganz dem älteren Schieferge - birge angehören, häufig vor.
Der Grundcharakter aller dieser Hügel, welches auch ihr geolo - gischer Aufbau sein möge, ist der, dass sie entweder mit lichten Kiefernwaldungen, vornehmlich von Pinus densiflora, oder mit nie - derem Gebüsch bedeckt, stellenweise wohl auch ganz nackt sind. Die Unfruchtbarkeit und Trockenheit des Bodens wird durch die meist krüppelhafte Entwickelung der Kiefern (Pinus densiflora und Pinus Massoniana S. und Z.) und anderer Bäume, sowie das Vorherrschen163Formationen und Regionen der Vegetation.von Adlerfarren (Pteris aquilina L.) und Stechweiden (Smilax China L. und anderen Arten) genügend angezeigt.
Immergrüne Sträucher, wie Juniperus rigida S. und Z., Eurya japonica, Aucuba japonica Th., Photinia villosa DC., Pittospora Tobira Ait., Gardenia florida L. und andere sind im mittleren Japan mit blattwechselnden, wie Azaleen, Vaccinieen, Deutzien, Rosen, Rhus sylvestris S. und Z., mit Gräsern, Kräutern und Trockenheit lieben - den Farrenkräutern bunt gemischt; und wenn im Vorsommer Alles grünt und blüht und sich der Harzgeruch zu dem Blüthendufte gesellt und das Schleifen und Zirpen unzähliger Cicaden von den Stämmen und Aesten der Kiefern herunter zu dem Summen und Schwirren honigsammelnder Insecten: dann bieten auch diese, sonst weniger ansprechenden Landesstrecken belebte, lehrreiche Bilder. So sind in Satsuma z. B. schon im April die niedrigen unfruchtbaren Hügel be - deckt mit einem Gemisch rothblühender Azalien - (Rhododendron Indi - cum) und weissblühender Deutzienbüsche, der Anemone cernua, welche an unsere Küchenschelle erinnert, Osmunda regalis und anderer Ge - wächse und erscheinen auf den ersten Blick nicht wie ein freies Naturprodukt, sondern mehr wie eine künstliche Anlage.
In den Thalsohlen und kleinen Ebenen wird jeder Fleck cultivier - baren Landes sorgfältigst benutzt, vornehmlich zur Reiscultur. Wiesen und Weideland in unserem Sinne gibt es eben so wenig, wie unkraut - nährende Brachfelder. Die ursprüngliche Physiognomie der Natur und der Reichthum an Gewächsen ist hier verschwunden und hat sich auf höher gelegene, der Bewässerung nicht zugängige und dem Feldbau nicht unterworfene Gebiete zurückgezogen. Wer daher die Hauptfundstätte der Gräser und Kräuter kennen lernen will, muss auf die Hara oder in den Wald gehen. Jenes ist eine eigenthümliche, überaus häufig und in den verschiedensten Höhenlagen von 100 — 2500 Metern wiederkehrende Vegetationsformation, die am meisten an unsere Wald - und Gebirgswiesen erinnert. Am Fusse der grossen Vulkane, wie Asama-yama, Fuji-no-yama, Ganju-san und vieler anderer nimmt sie ein weites Areal ein, das sich zwischen 500 und 1500 Meter Höhe hinzieht, der Viehzucht vortreffliche Dienste leisten könnte, bislang aber nur wenig benutzt wird.
Die Hara und der sich meist anschliessende Gebirgswald sind die Wohnstätten jenes überaus bunten und hochinteressanten Gemisches der vielen Pflanzentypen, an denen Japan so reich ist; und wer sich11*164VII. Die Flora der japanischen Inseln.nicht auf und in diesem auffallend mannichfaltigen lebenden Mosaik - boden bewegte, kann unmöglich die Gruppierung der japanischen Ge - wächse richtig beurtheilen. Von unseren Wiesen unterscheidet sich die Hara vor allem dadurch, dass sie keine dichten Graspolster aufweist. Das bunte Gemisch von Gräsern, Kräutern und Halbsträuchern, sowie einigen Farrenkräutern, welche dieselbe bewohnen, reiht sich ziem - lich locker an einander an und ist nirgends zu einem dichten Ge - webe verbunden. Es ist ein » O hana batake « (grosses Blumenfeld), wie in bezeichnender Weise eine Hara im Gebirge von Nikkô am Wege vom Chiuzenji-See nach Yumoto heisst, in welcher wir manche gute alte Bekannte unserer Bergwiesen oder nahe Verwandte der - selben in seltsamer Gesellschaft mit mancher beliebten Zierpflanze und vielen nie gesehenen Fremdlingen wieder finden.
Zu den hervorragendsten europäischen Pflanzenformen gehören vor allem: verschiedene Veilchen (Viola Patrinii DC., V. japonica Langsd., V. Reichenbachiana Jord.) und ein Kreuzkraut (Polygala japonica Houth. ), braune Wiesenknöpfe (Poterium tenuifolium Fisch.), Hasenohr (Bupleurum falcatum L.) und Bibernelle (Pimpinella magna L., P. sinica Hance), verschiedene Labkräuter (Galium verum L., G. boreale L., G. pogonanthum F. und S., G. trachyspermum L.), hellblaue Scabiosen (Scabiosa japonica Miq. ), eine Anzahl Compositen (Arnica angustifolia Vahl, Senecio campestris DC., S. Kaempferi DC., S. clivorum Maxim., S. flammeus DC., Saussurea gracilis Maxim., S. triptera Maxim., S. japonica DC., Serratula coronata L. und andere mehr), Glockenblumen (Platycodon grandiflorum DC., Campanula punctata Lam., Adenophora verticillata Fisch.), der gemeine Augen - trost (Euphrasia officinalis L.), Brunellen (Prunella vulgaris L., Pru - nella grandiflora Jacq.) und Günsel (Ajuga genevensis L.), Sauer - ampfer (Rumex acetosa L.) und Hirschzunge (Polygonum bistorta L.), Flachs (Linum stelloides Pl.) und Leinblatt (Thesium decurrens Bl.); ferner von Monocotyledonen: verschiedene Orchideen (Habenaria, Ce - phalanthera, Platanthera, Listera und vor allem Spiranthes australis Lindl. ), Heinsimsen (Luzula campestris DC. ), Riedgräser (Carices) und eine Anzahl Gräser (Agrostis perennans Tuckerm., Calamagrostis robusta F. und S., Aira flexuosa L., Trisetum cernuum Trim., Poa pratensis L., Koeleria cristata Pers., Andropogon Schoenanthus L.) und von Farrenkräutern Ophioglossum vulgatum L., Osmunda regalis L. und Pteris aquilina L.
Dagegen vermissen wir auf der Hara fast alle Ranunkeln und Nelken unserer Wiesen, ferner viele Papilionaceen (Trifolium, Medi - cago, Melilotus, Genista, Ononis, Anthyllus, Lathyrus). Besonders165Formationen und Regionen der Vegetation.auffallend ist auch das Fehlen einer Reihe allbekannter Compositen (Hieracium, Hypochoeris, Scorzonera, Crepis, Cineraria, Bellis, Chry - santhemum), des Quendel und Heidekrautes, sowie von einer Anzahl der gewöhnlichsten Wiesengräser (Anthoxanthum, Phleum, Alopecurus, Briza, Dactylis, Avena, Sesleria, Lolium, Nardus).
Unter den fremden Charakterpflanzen der Hara treten vor allem die staudenartigen Schmetterlingsblüthler Lespedeza und Indigofera in verschiedenen Arten uns entgegen; ferner ist hier die Heimath vieler Schwertlilien und Lilien (Arten der Gattungen Iris, Pardanthus, Lilium, Hemerocallis, Funkia), welche mit ihren grossen weissen, blauen und gelben Blüthen dieser Region zur besonderen Zierde ge - reichen. Gleiches gilt von einem der schönsten und beliebtesten Gräser Japans, der Eulalia japonica Trim. Auch begegnen wir nicht selten dem bekannten Pyrus japonica, welcher als sehr niedriger Strauch auch an trockenen Rainen und in lichten Gebüschen vorkommt. Glei - ches gilt, und in noch höherem Grade, von Azalien, Deutzien und Diervillen, wilden Rosen, wie Rosa multiflora, und verschiedenen sonstigen Sträuchern.
Selbstverständlich ändert sich der hier nur in seinen Hauptzügen vorgeführte Vegetationscharakter der Hara nach Höhe und geogra - phischer Breite wesentlich ab. So stellen sich im mittleren Japan die prächtigen blaublühenden Kikiyo (Platycodon grandiflorum DC. ), die Gibōshi und Midzu-Gibōshi (Funkia ovata Spreng. und F. lanci - folia Spr.), sowie die mit gelben Blüthchen sich bedeckende Omina - meshi (Patrinia scabiosaefolia Link. ) erst in einer Höhe von etwa 1000 Metern massenhaft ein, wo Scabiosa, Bupleurum, Kanzô (Hemero - callis flava L.) und andere Lilien spärlicher werden. Noch etwas höher treten Polygonum bistorta L. und P. Weyrichii Schm., Parnassia palustris, Deutzien und Diervillen, wohl auch hier und da Aralia cordata Thunbg. und Bupleurum Sachalinense Fr. Schm., Gentianeen, Trollius japonicus Miq. und Caltha palustris L. auf.
In den nördlichen Theilen von Honshiu, aber auch schon am japanischen Schneegebirge zwischen Hida und Shinano trägt manche Hara zahlreiche Büsche der grossblätterigen Kashiwa (Quercus dentata Thbg.), welche nie über 3 Meter hoch werden und so zerstreut auf - treten, dass der sonstige Charakter der Vegetation dadurch nicht be - einträchtigt wird. Ueberraschend war für mich das massenhafte Auf - treten unserer Maiblume (Convallaria majalis L.) auf der sonnigen Hara am Fusse des Ganju-san bei Morioka, welche man bisher nur auf Yezo unter ähnlichen Verhältnissen, d. h. im offenen Graslande, nicht im Walde, gefunden hatte.
166VII. Die Flora der japanischen Inseln.Wo die Hara den Fuss mächtiger Vulkane breit umgürtet und tief einschneidende Erosionsthäler sie durchfurchen, setzt sich diesen entlang die Waldvegetation von oben nicht selten noch weit bergab fort, wie z. B. auf der Südwestseite des Kirishima-yama in Kiushiu. Die Ursache hiervon mag theils in dem natürlichen Schutz liegen, welchen Bäume und Sträucher hier gegen Stürme finden, mehr aber noch in demjenigen, welcher ihnen im Herbst gegen die über die dürre Hara dahineilenden Brände gewährt wird.
In den Thalebenen des Ishikari und anderer grossen Flüsse der Insel Yezo findet man dagegen statt der offenen Hara ausgedehnte Parklandschaften, in denen der Baumwuchs sich längs der Flussufer concentriert. Den Berichten zufolge ist hier die Esche neben Weiden und Erlen der vorherrschende Baum. An trockneren Stellen gesellen sich weiter zwei Ulmenarten, Ahorne, Kastanien, Wallnuss - und Eich - bäume hinzu und bilden allmählich den Uebergang in den bunten Mischwald, der im wesentlichen noch denselben Charakter trägt wie auf der Hauptinsel.
Es gibt keinen grösseren Gegensatz unter den Wäldern ausser - tropischer Gebiete, als zwischen dem Laubwalde des gemässigten Europas und demjenigen Japans. Als Grundcharakter von jenem hebt schon Alexander v. Humboldt hervor, dass er aus wenigen Baum - arten, aus echten Plantae sociales, besteht, denen sich die geringe Anzahl strauchartiger Gewächse bescheiden unterordnet, der aber eine ansehnliche Zahl waldbewohnender Kräuter und Gräser beherbergt. Unter den Sträuchern spielen Kletter - und Schlingpflanzen eine sehr untergeordnete Rolle und kommen nur in wenigen Arten vor. Der japanische Laubwald (Asa-ki) ist dagegen zusammengesetzt aus einem überaus bunten Gemisch einer grossen Anzahl von Baum - und Straucharten auf allen Altersstufen, und nur ausnahmsweise bilden wenige Arten der ersteren, wie Eichen und Buchen, für sich ge - schlossene Hochwald-Bestände. Schling - und Kletterpflanzen, meist mit den japanischen Namen Tsuta-no-ki, Kadzura oder Tsuru aus - gezeichnet, epiphytische und andere Farren spielen neben vielen Kräu - tern unter den Waldbewohnern eine viel grössere Rolle und erinnern an den tropischen Urwald.
Sir Joseph D. Hooker hebt in einer neueren pflanzengeogra - phischen Arbeit über die Flora Nordamerikas die überraschend grosse Zahl buntgemischter Holzgewächse hervor, die er z. B. im Walde bei St. Louis, ja noch auf der Ghoat-Insel bei den Niagarafällen auf167Formationen und Regionen der Vegetation.beschränktem Areal fand und die nach seiner Meinung die tropische Mannigfaltigkeit erreicht. Nun, jeder Botaniker, der Gelegenheit hatte, einen japanischen Bergwald zwischen 600 und 1600 Meter Höhe mit einem nordamerikanischen oder tropischen Urwalde zu vergleichen, wird nicht zweifelhaft sein, dass in dieser Beziehung Japan unüber - troffen dasteht. Vom Fusse des Nantai-san am Chiuzenji-See bis zum Gipfel desselben zählte ich, ohne vom Wege abzuschweifen, 97 Holzgewächse, und der Botaniker, welcher Anfang Juni die Wälder des Hakonegebirges, Fuji-san, Haku-san oder irgend einen anderen üppigen Bergwald durchstreift, kann gegen hundert Baum - und Strauch - arten aus wenigstens 70 Gattungen in Blüthe finden. So beobachtete ich beispielsweise im Walde bei Ichinose am Fusse des Haku-san zwischen 900 und 1000 Meter Höhe am 10. Juli 1874 innerhalb zweier Stunden folgende Gewächse im vollen oder kaum beendeten Blüthen - stande: Clematis japonica, Magnolia hypoleuca, Kadsura japonica, Trochodendron aralioides, Cocculus Thunbergii, Cleyera japonica, Actinidia platyphylla, A. polygama, Zanthoxylon piperitum, Ilex crenata, I. Sieboldi, Evonymus Hamiltoniana, Berchemia racemosa, Vitis Labrusca, Aesculus turbinata, Acer capillipes, A. crataegifolium, Rhus sylvestris, Rh. Toxicodendron, Albizzia Julibrissin, Spiraea cal - losa, S. Blumei, Rubus rosifolius, Rodgersia podophylla, Hydrangea paniculata, Schizophragma hydrangeoides, Philadelphus coronarius, Acanthopanax ricinifolia, Fatsia horrida, Benthamia japonica, Cornus brachypoda, C. canadensis, Diervilla versicolor, Rhododendron Indi - cum, R. semibarbatum, Ligustrum Ibota, Castanea vulgaris*)Als Beweis, wie ungenau, ja falsch unsere Informationen gerade über diesen Punkt waren, citiere ich Grisebach, die Vegetation der Erde, I, pag. 497: » Aus dem klimatischen Einfluss der stärkeren Niederschläge ist (in Japan) nur das Vor - kommen tropischer Formen, nicht aber die Mannigfaltigkeit der Arten und Gat - tungen zu erklären, um so weniger, als hier der Baumschlag in einem einzelnen Bestande nicht nach Art der Tropenwälder gemischt, sondern oft eben so einfach ist, wie in anderen Ländern unter gleicher Breite «..
Die Bildner und Bewohner des japanischen Gebirgswaldes alle aufzuzählen, hiesse mindestens die Hälfte der ganzen Flora nennen. Im höheren Gebirge und mehr im Norden finden wir nur wenige immergrüne Sträucher, keine Bäume. Die hervorragendsten Bestand - theile eines solchen blattwechselnden Waldes sind Eichen, Buchen, Hainbuchen, Ahorne, Birken, Rosskastanien, Magnolien, Aralien, Wall - nüsse, Ulmen, Planeren, verschiedene Rosaceen und an mehr feuchten Stellen auch Eschen und Erlen (Quercus serrata und Q. dentata, Q. crispula und Q. glandulifera, Fagus Sieboldi und F. silvatica,168VII. Die Flora der japanischen Inseln.Castanea vulgaris und Aesculus turbinata, Cercidiphyllum japonicum, Tilia cordata und T. mandschurica, Calopanax ricinifolia, Magnolia hypoleuca, Acer japonicum, A. pictum und andere, Carpinus laxiflora, C. coradata, Planera Keaki Sbd., Ulmus campestris, U. montana, U. parvifolia, Prunus pseudocerasus, Perocaria rhoifolia, Fraxinus longicuspis, Betula alba, Alnus sp. und verschiedene andere). Von den hier angeführten häufigen Bestandtheilen eines sommergrünen japanischen Hochwaldes durchziehen Magnolia hypoleuca, Aesculus turbinata und Acanthopanax ricinifolium mit der Buche alle grösseren Inseln vom Gebirgswalde des südlichen Kiushiu bis zu demjenigen der Insel Yezo und Sachalin, erreichen aber erst im mittleren und nördlichen Theile des Landes ihre Hauptentwickelung.
Was die eigentlichen Kletterer anlangt, so übertreffen Schizo - phragma hydrangeoides S. und Z. (Tsuru-demari), Hydrangea petio - laris S. und Z. und Rhus Toxicodendron, Var. radicans Miq. (Tsuta - urushi) alle anderen an Stärke und Häufigkeit. Bis zu 25 Meter hoch kriechen ihre mehr als armdicken und selbst bemoosten Stämme an den alten Eichen, Buchen, Ahornen und anderen Waldbäumen, aber auch an Felswänden empor, und es tragen die weissen Trug - dolden der ersteren im Sommer eben so sehr zur Buntheit im Colorit des Waldes bei, wie die gerötheten Blätter der letzteren im Herbst. An lichten Stellen, vor allem auch an Nadelhölzern, klettert der immergrüne Evonymus radicans Sbd. (Tsuru-masaki) gern empor, vertritt gewissermassen den weniger häufigen Epheu und begleitet die drei erstgenannten durch die gesammte Inselgruppe nordwärts bis zu den Wäldern im südlichen Sachalin. » Die noch aufrechtstehenden modernden Baumstämme überzieht (hier) Hydrangea cordifolia Maxim. (H. petiolaris S. und Z.) mit dichtem Geflecht und wandelt sie in grüne Säulen von 4 — 5 Faden Höhe um, die im Juli mit zahlreichen weissen Blüthensträussen geschmückt sind und eine der schönsten Zierden des Waldes bilden « (Fr. Schmidt).
Weniger hochstrebend als die genannten erscheinen Menisper - mum dahuricum DC. (Komori Kadzura), Celastrus articulata (Tsuru - mume-modoki) und Vitis inconstans Miq. (Tsuta). Zeigt sich nun bei einigen der vorerwähnten bereits hin und wieder auch die Neigung zum Schlingen, so tritt diese doch mit viel mehr Entschiedenheit bei verschiedenen Arten blattwechselnder Magnoliaceen und Ternstroemia - ceen hervor, nämlich bei den Gattungen Schizandra und Kadsura der erstgenannten und der Gattungen Actinidia und Stuartia der zweiten Familie. Wir haben es bei den letzteren mit einem halben Dutzend und mehr Arten zu thun, den speciellen Tsuta-no-ki, deren dicke169Formationen und Regionen der Vegetation.Stämme mit äusserst porösem Holze, an dem das Auge keine Spur von Jahresringen erkennen kann, in der Regel mehrere Meter hoch frei aufsteigen, sich dann einem benachbarten Baume zuwenden, ihn mehrmals von links nach rechts umwinden und dann mit ihm zu an - sehnlicher Höhe emporsteigen, um nicht selten darauf zu einem an - deren Nachbar überzuspringen und auch hier durch mehrere kräftige Windungen sich zu befestigen und zu stützen, worauf sie ihre Aeste mehr oder minder frei mit denen ihrer Stütze mischen. Es muss jedoch hervorgehoben werden, dass einzelne Arten Actinien diese Bewegungen nur im Kleinen ausführen und wie Matatabi (Actinidia polygama Planch. ) sich desshalb immer nur Gebüschen oder niedrigen Bäumen zugesellen. Die kletternden und schlingenden Magnoliaceen haben ganz ähnliche Gewohnheiten, nur dass ihre Windungen von rechts nach links erfolgen. Wo der Hochstamm fehlt, begnügen sie sich mit einem Busch, ist auch dieser nicht vorhanden, so genügt es ihnen auch wohl, über den Boden zu kriechen. Aber es ist im schattigen Walde, wo sie ihre schönste Entwickelung erlangen. Kad - sura japonica L., auch wohl Kurogane Modoshi, eiserner Schlinger, genannt, ist nicht blos durch seine starke Korkbildung und das braun - rothe Herbstkleid ausgezeichnet, sondern auch durch die grosse Elasti - eität und Stärke seiner daumendicken Stämme, so dass diese vielfach zur Befestigung von Stegen und sonst statt starker Taue benutzt werden.
Die ausgebildetsten Schlingpflanzen der japanischen Wälder sind indess Wistaria chinensis S. und Z. (Fuji) und die Lardizabaleen, insbesondere Akebia quinata Decsne (Akebi Kadzura, A. tsuru) und A. lobata (Mitsu-ba-Akebi, d. h. Dreiblatt-Akebie).
Die Wistaria schlingt 20 — 30 Meter hoch um die Hochstämme im tiefen Waldesschatten, aber auch durch das lichte Gebüsch, und wenn überhaupt keinerlei Stütze erreichbar, wohl auch frei um sich selbst; die Akebien dagegen halten sich meist im Gebüsch und nicht weit von den Waldrändern, wo von Aussen, insbesondere der Hara, die krautartige Pueraria Thunbergiana Thbg. (Kudzu) sich durch das Buschwerk windet und es allmählich mit ihren Ranken und violetten Blüthentrauben ganz überdeckt.
Das Vorkommen der meisten vorerwähnten Lianen ist jedoch keineswegs auf den blattabwerfenden Gebirgswald beschränkt, son - dern erstreckt sich eben so gut auf den wintergrünen Laubwald des Südens, in welchem lorbeerblätterige, glattrindige Eichen, Kampfer - lorbeer und Verwandte, Ternstroemiaceen, namentlich Camellien, Ilicium anisatum und Ilicineen die wichtigsten Bestandtheile bilden. 170VII. Die Flora der japanischen Inseln.Der immergrüne Hochwald besteht oft auf weite Strecken nur aus einigen Eichenarten (Quercus cuspidata, Qu. glabra, Qu. acuta, Qu. glauca) mit Ternstroemia japonica, Eurya japonica und anderen immergrünen Sträuchern als Unterholz.
Noch einige der bemerkenswerthesten Bewohner der sommer - grünen Bergwaldungen mögen hier Erwähnung finden. Bis zu einer Höhe von 1300, ja 1400 Metern erblicken wir in den Gebirgen des mittleren Japan (z. B. bei Chiuzenji und auf Mikuni-tôge) inmitten der vielerlei Pflanzenformen einen Baum von nur 6 — 8 Meter Höhe und mässigem Umfang, dessen glatter, bräunlicher Stamm uns durch die stückweise, wie bei der Platane abspringende Rinde auffällt und der im Hochsommer eine Fülle grosser rother Blüthensträusse trägt, derent - wegen er auch als Zierpflanze in Gärten vorkommt. Es ist der Saru - suberi, d. h. Affengleiter (Lagerstroemia indica). Auch der Sanshio (Zanthoxylum piperitum), ein als Gewürzpflanze häufig in der Nähe der Häuser angebauter Strauch, dessen Stamm und Aeste sich durch stumpfe Dornen auszeichnen, ist hier zu Hause, ebenso das noch viel stärker bewehrte Acanthopanax spinosum Miq. und die Aralia horrida Smith. Unter den Hydrangeen ist es namentlich die Hydrangea pani - culata, ein ansehnlicher Strauch, welcher diese Region bis 1700 Meter Höhe bewohnt, und unter den Sumacharten neben dem kletternden Giftsumach der Rhus semialata Murray, welcher sich von Rhus Os - beckii DC. nicht unterscheidet und hier im September zur Blüthe kommt, an den Südabhängen des Himalaya in derselben Höhe aber schon 3 — 4 Monate früher.
Rhus sylvestris, der dritte Waldbewohner unter den japanischen Sumacharten, steigt in der Regel nicht so hoch, sondern findet sich am häufigsten in den Laubwäldern unter 1000 Meter, d. h. bis zu der äussersten Grenze, welche in günstigen Lagen Castanea vulgaris Lamk. nach oben erreicht. Zwischen 600 und 1000 Meter Höhe finden wir die essbare Kastanie wohl zuweilen neben der Rosskastanie (Aesculus turbinata Bl.), doch hat sie andere Bedürfnisse. Aesculus liebt die Gesellschaft von Fagus, Calopanax ricinifolium und Magnolia hypoleuca, den humusreichen Boden schattiger Hochwälder, auf dem Lomarien, Woodwardien und andere schöne Farrenkräuter ihre Wedel ausbreiten und Asperula odorata kein seltener Gast ist; Castanea da - gegen zieht die sonnigen Bergabhänge vor, an denen sie nicht selten für sich lichte Bestände bildet. Sie ist dann meist auch der Träger der durch ganz Japan bis nach Sachalin hin verbreiteten Mistel (Viscum album L.), die ich auch auf Birnbäumen, Weissdorn und Eberesche, auf blattwechselnden Buchen und Eichen (eine Seltenheit171Formationen und Regionen der Vegetation.in Europa!), auf Wallnussbäumen und Eschen, sowie Erlen und Wei - den beobachtet habe*)Die Beeren dieser Mistel, wie ich sie an zahlreichen Sträuchern auf Kunimi - tôge im October 1874 sah, sind am Anfange der Reife grünlichweiss, dann weingelb und zuletzt röthlichorange, so dass es möglicherweise trotz aller äusseren Aehn - lichkeit mit Viscum album doch eine andere Art ist..
Die Zahl der Sträucher und niedrigen Bäume, welche kaum bis zur gleichen Höhe wie die Kastanie emporsteigen und in den Laub - waldungen von 400 — 800 Meter Erhebung am häufigsten auftreten, ist sehr beträchtlich. Ich nenne von den gewöhnlicheren folgende:
Ternstroemia japonica, Eurya japonica, Stachyurus praecox, Stuartia, Orixa japonica, Skimmia japonica, Ilex crenata, Berchemia racemosa, Sapindus Mukoroshi, Staphylea Bunalda, Euscaphis staphy - leoides, Albizzia Julibrissin, Kerria japonica, Deutzia, Philadelphus, Hamamelis japonica, Helwingia japonica, die meisten Caprifoliaceen, mit Ausnahme der Diervillen, die noch viel höher steigen, die grösseren Arten von Andromeda, z. B. A. japonica und A. ovalifolia, Symplocos und Styrax, Ligustrum, Daphne, Wickströmia, Rottlera japonica, die gleich Clerodendron vornehmlich die Waldränder bewohnt, hier aber oft sehr ausgebreitete Büsche von 3 — 4 Meter Höhe bildet, Elaeagnus, Lindera, insbesondere L. sericea.
Die Vielgestaltigkeit des japanischen Laubwaldes wird in ver - schiedener Höhenlage noch erhöht durch diverse Arten Nadelhölzer, insbesondere Tannen, Kiefern, Retinisporen und Cryptomerien, welche theilweise als sehr ansehnliche Bäume so zerstreut auftreten, dass dadurch der Gesammtcharakter nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Während im Urwalde die abgestorbenen Laubbäume bald morsch und vom Winde gebrochen zur Erde stürzen und hier die Wohnstätte von Moosen und Pilzen, Käfern und Schnecken werden, bleibt das dürre Nadelholz noch lange stehen. So sieht man denn häufig Tannen, welche statt grüner Nadeln graue Bartflechten tragen, denen der Blick auch schon an gesunden Bäumen nach allen Richtungen be - gegnet. Hier im Innern des Gebirges gibt es wirklich noch vom Menschen unberührte Urwälder, in die selbst der Kohlenbrenner noch nicht eingedrungen ist.
Wie der Laubwald, so kommt auch der geschlossene Nadel - wald (Kuro-ki) in verschiedener Höhe vor, und zwar von der Meeres - küste an bis zur oberen Baumgrenze; nur bleiben selbstverständlich seine Bestandtheile nicht dieselben, denn nur selten finden sich mehr als vier Baumarten darin gemischt. Die Aka-matsu oder Rothkiefer (Pinus densiflora S. und Z.) und die Kuro-matsu oder Schwarzkiefer172VII. Die Flora der japanischen Inseln.(P. Massoniana Lamb. ) sind die häufigsten Coniferen des Landes und bilden sowohl jede für sich als auch gemischt die lichten Nadelwälder der unteren Region, des alten Dünensandes und der unfruchtbaren Hügel. Auf Wälder aus diesen Kiefern fällt der Blick des Ankömm - lings in einem der offenen Häfen, so wie dessen, der das Binnen - meer durchfährt. So ist es denn leicht erklärlich, dass sich allge - mein die irrige Ansicht verbreitet hat, es herrsche in Japan der Nadelwald vor. Solche in der Regel wenig ausgedehnte Kiefern - waldungen trifft man ausnahmsweise im Gebirge noch in einer Höhe von 1500 Meter. Ausser ihren beiden Bestandtheilen und dem alpinen Knieholze kommt, wenigstens auf den drei grossen südlichen Inseln, keine weitere wildwachsende Kiefer vor.
In einer Höhe von 500 — 1000 Meter treffen wir die Heimath der schönsten japanischen Nadelhölzer mit dem geschätztesten Holze zugleich für bauliche und sonstige technische Zwecke, Wälder aus Sugi (Cryptomeria japonica Don. ), Hi-no-ki (Chamaecyparis obtusa Endl.), Sawara (Ch. pisifera Endl.) und Hiba (Thujopsis dolabrata S. und Z.).
Alle diese Bäume lieben geschützte Thaleinschnitte und Mulden. Das endemische Vorkommen der Cryptomerie dürfte nur ausnahms - weise den 36. Breitegrad erreichen; angepflanzt findet man sie da - gegen ausser den Kiefern viel häufiger als jeden anderen Waldbaum und noch in stattlichen Exemplaren auf der Insel Yezo. Es ist der Stolz der Tempelhaine, die grösste Zier japanischer Alleen, insbe - sondere jener berühmten am Wege von Tôkio nach Nikkô. Viel häu - figer trifft man die beiden Cypressen, die auch noch viel höher em - porsteigen, in vereinzelten Exemplaren noch bis 1600 Meter, und selbst der dritte Lebensbaum im Bunde, der Hiba, ist nicht selten im mittleren Japan. Die schönsten Cypressenwälder besitzen Shinano und Hida, doch hat auch hier die Axt schon sehr gelichtet. Das Holz dieser Bäume, insbesondere der Sonnencypresse (Hi-no-ki) ist seiner weissen Farbe und anderer guten Eigenschaften wegen für Lackwaaren sehr gesucht; auch dient es zum Bau der Shinto-Tempel. Auf dem Koya-san in Kiushiu folgt nach einem schönen Mischwalde von Hi-no-ki und Sugi ein Hain aus stattlichen Bäumen der Sciado - pitys verticillata S. und Z., welcher den berühmten Tempelort theil - weise umgibt. Der Baum heisst hiernach der Podocarpus von Koya (Koya-maki) und ist hier wie anderwärts, wo er spärlich vorkommt, ohne Zweifel angebaut. Er erreicht 15 — 20 Meter Höhe und 1 Meter Stammumfang, also viel stattlichere Dimensionen, als v. Siebold angibt.
Rein, Japan I. Lichtdruck v Strumper & Co. Hamburg.
CRYPTOMERIEN-ALLÉE VOR IMAICHI BEI NIKKÔ.
Verlag von Wilh. Engelmann, Leipzig.
Die japanische Eibe oder Araragi (Taxus cuspidata S. und Z.), so gesucht ihres feinmaserigen rothen Holzes wegen, findet sich am häufigsten in Hida. Gleich ihren Verwandten, der Inugaya (Cephalo - taxus drupeacea S. und Z.) und der Kaya (Torreya nucifera S. und Z.) findet man sie häufiger strauch -, als baumartig und zwar zerstreut im Laubwalde, nicht in eigenen Beständen.
Eine dritte Nadelwaldregion von 1500 — 2400 Meter Höhe wird von Tannen und Lärchen eingenommen. Die stattlichste der ersteren, die Momi (Abies firma S. und Z.), bleibt zwar gewöhnlich unter dieser Höhe im gemischten Laubwalde oder in Gesellschaft von Sugi und Hinoki, aber alle übrigen haben hier so recht ihre Heimath. An Häufigkeit des Vorkommens übertrifft eine nahe Verwandte der nord - amerikanischen Schirlingstanne, die Tsuga (Abies Tsuga S. und Z.), alle übrigen und fehlt gleich der Lärche oder Kara-matsu (Larix leptolepis Gord.) kaum einem Berge über 1500 Meter Höhe. Ge - mischt mit Toro-no-o-momi, d. h. der Tigerschwanz-Fichte (Abies polita S. und Z.) bildet sie den Kuro-ki (Schwarzholz, Schwarzwald) über dem Asa-ki (hellgrünen Holze, Laubwald) des Nantai-san von 1900 Meter Höhe an bis nahe zum Gipfel. Am Fuji-san beginnt sie über der Hara in etwa 1500 Meter Höhe mit Larix leptolepis, Abies firma und Abies Menziesi Lond. und wird stellenweise in etwa 2000 Meter Höhe durch A. bicolor Maxim. und A. Veitchii Henk. ersetzt. In der 2200 Meter hohen Yunotaira auf dem Asama-yama mischt sich diese so sehr an Abies canadensis erinnernde Fichte ebenfalls mit Larix leptolepis.
Von besonderem Interesse ist auch die Zusammensetzung des oberen Nadelwaldes auf dem On-take. Wie beim Fuji-san beginnt er am Ende der Hara in etwa 1560 Meter Höhe, wo auf alter Brand - stätte Epilobium angustifolium auftritt, und geht bis über 2000 Meter empor. Es ist ein Gemisch von Tsuga (Abies Tsuga), Hinoki (Cha - maecyparis obtusa Endl.), Kara-matsu (Larix leptolepis) und Tôhi (Abies bicolor Maxim. ), dem sich einzelne Weissbirken und der an Ebereschen erinnernde Pyrus sambucifolia zugesellen. Statt des Unter - holzes bedeckt, wie in so manchen höheren Bergwaldungen Japans, der Zwergbambus (Arundinaria japonica S. und Z.) 1½ — 2 Fuss den Boden. Höher hinauf verschwinden zuerst Chamaecyparis und Larix, dann Tsuga und endlich Tôhi. Es geht hieraus und aus den Beob - achtungen von Maximowicz und Veitch am Fuji-no-yama hervor, dass Abies bicolor Maxim. (A. Alcockiana DC. ) und A. Veitchii Henk. unter allen Tannen wohl am höchsten steigen.
Die vierte Coniferenregion ist diejenige des Knieholzes, Gojo-no -174VII. Die Flora der japanischen Inseln.matsu, d. h. fünfnadelige Kiefer (Pinus parviflora S. und Z.) oder der Yezokiefer, von der noch weiter im folgenden Abschnitt bei den Gewächsen der alpinen Region die Rede sein soll.
Hierzu müssen alle Gewächse gerechnet werden, welche man oberhalb der Waldgrenze höherer japanischer Gipfel trifft, unbeküm - mert ob dieselben auch schon im Walde selbst auftreten oder nicht. Diese obere Grenze des Waldes kann im allgemeinen zu 2000 Meter angenommen werden, eine Höhe, die zwar manchmal um noch einige hundert Meter überschritten, aber noch viel häufiger nicht erreicht wird.
Da nun die hier in Betracht kommenden Gebirgspflanzen zum Theil ein sehr biegsames Naturell haben, d. h. keineswegs auf eine scharf begrenzte Höhenzone angewiesen sind, sondern oft schon viel tiefer auftreten als da, wo die günstigsten Bedingungen zu ihrer Existenz gegeben zu sein scheinen, so treffen wir auf den Gipfeln mancher japanischen Berge, die wie der Ibuki-yama oder der Komaga - take im Hakonegebirge kaum 1400 Meter Höhe erreichen, schon eine Vegetation von ausgesprochen alpinem Habitus, während andere be - deutendere Berge in dieser Höhe noch den schönsten Hochwald tragen. Die Existenz des Waldes und der Beginn der hochalpinen Flora hängen hier in erster Linie nicht von der Temperatur, sondern von den Winden ab, welche letztere oft zulassen, wo der Baumwuchs unmöglich ist. Nur Betreffs der Zeit des Eintrittes der Florescenz und der Fruchtreife, wie nicht minder auch bezüglich der Grösse der Individuen wird bei derselben Art die mit zunehmender Höhe sich verringernde Wärme in erster Linie in Betracht kommen. So finden wir bei Arten, die wie Polygonum Weyrichii und Solidago virgaurea oft eine Höhenzone von 1200 — 1500 Metern überspannen, eine Ver - schiebung der Blüthezeit vom Frühsommer zum Nachsommer und Herbst und eine ziemlich stete Verkürzung der Pflanzenachse mit der Zunahme der Höhe. Diese Abnahme der Grössenverhältnisse mit der Höhe ist indess keineswegs bei allen Arten bemerkbar, vielmehr zeigen viele, wie z. B. Angehörige der Gattungen Anemone, Coptis, Primula, in ihrem Wuchse viel Beständigkeit.
In den Alpen gelangen Gewächse, welche eine breite Höhenzone bewohnen, zum Theil, wie Linaria alpina Mill. und Epilobium Dodonaei Vill., dadurch aus ihren höheren Wohnsitzen thalabwärts, dass das fliessende Wasser Rasen und Samen derselben mit sich fortreisst, ausspült und ihnen so zur Ansiedelung in grösserer Tiefe Gelegenheit175Formationen und Regionen der Vegetation.gibt; bei den Gebirgspflanzen Japans konnten ähnliche Vorgänge nicht beobachtet werden, es scheint dort das Wandern bergauf die allge - meine Regel zu sein.
Bei den japanischen Pflanzennamen deutet das häufig vorgesetzte » yama, Berg « nicht blos den Fundort, sondern häufig auch den Gegensatz zwischen wild, insbesondere in Bergwaldungen wachsend und angebaut an. So ist budo die cultivierte Rebe und Traube, yama-budo die wildwachsende Vitis Labrusca, urushi der Lackbaum, und yama-urushi der Rhus sylvestris, kaki die angebaute Dattelfeige und yama-kaki der Diospyros kaki L. in verwildertem Zustande. Allerdings gehören viele der mit » yama « zusammengesetzten Pflanzen - namen wirklichen Gebirgspflanzen an, doch findet der gebirgige Cha - rakter des Fundortes einen viel bezeichnenderen Ausdruck durch Vorsetzung des Wortes » iwa, Fels «, z. B. Rindo = Gentiana, Iwa - rindo = Gentiana triflora Pall., Kuruma, das Rad, die Radblume, Iwaguruma = Geum dryaoides S. und Z., Kikiyo = die Glocken - blume, insbesondere Platycodon, Iwa-kikiyo = Campanula lasiocarpa.
Aus der nachfolgenden systematischen Zusammenstellung der Gewächse des japanischen Hochgebirges wird man erkennen, dass die Zahl der Arten eine recht beträchtliche ist, doch darf mit Sicher - heit erwartet werden, dass eine gründliche Erforschung mancher hohen Gipfel, insbesondere des Shinano-Hida-Schneegebirges, die Liste noch wesentlich bereichern wird. Die reichste Ausbeute haben bis jetzt der Haku-san und der On-take geliefert; aber auch hier wäre meine Ernte eine noch viel beträchtlichere gewesen, wenn ich ihr mehr Zeit hätte widmen können.
Noch muss hervorgehoben werden, dass die nachfolgende Liste japanischer Hochgebirgspflanzen nur solche Arten umfasst, über deren Vorkommen oberhalb der Waldregion sichere Beobachtungen vorliegen, während alle Species mit unbestimmten Fundorten ausgeschlossen blieben.
Von den strauchartigen Gewächsen der japanischen Hochgebirgs - flora gehen Birken, mehrere grössere Arten Heidelbeersträucher, ins - besondere Vaccinium ovalifolium Sin. und Vaccinium hirtum Thbg. (V. Smallii A. Gray), und Rhododendren nicht viel über die obere Buschwaldregion hinaus, während Alnus viridis, Salix glabra, Pyrus sambucifolia sich bis in die Nähe der höchsten Gipfel behaupten und beim On-take und Fuji-san noch in einer Höhe von 3000 Meter vor - kommen. Zu ihnen gesellt sich das japanische Knieholz (Pinus parvi - flora), welches oft ansehnliche Strecken 1 — 1½ Meter hoch überdeckt. Auf Sachalin fand F. Schmidt diese » Knieholzregion « stellenweise schon in 320 Meter Höhe und darunter. Unter und zwischen den Büschen dieser Holzgewächse hat sich angesiedelt, was ohne ihren bescheidenen Schatten und Schutz vor den Winden nicht gut fort - kommt: Coptis trifolia, Trautvetteria palmata, Glaucidium palmatum, Diphylleia Grayi, Viola biflora, Parnassia palustris und Drosera ro - tundifolia (diese beiden nur ausnahmsweise noch über 2000 Meter hoch), Cornus canadensis, Solidago Virga aurea, Vaccinium uligi - nosum und V. Vitis idaea, Majanthemum bifolium, Oxalis Acetosella,Rein, Japan I. 12178VII. Die Flora der japanischen Inseln.Trientalis europaea (die beiden letzteren nicht über 2200 Meter hinauf).
Den trockenen, sonnigen Fels und seine ersten Verwitterungs - produkte überziehen vornehmlich die kleinen zierlichen Ericineen, wie Arctostaphylus alpina, Andromeda nana, Azalea procumbens, die Gattungen Cassiope und Phyllodoce zuweilen in Gesellschaft von Em - petrum nigrum. Daneben treffen wir Saxifraga androsacea und Dia - pensia Lapponica, die einzigen unter all diesen Gewächsen, welche dichte Polster bilden. Anemonen, Primeln, Steinbreche und andere bekannte alpine Formen treten im allgemeinen mehr zurück. Man wird ferner aus der Zusammenstellung erkennen, dass glaciale Ra - nunkeln fehlen, Papilionaceen, Saxifrageen und Gentianeen aber nur schwach vertreten sind. — Besonders häufig und schon von 1600 Meter Höhe an erscheint Schizocodon soldanelloides, das japanische Alpen - glöckchen. Nicht blos in seiner Blüthenform, sondern auch in der Art des Auftretens erinnert es lebhaft an Soldanella alpina, indem es oft mit seinen schönen Blüthenglöckchen die abschmelzenden Schnee - schrammen umsäumt und hier im Spätsommer sich entwickelt, wäh - rend es 500, ja 1000 Meter tiefer bereits im Frühling zur Blüthe kommt. Aber es ist viel grösser und schöner als jener Alpenbewohner und, wie schon angedeutet, über eine viel grössere Höhenzone aus - gebreitet. Die runden herzförmigen Blätter sind an den Rändern zurückgeschlagen und auf der Unterseite häufig geröthet, wie die stets rothen Blüthenstiele. Diese tragen in einseitswendiger kurzer Traube 3 — 8 Blüthen. Der glockige Kelch ist fünftheilig, die grosse Krone glockenförmig, rosafarben, nach violett neigend, mit fünf zerschlitzten Zipfeln und einer kleinen Nebenkrone. Hinzu kommen 6 Staubge - fässe mit weissen Antheren und ein Griffel.
Aus dem im Vorstehenden über die Flora des japanischen Hoch - gebirges Gesagten ergibt sich, dass sie ein eigenthümliches Gemisch alpiner und hochnordischer Pflanzenformen ist, aus Arten, die zum Theil in der subarctischen Region der alten und neuen Welt eine weite Verbreitung haben oder selbst in schattigen Wäldern der nörd - lich gemässigten Zone ganz gewöhnlich und die weiter südlich in die Gebirge emporgestiegen sind, neben einer geringen Anzahl bis jetzt nur in Japan aufgefundener Species. Es ist eine Flora, welche ohne Zweifel aus Ostsibirien und Kamtschatka stammt, mit den kalten und heftigen Monsunen und Meeresströmungen des Winters südwärts und durch Thalwinde bergan gelangte. Diese Wanderung lässt sich sowohl nach der Breite als auch nach der Höhe verfolgen und zeigt sich am deutlichsten bei jenen hohen vulkanischen Gipfeln, die ihre eruptive179Formationen und Regionen der Vegetation.Thätigkeit noch nicht lange eingestellt haben. Da sehen wir, wie die Samen vieler dieser Gewächse von ihrer ersten unteren Ansiede - lung aus, durch Thalwinde gehoben, immer höher getragen werden, bis sie zuletzt die erkalteten Gipfel erreichen. Obenan unter diesen Vorläufern und ersten Anfängern der Hochgebirgsflora treffen wir Polygonum Weyrichii, Stellaria florida und Carex tristis. Bei ver - schiedenen späteren Ansiedlern, zumal den beerentragenden, mögen immerhin auch andere Vehikel mitgewirkt haben, z. B. Vögel, ins - besondere das Schneehuhn, doch ist eine solche Verbreitung leichter denkbar, als nachweisbar.
Fassen wir zum Schlusse das, was in Vorstehendem über die Vegetationsformen Japans und insbesondere über die Verbreitung seiner Nadelhölzer in verticaler Richtung gesagt wurde, zusammen, so vermögen wir fünf Pflanzenregionen zu unterscheiden, nämlich:
1. Zone des Kiefernwaldes und des Wachholders, bis 400 Meter hoch. Sie umfasst die Culturregion, die Vegetation des Dünensandes, der stehenden und langsam fliessenden Gewässer, der buschigen Hügellandschaften und des immergrünen Waldes im Süden, welcher nur ausnahmsweise 200 Meter höher reicht.
2. Zone der Cryptomerien, Cypressen und Eiben, 400 — 1000 Meter Höhe. Es ist dies zugleich das Gebiet des unteren sommergrünen Laubwaldes, in welchem die Vegetation an Ueppigkeit und Artenverschiedenheit ihre grösste Kraft entwickelt, die Region der Castanien, blattwechselnden Laurineen, der meisten Magnoliaceen Ternstroemiaceen, Lardizabaleen, Hydrangeen, Caprifoliaceen und an - derer reich vertretener Sippen, sowie endlich das Gebiet der unteren und ausgebreitetsten Hara.
3. Zone der Abies firma und des mittleren Laub - waldes, 1000 — 1500 Meter Höhe. Hierher gehört der grösste Theil des blattwechselnden Hochwaldes mit Eichen, Buchen, Ahornen, Erlen, Eschen, Rosskastanien, Aralien, ferner die obere Hara.
4. Zone der Tannen und Lärchen, 1500 — 2000 Meter. Es ist zugleich das Gebiet des oberen Laubwaldes mit Birken, Erlen, der subalpinen Kräuter und Sträucher.
5. Zone des Knieholzes, von 2000 Meter an aufwärts, die Region der kriechenden Ericineen und hochalpinen Kräuter.
Von den beiden neuesten und ausführlichsten Werken über die Flora Japans weist Miquel’s Prolusio Florae Japonicae mehr als 2100 Arten Gefässpflanzen in 923 Gattungen auf, die Enumeratio Plantarum von Franchet und Savatier dagegen 2743 Arten in 1035 Gattungen. Innerhalb der letzten 9 Jahre — von 1867, wo die Prolusio erschien, bis Herbst 1876, wo die Enumeratio geschlossen wurde — hat sich demnach unsere Kenntniss der höheren Gewächse Japans um 112 Gattungen und etwa 650 Arten, worunter viele ganz neue sich befinden, erweitert. Nach Franchet und Savatier be - sitzt nämlich Japan:
Der bedeutende Zuwachs, den sonach die Kenntniss der japani - schen Flora in der Neuzeit erfahren hat, ist vornehmlich der genaueren Erforschung des gebirgigen Innern zuzuschreiben. Er besteht darum auch vorzugsweise aus Vertretern des nordeuropäisch-sibirischen Floren - gebietes oder aus nahen Verwandten von solchen. Noch aber fehlt eine genaue naturwissenschaftliche Durchforschung mancher japanischer Ge - birge, sodann der Insel Yezo und insbesondere der kleineren Insel - gruppen. Bei dem steigenden Verkehr, auch der wissenschaftlichen Welt, mit Japan, den besseren Verkehrsmitteln daselbst und der wachsenden Zahl gut vorgebildeter Sammler und Beobachter dürfen wir bestimmt erwarten, dass manche noch vorhandene botanische Lücke bald ausgefüllt und durch neue sichere Fundorte die Zahl der endemischen Gewächse noch ansehnlich vermehrt werden wird.
Von grosser Wichtigkeit ist ferner, dass die Botaniker in Japan, mehr als die meisten bisherigen, kritisch zu Werke gehen und die wirklich und unzweifelhaft wild wachsenden Gewächse von den durch die Cultur eingeführten streng unterscheiden. Der Umstand, dass dies bisher so wenig geschehen ist, dass vielmehr als endemische Arten bei Siebold, Miquel und selbst bei Savatier viele einge - führte Zier - und Culturpflanzen fungieren, hat unsere Pflanzengeo - graphen zum Theil ganz irre geleitet und zu falschen Schlüssen be - züglich der Zusammensetzung der japanischen Flora geführt. Das181Zusammensetzung der japan. Flora u. weitere bemerkenswerthe Züge etc.Werk von Franchet und Savatier ist mit viel Fleiss und Sorgfalt verfasst worden, hat sich aber von dem beregten Fehler, wie schon angedeutet wurde, ebenfalls nicht ganz frei halten können.
Eine kritische Flora der japanischen Inseln bleibt noch zu schrei - ben. Sie wird viele der bisherigen Rechnungen zu Schanden machen! Es ist darum sehr zu wünschen, dass Maximowicz, der Einzige, welcher dies mit Aussicht auf guten Erfolg zu thun vermag, dazu die Zeit und Kraft behalte und dass ihm die Unterstützung aller Bo - taniker in Japan zu einer so verdienstlichen, mühsamen Arbeit nicht fehlen möge.
Aus der nachstehenden Zusammenstellung der Artenzahl ver - schiedener Familien und der artenreicheren Gattungen, wie sie bei Franchet und Savatier gegenüber der Prolusio erscheinen, wird man den grossen Fortschritt, welchen unsere Kenntniss der Flora Japans im letzten Jahrzehnt gemacht hat, am besten zu würdigen vermögen.
Japan besitzt
Man wird aus Vorstehendem auch erkennen, wie wenig begründet und wie hinfällig bisherige Berechnungen und Vergleiche des Procent - satzes einzelner hervorragender Familien oder grösserer Gruppen, z. B. der Holzgewächse in der Zusammensetzung der japanischen Flora sind, gegenüber anderen Vegetationsgebieten. Hierzu kommt, wie schon erwähnt, dass dabei manches eingeführte Gewächs als en - demisch mitgezählt wird und die Unsicherheit des Bodens, auf dem jene Berechnungen beruhen, noch vermehrt. Von bekannteren Ge - wächsen will ich nur nennen: Nelumbo nucifera, Arten von Melia, Rhus vernicifera und R. succedanea, Pawlownia imperialis, Ricinus communis, Elaeococca cordata, Cycas revoluta, Chamaerops excelsa,183Zusammensetzung der japan. Flora u. weitere bemerkenswerthe Züge etc.die nebst manchen anderen bei den meisten Botanikern als gute japanische Arten angesehen werden, es aber nichtsdestoweniger nicht sind. Anderseits kann ich die besten Beweise dafür vorbringen, dass Wistaria chinensis, Castanea vulgaris, Nandina domestica, Gardenia florida und Lagerstroemia indica gute japanische Species sind, ob - gleich dies bisher von den meisten Autoren bezweifelt wurde.
Eine besondere Besprechung verdienen noch die Coniferen. Fran - chet und Savatier haben zwar die hohe Zahl von 69 Arten bei Miquel auf 41 reduciert, allein auch hierbei sind manche vor einer strengen Kritik nicht haltbar. Ich streiche vor allem Salisburia adian - tifolia Sm., und zwar mit Zustimmung meines Freundes Ito Keiske, weil wir ihr nur angebaut auf Tempelgründen begegnen, und rechne weiter zu den sehr zweifelhaften: Pinus koraiensis, Larix Kaempferi, Sciadopitys verticillata, Thuja gigantea, Biota orientalis, Chamae - cyparis squarrosa und Ch. pendula, Taxus tardiva und alle Arten von Podocarpus, weil ich auf all meinen Reisen dieselben nie anders als angebaut gefunden habe. Die Gattungen Salisburia und Podo - carpus gehören zwar zu einem sehr alten ostasiatischen Stamme — finden sich doch Arten derselben im mittleren Jura des Amurlandes und der japanischen Provinz Kaga —, scheinen aber gegen das Ende der Tertiärzeit viel weiter südwärts gerückt zu sein. Der Ginkgo Japans stammt selbst nach der Meinung der eingeborenen Botaniker aus China, doch ist noch nicht erwiesen, ob und wo er hier wild wächst. Die Podocarpus-Arten aber, welche man in Japan theils zu Hecken verwandt, theils als Bäume in Gärten und Tempelhainen trifft, dürften erst auf den Riukiu wirklich endemisch sein.
Seine Culturgewächse bezog Japan mit Ausnahme weniger, wie des Tabaks und der Kartoffeln, aus China, ganz so wie seine In - dustrie, die Schriftsprache und die herrschende Religion. So wurden denn auch für die Japaner Hanf, Baumwolle und Seide die wichtig - sten Bekleidungsstoffe, Reis das Hauptnahrungsmittel und Thee das vorwiegende Getränk.
In Anbetracht der sehr alten gemeinsamen Cultur Chinas, Koreas und Japans ist es übrigens wahrscheinlich, dass eine Anzahl der diesem Gebiete eigenen Zier - und Nutzpflanzen gar nicht mehr im wilden Zustande vorkommen, wobei wir nicht einmal an unsere ein - heimischen Culturgewächse zu denken brauchen. Scheint doch der Angelsachse in Californien den Beweis zu liefern, dass dieselbe Gene - ration, die ein vegetabiles Denkmal aus alter Zeit (die Sequoia gigantea) entdeckte und bewunderte, ihm auch mit der Fackel und der Säge in der Hand den Untergang zu bereiten vermag,184VII. Die Flora der japanischen Inseln.wie dies Sir Joseph Hooker und Andere vor mir bereits angedeutet haben.
Bei einer ziemlichen Anzahl japanischer Gewächse deuten die Beinamen Shina, Kara oder Tô (China), Chôzen (Korea), Tenjiku (Indien), Jagatara (Batavia), Oranda (Holland), Nanban (fremde Bar - baren: Portugiesen) schon den fremden Ursprung an, z. B. Shina - no-ô (Corchorus capsularis), Kara-mume (Chimonanthus fragrans), Kara-avoi (Alcea rosea), Tô-garasashi (Capsicum longum), Kara - matsu-momi (Larix Kaempferi), Tô-giri (Clerodendron squamatum), Tô-jin-mame, Tô-goma (Ricinus communis), Tô-gibosi (Funkia sub - cordata), Tô-kibi (Zea Mais), Chôzen-giku (Boltonia indica), Chôzen - asagao (Datura alba), Tenjiku-manori (Capsicum annuum), Jaga - tara-imo (Solanum tuberosum), Oranda - (Orlanda -) genge (Trifolium repens), Oranda-mitsuba (Apium graveolens), Oranda-giseru (Aegi - netia indica), Nanban-hakobe (Cucubalus bacciferus), Nanban-kibi (Zea Mais).
Befreit von all den vorerwähnten und vielen anderen fremden Anhängseln, aber bereichert durch manche neue Entdeckung, wird das Verzeichniss der endemischen Gefässpflanzen Japans schon nach wenigen Jahren voraussichtlich gegen 3000 Nummern aufweisen. Reicher und mannigfaltiger noch als bisher erscheint uns sonach trotz vieler vorzunehmender Abzüge dieses schon so oft besprochene und gepriesene Vegetationsgebiet, und während nicht anzunehmen ist, dass die Zahl der tropischen Typen noch einen wesentlichen Zuwachs erhalten wird, gestaltet sich die Liste der Arten, welche Japan mit dem nördlichen gemässigten Theile des alten Continents und mit Nord - amerika verknüpfen, immer umfangreicher.
Mehr als durch ihren Artenreichthum überrascht und interessiert die Flora Japans durch die grosse Zahl und Mannigfaltigkeit ihrer Gattungen und erinnert hierdurch, sowie durch den hohen Procentsatz an Holzgewächsen stark an die Tropen, wie kein anderes Land der gemässigten Zone. Sind auch eine Anzahl derselben, wie die voraus - gegangene Liste dies zeigte, artenreich, so überrascht doch die enorme Zahl der monotypen Gattungen, sowie solcher mit höchstens 2 — 3 Species in hohem Grade, so dass auch hierin Japan unter den ausser - tropischen Ländern einzig dasteht. Unser Interesse an seiner Flora wird noch erhöht, wenn wir nach der geographischen Verbreitung ihrer Glieder fragen und finden, dass sie in dieser Beziehung ein auffallendes Gemisch ist vieler dem Lande eigenthümlicher Arten mit solchen, welche über China und den Himalaya, das tropische Indien und den Malayischen Archipel, Nordeuropa und Sibirien, end -185Zusammensetzung der japan. Flora u. weitere bemerkenswerthe Züge etc.lich über Nordamerika und zwar vorwiegend über die Canadische Platte und die Apalachen verbreitet sind.
Die Flora der Mittelmeerregion ist in Japan nur spärlich vertreten, es fehlen vor allem die vielen aromatischen Kräuter und Sträucher der Labiaten und Cistineen, Compositen und anderer Familien, was wohl den grossen Unterschieden in dem Maasse und der Vertheilung von Wärme und Niederschlag zugeschrieben werden muss. Irrig ist da - gegen die Behauptung, dass die Blumen Japans, bei aller Schönheit vieler, nicht riechen; denn verschiedene Lilien und Rhododendren, mehrere Orchideen, die Maiblume, wo sie vorkommt, Pittosporum Tobira, Rosa rugosa und andere können sich an Wohlgeruch mit den in dieser Beziehung ausgezeichnetsten Blumen anderer Länder wohl messen. Wie aber die Flora Japans wenig aromatische Pflanzen auf - weist, so auch wenige mit Filzbildung auf den grünen Organen, dagegen neigen manche zu Panachierung ihrer Blätter in hohem Grade.
Diejenigen Gewächse, welche Japan mit dem tropischen Indien und malayischen Archipel gemein hat, erreichen meist in seinem süd - lichen und mittleren Theile ihre Nordgrenze. Es gehören hierher von tropischen und subtropischen Familien die: Bixineen, Pittosporeen, Ternstroemiaceen, Sterculiaceen, Simarubeen, Meliaceen, Olacineen, Sabiaceen, Melastomaceen, Begoniaceen, Ficoideen, Cucurbitaceen, Myrsineaceen, Ebenaceen, Styraceen, Loganiaceen, Acanthaceen, Myo - porineen, Phytolaccaceen, Basellaceen, Amaranthaceen, Proteaceen, Lauraceen, Artocarpeen, Piperaceen, Chloranthaceen, Palmen, Scita - mineen, Hypoxideen, Haemodoraceen, Dioscoreen, Smilaceen, As - parageen, Stemonaceen, Commelineen, Pontederiaceen, Salviniaceen und eine sehr grosse Anzahl Gattungen aus anderen Familien. Sie folgten dem Kuro-shiwo über die Riukiu-Inseln und bilden zum Theil auf den zwei grossen südlichen Inseln die wichtigsten Bestandtheile des immergrünen Waldes, der sich dem Küstengebiete der Hauptinsel entlang bis etwa zum 36. Parallel, dem nördlichsten Theile der Yedo - bucht, fortsetzt, während wir ihn im höheren Innern schon viel süd - licher nicht mehr treffen. Sicher erreicht er hier eine Höhenzone von 600 Meter nicht mehr und fehlt daher auch den Provinzen Shinano und Hida durchaus. Die Lorbeerform herrscht in demselben vor, und seine Hauptbestandtheile sind ohne Zweifel die immergrünen Eichen (Quercus cuspidata, Qu. glabra, Qu. thalasiana, Qu. phylliraeoides, Qu. acuta, Qu. sessilifolia, Qu. glauca, Qu. gilva). Zu denselben gesellen sich von immergrünen Laurineen selbst Arten der Gattungen Cinnamomum, Machilus, Tetranthera, Actinodaphne, Litsaea und Daphnidium, unter denen Cinnamomum Camphora Nees die wichtigste186VII. Die Flora der japanischen Inseln.ist. Er bildet einen interessanten Bestandtheil der Wälder an der Kagoshima-Bucht, wo Buxus sempervirens theilweise das Unterholz liefert, und der Hügelwaldungen von Tosa. Weitere wintergrüne Gehölze Südjapans sind Illicium anisatum und Magnolia salicifolia, Nandina domestica, Pittosporum Tobira, Ternstroemia japonica, Cleyera japonica, Eurya japonica, Camellia japonica. Die Camellie bildet im südlichen Japan einen ansehnlichen Baum, der bis 1,5 Meter Stammumfang und 10 Meter Höhe erreicht und bis 1000 Meter hoch in den Bergwaldungen von Kiushiu und Shikoku vorkommt, so dass er hier die untere Grenze der Buche berührt und mit ihr und Aspe - rula odorata auf Sasagami-tôge von mir in 970 Meter Höhe gefunden wurde, wo er noch baumartig 5 — 6 Meter hoch war. Weiter nord - wärts verringert sich mehr und mehr die Höhe derselben und nimmt mehr Strauchform an. Die Mündung des Tone-gawa bei Chôki - guchi unter dem 36. Parallel dürfte auf der Seite des Stillen Oceans die Nordgrenze des wilden Vorkommens sein, während auffallender Weise gegen das Japanische Meer hin die Pflanze noch mehr als 2 Grad weiter geht und in Hügelwaldungen des nördlichen Echigo das etwa ein Meter hohe Unterholz bildet. Angebaut hält sie noch auf Yezo im Freien aus, der Theestrauch bis zum 40. Breitengrade.
Trochodendron aralioides, sowie die immergrüne Skimmia japo - nica Thbg. halten noch auf Yezo aus, ebenso Ilex crenata, während die übrigen wintergrünen Ilicineen theilweise gleichzeitig mit den Camellien enden.
Celastrus Kiusiana Fr. und S. fand ich als Bestandtheil des immergrünen Waldes im südlichen Kiushiu neben dem Bux. Von Rosaceen gehören hierher Photinia villosa und P. japonica, Raphio - lepis japonica und Rosa Luciae, von Corneen: Aucuba japonica, von Rubiaceen: Gardenia florida, von Oleaceen: Olea fragrans Thbg., O. aquifolium S. und Z.
Gehören schon viele der vorerwähnten Gewächse keineswegs dem tropischen Florengebiete an, sondern sind vielmehr, wie die Tern - stroemiaceen, nur der Vollständigkeit wegen hier aufgezählt worden, so gilt dies noch vielmehr von den immergrünen Thymelaceen (Daphne) und breitblätterigen Ericineen, wie Epigaea asiatica (Parapyrola), Rhododendron Metternichii und anderen. Dagegen müssen wir hier als durchaus tropische Formen noch mehrere Parasiten erwähnen, welche sich von ihrer Heimath im malayischen Archipel bis in das südliche Japan verbreitet haben. Es sind dies Viscum articulatum Burm. (V. Opuntia Thbg.), Loranthus Yadoriki S. und Z., Luisia teres Bl. (Epidendrum teres Thbg.), Malaxis japonica Fr. und Sav.
187Zusammensetzung der japan. Flora u. weitere bemerkenswerthe Züge etc.Die interessante, blattlose Mistel (Viscum articulatum Burm.) mit ihren flachen gegliederten und gabelförmig sich theilenden Aesten erinnert in ihrem Habitus an manche Cacteen. Ihre Heimath erstreckt sich über die Bergwaldungen Vorder - und Hinter-Indiens, der malayi - schen Inseln und des wärmeren Australiens, Südchinas und Japans. Ihre Wirthe sind theils periodisch -, theils immergrüne Bäume und Sträucher aus sehr verschiedenen Familien. Im südlichen Japan hat man sie bisher nur auf Symplocos, Litsaea und Eurya gefunden; ich kann hinzufügen, dass sie in Satsuma auch auf den Aesten der Ca - mellia japonica vorkommt.
Loranthus Yadoriki S. und Z. wurde zwar bisher nur auf der Insel Kiushiu gefunden, wo er Ilex und Quercus (Quercus acuta) be - wohnt, dürfte sich aber ebenfalls weiter nach Süden erstrecken. Von den beiden epiphytischen Orchideen ist Luisia teres auf Kiushiu ziem - lich häufig. In Satsuma und ôsumi bewohnt sie nach meinen Beob - achtungen den Talgbaum (Rhus succedanea). Da sie auf Java und auch im südlichen China zu Hause ist, dürfte sie auch den Riukiu - Inseln nicht fehlen. Auffallend ist, dass Malaxis japonica nach Savatier auf Cephalotaxus drupacea wohnt und mit diesem in den Bergwaldungen des mittleren Japan vorkommt, ein Abweichen von den Gewohnheiten der epiphytischen Orchideen, welches gewiss ohne Beispiel ist.
Gleich den blattwechselnden Eichen und Magnolien gehen auch die periodisch belaubten Gattungen der Lauraceen, Ternstroemiaceen, Araliaceen, Styraceen, Rutaceen, Melastomaceen und anderer tropi - scher oder in die Tropen hineinragender Familien viel weiter nach Norden, als die beständig grünen. So finden wir Arten von Lindera, Actinidia, Acanthopanax, Symplocos, Styrax, Evodia, Osbeckia noch auf Yezo und dem südlichen Sachalin.
Viel auffallender noch ist die weite nördliche Verbreitung einer ganzen Reihe von Cucurbitaceen. Während Deutschland nur noch die bekannte Zaunrübe (Bryonia alba) beherbergt und Nordamerika nur drei einheimische Arten von eben so vielen Gattungen (Bryonia, Melothria und Sicyos) kennt, hat Japan 9 — 10 Arten in 7 Gattungen (Trichosanthes, Lagenaria, Luffa, Momordica, Melothria, Actinostemma, Gynostemma). So fand ich noch in Nambu Trichosanthes cucume - roides Ser. und T. japonica, während Maximowicz bei Hakodate Gynostemma cissoides Benth. beobachtet hat.
Den Zusammenhang der japanischen Flora mit der tropisch - indischen zeigt vor allem auch das graciöse Bambusrohr, dieses über - aus wichtige Glied im Vegetationsbilde japanischer Ortschaften und188VII. Die Flora der japanischen Inseln.im Haushalte ihrer Bewohner. Die grössten und bedeutendsten Arten derselben kommen hier nie zur Blüthe und bekunden schon hierdurch, dass dies nicht ihre eigentliche Heimath ist. Darum ist auch die Bestimmung derselben schwierig und unsicher und erscheint es noch sehr zweifelhaft, ob diese grossen Species mit dem generischen Namen Take (Bambusa variegata Sieb., B. puberulata Miq. und mehrere an - dere) wohlbegründet, oder ob sie nicht vielmehr als Varietäten indi - scher Arten, insbesondere der B. tulda Roxb., anzusehen sind. Man findet Haine derselben, yabu genannt (ein gewöhnlicher Hain heisst mori), nicht viel über Meereshöhe noch bis zum 38° N. Im süd - lichen Kiushiu steigen sie bis 900 Meter bergan und im mittleren Japan zwischen 34° und 36° N. (Hakonegebirge, Usui-tôge, Mikuni - tôge, Kaga) findet man sie stellenweise noch in 500 — 600 Meter Höhe. Nirgends erlangen sie grössere Dimensionen, als in der Umgebung von Tôkio, wo Exemplare von 45 — 50 cm Umfang und 17 — 20 Meter Höhe keine Seltenheit sind.
Zwergbambus und verwandte Grasarten, mit dem Collectivnamen Sasa, theils zur Zierde in Gärten, zu Hecken etc. gezogen, theils wild wachsend, blühen jedes Jahr. Unter den wild wachsenden Arundinarien bilden mehrere Arten den gewöhnlichen Unterwuchs lichter, höherer Gebirgswälder und erzeugen zwar kein hohes, aber oft ein so geschlossenes Dickicht, dass es schwer hält, hindurchzu - dringen.
Nach der Enumeratio Plantarum von Franchet und Savatier zähle ich unter den wild wachsenden Gewächsen Japans folgende eigenthümliche und grösstentheils monotype Gattungen:
Dies sind 44 specifisch japanische Genera, gegenüber 34, welche Grisebach nach Miquel aufzählt, obgleich ich Chimonanthus Lindl., Pawlownia S. und Z. und Sciadopitys S. und Z. als nicht wild wachsend, Skimmia Thbg., Tripetaleia S. und Z., Pentacalium S. und Z. als auch anderwärts (Himalaya oder Nordamerika) vertreten, und Diaspananthus, Orthodon, Rhodea, Helionopsis und Sugerokia als zu anderen Gattungen zählend, gestrichen habe. Die Zahl der neu etablierten Genera (in obiger Zusammenstellung mit einem * ausge - zeichnet) ist somit eine recht beträchtliche. Wohl kann dies als ein neuer Beweis des grossen Formenreichthums gelten, aber weitragende Schlüsse darauf zu gründen, wäre gewiss sehr gewagt. Höchst wahr - scheinlich wird eine genaue Durchforschung Koreas und Chinas später die grosse Mehrzahl dieser endemischen Gattungen Japans auch auf dem Festlande nachweisen. Es wird sich dann zeigen, dass zwischen diesen drei Ländern ein noch viel innigerer Zusammenhang der Vege - tation besteht, als dies bisher schon angenommen werden konnte. Wie aber die Alpen die Südgrenze der nordeuropäischen Waldregion gegen das Mittelmeergebiet bilden, so erscheinen der Himalaya und seine südöstlichen Verzweigungen als der südwestliche Rand dieses grossen chinesisch-japanischen Florengebietes, in welchem, begünstigt durch reiche Niederschläge und eine der japanischen entsprechende Temperatur, sich manche Gattungen und Arten des östlichen Monsun -190VII. Die Flora der japanischen Inseln.gebietes wieder finden, die dem Innern Chinas und seinem continen - talen Klima wahrscheinlich fehlen. So hat man wenigstens bisher nur in Japan und dem Himalaya gefunden: Michelia Champaca L., Stachyurus S. und Z., Boeninghausenia albiflora Reich, Skimmia, Helwingia und einige andere. Viel wichtiger und zahlreicher sind jedoch die Gattungen und Arten, welche Japan mit China und aller Wahrscheinlichkeit nach auch mit Korea theilt. Die bemerkens - werthesten unter diesen Genera sind: Akebia, Stauntonia, Nandina, Hovenia, Koelreuteria, Pueraria, Kerria, Raphiolepis, Deutzia, Phel - lopterus, Aucuba, Rehmannia, Pentacalium, Paulownia, Sciadopitys, Cryptomeria, Cephalotaxus, Salisburya. Diesen reihen sich, wenn wir die Verbreitung über den grössten Theil des ganzen östlichen Monsungebietes ins Auge fassen, weiter an: Kadsura, Euptelea, Dontostemon, Eutrema, Actinidia, Phellodendron, Distylium, Cory - lopsis, Hamamelis, Damnacanthus, Serissa, Ainsliaea, Platycodon, Codonopsis, Glossocoma, Enkianthus, Anodendron, Metaplexis, Craw - furdia, Lysionotus, Bothriospermum, Pteirospermum, Corylopteris, Premna, Mosla.
Die Zahl der japanischen Arten aus anderen Gattungen, welche auch in China und der Mandschurei gefunden wurden, ist sehr be - trächtlich, ebenso derjenigen, welche Japan mit dem ganzen nörd - lichen Waldgebiete des alten Continentes und theilweise auch des neuen theilt und von denen hier nur die Namen der am weitesten verbreiteten Arten folgen mögen:
Anemone triloba, Ranunculus repens, R. sceleratus, Caltha pa - lustris, Coptis trifolia (nicht im mittleren Europa), Actaea spicata, Draba nemorosa, Drosera rotundifolia, Parnassia palustris, Helianthus peploides, Stellaria uliginosa, Cerastium vulgatum, Oxalis corniculata, O. Acetosella, Lathyrus palustris, Spiraea aruncus, Potentilla palustris, P. Anserina, Rubus Chamaemorus, Chrysosplenium oppositifolium, Cornus Suecica, Linnaea borealis, Viburnum Opulus, Sambucus race - mosa, Galium triflorum, G. Aparine, Valeriana dioica, Solidago Virg - aurea, Taraxacum Dens-leonis, Vaccinium Oxycoccus, V. Vitis Idaea, Empetrum nigrum, Ledum palustre, Pyrola rotundifolia, P. minor, P. uniflora, Diapensia Lapponica, Trientalis europaea, Naumburgia thyrsiflora, Veronica Anagallis, Brunella vulgaris, Stachys palustris, Mertensia maritima, Solanum nigrum, Calystegia Soldanella, Meny - anthes trifoliata, Chenopodium maritimum, Polygonum aviculare, Callitriche verna, Humulus lupulus, Alnus viridis, Potamogeton natans, Convallaria majalis, Luzula campestris, Scirpus lacustris, Eriophorum gracile, Carex stellulata, C. vesicaria, C. muricata, Beckmannia erucae -191Zusammensetzung der japan. Flora u. weitere bemerkenswerthe Züge etc.formis, Phalaris arundinacea, Poa pratensis, P. nemoralis, P. serotina, Glyceria fluitans, Festuca rubra, Triticum caninum, Asplenium filix - femina, Polypodium vulgare, Lastrea dilatata, Ophioglossum vulgatum, Osmunda regalis, Lycopodium Selago.
Neben diesen allbekannten Arten und einer Menge anderer, die sich anreihen liessen und deren Verbreitungsgebiet ebenfalls fast so weit geht, als das der periodisch belaubten Wälder der nördlichen Hemisphäre, steht aber das nordamerikanische Waldgebiet östlich des Mississippi mit Japan und der östlichen Monsunregion überhaupt noch in einer ganz besonders nahen Pflanzenverwandtschaft. Dieselbe zeigt sich nicht blos in der Gemeinsamkeit vieler Gattungen und einer grossen Anzahl von Arten, welche den benachbarten Gebieten und auch Europa durchaus fehlen, sondern auch in einer Gleichartigkeit der Physiognomie des ganzen Vegetationsbildes, welche überrascht und stark absticht gegen die Wälder westlich des Mississippi*)A. Gray unterscheidet eine atlantische und eine pacifische Waldregion, in jener herrschen buntgemischte Laubhölzer, in dieser Nadelhölzer weit vor.. Die grosse Mannichfaltigkeit und das bunte Gemisch der Baum - und Straucharten, wie sie den japanischen Laubwald charakterisieren, finden sich, wie bereits früher angedeutet wurde, auch in den Wäl - dern der östlichen Vereinigten Staaten und der sich anschliessenden canadischen Platte wieder. Auch diese amerikanischen Wälder weisen neben dem herrschenden blattabwerfenden Gehölz und seinem bunten Herbstkleide viele immergrüne Gewächse auf, auch in ihnen spielen Lianen eine viel bedeutendere Rolle als bei uns.
Die Gemeinsamkeit vieler Gattungen und Arten fiel bereits Thun - berg auf, aber Zuccarini hat sie zuerst weiter verfolgt und durch eingehendere Vergleiche diese nahe Verwandtschaft des östlichen Gebirgs - und Waldgebietes der Vereinigten Staaten mit dem japa - nisch-chinesischen Gebiete dargethan. Dieselbe Sache hat später auch A. Gray, Miquel, Grisebach und Sir Joseph Hooker beschäftigt und namentlich Seitens des Erstgenannten eine gründliche Untersuchung vieler dabei in Betracht kommenden Fragen hervorgerufen. Nach seinen Vergleichen hat das atlantische Waldgebiet Nordamerikas mit Japan und dem angrenzenden Monsungebiete nicht weniger als 65 Gattungen gemeinsam, die entweder anderwärts überhaupt oder doch wenigstens in Europa und dem westlichen Theile von Nordamerika fehlen. Hier ist die Liste derselben:
Illicium, Magnolia, Menispermum, Caulophyllum, Diphylleia, Brasenia, Stuartia, Zanthoxylum, Cissus, Ampelopsis, Berchemia, Sa -192VII. Die Flora der japanischen Inseln.pindus, Wistaria, Desmodium, Lespedeza, Rhynchosia, Astilbe, Hy - drangea, Itea, Penthorum, Hamamelis, Liquidambar, Cryptotaenia, Archemora, Fatsia, Diervilla, Mitchella, Oldenlandia, Leucothoë, Pieris, Clethra, Symplocos, Ardisia, Catalpa, Tecoma, Leptandra, Callicarpa, Cedronella, Amsonia, Phytolacca, Benzoin, Saururus, Pachysandra, Laportea, Pilea, Boehmeria, Microptelea, Maclura, Juglans, Arisaema, Pogonia, Arethusa, Dioscorea, Aletris, Coprosmanthus, Chamaelirium, Arundinaria, Onoclea, wobei ich nur Nelumbium ausgeschieden habe, welches unstreitig in Japan eine aus Indien über China eingeführte Culturpflanze ist. Aber nicht blos durch das ausschliessliche Auf - treten vorerwähnter zahlreicher Gattungen im atlantischen Waldgebiete von Nordamerika und demjenigen Japans und in der Physiognomie ihrer Wälder zeigt sich die grosse Aehnlichkeit beider, sondern selbst in der Uebereinstimmung von gegen 250 Arten. Eine beträchtliche Anzahl anderer Gattungen, welche dem östlichen Monsungebiete an - gehören, bewohnt zwar auch das pacifische Waldgebiet Nordamerikas und dehnt ihre Heimath von da bis zum Atlantischen Ocean aus, fehlt aber Europa durchaus. Ich nenne hier nur die bekannteren:
Dicentra, Aesculus, Negundo, Sophora, Philadelphus, Aralia, Gaultheria, Menziesia, Chamaecyparis, Torreya, Trillium, Adiantum.
A. Gray hat neuerdings einen sehr interessanten Vergleich an - gestellt der Gattungs - und Arten-Zahl der Waldbäume von 4 Regionen der nördlichen Hemisphäre, welcher hier folgen möge:
Atlantisches Waldgebiet Nordamerikas 66 Gattungen, 155 Arten.
Pacifische Waldregion Nordamerikas 31 Gattungen, 78 Arten.
Japanisch-mandschurisches Waldgebiet 66 Gattungen, 168 Arten.
Wälder Europas 33 Gattungen, 85 Arten.
Diese auffälligen Verhältnisse treten noch anschaulicher hervor, wenn man, wie Gray es that, sie durch Diagramme darstellt, durch Rechtecke, entsprechend den 4 Gebieten, so dass die Länge derselben der Artenzahl und die Breite der Zahl der Gattungen entspricht, wie folgt:
1. Atlant. N. -Amerika. 2. Pacifisches N. -Amerika. 3. Japan-Mandschurei. 4. Europa.
Unsere Betrachtungen der hervorragendsten Züge und Beziehungen der Flora Japans würden des Abschlusses entbehren, wenn wir schliess - lich nicht auch die Deutung dieser Verhältnisse versuchen oder die Versuche Anderer hier kurz erwähnen wollten.
Die Ueppigkeit der japanischen Flora wird, wo sie sich, wie in den Gebirgswaldungen und Bambushainen, zeigt, durch das Zusam - menwirken eines fruchtbaren Bodens, hoher Temperaturen und reicher, über das ganze Jahr vertheilter Niederschläge bedingt, die insbe - sondere auch dem warmen Sommer in beträchtlicher Menge zu theil werden, der Reichthum und die Mannichfaltigkeit derselben haben aber daneben noch ganz andere Ursachen. Wenn wir dieselben er - forschen und zu einem richtigen Verständniss der Vereinigung einer so grossen Zahl tropisch-indischer, chinesisch-mandschurischer, euro - päisch-sibirischer und nordost-amerikanischer Gattungen und Arten mit einer ansehnlichen Menge endemischer Formen gelangen wollen, müssen wir nicht blos die heutigen geographischen und klimatischen Verhältnisse in Betracht ziehen, sondern vor allem auch die paläonto - logische Vorgeschichte dieser Vegetation berücksichtigen; denn wenn es richtig ist, was Areschoug*)Bidrag till den Skandinaviska Vegetationens Historia af F. W. C. Are - schoug. in Bezug auf die ältere skandina - vische Vegetation sagt, dass die Vegetationsbeschaffenheit eines Landes nicht ausschliesslich durch die gegenwärtig herrschenden kosmischen Verhältnisse bestimmt wird, so gilt dies vor allem von Japan. Den gegenwärtig noch fortdauernden Verhältnissen und einer posttertiären Einwanderung schreibe ich die tropischen Bestandtheile seiner Flora, wie nicht minder die arktisch-alpinen, sowie auch die der nördlichen Waldregion des alten Continentes angehörenden zu, während ich nicht blos wie Gray und Hooker die nordamerikanischen Glieder der japa - nischen Flora, sondern auch die blos über China und die Mandschurei verbreiteten, sowie alle endemischen, als einen sehr alten, der Ter - tiärzeit entstammenden Grundstock betrachte.
In Folge der Verbindungen der grossen japanischen Inseln durch die Kurilen mit Kamtschatka, durch Sachalin mit Amurland, durch Oki, Iki und Tsushima mit Korea und durch die Riukiu mit Formosa und dem Malayischen Archipel waren der Einwanderung asiatischer Gewächse von Nord und Süd die Wege gebahnt. Die Unterbrechungen zwischen den einzelnen Inseln werden durch Meeresströmungen und Winde gewissermassen überbrückt, welche die Keime leicht von Insel zu Insel tragen. Aber das Herbeiführen derselben würde allein nochRein, Japan I. 13194VII. Die Flora der japanischen Inseln.keine Ansiedelung bedingt haben, wenn nicht Klima und Boden günstig mitgewirkt hätten. Die immergrünen Bäume und Sträucher, welche gleich manchen anderen tropischen Pflanzenformen auf dem ange - deuteten Wege allmählich nach Norden vorrückten, gewöhnten sich — so dürfen wir annehmen — bis zu einem gewissen Grade auf dieser Wanderung und Abschweifung von ihrer eigentlichen Heimath all - mählich an die kälteren Winternächte und fanden in der verhältniss - mässig starken Erwärmung während des Tages, vor allem aber in der warmen, feuchten Atmosphäre während des Sommers ihre wesent - lichen Lebensbedingungen noch erfüllt. Die von Norden und Nord - westen eingewanderten, an lange, strenge Winter gewöhnten Bürger der nördlichen alten Welt aber stiegen die Gebirge hinan bis zu den Höhen, die in klimatischer Hinsicht ihren Gewohnheiten am besten zusagten. Auch ihre Einwanderung muss in die posttertiäre Zeit verlegt werden, als die vulkanischen Gipfel zum grössten Theil gebildet und das Land, wenn auch nicht vollständig, so doch an - nähernd seine jetzige Höhe und Reliefverhältnisse, so wie die noch herrschenden klimatischen Zustände erlangt hatte. Hierfür sprechen alle Thatsachen, wogegen die Annahme, dass diese borealen Bestand - theile der Flora Japans zur Eiszeit schon vorhanden, aber weiter südlich geschoben und später wieder nordwärts und bergan gerückt wären, in der Beschaffenheit des Landes und der thatsächlichen Ver - breitung nordischer Pflanzen keine Stütze findet. Mit der rauhen und heftigen nordischen Monsunströmung in Luft und Meer wandern die Samen dieser Gewächse höherer Breiten allmählich südlich, gelangen zu den Gehängen der Berge und werden durch Thalwinde, wie dies bereits an einer anderen Stelle angedeutet wurde, gipfelwärts geführt. Dass dabei, je nach Beschaffenheit der Früchte und Samen noch andere Verbreitungsmittel, wie das Schneehuhn, Zugvögel und andere mitwirken mögen, stelle ich ausser Frage, schreibe ihnen aber gegen - über den Winden nur eine untergeordnete Rolle zu.
Wenn einmal die Floren all der zahlreichen Inseln von Formosa bis zum Cap Lopatka, sowie diejenige von Korea und der Man - dschurei näher erforscht sind, wird man die angedeuteten Wande - rungen japanischer Gewächse mit fremden Verbreitungscentren erst recht übersehen. Für viele derselben, welche bislang als endemisch gelten, werden wir einen weit grösseren Verbreitungsbezirk kennen lernen, für den verbleibenden Rest erst die rechte Deutung ge - winnen.
Für das Fortkommen mancher perennierender Pflanzen, die nach dem tropischen Ostasien weisen, ist auch die mächtige Schneedecke,195Zusammensetzung der japan. Flora u. weitere bemerkenswerthe Züge etc.welche sie in den nördlichen Landestheilen und allenthalben im Ge - birge Monate lang einhüllt, von grosser Wichtigkeit, so z. B. für die Cucurbitaceen, deren grüne oberirdische Theile wohl der erste Herbst - reif knickt, deren Wurzeln aber durch den Schnee vor dem Erfrieren geschützt sind. Wir müssen eben im Auge behalten, dass selbst auf Yezo das Thermometer nur ausnahmsweise auf — 16°C. sinkt, und dies in der rauheren Luft, während unter dem Schnee so niedrige Temperaturen nie vorkommen.
Insbesondere aber ist es die überraschend grosse Zahl von Holz - gewächsen, deren Fortkommen wir, unbekümmert um die Frage nach ihrem Ursprung, vor allem der Gunst des Klimas zuschreiben müssen. Die nordischen Formen fanden hier die gewohnte lange Winterruhe, die tropischen die nöthigen warmen Sommerregen wieder. In einem Klima mit strengen Wintern würden letztere, in einem solchen mit trockenen heissen Sommern die meisten Arten aus beiden Kategorien nicht fortkommen.
Es ist desshalb mit Sicherheit anzunehmen, dass in dem Maasse, in welchem von der ostasiatischen Küste aus landeinwärts der Cha - rakter des Klimas sich ändert, der Gegensatz zwischen strengen Wintern und heissen Sommern sich schärfer ausgebildet hat und die Menge des Niederschlages rasch abnimmt; auch der Charakter der Vegetation sich wesentlich ändert. Das chinesisch-japanische Floren - gebiet Grisebach’s umfasst ausser Japan, der russischen Küsten - provinz und Korea keineswegs das ganze chinesische Reich, sondern nur den von den Monsunen beeinflussten östlichsten Theil desselben. Ich ziehe desshalb die Bezeichnung nordöstliches Monsunge - biet vor. Dieses pflanzengeographische Gebiet erstreckt sich nach meiner Auffassung von der Fukian-Strasse und den Gebirgen der Insel Formosa bis gegen die Amurmündung hin und umfasst alle Küstenländer und Inseln rings um das Gelbe und das Japanische Meer, also weit mehr als » Kämpfer’s Reich, das Gebiet der Ca - mellien und Celastrineen « nach Schouw. Wir dürfen es das Reich der Magnolien, Camellien und Aralien nennen; denn wenn auch die drei Familien, welche durch diese Namen repräsentiert werden, ihre Hauptentwickelung in den Tropen finden, so sind sie doch dort über ein enormes Gebiet zerstreut und bilden keineswegs einen so cha - rakteristischen und wichtigen Bestandtheil der Vegetation wie im nordöstlichen Monsungebiete, dem gegenüber auch die Vertretung der Magnoliaceen, Ternstroemiaceen und Araliaceen in Nordamerika (auch was die Zahl der Gattungen und Arten betrifft) untergeordnet er - scheint. Das nordöstliche Monsungebiet ist ferner die Region von13*196VII. Die Flora der japanischen Inseln.Akebia, Acer, Polygonum und Lilium, da auf dasselbe das Vorkommen der ersteren sich beschränkt, die drei anderen Gattungen aber nirgends anderwärts so artenreich und massenhaft vertreten sind. Endlich können wir unser Gebiet auch mit Fug und Recht das Reich der Saxifrageen nennen, obgleich die Artenzahl des Genus Saxifraga in Japan eine verhältnissmässig geringe ist und dasselbe in der Zusam - mensetzung der alpinen Flora keineswegs die Bedeutung hat, wie in den europäischen Hochgebirgen. Aber der grosse Formenreichthum der Familie, wie er sich in 14 wohlbegründeten Gattungen ausspricht, wird in keinem anderen Vegetationsgebiete auch nur annähernd er - reicht.
Dieses nordöstliche Monsungebiet kann nach den beiden Meeres - theilen, um die es sich ausbreitet, in eine südliche und eine nörd - liche Zone getheilt werden. Jene, das Gebiet des Gelben Meeres, ist die Heimath der Camellie und anderer immergrüner Ternstroemia - ceen, der wintergrünen Magnoliaceen, Araliaceen, Laurineen, der lorbeerblätterigen Eichen und des Bambusrohres. In der nördlichen Zone, dem Gebiete des Japanischen Meeres, finden wir die periodisch belaubten Glieder der genannten Familien, wie Actinidia, Stachyurus, Magnolia hypoleuca und M. Kobus, Schizandra, Kadsura, Cercidi - phyllum, Trochodendron, Acanthopanax, Lindera und statt der hohen Bambusrohre die Zwergbambus - und riesigen Polygonum-Arten, ins - besondere P. cuspidatum, P. Sieboldi und P. Sachalinense. Durch den Kuro-shiwo rückt die Zone der Camellien bei den japanischen Inseln weiter nach Norden, als auf der Seite des Festlandes.
Will man die Nadelhölzer mit in Betracht ziehen, so ist die Umgebung des Gelben Meeres die Heimath der Sciadopitys, Crypto - meria, Thuja und Biota, sowie mehrerer Retinisporen, des Ginkgo und der Podocarpus-Arten, während das Gebiet des Japanischen Meeres als Region der Kiefern, Tannen, Lärchen, Eiben und Wach - holder zu bezeichnen ist. Die erstgenannten Nadelhölzer gehören meist sehr alten Typen an, welche sich schon zur Zeit der mittleren Jurabildungen im Gebiete des heutigen Japanischen Meeres befanden und erst am Schlusse der Tertiärzeit weiter nach Süden rückten.
Dies führt uns zu unseren Schlussbetrachtungen, zur Deutung der Beziehungen der Flora des nordöstlichen Monsungebietes zu derjenigen der atlantischen Waldregion Nordamerikas, bei welcher wir im wesent - lichen Asa Gray folgen.
Aus der Untersuchung und Vergleichung der zahlreichen mittel - und jungtertiären Pflanzenreste, wie sie an hunderten von Stellen und unter den verschiedensten Breiten in allen circumpolaren Ländern und197Zusammensetzung der japan. Flora u. weitere bemerkenswerthe Züge etc.der gemässigten Zone der nördlichen Hemisphäre gefunden wurden, haben sich folgende wichtige Resultate ergeben:
1. Das Klima der gemässigten und kalten Zone der nördlichen Erdhälfte war in der Tertiärzeit ein viel gleichförmigeres wärmeres und wahrscheinlich auch feuchteres als gegenwärtig.
2. Die vegetabilen Reste, welche hierfür sprechen, gehören im wesentlichen denselben Gattungen und Arten an, ob sie z. B. in den Braunkohlenlagern Mitteleuropas, Grönlands oder Sibiriens gefunden werden.
3. Die Wälder, von denen sie abstammen und die bis hoch in die Polarregion hinaufragten, bestanden aus einem bunten Gemisch verschiedener immergrüner und blattwechselnder Pflanzentypen. So besass Europa gegen das Ende der Tertiärzeit neben Eichen, Ahornen, Erlen, Weiden etc. auch Magnoliaceen, Laurineen, Juglandaceen, Hippocastaneen, Taxodien, Sequojen und andere Typen, welche seiner jetzigen Flora nicht mehr angehören, sich aber in den Wäldern Nordamerikas und des nordöstlichen Monsungebietes erhalten haben.
4. Nicht einer Einwanderung der Gewächse des letzteren in das atlantische Waldgebiet Nordamerikas oder umgekehrt ist darum die grosse Verwandtschaft in der Physiognomie, den Gattungen und Arten ihrer Gewächse zuzuschreiben, sondern dem Umstande, dass in beiden die südliche Gebirgsrichtung und vielleicht noch andere nicht näher bekannte Ursachen während der Eiszeit der Erhaltung eines ansehnlichen Theiles der Tertiärflora günstig waren. In dem west - lichen und mittleren Theile des alten Continentes aber bildete der mächtige Gebirgsgürtel, welcher sich zwischen 35° und 47° N. von West nach Ost erstreckt und als dessen hervorragendste Glieder Pyrenäen, Alpen, Kaukasus und Thienschan zu nennen sind, für die Waldvegetation des nördlichen Festlandes eine mächtige Barriere, über welche sie sich nicht nach Süden zurückziehen konnte. Als darum von ihr aus mit dem Eintritt der Eiszeit gewaltige Gletscher sich entwickelten und dem Vordringen der arktischen Eismassen ent - gegenrückten, wurde hier die Tertiärflora vernichtet.
5. Wie der physiognomische Charakter und die Gemeinsamkeit der Gattungen und der Arten selbst in den Wäldern des nordöstlichen Monsungebietes und Nordamerikas aus der Tertiärzeit stammen und ähnlichen günstigen Umständen das Ueberleben der Eiszeit verdanken, so ist auch die Fortdauer ihrer Existenz analogen klimatischen Ver - hältnissen der Gegenwart zuzuschreiben; denn was die Höhe und Vertheilung der Wärme und jährlichen Niederschläge anlangt, so198VII. Die Flora der japan. Inseln. Zusammensetzung der japan. Flora etc.gibt es auf der ganzen nördlichen Hemisphäre keine zwei Gegen - den, die, obgleich räumlich so weit von einander geschieden, sich so nahe stehen, wie das nordöstliche Monsungebiet und das Wald - revier der Vereinigten Staaten zwischen Mississippi und dem Atlan - tischen Ocean. Insbesondere bringen warme Südwestwinde beiden Regionen während des Sommers jene reichen Niederschläge, die vor allem geeignet sind, ihr interessantes Pflanzenleben zu fördern und zu erhalten.
Auch unter der Thierwelt Japans begegnen wir einer ganzen Reihe bemerkenswerther Formen und zwar vom menschenähnlichen Affen bis herab zu den einfachen Protozoen, Arten, deren Ueberein - stimmung oder morphologische Verwandtschaft mit anderen oft räumlich weit davon getrennten Species und deren geographische Verbreitung und Vergesellschaftung unser Interesse in Anspruch nehmen. Die Landfauna weist vorwiegend auf das benachbarte Festland hin, nach Nordchina, Korea und der Mandschurei*)Mit Recht zählt Wallace sie seiner paläarctischen Region zu und schliesst aus dem Umstande, dass selbst im äussersten Süden Japans die zahlreichsten For - men von Säugethieren, Vögeln und Insekten Modificationen von gewöhnlichen paläarctischen Typen sind, dass die früheren Landverbindungen Japans mit dem Continente mehr in einer nördlichen als in einer südlichen Richtung vorhanden gewesen sein müssen. Auch die Beschaffenheit der Flora und die fossilen Reste aus der Juraformation weisen, wie wir gesehen haben, auf eine solche Verbindung mit Sibirien und Amurland hin.. » Habitusähnlichkeit mit der europäischen Fauna tritt fast in allen Klassen hervor «, sagt E. von Martens, » Artengemeinschaft namentlich unter den Raub - thieren, Raubvögeln, Wasservögeln und Fröschen; sie erklärt sich leicht aus der ununterbrochenen Verbreitung derselben über das nörd - liche Asien «. Aber während in einzelnen Thierklassen, z. B. den Käfern, keine eigentliche Grenze der Artenvertheilung auf der langen Linie von Westen nach Osten durch Europa und ganz Nordasien bis zu den äussersten Vorposten dieses Erdtheiles zu erkennen ist, weisen andere Repräsentanten solche Typen auf, die in Europa der Jetztwelt nicht mehr angehören, wie den Riesensalamander. So hat denn auch die Fauna Japans bei aller Verwandtschaft mit derjenigen200VIII. Fauna.der Nachbarschaft und der ganzen Nordhälfte des alten Continentes, doch ihr eigenartiges Gepräge, wenn es sich auch in den verschie - denen Thierklassen ungleich stark ausspricht. Es zeigt sich in der Abwesenheit mancher continentaler Gattungen, in der Variation gemein - samer Arten und in dem Nochauftreten von anderen, die in den Nach - barländern verschwunden zu sein scheinen und zu alten Stämmen ge - rechnet werden müssen. So lange indess Korea auch in zoologischer Hin - sicht noch terra incognita ist, werden vergleichende Betrachtungen über die Anzahl und Differenzierung japanischer Arten mit denen des Fest - landes auf unsicheren Füssen stehen; denn die Bedeutung, welche jene Halbinsel als vermittelndes Glied hat, wird kaum zu überschätzen sein.
Die allgemeine Regel, wonach Fauna und Flora der Inseln ärmer sind, als beim benachbarten Festlande, dem sie gewöhnlich ent - stammen, ist auf Japan kaum anwendbar. Hier überrascht nament - lich auch die Insectenwelt durch einen grossen Reichthum an Formen und Individuen, dergestalt, dass ein fleissiger Sammler von Käfern, Schmetterlingen, Netzflüglern etc. in einem Umkreise von wenigen Meilen bei Tôkio mehr Arten auffindet, als die gesammten britischen Inseln aufweisen, mit denen man wohl zuweilen Japan hinsichtlich seiner Grösse und Lage zum nächsten Festlande vergleicht.
Besonders reich an Arten und meist auch an Individuen, nament - lich bezüglich der Fische, Krusten - und Weichthiere ist die Meeres - fauna. Hier reichen sich wieder, wie bei der Flora, Tropen und Polarregion — die Philippinen nebst Formosa und Kamtschatka — gewissermassen die Hand, indem die Lage und Längenausdehnung der Inseln, Meeresströmungen und Klima ein theilweises Berühren und Vermischen beider Zonen bewirken.
Herrscht auf dem Lande und im Süsswasser der Charakter der gemässigten Zone des alten Continentes hinsichtlich der Thierwelt vor, so gilt dies keineswegs auch für die Meeresfauna. Hier überwiegen vielmehr tropische und subtropische Gattungen und Arten und es zeigen sich weit mehr Species, denen man auch in den malayischen und indischen Gewässern begegnet, als solche aus dem Polarmeere. Nebenher läuft eine sehr beträchtliche Anzahl specifisch japanischer Arten, obgleich man annehmen darf, dass eine gründliche Erforschung benachbarter Gebiete für manche derselben einen viel grösseren Ver - breitungsbezirk ergeben wird.
Wenn in den malakozoischen Arbeiten von Woodward, Adams, Liesche, von Schrenk und Anderen Japan als besondere Provinz aufgestellt wird, so dürfte diese nach Norden durch die Tsugaru - Strasse für die Ostseite und durch die La Pérouse-Strasse für die201Allgemeine Züge derselben. Säugethiere.Westseite der Insel Yezo zu begrenzen sein, da, wie in einem früheren Kapitel gezeigt wurde, bis hierher der Kuro-shiwo einerseits, die kalten nördlichen Strömungen anderseits sich geltend machen, marine Organismen aber vorwiegend von den durch Strömungen beeinflussten Meerestemperaturen abhängen. Auch für die Fischfauna mit wesent - lich tropischem und subtropischem Charakter wird diese Nordgrenze gelten können und das » Reich der Scomberoideen «, wie Schmarda die chinesisch-japanischen Gewässer nennt, hier seinen natürlichen Abschluss finden; denn gerade das in diesem Gebiete so artenreiche und wichtige Makrelengeschlecht ist nach seiner räuberischen Lebens - weise auf der Meeresoberfläche an die daselbst herrschenden Strö - mungen gebunden. Ueberhaupt aber handelt es sich bei diesen » zoo - logischen Provinzen « um die Thierwelt der obersten Meeresschicht von höchstens 80 — 100 Faden Tiefe, welche alle japanischen Buchten und das ganze Binnenmeer erfüllt, deren Temperatur ganz unter dem Einflusse der Insolation und Meeresströmungen steht. Für grössere Tiefen aber kommt ausschliesslich die rasch abnehmende Wärme in Betracht, welche jene typischen Unterschiede der Zonen verwischt und boreale Formen viel weiter südwärts führt, als man vor den systematischen Tiefseeforschungen ahnte, so dass sich abwärts mit der Temperaturabnahme gewissermassen im Ocean wiederholt, was auf dem Festlande bei zunehmender Erhebung eintritt: das Aufsteigen von Thier - und Pflanzenarten höherer Breiten nach den Gebirgsgipfeln milderer Himmelsstriche.
Wo aber liegt für die Fauna der oberen Meeresschicht Japans die Südgrenze? — Alle Versuche, eine solche zu bestimmen, ent - sprechen nicht den Anforderungen, die man an eine genügende Ant - wort auf diese Frage stellen muss, beruhen vielmehr mehr oder minder auf Willkür. Nach Süden bemerken wir nämlich einen ganz allmäh - lichen Uebergang in das tropische Gebiet des Stillen und des Indischen Oceans, in das » Reich der Corallen und Holothurien «, die indo-paci - fische Provinz Woodward’s, der Japan namentlich in Bezug auf den Charakter seiner Mollusken entschieden angehört.
Was die japanischen Säugethiere betrifft, welche v. Siebold sammelte, Temmink und Schlegel abbildeten und beschrieben, so hat die Liste derselben mit rund 50 Arten in der Neuzeit trotz vieler Reisen durch Landestheile, welche den Europäern früher verschlossen202VIII. Fauna.waren, keine nennenswerthe Bereicherung erfahren, wohl aber konnten die Notizen über Lebensweise und Verbreitung einzelner Species wesentlich berichtigt und ergänzt werden. Unsere zoologische Kennt - niss des Binnenlandes beschränkt sich nicht mehr, wie noch vor 10 Jahren, auf die Angaben der Japaner, und hat namentlich auf dem Gebiete der wirbellosen Thiere viel gewonnen.
Von dem Vertreter der Quadrumana, Inuus speciosus Tem., dem Saru der Japaner, nahmen v. Siebold und v. Martens an, dass der 35. oder 36. Parallel seine Nordgrenze sei. Er findet sich aber, wie ich bereits vor Jahren zeigte*)Rein, Notizen über die Verbreitung einiger Säugethiere auf Nippon, in » Der Zoologische Garten « XVI (1875), pag. 55., bis über den 41. Breitegrad hinaus, bis zur Tsugaru-Strasse, in Theilen des nördlichen und nord - westlichen Honshiu, wo im Winter der Schnee oft 15 — 20 Fuss hoch liegt und die Temperatur in wenigstens 100 Nächten 2 — 12°C. unter Null sinkt. Im Spätherbst kommt dieser rothwangige Affe dem Land - mann nicht selten im Ernten seiner Hülsenfrüchte und Hirse am Waldrande zuvor, im Winter aber müssen ihm die Früchte beeren - tragender Sträucher und Schlingpflanzen, vor allem aber der Cupuli - feren die nöthige Nahrung liefern, bis er selbst, von der Flinte oder Falle des Jägers erreicht, abgezogen und verspeist wird.
Saru ist ein allenthalben wohlbekanntes Thier, dessen Name sich in den verschiedensten Landestheilen bei den Benennungen von Flüssen, Orten und Pflanzen angewandt findet. So heisst der bedeutendste linke Nebenfluss des Kitakami Saru-ga-ishi-gawa (Affensteinfluss), so gibt es Orte, wie Saruhashi (Affenbrücke) und Saruhara (Affenfeld) und ähnliche. Ein grosser Löcherschwamm an diversen Baumarten des Nikkôgebirges heisst Sarukoshikake (Affenstuhl), die Lager - stroemia indica führt den Namen Sarusuberi (Affengleiter), die Früchte mehrerer Actinidien werden Sarunashi (Affenbirnen) und von Smilax - Arten Sarumame (Affenbohnen) genannt.
In China findet man einen nahen Verwandten des japanischen Affen, nämlich Macacus (Inuus) Tscheliensis M. Edw., fast eben so weit nordwärts, während bekanntlich eine dritte Art (Inuus ecaudatus) noch spärlich auf Gibraltar vorkommt, dagegen im übrigen Südeuropa ganz verschwunden ist. Es ist bemerkenswerth, dass, wie die hier angeführten Affen nahe Verwandte sind, so auch die Palmen, welche in den extremsten Theilen des alten Continentes im wilden Zustande am weitesten nordwärts ragen (Chamaerops humilis und Ch. excelsa), derselben Gattung angehören.
203Säugethiere.Aus der Classe Chiroptera (japanisch Komori) werden 10 Japan angehörende Arten beschrieben, darunter 2 Frugivoren, welche sich von ihren malayischen Verwandten jedoch nur bis zum südlichen Kiushiu, beziehungsweise bis Munintô entfernen. Unter den eigent - lichen Fledermäusen kommt keine auch nur annähernd so häufig vor, wie die Zwergfledermaus (Vesperugo pipistrellus Buff.) bei uns.
Insectenfresser kennt man 6 Arten, den Gattungen Talpa, Urotrichus, Crossopus und Sorex angehörend, während der noch in China verbreitete Igel fehlt. Der japanische Maulwurf, Talpa Wogura Tem. und Schl. (japanisch Mugura), steht seinem europäischen Ver - wandten sehr nahe, hat aber ein helleres, fast graues Kleid. In der Färbung dem unserigen ähnlicher, ein interessantes Uebergangsglied zu den Spitzmäusen, mit denen er in Gebiss und Schnauzenbildung übereinstimmt, ist Urotrichus talpoides Tem., ein Thier von nur 3½ Zoll Länge, das in mittleren Gebirgslandschaften wohnt, auf allen grossen Inseln, doch nirgends häufig vorkommt, keine Hügel aufwirft und von den Eingeborenen passend Yama-mugura (Bergmaulwurf) genannt wird. Eine grössere Spitzmaus, welche nicht blos die Ufer der Bäche, sondern auch die Ränder der Gebirgsquellen bewohnt, ist Crossopus platycephalus, die Kawa-nedzumi (Flussratte) der Japaner.
Von eigentlichen Raubthieren weist das Land sehr interessante Arten des Bären -, Hunde - und Mardergeschlechtes auf, während wilde Katzenarten fehlen*)Wallace ist in dieser Beziehung falsch belehrt.. Wenn der Tiger (tora) in Abbildungen und Sprichwörtern häufig wiederkehrt, so sind dies Uebertragungen aus China durch den Buddhismus und chinesischen Zodiacus, aber keines - wegs Andeutungen auf ein früheres Vorkommen. Bären (kuma) kennt man 3 Arten, den Kuma (Ursus jap. Schl.), den Oki-kuma oder Aka-kuma (Ursus ferox) und den Eisbären (Ursus maritimus). Letzterer verliert sich jedoch nur selten mit der arktischen Strömung (aus der Beringsstrasse?) nach den Kurilen.
Der Kuma oder gemeine japanische Bär, schwarz bis auf einen weissen Flecken an der Kehle, erreicht 2 Meter Länge und findet sich in allen höheren Gebirgen ziemlich häufig, besonders in den Randgebirgen von Aidzu. Sein Fell wird oft zum Kauf ausgeboten, sein Fleisch frisch und geräuchert gegessen, wie das seiner Ver - wandten. Der Shiguma (auch der grosse Bär, Oki-kuma, oder rothe Bär, Aka-kuma, genannt) ist der braune Yezo-Bär, der Grisly Nord - amerikas. Derselbe bewohnt Yezo und die Kurilen und ist dort noch sehr häufig. Die Ainos tödten ihn, wie die Hirsche, mit vergifteten204VIII. Fauna.Pfeilen. Sie bereiten das Gift aus Udzu, den Wurzeln des Tori-kabuto (Aconitum Fischeri Rehb., A. napellus Thbg.). Früher pflegten sie mit den Schädeln der erlegten Thiere die Pfähle der todten Zäune um ihre Wohnungen zu krönen, während junge Bären oft von ihnen aufgezogen und wie übernatürliche Wesen göttlich verehrt wurden.
Der japanische Dachs (Meles Anakuma Tem. ) ist namentlich in Echigo und Akita häufig, doch auch sonst weit verbreitet. Man jagt ihn im Herbst mit Hunden, geniesst das fette Fleisch und benutzt das schöne Pelzwerk, welches an das des Waschbären erinnert, zum Schutze gegen die Kälte. Sein Siebold’scher Name Anakuma (Höhlenbär) ist wenig gebräuchlich, wohl aber nennt man ihn Sasa - kuma (Bambusbär) nach Bambusa Kumasasa Zoll., doch ist die ge - wöhnliche Benennung Mujina, welche nicht für Nyctereutes viverrinus gilt, wie Siebold angibt.
Wenig aufgeklärt ist noch das Vorkommen und die Lebensweise von Canis hodopylax, dem japanischen Wolf oder Yama-inu (Berg - hund), der seinem europäischen Verwandten an Grösse weit nachsteht und zu den seltensten Säugethieren des Landes gehört, doch soll man in den Bergwaldungen von Yamato sein Heulen oft vernehmen.
Eine wohl bekannte, überaus häufige und sehr interessante Ge - stalt ist die des Kitsune oder Fuchses (Canis vulpes L.), der selbst den Gärten der grossen Städte nicht fehlt und seiner Schlauheit und diebischen Neigungen wegen eine noch viel populärere Rolle spielt, als im Volksmunde Europas. Seiner Klugheit wegen wurde Kitsune unter die Wächter der Tempel aufgenommen und, aus Holz oder Stein in sitzender Stellung nachgebildet, an die Eingänge postiert, während er anderseits als Ernte - und Reisgott unter dem Namen Inari-sama göttliche Verehrung geniesst. Die ihm geweihten Tempelchen treffen wir häufig auf kleinen Erhöhungen inmitten der Felder, von Bambus - gebüsch oder einigen Bäumen, vornehmlich Kiefern, umgeben, und werden durch zwei in Stein ausgehauene sitzende Füchse zu beiden Seiten des schmalen Pfades, der von unserem Wege ab zu demselben führt, darauf aufmerksam. Eine besonders bevorzugte Stellung in der Dienerschaft Inari-sama’s haben weisse Füchse, und wer einem solchen seltenen Albino einmal in seinem Leben begegnet, deutet sich dies als ein besonders glückliches Ereigniss. Bei der Huldigung, die man Inari-sama darbringt, scheint indess der Landwirth mehr das Böse eines gefürchteten Teufels verhüten als einem segenspendenden Gotte dienen zu wollen.
Allgemein verbreitet bei Hoch und Niedrig ist der Glaube an die Fähigkeit des Fuchses, den Wanderer vom rechten Wege ablenken,205Säugethiere.unstät umhertreiben und dem sicheren Verderben zuführen zu können. Diese Eigenschaft und ein hohes Maass von Schlauheit wird auch einem eigenthümlichen Obstfuchse Chinas und Japans, dem Waschbär - hunde oder Tanuki (Nyctereutes viverrinus Tem. oder N. Procyonoides), zugeschrieben, der ebenfalls häufig ist. Das interessante Thier lebt auf ähnliche Weise wie der Dachs in den Hügellandschaften, auch in der Nähe der grossen Städte, erinnert in mancher Beziehung an den amerikanischen Waschbär, liefert ein eben so werthvolles, aber viel dunkleres Pelzwerk und wird auch gegessen, was bei Fuchs - und Hundearten nicht der Fall ist.
Das Mardergeschlecht weist als häufige Thiere den Ten (Mustela melampus), das Itachi (M. Itachi), die Fischotter oder Kawa - oso (Lutra vulgaris), ferner mehr im Norden, auf Yezo und den Kurilen, den Yezo-ten (M. brachyura) und die Seeotter oder Rakko (Enhydris marina) auf. Das Itachi ist das japanische Wiesel und insofern eine Wohlthat für das Land, als es mit Vorliebe auf die Böden der Häuser klettert und dort die zahlreichen Ratten jagt.
Die Classen der Beutelthiere und der Zahnarmen sind in Japan nicht vertreten, dagegen gibt es Nager in ziemlicher Arten - zahl. Neben zwei Eichhörnchen oder Kinedzumi (Baumratten) be - merken wir zwei Flughörnchen (Pteromys), nämlich das Musasabi (Pt. leucogenys Tem. ) und das Momodori, d. h. Pfirsichvogel (Pt. mo - monga Tem.). Das zierliche lichtscheue Momodori lebt wie sein grösserer Verwandter den Tag über in hohlen Baumstämmen der Ge - birgsgegenden, zumal von Nikkô und Shinano, und ist keineswegs selten, ebenso ein Siebenschläfer (Myoxus elegans Tem.). Mehr im Süden, z. B. in den Bergwaldungen von Yamato und Shikoku haust das Musasabi, welches in Yamato den Namen Bantori (Nachtvogel) führt und an Grösse unserem Eichhörnchen gleicht.
Die Mäuse sind bei weitem weniger zahl - und artenreich wie bei uns und treten gegenüber dem ungemein häufigen Vorkommen der Wanderratte oder Nedzumi (Mus decumanus Pall. ) ganz in den Hinter - grund. Die Ratte fehlt kaum irgend einem japanischen Hause und ist eine wahre Landplage, die Nachts Alles durchstöbert, auch in die Wohn - und Schlafräume dringt und dadurch lästiger wird, wie Rauch und Flöhe.
Hasen, japanisch Usagi (Lepus brachyurus Tem. ), sind allver - breitet, wenn auch keineswegs so zahlreich, wie in offenen deutschen Ebenen. Abgesehen von ihren kürzeren Ohren gleichen sie unserem Lampe vollkommen.
206VIII. Fauna.Das Wildschwein (Sus Leucomystax Tem. ), der einzige Vertreter der Vielhufer, nähert sich seinem europäischen Verwandten eben - falls so sehr, dass die geringen Abweichungen kaum die Aufstellung einer neuen Art rechtfertigen. Die Japaner nennen dieses, in allen Landestheilen, namentlich dem Norden, sehr häufige Thier Ii oder Shishi. Sie müssen in manchen Gegenden ihre heranreifenden Früchte Nachts durch die Unterhaltung offener Feuer längs der Waldränder gegen die Verheerungen derselben schützen.
Zwei Wiederkäuer, Cervus Sika Tem. und Antilope crispa Tem., beschliessen die Zahl der Landsäugethiere. Der japanische Hirsch oder Shika, ein prächtiges Thier, kleiner und schlanker als unser Edelhirsch, meist Achtender, kommt in vielen Theilen des Lan - des häufig vor, besonders auf Yezo, wo er sich im Winter vornehm - lich von einer Arundinaria bambusoides S. und Z., welche in den Bergwaldungen den Unterwuchs bildet und auf Yezo auch das offene Land oft weithin bedeckt, nährt. Nach Böhmer wurde im Winter 1874 / 75 auf den Ebenen bei Horoidzumi, Provinz Hidaka an der Süd - küste von Yezo, die kaum glaubliche Zahl von 30000 Hirschen ge - tödtet*)Böhmer, Report to the Kaitakushi by H. Capron. Tokei 1875, pag. 312.. — Von den fünf bekannten und nahe verwandten Arten der Gattung Nemorhedus oder ostasiatischen Antilopen kommt Antilope crispa Tem., Kamoshika oder Karasishi, im Süden des Landes auch Nik und Nigu genannt, in Japan vor. Ziegengemsen könnte man diese Thiere ihrer Gestalt und Behaarung nach nennen. Die Kamo - shika ist in allen hohen Gebirgen Japans zu finden, häufig in den Bergen um Echigo, z. B. auf Mikuni-tôge und im Nikkô-gebirge. Scheu, wie die Gemsen und Steinböcke, hält sie sich gewöhnlich gleich diesen nur in den höchsten und unzugänglichsten Gebirgs - partien auf und wird gejagt, wenn im Winter hoher Schnee und Raubthiere, besonders Wölfe, sie in die Tiefe treiben.
Von Flossensäugethieren werden acht an den Gestaden Japans, zumal den Kurilen, vorkommende Arten erwähnt. Am be - merkenswerthesten unter denselben dürfte Physeter Tursio sein, den eine hohe Rückenflosse auszeichnet und Capt. St. John an der Ost - küste Yezos häufig wahrnahm. Man fängt denselben nach diesem Zeugen mit Netzen vor dem Harpunieren und isst sein Fleisch.
Die Viehzucht tritt in Japan noch immer, wie in den meisten Ländern, wo der Buddhismus herrscht, weit hinter den Ackerbau zurück. Die gewöhnlichen Hausthiere sind: das Pferd (uma, sprich207Säugethiere. Vögel.m-ma), eine kleine Rasse, verwandt mit der mongolischen, welche bis Finnland und Esthland vorkommt, das Rind (ushi), das vorwiegend als Last - und Zugthier, gar nicht der Milch und wenig des Fleisches wegen gehalten wird, das Schwein (buda), welches indess ebenfalls eine untergeordnete Rolle spielt, der Strassenhund (inu), ein Zwerg - schosshund (chin), die Katze (neko), besonders mit kurzem, von Ge - burt aus verstümmeltem Schwanze, das Kaninchen (usagi), das Huhn (tori, auch der Vogel überhaupt, on-dori, der Hahn, men-dori, die Henne), die Ente (ahiru), die Taube (hato), die Seidenraupe (kai-ko), die Biene (hachi). Ausserdem werden zur Belustigung besonders weisse und bunte Mäuse (hazuka-nedzumi, d. h. Zwanzigtag-Ratten) und Ratten (nedzumi) unter dem Namen Koma-nedzumi (Spielmäuse) viel gehalten, weniger Singvögel.
Von unseren Hausthieren fehlten sonach bisher der Esel (usagi - m-ma), das Maulthier (roba), das Schaf (rashamen, hitsuji, menyo), die Ziege (hitsuji, yagi), die Gans (gachô).
Die Vogelfauna Japans wurde bisher nur durch Sammler an einzelnen Küstenplätzen bekannt und bietet im Innern des Landes, zumal den Gebirgen, tüchtigen Ornithologen noch ein sehr ergiebiges Feld. Man kennt gegen 250 Arten. Viele derselben stimmen überein mit Europäern, die über einen grossen Theil des alten Continentes verbreitet sind, andere zeigen so geringe Unterschiede in Grösse, Färbung des Gefieders etc., wie Häher, Kukuk und Rothbrüstchen, dass man sie kaum als selbständige Arten gelten lassen kann, noch andere, wie die Fasanen, reihen sich speciell der nordchinesischen Fauna an, während tropische Gattungen nur ausnahmsweise ver - treten sind.
In den Städten und Ortschaften bilden Spatzen (Passer montanus L.) und Raben (Corvus japonicus Bp.) die allgewöhnlichen stehenden Gäste, während die Rauchschwalben nur im Sommer, andere, wie Milvus gorinda, ein Verwandter unserer Gabelweihe, nur den Winter über sich zeigen. Zu Hakodate soll der schöne Pastor (Heterornis pyrrhogenys Tem. ) an Häufigkeit des Vorkommens mit dem Spatz wetteifern.
Sperlinge (Susume) und Raben (Karasu) zeigen die allbekannten Gewohnheiten, dagegen fällt die unseren Bussarden ähnliche Weihe (Tobi) sehr auf. Mit den beiden ersten treibt sich dieser Raubvogel208VIII. Fauna.auf den Dächern der niedrigen Häuser und in den Höfen und Strassen umher und begnügt sich mit den Abfällen auf Dünger - und Kehricht - haufen, mit Möven und Kormoranen fischt er am Meeresstrande. Sobald aber die milden Frühlingslüfte wehen, treibt es ihn in höhere Regionen. Verlassen und vergessen wird die alte niedrige Gesell - schaft und Lebensweise. Seinen edleren Verwandten, den Falken (taka) und Adlern (washi), nach — Geier kommen nicht vor — steigt er hoch in die Lüfte und begibt sich paarweise zum Brutgeschäft ins Gebirge.
Unsere Schwarzamsel und Singdrossel fehlen, aber eine ganze Anzahl anderer Turdus-Arten (tsugumi) bewohnen das Land und kommen den Winter über gleich einem Staar (Sturnus cinereus) und einer sehr häufigen schieferfarbenen Taube (Columba intermedia Bp.), der Yama-hata, zahlreich nach den Bäumen und Gebüschen in der Nähe der Wohnungen.
Die Rauchschwalbe (Tsubame) hat den Sommer über freien Zu - gang zum inneren Gebälk der Häuser und nistet entweder hier oder auf Brettchen, welche man ihr an die Decke hängt. Eine Verwandte derselben (Hirundo alpestris japonica) finden wir in den höheren Ge - birgen, wo sie oft in alten Kraterwänden, wie am Asama-yama, ihre Wohnung aufschlägt. Auf den freien Plätzen von Tôkio er - scheinen zeitweise, besonders gegen das Frühjahr, ganze Schaaren von Bachstelzen (Sekirei), zumal Motacilla lugens Tem., welche unserer M. alba sehr nahe steht, während die gelbe, M. sulfurea Mt., mehr paarweise auftritt.
Von den scheueren krähenartigen Vögeln kommt der Seiden - schwanz, wie bei uns, nur ausnahmsweise aus den nordischen Nadel - wäldern, seiner Heimath, in die Gärten des mittleren Japans. Neun - tödter (Modzu), Häher (Kashi-dori, d. h. Eichelvögel) und Elstern (Korai-garasu) sind im Gefieder wenig, in ihrer Lebensweise gar nicht von den unsrigen verschieden. Der Name Korai-garasu (korea - nischer Rabe), dessen schon Kämpfer erwähnt, soll auf die frühere Einführung der Elster aus Korea hinweisen. Ich fand diesen immer - hin seltenen Vogel am häufigsten auf Kiushiu zur Seite der Bucht von Shimabara, woselbst am 11. April ein Nest sieben stark ange - brütete Eier aufwies. — Auch der Kukuk oder Hotongiso (Cuculus canorus L.) fehlt Japan nicht, ist aber seltener als bei uns.
Die übrigen in Japan vorkommenden Klettervögel, vor allem zwei Spechtarten, Eisvogel und Wiedehopf stimmen mit bekannten euro - päischen Arten überein oder stehen denselben sehr nahe. Die Papa - geien aber sind in Ostasien ihrer sonstigen Gesellschaft von Affen209Vögel.und Palmen nicht gefolgt, kommen selbst auf den Riukiu nicht vor, gehen somit nicht so weit nordwärts als in Amerika.
Unter den artenreichen Singvögeln finden wir nur wenige be - vorzugte Sänger. Obenan steht der Unguisu (sprich Unguïs, Cettia cantans T. und Schl.), die japanische Nachtigall. Dieser ausge - zeichnete Vogel ist kleiner als unser Meistersänger, welchem sich seine Lebens - und Singweise nähert, und gleicht mehr einer Grasmücke. Die Rückseite zeigt eine olivengrüne, mit grau vermischte Farbe, der Bauch ist grauweiss. Der Unguisu ist ausserordentlich häufig und über das ganze Land verbreitet, von den Gärten und Tempelhainen in der Nähe der Wohnstätten durch die Hügellandschaften und Bergwaldungen hinauf, so weit nur Gebüsch steigt. Im April und Mai, wenn sich Alles neu belaubt, erscheint er in der Ebene, und wenn hier im Nachsommer sein Gesang verstummt, erfreut uns der - selbe noch nahe den Schneeschrammen im Hochgebirge. Dieser Ge - sang, obgleich weniger klangvoll als der unserer Nachtigall, beginnt tief und sanft flötend, wie bei dieser und ähnelt demselben auch in Bezug auf den grossen Wechsel der Noten und die Verschiedenheit der Weisen, so dass, wenn man ein halbes Dutzend und mehr dieser Vögel um sich herum musicieren hört, die einen am Anfang, die anderen in der Mitte, noch andere gegen das Ende ihrer Lieder, man glauben sollte, die Stimmen eben so vieler ganz verschieden - artiger Sänger zu vernehmen.
Von sonstigen Dünnschnäblern treffen wir in den Wäldern das japanische Rothbrüstchen (Lusciola akahige Schl.), Koma genannt, das Blauköpfchen oder Ruri (Lusciola cyanura Pall. ), das Goldhähnchen oder Itadaki (Regulus ignicapillus Brehm), verschiedene Meisenarten, japanisch Kara, und andere. Betreffs des Goldhähnchens erfuhr ich durch einen alten Japaner und Naturbeobachter in Kaga, dass das - selbe von seiner südlichen Wanderung bereits Ende Januar nach Owari, aber erst Anfang März nach Kaga zurückkehre.
Zahlreicher als die Dünnschnäbler sind die Finken vertreten, von denen einige Arten nur hoch im Gebirge vorkommen und noch näher studiert werden müssen. Als Sänger verdient auch noch eine Lerchen - art, japanisch Hibari, nämlich Alauda japonica Schlegl., Erwähnung, die sich in ihrer Lebensweise unserer Feldlerche anschliesst.
Fern von den Stätten menschlicher Cultur und abweichend von den Gewohnheiten anderer Singvögel, insbesondere auch seiner näheren Verwandten, der Drosselarten, finden wir auch in Japan den Wasser - staar (Cinclus aquaticus), von dessen einsamer Lebensweise uns Brehm ein so treues und anziehendes Bild entwirft. An den klaren Gebirgs -Rein, Japan I. 14210VIII. Fauna.bächen können wir häufig das muntere Treiben dieses über den ganzen Norden der alten Welt verbreiteten, ausgezeichneten Tauchers beob - achten und uns seiner graziösen Bewegungen, die er bald auf dem trockenen Felsvorsprunge, bald in dem ihn umspülenden Wasser aus - führt, erfreuen.
Des zahlreichen Auftretens der wilden Tauben wurde bereits gedacht. Von Hühnerarten finden wir Wachteln (Udzura), Birk - hühner (Shakô), Schneehühner (Raichô), Auerhähne (Yama-Shigi) und Fasanen (Kiji). Das Schneehuhn bewohnt nur die höchsten Berg - gipfel und ist eine seltene Erscheinung. Nur zweimal — auf dem Haku-san und dem On-take — hatte ich Gelegenheit, es zu beob - achten und eine Uebereinstimmung mit Lagopus mutus Gould. zu er - kennen. Auf Yezo und den Kurilen dürfte es viel häufiger auftreten, obwohl mir keine Andeutungen darüber vorliegen. Das Birkhuhn ist nur von Yezo bekannt.
Die Fasanen nehmen unzweifelhaft unter dieser ganzen Vogel - gruppe nicht blos des Jagdliebhabers, sondern auch des Naturforschers besonderes Interesse in Anspruch. In zwei Arten, Phasianus versicolor Tem., dem eigentlichen Kiji, und Ph. Sömmerringi Tem., Yama-dori (Bergvogel) genannt, finden wir diese bemerkenswerthe Gattung über alle Inseln des japanischen Reiches nordwärts bis zur Tsugaru-Strasse vertreten, den ersteren oder grünen Fasan jedoch bei weitem häufiger als den Kupferfasan (Ph. Sömmerringi). In allen Hügellandschaften und insbesondere auf der Hara hören wir im Sommer seinen Ruf » Kiji «, oft von fünf, sechs verschiedenen Stellen rasch hinter einander. Bei herannahendem Winter ziehen sich viele in das Röhricht aus Phrag - mites (Yoshi) und anderen Gräsern längs der Flüsse und Reisgräben, ja selbst in die Gärten der Städte, und es ist für einen Jäger mit einem guten Hunde dann keine schwere Aufgabe, innerhalb weniger Stunden 8 — 12 Stück seine Beute zu nennen.
So schliesst sich denn die japanische Inselwelt auch in dieser Beziehung an Korea und China, » das Reich der Fasanen « par excel - lence, eng an. Der Pfau aber, der uns so oft in Abbildungen, selten lebend als Ziervogel begegnet, wurde erst am Ende des 6. Jahr - hunderts von China aus eingeführt und ist der japanischen Fauna fremd, eben so wie die Laufvögel, zu denen der oft bildlich darge - stellte mythologische Glücksvogel Howo in keiner Beziehung steht.
Von den Stelzvögeln nehmen vor allem zwei über ein weites Gebiet der alten Welt verbreitete Gattungen wegen der Häufigkeit des Vorkommens und der volksthümlichen Beliebtheit unsere Auf - merksamkeit in Anspruch, die Kraniche (Tsuru) und die Reiher (Sagi). 211Vögel.Keine anderen Thiere, die Schildkröte vielleicht ausgenommen, treffen wir so häufig in Bilderbüchern und auf den verschiedensten Erzeug - nissen des Kunstgewerbes abgebildet, keine anderen Abbildungen gewähren uns einen besseren Blick in die tiefgreifende Naturbeob - achtung und das hohe Talent der Japaner, das Wahrgenommene lebensvoll und treu darzustellen, wie diese.
Der Kranich (Grus Montignesia Bp.) mit rothem Scheitel, schwar - zen Schwanzfedern und schwarzem Vorderhals, sonst weiss, eine schlanke, edle Vogelgestalt, war und ist dem Japaner heilig und ein Symbol des Glückes. Man begegnet ihm viel seltener als dem eben - falls geschützten Silberreiher, der in Schaaren und ohne Furcht wie in Indien und Aegypten den Arbeiten des Landmannes auf dem Reis - felde, vom Frühling bis zum Spätherbst, folgt und in der Landschafts - staffage durch sein schönes weisses Gefieder, besonders im Hoch - sommer, wenn sein Rücken aus dem lieblichen Grün der Reisflur hervorschaut, eine charakteristische Figur ist. Am häufigsten be - gegnen wir dem grossen Silberreiher (Ardea egretta L.), kurzweg Sagi oder Shiro-sagi genannt, viel seltener dem kleinen Ippai-sagi (Ardea garzetta L.) und dem die Einsamkeit liebenden grauen Reiher (Ardea cinerea), welcher sich mit anderen Sumpf - und Wasservögeln ge - wöhnlich erst nach der Ernte auf dem Reissumpfe einfindet. Auch der kosmopolitische Goi-sagi (Ardea nycticorax L.) fehlt nicht. Gleich den Krähen gründet er oft auf den hohen Kiefern und anderen Bäumen der Parkanlagen colonieweise seinen häuslichen Heerd und wird durch das nächtliche Schreien und andere unangenehme Eigenschaften der menschlichen Umgebung recht lästig, dessen ungeachtet aber freundlich von derselben geduldet. So sah ich z. B. eine Brutstätte dieser Vögel im Schlossparke von Kochi auf der Insel Shikoku mit 80 — 100 Horsten. Viel seltener erscheint der Hira-sagi oder Löffel - reiher (Platalea major), während ich dem Storche Kodzuru (d. h. kleiner Kranich, Ciconia Boyciana) und seinem Neste nie begegnet bin. Kibitze kommen vor, sind aber nicht häufig, dagegen bilden Strand - läufer und Becassinen, im allgemeinen Shigi genannt, eine vielver - breitete Sippe, die den Winter über kaum einem sumpfigen Reisfelde fehlt. Endlich ist auch noch das Vorkommen des gemeinen Wasser - huhnes oder Ban (Gallinula chloropus L.) zu erwähnen.
Schwimmvögel sind, wie zu erwarten, sehr zahlreich. Sehen wir ab von den Möven und verwandten Bewohnern der See - und Strandregion, so fallen wilde Enten und Gänse durch ihre grosse Häufigkeit besonders auf. Auf einem Teiche 2 — 3 Meilen nördlich der Sendaibucht fand ich an einem Herbsttage diese Vögel in solcher14*212VIII. Fauna.Menge, dass auf einen Pistolenschuss hin sich mindestens 10000 Stück erhoben. Selbst auf den Schlossgräben und Teichen der Städte, z. B. mitten in Tôkio, finden sich wilde Enten (Kamo) und Gänse (Gan) in grossen Schaaren das ganze Jahr hindurch. Sogar der sonst scheue und vorsichtige U oder Cormoran, den übeler Geruch und schwarzgraues Gefieder nicht gerade empfehlen, findet hier Schutz und gesellt sich als dritter im Bunde allenthalben hinzu. Er ist ein besonders geschickter Taucher und Fischer, der sein Jagdgebiet keineswegs auf Binnenwasser beschränkt und auch den Seefisch zu würdigen weiss. Gleich Krähen und Reihern liebt er es, auf Bäumen in Colonien sein Brutgeschäft zu besorgen. Zum Fischfang abgerichtet und verwendet fand ich ihn nur in beschränktem Maasse in Owari und Mino, woran seine grosse Unreinlichkeit schuld sein mag, welche der in solchen Dingen weniger empfindliche Chinese leichter übersieht.
treten unter der japanischen Thierwelt, ebenso wie in derjenigen Chinas, weder durch ihre Artenzahl, noch durch die Menge der Individuen besonders hervor. Um so bemerkenswerther ist die Art der Zusammensetzung der 30 Species mit ihren Beziehungen zur indischen, nordamerikanischen und nordeuropäischen Fauna. Nach den tropischen Gewässern weisen die 7 marinen Glieder — 3 Schild - kröten und 4 Seeschlangen — hin, welche mit dem Südwestmonsun und Kuro-shiwo im Sommer bis zu den Südküsten der grossen Inseln gelangen; auf das indische Festland verweist eine Trionyx, ein Gekko und ein Trigonocephalus, nach Nordamerika gehen die Be - ziehungen mehrerer Salamander, nach Europa und Nordasien die des übrigen Theiles. Wenn wir hier der systematischen Ordnung folgen, so kommen zunächst in Betracht drei Meeres - und zwei Süsswasser - Schildkröten, nämlich Chelonia imbricata, Ch. viridis und Ch. cephalo, ferner Trionyx stellatus und Emys japonica Schl.
Das seltene Vorkommen der Seeschildkröten (umi-game) wird von allen Seiten constatiert und lässt sich schon aus den unge - nauen japanischen Abbildungen sowie daraus schliessen, dass alles in Japan verarbeitete Schildpat (bekko) importiert wird. Offenbar ist hier für die werthvolle Caretschildkröte (Ch. imbricata) und die viel grössere C. cephalo (Shogakubo) die Nordgrenze der Ueberschrei - tung ihrer tropischen Heimat. Gleiches gilt von den vier See -213Reptilien und Batrachier.schlangen (umi-hebi), nämlich Hydrophis pelamis, H. striata, H. pe - lamiiodes und H. colubrina, welche nie über das Gebiet der warmen Meeresströmungen hinaus beobachtet worden sind.
Von den Süsswasserschildkröten kommt die indische Trio - nyx stellatus Schl., welche gewöhnlich Suppon genannt wird, nur in den Flüssen und Teichen von Kiushiu, Shikoku und dem südlichen Honshiu vor, während Emys vulgaris japonica Schl. (E. japonica Gray) ihre Nordgrenze erst auf Yezo findet und allenthalben, wenn auch nicht häufig, so doch bekannt ist. Von der weit verbreiteten süd - europäischen E. palustris ist sie, abgesehen von ihrer viel dunkleren Färbung, nicht wesentlich verschieden. Sie führt den Namen Kame, ist Symbol des langen Lebens und Glückes, wird, oft mit Jungen auf dem Rücken, überaus häufig nachgebildet auf Geweben, Lack -, Thon - und Bronzewaaren und ist eine der volksthümlichsten Thier - gestalten. In manchen heiligen Tempelteichen führt sie unter dem Schutze der Priester und frommen Pilger ein glückliches Leben und erreicht ein hohes Alter. Hier kommt es nicht selten vor, dass sich an dem Schilde alter Exemplare Conferven festsetzen und entwickeln, die dann beim Umherschwimmen des Thieres wie ein Kranz von langen grünen Wimperhaaren den hinteren Theil des Rückens um - geben.
Bei der allgemeinen Werthschätzung der Schildkröte lag es nahe, dass im Buddhistischen Ostasien gerade solche ausgezeichnete Exem - plare sich einer besonderen Gunst erfreuten. Unter dem Namen Mino-game (Mantelschildkröte) und als Symbol des friedlichen Greisen - alters, einer der sieben Glückseligkeiten des menschlichen Lebens, wird sie mehr oder minder verzerrt, doch immer leicht erkennbar, abgebildet. Diese Deutung ist wenigstens naturgemässer, als wenn man Mino-game blos als Phantasiestück, wie den Drachen und Howo, betrachtet und diese natürliche Grundlage für ihre Gestalt und sym - bolische Bedeutung nicht anerkennt.
Die japanischen Schlangen (Hebi) hat Dr. Hilgendorf neuer - dings einer eingehenden Untersuchung unterworfen und zu den sechs durch Siebold bekannten Arten noch zwei neue gefügt. Auffallend ist, dass der Japaner, während er sich mit Widerwillen von den un - schädlichen abwendet, der giftigen Trigonocephalus Blomhoffi, welche er Mamushi nennt, nachstellt, um sie gleich Aalen abzuziehen, zu - zubereiten und dann als nervenstärkendes Mittel zu verzehren. Die grösste japanische Schlange ist Elaphis virgata, die Aodaisho der Japaner, eine graugrüne Natter, die nicht selten 160 cm lang wird. Von einer anderen Art, E. quadrivirgata, der Shima-hebi, d. h. 214VIII. Fauna.Streifennatter, gibt es eine fast schwarze Varietät, die Karasu-hebi oder Rabenschlange, welche auf allen grossen Inseln vorkommt. Mehrere Arten Tropidonotus, in Grösse, Färbung und Lebensweise unserer gewöhnlichen Ringelnatter nahestehend, findet man besonders häufig in Reisfeldern.
Von Eidechsen hat Japan drei Arten aufzuweisen: Lacerta tachydromoides, Tokage genannt, Eumeces quinquelineatus L., die Aotokage oder blaugrüne Eidechse, und einen kleinen Gekkonen, Platydactylus Yamori. Yamori, d. h. Hauswächter, ist der sehr be - zeichnende Name dieses zierlichen Thierchens, das im südlichen Japan Abends an den Decken und Wänden der Wohnungen zum Insecten - fange erscheint, wie seine Verwandten in Indien, wenn auch bei weitem weniger zahlreich. Den Tag über lebt es zurückgezogen und verborgen in dunklen Ritzen.
Unseren über ein weites Gebiet der Erde verbreiteten Fröschen und Kröten begegnen wir auch in Japan, nämlich Bufo vulgaris, Kike und Gama bei den Eingeborenen, Rana esculenta, japanisch Kawadzu oder Kaëru, R. temporaria (Aka-kaëru, d. h. rother Kaëru), R. rugosa (Tsutsi-kaëru), Hyla arborea (Ama-kaëru) und ausserdem H. Bürgeri. Dagegen finden wir einige uns fremdartige Molche, welche noch eine etwas eingehendere Erwähnung verdienen. Da ist zunächst der kleine Imori oder Brunnenwächter (Triton subcristatus) mit seinem dunkel zinnoberrothen Bauche, welcher kaum einer offenen Quelle, einem Wassergraben, Teich oder kleinen Bassin im Garten fehlt. Eine ganz andere Lebensweise führt der viel grössere San-jo - no-uwo*)Das Wort uwo, Fisch, wird auch für molchartige Thiere gebraucht. oder Gebirgsmolch (Onychodactylus japonicus Schl., Lacerta japonica Thbg.), der 10 — 12 cm lang wird, den Tag über verborgen an feuchten, schattigen Stellen der Gebirge sitzt, Nachts und bei Regen hervorkommt und dann gefangen, abgekocht und getrocknet wird, besonders im Hakone-Gebirge. Man verkauft die Thiere in Päckchen, eingereiht an zugespitzten Holzstäbchen, welche durch die Köpfe ge - führt werden, und gebraucht sie gegen Schwindsucht und Würmer der Kinder. Zwei andere Arten, Ellipsoglossa naevia und E. nebulosa, geben zu keiner besonderen Bemerkung Veranlassung, dagegen fesselt der Riesensalamander (Cryptobranchus japonicus Hoev. ) noch unser besonderes Interesse, einmal wegen seines engen Verbreitungs - bezirkes und seiner Lebensweise, sodann auch und ganz besonders wegen seiner Beziehungen zu anderwärts vorkommenden noch leben - den oder fossilen Arten.
215Reptilien und Batrachier.Wie schon v. Siebold, der Entdecker dieses trägen, plumpen und unförmigen Thieres hervorhob, ist dasselbe auf die Gebirgsland - schaften zwischen 34° und 36° n. Br. der grössten japanischen Insel beschränkt, lebt jedoch nicht, wie derselbe Autor weiter angibt, in vulkanischen Regionen und Kraterseen, auch nicht in 5000 Fuss Höhe, sondern in klarem, fliessendem Bergwasser des Granit - und Schiefer - gebirges 400 — 1000 Meter über dem Meeresspiegel, und zwar von Forellen, Insectenlarven und kleineren Batrachiern. Seine Haupt - fundstätten sind:
1. Die Quellbäche längs der Wasserscheide, welche die dem Meere von Ise (Ise-no-umi) zueilenden Küstenflüsse vom Gebiete des bei Ôsaka mündenden Yodo-gawa (Biwasee und Kitsu-gawa) trennt, insbesondere die dem Kitsu-gawa angehörenden Bäche der kleinen Provinz Iga.
2. Die Bergwasser der Grenzgebirge von Hida, namentlich gegen Mino hin.
3. Die Bäche an der Wasserscheide zwischen San-in-dô und San-yo-dô in den Provinzen Tamba, Iwami und Mimasaka.
Der von Siebold eingeführte japanische Name Sancho-no-uwo ist nicht für dieses Thier anzuwenden und beruht auf einer Ver - wechselung mit Onychodactylus japonicus. Man nennt den Riesen - salamander vielmehr in Iga Hazekoi, in Mimasaka Hanzaki, in Iwami Hanzake, in Tamba Hadakasu und Ango.
Das Thier wird theils seines Fleisches wegen, dem man auch medicinische Wirkungen zuschreibt, gefangen, theils um es zur Rein - haltung des Wassers in Brunnen zu setzen. Die grössten Exemplare aber (bis 160 cm Länge) bringt man nach den Hauptstädten des Landes Tôkio, Kiôto und Ôsaka, wo sie als Merkwürdigkeiten in kleinen Thierbuden oft zu sehen sind. Letzteres beweist ebenfalls, dass das » Reich des Riesensalamanders « keineswegs ganz Japan um - fasst, das Thier vielmehr ziemlich selten vorkommt und nur Wenigen bekannt ist.
Ein naher Verwandter des Hazekoi lebt in China, ein anderer ist der Salamandrops giganteus Nordamerikas, ein dritter der durch Scheuchzer aus dem Ober-Miocän von Oeningen bekannt und be - rühmt gewordene Andrias Scheuchzeri, der ihm von allen am näch - sten stand.
Trotz der Zähigkeit und langen Dauer seines Lebens, welche dieses japanische Thier in den Aquarien bekundet hat, liegt die Wahrscheinlichkeit nahe, dass es in Folge seiner schwachen Ver - mehrung und beschränkten Verbreitung, sowie der Verfolgungen,216VIII. Fauna.denen es in höherem Grade als früher ausgesetzt ist, seinem ausge - storbenen Vetter Andrias Scheuchzeri, dem » homo diluvii testis « der Oeninger Schichten folgen und in nicht allzu ferner Zeit der lebenden Fauna Japans nicht mehr angehören wird*)Näheres über Cryptobranchus findet sich in Rein und Roretz: » Beitrag zur Kenntniss des Riesensalamanders «. Zoolog. Garten XVII, 2. 1876..
Mit Recht haben ältere Autoren, wie solche der Neuzeit, auf die hohe Bedeutung der Fische als der wichtigsten täglichen Fleischnah - rung des japanischen Volkes hingewiesen und eben so auf die Menge und Mannichfaltigkeit der Arten**)Bis jetzt sind ungefähr 600 Species beschrieben., die in diesem Lande zu Markte kommen. Reicher als alle anderen Theile des Weltmeeres, ja uner - schöpflich erscheinen die chinesisch-japanischen Gewässer an diesem Artikel, wenn man sieht, wie Hunderttausende von Menschen dem Fischfange hier obliegen, ohne dass eine wahrnehmbare Abnahme dieser hochwichtigen Nährquelle eintritt, und wenn man bedenkt, dass seit Jahrtausenden dieser Zustand fortdauert.
Dem Fischreichthum des Meeres gegenüber treten die Binnen - wasser natürlich sehr zurück, ohne dass ihre Bedeutung desshalb unterschätzt werden darf. Auch hier scheint sich die beträchtliche Menge der alljährlich gefangenen Forellen, Karpfen, Welse, Aale etc. durch raschen Nachwuchs wieder vollständig zu ersetzen, wobei aller - dings zu berücksichtigen ist, dass der Hecht, der grosse Räuber unserer Flüsse, und manches Andere, was bei uns der Vermehrung der Fische entgegensteht, nicht vorkommt. Fälle, wo Gewässer durch sogenannten Raubfang entvölkert oder doch fischarm geworden wären, wie sie bei europäischen Flüssen und innerhalb des grossen baltischen Seenbezirkes so häufig sind, kenne ich aus Japan nicht, und doch gibt es hier keine Schonzeit, noch sonstige besondere Schutzver - ordnungen.
Wie in der Vogelwelt beim Herannahen der kalten Jahreszeit manche Arten ihre sommerlichen Brut - und Wohnstätten verlassen und südwärts wandern, während andere nordische Formen nachrücken und während des Winters gewissermassen ihre Stellen einnehmen, so ist es auch mit den Fischen Japans. Neben den stehenden Arten gibt es eine grosse Anzahl anderer, welche mit den Monsunen und Driftströmungen des Oceans kommen und gehen. So erscheint im217Fische.Sommer ein ansehnlicher Theil der gestalten - und artenreichen Fisch - welt des Indischen Oceans und Malayischen Archipels an den Ge - staden Japans, zumal den südlichen, welche man im Winter vergeb - lich hier suchen würde*)Fussend auf diesen Thatsachen gelangte schon 1845 Sir John Richardson zu dem Schlusse, dass jene tropischen Fische mit einer warmen Strömung an Japans Gestade gelangen müssten.. Anderseits kommen mit dem Eintritt des nördlichen Monsun schlichter gekleidete Bürger des Ochotskischen Meeres heran und liefern durch ihr massenhaftes Auftreten und schmackhaftes Fleisch eine reiche Nährquelle für viele Bewohner, namentlich der mehr nördlichen Küsten. Diese Thatsachen muss der Ichthyologe wohl beachten; denn wollte er das Bild der japanischen Fischfauna nur so entwerfen, wie sich dasselbe in einer der beiden extremen Jahreszeiten präsentiert, so müsste es nothgedrungen mangel - haft ausfallen und zu irrigen Schlüssen führen.
Die bis jetzt gesammelten und beschriebenen Fische Japans be - finden sich meist im Britisch Museum und in den Museen zu Leyden und Berlin. Unter den älteren Naturforschern, welche mit Japan in Be - rührung kamen, hat nur Thunberg auch den Fischen grössere Auf - merksamkeit zugewandt. Ansehnlich bereicherte dann am Anfange dieses Jahrhunderts das Mitglied der Krusenstern’schen Expedition, v. Langsdorf, unsere Kenntnisse dieser Thierklasse. Die in der Siebold’schen Fauna japonica beschriebenen 358 Arten wurden hauptsächlich von Dr. Bürger in Nagasaki gesammelt. Man muss es diesem Umstande zuschreiben, dass einzelne mehr nordische Fa - milien, wie die der Salmoniden in jenem grossen Werke nur schwach und ungenügend vertreten sind und die Stachelflosser überhaupt in noch viel höherem Grade vorwalten, als in Wirklichkeit. Die Berichte der Perry-Expedition, welche auf den meisten naturwissenschaftlichen Gebieten unsere Kenntnisse über Japan nur wenig förderten, bringen Brevoort’s Beschreibungen und meist auch die colorierten Abbil - dungen (leider nicht nach Originalen) von 62 Arten Fischen, darunter eine Anzahl, die bis dahin unbekannt waren. Eine weitere Bereiche - rung erhielt die Fauna durch Bleeker, sodann durch den Zoologen der preussischen Expedition, Dr. E. v. Martens, sowie neuerdings durch Dr. Hilgendorf, während es dem unermüdlichen Fleisse Dr. Günther’s, des hervorragendsten lebenden Ichthyologen, ge - lang, durch andere, meist englische Sammler eine ansehnliche Zahl neuer Arten der japanischen Fauna zu sichern.
Man hat die japanischen Meere das Reich der Scomberoideen (Makrelen), aber auch das Reich der Cataphracten (Panzerwangen) 218VIII. Fauna.genannt. Beide Bezeichnungen sind indess nicht gleichwerthig; denn während die erste, wie bereits früher hervorgehoben wurde, wohlbe - gründet ist, gilt dies keineswegs auch von der anderen. Weder der Procentsatz der Panzerwangen von der Gesammtzahl der japanischen Fischarten, noch die Menge ihres Vorkommens ist eine solche, dass Japan in Bezug auf dieselben eine hervorragende Rolle einnimmt. Dies kann man sowohl bei der Durchmusterung der bis jetzt be - kannten und beschriebenen Arten erkennen, als auch namentlich dann, wenn man, wie Schreiber, an verschiedenen Küsten des Landes den Fischfang beobachtet und die Vorräthe der Fischmärkte näher unter - sucht. Zur näheren Begründung dieser allgemeinen Bemerkungen möge hier eine Aufzählung und kurze Besprechung der wichtigsten Genera und Arten, welche bis jetzt in den japanischen Gewässern gefunden wurden, folgen.
Familie Berycidae. In wenigen Gattungen und Arten er - streckt sich diese schöngebaute und gutbewehrte Gruppe vom Mittel - meer durch den Atlantischen und Indischen Ocean zum Malayischen Archipel und den japanischen Küsten, an denen besonders Monocentris japonicus Hout., der Yebisu-dai (d. h. die dem Gott des Marktes ge - widmete Brasse) oder Matsu-kasa (Tannenzapfen, nach den grossen Schuppen also benannt) durch seine Gestalt auffällt. Mehrere Arten Beryx erinnern an die Fauna der Ostatlantischen Inseln und 4 Ver - treter der Gattung Holocentrum an die Stachelbarsche der Meeres - küsten Ost - und Westindiens. Der Zahnbarsch, Myripristis japonicus, zeichnet sich durch seine schönen Farben und einen hohen Grad von Goldglanz aus, wesshalb er die Namen Umi-kingiyo, Meergoldfisch, und Nishi-ki-dai, Regenbogen-Brasse, erhalten hat.
Familie Percidae, Barscharten. In den süssen Gewässern ist diese artenreiche Familie nicht vertreten, dagegen weist das Meer manches bemerkenswerthe Glied derselben auf, und wie überall, so bieten auch im Lande der aufgehenden Sonne diese wohlgestalteten Stachelflosser eine wohlschmeckende, geschätzte Nahrung dar. Zu den Arten, welchen man an allen Küsten und während des ganzen Jahres begegnet, gehört vor allem der Seebarsch, Percalabrax japo - nicus Schl., der Suzuki (Seigo, wenn jung) und der Ara (Niphon spinosus Schl.), welcher besonders die Küste von Yezo frequentiert, was auch sch on sein zweiter Name Matsumaye-ara andeutet. Die artenreiche Gattung der Sägebarsche (Serranus), welche alle tropischen219Fische.und subtropischen Meere bewohnt und zu ihren schönsten Insassen zählt, ist in Japan in 16 Arten vertreten. Sie führt die Namen hata und jime. Zu den schönsten gehört der Aka-hata (rothe hata) und Tsirimen-ara (Chirimen-ara, d. h. Krepp-ara). Vier Arten der indi - schen Gattung Diacope, darunter D. vitta (Okionbutsu?), mehrere Plectropomen (insbesondere P. susuki, jetzt als Serranus fasciatus Thbg. erkannt), ferner die schöngefärbten Schwarzbarsche Aulacoce - phalus Temminckii (Hana-ara oder Blumenbarsch) und C. hirundinaceus (Nada-itoyori) besuchen nur im Sommer mit Kuro-shiwo und warmer Driftströmung Japans Küsten. Dasselbe gilt von verschiedenen Arten anderer hierher gehörender Geschlechter, wie Apogon, Diplopion, Mesoprion.
Die Familie Pristipomatidae oder Sägedeckel bewohnt ebenfalls vornehmlich die tropische Zone und erstreckt sich von da bis in südlich gemässigte Regionen der Erde. Für Japan kommen hier vor allem die Gattungen Diagramma und Dentex in Betracht, dann auch Therapon, Pristipoma, Scolopsis, Caesio. Von Zahnbrassen (Dentex) sind D. griseus (Umi-dai) und der sehr schöne D. setigerus (Itoyori-dai oder Fadenbrasse) häufig. Mehrere Arten Diagramma und Therapon oxyrhynchus (japanisch Shima-isaki) kommen dagegen nur im Sommer und an den südlichen Küsten vor.
Die Familie der Seebarben (Mullidae) ist vornehmlich durch die indische Gattung Upeneus repräsentiert. Wichtiger als sie sind die Brassen (Sparoidae). Viele Glieder derselben führen den Namen Tai*)Ebisu, der Gott des Fischmarktes, wird mit einem Tai unter dem Arme ab - gebildet. mit besonderen Zunamen. Der eigentliche Tai ist eine schöne hochrothe bis braunrothe Goldbrasse (Chrysophris cardinalis oder Pagrus cardinalis Lac.). Wie die Griechen und Römer das Fleisch seines Verwandten, der Dorade (Ch. aurata) des Mittelmeeres hoch - schätzten, so zählen die Japaner den Tai zu ihren besten Fischen. In den chinesisch-japanischen Gewässern hat er eine weite Verbreitung von der Fukian-Strasse bis zu den Küsten von Yezo und Saghalin. Mehrere andere verwandte Arten stehen ihm nur wenig nach. Von den meist indischen Arten der Gattung Lethrinus wurde eine, L. hae - matopterus, an der japanischen Küste gefunden. Zwei Arten der Familie Cirrhitidae reihen sich hier an, nämlich die Ishi-dai oder Steinbrasse (Cheilodactylus zonatus) und Shima-dai oder Inselbrasse (Ch. quadricornus Gth.); endlich auch der Kuro-dai oder die Schwarz - brasse (Chrysophrys hasta Bl.).
220VIII. Fauna.Familie Klippfische (Squamipennes), japanisch Hata - tate. Diese interessante Gruppe meist kleiner Fische, gleich ausge - zeichnet durch eigenthümliche Gestalt und Zeichnung, sowie durch hohe Farbenpracht, wird überall auf der Erde nur durch warme Strömungen aus ihrer tropischen Heimath in etwas höhere Breiten geführt, so auch aus den indischen und malayischen Gewässern bis zu den wärmeren Gestaden Japans. Arten der Gattungen Chaetodon, Heniochus, Holacanthus, Platax, Pimelepterus, Histiopterus und Sca - rodon, denen wir im Winter nur in den genannten tropischen Meeren begegnen, spielen während des Sommers in gewohnter Weise auch um die Klippen Japans und zeigen dabei ihre bunten Bänder und Flecken, wie ihre meist grossen, eigenthümlich gestalteten und schil - lernden Flossen. Kann auch keine unter ihnen mit dem stolzen Engelfisch Westindiens (Holacanthus ciliaris) oder dem Kaiserfisch (H. imperator) des Indischen Oceans sich messen, so gehören doch ihr naher Verwandter, der Hatatate-nori (H. septentrionalis), ferner der sehr geschätzte Tafel-visch Holländisch-Indiens (Heniochus macro - lepidopterus), japanisch Ko-hatatate, Chaetodon strigatus, sowie Sca - rodon fasciatus und S. punctatus ebenfalls zu den besten Repräsen - tanten der farbenreichen, glänzenden tropischen Fischfauna.
Familie der Panzerwangen (Cataphracti), auch der Knurrhähne (Triglidae). Wie die deutschen Namen Knurrhahn, Seekukuk, Panzerhahn, Flughahn, Drachenkopf, Kopffisch, Ulkfisch, Seeteufel etc, theils auf die Eigenschaft dieser Thiere, ausserhalb des Wassers bei ausgespreizten grossen Brustflossen knurrende Töne von sich zu geben, theils auf die unverhältnissmässig grossen Köpfe und die ganze hässliche Gestalt hinweisen, so hat man auch bei anderen Völkern diesen Eindrücken Ausdruck gegeben. So nennt der Japaner z. B. Pelor japonicum C. und V. Oni-o-koze, d. h. teufel-ähnlich. Nur in wenigen Gattungen nähern sich die Panzer - wangen normalen Fischgestalten, so namentlich bei Sebastes. Der Aehnlichkeit einer sehr bekannten Art derselben (S. marmoratus C. und V.) mit den Sägebarschen gibt der Japaner durch die Benen - nung ara-kaba Ausdruck. Die japanischen Meere beherbergen Arten der Gattungen: Chirus, Agrammus, Sebastes, Scorpaena, Synanceïa, Pterois, Apistus, Tetraroge, Haploactes, Minous, Pelor, Platyce - phalus, Trigla, Dactylopterus, Cottus. Platycephalus guttatus, Kochi genannt, wird mit Gobioniden vornehmlich in den Flussmündungen gefangen.
Die Familie der Drachenfische (Trachinidae) ist durch die Gattungen Uranoscopus, Percis, Sillago und Latilus vertreten und221Fische.die der Schatten - oder Umberfische durch Sciaena, Corvina, Pogonias, Otolithus.
Aus der kleinen tropischen Gruppe Polynemidae oder Finger - fische weist Japan den P. plebejus des Malayischen Archipels auf, Hirano akinasi genannt, und von Pfeilhechten (Sphyraenidae), japanisch Kamasu, mehrere Arten, die namentlich im Frühjahre, nach dem Monsunwechsel zahlreich auftreten. Zur selben Zeit stellt sich auch ein Degenfisch (Trichiurus japonicus Schl.), Tatsu oder Tatsi-uwo häufiger ein.
Das Makrelengeschlecht (Scomberoidae) spielt, wie be - reits früher hervorgehoben wurde, in der marinen Fauna der japani - schen Inseln und der Oekonomie ihrer Bewohner eine hervorragende Rolle. Wir begegnen diesen leicht erkennbaren Fischgestalten auf den Märkten des ganzen Landes und den grössten Theil des Jahres hindurch in etwa 40 Arten. Sind es vornehmlich die Sommermonate, während deren die Riesen des Geschlechtes, Arten von Thynnus, Cybium, Seriola und Coryphaena gefangen werden, so kommen mehrere kleinere Species der Gattungen Scomber, Elacate, Stromateus und kleine Seriolen vornehmlich im Herbst und im Norden vor. Einige derselben, vor allem der Saba (Scomber pneumatophorus japonicus Schl.), folgen den Häringsschaaren, unter denen sie ihre beliebte Nah - rung finden, und gerathen mit ihnen in das Netz der Fischer. Andere, wie Elacate bivittata, Seriola purpurascens (Akabana) und Stromateus punctatissimus (Mana-katsuwo), tummeln sich im Herbst wohl auch für sich schaarenweise an den nordischen Flussmündungen herum, werden hier, besonders bei Yezo, massenhaft gefangen und gesalzen selbst nach China versandt. Die grossen Thunfische und Boniten (Thynnus), Tassarde (Cybium) und Grünzlinge (Seriola), von denen manche über centnerschwer werden, fängt man in der Regel mit der Angel und zerlegt ihre Muskeln in gleichgrosse Stücke, die an Schnüren aufgereiht, in der Sonne getrocknet und dann in allen Städten zum Verkauf aufgehängt werden, aber auch frisch zur Verwendung kommen. Obenan steht unter diesen die gemeine Bonite oder Katsu-uwo (Thynnus pelamys), einer der wichtigsten und geschätztesten Fische Japans. Viel zahlreicher als in Westindien und dem Golfstrome folgt dieser Hochseeräuber und grosse Feind der fliegenden Fische und mancher anderen schwächeren Thiere der Meeresoberfläche dem Kuro-shiwo an die japanischen Gestade. Bemerkenswerth durch ihre Grösse oder ihr häufiges Vorkommen sind noch der Maguro (Th. thunnica C. V.) der Sawara (Cybium chinense), der Nagotsi (C. niphonium), der geschätzte Hirasu (Seriola aureovittata), der Oiwo (S. quinqueradiata), der Shiira222VIII. Fauna.(Coryphaena japonica). Die Gattung Caranx (japanisch Aji) ist reich vertreten, besonders häufig der Hira-aji (C. trachurus), der Kansaji (C. ciliaris) und der Hiiraji (C. equula). Alle diese Bastardmakrelen erscheinen vornehmlich im Sommer, wie auch der kleine und sehr auffällige Blepharis indicus.
Von den nahe verwandten Xiphiideen ist der Tatsi-uwo (Degenfisch) genannte Trichiurus ein häufig vorkommender Gast. Auch Histiophorus orientalis gehört hierher.
Aus der Familie der Scheibenbäuche (Gobiidae) kommen an den Küsten, sowie in den Flüssen und ihren Mündungen eine grössere Zahl von Arten der Gattungen Gobius, Sicydium, Amblyopus, Periophthalmus, Boleophthalmus, Eleotris und Callionymus vor. Unter denselben sind die häufigsten Süsswasserbewohner der Haze (Gobius virgo) und der Dabo-haze (Periophthalmus modestus), ferner mehr an den Mündungen der Kihaze (G. flavimanus), der Kuro-haze (G. brun - neus) und der Kawa-motsiguro (Sicydium obscurum).
Von den seltsam und hässlich gestalteten Krötenfischen oder Armflossern (Pediculati) findet man besonders häufig und in allen Meeres - theilen Japans den Anko (Lophius setigerus), seltener und vornehmlich während des Winters den Hari-anko (Halieutaea stellata), ferner mehrere Arten der auch in Westindien verbreiteten Gattung der Angler (Chiro - nectes), deren Fleisch sogar für giftig angesehen wird. Auch von den nahe verwandten Schleim - und Butterfischen (Blenniidae) kommen mehrere Arten häufig vor, vor allem Centronotus (Gunellus) nebulosus, der Gimpo und Gunellus dolichogaster, dieser im nörd - lichen Stillen Ocean so weit verbreitete Butterfisch, und mehrere andere.
Von der Gattung Amphacanthus des Indischen Oceans weisen die japanischen Gewässer mehrere Arten während des ganzen Jahres auf, und ebenso ist Prionurus scalprum (japanisch Niza) von der Familie der Acanthuridae auch im Winter auf den Fischmärkten als untergeordnete Waare zu treffen. Atherina Bleekerii Gthr. steht schon den Meeräschen (Mugilidae) nahe, welche in den süssen Gewässern durch den Bora oder Ina (Mugil japonicus Schl.) vertreten sind, welcher namentlich in fast allen grösseren Seen vorkommt. Auch die geschätzten Bandfische (Cepolidae) sind, namentlich im Sommer, vertreten, vornehmlich durch den Sakeno-uwo (C. Krusensterni).
Von den Pfeifenfischen (Fistulariidae) findet sich eine Art, der Yagara (Fistularia serrata C.), nicht selten. Den Besuchern von Enoshima wird er z. B. neben Ostracion, Monacanthus und an - deren Seethieren getrocknet angeboten.
Aus der Familie der Pomacentridae kommen mehrere Arten vor, aber interessanter ist noch das Auftreten verschiedener Glieder der Lippfische (Labridae), insbesondere der Jungfernfische (Julis) und Papageifische (Scarus), die in ihrem bunten Farbenkleide eben - falls lebhaft an die tropische Heimath ihrer Verwandten erinnern, in Japan aber noch im Spätherbst vorkommen. Hierher gehören Julis poecilopterus (Kusabi, Grasfisch) und mehrere andere; ferner Choerops japonicus (Kandai), Labrichthys rubiginosus (Bera), Crenilabrus fla - gellifer, dann der sehr geschätzte Nobuzu (Labrus reticulatus) und Shima-nobuzu (Labrus japonicus), Inokô (Scarus ovifrons), Ôganu (Callyodon japonicus) und mehrere andere.
Von der über die ganze paläarktische Region verbreiteten hoch - wichtigen Familie der Schellfische (Gadidae) waren bisher nur wenige untergeordnete Glieder aus den japanischen Meeren bekannt, insbesondere die Meerquappe (Motella pacifica) und das Umi-itatsi, d. h. Meerwiesel (Lotella phycis). Vor mehreren Jahren hat aber Dr. Hilgendorf nachgewiesen, dass auch ein echter Schellfisch, der Tara (Gadus Brandtii Hilg.), die nordjapanischen Gewässer frequentiert und von der Insel Yezo in gesalzenem Zustande massen - haft nach den südlichen Städten gesandt wird. Auch kann ich aus eigener Anschauung hinzufügen, dass bald nach Eintritt des nörd - lichen Monsun dieser Fisch auch an südlichere Gestade des Japani - schen Meeres herankommt.
Mit Uebergehung der ebenfalls vertretenen Schlangenfische (Ophidiidae) und Grenadierfische (Macruridae) gelangen wir dem Systeme nach zu den Schollen (Pleuronectidae), welche, wie in Europa, so auch auf den japanischen Fischmärkten ihres ge - schätzten Fleisches und häufigen Vorkommens wegen eine Rolle spielen. Zu den bekannten Gattungen der kälteren Meere kommen hier die Formen Plagusia und Achirus des Indischen Oceans. Obgleich die meisten das ganze Jahr hindurch vorkommen, erstreckt sich ihr Haupt - fang doch vorwiegend über die kältere Jahreszeit. Obenan stehen die Karei oder Flunder, insbesondere Platessa asperrima, dann der Sternflunder oder Hoshi-garei (P. variegata), ferner der Taiwan-garei (Pleuronectus scutifer Steind. ), auch Ishi-garei (Steinbutte) genannt. Die224VIII. Fauna.Zungen (Solea) und Plagusen (Plagusia japonica) heissen wohl ins - gesammt shita, Zungen, so Solea zebrina oder Ushino-shita, Ochsen - zungen, wie die Synaptura ommatura Rich., während Hippoglossus olivaceus als Ma-garei bezeichnet wird.
Die Familie der Welse (Siluridae) ist in den süssen Ge - wässern Japans vornehmlich durch den Namadzu (Silurus japonicus) vertreten, eine sehr verbreitete und geschätzte Art, die sich nament - lich in den Seen, Teichen und Reisgräben findet. Seltener ist Lioba - grus Reinii Hilg., eine zweite, nahe verwandte Species, welche ich im Süden fand. Hier beherbergen die grösseren Flüsse auch den kleinen Gigi oder Gigi-jô (Bagrus aurantiacus), wohingegen ein Streifenwels, der Miko-uwo (Plotosus lineatus) und seine nahen Ver - wandten das Meer bewohnen.
Bemerkenswerther als die vorige Familie sind für Japan die lachsartigen Fische (Salmonidae), mit denen die holländi - schen Ichthyologen in Nagasaki so wenig bekannt waren, dass die Fauna japonica Siebold’s Manche zu dem irrigen Schlusse führte, als sei diese charakteristische nordische Sippe hochgeschätzter Fische in Japan nur schwach vertreten. Erst durch die Perry-Expedition und die Arbeit Brevoort’s über Lachse aus den Gewässern von Yezo verbreitete sich hierüber mehr Licht. Nach der neuesten ein - gehenderen Arbeit über den Gegenstand von Dr. Hilgendorf*)Hilgendorf, Japanische lachsartige Fische in: Mittheil. der deutschen Gesellschaft etc., 11. Heft, 1876. be - sitzt Japan mindestens 10 Species dieser Familie, unter denen einzelne nur auf die Flüsse, eine nur auf das Meer angewiesen sind. Diese letztere ist der Shira-uwo oder Weissfisch (Salanx microdon Blkr.), ein kleines transparentes Fischchen, das erst nach dem Tode opak - weisse Farbe annimmt. Es wird massenhaft an den japanischen Ge - staden gefangen, so namentlich im Frühjahre an der Surugabucht. Die verbreitetste Lachsart der japanischen Flüsse und Seen und der häufigste Süsswasserfisch überhaupt, ein Thier, dem wir von Formosa bis zu den Kurilen begegnen, ist der Ayu (sprich Ai) oder Pleco - glossus altivelis Schlegel. Der Ayu findet sich nicht im Quellbezirke der Flüsse, überlässt diesen, d. h. die eigentlichen Gebirgsbäche, vielmehr einem fernen Verwandten, dem Ameno-uwo, d. h. Regenfisch, welchen225Fische.Hilgendorf für junge Exemplare von Salmo Perryi Hilgd. ansieht, während ich sie für eine eigene Art, eine specifisch japanische Berg - forelle halte, die sich nie in den unteren Lauf der Flüsse verliert und unter anderem durch drei Reihen zinnober - oder mennigrother Punkte, deren mittlere der Linea lateralis entlang läuft, auszeichnet und an unsere gewöhnliche Forelle erinnert. Verschieden hiervon ist der Salmo pluvius Hilgd., eine Lachsart, deren Junge man unter dem Namen » Iwana « ebenfalls in den Gebirgsbächen Japans findet, doch viel seltener als den Amano-uwo und ohne dessen schöne Flecken und Zeichnung. Die eigentlichen Lachse Japans, welche im Herbst in ungeheueren Schaaren aus dem Meere in die unteren Flüsse der mehr nördlichen Küsten, zumal der Insel Yezo, steigen und hier viele Tausende von Menschen beschäftigen und nähren, sind: Oncorhynchus Haberi Hilgd., der Shake, ferner der Masu (Oncorhynchus Perryi Brevoort). Hilgendorf erwähnt weiter noch des Kiuri-uwo (Os - merus eperlanus L.), eine Art Stint, ferner den Chika (Hypomesus olidus Pall.).
Als häufig vorkommende Schnabel - und Hornhechte (Scom - bresocidae) sind anzuführen der Kuddera (Belone gigantea) und der Saira (B. gracilis), ferner der geschätzte Sayori (Hemiramphus sayori Schl.) und eine oder mehrere Arten fliegender Fische (Exocoetus), von den Eingeborenen mit Tobi-no-uwo, d. h. Hühnerweihefisch, be - zeichnet. Lieben die Glieder dieser Familie, gleich den grossen Scomberoideen, ihren ärgsten Feinden, das freie Leben auf der Ober - fläche des offenen Meeres, so begegnen wir im Gegensatze zu ihnen in den beiden folgenden Familien fast ausschliesslich Süsswasser-Be - wohnern, die sich zum Theil in schlammigen Gräben und Teichen am wohlsten fühlen. Die Zahnkarpfen (Cyprinodonten) sind durch den Metaka (Hoplochilus latipes) vertreten, das eigentliche Karpfengeschlecht (Cyprinoideae) aber durch eine ganze Reihe von Gattungen und Arten, unter denen indess nach Grösse und Bedeutung der Karpfen oder Koi (Cyprinus carpio L.) und die japa - nische Karausche oder Funa (C. Langsdorfii Schl., Carassius auratus L.) obenan stehen. In fast allen Seen und Teichen, sowie in den grösseren Flüssen und Bewässerungsgräben findet man dieselben und fängt sie wie bei uns auf mancherlei Weise. Ihnen gegenüber treten mehrere andere Arten, welche die Fauna japonica aufzählt, in den Hinter - grund, ebenso eine kleine Barbenart, die ich als solche nachträglich an den Schlundzähnen erkannte. Dieselbe findet sich unter dem Namen Ida in Flüssen von Tosa auf Shikoku. Die Goldfische sind in den Teichen bei Tempeln und sonst sehr häufig zu sehen. DieRein, Japan I. 15226VIII. Fauna.Japaner züchten zwei Arten, den gewöhnlichen Goldkarpfen, welchen sie Higoi nennen, und eine davon wesentlich abweichende Fisch - gestalt, Kingio (Goldfisch, Carassus auratus) genannt, die sich vor - nehmlich durch eine eigenthümliche Dreigabelung der langen Afterflosse auszeichnet, indem nämlich neben die senkrechte Ruderflosse noch zwei gleich lange, mehr horizontal gestellte Seitenflossen treten. Der Kingio ist im ganzen empfindlicher und seltener, als der Higoi, zuweilen jedoch, wie in der Goldfischanstalt bei Yokohama, in grosser Zahl zu sehen.
Die meisten der kleineren Süsswasserfische Japans, Arten der Günther’schen Gattungen Pseudogobio, Pseudorasbora, Achilogna - thus, Pseudoperilamprus, Opsariichthys, Misgurnus, Botia, also Ver - wandte unserer Gründlinge, Grundeln und Weissfische, findet man auch in China und Formosa. Sehr häufig ist unter den Bartgrundeln der Dojo (Misgurnus rubripennis Schl.) in den schlammigen Gräben; auch der Tanago (Achilognathus oder Leuciscus lanceolatus), sowie der Ugui (Leuciscus Hakonensis G.) werden viel gefunden.
Die Häringsfamilie (Clupeacei) tritt, ihren sonstigen Ge - wohnheiten entsprechend, vornehmlich im Winter und an den nörd - lichen Küsten der japanischen Inselwelt auf, und zwar reich an Arten und Individuen, doch kennt man die verschiedenen Conservierungs - arten, welche eine Anzahl Glieder derselben für Europa so werthvoll machen, noch wenig und fängt die grossen Mengen zur Erzielung von Thran und Dünger. Hierher gehört vor allem der Iwashi oder Maiwashi (Clupea melanosticta und Cl. gracilis), dessen Herannahen oft durch Mövenschaaren angekündigt und der namentlich im Herbst gemeinsam mit seinem Verfolger, Saba (Scomber pneumatophorus ja - ponicus Schl.), in grosser Menge an der Küste von Yezo und Nord - Hondo gefangen wird. Dasselbe gilt vom Nishin (Clupea harengus L.) und mehreren anderen. Auch der Isaza (Engraulis japonicus Schl.) wird während der kälteren Jahreszeit massenhaft gefangen. Von den grösseren Arten sieht man den Borstenhäring Konoshiro (Chatoëssus punctatus Schl.) im Winter viel auf den Märkten. Er wird wenig geschätzt und meist von der ärmeren Klasse gegessen.
Unter den aalartigen Fischen (Muraenidae) ist vor allem der Unagi (Anguilla japonica Schl.) zu nennen, der in allen süssen Gewässern Japans häufig vorkommt, trotz der grossen Zahl, die all - jährlich gefangen wird. Unter den grösseren Meeresbewohnern der Familie sind hervorzuheben der Hamo (Conger bagio Cant.), welcher über 3 Meter lang und 50 Pfund schwer werden soll, der Anago (Congromuraena anago Schl.) und der Kidako (Muraena variegata Richs.).
Meernadeln und Seepferde, Syngnathus und Hippocampus (Kaiba), die bekanntesten Vertreter dieser eigenthümlichen, unbedeutenden Sippe von Meeresbewohnern, kommen in den japanischen Gewässern in etwa sechs Arten vor.
Aus der Familie der Harthäuter (Sclerodermi) treffen wir im Sommer vor allem mehrere Arten Kofferfische (hako-uwo), so Ostracion immaculatus und O. brevicornis, die namentlich im Jugend - zustande häufig in das Netz des Fischers gerathen. Auch Balistes, Monacanthus und Triacanthus stellen sich mit dem Südwestmonsun an Japans Gestaden häufig ein. Ihre nahen Verwandten, die sich kugelig aufblasenden Nacktzähne (Gymnodontes), sind viel artenreicher und theilweise auch im Winter vertreten, so vor allem das Genus Tetrodon (Fugu). Mehrere Species desselben, insbesondere T. rubripes Schl. und T. xanthopterus, die der Japaner vorherrschend Fugu nennt, gelten für giftig, wie schon Kaempfer erwähnt. Strenge Strafen sollten früher das Verkaufen und Verspeisen dieser Fische verhindern, und zwar mit Recht; denn erst vor einigen Jahren zeigte Dr. Görtz in Yokohama, dass in drei Fällen, welche zu seiner Kenntniss und Behandlung gekommen waren, durch den Genuss des Fugu, vornehmlich seines Rogens, schwere Erkrankungen vorgekom - men waren, die sich in Kopfweh und Uebelkeit, Blässe, starker Transpiration und auffallend verringerter Herzthätigkeit äusserten*)» Ueber in Japan vorkommende Fisch - und Lackvergiftungen « von Dr. A. Görtz. Mittheilungen d. deutschen Gesellschaft, 8. Heft, Yokohama 1875.. Die Familie weist ausser der erwähnten Gattung auch noch mehrere Arten Diodon auf, sowie den grossen Mondfisch (Orthagoriscus sp.), von den Japanern Ukiki genannt; doch heisst man ihn auch Funrei, z. B. an der Küste von Tôtomi und Suruga, wo er oft 1½ Meter lang und über 1 Meter breit gefischt wird.
Von den zwei Familien dieser Sippe ist in den japanischen Meeren nur die der Störe (Acipenseridae) in zwei verhältnissmässig selten vorkommenden Arten vertreten.
a. Seedrachen (Chimaeridae). Von dieser kleinen Gruppe haiartiger Fische begegnen wir auf japanischen Märkten der weit ver - breiteten Chimaera monstrosa, den die Eingeborenen Gin-same (Silber - hai) nennen. b. Die eigentlichen Haie (Squalini) führen die japanischen Namen Same und Fuka und sind durch verschiedene wohlbekannte und weit verbreitete Gattungen vertreten. Die kleineren Arten der Hundehaie (Scilliidae), japanisch Tora (Tiger), kommen wie in Europa viel auf die Fischmärkte, spielen jedoch anderen Fischen gegenüber eine untergeordnete Rolle. Besonders bemerkens - werth ist sonst noch ein Schnauzenhai Nekosame (Cestracion Phillippi Bl.), welcher als einer der wenigen lebenden Repräsen - tanten einer fast ganz ausgestorbenen Familie von Haifischen, die in der Tertiärzeit lebten, von Neu-Seeland bis zu den Gewässern Japans vorkommt. Auch die Familie der Hairochen (Rhinobatidae), japanisch Ken-same oder Kemei, ist durch mehrere Arten vertreten.
Rochen (Rajacei), japanisch Yei, kommen ebenfalls häufig und in verschiedenen Arten auf die Fischmärkte, und zwar sowohl die eigentlichen Rochen oder Keno-yei, als auch die Aka-yei (rothe oder Stachelrochen), Shibirei (Zitterrochen) und andere Gattungen.
Die Gattung Petromyzon oder Neunauge, diese aalartig gestal - tete, unbedeutende Abtheilung von Fischen ist durch einen nahen Verwandten unserer einheimischen Art, Petromyzon japonicus Martens, vertreten, welcher sich in den Flussmündungen aufhält und den Ja - panern unter dem Namen Yatsume-unagi, d. h. Achtaugen-Aal, bekannt ist.
Insecten (Mushi) sind, wie schon früher hervorgehoben wurde, reich vertreten. Auch bei ihnen ist die Verwandtschaft mit den Be - wohnern des benachbarten Festlandes gross, und es entspricht der allgemeine Charakter der einzelnen Classen durchaus dem des nörd - lich gemässigten Theiles der alten Welt. Eine ansehnliche Zahl von Arten hat sich, wie bei den Säugethieren und Vögeln, vom Atlanti - schen bis zum Stillen Ocean verbreitet und findet sich ebenso im229Insecten und Spinnen.Reiche Nippon, wie auf den Britischen Inseln. Andere sehen wir, indem wir ihrer Verbreitung gen Osten folgen, endlich verschwinden, um neuen verwandten Arten Platz zu machen. Aber zu dieser, man kann sagen modificierten Insectenfauna des gemässigten westlichen Europas kommen auch eine Reihe tropischer Formen, welche durch Gestalt, Farbe und Lebensart gleich auffallen, wie z. B. die Arten der Gattungen Papilio und Mantis.
Mehrere Abtheilungen harren noch einer eingehenderen Unter - suchung. Am besten sind Käfer und Schmetterlinge bekannt. In den verschiedensten Farben erglänzend, artenreich und massenhaft treten vor allem die Blattkäfer auf*)Unter 152 Arten Käfer, welche ich auf meinen Reisen unter der Hand sam - melte und meinem Freunde Dr. L. von Heyden in Frankfurt zur näheren Be - stimmung übergab, fand derselbe die Gattung Anomala allein durch 10 Species vertreten., insbesondere die Melolonthidae und Cetonidae, auf welche der indigene Name für Käfer, nämlich Kogane - mushi (Goldinsect) besonders passt. Chrysochroa fulgidissima ist, wie der Name andeutet, wohl der schönste Käfer des japanischen Archi - pels. Im hellen Sonnenschein der heissesten Jahreszeit umschwärmt derselbe die Spitzen der Keaki (Zelkowa Keaki) und Yenoki (Celtis sinensis) und wahrscheinlich auch noch andere Bäume aus der Familie der Ulmaceen, von deren Holz seine Larve sich nährt, und ist, ob - gleich häufig, doch schwer zu fangen. Die Japaner nennen ihn Tama-mushi, das Edelstein-Insect. Unter den Laufkäfern liefert vor allem die Gattung Damaster fünf anderwärts seltene und viel be - gehrte Arten. In Japan sind mehrere derselben ziemlich häufig, so D. blaptoides auf Kiushiu, D. pandurus bei Yokohama, D. Fortuneï im nördlichen Japan.
Eine auffallende und an die Riesen der Tropen erinnernde Art Nashornkäfer ist Xylotrupes dichotomus L., der über das ganze Mon - sungebiet verbreitet zu sein scheint.
Unter den Bockkäfern ist mir vor allem Melanauster chinensis var. macularia aufgefallen, den man schon seit einem Jahrhundert aus China kennt. Er ist ein Freund der Bachufer, wo man ihn auf Gebüsch von Erlen, Weiden und Styrax japonicum häufig trifft. Eine glänzend schwarze Farbe, wie ein Lackanstrich, sowie viele weisse Punkte zeichnen ihn aus. Verschiedene Lampyris-Arten, japanisch Hotaru, pflegt man im Hochsommer einzufangen und in besondere Käfige zu setzen, um sich Abends ihres Leuchtens zu erfreuen**)Entomologen, welche sich eingehender mit dem Studium der japanischen Insecten befasst haben, werden meinen kurzen Bemerkungen über diese Thierklasse.
230VIII. Fauna.Von Schmetterlingen (Chô-chô) fallen, wie bereits ange - deutet wurde, namentlich die sogenannten Ritter (Papilio), besonders auf und geben der Fauna ein tropisches Colorit. Nicht weniger als 9 — 10 Arten dieser stattlichen Sippe finden wir hier vertreten, darunter verschiedene recht häufig vorkommend. Unter ihnen ist Papilio maci - lentus Janson dem Lande eigenthümlich. Ausser ihm fallen noch mehrere andere durch ihre dunkele Farbe, durch Grösse und trägen Flug besonders auf, so P. Dehaani Feb., P. helenus L., P. maakii Brewer, P. demetrius Cramer, P. alcinous Klug. Die Raupen meh - rerer dieser Arten sehen sich sehr ähnlich und leben oft gemeinsam auf den Blättern des Kara-tachi (Citrus trifolia) und des Inu-san-sen (Xanthoxylon schinnifolium). Papilio Hippocrates ist von unserem Schwalbenschwanze kaum zu unterscheiden.
Neben diesen und anderen auffallenden Gestalten finden wir unter den Tagfaltern viele alte Bekannte, wie den Heckenweissling (Pontia crataegi), den kleinen Eisvogel (Limenitis sibylla), das Tag - pfauenauge (Vanessa jo), den Fuchs (Vanessa urticae), den kosmopo - litischen Distelfalter (Vanessa cardui), den Perlmutterfalter (Argynnis paphia) und eine Reihe anderer.
Die Sphingiden, wie Triptogo roseipennis, T. complacens, Acherontia medusa, der japanische Todtenkopf und andere erinnern ebenfalls an unsere Arten. Noch schärfer aber tritt der europäische Charakter bei den Nachtfaltern hervor. Nach Butler sind sie fast ohne Ausnahme identisch oder nahe verwandt mit chinesischen Arten. Schon kennt man allein über 100 auch in England einheimische Species. Bemerkenswerth ist namentlich Pterodecta gloriosa, ein eigenthümlicher Schmetterlings-Schwärmer, welcher am Tage fliegt und sitzend seine Flügel aufrichtet, wie ein Tagfalter. Von seinem beliebten Ruheplatz aus, zu dem er wie eine Thecla immer wieder zurückkehrt, jagt er jedes vorüberfliegende Insect*)Für diese und einige andere Beobachtungen bin ich Herrn H. Pryer in Yokohama, dem besten Kenner dieser Thierklasse in Japan, zu besonderem Danke verpflichtet..
Japan hat 7 grosse Seidenspinner, nämlich Trophaea Artemis Butl. und aliena: Samia, Cynthia, Caligula Jonasii Butl., C. japonica