Alle Rechte vorbehalten.
Indem ich hiermit die Resultate vieljähriger Studien der Oef - fentlichkeit übergebe, hoffe ich gebildeten Lesern in den ver - schiedensten Berufsstellungen willkommene Auskunft und Beleh - rung über mancherlei Fragen bezüglich des Culturzustandes von Japan und der Erwerbsthätigkeit seiner Bewohner bieten zu können. Die reiche Literatur über dieses Land und Volk hat viele Gegenstände, welche hier eingehend behandelt wurden, entweder gar nicht berührt oder doch so, dass die naturwissen - schaftliche und technische Seite dabei zu kurz kamen. Dies und verschiedene andere Umstände bestimmten mich, während meines Aufenthaltes in Japan meine Beobachtungen und Studien auch auf Gebiete auszudehnen, die nicht unmittelbar in den Kreis mei - ner Aufgaben fielen. Dennoch fürchte ich nicht, dass desshalb competente Beurteiler in den Abschnitten über das japanische Kunstgewerbe einen Mangel an Hingabe und Gründlichkeit finden werden.
Wohl aber wuchsen bei dem weiten Rahmen, welchen ich mir zog, die Schwierigkeiten in hohem Grade, namentlich als es galt, die in Japan gewonnenen Eindrücke und Resultate in Eu - ropa zu bearbeiten und zu ergänzen. Dass und wie dies ge -VIVorwort.schehen ist, wird man am besten aus den einzelnen Kapiteln selbst ersehen.
Damit habe ich zugleich den Hauptgrund angedeutet, wess - halb diese Arbeit, obgleich ich ihr seit meiner Rückkehr aus Japan den grössten Theil der Zeit und Kraft widmete, welche mir meine Berufspflichten übrig liessen, erst jetzt, d. h. mehr denn fünf Jahre nach dem Erscheinen des ersten Bandes und dritthalb Jahre nach der englischen Ausgabe desselben, in die Oeffentlich - keit gelangt.
Mit der Befriedigung, ein vielfach noch uncultiviertes Feld zum ersten Mal bebaut zu haben, verbinde ich das weniger an - genehme Gefühl, dass es trotz aller Sorgfalt und Mühe nur Stück - werk ist, was ich bieten kann. Bei der Fülle und ungleichen Wichtigkeit des Materials konnten nicht alle Gegenstände gleich ausführlich behandelt werden. Es kann nicht fehlen, dass der Leser je nach seinem Standpunkt und Interesse den einen zu kurz abgethan, den andern vielleicht zu breit angelegt finden wird. Die zahlreichen japanischen Namen, welche Vielen in Europa werthlos, ja störend sein mögen, dürften Fremden und Einheimischen in Japan selbst ein willkommenes Hülfsmittel zur Orientierung bieten.
In dem einleitenden Kapitel über das japanische Kunstge - werbe habe ich die Malerei und ihren Entwickelungsgang nur berührt. Ich wusste, dass mein Urteil und meine Kenntnisse auf diesem Gebiete weit zurückstanden hinter denen eines Gelehrten, der sechs Jahre in Japan selbst und manches weitere seit seiner Rückkehr nach England dem Gegenstande und der Vorbereitung eines Werkes darüber gewidmet hatte. Unter dem Titel: » The Pictorial Arts of Japan by William Anderson « erscheinen jetzt bei Sampson Low & Co. in London die Resultate seiner Studien in einem Prachtbande, der nicht blos die von mir gelassene LückeVIIVorwort.ausfüllt, sondern überhaupt jedem Kunstfreunde die erste gründ - liche Belehrung über Charakter und Entwickelung der japani - schen Malerei bietet.
Es erübrigt mir noch, der freundlichen Beihülfe einiger Freunde dankbar zu gedenken. Herr Professor Dr. F. Justi in Marburg lieferte nach Originalen die vorzüglichen Federzeichnungen zu den Holzschnitten Fig. 1 (12), 13, 16, 17, 18 und 19. Meinem talent - vollen Schüler, dem Herrn C. Schulteis, verdanke ich die Zeich - nungen zu den Figuren 8, 9, 10, 11 und 14, sowie zu den Tafeln I, II, III, IV und XV. Herr C. Reinhertz, ein anderer mei - ner wackeren Schüler, zeichnete das Uebersichtskärtchen zur Mon - tanindustrie nach einer grossen Handkarte, welche mir Herr In - genieur Kurimoto vom Oberbergamte in Tôkio freundlichst über - sandt hatte. Auch für verschiedene andere Notizen bin ich letzterem zu Dank verpflichtet, ebenso Herrn Dr. S. Nagai, welcher mich namentlich durch das Lesen der japanischen Correcturen unterstützte.
Sämmtliche Illustrationen dieses Buches sind Originale, und ich erkenne es dankbar an, dass der Herr Verleger weder Mühe noch Kosten gescheut hat, dasselbe damit würdig auszustatten.
Bonn, im September 1886.
Der Verfasser.
Seit drei Jahrzehnten hat Japan, wie kein zweites Land Asiens, die Blicke und verschiedenartigsten Interessen des gebildeten Abend - landes in immer steigendem Maasse auf sich gelenkt. Zahlreiche Zeitungsartikel, Abhandlungen und Bücher, an Inhalt und Werth so verschieden, wie die Vorbildung, Befähigung und Neigung ihrer Ur - heber, geben davon Zeugniss. Kaufleute, Künstler und Gelehrte füh - len sich von dem schönen Inselreiche Nippon, dem » Land des Son - nenaufgangs « im Osten der Alten Welt, der Cultur seiner Bewohner und ihren vielen hochinteressanten Natur - und Kunstproducten in hohem Grade angezogen. Aber noch wirksamer zur Gewinnung und Erhaltung solcher Sympathien war und ist seit den denkwürdigen Er - eignissen, zu welchen die Perry-Expedition 1854 den ersten Anstoss gab, das Verhalten der Regierung und Bevölkerung Japans zu den Fortschritten der christlichen Civilisation. Das Bestreben, die Resul - tate derselben kennen zu lernen und für ihr Land zu verwerthen, veranlasste die Regierung, gebildete Männer der verschiedensten Be - rufsarten aus den grössten und hervorragendsten christlichen Cultur - staaten als Lehrer und Organisatoren in’s Land zu rufen, umgekehrt aber auch die strebsamsten und talentvollsten Jünglinge in das Abend - land zu senden, damit dieselben dort zum Nutzen ihres Vaterlandes sich weiter ausbildeten.
Aber auch Beamte in hohen Stellungen sind aus gleichem Streben wiederholt unter uns erschienen und haben sich bemüht, hervorragende Anstalten der Verwaltung, Volksbildung und gewerblichen Thätigkeit eingehend kennen zu lernen. Und wenn wir ferner lesen, wie hier ein Japaner mit Ehren sich einen Universitätsgrad erwarb, dort ein anderer durch wissenschaftlichen Vortrag die Aufmerksamkeit deut - scher Gelehrten zu fesseln wusste, wie auf den verschiedensten inter -Rein, Japan. II. 12Einleitung.nationalen Ausstellungen der Neuzeit Japan durch hervorragende Lei - stungen sich auszeichnete, während es zu Hause seine erste Eisenbahn eröffnete, bei deren Plan und Bau kein fremder Ingenieur mitwirkte, so sind dies alles eben so viele Beweise von Talent und Hingabe einer in überraschender Weise aufstrebenden Nation. Aber einen noch grösseren Sieg haben Regierung und Volk auf religiösem Gebiete er - rungen, indem sie endlich von alten Vorurtheilen, Hass und strengem Verbot gegen das Christenthum durch mancherlei Uebergangsstadien bis zur vollen Religionsfreiheit gelangt sind, welche ihre günstige Wirkung für die Ausbreitung der christlichen Lehre nicht verfehlen wird.
Mit der Restauration der Mikadoherrschaft im Jahre 1868 brach das ganze Feudalsystem zusammen. Die Daimiô’s verliessen, theils freiwillig, theils von der neuen Regierung gezwungen, für immer ihre festen Burgen, von denen manche in dieser Uebergangszeit der Zer - störung anheimfielen, sodass ihre Ruinen gleich vielen bei uns als stumme Zeugen einer anders gearteten Zeit in’s Land schauen. Den buddhistischen Tempeln und Klöstern droht ein ähnliches Schicksal. Mit der Reorganisation der Verwaltung zog schon ein neuer Geist ein, ein Hauch der christlichen Civilisation, dessen Wirkungen bereits kurz angedeutet wurden. Die neuerdings verkündigte Religionsfreiheit ist ein weiterer naturgemässer Schritt auf dieser Bahn, durch welchen das räumlich fernste Land und Volk Asiens uns geistig noch näher gerückt wird, als dies bisher bereits geschah. Im Hinblick auf alle diese Erscheinungen sind auch hier Schillers Worte anwendbar:
Das alte Japan fand in China sein Ideal, in den chinesischen Lei - stungen auf staatlichem, gewerblichem und intellectuellem Gebiete, das neue sucht sich dasselbe im christlichen Abendlande. Im ersten Bande dieses Werkes*)Rein, Japan. Natur und Volk des Mikadoreiches. Leipzig. W. Engel - mann. 1881. ist gezeigt oder angedeutet worden, wie die Japaner durch Körperbau, Sprache und charakteristische Geisteszüge als eigen - artiger Zweig der grossen mongolischen Völkerfamilie erscheinen, dem chinesischen Culturkreise angehörten und ihre ganze gesellschaftliche, landwirthschaftliche und gewerbliche Entwickelung nach chinesischem Muster, vornehmlich über Korea erhielten. Auch wurde dabei der Einführung des Buddhismus und der chinesischen Philosophie, ins - besondere der Lehre des Confucius, gedacht, als Trägern dieser eigen -3Einleitung.artigen Cultur. Während diese Philosophie den Kastengeist, Feudalis - mus und Ahnencultus nährte, wirkte der Buddhismus vor allem auf die productiven Massen ein, milderte die Sitten und bildete friedfertige, unverdrossene Arbeiter in Feld und Werkstatt.
Die hervorragenden Leistungen der Japaner auf diesen beiden Arbeitsfeldern und der zunehmende Einfluss ihrer Producte auf un - sere eignen Verhältnisse sollen in den nachfolgenden Abschnitten aus - führlich dargelegt werden, während hinsichtlich der Geschichte und Ethnographie des japanischen Volkes, sowie der Naturgeschichte und geographischen Verhältnisse des Landes hier nochmals auf den ersten Band dieses Werkes verwiesen wird, den ich seiner Zeit als Vorstudie zum besseren Verständniss der verschiedenen Erscheinungen des ge - werblichen Lebens bezeichnet habe.
» Nihil est agricultura melius, nihil uberius, nihil dulcius, nihil homine libero dignius. «(Cic. de off. lib. I.)
Besitz - und Abgabenverhältnisse. Areal und Eintheilung des Culturlandes. Klima und Boden. Bestrebungen der Regierung, die Landwirthschaft zu heben. Das Kaitakushi oder Colonialamt. Düngung und Bearbeitung des Bodens. Terrassencultur. Reihensaat.
Gegenüber den beweglichen Nomadenvölkern Centralasiens sind die Bewohner des Monsungebietes seit Jahrtausenden an die Scholle gebunden. Der Ackerbau wird von ihnen, namentlich in China und Japan, auf intensive Weise betrieben. Derselbe lässt hier der Vieh - zucht wenig Raum, und wie eigentliche Wiesen und Weiden fehlen, so sind auch Milch, Butter und Käse, die Hauptnahrung der noma - disierenden Mongolenvölker, den Chinesen und Japanern unbekannt. Eier und die dem Fischfang oder der Jagd entnommene thierische Nahrung spielen eine viel bedeutendere Rolle, als das Fleisch der Hausthiere, welches von vielen Millionen nie gegessen wird. Da das Schaf in Korea und Japan gar nicht, in China nur wenig verbreitet ist, so kam in der Kleidung die Wolle früher wenig in Betracht. Hanf - und Baumwollgewebe, bei den Wohlhabenden aber Seide, be - sonders im Winter, waren und sind die Stoffe, in welche sich die Bevölkerung kleidet.
Die Wohnung ist in den Ländern des chinesischen Culturkreises ein mehr oder minder solides Haus, aus Holz oder Bambusrohr ge - zimmert und mit Stroh, Schindeln oder Ziegeln überdacht, luftig und angenehm im Sommer, wenig behaglich dagegen im kalten Winter, wo sich die Bewohner mehr durch die grössere Zahl und bessere Aus -51. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.wahl ihrer Kleidungsstücke, als durch solide Wände und zweckmässige Heizvorrichtungen gegen die Kälte zu schützen wissen. In der inneren Ausstattung weichen die Wohnungen der Chinesen, Japaner und Ko - reaner wesentlich von einander ab; gemeinsam ist ihnen dagegen die Anwendung von Bastpapier zu Fensterscheiben. Aus den Berichten der Reisenden in Centralasien geht hervor, dass auch hier die Glas - scheibe, wie im Monsungebiete, fehlt, die Papierscheibe über dem Fenstergitter oder der Schiebethür aber mit dem Chinesen bis in die Dsungarei vorgedrungen ist, ohne von andern Völkern adoptirt wor - den zu sein.
Wie Tokugawa Iyeyasu, der Begründer der letzten Shôgun - Dynastie, im 12. seiner » achtzehn Gesetze « hervorhebt, schrieb man die Einführung des Ackerbaues in Japan der Sonnengöttin Tenshô Daijin (Amaterasu) zu. Sie war den alten Japanern Janus und Ceres zugleich. Ihr Tempel zu Yamada in Ise war das grosse National - heiligthum, welches vorschriftsmässig erhalten und nach je 21 Jahren aus dem geweihten Hinoki-Holze (Chamaecyparis obtusa S. & Z.) neu aufgerichtet werden musste, » damit das Land Frieden habe und die Gokoku wohlgedeihen möchten. « Man verstand unter den Gokoku (fünf Hauptfeldfrüchten) Reis, Gerste und Weizen, Kolbenhirse, andere Hirsenarten und Bohnen, also die hervorragendsten Kokurui, d. h. Halm - und Hülsenfrüchte. Der Begriff Go-koku war jedoch nicht zu allen Zeiten derselbe. So finden wir in Kaempfer, Amoen. exot. pag. 834 Kome (Oryza), O-mugi (Hordeum), Ko-mugi (Triticum), Daidzu (Dolichos soja L.) und Adzuki (Phaseolus radiatus L.) als Go - koku angeführt. Später erweiterte man ihn noch mehr und verstand darunter alle hervorragenden Nährpflanzen aus der Gruppe der Halm - und Hülsenfrüchte.
In jener grossen Werthschätzung der Go-koku ahmte man die Chinesen nach, wie denn die chinesische Landwirthschaft überhaupt der Ausgang und Prototyp für die japanische gewesen ist*)Siehe Bretschneider: » On the study and value of Chinese botanical - works « und Williams: » The Middle Kingdom « I. 78.. Kaiser Shinnung hatte um das Jahr 2700 v. Chr. in China den Ackerbau eingeführt und verbreitet. Dafür wurde er nach seinem Tode unter die Götter versetzt und ihm in Peking ein Tempel gewidmet, in des - sen parkartiger Umgebung der chinesische Kaiser seitdem jährlich zur Zeit des Frühlingsäquinoctiums ein Stück Land pflügt und mit den Go-koku besät.
Dem Mikado lag zwar keine analoge Pflicht beim Heiligthum6I. Land - und Forstwirthschaft.seiner Stammmutter in Ise ob, aber der Ackerbau wurde darum in seinem Reiche nicht geringer geachtet. Die Erkenntniss, dass derselbe die erste und beste, weil nothwendigste und einzig sichere Grundlage des Wohlergehens der Bevölkerung und des Staates ist, drückt der Japaner durch die Redensart aus » No wa kuni no moto «, d. h. » Land - wirthschaft ist die Quelle (Stütze) des Landes. Nach der neuesten Volkszählung vom 1. Jan. 1883 beschäftigt sie 18160213 Bewohner, d. h. etwa die Hälfte von einer Gesammtbevölkerung von 37017302. Dies sind jedoch blos Hiyakushô oder wirkliche Bauern, wozu noch aus der Gruppe der ehemaligen Samurai ein nach vielen Tausenden zu schätzender Theil kommt, der sich in der Neuzeit ebenfalls der Landwirthschaft zugewendet hat. Der Ackerbau liefert dem Staate 58 % seiner Einnahmen, aber mit Hinzuziehung der landwirthschaft - lichen Gewerbe, wie Sakebereitung etc., und der darauf ruhenden Steuer sogar 80 %*)Nach dem letzten Finanzjahr, welches am 30. Juni 1884 endete, betrugen nämlich die Gesammteinnahmen Japans im Ordinarium 73943258 yen. Davon lieferte die Grundsteuer 43029745 yen und die Steuer auf Sake und verwandte Genussmittel 16768135 yen (1 yen = 4,3 Mark)..
Unter den drei Klassen des japanischen Volkes (Heimin) stand der Bauer (Hiyakushô) im Range höher, als der Handwerker (Sho - kunin) und Kaufmann (Akindo). Während die Beschäftigung der beiden letzteren bei den Samurai als wenig ehrenvoll verpönt war, fanden sie es nicht unter ihrer Würde, dem gewöhnlichen Bauer gleich das Feld zu bestellen, machten jedoch nur in wenigen Herrschaften, wie Satsuma und Tosa, von dieser gesellschaftlichen Freiheit Gebrauch, also gerade in den Gebieten, welche berühmt wa - ren, die tapfersten und selbstbewusstesten Krieger zu liefern. Mit Recht weist Maron in seinem immer noch lesenswerthen Bericht über die japanische Landwirthschaft**)Siehe Salviati: Annalen der Landwirthschaft 39 Bd. pag. 35 — 72. darauf hin, dass bei der langen Abgeschlossenheit des Landes die Regierung und Nation von dem Bewusstsein geleitet werden musste, dass die leibliche Existenz unter allen Umständen von den Erträgen des eigenen Bodens abhing und nichts sonst das etwaige Deficit in der Ernte auszugleichen vermochte. Das würde also auf eine Hebung des Ackerbaues bei Beginn der Tokugawa-Herrschaft schliessen lassen, wie solche auch aus der Ge - schichte des Iyeyasu, namentlich hinsichtlich der Ebene des Kuwantô wohl bekannt ist. Die Handelsentwickelung nach aussen wurde ja damals vollständig lahm gelegt und um so mehr die Hauptarbeitskraft der Nation dem Ackerbau zugewandt und erhalten. Viel eingreifen -71. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.der als dieses Moment dürfte übrigens die mit dem Jahre 1600 be - ginnende lange Friedenszeit auf die Gestaltung der japanischen Land - wirthschaft gewirkt haben; denn obgleich dieselbe sich schon früh - zeitig nach chinesischem Vorbilde kräftig entwickelt hatte, war sie doch später durch die beständigen Bürgerkriege vielfach zurück - gegangen.
Der Mikado war und ist nach alter japanischer Anschauung, die sich an die Sage und Vorstellung von seiner himmlischen Herkunft und der Erschaffung der japanischen Inseln durch seine göttlichen Urahnen Isanagi und Isanami knüpft, der Herr des ganzen Landes, der einzige Grossgrundbesitzer desselben. In der Praxis aber gehörten später die ausgedehnten Bergwaldungen, sowie das Wüst - und Oedland vorwiegend den Feudalherrn und nunmehr dem Staat, der cultivierte Boden dagegen dem Bauer als Erbpächter. Er war und ist nach unserer Auffassung Kleingrundbesitzer, der sein Eigenthum vererben, verpachten ', durch Kauf vermehren oder durch Verkauf in andere Hände überführen konnte, in allen Fällen aber dafür sorgen musste, dass es unter hergebrachter Cultur blieb und der vorgesetzten Behörde die darauf berechneten Abgaben rechtzeitig eingeliefert wurden. Hier - durch waren demnach Besitz - und Verfügungsrecht beschränkt. Die Abgaben, welche auf dem Culturboden ruhten, waren im Allgemeinen hoch und in Natur zu leisten; im übrigen aber nahm der japanische Bauer eine viel freiere Stellung ein, als viele seiner europäischen Standesgenossen im Mittelalter, welche durch Frohndienste und son - stige Lasten in viel höherem Grade bedrückt wurden, wie dies schon Thunberg hervorhebt*)In » Åkerbruket. « Resa IV pag. 76 — 92..
Aus dem Gesagten lässt sich auf eine grosse Verschiedenheit in der Ausdehnung des bäuerlichen Grundbesitzes schliessen; dennoch fehlen grössere und in unserem Sinne wohlarrondierte Güter durch - aus. Es gibt also keinen Grossgrundbesitz in Japan, weder für den Bauer, noch für den Adel. In ältester Zeit, so lange der Mikado noch thatsächlich erster und alleiniger Landes - und Kriegsherr war und die verschiedenen Klassen der Gesellschaft sich noch nicht streng und erblich geschieden hatten, war die Besteuerung der Bauern für japanische Verhältnisse leicht. Je acht Familien mussten ein Neuntel des ihnen überwiesenen und unter sie gleich vertheilten Ackerlandes für den Mikado bebauen und den Naturalertrag an die Beamten des - selben abliefern. Als aber der Dualismus in der Regierung und das Feudalsystem unter dem Shôgunat sich herausbildete, wuchs die Zahl8I. Land - und Forstwirthschaft.der unproductiven Bevölkerungsklasse, der Samurai im weitesten Sinne, und damit auch das Maass der Abgaben bei den Bauern mehr und mehr und erreichte namentlich in Kriegszeiten durch willkürliche Maassregeln oft eine erdrückende Höhe. An Stelle des ursprünglichen Lehnsverhältnisses zum Mikado trat das zu den Feudalherrn. Die Bauern blieben bei allen Wechseln derselben an ihre Scholle gebun - den und sind bis zur Stunde in jeder Beziehung die conservativste Bevölkerungsklasse Japans. Die Hauptstütze und Kraft des Landes ruht in den Händen dieses fleissigen, nüchternen und genügsamen Bauernstandes, der noch immer unverdrossen den Boden bebaut, wie er es seit Jahrhunderten unter den verschiedensten Machthabern ge - wohnt war.
Um das Jahr 1595 n. Chr. ordnete Taikô-sama (Hideyoshi) ihre Besteuerungsverhältnisse und bestimmte, dass die Naturalleistung hinfort der dritte Theil des eingeschätzten Ertrags der Felder sein und in Reis bestehen solle. Iyeyasu änderte bezüglich seiner grossen Besitzungen nichts an dieser Ordnung, sondern bestimmte nur in dem 36. seiner Hundert-Gesetze, dass auch die Erträge der Wälder, Hai - den, Berge und Flüsse mit in Anrechnung zu bringen seien*)Kempermann: » Die Gesetze des Iyeyasu « in Mitth. d. d. Gesellschaft etc. I pag. 12.. Hier - bei blieb es bis zum Jahre 1716, wo für die Ländereien des Shôgun eine Erhöhung der Abgaben auf die Hälfte der eingeschätzten Erträge stattfand. In den Herrschaften der Daimiô’s waren die Abgaben keineswegs überall gleich. Während die Bauern unter dem einen dieser Feudalherrn durch die hohe Landtaxe fast erdrückt wurden und in äusserster Armuth lebten, zeigte der grössere Wohlstand, die Anlage von Wegen, Brücken und Stegen und manches Andere die milde, fürsorgliche Herrschaft eines Nachbars an. Aber ungeachtet dieser grossen Verschiedenheit der Belastung des Grundeigenthums in den einzelnen Herrschaften verrichtete der Bauer in altgewohnter Weise seine Arbeiten und lebte ruhig und gefügig selbst dann, wenn die Ernte schlecht war und er fast den ganzen Ertrag abliefern musste, so dass er für sich und seine Familie nachher auf das Wohlwollen seines Herrn und dessen Magazine angewiesen war.
Das Ackerland war in vier Klassen getheilt, deren erste und steuerfähigste die Reisfelder umfasste. Alle Erträge und Abgaben wurden nach koku Reis**)Ein koku umfasst 180,4 Liter. Der Werth eines koku Reis wechselte zwischen 2½ und 5 Dollars. abgeschätzt und die der andern Feld - früchte auf das Aequivalent in Reis reduciert. Ein Daimiô von 1000091. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.koku war hiernach derjenige Feudalherr, dessen Herrschaft auf einen Gesammtertrag von 10000 koku Reis eingeschätzt worden war, mochte auch ein ansehnlicher Theil dieser Menge nur das Aequivalent für andere Feldfrüchte sein. Den festgesetzten hohen Procentsatz (⅓, ½ oder mehr) von dieser Menge mussten ihm die Bauern nach der Ernte abliefern, der Rest verblieb ihnen. Diese Reissteuer aber wanderte in das Magazin, aus dem nicht blos der Daimiô und seine Familie, sondern auch der Shôgun, die Samurai und Priester ihre genau be - stimmten Bezüge erhielten. 10000 koku war übrigens der Ertrag der kleinsten Daimiôherrschaften, während z. B. die grösste, Kaga, mit dem ausgedehntesten Besitz (nächst dem des Shôgun) auf 1027000 koku geschätzt wurde.
Eine der ersten Sorgen der neuen Regierung nach der Restaura - tion der Mikadoherrschaft war die, eine gerechtere und gleichmässi - gere Besteuerung des Grundbesitzes herbeizuführen und für die Ab - gaben in Natur solche in Geld zu substituieren. Es geschah dies im Jahre 1872 durch eine Proclamation, von der sich die Urheber den besten Erfolg versprachen, die aber auf den Bauernstand die ent - gegengesetzte Wirkung übte, allgemeine Unzufriedenheit, passiven Widerstand gegen die grosse Neuerung und in den beiden folgenden Jahren in einzelnen Provinzen sogar offene Empörungen hervorrief. Letztere wurden allerdings bald unterdrückt, auch legte sich die grosse Abneigung gegen die Neuerungen allmählich bei den Besonneneren wieder. Immerhin ist die Frage nach der Ursache dieses Benehmens bei einer sonst so unterwürfigen und folgsamen Bevölkerungsklasse nicht ohne Interesse. Die richtige Antwort darauf gab im Jahre 1873 Kidô, einer der hervorragendsten und einsichtsvollsten Stützen und Berather des Mikado zur Zeit der Restauration, in einem Memoran - dum, worin er die Ueberstürzung mit neuen Gesetzen und Verord - nungen geisselt, indem er schreibt: » Ein weiteres Uebel ist, dass die Gesetze aufgehoben werden, ohne genügende Ueberlegung. Was gestern für recht galt, wird heute verurtheilt; noch bevor eine neue Bestimmung in Kraft tritt, folgt ihr eine andere und hebt sie theil - weise auf. Es muss natürlich dem Volke sehr schwer werden, sich in all das zu finden. « Zu den neuen und durchgreifenden Gesetzen, wie die Steuerreform, die neue Rekrutirung, welche alle Klassen der Gesellschaft zum Militärdienst heranzog, während derselbe bislang als Pflicht und Vorrecht der Samurai gegolten hatte, und andere mehr, hatten sich eine Menge, zum Theil höchst lächerlicher Maassregeln in einzelnen Ken gesellt und die Köpfe vollends verwirrt. Kein Wunder darum, dass der Bauer die neue Art der Besteuerung als eine weitere10I. Land - und Forstwirthschaft.Belastung ansah und mit Misstrauen und Widerwillen aufnahm. Sie wurde indess durchgeführt und zwar in folgender Weise:
Auf Grund der alten Eintheilung des bebauten Bodens in Reis - land (ta) und trockenes Ackerland (hata), und der Annahme, dass der Ertrag eines chô des ersteren dem von 2,6 chô des letzteren gleich zu rechnen sei, liess die Regierung im Jahre 1873 sowohl die Höhe der durchschnittlichen Ernteerträge als auch des Landwerthes in den einzelnen Ken taxieren und bestimmte dann, dass 3 % dieses Grund - werthes als jährliche Staatssteuer zu erheben seien, ein Steuersatz, der am 4. Jan. 1877 auf 2½ % herabgesetzt wurde. Zu dieser allge - meinen Staatssteuer kommt nun aber noch die Bezirks - oder Ken - Steuer, welche zwischen ½ und 2½ % des Bodenwerthes schwankt, nach ihren Zwecken im Allgemeinen unserer Kreis - und Communal - steuer entspricht und wozu auch alle Anstalten (Theater etc.) und Personen herangezogen werden, welche der Unterhaltung und dem Vergnügen dienen.
Liebscher*)Japans landwirthschaftliche Verhältnisse. Jena 1882. sagt bezüglich dieser Grundsteuer, welche also nomi - nell 2½ %, factisch d. h. mit Hinzurechnung der Kensteuer 3 — 5 % vom Werthe der Felder beträgt, dass sie in andern Ländern uner - schwinglich hoch sein würde, der Besitz des Ackers jedoch für den japanischen Landmann etwas ganz anderes bedeute, als wir gewöhn - lich darunter verstehen. » Wie der Arbeiter bei uns für ein Fleckchen Land, welches er in seiner Freizeit bearbeitet, für dessen Düngung und Bewirthschaftung er sich nichts zur Last schreibt, im Stande ist, einen weit höheren Kauf - oder Pachtpreis zu zahlen, als der grössere Oekonom, so hatte auch das Ackerland für alle japanischen Bauern, weil es für ihre Existenz unbedingt nöthig war, einen weit höheren Werth, als er dem daraus möglicherweise erzielbaren Gewinn an Geld entsprach. « Indess zeigen die Bauernaufstände der allerneuesten Zeit und ihre Ursachen, dass die jetzige Art der Besteuerung ihre grossen Härten hat, nach schlechten Ernten unerschwinglich ist und die Be - völkerung zur Verzweiflung bringen kann.
Nach jenen Untersuchungen und Bestimmungen des japanischen Finanzministeriums im Jahre 1873, welche sich nur auf das alte O-yashima erstreckten, berechnete sich das gesammte Areal
Der Durchschnittswerth des Reislandes wurde zu 531,24 yen = Mk. 2124,96 per chô (oder Hektar) und der der hata zu 206,72 ‒ = ‒ 826,88 per chô (oder Hektar) angenommen.
Der Brutto-Ertrag der Durchschnittsernte wurde beim Reislande zu 11,77 % des Kaufpreises = 62,53 yen pro chô, beim trockenen Felde zu 11,29 % — — = 23,37 ‒ ‒ ‒ berechnet. Diese Ernteerträge von 11,77 %, beziehungsweise 11,29 % des Grundwerthes vertheilten sich wie folgt:
Weiter berechnet sich nach dieser Veranlagung die Grundsteuer für
gegenüber 43029745 yen wirklicher Einnahmen im Finanzjahre, wel - ches mit dem 30. Juni 1884 endete.
Gegenwärtig vertheilt sich das aus 18537 □ ri = 28356945 □ chô bestehende Areal von Alt-Japan*)Nach gefälligen, auf Erhebungen des Jahres 1879 sich beziehenden Mitthei - lungen der Kaiserl. Japanischen Gesandtschaft in Berlin, sowie des Herrn Re - gierungsrath Rudolph. (Hondo, Kiushiu, Shikoku, Awaji, Sado, Oki, Iki und Tsushima), wie folgt:
Das letztere umfasst:
Die Gruppe b (Hata) umfasst auch
sowie das der Papiermaulbeere, dem Lack - und Talgbaum und der Obstzucht ausschliesslich dienende Terrain, das man auf mindestens 60000 chô veranschlagen kann, so dass von obigen 1852455 chô rund 212000 chô abzurechnen sind, und dem Feldbau sub a und b im Ganzen nur etwa 4282000 chô verbleiben oder 15 % vom Gesammtareal.
Zieht man dagegen die übrigen Inselgruppen mit in Betracht, so zeigt sich eine vorgeschrittene Cultur nur auf den Riukiu-Inseln mit ihren 156 □ ri = 244026 □ chô, während das grosse Yezo mit den Ku - rilen = 6093 □ ri = 9477280 □ chô nur wenig Ackerbau aufzuweisen hat. Wir tragen ihm und den Riukiu genügend Rechnung, wenn wir das ganze Areal der letzteren als Culturland obigen 4282000 □ chô zu - schlagen. Dann fällt auf das gesammte japanische Reich mit 24797 □ ri = 38564345 □ chô für die Cultur der Feldfrüchte ein Areal von höchstens 4518500 □ chô, das ist von noch nicht 12 Procent der ganzen Oberfläche. Selbst in Altjapan sinkt übrigens dieser kleine Bruchtheil bei einzelnen Provinzen, z. B. in Hida und Inaba, auf sogar 5 % und darunter.
Von den Kurilen sind überhaupt nur die südlichsten strichweise culturfähig, von Yezo nur die Alluvialebenen des Ischikari und anderer Flüsse im Westen und Südwesten, nicht die sommerkalte, nebelreiche Nord - und Ostküste.
In Deutschland gehören 41 % des Bodens dem Ackerbau an und weitere 11 % entfallen auf Wiesen, für welche Japan kein Aequivalent hat, da die Thalsohlen, welche bei uns, vornehmlich im Gebirge, dem Graswuchse dienen, in Japan für Reisbau und andere Culturen ver - wendet werden, die Hara aber in öconomischer Beziehung nicht als gleichwerthig mit unseren Waldwiesen gelten kann.
Nehmen wir die Bevölkerung Japans zu 37 Millionen, diejenige des deutschen Reiches zu 47 Millionen an, das cultivierte Ackerland von jenem zu 4270000 ha, von diesem zu 22181000 ha (41 % von 541000 qkm), so ergibt sich, dass davon beziehungsweise in Japan 11,5 Are, in Deutschland 47,2 Are auf den Kopf kommen. Die Ur - sache dieser auffallenden Erscheinung liegt theils im Klima und in den Bodenverhältnissen, theils in der Art der Bewirthschaftung.
Die Vegetation — und somit auch die Landwirthschaft — hängt vor allem vom Klima, insbesondere von Wärme, Licht und Feuchtig - keit ab, und wird erst in zweiter Linie durch die Bodenverhältnisse und andere Umstände bedingt und modificiert. Nun spiegelt aber das japanische Klima, wie bereits im ersten Bande pag. 120 — 153 ausführ - lich dargethan wurde*)Ausser jener Arbeit wurden hier die seitdem erfolgten Publicationen des, in abgeschwächtem Maasse dasjenige des be -131. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.nachbarten Festlandes und das oceanischer Inseln ab und vereinigt bis zu einem gewissen Grade beide. Japan steht unter dem Einfluss der Monsune und der sie vielfach deflectierenden und ihre Wirkungen abschwächenden See. Die Depressionen des Luftdrucks folgen in der Regel der Hauptrichtung der Inseln von SW. nach NO. ; sie sind im Winter häufig und verlaufen dann meist rasch. Die vorherrschende Richtung der Stürme um diese Zeit ist von W., S. und O. Im Sommer treten die Depressionen im Barometerstande seltener auf, sind weniger gross und schreiten langsamer vor von S. nach N. oder von SO. nach NW. Dementsprechend herrschen gelinde Winde und treten Stürme selten auf, und meist aus S. und O. Im Nachsommer und Herbst nehmen Zahl und Geschwindigkeit der Depressionen schnell zu; ihre Richtung kehrt in die normale aus SW. zurück und es entwickeln sich unter allgemein verbreiteten heftigen und anhaltenden Regen mehrere Taifune. Diese gefürchteten Drehwinde stellen sich am häufigsten im September, zur Zeit der höchsten Meerestemperatur ein, so auch die beiden vorjährigen, von denen der eine am 15. September, der andere am 17. und 18. September beobachtet wurde. *)Siehe Annalen der Hydrographie und Marit. Meteorologie 1885 pag. 99 ff.Während des ersten, welcher am 15. September 1884 von SW. nach NO. über den südöstlichen Theil von Hondo hinzog, sank das Barometer innerhalb 4½ Stunden um 45 mm bis auf 705 mm und stieg dann fast eben so rasch wieder empor. — Abgesehen von diesen einzelnen Fällen sind die Barometerschwankungen im Laufe eines Jahres ebenfalls gering.
Im Winter setzt sich der hohe Barometerstand des benachbarten asiatischen Festlandes nach Japan fort und bringt diesem heftige Winde aus W. und NW. und bedeckten Himmel mit viel Schneefall auf Seite des Japanischen Meeres, dagegen heiteren Himmel und wenig Schnee auf der andern (Lee -) Seite. Der Uebergang der gelinden, war - men und feuchten südlichen Winde des Sommers zu den rauhen und verhältnissmässig trocknen nördlichen Monsunwinden des Winters er - folgt keineswegs schroff und unvermittelt, noch weniger die Umkehrung im Frühjahr. Dieser Umschlag der Windrichtungen im Frühjahr und Herbst bezeichnet das Ende beziehungsweise den Anfang der beiden Hauptjahreszeiten: Winter und Sommer. Wenn im Frühjahr (im März oder April, je nach der Breite) der südliche Monsun seine Herrschaft antritt und das eigentliche Japan seine ersten warmen Regen empfängt, beginnt die Aussaat der Sommerfrüchte, zumal des Reis, und wenn*)verdienstvollen Leiters der meteorologischen Beobachtungsstationen in Japan, E. Knipping in Tôkio, benutzt.14I. Land - und Forstwirthschaft.im September nach reichen Niederschlägen der Sommer zu Ende ist, die Ernte der meisten. Eine verhältnissmässig hohe Temperatur, leichte Winde, hoher Feuchtigkeitsgehalt der Luft und häufige Regen, die jedoch ein - oder mehrmals mit wochenlanger Trockenheit abwechseln, charakterisieren den japanischen Sommer.
Der October als hervorragender Erntemonat ist im ganzen trocken und heiter. Das Wasser der schweren Septemberregen hat sich all - mählich wieder verlaufen; aber über den höchsten Berggipfeln haben die Niederschläge bereits eine feste Gestalt angenommen und verkünden die weissen Hauben, wie viele sonstige Erscheinungen in der Natur, den nahen Winter. Bäume und Sträucher in Gärten, Hainen und Wäldern zeigen zum grossen Theil ihre prächtigen Herbstkleider, eine bewundernswerthe Verschiedenheit der Farben von dem tiefsten glän - zendsten dunkelgrün der immergrünen Arten durch alle Abstufungen von mattgrün, weiss, gelb, roth und braun der blattwechselnden. Kälter werden die Nächte, bis gegen Ende des Monats mit den ersten Nachtfrösten der Uebergang rasch beendet und die Winterruhe in Wald und Feld eingekehrt ist. Die meisten Holzgewächse sind von nun ab, wenigstens im mittleren und nördlichen Japan, monatelang entblättert: der Rasen aber erscheint viel fahler und abgestorbener als bei uns.
Wie in ganz Ostasien, so ist auch in Japan der Winter die trocknere Jahreszeit, in welcher meist heiterer Himmel, hohe Baro - meterstände und niedrige Temperaturen, letztere besonders Nachts, vorherrschen, namentlich wenn der Nordmonsun mehrere Tage lang mit besonderer Stärke weht. An solchen Tagen (im Januar und Februar) treten ausnahmsweise auch in Japan jene Staubstürme ein, welche den Winter in China so unangenehm machen. Die poröse, leichte Ackerkrume wird empor gewirbelt, die Sonne verliert ihren Glanz und die Winterfrucht auf dem Felde ihren festen Halt. Dabei sinkt das Thermometer in Tôkio wohl auf — 9°C. bis — 10°C. während der Nacht, und nähert sich selbst am Tage dem Gefrierpunkt. Nacht - fröste treten hier vom November bis März auf und beträgt die mittlere Temperatur während dieses fünf Monate langen Winters nur 5,5°C. Es ergibt sich hieraus, dass dieselbe während dieser Zeit, obgleich sie keine besonders hohen Kältegrade aufweist, doch viel zu niedrig ist, um den Pflanzenwuchs zu fördern, und dass dem entsprechend die Feldfrüchte eine lange Ruhezeit durchmachen. Die mittlere Tem - peratur vom April bis October ist 20°C. und während der vier heissesten Monate Juni bis September 23,5°C. Die höchste Tages - hitze von 34 — 35°C. stellt sich Ende Juli oder Anfang August ein, ist aber von keiner langen Dauer.
151. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.Da das Land vom Meeresniveau bis zu Gipfeln um mehr als 3000 m sich erhebt und in Meridianrichtung über 27 Breitengrade sich erstreckt, kann übrigens von Gleichartigkeit des Klimas keine Rede sein. Während die Bonin-Inseln und die theilweise von Korallen aufgebauten südlichen Riukiu sich dem nördlichen Wendekreise und damit den Tropen nähern, treten nach ihrer Lage und ihrem Klima Yezo und die Kurilen an das kalte Sibirien heran und haben in Folge der oben erwähnten polaren Strömung an ihren Küsten kalte nebel - reiche Sommer und lange Winter durchweg. So ergaben denn auch die meteorologischen Beobachtungen des Jahres 1883 eine Variation der mittleren Temperatur von 16,7°C. in Kagoshima (31 ½° N.) bis 6,5°C. in Sapporo (43° 4 'N.) auf einer Strecke so weit wie von Lyon bis Memel. Es ergibt sich hieraus und im Einklang mit den Be - obachtungen auf den Zwischenstationen, dass die mittlere Jahrestem - peratur in Japan auf jeden Grad höherer Breite durchschnittlich um den verhältnissmässig hohen Werth von über 0,9°C. abnimmt. Sie ist durchweg ansehnlich niedriger als im Westen der Alten Welt unter gleicher Breite, so beispielsweise in der Station Nobiru unter 38° N. am Stillen Ocean gleich der von Çork und Valentia in Irland unter 52° N. Die Differenz ist den langen japanischen Wintern zuzuschreiben mit ihren verhältnissmässig niedrigen Temperaturen, durch welche sich das Klima Japans dem continentalen des asiatischen Festlandes nähert. So hat Nagasaki unter 32° 44' N. gleiche mittlere Wintertemperatur mit dem um 11° weiter nördlich gelegenen Montpellier, und Kagoshima, obgleich unter der Breite von Damiette, im Winter noch häufige Nacht - fröste.
Im grössten Theil des südlichen Japan (Kiushiu, Shikoku und den an das Binnenmeer und die Owari-Bucht grenzenden Gebieten von Hondo) war 1883 der Januar der kälteste Monat, im übrigen Hondo und auf Yezo der Februar. Als heissester erwies sich fast überall der August. Die Differenz zwischen mittlerem Maximum und mittlerem Minimum der Temperatur nimmt natürlich auch in Japan mit der Breite und der Entfernung von der Küste zu. Sie betrug beispiels - weise in Miyasaki 19°C., in Sapporo 28°C. Beachtenswerther, für die Vegetation wenigstens, sind die äussersten Extreme von 36,6°C. in Wakayama und — 22,2° C. in Sapporo. In Kôchi betrug die Differenz zwischen höchster und niedrigster Temperatur 36°C., in Sapporo 56° C. Schwankungen von 14 — 15°C. am selben Tage und Orte sind im Früh - jahr und Herbst nicht ungewöhnlich.
Auch hinsichtlich der Menge und Vertheilung der Niederschläge zeigten sich grosse Differenzen. Ausser den Stationen auf Yezo wiesen16I. Land - und Forstwirthschaft.Aomori, Nobiru und diejenigen am Binnenmeer die geringste Regen - menge (unter 1000 mm) auf, Kanazawa mit 2400 mm die höchste, dann folgten Kiushiu und Shikoku. Während der Wintermonate haben die NW. - und W. -Küsten am meisten Niederschlag, im April, Mai und Juni kommt Kiushiu und Shikoku das grösste Maass zu, während im März, September und October eine mehr gleichmässige Vertheilung über das ganze Land stattfindet.
Im Allgemeinen erfreut sich aber Japan reicher Niederschläge, besonders im Sommer. Dieselben nähren vereint mit dem vielen Schnee, der sich den Winter über in den Gebirgen allenthalben und mehr im Norden auch auf dem flachen Lande sammelt, eine Menge Quellen. Der Wasserreichthum des Landes ist deshalb gross und kommt der Vegetation theils unmittelbar, theils durch künstliche Be - wässerung in hohem Grade zu statten. Stille Seen, murmelnde Bäche und rauschende Wasserfälle erhöhen die Reize der Gebirgs - und Wald - landschaften, aber zur Entwicklung grosser Flusssysteme und einer durchgreifenden Verwerthung für den Verkehr fehlt es an Raum.
Die langgestreckte Reihe der japanischen Inseln, mit vorwie - gendem Gebirgscharakter und grosser Abwechselung im Relief, ist geologisch in verschiedener Weise aufgebaut und seit meiner Abreise aus Japan besonders durch Gottsche, Lyman, Naumann und andere Forscher eingehender untersucht worden, insbesondere hat der letzt - genannte als Director der Geologischen Landesaufnahme im Verein mit T. Wada, dem K. Ministerialrath und Director der K. Geologischen Reichsanstalt mit viel Fleiss und Geschick auf diesem Gebiete ge - arbeitet. *)Siehe E. Naumann: Ueber den Bau und die Entstehung der japanischen Inseln. Berlin 1885.
Dem Alter nach folgen auf den Urgneiss, der indess nur an wenigen Stellen anstehend gefunden wurde, krystallinische Schiefer von ansehnlicher Verbreitung und oft in mächtiger Entwicklung. Grosse Massen von Glimmerschiefer, Talkschiefer, Chloritschiefer, Serpentin und Marmor, welche ich zuerst für beide Seiten der Bungo Nada nachwies, und die sich durch ganz Shikoku und die Halbinsel Yamato verfolgen lassen, sind seitdem auch in andern Landestheilen aufgefunden worden; doch scheint diese Formation am mächtigsten auf Shikoku entwickelt zu sein, wo nach Naumann die höchsten Gipfel aus ihr bestehen.
Es folgen dem Alter nach verschiedene Schichten von Thon - schiefer, Grauwacken, Quarziten und Kalken, welche gleich den171. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.krystallinischen Schiefern oft starke Verwerfungen zeigen und bis jetzt mit Ausnahme der Kalke keine fossilen Einschlüsse und somit keine Anhaltspunkte zur näheren Bestimmung ihres Alters boten, so dass sie vorerst als paläozoische Schichten zusammengefasst werden müssen. Die Kalke zeigen an verschiedenen Orten reiche Einschlüsse von Fusulinen und andern charakteristischen Versteinerungen, welche ihre Zugehörigkeit zur Kohlenformation ausser Zweifel stellen. *)Siehe den I. Band dieses Werkes pag. 38 und Naumann pag. 12 ff.
Dem ersten verbürgten Nachweis über das Auftreten meso - zoischer Schichten, welchen ich im Jahre 1874 durch die Entdeckung von Versteinerungen im braunen Jura der Provinz Kaga brachte, sind seitdem zahlreiche weitere gefolgt, so dass jetzt über das Vorkommen auch der Trias und Kreide kein Zweifel mehr besteht.
Den vorerwähnten älteren Gebirgsgliedern lagern sich nun an vielen Orten, namentlich gegen das Meer hin, an den Rändern von Buchten oder durch ehemalige Hebung daraus hervorgegangenen Ebenen miocäne und pliocäne Conglomerate, Sandsteine, Schieferthone, Braun - kohlen, vulkanische Tuffe und Meeressande mit vielen Resten mariner Conchylien oder einer reichen Landflora an, während das Eocän bis jetzt ebensowenig nachgewiesen werden konnte, wie sichere Anzeichen des Diluviums.
Die ältesten Eruptionen, welche die metamorphen und paläonto - logischen Schichten vielfach durchbrochen und überlagert haben, waren die des Granits, der weit verbreitet ist und z. B. im mittleren Hondo (oder Honshiu) einen grossen Theil des höheren Gebirges gebildet hat, so namentlich des Grenzgebirges zwischen Shináno und Hida. Im Komágatake von Kai erreicht der Granit 3000 m Höhe. Eine ganze Anzahl anderer ansehnlicher Berge besteht ebenfalls nur aus ihm; bei vielen andern bildet er die Unterlage.
Jüngere vulkanische Bildungen durchsetzen fast noch häufiger die verschiedensten Schichtencomplexe, überlagern sie vielfach, wie auch den Granit, und bilden so oft die krönenden Kuppen, oder sie treten als dem Gebirge seitlich vorgelagerte isolirte Berge von bekannter Kegelgestalt auf. Unter diesen imponirt vor allem der Fuji-san oder Fuji-no-yama. Dieser » mons excelsus et singularis « (Kaempfer) erhebt gegen 3750 m hoch weit über alle andern Gipfel des Landes hin - weg sein Haupt, das, 10 Monate des Jahres mit Schnee bedeckt, ein Wetter - und Wahrzeichen ist für Landwirthe und Schiffer, der volks - thümlichste und von Pilgern besuchteste Berg Japans, den man auch auf vielen kunstgewerblichen Erzeugnissen nachgebildet findet.
Rein, Japan. II. 218I. Land - und Forstwirthschaft.Heisse Quellen, besonders indifferente, und Schwefelthermen sind zahlreich und fehlen keiner Provinz. Erdbeben und Erdbebenfluthen haben, ebenso wie gewaltige Eruptionen mit ihren Aschenregen und Lavaströmen, von Zeit zu Zeit das Land in Schrecken gesetzt und theilweise verwüstet.
Der vorherrschende Gebirgscharakter Japans und die eigenartige Betriebsweise seiner Landwirthschaft mit vorwiegendem Reisbau be - schränken dieselbe mehr oder minder auf die Ebenen und Thalsohlen und machen den geringen Procentsatz erklärlich. Unstreitig ist noch ein ansehnlicher Theil des Bodens culturfähig, so auf Yezo und im Norden von Hondo, insbesondere auch von der Hara, und manche Mulde in den Gebirgswäldern, doch nicht in der Ausdehnung, wie vielfach behauptet wurde. Aber diese Bodencultur muss auf ganz anderer Grundlage erfolgen, wie die bisherige, und Hand in Hand gehen mit der Anlage besserer Verkehrsmittel, der Entwickelung der Viehzucht und der Gewinnung eines ausreichenden Stalldüngers durch dieselbe, sowie der Einführung einer mehr extensiven Betriebsweise mit zweck - entsprechenderen Geräthen und Maschinen, der Wechselwirthschaft und andern Verbesserungen mehr. Sie würde zugleich die ganze Wohn - und Lebensweise des Bauern umzugestalten haben und kann schon aus diesem Grunde nicht im Handumdrehen erfolgen, sondern muss sich allmählich vollziehen und ohne gewaltsames Eingreifen der Regierungsorgane.
Fesca weist an einigen Beispielen überzeugend nach, wie von den drei maassgebenden Factoren, von welchen die Landwirthschaft abhängig ist: » den allgemeinen wirthschaftlichen Verhältnissen, dem Boden und dem Klima «, der erstere wichtiger ist, als der zweite, und unstreitig eine extensivere Entwickelung der japanischen Landwirth - schaft in hohem Grade gehemmt hat. » Die Transportkosten für die hier am theuersten bezahlte Frucht, den Reis, welcher etwa einen Preis von 5 Mk. per 50 Kilo hat, haben bei einem Transporte von höchstens 20 geogr. Meilen auf den besten Landwegen bereits die Höhe des Marktpreises erreicht, während nach Settegast in Deutschland Hülsen - früchte und Weizen bei nur dem doppelten Marktpreis von 10 Mk. per 50 Kilo auf den gewöhnlichen Landstrassen 66,67 Meilen, auf den Kunststrassen 100 Meilen und auf den Eisenbahnen 400 Meilen weit transportirt werden können, bevor die Transportkosten den Marktpreis erreicht haben. Auf den schlechteren Landwegen verträgt in Japan der Reis noch nicht einen Transport von 5 Meilen. Daher finden wir denn, dass in einiger Entfernung von der Meeresküste, überall da, wo das wirthschaftlich mögliche Absatzgebiet für den guten Boden zu klein191. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.wird, selbst solcher nicht in Cultur genommen ist, während in der Nähe der Küste Dünensand, doch sicher ein schlechter Boden, mit Erfolg cultiviert wird. «*)M. Fesca: Die Aufgaben und die Thätigkeit der Agronomischen Ab - theilung der Kaiserl. Japan. geol. Landesaufnahme. Yokohama 1884.
Wie die ungenügenden Verkehrsmittel im Innern des Landes, so musste aber auch die Abgeschlossenheit des letzteren nach aussen während der langen Herrschaft der Tokugawa-Shôgune die Fortent - wickelung der Landwirthschaft gewaltig hemmen, da es an genügender Absatzgelegenheit für den Ueberschuss und somit an einem wichtigen Stimulus für eine ansehnliche Vermehrung der Production fehlte, letztere sich vielmehr in den engen Schranken des normalen eigenen Bedarfs bewegte.
Das Streben des Landwirths muss allenthalben auf rationelle Ver - werthung des ihm zur Verfügung stehenden Bodens und dem ent - sprechend auf Vermehrung der demselben abzugewinnenden Produkte gerichtet sein, und es ist ohne Zweifel eine der ersten Aufgaben des Staates, die Landwirthschaft hierin thunlichst zu untersützen, ja auch dazu aufzumuntern; denn es liegt in dem conservativen Charakter des Ackerbaues und der ihm obliegenden Bevölkerung eine gewisse vis inertiae, welche nur zu gern Alles beim Alten lässt und Neuerungen meist misstrauisch und ablehnend entgegentritt.
Von diesen Gesichtspunkten aus verdienen die Bemühungen der Regierung Japans, auch die Landwirthschaft zu heben, volle Aner - kennung. Auch kann man es nur billigen, wenn sie dabei an der Organisation des dem Bauern seit vielen Jahrhunderten gewohnten Be - triebes nicht rüttelte, sondern vielmehr nach Gebieten blickte, welche dieser altgewohnten Bewirthschaftung bisher nicht unterlagen, wie die Insel Yezo**)Nach Lyman hat diese Insel 7000 □ ri zum Ackerbau geeignetes Land, 6000 □ ri Weide, 5000 □ ri Wald, 9000 □ ri Gebirge. Der calturfähige Boden beträgt hiernach nahezu 25 % des Gesammtareals. und die grossen Areale der wenig benutzten Wald - und Bergwiesen oder Hara’s. Viehzucht in erster Linie, dann auch Acker - bau, aber beides in anderer Weise als bisher zu betreiben, wurden empfohlen und versucht.
Blicken wir nun aber auf die Wege, welche man einschlug, diese Ziele zu erreichen, so erkennen wir leicht die Wirkung ungeeigneter Berather und einer kindischen Unbeständigkeit in der Wahl der Mittel, ein Hin - und Herschwanken von einem Versuch zum andern, ohne irgend einen allseitig vorher erwogenen Plan und ohne stetige, conse -2*20I. Land - und Forstwirthschaft.quente Durchführung eines solchen. Dem entsprechend zeigt die lange Geschichte dieser Versuche eine unverantwortliche Geldver - schwendung auf der einen Seite und ein meist jämmerliches Resultat auf der andern.
Insbesondere gilt dies vom Kaitakushi (sprich Kaitákshi, d. h. Entwickelung), dem Colonialamte zur Entwickelung der Hülfsquellen der Insel Yezo, welches 1869 eingesetzt wurde und vor mehreren Jahren ein ruhmloses Ende fand. An die Spitze wurde Gouverneur Kuroda mit dem Rang eines Ministers gestellt, und da man von der raschen Entwickelung des Acker - und Bergbaues in verschiedenen Theilen der Vereinigten Staaten gehört hatte, so nahm man sich diese zum Muster und bezog die Berather und Beamten von dort. Zum Organisator oder » Commishoner « wurde General Capron eingesetzt. Unter ihm arbeiteten verschiedene seiner amerikanischen Landsleute als Geologen, Ingenieure, Landwirthe, Gärtner und Andere mehr, dazu ein Heer junger Japaner, welche hier ihre Lehre durchmachen sollten. Sicher waren verschiedene der amerikanischen Beamten tüchtige Männer, an denen es nicht gelegen hat, dass der Gesammterfolg den Erwartungen in keiner Weise entsprach und deren Leistungen mit denen des General Capron nicht zu identificieren sind.
Auf Betrieb des letzteren legte das Kaitakushi auf dem Yashiki - Grund mehrerer früheren Daimiô’s bei Tôkio drei sogenannte Muster - farmen von zusammen etwa 90 ha an. Sie sollten als Versuchsstationen und Vorschulen für Yezo dienen, die eine zur Aufnahme des aus Nord - amerika und England importirten Zuchtviehs und zum Anbau von Futterpflanzen, die zweite für Gemüse und Getreidebau, die dritte zur Einführung fremder Obstbäume, Beerensträucher und sonstiger Nutz - pflanzen. Von dem mit grossen Kosten aus genannten Ländern be - zogenen Vieh wurde ein ansehnlicher Theil durch Krankheiten dahin - gerafft, der Rest ging theilweise durch ungeeignetes Futter und ungenügende Pflege zu Grunde. Auf Yezo selbst wurden weitere Musterfarmen in Hakodate und der neuen Hauptstadt Sapporo ange - legt. Hier eröffnete man auch 1876 eine landwirthschaftliche Schule, » the Agricultural College of Sapporo «, nach dem Muster einer Anstalt in Massachusetts, nachdem man früher mit einer andern in Tôkio für Ainos bestimmten Anstalt Fiasco gemacht hatte. Die geologische Auf - nahme von Yezo, die Anlage einer Strasse von Hakodate nach Sapporo, von Sägemühlen und viele andere Dinge verschlangen ebenfalls viel Geld. Kann man auch nicht sagen, dass sämmtliche Unternehmungen des Kaitakushi verfehlt waren, vernachlässigt und zu Grunde gegangen sind, so gilt dies doch von vielen. Die allgemeine Meinung der211. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.Fremden in Japan war die, dass die Resultate zu den aufgewandten enormen Mitteln in schreiendem Missverhältniss standen. Dem Kaita - kushi wurden nämlich ungeheure Summen von der Centralregierung zur Verfügung gestellt, so z. B. im Jahre 1877 noch yen 1905666 = Mk. 7622640. Es war wohl lange die Gans, von der Mancher eine goldene Feder auszurupfen wusste.
Indem man Amerika nachahmen wollte, vergass man, dass hier die Regierung fast Alles der freien Concurrenz und Entwickelung überliess, dass die Pioniere aus Europa und den Atlantischen Küsten - staaten, die westwärts vordrangen und über Einöden Cultur ver - breiteten, ein ganz anderer Menschenschlag waren, als die Japaner und Ainos. Mangel an Erfahrung, Blindheit gegen bessere Berather, Sucht, alles durch den Staat und möglichst rasch zu thun, zeichnete in diesem wie in vielen anderen Fällen die Regierung aus. So sind den grossen Hoffnungen, welche sie auf diesen neuen Zweig ihrer Thätigkeit und Kraftentfaltung setzte, nur Enttäuschungen gefolgt, wie es natürlich war. Ein Heer von Beamten, getheilte Verantwortlichkeit und Mangel an ernstem persönlichen Interesse, wobei die Kraft und Energie erlahmen muss, werden überall kein besseres Resultat haben. Die Fehler einer Regierung sind nirgends mehr hervorgetreten, als in Colonisationsangelegenheiten, wie uns dies auch die neueste europäische Staatengeschichte beweist. Muth, Intelligenz, Selbstvertrauen und Aus - dauer in schwerer Arbeit und auch beim Missgeschick, sind die Eigen - schaften, durch welche freie, unabhängige Männer Colonien begründeten und zur Blüthe brachten. Und wenn dabei die Regierungen mitwirkten, so geschah es nur durch zeitweisen, klugen Beistand, nie aber mit gutem Erfolg, wenn sie das Heft selbst in die Hände nahmen und damit jene Kräfte der Individuen lahm legten.
In ähnlicher Weise, wie das Kaitakushi verschwenderisch, plan - los und unbeständig wirthschaftete, verfuhr auch manche andere Be - hörde in ihrem Bereich. So hatte man in Kiôto-fu 1874 amerikanische Kühe kommen lassen[und] in Gebäuden auf Kieselgeröll am Flussufer untergebracht, an einer Stelle, wo von einer Weide weit und breit keine Rede war und das Futter mühsam von weither beschafft werden musste. Dieselbe Verwaltung der alten Hauptstadt hatte von den Vor - theilen des in Japan unbekannten Flachsbaues gehört. Sofort wurde durch einen Europäer die nöthige Leinsaat bezogen und ein Versuch damit angestellt. Der Flachs gedieh auf dem dazu ausgewählten Grund - stück in Kiôto vortrefflich, wie ich mich selbst überzeugen konnte. Als er aber Knoten gebildet hatte und zur Ernte bereit war, fand sich Niemand, der sich darum kümmerte und die nun nöthigen Arbeiten22I. Land - und Forstwirthschaft.verrichtete. Der Lein reifte an den Stengeln und ging mit deren Bast zu Grunde.
Mancher Leser dieser Zeilen wird sich der berüchtigten » Model - farm « in Shimosa erinnern; doch ich will nicht alle Beispiele solcher verkehrten Versuche, die Landwirthschaft zu heben, hier anführen. Der richtige Weg für die Regierung, statt Alles selbst in die Hand zu nehmen, wäre jedenfalls der géwesen, die Neigung Fremder, in Japan die Landwirthschaft zu versuchen, zu unterstützen, ihnen auf eine Reihe von Jahren Staatsländereien abgabenfrei oder gegen einen bescheidenen Pacht zu überlassen und ihre Versuche anstellen zu lassen. Gelangen dieselben, so konnten sie dem Volke als Muster dienen und dasselbe zur Nachahmung reizen, blieben sie aber erfolglos, so zahlte das Land nicht die Kosten.
Aber die Besorgniss, dass Concessionen zum Betrieb des Acker - baues an Fremde die Japaner benachtheiligen und zu Verwickelungen führen könnten, drängte alle derartigen Erwägungen zurück.
Auf Yezo hatte im Jahre 1867, also gegen Ende der Shôgun - Regierung und im Auftrage derselben, ein deutscher Landwirth, Namens R. Gärtner, eine Musterwirthschaft begründet und zwei Jahre später auf eigene Rechnung übernommen. » Augustenfelde «, wie er das Gut nannte, entwickelte sich bald unter Gärtner’s umsichtiger, tüchtiger Leitung zu einer wirklichen Musteranstalt eines für die dortigen Verhältnisse zweckmässigen Betriebes, doch nicht auf lange. Kaum hatte sich die neue Regierung organisiert und befestigt, so übernahm sie gegen reiche Entschädigung das Gut, dessen gedeihliche Entwickelung damit ihr Ende erreichte. Yezo blieb, um mich mit Gärtner’s eigenen Worten auszudrücken, » das grosse und reiche Haus, dessen Bewohner aber, gleich den Schwalben, nur an den Aussenseiten desselben in einem ausserordentlich ärmlichen Zustand leben «. Der Fang zahlreicher Fische und sonstiger Seethiere sowie das Einsammeln und der Versandt mariner Algen im Auftrag unternehmender Kaufleute beschäftigt und nährt sie hinreichend, wenn auch dürftig. Von der chinesischen Landwirthschaft sagt Capt. Gill,*)Journal Roy. Geogr. Soc. 1878 pag. 60. sie sei nach seiner Meinung vielfach überschätzt worden; dasselbe gilt von der ihr so innig verwandten japanischen. In einem Punkte aber stehen beide einzig in ihrer Art da, in der Sorgfalt nämlich, mit der innerhalb des unter Cultur stehenden Bodens darüber gewacht wird, dass nichts verloren geht.
Der japanische Feldbau ist ein in hohem Grade intensiver und231. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.mehr dem rationellen Garten - und Gemüsebau in der Nähe unserer grossen Städte vergleichbar. Japan besitzt alle Bedingungen für die geeignete Durchführung einer solchen Betriebsweise, nämlich Ver - theilung des Culturlandes unter viele kleine Besitzer, reiche Be - wässerung durch Niederschläge und Canäle, und vor allen Dingen zahlreiche willige und billige Arbeitskräfte, wozu auch die Frauen und Kinder zu rechnen sind.
Durch diese vielen, dem Bauer in Japan zur Verfügung stehenden Hände mit einem hohen Maass von Arbeitsamkeit und Geschick, wird es ihm möglich, sein wenig umfangreiches Besitzthum stets locker und von Unkraut frei zu halten, sowie seine verschiedenartigen Dung - stoffe in rationeller Weise anzuwenden, so dass von denselben möglichst viel zur Wirkung kommt. Dieser Betrieb der Landwirth - schaft bringt es natürlich nie zur Massenproduktion, wie der exten - sive Raubbau.
Kämpfer und Thunberg, wie nicht minder verschiedene neuere Reisende in Japan haben die irrige Meinung verbreitet, als ob die Terrassierung des Bodens eine viel grössere Ausdehnung, wie irgend wo in Europa erlangt habe und hoch an den Bergabhängen hinauf - ragte. Zu diesem Irrthum konnte die Umgebung von Nagasáki und der Ômura-Bucht leicht Anlass geben. Die Basalt - und Trachytge - steine dieser Gegenden mit ihrer starken Verwitterung und sphärischen Abschalung dabei liefern einen so fruchtbaren Boden, dass die ziemlich mühsame Anlage und Cultur von Terrassen durch reiche Ernten belohnt wird. Ganz anders liegt dagegen die Sache in vulkanischen Gebieten mit Bimssteinasche oder in Schiefergebirgen. Hier steigen nur aus - nahmsweise Terrassen an den Thalwänden höher empor, weil der wenig fruchtbare Boden nur magere Ernten liefert. Auch nehmen gen Norden die Terrassenanlagen überhaupt mehr und mehr ab. Nirgends aber überbieten, ja erreichen sie an Ausdehnung, systema - tischer Durchführung und den dabei überwundenen Schwierigkeiten diejenigen, welche unsere Winzer am Rhein und in verschiedenen seiner Seitenthäler, wie z. B. an der Mosel und im Ahrthale oberhalb Walporz - heim, durchgeführt haben.
Die Terrassierung des Bodens erfolgt in Japan wie auch ander - wärts in erster Linie, um zu verhüten, dass die Ackerkrume steilerer Bergabhänge durch heftige Regengüsse weggespült werde, dann aber auch, um eine leichtere Bebauung und Bewässerung zu ermöglichen. Da nun letztere für den Reisbau unumgänglich nöthig, aber nur auf horizontalem Felde durchführbar ist, so werden für ihn Terrassen selbst da angelegt, wo die natürliche Neigung des Bodens so gering ist, dass24I. Land - und Forstwirthschaft.seiner Bebauung nach unserer Weise mit Pflug und Zugthier nichts im Wege stände und auch keine Gefahr vorläge, dass die Ackererde beim Regen etwa weggewaschen würde. Während aber hier einfache geglättete Erdwälle von 25 — 40 cm Breite und Höhe für den gegebenen Zweck vollständig genügen, müssen an den Thalwänden grössere Arbeiten ausgeführt werden, um die Terrassen genügend zu stützen. Da treffen wir denn Cyclopenmauern, nicht selten aus den Rollsteinen des benachbarten Flusses errichtet, oder breitere grasige Böschungen, auf denen im Süden hier und da Theesträucher, Talgbäume oder die Papiermaulbeere angepflanzt wurden.
Die hier zuletzt erwähnte Thatsache der häufig vorkommenden Terrassenanlagen für die Zwecke der Reiscultur steht nur scheinbar, nicht thatsächlich im Widerspruch mit der vorhergehenden Behauptung, dass in vielen Berichten die Ausdehnung der Terrassierung in Japan sehr übertrieben wurde, wie dies ja auch aus dem geringen Procent - satz sämmtlichen Culturlandes hervorgeht.
Da es in Japan weder geschlossene Güter, noch weidende Heerden gab und Jeder gewohnt war, die Felder und ihre Gewächse zu schonen, so fehlte die Gelegenheit, sowie jeder Grund für Absperrung irgend welcher Art durch Gräben, Mauern, Zäune und dgl., vielmehr schlossen und schliessen sich noch die einzelnen Landparcellen und ihre oft ver - schiedenartigen Culturen unmittelbar an einander an. Um in den Ebenen und Thalsohlen dem vorherrschenden Reisbau möglichst viel Land zu erhalten, reihte man die Wohnhäuser auch in den Dörfern meist an einander und schloss sie den Landstrassen an. Aus diesem Grunde ziehen sich die Dörfer und Landstädte häufig ohne bemerkens - werthe Seitengassen an der Hauptverkehrsstrasse lang hin oder liegen an den Rändern der kleineren Ebenen. Fuhrwerke kommen beim Betrieb der japanischen Landwirthschaft nicht in Anwendung, so dass schmale Landwege dem allgemeinen Verkehr von Ort zu Ort und die noch viel schmäleren Dämme vielfach zugleich statt unserer Feldwege dienen.
Der japanische Ackerbau, beschränkt, wie hervorgehoben wurde, auf nicht viel über ein Zehntel der Landesoberfläche, nährt nicht blos die sehr zahlreiche Bevölkerung, sondern gestattet in günstigen Jahren sogar noch eine nicht unbeträchtliche Ausfuhr an Reis. Es liegt nun nahe, hieraus den Schluss zu ziehen, dass sich das japanische Acker - land durch grosse natürliche Fruchtbarkeit auszeichnen müsse, wie dies auch von vielen Seiten bis in die neueste Zeit behauptet wurde, und doch ist dies keineswegs der Fall. Vielmehr hat neben der Er - fahrung auch die chemische Untersuchung des japanischen Ackerbodens251. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.gezeigt, dass derselbe ohne die sorgsamste Pflege und Düngung in den meisten Fällen nicht im Stande wäre, irgend welche erkleckliche Er - träge zu liefern. Die Mittel, durch welche der Japaner sich letztere sichert, ohne die Vortheile der Wechselwirthschaft genügend zu kennen und anzuwenden, bestehen in der tiefgründigen Bearbeitung, Rein - haltung und häufigen Lockerung des Bodens, und in wiederholter Zu - fuhr wirksamen Düngers während der Entwickelung der Pflanzen selbst, wie sie nur bei Reihen - und Stufensaat möglich ist. Hierzu kommt dann eine reiche Bewässerung durch Niederschläge oder auf künstliche Weise und endlich die Wirkung der lange Zeit hindurch ununter - brochenen Sommerwärme.
Die japanische Landwirthschaft wird durch unzeitigen oder stren - gen Frost nur selten, durch Mäusefrass und Heuschrecken wohl nie wesentlich geschädigt. Zu ihren lebenden Feinden gehören vor allem die zahlreichen Wildschweine, dann die Affen. Im Herbst kommen sie an den Waldrändern und Thalgehängen häufig dem Bauer im Ernten seiner mühsam gezogenen Knollen und Hülsenfrüchte zuvor. Es ist dann vielfach üblich, an den Feldrändern die Nacht über Feuer zu unterhalten, um die zudringlichen Gäste abzuhalten, sowie durch Flin - tenschüsse sie zu verscheuchen. Am meisten Schaden bringen jedoch die Ueberschwemmungen. Wenn der Regen wolkenbruchartig heftig oder in sanfterer Form viele Tage lang ununterbrochen niederfällt, dann kommt es nicht selten vor, dass das von den Bergabhängen stürzende Wasser die Terrassen zerreisst und die Ackerkrume wegspült oder dass in der Thalsohle und Ebene der seine Ufer überschreitende Strom die Dämme mit sich fortführt und die Felder weithin mit Schlamm und Geröll bedeckt. Die Früchte langen Fleisses, ja die Freuden eines arbeitsvollen Lebens schwinden dann oft über Nacht dahin. Auch vulkanische Aschenregen und Taifune hinterlassen in grösseren Intervallen dem Landmann hier und dort ihre verheerenden Spuren.
Der japanische Ackerboden, grösstentheils aus der Verwitterung alter Schiefer, des Granits und trachytischer Eruptionsprodukte her - vorgegangen, zeigt in den meisten Fällen nur geringe natürliche Fruchtbarkeit, so dass der neuaufgeschlossene nur schwache Ernten liefert. Die basische Gruppe der krystallinischen Eruptivgesteine ist in Japan nur schwach vertreten, namentlich der Basalt. Wo er oder basaltische Laven vorkommen, geht aus ihren in den bekannten con - centrischen Schalen sich abtrennenden Verwitterungsprodukten jener eisenschüssige Lehm hervor, der, wie im Basaltgebirge Deutschlands, an den Haupterfordernissen eines fruchtbaren Ackerbodens keinen Man -26I. Land - und Forstwirthschaft.gel zu haben scheint. Ich fand solchen Boden u. A. auf dem Wege von Nagasáki zur Ômurabucht, sowie in Gumai-gori am Kôshiukaido. Jene fruchtbaren Lössablagerungen, wie sie viele unserer Thalsohlen begrenzen und auch auf unseren kleinen Plateaulandschaften weit ver - breitet sind, scheinen ganz zu fehlen*)Wenigstens kann ich mich nicht erinnern, solchen auf all’ meinen Wan - derungen irgendwo begegnet zu sein., und auch der produktive Mergelboden tritt unter dem Schwemmlande nicht in der Ausdehnung auf, wie man denken sollte.
Genauere Bodenanalysen wurden erst in der neuesten Zeit, vor - nehmlich von Kinch**)Transact. Ass. Soc. of Japan. Vol. VIII. pag. 369 — 416. 1880., Korschelt***)Mitth. d. deutsch. Gesellschaft Ostasiens. Bd. III. pag. 180 — 201. 1881. und Keller†)Nobbe, Landwirthsch. Versuchs-Stationen. Bd. XXX. pag. 1 — 86. 1884. ausgeführt. Bezüglich der Ebene des Kuwantô bestätigen dieselben in vollem Maasse, was alte Berichte über die Aschenregen melden, welche von den Erup - tionen des Fuji-san, Asama-yama und anderer Vulkane ausgehend, zu verschiedenen Zeiten auf sie niederfielen, und was sich aus Autopsie, sowie den mikroskopischen Untersuchungen ihres Bodens bereits früher ergeben hatte, dass nämlich die oberste Schicht wesent - lich aus vulkanischer Asche und Tuff besteht. Der Ackerboden bei Tôkio ist nach Korschelt bis zu einer Tiefe von 6 m ein Cementtuff, von dem 6 Theile mit gleichviel Sand und 1 Theil gebranntem Kalk einen guten Cementmörtel geben, der überall angewandt werden kann, wo es nicht auf grosse Härte ankommt. Dieser Tuffboden besteht aus 85 % Zeolithen und Sesquioxyden, 11 % Mineralsand, 1,5 % Thon, 1,5 % Quarzsand und 1 % organischer Substanz. Mit Recht weist Kinch auf den auffallend hohen Gehalt (40 %) leicht zersetzbarer Silikate (eben jener Zeolithe) und die fast fehlende freie Kieselsäure hin. Der reiche Magneteisengehalt, welchem dieser Tuffboden neben der organischen Substanz seine dunkelbraune Farbe verdankt, wurde von Kinch annähernd mit Hülfe eines Magneten bestimmt und ergab für eine Probe Ackerkrume von Komaba 2,5 %, für eine solche aus Shimosa sogar 7 % des Gesammtgewichts. Absorptionsvermögen und Wassercapacität des japanischen Ackerbodens sind gross; weil derselbe jedoch tiefgründig und durchlassend ist, leidet er selbst nach reichen Niederschlägen nicht an Nässe.
Dem Vorwiegen der sauren Silicatgesteine, einschliesslich der tra - chytischen Tuffe und Aschen, woraus die japanische Ackerkrume zum grossen Theil hervorgegangen ist, entspricht ihre auffallende Armut††)Rein, Japan I. pag. 12, 51 u. 52, 103, 550.271. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.an den zur Pflanzenernährung wichtigsten Stoffen: Kalk, Kali und Phosphorsäure, welche von der Oberfläche (wo Dünger das Verhält - niss etwas günstiger gestaltet) nach der Tiefe noch zunimmt. Kinch bestimmt den Durchschnittsgehalt aus 6 Proben nach Abzug des hy - groskopischen Wassers, wie folgt:
Phosphorsäure 0,185 %, Kali 0,363 %, Kalk 0,475 %.
Seine und Korschelt’s Untersuchungen sind dann vor einem Jahre durch die Analysen von Kellner bestätigt und ansehnlich ergänzt wor - den. Zwei derselben, der schon citirten Arbeit in Nobbe’s Land - wirthschaftlichen Versuchsstationen XXX. Bd. entnommen, folgen hier. Die Bodenproben stammen, wie diejenigen, welche Kinch untersuchte, aus dem Kuwantô.
Von dem bei 100°C. getrockneten Boden wurden durch kalte Salzsäure von 1,15 sp. Gew. ausgezogen:
Diese Zusammenstellung zeigt, dass die Böden, ihrem Gehalt an wässerigen Doppelsilicaten entsprechend, reich sind an chemisch gebun - denem Wasser und leicht aufschliessbaren Basen. Bei der Digestion mit Salzsäure wurden 38,9 % Krume und 40,8 % des Untergrundes an Basen und Säuren in Lösung übergeführt, von dem Reisboden etwas weniger, nämlich 33,6 % der Krume und 31,1 % des Unter - grundes. Die Menge der aufgeschlossenen Bestandtheile stellt sich auf circa 50 % der gesammten Mineralsubstanz des Bodens, d. h. auf eine Höhe, die man gewöhnlich nur bei Kalk - und Serpentinboden beobachtet. Die Böden sind reich an Thonerde - und Eisen-Verbin - dungen, auffallend arm an Kalk und chemisch gebundener Kohlen - säure. Die Unterschiede zwischen Hata und Ta sind hinsichtlich der Bodenzusammensetzung nicht sehr bedeutend.
28I. Land - und Forstwirthschaft.Durch Behandlung des Bodens mit heisser, concentrirter Salz - säure wurden folgende Substanzen gelöst, resp. aufgeschlossen:
Man sieht hieraus, dass die aufschliessende Wirkung der kochend heissen Salzsäure die der kalten nicht viel übertrifft.
Die Ebene des Kuwantô, auf welche sich die vorerwähnten Boden - analysen beziehen, obgleich heutiges Tages wie ein Garten gepflegt, wurde erst durch die Tokugawa und in Folge der Entwickelung ihrer Residenz Yedo in ihrem jetzigen Umfang in Cultur genommen. Ihr Boden gilt bei den Japanern selbst für weniger fruchtbar, als der - jenige mancher anderen Landestheile, so namentlich der reichbewäs - serten Ebene von Mino, der Ebene von Hiróschima, der Provinz Higo. Doch liegen über diese noch keine Analysen vor.
Bei der japanischen Bodenverbesserung spielen Stalldünger und Rotation oder Wechselwirthschaft nur eine untergeordnete Rolle. Die Ertragsfähigkeit des Ackerlandes wird erzielt und erhalten durch Tiefcultur, zweckmässige Verwendung des zu Gebote stehenden Düngers, geeignete Bewässerung und durch grösste Sorgfalt in der Umarbeitung und Reinhaltung des Feldes.
Den wichtigen Satz rationeller Landwirthschaft, dass der Boden durch Dünger wieder zurückerhalten müsse, was ihm durch Ernten291. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.entzogen wird, kennt und befolgt der Ostasiate von Alters her, ob - gleich ihm eine wissenschaftliche Begründung seines Verfahrens gewiss ebenso abgeht, wie dem deutschen Bauer aus alter Schule. Doch kann ihm eine grössere Umsicht und mehr Verständniss bei Auswahl und Anwendung des Düngers nicht abgesprochen werden. Vieles, was in dieser Beziehung in Europa erst Theorie und Experiment dem ratio - nellen Landwirth beibrachten, gehört beim Feldbau der chinesischen Culturländer zum Theil zur sehr alten Praxis und es liegt neben dem günstigen Klima hierin unstreitig der Hauptgrund, wesshalb das Land in China und Japan seine alte Ertragsfähigkeit behalten hat, unge - achtet der Boden, in Japan wenigstens, wie wir gesehen haben, keineswegs von besonderer natürlicher Fruchtbarkeit ist.
Der Dünger (japanisch Koyashi oder Koye) wird in keinem Theile der Welt mit mehr Fleiss und Sorgfalt gesammelt und aus ver - schiedenartigeren Quellen bezogen, noch rationeller angewandt, als in Ostasien. Was in Japan an thierischen Abfällen längs der Wege durch Reit -, Last - und Zugthiere verloren geht, wird in der Regel mit Hülfe der denkbar billigsten Schaufel, einer flachen Muschelschale (Haliotis) am Ende eines Stabes, aufgenommen und in Körben auf’s Land getragen. Zu keiner Zeit des Jahres bringt jedoch der Japaner Dünger auf’s Brachfeld, wo derselbe austrocknen und Winde ihn sei - nes wirksamsten Bestandtheils zum grossen Theil berauben könnten. So verschiedenartig auch die zur Verwendung kommenden Stoffe sein mögen, so wird doch bei allen Sorge getragen, dass sie rasch in den Boden und zur Wirkung gelangen. Der Japaner düngt weniger den Boden, als vielmehr die Culturpflanzen selbst, denn er weiss, dass er nur auf diesem Wege eine genügende Ernte erzielen kann. Indem er die Stellen, wohin er die Samen legt, oder seine Setzlinge ver - pflanzt, mit Dünger versieht und dann im Laufe ihrer Entwicklung der Pflanze in besonderen Zeitabschnitten von neuem Dünger gibt, befolgt er die zweckmässigste und ökonomischste Methode, welche sich denken lässt und bei uns mit dem Ausdruck » Kopfdüngung « be - zeichnet wird.
Das wichtigste Düngemittel unserer Landwirthschaft, der Stall - dünger, tritt in Japan in Folge der beschränkten Viehzucht in den Hintergrund und hat nur in den Gebirgsgegenden mit ihren ausge - dehnten Grasflächen und einem grösseren Bedarf an Lastthieren mehr Bedeutung. Hier kann man zeitweise vor den Bauernwohnungen, wie in manchem deutschen Dorf, Mist aufgestapelt sehen. Bei Rindvieh und Pferden, — denn nur um solche handelte es sich bisher, — findet das ganze Jahr mit wenig Ausnahmen Stallfütterung statt, so dass der30I. Land - und Forstwirthschaft.Anblick einer weidenden Herde dem in Japan Reisenden fast nie zu theil wird.
Lange bevor unsere Landwirthe, durch chemische Untersuchungen auf den hohen Stickstoff -, Phosphorsäure - und Kaligehalt des Latri - nendüngers aufmerksam gemacht, denselben anwenden und schätzen lernten, spielte er in der empirischen Landwirthschaft Chinas und Japans eine hervorragende Rolle. Die menschlichen Auswurfsstoffe bilden hier den am meisten angewandten und darum wichtigsten Dünger, dem nur Fischguano und Oelkuchen vorgezogen werden. Das vorwiegend treibende Element dieses Latrinendüngers, namentlich für Gramineen*)Siehe Lawes & Gilbert: The effect of different manures on the mixed herbage of grass-land. Journ. Roy. Agric. Soc. Vol. XXIV part. I., also auch Halmfrüchte, ist bekanntlich der Stickstoff, der meist in Form von Harnstoff und kohlensaurem Ammoniak ge - bunden ist, aber bei der leichten Zersetzbarkeit dieser Körper im Ammoniak entweicht, wenn jener Dünger nicht bald zur Verwendung kommt. Hier entspricht nun die alte ostasiatische Praxis ganz unse - rer chemischen Theorie.
Die Sammlung und Verwerthung dieser menschlichen Auswurfsstoffe hat bei der schon viel erörterten Frage über die zweckmässigste Art unserer Städtereinigung und den gesteigerten Anforderungen an unsere Landwirthschaft ein erhöhtes Interesse, und diesem entsprechend soll daher das bemerkenswertheste darüber hier folgen.
Das System ist einfach, eignet sich aber nicht für uns zur Nach - ahmung, denn es nimmt auf Auge und Nase nicht die Rücksicht, welche unser Culturzustand verlangt. Die betreffenden Sinne des Japa - ners sind von Natur wohl nicht weniger empfindlich als die unserigen auch; aber die Gewohnheit, Fäcalstoffe zu sehen und zu riechen, hat sie offenbar dagegen mehr abgehärtet, etwa wie Praktiker in anato - mischen und chemischen Laboratorien sich ja auch leicht an Anblicke und Gerüche gewöhnen, welche den Neuling anekeln.
Es gibt Gegenden in Europa, in welchen der Weg zum Abtritt durch die Küche führt; in Japan führt er in der Regel durch das gute Zimmer oder doch dicht daran vorbei. Das aus Holz leicht gebaute japanische Wohnhaus ist ein - oder zweistöckig und dehnt sich fast immer mehr in die Breite und Tiefe als in die Höhe aus. Keller und Schornsteine fehlen ihm stets, in den meisten Fällen auch Mauern und Fundament. Der untere Boden ruht auf Pfosten oder Steinen 2 — 3 Fuss über der geebneten Erde; Küche und gewöhnliche Wohn - zimmer sind meist der Strasse, die besseren Zimmer dem auf ent -311. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.gegengesetzter Seite sich anschliessenden Gärtchen zugewandt, von dem sie eine etwa meterbreite Veranda scheidet. Ein Gang über letztere führt zu dem sich seitlich anschliessenden Abtritt, Chôdzu-ba, Yôba oder (vulgär) Setzu-in genannt. Bei dem leichten, luftigen Bau gelangt nicht selten der Geruch von hier zunächst gerade in die vor - nehmsten Räume, wie der in Japan Reisende es oft genug beobach - ten kann.
Der verschliessbare Raum des Chôdzu-ba hat einen gedielten Bo - den mit einer Oeffnung in Form eines Rechtecks in der Mitte und einem Fass oder einer grossen irdenen Urne als Recipient darunter. Ein Sitz ist nicht vorhanden; aber der in der Oeffnung sitzende und herausnehmbare Rahmen trägt am vorderen Ende eine kleine Lehne zum Anfassen, wodurch sich die Vorrichtung vornehmlich von ähn - lichen bei ganz andern Völkern, z. B. den Marokkanern und alten Römern, vortheilhaft unterscheidet.
Für das kleine Bedürfniss ist fast immer besonders gesorgt, nur nicht Nachts. Der zur Aufnahme des » Wassers « in einem Winkel an - gebrachte und meist in die Erde versenkte Behälter trägt in den feineren Häusern eine aus Brettern zusammengesetzte vierseitige Pyramide über sich, deren Hohlraum zur Hälfte mit kurz zerhackten Zweigen immergrüner Nadelhölzer gefüllt ist. Während hierdurch, oder durch eine andere Vorrichtung, das Pissoir gewöhnlich den Blicken des Vorübergehenden verborgen ist, gibt es jedoch auch noch Städte, wo man von einer solchen Verfeinerung der Sitte noch sehr fern ist und die alte chinesische Methode noch herrscht, wie dies nach älteren Berichten, z. B. denen Thunberg’s, früher fast allgemein Brauch gewesen zu sein scheint.
Zwei besonders auffallende Beispiele der Art erlebte ich 1874 auf meinen Reisen, die hier wohl erwähnt werden dürfen. In der durch ihre Bronzegiessereien bemerkenswerthen Stadt Takaóka in Echiú, nicht weit vom Japanischen Meer fand ich zwei Reihen Urineimer als Pissoire an der Hauptstrasse aufgestellt, ohne jede sonstige Maskirung. Noch eclatanter traf ich die Ungenirtheit später in der Stadt Sakata in nord - östlicher Richtung von Niigáta. Hier hatte jedes Haus eine derartige Vorrichtung gleich am Eingang, und das Gasthaus (die Yadoya), in welches ich einkehrte, etwa da, wo bei uns das Portierstübchen sich befindet, deren zwei. Solches mag in früherer Zeit in allen Städten vorgekommen sein; jetzt gehört es zu den bereits seltenen Ausnahmen, ja es wird in dieser Beziehung jetzt in Japan viel weniger der öffent - liche Anstand vermisst, als vielfach bei uns.
In den grösseren Städten kommt fast täglich der Koye-tori (wörtlich32I. Land - und Forstwirthschaft.Düngerholer), um Faeces (Daiben) und Urin (Shôben) abzuholen und auf’s Land zu bringen. Er vermischt beide und verdünnt die Masse, wenn nöthig, mit Wasser, was in Anbetracht des leichten Stuhlgangs der Japaner (Folge des Genusses starkgesalzener Suppen und Saucen und des leicht verdaulichen Reis) rasch von statten geht.
Aber es gibt noch Andere, welche gleich dem berufsmässigen Koye-tori den Inhalt der Senkkufen gern davon tragen. Bei uns sehen wir den Landmann, welcher die Städter mit Milch, Butter und andern täglichen Lebensbedürfnissen versieht, mit den zu Viehfutter be - stimmten Küchenabfällen seiner Kunden heimkehren; in Japan da - gegen fehlt der Milch - und Butterlieferant und damit auch das Be - dürfniss nach Futter. Hier nimmt sich der ländliche Stadt - und Markt - besucher aus der Umgegend vielfach, statt der Abfälle aus der Küche, Latrinendünger mit, den er in Eimer gefüllt am Tragholze aus Bambusrohr oder einer immergrünen Eiche seinen Feldern zuführt.
In der Hauptstadt Tôkio ist der Haupt-Sammel - und Versandt - platz solcher Abfuhrstoffe der Sumida-gawa. An seinen Ufern kann man täglich flache Boote damit beladen sehen, wobei entweder der Dünger in Kübel gefasst ist, die reihenweise neben und über einander stehen, oder das wasserdichte Boot ist direct damit gefüllt. Diese Düngerboote gehen dem Fluss entlang und durch Seitencanäle in die Felder.
Sobald ein solches Fahrzeug an seinem Bestimmungsorte ankommt, ist eine Anzahl Hiakushô (Bauern) mit Kübeln bereit, den mit Wasser genügend verdünnten Stoff in Empfang zu nehmen. Kleinere Kübel an langen Stäben dienen zum Schöpfen und Ueberführen, noch kleinere endlich zum Uebertragen des Düngers zu den Pflanzen. Indem der Landmann seine Feldfrüchte einzeln mittelst eines Schöpfers (Kübel - chen an langem Stiel) mit diesem Dünger begiesst, führt er den Wurzeln derselben gleichzeitig Nahrung und Feuchtigkeit zu. Mit diesen Abfuhrstoffen pflegt man alle Winterfrüchte und Gemüse im jüngeren Zustande, nie aber den Reis zu düngen.
Nur zur Zeit grossen Ueberflusses wird von diesem Dünger auf den Feldern in kleinen Senkgruben und grossen in die Erde einge - senkten und mit Stroh überdachten Tonnen und Kübeln für spätere Benutzung angesammelt; als Regel aber gilt der directe, frische Ver - brauch, wodurch eine stärkere Zersetzung und Ammoniakbildung an der Luft verhütet wird.
In vielen japanischen Städten betreiben Gesellschaften, in deren Diensten obige Koye-tori stehen, die Wegschaffung der Latrinenstoffe. Dieselben zahlen für die Berechtigung hierzu den Hauseigenthümern331. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.Preise, welche je nach Bedarf mit der Jahreszeit steigen oder fallen, im Frühjahr am höchsten sind, im Winter oft unter die Hälfte herunter gehen. Vor 10 Jahren war in Yokohama der Durchschnittspreis für ein ka (eine Mannslast, hier 2 Eimer) 6 — 8 sen; vor 3 Jahren stieg er auf 10 sen, im April auf 12½ sen. In diesem Monat verkaufte die Gesellschaft den Dünger an die Landleute für 14 — 15 sen pro ka. In Tôkio, wo die Nachfrage im Verhältniss zur enormen Ausfuhr geringer ist, stehen dem entsprechend auch die Preise niedriger, in vielen kleineren Orten höher. Dass Latrinendünger für die Land - wirthschaft hochgeschätzt und käuflich erworben wird, z. B. der aus Stuttgart von den schwäbischen Bauern, ist in Deutschland verhältniss - mässig neu.
Eine grosse Rolle spielt auch der Compost, koye-tsuchi d. h. die Dünger-Erde, oder Koyashi-tsuchi genannt. Derselbe wird aus Erde und allen zugänglichen pflanzlichen und thierischen Abfällen bereitet und oft mit Gülle oder auch nur mit Wasser übergossen, um die Zersetzung zu beschleunigen, während Kalk hierbei gar nicht in Anwendung kommt. Bei seiner Verwendung erhält der Compost oft noch Zusätze von Fäcalstoffen oder auch von Gründünger.
Als theuerster und geschätztester thierischer Dünger gilt der Fischguano, ein ansehnlicher Handelsartikel aus verschiedenerlei Fischabfällen, ganz besonders aber von mehreren Häringsarten, z. B. dem Nishin (Clupea harengus), dem Iwashi (Clupea melanosticta und Cl. gracilis) und Isaza (Engraulis japonicus). Diese Fische, welche in grossen Schaaren im März und April, und dann wieder im October und November an einzelnen Küstenstrichen Japans erscheinen, z. B. an der Ostküste von Yezo, der Küste von Hitachi, vom Japanischen Meer etc., wurden bisher nicht wie in Europa eingemacht, sondern grössten - theils zur Gewinnung von einer Art Thran verwerthet, während ihre getrockneten übelriechenden Rückstände als Dünger in den Handel kommen. Nachdem man das Oel durch Kochen der Fische mit Wasser extrahirt hat, werden die Rückstände auf Matten ausgebreitet, an der Sonne getrocknet und dann lose oder gepresst versandt. So liefert z. B. ein einziger Ort, Namens Tomacomi an der Küste von Yezo jähr - lich etwa 150 Kübel Fischöl und gegen 7000 Koku Fischdünger. Man benutzt diesen widerwärtig riechenden, aber sehr wirksamen Fisch - guano unter anderm zum Düngen der Theepflanzen. Auch die Ab - fälle der Seidenraupenzucht werden als Dünger verwerthet.
Eine weitere sehr geschätzte Düngersorte besteht in Oelkuchen oder Abura-kasu, welche man neben Fischdünger auch zum Treiben der jungen Baumwoll - und Tabakpflanzen verwendet. Sie werdenRein, Japan. II. 334I. Land - und Forstwirthschaft.aus den Samen der verschiedenen Oellieferanten, wie von Brassica, Sinapis, Perilla, Sesamum, Gossypium, erhalten und haben natürlich als Dungmittel einen sehr ungleichen Werth. Abura-kasu kurzweg bezeichnet die gewöhnlichsten und geschätztesten, nämlich die Raps - kuchen.
Ausser diesen Oelkuchen verwendet man als vegetabilen Dünger auch gekochte oder zerstossene Bohnen, Raps -, Gersten - und Waizen - stroh, Spreu und andere Abfälle, vor allem aber grüne Pflanzen. Der Gründünger wird nicht, wie in China der Klee und andere Pflanzen, vorher durch besondere Aussaat erzielt, sondern unbebauten Ländereien entnommen. Es ist ein Gemisch von Gras, Kräutern, Halbsträuchern und jungen Zweigen, wie es an Bergabhängen und in lichten Wäldern wächst. Frauen und Kinder sammeln dieses Material und bringen es in Traglasten herbei zum Felde; nur wo es höher und weiter aus den Bergen geholt werden muss, übernehmen Männer mit Packpferden die Beschaffung. Gleich dem Rapsstroh wird es vorwiegend zum Düngen und Einstreuen in die Reisfelder benutzt, wenn dieselben im Vorsommer zur Aufnahme der jungen Setzlinge hergerichtet werden, und ist unter der Einwirkung des Wassers und Schlamms schon nach wenigen Wochen gänzlich zerstört und zersetzt.
Gröbere Meeresalgen, insbesondere Sargassum, sah ich auf Ama - kusa und andern südlichen Inseln als Dünger einstreuen.
Von Mineralsubstanzen benutzt man als Dünger besonders Holz - und Strohasche, so von Reisstroh (Wara) und Rapsstroh, ferner den Schlamm der Bewässerungscanäle, mit welchem man im Frühjahr gern die Saatbeete für den jungen Reis überzieht. Ueberhaupt wer - den Asche und Schlamm gern angewandt, wo es gilt, junge Aussaaten rasch zu treiben.
Von grösserem Interesse für uns ist die umfangreiche Verwendung des gebrannten Kalkes. Bekanntlich unterscheiden die Franzosen Amendement (Bodenverbesserung) und Engrais (Düngung). Der Aetz - kalk dient nach beiden Richtungen. Die Chemie lehrt, dass derselbe in inniger Berührung mit Thonerdesilikaten und Wasser die Kiesel - säureverbindungen aufschliesst und die darin vorkommenden kiesel - sauren Alkalien den Pflanzen zugängig macht, daher ein schwerer gebundener Thonboden durch Zusatz von gelöschtem Kalk lockerer und fruchtbarer wird, ganz abgesehen von dem direkten Werthe des Kalkes als Pflanzennahrung in sonst kalkarmem Ackerlande.
So sehen wir den gebrannten Kalk auch bei uns anwenden, z. B. im Siegthale, in Sachsen und verschiedenen andern Gegenden. Aber wohl nirgends in Europa ist der Landmann durch eigene Beobachtung351. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.und Erfahrung so frühzeitig schon zu gleichem practischen Resultate gelangt und hat seit so langer Zeit schon gebrannten Kalk als Dünger für schweren Thonboden verwerthet, wie in Japan.
Den gemahlenen Aetzkalk, Ishi-bai (Steinasche) genannt, sah ich in den verschiedensten Gegenden Japans anwenden, doch vorwiegend in nicht vulkanischen Distrikten, wo der wenig fruchtbare Ackerboden aus den Verwitterungsprodukten älterer Schiefer und krystallinischer Gesteine entstanden ist. Auch beschränkte sich seine Verwendung in der Regel auf Reisfelder. Wenn dieselben zu Beginn des Sommers zur Aufnahme der jungen Setzlinge hergerichtet und in ihrem Schlamm Gründünger oder Rapsstroh ausgebreitet sind, wird gebrannter Kalk aufgestreut. Er zerstört das Pflanzengewebe rasch und fördert da - durch die Vertheilung und Wirkung solchen Düngers. Seiner cau - stischen Eigenschaft wegen kann er nicht als Nachdünger bei irgend einer Cultur verwendet, also nicht der wachsenden Pflanze selbst bei - gefügt werden.
Da der Kalkstein nur ausnahmsweise als reines kohlensaures Salz vorkommt, so ist klar, dass seine bodenverbessernde Wirkung oft noch durch die fremden Beimischungen von phosphorsaurem Kalk, Magnesia, Eisen und anderen Körpern erhöht wird.
Andere Sommergewächse, ausser dem Reis, werden meist mit Stroh - oder Holzasche zur Zeit der Aussaat gedüngt und mit Fäcal - stoffen, verdünnt mit Wasser, während des Wachsthums. Dieser flüssige Dünger, sowie die häufigen Niederschläge machen die künstliche Be - wässerung der Hata unnöthig; ebenso ist bei der Porosität des Bodens und der abschüssigen Lage in der Regel eine künstliche Entwässerung überflüssig, ausser derjenigen, welche schon durch die Eintheilung des Feldes in lange schmale Beete mit tiefen Zwischenfurchen bewirkt und vor allen Dingen bei Winterfrüchten, ähnlich wie in Südfrank - reich z. B. bei Bordeaux, angewendet wird. Bodenverbesserungen durch Mischung kennt man nicht, auch nicht die sogenannten Brand - culturen.
Aber bei dem Reislande kommt neben dem eingestreuten Kalk, Grün - und Strohdünger auch noch das fliessende Wasser, womit man es überrieselt, als Dungmittel in Betracht, insofern es nicht blos werthvolle mineralische Verwitterungsproducte vom Gebirge herbei - führt, sondern auch Verwesungstoffe der Pflanzendecke. Das Absorp - tionsvermögen der Ackerkrume für dieselben ist über allen Zweifel erwiesen. Die chemische Untersuchung des abfliessenden Rieselwassers durch Keller ergab weniger mineralische Bestandtheile, als die des zugeführten Flusswassers.
3*36I. Land - und Forstwirthschaft.Die zur Bebauung des Feldes dienenden Geräthe sind meist einfach und zweckentsprechend. Letzteres kann von den bei der Körnergewinnung verwendeten nicht behauptet werden. Diese land - wirthschaftlichen Geräthe stimmen mit den in China und Korea ge - bräuchlichen meist überein, und haben offenbar im Laufe vieler Jahr - hunderte sich wenig verändert. Wo wir geeignetere Werkzeuge ver - wenden, ersetzen in Ostasien manuelles Geschick in der Handhabung, Fleiss und Ausdauer die Mängel.
Der Pflug (Karasuki) erinnert in seiner gebräuchlichsten Form an denjenigen Aegyptens, von welchem man weiss, dass er heute noch hergestellt und gebraucht wird, wie zur Pharaonenzeit. An einer etwa 2 Meter langen Deichsel befindet sich vorn die einfache Vor - richtung, um mittelst eines Joches das Zugthier (Pferd oder Ochs) an - zuspannen, während am andern Ende ein ∼ gekrümmter Holzbalken angefügt ist, schräg abwärts führt und in seinem dickeren unteren Theile das Pflughaupt darstellt, indem es hier in die mit Eisen be - schlagene Pflugschar endet. Ein Querstab durch das obere, dünnere Ende der Sterze dient als Handhabe. Dem japanischen Pflug fehlt hiernach der Vorderpflug, das Secheisen und Streichbrett, also jede Vorrichtung zum Furchenwenden, zum Tief - oder Seichtpflügen je nach Bedarf. Derselbe wird vom Bauer auf die Schulter genommen und dem vorausgehenden Zugthier nachgetragen. Eine gründliche Um - arbeitung des Bodens durch saubere, regelmässig aufeinanderfolgende Furchen, sowie das Durchschneiden und Freilegen von Wurzeln ist mit ihm nicht möglich. Kein Wunder, dass er keine ausgedehnte Verwendung findet und die tiefgründige Umarbeitung und Auflockerung des Bodens meist mit Hacke (Kuwa) und Spaten (Suki) bewirkt wird, von denen namentlich die erstere in vielen Formen und Grössen zur Anwendung kommt. Diese Kuwa oder Hacke ist unstreitig das wichtigste Werkzeug des japanischen Gärtners und Landmanns. Sie besteht aus einer eisernen Platte, welche in der Regel einen Holzkern umschliesst, durch den auch der 60 cm lange Stiel führt. Eine zweite Form ist die eiserne Gabelhacke mit vier Zinken, sodann die Ku - made mit vier Zinken aus Bambusrohr und die Matsubagaki mit sie - ben Zinken aus demselben Material. Diese Zinken gehen strahlenförmig von einem Punkt aus einander und stellen ein gleichschenkliges Dreieck dar, in dessen Basis die einzelnen Strahlen enden und dort haken - förmig umgebogen sind. Diese beiden Apparate bilden gewissermassen den Uebergang zum einfachen Rechen (Sarai). Ich habe den Pflug vornehmlich im Frühjahr bei der Umarbeitung des Reisfeldes anwenden sehen, doch auch hier nur in beschränktem Masse. Berücksichtigt man,371. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.dass solches Reisland, nachdem es mit Dämmen versehen und über - rieselt wurde, noch mit der Hacke und den Händen zu einem möglichst ebenen und gleichmässigen Schlamm durchgearbeitet wird, so erkennt man, dass ungeachtet des Pfluges auch hier Tiefcultur stattfindet.
Als Egge (Maguwa, spr. Magwa) dient oft ein Apparat, der mehr einem grossen Rechen gleicht, indem der wesentliche Theil aus einer Holzplatte mit einer Reihe hölzerner oder eiserner Nägel besteht. Derselben sind nach vorn zwei parallele Stangen mit Vorrichtung zum Anspannen des Zugthieres angefügt, nach oben aber ein Galgen als Handhabe. Doch gibt es auch hiervon viele Modificationen.
Wagen (Kuruma) kommen in der japanischen Landwirthschaft gar nicht in Anwendung; selbst der beim Chinesen so beliebte Schub - karren (Ichirin-sha) fehlt dem Lande fast vollständig. In Traglasten an beiden Enden einer über die Schulter gelegten Stange, oder auf dem Rücken eines Lastpferdes oder Ochsen bringt man den Dünger und Samen aufs Feld und andererseits dessen Produkte nach Hause oder zu Markt.
Besonders einfach, oder besser gesagt, primitiv ist die Körner - gewinnung. Da das Stroh vornehmlich zu Geflechten mancherlei Art, wie Seilen, Sandalen (auch für Lastthiere), Matten, aber auch zur Dachbedeckung und theilweisen Einstreuung dient, werden die Halm - früchte in der Regel wie bei uns mit einer Sichel (Kama) nahe der Erde abgeschnitten, in kleine Handgarben gebunden und entweder an den Feldrändern um die Stämme von Erlen oder andern Bäumen, oder auch vor den Häusern aufgestapelt und, wenn nöthig, der Sonne zum Trocknen und Nachreifen ausgesetzt.
Indem man ein solches Bündel an den Halmen erfasst und in den Händen ausbreitet, zieht man es zwischen den Stahl - oder Bam - busrohr-Zinken eines Reffs (Ine-kogi oder Mugi-kogi) von 30 — 40 cm Breite durch und trennt so Aehren und Rispen vom Stroh. Statt eines solchen Reffs benutzt der ärmere Mann wohl auch ein Stück Bambus - rohr mit gabelförmigem Einschnitt oder einen Streichkamm (Kushi) aus demselben Material. Die Rispen des Reis und der Hirse oder viel - mehr ihre Körner werden auch häufig dadurch vom Stroh getrennt, dass man die Halme mit ihnen wider den Rand einer Bütte schlägt. Man wird fragen: Hat denn der Japaner keine Dreschflegel? — Aller - dings finden wir mit der Benennung Kara-sao und Kururi auch solche in Anwendung, aber von welch plumper, ungeeigneter Form! Sie be - stehen aus einem cylindrischen Stück Holz, das mit einem Seil an eine Stange gebunden ist, so dass man weder ordentlich ausholen, noch wuchtig drein schlagen kann. Gedroschen werden übrigens nur die38I. Land - und Forstwirthschaft.Aehren, nachdem sie zuvor durch eine der vorher angegebenen Vor - richtungen von den Halmen getrennt worden sind. Die Drescher stehen dabei in zwei Reihen einander gegenüber und es schlägt jede Reihe auf einmal nieder, so dass von einem angenehmen Drei - oder Vierklang, wie er im Herbst aus den Tennen unserer Bauerndörfer uns entgegenschallt, gar keine Rede sein kann.
Eine andere Methode, die Körner aus den Aehren oder Rispen zu befreien, besteht in dem Bearbeiten der Samenträger im Stampf - troge (Usu). Hat man sie dann auf die eine oder die andere Weise von der Spreu gelöst, so findet die Abscheidung nicht auf der Tenne mit der Wurfschaufel, sondern, wie in fast allen wärmeren Ländern, mit Hülfe des Windes statt, indem man das Gemisch in einer flachen Wanne mit den Armen bei Luftzug emporhebt und zu Boden fallen lässt, wobei die leichtere Spreu, wie bekannt, weiter entfernt von den Körnern, also umgekehrt wie in der Tenne, niederfällt.
Bei Leguminosen werden die Hülsen mit den Händen, seltener durch den Stösser im Stampftroge geöffnet und ihres Inhaltes beraubt. Beim Raps dagegen trennt und öffnet man die Schoten durch das bereits erwähnte Schlagen der Stengel gegen den Rand einer Bütte, oder eines Reffs.
Je nach der Art, wie die Samen dem Ackerboden übergeben werden, unterscheidet man bekanntlich die Breit - oder Handsaat und die Reihen - oder Drillsaat. Bei der Breitsaat überschreitet der Sämann in gleichen Abständen der Reihe nach sein Feld und streut mit weiter Bogenbewegung des rechten Arms die Saat in regel - mässigem Tempo aus, die er dann mit Hülfe der Egge (oder des Rechens bei kleineren Stücken Landes) mit Erde zu bedecken sucht. Letzteres gelingt ihm nie vollständig, die Körner kommen nicht blos verschieden tief in den Boden, sondern es bleibt auch immer ein Theil oben aufliegen und geht verloren. Ueberdies wird die richtige und wichtige Vertheilung der Samen oft sehr ungenügend erzielt, da sie nicht blos abhängig ist von der Geschicklichkeit des Sämanns, sondern auch von der Beschaffenheit des Ackerlandes, dem Wetter (z. B. der An - oder Abwesenheit eines starken Windes) und andern Zufällig - keiten. Bei der Reihensaat gelangen die Samen viel gleichmässiger in den Boden, sowohl bezüglich der Tiefe, als auch der Entfernung von einander, indem man sie in geöffnete Rillen streut und je nach Bedürfniss 2 — 10 cm, aber gleich hoch und locker mit Erde zudeckt.
Die Drillcultur*)To drill heisst bohren, Löcher machen. Siehe C. J. Eisbein: Die Drill - cultur. Bonn 1880. ist im Grunde dasselbe, nur mit dem Unter -391. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.schiede, dass man sich bei ihrer Anwendung besonders construirter Maschinen, bei der einfachen Reihensaat dagegen blos der Hände und etwa des Lochstechers bedient; es wird demnach jene mehr bei grösserem landwirthschaftlichen Betriebe, diese aber vorwiegend beim Kleinbauer und Gärtner in Anwendung kommen. Während letztere die Reihensaat, von der die Stufensaat (z. B. bei Bohnen) nur eine besondere Form ist, schon lange anwenden, war und ist noch immer die Breitsaat in unserer Feldbestellung die Regel, welche erst in der neueren Zeit auf grösseren Gütern nicht mehr streng befolgt wird. In Südfrankreich z. B. um Bordeaux hat man die Reihencultur schon längst streng durchgeführt und die Felder für Winterfrüchte dabei, ähnlich wie in Japan, in lange schmale Beete getheilt.
Der chinesische und japanische Landwirth, welcher nur mit ein - fachen Werkzeugen arbeitet, wendet die Reihen - und Stufensaat auf fast alle seine Culturen an, mit Ausnahme der kleinen Saatbeete, auf welchen er den Reis und mehrere andere Gewächse vorpflanzt. Sie ist aufs innigste mit der ganzen Bewirthschaftungsweise der Felder in Ostasien verbunden und gewährt eine Reihe grosser Vortheile, ein - mal durch die Samenersparniss, gleichmässige Keimung, Bestockung und Entwickelung als Folge davon, dass die Samen gleich tief und gleich weit von einander zu liegen kommen, sodann und vor allem aber desshalb, weil sie eine häufigere Lockerung und die Reinhaltung des Bodens erleichtert, eine zweckmässige Anfeuchtung und Düngung der Pflanzen während ihres Wachsthums ermöglicht und endlich die Ansaat für eine zweite Cultur gestattet, wochenlang bevor die erste erntereif ist. So wird z. B. in der Provinz Higo der Weizen im Herbst in Reihen neben den reifenden Reis gesäet, bei Sakai in der Ebene von Ôzaka der Baumwollsamen im Frühjahr neben die Wintergerste. Bei Tabak und Raps habe ich häufig eine Vorzucht im Saatbeet und dann das Verpflanzen auf die frei gewordenen Felder wahrnehmen können.
Bei dem lockeren, stein - und unkrautfreien Ackerboden kennt man die Hindernisse nicht, welche anderwärts Steine und Quecken der Drillsaat entgegenstellen und die Breitsaat nothwendig machen. Dass letztere jedoch auf fruchtbarem Boden mit Geschick ausgeführt im Getreidebau erfahrungsmässig reichere Ernten liefert, wegen der dichteren Stellung der Halme, darf nicht verkannt werden.
Der grösste Theil des japanischen Reislandes liegt den Winter über brach, weil dasselbe nicht reich genug, oder weil der Winter zu lang ist, um eine zweite Ernte zu ermöglichen und dem Reis eine Winterfrucht folgen zu lassen. Von Wasser durchtränkt und zum40I. Land - und Forstwirthschaft.Theil bedeckt, bildet es während der rauheren Jahreszeit mit den benachbarten Gräben und ihrem abgestorbenen Schilf den Tummel - platz vieler Wasservögel. Nur in den milderen Distrikten und auf besonders fruchtbarem Lande wird nach der Reisernte das Feld in eine trockene hata umgewandelt und folgt der Anbau von Gerste, Weizen, Erbsen, Saubohnen, Raps, Senf oder Rettigen, mit denen auch solcher Boden bedeckt wird, welcher den Sommer über man - cherlei Trockenculturen dient.
Ist gegen Ende October die Reisernte vorüber, so wird die tief - gründige Umarbeitung des schon vorher trocken gelegten Landes mit der Hacke vorgenommen und dabei das Feld in lange, schmale und hohe Beete abgetheilt, auf denen dann die Saat in 2 — 4 Reihen mit je 12 — 18 cm Abstand erfolgt. Vielfach findet diese Reihensaat je - doch schon im Anfang October vor der Reisernte statt, oder es wird der im Saatbeet vorgezogene Raps, wie bei uns die Kohlpflanzen, in Furchen neben dem Reis verpflanzt, so dass nach Entfernung des letzteren nur eine Umhackung und Anhäufung der Erde längs der neuen Culturreihen nöthig ist. In jedem Fall wird die Wintersaat im März nochmals reichlich gedüngt, und die Erde um dieselbe gelockert und angehäuft, ähnlich wie es bei uns mit den Kartoffeln und andern Feldfrüchten geschieht. Es mag diese Sitte zum Theil durch die zuwei - len heftigen Staubstürme im Februar und März hervorgerufen worden sein, durch welche nach längerer Trockenheit die fein zertheilte leichte Ackerkrume emporgewirbelt und manche Wurzel blosgelegt wird.
Wie in Andalusien und andern Gegenden der Mittelmeerregion, kommen Raps, Erbsen und Saubohnen auch in Japan im April zur Blüthe; Gerste und Weizen entwickeln kurz darauf ihre Halme und Aehren, dann folgt gegen Ende Mai oder im Juni die Ernte aller dieser Gewächse.
Wo Reisbau sich anschliesst, muss natürlich das Feld vorher in einen Sumpf verwandelt werden, also eine totale Umgestaltung er - leiden. Soll dagegen das Land andere Sommergewächse tragen, so werden entweder die Samen derselben, wie bei Bohnen, Mais, Hirse - arten, 3 — 4 Wochen vorher in Reihen neben die reifenden Rapsstengel, Gersten - und Weizenhalme etc. gesät, oder man verpflanzt die auf dem Saatbeet vorgezogenen Pflänzchen des Tabaks, der Baumwolle, Eierpflanze und andere ebenso in der Regel wochenlang bevor die Winterfrucht erntereif ist. Nicht immer ist eine weite Strecke der Ebene im Sommer ausschliesslich dem Reisbau gewidmet. Vielmehr treten da und dort vereinzelt und eingestreut Trockenfelder auf, die ⅓ — ½ Meter höher liegen und, mit Hirsearten, Baumwolle, Bohnen,411. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.verschiedenen Wurzelgewächsen und anderen mehr bepflanzt, über der gelbgrünen Reisflur sich abheben, wie in unsern Gärten die einzelnen Blumenbeete über dem wohlgepflegten Rasen. —
Bei der nun folgenden Gruppierung und Betrachtung der japani - schen Feldgewächse bin ich im Allgemeinen der natürlichen Einthei - lung des Pflanzenbaues in den meisten unserer landwirthschaftlichen Lehrbücher gefolgt. Da die erste und wichtigste Aufgabe des Acker - baues die Beschaffung menschlicher Nahrung ist und dieselbe vorwie - gend durch die Halm -, Hülsen - und Hackfrüchte gewonnen wird, so gehen diese Gruppen naturgemäss allen andern Feldfrüchten voraus und hat ihr Anbau die älteste Geschichte. Ihnen reihen sich Gemüse und sonstige Küchenkräuter an, welche zum Theil, wie Melonen - und Laucharten, ebenfalls seit Jahrtausenden angebaut werden. Hieran schliessen sich, — wenn auch nicht bezüglich der Gewinnung, so doch hinsichtlich der Verwendung, — Adlerfarren, Pilze, Algen und Algen - präparate an, ferner die essbaren Früchte, welche der Obstbau und der Wald liefern, und endlich die Nahrungs - und Genussmittel, welche wie Sake, Shôyu, Tôfu und andere aus Getreide und Hülsenfrüchten fabrikmässig gewonnen werden. Die nun folgende Abtheilung der Handelsgewächse umfasst die Stimulanten und Droguen, sowie die Oel -, Textil - und Farbpflanzen.
Verschiedene der zum Theil hochwichtigen Repräsentanten dieser Gruppe, wie Oelsaaten, Flachs, Hanf und Tabak, gedeihen in Japan und auch noch auf Yezo ganz vortrefflich. Man wird desshalb bei Erweiterung und rationellem Betrieb des Ackerbaues ihre Cultur in erster Linie ins Auge fassen müssen. Im Getreidebau ist die Ein - führung besserer Saat an Stelle der gebräuchlichen für Weizen und Gerste geboten, da diese im Laufe der Zeit entschieden degenerirt sind, indem sie leichtere Körner und dürftigere Erträge liefern, als bei uns. Sie fallen eben im japanischen Haushalte dem Reis gegenüber weni - ger ins Gewicht, wesshalb ihrer Cultur nicht die gleiche Aufmerksam - keit zugewandt wurde.
Reis, Hülsenfrüchte, Fische und Eier spielten in der Ernährung des Japaners immer die grösste Rolle, wobei der stärkereiche Reis durch die Proteïnmenge der andern zweckmässig ergänzt, in den Gebirgsgegenden aber vornehmlich durch verschiedene Hirsearten er - setzt wurde. In diesem Verhältniss hat auch die Neuzeit keine we - sentliche Aenderung bewirkt.
Der Japaner lernte gleich seinem westlichen Nachbar, dem Chi - nesen, Brot und verwandte Backwaaren erst durch die Portugiesen ken - nen. Von ihnen adoptirte er auch die Benennungen pan und Kasutera42I. Land - und Forstwirthschaft.(sprich Kastéra i. e. Castilla), womit ein schwammiger, safrangelber Kuchen bezeichnet wird. Er blieb jedoch seiner alten Lebensweise treu und machte das Brot gar nicht, den Kuchen aber nur in seltenen Fällen nach, so dass noch jetzt der im Innern des Landes reisende Fremde sich mit Brot oder einem Ersatz desselben versehen muss, wenn er sich nicht der japanischen Lebensweise anbequemen und mit Reis und Grütze begnügen kann oder will. —
Von den verschiedenen mehr oder weniger umfangreichen Ver - zeichnissen japanischer Cultur - und Nutzpflanzen sind mir bekannt und wurden bei Bearbeitung der nachfolgenden Abschnitte mit zu Rathe gezogen:
Nicht sowohl die grössere oder geringere Vollständigkeit und Correctheit dieser Listen, als vielmehr der fast gänzliche Mangel (mit Ausnahme von den unter 5, 7 und 8 erwähnten) von Angaben über die relative Bedeutung der in ihnen aufgezählten Gewächse hat mich be - stimmt, sowohl in der Gruppierung, als auch in der ganzen Behandlungs - weise einen andern Weg einzuschlagen und, — vornehmlich auf ei - gene Studien und Beobachtungen gestützt, — die einzelnen Namen mit solchen Bemerkungen zu begleiten, wie sie mir nach Maassgabe ihrer Bedeutung und zum allgemeinen Verständniss nöthig schienen.
In Japan cultiviert man aus dieser Gruppe als Winterfrüchte: Gerste (O-mugi), nackte Gerste (Hadaka-mugi) und Weizen (Ko-mugi), ferner als Sommerfrüchte: Reis (Kome oder Ine), Rispen -432. Nährpflanzen.hirse (Kibi), Kolbenhirse (Awa), Hahnenfusshirse (Hiye), Fin - gerhirse (Kamo-mata-kibi), Mohrenhirse (Morokoshi), Mais (Tô - morokoshi) und Hiobsthränen (Dzudzu-dama). Es folgt aus dieser Liste, dass von unsern Halmfrüchten Roggen und Hafer fehlen. Wenn dieselben dennoch unter den Culturpflanzen des Landes hier und da angeführt werden, so beziehen sich solche Angaben entweder auf neuere Versuche oder auf Verwechselung mit andern Getreidearten. Ich habe sie nirgends angebaut gefunden, auch zeigt das Zeugniss Ito Keiske’s und anderer Kenner der japanischen Flora, dass sie dem Lande fehlen. Hiermit stimmt überein, dass v. Siebold’s Liste japa - nischer frumenta Roggen und Hafer nicht enthält*)Verhandl. van het Batav. Genotschap XII deel. Batav. 1830. Synopsis Plant. Oec. Univ. Regni Jap.. Dagegen muss der Buchweizen (Soba), obwohl er einer ganz andern Pflanzenfamilie angehört, seiner mehlreichen Samen und ihrer Verwendung wegen hierher gerechnet werden.
Wie bereits früher hervorgehoben wurde, ist das diesen Getreide - arten dienende Land zweierlei Art, nämlich ta, Reisland, und hata, Trockenland, insofern nur das erstere überrieselt und in eine Art Sumpf verwandelt wird. Dasselbe überwiegt in gleicher Weise, wie der Anbau des Reis an Umfang und Bedeutung den gesammten übri - gen Getreidebau weit übertrifft. Dieser hervorragenden Bedeutung des Reis entsprechend, lasse ich hier eine Beschreibung desselben und seiner Cultur folgen und schliesse dann kürzere Bemerkungen über die übrigen Halmfrüchte an.
1) Reis, japanisch Ine, Urushine oder Kome (Oryza sativa L.). Auf einem 50 — 120 cm hohen, nicht sehr kräftigen hohlen Halme entwickelt die Reispflanze (Ine oder Urushine) eine schmale über - hängende Rispe mit einblüthigen Aehrchen und 30 — 60, ja zuweilen 100 Samenkörnern. Es gibt von dieser alten Culturpflanze über 200 Spielarten, begrannte und grannenlose Sorten, Varietäten mit weissen, gelben, braunen und schwarzen Spelzen und Grannen, früh und spät reifende. Auch kennt man eine Abart, den Bergreis (O. montana Lour. ), japanisch Okabo, welcher die grossen Ansprüche der andern Sorten an Wasser nicht macht, sich mit der gewöhnlichen Befeuch - tung seiner Wurzeln durch Niederschläge, wie die andern Halmfrüchte begnügt und desshalb in höheren Lagen und auf abschüssigem Boden wächst, auch eine kürzere Vegetationsdauer (4 Monate, statt 5 — 6) hat und daher auch noch in Klimaten gedeiht, welche für den gewöhnlichen Reis zu rauh sind. Allein die Halme dieses Bergreis44I. Land - und Forstwirthschaft.sind kürzer, die Körner kleiner, die Erträge geringer als bei letzte - rem; daher finden wir ihn in den Hauptreisländern der Erde nur in sehr untergeordnetem Maasse angebaut.
Die Körner des Reis sind mit den Blüthenspelzen innig verwach - sen und dadurch kantig, so dass sie hierin, sowie in ihrer sonstigen Gestalt und Grösse wie auch der Färbung, am meisten der Gerste gleichen, ohne jedoch gegen die Mitte so stark angeschwollen zu sein, wie diese. Solcher ungeschälte Reis führt in Indien und im Handel den Namen Paddy; er kommt jetzt oft in diesem Zustande nach Europa, wird hier geschält und gelangt dadurch in völligerer, schöne - rer Form in den Binnenhandel, als der importierte, welcher fertig für die Küche war. Zu diesem Vortheil gesellt sich eine grössere Halt - barkeit.
Der Reis gehört in den nicht tropischen Ländern zu den Som - mergewächsen und bedarf zu seiner meist sechsmonatlichen Entwicke - lung (Mai bis October) einer Durchschnittstemperatur von mindestens 20°C. und eines mit Wasser getränkten Bodens, wenigstens in der ersten Hälfte seiner Vegetationszeit. Seine Ansprüche an ein warmes Klima sind grösser, als bei den meisten andern Getreidearten, und be - züglich der Feuchtigkeit grösser, als bei fast allen andern wichtigen Culturpflanzen, selbst die Dattelpalme nicht ausgenommen. Diesen Bedürfnissen entsprechend, finden wir den Reisbau nur in der tropi - schen und den wärmeren Theilen der gemässigten Zone, zumeist in Niederungen, wo Bewässerung des ebenen Feldes möglich ist, oder häufige reiche Niederschläge dieselbe ersetzen. In ganz Ost - und Südostasien einschliesslich Indiens ist, wie Grisebach in seiner » Vegetation der Erde « mit Recht hervorhebt, die Benutzung der Re - genperiode, welche im Frühling dem Monsunwechsel folgt, für die ersten Vegetationsphasen des Reis die natürliche Grundlage seiner Cultur.
Aber der Eintritt dieser Monsunregen erfolgt keineswegs überall und immer mit der gewohnten Regelmässigkeit und Stärke. Wo, wie in den meisten Gebieten Vorder - und Hinterindiens, die künstliche Bewässerung des Reislandes nicht durchgeführt ist, bewirkt eine Ver - spätung dieser Monsunregen die Verschiebung der ganzen Cultur, ein schwaches Maass derselben aber Misswachs und Hungersnoth. Japan ist dank seiner schnee - und wasserreichen Gebirge und Bewässe - rungsanlagen, welche gleich denjenigen China’s zum Theil schon mehrere Tausend Jahre alt sind, bis zu einem gewissen Grade un - abhängig von diesen Monsunregen und hat desshalb eine feststehende Zeit für Aussaat und Ernte, die wir der langen Winter und ihrer452. Nährpflanzen.niedrigen Temperaturen wegen als eine nothwendige ansehen müssen. Im warmen Indien dagegen kann sich die Culturperiode des Reis und anderer Feldfrüchte vielmehr der Regenzeit anpassen; sie fällt aus diesem Grunde an der Küste Coromandel z. B. in den Winter.
Die Nordgrenze des Reisbaues erreicht in der alten Welt stellen - weise, z. B. in der Poebene, den 45. Breitengrad, in Amerika bleibt sie 10 Grad weiter südlich; auf der südlichen Hemisphäre geht der - selbe nur wenig über den Wendekreis hinaus, z. B. auf Madagascar. Für Japan bildet die Tsugaru-Strasse unter 41½° N. die Nordgrenze.
Ueberall, wo seine Grundbedingungen vollkommen erfüllt werden, lohnt der Reis den Fleiss des Landmanns mehr als jede andere Halm - frucht und bringt 30 — 40 Bushels Ertrag à 20 — 25 kg per acre oder 40,5 per Are. In Japan liefert ein Tan = 300 Tsubo oder 10 Are des besten Reislandes einen Ertrag von 2,4 koku = 4,36 hl geschäl - ten Reis, entsprechend 5,8 hl Paddy, oder 58 hl auf die ha, wäh - rend der Durchschnittsertrag pro ha = 27,5 hl geschälter Reis oder 36,6 hl Paddy ist. In Norditalien, wo Rotation die Regel und un - unterbrochener Reisbau die seltene Ausnahme ist, bringt frisches Land bei jener im günstigsten Falle 70 hl pro ha und bei dieser 40 hl Die grössere Ertragsfähigkeit ist hier dem Wechselbau und der Breit - saat, zum Theil auch der grösseren Fruchtbarkeit des Bodens zuzu - schreiben.
Schon im hohen Alterthume wurde der Reis im Monsungebiete Asiens cultiviert, und obgleich alle sicheren Spuren seines Ursprungs verloren gegangen sind, das buddhistische Landvolk in China und Japan ihn aber für ein direktes Geschenk der Götter ansieht, so ist doch sicher, dass er sich gleich so mancher andern Nutzpflanze von Indien aus verbreitet hat. Darauf weist die alte Geschichte China’s in unzweideutiger Weise hin, wie nicht minder der Umstand, dass vom Sanskritnamen vrîhi der iranische brizi und der griechisch - lateinische oryza kommen, von welch letzterer Benennung wiederum alle romanischen, germanischen und slavischen Namen für das Ge - treide stammen und leicht abgeleitet werden*)Siehe de Candolle » L’origine des Plantes cultivées « pag. 310 und Hehn: Culturpflanzen und Hausthiere.. Der Russe heisst es entweder riss oder saratschinskoë pschenó, d. h. » sarazenische Hirse «.
Gegenwärtig cultiviert man den Reis fast im ganzen Monsun - gebiete: in Japan mit Ausnahme von Yezo und den Kurilen, in Korea, China, auf allen Malayischen Inseln, in Vorder - und Hinterindien, im46I. Land - und Forstwirthschaft.Tarimbecken, z. B. bei Yarkand, bei Kabul noch in nahezu 2000 m Höhe, in Persien, Armenien und Mesopotamien, soweit es die ver - nachlässigten Bewässerungssysteme noch zulassen, in Arabien. Schon frühzeitig wurde Madagascar, wahrscheinlich in Folge malayischer Einwanderung, eine Culturstätte unserer Pflanze. Sie liefert daselbst noch heute das wichtigste Nahrungsmittel und hat davon noch für die Mascarenen übrig. Brot war hier vor Berührung mit den Europäern ebenso unbekannt, wie in Ostasien. Araber brachten den Reisbau zuerst an die Ostküste Afrikas und in die Mittelmeerregion: nach dem Nildelta, Sicilien und Spanien. Noch jetzt liegt in Ostafrika, wie auf den Mascarenen der Handel mit Reis ganz in ihren Händen. Durch das gleiche Agens drang der Reisbau durch Innerafrika bis zur tropischen Westküste vor; doch wird er hier nur strichweise betrie - ben, wie in Ashanti am Volta, und in Liberia, dessen farbige Colo - nisten ihn indess von Amerika mitbrachten.
In Aegypten beschränkt sich die Reiscultur auf das Deltagebiet, vornehmlich bei Rosette und Damiette.
Auf der Balkanhalbinsel eignen sich Terrain und Klima nur stel - lenweise, die trägen Türken aber gar nicht zum Reisbau. Wo der - selbe, wie an der Maritza, früher blühte, ist er in Folge der grossen Nachlässigkeit der Regierung verschwunden. Dasselbe gilt zum Theil auch von Portugal und Spanien. Letzteres baut noch Reis, soweit es die alten Wasserleitungen in den Huertas von Valencia gestatten.
Unter den europäischen Staaten spielt nur Italien als Reisprodu - cent eine Rolle. In der Lombardei, besonders um Vercelli, in Pie - mont, Venedig und der Aemilia (wenig auf Sicilien und in Toscana), auf etwa 230000 ha gewinnt es jährlich für etwa 70 Millionen Lire Reis, so dass dessen Cultur einen wichtigen Factor seines National - wohlstandes ausmacht.
Werfen wir nun zur Ergänzung dieser kurzen Rundschau auch noch einen Blick auf die Neue Welt. Die ersten Anbauversuche mit Reis in Carolina datieren vom Jahre 1647. Im Jahre 1694 kam durch ein holländisches Schiff abermals Saatreis, und zwar von Madagascar, nach der Hauptstadt Charleston, wurde durch den damaligen Gouver - neur Smith unter verschiedene Colonisten vertheilt und bildete die Grundlage zu der von da ab sich rasch entwickelnden Cultur. Sie erstreckt sich heutzutage über Süd-Carolina und Georgia und ragt auch noch etwas in die Nachbarstaaten hinein. Die gesammte Pro - duction der Vereinigten Staaten an dieser geschätztesten aller Reis - sorten wird auf 4 Millionen kg veranschlagt.
In den spanisch-amerikanischen Republiken hat der Reisbau nie472. Nährpflanzen.und nirgends eine grössere Bedeutung erlangt, wohl aber in Brasilien, welches ihn in den Küstenprovinzen zwischen dem Amazonas und San Francisco betreibt. —
Reis dient der Mehrzahl des Menschengeschlechts zur Nahrung und bildet bei wenigstens einem Drittel desselben die vorwiegende tägliche Speise. Auf einen malayischen Arbeiter Hinterindiens rechnet man monatlich 28 kg Reis, auf einen Siamesen sogar 32 kg und nicht viel weniger als 1 kg täglich braucht auch der Chinese und Ja - paner, wenn er sich vorwiegend von Reis nährt. In Europa sind Türken und Engländer die stärksten Reisconsumenten, jene, insofern ihr Nationalgericht, der Pilau, hauptsächlich aus in Wasser gekochtem Reis besteht, diese, indem sie beträchtliche Quantitäten zur Herstel - lung von Pudding verbrauchen.
Die wichtigsten Bezugsquellen für Reis sind die indischen Häfen Calcutta, Akyab, Màlmén, Basseïn und Rangun, sowie Bangkok und Batavia, ferner Aegypten, Norditalien, Südcarolina und Brasilien.
Der Reis enthält weniger Nährstoff als die meisten andern Ge - treidearten, ist aber unter allen am leichtesten verdaulich. So eignet er sich denn auch besonders als Kost für Kinder und Greise, wess - halb man ihn diesen und den Kranken in China und Japan auch gern in den Gegenden reicht, wo der Reisgenuss als ein Luxus angesehen wird, den sich der gesunde Bauer und Handwerker nur ausnahms - weise gestatten darf, wie beispielsweise in den chinesischen Provinzen Honan, Shensi und Shansi, sowie in den Gebirgsgegenden Japans.
Die Sorgfalt, welche der Landmann seinem Reisfelde in Ostasien, zumal in Japan, zuwendet, verdient die höchste Anerkennung. Zum bienenartigen Fleisse zur Zeit der Bestellung desselben gesellt sich hier jener heitere Sinn, unter welchem auch die schwere, schmutzige Arbeit leicht und rasch von Statten geht. Im April beginnt dieselbe damit, dass eine Ecke des Reisfeldes als Saatbeet zubereitet wird. Zu dem Zweck wird das Land mit einer Hacke an langem Stiel sorg - fältig rajolt, geebnet und ringsum mit einem kleinen geglätteten und dichten Erddamm von 25 — 40 cm Breite und Höhe versehen und mit einem kleinen Wasserlaufe oder Bewässerungsgraben, wenn möglich, in Verbindung gebracht, so dass man es nach Bedürfniss überrieseln kann. Als Dünger wendet man gern den ausgehobenen Schlamm eines benachbarten Canals an, wenn ein solcher vorhanden ist, und bedeckt damit etwa 20 cm hoch das zubereitete Saatbeet. In Ermangelung solchen Schlammes müssen Asche und andere schnell wirkende Dung - stoffe, wie gestampfte Bohnen, Compost oder Fäcalstoffe dienen. Hierauf öffnet man den Damm an einer Stelle, lässt Wasser zufliessen und das48I. Land - und Forstwirthschaft.Beet etwa 6 cm hoch überrieseln, worauf der Samen aus flacher Wanne mit der Hand darauf gestreut wird. Derselbe wurde aufs sorgfältigste ausgewählt, in vielen Fällen auch tagelang vorher unter Wasser ge - halten. Die Reiskörner sinken rasch unter und liegen dann ziemlich dicht neben einander auf und in dem schlammigen Boden. Nach 4 — 5 Tagen haben sie schon gekeimt. Das Wasser, welches unter anderm auch den Vortheil bot, die frische Saat vor Vögeln zu schützen, ist verdunstet oder in den Boden gedrungen und muss, wenn kein Regen eintritt, durch einen neuen Zufluss aus der Leitung ersetzt werden. In der Regel wird aber das Saatbeet nur Nachts überrieselt und bei Tage trocken gelegt. Jenes dient zum Schutz gegen die Kälte, dies zur grösseren Erwärmung des Bodens durch die Sonne.
In den meisten Gegenden Japans findet diese Aussaat des Reis gegen Ende April oder Anfang Mai statt und etwa 30 — 45 Tage später das Verpflanzen. In einigen Distrikten, z. B. in den Provinzen Mino und Shináno (südwestlich von Tôkio im Innern von Hondo), pflegt man ganz allgemein die Cultur 2 — 4 Wochen später zu beginnen,*)In Shináno gilt allgemein der 33. Tag vor Hange (der 2. Juli) als die Zeit zur Aussaat. in andern, wie bei Kôchi in Tosa (auf der Insel Shikóku), ebensoviel früher. Dies hängt theils von klimatischen Ursachen ab, insofern die zur Reisentwickelung nöthige Boden - und Wassertemperatur in den verschiedenen Landestheilen erst spät oder schon zeitig im Frühling eintritt, vornehmlich aber davon, dass in fruchtbaren Niederungen, wie der reichen Ebene in Mino, das Reisland nicht brach lag und seine Winterfrucht, besonders Gerste und Raps, erst im Juni reif und ge - erntet wird, so dass vor Mitte oder Ende dieses Monats das Feld zur Aufnahme der jungen Reispflanzen nicht hergerichtet sein kann.
Weitaus der grösste Theil des japanischen Reislandes liegt den Winter über brach und bildet, zum Theil mit Wasser bedeckt, eine Art Sumpf, den Tummelplatz wilder Enten, Gänse und Becassinen. Dies ist vornehmlich der Fall, wo der Boden zur Erzielung zweier Jahresernten nicht geeignet ist, sei es, dass der Winter zu lang und die Vegetationszeit auf zu wenige Monate beschränkt ist, sei es, dass er vorzugsweise aus den weniger fruchtbaren Zersetzungsprodukten alter Schiefer und krystallinischer Gesteine besteht und desshalb zeit - weise ruhen muss. Von einer andern Wechselwirthschaft ist aber beim Reislande Ostasiens keine Rede; seit vielen Jahrhunderten dient es jeden Sommer dem gleichen Zweck.
Während in andern Ländern die Reisfelder mit Pflügen, gezogen492. Nährpflanzen.von Büffeln oder Ochsen umgewendet werden, verrichtet man in Japan und China diese Arbeit vorwiegend mit den Händen. Der Arbeiter ist dabei barfuss und nur mit groben, hanfleinenen und bis zu den Lenden reichenden Hosen bekleidet. Sein gewöhnliches Werkzeug ist eine dreizinkige Hacke an langem Stiel oder ein kleiner Spaten. So sieht man z. B. in der Umgebung von Tôkio und Nagasáki selten Zugthiere beim Reisbau verwenden. In andern Gegenden dagegen z. B. bei Ôzaka und in der Provinz Mino wird das Land umgepflügt.
Die Dämme um die alten Reisfelder und Canäle sind Anfang Mai mit den schönen Blüthen einer kriechenden Papilionacee (Astragalus lotoides) stellenweise wie mit einem rothen Teppich bedeckt. Es be - ginnt um diese Zeit die Herrichtung der Felder zur Aufnahme der Setzlinge. Zur Verbesserung des Bodens streut man das geerntete Raps - stroh, gebrannten Kalk und vor allen Dingen Gründünger ein, wie in China; doch wird letzterer nicht wie hier durch Aussaat von Klee und andern Gewächsen besonders erzeugt. Es ist vielmehr ein Gemisch von Gras, Kräutern und Halbsträuchern, wie es an den Bergabhängen und in den Lichtungen der Wälder in Menge wächst. Frauen und Kinder sammeln diesen Dünger ein und bringen ihn in Traglasten herbei zum Felde, bei welcher Arbeit erstere gewöhnlich den Männern gleich mit hellblauen Hosen und Kittel aus selbstverfertigter grober Hanflein - wand bekleidet sind. Nur wo höher und weiter in den Bergen dieser Gründünger zu holen ist, übernehmen Männer mit Packpferden die Beschaffung. Dieser vegetabile Dünger wird entweder beim Pflügen oder Umhacken des Landes in die Furchen geworfen, oder wie der pulverförmige Aetzkalk nach dem Ebnen aufgestreut. Mit Schlamm und Wasser bedeckt, verfault er rasch, so dass nach wenigen Wochen jede Spur desselben von der Oberfläche verschwunden ist. Gebrannten Kalk und Kalkhydrat habe ich in den verschiedensten Gegenden des Landes als Dünger der Reisfelder, nicht bei andern Culturen anwenden sehen, meist da, wo der Boden aus den Zersetzungsprodukten kalk - armer Schiefer - und Granitgebirge entstanden ist und noch nicht viel Humus enthält, selten in vulkanischen Bezirken. Dies mag jedoch auch darin seinen Grund haben, dass der Kalkstein oft weiten Strecken fehlt, insbesondere vulkanischen Distrikten. Fäcalstoffe wendet man beim Reisbau weniger an, als bei andern Culturen, so dass man im Sommer bei einem Gang durch die überrieselten Reisfelder keineswegs von dem unangenehmen Geruch nach ihnen so oft berührt wird, wie man dies denken sollte.
Nach der Umarbeitung, Ebnung, Düngung und Ueberrieselung des Reisfeldes, Arbeiten, denen natürlich die Herstellung der DämmeRein, Japan II. 450I. Land - und Forstwirthschaft.vorausgehen musste, ist dasselbe zur Aufnahme der neuen Pflanzung vollständig hergerichtet. —
Von ganz besonderer Wichtigkeit erscheint das Bewässerungs - system. Jede Scheidewand des Reisfeldes hat eine oder mehrere kleine Durchstiche, hier für den Zutritt, dort für den Abfluss des Wassers. Kommt dieses von einem Bergabhang, so wird es zunächst zum höchst gelegenen Felde der Thalsohle oder Terrassenanlage ge - leitet.
Der kleine Wasserlauf — ein starker würde ja zu viel Gefahren für’s Feld bringen — überrieselt dasselbe bis zu einer gewissen Höhe und fliesst dann über zum nächsten Grundstück, bewirkt hier bald das - selbe, geht hierauf über zur dritten Stufe und so fort von Terrasse zu Terrasse, bis das ganze System bewässert ist. Natürliche Flussbette, oder Canäle mit Betten, welche tiefer liegen als die Felder, durch - ziehen das Ganze, um das Wasser, wenn es nicht mehr nöthig ist, aufzunehmen und fortzuführen. Auf diese Weise steht es stets unter vollkommener Controlle, die nur bei längeren starken Regen aufhört.
In wasserarmen Distrikten, solchen, die mehr auf Regen, denn auf die Zufuhr durch Flüsse aus höheren, bewaldeten Gebirgen ange - wiesen sind, hat man Teiche angelegt, damit, wenn in trocknen Sommern die natürlichen Zuflüsse versiegen, der in jenen aufge - speicherte Wasservorrath aushelfen könne. Viele dieser Teiche haben bereits ein hohes Alter; auch wird in der ältesten Landesgeschichte schon solcher Anlagen durch den einen oder den andern Mikado ge - dacht. In ebenen Gegenden und nach längerer Trockenheit werden, wie in China, Indien und anderwärts Schaufelräder angewandt, um das unentbehrliche Wasser aus den tiefer gelegenen Gräben zu heben und den Reisfeldern zuzuführen. Dies geschieht jedoch vielfach auch mit Händen und Schaufeln. Eine beliebte Methode, welche ich auch in Aegypten anwenden sah, ist ferner die, dass zwei Männer sich an den beiden Ufern gegenüberstellen und eine dicht geflochtene Korb - wanne an starken Seilen derart zwischen sich im Takte schwingen, dass dieselbe mit jeder Abwärtsbewegung der Arme in’s Wasser taucht und das dabei Geschöpfte beim Aufsteigen in eine zum Felde führende Leitung ausleert. — Im Herbst, wenn die reifende Ernte des Wassers nicht mehr bedarf, oder auch sonst, wenn Regen das Bedürfniss des Feldes zur Genüge deckt, werden die Zuflüsse verstopft und die Quell - wasser in ihren natürlichen Canälen gelassen. —
So sehr sich nun aber auch die japanische Reiscultur durch diese künstliche Bewässerung vortheilhaft von der im südlichen Monsun - gebiet, z. B. in Siam, unterscheidet, so erreicht sie doch den rationellen512. Nährpflanzen.Betrieb und, wie bereits angegeben wurde, die Resultate derjenigen in der Poebene in keiner Weise.
Nirgends auf der Erde ist wohl das Bewässerungssystem so gross - artig, plan - und zweckmässig durchgeführt, als dasjenige, durch welches die » Società d’Irrigazione dell’Ovest della Sesia «, das Wasser der Sesia den Reisfeldern bei Vercelli und Umgegend zuführt, von dem jedes Liter bezahlt werden muss, dessen rationelle Verwendung jedoch durch hohe Erträge diese und andere Auslagen reichlich lohnt.
Im Juni — selten früher oder später, und etwa 30 — 45 Tage nach der Aussaat — werden die jungen Reispflanzen vom Saatbeet auf das zubereitete und 6 — 10 cm hoch überrieselte Land verpflanzt. Die Setzlinge (naë) haben dann eine Länge von 18 — 24 cm. Nach dem Ausrupfen bindet man sie in kleine Bündel, so gross, dass man sie mit der Hand noch umfassen kann. Ein Mann nimmt eine Menge solcher Päckchen unter den Arm, und indem er damit sein Feld durch - watet, wirft er sie einzeln und nach Bedarf rechts und links auf das Wasser. Andere, Männer und Frauen, heben dieselben auf und das Pflanzen beginnt. Man setzt je 4 — 6 Pflänzchen zusammen, die ein - zelnen Büschel in Reihen und bestimmt die Abstände von 20 — 25 cm durch das geübte Augenmaass, so dass zwischen 1200 und 3000 Büschel auf eine Are kommen. Silberreiher und Kraniche folgen den emsigen Pflanzern, wie bei uns Stare und Bachstelzen dem Pflug des Ackers - manns, und haschen die vorkommenden Larven und Schnecken auf.
Von dem erstaunlich raschen Verlauf, den all die erwähnten Arbeiten auf dem Reisfelde nehmen, möge hier ein Beispiel zeugen:
Im Frühjahr 1875 hatte ich zu verschiedenen Zeiten Gelegenheit, die Ebene von Ôzaka, welche vom Yodógawa, dem Abfluss des Biwa - Sees, bewässert wird, zu durchreisen. Am 1. April zeigten sich darin die ersten Rapsblüthen, Gerste und Weizen hatten noch keine Halme gebildet, von brachliegenden Reisfeldern war wenig zu sehen. Am 3. Juni, also kaum 9 Wochen später, als ich abermals desselben Weges kam, hatte die Raps - und Gerstenernte begonnen und auch der Weizen näherte sich rasch der Reife. Wiederum bot sich mir am 26. Juni, also drei Wochen später, Gelegenheit, diese fruchtbare Ebene zu sehen und mich ihrer schönen Cultur zu erfreuen. Welch ein Wechsel hatte sich in der kurzen Zeit vollzogen! Von den Winterfrüchten: Raps, Gerste, Weizen, Erbsen, Saubohnen, von den hohen Beeten und tiefen Furchen der trocknen Felder, von den zahlreichen vergnügten Menschen, welche am 3. Juni emsig mit der Ernte beschäftigt waren: von dem allen ist jetzt nichts mehr zu sehen. Wie durch einen Zauber umgewandelt, erscheint das ganze weite Feld. Grosse Strecken desselben sind4*52I. Land - und Forstwirthschaft.geebnet, mit Dämmen und Gräben umgürtet und in einen Sumpf ver - wandelt, dessen schlammigen Boden überall lieblich grüne Reispflanzen bedecken, aus dem nur hier und da einzelne trockne Parcellen mit an - dern Culturen hervorragen. Hin und wieder nur sieht man gemessenen Schrittes einen Landmann dieses Reisfeld durchschreiten, um hier mit seiner Hacke einen Wasserzufluss zu regulieren, dort einige Pflänzchen mit den Händen fester anzudrücken oder nicht angegangene durch andere zu ersetzen. Silberreiher fischen in diesem künstlichen Sumpf zwischen den grünen Reihen der Reisbüsche und Menschen in den sie trennenden Wassergräben. Noch wenige Wochen und man blickt auf einen continuirlichen Teppich des schönsten Smaragdgrüns, wie über einen künstlichen Rasen, in welchem auch die Blumenbeete in Gestalt kleiner Trockenparcellen mit Baumwolle, Hirse und Gemüsesorten nicht fehlen.
Ist der Reis verpflanzt und haben auch die Erddämme dadurch noch eine weitere Verwendung gefunden, dass man in 20 — 40 cm Entfernung auf ihnen kleine kreisförmige Vertiefungen macht, dieselben mit je 3 — 6 Buschbohnen belegt und mit Erde und Reisschalen zudeckt, so hat man die Hauptarbeit beendet. Es erübrigt nur noch in etwa 14 Tagen, wenn die Reispflanzen auf dem neuen Boden ihr Wachs - thum wieder begonnen haben, sie nochmals fester anzudrücken, die im Wasser und Schlamm noch vergrabenen Erdschollen zu zerdrücken und zu ebnen, Arbeiten, welche lediglich mit den Armen und Händen ausgeführt werden.
Von nun ab ist nur noch Aufmerksamkeit auf die Bewässerung nöthig, eventuell auch Fernhaltung des Unkrauts und eine zweite Lockerung längs der Reihen.
Andern Beschäftigungen, wie der Seidenzucht, dem Ernten und Zubereiten des Färberknöterichs (Polygonum tinctorium), der zum Blaufärben wie Indigo dient, kann ein Theil der Kraft und Zeit ge - widmet werden, während auch noch Musse bleibt, um an einem Götter - feste sich einen vergnügten Tag zu machen oder eine Pilgerreise nach einem berühmten Berg oder Tempel anzutreten, wenn eine gute letzt - jährige Ernte den dazu nöthigen Sparpfennig lieferte.
Die Blüthezeit des Reis fällt in den Anfang September, die Ernte von Ende September bis Ende October, ja vielfach noch in den November. Es ist die Zeit, wenn in den Tempelhainen die gelb gewordenen Blätter des Icho oder Ginko (Salisburia adianthifolia Smith), vom Morgenthau geknickt, langsam zu Boden fallen und die Momiji (Acer polymorphum S. u. Z.) sich prachtvoll roth färben.
» Schauet die vollen Rispen im herbstlichen Reisfelde, jede ein532. Nährpflanzen.Zeuge von des Sommers Hitze und Arbeit! « heisst es in schöner und bezeichnender Weise in einer neueren Sammlung buddhistischer Pre - digten. Und wohl kann der Anblick dieser » goldenen Saaten in den Thälern « Auge und Herz erfreuen. Ein ganzer Büschel Halme mit schwerwiegenden Rispen, welche aus jeder kleinen Gruppe von Setz - lingen hervorging, lohnt reichlich den auf diese verwendeten Fleiss. —
Der reife Reis wird mit kurzen Sicheln, wie in China, unmittel - bar über der Erde abgeschnitten, denn auch das Stroh ist ein ge - schätztes viel verwandtes Material. In kleinen Gebunden, mehr Bündel als Garben, hängt man das abgeschnittene Getreide an Stangen auf, schichtet es um die Erlenstämme längs der Gräben oder bringt es direkt nach Hause. Zur Gewinnung der Körner bedient man sich weder der Dreschflegel, wie bei uns, noch des Viehes (Ochsen oder Maulthiere), wie im Mittelmeergebiete, sondern eigenthümlicher Vorrichtungen, welche an unsere Flachsreffen erinnern, vermittelst deren bekanntlich die Kapseln von den Stengeln getrennt werden. Ein anderes Ver - fahren, welches bereits Thunberg erwähnt, besteht einfach darin, dass man mit den Rispen gegen den Rand einer Tonne oder Bütte schlägt, wobei die Körner schon von den Halmen fallen.
Das Schälen der Reiskörner erfolgt in der Regel erst beim Be - darf. Eine einfache, sehr verbreitete Vorrichtung zu diesem Zweck besteht in einem runden Trog*)Die Insel Luçon (Lozon) oder Isla de los Losones hat von solchen Stampf - trögen (lusong) ihren Namen. aus einem ausgehöhlten Holzblock oder Stein, in welchen der Paddy geschüttet und mit einem hölzernen Stösser so lange bearbeitet wird, bis die Schalen von den Kernen ge - trennt sind. Ferner benutzt man Wasserkraft und ähnliche Vorrichtungen, wie bei uns den Stampfapparat der Oelmühlen.
Die primitivste, einfache Reisschälmaschine findet man in japa - nischen Gebirgsthälern sehr häufig und benutzt sie auch zum Zerpochen der Materialien für die Thonwaaren-Industrie. Ein behauener Balken fungiert als zweiarmiger Hebel. Der eine, schwerere Arm trägt am Ende den mit Eisen beschlagenen, rechtwinkelig angefügten Bolzen, der sich gleich dem Reistroge in einem Bretterhäuschen befindet. Der zweite, nach aussen gerichtete Hebelarm ist gewöhnlich länger und gegen sein Ende schaufelförmig ausgehöhlt. Auf diese Schaufel fliesst herbeigeleitetes Wasser, füllt sie bald und drückt sie nieder. Hierbei entleert sie sich, worauf der unterdess gehobene Stösser am Ende des andern Arms niederfällt u. s. f. Die Arbeit geht langsam voran, aber hier ist in Wirklichkeit » time no money «.
Der Reis ist mit dem ganzen Leben des Japaners eben so innig54I. Land - und Forstwirthschaft.verknüpft, wie mit dem des Malayen und Hindu. Dies zeigt sich unter anderm auch darin, dass seine Sprache für fast jede besondere Form ein anderes Wort hat. So heisst die auf dem Saatbeet erzielte junge Reispflanze vor dem Versetzen Naye (sprich naë), die mehr entwickelte auf dem Reisfelde İne. Kome (oder Kuromai) ist der Name für die Körner (Paddy), nachdem sie von der Spreu gereinigt sind. Mit Momi oder Mominai bezeichnet man den ungeschälten, mit Hakumai und Tsukigome den geschälten Reis. Ist letzterer gekocht und warm, so nennt man ihn Meshi, Gozen, oder O-mamma (Bezeichnung bei den Kindern), aber Hiya-meshi, wenn er kalt ist. Nach der Zeit der Reife unterscheidet man Wase, Nakade und Oku, d. h. Früh -, Mittel - und Spät-Reis. Der erstere wird Mitte September, der Spätreis erst gegen Ende October geerntet. Letzterer wiegt bei weitem vor und liefert die Haupternte.
Mit Okabo bezeichnet man, wie schon früher erwähnt wurde, den Bergreis, mit Uruchi den gewöhnlichen Reis, mit Mochi-gome (chin. no, malayisch pulut, in Java kattan, bei den Franzosen riz gluante) den Klebreis (Oryza glutinosa Rumph.), eine besondere, vielfach schwarzspelzige Sorte, bei welcher man früher annahm, dass ein Theil des Stärkemehls in Dextrin umgewandelt sei. *)Siehe Näheres weiter unten bei den Analysen.Geschält sind die Körner des Klebreis sofort durch ihre weissliche Farbe und Glanz - losigkeit, sowie durch den stearinähnlichen Bruch zu erkennen. Das Mehl liefert einen zähen, höchst elastischen Teig, wie das kleber - reichste Weizenmehl. Man verwendet es besonders zur Darstellung kleiner runder Kuchen, die, mit Bohnenmehl und Zucker gefüllt, unge - backen gegessen werden und sehr beliebt sind, ferner zu Kleister. Dieser Klebreis wird im ganzen Monsungebiete cultiviert und ist in seinen Eigenschaften, keineswegs aber seinem Aussehen die auf - fälligste von all den vielen Reisvarietäten.
Da der in Wasser oder Wasserdampf gekochte Reis bei jeder der drei Mahlzeiten des Japaners das wichtigste Gericht bildet, so pflegt man dieselben kurzer Hand Gozen zu nennen und als Asa-gozen, Hiru-gozen und Yu-gozen (wörtlich: Morgen -, Mittag - und Abend - reis) zu unterscheiden,**)In China heisst in ähnlicher Weise eine Mahlzeit nehmen » tschi fan «, d. h. Reis essen. Williams: The Middle Kingdom I. 772. gerade so, wie wir von einem Morgen -, Mittag - und Abendbrot reden.
Da die Hauptreisernte, die des Oku gegen Ende October fällt, die Aussaat aber meist in die zweite Hälfte des April oder Anfang Mai, so bedarf diese wichtigste japanische Reissorte ein volles halbes552. Nährpflanzen.Jahr zu ihrer Entwickelung. Eine fast gleich lange Vegetationsdauer hat Reis in den Battaländern Sumatras und verschiedenen andern tropischen Monsungebieten. Vergleicht man die Vegetationszeit des Reis in der Poebene z. B. um Vercelli mit der von Japan, so ergibt sich, dass erstere einen Monat früher anfängt und ebenso viel früher endet. Ostiglia und jap. Spätreis werden hier gegen Ende März gesäet und Ende September geerntet. Nach der ersten Octoberwoche befindet sich in Norditalien nur noch wenig Reis auf den Feldern.
Dass die Revenüen der Daimio’s und Samurai früher nach koku Reis*)Ein koku (oder 182,5 Liter) Reis wiegt durchschnittlich 145 kg und kostet in Japan 3 — 4½ Dollar (12 — 18 Mk.) bestimmt und in Natur geliefert wurden, ist bereits oben her - vorgehoben worden, ebenso, dass der neueren Besteuerung die Erträge des Reislandes zu Grunde liegen. Selbst die Volkszählungen fanden früher — allerdings auf sehr mangelhafte Weise — nach Production und Consum des Landes an Reis statt. Nichts desto weniger gibt es Hunderttausende armer Gebirgsbewohner, die sich freuen, wenn ihre be - schränkten Felder Gerste - und Hirsearten producieren, bei welchen Reis ein Luxusartikel ist, der höchstens Kranken und schwächlichen Kindern, selten aber den gesunden Erwachsenen zu Theil wurde.
Man unterscheidet in Japan drei Hauptreisdistrikte, von denen der nördliche seinen Ueberschuss vorwiegend nach Tôkio liefert; aus dem mittleren und südlichen Reisdistrikte gelangt er noch immer zum grössten Theil nach Ôzaka, welches im Reis - und Seidenhandel, so lange das Land abgeschlossen war, stets den Hauptmarkt abgab. In Honshiu oder Hondo sind als wichtigste Reisgegenden zu nennen: die grösseren Ebenen im Unterlauf der drei bedeutendsten Flüsse (San-dai - ka): des Toné -, Kisó - und Shinanó-gawa, also die Ebene des Ku - wantô, die Ebene der Provinzen Mino, Owári und Ise, sowie die von Echigo. Sodann sind noch zu bemerken: die Ebene von Ôzaka am unteren Yodó-gawa, die Sendai-Ebene, die Ebene von Akita am jap. Meer und von Mongami im Innern, die Aidzu-taira und Iwáki-taira, so - wie verschiedene andere. Auf Shikóku zeichnen sich durch ausgedehn - teren Reisbau aus: Awa, Theile von Sanúki und die Gegend von Kôchi, auf Kiushiu: Higo, besonders in der Nähe der Hauptstadt Kumamóto, sodann Bungo, Chikúgo und das östliche Hiúga am Stillen Ocean.
Japanischen Reis hält man für den besten in ganz Ostasien und schätzt ihn höher, wie den von Java oder aus Indien. Geschält hat er ein mittelgrosses schönes Korn, matten Seidenglanz und glasigen Bruch. Er ist sehr schmackhaft. Dies gilt insbesondere von den ge - schätzten Sorten aus den Provinzen Higo und Mino. Aus letzterer56I. Land - und Forstwirthschaft.bezog denn auch der Haushalt der Tôkugawa Shôgune in Yedo stets seinen Bedarf. Ein Theil des japanischen Reis wird zur Sake - oder Reisbierfabrikation verwendet. (Siehe hierüber den betreffenden Abschnitt). Das Reisstroh wird weder als Viehfutter oder Streu, noch zur Dachbedeckung verwendet, sondern dient einer nicht unwichtigen Industrie, welche daraus Sandalen (auch für Lastthiere), Packseile und anderes Packmaterial verfertigt.
Von den verschiedenen Analysen, welche in der letzten Zeit über wichtige japanische Nahrungsmittel veröffentlicht wurden, mögen hier zum Schluss einige auf Reis bezügliche folgen:
Tafel I.
Von diesen Analysen beziehen sich a, b und c auf ungeschälten. d auf geschälten Reis. Erstere wurden wie auch Tafel II von Keller in Nobbe’s Landwirthschaftl. Versuchsstationen Bd. XXX, 1884 ver - öffentlicht, die letztere von Kreusler & Dafert in Landwirthsch. Jahrbücher Bd. XIII pag. 767. Keller fand keinen bemerkenswerthen Unterschied in der chemischen Zusammensetzung des Sumpfreis, Berg - reis und Klebreis. Dagegen heben die beiden andern Chemiker be - sonders hervor, dass die Stärke des glutinösen Reis eine braune Jodreaktion ergeben habe, gegenüber der dunkelblauen der ge - wöhnlichen Reisstärke. Dieser Unterschied wird übrigens schon von Atkinson in seiner Abhandlung » The Chemistry of Saké-Brewing « (Tôkio 1881) pag. 2 erwähnt. Hiermit ist aber die Frage nach der Ursache des hohen Klebvermögens vom Mehl der Oryza glutinosa Rumph. noch keineswegs beantwortet.
Von den 3 Hauptreissorten der vorjährigen japanischen Ernte erhielt ich Proben, die alle 3 gelber Grannenreis und ungeschält kaum zu unter - scheiden waren. 100 Körner Paddy wogen vom Klebreis 2,672 gr., vom Sumpfreis (Oku) 2,560 gr., vom Bergreis 2,209 gr. und geschält 2,188 gr., 2,189 gr. und 1,908 gr. resp., so dass vom ungeschälten Klebreis 37,4 Körner, vom Sumpfreis 39 K., vom Bergreis 45,2 K. auf 1 gr. gehen. 572. Nährpflanzen.Davon kamen auf die Kerne 81,9 %, 85,5 % und 86,3 % resp., der Rest auf die Schalen.
Tafel II.
1. und 2. Reis enthülst; 3. Mais, kleine gelbe Körner; 4. Pani - cum italicum; 5. Sorghum saccharatum; 6. Ph. radiatus, vielgeb. Bohnenart; 7. Canavallia incurva, bildet Ranken, wenig gebaut, ca. 20 cm lange Hülsen, 6 — 8 rosaf. Samen, jeder etwa 2,5 gr. schwer.
58I. Land - und Forstwirthschaft.2) Weizen, Ko-mugi (Triticum vulgare L.). Mugi ist Collectiv - name für Weizen und Gerste, die man mit Bezug auf die Grösse der Körner als kleine (ko) und grosse (o) mugi unterscheidet. Ich habe in Japan nur diese eine Art Weizen (also keinen Spelz, engl. Weizen oder irgend eine andere) getroffen,*)Auch Thunberg, Siebold und Kinch führen nur T. vulgare L. an. und zwar stets als Winterfrucht, vornehmlich begrannt, doch auch grannenlos, und nicht selten beide Formen bunt durcheinander. Im November findet in der Regel die Aussaat, im Mai die Aehren - und Blüthenentwickelung, im Juni die Ernte statt; doch verzögert sich letztere in den nördlichen Landes - theilen und in hoch gelegenen Gegenden, wie z. B. in Shináno, bis gegen Ende Juli oder Anfang August.
Dass der Weizen in Japan keine hervorragende Rolle spielt und den Eindruck der Degeneration (wohl in Folge mangelnden Samen - wechsels) macht, wurde bereits im vorigen Abschnitt erwähnt und ist auch schon von Maron hervorgehoben worden. Meist wird das Mehl zu kleinen Kuchen (Mochi) verwendet, welche kaum 5 — 6 cm Durch - messer haben und gleich denen von Klebreis (Mochi-gome) entweder für sich, oder mit schwarzem Bohnenmehl und braunem Zucker be - streut im Teigzustande gegessen werden.
3) Gerste, O-mugi (Hordeum vulgare L.). Man cultiviert so - wohl die sechszeilige Unterart, H. hexastichum L. und zwar eine kurzgrannige Sorte, als auch die vierzeilige, H. tetrastichum; beide nur als Winterfrucht. Die Aussaat fällt meist in den October oder November, die Blüthezeit Anfang Mai, die Ernte in den Juni. Gleich dem Buchweizen und den Hirsearten benutzt man die Samen vor - wiegend zu Grütze, doch auch als Pferde - und Hühnerfutter. Zwei - zeilige Gerste, welche Maron ebenfalls anführt, habe ich nicht ge - troffen, finde sie auch in keinem japanischen Buch abgebildet. Dagegen kommt die nackte Gerste, jap. Hadaka-mugi (Hordeum vulgare β. nudum s. coeleste L.) häufig vor und ist schon im äusseren Aus - sehen der Aehren von der gewöhnlichen vierzeiligen Form leicht zu unterscheiden. Kinch bezeichnet irrthümlich Hadaka-mugi als rye (Secale cereale L.), auch ist sie mit Spelz (z. B. bei Scherzer) verwechselt worden, was auf dem Felde kaum möglich ist, wohl aber bei den Körnern, welche mit enthülstem Spelz mehr Aehnlichkeit haben, als mit Roggen. Letzterer fehlt Japan, ebenso der Hafer, wie früher schon angegeben wurde. Kaempfer führt zwar Avena sativa L. unter dem Namen Karasu-mugi (Raben-Gerste?) Amoen. exot. 834 an, ebenso nach ihm Thunberg, Flora jap. pag. 54, doch findet er sich weder592. Nährpflanzen.bei Siebold, noch bei Kinch, noch kenne ich eine japanische Ab - bildung desselben.
Die Aussaat der verschiedenen Hirsearten in Rillen (seltener auf Beeten zum späteren Verpflanzen) erfolgt April — Juni, die Ernte im September und October. Es kommen hier in Betracht:
4) Die gewöhnliche oder Rispenhirse, japanisch Kibi (Pa - nicum miliaceum L.), welche in viel beschränkterem Maasse gebaut wird, als die beiden folgenden.
5) Die Kolben - oder italienische Hirse, japanisch Awa (Pa - nicum italicum L., P. verticillatum Th., Setaria italica Kunth), ein auf trockenem, leichtem Lande, zumal in den Gebirgsgegenden, gleich der folgenden Art überaus häufig angebautes Getreide, das durch seine dichten cylindrischen, hängenden Rispen leicht in die Augen fällt. Es gibt ziemlich viele Varietäten, worunter diejenigen, welche durch vorstehende, unfruchtbare, borstenförmige Blüthenstielchen wie kurz - begrannt erscheinen, vorwiegen. Das gelbe, süsse Mehl der kleinen Samen hat als Nahrungsmittel eine hohe Bedeutung, auch in China.
6) Hahnenfusshirse, Hiye, bei Thunberg Ko-kibi d. h. kleine Hirse (Panicum Crus-galli L., P. corvi Thunb., Oplismenus Crus - galli Kunth). Unter demselben Namen Hiye wird auch noch Pa - nicum frumentaceum Roxb. (Oplismenus Kunth) gebaut, doch sel - tener als die vorige Art.
7) Fingerhirse japanisch Kamomata-kibi oder Shishi-hiye und Nora-hiye (Eleusine coracana Gaertn., Cynosurus coracanus L.). In einigen Theilen Indiens, z. B. in Mysore und dem Punjab, wird dieses genügsame, kleinsamige Getreide unter dem Namen Raggi viel gebaut und liefert dem armen Mann ein werthvolles Nahrungs - mittel. In Japan tritt es hinter die beiden vorerwähnten (Awa und Hiye) ganz zurück, so dass man tagelang das Land durchstreifen kann, ohne ihm zu begegnen. Ich traf es in Echigo nach der Ernte, wo man die niedrigen Halme stehen gelassen und nur die Spitzen mit den fingerförmig zusammenstehenden 3 — 5 Aehren abgeschnitten hatte, sodann in Kaga, wo es die Bauern Kamoashi und Kamo-mata - kibi nannten und das Mehl dem Ko-mugi-no-ko (Weizenmehl) für kleine Teigkuchen vorzogen. An andern Orten hörte ich den Namen Sankaku-hiye, d. h. dreieckige (dreikantige) hiye, welcher sich jedenfalls auf den dreikantigen Halm bezieht. Bei Thunberg und Kaempfer finden sich die japanischen Benennungen Kokusa und Nanban-kibi d. h. Barbarenhirse.
8) Mohrenhirse oder Durrah, japanisch Morokoshi (Sorghum vulgare Pers., Holcus Sorghum L.), auch Taka-kibi (hohe Hirse) ge -60I. Land - und Forstwirthschaft.nannt, hat für Japan nur geringe Bedeutung. Man findet dieses Ge - treide selten anders als an den Feldrändern, die es in einer Reihe umgürtet, doch nur ausnahmsweise. Es wird im April auf einem Saatbeete gezogen, später, wenn es etwa 15 cm Höhe erreicht hat, in Abständen von 25 — 30 cm verpflanzt und im September geerntet. Gleiches gilt von der in Norditalien so häufig angebauten, langrispi - gen Form, aus deren Rispen man auch in Ostasien Besen verfertigt.
9) Hiobsthränen, japanisch Dzudzu-dama und Yokui-nin (Coix Lacryma Jobi L.). Man findet dieses diöcische, dem Mais ver - wandte Getreide beinahe immer in der Nähe der Häuser auf kleinen, etwas feuchten Beeten. Die knochenharten ellipsoidischen Samen dienen wenig zur Nahrung, sondern zur Anfertigung buddhistischer Rosenkränze, die jedoch nur ausnahmsweise daraus gemacht werden. Ob das Thränengras in Japan auch zur Darstellung von Matten, wie bei Canton (siehe Scherzer), Verwendung findet, ist mir nicht bekannt.
10) Der Mais (Zea Mais L.) wird von den Japanern Tô-moro - koshi, Tô-kibi und Nanban-kibi genannt. Von den drei her - vorragendsten Geschenken, welche die neue Welt der alten im 16. Jahrhundert darbot, wurde der Tabak am freudigsten begrüsst und fand am raschesten Eingang und Verbreitung unter den verschieden - sten Völkern der Erde. Ihm folgte der Mais, dann erst die Kartoffel. Diese trat ihre östliche Wanderung erst spät an, schritt langsam vor und erwarb sich ausser Europa nur unter den Maori Neuseelands warme Freunde. Der Mais bot in seinen halbreifen Fruchtkolben eine reinliche, rasch (durch Rösten oder Kochen) und ohne besondere Mühe benutzbare Nahrung von süsslichem Geschmack, welcher den Völkern Afrikas und Asiens mehr zusagt, als der strengere unserer gewöhn - lichen Kartoffel, und so erklärt sich seine raschere Verbreitung über die ihm günstigen Klimate leicht.
Hierzu kommt, dass er sich mit seinen verschiedenen Abarten, wie wenig andere Gewächse, innerhalb einer weiten Zone mannig - faltig gestalteten Klima - und Bodenverhältnissen accommodiert, vom Aequator bis etwa zum 50. Breitengrade in Nordamerika wie in Eu - ropa, und bis zum 40. Parallel auf der südlichen Hemisphäre, von den feuchtheissen Gestaden der mexikanischen Ostküste bis zum Plateau des Anahuac und der Steppe von Utah, wo nur künstliche Bewässe - rung seine Cultur ermöglicht.
Gleich dem Reis ist auch der Mais ein Sommergewächs, beschei - dener zwar als dieser in seinen Ansprüchen an Wärme und Feuch - tigkeit, doch immerhin in höherem Grade davon abhängig, als unsere europäischen Getreidearten. Zum Reifen seiner Körner bedarf er612. Nährpflanzen.einer mittleren Sommerwärme von mindestens 15°C., gedeiht jedoch nur, wo sich hiermit ein reiches Maass von Bewässerung seiner tief - dringenden Wurzeln, sei es durch Niederschläge, sei es durch künst - liche Wasserzufuhr verbindet. Daher beschränkt sich seine Cultur z. B. im Mittelmeergebiete vorwiegend auf die nördlichen Striche des - selben, wo es, wie in der Poebene, im Sommer nicht an Regen fehlt. Dagegen reicht sie bei einigen Abarten mit kurzer Vegetationsdauer (3 Monate, statt 5 — 6) in Nordamerika noch zum Red-river of the North, dem südlichen Zufluss des Winnipeg-Sees. Wohl ist hier das Klima rauher als in Norddeutschland, aber die reicheren Nieder - schläge im kurzen, warmen Sommer und ein sehr fruchtbarer jung - fräulicher Boden fördern die Entwickelung und Samenreife des Mais, wie dies z. B. in Thüringen unter fast gleicher Breite nicht geschieht.
Bei der Entdeckung Amerikas fand Columbus den Mais unter anderm auf Hispañola cultiviert, eben so bei den Indianern verschie - dener Striche des Continents, welche er später berührte. Die carai - bische Benennung Mahis wurde adoptiert und in Mais umgewandelt. Noch jetzt gedeiht der Mais auf amerikanischem Boden am besten und liefert z. B. nach Alex. von Humboldt stellenweise dreihundert - fältige Ernten. In Amerika weist er überdies — und dies ist nicht ohne Bedeutung bei Beantwortung der Frage nach seinem Ursprung, — die meisten Spielarten (über 60) auf, von denen manche, nach andern Ländern verpflanzt, ihren Charakter verlieren. In den frucht - baren Centralstaaten der Union: Jowa, Illinois, Indiana, Ohio, Ten - nessee, Kentucky und Missouri finden die starken Wurzeln in dem tiefen Alluvialboden reiche Nahrung, welche ihnen kräftige Sommer - regen vermitteln. Hier hat desshalb der Maisbau eine Ausdehnung und Bedeutung erlangt, wie sonst nirgends auf der Erde.
Wie die verschiedenen germanischen Völker mit dem Worte Korn immer ihr vorherrschendes Getreide bezeichnen: der Deutsche den Roggen, der Schwede die Gerste, der Engländer den Weizen, so pflegt der Nordamerikaner den Mais in richtiger Würdigung seiner Bedeutung » corn « oder » Indian corn « zu benennen.
Wie schon hervorgehoben wurde, verbreitete sich seine Cultur rasch über die alte Welt, zunächst nach den drei grossen Halbinseln Südeuropas, und zwar der Reihe nach von West nach Ost, gelangte jedoch nur in den sich nördlich anschliessenden Tiefländern, vor - nehmlich in der Poebene und den unteren Donauländern zu höherer Bedeutung. Dort wurde die aus Maisgrütze bereitete Polenta, bei den Rumänen die Mamaliga, ein Kuchen aus dem Mehl des Kukuruz (Mais), Nationalgericht.
62I. Land - und Forstwirthschaft.Von den unteren Donauländern gelangte der Maisbau in das fruchtbare Gebiet der Ukraine und macht hier seitdem dem Weizen Concurrenz. Portugiesen verbreiteten ihn gleich dem Tabak mit ihrer Herrschaft zur See um die Gestade Afrikas*)In Dapper: » Beschreibung von Afrika «, erschienen bei Jacob von Meurs 1670, heisst es Seite 457: » Erstlich hat man den Reis, als auch den Türki - schen Weitzen, den die Indier Mays nennen, und die Portugallier am aller - ersten aus Westindien, da er überflüssig wächset, auf der Insel des heiligen Thomas, und von da auf den Goldstrand gebracht, und den Schwartzen mit - geteilet. Dan vor der Portugallier Zeit war ihnen dieses Gewächse unbekant: aber itzund wächset es bey ihnen überall in grosser menge. Auch backen sie Broht darvon, darunter sie zuweilen Hürse, zuweilen keine menge «., sowie Süd - und Ost - asiens. Hier folgte die Einführung ihrer ersten Landung, in China 1517, auf den Philippinen 1520, in Japan 1542, wenn auch nicht unmittelbar nach.
Dass dies der Gang der Culturverbreitung des Mais war, haben verschiedene Autoren bezüglich Ostasiens bestritten. So glaubte von Siebold Maiskolben auf einem alten japanischen Wappen entdeckt und sonstige Beweise für eine sehr alte Cultur von Zea Mais in China und Japan gefunden zu haben**)» Ex antiquis temporibus in insulis Japanicis cultum frumentum «. Siehe » Synopsis Plantarum Oeconomicarum Universi Regni Japanici « in: Verhandlingen van het Batavisch Genootschap XII. Bat. 1830.. Auch der französische Agronom Bonafous, dem wir das ausführlichste Werk über den Mais ver - danken***)Histoire nat., agric. et économique du Mais. Paris 1836., bezweifelt, dass Ostasien den Mais erst nach der Ent - deckung Amerikas erhielt. Gleiches hat in neuerer Zeit nochmals der Dollmetscher der englischen Gesandtschaft in Peking, W. F. Mayers, gethan. Beide gründen ihre Ansicht, dass Mais in China vor Ent - deckung Amerikas bekannt war, vornehmlich auf das chinesische Werk » Pen-tsao-kang-mu «, die bekannte Materia Medica der Chine - sen, worin sich eine unverkennbare Abbildung unserer Pflanze befin - det. Da jedoch Li Shi chen (Tung pi), der berühmte Autor des Werkes, dasselbe in den 26 Jahren von 1552 — 1578 compilierte†)Bretschneider: Botanicum Sinicum pag. 55., so widerstreitet dies durchaus nicht der Ansicht, dass Mais erst nach Entdeckung Amerikas nach Ostasien kam. Dieselbe hat der berühmte Genfer Pflanzengeograph A. de Candolle wiederholt und in über - zeugendster Weise begründet††)A. de Candolle: a) Bibliothèque universelle de Genève, août 1836. b) Géogr. bot. raisonnée pag. 942. c) L’origine des plantes cultivées pag. 311 — 319., so dass es fast überflüssig erscheinen könnte, hier nochmals auf die Sache zurückzukommen. Es gibt in - dess noch andere, und wie mir scheint directere Beweise für meine632. Nährpflanzen.Behauptung, dass die Portugiesen in Ostasien den Mais einführten, Beweise, welche De Candolle nicht gebraucht, der unter anderm mit Recht hervorhebt, dass der Mais keinen Sanskritnamen hat und weder von Marco Polo, noch von Mendez Pinto erwähnt wird.
Zunächst ist die Thatsache, welche auch v. Siebold erwähnt, nicht ohne Bedeutung bei dieser Frage, dass nämlich Japan nur zwei Sorten Mais baut, während die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass bei einer sehr alten Cultur sich hier, wie bei fast allen sonstigen Feldfrüch - ten, eine grössere Zahl von Abarten herausgebildet haben müsste. Fer - ner muss betont werden, dass der Mais heutzutage nur eine untergeord - nete Rolle unter den Nährpflanzen des Landes spielt, indem man seinen Anbau auf Ackerränder und einzelne Beete beschränkt und nie über grössere Flächen ausdehnt. Auch werden die Körner nur wenige Wochen im Sommer verwerthet, wenn man die halbreifen Fruchtkolben über Kohlenfeuer röstet und dann verzehrt, was wie in verschiedenen Gegen - den des Orients auch auf der Strasse geschieht. Nun können wir aber annehmen, dass bei dem conservativen Charakter und den festen Normen des japanischen Ackerbaues in der Verwendung der in Rede stehenden Getreideart seit ihrer Einführung sich wenig geändert hat und dieselbe nie eine bedeutende Rolle unter den Feldfrüchten des Landes spielte. Doch wichtiger und überzeugender als Beweis dafür, dass der Maisbau in Japan nicht alt ist, vielmehr durch die Portugiesen erst eingeführt wurde, dürfte die Thatsache sein, dass Welschkorn in Japan keinen eigenen Namen hat, wie dies doch bei allen sonstigen, frühzeitig aus China bezogenen, wie nicht minder bei den meisten indigenen Ge - wächsen des Landes der Fall ist; denn alle bereits am Eingang angeführten Benennungen sind Lehnwörter, welche auf’s klarste den fremden Ursprung des Getreides andeuten. So bedeutet die Bezeich - nung » Tô-morokoshi «, chinesisches Sorghum, » Tô-kibi «, chinesi - sche Hirse und » Nanban-kibi «, Hirse der südlichen Barbaren. Ferner nennen die Chinesen auf Formosa den Mais » Fan-meh «, d. h. frem - des Getreide, ein Ausdruck, welchen sie gewiss nicht angewandt hätten, wenn ihnen dasselbe in ihrem Mutterlande bekannt gewesen wäre. Die Worte » Fan «, fremd, und » Nanban « (spr. Namban), d. h. südliche Barbaren, weisen auf die von Süden gekommenen Euro - päer und insbesondere die Portugiesen hin, denn diese wurden vor allem als Fremde und » Nanban « bezeichnet. Ebensowenig aber, wie » Welschkorn « und » Türkischer Weizen « heute noch zu Missdeutungen Anlass geben, dürften die Ausdrücke » Tô-morokoshi « und » Tô - kibi « schwer zu verkennen sein. Wie der Deutsche den Mais über Italien und die Türkei zuerst kennen lernte, und desshalb nach die -64I. Land - und Forstwirthschaft.sen Ländern benannte, so erging es den Japanern hinsichtlich des Mais und Chinas auch. Das Getreide kam aus diesem Lande, wurde auch theilweise gleich dem Tabak direkt durch Portugiesen eingeführt und zwar in der Periode Tenshô (1573 — 1592 n. Chr.), also zur Zeit des Hideyôshi.
11) Buchweizen (Fagopyrum esculentum Moench, Polygonum Fagopyrum L.), japanisch Soba. Die Heimath dieser weit über die gemässigte Zone der nördlichen Hemisphäre verbreiteten Culturpflanze scheint die Mandschurei und das benachbarte Centralasien zu sein, wo sie nach Maximovicz wild wächst*)Maximowicz: Primitiae florae Amurensis. Petersburg 1859.. Von hier wurde sie frühzeitig über das nordöstliche Monsungebiet, und im Mittelalter durch Mongolen und türkisch-tatarische Völker über Westasien nach Europa gebracht. Bezüglich seiner Cultur und Verwendung schliesst sich der Buchweizen am meisten den Hirsearten an, ist vorwiegend Sommergewächs, wie diese, nimmt gleich ihnen mit leichtem sandi - gem Boden vorlieb und liefert in seinen Samen ein Mehl, das in ähnlicher Weise zu Suppe und Brei, aber auch zu kleinen Kuchen benutzt wird; doch sind diese in Form der beliebten Blinies der Russen und der Buckwheat cakes der Nordamerikaner der japanischen Küche fremd, in welcher eine andere Zubereitungsweise an die Stelle tritt**)E farina hujus placentae rotundae, saepe coloratae, coctae in usum pere - grinantium, in omnibus tabernis venales extant. Thunb., flora japonica pag. 169.. Wie bei uns, so fällt auch in Japan die Blüthezeit des Buchweizens in den Nachsommer und Herbst, die Ernte in den Octo - ber. Als Winterfrucht wird er auch, doch nur ausnahmsweise gebaut.
Die Erzeugnisse des Ackerbaues, welche man unter diesem Collec - tivnamen zusammenfasst, nehmen hinsichtlich ihrer Verbreitung und Bedeutung nächst dem Getreide unstreitig die erste Stelle ein. In ihrem hohen Proteïngehalte und Nährwerthe übertreffen sie bei weitem alle andern vegetabilen Nahrungsmittel, nähern sich den Eiern und ersetzen allein oder mit diesen und Fischen vielen Millionen der Erde das Fleisch, vor allem in Ostasien. Der Japaner bezeichnet sie mit dem Namen Mame, der insbesondere verschiedenen Bohnenarten, den wichtigsten und verbreitetsten Vertretern der Familie in Japan, bei - gelegt wird. Ihre Verwendung ist eine verschiedenartigere, als in den meisten andern Ländern. Gekocht bilden viele eine beliebte Zu -652. Nährpflanzen.speise zu dem etwas faden Geschmack des mit Wasser gekochten Reis, der Hirse und andern stärkereichen Getreidearten. Daneben dienen aber verschiedene auch zur Darstellung von Sauce, Pflanzen - eiweiss und andern Präparaten, welche unter den Namen Shôyu, Tôfu, Miso bekannt sind und im japanischen Haushalte viel verwendet wer - den. Mit Ausnahme von Erbsen und Saubohnen werden alle in diese Gruppe gehörenden Feldfrüchte nur im Sommer gebaut, weil der japanische Winter für sie zu rauh ist. Bei diesen wendet man allge - mein die Stufencultur, bei jenen die Reihensaat an.
Man cultiviert in Japan:
1) Die Erdnuss, japanisch Rakkuwaskô (spr. Rakkashô) und Tô-jin-mame d. h. Chinesen-Bohne (Arachis hypogaea L.). Sie wird nur im wärmeren Süden des Landes und in geringem Umfang gepflanzt, theils geröstet gegessen, theils zu Oel verwendet. (Näheres unter Oelpflanzen.)
2) Die Sojabohne, japanisch Daidzu und Ô-mame (Glycine hispida Moench., Soja hispida Miq., Dolichos soja L.) ist zwar schon seit nahezu einem Jahrhundert in unsern botanischen Gärten einge - führt*)Im Hortus Kewensis von Ait. wird das Jahr 1790 als Zeit der Einführung nach England angegeben., hat aber erst seit der Wiener Weltausstellung bei uns eine grössere Beachtung gefunden. Es gibt jetzt kaum ein europäisches Land, in welchem nicht während der letzten 10 Jahre Anbauversuche mit derselben vorgenommen worden wären, kaum eine dem Garten - bau oder der Landwirthschaft dienende Zeitschrift, die nicht eine Abbildung oder Beschreibung von ihr gebracht hätte**)Siehe auch de Candolle: L’Origine des Plantes cultivées. pag. 265.. Insbesondere hat man sich in Frankreich und Oesterreich-Ungarn seitdem viel mit der Sojabohne beschäftigt und ihre Cultur an vielen Orten mit mehr oder weniger Erfolg versucht***)Von guten Abbildungen der Sojabohne erwähne ich diejenige von E. Kaempfer in Amoen. exotic. pag. 838, sowie namentlich eine in der Revue Horti - cole 1880. pag. 154 et 185.. Die Ergebnisse dieser Studien und Versuche in Oesterreich, welche vornehmlich durch Prof. Haberlandt mit Samen aus China, Japan und der Mongolei in und von der k. k. Hochschule für Bodencultur angestellt und angeregt wurden, hat der - selbe in einer interessanten Schrift niedergelegt†)Die Sojabohne. Wien 1878.. Dieselben schie - nen die Anbaufähigkeit der Sojabohne im gemässigten Klima, ihre hohen Erträge, den ausserordentlichen Nährwerth und verschiedene andere ihr nachgerühmte Eigenschaften zu bestätigen und bieten soRein, Japan. II. 566I. Land - und Forstwirthschaft.ein vielseitiges Interesse. Unter den Hülsenfrüchten Japans (und Chinas nicht minder) nimmt die Sojabohne nach Verbreitung, viel - seitiger Verwendung und hoher Werthschätzung die erste Stelle ein, und chemische Analysen beweisen, dass das empirische Urteil wohl begründet ist.
Die Sojabohne nähert sich im Nährwerthe unter allen vegetabilen Producten am meisten dem Fleisch, enthält beinahe ⅖ ihres Gewichtes stickstoffreiches Legumin und nahezu ⅙ Fett. Was die Garbanzos (Kichererbsen) den Spaniern, die Feijão preto (schwarze Bohnen) den Brasilianern, das ist die Sojabohne den Bewohnern Japans. Aber wäh - rend die Kichererbse nur als Garnirung und Zuspeise zum Fleische erscheint, dient Daidzu als Ersatz desselben, ja sie ist in gewissem Sinne Schmalz und Würze für den fadeschmeckenden, stärkereichen Reis und die Grütze aus Gerste oder Hirsearten, mit denen sie ver - speist wird.
Die zahlreichen Varietäten der Sojabohne bilden schöne blatt - reiche, viel und regelmässig verzweigte Büsche von 0,50 — 1,00 m Höhe. Der reichen Verästelung über der Erde entspricht eine kräf - tige Bestockung. Eine starke Belaubung mit grossen, dreizähligen Blättern, welche an den zahlreichen Internodien auftreten, gehört zu den ferneren Kennzeichen der Pflanze, mehr aber noch die Bedeckung der meisten Theile, wie der Hülsen, Blattstiele, Oberseite der Blatt - spreiten, so wie der Zweige mit einer dichten rothbraunen Behaarung.
Bei den schwarzsamigen Spielarten zeigen Haupt - und Nebenaxen eine auffällige Neigung sich zu drehen, ohne dazu einer besonderen Stütze zu bedürfen; viel weniger bemerkt man diese Drehung bei den steiferen Stengeln der blassgelben und rothbraunen Varietäten. Aus jedem höheren Blattwinkel entwickelt sich ein kurzgestieltes Blüthen - träubchen. Die Blüthchen selbst sind unscheinbar, wie bei den Linsen, weisslila oder blassviolett. Es folgen ihnen reiche Fruchtansätze, welche gleich der Blüthenentwickelung fortdauern von der Mitte des Sommers an bis zum Spätherbst, wo gewöhnlich Nachtfröste ihnen ein jähes Ende bereiten.
Die stark behaarten, hängenden Hülsen treten meist paarweise auf, häufig auch zu drei und vier an gemeinsamem Stiele. Sie sind kurz gestielt, kurz walzenförmig, mit einem Schnabel endend und in der Regel zweisamig, mit scharfer Gliederung zwischen beiden Boh - nen, wie es die Abbildung bei Kaempfer zeigt; doch ist die Zahl der drei - und viersamigen bei verschiedenen Spielarten gross, ja zuweilen überwiegend. Wird dem grossen Licht - und Wärmebedürfniss genügt, so entwickelt auf geeignetem Boden eine einzige Sojapflanze nach672. Nährpflanzen.Haberlandt durchschnittlich etwa 200 Hülsen. Bei regelmässiger Feldcultur ist der Ertrag natürlich viel geringer. Die Culturversuche hatten in Oesterreich bis zum Jahre 1878 sehr verschiedene Resultate ergeben, vom 680fachen Korn bis zur vollen Missernte in Folge langer nasskalter Witterung. Den Durchschnittsertrag des Jahres 1877, des - sen Sommer sich durch vielen Regen und niedrige Temperaturen aus - zeichnete, berechnete Haberlandt auf das 73fache des Saatkorns. Hiermit stehen die Angaben über die Erträge in China und Japan keineswegs im Einklang. So werden z. B. in letzterem nach Scher - zer von den frühreifenden Shiro-mame 6 Shô Saatbohnen auf 300 Tsubo Land mit einem Ertrag von 120 Shô gerechnet. Dies entspricht nur einer 20fachen Ernte oder, wenn man zugleich die Samenverluste beim Keimen in Rechnung zieht, etwa 12 Hülsen à zwei Samen für jede Pflanze.
In Japan unterscheidet man nach der Farbe der Sojabohnen weisse (richtiger gelbliche), schwarze, braunrothe, grünliche und gefleckte Varietäten, nach der Entwickelungsdauer früh -, mittel - und spät - reifende, nach der Form kugelrunde, ellipsoidische, nierenförmige und seitlich zusammengepresste, nach der Verwendung solche, welche vornehmlich zur Darstellung von Shôyu (Sauce), Tôfu (Bohnenkäse) und Miso (einer Art Sulze) dienen, von denen, welche direct in irgend einer Form verspeist werden*)Das spontane Vorkommen der Sojabohne in Japan bezweifle ich, obwohl es in verschiedenen Schriften über die Flora des Landes angegeben wird..
α) Weisse (erbsengelbe) Sojabohnen, japanisch Shiro-mame oder Haku-daidzu. Hierzu gehört eine frühreifende Sorte mit sehr kleinen Samen, Goguwatsu-mame, d. h. Fünfmonats-Bohne genannt, weil sie schon im fünften Monat nach alter japanischer Zeitrechnung, unserm Juli, reift, ferner eine ebenfalls kleinfrüchtige, frühreifende, die Wase-mame oder Natsu-mame, d. h. Früh - oder Sommer-Bohne. Diese beiden heissen auch Tôfu-mame, weil sie vornehmlich zur Be - reitung des Tôfu verwendet werden. Ebenso dient eine andere Abart, » Nakate-mame «, mittelspäte Bohne genannt, weil ihre Reifezeit in die Mitte zwischen die frühen und späten Sorten fällt, mit etwas grösse - ren runden Samen zur Darstellung des Miso. Die spätreifenden Va - rietäten Okute-mame (Spätbohne), Maru-mame (Kugelbohne) und Teppô-mame (Kanonenbohne) oder Aki-mame (Herbstbohne) haben, wie die Namen schon andeuten, meist kugelrunde Samen, welche härter und grösser werden als die frühreifen und von denen vornehm -5*68I. Land - und Forstwirthschaft.lich die letztgenannte zur Bereitung des Shôyu Verwendung findet, während Maru-mame als Pferdefutter von Werth ist.
β) Schwarze Sojabohnen, japanisch Kuro-mame oder Koku - daidzu. Sie werden alle im gekochten Zustande mit Zucker als Zwischenspeise, oder als Zuspeise zum Reis genossen. Es gibt eine mittelspäte Abart mit runden ellipsoidischen Samen, Kuro-mame kurz - weg, und eine desgleichen mit grossen kugelrunden Bohnen, Kuro - teppô-mame genannt; ferner eine spätreifende Sorte mit flachen ellip - tischen Samen unter verschiedenen Namen.
γ) Braune Sojabohnen, japanisch Katsu-daidzu (d. h. durstige Sojabohne), werden viel weniger angebaut als die weissen und schwar - zen Abarten, benutzt wie die letzteren. Man unterscheidet: Aka - mame, rothe Sojabohnen, rund, von rothbrauner Farbe in verschie - denen Varietäten, und Cha-mame, Theebohnen, drei hellbraunrothe Sorten von geringer Culturverbreitung und Bedeutung.
δ) Grünliche oder bläulichgrüne Sojabohnen, japanisch Aö-mame oder Sei-daidzu, werden wie die schwarzen und braunrothen Va - rietäten meist in gekochtem Zustande mit Zucker gegessen. Sie sind gleich den bräunlich gefärbten Sorten viel weniger verbreitet, als die schwarzen und gelblichen. Die Japaner unterscheiden folgende Ab - arten von Aö-mame:
a) Sei-hito, Epidermis grün, das Innere gelbweiss.
b) Nikuri-sei, grünlich durchweg. Beide Abarten sind rund - lich-ellipsoidisch bis kugelrund, mittelgross, und erinnern an grüne Erbsen.
c) Kage-mame, mit lichtgrünen, runden Bohnen.
ε) Gefleckte Sojabohnen, japanisch Fuiri-mame oder Han-daidzu. Diese Gruppe spielt keine hervorragende Rolle; ihre Cultur beschränkt sich auf ein geringes Areal weniger Provinzen. Man unterscheidet:
a) Kuro-kura-kake-mame, mit einem schwarzen Fleck am Sattel (Nabel), sonst grünlich, flach eilänglich.
b) Aka-kura-kake-mame, mit braunem Fleck am Sattel (Na - bel), sonst gelblichgrün, flach länglich.
c) Fuiri-mame oder Udzura-mame, gesprenkelte oder ge - fleckte Sojabohne, gelblich grün mit vielen dunklen Flecken. Eine seltene Varietät, die nur an wenigen Orten, zumal in Harima, gebaut werden soll.
Die Aussaat der frühreifenden Sojabohnen erfolgt im südlichen Japan schon im April, im mittleren während des Mai; im Herbst reifende bedürfen viel mehr Wärme und werden in der Regel einen Monat später gesäet. In den Gebirgsgegenden wählt man vielfach Land,692. Nährpflanzen.welches den Winter über brach lag, sonst dienen besonders die Wei - zen - und Gerstenfelder dazu. Hier werden die Sojabohnen stufenweise in Löcher neben die Halme der reifenden Winterfrucht gepflanzt, so dass nach der Ernte der letzteren die Hülsenfrucht nur der Behackung und Düngung bedarf. Mit spätreifenden Daidzu bepflanzt man auch gern die Ackerränder, insbesondere die neuhergerichteten Dämme der Reisfelder.
Die Sojabohne bedarf bei ihrer starken Belaubung noch in höhe - rem Grade, wie unsere Hülsenfrüchte, des Lichtes und der Wärme. Gebricht es ihr an Luft und Licht, so entwickelt sie nur wenig Blü - then und Früchte; fehlt es an der nöthigen Wärme, so reift sie letztere nicht. Der Schatten der Theesträucher in Ostasien, der Weinstöcke bei uns, reicht schon hin, ihre Fructification bedeutend zu vermindern, und macht ihre Anpflanzung als Zwischenfrucht in Theegärten und Weinbergen unzweckmässig. Aus gleichem Grunde empfiehlt sich eine grössere Saatweite, etwa 4 — 15 Samen auf den Quadratmeter.
Man hat gefunden, dass die frühreifen Sorten, je nachdem sie Anfang oder Mitte Mai gesäet wurden, einer Wärmesumme von 2300 — 3000°C. bedurften, variirend nicht blos mit den Abarten, sondern auch nach der Zeit der Aussaat, insofern eine Verschiebung der letz - teren bis Mitte oder Ende Mai bei der dann herrschenden höheren Temperatur in Luft und Boden eine raschere Entwickelung und Ver - kürzung der Vegetationsdauer bewirkt. Jene frühreifenden Sorten gedeihen noch über die Nordgrenze des erfolgreichen Maisbaues hin - aus, bei den andern stören hier die ersten Nachtfröste im Herbst den natürlichen Abschluss der Entwickelung, indem sie die Blüthen und unreifen Hülsen ertödten, sobald die Temperatur unter — 2°C. sinkt.
Haberlandt fasste am Schlusse seiner oben erwähnten Abhand - lung die Resultate der Versuche mit der Sojabohne und der chemi - schen Analyse in 5 beachtenswerthen Sätzen zusammen. Es ergab sich hieraus, dass
Nach solchen günstigen Urteilen hätte man erwarten sollen, dass die Sojabohne, wenigstens in den wärmeren Landschaften der Oester - reich-Ungarischen Monarchie bald sehr beliebt und verbreitet würde. Das Endresultat war jedoch ein ganz anderes. Mit Haberlandt, der 1878 starb, scheinen auch die Hoffnungen, welche er auf diese Hülsenfrucht erweckt hatte, verschwunden zu sein.
Wie ich aus zuverlässiger Quelle weiss,*)Nach gefälligen brieflichen Mittheilungen von Herrn Prof. von Liebenberg in Wien. kam man bald zur Ueberzeugung, dass eine sichere Cultur nur mit den frühreifenden, gelben Sorten möglich sei, deren Erträge indess wenig befriedigten und für die es, da sie sich nur schwer weich kochen, auch an Absatz und geeigneter Verwerthung fehlte.
Bei dem Interesse, welches sich aus vorerwähnten Gründen an die Cultur und Verwerthung von Glycine hispida in Japan und den Nachbarländern knüpft, lasse ich zum Schlusse dieses Abschnittes zwei Tabellen folgen, von denen die erste verschiedene Analysen derselben und ihres Strohes, die zweite aber eine vergleichende Uebersicht der chemischen Zusammensetzung mit andern Hülsenfrüchten gewährt.
3) Strahlfrüchtige Buschbohne, jap. Adzuki (Phaseolus radiatus L.). Kaempfer gibt eine sehr gute Beschreibung dieser, an Stengeln und Blättern stets behaarten Art, deren kurze, den Blatt - winkeln entspringende Blüthenstielchen eine gelbe Blüthentraube bilden, welcher 4 — 6 radförmig ausgebreitete oder kopfförmig genäherte und hängende Hülsen von schmaler cylindrischer Gestalt folgen. Die Bohnen haben die Grösse kleiner Erbsen, aber länglich runde, abge - stumpft ellipsoidische Gestalt, sind glatt und glänzend, an Farbe und Grösse in vielen Varietäten bekannt. Da die Adzuki die meisten andern Hülsenfrüchte an Wohlgeschmack übertreffen, ist ihr Anbau und Verbrauch im ganzen weiten Monsungebiet von Alters her ein ausgedehnter und steht in Japan nur dem der Sojabohne nach. Die vielen Abarten gruppiert Savatier**)Enumeratio Plantarum etc. in folgender Weise:
712. Nährpflanzen.a) typicus. Hülsen doldenförmig, horizontal ausgebreitet, mit rothen oder schwärzlichen Borstenhaaren besetzt. Hierher gehört Adzuki oder Oku-adzuki (grosse Adzuki) mit verhältnissmässig grossen, braunrothen Bohnen.
b) pendulus. Hülsen glatt oder kurz behaart, hängend, je zwei einander gegenüber. Folgende Varietäten sind vor allem hierher zu rechnen:
c) subtrilobatus, jap. Bundo und Yayenari, mit je 4 — 6 cylindrischen, hängenden Hülsen.
4) Die japanische Schwertbohne, » le Haricot du Japon «, jap. Nata - mame (Canavalia incurva DC., Dolichos incurvus Thunb.), eine windende Bohnenart mit ziemlich grossen rosafarbenen Blüthen in ein - fachen Trauben. Blätter wie bei allen Bohnenarten dreifingerig, Blättchen oval, zugespitzt, glatt. Hängende Hülsen, etwas schwert - förmig gebogen, dick, breit und oft 20 cm lang mit grossen Bohnen. Dieselben sind bei einer Varietät rosafarben (Aka-nata-mame), bei einer zweiten weiss (Shiro-nata-mame). Die jungen Hülsen werden mit den Bohnen gekocht, oder in Salz eingemacht gegessen.
5) Küstenschwertbohne, jap. Hama-nata-mame (Canavalia lineata DC., Dolichos lineatus Thunb.), wild wachsend an mehreren Küstenstrichen des Südens, Samen wenig benutzt.
6) Die gemeine Bohne, jap. Ingen-mame (Phaseolus vulgaris L.), wird auch in der windenden Form, doch vornehmlich als Buschbohne gebaut. Aber es lässt sich schon aus der geringen Zahl von höchstens 12 — 15 Spielarten schliessen, dass ihre Cultur wohl nicht das Alter und sicher nicht die Bedeutung hat, wie in vielen andern Ländern. Die Samen werden meist in reifem Zustande, seltener mit den jungen Hülsen verbraucht.
7) Phaseolus multiflorus L. Die Feuerbohne wird von Kinch angeführt, doch ohne einheimischen Namen. Da ihrer kein älterer Botaniker gedenkt, ich ihr ebenfalls nie begegnet bin, scheint sie erst neuerdings eingeführt worden zu sein.
8) Phaseolus Mungo L. Bohnen dieser Art, wohl unter allen die kleinsten, bemerkte ich in der Sammlung von Kew aus der japan. Abtheilung der Wiener Weltausstellung mit der Angabe: » used for72I. Land - und Forstwirthschaft.food in Japan «. Wie weit dies der Fall ist, vermag ich nicht anzu - geben, auch finde ich sie sonst nicht für Japan erwähnt.
9) Vigna Catjang Walpers (Dolichos Catjang L.).
10) Pachyrhizus angulatus Rich. (Dolichos bulbosus L.). Von diesen beiden Arten, die ich ebenfalls in Kew aus Japan sah, gilt dasselbe, wie von No. 8.
11) Doldenblühende Dolichosbohne, jap. Sasage oder Sasagi (Dolichos umbellatus Thunb.). Der zum Theil windende Stengel treibt aus den Blattwinkeln lange Blüthenstiele mit 3 — 6 blüthigen, einfachen endständigen Döldchen, denen eben so viele schmale, lange, wellig - cylindrische Hülsen mit kleinen Samen folgen, welche letztere theils reif, theils mit den grünen Hülsen verspeist werden. Es gibt auch von dieser Species eine Reihe Abarten, die theils nach der Farbe der Bohnen, theils nach andern Merkmalen unterschieden und benannt werden, wie Midori-sasagi, Haku-furô-sasagi, Hata-sasagi, Adzuki - sasagi, Yekko-sasagi u. A.
12) Megane-sasagi (Dolichos bicontortus Durieu), eine neuere Einführung aus Frankreich.
13) Faselbohne, (Lablab cultratus DC., Dolichos cultratus Thunb. & D. ensiformis Thunb.). Die verschiedenen Formen dieser, theils weiss, theils rothblühenden Bohne, werden in Japan mit den Namen Sengoku-mame, Fuji-mame oder Azi-mame, Shiro-hana - azi-mame und Hira-mame bezeichnet. Von den eigentlichen Dolichosbohnen unterscheiden sie der ährenförmige Blüthenstand und die kurzen, an Erbsen erinnernden Hülsen.
Von wild wachsenden Bohnenarten, deren Samen zur Nahrung dienen, sind hier noch zu erwähnen:
Tankiri-mame (Rhynchosia volubilis Lour., Glycine villosa Thunb.), No-adzuki (Atylosia subrhombea Miq. ), Tsuru-mame oder No-mame (Glycine soja S. & Z.), No-sasage oder Karasu-mame (Dumasia truncata S. & Z.)
14) Erbsen, jap. Yendo (sprich Endo), Endo-mame und Nora - mame (Pisum sativum L.). Von dieser Art werden drei Hauptsorten gebaut, nämlich einmal die typische, weissfrüchtige, welche in der Regel mit den Hülsen (Saya) im unreifen Zustande gegessen wird, Saya-endo, sodann die Abart P. s. thebaicum Alefeld (Königsberger Würfelerbse) mit graugrünen Samen (Midori-endo) oder mit braun - rothen (Aka-endo). Letztere wiegt vor. Man cultiviert sie indess alle ziemlich häufig, säet im November und erntet im Mai.
15) Pferdebohne, jap. Sora-mame (Vicia faba L.). Dieselbe ist732. Nährpflanzen.ebenfalls Winterfrucht. Sie wird im October gesäet und im Juni ge - erntet.
Wie in der Mittelmeerregion pflegt man die reifen Bohnen vor - nehmlich zu schroten und als Pferdefutter zu verwenden; doch dienen sie auch den Menschen zur Nahrung. Ihre Cultur hat jedoch nicht die Ausdehnung, wie in vielen andern Ländern.
Analysen der Sojabohnen (Glycine hispida Moench).
Bemerkungen:
Von diesen Analysen wurden I, IV, V, VI, VII, VIII, IX und X Haberland: » Die Sojabohne « entnommen. Die 4 letzten rühren von Mach, IV, V und VI von Caplan, I von Senff her.
Analyse II wurde von Levallois vom Inst. agronomique in Paris ausgeführt und der Révue horticole entnommen, III stammt von Kinch und befindet sich Transact. Asiat. Soc. of Japan VIII, pag. 398.
Vergleichstabelle der Analysen verschiedener Hülsenfrüchte.
Von diesen Analysen sind I, IV, V, VI, VII und VIII Haber -74I. Land - und Forstwirthschaft.landt: » Die Sojabohne « entnommen, II Dwars in Transactions Ass. Soc. of Japan Vol. VI; III wurde nach derjenigen von Keller in Nobbe’s » Landwirthschaftlichen Versuchsstationen « Bd. XXX, 1884 umgerechnet, IX stammt von Wolff und ist aus Ollech: » Die Rückstände der Oel - fabrikation « hierher genommen, weil sich aus dem Vergleich mit der Sojabohne und den übrigen stärkereicheren Leguminosen ergibt, dass das Fett gewissermaassen die Kohlenhydrate vertritt.
Hierher rechnen wir aus der Gruppe der sogenannten Hack - früchte alle Gewächse, die ihrer stärkereichen Knollen oder Wurzel - stöcke wegen gebaut werden, desgleichen aber auch alle nicht culti - vierten Pflanzen, welche in Japan in ähnlicher Weise ihres Stärke - gehaltes wegen zur Nahrung dienen, demnach insbesondere alle Kartoffelarten und ihre Surrogate, welche der Japaner mit dem Collectivnamen Imo bezeichnet. Die Artenzahl dieser Pflanzengruppe und die Verschiedenheit ihrer mehlreichen unterirdischen Gebilde ist grösser, als in den meisten andern Ländern der Erde. Zu den wild wachsenden und theilweise hochgeschätzten Species, welche ohne Zweifel schon den ältesten Bewohnern Japans ein wichtiges Nahrungs - mittel lieferten, sind im Laufe der Zeit eine Reihe anderer, theils aus China, theils vom Malayischen Archipel her eingeführt worden, deren Anbau und Verwendung entweder durch die klimatischen Verhältnisse besonders bedingt, oder durch eine eigene Geschmacksrichtung her - vorgerufen und gefördert wurde.
Der Japaner bevorzugt vor allem die süsslich schmeckenden Knollen mehrerer Araceen, insbesondere des Taro, sowie der Batate, und cultiviert sie dem entsprechend in grösserem Umfang, als alle übrigen. Folgen wir jedoch mehr der natürlichen Ordnung, so sind hier hervorzuheben:
1) Die Lotuspflanze, jap. Hasu und Renge genannt (Nelumbo nucifera Gaertn., Nelumbium speciosum Wild., Nymphaea nucifera L.). Ihre Heimath ist das indische Monsungebiet, woselbst sie erst dem Çiva, später Buddha geheiligt war. Ob Buddhistische Priester sie dann nach den Ländern des chinesischen Culturkreises verpflanzten, oder ob sie hier bereits früher einheimisch war, ist schwer zu ergrün - den, doch neige ich bezüglich Japans zur ersten Annahme. Sicher findet man sie gegenwärtig sowohl in China, als auch in Japan nirgends wild wachsend, dagegen viel in Teichen angebaut, theils ihrer herrlichen Blüthen wegen, theils zur Gewinnung ihrer essbaren Rhizome, in Japan Renkon genannt, oder endlich der ölreichen Nüsse halber.
752. Nährpflanzen.Die weissen, walzenförmigen Rhizome erreichen bei ansehnlicher Länge 8 — 12 cm Dicke und liegen tief im Schlamm eingesenkt. Durch bemerkenswerthe Einschnürungen sind dieselben in lange Glieder ge - theilt, welche auf dem sehr porösen Querschnitt viele concentrisch ge - stellte Canäle aufweisen. *)Nach Herodot II, 92 war die essbare Wurzel des ägyptischen Lotos ziem - lich rund und von der Grösse eines Apfels. Ist diese Angabe richtig, so ergibt sich, dass die Pflanze eine andere Nymphaeacee sein musste, sicher nicht die hier in Rede stehende Lotosblume der Monsunländer.Diese Rhizome enthalten eine ziemliche Menge Stärke und werden im gekochten Zustande viel gegessen. Die Europäer lieben ihren faden, mehligen Geschmack nicht; aber der Japaner und Chinese schätzt sie, vornehmlich weil er sie für eine sehr gesunde Speise hält, welche namentlich auch Kinder und Greise leicht verdauen. (Ueber Nuphar japonicum und Nymphaea tetragona siehe Näheres im folgenden Abschnitt.)
2) Das Pfeilkraut, jap. Kuwai (Sagittaria sagittaefolia L.) reiht sich zwar nicht im System, wohl aber nach der Art seiner Cultur und Benutzung hier an. Auch in China wird diese Pflanze als Nahrungs - mittel in Teichen gezogen. Ihre Rhizome bilden weisse, kugelrunde Anschwellungen, welche, gekocht, einen kastanienartigen Geschmack (Water Chesnut) haben. Stärkemehl, welches man daraus bereitet, soll in China wie Arrowroot verwendet werden.
3) Ôgi (Hedysarum esculentum Led.). Diese Papilionacee wird gleich den beiden folgenden Arten nicht cultiviert und hat als Nahrungs - mittel für Japan nur geringe Bedeutung. Die Knolle, welche sie er - zeugt (ich hatte nur einmal Gelegenheit, sie zu sehen), erinnert in ihrem äusseren Aussehen an Trüffel. Die Pflanze liebt, wie schon Gmelin in seiner Flora Sibirica hervorhebt, steinige Orte, wie z. B. in Japan die Abhänge des Fuji-san. Ihre eigentliche Heimat ist Sibirien, wo sie z. B. von den Samojeden viel gegessen wird.
4) Hodo oder Hodo-imo (Apios Fortunei Maxim.). In der Busch - wald - und Mittelgebirgsregion ziemlich verbreitet, bildet einen mehr kugel - als birnförmigen Knollen, der im gekochten Zustande mehl - reich erscheint und gern gegessen wird.
5) Kudzu (Pueraria Thunbergiana Benth., Pachyrhizus thunber - gianus S. & Z.) Diese Pflanze findet sich sehr häufig, namentlich an Waldrändern und in Gebüsch, durch welches sie ihre langen Ranken windet. Die dicken Wurzeln dienen zur Darstellung eines Stärkemehls, das als Nahrungsmittel benutzt wird.
6) Die Batate oder süsse Kartoffel, jap. Satsuma-imo oder76I. Land - und Forstwirthschaft.Riukiu-imo (Batatas edulis Choisy, Convolvulus Batatas L., C. edulis Thunb.). Die Cultur dieser wichtigen Nährpflanze hat sich über den grössten Theil der tropischen und subtropischen Gebiete der Erde verbreitet. Sie schliesst sich in Europa und Nordamerika nach Süden an diejenige unserer gewöhnlichen Kartoffel an, z. B. in Andalusien und den Golfstaaten, wo die lange hohe Sommerwärme für sie völlig ausreicht. Ueber den Ursprung sind die Ansichten noch getheilt; doch sprechen gewichtige Gründe für Südamerika. Ohne Zweifel ist sie erst seit Entdeckung dieses Erdtheils dem östlichen Monsungebiete zu - geführt worden, wofür nicht blos die hier üblichen Benennungen, sondern auch historische Daten zeugen. So heisst sie bei den meisten Malayen, wie in Portugal Batata, auf den Philippinen aber Castillian.
Um das Jahr 1610 gelangte die Cultur der Batate von Luzon nach China, von hier weiter nach den Riukiu-Inseln*)Ich verdanke die hier folgenden Notizen vornehmlich meinem alten Freunde Ito Keiske in Tôkio., wo sie Kara - imo (chines. Kartoffel) heisst und das Hauptnahrungsmittel bildet. Die Bewohner jener Inseln befreundeten sich alsbald mit ihr und cultivierten sie seitdem mit Vorliebe; sie waren stolz, ein werthvolles Gewächs zu besitzen, das ihre nördlichen Nachbarn nicht kannten. Im Jahre 1698 schenkte ihr König dem Daimiô von Satsuma einen Korb voll Bataten, welche dieser auf Tanega-shima pflanzen liess. Von hier aus verbreitete sich ihr Anbau über die ganze Herrschaft Satsuma, dann weiter über alle wärmeren Theile des südlichen und mittleren Japan. So ist es gekommen, dass man die Batate Riukiu - imo nennt in Satsuma, und Satsuma-imo im ganzen übrigen Reiche Nippon. Noch vor 100 Jahren war jedoch der Anbau dieses Ge - wächses selbst in den südlichen Landestheilen so beschränkt, dass seine Knollen den Kindern als seltene Leckerbissen erschienen. Ihr süsslicher Geschmack erinnert an den der essbaren Kastanien, der Stärkegehalt beträgt nur 16 %. Das Hauptverdienst um seine Ver - breitung im Lande wird einem gewissen Aoki Kongô zugeschrieben, dem vor etwa 15 Jahren die Batatenhändler von Tôkio in dem be - nachbarten Meguro einen Denkstein errichteten.
Die kleineren Knollen der Satsuma-imo, welche in Japan zur Vermehrung dienen, werden im Frühjahr in lockeren, gut gedüngten Boden reihenweise in 50 — 60 cm Abstand verpflanzt und ihre jungen Triebe dann während der ersten zwei Monate mehrmals mit flüssigem Latrinendünger begossen. Im Juni kürzt man in einzelnen Gegenden die bereits 2 — 2½ m über den Boden ausgebreiteten Ranken und ver -772. Nährpflanzen.pflanzt die Abschnitte zur weiteren Vermehrung auf abgeerntetes, frisch zubereitetes Weizenfeld. Jede Pflanze entwickelt 5 — 6 Knollen von sehr verschiedener Grösse und Gestalt.
Die häufigste und beliebteste Abart ist eine rothschalige (Aka - imo) von ellipsoidischer Form; neben ihr kommt auch die weiss - schalige (Shiro-imo) viel vor. Von dieser gibt es eine mehr keulen - förmige bis kugelige Varietät, welche bis zur Grösse einer unter - irdischen Kohlrabi heranwächst.
Gleich den meisten Winden zieht die Batate warmen leichten Boden vor, über den sie 2 — 4 Meter lange Triebe nach allen Rich - tungen mit zahlreichen langgestielten Blättern ausbreitet. Die Blatt - spreiten erinnern zum Theil an die des Epheus, sind aber grösser und noch vielgestaltiger, bald einfach herzförmig, bald gebuchtet, meist aber drei - bis fünflappig.
Zu den Eigenthümlichkeiten der Batatenknollen gehört, dass es flei - schige Anschwellungen von Seitenwurzeln, keine unterirdischen Knollen (tuber) im gewöhnlichen Sinne, wie Kartoffeln und Taro sind, noch Rhi - zome, wie die bekannten Purgiermittel anderer Convolvulaceen*)Siehe auch Turpin: Mémoires du Museum Vol. XIX, pag. 1 ff. und A. de Candolle: Archives des Sciences phys. et nat. Troisiême Période Vol. VII, No. 6 1882 —. Wo der Boden nicht genügend durchwärmt ist, wie bei uns in Deutschland, entwickelt die Batate jene Wurzelanschwellungen entweder gar nicht, oder lagert doch nur wenig Stärke darin ab. Culturversuche, welche ich vor 18 Jahren mit verschiedenen westindischen Abarten im bota - nischen Garten zu Frankfurt a / M. anstellte, bewiesen dies ebenfalls. Die oberirdischen Theile gelangten zur schönsten Entwickelung und bedeckten den Boden mit einem dichten Teppich von Ranken und Blättern. Als aber im Herbst nach Knollen gesucht wurde, fand sich, dass die stärksten Wurzelanschwellungen nur die Dicke eines Dau - mens erreicht hatten.
7) Die gewöhnliche Kartoffel, japanisch Jagatara-imo (Sola - num tuberosum L.). Der japanische Name Jagatara ist das etwas umgeformte Jacatra, die frühere Benennung für Batavia, und weist auf die Einführung der Kartoffel durch die holländische Compagnie hin. Ueber die Zeit, wann dies geschah, konnte ich nichts Näheres ermitteln. In den Ebenen und Thalsohlen Japans, wo man Bataten oder Taro bauen kann, begegnen wir unserer Kartoffel fast nie, wohl aber in den Gebirgsgegenden von Kiushiu bis nach Yezo und zwar ziemlich häufig, doch auch hier nie auf grösseren Feldern. Man ver -78I. Land - und Forstwirthschaft.steht die Pflanze nicht recht zu behandeln, lässt es an geeignetem Dünger fehlen, häufelt nicht und erzielt so nur dürftige Ernten, etwa das Fünffache der Aussaat. Der Japaner hat sich eben weder mit ihrer geeigneten Cultur, noch mit dem Geschmack vertraut gemacht, ebensowenig, wie die meisten andern Völker der Erde letzteren in gleichem Maasse wie wir zu schätzen vermögen. Die hervorragende Stellung der Kartoffel im Haushalte der Germanen und Slaven findet sich nirgends wieder. Ueberschreiten wir die Nordgrenze der Mittel - meerregion, so finden wir eine rasche Abnahme ihrer Cultur, die viel mehr durch eine andere Geschmacksrichtung und das Hinzutreten von Ersatzmitteln, wie Kastanie und Batate, als durch das Klima bedingt ist. So nimmt dieselbe in Norditalien noch 0,33 %, in Mittelitalien 0,24 %, aber in Unteritalien nur noch 0,03 % der Bodenfläche in An - spruch. Eine ähnliche Abnahme zeigt sich auf der Iberischen Halb - insel. Hieraus erklärt sich denn auch, wesshalb die Kartoffel nicht schon durch die Portugiesen nach Japan kam. Dieselben hatten wohl das Bedürfniss, den Tabak, die Weinrebe und die Quitten, aus wel - chen man in Spanien, wie in Portugal mit Zucker eine sehr beliebte Confiture darstellt, einzuführen, nicht aber Solanum tuberosum.
Die ihrer Knollen wegen viel cultivierten Araceen kommen in Japan ebensowenig, wie sonst auf den Feldern zur Blüthe, da sie hier nur eine Vegetationsperiode durchmachen und während derselben keine Stengel entwickeln, sondern in der niedrigen Kraut - oder Monopodien - form bleiben. Dies erschwert denn wesentlich ihre Unterscheidung. Die geschätzteste und verbreitetste Art, und zwar nicht blos in Japan, sondern über das ganze Monsungebiet und Polynesien ist
8) Colocasia antiquorum Schott (Arum esculentum L.), welche der Japaner gewöhnlich Imo schlechtweg, oder Sato-imo (Dorfkar - toffel), der Südseeinsulaner aber Taro zu nennen pflegt. Andere japanische Namen bezeichnen verschiedene Abarten. Von der Mutter - knolle (Oya-imo), die sich einem Rhizom nähert, entwickeln sich nach verschiedenen Richtungen am Ende kurzer Triebe (Stolonen) die Axil - larknospen zu ellipsoidischen oder eiförmigen fleischigen Knollen (Ko-imo) von weisser Farbe, der Grösse eines Hühnereies und 60 — 80 Gramm Gewicht. Von Kohlenhydraten weisen dieselben mehr Glycose und Dextrin als Stärke auf; daher denn auch der eigen - thümliche süssliche Geschmack. Die Vermehrung geschieht, wie bei unseren Kartoffeln, durch Knollen. Die Blattstiele der Sato-imo sind grün und länger, die ansehnlichen schild-herzförmigen Blattspreiten grösser, als bei den meisten andern Arten der hierher gehörenden Imo, oberseits glänzend grün, unterseits grauweiss.
792. Nährpflanzen.9) Leucocasia gigantea Schott (Caladium esculentum Sieb. ), japa - nisch Hasu-imo, steht der vorigen sehr nahe, wird jedoch weniger geschätzt und angebaut.
10) Alocasia macrorrhiza Schott (Arum macrorrhizum L., Colo - casia esculentum var. C. & Z.), japanisch Manshiu-imo. Diese Art, ebenfalls in der Südsee unter dem Namen Taro und sonst viel verbreitet, bildet nur ein grosses, knollenartiges Rhizom.
11) Conophallus konjak Schott (Arum Dracunculus Th.), japanisch Konniyaku (sprich Konjak) bildet einen einzigen Knollen, gleich der vorigen Art, doch viel kleiner. Er dient zur Bereitung einer gelatinösen, zähen Speise, welche den Namen Konniyaku führt.
Von Yamswurzeln oder Dioscorea-Arten benutzt der Japaner folgende:
12) Dioscorea japonica Thunb. (D. oppositifolia Thunb.), japanisch Yama-imo, d. h. wilde Kartoffel, oder Jinén-jô. Dieselbe ist in den Hügel - und Bergwaldungen bis zu etwa 600 m Höhe sehr ver - breitet. Sie windet sich hier 2 — 3 m hoch durch Büsche und um Stämme und entwickelt im Juni aus den Blattwinkeln zahlreiche zierliche grünlichgelbe Blüthentrauben. Ihrer langen, walzenförmigen Wurzel wegen heisst sie auch Naga-imo (lange Kartoffel, ein Name, welcher indess vorwiegend auf die cultivierte Form angewendet wird). Jinén-jô ist die beliebteste aller Imo-Arten; ihre Wurzeln kommen 150 — 200 Gramm schwer und 25 — 50 cm lang auf die Märkte, wo die höchsten Preise dafür gezahlt werden. Unter solchen Umständen muss es auffallen, dass sie wie alle Yams in Japan verhältnissmässig so wenig angebaut wird, ebenso wie in China, wo man sie Ta-shu (grosse Wurzel) nennt. Die kleinen Pflanzungen, welche sich hier und da finden, erkennt man leicht an den kurzen Stangen, um welche sich die Ranken winden. Eine Varietät der Naga-imo, nämlich Dio - scorea japonica var. bulbifera führt den Namen Kashiu-imo, wohl auch Tsuku-imo. Sie hat rundliche, kartoffelähnliche Wurzeln. Bezüglich einer zweiten Art,
13) D. sativa L., japanisch Tokoro oder Naga-dokoro, scheint mir Savatier im Irrthum zu sein, wenn er sagt: » Hab. in Japonia saepissime culta «, da sie nur spärlich angebaut wird, so weit ich es in verschiedenen Theilen des Landes beobachten konnte.
14) D. quinqueloba Thunb., japanisch Kikubaba-dokoro wird von Savatier als wildwachsend angeführt. Die Art und ihre Ver - wendung ist mir unbekannt. In der Sammlung zu Kew befindet sich Stärkemehl von derselben.
Wie die Wurzeln der wildwachsenden Yamsarten, so werden auch80I. Land - und Forstwirthschaft.die Zwiebeln der in vielen Species auf der Hara (Waldwiese) und in der Waldregion verbreiteten Lilien (Yuri) vielfach als Nahrung ge - sucht, insbesondere von der ärmeren Bevölkerung und den Ainos auf Yezo. Es kommen hier, wie es scheint, vornehmlich die drei folgen - den in Betracht.
15) Lilium auratum Lindl., japanisch Horaiji-yuri, welche auf den grasigen Bergabhängen ausserordentlich häufig zu finden ist.
16) L. Thunbergianum Roem. & Schult. (L. nodosum Thunb.), ja - panisch Hirata-yuri und Natsu-sukushi-yuri, deren essbare Zwiebeln schon Thunberg ausdrücklich erwähnt. Ihretwegen wird diese Art nach L. Boehmer in der Nachbarschaft von Hakodate auch viel angebaut*)Report to the Kaitakushi 1875 pag. 202..
17) Lilium cordifolium Thunb., japanisch Uba-yuri und Kawa - yuri. Nach Scheube stellen die Ainos aus den Zwiebeln eine Art Stärke dar, welche mit Hirse oder anderm Getreide gekocht wird**)Mittheilungen der deutschen Gesellschaft Ostasiens. III. Bd. Yokohama 1880 — 84. pag. 223..
18) Der Adlerfarn (Pteris aquilina L.), japanisch Warabi. Die - ses Gewächs, unter allen Landpflanzen der Erde wohl die verbrei - tetste, findet sich auch auf den japanischen Inseln in ihrer ganzen Erstreckung von Formosa bis nach Kamtschatka. Aber es ist hier nicht so missachtet und unnütz für Mensch und Vieh, wie bei uns***)In Shikoku sah ich 1875 Strecken Bergwald niederbrennen, damit Warabi besser gedeihe (siehe Rein, Japan I. pag. 93).. Im April und Mai pflegt man seine jungen, noch eingerollten Wedel zu sammeln und theils frisch in Suppe oder als Gemüse zu essen, theils getrocknet zu gleichen Zwecken aufzubewahren. Wenn aber im Herbst die oberirdischen Theile absterben, werden die horizontal sich verzweigenden Rhizome ausgegraben und zur Darstellung von Farnstärke, Warabi-no-ko, d. h. Adlerfarnmehl, benutzt. Das Verfahren dabei ist einfach und gleich dem bei der Gewinnung an - derer Stärkesorten. Man trocknet, zerstückelt und pulverisiert die Rhizome, mengt mit Wasser, presst durch grobe hanfleinene Beutel, um die Stärke von den Fasern zu trennen, und decantiert weiter, bis das Mehl eine genügende Reinheit erlangt hat. In diesem Zustande ist es von lichtgrauer Farbe und überall käuflich zu haben. Man mischt es mit Hirse, Weizen - oder Reismehl und benutzt es vielfach im Haushalte, namentlich der Armen, z. B. im nördlichen Honshiu und auf Yezo, wo Hirse und Adlerfarn Hauptnährpflanzen sind. 812. Nährpflanzen.Warabi-no-ko dient aber noch einem andern Zweck. Der daraus be - reitete Kleister, versetzt mit Shibu, dem scharfen Saft unreifer Kaki - früchte, widersteht nämlich dem Regen und wird zum Aneinander - kleben von Papier benutzt, das geölt und zu Regenmänteln und - Schirmen verwendet werden soll oder sonst dem Wetter ausgesetzt wird.
Doch nicht blos in Japan dient der Adlerfarn zur Nahrung, son - dern auch in Korea und andern Gebieten des asiatischen Festlandes. Ferner erwähnt A. v. Humboldt auch von den Canarischen Inseln Palma und Gomera, dass ihre Bewohner seine Rhizome pulverisieren, mit Gerstenmehl vermengen und damit zur Speise verwenden. Von Neuholland ist bekannt, dass es zur Zeit der Entdeckung nur eine essbare Wurzel besass, diejenige nämlich von Pteris esculenta, einem nahen Verwandten unseres gemeinen Adlerfarns.
Eine grosse Anzahl der verschiedenartigsten Gewächse, theils wahre Culturcosmopoliten für den menschlichen Haushalt, theils Eigen - thümlichkeiten, wie sie das Land und die besondere Geschmacksrich - tung seiner Bewohner entwickelt haben, treten uns in dieser Gruppe entgegen. Liefert dieselbe auch nicht so wichtige Nahrungsmittel, wie die stärkereichen Halm -, Hülsen - und Hackfrüchte so spielen doch nicht wenige ihrer Glieder als tägliche Würze des materiellen Lebens, soweit dieses vom Genuss einer schmackhaften Suppe, sowie des Reis und seiner Ersatzmittel vornehmlich abhängt, eine bedeutende Rolle, und damit auch ihre Culturen. Kenner der japanischen Küche werden sich hier vor allem der Daikon (Rettige), Nasu (Früchte der Eier - pflanze), Negi-rui (Zwiebelgewächse), Uri-rui (gurkenartigen Ge - wächse), Take (Pilze) und anderer Küchenpflanzen erinnern, welche in dieser Beziehung ganz unentbehrlich zu sein scheinen, während man unter den Gemüsen (welche überhaupt in viel geringerer Menge ver - zehrt werden, als bei uns) eine grosse Anzahl unserer verbreitetsten und beliebtesten ganz vermisst, z. B. die meisten Kohlarten, Kohlrabi, Scorzonera, Spargel und viele Salatpflanzen.
Der Japaner unterscheidet Yasai-mono oder Yasai, Gemüse, Tsuke-mono, in Salzwasser oder Essig eingemachte Würzen, soge - nannte Pickles, und Yakumi oder eigentliche Gewürze, eine Ein - theilung, die jedoch kaum scharf durchzuführen ist, da oft dasselbe Produkt, je nach seiner Zubereitung und Anwendung, als Gemüse oder Würze erscheint, wie z. B. die Zwiebel. Statt desshalb die hierher - gehörenden Gewächse nach diesen drei Gruppen getrennt aufzuzählenRein, Japan. II. 682I. Land - und Forstwirthschaft.und Bemerkungen daran zu knüpfen, dürfte sich eine Anführung der - selben in systematischer Ordnung, wie sie hier folgt, mehr empfehlen.
1) Brasenia peltata Pursch. (Menyanthes nymphoides Thunb.), jap. Junsai, und
2) Nuphar japonicum D. C. (Nymphaea lutea Thunb.), jap. Kawa - hone und Ko-hone. Man isst die Rhizome und jungen Blätter dieser beiden Nymphaeaceen und cultiviert sie zu diesem Zweck in kleinen Teichen hier und da. Auch die Blattknospen von Nymphaea tetragona Georgi, jap. Hitsuji-gusa, werden mit Essig gern gegessen, nament - lich auf Yezo.
3) Papaver sommniferum L., jap Keshi. Der Mohn wird in Japan nur sehr beschränkt angebaut. Man benutzt die Samen als Gewürz, nicht zur Oelbereitung.
4) Eutrema Wasabi, Maxim. (Cochlearia Wasabi, Sieb), jap. Wasabi, der jap. Meerrettig, wildwachsend an der Küste und in beschränktem Maasse angebaut, wird auf dem Reibeisenzerkleinert und zu Fisch gegessen.
5) Brassica chinensis L. (B. orientalis Thunb.), der Raps, jap. Na. Die jungen Blätter werden theils zu Gemüse, theils als Salat verwandt.
6) B. oleracea L., jap. Botan-na, Kappa-na. Die meisten hierher gehörigen Kohlarten wurden erst in der neuesten Zeit einge - führt und haben sich noch wenig verbreitet. Schon länger bekannt ist und mehr cultiviert wird eine grüne Kohlsorte, welche nicht so scharf wie die entsprechende in Europa ist und einen sehr angeneh - men Geschmack hat.
7) B. rapa L., Rüben, jap. Kabura und Kabu, werden in vielen Abarten gebaut und theils als Gemüse gekocht, theils zu Salat ver - wendet, sowohl Wurzeln, als Blätter. Die gewöhnliche plattgedrückte Rübenform herrscht vor; doch gibt es auch walzenförmige, wie z. B. die Akanaga-kabura d. h. Rothe lange Rübe. Zu den besonders dicken Sorten gehören Ômi-kabura und Ô-kabura.
8) Sinapis integrifolia Wild., jap. Ô-garashi, Taka-na.
9) S. cernua Thunb., jap. Karashi-na.
10) S. chinensis L. (S. japonica Thunb.), jap. Midzu-na, Ise-na.
Die Blätter dieser drei Senfarten werden gleich denen des Raps zu Salat und Gemüse benutzt; die Verwendung ihrer Samen als Ge - würz wurde durch die Holländer bekannt, aber wenig verbreitet. (Siehe Oelpflanzen.)
11) Raphanus sativus L., jap. Daikon. Roh, gekocht, getrock - net, vornehmlich aber zerschnitten und eingesalzen, bilden die japa - nischen Rettige unstreitig die verbreitetste und beliebteste Zuspeise zum Reis, gleichbeliebt beim Fischer und Jäger der entfernteren Inseln,832. Nährpflanzen.wie beim verfeinerten Bewohner der Landeshauptstadt. Daher wird auf den Anbau derselben viel Werth gelegt und erstreckt sich derselbe so weit, als sich nur Japaner dauernd niedergelassen haben. In den mittleren und südlichen Landestheilen findet er zu allen Jahreszeiten statt, vornehmlich im Winter, und liefert zum Theil enorm lange und dicke Wurzeln von 2 — 3 kg Gewicht. Besonders gerühmt werden in dieser Beziehung, und auch ihrer Güte wegen, die Daikon von Sakura - jima in der Bucht bei Kagoshima.
Die Cultur hat allmählich viele Abarten erzielt, vorwiegend mit langen, walzenförmigen Wurzeln, wie Sakura-jima Daikon, Miya - shige D., Karahashi D., Murasaki D., Natsu D., Sangatsu D., Hadano D., theils mehr wie Kohlrabi oder Rüben kurz und gedrun - gen, wie Kudzu-hata D. und Karami D. und selbst mit Wurzel - bündeln, wie Bambusrohr und Palmen: die Tako (Octopus) D. Die meisten Sorten sind weiss, wie Rüben aussehend; violette, rothe und grauschwarze werden als Murasaki -, Aka -, und Kuro-Daikon bezeichnet. Der Europäer, welcher die grossen gewaschenen und ap - petitlich aussehenden Rettige, wie sie namentlich gegen Frühjahr viel zu Markt gebracht werden, zunächst wohlgefällig anstaunt, kann sich in der Regel eben so wenig mit ihrem Geschmack, wie mit ihrem scharfen Geruch im zubereiteten Zustande befreunden.
12) Portulacca oleracea L., jap. Suberi-hiyu, stellenweise an - gebaut, meist wild, wenig benutzt.
13) Zanthoxylon piperitum D. C. (Fagaria piperita Thunb.), jap. Sanshô. Die jungen Blätter dieses sehr verbreiteten Strauches, mehr aber noch die pfefferartigen Samen dienen als Gewürz. Zu dem Zweck findet man nicht selten Büsche in der Nähe ’der Bauernhäuser ange - baut. Auch die andern wildwachsenden Zanthoxylon-Arten werden zum Theil in ähnlicher Weise, doch seltener, benutzt. —
Mit Uebergehung der Aurantiaceen und Pomaceen, deren bei den Obstsorten gedacht wird, gelangt man zu den Cucurbitaceen, welche in vielen Arten und Formen vertreten sind. Man pflanzt:
a. ihrer essbaren Früchte wegen:
14) Cucurbita pepo L., den Kürbis in seinen typischen, flachen, radförmigen und gerippten Formen. Von den japanischen Namen Tô - nasu, Bôbura und Kabocha (d. h. Cambodja) weist der letztere auf die Bezugsquelle einer beliebten Spielart hin. Eine andere japa - nische Abart ist in der Neuzeit unter dem Namen Cucurbita melonae - formis viel in Frankreich versucht worden. Man rühmt ihre Ertrags - fähigkeit, das dichte, hellgelbe Fleisch und den angenehmen Geschmack ihrer gekochten Früchte, welcher zwischen dem der Kartoffel und dem6*84I. Land - und Forstwirthschaft.des Mais liegt. Diese Kürbise sind stark und regelmässig gefurcht und erreichen 55 cm Umfang bei 13 cm Höhe. Ihre Farbe wechselt von kupferroth bis tief grün.
15) Citrullus edulis Spach (Cucurbita citrullus L. & Th.), jap. Sui - kuwa (sprich Suika). Diese schöne Frucht entwickelt in Japan wenig Aroma, so dass ihr Geschmack demjenigen, welchen sie in der Mittel - meerregion und andern Gebieten mit heissen, trocknen Sommern be - sitzt, weit nachsteht. Ueber das Alter ihrer Cultur in Ostasien ist mir nichts Näheres bekannt. In Aegypten wurde die Wassermelone be - kanntlich schon vor mehr als 3500 Jahren gebaut, wie die Gräberfunde von 1881 durch Brugsch und Maspero bewiesen haben.
16) Cucumis conomon Thunb., jap. Shiro-uri, weisse Melone. Der kopfdicken, ellipsoidischen Frucht dieser Art, von grüner oder heller Farbe, begegnet man häufig. Dieselbe wird gewöhnlich mit Salz eingemacht und als Zuspeise zum Reis (statt Daikon) gegessen.
17) C. flexuosus L., jap. Awo-uri, grüne Melone.
18) C. melo L., die Melone, jap. Makura-uri (Cucumis melo L.). Eine grosse stark verästelte Art, deren Samen 1877 nach Frankreich gelangte, wird hier seitdem gebaut. Die grosse walzenförmige, dünn - schalige Frucht erreicht 15 cm Länge und 7,9 cm Dicke. Das grau - grüne Fleisch ist dicht, fein und von angenehmem, süssem Geschmack, hat jedoch wenig Aroma.
19) Cucumis sativus L., die Gurke, jap. Ki-uri, wurde s. Z. aus China eingeführt.
Ausser diesen werden auch die Früchte der wildwachsenden Mo - mordica charantia L. unter dem Namen Tsuru-reishi und Niga-uri benutzt.
b) Der Fruchtschale oder des Fruchtgewebes wegen baut man die folgenden Arten:
20) Luffa petala Ser., jap. Tôgan, Tô-guwa oder Hechima. Die grosse ellipsoidische Frucht ist im Aussehen der Wassermelone ähnlich, weiss bereift, sonst grün. Sie wird im jungen Zustande ge - gessen, im reifen aber liefern ihre Fasern die sogenannten Luffa - schwämme.
21) Lagenaria vulgaris Ser. (Cucurbita lagenaria L.), jap. Hiyotan, liefert in Japan, wie im ganzen Monsungebiet und in Afrika, in seinen formenreichen Fruchtschalen beliebte, billige Gefässe für den gemeinen Mann. Dieselben werden in andern Ländern von den Europäern oft Calabassen genannt, ein Name, welcher auch den Früchten des Me - lonenbaumes (Crescentia cujete) zukommt, deren harte Schalen zu man - cherlei Gefässen, wie Eimer, Schüsseln, Löffel etc., von den Eingebo -852. Nährpflanzen.renen des tropischen Amerikas verwendet werden. In Japan und China hat die birnförmige Gestalt des Flaschenkürbis, sowie jene, welche aus zwei verschieden grossen, aufeinander gesetzten Kugeln hervorgegangen zu sein scheint, als oft angewandtes Modell zu Sake - flaschen gedient. Lagenaria dasystemon Miq., jap. Kamo-uri, wird in ähnlicher Weise wie die vorige Art verwerthet.
c) Zur Bereitung von Stärke dienen in bescheidenem Umfang die Samen mehrerer wildwachsenden Arten der Gattung Trichosanthes, nämlich von Karasu-uri (T. cucumeroides Ser. ) und Ki-karasu-uri (T. japonica Regel).
22) Apium graveolens L., Sellerie. Der jap. Name Oranda - mitsuba, holländisch Dreiblatt, weist wohl auf die Einführung der Pflanze durch die Holländer auf De-shima hin. Von
23) Petroselinum sativum Hoffm. (Apium petroselinum L.), der Petersilie, gilt dasselbe.
24) Pimpinella anisum L., jap. Uikiyo, der Anis.
25) Foeniculum vulgare Gaertn., jap. Kurenomo und Uikiyo, Fenchel.
26) Pastinaca sativa L., jap. Amerika bôfu, Pastinak.
27) Coriandrum sativum L., jap. Koyendoro, der Coriander. Alle vorerwähnten Umbelliferen werden auch als Droguen gebaut. Ihre Verbreitung und Bedeutung für die japanische Küche ist gering.
28) Daucus carota L., jap. Ninjin (nicht zu verwechseln mit dem gleichlautenden Namen für Ginseng). Die gelbe Rübe gehört auch in Japan zu den verbreitetsten Gemüsen; doch ist ihr Anbau und Ge - brauch bei weitem nicht so ausgedehnt, wie bei uns.
29) Aralia cordata Thunb. (A. edulis S. & Z.), jap. Udo, ein Busch von etwa Meterhöhe, findet sich zerstreut im Gebirge, vornehm - lich auf den grasigen Bergabhängen (Hara), blüht im Juli, wird hier und da auch in der Nähe der Wohnungen angebaut. Die jungen Stengel sowohl, als auch die Wurzeln werden als Gemüse, sowie in der Suppe gegessen und sind sehr beliebt.
30) Petasites japonicus Miq. (Tussilago Petasites Thunb.), jap. Fuki, wildwachsend unter Hecken, an Wegen und Waldrändern, aber auch cultiviert, blüht im Februar und März. Man benutzt die Blattstiele zu Gemüse.
31) Lappa major Gaertn. (Arctium lappa Thunb.), jap. Gobô. Die gewöhnliche Klette findet sich in Japan in ähnlicher Weise, wie bei uns, hat aber eine Verwendung, welche wir nicht kennen. Die daumendicken, langen, fleischigen Pfahlwurzeln mit einem Durchschnitts - gewicht von 350 Gramm werden nämlich vom Volke gegessen. Wie86I. Land - und Forstwirthschaft.die Wurzeln und Knollen verschiedener anderer Compositen enthalten sie Inulin.
32) Cichorium endivia L., jap. Kiku-jisa und Oranda-jisa.
33) Lactuca sativa L., jap. Chisa, der Lattich. Beide werden cultiviert und zu Salat und Gemüse benutzt, doch in viel bescheide - nerem Umfange, wie bei uns. Sie sind namentlich der Landbevölke - rung fast gänzlich unbekannt und offenbar ebenfalls erst durch die Holländer eingeführt worden.
34) Solanum melongena L. (S. esculentum Dunal), jap. Nasu oder Nasubi, die Eierpflanze, franz. l’Aubergine. Vom Juni und Juli an, wo die grossen violetten Blüthen erscheinen, denen meist ähnlich ge - färbte, schöne Früchte reichlich folgen, ist dieses Gewächs eine wahre Zierde des trocknen japanischen Feldes. Seine Cultur ist über das ganze Land verbreitet und erstreckt sich von hier über die wärmeren Länder Asiens bis zur Mittelmeerregion*)In » Frau Baron von Gerstorfs Reise in Syrien von Aleppo nach el Deir am Euphrat. Peterm. Mitth. 1865. pg. 53. « heisst es z. B.: » Wir kauften noch einige Wassermelonen und Patlitdschan (Solanum melongena L.), denn hier waren ganze Felder damit bebaut. «. Aber auch in verschiedenen Ländern Afrikas, sowie in Amerika wird die Eierpflanze gezogen. Der Japaner pflegt die ovalen, keulen - oder birnförmigen Früchte zu zer - schneiden und in Suppe zu kochen oder in Salzwasser zu legen und statt der Rettige als Salat zum Reis zu essen. In andern Ländern, z. B. in Indien, Frankreich, Nordamerika werden die Früchte der Länge nach durchschnitten, in Butter gebraten und bis auf die äussere Schale wie Gemüse gegessen. Auf den Märkten von Paris erscheint unter dem Namen l’Aubergine violette eine langgestreckte Form, welche in ihrer Gestalt an unsere Nierenkartoffeln erinnert. Dieser Abart be - gegnet man auch in Japan; doch ist eine andere mit grossen violetten birn - und keulenförmigen Früchten wohl die verbreitetste. An Wasser - gehalt und Nährwerth stehen sie alle auf gleicher Stufe und nähern sich wässrigen Kürbisen, machen aber mehr Ansprüche an grosse Som - merwärme, welche unser deutsches Klima nicht befriedigen kann.
35. Lycopersicum esculentum Mill., jap. Aka-nasu, die Tomate oder der Liebesapfel, kommt in Japan auch vor, hat aber der Eier - pflanze gegenüber für den dortigen Haushalt nur geringe Bedeutung.
36) Physalis Alkekengi L., jap. Hôdzuki, Blasenkirsche.
37) P. angulata L. (P. ciliata S. & Z.), jap. Sennari-hôdzuki. Diese Art kommt der gewöhnlichen Blasen - oder Judenkirsche gegen - über nur selten vor. Von letzterer sagt Siebold: » Fructus edulis ac pro nugis habetur venalis. « Die Beerenhaut ist nämlich ein beliebtes872. Nährpflanzen.eigenartiges Spielzeug japanischer Mädchen, zumal dann, wenn sie ihre jüngeren Geschwister auf dem Rücken herumtragen. Man trennt die rothe Beere, welche die Grösse einer kleinen Kirsche hat, von dem sie umgebenden orangefarbigen Balg und conserviert sie in Salzwasser. Beim Gebrauch löst man durch Hin - und Herdrücken die Haut von dem Fleisch und den Samen im Innern und presst diese dann durch ein kleines Loch, gegenüber dem, welches an der Basis entstand, her - aus. Die Beerenhaut hat nun, wie eine Lampenglocke, zwei Oeffnun - gen. Sie wird in den Mund genommen, voll Luft geblasen und diese dann durch Gaumendruck mit einem eigenthümlichen Ton ausgepresst. Hierin besteht nun das ganze Vergnügen.
36) Capsicum annuum L., jap. Tôgarashi, spanischer oder Ca - yenne-Pfeffer, span. Pimiénto, franz. Piment. Derselbe wird in vielen Abarten cultiviert, die sich namentlich in der Farbe, Gestalt und Grösse der Früchte unterscheiden. So ist in Japan besonders häufig der Naga - tôgarashi, lange, zugespitzte Pfeffer (C. longum D. C.) mit glänzend rothen oder schwarzen Beerenfrüchten, ferner der Maru-tôgarashi mit herzförmigen (C. cordifolium Mill.). Die schwarzen Varietäten heissen Murasaki-tôgarashi, die rothen Aka-tôgarashi.
37) C. frutescens Willd., ebenfalls Tôgarashi genannt, kommt in Japan viel seltener vor, als die vorerwähnte krautförmige Art.
Nach de Candolle*)L’origine des plantes cultivées. Paris 1883. stammt der spanische Pfeffer wahrscheinlich aus dem tropischen Amerika, von wo er sich aber jedenfalls bald nach der Entdeckung rasch verbreitete, denn in England lernte man ihn bereits im Jahre 1548 kennen. Zu seiner rechten Würdigung gehört ein warmes Klima. In vielen Ländern ist er im frischen, eingemach - ten oder pulverisierten Zustande das beliebteste Gewürz. So bemerkt Cap. Hall**)Capt. Hall: A visit to Korea. Proc. R. G. S. 1881.: » Chilies (d. h. span. Pfeffer) bilden das wichtigste Con - diment der koreanischen Kochkunst « und hebt weiter hervor, dass sie kaum einer Speise fehlen und in der Nähe der Ortschaften viel ange - baut werden.
In Japan wird der Name Tôgarashi, Pfeffer, auch als Collectiv - bezeichnung für verschiedene Gewürze gebraucht. So hörte ich während meines ersten fünfmonatlichen Aufenthaltes in der deutschen Legation in Tôkio jeden Morgen eine an meinen Fenstern vorübergehende Frau rufen: » Nana iro tôgarashi! « d. h. wörtlich: » Sieben Sorten Cayenne - Pfeffer «. Sie verkaufte ein pulverförmiges Gemisch aus sieben Gewür - zen, darunter Tôgarashi als Hauptbestandtheil. Die übrigen Ingre -88I. Land - und Forstwirthschaft.dienzien waren: 2) Chimpi, getrocknete Orangenschalen, 3) Goma, Sesamsamen, 4) Koshô, schwarzer Pfeffer, 5) Sanshô, Zanthoxylum piperitum D. C., 6) Keshi, Mohnsamen, 7) Asa-no-mi, Hanfsamen.
38) Perilla arguta Benth. (Ocymum crispum Thunb.), jap. Shisô. Man unterscheidet Aka-shisô mit purpurrothen und Ao-shisô mit grünen Blättern. Shisô ist ein sehr verbreitetes Küchengewächs, des - sen junge Blätter als Gemüse und in Suppe gegessen werden. Aus den Blättern der rothen Varietät zieht man durch Uebergiessen mit Pflaumenessig den Farbstoff aus und benutzt die rothe Flüssigkeit zum Einmachen und Färben von Ingwerklauen und verschiedenen andern Wurzeln und Früchten.
39) Beta vulgaris L., jap. Tensei, rothe Rübe. Wenig verbreitet.
40) Spinacea inermis Moench. (S. oleracea β. L.), jap. Hôrensô. Der Spinat wird wie bei uns zu Gemüse benutzt, doch nicht in gleich ausgedehntem Maasse.
41) Polygonum orientale L., jap. Ô-tade, der orientalische Knöterig. Nach Thunberg wurde diese wahrscheinlich aus Indien stam - mende und über einen ansehnlichen Theil der alten Welt verbreitete Art in Japan zuerst durch Portugiesen eingeführt. Man findet sie hier und da, wie bei uns, doch nicht als Zierpflanze, sondern ihrer Blätter wegen angebaut. Gleichem Zweck dient auch P. japonicum Meissn. (P. barbatum L.), die Tade oder Bontoku-tade.
42) Rheum palmatum L. & Rh. undulatum L., jap. Daiō. Der Rhabarber wird vornehmlich zu medicinischen Zwecken angebaut; doch finden die Blattstiele hin und wieder auch wie bei uns in der Küche Verwendung.
43) Cinnamomum zeylanicum Breyn. und C. Loureirii Nees, Nik - kei, die Zimmt - oder Cassiarindenbäume Japans. Der erstere findet sich nur hier und da cultiviert, häufiger der andere. Die von letzte - rem erhaltene geringwerthige Rinde wird in bescheidener Menge über Nagasaki ausgeführt.
44) Cannabis sativa L., jap. Asa, Hanf. Der Verwendung seiner zerriebenen Samen als Condiment wurde schon oben beim spanischen Pfeffer gedacht. Ueber die viel wichtigere des Bastes folgt Näheres bei den Textilpflanzen.
45) Zingiber officinale L., jap. Shôga. Der Ingwer wird seiner Rhizomklauen wegen von Alters her für den eigenen Gebrauch culti - viert und zwar stets auf kleinen feuchten Flecken in der Nähe der Wohnungen, wie auch in China. Man kann jedoch schon manches Dorf durchwandern, ohne ihn zu erblicken. Derselbe kam bereits 1796 durch Sir Joseph Banks nach Kew. Seine Rhizome werden gewöhnlich892. Nährpflanzen.in rothgefärbtem Pflaumenessig eingemacht und bilden eine beliebte, doch nicht häufige Zuspeise zum Reis statt der Daikon.
46) Z. Mioga Roscoe (Amomum Mioga Thunb.), jap. Miôga. We - niger cultiviert, als der gemeine Ingwer, liefert in ihren jungen Schöss - lingen ein Condiment.
47) Curcuma longa L., jap. Ukon, wird ebenfalls als Condiment in bescheidenem Umfange angebaut, während man den bekannten gel - ben Farbstoff aus China und Indien erhält.
Die lauchartigen Condimente, » Shin «, d. h. stinkende Kräu - ter, wie sie der buddhistische Priester des chinesischen Culturkreises nennt, haben bis jetzt keinem Culturvolke gefehlt, aber nicht bei jedem die gleiche Bedeutung erlangt. Während z. B. der Spanier kaum eine Fleischspeise verzehrt, die nicht mit Knoblauch gespickt wäre, und der Russe eine rohe Zwiebel sammt ihrem grünen Schopfe wie einen Leckerbissen betrachtet, finden wir unter den germanischen Völkern eine solche Neigung nur ausnahmsweise gleich ausgeprägt. Die Vor - liebe der Israeliten für Zwiebeln und Knoblauch ist bekannt und so alt, wie ihre Geschichte. Die Zwiebel war und ist bei vielen Völkern nicht blos Gewürz, sondern wirkliches Nahrungsmittel. Um letzteres zu verstehen, muss man berücksichtigen, dass es neben unsern gewöhn - lichen scharfen, zu Thränen reizenden Sorten auch solche gibt, die, wie die rothe portugiesische, namentlich in leichtem wärmeren Boden oft 1 kg schwer werden und von angenehm süsslichem Geschmack sind, so dass sie gekocht andere Gemüse ersetzen können.
Nach der Zwiebel nennt der Japaner die cultivierten Laucharten wohl Negi-rui, d. h. Zwiebelgruppe. Fünf derselben, die Go-shin, d. h. fünf scharfe, stinkende Kräuter, scheinen im Gebiet des Buddhis - mus besonders beliebt gewesen zu sein. Ihr Genuss war und ist den Priestern mit Ausnahme einer Secte aufs strengste verboten. Die be - zügliche Inschrift am Eingang zu manchen ihrer Tempel und Klöster, gewöhnlich auf einen Steinobelisk eingegraben, lautet in deutscher Uebersetzung: » Es ist verboten, stinkende Kräuter und berauschende Getränke durch dieses heilige Thor einzuführen «.
Zu den Hauptvorwürfen, welche Nobunaga gegen die Mönche des Hiyei-san*)Siehe Rein: Japan I. pg. 309. anführte, gehörte der, dass sie Fische und stinkende Kräu - ler assen und damit ihr Gesetz missachteten.
Als Go-shin gelten
48) Allium sativum L., jap. Ninniku, der Knoblauch, ein ur - altes Culturgewächs, den alten Aegyptern und Griechen wohlbekannt90I. Land - und Forstwirthschaft.und auch in Japan seit den ersten Anfängen seiner Geschichte gebaut. Nach Regel soll Knoblauch in der Kirgiesensteppe und Tsungarei ein - heimisch sein.
49a) Allium cepa L., jap. Negi, die Zwiebel. Sie wurde in den Randgebirgen des Iranischen Plateaus wild gefunden, ferner südlich von Kuldscha (Regel). In Japan findet ihre Aussaat gewöhnlich im Februar oder März statt, die Ernte im Herbst.
49b) Die Winterzwiebel, jap. Negi (Allium fistulosum L.), welche vom Altaigebirge stammt, wird gleich der vorigen in verschiedenen Arten gebaut. Man isst in Japan die Zwiebeln gekocht, aber auch im frischen, zerhackten Zustande als Condiment.
50) Allium ascalonicum L., jap. Wakegi, die Schalotte. Dieselbe ist im wilden Zustande nicht bekannt und wird von De Candolle für eine blose Abart der Zwiebel gehalten.
51) Allium schoenoprasum L., jap. Azatuki, der Schnittlauch, auch endemisch sehr verbreitet, doch nicht in Japan.
52) Allium porrum L., jap. Nira, Lauch oder Porree, ist nach Gay*)Ann. des sc. nat. 3e série. Vol. 8. eine Culturform von A. ampeloprasum L. Nach Kinch wird A. senescens L. mit Nira bezeichnet. Man isst die Zwiebel und das Kraut dieser besonders scharfriechenden Art meist in gekochtem Zu - stande**)Mit vorstehenden Hauptlaucharten Japans vermochte ich eine ältere Liste der Goshin, welche ich meinem gelehrten Freunde, dem Priester Nanjio Bunyiu, verdanke, nur theilweise in Einklang zu bringen. Sie folgt hier mit ihren sinico - japanischen und jap. Namen, letztere in Klammern: Dai-san (Chobiru), Shio-san (Ninniku), Kôkyo (Aratsuki), Ji-sô (Hitomoji od. Negi), Kaku-sô (Nobiru), Letz - tere ist All. nipponicum F. & Sav., eine Art, die übrigens meines Wissens gar nicht cultiviert wird..
Ausser den vorerwähnten Laucharten braucht man in Japan noch folgende:
53) Allium splendens Willd. (A. arenarium Thunb.), jap. Rak’ - kiyo, und
54) A. japonicum Regel, jap. Yama-rak’kiyo, zwei Species, deren Culturformen ich nicht kenne.
55) Bambusa puberula Miq. und mehrere andere Arten von Take oder Bambusrohr liefern der Küche die Take-no-ko, junge Bambus - sprossen, welche im Frühjahr riesigen Spargeln gleich aus der Erde hervorbrechen und um diese Zeit ein beliebtes, aber fadeschmeckendes Gemüse geben.
56) Pteris aquilina L., jap. Warabi, Adlerfarn. Der Rhizome912. Nährpflanzen.dieser Pflanze, als Stärkelieferanten, wurde schon im vorigen Abschnitt gedacht. Aber auch die jungen Wedel, so lange sie noch unentwickelt und zusammengerollt sind, werden im ganzen japanischen Reich ge - schätzt und in Suppe viel gegessen.
Ausser den in vorstehender Liste angeführten Gefässpflanzen und einer grossen Anzahl anderer, meist endemischer Arten, welche eben - falls ab und zu in der japanischen Küche als Gemüse oder Würzen Verwendung finden, ist hier noch der Pilze und marinen Algen zu gedenken. Die Gewinnung, Zubereitung und Verwerthung derselben nicht blos für den eigenen Haushalt, sondern auch für den Handel, beschäftigt und ernährt Viele. Leider sind neben den Flechten des Landes die Pilze von den Botanikern bisher am stiefmütterlichsten behandelt worden. Von Siebold bietet uns zwar eine Liste von 32 japanischen Namen, » quae vero fungorum species, aut sponte crescen - tes, aut arte imo provocatae, crudae, salsae, siccataeque vix in ulla desunt coena «; doch fehlt jede nähere Beschreibung und Bestimmung derselben. Diese Lücke besteht noch und wird auch durch das Fol - gende nicht ausgefüllt, wohl aber mag es dazu dienen, wenigstens einige Irrthümer zu beseitigen und mehrere Arten, welche ich näher kennen lernte, wissenschaftlich festzustellen.
Der Japaner bezeichnet mit Kinoko und Kusabira die grösse - ren Pilze im allgemeinen und mit Take, als Affix zu dem Eigennamen, in besonderen Fällen. In seiner Werthschätzung stehen mehrere Arten Agaricus, namentlich Shii-take und Abatzu-take obenan.
57. Agaricus sp., jap. Shii-take. Es ist dies ein Blätterschwamm, ohne Ring und Schleier, mit excentrisch gestelltem, unregelmässigem Hute, der braune Oberhaut und weisse Lamellen aufweist. Der Strunk ist ebenfalls weiss, ziemlich hoch, mässig dick. Shii-take hat sonach mit unserm gemeinen Champignon (A. campestris Pers. ) nur entfernt Aehnlichkeit und nähert sich vielmehr in seinem Aussehen A. fusipes Fr., A. contortus Berk. und A. attenuatus D. C. Um so unbegreiflicher ist die häufige Verwechselung mit jenem, von Kaempfer und Thunberg an bis auf unsere Tage. So führt Kinch in seiner Liste Shii-take als Agaricus campestris an und ebenso finden wir unter diesem Namen im Catalog der jap. Abtheilung der International Health Exhibition, London 1884*)Japan. Intern. Health Exhib. London 1884. A descriptive catalogue of the exhibits etc. by K. Nagai and J. Murai. eine Analyse desselben. Der Pilz enthält hiernach im92I. Land - und Forstwirthschaft.getrockneten Zustande 11,847 % Albumin, 1,685 % Fett, 67,508 % Cel - lulose und andere stickstofffreie Bestandtheile, 4,370 % Asche und 14,490 % Wasser.
Man kann den Shii-take leicht trocknen und aufbewahren. Dabei entwickelt und erhält sich ein ausgezeichnetes Aroma, welches ihn zum geschätztesten und werthvollsten aller japanischen Pilze macht. Sei - nen Namen verdankt er dem Shii-Baume, einer immergrünen Eiche (Quercus cuspidata Thunb.) des mittleren und südlichen Japans. Aber die Menge, welche man an faulenden Wurzeln und Stämmen derselben findet, reicht für den Bedarf bei weitem nicht aus. Dieser wird viel - mehr meist durch künstliche Zucht gedeckt, wie in Europa derjenige an Trüffeln und Champignons, die er an Wohlgeschmack m. E. weit übertrifft. Wie diese vorwiegend zu Sauce verwendet werden, so dient Shii-take vor allen Dingen zur Darstellung schmackhafter Suppen, und wenn derselbe auch im Binnenhandel und bei der Ausfuhr (nach China) nicht so grosse Summen repräsentirt, wie jene, so ist er doch ein er - wähnenswerther Factor.
Zur künstlichen Zucht, welche der englische Consulatsbericht von Kanagawa (Yokohama) für das Jahr 1875 näher beschreibt*)Auch die Revue Horticole des Jahres 1879 gibt eine Beschreibung derselben., dienen nicht blos Shii-noki (Quercus cuspidata Thunb.), sondern auch andere Eichen, so Kashi (Quercus acuta Thunb.), Kashiwa (Q. dentata Thunb.). Sie findet vornehmlich in der Rinde der gefällten Bäume statt und wird in vielen Provinzen betrieben, nämlich in Yamato, Ise, Mikawa, Tôtômi, Suruga, Kai, Idzu, Mutsu, Dewa und anderwärts.
58) Agaricus Sp. Matsu-dake, d. h. Kiefernpilz, weil er vor - nehmlich in Kiefernwaldungen wächst. Derselbe ist im frischen Zu - stande sehr wohlschmeckend und beliebt und wird gekocht oder ge - braten viel gegessen, auch in Salz eingemacht und getrocknet, verliert aber dann bald seinen Wohlgeschmack und wird fade.
59) Cantharellus cibarius Fries., jap. Shiba-take. Unter letzte - rem Namen bot man unsern wohlbekannten Eierschwamm im Septem - ber 1874 in den Ortschaften am Fusse des Fuji-san korbvollweise zum Verkaufe. Ich sah denselben auch anderwärts, finde ihn aber nirgends für Japan erwähnt.
60) Clavaria flava Pers. & Cl. Botrytis Pers., jap. Nedzumi - take kommt gleich dem vorigen in den Wäldern des Fuji-san vor und wird in den benachbarten Dörfern verkauft.
61) Lycoperdon Tuber L. (Thunb. flor. jap. 349). Unter dem Na - men Shô-ro (Shô für Matsu, Kiefer, und ro-tsuyu, Thau) kommt932. Nährpflanzen.im Frühjahr ein kleiner dem Bovistähnlicher Pilz vornehmlich in Kiefern - wäldern vor, der viel in Suppe und auch als Gemüse gegessen wird, sehr zart, aber fast ganz geschmacklos ist. Derselbe wird auch eingemacht.
Ferner werden als essbare Pilze noch viel genannt: Shimeshi, Kikurage, Tsuga-take, Hatsu-take, Hira-take und verschiedene andere, welche mir indess sämmtlich fremd geblieben sind.
Im Anschluss an das Vorstehende will ich hier noch zweier trock - nen Pilze gedenken, die, obgleich für den Haushalt werthlos, wegen ihrer Verbreitung und eigenthümlichen Verwendung verdienen, dass sie nicht übergangen werden.
In Thunberg’s Flora japonica wird pg. 347 unter dem Namen Bo - letus versicolor ein Baumpilz angeführt, den wir zu den trocknen Po - lyporus-Arten rechnen müssen. Derselbe führt, wie auch Thunberg angibt, den Namen Saru-no-koshi-kake, d. h. Affenstuhl, und scheint über das ganze Land verbreitet zu sein. In den Bergwaldungen um - klammert er die Stämme alter Laubbäume und erreicht oft grosse Di - mensionen. So besitze ich einen von 40 cm Breite und etwa 20 cm Länge. In Nikko pflegt man daraus Teller zu machen, deren Ränder noch 2 — 3 Wachsthumsschichten des Pilzes zeigen mit allen natürlichen Unregelmässigkeiten, die unten abgesägt und schwarz, oben ausgehöhlt und roth lackiert sind und so allerliebste eigenartige Gefässe darstellen.
Die zweite Pilzart, welche noch viel bekannter ist, führt den Na - men Reishi, eine trockne, harte und eigentlich nutzlose Art Hutpilz, in ihrem Aussehen dem Polyporus lucidus Fries. oder P. amboinensis von Hinterindien und dem Malayischen Archipel verwandt. Reishi ist von der Grösse unseres Champignon (A. campestris) und hat einen Stiel, der bisweilen 15 cm lang wird und gleich dem Hute dunkelbraun ge - färbt ist. Entwickelt er sich zufällig als Curiosität am Stamm eines alten Zwergbäumchens im Topf oder Kübel eines Gärtners, so wird dasselbe gleich um 1 — 2 yen (4 — 8 Mk) höher taxiert und als ein Me - detai oder Glückszeichen und Anlass zur Beglückwünschung ange - sehen. Auch sonst gilt Reishi als gutes Omen und dient wohl auch zur Verzierung des Tokonoma oder etwas erhöhten Erkers im Zimmer.
Von viel grösserer Bedeutung als die Pilze sind die marinen Al - gen für Japan*)Eine umfassende Arbeit über dieselben fehlt noch. Bis jetzt publicierten jap. Arten:1) Kützing in seinem bekannten Werke Species Algarum 1849, gesammelt von Tilesius, vornehmlich in Nagasaki.2) Harvey: Characters of New Algae, chiefly of Japan, collected by Ch. Wright. Proc. Am. Ac. of Arts & Sc. Boston 1857. Vol. IV. pg. 327. — 54 Arten.. » Die Ostasiaten sind die Einzigen «, sagt mit Recht94I. Land - und Forstwirthschaft.Prof. Cohn*)Im 58. Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft pg. 152., » bei welchen die Tange eine Volksnahrung bilden «. Doch nicht blos diese, die Riesen der marinen Flora, werden von den Chinesen und Japanern gefischt und in verschiedener Weise als Nah - rung verwerthet, sondern in mindestens gleichem Umfang die zarteren rothen und grünen Arten, mit deren Gebrauch sich auch die Malayen befreundet haben. In Europa beschränkt sich der Genuss weniger Arten, wie Alaria esculenta Grev., Sphaerococcus palmatus Kg., Por - phyra laciniata, Gracilaria lichenoides A. und einiger andern auf die arme Küstenbevölkerung des Nordens, insbesondere Irlands, Schott - lands, Islands und Norwegens, während z. B. der Franzose, welcher doch in Bezug auf marine thierische Nahrung keineswegs wählerisch ist und mit seiner Kochkunst jede appetitlich zubereitet, die Algen verschmäht.
Licht und Wärme, daher auch Tiefe, Lage und Gestalt der Buch - ten, sowie Meeresströmungen, haben bekanntlich auf die marine Flora den grössten Einfluss. Da aber das Meerwasser nicht so leicht und oft seine Temperatur ändert, als die Luft, da es als Verbreitungsmittel seiner Bewohner alle Erdtheile berührt und auch die von Algen sich nährenden Fische und Schildkröten mit den Strömungen weite Areale durchwandern und die Keime fernen Gestaden zutragen, so kann es nicht fehlen, dass viele Algen eine weite[Verbreitung] haben und wir in den Gewässern Japans manche Art wiederfinden, die auch aus an - dern Oceanen bekannt ist. Die circumpolaren Riementange (Lamina - rien) und Blasentange (Fucusarten) lieben kaltes Meerwasser und starke Brandung, wie sie die Umgebung der Insel Yezo und der Kurilen bie - tet, während zwei andere Gruppen der Melanospermen, die Cystosi - reen (Blasenschnur -) und Sargassaceen (Beeren-Tange) sich südwärts anschliessen. Namentlich ist die letztgenannte Familie in verschiede - nen Gattungen (Sargassum, Spongocarpus, Halochloa, Myagropsis, Coc - cophora) reich vertreten. Ich sah sie jedoch nirgends im Haushalte, sondern nur als Dünger verwenden, ausgenommen Halochloa macrantha Kg., jap. Hondawara, welche mit Essig und eingesalzen genossen wird. Eine bedeutende Lichteinwirkung ist Hauptlebensbedingung für die zarteren grünen Meeresalgen; dagegen stellen viele keine hohen Ansprüche an den Salzgehalt des Wassers und finden sich noch an*)3) G. von Martens: Die Preuss. Exped. nach Ost-Asien. Botan. Theil. Die Tange, 1866. 111 Arten, gesammelt von E. v. Martens.4) Suringar: Algae Japonicae Musei Botanici Lugduno-Batavi. Harlem 1874. 34 Sp. hauptsächlich von Siebold in Nagasaki gesammelt.952. Nährpflanzen.Flussmündungen und in Pfützen, wo derselbe sehr gering ist, sodann an der Küste über dem mittleren Wasserstande.
Die rothen Algen (Florideen oder Rhodospermen) erreichen dagegen das Maximum ihres Vorkommens in tieferem Wasser und an Stellen, wo das directe Sonnenlicht nicht viel einwirkt. Diejenigen Arten der - selben, welche dieser Regel nicht folgen, an der Grenze des Wasser - spiegels vorkommen oder wohl gar theilweise periodisch trocken liegen, verlieren viel von ihrer Farbenpracht und neigen nach violet, orange oder grün.
Auf der Insel Yezo bilden Meeresalgen, insbesondere die grossen Tange, nächst Fischen den wichtigsten Ausfuhrartikel, vornehmlich nach China. Die hervorragendsten Bestandtheile dieses Algenhan - dels sind:
Die meisten essbaren grünen und rothen Algen führen den Col - lectivnamen Nori, während man für Algen überhaupt wohl Umi-kusa oder Kai-sô sagt, welche Wörter einfache Uebersetzungen vom engl. » Sea-weed « sind.
Von grünen Algen sammelt und benutzt man an den japanischen Küsten, theils frisch zu Suppe, theils getrocknet oder mit Essig oder Salz eingemacht, verschiedene Arten Ulvaceen, nicht blos die cosmo - politischen Meerlattige selbst, wie U. Lactuca L., Ao-nori, und an - dere, sondern auch Phycoseris australis Kg. (Ulva latissima Ag.), Nori genannt; ferner Enteromorpha complanata Kg., Awosa, und ganz be - sonders Enteromorpha compressa Grev. (U. compressa L.). Der Japa - ner nennt sie Ao-nori und isst sie theils frisch in Suppe, oder ge - trocknet mit Essig und Stärke. Gewöhnlich kommt sie in Form klei - ner Päckchen mit parallel laufendem Thallus in den Handel.
Modzuku heisst die Mesogloia decipiens Sur., welche namentlich viel von der Küste der Halbinsel Kadzusa-Awa kommt und ähnlich verwendet wird. Desgleichen Somen-nori, d. h. die Vermicelli-Alge (Nemalion vermiculare). Auch mehrere in fast allen Meeren verbreitete Arten Codium, jap. Miru, fehlen nicht, so Codium tomentosum Ag. & C. elongatum Ag.
Die knorpelartigen Florideen, insbesondere Gattungen und Arten96I. Land - und Forstwirthschaft.der Gigartineen, Caulacantheen, Gelidieen, Sphaerococceen und Tylo - carpeen, welche sich durch hohen Gehalt an Pararabin auszeichnen und mit kochendem Wasser Algengallerte liefern, werden an allen Ge - staden des Malayischen Archipels und der chinesisch-japanischen Ge - wässer in Menge gesammelt und theils direct zur Nahrung, theils zur Darstellung von Algenkleister, jap. Fu-nori, oder Algengallerte, jap. Kanten, verwendet. Gewöhnlich pflegt man diese Artikel im Handel, und zwar sowohl im rohen, getrockneten Zustande, wie auch weiter zubereitet, mit dem malayischen Namen Agar-Agar, d. h. Gemüse, zu bezeichnen, eine Benennung, welche ursprünglich auf Gigartina (Eucheuma) isiformis, G. spinosa und G. tenax angewandt wird, die man z. B. auch bei Singapore in Menge sammelt und nach China ver - schifft. Der Chinese benutzt sie nicht blos zur Nahrung, sondern be - reitet daraus auch das Hai-Thao, einen durchsichtigen Leim, mit dem er die Seide und andere Stoffe steift, sowie die Zwischenräume grober Gewebe ausfüllt, um daraus Laternen zu machen. Von hierher ge - hörenden japanischen Algen sind besonders erwähnenswerth:
Japan weist gleich China vielerlei Obst und sonstige essbare Früchte auf, sowohl eigenthümliche Arten, als auch solche, welche seit lange über einen grossen Theil der gemässigten Zone verbreitet sind. Doch ermangeln weitaus die meisten des Wohlgeschmacks, sind fade und nach unserem Urtheil nicht empfehlenswerth. Fast alle unsere be - liebten Obstsorten, wie Aepfel. Birnen, Kirschen, Pflaumen, Aprikosen,972. Nährpflanzen.Pfirsiche, verlieren, wenn man sie nach Japan oder China verpflanzt, bald ihr Aroma und degenerieren zum Theil auch in der Gestalt und Grösse. Daher finden zum Beispiel die Aepfel Californiens während der Wintermonate in allen grösseren Häfen Ostasiens von Yokohama bis Singa - pore unter den Fremden grossen Beifall und viel Absatz. Die Ursache jener Entartung des Obstes in Japan und China, namentlich des feh - lenden Aromas, dürfte im Klima, vor allem in den feuchten, regen - reichen Sommern zu suchen sein, ist jedoch nicht sicher ergründet. Auch mit gewöhnlichem Beerenobste ist das Land recht schlecht ver - sehen. Unsere schwarzen Maulbeeren, Johannisbeeren, Stachelbeeren, Himbeeren, Heidelbeeren und andere Arten fehlten bisher ganz, wäh - rend Erdbeeren und Trauben nur spärlich und in untergeordneter Qua - lität vorkamen. Was aber von wildwachsenden Beeren genossen wird, entspricht meist nicht unserm Geschmack. Tropische Beerenfrüchte kom - men aber gar nicht in Betracht; denn die wichtigste und unempfind - lichste derselben, die Banane, reift selbst in Satsuma ihre Früchte nicht.
Bemerkenswerth ist, dass die bei Zierpflanzen in Japan so beliebte Zwergbildung auf die Obstsorten selten Anwendung findet, ebensowe - nig die in Europa geschätzte und verbreitete Cultur von Pyramiden -, Cordon - und Spalierobst. Eine besondere Pflege wird überhaupt nur wenigen Obstsorten, wie Trauben, Orangen, Pfirsichen und Birnen, und auch diesen keineswegs allgemein zu theil. Es mag dies theilweise von der Geschmacksrichtung abhängen, welche bei vielen Völkern von der unsrigen auch in diesen rein materiellen Dingen abweicht. Wie z. B. in Marokko und China, so werden auch in Japan eine Menge Früchte im harten, unreifen Zustande gegessen, z. B. Aepfel und Pfir - siche, oder wenigstens geerntet und zum Nachreifen aufgehoben, wie die Biwa (Eriobotrya japonica). Dieser Geschmacksrichtung ganz ent - sprechend, schätzt der Japaner seine schönen und saftigen, aber harten und unaromatischen Birnen, welche De Candolle*)L’Origine des plantes cultivées. Paris 1883. pg. 136. mit Recht » plus beau que bon « nennt, während sie die meisten Fremden nicht mögen.
Zu den wenigen wohlschmeckenden Obstsorten Japans gehören vor allen Dingen die Mandarinorangen, die Kaki und die Kastanien, denen Ostasien eine uralte Heimat ist. Die Mandarinorangen hat man schon lange, die Kaki erst in neuester Zeit aus ihrem ältesten Culturlande China nach Südeuropa und weiter verpflanzt. Bei den Kastanien ist die Verbreitung und Verwilderung so leicht und weitgehend, dass die Feststellung ihres ersten Ausgangs grosse, noch nicht überwundene Schwierigkeiten bietet. Der erfolgreiche Anbau einer vierten ObstsorteRein, Japan. II. 798I. Land - und Forstwirthschaft.des chinesischen Culturgebietes, der Eriobotrya japonica, in fast allen von Europäern bewohnten subtropischen und tropischen Klimaten der Erde hat sich erst in diesem Jahrhundert, jedoch mit erstaunlicher Raschheit vollzogen, welche leicht in dem Charakter dieser Pflanze ihre Erklärung findet.
Der hier folgenden Aufzählung und Beschreibung essbarer japa - nischer Früchte (mit Ausnahme derer des Ackerbaues, wie z. B. der Cucurbitaceen, welche bereits früher in Betracht kamen) liegt die prak - tische Eintheilung W. Lauche’s in seinem Handbuch des Obstbaues zu Grunde. Wir unterscheiden hiernach Kern -, Stein - und Beerenobst, sowie Schalfrüchte.
a) Kernobst.
1) Pyrus sinensis Lindl. (P. usuriensis Maxim. ), die Birne, jap. Nashi. Dieselbe stammt aus der Mandschurei und Mongolei. Ihre Cultur hat sich offenbar schon frühzeitig über China, Korea und Japan verbreitet und liefert hier nächst Kaki das gewöhnlichste Obst*)Décaisne gibt in seinem Jardin fruitier du Muséum Poitiers, pl. 5 eine gute Abbildung derselben; eine gleich gute lieferte vor wenigen Jahren die Revue Horticole. . Von unserem gemeinen Birnbaum unterscheidet sich diese Art vornehmlich durch die Blätter und Früchte. Erstere sind gross und immer deutlich spitz ge - zahnt. Die japanischen Birnen haben die sphärische und an beiden Enden etwas zusammengedrückte Gestalt unserer Kirschen und man - cher Aepfel. Es sind dabei durchweg grosse Früchte mit dicker bronzegelber Schale, welche mit kleinen hellgrauen Punkten übersäet ist. Von der grossen Mannigfaltigkeit in der Reifezeit, Grösse, Gestalt und Färbung, sowie des Geschmacks unserer Birnen ist bei den japa - nischen keine Rede. Die im August reifenden Frühbirnen sind wohl kleiner als diejenigen der 1 — 2 Monate später erfolgenden Haupternte, weichen aber im übrigen nicht wesentlich von diesen ab. Das Fleisch ist grob, brüchig, körnig, von gelblicher Farbe, sehr saftreich und ziem - lich süss, aber ohne die Weichheit und das Aroma unserer Birnen. Der Geschmack erinnert mehr an den unreifen Zustand der letzteren. Dem oben citierten Urteil von de Candolle reiht sich ein weiteres in der Revue Horticole an, welches die japanischen Birnen geradezu schlechte Früchte nennt.
Die Vermehrung der Pflanze erfolgt in der Regel durch Stecklinge, seltener durch Samen und nachherige Veredelung. Zwischen Mitte und Ende März schneidet man kräftige, gesunde Jahrestriebe bis auf 42 — 45 cm Länge beiderseits zu und lässt die Enden über einem schwachen992. Nährpflanzen.Feuer verkohlen. Die so vorbereiteten Stecklinge werden reihenweise in Furchen guten Landes gesetzt, mit Compost gedüngt und dann an - gehäufelt. Die Verpflanzung erfolgt nach wenigen Jahren.
Am häufigsten trifft man die Birnbäume in Japan, wie bei uns auf dem Lande zerstreut, als Hochstämme mit natürlicher Entwickelung und augenscheinlich ohne besondere Pflege. Im nördlichen Honshiu siedelt sich nicht selten Viscum album L. auf ihnen an, doch noch viel häufiger auf Castanea vulgaris Lamk. und auch auf blattwechselnden Eichen. Dieser Mistel unterscheidet sich von dem unsrigen durch wein - gelbe Beeren.
Eine ganz andere Behandlungsweise und viel mehr Sorgfalt lässt man den Birnbäumen hier und da in der Nähe grosser Städte zu theil werden, so z. B. zu Kawasaki zwischen Tôkio und Yokohama. Die Bäume werden hier in Reihen gepflanzt mit gleichen Abständen von 12 Shaku (3,64 Meter) nach jeder Richtung. Man düngt sie zweimal im Jahr und zieht zu dem Zweck ringförmige Gruben um die Stämme, welche man nach Eintragung des Düngers wieder schliesst. Im übri - gen wird der Boden von Unkraut freigehalten und von Zeit zu Zeit gelockert. In einer Höhe von 5 — 6 Shaku (150 — 180 cm) pflegt man die Kronen nach Art unserer Laubengänge horizontal zu ziehen. Als Aststützen dienen Zwischenreihen von Pfosten, sowie Querstangen aus Bambusrohr.
Als ich mir Ende April diese Pflanzungen näher besah, war die Blüthezeit vorbei und ich fand die Eigenthümer damit beschäftigt, die 20 — 25 cm langen neuen Triebe zu entfernen, damit sie den zahlrei - chen Fruchtansätzen nicht die Nahrung entziehen sollten. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, dass eine derartige Pflanzung nach 50 — 60 Jah - ren erneuert werden müsse. Die Birnen reifen hier Ende August, werden sehr gross und schön gelbbraun bis graubraun, scheinen sich sehr lange zu halten, sind aber ebenso wässerig von Geschmack und ohne Aroma, wie die andern.
2. Pyrus malus L., der Apfelbaum. Derselbe und seine unan - sehnlichen Früchte, jap. Ringô, sind so selten, dass mancher Fremde jahrelang im Lande wohnt, ohne ihnen zu begegnen.
3) Pyrus Cydonia L. (Cydonia vulgaris Pers.). Die Quitte, jap. Marumero, wurde durch die Portugiesen eingeführt und findet sich zerstreut durch ganz Japan in der Nähe der Wohnungen angebaut, doch nicht häufig.
4) P. chinensis Poir. (Cydonia sinensis Thouin). Die chinesische Quitte, jap. Kuwarin, mit kleineren Früchten als die voriger Art, wird wie diese hier und da cultiviert und zu Compot verwendet. Dagegen7*100I. Land - und Forstwirthschaft.finden die Früchte der naheverwandten einheimischen Art P. japonica Thunb. kaum eine Verwendung und können als Obst nicht gelten.
5) Eriobotrya japonica Lindl. (Mespilus japonica Thunb., Photinia japonica Fr. & Sav.). Der japanische Name für die Pflanze und ihre Früchte ist Biwa, chin. Lu-kuh, engl. Loquat, franz. Bibasier, Nèfles du Japon, span. Nispero de Japon. In Japan, China und Korea wird diese eigentümliche, schöne Obstsorte als erste Frucht des neuen Jahres geschätzt und seit alter Zeit cultiviert, doch nicht in grossem Umfange. Ich habe z. B. in Japan stets nur vereinzelte Bäume bei den Bauernwohnungen, nie und nirgends grössere Pflanzun - gen gesehen*)Auch scheint es mir sehr zweifelhaft, ob Eriobotrya von Japan ausgegangen oder nicht vielmehr von China aus sehr frühzeitig hierher verpflanzt wurde und dann stellenweise verwilderte, obgleich die Verfasser jap. Floren von Kaempfer und Thunberg an sie als endemisch anführen. Ich selbst habe sie nie anders, denn angebaut gefunden.. Im mittleren Japan reifen die Früchte erst im Juni; dieselben werden jedoch in der Regel büschelweise und mit einigen Blättern zum Nachtheil ihres Wohlgeschmackes schon vorher abgenom - men und bis zur erfolgten Nachreife aufbewahrt.
Der Umstand, dass bereits Kaempfer ihr Vorkommen auf Java erwähnt, lässt auf eine frühzeitige Verbreitung über ganz Ostasien schliessen. Im Jahre 1787 brachte sie Sir Joseph Banks nach England. Seitdem hat man sie in vielen wärmeren Ländern, z. B. in den meisten engl. Colonien, im ganzen Mittelmeergebiet und in Westindien ein - geführt, weil sie sich in gleicher Weise als Zierpflanze und Obstbaum, sowie durch ihre leichte Cultur und rasche Entwicklung empfiehlt.
Es ist ein hoher Strauch oder kleiner Baum, der schon durch sei - nen grossblätterigen, immergrünen Laubschmuck auffällig und stattlich hervortritt, mehr noch, wenn weisse Blüthensträusse oder eine Fülle gelber Früchte ihn bedecken. Derselbe trägt schon vom dritten Jahre an, reichlich mit 6 — 10 Jahren, gedeiht auch in leichtem Boden und hielt an den Norditalienischen Seen und der Riviera eine Kälte bis — 9° C. aus, bei der viele einheimische Obstsorten zu Grunde gingen. Die Vermehrung ist leicht durch Stecklinge oder Samen. Auf den Bermudas, woselbst die Biwa vor 45 Jahren von Malta aus eingeführt wurde, fand ich reife Früchte am 3. März, in Malaga am 7. April, in Gibraltar am 14. April; doch sind Mai und Anfang Juni für die mei - sten Gebiete der Mittelmeerregion die eigentliche Reifezeit, so auch in Sevilla, wo z. B. im Garten des Herzogs von Montpensier lange Reihen grosser, schöner Büsche zu sehen sind. Ueberdies habe ich sowohl in Westindien, als auch im Mittelmeergebiete gefunden, dass die Biwa1012. Nährpflanzen.grösser, schöner und wohlschmeckender werden, als in ihrer japani - schen Heimat. Auch hat sich die Form verändert. In Japan sind die Früchte meist mehr oder weniger kugelförmig, so gross, wie grosse Herzkirschen, sonst nähern sie sich der Keulen - und Birnform. Das mit gelber Epidermis versehene Fleisch liegt locker auf 1 — 6 grossen Kernen, ist sehr saftig und von säuerlich süssem, erfrischendem Ge - schmack, doch ohne viel Aroma. Dagegen schmeckt es sehr sauer vor völliger Reife und fade, wenn die Frucht länger aufbewahrt wird. Die Biwa bildet den Uebergang zur Gruppe
b) Steinobst.
6) Amygdalus persica L., jap. Momo oder Tô. Pfirsiche sind weitaus das beliebteste und verbreitetste Steinobst Japans. Sie stam - men aus China, welches De Candolle überhaupt als die Urheimat die - ser Frucht ansieht, kommen in mehreren Varietäten vor, sind kleiner als die chinesischen und meisten bei uns und stehen überdies an Wohl - geschmack letzteren bedeutend nach. Ihre Cultur wird vielfach in grösserem Umfange und mit Sorgfalt betrieben. Man wählt dazu leich - ten, sandigen Boden, wie auch in den Mittelmeerländern und den Ver - einigten Staaten, pflanzt in Reihen und hält dabei die Bäumchen in mittlerer Höhe und den Boden frei von Unkraut.
7) Prunus armeniaca L., jap. Andzu, Aprikosen, und zwar die kleinfrüchtige, südeuropäische Sorte, welche sich auch vielfach bei uns findet und von Duhamel Abricot de Portugal genannt wird, werden im Juli hier und da zum Verkauf angeboten, sind aber im Ganzen selten. Ich fand sie im Aussehen und Geschmack nicht wesentlich von den unsrigen verschieden.
8) Prunus insititia L. und P. domestica L. Die eigentlichen Zwet - schen fehlen Japan, wie auch die Kirschen insgesammt. Von den vie - len Abarten der Pflaumen begegnet man hin und wieder einigen mit wohlaussehenden Früchten, doch von fadem, wässerigem Geschmack. Offenbar haben sie gleich den Aprikosen nie grosse Beachtung gefun - den und sind wahrscheinlich früher durch Portugiesen oder Holländer eingeführt worden. Mit dem Namen Hadankiô wird eine grosse gelbe Eierpflaume bezeichnet, welche an Dame-Aubert (Duhamel) erinnert. Botankiô heisst eine rothe, die sich vielleicht mit Prunus oxycarpa (Bechstein) identificieren lässt. Auch eine Art Herrenpflaume kommt vor.
9) Prunus japonica Thunb., jap. Su-momo und Niwa-sakura, ein Strauch, welcher in Japan seit den ältesten Zeiten, doch keines - wegs häufig in Gärten angebaut wird. Die kleine, rothe, pflaumen - artige Frucht heisst Su-momo. Sie wird wie die vorerwähnten roh - und in Salz eingemacht gegessen.
102I. Land - und Forstwirthschaft.10) Prunus Mume S. & Z. (Amygdalus nana Thunb.), jap. Mume, Bai, jap. Aprikosenbaum (Lauche). Diese Species, eine Lieblingspflanze der Japaner und als solche in Gärten und Tempelhainen sehr verbrei - tet, wird hauptsächlich ihrer Blüthen wegen cultiviert. Die rundlichen, fein behaarten Früchte erinnern in der Form an Aprikosen oder noch mehr an kleine harte Pfirsiche, sind hart und sauer und werden in der Regel eingesalzen oder getrocknet unter dem Namen Ume (Mume) - boshi oder Haku-bai genossen oder auch zu Essig verwendet.
11) Prunus tomentosa Thunb., jap. Isora mume. Der filzblätte - rige Aprikosenbaum, wie ihn Lauche*)Lauche: Dendrologie. Berlin 1880. pg. 643. nennt, ist nur ein Strauch mit rothen kirschenähnlichen Früchten, die noch kleiner als unsere wilden Kirschen und von ähnlichem Geschmack sind. Ich sah sie in Waka - yama zum Verkauf und den damit geschmückten Strauch häufig in der Nähe der Wohnungen in Kishiu. Dass auch die Früchte der Yama - sakura (Pr. pseudo-cerasus Lindl. ) und der Man’-zaku (P. incisa Thunb.) gegessen werden, wie Siebold, beziehungsweise Kinch angeben, ist mir nicht bekannt.
12) Zizyphus vulgaris Lam. var. inermis Bunge, jap. Natsume und Sanebuto-natsume. In der Sammlung zu Kew befinden sich unter der Aufschrift Z. jujuba Lamk. Früchte aus China, Japan, In - dien etc. und heisst es, dass man 1864 in London in einer alten rö - mischen Amphora Samen dieser Pflanze fand. Sie war schon im Al - terthum in den Culturstaaten Asiens sehr verbreitet. In Japan wird die Pflanze hin und wieder cultiviert, doch nicht in dem Maasse wie in Korea. Sie bildet unbewehrte Bäume von 6 — 8 m Höhe, welche im Juni zur Blüthe und im Herbst zur Fruchtreife gelangen. Die el - lipsoidischen Steinfrüchte haben die Grösse der Oliven, sind mit gelber oder röthlicher Epidermis versehen und haben ein säuerlich süsses Fleisch, das roh gegessen, aber auch medicinisch verwendet wird. In den nördlichen Provinzen China’s, wo die » Jujuben « in Menge gezogen werden, pflegt man sie viel in Honig einzumachen, so dass sie dann, wenn auch nicht in der Grösse, so doch nach Gestalt, Farbe und Ge - schmack an getrocknete Datteln erinnern. Desshalb findet man sie auch oft als » Datteln « oder » chinesische Datteln « angeführt, Be - nennungen, welche leicht zu Missverständniss Anlass bieten können.
13) Hovenia dulcis Thunb., jap. Kempon-nashi. Dieser Baum, welchen Kaempfer, der auch die Abbildung eines Zweiges mit Blättern und Früchten gibt, passend mit einem mittelgrossen Birnbaum ver - gleicht (Am. exot. p. 808), gehört zur selben Familie, wie der vorige,1032. Nährpflanzen.liefert aber ein davon total verschiedenes Obst, insofern als dafür nicht die Frucht selbst, sondern ihre eigenthümlich fleischig verdickten Stiele zu gelten haben. Der süsse Geschmack der letzteren erinnert etwas an unsere Birnen und ist namentlich bei Kindern sehr beliebt. Der Baum gedeiht im wärmeren Europa ganz gut*)Siehe Philippe: Sur l’Eucalyptus globulus et l’Hovenia dulcis. Bull. Soc. Accl. sér. 2. I. pg. 196 (1864)..
14) Cornus officinalis S. & Z. (C. sanguinea Thunb., C. ignorata K. Koch. ), jap. Sanshiô-nayu, wird der Früchte wegen hier und da cultiviert. Die grossen Büsche oder kleinen Bäume, welche ich im Som - mer 1875 in Yamato in der Nähe von Mandarinorangen angebaut fand, erinnerten mich lebhaft an unsere gewöhnliche Kornelkirsche (C. mas L.), der auch die scharlachrothe ellipsoidische Steinfrucht sich nähert.
15) Elaeagnus umbellata Thunb. (E. parvifolia Royle), jap. Gumi. Die doldenblüthige Oelweide, welche man in Japan häufig wildwach - send findet und auch als Zierstrauch anbaut, liefert eine kleine, runde, rosafarbene Steinfrucht, deren Fleisch namentlich von Kindern geges - sen wird. Dasselbe gilt, wenn auch nicht in gleichem Maasse, von den übrigen Elaeagnus-Arten, für welche Gumi Gattungsname ist.
c) Beerenobst.
16) Diospyros Kaki L. fil., jap. Kaki, chin. Shi-tse, franz. Pla - queminier, engl. Persimon, die Dattelpflaume oder der Lotus - pflaumenbaum. Diese, auch ihres Holzes wegen bemerkenswerthe Ebenacee ist unstreitig der verbreitetste, wichtigste und schönste Obst - baum Japans, Koreas und Nordchinas**)So heisst es z. B. bei Markham: Travels through the Province of Shan - tung im Journ. Roy. Geogr. Soc. 1870 » Persimon trees abound «.. Derselbe hält in Japan Nacht - fröste von — 12° C. bis — 16° C. aus. Seine Cultur geht noch hoch den Thälern und weit über die Grenze des Bambusrohrs hinauf. Es ist ein stattlicher Baum von der Tracht des Birnbaums, mit schönen abfallenden Blättern, fast so gross, wie bei einigen Magnolien, doch von gelbgrüner Farbe, nur in der Gestalt an die des Birnbaums er - innernd. Die Neubelaubung fällt in den Mai, die Blüthezeit in den Juni, die Fruchtreife in den Spätherbst von Mitte September bis Ende November. Die stattliche Beerenfrucht von Hühnerei - bis Faustdicke beschreibt Thunberg (flor. jap. pg. 158) treffend in folgender Weise:
» Pomum subglobosum, obsolete tetragonum, glabrum, immaturum viride, maturum flavum, basi truncatum, calyce persistente ornatum, obtusum stigmate persistente, octovalve, octoloculare, magnitudine pomi mediocris, sapore fere pruni albi dulcis, carnosum. «
104I. Land - und Forstwirthschaft.Es gibt viele Sorten Kaki, die in der Grösse von derjenigen eines kleinen Hühnereies bis zu der eines dicken Apfels wechseln, in der Gestalt fast sphärisch, oblong oder herzförmig erscheinen und in der Farbe der glatten Oberhaut von hellorangegelb bis tieforangeroth, sowie auch im Geschmack sich unterscheiden. Derselbe ist eigenartig ange - nehm und erinnert etwas, wie die Farbe, an Tomaten. Man isst sie, wenn sie teigig weich sind, und schätzt am meisten diejenigen vom Migako-no-djô in der Provinz Hiuga. Der herbe, adstringierende Ge - schmack aller Kaki im grünen Zustand erhält sich in einigen Varie - täten auch bei der Reife, und diese sind es, aus denen man den Sommer über eine gerbsäurereiche adstringierende Flüssigkeit, Shibu genannt, darstellt, welche als Beizmittel für verschiedene Gewerbe von Bedeutung ist. (Siehe den betreffenden Artikel im nächsten Abschnitt.) Im überreifen Zustande an der Sonne getrocknet, etwas flach gedrückt und in Mehl aufbewahrt, gleichen die geschälten süssen Kaki nach einigen Monaten in Aussehen und Geschmack getrockneten Feigen und werden wie diese benutzt.
Im September bildet der mit grossen orangefarbenen Früchten beladene Kakibaum eine besondere Zierde der Landschaft und bleibt es auch noch im October nach dem Laubfall*)An seinen Anblick im blattlosen Zustande wurde ich im Frühjahr 1884 leb - haft durch Orangenbäume bei Cordoba erinnert, welche in Folge eines ungewöhn - lichen Frostes zu Anfang des vorausgegangenen Winters ihre Blätter verloren hatten, aber noch mit den erfrorenen Früchten beladen waren..
Der Sommer Deutschlands ist für Diospyros Kaki nicht lang und warm genug, der Winter in der Regel zu kalt. Dagegen gedeiht der Baum und seine Frucht bereits an den norditalienischen Seen, z. B. bei Intra, sowie an der Riviera, eben so in den subtropischen Theilen der Iberischen Halbinsel. Auch im südlichen Californien, z. B. bei Santa Barbara, hat man seinen Anbau mit Erfolg versucht.
17) Diospyros Lotus L. (D. Kaki Thunb. var. β. D. japonica S. & Z.), jap. Shinano-gaki, also Kaki von der Provinz Shinano, wird vielfach als die wilde Form der vorigen Art angesehen. Seine kleinen, kaum geniessbaren Früchte reifen erst spät im Herbst, wenn der Baum bereits seine Blätter abgeworfen hat, und erinnern an Holz - äpfel und Essigbirnen.
Den Dattelpflaumen schliessen sich an Bedeutung als Beerenobst die Vertreter der Aurantiaceen an, obwohl ihre Cultur auf die wärmeren Theile Japans beschränkt bleibt und ihre Verwendung keineswegs eine so allgemeine, vielseitige ist.
1052. Nährpflanzen.Oben an steht:
18) Citrus nobilis Lour., jap. Mikan, die Mandarinorange. Ihr Vaterland scheint China und Cochinchina zu sein. Noch im Anfang dieses Jahrhunderts war sie in den Orangengärten der Mittelmeerländer eine neue Erscheinung. Durch ihren kleineren Wuchs (mehr Strauch, als Baum), Blätter und Blüthen ist sie eben so leicht unterscheidbar, wie durch die bekannten Früchte. In Japan wird sie schon seit vielen Jahrhunderten angebaut. In Hondo erreicht die erfolgreiche Cultur der schönen und vortrefflichen Frucht auf der Halbinsel Yamato ihre Nordgrenze. Das Gebirge derselben und seine südlichen Ausläufer schützen hier die Thäler vor rauhen Winden, während sie unter dem Einfluss warmer südlicher Strömungen stehen. Es sind also vornehm - lich die Thäler von Kishiu, insbesondere des Kreises Arita (Arita-gori) nord - östlich von Wakayama, sowie von Ise, in denen Mikan gewonnen werden. Die Blüthezeit ist hier Ende Mai und Anfang Juni, während ich in Malaga schon am 7. April Büsche in voller Blüthe fand. Dieses Ge - biet liefert auch den drei Fu oder Hauptstädten, insbesondere Tôkio ihren Bedarf. Die Mandarinorangen kommen hier den Winter über in Menge und billig zum Verkauf. Im südlichen Japan gedeihen sie an vielen Orten; doch bin ich ausgedehnten Pflanzungen nie begegnet.
19) Citrus aurantium L.
α. C. a. Bigaradia Brandis & Hooker (C. vulgaris Risso), jap. Daidai, die Pomeranze oder bittere Orange, von den Engländern Seville-Orange genannt.
β. C. a. sinense Galesco (C. aurantium Risso), jap. Kunembo, die Apfelsine, dickschalig und wenig geschätzt.
20) Citrus decumana L., jap. Zabon. Die Pompelmuse (engl. Shaddock) traf ich u. A. aus verschiedenen Theilen von Bungo auf einer Ausstellung zu Funai. Sie wichen in Gestalt und Grösse von denen Südeuropas wesentlich ab und standen namentlich den präch - tigen Shaddocks westindischer Inseln weit nach. In diesen erreicht die Familie der Aurantiaceen unstreitig ihre grössten Früchte. Häufiger als sie sind die kleinsten derselben in Japan, nämlich die Kinkan od. Früchte von
21) Citrus japonica Thunb., welche als Uebergang zu den Li - monen und Citronen betrachtet werden können. Sie reifen im De - cember und Januar und kommen in Tôkio viel auf den Markt (man kauft 12 — 15 Stück für 10 Pf.). Dass sie » valde dulces, grati et edules « sind, wie Thunberg angibt, kann ich nicht behaupten. Sie be - sitzen viel Citronensäure und erinnerten mich immer an Citrus Li -106I. Land - und Forstwirthschaft.metta Risso (engl. Lime). Man unterscheidet, wie auch Siebold an - gibt, zwei Varietäten:
Mit Kinkan (C. japonica Thunb.) scheinen C. aurantium micro - carpum und C. a. minimum Dierbach*)Dierbach: Grundriss der allgemeinen ökon. -techn. Botanik. Heidelberg 1836. identisch zu sein. Auch dürfte sich in einem Artikel der Revue Horticole vom Jahre 1880, welcher von bemerkenswerthen Zierpflanzen in Lissabon handelt, die Notiz über den » Limonier du Brésil « im alten botanischen Garten auf die - selbe Art beziehen, denn es heisst dort, der alte Baum liefere jähr - lich kleine sphärische Citronen von der Grösse mittlerer Pflaumen.
22) Citrus medica Risso, jap. Tebushiu-kan, die Citrone. Die - selbe, var. chirocarpus L., jap. Bushiu-kan, ellipsoidisch, mit dicker höckeriger und sehr aromatischer Schale ist nicht häufig.
23) Citrus medica Limonum Brandis & Hooker, jap. Yudzu, die Lemon der Engländer.
24) Punica granatum L., jap. Zakuro. Der niedrige Baum findet sich vereinzelt viel weiter nördlich angebaut, als die Aurantiaceen. Ich sah ihn noch in Kaga und Aidzu in Gärten und reife Früchte in Yonezawa und Sendai zum Verkauf, die offenbar in der Nähe ge - wachsen waren. Sie hatten mittlere Grösse und waren weniger wohl - schmeckend, als solche der Mittelmeerregion.
25) Ficus carica L. jap. Ichijiku und Tô-kaki, d. h. Chinesi - scher Kaki. Der gemeine Feigenbaum wurde nach Thunberg durch Portugiesen eingeführt. Sein Anbau ist aber sehr beschränkt ge - blieben. Auch in China suchten Portugiesen (nach Williams) die Cultur des Feigenbaumes zu verbreiten; es gelang aber nicht, da er keine wohlschmeckenden Früchte lieferte.
26) Morus alba L., jap. Kuwa. Die Früchte der verschiedenen Abarten dieser, der Seidenzucht dienenden Maulbeere werden nur selten gegessen. Sie sind keineswegs alle weiss; es gibt vielmehr auch schwarzbeerige, wie schon Kaempfer hervorhebt. Thunberg fasst dessen Angabe entschieden falsch auf, wenn er Morus nigra L. 1072. Nährpflanzen.anführt und dabei auf Kaempfer hinweist. Die als Obst dienende schwarze Maulbeere findet sich in Japan nicht.
27) Vitis vinifera L., jap. Budo. Weintrauben werden im Spät - herbst in fast allen japanischen Städten zum Verkauf angeboten. Es sind zwei Sorten, eine weisse und eine an rothe Muskateller erinnernde. Die Beeren sind dickhäutig, weniger süss als bei uns und mit einem fremdartigen, herben Beigeschmack versehen. Kaempfer beurtheilte sie schon richtig dahin, dass sie zur Weinbereitung nicht tauglich seien*)» adeoque ad oenopaeiam haud idonea «. Am. exot. pg. 786.. Die Annahme Thunbergs, dass sie von Euro - päern (wohl Portugiesen) zuerst eingeführt wurden, hat viel Wahr - scheinlichkeit für sich. Gleich anderm Obst sind sie entartet, und diese Thatsache gibt kaum der Hoffnung Raum, dass aus Japan oder Ostasien überhaupt je ein Weinland werden könne.
Die in Tôkio geschätzten Koshiu-no-budo, d. h. Koshiu-Trauben, kommen vornehmlich von Katsunuma und einigen andern Orten der Umgebung von Kôfu. Sie werden hier in Laubgängen gezogen, ähn - lich wie die Birnen von Kawasaki, und reifen erst im September, wie ich mich im Herbst 1874 überzeugen konnte.
28) Vitis Labrusca L., jap. Yama-budo, d. h. wilde, in den Bergen wachsende Weintraube. Dieselbe erinnert mit ihren kleinen blauen Beeren und deren Geschmack an kleinbeerige Frühburgunder und wird in den Städten häufig zum Verkauf gebracht. Vitis La - brusca L. ist in Ostasien in gleicher Weise weit verbreitet, wie im atlantischen Waldgebiete Nordamerikas.
Dieser Beere des Waldes schliessen sich eine ganze Anzahl anderer an, welche z. B. dem Aino das Obst ersetzen und auch im eigentlichen Japan gegessen und zum Theil zum Verkauf gebracht werden. Hierher sind vornehmlich folgende zu rechnen:
29) Akebia quinata Decaisne (Rajania quinata Thunb.), jap. Akebi, und
30) A. lobata Dcne, jap. Mitsuba-akebi, d. h. Dreiblatt - Akebie.
Die gurkenartigen Früchte der Akebien, gewöhnlich zwei gegen - über stehend an langem Stiele, erinnern lebhaft an diejenigen der Holboellia latifolia Wall. aus Sikkim. Sie kommen im September zur Reife und sind dann im Durchschnitt 10 cm lang und 12 — 15 cm im Umfang, von elliptischer Gestalt, weiss, grau oder braun. Sie springen der Länge nach auf. Ihre äussere, fleischige Hülle unter der Schale ist ungeniessbar. Eine weisse, durchscheinende schleimige Masse108I. Land - und Forstwirthschaft.von angenehm süssem Geschmack umgibt die zahlreichen kleinen Samen und ist das einzig Geniessbare. Die leeren Schalen der Ake - bien trifft man im Herbst häufig längs der Pfade und begegnet wohl auch Frauen und Kindern, welche mit dem Einsammeln dieser eigen - tümlichen Früchte beschäftigt sind.
31) Actinidia arguta Planchon (Trochostigma arguta S. & Z.), jap. Kokuwa, Shira-kuchi-katsura und Saru-nashi (Affenbirne) genannt, ist wie alle Actinidien ein blattwechselnder Kletterstrauch, der sich gern in die Kronen niedriger Bäume emporwindet, von wo er mit zahlreichen Aesten und Früchten niederhängt. Die weissen Blüthen ähneln in ihrer Gestalt denen des Theestrauchs und er - scheinen im Juni. Im Herbst reifen die Beeren, welche nach Aussehen und Grösse an grüne Stachelbeeren erinnern und bei Ueberreife nach Birnen riechen. Böhmer fand ihren Geschmack angenehm, eine Ver - bindung von dem der Feigen mit dem der Trauben. Ich habe sie mehrmals gegessen, auch in Ueberreife, fand sie dann aber weniger wohlschmeckend.
32) Actinidia polygama Planchon, jap. Matatabi, ist ein in Ge - büsch häufig vorkommender Kletterstrauch, dessen weiche, reife Beeren, mit fünftheiligem grünen Kelche versehen, elliptische Gestalt haben und hierin, wie in der Grösse und Zuspitzung an Eicheln erinnern. Das gelbe Fleisch ist mit kleinen Samen erfüllt und wird so viel ich weiss nicht gegessen, obgleich Kinch die Frucht als essbar anführt. Dagegen hat dieselbe, wie die ganze Pflanze, eine andere bemerkens - werte Eigenschaft, die nämlich, dass sie gleich der Baldrianwurzel die Katzen anzieht. Hierauf deutet eine bekannte japanische Redensart:
» Neko ni mata tabi «, dem Sinne nach so viel, als: » Er kann es nicht lassen, wie die Katze (neko) die matatabi «. — Die beiden er - wähnten Actinidien kommen jetzt auch bei uns als Zier-Kletter - sträucher vor.
33) Rubus, jap. Ichigo. Unter den 22 Arten, welche Japan aufweist und die fast alle zur Gruppe der Himbeeren gehören, gibt es nur wenige mit essbaren Früchten. Siebold zählt 6, Kinch 11 als solche auf, doch kann man sicher verschiedene aus ihrer Liste streichen. Die eigentliche Himbeere, Rubus Idaeus L. var. strigosa, scheint auf wenige Standorte der Insel Yezo beschränkt zu sein, und ebenso die Schell - oder Sumpfbeere R. chamaemorus L., welche in den Mooren Nordeuropas so verbreitet ist. Ausser ihnen führt Kinch an: R. triflorus Richards, R. Buergeri Miq., R. corchorifolius L. fil., R. incisus Thunb., R. crataegifolius Bunge, R. trifidus Thunb., R. 1092. Nährpflanzen.Thunbergii S. & Z., R. parvifolius L., R. tokkura S. & Z. Ich habe die Früchte der meisten dieser Arten versucht und fade gefunden.
34) Fragaria vesca L., jap. ebenfalls Ichigo genannt. Reife, wohlschmeckende Erdbeeren habe ich nur einmal in Japan, und zwar am Fujisan gefunden, niemals weder wildwachsende, noch Garten - erdbeeren zum Verkauf ausbieten sehen, was als Beweis für ihr seltenes Vorkommen dienen kann. Der Name Oranda-ichigo für Fragaria chilensis Ehrh. und F. grandiflora Ehrh., die Ananasbeere, weist auf die Einführung dieser Arten durch Holländer hin.
35) Rosa rugosa Thunb., jap. Hama-nashi, d. h. Küstenbirne. Die grossen, zwiebelförmigen Hagebutten oder Scheinfrüchte dieser schönen Dünenpflanze werden nicht blos von Ainos, sondern auch von Japanern gegessen.
36) Vaccinium L. Von dieser Gattung fehlen die Schwarz - und die Blaubeere (V. Myrtillis L. und V. uliginosum L.) ganz, während von den sauren rothbeerigen von Werth die Preisselbeeren (V. Vitis Idaea L.), jap. Koke-momo und Iwa-momo, sowie die Moosbeere (V. oxycoccos L.), jap. Aka-momo und Iwa-haze, nur sporadisch vor - kommen und vornehmlich auf Yezo beschränkt zu sein scheinen, so dass eine grössere Verwerthung ausgeschlossen ist.
37) Epigaea asiatica Maxim. (Parapyrola trichocarpa Miq. ), japa - nisch Iwa-nashi, d. h. Felsbirne. Wie weit die Beere, welche die Dicke einer kleinen Kirsche erreicht, als Nahrungsmittel verwendbar ist, kann ich nicht beurtheilen. Die Pflanze, bis jetzt sehr wenig be - kannt, verdient aber auch ihrer schönen immergrünen Blätter, sowie der bereits im März und April erscheinenden Blüthen wegen nähere Beachtung. Es ist ein kleiner immergrüner, kriechender Strauch, den ich in den Wäldern um Kiôto fand, der nach Keiske auch in Owári vorkommt und ausserdem im Norden gefunden wurde.
d) Schalenfrüchte.
38) Castanea vulgaris Lamk. (Fagus castanea Thunb.), jap. Kuri. Wenn man die Leichtigkeit in Betracht zieht, mit der die Kastanie selbst bei uns in Deutschland, z. B. im Schwarzwald und an der Hardt verwildert; so begreift man die Schwierigkeiten, welche die Abgrenzung ihres endemischen Vorkommens von ihrem Culturgebiet verursacht. Ist sie z. B. in England, Kaukasien, Japan, Nordamerika heimisch oder verwildert? — Verschiedene Gründe sprechen für das erstere. Auf ihnen fussend sagt z. B. De Candolle in seinem schon oft citierten Buche über L’origine des plantes cultivées: » Le Châteig - nier, de la famille des Cupulifères, a une habitation naturelle assez étendue, mais disjointe «, und betrachtet mit Recht die Differenzen,110I. Land - und Forstwirthschaft.welche zwischen der im Atlantischen Waldgebiet Nordamerikas wachsen - den Kastanie, der in Japan heimischen und der im Westen der alten Welt gefundenen für zu geringwerthig, um daraus einen specifischen Unterschied abzuleiten. Wir betrachten somit C. vesca L. nur als die Culturform von C. vulgaris Lamk., welche aus dieser nicht blos in Europa und Vorderasien, sondern unabhängig davon auch in Japan hervorgegangen ist.
Was Radde über das Vorkommen der Kastanie in Kaukasien sagt, gilt auch zum Theil mit Bezug auf Japan. Der Baum sucht das Licht und meidet die heisse Ebene. Er bildet selten reine, ge - schlossene Bestände und erscheint in eingesprengten Gruppen im Jungholz und Gebüsch. In Japan bildet er namentlich an den Ab - hängen der Gebirgsthäler und in Anschluss an den höher gelegenen buntgemischten Laubwald lichte Haine und steigt bis zu mehr als 800 m Seehöhe empor. Im Juni, wenn die weissgelben Blüthen - kätzchen entwickelt sind, heben sich diese lichten Kastanienwälder überall scharf und vortheilhaft von dem übrigen Laubwald ab, wie man es ähnlich auch am Heidelberger Schloss beobachten kann. Die Kastanien werden in Japan nicht in dem Maasse als Nahrung benutzt, wie anderwärts, und fallen zum grössten Theil den Wildschweinen an - heim. Nur im nördlichen Hondo fand ich sie auch hier und da an - gebaut (einmal sogar als Alleebaum in einem Dorfe), am häufigsten in Yonezawa, wo auch diejenige Varietät sich entwickelt hat, welche wir Marronen nennen, die sich bekanntlich dadurch auszeichnet, dass jede Kapsel statt 2 — 3 Samen nur einen, aber dafür um so grösseren enthält.
39) Juglans regia L. (Pterocarya japonica) und
40) Juglans Sieboldiana Maxim. (J. nigra Thunb., J. mandschu - rica Miq.). Beide Arten Wallnüsse heissen in Japan Kurumi und werden vielleicht nur angebaut gefunden. Ihre Cultur ist verbreitet, doch nirgends ausgedehnt.
41) Corylus heterophylla Fisch. (C. Avellana Thunb.), jap. Ha - shibami, meist wild wachsend, doch auch cultiviert. Seltener ist C. rostrata Ait.
42) Quercus cuspidata Thunb., jap. Shii. Die kleinen Eicheln dieser sehr verbreiteten immergrünen Art werden unter dem Namen Shii-no-mi (Shii-Samen) verkauft und geröstet gegessen.
43) Pinus koraiensis S. & Z. (P. Strobus Thunb.), jap. Goyô-no - matsu. Die Samen dieser wohl nur cultivierten Kiefer werden wie die der Pinien gegessen. Zu dem Zweck wurde z. B. die Ernte an Zapfen auf dem Schloss zu Morioka in Nambu öffentlich versteigert.
1112. Nährpflanzer.44) Torreya nucifera S. & Z., jap. Kaya. Die essbaren Nüsse dienen vornehmlich zur Oelbereitung. (Siehe Kaya-no-abura.)
45) Ginkgo biloba L. (Salisburia adiantifolia Smith), jap. Ichio oder Ginkiyo. Die Früchte heissen Ginnan (in China Pa-Kwa). Es sind eigentlich Steinfrüchte von der Grösse, Gestalt und Farbe grosser Mirabellen mit dünnem, ungeniessbarem Fleisch und Samen - kernen, deren Geschmack dem der Mandeln nicht unähnlich ist. Man bietet die Ginnan nach Fortune in China auf allen Märkten feil und schätzt sie nicht minder in Japan; doch wird der Baum hier nicht ihretwegen angebaut, wie dort, sondern als Zierpflanze. (Siehe diese.)
46) Trapa bispinosa Roxb., jap. Hishi. Die zweidornige Wasser - nuss oder Wasserkastanie findet sich in den stehenden Gewässern Ostasiens weit verbreitet von Kaschmir bis Japan, theils wild wachsend, theils ihrer Früchte wegen angebaut, besonders in China. In Japan sah ich sie häufig in Weihern, zumal denen, welche zur Bewässerung der Reisfelder dienen. Auch die Varietät Trapa incisa S. & Z. (T. natans Thunb.), jap. Hime-bishi, kommt häufig vor.
47) Nelumbium speciosum Willd. (Nelumbo nucifera Gaertn. ), jap. Hasu. Der elliptischen Nüsse, Hasu-no-mi, so gross, wie kleine Eicheln, äusserlich graubraun, im Innern von weisser Farbe, nuss - artig angenehm schmeckend, wurde bereits früher gedacht.
Unter der Bezeichnung » Alimenta composita « gibt Siebold in dem schon früher citierten Verzeichniss japanischer Nutzpflanzen (siehe p. 42) die Namen einer Anzahl Präparate an, welche theilweise dem Lande eigenthümlich und durch die Art ihrer Gewinnung und Ver - wendung von hohem Interesse sind. Im Haushalte der Japaner — und zum Theil auch der Chinesen — spielen mehrere derselben seit Jahrhunderten als Würze, durch welche selbst die sonst fadeste Speise schmackhaft gemacht wird, eine unentbehrliche Rolle, so dass sie zum Theil auch in Europa, zumal in England, Beachtung und Nachahmung gefunden haben. Andere fungieren als werthvolle Nahrungsmittel und sind durch ihren hohen Stickstoffgehalt geeignet und berufen, das Fleisch zu ersetzen. Wiederum andere enthalten genügend Alkohol und Beimengungen, um durch ihren Genuss zu begeistern und schwere Köpfe zu machen, wie es nun einmal auch in Ostasien für Viele Be - dürfniss zu sein scheint. Und gerade für diese berauschenden Ge - tränke zeigt die Regierung ein grosses Interesse, das ähnlichen in den christlichen Staaten kaum nachsteht, indem sie schon lange eine wich -112I. Land - und Forstwirthschaft.tige Einnahme von ihnen herzuleiten wusste, so dass es auch an der nöthigen Statistik über Production und Consum nicht fehlt. Da sie wenigstens in dieser Beziehung alle übrigen an Bedeutung übertreffen, setze ich sie an die Spitze der nachstehenden Liste und wende mich ihnen zunächst zu.
1. Sake oder Seishû ist das eigenartige berauschende Getränk Japans und seiner beiden westlichen Nachbarn. Dasselbe wird, wie bekannt ist, aus Reis bereitet, hat aber mit dem indischen Arac wenig Aehnlichkeit. Auch deuten die häufig angewandten Bezeichnungen » Reisbier « und » Reisbranntwein « keineswegs genügend seinen wahren Charakter an, der sich insbesondere im Alkoholgehalte von Bier und Schnaps wesentlich entfernt und wie Wein eine Mittelstellung zwischen beiden einnimmt. Wenige Fremde können sich mit dem eigenartigen Geschmack des Sake befreunden. Den Japanern aber sagt dies Ge - tränke so zu, dass sie nicht versäumen, bei ihren Tempelfesten nach alter Sitte auch den Göttern neben beliebter Speise davon vorzusetzen. Dieser geweihte Sake wird Miki*)Mi ist ein ehrendes Präfix, wie in Mikado, Midera und Ke oder Ki, der älteste Name für Sake. oder ô Miki genannt. Und wie die Bewohner Japans überhaupt Freunde eines warmen Trunkes sind, selbst des warmen Wassers, wenn Thee und Sake fehlen, so trinken sie auch diesen aus ihren Porzellan - oder lackierten Holzschalen gern erwärmt.
Nachdem im Jahre 1874 Oberstabsarzt Hoffmann die erste kurze Beschreibung der Sakefabrikation nach eigener Anschauung gegeben hatte**)» Sake - und Myrin-Bereitung « von Hoffmann. Mitth. der deutsch. Ges. Ostasiens. 6. Heft 1874., folgte vier Jahre später von Korschelt eine eingehendere wis - senschaftliche Arbeit über den Gegenstand***)» Ueber Sake « von O. Korschelt. 16. Heft 1878 derselben Zeitschrift. und endlich 1881 eine zweite von Atkinson, eine beachtenswerthe Abhandlung†)» The Chemistry of Saké-Brewing by R. W. Atkinson «. Memoirs of the Science department Tôkio. Daigaku 1881., welche die vorausgegangene von Korschelt in vielen Stücken ergänzt und gleich jener auch für das hier Folgende mitbenutzt wurde.
Wie es scheint, lernten die Japaner den Sake zu Anfang des dritten Jahrhunderts während ihrer ersten Expedition nach Korea näher kennen, wenigstens datiert man die Einführung seiner Fabrikation aus dieser Zeit. Es war das chinesische Verfahren und wurde auch von China aus weiter vervollkommnet. Eine grosse Schwierigkeit bot viele Jahrhunderte hindurch die Sommerhitze, indem sie das Getränke1132. Nährpflanzen.leicht verdarb. Da entdeckte man vor etwa 300 Jahren in dem Er - hitzen desselben ein Mittel zu seiner Conservirung. Damals hatten die Sakefabriken zu Itami und Nishinomiya auf dem Wege (jetzt Eisenbahn) von Hiogo nach Ôzaka und von Ikeda bereits hohen Ruf, den sie sich bis zur Gegenwart aller Concurrenz gegenüber erhalten haben.
Wie auch das Verfahren in einzelnen untergeordneten Dingen ab - weichen möge, so ist es doch der Hauptsache nach in allen Fabriken dasselbe. Ueberall benutzt man den gewöhnlichen Reis (Uruchi), und zwar stets im geschälten Zustande, niemals den Klebreis, doch viel - leicht einfach desshalb nicht, weil er ansehnlich theurer ist.
Nach dem Vorgang der Japaner unterscheidet Korschelt bei der Sakebereitung vier Stufen, nämlich 1) die Darstellung des Kôji, 2) des Moto, 3) den Hauptprocess und 4) das Pressen und Klären. Atkinson trennt die Bereitung des Kôji ganz von den drei übrigen Abschnitten und fasst diese als eigentliche Saké-Brauerei zusammen.
a. Bereitung des Kôji oder Reisferments. Das Mittel, durch welches in der Sakebereitung das Stärkemehl der Reiskörner umge - wandelt und für die alkoholische Gährung vorbereitet wird, das also dabei eine ähnliche Rolle wie die Diastase beim Malz spielt, heisst Kôji. Da es nebenbei auch in der Shôyûfabrikation, sowie sonst statt unserer Hefe in Anwendung kommt, ist seine Darstellung oft eine für sich bestehende und nicht blos mit der Sakefabrikation vereinte.
Kôji hat im wesentlichen noch das Aussehen der geschälten Reis - körner, aus welchen es bereitet wurde, nur dass die meisten derselben zu grösseren oder kleineren Klümpchen locker vereinigt sind, und zwar durch die Myceliumfäden eines Schimmelpilzes (Eurotium Oryzae, Ahl - burg), welche in die gelockerte Zellschicht eingedrungen sind, während in den dichteren Zellen gegen die Mitte hin die Wandungen hornige Beschaffenheit angenommen haben, so dass die einzelnen Stärkekörner nicht mehr unterschieden werden können. Bei längerer Berührung mit Wasser löst sich ein ansehnlicher Theil dieser Kôjikörner auf und färbt dasselbe gelb. In warmem Wasser verläuft diese Veränderung noch rascher und vollständiger, so dass oft nur noch die Zellwandun - gen und Myceliumfäden ungelöst zurückbleiben. Auf diese Weise gehen zwischen 30 und 60 % des Kôji in Lösung über. Wie Atkinson ge - zeigt hat, besteht dieser lösbare Theil des Kôji vornehmlich aus Stärke - zucker und Dextrin, deren Verhältniss zu einander natürlich vielen Schwankungen unterworfen und besonders durch die Temperatur und die Dauer der Pilzwucherung bedingt ist. Unter Tane-kôji, d. h. Kôji-Samen versteht man ein feines gelbes Pulver, die Sporen des Pilzes, wie sich unter dem Mikroskop ergiebt.
Rein, Japan. II. 8114I. Land - und Forstwirthschaft.Sake wird nur während der kältesten Monate, November bis Fe - bruar dargestellt, Kôji in derselben Zeit; doch fängt man mit seiner Bereitung oft schon im October an. Der geschälte Reis wird zunächst so lange mit frischem Wasser gewaschen, und dasselbe so oft erneuert, als es sich noch milchig trübt. In dem zuletzt zugeführten bleibt er eine Nacht liegen und wird dadurch weich; das übrige thun die Was - serdämpfe, welche man in einem eisernen Kessel entwickelt und durch den so vorbereiteten Reis streichen lässt, so dass von einer Keimung und Diastasentwickelung, wie bei unserer Malzbereitung, keine Rede sein kann.
Ist der gedämpfte Reis so weich geworden, dass er sich leicht zwischen den Fingern zu Teig kneten lässt, so breitet man ihn auf Strohmatten zur Abkühlung aus und versetzt ihn dann, wenn diese bis zur Körperwärme vorgeschritten ist, mit Tane-kôji, wobei ein Thee - löffel voll des letzteren auf 4 To (73 Liter) des Reis gerechnet wird. Bei der Herstellung der Mischung werden die Pilzsporen erst mit einem kleinen Theil der Reismenge innig vermischt und dann die Mengung mit dem ganzen Haufen vorgenommen.
So vorbereitet wird nun der Reis auf seiner Unterlage in warmen Räumen etwa 3 Tage lang der Entwickelung des Schimmelpilzes über - lassen. In den für sich bestehenden Kôjifabriken sind diese Räume unterirdische Kammern von 8 — 10 m Länge, 2 ½ m Breite und 1 ½ m Höhe, welche 3 — 4 m unter der Erde in Thonboden angelegt sind. Sie stehen durch schmale, niedrige Gänge, deren Oeffnungen mit Stroh - matten verhängt sind, in Verbindung mit dem Eingang einer quadra - tischen Schachtöffnung von 3 — 4 m Tiefe und 2 m Weite. Zweck die - ser ganzen Vorrichtung ist offenbar der, eine in den Kammern vor - handene höhere Temperatur längere Zeit constant zu erhalten.
An beiden Längsseiten jeder Kammer ist eine Bank Erde von ½ m Höhe gelassen worden und nahe dem Eingang zur Kammer eine Vertiefung in derselben angebracht, in welche man die Matten mit dem eingeschlagenen Reis legt und über Nacht einer Temperatur von 25 — 26° C. überlässt. Am folgenden Morgen wird der Reis mit den Händen durchgearbeitet, um das Zusammenballen zu beseitigen. Gegen Nachmittag findet man ihn mit dem Mycelium des Pilzes in Gestalt eines weissen Filzes überzogen. Man schüttet ihn nun in Körbe und besprengt ihn während häufigen Umschüttelns mit kaltem Wasser. Als - dann vertheilt man ihn auf Brettchen mit Randleisten und stellt diese neben einander auf die Bänke der Kammern. Während der 1 ½ Tage, welche der Reis hier bleibt, wird er mehrmals mit den Händen durchge - mengt, um die mit Filz verbundenen Körner zu trennen. Endlich nimmt1152. Nährpflanzen.man am Morgen des fünften Tages (vom Waschen des Reis an gerechnet) die Brettchen mit dem fertigen Kôji aus den Kammern und bewahrt sie an einem kühlen, luftigen Orte übereinandergestellt bis zum Verkauf oder Verbrauch des Kôji auf, das sich so mehrere Monate hält, ohne durch Sporenbildung, welche gelbe Flecken andeuten, zu verderben. Durch die Pilzentwickelung steigt in einer Luftwärme der Kammern von 20° C. die Temperatur des Reis auf 25 — 28° C., und noch höher am Morgen, da dann die Entwickelung des Pilzes lebhafter ist, als am Nachmittag.
In den Sakefabriken wird Kôji in ganz analoger Weise darge - stellt, nur sind die Kammern kleiner und weniger tief in die Erde eingesenkt. Tane-kôji stellt man nur gegen das Frühjahr dar, indem man die Pilzwucherung noch 1 — 2 Tage länger, als bei der Kôjibe - reitung andauern lässt, zuletzt aber überdeckt. Die gewonnenen Spo - ren hebt man den Sommer über in einem luftdicht verschlossenen Topfe an einem trocknen, kühlen Orte bis zum Bedarf im Herbst auf. Den Winter über bedient man sich statt ihrer des Kôji selbst.
b. Darstellung des Moto oder der Maische. Es ist dies eine trübe Flüssigkeit, welche Hoffmann Mutterwürze genannt hat (ob - gleich dies Wort ebensowenig, wie Maische die richtige Verdeutschung von Moto ist), das Product einer durch Kôji und Wärme angeregten Gährung, wodurch ein ansehnlicher Theil der Reisstärke in Dextrin, Stärkezucker und schliesslich in Alkohol übergeführt wird. Ihre Dar - stellung erfordert etwa 14 Tage und ist beendet, wenn bei der Gäh - rung die Entwickelung der Kohlensäure bedeutend nachgelassen und die Flüssigkeit statt des früheren süssen Geschmacks, einen vorherr - schend säuerlich bitteren und scharfen alkoholischen angenommen hat.
In den Sakefabriken wird am 3. oder 4. Tage, nachdem man An - fangs November mit der Darstellung des Kôji begonnen hatte, ein neues Quantum Reis gedämpft und bis zum folgenden Morgen auf Matten ausgebreitet. Alsdann mischt man dasselbe mit Kôji und Wasser zu einem dicken Brei. Das Verhältniss, in welchem dies geschieht, ist nicht sehr schwankend, dem Volum nach wie
des trocknen geschälten Reis, welcher zum Dämpfen, beziehungsweise zur Kôjibereitung in Anwendung kam. In den berühmten Fabriken zu Itami und Nishinomiya mischt man 0,5 Koku gedämpften Reis mit 0,2 Koku Kôji und 0,6 Koku Wasser und nennt auch dieses Gemisch ein Moto. Dieses Moto wird in sechs gleichen Theilen auf eben so viele8*116I. Land - und Forstwirthschaft.flache cylindrische Holzkübel, Han-kiri genannt, von 100 Litern Inhalt vertheilt, so dass jeder Kübel kaum zum 5. Theil voll ist. Hier wird nun die Masse zwei Stunden lang mit den Händen durchknetet und durchmengt, bildet dann einen steifen, dicken Brei, und wird nachher 24 Stunden lang sich selbst überlassen, währenddem sich die Steifheit vollständig verliert, die Masse dünner und beweglicher wird. Nun - mehr wird ein ruderartiges Rührscheit, Kai (Ruder) genannt, hinein - getaucht und das Gemisch damit während mehrerer Tage oftmals gründlich umgerührt. Die milchige Flüssigkeit, welche sich mehr und mehr bildet, zeigt durch ihren süssen Geschmack den Stärkezucker an, in welchen unterdess ein ansehnlicher Theil Stärke übergegangen ist. Die gegen das Ende dieses Processes mehr und mehr wahrnehm - bare Kohlensäure lässt aber zugleich erkennen, dass die alkoholische Gährung trotz der niedrigen Temperatur bereits begonnen hat. Die letztere entsprach nämlich die ganze Zeit über derjenigen der äusseren Luft und bewegte sich zwischen 0° und 10° C. Korschelt macht da - rauf aufmerksam, dass sie nöthig sein dürfte und die Sakebereitung sich überhaupt unter den gegebenen Verhältnissen desshalb auf die 4 kältesten Monate beschränken müsse, weil sonst Sporenbildung des Pilzes (Eurotium Oryzae Ahlb.) im Kôji eintreten würde.
Nach spätestens 6 Tagen ist dieser Process beendet. Man giesst nun den Inhalt von je drei Han-kiri in einen grösseren Gährbottich (Moto-yoshi-oke), der etwa 6 hl. fassen kann und lässt ihn hier einen Tag lang in Ruhe. Dann folgt Erwärmung der Maische, um die al - koholische Gährung zu beleben. Es geschieht dies durch kochendes Wasser. Kegelförmig sich nach oben verengende, allseits dicht ver - schlossene Holzkübel, Daki genannt, unten 30 cm, oben 23 cm weit und 50 cm hoch, werden damit gefüllt, in die Masse eingetaucht und hin und her bewegt. Zu dem Zweck hat jeder Daki oben einen Griff, befestigt an zwei über den oberen Rand hervorragenden Ohren.
Nach etwa 12 Stunden wird der abgekühlte Kübel durch einen andern mit kochendem Wasser ersetzt, und so fährt man in grösseren oder kleineren Intervallen je nach Bedürfniss bis zum 14. Tage, dem Ende der Motobereitung, fort. Während dieser Zeit hatte man die Gährkübel mit Strohmatten umhüllt, um die Abkühlung von aussen möglichst zu verringern. Im Innern steigert sich die Temperatur all - mählich, zum grössten Theil mit und durch die zunehmende Gährung bis auf etwa 25° C., in andern Fabriken sogar bis 30° C. Ist dieser Gährungsprocess seinem Ende nahe, so vertheilt man den Inhalt der Kufen wieder auf die Han-kiri, und lässt in ihnen allmählich abkühlen.
Die Zusammensetzung des fertigen Moto ist selbstverständlich sehr1172. Nährpflanzen.verschieden. So schwankt z. B. der Alkoholgehalt zwischen 3 und 14 %. Atkinson fand in solchem von Nishinomiya Alkohol 10,5 %, Stärkezucker 0,2 %, Säure 0,56 %, Stärke und Cellulose 16,58 % und 72,16 % Wasser.
c. Der Hauptprocess. Verfahren und Vorrichtungen sind auch bei ihm im wesentlichen allenthalben dieselben. In Gebrauch kommen u. A. nach einander dreierlei eimerartige Bottiche, die sich nach oben etwas ausweiten und deren mittlere Weite die Höhe um 15 — 25 cm übertrifft. Nach letzterer unterscheidet man sie als San-shaku-oke, Shi-shaku-oke und Roku-shaku-oke, d. h. Drei -, Vier - und Sechs - Fuss-Bütten. Sie können beziehungsweise ungefähr 5, 10 und 33 Koku, oder die doppelte Menge Hectoliter fassen, werden aber beim Gebrauch nur bis zur Hälfte gefüllt, um für die Gährung Raum zu lassen. Man verfertigt sie in der Regel aus weichem Sugi - (Cryptomeria -) Holze.
Der Gährungsprocess zerfällt in den grösseren Fabriken in drei Stufen, welche man als Soye, Naka und Shimai (Anschluss, Mitte und Ende) bezeichnet. Zur Verwendung für Soye kommen wiederum gedämpfter Reis (Mushi-han), Kôji und Wasser, ausserdem Moto, und zwar in folgendem Verhältniss:
Das Gemisch wird in der hier angegebenen Menge in ein San - shaku-oke übergeführt und dort während 2 — 3 Tagen nach je 2 Stun - den einmal gründlich umgerührt. Während dieser Zeit entwickelt sich mit zunehmender Gährung und bei einer Temperatur von etwa 20° C. (gegenüber 10° C. an der Luft) ein angenehm aromatischer, scharf - stechender Geruch. Das Soye ist nun beendet. Die Masse wird auf zwei andere Drei-Fuss-Bütten gleich vertheilt und eine frische Menge von gedämpftem Reis, Kôji und Wasser zugefügt, und zwar in folgen - dem Verhältniss:
so dass in Itami 4,95 Koku, in Nishinomiya 4,34 Koku in jeden der beiden Bottiche kommen. Auch diese Mischung wird nach je 2 Stun - den einmal tüchtig umgerührt, doch nur einen Tag lang, womit das Naka beendet ist. Abermals wird nun die gegohrene Masse einer jeden Bütte unter zwei weitere vertheilt und von neuem gedämpfter Reis, Kôji und Wasser darunter gemischt. Das Verhältniss der neuen Mischung für Shimai, die letzte Stufe der Gährung, ist folgendes.
Von dieser Menge kommt demnach die Hälfte auf jeden Bottich und wird darin ebenso behandelt, wie in den beiden vorausgegangenen Fällen. Nach 3 Tagen trägt man jedoch das ganze, auf 4 Bütten ver - theilte Gemisch in eine grosse Roku-shaku-oke allmählich ein, worin zunächst eine viel lebhaftere Gährung eintritt, die aber nach 2 bis 3 Tagen allmählich abnimmt. Der Schaum sinkt, die Flüssigkeit ist stark alkoholisch und nun für den Schluss der Arbeiten bereit.
d. Das Pressen und Klären. Das Auspressen der noch lang - sam fortgährenden flüssigen Maischmasse wird durch eine ähnliche Winkelpresse bewirkt, wie das der Shôyû (siehe Nr. 6 dieses Ab - schnitts). Man füllt sie in dicht gewobene, durch Shibu*)Shibu ist der gerbsäurereiche Saft unreifer Früchte von Diospyros Kaki. gestärkte, hanfleinene Beutel, legt diese dann neben - und kreuzweise über ein - ander in einen starken würfelförmigen Kasten und schliesst oben mit einer Platte (oder mehreren kleiner werdenden über einander), von geringerer Grösse als der Boden des Presskastens. Auf diesen Deckel drückt nun als einarmiger Hebel ein langer Balken, dessen eines Ende drehbar einem starken Pfosten eingefügt ist, während das andere mit 600 — 900 kg. Gewicht herunter gezogen wird. Auf der vorderen Seite jenes Kastens befindet sich nahe dem Boden die Ausflussvorrichtung, durch welche der trübe Sake in ein darunter befindliches Gefäss ge - leitet wird. Behufs Klärung überträgt man ihn in ein stehendes Fass, das nahe dem unteren Boden und in einiger Entfernung von einander zwei Ausflussöffnungen über einander hat. Während der Sake hier 14 Tage lang ruhig steht, sinken alle festen Verunreinigungen zu Boden. Durch Oeffnen des oberen Hahns fliesst dann der Sake von dem darunter befindlichen Bodensatz klar ab. Er wird in Fässer oder1192. Nährpflanzen.geschlossene Kübel gefüllt und bedarf später bei nahendem warmen Wetter nur noch des Erwärmens, um ihn haltbar zu machen, wie das bereits im Eingang angedeutet wurde.
2) Shôchû (Shôchiu). Sake enthält, wie die nachfolgende Tabelle von Analysen zeigt, 11 — 14 % Alkohol. Aus den Press - rückständen, welche vornehmlich aus Stärke und Cellulose bestehen und 6 % Alkohol haben, wird durch eine einfache Vorrichtung ein Destillat bereitet, das den Namen Shôchû führt und 20 — 50 % Al - kohol aufweist, so dass es darin mehr dem Schnaps, als dem Wein - geist entspricht, obwohl man das Wort gewöhnlich mit Alkohol über - setzt. Shôchû wird vornehmlich zu Mirin verwandt. Eine in Kiushiu, besonders Satsuma bereitete Sorte Shôchû führt den Namen Awamori.
3) Shiro-sake, weisser Sake, ist ein weisses, süsses Getränk, vom Aussehen der Milch, das man dadurch bereitet, dass man Kleb - reis (Oryza glutinosa) in Mehl verwandelt, mit Wasser mischt und etwas Sake zusetzt. Beim Hina-matsuri oder Sangatsu-no-sekku, dem Puppenfeste*)Siehe Rein, Japan I pag. 506 und 509., wird es den Puppen und deren Freundinnen vor - gesetzt.
4) Mirin ist ein gelb bis braun gefärbter, ölig dickflüssiger, süsser Liqueur vom Alkoholgehalt des Sake oder darüber, und einem eigenartigen, oder durch fremde Beimischungen erzeugten Aroma. Derselbe hält sich viele Jahre hindurch und wird mit dem Alter — Komirin, alter Mirin — dunkler, dickflüssiger und geschätzter. Unter dem Namen Toso-shû oder Toso wird Mirin besonders viel zu Neujahr getrunken, nicht blos in jedem Hause nach der ersten Be - glückwünschung vom jüngsten bis zum ältesten Familiengliede, die dabei alle im Kreise sitzen, sondern auch bei den gegenseitigen Be - suchen.
Seine fabrikmässige Darstellung ist gewöhnlich mit der des Sake verbunden. Eine grosse und ihres Mirin’s wegen berühmte Fabrik ist diejenige zu Nagare-yama am Yedo-gawa, 5 deutsche Meilen nörd - lich von Tôkio. Zur Mirinbereitung werden gedämpfter Mochi-gome oder Klebreis, Kôji und Shôchû angewandt, doch nicht immer in glei - chem Verhältniss. Zu Itami z. B. mengt man 9 Koku Mochi-gome mit 3,3 k. Kôji und 14 k. Shôchû, zu Nagare-yama dagegen 13 Theile Mochi-gome mit 4 ½ Theilen Kôji und 10 Theilen Shôchû. Das Ge - misch wird in grossen Fässern jeden zweiten Tag einmal umgerührt, sonst aber bedeckt gehalten. Es kommt des vielen Alkohols wegen120I. Land - und Forstwirthschaft.nicht zur Gährung, sondern blos zur Umwandlung eines Theils Stärke in Dextrin und Zucker.
Nach 20 — 40 Tagen beendet man den Process und presst die Masse aus. Der Mirin wird hierauf ähnlich wie Sake geklärt und dann in geschlossenen Gefässen beliebig lange aufbewahrt.
Im Jahre, welches mit dem 30. September 1880 endete, wurden in Japan an alkoholischen Flüssigkeiten, abgesehen von fremder Ein - fuhr*)Welche vornehmlich den Europäern und Amerikanern zufällt., versteuert 5 207 970 Koku = 9 389 970 Hektoliter. Die Ge - sammteinnahme des Staates aus dieser Quelle betrug 6 459 570 yen = 25 838 280 Mk. Die Bevölkerung zu 34 Millionen gerechnet, ent - fielen sonach auf jeden Kopf derselben 27,6 Liter geistige Getränke und 76 Pf. Abgabe für dieselben. Die letzteren sind übrigens seitdem1212. Nährpflanzen.verdoppelt worden, ohne dass Production und Consum dadurch sich vermindert haben. Obige Menge und Steuer vertheilte sich wie folgt:
5) Ame ist ein unreiner Stärkezucker, vermischt mit Dextrin und Wasser, welcher in zweierlei Zuständen in den Handel kommt, näm - lich einmal unter dem Namen Midzu-ame (Wasser - oder flüssiger Ame) mit grösserem Wassergehalte als ein sehr zäher gelber Syrup, und sodann als Ame, eine in hohem Grade elastische, teigartige Masse, welche in runde oder prismatische Stangen gezogen und als beliebte Leckerei eine grosse Anziehungskraft auf die Kinder ausübt, nament - lich dann, wenn der in den Strassen umherziehende Händler zugleich Künstler ist und aus der weissen oder gefärbten und etwas erwärmten plastischen Masse allerlei Figuren formt. Sobald der Ton des Glöck - chens oder einer Triangel, welche er in der Hand hält, und der Ruf » Amai! Amai! « d. h. » Süsses! Süsses!, oder » Amai to karai « (Süsses und Scharfes), oder irgend ein anderer wohlbekannter ertönt, ist er eines ansehnlichen Gefolges sicher.
Im Haushalte ersetzt Midzu-ame vielfach den Zucker und findet mancherlei Verwendung. Auch dient er in der Färberei und zur Dar - stellung von Mirin. Die beste Sorte ist von klarer, gelber Farbe, wird gewöhnlich von ital. Hirse bereitet und desshalb Awa-no-midzu - ame genannt.
Ame und Midzu-ame wird aus ital. Hirse (Awa), Kleb - oder Kuchenreis (Machi-gome) oder gewöhnlichem Reis (Uruchi) bereitet. Die Darstellung hat R. W. Atkinson*)Transactions As. Soc. Japan Vol. VII pag. 313 — 322. in eingehender Weise mit - getheilt, so dass ich hier darauf verweisen und mich mit dem wesent - lichsten derselben begnügen kann.
Das Getreide wird zunächst in kaltes Wasser zum Aufquellen ein -122I. Land - und Forstwirthschaft.getragen, darauf durch Wasserdampf, welchen man in einem eisernen Kessel entwickelt, weich gekocht, dann in flache hölzerne Bütten ge - schüttet und mit Matten überdeckt, bis ein grösseres Quantum in gleicher Weise vorbereitet ist. Gerstenmalz, jap. Moyashi, welches in ähn - licher Weise wie bei uns bereitet wird, nur mit längeren Keimen, und vor seiner Verwendung in Wasser gequellt wurde, mischt man nun mit weichem Getreide und mit warmem Wasser und trägt dann die Mischung, welche ungefähr 60° C. warm ist, in eine Holzkufe ein, wo sie mindestens 6 Stunden ruhig stehen bleibt. Die Schalen und andere unlösliche Bestandtheile sinken hierbei zu Boden, während sich darüber Midzu-ame als klare Flüssigkeit sammelt. Sie wird sorg - fältig davon getrennt, aus dem Rückstand aber durch Auspressen in Hanfbeuteln noch eine zweite, untergeordnete Qualität erhalten.
Das Verhältniss, in welchem die Bestandtheile der vorerwähnten Mischung genommen werden, richtet sich nach der Beschaffenheit des Stärkelieferanten und andern Rücksichten. Durchschnittlich kommen aber auf 5 To des gedämpften Getreides 5 Shô (½ To) Malz und 8 To warmes Wasser. War der Reis vorher geschroten, oder bestand er aus den Abfällen beim Schälen desselben, so verringert sich die Menge des nöthigen Malzes. Anderseits leuchtet aber auch ein, dass ein reicherer Malzverbrauch die Ueberführung einer grösseren Menge Stärke in Dextrin und Zucker und somit die Erzielung eines süsseren Ame bewirken wird.
Die durch Decantierung gewonnene Flüssigkeit ist Midzu-ame in sehr verdünntem Zustande. Behufs grösserer Concentrierung wird sie rasch bis zur erforderlichen Consistenz eingedampft. Es geschieht dies in eisernen Pfannen während 3 — 6 Stunden und einer etwas län - geren Zeit zur Erzielung des festen, weissen Ame, den man stets aus Reis, insbesondere Klebreis bereitet. Die erstarrte Masse ist anfangs durchscheinend. Man rollt sie auf Brettern in dicke Stränge, zieht dieselben in die Länge und bearbeitet den Stoff so lange, bis eine opake, weisse Farbe eingetreten ist und derselbe nicht mehr an den Fingern klebt. Bei dieser Behandlungsweise vermehrt sich das Volu - men derart, dass fertiger Ame auf dem Wasser schwimmt, während Midzu-ame darin sofort untersinkt.
Aus den Analysen der verschiedenen Ame-Sorten, welche Atkin - son machte, wurde die nachfolgende Tabelle berechnet und zusammen - gestellt. I ist das Mittel von 6 derselben, II, III und IV von je zweien. Das übrige ergibt sich aus der Uebersicht selbst.
1232. Nährpflanzen.6) Shôyû, die japanische Bohnensauce, auch Soja, engl. Soy genannt, beides Corruptionen des japanischen Namens, stellt eine dunkelbraune Flüssigkeit von angenehm aromatischem Geruch und eigenartigem, salzigem Geschmack dar. Sie schäumt beim Schütteln gelb auf und hinterlässt an der Wand des Glasgefässes einen deut - lichen fettglänzenden Rand, so dass die japanische Bezeichnung, welche Salzöl bedeutet (shô = Salz, yû = Oel), ganz passend ist. Das speci - fische Gewicht, welches Kinch zu 1,199 angibt, dürfte je nach der Bereitungsweise nicht unwesentlich variieren. Derselbe Autor fand in 1 Liter als Gesammtgewicht des festen Rückstandes 359,88 gr, Asche (vornehmlich Chlornatrium) 195,16 gr, Zucker 31,03 gr, stickstoffhal - tige Bestandtheile 41,00 gr, freie Säure (Essigsäure?) 6,20 gr.
Zur fabrikmässigen Darstellung der Shôyû, wie ich sie in Kiôto kennen gelernt habe, verwendet man Weizen (Ko-mugi), hellgelbe Sojabohnen (Shiro-mame), Kochsalz (Shio od. Shô) und Wasser (Midzu), und zwar gleiche Theile der beiden ersteren, 3 Theile Wasser und 5 — 6 Theile Salz. Anderwärts pflegt man gleiche Volumtheile aller vier Bestandtheile zu nehmen. Ein kleiner Theil des Weizens wird mit Kôji (Reisferment) zur Gährung gebracht, das übrige in Eisen - pfannen über Kohlenfeuer schwach hellbraun geröstet und dann auf kleinen Handmühlen gemahlen. Die Sojabohnen werden mit wenig Wasser in eisernen Kesseln etwa einen halben Tag lang weich ge - kocht und darauf zu Brei zerstampft. Weizenmehl, Bohnenbrei und der fermentierende Weizen werden nunmehr innig gemengt, in kleine Holzkästchen gefüllt und an einem geeigneten Raume drei Tage lang bei einer möglichst gleichmässigen Temperatur von etwa 25° C. der Gährung ausgesetzt, wobei sich die Masse mit Schimmelpilzen be - deckt. *)Nach Hoffmann: Mittheilungen der Ges. Ostasiens 6. Heft pag. 98 pflegt man die Weizenkörner nur grob zu schroten und die Bohnen nicht zu zerstossen, sodass eine Diastasbildung eintritt, ähnlich wie bei der Malzbereitung.
Man trägt dieselbe sodann in oben offene Fässer, fügt das nöthige124I. Land - und Forstwirthschaft.Quantum Salz und Wasser hinzu und erhält durch innige Vermengung einen Brei, welcher in grosse offene Bottiche übergeführt wird, die an die Maischbütten der Bierbrauer erinnern. Nach Hoffmann*)Mitth. d. deutsch. Gesellschaft Ostasiens. Heft 6. kann ein jeder derselben 20 — 30 000 Liter fassen; ich fand sie in Kiôto wesentlich kleiner, etwa 2 m tief und 1,2 bis 1,6 m weit.
In diesen Kufen wird nun der anfangs dicke Brei den Winter über täglich einmal mehrere Minuten lang gründlich durch - und um - gerührt. In der heissen Jahreszeit, wo die Fermentation rascher ver - läuft und die festen Theile sich mehr an der Oberfläche sammeln, ist ein zwei - bis viermaliges Umrühren täglich geboten. Der Arbeiter bewirkt dasselbe mit einer Art hölzerner Schaufel an langem Stiele und steht dabei auf dem Rand der Bütte.
Eine landläufige Redensart sagt, Shôyû werde um so besser, je mehr Ratten in den Bütten ihren Tod fänden, und drückt, wenn sie auch nicht wörtlich zu nehmen ist, doch immerhin die lange Zeit aus, welche man zur Shôyûfabrikation braucht. In der That schwankt dieser Zeitraum, der in der Regel im Herbst nach der Ernte der Sojabohnen beginnt, zwischen 20 Monaten und 5 Jahren. Bei diesem langsamen und eigenartigen Gährungsprocess wird ein ansehnlicher Theil der Stärke in Dextrin und Zucker verwandelt, daneben aber auch Milch - und Essigsäure gebildet. Der anfangs dicke Brei wird im Laufe des - selben immer dünner und flüssiger, zugleich geht seine graue Farbe allmählich in eine trübbraune und schliesslich in eine rein dunkel - braune über. Die letztere Farbe und das angenehme Aroma ent - wickeln sich gleichzeitig mit einem bitteren Geschmack vornehmlich zwischen dem dritten und fünften Jahr. Die nach Aussehen, Geruch und Geschmack am meisten geschätzte Shôyû wird nur durch Mischung gleicher Quantitäten des dreijährigen und des fünfjährigen Produkts erhalten. Man trägt das Gemisch in grobe, starke, dichtgewobene baumwollene oder hanfleinene Beutel, die man durch Eintauchen in Shibu (siehe dieses) noch dichter gemacht hat. Diese 60 — 70 cm langen und 18 cm breiten Beutel werden schlaff gefüllt und dann in einen grossen viereckigen Kasten schicht - und kreuzweise neben und über einander gelegt. Ist derselbe auf diese Weise gefüllt, so wird ein schwerer Holzdeckel aufgelegt und nun diese Vorrichtung der Wir - kung einer sehr einfachen Winkelpresse ausgesetzt, wobei man das Ende des 4 — 5 m. langen Hebelarms mit Steinen beschwert. Die ausgepresste Shôyû fliesst durch eine Oeffnung auf dem Boden des Kastens in ein Bambusrohr und durch dieses nach einem in der Erde1252. Nährpflanzen.eingegrabenen Fass und ist nun zur Verwendung fertig. Aehnlich, wie bei der Oelgewinnung, ist auch hier die zuerst erhaltene Menge die werthvollste. Durch fortgesetztes Pressen unter erhöhtem Druck erzielt man eine zweite Qualität, und endlich eine dritte hellflüssige und wenig aromatische dadurch, dass man die Pressrückstände mit Salzwasser mischt und das Gemenge von neuem auspresst. Shôyû kommt in Holzgefässen von 1 To (20 Liter) Inhalt zum Verkauf. Nach Hoffmann war früher der Preis von einem To der besten Sorte 1,5 yen = 6 Mk., der zweiten etwa 3 — 4 Mk. und der letzten 2 Mk.
Durch langen Seetransport und eintretende Schimmelbildung geht das liebliche Aroma und der angenehme Geschmack leicht verloren. Im guten Zustande aber erweist sich Shôyû als vortreffliches Mittel, den Appetit anzuregen und die Verdauung zu fördern; sie ist zu diesem Zweck, wie Oberstabsarzt Hoffmann weiter mit Recht hervor - hebt, wegen ihrer völligen Unschädlichkeit für den menschlichen Or - ganismus europäischen Präparaten, die gleichen Zwecken dienen sollen, weit vorzuziehen. Ihre hohe Bedeutung für die japanische Küche hebt derselbe mit folgenden zutreffenden Worten hervor:
» Die Bohnensauce — Shoju — ist dem Japaner fast eben so un - entbehrlich, wie der Reis, und ihr Gebrauch so allgemein, wie der von Thee und Tabak. Der reiche Mann und der Bettler benutzen sie in gleicher Weise, nur in verschiedener Qualität, als die Haupt - würze ihrer Mahlzeiten, und in keinem Hause, ja bei keiner Mahl - zeit darf sie fehlen. « —
7) Miso ist eine dickflüssige, in Wasser leicht vertheilbare, weisse oder rothbraune Sauce, zu deren Darstellung ebenfalls Shiro - mame, oder gelbweisse Sojabohnen, Salz und Wasser gehören, ausser - dem auch noch Kôji oder fermentierender Reis. Das Verhältniss, in welchem diese Substanzen genommen werden, ist nicht immer das gleiche, noch das Verfahren bei ihrer Verwendung. Die Bohnen pflegt man einen halben Tag lang in Wasser zu quellen, hierauf in einem grossen Kessel weich zu kochen und endlich zu Brei zu zer - reiben. Dieser Brei wird dann mit Kochsalz, Kôji und Wasser ver - mischt und die Mischung ein oder mehrere Jahre an einem kühlen Ort sich selbst überlassen. Miso verdirbt nicht und soll nach drei Jahren am besten sein. Die Verwendung desselben, vornehmlich zu Suppe, aber auch zu verschiedenen andern Speisen, ist eine allge - meine und in vieler Beziehung ähnlich derjenigen der Shôyû. Eine Analyse von Komaba ergab 50,40 % Wasser, 8,25 % Faser, 12,50 % Asche (Salz), 0,61 % Zucker, 10,08 % Legumin und 18,16 % lösliche Kohlenhydrate.
126I. Land - und Forstwirthschaft.8) Tôfu, engl. Bean-curd, deutsch und franz. weniger passend Bohnenkäse und Fromage de Pois*)Siehe Ritter: Mittheil. der deutsch. Ges. Ostasiens. 5. Heft pag. 4, und St. Julien, Industries de l’Empire Chinois. Paris 1869. genannt, ist ein in Japan und China aus gelben Sojabohnen dargestelltes, werthvolles Nahrungs - mittel, das aus frischem geronnenen Legumin besteht, so dass die englische Bezeichnung zutreffender ist, als die unsrige. Folgendes ist die einfache Bereitungsweise desselben:
Die gelben Sojabohnen werden während 12 — 24 Stunden in kaltem Wasser, oder eine kürzere Zeit hindurch in warmem zum Aufquellen gebracht und dann zwischen den Steinen einer Handmühle unter Zu - fügung von Wasser, das zur Maceration diente, zu einem dünnen Brei zerrieben, bei welchem die Wassermenge etwa zehnmal die der Bohnen übersteigt. Hierauf filtriert oder presst man das Ganze durch ein feines Sieb und bringt den Rückstand zum zweiten Mal in die Mühle. 10 Volumina dieses Filtrats fügt man nun zu 3 Vol. heissen Wassers in einem Kessel, der dadurch etwa zur Hälfte voll wird, und erhitzt bis zum Kochen. Nach dem Erkalten filtriert man durch einen Sack aus Baumwollzeug und schliesst durch Drücken unter der Hebelpresse.
Wie bei unsern Suppen aus Hülsenfrüchten, befindet sich nun das Legumin gelöst im Filtrat. Zu seiner Coagulierung und Abscheidung wird demselben Shio-no-nigari (Salzbitter), d. h. die vornehmlich aus Chlormagnesium bestehende Mutterlauge von der Seesalzgewinnung zu - gesetzt und dabei beachtet, dass der Niederschlag sich allmählich und ruhig absetzt. (In China setzt man nach den Angaben von St. Ju - lien noch gebrannten Gips zu.) Hat sich die Flüssigkeit geklärt, so wird sie behutsam abgeschöpft, darauf der Niederschlag in viereckige Holzformen mit durchlöcherten, beweglichen Wänden gebracht, die mit einem Tuche ausgelegt sind. Dasselbe faltet man über dem Tôfu zu - sammen, legt dann ein Brett darüber und presst durch mässige Be - lastung mit Steinen den Tôfu aus. Endlich schneidet man durch breite Messer aus Messingblech die weiche, grauweisse Masse in Tafeln und bewahrt dieselben unter Wasser auf. Im Sommer kann dies nur für sehr kurze Zeit geschehen. Eine längere Conservierung wird durch Einlegen in Shôyû, Einsalzen und andere Mittel erzielt.
Kori-tôfu, gefrorener oder Eis-Tôfu ist der schwammige, hornige Rückstand, welcher bleibt, wenn man gewöhnlichen Tôfu gefrieren lässt und dann an der Sonne aufthaut und trocknet, wodurch der Wassergehalt grösstentheils schwindet. Unter Yuba versteht man1272. Nährpflanzen.ein drittes Präparat, aus bräunlichen, zähen Häuten bestehend, das dadurch erhalten wird, dass man die Leguminlösung zur Tôfubereitung unter Zusatz von etwas Holzasche kocht und die sich bildenden Häute der Reihe nach wegnimmt.
9) Undon, Macaroni, und Somen, Vermicelli. Sie werden wie bei uns aus Weizenmehl dargestellt und treten als Nahrungsmittel nirgends hervor.
10) Fu ist ein eigenartiges Gebäck, das man kaum Brod nennen kann, da es nach seiner Darstellung und Verwendung von solchem sich wesentlich unterscheidet. Man bereitet es aus Weizenmehl, welches man zunächst in ähnlicher Weise, wie für die Anfertigung von Nudeln behandelt, doch verwendet man eine geringere Sorte, eine Art Weizenschrotmehl. 2 Theile desselben werden mit Wasser und Salz stark geknetet. Hierauf wird der Teig mit Wasser ausgewaschen, um Kleie und Salz zu entfernen, und nach Zusatz von 2 Theilen Mehl des Mochi-gome (Kuchen - oder Klebreis) von neuem tüchtig geknetet. Es entsteht so ein ausserordentlich zäher, elastischer Teig, welcher, um das eingeschlossene Wasser zu entfernen, wiederholt durchschnitten und umgeformt wird. Endlich wird er in 2 Fuss lange cylindrische Formen gebracht, gebacken und das in kleine Scheiben zerschnittene Fu verkauft. Man erweicht sie in warmem Wasser und kocht sie mit andern Speisen.
11) Sembei (sprich Sémbé), ein ungesäuertes Gebäck aus dem Mehl des Klebreises oder Weizens, mit Zusätzen von Zucker und an - dern Ingredienzien und damit im Geschmack sehr verschieden, er - innert nach diesem und dem Aussehen oft an die ungesäuerten Oster - brote der Juden. Es kommt in der Regel in dünnen, gelbbraun ge - backenen Kuchen oder in Form kleiner Kringel zum Verkauf. Die Feilbietenden (meist Jungen) durchziehen oft die Strassen der Städte mit dem Rufe: » Sembei kaonaika? « — » Kaufen Sie keine Sémbé? « — oder » Sembei iri masenka? « — » Mögen Sie keine Sémbé? «
12) Ame-no-mochi. Nach einem alten, allbekannten Sprich - wort lässt sich über Geschmackssachen nicht streiten. Das gilt auch bezüglich der Art, wie der Japaner zum Theil das Mehl von Weizen, Buchweizen und Reis verwendet. Während er sich mit unserem Back - werk. soweit er es durch Portugiesen und Holländer kennen zu lernen reichlich Gelegenheit hatte, nie befreundet hat, sind ihm einige un - gegohrene und ungebackene Präparate aus Teig, namentlich wenn dieselben mit einem Gemisch von Bohnenmehl (Adzuki) und Zucker gefüllt sind, wahre Leckerbissen. Obenan stehen solche aus dem ela - stischen Teige des Kuchen - oder Klebreis (Mochi-gome), insbesondere128I. Land - und Forstwirthschaft.Ame-no-mochi. Die kleinen Teigkuchen dieses Namens, etwa von der Gestalt und Grösse eines frischen Handkäses, blos aus dem Mehl von Mochi-gome, oder vermischt mit etwas Gersten - oder Weizenmehl und mit Bienenhonig (Hachi-midzu) oder Zucker überdeckt, bietet man u. A. an verschiedenen Stellen der alten Landstrassen, z. B. dem Tô - kaidô, feil und macht in den japanischen Beschreibungen des Weges ganz besonders darauf aufmerksam.
13) Satô, Zucker, wird in den wärmeren Provinzen Japans (Satsuma, Hizen, Tosa, Sanuki, Awa, Aki, Kii, Ise, Owai, Mikawa, Tôtômi und Suruga), besonders aber auf den Riu-kiu-Inseln aus Zucker - rohr, jap. Satô-kibi, d. h. Zuckerhirse gewonnen. Es ist das so - genannte chinesische Zuckerrohr (Saccharum sinense Roxb. ), eine aus China stammende, kleine, aber niedrigen Temperaturen gegenüber harte und widerstandsfähige Sorte, welche man in den angeführten Provinzen in bescheidenem Umfang baut. Indess ist diese Widerstands - fähigkeit nicht so gross, um auch die Nachtfröste, wie sie selbst noch in Satsuma den Winter über gar nicht selten sind, auszuhalten. Da - her beschränkt sich dann die Cultur des Zuckerrohrs in Japan auf die Sommermonate, indem man es im 3. oder 4. Monat pflanzt und im 9., also nach nur sechsmonatlicher Vegetationsdauer, erntet. Es kann während dieser Zeit nicht zur Blüthe kommen, noch so reichlich Zucker entwickeln, wie Rohre von höherem Alter in geeigneteren Kli - maten. Das zur Vermehrung bestimmte Rohr wird den Winter über in einem frostfreien trocknen Raume in Erde und Sand eingeschlagen und dann im Frühjahr in Stücke geschnitten und auf bekannte Weise als Ableger verpflanzt. Die Zuckergewinnung bietet nichts bemerkens - werthes. Sie reicht für den Bedarf nicht aus, so dass noch ansehn - liche Mengen Rohzucker (weiss, gelb, dunkelbraun) aus Südchina (Swatau, Amoi und Canton), vornehmlich aber aus Formosa eingeführt werden müssen. Eine Raffinierung findet nicht statt.
14) Su, Essig, wird vornehmlich aus Sake bereitet. Geschätzter ist derjenige aus Mume-Pflaumen und mehr noch solcher aus Orangen.
15) Kanten oder Tokoroten, franz. Colle du Japon, Gélatine Végetale, engl. Japanese Isinglass, ist ein Präparat aus verschiedenen Algen, das wir als Algengallerte bezeichnen können. Es kommt von Japan aus viel nach China und in der Neuzeit auch zu uns in den Handel. Man benutzt es statt Gelatine, Hausenblase und ver - wandter Stoffe sowohl im Haushalte, wie auch in den Gewerben, z. B. als Appreturmittel bei Geweben. Zur Darstellung werden die Kanten-sô oder Kanten-gusa (d. h. Kanten-Kräuter) (Gelidium corneum Lamour. und verschiedene andere Florideen), nachdem man
Theestrauch, Camellia theifera.
1293. Handelsgewächse.sie an der Luft getrocknet und bis zum Gebrauch trocken aufbewahrt hat, zuerst in frischem Wasser, worin sie bald zu einer gallertartigen Masse aufquellen, ausgesüsst und gereinigt. Hierauf kocht man sie in einem Kessel mit Wasser, wobei sie sich leicht und vollständig ver - theilen und lösen. Die klebrige Flüssigkeit wird nun durch einen hanf - leinenen Beutel in ein Gefäss gepresst, in welchem sie beim Erkalten zu Gallerte coaguliert. Diese Masse zerschneidet man sodann und trocknet die Stücke auf Bambusgeflecht oder Matten an der Luft völlig aus.
Diese Algengallerte, welche unter dem unpassenden englischen Namen Isinglass (Hausenblase) in den Handel kommt und bei uns ge - wöhnlich als Agar-Agar verkauft wird, erscheint in der Regel in Gestalt unregelmässig prismatischer Stäbe mit quadratischem Quer - schnitt von 3 cm Breite. Die Länge derselben beträgt 28 cm, das Ge - wicht nur 11 bis 11,5 Gramm. Es ist eine runzlige, leichtzerbrech - liche membranartige Masse, ohne Geschmack und Geruch, meist von gelbweisser Farbe und dann halbdurchsichtig, zumal an den scharfen Kanten, oder blutroth, und dann mehr blätterig-brüchig. In kaltem Wasser schwellen diese Stäbe beträchtlich zu schwammigen, viersei - tigen Prismen mit concaven Seiten an, ohne sich förmlich zu ver - theilen; werden sie aber damit nur kurze Zeit erhitzt, so lösen sie sich wieder völlig darin auf. Die Lösung coaguliert beim Erkalten von neuem gleich Leim, sogar noch in verdünntem Zustande.
Eine Analyse des Kanten*)In: Descriptive Catalogue, Intern. Health Exhib. London 1884. ergab 11,71 % Albumin (?), 62,05 % stickstofffreie Substanz (offenbar Schleim, das Pararabin Reichardt’s), 3,44 % Asche und 22,80 % Wasser.
Das eigentliche Agar-Agar der Malayen, welches bei Singapore und im ganzen Malayischen Archipel viel gesammelt und vornehmlich nach China gebracht wird, besteht aus getrockneten Florideen, welche dem Gelidium corneum Lamx. nahe verwandt sind, insbesondere den Arten Sphaerococcus spinosus Ag. und S. isiformis.
Die dem Monsungebiete Südostasiens angehörenden Bäume und Sträucher der Ternstroemiaceae weisen im Theestrauch und in der Ca - mellie zwei immergrüne Glieder auf, welche der Familie über die ganze civilisierte Welt Ansehen und Bedeutung verschafft haben. BeideRein, Japan. II. 9130I. Land - und Forstwirthschaft.werden in China und Japan seit vielen Jahrhunderten ihrer Blätter, beziehungsweise Blüthen wegen cultiviert; aber während der Anbau des Theestrauchs im wesentlichen noch immer auf diese Länder be - schränkt ist und ihren zweitwichtigsten Handelsartikel liefert, dessen Gewinnung mit dem riesig wachsenden Verbrauch anderwärts gleichen Schritt hält, verbreitete sich die Aufzucht der Camellie über fast alle christlichen Länder der Erde, freilich meist nur im Schutz der Ge - wächshäuser und durch die Kunst der Gärtner. Diese allgemeine Werthschätzung und Verbreitung der Camellie gehört übrigens ebenso vorwiegend unserem Jahrhundert an, wie die des Theegenusses. Be - friedigen nun auch die erwähnten Pflanzen ganz verschiedene Sinne und Geschmacksrichtungen, so kennt man in der Heimat beider doch auch einen gemeinsamen Nutzen. Es ist der, welchen man theils aus ihrem festen Holze, theils und vor allem aus ihren ölreichen Samen zieht.
Die Verwandtschaft, welche diese ökonomischen Seiten zwischen beiden Gewächsen erkennen lassen, ergibt sich in noch viel höherem Grade aus der näheren Betrachtung ihres ganzen Baues, zumal der Blüthen und Früchte, und ist in der That so gross, dass man in der Neuzeit vielfach den Theestrauch nur als eine besondere Art der Gattung Camellia ansieht (z. B. in Bentham & Hooker’s: Genera plan - tarum), also generelle Unterschiede nicht anerkennt.
Die Verbreitungsgeschichte der Theecultur weist gleich den Namen des Produkts in den verschiedenen Sprachen auf China als Ausgang hin. Im grössten Theil des chinesischen Reichs, namentlich auch in Peking und Canton, heissen die für den Handel zubereiteten Blätter und vornehmlich der daraus mittelst kochenden Wassers gewonnene Aufguss cha (tscha), und dies ist auch der Name dafür bei Japanern, Portugiesen und Russen (tschai). Die Benennungen: Thea, Thee, thé, té, te, tea u. A. scheinen auf die Provinz Fukien zurückzuführen, denn nach Williams (The Middle Kingdom) heisst der Strauch in Amoy tai und in Futschau ta. Ob nun aber China, das älteste Culturland des Theestrauchs, zugleich auch seine ursprüngliche Heimat und wel - cher Theil desselben dafür anzusehen ist, erscheint noch zweifelhaft. Im Jahre 1826 wurde die Theepflanze bekanntlich in den Dschungel - wäldern der Landschaft Assam in anscheinend wild wachsendem Zu - stande gefunden, aber das Vorkommen erst acht Jahre später näher bekannt. Thea assamica Masters bildet hier gerade so, wie die Ca - mellie im südlichen Japan wirkliche Bäume von 7 — 9 Meter Höhe mit hellaschfarbener Rinde und grossen elliptischen Blättern, durch letztere weit abweichend von den strauchförmigen und kleinblätterigen Formen des chinesischen Culturgebietes.
1313. Handelsgewächse.Nach persönlichen Mittheilungen von Dr. Brandis war das Assam - thal noch im vorigen Jahrhundert dicht bevölkert und vortrefflich bebaut. Diese Cultur wurde jedoch durch die Einfälle der Birmaner zum grossen Theil vernichtet. Die Wälder nun, welche seitdem über alten Culturstätten herangewachsen sind, enthalten den Theebaum, und so ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass derselbe trotz mancher Eigen - thümlichkeiten hier nur verwilderte und im wirklichen Naturzustande die Theepflanze möglicherweise in den noch unerforschten Urwäldern der benachbarten indo-chinesischen Grenzgebiete sich findet.
Nach neueren Ansichten gehört nun aber der Theebaum vom Assamthale gleich den verschiedenen, in ihrer Entwickelung gehemmten Formen des in China und Japan cultivierten Strauches derselben Art an, die man als Camellia theïfera Griffth. oder Thea chinensis Sims. bezeichnet. Hiernach gelten als Varietäten mit mancherlei Ueber - gängen α Thea viridis L. β Thea Bohea L. γ Thea assamica Masters.
Die allgemeinen Charaktere (Siehe Taf. I) sind folgende: Strauch oder Baum bis 9 m Höhe, mit hartem, lichtem Holze und starker Ver - ästelung. Rinde glatt, hellaschfarben, an die der Buche erinnernd, bei jungen Zweigen bräunlich. Krone dicht. Blätter abwechselnd, kurzge - stielt, elliptisch bis länglich lanzettförmig, am Rande scharf gesägt, aus - dauernd, glänzend dunkelgrün, doch viel weniger dick und lederartig steif wie bei Camellia japonica, in der Jugend mit weissem Flaum oder seidenen Härchen bedeckt, die bei weiterer Entwickelung abfallen. Blüthen nach dem Linné’schen System der 13. Cl. 1. Ordn. angehörend, fast geruchlos, regelmässig, einzeln oder zu 2 — 3 aus den Blattwinkeln, kurzgestielt. Kelch 5 — 6-blätterig, Krone regelmässig radförmig mit 1 — 1½ cm Durchmesser, weiss bis rosafarbig mit 6 Blumenblättern, von denen die 2 äussersten etwas kleiner als die 4 andern sind. Staub - gefässe zahlreich, radförmig ausgebreitet, Griffel dreispaltig, Frucht - knoten mit drei Embryonen. Frucht eine runde, dreifächerige, drei - samige Kapsel, aussehend, wie aus drei theilweise in einander ge - schobenen Kugeln bestehend, seitlich aufspringend. Die von harter Schale eingeschlossenen ölreichen Samen sind kugelrund, von der Grösse der Kirschkerne und der Färbung der Haselnüsse (a). Blüthe - zeit und Fruchtreife fallen September bis December, so dass die Samen fast ein ganzes Jahr zur Entwickelung bedürfen und in den kälteren Theedistrikten Japans, Chinas und der Himalaya-Landschaften in der Regel Nachtfröste die späteren Blüthen zerstören.
Von den Abarten bildet Thea viridis L. einen grossen rasch wach - senden Strauch, der weniger empfindlich ist, als Th. Bohea L. Seine Blätter sind lanzettlich und erreichen oft 8 — 12 cm Länge bei ⅓ der9*132I. Land - und Forstwirthschaft.Breite. Am Rande sind sie grob und unregelmässig gezahnt, oft etwas wellig, dünn und im Treibhause lichtgrün. Die grossen Blüthen er - scheinen meist einzeln.
Thea Bohea bleibt viel kleiner (doch gibt es in den Gewächs - häusern botanischer Gärten auch von ihm sehr grosse Exemplare; so hatte z. B. dasjenige zu St. Petersburg bis vor wenigen Jahren sowohl von Thea viridis, als auch von Th. Bohea Bäume aufzuweisen, welche etwa 60 Jahre, und bei 12 — 15 cm Stammdurchmesser eine Höhe von 5 m erreicht hatten) und ist empfindlicher gegen die Kälte. Die Aeste und Zweige sind gleich den Blättern steif, letztere überdies länglich - elliptisch, kaum halb so lang wie bei Th. viridis, meist 3 — 5 cm lang und halb so breit, glatt und regelmässig gesägt. Die Sträucher blühen reichlich und häufig mit 2 — 3 Blüthen in einem Blattwinkel.
Thea assamica Masters bildet cultiviert ein schönes Bäumchen von 1 ½ m Höhe. Die Blätter sind gegenüber den chinesischen Sorten sehr gross, elliptisch zugespitzt, 10 — 15 cm lang und halb so breit, glatt und stark genervt. Ein Hybride zwischen der Assampflanze und dem chinesischen Theestrauch, welcher jetzt mit Vorliebe in Indien gepflanzt wird, verbindet den reichen Blattertrag und die Stärke des Aufgusses der indischen Stammform mit der Compactheit, Abhärtung und dem angenehmen Aroma der chinesischen.
Nach Fortune wird Bohea vorzugsweise im Süden Chinas, in der Provinz Kuang-tung gezogen und zur Darstellung des schwarzen Thees benutzt, während Th. viridis den grünen Thee des Gebietes südlich des Jang-tse-kiang liefert, der vornehmlich über Schanghai und Ningpo verschifft wird. Zu seiner Ueberraschung fand er jedoch, dass auf den sogenannten Bohea Hills der theereichen Provinz Fukien, welche fast nur schwarzen Thee liefert, überall Th. viridis angebaut ist, und überzeugte sich bald, dass die verschiedene Farbe des Han - delsprodukts nur das Resultat der verschiedenartigen Zubereitung der Theeblätter ist, die letzteren also je nach der Behandlungsweise den grünen oder den schwarzen Thee des Handels liefern. In Japan, das fast nur grünen Thee erzeugt, kommt derselbe von mehreren Varie - täten niedrig gehaltener Boheabüsche. Die Form Th. viridis habe ich kaum irgend wo getroffen. Obgleich nun Fortune vornehmlich durch seine Reiseberichte aus China den weit verbreiteten Irrthum ver - scheuchte, als ob grüner und schwarzer Thee die Produkte ganz ver - schiedener Pflanzen, von Thea viridis und Th. Bohea beziehungsweise seien, so war er doch keineswegs der erste Schriftsteller, welcher das Verhältniss richtig stellte. Dies hat vielmehr schon Lettsom über ein1333. Handelsgewächse.halbes Jahrhundert zuvor gethan, indem er mit klaren Worten pag. 7 seines schönen Werkes über den Theestrauch*)Lettsom: The Natural History of the Tea-Tree. London 1799., wie folgt sich äussert:
» Es gibt nur eine Species dieser Pflanze, indem der Unterschied zwischen grünem und Bohea-Thee von der Natur des Bodens, der Cultur und Art, die Blätter zu trocknen, abhängt. Man hat sogar be - obachtet, dass ein grüner Theebaum, in den Bohea-Distrikt verpflanzt, Bohea-Thee liefern wird, und so das Gegentheil. «
Die hervorragendsten Theedistrikte Indiens, Chinas und Japans fangen am nördlichen Wendekreis (bei Japan unter 33° N.) an und erstrecken sich bis zum 35. Parallel. In Japan ist der 40. Breitengrad, in China der 36. die äusserste Nordgrenze der Theepflanzungen. In Java hat man die Theegärten in der unteren Gebirgszone 1000 — 1200 m über der See angelegt, in Indien befinden sich dieselben im allgemeinen in 800 — 1200 m Meereshöhe; in Assam und Chittagong je - doch nur 60 — 80 m hoch. An den unteren Temperaturgrenzen der Theecultur, sowohl im Himalaya, als auch im nördlichen China und Japan sind die Sträucher im Winter häufig Nachtfrösten ausgesetzt, welche bis zu — 9° C. steigen können, ohne dieselben zu tödten. Neben den Varietäten des Strauches haben natürlich Clima, Boden und Zubereitungsweise auf die Qualität des Thees den grössten Einfluss. Was den Boden anlangt, so gilt ein sandiger humusreicher Lehm an den unteren Gehängen der Hügel für den besten Untergrund einer Theepflanzung. Auf einem solchen sanftgeneigten Boden fliesst das atmosphärische Wasser leicht ab, ohne die Ackerkrume mit fortzu - reissen. Theegärten, welche steile Bergabhänge hinaufziehen, gibt es nicht und Terrassencultur für solche Anlagen nur ausnahmsweise. Da - gegen kommen in Japan Theepflanzungen auch in der Ebene vor, z. B. in dem berühmten Theedistrikte von Uji am Yodogawa zwischen Ôzaka und dem Biwa-See. In solchem Falle muss aber der Boden wohl - drainiert sein und das Grundwasser den Wurzeln fernbleiben. In Indien und Java hat sich Waldland mit fruchtbarem Humusboden auf einer Unterlage von sandigem Lehm, in welchen die Pfahlwurzeln leicht eindringen, Halt und Feuchtigkeit finden können, für den Anbau des Theestrauchs besonders günstig erwiesen. In China und Japan, wo solcher jungfräulicher Waldboden fast nirgends zu haben ist, sind um so mehr sorgfältige, tiefe Umarbeitung des Bodens, Reinhaltung und zweckmässige Düngung Grundbedingungen bei der Anlage und Unter - haltung eines Theegartens.
Die Aussaat der Theesamen folgt entweder noch im Herbst un - mittelbar nach der Reife, oder erst im nächsten Frühjahr. In diesem134I. Land - und Forstwirthschaft.Fall erhält man ihre leicht schwindende Keimkraft am besten da - durch, dass man sie an einem kühlen Orte in einem Gemisch von Sand und Erde aufbewahrt, ähnlich wie dies bei uns wohl mit Kirsch - kernen und andern Samen von Steinobst geschieht. Die Pflanzung im Theegarten erfolgt theils direkt, theils geht ihr eine Anzucht in der Baumschule voraus, wie man dies in Japan oft beobachten kann, wo die Baumschule auch als willkommene Reserve dient, um in der Pflanzung eingegangene Büsche oder einzelne Individuen durch andere zu ersetzen.
Bei direkter Aussaat werden auf dem zum Theegarten bestimmten, wohl vorbereiteten und insbesondere gedüngten und tiefdurcharbeiteten Boden Reihen von 1 — 1,5 Meter Abstand gezogen und in denselben in gleichen Entfernungen Kreise mit 30 — 50 cm Durchmesser. Jeder derselben erhält 20 — 30 Samen so vertheilt, dass aus den Pflanzen mit Hülfe zweckmässiger Beschneidung nach einigen Jahren ein schöner, geschlossener Busch von fast halbkugeliger Oberfläche und 40 — 120 cm Höhe wird. Mit etwa 5 cm Erde bedeckt, keimen die im Frühjahr gelegten Samen nach etwa 50 Tagen. Die jungen Pflänzchen erreichen im ersten Sommer nur 6 — 10 cm Länge, im zweiten zeigen sie die ersten Seitentriebe und werden etwa 25 cm hoch, im 3. Jahre erreichen sie gegen 50 cm. Die in der Baumschule erzielten Sämlinge werden nun verpflanzt, wenn dies nicht bereits im Frühjahr nach der zweiten Vegetationsperiode geschah. Hierbei pflegt man im Theegarten ähnlich, wie schon angegeben, zu verfahren, ver - eint aber in der Regel nur 10 — 12 Pflanzen zu einem Busch und hält die bei unsern Reihenpflanzungen unter der Bezeichnung » ins Klee - blatt « bekannte Abwechselung inne, damit die einzelnen Büsche be - nachbarter Reihen den grösstmöglichen Abstand erhalten.
Die Entfernungen der Reihen unter einander und der einzelnen Büsche in den Reihen, welche keineswegs in allen Pflanzungen die nämlichen sind, pflegt man durch die auf Fussmaass sich beziehen - den Zahlenverhältnisse 3: 3; 3 ½: 3; 4: 3; 4: 4; 5: 4; 5: 5 auszu - drücken. Man hat gefunden, dass bei enger Pflanzung der Ertrag wohl am grössten und in Folge des Anschlusses der Büsche an ein - ander der Boden am meisten vor Unkraut bewahrt wird, dagegen bietet dann die Lockerung und Düngung desselben manche Schwierigkeiten, auch wird das Einsammeln der Blätter erschwert. Eine Pflanzung im Verhältniss 4: 4 oder 4 ½: 4 entspricht dagegen, zumal da wo die Büsche, wie in Japan, niedrig gehalten werden, allen Anforderungen. Sie haben nach allen Seiten freien Spielraum, auch für ihre Wurzeln, was eben so wichtig ist, als Luft und Licht für das oberirdische Gedeihen.
Wo die Reihen in grösseren Abständen angelegt werden, pflegt1353. Handelsgewächse.man in China und Japan Zwischenculturen von Hülsenfrüchten, Ge - müsen, Tabak oder auch Maulbeerbüschen. Auf dem Wege von Nara nach Fushimi in Japan sah ich Reihen von Theesträuchern in etwa 4 — 5 Meter Abstand abwechseln mit Reihen von Obstbäumen (Diospyros Kaki). Die Pflanzung erinnerte mich aus einiger Entfernung an solche meiner deutschen Heimat, wo Reihen Beerensträucher mit Kirschbäumen abwechseln. Solche gemischte Anlagen sind jedoch Ausnahmen; in der Regel dient der meist freiliegende Theegarten keinem Nebenzweck.
In Japan, besonders auf Kiushiu, findet man die Theesträucher nicht selten vereinzelt an den Rändern der Terrassen, Felder und Wege, zuweilen auch in Hecken vereinigt. Es liefern solche An - lagen aber nur untergeordnete Waare und sind nichts weniger als Regel und mustergültige Culturen zu betrachten.
Offenbar hatte E. Kaempfer, der die Landestheile mit ausge - dehnterer, sorgfältigerer Theecultur nicht kennen lernte, solche Ver - hältnisse auf Kiushiu im Auge, als er schrieb, dass man dem Tsja (Tscha) no ki oder Theebaum keinen andern Platz vergönne, als die Ränder der Aecker und andere zur Benutzung unbequeme Oerter*)E. Kaempfer: Geschichte und Beschreibung von Japan pag. 131, und E. Kaempfer: Amoen. exot. pag. 612.. In gleicher Weise und auf dieselbe Art irre geleitet, bemerkt Maron: » Die Theestaude wird überhaupt wenig und dann nur in Hecken und Umgrenzungen des Gartens gezogen und ich glaube kaum, dass ihre Cultur irgendwo in das Feld verlegt ist «**)Salviati: Annalen der Landwirthschaft 1862 pag. 71..
In China sind die Theegärten meist kleine Flecken Landes, wie sie der Kleinbauer mit seiner eigenen Familie bearbeiten kann; doch erwähnt Fortune auch solcher, welche 4 — 5 acres umfassen. In Japan begegnet man solchen grösseren Pflanzungen gar nicht selten. Oft schliessen sich viele an einander an, wie bei uns die Weinberge ver - schiedener Besitzer. Ueber sanft gewelltes, schwach ansteigendes Land, oft zur Seite des gelbgrünen Reisfeldes ausgebreitet, gewähren diese Theegärten mit ihrer dunkelgrünen Belaubung im Sommer einen überaus angenehmen Anblick, zumal, wenn das Bild noch weiter be - lebt wird durch bunt und sauber gekleidete Frauen und Kinder, welche emsig der Blattlese obliegen.
Das zweckmässige Beschneiden des Theestrauchs ist eine der wichtigsten und am meisten Geschick und Verständniss erfordernden Arbeiten in der Bewirthschaftung eines Theegartens; denn es soll da - mit ja der Pflanzung nicht blos ein gefälliges Aussehen verliehen, son - dern vor allen Dingen der Ertrag und die Qualität der Ernte erhöht136I. Land - und Forstwirthschaft.werden. Gleich dem Pflanzen und Düngen muss es in der kälteren Jahreszeit vorgenommen werden, ganz so, wie bei unseren Holzge - wächsen, also zu einer Zeit, wo ein Stillstand in der Vegetation ein - getreten und die geringste Saftentwickelung vorhanden ist.
Die Theepflanzungen erhalten reichliche Düngung, oft viermal im Jahre, die stärkste jedoch im Frühjahr, wenn die neue Vegetations - epoche beginnt. Oelkuchen und Fischguano gelten als besonders wirk - sam und werden mit Vorliebe, namentlich bei jungen Pflanzen, ange - wandt; wo sie fehlen und in der älteren Pflanzung greift man zu menschlichen Fäcalstoffen. Da eine Jahresernte von 1600 Pfd. Thee - blättern per Hectare dem Boden u. A. 100 kg Stickstoff und 24 kg Potasche entzieht, so muss ein zweckmässiger Dünger vor allen Dingen diesen Verlust ersetzen. Aus diesem Grunde empfehlen sich auch Holzasche und Meeresalgen, wo solche zu haben sind.
Je nachdem man einen Theegarten aus Samen, oder durch Ver - pflanzen von Sämlingen erzielte, beginnt man mit dem dritten oder vierten Altersjahr der Pflanzen die Blatternte. Dieselbe steigert sich bei sorgfältiger Behandlung und normaler Witterung bis zum 10. oder 12. Jahr, worauf eine allmähliche Abnahme folgt, so dass nach etwa 15 — 18 Jahren eine neue Anlage nöthig wird. Oft ist eine Pflanzung jedoch schon nach 10 — 12 Jahren abständig und der Boden erschöpft; anderseits findet man solche, welche mindestens 24 — 30 Jahre alt und noch ertragsfähig sind, wie z. B. in dem berühmtesten japa - nischen Theedistrikte von Uji, dessen schon Kaempfer gedenkt. » Udsi tsjaa nominavi; de qua ne quid in historia omittatur, pauca addimus, Udsi oppidulum est ad limites maris situm (ist 5 Meilen nordwärts vom Meer bei Ôzaka), non procul a metropoli et Pontificali see Miaco .... Ejus clima mira benignitate favet culturae fru - ticis. « Das Produkt dieses 2400 Ew. zählenden Städtchens verdankt jedoch seinen alten Ruf nicht sowohl einer besonderen Gunst des Klimas, als vielmehr der eigenartigen Behandlung und Pflege der Theebüsche zur Zeit der ersten Blattentwickelung, ein Umstand, den ich in Uji selbst kennen lernte und worauf meines Wissens noch Niemand aufmerksam gemacht hat.
Es sind eigentlich zwei Orte zu beiden Seiten des Yodogawa ¾ Meilen oberhalb der Stadt Fushimi. Der am rechten Ufer gehört Uji-gori, der zur Linken Fuse-gori an, beides Kreise der Provinz Ya - mashiro, deren alte Hauptstadt Kiôto (Miaco oder Miyako) etwas über eine g. Meile entfernt ist.
Der Fluss tritt hier aus seinem engen Gebirgsbett heraus und breitet sich in der nun beginnenden Ebene aus. An den niedrigen1373. Handelsgewächse.Hügeln dieser Uebergangszone und theilweise in der Ebene selbst ge - winnt man den geschätztesten Thee von Uji, von dem noch immer die auserlesene Waare Yen 10 = 40 Mk. das Kilo kostet und von der gewöhnlichen Sorte 2 — 3 Yen.
Etwa 30 Tage vor der ersten Ernte, welche Mitte Mai beginnt (die zweite fängt am Schluss der Regenzeit etwa 2 Monate später an) werden die Theegärten zu Uji überdacht. Das Dach ruht auf Pfählen und Stangen und besteht aus Matten von dicht aneinander gereihten Schilf - stengeln. Es befindet sich 1 ½ — 2 Meter über dem Boden — die Sträucher sind ½ — 1 Meter hoch, so dass die Arbeiter bequem dar - unter hergehen und die erste Blatternte besorgen können. Ist die - selbe vorüber, so wird es entfernt und bis zum nächsten Jahr in be - sonderen Häuschen oder Schuppen aufbewahrt. Die Ueberdachung, welche bereits vor 200 Jahren angewandt worden sein soll, hat zum Zweck, die Büsche vor dem nächtlichen kalten Thau zu schützen, der die jungen Blätter röthet und ihnen einen bitteren Geschmack ver - leiht. Offenbar wird durch dieselbe die Wärmeausstrahlung des Bo - dens und der Blätter und damit die nächtliche Abkühlung vermindert, während durch das gedämpfte Licht sich zugleich die Internodien der jungen Triebe verlängern und die Blätter zarter werden. Wie in China, so findet auch in Japan in der Regel eine zweimalige Blatt - lese statt, von denen die erste als Haupternte je nach der Lage und Entwickelung der Pflanzung Anfang oder Mitte Mai beginnt (im süd - lichen China noch eher) und 10 — 20 Tage dauert, die zweite aber erst den grossen Sommerregen, also etwa 4 — 6 Wochen später folgt. In China geht der Haupternte an manchen Orten im April noch eine an - dere von unentwickelten und noch mit weissem Flaum behafteten Blättern voraus. Sie liefert die theuersten Theesorten: den feinsten Pekoe, Pekoe tips, Pekoe Spitzen, fälschlich Pekoe Blüthen genannt, und Young Hyson und erfordert natürlich besondere Sorgfalt, um die Büsche nicht zu beschädigen und die Haupternte zu sehr zu beein - trächtigen. Für diese werden entwickelte, aber noch junge Blätter genommen, von denen Frauen und Kinder im Durchschnitt täglich etwa 15 Pfund pflücken, während man sonst und auch in Assam das dreifache Quantum als Tagesarbeit eines fleissigen Mannes erhält. Man rechnet 4 Pfund frische Blätter auf 1 Pfund fertigen Thee. Der Bauer, welcher sie gewann, verarbeitet sie entweder selbst oder ver - kauft sie an Mittelpersonen. Die zweite, beziehungsweise dritte Blatt - lese liefert nur ältere, rauhere Blätter für den einheimischen Gebrauch oder für die Darstellung von Backsteinthee. Es ist wichtig, dass die frischen Blätter thunlichst bald weiter verarbeitet werden, um daraus,138I. Land - und Forstwirthschaft.je nach dem Verfahren, den grünen oder schwarzen Thee des Han - dels zu gewinnen. Der Chinese nennt nach der Farbe des Aufgusses die eine Sorte Luh-cha, d. h. grüner Thee, die schwarze Hung-cha, d. h. rother Thee. Man hat nämlich gefunden, dass ein längeres Welken derselben wohl das Rollen und andere Manipulationen er - leichtert, aber die Farbe und den Geschmack des Extracts beeinträch - tigt; besonders gilt dies vom grünen Thee, dessen Güte wesentlich durch ein rasches, gewandtes Trocknen gefördert wird. Betrachten wir desshalb seine Zubereitung (curing) zunächst.
Japan stellt, wie schon früher angedeutet wurde, fast nur grünen Thee dar. Die verschiedenen Processe, welche das gepflückte Blatt hier, bis zu seiner Verschiffung nach dem amerikanischen oder euro - päischen Markt dabei durchmacht, zerfallen in solche am Erzeugungs - orte und solche beim Grosshändler vor der Verschiffung.
a. Das Dämpfen (Steaming) der Blätter. Eine Reihe ein - gemauerter eiserner Kessel (oder Pfannen) wird zur Hälfte mit Wasser gefüllt und dasselbe durch darunter angebrachte Holzkohlenfeuerungen in’s Kochen versetzt. Die Oeffnung eines jeden Kessels deckt ein mit den Rändern gut anschliessendes Sieb von etwa 45 cm Durchmesser, auf dessen Boden man mehrere Händevoll (etwa ½ Pfund) frische Thee - blätter ausbreitete, worauf ein Deckel das Sieb oben schliesst. Man lässt nun den Wasserdampf kurze Zeit, gewöhnlich etwa ½ Minute auf die Blätter einwirken, das ist so lange, bis der charakteristische Theegeruch sich entwickelt. Man nimmt alsdann die Siebe mit ihrem Inhalt von den Pfannen weg, schüttelt letzteren durcheinander und dann über Strohmatten oder Tische aus. Die feuchten Blätter haben natürlich ihre Steifheit verloren, sind weich und nach allen Rich - tungen leicht biegsam, und zeigen überall Spuren des aus ihnen her - vorgetretenen Oels. Durch Ausbreiten und Befächeln werden sie rasch abgekühlt und hierauf einer andern und besonders wichtigen Umarbeitung unterworfen, nämlich
b. dem Dörren (Firing). Ein Rahmen aus Holz oder Bambus - rohr von der Gestalt eines Backtrogs bei uns auf dem Lande, in der Regel 4 '(120 cm) lang und 2 ½' (75 cm) breit, ist mit Cement be - kleidet und dient als Ofen oder Herd, indem auf dem Boden des - selben, von Asche umgeben, ein gelindes Holzkohlenfeuer unterhalten wird. Ein zweiter Rahmen schliesst als vertiefter Deckel, wie der Einsatz in einem Koffer, nach oben diesen Behälter. Die Wände dieses leichten Einsatzes sind mit starkem Bastpapier überzogen, ebenso der Boden, welcher 40 — 50 cm über den glimmenden Kohlen darunter endet und desshalb nicht versengt wird, da die auf dasselbe ein -1393. Handelsgewächse.wirkende Wärme 50 — 60° C. nicht übersteigt. Grössere Producenten haben eine Anzahl (3 — 8) dieser Vorrichtungen in einem luftigen Raume, bei kleinen genügt oft eine einzige. Zur Bedienung einer jeden dient ein kräftiger, fast nackter Mann. Derselbe schüttet auf den Einsatz etwa 800 me (gegen 3 kg.) der nach a vorbereiteten Theeblätter, breitet sie über dem Papierboden aus und bewegt und bearbeitet sie nun mit den Händen beständig. Zunächst hebt er die weichen, feuchten Blätter empor und lässt sie wieder niederfallen, bis sie allmählich eine mehr dunkelgrüne Farbe angenommen haben. Er geht nun dazu über, zwischen den flachen Händen durch Reiben und Rollen Bälle daraus zu formen, sie wieder zu trennen, an den papiernen Seitenwänden seines Trogeinsatzes hin und her zu rollen, sie abermals in Kugeln zu vereinigen, die er mit starkem Druck auch an den Papierwänden hin und her rollt. So setzt er mit verschiedener Abwechselung die mühsame Arbeit mehrere Stunden lang emsig fort, bis die ganze Masse eine dunkel-olivengrüne Farbe angenommen hat und die einzelnen Blätter gekräuselt, gedreht und gerollt erscheinen. Sie heissen bei den englischen Theehändlern squills, Zapfen, und wer - den nun zum langsamen Trocknen auf ähnlichen erwärmten Papier - rahmen ausgebreitet, wo sie in einer von 45 — 30° C. abnehmenden Wärme längere Zeit (4 — 12 Stunden) verbleiben, bis sie ganz spröde geworden sind. Für den einheimischen Gebrauch ist der Thee nun fertig und bedarf nur noch des Sortierens und Verpackens. In Thon - oder Porzellangefässen mit gut schliessendem Deckel aufbewahrt, hält er sich mindestens ein Jahr lang.
c. Das Sortieren des Thees. Bei der Ernte wurden mit den nicht durchweg gleichen und gesunden Blättern auch nicht wenige der jungen Samenkapseln abgepflückt, welche auf ihren kurzen Stielchen den bekannten Kapern nicht unähnlich sehen. Beim Sortiren des Thees werden sie, wie die Stiele und schadhaften Blätter ausgeschie - den; ferner trennt man das entstandene Theepulver, sowie die kleinen Blättchen von den grösseren, denn es gilt eine gleichförmige, schön aussehende Waare zu erhalten. Zu diesem Zweck wird der trockne Thee zunächst mit einer leichten Handwanne aus Bambusrohr ge - schwenkt und das dabei sich oben aufsammelnde grobe Material, wie Blattstiele und Samenkapseln, weggenommen. Hierauf folgt das Durch - sieben (Sifting) des Thees. Das Sieb wird durch ein an der Decke befestigtes Seil in Brusthöhe schwebend erhalten, wodurch es mit Leichtigkeit in jeder Richtung, sowie auch kreisförmig bewegt werden kann. Hierbei sammelt sich das durchfallende, feinere Material in einem Haufen, während der zurückbleibende Thee aus mehr gleich -140I. Land - und Forstwirthschaft.förmigen gedrehten und gerollten Blättchen besteht. Endlich wird dieser zum Export kommende Thee auf einem Tisch ausgebreitet und hier von Mädchen noch sorgfältig durchlesen, wobei alle noch zurück - gebliebenen Verunreinigungen durch Fruchtkapseln, Stielreste etc. be - seitigt werden. Die Arbeiten sind nun beendet, die Waare wird in neue Holzkisten verpackt, deren jede ein halbes Picul (30 Kilo) fasst, und nach einem der Vertragshäfen zum Verkauf gesandt. Eingeborene Zwischenhändler vermitteln ihren Uebergang aus den Händen des Pro - ducenten in diejenigen des fremden Kaufmanns und Exporteurs.
Um den Thee seetüchtig und marktfähiger zu machen, unterwirft dieser denselben 1 — 2 Stunden lang einem nochmaligen Dörren und endlich dem Färben. Bezüglich des ersteren werden zweierlei Ver - fahren eingeschlagen, das Erhitzen in Pfannen (Pan firing) und in Körben (basket firing). In grossen luftigen Hallen (Tea Firing Go - downs) werden eiserne Pfannen von annähernd halbkugeliger Gestalt, jede gegen 40 — 50 cm weit und etwas mehr als halb so tief, reihen - weise in niedrige Backsteinmauern gesetzt, jede mit einer besonderen kleinen Holzkohlenfeuerung darunter. Manche Kaufleute haben gegen 500 solcher Pfannen in einem Raume und zur Bedienung derselben ebensoviele Personen, vornehmlich Frauen und Mädchen. Wenn der frische Thee vom Lande hereingebracht wird, geht es hier von früh Morgens bis zum Sonnenuntergang munter her und wird das Scherzen und näselnde Singen schon von weitem wahrgenommen. Auf ein ge - gebenes Zeichen des dirigirenden Chinesen erhält jede vorgewärmte Pfanne den Inhalt des bereitstehenden Körbchens, etwa 5 Pfd. Thee, welche darin zwischen den flachen Händen zum letzten Mal emsig be - arbeitet und in beständiger Bewegung erhalten werden, bis der Diri - gent die Waare für vollkommen trocken hält. Das Färben, soweit es noch geübt wird, schliesst sich nun an (Näheres darüber weiter unten), worauf der zur Verschiffung bereite Thee in den Packraum kommt, wo er noch warm in sogenannte Halbkisten (half-chests), die im In - nern mit Bleifolie ausgelegt sind, zu je 40 englischen Pfund verpackt wird, in denen er zu den Händlern in den Vereinigten Staaten und der Dominion of Canada, als den fast ausschliesslichen Abnehmern, gelangt.
Zum Trocknen des Thees in Körben (Basket firing) bedient man sich geflochtener, beiderseits offener Körbe von Gestalt der Würfel - becher, welche aus gespaltenem Bambusrohr dargestellt werden. Der Korb wird mit dem einen Ende über eine Pfanne gestülpt, in welcher Kohlen von Asche umgeben glimmen. Auf der andern Seite wird ein dichtmaschiges Bambusgeflecht in Gestalt eines runden flachen Korbes eingefügt und darauf der zu erhitzende Thee gestreut etc. Dieses Ver -1413. Handelsgewächse.fahren findet dem andern gegenüber nur beschränkte Anwendung. Sicher wird durch diese Theetrockenanstalten des Exporteurs und die darin vor - genommenen Arbeiten der Kostenpreis des zum Verschiffen kommenden Thees bedeutend erhöht; doch hat man bislang kein Verfahren kennen gelernt, welches billiger und zweckmässiger an die Stelle treten könnte.
Als Prima-Theesorte Japans gibt schon Kaempfer den Sen-cha oder Hiki-cha oder Pulverthee an, der aus den zartesten Blättchen älterer und besonders sorgfältig gepflegter Sträucher auf die Art, wie der grüne Thee bereitet, sorgfältig aufbewahrt und vor dem Gebrauch auf einer Handmühle gemahlen wird. Es ist die theuerste Sorte, die nicht ausgeführt und in der Regel nur bei feierlichen Anlässen, z. B. den Cha-no-yu oder Theegesellschaften, serviert wird.
Dem Hiki-cha im Preise am nächsten kommt der Giyokurô oder Perlthee, von dem ebenfalls wenig exportiert wird.
Die Hauptmasse des jap. Thees, welche zur Ausfuhr kommt, heisst in der besseren Sorte Sen-cha und in der geringeren Ban - cha; letzterer ist vornehmlich das Produkt der zweiten Ernte. Von jeder dieser beiden Sorten werden jetzt etwa 15 Mill. japan. Pfund gewonnen, oder 9 Mill. Kilogramm. Nach der Beschreibung von For - tune, Williams und Andern weicht die Darstellung des grünen Thees in China von der japanischen Methode in mehreren Stücken ab. Die frischen Blätter werden hiernach nicht gedämpft, sondern unter stetem Umdrehen 4 — 5 Minuten lang in flachen Eisenpfannen über Kohlenfeuer erhitzt. Das dabei austretende Oel und Wasser machen sie weich und biegsam. Sie werden in diesem Zustande auf sogenannten Roll - tischen ausgebreitet. Jeder Arbeiter ergreift so viele, als er bequem fassen und verarbeiten kann. Er formt durch Druck und Rollen dar - aus eine Kugel, die er um - und durcharbeitet, etwa wie ein Bäcker seinen Teig. Oft geht dabei die Kugel aus den Händen des ersten Arbeiters in die eines zweiten und dritten über, der sie wieder öffnet, umformt, presst und rollt, bis sie zum Leiter der Arbeiten ge - langt, der sie prüft und entscheidet, ob die Blätter genügend gerollt sind. Obwohl diese Arbeiten nur kurze Zeit dauern, greifen sie, vornehmlich in Folge der Wärme der Theeblätter und des aus ihnen hervortretenden Saftes die Hände, auch der geübteren Arbeiter, stark an. Sie vermindern das Volumen der Blätter ansehnlich, auf etwa ¼ des ursprünglichen, und verändern noch mehr die Gestalt und Farbe der Blätter. Dieselben werden hierauf auf Sieben aus Bam - busstäbchen dünn ausgebreitet und langsam an der Luft getrocknet, wozu bei bedecktem Himmel mehrere Tage erforderlich sind. Ein zweites Erhitzen und Bearbeiten der lufttrocknen Blätter in den142I. Land - und Forstwirthschaft.Pfannen schliesst sich nun an und dauert etwa eine Stunde. Die Blätter werden dabei beständig umgeworfen, erst mit den Händen und bei zunehmender Hitze mit einer aus Bambusrohr verfertigten Bürste. Beim Hinabgleiten auf der heissen, geneigten Hinterwand der Pfanne trocknen und rollen sich die Blätter vollends zusammen. Der Thee ist nun für den einheimischen Gebrauch fertig und bedarf nur noch der Sortierung. Für den fremden Markt wird er weiter behandelt, wie oben beim japanischen Thee angegeben wurde.
China exportiert den meisten grünen Thee von den nördlichen Theehäfen Ningpo und Schanghai. Derselbe kommt vornehmlich aus den Provinzen direkt südlich vom Yang-tse-kiang und westlich von Ningpo, aus der Hügelregion der Provinzen Tschekiang, Ngan-hui, Kiangsi und Hunan. Man unterscheidet gewöhnlich nach englischen Bezeichnun - gen Imperial, Gunpowder, Young Hyson, Hyson und Twan - kay. Die beiden ersten Sorten führen auch den Namen Perlthee. Sie sind von jungen unentwickelten Blättern bereitet und besonders kugelförmig gerollt, wie der entsprechende Caper, der den schwarzen Theesorten zuzählt. Die Darstellung des Caper in Canton ist nach Fortune folgende: » Eine Partie (20 — 30 Pfd.) des vom Lande einge - brachten, unvollständig zubereiteten Thees wurde in eine geheizte Trockenpfanne geworfen, dann mit einem Eimer voll Wasser bespritzt und rasch umgewendet. Die Blätter sogen natürlich das Wasser rasch auf und wurden dadurch weich und biegsam. Nun kamen sie in einen starken Canevassack, der zu einem Ball fest zusammengedreht wurde. Man warf ihn auf eine Matte unter eine horizontal darüber hinführende Stange. Ein Arbeiter trat barfuss darauf, und — indem er sich mit den Händen an der Stange festhielt, bearbeitete und drehte er den Ball mit seinen Fersen, Zehen und Fusssohlen beständig. Um dem sich verringernden Volumen entsprechend die Kugelform wieder her - zustellen, sprang der Mann zuweilen ab und drehte den Sack fester zu. So entstand zuletzt eine viel kleinere, harte und sich nicht mehr verändernde Kugel. Diese wurde mit ihrem Inhalt auf Seite geworfen und mehrere Stunden liegen lassen. Beim Oeffnen waren die heraus - genommenen Blätter meist kugelförmig zusammengerollt. Rasches Trocknen in geheizten Pfannen und Sieben besorgte das übrige (siehe Darstellung auf Titelblatt zu Fortune: A. Residence etc.).
Twankay ist der ordinäre grüne Thee, welcher nach Europa kommt, Hyson der bessere. Das Wort soll von Hi-chun, blühender Frühling, abgeleitet sein.
Die Darstellung des schwarzen Thees oder Hung-cha (d. h. rother Thee), wie die Chinesen ihn nennen, unterscheidet sich von1433. Handelsgewächse.derjenigen des grünen vornehmlich dadurch, dass die frisch geernteten Blätter zur Entfaltung des Aromas und der Farbe eine Art Gährung (Fermentation) durchmachen, bevor sie in die heissen Darrpfannen kommen. Da von diesem Fermentationsprocess in hohem Grade Cha - rakter und Güte des schwarzen Thees abhängen, ist die zweckmässige Leitung desselben von grösster Wichtigkeit. Gewöhnlich geschieht dies so, dass man die frischen Blätter über Nacht oder doch Stunden lang auf Bambusrahmen liegen lässt. Sie werden dann emporgeworfen und gelinde geschlagen, bis sie weich und biegsam sind. Hierauf kommen diese welken Blätter mehrere Stunden lang auf einen Haufen, wo sie warm, feucht und dunkel werden. Sie sind in dieser Beziehung vergleichbar mit den zum Trocknen für’s Herbar bestimmten Pflanzen, welche der Botaniker längere Zeit in feuchtem Papier liegen lässt und die dadurch statt grün, nach dem gewöhnlichen Verfahren, schwarz werden. Ein längeres Verbleiben an der Luft in feuchtem Zustande (nach Fortune oft 2 — 3 Tage) und stärkeres Erhitzen nachher in den Pfannen bewirkt die Entwickelung des eigenthümlichen Aromas und der schwarzen (richtiger dunklen) Farbe, sowie die rothbraune Fär - bung der Infusion des trocknen Thees mit kochendem Wasser. Was die übrigen Arbeiten in den Röstpfannen und sonst anlangt, so unter - scheiden sich dieselben bei der Darstellung des schwarzen Thees nicht von den bereits beim grünen erörterten.
Pecco, Souchong und Congo sind die der Güte nach geordneten, bemerkenswerthesten schwarzen Theesorten China’s, denen sich noch Caper und Oolong anreihen. Im Allgemeinen ist es wohl richtig, wenn behauptet wird, dass, von der Spitze der jungen Triebe aus gerechnet, Pecco aus der Endknospe und dem ersten (jüngsten) Blatt bereitet wird, Souchong aus den beiden folgenden und Congo aus dem vierten, fünften und sechsten, also den älteren Blättern. Caper ist, wie schon früher bemerkt wurde, ein feiner schwarzer Thee, dessen Blätter durch besondere Behandlung wie die des grünen Perlthees stark kugelförmig gerollt wurden. Der Oolong wird in der Provinz Fukien bereitet und vorwiegend in Indien und Australien verbraucht. Es ist eine schwarze Theesorte mit dem Geschmack des grünen. Der Congo d. h. » wohl - gearbeitet « wird nach einem Distrikt in Fukien auch Bohea genannt. Er bildet die grosse Masse des billigeren schwarzen Thees und wurde in seiner geringsten Sorte in London schon zu 3 Pence das Pfund ver - kauft. Der gebräuchliche bessere, schwarze Thee ist Souchong (d. h. kleine, seltene Sorte), wozu auch der Caravanenthee grösstentheils gehört. Der Pecco (Pek-ho, d. h. weisser Flaum) ist der feinste und theuerste schwarze Thee. Für die unentwickelten Blättchen der144I. Land - und Forstwirthschaft.Knospen, welche noch mit weissem Flaum bedeckt sind, ist die eng - lische Benennung Pekoe tips (Pecco-Spitzen) bezeichnender, als der Ausdruck Pecco-Blüthen im deutschen Marktgebrauch, gegen den schon Kaempfer vergeblich eifert; denn da die Blüthezeit des Thee - strauchs in den Herbst, also lange nach der Ernte fällt, so können Theeblüthen bei keiner Theesorte vorkommen, am wenigsten bei dem zuerst gewonnenen Pecco.
Souchong und Congo haben eine schwärzere Farbe als Pecco und liefern einen dunkleren Aufguss. Es ist ferner eine erwiesene That - sache, dass das Aroma des Thees sich erst mit den Blättern entwickelt und erst nach der Zubereitung derselben zum Vorschein kommt. Ganz junge Blätter enthalten es nicht; daher kann der beste Pecco trotz seines hohen Preises unsern Geschmack nicht befriedigen und muss mit Souchong vermischt werden. Als Karawanenthee führte man bis - her nur die besseren schwarzen Theesorten, vornehmlich Souchong aus; der Landtransport durch kalte trockne Gebiete gestattete, dass die nochmalige starke Erhitzung in den Trockenanstalten der Hafenorte wegfiel, und bewahrte ihnen in höherem Grade ihr Aroma, so dass die vielgerühmten Vorzüge wohlbegründet waren. Seitdem man jedoch der Zubereitung und Verpackung für die Verschiffung mehr Sorgfalt wid - met und diese selbst einen viel rascheren Verlauf nimmt, fällt der Unterschied in der Güte grösstentheils weg, und es bleibt nur der hohe im Preise zum Nachtheil des Karawanenthees bestehen. Die Folge ist, dass in Russland die Einfuhr des billigen Thees zu Schiff immer mehr zunimmt, während in der des Karawanenthees über Sibirien schon lange eine Abnahme bemerkt wird. Ein Zuibik, d. h. die mit Bleifolie ausgelegte, äusserlich bemalte und mit chinesischen Zeichen versehene würfelförmige Theekiste enthält gewöhnlich 60 Pfund Karawanenthee.
Der schwarze Thee wird vornehmlich in den Provinzen Fukien, Kuang-tung, Hupeh, Hunan und Sz’chuan dargestellt, welch letztere Provinz auch viel grünen und Ziegelthee (für Tibet) liefert. Futscheufu und Canton sind die hervorragendsten Hafenplätze für schwarzen Thee, doch führen auch Schanghai und Ningpo neben grünem Thee beträcht - liche Mengen davon aus.
Die Vorliebe der Ostasiaten für grünen Thee wird nur von den Nordamerikanern und vornehmeren Marokkanern getheilt. Unter den Theetrinkern Europas bevorzugen weitaus die meisten den schwarzen, und auch der in Japan wohnende Fremde (selbst der Theeexporteur) bezieht solchen für seinen eigenen Bedarf aus China. Der Japaner ist sich wohl bewusst, dass er hinsichtlich seines Thees, dem zweitwich - tigsten Handelsartikel, vom amerikanischen Geschmack abhängt. Aus1453. Handelsgewächse.diesem Grunde mehrten sich während der letzten 15 Jahre seine Ver - suche, schwarzen Thee, insbesondere Congo (Kocha) und Oolong (Uriyo), darzustellen. Leider haben dieselben bislang kein befriedigendes Re - sultat geliefert. Der in Japan verfertigte schwarze Thee ermangelt des charakteristischen Aromas und der Stärke, gibt also ein uns nicht zusagendes Getränk. Das japanische Theeblatt verträgt aus noch nicht genügend ermittelten Gründen den Gährungsprocess nicht, wel - cher so wichtig ist für die Darstellung schwarzer chinesischer Thee - sorten. Es wird nach demselben leicht feucht und welk und ent - wickelt statt des geschätzten Aromas einen unangenehmen Geruch.
Wenn die Haupttheeernte in Japan vorbei ist, werden für den eigenen Gebrauch die älteren Blätter gesammelt und daraus je nach der Trockenmethode Präparate gemacht, die unter den Namen Hiboshi, Ka - mairi und Kuroguchi bekannt sind. Der Aufguss, den dieselben liefern, ist von dunkler Farbe, wie beim Congo, und hat einen uns nicht zu - sagenden Geschmack.
Noch muss hier zweier Verfahren gedacht werden, welche dazu dienen, eigenthümliche und dem Ostasiaten mit Recht unbegreifliche Geschmacksrichtungen unter den Abnehmern des Thees im Abendlande zu befriedigen, nämlich des Färbens und Parfümierens.
Das Färben (Colouring) wird nur bei grünem Thee angewandt. Es besteht darin, dass der Exporteur in Japan und China dem vor - nehmlich für den nordamerikanischen Markt bestimmten Thee in jeder Pfanne gegen das Ende der letzten Feuerung eine Messerspitze voll eines Pulvers beimengen lässt, einer Mischung von Berliner Blau mit chinesischem Speckstein oder Gips, wobei gewöhnlich auf vier Theile der blauen Farbe drei von einem der weissen Pulver (in Japan fast immer Gips) kommen. Dieser pulverförmige blaue Zusatz wird von dem feucht - heissen Thee leicht absorbiert; er vermehrt dessen Gewicht nur um etwa 1 ¼ % und schädigt beim Gebrauch die Gesundheit in keiner Weise, hat aber auch keinen vernünftigen Zweck, denn er dient lediglich, die natürliche, wenig ausgesprochene grüne Farbe etwas zu ändern und zu heben, wie es der bisherige Geschmack in Nordamerika verlangte.
Das Parfümieren (Scenting) des Thees wird nur in China und vornehmlich bei besseren schwarzen Sorten angewandt. Es ist gleich dem Färben, wie es scheint, in Abnahme begriffen. Zur Verwendung kommen die von ihren Stielen und Kelchen getrennten wohlriechenden Blüthen von Jasminum Sambac Ait., Jasm. paniculatum Lour., Citrus Begaradia Duham., Rosa centifolia L., Prunus Mume S. & Z., OleaRein, Japan. II. 10146I. Land - und Forstwirthschaft.fragrans Thunb., Aglaia odorata Lour., Gardenia florida L. und Daphne odora Thunb. Der im übrigen fertige Thee wird mit diesen Blüthen gemischt (z. B. 100 Pfund Thee mit 40 Pfund Orangenblüthen, oder Blüthen des Jasmins, mit 100 Pfund Blüthen der Aglaia odorata) und 24 Stunden lang in Berührung gelassen. Dann werden die beige - mengten Blüthen und Blüthentheile ausgesiebt, ausgeschwungen und ausgelesen. Der Thee hat von ihnen Feuchtigkeit und Aroma ange - nommen, von denen jene durch rasches Erwärmen wieder entfernt wird, der Wohlgeruch oder » die Blume « des Thees dagegen je nach Qualität und Stärke bei sorgfältiger Verpackung sich 1 — 6 Jahre lang erhält. Früher wurden parfümierte Theesorten nur in Canton bereitet; jetzt stellt man sie auch in nördlichen Theehäfen, wie Schanghai und Ningpo dar. Der Reisende, welcher im Vorsommer mit einem Küsten - fahrer von Süden her diesen Städten zusteuert, findet sich zuweilen in Gesellschaft von Hunderten von Töpfen mit blühenden Sträuchern mehrerer der genannten Arten, welche zu diesem Zweck von Canton, Macao und Hongkong nordwärts gesandt werden.
Als » Orange Pekoe «, » Scented Caper « etc. kommt dieser parfümierte Thee sorgfältig verpackt nach London, Rotterdam und anderen Häfen und wird hier mit Thee ohne solche Blume weiter vermischt. (Nähe - res siehe Fortune: A Residence among the Chinese, pag. 199 ff. Lon - don 1857.) Guter Thee muss jedoch sein eigenes Aroma haben. Die Zufügung eines fremden ist meines Erachtens durchaus verwerflich. Das ätherische Oel, welches der Thee durch das Parfümieren erhält, kann bei empfindlichen Nerven eben so gesundheitsschädlich wirken und Kopfweh erzeugen, wie in Wein - und Punschessenzen.
Die Eigenschaft des grünen oder braunrothen Extracts, welches durch Aufguss kochenden Wassers auf den Thee des Handels gewon - nen wird, den Körper zu erwärmen, zu erfrischen und neu zu beleben, wird schon seit vielen Jahrhunderten von den Völkern des chinesischen Culturkreises hochgeschätzt. Bei den Culturvölkern des Abendlandes hat der Thee seit 200 Jahren, erst sehr langsam, in diesem Jahrhun - dert aber um so rascher Eingang und Verbreitung gefunden und schon in vielen Haushaltungen seine Concurrenten: Kaffee und Cacao aus dem Felde geschlagen. In Ostasien wird ihm gar keine Concurrenz gemacht, dort herrscht er bei Hoch und Niedrig in gleicher Weise.
Der Japaner trinkt gleich dem Chinesen selten kaltes Wasser, Thee ist sein Lieblingsgetränk bei jeder Mahlzeit und sonst, grüner Thee aus kleinen Kannen in entsprechend kleinen Schalen, ohne jede Zuthat, und wenn er fehlt, so verschmäht er auch das blosse warme Wasser aus dem eisernen Kessel nicht, mit dem die Theekanne1473. Handelsgewächse.sonst stets nachgefüllt wird. Lässt der Reisende in Japan sich in einer Wirthschaft nieder, so wird ihm ohne Verzug ein Becken mit einigen glühenden Kohlen zum Anzünden seines Pfeifchens und Thee zur Erfrischung vorgesetzt. Er belohnt diese Aufmerksamkeit durch das Cha-dai (d. h. Theetisch) oder Trinkgeld, welches er auf den Präsentierteller legt. Tritt ein Kunde in ein grösseres Geschäft, so gehört es zum guten Ton des Hauses, dass ihm alsbald vor Beginn der Verhandlung ein Schälchen grünen Thees vorgesetzt wird.
Im armen Gebirgslande ist freilich die Qualität des unter dem Namen Cha (Tscha) vorgesetzten Getränkes nicht immer so einladend; ein Aufguss oder Dekokt aus den billigsten Abfällen der Theedistrikte, an Aussehen mehr Spülwasser gleich und ebenso wenig durch den Ge - schmack einladend, tritt oft an die Stelle.
Schwarzer und grüner Thee liefern, wie hervorgehoben wurde, für einen grossen Theil der Menschheit den wichtigsten und gesun - desten Stimulanten. Ausser dieser Hauptverwendung der Blätter des Theestrauchs ist hier jedoch noch einer andern, für einen weiteren Theil der menschlichen Gesellschaft nicht minder bedeutsamen zu ge - denken, derjenigen nämlich als wirkliches Nahrungsmittel, wie wir den sogenannten Ziegel - oder Backsteinthee ansehen müssen. Die Verfertigung desselben in Sz’chuan, Hupeh und benachbarten chine - sischen Provinzen erfolgt, nachdem die Ernte und sich anschliessende Arbeiten zur Darstellung des gewöhnlichen Thees vorüber sind. Die Abfälle, welche es hierbei gibt, sowie die älteren Blätter werden zu dem Zweck längere Zeit heissem Wasserdampf ausgesetzt und dadurch erweicht, darauf in Tafeln von der Gestalt dünner Backsteine, näm - lich 8 — 12 Zoll (20 bis 30 cm) lang und breit und 1 Zoll (2 ½ cm) dick gepresst, und zwar solange, bis sie trocken und hart sind. Mongolen und Tibetaner sind die Hauptconsumenten, denen sich verschiedene russische Volksstämme anschliessen. Beim Gebrauch wird ein Stück abgeschlagen, mit Milch oder Wasser gekocht, durch Zusätze von Butter, etwas Essig, Pfeffer und Salz gewürzt und als Suppe gegessen. Das Gericht soll nach dem Aussehen nicht gerade einladend, aber erfri - schend und nahrhaft sein, wie man sich denken kann, da ja neben den sonstigen Extractivstoffen des Thees auch das coagulierende Ei - weiss und die Zellsubstanz zur Verwerthung kommen.
Die Zeit, wann der Theebau in China seinen Anfang nahm, lässt sich nicht genau bestimmen. Nach W. Williams gehen die ältesten chinesischen Nachrichten über den Thee nur bis zum Jahre 350 n. Chr. 10*148I. Land - und Forstwirthschaft.zurück. Ein arabischer Kaufmann, Namens Soliman, der um’s Jahr 850 n. Chr. einen Bericht über seine Reisen in Ostasien veröffentlichte, bemerkt, dass Thee das gewöhnliche Getränk der Chinesen sei. Auffallend bleibt, dass Marco Polo desselben gar nicht erwähnt. Viel - leicht lässt sich dies so erklären, dass bis zum Ende des 13. Jahr - hunderts die Kenntniss und Anwendung desselben noch nicht von den Chinesen des Südens nach Norden bis zu den mongolisch-tatarischen Völkern, unter welchen der berühmte Venetianer lebte, vorgedrungen war. Sicher erhielt Europa die ersten Nachrichten über den Thee durch Jesuitenmissionäre in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, zur Zeit, als dieselben in China und Japan in grösserer Zahl erfolg - reich unter den Bewohnern lebten und wirkten. *)Siehe J. P. Maffeus: Rerum Indicarum libro II pag. 108 ff.Die ersten Proben des Artikels — sie stammten wahrscheinlich aus Japan — kamen je - doch erst viel später (1610 n. Chr.) nicht durch sie, wie man annehmen könnte, sondern durch die holländisch-ostindische Compagnie nach Europa. Die englische East India Compagny kaufte im Jahre 1664 von schwarzem Thee aus der Provinz Fukien 2 Pfund 2 Unzen, um damit König Karl II ein Geschenk zu machen; doch hielt sie es erst 14 Jahre (1678) später für angezeigt, den Thee als neuen Handels - artikel in ihre Liste aufzunehmen. Mit 4713 Pfund eröffnete sie in jenem Jahre seine Einfuhr nach England und behielt hier das Mono - pol des Handels bis zum Jahre 1834, wo die Einfuhr nach Grossbri - tannien und Irland auf 30 ½ Millionen Pfund gestiegen war.
Mit der Freigabe des Theehandels in England, der allmählichen Reduction der Transportkosten und des Eingangszolls, sowie dem Hin - zutreten neuer Producenten (Indien und Java) sanken die Preise des Thees mehr und mehr**)Längere Zeit hatte in London das Pfund ₤ 10 bis ₤ 5 gekostet und noch im Jahre 1780 wurde es zu ₤ 3 verkauft., und es wuchs damit zugleich der Verbrauch. Thee hörte auf blos Luxusartikel auf dem Tisch des Wohlhabenden zu sein. Millionen von Unbemittelten haben sich auch in Europa und in allen englisch redenden Ländern ausserhalb an seinen Genuss gewöhnt und gefunden, dass er ihnen das billigste und gesundeste warme Getränk liefert. Wie sich sein Verbrauch über die verschiedenen Länder ver - theilt, ergibt sich aus einer der nachfolgenden Uebersichtstabellen. —
Nach Junker von Langegg***)Japanische Theegeschichten. Wien 1884. C. Gerold. ist Thee seit mehr als tausend Jahren in Japan bekannt; doch erst seit dem 14. Jahrhundert allmählich National-Getränk geworden. Im 8. Jahrhundert unserer Zeitrechnung wurde der kaiserliche Hof (Shommu Tennô, Kwammu Tenô) zuerst1493. Handelsgewächse.mit ihm bekannt. Gegen das Ende der Regierung des letztgenannten Kaisers brachte der Priester Saitô (Denkio Daishi) Theesamen aus China und pflanzte sie bei Uji (805 n. Chr.). Nach einer andern An - gabe soll bereits vor diesem der Abt Yei-shu aus China Theesamen und die Kunst der Theebereitung nach seinem Kloster in Omi ge - bracht und dort gepflegt haben.
Im Zusammenhang hiermit steht die weitere Nachricht, dass Saga Tennô, der 52. Mikado, als er im Jahre 815 dieses Kloster besuchte, mit Thee bewirthet worden sei, und da das Getränk seinen Beifall gefunden, so habe er Befehl zur Anlage von Theegärten in den benachbarten Provinzen des Gokinai, sowie in Omi, Tamba und Harima gegeben.
Damals und noch Jahrhunderte später war jedoch Thee sehr theuer, ein Luxusgetränk, dessen sich nur der Adel und die Bonzen bedienten; auch scheint der Anbau des Theestrauchs allmählich wieder vernachlässigt worden zu sein, denn nur so hat ein weiterer Bericht Bedeutung, nach welchem der Bonze Yei-sei gegen das Jahr 1200 in der Provinz Chikuzen der Inseln Kiushiu die Theepflanze durch Samen aus China einführte, und überhaupt erst um diese Zeit unter dem Schutz des 83. Mikado (Tsuchi Tennô) die Theecultur in Japan dauernd Boden gewann. Miyo-ye (Meiki), der Abt des Klosters To - gano bei Kiôto erhielt von Yei-sei Theesamen nebst Anleitung zur Anzucht des Strauches und Behandlung der Blätter. Derselbe gilt als Begründer des Theebaus in Yamashiro und Yamato und insbe - sondere zu Uji, dem berühmten Theeorte, woselbst ihm in einer Kapelle noch jedes Jahr der erste Thee geopfert wird. Eine weitere Förderung des Theebaues um Uji brachte Shôgun Ashikaga Yoshi - mitsu nach seiner Abdankung um’s Jahr 1400. Wir haben bereits (pg. 137) Kaempfer’s Aeusserungen über den Thee von Uji zum Theil citiert und daraus ersehen, dass derselbe schon vor 200 Jahren in ganz Japan hohen Ruf hatte. An einer andern Stelle der Amoenitates exoticae hebt der Autor hervor, wie der beste Uji-Thee für den Hof reserviert werde und man ihm gesagt habe, dass davon die ihm vorge - setzte kleine Schale voll einen Bu (etwa 1 Mark) werth sei. Ich kaufte ein Pfd. Thee in Uji, dessen Herstellung ich verfolgt hatte, für 3 yen, hörte aber, dass der feinste mit 5 yen = 20 Mk. bezahlt werde.
Der Hof hatte in Uji seinen besonderen Beamten, welcher das Ceremoniel und die Vorschriften für die Anfertigung seines Thees, sowie den Transport aufs sorgfältigste überwachen musste.
So lange Portugiesen den Verkehr mit Japan in Händen hatten, wird des Thees kaum gedacht; aber auch in der langen Zeit des ausschliesslich holländischen Handelsverkehrs mit Japan spielt der150I. Land - und Forstwirthschaft.Artikel in der Ausfuhr Japans keine Rolle. Dieselbe begann erst durch die Eröffnung des Landes in Folge der Perry-Expedition. In welchem Maasse der japanische Theeexport seitdem gewachsen ist, zeigt die angefügte Uebersichtstabelle. Mit der zunehmenden Ausfuhr wuchs die Verbreitung des Anbaues, so dass ich auf meinen Reisen an hunderten von Stellen die Anlage neuer Theegärten constatieren konnte, wo nie früher Theebau betrieben worden war. In Tôkio selbst wurde, wie Jedem, der dort eine zeitlang wohnte, bekannt ist, sogar manches Stück von früheren Parkanlagen der Daimioresidenzen in einen Theegarten umgewandelt. Die japanische Regierung hat be - rechnet, dass so im Ganzen 4600 chô Land in der Neuzeit andern Culturen entzogen und dem Theebau gewidmet wurden.
Nach H. Gribble, dessen statistischen Angaben ich hier folge, be - sass Japan im Jahre 1881 42224 chô = 41874 ha Theepflanzungen. Hiernach dürften dieselben gegenwärtig mindestens 42000 ha um - fassen, oder ungefähr 2⅓ % alles cultivierten Landes. Thee wird in fast allen japanischen Provinzen südlich der Tsugaru-Strasse gewonnen, doch in sehr verschiedener Menge. Während sich der Anbau des Theestrauchs nördlich vom 37. Parallel, sowie in den hochgelegenen Provinzen des Landesinnern, wie Shinano und Hida auf nur wenige günstige Stellen beschränkt, bildet er in andern die Haupterwerbs - quelle. Sowohl nach der Menge, als auch der Güte des Produkts stehen die Provinzen des mittleren Hondo oben an. An das alte Cen - trum der Theecultur am Südende des Biwa-Sees, zwischen den Buchten von Idzumi, Owari und Wakasa, wozu die Provinzen Yamashiro, Ya - mato, Ise, Iga, Omi, Mino und Tamba zu zählen sind, haben sich später zwei mächtige Flügel angeschlossen, von denen der eine von Ise aus die Provinzen des Tôkaidô, namentlich Mikawa, Tôtômi, Su - ruga, Musashi, Shimosa und Hitachi umfasst, der andere über die - jenigen des Hokurokudô sich erstreckt, unter denen namentlich Kaga und Echigo in Betracht kommen. Gerade im Gebiete dieser beiden Landstrassenbezirke (des Tôkaidô und Hokurokudô) hat die Theecultur während der letzten 20 Jahre grosse Ausdehnung erfahren. Sie würde sich unzweifelhaft in den Provinzen am japanischen Meer, zu - mal in Echizen und Wakasa noch weit mehr entwickelt haben, wenn hier die Absatzverhältnisse günstiger wären und das Produkt vom Hafen Tsuruga aus direkt verschifft werden könnte.
Aus dem[Angeführten] ergibt sich, dass der Haupttheedistrikt Japans auf der Insel Hondo zwischen 34° und 36° n. Breite liegt. Thee, welcher weiter entfernt von diesen Grenzen gewonnen wird, ist von geringerer Güte und steht viel niedriger im Preise.
1513. Handelsgewächse.Dies gilt inbesondere von allem Thee, welchen Nagasáki ver - schifft, wie auch von dem, welchen man von Niigata nach Yokohama sendet. Dort dürften die Ursachen in der nachlässigen Behandlung des Theestrauchs zu suchen sein, hier in klimatischen Verhältnissen. Der von Niigata versandte Thee kommt aus den Distrikten von Murakami, Muramachi, Kurokawa, und Niidzu, also aus den nörd - lichsten Theilen der Provinz Echigo. Der Theestrauch wird dort sehr niedrig gehalten und mit Sorgfalt gepflegt, kann jedoch gegen die Einwirkungen eines langen Winters und gegen die Nachtfröste im April trotz der Stroh - und Schneedecke während des ersteren, nicht genügend geschützt werden. In Folge dessen wird das Blatt zäh und herb.
Die erwähnten Gebiete sind überhaupt die nördlichsten, in welchen der Theestrauch noch mit Vortheil und in grösserem Umfange ge - pflanzt wird. In Akita-ken unter dem 40. Parallel, wo ich die letzten Theegärten sah, vermag man sie nur durch besonderen Schutz im Winter zu erhalten. Nach meinen Beobachtungen endet mit dem wild - wachsenden Vorkommen der Camellie unter 38½° N. im nördlichen Echigo auch die erfolgreiche Theecultur.
Aus unserer Tabelle (A pg. 154) ist mancherlei zu entnehmen. Zu - nächst ergibt sich, dass bezüglich des der Theecultur dienenden Areals die Provinzen Suruga, Mino, Tôtômi, Ise, Musashi, Shimosa, Yamashiro, Omi, Hitachi und Yamato allen andern weit voranstehen und Suruga allein mehr als den 8. Theil aller japanischen Theegärten hat. In jenen 10 Provinzen nehmen dieselben 0,7 %, in Suruga aber 1,5 % des Areals ein. Unstreitig ist in Suruga der ausgedehnte Theebau zum Theil durch den vorzüglichen Schutz bedingt, welchen ihm der Fuji-san und andere hohe Berge gegen die rauhen nördlichen Winde gewähren.
Jenes der Theecultur 1881 gewidmete Areal von 42224 chô oder 41874 Ha lieferte an:
oder 21040724 Kilogr. — Dies macht 480 Kilo per Ha.
152I. Land - und Forstwirthschaft.Im Allgemeinen liefern 4 Pfund frische Theeblätter 1 Pfund fer - tige Handelswaare; es würde also die Blatternte eines ha Theegartens von Japan auf 1920 kg. zu veranschlagen sein.
Der indische Theebau hat sich seit dem Jahre 1835 entwickelt, anfangs nur langsam, um so rascher aber während der letzten 20 Jahre. Den ersten Versuchen folgte 1839 die Gründung der Assam Tea Com - pany. Von 1864 — 1876 stieg die Ernte von 2½ Millionen Pfund auf 28 Millionen Pfund an fertigem Thee. Im letztgenannten Jahre war der Durchschnittspreis in London 1 s. 11 d. für 1 Pfund indischen, gegen 1 s. 3 d. für 1 Pfund chinesischen Thee. Im Jahre 1879 be - rechnete man das mit Theesträuchern bepflanzte Areal in Indien auf 206874 acres, welche insgesammt 44771632 Pfund Thee lieferten, wovon 41½ Millionen Pfund nach Europa verschifft wurden. Es er - gibt sich aus diesen Daten, dass der acre im Durchschnitt 216 Pfund Thee lieferte, was 245 kg. für die Hectare macht, ein Ertrag, welcher so sehr hinter dem für Japan berechneten (480 kg. per Ha) zurück - bleibt, dass man unwillkürlich die Richtigkeit der einen oder der an - dern Angabe, welche dieser Rechnung zu Grunde liegt, bezweifeln muss. Vom Assamthale aus hat sich die indische Theecultur über Chittagong und Arracan, Darjeeling, Nagpore, Kangra und andere Ge - biete verbreitet und gewinnt noch jährlich neue Areale.
Die Theecultur auf Java, obgleich ihr Anfang noch 7 Jahre hinter dem der indischen zurückliegt, und ins Jahr 1828 fällt, kann sich eines gleichen Aufschwungs nicht rühmen. Javathee hat zwar ein gutes Aussehen und ist hübsch gerollt, allein sein Aufguss ist schwach und besitzt überdies einen bitteren Beigeschmack. Desshalb steht er im Preise weit hinter dem indischen und selbst hinter dem chinesischen zurück, und diesem Umstand ist es denn auch zuzu - schreiben, dass der Theebau auf Java nicht die erwartete Ausdehnung gewonnen hat. Im Jahre 1872 wurden 3104000 kg. Thee aus Java ausgeführt.
Die Cultur des Theestrauchs hat, wie wir anführten, während der letzten 50 Jahre sich über zwei neue Gebiete (Indien und Java) ver - breitet und in ihren alten Stätten China und Japan mit zunehmender Ausfuhr ihres Produkts sich immer mehr ausgedehnt, aber sie bleibt immerhin auf das Monsungebiet beschränkt.
Alle Versuche, sie auch nach andern Ländern und Erdtheilen zu verpflanzen, lieferten bisher nicht die erwarteten Resultate; noch ist es meines Erachtens wahrscheinlich, dass zukünftige mehr Erfolg haben werden. Im Monsungebiete finden sich, wie nirgends sonst, die beiden Grundbedingungen ihres Erfolgs, ein geeignetes Klima und reichliche,1533. Handelsgewächse.billige Arbeitskraft. Die Handarbeit beim Pflücken, Zubereiten und Sortieren des Thees kann nie durch Maschinen ganz ersetzt werden. Ihr Preis ist im ganzen Monsungebiete so billig, und der des Thees daher nicht minder, dass man in andern civilisierten Ländern der Erde dagegen wird schwer aufkommen können.
Die Anforderungen des Theebaues an das Klima können aber nur ausnahmsweise anderwärts erfüllt werden. Der Theestrauch gedeiht am besten und liefert da die werthvollsten Blätter, wo sich die Tem - peratur zwischen 0° und 35° C. bewegt, wo der Feuchtigkeitsgehalt der Luft während der Vegetationsperiode ziemlich hoch und Nieder - schläge ziemlich häufig sind. Er hat in dieser Beziehung ganz andere Bedürfnisse, wie der Weinstock, dem trockne Wärme besonders zuträg - lich ist, so dass ein erfolgreicher Anbau des einen so zu sagen den des andern ausschliesst. —
A. Tabelle der dem Theebau in Japan 1881 gewidmeten Areale.
B. Analysen des Thees.
Thee-Untersuchungen von A. W. Blythe:
Grüner chinesischer Thee nach Hassall:
Stonehouse fand nach Ann. d. Chemie u. Pharm. Bd. 45. S. 336 den Theeingehalt wie folgt:
Nicht blos der Name Tabako — die Japaner haben kein eigenes Wort dafür —, sondern auch unzweideutige historische Berichte über die Einführung dieses weltverbreiteten narkotischen Genussmittels weisen auf den fremden Ursprung hin. Wie Christenthum, Schiess - pulver und Feuerwaffen, so kam auch der Tabak durch die » Nanban « (sprich Námban) oder » südlichen Barbaren « zuerst nach Japan. Unter Nanban verstand man aber in erster Linie die Portugiesen, später auch die von Manila kommenden Spanier. Man kann annehmen, dass das Rauchen in den letzten Decennien des 16. Jahrhunderts, der Anbau des Tabaks aber um das Jahr 1605 Eingang fand. Bezeichnend sind die Mittheilungen*)Siehe Satow: The introduction of Tobacco into Japan. Jap. Weekly Mail Nov. 17. 1877. Rein: Zur Geschichte der Verbreitung des Tabaks und Mais in Ostasien. Peterm. Mitth. 1878., welche ein Arzt Namens Saka aus Nagasáki in einer Familienchronik aus jener Zeit über den Gegenstand hinterlassen hat. Im Jahre 1607 schreibt er: » Neuerdings kommt eine Sache, Ta - bako genannt, in Mode. Sie soll aus Nanban stammen und besteht aus grossen Blättern, die man zerschneidet und deren Rauch man schluckt. « Zwei Jahre später bemerkt derselbe Beobachter: » Seit den letzten zwei oder drei Jahren kommt ein Artikel, Tabako genannt, aus Nan - ban, mit dem sich alle Klassen der Japaner belustigen. Er soll ein Heilmittel sein gegen alle Krankheiten. Auf der andern Seite sind jedoch Fälle bekannt, wo Personen krank wurden, nachdem sie Ta - baksrauch getrunken hatten. Da nun kein medicinisches Werk Weisung für die Behandlung solcher Patienten enthält, konnte man ihnen keine Arzenei bieten. « — In einem andern Berichte aus dem Jahre 1605 findet sich nach Satow folgende Notiz: » In diesem Jahr wurde Tabak in1553. Handelsgewächse.Schiffen der Nanbanleute gebracht und bei Nagasáki gesät. Die Be - wohner der Hauptstadt (Kiôto) wetteifern mit einander im Rauchen und die Sitte verbreitet sich rasch über das Land. « *)Es sei hier ausdrücklich bemerkt, dass andere narkotische Genussmittel, wie Opium - oder Hanfrauchen und Betelkauen unbekannt sind.Wir dürfen an - nehmen, dass in Bungo, dieser Hauptstütze der Portugiesen von An - fang an, und in Satsuma, das noch heutzutage in ganz Japan seines Tabaks wegen hohen Ruf hat und ebenfalls schon von Pinto, wie von Xavier besucht worden war, der neue Artikel bekannt war, bevor er nach Nagasáki gelangte. Auch scheint es kaum einem Zweifel zu unter - liegen, dass das Rauchen zu den Koreanern und benachbarten Man - dschu von Japan aus kam, und zwar zur Zeit des Hideyoshi durch die Expedition und Nachschübe aus Kiushiu zwischen den Jahren 1592 und 1597. Dagegen wurde das eigentliche China von Luzon aus mit dem Tabak beglückt, wie dies von mehreren Seiten, so namentlich von Satow nachgewiesen werden konnte.
In China, wie in Japan verbreitete sich das Rauchen unter allen Bevölkerungsklassen und beiden Geschlechtern mit unglaublicher Schnel - ligkeit. Vergeblich, wie das Bemühen Pabst Urban VII und James I in Europa, dem Rauchen zu steuern, waren auch die Verordnungen ihrer mächtigen Zeitgenossen aus der Mingdynastie in China und des Iyeyasu in Japan gegen diese neue Macht, ja von allen Gesetzen des Begründers der Tokugawa-Herrschaft ist wohl keins so wirkungs - los geblieben, als das Verbot vom Jahre 1612 gegen das Rauchen und Pflanzen des Tabaks. —
Kiseru, die japanische Pfeife, mit ihrer blanken Metallspitze und dem zierlichen Köpfchen am andern Ende, aus Messing oder Silber — das Rohrstück ist von einem dünnen Bambus —, ist ein ganz anderer Apparat und erfordert auch eine andere Behandlung, wie unsere Rauch - werkzeuge. Der kleine Ballen feingeschnittenen Tabaks, womit ihr Besitzer das Köpfchen, welches an Gestalt und Grösse sich mit der Kapsel einer grösseren Eichel vergleichen lässt, füllt, reicht nur für 2 — 3 Züge; dann muss der Kopf am Rande des Aschenbechers aus - geklopft und neu gestopft werden. Zierlich, wie das Pfeifchen, und nicht selten kunstvoll mit Lack - oder Silberarbeit geschmückt, wie nachstehende Abbildung es zeigt, ist auch das Futteral und der Ta - baksbeutel aus gepresstem Lederpapier. Beide werden mittelst eines Nedzuke (Näheres hierüber beim Kunstgewerbe), einer Art ge - schnitzten Knopfes, am Gürteltuch aufgehängt. Die Beschaffenheit eines solchen Pfeifchens, das nebst Tabak ein Jeder mit sich führt,156I. Land - und Forstwirthschaft.gestattet das Rauchen weder unterwegs, noch bei der Arbeit. Da - gegen wird keine Gelegenheit vorher oder nachher versäumt, um das - selbe zu ergreifen und wenigstens einige Züge daraus zu thun, und oft viel Zeit damit verbracht. Kommt Jemand in ein Haus, so ist die
erste Aufmerksamkeit, welche ihm die weibliche Bedienung nach der üblichen Begrüssung erweist, die, dass sie ihm das Tabaksbrett (Tabako - bon) vorsetzt, noch ehe sie ihm Thee credenzt. Auf demselben steht aber der Hi-rei oder Feuertopf mit glühenden Kohlen und ein grosser1573. Handelsgewächse.Aschenbecher (Hai-fuki) aus Bambusrohr, der auch wohl als Spuck - napf dient.
Die japanische Tabakspfeife erinnert in ihrer Gestalt an das Ge - häuse der im Lande artenreich vertretenen Schneckengattung Clausilia, was den Japanern nicht entgangen ist und sie veranlasst hat, die letztere Kiseru-gai, Pfeifenschnecke, zu nennen. — Hooker gibt in seinem Buche » Himalayan Journals « Tafel III, Fig. 7 die Abbildung einer tibe - tanischen Tabakspfeife, welche der japanischen Kiseru sehr ähnlich ist.
Das Tabakrauchen ist in Japan noch viel verbreiteter, als bei uns, und die von mir viel gebrauchte Phrase » Arigato, tobako-o nomimasen « (Ich danke, ich trinke keinen Tabak) überraschte immer, weil man sich kaum einen Fremden vorstellen kann, der sich nicht mit Tabak befreundet hat. Der Japaner sagt nicht unpassend » Tabako-o nomi - mas’, ich trinke Tabak «, weil er den Rauch einschlürft und durch die Nase wieder ausstösst. Auch in Deutschland hiess es anfangs » Tabak trinken «, statt rauchen, wie uns u. A. Freytag in seinen Bildern aus der deutschen Vergangenheit belehrt.
Auf der mit Papier überzogenen Schiebewand, welche einen ja - panischen Tabaksladen gegen die Strasse abschliesst, ist statt eines Schildes ein Tabaksblatt abgemalt und daneben stehen zwei chine - sische Wortzeichen, welche man wohl sonst mit » Landhauptstadt « über - setzt, die aber hier Kokubu, einen Distrikt von Ôsumi im südlichen Kiushiu bedeuten, der seines Tabaks wegen besonders berühmt ist und dessen Name auf das Tabakgeschäft allgemein übertragen wurde.
Der Distrikt Kokubu wurde von mir im Frühjahr 1875 besucht. Derselbe bildet eine kleine Ebene im Nordosten der Kagoshima-Bucht. Ihr mit viel Bimssteinsand gemischter, leichter Boden liefert nur bei der sehr sorgfältigen Düngung und Bearbeitung erträgliche Ernten. Im Frühjahr schützt man die Saatbeete des Tabaks durch Stroh - dächer in etwa Meterhöhe gegen starke Abkühlung durch Wärme - strahlung während der Nacht und erhält gegen Ende April genügend kräftige Setzlinge, welche nun wie anderwärts in Reihen verpflanzt werden, und zwar zur Seite der Reihen Gerste, die um diese Zeit verblüht hat. Anderwärts, z. B. in Higo, findet das Aussäen des Tabaks erst im April, die Verpflanzung aber im Juni statt, auf Gersten - oder Weizenfelder, welche keinen Reis erhalten sollen.
Der Anbau des Tabaks ist über die japanischen Inseln weit, wenn auch sehr ungleichmässig, verbreitet. Die erste Blattlese findet im August, eine zweite und dritte im September statt. Zum Trocknen hängt man die Blätter um die Häuser auf, wie das auch bei uns ge - schieht. In Aidzu sah ich zu dem Zweck folgende Vorrichtung an -158I. Land - und Forstwirthschaft.wenden: Von zwei Personen flocht die eine aus zwei dünnen Stroh - seilen ein dickeres, die zweite schob dabei je zwei Tabakblätter mit ihren nach oben gekehrten Stielen jedesmal in etwa 10 cm Abstand ein. So vorbereitet hing man schliesslich das Seil mit seinen vielen nach unten gekehrten Blattspreiten an den Wänden des Gebäudes oder auf Stangen auf.
Unter den japanischen Tabaksorten hat bei den Eingeborenen der - jenige aus der ehemaligen Herrschaft Satsuma, zu der auch Kokubu gehörte, den grössten Ruf, wie bereits angedeutet wurde. Europäern schmeckt er aber zu süsslich und wird desshalb nur wenig exportiert. Die geschätzteste Waare für die Ausfuhr, obgleich ebenfalls amerika - nischen Tabaken an Werth weit nachstehend, kommt vielmehr von Higo und andern Provinzen des Südens. Man sendet ihn in Stroh - matten verpackt nach Nagasáki, wo man zunächst die Stiele beseitigt und dann die Umpackung in Ballen vornimmt. Sie gehen ausschliess - lich nach England. Das Blatt hat einen schwammigen Charakter, wird desshalb mit andern, strengeren Sorten gemischt und bewirkt die Aufnahme beträchtlicher Mengen der Beize. Als Exportartikel steht Tabak hinter vielen andern zurück und ist im allgemeinen wenig begehrt.
In meinem Tagebuch über meine erste Reise in Japan im Sommer 1874 steht folgender, im Orte Sunjo am Fusse des Ibukiyama (siehe Rein, Japan I. pg. 88) niedergeschriebener Vermerk: » Der Wirth sagte mir, der kräuterreiche Ibukiyama liefere 130 verschiedene Me - dicinen, meist pflanzliche. Aus seiner kleinen Sammlung schenkte er mir zwei, dabei mitgezählte, ein Stück von einem Tropfstein und ein Stück faserigen Wollastonit. « Die chinesische Heilmittellehre, welcher die Japaner bis vor 30 Jahren blindlings folgten, weist gleich der im Mittelalter, ja noch später bis zur Entwickelung der Chemie bei uns gebräuchlichen, eine sehr grosse Anzahl, zum Theil höchst seltsamer Droguen auf. Nachdem schon Thunberg eine kleine Liste pharma - ceutisch verwendeter Pflanzen Japans gebracht hatte, lieferte v. Sie - bold in der schon citierten Arbeit: » Verhandl. van het Batav. Genoot - schap XII deel. Bat. 1830 « ein langes, doch keineswegs erschöpfendes Verzeichniss. Oyaku-yen (der Arznei-Garten), welchen die Toku - gawa vor 200 Jahren in Yedo anlegen liessen, der botanische Garten des heutigen Tôkio, enthält die wichtigsten derselben. *)Neuerdings hat Holmes im 10. Bde des Pharmac. Journ. eine grosse Zahl derselben mit Bemerkungen versehen.Es liegt1593. Handelsgewächse.ausser dem Rahmen und Zweck dieser Arbeit, es zu wiederholen oder zu ergänzen. Ich beschränke mich vielmehr auf die verhältnissmässig wenigen Gewächse, welche ich als Arzneipflanzen angebaut fand und von denen ich aus eigener Anschauung weiss, dass sie für die Land - wirthschaft noch von mehr oder minder Bedeutung sind.
1) Paeonia Moutan Sims, jap. Botan.
2) Paeonia albiflora Pall., jap. Shakuyaku.
Wie die alten Classiker Paeonia officinalis L., welche in den Bergen Griechenlands und anderer Mittelmeerländer zu Hause ist, schon vor mehr als zweitausend Jahren ihrer Heilkräfte wegen rühmten und nach dem Paeon, dem obersten Arzt der Götter benannten, so haben auch diese beiden strauchförmigen Arten Pfingstrosen Ostasiens bei Chinesen und Japanern alte Berühmtheit und werden sowohl ihrer medicinischen Wurzeln als auch ihrer schönen Blüthen wegen oft an - gebaut (siehe auch Decoration im Kunstgewerbe). Zuweilen findet man einen dritten und grösseren Strauch ihnen auf einem Stück Garten - land zugesellt, der ebenfalls medicinischen Zwecken dient, nämlich:
3) Evodia rutaecarpa Benth., jap. Goshiu-yu oder Kara-haji - kami.
Er erinnert mit seinen gefiederten Blättern an Sumach und wird gleich seinen Verwandten, wie z. B. Evodia glauca und Xanthoxylum piperitum vornehmlich der aromatischen Beeren wegen geschätzt.
4) Ricinus communis L., jap. Himashi. Derselbe heisst auch Tôjin-mame (Chinesen-Bohne) und Tô-goma (Chinesischer-Seesam), Namen, welche auf seine Einführung aus China hinweisen. Nicht selten trifft man kleine Pflanzungen verschiedener Medicinalkräuter neben einander. Ich habe auf diese Weise im freien Felde angebaut gefunden:
5) Foeniculum vulgare Gaertn., den Fenchel, jap. Uikiyo.
6) Angelica refracta Fr. Schmidt., jap. Senkiyu.
7) Angelica anomala Lall., jap. Biyakushi.
8) Scutellaria macrantha Fisch., jap. Ogon.
9) Mentha piperita Thunb., Pfeffermünze, jap. Hak’ka.
10) Rheum palmatum L., jap. Daiô.
11) Rheum undulatum L., jap. Daiô. Von dieser Rhabarberart kennen wir jetzt durch den Bericht von Przewalski über seine Reise zum Kuku-noor und dem Quellgebiet des Hoangwho die eigentliche Heimath. Hiernach ist das Centrum ihrer natürlichen Verbreitung das Gebirge zwischen den Quellflüssen des Hoangwho, Yalung und Min - kiang in China.
Im Anschluss an die vorigen Droguen nenne ich drei in Japan160I. Land - und Forstwirthschaft.wildwachsende, ihrer eigenthümlichen wohlbekannten Verwendung wegen, nämlich:
12) Aconitum Fischeri Reichb., jap. Tori-kabuto.
13) Artemisia vulgaris L., jap. Yomogi (Mogusa).
14) Illicium religiosum S. & Z., jap. Sikimmi (spr. Skimi).
Das erstgenannte dieser drei Gewächse, der über die Bergwal - dungen von ganz Japan verbreitete hellblaue Eisenhut, liefert in seinen Knollen, Udzu (bei den Ainos Shurku) genannt, den Ainos das wohlbekannte Gift, mit dem sie ihre Jagdpfeile vergiften. Es ist das - selbe Coniin C8H17N, wie man es auch in den Knollen anderer Aconit - arten findet und neuerdings selbst künstlich darstellt. *)Siehe die neueren Versuche von A. W. Hofmann darüber in den Berichten der d. chem. Gesellschaft. 17. Jahrg. pag. 825 — 833.Dasselbe ruft im thierischen Organismus krampfhafte Bewegungen und Paralyse hervor.
Die Früchte des Buddha geweihten und darum bei buddhistischen Tempeln und Klöstern viel angebauten Skimi machten vor längerer Zeit einiges Aufsehen. Sie kamen nämlich statt des Sternanis, dem sie sehr ähnlich sehen, als Gewürz in den Handel, erwiesen sich aber giftig. Eine ganz andere Rolle spielt die gemahlene und mit Hülfe von etwas Harz zu kleinen, federkieldicken braunen Stäbchen geformte Rinde. Sie bildet in dieser Gestalt die Räucherkerzchen, mit welchen man vor den Götzen Wohlgeruch verbreitet. Diese glimmenden Kerzen werden aber auch benutzt bei der Mogusa (sprich Moxa). Es ist dies ein eigenthümliches Zugpflaster, womit man Krankheiten vorzubeugen sucht. Die Moxa oder Blüthentheile der Artemisia vulgaris werden mit dem sie umgebenden Filz getrocknet. Bei ihrer Verwendung legt man etwas davon auf den nackten Körper und brennt es durch Be - rührung mit der glimmenden Kerze ab. Dadurch entstehen Wunden und später Narben so gross wie ein Markstück, wie man sie nament - lich auf Rücken und Posterior der Arbeiter häufig sehen kann.
Die vorerwähnten Arzeneipflanzen spielen im Handel Japans keinerlei Rolle. Nur dem eigenen Gebrauche dienend, tritt ihre Be - deutung hinter diejenige von Ginseng und Kampfer weit zurück, zwei Droguen Ostasiens, die nicht blos ihrer sehr verschiedenartigen Ge - winnung und Verwendung wegen, sondern auch als bemerkenswerthe Exportartikel Japans eine eingehendere Betrachtung verdienen.
15) Panax Ginseng C. A. Meyer (Aralia Ginseng, jap. Nin-jin, chin. Jin-san). Der Ginseng, von dem Kaempfer sagt, er sei der Wurzel wegen nächst dem Thee im ganzen Orient die berühmteste Pflanze, ist ein den Doldenpflanzen nahestehendes perennierendes,1613. Handelsgewächse.krautartiges Gewächs aus der Familie der Araliaceen. Die walzen - förmige, möhrenartige Wurzel liefert das von Chinesen, Japanern und Koreanern hochgeschätzte Arzeneimittel. In der That ist diese Gin - seng - oder Kraftwurzel, wie man sie bei uns auch genannt hat, die Cinchona und der Moschus dieser Völker, ein Mittel gegen Fieber und Schwächezustände aller Art, die wichtigste und theuerste Arzenei, zu der noch bei Todkranken gegriffen wird, wenn kein anderes Mittel mehr verfangen will. Bezeichnend für die hohen Preise derselben und den Glauben an ihre Heilkraft zugleich ist auch die japanische Redens - art: » Ninjin kute kubiku kuru «, d. h. wörtlich » nach Ginsengessen Er - hängungstod « und dem Sinne nach » man wird durch Ginsengessen wohl gesund, stirbt aber (weil es arm macht) nachher den Hungertod. «
Aus dem Erwähnten geht zur Genüge hervor, dass Linné, als er den Namen Panax*)Von πανακής, Alles heilend. der Alten, womit diese in erster Linie wohl einige Arten Ferula Kleinasiens und des Pontus bezeichneten, auf das Uni - versalmittel des östlichen Monsungebietes übertrug, von dem er durch Kaempfer und Andere gehört hatte, wohl kaum ein passenderes Ob - ject für denselben hätte finden können.
Die Ginsengpflanze wächst in den schattigen Gebirgswaldungen Ostasiens von Nepal bis zur Mandschurei wild, während sie in Japan bislang nur in Cultur gefunden wurde. In den tiefen Waldungen der chinesischen Mandschurei zwischen 39° und 47° N. wurde sie zu - erst von Pater Jartoux beobachtet. Aber die hier mit Sorgfalt ge - sammelten Wurzeln, ein Regal des chinesischen Kaiserhauses, reichen für den grossen Bedarf China’s nicht aus; es muss demselben eine ziemlich weit verbreitete Cultur der Pflanze im nördlichen China, in Korea und Japan zur Hülfe kommen, woran sich auch noch ein an - sehnlicher Import von Philadelphia und Baltimore schliesst, welche Städte den Chinesen die Wurzeln des im Alleghanny-Gebirge wach - senden, weniger geschätzten Panax quinquefolius liefern.
In Japan wählt man für den Ginsengbau schwarzen, humusreichen Boden in trockner Lage aus, da nur in ihm die Pfahlwurzeln der Pflanze sich genügend stark und mit weisser Farbe entwickeln, wäh - rend sie in eisenschüssiger Erde eine röthliche Färbung annehmen und dann weniger geschätzt werden. Das gutgedüngte, tief umge - grabene und wohl zubereitete Feld wird in Beete getheilt, die in der Regel 27 jap. Fuss (8,13 Meter) lang, 2½ Fuss breit und 2 Fuss von einander entfernt sind. Sie ziehen stets von Osten nach Westen. Um die Pflanzungen gegen directen Sonnenschein und heftige RegenRein, Japan. II. 11162I. Land - und Forstwirthschaft.zu schützen, trägt jedes Beet der Länge nach in ⅔ — 1 Meter Höhe beständig ein auf Pfählen und Stangen ruhendes Strohdach über sich, das nach Süden etwas geneigt ist. Hierdurch sind Ginsengpflanzungen
dem Auge des aufmerksamen Reisenden schon aus der Ferne erkennbar, wie z. B. in der Provinz Shinano zur Seite des Na - kasendo, in Aidzu und anderwärts. Wäh - rend der Vegetationsdauer findet nur eine Reinhaltung und zeitweise Lockerung der Beete statt, sowie eine mehrmalige Düngung mit Strohasche.
Die Aussaat erfolgt im Süden Japans (z. B. in den Provinzen Idzumi und Hoki) im November, weiter nordwärts aber erst im April. Da die Samen leicht ihre Keim - kraft verlieren, werden sie im letzteren Fall mit Erde vermischt aufbewahrt. In das tiefgegrabene, durchsiebte Land setzt man den Samen in 6 — 9 cm Abstand und eben so tief in Reihen, deren 2 auf ein Beet kommen, so dass sie etwa 30 cm von ein - ander entfernt sind. Ginseng wächst lang - sam und bedarf 3½ Jahre zu seiner Ent - wickelung. So kann man denn Felder sehen mit Pflanzen vom ersten Jahr (ichi nen shô), von zwei Jahren (ni nen shô), von drei Jah - ren (san nen shô), vom vierten Jahr (yo-nen shô). Die Pflänzchen des Ichinenshô (siehe Figur 2) haben bis zum Herbst nur ein, auch zwei Blätter, keinen Stengel entwickelt. Ein solches Blatt ist einschliesslich des lan - gen Stieles 8 — 10 cm hoch und dreizählig, wie das des Klees. Die eiförmigen, zuge - spitzten Blättchen haben scharfgezahnte Ränder. Stärker entwickelt erscheint die walzenförmige ausdauernde Wurzel. Im zweiten Som - mer bildet dieselbe einen einfachen glatten Stengel, der sich oben in zwei, auch drei Blattstielen gabelt (siehe Figur 3). Die einzelnen Blätter sind nun fingerförmig fünfzählig, in symmetrischer Weise ent - wickelt, am stärksten das mittlere der Blättchen. Gestalt und Rand - theilung, wie im ersten Jahr. Die Wurzel hat mit etwa 12 cm fast gleiche Länge, wie der oberirdische Theil der Pflanze. Im dritten1633. Handelsgewächse.Sommer (Figur 4) wird dieser 30 — 40 cm hoch und sendet in halber
Höhe einen Kranz von 3 — 4 Blättern aus, deren fünf Blättchen gleich - geformt, aber grösser sind, als die im zweiten Jahre. Die glatten11*164I. Land - und Forstwirthschaft.Blattstiele haben wie der runde untere Stengel eine rothbraune Farbe. Die Pflanzenachse setzt sich als nackter, grünlicher Stengel von der Basis der Blätter aus noch 10 — 20 cm fort und endet mit einer ein -
fachen Blüthendolde an der Spitze, wozu sich mitunter noch ein zwei - tes Döldchen etwas tiefer und seitwärts gesellt. Nur wenn Samen erzielt werden soll, lässt man den Blüthenstand im dritten oder vier - ten Sommer sich entwickeln, sonst wird er abgeschnitten. Ueber1653. Handelsgewächse.einem Kranz von 5 — 7 lanzettlichen Hüllblättchen wölbt sich die kleine, an Alliumarten erinnernde 10 — 20-strah - lige Dolde mit ihren hellgrünen polyga - mischen Blüthchen, die aus unschein - barem, oberständigem, fünfzahnigem Kelche, fünf Blumenblättchen, ebenso - vielen Staubgefässen und 2 — 3 Griffeln zusammengesetzt sind. Der unterständige Fruchtknoten entwickelt sich zu einer glänzend scharlachrothen, erbsengrossen, seitlich zusammengedrückten Beere, welche zwei graue, geriefte Samen von der
Grösse der Hanfkörner einschliesst (Fig. 6). Nachdem dieselben geerntet
sind, werden sie 30 — 50 cm tief bis zum November oder nächsten Frühjahr in Erde eingegraben, um so bis zur Aussaat ihre Keimkraft zu erhalten.
166I. Land - und Forstwirthschaft.Die Ernte der Ginsengwurzeln findet im Doyô (Juli und August) des vierten Sommers statt. Sie sind walzenförmig, höchstens finger - dick und oft gabelförmig nach unten getheilt (Fig. 7), von weisser
Farbe und erinnern im Geruch und Geschmack an Mohrrüben (Daucus Carota). Das gewöhn - liche Gewicht einer frischen Ginsengwurzel beträgt 20 — 25 Gramm, selten doppelt so viel, und der Ertrag eines □ - Meters Land = 1 — 1½ kg. an solchen frischen Wurzeln. Nachdem man dieselben ausgegraben hat, werden sie von den Fasern und andern Anhängseln befreit und sorgfältig abgewaschen, darauf rasch in kochendem Wasser oder Wasserdampf abgebrüht, so dass sie nachher auf dem Querschnitt braungelb und gal - lertartig aussehen. Hierauf setzt man sie in Darren mit etwa 12 über einander angebrachten Schieberahmen, deren Böden aus starkem Papier bestehen, je nach der Grösse 2 — 3 Tage lang einer Hitze von 100 — 120° C. aus, wodurch dieselben völlig trocken und marktfähig werden. Doch wird dieses Dörren viel - fach auch an der Sonne vorge - nommen und dauert dann ent - sprechend länger.
Diese präparierten und ge - trockneten Ginsengrüben haben noch etwa ¼ ihres ursprüng - lichen Gewichts; 160 — 200 derselben gehen auf ein Kilogramm. Sie sind gelblich bis braun, halb durchsichtig, etwas spröde und von bit - terlich süssem, schleimerzeugendem Geschmack. Man muss sie gegen Feuchtigkeit und kleine Käfer (Rhynchophoren) sorgfältig schützen und wendet sie in Form von Decoct und Extract an. Stengel und Blätter1673. Handelsgewächse.der Pflanze werden ebenfalls verwendet und zu einem schwarzen, zähen Brei gekocht, der in Folge des in Caramel übergegangenen Zuckers wie Lakritze aussieht und schmeckt, jedoch einen bitteren Beigeschmack hat. Dieses Präparat kommt nicht zur Ausfuhr.
Für die zubereitete Ginsengwurzel gibt es bald zahlreiche Käufer, welche das Kin (600 Gramm) dem Producenten mit 5 — 7 yen bezahlen, während es in China 10 yen oder 40 Mark werth ist. Der Ginseng der Mandschurei steht viel höher im Preis, zumal die gesuchteste Sorte, deren Aussehen an Bernstein erinnert und deren Preis oft mit dem 5 — 8-fachen Gewicht Silber aufgewogen wird. Mindestens gleich - geschätzt und noch immer ein beachtenswerther Ausfuhrartikel ist der Koreanische Ginseng. In der Tokugawa-Periode war der Daimiô von Tsushima abgabenfrei, hatte dafür aber dem Hofe des Shôgun jährlich ein gewisses Quantum Ginseng aus dem benachbarten Korea zu liefern.
Seitdem die jüngeren japanischen Aerzte begonnen haben, sich mit den europäischen Heilmethoden und - Mitteln mehr und mehr vertraut zu machen, ist in Japan das Ansehen der Ginsengwurzel bedeutend gesunken, so dass bei gleichbleibendem, ja stellenweise zunehmendem Anbau derselben jährlich immer grössere Mengen nach China ausge - führt werden können, wo sie stets willige Abnehmer finden. Früher vermittelten die Holländer in Nagasáki diesen Export, jetzt findet er meist über Ôzaka durch Japaner und Chinesen direkt statt. Der Be - trag desselben erreichte im Jahr 1879 die hohe Summe von 507494 yen, ist aber seitdem etwas zurückgegangen.
Die Ginsengcultur findet in verschiedenen Hügellandschaften von 300 — 800 Meter Höhe statt, vornehmlich auf Hondo. Ihre bemerkens - werthesten Distrikte sind:
Ausser in diesen Gebieten, wo Kempermann oder ich den Gin - sengbau beobachteten, kommt derselbe nach Maximowicz auch bei Hakodate vor, sowie an verschiedenen andern Orten des japanischen168I. Land - und Forstwirthschaft.Reichs, wie dies aus dem Catalog der 1877 in Tôkio veranstalteten Ausstellung landwirthschaftlicher Produkte zu ersehen ist.
Seit einer Reihe von Jahren sind auch die Vereinigten Staaten dem grossen chinesischen Bedarf an Ginseng zur Hülfe gekommen, indem sie die Wurzeln einer im Gebiet der Appalachen endemische Art (Panax quinquefolius L.) präparierten und auf den chinesischen Markt brachten. Nach den Berichten des Commissioner of Agriculture hatte diese Ausfuhr im Jahr 1877 den Werth von annähernd $ 700000 erreicht.
16) Cinnamomum Camphora Nees & Eberm. (Laurus Cam - phora L.), der Kampferbaum oder Kampferlorbeer, jap. Kusu-no-ki (sprich Ksúnoki). Dies ist der Riese unter den Laubhölzern Japans, der sowohl an Stammumfang als an Höhe alle andern, selbst Planera acuminata, übertrifft. *)Kaempfer vergleicht ihn mit einer Linde.Die schmächtigen Repräsentanten desselben in unsern Gewächshäusern mit ihren gelbgrünen Blättern und dem siechen Aussehen lassen die mächtigen Gestalten mit ihrer glänzend dunkelgrünen Belaubung kaum ahnen, zu der sich dieser Lieferant des allbekannten Kampfers (jap. Shônô) in seiner Heimath empor - schwingt. Doch schon jenseits der Alpen, in den schönen Anlagen an den norditalienischen Seen, der Riviera und weiter südlich, wo der Baum vortrefflich gedeiht und durch rasches Wachsthum sich aus - zeichnet, gewinnen wir eine richtigere Vorstellung von ihm. So hat ein Exemplar im Park der bekannten Villa Pallavicini bei Pegli in 25 Jahren einen Stamm von 1 Meter Umfang entwickelt. Noch über - raschender ist das Wachsthum eines Kampferbaumes in Cannes, den man seit 1871 aus Samen erzog und der im Herbst 1878 an der Ba - sis 98 cm Umfang bei 30 Meter Höhe hatte. Viel älter und statt - licher noch ist der Kampferlorbeer im botanischen Garten zu Pisa, vielleicht das grösste Exemplar in Europa.
Neben dem raschen Wachsthum des Baumes im Mittelmeergebiet ist aber auch seine Accommodationsfähigkeit an das heisseste und trockenste Klima innerhalb desselben gegenüber seiner regenreichen Heimath in Ostasien bemerkenswerth; denn er ist eine der wenigen Pflanzen Japans, welche z. B. noch auf den Canarischen Inseln gut fortkommen und sogar zu Schubrah bei Kairo sich kräftig entwickelt haben. Auch in verschiedenen andern subtropischen und tropischen Ge - bieten der Erde, z. B. bei Buenos Ayres und auf Mauritius gedeiht Lau - rus Camphora vortrefflich. Es ist unter diesen Umständen auffallend, dass man noch nirgends Pflanzungen zur Kampfergewinnung anlegte.
1693. Handelsgewächse.In Japan ist der Kampferbaum der wichtigste und verbreitetste Repräsentant der immergrünen Laurineengattung Cinnamomum, deren Arten sich alle durch den Geruch nach ätherischen Oelen, die sich in ihren verschiedensten Theilen entwickeln, sowie durch langgestielte eilanzettliche, ganzrandige, lederartige, glänzend dunkelgrüne Blätter auszeichnen. Dieselben stehen meist abwechselnd und sind weiter durch eine charakteristische dreinervige Beaderung gekennzeichnet. Im April findet, wie bei den meisten immergrünen Pflanzen, der Blatt - wechsel statt, bei dem das junge, zarte, gelbgrüne Laub die alten dunkelgrünen Blätter verdrängt, nachdem ihr Glanz erloschen ist. Die jungen Zweige des Kusunoki brechen sehr leicht ab, so dass man nach jedem stärkeren Winde eine grössere Zahl derselben auf dem Boden findet. Daher bildet der Kampferbaum selten eine symmetrisch gebaute volle Krone. Aber was ihm in dieser Beziehung an Schön - heit abgeht, ersetzt die mächtige Gestalt. Sieht man dabei von der Verschiedenheit der Belaubung, Blüthen - und Fruchtbildung ab, so gleicht ein alter Kampferlorbeer am meisten einer stattlichen Eiche in der Dicke des Stammes, der Symmetrielosigkeit seiner Krone, den mächtigen, auffallend knorrigen und gebogenen Aesten und der rauhen, zerrissenen Borke. Dies gilt namentlich von den zum Theil sehr alten Exemplaren, welche man bei Tempeln und in den alten Park - anlagen der südlichen Schlossstädte findet. Fortune erwähnt, dass er in China nie so alte und grosse Kampferbäume sah, wie bei den Tempeln in Nagasȧki. *)Kaempfer sah 1691 einen Kampferbaum in Kiushiu, welcher seiner Dicke wegen berühmt war. Im Jahr 1826 fand ihn v. Siebold noch gesund und reich belaubt. Der hohle Stamm hatte 16,884 m Umfang.Aber auch in andern und mehr nördlichen Theilen Japans kommen noch überraschend starke Exemplare vor. So sah ich im Frühjahr 1875 in der Provinz Kii auf dem Wege von Wakayama nach der berühmten Klosterstadt Koyasan (etwa 34½° N. und 135° 20 'O. Gr.) bei Kaseda-mura ein solches mit 11,5 Meter Stamm - umfang. In 1½ Meter Höhe theilt sich der Riese in eine Anzahl mächtiger, weit ausgebreiteter Aeste. Im nördlichen Theile von Tô - kio, dem Park von Uyeno, befindet sich nahe dem Tempel des Gon - gensama ein Baum, dessen hoher Stamm 1874 in Brusthöhe 5,88 Meter Umfang hatte und mit seinen starken Aesten die schlanken Nadel - hölzer ringsum (Cryptomerien und Tannen) noch theilweise überragte, in einer Höhe von 40 — 50 Meter. Ein zweites grosses Exemplar ge - wahrt man in Hon-jô, auf der linken Seite des Sumidagawa. Diese Bäume haben hier, in der Hauptstadt, einen Winter mit 70 — 80 Frost - nächten auszuhalten, in denen die Temperatur zuweilen auf — 7° C. 170I. Land - und Forstwirthschaft.sinkt und ausnahmsweise sogar auf — 9° C. Auch in Norditalien, z. B. am Lago Maggiore, hat der Kampferlorbeer im December 1879 eine Kälte von — 9° C. ausgehalten. Doch scheint hiermit die untere Temperaturgrenze seines Vorkommens im Freien erreicht zu sein, da ich ihn nordwärts vom 36. Breitengrad, selbst an der flachen und mil - den Küste des Stillen Oceans nicht fand. Im höher gelegenen und rauheren Landesinnern kommt er auch mehr südwärts nirgends fort.
Von diesem Vorkommen bei Tempeln und Wohnstätten ist jedoch dasjenige im wilden Zustande wohl zu unterscheiden. Dasselbe über - schreitet nirgends den 34. Parallel und beschränkt sich auf die milden Hügellandschaften in der Nähe des Meeres in Süd-Japan. Es sind Theile von Ôsumi und Satsuma an der Bucht von Kagoshima, so wie von Hiuga auf der Insel Kiushiu, sodann und vor allem die Provinz Tosa auf der Insel Shikoku. Nach Kaempfer und Thunberg ist der Baum auch häufig auf den Gotô (Gothô ôar Thunb.) zu finden. In den ge - nannten Gebieten bildet er einen Bestandtheil der immergrünen Wäl - der, gemischt mit mehreren andern Arten der Gattung Cinnamomum, mit lorbeerblätterigen Eichen (Quercus cuspidata, Qu. acuta, Qu. glauca), Camellia japonica und andern mehr strauchartigen Gewächsen; doch kommen hier so alte, starke und dickrindige Exemplare, wie in den Tempelhöfen nirgends vor.
Was die geographische Verbreitung von Cinnamomum Camphora überhaupt betrifft, so erstreckt sich dieselbe nur über Theile des öst - lichen Monsungebiets und umfasst das Küstenland Ostasiens mit vielen Unterbrechungen von Cochinchina bis gegen die Mündung des Jang - tse-kiang, einschliesslich der Inseln Heinan und Chusan, ferner die Insel Formosa, die Riukiu-Inseln und die schon erwähnten Theile von Kiushiu und Shikoku, demnach ein Gebiet zwischen 10° N. und 34° N., das also theils den Tropen, theils der subtropischen Zone an - gehört. Reiche Niederschläge, namentlich im Sommer, zeichnen das - selbe aus; die klimatischen Verhältnisse sind sonach für eine üppige Vegetationsentwickelung sehr günstig. Am häufigsten findet man den Kampferbaum nach allen Berichten auf der Insel Formosa, und zwar, wie es scheint, vornehmlich in den Hügel - und Gebirgslandschaften des nordwestlichen Theils derselben. Formosa liefert schon seit län - gerer Zeit den meisten Kampfer und hat nur im Reis und Zucker noch bedeutendere Exportartikel. Früher brachte man ihn auf Dschunken zunächst nach Hongkong, Amoy oder Futschau, von da nach Europa, während jetzt ein direkter Versandt von Tamsui stattfindet.
Im eigentlichen China ist Fukien die an Kampferbäumen reichste Provinz. Derselben und ihres Produkts gedenkt schon Marco Polo1713. Handelsgewächse.(Yule: Marco Polo II, 217.), sowie mancher Andere, der später die Wälder dieser Provinz durchreiste. Dieselben liefern noch immer jähr - lich gegen 2500 piculs (150000 kg.); doch stieg die Produktion schon auf 4000 piculs (240000 kg.) in einem Jahr.
An den Verbreitungsbezirk des Laurineenkampfers schliesst sich derjenige des Borneols, Baros - oder Sumatra-Kampfers an. *)Flückiger erwähnt in seinem sehr lesenswerthen Artikel » Camphora « (Phar - makognosie des Pflanzenreichs II. Aufl. pag. 148) auch noch des Blumea-Campfers, der aber für Japan nicht in Betracht kommt.Diese Kampferart findet sich bekanntlich im Holze von Dryobalanops Cam - phora Colebr., einem Baume der Familie der Dipterocarpeen, abge - lagert, und zwar in Hohlräumen und Spalten desselben, doch selten mehr als ¼ — 1 Pfund in einem Baum. Dieser Kampferbaum bewohnt Sumatra und West-Borneo. Junghuhn spricht sich über ihn folgender - massen aus: » Unter den Waldbäumen von Tapanuli (an der Westküste von Sumatra nordöstlich von Nias und südöstlich der Stadt Baros) zieht vor allem der Kampferbaum (Dryobalanops Camphora) des Reisenden Aufmerksamkeit auf sich, durch seinen geraden, säulenartigen und colossalen Stamm und seine Blätterkrone, welche sich hoch über den Teppich des Waldes erhebt. Er übertrifft in seinen Dimensionen den Rasamala (Liquidamber Altingiana), den höchsten Baum Java’s. «**)Eine ausführliche Beschreibung des Baumes nebst Abbildung lieferte W. H. de Vriese 1856 unter dem Titel: » Mémoire sur le Camphrier de Sumatra et de Bornéo «.
In ganz Süd - und Ostasien waren beide Kampfersorten ohne Zweifel schon zu Anfang unserer Zeitrechnung bekannt und geschätzt, was daraus hervorgeht, dass Araber sie schon im 1. Jahrhundert nach Europa brachten. Insbesondere galt das ganze Mittelalter hindurch bis in die neueste Zeit Bornéo-Kampfer auch bei Chinesen und Ja - panern für eine höchst wichtige Medicin, welche sie ihrem einheimi - schen Produkt weit vorzogen. Sein eigentlicher malayischer Name ist Kápúr Bárós oder Barús, d. h. Kampfer von Baros, dem Hauptver - sandtplatze an der Nordwestküste der Insel Sumatra, im Gegensatz zu Kapur China oder Kapur Japún, dem Laurineenkampfer. Von Ba - ros, aber auch von den andern Häfen der Nordwestküste zwischen 1° und 2½° N., nämlich Tapanuli, Natal und Ajer Bangngies kam der Sumatrakampfer über Padang nach Batavia und über Atschin nach Pinang und Singapore. Den Namen Kápúr adoptierten u. A. die Araber und wandten ihn auch auf den Kampferbaum an, wie man sich noch in Aegypten überzeugen kann. Marco Polo ist der erste Europäer, der des Sumatrakampfers erwähnt. Er nennt denselben172I. Land - und Forstwirthschaft.Camfora Fansuri und sagt, er sei so fein, dass er in China mit Gold aufgewogen werde. *)Yule: Marco Polo. II. 282.
Kaempfer bemerkt**)E. Kaempfer: Geschichte und Beschreibung von Japan 1777 pag. 131., dass ein Catti (605 gr. ) des eingeführten borneischen Kampfers gegen 80 bis 100 Catti des japanischen Kampfers vertauscht werde, und de Vriese schreibt in der erwähnten Arbeit über den Sumatra-Kampfer Folgendes: » Une caisse de camphre, qui con - tenait en tout 125 livres de camphre en trois différentes qualités ren - dait au Japon un prix de 2500 — 3000 rijksdaalders, c’est-à dire d’en - viron 12500 — 15000 francs «. Weiter bemerkt er: » Pendant les années de 1750 — 1760, le commerce de cet article avec la Chine a rendu à la Compagnie le provenu considérable de 153490 florins «. Diese hohe Werthschätzung der Ping-pien (Eisflocken) oder Lung-nan (Drachen - gehirn), wie die Chinesen den Sumatra-Kampfer nennen, scheint noch fortzudauern, denn nach derselben Quelle geht der gesammte Export von Baros in diesem Artikel (weniger als 400 kg jährlich) nach China, wo sein Preis den des einheimischen Produkts hundertfach übertrifft. Im Jahre 1760 kostete das Pikul in Padang 44 fl. holländisch, 1860 gegen 60 fl., aber in Canton und Shanghai 114 fl. Nicht blos als in - nere Medicin und gegen Augenleiden wurde er bisher so hochgeschätzt; noch eine ganz andere Verwendung fand er früher in Sumatra selbst. Wenn nämlich ein Rajah der Battas starb, so kam sein Leichnam in einen Sarg aus dem Holze des Durio zibethinus und wurde hier mit Kampfer einbalsamirt und verschlossen gehalten, bis der am Todes - tage gesäete Reis nach 5 — 6 Monaten geerntet werden konnte. Dann fand unter Beigabe dieses neuen Reis die eigentliche Beerdigung des unterdess zur Mumie gewordenen Todten statt. Man hat berechnet, dass dieser Brauch im einzelnen Fall 50 — 100 Pfund Kampfer ver - schlang im Werthe von 2000 — 5000 fl.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts fand ein lebhafter Handel mit diesem Sumatra-Kampfer nach Japan statt, dessen aber (nach de Vriese) die Bücher der holländischen Handelsgesellschaft von 1768 ab nicht mehr erwähnen und der desshalb von da an wohl aufhörte.
Als die Portugiesen zuerst nach Indien kamen, waren hier beide Kampferarten bekannt und in medicinischem Gebrauch. Man zahlte für das Pikul (60 kg) Sumatra-Kampfer erster Qualität 1360 Dollars und für das gleiche Gewicht chinesischen Kampfer 40 — 45 Dollars, woraus sich das Preisverhältniss 1: 34 bis 1: 30 berechnet. Den1733. Handelsgewächse.Ruhm des Kampfers von Borneo kannte auch Camôens und widmete ihm im 10. Gesang 133 seiner Lusiade einen Vers.
Der Lorbeerkampfer (japanisch Shônô) wird in Japan zu irgend einer Jahreszeit, gewöhnlich aber im Sommer, und zwar aus den Spänen des frisch gefällten Holzes durch Destillation mit Wasser ge - wonnen. Man benutzt dabei eine sehr scharfe, hohlgeschliffene Haue mit kurzem Stiel und zerhackt die Stämme, Aeste und dickeren Wur - zeln auf mühsame Weise in Spähne, wie sie beim Fällen eines Baumes abfliegen. Die zur Kampfergewinnung dienende Vorrichtung und
Apparat zur Kampfergewinnung in Tosa, Japan.
namentlich die Einrichtung zum Auffangen und Condensieren der Dämpfe ist nicht überall dieselbe. Der Apparat, welchen ich im Walde nicht weit von Kochi, der Hauptstadt von Tosa in Thätigkeit sah, war wie folgt beschaffen:
Auf einem primitiven kranzförmigen Mauerwerk (siehe Figur 8) von ⅔ m Höhe, welches den Feuerraum (F) umschloss, ruhte eine eiserne Pfanne (P) und auf dieser ein Holzkübel (K) von 1 m Höhe, dessen durchlöcherter Boden 50 cm Durchmesser hatte, während die obere Oeffnung 37 cm weit war. Diese Kufe war nun umgeben von einer ebenfalls auf der Mauer ruhenden Lehmwand (W) von 12 bis174I. Land - und Forstwirthschaft.15 cm Dicke. Bei der Inbetriebsetzung des Apparats wurde die eiserne Pfanne von oben mit Wasser und die Kufe bis nahe zum Rande mit frischen Spähnen gefüllt, hierauf ein Deckel (D) oben aufgesetzt und sein Rand mit dem des Kübels durch Lehm dampfdicht verkittet. Hier - auf zündete man das Brennholz im Feuerraum F an. Die sich bald entwickelnden Wasserdämpfe treten aus der Pfanne durch den durch - löcherten Boden der Kufe in diese ein, bestreichen und erhitzen die Kampferholzspähne daselbst, reissen die Kampferdämpfe mit sich fort und treten durch ein nahe dem oberen Rande angebrachtes, dicht - schliessendes Bambusrohr (B) in den Kühlapparat (C). Derselbe ruht auf einer anstossenden Bergwand und besteht aus zwei verschieden - grossen wasserdichten Kasten, von denen der grössere aufsitzt und wie eine pneumatische Wanne nach oben geöffnet und zugleich durch parallel laufende Bretter in mehrere miteinander communicierende Ab - theilungen geschieden ist, während der kleinere mit nach oben ge - richtetem Boden in dem grossen ruht und Recipient für die Dämpfe ist. Eine Bambusröhre (B') führt beständig fliessendes Wasser über den Boden desselben und an den Wänden hinab zur unteren Wanne, an welcher durch ein Loch in halber Höhe der Ueberschuss abgeleitet wird. Nach etwa 12 Stunden sind die Spähne erschöpft. Man öffnet eine nahe dem Boden des Kübels angebrachte, an den Rändern eben - falls sorgfältig verklebte Klappe (V) und entfernt dieselben auf diesem Wege. Sie werden vor der Feuerung getrocknet und dann als Brenn - material bei einer späteren Füllung benutzt.
Im Kühlapparat haben sich über dem Wasser Kampfer und Kam - pferöl angesammelt. Sie werden abgeschöpft und mittelst Filtration durch Stroh, oder durch Auspressen von einander getrennt.
Von der hier beschriebenen Gewinnungsweise des Kampfers weicht diejenige ab, welche Thunberg angibt. Nach ihm ruhte auf einem eisernen Kessel ein hölzerner Hut, der in eine lange Spitze ausging, in welcher Stroh befestigt war. Die Kampferholzspähne wurden mit Wasser im Kessel gekocht; der aufsteigende Kampferdampf sammelte und verdichtete sich im Stroh der Hutspitze, wurde dann als körnige, grauweisse Masse davon getrennt, in Holzkufen verpackt und nach dem Gewicht an die holländische Compagnie in De-shima verkauft.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass das von mir beobachtete Ver - fahren einen bedeutenden Fortschritt gegenüber dem zuletzt ange - gebenen bekundet. Ein mehrtägiges Einweichen der Spähne in Wasser vor Beginn der Destillation, wie es für China angegeben wird, ist in Japan nicht gebräuchlich. — Scherzer beschreibt die Kampferge - winnung auf Formosa. Dieselbe stimmt in den Hauptzügen mit der1753. Handelsgewächse.für Tosa angegebenen überein, aber die Vorrichtungen sind entschie - den viel primitiver, als hier.
Der sorgfältigeren Gewinnungsweise entsprechend ist der japa - nische Kampfer ein viel reineres, geschätzteres Produkt und steht dess - halb auch höher im Preise als der chinesische. Es ist eine körnige, grauweisse Masse, nicht unähnlich dem zusammengeballten Firn un - serer Hochgebirge oder dem weissen unraffinierten Zucker. Er kommt vorwiegend aus Tosa, und da Kochi, die Hauptstadt dieser Provinz der Insel Shikoku, in direktem Dampfschiff-Verkehr mit Ôzaka steht, so gelangt derselbe meist über diese Stadt in europäische Hände und wird vom benachbarten Kobe (Hiogo) ausgeführt. Der Export an Kampfer von Nagasáki beträgt kaum den dritten Theil desjenigen von Hiogo; noch geringer ist derjenige von Yokohama. So sind denn Tamsui im Norden von Formosa und Hiogo gegenwärtig die wich - tigsten Bezugsquellen dieser Drogue, doch ist die jährliche Ausfuhr in ihnen und einigen andern Plätzen eine sehr schwankende und hat sich in den letzten Jahren zwischen 18000 und 24000 Pikuls — 1080000 kg und 1440000 kg — bewegt, im Durchschnittswerthe von ₤ 12 das Pikul oder 4 Mark per Kilogramm. Bevor Formosa als Hauptlieferant dieses Artikels auf dem Markt erschien, stellte sich ein Pikul japanischen Kampfers auf ₤ 20 — 24, während der jetzige Preis ₤ 14 — 17 ist. Im Jahre 1876 führte Ôzaka-Hiogo 8393 Pikuls Kampfer aus, im Werthe von ₤ 121846, im Jahre zuvor dagegen nur halb so viel. Der Gesammtwerth der japanischen Ausfuhr an dieser Dro - gue betrug im Jahre 1872 ₤ 152879, im darauffolgenden Jahre nur ₤ 71026. In den letzten Jahren ist die Kampferausfuhr Japans an - sehnlich gestiegen und hat 1882 mehr denn 5 Millionen yen betragen.
Die Eigenschaften des Kampfers und seine Verwendungen sind in jedem chemischen und pharmacognostischen Lehrbuch zu finden und so bekannt, dass ihre Aufzählung hier überflüssig sein dürfte. Nur eine Japan und China eigenthümliche Anwendung erscheint mir er - wähnenswerth. Man benutzt ihn nämlich in diesen Ländern allge - gemein zur Verdünnung des Lackes, indem man ihn in fester Form mittelst des Spatels innig mit diesem mischt, wobei er flüssig wird und auch den Lack dünnflüssiger macht. Auch unterliegt es keinem Zweifel, dass das bei der Kampfergewinnung als Nebenprodukt auf - tretende bräunliche Kampferöl (Ol. Camphorae japonicum), das sich allmählich am Licht bleicht, und sowohl nach seinem Geruch, als auch in der chemischen Zusammensetzung (C10H16) dem Terpentinöl ent - spricht, das primäre Produkt ist, aus welchem sich durch Oxydation der Kampfer (C10H16O) bildet. Das Borneïn oder Borneo-Kampferöl176I. Land - und Forstwirthschaft.stimmt damit überein. Die nahe Verwandtschaft des Borneols (C10H18O) mit dem japanischen Kampfer und die leichte Ueberführbarkeit des einen in den andern sind längst erwiesen. *)Siehe von neueren Arbeiten darüber Kaehler und Spitzer in Sitzber. d. Wien. Akad. Bd. 80 pag. 197 — 216.Kampferöl ist ein vor - treffliches Lösungsmittel für den stearoptenen Kampfer, wird jedoch nicht zu diesem Zweck, noch sonst technisch oder pharmaceutisch be - nutzt, vielmehr auf Lampen verbrannt, wozu es sich aber der russen - den Flamme wegen am wenigsten eignet.
Das Holz des Kampferbaumes wird in Ostasien viel zur Dar - stellung von Cabinetten, Kommoden, Kästchen etc. verwendet. Ins - besondere geschieht dies zu Atami und im Hakonegebirge eine Tage - reise westwärts von Yokohama. Es hat ein feines Korn, helle, gelb - braune Farbe, seidenartigen Glanz und schönes Aussehen, so dass es sich auch zu Fournituren vortrefflich eignet. Dem Insektenfrass nicht unterworfen, dürfte es sich als Vermifugium zu Schränken und Kom - moden, namentlich für diejenigen Gegenden ganz besonders empfehlen, in welchen Termiten und kleine rothe Ameisen eine wahre Hausplage sind, wie beispielsweise in Westindien und Westafrika.
Japan weist eine ansehnliche Zahl, theils wildwachsender, theils angebauter Gewächse auf, aus deren Samen man fette Oele (Abura) oder talg - und wachsartige Fette (Rô) gewinnt. Eine grössere volks - wirthschaftliche Bedeutung haben aber nur wenige derselben erlangt, insbesondere die Oele des Raps, der Sesampflanze, der Perille, der Camellie und der vegetabile Talg mehrerer Sumacharten, welcher auch als Ausfuhrartikel von Belang ist und unter denen der englischen Consulatsberichte die sechste Stelle einnimmt.
Als Speiseöle dienen Goma-no-abura, das Sesamöl (von Sesamum orientale), Kaya-no-abura, das Kayaöl (von Torreya nucifera), Buna - no-abura, das Buchelöl (von Fagus Sieboldi), Rakkashô-no-abura, das Erdnussöl (von Arachis hypogaea), Karashi-abura, Senföl (von Sinapis cernua u. S. integrifolia), Tane-abura, Rapsöl (von Brassica chinensis) und einige andere. Zum Brennen auf Lampen (Andon) verwendet man vornehmlich Tane-abura, Rapsöl, Dokuye-no-abura (von Elaeo - cocca cordata), Hiyobu-no-abura (von Cephalotaxus drupeacea), zuwei - len auch Giôto oder Fischöl (von verschiedenen Gliedern der Herings - familie). Leuchtgas, und namentlich das Petroleum haben jedoch auch in Japan die Verwendung der Fette als Beleuchtungsmittel ansehnlich1773. Handelsgewächse.beschränkt. Als Haaröl dient vor allem Tsubaki-no-abura, das Ca - mellienöl (von Camellia japonica, C. Sasanqua u. C. theïfera, letzteres auch Cha-no-abura, Theeöl, genannt). Endlich verwerthet man zu technischen Zwecken vor allen Dingen Ye - (sprich E) no-abura, das Oel der Perilla ocymoides, Tô-goma, Hanföl, von Cannabis sativa, Zokudzui-shi, Wolfs - milchöl, von Euphor - bia lathyrus und Shira-shibori, das kaltgepresste Rapsöl, sowie das Rô von Rhusarten.
Zur Gewinnung dieser verschiedenen Pflanzenfette bedient man sich in Japan ebenso wie in China hölzerner Keilpressen von verschiedener Construction. Eine solche bildet z. B. Sta - nislas Julien in seinem bekannten Buche » In - dustrie de L’Empire Chinois « pag. 119 ab. Eine andere Art ist jene, welche ich viel - fach in Japan, auch zur Gewinnung des Pflanzentalgs anwen - den sah, und von der hier eine Skizze folgt, deren Einrichtung und
Anwendung keiner weiteren Erläuterung bedarf. Dass die in einem einfachen Stampftrog zerkleinerte fetthaltige Masse in der Regel er - wärmt wird, bevor man sie in dem ausgehöhlten Stein, Klotz oder Kasten unter die Presse bringt, ist selbstverständlich. Dabei schlägt man das Samenmehl in Beutel oder Tücher ein, ganz wie bei uns. Häufig findet man die Vorlage zur Aufnahme des flüssigen Oeles nicht über dem Boden angebracht, sondern in denselben eingesenkt. Von einem Extractivverfahren zur Oelgewinnung konnte aber in Ost -Rein, Japan. II. 12178I. Land - und Forstwirthschaft.asien bisher umsoweniger die Rede sein, als fast alle Lösungsmittel des Oeles, die bei uns in Anwendung kommen, fehlen.
Bezüglich der einzelnen vorerwähnten Fette und ihrer Lieferanten ist hier noch folgendes zu erwähnen:
1) Tane-abura, das Oel des Rapssamens (Na-tane), wird vor - nehmlich auf Lampen gebrannt. Des kratzenden Geschmackes wegen, welchen es den Speisen verleiht, bleibt seine Verwendung in der Küche auf unbemitteltere Kreise beschränkt. Dieser Raps (Brassica chinen - sis L.), Na, Abura-na oder Tô-na genannt, wird in Japan — und wohl auch in China — in ausgedehnterem Maasse, als alle anderen Oelgewächse cultiviert, und zwar stets, soweit ich beobachten konnte, als Winterfrucht. Die Aussaat fällt in den September oder October, die Blüthezeit ist der April, die Ernte im Juni. Oft wechselt sein Anbau ab mit dem des Reis. Er wird dann häufig auf Saatbeeten angezogen und neben dem Reis in Reihen verpflanzt. Wird Tane-na vor dem Pressen erhitzt, so erhält man das gewöhnliche Tane-abura, bei kaltem Pressen dagegen das hellere und bessere Shira-shime oder Shira-shibori, welches vornehmlich zum Oelen von Werk - zeugen und Maschinen verwendet wird.
2) Karashi-no-abura, fettes Senföl. Es wird aus dem Samen von Sinapis cernua Thunb. (Karashi oder Karashi-na), sowie von S. integrifolia Wild., dem Ô-garashi (grosser Senf) und Taka-na (hoher Raps) der Japaner gewonnen, ist heller und milder, als das Rapsöl und wird diesem desshalb zu Speisen vorgezogen. Ich fand beide Arten namentlich häufig auf Kiushiu, z. B. in der Provinz Higo, und konnte mich überzeugen, dass die Benennung Taka-na (hoher Raps) für die eine wohl begründet ist. Die Stengel erreichen gegen 2 m Höhe und überragen somit diejenigen des ähnlichen Raps bei weitem. Sie wer - den in 15 — 25 cm Abstand in Reihen gezogen, die ungefähr 85 cm weit von einander sind. Mitte April standen bei Kumamoto die Senf - felder in voller Blüthe, während der Raps zur Seite in seiner Ent - wickelung schon weiter vorgeschritten war. Obgleich man in Japan, wie bei uns, den Senf auch als eine Art Gewürz benutzt und das äthe - rische Oel in bekannter Weise dabei entwickelt, wird er doch vor - nehmlich zu ähnlichen Zwecken wie der Raps angebaut.
3) Tsubaki-no-abura, Sasank’wa-no-abura, Cha-no - abura. Unter diesen Namen kennt und verwendet man in Japan, namentlich um die Haare geschmeidiger zu machen, die dickflüssigen Oele aus den nussartigen Samen der Camellia japonica L., jap. Tsu -1793. Handelsgewächse.baki, C. Sasanqua Thunb., jap. Sasank’wa und C. theïfera Griffith, jap. Cha, welche davon 30 — 35 % enthalten. *)Bezüglich der beiden ersten sei hier auf das Kapitel über Zierpflanzen ver - wiesen, während Näheres über C. theïfera (Thea chinensis Sims. ) unter 3a. Thee zu finden ist.
Das Theesamenöl wird nur von denjenigen Theenüssen gewonnen, welche man nicht zur Vermehrung verwenden will, während man die beiden andern Camellienarten speciell der ölreichen Samen wegen baut. So weist z. B. die Küstenlandschaft von Sendai und Nambu am Stillen Ocean zwischen 38 und 40° N. an manchen Feld - und Weg - rändern einzelne oder in Reihen gepflanzte Camellien auf, und zwar sind es Bäume, von denen einzelne bei 4 — 6 m Höhe kerzengrade Stämme bis zu 30 cm Durchmesser haben. Ihre wohlgeformten dunkelgrünen Kronen stechen namentlich im Herbst scharf ab gegen das verblei - chende Laub der meisten übrigen Holzgewächse. Die kugelförmigen Früchte von der Grösse eines Taubeneies färben sich im direkten Sonnenlichte rothbraun. Bei Ueberreife werden sie dunkel bis schwarz — auch im Innern —, springen dann mit drei Klappen auf, so dass die drei dunkelgrauen, länglichen und etwas kantigen Nüsse leicht herausfallen.
Das daraus gewonnene Tsubaki-no-abura steht unter allen japa - nischen Oelen am höchsten im Preise (75 sen per ichô = 3 Mark für 1,75 Liter). Es ist bernsteingelb bis strohgelb, hat bei 14° C. ein spe - cifisches Gewicht von 0,927 und wird bei — 4° bis — 6° C. fest. Es besteht zu ¾ seines Gewichts aus oleinsaurem und ¼ stearinsaurem Glycerid und soll in China gleich dem sehr ähnlichen Theeöl auch zu Speisen, zur Beleuchtung und zur Darstellung von Seife Verwendung finden. Das Oel der Sasanqua ist heller, sonst aber ebenfalls wenig davon verschieden.
Man cultiviert diese Pflanze in Suruga, auf Kiushiu, z. B. in Hizen, auf Amakusa und in verschiedenen andern Distrikten, ähnlich wie den Theestrauch. Sie bildet ausgebreitete Büsche von 2 — 4 m Höhe, nie Bäume, und ähnelt überhaupt mehr dem Theestrauch, als der ge - wöhnlichen Camellie, so auch hinsichtlich der Blüthezeit, welche in den November und December fällt.
4) Wata-no-abura, Baumwollsamenöl. Die Baumwollsamen (Wata-no-mi) sind erst in neuerer Zeit, wie anderwärts, so auch in Japan, zur Darstellung eines schweren (specifisches Gewicht 0,926), dickflüssigen, braunen Oels verwerthet worden. Dasselbe wird z. B. in Awa auf der Insel Shikoku aus Samen von Gossypium herbaceum12*180I. Land - und Forstwirthschaft.dargestellt und als Brennöl benutzt, gibt aber, wie das Leinöl, an dessen Geruch und Geschmack es erinnert, eine starkrussende Flamme. Im gereinigten Zustande ist es strohgelb und von nussartigem Ge - schmack und wird dann in Europa auch als Speiseöl benutzt, mit dem man das mehr als doppelt so theure Olivenöl gar oft verfälscht.
5) Rakkuwashô - (sprich Rakkashô) no-abura, Erdnussöl. Ara - chis hypogaea L., jap. Rakkashô oder Tojin-mame, die Erdnuss (Ground-nut, Pea-nut, Pistache de Terre und Arachide), liefert dieses Oel, das nur in geringer Menge im südlichen Japan dargestellt und als Speiseöl verwendet wird. Ein nicht geringes pflanzengeographi - sches Interesse knüpft sich an diese bemerkenswerthe krautartige Le - guminose. Nachdem sie nämlich ihren niederliegenden verästelten Stengel mit ziemlich zahlreichen, zweipaarig gefiederten, elliptischen oder verkehrteiförmigen Blättchen entwickelt hat, treten aus den Blatt - winkeln kurzgestielte, gelbe Blüthen hervor. Sind dieselben ver - schwunden, so verlängern sich ihre Stiele, die Fruchtknoten senken sich in den lockeren, sandigen Boden und entwickeln sich hier 5 — 8 cm unter der Oberfläche zu kleinen Hülsen, welche 15 — 30 mm lang und 10 — 15 mm dick sind. In der Regel haben dieselben gegen die Mitte eine allmählich zunehmende, tiefe Einschnürung, wodurch sie, wie nach ihrer ganzen Gestalt, Grösse und netzaderigen Oberfläche, weniger hinsichtlich der grauweissen erdfahlen Farbe, an männliche Cocons kleiner Rassen des gewöhnlichen Seidenspinners erinnern. Solche Hül - sen enthalten auf jeder Seite der Einschnürung einen Samen, die nicht eingeschnürten kürzeren nur einen. Man kann diese mit den Kernen länglicher, mittelgrosser Haselnüsse vergleichen. Sie sind äusserlich braunroth, im Innern weiss und liefern 40 — 60 % eines fetten Oels, das fast allen Zwecken des Olivenöls dient. Der Geschmack der Samen erinnert im rohen Zustande an den aller Hülsenfrüchte, geröstet aber an denjenigen von Mandeln, Nüssen und Pistazien, worauf auch die verschiedenen Benennungen hinweisen.
Seitdem man die weite Verbreitung der Erdnuss durch Afrika ken - nen gelernt hat, ist man von der früheren Ansicht, dass Brasilien ihre ursprüngliche Heimat sei, zurückgekommen, hält es vielmehr für wahr - scheinlicher, dass sie von Afrika aus durch portugiesische Sklaven - schiffe erst in die neue Welt kam. In der alten Welt findet man sie in vielen subtropischen und tropischen Ländern cultiviert, doch nirgends in der Ausdehnung und Bedeutung, wie an der Westküste Afrikas von Senegambien und den sich anschliessenden Gebieten bis zur Goldküste hin, wo sie einen hervorragenden Ausfuhrartikel bildet. Marseille ist, wie für Oelsamen überhaupt, so auch für Erdnüsse und das daraus1813. Handelsgewächse.bereitete Oel der bedeutendste Markt. In Japan und China pflegt man die meisten Erdnüsse, wie in Nordamerika, im gerösteten Zustande zu verzehren, und ist die ganze Cultur eine sehr beschränkte.
6) Goma-no-abura, Sesamöl. Die Pflanze (Sesamum indicum D.C., jap. Goma), welche dieses hochgeschätzte Speiseöl vieler Völker liefert, hat eine alte und weite Culturverbreitung über die meisten wärmeren Länder der Erde von der Ostküste Asiens bis zu den Ge - staden des Mittelmeers, an der Ost - und Westküste Afrikas, wie nicht minder tief im Innern dieses Erdtheils, wo z. B. E. Vogel die Inseln des Tsadsees damit bepflanzt fand, und auch in der neuen Welt. Als ursprüngliche Heimat betrachtete De Candolle aus triftigen Gründen Indien und die beiden Formen mit schwarzem Samen (Sesamum orien - tale L., jap. Kuro-goma) und mit weissen (S. indicum L., jap. Shiro - goma) nur als Varietäten derselben Art.
In Indien führt Sesam die Namen Til und Gingeli; in China heisst er (nach Bretschneider) Chi-ma und an der Westküste Afrikas Benni-seed. Wie für Erdnüsse, so ist auch für Sesam Marseille der grosse Markt, wohin sehr bedeutende Mengen, sowohl der weissen, als auch der schwarzen Samen aus Indien, Siam, Formosa, der Le - vante, der Ost - und Westküste Afrikas und anderer Bezugsquellen zusammenkommen. Das Preisverhältniss des weissen Samens zu dem schwarzen ist in der Regel wie 10: 9, auch in Japan, wo das Oel der ersteren oder Shiro-goma zu 30 Sen per Shô verkauft wird, wenn das der Kuro-goma 27 Sen per Shô im Preise steht.
Die Sesampflanze ist eine krautartige Bignoniacee. Ihr steifer, vierseitig gefurchter Stengel erreicht die Höhe von 1 m und trägt in den Blattwinkeln die kurzgestielten weissen Blüthen, welche in Grösse und Gestalt etwas an diejenigen unserer Digitalis-Arten erinnern, wo - rauf die früher nicht seltenen Benennungen » weisser oder orientali - scher Fingerhut « hindeuten. Die Frucht ist eine abgerundet vier - kantige, vierfächerige Kapsel von etwa 2 cm Länge, in welcher um die centrale Samenleiste die zahlreichen Samen in vier Reihen geord - net sind. In ihrer Grösse und flacheiförmigen, zugespitzten Gestalt erinnern sie etwas an Leinsamen, von dem sie aber schon ihre Farbe und Glanzlosigkeit unterscheidet. Nach Flückiger’s sorgfältigen Unter - suchungen*)Schweizerische Wochenschrift für Pharmacie 1868 pag. 282 ff. derselben beträgt ihr Oelgehalt 56,33 %, wovon 48 — 50 % durch Auspressen und die ganze Menge durch Extraction gewonnen werden können. Das Sesamöl, zumal wenn kaltgepresst, hat eine schöne hellgelbe Farbe, 0,9235 specifisches Gewicht und erstarrt bei182I. Land - und Forstwirthschaft.— 5° C. Sein Geschmack ist angenehm, doch weniger mild, als der des Olivenöls, dem es im Preise weit nachsteht, so dass letzteres viel mit ihm verfälscht wird. Man erkennt Sesamöl leicht an der rothen Färbung, welche eintritt, wenn man es mit gleichviel Salzsäure von 1,18 specifischem Gewicht und etwas Zucker schüttelt. Das Erdnuss - öl, als drittes im Bunde des Marseiller Oelhandels wird erkannt und vom Olivenöl unterschieden durch die Arachinsäure, welche sich aus der heissen alkoholischen Lösung der abgeschiedenen Fettsäuren beim Erkalten perlmutterglänzend ausscheidet. *)Dingler’s Polyt. Journ. 1882 pag. 324.
In Japan wird die Sesampflanze nirgends in grösserem Umfang gebaut. Häufig sieht man einzelne Beete damit bepflanzt, mehr noch andere und ganze Ackerränder damit eingefasst. Daher wird denn auch der Bedarf an Speiseöl nur theilweise durch sie gedeckt, sodass man noch nach verschiedenen andern Ersatzmitteln greifen muss.
7) Ye - (sprich E) no-abura, richtiger Yegoma-no-abura, das Oel aus den Samen der Yegoma-Pflanze (Perilla ocymoides L.). Das - selbe fungirt in Japan und China von Alters her als trocknendes Oel statt des Leinöls. Gleich dem Flachsbau selbst war letzteres bis in die Neuzeit den Ostasiaten fremd geblieben. Die Entwickelung der Perilla ocymoides L., einer in allen Theilen stark und eigenthümlich riechen - den Labiate, ist eine langsame. Im April erfolgt die Aussaat; doch haben die Pflanzen erst gegen Ende September oder Anfang October ihre volle Grösse erreicht. Ihre vielfach verästelten Stengel zeigen dann 1 m — 1,50 m Höhe. Nun erst erscheinen in achselständigen Aehr - chen die kleinen weissen Blüthchen, welche bald abfallen und in der ersten Hälfte des Octobers den Boden bedecken. Vierzehn Tage später folgt bereits die Samenreife, also sehr rasch, wie bei den meisten Lippenblüthlern. Die graubraunen Samen sind noch viel kleiner als die des Raps und leicht zwischen den Fingern zerreiblich. Sie fallen leicht aus den Kapseln, so dass die Ernte vor völliger Reife erfolgen muss, will man nicht Gefahr laufen, dass ein stärkerer Wind einen ansehnlichen Theil zu Boden wirft.
Nach den Untersuchungen des Chemikers Cloëz in Paris ergaben in Südfrankreich gezogene Perillasamen durch Auspressen 30 %, durch Extraction mit Schwefelkohlenstoff 34,5 %, japanische Samen aber 39,2 % des trocknenden, farblosen, dünnflüssigen Oels, das gleich dem Leinöl in der Malerei verwendbar ist und in Japan für verschiedene technische Zwecke hohe Bedeutung hat. Man benutzt es insbesondere:
1833. Handelsgewächse.Die stickstoff - und phosphorreichen Oelkuchen, welche man als Dünger verwendet, würden ein eben so gutes Viehfutter abgeben, als die Leinkuchen.
Den vorerwähnten und einigen andern Verwendungen entspre - chend, finden wir die Yegoma unter allen Oellieferanten Japans nächst dem Raps am meisten angebaut. In England kennt man sie von ihrer indischen Heimat her seit dem Jahre 1770. In der Neu - zeit wurden im südlichen Frankreich Anbauversuche mit ihr gemacht. So hatte Léon de Lunaret von Montpellier im Jahre 1878 mit 500 Gramm Samen ein Stück Land von 50 m besäet und darauf 7 kg Samen ge - erntet. **)Revue Horticole.Eine ha kann hiernach mindestens 500 kg liefern. Als wei - teres Resultat jener Versuche ergab sich aber, dass Perilla ocymoides L. nur in der Mittelmeerregion die für ihre Entwickelung nöthige lange Sommerwärme findet und ihre Cultur in höheren Breiten Euro - pas unmöglich ist.
8) Dokuye-no-abura heisst das Oel aus den Nüssen der Elaeococca cordata Bl. (E. verrucosa S. & Z., Aleurites cordata Müll.), eines mittelgrossen Baumes mit ausgebreiteter Krone aus der Familie der Euphorbiaceen, den man in vielen Gegenden Japans und auch in China anbaut. ***)Der von Kaempfer in Amoen. exot. pag. 789 & 790 unter dem Namen Abrasin (Ricinus arboreus, fol. Alceae) und von Thunberg in Flor. jap. als Dryan - dra cordata, beschriebene Baum ist unzweifelhaft derselbe. Beide Autoren er - wähnen auch des Brennöls aus den Samen.Von seinen vier japanischen Namen Dokuye, Abura-no-ki, Abura-giri und Yama-giri bedeutet der zweite » Oelbaum «, der dritte » Oel-Kiri «, der vierte » Wilder Kiri «. Kiri (giri) ist aber der Name für die Paulownia imperialis, an welche Elaeococca cordata vornehmlich durch die grossen herzförmigen Blätter und zum Theil auch durch das Aussehen der Stämme erinnert. Ihre grossen, weissen Blüthensträusse erscheinen Ende Mai und Anfang Juni, die drei - bis viersamigen Kapseln reifen im Herbst und erinnern, wie ihr Inhalt, an Ricinus. Das aus den Samen gewonnene Oel wurde erst in184I. Land - und Forstwirthschaft.der Neuzeit von Cloëz näher untersucht. *)Siehe auch Flückiger: Archiv d. Pharmacie 1876 pag. 208 & 422.Es zählt zu den trocknen - den Arten und dient in Japan vornehmlich als Beleuchtungsmittel. In China, wo es den Namen T’ung-tsze-yu, d. h. Holzöl führt, wird es auch als Medicament, zu Oelanstrichen bei Schiffen und andern Zwecken verwendet, worauf sich die Benennung Elaeococca vernicea Spreng. bezieht. **)Einer Angabe der Augsb. A. Ztg. vom 6. Juni 1876 entnehme ich, dass man in China die Termiten mit diesem Oel vertreibt und der französische Consul in Canton es seiner Regierung als Mittel gegen die Reblaus empfahl.Der Baum ist in ganz Japan bekannt. Man pflanzt ihn gewöhnlich auf Boden, der zum Ackerbau ungeeignet ist, u. A. in Suruga, Echizen und Kaga.
Die Samen und daraus gewonnenen Oele dreier andern Euphor - biaceen, nämlich von Croton Triglium L., Ricinus communis L. und Euphorbia Lathyris L., sind wegen ihrer medicinischen Verwendung in Europa bekannter, als von vorerwähnter Art.
9) Himashi-no-abura heisst in Japan das Ricinusöl. Ricinus (Himashi oder Tô-goma, d. h. chin. Sesam) wird hier und da in kleinem Umfange neben andern Arzeneikräutern angebaut und bleibt krautartig. Das Oel benutzt man, ausser zu den bekannten Zwecken, auch zur Darstellung der rothen oder schwarzen Siegelfarbe.
10) Zokudzu-shi wird das Oel der Zokudzui oder Horutoso (Euphorbia Lathyris L.) genannt. Man stellt es nur in geringer Menge dar und benutzt es, um eiserne Waffen gegen den Rost zu schützen; insbesondere wurden dadurch die Schwerter als Lieblingswaffen der Samurai blank erhalten.
11) Asa-no-abura, Hanföl, aus Asa-mi, Hanfsamen (Canabis sativa L.), dargestellt, von bekannten Eigenschaften, dient ebenfalls zur Bereitung der rothen und schwarzen Siegel - und Stempelfarbe.
12) Kaya-no-abura, Kaya-oel, stellt der Japaner aus den haselnuss - oder eichelähnlichen Samen der Torreya nucifera S. & Z., der Kaya, her und benutzt es vornehmlich in der Küche. Die Kaya erinnert an unsere Eibe. Man findet sie meist als Unterholz strauch - artig zerstreut in den Bergwäldern, selten als Baum. Die Pflanze ist im Herbst mit Nüssen beladen, die gern gegessen werden, aber einen harzigen Beigeschmack haben.
13) Inu-gaya-no-abura wird aus den Nüssen der Inu-kaya, d. h. Hunds - oder schlechten Kaya (Cephalotaxus drupeacea S. & Z.) gewonnen. Es ist ein harziges, geringwerthiges Oel, das man nur zum Brennen auf Lampen verwendet. Die Früchte hängen zahlreich an1853. Handelsgewächse.den durch die Bergwaldungen zerstreuten Sträuchern, sind so dick wie kleine Kirschen, länglich und braun. Das Fleisch, welches die Nüsse umgibt, ist von süsslichem, harzigen Geschmack und ungeniessbar.
14) Buna-no-abura, Buchelöl. Man stellt es aus den Samen der Buna oder Buche (Fagus Sieboldi Endl. und F. sylvatica L.) dar und benutzt es dann wie bei uns, doch nur selten.
Mittlere Zusammensetzung verschiedener japanischer Oelsamen nach E. Wolff u. A.
Entnommen: Ollich: Die Rückstände der Oelfabrikation. Leipzig 1884.
15) Die festen japanischen Pflanzenfette, insbesondere die wichtigsten derselben, welche man aus den Früchten mehrerer Sumacharten gewinnt, führen den Namen Rô. Im fremden Handel heisst dieser Pflanzentalg japanisches Wachs (Cera japonica), ve - getabiles Wachs und japanisches Pflanzenwachs; doch ist die Aehnlichkeit mit Bienenwachs (jap. Mitsu-rô) nur eine äusser - liche, nicht chemisch begründete, in sofern dasselbe nach Aussehen, Consistenz und Verwendung an das Produkt der Honigbiene erinnert, nach seiner Zusammensetzung aber gleich allen übrigen Fetten ein Gemisch von mehreren fettsauren Glyceriden darstellt. *)Ueber diesen Gegenstand wurde in Reichardt’s Archiv der Pharmacie XII. Bd. 2. Heft 1879 unter dem Titel » Ueber den Japantalg « von A. Meyer eine vortreffliche Abhandlung aus dem pharmaceutischen Institut der Universität Strass - burg veröffentlicht, zu der ich verschiedene Beiträge liefern konnte, so auch die Zeichnung der Presse, wie es der Verfasser gewissenhaft erwähnt. Aus derselben Anstalt erschien dann unter weiterer Anregung des verdienstvollen Leiters Prof. Flückiger und demselben Titel im 5. Heft des XII. Bandes genannter Zeitschrift, gewissermaassen als Ergänzung zu jener Abhandlung, eine kleinere Arbeit von Dr. Buri.
186I. Land - und Forstwirthschaft.Unter den sechs in Japan vorkommenden Arten der Gattung Su - mach (Fam. Anacardiaceae) befinden sich zwei fremde Einwanderer, die in verschiedenen Theilen des Landes cultiviert werden und für dasselbe eine hohe Bedeutung erlangt haben, nämlich Rhus vernici - fera D. C. und Rh. succedanea L. Letztgenannte Art stammt viel - leicht von den Riu-kiu-Inseln, doch ist das indigene Vorkommen bei - der noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen. Sie macht an ein mil - deres Klima Anspruch, als die andere, gedeiht desshalb nur in den wärmeren Landestheilen und findet unter etwa 35° N. und 136° O. Gr. die Nord - und Ostgrenze ihrer Cultur. Diese hat die Gewinnung des Pflanzentalges zum Zweck, dem ihre Früchte dienen. Zu gleichen Zwecken cultiviert man in den kälteren Theilen der Insel Honshiu bis gegen die Tsugaru-Strasse hin Rhus vernicifera, mehr aber noch des aus ihrem Safte gewonnenen Lackes wegen. *)Das Nähere über die Gewinnung dieses eigenartigen, kostbaren Materials folgt beim Artikel über die Lackindustrie.
Die Früchte der wildwachsenden Sumacharten Japans, nämlich des Yama-urushi (Rh. sylvestris S. & Z.), Nurude oder Fushi-no-ki (Rh. semi-alata Murr. ), Tsuta-urushi (Rh. Toxicodendron L.) und Rh. trichocarpa Miq. enthalten zwar ebenfalls festes Fett, doch in ge - ringerer Menge, und werden mit Ausnahme der erstgenannten nie benutzt.
Rhus vernicifera D. C. (R. vernix Thunb.), der Lackbaum, jap. Urushi-no-ki, erreicht eine Höhe von 8 — 10 m und mit einem Alter von 40 und mehr Jahren oft über 1 m Umfang. Während der ersten sechs Jahre ist sein Wachsthum ein ziemlich rasches und be - trägt auf günstigem Boden 50 — 80 cm jährlich; dann aber verringert sich dasselbe auf durchschnittlich 25 — 30 cm im Jahre. Desshalb hat das grünlich gelbe Kernholz, dessen Aussehen an Morus, Maclura und andere verwandte Gattungen erinnert, ein verhältnissmässig hohes Gewicht. Das jüngere, leichtere Holz ist weiss, die Rinde hellgrau. Sie wird mit zunehmendem Alter rissig.
Die Lackbäume haben einen geraden Wuchs und ziemlich regel - mässige Kronen; doch ist in höherem Alter die Verästelung zu spär - lich und die Belaubung zu hell und dünn, um besonders schön zu er - scheinen. Dagegen können jüngere Exemplare unter 15 Jahren in der Landschaftsgärtnerei ihrer prachtvollen grossen Fiederblätter we - gen, welche bei uns auf gutem Boden oft mehr als meterlang werden und alle andern Rhusarten an Grösse und Schönheit weit übertreffen, mit Vortheil verwendet werden und als hübsche Blattpflanzen gelten. 1873. Handelsgewächse.Diese unpaarig gefiederten, langgestielten Blätter färben sich vor dem Abfallen im October gelb oder braunroth. Die Neubelaubung findet im Mai statt. Die 9 — 15 Fiederblättchen sind gross, eiförmig, zu - gespitzt, ganzrandig und auf der Unterseite leicht und kurz behaart.
Im Juni erscheinen die schlaffen, gelbgrünen Blüthentrauben aus zahlreichen Blattwinkeln gegen die Spitzen der dicken Zweige. Die Früchte reifen in der zweiten Hälfte des October, trockene, gelblich - grüne Steinfrüchte, welche den ganzen Winter über hängen bleiben, gewöhnlich aber im November geerntet werden.
Der Lackbaum ist getrenntgeschlechtig. Wo also die Gewin - nung von Fett aus seinen Samen Hauptzweck des Anbaues ist, muss man männliche Bäume zu vermeiden suchen und nimmt desshalb die Vermehrung nicht durch Samen, sondern durch Wurzelschösslinge weib - licher Individuen vor. Wird dagegen die Lackgewinnung in’s Auge gefasst, so wählt man die Vermehrung durch Samen, weil sie besser bewurzelte, lebenskräftigere Pflanzen liefert.
Vom 8. Jahre an fructificieren die Lackbäume; mit einem Alter von 18 — 20 Jahren stehen sie in ihrer kräftigsten Entwickelung für die Lackgewinnung, liefern alsdann am meisten Lack und werden zu dem Zweck geopfert und durch neue ersetzt. Lackbäume, welche dagegen nur oder vorwiegend Samen und Wachs liefern sollen, wie in Aidzu und dem südöstlichen Echigo, erreichen ein höheres Alter und steigern ihre Ertragsfähigkeit bis zum dreissigsten, ja vierzigsten Jahre.
Der Lackbaum gedeiht zwar in ganz Japan, von den Riukiu bis nach Yezo, doch findet man ihn in den südlichen Landestheilen, so - weit sein naher Verwandter, der Talgbaum, vorkommt, nur ausnahms - weise und nirgends in grösserer Ausdehnung angebaut. Seine Haupt - culturstätte ist vielmehr das nördliche Hondo zwischen dem 37. und 39. Parallel. Grösseren Pflanzungen begegnet man vor allem im Thal des Tadami-gawa mit dem Centrum Hibara im westlichen Aidzu, fer - ner bei Yonezawa und Mogami in Uzen, sowie im nördlichen Echigo. Mancher Ort liegt hier wie in einem Hain von Lackbäumen. Am Rande der Thalsohlen und in den kleinen Bergmulden, wo Reis und oft auch sonstige Feldfrüchte nicht gebaut werden können, sieht man Lackpflanzungen sehr häufig. Seltener trifft man Bäume in regel - mässigen Reihen und Abständen von einander, wie bei uns die Obst - bäume, auf cultiviertem Felde; nirgends aber werden sie wie die ge - wöhnlichen Feldfrüchte gedüngt, da man weiss, dass ihre Wurzeln schon so vom Felde her genügend Dünger und Nahrung bekommen. Auch wachsen in der Regel ältere und jüngere Bäume durch einander, we -188I. Land - und Forstwirthschaft.nigstens da, wo man die Vermehrung durch Wurzelausschläge be - werkstelligt.
Im südwestlichen Aidzu ist der Lackbaum das wichtigste Gewächs, beschattet stellenweise die Wege und wird mit viel Sorgfalt gepflegt. Unter der Herrschaft des Daimio gab es genaue Vorschriften, selbst über die Minimalzahl der alljährlich von jedem Ort zu pflanzenden Bäume. Die Beschädigung derselben bestrafte man aufs strengste. Die weiblichen Bäume (Me-gi) durften nur jedes vierte Jahr im Herbst an einigen wenigen Stellen angezapft werden. Man glaubte dadurch, wie durch einen Aderlass das Gedeihen derselben zu fördern und nannte es dem entsprechend das Yojo-gaki (Yojo = Gesundheitspflege, gaki = kaki = ritzen). Dadurch erhielt man wenig, aber vortrefflichen Lack und kräftige Früchte; denn die Wachsgewinnung wurde als Hauptsache betrachtet. Nur mit den männlichen Bäumen (Ô-gi) konnte jeder nach Gutdünken verfahren.
Aidzu-rô und Aidzu-rô-soku, d. h. Pflanzentalg und Kerzen daraus aus Aidzu, hatten aber in Yedo stets einen hohen Ruf, wie sie denn noch immer, ungeachtet der grossen Concurrenz, welche ihnen das Petroleum macht, viel gebraucht werden. Ihre Darstellung und Eigenschaften stimmen mit denen aus den Früchten der folgen - den Art überein und sollen am Schluss näher erörtert werden. Yone - zawa nördlich von Aidzu liefert in manchen Jahren über 30000 kg Rô-soku aus dem Rô des Lackbaums.
Jahrzehnte hindurch hat man in verschiedenen botanischen Gärten unter dem falschen Namen Rhus vernicifera eine strauchförmige in - dische Sumachart gepflegt, welche mit unserer Pflanze nur entfernte Aehnlichkeit zeigt. *)In Frankreich findet man vielfach unter dem falschen Namen » Vernis de Japon « Ailanthus glandulosa Desf.Diese war thatsächlich unbekannt und wurde erst durch mich 1875 und 1876 eingeführt. Die aus Samen gezogenen Lackbäume haben sich namentlich in den botanischen Gärten zu Frank - furt a / M. und Strassburg vortrefflich entwickelt, so dass in ersterem schon in 1 — 2 Jahren zu Versuchen mit der Lackgewinnung vorge - schritten werden kann.
Den strengen Winter von 1879 / 80 mit — 27° C. Kälte hielten sie vortrefflich aus und erwiesen sich damit für Deutschland völlig winter - hart. Diese Thatsache ist um so überraschender, wenn man bedenkt, dass die Lackbäume in den schneereichen Wintern des nördlichen Honshiu einer Kälte von höchstens — 12° C. ausgesetzt sind. Sie be - weist, dass man die Acclimatisationsfähigkeit einer Pflanze nicht immer1893. Handelsgewächse.a priori nach den Lebensverhältnissen beurtheilen darf, unter welchen man sie findet, sondern eine Accommodationsfähigkeit in Betracht ziehen muss, die sehr verschieden ist und nur durch Versuche fest - gestellt werden kann.
Rhus succedanea L., jap. Haze-no-ki oder Rô-no-ki, d. h. Wachs - oder Talgbaum. Seine Cultur gehört, wie schon erwähnt wurde, dem Süden an. Die am weitesten gen Norden vorgeschobenen Pflanzungen fand ich in Kii an der Linschoten-Strasse, wo die Ent - wickelung schon langsamer vorschreitet und die Früchte nicht die nor - male Grösse erreichen. Letzteres ist noch weniger bei den Exemplaren im botanischen Garten zu Tôkio der Fall, so dass an ein Fortkommen der Pflanze bei uns nicht zu denken ist.
In Jyo und andern Theilen von Shikoku, auch hier und da in der Landschaft San-yô-dô am Binnenmeer, vor allen Dingen aber auf Kiushiu, wird der Talgbaum viel angebaut. Hier bildet er oft einen wichtigen Factor im Landschaftsbilde, bedeckt die Abhänge der Hügel, die Feld - und Wegeränder, die Fluss - und Canaldämme. Er hat den Habitus der Aepfelbäume, erreicht aber bei weitem ihre Stärke nicht. In Folge baldiger Verästelung breiten sich die Kronen mehr aus, als die der Lackbäume und erreichen nicht deren Höhe, sondern in der Regel nur 4 — 6 m. Ihre Fiederblätter sind viel kleiner, die Früchte aber grösser, schwerer und fettreicher, als die des Lackbaums. Jene zeigen mehr Aehnlichkeit mit denen von Rhus sylvestris.
Die trocknen Steinfrüchte der beiden vorerwähnten Sumacharten sind schiefrauten - bis nierenförmig und zur Reifezeit von glänzend gelbgrüner Farbe. In ihrer Grösse gleichen sie sehr kleinen Busch - bohnen, wie den Adzuki (Phaseolus radiatus). Die semitransparente Oberhaut löst sich, wie bei allen jap. Sumacharten leicht ab, nament - lich bei Rhus vernicifera und R. sylvestris, so dass man bei letzterer z. B. das grauweisse Fett des Mesocarps schon bald nach der Reife an den Fruchttrauben überall erblickt. Das Fett gehört ganz dieser Mittelschicht an und füllt hier locker aneinander gelagerte Zellen völlig aus. Zwischen denselben sind harte Fasern (intercellulare Milchsaft - gänge), welche das Mesocarp in ähnlicher Weise durchziehen, wie bei den Nüssen der Oel - und Cocospalme.
Bei Rhus vernicifera liegt diese Mittelschicht locker über dem Steinkern und lässt sich leicht davon trennen, während sie bei dem eigentlichen Talgbaume stellenweise fest anhängt. Dies mag der Grund190I. Land - und Forstwirthschaft.sein, wesshalb man bei der Rô-Gewinnung aus den Früchten des Lack - baums jene Kerne vorher ausscheidet, während man sie bei der an - dern Art mit der zerstampften Hülle vereint lassen soll. Das Los - trennen erfolgt bei jenen durch Stampfen in runden Reiströgen (Usu), nachdem man die Stiele entfernt hat, worauf man die Masse bei Luft - zug aus einer emporgehobenen Wanne allmählich auf ausgebreitete Binsenmatten fallen lässt. Die zunächst niederfallenden schwereren Steinkerne sind werthlos und werden beseitigt. Das Mehl aus Epi - dermis und Mesocarp sammelt und erhitzt man durch Wasserdampf in hanfleinenen Säcken und setzt es dann rasch dem Druck unter der Keilpresse aus. Mit dem Rückstand verfährt man zum zweitenmal in gleicher Weise.
Dies ist im wesentlichen das Verfahren, welches ich zu Murakami im nördlichen Echigo bei der Talggewinnung aus den Früchten des Lackbaumes einschlagen sah. Ganz analog fand ich es in Jyo auf Shikoku, wo die etwas grösseren Früchte von Rhus succedanea zur Verwendung kamen. Die hier in Anwendung kommenden Keilpressen hatten ganz analoge Construction und waren nur sorgfältiger gearbeitet, als dort. Zum Eintreiben der Keile schwang man die hölzernen Bolzen nicht frei in den Händen, sondern gewann die Kraft, welche sonst zum Tragen ihres Gewichtes verbraucht wird, indem sie in horizontaler Lage an Seilen aufgehängt und geschwungen wurden. Zur Erwärmung der Masse, welcher noch viele Steinkerne beigemengt waren, diente wie anderwärts ein eiserner Kessel, der zur Hälfte mit kochendem Wasser gefüllt war und in dessen oberem Theil ein Bambuskorb mit Tucheinsatz ruhte, auf welchem das fetthaltige Mehl von den Wasser - dämpfen bestrichen wurde.
Eine ganz andere Gestalt und Einrichtung hatte eine Wachspresse, welche mir in Nagasáki gezeigt wurde. Es war ein flaschenartig aus - gehöhlter Baumstamm aus Keaki (Planera Keaki), den man an beiden Enden mit eisernen Reifen beschlagen hatte. Die in Hanfbeuteln er - hitzte Masse wurde zwischen starke runde Deckel aus Weidengeflecht gepackt und in den nach unten gerichteten Hals der Flaschenhöhlung geschoben. Zur Füllung des weiteren Hohlraums wurden dicke runde Bretter verwendet und diese durch Keile von oben eingetrieben. Auf einem Kohlenbecken stand das Gefäss, welches das durch eine Röhre unten ausfliessende Fett aufnahm.
Wie nun auch in verschiedenen Landestheilen das Verfahren bei der Gewinnung des Pflanzentalges in einzelnen Dingen von einander abweichen möge, so ist es im wesentlichen doch immer dasselbe und kann zur völligen Erschöpfung der Masse an Fett nicht führen. Dies1913. Handelsgewächse.dürfte besser gelingen durch Zusatz von Perilla-Oel, welcher von Einigen erwähnt, von mir aber nie beobachtet worden ist.
Das Gewichtsverhältniss der einzelnen Bestandtheile der zur Talg - gewinnung in Japan verwendeten Sumachfrüchte, wie ich es in Japan selbst bestimmte, sowie die Menge des durch Aether extrahierten Fettes stimmt mit den Angaben A. Meyer’s nicht überein. Ich lasse dess - halb beide hier folgen. Meyer nahm, wie er sagt, 10 Früchte von Rhus succedanea (nähere Herkunft unbekannt) in Arbeit, fand, dass sie 1,51 gr wogen und aus 46,45 % Mesocarp, 42,35 % Epidermis und Putamen (Steinschale), 8,85 % Embryo neben einem Verlust von 2,35 % durch Bestäuben bestanden. Er extrahierte aus dem zerriebenen Me - socarp mit Aether 20,9 % von der ganzen Frucht an Talg, die Cotyle - donen lieferten ihm 2,65 % des Gesammtgewichts an Oel und 36 % ihres eignen. Ich verwandte bei meinen Versuchen grössere Mengen frisch gewonnener lufttrockner Früchte und zwar vom Lackbaum aus Murakami, vom Talgbaum aus Nagasáki und fand:
Der in die Vorlage aus der Presse fliessende Pflanzentalg erstarrt hier bald zu einer festen Masse. Um dieselbe von den beigemengten Verunreinigungen zu trennen, schmilzt man sie in eisernen Kesseln und schöpft das klare Wachs ab in kleine irdene Schüsseln, aus denen es nach dem Erkalten leicht herausgehoben werden kann. *)Die Talgkuchen erinnern an die nordamerikanischen Stücke Ahornzucker, sind von verschiedener Grösse (8 — 16 cm Durchmesser, 3 — 6 cm Dicke) und ¼ bis 1 kg Gewicht.In diesem Zustande kommt es immer in den Binnenhandel und findet mancherlei Verwendungen, namentlich aber eine umfangreiche zu Kerzen oder Rô-soku. Zur Ausfuhr gelangt fast nur das Rô von Rhus succedanea aus den südlichen Häfen und zwar theils im gewöhnlichen Zustande, theils gebleicht.
Das Bleichverfahren, welches ich in Uchinoko im südlichen Jyo anwenden sah, war folgendes: Das Rohwachs wurde geschmolzen,192I. Land - und Forstwirthschaft.durch Baumwollbeutel in kaltes Wasser tröpfeln lassen, um es zu ver - theilen, und dann in Kästchen von 2½ Fuss Länge und 1 Fuss Breite auf Gestellen der Sonne ausgesetzt. Wie die Leinwand auf der Rasen - bleiche, müssen die Talgstücke hier oft mit Wasser begossen und um - gewandt werden. In einer der Bleichereien sah ich auf Gestellen 3 Fuss über dem Boden im Ganzen 14 Reihen solcher flachen Bleichkasten und in jeder Reihe 82 Stück. Nach etwa 30 Tagen ist das Rô weiss, wie gebleichtes Bienenwachs und fast ohne allen Geruch. Der ge - wöhnliche Sumachtalg bleicht übrigens selbst in geschlossenen Räumen, z. B. der Schieblade eines Schrankes, allmählich an der Oberfläche und überdeckt sich wie mit einem weissen Reif, der jedoch wenig tief geht.
Ein Unterschied zwischen dem Fett des Lack - und Talgbaums be - steht weder äusserlich, noch in ihrer Zusammensetzung. Beide stellen in der Kälte feste, spröde Massen von muscheligem Bruch dar, welche einen eigenartigen Geruch (wie der von Wachs und Kernseife gemischt) und im ungebleichten Zustande hellgelbgrüne Farbe zeigen. Die Härte ist grösser als beim Wachs, viel geringer als bei Carnauba-Wachs. Das spec. Gewicht ist 0,916, das des gebleichten Talges wechselt von 0,97 bis 1,14. *)Unter den verschiedenen Stücken in meinem Besitz befindet sich eins von 0,75 kg aus Aidzu, welches in Brunnenwasser von 15° C. sofort untersinkt.Der Schmelzpunkt liegt bei 52° C., aber wenn die kaum erstarrte Masse von neuem geschmolzen wird, bei 42° C. In 700 Theilen Alkohol von 30° Wärme und 97 % löst es sich voll - kommen auf.
Chemische Untersuchungen ergaben, dass dieser Sumachtalg aus einem Gemisch mehrerer Glyceride besteht, unter denen aber das der Palmitinsäure vorwiegt. Die Japaner bedienen sich seiner nicht blos zu Kerzen, sondern auch in vielen andern Fällen statt des Bienen - wachses, so auch zur Herstellung des Glanzes bei Holzdreharbeiten. Bei uns wird er dem Bienenwachs zugesetzt, um daraus festere Kerzen zu giessen und ihre leichte Loslösung von der Form zu bewirken. Zu einem ähnlichen Zweck vertritt dieser Pflanzentalg das Bienenwachs in einzelnen Gummifabriken. —
Die Ausfuhr des Pflanzentalges aus Japan begann erst nach Eröff - nung des Landes. Ihr Werth war seitdem vielen Schwankungen unter - worfen zwischen yen 106000 im Jahre 1878 und yen 377000 im Jahre 1873. England und die Vereinigten Staaten sind die Hauptabnehmer.
Menge und Werth des Exports richten sich auch hier wesentlich nach der Nachfrage. Sollte sich letztere steigern, so wäre Japan sehr bald in der Lage, derselben zu entsprechen, einmal indem es den Ver -1933. Handelsgewächse.brauch zu Kerzen beschränkte, und ausserdem dadurch, dass es den sehr ansehnlichen Theil der Früchte des Lackbaumes, welcher jetzt unbeachtet verloren geht, sammelte und verwerthete. Ueberdies hat das Land zur Ausdehnung der Cultur beider Sumacharten noch weite Areale zur Verfügung, falls sich dieselbe vortheilhaft erweisen sollte. —
16) Ibota-rô, Ibota-Wachs von Ligustrum Ibota Sieb. (L. vulgare Thunb.). Dasselbe ist sehr fest, schön weiss, faserig und seidenglän - zend, wie die Fasern einer Asbestschicht, und erinnert an das chine - sische Pelah-Wachs, welches bekanntlich durch eine Schildlaus (Coc - cus Pelah) auf den jungen Trieben von Fraxinus chinensis Roxb. er - zeugt wird. Das Ibota-Wachs soll von den Secretionen eines ähn - lichen Insectes stammen. Gewinnung und Verwendung desselben kenne ich nicht, noch habe ich jene Schildlaus auf der viel verbreiteten Ibota - Rainweide beobachtet. *)Der Freundlichkeit des Herrn Professor Fesca in Tôkio verdanke ich nach - träglich folgende, durch seinen jap. Assistenten gesammelte Notizen über diesen Gegenstand: » Ibota-Wachs wird hauptsächlich in den Provinzen Chikuzen, Chikugo und Buzen der Insel Kiushiu gewonnen und über Ôzaka in den Handel gebracht. Man schätzt die Gesammtmenge aus jenen drei Provinzen auf nur 2000 kin (1202 kg.) im Jahr. Der Preis von 100 kin bewegt sich zwischen 50 und 70 yen. Die Japaner verwenden dieses Fett als Firniss (?) für ihre Möbel. « Eine kleine Probe des Rohmaterials, welche mir Prof. Fesca sandte, stellt leichte, lockere Klümpchen von grauweisser Farbe dar, die sich wie Mehl anfühlen.
Thunberg bemerkt in seiner Flora japonica pg. 180 zu Melia Azedarach, dass aus den im December reifenden Früchten ein fettes Oel von der Consistenz des Wachses bereitet und zu Kerzen verwen - det werde. Diese Notiz ist auch in verschiedene neuere Werke über - gegangen.
Ich muss mich jedoch bezüglich derselben dem Ausspruch Sie - bold’s anschliessen: » E fructibus exprimitur oleum (Thunb.), id quod ignoro « und möchte glauben, dass hier möglicherweise eine Verwechs - lung mit Rhus succedanea oder R. vernicifera vorliegt, mit deren Früchten diejenigen der Melia Azedarach einige Aehnlichkeit haben, wenn sie auch an Grösse dieselben weit übertreffen.
Nach Siebold wird auch aus den Früchten von Listaea glauca L. und L. Thunbergii Sieb. (Tomex japonica Thunb.) Oel gewonnen; doch habe ich hierüber nichts weiter erfahren können.
Dem Thierreich entnommen sind Kujira-abura, WalfischölRein, Japan. II. 13194I. Land - und Forstwirthschaft.oder Thran, und Giôto oder Fischöl. Die grosse Menge verschiedener Häringsarten (Clupeaceï), welche namentlich an den Küsten von Hondo und Yezo gefangen werden, findet vornehmlich zur Bereitung von Fischöl und Fischguano Verwendung. Hierher gehören (siehe Rein: Japan I, pg. 226) insbesondere die Iwashi oder jap. Sardinen (Clupea melanosticta und Cl. gracilis), von denen man z. B. in Chôshi an der Mündung des Tone-gawa 24 — 40 für einen Groschen kaufen soll, und der Nishin (Cl. harengus). Die frischgefangenen Fische werden in grossen eisernen Kesseln mit Wasser bis zum Kochen erhitzt. Dabei sammelt sich das Fett auf dem Wasser und wird abgeschöpft. Die Rückstände breitet man hier auf alten Matten an der Sonne aus und trocknet sie. Sie verbreiten dabei einen widerwärtigen Geruch um die Fischerdörfer, liefern aber nachher einen geschätzten Dünger, den Kaufleute aus den grösseren Städten abholen und an die Landwirthe der Theedistrikte und die Gärtner verabfolgen.
Wir zählen in diese Rubrik alle Gewächse Japans, die der Textil - industrie im weitesten Sinne dienen, demnach ausser den eigentlichen Gespinnstpflanzen auch solche, welche wie Binsen und Weiden zu ver - schiedenem Flechtwerk verwendet werden, oder wie manche Bastsorten vornehmlich zu Seilen und Papier.
1) Cannabis sativa L., jap. Asa. Soweit sich die Geschichte des Hanfs verfolgen lässt, erscheint er als älteste Textilpflanze der mongolisch-tatarischen Völker. *)Siehe hierüber u. A. Hunfalvy » Die Ungarn od. Magyaren «. Wien 1881.Von ihrem alten Stammsitze in Cen - tralasien hat er sich mit ihnen weit verbreitet, und zwar ostwärts über China, Korea und Japan und westwärts vornehmlich durch die Scythen über Vorderasien und zu den Slaven. Von diesen gelangte er zu den germanischen Völkern und weiter zu den Romanen, sofern sie ihn nicht schon direkt von Kleinasien her kennen gelernt hatten. Das Hanfrauchen oder Haschisch, welches nach Herodot schon bei den Scythen vorkam und in den muhammedanischen Ländern Asiens und Afrikas heute noch weit verbreitet ist, blieb den buddhistischen Ost - asiaten fremd.
Wie der Flachs im alten Aegypten, so wurde der Hanf in Japan schon vor mehreren Tausend Jahren angebaut und lieferte vor Ein - führung der Seide und Baumwolle allen Ständen das wichtigste und den meisten Bewohnern das ausschliessliche Bekleidungsmaterial. Die alte Sage schreibt seine Einführung der hocherhabenen erzeugenden1953. Handelsgewächse.Gottheit Taka-mi-musubi zu, welche zwei untergebenen Göttern Be - fehl ertheilte, dass sie Kôdzu (Broussonetia) und Asa (Cannabis) pflanzen sollten, um die Rinde des einen und den Bast des andern zu gewinnen und zu verarbeiten. *)Siehe Satow: » The Shintô Temples of Ise «. Transactions As. Soc. o. Ja - pan. Vol. II, pg. 129.Noch jetzt werden die trüb indigo - blau gefärbten Gewebe, aus welchen ein ansehnlicher Theil der Land - bevölkerung sich Hosen und Kittel verfertigt, aus grobem Hanfgarn dargestellt, wie denn auch Fisch - und Moskitonetze aus solchen be - stehen. Aber auch feine weisse Gewebe, die unserer guten Leinwand wenig nachstehen und Nuno oder Jôfu genannt werden, verfertigt man viel daraus.
Der Hanfbau ist über ganz Japan verbreitet; doch findet man ihn am häufigsten in den Gebirgsthälern und den nördlichen Ebenen, wo die Baumwolle nicht mehr fortkommt. Wie in vielen Theilen Deutsch - lands der Flachs, so wird hier der Hanf auf kleinen Parcellen und meist für den eigenen Bedarf gezogen. Klima und Boden sind seiner Cultur überaus günstig; er gedeiht vortrefflich, auch noch auf Yezo, wie wir aus Gärtner’s zuverlässigen Mittheilungen wissen, und ist ohne Zweifel eins von denjenigen Gewächsen, welche sich für die japanische Landwirthschaft bei ihrer weiteren Ausdehnung und Entwickelung ganz besonders empfehlen. —
Bei der Ernte werden die Hanfstengel von den Blättern und Wur - zeln befreit und dann 4 — 6 Tage der Maceration in Wasser ausgesetzt. Man streift hierauf den gelockerten Bast mit den Händen ab und trocknet ihn, ebenso die Stengel, welche aussehen wie bastfreie Korb - weiden. Dieselben werden bei der Dachbedeckung verwendet, und zwar als unterste Lage über den Sparren, worauf eine Strohschicht sie überdeckt. Der japanische Hanfbast ist 1 — 1 ½ m lang, zart, fest, seidenglänzend, also von vorzüglicher Qualität, und könnte zu einem hervorragenden Ausfuhrartikel werden, wenn die Cultur desselben eine grössere Ausdehnung gewinnen würde.
2) Gossypium herbaceum L. Die Japaner nennen diese wich - tigste aller Baumwollstauden, die einzige Art, welche sie cultivieren, Wata-no-ki oder Ki-wata und ihr Produkt Wata. Dieses Wort erinnert an unser » Watte «, das französische » ouate « und analoge roma - nische Benennungen, sowie den Sanskritnamen badarâ für die Baum - wolle. Seine Ableitung von letzterem scheint, zumal da Indien die älteste Culturstätte der Pflanze ist, naturgemässer, als diejenige von Ovum, welche Diez giebt.
13*196I. Land - und Forstwirthschaft.Nach den ältesten japanischen Angaben wurden um’s Jahr 799 die ersten Versuche mit dem Anbau der Baumwolle in Dai Nippon ge - macht, und zwar mit Samen, den der Zufall in einem Boote von In - dien her dem Lande zugeführt haben soll. Die Cultur fasste aber da - mals noch keinen Boden und scheint erst im Jahre 1570 von neuem versucht worden zu sein. Eine grössere Ausdehnung gewann sie je - doch erst nach Befestigung der Tokugawa-Herrschaft im folgenden Jahrhundert. Es scheint, dass die Production den Bedarf zu keiner Zeit völlig befriedigt und China, wie in neuerer Zeit, so auch früher Zuschüsse an Rohbaumwolle für die einheimische Industrie geliefert hat. Bei den jetzigen Verkehrserleichterungen und den billigen Preisen der englischen und indischen Baumwollwaaren sind auch kaum für eine weitere Ausdehnung des japanischen Baumwollbaues die Verhält - nisse günstig.
Derselbe erreicht mit dem 38. Parallel so ziemlich seine Nord - grenze. Wahrscheinlich lernten ihn die Japaner erst durch die Por - tugiesen kennen, wie auch den Namen Wata für Baumwolle, da sie weder eine eigene, noch eine chinesische Bezeichnung für die Pflanze haben und diese selbst im südlichen China erst im 11. Jahrhundert Eingang gefunden haben soll.
Die krautartige Baumwollstaude kommt in Japan in drei Varie - täten mit gelben, weissen und rothen Blüthen vor, von denen jedoch die gelbblühende weitaus vorwiegt. Anfang Mai legt man die Samen 3 — 4 cm von einander in Reihen, welche etwa 40 cm Abstand von ein - ander haben, in das zubereitete Land und umgibt sie mit etwas Reis - strohasche. In der Regel folgt aber die Cultur einer Winterfrucht, insbesondere Gerste und Weizen, und dann wird in kurzem Ab - stande neben jeder Reihe reifender Halme eine Reihe Baumwollsamen in den etwas gelockerten Boden gelegt. Da dieselben einen Tag lang zuvor in Wasser geweicht wurden, folgt die Keimung bald. Sobald die ersten eigentlichen Blätter sich zeigen, gibt man kräftigen Dünger, wie Oelkuchen oder Fischguano, letzteren jedoch nur in einer Kreis - furche, die 6 — 9 cm von der Pflanze läuft, damit diese durch die Schärfe des Düngers nicht zerstört werde. Gewöhnlich aber wird eine Art Compost angewandt, den man langer Hand vorbereitet hat, be - stehend aus einem Gemisch gleicher Theile Schlamm, Strohasche, zer - hacktem Unkraut, Oelkuchen und Fischguano. Sobald die Halmfrucht geerntet ist, folgt eine sorgfältige Umarbeitung und Lockerung des Bodens und eine neue Gabe von Dünger, wozu diesmal wohl auch flüssige Latrinenstoffe verwendet werden. Gegen den 20. Juni findet das Ausjäten der überzähligen Pflanzen statt, indem man nur noch1973. Handelsgewächse.27 — 28 auf den Ken (1,80 m) stehen lässt. Eine nochmalige Lichtung wird 14 Tage später vorgenommen. Während der heissesten Tage (20. Juli — 7. August) erscheinen Knospen an den verästelten Stengeln. Die Blüthezeit ist der August, die Ernte fällt in den September. Sie wird als eine ergiebige angesehen, wenn 300 Tsubo = 9,92 Are, 250 Kin oder 150,261 kg Baumwolle liefern.
3) Boehmeria nivea Hooker & Arn. (Urtica nivea L.), jap. Mao, Kusa-mao und Kara-mushi, chin. Tschou-ma. Diese Pflanze, welche sich namentlich durch die weisse Unterseite der Blätter von allen verwandten Nesselarten unterscheidet, wächst in Cochinchina, China und Japan wild, wird aber daselbst, und ebenso im südlichen Monsungebiete auch angebaut. Sie liefert in ihrem Baste das vielge - priesene Chinagrass der Engländer, aus welchem die Chinesen das feine Nesseltuch bereiten. Eine verwandte Art mit höheren Stengeln und beiderseits grünen Blättern ist Boehmeria tenacissima Gaud. (B. utilis Bl.), deren Bast Ramie (engl. Ramee) oder Rheea-Faser ge - nannt wird. Sie gehört dem tropischen Monsungebiete an und kommt in Japan nicht vor. Indess wird auch der Chinagrass-Bast oft Ramee genannt, ebenso die Fasern anderer Boehmeria-Arten, sowie auch der japanischen Urtica Thunbergiana S. & Z. oder Schi-kusa.
Boehmeria nivea bedarf zu ihrem Gedeihen eines feuchten, frucht - baren Bodens und kräftiger Düngung; dagegen reicht dazu unsere Sommerwärme aus, wie manche Versuche in botanischen Gärten längst dargethan haben. *)Im botanischen Garten zu Marburg erreichten ihre Stengel 1877 eine Höhe von 1,31 m, während diejenigen von B. utilis Bl. dicht daneben in gleicher Zeit 1,90 m hoch und entsprechend dicker geworden waren. Erstere wurde unter dem Namen Chinese oder Whiteleaved nettle schon 1739 in England eingeführt.Gleich ihren Verwandten treibt sie jeden Sommer aus perennierenden Wurzelstöcken krautartige steife Stengel von 1½ bis 2 m Höhe, welche gegen Ende August oder im September über der Erde abgeschnitten und behufs Gewinnung des Bastes einer kurzen Maceration in Wasser unterworfen werden. **)Die Angabe bei St. Julien in » Industries de L’Empire Chinois etc. « pg. 166, » Chaque année on peut faire trois récoltes «, beruht auf Irrthum.
Die technische Verwerthung der Boehmeria nivea, sowie verschie - dener andern Nesselarten bietet einige besondere Schwierigkeiten und entspricht bis jetzt bei weitem nicht den grossen Bemühungen und Aufmunterungen zur Förderung derselben, noch den übertriebenen Hoffnungen, welche von verschiedenen Seiten daran geknüpft wurden. Es handelt sich vor allem um die Erfindung einer zweckmässigen Ma - schine zur Lostrennung und Zubereitung des Bastes. Die indische198I. Land - und Forstwirthschaft.Regierung schrieb 1878 zu dem Zweck den hohen Preis von ₤ 5000 aus und erbot sich, für die Versuche, welche von Mitte August bis Mitte September 1879 in Sahdranpur in Indien angestellt werden soll - ten, die Boehmeria-Stengel aus dem Botanischen Garten von Calcutta zu liefern; doch hat sie ihren Zweck nicht erreicht und den Gegen - stand fallen lassen.
Die Epidermis der hier in Betracht kommenden Pflanzen liegt nämlich so fest auf dem darunter befindlichen Bastgewebe, dass eine völlige Scheidung nur schwer gelingt. Ausser dieser Schwierigkeit stehen der Reindarstellung in grösserer Menge noch andere entgegen, welche Wiesner zum Theil in seinem Werke über die Pflanzenstoffe pag. 387 — 393 erörtert hat.
Marco Polo erwähnt bereits der Cultur dieser weissblätterigen Nessel und hebt hervor, dass sich besonders die Provinz Kweichau durch Gewebe aus ihrem Baste auszeichne. Dieses » Grasleinen « ist fein, glatt und glänzend, wie Battist, daneben sehr kühl, daher be - sonders für den Sommer geeignet. In Japan habe ich Culturen der Mao-Pflanze aus eigener Anschauung nicht kennen gelernt. Sie sollen vornehmlich in Uzen, Kaga, Echigo und Idzumo vorkommen, wie sich auch aus der Landesausstellung von Tôkio vom Jahre 1877 ergab, deren officieller Catalog u. A. nicht weniger als 13 Aussteller von Fasern, Seilen und Geweben aus Yamagata-ken (Uzen) und 17 aus Chimane - ken (Idzumo) aufweist. Diese Industrie steht aber keineswegs auf einer hohen einflussreichen Stufe. Der gewöhnlich verarbeitete Bast ist wohl auch fest und dauerhaft, doch fehlt ihm die Feinheit. Da - gegen besteht das sogenannte » cotonisierte Chinagras « aus weissen Fasern, die es an Feinheit und Stärke mit dem Flachse, an Glanz mit der Seide aufnehmen können.
4) Musa basjoo Sieb. (M. paradisiaca Thunb., M. textilis Nees), jap. Bashô. Der Pisang kommt im eigentlichen Japan nicht mehr fort, wird dagegen auf den Riukiu-Inseln viel gebaut, vornehmlich des Bastes wegen, aus dem die Bewohner ein leichtes, lockeres, braunes Gewebe, Bashôfu genannt, verfertigen. Doederlein bemerkt über die Pflanze Folgendes:
» Bananen gehen (auf Amami-Oshima) fast eben so weit in die Höhe, wie Cycas; doch halten sie sich streng an die Wasserläufe, die sie in dichtgedrängten Beständen begleiten. Sie werden als eine vor - zügliche Gespinnstpflanze gebaut (Manila-Hanf), deren Fasern nicht allein ein vortreffliches Material für Seile und Netze abgeben, sondern überaus geschätzt sind, wegen der sehr guten Kleidungsstoffe, die sich aus ihnen fertigen lassen. Im Sommer werden solche Kleider den aus1993. Handelsgewächse.Baumwolle bestehenden weit vorgezogen; sie bilden einen der wich - tigsten Handelsartikel der Liu-kiu-Inseln und werden besonders in grosser Menge nach Satsuma importiert, von wo sie ihren Weg weiter durch Japan finden mögen. « *)Die Liu-kiu-Insel Amami Oshima. Zeitschrift d. deutsch. Ges. Ostasiens. 3. Bd. pg. 141.Letzteres ist nun nur in sehr beschränk - tem Maasse der Fall. Die Gewebe bleiben im südlichen Japan und kommen heutzutage in den übrigen Landestheilen kaum noch zur Ver - wendung.
5) Corchorus capsularis L., jap. Ichibi, Tsunaso und Ka - nabi-kiyo. Dieser Lieferant der so wichtig gewordenen Jutefaser ist an verschiedenen Stellen Japans gefunden worden. Ob man aber die Pflanze auch cultiviert und ihren Bast zu Seilen und groben Ge - weben verarbeitet, wie von einer Seite angegeben wurde**)Le Japon à l’Exposition Universelle de 1878. Paris. pg. 152., scheint mir zweifelhaft. — Die vier nun folgenden Bastpflanzen werden nicht cultiviert. Als Lieferanten von Bekleidungsmaterial spielten sie in alten Zeiten wahrscheinlich eine viel wichtigere Rolle, wie jetzt.
6) Wistaria chinensis S. & Z., jap. Fuji (siehe Zierpflanzen). Der zubereitete Bast dieser Pflanze, sowie Gewebe daraus, Fuji - nuno oder Wistaria-Leinwand genannt, waren 1877 auf der Ausstel - lung in Tôkio von Iwate-ken, Fukushima-ken, Shimane-ken und Hi - roshima-ken zu sehen, also sowohl aus dem Norden, als auch dem Südwesten der Hauptinsel Honshiu.
7) Pueraria Thunbergiana Benth., jap. Kudzu. Die jungen Triebe dieser häufigen Pflanze (siehe Knollengewächse) pflegt man in Stücken von 1 m Länge in einem eisernen Kessel eine zeitlang mit Wasser zu kochen und dann einer längeren Maceration in fliessendem Wasser auszusetzen, bis der Bast sich leicht loslöst. Derselbe wird alsdann mit den Händen abgestreift. Die weitere Behandlung mit Wasser, das Klopfen und andere Manipulationen haben das Bleichen, Weichmachen und Theilen der Faser zum Zweck. Dieselbe ist im fertigen Zustande ziemlich fest und weiss, wie Hanfbast. Sie wird als Einschlag bei verschiedenen Geweben benutzt, doch nur in sehr be - schränktem Maasse. Die Ainosfrauen stellen daraus Fäden her, mit denen sie ihre Kleider nähen.
8) Ulmus montana Sm. ist nach den Zeugnissen von Böhmer***)Report to the Kaitakushi 1875. und Scheube†)Die Ainos. Mitth. d. deutsch. Ges. Ostasiens. 26. Heft 1882. auf Yezo der Baum, welchen die Ainos At, die Japa - ner Ohio-no-ki nennen. Jene bereiten aus seinem Baste das braun -200I. Land - und Forstwirthschaft.gelbe Zeug, aus welchem sie in der Regel ihre Kleidung verfertigen. Dasselbe zeichnet sich mehr durch Dauerhaftigkeit, als durch Feinheit aus und wird auch von Japanern auf Yezo viel getragen. Man schält die Rinde des Baumes im Frühjahr ab und lässt sie ½ — 1 Monat lang in Wasser macerieren, bis sich der Bast leicht in langen Streifen los - löst. Die Ainosfrauen drehen daraus Fäden und verarbeiten sie auf ihren Webstühlen, deren Einrichtung Scheube in der erwähnten Arbeit ebenfalls näher angibt.
9) Tilia cordata Mill., jap. Shina-no-ki, von den Ainos Ni - beshi genannt. Die Ainos machen aus dem Baste Seile. In Aidzu sah ich denselben zu Matten verarbeiten. Er wird durch längeres Macerieren in fliessendem Wasser von der Rinde gelöst und durch Klopfen geschmeidig gemacht. Der Bast von Tilia mandschurica Ma - xim. dient denselben Zwecken.
10) Vorerwähnten Gewächsen reihen sich diejenigen an, deren Bast vornehmlich zu Papier verwendet wird, hin und wieder aber auch noch zur Darstellung grober Gewänder dient, wozu er jedenfalls in alten Zeiten in viel ausgiebigerem Maasse benutzt wurde. Es sind dies vornehmlich die verschiedenen Arten der Papiermaulbeere (Brous - sonetia papyrifera Vent., B. Kasinoki Sieb. und B. Kaempferi Sieb. ), sodann die weisse Maulbeere (Morus alba L.), die Dreigabel (Edge - worthia papyrifera S. & Z.) und die Gampi (Wickstroemia canescens Meisn. ), welche alle bis auf letztere viel cultiviert werden. Näheres über die Art dieser Cultur und die Gewinnung des Bastes folgt in dem Kapitel über die Papier-Industrie.
11) Chamaerops excelsa Thunb., jap. Shuro, Shiro oder Shiro-no-ki. Diese schöne Fächerpalme erreicht in Japan gewöhn - lich 5 — 6 m Höhe und gegen 0,80 m Stammumfang. Sie ist nicht ein - heimisch, sondern wird ebenso wie im wärmeren China cultiviert, und zwar ungefähr soweit, als immergrüne Eichen und der Kampferlorbeer gedeihen. In einzelnen Exemplaren findet man sie auf der Ostseite von Hondo noch in der Nähe der Sendai-Bucht unter 38½° N., weniger weit auf der Westseite und nicht im höher gelegenen Innern der Insel. Ihre eigentliche Heimat ist noch nicht genau ermittelt, dürfte jedoch im tropischen Monsungebiet zu suchen sein.
Zur Verwendung kommen vornehmlich die über 2 Jahre alten Blät - ter dieser Palme, und zwar einmal die ganzen Blattspreiten, indem man sie in schmale Streifen theilt und daraus verschiedene Geflechte, namentlich Hüte und Seile, darstellt; vor allem bedient man sich aber der dunkelbraunen Fasern, wie sie auch bei Chamaerops humilis der Mittelmeerregion als lange Wimperhaare an den Rändern der Blatt -2013. Handelsgewächse.scheiden auftreten und die Basis der Blätter und Blüthenträger um - hüllen. Diese haarartigen Fasern (jap. Shiro-no-ki), eine Art Crin végétal, viel länger und weicher, wenn auch weniger stark als das sogenannte Coir der Cocosnüsse, werden in Japan und ebenso in China zu Seilen, Matten, Staubbesen und Bürsten verarbeitet. In Tôkio gibt es z. B. viele Familien, welche sich durch die Darstellung solcher Shiro-saiku, d. h. Arbeiten (ku) aus diesem Material (sai) der Palme (Shiro) ernähren, indem sie dieselben zugleich in kleinen Läden feil - bieten.
12) Juncus effusus L., jap. I oder I-gusa. Diese Binse, welche auf der nördlichen Hemisphäre weitverbreitet ist, wird zwar auch in verschiedenen andern Ländern gesammelt und zu Matten ver - arbeitet, hat aber nirgends eine solche Bedeutung erlangt, wie in Ja - pan, indem hier manche Sitte und Hauseinrichtung aufs innigste mit den aus ihr bereiteten Fussmatten und andern Geflechten verknüpft ist. Um den grossen Bedarf an dieser Binse zu decken, wird sie regel - recht in verschiedenen Landestheilen und manchmal in grossem Um - fang cultiviert. Die Cultur erinnert an diejenige des Reis und wird auf sumpfigen Feldern betrieben, die zuweilen mit Reisland abwech - seln. Man vermehrt durch Rhizomableger und legt neue Pflanzungen zeitig im Frühjahr an, indem man Reihencultur anwendet. Im August findet die Ernte statt. Die Binsen, welche man auch wohl Goza - gusa (Mattenkraut) nennt, haben alsdann etwa ein Meter Höhe erreicht. Sie werden dicht über dem Boden abgeschnitten, getrocknet und zur Aufbewahrung unter Dach gebracht. Vor dem Verbrauch feuchtet man sie an und reibt dann die Epidermis mit Asche ab.
Im 1. Band dieses Werkes pag. 481 wurde hervorgehoben, dass sich die Grösse der japanischen Zimmer, ja der ganze Grundriss der Häuser nach den Fussmatten oder Tatami richte, indem diese letz - teren die feststehende Grösse von Rechtecken haben, welche 6 Shaku oder jap. Fuss à 30,33 cm lang, 3 Shaku breit und ⅙ Shaku dick sind. Nach denselben construiert und unterscheidet man Zimmer von 4, 6, 8, 10, 12 und mehr Matten. Diese Tatami werden nun aus Wara oder Reisstroh, das dicht mit einander verbunden oder verflochten ist, dem Toko oder Bett derselben, dargestellt, an den Rändern mit Zeug - streifen eingefasst und auf der Oberseite (Omote) mit schöngeflochtener Binsenmatte überdeckt und befestigt. Die Riu-kiu-Inseln, Bungo und andere Provinzen von Kiushiu, vor allem aber Bingo im San-yôdô und Nachbarprovinzen sind wegen ihrer Binsenzucht und Matten be - rühmt. Am meisten schätzt man die Bingo-omote. Dieselben sind schöner und theurer, aber nicht so stark als diejenigen von Bungo. 202I. Land - und Forstwirthschaft.Die Binse, woraus sie verfertigt werden, heisst hier Tôsô, auf Kiushiu dagegen Riu-kiu-I. Die Cultur und Verarbeitung der Binse wird indess auch in weiter nördlichen Landestheilen betrieben, so z. B. in Kaga, wo die Stadt Komadzu und einige benachbarte Dörfer sich viel damit befassen, in Aidzu-taira und anderwärts. Ausser den erwähnten Omote verfertigt man daraus die einfachen Goza, welche u. A. zum Umhängen und Schutz gegen Sonne und Regen dienen, so - wie die Seki oder Sitzmatten, und nennt hiernach die Binse auch Goza-gusa und Seki-gusa.
13) Eine ausgedehnte Verwendung zu grobem Flechtwerk man - cherlei Art, wie zu Seilen und Matten, findet, wie dies bereits früher hervorgehoben wurde, das Reisstroh. Mushiro heissen die daraus verfertigten Matten, auf welchen der Landmann sein Getreide und sonstige Sämereien, der Küstenbewohner die verschiedenen Meeres - produkte, deren Fang und Verkauf ihn beschäftigt, ausbreitet und trocknet. Ein anderes Strohgeflecht, Komo genannt, wird vornehm - lich zur Darstellung von Säcken verwerthet, welche dem Reistransport und andern Zwecken dienen. — Im Kunstgewerbe benutzt man das Gerstenstroh, um schöne Mosaikbekleidung herzustellen.
Der Binse und dem Reisstroh schliessen sich ferner in Bezug auf die Art der Benutzung eine Anzahl Schilfgewächse an, die in alter Zeit jedenfalls eine viel umfangreichere Verwendung fanden, als jetzt. Hierzu gehören vor allen Dingen die folgenden:
14) Typha japonica Miq., jap. Gama. Die daraus verfertigten weichen Matten heissen Gama-mushiro.
15) Scirpus maritimus L., jap. Suge, diente schon in den ältesten Zeiten zur Darstellung von Hüten und Regenmänteln, sowie von Seilen, mit denen man beim Bau der Hütten die Balken an ein - ander befestigte. Die erstgenannte Verwendung war auch Kaempfer bekannt, denn er schreibt Am. exot. pag. 900: » Setz, vulgo Suge. Herba palustris, foliis arundinaceis brevioribus tensis, ex quibus ad albedinem redactis construuntur elegantissimi pilei, quibus teguntur deambulantes faeminae. «
16) Zur Darstellung der Mino oder alten Grasregenmäntel dienten vornehmlich die Blätter der Zoysia pungens Willd., jap. Shiba und Iwa-shiba. Die langen Wurzelblätter dieses Grases wurden in den Gebirgswäldern gesammelt, zu Hause in kochendes Wasser getaucht, dann gebleicht und getrocknet, hierauf mit Holzhämmern geklopft und endlich mit Fäden dicht an einander gereiht. Die dachziegelförmige Anordnung, in welcher die einzelnen Blattreihen über einander liegen, erinnert an die Art, wie die Maori Neuseelands sich früher aus den2033. Handelsgewächse.viel breiteren Blättern des Phormium tenax ihre Kleider verfertigten. Diese Mino wurden auch aus verschiedenen Riedgräsern, sowie aus Hanfbast dargestellt. Man findet sie hin und wieder noch in Gebirgs - gegenden. Regenmäntel aus geöltem Bastpapier, sowie in neuerer Zeit namentlich Regenschirme, haben dieselben verdrängt.
17) Imperata arundinacea Cyrill (Saccharum spicatum Thunb.), jap. Chi-kaya oder Kaya wurde in ähnlicher Weise benutzt; auch diente dieses Gras in alten Zeiten zur Dachbedeckung.
18) Phragmites communis Trim. (Arundo phragmites L.). Die Japaner nennen dieses Schilfgras Yoshi. ebenso auch die verwandte Art P. Roxburgii Kunth. Es wächst in Menge auf uncultivierten, sumpfigen Stellen, namentlich auch zur Seite der Bewässerungscanäle für die Reisfelder. Man verwendet es vornehmlich zur Dachbedeckung, doch auch zur Darstellung der Yoshi-dzu oder Schilfmatten, und baut es gleich der folgenden Art zu diesen Zwecken hier und da auch auf nassem Boden an.
19) Eulalia japonica Trim. (Erianthus japonicus Beauv., Sac - charum polydactylon Thunb.), jap. Susuki. Mancher Freund der Er - zeugnisse des japanischen Kunstfleisses hat dieses schöne Gras mit seiner fingerförmig getheilten Rispe schon abgebildet gesehen. Aber auch lebend wird es uns in neuerer Zeit öfter vorgeführt; denn es erweist sich weniger empfindlich, als das südamerikanische Pampasgras und ist als Einzelpflanze auf schöner, kurzgehaltener Rasenfläche doch von ganz ähnlicher Wirkung. Ausser der einfachen Stammform er - scheint es auch mit panachierten, ja neuerdings sogar mit quer - gestreiften Blättern (Eulalia jap. zebrina). In seiner Heimat ist es sehr verbreitet. Es[wächst] vornehmlich auf der Hara, jenen ausge - dehnten grasigen Abhängen der Gebirge, aber auch an uncultivierten Stellen sumpfiger Niederungen. Hier und auf den damit bepflanzten Aeckern finden im Herbst und Winter Fasanen und Becassinen im Dickicht seiner abgestorbenen Halme und Blätter ebenso beliebte Ver - stecke, wie in demjenigen des gewöhnlichen Schilfes.
20) Das festere Holzflechtwerk wird aus Bambusrohr (Take), Wei - den*)Ausser Salix japonica Thunb. kommen hier noch mehrere andere Arten in Betracht, die noch einer genaueren Untersuchung bedürfen. (Yanagi) und Rotang oder Rattan (To) verfertigt. Die beiden erstgenannten Materialien liefert das Land selbst; dagegen muss der Rotang, aus welchem die feinsten Geflechte dargestellt werden, die so - gar zum Theil im Kunsthandwerk eine Rolle spielen, aus dem tropi - schen Monsungebiet im Süden bezogen werden. Dass er für diese Art204I. Land - und Forstwirthschaft.der Verwendung gleich dem Bambusrohr vorher gespalten und in mehr oder minder dünne glatte Streifen zerlegt werden muss, bedarf kaum der Erwähnung. Man verfertigt und benutzt in Japan To-mushiro (Rotangmatten) viel weniger als in China. Dagegen dienen To, Ya - nagi und Take zu vielerlei sonstigem Flechtwerke, von dem hier nur der Kôri oder Schachtelkörbe gedacht werden soll, die sich für man - cherlei Zwecke vortrefflich eignen. Wie z. B. der Schliesskorb aus Weidengeflecht bei uns, so ist in Japan der Yanagi-gôri, d. h. Weiden-Schachtelkorb ein vortrefflicher Ersatz des Koffers, zumal auf Reisen. Der übergreifende Deckel reicht dabei bis zum Boden der engeren unteren Korbschachtel. Sehr viele kleinere Kôri stellt man aus Rotang her. Sie haben vor unseren Holzschachteln den Vorzug der Elasticität, Geschmeidigkeit und längeren Dauer. Auch jene breit - randigen steifen Hüte, Kasa genannt, welche den Kopf gegen Sonnen - schein und Regen schützen, im übrigen freilich nicht gerade sehr be - quem sind, werden bald aus geschälten Weiden, bald aus Rotang oder Bambus geflochten. Zahl - und gestaltreich sind ferner die vielen Körb - chen aus den beiden letztgenannten Materialien. Dieselben kommen besonders schön aus der Provinz Tajima nach dem Bade Arima und weiter nach Kobe auch zur Ausfuhr.
Seitdem die chemische Industrie in der Darstellung organischer Farben einen so gewaltigen Aufschwung genommen hat, ist von ihrem weitragenden Einfluss auch Japan nicht unberührt geblieben. Ver - schiedene der vordem hochgeschätzten cultivierten oder wildwachsen - den Farbpflanzen des Landes haben seit Einführung der künstlichen Krapp - und Anilinfarben viel von ihrer früheren Bedeutung verloren. Das wissenschaftliche Interesse, welches sich an ihr Vorkommen und ihre Verwendung knüpft, wird dadurch nicht beseitigt. Dasselbe zu fördern, ist Zweck der nachstehenden Mittheilungen, die in keiner Weise eine erschöpfende Darstellung sind, immerhin aber verschiedenes Neue bieten dürften.
1) Polygonum tinctorium Lour., jap. Ai, der Färberknö - terig. Diese ostasiatische Culturpflanze wurde zuerst 1790 von Lou - reiro in seiner Flora Cochinchinensis beschrieben. Sie liefert einem weiten Gebiete Ostasiens, zumal China, Korea und Japan, seit alter Zeit den vielverwendeten Indigo und gehört gleich unsern gewöhn - lichsten Knöterigarten zur Gruppe Persicaria. Aus einer kräftigen Faserwurzel entwickelt sie viele 30 — 50 cm hohe, blattreiche runde2053. Handelsgewächse.Stengel, an deren Knotenstellen die ziemlich ansehnlichen ovalen, zu - gespitzten Blätter und später auch die Blüthenähren sich entwickeln. Die Blüthen sind geruchlos, von rother Farbe und in ihrem Aussehen und Bau verschiedenen andern Polygonumarten sehr ähnlich. Sie er - scheinen im August und September, doch findet die Ernte gewöhnlich vor ihrer völligen Entwickelung statt. Chemische Untersuchungen der Pflanze haben nämlich ergeben, dass das Indigochromogen, Indican, als Zellinhalt auf das Blattparenchym beschränkt und Stengel und Blüthen frei davon sind. *)Schunk: » On Indian Blue from Polygonum tinctorium and other Plants. « Memoirs of the Lit. & Phil. Soc. Manchester Vol. VI (3. Series). pp. 218 — 234. Siehe auch Flückiger’s Referat im Botanischen Jahresbericht von Just VII. 2. pg. 343. 1879.Dieser Thatsache entspricht die Cultur - und Behandlungsweise der Pflanze.
Der Färberknöterig ist unter allen japanischen Farbpflanzen weit - aus die wichtigste, da der aus ihm gewonnene Indigo zum Färben der Baumwoll - und hanfleinenen Gewänder eine ausgedehnte Verwendung findet. Dementsprechend ist auch seine Cultur eine weitverbreitete und findet sich in den Ebenen und Thalsohlen fast aller Landestheile südlich von Yezo. Bei Bestellung der Felder wendet man selten di - rekte Saat (Breitsaat), sondern meist Verpflanzung in Reihen der auf dem Saatbeete gewonnenen Setzlinge an. Auf denselben entwickeln sich aus den zeitig im Frühjahr ausgestreuten Samen innerhalb zweier Monate und mit Hülfe wiederholt angewandten kräftigen Düngers, wie Fischguano und Oelkuchen, die 12 — 15 cm hohen Setzlinge und werden dann auf das zubereitete Feld verpflanzt. Nach abermals 60 — 70 Tagen — gegen Ende Juli oder Anfangs August — beginnt die Haupternte, der sich später noch eine vom Nachwuchs anschliesst, ähnlich wie beim Klee. Einem Kleefelde, bevor dasselbe Blüthenköpfe entfaltet hat, gleicht auch aus einiger Entfernung das Aussehen der Ai-Pflan - zung. Die Stengel derselben haben etwa 30 cm Höhe erreicht, wenn sie mit einer Sichel dicht über dem Boden abgeschnitten werden. Die oberen blattreichsten Theile hält man mit Recht für die werth - vollsten und trennt sie und die Blätter von den Stengelstücken, die man nach dem Trocknen verbrennt, um daraus eine geschätzte Asche (Ai-no-bai) zu erhalten. Die Blätter aber breitet man an der Sonne zum Dörren aus und zwar oft ohne jede Unterlage vor den Häusern, so dass der Strassenstaub nicht ausgeschlossen bleibt. Sie werden da - durch mattdunkelgrün und kommen in diesem Zustande in Strohseil - säcke zur Aufbewahrung für weitere Behandlung. Diese erfordert 70 — 80 Tage Zeit und unterscheidet sich dadurch und sonst sehr wesent -206I. Land - und Forstwirthschaft.lich von den kurzen Macerationsprocessen, durch welche man ander - wärts aus andern Gewächsen Indigo gewinnt. Es ist eine Art Gäh - rungsprocess, welcher mit viel Aufmerksamkeit und Geschick geleitet werden muss. Dabei werden die Blätter mit einer bestimmten Menge Wasser benetzt und gemengt, dann ausgebreitet und 3 — 5 Tage lang mit Matten bedeckt sich selbst überlassen. Hierauf wiederholt man dies Verfahren im Ganzen 9 — 20 mal, bringt die Blätter schliesslich in einen hölzernen Mörser, in welchem man sie während zweier Tage in eine teigige Masse von dunkelblauer Farbe verarbeitet. Man macht daraus Ballen von der Dicke der Billardkugeln und darüber und bringt sie so in den Binnenhandel. Es ist dies Indigo mit vielerlei Verun - reinigungen, wie er allgemein zum Blaufärben dient. Ruri-kon, ein nach violett oder braun neigendes dunkles Indigobraun, wird aus Ai unter Zusatz von Aku, der Asche aus Indigoabfällen, und Kalk bereitet. Vor 10 Jahren wurden mit Unterstützung der Regierung Versuche an - gestellt, um mit Hülfe von Schwefelsäure aus diesen Ai-tama (In - digokugeln) Indigoblau abzuscheiden und zur Ausfuhr zu bringen. Dieselben scheiterten aber an der Kostspieligkeit des Verfahrens. Den geschätztesten japanischen Indigo liefert die Provinz Awa auf der Insel Shikoku an der Linschotenstrasse.
Im Jahre 1776 kam der Knöterig-Indigo aus China zuerst nach England, wo ihn die Färber unter dem Namen Persicaria verwen - den lernten. Später hörte diese Einfuhr jedoch wieder auf, als eine bessere Waare zu annehmbaren Preisen von der zunehmenden Cultur der Indigofera Anil und anderer Arten aus Bengalen und Java ge - liefert wurde.
Im Jahre 1826 lenkte in Frankreich Saint-Hilaire die Aufmerk - samkeit auf den Färberknöterig. Zehn Jahre später baute man die Pflanze in grösserer Menge in den botanischen Gärten zu Montpellier und Paris und gewann so frisches Material für die zahlreichen Unter - suchungen, welche von 1838 — 40 folgten. Botaniker, Chemiker, Land - wirthe und Industrielle wetteiferten im Studium ihrer Eigenschaften. *)Siehe u. A. Turpin: » Etudes microscopiques sur le gisement de la matière bleue dans les feuilles du Polygonum tinctorium etc. Comptes Rendus VII pg. 806 — 824 (1838).Es galt die Pflanze und ihr Produkt für die Landwirthschaft und Fär - berei zu erproben, weil man der Hoffnung lebte, dem Lande eine neue Nutzpflanze zuzuführen und durch sie den Bedarf an Indigo zu decken. Dieselbe hat sich nicht erfüllt. Von hervorragenden Gelehrten, welche sich mit dieser Indigofrage damals befassten, nenne ich: Saint Hilaire,2073. Handelsgewächse.Vilmorin, Delile, Chevreul, Turpin, Joly, Baudrimont, Pelletier und Robiquet.
Der bereits oben citierten gründlichen Abhandlung unseres Lands - manns Dr. E. Schunk in Manchester entnehme ich zum Schlusse noch folgende Notizen über den Gegenstand:
Schunk erhielt aus Paris Samen von Polygonum tinctorium, säte dieselben in ein Mistbeet und verpflanzte sie dann in’s freie Land. Gegen Ende des Sommers erhielt er schöne rosafarbene Blüthenähren, doch keine reifen Samen. Die schönen, glänzenden ovalen Blätter zeigten, wenn sie von Insekten oder sonst verletzt wurden, wohl blaue Flecken, sonst aber war selbst unter dem Mikroskop nur Blattgrün, keine andere Farbe zu erkennen.
Zerhackt und zerreibt man eine Partie Blätter im Mörser mit etwas Wasser und presst sie dann aus, so erhält man eine grüne, schlammige Flüssigkeit, aus welcher Bleizuckerlösung ein grünes, flockiges Präci - pitat scheidet, welches aus Chlorophyll, Albumin und einigen andern Substanzen besteht. Die abfiltrierte Flüssigkeit ist klar und gelb. Wird sie mit Salzsäure oder Schwefelsäure versetzt, so liefert sie einen reichen Niederschlag von fast reinem Indigoblau. Man erhält auf diese Weise weit mehr Farbstoff, als bei Anwendung einer gleichen Menge Waidblätter (von Isatis tinctoria).
Indican, das Indigochromogen, stellte Schunk auf folgende Weise dar: Der alkoholische Auszug aus den getrockneten und pulverisierten Polygonumblättern wurde verdunsten lassen, bis eine braune Flüssig - keit blieb, die er vom Niederschlag abgoss und mit Bleizuckerlösung mischte. Er erhielt so ein schmutziggelbes Präcipitat aus Chlorophyll und andern Verunreinigungen und nach dem Filtrieren eine klare gelbe Flüssigkeit, welcher er basisch-essigsaures Blei zusetzte. Der ent - standene hellgelbe Niederschlag wurde durch Filtration von der Flüssig - keit getrennt, mit Wasser und Spiritus ausgesüsst, dann in absolutem Alkohol gelöst und darauf ein Strom Kohlensäure hindurch geleitet. Die Flüssigkeit wurde dabei nach einiger Zeit gelb und es schied sich Bleiweiss ab. Es folgte Filtration und Zusatz von Schwefelwasser - stoff, um noch Blei zu fällen. Nach abermaligem Filtrieren liess S. verdunsten und behielt einen Syrup, welcher, mit Aether behandelt, Indigo lieferte.
Die qualitativen Reactionen dieses Indigoerzeugers gleichen durch - aus denen des Indican’s aus den Blättern von Isatis tinctoria. Es ist ein gelber, transparenter Syrup, der keine Neigung zur Krystallisation zeigt, sich in Wasser, Alkohol und Aether löst. Die wässerige Lösung reagiert mehr oder weniger sauer, färbt sich bei Zusatz von kausti -208I. Land - und Forstwirthschaft.schem Alkali tiefgelb und gibt mit basisch-essigsaurem Blei ein licht - gelbes Präcipitat. Wenn die wässerige Lösung mit etwas Schwefel - säure oder Salzsäure vermischt und ruhig stehen gelassen wird, so scheidet sich nach einiger Zeit Indigo auf dem Boden und als Haut an der Oberfläche aus, wie bei Indican aus Isatis tinctoria auch.
Schunk lieferte durch diese Untersuchungen den Beweis, dass in dem Färberknöterig weder fertiger Indigo, noch dessen Hydrat (Indi - goweiss), sondern nur Indican vorhanden sei und widerlegte damit die Annahme Joly’s vom Gegentheil.
2) Carthamus tinctorius L., jap. Beni, Beni-no-hana, die Färbedistel oder der Saflor. Dieses einjährige Gewächs, das nach seinem steifen, nach oben sich verästelnden Stengel und den grossen, radförmigen, gelben Blüthen an Inula, nach seinen sitzenden, stache - ligen Blättern an Disteln erinnert, gehört wie beide zur grossen Fa - milie der Compositen und folgt im System auf Centaurea. Die Pflanze erreicht 50 — 100 cm Höhe und liefert in den vom Kelch getrennten Blüthen neben einem gelben Farbstoff das bekannte Saflor - oder Spa - nisch-Roth. Indien, welches man als ihre Urheimat ansieht, sowie Persien und Aegypten haben sich von Alters her durch ihren Anbau ausgezeichnet und bringen auch noch heute den meisten Saflor in den Handel. Wir wissen jetzt auf das bestimmteste, dass die Färbedistel schon vor mehr als 3500 Jahren in Aegypten angebaut wurde, da Schweinfurth sie in der Guirlande erkannte, welche 1881 Brugsch und Maspero in den neuentdeckten Pharaonengräbern bei Theben auf der Brust von Ahmes II., dem Sieger von Hycsos, fanden.
Von den genannten drei Ländern aus verbreitete sich ihre Cultur über viele Gebiete mit tropischem und gemässigtem Klima, selbst nach Deutschland, ist aber in diesem Jahrhundert fast allenthalben zurück - und vielfach ganz eingegangen. Insbesondere haben Cochenille und Lac Dye, dann in der Neuzeit in noch viel höherem Maasse die Ani - linfarben den Saflor zurückgedrängt.
Japan erhielt ihn durch die Chinesen. Seitdem aber Südchina und Indien eine bessere Waare, als die im Land erzeugte, zu billigen Preisen auf den Markt brachten, sank der Anbau der Pflanze mehr und mehr und ist jetzt kaum noch erwähnenswerth. Ich bin bei all meinen Kreuz - und Querreisen durch das Land ihm nur 2 — 3-mal be - gegnet. Die Pflanze bedeckte kleine Beete und war bestimmt, das beliebte Cosmeticum Beni für die japanischen Mädchen zu liefern. Es ist dies reines Carthamin (C14H16O7), dessen Darstellungsweise ana - log der unsrigen sich aus meinen Notizen über das Färben mit Saflor am Ende dieses Kapitels ergibt. Die metallisch glänzende, goldgrüne2093. Handelsgewächse.Masse, welche in diesem Aussehen lebhaft an verschiedene Anilin - farben und an die Flügeldeckel mehrerer Arten Cetonia und anderer Käfer erinnert, wird von den japanischen Mädchen in Wasser gelöst und zum Röthen der Lippen angewandt, in Kiôto manchmal so con - centriert und reichlich, dass statt der rothen Farbe wieder der grüne Metallglanz erscheint.
3) Rubia cordifolia L. (R. cordata Thunb., R. munjista Roxb. ), jap. Akane oder Beni-kadzura. Dies ist die alte indische Färbe - röthe, welche ebenso, wie in den Thälern des Himalaya, auch im östlichen Monsungebiete weit verbreitet zu sein scheint. In Japan habe ich sie wiederholt gefunden, und zwar gleich der folgenden Art stets wildwachsend.
4) Rubia chinensis Reg., jap. Ô-kinuta-sô.
5) Lithospermum erythrorhizon S. & Z. (L. officinale, var. japonica Miq., L. officinale β. erythrorhizon Maxim. ), jap. Murasaki und Murasaki-kusa. Die Wurzeln, Shikon genannt, dieses über ganz Japan verbreiteten Steinsamens, dienten bisher, wie in China, zum Violet - und Rothfärben.
6) Myrica rubra S. & Z., jap. Yama-momo. Die Rinde, welche Shibuki genannt wird, enthält einen adstringierenden Farbstoff, mit dem man Fischangeln und Gewebe färben und haltbar machen soll.
7) Perilla arguta Benth., jap. Aka-shiso. Der Verwen - dung des rothen Farbstoffs dieser Pflanze im Haushalte wurde bereits früher (pg. 88) gedacht.
8) Caesalpinia Sappan L., jap. Suwo. Das Sappanholz findet sich nicht in Japan, wurde aber früher von Chinesen zum Roth - färben viel eingeführt.
Wie Cochenille, Lac Dye, Fuchsin und verwandte Farben die Be - deutung und Verwendung vorerwähnter rother Farbstoffe in Japan herabgemindert haben, so fangen Auramin und Flavanilin durch ihre vortrefflichen Eigenschaften und billigen Preise an die nachstehenden gelben Pigmente zurückzudrängen.
9) Gardenia florida L. Mit dem Namen Kuchi-nashi be - zeichnet man in Japan sowohl die Pflanze, als auch ihre Früchte. Der kleine immergrüne Strauch findet sich hier und da als Zier - pflanze, ist aber ohne Zweifel im südlichen und mittleren Japan auch einheimisch und nicht blos verwildert. *)So fand ich ihn in Menge auf kiesigem Grunde eines lichten Buschwaldes in Mino und zwar am Wege, der von Gifu über Hino (2 ri) und Kuchinashi nach Atami führt, auf Hügeln, wo man das wildwachsende Vorkommen nicht be - zweifeln kann.Der prismatisch sechskantigeRein, Japan. II. 14210I. Land - und Forstwirthschaft.und sechszipfelige grüne Kelch ist mit dem Fruchtknoten verwachsen. Die grosse weisse Krone sitzt präsentiertellerförmig auf. Ihren sechs Zipfeln entsprechen sechs an den unteren Kronenrand angewachsene Staubgefässe. Zur Reifezeit hat die orangegelbe Beere die Grösse unserer gewöhnlichen länglichen Eicheln. Sie ist von dem anlie - genden, runzligen, gelblichen Kelche umgeben und kommt mit dem - selben getrocknet in den Handel. Der gelbe Farbstoff, welchen sie enthält, soll mit dem Crocin C32H36O12 des Safrans identisch sein. *)Flückiger: Pharmakognosie. 2. Aufl. pg. 735.
10) Evodia glauca Miq., jap. Kiwada und Obaku, ein hoher Baum aus der Familie Rutaceae (Gruppe Xanthoxylaceae) mit glatter Rinde, der nach seinen gefiederten Blättern und seiner ganzen Tracht an eine Esche erinnert und in den entlegeneren Bergwaldungen des mittleren und nördlichen Hondo immer noch ziemlich häufig vorkommt, trotzdem man ihn im Sommer viel aufsucht, um seine Rinde in grossen Streifen abzulösen und den Färbereien der Städte zuzuführen. Bei Reisen durch gebirgige Landestheile, z. B. durch die Halbinsel Yamato und die Landschaft Aidzu um den Inawashiro-See begegnet man nicht selten Trägern oder Packpferden mit Lasten von armlangen lufttrockenen Stücken dieser Rinde. Dieselbe ist durchweg bis auf die dünne bräun - liche und hellgraugefleckte Epidermis gelb gefärbt, wie zerriebenes Gummigutt, und lieferte früher vornehmlich das Ki-iro oder Gelb der Seidenstoffe. Auf meine Veranlassung nahm Herr Dr. F. Noll jun. während seiner Studienzeit in Marburg eine Reihe Versuche mit dieser Rinde vor, von denen ich hier nur die wichtigsten Ergebnisse mit - theilen will:
a. Unter den angewandten Lösungsmitteln nahm Wasser alsbald den Farbstoff in reicher Menge auf und färbte sich intensiv gelb. Bei Alkohol fand eine viel schwächere Lösung statt, bei Aether